WISSENSCHAFTLICHE ERGEBNISSE DER DEUTSCHEN TIEFSEE-EXPEDITION AUF DEM DAMPFER „VALDIVIA" 1898-1899 IM AUFTRAGE DES REICHSAMTES DES INNERN HERAUSGEGEBEN VON CARL CHUN PROFESSOR DER ZOOLOGIE IN LEIPZIG LEITER DER EXPEDITION ZWÖLFTER BAND Mit 44 Tafeln, 3 Karten und 59 Abbildungen im Text JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1913 Uebersetzungsrecht vorbehalten. Inhalt des zwölften Bandes. Seite Amphioxides. Von Richard Goldschmidt. Mit Tafel I— X und lo Abbildungen und I Karte im Text i Doliolum. Von Günther Neumann. Mit Tafel XI— XXV, einer Karte und 20 Abbildungen im Text q3 Salpen der Deutschen Tiefsee-Expedition. Von C. Apstein. Mit Tafel XXVI— XXXII und 15 Abbildungen im Text 245 Die Pyrosomen der Deutschen Tiefsee-Expedition. Von G. Neumann. Mit Tafel XXXIII — XLIV, 1 Karte und 14 Abbildungen im Text 291 27959 Amphioxides. Von Dr. Richard Goldsehmidt, Privatdozent und i. Assistent am Zoologischen Institute in München. Mit Tafel I — X und lo Abbiklunoen und i Karte im Text. i^i^- n^e-" Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. XII. Eingegangen den lo. August 1905 C. Chun. Inhalt. I. Teil. Seite 1. Einleitung 5 2. Historisches 6 3. Lebensweise und Verbreitung 8 4. Aeußere Körperform und Uebersicht der Organisation 10 5. Die Flossensäume und ihre Stützsubstanzen 11 a) Die Metapleuralfalten . 11 b) Die unpaaren Flossensäume 14 c) Die mesenchymatösen Stützsubstanzen der Flossen 16 6. Die Chorda 19 7. Die Muskulatur 20 8. Die Cölotomräume der Schnauze 20 g. Das Nervensystem und die Sinnesorgane 22 IG. Das Präoralorgan und die ventrale Rostralhöhle 24 11. Der Darmtraktus 27 a) Mund und präoraler Darm 28 b) Der Kieniendarm 31 c) Der nutritorische Darm 40 12. Das Splanchnocöl 40 13. Das HATSCHEK'sche Nephridium und die Schwammkörper 42 14. Das Blutgefäßsystem 44 15. Die Geschlechtsorgane 45 16. Systematische Uebersicht der Arten 46 II. Teil. 1. Einleitung und Ueberblick der ^4;«./>///oA7/s-Entwickelung 48 2. Anipliioxides und Amphioxiis 50 3. Ainphioxides und die Cranioten 66 a) Der Kiemendarm 66 b) Die Segmentierung des Kopfes und damit zusammenhängende Probleme 77 4. Schluß 89 5. Litteraturverzeichnis 90 Errata. Seite 38, Zeile 24 lies: wo sie schwarz eingetragen sind, Seite 52, Zeile 13 von unten lies: Fig. 59. Seite 55, Zeile 7 lies: Fig. 59- Seite 56, Zeile 14 lies: Fig. 59. 1. Teil. I. Einleitung. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind außer unserem klassischen BrRnchiostotna lanceolatum eine ganze Anzahl Acranier-Arten bekannt geworden, die in den verschiedensten Zonen der Erde gefunden wurden. So viel Interesse man a priori diesen Formen entgegen- bringen mußte, so wenig Neues bieten sie uns doch. Denn die Merkmale, durch die sich die bisher bekannt gewordenen 19 Arten von dem B. lanceolahim unterscheiden, genügen zwar voll- ständig zu einer specifischen Trennung, lassen vielleicht auch die Unterscheidung verschiedener Genera rechtfertigen, bieten aber für das Verständnis der Organisation der Acranier nicht das geringste. Die einzig-e Art, für die seit ihrer Entdeckung durch Günther ein prinzipiell von dem Bau unseres Amp/iioxns abweichender Charakter angegeben wurde, nämlich das Fehlen des Tentakelapparates, ist A. pelagicHin, dessen Bau aber, wie aus der folgenden historischen Uebersicht hervorgeht, so gut wie unbekannt ist. Das von der deutschen Tiefsee-Expedition gesammelte Acraniermaterial, das mir von Herrn Prof. Dr. Chun auf meine Bitte in liebenswürdigster Weise zur Bearbeitung überlassen wurde, besteht nun ausschließlich aus dieser resp. naheverwandten Fonnen, für die GiLL das Genus Ampliioxidcs aufgestellt hatte. Und die Untersuchung des zum größten Teil hervorragend gut erhaltenen Materials ergab, daß wir hier zum erstenmal von unserem Amphioxus gänzlich abweichende Formen vor uns haben, die wir als eine überaus primitive Acranierfamilie ansehen müssen, als die primitivsten bisher bekannten Wirbeltiere, durch deren Kenntnis wir vor allem in den Stand gesetzt werden, die merkwürdige Metamorphose unseres Amphioxus zu ver- stehen, wie auch nach oben und unten im Tierreich die Anküpfung besser als bisher zu vollziehen. Deis mir vorliegende Material bestand aus 27 wohlerhaltenen Exemplaren, die sich auf 1 1 verschiedene Fundorte verteilen. Sie waren teils in Sublimat, teils in Osmiumgemischen, teils in Alkohol konserviert, und, wie gesagt, vielleicht mit Ausnahme von 3 oder 4 Stück, ausgezeichnet erhalten. Bei der geringen Größe der Formen konnte so die Untersuchung hauptsächlich an den Totalpräparaten, die eine Detailuntersuchung mit den stärksten Immersionssystemen erlaubten, durchgeführt werden. Es ergänzten sich dadurch in erfreulicher Weise die verschiedenen Fixierungsmethoden. Daneben waren für das Studium einzelner Organsysteme, besonders des Kiemendarms, Präparationen nötig, die sich nach Aufweichen in Wasser unter starken Lupen ganz gut ausführen ließen. Natürlich wurden auch frontale und Ouerschnittserien angefertigt. Auf Grund dieser Objekte glaube ich eine ziemlich vollständige Monographie dieser interessanten 5 fi RiCH.\RD Goldschmidt, Acranier, die die neue Familie Amphioxididae repräsentieren, geben zu können. Hoffentlich gelingt es aber auch bald, ältere Tiere als die mir vorliegenden, von denen leider keines ganz geschlechtsreif ist, zu erhalten, so daß Lücken, die bei der Beschreibung einzelner Organsysteme, wie besonders des Blutgefäßsystems und der Exkretionsorgane, nicht vermieden werden konnten, bald ausgefüllt werden. Es sei mir auch hier gestattet, Herrn Prof. Dr. Carl Chun für sein freundliches Entgegenkommen, wie auch Herrn Prof. Dr. August Brauer meinen herzlichen Dank auszusprechen, ebenso auch Herrn Dr. B. Zarnik für die Ueberlassung von Vergleichs- material aus der /4;//!////o.r?^i--Entwickelung. 2. Historisches. Im Jahre 1 88g beschrieb Günther einen neuen Acranier, den die „Challenger"-Expedition in einem einzigen Exemplar erbeutet hatte. Er war bei einem Zug aus looo Faden Tiefe mitten im Pacifischen Ocean nördlich von Honolulu, weit entfernt von der nächsten Küste, gefangen worden. Das Exemplar war lo mm lang und i mm hoch, besaß 67 Myotome, von denen 1 5 hinter dem Anus lagen ; die Lage des Atrialporus konnte nicht festgestellt werden. Die Schwanzflosse ist hoch , paddeiförmig und durch eine feine radiäre Streifung ausgezeichnet. Buccaltentakel fehlen vollständig; Gonaden waren nicht völlig entwickelt, erstrecken sich vom i. bis 26. Myotom und bilden 2 Reihen in der Mittellinie des Körpers. Das Atrium erstreckt sich ein wenig hinter die angenommene Lage des Porus. Günther gab dieser Form den Namen Branchiostoma pe/agici/in. In ihrer Revision der Acranier erwähnt Kirkaudy (1895) die Form wieder und bemerkt dazu , daß Günther's Exemplar nachträglich von Ray Lankester auf Schnittserien untersucht worden sei, daß der schlechte Erhaltungszustand aber nichts Genaues erkennen ließ. Im gleichen Jahre stellte Gilt (1895) ^ür dies Exemplar das Genus Aviphioxides auf mit der Diagnose: „Branchiostomids with bilateral (?) gonads, no rayed sympodium (?), low dorsal fin, expanded caudal membranes, and oral cirri aborted(?)", und bemerkt zu letzterem Charakter: „Buccal tentacles are absent according to Günther. If such is really the case and not the result of a failure in Observation, the type is a very remarkable one and would be an exception to a general recognized character attributed to the family and even the order in the Word jCirrostomi'." Unter dem gleichen Namen wird die Art dann von Delage und Herouard (189S) verzeichnet, die zu dem angeblichen Fehlen der Buccaltentakel bemerken: „Ce dernier charactere, s'il etait confirm6 16gitimerait pour ce genre la creation au moins d'un ordre parti- culier." Erst im Jahre 1903 wurde durch Cooper (1903) ein zweites Exemplar dieser Art be- schrieben. Es war im Jahre 1888 von J. J. Lister mitten im Indischen Ocean zwischen Mada- gaskar und Australien unter 21 - 16' S. Br. und 80*^ 15' O. L. bei einem Dredgzug aus 800 Faden Tiefe erbeutet worden. Seine Länge war 21 mm. Ich bemerke, daß dies das größte bisher bekannte Exemplar ist. 60 Myotome konnten gezählt werden, aber nicht mit Sicherheit, da der Erhaltungszustand ein sehr schlechter war. Die stark entwickelten Schwanzflossen lassen mit Wahrscheinlichkeit auf eine pelagische Lebensweise schließen. Die Buccaltentakel scheinen in der Tat zu fehlen, ebenso scheint die Kiemenrearion sehr klein zu sein. Mehr konnte bei dem schlechten Erhaltungszustand nicht festgestellt werden. Im gleichen Jahre lagen Taitersall (1903) 6 weitere Exemplare vor. Eins davon war im Indischen Ocean südöstlich von Sokotra, die 0 Aniphioxides. n anderen zwischen den Malediven und dem Golf von Manaar gefangen, so daß an ihrer pelagischen Lebensweise kein Zweifel sein kann. Sie maßen zwischen 4,5 und 8,5 mm. Es wurden 65 Myotome gezählt. Buccaltentakel fehlen in der That, was bei einem pelagischen Tier aber "■anz selbstverständlich sei. Weitere Beobachtungen ließ wieder der Erhaltung-szustand nicht zu. Schließlich kam kürzlich wieder ein Exemplar zur Untersuchung durch Parker (1904). Dieses Exemplar stammte von den Malediven bei Timarafuri, Kolumadulu Atoll, war zwischen 150 Faden Tiefe und der Oberfläche von Agassiz gefangen worden, und wird als „exceptionally well pre- served" bezeichnet. Die Länge war g mm, die Höhe 0,8 mm. Die Schwanzflosse ist oval und dorsoventral symmetrisch und fein radiär gestreift. Der Bauchflosse fehlen die Flossenstrahlen, wie auch Günther angegeben hatte. Die Zahl der Myotome ist 67 und zwar mit der Formel 46 -|- 10 -|- 11 = 67, da Atrioporus und Anus genau sichtbar waren. Die Gonaden bilden 2 Reihen rechts und links, sind aber in der Mittellinie so zusammengepreßt, daß sie eine einzige mittlere Reihe zu bilden scheinen. Durch die doppelte Gonadenreihe erweist sich die Art als unzweifel- haft zu Branchiostoiiia gehörig. Die Zahl der Gonaden ist t,t, vom i. bis 29. Myotom. Wahr- scheinlich ist das Exemplar ein Männchen, doch waren die Gonaden nicht reif genug, um es mit Sicherheit festzustellen. (Was nicht weiter merkwürdig ist, da Parker's Gonaden in Wirk- lichkeit die Kiemenbogen sind !) Es wird ferner bestätigt, daß die Buccaltentakel fehlen. Auch konnte keine Spur eines Kiemenapparates gefunden werden, der, wenn überhaupt vorhanden, sehr klein sein muß. „Possibly the small size and flattened form of this species, which must place very near the surface all the living substance in need of ox)'gen, may have been acquired in connection with a gradual loss of specialised respiratory organs in much the same way that many of our smaller Salamanders seem to have lost their lungs." Schließlich muß erwähnt werden, daß Cooper (1903) eine ganze Anzahl gut erhaltener Exemplare dieser Art besaß, ihre Zugehörigkeit aber nicht erkannte und sie als pelagische Larven einer unbekannten Art beschrieb. Es waren ein Dutzend Exemplare, die südlich von Miladumadulu Atoll und im Fadifolu Atoll bei stürmischem Wetter in den Kanälen, die von der offenen See in die Atolllagunen führen, in 8 — 20 Faden Tiefe gefangen waren und jedenfalls vom Sturm von außen hereingetrieben wurden. Sie gehören alle derselben Species an, können aber zu keiner der dort lebenden Arten gestellt werden. Von den Larven unseres Aiii/'/iioxiis weichen sie vor allem durch den Bau des Kiemendarms ab. Die jüngste Larv^e maß 5,75 mm und hatte 60 Myotome und 14 v^entral gelegene Kiemenspalten. Die präorale Grube ist groß und gut entwickelt. Das Endostyl ist nur als ein besonderer Epithelstreifen vor der gut entwickelten kolbenförmigen Drüse zu erkennen. Der Mund ist ein schmaler, links gelegener Spalt, das HAiscHEK'sche Nephridium liegt imter der Chorda und mündet in den Pharynx. Das Kiemenepithel springt zwischen den Kiemen- spalten etwas vor und scheint in 2 Abschnitte geteilt, was aber vielleicht nur eine Folge der Konservierung ist. Das linke Hypopharyngealband entspringt direkt hinter dem Mund , das rechte hinter der kolbenförmigen Drüse. Sie erstrecken sich durch die ganze Länge des Pharynx und hören am Beginn des Darmes auf. In einem späteren Stadium mit ebenfalls 60 Myotomen ist das Endostyl vollständig entwickelt. Es liegt aber noch in seiner normalen Lage, woraus hervorgeht, daß noch eine Drehung des Pharynx stattfinden muß. Es sind 31 Kiemenspalten vorhanden, die eine hinter der anderen in der ventralen Mittellinie stehen. Von Zungenbalken oder sekundären Spalten ist keine Spur zu sehen. Die Brücken zwischen den Spalten sind lang 7 Q Richard Gdrk), der seinerseits durch einen schmalen, aber deutlichen Kanal {a.drk) mit der erhaltenen Höhlung des rechten ersten Myotoms {M.I.) kommuniziert. Einige Schnitte weiter nach vorn sehen wir dann die Flossenkästchenhöhle der vordersten miteinander verschmolzenen oder richtiger nicht getrennten Kästchen mit dem dorsalen Rostralkanal zusammenmünden, der dann als ein im Querschnitt kegelförmiges Rohr (Fig. 4 7 «';/{') bis in die Schnauzenspitze zieht. Noch deutlicher wird das Verhalten aus der schematischen Fig- ZZi die die Verhältnisse der verschiedenen Hohlräume im Vorderende wiedergiebt. Wir sehen da von dem rotgezeichneten i . Myotom den aufsteigenden Kanal {a. drk) abgehen (orange), der nach vorn den dorsalen Rostralkanal abgiebt, nach hinten sich in die Flossenkästchen reihe {JJ) fortsetzt. Die vordersten Flossenkästchen stehen also zweifellos mit dem Myocöl in offener Ver- bindung und müssen als abgelöste Teilchen desselben betrachtet werden. Ob wir allerdings an- nehmen müssen, daß sie alle als Sprossen der i. Myotomhöhle, die sich nachträglich abgegliedert haben, anzusehen sind, oder ob sie zu den betreffenden Myotomen, über denen sie liegen, ge- hören und nur die im i. Myotom noch erhaltene Verbindung verloren haben, läßt sich bei dem Mangel an entwickelungsgeschichtlichen Daten nicht sagen, wenn auch aus Hatschek's (1888) kurzen Angaben letzteres hervorzugehen scheint. Es könnte möglicherweise sogar so sein, wie Mac Bride (i8q8, 1900) für das Pterygoc()l angiebt, daß zunächst durch eine Ausstülpung des ersten Cölomsacks gebildet wird, der dann obliteriert und einem nachher entstandenen Schizocöl Platz macht. Sehr wahrscheinlich ist dies allerdings nicht, wie es ja auch für das Pterygocöl von Van Wijhe (1902) bestritten wird. Für A. pelagiens gilt übrigens das Gleiche, mit dem Unterschied, daß dort ja die Kästchen weiter hinten schon aufhören und dementsprechend ein in ihrer Fortsetzung gelegener Kanal sie bis zu dem Beginn des dorsalen Rostralkanals fortsetzt. Das Schema Fig. 37 entspricht mehr diesen Verhältnissen. Bei Brancliiostoiiia und noch deutlicher bei Assynietron entspringen von den Flossenkäst- 15 i6 Richard Goldschmidt, chen feine Kanälchen, die im ^^orderende nach hinten und nach vorn umbiegen und unter der Haut verlaufen. Besonders deutlich ist dies nach Andrews (1897) im Vorderende des Assy- metron sowohl in der dorsalen wie der ventralen Rostralflosse. Von diesen Kanälchen ist auch bei Aviphioxides etwas vorhanden, aber nur einige wenige, die am Beginn des dorsalen Rostral- kanals entspringen und im Bogen nach hinten ziehen. In B'ig. 34 sehen \\\x sie {Ik) bei A. pelaoiais, bei der dort gewählten \^ergrößerung mehr wie Bindegewebszüge erscheinend. In Fig. 42 ist ihr Abgang vom dorsalen Rostralkanal bei stärkerer Vergrößerung dargestellt, die ihre Natur als Kanälchen deutlich macht. Auch auf den Schnitten Fig. 47 und 49/X' sehen wir sie von A. valdiviac im Querschnitt. Bei dieser Art sind sie aber noch schwächer entwickelt als bei pe/aoiais, nur 2 — 3 Röhrchen, im Zusammenhang jedenfalls mit der Ausdehnung der Flossen- kästchen nach vorn. Den Kästchen der Rückenflosse fehlen sie wie der ventralen Rostralflosse. c) Die mesenchymatösen Stützsubstanzen der Flossen. Es wurde bereits oben erwähnt, daß filiheren Beobachtern eine feine radiäre Streifung der Schwanzflosse des Ainphioxides auffiel. Dieselbe ist in der That vorhanden. Bei ganz ju.t]gen Larven unseres Aviphio.xus ist ja etwas Aehnliches vorhanden, eine feine radiäre Streifung des Schwanzes, die dann bei der Ausbildung der definitiven Schwanzflosse allmählich nach der Peri- pherie gedrängt wird und verschwindet. Ray Lankester und Willey (1890) weisen auf die große Aehnlichkeit mit der Schwanzflosse junger Teleostier und gewisser Ascidienlarven hin. Bei Aviphioxides finden sich diese Streifen bei den jüngsten wie bei den ältesten mir vorliegenden Exemplaren, sind also sicher ein Charakter des ausgebildeten Tieres. Wie die Figg. 5, 6, 7 be- weisen, sind sie bei allen 3 Arten in gleicher Weise ausgebildet und verlaufen innerhalb der Schwanzflosse annähernd radial, während sie in Bauch- und Rückenflosse im Bogen nach vorn ziehen. In der Rücken- und Schwanzflosse entspringen sie, so \\'eit die Flossenkästchen reichen, von diesen, und zwar von jedem Kästchen ein Strahl. A\'eiter hinten und in der Bauchflosse entspringen sie von einer dem Medullarrohr resp. der ventralen Körperwand auflagernden Zell- reihe. Ihr feiner Bau ist in den Figg. 36 — 40 dargestellt. In Fig. 37 sehen wir ihren Ursprung von den dorsalen Rückenflossenkästchen, an deren dorsaler Wand sich eine Anzahl von Zellen ansammeln, von denen dann eine Reihe langgestreckter Zellen mit deutlich spindelförmigem Plasmaleib und länglichen Kernen ausgeht. In Fig. 36 ist der Ursprung dieser Fäden von vorn nach hinten fortschreitend dargestellt. Rechts sind die Flossenkästchen mit ihren sogenannten Flossenstrahlen noch erhalten, nach hinten (links) verschwinden zuerst die gallertigen Strahlen, allmählich auch die letzten Reste der Kästchen und die Stützfäden der Flosse entspringen direkt von einer Zellreihe, wie es deutlich Fig. 38 von der ventralen Hälfte der Bauchflosse zeigt. Die einzelnen Fäden bestehen, wie gesagt, aus hintereinander gereihten Zellen. Sie ziehen aber nicht immer direkt zur Peripherie, sondern können sich früher oder später gabeln, wie Fig. 38 zeigt. Hier können wir auch bei X sehen, daß die die Fäden zusammensetzenden Zellen nicht einfach spindelförmig sind, sondern durch feine, sternförmige Ausläufer mit benachbarten in Verbindung treten. In derselben Figur sehen wir auch, daß sie sich an der Peripherie des Flossensaumes (unten in der Figur) zu einem feinen Filz mit dichter gelagerten Kernen vereinigen. (Die das Ganze überdeckende Epidermis ist abgefallen, wodurch das Flächenbild besonders klar wird.) In i6 Amphioxides. 17 Fig. 40 sehen wir dann das etwas abweichende Verhalten von A. sfemirus dargestellt, dessen Flossenfäden sich durch breitere, gedrungenere Form auszeichnen, hervorgerufen durch dichtere Lagerung und kugelige Form der Kerne. Es fragt sich nun, wie diese Strahlen fäden, deren stützende und elastische Funktion wohl außer Zweifel ist, histologisch zu deuten sind. Der Ursprung der vorderen dorsalen Fäden auf je einem Flossenkästchen läßt zweifellos zunächst an die bereits oben erwähnten lymphatischen Kanälchen denken, die bei Branchiostoiua und besonders Asymmetron von den Flossen käs tchen ausgehen und unter der Haut verlaufen, wie wir sie in geringem Maße ja auch im Vorderende des Aiiiphioxidcs gefunden hatten. Von einer Höhlung kann aber bei diesen Fäden nicht die Rede sein, wie auch Schnitte beweisen. In Fig. 3g, einem Querschnitt durch ein Stück der Schwanzflosse, sehen wir einen solchen Faden mit seinen einfach hintereinander gereihten Zellen ein Stück weit längsgetroffen ( /ä). Ich glaube, wir können sie, wie auch ein vorderes, gleich zu besprechendes Stützgewebe nur als mesenchymatöse Elemente deuten. (Es ist übrigens dazu zu liemerken, daß Joseph [1900] die betreffenden Kanälchen als Vorstufe der Bildung cellulärer Bindesubstanzen auffaßt, indem sie in die homogene Gallerte eindringen und sich dann hier in ihre Zellen auflösen.) Das andere Stützgewebe, das ich meine, findet sich sowohl in der Schwanz- wie in der Rostralflosse und ferner in der Wange. Da ich es in der Schwanzflosse im Flächenpräparat nie so schön zu Gesicht bekam, \\'ie in der Rostralflosse, sei es zunächst aus dieser besprochen. Es scheint mir geeignet, die Frage nach der Natur der Cutis des Atnp/n'oxiis zu klären. Nach Joseph (igoo), der die Verhältnisse beim ^Iniphioxiis genau studierte, findet sich unter der Epi- dermis und ihrer Basalmembran eine dünne homogene Schicht, die allein die Cutis darstellt. Es folgt dann eine dicke homogene Gallertschicht, die von radiären Fäden mit elastischer Funktion durchzogen wird. Zellen sollen ihr völlig fehlen, dagegen gehört zu ihr außer einer weiteren dichteren homogenen Schicht das Epithel des Dermalblattes. Diese letzteren Schichten bilden zu- sammen die Subcutis. Eine starke Ausbildung erfährt diese vor allem in den Metapleuralfalten. Auch bei ^iiiipliioxidcx sind diese Schichten vorhanden. Die Gallertschicht der Subcutis ist da- gegen nur an sehr wenig Stellen des Körpers stärker entwickelt. Es ist dies nur an den Ansatz- stellen der Metapleuralfalten und in diesen der Fall. Dagegen wird im Schwanz, im Rostrum und der Wange an ihrer Stelle ein sehr wohlentwickeltes Gewebe angetroffen, das morphologisch sicher das Gleiche darstellt. Auf Querschnitten durch die Schnauze sehen \<\x bei schwächeren Vergrößerungen zwischen Haut und inneren Organen feine radiäre Fäden ausgespannt, die durch das Schneiden meist von ihrer Anheftung an den inneren Organen, also den Schnauzenhöhlen, losgerissen sind (Fig. 47). Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man dann, daß diese Fäden in keinerlei Grundsubstanz eingebettet sind und daß ihnen hie und da Kerne eingelagert sind. Ganz vorne verbinden sie sowohl ventrale wie dorsale wie laterale Schnauzenkanäle und -höhlen mit der Haut. In der Region der vorderen Myotome sehen wir sie dann aber allmählich ver- schwinden und nur auf der rechten Körperseite in der Wange (Figg. 49 — 55ot<7) erhalten bleiben. Genaueren Aufschluß über Bau und Anordnung dieses Gewebes geben uns aber nur günstige Totalpräparate. In Fig. 34 ist ein solches von der Schnauzenspitze des A. pclagiais wieder- gegeben. Wir sehen, daß dorsal imd ventral von der oberen resp. unteren Grenze des subdorsalen und des ventralen Rostralkanals Reihen von Zellen im Bogen nach hinten ver- 17 Deutsche Tiefsee-Expeditiou i8g8 — 1899. Bd. XII. 3 Q RlCH.\RD GOLDSCHMTOT, I o laufen. Dorsal erstrecken sie sich etwa zur Höhe des oberen Randes des dorsalen Rostralkanals, ventral erstrecken sie sich auf die ganze Fläche der Rostralflosse. Ventral und dorsal an den Wandungen der betreffenden Rostralkanäle sehen wir die Kerne dichter gehäuft liegen. Auch in der Wangengegend lua, die noch in ihrem \'ordersten Zipfel mitgezeichnet ist, begegnen wir denselben Zellzügen. (Kleine topographische Differenzen zwischen Fig. 34 und den Schnittbildern beruhen auf den etwas verschiedenen Relationen der beiden Arten.) Vergrößern wir diese Züge nun sehr stark (Fig. 41), so erkennen wir, daß sie aus sehr schmalen, auf der Kante stehenden Lamellen gebildet sind {laiu\ denen in unregelmäßiger Verteilung spindelförmige Kerne einge- lao-ert sind. Die vom Schnittbilde l^eschriebenen radiären Fäden sind also nichts anderes, als die Querschnitte dieser Lamellen. Daß ihnen eine gewisse Starrheit zukommt, sieht man, wenn an einigen Stellen ein Druck ausgeülrt war und sie geknickt wurden. Bei A. pclao^icus ist eine kleine Differenz gegen A. valdiviac noch darin gegeben, daß hier auch im Bereich der Rostralhöhlen deren Wand nach außen Gallerte gebildet hat (Fig. 6g), der dann erst die mesenchymatösen Zellen aufsitzen. Dieselben zelligen Lamellensysteme finden wir auch in der Schwanzflosse. Die Verlaufsrichtung ist hier von hinten nach vorn. Im Totalpräparat bekam ich allerdings nie so schöne Bilder wie vom \'orderende, in den Schnitten sind sie aber stets gut zu sehen. In Fig. 3g sehen wir die Querschnitte der Lamellen mit den zugehörigen Kernen jederseits in einer Reihe neben dem Flossenfaden liegen, sehen unten aber auch quergestellte Lamellen, die in dem Raum zwischen 2 aufeinanderfolgenden Flossenfäden die Füllung abgeben. Ueber die Funktion dieses Gewebes kann wohl kein Zweifel bestehen, es ist ein Festigungs- gewebe. Besonders im das Wasser durchschneidenden Vorderende (Fig. 34) fällt auf den ersten Blick die Anordnung in Druckkurven auf. Das Gleiche ist auch im Schwanz der Fall, der bei seiner starken Entfaltung eines stützenden Gewebes bedarf. Histologisch ist das Gewebe also als ein Bindegewebe anzusehen, dessen einzelne Zellen die Form radiär ausgespannter Lamellen angenommen haben. Wie sollen wir es aber morphologisch deuten? Zunächst glaube ich, daß wir es unzweifelhaft mit dem Subcutisgewebe des Amphioxiis vergleichen müssen. Es stellt einen früheren histologischen Zustand dar, der möglicherweise auch histogenetisch unserem Ampliioxus zukommt. Bei diesem wäre dann nur zwischen den Lamellen die homogene Gallerte ausge- schieden worden und als Rest der Lamellen die bekannten Fibrillen erhalten. Bei AmpJiioxides sehen wir diese beiden Gewebe sogar in der hinteren Wangengegend direkt ineinander über- gehen. Nun wird im allgemeinen dieses Subcutisgewebe des Amphioxtts als zellenfrei geschildert, nur Spengel (1891) giebt an, daß sich Zellen darin finden. Nach den Befunden an Amphioxides ist dies sehr wohl möglich. Denn die Zellen hier können wir nicht den Zellen der Dermalschicht vergleichen. Diesen entspricht das deutliche Endothel der Schnauzenhöhlen. Im Schwanz wäre es überhaupt nicht denkbar, wie es in die betreffende Lage käme. Wir haben es also mit einem echten Mesenchymgewebe zu thun, das sich zwischen Cutisblatt und Epidermis einschaltet und welches v\'ir als in einer einzigen Schicht von diesem abgetrennt betrachten müssen. Es wäre ein ähnlicher Fall, wie ihn Hatschek (1888) von jungen Amphibienlarven angiebt, bei denen noch ein Grenzepithel des Bindegewebes sich findet. Daß dieses Mesenchym auch gewissermaßen epithelartig in einer Lage nur angeordnet ist, ist wohl nur eine Folge seiner Ausbildung in Form von Versteifungslamellen, während die Erhaltung des Cutisepithels von der Persistenz der Cölotom- räume bedingt wird. Uebrigens ist im Bereich der Wange das Mesenchym als vom Splanchno- 18 Amphioxides. IQ cölepithel abstammend 7X\ betrachten, da das Cutisblatt in diese Bildung nicht hineinragt. Auch für die Annahme^ Josephs (1900), daß die Ausbildung von Lymphkanälchen von dem Cutisblatt aus als eine Vorstufe der Bindegewebsbildung aufzufassen sei, lassen sich die be- schriebenen Befunde verwerten, mit Rücksicht darauf, daß hei Asyii/iiniron nach Andrews (1893) in der Rostralflosse Lymphkanäle in genau der gleichen Anordnung verlaufen, die hier bei Amphioxides das mesenchymatöse Stützgewebe zeigt. Tabelle H. Art 0) c 1 0 mm i s T3 3 s 0 p 1-1 T3 'S c 0 Segment, dem der letzte Kienienbogen angehört T3 0 3 mm Verhältnis der Mund- länge zur Gesamtlänge Vorderer Urspnmg des Levator labii liegt im Segment Hinterer Ursprung des Levator labii liegt im Segment Zahl der Kienien- bogen im Bereich der Mundspalte s ■a c 0 C 1 3 la TS Amphioxides pdagicus l 2 3 4 „5 6 7 8 „ „ GÜNTHER's Exempl. „ „ CoOPER's „ „ „ Tattersall's Exempl. 6 Stück 10 5 7 8,5 8,5 7 6,75 / 10 21 4,5-8,5 67 67 67 67 67 67 67 67 67 60 (?) 65 (?) 52:15 53: 14 53:14 52:15 53: 14 53: 14 53:14 53: H 52:15 30 17 29 29 30 24 24 24 30 19 29 29 30 24 24 24 26 0,4 0,6 0,7 0,6 0,6 0,6 1 — 2 I — 2 I — 2 I — 2 1—2 1—2 5— 7 5- 7 5- 7 5— 7 5— 7 5- 7 3 3 3 3 4 4 28 14—41 Amphioxides stenurus I „ ■, 2 8 7 70 70 55:15 55:15 27 27 27 27 0,66 0,66 */i= I — 2 I — 2 5- 7 5- 7 3 3 — — Aiuph 'oxides valdiviae I 3 4 5 6 ) j. 7 8 , „ Parker's Exempl. 8 7 9,25 7 8 8,5 7,5 8 9 67 68 68 69 b/ 70 67 56 : II 57:11 57: II 58; II 56:11 56:14 56: II 27 34 35 25 35 34 32 35 33 23 29 30 29 27 28 29 1,2 I 1,4 1.3 V..5 O-I 0 — I 0— I 0 — I 9—11 8- 12 8-12 9-13 8 9 9 9 9 9 gan 19 z jung 8—26 6. Die Chorda. Die Chorda bietet prinzipiell nichts von den Verhältnissen der anderen Acranier Ab- weichendes, nur einige Details sind zu erwähnen, durch die sich die 3 Arten voneinander unter- scheiden. Das Verhalten der Chorda im Vorderende sehen wir in den Figg. 15 — 17 dargestellt. Sie zeigen uns zunächst, daß A. stenurus (Fig. 17) eine stärkere und plumpere Chorda besitzt als die beiden anderen Arten. Bei A. valdiviae (Fig. 15) erstreckt sich die Chorda ziemUch ge- rade verlaufend bis in die äußerste Spitze des Rostrums; nur ein klein wenig ist der vor dem Gehirn gelegene Teil nach der Dorsalseite abgebogen. An der Stelle, an der diese Biegung be- ginnt, wird die Chorda von ventralwärts durch das hier liegende Präoralorgan ein wenig einge- buchtet (s. auch Fig. 14). Bei A. pclagicus dagegen ist das vordere Ende der Chorda erst sanft 19 Richard Goldschmidt, 20 nach abwärts gekrümmt und in seinem äußersten Ende wieder horizontal gestellt. Bei A. stcnurm schließlich verläuft die Chorda erst unter dem Gehirn ein wenig dorsalwärts und biegt dann nach der Ventralseite (Fig. 1 7). Auch im Schwanz verhält sich die Chorda verschieden, so daß man .schon am nichtpräparierten Tier hieran sofort die Arten unterscheiden kann. Bei allen 3 Arten erstreckt sich die Chorda noch ziemlich weit hinter das letzte Myotom, am wenigsten bei A. valdiviae (Fig. 5, 6, 7). Bei diesem endet sie ziemlich stumpf vor der Spitze der Schwanz- flosse (Fig. 6). Bei den beiden anderen Arten, besonders bei A. pelagiais, zieht sie sich zu einer winzig feinen Spitze aus, die bis in die äußerste Schwanzspitze reicht (Fig. 5, 7). Im hintersten, wie im vordersten Ende der Chorda waren die Kerne der Zellen meist noch erhalten. In Fig. 8 ist das Vorderende wiedergegeben, an dem sehr schön die \ordersten eine Reihe bildenden Zellen zu sehen sind, die dann nach hinten in die bekannten 3 Reihen übergehen. 7. Die Muskulatur, Die visceralen Muskeln sollen bei den betreffenden Organen besprochen werden, hier nur die in Form der bekannten geknickten Muskelsegmente angeordnete Stammmuskulatur. Ihre Anordnung, die Verschiebung der beiden Körperhälften gegeneinander, sowie die schöne Quer- streifung der Muskelelemente entspricht genau den \^erhältnissen des Ampliioxus. Die Zahl der Segmente und ihre Verteilung auf die KöqDerregionen ist auch bei Ainphio.xides ziemlich konstant. Die diesbezüglichen Zählungen sind in Tab. II, S. 19 zusammengestellt. Bei A. pelagiais zählte ich bei 8 Exemplaren, deren Größe zwischen 5 und 10 mm schwankte, stets 67 Segmente, von denen teils 14 teils 15 hinter der Afteröffnung lagen. Diese Zahlen stimmen genau mit Güxther's Ano-aben überein. Die abw?eichenden Zahlen von Cooper und Tafiersall beruhen wohl aiü" dem schlechten Erhaltungszustand der betreffenden Exemplare. Bei A. stcmtrns fand ich an den beiden mir vorliegenden Exemplaren übereinstimmend die Formel 70 = 55 -j- 15. Am wenigsten konstant sind die Zahlen bei A. valdiviae. Hier fand ich 67, 68, 69 und sogar einmal 70 Myotome, von denen mit Ausnahme des letzteren Exemplars stets 1 1 hinter der Afteröffnung lagen. Auch Parker giebt für sein Exemplar, das nach der Abbildung des Hinterendes zu A. valdiviae gehört, die Zahl 67 = 56 + 11 an; die von ihm angegebene Nummer für dien Air ioporus ist natürlich aus der Luft gegriffen, da ein solcher ja fehlt. Etwas verschieden verhalten sich die Myomeren und zwar ihre ventralen Teile im Vorderende der 3 Arten. Die Ursache des ver- schiedenen Verhaltens ist die Ausdehnung der Mundspalte, worauf wir später zurückkommen werden. In den Figg. 15 — 17 ist deutlich zu erkennen, daß bei A. valdiviae (Fig. 15) die ven- tralen Myotomhälften in einem sehr spitzen A\"inkel nach hinten abgeknickt sind, während sie bei pelagiais und noch mehr bei stcniinis kaum zusammengeschoben erscheinen. 8. Die Cölotomräume der Schnauze. An die segmentale Muskulatur wollen wir die eng damit zusammengehörigen Cölotom- räume der Schnauze anschUeßen. Als Cölotom bezeichnet Van Wijhe (1902) die Höhle eines Myotomes und versteht unter dem allgemeineren Begriff Myocöl eine Höhle, deren Wand zum Teil in parietale oder viscerale Muskulatur umgewandelt ist. Bei Aviphioxus finden sich sowohl 20 Amphioxides. t j embryonal als auch im ausgelaildeten Tier in der Schnauze eine Anzahl Hohlräume, deren An- ordnung für die Kopfmetamerie der Amnioten von Bedeutung ist. Es sind dies ein ventraler, ein dorsaler und je ein lateraler Raum. Von der ventralen Rostralhöhle wollen wir erst später bei Betrachtung des Präoralorgans und des Splanchnocöls reden. Von den beiden seitlichen wissen wir seit Hatschek (i88i), daß sie sich als rostrale Ausstülpungen des i. Somiten ent- wickeln, mit dem sie auch beim erwachsenen Tier noch in Zusammenhang stehen. Der dorsale Hohlraum endlich steht nach Van Wijhe (1902) mit keinem anderen Raum in Ver- bindung, von seiner Entwickelung ist nur bekannt, daß er schon sehr früh auftritt. Bei Aiiipliioxides liegen die Verhältnisse etwas komplizierter, indem außer den lateralen Rostralhöhlen zwei dorsale und zwei ventrale vorhanden sind. Betrachten wir einen Querschnitt ganz vorn durch die Schnauze (Fig. 47), so sehen wir ventral eine größere Höhle, die später zu besprechende ven- trale Rostralhöhle {RIi.v), seitlich von der Chorda die lateralen Rostralhöhlen {Rh./) und sodann über der Chorda zwei verschieden gestaltete Kanäle, von denen wir den dorsalen bereits mit den Flossenkästchen besprochen und als dorsalen Rostralkanal be- zeichnet haben (di-k). Den darunter liegenden Kanal wollen wir als subdorsalen Rostral- kanal bezeichnen (sdr/c), über dessen Bildungsweise uns die gleiche Figur auch Aufschluß giebt; wir sehen nämlich auf diesem Schnitt, daß die lateralen Rostralhöhlen in offener Kommunikation mit diesem Kanal stehen, der von hier aus sich bis in die vorderste Schnauzenspitze erstreckt. Den zwischen ventraler Rostralhöhle und Chorda liegenden Keinal wollen wir ventralen Rostralkanal (zirA') nennen. Er erstreckt sich ebenfalls in der gleichen Lage bis zur vordersten Schnauzenspitze, ist aber in den Schnitten weiter rückwärts bis zum i. Myotom zu verfolgen. Und hier können wir sehen, daß er als ein cjuergestellter Kanal unter der Chorda die erhaltene Höhle der beiden ersten Myotome, die Cölotome, miteinander verbindet. Die gegenseitigen Beziehungen dieser Räume, die sämtlich von einem Endothel ausgekleidet sind, sind in Fig. :is schematisch dargestellt. Wir sehen da von oben nach unten übereinander liegen: i) dorsaler Rostralkanal (dr/c), 2) subdorsaler Rostralkanal {sdr/c), 3) Chorda (r//), 4) ventraler Rostralkanal (^7-/{'), 5) ventrale Rostralhöhle {R/i.z). Wir sehen ferner bei qkd die dorsale Verbindung der beiden Cölotome durch den Ouerkanal, der nach vorne den subdorsalen Rostralkanal sendet, und bei gkv den ventralen queren Verbindung.skanal , der nach \'orne den ventralen Rostralkanal sendet. Ganz ventral liegt dann die ausgedehnte ventrale Rostralhöhle. Im Totalbild von der Seite gesehen, sehen wir schließlich in Fig. 34 die Wandungen dieser Kanäle, deren Endothel meist aus nebeneinander gereihten vielgestaltigen Zellen besteht, wie dies auch schon für das Endothel der Flossenkästchen bemerkt wurde. Van Wijhe (1902) giebt an, daß die mediale Wand der lateralen Rostralhöhlen des AmpJiioxns von spindelförmigen Zellen ausgekleidet sei, die er als glatte Muskelzellen ansieht. Es dürfte sich da auch um ähnliche modifizierte Endothel- zellen handeln. Die von der Wandung dieser Hohlräume ausgehende Gallertbildung bei A. pelagiais wurde bereits oben erwähnt. Wir sehen also aus dieser Darstellung, daß das i. Cölotom in reichem Maße im stände ist, die verschiedenartigsten Hohlräume abzugeben, eine Fähigkeit, die für die späteren allgemeinen Betrachtungen von Belang ist. Noch einer weiteren, ebenfalls vom Cölotom ausgehenden Bildung haben wir zu gedenken. Bei Brancliiosio)na findet man in der Umgebung der Spinalnervenwurzeln innerhalb der skeleto- genen Schicht Lymphräume, die nach Hatschek (1888) als Reste der vom Myocöl ausgehenden 2\ , 2 Ricii.\RD Goldschmidt, Sklerotomfaltenausstülpung aufzufassen sind und \'on Ray Lankester (1889) auch direkt „Intra- skeletal Lymph-spaces of the Myotomes" genannt werden. Diese Säume findet man auch bei A)iiphioxides aber nur in den 2 oder 3 \ordersten Segmenten. In Fig. 2g auf Taf. MII ist ein solcher in seiner Lage neben der Chorda dargestellt {spJi). Auf den Schnitten kann man auf das deutlichste verfolgen, wie diese Räume in das Cölotom einmünden und wie sie so als nach rückwärts getriebene Ausstülpungen dieser Hohlräume erscheinen. Auch in dem Schema Fig. 2)ö sind sie für das 2. Myotom eingezeichnet. 9. Das Nervens^"stem und die Sinnesorgane. Das centrale Nervensystem des Ampliioxidcs stimmt in seinem Bau derart mit dem des A/iip/iioxns überein, daß wir nicht näher darauf einzugehen brauchen. Es beginnt, wie dort, mit einem kleinen Gehirn, an dem alle die von den verschiedenen Autoren beschriebenen Teile zu erkennen sind und setzt sich als Rückenmark bis in die hinterste Schwanzspitze fort. Der vorderen Wand des Gehirns ist der wohlausgebildete Pigmentfleck eingelagert, von dem wir weiter unten noch sprechen werden, inid in dem ganzen Rückenmark finden sich die bekannten PigmentzeUen in segmentalen Gruppen angeordnet und zwar die der rechten und linken Körper- seite alternierend. Von dem Rückenmark entspringen in der bekannten Weise die Spinalner\-en, über die ebenfalls nichts Besonderes mitzuteilen ist. Dagegen muß ich mit einigen Worten auf das Verhalten der vordersten Nervenpaare eingehen, da wir ihre Anordnung später bei der Dis- kussion der Segmentierung des Vorderendes berücksichtigen müssen. Vor dem i .' Muskelsegment (nach Hatschek [1892] das 2. M^-omer) finden sich bei Amphioxiis 2 Nervenpaare, die nur als dorsale Ner\-en ausgebildet sind. Das erste Paar ent- springt am Vorderende des Gehirns und zieht dorsal über die Chorda nach vorn, um das Epithel der vordersten Schnauzenspitze zu versorgen. Hatschek deutet ihn als einen N. lateralis, der zu dem nächstfolsrenden Nerven hinzugehört. Dieser letztere besteht aus 2 oft bis zum Ursprung gesonderten Portionen, einer vorderen, die einen starken N. lateralis dorsalis und ventralis abgiebt und das übrige Rostrum versorgt, und einer hinteren, welche 2 Cutanei dorsales» einen Cutaneus ventralis und einen N. visceralis abgiebt. Dieser letztere trägt bereits zur Bildung des Mundplexus bei. Bei Ampliioxidcs lassen sich diese Nerven ausgezeichnet ain Totalpräparat studieren. Der i. bildet als ein sehr kräftiger Stamm jederseits die direkte Fortsetzung des Hirn- bodens. Auf Schnitten kann man deutlich erkennen, \\'ie er nicht als scharf abgesetzter Nerv vom Gehirn entspringt, sondern wie dieses sich ventral und seitlich allmählich zu dem Ursprung des Nervenpaares verjüngt. Dementsprechend setzt sich auch ein sehr feiner kanalartiger Fortsatz des Hirn Ventrikels in den Ur- sprung dieses Nervenpaares fort. In Fig. 47 ist diese Stelle gerade im Querschnitt getroffen (w /). Man sieht den Ursprung der beiden Nerven noch durch das vorderste Hirnende verbunden und sieht den feinen Kanal im Inneren eines jeden. Für die Deutung dieses Nerven- paares erscheint mir dies von Wichtigkeit, wie später ausgeführt wird. Der Nerv versorgt auch bei AiHpJiioxides die vorderste Schnauzenspitze. ^\^ie Fig. 10 zeigt, verästelt er sich mit einigen kurzen Aesten an dieser und zwar, worauf ich A\^ert lege, vor dem Vorderende der Rostral- höhlen. Von dem sogenannten 2. Nerven ist in Flg. 10 nur das dargestellt, was Hatschek die Amphioxides. -> -y vordere Portion nennt (// //). Sie bildet auch hier einen dorsal hinter dem Hirn entspringenden mächtigen Stamm, der sich an der Schnauze verästelt. Dieser teilt sich aber nicht wie bei Anipliioxiis in 2 große Aeste, die Hatschek als dorsalen und ventralen Lateralast ansah, sondern giebt eine Anzahl von dorsalen und ventralen Aesten ab, die eine große Regelmäßigkeit zeigen. Der dorsale und der ventrale Ast gehen stets an der gleichen Stelle von dem Hauptstamm ab und an diesen Punkten liegen stets einige Kerne der Nervenscheide. Zunächst geht kurz vor dem Ursprung des Nerven ein dorsaler und ventraler Ast ab {d-^ und v-^, von denen sich ersterer nach Art eines gewöhnlichen Ramus cutaneus dorsalis verästelt, letzterer wie ein Ramus ventralis reich verästelt einen Teil der rostralen Seitenwand versorgt. Vor diesen folgt dorsal wie ventral ein kleiner Ast d^ und x\ und weiterhin ein ebensolcher d.^, zu dem ich den ventralen Ast nicht auffand. Es folgen dann schUeßlich 2 Paar kräftiger Aeste d.^ v^, d^ i\, die sich dorsal und ventral reich an der Rostralflosse verzweigen, wie am besten aus der Fig. 10 zu erkennen ist. Hier sieht man auch an der Gabelungsstelle von d^ und r'i eine größere Anzahl von Scheide- kernen liegen. Auch die hintere Portion dieses sogenannten 2. Nerven ist wohlentwickelt. In Fig. 14 ist von ihrer peripheren Verästelung etwas eingezeichnet. Wie Haischek für unseren Ainf'hioxjis angiebt, so hat auch bei Amphioxides dieser Nerv einen Ramus cutaneus dorsalis und ventralis und einen Ramus visceralis. Bei A/)ip/iioxus geht letzterer Ast nach Hatschek bereits in den visceralen Mundplexus ein. Hier dagegen tritt er — und zwar ist es nur der der rechten Seite, soweit ich sehen kann — nach vorn und verzweigt sich an dem später zu besprechenden Muskel des präoralen Sinnesorgans, den er innerviert. Der Ramus cutaneus ventralis läuft dagegen annähernd horizontal nach vorn und verästelt sich in dem Gebiet der ventralen Rostralhöhle. Für die Deutung dieses Nerven wie der übrigen besprochenen, ist dies von größter Bedeutung, wie wir später ausführen wollen. Bekanntlich finden sich im Bereich der ersten beiden Ner\fen bei Amphioxus die so- genannten OuATREFAGEs'schen Körperchen, die bald als Sinnesorgane, bald als periphere Ganglien gedeutet werden. Bei Amphioxus scheint ihre Verbreitung in den peripheren Verästelungen dieser Nerven nicht sehr regelmäßig. Nach Fusari (1889) bestehen sie aus 2, 3 oder 4 Nervenzellen, die von einer schalenförmigen EndothelhüUe umgeben sind und direkt mit den Nervenfasern in Verbindung stehen. Peripher entspringen ebenfalls i, 2 oder 3 Nervenfasern, die unter dem Epithel endigen. Die Größe der Körperchen ist verschieden. Heymans und Van der Stricht (1892) konnten sich aber nicht überzeugen, daß in den Körperchen echte Ganglienzellen vor- handen sind. Bei Amphioxides finden sich diese Körperchen ebenfalls in der vordersten Schnauzen- spitze und zwar dorsal mehr wie ventral (Fig. 18). Sie sitzen an sämtlichen Endästen des I. Nerven, wie am i. und 2. dorsalen und dem i. ventralen Ast des 2. Nerven. Ein Ast trägt nur ein einziges solches Körperchen, das in dem subepidermalen Gewebe direkt unter der Epi- dermis liegt. Wegen ihrer Kleinheit kann ich leider nicht viel über die Struktur angeben. Man findet innerhalb einer schalenförmigen, von i oder 2 Zellen mit platten Kernen gebildeten Hülle eine kugelige, stärker lichtbrechende Zelle, die durchaus nicht das Aussehen einer Ganglienzelle hat (Fig. 10 Qti). Mir scheint es nicht im geringsten zweifelhaft, daß wir es hier mit Sinnes- körperchen zu thun haben; mehr läßt sich darüber zunächst nicht sagen. Außer diesen in ihrer Deutung unsicheren Organen und den Augenflecken des Rücken- Richard Goldschmidt, markes besitzt Ampliioxidcs wie auch Aiiipliiows nur noch ein als Sinnesorgan anzusprechendes Oroan, die sogenannte KöLLiKEa'sche Geruchsgrube. Ihre Deutung ist eine sehr schwankende, indem man sie bald mit dem Geruchsorgan, bald mit der Hypophyse, bald mit einem Teil der Epiphyse homologisiert. Sicher ist nur ihre Entstehung aus dem Neuroporus, der bei jungen Tieren noch von dem Hirnventrikel nach außen führt, sich aber später schließt, so daß die nach- träglich nach links verlagerte Grube durch einen kurzen Nerv, den sogenannten N. olfactorius, mit dem Gehirn in Verbindung steht. Bei Ainphioxides ist dieses Organ auch gut entwickelt und nimmt ebenfalls eine Lage links über dem Gehirn ein (Fig. \\koe). Bei meinen Exemplaren, die ja allerdings nicht ausgewachsen sind, steht die Grube stets noch in offener Verbindung mit dem Hirnventrikel; bei dem völlig ausgebildeten Organisationszustand der Tiere ist es mir aber sehr wahrscheinlich, daß dieser primitive Zustand zeitlebens bestehen bleibt. Als primitiv fasse ich auch ein \^erhalten auf, das in Fig. 9 und 1 1 dargestellt ist. Fig. g stellt das Gehirn mit der KöLLiKERSchen Grube nach einem Totalpräparat, von der Seite gesehen, dar. Es fällt daljei sofort auf, daß von dem vorderen Pigmentfleck des Gehirns eine Pigmentstraße durch den Neuroporuskanal in die Riechgrube .sich erstreckt. Das Gleiche erkennt man in Fig. 11, einem Schnitt durch Gehirn und Neuroporus, dessen Kanal mit einer Pigmentmasse ausgefüllt ist, die sich außen zwischen die hohen Sinneszellen der KöLLiKER'schen Grube erstreckt, innen mit dem in einem anderen Schnitt folgenden Pigmentfleck zusammenhängt. Ich glaube, wie gesagt, daß dies Verhalten primitiv ist und uns die wahre Bedeutung des Organs zeigt, seine Beziehung zu dem intracerebralen Sehorgan, die wir auch bei Ascidienlarven wiederfinden. Näher werde ich darauf im allgemeinen Teil einzugehen haben. 10. Das Präoralorgran und die ventrale Rostralhöhle. In seiner klassischen AmpJiioxits-r\x\y€\X. beschrieb Hatschek (1881) ein Organ der jungen A7)tp/noxus-ljaxve, welches man seitdem als das Präoralorgan oder die HAiscHEivSche Grube be- zeichnet. Es ist dies eine links vor dem Mund ausmündende Grube, die mit dem larvalen Mundschlitz durch eine Wimperrinne verbunden ist. Ihre Entwickelung ist nach Hatschek eine sehr merkwürdiee. Auf frühen Embrs'onalstadien schnüren sich vom Vorderende des Darmes 2 Divertikel ab, die zunächst ganz symmetrisch sind, bald aber sich verschieden verhalten, indem das rechte zu einem dünnwandigen Säckchen wird, das sich ausdehnt und die sogenannte Rostral- höhle — unsere ventrale Rostralhöhle — bildet, während das linke dickwandig ist und Ijald nach außen durchbricht und so das Präoralorgan bildet. Bei der Metamorphose der Larve wird das Organ in die sekundäre Mundhöhle einbezogen und bildet hier das Räderorgan. Dieser Darstellung trat Legros (1898) in einer ausführlichen Untersuchung entgegen und gab an, daß die Rostralhöhle sich unpaar vom vordersten Darmabschnitt abschnüre, während das Präoralorgan unabhängig davon als eine linksseitige Ektodermeinstülpung sich entwickle. Mac Bride (1900) stellte sich dagegen wieder auf Hatschek's Seite und giebt an, daß Legros die betreffenden Stadien gar nicht vorgelegen hätten. Für die vergleichend-anatomische Betrachtung der beiden Organe ist ihre Entwickelung von größter Wichtigkeit. Wir werden darauf im allgemeinen Teil zurückkommen müssen und wollen hier nur die thatsächlichen Verhältnisse bei Ampliioxidcs betrachten. 24 Amphioxides. 2 ^ Das Präoralorgan ist bei allen 3 Arten sehr wohlentvvickelt und ist seiner Ausbildung nach ein funktionsthätiges Organ. Da zwischen jüngeren und älteren Tieren kein Unterschied im Entwickelungsgrad besteht, eher es bei älteren noch besser entwickelt ist als bei jüngeren, so kann gar kein Zweifel bestehen, daß das Organ, so wie es angetroffen wird, den ausgebildeten Zustand repräsentiert. Beginnen wir mit Hatschek's linkem Entodermsäckchen, dem eigentlichen Präoralorgan. Seine Lage vor dem blinden vorderen Ende des Darmes erkennen wir in den Figg. 15, 16, IT pro, die uns auch die relativen Form- und Größenverhältnisse bei den 3 Arten zeigen. Bei A. valdiviae (Fig. 15) erscheint das Organ, von der Seite gesehen, schlanker und relativ kleiner als bei A. pclagicus (Fig. 16), am umfangreichsten bei A. stenunts (Fig. 17). Die linksgelegene Oeffnung erscheint gewöhnlich als ein gestreckter, schmaler Schlitz (Fig. 14). Ist dieser aber völlig geöffnet, so sehen wir, daß er aus 2 Schenkeln besteht, einem horizontalen und einem senkrecht davon abbiegenden vertikalen (Fig. 45). Es hängt dies mit einer Gliede- rvmg des Organes in 3 Abschnitte zusammen, die auch bei der Amphioxus-\j3s\&, wenn auch nicht in solchem Maße, vorhanden ist. Um zunächst diesen Abschnitten keine erst zu beweisende Deutung unterzulegen, will ich die LEGROs'schen Bezeichnungen stomodäaler und hypophysaler Abschnitt nicht gebrauchen und die 3 zu unterscheidenden Abteilungen des Organs als Haupt- höhle, dorsalen und ventralen Blindsack des Präoralorgans bezeichnen. Die Haupthöhle ist ein mit dem horizontalen Schlitz sich öffnender Sack, der sich von der linken Körperseite bis ülier die Sagittalebene hinaus nach rechts erstreckt, wie es der Querschnitt Fig. 50 zeigt {prg.Ii). Sie ist von einem hohen, aus sehr schmalen Zellen bestehenden Epithel ausgekleidet und besonders umfangreich bei A. steminis. Diese bildet dorsal in der Sagittal- ebene, direkt unter der Chorda, einen Blindsack, der allerdings beinahe kein Lumen besitzt, so hoch sind die ihn auskleidenden Epithelzellen. Dieser dorsale Blindsack {prg.d) ist in dem Schnitt Fig. 49 getroffen, wo man seine Erstreckung bis dicht unter die Chorda erkennt. Bei A. valdiviae ist dies so stark, daß dadurch die Chorda eine Einbuchtung erleidet, wie Fig. 14, 15, 45 zeigen. Die etwas abweichenden Proportionen und Formverhältnisse bei A. pelagicus sind am besten aus dem Schnitt Fig. 70 zu entnehmen. Der ventrale Blindsack hat dagegen ein weites Lumen (Fig. 50, '-^\ prg.vX Er hat eine deutliche Herzform (Fig. 14) und entspringt am hinteren Ende des Hauptsacks und erstreckt sich von hier, unter diesem liegend, nach vorn. Seine Ursprungsstelle am Hauptsack ist so gelegen, daß der vertikale Schenkel der Oeffnung (Fig. 45) direkt in diesen Sack führt. Sein Epithel ist ein wenig höher als das der Haupthöhle, aber nicht so hoch als das des dorsalen Blindsackes. Ain schönsten ist er bei A. valdiviae ent- wickelt (Fig. 14, 15, 45), weniger stark bei A. pelagicus (Fig. 16) und sehr gering nur bei A. stenurus (Fig. i 7). Es wurde gesagt, daß das Organ vor dem vorderen blinden Ende des Darmes liegt. Es ist dies so zu verstehen, daß sich rechts dieser DarmbHndsack noch eine Strecke weit über die hintere Grenze des Präoralorgans nach vorn erstreckt (Fig. 50 — 53). In seinem vordersten Ab- schnitt liegt dieser präorale Darm (Fig. ^oprod) sogar der Wand der Haupthöhle dicht an. In Fig. 45, die diese Teile von links gesehen im Umriß darstellt, erkennen wir das gleiche Verhalten, wie es aus den erwähnten Schnitten hervorgeht. Auch zu dem Mund steht das Präoralorgan in Beziehung; es ist mit ihm ebenso wie bei jungen Braiicliiostoma-\jdXNQn durch eine tiefe Rinne verbunden, die sich direkt vom hinteren Ende der schlitzförmigen Oeffnung zum vorderen Mund- 25 Deutsche Tiefsee-Expedition i8g8 — i89q. Bd. XII. 4 26 Richard Goldschmidt, Winkel fortsetzt. Sie ist deutlich in Fig. 14 vri zu erkennen, ebenso in den Schnitten Fig. 53 — 55 zu verfolgen. Auf diese Verbindung werden wir noch einmal zurückkommen müssen. Der entwickelungsgeschichtliche Partner des Präoralorgans ist nach Hatschek (1881) die ventrale Rostralhöhle, die, wie erwähnt, nach Legros eine davon unabhängige Bildung ist. Hier bei Amphioxides ist die morphologische Zusammengehörigkeit der beiden Organe klar ausge- sprochen. Die ventrale Rostralhöhle ist ein Hohlraum von beträchtlicher Ausdehnung, dessen Form wir am besten aus dem Schema Fig. 33 erkennen. Hier sehen wir die Höhle sich von einer Strecke weit hinter dem Vorderende des präoralen Darmes bis in die vorderste Schnauzenspitze ausdehnen. Ihr hinteres Ende ist stark nach links herüber geschoben und zipfelartig verschmälert. Auf der Höhe des Präoralorgans dehnt sie sich dann weit nach rechts aus, bleibt aber stets ventral von diesem Organ. Dann verschmälert sie sich wieder und zieht als ventral gelegener Hohlraum bis zur Schnauzenspitze. Vergleichen wir damit nun die Quer- schnitte auf Taf. VIII Fig. 47 ist ein ganz vorn dicht vor dem Gehirn durch die Schnauze geführter Schnitt. Wir sehen hier die ventrale Rostralhöhle [R/i.i) als hohen seitlich kom- primierten Raum die ventrale Rostralflosse ausfüllen (s. auch ¥\g. 69 für A. pelagiais). Ein wenig nach hinten, etwa in der Gegend des Neuroporus (Fig. 48) sehen wir die Höhle sich erweitern. Eine Einstülpung der Epidermis auf der linken Seite zeigt uns den Beginn des Präoralorgans an. Der in Fig. 49 abgebildete Schnitt zeigt uns die Lagebeziehungen zum Präoralorgan in der Gegend von dessen dorsalem Blindsack. Die ventrale Rostralhöhle ist ein weiter Raum, in den der ventrale Abschnitt des Präoralorgans hineinhängt. Sie erstreckt sich jetzt dorso-ventral abge- plattet nach rechts. Auf dem folgenden Schnitt hat sich dies insoweit geändert (Fig. 50), als die Höhle sich jetzt weniger weit nach rechts erstreckt, was in Fig. 51 noch ausgeprägter ist. Mit dem hinteren Ende des Präoralorgans sehen wir die Höhle in Fig. 52 ganz nach links ver- schoben und in Fig. 53 endlich ganz links, der Verbindungsrinne zwischen Präoralorgan und Mund dicht anliegend das hinterste zipfelförmige Ende der Höhle. Wodurch wird diese Verlagerung der Rostralhöhle nun bedingt? Es sind zwei Faktoren, einmal die Beziehung zum Präoralorgan und dann die zur allgemeinen Leibeshöhle. Wir müssen die ventrale Rostralhöhle als einen zum Präoralorgan zugehörigen Leibeshöhlenabschnitt be- trachten, d. h. die nach Hatschek ursprünglich gleichwertigen Urdarmdivertikel haben sich so gesondert, daß das rechte ein Splanchnocöl zu dem linken abgiebt, also mit seinem visceralen Blatt dieses überkleidet. Daß dem so ist, geht ja deutlich aus den Figg. 49 — 52 hervor. Noch mehr aber erhellt dies daraus, daß die Rostralhöhle eine viscerale Muskulatur für das Präoralorgan liefert. In Fig. 14 sehen wir, daß vor dem Präoralorgan, dicht unter der Chorda, ein Muskelbündel entspringt {prsm), das nach ventralwärts ausstrahlend im Bogen um die Oeffnung des Präoralorgans zieht. Ein besonders differenzierter Zug dieses Muskels läuft als eigenes Bündel auf der unteren Lippe dieser Oeffnung. Wir wollen den Muskel als Schließmuskel des Präoralorgans bezeichnen, denn er bewirkt bei seiner Kontraktion, daß die vmtere Lippe vorhang- artig in die Höhe gezogen und gegen die obere gepreßt wird. Diesen Muskel erkennen wir nunmehr auch auf den Schnitten wieder. In Fig. 48 prsi// sehen wir seinen Ursprung dorsal unter der Chorda an der oberen Wand der Rostralhöhle und in den Figg. 52 u. 53 treffen wir seine hintere Insertion im äußersten Zipfel dieser Höhle. Die Muskelfasern sind glatte Fasern, die sich in ihrem Bau wie in ihren Beziehungen zur Rostralhöhlenwand genau verhalten wie die 26 Amphioxides. 27 Später zu besprechende Mundmuskulatur zur Leibeshöhlenwand. Für die Deutung der Rostral- höhle als Leibeshöhlenabschnitt ist dies natürlich ausschlaggebend. Das Fehlen einer solchen Mus- kulatur wurde z. B. von Willey (1894) als besonderer Unterschied der Kopfhöhlen gegen die „myocoelomic pouches" aufgeführt. Diese engen morphologischen Beziehungen geben natürlich auch der von Legros bestrittenen Ha 1 scHEK'schen Darstellung der Entwickelung dieses Organs eine weitere Stütze. Sodann sehen wir hierin die eine Begründung für den Verlauf dieser Höhle in ihrem hinteren Abschnitt: sie erstreckt sich eben bis zum hinteren Ende der Oeffnung des Präoralorgans. Die Verlagerung der Höhle — sie ist ja ursprünglich ein Organ der rechten .Seite — nach links ist dagegen durch die Beziehungen zur Leilaeshöhle bedingt. Die Leibeshöhle erstreckt sich, wie wir später sehen werden, nach vorne bis zum Präoralorgan. Dieses verdrängt sie nun in ziemlich weitgehendem Maße auf der linken Seite und das Gleiche thut die Rostral- höhle auf der rechten Seite. In Fig. 49 sehen wir, wie die Leibeshöhle der rechten Seite {coe.d.) durch die Rostralhöhle ganz nach rechts verdrängt wurde. Durch dieses Einkeilen der Höhle entsteht ein zartes Septum, das die beiden Höhlen voneinander trennt {scpf), wie dies auch von Legros für unseren Aiupliioxits geschildert wird. Es wurde nun schon angegeben, daß der präorale Darm sich noch ein Stück seitlich vom Präoralorgan erstreckt. Dieser Darmabschnitt ist aber in dem Cölom aufgehäntrt und so wird in seinem Bereich die Rostralhöhle von ihm abgedrängt, nach der linken Seite zu eingeengt und das erwähnte Septum setzt sich nunmehr am präoralen Darm ventral an. Am besten ist das aus einem Vergleich der Figuren 50 — 53 zu erkennen. Das Septum verläuft also schräg von rechts vorne nach links hinten. Sein Ver- lauf und die gegenseitige Einengung der Rostralhöhle und Leibeshöhle von vorn nach hinten ist auch aus dem Schema Fig. 33 zu erkennen. Auch im Totalpräparat ist das Septum stets wahrzunehmen. Es bezeichnet die Stelle des hinteren Einschnittes, durch die die ventrale Rostral- flosse abgesetzt ist (Fig. 14, 34). Deutlich ist sein Verlauf schließlich auch aus Fig. 44 zu er- kennen, wo die Verhältnisse nach einem Totalpräparat von A. pclai^iais dargestellt sind. (Das Septum ist mit sept bezeichnet.) Bei Betrachtung der Leibeshöhle werden wir auf diese Dinge noch einmal zurückzukommen haben. Ich erinnere nunmehr nochmals daran, daß, wie oben beschrieben, der Muskel des Präoralorgans von einem Ramus visceralis der sogenannten hinteren Portion des 2. Nerven versorgt wird, während ein Ramus cutaneus ventralis den übrigen Bereich der Rostral- höhle innerviert. Auf die Bedeutung dieser Verhältnisse wird ebenfalls später einzugehen sein. Ueber die Funktionen des Präoralorgans hat man verschiedene Ansichten geäußert. Teils hält man es für ein Sinnesorgan, teils für ein Drüsenorgan. Wie Van Wijhe und Andrew^s, möchte ich mich auch letzterer Ansicht zuneigen. Die Zellen des Präoralorgans ähneln außerordentlich denen des Endostyls, während sie mit Sinneszellen nichts gemein haben. Ein so bedeutend entfaltetes Sinnes- organ müßte auch durch einen bedeutenden Nerven innerviert sein, während nur ein Ramus visceralis für den Schließmuskel festzustellen ist. Die wimpernde zum Mund führende Rinne beweist wohl auch eine Beziehung zur Nahrungsaufnahme. Weiteres kann natürlich nur die Beobachtung am lebenden Tier lehren. II. Der Darmtractus. Der Darmtractus ist das Organ der Amphioxididen, durch das sie sich am meisten von den Branchiostomiden entfernen und das am meisten ihre primitive Stellung doku- 27 ^o Richard Goldschmidt, mentiert. Der Darm zerfällt in den Kiemendarm und den eigentlichen nutritorischen Darm, der ziemlich weit hinten mit dem links gelegenen Anus mündet. Vorn endet der Kiemendarm blind, da der Mund auf der linken Seite gelegen ist. a) Mund und präoraler Darm. Betrachten wir Totalpräparate von Amphioxidcs von der linken Seite, so erkennen wir hinter dem Rostrum, seitlich und mehr nach der Ventralseite gelegen den Mund (Fig. i, 2, 4, 1 4, 1 5, 1 6, I 7). Seine dorsale Grenze ist durch den ventralen Rand der segmentalen Muskulatur gegeben. Es ist eine schmale Spalte, deren Ausdehnung bei den 3 Arten verschieden ist. Absolut wie relativ ist er am längsten bei A. valdiviae (Fig. i, 14, 15). Die in Tabelle II, S. 19 zusammen- gestellten Maßangaben ergeben, daß hier die Mundspalte eine Länge von i — 1,4 mm besitzt, was ein Verhältnis des Mundes zur Gesamtlänge von rund i : 7 ergiebt. Einen Maßstab für die Länge des Mundes giebt weiterhin die Zahl der Kiemenbogen, die sich im Bereich der Mund- spalte finden. Die Figg. 14 u. 15 wie die Angaben der Tabelle II zeigen, daß es nicht weniger als 9 sind, eine recht beträchtliche Zahl. Viel weniger umfangreich ist der Mund bei den beiden anderen Arten. Bei A. pelagicus mißt er 0,6 — 0,7 mm, was ein Verhältnis zur Gesamtlänge von etwa 1:12 bedeutet, und die gleichen Zahlen gelten auch für A. stciiiinis (s. Tab. II). Es ist dabei bemerkenswert, daß diese Relation die gleiche bleibt bei Tieren von 5 — 10 mm Größe. Auch die Zahl der Kiemenbogen im Bereich des Mundes ist dementsprechend eine viel geringere, nämlich 3 — 4. Daß der vordere Mundwinkel durch eine tiefe Rinne mit dem Präoralorgan ver- bunden ist, wurde bereits oben erwähnt. Es ist nur noch auf die Abhängigkeit der ventralen Knickung der vordersten Muskelsegmente von der Ausdehnung des Mundes hinzuweisen. Wie die Fig. 14 — 17 zeigen, sind die ventralen Segmenthälften entsprechend der Ausdehnung des Mundes zusammengeschoben. Am stärksten ist dies demnach bei A. valdiviae ausgebildet, dessen vorderste Segmente in einem viel spitzeren Winkel geknickt sind wie die der beiden anderen Arten. Ein richtiges Verständnis für den Bau des Mundes gewinnt man erst aus dem Studium von Querschnitten. Es ist dazu einiges über eine charakteristische Eigentümlichkeit des Ainphioxides- Darmes vorauszuschicken. Betrachten wir einen Querschnitt durch die Kiemendarmregion, wie ihn Fig. 60 von A. valdiviae und noch klarer Fig. 74 von A. pc/agicus zeigt, so fällt uns sogleich auf, daß der Kiemendarm streng in einen dorsalen nutritorischen und einen ventralen respiratorischen Abschnitt getrennt ist (;/. A. u. v. A). Die Trennung geschieht durch zwei von links und rechts stark vorspringende Falten, in ähnlicher Weise wie es von den Enteropneusten (bei umgekehrter Orientierung) bekannt ist. Auch am Totalpräparat ist diese Trennung zu erkennen, indem die Falte als ein über den Kiemenbogen hinziehendes Band erscheint'). In den jüngsten Entwickelungsstadien unseres AmpJiiox7is scheint diese Trennung auch wenigstens angedeutet zu sein. Im vordersten Darmabschnitt ist sie bei jungen Tieren nach der Metamorphose noch zu erkennen, weiterhin wird dann dieser Abschnitt zur Epibranchial- rinne reduziert. Weiteres über diesen Darmabschnitt werden wir noch später erfahren. Be- trachten wir nunmehr einen durch die Mundregion geführten Querschnitt (Fig. 36, 57, 58, 59), so fällt uns sogleich auf, daß der Mund vermittelst eines kurzen, annähernd dorso-ventral ver- I) Dies B.ind wurde von CooPER an seinen sogen.innten pelagischen Larven beoljaduet und als eine Fortsetzung der peripharyngealen Wimperrinne durch den ganzen Kiemendarm hmdurch bezeichnet. Amphioxides. 7q laufenden Stomodaeum {std), direkt zum dorsalen, nutritori sehen Darmabschnitt führt. Das Gleiche erkennen wir in Fig. 73 für A. pc/ai^icits, nur daß hier das Stomodaeum besonders kurz ist. Die betreffenden Figuren lassen auch erkennen, daß der Durchbruch des Mundes in den dorsalen Darm abschnitt mitten durch die linke Hälfte der Leibeshöhle hindurch erfolgt, die dadurch in einen dorsalen und ventralen Teil [coe.sJ und ivcs.zi) zerlegt wird. Dies Verhalten des Mundes scheint mir außer- ordentlich wichtig, da es mir der Schlüssel für die Erklärung der linksseitigen Lage des Acranier- mundcs und der . yw/Z/Zai/w-Metamorphose zu sein scheint, wie später erörtert werden soll. Zum Mund gehört ein besonderer Schließmuskel, der im wesentlichen ebenso an- geordnet ist wie bei jungen Am/>/noxus-ha.rven. Dort wird er seiner späteren Funktion nach als Velarmuskel bezeichnet, eine Bezeichnung, die wir hier aber nicht anwenden können, da ja kein Velum zur Ausbildung gelangt. Wir wollen ihn den Levator labii inferioris oder kurz Mund- muskel nennen. Wie die Bezeichnung besagt, ist es kein Schließmuskel, sondern ein bogenförmig um die Mundspalte ausgespannter Muskelzug, der bei seiner Kontraktion die Unterlippe vorhang- artig in die Höhe zieht und gegen die Oberlippe preßt. Seine vorhangartige Anordnung und die zarten, parallel verlaufenden, g^latten Muskelfasern, die ihn zusammensetzen, erkennt man am besten in Fig. 14. Wir sehen hier den Ursprung des Muskels vorn unter der Chorda als breites Faserbündel, das auch nach der Ventralseite ausstrahlt, sehen ihn dann im Bogen nach hinten ziehen und scharf um den hinteren Mundwinkel heruiribiegen und dann als breites Bündel, dessen Fasern auseinanderstrahlen, wieder unter der Chorda inserieren (imiJa.). In der gleichen W^eise sehen wir den Muskel bei den beiden anderen Arten ausgebildet (Fig. 1 6, 1 7). Ursprung und Insertion in ihrer Lagebeziehung zu den Körpersegmenten ist ebenfalls in Tab. II verzeichnet. Der vordere Ursprung erstreckt sich bei A. pelagicus und steminis über das i. und 2. Segment, bei A. valdiviac auf das i. und weiter nach vorn*), die Insertion bei A. valdiviae auf das 8. bis 13., bei den beiden anderen Arten auf das 5. — 7. Segment. Die Querschnitte zeigen, daß der Muntlmuskel ein echter Visceralmuskel ist, der innerhalb der Leibeshöhle liegt. In Fig. 50 sehen wir seinen Ursprung dicht unter der Chorda im vordersten Ende der linken Cölomhälfte, mit dem Beginn des Mundes und der dadurch veranlaßten Scheidung der linken Leibeshöhle sehen wir seine Querschnitte in dem ventralen linken Cölomabschnitt der unteren Stomodaeumwand anHegen (Fig. 58) und in Fig. 5g sehen wir wieder die hintere Insertion dorsal unter der Chorda. Es wurde bereits bei Betrachtung des Präoralorgans darauf hingewiesen, daß vor dem Mund blindsackartig der präorale Darm sich erstreckt und die Lageverhältnisse der beiden Organe geschildert. In den Fig-g. 50 — 54 sehen wir sein Verhalten im Querschnitt. Fig. 54 zeigt uns, daß dicht vor dem Mund die dorsale und ventrale Abteilung des Darmes noch ge- schieden sind. Weiter nach vorn bekommt der dorsale Teil mit seinem flachen Epithel allmäh- lich die Oberhand, der ventrale wird immer unansehnlicher (Fig. 53, 52) und schwindet schließlich ganz (Fig. 54). Der dorsale Teil wird von dem Präoralorgan immer mehr nach der Dorsalseite gedrängt (Fig. 50) und endet schließlich blind. Die gleichen Schnitte zeigen uns noch eine weitere merkwürdige Erscheinung, eine Drehung des präoralen Darmes nach links. Besonders Fig. 52 und 53 läßt uns diese Verlagerung des ventralen Darmteiles bei vollständig gewahrter Symmetrie innerhalb des präoralen Darmes erkennen. Diese Figuren zeigen uns ferner, daß I) Als I. Segment bezeichne ich hier das i. Muskelsegment, seine morphologische Deutung ganz beiseite lassend. 29 30 RiCHAÄD Goldschmidt, ventral am Darm das oben besprochene Septum, das die ventrale Rostralhöhle von der Leibes- höhle trennt (st-/^^), sich inseriert, und läßt uns so den Grund jener Drehung erkennen. Wir wollen später bei Besprechung der Leibeshöhle auf diese Dinge im Zusammenhang eingehen. Ich bemerke nur noch, daß es in dieser Ausprägung auf A. valdiviae beschränkt ist. Im Zusammenhang mit dem präoralen Darm ist das Rndostyl zu besprechen, denn dies gehört bei Aiiiphioxidcs dauernd, wie bei Ainphio.xus in frühen Entwickelungsstadien, diesem vordersten Darmabschnitt an. In der Entwickelung des Ai//p/iio.\iis tritt es als ein V-förmiger Zellstrang auf der rechten Körperseite über der ersten, späteren linken Kiemenspaltenreihe auf. Erst durch die Anlage der 2. Spaltenreihe, dorsal von ihm, gelangt es zwischen die beiden Reihen und wächst dann bei der Metamorphose nach hinten aus. Bei Ainpliioxidcs ist das sehr wohl- ausgebildete Organ in ähnlicher Weise angeordnet wie bei jungen Aiiip/iioxiis-ha.vven. Es erstreckt sich als ein V-förmiges Organ auf der rechten Körperseite und dorsal über den Kiemenbogen vom vorderen Darmende nach hinten. Seine Anordnung ist aus den Figg. 14 — 17 zu erkennen {ejtd). Man ersieht daraus, daß es ventral vor den Kiemenspalten be- afinnt und dann im Bo^en nach hinten und dorsal zieht, auf der Höhe des Mundes umbiegt und einen kurzen Schenkel nach vorn imd dorsal schickt. Vergleichen wir Fiff. damit 53—56- nun Fie. die 53 Schnitte zeigt uns. A. valdiviae. 2. A. pelagiciis, Fig. A. daß der vordere Ursprung des Endostyls genau in der ventralen Mittellinie des präoralen Darmes liegt. Dadurch, daß aber dieser 3. A. stcnurns. Damiteil nach links herüber ge- dreht ist, erscheint im Total- präparat auch das Endostyl in seinem Vorderende nach links herumgeschlungen, wie Fig. 14 zeigt. Fig. 54 und 55 zeigen uns nun, wie das Endostyl nach der Dorsalseite hinaufsteigt und wie es dann in den dorsalen Darmabschnitt hinein- führt und hier der Mundöffnung direkt gegenübersteht (Fig. 56). Das Gleiche zeigt uns auch sehr schön Fig. 73 von A. pelagicus. Hier erscheint — wohl durch die Kon- servierung hervorgerufen — das Endostyl gegen die obere Mundlippe gepreßt und geradezu wie ein Abschluß des dorsalen Darmteiles. Die hierdurch schon afeeebene Beziehunsf zum Mund ist auch aus der verschiedenen Anordnung des Organs bei den 3 Arten zu erkennen. Bei A. valdiviae reicht das Endostyl nur bis etwas hinter die Mitte des langen Mundschlitzes, erscheint aber sehr schlank und langgestreckt und der Hauptteil bildet zu dem kurzen dorsalen Schenkel einen sehr spitzen Winkel. Bei den beiden anderen Arten liegt jedoch das Hinterende des Endostyls hinter dem hinteren Mundwinkel, der dorsale Schenkel ist wesentlich größer und der ^o Amphioxides. o j von beiden gebildete Winkel stumpfer, wie die Umrißbilder Textfig. A erkennen lassen. Diese Anordnung des Endostyls ist bei dem Bau des vordersten Darmabschnittes ohne weiteres ver- ständlich und, wie die Entwickelung des Ai;ip//ioxus beweist, die primäre. Bekanntlich hat das Endostyl die Funktion, die Nahrungspartikel mit Schleim zu umhüllen und durch den Kiemen- darm nach hinten zu befördern. Bei Amphioxides ist die Funktion ein wenig anders: das Endostyl l:)ewirkt, daß die Nahrungspartikelchen nicht in die ventral gelegenen Kiemenspalten hineinfallen, sondern vom Mund aus direkt im dorsalen, nutritorischen Darmabschnitt festgehalten werden, um in diesem nach hinten zu gelangen. Wie naheliegend dies ist, zeigt am besten ein Blick auf Fig. 55, ein Schnitt, der durch Mund und vorderste Kiemenspalte geführt ist. Die Lage des Endostyls auf der rechten Darmwand und seine Erstreckung nach der Dorsalseite ist also durch die seitliche Lage des Mundes und die ventralen Kiemenspalten bedingt. Auch darauf werden wir im allgemeinen Teil im Zusammenhang zu sprechen kommen. Als ein Organ, das in seiner Funktion das Endostyl unterstützt, betrachte ich die kolbenförmige Drüse, die ebenfalls bei Amphioxides wohlentwickelt ist. Bei Amphioxus tritt sie ja nur in der Entwickelung auf, um wieder zu verschwinden. Ueber ihre Bedeutung konnte man sich keine Vorstellung machen, während sie als angebliches Rudiment einer Kiemenspalte in den Spekulationen eine große Rolle spielt. Bei Amphioxides ist es eine schlauchförmige, von großen Cylinderzellen ausgekleidete Drüse, die mit dem Endostyl zusammenläuft und hinter dessen hinterer Grenze in den Darm mündet. Bei A. vahiiviae ist ihr Durchmesser relativ gering und sie läuft nur entlang dem unteren Schenkel des Endostyls nach hinten (Fig. 14, 55, '^^kbdr). Ihre Mündung ist am Totalpräparat deutlich als elliptischer Spalt zu erkennen (Fig. \i\kbdn/i). Querschnitte zeigen uns, daß sie in den dorsalen, nutritorischen Darm ab schnitt mündet (Fig. $-] kbdnn). Mit der Kiemenspaltentheorie ist dies natürlich unvereinbar. Bei A. pc/aoiais und sfeiiurus ist die Drüse noch mächtiger entwickelt, wie Fig. 73 zeigt. Hier nimmt sie auch an der Biegung des Endostyls teil, ist daher im Schnitt zweimal getroffen. b) Der Kiemendarm. Es wurde bereits geschildert, daß der Kieraendarm seiner ganzen Länge nach durch rechts und links vorspringende Falten in einen dorsalen nutritorischen oder richtiger nahrung- leitenden und einen ventralen respiratorischen Abschnitt geschieden ist. Während letzterer frei in die Leibeshöhle hineinhängt und daher auch sich ohne große Mühe herauspräparieren läßt, ist die dorsale Pars nutritoria auf weite Strecken hin mit der Körperwand verwachsen, ein Verhalten, das uns eine Brücke zu den Verhältnissen höherer Wirbeltiere liefert. Ganz vorn in der Mundregion betrifft die Verwachsung nur ganz dorsal gelegene Teile (Fig. 55, 56) und das Gleiche trifft für das hintere Ende des Kiemendarmes zu (Fig. 61). Dazwischen ist aber die Verwachsung eine sehr ausgedehnte, erstreckt sich herab bis zu den Falten, die den ventralen respiratorischen Darmabschnitt abgrenzen (Fig. 59, 60, 74). Im ventralsten Teil, also in der Höhe der Falten, ist diese Verwachsung keine gleichmäßige, sondern eine intermittierende. Im Totalpräparat fällt uns auf, daß im Darm dorsal über den Kiemenbogen in jedem Segment genau zwischen zwei Kiemenbogen sich eine halbmondförmige, senkrecht stehende Falte findet, wie dies sehr gut in Fig. 14 {haf) zu erkennen ist. Sie finden sich, wie gesagt, in jedem Segment, Richard Goldschmidt, die vorderste dicht hinter der Mündung der kolbenförmigen Drüse. Ihr Zustandekommen wird uns durch Betrachtung von Frontalschnitten klar (Fig. 23). Auf solchen sehen wir, daß dieser Darmteil auf jeder Segmentgrenze mit der Körperwand verwachsen ist, dazwischen durch die sich einschiebende Leibeshöhle abgedrängt wird. Die Verwachsungsstellen erscheinen uns von der Seite gesehen dann als Falten. Sie sind für uns deshalb von Wichtigkeit, weil sie uns ein auso-ezeichnetes Mittel an die Hand geben, die Branchiomerie zu untersuchen, wie wir weiter unten sehen werden. Der besprochene Darmabschnitt wird von einem sehr niedrigen, fast platten Epithel ausgekleidet, das dorsal am niedrigsten ist, gegen die Grenze des respiratorischen Ab- schnitts zu ständig an Höhe zunimmt und allmählich in das hohe Kiemenepithel übergeht. Die seitlich vorspringenden Falten werden von Cylindergeißelzellen eingenommen, deren lange Geißel durch einen auffallend deutlichen und stark färbbaren Stab mit dem Kern in Verbindung steht (Fio-. 26). Gegen das Hinterende des ICiemendarmes zu wird dann das dorsale Epithel immer höher, die Zellen werden schlanker und gehen so, während auch allmählich die seitlichen Falten verstreichen, in das Epithel des nutritorischen Darmes über (Fig. 61, 62). Bei A. pelagiais treffen wir in diesem hintersten dorsalen Abschnitt noch eine Besonderheit an in Form zweier epithelialer Wülste, von denen der Hnke stärker entwickelt ist als der rechte. Sie nehmen die Grenze des dorsalen Abschnittes ein (Fig. 75 civn) und bestehen aus sehr schmalen hohen Epithelzellen mit langgestreckten Kernen. Sie erstrecken sich als zungenartige Bänder durch die Region der hintersten Kiemenspalten und gehen nach hinten in das ebenso gestaltete Epithel des nutritorischen Darms über. Ich habe bereits oben bemerkt, daß die Funktion dieses dorsalen Darmabschnittes die Leitung der Nahrung in den nutritorischen Darm ist. Im Leben dürften die beiden seitlichen Falten gegeneinander gepreßt werden können und so ein Herunterfallen der Nahrung in die Kiemen verhindern. In seiner Funktion wird dieser Darmteil unterstützt durch das Endostyl, die kolbenförmige Drüse und die Anordnung des Mundes. Wenden wir uns nunmehr der ventralen Pars respiratoria , dem eigentlichen Kiemendarm, zu, der dein Aniphioxidcs im wesentlichen sein charakteristisches Aussehen verleiht. Sein Hauptcharakteristikum ist schon mehrfach erwähnt, die Anordnung der Kiemen- spalten in einer ventralen unpaaren Reihe, eine hinter der anderen zwischen den Metapleuralfalten mündend. Durch ihre Lage entziehen sie sich so bei Betrachtung der ganzen Tiere von der Seite der Beobachtung ; das, was vor allem in die Augen springt, sind die zwischen den Spalten liegenden Teile, die wir als Kiemenbogen bezeichnen dürfen. Da ihr endodermaler Anteil aus einem hohen in viele komplizierte Falten gelegten Epithel besteht, imponieren sie als in der Ventrallinie hintereinander gelagerte, im Präparat stark gefärbte Säcke (Fig. i — 4). Die Zahl der Kiemenbogen — die der Spalten ist natürlich um i weniger — ist bei den mir vor- liegenden Exemplaren stets eine sehr beträchtliche. Das jüngste mir vorliegende Exemplar von A. pelagicus besaß bereits 1 7 bei einer Gesamtlänge von 5 mm, bei den anderen Exemplaren bewegen sich die Zahlen zwischen 24 und maximal 35. Eine direkte Proportion der Zahlen zur Körpergröße ist nicht festzustellen. So hatten bei yl. c'a/c/niphio.\ides-hx\&x\, wiederhergestellt wird. Die besondere Ausdehnung und Anordnung des Mundes hat diesen Zustand daviernd nötig gemacht. Er giebt uns ein überaus wichtiges Faktum für die Beurteilung der Entwickelung des Kiemenapparates unseres Amphioxns an die Hand, wie wir später ausführen werden. Wenden wir uns nunmehr dazu, den feineren Bau des Kiemenapparates zu betrachten. Ihn vollständig zu verstehen, sind außer den Totalpräparaten, die die Kiemenbögen von der Seite gesehen studieren lassen, vor allem Flächenpräparate des Kiemendarmes nötig. Sie wurden erhalten, indem mit einem scharfen Skalpellschnitt unter der Lupe die ventrale Körperhälfte über den Kiemenbögen abgetrennt, die Muskulatur mit Nadeln entfernt und der so isolierte ventrale Kiemendarmabschnitt ausgebreitet wurde. Um eine genügende körperliche Vorstellung zu erhalten, wurde schließlich ein Flattenmodell einer Querschnittserie angefertigt. Es wurde in unseren bisherigen Erörterungen öfters bereits von Kiemenbögen und -spalten gesprochen. Es wird gut sein, der Schilderung ihrer feineren Struktur eine Betrachtung ihres Aufbaues an Hand eines abstrahierten Schemas vorauszuschicken, vor allem auch um die Be- rechtigung der Bezeichnung „Kiemenbögen" zu rechtfertigen. Ein solches Schema gebe ich in der Textfig. B. Es ist so gedacht, daß die ventrale Körperhälfte mit dem ventralen respira- torischen Darmabschnitt durch einen frontalen Schnitt abgetrennt wurde und zwar in der Längen- 34 Amphioxides. 35 ausdehnung von 2 Kiemenbogeii und -spalten. Im vorderen Teil der Figur ist die seitliche Körper- und Darmwand so weit abgetragen, daß man schief von oben Kiemenbogen und -spalten sehen kann, während hinten Körper- und Darmwand bis zu ihrer Verwachsungsstelle an der (irenze des dorsalen und ventralen Darmabschnitts dargestellt sind. Die Körperwand ist unter Weglassung ihrer Muskulatur als dünnes Blatt gezeichnet, desgleichen ist die Kiemenmuskulatur fortgelassen. Wir sehen nun in der ventralen Mittellinie hintereinander zwei kastenartige Er- hebungen der Darmwand, zwischen denen die Kiemenspalten {ks/>) als je ein quergestellter, ventraler Schlitz durchbrechen. Das, was zwischen zwei Spalten liegt, müssen wir als Kiemenbogen be- zeichnen. Bekanntlich gehören zu einem Kiemenbogen eines Vertebraten drei wesentliche Teile: I) Die entodermale Darmüberkleidung, 2) der ektodermale Anteil der Körperwand und 3) ein Kiemenbogencölom, von dem die Bildung der Muskulatur ausgeht. Diese Teile sind auch sämt- lich vorhanden. Der Hauptteil ist der entodermale Darmanteil, der durch die kastenartigen Erhebungen der Darm- wand repräsentiert wird {kib). Vorne und hinten ist der Kasten am Rande der Kiemenspalte mit der Körperwand verwachsen, die ihn somit ventral ab- schließt. Der Kasten ist hohl, sein Hohlraum geht rechts und links in die allgemeine Leibeshöhle der betreffenden Seiten über, stellt also einen zwischen den Kiemenspalten gelegenen ventralen Verbindungskanal zwischen rechter und linker Leibeshöhle dar. Fügen wir noch hinzu, daß sich in diesem Leibeshöhlen- raum, dem Kiemenbogencölom {ki.coe), die Kiemenmuskulatur, die im Schema weggelassen wurde, findet, so sind damit alle integrierenden Bestandteile eines Kiemenbogens gegeben. Um den Anschluß an höhere Vertebraten, der sich von hier aus sehr gut erzielen läßt, wie wir später sehen werden, zu erreichen, können wir die Beschreibung auch in einem Punkt umkehren, in dem wir die Kästchen der Darmwand nicht als Erhebungen dieser betrachten, sondern umgekehrt die zu den Spalten führenden Einsenkungen zwischen den Kästchen als Ausbuchtungen der Darmwand, die wir dann Kiemensäckchen nennen müssen. Das Schema zeigt uns schließlich noch, daß der Darmanteil des Kiemenbogens durch eine tiefe mediane Furche 7nik in zwei symmetrische Hälften geschieden wird, so also ein paariger Aufbau des unpaaren Gebildes angedeutet ist. Wir können nun nach dieser Orientierung dem wirklichen Bau des Kiemenbogens näher- treten. Sein wichtigster und auch kompliziertester Bestandteil ist der entodermale, das respiratorische Epithel darstellende Teil. Dieser ist nämlich in seiner ganzen Aus- dehnung, nicht etwa nur in der Begrenzung der lüemenspalten, von dem hohen respiratorischen Epithel, einem vielschichtigen Flimmerepithel überzogen. Dieses überkleidet also auch den zwischen den Spalten liegenden Bogenteil, der in dem Schema die dorsale Wand des Kästchens ki.coe niik Fig. B. 00 36 Richard Goldschmidt, darstellt, und so besteht der gesamte ventrale Darmabschnitt aus respiratorischem Epithel. Da dieses durch Einfaltungen, die wir morphologisch als Kiemenplättchen bezeichnen müssen, eine Oberflächenvergrößerung erfährt, so ist der gesamte respiratorische Darm von diesen Falten er- füllt, die auf den ersten Blick das Verständnis der Kiemenbogen sehr erschweren. Betrachten wir die Querschnitte Fig. 59, 60, 73, 74, die durch einen Kiemenbogen geführt sind, so erkennen wir die Faltungen, die bei geeigneter Schnittführung eine gewisse Regelmäßigkeit erkennen lassen. Am klarsten ist dies in Fig. 59. Hier sehen wir in der Sagittalachse eine tiefe Furche einschneiden, und rechts und links von ihr eine seichtere, die die aus der Tiefe emporsteigende Erhebung jederseits einkerbt. Betrachten wir weiterhin durch die Kiemenspalten geführte Querschnitte aus der mittleren Region des Kiemendarmes (Fig. 58), so erhalten wir stets am Rand der Spalte noch die Querschnitte von einigen von vorn oder hinten einragenden Vorsprüngen, Falten. Nur bei den vordersten rudimentären und den hintersten neugebildeten Spalten ist dies nicht der Fall (Fig. SS> 61). Wie diese Falten und Kerben zu verstehen sind, geht am besten aus Fig. 1 2 und 1 3, der Darstellung eines Plattenmodells, hervor. Fig. 1 2 stellt ein solches Modell von schräg oben und hinten gesehen dar. Rekonstruiert ist nur der ventrale respiratorische Darmabschnitt mit der zugehörigen Körperwand im Bereich von 3 Kiemenspalten, die Muskulatur und die Metapleuralfalten sind fortgelassen. An der dem Beschauer zugekehrten Schnittfläche führt der Schnitt mitten durch einen Kiemenbogen hindurch, und wir erkennen in der Sagittal- ebene die tiefe mediane Kerbe mik — mik, die die entodermalen Iviemenbogenteile in rechte und linke symmetrische Hälften scheidet. Es ist das derselbe Einschnitt, der in Textfig. B mit mik be- zeichnet ist. Rechts und links von dieser Furche sehen wir die Erhebungen, die der rechten und linken Hälfte der Kästchen in Textfig. B entsprechen. Jede dieser Erhebungen ist selbst wieder durch eine tiefe, von vorn nach hinten einschneidende Furche eingekerbt. In Fig. 1 2 ist sie in der Schnittfläche rechts durchschnitten ( fii). Das gleiche Bild erhalten wir auch in Fig. 1 3 a und zwar devitlicher auf der rechten Seite, weil die linke zum Teil von der Körperwand ver- deckt ist. (Hier ist der respiratorische Kiemendarm direkt von oben gesehen.) Es fällt nun sofort auf, daß zwischen rechter und linker Seite keine völlige Symmetrie besteht. Das beruht darauf, daß in dem zur Rekonstruktion gewählten Stück sich eine nur einmal angetroffene Anomalie findet. Wenn wir Fig. 1 3 b, die dasselbe Modell von der Bauchseite gesehen darstellt, betrachten, so finden wir zwischen den mit /und //'bezeichneten Spalten, die die ganze Breite des Kiemenfeldes einnehmen, noch ein kleines, mit /// bezeichnetes Loch. In Fig. 10 a sehen wir dies Loch auch von innen vmd erkennen, daß zu ihm eine typische Iviemenbogenhälfte ge- hört {bo III). Hierdurch ist natürlich die Symmetrie gestört. Wie diese Anomalie aufzufassen ist, ob als sekundär eingeschaltete Spaltenhälfte oder als Spalte, deren eine Hälfte verkümmert ist, ist schwer zu entscheiden, da die Beobachtung nicht am ganzen Tier gemacht wurde. Für uns bietet sie ein wesentliches Interesse dadurch, daß sie eine gewisse Unabhängigkeit der beiden Kiemenbogenhälften demonstriert, deren Ausbildung wir als Vorstufe zur Paarigkeit be- trachten müssen. Die vordere und hintere Wand der Kiemenbogen bildet die entodermale Begrenzung der Kiemenspalten. Im Schema Textfig. C sind diese Wände als einfache, senkrecht stehende Lamellen dargestellt. In Wirklichkeit bilden diese Wände aber auch Falten und Wülste, zwischen die Spalträume eindringen, so daß dadurch die Kiemenspalten, von außen gesehen, ein spinnen- 36 Amphioxides. 37 artiges Aussehen erhalten (Fig. 13 b). Wie dies zustande kommt, erkennt man am besten am Fiächenpräparat des ganzen Kiemendarmes, wie es in Fig. 18 dargestellt ist {(7, d, c sind hinter- einander gereiht zu denken). Es stellt diese ein in der beschriebenen Weise angefertigtes Prä- parat, von oben gesehen, dar und zwar sind 3 verschiedene Ebenen des mikroskopischen Bildes eingezeichnet; zu unterst (ventral) ist die Kiemenmuskulatur, darül)er die ventrale Begrenzung der' Kiemenspalten und Bogen durch das Darmepithel und darülier die hufeisenförmigen paarigen Erhebungen der Kiemenbogen gezeichnet. Wenn wir uns zunächst an die mittlere Schicht halten, also die Falten der ventralen Darmwand in der Umgebung der Kiemenbogen, so können wir von hinten, den letzten neugebildeten Spalten nach vorn schreitend, die allmähliche Komplikation der Falten verfolgen. Eine neugebildete Spalte wird zunächst von einem etwa rechteckigen Band ver- dickten Epithels umgeben {XXXIV). Dies faltet sich nun mit zunehmendem Wachstum so ein, daß nach vorn 3, und zwar eine mediane und 2 seitliche, nach hinten 2 mediane Vorwölbungen getrieben werden, die, je weiter wir nach vorn kommen, um so tiefer einschneiden. Noch weiter nach vorn beginnt auch die hintere Wand, eine 3. mediale Einbuchtung zu zeigen, was in Fig. 18 bei der vor dem XXIV. Kiemenbogen gelegenen Spalte beginnt. Diese Falte schneidet ebenfalls immer tiefer ein, bis sie hier vor dem XII. Kiemenbogen wieder verschwindet. Auch die seit- liche Begrenzung dieser die Spalten umschließenden Epithelwülste verhält sich bei den mittleren und vorderen Kiemenspalten ein w^enig anders, indem sie hier zu einer dorsal gewandten Falte vorspringen. Der vordere Rand eines jeden Epithelbandes paßt nun genau in den hinteren des vor ihm liegenden ein, so daß wir zwischen 2 Spalten 2 in S-förmigen Schlingen parallel ver- laufende Epithelwülste sehen. Diese gehören als Basis des Darmteiles der Kiemenbogen eng zusammen, denn das eben besprochene Bild wird nur durch den optischen Schnitt dieser Basis erhalten. Der Spaltraum zwischen den beiden parallel verlaufenden Bändern ist die von unten in die Vorwölbung der Kiemenbogen vordringende Leibeshöhle, die dorsal natürlich von den be- sonders in den Figg. 12, 13a sichtbaren hufeisenförmigen Erhebungen der Kiemenbogenhälften abgeschlossen wird. In Fig. 18 sind sie bei hoher Einstellung ebenfalls eingezeichnet, und es ist klar, daß durch sie die Verbindung zwischen den epithelialen Umgrenzungen zweier Spalten her- gestellt wird. Noch eines ist aus Fig. 1 8 zu entnehmen, das ist der bereits erwähnte rudimentäre Charakter der vordersten Kiemenbogen und Spalten. Ihren paarigen Aufbau behalten sie aber trotzdem. In der Abbildung ist er nur scheinbar nicht vorhanden, da sich das vorderste Darm- ende ein wenig gedreht hat, so daß die 4 vordersten Kiemenbogen seitlich gesehen sind. Die gegebene Schilderung bezog sich auf A. valdwiac. Im wesentlichen stimmt sie auch für die beiden anderen Arten, kleine Unterschiede sind aber vorhanden. Diese sind darin ge- geben, daß hier die die Spalten begrenzenden Epithelialwülste massiger sind und so das Flächen- bild plumper erscheint, wie Fig. 20 von A. pclagiais zeigt. Dementsprechend zeigen die Kiemen- bogen auch von der Seite gesehen charakteristische Verschiedenheiten. Bei A. valdiviae muß man zu dieser Beobachtung die hintere Kiemenregion wählen, da vorn man durch die große Verschiebung des Kiemendarmes nach rechts ein halbes Blächenbild erhält (Fig. 14). Bei einer solchen seitlichen Betrachtimg fällt vor allem etwas bisher noch nicht Besprochenes auf, das Ver- halten der senkrechten Kiemenbogenwand in der vorderen und hinteren Begrenzung der Spalte. Fig. 19 zeigt uns von A. valdiviae, daß die Wand hinten sich zu einem an der Basis verdickten Pfeiler gestaltet (//') und zwar wird dieser von der hinteren medialen Einbuchtung des Epithels öl o Richard Goldschmidt, (// in Fio-. 20) gebildet. Da dies am Vorderrande des Bogens nicht der Fall ist, hier auch das äußere Körperepithel tiefer in die Spalte hineinsteigt, so kommt das in Fig. 19 und 21 wieder- gegebene Bild zustande. Bei A. pc/agiciis und sfciiiinis steigen dagegen Vorder- und Hinterrand des Bogens gleichmäßig zur Spalte ab, was in der Seitenansicht ein massiges kubisches Gebilde hervorruft (Fig. 22). Nach dieser Besprechung des entodermalen Kiemenbogenanteils hätten wir noch seinen Cölomab schnitt mit der zugehörigen Muskulatur zu erledigen. Der Verlauf des Kiemen- bogencöloms ist bereits an dem Schema Fig. B erläutert worden. Seine wirkliche Anordnung unterscheidet sich von diesem Schema nur dadurch, daß der Kanal in alle die entodermalen Falten miteindringt. Wir sehen dies z. B. in Fig. 1 2 ki.coc. Bei seitlicher Betrachtung der Kiemenbogen sehen wir den Kanal noch besser (Fig. 19, 21, 22), besonders gut auch seine ventrale Begrenzung durch die Körperwand, wenn, wie in Fig. 19, die Muskulatur von dieser sich durch Schrumpfung entfernt hat. Instruktiv sind auch horizontale Schnitte; in Fig. 24 ist ein solcher abgebildet, der etwas schief geführt ist, rechts höher wie links, so daß wir rechts Schrägschnitte der Kiemenbogen erhalten, links ihre ventralen Teile flächenhaft getroffen, so daß ein Bild wie im Flächenpräparat entsteht. Sehr instruktiv zeigt dieser Schnitt auch die paarige Natur des Kiemenbogens und ihre nicht vollständige Durchführung durch den ventralen Zu- sammenhang der beiden Hälften (///). In diesem Cölomalischnitt verläuft nun die Ki e menb ogenmuskulatur , eine echte viscerale Muskulatur, aus glatten Muskelfasern Isestehend. Ihr Bau ist aus Fig. 25 zu ersehen; jede Faser besteht aus einer sarkoplasmatischen Grundlage, die peripher von einem Mantel kon- traktiler Substanz umgeben ist und einen an der Peripherie gelagerten Kern besitzt. In der Figur sind die einzelnen Fasern schräg durchschnitten. Die Anordnung dieser Muskeln ist am besten aus den Flächenpräparaten Fig. 18 und 20 zu ersehen, wo sie rot eingetragen sind. Zu jedem Kiemenbogen gehört ein transversal verlaufendes Muskelbündel, das seitlich strahlig aus- einander weicht und an der Leibeshöhlenwand -inseriert, wie die .Schnitte Fig. 57, 59, 60 zeigen. Diese nach dem oben Besprochenen also genau segmental angeordneten Bündel finden sich in gleicher Weise bei den vorderen rudimentären Bogen wie bei den hintersten ausgebildeten. Hinter dem letzten Bogen findet man noch einige unregelmäßige Fasern, die bei der Bildung einer neuen Spalte jedenfalls verwandt werden. Innerhalb des Kiemenbogens verlaufen die Fasern vorwiegend dicht unter der Körperwand, wie z. B. Fig. 2\ki.inu zeigt. Aber sie steigen auch zwischen die Falten der entodermalen Kiemenbogenwand empor, wie dies aus der Seitenansicht Fig. 2 1 und 2 2 hervorgeht. Wir sehen hier, daß sich A. valdiviae und pclagicus entsprechend der verschiedenen Gestalt der Kiemenbogen etwas verschieden verhalten. Bei A. valdiviae (Fig. 21) bildet der Querschnitt der Ftisern ein nach hinten geöffnetes Hufeisen, während wir bei A. pclagicus einen vorderen, hinteren und ventralen Schenkel unterscheiden (Fig. 22). Außer diesem trans- versalen Muskel, den wir seiner Funktion nach vor allem als Diktator der Kiemenspalte bezeichnen müssen, können wir noch einen zu jeder Kiemenspalte gehörigen Sphinkter unterscheiden. Wie Fig. 18 und 20 zeigen, ist dies ein geschlossener Ring von Muskelfasern, der am vorderen und hinteren Rand der Spalte mit dem betreffenden Diktator verläuft, seitlich eine Verbindung zwischen 2 aufeinanderfolgenden Kiemenbogenmuskeln darstellt. In dieser Weise erkennen wir den Sphinkter auch in den Figg. 21, 22 {spli). Wie Fig. 18 ausweist, hat der Sphinkter ellip- 3« Amphioxides. t q soidische Gestalt, nur in den vorderen Kiemenspalten erscheint er mehr viereckig. Dies ist als die eigentliche Form der äußeren Kiemenspalte zu betrachten, während die komplizierte spinnen- artige Form, die Fig. 13b zeigt, die Form der inneren Kiemenöffnung darstellt*). Bei Spalte II dieser Figur ist die Lage des Sphinkters durch die punktierte Linie spli angegeben. In Fig. 18 sehen wir schließlich noch eine sonst nicht angetroffene Besonderheit der II. Spalte, nämlich eine Zerlegung des Sphinkters in 2 kreisförmige l.ü'g'^, also eine Teilung der Spalte in zwei. Mit der am Platten modeil demonstrierten Anomalie hat es nichts zu thun, da die Kiemenboeen sich normal verhalten. Ich bemerke schließlich noch, daß das Präparat auch deutlich zeigt, wie das Endostyl rechts über der Pars respiratoria des Darmes wegzieht. Aus dieser Anordnung der Muskulatur läßt sich mit einer gewissen Wahrscheinhchkeit der M e c h a n i s m u s der Atmung erschließen, der im Prinzip mit dem Mechanismus der Lungenatmung übereinstimmt. Wie hier, dürfte auch dort die Erweiterung und Verengerung der Leibeshöhle eine Hauptrolle spielen. Die als Diktator bezeichneten Muskelfasern sind ja zum größten Teil quer durch die Leibeshöhle ausgespannt, so daß bei ihrer Kontraktion die Leibeshöhle zusammengepreßt wird. Die Folge davon i.st einmal, daß die Faltungen der respira- torischen Darmwand gegeneinander gepreßt und das Wasser aus ihnen herausgedrückt wird. Sodann werden jedenfalls die beiden horizontalen Falten, die die Pars nutritoria von der Pars respiratoria scheiden, gegeneinander gepreßt und verhindern damit das Ausweichen des Wassers in letzteren Darmabschnitt; und schließlich ist es mir wahrscheinlich, daß von der zusammen- gepreßten Leibeshöhlenflüssigkeit ein Teil in die Pterygocöls einströmt und durch deren Schwellung den Verschluß des Kiemendeckels bewirkt. Unterstützt wird dieser Vorgang noch dadurch, daß gleichzeitig bei der Kontraktion die Basis der Metapleuralfalten ja einander genähert sind. Aus den Figg. 21 und 22 erkennt man weiterhin, daß bei Kontraktion der an der Vorder- und Hinterwand liegenden Fasern, die ja in die Spaltenränder ausstrahlen, die Kiemenspalten geöffnet werden. Nach dieser Auffassung \vürde also während des Austreibens des Wassers eine Kiemenhöhle abgeschlossen, aus der dann hinten das Atemwasser durch einen gewissermaßen vorübergehenden Porus branchialis abströmt. Wenn nun die Kontraktion des Diktator aufhört, erweitert sich das Cölom wieder und es entsteht somit negativer Druck, der einmal bewirkt, daß die Pterygocölflüssigkeit zur Leibeshöhle strömt, dann aber, daß die Darmwand sich ausdehnt und dadurch Wasser durch den Mund einsaugt. Gleichzeitig schließt eine Kontraktion des Sphinkters die Kiemenspalten und die auseinanderweichenden Darmfalten ermöglichen das Einströmen des Atemwassers in die Pars respiratoria. Schließlich muß ich noch einen Punkt schärfer präzisieren, das ist das Verhältnis der Kiemenbogen zu den Einkerbungen des Epithels. Genau genommen, muß man die AVülste als Kiemenplättchen bezeichnen, denn sie sind ja Oberflächenvergrößerungen des respiratorischen Epithels. Es scheint mir allerdings hier unmöglich, eine Grenze zu ziehen, da durch die Persistenz der Leibeshöhle innerhalb dieser Falten einerseits und der Ausbildung der die Kiemenplättchen repräsentierenden Falten auf der dem Darmlumen zugewandten Oberfläche des Kiemenbogens, dieser letztere oben kontinuierlich in die ihm aufsitzenden Kiemenblättchen übergeht. Ein Vergleich des hier für Amphioxides beschriebenen Kiemenapparates mit dem des I) Ich erinnere dabei an die Verschiedenheit der inneren und äußeren Kiemenöffuung bei Balanoglossus. 39 ._ Richard Goldschmidt, 40 ausgebildeten Amphiox7ts ist natürlich unmöglich. Er muß bei den jüngsten Larvenstadien ein- setzen, wie im II. Teil ausgeführt werden soll. c) Der nutritorische Darm. Ueber den nutritorischen Darm können wir uns kurz fassen. Er zieht als gerade srestrecktes Rohr vom Ende des Kjemendarmes zum ventral links gelegenen Anus. In seinem vordersten Abschnitt ist noch durch eine leichte Einkerbung jederseits die Zweiteilung des Kiemendarmes angedeutet, Fig. 62, 63. Im Verhalten zur Leibeshöhlenwand ist eine kleine Differenz zwischen A. valdiviae und A. pe/aoiciis zu konstatieren. Bei A. valdiviac grenzt der Darm dorsal breit an die Körperwand an, so daß es nicht zur Bildung eines dorsalen Mesenteriums kommt (Fig. 63, 64, 65) ; ein solches ist dagegen bei A. pclagicus wohlentwickelt (Fig. 76), so daß hier der Darm frei in die Leibeshöhle hängt. Sodann findet sich eine Strecke weit vor dem Anus eine intensiver färbbare Partie, die durch ein stark verdicktes Epithel ausgezeichnet ist (Fig. i, 3, 4 /'/) ; die gleiche Struktur findet sich auch bei jungen A;/i/>///oxus-harven. Durch diesen Ring führt Schnitt 64. Von A. pelagicus ist noch zu bemerken, daß der Darm eine Strecke weit hinter dem Kiemendarm an Volumen zunimmt, so daß er ventral fast l:)is zur Körperwand reicht (Fig. 76). In dieser Region ist er ventral durch faserige Zellen an der Leibeswand be- festigt. Fig. 66 zeigt uns einen Schnitt durch den After, der wie bei Aiiiphioxiis durch einen Sphinkter verschlossen werden kann. Ein der sogenannten Leber des Ampliioxiis vergleichbares Gebilde fehlt vollständig, auch nur in einer Andeutung. Daß sie noch später gebildet werden sollte, halte ich bei dem Ausbildungsgrad der Tiere für ausgeschlossen, ihre Abwesenheit für eine Organisationseigentümlichkeit des Amphioxides. 12. Das Splanchnocöl. Die Leibeshöhle wurde bereits bei den verschiedensten Organsystemen berührt, sie muß aber besonders im Hinblick auf ihr Verhalten im Vorderende noch einmal im Zusammenhang besprochen werden. Das Splanchnocöl erstreckt sich vom i. M)'otom nach hinten bis zum After. In der Region des Kiemendarmes wie des nutritorischen Darmes ist sie ein wohl- entwickelter Hohlraum, da sie ja nicht wie bei unserem Avip/n'oxiis durch den vorwachsenden Peribranchialraum eingeengt wird. In der Nähe des Afters hört sie auf der rechten Seite früher auf als auf der linken, wie Fig. 66 zeigt. Sie ist von einem Endothel ausgekleidet, das die viscerale Muskulatur produziert, an einigen Stellen auch ein besonderes Aussehen hat, wie die in lange Fäden auslaufenden Zellen der ventralen Cöloiriwand in Fig. 63, die in Fig. 43 stärker vergrößert dargestellt sind. Diese Zellen fand ich nur bei A. valdiviae hinter dem Kiemendarm. Rechte und linke Leibeshöhle sind im größten Teil des Körpers nicht voneinander ge- trennt, wir können sie aber, um die Verhältnisse im Vorderende zu verstehen, als durch die Sagittalebene getrennt annehmen. Betrachten \\\r einen Schnitt, der durch eine Kiemenspalte geführt ist (Fig. 56, 58), so trennt diese die beiden Cölomhälften. Eine Besonderheit ist nun im Bereich des vorderen Kiemendarmes durch die Drehung nach rechts gegeben, die hier die Pars respiratoria des Darmes erlitten hat. (Das Folgende gilt für A. valdiviae) Es wurde be- reits darauf hingewiesen, daß dadurch auch die Leibeshöhle von links nach rechts mitgedreht 40 Amphioxides. . . wird und so die gesamte Sagittalachse verlagert wird, wie Fig. 56, 57, 58, 59 zeigen. Es wurde des weiteren darauf hingewiesen, daß durch das mitten durch die Leibeshöhle durchbrechende Stomodaeum im Bereich des Mundes von der linken Leibeshöhle ein besonderer dorsaler Teil abgetrennt wird {coi\s.d). Verfolgen wir nun an Querschnitten das Cölom weiter nach vorne, so sehen wir bereits im Bereich der ersten Kiemenspalte die Drehung des Darmes wie des Cöloms rückgängig gemacht (Fig. 55), so daß die beiden Cölomhälften wieder ihre normale Lage ein- nehmen, die linke natürlich noch in dorsalen und ventralen Abschnitt geteilt ist. Damit ist also bereits eine entgegengesetzte Drehung der Achse eingeleitet, die weiter nach vorn immer stärker wird. Da durch die Verbindungsrinne des Mundes mit dem Fräoralorgan für die linke Leibes- höhle eine Verschiebungsgrenze gesetzt ist, so wird ihr ventraler Abschnitt mehr und mehr durch die mit dem Darm links hinaufrückende rechte Leibeshöhle eingeengt (Fig. 54). Schließlich wird der \-entrale linke Leibeshöhlenabschnitt ganz verdrängt, indem sich der hinterste Zipfel der ven- tralen Rostralhöhle in der nach links verschobenen Medianlinie einkeilt (Fig. 53, 52, 51). Von hier nach vorne ist dann links nur noch der dorsale, über dem Stomodaeum gelegene Cölom- abschnitt vorhanden. Dieser erstreckt sich nun weiter nach vorn als weite Höhle bis zum Ende des präoralen Darmes; dann wird auch sie durch den sich mächtig ausdehnenden dorsalen Teil des präoralen Organs verdrängt und erhält sich nur in Form eines feinen Kanals, der lateral von der großen Höhle abgeht (Fig. 50). Dieser zieht dann ganz links gelegen nach vorne (Fig. 4g cocs.k) und mündet schließlich von der Ventralseite in das i. Cölotom ein. Auch in dem Schema Fig. t,t, ist dieser Kanal zu erkennen. Die rechte Cölomhälfte wird dagegen, wie bereits beschrieben wurde, von der nach vorne sich immer stärker ausdehnenden Rostralhöhle nach rechts verdrängt und mündet schließlich mit weiter Oeffnung in das i. Cölo- tom der rechten Seite (Fig. 4g). Das Gleiche gilt für A. pe/agiais, nur daß dort die beiden Drehungen weggefallen sind, über die wir jetzt noch ein paar Worte sagen müssen. Die beiden Faktoren, die die doppelsinnige Drehung der Sagittalachse bedingen, deren Wirkung am Darm, der Leibeshöhle und den Metapleuralfalten zu erkennen ist, sind das Stomo- daeum und das Fräoralorgan. Beide üben aber ihren Einfluß in verschiedener Weise aus. Das Stomodaeum schiebt Darm und Leibeshöhle nach rechts, um in den dorsalen Darmabschnitt zu gelangen, verdrängt sie also. Umgekehrt dreht das Fräoralorgan den vordersten Darmabschnitt nach links, indem es mit ihm verwachsen ist und ihn so nach links herüberzieht, wenn es seine entwickelungsgeschichtliche Drehung nach links vollzieht. Daß dieser Vorgang thatsächlich so verlaufen ist, zeigt uns A. pc/aoiais. Hier mündet das Fräoralorgan viel mehr ventral nach links (Fig. 70), was einem primitiveren Verhalten entspricht, und in der That fehlt auch die Drehung des präoralen Darmes. Der Mund dagegen ist weiter dorsal emporgerückt (Fig. 73), mündet fast ohne Stomodaeum in den dorsalen Darmabschnitt und damit ist auch diese Drehung nach rechts nicht geschehen. A. /j Die in dieser Arbeit so bezeichnete Art wurde wegen der übereinstimmenden Segmentzahl gewählt, die bei Günther jedenfalls die feststehendste Angabe ist. Im folgenden sollen die Unterscheidungs- merkmale der 3 Arten aufgezählt werden, wobei die vorgesetzten Nummern korrespondieren, i) Der langgestreckte Körper geht direkt in den Schwanz über. 2) Metapleuralfalten kurz und plump, nahezu symmetrisch. 3) Rückenflossensaum im i. Körperdrittel beginnend. 4) Schwanzflosse blattförmig. 5) Rückenflossenkästchen endigen vorn mit dem i. Myotom. 6) Dorsale Lymphkanälchen im Rostrum vorhanden. 7) Flossenfäden schlank. 8) Rostralhöhlen- wand gallertig verdickt. 9) Chorda schlank, hinteres Ende spitz in die äußerste Schwanzspitze ausgezogen. 10) Segmentzahl s. Tab. IL 11) Die vordersten Segmeute ventral wenig zusammen- geschoben. 1 2) Mundspalte kurz, etwa Vi2 der Körperlänge, in ihrem Bereich 3 — 4 Kiemenbogen. 13) Stomodaeum sehr kurz. 14) Vorderer und hinterer Ursprung des Mundmuskels s. Tab. II. 15) Endostyl hinten über den Mund hinausragend. 16) Kolbenförmige Drüse von bedeutendem Durchmesser. 17) Der i. Kiemenbogen liegt im i. Segment. 18) Kiemendarm symmetrisch in der Medianebene. 19) Kiemenbogen massiger als bei A. valdiviac, vorn und hinten gleich. 20) Dilatatormuskel im Querschnitt ein oben geöffnetes Rechteck. 21) Nutritorischer Darm mit schlankem, dorsalem Mesenterium. 22) Die Schwammkörper werden durch ein besonderes Gefäß von der Aorta aus versorgt. 2) A. valdiviae Goldschmidt, i) Der Körper ist vom Schwanz abgesetzt. 2) Metapleural- falten lang und schmal, sehr unsymmetrisch. 3) Rückenflosse etwa in der Körpermitte sich als Saum erhebend. 4) Schwanzflosse paddeiförmig. 5) Rückenflossenkästchen setzen sich über das I. Myotom nach vorn fort. 6) Dorsale Lymphkanälchen im Rostrum spärlich. 7) Flossenfäden schlank. 8) Rostralhöhlenwand ohne Gallerte. 9) Chorda schlank, durch das Präoralorgan stark eingebuchtet, hinteres Ende stumpf vor der Schwanzspitze. 10) Segmentzahl s. Tab. II. 11) Die vordersten Segmente ventral stark durch den Mund zusammengeschoben. 12) Mundspalte sehr lang, etwa '/? der Körperlänge, in ihrem Bereich 9 Kiemenbogen. 13) Stomodaeum lang. 14) Vorderer und hinterer Ursprung des Mundmuskels s. Tab. II. 15) Endostyl schlank, die beiden Schenkel in sehr spitzem Winkel geknickt, hinten bis zur Mitte des Mundes reichend. 16) Kolbenförmige Drüse von mäßigem Durchmesser. 17) Vor dem i. Muskelsegment liegen einige überzählige Kiemenbogen. 18) Kiemendarm besonders vorn nach rechts gedreht. 19) Darmteil der Kiemenbogen schlank, vorn nicht so weit ventral erstreckend wie hinten. 20) Dilatatormuskel im Querschnitt auf einem hinten geöffneten Hufeisen angeordnet. 21) Nutri- torischer Darm dorsal breit ohne Mesenterium angewachsen. 22) Zu den Schwammkörpern treten kleine segmentale Gefäße von der Aorta. 3) A. stenuncs Goldschmidt, i) Der Körper verschmälert sich hinten stark zum Schwanz. 2) Wie A. pelaoiais. 3) Desgl. 4) Schwanzflosse schmal blattförmig. 5) Wie bei A. pelagicus. 6) Nicht beobachtet. 7) Flossenfäden breit und gedrungen mit großen Kernen. 8) Nicht be- obachtet. 9) Chorda plumper als bei den beiden anderen Arten. Hinteres Ende wie bei A. heiagiciis. i o) Segmentzahl s. Tab. II. 11) Wie bei A. pe/aginis. 1 2) Desgl. 1 3) Desgl. 14) Desgl. 15) Desgl. 16) Desgl. 17) Desgl. 18) Desgl. 19) Desgl. 20) Desgl. 21) Nicht beobachtet. 22) Nicht beobachtet. 47 48 Richard Goldschmidt, II. Teil. „Es liegt in der Schwäche der menschlichen Natur, daß man gern glaubt, das engbegrenzte Gebiet, welches man gerade mit Treue und Fleiß bearbeitet, eigne sich ganz besonders zum Ausgangspunkte für weitgehende Folgerungen, und man vergißt dabei gar zu leicht, daß hinter den Bergen noch ganze, der Untersuchung bisher entgangene Welten liegen." M. FÜRBRINGER (iSg-V I. Einleitung und Ueberblick der Ämphioxus-^ntwlckelung. Der Schilderung des Baues von Amphioxidcs wurde bi.sher die Anschauung zu Grunde gelegt, daß wir es mit einer außerordentlich primitiven Acranierform zu thun haben, von der unser Amphioxtis erst durch Anpassung an das Sandleben abzuleiten ist. Es liegt uns jetzt vor allein ob, dies durch den Vergleich mit dem Bau und der Entwickelung des Branchmtotna lanccolatwn zu begründen. Selbstverständlich ist ja meine Auffassung nicht, es liegen vielmehr noch andere Möglichkeiten für die Beurteilung des Avipliioxidcs vor. Man kann annehmen, daß eine Neotenie irgend eines nicht festzustellenden Acraniers vorliegt, daß junge Larven vor der Metamorphose auf die hohe See verschlagen wurden und so an der Metamorphose verhindert, ihre larvale Organisation weiterbildeten. Es ist dies eine Möglichkeit, die zweifellos diskutiert werden muß. Von Interesse ist sie allerdings nur in einem Fall, nämlich, wenn die so erhaltene larvale Organisation etwas rein Cänogenetisches ist: dann kommt Ampliioxidcs weiter keine Be- deutung zu. Ist dagegen die Organisation einer Aiiip/iioxns-l^arwe vor der Metamorphose eine primitive, der damit in wichtigen Pimkten übereinstimmende Bau des als neotenisch aufgefaßten Amphioxides somit auch primitiv, so ist es für den Morphologen recht gleichgültig, ob dieser neotenisch ist oder nicht. Es fällt dann einfach die Familie der Amphioxididen weg, unsere zu ziehenden morphologischen Schlüsse sind aber die gleichen, ob sie auf einer primitiven er- wachsenen Form oder aber auf einer primitiven neotenischen Larvenform basieren. Wir haben also vor allen Dingen durch Vergleich von Amphioxides, Amphioxtis und dessen Larven die primitive Organisation des ersteren zu erweisen. Können wir außerdem noch die Annahme der Neotenie widerlegen, um so besser. Das Gleiche gilt für eine dritte Annahme, die man machen könnte, nämlich daß Ampliioxides etwa so wie die Appendicularien zu verstehen ist, als von an das pelagische Leben angepaßten Larvenformen abstammend. Hat sich dabei eine primitivere Organisation erhalten, so ist für die morphologischen Gesichtspunkte auch diese Auffassung be- langlos. Im übrigen wird das Gleiche, das gegen die Neotenie spricht, auch hiergegen an- zuführen sein. Es wird angebracht sein, dem morphologischen Vergleich von Amphioxides und Atnphioxjis einen kurzen Ueberblick der Larvenentwickelung des letzteren vorauszuschicken, auf 48 Amphioxides. aq die wir stets zurückgreifen werden müssen. Die wichtigsten hierauf bezüglichen Arbeiten sind die von Kowalevsky (1867, 1877), Hatschek (1881), R. Lankester und Willey (1890), WiLLEY (i8gi). Den Ausgangspunkt bildet für uns die junge Larve, die den Kiemendarm aus- zubilden beginnt. Chorda und Medullarrohr sind ausgebildet, desgleichen eine große Zahl von Somiten, sowie die Leibeshöhle. Nunmehr bricht in den entodermalen Darm der Mund durch und zwar als eine zunächst kleine Oeffnung, die auf der linken Körperseite gelegen ist. Gegen- über hat sich von der rechten Darmwand die kolbenförmige Drüse abgeschnürt und ein vor ihr verlaufender, besonders differenzierter Zellstreifen stellt die erste Anlage des Endostyls dar. Hinter dem Mund nun bricht die erste sogenannte primäre Kiemenspalte durch und zwar zunächst in der ventralen Mittellinie, dann aber nach der rechten Seite herüberverschoben. Während nun neue Myotome gebildet werden und der linksseitige Mund an Größe zunimmt, treten auch weitere Kiemenspalten auf. Jede neue Kiemenspalte bricht direkt in der ventralen Mittellinie durch und wird dann allmählich nach rechts verschoben. Jede neue primäre Kiemenspalte tritt genau metamer auf, so daß von Anfang an völlige Kongruenz zwischen Branchiomerie und Metamerie, also Eumetamerie herrscht. So geht die Bildung der Kiemenspalten fort, bis eine unpaare Reihe von 12 — 16, gewöhnlich 14 Spalten, gebildet ist. Die vorderen liegen jetzt völlig auf der rechten Körperseite, während die hinteren mehr in der ventralen Mittellinie liegen. Die vorderen öffnen sich direkt nach außen, während die hinteren bereits in das Atrium münden, das begonnen hat, sich zu bilden. Und dies geht folgendermaßen vor sich. Bei einer Larve mit 6 oder 7 primären Kiemenspalten entstehen längs der Bauchseite zwei Verdickungen des Integuments, die sich als Falten, die Metapleuralfalten, abheben; zwischen diesen münden die primären Kiemenspalten nach außen. Von jeder dieser Falten geht nun im hinteren Körperbereich ein horizontaler Fortsatz aus, die miteinander verschmelzen und so das Atrium abschUeßen, ein Prozeß, der sich dann immer weiter nach vorn erstreckt. Nach hinten bleibt eine Oeffnung, der Atrioporus. Gleich- zeitig wächst nun aber auch das Atrium seitlich vor ins Innere des Körpers und verdrängt hier immer mehr die Leibeshöhle. Vorn werden die Metapleuralfalten auf die rechte Körper- seite verlagert, entsprechend der rechtsseitigen Lage der primären Kiemenspalten. Auch das bereits in früheren Stadien ausgebildete Präoralorgan beginnt, sich in verschiedene Abschnitte zu differenzieren. Erst um diese Zeit beginnen die Anlagen einer 2. Kiemenspalten reihe sichtbar zu werden. Ueber der i. Reihe, also auf der rechten Darm wand, beginnen Verdickungen des Epithels auf- zutreten und zwar abwechselnd mit den primären Kiemenspalten, die dann mit der Körperwand veriöten. Damit beginnt die sogenannte Metamorphose. Die erwähnten Verdickungen erscheinen gleichzeitig in der Zahl von 6, in ihrer Mitte bricht eine feine Oeffnung durch und indem diese sich vergrößert, erhalten wir jetzt 6 sekundäre Kiemenspalten. Erst jetzt bricht vor der vordersten dieser Spalten noch eine weitere zwischen der 2. und 3. primären Spalte gelegene durch, die jetzt dauernd i. Spalte der sekundären Reihe. Während diese jetzt an Größe zunehmen, drängen sie allmählich die der primären Reihe nach der Ventralseite hinunter und schließlich sogar über die Mittellinie nach links herüber. Gleichzeitig beginnt jede der sekundären Kiemenspalten durch Einwuchern eines Fortsatzes von oben, des Zungenbalkens, sich in 2 zu teilen; die viel älteren primären Kiemenspalten thun das Gleiche aber erst viel später. Indessen bleiben die 14 primären Kiemenspalten nicht so erhalten wie sie waren. Schon vorher \\urden 2 \-on den 49 Deutsche Tiefsee -Expedition 1898 — 1899. Bd. Xll. 7 [.--. Richard GoLoscHMroT, hintersten rückgebildet und verschwanden spurlos; jetzt bildet sich auch die erste Kiemenspalte gleichzeitig mit der kolbenförmigen Drüse zurück. Die primären Spalten haben jetzt vollständig die linke Körperseite erreicht; dies gilt aber nur für die vorderen, die hinteren haben immer noch ihre Lage in der ventralen Mittellinie beibehalten. Indem sich noch eine sekundäre Spalte hinten gebildet hat, sind jetzt 8 vorhanden und es werden bis auf weiteres keine neuen gebildet. Dagegen werden jetzt die hinteren der primären Spalten rückgebildet, bis ebenfalls nur mehr 8 vorhanden sind; es werden also im ganzen 6 primäre Kiemenspalten rückgebildet und zwar zu verschiedenen Zeiten, bald früher, bald später. Nunmehr beginnt auch am Mund eine Ver- änderung, er verläßt die linke Körperseite und wandert allmählich nach der Ventralseite. Bei dieser Drehung, deren Details für uns nicht in Betracht kommen, wird das Präoralorgan ins Innere der Mundhöhle einbezogen, und Tentakelapparat und Velum angelegt. Schließlich hat auch das Endostyl bei all diesen Veränderungen seine ursprüngliche Lage an der rechten Pha- rynxwand, wo es in Form eines V lag, aufgegeben. Bei der Ausbildung der sekundären Kiemen- spaltenreihen kam es zwischen diese und die primäre zu liegen und mit der Verschiebung der primären Spalten auf die Hnke Körperseite erreichte es die ventrale Medianlinie, in der es zwischen den beiden Kiemenspaltenreihen nach hinten wächst. Nunmehr ist das sogenannte kritische Stadium erreicht, in welchem die Larve das freie pelagische Leben aufgiebt und zu Boden sinkt. Sie besitzt 8 metamere doppelgeteilte Kiemenspalten jederseits, von denen die linke Reihe zuerst in der ventralen Mittellinie angelegt, dann nach rechts verschoben und schließ- lich wieder nach links gewandert war (primäre Kiemenspalten), die rechte dagegen erst viel später in ihrer definitiven Lage angelegt wurde. Der ursprüngliche linke Mund liegt in der ventralen Symmetrieebene, das ursprünglich rechtsseitige Endostyl ebenfalls. Jetzt legen sich neue Kiemen- spalten in sehr großer Zahl und unabhängig von der Metamerie an, und so W'ird allmählich der Zustand des erwachsenen Tieres erreicht. 2. Amphioxides und Ämphioxus. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, diese überaus merkwürdigen Entwickelungsvorgänge zu erklären. Man nahm z. B. an, daß die Larven sich auf die rechte Körperseite legten, wes- halb der Mund nach links verschoben wurde. Diese und ähnliche mit den Thatsachen nicht übereinstimmende und wenig besagende Erklärungen können wir füglich außer Acht lassen und uns nur mit dem meines Wissens einzigen Versuch einer näheren morphologischen Begründung, dem von WiLLEY (1894) befassen. Dieser Forscher geht davon aus, daß es als selbstverständlich anzusehen ist, daß die sogenannten primären Kiemenspalten, die rechts angelegt werden, ursprüng- sprünglich der linken Seite angehören, zu der sie auch später wieder gelangen. Wir müssen vms vorstellen, daß diese ursprünglich linksseitigen Kiemenspalten durch eine Drehung der Darm- wand nach rechts verschoben wurden. Die rechtsseitigen Kiemenspalten würden dann zeitweilig aus Mangel an Raum obliterieren, während die ventrale Mittellinie auf die rechte Seite ver- schoben würde. Die gleiche Ursache ist es, die auch die Lage des Mundes auf der linken Körperseite bedingt; da aber die postulierte Drehung von links nach rechts vor sich ging, so muß der Mund ursprünglich dorsal gelegen sein. Diese Drehung ist übrigens nicht so zu ver- stehen, daß eine wirkliche Drehung stattgefunden hat, sondern nur so, daß die formativen Centren 50 Amphioxides. r t für Kiemenspalten, Mund, Endostyl etc. durch das Auftreten eines störenden Elementes gezwungen wurden, ihren ursprünglichen Platz aufzugeben. Dieses störende Element aber ist die nach vorwärts wachsende Chorda, deren Ausdehnune bis ins Vorderende des Tieres als ein cäno- genetischer Vorgang aufzufassen ist. Durch sie wurde der Mund gezwungen, die dorsale Mittel- linie zu verlassen und nach der linken Seite herabzuwandern. Die larvale Asymmetrie des Atuphioxus ist daher ein rein sekundärer, cänogenetischer Vorgang. Nehmen wir an, daß die supponierte Wanderung des Mundes von der Dorsalseite herab trotz aller dem entgegenstehenden Schwierigkeiten möglich wäre, so wären damit die meisten und merkwürdigsten Vorgänge der Metamorphose doch nicht erklärt. Warum entstehen die primären Kiemenspalten gerade in der ventralen Mittellinie, auch hinter dem Mund, wo nichts sie hindert, ihre „ursprüngliche" linksseitige Entstehung beizubehalten ? Warum sind die sekun- dären Spalten verhindert durchzubrechen, bevor sich eine so große Zahl wie 14 primäre gebildet haben und wieso haben sie dann auf einmal den ihnen vorher fehlenden Platz zur Entwickelung ? Warum bilden sie sich dann in der angeführten Unregelmäßigkeit und besonders warum bilden sie sich im Bereich der hinteren primären Spalten nicht, wo man es am ersten erwarten sollte? Warum bildet sich zu der ersten primären Spalte kein Partner? Warum werden nicht weniger als 6 primäre Kiemenspalten wieder rückgebildet, obwohl doch später die Spalten sich unge- heuer vermehren? Warum behalten diese Spalten trotz der Anlage der sekundären, die doch eine Rückdrehung bedingen müßte, ihre ventrale Lage bei? Warum eilen die so viel später gebildeten sekundären Spalten den primären in der Bildung des Zungenbalkens voraus? Auf alle diese und die damit zusammenhängenden Fragen kann auf Grund von Willey's Annahme keine Antwort gegeben werden. Wenn aber in der Entwickelung eines Organismus Absonder- lichkeiten auftreten, die wir nicht vom Standpunkt des biogenetischen Grundgesetzes aus ver- stehen können, so finden wir die betreffenden Vorgänge stets mechanisch oder physiologisch durch die besonderen Lebensverhältnisse bedingt, falls nicht einfach Abkürzung der Entwickelung vorliegt. Aus den Lebensbedingungen können wir aber die betreffenden Vorgänge gar nicht verstehen. Denn warum sollte z. B. eine pelagische Larve nicht im stände sein, symmetrische Organe symmetrisch zu entwickeln, wenn sie nachträglich dies doch bewerkstelligen kann? Stehen wir also schon trotz Willey's Erklärung in fast allen merkwürdigen Punkten doch vor dem gleichen Rätsel, so wird ihr der Boden vollständig durch Van Wijhe's Nachweis entzogen, daß der Mund in Wirklichkeit ein Organ der linken Körperseite ist. Van Wijhe (1889) konnte nachweisen, was dann von Hatschek (1892) und Heymans und Van der Stricht (1897) be- stätigt wurde, daß der Mund des Ai)ipIiio.\us ausschließlich von Nerven der linken Körperseite innerviert wird. Die gleiche Linksseitigkeit liegt für die Muskulatur wie für die Leibeshöhlen- abschnitte der Mundregion vor. Da aber die Innervierung eines Organs bekanntlich außer- ordentlich konservativ ist und so uns die sicherste Basis für seine morphologische Zugehörigkeit liefert, so ist Van Wijhe's Auffassung des Amphioxus-yiwn^^?, als eines thatsächlich linksseitigen Organs meiner Ansicht nach unumstößlich feststehend. Damit fällt auch das Wenige, was durch Willey's Annahme erklärt werden kann, weg und wir müssen uns nach einer anderen, allen Thatsachen Rechnung tragenden, Erklärung umsehen. Und da erhebt sich denn die Frage: Welche zwingenden Gründe liegen eigentlich vor, die sogenannte Metamorphose des Aiiip/tioxns ,als cäno- 51 7* r 2 RlCH.\RD GOLDSCHUnDT, genetischen \^organg aufzufassen, ist es nicht möglich, in ihr die Rekapi- tulation eines phylogenetischen Vorgangs zu sehen? Die bisherige Antwort auf die erste Frage ist: der Vorgang ist cänogenetisch, weil wir ihn auf Grund der vorliegenden Thatsachen phylogenetisch nicht erklären können. Denn es ist doch wohl nicht denkbar, daß die Vorfahren des Amphio.xus nur eine linksseitige Kiemenspaltenreihe besaßen, daß diese später zu einer rechtsseitigen, dann wieder zu einer linksseitigen wurde, als die fehlende rechtsseitige hinzu- erworben ward. Dies ist richtig, wenn man die Verhältnisse des ausgebildeten Ai)i/>/iio.\iis zu Grunde legt. Wie aber, wenn die Bezeichnung primäre und sekundäre Spalten nicht nur die Reihenfolge der Entwickelung angäbe, sondern einer wirk- lichen morphologischen Verschiedenheit entspräche, wenn also die linke und rechte Kiemenreihe des A)iip//ioxiis wirklich ganz heterogene Dinge wären? Das klingt allerdings auf den ersten Blick hin absurd, daß durchaus symmetrische Organe verschiedenerlei Herkunft sein sollen. Und doch ist es nicht schwieriger anzunehmen, als die rein linksseitige Zugehörigkeit des scheinbar medianen symmetrischen Mundes, die ohne den erbrachten morphologischen Be^\'eis auch niemand geglaubt hätte. Und doch glaube ich mit der Sicherheit, die ein solcher Beweis haben kann, beweisen zu können, daß in der That die Larvenentwickelung des A7nphio\iis nur phylogenetisch zu verstehen ist, daß mit der einzigen Annahme, daß wir in Aniphio.xides eine primitive Form vor uns haben, in lückenloser Kette die Entwickelungsvorgänge des Aniphioxns verständlich werden und wir schließlich auch zu einem wesentlich besseren Anschluß der Acranier an die höheren Chordaten gelangen als bisher. Das, was AmpJiioxides vor allen Dingen charakterisiert, ist die ventrale unpaare Kiemen- spaltenreihe und ihre eumetamere Anordnung. Läge uns Ainphioxides vor, ohne daß wir über die Entwickelung des Anip/iioxtis Bescheid wüßten, so möchte wohl niemand zweifeln, daß diese Kiemenspalten ein unpaares in der S}'mmetrieebene gelegenes Organ darstellen. Und daran müssen wir auch festhalten, denn es deutet nichts darauf hin, daß etwa nur eine Seite einer Doppelreihe vorläge. Wenn wir zunächst von der für A. valdiviae beschriebenen Rechtsdrehung absehen, so liegen Kiemenspalten und -bogen genau in der ventralen Mittellinie, eingesäumt von den genau ventralen Metapleuralfalten. Jeder einzelne Kiemenbogen stellt wieder ein bilateral- symmetrisches Gebilde dar, so daß wir eigentlich \'on rechten und linken Bogen sprechen können, die nur noch unvollständig getrennt sind. Ein Blick auf Fig. 57 erläutert dies ohne weiteres, und ich glaube, daß man unbefangen dies Bild nur als das eines unpaaren symmetrischen Organs auffassen kann. Man müßte den Thatsachen schon ziemlich Gewalt antun, wenn man etwa an- nehmen wollte, daß durch die sekundäre Verlagerung einer linksseitigen Kiemenspaltenreihe in die Symmetrieebene sie auch sekundär eine innere Symmetrie angenommen habe. Und anders käme man doch über diese Thatsache nicht hinweg. Noch auffallender wird es schließlich, w^enn man die Kiemenbogen muskulatur betrachtet, deren Bilateralität doch besonders in die Augen springt. Beweisend ist schHeßlich auch ein Funkt, der zunächst als ein Einwurf bezeichnet werden könnte ; aus Fig. 1 2 b ersehen wir, daß die Kiemenspalte selbst ziemlich unregelmäßig geformt ist, daß sie in ihrer Gesamtheit ein wenig schräg gestellt ist. Abgesehen von der Anomalie, die an der rekonstruierten Stelle, wie erwähnt, vorlag, hat dies seinen Grund darin, daß bei Avip/iioxides wie bei Ajuphioxits rechte und linke Alyotome ein \\'enig gegeneinander ver- schoben sind. Da die Kiemenbogen aber rein metamer sind, sowohl von links wie von rechts Amphioxides. r -2 betrachtet, so haben sie eben diese Verschiebung mitgemacht: das aber beweist auch, daß sie der rechten wie der hnken Körperhälfte angehören, also Organe der Symmetrieebene sind. Und nun bedenke man, daß bei Anif^Ino.xus die Kiemenspalten zunächst als eine unpaare Reihe in der ventralen Mittellinie entstehen, daß sie genau segmental sich bilden wie bei Amphioxides, daß dieser Zustand bis zu der bedeutenden Zahl von 14 Spalten fortgeführt wird, die zunächst ja auch bilateral symmetrisch sind. Leider wissen wir über ihre Muskulatur nur, daß sie existiert, ihre genauere Kenntnis gäbe vielleicht weitere bedeutsaine Uebereinstimmungen mit Auiphioxidcs. Dazu nehme man die Thatsache, daß einmal nach Bildung jener 14 primären Kiemenspalten erst die sekundäre Reihe gebildet wird, daß diese sich in ganz anderer Art anlegt als die enstere und daß ein großer Teil der primären Reihe wieder rückgebildet wird; daß ferner während dieser ganzen Zeit in der Lebensweise der Larve oder ihrer sonstigen Entwickelung keine solche Veränderung eintritt, die dies alles begreiflich machen könnte. Aus all dem, vor allem aber der durch nichts verständlichen Rückbildung vorhandener Organe, die später ja doch wieder gebildet werden, allerdings in prinzipiell verschiedener Weise, nämlich nicht mehr metamer, kann nach Analogie mit anderem Bekannten nur der eine Schluß gezogen werden, daß in der Aniphioxiis- Entwickelung mit diesem Moment eine phylogenetische Etappe abgelaufen ist und eine neue beginnt. Und nun haben wir in AmpJiioxidcs dieses erste Stadium klar und prägnant ausgeprägt, sehen, daß hier jener Zustand mit dem weiteren Wachstum des Tieres unverändert weitergeführt und fortgebildet wird — man denke an 35 rein metamere Kiemen bögen von unverändertem Bau — ist es da nicht die nächstliegende Annahme, daß Aiiipliioxidcs zunächst in Bezug auf die Kiemen eine primitive in der Entwicke- lung des Aniphioxus rekapitulierte Stellung einnimmt? Kann aber dieser Bau der Ai)iplnoxides-¥^vi.vi\&;\ als neotenisch überhaupt verstanden werden, individuell neotenisch wie die Amphibienlarve oder phylogenetisch neotenisch wie die Appendicularie ? Ich halte es für durchaus unmöglich. Das, was solche Larven charakterisiert, ist ja die Erhaltung von durch die abweichende Lebensweise der Larve bedingten Organen im geschlechtsreifen Zustande in Folge des Beibehaltens jener Lebensweise, also die Kiemen der Amphibien oder der Ruderschwanz der Appendicularien. Solche Organe stellen aber entweder wirkliche phylogenetische Stufen dar, wie die Kiemenatmung der Amphibien, oder aber sie sind cänogenetische Anpassungen an die larvale Lebensweise. Falls Amphioxides im ersteren Sinn neotenisch sein sollte, so ist das, wie oben schon betont, prinzipiell gleichgültig. Es ist ja auch absolut nicht zu beweisen, ebenso wie etwa für die Perennib ran chiaten beide Anschauungen, primitiv und phylogenetisch neotenisch mit Erhaltung primitiver Merkmale, vertreten werden, ohne daß dadurch ihre vergleichend-anatomische Bedeutung beeinträchtigt wird. Es kommen also nur Anpassungscharaktere an das Larvenleben in Betracht. Was soll aber nun im Bau des Kiemenapparates des Amphioxides oder der jungen Amphiox^/s-harve so gedeutet werden, ganz abgesehen davon, daß man nicht leicht im Zweifel darüber sein kann, daß Amphioxjis von frei- lebenden Formen abzuleiten ist? Die Eumetamerie der Iviemen doch gewiß nicht; sie ist nach allem, was wir wissen, der für die Wirbeltiere primitive Zustand. Ganz undenkbar ist aber auch, daß die Ausbildung nur einer Kiemenspaltenreihe und zwar der linken und ihre Verlagerung auf die Ventralseite eine Anpassung an das pelagische Leben darstelle. Ich wüßte nicht, wie man auf diesem Wege weiterkommen wollte. Es hat ja auch in der That niemand versucht, 53 - . Richard Goldschmidt, 54 die Entvvickelung der Aiiip/iioxiis-ls^i&men so zu deuten; die oben wiedergegebene Hypothese Willey's beweist ja, daß man nur eine Verschiebung der Entwickelungsvorgänge infolge anderer Einflüsse vermutete. Es müßten also, falls neotenische Entwickelung solcher Art vorliegt, diese Einflüsse spezifische Larvenorganisationen sein, denn sind sie phjdogenetisch zu verstehen, dann gilt ja auch für sie das oben Gesagte. Und sind sie — in Willey's Annahme ist es der Mund — nicht aus den Bedingungen des Larvenlebens zu verstehende Cänogenien, so können sie auch nicht zur neotenischen Entwickelung Anlaß geben, denn ein Tier wird nicht bei Beibehaltung seiner Lebensweise in irgend einem mit der Lebensweise in keinem Zusammenhang stehenden Ausbildvmgsgrad seine weitere Entwickelung aufgeben und neotenisch werden. (Parasiten bilden davon nur scheinbar Ausnahmen.) Also zunächst unabhängig von anderen Organsystemen betrachtet, ist der Kiemendarm des Ainphioxidcs als Neotenie ganz unverständlich, sein primitiver Zustand aber mit allen Thatsachen in Einklang. Die Kiemenanordnung könnte also sekundär durch ein anderes für die specifische Larven- organisation charakteristisches Organ bedingt sein, von ihm korrelativ abhängig sein, so daß für das Einsetzen einer neotenischen Entwickelung dieses in Betracht zu ziehen sei. Es könnte also z. B. die merkwürdige linksseitige Lage des Mundes bei Amphioxides und den Amphioxtts- Larven eine specifische Anpassung an das Larvenleben sein und dann durch diese Lage eine Hemmung der Entwickelung der rechten Kiemenspaltenreihe bedingt sein. Ich will es bei Be- sprechung dieser Möglichkeit gar nicht als Schwierigkeit auffassen, daß bei Amphioxus der Mund noch seine seitliche Lage hat, wenn bereits beide Kiemenspaltenreihen vorhanden sind. Das kr)nnte ja eine Verschiebung in der Reihenfolge der Entwickelungsvorgänge sein. Zunächst können wir uns in keiner Weise vorstellen, warum eine seitliche Lage des Mundes mit der pela- gischen Lebensweise zusammenhängen soll, etwa wie der Froschschwanz mit dem Wasserleben der Larve. Vor allen Dingen aber müssen wir mit der unerschütterlichen Thatsache rechnen, daß der Mund weder durch direkten Einfluß der Lebensweise noch in Abhänoiorkeit von anderen Organen nach links verschoben sein kann, da seine Innervierung ihn zeitlebens als ein Organ der linken Seite erweist. Ich erlaube, daß dies srar nicht s-renu« betont werden kann, als eine fundamentale Thatsache, mit der jede Betrachtung des Avi- pliioxus rechnen muß, und daß es einer der wichtigsten Schritte in der Er- kenntnis der Organisation der Acranier war, als Van Wijhe dies in das rich- tige Licht setzte. Eine morphologische Erklärung der Ww////ar?/.v-EntwickeIung muß also aufzeigen, warum die Acranier in von allen anderen Chordaten abweichender Weise einen links- seitigen Mund zur Entwickelung brachten und nicht etwa, warum der Mund zeitweilig nach links verlagert wird. Auf die diesbezügliche Van WijHE'sche Tremostomatheorie wollen wir später zurückkommen. Es käme also schon aus diesem Grund eine Verschiebung des Mundes als Ursache für die absonderliche Kiemenentwickelung des Avip/iioxiis und als larvaler Charakter, von dem eine neotenische Bildung ausgeht, in Wegfall. Aber selbst wenn wir \'on dieser fundamentalen That- sache absehen, läßt sich die Sache nicht durchführen. In Willey's Theorie war ja angenommen worden, daß durch die Verschiebung des Mundes von der Dorsalseite herunter der Darm so gedreht wurde, daß die linken Kiemenspalten nach rechts herüber verschoben wurden und so die Bildungsstätte für die rechte Spaltenreihe so weit dorsal gedrängt wurde, daß ihre Ent- , 54 Amphioxides. r r Wickelung unmög-lich war. Dies stimmt aber, wie uns Atuphioxides lehrt, nicht mit den That- sachen überein, denn wir können zeigen, daß nicht die Kiemenspalten so nach rechts verlagert werden, daß der Darm dabei zusammengeschoben wird, sondern daß vielmehr die ganze ventrale Hälfte des Körpers eine Drehung nach rechts erleidet. Ich weise auf die oben für A. valdiviae gegebene Darstellung hin, bei dem ja ebenso wie bei den Avip/iioxiis-'LsirvQn die ventralen Kiemenspalten scheinbar nach rechts herübergeschoben werden. Wir konnten dort mit Klarheit feststellen — ein Blick auf Fig. 57 beweist es besser als alle Worte — daß die ganze Median- ebene mit ihren symmetrischen Organen, also deren Leibeshöhle, Kiemenfeld und Metapleural- falten nach rechts gedreht wurden. Die Kiemenspalten haben also morphologisch ihre ventrale Lage beibehalten, der Darm hat seine bilaterale Symmetrie nicht im geringsten verloren, nur die Sagittalachse ist ventral geknickt worden. Wenn also Amphioxides überhaupt Bildungsmaterial für eine dem A/iip/iioxiis entsprechende 2. Kiemenspaltenreihe besäße, so wäre sie durch nichts gehindert auch zur Entwickelung zu kommen. Bei ^lii/p//ioxidcs sind diese Verhältnisse durchaus klar, bei den in dem entsprechenden Stadium stehenden Aiiip// ioxiisA^vivv^in durch deren embryo- nalen Charakter nicht so deutlich. Zweifellos ist aber auch hier das Gleiche der Fall, wenn wir bedenken, daß die Kiemenspalten ebenfalls in einem ventralen von den beiden Metapleuralfalten eingefaßten Kiemenfeld sich öffnen, das vorne nach rechts herübergeschoben ist. Wenn also der Mund einen Einfluß auf die Gestaltung des Kiemendarmes überhaupt hat, so ist er sicher nicht derart, daß durch ihn eine rechte Kiemenspaltenreihe unterdrückt wird. Also auch von diesen Gesichtspunkten aus kein Grund zu sehen, warum Amplnoxides normal oder phylogenetisch neotenisch sein sollte und warum eine neotenische Bildung zur Ausbildung nur einer Kiemen- reihe führen sollte, wenn dies nicht ein wirklich primitiver Zustand ist. Wie aber, wenn die wesentlichen Beziehungen zwischen Kiemendarm und Mund ganz anderer Art wären, wenn umgekehrt die Besonderheiten des Mundes durch den Bau des Kiemendarmes bedingt wären? Die bisherigen Be- trachtungen haben uns alle zu dem Ergel)nis geführt, daß die unpaare ventrale Kiemenreihe des Amphioxides und der jungen Amphioxus-\jx^v&, als Cänogenie unverständlich bleiben. Stellen wir uns einmal auf den Standpunkt, daß dies den primitiven Zustand repräsentiere und sehen, ob wir so weiter kommen. Durch die Ausbildung einer in der ventralen Mittellinie gelegenen Iviemen- spaltenreihe werden in einem vorher einheitlichen Darm neue mechanische Bedingungen ge- schaffen. Der zum Kiemendarm umgewandelte Darmabschnitt muß einmal die Zirkulation des Atemwassers gewährleisten, sodann aber auch im stände sein, die aufgenommene Nahrung in den nutritorischen Darm weiterzubefördern. Daß in der That diese beiden Aufgaben gelöst werden müssen, ohne miteinander in Kollision zu geraten, beweist uns die Organisation des Amplüoxiis, der im Endostyl, den Flimmerbögen und der Epibranchialrinne innerhalb des Kiemendarmes besondere Organe besitzt, die rmr die Weiterbeförderung der Nahrung gewährleisten, beweist ferner die bekannte Trennung der Kiemensäcke vom nahrungleitenden Vorderdarm bei den Petromyzonten. Wenn nun primitiv eine ventrale Anordnung der Kiemensp^llten wie bei Amphioxides vorhanden ist, so ergiebt sich mit noch größerer Notwendigkeit als in den ange- führten Beispielen, die Schaffung einer Einrichtung, die das Durchfallen der aufgenommenen Nahrung durch die Kiemenspalten verhindert. Und in der That fanden wir solche Einrichtungen hex Amphioxides wohlentwickelt in der Trennung des Kiemendarmes in einen ventralen respiratorischen 55 g£i Richard Goldschmtdt, und einen dorsalen nutritorischen Abschnitt, ferner in der Ausl)ildung eines flimmernden Drüsen- ötreifens, des Endoslyls, das zu diesem dorsalen Darmteil emporführt. Damit sind aber die Bedingungen für die Entstehung des Acraniermundes gegeben: Die durch den Mund aufge- nommene Nahrung muß in den dorsalen nutritorischen Darmabschnitt gelangen können. Ist schon durch die ventrale Ausdehnung der Kiemenspalten bis zum vordersten Darmende eine ventrale Mundöffnung undenkbar, so wäre auch eine günstige B^unktion einer solchen unter den gegebenen Bedingungen ph)'siologisch mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Der den Vor- fahren der Acranier zukommende Mund mußte also einem neuen funktionstüchtigen Platz machen, der vor allem im stände war, die Nahrung in den dorsalen nutritorischen Abschnitt zu befördern. Dorsal konnte ein solcher durch die Ausbildung von Chorda, Nervensystem und Myomeren nicht zur Anlage kommen, ventral lagen die Kiemenspalten, er mußte also eine seitliche Lage ein- nehmen. Und nun betrachte man die thatsächlichen Verhältnisse bei Amphio.xides, besonders klar bei A. valdiviae, überzeuge sich durch einen Blick auf den mehrfach angeführten Schnitt Fig. 57 davon, wie genau die Thatsachen diese Schlüsse rechtfertigen: Links von den Kiemenspalten, so weit seitlich in die Höhe gerückt als die ventrale Er- streckung der segmentalen Muskulatur es erlaubt, bricht der Mund durch und führt mit dem kurzen Stomodaeum geradewegs mitten durch die Leibes- höhle hindurch in den dorsalen nutritorischen D a r m absch ni tt. L^nd noch mehr. Gegenüber der Mundöffnung liegt der Drüsenstreifen, das Endostyl, und führt vom ventralen Darmteil in der ganzen Erstreckung der Mundspalte in den dorsalen hinauf, leitet die mit dem Atemwasser im Bereich des Mundes in den ventralen Darmteil gelangenden Nahrungspartikel in den dorsalen Teil zurück resp. hält sie von Anfang an dort zurück. Ich glaube, diesen im Bau des Aviphioxides zu Tage tretenden Thatsachen und ihrem Wiederkehren in der Entwickelung des Amphioxus, wie ihrer so einfachen physiologischen Verkettung, kann man sich unmöglich verschließen. Gewiß wird man ja sagen können : diese Schlüsse sind zwar richtig, sie stimmen aber auch vollständig, wenn wir von einer Amphioxus-\jSiX\& ausgehen, mit einer aus irgend- welchen Gründen als Cänogenie auftretenden ventralen Kiemenspaltenreihe und einem hiervon als Neotenie abzuleitenden Amphioxides, die ja dann unter den gleichen physiologischen Be- dingungen stehen. Ist es aber berechtigt, so den alten Rätseln der ^/«//«öjrz^i'-Entwickelung noch neue hinzuzufügen, nur um die lieb gewordene primitive Stellung des Amphioxus zu retten, während die allen Thatsachen gerecht werdende Annahme der primitiven Stellung des Avi- phioxides mit einem Schlage Klarheit schafft? Wir schließen also: der primitive Zustand des Kiemendarmes ist der bei Aiiip/n'oxides vorliegende; eine ventrale Kiemenspalten- reihe, in ihrem Gefolge die Trennung in einen ventralen respiratorischen und dor- salen nutritorischen Darmabschnitt, in deren Gefolge der Durchbruch eines links- seitigen Mundes in den dorsalen Darmabschnitt und die Ausbildung eines dem Munde gegenüberliegenden in den dorsalen Abschnitt emporführenden Flimmer- drüsenstreifens. Man könnte nun an der ventralen Kiemenspaltenreihe, besonders ihrer unpaaren Beschaffen- heit Anstoß nehmen, darauf hinweisen, daß nicht nur bei allen anderen Chordaten, sondern auch bei Tunicaten und Enteropneusten die Kiemenspalten paarig-e Organe sind. Ich sehe darin aber keine besonderen Schwierigkeiten. Die Ursache dafür dürfte in der wohl 56 Ampliioxides. cy sekundären l^edeutenden Ausdehnung der segmentalen Muskulatur nach der Ventralseite hin zu suchen sein. Ein Blick auf die Querschnitte von Aniphioxides zeigt, daß die Körperseiten dadurch völlig für den Durchbruch von Kiemenspalten außer Betracht kommen, dafür vielmehr nur das Kiemenfeld übrig bleibt. In diesem ist aber für paarige Kiemenspalten gar kein Platz, sie würden so zusammengedrängt sein, daß eine Verschmelzung doch wohl die Folge wäre. y\uf den innerlich paarigen Aufbau der Kiemenanlagen selbst haben wir schon hingewiesen, müssen aber später noch einmal darauf zurückkommen. In der Entwickelung des A»/p//ioxus sehen wir nun an die primäre ventrale Kiemen- spaltenreihe sich die Anlage einer sekundären anschließen, und später beide die linke und rechte Körperseite einnehmen. Wie ist das ermöglicht, obwohl doch auch für Amphioxiis das ventrale Herabreichen der Muskulatur zutrifft? Damit kommen wir zur Betrachtung des für die Bran- c h i o s t o m i d e n so charakteristischen Peribranchialraums. Merkwürdigerweise hat dieses Organ früheren Autoren bei der Betrachtung der Morphologie des Aiiiphioxus keinerlei Schwierig- keiten bereitet. Seit Rolph (1876) nimmt man fast allgemein an, daß der Peribranchialraum „ein durch Wucherung seitlicher Längsfalten abgeschlossener x^ußenraum ist, und daher gleich- zusetzen der in ganz derselben Weise entstandenen Kiemenhöhle der Froschlarven, der Kiemen- höhle der Symbranchii, der durch den Kiemendeckel abgeschlossenen Kiemenhöhle der meisten Fische, dem Perithorakalraum". Auch Ray Lankester und Willey (1890) wandten sich nicht gegen diese Anschauung, als sie eine für einen Kiemendeckel so ganz undenkbare Entwickelung des Peribranchialraums feststellten. Der Peribranchialraum entsteht ja durch Verschluß der Meta- pleuralfalten als ein ventraler Längskanal, der nachträglich seitlich in die Höhe wächst und die Leibeshühle verdrängt. Daß diese Entwickelung eine andere Deutung erfordert, hat erst Boveri (1892) klar erkannt, und zwar ausgehend von der Annahme, daß der Peribranchialraum dem Vornierengang homolog sei. Sehen wir zunächst von dieser Vergleichung ab, so müssen wir BovERi durchaus zustimmen, wenn er sagt: „Wir werden auf der anderen Seite wahrscheinlich nicht fehlgehen, wenn wir diesen supponierten Vorfahren der Cranioten eine weit gegen die Ventralseite vordringende seitliche Rumpf muskulatur zuerkennen, denn der Ampluo.xiis und die Cranioten weisen dieselbe in so wesentlich übereinstimmender Weise auf, daß schwerlich an eine zweimalige unabhängige Entstehung gedacht werden darf. Waren aber die beiden genannten Eigentümlichkeiten in einem Tier vereint, so folgt daraus, daß dasselbe auch einen Peribranchial- raum besessen haben muß. Denn eine tief herabreichende seitliche Längsmuskulatur setzt eine kontinuierliche, unzerspaltene Körperwand voraus, welche nur dann vorhanden sein kann, wenn für die seitlich emporwachsenden Kiemenspalten durch eine beiderseits längs der Bauchfläche sich entwickelnde Einfaltung eine zweite innere M-^and geschaffen wird, welche nun ohne Be- einträchtigimg des Bewegungsapparates in ihrer ganzen Höhe durchbrochen werden kann. Diese Einfaltung ist aber nichts anderes als ein Peribranchialraum." Diese Auffassung Boveri's ist zweifellos die einzige, die den Thatsachen der Entwickelung, wie des Baues des Amphioxus Rechnune trägt. Wir wollen sie noch mehr auszuführen suchen, da wir sie dem weiteren Ver- gleich zwischen Ai/ip//iox/dcs und Amphioxus zu Grunde legen müssen. Wie in Bo\'eri's Worten bereits festgelegt ist, müssen wir bei der Betrachtung des Kiemendarmes des Ainpliioxits von einem Entwickelungszustand ausgehen, der durch ein weites seitliches Herabreichen der Rumpf- muskulatur ausgezeichnet ist. Denn die bei den Acraniern noch vorhandene gleichmäßige Segmen- 57 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Bd. XII. 8 58 Richard GoLDscHinnT, tierung auch der vorderen Körperregion, die \'an Wijhe (1903) für so charakteristisch hält, daß er für die Gruppe den Namen H o m o m e r i a vorschlägt, muß doch sicher als ein primitives Merkmal angesehen werden. Ein solcher Bau schließt aber in der That zunächst eine Ver- größerung des Kiemenapparates aus, es sei denn, daß die Bauchwand hruchsackartig vorvvächst. Eine Ausdehnung der Kiemenspalten erfordert also in der That „eine zweite innere Wand", oder anders ausgedrückt, die fehlende Fläche zur Außenwelt muß dadurch hergestellt werden, daß ein Stück Außenwelt in den Körper einbezogen wird. So aber verläuft in der That die Entwickelung des Peribranchialraums, nicht aber nach Art eines Kiemen- deckels. Der letztere Vergleich erfordert ja auch eine ganze Anzahl schwer zu begreifender Hilfsvorstellungen. Zunächst muß die Entwickelung des Peribranchialraums ganz cänogenetisch verlaufen. Sodann muß phylogenetisch die Seitenrumpfmuskulatur in den Kiemendeckel, also eine Hautduplikatur, eingewandert sein. Merkwürdigerweise nahm sie dabei die Geschlechtsorgane mit, die so außerhalb des Körpers zu liegen kamen. Mit dem Auswachsen der Muskulatur in die Falten hinein muß sich auch ein Stück Leibeshöhle herübergeschoben haben. Dies smd aber alles sehr gewaltsame Vorstellungen, während die Annahme, daß der Peribranchialraum phylogenetisch so entstanden ist, wie er ontogenetisch entsteht, nach jeder Richtung hin leicht durchzuführen ist. Sie erfordert allerdings eines, daß der Bau des . J/;//>///ö.i7/.'r-KIemendarmes nicht den Ausgangspunkt bildet, sondern daß phylogenetisch die Kiemenspalten sich \on der Ventralseite aus nach der Dorsalseite vergrößert haben. Haben wir aber dafür Anhaltspunkte? Wir haben bisher uns bemüht, nachzuweisen, daß die Anordnung der Kiemenspalten des ^bii/'I/ioxiiü's in einer unpaaren ventralen Reihe den primitiven Zustand repräsentiert. Es fragt sich nun, ob die vorliegenden Thatsachen es ermöglichen, die Umwandlung eines derartigen Organismus in einen ^hiipl/ioxiis zu verstehen. In vorstehendem sahen wir, daß die Ausdehnung des Kiemenapparates nach der Dorsalseite die Ursache der Bildung des Peribranchialraums sein muß, diese Ausdehnung ist es also, an die die weitere Entwickelung von Avipliio.xidcs aus geknüpft sein muß. In der Entwickelung des Ajupliioxus sahen wir nun nach der Bildung einer großen Zahl primärer ventraler Kiemenspalten eine Pause eintreten, sahen, daß, wenn die Entwicke- lung weiter fortschreitet, eine große Zahl dieser Kiemenspalten rückgebildet wird. Die Thatsache mußte zunächst unverständlich bleiben. Nunmehr können wir aber sagen, daß sie darin ihre Begründung findet, daß in diesem Moment in der Entwickelung des Aniphioxiis etwas völlig Neues beginnt: der ohnedies unverständliche ontogenetische Abschnitt markiert einen Abschnitt in der phylogenetischen Entwickelung des Aiiiphioxus. Das jetzt neu einsetzende Prinzip, das die weitere Umgestaltung bedingt, ist die Vergrößerung des Kiemenapparates, die Vergrößerung der respiratorischen Oberfläche. Den Grund dafür aber müssen wir in einer Veränderung der Lebensweise, im Aufgeben des pelagischen Lebens suchen. Stellen wir uns nun einmal vor, daß ein Amphioxides-2iVt\g&r Organismus zum Grundleben und schließlich vSandleben übergeht. Es besteht dann wohl keine Schwierigkeit in der Annahme, daß die bereits vorhandenen Metapleuralfalten, die ja einen wirklichen Kiemen- deckel darstellen, sich ventral zu einer rohrartigen Kiemenhöhle schließen, die das Eindringen von Sand in die Spalten verhindert. Dieser Zustand einer echten Kiemenhöhle ist bei jungen Amphioxns-'Lsxven ja verwirklicht. Nunmehr beginnen die neuen Lebensbedingungen eine Ver- größerung der respiratorischen Oberfläche zu erfordern, und damit beginnt die Kiemenhöhle zum 58 Amphioxides. 59 Peribranchialraum auszuwachsen, sie dringt ins Innere des Körpers vor, um eine neue Oberfläche zur Außenwelt zu ermöglichen; die Exobranchialhöhle wächst in das Innere des Körpers hinein zur Bildung einer Endobranchialhöhle. Dies Vordringen ist aber zuerst nur auf der rechten Körperseite möglich, denn links versperrt der ausgedehnte Mundschlitz den Weg. Es werden sich also neue Kiemenspalten nur rechts bilden können. In der Entwickelung des Av/fi/iioxus wird in der That eine zweite Kiemenspaltenreihe rechts gebildet. Sind unsere Vor- stellungen richtig, so ist diese 2. Reihe etwas völlig Neues, von der ersten ursprünglichen gänz- lich Unabhängiges. Und dafür haben wir ja in der Entwickelung des A)iipliiox2is genügend Beweisgründe, die andersartige Entstehung auf einer Verdickungsleiste, die Unregelmäßigkeiten in der Reihenfolge, die abweichende Zahl, die so frühzeitig erfolgende Unterteilung in sekundäre Spalten. Je weiter diese Spalten nun wachsen, um so mehr verdrängen sie den dorsalen nutri- torischen Darmabschnitt. Eine Grenze ist ihnen aber auf der linken Seite durch den Mund gesetzt. Um sich auch hier weiter ausdehnen zu können, ist es erforderlich, daß der Mund- schlitz fortgeschoben wird. Thatsächlich geschieht dies in der Entwickelung des Aniphioxtis, wie WiLLEY (1892) und Legros (1898) in allen Details geschildert haben. Der Mund muß den vordrängenden Kiemenspalten weichen, wird nach vorn und ventral verdrängt und gelangt schließlich vor den Kiemendarm auf die Ventralseite. Genau ebenso müssen wir uns aber den phylogenetischen Prozeß vorstellen. Nunmehr können sich die primären ventralen Kiemenspalten auch nach links ausdehnen, und dadurch kommt jetzt eine neue scheinbare Symmetrie des Kiemendarmes zu stände, indem den primären Kiemenspalten der Symmetrieebene die unsym- metrischen sekundären gegenüberstehen. Um von hier aus zum Avip/iioxns zu gelangen, braucht der so eingeschlagene Weg nur weitergegangen zu werden. Die respiratorische Oberfläche ver- größert sich immer mehr, indem hinten jetzt vollständig unabhängig von der Segmentierung neue Kiemenspalten gebildet werden, die sich dorsal so weit als möglich ausdehnen und durch die Bildung des Zungenbalkens sich weiter unterteilen. Der dorsale nahrungleitende Darmabschnitt wird so bis zu einem kleinen Rest, der Epi- branchialrinne, eingeengt. Besonders an jungen Amphioxtis, kurz nach der Metamorphose, kann man dicht hinter dem Velum sehr schön sehen, wie der hier noch weite dorsale Darmabschnitt allmählich mit dem Höherwerden der Kiemenspalten in die Epibranchialrinne übergeht. Damit wird aber auch die ehemalige Funktion des Endostyls illusorisch. Es ist ja bei dem Herum- wachsen der Kiemenspalten zwischen den beiden Spaltenreihen auf die Ventralseite gelangt, und hier dehnt es sich jetzt nach hinten aus, so zur Hypobranchialrinne sich umformend. Schließlich entwickeln sich in Anpassung an die neue Ernährungsweise die charakteristischen Eigentümlich- keiten des Mundes, das Velum und der Tentakelkranz. Wir sehen also, daß wir, von Amphioxides ausgehend, leicht die Organisation des Ainphioxiis ableiten können. Mit der einzigen Annahme, daß ein Uebergang vom pelagischen Leben zum Sandleben in der Phylogenie stattfand, wie er ja auch in der Ontogenie eintritt, und daß diese Veränderung eine größere respiratorische Oberfläche erforderte, wofür aus dem Bereich der wirbellosen Tiere genügend Analogien vorliegen, können wir Schritt für Schritt die Meta- morphose uns klar machen. Und alle diese phylogenetisch geforderten Schritte werden auch thatsächlich in der Ontogenie gegangen, und die Momente, die dabei in Betracht kommen, sind durchaus einfache mechanisch-physiologische. Durch den daraus folgenden Satz, daß Amphioxtis 59 8* 6o Richard Goldschmidt, ein durch das Sandleben gänzlich abgeänderter Organismus ist, abgeändert vor allem insofern, als wichtige Organe, wie Kiemendarm und Mund, morphologisch gänzlich unsymmetrisch sind, wird aber die rätselhafte Entwickelung dieses Tieres mit einem Schlage völlig klar, all die oben aufgestellten und unbeantworteten Fragen finden ihre einfache Antwort. Den bereits gegebenen Gründen gegen die Auffassung des Ampliioxides als eine Neotenie schließt sich somit noch der an, daß wir in diesem Fall den alten Rätseln ein neues zugefügt hätten, während die Ueberzeugung, daß Ampliioxides den primitivsten Chordaten darstellt, von dem erst Aiiipliioxus durch einseitige An- passung an das Sandleben abgeleitet werden muß, uns völlige Klarheit über die Morphologie und Entwickelung des letzteren schafft. Ich bin mir durchaus klar darüber, daß bei solchen phylo- genetischen Betrachtungen nicht viel „bewiesen" werden kann. Andererseits aber glaube ich, daß) bei morphologischer Betrachtungsweise die Möglichkeit eines phylogenetischen Verstehens, wenn es den Thatsachen der Anatomie und Entwickelungsgeschichte gerecht wird, ja sogar nur mit ein- fachen mechanisch-physiologischen Faktoren arbeitet, immer noch dem Tappen im Dunkel vor- zuziehen ist, auch wenn dabei alte liebgewordene Vorstellungen über den Haufen geworfen werden müssen. Und auch den Wert einer solchen Erklärung möchte ich trotz der gewiß be- rechtigten Angst vor dem phylogenetischen Spekulieren nicht ganz so gering anschlagen, als es jetzt beliebt ist, denn wenn es auch keine wahrhaft kausale Erklärung ist, mehr als Unwissenheit ist's sicher. Nunmehr können wir auch zu der oben kurz erwähnten Tremostomatheorie Van Wijhe's Stellung nehmen. Dieser ausgezeichnete Forscher sagte sich ja mit Recht, daß die Thatsache der linksseitigen Innervierung der Mundorgane in Uebereinstimmung mit ihrer embryo- nalen linksseitigen Entstehung ein Faktor von so fundamentaler Bedeutung sei, daß sie eine be- sondere Erklärung erheische. Diese fand er in der Auffassung, daß der Mund des Amphioxus von einer Kiemenspalte abzuleiten sei. Da diese linksseitige Kiemenspalte auch einen rechten Partner erforderte, so glaubte er diesen in der kolbenförmigen Drüse zu sehen, die ja dem Munde gegenüberUegt und nach Hatschek (i88i) und Lankester und Willey (1890) zeitweilig sich nach außen öffnen soll. Diese Angabe wurde aber inzwischen von Legros (1898) widerlegt. Auch Willey (1892, 1894) betrachtet diese Drüse als rudimentäre Kiemenspalte, aber als die auf der rechten Seite der i. obliterierenden Unken entsprechende, während nach Van Wijhe der Partner dieser bisher noch nicht festgestellt sei. Die Betrachtung des Ampliioxides macht diese Theorie unhaltbar. Da bei A. pelagieiis zu jedem Segment seine Kiemenspalte vorhanden ist, bei A. valdiviae davor noch eine ganze Anzahl weitere, so ist selbst bei der Annahme, daß diese ventralen Spalten nur eine linke Reihe repräsentieren, für eine weitere linke kein Platz. Wir kämen dann des weiteren dazu, anzunehmen, daß die ganze rechte Kiemenspalten reihe verschwunden ist und nur die i. Spalte sich als kolbenförmige Drüse erhalten hat. Wie soll aber vor allem die I. Kiemenspalte bei ihrer Umwandlung zum Mund allein in den dorsalen Darmteil ge- langen? Durch den Bau des Kiemendarmes von Ampliioxides wird diese ohnehin wenig gestützte Hypothese überflüssig, die Thatsache des Durchbruchs des Mundes in den dorsalen Kiemendarm- abschnitt giebt uns eine völlig befriedigende, jeder Hilfsannahmen entbehrende Erklärung für die linksseitige Lage des Mundes. Auf die mit der Tremostomatheorie eng zusammenhängende Auto- stomatheorie Van Wijiie's müssen wir später bei Betrachtung der Kopfhöhlen eingehen. Die geringsten Schwierigkeiten werden meinen Ausführungen wohl in dem Punkt bei- 60 Atnphioxides. ^ j gemessen werden, daß der durch das Auftreten der Eumetamerie der Kiemenspalten und die Rückbildung einer großen Zahl primärer Spalten in der Entwickelung des A)iipliioxtis gegebene Abschnitt den Beginn einer absolut neuen phakogenetischen Epoche bedeutet, charakterisiert durch den Uebergang zum Sandleben. Bereits nach Niederschrift meiner vorstehenden Ausführungen finde ich annähernd den gleichen Gedankengang, allerdings zu anderen Schlüssen führend, in Koltzoff's vorzüglichen Erörterungen der hierhergehörigen Probleme (1902) ausgeführt. „Indem ich", heißt es dort, „im allgemeinen die Richtigkeit der kritischen Bemerkungen M. Fürbringer's anerkenne, denke ich jedoch, daß unsererseits es nicht zu unvorsichtig wäre, zusammen mit WiLLEY eine wichtigere Bedeutung demjenigen kritischen Stadium beizumessen , in welchem 14 Visceralspalten angelegt sind. Der Entwickelungsprozeß dieser eumetameren Spalten geht nicht unmittelbar in den Entwickelungsprozeß der nachfolgenden Spalten über, sondern wird durch die Reduktionsperiode unterbrochen. Deswegen denke ich, daß der Unterschied zwischen diesen 2 Visceralspaltenserien ein radikaler ist. Andernfalls wäre es vollkommen unbegreiflich, warum die 9. bis 14. primären Spalten verschwinden, deren Stelle nach der Metamorphose durch neue Spalten ersetzt wird ? Die einzige Voraussetzung, welche hier irgend etwas erklären kann, besteht nach meiner Meinung in folgendem. Die entfernten Ahnen des Amphioxiis, VA'elche zu der- selbigen Zeit die Stammeltern der übrigen Verteb raten waren, besaßen 14 oder etwas mehr Paare Kiemenspalten, von welchen die hinteren sich schon damals durch eine Neigung zur Re- duktion auszeichneten. Bei den Cyc/os/oi/m und Gnathostoma vollzog sich diese Reduktion that- sächlich, und die Kiemenspalten nach rückwärts von der 8. fielen vollkommen aus der Entwicke- lungsgeschichte weg. Bei den nächsten Ahnen des Amphioxus sind einige hintere Kiemenspalten anscheinend ebenfalls weggefallen, wie es im Lauf der Entwickelung des jetztzeitigen Amphioxus statthat. Doch gleich nachdem, wahrscheinlich unter dem Einfluß des Ueberganges zu einer versteckten Lebensweise, begann eine verstärkte Erweiterung des Kiemenapparates und die Bildung neuer Kiemenspalten mit Störung der Eumetamerie." Die weitere Folgerung, daß es nicht paarige Kiemenspalten sind, sondern die in der Entwickelung des Amphioxus bis dahin ausschließlich vorhandene eine Reihe, die dies phylogenetische Stadium charakterisiert, konnte KoLTZOFF natürlich nicht ziehen. Die Resultate an Amphioxides machen aber diesen Schluß un- abwendlich. Trotzdem verhehle ich mir nicht, daß gar mancher hierin eine bedeutende Schwierig- keit sehen wird, sich nicht vorstellen kann, daß die einander so ähnlichen linken und rechten Kiemen des Amphioxus zweieriei sein sollen. (Zunächst gilt dieser Schluß natürlich nur für die vordersten 8 Spalten, die ja allein auf der linken Seite von den primären Spalten sich ableiten.) Es wird aber niemand sagen können, daß dies schwieriger anzunehmen ist, als die als unzweifel- hafte Thatsache feststehende linksseitige Zugehörigkeit des Amphioxus-Mundes. Wenn wir davon absehen, daß es im Tierreich genug Fälle giebt, in denen bei morphologischer Asymmetrie sekundär eine äußere Symmetrie hergestellt wird, so könnte man gegen meine Auffassung den Bau des Blutgefäßsystems anführen. Entsprechend den beiden Kiemenreihen besitzt Amphioxus bekanntlich auch 2 Aortenwurzeln, die sich erst hinter dem Kiemendarm zur unpaaren Aorta vereinigen. Da ein derartiges Verhalten ja auch allen höheren Chordaten zukommt, so sieht man allgemein darin den Urt}'pus des Vertebratenblutgefäßsystems. Amphioxides besitzt dagegen entsprechend der einen Kiemenspaltenreihe nur eine einzige unpaare Aorta, die sich vom Vorder- bis zum Hinterendc erstreckt, ein Verhalten, das in der Entwickelung des Amphi- 61 f.2 Richard Goldschmidt, oMis auch zunächst auftritt. Ist der bei ADipliioxtis verwirklichte Zustand der primitive, so folg-t, daß die im Bereich des Kiemendarmes gelegene dorsale Aorta des ^-iiiiphioxida^ nur eine linke Aorta ist, zu der die rechte fehlt. Zu dieser Auffassung giebt uns nun aber der Bau des Ampliioxides gar keine Anhaltspunkte. Auch in der Kiemendarmregion liegt die Aorta hier in der Medianebene unter der Chorda. Nur ganz vorn wendet sie sich mehr nach links; den Grund dazu erkennen wir aber leicht in den Beziehungen zum links gelegenen HAiscHEKSchen Nephridium. Ich erinnere daran, daß, wie oben geschildert wurde, die Aorta auch mit dem Vorderende dieses Organs lilind endigt. Daß mit dem Auftreten einer 2. Kiemenspaltenreihe und der nachträglichen Herstellung der Symmetrie auch ein 2. Gefäß sich ausbildet, das das von den neuen Kiemen kommende Blut aufnimmt, erscheint mir gar nichts besonders Merk- würdiges. Denn Blutgefäße werden dem Bedürfnis entsprechend gebildet. Um ein dem gleichen Objekt entnommenes Beispiel anzuführen, so erinnere ich an die oben geschilderte Blutversorgung der Schwammkörper. Bei A. valdiviac treten direkt von der Aorta aus Aeste hinzu, bei A. pclagicus hat sich infolge der größeren Entfernung der Organe von der Aorta ein besonderes Gefäß ausgebildet, das erst die Seitenäste abgiebt. Aber auch im Bau der beiden Kiemenaorten des Am.phio.xiis treffen wir Besonderheiten, die vorzüglich mit unserer Auffassung übereinstimmen. Rechte und linke Aorta verhalten sich nämlich am Vorderende ganz verschieden, und zwar ist dies nicht eine der kleinen Asymmetrien, an denen Auiphioxus so reich ist, ein quantitativ verschiedenes Verhalten, sondern ein prinzipiell verschiedenes das in demselben Maße eine Erklärung erheischt, wie etwa die linksseitige Lage des Mundes. Während nämlich die linke Aorta vorn blind endet, geht die rechte Aorta an ihrem vorderen Ende in die Bildung einer plexusartigen Masse ein, des Glomus, der einerseits durch ein feines Gefäß mit der linken Aorta in Verbindung steht, andererseits die Gefäße für die Mundeirren liefert. Ist dies verschiedene Verhalten nicht sehr bemerkenswert und auch besonders die Thatsache, daß das Gefäß, das wir als eine Neuerwerbung des AiHphioxtis ansehen, außer der Zugehörigkeit zu der, wie wir glauben, neuerworbenen rechten Kiemenspaltenreihe auch allein den als Neuerwerbung betrachteten Tentakelapparat versorgt? Ohne all das andere, was wir ausgeführt haben, wäre es nur eine merkwürdige Thatsache; wenn wir es aber zu allem anderen hinzunehmen, so ist es ein weiterer wichtiger Beleg für die hier entwickelten Anschauungen. Auch das Venensystem bereitet ihnen keine Schwierigkeiten. Der Hauptteil desselben bildet ein ventrales Längsgefäß, das, hinten als Vena caudalis beginnend, als Vena subintestinalis unter dem Darm verläuft, am Ursprung des sogenannten Leberblindsackes auf diesen übertritt, auf dessen Dorsalseite zurückverläuft, dann nach vorn uml^iegt und jetzt als Arteria branchialis unter dem Endostyl nach vorn verläuft. Besonderheiten dieses Hauptgefäßes sind im Bereich des verdauenden Darmes, daß es nicht einheitlich ist, sondern eine Art Plexus bildet, der auf Querschnitten sich in 2 — 3 nebeneinander liegenden Gefäßquerschnitten äußert. Im ganzen Verlauf des nutritorischen Darmes bis auf sein vorderstes Ende steht dieses Gefäß mit einem den Darm umgreifenden Lakunensystem in Zusammenhang, das in gleicher Weise sich auch auf die Lelier erstreckt. Hier betrachtet man es als Pfortaderkreislauf. An der Stelle, wo die Subintestinalvene in die Kiemenvene umbiegt, ist das Gefäß erweitert und wird als Sinus venosus bezeichnet. In ■ ihn mündet jederseits ein Ouergefäß ein, der Ductus Cuvieri. Ihm entsprechende Quervenen sind aber auch in anderen Segmenten vorhanden (Zarnik 1904). Sie führen das Blut von 62 Amphioxides. g ■j einem jederseits verlaufenden Parietalgefäß ab, das die Gefäße für die Geschlechtsorgane abgiebt, den vorderen und hinteren Cardinalvenen. Betrachtet man das Venensystem im Lichte dieser Bezeichnungen, so ist seine große Uebereinstimmung mit dem der höheren Chordaten nicht zu verkennen. Stehen diese Vergleichungen aber auf sicherer Basis? Zunächst möchte ich dies für den sogenannten Pfortaderkreislauf verneinen. Die Homo- logisierung der Leber des Ampliioxiis mit der der höheren Chordaten steht ja auf sehr schwachen Füßen und wird durchaus nicht allgemein anerkannt. Und wenn wir ims die Beschreibungen des Pfortadersystems genauer ansehen (Burchardt igoo, Legros 1902), so geht daraus hervor, daß in der sogenannten Leber gar nicht ein Kapillarkreislauf zwischen 2 Gefäße eingeschaltet ist, sondern daß das Lakunensystem, das von der Subintestinalvene aus den Darm umspann, ebenso auch die Leber umspinnt. Die Hauptvene bleibt aber dabei kontinuierlich. Der Leber- blindsack ist ja eine ventrale Ausstülpung des Darmes; eine unvoreingenommene Betrachtung der Verhältnisse besagt nur, daß das ventral verlaufende Blutgefäß mitvorgestülpt wurde, weiter aber nichts. Ich will nicht bestreiten, daß man sich aus einem derartigen Zustand einen Leberpfortader- kreislauf ableiten kann. Aber bei ^Inif^liioxits ist sicher dieses Kapillarensystem nichts anderes als das auch den übrigen Darm umspinnende und für die Homologisierung wohl der Wunsch der Vergleichbarkeit das Wesentliche. Damit werden aber Einwände, die man aus dem Fehlen der Leber bei Amphioxides machen könnte, hinfällig. Der Mangel der sogenannten Leber kann sehr wohl ein prirnitives Merkmal sein und die Entwickelung dieses Organs als Specifität des Amphioxus betrachtet werden, die keineswegs einen Uebergang- nach oben vermittelt. Bekanntlich legt sich ja auch beim Amphioxus die Leber ungewöhnlich spät an. Andrews (1893) berichtet sogar, daß bei Asymmetron mit 22 Kiemenspalten noch keine Leberanlage vorhanden war! Der einzige Unterschied dieses Teiles des Venensystems von Amphioxtis gegenüber Amphioxides ist also, daß bei ersterem die Subintestinalvene durch Entwickelung eines ventralen Darmblind- sackes zu einer Schlinge gezwungen wird. Daß bei der Bildung einer solchen das Lakunen- system nunmehr die beiden Aeste der Schlinge verbindet, ist klar. Auch bei Amphioxides geht die Vena subintestinalis in die Kiemenarterie über, und zwar, da kein Leberblindsack vorhanden ist, ohne Biegung. Wie beschrieben, verläuft sie längs des Kiemendarmes auf dessen rechter Seite über den Kiemenbogen. Daß es keine Schwierig- keiten bietet, diesen Verlauf als ursprünglich anzusehen, ist klar. Denn ein ventrales Gefäß muß ventralen Oeffnungen ausweichen, ebenso wie hinten die Vene dem After ausweicht. Es ist sehr bemerkenswert, daß auch das erste Gefäß, das Hatschek (1881) in jungen Amp}iioxus-'L,?ec\^;///>///oA7Av-Ent\vickelung der Fall ist. Eine weitere Entwickelung innerhalb des Acranier- Stammes ist an das Aufgeben der freien Lebensweise und die An- passung an das Sandleben gebunden. Dieses erforderte vor allem eine Vergrößerung der respiratorischen Oberfläche. Dies zu ermöglichen, wuchs die durch X'erwachsen der ventralen Kiemendeckelfalten gebildete Kiemenhöhle ins Innere des Körpers ein, verdrängte die Leibes- höhle bis auf geringe Reste und schuf so eine neue Fläche zur Außenwelt im bmern des Körpers. Da der langgestreckte, links gelegene Mund im Wege war, bildeten sich neue Kiemen- spalten rechts aus, die mit weiterem Wachstum die ursprünglichen ventralen immer mehr nach links herüberdrängten. Indem sie sich dorsal immer mehr ausdehnten, engten sie die Pars nutritoria bis auf eine kleine Rinne ein, während der rechts gelegene Flimmerstreifen in die Yentrallinie orelano-te und hier die Funktion übernahm, die Nahrung durch den Kiemendarm nach hinten zu leiten. Mit dieser Veränderung wurde aber auch der Mund aus seiner Lage gedrängt und wich nach vorn und ventral aus, wo er in Anpassung an die neue Lebensweise durch Ausbildung von Velum und Tentakelapparat zu dem für A/iip/iio.xiis charakteristischen Bau führte. Damit ist der Bau des Ainpliioxtis erreicht, die Etappen dieser Entwickelung sind aber in seiner Ontogenie sämtlich noch erhalten. DoHRN (1875) ^^'•^f wohl der erste, der in sehr weitgehendem Maße die Primordialität des Ampliioxus bestritt und ihn durch hochgradige Degeneration von den Gnathostomen ableitete. Seine Ideen haben indessen viel Widerspruch erfahren. Der Standpunkt, den die meisten Forscher in dieser Frage einnehmen, sei durch die folgenden Worte Fürbringer's (1897) charakterisiert: „Die betreffende Abhandlung Dohrn's (1875) enthält neben manchen guten und fruchtbaren An- schauungen und richtigen Beobachtungen eine ungewöhnliche Fülle von Behauptungen, welche sich schlechterdings nicht mit den zu Recht bestehenden Thatsachen vereinigen lassen und von denen wohl Dohrn selbst jetzt nach gewonnener besserer Kenntnis einen recht guten Teil nicht mehr festhält. A\'ie für die Petromyzonten und Myxinoiden, gilt auch für Anipliioxiis, daß der- selbe allerdings manchen degenerativen Zug aufweist, daß aber für den, welcher den Thatsachen nicht gänzlich den Rücken kehrt, gar nicht daran zu denken ist, ihn von den höheren Cyclo- stomen und ultima ratione gar von den Gnathostomen abzuleiten. Fast alle neueren genauen Untersucher haben denn auch die degenerative Hypothese verurteilt, und manches, was selbst eine vorsichtige Beurteilung bei Ampliioxus als degenerativ ansah, wird neuerdings für primordial und ancestral erklärt (vergl. u. a. Ayers i8go und Willey 1894). Diesem anderen Extrem der Anschauungen kann ich nicht allenthalben zustimmen. Daß x4mphioxns neben seiner überwiegend primordialen Organisation auch einzelne Verhältnisse aufweist, welche Kennzeichen einer besonderen, einseitig weitergegangenen Entwickelung sind (unter anderem hebe ich die Chorda, die Pleometamerie der Kiemen, die extreme Entwickelung der Seitenfalten und des Peribranchialraumes, die namentlich bei Pa/-«?///////«.!-?« zahlreichen hochgradigen Asymmetrien hervor), ist anerkannt; man wird sonach die jetzt lebenden Vertreter nicht zum Ausgangspunkte für die Cranioten machen können, sondern hierbei an einen Vorfahren denken, welcher nach Abzug der verschiedenen Kennzeichen von Degeneration und einseitiger Differenzierung nur primordiale Ixx^^ aufwies. Ein solcher kann an der Hand der Ontogenie und der vergleichenden Anatomie mit den Cranioten als wirkliches Urwirbeltier konstruiert werden, ist auch schon wiederholt — allerdings zum Teil in recht Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Bd. XII. 9 66 Richard Goldschmidt, wunderlicher Gestalt — konstruiert worden." Welche Charaktere des Anipliio.xns als mehr palin- genetisch oder cänogenetisch betrachtet werden, ist bei den verschiedenen Forschern meist \er- schieden entsprechend den Anknüpfungspunkten, die sie nach unten suchen. Es ist nicht nötig, darauf hier einzugehen, es seien nur einige Namen genannt, wie Hatschek (i88i, 1892), Van Wijhe (1893, 1902), Willey (1894), Korschelt und Heider (1893), Pollard (1894), Haeckel (1895), Goette (1895), Spengel (1893), BovERi (1892), Delage und Herouard (i8g8), Kemna (1904) u. s. vv. Alle erkennen sie im Prinzip Amphioxiis als das Urwirbeltier an und lassen es nur in Details specifisch ausgebildet sein. Wir sind hier zu einer anderen Auffassung gelangt. Primordial für die Chordaten ist unserer Ansicht nach allerdings der Stamm der Acranier, nicht aber Anipliioxus und die anderen Branchiostomiden. Diese stellen einen sehr weit abgeänderten Ausläufer des Stammes dar; wir wollen nicht sagen degeneriert, denn wir müssen die Eigenschaften des AmpJiioxiis als in einer bestimmten Richtung fortgebildet be- trachten, wohl aber einseitig an bestimmte Lebensbedingimgen angepaßt, und zwar in einer Weise, welche vom Typvis des Chordatenstammes wegführt. Als diesen viel näher stehend betrachten wir hingegen die Amphioxididen, von denen aus ein Weg zu den höheren Chordaten, ein anderer zu den Branchiostomiden führt. Wenn allerdings Delage und Herouard (1898) meinten, dal] das angebliche Fehlen des Tentakelapparates bei einer Acranierart die Aufstellung mindestens einer neuen Ordnung erfordere, so kann ich dem nicht zustimmen. Avipliioxides ist ein durchaus typischer Acranier, das primitivste bisher bekannte Wirbeltier. 3. Amphioxides und die Cranioten. Wenn unsere Annahme der Primordialität des Amphioxides richtig ist, so muß er uns auch bessere Anknüpfungspunkte an die Cranioten liefern, als es bisher, von Aniphioxiis aus- gehend, möglich war. Wir müssen daher jetzt zusehen, wie sein Bau sich zu dem Bild von der UrOrganisation des Wirbeltierkörpers verhält, das die Daten der vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte bisher geliefert haben. Als erstes Organsystem sei a) der Kiemendarm betrachtet, dessen Bau für die Wirbeltierorganisation ja von grundlegender Bedeutung ist. Eine der wichtigsten und meist diskutierten Fragen ist hier die nach der Metamerie des Kiemenapparates, d. h. ob eine Uebereinstimmung der Kiemenspaltenanordnung (Branchiomerie) mit der Körper- segmentierung (Mesomerie) besteht, ob die Kiemenspalten eumetamer oder dysmetamer sind. Alle diese Besprechungen gehen natürlich von Aiiipliioxtts aus, für den aber die Verhältnisse noch nicht vollständig klargestellt sind. Sicher ist, daß hier die ersten Kiemenspalten sich eumetamer und intersomital anlegen. Aus Willey's Darstellung geht weiterhin hen'or, daß nach der Anlage der 14 primären Kiemenspalten, wenn die erste kritische Periode eintritt, diese Zahl der Zahl der Segmente, unter denen sie Hegen, entspricht. Diese Eumetamerie wird aber auf Grund des gleichen Materials von Mac Bride (1894) nach Informationen von Ka.y Laxkester geleugnet. Trotzdem gehen aber die meisten Forscher, die diese Fragen diskutiert haben (so vor allem die Besprechung bei Fijrbringer 1897 und bei Koltzoff 1902), davon aus, daß bei 66 Amphioxides. g n . bii/^/iio.xus ursprünglich FAimetamerie besteht, und daß die nach dem kritischen Stadium auf- tretende Dysmetamerie einen sekundären Zustand darstellt. Im allgemeinen stimmen damit auch die Resultate überein, die aus der Embrj'onalentwickelung der niedersten Cranioten gewonnen sind. Am wenigsten klar liegt der Fall bei dem zweifellos primitivsten aller bekannten Cranioten, bei Bdellostovia stoitti, wo trotz der hohen Zahl der Kiemenspalten eine primäre Eumetamerie nicht festzustellen ist. Das ausgebildete Tier zeigt hier allerdings eine Eumetamerie der 14 stark nach hinten verschobenen Kiemenspalten. In der Entwickelung legen sich jedoch nach Dean (1899) die Kiemensäcke ohne Beziehung zu den Myotomen an, die sich zu jener Zeit noch gar nicht deutlich gesondert haben. Wenn 6 Säcke gebildet sind, behält nur der erste seine Lage bei, und die übrigen werden nach hinten verschoben. Sekundär stellt sich dann an ihrem de- finitiven Platz Eumetamerie her. Deutlicher läßt sich bei Pefromyzon eine primäre Eumetamerie erschließen. Nach Koltzoff (1902), dem wir die eingehendste Darstellung dieser Verhältnisse verdanken, legt sich der i. und 2. Kiemensack genau unter dem 2. und 3. Somit an, die folgenden indes unabhängig von der Segmentienmg, wobei jeder Sack mehr Raum einnimmt, als die Breite eines Somiten beträgt. Wenn mit der Anlage des 5. Visceralsackes die Höhe des 10. Myotoms erreicht ist, werden eine Zeitlang keine neuen Säcke gebildet, das 10. Myotom bildet den Hinterrand der Kiemenregion. Weitere Kiemensäcke werden nunmehr nur unter Ver- engerung der alten gebildet, so daß mit der Ausbildung der vollen Zahl von 8 Kiemensäcken eine volle numerische Korrespondenz zwischen Somiten und Kiemenbogen besteht. Später wird sie dann wieder durch sekundäre Verschiebungen rückgängig gemacht. Daß hier bei Pefromyzon die primäre Eumetamerie nicht vollständig in die Erscheinung tritt, erklärt Koltzoff durch den bedeutenden Dottergehalt der Entodermzellen, die zu einer breiten und plumpen Faltenbildung zwingt, also als durch besondere embr\'onale Verhältnisse bedingt. Die Angaben Koltzoff's beziehen sich auf Petromyzon Planeri; bei Petromyzon niarinus scheint dagegen nach Neal (1897) eine vollständige Eumetamerie embryonal einzutreten. Auch die Selachier deuten in ihrer Entwickelung auf eine primäre Eumetamerie hin, wie seit Van Wijhe's (1882) grundlegen- den Erörterungen angenommen wird. Eine vollständige Koincidenz konnte allerdings hier auch nicht festgestellt werden, so daß man zur Annahme kam, daß bestimmte Kiemenbogen ausgefallen sind (s. darüber auch Ne.vl 1898, Hgffxlann 1899, ferner Ahlborn 1884, Sewertzoff 1898). Diese Frage ist verschiedentlich diskutiert worden, ohne daß aber entscheidende Beweise dafür beigebracht wurden. \'ielleicht trifft Koltzoff (1902) am ehesten das Richtige, wenn er die Ver- hältnisse bei den Selachiem ebenso wie bei Petromyzon deutet, daß nämlich die primäre Eumetamerie sich nur noch in einer allgemeinen Uebereinstimmung der Zahl erhalten hat, infolge von besonderen Bedingungen der Embryonalentwickelung. Es fallen dann Van Wijhe's Hilfs- hypothesen fort, die gerade für Ahlborn den Angriffspunkt gegen die ganze Lehre gaben. Die Verhältnisse des Amphioxides führen nun dem Problem der Branchiomerie neue Ver- stärkungen zu Gunsten der primären Eumetamerie zu. Das, was bei Aniphioxns und den niederen Cranioten nur mehr oder minder verwischt in die Erscheinung tritt, ist hier vollständig klar: Amphioxides besitzt eine reine Eumetamerie, derart, daß die Kiemenbogen somital, die Kiemen- spalten intersomital liegen. Zwischen dem i. und 2. Muskelsegment liegt die i. Kiemenspalte und so fort. Selbst bei der hohen Zahl von 35 Kiemenbogen fanden wir diese Gesetzmäßigkeit durchgeführt, so daß wir sie für die ganze Ausdehnung des Kiemendarmes in Anspruch nehmen 67 f.Q Richard Goldschmidt, dürfen. In der Entwickelung der Cranioten spielt hex den diesbezüglichen Erörterungen der Zusammenhang des Kiemenbogens mit dem zugehörigen Somiten eine große Rolle in Bezug auf die Frage, ob sich in der primären Branchiomerie eine Metamerie des ventralen Mesoderms aus- drückt. KoLxzoFF (1902) hat besonders darauf hingewiesen, daß, wenn dieser Zusammenhang nicht vorhanden ist, nur \on einer Koincidenz der Kiemenbogenzahl mit der Segmentzahl ge- sprochen werden kann, nicht von einer primären Segmentierung des ventralen Mesoderms. Ich glaube, daß diese Ueberlegungen für Auipliioxidcs nicht in Betracht kommen, da die Bildung der meisten, wenn nicht aller Kiemenspalten nach vollständiger Sonderung des ventralen Meso- derms vor sich geht, und nach Auflösung der primären Septen. Die Kiemenbogen sind die Räume, die durch den intersomitalen Durchbruch der Kiemenspalten aus dem ventralen Meso- derm — dem hier erhaltenen Splanchnocöl — ausgeschnitten werden, ebenso wie bei Pdrouiyzou. In letzter Instanz müssen wir dies aber doch auch auf die ehemalige Segmentierung des ventralen Mesoderms zurückführen , wie durch die oben beschriebene intersegmentale Verwachsung des Darmes mit den Myosepten noch angedeutet wird. Wir haben oben gesehen, daß die Eumetamerie bei A. valdiviac insofern eine Einschränkung erleidet, als vor dem zum i. vSegment gehörigen Kiemenbogen noch eine Anzahl weiterer Bogen und Spalten sich finden. Wir konnten zeigen, daß diese thatsächlich vor dem i. Segment lagen, indem sämtliche Segmente ihre regelmäßigen eumetameren Kiemenbogen besaßen. Dies führt uns zur Frage nach der Zahl der primären Kiemenspalten. Die Forscher, die sich damit befaßt haben, sind wohl alle in dem Punkt einig, daß die Zahl ursprünglich eine größere war, als sie bei den jetzt lebenden Cranioten noch vorliegt. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Zahl gab vor allem die Entwickelung des Aniphioxus mit ihren beiden kritischen Stadien mit 14 und 8 Kiemenspalten. Die erstere Zahl wird z.B. von Koltzoff (1902) wegen der Uebereinstimmung mit der Kiemenzahl des Bdcllostonia stoitti in den Vordergrund gestellt, die letztere wegen ihrer Uebereinstimmung mit Aiiiiiiocoetes von Willey (1894), ^^er allerdings eine Variabilität zwischen 9 und 14 annimmt. Fürbringer (1897) hingegen sieht nicht ein, warum gerade das Ende der larvalen Metamorphose für die primäre Kiemenzahl maßgebend sein soll, und hält es für ebenso möglich, daß die Erstreckung des Kiemenkorbes bis in das 24. bis 26. Myomer auf ebensoviele .primäre Spalten schheßen lasse. Price (1896) kommt auf Grund von allerdings inzwischen wider- legten Angaben über die />Vc//ö.f/ö;«rt;-Entwickelung zur Zahl 35, während Vax Wijhe früher 12 und weniger primäre Spalten annahm, jetzt bis 14 anzuerkennen scheint. Wenn man dazu noch nimmt, daß von vielen Forschern, im Extrem bekanntlich Dohrn noch eine große Zahl von präoralen Spalten postuliert wird, so kann man nur Fürbringer (1897) zustimmen, wenn er sagt: „Wir stehen erst am Anfange der Kenntnis dieser Verhältnisse." Auch aus der Organisation des AmpJiioxidcs läßt sich keine bestimmte Zahl als Aus- gangspunkt für die höheren Chordaten gewinnen. Aber aus der Fähigkeit des Kiemendarmes, zwischen je 2 Segmenten in einem großen Bereich des Körpers eine Kiemenspalte zu bilden, können wir auf das primäre Vorhandensein von sehr zahlreichen Kiemen.spalten schließen. Die ursprüngliche Polytremie der Wirbeltiere, die luan aus vergleichend-anatomischen und ent- wickelungsgeschichtlichen Daten erschließen konnte, erhält so, scheint mir, eine sichere Grundlage. Schwieriger ist es, die vordere Grenze des Kiemendarmes festzustellen. Wir wollen aber diesen Punkt hier noch nicht besprechen, da er in engstem Zusammenhang mit der Frage der Kopf- 68 Amphioxides. 69 metamerie steht und mit dieser abgehandelt werden muß. Es sei nur bemerkt, daß die Autoren, die auf das ursprüngHche Vorhandensein prämandibularer SjDalten schlössen, in den Verhältnissen des A. z^aMn'iac eine Stütze ihrer Ansichten finden werden. Wie diese Kiemenspalten zu deuten sind, werden wir später sehen. Es fragt sich nun, ob wir überhaupt im stände sind, die Cyclosto men- Kiemen von denen des Anif^liioxides abzuleiten. Wir haben da ja vor allem die unpaaren Kiemenspalten des letzteren, die paarigen Kiemensäcke der ersteren. Ich kann dies nicht als sehr wesentlich anerkennen. Wir haben ja gesehen, daß die Aiiiphioxicles-l\\emG in ihrem Innern durchaus paarig aufgebaut ist. Eine vollständige Trennung der beiden Hälften bedeutet somit keinen besonders großen Schritt. Bei ^bi//^//ioxidcs ist es nicht möglich, weil die ventral so weit herabreichende Rumpfmuskulatur nur ein sehr schmales Kiemenfeld übrig läßt. kt.coe Möglicherweise ist dies auch nur ein sekundärer [Zustand, durch den bei den Vorfahren des Ainphioxides bereits vorhandene paarige Spalten so zusammengedrängt wurden, daß sie in der Mittellinie verschmolzen. Ich halte diese Frage aber nicht für sehr wesendich. jedenfalls ist eine Voraussetzung für die Entwickelung des Kiemenapparats der Cranioten, dal3 die ventrale Rumpf- muskulatur in jenem Bereich zurückgebildet wird. Sobald dieser Vorgang aber einmal eintritt, ist für die beiden Hälften der AitipIiioxides-YÄ^mQ die Möglichkeit gegeben, an den Körperseiten hinaufzurücken, und damit wird, wie wir jetzt an Hand der Schemata Fig. E und F sehen wollen, ohne weiteres der Cyclosto men-Zustand erreicht. (Zu diesem primär anzunehmenden Schwund der ventralen Seitenrumpf muskulatur bilden die Verhältnisse der Cyclostomen nur einen scheinbaren Gegensatz. Hier erstreckt sich ja die segmentale Muskulatur im Gegensatz zu den Gnathostomen über die Kiemenregion weg. Es ist dies aber eine durch verschiedene Faktoren bedingte Ueberschiebung, die sich auch darin ausdrückt, daß die Kiemenbogenmuskulatur voll- ständig von der segmentalen Muskulatur unabhängig bleibt.) Was zunächst das respiratorische Epithel des Amphioxides betrifft, so ist es rein ento- dermal. Wir können auch hier von Kiemensäcken reden, allerdings Säcken von geringer Tiefe, die ausschließlich durch Ausbuchtungen der Darmwand gebildet werden, die mit der Epidermis im Kiemenfeld verlöten und durchbrechen. Es ist dies sehr wesentlich, wenn man sich auf üy kib Cocl 70 Richard Goldschmiut, Götte's (1901) zweifellos gut begründeten, auch neuerdings von Moroff (1904) festgehaltenen Standpunkt stellt, daß die Cyclostomen einzig und allein entodermale Kiemen besitzen. So erhalten wir ohne weiteres die Kiemensäcke der Cyclostomen in ihrem ursprünglichen Zustand, wenn wir uns die Avip/iioxides-KJie.me in ihre Hälften getrennt und seitlich in die Höhe gerückt vorstellen. Das, was späterhin die Kiemensäcke besonders charakterisiert, die durch Faltenbildung entstandenen Kiemenplättchen, sind in ihren ersten Anfängen ja auch schon bei Ampliio.xides zu erkennen. Denn die von vorne in den Kiemenbogen einschneidende Furche bildet auf diesem zwei einfachste Kiemenplättchen. Besonders deutlich erweist sich der Kiemendarm des Amphioxides als Vorstufe zu dem der Cyclostomen in den Verhältnissen der Leibeshöhle. Bekanntlich ist die die Kiemen be- herbergende vordere Körperregion der Cranioten durch die Reduktion der Leibeshöhle ausge- zeichnet. Diese wird einmal durch ein Verwachsen des Kiemendarmes mit der Körperwand bewirkt, sodann durch das Versch\\'inden der ursprünglich vorhandenen Leibeshöhle in den Kiemenbogen. Bei Amphioxides liegt nun in Bezug auf die Leibeshöhle noch ein sehr priiriitiver Zustand vor, der aber bereits den Beginn jener Reduktionen andeutet. Ventrolateral ist auch im Bereich des Kiemendarmes noch die Leibeshöhle ausgedehnt vorhanden, und der Cölomkanal im Innern des Kiemenbogens ist nur ein durch den Durchbruch der Kiemenspalten zwischen zwei solchen abgegrenzter Raum (Fig. E ki.coe). In ähnlicher Weise verhalten sich nach Kupffer (1894), KoLTZOFF (1902), Van Wijhe (1882) ja auch die jüngsten Larven von Petromyzon und den Selachiern. Lu dorsalen Teil des Kiemendarmes finden wir dao-eoen bereits das Verhalten der höheren Chordaten angebahnt. Denn wie aus den Querschnitten Fig. 60 u. 74 ersichtlich ist, ist die ganze dorsale Pars nutritoria des Darmes bereits vollständig mit der Körperwand verlötet, während ja der verdauende Darm frei in die Leibeshöhle hineinhängt. Wenn wir uns nun in dem Kiemendarm des Aviphioxidcs Fig. E die Spaltenhälften seitlich in die Höhe rückend vor- stellen, so erhalten wir für die Leibeshöhle Verhältnisse, wie sie in Fig. F schematisch zu er- kennen sind. Die jetzt senkrecht stehenden Kiemenbogen {kili) enthalten einen Cölomraum {J^ixoc), der dorsal über den Kiemensäcken mit dem stark eingeengten allgemeinen Cölom {Coel) kom- muniziert, ebenso ventral, wo es durch die Teilung der primär ventralen Spalten und ihr seit- liches Emporrücken jetzt kontinuierlich, nicht mehr durch die Spalten unterbrochen ist. Dies im Schema Fig. F dargestellte Verhalten ist aber mit sehr geringen Modifikationen bei den Cyclostomen zeitlebens noch verwirklicht, wie wir seit Jon. Müller (1834) wissen, während es embryonal in genau dieser Weise auftritt. Nach Joh. Müller sind die Kiemensäcke der Petromyzonten und Myxiniden allseitig von einem serösen Beutel, der Pleura, umgeben, die als Leibeshöhlenteile aufzufassen sind. Zwischen je 2 Kiemensäcken grenzen die Lamellen aneinander und bilden eine Art Septum, in dem besonders bei den Myxiniden die Muskulatur verläuft. Bei den Mj'xiniden öffnen sich diese Beutel nun mit weiten Oeffnungen in einen ventralen längs verlaufenden Hohlraum, in dem frei die Kiemenarterie liegt; und dieser erstreckt sich nach rückwärts bis zum Pericard, in das er mit seinen Oeff- nungen mündet. Ich brauche wohl nicht besonders hervorzuheben, daß dies Verhalten bis auf die Septen, die wir unten noch besprechen werden, genau dem im Schema Fig. F durch Aus- einanderweichen der Spalt- und Bogenhälften des Anipliioxidcs abgeleiteten entspricht. Die Myxiniden stellen also in dem Verhalten ihrer letzten Reste des Kiemenbogencöloms ein 70 Amphioxides. y j Zwischenstadium zwischen AnipJiioxides und den höheren Chordaten dar und lassen sich darin von jenem direkt ableiten. Van Wijhe (1902) hat neuerdings diese Verhältnisse herangezogen'), um den Vergleich mit den Cölom Verhältnissen des Aiiifi/n'oxus in der Kiemendarmregion durch- zuführen. Er vergleicht den ventralen Längskanal der Myxiniden mit dem hypobranchialen Cölom des AmpJiioxus, die serösen Beutel mit den Cölomkanälen der Kiemenbogen, die eine angrenzende Visceraltasche ringförmig umwachsen haben. Anmerkungsweise hält er es auch für möglich, „daß das epibranchiale Cölom, den Kiementaschen entsprechend, in Abteilungen zerfallen ist imd in den dorsalen Teilen der Kiemenbeutel gesucht werden muß". Ich kann diesem Ver- gleich aus dem Grunde nicht zustimmen, weil er nicht berücksichtigt, daß die scheinbar ganz ähnlichen Dinge in Wirklichkeit eine ganz verschiedenartige Grundlage haben. Denn bei Am- pliioxtis ist die Reduktion der Leibeshöhle ausschließlich eine Folge der Ausbildung des Peri- branchialraums, der ins Innere des Körpers hineinwächst und die Leibeshöhle verdrängt. Bei den höheren Chordaten aber ist es einmal die weitgehende Verwachsung des Darmes mit der Körperwand und dann die Ausdehnung der Kiemensäcke, die die Leibeshöhle einschränkt. Es sind also analoge, nicht homologe Dinge. Dagegen ist der dorsale Teil des Cöloms von A)ii- phioxides dem über den Kiemensäcken liegenden Beutelteil, das ventral liegende Kiemenbogen- cölom desselben den Seitenteilen der serösen Beutel samt dem ventralen Längsraum der Myxi- niden homnlogi wie ohne weiteres die Schemata Fig. E u. F zeigen. Eine Schwierigkeit in der Ableitung der serösen Beutel der Myxiniden vom Kopfcölom bilden nun zweifellos die Septa. Gegenbaur erkannte dies, indem er in seiner Vergleichenden Anatomie schrieb: „ . . . . sind sie wohl aus dem Kopfcölom entstanden. Dagegen spricht nur das Verhalten der Septa, welchen bei jener Annahme keine interbranchiale Lage zukommen kann." Ich glaube, daß diese Septen, über deren Entwickelung leider nichts bekannt ist, ihre jedenfalls sekundäre Entstehung der Kiemenbogenmuskulatur verdanken. Diese ist ja bei den Cyclostomen sehr wohl entwickelt, und zwar bei den Myxiniden noch einfacher, bei den Petromyzonten komplizierter gebaut. Wenn wir aus der eingehenden Schilderung, die Joh. Müller (1834) füi" den bei Bdellostonia verwirklichten einfachsten Fall giebt, das Prinzip herausschälen, .so handelt es sich bei diesem „Constrictorensystem" um schleifenförmig den Kiemendarm umfassende Muskelzüge, die sich dorsal unter der Chorda kreuzen. In jedem Kiemenbogen zieht ein solches schräg verlaufendes Bündel herab, und zwar verläuft es zwischen den Blättern des Septums. Von dieser Muskulatur ist uns durch die Untersuchungen von Dohrn (1884) und Kupffer (1894) auch die Entwickelung bekannt, wenigstens für Petromyzon. Zwischen den Kiemenbogen findet sich ein mesodermaler Schlauch, das den Seitenplattenhöhlen entsprechende Kiemenbogencölom. I) Van Wijhe ist hierbei ein Irrtum untergelaufen. Er sagt: „Der ventrale Raum, in welchem der Truncus arteriosus bei den Myxinoiden verläuft, grenzt zwar am vorderen, pericardialen Ende der Leibeshöhle, derselbe ist nach Müller aber gegen die Leibes- höhle abgeschlossen. Die Annahme ist wohl nicht gewagt, daß dieser Abschluß erst im Laufe der Ontogenese zu stände gekommen ist. Wäre der Abschluß nicht vorhanden, so hätten wir im wesentlichen dieselbe Bildung, welche vorübeigehend bei Selachierembrj'onen und bleibend beim Amphto.xiis vorkommt, indem die pericardiale Abteilung der Leibeshöhle sich unter dem Kiemenkorb nach vom als hypo- branchiales Cölom verlängert und zwischen den Kiemenspalten Fortsetzungen (als mesobranchiales Cölom) abgiebt." JOH. Müller be- schreibt indessen .lusdrücklich die Kommunikation des den Truncus arteriosus umgebenden Cölomraumes mit der pericardialen Leibeshöhle. Es heißt da S. 265 : „Der vordere gemeinsdiaftliche Mittelraum der serösen Kiemenbeutel setzt sich am unteren Ende derselben durch mehrere enge Kommunikationsöffnungen unter die Haut fort, die um die Herzkammer herumliegt . . . ." Und später bei Besprechung der Verwachsungen des Pericards: „Blies ich bei Bdellostonia heterotrema und hexatretna von oben aus dem Raum um die Kiemenarterie nach abwärts, so wurde der Beutel um die Herzkammer nur stellenweise aufgetrieben." 71 Richard Goldschmidt, Dieser Muskelschlauch legt sich der vorderen Wand der hinter ihm gelegenen Kiementasche an und liildet Muskelfasern, die zuerst vollständig umfassende Schleifen sind. Diese Entwickelung stimmt vor allem mit Van Wijhe's (1882) Schilderung für die Selachier überein, deren Haupt- resultat ist, daß sich die Kiemenbogenmuskulatur aus den Wänden der Visceralbogenhöhlen ent- wickelt, die als ventrales Mesoderm den Seitenplatten des Rumpfmesoderms homolog sind. Bei Amp/iioxidcs sehen wir nun in der Kiemenbogenmuskulatur das Urschema für dieses Organsystem verwirklicht, und zwar in einer mit den oben erwähnten anatomischen und ent- wickelungsgeschichtlichen Daten übereinstimmenden Weise. Zu jedem Kiemenbogen, also auch zu jedem Segment, gehört ein schleif enförm ig den Darm umgreifender Muskel, ein Constrictor, der innerhalb der Leibeshöhle liegt, mithin dem Cölomepithel entstammt. Lassen wir, um zu den C}'clostomenkiemen zu gelangen, die beiden Kiemenbogenhälften des Aniphioxidcs nach der Seite auseinanderrücken, so gelangen damit auch die L^rsprünge des Muskels in eine mehr dorsale Lage, bis sie schließlich unterhalb der Chorda liegen. Die viscerale Muskulatur von Bdellostoma unterscheidet sich somit von der des Amphioxidcs, abgesehen von für den Bauplan unwesentlichen Details, nur in dem seitlichen Hinaufrücken der Muskelursprünge. Ein L_ weiterer Unterschied ist in dem Verhältnis zur Leibeshöhle gegeben, das ^ uns gleichzeitig die Entstehung der Septa erläutert. Das Constrictoren- system des A)iiphio\ides gehört ja dem parietalen Blatt des Cölomepithels an. \\^enn wir uns während der Ausbildung der Kiemensäcke aus den flachen Säcken des Atnp/iio.xidcs das Kiemenbogencölom noch erhalten denken, so wird das parietale Blatt mit dem Muskel lateral von der Darm- wand entfernt, wenn ihr Zusammenhang gewahrt bleibt. Da aber die Wirkung des Muskels sich auf die Darmwand erstreckt, so bleibt er dieser bei der Sackbildung angelagert und hält damit eine seinem Verlauf ent- sprechende splanchnopleurale Falte fest, die dann, wenn der Prozeß beendet ist, das Septum vorstellt, in dem sich dann der Mviskel sekundär ausbreitet, p Diese Vorstellung stimmt mit den anatomischen Daten, die Jon. Müller für die Myxiniden giebt, gut überein, entwickelungsgeschichtliche Be- lege besitzen wir aber noch nicht. In Textfig. G a — e ist der Vorgang, wie ich ihn mir vorstelle, schematisch in einem Frontalschnitt wieder- gegeben. Ob sich bei Aniphioxits derartige Muskeln finden, ist leider nicht bekannt. Ray Lankester und Willey (1890) erwähnen allerdings Muskeln, die die Oeffnung der Kiemenspalten regulieren, ohne aber Näheres anzugeben. Auch aus den vielfach bestrittenen Angaben über Muskeln am Kiemenkorb des erwachsenen Auiphioxus [W. Müller (1873), LanCtErhans (1876). Schneider (1879), Rohon (1881)] läßt sich nichts entnehmen. Und doch hat gerade diese Muskulatur ein besonderes Interesse gewonnen, .seit sie Van Wijhe (1882) zum Ausgangspunkt seiner Verbesserung des BELL'schen Gesetzes machte, die Fürbringer (1897) „als eine der glücklichsten morphologischen Daten der letzten Decennien" bezeichnet. Danach ist die den Seitenplatten entstammende viscerale Muskulatur streng von der somitalen Rumpf- muskulatur zu trennen und zwar besitzt sie ihre motorischen Nerven in dem Ramus visceralis der dorsalen Spinalnerven. Bei Auip/iioxus zählte man zu dieser Muskulatur außer dem zweifellos hingehörigen Velarmuskel vor allem den Musculus tr ans versus und den äußeren Lippen- 72 Fig. G. Ampliioxides. »n -^ muskel. Hatschek (1892) war es, der die Entwickelung der letzteren feststellte. Sie entwickeln sich nämlich aus den Seitenfaltenhöhlen, und zwar deren medialem Epithel. Der eigentliche Transversalmuskel kann demnach erst zu stände kommen, wenn sich der Peribranchialraum schließt. Der äußere Lippenmuskel ist nach Van Wijhe die linksseitige Fortsetzung des M. transversus. Da die Seitenfaltenhöhlen zweifellos Cölomabkömmlinge sind und der M. transversus in der That von den Rami viscerales innerviert wird, so kann man ihm seine Zugehörigkeit zu der visceralen Muskulatur nicht absprechen. Innerhalb dieser ist er jedoch eine besondere Erscheinung, die mit der visceralen Muskulatur der Cranioten gar nichts zu thun hat. Seine Ausbildung ist durch den sekundären Erwerb der Peribranchialhöhle bedingt und ohne das Verwachsen der Seitenfalten gar nicht möglich. Ein echter Visceralmuskel kann aber nicht in einem Auswuchs der Leibes- höhle irgendwo in der Körperwand gebildet werden, sondern muß der Wand des Kiemenbogen- cöloms, d. i. der in der Kiemenregion eingeengten Wand der Seitenplatten, entstammen. Von Anipliioxits aus fehlt uns also hierin vollständig die Möglichkeit, an die höheren Zustände an- zuknüpfen, infolge seiner durch den Erwerb des Peribranchialraumes abgeänderten Organisation. Ampliioxides zeigt uns dagegen in klarer vmd einwandfreier Weise auch in diesen Dingen den Ausgangspunkt für die weitere phyletische Entwickelung'). Und wir können nach allem Vorher- gegangenem sagen, daß sich dieser Satz auf den ganzen Kiemenapparat bezieht, der in allen Punkten direkt zu dem der niedersten Cranioten hinüberführt^). Im Anschluß an den Kiemenapparat möchte ich noch mit ein paar Worten auf einige Organsysteme eingehen, die dazu in engster Beziehung stehen. Das ist einmal der Peri- branchialraum des Aiiiphioxus. Wir haben oben den Beweis zu erbringen gesucht, daß er eine Organisationseigentümlichkeit der Branchiostomiden ist, die, durch besondere Lebens- bedingungen entstanden, vom eigenüichen Vertebratenstamme wegführt. Damit geraten wir in Gegensatz zu den Forschern, die diesem Organ eine phyletische Bedeutung für die Wirbeltier- organisation zuschreiben. Bekanntlich hat Boveri (1892) die Entdeckung der exkretorischen Kanälchen, die er den Vornierenkanälchen homologisiert, dazu geführt, im Peribranchialraum den Vorläufer des Vornierenganges zu sehen. Seine Hauptargumente sind die topographische Ueber- einstimmung und die embryonale Anlage des Vornierenganges im Anschluß an das Ektoderm. Seine Ausführungen haben vielfachen Widerspruch erfahren, teils in Bezug auf die Vornieren- homologie, teils auch nur in Bezug auf den Peribranchialraum (siehe z. B. Van Wijhe 1893, 1902, GöiTE 1895, Näheres bei Felix 1904). Andere Forscher, wie Willey (1893), Fürbringer (1897), Zarnik (igo4b), haben sich ihnen dagegen angeschlossen und sehen mit Boveri im Peribranchialraum ein primitives Organ der Wirbeltiere. Wenn wir die Vornierenhomologie an- nehmen, so bestehen aber immer noch genug Schwierigkeiten für jene Annahme. Eine solche suchte Boveri selbst zu entkräften, nämlich die in der Entwickelung des Peribranchialraumes liegende, durch dessen Beziehung zur Kiemenanlage. „Nun liegen aber beim Amphioxus'-', heil5t es, „die ersten Kiemenspalten zur Zeit der Entstehung des Peribranchialraumes rein ventral, um 1) Amphioxides besitzt in dem Schließmuskel des Präoralorgans noch einen weiteren Visceralmuskel, auf den wir aber erst bei Besprechung der Rostralhöhlen zurückkommen werden. 2) Ich habe von den specifischen Eigentümlichkeiten der Cyclostomenkiemensäcke wie der Anordnung der Kiemenplättchen und der Sonderung des respiratorischen Sackes von zu- und abführenden Strecken nicht gesprochen. Es wird wohl niemand zweifeln, daß dies besondere Weiterbildungen sind, die mit dem Organisationsprinzip, wie es sich in der Entwickelung dieser Organe auch auspr.igt, nichts zu thun haben. 73 Deutsche Tiefsee-Expcdition 1898— 1899. Bd. XII. 10 „ , Richard Goldschmidt, erst später durch Wachstumsverschiebung- ihre seitHche Lage zu gewinnen; die Kiemenspalten der Cranioten dagegen werden gleich lateral angelegt. So wenig Anhaltspunkte wir für die Deutung dieses Unterschiedes haben, so wenig ist derselbe doch jemals als ein Grund angesehen worden, an der Homologie der Craniotenkiemenspalten mit denen des Aiiipliioxjis zu zweifeln. Und ganz ebensowenig kann der Unterschied im Entstehungsort des Peribranchialraumes und des Vornierenganges gegen deren Homologisierung geltend gemacht werden. Im Gegenteil: wenn die Kiemenspalten (und Vornierenkanälchen), die bei den Cranioten lateral angelegt werden, beim Amphioxits ventral entstehen, so kann es nur als ein Beweis für die Homologie der zu jenen Organen hier und dort gehörigen Gangbildungen angesehen werden, wenn in dem Ort ihrer ersten Anlage die gleiche Differenz vorhanden ist." Dabei ist allerdings unverständlich, was bei der Umbildung des Peribranchialraumes zum Vornierengang mit der Kiemenausmündung wird. Dieser Schwierigkeit suchte Fürbringer (1897) gerecht zu werden. Er nimmt an, „daß die Vorfahren der Vertebraten zuerst frei nach außen sich öffnende Kiemenspalten besaßen, daß dieselben danach durch ventrales Hinunterwachsen der Leibeswand in Gestalt der (eine innere viscerale und eine äußere somatische Muskulatur besitzenden) Bauchfalten Schutz erhielten und nun in den damit entstandenen Peribranchialraum einmündeten. Derselbe gelangte bei den y\ er an lern ebenso wie der Kiemenapparat derselben zu einer besonderen, einseitigen höheren Ausbildung, während er bei den Cranioten durch eine successive Verwachsung der Leibeswand (Bauchfalten) mit den Kiemen sich allmählich verengerte und schließlich — unter gewissen Um- bildungen — wohl nur noch in dem Vornierengange als seinem letzten Reste erhalten blieb. Mit dieser Vereini^une der Leibeswand mit dem Kiemenkorbe und dem dadurch bedingten Verschlusse des Peribranchialraumes mußten sich neue äußere Oeffnungen der Kiemenspalten bilden, falls die Kiemen in ihren Funktionen nicht behindert werden sollten ; dies geschah bei den M3'xinoiden durch Ausbildung der äußeren Kiemengänge, welche die Kommunikation mit der äußeren Leibeswand und die Ausmündung der Kiemen nach außen vermittelten. Wie schon bei den Myxinoiden ausgeführt, geben verschiedene Instanzen, insbesondere der Verlauf der ventralen Spinalnervenäste, an die Hand, eine derartige phylogenetische Entwickelungsbahn zu vermuten und anzunehmen, wenn auch die Ontogenese dieser Bildungsvorgänge noch nicht bekannt ist. Die Myxinoiden stehen sonach in dieser Hinsicht nicht allzufern von Amphioxzis."' Und an einer anderen Stelle: „Weitere Ueberlegung und Untersuchung der zu beobachtenden Verhältnisse giebt indessen an die Hand, eine ursprüngliche Selbständigkeit des Kiemenapparates gegenüber der Rumpfwand zu statuieren, welche die M^Tcinoiden von den bisher behandelten Vertretern (Gnathostomen und Petromyzonten) entfernt, zugleich aber ein Verhalten offenbart, welches etwa an die bei Ampliioxus sich findende Beziehung des Kiemenkorbes zu der Rumpf- wand erinnert. Nach dieser Anschauung, welche auch das sonst schwer verständliche abweichende Verhalten von Myxine (Zusammenmünden aller Kiemengänge in einer hintersten äußeren Oeffnung bei unverändertem metamerischen Verlauf der Spinalnerven) genügend erklärt, würden die Kiemen der Myxinoiden ursprünglich in einen der peribranchialen Höhle des Ampliioxus homologen Raum eingemündet sein und würden erst später, nachdem die relativen metamerischen Verhältnisse der Rumpfmuskelmyomeren und der Branchiomeren eine gewisse Fixierung erreicht hatten, den peripherischen Anschluß an die Haut gewonnen haben." Ich kann, wie gesagt, Boveri wie Fürbringer hierin nicht folgen. Denn ich glaube, 74 Amphioxides. 75 daß durch den Bau des Anipltioxidcs wie den Vergleich mit der ^J;;/'/i///ö.\7/.f-Entwickelung erwiesen ist, daß der Peribranchialraum ein besonderer Ervverb der Branchiostomiden ist, eine Anpassung * an deren Lebensweise, die vom Chordatenstamm wegführt. Was speciell Fürbringer's Annahme betrifft, so ist es ja auch zweifellos natürlicher, daß die äußeren Mündungen der einzelnen Kiemensäcke von Bdcllostoiiia einen ursprünglicheren Zustand repräsentieren. Trotzdem glaube ich, daß BovERi's Gedankengang fruchtbringend bleibt, wenn man ihn entsprechend meinen neuen Befunden modifiziert. Ich vermochte ja bei Amphioxides keine Vornierenkanälchen nachzuweisen. Möglicherweise gelingt dies aber doch an älteren Exemplaren oder an frischem Material. Falls sie vorhanden sind, muß aber ihre Lage eine ganz bestimmte sein, nämlich an den Seiten der Kiemenspalten, hier in das Kiemenfeld am inneren Umschlagsrand der Seitenfalten einmündend. Wenn nun die Entwickelung zu den Myxi neiden in der That so verläuft, wie ich es darlegte, nämlich indem die Kiementaschen nach den beiden Seiten auseinanderrückten, so wird damit auch der Ansatz der Falten seitlich und dorsal verschoben und gelangt so in die Lage, die der thatsächlichen embryonalen Ursprungsstelle des Vornierenganges entspricht. Es brauchte sich nunmehr, wenn mit dem seitlichen Emporrücken der Taschen die Metapleuralfalten verkümmern, in der Tiefe der Falte, wo die Kanälchen einmünden, nur die Rinne zum Kanal zu schließen, um die natüriichen Verhältnisse des Vornierenganges zu erreichen. Diese Ueberlegung hat natür- lich nichts Definitives, da ja bei Amphioxides. noch keine Vornierenkanälchen gefunden sind. Sie sollte nur zeigen, wie das fruchtbare Prinzip in Boveri's Hypothese mit den neuen Thatsachen vereinigt werden kann, ja sogar hierdurch die Schwierigkeiten ihrer ursprünglichen Fassung be- seitigt werden. Mit den Atmungsorganen stehen in engstem Zusammenhang die Kreislauforgane, denen auch einige Worte gewidmet seien. Die Hauptbesonderheit, die Amphioxides hierin auf- weist, besteht ja in der unpaaren Beschaffenheit der ganzen Aorta, auch im Bereich des Kiemen- darmes. Wir sind dagegen gewohnt, als den primitiven Zustand der Wirbeltiere den vorderen Ursprung der Aorta aus paarigen Aortenwurzeln zu betnichten, zumal bei Amphioxiis dieser Zustand schon repräsentiert ist. Ich habe bereits oben auseinandergesetzt, daß man dies Verhalten bei Amphioxus sehr wohl anders auffassen kann, daß wahrscheinlich ebenso wie die Kiemen- spalten auch die beiden Aorten ganz verschiedener Natur sind. Nun finden wir aber in der That ja bei den Cyclostomen auch nur eine unpaare Aorta, in die direkt die Kiemenbogengefäße einmünden. Ganz vorn gehen von dieser erst 2 kurze Gefäße, die Carotiden alj [über deren Zusammenhang mit den Iviemengefäßen siehe Jon. Müller (1838)]. Bei den Myxinoiden konnte man leicht dies Verhalten so auffassen, daß durch die bedeutende Verschiebung des Kiemenapparates nach hinten die Kiemengefäße sekundär in die unpaare Aorta münden. Für Petromyzon paßt jedoch diese Erklärung schon nicht. Hier besteht aber in der Entwickelungs- geschichte das, wie mir scheint, außerordentlich wichtige Faktum, daß in früheren Entvvickelungs- stadien bereits die Aorta unpaar ist und so die Kiemenbogengefäße aufnimmt und sich erst an der Einmündung des i. Aortenbogens gabelt (Güite, 1901). Ich kann hierin nur dasselbe primitive Verhalten wie bei Amphioxides erblicken, das ein weiterer Beleg für dessen nahe Ver- wandtschaft mit den Cyclostomen ist. Ich kann mir nicht versagen, an dieser Stelle auch einige Worte über die Entstehung des Herzens einzufügen, d. h. über die physiologischen Bedingungen, die von den Acraniern 75 10* 76 RlCH.\RD GOLDSCHMIDT, ZU den Cyclostomen diesen großen Fortschritt bedingten. Die gewöhnliche Annahme, wie wir sie z. B. bei Gegenbaur (Vergl. Anat.) vertreten finden, ist, daß der größere Widerstand in dem kompHzierteren Kiemenkapillarnetz der Cranioten die Sonderung des muskulösen Propulsations- apparates bedingte. Zweifellos ist dies ein gewichtiger Faktor; ich glaube aber, daß noch ein anderer ebenso wichtiger hinzukommt, nämlich die Reduktion des Kopfcöloms. Solange nämlich die Leibeshöhle im ganzen Umfang des Kiemendarmes erhalten ist, wie bei Ampliioxides, spielte für die Blutbewegung der Atemrhythmus eine viel größere Rolle als die Kontraktilität der Gefäße. Synchron mit den Atembewegungen entsteht im Cölom des Vorderrumpfes ein negativer Druck, der das Blut der Vena subintestinalis nach vorne strömen läßt. Welche Bedeutung ge- rade für die Strömung in den Venen ein solcher negativer Druck hat, ist ja bekannt; ich er- innere an den Einfluß der Pleurahöhle der Säugetiere auf die großen Venenstämme. Sobald nun aus Gründen, die jedenfalls in der Ausbildung des Kiemenapparates liegen, die Leibeshöhle im Bereich des Kiemendarmes reduziert wird, fällt dieser wichtige Faktor hinweg, und die außerdem erhöhten Leistungen fordern eine neue propulsatorische Einrichtung, die in Gestalt der muskulösen Differenzierung eines hinter den Kiemen liegenden ventralen Gefäßabschnittes in die Erscheinung tritt. Bei Aiiipliioxns ist allerdings die Leibeshöhle im Bereich des Kiemendarmes auch stark reduziert. Funktionell wird sie aber hier von dem an ihrer Stelle liegenden Feri- branchialraum vertreten, der sich bei den Atembewegungen erweitert und verengert. Mit diesem Prinzip stimmt auch das Auftreten eines Herzens bei den Tunicaten überein, das seiner Bildung nach morphologisch nicht mit dem Vertebratenherz vergHchen werden kann, das aber seine unab- hängige Differenzierung dem gleichen Umstand, der bedeutenden Reduktion der Leibeshöhle, verdankt. Vielleicht ist auch das Molluskenherz in Verbindung mit ähnlichen physiologischen Bedinouno-en entstanden zu denken. Zum Schlüsse dieses Abschnittes noch ein paar Worte über das Endostyl. Wilhelm Müller (1875) war es, der zuerst das Endostyl der Tunicaten und des AinphioMis mit der Glandula thyreoidea der Cyclostomen homologisierte. Von Dohrn (1885) wurde dies dann be- sonders weiter ausgeführt und ist seitdem ziemlich allgemein angenommen, so daß z. B. Van WijHE (1902) das Endostyl des Ampluoxus direkt Gl. thyreoidea nennt. Die Hauptstütze dieser Theorie ist die Entwickelung der Thyreoidea des Ammococtes aus einer Rinne am Boden des Kiemendarmes, die sich nach vorne ausstülpt und sich dann schließlich zu einem Drüsenschlauch abschließt. Da die Rinne ähnliche histologische Struktur wie das Endostyl haben soll und als schleimabsonderndes Organ auch ähnliche Funktionen erfüllt (s. Göite 1901), so scheint die Homologie gut gestützt. Ich kann mich ihr gegenüber trotzdem eines gewissen Skepticismus nicht erwehren. Wenn man die Entwickelung des y4;;?////(9.v7«TJerv bei den Acraniern Dorsaler ^Jerv bei den Cranioten Ventraler Nerv bei den Acraniern Ventraler *Jerv bei den Cranioten Dorsales Mesoderm bei den Acraniern Dorsales Mesoderm bei den Cranioten Ventrales i Mesoderm bei den Acraniern Ventrales Mesoderm bei den Cranioten I Ventrale Rostral- höhle (vordere Entodermbläs- chen, Schnauzen- bläschen) mit oder ohne Prä- oralorgan r'rämandi- bularhöhle (+ Platt- sche Höhle?) rlintere Por- tion des 2. dorsalen Ner- ven Oculoniotorius (?) 1 Muskel des Präoralorgans Oculomato- riusmusku- latur (?) II — — H — III — — 2 g: — IV V VI VII VIII Laterale Ro- stralhöhle (rostraler Fortsatz des I. Segments! c 1 4) So ■ -A E Mandibular- höhle Vordere Por- tion des 2. dorsalen N erven Trigeminus I — - l. (n M. obliquus superior 4 — 7 vordere Kiemen- bogen bei Ä. valdiviae Labialknor- ■ pel (?) IX I . Muskel- 'A 3. dorsaler Trigerainus II I. ventrale I. Muskel- 5.—S.Kiemen- Mandibular- segment mit Splanchnocöl Nerv Wurzel segment bogen von A. valdiviae , 1 ■ der anderen bogen X 2. Muskelsegm ent 3. Kopfsomit 4. dorsaler Facialis 2. ventrale N. abducens 2. Muskel- M. rectus extemus Acranier 6.-9. Kiemen- Hyoidbogen mit Splanchnocöl VANWrfHE's Nerv Wurzel segment bogen von A. valdiviae, 2. der anderen Acranier 5. Litteraturverzeichnis. Ahlborn, F. (1884), Ueber die Segmentation des Wirbeltierkörpers. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. XL. Andrews, E. A. (1893), An undescribed Acraniate, Asyrnmetron lucayannm. Stud. Biol. Labor. John Hopkins Univ., Vol. IV. Ayers, H. (i8qo), Concerning Vertebrate Cephalogenesis. Joum. Morph., Vol. IV. Benham, W. B. (1901), Heteropleuron hectori, the New Zealand lancelet. Quart. J. Micr. Sc, Vol. XLIV. Boveri, Th. (1892), Die Nierenkanälchen des Amphio.xiis. Zool. Jahrb. (Anat.), Bd. V. BuRCHARD, E. (1900), Beiträge zur Kenntnis des Amphio.xus lanceolatns. 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Wdr kolbenförmige Drüse. kbdnii Mündung der kolbenförmigen Drüse. kia Kiemenarterie. kib Darmteil der Kiemenbogen. kiba.s linke Kiemenbogenarterie. kiba.d rechte Kiemenbogenarterie. kibv Kiemenbogenvene. ki.mii Kiemenbogenmuskeln. Koe Kölliker's Riechgrube. ksp Kiemenspalte. / Lymphraum der Bauchflosse. lam Stützlamelle. Ik Lymphkanälchen. M.I I. Myotom. Me Trennungsmembran zwischen Aorta und Hat- schek's Nephridium. Sämtliche Figuren mit Au.snahme von Fig. 12, 13, 2>J> ^"id 46 sind mit dem AsBE'schen Zeichenapparat bei 130 mm Ttibuslänge in Tischhöhe gezeichnet. Die Figuren 47, 48 sind auf ^/j, die Figtiren 4 g — 68, 70 auf % verkleinert. med Rückenmark. niik mediane Kiemenbogenfurche. mtp Metapleuralfalte. mtp.I linke Metapleuralfalte. nitp.r rechte Metapleuralfalte. niii Mund. n.I I. Nerv. n.A nutritorischer Abschnitt des Kiemendarmes. Pf Pfeiler des Kiemenbogens. pi'g Präoralgrube. prg.d dorsaler Blindsack der Präoralgrube. prg.h Haupthöhle der Präoralgrube. prg.v ventraler Blindsack der Präoralgrube. prsni Schließmuskel der Präoralgrube. prod präoraler Darm. pter Pterygocöl. Qtc QuATREFAGES'sche Körperchen. qkd dorsaler Querkanal der Rostralkanäle. qkv ventraler Querkanal der Rostralkanäle. r.A respiratorischer Abschnitt des Kiemendarmes. Rli.l laterale Rostralhöhle. Rh.v ventrale Rostralhöhle. ri verdickter Epithelring im Darm. 5 — vS Sagittalachse. sbrk subdorsaler Rostralkanal. Sclik Schwammkörper. sept Septum. sfli Sklerotomfaltenhöhle. solc Solenoc3'tenzelle. solr Solenocytenröhrchen. sph Kiemenspaltensphinkter. std Stomodaeum. VC Vena caudalis. vri Verbindungsrinne zwischen Präoralgrube und Mund. vrk ventraler Rostralkanal. v.si Vena subintestinalis. wa Wange. Tafel L Fig. I. A. valdiviae „ 2. A. sfeiiurus „ 3. A. pelagicus „ 4. A. „ juv. Habitusbilder. DKITSI M' ni !■-' i T vj.iniTlON isgs-qq B.I.XIl. i;ULI)S('HMIDT:AMPHIOXIDES. MiitVmun — r-' — '-rV rr-Jf-rFTPi?!?" ''^, iämmämmUiläMi^^ I. A/ufihilriJe.i ■vuldi-rim- (Mld.irlmiiih.. - 2. A. stimun,^ Mil.-id,. - ,• , I. prliigiriis Cinithri: - 4. .4. Iidngini.s Imnilu-r /in'. Tafel II. Tafel IL Fig. 5. A. pelagicus \ „ 6. A. valdiviae \ Schwanzende. Leitz, Obj. III, Ok. i. „ 7. A. stenurus j „ 8. A. pelagicus. Vorderende der Chorda. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, K.-Ok. 6. „ 9. A. „ Gehirn und KöLUKER'sche Grube, von der Seite gesehen. Leitz, Obj. 7, Ok. I. „ 10. A. „ Rostrum mit den Verästelungen des i. vmd 2. Nerven der linken Seite. Leitz, Obj. 7, Ok. i. „ II. A. valdiviae. Querschnitt durch Gehirn und KüLUKER'sche Riechgrube. DKITSCHE TIEFSEE EXPEDITION iö^a-gcj Bd.XH. GOLDSCHMIDT: AMPHIOXIDE.S. TAF.n. i ■*^a / A fl:i dx \ TAF. n. (>. 'S'. // A idlJiriac Gold.sdt. — f. y. iv A. fichiiiicus Günt/ier. — j. A. .s-h'/iN/u,s Goldsdi. Tafel III. Tafel IIL Fig. 1 2. 13- 14. 15- 16. 17- A. valdiviae. Plattenmodell des respiratorischen Abschnittes des Kiemendarmes mit der Körperwand in der Ausdehnung von 3 Kiemenspalten; die Metapleuralfalten sind entfernt; schräg von oben gesehen. Desgl. a von innen, b von außen gesehen. A. valdiviae. Vorderende von links. A. „ j A. pelagiciis \ Vorderende von links. Leitz, Obj. 111, Ok. i. A. stenurus Ca. loo-fache Vergr. ilTSCHETIEFSEE-EXPEDlTlON 18Q8- BdXIl, (.iil.DSCIIMlDT AMPHIÜXIDES Hilft fll liniil iiiik fll S: Taf.m. 12, 13, 14, 15, A. valdiviae Goldsch ib A. pelagicus Güntbir. /;. A. sU-mtjTis Goltlsch Tafel IV. Tafel IV. Fig. i8. A. valdiviae. Flächenpräparat der gesamten Pars respiratoria des Kiemendarmes, von innen gesehen ; a, b, c folgen aufeinander. Leitz, Obj. 5, Ok. 2. DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898-qq Bd.M. GOLDSCHMIDT AMPHIOXIDES r i '■ TAI'-. I\'. / V IX ^ rnd \ XM XTT - sn xnr \xrja :=g^i XTX XX .VT7 18. XXII xxm xxrr xxr xxn XXI 7/ wm XXX XXXl x.Yxir xxxiv TAF. W. A. ■x'fiJdiviae Goldsch. Tafel V. Tafel V. Fig. 19. A. valdiviac. 2 Kiemenbogen, von der linken Seite gesehen. Totalpräparat. Leitz, Obj. 7, Ok. I. „ 20. A. pelagiais. Flächenpräparat der Pars respiratoria des Kiemen darm es, von innen ge- sehen. Leitz, Obj. 5, Ok. i. „ 21. A. valdiviac | 2 Kiemenbogen, von der linken Seite gesehen, Totalpräparat. Leitz, „ 22. A. pelagiais \ Obj. 7, Ok. i. „ 22). A. valdiviac. Frontalschnitt, auf der Höhe der Grenze von Pars respiratoria und nutritoria des Darmes geführt. Leitz, Obj. 5, Ok. i. „ 24. Desgl. etwas schief durch die Pars respiratoria des Kiemendarmes. Leitz, Obj. 7, Ok. i. „ 25. Desgl. Schnitt durch die Kiemenbogenmuskulatur. Leitz, hom. Imm. Vjg, Ok. i. „ 26. Desgl. Geißelzellen des Kiemendarmes. DKrTSfHE TIFFSEE EXPEDITION 1898-99 Bd.XE.. GOLDSCHMIDT: AMPHIOXIDES. TA F. V. /•/./ "-"■'"feuiVLlvV'vM y'^l'Ji- ,f----y li.7Hlf 20. / 21. sph % 0: )^- D„,u, \ U^>^ S:"A hhi kih. '/i\^ hirm- ==','; \ \ I » , V / ^^ ^•^ '^^ "^^ ^^. 25. lir^'i-i 24 26. 23. TAF. V. 7t;. ji. 2] -2b A. ■x'uhliriae Gohlsdi.— 20. 22 A. pclagicii.s GÜHtln Tafel VI. Tafel VI. Fig. 27. A. valdiviae. Querschnitt durch die Mündung des HAXscHEK'schen Nephridiums in den Darm. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, K.-Ok. 8. „ 28. Desgl., einige Schnitte weiter hinten. „ 29. A. valdiviae. Aus einem Querschnitt durch das Vorderende zur Demonstration der Cölotomdivertikel. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. „ 30. A. „ Querschnitt durch den Schwammkörper imd Umgebung. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, K.-Ok. 6. „ 31. ^. „ Frontalschnitt durch den Schwammkörper. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, K.-Ok. 12. „ 32. A. „ Frontalschnitt durch zwei aufeinander folgende Schwammkörper. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION isqa-qq Bd.XU. GOLD.SCH.MIDT: AMFIIIUXIDES. TAF. VI. a, •fe A„ solr- ^^'\\ wMr-^ '1\^" v^. 'K — H.N. H.N.M. ^■- 27. ^^ .%. V "^^ eil Ao ©■\ ?ä:y' '*s^ ^' med \^^ ../ft r/( f/( J/e - pl'itd m . '& -a / -H.N. 'm solr- oo \ 28. e. IE .SV-/,/. -©-£-«* V \ a« O 0 Vn '<^1 ''C- '^c^ o 't^' n E, ■ .S-r/,/-4S*-- ■ ^» ) :il. 32. 29, 30. TAF. X\. A. Cdld ii'idC (n>l(I.sr]i. Tafel VII. Tafel VII. Fig- 33- Schematische Darstellung des Vorderendes von A. valdiviae, von der Dorsalseite ge- sehen zur Demonstration der Cölom- und Cölotomverhältnisse. Die Größenrelationen entsprechen nicht genau den wirklichen. „ 34. A. pe/agictis. Vorderende, von der Seite gesehen, mit den mesenchymatösen Stütz- elementen. Leitz, Obj. 5, Ok. i. „ 35. A. „ Eine männliche Gonade von der Seite im Totalpräparat. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. ] A. „ Basis der Flossenfäden, 36 hinter 37. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. » 37-} „ 38. A. „ Flossenfäden der ventralen Schwanzflosse. Leitz, Apochr. 1mm. 2 mm, Ok. I. „ 39. A. valdiviae. Stück eines Querschnittes durch die Schwanzflosse. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, K.-Ok. 6. „ 40. A. stemirtis. Schwanzflossenfäden. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. „ 41. A. pelagicus. Mesench3''mzellen des Rostrums. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. 1. „ 42. A. „ Flossenkanälchen des Rostrums. Leitz, Apochr. Imm. 2 mm, Ok. i. „ 43. A. valdiviae. Fadenzellen des Peritoneums. Leitz, Apochr. 1mm. 2 mm, K.-Ok. 6. „ 44. A. pelagiciis \ -^ . . .... , Präoralorgan, von der Seite sresehen. Leitz, Obj. s> Ok. i. „ 45. A. valdiviae \ ^ * > j O' „ 46. Schema des Blutgefäßsystems von Ampliioxides. Die Gefäße der Schwammkörper sind weggelassen. i[ i'M iiMim J'AV M ^^ i S i I ^-, i ' t c I • > t — i i i_ TTTTT 7/. '-4. A. pehpi ■ Tafel VIII. Tafel VI IL Fig. 47 — 59. A. valdiviac. Querschnitte einer Serie von vorn nach hinten. Fig. 47 — 55 Leitz, Obj. 5, Ok. 2; Fig. 56 — 59 Obj. 5, Ok. i. Figg. 47, 48 sind auf Vi, die anderen auf 73 verkleinert. nFITSCHF TIEFSEE EXPEDITIU.X lö9«-99 Bd. XII. GÜLDSCHiMlDT:AMPHIÜXlDES. TAF. Vffl. .59. TAF. \TIl. A. ludtl iinae Goldsch. ' 'Jen^i^ Tafel IX. '&• Tafel IX. Pia-. 60—68. A. valdiviae. Fortsetzung der Querschnitte auf Tafel VIII. Leitz, Obj. 5, Ok. i. 69, 70. A. pelagicus. Querschnitte durch das Vorderende. Leitz, Obj. 5, Ok. 2. 71. A. valdiviae \ Ouerschnitte durch das Kiemenfeld und die Metapleuralfalten. Leitz, 72. A. pelagicus \ Obj. 7, Ok. 2. Die Figg. 60 — 68, 70 sind auf V3 verkleinert. DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898-99 Bd.XQ. GOLDSCHMIDT: AMPHIOXJDES. T AF. IX. 69. 72. J^Goläechmidt ae^. LiduAnst uXHksser, Jaict^ TAF. IX. öo-ö8, yj A. ^x'dld hx'iae (iohLsdi. — 0(j . j^o. /2 A. pelugirtis Giindwi: VeHag v'orv Gustav Fischer in Jena,. Tafel X. Tafel X. Querschnitte durch A. pelagiais. Leitz, Obj. 5, Ok. i. Fig- 73 durch den Mund. „ 74 durch die mittlere Kiemendarmreeion. „ 75 durch die hintere iMemendarmregion. „ 76 durch das hintere Körperdrittel. DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898-99 Bd. XU. GOLDSCHMIDT .AMPHIÜXIDES. TAF. X. coe.s. d. coe.s. t\ A 74. TAF. X. yi. pelug-icus G'üiithet: D o 1 i o 1 u m. Von Dr. Günther Neumann. Mit Tafel XI — XXIV, einer Karte und 20 Abbildungen im Text. Eingegangen den 8. August 1905. C. C h u n. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung . 97 Entwickelungsgeschichtlicher Teil. Material und Methode 98 I. DiefreischwimmendeLarve 100 Historisches 100 Körperform 101 Innerer Bau loi Das Nervensystem 105 Die Kloakalhöhle 108 Das Entodermrohr 1 1 1 Die Kieme 112 Die Pharyngealhöhle 116 Der Darmtraktus 117 Die Chorda 118 Das Mesoderm 119 Die Schwanzblase 122 Die Larvenhülle 123 Das Herz 124 Der Stolo prolifer 1 25 IL Die Amme 137 Der Stolo prolifer 138 Die Abschnürung von Teilstücken am Stolo prolifer 139 Der Transportmechanismus der Teilstücke 141 Der Ursprung der Phorocyten 141 Die Anordnung der Phorocyten 142 Die wandernden Teilstücke 145 Die Vermehrung der wandernden Teilstücke 146 Die Bildung der lateralen Sprossenreihen 149 Die Bildung der medianen Sprossen reihen 153 Die Bildung der Geschlechtsknospen 16 1 Die Fixierung der Knospen 168 Die Ernährung der Knospen i6g III. DieKnospen 171 Die Geschlechtsknospen 174 Das Nervensystem . . . : 174 Die Pharyngealhöhle 175 Die Kloakalhöhle 177 95 96 GÜNTHER Neümann, Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. Seite Die Kieme 184 Die Muskeln 186 Die Geschlechtsorgane 187 Das Herz 196 Die Lateralsprossen 201 Systematischer Teil. Historisches 206 I. Die Arten der Gattung Doliolum 207 Doliolum rarum 208 Doliolum indicum 210 Doliolum intermedium 211 Doliolum Mülleri 212 Doliolum. Krohni 214 Doliolum Gegetibauri 216 Doliolum Valdiviae 219 Doliolum, Tritonis 220 Doliolum Chuni 221 Doliolum Ä^ationalis 222 Doliolum denticulatum 222 Unbestimmbare Formen 224 Uebersicht 225 Bestimmungstabelle 227 IL Horizontale Verbreitung 228 III. Vertikale Verbreitung 238 Litteraturverzeichnis 241 q6 Einleituno-. o Doliolum hat von jeher das Interesse der Zoologen durch seinen Entwickelungs- cyklus erregt. Eine Reihe ausgezeichneter älterer Forscher, wie Krohn, Gegenbaur, Keferstein und Ehlers, Leückart und Fol, machten denselben zum Gegenstande ihrer Unter- suchungen. Jedoch erst durch die beiden jüngeren, umfangreichen Arbeiten von Grobben und Ulianin haben wir genaue Kenntnis von den ebenso interessanten wie verwickelten Verhältnissen des Generationswechsels dieser Tunicatenform erhalten. Grobben gebührt das Verdienst, jenes zuerst von Keferstein und Ehlers beschriebene ..rosettenförmige Organ" des neun muskeligen Dolioluiii als echten Stolo prolifer erkannt zu haben, während es Ulianin gelang, den komplizierten Entwickelungscyklus auf einen normalen Generations- wechsel zurückzuführen, indem er feststellte, daß die „von der Amme auf ungeschlechtlichem Wege abstammende Generation eine polymorphe, aus drei verschiedenen Formen bestehende ist". Vielleicht wegen der Fülle neuer, eigenartiger Befunde, welche Ulianin mitteilte, und wegen der mannigfachen Widersprüche, die sich aus den Arbeiten von Grobben und Ulianin in wichtigen Punkten ergaben, konnte die Auffassung des letzteren Forschers bisher nicht allgemein zu voller Anerkennung gelangen'). Nachdem von Barrois die Knospung der Anchiuia aufs neue untersucht und durch KoROTNEFF die nahe verwandte Dolcliinia aufgefunden worden war, ergaben sich auch für den Entwickelungscyklus von Doliolum neue Gesichtspunkte. Es lag somit nahe, vornehmlich auch mit Rücksicht auf die Seltenheit des Doliolum- Materials, die reiche Ausbeute an diesem, welche die Deutsche Tiefsee-Expediton gemacht hatte, nach der entwickelungsgeschichtlichen Seite hin auszunützen. Die Untersuchungen wurden auf Anregung von Herrn Prof. Dr. Chun zum größten Teile im Zoologischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt, Beobachtungen am lebenden Material auf der Zoologischen Station zu Villafranca. Herrn Prof. Dr. Chun, meinem hochverehrten Lehrer, bin ich nicht allein für die gütige Ueberlassung des prachtvollen Materials zu größtem Danke verpflichtet, sondern auch für die mir jederzeit erteilte Anregung und das der Arbeit in reichem Maße bewiesene Interesse. Ihm sei an dieser Stelle der innigste Dank ausgesprochen. Ich kann nicht unterlassen, auch Herrn Prof. Dr. ZUR Strassen für seine Hilfe, die er mir jederzeit während der Dauer meiner Unter- suchungen zu teil werden ließ, herzlich zu danken. Nicht minder auch Herrn Dr. Woliereck. Dem Leiter der Zoologischen Station zu Villafranca, Herrn Dr. von Davidoff, sage ich gleich- falls den wärmsten Dank für das zuvorkommende Wohlwollen, welches er mir während meines Aufenthaltes am genannten Institut stets entgegenbrachte. i) Vergl. Seeliger (1885, S. 80 ff.). 97 Deutsche Tiefsee-Kxpedition i8qö — 189g. Bd. XII. 13 98 GÜNTHER Neumann, Die vorliegende Abhandlung zerfällt in zwei Teile: in einen entwickelungsgeschichtlichen und einen systematischen. Im ersten wird zunächst ül)er die freischwimmende Larve zu berichten sein, sodann soll die Amme als Erzeugerin und Trägerin der polymorphen Geschlechtsgeneration betrachtet und endlich die Knospenentwickelung der drei Formen jener Generation geschildert werden. Im systematischen Teile wird sich der Bestimmung die horizontale und vertikale Ver- breitung der gesamten Doliolen anreihen, welche die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete. Entwickelungsgeschichtlicher Teil. Aiaterial und Methode. Das von der Deutschen Tiefsee-Expedition erbeutete Z?ö//(3/?/w-]\Iaterial, welches zum größten Teile ausgezeichnet mit FLEMMrNo'scher Lösung konserviert war, weist, wie aus dem s}-stematischen Teile ersichtlich ist, eine Mille verschiedener Species auf. Besonders imponierend durch seine ungeheure Anzahl tritt darin Doliohtiii dcnticulatuiii Olhjv und Gaimakd ') auf, welches Ende Oktober nahe am Kap der guten Hoffnung in vielen Tausenden von Exemplaren in die Vertikalnetze geriet. Nicht nur Geschlechts-, Pflege- und Ernährtiere, sondern auch zahl- reiche Larven und Ammen finden sich in den Fängen der Stationen go und gi. Darum diente besonders diese Form als Untersuchungsmaterial. Die Ammen der Species, wenigstens soweit sie voriiegen, besitzen nur geringe Größe, und ihre Dorsalauswüchse sind wenig ausgebildet ; zum Teil waren diese auch wohl durch die Netze verletzt, so daß ältere Mediansprossen vollständig auf ihnen fehlen. Die ausgewachsenen, freischwimmenden Pflegtiere tragen am Ventralauswuchs merkwürdigerweise nur sehr frühe Entwickelungsstadien von Geschlechtsknospen. Aeltere, aber zu selbständigem Leben noch nicht befähigte Geschlechtssprossen wurden in beträchtlicher Anzahl aus den Kiemenspalten ausgebildeter Geschlechts- vind Pflegtiere isoliert, in denen sie sich, offenbar mechanisch von der Stätte ihrer Entwickelung losgerissen, durch die pumpenden Bewegungen der erwachsenen Tiere gefangen hatten. Teils um das fehlende Material zu ergänzen, teils imi am lebenden Tiere Aufschlüsse über Fragen zu erhalten, die am konservierten Objekt schwer oder nicht zu entscheiden waren, wurde im Frühjahre igo4 ein zweimonatlicher Aufenthalt an der Zoologischen Station zu Villafranca genommen. Während dieser Zeit gelang es, einige der berühmten großen Ammen von D. Gcocn- Sauri UiJA^iN (bisher fälschlich als D. Ehrcnbers^ii Krohn = D. denticitlahiiii Q. u. G. bezeichnet; vergl. Ulianin 1884, S. 88 u. 133) lebend zur Beobachtung zu bekommen. Sie sind während der BVühlingsmonate bei ruhiger See seltene Gäste an der Oberfläche und werden bei Sonnenaufgang vom Boot aus mittels Glashafen meist unverletzt gefischt. Es gewährt einen wundervollen Anblick, die großen, glashellen Tiere mit ihrem bis 1 8 cm langen Rückenauswuchs, der mit vielen Hunderten von Individuen regelmäßig besetzt ist, durch das Wasser schießen zu sehen. Ich kann in dieser I) Ich wühle für die in Rede stehende Form die Bezeichnung „Doliolum dentiailatnin'^ OuOY und Gaimar», indem ich mich den beachtensweiten Ausführungen Borgert's (i8y3, S. 402 — 408, und 1894, S. 22 — 24) über die in der Liueratur herrschende Verwirrung bezüglich des D. denticulatum Q. u. G. anschließe. 98 Beiträge zum Generationswechsel von Dolioliini. qq Beziehung Fol (1876), jenem ausgezeichneten Beobachter, nur beistimmen, wenn er (S. 238) schreibt, daß eine Do/io/um-Amme „zu den allerbehendesten Seetieren gehört und durch das Wasser mit größerer Schnelligkeit schießt, als eine Dip/iyes''. Leider lassen sich diese äußerst zarten Geschöpfe, wenigstens soweit meine Erfahrung reicht, im Aquarium nur sehr schwer unverletzt und dann auch nur kurze Zeit am Leben erhahen. Durch den Reiz, den die Reibung an der Glaswand ausübt, lösen sich sehr bald nicht nur die cälteren, zu selbständigem Leben bereits befähigten Mediansprossen los, sondern auch die Lateral- sprossen fallen ab. Dazu kommen irreguläre Bewegungen des Tieres in der Gefangenschaft, welche zu Knickungen und Drillungen des übermächtig entwickelten, schweren Rückenfortsatzes führen und schließlich dessen Abreißen bedingen. Nicht selten ist auch beim Fang an irgend einer Stelle ein geringer Defekt in dem gallertigen, ziemlich stark entwickelten Mantel verursacht worden. Sobald davon nur ein Fetzchen, vom Körper losgelöst, frei in das Wasser hängt, ist bei den starken Kontraktionen und der Reibung, welche der Vorstoß im Wasser erzeugt, der Anfang zu einer unfreiwilligen Häutung der Amme gegeben. Natürlich gehen dann die Verlängerung des Bauchstolo und die von ihm abgehenden Wanderknospen auf dem Ammenkörper der Beobachtung verloren. Daß die kräftigen Pumpbewegungen im Verein mit der außerordentlichen Verletzbarkeit besonders der mikroskopischen Untersuchung des lebenden Tieres Schwierigkeiten bieten, liegt auf der Hand. Ich ließ sie zu diesem Zwecke in ein engeres, nicht allzutiefes Gefäß von rundem Querschnitt aus einem möglichst großen Glashafen hineinschwimmen, der mit Wasser gefüllt war, welches direkt aus dem Meere heraufgeholt war, also nicht die Leitung passiert hatte. Das engere Gefäß war während der Beobachtung selbst von Wasser umgeben, damit die Temperatur sich möglichst konstant hielt. Sofort nach Beendigung der Untersuchung, die über eine Stunde in jedem Falle gewöhnlich nicht ausgedehnt wurde, brachte ich das Tier in das Aquarium zurück, wo ich die Anreichenrng des Salzgehaltes infolge Verdunstung durch Abschließen zu vermeiden suchte. Ich konnte so mehrere Male am Tage das Objekt zur Beobachtung mit bewaffnetem Auge bekommen. Aber schon nach 12 — 16 Stunden rollten die letzten schwachen Kontraktionswellen über den Herzschlauch, bei Tieren allerdings, die doch mehr oder weniger besonders am Rückenauswuchs defekt geworden waren. Schwaches Betäuben mit Chloroform habe ich nur einmal versucht, aber mit negativem Erfolge. Bevor das Tier betäubt war, hatten sich die meisten der entwickelten Sprossen abgelöst. Wegen der Seltenheit des Materials habe ich den Versuch nicht wiederholt. Leider machte ich vergeblich Jagd auf Larvenstadien und entwickelte Geschlechtstiere, so daß mir jede Möglichkeit genommen war, Züchtungen im Aquarium zu versuchen. Nur einige wenige Geschlechts- und Pflegtiere von D. Gegenbauri Ulianin konnte ich in der zweiten Hälfte des April im Auftriebe finden, jedoch stets abgestorben und stark zusammengeschrumpft'). Auch zwei 7m^q in größeren Tiefen (1000 und 1600 m) vermochten an diesen vmgünstigen Resultaten nichts zu ändern. Um so wertvoller wurde mir daher das konservierte Material der Deutschen Tiefsee-Expedition, und einige von Herrn Prof. Chun mir freundlichst über- lassene Ammen, welche er 1 887/88 bei den Canarischen Inseln gefischt hatte. Was die Methode der Untersuchung des konservierten Materials anlangt, so kann ich mich recht kurz fassen. Die Objekte, durch das FLEMMiNGsche Gemisch außerordentlich distinkt l) Auch Ulianin (1884, S. 134) gelang es Ende April 1882 in Villafranca nur, 8 beschädigte Exemplare zu erhalten. 99 13* j QQ GÜNTHER Neumann, geschwärzt, wurden in Cedernöl aufgehellt und darin oder in Kanadabalsam untersucht und mit dem ÄBBE'schen Zeichenapparate gezeichnet. Totalpräparate zu färben, erwies sich bei der aus- gezeichneten Osmiunischwärzung nicht nur als völlig überflüssig, sondern beeinträchtigte sogar die Klarheit der Bilder. Nur zur Untersuchung des peripheren Nervenverlaufs und der Nerven- endigungen wurden ältere Larven und Knospen nach Heidenhain toto gefärbt, ein vorzügliches Mittel, auch die feinsten Aestchen scharf in der durchsichtigen Epidermis hervortreten zu lassen. Mit denselben Farbreagenzien wurden durchgehends auch die 3 [>. dicken Schnitte gefärbt, welche nach der Paraffinmethode hergestellt waren. I. Die freischwimmende Larve. Historisches. Die ersten Mitteilungen über die Larven von Dolioluni verdanken wir Krohn (1852). Nach ihm berichten auch Gegenbaur (1836), Keferstein und Ehlers (1861), Grobben (1882) und Fol (1884) von den Larven. Ausführlichere Darlegung giebt vornehmlich Ulianin (1884), dem es auch zuerst gelang, die Entwickelung der Larve durch Züchtung aus dem Ei direkt zu verfolgen. Das Wenige, was wir über die Embryonalentwickelung von Doliohim bisher überhaupt wissen, verdanken wir diesem ausgezeichneten Forscher. Die nachfolgende Tabelle giebt zunächst unter genauer Berücksichtigung der Litteratur eine Uebersicht über die bisher bekannt gewordenen Larven. a) Larven von D. Müllen Kr. A. Krohn, Ueber die Gattung Dolioluni und ihre Arten. Archiv f. Naturgesch., Bd. I, 1852 {,,D. Nordmannii"), S. 61 — 63, Taf. II, Fig. 5 — 7. (Aeltere Stadien.) Keferstein und Ehlers, Zool. Beitr., 1861, S. 66 — 68, Taf. X, Fig. 3. (Alte Larve mit reduzierter Schwanzblase und deutlichem Rückenauswuchs.) C. Grobben, Dolioluni und sein Generationswechsel. Arb. a. d. Zoolog. Inst. d. Uni\'. Wien, Tom. IV, Heft 2, 1882, S. 23—25, Taf. II, Fig. 10, Taf. IV, Fig. 2^,. (Junges Stadium ohne Schwanzblase.) B. Ulianin, Die Arten der Gattung Dolioliim im Golfe von Neapel. Fauna und Flora des Golfs von Neapel. Monographie X, 1884, S. 46 — 71, Taf. IV, Fig. i, 3 (jüngste Stadien), 4, 5. b) Larven von D. dentkulatum Q. u. G. C. Gegenbaur, Ueber den Entwickelungscyklus von Dolioluni, nebst Bemerkungen über die Larven dieser Tiere. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. VIT, 1856, S. 306 — 310, Taf. XVI, Fig 15. (Alte Larve mit völlig reduziertem Ruderschwanze.) H. Fol, L'oeuf et ses enveloppes chez les Tuniciers. Recueil Zool. Suisse, Vol. I, Fase, i, 1884, p. 150 — 153, PI. VIII, Fig. 2, 3 (jüngste, „vermiformes" Stadien), 4, 5. B. Ulianin, Die Arten der Gattung Doliolum im Golfe von Neapel. Fauna und Flora des Golfs von Neapel. Monographie X, 1884. S. 46—71, Taf. V, Fig. i, 3. (Alte Larven.) c) Unbestimmbare Larven. Keferstein und Ehlers, Zool. Beitr., 1861, S. 66 — 68, Taf. X, Fig. 5, 6 {D. dent.?), 7. (Ohne Schwanzblase.) Ein vergleichender Ueberblick über die Larven, welche von den genannten Autoren beschrieben und abgebildet wurden, ergiebt zunächst in Bezug auf Artverteilung, daß wir es in 100 Beiträge zum Generationswechsel von Dolioluni. TOI der Hauptsache mit solchen von D. j\/ül/eri Kr. 7a\ tun haben. Nur Fol und Ultanin haben auch Lar\-en von D. denticu/atuiii Q. u. G. beobachtet. W'as ihre jeweilige Entwickelungshöhe anlangt, so erhellt, daß uns keineswegs eine lücken- lose Reihe vorliegt, sondern eine klaffende Lücke bestehen bleibt, und zwar zwischen den von F"oL und Ulianin beobachteten jüngsten und den nächstfolgenden Stadien, die etwa von Ulianin (1884, Taf. T, Fig. 3), bez. von Grobben (1882, Taf. IV, Fig. it,) abgebildet sind. AV^ährend jene jüngsten Larven, rein äußerlich betrachtet, einen langgestreckten, rüsselartig ver- längerten Körper aufweisen, der nicht im entferntesten an die charakteristische Fäßchenform der Doliolen erinnert, zeigen diese bereits vollkommen die Form und Organisation derjenigen Generation, welche aus ihnen hervorgeht. Das mir zur Verfügung stehende Larvenmaterial gestattet, wie sich weiter unten zeigen wird, diese Lücke auszufüllen. Dagegen bin ich nicht in der Lage, etwas über die früheste Embryonalentwickelung mitteilen lu können, weil es mir, wie erwähnt, während meines Aufent- haltes in Villafranca nicht vergönnt war, lebende Ge.schlechtstiere zur Züchtung zu bekommen. Da ich leider auch nicht einer freischwimmenden Larve habhaft werden konnte, war ich aus- schließlich auf das von der Deutschen Tiefsee-Expedition konservierte Larvenmaterial angewiesen, welches aus einem Vertikalnetzfange stammte, der auf Station 91 in 2000 m Tiefe unternomiuen worden war. Sämtliche Larven gehörten D. dcuticulatiiiu O. u. G. an. Außerdem standen mir noch einige wenige Larven von D. Müllen Kr. zur Verfügung, die auf den Stationen 114 und 220 gefischt worden waren. Körperform. Vergleichen wir die jüngsten von Ultanin (1884, Taf. IV, Fig. t, 3) abgebildeten Stadien von D. Mülleri Kr. etwa mit denen, welche ich in Taf. XI, Fig. i — 6 von D. deuticulatiiin Q. u. G. wiedergegeben habe, in ihrem äußeren Habitus, so fällt zunächst bei den letzteren der Mangel einer Schwanzblase auf. Der Körper erfährt infolgedessen nicht jene von Ulianin betonte, charakteristische Zweiteilung, da die Chorda {cli) sich direkt an den Endabschnitt des Entoderm- rohres {eii) anlegt, vom Mesoderm (^nics) dicht umhüllt. Weiterhin konstatieren wir einen auf- fälligen Unterschied in der enormen Verlängerung des Larvenkörpers, welche auch der von Fol (1884, Taf. MII, Fig. 3) abgebildete Embrj^o von D. dentknlatuni O. u. G., obgleich noch nicht völlig gestreckt, erkennen läßt. Sie wird bedingt sowohl durch die rüsselartige Ektodermauf- treibung am Mundpol (r), als auch durch den Ruderschwanz. Die Ausstülpung am Vorder- abschnitt erreicht die Länge des Larvenkörpers selbst, übertrifft sie höchstens um ein geringes, während der Schwanz diese um das Doppelte übersteigt. Zieht man noch die dadurch bedingte spindelförmige Ausdehnung der „Eihaut" {c) in Betracht, welche weiter unten noch betrachtet werden soll, so haben wir hier einen Organismus vor uns, der einer flottierenden Lebensweise ausgezeichnet angepaßt erscheint. Innerer Bau. Da Querschnitte am besten den inneren Bau erkennen lassen, so sei auf Taf. XII, Fig. i — 13, 15 — 22 verwiesen. Den cylindrischen Larvenkörper mit seiner Chorda umkleidet ein einschichtiges lOI 1Q2 Günther Neum^\nn, Ektoderm (^/t/), dessen nahezu kubische Zellen an der Ventralseite etwas niedriger zu sein pflegen. An der Dorsalseite des hinteren Körperabschnittes beginnt dasselbe sich paarig zur späteren „Kloakalhöhle" einzufalten (Taf. XII, Fig. 9). Ebenso läßt sich am Vorderende (Taf. XII, Fig. 2), genau mediodorsal gelegen, eine sanfte Einbuchtung des Ektoderms konstatieren («/), deren sogleich noch gedacht werden soll. Das Innere des Körpers durchzieht ein Entoderm- ro h r mit ovalem Lumen, welches die Anlage des respiratorischen Kiemendarmes (der Pharyngeal- höhle) und des Darmtraktus repräsentiert. Es setzt sich ebenfalls aus einer Lage sehr hoher Prismenzellen zusammen. M e s o d e r m e 1 e m e n t e fehlen im vordersten Leibesabschnitte völlig, erst im zweiten Drittel des Körpers schieben sich zwei dünne Mesodermplatten {mes) an den Flanken zwischen Ektoderm und Entodermrohr ein. Sie nehmen nach hinten an Mächtigkeit zu, um schließlich den Endabschnitt des Entodermrohres ringsum vom Ektoderm zu trennen und den Basalabschnitt der Chorda zu umhüllen (Taf. XII, Fig. 11, 12). \"entralwärts, den kloakalen Einstülpungen gegenüber, liegt bereits deutlich abgegrenzt ein Haufen von dichtem Mesoderm (Taf. XII, Fig. 10 mss), welcher später in die .Stoloanlage eingeht. Das Nervensystem {>/) erweist sich als ein wenig gegliederter .Strang, der in seinem mittleren Abschnitt etwas verdickt, gegen sein Ende dagegen dünner ausgezogen erscheint. Es liegt, wie Querschnitte zeigen (Taf. XII, Fig. 3 — 10), ventral dem Entodermrohre auf, während es dorsal vom Ektoderm und seitlich vom iVIesoderm umhüllt wird. Mit der Ausbildung des Nervensystems steht jene unpaare Einbuchtung des Ekto- derms am dorsalen Vorderabschnitt des Larvenkörpers in innigem Zusammenhang, deren Deutung wir versuchen wollen. Je weiter wir in der Lar\'enentwickelung aufsteigen, um so flacher wird die Einsenkung; schließlich ist sie überhaupt nicht mehr nachweisbar (Taf. XIII, Fig. i). Quer- schnitte durch diese Region zeigen, daß es sich um einen feinen Kanal handelt, der, aus dem Nervensystem kommend, hier frei nach außen mündet. Das Ektoderm der Einsenkung liegt zunächst breit dem entodermalen Rohr auf (Taf. XII, Fig. 2, 15). Wenige Schnitte nach hinten schon erscheint der feine Ausführgang im Innern der Larve (Taf. XII, Fig. 3), da das Ektoderm sich bereits über den hohen Prismenzellen geschlossen hat, welche, nach innen konvergierend, das enge Lumen bilden. Den verfügbaren Raum zwischen Entodermrohr und Ektoderm erfüllen sie dabei noch vollständig. Ihr histologisches Bild wird nach hinten zusehends ein anderes (Taf. XII, Fig. 4). Das spärliche Plasma der hohen Cylinderzellen, die anfangs den umgebenden Ektoderm- zellen völlig gleichen, wird dichter. Das Verhalten findet in der intensiveren Färbung seinen Ausdruck. Sie haben sich zu Ganglienzellen umgebildet und vom umgebenden Gewebe, scharf elliptisch umgrenzt, abgehoben (Taf. XII, Fig. s)- Es ist wohl zweifellos, daß wir es in der gruben- förmigen Einsenkung mit einem Neuroporus zu thun haben, mittelst dessen der vorderste Abschnitt des ektodermalen Nerven rohres hier noch deutlich mit der Außenwelt in Kommunikation steht, wobei die histologische Umbildung sich noch verfolgen läßt. Gerade diese Thatsache deutet auf die von hinten nach vorn fortschreitende Ausbildung des Medullarrohres hin, wie sie aus der Embryonalentwickelung der Ascidien und des Ampliioxus bekannt und wohl im .stände ist, die Deutung dieser Ausmündvmg als Nervenporus zu stützen. Dann würde die Bildung des Nervenrohres durch Einfaltung vom Ektoderm auch für die Embr\'onen von Doliohiiii anzunehmen, und die Vermutung Ulianin's (1884, S. 50) unbegründet sein, daß es „aus einer soliden Wucherung der Zellen des Ektoderms entstünde". 102 Beiträge zum Generationswechsel von Dolioluni. ' lO'? Dies führt uns zum Vergleich des eben geschilderten Aufbaues der Larven von D. dcnticitlattim Q. u. G. mit demjenigen, welchen nach Ulianin die jüngsten Larven von D. Mülleri Kr. besitzen. Es ergeben sich auf den ersten Blick erhebliche Unterschiede, nicht nur bezüglich des Nervensystems, sondern auch des Entodermrohres und der Lagerung des Mesoderms. Während sich das Nervensystem der jüngsten Larven von D. Mülleri Kr. als auffällig dicker, völlig ungegliederter, solider Zellstrang erweist, der auf Querschnitten eines Lumens entbehrt (Ulianin 1884, Taf. IV, Fig. I — 3 na; Taf. VI, F'ig. i — 3 na), lernten wir dasselbe als relativ dünn und schwach gegliedert kennen. Es muß auf frühen Stadien seiner ganzen Länge nach von einem feinen Canalis centralis durchsetzt gewesen sein, da auch in seinem mittleren verdickten Abschnitte die Zellen noch nach einem Mittelpunkt hin konvergieren (Taf. XII, Fig. 6), während im vorderen Teile der Kanal selbst noch persistiert. Das alles deutet auf eine Entstehung hin, welche in der Embryonalentwickelung der Ascidien ihr Analogon finden würde. Ferner sollen die bezeichneten Larven von D. Mülleri Kr. eines Entodermrohres, der Anlage der Pharyngealhöhle und des Verdauungstraktus, völlig entbehren ; wohl aber besitzen sie eine Chorda, die ihre entodermale Abstammung aus der frühesten Embryonalentwickelung herleitet. Die Pharyngealhöhle mit dem späteren Darmtraktus sind erst in der Bildung begriffen, und zwar sollen sie nach Ulianin (1884, S. 52, 53, 57, 67) aus einer ventralen Ektoderm- einstülpuug ihre Entstehung nehmen (Ulianin, Taf. IV, Fig. i — 3)'). Noch ehe ein Lumen in der ersteren sich ausgebildet hat, also eine wirkliche Höhle entstanden ist, differenziert sich bereits aus ihr der Endostyl. Die ganze Anlage erscheint auf dem Querschnitt als platt- gedrücktes Rohr (Ulianin 1884, Taf. VI, Fig. 2, 3). Abgesehen davon, daß ich die Differen- zierung des Endostyls aus dem Entodermrohre erst auf viel späteren Stadien nachweisen konnte (Taf. XIII, Fig. 6), nachdem es sich zur Pharyngealhöhle erweitert hatte, muß vor allem die Abstammung der letzteren vom Ektoderm auffallen. Entspräche dies der Wirklichkeit, so brächte Ulianin damit Dolioluni in einen höchst merkwürdigen Gegensatz zu sämtlichen Tunicaten indem in der Embryonalentwickelung keiner bekannten Form der Vorderdarm (Kiemendarm, Atemhöhle, Atrium) und der eigentliche Verdauungstraktus als vom Ektoderm stammend nach- gewiesen sind. Es ergiebt sich also, wie Ulianin (1884, S. 67) selbst hervorhebt, daß „die Darmhöhle von Dolioluni (inkl. Pharyngealhöhle) nicht der Darmhöhle (inkl. Kiemensack) der Ascidien homolog ist". Auf die Konsequenzen dieser Auffassung besonders für die Ausbildung der Kieme und des Stolos einzugehen, wird sich später Gelegenheit finden. Allein ich glaube Grund zu der Annahme zu haben, daß die von Ulianin gegebene Deutung der Zellstränge eine irrige ist, wahrscheinlich veranlaßt durch eine falsche Orientierung der Larven. Die tiefgreifenden Widersprüche zwischen seinen Befunden einerseits und anderer- seits dem, was an anderen Tunicaten, vornehmlich aber bei Ascidien, und von mir an D. den- ticulatmn beobachtet wurde, heben sich sofort alle auf, wenn wir seine jüngsten Larven (Taf. IV, Fig. I, 3) um 180*^ drehen, also zur Dorsalseite machen, was Ull\nin als I) In seinen Abbildungen (Taf. IV, Fig. 1—3) wird sie mit „««" = Entoderm bezeichnet. In der ersten Mitteilung (1881) über die embryonale Entwickelung des Dolioluni schreibt er S. 475: „Das Entoderm (vordere oder Ingestionsöffnung) bildet sich etwas später als die vordere Ektodermblase" (= rüsselförmige Verlängerung). Auf S. 476 aber steht zu lesen: „Die Kiemeulamelle bildet sich durch Verschmelzung der zwei Ektodermeinstülpungen", und einige Zeilen weiter unten wieder ; „dieses (rosetteuförmige) Organ entwickelt sich aus dem Ekto- und Entoderm. Das Entoderm giebt nach der Bauchseite des Tieres vier Ausstülpungen" (!). 103 j J-. , Günther Neumann, Ventralseite angesehen hat. Dann würde das, was er als Nervensystem deutet, zum Entodermrohr (noch ohne Lumen), und umgekehrt würde seine Ektodermeinstülpung, aus welcher die Pharyngealhöhle hervorgeht, eine getreue Abbildung des Neuro- porus im optischen Längsschnitt darstellen. Für diese Vermutung sprechen, wie ich meine, überzeugend besonders noch die von ihm Taf. XVI, Fig. 2 u. 3 abgebildeten Querschnitte mit ihrem plattgedrückten MeduUarrohre nach unserer Deutung (seiner Ektodermeinstülpung, die zur Pharyngealhöhle werden sollte). Endlich ergiebt sich bei dieser Orientierung auch eine über- einstimmende Lagerung des Mesoderms. Auf dem Querschnitt (Ulianin 1884, Taf. VI, Fig. 3) durch den vorderen Teil einer jener jüngsten Larven soll ventral von der bewußten Ektoderm- einstülpung eine breite Mesodermzellenmasse liegen. Ich konnte dagegen auf bedeutend späteren Stadien an der Ventralseite des Vorderteils der Larve niemals Alesodermzellen nachweisen (Taf. XII, Fig. I — 9). Nach der Drehung der UuANiN'schen Larve um 180° erscheint nun das Mesoderm dorsal von dem Nervenrohr, wo es thatsächlich auch auf frühen Stadien sich bald ansammelt. Vielleicht wurde Ulianin zu jener Annahme geführt durch die im Querschnitt (Ulianin 1S84, Taf. VI, Fig. 3) ventrale, in Wirklichkeit dorsale Vorbuchtung des Nervensystems, welche er wegen der Analogie mit den Bildern von einem quergeschnittenen Endostyl auf älteren Stadien für diese Rinne hielt. Die Zwischenstadien bis zu der von Ulianin, Taf. IV, Fig. 5 abgebildeten Larve, welche den Irrtum hätten erkennen lassen müssen, fehlten ihm offenbar. Andererseits wäre es in der That merkwürdig, wenn Ulianin die Ektodermeinbuchtung, in welcher die Aus- mündung des Canalis centralis liegt, entgangen sein sollte. Wir treffen sie, wie erwähnt, eben in seiner Ektodermeinstülpung wieder. Ich konnte übrigens an 5 Larven von D. Müllcri Kr., die nach ihrem Alter den beiden jüngsten von Ulianin völlig glichen, die eben erörterten \'er- hältnisse bestätigen. Leider gingen sie mir sehr gequetscht zu, so daß ich Abstand nehmen mußte, sie zu schneiden und abzubilden. Sollten, wie ich glauben möchte, weitere Untersuchungen über die früheste Embry-onalentwickelung von Doliohim die Vermutung bestätigen, daß das Nerven- system aus einer Ektodermeinfaltung entstehe, so würde Doliohim sich damit einerseits aufs engste an die Verhältnisse bei Ascidien anschließen, und andererseits in dieser Beziehung in bemerkens- werten Gegensatz treten zu Pyrosoma und Salpa, wo eine solide Ektodermverdickung seine erste Anlage repräsentiert. Bevor ich daran gehe, die Entwickelung der Organsysteme am Larvenkörper weiter zu verfolgen, sei es gestattet, einige Bemerkungen über Vorgänge vorauszuschicken, welche zu Form- und Größenveränderungen hinführen. Auf dem jüngsten der Larvenstadien, welche mir von D. deiiticiilatiini Q. u. G. zur Verfügung standen, scheint das Maximum in der Gesamtverlängerung des Körpers erreicht zu sein. Er besitzt inkl. Rüssel und Schwanz eine Länge von 2,58 mm. Mit weiterer Entwickelung macht sich umgekehrt eine Tendenz zur Verkürzung des stabförmigen Organismus geltend. Die rüsselförmige Ektodermauftreibung schnürt sich stückweise ab, worauf die Zellen der Teilstücke zerfallen. Diesen Vorgang scheint auch Fol bei D. deiitiaüatwn beobachtet zu haben. Er schreibt (1884, S. 152): „La vesicule ant6rieure se ratatine tres rapidement, mais eile ne dis- parait pas pour cela. On la retrouve, en train d'etre resorbee, ä c6t6 de l'ouverture buccale, et sa disparition n'est que graduelle." Der Larvenkörper selbst erfährt eine absolute Verkürzung in der Längserstreckung, bei gleichzeitiger minimaler Dickenzunahme. So hat sich beispielsweise 104 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. I O •? der Larvenkürper (ohne Rüssel und Schwanz) von dem Taf. XI, Fig. i abgebildeten Stadium mit 0,667 mm Körperlänge bis zu dem, welches Taf. XIII, Fig. i wiedergegeben ist, auf 0,333 "!>■"> also genau auf die Hälfte der Längsausdehnung, reduziert. Der Rüssel ist während dieser Ent- wickelung außerdem ganz geschwunden, die Chorda bedeutend kürzer geworden. Sie degeneriert ebenfalls meist stückweise, wobei der Zerfall von der Spitze nach der Basis zu fortschreitet. Der Rüssel ist bereits völlig geschwunden, wenn die Mundöffnung zum Durchbruch gelangt. Der Körper, schon von nahezu vollständig getrennten, dicken Mesoderm ringen umgeben, nähert sich mehr und mehr der charakteristischen Tönnchenform. An seinem Hinterabschnitt, genau dorsal gelegen, erscheint zu dieser Zeit die Anlage des Rückenauswuchses (/j/), der der späteren Amme als hohler, kurzer Zapfen von verdicktem Ektoderm aufsitzt. Das Nervensystem. Wir fassen zunächst die Veränderungen am Vorderabschnitt ins Auge. Wie erwähnt wird die grubenförmige Einsenkung des Ektoderms, in welcher ich den Neuroporus zu er- blicken glaube, mit zunehmendem Alter der Larve flacher, bis sie ganz verschwindet. Schon auf dem Stadium Taf. XIII, Fig. i (///) läßt sich nur noch eine ganz leichte, median gelegene Ver- tiefung erkennen. Der Porus selbst ist längst durch Ueberwachsen der äußeren Ektodermschicht verschlossen worden, also ebenso wie bei Ascidien, bevor die Mundöffnung zum Durchbruch ge- langt ist. Auch die vordersten Zellreihen des Ner\'enrohres haben sich jetzt scharf gegen ihre Umgebung abgegrenzt. Mesoderm elemente sind hier nicht nur seitlich, sondern auch dorsal aufgetreten (Taf. XI, Fig. 5) und drängen den Anfangsteil des Rohres vom Ektoderm ab, so daß es, leicht nach unten gekrümmt, in die dorsale Wand der Pharyngealhöhle, nahe der Mund- öffnung, eingesenkt erscheint. Der feine Kanal besteht, wie Querschnitte (Taf. XIII, Fig. 5) zeigen, unverändert fort, er wird jedoch, wie sich ergeben wird, bedeutend später zum F 1 i m m e r k a n a 1. Ulianin (1884), der, wie ich ausführte, in den jüngsten Larven wohl die Anlage der Pharjmgeal- höhle für das Nervensystem gehalten haben dürfte, betrachtet diesen Kanal demgemäß als eine sekundäre Bildung (S. 58). Ich konnte in einem Falle auf diesen frühen Stadien eine abnorme Entwickelung des Vorderabschnittes insofern konstatieren, als das Nervenrohr kurz vor seiner Ausmündung eine Strecke weit sich ventral breit in die Phar^aigealhöhle öffnete (Taf. XII, Fig. 16). Diese Beobachtung ist vielleicht deshalb nicht ganz ohne Interesse, weil auch Seeliger (1885 S. 28) bei Claveliiia Aehnliches beschreibt. Dort erfolgt der Durchbruch der Mundöffnung näher dem Neuroporus als bei Doliolum, so daß also in jenem anormalen Falle infolge eines ver- späteten Verschlusses das Nervenrohr in die Mundöffnung ausmündet. Was den hinteren Abschnitt des Nervensystems anlangt, so konnte ich ihn an den jüngsten Larven, wenig deutlich von dem mittleren abgesetzt, bis über die Kloakaleinstülpungen hinaus nachweisen (Taf. XII, Fig. 10). Mit seinem Querschnitt nimmt bei fortschreitender Ent- wickelung, wie es scheint, auch seine Länge ab, indem er einer Reduktion verfällt, welche von hinten nach vorn zu fortschreitet. Gleichzeitig wird er, wie auch Ui.ianin beobachtete, von der nunmehr unpaaren Kloakaleinstülpung nach unten, ins Innere des Körpers verdrängt, d. h. er gerät zwischen die Kloakalsäcke und das Entodermrohr, wo er uns auf Querschnitten fest eingekeilt entgegentritt (Taf. XII, Fig. 18 — 22). W^elche Aufgabe fällt nun diesem hinteren Abschnitt zu? 105 Deutsche Tiefsee- Expedition 1898 — 189g. Bd. XII. I4 io6 GÜNTHER Neumann, Ulianin (1884, S. 53, 54) bezeichnet ihn als „Nervus branchialis" und sieht also in ihm den Nerven, „der zur Kiemenlamelle geht". Ferner homologisiert er ihn (S. 68) mit „dem hinteren, im Schwänze der Ascidienlarve verlaufenden Nervenstrange". Dieser „Nervus bran- chialis" nimmt darum auch, wie Ulianin ausführt, in dem späteren peripheren Nervensystem eine besondere Stellung den übrigen Nerven gegenüber ein, da er „aus der embryonalen Nerven- systemanlage, aus der auch das Ganglion sich entwickelt", direkt hervorgeht, während jene alle sekundär aus dem Ganglion hervorwachsen (S. ^t,). Meine Beobachtungen gestatten mir nicht, dieser Deutung des hinteren Gehirnabschnittes als „Nervus branchialis" beizupfUchten. Gegen diese Deutung spricht vor allem das Verhältnis der sich differenzierenden Aluskelreifen zu seinem Verlaufe. Ursprünglich liegt diese rück- wärtige Verlängerung ganz ebenso wie das Ganglion selbst dorsal dem Ektoderm, ventral dem Darmrohr fest an, seidich von Mesodermzellen umgeben (Taf. XII, Fig. 7). Später wird sie beim Austritt aus dem Ganglion vom Entodermrohr durch die Mesodermzellen abgedrängt (Taf. XII, Fig. 17), aus denen sich der 5. Muskelreifen differenziert (Taf. XIII, Fig. i), so daß dieser also unter dem Nervenstrange verläuft, während weiter nach hinten sich bereits kurze Zeit vorher Mesoderm auch oberhalb dieses hinteren ganglionären Abschnittes angesammelt hatte (Taf. XII, Fig. 8), welches ihn \()m dorsalen Ektoderm trennt. Es sind die Anlagen des 6. und 7. bis 9. Muskelreifens (Taf. XI, Fig. 5), die demnach oberhalb jenes „Nervus branchialis" ver- laufen würden. Untersucht man nun an Larven, welche bereits das periphere Nervensystem besitzen, oder an alten Ammen den X'erlauf des zur Kieme ziehenden unpaaren Nerven in seinem Verhältnis zu den Muskeln, so zeigt sich die überraschende Thatsache, daß nicht nur der Kiemen- nerv, sondern auch das hintere dritte Nervenpaar oberhalb der Muskeln hinziehen (Taf. XV, Fig. i), während alle vorderen Nerven der Amme und die gesamten peripheren Nerven der geknospten Generationen unter den Muskelreifen verlaufen. Daraus erhellt, daß die hintere larvale Verlängerung des Nervensystems, die bereits unter die Kloaken- einstülpung geraten war, nicht idtentisch sein kann mit dem „Nervus branchialis", der noch über dem 5. und 6. Muskelreifen verläuft. Die merkwürdige Erscheinung des \'erlaufs der hinteren Nerven bei den Larven, bezw. Ammen über den Muskeln läßt sich nur so erklären, daß die Entstehung dieser Nerven zu einer Zeit erfolgt, wo von dem hinteren ganglionären Abschnitt der Larve ein Stumpf noch oberhalb des 5. Muskelreifens persistiert, an welchen die Neubildung dann anknüpft. Wegen der außerordentlichen Zartheit der auswachsenden Nerven, die erst mit Sicherheit nachweisbar sind, wenn sie uns in ihrer ganzen Länge am Larvenkörper entgegen- treten, lassen sich die Verhältnisse schwer und wohl nur an sehr reichem Material nachweisen. Weiter unten, bei Besprechung der Knospenentwickelung, wird sich zeigen, daß auch hier der von Ulianin beobachtete „Nervus branchialis" nicht existieren dürfte. Obschon es mir, gleich Ulianin, nicht gelang, den Verlauf eines Schwanznerven nach- zuweisen, möchte ich doch mit Salensky (1895, ''^- 567) diesen hinteren ganglionären Abschnitt als homolog dem „R u m p f m a r k" der A s c i d i e n 1 a r v e n („c ordon ganglionnaire viscerale" van Beneden und Julin) ansehen. Vielleicht ist nur auf noch jüngeren Stadien die Fortsetzung in den Schwanz nachweisbar. 106 Beiträge zum Generationswechsel von Dnliolum. 107 Wenn sich der vordere Abschnitt des ursprüngHchen Nervenrohres später als FHinmer- kanal in den Dienst der Nahrungsaufnahme stellt, der hintere, wie ich glaube, frühzeitig eine fast vollständige Rückbildung erfährt, so repräsentiert der mittlere den eigentlichen nervösen Teil, aus dem allein der Nervenknoten hervorgeht. Auf den jüngsten Stadien fließt dieser Abschnitt, ein wenig verdickt, in die anstoßenden ohne scharfe Absätze über. Mit der Verkürzung des Larvenkörpers erfolgt eine allmähliche Zunahme seines Querschnittes. Es erreicht jedoch das Ganglion infolge seiner wahrscheinlichen Entstehung aus einem Nervenrohre nie die imponierende Größe, durch welche das der jungen Knospen ausgezeichnet ist. Frühzeitig beginnen ventral- wärts einige Zellen sich stärker vorzuwölben und bald scharf gegen ihre Umgebung abzusetzen zu jenem knopfförmigen Vorsprunge, der sogenannten „Hypophysis" (Taf. XIII, Fig. 6). Sie entbehrt, wie gleich hervorgehoben sein soll, eines Lumens ebenso wie das Ganglion selbst, sowohl jetzt, als auch später bei der ausgebildeten Amme. Ihre Zellen lassen gleichfalls auf keiner Ent- wickelungsstufe histologische Unterschiede gegenüber den Ganglienzellen des Nervenknotens erkennen. Ich kann somit L^^lianin (1884, S. 28, 29, 54) nicht beistimmen, wenn er den „Zapfen des Nervenganglions" im Innern hohl sein und durch eine „hohle, breite Röhre" mit der Flimmer- grube kommunizieren läßt. Auf keinem .Schnitte durch das Ganglion irgend eines Stadiums habe ich einen Hohlraum nachzuweisen vermocht, es müßte denn die Konservierung ihn zum Ver- schwinden gebracht haben. Infolge der beträchtlichen Dickenzuriahme des mittleren Abschnittes und der Ausbildung der Hypophysis M'ird der anliegende Teil der dorsalen Pharyngealhöhlenwand nach unten vor- gewölbt und stark gedehnt. Es erscheint daher besonders auf späteren Stadien der Nervenknoten mit seiner Hypophyse wie in einem dünnwandigen Säckchen aufgehängt (vergl. Taf. XIII, Fig. 2, 4). Nachdem die Abrundung nach hinten vollzogen ist, sehen wir die ersten peripheren Nerven als feinste, wenig oder garnicht verzweigte Aestchen aus ihm her\-orwachsen. LTeber die zeitliche Aufeinanderfolge ihrer Differenzierung liegen Beobachtungen weder von Grobben noch von Ulianin vor. Auf dem Taf. XIII, Fig. 2 abgebildeten Stadium konnte ich Nervenästchen zum ersten Male verfolgen, und zwar den ersten paarigen Nerven («'), welcher bereits in seine zwei Aeste gespalten ist. Der vordere zieht an der oberen Körperseite bis zum i. Mu.skelreifen nach vorn, der hintere steigt im 3. Intermuskularraume nach unten bis in die Nähe des Endostyls, wo er scheinbar zunächst den 3. Muskelreifen innerviert. Auf einem etwas jüngeren Stadium als dem in Taf. XIII, Fig. 4 abgebildeten hat sich zu diesem der zweite paarige Nervenstamm («") hinzugcsellt. Er verläuft im 5. Intermuskularraume bis in die halbe Körperhöhe und endet dort in einer Sinneszellengruppe, deren Anlage ich bereits deutlich erkennen konnte. Ob nun die Gruppe von Sinneszellen, in welche der hintere Ast des eben erwähnten ersten Nervenpaares eintritt, bereits differenziert war oder nun erst folgt, will ich dahingestellt sein lassen. Sicher aber ist, daß jetzt von diesem Aste jener Zweig sich abspaltet, welcher das spätere „Gehörorgan" der Amme (go) innerviert. Auf seine Entstehung soll sogleich eingegangen werden. Nachdem anscheinend etwa zu gleicher Zeit der unpaare Kiemennerv (/;/) und der Hauptstamm des dritten Nervenpaares («'") entstanden sind, die beide, wie bemerkt, sonderbarerweise oberhalb der Muskelreifen hinziehen (Taf. XV, Fig. i), dürften als letzte der vordere unpaare Nerv (Taf. XV, Fig. i im) und die beiden feinen Aeste folgen, welche neben ihm eine Strecke weit herlaufen und an die Flimmerbänder herantreten (vergl. Taf. XV, Fig. 2 /u). 107 io8 GÜNTHER Neumann, Die Bildung des „Gehörorgans" bei den Larven von D. dciiticiila/iiii/, das, wie be- kannt, unpaar, im 3. Intermuskularraume etwa in halber Körperhöhe gelegen ist (Taf. XV, Fig. I und 2), beginnt damit, daß an der bezeichneten Stelle Epithelzellen, die bereits durch dichteres Plasma ausgezeichnet sind, sich radiär um einen Mittelpunkt gruppieren (Taf. XIII, Fig. 4). Sie gleichen jetzt völlig den Zellen, welche sich zu Sinneszellen umbilden, nehmen aber den Charakter der ausgebildeten Sinneszellen nie an. Nur eine kleine Anzahl, proximal vor jenen gelegen, differenziert sich zu den Sinneszellen, welche auch bei der ausgebildeten Amme neben der Otolithenblase liegen (Taf. XV, Fig. i). Die Anlage derselben vertieft sich nach der Mitte schüsseiförmig (Taf. XI, Fig. 7). Gleichzeitig treten winzige, stark lichtbrechende und äußerst intensiv sich färbende Tröpfchen auf, von denen die größeren alsbald zusammenfließen, um den Otolithen zu bilden (Taf. XI, Fig. 8). Er erscheint somit als Ausscheidungsprodukt aller jener vertieften Zellen. Bald schließen die Ränder der Vertiefung zusammen, so daß die Gehörblase nur noch durch einen engen Halskanal mit den übrigen Epithelzellen in Verbindung steht (Taf. XI, Fig. 9). Die Zellen der Blase haben sich abgeflacht und gestreckt. Nur am Grunde gegenüber dem Otolithen liegen noch einige hohe Zellen, in welche der Nerv einzutreten scheint. Eine analoge Entwickelung des Organes wurde auch von Keferstein und Ehlers (1861, S. 62) und von Grobben (1882, S. 28) bei D. denticiilatiiiii beobachtet, von Ulianin (1884, S. 57) auch für D. Geoenbauri als wahrscheinlich ano-f'nommen. Für D. Mülleri hat derselbe Forscher (S. 56, 57) eine kompliziertere Bildung beschrieben, deren Eigentümliches darin bestehen dürfte, daß der Otolith von einer Zelle gebildet wird und „zeitlebens auf der Oberfläche der Epidermis in einer kleinen napfförmigen Vertiefung" liegen bleibt. Wir haben somit wohl in dem „Gehör- organ" von D. Mülleri eine niedere Stufe der Ausbildung vor uns, da es zur Entstehung einer geschlossenen Blase nicht kommt, wie denn überhaupt D. Mülleri gegenüber D. denticiilahim z. B. eine phylogenetisch ältere Form repräsentieren dürfte, wie schon Grobben (1882) aus- führte. Die Bildung, besonders aber die Struktur der Sinneszellen, wurde außer von Ussow (1876) neuerdings auch von Grobben (1882, S. 11) und von Ullanin (1884, S. 35, 55) ein- gehend studiert. Ich möchte dem nur die eine Bemerkung hinzufügen, daß nämlich Ihre Dif- ferenzierung aus dem Hautepithel oft außerordentlich früh erfolgt. Größer als die umgebenden Hautzellen und durch dichteres Plasma ausgezeichnet, lassen sie sich dann leicht erkennen. Allein ihre charakteristische Struktur, den hufeisenförmigen Kern mit der davor gelegenen Vakuole, erhalten sie sehr spät, zu der Zelt erst, wenn die junge Amme der „Eihülle" entschlüpft Ist. Wenn wir zur Zeit des Austrittes der peripheren Nerven die ganze Masse des Ganglions aus lauter gleichgestalteten Zellen mit großen, chromatinrelchen Kernen bestehend antreffen, so begegnen wir erst gegen Ende der Larvenentwickelung der „Punktsubstanz" Im Innern des Ganglions, die dann von einer oder mehreren peripheren Lagen von Ganglienzellen umhüllt wird. Die Kloakalhöhle. In seinen „Etudes sur les Appendiculaires" (1872) macht Fol in einer Fußnote (p. 450) die Bemerkung: „Chez ce dernier genre {Dolioliiiii) aussl j'ai observe la formatlon de deux Invaglnatlons dorso-lat6raIes de l'ectothellum", und ferner: „Cette cloaque (die der Ascidien) est donc strictement comparable ä celle d\\ Dolioliti/i'\ Nach Ull\nin dagegen entsteht (1884, S. 58) 108 Beiträge zinii (.iencrationswechsel von Doliolum. t qq die Kloakalhöhle als einfache, unpaare Einstülpung des Ektodernis, welche rasch ins Innere des Do//o/uw-Körpers hineinwächst, bis deren Boden sich dem der Pharyngealhöhle anlegt. Er zieht daraus (S. 76) den Schluß, daß „die Kloakalhöhle von Doliolum nicht dem Atrium der Ascidien homolog ist". Ihm schließt sich, gestützt auf eigene Beobachtungen, Salensky (1895, S. 583) an. So stehen sich also in dieser wichtigen Frage die Behauptungen ausgezeich- neter Forscher gegenüber. Ich will nun versuchen, meine Beobachtungen darzulegen. Die Entstehung der sogenannten Kloakalhöhle hebt auf sehr frühen Larvenstadien an. An solchen lassen sich etwa eesfenüber dem ventral gelegenen Mesodermzellenhaufen zwei dorsolaterale, sanft rinnenförmige Vertiefungen des Ektoderms nachweisen, welche der Längsachse des Körpers parallel verstreichen (Taf. XII, Fig. 9). Die eine von beiden, gewöhnlich die linke, scheint in der Aus- bildung der anderen etwas vorauszueilen. Sie erscheint auf Querschnitten meist etwas tiefer (Taf. XII, Fig. 22). Diese beiden seitlichen Einfaltungen dringen nunmehr, indem sie sich ventralwärts vertiefen, nach vorn zu ins Innere des Larvenkörpers vor, dem Entodermrohre ent- lang. Aus den zwei Längsrinnen sind zwei ektodermale Taschen entstanden, welche vorläufig eines Lumens noch entbehren. Eine Ouerschnittserie durch die Rearion der Einstülpungen soll die Verhältnisse illustrieren. Verfolgen wir die Schnitte von hinten, wo die- Einfaltung anhebt, so sehen wir sie auf Taf. XII, Fig. 21 bereits ausgebildet, links weiter fort- geschritten als rechts. Sie hat sich vertieft auf dem Taf. XII, Fig. 20 dargestellten Querschnitt, welcher drei 3 jj. dicke Schnitte vor jenem liegt. Noch weiter ventralwärts und nach vorn am Entodermrohr endang vorgedrungen, lassen die Schnitte Taf. XII, Fig. 19 die Einstülpungen erkennen. Gleichzeitig erscheinen die lateralen Einstülpungsränder nach der dorsalen Mediane zu vorgerückt; mit anderen Worten: die bis dahin jederseits getrennt nach außen mündenden Ein- faltungen gelangen bei ihrem Vordringen allmählich unter die Epidermis, wo sie, durch einen dorsomedianen Spaltraum vereinigt und von der Außenwelt abgeschlossen, Taf. XII, Fig. 18 zeigt. Der Rücken einer Larve, an dieser .Stelle betrachtet, zeigt Konturen, die etwa das Bild einer Brille vortäuschen könnten. Nunmehr kommt es zum allmählichen Verschluß der lateralen Einstülpungsöffnungen. Ihre äußeren Ränder rücken successiv nach der dorsalen Mittellinie zu vor, mit ihnen natürlich auch die Mündungen der Hohlräume selbst, bis letztere zu einer un paaren medianen Oeffnung zusammenfließen. Daß dabei auch die schlitzförmigen Lumina der lateralen Taschen in einem eben gebildeten medianen Hohlräume vereinigt werden, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden. Die gemeinsame Oeffnung der Hohlräume, anfangs schlitzförmig, bildet sich unter gleichzeitiger Vorwölbung ihrer Ränder bald zu einer elliptischen und schließlich kreisförmigen um. Sie führt uns nunmehr durch einen allseitig geschlossenen medianen Hohlraum, dessen Boden als Epidermis eben noch frei zu Tage lag, hinab in die lateralen Taschen. Diese liegen ihrerseits dem zu dieser Zeit noch ungegliederten Darmtraktus fest an und verengen bei Ausbildung ihrer Lumina dessen elliptischen Hohlraum so merklich, daß er schließlich völlig geschwunden erscheint (Taf. XIII, Fig. 9). Sie tragen ferner dazu bei, am vorderen Abschnitt dieses nunmehr soliden Zellzapfens jenen verjüngten Teil heraus- zumodellieren, der später den Oesophagus abgiebt. Hier legen sich auch die paarigen kloakalen Divertikel in ihrer ganzen vorderen Begrenzung der Hinterwand der Pharyngealhöhle lückenlos an, welche ihrerseits zu beiden Seiten der Mittellinie sich jenen entgegenwölbt (Taf. XIV, Fig. i). 109 j j(~. GÜNTHER Neumann, Wenn wir die eben geschilderten X^orgänge überblicken, welche sich am Hinterabschnitt des Larvenkörpers abspielen, so wird es nicht schwer fallen, sich über deren Bedeutung klar zu werden. Es kann kein Zweifel sein, daß die ganze Entwickelung analog derjenigen verläuft, welche bei Ascidienembryonen zur Bildung des Peribranchialapparates hinführt. Es sei gestattet, bei der Wichtigkeit des Gegenstandes etwas genauer auf diese Verhältnisse einzugehen. Es steht zunächst nach den übereinstimmenden Befunden von Kowalewsky (1871), Seeltger (1885 und 1893), Lahille (i8go), Willey (1893) und Salensky (1894 und 1895) fest, daß die Peribranchialsäcke inkl. der Kloake bei Ascidienembr3'onen rein ektodermale Bildungen sind. Diesen Autoren stehen Metschnikofk (1868) und van Beneden und Julin (188s und 1887) gegenüber, welche eine ausschheßliche bezw. teilweise Beteiligung des Entoderms annehmen, die aber eben von den genannten neueren Forschern nicht bestätigt worden ist. Salensky' (i895)> der auf Grund eigener Untersuchungen und unter Berücksichtigung der Litteratur auch den Peribranchialraum der Ascidienembryonen einer allgemeinen, vergleichenden Betrachtung unterzieht, schreibt S. 577: „Die Vorgänge, die sich in diesen Einstülpungen ab- spielen, sind von zweierlei Art. Einerseits wachsen sie zu beiden Seiten des Pharyngealsackes aus, legen sich der Wand des letzteren an und brechen in die Pharyngealhöhle oder in deren 'Ausstülpungen mittels der sogenannten Kiemenöffnungen durch. Andererseits verschmelzen sie auf der Rückenseite des Embryos zur Kloakalhöhle, welche später durch die Kloakalöffnung nach außen durchbricht." Nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge unterscheidet Salensky auf Grund seiner Untersuchungen an Dip/osoi/ia Lisfcri (1894) vmd Didonnitvi nivcuvi (1895) folgende wichtige Stufen (1895, S. 581): i) Bildung und \'erschluß der peribranchialen Einstülpungen; 2) Bildung der Kiemenrohre (Aussackungen der Pharyngealhöhle, welche jenen entgegenwachsen), ihre Verwachsung mit den Peribranchialsäcken und Durchbruch in diese hinein durch die primären Kiemenspalten; 3) Verwachsung der Peribranchialsäcke auf der dorsalen Seite des Embryos und Entstehung der Kloakalhöhle; 4) Bildung der Kloakaleinstülpung, ihr Verwachsen mit der Kloakalhöhle und Durchbruch ins Innere derselben, wodurch die Kloakalöffnung entsteht." Es gilt diese Reihenfolge für die von Salensky untersuchten Formen der Synascidien. Die Embryonen der einfachen Ascidien, z. B. von Clavelina, weichen nach Seeltger (1885, S. 38 ff.; 1893, S. 368 ff.) und Willev (1893, S. 338 ff.), wie Salensky auch hervorhebt, davon ab, und zwar in Bezug auf die Entstehung der Kloakalöffnung. Während bei den genannten Synascidien, wie aus obigem Schema hervorgeht, der Einstülpung der peribranchialen Säcke ihr Verschluß unmittelbar nachfolgt, die Kloakalöffnung viel später aber, unabhängig davon, als selb- ständige Neubildung auftritt, entsteht sie liei Clavelina z. B. aus der Vereinigung der beiden do rsola teralen Mündungen der peribranchialen Taschen'). Ihr parallel geht ein Zusammenfließen der letzteren zum einheitlichen Peribranchialraum, der Kloakalhöhle (im engeren Sinne), die nun durch die bereits vorhandene Kloakalöffnung nach außen ausmündet. Ein Vergleich mit Doliolmn zeiyt deutlich, daß die Vorränge bei der Bildung seiner „Kloakalhöhle" einen fast vollständigen Parallelismus zu denen aufweisen, welche sich bei Clavelina z. B. abspielen. Charakteristisch für Doliolnni ist dabei ebenso wie für die einfachen Ascidien, i) VAN Beneden und Julin geben dagegen aucli für PhaUusia (1SS5) und für Cla-vliiia (18S;) dieselbe Neubildung der Kloakalöffnung an, wie sie für Synascidien gilt. Seeliger und AVilley bestreiten stark diese Beoliachtungen. I 10 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. III daß die K 1 o a k a 1 ö f f n u n g- aus dem Zusammenfließen der ursprünglich ge- trennten, lateralen M ü n d u n g e n hervorgeht. Wir dürften demnach wohl berechtigt sein, die sogenannte Kloakalhöhle von Doliohoii als homolog anzusehen dem Pe r ib ranch ialapp arat der Ascidien- embryonen, eine Thatsache, welche, wie bemerkt, schon Fol (1872) aussprach, die nach ihm aber fortgesetzt bestritten wurde. Entscheidend für diese Auffassung bleibt vor allem das ursp rüng-li che Auftreten zweier dorsolateraler Einstülpungen, welche nichts anderes als die beiden primitiven Peribranchialsäcke (Kloakenbläschen) repräsentieren und homolog sind sowohl den Atrial- gängen der Appendicularien, als auch den Peribranchialtaschen der Ascid ienembry onen und des Cyathozooids von Pyrosoma^). Aus dem medio- dorsalen Zusammenfließen der beiden getrennten Einstülpungen geht der P e r i b r a n c h i a 1 r a u m , die Kloakalhöhle (im engeren Sinne), ganz ebenso wie z. B. bei Clavcliua h e r v o r. Ihre Ausmündung, die Kloakalöffnung, besteht bereits in der Verei ni " un y der beiden seitlichen Oeffnungen. So werden Ver- hältnisse, welche bei den Appendicularien dauernd erhalten bleiben, also auch bei den Doliohtm- Embn'onen nur vorübergehend durchlaufen, ebenso wie bei den Embryonen der übrigen Gruppen des lunicatenstammes. Es wird sich weiter unten bei Besprechung der Knospenentwickelung zeigen, daß wir allen Grund haben, auch die „Kloakalhöhle" der geknospten Generationen von Doliolum, und, wie ich hinzufüge, von Dolchhüa, als homolog anzusehen dem Peribranchialapparat der Ascidien- und Z)(?/w/;/w-Embryonen, was für Auch in ia bereits von Barrois nachgewiesen wurde. Das Entodermrohr. Wie olien ausgeführt wurde, durchzieht es bereits auf den jüngsten Larvenst .dien, welche mir zur Verfügung standen, mit elliptischem Lumen den Körper seiner ganzen Länge nach. Das Fehlen bei den Larven von D. Müllen und die Entstehung der späteren Phaiyngealhöhle samt dem Verdauungstraktus aus einer Ektodermelnstülpung, wie Ulianin (1884) angiebt, wurde schon als höchst wahrscheinlich irrtümlich zurückgewiesen. Der Beginn der Ausgliederung des Vorderab.schnittes zur Pharyngealhöhle spricht sich darin aus, daß in dem mittleren Teile des Rohres, dort, wo das Nervensystem infolge seiner Dickenzunahme einen Druck auf die dorsale Wand ausübt, zwei kurze seitliche Falten zur Aus- bildung gelangen (Taf. XII, Fig. 6). Die übrigen Teile der Dorsalwand des vorderen Entoderm- rohres zeigen das gleiche Verhalten (Taf. XII, Fig. 7). Die seiüichen Divertikel vergrößern sich nun offenbar in der Richtung des gering.sten Widerstandes, d. h. sie biegen nach unten um und zwängen sich zwischen Ektoderm und dem unteren Teile des Entodermrohres ein, letzteres kom- primierend (Taf. XIII, Fig. 5, 6). Dadurch und infolge des kräftigen Wachstums am ventralen l) Ob wir es auch bei den Salpenembryonen allgemein mit ursprünglich paarigen Einstülpungen zu thun haben, schemt noch nicht völlig entschieden zu sein. Während nach TODARO (1889) die Kloakalhöhle aus einer unpaaren Ektodermeinstülpung entstehen soll, lassen sie S.^ENSKV (1883) und Brooks (1893) bei Cyclosalpa pimata aus einer paarigen Invagination hervorgehen. Heider (1895) beobachtete neuerdings wiederum ihre Entstehung bei Salpa fusiformis aus einer unpaaren ektodermalen Einstülpung, welche aber von der unteren, der Placenta zugewandten Fläche vordringt. I I I j j 2 GÜNTHER Neumann, Boden kommt die Endostylrinne zu stände {end). Ihre inneren Ränder liegen noch fest aufeinander. Die seitliche Einfaltung- schreitet nach hinten fort, bis ihr Stillstand geboten wird durch die beiden Peribranchialsäcke samt ihrer dorsalen Vereinigung, der Kloakalhöhle (im engeren Sinne) (Taf. XIII, Fig. i). Diese Einstülpungen haben zu jener Zeit bereits den hinteren Teil des ungegliederten Entodermrohres, den Magenabschnitt, in seinem mittleren Teile völlig um- wachsen und ihn bis zum Schwund seines Lumens komprimiert (Taf. XIII, Fig. 8). Der vorderste Teil desselben wird jetzt seitlich umwallt von der Hinterwand der Pharyngealhöhle (Taf. XIV, Fig. i). Hier erfolgt später der Durchbruch der Kiemenspalten. So kommt es, daß der spätere Oesophagus immer etwas aus der Kiemenwand gegen die Pharj^ngealhöhle vorspringt (vergl. Taf. XIV, Fig. 13 u. a. m.). Nachdem der Ausfaltungsprozess nach hinten zum Stillstand ge- kommen ist, sehen wir jederseits in dem hinteren Winkel der Pharyngealhöhle eine solide Aus- stülpung nach der Bauchseite zu vordringen (Taf. XIII, Fig. i). Es sind jene Zapfen {phs), welche als Abkömmlinge der Pharvngealhöhle in die Stoloanlage eingehen (Taf. XIII, Fig. 7). Somit ist die Differenzierung des ursprünglich ungegliederten Entodermrohres in zwei distinkte, aber zusammenhängende Abschnitte vollzogen, von denen sich der vordere in den Dienst der Respiration und Nahrungsaufnahme stellt, der hintere nur den eigentlich verdauenden Abschnitt repräsentiert. Es ist die erweiterte Pharyngeal- höhle mit ihrer ventralen Einfaltung, dem Endostyl, und sodann der Darmtraktus, der als verengter Endabschnitt des ursprünglichen Entodermrohres erscheint. Die Grenze zwischen beiden Teilen wird markiert durch die Ventralausstülpung des vorderen, der Pharyngealhöhle, welche den Stolo aufbauen hilft. Höchst wahrscheinlich knüpft hier in der ventralen Mediane auch die Bildung des Herzens an. Die Kieme. Wenn wir uns nach der Besprechung der Entwickelung der Kloakalhöhle und der Aus- gliederung des Entodermrohres zur Pharyngealhöhle, der Bildung der Kieme zuwenden, die ja das Produkt der Vereinigung beider Höhlen darstellt, so sei zunächst bemerkt, daß wir von den früheren Autoren darüber nur die Bemerkung besitzen, sie gehe aus einer Verschmelzung der Böden beider Hohlräume hervor. Da nun nach Ulianin (1884) die Pharyngealhöhle aus einer ektodermalen Einstülpung hervorgehen soll, so würde bei den Do/iohtiti-l^arven ein Verhalten verwirklicht sein, welches in der Embryonalentwickelung keiner anderen Tunicatenform seines- gleichen fände, insofern nämlich die Kiemenspalten zwei ektodermale Zellwände durchbrächen, von ihrer Bildung also das Entoderm vollständig ausgeschlossen wäre, eine Thatsache, welcher schon Seeliger (1885, S. log) sich skeptisch gegenüberstellte. Auch Salensky (1895, S. 597) scheint Zweifel bezüglich des rein ektodermalen Kiemendarmapparates der Z)ö//(9/?/w-Embr}^onen zu hegen. Wie sich zeigte, dürfte dieser sonderbare Befund auch nicht den Thatsachen entsprechen. Wir bemerkten, daß auf dem Taf. XIII, Fig. i abgebildeten Stadium die gegeneinander gerichteten Wände der Pharyngeal- und Kloakalhöhle sich innig berühren (Taf. XIV, Fig. i). Infolge des kräftigen v^entralen Vordringens der Peribranchialtaschen kommt hier (ventral) die Ausfaltung der Pharyngealhöhle eher zum Stillstand als dorsal, wo die Kloakalhöhle schließlich ein Hindernis bietet. So kommt die von hinten-oben nach unten-vorn schräg gestellte Doppel- 1 12 Beiträge zum Generationswechsel von Dolioliim. j j -> Wandung zwischen beiden Höhlen zu stände, welche von Kiemenspalten durchbrochen wird. Wie erwähnt, erscheint die Hinterwand der Pharyngealhöhle keineswegs eben, sondern zu beiden Seiten der Mediane gegen die Peribranchialsäcke (//-) ausgebaucht (Taf. XIV, Fig. i), die sich ihrer- seits den Aussackungen {kr) fest anlegen, um bald von Kiemenspalten durchbrochen zu werden. Es sind offenbar jene „deux culs-de-sac corespondants du phar3''nx", von welchen Fol (1872, S. 450, Anmerk.) spricht. Ich werde weiter unten auf sie zurückzukommen haben. Bezüglich der Zeit der Entstehung von Kiemenspalten sei nur bemerkt, daß darin die Z?ö//ci/?//;/-Larven sowohl von den Embryonen der einfachen, als auch der zusammengesetzten Ascidien abweichen. Sie brechen bei Didciiinum z. B. durch, bevor die Kloakalhöhle gebildet ist, etwa zu gleicher Zeit mit dem Verschluß der peribranchialen Einstülpungen (Salensky 1894, S. 522). Bei den einfachen Ascidien, z. B. bei Claveüua, erfolgt der Durchbruch schon, noch ehe das Zusammen- fließen der seitlichen Mündungen beendet ist (Seeliger 1885, S. 39; 1893, S. 372 ff.). Die sogenannte Kloakalhöhle von Doliohtni dagegen ist völlig ausgebildet, bevor die ersten Kiemen- spalten sich anlegen. Mit ihrer Entstehung gehen jedoch andere Bildungen Hand in Hand. Ihrer sei zuerst gedacht. Wenn bis dahin die beiden Wände, bezw. deren \^orwölbungen, fest aneinander liegen, so ändert sich mit fortschreitender Entwickelung dieses Verhalten dahin, daß an bestimmten Stellen die Lamellen sekundär wieder auseinanderweichen (Taf. XIV, Fig. 2), indem sich jede der beiden konvex vorwölbt, ohne daß dadurch die Zellgruppierung eine wesentlich andere würde. Das Resultat dieser teilweisen Trennung der verlöteten Wände ist die Entstehung von Spalträumen {hb) zwischen beiden. Mit ihr alterniert eine wohl zu unterscheidende Trennung der Zellen an den bisher noch fest verlöteten beiden Wänden. Der Erfolg ist eine Perforation beider Wände (Taf. XIV, Fig. 2 ks), welche dadurch zu stände kommt, daß sowohl die Ektodermzellen der Kloakal-, als auch die Ekto- dermzellen der Pharyngealwand zu einer feinen kreisförmigen Durchbruchsöffnung auseinander- weichen. Die Durchbruchspforte ist dann an der pharyngealen Seite von Ento- derm, an der entgegengesetzten kloakalen (peribranchialen) von Ektoderm- zellen gleichmäßig begrenzt. Um diese zunächst noch kreisförmigen „Kiem en spalten" ziehen jene Lumina, welche durch das Auseinanderweichen der Wände entstanden sind. Sie stellen nichts anderes als Spalträume der primären Leibeshöhle, die späteren Blut bahnen, dar. Die besprochenen Verhältnisse lassen sich an den bezeichneten frontalen (horizontalen) Längs- schnitten leicht verfolgen. Taf. XIV, Fig. 2 zeigt einen Frontalschnitt durch die Taf. XIII, Fig. 2 abgebildete Larve, noch dorsal vom Oesophagus geführt. Die Wände der Pharyngeal- und Kloakalhöhle sind sekundär auseinandergewichen, Blutbahnen (/;/;) bildend. Die i. Kiemen- spalte {ks) stellt die Kommunikation zwischen beiden Höhlen dar. Einen weiter ventralwärts durch die 2. Kiemenspalte geführten Frontalschnitt giebt Taf. XIV, Fig. 3 wieder. Er hat Oesophagus {ös) und Enddarm {ed) getroffen. Da, wie erwähnt, die Pharyngealhöhle zu beiden Seiten des Oesophagus nach hinten vordringt (/'/-) — sie hat ihn von drei Seiten nahezu voll- ständig umfaßt — liegt das 2. Kiemenspaltenpaar weit zurück, neben der distalen Wand des Oesophagus. Blutbahnen erscheinen nicht nur zwischen den inneren Rändern der Spalten gebildet, sondern auch an ihren Außenseiten. Frontalschnitte, welche den Durchbruch von Kiemenspalten nicht getroffen haben, belehren uns über das Zustandekommen dieser schlitzartigen Hohlräume. Es resultiert daraus, daß die Peribranchialsäcke einerseits und die Aussackungen der Pharyngeal- 113 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Bd. XII. 15 j j , Günther Neumann, höhle andererseits sich in der Horizontelen übereinander hinvvegschieben, förmlich ineinander legen. (Man denke sich Taf. XIV, Fig. 3, Pharjmgeal- und Kloakalhöhle geschlossen.) Wenn nun der Durchbruch erfolgt — und das geschieht scheinbar immer ganz gesetzmäßig senkrecht zu der Aneinanderlagerung (vergl. Taf. XIV, Fig. 3) — trennen sich beide Wände an der Außenseite der Perforation wieder, um einen schlitzartigen Raum der Leibeshöhle (///) zwischen sich zu fassen. Weiter ventralwärts (Taf. XIV, Fig. 4) finden wir die peribranchialen Säcke (/r) zwischen Magen [fug) und die entgegengesetzt gerichteten Ausstülpungen der Pharjaigealhöhle (kr) mächtig vorgedrungen, wie es ihrer Genese entspricht. Während vorher, mehr dorsal, der Oesophagus von vorn fast vollständig durch die hintere Pharyngeal wand umfaßt wird, umgreifen den Magen nunmehr die Peribranchialsäcke von hinten her auf drei Seiten. Sie haben endlich Taf. XIV, Fie- =; die Pharvnsrealhöhle völlio" aus der Remon des Darmtraktus verdräno-t. Der Durchliruch der 4. Kiemenspalte erfolgt daher vor ihm, neben der Mundrinne {/in), deren Differenzierung sich in der Ausbildung hoher Prismenzellen kundgiebt. Die weiteren Veränderungen am Kiemenapparat kommen darin zum Ausdruck, daß das System der Blutbahnen erweitert und in \'ollständige Kommunikation zu dem dorsalen und ven- tralen Teil der Leibeshöhle gesetzt wird. Wir sehen ferner, wie die Zellen der phar\-ngealen und kloakalen Wände sich abflachen (Taf. XIV, Fig-. 6, 7). Nur im Umkreis der Kiemenspalten erhält sich zunächst noch ein Epithel hoher Prismenzellen, deren Umbildung zu langgestreckten Flimmerzellen die definitive Gestaltung der Kiemenspalten anzeigt. Bekanntlich wird die Kiemenlamelle der Doliohnii-\jöxVQ, bezw. der Amme, nur \on \ier Spetltenpaaren durchbrochen, welche alle auf die eben geschilderte Weise durch Perforation entstehen, und zwar hebt, wie auch bei Clavcliua z. B. und bei Pyivsoma, die Bildung im dor- salen Teil der Kiemenlamelle an, um von da rasch nach dem ventralen fortzuschreiten. Ihre Vergrößerung geschieht, wie das Grobben (1882, S. 17) zuerst ausführlich dargelegt hat, von W^achstumspunkten aus, welche in den beiden Winkeln jeder Spalte gelegen sind. Wir hatten die „Kloakalhöhle" von Doliolum als homolog dem Peribranchialapparat der Ascidienembryonen kennen gelernt. Mit der Entstehung jenes Raumes ist die Bildung der Kiemenlamelle aufs innigste verknüpft. Es entsteht nun naturgemäß auch die Frage nach ihrer Homologie. Folgt diese überhaupt ohne weiteres bei der engen Beziehung beider Organe aus der Homologie des ersteren oder nicht? Nach Ulianin (1884), der die Kloakalhöhle als nicht vergleichbar dem „Atrium" der Ascidien ansah, würde jene Frage zu verneinen sein, zumal die Pharyngealhöhle ja auch ekto- dermaler Entstehung sein sollte. Salensky (1895) schließt sich Ulianin in der Auffassung der Kloakalhöhle an und kommt somit zu dem Schluß (S. 490): „Eine solche Kieme (die von Doliolum) ist weder ihrer Entstehung, noch ihrer Lage nach der Kieme der übrigen Tunicaten homolog und nuiß als sekundäres Organ betrachtet werden." Um die Frage zu entscheiden, sei zunächst bemerkt, daß die Angaben der Autoren über die Bildung der Kiemenspalten bei Ascidienembryonen ziemlich widersprechend lauten, sowohl was die Zahl der primären Spalten anlangt, als auch bezüglich der Art ihrer Vermehrung zu den sogenannten sekundären. Wie dem im einzelnen auch sein möge, so scheint doch zweierlei festzustehen. Es bilden sich primäre Kiemenspalten durch Perforation, und sie vermehren sich 114 Beiträge zum Generationsweclisel von Dolioliim. ITC entweder wiederum nur durch neue, selbständig auftretende Durchbrechungen, oder aber durch Teiking der vorhandenen Spalten. Wie erwähnt, sind die 4 Spaltenpaare bei Doliohuii aus 8 nahezu gleichzeitig erfolgten Perforationen hervorgegangen. Eine Vermehrung erfolgt bei den Larven bezw. Ammen bekanntlich nicht, obgleich eine wesentliche Vergrößerung der Lamelle auf späteren Entvvickelungsstadien stattfindet. Dagegen werden in den Knospen fortgesetzt neue Spalten gebildet, und zwar dann nur durch neue Durchbrüche, niemals durch Teilung der vor- handenen. Die Vorgänge in den Doliolum-\jsx\(tx\ scheinen sich wiederum eng an die bei Clave- liua anzuschließen, wo nach Seeliger (1885, 1893) und Willey (1893) sämtliche Kiemenspalten aus selbständigen Perforationen ihre Entstehung nehmen. Mit demselben Rechte aber, mit welchem man die Kiemenspalten von Clavelina mit denen der übrigen Ascidien homologisiert mögen sie durch Teilung oder Perforation entstanden sein, wird man die von DoHohuii ebenfalls als jenen homologe Bildungen ansehen dürfen, wenn man dabei be- rücksichtigt, daß die „Kloakalhöhle" von Dolioluni homolog ist dem Peribranchialapparat der übrigen Tunicaten. Auf eins sei in diesem Zusammenhange noch hingewiesen. Nach Salensky (1895) entsteht der Peribranchialkiemenapparat der Tunicaten aus drei Anlagen: 1) aus den Peribranchial- einstülpungen, 2) aus den Kiemenrohren, 3) aus der Kloakaleinstülpung. Von diesen drei Be- standteilen soll Doliohiui nur den letzteren, die Kloakaleinstülpung, besitzen. Aus ihr soll die gesamte Kloakalhöhle hervorgegangen sein. Doliohiin „entbehrt sowohl der Peribranchialsäcke, als der Kiemenrohre, welche bei ihm nicht einmal angelegt werden" (Salensky 1895, S. 583). Daß die Peribranchialeinstülpungen ihm nicht fehlen, wurde schon nachgewiesen. Als „Kiemen- rohre" bezeichnet Salensky wohl zum ersten Male die Aussackungen, welche vom Kiemendarme den beiden Peribranchialeinstülpungen sich entgegenwölben, mit ihnen verwachsen und die beiden primären Kiemenspalten bilden, welche ihrerseits den 2 Kiemenöffnungen der Appendicularien homolog sind. Entstanden sind jene Aussackungen des Kiemendarmes hauptsächlich unter dem Drucke, welchen die Peribranchialröhren auf die primäre Darmhöhle ausüben. Die Darmwand erscheint darum an dieser Stelle grubenförmig eingesenkt (Salensky 1894, S. 519). Es wurde schon oben darauf hingewiesen, wie die Hinterwand der Pharyngealhöhle bei Do/io/ii/n-'Ldirver]. sich beiderseits der Mittellinie, den Peribranchialeinstülpungen entgegen, vorwölbt, nachdem die letzteren das primäre Darmrohr bis zum Schwund seines Lumens komprimiert haben (Taf. XIV, Eig. i). Zur Zeit, wenn die Kiemenspalten durchbrechen, haben sich diese Aus- stülpungen zu tiefen „konischen Aussackungen" (Xv) umgebildet, die sich, wie frontale Längs- schnitte zeigen, sogar seitlich über die Peribranchialsäcke hinwegschieben (Taf. XIV^ Fig. 4). Diese Bildungen hat wohl auch Eol (1872, S. 450) mit den „deux culs-de-sac correspondants du pharynx" gemeint. Nach alledem steht wohl nichts im Wege, jene beiden Aus- sackungen der Pharyngealhöhle bei Doliohim als homolog den Kiemenrohren der Ascidienembryonen (nach Salensky) zu betrachten, womit also alle Kon- stituenten eines typischen Peribranchialkiemenapparates auch bei Dolioliim gegeben wären. Wir würden also dann jede der beiden Aussackungen in ihrer Totalität als je ein primäres Kiemenrohr im Sinne Salensky's anzusehen haben und kämen mit dieser Auffassung meines Erachtens Julin (1904, S. 548) sehr nahe, welcher im Doliohnn, ebenso wie im Pyrosoina, eine 115 15* I i6 Günther Neumann, Tvinicate erblickt, welche „pourvu d'une paire de fentes branchiales subdivisees". Alsdann hätten wir uns vorzustellen, wie Julin auch für Pyrosonia ausführt, daß 2 ursprüngliche Kiemenlöcher (homolog denen der Appendicularien) in den Embrj^onen von Doliohim sekundär eine Vierteilung erfahren hätten. Dabei gehen wir natürlich von der Annahme aus, daß wir in den beiden Kiemenöffnungen der recenten Appendicularien ursprüngliche Verhältnisse erblicken, wie jULiN (1904), auch SeeliCtER (1885, 1893), Salensky (1895) """^^ andere thun, nicht aber mit WiLLEY (1893) "iif^ KoRSCHELT Und Heider (1893, S. 1 293 u. 1 4 1 9) ihren Respirationsapparat als rückgebildet betrachten. Die Pharyngealhöhle. Wir hatten die Ausgliederung der Pharyngealhöhle bis zu dem Zeitpunkte verfolgt, wo nach Vereinigung ihrer Hinterwand mit den peribranchialen Höhlungen die Kiemenspalten zum Durchbruch gelangen. Es bleibt uns noch übrig, einige weitere Differenzierungen in ihrem Bereiche kurz zu streifen. Während sich das hohe Epithel mit zunehmendem Alter der Larve merklich abflacht, wird ein bandförmiger Komplex beider Seitenwände der Pharyngealhöhle, etwa im Bereiche des zweiten Intermuskularraumes, hiervon nicht betroffen. Er stellt die Anlage der Flimmerbänder dar, welche vom Vorderende des Endostyls zur Flimmergrube ziehen (Taf. XV, Fig. I rb). Anfangs breit und zieirilich gerade verlaufend, erscheinen sie bald relativ schmäler und mit geschweiften Konturen. Aus dem verbreiterten Abschnitt im Umkreise der Flimmergrube differenziert sich schließlich ihre spiralige Anordnung, die für die meisten Tunicaten charakteristisch ist. Das eben bezeichnete Verhalten treffen wir auch auf einer schmalen Strecke zwischen dem Hinterende des Endostyls und dem Oesophagus bei Bildung der JVI u n d r i n n e (Taf. XIV, Fig. I, 5 u. 7 nir) an. Die Umbildung dieser hohen Zellen zu einem Wimperepithel erfolgt, wie Ulianin bereits angiebt, erst auf den letzten Stadien der Larvenentwickelung, wenn auch der Endostyl und Verdauungstraktus zu funktionieren beginnen. Dagegen finden wir den vordersten Abschnitt des Flimmerkanals, die Flimmergrube, schon lange vor dieser Zeit mit Wimpern ausgestattet und in die Pharyngealhöhle sich öffnend. Das Verbindungsstück des Kanals zwischen seiner Mündung und dem Ganglion zieht sich unter starker Abplattung seiner Zellen später lang^ aus und ist nie mit Wimpern ausgekleidet. Auf die definitive Gestaltung dieser Bildungen einzugehen, erübrigt sich deshalb, weil an der Amme sowohl, als auch besonders bei den geknospten Generationen, diese mehrfach beschrieben worden sind. Nur einige allgemeine Bemerkungen seien noch bezüglich der Abstammung des Fli mmer- k a n a 1 s hinzugefügt. Daß er bei Doliohiin-\j&x\&x\ ein Abkömmling des Nervensystems, also ektodermaler Herkunft ist, ist nie bezweifelt worden. Es läßt sich bei ihnen auch besonders leicht verfolgen, wie er sich direkt aus dem vorderen verjüngten Abschnitte des Nerven- rohres bildet. Damit steht Doliohim zunächst in naher Beziehung zu den A s c i d i e n , bei denen, nach den übereinstimmenden Angaben zahlreicher Forscher, die Flimmergrube mit ihrem Kanal vom Nervensystem aus entsteht. Nur van Beneden und Julin (1884) und Seeliger (1885) betrachten sie als ein Divertikel der entodermalen Wand der Pharyngealhöhle. Bloß in einem Stücke scheint Doliohiiii in dieser Beziehung von den Ascidien abzuweichen. Die Mündung des 1 16 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 117 Fliminerkanals liegt bei letzterem bereits im Ektodcrm der Mundeinstülpung. Ich glaul)e nicht, daß dasselbe auch für Doliohivi anzunehmen ist. Der Anteil des Ektoderms bei Bildung der Mundöffnung ist viel zu gering, als daß es bis zu dem 3. Muskelreifen, wo die Flimmergrube sich in die Pharyngealhöhle öffnet, reichen könnte. Es hängt dieser Unterschied offenbar mit der verschiedenen Lage des Durchbruches der Ingestionsöffnung zusammen, der bei Ascidien- embryonen auf der Dorsalseite, bei Doliohcm aber sogar ein wenig ventral der mittleren Längs- achse erfolgt. Da bei Doliolitm das larvale Nervensystem in gleicher Ausbildung auch bei der Amme zeitlebens bestehen bleibt, wird natürlich auch der Zusammenhang mit der Flimmergrube nie gelöst, wie es nach vollzogener Festsetzung der Ascidienlarve der Fall ist. Auch beim Cyathozooid der P }' r o s o m e n und bei den S a 1 p e n e m b r y o n e n entsteht bekanntlich der Flimmerkanal vom Nervensystem aus. Der Darmtraktus. An dessen erster Gestaltung haben die peribranchialen Einstülpungen wesentlichen Anteil. Durch ihr V^ordringen kommt zunächst die Ausgliederung des vorderen En toder m roh res zur Pharyngealhöhle nach hinten zum Stillstand. Durch den Druck, den sie auf den hinteren Teil das ungegliederten Entodermrohres ausüben, wird dieses hier bis zum Schwund seines Lumens komprimiert. So erscheint das Entodermrohr zerlegt in einen vorderen erweiterten und hinteren verengten Abschnitt, in Pharyngealhöhle und Darm röhr. Letzteres erfüllt zu dieser Zeit als kurzer, dicker Zellzapfen den Hinterabschnitt des Larvenkörpers (Taf. XIII, Fig. 8, 9), zu dessen Längsachse die seine nunmehr schräg gestellt erscheint. Bald setzt sich der vordere Teil des Darmtraktus von dem darauf folgenden durch eine von unten kommende Ein- schnürung ab. Jener repräsentiert die Anlage des Oesophagus, dieser den späteren Magen, welcher nunmehr nach hinten ein Divertikel sproßt, das zum Enddarm sich ausbildet (Taf. XIII, Fig. 2). So ist an dem ungegliederten Darmrohr jene charakteristische Dreiteilung in Oesophagus, Magen und Enddarm vollzogen. Frontale Längsschnitte durch diese Stadien lassen erkennen, daß alle drei Abschnitte bereits von einem engen Lumen durchzogen werden (Taf. XIV, Fig. 3 — 5). Als Ausstülpung des Magens gegen den Enddarm tritt an der .Uebergangstelle beider die „d a r m u m s p i n n e n d e Drüse" auf (Taf. XIV, Fig. 7 dr). Sie legt sich als dünnes Rohr dem Intestinum an, das seinerseits mittels der Analöffnung durch die Kloakenwand bricht, und zwar zum Unterschiede von den geknospten Generationen, wo es nach rechts hinüber biegt, in der Medianlinie des Körpers. Charakteristische Artunterschiede werden durch das Intestinum inso- fern bedingt, als dasselbe sich bei den Larven von D. dcntkulatum nach hinten lang auszieht, so daß seine Mündung in die Kloake unter den 8. Muskelreifen zu liegen kommt (Taf. XIV, Fig. 13). Die Larven von D. Uliilkri dagegen sind dadurch ausgezeichnet, daß der freie Schenkel seine Aufwärtskrümmung, welche auf früheren Stadien auch bei D. dentictüahim zu konstatieren ist, beibehält, und also U-förmig nach oben umgebogen, beim 6. Muskelreifen in die Kloake mündet (Taf. XVII, Fig. 2)'). I) An den Laiven Taf. XIII, Fig. i — 4 beobachtete ich regelmäßig, mehr oder minder deutlich ausgebildet, zwischen der ersten Chordazelle und dem Enddarm ein feines verbindendes Aestchen. Es ist Taf. XIII, Fig. 4? eingezeichnet. Anfangs ii8 GÜNTHER Neumann, Die Chorda. Sie macht die Hauptmasse des Schwanzes aus, der bekanntlich für die Do/io/iiiii-l^?ir\en ebenso charakteristisch ist, wie für die Embryonen der Ascidien. Angaben über ihren Aufbau und ihre Rückbildung besitzen wir von allen Autoren, welche Do/io/um-V^civwen fischten. Ueber die Beschaffenheit der Chordazellen spricht sich Grobben (1882, S. 24) zutreffend so aus: „Die- selben haben dicke Wände. Der Kern (Uijanin: ,Plasmaklumpen', 1884, S. 64) liegt der Wand an, und nur spärliches Protoplasma durchsetzt netzförmig den Zellraum" (Taf. XII, Fig. 12—14). Der Anblick der einreihig hintereinander geordneten Zellen erinnert am meisten an den einer Schuppenkette (Taf. XIII, Fig. i). Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß die Chorda- zellen abgeplattet, gleich den Gliedern der Kette, sich einander teilweise decken. Sie sind viel- mehr abgerundet- kubische Zellen (Taf. XII, Fig. 14), deren proximale oder distale Wand konvex \'orgewöll3t erscheint. Die ersten basalen Chordazellen zeigen immer die erstere Vor- wölbung (Taf. XIII, Fig. i). Sehr oft springt diese dann auf die distale Wand über, so daß der Eindruck erweckt wird, als liefen die Zellen von diesem Umkehrpunkte, nach entgegengesetzten Seiten vorgewölbt, auseinander. Eventuell wechselt das Verhalten noch ein drittes Mal. Der Kern liegt dann regelmäßig der nicht vorgewölbten Zellwand an (Taf. XII, Fig. 14), im vorderen Chorda- abschnitt also der distalen, im hinteren der proximalen (Taf. XIV, Y'vg. ij). Wie oben erwähnt, spielt sich bei den Larven von D. doiticulatiiiii schon während des Larvenlebens eine fortdauernde Reduktion des Schwanzes ab, von welcher jene endgiltige zu unterscheiden ist, die zum Schwinden des oresamten Lokomotionsorgfans führt. Was die erstere anlangt, so wurde schon hervorgehoben, daß das Maximum der Schwanz- verlängerung noch vor dem jüngsten in Taf. XI, Fig. i abgebildeten Stadium zu liegen scheint. Ich fand nicht eine einzige Larve vor, deren Chorda bis in die hintere Spitze der Eihaut hinein intakt gewesen wäre, wohl aber eine große Anzahl, bei denen sie, in Stücke zerschnürt, nahezu das distale Ende derselben erreichte. Taf. XIII, Fig. i zeigt ein hinteres Stück der Chorda in Aviflösung begriffen. Der Beginn der Degeneration des Schwanzes scheint sich darin auszu- sprechen, daß die Kerne der Chordazellen mittelständig werden. Das zarte Plasmanetz des Zell- leibes schwindet, an seine Stelle tritt eine dichte, feine Granulation, welche die ganze Zelle erfüllt, sich aber bei Osmiumbehandlung absolut nicht schwärzt. Schließlich schwindet das Chromatin des Kernes, er wird homogen, nimmt blasige, gläserne Beschaffenheit an und löst sich endlich ganz auf. Gleichzeitig schwinden mehr oder minder auch die Zellgrenzen. Das umhüllende Ektoderm wird von dem Degenerationsprozeß gleichfalls erfaßt. Normalerweise umkleiden den Larvenschwanz platte Ektodermzellen mit runden mittelständigen Kernen (Taf. XII, Fig. 14). Die Rückbildung dieser Epidermis wird dadurch eingeleitet, daß die Zellen schärfer gegeneinander sich absetzen und ihre nach aulten gerichteten Wände sich schwach konvex vorwölben, so daß die Chorda hier gleich wie mit Ektodermzellen gepflastert erscheint (Taf. XIII, Fig. i). Ihre Kerne platten sich ab und rücken an die vorgewölbte Wand; schließlich heben sich die Zellen ganz oder teilweise von ihrer Unterfläche ab und runden sich vollständi<>" kuo-eli«-. Der flache wand- hielt ich es für einen Nerv. Es zeigte sich jedoch, daß es damit nichts zu thiin hat. Ich konnte die Bildung stets bis an die Unterseite der ersten Chordazelle verfolgen; am anderen Ende setzt sie meist breit dreieckig am Darm an. Mir ist weder ihre Herkunft noch auch ihre Bedeutung klar geworden, weshalb ich mich begnüge, darauf aufmerksam gemacht zu haben. 118 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. I I Q ständige Kern ist meist noch nachweisbar. In diesem Zustande ballen sich oft mehrere so degenerierte Ektodermzellen zusammen und hängen, dicken Tropfen vergleichbar, dem Endabschnitt des Schwanzes an , dessen Achse von zerfallenden Chordazellen erfüllt ist. Solche kompakte Schwanzstücke, die sich später völlig auflösen, sind gewöhnlich untereinander durch dünnhäutige Stränge oder Schläuche verbunden, deren Inneres mit einem fädigen Gerinnsel einzelner zersetzter Zellen erfüllt ist. Was eigentlich aus dem Material wird, vermag ich nicht zu sagen. Daß es am Ende der Larvenentwickelung in den Körper einbezogen würde, scheint schwer verständlich, da es von ihm ja durch den noch gesunden basalen .Schwanzteil getrennt ist. Fetttropfen konnte ich niemals nachweisen. Davon unterscheidet sich in manchen Punkten der Degenerationsprozeß des .Schwanzes am Ende der Larvenentwickelung, der schließlich dazu führt, daß das gesamte Loko- motionsorgan in den Körper einbezogen wird. Eine Verschiebung der Chordazellen, die Uli.anin (1884, S. 68) bei den Larven von D. Müllcri dabei beobachtet hat, kann ich auch für die von D. doitiatlahmi bestätigen. Wir treffen Chordazellen neben- oder übereinander geschoben und zwischen die im Verbände gebliebenen Zellen und das Ektoderm getreten, letzteres häufig buckei- förmig hervortreij-iend (Taf. XIV, Fig. 13). Die histologischen Veränderungen der Chordazellen, wie sie eben für die teilweise Reduktion während des Larvenlebens anofeoeben wurden, lassen sich auch jetzt konstatieren. Das Ektoderm jedoch, welches die Chordazellen umhüllt, ist nicht wie dort jenen tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Es bleibt intakt, zieht sich nur bis zu der oft beobachteten ventralen Ausbuchtung im Bereich des 7. Muskelreifens zusammen, die sich, mit einein kleinen Teil der Produkte des Zerfalls erfüllt, immer an Tieren findet, welche auf der Grenze zwischen Larve und y\mme stehen (Taf. XV, Fig. 2 sr). Das Mesoclerm tritt uns, wie eben erwähnt, in Gestalt von zwei äußerst dünnen Platten zu beiden Seiten des Körpers zwischen Entodermrohr und Epidermis entgegen (Taf. XII, Fig. 5). Im vorderen Larven- körper fehlt es anfangs vollständig (Taf. XII, Fig. i — 4), nach hinten zu wird es mächtiger und umhüllt hier nicht nicht nur dorsal den verjüngten Abschnitt des Nervensystems (Taf. XII, Fig. 7), sondern schiebt sich auch ventral zwischen Ento- und Ektoderm ein (Taf. XII, Fig. 10). Hier liegt, etwa gegenüber den sich bildenden Peribranchialeinstülpungen, bereits deutlich gegen das umgebende Mesoderm abgegrenzt, der erwähnte mesodermale Zellhaufen als erstes Element, welches sich an dem Aufbau des Stolo prolifer beteiligt (Taf. XII, Fig. 19 mss). Das geschilderte Verhalten ändert sich bei fortschreitender Entwickelung sehr bald. Wenn die seitlichen Platten mächtiger werden, drängen zuerst unmittelbar vor den Peribranchialeinstülpungen Mesodermzellen den hinteren Abschnitt des Nervensystems vom Ektoderm ab (Taf. XII, Fig. 8) '). Dieser ersten Ansammlung von Mesodermelementen oberhalb des Nervenrohres folgt eine zweite am entgegen- gesetzten Ende desselben, im Umkreis des Neuroporus (Taf. XI, Fig. 5 vies). Es wird sich zeigen, daß diesen Mesodermwülsten die hintersten und vordersten Muskelreifen Im Umkreis der Mund- und Kloakalöffnung Ihren Ursprung verdanken. Inzwischen ist merkwürdigerweise auch I) In den Figg. 3 u. 5, T.if. XI, ist das seitliche Mesoderm nicht eingezeichnet, sondern nur so weit berücksichtigt worden, als es im mittleren optischen Längsschnitt (z. B. dorsal vom Nervenstränge) auftritt. 119 j 2Q GÜNTHER Neumann, unterhalb des Nervensystems, zwischen ihm und dem Entodermrohr, Mesoderm aufgetreten (Taf. XII, Fig. 7), und zwar an der Stelle, wo der mittlere verdickte Abschnitt des Nervenrohres sich gegen den verjüngten hinteren absetzt (Taf. XI, Fig. s)- Dadurch ist dieser Teil des Nerven- systems auf eine kurze Strecke vom Entodermrohr abgedrängt worden, dem es bisher fest auflag. Dieses Verhalten wiederholt sich an keiner anderen Stelle. Es giebt die erwähnte Mesoderm- ansammlung dem 5. Muskelreifen seine Entstehung, der infolgedessen, wie wir sahen, zeitlebens unter den Nerven verläuft. Wiederum dorsal vom Nervensystem tritt vor der Stelle seiner größten Dicke ein Mesodermring auf, aus welchem sich später der 4. Muskelreifen differenziert /Taf. XI, Fig. 5), endlich läßt sich im Hinterabschnitt, zwischen dem 5. Muskelringe einerseits und der Anlage der 3 letzten andererseits, eine mesodermale Zellhäufung nachweisen, aus welcher der 6. Muskelreifen hervorgeht. An den Flanken hat sich die Mesodermplatte inzwischen entsprechend den getrennten dorsalen Zapfen in Segmente zerschnürt, die allerdings noch unregelmäßig miteinander anasto- mosieren und die bekannten Fenster bilden (Ulianin 1884, S. 59). Irgendwelche Konstanz scheint in diesen fensterförmigen Bildungen schon deshalb nicht zu bestehen, weil oft nicht einmal die beiden Seiten sich in der Ausbildung von Ouerl^rücken zwischen den einzelnen Mesoderm- ringen entsprechen. Diese breiten Wülste dringen nun nach der Bauchseite zu vor, wo sie unter dem Endostyl schließhch zusammenfheßen. Auf diese Weise sind (Taf. XIII, Fig. i) 6 ge- schlossene Mesodermringe von elliptischem Querschnitt entstanden, von welchen der vorderste und hinterste schon durch ihre größere Breite verraten, daß aus ihnen sich noch weitere Reifen ab- teilen werden. Die 6 Ringe entsprechen dem i. und 2., 3., 4., 5., 6. und 7. — g. Muskelreifen. Ich kann somit für die Larven von D. dcutkulatmn nicht bestätigen, was Ulianin (1884, S. 59) an den Larven von D. iMfi/kri über die zeitliche Folge der ersten Differenzierung von Muskelreifen beobachtet hat. Nicht an den Seiten, sondern dorsal zuerst, zuletzt ventral, treten bei ersteren gesonderte Mesodermringe auf. Von den ursprünglich zusammenhängenden seitlichen Platten drängen zuerst nach dem Rücken einzelne Mesodermzapfen vor, unmittelbar hierauf teilen sich jene an den Seiten mehr oder weniger auf, worauf die Teilstücke nach der Bauchseite wuchern. Auch die Reihenfolge der Aussonderung der einzelnen Reifen beobachtete ich bei den Larven von D. dentiatlahini anders, als Ulianin bei denen von D. Mülleri. Es beginnen auch bei ersteren die letzten und ersten Reifen, und zwar vollzieht sich der kreisförmige Schluß bei dem i. Ringe früher als bei dem letzten. Es folgen der 5., 4., 6. und 3., und endlich sondern sich aus den breiten ringförmigen Wülsten, welche Mund- und Ausfuhröffnung um- schließen, der 2., bezw. der 7. und 8. aus. Sie verlaufen dann noch kurze Zeit gemäß ihrer Abtrennung nahe bei einander (Taf. XIII, Fig. 2); erst später nimmt der i. und 7. Intermuskular- raum die Breite der übrigen an, während der 8. und 9. Muskelreifen zeitlebens einander stärker genähert bleiben (Taf. XV, Fig. i). Ueberhaupt machen sich bezüglich des gegenseitigen Abstandes sowie des Verlaufes der Muskelreifen charakteristische Unterschiede zwischen Larven vmd ausgebildeten Ammen geltend. Die junge Amme besitzt, ebenso wie die völlig entwickelten Geschlechts- und Pflegtiere, Muskel- reifen, welche, abgesehen etwa vom i. und 2., 8. und g., alle ungefähr gleich weit \'oneinander abstehend, streng parallel und in einer Ebene verlaufen. Dieses definitive Verhalten ist bei den in der Entwickelung begriffenen Larven nur angedeutet. Wir treffen die Muskelreifen, besser 120 Beitr^e zum Generationswechsel von Doliolum. I 2 t Mesodermringe, hier ungleich weit voneinander entfernt an. Besonders fällt auf, daß die Ent- fernungen an der Dorsalseite um so geringer sind, je jünger das Tier ist. Die Ventralseite zeigt das entgegengesetzte Verhalten (vergl. Taf. XIII, Fig. i — 4). Daraus resultiert nun, daß fast nicht ein Muskelreifen auf jüngeren Stadien in einer Ebene verläuft. Die ersten erscheinen nach hinten, die letzten, besonders stark der 6., nach vorn ausgeschweift. Ein Blick auf die bezeichneten Figuren wird das Gesagte verständlich machen. Wir müssen aus alledem schließen , daß die dorsale Seite während der Ent- wickelung stärker wächst als die ventrale. Ein Vergleich der Taf. XIII, Fig. 2, und Taf. XIV, Fig. 13 abgebildeten Stadien dürfte diesen Schluß plausibel machen. Wir sehen Taf. XIII, Fig. I die Dorsalseite des Hinterabschnittes gegenüber der Bauchseite bedeutend nach vorn vorgezogen, so daß der breite Mesodermwulst, welcher die Egestionsöffnung umschlingt, auffällig schräg nach oben und vorn zur Längsachse des Körpers gestellt erscheint. Schon bei der Taf. XIII, Fig. 4 wiedergegebenen Larve läßt sich dagegen ein nahezu senkrechter dorso- ventraler Verlauf des 8. und 9. Muskelreifens konstatieren. Ebenso deutlich spricht sich das stärkere dorsale Wachstum in der jeweiligen Lage des Rückenauswuchses (;/) aus. Ganz be- sonders wichtig wird dieses Verhalten für die Egestionsöffnung. Sie gelangt vom Rücken, wo ihre Bildung stattfindet, allmählich an das Hinterende des Tieres, der Ingestionsöffnung gegen- über, sie vollführt also eine Drehung um go". Bei den Ascidien dagegen verbleibt die Egestionsöffnung auch nach vollzogener Festsetzung der Larve an der Dorsalseite, ein Beweis dafür, daß Doliolum gegenüber den Ascidien eine phylogenetisch jüngere Form darstellt. Viel- leicht gab die freischwimmende Lebensweise bei Doliolum den Anstoß zu dieser Verlagerung, weil ja nur eine Egestionsöffnung, welche der IngestionsöHnung gegenüber in der Längsachse des Tieres gelegen ist, eine ökonomische Fortbewegung mittelst der Muskelreifen ermöglichte. Die histologische Differenzierung der Mesodermzellen zu kontraktilen Elementen erfolgt erst, wenn die völlige Aussonderung aller Mesodermringe vollendet ist. Noch auf dem Taf. XIII, Fig. i abgebildeten Stadium gleichen die Zellen, welche diese 7 Wülste von ovalem Querschnitt zusammensetzen, völlig dem übrigen Mesoderm. Schon auf dem Taf. XIII, Fig. 4 wiedergegebenen Stadium haben die Zellen sich spindelförmig ausgezogen und an ihrer Peripherie kontraktile Fasern ausgebildet, die sich mit zunehmender Entwickelung rasch ver- mehren. Erst später aber wird der Muskelring zu einem Muskelreifen von bandförmigem Quer- schnitt. Die Larve ist zu dieser Zeit immer noch von der Eihaut umhüllt und mit dem Ruder- schwanze ausgestattet, dessen Muskeln allerdings wohl dann kaum noch leistungsfähig sein dürften. Wann die Muskelbinden in Funktion treten, vermag ich nicht anzugeben, da ich keine Gelegenheit hatte, Larven lebend beobachten zu können. Krohn (1852) bildet Taf. II, Fig. 6 eine Larve von D. Mülleri ab, welche etwa der von mir Taf. XIV, Fig. 13 gezeichneten (von D. deutinilatuin) im Alter entsprechen dürfte. Von ihr schreibt er (S. 63) : „Das Tier war noch keiner selbständigen Bewegung fähig, und nur das Schwänzchen sah man leise zucken und vibrieren." Nach Ulianin (1884, S. 65) treten gegen das Ende des Larvenlebens Kontraktionen der Muskelreifen auf, welche aber zur Fortbewegung der Larve nicht dienen können, „da diese von dem umgebenden Wasser durch die Dotterhaut noch abgeschieden ist". Die Muskelzellen, welche zur Lokomotion des Schwanzes dienen, sind auf dem jüngsten Stadium, welches ich besaß, als solche bereits vollständig entwickelt (Taf. XII, 121 Deutsche Tiefsee-Expedition iSqS — 1899. Bd. XII. 16 j 2 2 Günther Neumann, Fig 14 st//s). Ueber ihre Entstehung vermag ich daher nichts zu berichten. Sie erstrecken sich über die gesamte Chorda, soweit sie intakt ist, mit Ausnahme etwa des basalen Viertels, welches ich stets frei von Muskelzellen sah (vergl. Taf. XIII, Fig. i u. a. m.). Es scheint somit dieser vorderste Abschnitt der Chorda, der zudem auf frühen Stadien sich fest an den Darmtraktus anlegt (Taf. XI, Fig. i) und immer von großen Mesodermzellen dicht umhüllt ist, als unbeweg- licher Stab den ersten Muskelzellenreihen zur Anheftung zu dienen. Die Zahl der nebeneinander geordneten Muskelzellen beträgt, wie der Querschnitt Taf. XII, Fig. 13 zeigt, meist 3, wie bei Ascidienlarven ; jedoch ist ihre Anordnung bei Doliohuu nie so streng regelmäßig, wie dort (vergl. Seeliger 1885, S. 23, Taf. \'). Wir treffen auch 4 oder 5 spindelförmige Muskelzellen jederseits nebeneinander liegend an. Eine völlig analoge Ausbildung aber besitzen die Schwanz- muskelzellen von Dolioluvi in der schönen O u e r s t r e i f u n g der Fibrillen, die auf Längsschnitten ebenso deutlich hervortritt als bei den Schwanzmuskelzellen der Ascidienlarven. Diese Ouer- streifung war bisher bei Dolioluvi übersehen worden (Taf. XII, Fig. 14). Die eben erwähnten großen freien Mesodermzellen an der Basis des Schwanzes von D. dcnticulatuui entsprechen offenbar jenen zwei Haufen bei den Larvenformen mit Schwanzblase, z. B. bei D. Mülleri, welche jederseits neben den ersten Chordazellen innerhalb der Blase liegen und nach Ulianin in amöboide Blutzellen zerfallen (vergl. Taf. XIII, Fig. i, u. Taf. XVII, Fig. i). Die Schwanzblase. Wenn die Schwanzblase bisher als eine Bildung aufgefaßt werden mußte, die für die Dolioluvi-\jdx\& im höchsten Grade charakteristisch sei, so zeigen die von der Deutschen Tiefsee- Expedition erbeuteten Larven von D. denticulahiiii, daß sie innerhalb der Entwickelung einer Species auch fehlen kann. Die einzelnen Larvenstadien, die mir von dieser Art zur Verfügung standen, schließen von dem beobachteten jüngsten bis zur jungen Amme derart lückenlos an- einander, daß nicht zu erwarten ist, es möchten sich Formen mit einer Schwanzblase irgendwo in der Reihe einschieben. So treffen wir Larven \-on D. dcuticiilatuiii ohne Schwanzblase an (Taf. XIV, Fig. 13), die auf gleicher Entwickelungsstufe mit anderen von D. Müllen' stehen, welche mit ihr ausgestattet sind (Taf. XVII, Fig. 2). In der Litteratur sind nur zweimal Larven ohne diese Bildung bekannt geworden. Die eine, deren Species nicht zu bestimmen ist, bilden Keferstein und Ehlers (1862, Taf. X, Fig. 7) ab, die andere zeichnet Grobben (1882, Taf. IV, Fig. 23), als zu D. Äfiilkri gehörig. Es scheint also, falls sich die Zugehörigkeit der letzteren Larve zu D. Müllcri l^estätigt, als ob auch Larven ohne Schwanzblase in anderen Arten gelegent- lich auftauchten. Ich habe dagegen Larven von D. Mülleri stets mit Schwanzblase angetroffen (Taf. XVII, Fig. I und 2). Sie erscheint hier als Auftreibung des Ektoderms zwischen dem Endabschnitt des Körpers und dem Basalteil der Chorda, nach Krohn (1852, S. 63) erfüllt ,mit heller Flüssigkeit", welche nach Ullanin (1884, S. 59) die Blase entstehen läßt. Ueber ihre Bedeutung für die Larve sind bisher keinerlei Angaben gemacht worden. Ich bin leider nicht in der Lage, etwas zur Lösung dieser Frage beitragen zu können, da ich lebende Larven nicht zu Gesicht bekommen konnte. Am nächsten dürfte wohl die Deutung der Auf- treibung als „Schwimmblase" liegen. Dabei ist aber immerhin zu berücksichtigen, daß sie ja innerhalb der spindelförmig ausgedehnten Larvenhülle liegt, also vom umgebenden W^asser voll- 122 Beiträge zum Geaerationswechsel von Doliolum. 12^ * ständig abgeschlossen ist. Ferner erhebt sich dann die Frage, warum Larvenformen der einen Species sie besitzen (z. B. die von D. Mülleri), die einer anderen aber (von D. deutiailatuni) ihrer entbehren. Nur eins sei noch hinzugefügt. Die von der Deutschen Tiefsee-Expedition erbeuteten Larven von D. Mülleii (mit Schwanzblase) gehören ausschließlich Oberflächenfängen an, während die \'on D. dciiticidatum aus einem Vertikalnetzfang stammen, welcher in 2000 m Tiefe unternommen worden war. Leider läßt sich aber nicht entscheiden, ob thatsächlich die letzteren aus so beträchtlicher Tiefe heraufkamen, da in Schließnetzfängen Doliolum-Yjdxs'ixy nie gefunden wurden. ö Die Larvenhülle. Die Angaben der Autoren über die spindelförmig ausgedehnte „Eihaut" oder „Dotter- haut" weichen beträchtlich von einander ab, sowohl was ihre Herkunft, als auch ihre Struktur anbelangt. Während Krohn (1852, S. 63) von der Larvenhülle als von „einer glashellen, sehr dicken Haut" berichtet, schreiben Keferstein und Ehlers (1861, S. 66): „Das ganze Wesen liegt noch in der hyahnen Eihülle eingebettet und ist dicht an seiner äußeren Haut noch von einer besonderen Haut mit großen, runden Kernen umhüllt, die wir In den früheren Zuständen nicht gesehen haben, die nun aber an dem Tiere das ganze Leben hindurch haften bleibt." Jene Zellen sieht Grobben (1882, S. 24) als Testazellen an. Fol (1884, S. 153) meint, daß der Zwischenraum zwischen der „membrane du testa larvaire" und dem Tier mit einer Gallerte, einem Ausscherdungsprodukt des Körpers, erfüllt ist, durch welche die Membran gespannt und das Tier schwebend erhalten wird. Auf späteren Stadien ist nach ihm die Eihaut befreit von Testazellen, welche an ihrer Oberfläche adhärierten. Nach Ullvnin (1884, S. 4 8 ff.) soll nach der Befruchtung, bei dem Zusammenziehen des Eiinhaltes, „eine deutliche struktvirlose feine Membran" auf der Eioberfläche unter dem Follikel zum Vorschein kommen, die er als Aus- scheidung der Eioberfläche, als „Membrana vitellina", anspricht. Bei jenem Vorgange soll eine klare Flüssigkeit aus dem Ei hervorquellen, welche die „Dotterhaut" stark ausdehnt und die Kon- tinuität des Follikels unterbricht. Einzelne Follikelzellen sind auf dieser Membrana vitellina später noch zu erkennen. Endlich glauben Korschelt und Heider (1893, S. 1806) in jener Larvenhülle das Chorion wiederzufinden. Gelegenthch der Besprechung der Entwickelung der Geschlechtsorgane in den Z?ö//ö/?<;;/-Knospen wird sich zeigen, daß die Vermutvmg von Korschelt und Heider zutreffen dürfte. Da ich lebende Larven nicht zur Untersuchung bekommen konnte, ist es mir unmöglich, zu entscheiden, ob die Spannung der Larvenhülle durch Gallerte, wie Fol meint, oder durch Hervorquellen einer klaren Flüssigkeit veranlaßt wird, welche nach Ulianin die Membran spannt und ihr jene eigentümhche Form verleiht. Jedenfalls ist sie allseitig ge- schlossen, so daß Bewegungen des Tieres, vornehinlich die des lokomotorischen Schwanzes, nur in und mit ihr erfolgen können, wie schon Krohn und Fol beobachteten. Sie muß als tote Hülle betrachtet werden, deren Form und Größe durch außer ihr liegende Kräfte bedingt und verändert werden. Daß dabei die Larve durch ihr Wachstuiu und ihre Bewegungen mithilft, wird man aus den Konturen der Eihaut, mit welchen sie den Larvenkörper mit seinem Rüssel und seinem Schwänze umgiebt, schließen müssen. Alte Larven , deren Ruderschwanz längst resorbiert ist, sind noch lange Zeit von einer Hülle umgeben, welche aber dann kugelige Gestalt 123 16* j 2A GÜNTHER Neumann, % besitzt (Taf. XV, Fig. 2). Daraus dürfte hervorgehen, daß wir dieser Membran neben ihrer Dehnbarkeit auch eine gewisse Elastizität zuschreiben dürfen. Sie müßte als tote Hülle dann ferner den Gesetzen der Diosmose folgen, woraus man weiter schließen dürfte, daß sie, wenn der Larvenkörper, wie Fol und Ulianin angeben, befähigt ist, Lösungen zu sezernieren, als Schweb- bezw. auch als hydrostatisches Organ funktionieren könnte. Alle diese Fragen lassen sich jedoch nur am lebenden Material durch das Experiment entscheiden. Das Herz. Angaben über die Entstehung des Herzens in den Larven von Doliolum besitzen wir nur von Ulianin (1884, S. 59 u. 61). Nach ihm schnüren sich zur Zeit der Anlage der Kloakal- höhle „von der mächtigen Mesodermschicht, die unter der sich bildenden Pharyngealhöhle liegt", zwei Mesodermzellenhaufen ab. Einer von ihnen wird zum Aufbau des Stolo prolifer verbraucht, aus dem höher gelegenen entwickelt sich Herz und Pericard. Ich versuchte oben (S. 103, 104) darzulegen, daß die in Rede stehenden frühen Larvenstadien von D. Müllen von Ulianin höchst- wahrscheinlich falsch orientiert und damit ihre Zellstränge irrig gedeutet wurden. Jedenfalls ge- lang es mir auf den jüngsten Stadien, welche ich von D. dentictdatum besaß, nicht, unter der Pharyngealhöhle eine „mächtige Mesodermschicht" nachzuweisen (vergl. Taf. XII, Fig. i — 10) Sollte es sich aber bestätigen, daß Ulianin fälschlicherweise das Nervenrohr für die „sich bildende Pharyngealhöhle" angesehen hat, so würden jene ventralen Mesodermzellen in Wirklichkeit dorsal vom Nervenrohr gelegen sein, wo ich solche auch nachweisen konnte. Die Abstammung der beiden von Ulianin beobachteten Mesodermzellenhaufen von diesem dorsalen Mesoderm wäre daher unmöglich. Ich habe jedoch auch nie zwei, sondern immer nur einen ventralen Zellhaufen angetroffen, über dessen Herkunft ich nichts angeben kann , da er , wie schon hervorgehoben , auf dem jüngsten Stadium völlig ausgebildet vorlag (Taf. XI, Fig. i ; Taf. XII, Fig. 10). Daß er am Aufbau des Stolos sich beteiligt, unterliegt keinem Zweifel. Eines zweiten Zellhaufens, der etwas höher neben diesem gelegen sein soll, entbehren die Taf. XI, Fig. I — 6 abgebildeten Larven aber sicher. An dem Taf. XIII, Fig. i wiedergegebenen Stadium, dem nächsten nach dem auf Taf. XI, Fig. 5 dargestellten, welches ich besaß, traf ich die Herzanlage in Form eines einfachen dickwandigen Bläschens, das mit der Phar}'ngealhöhle in Verbindung zu stehen schien, sowohl auf Quer- als auch auf frontalen Längsschnitten an (Taf. XV, Fig. 4). Zwischenstadien zwischen den beiden erwähnten Larven besaß ich nicht und dazu von der ersteren Form nur ein, von der letzteren nur 2 Exemplare. Es ist mir leider auf Grund dieses Materials nicht möglich gewesen, mit voller Sicherheit etwas über die Ab- stammung des Herzbläschens zu ermitteln. Ich darf mir jedoch vielleicht erlauben, die Vermutung auszusprechen, daß das Herz inkl. Pericard der Do/iohi/ii -'Ld.rven von der Pharyn- gealhöhle aus entsteht, also nicht meso-, sondern entodermaler Abkunft ist. Ich möchte dafür folgende Gründe anführen: i) fehlt den jüngeren Larven von D. dentictilatum ein zweiter ventraler Mesodermzellenhaufen; der vorhandene dient dem Aufbau des Stolo prolifer! 2) gleichen die Zellen des Herzbläschens (Taf. XV, Fig. 4) in ihrem histologischen Charakter nicht denen, welche z. B. den Mesodermzellenhaufen zusammensetzen, sondern unterscheiden sich 124 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 125 in nichts von den Zellen, welche die Wände der Phar^'ngealhöhle und des Darmrohres aufbauen; es sind hohe, plasmaarme Epithekellen ; 3) deutet die Lage des Herzbläschens unmittelbar hinter dem Endostyl und vor dem Darmrohr auf eine Abschnürung von der ventralen Hinterwand der Pharyngealhöhle hin, wie ich sie in den Knospen, entgegen Grobben und Ulianin, beobachtet habe und noch darlegen werde; 4) dürfen wir aus der weitgehenden Analogie zwischen der Entwickelung der Ascidienembr3'onen einerseits und Z^o//»/?/;;; - Larven andererseits schließen, daß auch das Herz der letzteren aus der Pharyngealhöhle sich abschnürt, wie es für Ascidien- larven bekannt geworden und nicht mehr zu bezweifeln ist. Die weitere Ausbildung des Herzens und Pericards in der postembryonalen Entwickelung von Doliolum verläuft genau ebenso wie in den Knospen. Da es mir hier gelang, auch die erste Abschnürung zu verfolgen, so soll bei Besprechung der Knospenentwickelung genauer auch auf die weitere Ausbildung eingegangen werden, die in gleicher Weise eben für Larven und Knospen gilt. Der Stolo prolifer. Von Kjeferstein und Ehlers (1861, S. 58, 59) zuerst als „rosetten förmiges Organ" beschrieben und als wahrscheinliches Exkretionsorgan gedeutet, wurde diese wichtige Bildung von Grobben (1882, S. 30 ff.) als echter .Stolo prolifer erkannt. Dieser Forscher, und ebenso Ulianin (1884), haben sich eingehend mit seiner Entstehung und seiner Zusammensetzung befaßt. Es sind jedoch die Resultate beider Autoren so verschieden und zum Teil derart wider- sprechend, daß es bei der Wichtigkeit des Gegenstandes angezeigt erscheinen dürfte, hier die Ergebnisse beider in den Hauptzügen vorauszuschicken. Nach Grobben (1882, S. 30 ff.) setzt sich der Stolo prolifer ursprünglich aus acht Zellgruppen zusammen, von denen 2 unpaare die Mitte, 3 paarige die Seiten einnehmen. (Ich gebe hier [Textfig. i] des besseren Verständnisses wegen die Konturen eines Querschnittes durch den Stolo von D. denticulatuvi auf mittlerer Entwickelungsstufe wieder, der die von Grobbfn beobachteten Verhältnisse erkennen läßt. Die Bezeichnungen sind die von Grobben gebrauchten.) Die vorderen zwei dieser 8 Lappen sind Ausstülpungen des Pharynx (cpS), die darauf folgenden stammen vom Kloakenraum ab (xX). Ueber die Herkunft der übrigen Zellstränge berichtet Grobben nichts, sondern giebt nur an, daß, „wie es sich aus der weiteren Entwickelung des Organs ergiebt, der vordere unpaare Lappen (a) Mesoderm, der hintere (v) unpaare, aus großen Zellen bestehende, eine Nerv^ensystemanlage ist, und daß die beiden hinteren lateralen Lappen (7) wahrscheinlich Anlagen von Geschlechtsorganen sind". Die beiden erstgenannten Ausstülpungen der Phar\'ngeal- und Kloakalhöhle sollen dann in der Knospe die Organe geben, von welchen sie in der Larve selbst herstammen. Auf späteren Stadien hat der Stolo prolifer, wie (7tR0bben weiterhin ausführt, Veränderungen in der Zusammensetzung eriitten (Textfig. 2, aus Grobben 1882, S. 33). Die beiden hinteren lateralen Lappen (7), welche als Geschlechtsanlagen von ihm gedeutet werden, sind in die Mitte gerückt, um sich als breite Masse zwischen Mesodermstrang ('j.) und Nervensystemanlage (v) einzukeilen. 125 126 GÜNTHER Neumann, Vergleichen wir damit Uuanin's Befunde (1884, S. 61 ff.), so beteiligen sich nach ihm auf frühesten Stadien nicht acht, sondern nur fünf Zellstränge an dem Aufbau, und zwar je eine paarige Ausstülpung der Pharjmgeal- (Pk) und Kloakalhöhle (A7,) und ein Mesoderm- zellenhaufen {ins). Die beiden kloakalen Zellstränge biegen später an ihrem ventral gerichteten freien Ende um, worauf sie bis gegen die Kloakahvand wachsen und die hinteren lateralen Lappen {K/^ abgeben, welche Grobben als GeschlechLsanlage deutet. Der Mesodermzellenhaufen wächst zwischen diese 6 Zellstränge hinein. Die \"erhältnisse giebt im optischen Querschnitt Textfig. 3 wieder, welche Uliaxest (1884, S. 63) entnommen ist. Die Bezeichnungen sind die von ihm selbst gebrauchten. Wiederum kommt es auch nach Uliaxin bei weiterer Entwickelung zu einer Umlagerung der 7 Zellstränge (Textfig. 4, nach Uliaxin 1884, S. 64, Bezeichnungen nach dem Autor), und zwar dadurch, daß einmal die paarigen pharjmgealen ( — 1 je einen Teil abspalten. Die Teil- stücke ihrerseits verschmelzen miteinander in der Achse I 1. Ferner vereinigen sich die hinteren kloakalen Zellgruppen (Fig. 3 KQ ebenfalls (Fig. 4 2KQ. I'ig- 3- Fig. 2. In der Knospung repräsentieren alsdann nach Uijaxix die paarigen Pharj-ngealstränge — I die Geschlechtsanlage {ga), die verschmolzenen Pharyngeallappen I I die Anlage der Phar}'ngealhöhle {p^iä). Femer geben die ersten paarigen Ausstülpungen der Kloakalhöhle (A7,) die Muskeln ab (msa), die verschmolzenen " sekundären {sKl^ das Ganglion {na). Der unpaare Mesodermzellenhaufen {ins) endlich stellt die Herzanlage {ha) vor. Uebereinstimmend gedeutet ist von beiden Autoren nur der hintere Lappen, er wird zum Nervensystem {yia, v), seine Herkunft aber ist auch zweideutig (vergl. Fig. 4, die GROBBEx'sche Deutung der Zellstränge ist mit dessen Bezeichnungen — siehe oben Fig. 2 — außerhalb der Textfig. 4 eingetragen). Was die Deutungen der übrigen Zellgruppen anlangt, so stellt das nach GROBBen Kioakalanlage (/,/,) dar, was nach Ull\xix als Muskelanlage {msa) gilt. Die Phar}mgeal- anlagen bei Grobben (9S) sollen nach Ulianin Geschlechtsstränge sein {gci), umgekehrt repräsen- tiert nach Grobben der centrale Geschlechtsstrang (7) bei Ulianin die Phar\'ngealanlage {pha). Endlich deutet Grobben das als Muskel- und Herzanlage (;j.), was Ulianin als Herzstrang {ha) bezeichnet. Nicht weniger widersprechend sind, wie sich zeigte, die Angaben über die Herkunft der einzelnen Zellgruppen. 126 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 12 7 Von mir v\urde die Stoloanlage auf allen Larvenstadien von D. di-iiticulcitum und D. Müllen, welche mir zur Verfügung standen, sowohl in toto als auch auf zahlreichen Schnittserien untersucht. Vorausgreifend möchte ich bemerken, daß das, was ich über die Zusammensetzung des Stolos und die spätere Umlagerung der Stränge ermitteln konnte, in hohem Grade mit dem übereinstimmt, was schon Grobben fand. Zu den komplizierten Abspaltungen und Ver- schmelzungen, welche Ulianim angiebt, kommt es, wie sich zeigen wird, in der That nicht. Als erstes Zellelement, welches sich an dem Aufbau des Stolo prolifer beteiligt, tritt ein Mesodermzellenhaufen auf. Bereits auf dem frühesten von mir beschriebenen Larven- stadium, zu der Zeit also, wo der Larvenkörper seine größte Längsausdehnung aufweist, läßt er sich nachweisen (Taf. XI, Fig. i mss). Er liegt scharf abgegrenzt an der Ventralseite des hinteren Körperabschnittes, und zwar in dem Winkel, welchen die nach vorn vordringenden Mesoderm- zellen zwischen dem Ektoderm und dem Entodermrohre gebildet haben. Die Zellen dieses Haufens zeichnen sich, wie gefärbte Schnittpräparate zeigen, von dem übrigen Mesoderm durch dichtes Plasma aus (Taf. XII, Fig. lo). Ueber seine Genese kann ich, wie bereits herv^orgehoben, nichts ermitteln, da ich noch jüngere Larv^en nicht besaß. Nach Ulianin schnürt er sich vom Mesoderm auf frühen Stadien ab. Diesem ersten Zellstrang folgen, wie L^lianin (1884, S. 62) bereits angiebt, zwei seitliche solide Ausstülpungen „in den unteren hinteren Winkeln der Pharyngeal höhle" (Taf. XIII, Fig. i; Taf. XIII, Fig. 7 phs). Taf. XV, Fig. 3 zeigt einen Querschnitt durch die Taf. XIV, Fig. 8 dargestellte Stoloanlage einer jungen Larve von D. Mülleri. Wir treffen das Herzbläschen (//") seitlich umgeben von je einem soliden Zell- zapfen (//«), welche als die Ausstülpungen der Pharsmgealhöhle sich erweisen, hinter jenem (distal) liegt der Mesodermzellenhaufen ijnss). Die Böden der Pharyngeal- und Kloakalhöhle haben sich auf diesem Stadium bereits dicht aneinander gelegt. Die Kloakalhöhle ist im Begriff, weitere Zellgruppen zum Aufbau des Stolos zu liefern. Wir finden jederseits nahe ihrer vorderen Begrenzung einen soliden Zellzapfen gegen die Ventralfläche vordringend (Taf. XIV, Fig. 8 eis). Taf. XIV, Fig. g zeigt diese Kloakalausstülpungen weiter ausgebildet, sie haben die Länge der beiden pharyngealen nahezu erreicht. Wir begegnen ihnen entsprechend auf Querschnitten (Taf. XV, Fig. 4), welche durch die Stoloanlage dieser Stadien geführt sind, fest eingefügt zv\'ischen dem Mesodermhaufen {inss), den Aussackungen der Phar}^n- gealhöhle {phs) und dem Herzbläschen {liz). An dem letzteren treten wichtige Veränderungen auf, welche ebenfalls zu seiner Mitbeteiligung am Aufbau des Stolos führen. Es beginnt sich nämlich auf diesen Stadien die basale Wand des Herzbläschens stark zu ver- dicken, das Lumen wird infolgedessen nach oben verlagert. Die Verdickung schreitet auf den folgenden Stadien rasch vorwärts und erreicht bald eine solche Mächtigkeit, daß das Herz zwischen den lateralen Stränden herausgehoben und an die Dorsalseite der gesamten Stoloanlage gerückt erscheint (Taf. XIV, Fig. 10; Taf. X\', Fig. 8). Dabei ist die basale Wand des Herz- bläschens {lizs) ventral in inniger Berührung mit den hohen Zellen des Körperektoderms {ekt) geblieben, nach hinten legt sie sich fest dem Mesodermhaufen {inss) an. Dieser ist gleichzeitig dichter zwischen die lateralen Stränge hineingerückt (Taf. XIV, B'ig. 10) und erfährt in dorso- ventraler Richtung ebenfalls eine bedeutende Dickenzunahme, so daß er bald die Höhe der übrigen Zellstränge erreicht , welche ihn seitlich begrenzen (Taf. XIV, Fig. 11). Von den beiden hinteren lateralen, den Kloakallappen {eis) aus, erfolgt jetzt auch 127 . -O GÜNTHER NEU\L\NN, die Bildung von zwei neuen Strängen (Taf. XIV, Fig. lo c/s'). Wie erwähnt, läßt sie Ulianin dadurch hervorgehen, daß jene beiden Kloakalausstülpungen an ihrem freien ventralen Ende gegen die Kloakalhöhle umbiegen. Ich habe diesen Vorgang weder an der Stoloanlage in toto, noch auf Schnitten durch sie konstatieren können und muß entweder annehmen, daß mir gerade das fragliche Stadium fehlte, oder die Bildung dieser sekundären Ivloakallappen in anderer Weise erfolgt. Fast möchte ich das letztere glauben. Was ich an den Stadien beobachtete, welche die zwei Kloakalstränge eben in schwacher Ausbildung zeigten, erweckte in mir den Ein- druck, als gingen sie aus einer Abspaltung von den primären Ausstülpungen der Kloake hervor. Allein ich möchte diesen Beobachtungen aus dem eben erwähnten Grunde nicht Gewicht bei- legen und mich begnügen, darauf hingewiesen zu haben. Sicher aber ist, daß das zweite Paar lateraler Stränge den hinteren lateralen ihre Entstehung giebt. Diese 6 seitlichen Aussackungen der Pharjmgeal- und Kloakalhöhle drängen nach unten gegen das Ektodermpolster vor, so daß sie wie in dasselbe eingelassen erscheinen (Taf. XV, Fig. 7), während sich zwischen ihnen ein kurzes Ektodermsäulchen gegen die verdickte basale Herzwand {/iss) und gegen den Mesoderm- zellenhaufen vorbuchtet. Letzterer wächst also nicht gegen die Bauchseite des Herzens hinein, wie Ulianin meint, denn diese selbst stellt, mächtig verdickt, einen von Ulianin übersehenen, achten Zellstrang dar, der sich mit an der Bildung des Stolos beteiligt. Wiederum geben Querschnitte sicheren Aufschluß über die jetzt obwaltenden Verhältnisse des Aufbaues (Taf. XV, Fig. 6). Wir erhalten auf diesen Stadien that sächlich acht deutlich von einander gesonderte Zellstränge durch die ganze Höhe der Stoloanlage (Taf. XIV, Fig. 11), wie (jrobben bereits völlig zutreffend angiebt, ohne allerdings die Ab- stammung der hintersten lateralen {c/s') und der beiden centralen unpaaren (mss und /izs) Stränge erkannt zu haben. Betrachten wir die Stoloanlage dagegen auf früheren Stadien, wo die Ent- stehung der hinteren lateralen Lappen von den Ausstülpungen der Kloakalhöhle noch nicht statt- gefunden hat (Taf. XIV, Fig. g; Taf. XV, Fig. 4), so sind es natürlich s e c h s Zellgruppen, welche .sie zusammensetzen. An noch jüngeren Tieren treffen wir nur vier Stränge an (Taf. XV, Fig. 3), nämlich dann, wenn die kloakalen Ausstülpungen noch fehlen. Niemals aber sind es 5, wie Ulianin meint. Es stellt sich somit heraus, daß die beiden vorderen paarigen Zell- gruppen (/>/«) von derPharyngealhöhle aus entstehen, die vier folgenden seitlichen {c/s, c/s') der Kloakenhöhle ihren Ursprung verdanken. Der vor- dere unpaare Strang {//zs) ist ein Abkömmling des Herzbläschens, der hintere der M esod er m häufen {/Jiss). Der von Ulianin (1884, S. 63) gezeichnete optische Querschnitt mit einem unpaaren centralen Zellstrange (siehe oben S. 126, Textfig. 3) entspricht dem wirklichen Verhalten, wie schon Grobben's Befunde beweisen, in keinem einzigen Falle. Es nehmen immer zwei deutlich gegen- einander abgegrenzte unpaare Zellgruppen den centralen Teil zwischen den lateralen Lappen ein. Ich habe auch niemals gesehen, daß die hinteren Ivloakallappen (AT, Textfig. 3, S. 126) diese mittlere Zellenmasse, die eben von Ulianin fälschlich als ein Strang angesehen wurde, umgriffen hätten. Auch sagittale (dorsoventrale) Längsschnitte durch den Centralteil der Anlage lassen deutlich nicht nur die Zweiteilung erkennen (Taf. XV, Fig. 8), sondern beweisen auch, daß der vordere (proximale) der beiden Lappen [//es) ein Abkömmling des Herzens ist. Beide Bildungen, der Strang und das spätere Pericardialsäckchen, repräsentieren noch eine durch- 128 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 129 aus einheitliche Anlage (vergl. auch Taf. XV, Fig. 7). Eine schärfere Kontur zwischen den Zellen, die ventral das Lumen des Pericardialsäckchens {pcli) umschließen, und denen der Zellgruppe unter ihm {Iizs), läßt sich nicht nachweisen, weil diese eben nichts anderes ist, als die stark ver- dickte basale Wand des ursprünglichen Herzbläschens, genauer, des Pericardialsäckchens. Eine Bestätigung dieser \^erhältnisse scheint auch der von Grobben (1882, Taf. IV, Fig. 22) gegebene optische Längsschnitt durch die Stoloanlage einer Larve von D. Mülleri zu enthalten'). Er zeichnet den mit a benannten „Herzstrang" (unter 9S, dem Abkömmling der Pharyngealhöhle liegend) dorsal in Anlehnung an die ventrale Pericardialwand {/>tr//), ohne sich allerdings über die Herkunft dieses von ihm als Mesoderm gedeuteten Stranges auszusprechen. Wie schon Grobben und Uliantn überein.stimmend berichten, ist mit der bezeichneten Ausbildung die definitive Gestaltung des Stolos keineswegs erreicht. Sie wird aber vollzogen ohne die komplizierte Umlagerung der Stränge, die Uuanin angiebt. Sobald die hinteren Kloak all appen in ihrer ganzen Länge ausgebildet sind (Taf. XV, Fig. 6), be- ginnen sie zwischen die beiden unpaaren centralen Stränge {//ss und ///ss) vor- zudringen; sie zwängen beide auseinander, um sich zwischen ihnen in der Achse des Stolos zu vereinigen (Taf. XV, Fig. 5). Das Vordringen beginnt scheinbar immer im dorsalen Teil der Stoloanlage und schreitet gegen den ventralen fort, wenigstens finden wir auf Querschnitten, die durch den oberen Ab- schnitt geführt sind, den hinteren Mesodermstrang {wss) schon vom Herzstrang (//zs) g-etrennt (Taf. XV, Fig. 5), auf tiefer gelegenen beide noch aneinander stoßend (Taf. XV, Fig. 6). Je weiter entwickelt die Anlage ist, um so breiter erscheint diese centrale jVIasse (rZv), welche aber auch noch Anteil hat an der peripheren Begrenzung, und zwar eben durch jene beiden Divertikel, aus deren axialer Verschmelzung sie hervorging. Die Querschnitte Taf. XV, Fig. 9, 10 lassen diese Verhältnisse erkennen. Der erstere ist durch eine Stoloanlage einer alten Larve von D. dcntiiiilafiiDi geführt, deren Schwanz bereits vollständig in den Körper einbezogen, die also etwa gleichaltrig war mit der in Taf. XV, Fig. 2 dargestellten. Taf. XV, Fig. 10 zeigt einen Querschnitt durch die Stoloanlage einer alten Larve von D. jlliii/t'n\ die auf derselben Ent- wickelungsstufe stand. Während dieser Zeit vollziehen sich Veränderungen mehr äußerlicher Natur, wenn wir so wollen. Die Ausstülpungen der Pharyngeal- und Kloak alhöhle trennen sich schließl ch von ihrem Mutterboden ab (Taf. XIV, Fig. 12), nachdem die Verbindungs- brücken sich ständig verschmälert haben und zuletzt nur noch als dünne Ligamente vorhanden I) Von Ulianin ist diese Abbildung mißverstanden worden. Zunächst ist es unzutreffend (Uuanin 18)^4, S. 63 Anm.), daß Grobben „mit dem Buchstaben fi (Mesoderm) und (pf^ (Pharynx) zwei benachbarte Zellen eines und desselben Zellstranges (von der Pharyngealhöhlenwand abstammend) bezeichnet" habe. Ulianin hat die allerdings sehr ferne Linie, die Kontur des Mesodermstrarges /i, der unter dem Pharyngeallappen liegt, übersehen. Die Abbildung ist sicher nicht „sehr wenig überzeugend und der Natur wenig treu". Grobben hat weder den Mesodermzellenhaufen, noch die dritte paarige Zellenmasse übersehen, giebt auch nicht an, daß der als Ge- schlechtsanlage gedeutete Strang y von der Kloake herrühre, wie Ulianin meint, wenn er schreibt : „ . . . von denen die zwei mittleren von der Kloakenwand sich abgeschnürt haben, während die zu beiden Seiten von ihnen liegenden von der Pharyngealhöhlenwand ge- liefert sind." Diese letztere falsche Behauptung erklärt sich nur so, daß Ulianin die Zeichnung körperlich deutete und also den von Grobben als Gehirnanlage ()■) gedeuteten Strang als die korrespondierende Ausstülpung der Pharyngealhöhle auf der rechten Körperseite ansah und ebenso in dem Geschlechtsstrange (y) die gegenüberliegende Kloakalausstülpung erblickte. Keines davon hat Grobben jedoch so bezeichnet oder gar verstanden. Meine Beobachtungen stimmen mit diesem idealen Sagittal-(Dorsoventral-)Längsschnitt vollständig überein. In der von Ulianin als „noch ungenügender" bezeichneten GROBBEN'schen Fig. 23, Taf. IV, ist mit /.i ganz richtig der vordere unpaare Strang bezeichnet, der allerdings, wie ich zu zeigen versuchte, von der Herzanlage abstammt, welche Ulianin in diesem Zellstrange selbst sieht. 129 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1809. Bd. XU. I7 j TQ GÜNTHER Neumann, waren (Taf. XIV, Fig. 1 1 ). Die Loslösung beider Ausstülpungen erfolgt wohl annähernd gleich- zeitig, einige Male sah ich allerdings die Verbindung der pharyngealen Lappen etwas länger bestehen als die der kloakalen. Mit fortschreitender Entwickelung greift auch eine Lagever- änderung des Stolos insofern Platz, als er sich etwas schräger zur Längsachse des Körpers stellt, so daß wir berechtigt sind, seine hintere Fläche auch als dorsale, seine vordere als ventrale zu bezeichnen (Taf. XIV, Fig. 12). Wenn wir zu der Anordnung der Stränge zurückkehren, so sei zunächst auf den Quer- schnitt Taf. XV, Fig. 1 1 verwiesen, der durch den oberen Teil des Stolos einer jungen Amme von D. dcuticitlaUiiii geführt wurde, auf deren Rückenfortsatz sich bereits eine Knospe fixiert, deren Stolo somit schon abgeschnürt hatte. Trotzdem also ein bedeutend älteres Stadium vor- liegt, als das zuletzt (Taf. XV, Fig. 9) gezeichnete, zeigt er, daß die in der Achse verschmolzenen hinteren Kloakallappen {ch') noch nach außen hervorragen. Ein Querschnitt, der dem- selben Stolo weiter ventral entnommen ist (Taf. XV, Fig. 1 2), läßt dagegen erkennen, daß hier die fragliche Zellenmasse vollständig ins Innere verlagert ist und nicht mehr an der äußeren Begrenzung teilnimmt. Rechts und links neben den dorsalen (hinteren) Strang [inss) sind nunmehr die vorderen Kloakallappen {eis) getreten. Diese gegenseitige Lage der Stränge bleibt zeitlebens im Stolo bestehen. Wir treffen auch am völlig ausgebildeten Organ im oberen Teile beide hintere Kloakallappen {ch') an der peripheren Be- grenzung teilnehmend (Taf. XVI, Fig. 2), im ventralen dagegen völlig in das Innere verlagert (Taf. XVI, Fig. 3, 4). Mit dieser eben geschilderten Verschmelzung der hinteren kloakalen Lappen befinde ich mich in Uebereinstimmung mit den GROBBEN'schen Befunden; dieser Forscher konnte auch nur diese eine Verschmelzung und keine weitere konstatieren. Ich habe gleich Grobben, entgegen Ulianin, weder von einer Verschmelzung der hinteren Kloakallappen an der Peripherie noch von einer Abspaltung an den Pharyngealsträngen, die zu einer Verschmelzung der Teilstücke führen soll, etwas bemerkt (vergl. Textfig. 4, S. 126). Was die histologische Beschaffenheit der Zellgruppen anlangt, so gleichen sich diese alle bis auf den unpaaren dorsalen Mesodermstrang {mss). Er setzt sich aus Zellen mit sehr großen, chromatinreichen Kernen zusammen, welche sich deutlich schon auf den frühesten Entwickelungsstadien von denen der anderen Zellgruppen unterscheiden (Taf. XV, Fig. 1 1). Die Zellen aller übrigen Stolokonstituenten sind auf mittleren Entwickelungsstadien auffällig groß, was schon Keferstein und Ehlers (1861, S. 59) hervorheben. Sie besitzen aber einen im Vergleich zum Zellleib winzigen Kern mit einem Kernkörperchen, welches jenen wieder fast ganz erfüllt. Das Plasma erscheint durchaus dicht und homogen. Die Zellen innerhalb eines Stranges sind dabei meist ebenso scharf gegeneinander abgehoben, wie die benachbarten Stränge unter sich. Dieses histologische Bild erhält sich bis in die Zeit der völligen Ausbildung. Mit der Verjüngung des ventralen Teiles eines Stolos, welcher bereits abschnürt, tritt in diesem Abschnitt eine andere Beschaffenheit zu Tage (Taf. XV, Fig. 12). Die Zellen sind kleiner geworden, so daß ein und derselbe Strang jetzt von einer größeren Anzahl zusammengesetzt wird, als es weiter dorsal der Fall ist. So treffen wir z. B. in einem Pharyngeallappen dorsal (Taf. XV, Fig. 1 1 ) etwa 4 Zellen auf einem Querschnitt an, weiter ventral dagegen (Taf. XV, Fig. 1 2) über das Doppelte, wobei zu beachten ist, daß sich die Größe des Querschnittes noch verringert hat. 130 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 131 (h'ji) nisa- iIkAJ Wenn ich mich jetzt, am Schkiß des Kapitels über die Entwickekmg des Stolo prolifer, der weiteren DarsteUung vorausgreifend, noch der Frage zuwende, welchen Organen der Knospe die einzelnen Konstituenten im Stolo ihre Entstehung geben, so ge- schieht es wesentlich deshalb, um daran eine vergleichende Betrachtung des Stoloaufbaues bei anderen Tunicatengruppen anzuschließen. Ich kann bis auf die Deutung der vorderen unpaaren Zellgruppe die betreffenden Angaben Ulianin's bestätigen (vergl. oben S. 126), während, wie sich zeigte, die Abstammung der einzelnen, bestimmt gelagerten Stränge nach den Beobachtungen von Grobben und mir wesentlich anders sich darstellt, als dieser Forscher es beschrieben hat. (Ich verweise zum besseren Verständnis des Folgenden auf die nebenstehende Textfig. 5. Sie giebt die Konturen eines Querschnittes durch eine Geschlechtsurknospe vom Ventralauswuchs eines Pflegtieres von D. denticulatum wieder. Die Bezeichnungen für die Herkunft der Stränge sind in diese eingetragen. Die Ab- kürzungen für die Deutung der Stränge [d. h. für die Organe der Knospe, welche aus ihnen entstehen] stehen außerhalb. Ich erlaube mir, der Einfachheit halber die Bezeichnungen anzuwenden, welche Ulianin gebraucht. Die Deutung, welche Grobben den Strängen giebt, ist mit dessen Bezeichnung [siehe oben S. 125] eingetragen.) Auch nach dem, was ich in der frühesten Knospen entwickelung ermitteln konnte, repräsentiert die dorsale (hintere) unpaare Zellenmasse (;;/.v5) die Nerven- systemanlage {11a, -i), wie übereinstimmend Grobben und Ulianin angeben. Auf ihre von den Autoren verschie- den gedeutete Entstehung und Herkunft soll sogleich noch- mals eingegangen werden. Die in der Achse gelegene Gruppe {eis') liefert die Phary ngealhöhle der Knospe {pha\ Grobben: Geschlechtsorgane 7). Was seitlich an die Nervensystemanlage anschließt {eis), giebt die Muskeln [msa; Grobben: Kloakalanlage x.).). Von den vorderen paarigen Strängen {phs) nehmen die Geschlechts- organe {gd) ihre Entstehung (Grobben: Pharyngealhöhle ©S). Endlich giebt der vordere unpaare Zellkomplex {hzs) weder die Muskeln und das Herz, wie Grobben will (ij.), noch nach Ulianin das Herz allein {ha), da dieses sich, wie ich noch zu beweisen haben werde, in den Knospen von der Pharyngealhöhle aus abschnürt. Eine Deutung dieser Gruppe wage ich nicht auszusprechen. Eine Kloakalanlage, die Grobben in den lateralen Lappen {eis) er- blickt, fehlt thatsächlich, wie Ulianin schon betont hat. Die Kloakalhöhle legt sich auch bei den Knospen zwar nicht als unpaare, wie Ulianin lehrt, so doch als ursprünglich paarige Ektodermeinstülpung an. Ich werde diese Behauptung noch zu begründen haben. Wenn es, wie ich glaube, schon nicht leicht wird, diese verschiedenen Angaben über die Deutung der Stolokonstituenten auseinanderzuhalten, so ist es noch mühevoller, sich ein klares Bild darüber zu verschaffen, auf welche Weise die einzelnen Zellgruppen, wie sie im ausgebildeten Stolo vorliegen, nach den verschiedenen Autoren zu stände kommen, und endlich, von welchem Keimblatt sie dann abstammen. In Bezug auf diesen letzten Punkt herrscht eine nicht geringe Verwirrung, so daß es vielleicht gerechtfertigt erscheinen dürfte, wenn ich bei der Wichtigkeit (g't/'J ja- ^^aO'As) der Larve hervor. Da die Pharyngealhöhle derselben nach Ulianin ektodermal sein soll, was ich bestritt, würden die Anlagen nach diesem Forscher dem äußeren Keimblatt angehören. Grobben läßt aus den Phar)'ngealsträngen wieder die Pharyngealhöhle der Knospe entstehen. i) In seiner ersten Mitteilung (1881, S. 476J bezeichnet er diese Einstülpung bald als ektodermal, bald als entodernial, letzteres besonders auch in Bezug auf die Stolobildung, an welcher vier Ausstülpungen des Entoderms teilnehmen sollen. Da aber auch nach seinen Angaben die Kloakalhöhle der Larve als Ektodermeinstülpung auftritt, so ist nicht einzusehen, wo jene vier Entoderm- ausstülpungen herkommen sollen. In seiner Monographie (1884, S. 61) steht in Bezug darauf auch: „Ich zeigte, daß an der Bildung dieses Organes alle Hauptteile des Körpers der Larve teilnehmen." Grobben citiert (1882, S. 31) diese Angabe Ulianin's, ohne sich aber mit ihr auseinanderzusetzen. In konsequenter Durchfühnmg der Ul-lANlN'schen Angaben fehlt jedoch im Stolo das Ento- de rm völlig, während das Ektoderm alle Zellstränge bis auf den Herzstrang aufbauen würde. Beiträge /um Generationswechsel von Dolioliini. 13: Das Herz soll, wie Grobben und Ulianin angeben, von der vorderen unpaaren Zell- gruppe (//c.f) abstammen. Grobben läßt auch die Muskeln von dem als Mesoderm angesprochenen Strange entstehen. Dieser ist nach Ulianin's Ausführungen der „Mesodermzellenhaufen", der in Wirklichkeit die Nervensystemanlage giebt, wie Grobben und ich nachwiesen. Nach Grobben's Angaben aber ist er identisch mit meinem vom Larvenherzen stammenden Strange (//2s), den Ulianin übersehen hat. Wie erwähnt, haben wir keine Herzanlage im Stolo, da das Herz der Knospe aus ihrer Pharyngealhöhle entsteht. Unter der Voraus" Setzung, daß das Herz der Larve thatsächlich auch entodermaler Abkunft sei, woran ich nicht zweifeln möchte, würden wir also in dieser Zellgruppe ein Entodermgebilde vor uns haben. Ueber seine Deutung wage ich nichts auszusprechen. Wenn wir angesichts dieser außerordendich widersprechenden Angaben über Herkunft, Umlagerung und Deutung der Stolokonstituenten zweier so ausgezeichneter Forscher nach dem Grunde dieser Erscheinung fragen, so muß zunächst angeführt werden, daß neben der Unter- suchung der Objekte in toto nur auf Grund zahlreicher Schnittserien einigermaßen sichere Auf- chlüsse in diesen Fragen zu erhalten sind. Ulianin hat aber fast vollständig auf die Schnitt- methode verzichtet, sowohl was den Aufbau des Stolos, als auch die Knospenentwickelung anlangt. So konnte es geschehen, daß er im ersteren Falle zum Teil zu Resultaten gelangte, die, wie Grobben und ich übereinstimmend nachwiesen, den Thatsachen nicht entsprechen. Der Deutung der Stränge tritt besonders die außerordentliche Kleinheit der eben fixierten Knospen erschwerend entgegen, in denen dann der einzelne Strang oft nur noch durch eine oder wenige Zellen im Querschnitt repräsentiert wird. Die Zugehörigkeit der einzelnen Knospenorgane, wie sie aus den betreffenden Zellgruppen des Stolos hervorgehen, zu den Keimblättern, muß nach den Angaben, die ich unter sorgfältiger Prüfung der Resultate der genannten Forscher gemacht habe, zum Teil höchst befremdlich erscheinen. Ehe wir jedoch näher auf diesen Punkt eingehen, sei es gestattet, die übrigen Gruppen der Tunicaten zu berücksichtigen, denen eine Knospung mittels Stolo proHfer zukommt. Es kann kein Zweifel obwalten, daß der ventrale Stolo prolifer von Doliohim dem der Ascidien, \\'o ein solcher vorliegt, der Pyrosomen und Salpen homolog ist, wie bereits Grobben (1882, S. 84), Ulianin (1884, S. 102 ff.) und Korschelt und Heider (1893, S. 1379) hervorheben. Es liegt nicht in meiner Absicht, mich auf Einzelheiten der Knospung verschiedener Ascidien gruppen einzulassen, so viel des Interessanten sie auch im einzelnen bieten möge. Ein gemeinsamer Zug charakterisiert jedoch die Anlage der Knospe, bezw. die Ausbildung des Stolos, wo wir von einem solchen reden dürfen, bei allen Ascidien insofern, als wir dann immer dreischichtige, Wäschen- und schlauchförmige Bildungen antreffen. Es stellt die äußere Schicht in allen Fällen eine Fortsetzung des mütterlichen Ekto- derms dar, die nächstfolgende, welche die primäre Leibeshöhle, d. h. den Raum zwischen dieser äußeren und innersten, erfüllt, gehört dem Mesoderm an. Bezüglich der Zugehörigkeit des innersten Bläschens zu einem der Keimblätter unterscheiden sich, soweit bis jetzt nachgewiesen, die Botrvlliden und Polvstyeliden wesentlich von den übrigen knospenden Ascidien. Bei den letzteren gehört das innerste Bläschen als Abkömmling des mütterlichen Darmrohres (im weiteren Sinne) dem Entoderm an, während es bei den Botry lüden nach den über- 133 j -,, Günther Neumann, einstimmenden Angaben von Oka (1892), Pizon (1892 u. 1893) und Hjort (1893, 1895, 1896) aus einer Ausstülpung des parietalen Blattes des mütterlichen Peribranchialsackes her\'orgeht, somit also ektodermal sein muß, da die Peribranchial-(Kloakal-)Bläschen der Ascidienembr)'onen, wie nicht mehr zu bezweifeln ist (vergl. oben S. iio), auch rein ektodermale Bildungen sind. Wenn nun berichtet wird, daß in beiden Fällen die verschiedenartigsten Organe, wie der Kiemendarm und Verdau ungstraktus, das Nervensystem, die Peribranchial- säcke, endlich auch das Herz der Knospe, aus der inneren Blase entstehen, so müssen alle diese Organe in dem einen Falle vom Ektoderm, im anderen vom Entoderm abstammen. Nur die Geschlechtsorgane und Muskeln sind immer mesodermaler Abkunft. Teil- weise widersprechend sind dabei allerdings die Angaben über die Abstammung des Nervensystems. Während Seeliger (1882) ursprünglich geneigt war, bei Clavelina eine mesodermale Entstehung anzunehmen, lassen es van Beneden und Julin (1887) hier vom Ektoderm der äußeren Blase entstehen. Dagegen hatte schon Kowalewsky (1874) für Perophora, Amaroccinm und Dideni- num seine Entstehung von der inneren entodermalen Blase angegeben, Befunde, welche neuerdings von Hjort (1893) nicht nur für Bot ry /ins (entgegen Oka 1892 und Pizon 1882), sondern auch bei Polycliniden bestätigten wurden. Von Hjort und Bonxevie (1895) wurde dieselbe Ab- stammung des Nervensystems auch für Disiaplia festgestellt (entgegen Salensky 1893). Endlich hat BoNNEViE (1896) auch für Diplosonia (in Uebereinstimmung mit Caullery 1894) '■"''d ^ür Sarcobotrylloides und Polycyclus die gleiche Entstehung nachgewiesen. Wenn wir diese Befunde über die Abstammung der Organe bei Ascidienknospen zunächst nicht weiter verfolgen, sondern nur noch den Aufbau des Ascidienstolos, bezw. der primitiven Knospe ins Auge fassen, so muß auffallen, daß beide Bildungen viel einfacher zusammen- gesetzt sind als der Stolo bei Doliolum. Wir treffen nur drei Schichten, welche in dem einen Falle allen drei Keimblättern, im anderen nur dem Ekto- und Mesoderm angehören. Nicht viel komplizierter ist der Stolo der Pyrosomen zusammengesetzt. Er besteht aus einem umhüllenden Ektoderm, der Fortsetzung der Epidermis des Muttertieres, und einem centralen Entodermrohr, welches eine Aussackung des mütterlichen Kiemendarmes darstellt, und endlich aus einer mesodermalen Zellenmasse. Nach den Untersuchungen von Seeuger (1889) differenziert sich die letztere im Stolo bereits in einen Genitalstrang, zwei Peribranchialröhren und das Nervenrohr. Das Entodermrohr des Stolos liefert den Kiemendarm inkl. Verdauungstraktus. Das Herz entsteht aus einer Gruppe freier Mesenchymzellen. Somit treffen wir im Stolo von Pyrosonia wiederum Derivate aller drei Keimblätter an. Sie setzten aus der umhüllenden Ekto- dermschicht, aus drei unpaaren (Nervenrohr, Entodermrohr und Genitalstrang) und einem paarigen •Strange (den Peribranchialröhren) den Stolo zusammen. Im Gegensatz zu den entsprechenden Verhältnissen bei Ascidien scheint nach Seeliger dem Mesoderm die Rolle zuzufallen, so ver- schiedenartige Organe, wie Nervensystem, Geschlechtsorgane, Peribranchialröhren, Muskeln und Herz es sind, aufzubauen. Salensky (1892) widerspricht allerdings der mesodermalen Abkunft der Peribranchialröhren und des Nervensystems. Nun sind dieser Arbeit Seeliger's über die Knospung bei Pyrosoma die Untersuchungen von Bonnevie (1896) gefolgt, welche denen von Seeliger teilweise widersprechen, indem letztere nachweist, daß nicht nur die Peribranchialröhren, sondern auch das Nervensystem aus dem centralen Entodermrohr hervorgehen. Damit wäre eine wesentliche Uebereinstimmung mit den Knospungsvorgängen bei Ascidien festgestellt. 134 Beiträge zum Generalionswechsel von Doliolum. \ 7 Z Bezüglich der Abstammung der einzelnen Stränge im Salpenstolo ergeben sich aus den Mitteilungen der Autoren zahlreiche Widersprüche, doch scheint er ganz analoge Verhältnisse in der Zusammensetzung zu repräsentieren, wie der Stolo der Pyrosomen. Ich darf mich der Kürze halber vielleicht auf die jüngsten Berichte über diesen Gegenstand von Korotneff (1894) beschränken, der, gestützt auf eigene Untersuchungen, die verschiedenen Angaben einer Prüfung unterzieht. Korotneff bestätigt nicht nur die Existenz der von Brooks (1886) zuerst nachge- wiesenen „muscular tubes", sondern fand auch noch einen weiteren, bisher nicht beobachteten Strang, den er „Pericardialstrang" benennt, und als homolog den „Pericardialröhren" der Pyrosomen zu erachten scheint. Herzuleiten ist diese unpaare Zellgruppe von einem röhrenförmigen Aus- wüchse des Pericards. Bezüglich des Nervenrohres giebt Korotneff in Uebereinstimmung mit den letzten Befunden von Brooks (1893) eine ektodermale Entstehung an, entgegen Seeliger (1885), der auch für das Nervenrohr mesodermalen Ursprung konstatierte. Die strittige Frage nach der Herkunft der Peribranchialröhren, welch letztere bekanntlich Kowalewsky (1868) von der Kloake selbst, Salensky (1877) vom Pericard, Seeliger (1885) von freien Mesodermzellen ab- leitet, entscheidet er dahin, daß er sie vom Entoderm abstammen läßt. Somit erfreuen sich nur der mesodermale Genitalstrang und das Entodermrohr einheitlich gedeuteter Herkunft. Für die Abstammung des Herzens der Salpenknospen liegen insofern auch widersprechende Angaben vor, als Vogt (1854) und Brooks (1876) dasselbe als entodermal, die übrigen Autoren als mesodermal bezeichnen. Es ist wohl nicht zu leugnen, daß angesichts dieser vielen widerspruchsvollen Angaben der Versuch gewagt erscheint, allgemeine Schlüsse über die Knospung im Tunicatenstamme zu ziehen. Schwer läßt sich, und selten wohl mit absoluter Sicherheit, entscheiden, ob im einzelnen Falle die thatsächlichen Verhältnisse richtig beobachtet wurden. Wenn es zur Zeit als ausgemacht gilt, daß es ein fruchtloses Beginnen ist, die Thatsachen der Embryonalentwickelung und Knospung unter einen Hut bringen zu wollen, wie es oft versucht wurde, so stehen sich dagegen speciell bei Beurteilung der Knospungsvorgänge noch zwei Ansichten gegenüber. Einerseits ist man geneigt, anzunehmen, „daß in der Knospe keines der wichtigeren Organe neu angelegt wird, sondern daß alle wichtigeren Organanlagen aus dem Muttertier in den Stolo und in die Knospen übergehen, während wirkliche Neubildung von Organanlagen nur im Embryo stattfindet" (Kor.schelt und Heider 1893, S. 14 18). Andererseits giebt man auch für den Entwickelungsprozeß durch Knospung zu, daß Organe als Neubildungen auftreten können (HjORT 1895, 1896). Prüft man, ohne sich auf den einen oder anderen Standpunkt von vorn- herein zu stellen, daraufhin die verschiedenen Angaben über die Knospung, so wird man zugeben müssen, daß in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Thatsachen nicht zu Gunsten der ersteren Annahme sprechen. Wenn wir uns zunächst an jene Befunde über die Knospungsvorgänge im Tunicaten- stamme halten, welche als einigermaßen sichergestellt gelten dürfen, so soll zunächst erinnert sein an die entodermale Entstehung der Peribranchialröhren und des Nervensystems, wie sie sich bei den meisten Asci dien knospen verwirkHcht findet. Die gemeinsame Anlage beider Organe stammt hier bekanndich in letzter Linie vom mütterlichen Darmrohr (im weiteren Sinne) ab. Bewahrheitet sich ferner bei Bot)-yllus und den Polystyeliden die Herkunft der inneren Blase 135 136 GÜNTHER NEUMANS, von der ektodermalen Peribranchialhöhle (woran wir nicht mehr werden zweifeln dürfen), so haben wir es in den Knospen jener Formen mit einem Kiemendarme und einem Herzen zu thun, welche von Ektoderm ausgekleidet sind, ganz abgesehen davon, daß auch hier das Nervenrohr aus dieser inneren und nicht aus der äußeren Ektodermblase hervorgeht. Die Untersuchungen \on Bonnevie über den Stolo ^•on Pyrosoina machen eine nicht zu verkennende Uebereinstimmung einerseits mit der Knospung der Ascidien und andererseits zum Teil mit den Verhältnissen am Salpenstolo wahrscheinlich, wie diese durch die letzten Unter- suchungen von KoROTNEFF (1894) sich darstellen. Danach würden nicht nur bei dem größten Teile der Ascidienknospen, sondern auch bei Pyroso/ua und Sa/pa die Peribranchialröhren vom Entodermrohr abzuleiten sein. Von einer Abstammung von dem gleichen Organe des Mutter- tieres würde also bei diesen Gruppen keine Rede sein können. Bezüglich der Abstammung des Nervenrohres aus der inneren Blase, bezw. von dem Entodermrohr des Stolos, bestände dann ebenfalls Uebereinstimmung zvv'ischen Ascidien- und Pyrosoma-Knospen, während im Stolo der Salpen nach Brooks (1893) und Korotneff (1894) die Entstehung des Nervenrohres an das äußere Ektoderm anknüpft. Folgen wir den Angaben Seeuger's, so ständen bei Salpen wie bei Pvrosomen das Nervenrohr und ebenso die Peribranchialröhren als mesodermale Gebilde wiederum in keiner Beziehung zu den gleichen Organen des Muttertieres, wenn man nicht, wozu Korschelt und Heider (1893, S. 1393) für Pyrosonia geneigt sind, zu der Hypothese greifen will, „daß in jenen Verbindungsgängen (zwischen den Ascidiozooiden) nach erfolgter Abschnürung der den einzelnen Ascidiozooiden zukommenden AIjschnitte der Peribranchialröhren noch Reste der Peri- branchialröhren in Gestalt unscheinbarer Zellgruppen zurückbleiben, die leicht mit Mesodermzellen verwechselt werden können, und aus denen sich dann die Peribranchialröhren der später zur Entvvickelung kommenden Stolonen ableiten". Wenn nun die genannten Forscher gerade die \'erhältnisse am „Ventralstolo" von Doliolum für geeignet halten, die Annahme zu stützen, daß die Primärorgane der Knospe von denen des Embr}^os direkt abzuleiten seien, so möchte ich dagegen hervorheben, daß die Dinge eher für das entgegengesetzte Verhalten zu sprechen scheinen. Die Annahiue \on Korschelt und Heider ist völlig begründet, wenn man sich an die Deutung der Konstituenten des Stolos hält, welche Grobben ihnen zu teil werden läßt. Nach diesem Forscher erscheint allerdings die Phars^ngeal- und Kloakalhöhle der Knospe von den Ausstülpungen der gleichen larvalen Höhlen erzeugt, und ferner soll das Herz aus einem von ihm als Mesoderm gedeuteten Strange hervorgehen. Allein diese letzten beiden Beobachtungen müssen entschieden als irrige bezeichnet werden; denn wir haben in den Do/iolum-Yi nospen weder eine Kloakal- noch eine Herzanlage, da eben die Kloakalhöhle sich paarig \om Ektoderm aus einstülpt, das Herz aber e n t o d e r m a 1 als Ausstülpung des K i e m e n d a r m e s sich anlegt. Was die Abstammung der Pharyngealhöhle von der gleichen Bildung der Larve anlangt, so giebt schon UuANiN an, und ich muß ihm darin beistimmen, daß im ausgebildeten Stolo nicht die beiden vorderen lateralen Stränge, sondern der centrale es ist. welcher die Phan'ngealhöhlenanlage repräsentiert. Dieser ist aber, wie Grobben selbst und ich beobachtet haben, aus der Ver- schmelzung der hinteren lateralen Lappen her\'orgegangen, deren Abkunft von den primären Kloakalausstülpungen Ulianin und ich konstatierten. Uliaxix freilich gelangt auch zu einer Ableitung der Phar\'ngealhöhle der Knospe von den Ausstülpungen des gleichen Organs der 136 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 137 Larve, aber auf eine Weise, die, wie betont, weder Grobben noch ich bestätigen konnten. So muß denn die Pha ry ngealhöhle der Z^o/w/?/;;/ - K n o s p e thatsächlich als ekto- dermale Bildung angesprochen werden, abstammend von den Ausstülpungen der embryo- nalen Kloakalhöhle. Diese Thatsache ist nicht verwunderlicher als die der gleichen Entstehung des Kiemendarmes in den Botryllits- und Polystyelidenknospen. Wenn eine Täuschung gerade bei der Deutung der Pharyngealhöhlenanlage in den jüngsten Knospen aus Gründen, die unten erörtert werden sollen, nahezu ausgeschlossen erscheint, so gilt dies ganz besonders auch noch für die Zellgruppe, welche das Nervensystem der Knospe liefert. Wenn die Beobachtung Ulianin's richtig ist, daß der „M esodermzellenhaufen" sich thatsächlich auf frühen Stadien vom Mesoderm abschnürt, dann muß auch das Ganglion der Knospe diesen Ursprung haben; denn es läßt sich kein Strang des Stolos durch die ver- schiedenen Entwickelungsstadien leichter verfolgen als dieser. Ulianin's Angabe, daß sich die Zellgruppe, welche die Nen'ensystemanlage der Knospe abgiebt, aus der Verschmelzung der hinteren kloakalen Lappen aufbaue, ist nicht den Thatsachen entsprechend, wie Grobben und ich übereinstimmend fanden. Nach Ulianin würde der Mesodermzellenhaufen das Herz geben. Er hat jedoch den 8. Zellstrang, den vom Larvenherzen abstammenden, übersehen. Be- kanntlich leitet Seeliger das Ganglion der Pyrosoina- und Salpenknospen auch vom Mesoderm ab. Muß diese Thatsache schon befremdhch erscheinen, so ist es in noch höherem Grade der Fall mit der Herkunft der Muskeln vom Ektoderm, der Geschlechtsorgane vom Entoderm. Beide Beobachtungen finden keine Analoga in der Reihe der übrigen Tunicaten- knospen. „Verhält es sich indessen so, dann müssen nicht allein die Keimblätter, sondern selbst Material, welches schon angelegten Organen angehört, ganz undifferenziert sein können, und die- jenige Auffassung der Keirnblätter, daß diese bis in die kleinsten Teile schon für die Bildung bestimmter Organe modifiziert sind, kann nicht bei den untersuchten Tieren zutreffen" (HjoRr 1895, S. 225). „Den Keimblättern sind weder histologische, noch auch organo- genetische Prädispositionen eigen" (Chun 1896, S. 50). II. Die Amme. Wir betrachten die ungeschlechtliche Amme nur als Erzeugerin und Trägerin der Geschlecht sgeneration, lassen dabei also nicht nur alle die Vorgänge beiseite (sofern nicht schon gelegentlich von ihnen die Rede war), die sich bei der Umbildung der Larve in die Amme abspielen, sondern auch die Metamorphose, welche die junge Amme durchmacht. Ersteres wurde bereits eingehend von Ulianin, letzteres besonders von Grobben trefflich beschrieben. Bekanntlich waren die älteren Forscher der Ansicht, daß bei Doliolum die Knospung anknüpfe an den „dorsalen Keimstock" des neun muskeligen Doliolum, der „ersten Amme" einerseits, und andererseits an den Bauchstolo des achtmuskeligen, ungeschlechtlichen (Pfleg-)Tiers, der „zweiten Amme". Grobben's (1882) großes Verdienst ist es, das „ r o s e 1 1 e n f ö r m i g e Organ" als echten Stolo prolifer erkannt zu haben. Er stößt Knospen ab (S. 36), „welche sich jedoch nicht weiter entwickeln, sondern abortiv sind". Obschon dieser Forscher die gleiche innere Zu- sammensetzung der Knospen, die auf dem „dorsalen Keimstock" der Amme sich entwickeln, mit 137 Deutsche Tlefsee-Expcdition 1898 — iSqq. Bd. XII. 18 j -jg GÜNTHER Neumann, den „abortiven" feststellte, erkannte er doch auf Grund seines weniger geeigneten Materials die Identität beider Ivnospenarten nicht. Dies war Ulianin (1884) vorbehalten. Er wies nach, daß alle Knospen, auch die an dem „ventralen Keimstock" der Mediansprossen (Pflegtiere), Ab- kömmlinge des ventralen Stolo prolifer, des rosettenförmigen Organs der Amme, sind, und zog daraus die Konsequenzen für die Auffassung der bei Doliohim vorliegenden Generationsfolge, die sich eben als ein normaler Generationswechsel darstellt, bei dem die Geschlechtsgeneration polymorph geworden ist. Ich hebe schon hier mit besonderer Genugthuung hervor, daß ich dieses wichtigste Ergebnis des verdienten Forschers in den folgenden Darlegungen bestätigen konnte. Der Stolo prolifer. Wir hatten ihn in der jungen Amme verlassen, als er bereits die Epidermis vor sich hergeschoben, den Mantel durchbrochen und die ersten Knospen zur Abschnürung gebracht hatte. Dabei ergab sich die Thatsache, daß in seinem oberen Teile die verschmolzenen hinteren Kloakallappen {eis' Taf. XV, Fig. 11) noch mit der Außenwelt in Verbindung stehen, im ven- tralen Abschnitt dagegen vollständig in das Centrum verlagert erscheinen (Taf. XV, Fig. 1 2). Dieses Verhalten der dorsalen Partie bleibt nun auch bei weiterer Entwickelung bestehen. Wir erkennen auf einem Querschnitt durch den oberen Teil eines völlig ausgebildeten Stolos von einer jener großen Ammen von D. Gegenbauri, daß die verschmolzenen hinteren Kloakallappen {c/s') noch an der peripheren Begrenzung teilnehmen. Im übrigen zeigt ein Stolo einer entwickelten Amme im allgemeinen das gleiche Bild der Zusammensetzung durch seine ganze Länge, d. h. wir treffen auf Querschnitten aus jeder Höhe (Taf. XVI, Fig. 2) dorsal (hinten) die vom Meso- dermhaufen abstammende Zellen masse (mss), ventral (vorn) die vom P e r i - Card aus entstandene (/izs). Rechts und links liegen nach der dorsalen Seite zu die primären kloakalen {eis) , nach der ventralen die pharyngealen Lappen {/>//s). Von all diesen Strängen umfaßt, nehmen die zu e i n e r G r u p p e vereinigten hinteren Kloakal stränge {c/s') das C e n t r u m ein. \^on Kontur- verschiedenheiten, die sich auf Querschnitten aus verschiedener Höhe allerdings ergeben, müssen wir dabei natürlich absehen. Sie werden einesteils dadurch bedingt, daß die Stränge ihre Lage zu einander innerhalb der Grenzen ändern, die durch jene festen allgemeinen Lagebeziehungen gegeben sind, anderenteils durch die wechselnde Dicke des Stolos in verschiedener Höhe (Taf. XVI, Fig. i). Er hat sich ja ventral (distal) stark ausgezogen und verjüngt. Dorsal (pro- ximal) dagegen ist nach völliger Abtrennung der betreffenden Stränge von ihrem Mutterboden eine Abrundung und Verdickung eingetreten. Er ist birnförmig geworden, und sein ventrales Ende ragt zapfenförmig in die becherförmige Einstülpung der Haut hinein. Dabei hat sich seine Längsachse noch schräger, etwa unter 45'', zu der des Ammenkörpers gestellt. Mit diesen allgemeinen Gestaltsändervmgen, welche das Organ als Ganzes betreffen, gehen solche der einzelnen Stränge natürlich Hand in Hand. Zunächst läßt sich im Vergleich mit dem früheren Verhalten eine enorme Vergrößerung der dorsalen Masse {wss) konstatieren, umge- kehrt eine relative Verkleinerung aller übrigen, besonders aber der pharj-ngealen Stränge (//w). Vergl. Taf. XV, Fig. 9, und Taf. XVI, Fig. 3. 138 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 139 Was im einzelnen die Laije- und Größen Veränderungen im völlig ausgebildeten Stolo anlangt, so zeigen die Querschnitte (Taf. XVI, Fig. 2, 3), welche dem einer großen Amme von D. Gc£fenbanri entnommen sind, daß die dorsale Nervenmasse (^nsi) bei weitem die mächtigste Ausbildung erfahren hat. Sie tritt besonders dominierend im oberen Abschnitt hervor (Textfig. 6). Die centrale Zellmasse icls') und ebenso die pharyngealen Lappen {J>hi) sind hier als flache, breite Schalen entwickelt, an deren äußeren und inneren Rändern die Kloakalstränge, bezw. der Herz- strang {lizs) , als dünne Wülste hinlaufen. Im ventralen Ab- schnitt (Taf. XVI, Fig. 4) bleibt die imponierende Entfaltung des Nervenstranges (///ss) bestehen, in der Ausbildung der übrigen Gruppen aber prägt sich mehr und mehr Ebenmäßigkeit aus. Zudem erweisen sich hier die Stränge umhüllt von dem Haut- Fig. 6. epithel (ekf), das, wie erwähnt, zu einer tiefen Duplikatur einge- faltet, den vorderen Teil der Anlage umgiebt (Taf. XVI, Fig. i). Im mittleren Abschnitt des Stolos dieser großen Ammen von D. Gegenbrniri sind die ventralen Stränge durch eine homogene Substanz voneinander getrennt (Taf. XVI, Fig. 3). Sie dient vielleicht bei der mächtigen Ent- faltung des Organs als stützende Masse. Ich konnte sie in Stolonen anderer, kleinerer Ammen nicht nachweisen. Die Abschnürung" von Teilstücken am Stolo prolifer. Wenn wir nun dem Abschnür ungsprozeß an dem verlängerten Stolo näher treten, so seien zunächst die Beobachtungen früherer Autoren über diesen Gegenstand erwähnt. Kefer- STEIN und Ehlers (1861, S. 59) sahen den Stolo „bisweilen in beträchtlicher Länge und zu einem dünnen, geschlängelten Körper ausgezogen'". Grobben (1882, S. 36) verdanken wir zuerst den Nachweis, daß das „rosettenförmige Organ" Knospen zur Abschnürung bringt, und zwar fand er bei D. deiitkulatum „bis 4 solcher Knospen an einem Stolo". Viel genauer geht auch Ulia- xiN (1884, S. 82 ff.) auf den iModus des Abschnürens nicht ein. Er schreibt: „Durch eine Anzahl ringförmiger Ouerfurchen (bei D. Müllen meistenteils 4, in einigen Fällen auch 5) ist der Stolo in eine gewisse Zahl von verlängerten Stücken geteilt, die einstweilen noch miteinander im Zusammenhang stehen". Er bezeichnet die Teilstücke als „Urknospen". Eine ausführlichere Darstellung liegt von Barrois (1885) vor. Er untersuchte diese Verhältnisse an den großen Villefrancher Ammen von D. Gegenbauri (fälschlich auch von ihm als D. denticulatutn bezeichnet). Wegen der Aehnlichkeit, welche die Beschaffenheit des Urknospenstreifens auf den Ancliinia- Kolonien mit dem Stolo prolifer von Doliohini aufweist, teilt er letzteren (inkl. der Teilstücke des- selben, welche sich bereits auf die Wanderung begeben haben), in 3 Teile. Er unterscheidet (S. 209 ff.) „une portion completement indivise, une portion annelee et vme portion fragmentee". Dieser Dreiteilung kann man folgen, wenn man eben auch die bereits abgeschnürten wandernden Knospen noch als Stolo bezeichnen will. Vorausgreifend sei bemerkt, daß sowohl der verlängerte ungeteilte, als auch der eingeschnürte Teil des Stolos in beständiger Bewegung sich befinden und darum keineswegs immer geradegestreckt (Textfig. 7, S. 140), sondern airi lebenden Tier oft in den mannigfachsten Schleifen und Windungen verlaufen. Ihre Länge wechselt daher 139 140 GÜNTHER NEUHLVNN, o ^ cci<^ 00 ^C7 bei den verschiedenen Tieren innerhalb enger Grenzen. Ich zählte am Stolo der großen Ammen von £>. Gegenbau ri von der Stelle des ersten deutlichen Auftretens einer Segmentierung bis dorthin, wo die ersten Knospen sich vollständig ablösen, 20 — 25 q zusammenhängende Teilstücke. Natürlich nimmt die Gliederung, ^ 5 i*. A i» i66 GÜNTHER Neumann, Bevor die Loslösung der Geschlechts sprossen von dem Ventralauswuchse des Pflegtieres erfolgt, zieht sich der Stiel der ersteren derart aus, daß seine Länge der des jungen Geschlechtstieres nicht nur gleichkommt, sondern bisweilen diese sogar übertrifft (Taf. XVII, Fig. 3). Die jungen Geschlechtstiere werden vom Pflegtier hinter diesem her durch das Wasser geschleppt, wie das Boot am Schiff. Der 7. Muskelreifen, der bekanntlich in den Stiel des Geschlechtssprossen einstrahlt, durchzieht ihn kontinuierlich der ganzen Länge nach. Wie sich nun die Loslösung der Geschlechtssprossen selbst vollzieht, vermag ich nicht genau an- zugeben, da ich lebende Pflegtiere mit Sprossen, die so weit entwickelt gewesen wären, nicht gesehen habe, auf Grund des konservierten Materials aber eine sichere Entscheidung schwer zu fällen ist. Ich besaß zahlreiche junge Geschlechtstiere, die noch mit dem mächtig verlängerten Stiele au.sgestattet waren. Aeltere tragen ihn bekanntlich nicht mehr, woraus folgt, daß er zu einer Zeit abgeworfen wird, und zwar dort, wo der 7. Muskelreifen, der zu dieser 'Zeit hier offen ist, in den Stiel einstrahlt. Der Zusammenschluß der beiden freien Enden desselben erfolgt unmittelbar darauf. Es läßt sich aber diese Stelle auch am ausgebildeten Geschlechtstier zeitlebens noch daran erkennen, daß der Muskelreifen hier etwas nach hinten ausbiegt. Ob nun das junge Ge- schlechtstier dadurch frei wird, daß der verlängerte Stiel sich von ihm abschnürt oder an seinem entgegengesetzten Ende sich mit der „Sohle" vom Ventralauswuchs des Pflegtieres loslöst und hierauf erst vom Geschlechtstiere abgeworfen wird, darüber läßt uns das konservierte Material im Zweifel; denn es wäre ja möglich, daß die jungen isolierten Pflegtiere, welche den Stiel noch besitzen, sich nicht normal losgelöst hätten, sondern losgerissen worden wären. Allein wenn wir bedenken, daß ja auch die Pflegtiere normalerweise so vom Rückenauswuchs der Amme abkommen, daß der Zusammenhang in der „Sohle" zwischen den hohen Zellen des Rückenauswuchses einerseits und denen des Stieles andererseits gelöst wird, so dürfte es wohl in hohem Grade wahrscheinlich sein, daß auch die Geschlechtstiere vom Ventralauswuchse des Pflegtieres auf diese Weise sich ablösen, wenn sie zu selbständiger Ortsbewegung und Er- nährung fähig sind, und also sekundär den anhängenden Stiel als nunmehr unnütz gewordene Bildung abwerfen. Ich darf vielleicht, um auch auf die Produktionsfähigkeit anderer Do/io/ti7n-F ormen einen Blick zu werfen, noch einige Angaben bezüglich der Zahl der abgeschnürten Geschlechts- .sprossen hinzufügen, die der Untersuchung der in Rede stehenden Verhältnisse an anderen Species entnommen sind. Pflegtiere von D. denticulatum mit 20 — 25 Geschlechtsknospen, von denen immer die ältesten erst eine recht minimale Größe erreicht hatten, zählen unter dem Material der Deutschen Tiefsee-Expedition nicht zu den Seltenheiten. Bei alten Pflegtieren von D. Gegenbauri fand ich ähnliche Zahlen vor. In einem Falle traf ich 26 Geschlechtsknospen /-) beeinflußt. Nicht nur, daß ganz ebenso wie in der Larvenentwickelung das ursprüngliche Lumen desselben unter ihrem Drucke für kurze Zeit verschwindet, sondern es dürften die Peribranchialsäcke auch wesentlich jenen vorderen xerjüngten Teil des bis dahin ungegliederten Darmabschnittes herausmodellieren helfen, der später zum Oesophagus wird (Taf. XX, Fig. 6 oei). Jederseits diesas verengten Schlundabschnittes wulstet sich, wiederum wie bei Larven, die Hinterwand der Pharyngealhöhle vor, um sich den beiden ventral gerichteten Peribranchialrohren zur späteren Kiemenspaltenbildung fest anzulegen (Taf. XX, Fig. 5, 9 kr). Der voluminöse hintere Darmabschnitt, der spätere Magen, treibt nun bald nach hinten eine Ausstülpung, welche weiterhin nach rechts hinüberbiegt: den späteren Enddarm (Taf. XX, Fig. 6 cd). Bald darauf bricht dicht oberhalb der ersten Aus- sackung eine zweite aus dem Magen hervor, welche der d a r m u m s p i n n e n d e n Drüse, dem „röhrenförmigen Organ", seine Entstehung giebt (Taf. XXI, Fig. 2 1 dr). Um nun zu den \'eränderungen des vorderen, pharyngealen Abschnittes zurückzukehren, so sei noch erwähnt, daß das Herzbläschen sich bald \on dem ventralen Teil der hinteren Pharyngealhöhlenwand abschnürt (Taf. XX, Fig. 5, 6 hz) und hier, zwischen dem Hinterende des Endostyls und dem Magen in der Leibeshöhle gelegen, seine Weiterentwickelung durchmacht, auf welche noch eingegangen werden soll. Je mehr das Epithel der pharyngealen Wände sich abflacht, um so mächtiger wachsen die Zellen der Endostylrinne heran, wodurch letztere schärfer als zuvor von dem eigentlichen Pharyngealraum abgesetzt erscheint (Taf. XXI, Fig. 19). In- zwischen wird auch die Einstülpung der ektodermalen M u n d b u c h t und ihre Verlötung mit der Vorderwand der Pharyngealhöhle vollzogen. Nicht lange danach öffnet sich die Flimmer- grube, bereits mit Flimmerhärchen ausgestattet, in den Vorderdarm. Zu ihr ziehen vom Vorder- ende der Endostylrinne zwei Leisten von hohen Epithelzellen, die jedoch erst später Flimmern erhalten. Sie geben die beiden Flimmerbänder ab (Taf. XX, Fig. 6, \o fb). Ebenso wie hier hat auch ein Zellstreifen der hinteren Pharyngealhöhle, zwischen dem Endabschnitt des Endostyls und dem Oesophagus, an der Verflachung, welche die übrigen Epithelzellen der pha- I 76 Beiträge zum Generationswcchsei von Doliolnm. 17"' ryngealen Wände eingingen, niclit teilgenommen. Er stellt später die bewimperte Mundrinne des ausgebildeten Tieres dar, welche bekanntlich den Oesophagus umkreist und auf seiner Ventralfläche in den Magen eintritt (Taf. XX, Fig. 6 — 8, lo iiir). . Wie oben S. 1 3 1 ff. ausgeführt wurde, ist die Phar^'ngealhöhle der Doiioiuin-¥^nos-^en inkl. ihrer Ausstülpungen, Darmtraktus und Herz, ektodermaler Abstammung; denn ihre Anlage im Stolo ist aus der Verschmelzung der hinteren Kloakallappen des Muttertieres (der Larve bezw. Amme) hervorgegangen. Diese Entstehung und somit dieselbe Keimblattnatur teilt sie, soweit bekannt, nur mit dem Kiemendarm der Botryllus- und Polystyelidenknospen, da der Kiemendarm aller übrigen Tunicatenknospen dem inneren Keimblatte entstammt. Wollten wir uns angesichts dieser Thatsachen auf einen Standpunkt stellen, welcher für die Beurteilung der Homologie eines Organs ausschließlich ihre Genese aus demselben Keimblatt in Anspruch nähme, so würden wir beispielsweise nicht berechtigt sein, die Pharyngealhöhle der Z^oZ/o/zwx-Knospen mit dem Kiemen- darme sämtlicher anderer Tunicatenknospen (mit Ausnahme der der Botrylliden und Polystyeliden, vergl. S. 133 ff.) zu homologisieren. Wir dürften ferner ebensowenig die Pharyngealhöhle der Larven und Knospen von Doliolnm als Homologa ansprechen, da sie bei den ersteren, wie ich gezeigt zu haben glaube, nicht aus einer ektodermalen Einstülpung entsteht (Ulianin 1884, S. 52, 57), sondern ihre entodermale Abkunft sicher aus der frühesten, uns freilich noch unbe- kannten Embryonalentwickelung herleitet. Ein Vergleich der Ausgliederung des primitiven Pharyngealraums in Larven und Knospen lehrt aber, daß diese hier und dort fast bis in Detail übereinstimmend verläuft. Es würde in der That schwer fallen, hinsichtlich der allgemeinen Lage- beziehungen, des anatomischen Baues und der histologischen Beschaffenheit Unterschiede zwischen dem gleichen Organ beider Generationen zu finden. Es fehlt denn auch nicht an Forschern, welche darauf hinweisen, daß gewisse Thatsachen „zum energischen Einspruch gegen die Ueber- treibungen einer exklusiv genetischen Betrachtungsweise auffordern". Unter ihnen nenne ich Chun (i8g6, S. 47 ff.) und Seeliger (1893, S. 387 ff.). Die Kloakalhöhle. Die Angaben von Grobben (1882, S. 42, 45) und von Ulianin (1884, S. 94, 95) über die Entwickelung der Kloakalhöhle in den Knospen weichen bedeutend voneinander ab. Wie oben (S. 125 ff.) schon hervorgehoben wurde, läßt Grobben die Klokalhöhle aus zwei im Stolo gegebenen Anlagen hervorgehen, welche Abkömmlinge der larvalen Kloake selbst sind. Ulianin widerspricht dieser Deutung der vorderen kloakalen Stränge als Anlagen des gleichen Organs der Knospe. Er läßt die Muskeln aus ihnen hervorgehen. Ich konnte ihm darin beistimmen. Wenn er aber die Kloakalhöhle aus einer unpaaren Epidermiseinstülpung entstehen läßt, so wird sich zeigen, daß die ersten Entwickelungsstadien dieses Organs in den jungen Knospen dieser Angabe wider- sprechen. Untersucht man mit stärkeren Systemen die Dorsalseite einer unlängst fixierten Knospe, gleichviel, welcher der 3 Sorten sie angehört, so gewahrt man zu beiden Seiten des Hinter- abschnittes der großzelligen Nervenmasse, wo diese (bei Geschlechtsknospen) auf die Ge- schlechtsanlage auftrifft, zwei flache Grübchen im Ektoderm, in deren Umkreise die 177 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. XII. 23 178 GÜNTHER Neumann, Epidermiszellen sanft wallförmig erhoben erscheinen (Textfig. 15 a). Wenn auf diesem Stadium die beiden Einbuchtungen noch durch die ansehnHche Nervenmasse getrennt und jederseits weit von der dorsalen Medianlinie entfernt sind, treffen wir sie an etwas älteren Knospen einander bereits mehr genähert, gleichzeitig auch minimal vertieft (Textfig. 15 b). Die nahezu elliptischen Ein- stülpungsöffnungen liegen mit ihrer längeren Achse auch nicht mehr, wie früher, parallel zur Längsachse der Knospe, sondern quer. Nunmehr hebt, genau wie bei Larven, an dem dor- pM Fig. 15. D. deiitictilatnm. I : 350. salen, nach innen zu gelegenen Rande jeder Einstülpungsöffnung eine Ein- falt ung an, welche ebenso wie dort, nach der dorsalen MedianHnie zu fortschreitend, eine schlitzförmige Vereinigung beider dorsolateraler Einstülpungen zur Folge hat (Textfig. 1 5 c). Durch einen engen, zur Längsachse des Tieres senkrecht gerichteten, langen Spalt vermögen wir jetzt in die jederseits minimal vertieften Säcke zu blicken, deren dorsale Vereinigung eben durch jene quer verlaufende Einfaltung vollzogen wurde. Dieser Zustand ist jedoch auch nur ein vorübergehender. Wie vorhin schon ein Vorrücken der seithchen Ein- stülpungsöffnungen nach dem Rücken zu zu konstatieren war, dadurch her\^orgebracht, daß die ursprünglichen Einfaltungen von den Flanken her teilweise wieder geschlossen wurden, so erfolgt nunmehr auch successiv der Verschluß der queren Rinne bis auf einen genau dorsomedian gelegenen, elliptischen Spalt (Textfig. 1 5 d), der sich schließlich in eine enge runde Oeffnung, den unpaaren Ausführgang der vereinigten Ektodermtaschen, umwandelt (Textfig. 156). 178 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 179 Wie aus diesen Angaben ersichtlich ist, verläuft die erste Entstehung der Kloakalhöhle bei den Knospen bis ins einzelne analog derjenigen bei den Larven, nur daß wir es hier, der Kleinheit der jüngsten Knospen entsprechend, mit bedeutend minimaleren Größenverhältnissen zu thun haben, wodurch die Untersuchung dieser Verhältnisse nicht gerade erleichtert wird. Ich wüßte keinen besseren Beweis für die Richtigkeit dieser Angaben als den, daß ein so ausgezeichneter Forscher wie Grobben (1882, S. 45) jedenfalls eine Paarigkeit an der pri- mitiven Kloakalhöhle beobachtete, wenn er auch darin irrte, daß er die seitlichen Divertikel als Produkte zweier Kloakalanlagen des Stolos betrachtete. So schreibt er (S. 45) von diesen, daß sie „in der Mittellinie noch getrennt voneinander sind" und von einem späteren Stadium (S. 45): „Die Kloakenanlagen haben sich in der Mittellinie aneinander gelegt. In beiden sind nun auch kleine Lumina bemerkbar, so daß die Kloakalanlage, von oben betrachtet, die Gestalt einer Brille besitzt." Wenn er aber dann angiebt: „Oberhalb derselben bildet die Haut eine tiefe Einbuchtung, an dieser vertieften Stelle bricht später die Auswurfsöffnung durch", so kann ich ihm darin in- sofern nicht beistimmen, als ich die Egestionsöffnung direkt aus der Vereinigung der beiden seitlichen Einstülpungsöffnungen hervorgehen sah. Einen Verschluß der letzteren und sekundäres Durchbrechen, wie es für Ascidienembryonen zum Teil zutrifft, habe ich hier nicht beobachtet. Daß thatsächlich Kloakalanlagen in den jungen Knospen nicht existieren, läßt sich auf Quer- schnitten durch die jüngsten Knospen verfolgen, wenn es bei der Kleinheit der Objekte, die vor allem eine genaue Orientierung derselben vor dem Schneiden sehr erschwert, auch Mühe kostet, die vorhin nach dem Totalpräparat beschriebenen V^erhältnisse in gelungenen Schnitten zu erhalten (Taf. XXI, Fig. 3 /;-). Nachdem, wie oben angegeben, die frühe Vereinigung der beiden seitlichen Peri- branchi alein stülpungen in einen gemeinsamen medianen Raum vollzogen ist, und dieser durch eine unpaare Egestionsöffnung nach außen mündet, dringen jene mächtig gegen die Ventralseite zwischen Epidermis und Darmtraktus in der Leibeshöhle vor, wobei sie ihre Lumina erweitern (Taf. XX, Fig. 4). Ihrer Druckwirkungen auf den Vorderteil der Darmanlage \\'urde schon gedacht. Da inzwischen auch bereits die Vorwulstung der Hinterwand der Pharv'neeal- höhle jederseits des späteren Oesophagus begonnen hat (Taf. XX, Fig. 5, 9 //-), legen sich hier die Peribranchialtaschen dieser an. Nachdem bei der Erweiterung des gemeinsamen (Ivloakal-) Raumes (der aus der dorsalen Vereinigung beider Säcke entstanden) dessen Boden auf den Hinterabschnitt der Nervensystemanlage aufgetroffen ist, muß diese sehr bald seinem Vordringen ganz weichen (Taf. XXI, Fig. 10). Auf späteren Stadien sehen wir ihn bereits dem Darmtraktus dorsal fest aufliegen (Taf. XXI, Fig. 7, 8). Die Verdrängung der Nervenmasse geht aber noch weiter. Der gemeinsame Kloakalraum, bisher in dorsoventraler Richtung gestreckt, wird nunmehr gegen das Ganglion hin dadurch erweitert, daß das eingestülpte Ektoderm längs der dorsalen Begrenzung des primitiven Darmtraktus gegen die Nervensystemanlage vordringt (Taf. XXI, Fig. 13). Der gemeinsame (ICloakal-)Hohlraum hat dadurch im Profil abgerundet dreieckige Form angenommen. Infolge des beträchtlichen Wachstums der Knospe in der Längsrichtung, besonders ihrer Ventralseite, rückt die Darmanlage mehr und mehr in den hinteren (unteren) Knospenabschnitt. Dadurch kommt die Hinterwand der Pharyngealhöhle, die ursprünglich etwa senkrecht zur Längserstreckung der Knospe in der Linie Endostyl-Oesophagus verstrich, schräg 179 . 23* , Qq Günther Neumann, von unten -vorn nach hinten -oben zu stehen (Taf. XX', Fig. 5). Da nun die ventralen Kloakal- säcke bei ihrem Vordringen immer der Vorwulstung der schrägen hinteren Pharyngealhöhlenvvand dicht angeschmiegt bleiben, gelangen ihre blinden Enden schließlich bis in unmittelbare Nähe des Endostylendes (Taf. XX, Fig. 5 />r). Legen wir nun einen Querschnitt durch ein entsprechendes Stadium etwa in der Höhe des Oesophagus, dann treffen wir, dem Darmrohr dorsal breit auf- liegend, jenes obere (gemeinsame) kloakale Divertikel mit dem schlitzförmigen Lumen; ventral, jederseits der Vorwulstung der hinteren Pharjmgealhöhlenwand fest angeschmiegt, die beiden peribranchialen Taschen (Taf. XXI, Fig. 16, 20). Mit dieser Verlängerung der ventralen Taschen geht eine Erweiterung des gemeinsamen (Kloakal-)Hohlraums in ventraler Richtung Hand in Hand. Dagegen hat sich der mittlere Teil seines Bodens, der bis dahin dem Darmtraktus fest anlag, währenddessen wieder weit von ihm abgehoben (Taf. XXI, Fig. 1 7) und erscheint stark gegen die Einstülpungsöffnung vorgewölbt (Taf. XX, Fig. 5), so daß zwischen ihm und dem Darmrohr ein breiter Raum der primären Leibeshöhle (/// Fig. 1 7, Taf. XXI) gebildet worden ist. Verfolgen wir weiterhin das Vordringen des Kloakalraums gegen das Nervensystem, so erkennen wir, daß er in eingier Entfernung hinter letzterem sein Ende erreicht. Von hier aus dringen (ähnlich wie von dem ventralen Teile der Kloakalhöhle die beiden Peribranchialtaschen) zwei getrennte Rohre weiter bis an das Ganglion heran vor, später sogar über dasselbe hinaus (Taf. XX, Fig. 5 c/s). Legen wir Querschnitte durch ein entsprechendes Knospenstadium, dann geben diese die l:)esprochenen, etwas verwickelten Verhältnisse instruktiv wieder. Taf. XXI, Fig. 1 5 stellt einen Querschnitt der Serie dar. aus welcher auch der vorhin besprochene Taf. XXI, Fig. 16 abgebildete Schnitt stammt. Er liegt um 3 Schnitte vor jenem (der Mund- öffnung genähert) und zeigt, wie an Stelle des vorher noch unpaaren, breiten dorsalen Kloakal- di\'ertikels 2 getrennte Rohre getroffen sind, in welche das letztere nach vorn zu sich gabelt. Mit der Ausbildung der beiden ventralen Taschen und der dorsalen Kloakalröhren ist die Aus- gliederung der Kloakalhöhle in der Hauptsache vollzogen. Die weiteren Veränderungen betreffen die mächtige Erweiterung sowohl des gemeinsamen Hohlraums als auch die der Divertikellumina. Sie läuft der Größenzunahme der Knospe überhaupt parallel. Nachdem der mittlere Boden des gemeinsamen Raumes wiederum dem Darmtraktus sich angeschmiegt hat, folgen die abgeflachten Wände der Kloakalhöhle überall den Konturen der Organe, mit denen sie zusammentreffen. Infolge der späteren as)'m metrischen Lagerung des Darmes erscheint dann die linke ventrale Kloakaltasche immer kleiner als die rechte (Taf. XX, Fig. 10 //). Mit der Erweiterung der kloakalen Hohlräume geht schließlich wie bei den Larven eine Verlagerung ihrer Ausmündung Hand in Hand. Bei den jungen Sprossen völlig medio- dorsal gelagert, erscheint sie beim au.sgebildeten Tiere bekanntlich genau der Ingestionsöffnung gegenüber, im Längsdurchmesser des Tieres, gelegen. Diese Lageveränderung ist eine Folge des enormen Wachstums der bis dahin kürzeren Dorsalseite. Der breite Stiel, der sich ursprünglich in der Längsrichtung der Knospe erstreckte (Taf. XX, Fig. 5, 6) und auf späteren Stadien relativ im Wachstum zurückbleibt, erscheint .schließlich als kleiner Fortsatz völlig an die Ventral- seite gerückt (Taf. XX, Fig. 7, 8). Er schnürt sich bei jungen Geschlechtstieren endlich ab, während er beim Mediansproß persistiert, um den Geschlechtssprossen, welche auf ihm zur Ent- wickelung gelangen, als Träger zu dienen. 180 Beiträge zum Gcnemtionswechsel von Doliolum. i8i pAd Die oben geschilderte Entstehung der K 1 o a !<: a 1 h ö h 1 e aus zwei d o r s o - lateralen Ekt odermeinst ülpu ng-en in den Z><7//o//^w - K n o s p e n kann uns nicht ver- wunderlich erscheinen, wenn wir bedenken, daß nach Barrois (1885) dasselbe Verhalten die nahe verwandten , ///(7//;//(r- Knospen auszeichnet, allerdings, wie es scheint, mit dem Unter- schiede, daß beide Taschen bald wieder verschlossen werden, worauf eine unpaare Egestions- öffnung sekundär sich einstülpt. Jedoch liegt darin ebenfalls kein prinzipieller Unterschied vor, sehen wir doch ebenso auch in der Entwickelung der Kloakalhöhle innerhalb der Reihe der Ascidienembr3^onen beide Bildungsweisen auftreten (S. 1 10 ff.), die hier einerseits bei den Knospen von Doliolusn, andererseits bei denen von Aiichiiiia verwirklicht sind. Ich darf nun vielleicht noch hinzufügen, daß auch die Knospen von Dolcliinia durch eine ursprünglich paarige Kloakaleinstülpung charakterisiert sind. Zwar hat Korotneff (1891) bei ihnen eine unpaare Invagination angegeben, allein er dürfte jedenfalls die jüngsten Knospen seiner Zeit nicht genauer darauf- hin untersucht haben. Betrachtet man sehr junge Dolchinia- Knospen von der Dorsalseite bei stärkerer Vergrößerung (Text- fig. 16), so kann man sich leicht überzeugen, daß genau die in den /^(V/ö/z/w-Knospen bei Bildung der kloakalen (bezw. peri- branchialen) Einstülpungen obwaltenden Verhältnisse bis ins kleinste sich auch hier wiederfinden, wie denn überhaupt eine isolierte, sehr junge Knospe von Dolcliinia schwer von einer Doliohim- Knospe zu unterscheiden sein dürfte. Es findet sich demnach in der Ontogenese der DoHohivi-l^dcrven sowohl, als auch in der der Knospen von Aiiclnnia, Dolcliinia und Doliolum (die Larven der beiden ersteren sind ja noch unbekannt) thatsächlich noch vor, was Seeliger (1885, S. 109) seiner Zeit für die phylo- genetische Entwickelung dieser Gruppe postulierte: eine aus der Verschmelzung der beiden Peribranchialbläschen entstandene unpaare Kloakaleinstülpung. Mit der Thatsache aber, daß die Kloakalhöhle in den Knospen der DoHoliden {Anchinia, Dolcliinia, Dolioliivi) aus einer paarigen Ektodermeinstülpung entsteht, tritt diese Gruppe in be- merkenswerten Gegensatz zu sämtlichen anderen Tunicatengenera, indem sowohl in den Knospen der A s c i d i e n , als auch in denen von Pyrosonia und Salpa der peribranchiale Apparat aus Anlagen hervorgeht, die im Stolo, bezw. in der Knospe bei Ascidien, gegeben sind; darin sind alle Autoren einig, wenn auch, wie wir (S. 133 ff.) gesehen haben, die Angaben über die Abstammung dieser als Peribranchialsäcke oder Kloakenröhren bezeichneten Anlagen von diesem oder jenem Keimblatt noch sehr widersprechend lauten. Damit ist natürlich in den Knospen der Ascidien, Pyrosomen und Salpen eine Entwickelungsweise der peribranchialen Räume bedingt, welche von der bei den Dolioliden stark abweichen muß. Wenn wir es bei den letzteren immer mit einer Invagination zu thun haben, welcher ein Zusammenfließen der Hohlräume folgt, so charakterisiert sich die Ausbildung dort dadurch, daß umgekehrt die Verschmelzung der Anlagen im Knospeninnern ein späteres Durchbrechen nach außen nötig macht. Unterscheiden sich dem- nach in Bezug auf die Entstehung der Peribranchialräume die Knospen der Dolioliden von denen aller anderen Tunicaten, so weisen sie hierin andererseits große Uebereinstimmung mit den Kig. 16. Dolchmia mirahilis. (Mediansproß.) I : 350. löl GÜNTHER Neumann, Embryonen aller übrigen Manteltiere und mit denen von Doliolum selbst auf (die Larven von Anchiiiia und Dolcliinia sind noch nicht bekannt) ; denn paarige peribranchiale Einstülpungen sind wohl, soweit untersucht, bei allen Ascidienembryonen, ferner bei dem Cyathozooid von Pyrosoma festgestellt und, wie erwähnt, auch von Salensky {1883), Brooks (1893) und Heider (1895) für Salpenembryonen beschrieben worden. Es dürfte immerhin recht bemerkenswert sein, daß sich gerade nur in der Knospung der Dolioliden (eben bei Entstehung der Kloakalhöhle) ein Entwickelungsmodus wiederfindet, der bei diesen selbst (soweit bekannt: Do/iohaii) und bei allen anderen Tunicatenarten nur der Embryonalentwickelung, nicht aber der Knospung angehört. Angesichts der in beiden Fällen völlig übereinstimmenden Entwickelung steht wohl nichts im Wege, die Kloakalhöhle in den Knospen der Dolioliden als homolog derjenigen in den Embryonen von Dolio/ii/ii und der übrigen Tunicaten zu erachten, wobei dann die ursprüng- lichen 2 ventralen Taschen als „Peribranchialröhren", ihre mediane Vereinigimg als „Kloakalhöhle" im engeren Sinne zu bezeichnen sein würde, wie bereits im Laufe der Darstellung geschehen. Das Vordringen zweier dorsaler Aussackungen nach dem Ganglion hin, welches in den Formen des Subgenus Dolioletta statthat, bedeutet nichts anderes, als ein enormes Auswachsen der Kloakalhöhle im engeren Sinne. Es hebt erst nach der Vereinigung der beiden peribranchialen Einstülpungen an und muß schließlich zur Bildung zweier Divertikel führen, weil das ansehnliche Ganglion der anfangs unpaaren Vorwölbung trennend in den Weg tritt. Ist nun auch die Kloakalhöhle in den Knospen von Doliolum derjenigen in den Knospen der übrigen Tunicaten homolog? Salensky (1895, S. 581) kommt bei der Ver- gleichung des Peribranchialapparates der Ascidien-E mbrj^on en mit dem der Ascidien- Knospen zu dem Resultat, „daß von einer vollständigen Homologie .... — wenn die Homologie sich auf die Entwickelun2;sgeschichte stützen muß — keine Rede sein könne." Er erblickt nur in den Peribranchialröhren, welche sich von der inneren Blase der Ascidienknospe abschnüren, die Homologa der Kiemenrohre der Ascidienembryonen, jener Aussackungen des embr}^onalen Kiemendarmes, welche sich den peribranchialen Einstülpungen entgegenwölben. Die Kiemenrohre also sind es, welche, vom Kiemendarm abgetrennt, in den Knospen die Funktion der Peribranchial- säcke übernehmen und sich zur Kloakalhöhle weiterentwickeln. Ich machte schon (S. 115) darauf aufmerksam, daß den „Kiemen röhren" der Ascidien- embryonen völlig entsprechende Gebilde entgegen Salensky (1895, S. 583) auch den Doliohtni- Larven nicht fehlen, und ich darf nun hinzufügen, ebensowenig den Knospen. Wir dürften berechtigt sein, Kiemenrohre sowohl in den beiden dorsalen Divertikeln der Pharyngeal- höhle, welche die Nervensystemanlage von unten umgreifen, als auch in den Vorwulstungen des Pharyngealraumes zu erblicken, die zu beiden Seiten des Oesophagus gelegen sind*). Diese wachsen den beiden ventralen Peribranchialteischen entgegen, jene den dorsalen Kloakal- rohren , um Kiemenspalten zu bilden. Wenn wir uns also den erwähnten Ausführungen Salensky's anschließen, besteht wenigstens zwischen dem Peribranchialapparat der Ascidien- und I) Um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich bemerken, daß die beiden „dorsalen Divertikel der Pharyngeal- höhle" und „die Vorwulstungen" der hinteren Pharyngealhöhlenwand jederseits vom Oesophagus nicht prinzipiell verschiedene, etwa von- einander getrennte oder doch abgesetzte Bildungen sind, sondern daß sie im Gegenteil ineinander übergehen, beide zusammengenommen jederseits ein Kiemenrohr im Sinne Salensky's darstellen. Die primitive Pharyngealhühle beginnt sich zuerst jederseits des Ganglions an ihrer (dorsalen) Decke vorzuwölben, diese Ausfaltung setzt sich sehr bald an der Hinterwand (eben zu beiden Seiten des Oesophagus) fort. In der Darstellung mußte, weil zeitlich verschieden, beides getrennt bezeichnet werden. 182 Beiträge ^uni Generationswechsel von Doliolum. I 8 s Do/io/it//i-\\.x\os^en insofern teilweise Uebereinstimmung, als in beiden Fällen „Kiemenrohre", bezw. ihre Homologa, vorhanden sind. Allerdings zeigen sie in den Z>o//(7/7/w-Knospen noch ganz das ursprüngliche Verhalten wie in den Ascidien- und Z>o//ö/?/;;/-Embryonen, d. h. sie trennen sich vom Kiemensack nicht, gehen nicht, wie in Ascidienknospen, eine Weiterentwickelung zur Kloakal- höhle ein. Es dürfte vielleicht aus diesem Umstände ersichtlich werden, daß die Konsequenzen der SALENSKY'schen Auffassung wohl Unsicherheiten mit sich bringen können. Bei diesen Auseinandersetzungen über die Homologie der Organe scheint für Salensky also die Frap;e nach demselben Bildungrsmodus zweier Orpane im Vordergründe zu stehen, weniger aber die nach der Keimblattnatur derselben, da er ja die entodermalen „Kiemen- rohre" der Embryonen den ektodermalen Feribranchialtaschen der Knospen homolog erachtet. Das letztere thut auch Seeliger (1893, S. 388), wenn er bezüglich derselben Angelegenheit schreibt: „Danach muß man sich notgedrungen dazu verstehen, Homologien zuzugeben, auch wenn in der ontogenetischen Entwickelung die betreffenden Organe aus verschiedenen Keim- blättern hervorgehen, wie in dem vorliegenden B'alle (bei Ascidienembryonen und Ascidienknospen) der Peribranchialraum von Ektoderm oder auch Entoderm ausgekleidet sein kann." Wie bereits aus diesen letzten Worten ersichtlich, geht Seeliger noch weiter als Salensky, er erachtet den Peribranchialraum der Ascidien-Embryonen dem der -Knospen als völlig homolog. „Speciell die Peribranchialraumwände sind in ihrem anatomischen Bau, in ihren Lagebeziehungen zu den anderen Organen, in ihrem feinsten histologischen Verhalten in beiden Generationen identisch, und wollte man ihre Homologie in Abrede stellen, so wüßte ich nicht, wie man den Begriff „homolog" definieren könnte, wenn er überhaupt noch anwendbar bleiben soll (Seeuger, i 893, S. 358). Folgen wir Seeliger, so würden wir konsequent auch die völlige Homologie des Peribranchialapparates in den Knospen der Dolioliden einerseits und der Ascidienknospen andererseits aussprechen dürfen. Falls sich die Entstehung der Peribranchialrohre im Stolo von Pyroso))ia (Bonnevie, 1896) und Salf>a (Korotneff, 1894) vom Entoderm aus bestätigen sollte, würde auch der Peribranchialapparat der Knospen der beiden genannten Formen mit dem der Ascidien- und Doliolidenknospen zu vergleichen sein. Huldigen wir dagegen der Anschauung, welche „als oberstes Kriterium für die Homologie von Organsystemen ihre gleiche Entstehungswei.se" aus demselben Keimblatt ansieht, dann möchte es nach alledem im Tunicatenstamm mit homologen Organen zum Teil sehr schlecht bestellt sein. Wenn Chun (1887) im Anschluß an die von ihm aufgefundene rein ektodermale Knospung der Margeliden darauf hinweist, zu welchen unhaltbaren Konsequenzen jene Ansicht führen muß, so glaube ich, zu den Thatsachen, „welche zum energischen Einspruch gegen die Uebertreibungen einer exklusiv genetischen Betrachtungsweise auffordern" (S. 48), besonders auch die zählen zu dürfen, welche das Studium der Knospungserscheinungen im Tunicatenstamme enthüllt hat. Um nur an eins zu erinnern, so kann z. B. innerhalb der Ascidienknospung hier die ektodermale, dort die ento- dermale Herkunft der inneren Blase nicht mehr bezweifelt werden. Sollen nun Kiemendarm, Darmtraktus, Peribranchialrohre, Nervensystem und Herz als entodermale Gebilde in dem einen Falle nicht denselben Organen in anderen Ascidienknospen homolog sein, weil sie hier vom äußeren Keimblatt abstammen, obwohl ihre Anatomie, Histologie und ihre gegenseitigen Lagebeziehungen völlig übereinstimmen? Die Zahl ähnlicher Fälle ließe sich durch den Vergleich der larvalen Organe mit den gleichen in den geknospten Generationen leicht noch vermehren. 183 i84 Günther Neumann, Die Kieme. Unser Interesse wird nunmehr von der Bildung der Kiemenspalten in Anspruch genommen , die bekanntlich das Produkt der verschmolzenen phar)'ngealen und kloakalen Wände sind. Es entstehen demnach Kiemenspalten überall dort, wo Teile der Pharyngeal- und Kloakal- wand aufeinander treffen. Da wir nun, außer den beiden ventralen Kloakalsäcken, die sich auch in den Larven nachweisen ließen, in den Knospen noch zwei dorsale Rohre antreffen, so ist es hier nicht nur die Hinterwand der Pharyngealhöhle, welche von Kiemenspalten durchbrochen wird, sondern auch die (dorsale) Decke beteiligt sich an ihrer Ausbildung, und zwar scheint gerade hier die Entstehung anzuheben. Wir sehen auf Querschnitten durch fortgeschrittenere Stadien, wie in regelmäßigen Abständen die beiden dorsalen Rohre mit der Phar\'ngealhöhle dadurch in Kommunikation treten (Taf. XXI, Fig. 19, 22), daß die Zellen der ventralen Wände jener beiden Rohre, mit denen sie der Decke der Pharyngealhöhle aufliegen, auseinander- weichen, ebenso auch die der pharyngealen Decke selbst. Im Umkreise der entstandenen Per- forationen verlöten die' Zellen der ungleichen Wände; an den Stellen dagegen, die zwischen den einzelnen Durchbruchsöffnungen liegen, sehen wir, daß die Lamellen, die bis dahin fest auf- einander lagen, sekundär sich wieder voneinander abheben. Die entstehenden Spalträume zwischen ihnen repräsentieren als Teile der primären Leibeshöhle die Blutbahnen des Kiemenapparates (Taf. XXI, Fig. 22 bb). Von der mittleren dorsalen Decke der Pharyngealhöhle schreitet die Bildung der Kiemen- spalten nach der Hinterwand derselben fort. In den ventralen und dorsalen Winkeln der kloakalen Ausstülpungen lassen sich am spätesten Spalten nachweisen, nichtsdestoweniger erfolgt aber nur von diesen Punkten aus später die Vermehrung der Spalten. Wenn ursprünglich das Epithel der pharj-'ngealen und kloaken Wände allenthalben gleich hoch ist, überzeugen wir uns nach dem Durchbruch der ersten Kiemenspalten, wie es sich dort abflacht, wo es nicht, wie im Umkreis der Perforation, an der Kiemenspaltenbildung direkt beteiligt ist (Taf. XX, Fig. 10; Taf. XXI, Fig. 22). Auf diese Weise treten jene dicken Ringe mit den kleinen centralen Oeffnungen an den jungen Knospen in die Erscheinung, eben die primitiven Kiemenspalten (Taf. XX, F"ig. 6, 7). Anfangs nahezu kreisrund gestaltet, vergrößern die sich weiterhin quer zur Längs- richtung des Tieres und zwar von zwei in den Winkeln der Spalten gelegenen Wachstumspunkten aus, an denen undifferenziertes Zellmaterial sich erhält, wie das Grobben (1882, S. 161) zuerst nachwies (Taf. XX, Fig. 8). Derselbe embryonale Charakter muß auch den Zellen an den Enden der dorsalen kloakalen und ventralen peribranchialen Ausstülpungen eigen sein. Von hier aus nur erfolgt mit dem Wachstum des Tieres die Vermehrung der Kiemenspalten. Teilungen von Kiemenspalten, etwa durch „Zungenbalken", erfolgt auch in den Knospen ebensowenig, wie in den Larven. Ein Unterschied zwischen der Bildung der Kiemenspalten in den Embryonen und Knospen besteht aber darin, daß in der jungen Larve nahezu gleichzeitig die 4 Spaltenpaare durchbrechen und die einzigen bleiben, obschon das Tier noch weit von seiner völligen Aus- bildung entfernt ist. In den jungen Knospen dagegen entsteht eine nicht konstante Zahl von Spalten, deren Vermehrung bis in das hohe Alter des Tieres, vielleicht gar bis zu seinem Tode, anhält. Wenigstens berechtigt zu dieser Vermutung das undifferenzierte Zellmaterial, welches 184 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. I 8 ^ sich auch an x'öllig- entwickelten Tieren in den 4 Winkeln der Kiemenlamelle noch vorfindet, sowie die oft beträchdiche Zahl der Spalten bei den großen Arten; ich zählte bis 100 bei D. deuticitlatiiiii. Bekanntlich weist die Kiemenlamelle der Geschlechts- und Pflegtiere bei den verschiedenen Species außerordentliche Verschiedenheiten hinsichtlich der „Anheftungspunkte", der Lage und Zahl ihrer Spalten auf, was sie fast zum ausschließlichen systematisch verwertbaren Merkmale erhebt. Zwei Typen der Ausbildung herrschen jedoch vor. Die Kieme bildet entweder, ähnlich wie bei Ammen, eine nahezu gerade gestreckte, aufrecht stehende Lamelle, die von wenigen Spalten durchbrochen wird (Subgenus Doliolina mit den Formen D. raruni, Indien?/!, intennedhtvi Mülkri und Krohni), oder sie erscheint weit nach hinten segeiförmig vorgewölbt (Subgenus Dolioletta mit D. Gegenbauri, dciificiilaiuni, A^ationalis u. s. w.) und weist dann gewöhnlich eine große Zahl von Spalten auf. Auf Grund der Entwickelung des Kiemenapparates in den Knospen scheinen diese typischen Unterschiede leicht verständlich. Wenn in der Larve die Ausbildung eines dorsalen, nach vorn gerichteten Kloakaldivertikels ganz unterbleibt, erscheint ein solches in den Knospen der Arten des Subgenus Doliolina, z. B. also bei D. Müllen, schwach entwickelt. Es dringt bei diesen Formen ebenso wie die ventralen Peribranchialtaschen, nur bis zum 5. Muskelreifen \-or, \\'oraus dann eine nur schwach nach hinten vorgewölbte, in der Ebene des 5. Muskelreifens ausgespannte Kiemenlamelle resultiert. Bei den Formen des Subgenus Dolioletta dringen nun, wie wir oben an den Geschlechtssprossen mittleren Alters von D. denticnlatiim gesehen haben, 2 dorsale Ivloakalrohre bis in die Gegend des Nervenknotens vor (Taf. XX, Fig. 5, 6). Sie gelangen aber, wenn der Sproß seiner völligen Ausbildung entgegengeht, sogar weit über das Ganglion hinaus, welches bekanntlich im 3. Intermuskularraume Hegt, bei den einzelnen Arten bald mehr dem 3., bald mehr dem 4. Muskelreifen genähert. Die dorsalen „Anheftungspunkte" der Kieme, oder, entwickelungsgeschichtlich gesprochen, die blinden Enden der dorsalen Kloakai- rohre liegen dann, z. B. bei D. denticnlatiim, noch vor dem 2. Muskelreifen, bei anderen Formen (z. B. D. affine) sogar in der Mitte des i. Intermuskularraumes. Ganz ähnliche enorme Aus- bildung weisen bei diesen Arten die ventralen Peribranchialsäcke auf. Wenn sie beim aus- gebildeten D. Mülleri bis an den s- Muskelreifen vorgedrungen erscheinen, erstrecken sie sich wieder bei den Formen des Subgenus Dolioletta noch weit über den Endabschnitt des Endostyls nach vorn, bei D. denticulatmn z. B. bis an den 3., bei noch anderen Arten {D. Ehrenbergi Ulianin) aber bis an den i. Muskelreifen. Die Lage des Oesophagus aber ist bei allen Species ziemlich konstant (in der Höhe des 5. Muskelreifens). Da jener die am weitesten zurück liegende Stelle der Hinterwand der Phar}'ngealhöhle bezeichnet, muß nun bei den zuletzt genannten Formen des Subgenus Dolioletta die Kiemenlamelle jene segeiförmige Ausbuchtung und mit dieser außerordentlichen Flächenausbreitung den Spaltenreichtum erhalten, der ebenso wie jene nach hinten konvexe Vorwölbung für die großen Formen in hohem Maße charakteristisch ist (vergl. Taf. XXIV, Fig. i — 3). So erscheint dann bei diesen Arten, ganz ähnlich wie bei Ascidien, fast der ganze Vorderdarm, die Pharjmgealhöhle, von Kiemenspalten durchbrochen und respiratorisch verwertet. Wir dürften nach alledem berechtigt sein, die Formen des Subgenus Doliolina mit ihrem einfacheren Kiemenapparat als die phylogenetisch älteren Doliolen anzusehen, wie das Grobben (1882, S. 67 ff.) und Ulianin (1884, S. 122 ff.) bereits in Bezug auf Z^. Älülleri thun. (Vergl. darüber Genaueres im systematischen Teil S. 225 ff.) 185 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 189Q. Bd. XII. 24 i86 GÜNTHER Neumann, Da sowohl die Kloakal- als auch die Phar}mgealhöhle der Do/iohim -Knospen ekto- dermalen Ursprunges ist, müssen also die Kiemenspalten ringsum von Ektoderm ausgekleidet sein, ein Verhalten, welches in den Embrj'onen keiner Tunicatenform sich wiederfindet, da dort stets Ektoderm und Entoderm sich gleichwertig an ihrer Bildung beteiligen. In den geknospten Generationen jedoch finden wir infolge der verschiedenartigen Abstammung von Kiemendarm imd Peribranchialraum allenthalben Abweichungen von diesem ursprünglichen Verhalten. Während die Kiemenspalten in den Knospen der meisten Ascidien rein entodermale Bildungen darstellen (weil ja auch die Peribranchialsäcke aus dem mittleren, entodermalen Bläschen abstammen), gleichen hierin wiederum die Botryllus- und Polystyelidenknospen insofern denen von Dolioliini, als auch die Kieme jener nur vom Ektoderm gebildet wird. Bestätigen sich ferner die Angaben von BoNNEViE (1896) über die Ab.stammung der Peribranchialröhren vom Entodermrohr im Stolo der Pyrosomen, und die gleichen von Korotneff (1894) am Salpenstolo gemachten Beobachtungen, dann finden wir sowohl in den Knospen von Pyrosonia als auch von Salpa rein entodermale Kiemen vor, wie in den meisten Ascidienknospen. Die Muskeln. Wie schon erwähnt, sind die jüngsten Knospen aller 3 Sorten durch eine dünne Muskel- zellschicht ausgezeichnet, welche ventral zwischen dem hinteren Abschnitt der Pharyngealhöhle und der Epidermis gelegen ist (l'af. XX, Fig. i u. 2). Dagegen lassen sich auf diesen Stadien an den beiden Seiten der Knospe, zwischen den Organen derselben und dem äußeren Ektoderm, weder zwei ovale Muskelscheiben, wie sie Ulianin (1884, S. 93 ff.) beobachtet hatte, noch auch vereinzelte Zellen nachweisen, welche als Muskelzellen zu deuten wären. Die Nervenmasse, die PharsMigealhöhle und die Genitalanlage liegen, wie Querschnitte immer ausweisen, direkt der Epidermis an (Taf. XXI, Fig. 2 — 4). Im weiteren Verlaufe der Entwickelung dringen Muskel- zellen von hinten nach vorn vor. Nachdem die Vereinigung der dorsolateralen Peribranchial- einstülpungen zu einer unpaaren Egestionsöffnung vollzogen ist, sehen wir Muskelzellen von dem hinteren ventralen Lager dorthin ziehen, um sich im Umkreise jener Mündung zu sammeln und einen geschlossenen Muskelring zu bilden (Taf. XXII, Fig. i ms). Es ist die Anlage des noch vereinigten 7. und 8. Muskelreifens (Taf. XX, Fig. 5 ms 7 -1- 8). Diesem ersten, dorsal und hinten gelegenen Muskelringe folgt bald darauf am entgegengesetzten Ende der Knospe ein zweiter. Von den ventral vordrängenden iVIuskelzellen nämlich sammeln sich eine größere Anzahl in dem Winkel, welchen die vorderen Abrundungen der Nervenmasse und Pharyngealhöhle mit der Epidermis bilden (Taf. XX, Fig. 4 ms). W^enn dann später an dieser Stelle, also nicht genau in der mittleren Längsachse, sondern der Ventralseite mehr genähert, die Mundöffnung durch- bricht, formieren diese Zellen den Sphincter derselben, einen breiten Muskelring, von welchem sich weiterhin auch der 2. Muskelreifen noch abspaltet (Taf. XX, Fig. 5 ms i -1- 2). Nunmehr wird das ventrale Muskelzelllager von der Ausbildung des Endostyls insofern beeinflußt, als durch das kielförmige Vorspringen desselben die Muskelzellen in diesem Bereiche aus der Medianlinie der Knospe vollständig verdrängt werden. Sie rücken infolgedessen, auch im Hinterteil der Knospe, wo der Darmtraktus ähnlich wirkt, jetzt an die Seitenwände, um nunmehr zwischen Pharyngealhöhle und Nervensystem einerseits und Epidermis andererseits vor- 186 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. I 8 7 übergehend 2 dünne einschichtige Platten zusammensetzen. Jede derselben leitet jedoch sehr bald eine Zerschnürung in 4 breite, mehr oder weniger regelmäßig verlaufende Zellvvülste ein, die Anlagen des 3. bis 6. Muskelreifens. Eine Verbindung der Zellstreifen der einen Seite mit denen der anderen zu geschlossenen Muskelreifen besteht anfangs weder ventral noch dorsal, sie wird jedoch bald herbeigeführt. Schließlich sondern sich aus den breiten Muskelringen, welche Mund und Kloakalöffnung umschlingen, der 2., bezw. 7. Muskelreifen aus, weshalb beide anfangs jenen noch genähert erscheinen (Taf. XX, Fig. 6). Ebenso wie bei den Larven muß uns auch an den Muskelreifen der Geschlechts- und Mediansprossen der gegenseitige Abstand und ihr Verlauf auffallen, wenn wir uns der Muskelreifen am ausgebildeten Doliohtm erinnern. Wir finden sie wie bei Larven an der Dorsalseite einander mehr genähert, ventral dagegen in größeren Abständen voneinander und darum auch meist nicht in einer Eigene liegend (Taf. XX, Fig. 5 — 8). Die vorderen Reifen sind nach hinten konvex aus- geschweift, die hinteren zeigen das entgegengesetzte Verhalten. Alle diese Verschiedenheiten werden im weiteren Verlaufe der Entw'ickelung durch ungleiches Wachstum ausgeglichen. Die kurze Dorsalseite wächst bedeutend stärker in die Länge als die ventrale. Einen Maßstab hierfür giebt am besten die Kloakalöffnung ab. Sie rückt von der dorsalen Mittellinie, wo sie ursprüng- lich in der Höhe zwischen Oesophagtis und Magen liegt, allmählich bis in den mittleren Längsdurchmesser der Knospe, der Ingestionsöffnung genau gegenüber. Die Geschlechtsorgane. Wie oben (S. 125 ff.) gezeigt wurde, geht die Anlage der Geschlechtsorgane aus der Verschmelzung der beiden vorderen lateralen Stränge des Stolos (Taf. XVI, Fig. 2 — 4 phs) hervor, die sich als Abkömmlinge der Pharjmgealhöhle der Larve erweisen. Da die Verschmelzung der beiden Zellgruppen sehr frühe, schon während der Fixierung der Geschlechtsknospen auf ihrer Unterlage erfolgt, tritt uns die Geschlechtsanlage bereits in den jüngsten festsitzenden Geschlechts- sprossen als ein unpaarer, kompakter Zellkomplex entgegen, der den hintersten Knospenabschnitt vollständig einnimmt (Taf. XX, Fig. i). Die Zellkerne dieser jungen Geschlechtsanlage zeichnen sich wie die der Nervenmasse von den übrigen in der Knospe befindlichen Zellgruppen durch ihre Größe aus (Taf. XXI, Fig. 4). Zellgrenzen sind (auf Schnitten) zwischen ihnen nicht nachweisbar, so daß wir wohl berechtigt sind, die Geschlechtsanlage von Doliohim auf diesem Stadium als „Syncytium" zu bezeichnen. Ferner ist weder eine Gliederung, noch eine epitheliale L^mhüUung an der An- lage zu dieser Zeit zu konstatieren. Zahlreiche Mitosen lassen auf eine rege Zellteilung schließen. Die erste Differenzierung der ursprünglich gleichen Zellen spricht sich darin aus, daß einige der peripher gelegenen sich merklich abplatten und linsenförmige Gestalt annehmen (Taf. XXI, Fig. 9 u. 13), wobei aber ihr histologischer Charakter zuerst noch vollkommen dem der übrigen centralen Zellen gleicht, ein deutlicher Beweis, daß jene thatsächlich nur gestaldich veränderte Zellen der Geschlechtsanlage selbst darstellen und nicht von außen hinzu gekommen sind. Indem die Ab- plattung der peripheren Zellen fortschreitet, schließen sie sich zu einem umhüllenden Epithel zusammen (Taf. XX, Fig. 9). Diese histologische Zusammensetzung der Geschlechtsanlage bleibt durch viele Stadien hindurch erhalten. Während dieser Zeit vollziehen sich mehr äußere Ver- änderungen. Senkrecht zur Längserstreckung der ovalen Zellen masse tritt eine sanfte Einschnürung 187 24* i88 GÜNTHER Neumann, auf, welche eine kleinere ventrale und eine größere dorsale Hälfte heraus zu modellieren beginnt (Taf. XX. Fig. 5, 6). Ferner erhält die nun etwa birnförmige Anlage bei der fortschreitenden Ausgliederung der Knospe ihren definitiven Platz an der unteren linken Körperseite, zwischen dem 6. und 7. Muskelreifen. Während die Einschnürung sich weiterhin vertieft, tritt nun ein energisches Wachstum besonders in dem größeren dorsalen Teile der Anlage ein. Dieser zieht sich an seinem freien Ende aus und biegt im rechten Winkel nach vorn um; er wird zum Hoden schlau che, während die untere abgerundete Partie zum O v a r sich differenziert. Nach- dem die Hodenanlage etwa bis zum 5. Muskelreifen nach vom gewachsen ist, erfolgt die völlige Durchschnürung der ursprünglich unpaaren Geschlechtsanlage. Nunmehr kommt es sehr bald zur Ausbildung des kurzen Oviduktes, indem das umhüllende, einschichtige Epithel der Ovarialanlage an der dem Knospeninnern zugewandten Seite über die umschlossenen Geschlechts- zellen hinauswächst, bis es mit dem (zunächst noch blind geschlossenen) Ende auf die Kloaken- wand auftrifft und mit ihr verlötet (Taf. XXIII, Fig. i ov'). Wenn wir dagegen den kurzen Ausführgang des Hodens (//') regelmäßig später erst angelegt finden, so dürfen wir vielleicht darin den ersten Ausdruck für die der weiblichen stets nachfolgende männliche Geschlechtsreife erblicken. Femer ist diese ungleichzeitige Entwickelung der beiden Ausführgänge zugleich ein Beweis für das Getrenntsein beider, welches zwar schon von Iveferstein und Ehlers (1861, S. 63) und von Grobben (1882, S. 23 und 58) angegeben, von Ulianin (1884, S. 38 Anm.) aber bestritten wurde. Ich konnte, wie hier beiläufig bemerkt sein soll, bei allen von mir unter- suchten Species 2 deutlich getrennte Ausführgänge nachweisen. Wenn wir uns nun zunächst der Entwickelung des Ovariums zuwenden, so zeigen Schnitte durch die eben vom Hoden abgetrennte Eierstocksanlage noch immer lauter gleich- gestaltete Zellen, die mit denen des ersteren in ihrem histologischen Habitus völlig übereinstimmen. Nur eins fällt sofort ins Auge. An der dem Hoden genäherten Seite des Ovars liegen eine Anzahl Zellen, die alle in Teilung sich befinden, während die übrigen nur spärlich Mitosen erkennen lassen (Taf. XXIII, Fig. i ke'). Legen wir Schnitte durch etwas ältere weibliche Geschlechtsorgane, so drängt sich uns eine neue Wahrnehmung auf. In dem soliden Zellhaufen hat sich ein centraler Teil von einem mehr peripheren abgehoben (Taf. XXIII, Fig. i), so daß jener von diesem wie von einer dickschaligen Hohlkugel umschlossen erscheint. Die oben erwähnte „T e i 1 u n g s - Zone" ist dabei in dem peripheren Mantel an der bezeichneten Stelle gelegen. In der peripheren Hülle konstatieren wir nunmehr auch die ersten Ei keime (0), leicht kenntlich an dem stark angewachsenen Kerne, dem Keimbläschen, das von homogenem, scharf umgrenzten Deuto- plasma umgeben wird. Wir haben es demnach in diesem äußeren Zellmantel mit dem „Keim- epithel" zu thun, welchem allein die Eier ihre Entstehung verdanken. An dem nach außen zu gelegenen Rande der jungen Eizelle treffen wir zerstreut einige w^enige Zellen an, auffällig kleiner als die des Keimepithels und deutlich von ihnen unterschieden, dagegen sehr ähnlich denen, welche das Ovar umhüllen (Taf. XXIII, Fig. i f^z). Es sind die ersten Follikelzellen, die von der Ovarialwand her an das junge Ei herantreten. Zwischen den Zellen des Keimepithels lassen sich Follikelzellen nicht nachweisen. Ihre Herkunft wird uns noch beschäftigen. Mit dem Heranreifen des Eies geht natürlich einerseits eine fortdauernde Vergrößenmg des Keimbläschens, andererseits eine gewaltige Zunahme des Deutoplasmas Hand in Hand (Taf. XXIII, Fig. 4). Der Nucleolus des ersteren zerteilt sich in eine Unzahl Neben- 188 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. i Qq nucleolen, die in einem feinen chromatischen Netzwerk eingebettet erscheinen. Mit der Vergröße- nmg des Eikeimes muß eine starke Vermehrung der FoUikelzellen stattfinden; denn wir treffen weiter in der Entwickelung fortgeschrittene Eier immer schon mit einem mehrschichtigen Lager dicht umhüllt an. Schnitte durch ein völlig ausgebildetes Ovar lassen oft eine große Anzahl Eier — ich fand in einem Falle i8 bei D. denticulahim — in den verschiedensten Entwickelungsstadien erkennen (Taf. XXIII, Fig. 20). Jedoch nie liegen Eikeime, so zahlreich sie auch sein mögen, innerhalb des centralen Kernes des Keimepithels, obschon dieses scheinbar völlig dem um- hüllenden gleicht. Da demnach, wie übrigens Ulianin (1884, S. 42) schon betonte, die Differen- zierung der Eier nur aus den Zellen des Keimepithels erfolgt, welche die mehrschichtige, äußere Hohlkugel zusammensetzen, so müssen jene natürlich eine mehr oder weniger periphere Lage im Ovar einnehmen. Wie dann von der großen Zahl der reifenden Eier die Ovarialwand {pvJi) teilweise stark ausgedehnt wird, spricht sich deutlich darin aus, daß dort, wo solche liegen, die Epithelzellen äußerst abgeflacht und weit auseinander gezogen erscheinen, während sie an der dem Hoden genäherten Seite, wo ich nie Eier entstehen sah, fast kubische Gestalt besitzen (Taf. XXIII, Fig. 2 — 5 ovh)_ Diese dem Hoden genäherte Seite wird auch im ausgebildeten Eierstock von jener „Teilungszone" eingenommen, die sich mit seltener Konstanz in allen Ovarien von D. deiiiiculatuiii hier nachweisen ließ (Taf. XXIII, Fig. 2 ke'). Wie schon erwähnt wurde, treffen wir jüngere Eier alsbald mit einem mehrschichtigen Follikelepithel umgeben an (Taf. XXIII, Fig. 4yZs). Sie enthalten einen runden hellen Kern mit wenig chromatischen Elementen und ein relativ großes, scharf umschriebenes Kernkörperchen. Das Zellplasma erscheint dicht und homogen. Ihr massenhaftes Auftreten an jedem Ei deutet auf eine rege Vermehrung hin, die wir bei genauerem Zusehen mit starken Systemen in mito- tischer Teilung vor .sich gehen sehen. Es ist kein Schnitt anzutreffen, auf dem sich nicht einige Mitosen von größter Feinheit nachweisen ließen. Woher aber haben die FoUikelzellen ihren Ursprung genommen? Schon der Umstand, daß sie niemals zwischen den Zellen des Keim- epithels anzutreffen sind (Taf. XXIII, Fig. 2), daß sich ferner in keinem Falle Uebergänge zwischen den großen Zellen des Keimepithels mit den klaren, äußerst distinkt sich färbenden Kernen und den kleinen, homogen erscheinenden FoUikelzellen beobachten lassen (Taf. XXIII, Fig. 4), deutet darauf hin, daß sie nicht von jenen abstammen. In der That fällt es nicht schwer, sich zu überzeugen , daß sie ihre Entstehung von dem umhüllenden Epithel nehmen, welches sich auf frühen .Stadien aus den Zellen des Syncytiums herausdifferenzierte. Man sieht auf allen Schnitten, wie zahlreiche der Ovarialwand zunächst gelegene FoUikelzellen mit ihren Flasmaleibern papillen- oder pseudopodienartig zwischen den Zellen des umhüllenden Eier- stockepithels vorspringen (Taf. XXIII, Fig. \ flz"). Mit anderen Worten, es zeigt sich, wie sie massenhaft, erst Zellen der umschließenden Membran, auswandern, um FoUikelzellen abzugeben, deren mitotische Teilung oben schon hervorgehoben wurde. Die Zellen des Wandepithels selbst vermehren sich gleichfalls mitotisch, wie nicht allzuselten anzutreffende unzweifelhafte Mitosen innerhalb der Ovarialhülle beweisen. Während sich die FoUikelzellen eines jüngeren Eies alle in der oben bezeichneten Ausbildung gleichen, treffen wir bei weiter entwickelten Eizellen mehr peripher andere, die durch ihr degeneriertes Aussehen auf- fallen (Taf. XXIII, Fig. 3 und 4 fiz'). Sie sind größer, gewöhnlich etwas in die Länge gezogen 189 j oQ GÜNTHER Neumann, und von großen Vakuolen erfüllt, welche das restterende Plasma zu dünnen Strängen komprimiert und den undeutlichen Kern an die Wand gedrückt haben. Während des Heranreifens der jungen Eizelle scheint das Deutoplasma derselben lebhafte Bewegungen auszuführen, worauf die (auf Schnitten) zahlreich an seiner Peripherie anzutreffenden Pseudopodien schließen lassen (Taf. XXIII, Fig. 4). Dabei ergiebt es sich, daß benachbarte FoUikelzellen, und zwar immer solche, welche völlig intakt sind, von den Pseudopodien in die oberflächlichen Schichten des Eideutoplasmas aktiv aufgenommen werden, neben anderen, welche rein passiv, offenbar durch den Druck der nachfolgenden, dem Ei zuerst spärlich, später zahl- reicher, einverleibt werden. Wir treffen keinen Schnitt durch jüngere Eizellen, auf dem nicht eben in die oberflächliche Zone des Deutoplasmas eintretende oder eben aufgenommene FoUikel- zellen wahrnehmbar wären, während das Innere des Eies zu dieser Zeit sich völHsf frei von zelligen Elementen erweist. Diese aufgenommenen, bezw. in das Deutoplasma hineingedrängten Zellen bilden die sogenannten „T e s t a z e 1 1 e n", die demnach bei Doliolimi sicher als von den FoUikelzellen abstammend angesehen werden müssen (Taf. XXIII, Fig. 2—4 tz). Sie liegen zunächst ganz unregelmäßig geschart, weil verschieden tief eingedrungen, und auch ungleich an den einzelnen Teilen der Peripherie des Deutoplasmas verteilt, je nach dem Orte ihrer Einwanderung oder Aufnahme, jedoch immer scharf gegeneinander abgegrenzt. Vereinzelt lassen sich Mitosen an ihnen nachweisen (Taf. XXIII, Fig. 3 /s). Ihr histologischer Habitus ist natürlich nach eben vollzogenem Eintritt völlig dem der FoUikelzellen gleich (Taf. XXIII, Fig. 4 /:). Bald aber unterliegen sie einer Reihe von Umbildungen, welche damit beginnen, daß der relativ große, scharf umschriebene Nucleolus kleiner und undeut- licher wird (Taf. XXIII, Fig. 3). Das zarte, jedoch distinkte Chromatingerüst des kleinen Zell- kernes läßt bald nichts mehr von dieser Eigenschaft erkennen. Gleich dem umgebenden Zellplasma nimmt der Kern ein granuliertes, dichteres Aussehen an. Schließlich .schwindet der Nucleolus ganz, der Kern ist in seinem Plasma, das sich mehr und mehr als schmutzig -gelber, dichter Pfropf aus der helleren Umgebung heraushebt, fast nicht mehr zu unterscheiden. Während dieser Umbildungsprozeß der Testazellen im Innern sich abspielt, ist an der Peripherie der Eizelle eine strukturlose Membran , das C h o r i o n , \on den FoUikelzellen ab- geschieden worden (Taf. XXIII, Fig. 3). Außerhalb desselben sind noch einige jener stark ver- änderten FoUikelzellen {flz') anzutreffen. Betrachten wir jetzt Eier, welche das Ende der Reife innerhalb des Ovars erreicht haben (Taf. XXIII, Fig. 5), so erscheinen die Testazellen kontinuierlich in einschichtiger Lage, wie ein Ring von Pflastersteinen die Peripherie des Eiplasmas umsäumend. Veränderungen am Keimbläschen und im Deutoplasma sind nicht ausgeblieben. Das Chromatingerüst des ersteren hat an Dichte, die Nucleoli haben an Zahl und Größe abgenommen. Im Deutoplasma machten sich, und zwar zuerst im Umkreise des Keimbläschens, feinste Poren bemerkbar, welche sich bald bedeutend erweiterten und das anfangs homogen erscheinende Ooplasma schließlich zu einem Netzwerk umgestalteten, in dessen Maschen nunmehr körnige Substanz (dt) abgelagert erscheint. Ihre Färbbarkeit mit HEiDENHAiN'schem Hämatoxylin ist äußerst gering. Wir haben den Prozeß der Dotterbildung vor uns, wie er von innen nach außen im Ei fortschreitet. 190 Beiträge ^um Generationswechsel von Doliolum. I Q I Untersuchen wir endlich Schnitte durch Eier, welche bereits aus dem Ovar aus- gestoßen, bisweilen in der Kloakalhöhle angetroffen werden, so bietet sich wieder ein anderes Bild (Taf. XXIII, Fig. 6). Das Keimbläschen erscheint unregelmäßig konturiert und läßt nur wenig noch von seinen Kernkörperchen und dem chromatischen Netzwerk erkennen. Die Hauptmasse des Eies nimmt der Dotter {df) ein. Vor allem aber zeigen die Testazellen sich in eine scharf gegen das Ei abgesetzte Zone eingeordnet, in die „Gallertschicht" (nach Kowalewsky). Sie sind damit, gegen das Ei gleichsam abgekapselt, zwischen eine vom Ei selbst gelieferte Membran, die „Dotterhaut" {d/h), und das Chorion geraten. Ihr Zusammenschluß ist dabei nicht mehr lückenlos. Kern und Nucleolus treten nur noch undeudich in dem granulierten Plasma hervor. Außerhalb des Chorions sind noch unregelmäßig stark vakuolisierte FoUikelzellen {flz'), anzutreffen, die sich sehr abgeflacht und zu einer Hülle {bm) zusammengeschlossen haben, in welcher wir wohl das „äußere Follikel" erblicken dürfen. Wenn wir nach dieser Schilderung der Entwickelung und des histologischen Aufbaues der weiblichen Geschlechtsorgane versuchen, uns über die Vorgänge, die sich in der weiblichen Geschlechtsdrüse von Doliolimi abspielen, und über deren Bedeutung Rechenschaft zu geben, so wird es nötig sein, die Riesenarbeit zu würdigen, welche schon geleistet wurde, um die kom- plizierten Prozesse an Tunicatenei zu verstehen. Es wird sich bei dem Vergleich vor allem um die Genese und Bedeutung der Testa- und FoUikelzellen handeln. Vorerst .sei jedoch auf die Analogie hingewiesen, welche zwischen der anfänglichen Entwickelung der Zvvitterdrüse bei DoliohiDi einerseits und einigen Ascidien andererseits be.steht. Die Bildung des männlichen und weiblichen Geschlechtsorganes aus einer, ursprünglich völlig ungegliederten Zellenmasse wurde z. B. von van Beneden und Julin (1887, für Perop/iora, Pliallusia und Clavclina), von julin (1893, für Sfyelopsis), von Floderus (1896, bei Coiiia) und BANKROFr (1899, bei Distaplid) nachgewiesen. Wie bei Doliolum bilden die anfangs gleich- gestalteten Zellen an ihrer Peripherie durch Abplattung ein einschichtiges Epithel aus, das .schließlich ringförinig vordringt und die gemeinsame Geschlechtsanlage in einen äußeren Abschnitt, das Ovar, und einen inneren, den Hoden, zerlegt. Unterschiede bestehen nur in Bezug auf die Abstammung dieser soliden Zellhaufen, die bei den genannten Ascidien als mesodermal, bei Doliolum aber als entodermal sich erweisen. Was nun zunächst die ältereren Angaben über Entwickelung und Aufbau des weiblichen Geschlechtsapparates bei Doliohini anlangt, so verdanken wir solche Fol (1884) und besonders Ulianin (1881 und 1884). Fol (1884, .S. 118) beschreibt das reife Ei von D. deiiticulatuiii als von 2 Zellenlagen umgeben, „ä savoir de follicule et une couche granuleuse 6paisse". Er vermutet, daß nach Analogie mit dem Ascidienei die FoUikelzellen wohl vom Keimbläschen ihren Ursprung nehinen möchten. Während Uljanin in seiner ersten Arbeit über Dolioliun (1881) die Follikel- und Testazellen vom Keimbläschen ableitet, ihnen also intraovulären Ursprung zuschreibt, gelangt er in der Monographie (1884) zu der gegenteiligen Ansicht. Aus der mehrfach aufeinander folgenden Teilung der Zellen des Keimepithels gehen (S. 49) „die kleinen Zellen" (FoUikelzellen) hervor, diese im Ovar zerstreuten Zellen werden (S. 41) von dem wachsenden Ei in großen Mengen in sein Plasma aufgenommen, dort teils umgebildet und a.ssimiliert, teils — und das betrifft die später aufgenommenen — gelangen sie zur Zeit der völligen Reife des Eies wieder aus demselben „und reihen sich um seine Oberfläche in Form eines einschichtigen 191 ,.-,, GÜNTHER Neumann, Epithels, des Follicularepithels" (bei D. Mülleri ein-, bei D. detiticu/afwn mehrschichtig). Ge- legentlich des Vergleichs mit denselben Vorgängen am iVscidienei schreibt er noch (S. 43): Bei Doliohim „bildet sich aus den das Ei umgebenden Zellen des Keimepithels ein Follikel, von dem kein Material zur Bildung des inneren Follikels (Testazellen) abgeht". Wenn ich diese Aus- führungen recht verstehe, so geben nach Ulianin also die in das Ei aufgenommenen „kleinen Zellen" des Eierstockes die Testazellen, deren nicht verbrauchter Teil austritt und nun als „Follikel- epithel" das Ei umhüllt. Die Testazellen selbst und die FoUikelzellen stammen also, wie aus diesen Ausführungen deutlich hervorzugehen scheint, (auf dem Wege der Teilung) vom Keim- epithel ab. Bei dem Versuch, die sich gegenüberstehenden Ansichten einer intra- und extra- ovulären Entstehung der Testa- bezw. FoUikelzellen zu versöhnen, gerät Ulianin aber zu dieser seiner einheitlichen Auffassung wohl zum Teil in Widerspruch, wenn er schreibt (S. 43): Die Testazellen „entstehen wahrscheinlich, wie Kowalewsky gezeigt hat, von den Zellen des äußeren Follikels (einige Zeilen weiter oben aber: „von dem kein Material zur Bildung des inneren Follikels abgeht") und sind von dem Plasma des Eies aufgenommen worden; einige von diesen Zellen werden wahrscheinlich als Nahrung von der Eizelle verbraucht, während die übrig gebliebenen wieder aus dem Ei auf seine Oberfläche heraustreten und hier zu den Testazellen werden". In einem Nachtrag (S. 137) endHch sucht Ull\nin seine Ansicht mit den inzwischen erschienenen Arbeiten von Raule (1882, 1883), Sabateer (1884) und Fol (1884), welche alle einen intrao vulären Ursprung der FoUikelzellen lehren, dadurch in Einklang zu bringen, daß er die im Ei sich findenden Zellen mit grobkörnigem Inhalt als von ihm aufgenommene Keimzellen, die mit hellem Plasma „als vom Keimbläschen abstammende Follicularzellen" deutet. Wenn ich mir eine Kritik der hier geäußerten Ansichten erlauben darf, so liegen ihnen zweifellos meist völlig zutreffende Beobachtungen zu Gnmde, allein sie sind unter dem Einfluß der sich widersprechenden Meinungen anderer zum Teil wohl in irriger Weise zu einander in Be- ziehung gesetzt; seine klaren Zeichnungen Taf. II widersprechen m vielen Punkten jenen Folgerungen. Vergleichen wir ferner diese Ausführungen Ulianin's mit den Ero^ebnissen. welche wir auf Grund neuerer Arbeiten über die Entstehung der Follikel- und Testazellen bei Asci dien- eiern als gesichert betrachten dürfen, so würden sich zu jenen Vorgängen bei Doliolum, wie sie Ulianin mehrfach modifiziert schildert, keine Analogien nachweisen lassen. Die neueren Arbeiten von Floderus (1896), Bankrofi (1899) und Salensky (1895) bestätigen überein- stimmend durch den Nachweis einer extraovulären Entstehung der Follikel- und Testazellen die älteren von Kowalewsky, van Beneden und Julin, Seeijger und vielen anderen. Meine Beobachtungen an dem Ovar von Dolioluvi führten mich ebenfalls zu der Ueberzeugung, daß die FoUikelzellen von außen, aus dem Ovar, nicht aus dem Ei stammen, und daß die Testazellen nichts anderes als FoUikelzellen sind, die vom Eiplasma aufgenommen wurden. Um mit der letzteren Thatsache zu beginnen, so möchte ich als Beweis folgendes anführen. Es finden sich in Eiern, welche eine gewisse niedere Grenze der Entwickelung noch nicht überschritten haben, keinerlei Zellelemente im Plasma derselben, welche mit den späteren Testazellen als identisch anzusehen wären. Ferner lassen die zahlreich vom Eiplasma in die FoUikelzellen ausstrahlenden Pseudopodien eine aktive Aufnahme derselben in die Eizelle direkt erkennen. Endlich ist die histologische Uebereinstimmung der eben als Testazellen aufgenommenen FoUikelzellen mit diesen selbst eine äußerst augenfällige. 192 Beilräge zum Geneiatioiiswecliscl von Doliolum. I Q ^ Der zuerst angeführte Grund schließt nicht aus, daß vor der Einwanderung der Testa- zellen Elemente im Eiplasma anzutreffen sind, welche den Charakter einer Zelle zu haben scheinen. Es sind schwarze, unregelmäßig begrenzte Körperchen, die meist von einem hellen Hofe umgeben erscheinen. Ich traf sie nur einige Male, besonders in jüngeren Eizellen, vereinzelt an, und dann vornehmlich in der Nähe des Keimblä.schens (Taf. XXIII, Fig. 3). Sie dürften wohl mit den von Ulianin (1884) Taf. II, Fig. 10 />/ gezeichneten Gebilden identisch sein, die vom Keim- ])läschen ihren Ursprung nehmen. Wir haben es hier, darüber kann kein Zweifel sein, mit jenen Bildungen zu thun, welche von fast allen Autoren, vornehmlich an Ascidieneiern, beobachtet wurden imd \'iele derselben wohl seiner Zeit veranlaßten, eine intraovuläre Entstehung der Testa- bezw. FoUikelzellen anzunehmen. Diese Körperchen sind, wie schon früher ausgesprochen, auch nach Floderus (i8g6, S. 215 ff.), der diesen „intravitellinen Körpern" eine lange Betrachtung widmet, als durch die Kernmembran hinausgewanderte Nebennucleoli anzusehen, deren Bedeutung als dotterbildende Elemente man neuerdings anzunehmen geneigt ist (vergl. Korschelt und Heider 1902, .S. 255 ff.). Es lag nicht in meiner Absicht, mich mit histologischen Details überhaupt und im besonderen mit denen des Keimbläschens und seinen Veränderungen zu befassen, weshalb ich auch nicht die Bildung dieser Elemente genauer studiert habe. Allein ihr Auftreten und Aussehen stimmt mit der Beschreibung, welche Floderus (1896, S. 215 ff.) in Ascidieneiern giebt, so überein, daI3 ihr Vorkommen in den Doliolum-^vtm als erwiesen betrachtet werden darf. Was ferner über die Anordnung der Testazellen, über ihr Vordringen in den Dotter zuweilen bis nahe an das Keimbläschen, ül)er ihre histologischen Veränderungen und endlich über das Ausstoßen am reifen Ascidienei bekannt geworden ist, gleicht fast völlig dem, was das Do/io/iim-EA uns zeigt. Welche Rolle den Testazellen bei der Entwickelung des Z)6'//ö///';//-Embryos zukommt, ver- mag ich nicht anzugeben. Ebenso ist es mir versagt, mich über das Schicksal des Chorions und des äußeren Follikels auszusprechen. Beim Austreten der Ascidieneier aus dem Ovar bleibt das äußere Follikel mit der Basalmembran im Eierstock zurück. An den Do/io/iiin-¥^\&vn dagegen, welche ich in der Kloakalhöhle zuweilen antraf, war ich überhaupt erst im stände, jenes äußere Follikel nachzuweisen, während ich es früher, solange die Eier im Ovar verweilten, nicht be- obachtete. Es scheint demnach wohl noch nicht ganz ausgemacht, welche von den Hüllen es ist, die wir, außerordentlich stark spindelförmig gedehnt, bei den Larven antreffen. Die Ansichten über die Bedeutung der Testazellen (bezw. FoUikelzellen) sind, wie bekannt, sehr mannigfache. Das eine scheint nunmehr festzustehen, daß sie nämlich während der Bildung des Embrj'os von den Blastomeren assimiliert werden, wie für Salpen überein- stimmend von Todaro (1882), Brooks (1893) und Heider (1893 und 1895), für Distaplia von Davidgff (1889 und 1891) nachgewiesen wurde, während ihr Anteil am Aufbau des Embryos und des Mantels, wie Salenskv behauptet, mehrfach bestritten wird. Floderus (1896), der keine eigenen diesbezüglichen Beobachtungen anstellen konnte, sieht sich veranlaßt, sie als „eine Art von rudimentären Bildungen" anzusehen. Ernährende Bedeutung während der Eientwickelung spricht er ihnen trotz der beobachteten Veränderungen nicht zu. Bancroft (1899), einer der letzten Beobachter, läßt sich darüber (S. 88) folgendermaßen aus: „It is not surprising, there- fore, and I think we have no right, a priori, to expect that cells which have worked so hard that they have lost their vitality — cells in which degenerative changes have set in — should be- 193 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. XII. 25 j QA GÜNTHER Neumann, come further involved in the developmental processes of the embn-o." Ich möchte auf Grund meiner Beobachtungen am Do/io/um-K\ mit Uliaxix den FolHkelzellen ernährende Funktion, und zwar schon während der Eientwickelung, bestimmt zuschreiben. Wie wären sonst wohl ihre Umbildungen zu erklären? Und wozu dann überhaupt das Ei wandern in das Eiplasma? Welche Dienste sie dem Embrj^o eventuell zu leisten vermögen, darüber vermag ich nichts auszusagen. Wenn ich Testazellen, obgleich spärlich, in mitotischer Teilung antraf, so wird damit auch für Dolioluiii bestätigt, was Davidoff (1889/gi) bei Distaplia und Morgan (i8go) für eine Reihe anderer Ascidien nachgewiesen hat. Wie die Te.stazellen befähigt sind, sich mitotisch zu vermehren, so zeigen auch die FolHkelzellen, von welchen sie abstammen, das gleiche Verhalten. Mitosen in den Zellen des „sekundären FoUikels" konnten auch vax Beneden und Julin bei einer Reihe Ascidien nachweisen, ebenso wiederum Davidoff an Distaplia, ferner auch Seeliger (1892) bei Pyrosojiia. Wenn Salenskv (1895, S. 496 ff.) zwischen der Bildung der Kalymmo- cvten durch Immigration einerseits, wie Kowalewsky lehrt, und Teilung andererseits, wie VAN Beneden und Julin angeben, einen bedeutenden Unterschied erblickt, so will es mir scheinen, als ob es von untergeordneterer Bedeutung für das Ziel des Prozesses sei, ob \or dem Ein- wandern der FolHkelzellen in das Ei Teilungen stattfinden oder nicht. Die Entstehung der Follikelzellen bei DoHoIkiii, d u r c h Auswandern ein- zelner Zellen der Ov arialwand, glaube ich sicher beobachtet zu haben. Gegen die von Ulianin (1884, S. 40 ff.) angegebene Differenzierung aus dem Keimepithel spricht nicht nur ihre periphere Lagerung und Abwesenheit zwischen den Zellen des Keimepithels, sondern auch der Umstand, daß sich keinerlei Uebergangsstadien zwischen den beiden scharf charakterisierten Zell- sorten konstatieren lassen. Die schönen Abbildungen Ulianin's (1884, Taf. II. Fig. 6, 8 und 9) scheinen denn auch für das Gegenteil der \on ihm geschilderten Entstehung aus dem Keimepithel zu sprechen. Die neuere Litteratur über die in Rede stehenden Vorgänge läßt uns leider in dieser Frage im unklaren. Floderus (1896) hiit keine diesbezüglichen Beobachtungen anzustellen vermocht. Aller- dings darf man wohl aus seiner Beschreibung (S. 177) der Entwickelung des Ovars und des Follikels (S. 1 89) und aus seinen Abbildungen Taf. XX, Fig. 4 — 6, 7) schließen, daß die B'ollikel- zellen in letzter Linie dem Wandepithel entstammen. In diesem Zusammenhange darf ich \ielleicht noch an das 0\ar von Pyrosonia und Sa/pa erinnern, wo das einschichtige Follikel, von welchem das zur Ausbildung gelangende Ei um- hüllt erscheint, zugleich das Wandepithel des Ovars darstellt und als solches auch den Ovidukt bildet. In den Ovarien von Do/io/wii und der Ascidien nun, in welchen oft eine ranz bedeutende Anzahl Eier gleichzeitig zur Entwickelung gelangen, konnte das einschichtige Wandepithel als ernährendes Follikel nicht mehr genügen; es wurde nötig, jedes einzelne Ei besonders zu um- hüllen, was eben folgerichtig dadurch geschah, daß Zellen des W^andepithels zu den Eikeimen auswanderten und sich zu einzelnen FoIHkeln zusammenschlössen. Wir dürften also dann be- rechtigt sein, in den bezeichneten Verhältnissen an dem Ovar von Pyrosonia und Sa/pa eine ursprünglichere Ausbildungsweise und eine indirekte Bestätigung der geschilderten Entstehung der Follikel bei Doliolum zu erblicken. Unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, würde sich das AVandepithel von Doliolum als „Primordialfollikel" darstellen, die eigentlichen Follikel könnten dann als „sekundäre" bezeichnet werden. 194 Beiträge zum Generationswechsel \f>n Doliolum. IQc: Ergeben sich demnach einerseits bei Doliohmt eine ganze Anzahl analoger Erscheinungen und Prozesse zum Ascidienei, so fehlen andererseits doch auch nicht specifische Unterschiede, welche das Dolw/um-Ei charakterisieren. So sind die Follikelzellen, solange sie das in der Ent- wickelung begriffene Ei umhüllen, abgesehen von jenen bereits in degeneriertem Zustande be- findlichen, alle vollkommen gleich gestaltet und lassen keinerlei Scheidung in ein äußeres und inneres Follikel erkennen, wie es an den Eiern mancher Ascidien sich beobachten läßt. Es ist mir auch nicht gelungen, eine strukturlose FoUikelmembran zu dieser Zeit aufzufinden. Dagegen konnte ich das Chorion immer nach der Bildung der Testazellen nachweisen, womit ich mich in Bezug auf das zeitliche Auftreten mit den Befunden von van Beneden und Julin in Uebereinstimmung befinde, aber im Gegensatz zu Floderus stehe, welcher merkwürdigerweise, wie auch Kor- SCHELT und Heider (1902, S. 322) hervorheben, dasselbe vor dem Einwandern der Testazellen entstehen läßt. An den Z>ö//ö//////- Eiern, die bereits in die Kloakalhöhle ausgestoßen sind, erscheinen die zu einer Lage in der „Gallertschicht" geordneten Testazellen immer gegen das Ei hin durch die Dotterhaut, eine periphere Verdichtung des Eiplasmas, nach außen dagegen durch das Chorion .scharf abgegrenzt. Nunmehr tritt auch eine äußerste dritte Hülle auf. Sie entsteht durch Zusammenschluß der degenerierten Follikelzellen, welche vereinzelt dem Chorion noch aufliegen. Innerhalb dieser sind Follikelzellen nicht anzutreffen. Wir werden diese zellige IVIembran als die „äußere Follikelhülle" ansehen und die Zellen, welche .sie zusammen.setzen, folgerichtig als „äußeres Follikel" bezeichnen dürfen. Wenn sie am ausgcstoßenen Ei noch haftet, ja wahrscheinlich sogar erst gebildet wird, so liegt darin ein weiterer Unterschied gegenüber dem Ascidienei, wo das äußere Follikel im Ovar zurückbleibt. Charakteristische Eigentümlichkeiten für das Ovar von D. dentkidatum. scheinen einerseits in dem centralen, soliden Zellhaufen des Keimepithels, auf den schon Ulianin (1884, S. 41) aufmerk- sam macht, und andererseits in der „Teilungszone" gegeben zu sein '). Bemerkt sei, daß ich jenen inneren Kern des Keimepithels auch im Ovar von D. Nationalis, Gegenbauri und J^a/diviae auf Schnitten wiederfand, während, wie gleichfalls Ulianin liervorhebt, die Eierstöcke von D. Mülleri und auch, wie ich hinzufüge, von D. rarniii und D. Krolini insofern einfachere Bauart zeigen, als sie diese Scheidung des Keimepithels in einen centralen und peripheren Teil nicht besitzen. Ulianin (1884, S. 42) sieht in dem inneren Kern ein Reservemagazin, aus dem neues Material zur Umbildung in Eier, sowie zur Ernährung dieser geliefert wird. Bestätigen kann ich die That- sache, daß nie innerhalb der centralen Masse in der Entwickelung begriffene Eier anzutreffen sind. Jedoch noch auf eins möchte ich hinweisen. Die umschließende Hohlkugel des peripheren Keimepithels wird durch einen schmalen, kugeligen Hohlraum von der centralen Masse getrennt. Nur an der dem Hoden genäherten Seite, an welcher sich auch im äußeren Keimepithel die Teilungszone findet, sieht man zuweilen i — 2 große pseudopodienartige Fortsätze von dem inneren Haufen in den peripheren Mantel hineinragen, wodurch jene kugelige Kluft an dieser Stelle über- brückt erscheint (Taf. XXIII, P"ig. 2). Behalten wir diese Thatsache im Auge und fügen noch hinzu, daß im Ovar, wenn das Ende seiner Thätigkeit nahegerückt ist, die centrale Keimzellen- I) In einem Ovar von D. dentkiilaluin mit i6 mehr oder weniger entwickeUen Eiern fand ich 3 solcher centraler Keini- epithelkerne. 25* 196 GÜNTHER Neumann, masse einer fettigen Degeneration verfällt, während der periphere Mantel noch erhalten ist, so dürften jene Angaben Ulianin's vielleicht dadurch eine Bestätigung erfahren. Es sei gestattet, noch ein kurzes Wort dem Ovar zu widmen, wenn es das Ende seiner Thätigkeit erreicht hat. Aeußerlich betrachtet erscheint das Epithelsäckchen, welches die Eier barg und vorher stark erweitert war, dann leer und zusammengeschrumpft. Auf Schnitten erkennen wir, daß die centrale Keimepithelmasse, soweit sie noch vorhanden ist, fettige Degene- ration aufweist. Schwarze Kugeln liegen in Osmiumpräparaten an ihrer Stelle. Von den uiu- hüllenden Keimzellen zeigen einige dieselbe Erscheinung, andere dagegen sind in beginnender Differenzierung zu Eiern begriffen, deren Weiterentwickelung jedoch offenbar unterbleibt; neben ihnen liegen noch spärlich EoUikelzellen. Oft trifft man im Ovidukt und neben dem Ovar zu dieser Zeit Zellen, welche denen des Keimepithels gleichen. Es liegt die Vermutung nahe, daß sie auswandern und vielleicht zu Blutzellen sich umwandeln. Zu dieser Zeit steht der Hoden auf der Höhe seiner Entwickeluno-. Ich o-ehe noch mit einigen Worten auf seine Entwickelung ein. Wir verließen die Hodenanlage, nachdem sie sich von der des Owars abgetrennt hatte und nach vorn staliförmig ausgewachsen war. Der Ausführgang legt sich nun wie der des Ovars der Kloakenwand an. Die umhüllenden Epithel- zellen sowohl, welche wir mit .Seeliger (1892) als „Hodenf o 11 i kel" bezeichnen können, als auch die Spermatol;)lasten, gleichen noch vollkommen den gleichen Elementen der Ovar- anlage. Indem der Hoden nun infolge energischer mitotischer Teilung- beider Zellsorten weiter nach vorn wächst — bei D. dcnticiilatiiiii bis in den i. Intermuskularraum hinein — nimmt gleich- zeitig auch sein Querschnitt zu, und zwar unter Bildung eines Lumens im Innern. Wie Ulianin (1884, .S. 44) zutreffend angiebt, beginnt nunmehr die Entwickelung der Spermatozoen, worin der hintere Abschnitt dem vorderen vorauseilt. Die Spermatogenese habe ich nicht verfolgt, (lieber die bei den einzelnen Arten verschiedene Ausbildung und Lagerung des Hodens vergleiche weiter unten S. 226). Das Herz. Wie erwähnt, lassen sowohl Grobben (1882, S. 45) als auch Ulianin (1884, S. 63 ff. und 93 ff.) das Herz der Knospen aus einer im Stolo gegebenen Anlage mesodermaler Ab- stammung hervorgehen. Von Grobben wurde die Herkunft des Zellstranges, von welchem es gemeinsam mit den IMuskeln entstehen soll, nicht angegeben. Ich versuchte ihn (S. 127 ff.) als Abkömmling des Larvenherzens nachzuweisen. Ulianin hat diese Zellgruppe übersehen. Er läßt das Herz der Knospe von dem Mesodermzellenhaufen entstehen, welcher, wie Grobben und ich nachwiesen, in Wirklichkeit die Nervensystemanlage repräsentiert. Nach den Angaben dieses Forschers unterscheidet man daher in den jüngsten Knospen aller Generationen außer den Anlagen des Nervensystems, der Pharyngealhöhle, der Genitalorgane und Muskeln auch eine solche des Herzens. Untersucht man Knospen, welche unlängst sich fixiert haben, so überzeugt man sich jedoch bald, daß von einer Herzanlage nichts zu sehen ist (Taf. XX, Fig. i und 2). Ein relativ großer, abgerundeter Zellkomplex, wie ihn Ulianin z. B. in der unlängst fixierten Knospe von D. Mülleri Taf. XI, Fig. 2 zeichnet, ist in der That nicht vorhanden. Uebrigens weist 196 Beiträj^c zum Geneiationswechsel von Doiioliim. IQ7 Ulianin selbst (S. q6) auf die Unzulänglichkeit seiner diesbezüglichen Untersuchungen mit den Worten hin : „Ueber die Bildung des Herzens aus seiner Anlage besitze ich keine detaillierten Beobachtungen." Zur Zeit, wo die primitive Pharyngealhöhle mit dem spaltförmigen Lumen dorsal zwei flügeiförmige Divertikel entsendet, nach hinten den Darmtraktus knospt und ventral die Endostyl- rinne auszubilden beginnt, tritt auch an ihrer ventralen Wand, zwischen Endostyl- und Darm- anlage, eine schwache, soHde Auftreibung hervor, in welcher sich bald darauf ein winziges Lumen zeigt (Taf. XX, Fig. 4) ; es ist das primitive Herzbläschen. Nicht nur am aufgehellten Totoobjekt, sondern auch auf Schnitten läßt es sich leicht als eine Aussackung der ventralen Pharyngealhöhlenwand konstatieren (Taf. XXI, Fig. 6, 10, 13). Daß diese Vorliuchtung unsprüng- lich soHde war und erst sekundär ein Lumen erhielt, bewei.st der LImstand, daß eine Kommuni- kation zwischen dem Hohlräume der Pharyngealhöhle und dem Lumen des Bläschens nicht besteht, sondern beide durch eine Zellbrücke, der ausgestülpten Wand angehörend, ge- trennt sind. Wenn sich bis dahin die Zellen im Umkreise des Lumens gleich hoch erweisen (Taf. XX, Fig. 11), sehen wir, daß nunmehr die ventralen sich abflachen (Taf. XX, Fig. 12). Das Lumen erhält länglich -dreieckige Gestalt. Inzwischen haben sich die dorsalen Zellen, welche, einem Propf gleich, das Bläschen gegen den Pharyngealraum hin verschließen, schärfer von ihren pharyngealen Nachbarzellen abgesetzt, worauf das Bläschen seinen Verband mit dem Mutterboden aufgiebt. Gleichzeitig aber gewahren wir, wie auch gegen das Lumen hin dieselben Zellen mit schärferen Konturen von den übrigen sich abzuheben beginnen (l'af. XX, Fig. 13) und ihrerseits ebenso zu einer einheitlichen, knopfförmigen Bildung zusammentreten, wie die Zellen, welche den Hohlraum umschließen (Taf. XX, Fig. 14). So ist die vom Mutterboden abgeschnürte Aasstülpung der ventralen Pharyngealwand in zwei Bildungen zerfallen, in ein Bläschen und in einen knopfförmigen Aufsatz auf diesem, in welchem ein kleiner Teil des ursprünglichen Lumens abgefangen erscheint. Diese letztere Bildung, den „hellen runden Knopf", hat schon Gegenbaur bei Larven beobachtet. Von den Autoren hat er die verschiedenste Beurteilung erfahren. Während es Gegenbaur schien, als ob dieser Teil (1855, S. 308) „den für das ganze Organ vorzüglichsten Ort der Befestigung abgäbe, hielt ihn (trobben (1882, S. 21, Anm.) für die stark gewölbte Pericardialwand. Ull\nin (1884, -S. 61) endlich betrachtet „diese Auftreibung als die hervorragenden Ränder der Einstülpungs- öffnung, die zur Bildung des Herzschlauches führte. Später scheint diese Einstülpungsöffnung vollkommen zu verschwinden." Wir werden diesen knopfförmigen Aufsatz, wie sich aus der weiteren Entwickelung ergiebt, folgerichtig als „Epicardium" zu bezeichnen, das Bläschen hingegen als Pericard anzu- sehen haben. Wenn der Knopf nach seiner Genese ursprünglich der verdickten dorsalen Wand des Pericardialsäckchens fest aufsitzt, sehen wir ihn weiterhin von der letzteren dadurch abrücken, daß diese sich schwach rinnenförmig gegen das Lumen des Pericards vorwölbt (Taf. XX, Fig. 15). Dazu kommt noch, daß die knopfförmige Bildung der beständigen Größenzunahme des Peri- cardialsäckchens nicht zu folgen vermag, so daß der Zusammenhang zwischen ihr und dem Peri- card gelöst erscheint. Beide sind durch einen Spaltraum der primären Leibeshöhle getrennt. 197 igS Günther Neumann, Dieser wird alsbald dadurch \'on der letzteren zum größten Teile abgegrenzt, daß sich eine strukturlose Membran zwischen den Rändern der rinnenförmigen Einstülpung des Pericardial- bläschens und dem über' ihm befestigten knopfförmigen Epicard ausbildet. Nur an zwei sich gegenüber liegenden Orten, den Enden der Rinne, steht dieser abgefangene Raum der primären Leibeshöhle mit dieser selbst in Kommunikation. Er stellt das Herzlumen dar (Taf. XX, Fig. 15, 16 hzh\ welches somit, durch Einstülpung der dorsalen \\'and des Pericardialbläschens entstanden, einen Teil der primären Leibeshöhle repräsentiert, wogegen der Hohlraum des Pericards [pcli) und Epicards {eph) als abgeschnürte Teile der Phary ngealhöhle anzusehen sind. Die dorsale, eingestülpte Wand des Pericardialsäckchens wird zur Herz wand, zum M y o c a r d (wr). W'as nun die weitere Entwickelung des Organs anlangt, so schreitet unter Abflachuno- der Zellwände die erhebliche Größenzunahme des anfangs nahezu kugeligen Bläschens weiterhin nicht allseitig gleichmäßig fort. Sie führt darum zur Ausbildung eines länglich-ovalen Sackes, dessen Längsachse schräg von links-vorn nach rechts-hinten zu der des Tieres gerichtet ist. Dabei flacht sich das knopfförmige Epicard allmählich vollständig ab. Es erscheint bald als eine an der Dorsalseite des Organs gelegene zellige Platte, in welcher wir das \-on Grobben (1882, S. 20) zuerst beobachtete „Mittelfeld" vor uns haben. Seiner Genese nach ist es natürlich eine Doppelplatte, deren dorsale Wand „ein Pflasterepithel von polygonalen Zellen" darstellt Grobben, S. 20, Taf. II, Fig. 13), deren ventrale dagegen aus äußerst abgeflachten, lang- gestreckten Zellen sich aufbaut (Textfig. 1 7 /<' und //). Das platte Lumen iepli) zwischen beiden ist auf ein Minimum reduziert und oft nur schwer nachzuweisen. So besteht also das Doliolum-W&xz (Taf. XX, Fig. 16) aus einem allseitig geschlossenen Pericard {^pc) (einem oben schwach eingedrückten Gummiball vergleichbar), dessen dorsale Wand, rinnenförmig eingestülpt, zur Herzwand [lii), zum Myocard, wurde. Die Herzhöhle {hzh\ ein Teil der primären Leibeshöhle, die mit dieser selbst durch 2 Ostien dauernd in Verbindung steht, erhält ihren dorsalen Verschluß durch die ventrale ^^'and des Epicardiums (ep) nebst einer strukturlosen Bindegewebsmembran {b)n). Wenn wir mit diesen Befunden die Angaben ver- gleichen, welche die Autoren über den Bau des Doliohim- Herzens machen, so ergiebt sich wenig Uebereinstimmung. Sowohl Grobben (1882) als auch Ulianin (1884) dürften, da sie die Entwickelung des Organs nicht verfolgen konnten, die Anatomie desselben verkannt haben. Dem wirklichen Sach\erhalte ist zweifellos Grobben am nächsten gekommen. Ich erlaube mir deshalb, den nebenstehenden optischen Querschnitt (Textfig. 1 7) durch das Herz einer Amme von D. deiiticulatwn aus seiner Abhandlung (1882, Taf. II, Fig. 12) etwas vergrößert zu reproduzieren, weil er zeigt, daß Grobben den Bau des Herzens zeichnerisch völlig zutreffend wiedergiebt, wohl aber irrig interpretiert haben dürfte. Die mit pc' bezeichnete dorsale Wand des Epicardiums wird von Grobben als dorsale Wand des Pericards angesehen, die ventrale {h) dagegen, „in der man nur selten einen Kern findet" (S. 21), als dorsale Herzwand, weil er nämlich der Meinung ist, daß das Herz „ein langgestreckter Schlauch ist, welcher in einem gleich geformten Pericardialsinus eingeschlossen liegt", ein Verhalten, 198 (bfn.) OI anfangs knöpf form ige, später platte Bildung ist gleichfalls wie bei Ascidien ein Abkömmling der Pharyngealhöhle, wenn sie sich auch in den Lai-ven von Doliolum nicht wie in den Embryonen der Ascidien an der Bildung des Stolo prolifer beteiligt. Jedenfalls aber ist das Herz inklusive Pcricard und Epicard auch bei Doliolum ursprünglich eine einheitliche Bildung wie bei Ascidien, und das Epicard tritt auch bei ihm als selbständiges (j-ebilde auf, wenn sich das primitive Pericardialbläschen von seinem Mutterboden, der ventralen Pharyngealhöhlenwand, ab- schnürt (Taf. XX, Fig. 13). Die Lateralsprossen. Die Entwickelung der Geschlechts- und Mediansprossen verläuft bis auf die Ausbildung der ( ieschlechtsorgane, welche in den letzteren unterbleibt, durch alle Stadien so vollkommen gleich, daß das, was für die eine Sproßform gilt, auch bei der anderen .sich wiederfindet. Das Produkt derselben Entwickelung sind dann die völlig identisch gebauten Formen, die nur durch die Abwesenheit der Geschlechtsorgane beim Pflegtier (dem Mediansproß) und den Besitz seines zeitlebens persistierenden Ventralfortsatzes, des ursprünglichen Sprossenstiels, voneinander unter- schieden werden können. Dagegen haben die Lateralsprossen in ihrer Körperform mit der Tönnchengestalt der beiden anderen F"ormen nichts gemein. .Schon Gegenbaur (1855, S. 289), der sie auffand, ver- glich sie „mit einem ziemlich tief ausgehöhlten Löffel". So abweichend gebaute Formen müssen natürlich auch das Endergebnis einer Entwickelung sein, welche sich von der der beiden anderen Sproßarten erheblich unterscheidet, um so mehr, als ja, wie wir sahen, auch in diesem Falle das Material, welches diese Ausgliederung erfährt, genau dasselbe ist, wie das der Median- und Geschlechtsknospen. Beschreibungen von Lateralsprossen verdanken wir Gegenbaur (1855), Keferstein und Ehlers (1861), ferner Grobben (1882) und auch Ulianin (1884). Grobben gebührt das Ver- dienst, den Bau dieser eigentümlichen Formen zuerst richtig erkannt und eingehend be.schrieben zu haben. Es war die Thatsache, daß den ausgebildeten Lateralsprossen ein Kloakenraum fehlt, die Kiemenspalten also direkt nach außen führen, sowohl Gegenbaur, als auch Keferstein und Ehlers verborgen geblieben. Wenn nun Grobben selbst einige Stadien von Lateralsprossen beschrieben und Ulianin ihre Entwickelung verfolgt hat, so wird es doch nötig .sein, auf einige unerwähnt gebliebene Punkte der ziemlich komplizierten Verhältnisse aufmerksam zu machen. Ich werde hierliei nicht wie bisher die einzelnen Organe getrennt in ihrer Ausbildung verfolgen, sondern versuchen, auf den einzelnen Stadien ihre Veränderungen neben einander und ihre gegenseitigen Beziehungen zu charakterisieren, und zwar unter stetem Hinweis auf die Verhält- nisse, welche auf den gleichen Entwickelungsstufen bei den Geschlechts- bezw. Mediansprossen herrschen. Die gesamte Entwickelung ist hauptsächlich von der abweichenden Ausbildung der Kloakalhöhle auf späteren .Stadien beherrscht, weshalb sich ihr unser tlauptaugenmerk zu- wenden wird. Bemerkungen über die Entwickelung anderer Organe sollen nur so weit Platz finden, als diese charakteristisch für die Lateralsprossen ist. 201 Ueutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. Xll. 26 :)02 GÜNTHER Neumann, Wie bereits ausgeführt wurde, gleichen die jüngsten lateralen Sprossen völlig den Median- und Geschlechtsknospen. Auch die Entstehung der Kloakalhöhle aus zwei dorsolateralen Ekto- dermeinstülpungen verläuft an jenen in der gleichen Weise, ebenso die des Herzens. Wir dürfen noch weiter gehen. Die Pharyngealhöhle umgreift ebenso wie dort bald mit zwei dorsalen Diverdkeln die Nervensystemanlage. Bemerkenswert ist es aber, daß sich die ersteren an den Seiten der Nerven- masse viel höher hinaufschieben als bei Geschlechts- und Medianknospen (vergl. Taf. XXI, Fig. i 2 und 5 ///(•/). In der ventralen Mediane der Pharyngealhöhle gelangt wiederum der Endostyl zur Ausbildung, nach hinten wölbt sich die Anlage des Darmtraktus aus ihr hervor (Taf. XXII, Fig. i ). Eins aber fällt an der Pharyngealhöhle der jungen Lateralsprosse beim Vergleich mit den Ge- schlechts- und Medianknospen besonders auf, was für den weiteren Verlauf der Entwickelung von einschneidender Bedeutung ist. Die Hinterwand der Pharyngealhöhle, markiert durch den Verlauf der beiden Vorwulstungen jederseits der Anlage des Darmtraktus, stellt nicht eine von hinten-oben nach unten-vorn gerichtete Lamelle dar, wie in den anderen lieiden Knospensorten, sondern verstreicht umgekehrt von vorn-oben nach hinten-unten. Dies hat seinen Grund zum Teil sicher darin, daß die Dorsalseite der Lateralknospe gegenüber der ventralen und im Gegen- satz zur Rückenseite der Geschlechts- und Mediansprossen stärker in die Länge wächst. In den letzteren Knospen ist es umgekehrt gerade die ventrale Seite. Die Dorsalseite der jungen Lateralsprossen erscheint in ihrer Gesamtheit wie nach vorn verschoben, so daß beispielsweise die Nervensystemanlage am Mundpol um so stärker sich vorbuchtet, je älter die Knospe ist (Taf. XXII, Fig. I — 7). Der Durchbruch der Mundöffnung, der bei Geschlechts- und Median- sprossen den vordersten Punkt der Knospe bezeichnet, erweist sich infolgedessen hier unter die Nervenmasse zurückgezogen. Oder wollen wir das Herzbläschen zum Maßstabe dieser Ver- schiebung zwischen ventral und dorsal wählen, so zeigt sich, daß es in den Lateralknospen gegenüber der Kloakaleinstülpung (Taf. XXII, Fig. i), in den beiden anderen Knospenarten aber beträchtlich vor ihr gelegen ist (Taf. XX, Fig. 4 —6). Wenn nun wieder die ventral gerichteten Peribranchialeinstülpungen (/;;) längs jener Vorwulstung der hinteren Pharyngealwand vordringen (Taf. XXII, Fig. i — 3), so ist klar, daß es zur Ausbildung so gewaltiger Divertikel, die in Geschlechts- und Medianknospen mit ihren lilinden Enden bis vor den hinteren Abschnitt des Endostyls gelangen, nicht kommen kann, da ja der Winkel, wenn wir so wollen, welchen dort die schräg gestellte Hinterwand der Pharyngealhöhle mit der Ventralfläche der Knospe bildet (Taf. XX, Fig. 5 pr\ und in den die peribranchialen Aus- stülpungen vordringen, in Lateralknospen infolge der entgegengesetzten Lage der Pharyngeal- höhlenhinterwand nicht existiert. Die ventralen Säcke bleiben auch späterhin bedeutend kleiner als dort. Außer dieser abweichenden Stellung der Hinterwand der Pharyngealhöhle konstatieren wir stark abweichende Konturen an der Anlage des Darmtraktus. Sie erscheint zunäch.st in den jüngeren Lateralknospen in mächtigerer Ausbildung als in gleich entwickelten Sprossen der beiden anderen Knospen sorten, so daß sie den gesamten Endabschnitt des Lateralsprossen fast in seiner ganzen Breite erfüllt (Taf. XXII, Fig. i, 2). Der primitive Darmtraktus ist besonders in der Ouer- richtung der Knospe ausgedehnt, während dort (in Geschlechts- und Mediansprossen) sein Längs- durchmesser schräg nach hinten gerichtet erscheint. Da der Boden der vereinigten Peri- branchialeinstülpungen nun auch hier wieder den Konturen des Darmtraktus folgt, nachdem 202 Beiträge zum Generationswechsel von Doliolum. 20'? ebenso wie in Geschleclits- und Medianknospen der hintere verjünsjte Abschnitt der Nervenmasse von ihm verdrängt worden ist, kann der kloakale Hohh-auni viel weniger tief in die Knospe vordringen als dort (Taf. XXIT, Fig. i, 2). Jetzt knospt der breite, kastenförmige Magen an seiner Dorsal- seite den späteren Enddarm, ein sehr kurzes Divertikel {cd), welches mit dem Boden der Kloakal- höhle verlötet und diesen nun so stark \on dem Magen weg gegen die Einstülpungsöffnung drängt, daß von einem kloakalen Hohlräume überhaupt nichts mehr übrig bleibt (Taf. XXII, Fig. 3). Inzwischen hat die Kloakaleinstülpung auch ein dorsales, nach vorn gerichtetes Di- vertikel getrieben, welches zunächst bei seinem weiteren Vordringen die Nervenmasse bis zu einer gewissen Grenze verdrängt, sich aber schließlich ebenso wie in den Geschlechts- und Median- knospen gabeln muß (Taf. XXII, Fig. 9 elf). Während diese 2 Blindsäcke jedoch in Geschlechts- und Medianknospen entlang den beiden flügeiförmigen Divertikeln der Pharyngealhöhle vor- dringen und das große Ganglion von hinten umfassen, stoßen dieselben in lateralen Knospen auf diese dorsalen Aussackungen der Pharyngealhöhle (///<•/) auf, da die letzteren sich, wie erwähnt, in diesen Sprossen weiter dorsal am Ganglion hinauf vorgewölbt haben als dort (Taf. XXII, Fig. 2 c/t). Die Divertikel müssen schließlich dem Vordringen der kloakalen Tuben weichen, diese letzteren selbst aber werden dadurch aus ihrer nach vorn gerichteten Bahn abgedrängt. Sie schieben sich quer (gegen den Endostyl hin) ins Innere der Knospe hinein, immer die dorsale Wand der Pharyngealhöhle (mitsamt ihren dorsalen Divertikeln) vor sich her drängend, bis diese nahezu auf den Endostyl auftrifft (Taf. XXII, Fig. 3 — 5 c/t). Das Lumen der Phar\'ngealhöhle scheint auf ein Minimum reduziert, da namentlich auch die Hypophysis des Ganglions der Lateralsprossen eine mächtige Ausbildung erlangt. Die dorsale Wand der Pha- ryngealhöhle ist infolge dieser bezeichneten Entwickelung der dorsalen Kloakaltuben außerordent- lich stark dreimal gefaltet. Die vorderste der Falten, welche in den pharv'ngealen Hohlraum vorspringt, wird bedingt durch die Hypophysis, sie verschließt nahezu die Mundöffnung (Taf. XXII, Fig. 2, 3 />/>). Die mittlere und tiefste haben die dorsalen Kloakaltuben durch ihr Vordringen erzeugt (Taf. XXII, Fig. 3 — 5), die letzte und schwächste ist infolge des kräftigen Wachstums der ventralen Peribranchialtaschen entstanden. Wenn wir l)isher besonders die dorsalen Kloakaldivertikel sich außerordentlich stark falten und ihre Lumina zu schmalen Spalträumen werden sahen, so können wir nunmehr eine Entwickelimg \ erfolgen, welche der bisher beobachteten gerade entgegengesetzt verläuft und die „Entfaltung" (Ausfaltung) aller jener engen tüten- und taschenförmigen Einstülpungen zum Ziele hat. Würde uns die Aufgabe, aus einem Taf. XXII, Fig. 3 abgebildeten Stadium den Taf. XXII, Fig. 6 wiedergegebenen Sproß zu formen, so dürfte durch einen Zug, auf die Dorsalseite in der Längsrichtung der Knospe nach entgegengesetzten Richtungen ausgeübt, die wesentlichste Formveränderune herbeieeführt sein. Wir rissen dann sowohl die ventralen Peribranchialtaschen, als auch die dorsalen Tuben ihrer Länge nach samt der sie überkleidenden Körperepidermis auf, um zu jener „entfalteten" Form zu gelangen. Und in der That, was sich nunmehr abspielt, ver- läuft nicht anders. Wenden wir uns zunächst den ventralen Taschen zu! Wir fanden den Boden des Kloakalraumes sattelförmig so stark gegen die Einstülpungs- öffnung vorgewölbt, daß er diese geradezu verschließt (Taf. XXII, Fig. 3). Zwei ventral ge- richtete Spalträume führen von hier jederseits in die ventralen Taschen (Taf. XXII, Fig. 8 /;-); 203 Zb* TQ, GüiNTHER Neumann, ein schlitzförmiger Hohlraum innerhalb der dorsalen Divertikel, der sich weiter hinten gabelt, zieht außerdem nach vorn und ins Innere der Knospe. Die Ausbildung des Enddarmes und die enorme Entwickelung des Magens hat aber nicht nur jenes Anpressen des Bodens der Kloakalhöhle an die . Egestionsöffnung zur Folge gehabt, sondern auch bedingt, daß die äußeren Wände der \'entralen Taschen (nahe der Egestionsöffnung) an die Epidermis gedrückt wurden und hier wohl mit ihr verlöteten. Stellen wir diesen Abschnitt der Knospe scharf ein, so be- merken wir, daß hier ein deutlicher Riß auftritt, welcher auf älteren Stadien allmählich gegen die Ventralseite zu weiter fortschreitet und die (ventralen) Peribranchialtaschen ihrer Länge nach öffnet (Taf. XXII, Fig. 3, 5 //-'). Frontal geführte (zur Längsachse der Knospe parallele) Schnitte zeigen, daß wir es nachdem thatsächlich nicht mehr mit ge- schlossenen Taschen (Taf. XXII, Fig. 10^12/;'), sondern mit muldenförmigen Ver- tiefungen der Körperepidermis zu thun haben, die eben dadurch zu stände kamen, daß die äußere Wand der Tasche und die mit ihr verlötete Epidermis aufgetrennt und auseinander ge- zogen wurden. So gelangt zunächst der After frei an die Oberfläche der Knospe (Taf. XXII, Fig. 5 — 7), was gerade für die Lateralsprossen in hohem Grade charakteristisch ist. Ferner liegt auch dem Magen und Oesophagus jetzt nicht mehr jederseits ein geschlossener (Peribranchial-) Sack an, sondern beide Organe erscheinen unmittelbar unter der Epidermis der Knospe, wobei die ihnen anliegenden muldenförmig vertieften Partien des Ektoderms vorher die inneren Wände der peribranchialen Taschen darstellten (Taf. XXII, Fig. 14 //'). Während in dieser Weise das Oeffnen der ventralen Peribranchialtaschen nach ihren blinden Enden zu fortschreitet, setzt an den dorsalen Divertikeln (c/t) derselbe Prozeß ein. Von der Egestionsöffnung ausgehend und successiv nach hinten fortschreitend, verlöten die äußeren Wände der Tuben mit der Epidermis, worauf das Aufreißen der verlöteten Stellen erfolg-t. Frontalschnitte eeben uns über die eigentümlichen Verhältnisse wiederum am besten o ö o Aufschluß. Schneiden wir (parallel zur Längsachse des Tieres) Stadien, an welchen die dorsalen Tuben jederseits bereits geöffnet sind, in der Nähe der Egestionsöffnung (Taf. XXII, Fig. 10), wo der Hohlraum der dorsalen Kloakaltube sich noch nicht gegabelt hat, so erscheint die Knospe an dieser Stelle völlig wie in zwei isolierte Hälften zerteilt, weil eben jederseits das Divertikel aufgeschlitzt wurde. Weiter hinten (Taf. XXII, Fig. 11), wo der Hohlraum sich gegabelt hat, führt ebenfalls noch je eine seitliche Oeffnung in die beiden getrennten Schlitzräume (Falten, elf) hinein. Die dorsalen Tuben waren jedoch noch nicht bis in ihre blinden Enden hinein auf- geschlitzt (Taf. XXII, Fig. 1 2), das zeigen die beiden geschlossenen, langgezogenen Räume ((■//), deren äußere Wänden dicht der Epidermis anliegen. Auch die ventralen Falten (die ehe- maligen Peribranchialräume) besitzen nahe ihrem blinden Ende noch ein Stück wirklicher Taschen (Taf. XXII, Fig. 13 pr). Ist das Aufreißen der dorsalen Kloakaldivertikel nahezu vollzogen, und der s-rewaltige Ueberdruck, der auf der dreimal gewaltsam gefalteten Pharyngealhöhlenwand ruhte, somit be- seitigt, so muß .sich die in der letzteren gespeicherte Spannung formgestaltend bethätigen. Die dorsale Wand der Phar)-ngealhöhle drängt die aufgeschlitzten Wände der tiefen kloakalen Ein- stülpungen nach außen vor und entfaltet die Mulden. Der gesamte vordere, dorsal gelegene Kno.spenabschnitt erhält eine veränderte Lage. Das Ganglion rückt weit voraus in die Spitze der Knospe, die Mundöffnung an der Ventralseite mehr nach hinten (Taf. XXII, P'ig. 6, 7). 204 Beiträge zum Gencraliunswechsel von Doliolum. 20^ Auch während des Ausfaltens der aufgeschUtzten dorsalen Kloakendivertikel bleibt die Wand der Pharyngealhöhle wie vorher mit den nach innen gelegenen Wänden jener (früheren) Tuben im Zusammenhang. Das Epithel beider aneinander liegender Wände bleibt verdickt, es erscheint nach der Entfaltung, vom Oesophagus nach dem Ganglion hin verstreichend, an jeder Seite der Knospe in Form eines dicken Zellstreifens. Hier gelangen natürlich die Kiemen - spalten zum Durchbruch (Taf. XXII, Fig. 13, 16), welche also die Pharyngealhöhle direkt mit der Außenwelt in Verbindung setzen. Die endgültige Stellung der Kiemen ist somit in der Hauptsache erreicht. Ihre Vergrößerung erfolgt dadurch, daß neue Spalten an ihren beiden Enden wie auch bei Geschlechts- und Pflegtieren gebildet werden. Noch fehlt aber dem Sproß die „löffeiförmige" Aushöhlung, d. h. die enorm erweiterte Mundöffnung. Die Vergrößerung der Ingestionsöffnung vollzieht sich nunmehr ebenso rasch, als die Ausfaltung der kloakalen Räume erfolgte. Das im Umkreise der Mundöffnung ge- legene Gewebe wächst rapid. Der Endostyl, bis dahin etwa parallel zur Längsachse der Knospe gelegen, wird gleichsam wie ein Schlagbaum heruntergelassen. Der Drehpunkt liegt am Hinter- ende, um welches eine Bewegung von nahezu einem Rechten ausgeführt wird, so daß der Endostyl beim ausgebildeten Sproß fast senkreckt zur Längsachse des Tieres (und somit zu seiner früheren Stellung) gerichtet ist. Die Mundöffnung selbst erhält dadurch die Länge der Kieme. Nach diesen Erörterungen ül')er die Entwicklung der kloakalen Einstülpungen seien nur noch einige Bemerkungen über die Geschlechtsanlage hinzugefügt. Ich kann nur nochmals hervor- heben, daß es in den Knospen, die zu Lateralsprossen werden, zur Ausbildung von Geschlechtszellen nicht kommt. Wenn L^lianin (1884, S. 98) schreibt, daß die Ge- schlechtsanlage in den Knospen sich „allmählich zu reduzieren" beginnt, so dürfte das den That- sachen nicht entsprechen. In seiner Monographie, Taf. XI, Fig. 2, der Abbildung einer „unlängst fixierten Knospe von D. JMüIlcri, die zu einem Ernährungstier (Lateralsproß) sich umbildet", zeichnet Ulianin im Knospengrunde einen ansehnlichen, scharf umschriebenen Zellkomplex, die mit „ga'-'- bezeichnete Geschlechtsanlage. Ich habe weder bei Lateral- noch Mediansprossen Aehnliches finden können. Es wurde schon erwähnt, und die Abbildungen (Taf. XX, Fig. 2, 3) dürften es ausweisen, daß in beiden Kno.spenarten dort nur ein schmaler Zellstreif die Enden der Pharyngeal- höhle und der Nervenmasse von der Sohle trennt, wo in den Geschlechtsknospen die länglich- runde, ansehnliche Geschlechtsanlagd sich findet'). Ulianin aber dürfte recht haben, wenn er (S. 95) den in der linken Seite der Darm- schlinge gelegenen Zellhaufen als letzten Rest der Geschlechtsanlage betrachtet. Wir treffen nämlich in den Knospen aller Generationen, also auch in Geschlechtsknospen, zu beiden Seiten des Darmtraktus zerstreute Zellen an, die wir als Blutkörperchen anzusprechen haben ^). In den Median- und Lateralknospen gruppieren sich diese zu zwei unregelmäßig begrenzten, ansehnlichen Haufen (Taf. XXII, Fig. i — 5 bk). Schon der Umstand, daß in beiden Knospensorten die An- zahl der Blutkörperchen bedeutend größer zu sein scheint als in Geschlechtsknospen, dürfte die Vermutung rechtfertigen, daß an dem Aufbau jener Haufen das Zellmaterial der Geschlechts- 1) Vielleicht hat jener Abbildung aus Versehen eine Geschlechtsknospe zu Grunde gelegen. Eine Verwechselung beim Hantieren mit den winzigen Knospen ist außerordentlich leicht möglich. In den Figuren 4 und 5 auf Taf. XI der ULL^J^lNschen Mono- graphie, welche weiter entwickelte Stadien von Lateralsprossen darstellen, ist fälschlicherweise der spätere Magen mit „^a" = Ge- schiechtsaulage bezeichnet, Taf. XI, Fig. 3 dagegen mit „Äa" = Herzanlage. 2) Sie wurden in den Figuren 5 — 8, Taf. XX nicht eingezeichnet. 205 2o6 GÜNTHER Neumann, stränge der jungen Knospe sich beteiligt, also zu Blutkörperchen sich umbildet, aber sicher, ohne vorher die charakteristische Struktur von Geschlechtszellen angenommen zu haben. Während nun in den Medianknospen im Verlauf ihrer Entwickelung die beiden Blutkörperhaufen an ihrem Platze neben dem Magen verbleiben, sehen wir sie in Lateralknospen ganz allmählich zu beiden Seiten des Magens heraufrücken (vergl. Taf. XXII, Fig. 2 mit Fig. 5, 6 hk). Wenn der Enddarm ausgebildet ist, fließt der linke mit dem rechten in der Schleife zwischen Magen und Enddarm zusammen. Hier läßt sich die vereinigte Masse zeitlebens nach- weisen. Von Grobben (1882, S. 50) wurde sie beim ausgebildeten Tier als „pulverhornförmiges Körperchen" bezeichnet. Systematischer Teil. Historisches. Unsere Kenntnis der Gattung Z^f/Zc//^/// reicht zurück bis zum Jahre 1835, wo Quoy und Gaimard (1835, S. 599 ff.; Taf. LXXXIX, Fig. 25 — 28) über die ersten Vertreter dieser Tuni- catengruppe berichteten, welche sie 1827 während der Weltumsegelung des „Astrolabe" im tropischen Pacifik gefischt hatten. Ihre Beschreibungen und Abbildungen lassen jedoch eine sichere Bestimmung der erbeuteten Tiere nicht zu. Erst im Jahre 1851 fing Huxley (1851) auf der „Rattlesnake" im Südpacifik wiederum Doliolen in größerer Anzahl, welche sich als D. denticulatum Ouoy u. Gajmard (vergl. S. 223) erwiesen. Durch Krohn (1852) wurde darauf D. denticulaUdii Q. u. G. (als D. Elirenbergi) auch aus dem Mittelmeere bekannt, neben einer zweiten neuen Form, nämlich D. Mülleri Krohn, mit seinen Larven und Ammen. In den folgenden Jahren fanden Gegenbaur (1854, 1856), ferner Keferstein und Ehlers (1861) beide Arten im Mittelmeer wieder. Gegenbaur erbeutete außerdem die erste große Amme von D. Gegenbaiiri Ulianin mit ihren Lateralsprossen (vergl. S. 2 1 6 ff.), während die beiden letztgenannten Forscher zum ersten Male D. rarum Grobben fischten. Freischwimmende Geschlechtstiere von D. Gcgenbauri wurden darauf von Fol (1872) liei Messina angetroffen. Somit waren aus dem Mittelmeere bis dahin allein 4 Species bekannt geworden, nämlich D. dciificiilatu///, Mülleri, rann/i und Gegenbauri, die in der Folge auch von Ussow (1876), von Grobben (1882) und Ulianin (1882, 1884) beobachtet wurden. Im freien Ocean war dagegen nur D. dciificulaiuin aufgefunden worden. Da erweiterte die Challeng er- Expedition unsere Kenntnis der Do/iohitN-Krt^n in reichem Maße, indem sie außer jenem bereits aus dem Ocean bekannten D. dcntictdahiin O. u. (x. noch 4 neue Formen, nämlich D. Krohni Herdm., Challengeri Herdm., affine Herdm. und EJiyenbergi Uliantn^) erbeutete. Eine weitere neue Art kam auf der Fahrt des „Triton" (Herdman, 1883) in D. Triton is Herdm. I) Nicht D. Ehrenbergi Krohn (Herdman, 1888, S. 43 u. 46), weil D. Elirenbergi Krohn identisch ist mit D. denti- culatum Q. u. G., und Herdman's Beschreibung der in Rede stehenden Art sich nidit mit der von Krohn (1882), sondern mit der Diagnose von Ulianin {1884) und Lahille (1890) deckt, wie bereits Borgert (1894, S. 22 ff.) ausführlich dargelegt hat. 206 Systematik und VcrbrciUing von Dolioluni. 207 hinzu, welches 1885 auch von der „Holsatia" durch Hensen beobachtet wurde*). Die letzte \\ert\-olle Erweiterung der Artkenntnis der (lattung Doliohtm brachte das reiche Material der Flank ton- Expedition, in welchem 5, bezw. 6 Species sich vorfanden, von denen sich 4 als bekannt — D. doükulatitiii O. u. G., rannii Grobb., Kroliiii Herdm. und Trifoiiis Herdm. — und 2 als neu — D. JVa//o//a/is und Doliohiiii sp. -) — erwiesen. Es waren demnach fol- gende II Arten bekannt, als die Deutsche Tief see-Expedition unternommen wurde: 1) D. deiiticulahwi Q. u. G., 7) D. afßnc Herdman, 2) D. Miillcri Krohn, 8) D. Ehrenbergi Ulianin, 3) D. lani/ji Grobben, g) D. Tritonis Herdman, 4) D. Gegenbauri Ulianin, 10) D. Nationalis Borgert, 5) D. Krolnü Herdman, 11) Doliolitm •6^. {D. intenncdiuin^¥.v\\Kii^). 6) D. Cf/a/kiigcri Herdman, Die Deutsche T i e f s e e - E x p e d i t i o n hat auch mit dem von ih r erbeuteten Doliolum- Material hinsichdich seines Artenreichtums ein außerordentlich günstiges Resultat erzielt, indem mit Ausnahme von 3 der bekannten 1 1 Formen alle, und dazu noch 3 neue gefischt wurden. Es sind : i) D. dciitiiulotiiiii O. u. G., s) D. Kivlini Herdman, 2) D. Hlü/kri Krohn, 7) D. Trifoiiis Herdman, 3) D. rantiii Grobben, 8) D. Nationalis Borgeri', 4) D. Gegen bau ri Ulianin, 9) Do/io/un/ ii]i.{D. interniedinni Neltmann). Dazu kommen 3 neue Formen, welche als 10) D. indicnni Neumann, 12) D. Clinni Neiimann \\) D. Valdiviae Neumann, bezeichnet wurden. Die Arten der Gattung DoUolum. Die Ordnung der T h a I i a c e a zerfällt nach Herdman (1891) in die Unterordnungen der C y c 1 o m y a r i a und H e m i m y a r i a. Der einzigen Familie der C y c 1 o m y a r i a , den D oliolidae, gehören die Gattungen Anchinia, Do/c/iinia und Dolioluni an-*). Die Gattung Doliohim wurde von Borgert (1894) aufgelöst in die Untergattungen Doliolina und Dolioletta. 1) Vergl. Borgert, 1894, S. 19, Anm. 2. 2) Der Bearbeiter des ööÄo/i««-Materials der Plankton-Expedition, Dr. Borgert, trug Bedenken, die in Rede stehende Form als selbst.Hndige Art anzusprechen. Da es sich indessen zeigen wird, daß daran kaum zu zweilein sein dürfte, soll sie im folgenden als „Z)o/. mtermedium'' bezeichnet werden (vergl. S. 211). 3) Ausführliche, treffliche Charakteristiken der einzelnen aufgeführten Thaliacea-Gruppen wurden bereits von Grobben (1882), Ulianin (1884), Herdman (18S8, 1891) und Borgert (1894) gegeben. 207 2qQ Günther Neümann, S u b g e n u s Doliolina Borgert. „Kieme des Geschlechtstieres eine aufrecht stehende, nur schwach gewölbte Wand hinter der Körpennitte, mit einer geringeren oder größeren Anzahl von Spalten. Endostyl bis zur Körpermitte oder darüber hinaus nach hinten sich erstreckend. Hoden von gedrungener oder gestreckter keulenförmiger Gestalt, entweder in eine ventrale, bruchsackartige Vorstülpung der Körperwand hineinragend oder parallel zur Längsachse des Körpers nach vorn verlaufend. Ovarium im 5. oder 6. Intermuskularraume gelegen. Darmkanal U-förmig gekrümmt oder nur wenig gebogen. Flimmergrube im 2. Intermuskularraume." (Borgert, 1894, S. 14.) Dem Subgenus Doliolina gehören von den bisher bekannten Arten D. ramm Grobben, D. MüIIcri Krohn, D. KioIdü Herdman und D. iiih-z/iwc/iu/ii Neumann an. Als neue Form ist ihm D. indictim Neumann beizufügen. Besonders nahe verwandtschaftliche Beziehungen zeigen innerhalb dieser Gruppe die sehr primitiven Formen D. rannii Grobb. und D. iiidicuiii Neum. einerseits, andererseits sind auch D. Müllcii Ki^ohn und D. Krolnii Herum, durch eine Reihe gemeinsamer Txi^it charakterisiert. Zwischen beiden Gruppen hält D. iutcrDicdiuiii Neum. in mehrfacher Hinsicht die Mitte. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete alle die genannten Formen des Sub- genus Doliolina. Dolioliun ramm Grobben 1882. Hierzu Taf. XXIV, Fig. 4. Dolioiimi Mülleri Krohn, Keferstein und Ehlers (1861, S. 65, Taf. IX, Fig. 5 u. 6). Doliolum rariim Grobben (1882, S. 65-67, 75, Taf. I, Fig. 6). Dolioliwi mriim Grobben, Ulianin (1884, S. 1 30- — 132, Taf. VIII, Fig. 11 u. 12). Dolioliun ramm Grobben, BorGERT (1894, S. 16 u. 17, Taf. VI, Fig. 14 u. 15). D. raruDi, das von Keferstein und Ehlers zuerst aufgefunden und fälschlich als D. Mülleri Krohn bezeichnet wurde, erhielt von Grobben seine Benennung und erste genaue Beschreibung. Es ist wohl kaum das seltenste, wohl aber das kleinste der bisher bekannt gewordenen Doliolen und zugleich diejenige Form, welche in ihren einfachen Organisationsverhältnissen der Amme am nächsten steht. Außer ihm besitzt nur noch D. indicum die geringe Zahl von 5 Kiemenspalten, die bei diesen beiden Formen allein eine gerade gestreckte Lamelle durchbrechen und so einen unverz\\'eigten Pharyngeal- und Kloakalraum verbinden. Die Amme unterscheidet sich von dem Geschlechtstier lediglich durch den Besitz von nur 4 Kiemenspalten. Ausgezeichnet ist D. rarum vor allen übrigen DoUolen durch seinen gestreckten Darmtraktus mit dem langen Oesophagus. In naher Verwandtschaft erscheint es ferner wiederum zu D. indiciiui und auch zu D. intcnncdiuin hinsicht- lich der Ausbildung der Geschlechtsorgane. Die Charakteristik des Hodens wird von den Autoren verschieden gegeben. Während Grobben (1882, S. 66) seine „große Schmalheit" nur auf Entleerung zurück- führt, betrachtet Ulianin (1884, S. 131) seinen „langen Aasführgang" als besonders eigentümlich. Borgert (1894, S. 17) endlich sah mehr als ein Exemplar, dessen Hoden „des langen feinen Ausführungsganges" entbehrte und der „von gedrungener keulenförmiger Gestalt war". Diese ver- schiedenen Befunde erklären sich bei genauerem Zusehen leicht aus der noch nicht erreichten 208 Svstoinalik und X'erbieituiiy von Dolioluni. 2og oder vollendeten männlichen Geschlechtsreife. D. rarum ist protogyn wie alle Doliolen. Bei der Kleinheit des Tieres fällt aber die fortschreitende Längen- und Dickenzunahme des Hoden- schlauches, welche bis zum Eintritt der männlichen Geschlechtsreife anhält, besonders in die Augen. Der Hoden erstreckt sich l)eim ausgebildeten Tier, das eben weiblich geschlechtsreif geworden ist (Textfig. i8 b), aus dem 5. Intermuskularraum l)is zum 2. Muskelreifen nach vorn und ist dann bis zum 4. keulenförmig angeschwollen, während von hier „der feine Ausführgang" bis zum Ovar hinzieht. Genauer gesprochen, zu dieser Zeit, in welcher das Ovar schon seine Thätig- keit begonnen hat, ist nur jener kurze Abschnitt des Hodens mit Spermatoblasten ausgestattet, der übrige Teil repräsentiert einen feinen durchsichtigen Epithelschlauch. Spermatozoen werden noch nicht gebildet. Bei weiterer Entwickelung, wenn im Ovar ein Ei völlig ausgebildet erscheint (Textfig. 18 c), finden wir die Spermatoblasten weiter nach hinten, nicht selten auch nach der entgcCTeno-esetzten Rieh- tung, über den 2. Muskelreifen hinaus, vorgedrungen. Der Hoden, d. h. der Spermatozoen produzierende Teil desselben, beginnt jetzt vor dem 2. Muskelreifen und reicht liis nahezu an den 5. heran, der „Aus- führgang" aber hat sich damit bedeutend verkürzt. Auch zu dieser Zeit sind noch keine Spermatozoen nachweisbar. Erst gegen Ende der Thätigkeit des Ovars, nachdem sich der Hodenschlauch bis über den 5. Muskelreifen mit spermabildenden Zellen ge- füllt hat, nimmt sein Querschnitt unter Bildung von Spermatozoen zu (Textfig. 18 d). Das Eisäckchen am Ovar hat bereits sein Ei entleert und ist stark zusammen geschrumpft. Es zeigt sich also, daß der „lange Ausführgang" im Grunde nicht länger ist, als wir ihn z. B. bei D. Nationalis Borgert oder D. deiiticnlatum auch finden, und daß anderer- .seits der „Schmalheit" des Hodens keine Entleerung vorausgegangen ist. Unter den zahlreichen Geschlechtstieren von D. rariu/i, welche die Deutsche Tiefsee- Expedition erbeutete, findet sich leider kein einziges Pflegtier vor, so daß diese Form merk- würdieerweise bis heute noch gänzlich unbekannt geblieben ist. Ebenso wurden noch niemals Lateralsprossen dieser Art gefischt. Dagegen bildete schon Gegenbaur (1856, Taf. XVI, Fig. 12 und 13) eine alte Amme ab, die bereits von Ulianin (1884, S. 131) wohl mit Recht wegen ihres gestreckten Darmkanals als zu D. ramm gehörig angesprochen wurde. Ich habe Taf. XXIV, Fio'. 4 eine junee Amme absrebildet, die ich unter den Geschlechtstieren von D. rarum aus der Simonsbucht fand, und \ox\ der ich mit Bestimmtheit annehmen möchte, daß sie D. rarum zuzurechnen ist. Der gestreckte Darmtraktus mit dem lang ausgezogenen Oesophagus ähnelt in seiner Gliederung und Lage auffällig dem des Geschlechtstieres und läßt sich in gleicher Aus- bildung bei keiner der bekannten Ammenformen nachwei-sen. Ferner spricht der vom 2. bis 5. Muskelreifen sich erstreckende Endostyl für die Zugehörigkeit zu D. rarum. Fig. 18. Deutsche Tiefsee-Expcdition 18 ?oy 27 2 j o GÜNTHER Neumann, Amme'): Mantel schwach entwickelt. Muskelreifen schmal. Darmkanal gestreckt, mit lang ausgezogenem Oesophagus, im 8. Inter m u skularraum e ausmündend. Endostyl vom 2. bis 5. Muskelreifen sich erstreckend. — Länge bis 5 mm. Geschlechtstier: Mantel zart. Kieme eine aufrecht stehende, jederseits von 5 Spalten durchbrochene Lamelle, welche dorsal wie ventral bei dem 5. Muskelreifen beginnt. Endostyl reicht vom 2. bis nahe an den 5. Muskel- reifen. Darmtrakt US gestreckt, mit lang ausgezogenem Oesophagus. After unter dem 7. Muskelreifen oder weiter hinten ausmündend. Ovar unter dem 6. Muskelreifen gelegen. Hoden keulen- oder schlauchförmig, bis zum 2. Muskelreifen oder über denselben hinaus sich erstreckend. — Länsre bis über 3 mm (nach Ulianin, 1884). Pflegtier: LT n bekannt. Ernährtier: Unbekannt. Dolioliim indicum Neumann 1905. Hierzu Taf. XXIII, Fig. 7: Tat". XXIV, Fig. 5; Taf. XVIII, Fig. 6. Diese neue Form gehört ebenfalls, wie schon erwähnt, dem Subgenus Doliolina an und ist zwischen I). ra)-uiii einerseits und D. intcniicdiuin andererseits zu stellen. Mit jenem hat es die 5 Kiemenspalten jederseits gemeinsam, mit diesem den U-förmig gebogenen Darmtraktus. Beiden ähnelt es in Bezug auf die Ausbildung- der Geschlechtsorgane und des langen Endostyls. .Sein besonderes Specificum trägt es in der Anheftung der Kieme dorsal beim 6., ventral beim 5. Muskelreifen. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, wenigstens so lange nicht, als man die Anheftungs- punkte der Kieme als einziges systematisch verwertbares Merkmal festhält — und es wird sich kaum ein anderes finden lassen — daß wir es in dieser Form mit einer wohldefinierten, selb- ständigen Species zu thun haben, trotz ihrer Aehnlichkeit mit D. iiitcrmedium. Der Unter- .schied zwischen beiden Formen besteht in der Anheftung der Kieme und der Zahl der Kiemen- spalten, welche bei D. intcrmedhivi „derjenigen bei D. Krohni (bis 45) nicht nachsteht". Die Kiemenlamelle setzt ferner bei jener Art dorsal wie ventral vor dem 5. Muskelreifen an. Daß die mir vorliegenden Exemplare von D. indmivi junge Tiere seien, bei welchen ja eine Vermehrung der Kiemenspalten noch stattfinden könnte, erscheint gleichfalls ausgeschlossen ; denn an keinem der 1 1 Tiere von den verschiedenen Stationen habe ich mehr als 5 Spalten gezählt, und ferner tragen die wohlerhaltenen Pflegtiere an ihrem Ventralauswuchs zum Feil Geschlechtssprossen, von denen die ältesten bereits deutlich die 5 Kiemenspalten angelegt zeigen (Taf. XVIII, Fig. 6). Das einzige Gcschlechtstier unter 10 Pflegtieren besitzt sowohl einen noch unentwickelten Hoden, als auch ein Ovar, welches seine völlige Ausbildung noch nicht erreicht haben dürfte. Ich halte es indessen nicht für angezeigt, aus diesem Befunde etwa den Schluß zu ziehen, das Tier sei ein degeneriertes Individuum, bei welchem eine Geschlechts- reife überhaupt nicht eintritt, wie dies BoR(iERT auf Grund ähnlicher Beobachtungen für I) Unter teilweiser Benutzung der Beschreibung von Ulianin (1884, ^' ^Ifi)- 210 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 2 11 D. inicrniedimn thut. Eine Betrachtung der Geschlechtsorgane von einer großen Anzahl Individuen einer Art lehrt, daß es ziemlicher Zeit bedarf, ehe die Geschlechtsreife eintritt, so daß wir es im vorliegenden Falle wohl einfach mit einem jüngeren Geschlechtstiere zu thun haben, welches seine (ieschlechtsreife noch nicht völlig erreicht hatte. Amme: Unbekannt. Geschlechtstier: Mantel wenig entwickelt, von weicher, klebriger Kon- sistenz. Kieme eine von hinten-oben nach u nten-vorn seh räy stehen de, irerade verlaufende Lamelle, von 5 Kiemenspalten jederseits durchbrochen, welche dorsal beim 6., ventral beim 5. Muskel reif en beginnen. Endostyl lang, eben hinter dem 2. Muskelreifen beginnend und bis kurz vor den 5. reichend. Darmtraktus ll-förmig gebogen. Ovarium hinter dem 6. Muskelreifen gelegen; Hoden von schlauch- bis keulenförmiger Gestalt, bis zum 2. Muskelreifen parallel zur Längsachse des Körpers verlaufend. — Länge bis 3,8 mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralfortsatz d ü n n und 1 a n g. Ernährtier: Unbekannt. Doliolum intermedium Neumann 1905. Doliolum sp. Borgert (i8g4, S. 17, Taf. VI, Fig. 16). D. iiifen/icc/iii/ii, eine zuerst von der Plankton -Exped ition im Atlantischen Ocean ver- einzelt angetroffene Form, wurde von der Deutschen Tiefsee-Expedition im Roten Meere leider nur in einem — offenbar jüngeren — Pflegtierexemplar gefischt. Es besitzt den charakte- ristischen langen Endostyl (der es von D. Mallen beim Fehlen der Geschlechtsorgane deutlich unterscheidet) und 14 Kiemenspalten jederseits, in einer schwach nach hinten gewölbten Kiemenlamelle. Der Bearbeiter des Z?ö//ö/;////-Materials der Plankton-Expedition, Dr. Borgert, hat Abstand genommen, diese Form als selbständige Art zu benennen. Ich möchte ihm hierin nicht beistimmen. Den Grund zu der Annahme, daß es sich bei D. intciiiicdiiDii nicht um eine neue Art handele, erblickt Borgert (1894, S. 17, 18) in der Thatsache, daß er in keinem Falle ein reifendes Ei, sondern regelmäßig nur unentwickelte Keime im Ovar finden konnte. Er möchte sie daher „bei der großen Aehnlichkeit mit D. Krohni Herdm." als „degenerierte Individuen von D. Krohni Herdm." ansehen, wobei die Verkümmerung durch das Leben in der Tiefe hervor- gerufen worden sein könnte. Was zunächst die Aehnlichkeit mit D. Krolini Herdm. betrifft, so besteht sie, wie Borgert selbst angiebt, nur in der Ausbildung der Kieme und des Verdauungstraktus. Einen ganz erheb- lichen Unterschied aber weisen die Geschlechtsorgane beider Formen nach Lage und Gestalt auf. Ueberblicken wir das Subgenus Doliolina, so können wir nach der Ausbildung der Ge- schlechtsorgane 2 Formenkreise unterscheiden. Dem einen gehören D. Mülleri und D. Krohni an, mit dem kurzen birnförmigen, schräg nach unten in eine Aussackung der Körperwandung gerichteten Hoden neben dem Ovar, welches im 5. Intermuskularraume gelegen i.st. Zu der anderen Gruppe sind D. rarwn, D. indiaim und zweifellos auch D. internieditcm zu zählen. Diese 21 1 27* 2 T 2 Gi'NTHER Neumann, 3 Formen sind durch die schlauch- bis keulenförmige Ausbildung des Hodens, der parallel zur Längsachse des Körpers verläuft, und durch ein im 6. Intermuskularraume gelegenes Ovar aus- gezeichnet. Auch in der Ausbildung der Kieme kommt der Unterschied zwischen beiden Gruppen insofern zum Ausdruck, als D. Mülleri und D. Krohni eine nach hinten schwach vor- gewölbte Lamelle besitzen, welche von zahlreichen (bei D. jlfiillcri von lo — 14, bei D. Kro/ini von 12 — 45) Spalten durchbrochen wird. D. raniiii und D. indicuiii dagegen weisen eine gerade gestreckte Kieme auf, welche nur 5 Spalten ausgebildet hat. D. iiifcn/icdaiin nun gleicht sowohl hinsichtlich der Zahl der Kiemenöffnungen als auch bezüglich der Anheftungspunkte D. Kivlini. Somit dürfte die Stellung von D. tutcrmcdiuin klar sein: Es nimmt eine Mittelstellung ein, indem es nach der Ausbildung der Kieme zur ersten, nach der Form und Lage der Geschlechts- organe aber zur letzten Gruppe zu rechnen ist. Daraus geht nun auch ziemlich sicher hervor, daß wir in der Lage und Ausbildung der Geschlechtsorgane bei 1). infciiiicdiuiu nicht das Ergebnis eines abnormen Itntwickelungsprozesses vor uns haben, wie Borgert vermutet, wenn er die Exemplare von D. iiiteniiedium als degenerierte Individuen \'on D. Kivhiü liezeichnen möchte, bei denen der Hoden „parallel zur Längsachse des Körpers nach vorn gewachsen und das Ovar hinter den 6. Muskelreifen getreten" sei '). Amme: Unbekannt. Geschlechtstier: Mantel schwach entwickelt. Kieme eine aufrechte, nach hinten schwach vorgewölbte Lamelle, von zahlreichen (12 — 45) Kiemen- spalten durchbrochen, welche dorsal wie ventral bei dem S- Muskelreifen beginnen. Darmtraktus U-förmig gebogen. Endostyl lang, vor dem 2. Muskel- reifen beginnend und bis kurz vor den 5. reichend. Hoden von schlauch- förmiger Gestalt, parallel zur Längsachse des Körpers verlaufend. Ovar hinter dem 6. Muskelreifen gelegen. — Länge bis 6 mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralaus- w u c h s 1 a n g. Ernährtier: Unbekannt. DoUoliim Müllen Krohn 1852. Doliolum Müllen Krohn (1852, S. 58, Taf. II, Fig. 4). üolioliim Noidmnnni Krohn (1852, S. 59, Taf. II, Fig. 6, alte Larve). Doliulidii Tivschelii Krohn (1852, .S. 60, Amme). Doliolum sp. Gegenbaur (1855, S. 303, Taf. XV, Fig. 8, Amme). Doliohiin Gen. B 3 Keferstein u. Ehlers (i86i, S. 68, Taf. X, Fig. 3, Larve). ? DölioliDii Gen. B i Keferstein u. Ehlers (1861, S. 67, Taf. X, Fig. i, Amme). Doliolum Mülleri (?) Ussow (1876, Taf. III, Fig. 20, Amme). i) In welches Verhältnis würde bei diesem W.ichstum der Hoden zur Kieme geraten, hinter deren Gitter er ja von der Pharyngealhöhle abgesperrt ist? Es müßte dann wohl eine linksseitige anormale Verlagerung der Kieme zu konstatieren gewesen sein. Immerhin bleibt die auffällige Thatsache bestehen, daß bei einer größeren Anzahl Geschlechtstieren, welch/' die Plankton- Expedition erbeutete (in 10 Fängen etwa 46 Tiere, wieviel Geschlechts- und Pflegtiere ist nicht zu ersehen), keine entwickelten Eier zu beobachten waren. Ob wirklich die Tiefe, mi Verein mit der niedrigen Temperatur (tiefster Fang 650—850 m bei 9,4", Borgert, 1894, S. 47, Tab. III), die Geschlechtsreife verhinderte, wird sich schwer entscheiden l.-xssen. Jedenfalls aber dürften die Tiere, selbst wenn sie au der Rrlangung der Geschlechtsreife verhindert wurden, in ihrer sonstigen Organisation nicht als degeneriert zu betrachten sein. 2 12 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 13 Doliolum nov, sp. Ulianin (1881, S. 4731. Doliolum Mälleri Krohn, Grobben (1882, S. 55—65, 75, Taf. II, Fig. q— 10: Taf. III, Fij;. 14—18; Taf. IV, Fig. 2v — J3I Doliolum Müllen Krohn, Ulianin (1884, S. 127 ff., Taf. IV, Fig. i, 3, 4, 5; Taf. VI, Fig. 13 u. 14; Taf. VII, Fig. 11; Taf. VIII, Fig. 10; Taf. IX, Fig. 6; Taf. XI, Fig. 2-6, 9; Taf. XII, Fig. 1-4). D. Müllcri darf nach den letzten ausgezeichneten Arbeiten von Grobben (1882) und Ulianin (1884) als die am be.sten gekannte Form gelten, vornehmlich was ihren Entwickeln ng.s- cyklus anlangt. Sie lieferte von den Arbeiten Krohn's (1852) an zum großen Teile das Material, an welchem die Erforschung der interessanten Fortpflanzung.svorgänge von Doliolum überhaupt vorgenommen wurde. Dieser Umstand ist in erster Linie dem massenhaften Auftreten im Mittel- meer zuzuschreiben, aus welchem allein D. Müllen bisher bekannt war. Die Deutsche Tiefsee-Expedition hat es auch für den Atlantischen und Indischen Ocean nachgewiesen. Was die Charakteristik betrifft, welche Grobben (1882, S. 75) und Ulianin (1884, S. 127 ff.) von D. Müllen geben, so sei nur be- merkt, daß die Höch.stzahl der Kiemenspalten (bis 10 bei Grobben, bis 1 2 nach Ulianin) sicher wenigstens um 2 übertroffen wird, was ich öfter konstatieren konnte ; möglich allerdings, daß der freie Ocean größere und kräftigere Formen birgt als das Mittelmeer. Damit dürfte es vielleicht auch im Zu.sammenhange stehen, daß ich in zahlreichen Fällen 2 vollkommen au.sgebildete Eier neben einem 3. weniger ent- wickelten gleichzeitig im Ovar vorfand (Textfig. 19), während Ulianin (1884, S. 39) niemals „gleichzeitig mehr als ein einziges Ei voll- kommen ausgebildet" konstatierte. Deshalb ist auch die Zahl der Eier im Ovarium nicht geeignet, nötigenfalls die Geschlechtstiere von D. Müllen' und dem nahe verwandten D. Krolini au.seinander zu halten. Daß nicht allein I). Müller! protogyn ist, was Ulianin (1884), entgegen Keferstein und Ehlers (1861) und Grobben (1882), an ihm zuerst nachwies, sondern die ganze Gattung Doliohim ebenso wie Salpa die weibliche Geschlechtsreife zuerst erreicht, wurde bereits im speciellen Teile ausgeführt. Amme: Mantel weich, nicht klebrig. Darm U-förmig gebogen, After im 5. 1 n t e r m u s k u 1 a r r a u m e g e 1 e g- e n. Geschlechtstier: Mantel von klebriger Beschaffenheit. Kieme eine aufrecht stehende, schwach nach hinten gebogene Lamelle mit 12 — 14 Paar Spalten, welche dorsal wie ventral beim 5. Muskelreifen beginnen. Endostyl kurz, beginnt vor dem 3. Muskelreifen und reicht bis vor den 5. nach hinten. Darm U-förmio- grebogfen. Hoden von bi rn f ö r m i yer Gestalt, mit dem Ovar im 5. Inter m uskularrau m gelegen, schräg nach unten gerichtet und die Körper- wand buckeiförmig hervortreibend. — Länge bis 4 mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralauswuchs lang und schmal. Ernährungstier: „Schmal und langgestielt. Darmschlinge eng, U-förmig, After tiefer als der Oesophaguseingang gelegen" (Grobben, 1882, S. 75). 213 Fig. 19. T j 1 GÜNTHER Neumann, Doliolum Krohni Herdman 1888. Hierzu Taf. XXIV, Fig. 6 und 7. Doiwliim Kivhni Hkrdman (1888, S, 49, Taf. III, Fig. i). Doliolum Krohni Hkrd.m.\n, Traustedt (1893, S. 4, Taf. I, Fig. 11). Dolinliiiii Krolmi Hf,rdii..vn, Borgert (1894, S. 15 ff., Taf. V, Fig. 9; Taf. VI, Fig. 10—13). Nach der Beschreibung, welche BoRCtERr (1894, S. 15 ff.) von D. Krohni giebt, ragt der liirnförmige Hoden mit .seinem schräg nach vorn und unten gerichteten Ende in eine Aus- saclvung der Körperwand hinein (vergi. Borgert, i 894, Taf. VI, Fig. 1 1 und 1 2). Borgert sah unter dem Material der Flankton-Expedition aber auch geschlechtliche Individuen von D. Krohni, deren Hoden „nach vorn gerichtet war" (Borgert, 1894, S. 18 Anm.). Die Ge- schlechtstiere, welche mir zur Verfügung standen, zeigten sämtlich diese Lage des Hodens (Taf. XXIV, Fig. 7). Er ist mit .seinem Ende sogar leicht nach oI)en anstatt nach unten ge- richtet, besonders bei jüngeren Indi\iduen. Auch 8 Geschlechtstiere, welche ich unter den Doliolen fand, die Professor Chun 1887/88 bei den Canarischen Inseln erbeutet hatte, waren dadurch charakterisiert. Mit dieser Lage des Hodens steht eine etwas veränderte Ausbildung der Kieme in engem Zusammenhange. Sie tritt dann nicht mehr einfach schwach nach hinten vorgewölbt (Borgert, i 894, Taf. VI, Fig. 11, 12), sondern stark S-förmig geschwungen auf (Taf. XXIV, Fig. 6, 7), wobei allerdings die Anheftungspunkte (dorsal und ventral beim 5. Muskel- reifen) fest gehalten werden. Auch ist bei diesen Formen eine Abweichung in der Ausbildung des Darmtraktus insofern zu beobachten, als dieser jenem S-förmigen Schwünge der Kieme sich dadurch anpaßt, daß der lange Oesophagus stark nach vorn, die Knickung des U-förmigen Darmes dagegen scharf nach hinten gerichtet ist. Nur in der Länge des Endostyls stimmen diese Formen völlig mit den bisher als typi.sch betrachteten überein. Da die Anheftungspunkte der Kieme, das einzige systematische Merkmal von Bedeutung, festgehalten werden, so liegt trotz der vorhandenen Abweichungen kein Grund vor, eine neue Species aufzustellen. Dagegen sind diese Merkmale insofern in die Diagnose aufzunehmen, als auch die Pflegtiere die S-förmige Krümmung der Kieme aufweisen, und im übrigen völlig ausgebildete Formen die bezeichneten Charaktere tragen. Wenn es Borgert (1894, S. 15) „oft zweifelhaft erschien", ob „auf Grund der vorhandenen Abweichungen" D. Mülleri und D. Krohjii „wirklich als selbständige Arten voneinander zu trennen seien", so möchte ich glauben, daß darüber kein Zweifel mehr obwalten könnte. Auch die Jugendformen beider Arten sind deutlich durch den kurzen {D. Uliilkri) resp. den langen Endostyl [D. Krohni) zu unterscheiden. P'ür viel weniger entscheidend dagegen möchte ich gerade die Zahl der Kiemenspalten ansehen. Ich habe typische D. JMülleri gesehen, welche, kräftig entwickelt, jederseits 14 Kiemenspalten aufwiesen, während andererseits kleinere D. Krohni darüber kaum hinausgingen. Auch die Anzahl der Eier, die im Ovar jeweils zur Ausbildung gelangen, kann ich nicht als zur Trennung beider Arten geeignet ansehen. Die meisten der Exemplare von D. Krohni führten i, höchstens 2 Eier im Ovar, dagegen fand ich mehrere typische D. Alülleii, deren Ovar gleichzeitig" 2 \()]lkommen entwickelte Eier neben einem 3. jüngeren barg. Höchst charakteristisch aber für D. Kiohni scheint mir die Verteilung, bezw. Anhäufung von Blutkörperchen zu sein , die von Bor(;erj' als Pigmentzellen angesprochen 214 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 215 wurden. Daß es sich um solche nicht handelt, schließe ich einerseits aus der Lagerung, anderer- seits aus der histologischen Beschaffenheit der „dunklen Zellen". Sie finden sich ganz konstant in dichten Massen an der Wand der Leibeshöhle, in welche der Darmtraktus verpackt erscheint, und rufen den Eindruck hervor, als sei derselbe von einem dicht punktierten Säckchen umhüllt, das sofort auffällt, und welches D. Mii/Icri niemals aufweist. Von da aus gelangen diese Körperchen in die Blutbahnen, welche die Kiemenspalten als abgekapselte Räume der Leibes- höhle zwischen sich la.ssen. Endlich verbreiten sie sich längs des Endostyls, zuweilen auch auf der hinteren Bauchseite. VAne genauere Untersuchung ergab, daß es jene plastischen Zellen mit den fingerförmigen Pseudopodien sind, welche auch bei anderen Formen Anhäufungen an charakteristischen Orten bilden, so ]>ei D. dcnticiilatuiii und D. A'ationalis an der linken Körperseite, in der Nähe des Ovars. Sie wurden schon von älteren Beobachtern (Grobben, 1882) als Haufen von Blut- körperchen angesprochen. Pigmente sind meines Wissens bei DoHolen bisher nur an D. Miilleri von Krohn (1882) und Ulianin (1884), und bei D. Gcgenbatiri von Ulianin (1884) nach- gewiesen worden. Schließlich sei noch auf ein überaus bemerkenswertes Verhalten der Geschlechts- und Pflegtiere von D. Krolini aufmerksam gemacht, das bisher noch von keiner Doliohim-¥ovm be- kannt wurde. Es betrifft die Ausbildung von je 3 peitschenförmigen Auswüchsen der -Epidermis jederseits an den Flanken des Körpers (Taf. XXIV, Fig. 6, 7 /), von denen das I. Paar hinter dem 3., das 2. vor dem 5. und das 3. beim 6. Muskelreifen angebracht ist. Die Vermutung, es möchte sich hierbei um Bildungen handeln, die den Tastfortsätzen der Lateral- sprossen vergleichbar seien, wurde durch eine genauere Untersuchung nicht bestätigt. Einmal setzen sich die Auswüchse nicht nur aus „Mantelgallerte" zusammen, wie Grobben (1882, S. 50) für die Tastfäden der Lateralsprossen angiebt, sondern erweisen sich deutlich als zellige Gebilde, als Fortsätze der Epidermis, die von einer dünnen Mantelschicht überkleidet ist; und zum anderen entbehren sie vor allem der Sinneszellen, die sich an der Wurzel jener Tastfortsätze konstant finden. Es besitzen aber alle mir zur Verfügung stehenden Tiere von D. Krohni ganz konstant diese Anhänge in der Sechszahl an den bezeichneten Körperstellen, und wenn sie bisher übersehen wurden, so dürfte daran wohl nur eine nicht immer tadellose Erhaltung der Objekte, und die klebrige Beschaffenheit des Mantels schuld sein, welche die Fortsätze oft dem schmutzbedeckten Körper anhaften läßt, wodurch sie sich der Beobachtung leicht entziehen. Amme: „In ihrer Organisation derjenigen von D. Müllcri ähnlich" (Bor- gert, 1894, S. 16). Geschlechtstier: Mantel von weicher, klebriger Beschaffenheit. Kieme eine nur schwach nach hinten vorgewöl bte oder stark S-fö rmig geschwungene La in eile, deren zahlreiche Kiemenspalten (12 — 45 jederseits) dorsal wie ventral bei dem 5. Muskelreifen heginnen. Endostyl lang, beginnt dicht hinter dem 2. und reicht bis zum 5. M u s k el r ei f e n. Darmtraktus U-förmig gebogen. Hoden, mit dem Ovar im 5. I n ter m usk ular r au m e gelegen, von birnförmiger Gestalt, entweder schräg nach unten gerichtet und die Körperwand buckeiförmig hervortreibend, oder horizontal nach vorn sich erstreckend. — Länge bis 7 mm. 215 2 j A GÜNTHER Neumann, Pflegtier: Dem Gesch lech tstier vollkommen ähnlich. Ventralauswuchs lang u n d d ü n n. Ernährtier : U n b e k a n n t. Subgenus Dolioletta Borgert. „Kieme des Geschlechtstieres eine lange, nach hinten stark vorgewölbte Lamelle mit zahl- reichen Spalten, deren dorsale Anfangs.stelle meist vor der ventralen und zugleich auch stets vor der Körpermitte liegt. Endostyl bis an den 4. Muskelreifen, seltener bis zur Körpermitte oder srar darüber hinaus nach hinten reichend. Hoden von gestreckter wurst- oder keulenförmiger Gestalt, entweder parallel der Längsachse des Körpers verlaufend, oder schräg nach vorn auf- steigend, nie in eine ventrale Aussackung der Körperwand hineinragend. Ovarium im 6. oder 7. Intermuskularraume gelegen. Darmtraktus knieförmig gebogen, oder eine Spiraltour beschreibend. Flimmergrube im i. oder 2. Intermuskularraume". (Borgert, 1894, S. 19.) Zu dem Subgenus Dolioletta gehören von den bisher bekannten Arten: D. Gegen I)a2irl Ulianin, D. Tritonis Herdm., D. Nationalix Borger i', D. Challenoeri Herdm., D. doitictilatum QuOY und Gaimard, D. affine HERDir. und D. E/irenberoi (Krohn) Ulianin. Als neue Arten sind ihm D. Valdiviae Neumann und D. Cliuiii Neumann beizufügen. Innerhalb dieser Gruppe weisen einerseits D. Gegenbauri Ulian., D. Valdiviae Neum., D. Ti-itonis Herdm. und D. Chuni Neum. mehrere gemeinsame 7Jä'g& auf; andererseits lassen die übrigen der oben genannten Arten des Subgenus Dolioletta ebenfalls nähere Beziehungen zu einander erkennen. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete außer den beiden neuen Formen D. Valdiz'iae und D. Cliuiti noch D. Gegenbatiri, D. Tritonis, D. Nationalis und D. dentinilatinn. DoUoIum Gegenbauri Ulianin 1884. Doliolum Trosclielii Gegenbaur (1856, S. 284 ff., Taf. XIV, Fig. 1-3; Taf. XV, Fig. 9-11), Amme. Dolioliim nov. sp. Fol {1872, S. 8, Fig. 4). Doliolum dentkiilatmn Q. u. G., Grobben (1882, S. 38), Amme. Doliolum Gegenbauri Ulianin (1884, S. 134, Taf. VII, Fig. 5, 6, 8). Doliolum Ehreyibergi Krohn, Ulianin (1884, S. 88, 133, Taf. X, Fig. l, 2; Taf. XI, Fig. 7), Amme. Doliolum denticiilaliim Q, u. G., Borgert (1894, S. 22), Amme. Für Doliolum Gegenbauri Ulianin bestehen bezüglich der Zugehörigkeit der von älteren Autoren beschriebenen und abgebildeten Doliolen zu dieser Form große Meinung.sverschieden- heiten. Ulianin (1884, S. 134), der die in Rede stehende Form benannte und, soweit es seine beschädigten Exemplare gestatteten, beschrieb, erblickte sein D. Gegenbauri in Huxley's D. den- ticulatuni (1851, S. 600 ff., Taf. XVIII, Fig. 5 — 9) und identifizierte damit ferner das Doliolum, welches Fol (1872, S. 8) bei Messina fischte. Gegenbaur (1856, S. 306) und Herdman (1888, S. 39 und 45) sahen in Huxley's D. denticulatuni dagegen eine von D. Elnrubergi Krohn (= D. dentieulatuni Q. und G.) verschiedene Art, während Kj^ferstein und Ehlers (1861, S. 53 ff-), Grobben (18S2, S. 2) und auch Borgert (1894, S. 23) wieder dieses und jenes für identisch hielten. .Schließlich bezweifelte Borgert (1894, S. 20) ange.sichts der mangelnden Beschreibung und zeichnerischen Wiedergabe von D. Gegenbauri durch Fol und Ulianin, ob diese Form überhaupt eine selbständige Art reprä.sentiert und nicht vielmehr mit D. Tritonis identisch ist. Es sei gestattet, auf diese einander widersprechenden Ansichten etwas näher einzugehen. 2 16 Systematik und Verbreitung von Dolioluu 217 \\''as zunächst Huxi.ey's D. dentiatlahDii anlangt, so geht aus der schönen, klaren Ab- bildung (185 1, Taf. XVIII, Fig. 5) deudich hervor, daß die gezeichnete Form nicht mit D. Gegeii- bmtri Ulianin identisch ist, wie bereits Borgert (1894, S. 24) hervorhob'). Entscheidend sind die /Vnheftungspunkte der Kieme dorsal beim 2., ventral beim 3. Muskelreifen (und nicht beim 3. bezw. 5., wie es für D. Gegenbauri gelten würde), die in Huxley's Zeichnung aufs klarste wiedergegeben sind; ebenso bestimmt sind die (von D. Gegenbauri erheblich abweichende) Lage des Hodens und die Länge des Endostyls in der Abbildung zum Ausdruck gebracht. Es kann ferner kein Zweifel darüber bestehen, daß Fol (1872) in seinem Doliolnm nov. sp. ein D. Gegciihauri Ulianin vor sich hatte. Seine Abbildung (S. 8, Fig. 4) zeigt deutlich sowohl die dorsale Anheftung der Kieme beim 3. Muskelreifen (der Umschlag zum 5. Muskelreifen ventral ist nicht gezeichnet) und die charakteristische Lage des Hodens, als auch die für D. Gegenbauri geltende Länge des Endostyls. Jedoch schon vor Fol ist D. Gegenbaiui, und zwar durch Gegenbaur selbst, bekannt geworden. Die große Amme, an welcher Gegenbaur nicht nur die Lateralsprossen zuerst auf- fand, sondern auch den Entwickelungscyklus von Doliolum fast vollständig aufdeckte, war, wie ich bestimmt glauben möchte, nichts anderes als eine Amme jener Art, welche Ulianin, ohne es wohl erkannt zu haben, diesem ausgezeichneten Forscher zu Ehren benannte. Gegenbaur selbst (1856, S. 284) hielt diese Amme mit Kkohn für identisch mit des letzteren D. Trose/ie/ii (== unserem D. Mülleri Kroiin), während sie (irobben (1882, S. 38) und Ulianin (1884, S. 80, 133) als eine Amme von D. dciitiailafiini ansehen. Dieser Deutung schHeßt sich auch Borgert (1894, S. g, Anm.) an. Wenn ich trotzdem die von Gegenbaur (1856), S. 284 ff. beschriebene, Taf. XIV, Fig. i — 3, und Taf. XV, Fig. 9 — 1 1 abgebildete Amme zu D. Gegenbauri, und nicht, wie Ulianin, Grobben und BoRGERr, zu D. denticulatum rechne, so geschieht das zunächst auf Grund der Abbildung (Taf. XIV, Fig. 3) vom „Endstück eines Keimstockes", dessen Lateral- und Mediansprossen, wie mir scheint, keinen Zweifel darüber bestehen lassen, daß die in Rede stehende Amme nicht D. dcjiticitlatiiiii O. u. G. angehört. Die Kiemenspalten der Mediansprossen beginnen dorsal beim 3. Muskelreifen, die ventrale Anheftung der Kieme ist nicht sichtbar. Entscheidender aber als jene in körperlicher Zeichnung schwierig wieder zu gebenden Verhältnisse der Kiemen- spalten scheint mir die Darstellung des Endostyls zu sein. Gegenbaur hätte ganz gewiß nicht den Endost^'l vom 2. bis 5. Muskelreifen verlaufend gezeichnet, wenn er, wie bei D. dcnti- nilatiiiii O. u. G., zwischen dem 2. und 4. gelegen hätte. So zeigt ihn ganz richtig seine Fig. 5 auf Taf. XIV an einem auch von Gegenbaur selbst als ,,D. deiiticitlatum" bezeichneten, losgelösten (?) Mediansprößlinge ^). i) Das Tier ist verkehrt, mit der Ventralseite nach oben, orientiert. 2) Die Beschreibung, welche Gegenbaur (1856, S. 295) den Mediansprößlingen widmet, steht mit der Abbildung allerdings teils im Widerspruch. Wahrend, wie es die am ,, Keimstock" gezeichneten Mediansprossen ausweisen, der Endostyl hinter dem 2. Muskel- reifen beginnt und bis gegen den 5. verläuft, ferner die Kieme dorsal „etwa in der Höhe des 3. Muskelreifens beginnt", sah Gegenbaur sie „in der Gegend des 3. Muskelreifcns an der Bauchseite" enden. Weiterhin giebt er an, daß die Mediansprossen (der großen Amme) sich „in die geschlechtslose P'orm des D. Ehrenbergi Krohn ( = D. denticulatum Q. und G.) umbilden, so daß also D. TroscheUi und D. Ehicnbergi Krohn [D. devticulatum Q. u. G.l identisch seien. Hiernach würden sich vielleicht die Widersprüche, die sich zwischen Abbildung (Taf. XIV, Fig. 3, 5) und Text (S. 295) ergeben, so erklären lassen, daß die Schilderung zum Teil nach einem freischwimmen- den Mediansprößling von D. denticulatum. Q. u. G., der in Fig. 5, Taf. XIV abgebildet ist, gegeben wurde. Darauf paßt sie auch, bis auf die Länge des Endostyls und den dorsalen Anhcftungspunkt der Kieme. Ob übrigens dieses junge Pflegtier vom Rückenauswuchs der gezeichneten Amme entnommen wurde, geht nicht klar aus dem Zusammenhange hervor. Das „D. denticiilatiiin" in der Figuren- 217 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Bd. XII. 28 2l8 GÜNTHKR NeDMANN, Ferner zeigen, scnveit jetzt bekannt, nur die Lateralsprossen \-on D. Gegenbmui jene platten Auswüchse am Stiele, die auch Gegenbaur Taf. XV, Fig. 9 und 10 charakteristisch darstellt. Die Bemerkung Gegenbaur's, daß von Krohn die große Doliohtni-Yorm. alsbald für die von ihm (Krohn) als D. Troschelii (unser D. Millleri Krohn) beschriebene erkannt wurde, beweist dag-eg^en deshalb nichts, weil nicht anzunehmen ist, Krohn habe Ammen von D. Müllcri vor sich gehabt, welche so weit entwickelte Knospen auf ihren Rückenauswüchsen trugen, daß ihm eine Identifizierung dieser Sprossen mit denen mögUch war, die auf der in Rede stehenden Amme Gegenbaur's saßen. Solche vollkommene Ammen von D. Mülleri sind wohl überhaupt noch nicht beobachtet worden (vergl. Ulianin, 1884, S. 87). Dazu war von dem Darmtraktus der großen Amme, der den Unterschied hätte erkennen lassen, sicher längst keine Spur mehr zu finden. Außerdem sind Ammen von D. Millleri Krohn von 1 " Länge noch nicht bekannt geworden. Endlich aber sprechen die entwickelten Mediansprößlinge und Gegenbaur's Angabe selbst, sie seien mit D. dciüiciilatuin identisch, durchaus dagegen, daß es sich um eine Amme von D. Mülleri handle. Ferner erblicke ich auch darin ein Argument für die Zugehörigkeit jener Amme zu D. Geoeii/xviri, weil die Amme, welche Ulianin (1884» S. 88) von Kowalewsky aus Villafranca erhielt, und die er selbst als identisch mit derjenigen ansieht, „an der Gegenbaur seine Unter- suchungen anstellte", ebenfalls zu D. Geoenbauii gehört, wie die Zeichnung ihrer Mediansprossen (Ulianin, Taf. X, Fig. i) durch den Kiemenverlauf auf das unzweideutigste ausweist. Es kann daher nur ein Versehen vorliegen, wenn Ulianin trotz seiner eigenen klaren zeichnerischen Wiedergabe der thatsächlichen Verhältnisse jene Amme „aller Wahrscheinlichkeit nach" zu D. Ehrenhergi Krohn (= D. deiilici/lalni/i O. u. G.) rechnet und fernerhin noch schreibt: „Daß diese Ammen (die von Gegenbaur und Ulianin) der Art D. Ehrenbcrgi Krohn an- gehören, beweist am besten der Bau der an ihrem Körperauswuchse sitzenden Pflegtiere" (1884, S. 133)- Auch die von Chun (1887, S. 42) bei Capri bezw. Ischia gefischten großen Ammt^i von 2,5 und 3 cm Länge, von denen die schönste, bisher noch unbestimmt, im Museum des Zoo- logischen Instituts der Universität Leipzig aufbewahrt wurde, gehören, wie ich mich überzeugen konnte, D. Gegenbaiiri an, und endlich waren sämtliche große Ammen, welche ich in Villa- franca teils lebend, teils in konservierten Exemplaren von der Station zur Verfügung gestellt er- hielt, solche von D. Gegenbauri. Es existiert demnach sicher im Mittelmeer nur eine Ammenform von diesen ausgezeich- neten Dimensionen, eben D. Gegenbauri, die von Gegenbaur bei Messina, von Chun bei Capri, von Kowalewsky, Ulianin, Barrois, Korotneff und von mir in Villafranca gefangen wurde. Diese Ammen bilden das klassische Material für Untersuchungen über den Entwicke- lungscyklus von Dolioluni. Es muß weiterhin noch betont werden, daß D. Gegenbauri eine von D. Tritonis wohl- unterschiedene Species darstellt. Das besondere Charakteristikum des ersteren liegt in der An- erklärung aber spricht dafür, daß es vielmehr ein freischwimmendes Tier der genannten Art war, an welchem GEGENBAUR eben die Uebereinstimmung dieser Form mit den auf der Amme festsitzenden Mediansprossen darthim wollte. Das Versehen der Identifizierung seines D. Troschelii mit D. Ehrenhergi Krohn erscheint weniger .luffällig, wenn man bedenkt, daß einmal junge Tiere vorlagen und dann die hohe systematische Bedeutung der Kieme noch nicht erkannt war. 218 Systematik und Verbreitung von Dolioluni. 2 1 Q heftung der Kieme ventral beim s- Muskelreifen und in dem langen Endostyl, während es im übrigen alle Merkmale, besonders die Ausbildung des Darmtraktus und der Geschlechtsorgane, mit D. Trifoiüx teilt. Am nächsten steht D. Geornlxiiiri das von der Deutschen Tiefsee- L X p e d i t i o n erbeutete neue D. Valdiviae, welches von jenem allein durch seinen eigentümlich um den Darmtraktus geschlungenen Hoden unterschieden ist. Amme: Mantel stark entwickelt. Muskelreifen im Alter enorm ver- breitert. After im 7. Inter m uskular r au m e gelegen. Rücke n aus w uc h s bis 20 cm lang und mit Hunderten von Sprossen dicht besetzt. Stolo prolifer birnförmig und lang schnurförmig ausgezogen. Länge bis über 3 cm. Geschlechtstier: Mantel zart. Kieme eine stark nach hinten vorgewölbte Lamelle, von zahlreichen (bis 70) Spalten durchbrochen, welche dorsal beim 3. Muskelreifen beginnen und ventral beim 5. Muskelreif en enden. Endostyl beginnt beim 2. Muskelreifen und erstreckt sich bis über die Mitte des 4. I ntermuskularraum es. Darmtraktus eine Spiraltour beschreibend. After mündet beim 6. Muskelreifen aus. Ovar im 6. In term usku larraum e gelegen. Hoden wurstförmig, von hinten-unten nach oben- vorn bis in den i. Inter- muskularraum reichend. Länge bis 8,5 mm. Pflegtier: Gleicht dem Geschlechtstier vollkommen. Ventralauswuchs kurz u n d d i c k. Krnährtier: Stiel mit plattem, nach hinten gerichtetem Auswuchs. Dolioliim Valdiviae Neumann 1905'). Hierzu Taf. XXIII, Fig. 8; Taf. XXIV, Fig. 2. D. ]^aldiviac findet innerhalb des Subgenus Dolioletta seinen Platz in der Gruppe, die von D. Gc;^cnbaiiri und I). Tiitonis gebildet wird, und zu welcher außer ihm als zweite neue Form D. CIniiii zu zählen ist. Diese 4 Formen sind einmal ausgezeichnet durch die dorsale Anheftung der Kieme beim 3. Muskelreifen, sodann aber auch durch ihren Darmtraktus : der äußenst kurze Oesophagus führt in einen großen, fast kugeligen Magen, aus welchem ein charakte- ristisch gewundener Enddarm tritt. Besonders nahe Beziehungen zeigt D. J'aldiviac einerseits zu D. Geociibauri, andererseits auch zu D. Chuiii. Was die Verwandtschaft zu D. (jcocnbauri anlangt, so hat es mit diesem nicht nur den langen Endostyl gemeinsam, der bei beiden Formen nahezu vom 2. bis fast zum 5. Muskelreifen reicht, sondern stimmt auch mit ihm in der Aus- bildung der Kieme überein. Wenn ich es trotzdem wage, D. Valdiviae als selbständige Species aufzuführen, so bestimmt mich hierzu das eigentümliche Verhalten des Hodens, welches D. Val- diviae eben in nahe Beziehung zu D. Chitni bringt. Während der Hoden bei D. Gegenbauri, ebenso wie bei D. Tritonis, von hinten-unten nach oben-vorn an der linken Körperseite hinzieht, erscheint er bei D. Valdiviae (ähnlich wie bei D. Cliiini) an der Bauchseite in eigentümlicher Weise um den Darmtraktus gewunden (Taf. XXIII, Fig. 8). Er zieht vom Ovar, das hinter dem 6. Muskelreifen liegt, dicht an der linken unteren I) So benannt nach dem Dampfer der Deutschen Tief see-Expedi tion. 219 28'' -> ->o GÜNTHER Neumann, Seite des Magens hin nach vorn, wendet sich in der Höhe der Eintrittsstelle des Oesophagus in den Magen in scharfer Biegung zurück, um wieder, dicht angeschmiegt, den Magen, dann das Ovar und schließlich den Enddarm zu umgreifen. Diese sonderbare, bisher noch bei keiner Form be- obachtete Lage des Hodens wiesen sämtliche Geschlechtstiere der Form ganz übereinstimmend auf, so daß nicht anzunehmen sein dürfte, es handle sich um anormale Verhältnisse, etwa um degenerierte D. Gcgcnbmiri , was übrigens auch dadurch unwahrscheinlich wird, daß eben auch eine 2. Form, D. C/nuii, ähnliche Ausbildung des Hodens besitzt. In ihrer Größe und in der reichen Zahl der Kiemenspalten scheint sich D. Valdiviae ebenfalls eng an D. Gegaibauri anzuschließen. Auf eine Eigentümlichkeit, die ich nur noch bei D. Cliuiii beobachtet habe, sei noch hingewiesen. Sie betrifft die blasige Auftreibung des Flimmerkanals vor seiner Ausmündung in die Flimmergrube (vergl. Taf. XXIII, Fig. 9). Amme: Unbekannt. Geschlechtstier: Mantel schwach entwickelt. Kieme eine sehr stark (bis zum 6. Muskel reifen) nach hinten vorgewölbte, mit vielen (bis 75) Spalten durchbrochene Lamelle, welche dorsal eben dicht hinter dem 3., ventral bei dem 5. Muskelreifen angeheftet ist. Endostyl beginnt eben kurz hinter dem 2. und reicht Iiis nahe an den S- Muskelreifen nach hinten. Darm eine Spiral- tour beschreibend und beim 6. M u s k e 1 r e i f e n ausmündend: Ovar im 6. I n t e r - muskularraume gelegen. Hoden wurstförmig, an der ventralen Körperseite den Darmtraktus beiderseits eng umfassend. Länge bis 6 mm. Pflegtier : Dem Geschlechtstiere vollkommen gleich. X^entralaus wuchs kurz und dick. Ernährtier : Unbekannt. Doliolutn Tntonis Herdman 1888. Doliolmn dentindatiim Q. u. G., Herdman (1883, S. loi — 112, Taf. XVIII^XX). Dolioliim denticulatiim Q. u. G., MöBlus (1887). Doliolmn Tritonis Herdman (1888, S. 47, Taf. III, Fig. 3). Doliolum Trilonis Herdman, Traustedt (1893, S. 4, Taf. I, Fig. 10). Doiiolum Tritonis Herdman, Borgert (1894, S. ig, Taf. VI, Fig. 17 u. 18). D. Tritonis wurde zuerst von Herdman beschrieben und als selbständige Art aufgestellt. Sie ist zweifellos auch als solche anzusehen. Wenn Herdman Individuen beobachtete, deren Kiemenspalten ventral bis nahe an den 4. Muskelreifen reichten, und Bor(tErt berichtet, daß eine ganze Anzahl seiner D. Tritonis die ventrale Anheftung der Kieme am 5. Muskelreifen zeigten, so sind diese letzteren Abweichungen vom normalen Verhalten (Kieme ventral in der Mitte zwischen 4. und 5. Muskelreifen angeheftet) allerdings geeignet, den Unterschied zwischen D. Tritonis und D. Gegenbanri zu verwischen, aber nicht zu beseitigen. Denn durch die ver- schiedene Länge des Endostyls dürften beide immer noch auseinander zu halten sein. Er ist bei D. Tritonis erheblich kürzer als bei D. Geoenbaitri, da er dort erst hinter der Mitte des 2. Inter- muskularraumes beginnt und sich bis über die Mitte des 4. erstreckt. Ferner zeichnen .sich 220 Systematik und Verbreitung von Dolioluni. o o ■ die Tndi\iduen von D. Tiifoiiis, welche mir vorlagen, durch einen enorm dicken Enddarm aus, dessen Ouerschnitt dem des runden Mayens fast nicht nachsteht. Aehnliches findet sich, soviel ich beobachten konnte, bei D. Gcocii/iauri nie. Durch die gleiche Ausbildung des Hodens stehen beide Formen aber zweifellos innerhalb der Gruppe D. Gcgenhatiri — Valdiviae — Tritonis — Cliiiui des Suitgenus Dolioletta einander am näch,sten. Amme : U n b e k a n n t. Geschlechtstier: Mantel schwach entwickelt. Kieme eine sehr stark nach hinten vorgewölbte, mit vielen Spalten durchbrochene Lamelle, die dorsal beim 3., ventral in der Mitte zwischen dem 4. und 5. Muskel reifen (etwas weiter vorn oder etwas mehr nach hinten) angeheftet ist. E n d o - styl beginnt etwas hinter der Mitte des 2. und erstreckt sich bis in die Mitte des 4. In ter m uskular räum es. Darm eine Spiraltour beschreibend. Ovar im 6. Intermuskularraum gelegen. Hoden wurstförmig, von hinten- unten nach oben -vorn verlaufend. Länge bis 12 mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralfort- satz kurz und dick. Brnährtier : Unbekannt. Dolioluni Cluini Neumann 1905. Hierzu Taf. XXIII, Fig. g ii. lo: Taf. XXIV, Fig. 3. Wie D. Valdiviae, so schließt sich auch diese neue Form nach der dorsalen Anheftung der Kieme und in der Ausbildung des Darmtraktus der Gruppe an, welche innerhalb des Sub- genus Dolioletta bisher durch D. Gegenbatiri und D. Trifoiiis gebildet wurde. Wie ferner D. Valdiviae zu D. Gegenbanri in besonders enger Beziehung steht, so findet D. CInmi seinen nächsten Verwandten in D. Tfitonis und ähnelt, wie schon erwähnt, in der Lage seines Hodens D. Valdiviae. Wenn bei D. Geoenbanri und D. J^aldiviae die Kiemenlamelle ventral am 5., bei dem typischen D. Tritonis in der Mitte zwischen 4. und 5. Muskelreifen angeheftet ist, so finden wir sie bei D. Cliuni bis zum 4. Muskelreifen vorgerückt. In der geringeren Länge des Endostyls gleicht D. Cluini ganz D. Tritonis und unter- scheidet sich hierin sowohl von D. Gegenbanri als auch von D. Valdiviae. Sein besonderes Charakteristikum besitzt D. Cliuni, ähnlich wie D. Valdiviae, insofern im Hoden, als dieser in scharfem Gegensatz zu D. Ges-enbauri und ebenso zu D. Tritonis an der Bauchseite sich um den Darmtraktus schlingt, jedoch (im Gegensatz zu D. Valdiviae) nur linksseitig. Er zieht vom Ovar, das hinter dem 6. Muskelreifen liegt, in weitem Bogen um die linke Seite des Darm- traktus, schlägt sich nahe bei dem 4. Muskelreifen nach hinten um und endet ebenso weit vor dem 5. Muskelreifen. Die iriir vorliegenden, völlig normal entwickelten Geschlechtstiere der Art zeigen übereinstimmend diese Lagerung des Hodens, so daß es auch hier ausgeschlossen erscheint, es möchte sich um pathologische Bildungen degenerierter Individuen handeln. Dal>) auch bei D. Clnini, wie bei D. Valdiviae, der Flimmerkanal vor der Flimmergrube blasig aufgetrieben erscheint, wurde schon erwähnt. 221 ,22 GÜNTHER Neumann, Amme: Unbekannt. Geschlechtstier : Mantel dünn, aber fest. Kieme eine sehr stark nach hinten vorgewölbte, mit vielen (bis 90) Spalten jederseits durchbrochene, Lamelle, welche dorsal eben hinter dem 3., ventral am 4. Muskel reifen an- geheftet ist. Endost3'l beginnt kurz vor dem 3. und reicht bis über die Mitte zwischen den 4. und 5. Muskelreifen. Darm eine Spiraltour beschreibend, hinter dem 6. Muskelreifen ausmündend. Ovar im 6. In ter m u sk u larrau m gelegen. Hoden schlauchförmig, umgreift in weitem Bogen den Darmtraktus an der linken ventralen Körperseite. Länge bis 7 mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralauswuchs k u r z u n d b r e i t. Ernährtier : U n b e k a n n t. Dolioliim Nationalis Borgert 1893. Dnlioliim Challengeri Herdman var. Traustedt (1893, S. 3, 4, Taf. I, Fig. 14). Dnlioliim Nationnlis Borgert (1893, S. 406 ff. : 1894, S. 21, Taf. V, Fig. 1 — 8). Diese zuerst von der Plankton-Expedition und fast gleichzeitig von Borgert im Mittelmeer erbeutete Form steht in ihrer Organisation D. denticulatjim am nächsten, von dem sie wesentlich durch die ventrale Anheftung der Kieme in der Mitte des 4. Intermuskularraumes unterschieden ist. Außerdem sind die Individuen durchgehends kleiner als die von D. dciifiai- latuin, woraus eine geringere Zahl von Kiemenspalten resultiert. Endlich scheint mir in den meisten Fällen der Hoden kürzer und plumper zu sein, als bei D. denticidatum. Amme: Unbekannt. Geschlechtstier: „Mantel dünn und von fester Konsistenz. Kieme eine nach hinten stark vorgewölbte Lamelle jederseits der Mittellinie, mit zahl- reichen Spalten, welche an der Rückenseite bei dem 2. Muskelreifen be- ginnen, ventral zwischen dem 4. und 5. Muskelringe endigen. Endostyl etwa vom 2. bis an den 4. Muskel reifen reichend. Darm knieförmig gebogen, bei dem 6. Muskelringe auf der rechten Körperseite ausmündend. Ovarium im 6. In ter muskularraume gelegen. Hoden von gestreckter wurstfö r m iger oder keulenförmiger Gestalt und wechselnder Länge, parallel zur Längs- achse des Körpers nach vorn verlaufend. Länge 3 mm und darüber." (Borgert, 1894, S. 21.) Pflegtier : D e m G e s c h 1 e c h t s t i e r v o 1 1 k o m m e n ä h n 1 i c h. \' e n t r a 1 a u s w u c h s kurz und dick. Ernährtier: Unbekannt. Dolioliim denticulahim Ouoy und Gaimard 1835. Hierzu Taf. XXIV, Fig. i. Dolioliim deiitkiäatum Q. u. G. (1835, S. 599 ff., Taf. LXXXIX, Fig. 25 — 28). Doliolum denticulahim Q. u. G., Huxley (1851, S. 600 ff., Taf. XVIII, Fig. 5 — 9). Doliolnm denticulahim Q. u. G., Krohn (1852, S. 57, 58, Taf. II, Fig. i — 3). 222 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 2 2 ^ Dolioltim denliculaluin Q. u. G., Ge(;enbaur (1856, Taf. XIV, Fig. 4 u. 5). Doi'io/um denticiiiatiim Q. u. G., Kekerstein und Ehlers (1861, S. 65, Taf. IX, Fig. i — 3, 8). Doliolum denticulatiiin Q. u. G., Grobbex (1882, S. 6 — 55, 74, Taf. I, Fig. i — 5; Taf. II, Fig. 7, 8; Taf. IV, Fig. 19 u. 20). Doliolum denticulatum Q. u. G., Herdman (1888, S. 44). Doliolum denticulalum Q. u. G., BoRGERT (1894, S, 22 ff.). Doliolum Ehretibeyoi Krohn (1852, S. 57, Amme). Doliolum Ehretiberoi Krohx, Gegenb.AUR (1856, S. 297 ff.). Doliolum Ehrenbergi Krohn, Ussow (1876, Taf. III, Fig. 21). Doliolum Challengeii Herdman, Traustedt (1893, S. 4, Taf. I, Fig. 12 u. 13). Indem ich mich den beachtenswerten kritischen Ausführungen Borgert's (1893, S. 402 ff.; i(S94, S. 22 ff.) über die Verwirrung, welche in der Litteratur in Bezug auf die in Rede stehende Form herrscht, anschUeße, wähle ich für sie gleich Keferstein und Ehlers, Grobben und Borgert die Bezeichnung „Z?. denticulatum'''' Ouoy und Gaimard. Bemerken möchte ich zu jenen Ausführungen nur, daß, wie bereits dargethan wurde, das D. Trosclielii Gegenbaur's (große Amme) nicht als D. denticulatiiin, sondern als D. Gegenbanri anzusehen sem dürfte. Was die Charakteristik anlangt, so sei bezüglich des Hodens darauf hingewiesen, daß sowohl Krohn, als auch Grobben und Ulianin übereinstimmend angeben, er reiche bis zum 4. Muskelreifen nach vorn. Borgert ersetzt diese Angabe durch die Bestimmung (1894, S. 25): „Hoden von wechselnder Länge", tmd zwar auf Grund der Berichte von Keferstein und Ehlers und HuxLEY über die verschiedene Länge desselben, und ferner deshalb, weil er .selbst in dem Material der P 1 a n k t o n - E x p e d i t i o n Exemplare von D. dcnticnlatnni beobachtete deren Hoden „kaum bis an den 5. Muskelring", und wieder andere, bei denen er bis an den 2. oder „gar bis zwischen den i. und 2. Muskelreifen nach vorn" reichte (1893, S. 406). Ich kann die Beobachtungen Borgerj's vollkommen bestätigen, möchte dem jedoch noch etwas hinzufügen. Unter den Doli ölen, welche aus dem Material der Deutschen Tiefsee-Expedition zu D. denticiilatuvi zu zählen sind, finden sich 2 in mancher Hinsicht differente Formen. Die einen besitzen die Charaktere, welche die älteren Forscher dieser Form zuschreiben : Tiere von mittlerer Größe (bis 5 mm), deren Kiemenlamelle bis 45 Spalten aufweist, und die einen keulen- förmigen Hoden besitzen, der etwa bis zum 4. Muskelreifen sich erstreckt. Daneben fanden sich aber auf einer großen Anzahl Stationen — oft zu ungeheuren Schwärmen vereinigt — Tiere vor, die wesentlich größer und kräftiger waren (Taf. XXIV, Fig. 1). Ihre Länge beträgt durch- .schnittllch 8 — 9 mm, die Zahl der Kiemenspalten dreht sich etwa um 80 — 85, es sind aber auch Tiere mit 98 — 100 Kiemenspalten — wohl die höch.ste bis jetzt beobachtete Zahl — nicht allzu- selten. Ferner aber ist es besonders der Hoden, welcher diese Formen von dem bisher als typLsch betrachteten D. denticidatuni unterscheidet. Ich habe bei jenen den Hoden niemals keulenförmigf aneeschwollen oder im au.sgebildeten Tiere nur etwa bis zum 4. Muskelreifen reichend beobachtet, sondern ihn stets dünn-stabförmig und regelmäßig bis zum 2. Muskel- reifen, oft darüber hinaus in den i. Intermuskularraum sich erstreckend angetroffen. Es ist diese letztere Form zweifellos diejenige, welche Huxley so charakteristisch abbildet (185 1, Taf. XVIII, Fig. 5), mit allen den Merkmalen, die eben angeführt wurden: mit dem bis in den i. Intermuskular- raum reichenden Hoden, bei einer Länge des Tieres von 7g— Vs englische Zoll') (S. 600). I) I engl. Zoll = 25 mm, also bis 8,3 mm. 223 22 A Günther Neümann, Diese Abweichungen von dem typischen, offenbar häufigeren, kleineren D. dcntiinlatu))i \eranlaßten wahrscheinlich Gegenbaur und Herdman, Huxley's D. dcnficiilatuni als nicht identisch mit D. Elirenbergi Krohn, also mit dem D. dentiadatuvi O. und G. anzusehen. Wir werden nach alledem wohl annehmen dürfen, daß es 2 Formen von D. dcnticiilatum giebt, eme kleinere mit kurzem, keulenförmigen Hoden und geringerer Anzahl Kiemenspalten, neben einer größeren und kräftigeren, mit sehr langem, stabförmigem Hoden '), und einer von sehr vielen Spalten durchbrochenen Kieme. Da die typische Anheftung der Kiemenlamelle (dorsal beim 2., ventral beim 3. Muskelreifen) aber bei der letzteren Form auch festgehalten \\ird, so liegt kein Grund vor, sie als neue Art abzutrennen. Amme: Mantel dick und fest. Darmtraktus gestreckt, Oesophagus wenig nach aufwärts s^-ebogen. After unterhalb des 8. Muskelreifens mündend. Stolo prolifer birnförmig. Geschlechtstier: Mantel schwach entwickelt, aber fest. Kieme eine sehr stark nach hinten vorgewölbte, jederseits von sehr vielen (bis 100) Spalten durchbrochene Lamelle, welche dorsal beim 2., gewöhnlich etwas vor dem- selben, ventral beim 3. Muskelreifen angeheftet ist. Endostyl vom 2. bis an den 4. Muskelreifen reichend. Darm knieförmig gebogen, After beim 6. Muskel- reifen ausmündend. Ovarium im 6. Intermuskularraume gelegen. Hoden ent- weder von keulenförmiger Gestalt und bis zum 4. Muskelreifen reichend, oder stabförmig sich bis zum 2. Muskelreifen oder darüber hinaus parallel zur Längsachse des Körpers nach vorn erstreckend. Länge bis g mm. Pflegtier: Dem Geschlechtstier vollkommen ähnlich. Ventralauswuchs kurz und breit. Ernährtier: „Tief, löffeiförmig; Stiel desselben kurz und schuppenförmig verbreitert. Darmschlinge weit. After höher als der Oesophaguseingang." (Grobben, 1882, S. 74.) Unbestimmbare Formen. Dank der sorgfältigen Konservierung des Dolioluvi-WdX&mSs, der Deutschen Tiefsee- Expedition war es möglich, die Geschlechts-, Pflege- und die wenigen Ernährtiere vollzählig zu bestimmen. Nur die alten Ammen, welche bekanntlich aller inneren, zur Erkennung nötigen Organe entbehren und nur noch einen kontinuierlichen Muskelcylinder repräsentieren, setzen der ordnenden Thätigkeit Widerstand entgegen. Da es nur dann möglich ist, die Zugehörigkeit einer alten Amme zu einer Species anzugeben, wenn der Rückenfortsatz so weit entwickelte Sprossen trägt, daß deren systematische Merkmale hervortreten, diese Voraussetzung aber leider bei den Ammen, welche die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutet hatte, in keinem einzigen Falle erfüllt war, erschien es von vornherein ausgeschlossen, sie systematisch unterzu- bringen. Die Rückenfortsätze der meisten Ammen sind klein, wahrscheinlich meist durch die Netze verletzt und dann nur mit den jüngsten Knospenstadien zum Teil besetzt, nach denen eine Bestimmung unmöglich ist. i) Der Hoden erwies sich natürlich auch dann nicht keulenförmig ausgebildet, wenn er auf der Höhe seiner Entwickelung stand und mit Spenna erfüllt war. 224 Systenialik und Verbreitung von Doliolum. -y 9 c Uebersicht. Es dürfte vielleicht nicht ganz uninteressant sein, einen vergleichend-systematischen Ueber- blick über die bisher bekannt gewordenen Do//o/um-Formen zu geben, um dabei besonders die ver- schiedene Ausbildung der systematisch bedeutungsvollen Organe, vornehmlich der Kieme und des Hodens, ins Auge zu fassen. Auf Grund der Thatsache, daß in der Reihe der Doliolen die Kieme entweder eine fast gerade gestreckte oder stark nach hinten segeiförmig vorgewölbte Lamelle abgiebt, stellte Borgert die Untergattungen Doliolina und Dolioldta avif. Im Lichte der onto- genetischen Entwickelung betrachtet, stellt sich, wie schon im entwickelungsgeschichtlichen Teile (S. 185) gelegendich ausgeführt wurde, dieser systematische Hauptunterschied so dar, daß die sich sehr bald zur Kloakalhöhle vereinigenden, ursprünglich paarig angelegten Peribranchial- einstülpungen bei den Formen des Subgenus Dolioliua weder dorsal noch ventral über den 5. Muskelreifen hinaus vordringen, sondern in der Ebene dieses Muskelringes der Hinterwand der Pharj'ngealhöhle begegnen und sich ihr in ihrer ganzen Breite anlegen, so daß wir mit Aus- nahme von D. indiciim bei sämtlichen Formen der genannten Untergattung {D. rarum, Mülleri, Kroll II i und iiitermedium) eine Kiemenlamelle erhalten, deren dorsale und ventrale Anheftung beim 5. Muskelreifen liegt. Nur eben D. indiaiiii verhält sich in der dorsalen Anheftung der Kieme beim 6. Muskelreifen zum Teil abweichend; bei ihm hat also die Kloakaleinstülpung in ihrem dorsalen Abschnitte noch nicht den 5., sondern nur den 6. Muskelreifen erreicht. Nun brechen im einfachsten Falle (bei D. rani/n und indiciim) 5 weite Kiemenspalten durch die verschmolzene Pharyngeal- und Kloakalwand. Wir dürften wohl nicht fehl gehen, wenn wir angesichts der großen Uebereinstimmung im Bau ihrer Kieme mit der der Ammen diese beiden Formen als die phylogenetisch ältesten ansehen, und zwar erscheint D. iiidicuni deshalb als die primitivere von beiden, v\eil eben, wie bemerkt, die dorsale Anheftung der Kieme beim 6. Muskelreifen liegt. Denn der 6. Muskelreifen des Geschlechts- (bezw. auch des Pfleg-)tiers entspricht offenbar (nach der Lage des Ganglions der Ammen im 4. Intermuskularraume, hier im 3.) dem 7. Muskel- ringe der Amme, bei welchem ihre Kieme stets befestigt ist; daher findet sich auch nur bei D. indiciiiii eine schwach von hinten-oben (6. Muskelreifen) nach unten-vorn (5. Muskelreifen) schräg- stehende Kiemenlamelle, wie sie die Ammen besitzen. Die Zahl der Kiemenspalten wächst dann bei D. Jlliillcri (14) und steigt bei D. Krohni und iiitcniicdium auf 45 an, unter gleichzeitiger Oberflächen Vergrößerung der Kieme, die sich deshalb bereits schwach nach hinten vorwölbt oder (bei D. Kroliiii mit dem horizontal liegenden Hoden, vergl. S. 214) schön S-förmig ge- schwungen erscheint. Die hier angebahnte Oberflächenvergrößerung der Kieme — darauf dürfte der phylo- genetische Entwickelungsprozeß hinaus gelaufen sein — erweist sich ins Extrem getrieben bei den Formen des Subgenus Dolioletta. Die stark nach hinten segeiförmig vorgewölbte Lamelle kommt dadurch zu stände, daß einmal die ventral gerichteten (zur Kloakalhöhle vereinigten) Peri- branchialtaschen weit in das Knospeninnere vordringen, und sodann, weil die Ivloakalhöhle in ihrem dorsalen Teile 2 röhrenförmige Divertikel ausbildet, welche sich zu beiden Seiten des Ganglions zwischen Epidermis und Pharyngealhöhle vorschieben. Aus dem verschieden tiefen Vordringen der ventralen Peribranchialsäcke und der dorsalen Kloakendivertikel in den einzelnen Formen resultieren die systematisch wichtigen „x^nheftungspunkte" der Kieme. 225 Deutsche Tiefsee-Expedition 1Ö98 — 1899. Bd. XII. 29 226 GÜNTHER Neumann, Was zunächst das Vordringen der dorsalen Kloakairohre anlangt, so sehen wir es in der Reihe der Formen des Subgenus Dolioletta gleichsam in 3 Etappen erfolgen. \\'ir finden die Divertikel vorgeschoben bis zum 3. (bei D. Gegenbauii, J^aldiviae, Trifoiiis, C/nnii) oder bis zum 2. Muskelreifen (bei D. ATationalis, denticu/ahi/n und C/ia/kiigeri), oder endlich gar bis in die Mitte des i. Intermuskularraumes (bei D. affine und Ehrenbergi Ulianin). Die ventralen Peribranchialtaschen machten auf ihrem (phylogenetischen) Wege ins Innere der Knospe gleichsam noch öfter Station. Wir treffen die blinden Enden der Einstülpungen zuerst beim 5. {D. Gegcn- bauri und J^aldiviae), dann in der Mitte zwischen dem 4. und 5. (bei D. Tritonis und N'alioiialis), dann am 4. (bei D. C/iuni), schließlich am 3. (bei D. dciiticulatum, Cliallengeri und affiiie) und endlich gar fast am i. Muskelreifen (bei D. Elirenbcrgi Ulianin). Ueberblicken wir auch noch die Ausbildungsweise des Hodens, so ergiebt sich, daß 4 Typen vorherrschen. Er ist entweder kurz und birnförmig, oder länger und keulenförmig, oder endlich sehr lang und schlauch- oder stabförmig und in diesem Falle entweder gerade gestreckt oder schleifenförmig zusammengelegt. Die erstere Ausbildung in „birnfönriiger Gestalt" ist auf das Sub- genus DoUoIina {D. Mülleri und Kro/ini), die letztere (die zusammengelegt-schlauchförmige) auf das Subgenus Dolioletta [D. ]''aldiviae und CInmi) beschränkt. Zwischen diesen beiden extremen \'erhalten vermittelt auf der einen .Seite zunächst der geradegestreckt-schlauchförmige Hoden, wie ihn D. Gegcnbauri und Tritonis (von hinten- -ma* unten nach oben -vom verlavifend) und die großen Formen von D. denticulatum (parallel zur Längsachse des Körpers nach vorn verlaufend) besitzen; auf der anderen Seite der kurze, keulenförmige Hoden, wie er bei den kleineren Formen von D. denticiilatiini und bei D. Nationalis vorliegt. Der Hoden, wie ihn die 3 nahe verwandten Formen des Subgenus Doliolina {D. raruvi, intermedizi/n und indicuni) aufweisen, liegt gewisser- maßen wieder zwischen den letztgenannten Ausbildungs- weisen, er hat die relative Länge mit der ersteren, mit der zweiten seine Keuligkeit gemeinsam'). Daß endlich mit den Gruppen und in ihnen auch die Länge des Endost}'ls wechselt, sei nur hervor- gehoben. Auf eins aber darf ich vielleicht noch aufmerk- sam machen, wie sich nämlich die näheren Beziehungen gewisser Formen zu einander sehr deutlich auch in der Lage des Nervenknotens aussprechen. Be- kanntlich Hegt das Ganglion bei Doliohini im 3. Inter- muskularraume. Bei yrenauerem Zusehen finden wir es Dol. indicum Dol. intermcdnun Dol. MüUeri Dol. Krohni Dol. Gegenbauri Dol. Valdiviae Dol. Tritonis Dol. Chuni Dol. raritm Dol. Nationalis Dol. di'ntictdatum Fig. 20. Die Lage des Nenenkiiotens bei den ver- schiedenen Arten. Schematiscli. bei den einzelnen Arten mit großer Konstanz bald mehr i) Die von der Deutschen Tiefsee-Expedition nicht erbeuteten Formen \D. ChalUngeri., afßne und Ehrenbergi Ulianin) konnte ich hierbei nicht berücksichtigen {ebenso nicht bei der folgenden Uebersicht über die Lage des Nervenknotens), weil Herdm.-^x darüber nichts angiebt und in seinen schematischen Skizzen (1888, Taf. III, Fig. i — b) die Geschlechtsorgane überhaupt nicht eingezeichnet sind. 226 Systematik und Verbreitung von Dolioluni. 22 7 nach dem 3., bald mehr nach dem 4. Muskelreifen gerückt, und zwar läuft diese Ortsveränderung immer parallel den übrigen Charakteren, so daß eben verw^andte Formen auch dieselbe Lage des Nenenknotens zeigen (Textfig. 20). Demnach treffen wir das Ganglion mit Ausnahme von D. raniiii 1)ei den Formen des Subgenus Doliolina {D. indkum, intennedium, Mülleri und Krohni) sehr nahe am 3. Muskelreifen. Diese Lage weisen die unter sich verwandten Formen D. Geocii- bauri, Valdh'iac und Tritonis ebenfalls auf. Gerade umgekehrt, am 4. Muskelreifen sehen wir den Nervenknoten gelegen bei den sich sehr nahe stehenden D. dciiticii/a/ini/ und A^afioiialis. Zwischen Ijeiden extremen Lagen vermittelt einerseits vom Subgenus Dolioli)ia D. raiiiiii, andererseits D. Clnini vom Subgenus DoUolctta dadurch, daß ihr Nervenknoten seinen Platz in der Mitte zwischen dem 3. und 4. Muskelreifen findet, bei D. larutii etwas dem 4. genähert. Bestimmungstabelle für Geschlechts- und Pflegtiere'). Subgenus Doliolina. Kieme eine nahezu gerade gestreckte, aufrecht stehende Lamelle. I. Darmkanal gestreckt. Hoden des Geschlechtstieres von schlauch- bis keulenförmiger Gestalt, parallel zur Längs- achse des Körpers verlaufend. i) Jederseits 5 Kiemenspalten D. laruvi Grobben. II. Darmkanal U-förmig gebogen. a) Hoden des Geschlechtstieres von schlauch- bis keulen- förmiger Gestalt, parallel zur Längsachse des Körpers verlaufend. 2) Jederseits 5 Kiemenspalten D. indiaiin Neumann. 3) Jederseits mehr als 12 und bis 45 Kiemenspalten D. i/ifermedmj/i {Neuua^n). b) Hoden des Geschlechtstieres von gedrungener birn- oder keulenförmiger Gestalt, in eine Aussackung an der ventralen Körperseite hineinragend^). 4) Jederseits 10 — 14 Kiemenspalten. Endostyl kurz D. MüIIcri Krohn. 5) Jederseits mehr als 12 und bis 4 5 Kiemenspalten. Endostyl lang D. Krohni Herdman. Subgenus Dolioletta. Kieme eine nach hinten stark segeiförmig- vorgewölbte Lamelle. I. Die Kiemen spalten beginnen dorsal beim 5. Muskelreifen. a) Die Kiemenspalten enden ventral beim 5. Muskelreifen. 6) Hoden des Geschlechtstieres von gestreckter schlauchförmiger Gestalt, von hinten-unten nach vorn-oben schräg verlaufend D. Gegenbauri Ull\nin. 1) Unter teilweiser Benutzung der von Borgert (1894, S. 26, 27) gegebeneu. 2) Bei D. Krohni zuweilen auch horizontal gestellt, bei S-förmig geschwungener Kiemenlamelle. 227 29* 2-^8 GüMTHER Neumann, 7) Hoden des Geschlechtstieres von schlauch- förmiger Gestalt, um den Darmtraktus geschlungen D. l^aldiviae Neumann. b) Die Kiemenspalten enden ventral zwischen dem 4. und 5. Muskel reifen. 8) Hoden des Geschlechtstieres von gestreckter, schlauchförmiger Gestalt, von hinten-unten nach vorn-oben schräg verlaufend D. Tritonis Herdman. c) Die Kiemenspalten enden ventral beim 4. Muskel reifen. 9) Hoden des Geschlechtstieres von schlauch- förmiger Gestalt, um den Darmtraktus geschlungen D. Cliuni Neumann. II. Die Kiemenspalten beginnen dorsal beim 2. Mus- kelreifen, eben vor oder hinter demselben. 10) Die Kiemen spalten enden ventral zwischen dem 4. und 5. Muskel reifen D. N'atioiia/is Borgert. 11) Die Kiemenspalten enden ventral am 3. Muskelreifen D. dciüicKlatimi O. u. G. 12) Die Kiemenspalten enden ventral am 3. Muskel reifen D. Challcncrcn Herdman'). III. Die Kiemen spalten beginnen dorsal in der Mitte des I. Intermuskularraumes. 13) Die Kiemenspalten enden ventral am 3. Muskelreifen D. affine Herdman. 1 4) Die K i e m e n s p a 1 1 e n enden ventral vor dem I. Muskelreifen D. Ehrenbergi Ulianin (non Krohn). IL Horizontale Verbreitung. Nicht nur hinsichdich der Zahl der erbeuteten Dolio/it/ii-ArtQn hat, wie der systematische Abschnitt gezeigt haben dürfte, die Deutsche Tiefsee-Expedition ein überaus günstiges Resultat erzielt, sondern auch bezügHch der Verbreitung der verschiedenen Formen. Was das Auftreten von Z^o/w////// im Atlantischen Oce an anlangt, so waren bisher aus seinen Gewässern 8 Species bekannt, nämlich D. raniin, intei-niedittin, Krolnü, Tritouis, Ahitionalis, dcnticulatuiii; CJiallcngeri und Ehrenbergi Ulianin'''). Die „Valdivia" erbeutete im Atlantischen Ocean davon 4 Arten, und zwar D. ran//n, Krolini, Nationalis und dcnficnlafiun, und außerdem wies sie hier 2 Formen nach, die bisher nur aus dem Mittelmeer bekannt geworden waren: i) Dürfte wohl keine selbständige Art repräsentieren. Vergl. auch Borgert (1894, S. 4, Anm.). 2) Bezüglich der Existenz von D. Challcngi-ri und D. Ehrenbergi Ulianin konnte schon Borgert (1894, S. 28) „gewisse Bedenken nicht unterdrücken*'. 228 Systematik und Verl)ieitung von Doliolum. '> 9Q D. jMüllcri und Gcocnbaicri. Dazu kommen endlich aus dem Atlantischen Ocean noch 2 völlig neue Formen, die als D. Valdiviac und D. Clutni bezeichnet wurden. Aus dem Indischen Ocean sind, soweit ich die Litteratur kenne, bisher bestimmte Arten, obwohl gefischt, nicht namhaft gemacht worden. Die Deutsche Tief see-Expedition wies in diesen unerforschten Gebieten einen Reichtum an Arten nach, der dem des Atlantischen und Pacifischen Oceans nicht nur nicht nachsteht, sondern diesen sogar übertrifft. Es wurden nicht weniger als 9 verschiedene Formen gefischt, von denen 7 aus anderen Meeren bekannt gewordenen Arten angehören. Es sind D. ramm, hiferi/iedmm, Alülleri, Krohni , Gegenbatiri, Tritonis und deniiculatum. Die beiden neuen Formen wurden D. indicurn und Chttni genannt. Doliolum ramm Grobben. Doliolum raniiii, das seit langem nur aus dem Mittelmeere bekannt war, dann durch die Plankton -Expedition zuerst auch für den Atlantischen Ocean (im Gebiete der Sargasso- See und im Südäcjuatorialstrome) nachgewiesen wurde, erbeutete die „Valdi via" im Atlanti.schen Ocean nur bei San Thome. Im Indischen Ocean dagegen wurde es auf dem ganzen Wege, jedoch immer in relativ geringer Anzahl, beobachtet, und zwar zuerst im indischen Südäciuatorial- strome bei den Cocosinseln. Weiterhin fischte man es im indischen Gegenstrome bei den Chagos- inseln und bei den Seychellen. Endlich wurde es auch im Sansibarkanal aufgefunden. Doliolum Indicum Neumann. D. indicuiu wurde nur an einigen Stationen des Indischen Oceans vereinzelt angetroffen. Zum ersten Male lernte man es im indischen Südäquatorialstrome bei den Cocosinseln kennen. Ferner wurde es im südlichsten Teile der Bai von Bengalen konstatiert. Aus dem indischen Gegenstrome gelangte es zweimal, und zwar nördlich von dem Chagos-Archipel und dann bei den Seychellen, zur Beobachtung. Schließlich fischte man diese neue Form auch im Sansibar- kanal und im Golfe von Aden. Doliolum intermedium (Neumann). Das von der P 1 a n k t o n - E x p e d i t i o n an 10 Stationen besonders der nördlicheren Gebiete des Atlantischen Oceans erbeutete D. intermedium fing die „ V a 1 d i v i a " nur auf einer Station des Roten Meeres. Doliolum Müllen Krohn. D. JMüllcri, liisher nur aus dem Mittelmeer als dessen gemeinste Art Ijekannt, wurde von der Deutschen Tiefsee-Expedition sowohl für den Atlantischen als auch Indischen Ocean nachgewiesen. Was seine Verbreitung im Atlantischen Ocean anlangt, so wurde es vom Golfe von Biscaya an längs der ganzen Westküste Afrikas erbeutet. Es kommen also in Betracht der Golf- und Guineastrom, das Flachwasser der Agulhasbank und besonders die Simonsbucht, wo diese Form in g-roßer Anzahl mit vielen Ammen und mehreren Larven zusammen an der Ober- fläche o-efischt wurde. Im Indischen Ocean fand man D. Mülleri im Binnenmeere von West- Sumatra und im südlichen Teile der Bai von Bengalen. 229 2 -!Q GÜNTHER Neumann, Doliolum Kwhtii Herdman. D. Krohni, das vom „ C h a 1 1 e n g e r " zuerst auf 2 Stationen des Pacifischen Oceans erbeutet worden war, wurde von der Plankton-Expedition in großer Menge in fast allen von ihr durchforschten Teilen des Atlantischen Oceans angetroffen. Die „Valdivia" fand es gleichfalls im Atlantischen Ocean, und zwar an 2 Stationen im Guineastrom, wo es zu derselben Zeit des Jahres 1892 auch vom „National" erbeutet wurde. Außerdem konstatierte man sein Vorkommen auch im Indischen Ocean, einmal im südlichen Teile der Bai von Bengalen und sodann im Sansibarkanal. In dem Material, welches von Prof. Chun im Winter 1887/88 bei den Canaren gesammelt und dessen Durchsicht mir freundlichst gestattet wurde, fand es sich gleichfalls vor. Ich will auch nicht unterlassen, mitzuteilen, daß D. Krohni auch im Mittelmeer, aus welchem es meines Wissens noch nicht bekannt geworden ist, nicht fehlt. Ich fand es in typischer Ausbildung mit dem horizontal gestellten Hoden in einem Fange, den Prof. Chun 1886 bei Solaro in 600 m Tiefe ausgeführt hatte. Also würde, soweit bekannt, das Mittelmeer folgende 7 Doliolum-hxX.^n aufweisen : D. rantui, Mülleri, Krolini, Gevenbauri, Nationalis, denticulafwn und Ehrenbergi Ulianin, falls nicht bei D. Elirenbergi (Ulianin, S. 132, 133) ein Irrtum oder nur ein Druck- fehler vorliegt (vergl. Borgert, 1894, S. 23). Immerhin käme das Mittelmeer in seinem Formenreichtume an DoUohim nahezu den Oceanen grleich. Doliolum Oegenbaun Ulianin. D. Gegenbanri war bisher (entgegen der Meinung Ulianin's, 1884, S. 134) nur aus dem Mittelmeer bekannt. Die Deutsche Tiefsee-Expedition hat es für den Atlantischen sowohl, als auch für den Indischen Ocean nachgewiesen. Es wurde in den Gewässern des ersteren im Guineastrom und in der großen Fischbucht erbeutet. Bei der Durchquerung des Indischen Oceans geriet es nördlich von Neu-Amsterdam und später im Binnenmeer' von Westsumatra in die Netze. Aus dem indischen Nordäquatorialstrome gelangte es im südlichen Teile der Bai von Bengalen und unter der ostafrikanischen Küste zweimal an die Oberfläche. Doliolum Tritotiis Herdman. D. Trifonis wurde zuerst vom „Triton" durch Murray im nördlichen Atlantischen Ocean bei den Hebriden erbeutet, wo es später auch die „Holsatia" wieder antraf. Die Plankton- Expedition wies diese Form an zahlreichen Stationen sowohl des nördlichen als auch mittleren Atlantik nach. Im Gegensatz dazu konnte D. Tritonis von der „Valdivia" in letzterem nicht, sondern nur an einer Station (102) des Indischen Oceans, in der Nähe von Port Elisabeth, in typischen Exemplaren gefunden werden. Doliolum Valdiviae Neumann. D. Valdiviae wurde nur im Atlantischen Ocean auf Station 90 (nahe am Kap der guten Hoffnung), im südlichen Teile des Benguelastromes, in zahlreichen Exemplaren erbeutet. 230 Systematik und Verbreitung von J)oIiolum. 9 "3 I Doüoliim Chiini Neumann. D. CJuiui traf die Deutsche Tiefsee- Expedition sowohl im Atlantischen, als auch im Indischen Ocean allerdings nur sehr vereinzelt an, in zusammen 3 Fängen mit nur 6 Exem- plaren, von denen 3 jüngere Geschlechtstiere, die übrigen 3 ältere Pflegtiere waren. Die beiden Fundorte im Atlantischen Ocean betreffen den Südäquatorialstrom im äußeren Teile des Golfes von G-uinea und den Benguelastrom nahe der westafrikanischen Küste. Im Indischen Ocean wurde diese neue Form in 4 Exemplaren, nahe der ostafrikanischen Küste, bei Dar es Salam, gefischt. Dolioliim Nationalis Borgert. Von der Plankton -Expedition wurde D. Nationa is zuerst an fast allen vom „National" berührten Teilen des Atlantischen Oceans in größerer oder geringerer Anzahl gefischt. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete diese Species sowohl an zahlreichen Stationen des Adantischen als auch des Indischen Oceans, von denen 1 2 auf den ersteren, die übrigen 1 5 auf den letzteren entfallen. D. Nationalis wurde zuerst in der canarischen Strömung südlich von Teneriffa erbeutet. Gleich darauf fand man es auch im Guineastrome bei den Cap Verden und im Südäciuatorialstrome. Von hier war es bereits durch die Plankton-Expedition bekannt ge- worden. In dem bedeutend kälteren Benguelastrome dagegen fehlte es plötzlich vollständig. Auf der Weiterfahrt in den Indischen Ocean wurde es zunächst im Warmwasser des Agulhasstromes und noch zweimal auf dem südlichen Teile der Agulhasbank erbeutet, um dann im antarktischen Wasser wieder zu verschwinden. Erst in dem warmen Binnenmeere \'on Westsumatra wurde es wieder zahlreich angetroffen, um von hier mit geringen Unterbrechungen immer während der Weiterfahrt im indischen Gegenstrome, im indischen Nordäquatorialstrome, im Sansibar- kanale und schUeßlich auch im Roten Meere aufzutreten. Dolioliim denticulatum Q. u. G. D. denticulatum dürfte, soweit jetzt bekannt, die häufigste aller Doliolmn-Arten sein. Auch in den Fängen der Deutschen Tiefsee-Expedition ist es am zahlreichsten ver- treten. Sowohl im Mittelmeere, als auch im Atlantischen und Pacifischen Ocean wurde es auf- gefunden. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete es nicht nur an zahlreichen Arten des Atlantik, sondern stellte auch die große Verbreitung dieser Form im Indischen Ocean fest. Zuerst sicher bekannt geworden ist D. denticulatnin aus dem Pazifischen Ocean durch HuxLEY, der es bei Sydney und Neuseeland erbeutete; wahrscheinlich aber hatten es Quoy und Gaimard 1827 (siehe oben S. 206) ebenfalls im Pazifischen Ocean schon mit dieser Form zu thun. Von „Challenger" ist D. denticulattcni hierauf mehrfach wieder für den Pacifik, .schließlich auch für den Atlantischen Ocean nachgewiesen worden. Die große Verbreitung in diesem INIeere zeigte jedoch erst die Plankton-Expedition, indem sie D. denticulatum mit Ausnahme der nördlichen, in allen Strömungsgebieten des Atlantik nachwies. Bei der Fahrt der „Valdivia" an der Westküste von Afrika entlang fehlte D. denticu- lattim etwa von Madeira an in keinem Meeresteile. Es fand sich zuerst in der canarischen Strömung, ferner im Guineastrome, es fehlte auch in dem kühleren Benguelastrome nicht, sondern wurde im Gegenteil gerade hier in seiner großen Form (vergl. S. 223) und dazu in ungeheuren 231 \ 2 - 2 GÜNTHER Neumann, Meneen erbeutet, init Ammen und vielen Larven zusammen. Nachdem man es darauf wieder am südlichen Teile der Agulhasbank bei derselben niedrigen Wassertemperatur (i 5,9° Oberflächen- temperatur) beobachtet hatte, wurde es noch einmal vor dem Eintritt in das antarktische Gebiet auf Station 117 (37*^ 31' S. Br., 17-' i' O. L.) und zuletzt auf Station 122 (46*^ 2' S. Br.) gefischt. Aehnlich kontinuierlich war das Auftreten von D. dciiticulatniii während der Fahrt durch den Indischen Ocean. Nachdem es auf Station 173 (29*^' 6' S. Br., 89*^' 39' O. L., bei 21,4° Oberflächentemperatur) zum ersten Male wieder erbeutet war, beobachtete man es bei der Weiterfahrt sowohl im östlichen, als auch im centralen und westlichen Teile des indischen Gegenstromes. Sein Auftreten häufte sich besonders an dem Wege über die Seychellen und Amiranten. Im Sansibarkanal fehlte es. Dagegen zeigte es sich unter der ostafrikanischen Küste im indischen Nordäquatorialstrome wieder, um endlich als letzte Dolioluvi-Yoxva. auf der letzten Station (274) im Roten Meere nochmals in die Netze zu gehen. Uebersicht. Vergl. hierzu die Karte, Tafel XXV, und die Tabelle S. 23O und 237. Im Anschluß an den Bericht über die horizontale Verbreitung der einzelnen Species sei nunmehr versucht, im allgemeinen das Auftreten von Doliohmt in den von der „Valdivia" durchforschten Meeresteilen zu charakterisieren. "Während des ersten Teiles der Fahrt durch die Nordsee und den nördlichen Teil des Atlantik wurden Doliolen nicht erbeutet. Erst auf Station 14, etwa auf der Höhe des Kap Finisterre, gerieten aus dem Golfstromwasser 3 winzige D. Müllcii und einige alte Ammen bei einer Oberflächentemperatur von 20,1° in das Planktonnetz. Dieser Fund blieb bei der Weiterfahrt gegenüber der spanischen und nordafrikanischen Küste durch mehrere Tage hindurch der einzige, bis in der canarischen Strömung, östhch von Madeira und dann wieder südlich von Teneriffa, die ersten D. denticulatum und Nationalis gefischt wurden. Jedoch erst von den Cap Verden an gehörte Dolioliiiii zu den Planktonorganismen , welche regelmäßiger und in größerer Anzahl der Individuen und Formen in den Fängen zu konstatieren waren. Es sind im ganzen 4 Arten, nämlich D. JMüllcri, Krolnii, A^atioualis und dcnticnlafuiii, welche hier im Guineastrom versammelt waren. Nicht unerwähnt sei gelassen, daß der „National", welcher gleichfalls in den ersten Septembertagen des Jahres 1892 nur luri einige Seemeilen west- licher dieses Gebiet durchforschte, hier „die höchste Entfaltung" der Doliolum Arten nachweisen konnte, indem er neben D. Trilouis ebenfalls die genannten Formen, außer D. MüIIcri, oft bei einander an einer Station antraf. Mit dem Eintritt in den Golf von Guinea steigerte sich der Formenreichtum insofern bedeutend, als außer den oben aufgeführten 4 Formen (Z). Mi'dleri, Krohni, Nationalis und denticitlatnni) noch 3 weitere, nämlich D. Cliuiii, Gcgcnlnmri und ranini, auftraten. Bei der Annäherung an den relativ kühlen Benguelastrom machte sich, etwa von der Kongomündung an, mit der Abnahme der Temperatur allmähhch auch eine solche der Formen bemerkbar, die von der großen Fischbucht an in ein völliges Fehlen jeglicher Doliolen auslief. Am weitesten dringt hier D. Gegenbaiiri (Station 78) in das kühlere Wasser von 16,0*^ Ober- flächentemperatur vor. Erst im südlichen Teile des bis dahin Dolioluni-ir^x^w Benguelastromes trat bei wenig gesteigerter Temperatur wieder Doliolujn, und zwar D. dcntinilaiiiin, auf, welches 232 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 21'i nun aber mit der Annäherung an das Kap der guten Hoffnung eine geradezu erstaunliche Individuenzahl erkennen ließ. Auf Station 86, besonders aber auf den Stationen go und 91, wurden ungeheure Schwärme von D. dentmdahim angetroffen, deren jeder aus vielen Tausenden \on Tieren bestand. Aus den Fängen der Station 9 1 wurden dazu weit über 1 00 jüngere Larven isoliert. Auf Station 90 fing man außerdem D. Valdiviae (nov. sp.). Die östliche Weiterfahrt an der Südspitze Afrikas (in dem wiederum kühleren Flachwasser des südlichen Teiles der Agulhasbank) brachte keine Doliolen, bis ganz unvermittelt am östlichsten Punkte der Route (auf Station 102) im warmen, „aus dem Indischen Ocean sehr heftig nach WSW. strömenden Wasser" (1899, S. 13) zum ersten Male D. Tritonis neben D. M aller i, Nationalis und dentimlahun auf- traten. Die 3 letzteren gelangten auch bei der Rückfahrt um die Südspitze wieder auf einigen Stationen zur Beobachtung, von denen sich Station 114, die von diesen am weitesten nach Süden zu gelegene, durch besonders großen Reichtum an D. Mülleri auszeichnete, das mit seinen Larven hier beobachtet wurde. Mit dem Vorstoß nach Süden war bald die Grenze des Auftretens von Doliolum erreicht. Station 1 1 7 zeigte 2 D. denticulatum und 2 Ammen, und endlich Station 122 (46° 2' S. Br., 11'^' 34' O. L.) brachte als letzte ein kleines D. dentiailahun aus dem antarktischen Wasser der Westwindtrift von nur 6,7'' Oberflächentemperatur. Die Antarktis erwies sich frei von Doliolum. Auf Station 142 (bei 55'^ 27' S. Br.) wurden 4 schlecht erhaltene, offenbar pathologische Individuen erbeutet, die höchstwahrscheinlich D. Tritonis angehörten. Sie dürften zweifellos als verschlagene Individuen anzusehen sein, da vorher über rund 9 Breiten- grade kein Doliohim mehr beobachtet war. Erst nachdem die gleiche Breite, an welcher im Adantischen Ocean die letzten Doliolen gefunden waren, um ein beträchtliches im Indischen Ocean überschritten war, tauchten bei einer im Vergleich zu jener wesentlich höheren Wassertemperatur bei Neu-Amsterdam die ersten Ver- treter der Gattung wieder auf. Es waren Exemplare von D. Nationalis und Gegenbauri, welche hier am 37. Breitengrade gleichsam auf Vorposten standen. Denn nachdem weiter nördlich nur einmal spärliche D. denticulatuiii und einige Ammen sich hatten sehen lassen, und dann erst wieder bei den Kokosinseln D. ramm und nidkum beobachtet worden waren, stieß man schließlich im Binnenmeer von Westsumatra auf das Gros. Hier wurden D. Gegenbauri, Nationalis, denticu- latum und Mülleri beisammen angetroffen. Der Formenreichtum steigerte sich im südlichen Teile der Bay von Bengalen noch, indem außer den oben genannten Formen auch D. Krohni und wiederum D. indictim nachzuweisen waren. Die Fahrt durch den indischen Gegenstrom auf der Strecke Chagos — Archipel — Dar-es-Salam war ausgezeichnet durch wiederholtes Auftreten \on den beiden verwandten Arten D. rarum und Indien m, neben D. denticulatum; andere Formen fehlten in diesem Gebiete vollständig. Im Sansibar-Kanal gesellte sich zu diesen Arten noch D. Clntni, Krohni und Nationalis, so daß wir hier auf engem Räume 5 Formen beisammen sehen, nämlich D. rarum, indictim, Krohni, Chuni und N'ationalis. Damit war der letzte Ort passiert, an welchem eine größere Anzahl Arten sich konzentriert fand. Hatte D. denticulatum hier völlig gefehlt, so stellte es sich nunmehr mit D. Gegenbatiri und Nationalis unter der ost- afrikanischen Küste ein. Die Somaliküste entbehrte außer D. denticulatuin der übrigen Formen. Im Golfe von Aden konnte man noch einmal D. Nationalis und indicum nachweisen. Das Rote Meer lieferte auf Station 272 außer D. N^ationalis noch eine während der ganzen Fahrt nicht beobachtete Species, nämlich D. intermediinn und auf der letzten Station noch einmal D. dcnticu- Deutsche Tiefsee-Expedition i8p8— 1899. Bd. XII. -iq TT, GÜNTHER Neumann, -34 latuDi, jene Form, welche die Fänge der Expedition durch ihre ungeheure Individuenzahl aus- gezeichnet hatte. Eins fällt bei der Betrachtung der eben geschilderten geographischen Verbreitung der Doliolen sofort ins Auge: der gewaltige Einfluß, den die Temperatur auf dieselbe aus- übt, eine Thatsache, welche die Plankton-Expedition schon festgestellt hatte. Es zeigt sich wieder, daß wir in Dolioliim eine Flanktonform vor uns haben, welche nur in wärmeren Meeresteilen heimisch ist. Der Nordsee und den anschließenden nordöstlichen Teilen des Atlantik fehlt Doliohini. Der kühle Benguelastrom führt wiederum in seinem centralen Teile keine Doholen. Die Antarktis entbehrt ihrer gleichfalls. Wie exakt DoHohuii auf Tem- peraturschwankungen reagiert, dafür nur ein Beispiel von der Südspitze Afrikas. Nachdem man auf Station 91 bei 17,1'^ Oberflächentemperatur noch ungeheure Mengen von D. dentkulatum (in seiner großen Form) angetroffen hatte, ließ sich auf Station 92 bei 14,3*^ nicht ein Doliolum mehr nachweisen. Sie fehlten gleichfalls auf den folgenden Stationen 93 — 10 1 völlig, trotzdem die Temperatur allmählich wieder bis auf 16,9'^ (Station 10 1) gestiegen war. Auf Station 102 aber, mit 21,0", traten ebenso unvermittelt wie die Temperatursteigerung auch 4 Arten wieder auf: D. Mtilleii, Kivliiü, Nationalis und deitticulatuiii. Andererseits sind die Orte größten Artenreichtums auch solche maximaler Temperatur, so z. B. der Golf von Guinea mit etwa 25*^ und 8 Arten, das Binnenmeer von Sumatra mit 5 Arten bei 29,3'' (im Maximum) und das Gebiet „außerhalb Dar es Salam" mit 29,7'' und 6 Arten. Daß bei diesen Ansammlungen auch wohl Küstennähe und Strömungsrichtung mitsprechen dürften, soll nur erwähnt sein. „Ein durchgreifender Unterschied" im Auftreten der Arten zwischen einer nördlichen und südlichen Zone, wie er durch die P lankton-E xpeditio n so charakteristisch für das von ihr durchforschte Gebiet nachgewiesen wurde, läßt sich nicht erkennen, und zwar wohl deshalb nicht, weil die „Valdivia", den Vorstoß in die Do/io/uvi-ire\e Antarktis ausgenommen, nur Meeresteile einer mittleren warmen Zone durch(|uerte, in welcher das Auftreten der Arten im allgemeinen ein gleichförmiges ist. Auch in Bezug auf die Artverteilung zwischen dem Atlantischen und Indischen Ocean bestehen wesentliche Unterschiede nicht. Nur je eine Art wurde in einem der beiden Meere gefunden, die im anderen nicht nachgewiesen werden konnte, woraus aber natürlich noch nicht folgt, daß sie in dem betreffenden Gebiete überhaupt nicht vorhanden ist. Es handelt sich um die beiden neuen Formen D. Valdiviae, das nur im Atlantischen, und D. indicmn, w-elches nur im Indischen Ocean angetroffen wurde. Auch die Befunde des „Chal lenger" und des „National" bestätigen eine im all- gemeinen gleichmäßige Verbreitung von Doliolum über die beiden Oceane. Bis auf die 2 vom „Chal lenger" zuerst erbeuteten Arten D. Cl/allengeri und D. Ekrenbeiji Ulianin, und jene beiden von der Deutschen Tiefsee-Expedition neu aufgefundenen, eben genannten Formen, ist der Artbestand beider Oceane völlig gleich. Was aber die Exi-stenz von D. Challengeii und Ehrenbergi Ulianin als selbständige Arten anlangt, so kann auch ich gleich Borgert „gewisse Bedenken nicht unterdrücken". Daß wir es, wie die die Flankton -Expedition bereits zeigte, mit einem artenärmeren Norden und einem artenreicheren Süden oder, wie wir erweiternd vielleicht sagen können, mit einer ausgezeichneten mittleren Verbreitungszone zu thun haben, nördlich und südlich deren 234 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 2 ■? C Do/w/n //^-ärmere bezvv. -freie Gebiete liegen, bestätigt auch die Deutsche Tiefsee-Expe- dition. Es sind das Verhältnisse, die eben durch den Einfluß der Temperatur hinlänglich er- klärt werden. So erbeutete man auf der langen Fahrt bis zu den Canaren nur einmal Doliolum (Mülleri), und beim Vorstoß nach Süden nahmen von der Südspitze Afrikas die Arten rasch ab. Wenn Doliohivi im Atlantischen Ocean bisher weiter nach Norden als nach dem Süden vor- gedrungen angetroffen wurde, so geben wiederum die Temperaturverhältnisse hierfür eine Erklärung ab. Die Plankton-Expedition fand noch auf 60'^ 30' N. Br. bei 10,6'' D. Krolini und inter- med/tan (BoKGEKT 1894, S. 34, Tabelle). Die Deutsche Tiefsee-Expedition verlegte den bisher bekannten südlichsten Ort des Auftretens von Doliolmn im Atlantischen Ocean (im westlichen Teil, nahe der Ostküste Südamerikas bei 42^32' S. Br., „Challenger") auf 46^2', wo bei einer Oberflächentemperatur von nur 6,7'^ intakte D. dciituulatitiii und Ammen gefunden wurden. Der südlichste Ort im Indischen Ocean, an welchem Doliolum (Nationa/is) erbeutet wurde, bleibt (mit 37" 47' S. Br.) um ein beträchtliches hinter dem des Atlantischen zurück. Wenn wir noch auf die Arten achten, welche am weitesten in kühleres Wasser vorzudringen vermögen, so scheinen es außer Ä /wo//«/ und Tritonis, für welche die Plan kton-Expediti on dies Verhalten feststellte, auch D. Mülleri und Gegenbanri zu sein, 2 Formen, welche jenen beiden auch korrespondierend nahe verwandt sind. So sehen wir einerseits D. Gegenbauri am weitesten in den kühlen Benguelastrom vordringen (Station 78, bei 16,1") und andererseits ergiebt es sich, daß D. Mülleri noch im Golfstrome (Station 14) und ebenso im Flachwasser der Agulhasbank bei 15,6'^ lebt. Außerdem scheinen die großen Formen von D. deutieulahim das kühlere Wasser nicht zu scheuen. Die nachfolgende Tabelle enthält ein Verzeichnis derjenigen Stationen, auf welchen Doliolen gefischt wurden. Wie die Zusammenfassung ergiebt, sind es 83 von 274, oder 34 Proz. aller Stationen. Berechnet man indessen das Verhältnis der Stationen, auf welchen Z\\^gt mit Schweb- netzen (Vertikal-Schließ-Planktonnetz) unternommen wurden zu den 83 Stationen, auf denen Doliolen gefischt wurden, so ergiebt sich doch, daß in 61 Proz. dieser „Planktonfänge", wie ich sie wohl nennen darf, Doliolen nachgewiesen werden konnten. Sie wurden eben mit Ausnahme des nördlichen (Golfstrom) und antarktischen Gebietes ziemlich kontinuierlich auf der ganzen Fahrt im Plankton angetroffen. Bei weitem am häufigsten wurden Ammen gefischt; sie fehlten nur an 13 von den 83 Stationen, waren also auf 84 Proz. der Stationen, auf denen Doliolen überhaupt erbeutet wurden, vorhanden. Unter den verschiedenen Arten weisen nun zunächst D. dentieitlatum und dann D. N'atioiialis die größte und wohl auch eine ziemlich gleichmäßige Verbreitung auf. D. deiitieulatum wurde an 32, D. Nationalis an 27 Stationen gefischt, das sind 40 bezw. 32 Proz. der „/>o//ö/?////-Stationen". Die Häufigkeit des Auftretens der übrigen Arten bleibt weit hinter dem der genannten Formen zurück. Es \Aairden D. Mülleri an 11 Stationen (13 Proz.), D. raniDi, i)idieum und Gegenbauri je 7mal, D. Krohni 4mal, D. Clntni 3mal, D. Tritonis 2mal und D. intermedium und J^aldiviae nur je imal erbeutet. Im Vergleich mit diesen Befunden muß in dem Bericht der Plankton-Expedition (1894, S. 29, 30) über die Verbreitung der einzelnen Arten das überaus häufige Auftreten von D. Krohni und D. Tritonis in den vom „National" durch- forschten Gebieten des Atlantischen Oceans auffallen. D. Krolnii wurde allein auf 64 (4), D. Tritonis auf 28 (2) Stationen nachgewiesen. 235 30* 236 GÜNTHER NEDMANN, Stromgebiet j. Position 0 Ober- g s flächen- | | •§ temperatur "§ 0 0 c. c, - ^ .s 1 1 ■« a 5 s S 1 "' Breite Länge ^1 ^ ^1 ^ ■^1 Golfstrom 14; 43" 32' N. 1 14" 27' W. 20,1 . + . 4- Canarische Strö- 26 31» 59' N. 15" 5' W. 22,1 + 4- mung 32 24» 43' N. 34 ■ 22» 57' N. 17» i' W. 18» 33' W. 21,6 22,1 + + + + Guineas trom 36 20» 54' N. 39 14° 39' N. 41 8° 58' N. 43 6» 29' N. 44 5° 5' N. 19° 52' W. 21" 51' W. 16" 27' w. 14" 35' w. 13" 27' w. 244 27,3 25,4 26,0 25-3 + + + + + + 4- -i- 4- 4- Südäquatorial- 46I I" 27' N. 10» 16' W. 23,6 + strom 48 0" 9' S. 49 0" 20' N. 50 0» 26' N. 8° 29' W. 6" 45' W. 6" 32' W. 23.6 23.1 23,2 + + + 4- 4- Guineastrom 54' i" 51' N. 55 2° 36' N. 58 3° 31' N. 1 0" 31' 0. 3" 27' 0. 7° 25' 0. 25,0 24.7 25,3 + + + + + + 4- 4- 4- Indifferentes 64 0" 25' N. 7" 0' 0. 24,6 + + 4- Wasser (Niger- 65 i" 56' S. 7" 40' 0. 24,6 4- Kongowasser, 66 3" 55' S. 7" 48' 0. 24,1 + 4- Benguelastrom) 67; 5» 6' S. 9" 58' 0. 24,1 + Kongomündung j8 5" 47' S. -2: 7" 46' S. u" 30' 0. 11" 8' 0. 23-9 25-9 + + Benguelastrom -4 11" 28' S. 10" 24' 0. 20,9 . + ' + Große Fischbucht -8 i6° 38' S. 11" .14' 0. 16,1 + • + Benguelastrom , i 1 55 26° 49' S. 56 28° 28' S. ä8 31» 0' S. )0 33» 20' S. 5° 54' 0. 6» 13' 0. 8" 0' 0. 15» 58' 0. i6,b 16,1 16,2 16,5 • + . + + + + + 4- + c )i 33" 23' S. 1 i6'J 19' 0. i/.i 4- 4- Flachwasser der r 3 33° 43' S. 18" 4' 0. 15,6 + + Agulhasbank 1 Warmes Wasser ic -',' 34° 31' S. ' 26" 0' 0. 21,0 + + + 4- 4- a. d. Indischen 1 Ocean Mischwasser aus lo 1 61 35" 26' S. 20» 56' 0. 16,9 + + 4- indischem und i o 8 35" ,9' S. 20" 15' 0. 16,6 • + + 4- südpolarem (?) 1 1 2' 35" 32' S. 18" 20' 0. 15.9 . , 4- Urspnmg [ Westwindtrift 1 1 4 34" 20' S. 18° 36' 0. 17,1 . + 4- II 7 37" 31' S. 17" i' 0. 16,9 . + 4- 12 2 46" 2' S. II" 34' 0. 6,7 + 4- AntarktischeTrif t- 1 4 2' 55" 27' S. 28" 58' 0. -0,6 . + ? Strömung Westwindtrift 16 6i 37" 45' S. 77" 34' 0. 15,0 ■ • [ + 236 Systematik und Verbreitung von Dolioium. 237 Stromgebiet ■Si Position Ober- flächen- temperatur » C. S ^ s g 1 1 1 1 •Vi' 1 1 .1 ^1 S s 1 4) Breite Länge Stromlose Zone d. 169 34" 13' S. 80" 30' 0. 17.1 + . + südindischen 172 30" 6' S. 87" 50' 0. 20,4 + Luftdruckmaxi- 173 29» 6' S. 89" 39' 0. 21,4 + -1- niunisu. Stillen- gürtels • Indischer Süd- 174 27" 58' s. 91" 40' 0. 22,6 + äquatorialstrom i8i 182 12° 6' S. 10° 8' S. 96" 44' 0. 97° 14' 0. 27,6 27,6 + + + Indischer Gegen- ■83 8" 14' S. 98° 21' 0. 27,8 -f strom 186 190 191 200 3» 22' S. 0» 58' S. 0° 39' S. 0" 46' N. loi" 11' 0. 99" 43' 0. 98° 52' 0. 96» 23' 0. 28,0 29.3 28,8 27,6 + + + -f + + + + + -1- + + Indischer Nord- 207 5" 23' N. 94° 48' 0. 28,2 + + äquatorialstrom 208 212 213 214 215 217 6» 54' N. 7° 49' N. 7" 57' N. 7" 43' N. 7" i' N. 4» 56' N. 93» 28' 0. 93" 18' 0. 91" 47' 0. 88° 44' 0. 85" 56' 0. 78" 15' 0. 27,3 27,3 26,9 27,2 26,4 27,0 + + + + ; + + + + + + + + Indischer Gegen- 220 1° 57' S. 73" 19' 0. 27,6 + + -f + strom 221 223 226 228 229 231 4" s' s. 6» 19' S. 4" 5' S. 2" 38' S. 2" 38' S. 3" 24' S. 73° 24' 0. 73" 18' 0. 70° i' 0. 65° 59' 0. 63° 37' 0. 58" 38' 0. 27,0 27.3 27,3 27,7 27,8 27,1 + + • • + + + + + + + + -f 232 3" 26' S. 58" 34' 0. 27,1 + + Ausläufer der Süd- 234 Insel ] ^raslin 28,5 + + äquatorialströ- 236 4" 38' S. 51" 16' 0. 27,7 + + + mung 237 4" 45' S. 48° 58' 0. 27.7 + 238 5" 12' S. 46" 32' 0. 27,7 • ! + 239 5" 42' S. 43° 36' 0. 27>9 + • 240 6° 12' S. 41» 17' 0. 28,1 + 245 5» 27' S. 39" 18' 0. 28,1 + + + + + Indischer Nord- 250 I" 47' S. 41" 58' 0. 26,9 i- äquatorialstrom 252 256 258 259 268 0" 24' S. i" 49' N. 2° 58' N. 2» 58' N. 9» 6' N. 42» 49' 0. 45° 29' 0. 46° so' 0. 47° 6' 0. 53" 41' 0. 26,1 26,8 26,8 270 27,3 • + + + + + + + + + + Golf von Aden 269 270 271 12" 51' N. 13" i' N. 13" 2' N. 50" 10' 0. 47" 10' 0. 46" 41' 0. 26,0 25,8 27,3 + + -f + + + 4- Rotes Meer 272 274 15" 22' N. 26° 37' N. 41° 34' 0. 34" 36' 0. 26,1 23,3 + + + + -1- Insgesamt 83 7 7 I II 4 7 I 2? 3 27 32 70 Im Atlant. Ocean 36 I 1 7 2 2 1 — 2 14 13 31 Im Indisch. Ocean 47 6 7 1 4 2 5 - ' p I ■^ 19 39 .*> / 238 GÜNTHER Neumann, Die nachfolgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die in den einzelnen Meeresbecken bisher aufgefundenen Doliolen, dabei bedeutet ein | eine aus dem betreffenden Meeresteile bereits vor der „Valdivia"- Expedition bekannt gewesene Art; ferner ein -\- eine bekannte Art, die in dem betreffenden Meeresteile durch die Deutsche Tiefsee-Expedition (D. Krolnii im Mittelmeer durch Prof. Chun) zum ersten Male nachgewiesen wurde. Ein O bedeutet von der „Valdivia" erbeutete neue Form. Ein X bedeutet aus dem betreffenden Meeresteil bekannte Formen, welche die Deutsche Tiefsee-Expedition nicht wieder aufgefunden hat. Atlantischer Mittel- 1 Indischer Pacifischer Ocean meer Ocean Ocean DoL rariivi 1 1 + DoL indicuvt O Dol. intcrtnedmm 1 + Dol. Mülleri -t- 1 + Dol. Krohni 1 -1- + j DoL Gegeiihaitri -1- 1 + Dol. Vatdiviae O Dol. Tritonis 1 + Dol. Chuni 0 o Dol. Nationalis 1 1 + Dol. denticulatitni 1 1 1 + 1 Dol. Challengeri X 1 Dol. affine 1 Dol. Ehrenbergi X 1 1? ■4 12 7 lO 5 Die Zusammenstellung ergiebt, daß dem Atlantischen Ocean als Z)ö//o/?/';;/-reichsten Meeresbecken mit 1 2 Formen der Indische (aus welchem bisher keine Art namhaft gemacht worden war) nach den Ergebnissen der „Valdivia" nur um 2 Formen nachsteht. Dabei ist noch zu bedenken, daß bezügHch der Artberechtigung von D. Challengeri und Ehrenbergi Zweifel herrschen. Dem Mittel meer mit 7 Formen folgt der Pacifische Ocean, aus welchem bisher nur 5 Arten (darunter die zweifelhaften D. Challengeri und Ehrenbergi)^ nachge- wiesen wurden. 111. Vertikale Verbreitung. Exakte Nachweise über die Tiefen Verbreitung des marinen Flanktons zu führen, ist das Hauptbestreben der jüngsten Meeresforschung. Welchen Wert die Deutsche Tiefsee- Expedition der Klärung dieser Frage beilegte, sollen die Worte ihres Leiters selbst bezeugen (Chun, 1904, S. 114): „Wir haben denn auch während der Fahrt der „Valdivia" besonderen Wert darauf gelegt, durch zahlreiche Schließnetzfänge jene Erkenntnis zu vertiefen, welche durch die Challenger-Expedition angebahnt wurde, der Alex. Agassiz seine Aufmerksamkeit zu- wendet und die späterhin durch die Untersuchungen von Palumbo, Chun, Fowler, vor allem aber durch die Untersuchungen der Plankton-Expedition gefördert wurde". Ein Blick auf die Angaben, welche die einschlägige Litteratur über die Ergebnisse der Schließnetzzüge für die Tiefenverbreitung von Doliolnvi enthält, ergiebt kurz folgendes: Ein vom „Vettor Pisani" 1884 in 1800 Tiefe unternommener Schließnetzfang enthielt zviar Doliohmi, allein 238 Systematik und Verbreitung von Doliolum. 239 Chierchia selbst bezweifelte in diesem F"alle, daß die Tiere aus der beträchtlichen Tiefe stammen. Während Agassiz durch die Fahrten des „Blake" die Ueberzeugung gewonnen zu haben glaubte, daß unter 150 Faden keine Organismen mehr vorkommen, und später auf dem „Alba- tross" (i8g2, S. 45) speciell auch Doliolimi unter 200 Faden nicht mehr angetroffen hatte, wies im Jahre 1886 Chun (1887, S. 42) zuerst im Mittelmeere das Auftreten von Doliohim in einer Tiefe von 600 m mittels Schließnetzes nach und erbrachte dann im Herbst 1887 den Beweis auch für den offenen Atlantischen Ocean (Chun, 1889, S. 523), indem er bei den Canaren in 500 m Tiefe Doliohiiii abermals mit Schließnetz erbeutete. Die Plankton-Expedition lehrt nun durch ihre vielen sorgfältig ausgeführten Schließnetzzüge unzweideutig das Vorhanden- sein von Doliolen in größeren Tiefen. Selbst ein SchUeßnetzfang aus 1090 m Tiefe brachte noch eine Do/io/um-Amme herauf. Was die Schließnetzfänge der Deutschen Tiefsee-Expedition anlangt, so seien zunächst über ihre Zuverlässigkeit noch einmal diesbezüghche Worte des Leiters der Expedition angeführt. Er schreibt (Chun, 1904, S. 114): „Ich glaube versichern zu können, daß bis jetzt noch niemals ähnlich skrupulös verfahren wurde, und die scharfe Kritik, welche wir an den einzelnen Zügen ausübten, zugleich auch eine Garantie für das tadellose Funktionieren des Netzes abgab." Von den bis jetzt teilweise oder ganz sortierten 30 Schließnetzfängen der Expedition gingen mir 8 zu, welche Doliohuii enthielten. Die nachfolgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die auf den 8 Stationen in den verschiedenen Tiefen erbeuteten Tiere'). Station Tiefe in m Individuenzahl 141 80—30 Ammen 236 100—65 Amme 191 120—85 2 Ammen 236 120—100 Amme 229 200 — 20 Ammen und I Geschlechtstier von Dol. denticulatum 48 250 — 130 Amme 229 400 — 200 3 Ammen 142 600 — 500 5 Geschlechts- bezw. Pflegtiere von Dol. Tritonis (?) 66 700—600 4 Ammen 229 1000 — 800 I Amme 229 1600 — 1400 I Amme 1-2 1850 — 1600 I Amme 173 3300—2700 6 Ammen Wie diese Zusammenstellung ergiebt, wurden Doliolen von der Deutschen Tiefsee- Expedition noch in der außerordentlichen Tiefe von 2700 — 3300 m gefischt; in 3 Fällen brachte das Schließnetz noch Doliolen aus Tiefen herauf, die beträchtlich unter der Grenze (1090 m) liegen, welche die Plankton -Expedition für das Auftreten von Doliohim fest- gesteUt hatte. Ferner muß sofort auffallen, daß nur mit Ausnahme von 2 Fällen (Station 229 und 142)-) stets Ammen in den Schließnetzen sich gefangen hatten. Der Plankton-Ex- i) Von der Angabe der Temperatur in der Tabelle wurde abgesehen, weil nur in 2 Fällen (auf Station 66 und 48) Temperatur- serien genommen waren, diese aber mehr oberflächlichen Fänge nur geringeres Interesse beanspruchen. 2) Ich muß auch hier (wie S. 233) hervorheben, daß es sich bei den 5 auf Station 142 erbeuteten Individuen offenbar um patholc^sche, in diese südlichen Breiten verschlagene Tiere, wahrscheinlich von D. Tritonis, handelt. ?40 Günther Neumann, pedition dagegen gelang es, eine große Anzahl Geschlechts- bezw. Pflegtiere verschiedener Arten auch in größeren Tiefen (bis 930 m i D. Krolmi) [Borgert, 1894, S. 47] mittels SchHeßnetzes zu erbeuten. Derjenige tiefste Schließnetzzug der Plankton-Expedition, in welchem noch Doliohim konstatiert wurde (1090 m bei 4,7'^), enthält allerdings auch nur i Amme, so daß wir also wohl zu der Annahme berechtigt sind, daß die Ammen ganz besonders befähigt sind, größere Tiefen mit niedrigen Temperaturen aufsuchen zu können. Leider war von Station 173 keine Temperaturserie genommen worden, so daß wir die Temperatur nicht angeben können, bei welcher diese Ammen etwa lebten. Da aber die Wassertemperatur (auf Station 1 73) über dem Boden bei 3765 rn 1,1" betrug, so dürfte jene Temperatur kaum diejenige (von 4,7*^) über- schritten haben, bei der sich die Amme aufhielt, welche die Plankton-Expedition in 1090 m erbeutete. Wenn wir nach dem Grunde jener Erscheinung fragen, so möchte darauf schwer eine Antwort zu geben sein. Sollten es vielleicht doch für das Brutgeschäft günstigere Bedingungen der Tiefe sein, deretwegen die Ammen diese Regionen aufsuchen? Oder ist es nur die größere Anpassungsfähigkeit an das kältere Wasser, welche es einzelnen Tieren ermöglicht, in beträcht- lichere Tiefen hinabzusteigen? 240 Systematik und Verbreitung von Dolioluni. 241 Litteraturverzeichnis. Agassiz, A., Three cruises of the . . . „Blake" in the gulf of Mexico. Vol. I, IL Bull, of the Mus. of Corapar. 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Querschnitt durch eine eben von der Geschlechtsurknospe abgeschnürte Geschlechts- knospe von D. dcntiaüatuDi, in welcher die Verlagerung der Stränge noch nicht voll- zogen ist. 1 : 800. „ 2 — 4. Querschnittsserie durch ein Taf. XX, Fig. i dargestelltes Stadium einer eben fixierten Geschlechtsknospe von D. dcnticulatiini. 1:350. „ 5 — g. Ouerschnittsserie durch ein etwas älteres Stadium einer Geschlechtsknospe, welche Fig. 13 im sagittalen (dorsoventralen) Längsschnitt dargestellt ist. 1:350. „ 10 und II. Querschnitte durch das Taf. XX, Fig. 4 dargestellte Stadium einer Median- knospe von D. dentiailatum. 1:350. „ 1 2. Querschnitt durch den vorderen Abschnitt einer Lateralknospe von D. deuticitlatiim, welche Taf. XXII, Fig. i abgebildet ist. 1:350. „ 1 3. Sagittaler (dorsoventraler) Längsschnitt durch eine junge Geschlechtsknospe, von welcher in Fig. 5 — 9 Querschnitte dargestellt sind. 1:350. „ 14 — 17. Querschnittsserie durch das Taf. XX, Fig. 5 dargestellte Stadium einer Geschlechts- knospe von D. denticulatu))i. 1:350. „ 18 — 21. Querschnittsserie durch das Taf. XX, Fig. 6 dargestellte Stadium eines Geschlechts- sprosses von D. dentiadatum. 1:350. „ 22. Querschnitt durch einen etwas älteren Geschlechtssproß von D. denticulahmi , um die Bildung der Kiemenspalten zu zeigen. 1:350. Das von außen eingestülpte Ektoderm ist dunkler gehalten als das dem Stolo entstammende. DEUTSCHE TIEFSEE-EXPEDITION 18q8-QQ. Bd.Xll. G. NFAJMANN: DOLIOLUM. TAF.XXI. Taf. XL Doliolum denticulatum. hirCnJenaj. Tafel XXII. (Tafel XII.) Tafel XXII. (Tafel XII.) Fig. I — 3. Aufeinander folgende Entwickelungsstadien von Lateralsprossen von D. dcutiiiilatiDii. I : 350- „ 4 — ö. Weitere Entwickelungsstadien von Lateralsprossen von D. Gegenbaic-ri. „ 4 und 5. 1 : 200. 6. 1:130. „ 7. Aelterer Mediansproß von D. dentkulatum. i : 160. „ 8 und 9. Frontale (horizontale) Längsschnitte durch einen Lateralsproß von D. Gcgcnhauii, welcher dem Fig. 4 dargestellten etwa entspricht. 1:350. „ 10 — 13. Frontale Längsschnitte durch den Fig. 5 dargestellten Lateralsproß von D. Gcgcii- bmcri. i : 350. „ 14. Querschnitt durch einen etwas älteren Lateralsproß von D. Gegenbauri, auf der Höhe des Oesophagus geführt. 1:250. „ 15 und 16. Querschnitte durch einen noch älteren Lateralsproß von D. Gigcnbmiri, welcher etwa dem Fig. 6 gezeichneten entspricht. 1:250. In Fig. 8 — 15 ist das von außen eingestülpte Ektoderm dunkler gehalten als das dem Stolo entstammende. Dl-LiTSCHETIEFSEE-EXPEDlTlüN 1898 99. Bd.XI!. Ü.NHUMANN: ÜULIOLUM. TAF. XXII. Taf. XII. T-j, 7. Dol. denticulatum ; ^-ö, 8-16. Dol. Gegenbauri. nnj o\- K##-V\1 V DEUTSrHF TlEF?EE-KXPEt)ITinN laifl-O') li.i..Xn 1 Salp en der deutsehen Tiefsee-Expedition. Von Dr. C. Apstein, Kiel, Mit Tafel XXVI— XXXII [I— VII] und 15 Abbildungen im Text. Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1Ö99. Bd. XII. 32 Eingegangen den i. November 1905. C. Chun. -L'as reiche Material an Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition wurde mir von Herrn Prof. Chun zur Bearlaeitung übergeben. Bisher war nur der Atlantische Ocean genauer durch- forscht, während wir über den Indischen Ocean nur ganz oberflächliche Kenntnisse hatten. Durch unsere Expedition haben wir aber auch über letzteren Ocean genaueren Aufschluß erhalten. Da sich unter dem Materiale keine neuen Arten fanden — trotzdem ergab das Material mancherlei Erweiterungen unserer systematischen Kenntnisse — liegt der Schweqiunkt der Arbeit in der Darstellung der Verbreitung und Verteilung der Salpen. Kiel, 31. Oktober 1905. I. Systematik. Cyclosalpa. I. Cyclosalpa pinnata Forsk. Wie ich schon in meiner Arbeit über die Salpen von Amboina (ic, S. 650) erwähnte, halte ich ebenso wie Traustedt (7) die von Lesson (4, S. 95) beschriebene Sal/>a pwboscidalis (Biphore ä trompe) für identisch mit C. pinnata. Auch bei Exemplaren, die während der Tiefsee- Expedition gefunden wurden, waren mehrere mit dem langen Anhange versehen, durch den die Individuen in der Kette miteinander verbunden sind. Meist ist der Anhang' kürzer und breiter. 'J5 2. C. affinis Cham. war in beiden Generationen vertreten, die keine Besonderheiten zeigten. 3. C virgula Vogt. Taf. XXVI [I], Fig. I, 2. Die Art war bisher nur aus dem Mittelmeer bekannt, von der deutschen Tiefsee-Expedition ist sie auch im Atlantischen wie Indischen Ocean gefunden worden, und zwar in beiden Gene- rationen, wenn auch nur in wenigen Exemplaren. In meiner Arbeit über die Salpen der Plankton- Expedition (la, S. 5) konnte ich die gregate Form genau beschreiben und abbilden. 3 32* 248 C. Apstein, Die solitäre Form wurde, wie gesagt, auch von uns erbeutet, die Exemplare waren aber klein und nicht gut erhalten, so daß ich für die Beschreibung Exemplare verwende, die Herr Dr. Weber in Genf mir freundlichst aus seinem in Villafranca gesammelten Material über- ließ. Das größte Individuum war 1 1 cm lang. Eigenartig bei dieser Form ist die Anordnung der Muskeln, da sich sowohl auf der Rücken- als Bauchseite Längsmuskeln finden. Der 5. Muskel entspringt auf der Rückenseite, geht nach dem Bauche herum und l)iegt dicht am Endostyl nach vorn um, bis er senkrecht unter dem Nervenknoten wieder nach dem Rücken geht und so den ersten Muskel bildet; neben dem Nervenknoten biegt er dann wieder dicht neben der Mittellinie des Rückens nach hinten um, läuft an dem 5. Muskel vorbei und geht als 6. Muskel nach der Bauchseite. So ist der i. mit 5. und 6. Muskel zusammen mit den beiden Längsmuskeln zu einem mehr als einen Ring bildenden Muskelstreifen verschmolzen. Zwischen dem I. und 5. Muskel liegen 3 Muskeln (2 — 4), welche aber die Längsmuskeln nicht berühren. Ein 7. Muskel findet sich, der weder die Mittellinie des Rückens noch Bauches erreicht. Um Einströmungs- und Kloakenöffnung, die terminal liegen, findet sich je ein System größerer und kleinerer Muskeln. An jeder Seite zieht sich zwischen i. und 6. Muskel ein zartes Seitenorgan hin. Der Darm (Fig. 2 n) trägt 2 Blindsäcke und zieht sich in dem Kiemenrohre bis fast zu dem Nervenknoten hin. Der Nervenknoten trägt ein hufeisenförmiges Augenpigment. Der Stolo (Fig. 2 st) war in dem gezeichneten Exemplar noch ganz gering ausgebildet. Bei einem größeren Individuum war er S-förmig gebogen und erstreckte sich bis fast zum Vorderende des Endostyls. 4. C. floridana Apstein. Taf. XXVI [I], Fig. 3, 3 a, b, c, d. Diese Art fand sich an 7 Stationen im vorliegenden Material, darunter zweimal Ringketten in schöner Erhaltung. Die Muskulatur hatte ich früher (i a, S. 10) nach einem Exemplar beschrieben, das zu einer ganz jungen, vor kurzem vom Stolo abgelösten Kette gehörte, da die größeren Exemplare ihrer Zartheit wegen meist so zusammengefallen waren, daß die Muskulatur schlecht zu erkennen war. Ich bin jetzt in der Lage, die Muskulatur erwachsener Exemplare beschreiben zu können (Fig. 3). Hinter dem Nervenknoten verläuft der erste Muskel, der nach hinten aüs- gebuchtet ist, auf der Bauchseite erstreckt er sich fast bis zum Endostyl. An ihn setzt sich meist auf der linken Seite ein zweiter Muskel an. Dieser Muskel findet sich nur einseitig aus- gebildet, bei manchen Exemplaren auf der linken Seite, bei anderen auf der rechten. Es zeigen sich hier wieder dieselben Verhältnisse, wie ich sie früher bei S. virgii/a (la, S. 8) beschrieb, daß die Individuen in der Kette „enantiomorph" sind. Weiter hinten folgt der 3. und 4. Muskel, die auf dem Rücken miteinander verschmolzen sind, gegen die Seiten hin sich aber trennen. Der 3. Muskel geht bis zum Endostyl, sendet vorher aber einen Ast nach vorn, der sich mit dem ventralen Ende des i. Muskels vereinigt. Der 4. Muskel verläuft ebenfalls bis zum Endostyl, schickt aber auch einen Ast ab, der nach der Mittellinie geht. Die Muskulatur der Einströmungsöffnung konnte ich trotz Färbung nicht genau erkennen. Ein sehr kräftiger Muskel, der nur auf der Bauchseite unterbrochen ist, umgiebt sie, und ist 4 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. '>AQ sowohl auf dem Rücken nls auf dem Bauche mit dem i. Körpermuskel verbunden. Um die Kloakenöffnung' findet sich ein System feiner Muskeln. Der Embryo liegt auf der rechten Seite unter dem 3. Muskel. Der Darm (Fig. 3a) ist ähnlich wie bei 51 vircrtda (la, Fig. III, .S. 5) ausgebildet, jedoch ist das Darmrohr mehr gekrümmt, so daß es feist kreisförmig ist und daher Mund und After dicht bei einander liegen (Fig. 3 a). Am Ende des ersten Drittels setzt sich an den Darm ein weiter, in einem Körperanhange liegender Blindsack an (Fig. 3 a, 3 b ///;), der nach hinten ge- richtet ist. Der After (Fig. 3d au) stellt einen Querspalt dar, dessen Ränder verdickt sind, augenscheinlich um einen Verschluß des Afters zu bewirken. Da, wo der Blindsack vom Darm abgeht, setzt sich ein deutlich wahrnehmbares Gefäß an den Darm an (Fig. 3 a z' und 3 b v), das quer zu dem anderen Darmschenkel hinübergeht, in der Mitte etwas verdickt ist, sich dann in zwei größere Aeste teilt, von denen jeder sich wieder mehrmals spaltet und den Darm eine Strecke weit umfaßt, und dann in denselben ein- zudringen scheint (Fig-. 3 c). Weiter ließ sich das Gefäß nicht verfolgen. Der Hoden ist langgestreckt und liegt wie bei 5. virgjila in einem Fortsatze des Mantels (Fig. 3 a /). Sein Ausführgang (^od) mündet neben dem After (Fig. 3 a und 3d). Nervenknoten, Flimmergrube ist früher (la, Taf. II, Fig. 5, 6) richtig gezeichnet. Die Länge der Tiere schwankte zwischen 8 und 20 mm. Die Ketten bestanden aus 7 und 9 Individuen. Solitäre Form. Auch diese war in dem Material vertreten. Ich muß Ritter (6b, S. 5g) recht geben, daß der früher von mir als Muskel i bezeichnete Muskel (la, Taf. II, Fig. 3) zu der Mundmuskulatur gehört, so daß diese Salpe nur g statt 10 Körpermuskeln besitzt. Salpa. 5. Salpa cylindrica Cuv. Taf. XXVI [I], Fig. 7, 7 a. Diese Salpe wurde an zahlreicheren Stationen sowohl in gregater als solitärer F"orm gefangen. Letztere zeigte auf den Muskeln imd am Vorder- und Hinterende des Mantels ganz gleichmäßig verteiltes Pigment von blauer Farbe. Die 4 ersten Muskeln trugen auf der Rückenseite 4, die übrigen Muskeln 2, auf der Bauchseite alle Muskeln 2 Pigmentflecken (Fig. 4) von ovaler Form (Fig. 4a). Der Stolo war vollkommen blau gefärbt, ebenso der Nucleus (Station 42). Ob diese Färbung stets in gleicher Anordnung vorhanden ist, kann ich nicht sagen, da die Pigmente nur am lebenden Tier zu sehen sind. An anderen Stationen habe ich lebende Tiere nicht untersucht. Bei der gregaten Form fand ich den Nucleus braun gefärbt. 6. »S. maxima Forsk. wurde nur in wenigen Exemplaren gefangen, wurde aber häufig in der Straße von Gibraltar und östlich davon beobachtet. 7. 5. fusifonnis Cuv. wurde in zahlreichen typischen Exemplaren gefangen. 5 250 C. Apstein, 8. vS. fusiformis forma echinata (Herdman). Taf. XXVI [I], Fig. 4 — 6. Unter den zahlreichen Exemplaren von S. /'usi/or///is fand sich eine große Anzahl, welche sich von den typischen 6". /iisi/oni/is gar nicht in der Anordnung der Muskulatur unterschied, die ich a]:)er der Zähnelung des Mantels wegen als forma ccliinata unterscheiden möchte. In einer neuen Arbeit von Ritter (6b, S. 6 7 ff.) wird diese Salpe ebenfalls nur als „forma" von 5. fusiformis angeführt. In einer früheren Arbeit (la, S. 14) hatte ich nachgewiesen, daß die solitäre Form der 5. fusiformis und ecliinata sich nur durch die Zähnelung des Mantels unter- scheidet, daß namentlich die Anordnung des 8. und 9. Muskels, die den Unterschied zwischen l")eiden Arten bilden sollten, Schwankungen unterworfen ist. Dann konnte ich junge Individuen vom Stolo vergleichen, die ebenfalls keine Unterschiede ergaben. Ich erwähnte dann später (i b) erwachsene Geschlechtstiere, die genau wie 5. fisifoniiis gebaut waren, aber auf ihrem Mantel die eigentümlichen Zackenreihen trugen. Durch Untersuchung des Materials der deutschen Tiefsee-Expedition bin ich dahin gekommen, die 5. echinata nur als eine „forma" der 6'. fiisi- foniiis zu bezeichnen. Ich fand zahlreiche Individuen, die wie fiisiformis gebaut sind, aber die Zackenreihen tragen wie echinata. Brooks (2) hält 5". echinata direkt für fusiformis, da Zähnelung des Mantels auch bei anderen Salpen vorkommt. Geschlechtsform (Fig. 5, 6). Bei jüngeren Individuen von 11 mm Länge waren die Zacken ganz prächtig ausgebildet. Sieht man die Salpe vom Rücken, so zog sich auf einer Seite eine Zackenreihe, die ganz vorn doppelt war, von dem Vorderende des Mantels bis zum 6. Muskel hin, auf der anderen Seite eine eben.solche Reihe vom i. Muskel bis zum Hinterende, wo die Zacken wiederum eine doppelte Reihe bildeten. In Fig. 6 sind die Zackenreihen stärker vergrößert dargestellt. Sie sind teils einfach dreieckig, teils erheben sich die Spitzen auf einer rundlichen Basis, immer aber sind in den Spitzen die Zellen des Mantels dicht gedrängt. Bei älteren Individuen, von 26 mm Länge, war die Zähnelung weniger gut au,sgebildet, also wohl mit der Zeit verloren gegangen. Meist nur am Hinterende fanden sich weit stehend niedrige Zacken. Die solitäre Salpe (Fig. 6) zeigt die Zähnelung, wie sie Herdman (3) beschreibt und abbildet. Der Mantel verdickt sich stark ül^er dem Nucleus, so daß er hier knorpelige Kon- sistenz hat. Ueber diesen verdickten Teil läuft eine Zackenreihe, die sich vor dem Nucleus in zwei Reihen trennt, wie namentlich an den beiden Querschnitten a, b von Fig. 6 zu sehen ist. Ferner laufen an den Seiten je 3 Zackenreihen hin, die erste von der Verdickung über dem Nucleus bis vorn zu dem 4. Muskel, dann zwei Reihen über die ganze Länge der Salpe hin, die am hinteren Ende einfach, weiter nach vorn aber doppelt sind. Unter dem Material befinden sich Exemplare bis 75 mm Länge. 9. 5. ambouiensis Apstein. Taf. XXVII [II], Fig. 8—14. Unter dem Materiale befand sich eine Anzahl solitärer Salpen, größere Exemplare, die aber meist .sehr stark zusammengefallen waren. Ich erkannte in ihnen die solitäre Form \on 5. aniboinensis, die ich vor kurzem nach den Sammlungen von Bedgi- und Pictet von Amboina beschrieb. Die Individuen zeigen mancherlei kleine Abweichunoen. Salpcn der deutschen Tiefsee-Expedition. 2^1 Solitäre Form. Ich fand bei ihr lo — 13 Muskeln. Meist waren 13 Muskehi vor- handen, bei anderen Individuen 10, 11 und 12 und bisweilen so, daß, während die linke Seite 11, die rechte nur 10 Muskeln besaß. Das kommt dadurch zu stände, daß eventuell einige oder alle Muskeln miteinander verschmelzen, d. h. daß aus einem Muskel Faserbündel in den anderen übergehen (Fig. 13 und 14). So sehen wir z. B., daß Muskelbündel des s- linken Muskels in den 4. und 5. Muskel der rechten Seite hineinlaufen, wie das Fig. 14 zeigt. Ebenso kann das bei den übrigen Muskeln der P^all sein, meist aber mit Ausnahme des i. bis 4. Ich hatte diese Verhältnisse schon kurz in meiner oben genannten Arbeit (ic) auseinandergesetzt. In einem anderen Falle fand ich auf der rechten Seite 11, auf der linken 12 Muskeln. Bei den meisten Exemplaren waren aber, wie gesagt, 12 oder 13 Muskeln vorhanden. Bei einem Individuum mit 13 Muskeln (Fig. 10), lagen der i. bis 4. Muskel auf dem Rücken aneinander, der 5. bis 11. liefen miteinander parallel, und 12. und 13. stießen wieder aneinander. Der i. bis 4. Muskel waren vollkommene Rundmuskeln, der 5. bis 8. liefen nicht ganz bis zur Mittellinie auf der Bauchseite und die weiter hinten gelegenen Muskeln blieben immer kürzer (Fig. 11), so daß der 13. nur ungefähr die dorsale Hälfte des Körpers umspannte. Trotz dieser Verschiedenheiten in der Muskulatur möchte ich doch alle Exemplare zu dieser Art stellen, da in der Anordnung der Muskeln fast jedes Exemplar seine Besonderheiten zeigte, im übrigen aber keine Unterschiede vorhanden waren. Der Nervenknoten trug das Auge mit hufeisenförmigem Pigment (Fig. 12). Der Darm (Fig. 9 n) besitzt 2 Blindsäcke, von denen der eine seitlich, der andere nach hinten gerichtet ist. Die Größe der Individuen schwankte zwischen 21 — 46 mm, während die größten früher von mir gemessenen nur bis 28 mm lang waren. Stolo. Einige Exemplare trugen einen Stolo mit größeren Individuen. Ein 2,3 mm langes ist in Fig. 8 a abgebildet und zeigt dieselbe Anordnung der Muskulatur wie Fig. 8, die typische .S*. aniboiiiciisis. 10. 5. punctata Forsk. Tal-. XXVIII [III], Fig. 15—17- Diese Salpe ist zwar nicht in dem Materiale der deutschen Tiefsee-Expedition vorhanden, mehrmals war ich aber in Zweifel, ob nicht diese Salpe vorlag. Dieses lag daran, daß bisher keine gute Figur dieser Salpe publiziert ist, die Figur von Voigt (8) ist sehr skizzenhaft und die von Forskal auch nur der Gestalt nach zu erkennen. Ich erhielt durch die Freundlichkeit von Herrn Dr. Weber in Genf einige schöne Exem- plare der solitären Form, konnte ferner beide Formen in Neapel lebend studieren, die solitäre allerdings nur als Embryonen, während ich die gregate Form früher aus dem Berliner Museum ( i b) in guten Exemplaren gesehen und abgebildet hatte. Solitäre Form (Fig. 16, 17). Das größte Exemplar maß 55 mm. 10 quer verlaufende Körpermuskeln waren vorhanden, von denen der 2. bis 8. sehr breit waren. Der i. ist auf dem Rücken schmal, auf der Bauchseite breiter, auf ersterem weiter nach hinten gelegen, auf letzterer weit nach vorn gerückt. Direkt am i. Muskel liegt der Nervenknoten, wie ich dieses Verhalten vor kurzem im Gegensatz zu 5. mnboinensis (ic) hervorgehoben habe. Das Auf- 7 2-2 C. Apstein, fälligste an dieser Salpe sind aber Längsmuskeln, die bisher kein Beobachter erwähnt hat. Unter dem I. Muskel, ungefähr am Winkel der Einflußöffnung — ob in Verbindung mit der dort gelegenen Mundmuskulatur, vermag ich nicht zu sagen — entspringt ein Muskel, der sich zwischen i. und 2. Ouermuskel teilt und nun in 2 Aasten an der Seite des Tieres unter den Quermuskeln hinzieht. Der dorsale Ast reicht über den 8. Quermuskel, der ventrale über den 4. Quermuskel hinaus. Ein kurzer Längsmuskel verläuft jederseits in kleinem Abstände von der Flimmergrube zwischen dem einen Muskel der Einflußöffnung und dem i. Körpermuskel. Genau dieselben Verhältnisse zeigte der in Neapel untersuchte Embryo (F'ig. 16). Wegen der gregaten Form verweise ich auf meine Salpen des Berliner Museums, füge aber noch einmal die Figur (Fig. 1 5) bei. 5. punctata gehört zu den wenigen Salpen, bei denen in der solitären Form Längs- muskeln vorhanden sind. IL vS. hexagona Quoy et Gaimard wurde nur wenig gefangen und zeigte keine Besonderheiten. 12. 5. Pideti sol. Apst. Taf. XXVIII [III], Fig. 18, i8a. Von Amboina hatte ich diese solitäre Salpe mit 2 1 Muskeln beschrieben. Auf der Tiefsee. Expedition ist eine Salpe mit 26 Körpermuskeln gefangen worden, die in nichts als in der An- zahl der Muskeln von Picteti abweicht. Ein zweites, allerdings sehr zerfetztes Exemplar, mit dem Trawl beim Einholen gefangen, schien auch 26 Muskeln zu haben, jedoch bin ich über die Zahl bei letzterem Exemplar nicht ganz sicher. Während bei dem früher als Picteti beschriebenen Individuum die Muskeln 8 — 13 durch Muskelbündel miteinander anastomosierten, waren die Muskeln bei den beiden auf der Tiefsee-Expedition gefangenen Individuen dichtstehend, aber nicht miteinander vereinigt. Ich möchte aber auch hier ebensowenig darin einen Unterschied sehen, da diese Verhältnisse doch auch bei anderen Salpen schwankend sind, wie z. B. bei amboinensis. Außerdem fand ich auch bei einem Exemplar von 5. iiincronata, daß 2 Muskeln durch Hinüberlaufen von Muskelbündeln miteinander verknüpft waren. Der Darm (Fig. 1 8 a 11) trägt die beiden früher erwähnten Blindsäcke, von denen nament- lich der der linken Seite weit nach vom ragt, während der nach hinten gerichtete kürzer ist. Leider waren die Individuen am Stolo noch zu jung, so daß die zugehörige Kettensalpe noch nicht bekannt ist. Die beiden Exemplare waren 40 und 62 mm lang, während das von Amboina 53 mm maß. 13. 5". rostmta Traustedt und 14. vS. asymmetrica Fowler wurden nur an wenigen Stationen gefangen. 15. vS. mucronata Forsk. Taf. XXVIII [III], Fig. 19—22; Taf. XXIX [IV], Fig. 23-24. Die zahlreichen Exemplare in dem vorliegenden Materiale zeigten keine Abweichungen im Bau, nur der Mantel zeigte einige Eigentümlichkeiten, wie solche auch in ähnlicher Art von Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. •' ? •? Herdman (3) schon erwähnt werden. Der Mantel zeigte oft eine feine Zähnelung-, so fein, daß sie hin und wieder erst zu sehen war, wenn die Individuen nicht von Flüssigkeit bedeckt waren. Meist fand sich die Zähnelung bei der solitären Form und bei dieser vornehmlich an den An- hängen des Hinterendes. Aber auch bei der gregaten Form kam sie vor. Sehr eigentümlich waren einige nur 2 mm lange Individuen ausgestattet. Die Spitze, die sich über dem Nucleus erhebt, war in einen langen dicken Fortsatz ausgezogen. Dieser Fortsatz, sowie der ganze Mantel war luit Zacken bedeckt, die an den verschiedenen Stellen etwas abweichende Form hatten. Am Vorderende (Fig. 20c, 21c) waren sie annähernd dreieckig, am Hinterende (Fig. 20a, 21a) waren sie mehr geschweift und an dem Endanhange (Fig. 20b, 21b) waren sie gesägt. In der Spitze jeder Zacke fand sich eine kleine runde Zelle. Bei einem 3 mm langen Individuum waren die Zellen in den Zackenspitzen mehr birnförmig gestaltet, wie Drüsenzellen (Fig. 22). Mehrmals kamen auch Exemplare zur Beobachtung, die stark pigmentiert waren, wie Herdman (3) es auch schon abbildet. Die oben erwähnten Exemplare zeigten die Figmentierung sehr schön (Fig. 20). Einige Exemplare zeigten Zackenreihen, die ganz regelmäßig über dem Mantel hinliefen (Fig. 19) und durch welche das Tier ein kantiges Aussehen erhielt und ganz den Figuren gleicht, die QuoY und Gaimard (5 a) abbilden und pyramidalis nennen und andermal in Kette als Hioiii- boidens bezeichnen (5 b). Verschmelzungen von Muskeln fand ich l:)ei der solitären Form. Die Muskeln sind aus einzelnen Bändern zusammengesetzt (Fig. 2-}^), die meist durch den ganzen Muskel verlaufen. Ich fand aber Exemplare, bei denen Muskelbänder aus einem Muskel in den anderen eintraten, wie Fif. ''4. zeiet wo S- und 6. Muskel bei einem 1 2 mm langen Individuum miteinander ver- bunden sind. 16. 5. flagellifem (Traustedt). Syn. : .S". loiigicaiidn Q. et G. (5 b). An einigen Stationen wurde diese Salpe in großen Mengen gefangen. Zwischen Station 86 und 87 wurde eine Anhäufung getroffen, und auch auf Station 87 war sie noch sehr zahlreich auch war sie die einzige Salpe, die hier vorkam. Das Material bestand fast nur aus der solitären Form, die an ihren 6 Muskeln, von denen der 2. bis 5. ringförmig um den Körper laufen, leicht zu erkennen ist. Ohne die Anhänge maßen die Salpen bis 14 mm. Des abweichenden Baues der Muskulatur und des Nervenknotens wegen betrachtete ich schon früher 5. fiavellifera als eigene Art (ib), während Traustedt (7) sie nur als Varietät von iiiucronata auffaßt, vornehmlich wohl, weil ältere Stoloindividuen sich in nichts von Ä mucronata unterschieden. Auf Station 87 fanden sich zwischen der solitären 5. ßaoe//i/era zahlreichere Individuen der CTresraten Form, die 5. imtcronata zu sein schienen. Weder die Muskulatur, noch der Nervenknoten, noch das Augenpigment sprachen dagegen. Die solitären 6". mucronata fehlten aber ganz. Die Untersuchung von Stoloindividuen der S. flagellifera zeigte, daß erstere ganz wie 5. unicronata gebaut waren, umgekehrt fand ich aber auch 7 mm lange gregate Formen mit 4 mm langen Embryonen, und letztere waren unzweifelhaft als S. ßagcl/i/era zu erkennen. 9 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. XII. 33 2 54 C. Apstein, Ein längeres Studium der Formen zeigte keine Unterschiede der gefundenen gregaten Form von iniicivnata greg., nur die Zusammensetzung der Körpermuskeln aus einzelnen Bändern zeigte Unterschiede. Fig^. 2Ty zeigt ein herausgeschnittenes Stück eines Muskels von 5'. iiiucronata greg., wie es bei 140-facher Vergrößerung erscheint. Deutlich ist zu sehen, wie der Muskel aus 3 ge- trennten Bändern besteht. Ich untersuchte die Muskeln und fand für typische 5. iinicroiiafa forma gregata 4 breite Körpermuskeln, von denen die 3 ersten auf dem Rücken zusammenhängen. Mit dem 4. Muskel hängt ein 5. schmaler Muskel zusammen, der nach dem Hinterende geht. Die Muskeln ent- hielten Muskelbänder in folgender Zahl: 5 3 3 3 2 Muskel I 5 5 5 2 3 3 3 3 3 3 3 4 3 3 3 5 2 2 2 Fundort deutsche Tiefsee-Expedition Pbnkton-Exp. Station i86 | Strition 207b Station 274 ') Indischer Ocean Atlant. Oce.an Länge des Tieres 1,5 mm 3 mm b mm 5 5 5 ö 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 2 2 2 2 Villa- franca Neapel 7 mm 13 mm Es zeigt sich, daß die Zahl der die Muskeln zusammensetzenden Muskelbänder fast ganz konstant ist, und zwar 5, 3, 3, 3, 2. Nur das Exemplar von Villafranca hatte im i. Muskel 6 statt 3 Bänder, und das Mittelmeer-Exemplar zeigte Unregelmäßigkeiten, indem bei 2 Muskeln auf der linken Seite 3, auf der rechten 4 Bänder sich fanden. Die konstanten Verhältnisse fand ich sowohl bei ganz winzigen Exemplaren von 1,5 mm, als auch bei größeren. Anders verhielten sich die gregaten Formen, die mit 5. flagcllifcra sol. gefangen wurden. Die Muskeln sind genau die gleichen, aber ich fand an Muskelbändern: Mittel Schwankung fuskel I 10 II 8, II 9. 8 9-75 8 — II 2 6 9 6, 9 8, 9 7.75 6-9 3 8 9 8, 9 8, 9 8,5 8-9 4 5 7 5. 7 6, 7 6,1 5—7 5 2 2 2 2 2 2 änge des Tieres 4 mm 4 mm 7 mm 8 mm Wir sehen hier also die Muskeln aus mehr Muskelbändern zusammengesetzt, nur der schmale 5. Muskel hat auch wie bei 5. inucronata 2 Bänder. Bei 5. iimcronata haben die Muskeln i — 4 zusammen 14 Muskelbänder, bei dieser Salpe, die die gregate Form von S. flagclli- fera darstellen muß, im Minimum 27, im Ma.\imum 36 Bänder. Ich möchte also die 5". flagellijcra forma gregata so charakterisieren: Form, Anordnung der Organe wie bei 5. inucronata f. gregata, aber die Muskeln sind aus zahlreicheren Muskel- bändern zusammengesetzt, als bei mucrotiata. I) 43,6" N. Br., 17,9" W. L. 10 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. '' ^ c, 17. vS. confoederata Forsk., 18. vS. zonaria Pall., 19. vS. Tilesii Cuv. wurden alle drei öfter gefangen, zeigten die für die Arten t\'pische Anordnung der Muskeln, auch sonst nicht Abweichungen, die zu weiteren Untersuchungen hätten Anlaß geben können. 20. sS. magalhanica Apst. Taf. XXIX [IV], Fig. 25—27. Südlich von Kapstadt auf dem 40. Breitengrade wurde von unserer Expedition diese Salpe gefangen, die ich zuerst in meinen Salpen der Plankton-Expedition (la, S. 20 ff.) beschrieben habe. Ganz besonders wertvoll war es, daß wir auch die solitäre Form erhalten haben, die ich früher nur nach jungen Embryonen beschreiben, d. h. den Verlauf der Muskeln angeben konnte. Proles gregata (Fig. 23). Die Form dieser Salpe stimmt mit meinen früheren An- gaben überein, jedoch war der Querschnitt der sehr gut konservierten Exemplare fast quadratisch, während die früher untersuchten Tiere flachgedrückt, also wohl zusammengefallen waren. Den Verlauf der Muskeln fand ich in der gleichen Art, wie ich das früher beschrieben habe, nur möchte ich jetzt den damals als i. Körpermuskel gedeuteten Muskel nicht mehr als solchen anerkennen, sondern ihn zu den Muskeln stellen, die die Einströmungsöffnung umgeben. Danach hätte diese Salpe 5 Körpermuskeln, von denen der i. bis 3. den Körper ringförmig umgeben. Der 4. Muske^ hat bei unseren Exemplaren genau den früher geschilderten Verlauf, indem das eine Ende am Endostyl endet, das andere in der Mittellinie auf dem Bauche mit dem 3. Muskel verschmilzt. Der 5. Muskel ist an seinem einen Ende gabelig gespalten. Der Nucleus war im Leben braun gefärbt, sonst waren die Exemplare farblos. Die Länge der Tiere betrug 13 mm, während die bei Puerte Pantalon gefangenen 22 mm maßen. Proles solitaria (Fig. 26, 27). Diese Form ist fast cyHndrisch oder, da der Quer- schnitt fast quadratisch ist, fast prismatisch zu nennen. Im großen und ganzen konnte ich früher die Mu-skulatur am Embryo richtig erkennen. Der i. Körpermuskel ist sowohl auf dem Rücken als Bauch in der Mittellinie nach hinten scharf eingebogen, der 2. Muskel umgiebt gerade den Körper, der 3. Muskel ist auf Rücken und Bauch etwas nach vorn vorgewölbt, in viel stärkerem Maße ist dieses beim 4. Muskel der Fall. Der 5. Muskel ist auf dem Rücken nach hinten aus- gebogen, an den Seiten aber nach vorn, so daß er den 4. Muskel berührt, auf dem Bauche gerade. Der 6. Muskel ist ringförmig, der 7. und 8. auf dem Rücken in der Mittellinie ver- schmolzen, auf dem Bauche weichen sie auseinander. Alle Muskeln sind ringförmig, also sowohl auf dem Rücken als auf dem Bauche vollkommen geschlossen. Um die Einströmungsöffnung verläuft ein sehr breiter Muskel, von dessen Vorderrande auf dem Rücken 2 Muskel bis zum I. Körpermuskel verlaufen. 2 kleinere Muskeln finden sich jederseits dicht hinter dem eben genannten breiten Muskel der Einströmungsöffnung. Der Nucleus liegt weit hinten unter dem 7. und 8. Muskel. Der Nervenknoten (Fig. 27) trägt das Auge mit hufeisenförmigem Pigment. 1 1 33* LS6 C. Apstein, Die Flimmergrube (Fig. 27) ist geschlungen. Die Exemplare waren 18 mm lang. Einströmungs- und Kloakenöffnung liegen terminal. 21. 5. Henseni Traustedt. Taf. XXIX [IV], Fig. 28, 29. S}ii. : S. iiiidliloilaciilnln Q. et G. (5 b). „ iS". Teirncoaa Apst. (i a). Die gregate Form, die mehrmals von unserer Expedition erbeutet wurde, stimmt mit den auf der Plankton-Expedition gefischten Exemplaren vollkommen überein. Forma sollt aria = .S! verntcosa Apst. Schon in meiner Arbeit über die Salpen von Amboina (ic, S. 651) konnte ich nach- weisen, daß die von mir nach dem Material der Plankton-Expedition beschriebene 6! verrucosa die solitäre Form von S. Henseni ist. Ich fand in dem erwähnten Material die als verrucosa bezeichnete Form mit einem weiter entwickelten Stolo und konnte an ihm die jungen 5. Henseni erkennen und daselbst in Fig. i abbilden. Auf unserer Expedition wurden mehrere solitäre Exemplare gefangen, darunter ein ganz prächtig erhaltenes, das in Fig. 28 nach dem Leben abgebildet ist. Die Form ist kurz-oval, ziemlich flach, der Mantel ist sehr dick. Von der Leibeshöhle durchdringen den Mantel eine Reihe Kanäle (Fig. 28 und 2 g /), von denen ich 23 zählte. Diese Kanäle setzen sich röhrenartig über die äußere Mantelfläche fort und werden vom Mantel mit dicken Wänden versehen (Fig. 29 ä). Gegen das Ende schwellen die Fortsätze an, auch der Hohlraum erweitert sich, ist aber geschlossen. Während die Salpe farblos war, sah ich in und an diesen Fortsätzen im Leben ein orange bis braunes und gelbes Pigment. Da, wo die Fortsätze die äußere Mantelfläche verlassen, wird der Hohlraum von einem orange Pigment umgeben. Oft fanden sich in der Mitte des Fortsatzes Querfalten und dann ebenfalls das orange Pigment in der dicken Wand des Fortsatzes. Der erweiterte Hohlraum am Ende war orange mit braun gefärbt, während die Wand in zartem Gelb schimmerte. Der Hohlraum schien meist leer zu sein, .stellenweise fand sich eine feinkörnige Masse, deren Natur nicht erkennbar war. Am Vorder- und Hinterende fanden sich je 2 längere Fortsätze. Die Muskulatur stimmt mit der früher beschriebenen überein. Journal aller Vertikal-, Plankton-, Schliessnetz-, Oberflächenfänge mit Salpen und der Individuenzahl der gefischten Salpen nach Arten. In dieses Journal habe ich alle Fänge aufgenommen, die Salpen ergeben haben. In der Tabelle bedeutet die erste Zahl bei jeder Art gregate, die zweite solitäre Form. Ein -^ heißt, daß die Salpe vorhanden war, mir bei der definitiven Bearbeitung aber nicht vorgelegen hat. Ueber die angewandten Netze habe ich folgendes zu bemerken: i) Vertikalnetze. Diese beuteiförmigen Netze hatten einen Ringdurchmesser von 1,5, 2, und 2,5 m und waren bespannt mit Seidengaze No. o, 3, 11, 15. Die Löcher in der Gaze 12 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. '■57 No. o hatten eine Seitenlänge von 0,45 mm, die der Gaze No. 3 von 0,3 mm, die der Gaze No. 1 1 von 0,09 mm und die der Gaze No. 1 5 von 0,076 mm. Dann wurden Vertikalnetze benutzt, die mit weitmaschigem Baumwollnetz bespannt waren; die Maschenweite betrug 10 — 18 mm. Die angewandte Bezeichnung „Vert. 2 m No. 3" heißt Vertikalnetz mit einem Durchmesser von 2 m und mit Gaze No. 3. Die Größe der Netze und die Weite der Gaze sind natürlich von bestimmendem Einfluß auf den Fang. Während die feinmaschigeren Netze z. B. 5. mucronata zahlreich gefangen haben, konnte das weitmaschige Baumwollnetz diese Salpe nicht zurückhalten. 2) Planktonnetze sind die quantitativen Netze aus Müllergaze 20, bei der die Seiten- länge eines Loches 0,048 mm beträgt. Das große Planktonnetz hatte eine Einflußöffnung von Vio qm, das mittlere von Ve« qm. 3) Schließnetze wurden in 2 Größen benutzt, das kleinere hatte V5 qm Einflußöffnung Bespannt waren sie mit weiter, mittlerer oder enger (No. ig) Gaze. Ich bezeichne in folgendem die Netze mit „gr." und „kl", um das größere oder kleinere anzudeuten, und die Gaze mit „w., m., e." weit, inittel, eng. 4) Die Oberflächennetze lassen unter sich und mit den anderen Netzen keinen Ver- gleich über die gefischten Quantitäten zu, da das Fangvolumen von der Stärke des Windes und Stromes abhängig ist (17). Verwandt wurden Netze von 50 cm Durchmesser der Eingangs- öffnung mit Gaze No. 1 2. Stnlion Netz Tiefe ni Summe aller gefang. Salpen 1 s ■8, 1 s 1 1 1 s ficsiformis fiisiformis forma echinata 1 1 <3 1 1 1 flagellifera 1 i s 1 1 1 1 14 15 26 32 34 35 37 39 4' 42 43 44 46 49 50 51 52 53 54 55 Pl.netz gr. Oberfl. Vert. 1,5, No. 15 Oberfl. Vert. 1,5, No. 15 „ 1,5, No. 3 Trawl Oberfl. Pl.netz gr. Vert. 1,5, No. 3 Pl.netz gr. Vert. Oberfl. Vert. Pl.netz gr. Oberfl. Vert. Pl.netz gr. Vert. Pl.netz gr. Oberfl. Vert. „ weit „ 2,5, No. 3 „ weit 200—0 0 1800—0 0 2000 — 0 150—0 3500-0 0 200—0 2500—0 200—0 1300—0 50 2500—0 200—0 50 3070—0 3000 — 0 200 — 0 3500—0 200—0 50 4000 — 0 2500—0 4000—0 3500—0 2000— 0 3000—0 8 I + 2 -1- I 14 I 8 5 35 148 9 76 5 54 4 6 51 2 173 133 I 2 I 303 >5 8 . • ■ ' • * ■ • • * . 146 I 68 . 2 I I I 2 I 40 b I . 41 9 I 189 114 15 • ' ■ 3 . I • 3 . 2 ■ • • 159 14 3 ■ • -1- + 4- . 1 13 i 7 • 5 • 20 15 2 2 7 71 5 2 . 24 29 6 . • • • • 13 -\s« C. Apstein, Station Netz Tiefe m Summe aller gefang. Salpen 1 .s ■a 1 1 1 1 i fzcsi/ormis forma echinata 1 a s 1 ■ä 1 ,5 1 8^ i flagellifera 1 t 5 1 1 .5 S 1 g 1 55 56 5" 58 65 (16 ('7 72 73 74 «3 85 86 87 88 90 99 looa 102 103 1 12 114 '■5 117 118 Vert. 1,5, No. 3 „ 1,5. No. 3 Pl.netz gr. Oberfl. Vert. weit Oberfl. Pl.netz gr. Oberfl. Vert. weit 2,5, No. 3 1,5, No. 3 „ weit Pl.netz Vert. Oberfl. Vert. 1,5, No. 3 1,5, No. 3 1,5, No. 3 Oberfl. Vert. weit Oberfl. Vert. Oberfl. Vert. 1,5, No. 3 1,5, No. 3 Oberfl. 1200 — 0 600 — 0 200 — 0 40 0 1800—0 0 200-0 40 2200—0 1200 — 0 3000 -0 700 — 0 1500—0 200—0 200-0 2000—0 3000—0 30 700—0 2000—0 1200 — 0 0 30 2500—0 2000—0 0 30 0 0 5 1800 — 0 1000— 0 0 0 2000-0 70—0 2500—0 2000—0 1500 — 0 0 7 12 4 "5 + 15 + 4 I I I 5 22 24 6 4 15 9 2 230 9 2 9 4000 2120 1 1 15 2 5 + 658 500 14 4 30 40 244 I 75 I 6 5 ■ ■ • • . I 2 I 2 113 . + . + ■ 4 • 3 2 . 7 • 3 • 9 4 2 2 II II 15 9 8 . 2 . 8 . I 5 I 4 5 I 10 3 3 • 241 3 60 15 5 I . I . I 4 2 3 • 15 ■ I + 482 176 200 300 I 25 5 20 20 . 230 . 4000 520 1600 5 5 5 5 4 I ■ 120 121 123 124 '35 ■36 139 142 '45 Vert. weit Schi. gr. w. „ kl. e. (Jberfl. Vert. Schi. gr. w. Vert. 2000—0 1500 — 1000 300—50 400—250 5 1500—0 2000—0 800—500 1500—0 1000— 0 1500—0 56 108 6 17 I 17 44 26 4 179 2 17 ■ I . I I 2729 104 4 5 I 10 7 3014 26 . 4 • 177 2 ■ • • 169 Vert. 2, No. 5 Pl.netz m. Oberfl. 2000 —0 50—0 30 103 + _ 1 97 6 I + 1 ■ • 1 • • 1 14 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition, 259 Slalion Netz Tiefe ni 1 1 £ bi E § 5 .s 1 ■3 K. s .3 .R 1 1 fusiformis forma echinata ."o 1 1 S 5 1 1 5 1 i s 1 2 1 .0 K 1 1 .2 s 1 1 l ~o ' 7 - ir.i i;8 iSi 1.S2 185 186 18- igo 191 193 194 ■95 198 200 201 202 207 207 b 212b 213 214 -15 217 218 2lSb 220 221 223 226 Oberfl. Verl. 2, No. 3 Pl.netz gr. Oberfl. Kätscher \'ert. 2, No. 3 Oberfl. Pl.netz gr. Oberfl. Pl.netz m. Oberfl. Vert. 2, No. 3 Pl.netz gr. m. Oberfl. Pl.netz m. Olierfl. Pl.netz m. Oberfl. Pl.netz m. Brutnetz Oberfl. Vert. Pl.netz gr. Schi. kl. e. Oberfl. Vert. Pl.netz m. Oberfl. Kätscher Trawl Oberfl. Vert. 2, No. II Pl.netz m. Oberfl. Vert. 1,5, No. 0 „ 2, No. II Pl.netz m. Vert. Pl.netz gr. „ m. Vert. Oberfl. Pl.netz ni. „ gr- Vert. „ 1,5, No. 0 „ 1,5, No. 0 70 1800 — 0 200—0 30 0 25CO — 0 30 200- 0 30 30 5 50—0 0 2400 — 0 200—0 lOO-O 20 100— 0 50 — 0 20 100— 0 ■50 lüo— 0 0 20 1 100— 0 200—0 120—85 30 30 30 570-0 100— 0 100 — 0 30 0 150- 0 5 800—0 100— 0 30 20 2000 — 0 2000—0 100—0 2500—0 200 — 0 100— 0 2000 — 0 2500 — 0 30 18-0 200 2000—0 1900 — 0 2500—0 1 2 II + 21 + I 632 I + 3' + + i + 18 + 12 6 I + 5 2 + 2 + 51 ibo -t 2 8 2 29 + 1 1 437 71 4 + 4 4 + + 12 9 2 3 24 21 9 I 46 7 + 13 53 IG 7 58 . I 26 . + 10 . 35 8 + + . + . ■ • I . 4 I • 4 . 2 . I 18 . 4 7 I . . I 3 • I 2 . . I . 14 . 6 2 I 5 5 21 . + 12 360 + 31 • + + + . 18 . + • 4 5 I I + 4 I 2 . + 1 I + 48 3 150 10 + 2 . 6 2 2 3 ■ I 272 116 68 3 3 • ■ + 12 . 9 • I I 5 4 I 10 5 + 13 • 53 • 1 5 2 2 33 21 I • 147 1 . 100 . + 2 . + 4 ■ 1 3 ■ 2 . . I 15 26o C. Apstein, Station Netz Tiefe m Summe aller gefang. Salpen 5 § .s ■2 R 1 4 .3 1 6 ■1 il 1 s 1 1 1 'S; 1 .5 1 r 1 i flagellifera 1 5 .0 1 R 1 1 1 äs 1 226 227 228 229 231 232 235 236 237 237b 238 239 240 244 245 250 253 255 256 257 258 259 261 262 263 265 269 270 271 272 273 274 Gibraltar Pl.net? gr. „ m. Oberfl. Vert. Schi. Vert. 1,5, No. 0 „ 2, No. 3 Pl.netz m. Kutscher Vert. 2, No. 3 Pl.netz gr. ,, m. Schi. kl. m. Vert. Pl.netz m. Vert. weit ,, 2, No. 3 Schi. kl. e. Pl.netz m. Oberfl. Pl.netz m. Kätscher Trawl Vert. weit Trawl Pl.netz m. Oberfl. Pl.netz m. Kätscher Trawl Pl.netz m. Kätscher Trawl Pl.netz m. Oberfl. Pl.netz m. Vert. 2, No. 3 Pl.netz m. Oberfl. Kätscher 200—0 100— 0 30 2500—0 400 — 200 2000—0 1500—0 2000—0 50—0 0 2000—0 200 — 0 100 — 0 50 — 0 120—100 100—65 2000—0 100 — 0 3000—0 2500—0 1500 — 0 120—105 100—80 100 — 0 20—0 100— 0 50—0 20 100— 0 0 330-0 1000 — 0 1644—0 100— 0 15 100 — 0 0 128g — 0 100— 0 0 0 823—0 628—0 100— 0 10 50—0 1 200 — 0 100— 0 60 — 0 50—0 100— 0 100 — 0 70 0 8 ■4 + 2 I 3 3 15 2 18 8 + 27 " 3 I I II + I 5 7 26 + 2 2 I 6 2 + 2 2 3 27 I I I 20 79 34 108 + 5 50 58 I 3 I I 2 I I 12 2 - 18 , I 74 ■ 2 . 1 . 2 . 2 . I . 5 1 7 3 3 I I 7 I 14 ■ + I I I 4 I + . 26 I 5 2 I t 4 21 + 2 2 I 6 . 2 + 2 I 16 2 I 34 • 46 4 55 3 I • 3 I I 2 I I 12 + . + I . . 2 • 4 107 I + 35 5 I 5 • 20 . 16 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 261 IL Geographische Verbreitung der Salpen. In meiner Bearbeitung der Salpen der Plankton-Expedition gab ich eine Darstellung der Verbreitung jeder Salpenart; soweit diese sich auf den Atlantischen Ocean bezog, konnte die- selbe auf größere Genauigkeit Anspruch erheben, da dieser Ocean allein genügend durchforscht war. Durch die Tiefsee-Expedition haben wir eine genauere Kenntnis des Indischen Oceans erlangt, es ist dieses schon daraus ersichtlich, daß wir jetzt aus ihm 18 Salpenarten kennen, während bisher nur 10 Arten aus ihm bekannt waren. Aus dem Pacifischen Ocean kennen wir zwar 1 8 Arten, jedoch sind die Fundorte so spärlich, daß man über die Verbreitung der Salpen in diesem größten Wasserbecken nur die allerdürftigsten Kenntnisse hat. Das Vorhandensein in den verschiedenen Oceanen zeigt nachfolgende kleine Tabelle, in welcher die von der deutschen Tiefsee-Expedition im Atlantischen und Indischen Ocean zum ersten Male aufgefundenen Arten mit einem bezeichnet sind. Atlantischer Ocean Mittelmeer Indischer Ocean Pacifischer Ocean Cyclosalpa pinttata + + • + „ affinis -f- • + virgula • + • „ floridana + • Salpa cylindrica + . + + „ viaxima + + -f + ,, fitsiforniis + + + -l- „ „ echinata + -t- + „ amboinensis • • + „ punctata + 4- ,, hexagojia -1- + -1- Picteti • + „ rostrata -l- • ,, asyminetrica + „ mucronata -^ H- + + „ flagellifera 4- -1- -f „ confoederata + -t- + -h „ zonaria + + + -1- TiUsii + 4- + -f „ viagallianica • + „ Henseni + • + „ mollis ? + ,, nitida'^ • + 23 Arten 20 9 18 18 Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß wir die bisher nur aus dem Mittelmeer bekannte 5. virs;iila auch im Atlantischen Ocean fanden; ferner die von der Südspitze Amerikas bekannte 5. maoa/haiiica ebenda, ebenso die 5. a/iihoinciisis, die von der See um Amboina kürzlich von mir beschrieben wurde. Noch größer sind die Erfolge der Tiefsee-Expedition für den Indischen Ocean. Sämtliche 4 Cyclosalpenarten wurden von ihr zum ersten Male in diesem Ocean ge- funden, ferner die bisher aus dem Atlantischen Ocean bekannten .S. rostrata und Hcuscui und die aus dem Pacifischen Ocean beschriebenen 5". amboinensis und Picteti. Es fehlen im Indischen Ocean nur die Arten S. punctata, asyminetrica und viagallianica, wenn ich von den beiden mir zweifel- haften Arten »lollis und nitida absehe, ohne welche im Pacifischen Ocean die Anzahl der Salpen- Dftutsche Tiefsee-Expedition l8q8 — 18 Bd. XII. 17 34 202 C. Apstein, arten i6 beträgt. Ich sehe auch vorläufig v'on 5. Bakeri Ritter ab, da es mir doch noch nicht ganz sicher ist, daß diese mit 5. floridana identisch ist. Zur lüustrierung der Verbreitung der einzelnen Arten gebe ich kleine Textkarten, in denen jeder Fundort der betreffenden sicher bestimmten Salpenart durch einen Punkt eingetragen ist. Oftmals liegen die Fundorte so dicht bei einander, daß dieselben Linien ergaben. Die von der Tiefsee-Expedition festgestellten Fundorte sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt und finden sich auch auf der Taf. XXX [V], dort aber nicht nach Arten getrennt. Auf der Karte sind die hydrographischen Verhältnisse an der Oberfläche dargestellt, einmal die Isohaline von 35 %jj, nach Schoti (io), Taf. XXXIII, dann die Oberflächentemperaturen nach dem von ScHOTr (lo, S. 256 ff.) veröffentlichten Journal mit Benutzung seiner Taf. IX. Letztere Tafel giebt die Temperaturen im Jahresdurchschnitt, während ich auf der Fahrtlinie die von uns beob- achteten Temperaturen, die doch für unsere Fänge maßgebend sind, eingetragen habe. Tabelle über das Vorkommen der Salpen nach Stationen der deutschen Tiefsee-Expedition. Station 14 15 26 32 34 37 39 41 43 43 44 46 49 50 54 55 56 57 58 65 66 67 72 73 74 83 85 86 87 88 90 1 > 5 1 1 e .S i fusiformis fusiformis forma echinata amhoinensis 1 1 .§ •** 1 1 5 ö 1 1 8 .0 ö K 1 .5 R e 1 -t- -f -t- -I- ^- -H -I- + -t- -I- 4- -I- -f ^- -f- -I- -1- -I- + + -I- + -I- -I- -f -I- ^- 4- + -t- -I- + + -f 4- + + + -t- -1- + -f -V -f -I- -I- -f 18 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 263 Station 99 100 102 103 [ 12 114 15 17 18 20 20b 121 123 124 35 ■36 139 142 145 169 170 74 ;8 179 181 182 183 185 186 187 190 191 193 "94 ■95 198 200 201 202 207 207b 212b 213 214 215 217 218 2i8b 220 22 1 223 226 227 228 S s *^ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + d ■s s: (^ ^ Si ^? <:) " • /yiiuiata Fig. I. Verbreitung von Salpa pinnala. 20 0 20 eo 60 20 0 so 100 t«0 ■ ßondana • afjims Fig. 2. Verbreitung von Cyclosalpa afßfiis, virgula und floruiana. 21 o Virgula 266 C. Apstein, wohlfühlt, muß sie später in dem sich bis 13" C abkühlenden Wasser des Mittelmeeres aus- dauern. 5. pinnafa ist auch eine Art, die oft an der Oberfläche gefangen wird und wohl kaum in tiefere Schichten hinabsteigt; allerdings sagen die offenen, vertikal gezogenen Netze nichts über ihre vertikale Verbreitung aus. 2. Salpa ( Cyclosalpa) affinis (Fig. 2) zeigt eine ganz ähnliche Verbreitung wie 5". pinnafa, scheint aber nicht so weit mit dem Golfstrom nach Norden zu gehen, falls ihr Fehlen in höheren Breiten nicht mit ihrer größeren Seltenheit und daher geringeren Erbeutung zusammenhängt. 3. Salpa (Cyclosalpa) virgula (Fig. 2) ist eine Art, die im Mittelmeer ihre stärkste Aus- bildung hat, erst durch die Tiefsee-Expedition wurde sie für den Atlantischen und Indischen Ocean nachgewiesen. Sie fand sich stets in den tropischen Teilen der Oceane. 4. Salpa (Cyclosalpa) ßoridana (Fig. 2) fand sich bisher ebenfalls in den Tropen, nui ein Fang war weiter polwärts (Station 86), bei dem die Oberflächentemperatur aber noch zwischen 15 — 20*^ betrug; da der Fang aber von 1200 m an gemacht wurde, ist nicht anzugeben, bei welcher Temperatur die Tiere gelebt haben mögen. Nach Schoit (10, Text Tafel XIII) beträgt die Temperatur in 1200 m nur 3,2'^ C, in 200 m aber noch fast 15° (14,7*^). 5. Salpa cylindrica (Fig. 3) ist in den tropischen Teilen aller Oceane häufig gefunden. Auf der Tiefsee-Expedition wurden fast alle Exemplare in Oberflächenfängen erbeutet, so daß man daraus und aus ihrer \'erbreitung schließen muß, daß wir in cylindrica eine das wärmste Wasser bevorzugende Art zu erblicken haben. Der eine Fundort bei den Kerguelen („Challenger"- Station 150 bei Herdman) kann dem wohl auch nicht wiedersprechen, es handelt sich hier um „one specimen of the soHtar}' form (1,5 cm in length)". Zwei andere Fundorte in hohen Breiten können wir wohl vernachlässigen, da Herdman (3) selbst die Zugehörigkeit zu 5". cyBidrica als fraglich hingestellt hat. „27. XII. 1873. Station 145A off the Prince Edwards Island, in the Southern Ocean, taken at night, 46° 41' S., 38'^ 10' E. one specimen, probably of the solitary form of this species (only a fragment in bad condition)" und „3. III. 1874 near Heard Island in the Southern Ocean, 52'^' 20' S., 72" 14' E. one specimen probably of the solitary form of this species (in bad condition)" sind seine eigenen Worte. Die zugehörigen Temperaturen für diese beiden Fundorte waren 5,3 und 3,3" C (41,5 und 38'' Fahrenheit). Die Tiefsee-Expedition hat in diesen Breiten -S. cylindrica nicht gefunden, erst bei Sumatra (Station 193). Durch den Moc^ambiquestrom können Salpen aus den tropischen Teilen des Indischen Oceans in die Westwindtrift befördert werden und mit dieser nach Osten treiben. Ein einzelnes Exemplar sagt da wenig. 6. 5. viaxima (Fig. 4) findet sich in den warmen Teilen der Oceane häufiger, ist aber auch 2mal (?) in kaltem Wasser gefangen worden, imal am Kap Hörn (Meyen) dann südlich von Australien („Challenger"). Letzteren Fundort habe ich jedoch streichen müssen, da Herd- man (3) es nur als wahrscheinlich hinstellt, daß es sich um 5. ma.xuna in dem Falle gehandelt hat. Herdman schreibt: „10. III. 1874, Station 159, 47^ 25' S., 130° 22' E., a Single large Salpa obtained in the Southern Ocean is probably referable to the solitary form of this species." Die Temperatur betrug 10,8 C (= 51,5" Fahrenheit). Das Exemplar vom Kap Hörn (Staaten Island), das von Meyen gesammelt ist und sich noch im Berliner Museum befindet (ib), ist eine echte 5. maxwia. Dieses wäre dann der einzige Fundort in kaltem Wasser. 22 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 267 • cylindrica Fig- '3- Verbreitung von Salpa cylindrica. maxuiia Fig. 4. 268 C. Apstein, Die Exemplare südlich von Afrika fanden sich in dem wärmeren Wasser des Agulhasstromes. Es will mir aber scheinen, daß diese Salpe häufiger im Mittelmeer ist, als im freien Ocean. Nur einmal wurde von der Tiefsee-Expedition (Station 50) eine größere Zahl dieser Salpe gefangen, sonst nur vereinzelte Exemplare an wenigen Stationen. Auf der Heimfahrt wurden zwischen Siciliai und Gibraltar größere Mengen von 5". fiiaxiiiia im Wasser beobachtet und bei Gibraltar auch mit dem Kätscher gefangen. Im Oktober und November des Jahres 1895 gehörte bei meinem Aufenthalt in Neapel die Salpe zu den gewöhnlichsten Erscheinungen. Im Indischen Ocean ist sie von uns nur einmal getroffen worden, und zwar im östlichen Teile, in der Höhe eines Fundortes, den Traustedi (7) schon anführt; von letzterem Forscher stammen auch die Angaben über die beiden Fundorte im Mo(;ambique und Agulhasstrom. Aus dem Pacifischen Ocean befinden sich Exemplare im Berliner Museum (ib, S. 8, 9). Nur 2 Fundorte sind aus diesem gewaltigen Meeresbecken bekannt, das allerdings in seinem größten Teile als ungenügend durchforscht anzusehen ist, aber auch Riiter (6 b) führt diese Art nicht von San Diego auf, ebensowenig wie sie auf den Fahrten des Albatross (6 a) erbeutet ist. 7. Sa/pa fiisi/bniiis (Fig. 5) ist eine der häufigsten Salpen, die bei allen Expeditionen an zahlreichen Stellen gefunden \\'urde. Ueberall in warmem Wasser ist sie zu Hause, geht aber auch in höhere Breiten. Auf den interessanten Fundort bei Schottland') — alljährlich nach Ort und Zeit bestimmt — habe ich in meinen Salpen der Plankton-Expedition hing^ewiesen (la, S. 54). Die Fundorte südlich vom 40" S. Br. und zwischen o und 100'^ O. L. liegen in kaltem Wasser. Ob nun die in diesem Gebiete als 5". Jnsifonnis bestimmten Exemplare wirklich zu dieser Art gehören, möchte ich nicht fest behaupten, da jüngere Exemplare nicht von der „forma ec/iinata" zu unterscheiden sind. Sollten dieselben wirklich zu echinata gehören, so würde 5. fiisi/onnis auf das warme Gebiet beschränkt sein, denn die an der Ostküste Südamerikas gefundenen Exemplare können dort durch den Brasilstrom in hohe Breiten geführt werden. Ich will nicht in Abrede stellen, daß S. fusißrmh in kühleres Wasser geht, aber die Fundorte in kaltem Wasser glaube ich nicht alle auf 6". fusiformis beziehen zu können. Das Material, das Herdjj an (3, S. 74) aus diesen Breiten zur Verfügimg stand, scheint nach seiner eigenen Angabe sehr schlecht erhalten gewesen zu sein. „27. XII. 1873. Station 145 A off Prince Edward Island, 46° 41' S., 38'^ 10' E., many specimens of the aggregated form in bad condition", und „3. II. 1874 near Heard Island, 52^ 20' S., 72*^' 14' E. one specimen of the solitary form (?) in bad condition". An beiden Stationen war das Material „in bad condition", die Bestimmung also wohl nicht ganz sicher. Der dritte Fundort „11. II. 1874, Station 152, Antarctic Ocean, 60*^' 52' S., 80** 20' E., about 160 specimens of the aggregated form (man)- of them large) and one large and several small specimens of the solitar}' form" muß bestehen bleiben, denn wenn größere Exemplare vorhanden waren, hätte die Form ccliinata erkennbar sein müssen. 8. Salpa fusiformis forma echinata (Fig. 6). Diese Form halte ich für die Kaltwasserform von 5. fusiformis. Das \'orkommen in der Magalhaesstraße, südlich von Afrika bis zu den Kerguelen erklärt sich von selbst. Aber auch die Fundorte auf der Tiefsee-Expedition im Atlantischen und Indischen Ocean sprechen nicht dagegen, da alle dort gefundenen Salpen dieser I) Auf der Fahrt des Forschungsdampfers „Poseidon" im November d. J. fand ich diese Salpe in großen Mengen in der Nord- see im Oberflächenwasser (Skagerak und Norwegische Rinne 57» 56' N. Br., 7° 26,5' O. L.; 58» 22' N. Br., 5° 31' O. L. ; 58" 10' N. Br., 5" 12' O. L.). Näheres darüber werde ich in meiner Arbeit „Das Plankton der Nord- und Ostsee", Teil II, bringen (Wissensch. Meeres- untersuchungen, Bd. IX). 24 Salpen der deutsclien Tiefsee-Expedition. >6g 160 1'K) 100 60 20 0 20 60 100 1W 180 60 SO 0 20 W 60 ) H Jl R^^ ö v 1 • ^4 f 1 'k. 1 ( 0 o . ^ o eo 10 20 0 20 «) 60 j Tj-^- \ \ \ / 5 < > r < r ... 1 \ x. c;- >: ■/^ e^ %^ ^ ^ ->, ( ;^<^ • • -^ • ■i^ "^ ^ ? ^ f 'Aid 0 o > .• • ( \ p kV y' TT s< ■ -.f]i^. • • • / •• ^ • ^ J u • • 7^ l j^ 1/ s 1) f •• • • ö c?^ f^ 1 180 ^^*Q 100 60 20 0 20 60 100 itO leo • /usi/ormis Fig. 5. Verbreitung von Salpa /pisiformis. 20 0 20 80 20 0 20 100 140 • fiisifoniiis for)i!a ccliiiiata Fig. 6. Verbreitung von Salpa fusiformis forma echinata. Deutsche Tiefsee-Expedition 1898— 1899. Bd. XII. 25 35 2^Q C. Apstein, Form aus Vertikalnetzfängen stammen, die aus looo und mehr Metern gemacht sind, so daß die Salpen auch aus großen, kalten Tiefen stammen können. Daß aber auch einzelne Exem- plare in tropischem Wasser vorkommen können, zeigt Station 263, bei der mit dem Kätscher ein Exemplar (solitär) direkt an der Oberfläche bei 27,9^ C gefangen wurde. Ebenso wurde vom „Challenger" (Herdman, S. 66) i Individuum an der Westküste Afrikas bei einer Temperatur von 27,7^ C gefangen (g° 9' N. Br., 16" 41' W. L.); während die übrigen Exemplare im Süd- Pacific bisi Temperaturen von 8,8 — 14,7" C gefischt wurden. 9. Salpa punctata (Fig. 7) ist eine Art, die im Mittelmeer häufiger ist; sie ist bei Neapel, Messina, Villafranca gefunden worden. Im Atlantischen Ocean gehört sie zu den seltensten Salpen, sie ist nur von der „ChaUenger"-Expedition unter dem Aequator und von der Plankton- Expedition in der Sargassosee je einmal gefunden wurden. 10. Salpa a/nboineiisis (Fig. 7). Diese kürzlich von mir beschriebene Art (ic) ist ver- einzelt an mehreren Stellen des Atlantischen und Indischen Oceans gefunden worden, außerdem befand sie sich unter dem Material, das Herr Prof. Dahl bei Ralum (Bismarck- Archipel) gesammelt hat. Sie scheint also eine tropische Form zu sein, worüber die Fänge allerdings nicht Auskunft geben können, da sie mit offenen Plankton- resp. Vertikalnetzen gemacht sind, so daß die Tiefe, bei welcher die Salpen in das Netz gerieten, nicht anzugeben ist. Ihr Fehlen in höheren Breiten zeigt aber, daß sie kaltes Wasser meidet. 11. Sa/pa //e.xa^ona (Fig. 8) ist eine rein tropische Art, die in allen drei Oceanen gefunden ist, stets aber nur in geringerer Zahl, am seltensten ist sie im Atlantischen Ocean, in dem bisher nur Exemplare bei Madeira gesammelt wurden, die sich im Hamburger Museum befinden (la, S. 37). 1 2. Sa/pa miicronata (Fig. 9) ist die gemeinste Salpe im warmen Wasser. Fast überall hat sie sich dort gefunden, so daß auf der beigegebenen Karte durch d'e Aufzeichnung ihres Vor- kommens die Reiseroute der Expeditionen (Plankton und Tiefsee) zu sehen ist. Auf der Nord- westseite des Atlantischen Oceans fehlt sie des kalten Wassers wegen, auf der östlichen Seite geht sie mit dem Golfstrom bis nach Schottland und Norwegen. Im südatlantischen Ocean geht sie mit der Brasilströmung bis zum 40" S. Br., näher an der Küste Westafrikas fehlt sie der kalten Benguelaströmung wegen. Südlich von Afrika gelangt sie durch den Moc^ambique und Agulhasstrom. Auf der Fahrt weiter im Süden bis wieder nach Neu-Amsterdam fehlte sie; erst als die Oberflächentemperaturen über 17" betrugen (Station 160), fand sich diese Salpe wieder ein und fand sich fast in allen Fängen im Indischen Ocean. Die wenigen Fundorte im Paci- fischen Ocean liegen auf der westlichen Seite des Oceans nicht allzufern der Küste, und auf der östlichen Seite ganz verstreut. 13. Salpa flagellifera (Fig. 9). Die Verbreitung dieser Salpe ist eigenartig. Sie ist bisher in dem Aste des Agulhasstromes gefunden, der südlich von Afrika nach Osten zurückbiegt, ferner in dem stromlosen Gebiet des Indischen Oceans (Station 172). Ein fernerer Fundort liegt an der Ostküste Australiens. SchließHch findet sie sich im südatlantischen Ocean zwischen 20*^ und 40*^ S. Br. Ueberall hat sie sich in wenigen Exemplaren gefunden, aber an Station 83 — 87 in großer Zahl: Station 83 brachte ein Oberflächenfang 230 Exemplare, „ 86 Oberflächenfang, viele tausend Exemplare, )) " 7 » ji » » die folgenden Fänge wenige Exemplare. 26 Saliien der deutschen Tiefsee-Expedilion. 271 eo 0 20 1B0 iw 100 eo 20 ( ) :o so 100 1W lao ) —■ i f :3. C^ M r '^ 0 0 ? ^ 0 60 40 20 0 20 _./ j/'^ \ ^ 1 A <3 p^ r i 1 5> y.. \ A c;;::* ^. ^ ^ ^ -/ ^.<^ N ^ » ^ ( ^ \,' 7 K. 3 cco\ ( N ) . '^^ y r , OCX CO 'ß^^' k^-^ .. ("^ o\ / u ■ ^■ 0 40 / / '^ V ^ L J t? 0 >.f ^ />.. L Ö >^ V ? ^ 4 < 1 ^u ^^^ . /^ 0 jyVs \ \ 1 V 5 i > £ /^ ' < \ 1 k (? r, r /? Y ^ ^ ^ 1 ^ ''•H^^ • • ^ x-^ n L, 4' ^ \ y O^A • { \ r '«1 7 iC- \s •^ j ., "L / • • • • < *A J:. + :y U>' f • • •* b V ^r u 0 g r^ 60 100 20 0 20 • iiiitaviiata \ flagelli/era Fig.^g. ') Verbreitung von Salpa mucrotiata und flagellifera. 180 1W lOQ 60 20 0 20 80 100 ^ ^ ^ V V c 4 r "^ ( n- 0 o ?^ 1 — 1 J 7j^^ > \ 1 ^ r 5 •/^ J ^ ^ / < r.. \ \^ d V- 1 JE* i r ,^ ■^ 1 ^ ;d ? • N ^ > ^ • V 1 . ^ ^/S^ 'i .. • • / • A J • * / < J o t? / C7 (^ u 9 <-^ 60 20 0 20 60 • con/oederata Fig. lo. Verbreitung von Salpa confoederata. 28 Salpen der deutschen Tiefsee-Kxpedition. Bei Station 86 konnte man vom Schiffe aus im Wasser eine gelbgrüne Wolke sehen, die etwas länger als das Schiff war (ca. loo m), aber an der breitesten Stelle höchstens halb so breit. Die Wolke bestand aus Sal/^a ßage//i/era, die hier an dem Westrande des Benguelastromes sich angesammelt hatten. Ich werde weiter unten auf diese „Ansammlung" einzugehen haben. Die Massen von Sa//^a fanden sich im Oberflächen wasser von i6,i — 16,5'^, während die Vertikalnetz- fänge keine Salpen enthielten. Daß sie sich auch in dem kühleren Wasser wohlfühlten, zeigten die weit entwickelten Stolonen der solitären Form. 14. Sa/pa confoederata (Fig. 10). Diese Salpe ist in den warmen und gemäßigten Teilen aller Oceane gefunden, namentlich häufig scheint sie im nordatlantischen Ocean auf der Ostseite zu sein, ganz abgesehen davon, daß in diesem Teile des Oceans wohl am meisten gesammelt ist. Für den südatlantischen Ocean zeigen dieses die Untersuchungen der Tiefsee-Expedition. Im Indischen Ocean liegen die Fundorte außer wenigen früher bekannten mit kurzen Unter- brechungen auf der Fahrtlinie der „Valdivia". Im Facifischen Ocean liegen die wenigen Fund- orte zwischen Australien, Hinterindien und China und dann verstreut mehr im östlichen Teile. 15. Salpa zonaria (Fig. 11) findet sich überall in den wärmeren Teilen der Oceane; im Facifischen im Westen zwischen Neu-Seeland, Japan und Indien, im Osten an ganz vereinzelten • zonarja Fig. II. Verbreitung von Salpa zonaria. Stellen. Sie geht mit den Strömungen weit nach Norden und ist noch bei Island und in der Nähe Grönlands sowie nördlich von Schottland gefunden, überall in Ausläufern des Golfstromes. Ein ganz vereinzelter Fundort nach den „Challenger"-Sammlungen (3) in kaltem Wasser ist die Magalhaesstraße, die sowohl im Westen wie Osten von kalten Strömungen eingeschlossen ist; nirgends wieder im kälteren Wasser des Südens ist ein Exemplar dieser Salpe gefunden. 29 2 74 C. Apstein, 180 1tO 100 60 20 0 SO 60 100 1U0 190 -\ c ^ J. fei >>5 'V N. \ < / 1) C^ v^^^- f '^ 0 V-^ o 60 } Ü k \/ ^^ P. t3 V 1^ Cf J . ^ 60 40 j ^Vs V \ 5 <3 •• ^^ < ^ rl: • •• 4 r ^ ^ ^ • 0 \ *^o ., ^ • •k \, 9 'V ^y^ 0 o r ° ■ • 0 { ^ •* >• •/ ^ • ^^* 20 • \ ( • /^ 'r?. ^^ A *• 20 ' / \ / u'« • • \ ^ o « tt / i. ^ ■• « L --^V J •^ W / C7 (7^' / , « y • r^ ieo 140 100 60 20 ( 3 jo 60 100 1M1 180 Fig. • TU est 12. Verbreitung von Salpa Tilesi. 0 20 Picieti o iiiaoal/ianica o Flg. 13. Verbreitung von Salpa Fzcteti, magalhanica und asymmctrica. 30 + (isvuDHcirua Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 275 T (\ Sa//>a Tilt'sü (Fig. 1 2) ist häufiger in den wärmeren Teilen aller Oceane gefangen worden. Im westlichen Teile des Atlantischen Oceans ist sie seltener als im östlichen. Während die Plankton-Expedition diese Salpe mehrmals im Südäquatorialstrom zwischen 10 — 30° W. L. fing, hat dieselbe sie im \\estlichen Teile des Atlantischen Oceans nicht gefischt, trotzdem die Untersuchung überall in gleicher Art ausgeführt wurde. Auf der Tiefsee-Expedition ist diese Salpe auch seltener gefangen, trotz Verwendung der großen Vertikalnetze bis zu i^j^ m Durch- messer. Die gewaltigen Tiere haben wohl so starke Eigenbewegung, daß sie den Netzen ent- gehen können, sonst hätten sie öfter gefangen werden müssen. 17. Salpa Picteti (Fig. 13) beschrieb ich vor kurzem nach Sammlungen, die Bedox et FiCTEL in Amboina gemacht hatten (ic). Diese Salpe ist von uns bei Sumatra und an der Küste Ostafrikas gefangen worden, einmal in einem tiefen Vertikalfang, dann brachte sie einmal das Trawl mit herauf. Im Atlantischen Ocean ist sie noch nicht gefunden. 18. Salpa iiiaoal/iaiiica (Fig. 13) wurde von mir nach .Sammlungen von Dr. Michaelsen von Feuerland (Puerto Pantalon) beschrieben (la, S. 20 ff.). Die Hefsee-Expedition hat 5 Exem- plare auf Station 118 in einem Oberflächenfang gefangen, die Temperatur betrug i2,3°C. Wenn man aus den beiden Fundorten Schlüsse ziehen darf, so scheint 5. maoa/Iianica eine für den .Süden, die Antarktis, typische Salpe zu sein. Sie muß zu den selteneren Arten gehören, sonst hätten wir sie in der Antarktis häufig finden müssen. ig. Salpa asxiuiiictrica (Fig. 13) wurde von Fowler (ii) bei den Färöer gefunden. Wir fingen sie in größerer Zahl auf den Stationen 49, 50 unter dem Aequator, einmal in einem Oberflächenfang 173 Exemplare bei 23,1" C. rostiala o J Icnscm Fig. 14. Verbreitung von Salpa rostrata und Heiueni. 31 276 C. Apstein, 20. Sal/^a ivsirafa (Fig. 14). Diese Art lebt in dem tropischen Teile des Atlantischen Oceans. Die Tiefsee-Expedition fand sie dort wieder, ferner im Indischen Ocean beim Eintritt der Expedition in den warmen Teil desselben. 21. Salpa Henseni (Fig. 14) wurde von der Plankton-Expedition an mehreren Stellen des Atlantischen Oceans gefunden. Dann erhielt ich sie von Amboina ( i c). Die Tiefsee-Expedition hat sie sowohl im Atlantischen Ocean wiedergefunden, als auch im Indischen Ocean neu entdeckt, und zwar sowohl bei Sumatra als häufiger bei Ostafrika. Ueberall liegen die Fundorte in den Tropen. Aus vorstehender Aufzählung geht folgendes hervor. Der Atlantische und Indische Ocean haben 17 Salpen gemeinsam, im Indischen Ocean fehlen: Salpa putidata Salpa ntagalliauica. „ asynimetrica Dagegen fehlt im Atlantischen Ocean 5. Picteti. Im Pacifischen Ocean fehlt noch der Nachweis von Cyclosalpa virgjc/a Sa/pa rostrata „ ßoridana (?) „ asy/nuicfrica. Salpa pnmctata S. inollis und nitida sind zweifelhafte Arten. Im Mittelmeer sind g Arten gefunden. Von diesen 9 Arten hat 5". piniciafa wohl im Mittelmeer ihre Hauptverbreitung, 5. maxima gehört im Mittelmeer zu den häufigsten Arten, während sie in den Oceanen seltener zu finden ist. Was ich in meinen „Salpen der Flankton-Expedition" aussprach (la, S. 46): „daß wir in den Salpen eine typische Hochseegruppe haben, die überall in warmem Wasser zu finden ist", gilt auch jetzt noch; allerdings sind durch die Tiefsee-Expedition unsere Kenntnisse so ge- fördert worden, daß ich den Satz erweitern kann: Die Salpen sind typische Hochsee- bewohner, die zum größten Teile in warmem Wasser leben, während nur wenige Arten an kälteres oder kaltes Wasser gebunden sind. Zu den Warmwasserarten sind zu rechnen: Cyclosalpa pinnata Salpa Picteti „ affi^iis „ virgula „ floridana Salpa cyli7idrica „ itiaxima „ fusiformis „ amboinensis „ punctata „ Iiexagona Kaltwasserformen sind: rostrata asynimetrica miicronata flagellijera confoederata zonaria Tilesii Henseni. Salpa fusiformis f. echinata niagalhanica. 32 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 2 7 7 Die Warm wasserformen können durch Strömungen in höhere Breiten mit niederen Temperaturen geführt werden, wie das im Golfstrom zu beobachten ist. Es finden sich im Atlantischen Ocean in der Breite von den Hebriden, teilweise bis Island und Grönland z. B. Salpa /usiformis, „ mucronata, „ zonaria. Diese Arten kommen ebenso gut bei Temperaturen von 28° C vor, wie bei ungefähr 10" nördlich von Schottland (August). Es sind eurytherme Arten. Andere Arten sind stenotherm, da sie nicht so weit nach Norden gehen, wenigstens noch nie so weit nördlich gefunden sind, also wohl nur geringere Temperaturschwankungen vertragen können. Ganz vereinzelte Fälle sind bekannt, in denen die als Warmwasserformen genannten Salpen in kaltem Wasser gefunden sind und dorthin nicht durch warme Strömungen geführt sein können, so z. B. das Vorkommen von 5. zonaria in der Magalhaesstraße, von 5'. inaxiina bei Staten Island (bei Kap Hörn). Salpa fusiforviis in den hohen südlichen Breiten kann auch die forma ecliinata sein, bei der die Zähne- lung des Mantels sehr undeutlich war oder bei jugendlicheren Individuen ganz fehlte. Die Kai twasserf ormen finden sich nur auf der südlichen Halbkugel verbreitet. Salpa fusifonnis forma ecliinata war namentlich in der Antarktis häufig, sonst ist sie mit Netzen erbeutet worden, die aus größerer Tiefe (mit einer Ausnahme Station 263) bis zur Oberfläche gezogen waren, so daß nicht anzugeben ist, aus welcher Tiefe sie stammen, und nicht, bei welcher Tempe- ratur sie gelebt haben. 5. magalhanica ist zweimal in kühlerem Wasser gefunden, mir scheint es, als ob wir in ihr eine Kaltwasserform haben, jedoch sind die beiden Fundorte noch nicht Beweis genug dafür. Der Salzgehalt scheint eine geringe Rolle zu spielen für die Verbreitung der Salpen. Ueberall im freien Ocean findet sich ein Salzgehalt von 33 — 35 ^oo- ^^ der Nähe großer Fluß- mündungen, wie vor dem Kongo, sinkt er unter ^-^ \^^. Dicht vor dem Kongo (bei 30,4 °/qq, Station 68) fanden sich keine Salpen (Taf. XXX [V]). Eine Sch\\'ankung des Salzgehaltes von 2i}) bis 35 7oo hat keinen Einfluß. III. Vertikale Verbreitung. Die Salpen, die wir oben als Warmwassertiere kennen gelernt haben, müssen sich in den obersten Wasserschichten halten, da sie sonst in kühleres Wasser gelangen; für die Kaltwasser- arten würde diese Schranke fortfallen. Die Untersuchung der vertikalen Verbreitung wird am besten mit Schließnetzen ausgeführt. Für Salpen ist die bisher gebrauchte Größe der Schließ- netze wohl etwas zu gering, denn sonst hätten die Schließnetze, die wir auf der Tiefsee- Expedition gebrauchten, öfter Salpen fangen müssen, wenigstens in den oberen Schichten. So brachten von den 123 Schließnetzfängen nur 11 Fänge Salpen, welche in folgender Tabelle aufgeführt sind: •ö"- Deutsche Tiefaee-Expedition 1898 — 1Ü99. Bd. XII. i^ C. Apstein. ftisiformis Schließnetz Station Tiefe forma echinata ftisiformis mucronata\ floridana pinnala m gr. sol. gr. sol. gr. sol. gr. sol. 66') 500—350 -+ I I20 1500 — 1000 104 + 4 121 300— 50 5+ I 123 400 — 250 17 — 136 800 — 500 26 — 191 120— 85 — 2 229 400 — 200 — I 236 120 — IOC 100 — 65 I — — I 239 120—105 100 — 80 + 2 — Die 4 Schließnetzfänge 120 — 136 enthielten Salpa fusifonuls forma echinata, für einen Fang ist 5. fiisi/on/iis notiert, es mag sich aber hier aus oben auseinandergesetzten Gründen auch um die forma ccliiuala gehandelt haben. Diese 4 Fänge stammen aus der Antarktis, und wie die Dar-stellung auf Taf. XXXI [VI] zeigt, sind sie bei Wassertemperaturen von 0—5'^ C gemacht, worden. Der tiefste Fang, der Salpen überhaupt enthielt, ist auf Station 120 ausgeführt. Dort brachte der Schließnetzfang von 1500 — 1000 m 104 gregate und 4 solitäre S. fusi/oniiis forma echinata, der Fang 121 aus 300—50 m dieselbe Art in 5 resp. i Exemplar und der Fang auf Station 136 aus 800—500 m 26 gregate Individuen auch von dieser Art. Fang 123 von 400 — 250 m hatte 17 gregate Individuen von S. fusifonnis (?). Die Salpen hielten sich in der Wasserschicht auf, die Temperaturen über o'^ zeigten. Station 124 mit einer Oberflächentempe- ratur von -y \,2^ hatte auch noch Salpen direkt an der Oberfläche, in dem ganzen Gebiet mit einer Temperatur unter 0° C fehlten sie aber an der Oberfläche und fanden sich wie die Schließnetz- fäno-e zeio-en, in den wärmeren tiefen Schichten. Im Indischen Ocean fanden sich, in 6 Schließ- netzfängen Salpen; der tiefste Fang wurde von 400 — 200 m gemacht, und die Temperatur be- trug in diesen Tiefen zwischen 11 — 16" C. Gefangen wurde &LXi^ Salpa ///i/crouata, die also auch bei dieser gemäßigten Temperatur gelebt haben muß. Die anderen Fänge mit Salpen stammen alle aus Wasser von mehr als 15" bis 27*^ C. An mehreren Stellen, an denen mit dem Schließnetz gefischt wurde, brachten die Plankton- netze auch Salpen. Auf Station i 8 2 enthielt das große Planktonnetz 7 .S". mucronata und war von 200 — o m gezogen worden. Der Schließnetzfang von 200 — 100 m enthielt keine Salpen, so daß die im Planktonnetz gefangenen Salpen aus 100 — o m stammen werden. An derselben Stelle ist mit dem mittleren Planktonnetz ein Fang aus 100 m gemacht, der i .S". mucronata brachte oder, auf die Eingangsfläche des großen Netzes berechnet, 6 S. mucronata. Dagegen brachten F"änge aus 50 und 20 m keine Salpen. Daraus ist zu schließen, daß die hier ge- fangenen • Salpen aus Tiefen von 100 — 50 m stammen müssen, also in Wasser über 20'^ gelebt haben. Auf Station 200 brachte der Fang mit dem mittleren Planktonnetz i Sa/pa pinnata und 3 S. mucronata. Die an .selber Stelle gemachten Schließnetzfänge von 100 — 80 und 80 bis 60 m hatten keine Salpen, ebensowenig aber die Planktonfänge aus 50, 20 m und der Ober- flächenfang. Die Salpen werden also ungefähr aus Tiefen von 60 — 50 m stammen. Auf I) Den Fang von dieser Station erhielt ich erst, als die Arbeit schon im Druck war. er konnte aber noch auf Taf. XXX [VI] nachgetragen werden. 34 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 279 Station 236 brachte der Schließnetzfang von 120 — 100 m i S. niucronata, der Planktonfang aus 200 m aber 275. vniavnafa, so daß scheinbar zwischen 120 und 200 m sich noch eine größere Zahl aufgehalten haben. Dem widerspricht aber der Fang mit dem mittleren Planktonnetz aus 100 m, der 7 5. tiuioviiata oder, auf das große Planktonnetz berechnet, 42 Individuen der Salpe fing, so daß man eben annehmen muß, daß die Hauptmenge der vS. mucrouata oberhalb 100 m sich befunden hat. Der 50 m-Fang mit dem mittleren Planktonnetz fing aber kein Exemplar dieser Salpe. Alan wird also annehmen müssen, daß S. niuci-onata an dieser Station zwischen 100 — 50 m häufiger war, seltener dagegen unter 100 — 120 m. Sie würde demnach in Wasser über 20° vorzugsweise gelebt haben. Auf Station 239 brachte das Schließnetz 5. vnicrouata aus 120 — 105 m, dann von 100 — 80 m 2 Exemplare. Das mittlere Planktonnetz hatte aus 100 m 2 Exemplare und aus 50 m I Exemplar. Die Salpen sind wohl von oben bis 1 20 m ziemlich gleich verteilt gewesen in dem Wasser von über 20'^ C. Auf Station 6 7 brachte das große Planktonnetz i 5. fusifoniiis und 3 5. Diiicronata aus 200 m, während der Schließnetzfang aus 200 — 100 m keine Salpen enthielt. Das Material dürfte daher aus 100 — o m stammen, also aus Wasser von 20 und mehr Grad. Die eben benutzten Zahlen aus den Planktonnetzen finden sich in folgender kleinen Tabelle zusammengestellt, ferner sind darin noch einige Stufenfänge aufgenommen. Auf Station 183 Planktonfänge Station Tiefe inucronata pinnata 182 200—0 100 — 0 6+ I 183 100 — 0 50 — 0 4+ I 2 — 215 200 — 0 100— 0 5+ 4 — I 236 200 — 0 100 — 0 50 — 0 26 + I 5+ 2 3 — 239 100 — 0 20 — 0 — 2 — I 240 100 — 0 50 — 0 6 — 2 — fing das mittlere Planktonnetz aus 100 m 5 S. nntcroiiata, aus 50 m nur 2, so daß sich zwischen 50 — 100 m noch 3 Salpen befunden haben werden, also bis 100 m in Wassertemperaturen über 20" C sich diese Salpe überall fand. Station 2 I 5 hatte im großen Planktonnetz aus 200 m 9 5! viitcroiiafa, aus 100 m mit dem mittleren Netz i oder, auf das große Netz berechnet, 6 Individuen. Es können von o — 100 m 6, von 100 — 200 m oder wenigstens unter 100 m noch 3 Exemplare dieser Salpe gewesen sein, von denen die am tiefsten lebenden vielleicht im Wasser von etwas weniger als 20" sich fanden. Station 240 lieferte bis 100 m 6, bis 50 m 2 Salpa vniavnata, also von 50 bis 100 m ungefähr 4, die alle in Wasser von mehr als 20'^ lebten. Aus dieser Betrachtung zeigt sich, daß sich Salpa iintavnata meist nur bis zu geringen Tiefen im Wasser aufhält, die kaum mehr als 100 m betragen. Nur 1 Exemplar ist in einem Schließnetzfang von 200 — 400 m erbeutet worden. Aber auch in letzterem Falle kann sie noch in Wasser von ungefähr 16" gelebt haben und dicht unter 200 m gefangen sein. Ein ganz ähnliches Resultat erhielt ich aus Fängen der Plankton-Expedition. Dort wurden an einer Stelle 3 Stufenfänge aus 200, 100 und 40 m mit dem großen Planktonnetze gemacht 35 36* 28o C. Apstein, (la, S. 48). Davon erhielt der Fang o — 40 m keine Salpen, zwischen 40 — 100 m befanden sich 12 5. miicronafa, und der :oo m-F"ang hatte 18 .S'. iniicwnata, 7 /iisi/or/iiis und i cylindrica. Es werden also von 100 — 200 m gelebt haben 9 5". mucronata, 7 fiisiformis und I cylindrica. Wie weit sie unter 100 m gegangen sind, ist nicht anzugeben. In den Tiefen von 200 m würden sie nach Krümmel ungefähr eine Temperatur von 12*^ C (12, S. 59) ge- funden haben, während in 100 m die Temperatur noch 25,3" betrug und an der Oberfläche 25,8°. Auch die früher angeführten Fänge von ScHorr (la, S. 48) zeigten, daß die Salpen, 5. mucronata, sich am häufigsten zwischen 50 und 100 m hielten und an den untersuchten Stellen einmal zwischen 15 — 17,5*^ C im Indischen Ocean, dann auf der Agulhasbank zwischen 10 — 1 1'^ C, Temperaturen, die ich dem Atlas von Schott (10, Taf. X, XI) entnehme. Daß 5". mucronata aber die Oberfläche nicht meidet, zeigen die Oberflächenfänge unserer Expedition (Tabelle S. 257 — 260.) 5". vnicroiiafa ist wegen ihrer Häufigkeit besonders gut geeignet, Fragen allgemeinerer Natur zu prüfen. Die größeren und gegenüber Diucronata selteneren Salpen sind schwieriger zu prüfen, da sie von den Netzen nicht mit solcher Regelmäßigkeit gefangen werden. Auch war die Fangfähigkeit unserer Netze so verschieden, daß man ihre Fänge nicht gut vergleichen kann ; das Vertikalnetz fängt sehr verschieden, je nachdem es mit Gazö' i 5 oder mit dem weiten Netz bezogen war, namentlich da durch das weitmaschige Netz die meisten Salpen hindurch- gegangen sein müssen. Aus der Tabelle S. 257 — 260 zeigt sich aber, daß die meisten Salpenarten in Fängen vorhanden waren, die aus großen Tiefen bis zur Oberfläche gemacht waren, als auch in direkt an der Oberfläche ausgeführten Fängen. So ist z. B. 5. pinnata gefangen worden auf Station 46 aus 3000 — o m » » 50 tf 4000 — 0 „ )) »> 74 » 3000—0 „ S) )> 198 j> 520—0 „ )) J» 213 ?> 2000 — 0 „ « » 214 »* 2000 — 0 „ JJ J> 239 aber I 500 — 0 „ auf Station '5 von der Olierfläche j) »» 179 tt ?> ?» n » 200 )? 100 — 0 m 236 „ 50 — o „ also von den obersten Wasserschichten, so daß die Tiefenfänge keinen Anhalt geben, daß diese Salpen auch wirklich in tieferen Schichten gelebt haben. Andere Salpen sind aber nur vermittelst des Vertikalnetzes, das aus größeren Tiefen bis zur Oberfläche gezogen wurde, gefangen worden, wodurch ja aber auch nicht der Beweis erbracht ist, daß sie in der Tiefe gelebt haben. So wurde 5. virgula nur in Vertikalnetzzügen von höchstens 4000 und wenigstens 1900 m bis o m erbeutet, 5. hexagona avis 2500 m im Maximum bis 1300 im Minimum, 5. Pictcti 2400 im Maximum, 1600 im Minimum, 5. Henseni 2400 im Maximum, 1000 im Minimum. Es sind dieses alles seltenere Arten, die die großen Vertikal- netze fingen und die ihrer Seltenheit wegen in den kleinen Netzen fehlten. Nach Taf. XXXI [VI] 36 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 28 I würde 6". Hcnscni, wenn das Vertikalnetz sie aus der größten Tiefe, bis zu welcher es hinab- gelassen wurde, gefangen hätte, meist in Temperaturen zwischen o — 5'^ C gelebt haben, und nur einmal in Wasserschichten von 5 — 10" C. Die Möglichkeit, daß die Warmwassersalpen in größere Tiefen hinabsteigen, ist ja gegeben, die Wahrscheinlichkeit, daß sie es thun, aber sehr gering. Es wäre dann gar nicht zu verstehen, warum die meisten Salpen nicht weiter polwärts gehen, als da, wo sie durch Strömungen in kühleres Wasser getragen werden. Sie vermögen hier wohl auch noch zu vegetieren, zum Leben bedürfen sie aber höherer Temperaturen. Die an kaltes Wasser angepaßte 5. fusiformis forma echinata steigt aber auch in größere Tiefen hinab, da für sie die niedere Temperatur in der Tiefe T " 6 ( „ SV.) 33 175 Mittleres „ 0 0 In der folgenden Tabelle sind alle Stationen aufgeführt, an denen mit cjuantitativen Netzen gearbeitet worden ist, auch wenn keine Salpen gefangen sind. Außer Salpa vnicronata sind die Station Tiefe m Solpa mucronaia greg. sol. Station Tiefe ra Salpa ni greg- ucronata sol. Station Tiefe m Salpa mttcronata greg. sol. 14 200 — 0 — I 149 200-0 228 100— 0 32 200 — 0 158 30—0 231 200-0 39 200—0 — I 160 14 — 0 232 100— 0 41 200—0 161 70 — 0 233 15—0 43 200 — 0 II I 164 27 — 0 234 15—0 46 200—0 166 30 — 0 235 50—0 I 48 200—0 168 200 — 0 236 200 — 0 4 — I 49 200—0 169 50 — 0 I 237I1 100— 0 I 55 200-0 — I 170 100 — 0 238 100— 0 58 200 — 0 . 171 100— 0 239 100— 0 2 64 200 — 0 172 200 — 0 4 240 100— 0 6 67 200—0 — I 174 200 — 0 6 245 100 — 0 2 68 140—0 175 100— 0 250 100 — 0 72 200—0 181 50—0 6 251 100— 0 77 18—0 182 200 — 0 I -■ i 252 100 -0 83 200 — 0 183 100 — 0 4 ! ■ 1 256 100 — 0 I 86 200—0 185 100— 0 I I 258 100— 0 16 2 90 200 — 0 186 100—0 48 3 259 100 — 0 6 93 90 — 0 190 200—0 I — I 261 lOO-O 93b 10— 0 198 100— 0 68 3 267 100— 0 106 80—0 200 100— 0 3 268 200—0 108 100— 0 207 100 -0 12 269 100— 0 46 4 114a 15-0 215 200-0 I — I 270 50 — 0 I 114b 10 — 0 2i8b 18—0 13 271 100 — 0 I "7 200—0 220 200—0 9 272 50—0 2 123 200—0 221 100— 0 273 100 — 0 I 127 200—0 226 200—0 I — I 274 100 — 0 • I 139 200-0 227 100— 0 '4 38 Salpen der deutschen Tiefsee-Expeditinn. 28'^ größeren Sa/l>a piunata, ßoridaua, /'/isifonnis, auihoiiieiisis je i — 3 mal gefangen worden. Ich habe sie aus der Tabelle fortgelassen, da die vereinzelten Fänge doch kein Bild ihrer Verteilung geben können, sie sind zum Teil zu groß, zum Teil zu selten, um regelmäßig mit den quantitativen Netzen erbeutet zu werden. Sie finden sich in der Tabelle S. 257 — 260 angeführt. Die in der Tabelle gegebenen Zahlen sind als Kurven auf Karte Taf. XXXII [VII] dar- gestellt. Durch einen Punkt sind die Stationen bezeichnet, auf welchen Salpen mit anderen Netzen als quantitativen erbeutet wurden. Die Voraussetzung der quantitativen Untersuchung ist, daß das Plankton gleichmäßig genug verteilt sein muß, um aus wenigen Fängen Schlüsse auf größere Meeresflächen zu ziehen. Was vom Plankton im allgemeinen gilt, gilt avich für die einzelnen Komponenten, in unserem Falle die Salpen. Eine gleichmäßige Verteilung können wir nur erwarten da, wo die hydro- graphischen Verhältnisse die gleichen bleiben ; wo diese sich wesentlich ändern, werden die Orga- nismen eine Reaktion auf die Aenderung zeigen müssen. Da, wie wir oben gesehen haben, Sn/pa iimcronata eine Warmwasserform ist, können wir sie nicht in dem kühlen Benguelastrom und in der Antarktis zu finden erwarten und daher nicht von einer Ungleichmäßigkeit des Auftretens reden, weil sie hier fehlt. Aber auch nicht in den Warmwassergebieten findet sich S. mucivuata überall und in der- selben Anzahl. Wir werden daher zu untersuchen haben, ob die Art der Verteilung aus den hydrographischen Befunden zu deuten ist. Wie ich schon früher (la, S. 51) hervorhob, sind die Salpen für solche Untersuchungen möglichst ungeeignet. Denken wir, daß unsere Salpe mathematisch gleichmäßig verteilt wäre, so müßte diese Gleichmäßigkeit sofort gestört werden, wenn z. B. eine solitäre Salpe eine kleine Kette von ihrem Stolo abstoßen würde. Die solitäre Form ist in 18 Fängen enthalten mit 28 Individuen. Die Zahlen in den einzelnen Fängen schwanken zwischen o und 4. Die Zahlenreihe, wie sie aus der Tabelle für diese Form zu entnehmen ist, zeigt eine Gleichmäßigkeit, die in Erstaunen setzen muß, und namentlich darum, weil die Verteilung so gleichmäßig ist, unbekümmert um einen Wechsel in den hydrographischen Verhältnissen. Die höheren Zahlen, also die Erhebungen auf Kurve Taf. XXXII [VII] fallen der gregaten Form zur Last. Zum Teil sind sie, wde schon gesagt, durch die Art der Fortpflanzung zu erklären. So konnte ich für den Fang Station 198 „68 ganz junge, wahrscheinhch zu einer Kette gehörige" Individuen notieren; ein Gleiches gilt von den Exemplaren auf Station 186. In anderen Fällen kann ich das nicht so sicher behaupten, da ich bei der Untersuchung der Salpen nicht auf die Zusammengehörigkeit der einzelnen Individuen in dem einzelnen Fange zu Ketten geachtet habe. Zur Erklärung der Verteilung, wie wir sie vorgefunden haben, bleiben von den hydrographischen Verhältnissen nur die Strömungen, da die Temperatur und der Salzgehalt nur wenig Unterschiede zeigen. Nach Taf. XXX [V] fand sich 5. vnicronata bei Temperaturen von über 20'^ C, bei etwas kühleren da, wo ein warmer Salpen führender Strom sich allmählich abkühlt. Der Salzgehalt zeigt ganz geringe Schwankungen. Auf Taf. XXX [\'] ist die Isohaline von 35 "/q^ ein- getragen. Nur ein größeres Gebiet bleibt unter diesem Salzgehalt, der nordöstliche Teil des Indischen Oceans, in dem der Salzgehalt bis zi " /oo sinkt. Diese Schwankung im Salzgehalt spielt keine Rolle, wie wir aus der Verteilung der Salpe Taf. XXXII [VII] sehen. Nur, wo durch 39 284 C. Apstein, einströmendes Süßwasser, wie am Kongo das Wasser auf eine Strecke hin stärker ausgesüßt ist, fehlt die Salpe. Wenden wir uns zu den Strömungen. Zum ersten Male finden wir eine größere Zahl der Salpe auf Station 43, nördlich und südlich dieser Station nur geringere Mengen (man muß allerdings bedenken, daß die Oeffnung des Netzes nur 155 qcm, also ca. '4 der Seite der Ergebnisse ist). Diese Station liegt im Guineastrom, der als Kompensationsstrom aus Nord- und Südäquatorialstrom besonders reich an Organismen in den obersten Wasserschichten ist. Auch weiterhin im Busen von Guinea fand sich die Salpe, bis südlich vom Kongo, soweit die wannen Temperaturen reichten. Wiederum größere Mengen sehen wir nordöstlich von Neu-Amsterdam in dem strom- losen Gebiet auftreten. Diese Salpen stammen, wie ich glauben möchte, aus den Ausläufern des Moqambiquestromes. Auf der Agulhasbank war die Salpe sehr selten, sobald wir aber bei Port Elizalieth, südlich davon und am Südrande der Bank die warmen Fluten dieses Stromes spürten, trat unsere Salpe in großer Zahl auf. Durch die Westwindtrift wird der Strom nach Osten abgelenkt, und mit ihm gelangen die Salpen mit dem sich mehr und mehr abkühlenden Wasser nach Osten, auf 40" O. L. sind sie schon, wie die Textkarte Fig. 9 (S. 272) zeigt, gefunden worden. Wenn wir sie nicht südlich von St. Paul fanden, so liegt das darin, daß sie in dem kühlen Wasser sehr spärlich sind. Nach Norden, dann nach Westen umbiegend, umzieht der Strom die Stromstillen des Indischen Oceans nördlich von Neu-Amsterdam. Hier wird die Salpe, ähnlich wie das Sargassum in der Stromstille des Atlantischen Oceans, in größeren Mengen angehäuft. Im nördlichen Indischen Ocean liegen die Maxima der Salpenverteilung in dem zwischen Nord- und Südäquatorialstrom befindlichen Gegenstrom, der dem Guineastrom des Atlantischen Oceans entspricht, und da, wo dieser Strom auf die Küste trifft. Letzteres trifft einmal an der Küste Ostafrikas, dann bei Sumatra zu. (Vergl. die Strömungskarte bei Schott, 10, Taf. XXXIX.) Es ist derselbe Vorgang, wie wir ihn im Atlantischen Ocean bei den Hebriden haben, wo im Juli- August unsere Salpe sich in Unmengen findet (i a, S. 54 f.), mit dem Golfstrom aber auch noch weiter bis Norwegen hinauf geführt wird. Vielleicht ist auch das Maximum auf Station 218b (Suadiva-Atoll) durch passiven Landeinfluß zu erklären. Bei Sumatra findet sich zwischen den beiden Maxima ein Minimum auf Station 190. Wie die Nebenkarte auf Taf. XXXII [VII] zeigt, liegt diese Station innerhalli der dieser Küste vorgelagerten Inselreihe, gleichsam als ob die Salpen durch die Inseln zum größten Teile zurückgehalten werden. Daß diese Maxima aber auch durch die Art der Fortpflanzung bei den Salpen hervorgebracht sein können, habe ich schon oben erwähnt. Das letzte Maximum im Golf von Aden würde wieder auf passiven Landeinfluß zurück- zuführen sein. Das Plankton im allgemeinen zeigte hier eine ganz auffallende Aenderung, als wir, von Süden kommend, das Cap Guardafui umfuhren, worüber ich später zu berichten haben werde. Als Gründe für die größere Häufigkeit der 5'. inucroiiata an gewissen Stellen konnte ich mehrere anführen; einmal den passiven Landeinfluß, dann die Kompensationsströme und schließ- lich in einem Falle die Stromstille. Weiter unten wende ich auf diese Verhältnisse noch einmal im Zusammenhange einoehen. Die nächsthäufige Salpe ist -S'. fitsifoniiis. Aus der Tabelle sehen wir, daß sie namendich häufig war im Guineastrom, dann war sie wieder zahlreicher von Station 83 — 88, also in der 40 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. "yRc. Stromstille des südatlantischen Oceans am linken Rande des Benguelastromes. Man könnte diesen Vorgang der Ansammlung an der Stromgrenze als eine „Seihstreinigung" des Stromes bezeichnen. Ferner sehen wir diese Salpe wieder regelmäßiger und häufiger im Gegenstrom des Indischen Oceans auftreten, seltener, aber doch deutlich an der ostafrikanischen und sumatraischen Küste. Allerdings und nicht korrespondierend mit 5. niitcroiiata auch östlich und südwestlich von Ceylon. Wie ich schon früher (la, S. 54 ff.) hervorhob, glaube ich, daß die größeren Mengen nicht zufällige Erscheinungen sind, sondern daß wir es mit ganz gesetzmäßigen Vorkommnissen zu thun haben. Dem würde allerdings das massenhafte Vorkommen der Salpa fiagclli/cra im südatlantischen Ocean zu widersprechen scheinen (siehe Taf. XXXII [VII]). Auf Station 83 fand sich diese Salpe schon sehr häufig in einem Oberflächenfange. Bei Station 86 sahen wir im Wasser eine gelbgrüne Wolke, die ungefähr Schiffslänge hatte, aber nur halb so breit an der breitesten Stelle war. Die Wolke bestand aus 6". flagelli- fem, die das Wasser so erfüllte, daß außer ihr sich keine Organismen fanden, selbst nur wenig Wasser zwischen den einzelnen Individuen vorhanden war, so daß thatsächlich der Ausdruck Tierbrei hier am Platze war. Die Individuen waren die solitäre Form und alle von ungefähr der gleichen Größe von 14 mm. Auf Station 87 brachte ein Oberflächenfang über 2000 Individuen, davon waren 'V* solitäre und Vi gregate Form; unter ersterer fanden sich zwei Größen, wenige (60) von 14 mm, 1600 von 5 — 6 mm Länge. Auf Station 88 fanden sich noch in zwei Vertikalnetzzügen 15 Exemplare, davon 5 gregate und 10 solitäre Form. An Station go vor Kapstadt endlich waren noch 5 solitäre Individuen in einem Ober- flächenfange. An Station 85 und 89 war diese Salpe nicht vorhanden. Von Station 86 — 88 würde die Salpe ununterbrochen zu finden gewesen sein, also auf eine Strecke von ca. 200 Seemeilen (= 375 km) oder auf eine Entfernung wie von Kiel bis Leipzig oder von Neapel bis ungefähr Florenz. Auf dieser Strecke war bei Station 86 die Dichte des Vorkommens so groß, daß ihre Massen direkt im Wasser zu sehen waren, auf Station 87 wurde sie ebenfalls massenhaft gefangen, verfärbte aber nicht mehr das Wasser. In Bezug auf Salpen gehört die Strecke von Station 83 — 88 zu den interessantesten der ganzen Fahrt, so daß wir etwas länger bei den hier gemachten Fängen verweilen müssen. Lokale Ansammlungen von Tieren einer Art neben von denselben Tierarten unbewohnten oder schwach bewohnten Meerstrecken hat man früher als „Schwärme" bezeichnet (i a, S. 54) und sie für eine regellose Erscheinung gehalten. Zum ersten Mal konnte ich dann über einen solchen „Salpenschwarm" eine Reihe Nachrichten beibringen, die alle an derselben Stelle (den Hebriden) und zu derselben Jahreszeit den „Schw-arm" verzeichnen. Ich kam zu dem Schlüsse, daß viele der als Schwärme gedeuteten lokalen Ansammlungen von Salpen nicht Schwärme, also regellose Erscheinungen sind, sondern ganz gesetzmäßig alljährlich zur selben Zeit am selben Orte erscheinen, vmd hatte diese gesetzmäßigen Ansammlungen von Salpen als „Produktion" be- zeichnet (la, S. 56), ein Ausdruck, der unglücklich gewählt war und zu Mißverständnissen Ver- anlassung gab, da man aus dem Ausdruck Produktion entnahm, daß die Zeugung der Massen an Ort und Stelle stattgefunden habe. Dieser Sinn hat mir bei Wahl des Ausdruckes „Pro- duktion" ferngelegen. Deutsche Tiefsee-Expedition i8g8 — 1Ö99. Bd. XII. 1^ 286 C. Apstein, Später hat Dahl (14, S. 123) die gleichen Beobachtungen über Pelaoia gemacht; auf seiner Hin- und Rückreise nach resp. vom Bismarck-Archipel (Rahim) fand er östlich von Sokotra dreimal an je derselben Stelle Pelagien in großen Mengen. Ich habe dann in Zweifel gezogen, ob Schwärme in dem früheren Sinne überhaupt existieren; aus Mangel an Beobachtungen wird man vorläufig noch solche Ansammlungen als Schwärme bezeichnen müssen. So halte ich auch das Vorkommen der 6". ftagellifcra in den oben erwähnten Teilen des südlichen Atlantischen Oceans für ein gesetzmäßiges. Vielleicht, daß sie hier nur zu bestimmten Zeiten im Jahre vorkommt, so daß sie bisher hier nicht beobachtet ist. Die Salpen fanden sich zahlreich an dem \^^estrande des Benguelastromes (Taf. XXXII [VII]), in geringer Anzahl (Station 88 und 90) in diesem Strome. Ich gebrauchte olien den Ausdruck „Selbstreinigung des Stromes" und glaube auch in diesem Falle die Erklärung darin zu finden. Die Strömung schiebt in ihr treibende Körper, also auch Organismen, nach ihren Rändern ab, reinigt sich also davon und lagert die Körper an ihrem Rande in der Stromstille ab. Organismen mit nicht besonders großer Eigenbewegung werden sich hier zu Ansammlungen zusammenfinden. Meisenheimer (15, S. 69) erwähnt dieselben Stationen am Westrande des Benguelastromes als besonders reich an Pteropoden. Auffallend bei unserer Salpe ist noch das Verhältnis der geschlechtlichen zur ungeschlecht- lichen Form: Station 86 nur große solitäre Formen, Station 87 große und zahlreiche kleine solitäre und zahlreiche gregate Formen, Station 88 beide Formen, Station 83 aber nur solitäre. Also im Verlauf der Strömung im Süden beide Formen, weiter nördlich nur die ungeschlecht- liche, aber geschlechtlich erzeugte Form. Dieses eigenartige Verhalten vermag ich nicht zu deuten. Jede gregate Salpa flagellijera entwickelt zur Zeit nur eine solitäre Salpe, man müßte annehmen, daß beide Formen in gleicher Zahl sich finden würden, oder daß die gregate Form häufiger ist, wenn die solitären Individuen größere Ketten abstoßen. Ein Ueberwiegen der solitären Form ist schwer zu verstehen. Auf Station 86 fand sich aber nur die solitäre Form. Die Kettenform muß doch auch in so großen Mengen vorhanden gewesen sein, um die große Zahl solitärer Individuen zu erzeugen. Am 22. April trafen wir östlich der Meerenge von Gibraltar auf Massen von Salpa niaxiiiia und einer Cyclosalpa (pinnataf), von ersterer konnten einige Exemplare gekätschert werden, letztere erhielten wir vom fahrenden Schiff nicht, daher ich die Art unbestimmt lassen muß, wenn es auch sehr wahrscheinlich ist, daß es sich um C. pinnata gehandelt hat. Den ganzen Tag fuhren wir durch dichtere Ansammlungen, die allerdings nicht mit der oben erwähnten von S. flaorcllifera zu vergleichen waren, meterweite Zwischenräume fanden sich zwischen den einzelnen Individuen. Außerhalb der Straße von Gibraltar fanden sich beide Salpen nur spärlich. Ob alljährlich hier zur selben Zeit die genannten Salpen in solchen Mengen vorkommen, vermag ich nicht zu sagen. Die Ausdehnung der Ansammlung allein spricht gegen einen regellosen Schwärm ; ich glaube, daß die beiden Salpen für diesen Teil des Mittelmeeres in der betreffenden Zeit charakteristisch waren. Ebensowenig würde ich \'on einem C/iaefocerasSdnv^?irm sprechen, wenn Cliaetoceras im Frühjahre die westliche Ostsee erfüllt, oder, wie ich schon früher (i a, S. ^t^) an- führte, von einem Linergcs iiierciitia-?ic\mdirm, wenn Brooks (2, S. 145) diese Qualle während 2 Wochen von Cap Hatteras bis zu den Bahama-Inseln beobachtete. „I was surrounded continu- ally, night and day, by a vast army of dark-brown jelly fishes." 42 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 28? Weitere Ansammlungen von Salpen, die als „Schwärme" gedeutet werden könnten, haben wir auf der Ticfsee-Expedition nicht angetroffen. Fasse ich noch einmal die Ursachen zusammen, unter denen eine Anreicherung oder An- sammlung von Salpen — und das wird auch für alle anderen Plankton Organismen gelten — zu Stande kommen. Wie ich oben auseinandergesetzt habe, sind diese Erscheinungen von den Strömungen abhänge. Organismen — wie auch alle anderen Körper (Baum.stämme etc.) — werden, wenn sie in einem Strome treiben, zum Teil nach den Rändern des Stromes getrieben und, wenn sie an die Grenze des Stromes gelangen, in ruhendes Wasser abgelagert, wie ich das bei Sa/f'a /hge/Iifcra erwähnt habe. Bei Semper (i6, S. 133) finde ich die Erscheinung schon beschrieben: „Jedem Seefahrer ist die dadurch bedingte Erscheinung bekannt, daß sowohl die westliche, als auch die östliche Grenze des Golf.stromes durch einen l)reiten Streifen von zusammengehäuften Tangen, Holz, Blättern und anderen Dingen bezeichnet ist." Mit Semper nenne ich diese Wirkung des Stromes „Selbstreinigung des Stromes". Die Ansammlung von Sargassum beruht auf dieser Lebensäußerung des Stromes. Ebenfalls beruht darauf der Reichtum der Kompensations- ströme, welche als eine Ergänzung der durch zwei parallele oder in einem spitzen Winkel auf- einander zu fließende Ströme hinweggeführten Wassermassen aufzufassen sind. Solche parallelen Ströme sind der Süd- und Nordäquatorialstrom im Indi- schen Ocean, und solche unter spitzem Winkel aufeinander < 1 '' .^_ili"' ^^l'" treffenden und sich vereinigenden Ströme sind der Nord / /"^^ * * < — - und Südäciuatorial-strom im Atlantischen Ocean. Die be- ffeyen-\^^^ s>. y _>-> L^ ^^ — > ^ treffenden Kompensationsströme sind die indische Gegen- ^ ( ( (* C_ C C1_CI_ Cl_ *(I Strömung resp. der Guineastrom. Die Kompensation V^ <* < * < ^ geschieht nicht am Ende des Stromes, resp. wo die beiden Südaequatorial Strömungen aufeinander treffen, sondern während des Fig. 15. Bildung des Kompensationsstromes. ganzen Verlaufes des Stromes. Der Reichtum des Kompensationsstromes beruht nun ebenfalls auf der Selbstreinigung der ihn erzeugenden Ströme. Der Nordäquatorialstrom befördert Organismen an seine Ränder, also auch nach Süden, der Südäquatorialstrom schiebt ebenfalls Organismen an seine Ränder ab, also auch nach Norden, so daß aus beiden äquatorialen Strömungen sich die Organismen im Kompensationsstrom (Gegenströmung und Guineastrom) anreichern müssen. Er erhält also außer den in ihm lebenden Organismen fortwährend Zufuhren von beiden Seiten. So erklärt sich unge- zwungen der Reichtum des atlantischen Guineastromes und der indischen Gegenströmung. Der zweite Punkt ist der, wenn eine Strömung auf einen Widerstand stößt, sei es nun eine Küste oder ein anderer Strom, der ihm entg^eoenkommt. Die Strömung muß ganz oder teilweise abgelenkt werden. So spaltet sich die Westwindtrift an der Südspitze Afrikas, ein Teil fließt als Benguelastrom an der Westküste Afrikas nach Norden, während der andere Teil südlich der Agulhasbank nach Osten weitergeht. In diesen Winkel hinein trifft der Mocjambique- Agulhasstrom, der seinerseits nun eine Ablenkung nach Osten erfahren muß. Hier treffen also zwei Strömuuijen direkt aufeinander. Das Auftreffen einer Kante der Strömung- auf Land sehen wir am Golfstrom an der Nordwestseite Schottlands bei den Hebriden. Ein Teil des Stromes trifft auf Land und muß nun ausbiegen resp. seine Bewegung verlangsamen. Mag der Strom oder ein 43 37* 2gg C. Apstein, Teil von ihm nun auf eine andere Strömung oder auf Land treffen, so muß durch Reibung seine Geschwindigkeit gehemmt oder seine Bewegung in der Nähe des Hemmnisses aufgehoben werden, er muß sich „tot laufen". Hier haben wir dann ruhendes oder schwach bewegtes Wasser, in dem sich die Organismen ansammeln und besonders stark ansammeln, da an der Kante des Stromes noch die Selbstreinigung desselben in Wirkung tritt. Treffen zwei Strömungen nicht direkt aufeinander, sondern fließen sie nebeneinander in entgegengesetzter Richtung hin, so muß ebenfalls durch Reibung ein ruhender Wasserstreifen zwischen ihnen zu stände kommen, der unter dem Namen Stromkabbelung bekannt ist und sich von weitem sichtbar macht durch hüpfende, spitze, pyramidenartige Wellen zwischen den ruhig und glatt hinfließenden Strömen. Vanhöffen (13) hatte auf die Verhältnisse des Aufstoßens eines Stromes auf ein Hindernis hingewiesen, sucht die Erklärung aber folgendermaßen: „Während das herbeiströmende Wasser nach der Tiefe auszuweichen sucht, wenn es vom Lande aufgehalten wird, können die an der Oberfläche schwebenden Tiere und Pflanzen nicht folgen. So reichert sich das Oberflächen- plankton allmählich in den Häfen und Engen an, die eine Strömung berührt." Der Reichtum der Häfen beruht wohl auf stärkerer Zufuhr an Nahrungsstoffen (organischen und anorganischen) von der Küste und dem Boden. In engen Buchten mag wohl das Wasser nach der Tiefe aus- weichen, in oceanischen Verhältnissen wird es seitlich abfließen. Beide besprochenen Punkte, die Selbstreinigung der Ströme und die Reibung beim Auf- stoßen auf ein Hindernis, haben wir bei der Verteilung der Salpen kennen gelernt und können uns dadurch die Ansammlungen erklären. Wie weit diese Erklärungen für alle Fälle zutreffen, werden die Bearbeitungen anderer Planktonorganismen zeigen müssen. Benutzte Litteratur. la. Apstein, Die Thaliacea der Plankton-Expedition. B. Verteilung der Salpen. In: Ergebnisse der Plankton-Ex- pedition, Bd. II, E. a. B., 1894. ib. — Die Salpen der Berliner zoologischen Sammlung. In: Arch. f. Naturgesch., 1894. IC. — Salpes d'Amboine. Voyage de MM. M. Bedot et C. Pictet dans l'Archipel malais. In: Revue suisse de Zoologie, T. XII, 1904. 2. Brooks, The genus Safpa. In : Mein, from the biolog. Laboratorv of the Johns Hopkins University, Vol. II, 1893. 3. Herdman, Report upon the Tunicata. III. In : Rep. on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger", Zoology, Vol. XXVII. 4. Lesson, Centurie zoologique, Paris 1830. 5a. QuoY et Gaimard, Observations sur les Biphores et les Beroes, faites peiidant le voyage autour du monde de la corvette „L'Uranie", commandee par M. Louis de Freycinet. Ann. des Scienc. nat., T. VI, Paris 1825. 5b. — — DuMüNT d'Urville, Voyage de la corvette ,,L'Astrolabe", execute par l'ordre du roi , 1826 — 1834. 6a. Ritter and Byxbee, The pelagic Tunicata in Reports on the scientific results of the expedition to the tropical Pacific in charge of A. Agassiz in the U. S. Fish Commission steamer „Albatrcjss". In : IMenioirs of the Museum of comp. Zool. at Harvard College, Vol. XXVI, No. 5, 1905. 44 Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. 28q 6b. Ritter, The pelagic Tunicata of the San Diego region, excepting the Larvacea. In : University of California Publications, Zoology, Vol. II, 1905. 7a. Tr.\ustedt, Bidrag til Kundskab om Salpeme. 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Preuß. Akad. d. Wiss., Phys.- math. Klasse, i8g8. 15. Meisenheimer, Pteropoda. Dieses Werk, Bd. IX. 16. Semper, Die natürlichen Existenzbedingungen der Tiere, Teil II, 1880. 17. Apstein, Die Schätzungsmethode in der Planktonforschung. In: Wiss. Meeresuntersuchungen, Abt. Kiel N. F. Bd. VIII, 1904, S. 114 ff. 45 2QO C- Apst^tn, Salpen der deutschen Tiefsee Expedition. Inhaltsübersicht Seite I. S3'stematik ■ 247 Cyclosalpa 247 1. Cyclosalpa pinnata Forsk 247 2. C. afßnis Cham 247 3. C. virgula Vogt 247 4. C. floridana Ap.sxein 248 Salpa 249 5. Salpa cylindrica Cuv 249 6. >S. niaxima FORSK 249 7. 5. fusiforviis Q.vx 249 8. 5. ftisiformis forma echinata (Herdman) 250 9. 6". amboiuensis Apstein 250 10. S. punctata Forsk 251 11. S. hexagona QuoY et Gaimard 252 12. 5. Picteti Apstein 252 13. 5. roatrata TrausTEDT 252 14. 5. asymmetrica Fowler 252 15. 6. mucronata Forsk 252 16. S. flagellifera Traustedt 253 17. 5. confoederata Forsk 255 18. 5. zonaria Fall 255 IQ. 5. Tilesii Cuv 255 20. .S. magalhanica Apstein 255 21. S. Henseni Traustedt . 256 Journal aller \'ertikal-, Plankton-, Schließnetz-, Oberflächenfänge mit Salpen und der In- dividuenzahl der gefischten Salpen nach Arten 256 IL Geographische Verbreitung der Salpen 261 1. Salpa (Cyclosalpa) pinnata 264 2. 5. (Cyclosalpa) affinis 266 3. 6'. (Cyclosalpa) virgiila 266 4. 5. (Cyclosalpa) floridana 266 5. 6". cylindrica 266 6. vS". niaxima 266 7. S. fusiformis 268 8. S. ftisiformis forma echinata 268 Q. 5. punctata 270 10. ^. amboinensis 270 11. 6'. hexagona 270 12. 5. mucronata 270 13. S. flagellifera 270 14. 6". confoederata 273 15. 6'. zonaria 273 16. S. Tilesii 275 17. >S. Picteti 275 18. 6'. magalhanica 275 IQ. 5'. asymmetrica 275 20. kS". rostrata 276 21. 5. Henseni 276 III. Vertikale Verbreitung 277 IV. VerteilungderSalpen 281 Litteratur 288 Frommannsche Bucbdnickerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2999 Tafel XXVI. (Tafel I.) Fig. I. 2. 3- 3 a. 3 b. 3c- 3d. 4- 5- 6. a Einströmungsöffnung. an After (Anus). b Kloakenöffnung. B Bauchseite. e Endostyl. / Flimmergrube. fb Flimmerbogen. Tafel XXVI. (Tafel I.) Zeichenerklärung. g Nervenknoten. ga Pigment des Auges. / Längsmuskel. n Darm oder Nucleus. nb Blindsack des Darmes. u Mund. j) Pigment. R Rückseite. r Kieme. s Embryo. st Stolo. t Hoden. V Gefälä. vd Vas deferens. Fig. I — 6. Cyclosalpa virgula sol., von der rechten Seite. Nat. Größe. „ „ ,, Darm und umlagernde Organe von der linken Seite. 6:1. „ fioridana greg., vom Rücken. 10:1. „ „ „ Darm mit Hoden. 20:1. „ „ „ Darm teil, an dem der Blindsack abgeht. 40:1. „ „ „ Gefäß am Darm. 70: i. „ After und Ausmündung des Vas deferens. Salpa fusifonnh f. ccbinata greg., vom Rücken. 6:1. „ „ „ „ „ Zacken derselben. 50:1. „ „ „ „ sol, von der linken Seite. 2:1. 6 a, 6 b. Querschnitt derselben. DEUTSCllt; TIEFSEE EXPEDITION la^a OQ. Bd. XII. APSTEIN ■■ SALPEN . T\-\r..\X\l I. 5 a . •nb 5 b, o . d. v.d 1-2. Cydosalpci virgula sol . J. criorida/m ff reg. 4-0. Salpa fusifonivis f. echinata . TAF. 1. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Lith Ans! vA.üUisM .jena Tafel XXVI I. (Tafel II.) Fig. 7- 7 a. 8. 8 a, 9- 10. 1 1. 12. 13- 14. Tafel XXVII. (Tafel II.) Fig- 7—14- Salpa cylindrica sol., Verteilung des blauen Pigmentes. „ „ „ Pigmentfleck, stärker vergrößert. Salpa amboinensis greg. 6:1. Stoloindividuum, zu Fig. 9 gehörig, sol., Hinterende vom Bauche. 5 : 2. vom Rücken. 3:1. von der rechten Seite. 3:1. Nervenknoten und Flimmerorgan. 20:1. vom Rücken. 2:1. Muskeln (zu Fig. 13). so: i. 20: I. DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898-99, Bd. XII. AP STEIN ■■ SALPEN . TAF ,;ö(V1I. 8a. # 10. 12 ,■■'"' fb 8. 9. ^ m ■^^ w'^ m \ ff n^ "b 7 a. 11 g • '""3» gr -nb 14 Gez.v.C.Apstein . 7. Salpn cvlindrica sol.-8'14-. Salpa umhoinensis . S.f.Ljrnj. 0-Uf.soI. ■\AV. 11 LithAnst. vJ. Giltschjena . Tafel XXVIII. (Tafel III.) Tafel XXVIII. (Tafel in.) Fig. 15 — 22. Fig. 15. Sa/pa pwiäata greg. 8:1. /— (5 Muskeln. „ 16. „ „ Embryo. 13:2. ^^17. „ „ sol., von der rechten Seite. 2:1. „ 1 8. „ Picteti sol., vom Rücken. 2:1. „ i8a. „ „ „ vom Bauche. 1:1. IQ. „ mucronata greg., mit Zackenreihen. 13:1. „ 20. „ „ „ mit Zacken. 20: i. 21. ■> 1 Zacken vergrößert. 270: i. Zacken noch stärker vergrößert. 700 : i . DEUTSCHE TIEFSEE EXPEDEEION. 189899. Bd.. XU- APSTEIN^ SALPEN ■rAF.VAMll 15. 18 a. 16 2 1. Gez.v.G.Apstein.. K \ w-^^^^m \ V \ IHpHII S ■!!■ fe- L --^-^mL 9 H t -^tw ial| ^ -«^•^^fc« .'.^^iAMMMiw _-:;r:rr .■ ". " 75-/7. Salpa punctata .- 18. Salpa Picteti sul . 19-22. Salpa mucronata . TAF.lll Yerlag von Gustav Fischer in Jena. st -H 20 ^^h. * ^^ / '•-1_ 09 vA.Giltsch.Jena. Tafel XXIX. (Tafel IV.) Fig. 23- » 24. n 25- ») 25a, »» 26. n 26a. » 27. >» 28. »> 29. Tafel XXIX. (Tafel IV.) Fig. 23—29. Sa//>a mucronata, Teil eines Körpermuskels. 140:1. „ „ sol, Verschmelzunt^ von Muskelbändern zwischen 5. und 6. Muskel. „ magalhanica greg., vom Rücken. 4:1. / — 5 Muskeln. „ „ „ vom Bauch. 4:1. „ „ sol, vom Rücken. 4:1. „ „ „ vom Bauch. 4:1. „ „ „ Nervenknoten, Auge und Flimmergrube. „ Henseni %o\., vom Rücken. 5:1. (Nach dem lebenden Tiere.) „ „ „ Anhang (nach dem lebenden Tiere). M = Mantel, / = innere, ä = äußere Wand des Fortsatzes. DEUTSlllE IIKFSEE EXPEDITION i89ö-99.ßd.XII. APSTEIN: SALPEN. [■ap;ä\ix. 23-24 Saipa nnici-oiiaUL.~25'2/ Salpa magaUiunica. 28 -29 Salpa Hensenisol . TA Y. IV . Verlag von Gustav Fischer in Jena . Tafel XXX. (Tafel V.) Tafel XXX. (Tafel V.) Karte mit der Fahrtlinie der deutschen Tiefsee-Expedition. Die Punkte • auf der Fahrt- linie bedeuten Stationen mit Salpen. Die ausgezogenen roten Linien sind Isohalinen (30, 2)^^ 35 7oo) "^^^ Schott (10, Taf. XXXIII). Die punktierten roten Linien sind Isothermen von 5 zu 5° C, auf der Fahrtlinie unter Benutzung des Journals eingetragen, des weiteren nach dem Atlas von ScHorr (10, Taf. IX). Sie gelten für die Meeresoberfläche. DEUTSCHE TIEFSEE -EXPEDITION 1898-9Q Bd. HI. Apstein; Salpen. TAP.nx. Taf. 5. 9. Waiii, Llin., Jim Tafel XXXI. (Tafel VI.) Tafel XXXI. (Tafel VI.) Seh ließ netzfänge. Die Schließnetzzüg-e sind in den betreffenden Tiefen, in denen das Netz gefischt hat, durch einen dicken Strich eingetragen, diejenigen Fänge, welche Salpen enthielten, sind durch drei nebeneinander verlaufende Striche markiert. Die Tiefen sind durch eine durch Striche ausgefüllte Kurve angegeben. Die Temperaturen von 5 zu 5'* C sind durch rote Linien gekennzeichnet. Die oberen Reihen geben Fänge mit dem großen (Gr) und mittleren (ä/) Planktonnetz und Oberflächennetz an den Schließnetzstationen an. Die Tiefen der betreffenden Netzzüge sind durch Punkte markiert; falls sich Salpen in den Fängen fanden, ist der Punkt mit einer horizontalen Linie versehen. Apstein: Saipen. DEUTSCHE TIEFSEE -EXPEDITION 1898- 90 ' Bd. XII. TAF. XXXI m 0. Stahoni n. ,— ^_.^-^_.H-^-»^h-^-^--l-lH-^-h-'^-'K'H-h^^-l-I|_.to^s^^^^^t*^Etct^s^o^ol^2 Oot^jtNEQDCXici'os-ji^oo^Oi— 'Co^^^coc^05^^üiOl->ococ"i-'tci-'ooDOi--'-^ao«oo5-sicDoo ^ if. too 8 Gr.2O0 t ni ( ' ' 1 r <' , • 1 II i 1 -1 1 - t 1 ■ 10 1. ) 2C 1 2015 10 5 0 «Ä?^/- 0" c. 10.15 20 ^ ^-^=t^ >' Wi ^ V- L \ '. — ) ^ \ s ^L:^ ! _^ - .— A U -E Lso -; \ /- - ^ / H — ^ . ^^ — =^ ^^ X ■ — -*^ — 5^ ■^ .ii; - "^ 1~- 15 -/~^N . .'^ \f •- >A 500 ( v/ \/ / \ ^ ^ .-^ "V --- ■ — "~ \ jT . / l \ V / / \ V V' \ / .k 1 ' 1 ' n . Ifl 1000 N j ■ Xj \^ , -w 1 "^ V — \_^ fiO ; [N V [^ "^ \ ^ 1! 1 \ \j y ^ g ' " ( E .5- \ )- ;i ^ V 1 1 : — \ [ ;i 3000 l r ■■ Irz - ■■ 1 \^- \ \ h ^-- 1 \ EE^ i i :e=s Vj 1 n 7 EEE:"^! u nie r 1 )« C. 1 : ; k 1 1=33 R i; P e;^-|^ Ip ^; 1 i Ezp -_" r^ r 1 i = L E^ :.E ; .: 3000 = i|zii_^ ^-: ; ^; ^? ^ -f—H 1 ; ■!"; : _._^ 3 H :TJ--._^^r4;-— - 1 1 5|:es-.=:!=3 Illi ;: 1 =s % Zf = ^;Jj==;^ f- \\ == E = " 1 = E;-"if^ := 1 1^ L = i 4; 3ee;e ^3 1 ^I-Sv: i ; ; b: :; = == ^^EE 1 =;. %^2^^^ 33 i : ; h =; = s: Ä ^=^ -^: — -I ^ r^ "-- |.;j"^=3. _^^_ 1 : = p- - |e w "-■ = :^ M — :_^t; — - 1 : = r- — = "i^ = = p == = 1 p: ^^-3r — --- "lEE: -^^—^ =E 3 : = _ = -E = =1 — 4000 r p; =1 _- ESE S ' i -= = i = = = = =-,3: i cr.-r 1 p i-"_^ - -: 1^^ LZT=: EEEE = i ;!; ^^ = — r= t ~^ EE ^^ eE E !a i 1 r^ -r == — -- ^ Cd "t ~' =E -— =• TEE i 1 =: i;^; ^ =-- ^ = === -^ = ~t ~: rri ^ fl \ = "H =r= i = -- ~l " — EEEE 3 i ^=^ ■r^^ 1 M \ 1 =u= ^ = ^ 1 i i "fl F =^ M E = \ 1 = =^ Hl n — ^ ^ - i 3 1 : ^ fr = ^ - i - — ^P J ^ — 1 1 •^ s 1^ = _i = — 1 --.L-,-^ L--f — J 5000 ,_ \ f^ ' " : - 1 1 :■ ^1 : : 11 i m ■i !"-! ■ 11. \1 ; ;\i 1 : ! /: : : ; ! M t _ _L_ ^ U_ ^ . L . . = V ; 1 1 C Apstein del. Verlag von Gustav Fischer. Jena. P, Weise, Lith., Jena. Ta/. 6. Tafel XXXII. (Tafel VII.) Tafel XXXII. (Tafel VII.) i) Quantitative Verteilung von Salpa mucronata. I mm Höhe der Kurve = i Individuum, gefangen mit dem mittleren Planktonnetz oder berechnet aus dem großen Planktonnetz (durch Division mit 6). Ein roter Punkt giebt die Stationen an, an denen Salpa mucronata mit anderen Netzen als den Plankton netzen gefangen ist wenn an der Station auch ein quantitativ fischendes Planktonnetz nicht benutzt ist. 2) -\- Vorkommen von Salpa flaoellifcra im südatlantischen Ocean. riEUTSCHE TIEFSEE -EXPEDITION 1898-99 Bd. XII. Apstein: Salpen. TAF. sxxn. Taf. 7. ♦ •t Die Pyrosomen der Deutsehen Tiefsee-Expedition Von G. Neumann Mit Tafel XXXIII— XLIV [I— XII], i Karte und 14 Abbildungen im Text. J^Ml'^ ^/>mi\ Deutsche Tiefsee-Expedition i8q8— 1899. Bd. XII. 7g Eingegangen bei der Redaktion den 14. Juli 191 2. C. Chun. Einleitung. Die Pyrosomen-Familie dürfte neben den Salpen die am gründlichsten durchgearbeitete Gruppe der Thaliaceen, der freischwimmenden Tunicaten, sein. Die ältesten Untersuchungen von Peron, Lesueur und Savigny waren natürlich morphologisch-systematischer Art. Jedoch schon Vogt, Keferstein und Ehlers, vornehmlich aber Huxley wurden von der Ent- wickelungsgeschichte der Pyrosomen angezogen, mit deren weiterer Erforschung sich in der Folgezeit eine stattliche Reihe der erfahrensten Forscher, wie Kowalevsky, Salensky, Seeliger, Korotneff und Julin beschäftigten. Die grundlegenden Untersuchungen über die Embryonalentwickelung der Pyro- somen von Kowalevsky wurden später von Salensky vind neuerdings von Korotneff und Julin wesentlich ergänzt und vertieft, und zwar verdanken wir Salensky wertvolle Beobachtungen vornehmlich über die postembryonale Entwickelung (die Bildung des tetrazooiden Embryos und der Primärascidiozooide), während uns Korotneff mit allen Stadien der Furchung und Keimblätterbildung des Pyrosomeneies vertraut machte. Diesen Untersuchungen fügte endlich Julin in jüngster Zeit eine Reihe weiterer Beobachtungen hinzu. Mit der Knospung der Pyrosomen beschäftigten sich außer Huxley und Kowalevsky in jüngerer Zeit insbesondere Joliet, Seeliger und Bonnevte. Seeuger gab außerdem in seinen „Pyrosomen der Plankton-Expedition" zugleich eine vollständige monographische Darstellung der ganzen Gruppe. Danach könnte es scheinen, als ob eine erneute Durcharbeitung dieser oder jener Seite völlig überflüssig sei. Allein — wie es wohl nicht anders sein kann — beim eingehenderen Studium der Arbeiten jener Forscher werden nicht nur da und dort Lücken erkennbar, sondern es ergeben sich auch seit langem bestehende Widersprüche, sogar in wichtigeren, allgemeiner interessierenden Fragen, vornehmlich der Entwickelungsgeschichte. Dem Fachmann sind die auf Bau und Entwickelung des Stolo prolifer der Pyrosomen bezüglichen Kontroversen zwischen Salensky und Seeliger, imd zwischen Seeliger und Joliei- einerseits und Bonnevte anderer- seits bekannt. Es erschien somit geboten, das vorzüglich konservierte Pyrosomenmaterial der „Deutschen Tiefsee-Expedition", soweit es dazu ausreichte, vornehmlich für diese schwebenden entwickelungsgeschichtlichen Fragen auszunutzen. Wenn das Material gleichzeitig auch mancherlei morphologische und histologische Beobachtungen mehr nebenher zu machen gestattete, und bekannte, von anderen Expeditionen zuerst erbeutete Species genauer zu be- schreiben und zu zeichnen ermöglichte, so verdanken wir dies hauptsächlich dem ausgezeichneten Erhaltungszustande der Stöcke. 3 38* 2Q . G. Neümann, Die Pyrosomen der „Deutschen Tiefsee-Expedition" wurden mir im Sommer 1908 an- vertraut, nach dem Tode von Prof. Seeliger, dem ursprünglich die Bearbeitung dieser Gruppe übertragen war. Irgend welche Untersuchungen oder auch nur Vorarbeiten waren von dem seit langem kranken, verdienten Forscher nicht vorgenommen worden. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, Herrn Geheimen Rat Prof. Dr. Chun, meinem hochverehrten Lehrer, für die Uebertragung der Bearbeitung des prachtvollen Materials verbindlichsten Dank auszusprechen. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile, einen entwickelungsgeschicht- lichen, systematischen und faunistischen. Im ersten sollen zunächst einige Beobach- tungen über den Aufbau des Pyrosomenstockes und über das zeitliche Verhältnis von geschlechtlicher und ungeschl echtlicher Fortpflanzung mitgeteilt werden, sodann die schwebenden Fragen hinsichtlich der Bildung und Zusammensetzung des Stolos behandelt und endlich einige Punkte der postembryonalen Entwickelung heraus- gegriffen werden. Der systematische Teil wird außer der Beschreibung der neuen Arten und mancherlei Daten über die bekannten Species einige morphologisch-histologische Beobachtungen enthalten. Im faunistischen Abschnitt soll die horizontale und vertikale Verbreitung besprochen werden. Material und Methode. Das von der „Valdivia" erbeutete Pyrosomenmaterial weist zwar neben 3 neuen alle bisher sicher bekannten Arten auf, ist aber an Menge keineswegs sehr groß. Die Hauptmasse machen mitdere und kleinere Kolonien aus; größere Stöcke wurden, wenn wir von den Bruch- stücken der Riesenkolonien von P. spinosum absehen, nur vereinzelt gefangen. Dieser Umstand macht das Material nur wertvoller. Gerade die kleineren, aus wenigen Etagen bestehenden, durchsichtigen Stöckchen ermöglichten nicht nur Beobachtungen über die Gesetzmäßigkeiten der Stockbildung und über die Beziehungen der Fortpflanzungsverhältnisse, sondern eigneten sich wegen ihrer vorzüglichen Konservierung auch zu histologisch-entwickelungsgeschichtlichen Unter- suchungen. Die Konservierung der kleinen Kolonien war meist in FLEMMiNG'scher Flüssigkeit, vereinzelt auch mit Sublimat, die der großen in Alkohol geschehen. In dieser Beziehung darf ich vielleicht auch für die Pyrosomen bemerken, was ich schon für die Doliolen der „Valdivia" gethan habe, daß nämlich nach meinen Erfahrungen unter jenen Konservierungsflüssigkeiten die FLEMMiNG'sche bei weitem die besten Resultate liefert. Die Schnitte zeigen das mit Chrom-Osmium-Essigsäure behandelte Gewebe nicht nur tadellos erhalten, sondern, was bei der Untersuchung von eng aneinander liegenden Zellsträngen und Zellkomplexen (wie z. B. im jungen Stolo) von besonderem Werte ist, scharf konturiert und gegenseitig abgegrenzt. Aber auch beim Studium der Totoobjekte (Knospen, Embryonen) treten die Vorzüge dieser Konservierungsmethode hervor. Die distinkt gebräunten, kleinen Objekte lassen im aufgehellten Zustande recht klar die einzelnen Teile erkennen, Konturen treten mit einer Schärfe hervor, die meines Erachtens keine Totofärbung bei anderer Konservierung ergiebt. Natürlich wird das Totofärben der in Flemming konservierten Objekte dadurch in der Regel überflüssig. Hinsichtlich der Untersuchungsmethode sei nur kurz bemerkt, daß sämtliche Schnitte, 3 [j. dick, nach der Paraffinmethode hergestellt und stets mit Hämatoxylin nach Heidenhain 4 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 295 gefärbt wurden. Nach derselben Methode wurden Totalpräparate nur zur Untersuchung des peripheren Nervenverlaufs und der Nervenendigungen gefärbt, wodurch auch die feinsten Aestchen aus der helleren Epidermis deutlich hervortreten. Alle Knospen, Embryonen und erwachsenen Ascidiozooide, soweit sie zeichnend untersucht oder geschnitten wurden, mußten natürlich mit Schere und Nadel unter der binokularen Lupe oft recht mühsam herauspräpariert werden. L Entwickelungsgeschichtlicher Teil. I. Die Bildung des Pyrosomenstockes. a) Die gesetzmässige Anordnung der Ascidiozooide im Pyrosomenstock. Wenn wir im folgenden den successiven Aufbau der jungen Pyrosomenkolonie verfolgen, so dürfte es angezeigt sein, vorerst die bekannte gesetzmäßige Anordnung der Ascidiozooide zum Stockganzen in Erinnerung zu bringen, als auch die gegenseitige Lagerung der Ascidiozooide innerhalb des Stockes zu berühren. Bekanntlich liegen die Ascidiozooide, vom gemeinsamen Cellulosemantel völlig umhüllt, in einschichtiger Lage um die gemeinsame Cloacal- oder Stockhöhle so angeordnet, daß alle ihre Ingestionsöffnungen nach außen, die Cloacalöffnungen dagegen nach der Stockhöhle zu gerichtet sind. Dabei werden normalerweise die Ventral- seiten aller Einzeltiere der geschlossenen Spitze, die Dorsalseiten aber der geöffneten Stockbasis zugekehrt. Ausnahmen von dieser Regel lassen sich zuweilen bei alten, sehr großen Kolonien, z. B. von P. sphiosuiii und P. giganteum, beobachten. Innerhalb dieser gesetzmäßigen Lagerung zum Stockganzen sind nun die Ascidiozooide in älteren Kolonien zu einander nach zwei Modalitäten geordnet. Bei allen Arten, außer P. verticillatum, herrscht die staffeiförmige Anordnung vor, d. h. je ein Tier steht dicht in dem dorsalen oder ventralen Zwischenräume zwischen zwei benach- barten Ascidiozooide n. In den seltensten Fällen ist diese Verteilung allerdings ganz streng innegehalten ; sie erscheint mindestens oft während des Wachstums der Kolonie durch wandernde Knospen oder jüngere Tiere gestört. Am schönsten dürfte diese Anordnung bei den alten, großen Kolonien von P. spinosuni zu beobachten sein, in denen dann allerdings jüngere Tiere gar nicht mehr vorhanden sind, weil die Knospung bereits zum Abschluß gekommen ist. Schon Herdman (1888, S. 31) macht auf diese Thatsache mit den Worten aufmerksam: „They are arranged with considerable regularity in rows, the Ascidiozooids in adjacent rows altemating with one another". Den anderen Typus der Anordnung der Einzeltiere zu einander weist von den bisher bekannten Arten nur eine, nämlich eben P. verticillatum, auf. Hier liegen die Ascidio- zooide in unter sich parallelen Ringen oder Etagen angeordnet, die streng in einer horizontalen Ebene (also senkrecht zur Stockachse) verlaufen und durch breite Mantel- zwischenräume getrennt sind, in denen nie ausgebildete Tiere, sondern höchstens auf Wanderung befindliche Knospen zu beobachten sind. 5 2g6 G. Neumann Es könnte eingewendet werden, daß auch die jungen, etwa bis i cm langen Stöckchen wohl aller Arten (für P. Agassizi und P. spinosum ist es mir nicht bekannt, weil das Material keine kleinen Kolonien dieser Arten barg) diese für P. verticillatum charakteristische Anordnung in getrennten Etagen erkennen lassen. Allein, wie unten gezeigt werden soU, ist bei den anderen Arten diese etagen- oder ringförmige Verteilung der Ascidiozooide nur vorübergehend, im jungen Stöckchen vorhanden, sie erstreckt sich je nach der Species auf etwa 3 — 7 Etagen, wird z. B. von P. aherniosum länger (über 6 — 8 Ringe) als von P. giganieum und von diesem länger als z. B. von P. atlanticum festgehalten. Von P. verticillahmi aber möchte ich bestimmt glauben, daß die Anordnung in Etagen zeitlebens bestehen bleibt, und zwar aus folgenden Gründen: Die 15 von der „Valdivia" gefischten größeren Kolonien zeigen keine Ausnahme von dieser Regel. Die größte unter ihnen besteht aus 20 Etagen, und durch sämtliche 20 Ringe hindurch erscheint diese höchst charakteristische Anordnung aufrecht erhalten und nicht durch ein einziges der 300 Ascidiozooide gestört. Eine solche Anzahl ringförmiger Etagen ist noch bei keiner an- deren Form beobachtet worden. Allerdings ist dieses Stöcken nur 3 cm lang. Aber es ist höchst wahrscheinlich, daß, wie unten auf Grund der geschlechtlichen Verhältnisse dieser Species gezeigt werden soll, P. verticillahmi zu den Formen zu zählen ist, die nur eine geringe maximale Stockgröße erlangen. Es soll in diesem Zusammenhange nicht unerwähnt bleiben, daß bereits Lesueur (18 13, 18 15) eine neue Form unter dem Namen P. elegaiis beschrieb, die sich von den anderen damals bekannten Pyrosomenarten (P. giganteuvi und aflaniiciim) durch den regelmäßigen Aufbau in Etagen oder Ringen unterscheiden sollte. Er wurde dazu zweifellos durch jene jungen Stöckchen irgend einer Art (wahrscheinlich von P. giganteuvi) veranlasst, denn es hat sich herausgestellt, daß P. ekgans hypothetisch ist (vgl. darüber Seeliger 1895, S. 59 ff-, und Neumann 1909). SAAriGNY (18 16) benutzte diese Unterschiede in der Verteilung der Ascidiozooide, um die drei damals bekannten Arten P. elegans einerseits und P. atlanticum und giganieum andererseits als Pyrosomata verticillata und Pyrosomata paniculata im System zu trennen. Seeliger war daher im Recht, wenn er behauptete, daß von Savigny hier eine Eigentümlichkeit zum obersten Ein- teilungsprinzip erhoben worden sei, die in verschiedenen Altersperioden an ein und derselben Kolonie auftrete. Es dürfte jedoch nunmehr feststehen (s. unten S. 303), daß in der That eine Form existiert, welche gewissermaßen jenen Jugendzustand in der Knospenanordnung, wie er bei allen Arten (vielleicht mit Ausnahme von P. spinosum. und Agassizi) wiederkehrt, auch In späteren Stadien der Stockbildune festhält. ö b) Die Entstehung der gesetzmässigen Anordnung der Ascidiozooide im Pyrosomenstock. Der Pyrosomenstock ist die Summe aller Einzelindividuen, die durch Knospung in letzter Linie aus dem Cyathozooid (Huxley), das ist das aus dem befruchteten Ei entstandene Muttertier oder Primärindividuum (Amme), hervorgegangen sind und in dauernder Verbindung mitein ander bleiben. Das Cyathozooid schnürt bereits in frühen Embryonalstadien 4 Individuen, die „vier ersten Ascidio- zooide" oder „Primärascidiozooide" der Kolonie ab, während es selbst, inmitten dieser 6 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 297 „Viererkolonie" gelegen, schließlich vollständig resorbiert wird. Als Viererkolonie wird der Stock, der bis dahin (z. B. bei P. giganteiim und P. operculatuvi) in der Cloacalhöhle oder (z. B. bei P. verticillahon und P. aherniosuni) im rechten Peribranchialraum des Mutter- tieres gelegen war, geboren und sinkt nach den Beobachtungen von Chun (1888) in größere Meerestiefen , verweilt dort eine gewisse Zeit und steigt als größere, aus vielen Individuen be- stehende Kolonie wieder an die Oberfläche. Die 4 ersten Ascidiozooide , um 90'' voneinander abstehend und mit ihren Ventral- seiten der geschlossenen Stockspitze zugekehrt, schnüren nun, lange bevor sie selbst ihre definitive Größe erreicht haben, bekanntlich mittels ihres ventralen Stolos Knospen ab. Diese sind durch Quereinschnürungen entstanden, sitzen deshalb meist zu 3 bis 4 dicht hintereinander, in distaler Richtung natürlich an Alter und Größe zunehmend, und erweisen sich ebenso orientiert wie ihre Muttertiere, nämlich die Ventralseite der Stockspitze zugekehrt. Jede der vier Knospenketten ist nun nicht geradeaus, ventral (in der Richtung der Achse der jungen Kolonie) vorgestreckt, sondern erscheint stets nach der linken Körperseite des Muttertieres zu mehr oder weniger in den entsprechenden Zwischenraum zwischen 2 Primärascidiozooide gebogen. Nach der Abschnürung bleiben die Knospen nicht an ihren Ursprungsstellen liegen, sondern wandern im CellulosemanteP) in dorsaler Richtung zwischen den Primärascidiozooiden, von welchen sie gebildet wurden, hindurch, um neue, dorsal, also gegen die geöffnete Stockbasis zu gelegene „Etagen" aufzubauen. Dabei nimmt jede Knospe zufolge der erwähnten Krümmung des Stolos nach links ihren Weg streng entlang der linken Flanke des Muttertieres. Sie bleibt auch während dieser Wanderung mit ihrer Ventralseite der Stockspitze zugekehrt. Die 4 ersten, nahezu gleichalterigen und und ungefähr gleichzeitig abmarschierenden Wanderknospen (erster Ordnung) placieren sich nun so, daß je eine dorsal über den Zwischenraum zwischen zwei Prim ärascidiozo oiden zu liegen kommt. Ihre Median- ebenen bilden mit denen der benachbarten Primärascidiozooide Winkel von 45°, während sie Fig. I. Figg. I — 4. Schemata der Knospenanordnung. /"a Primär- ascidiozooide; /, // — F= I., 2. — 5. Etage; /, 2 — 8 = Knospen I., 2. — 8. Ordnung. Fig. 2. untereinander um 90 '^ abstehen. Dabei ist natürlich jede links seitlich über einem Ascidiozooid liegende Knospe das Tochtertier desselben (Textfig. i, /). Der nun folgende zweite Trupp von I) Vgl. unten S. 305. 298 G. Neumann, 4 Wanderknospen (zweiter Ordnung) der 4 Primärascidiozooide schwenkt ebenfalls in diese 2. Etage ein, die von den 4 ersten Knospen gebildet wurde ; und zwar tritt jede dieser zweiten 4 Knospen genau über dasjenige Primärascidiozooid, von welchem es abstammt (Textfig. 2,2). So ist eine 2. Etage von 8 Individuen, 4 jüngeren und 4 älteren, die sich anfangs deutlich noch durch ihre verschiedene Größe unterscheiden, aufgebaut (Textfig. 2,11), und zwar so, daß jede erste Tochterknospe links vomMuttertier über dem Zwischenräume zwischen ihm und dem folgenden Primärascidiozooid, die zweite Tochter dagegen direkt über ihrer Mutter sitzt. Die Etage selbst liegt in einer horizontalen Ebene, also senkrecht zur Stockachse, und ihre 8 Glieder stehen um je 45"^ voneinander ab (Taf. XLII, Fig. 6). Jetzt wiederholt sich dasselbe Schauspiel. Eine dritte Gruppe von 4 Wanderknospen (dritter Ordnung) beginnt eine dritte, dorsal vor der zweiten gelegene Etage aufzubauen (Textfig. 2,111). Wieder zieht jede Wanderknospe an der linken Flanke ihres Muttertieres durch die 4 Primärascidiozooide und weiterhin wiederum links von dem ältesten Schwesterindividuum (erster Ordnung) durch die 2. Etage hindurch, um sich schließlich ebenfalls dorsal über dem Zwischenräume links von der genannten älteren Schwester (erster Ordnung) so zu fixieren, daß sie um einen halben 45°-Winkel von ihr absteht, während sie vom Muttertier um drei Viertel eines rechten getrennt ist. Die 4 folgenden Wanderknospen eines vierten Trupps (vierter Ordnung), die wieder von den Primärascidiozooiden abstammen, reihen sich nun folge- richtig in der 3. Etage über die noch freien Zwischenräume zwischen den beiden ältesten Schwesterknospen (erster und zweiter Ordnung) im zweiten Ring ein (Textfig. 3, /f), vom Muttertier, wie auch von den beiden älteren Schwesterindividuen (erster und zweiter Ordnung) um je einen halben 4 5 "^-Winkel abstehend. So- mit ist ein dritter Ring formiert, dessen 8 Glieder mit denen des zweiten alter- nieren, indem sie alle in der Mitte über den Zwischenräumen der Individuen der 2. Etage pla- ciert sind. Daraus folgt, daß der Abstand je zweier Individuen der eben gebildeten 3. Etage wieder 45*^ beträgt, während sie alle gegen die Tiere der 2. Etage um halbe 45°-Winkel ge- wendet erscheinen. Ein fünfter Trupp von 4 Wanderknospen (fünfter Ordnung), deren Abmarsch nun allerdings schon nicht immer mehr gleichzeitig erfolgt, zieht auf dem kürzesten Wege durch die 3 Etagen hindurch und beginnt eine 4. Etage aufzu- bauen, indem eine jede Knospe sich über dem ältesten Schwestertier (erster Ordnung) der zweiten Reihe fixiert (Textfig. 3,5). Die folgenden 4 Knospen, die auch noch von den 4 Primärascidiozooiden abstammen, ordnen sich sodann wieder über den noch freien Zwischenräumen zwischen den entsprechenden Ascidio- zooiden der 3. Etage ein, und zwar setzt sich vermutlich wieder jedes Tochtertier dieser 6. Gruppe Fig- 3- Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 299 Fig. 4. (Knospen sechster Ordnung) über die Zweitälteste Schwester bezw. über das Muttertier (Textfig. 4, 6). So liegen die 8 Individuen die.ser 4. Etage genau über den Einzeltieren der 2. Etage, und zwar so, daß sie sich in ihrem Alter entsprechen, die 5. Tochterknospe (fünfter Ordnung) über der älstesten (erster Ordnung), die 6. über der zweiten. Bei P. aherniosum, an welchem diese Verhältnisse vornehmlich studiert wurden, läßt sich nun zuweilen auch noch die ge- setzmäßige Anlage einer 5. Etage verfolgen. Sie erfolgt dann nach demselben Modus. Die 7. Tochterknospe (siebenter Ordnung) fixiert sich über der dritten des 3. Ringes, die 8. vermutlich über der 4. (Textfig. 4). Es sei hier ausdrücklich hervorge- hoben, daß die eben geschilderte Art der Knospenanlagerung in dieser streng gesetz- mäßigen Weise nicht an jedem Stöckchen von P. aherniosum zu beobachten ist, viel- mehr lassen sich oft Abvveichungen davon konstatieren. Das trifft beispielsweise meist für die Kolonien dazu, bei denen ein oder mehrere Primärascidiozooide früh geschwunden sind; dann setzen sich, was schon Seeliger (1895) beobachtete, auch die Etagen oft nicht aus 8, sondern aus einer geringeren Anzahl Individuen zusammen, wenn nicht, was bei sehr frühem Schwunde eines Primärascidiozooids oft erfolgt, eine Wanderknospe sofort in den freien Zwischen- raum tritt und, die Lücke füllend, rasch heranwächst. Es trägt sich ferner manchmal zu, daß in einer Etage, z. B. in der vierten, noch eine Knospe fehlt und dafür ein oder zwei Individuen sich darüber zu einer 5. vereinigen. Unter dem Material der „Deutschen Tiefsee-Expedition" finden sich eine Reihe junger zwei- und dreireihiger Stöckchen von P. aherniostim und giganteum, bei denen die Individuen der 3. Etage sich so eingeordnet hatten, daß die 4 älteren Knospen (dritter Ordnung) nicht links, sondern rechts über der ältesten Schwester (erster Ordnung) saßen, die jüngeren 4 (vierter Ordnung) dafür links von jener Platz genommen hatten. Es zogen also die älteren 4 zwischen den beiden ältesten Schwestertieren in der 2. Etage hindurch, in den dem Muttertier näheren Zwischenraum, sie wählten den kürzeren Weg, die jüngeren 4 Wanderknospen den längeren. Leider konnte ich, da weitere Stadien (mit 4 oder 5 Etagen) fehlten, nicht feststellen, ob dann auch die Individuen der 5. Etage entsprechend zuerst rechts, also über dem ältesten Schwester- tier (vierter Ordnung) der 3. Etage sich fixieren würden, die jüngeren 4 Knospen (der achten Ordnung) links über den jüngeren Gliedern (dritter Ordnung) der 3. Etage. Am Gesamtaufbau würde dadurch übrigens nichts geändert werden. Ueberblicken wir die Vorgänge der ersten Stockbildung, so ergiebt sich folgende Gesetz- mäßigkeit der Knospenanlagerung: Die 4 Wanderknospen erster Ordnung fixieren 9 Deutsche Tief see- Expeditton 1898 — 1899. Bd. XII. 39 ■iQQ G. Neumann, sich dorsal über dem Zwischenräume links vom Muttertier, die 4 Wander- knospen zweiter Ordnung direkt über ihrem Muttertier. Sie bauen, um 45° voneinander abstehend, die i. Etage auf. Nunmehr setzen sich 4 Wander- knospen dritter Ordnung über dem Zwischenräume links vom Schwestertier erster Ordnung fest, die Wanderknospen vierter Ordnung über dem Zwischen- räume rechts vom Seh westertier erster Ordnung. Sie formieren zusammen die 3. Etage. Es folgen 4 Wanderknospen fünfter Ordnung über dem Schwester- tier erster Ordnung, 4 Wanderknospen sechster Ordnung über dem Schwester- tier zweiter Ordnung. Sie bauen zusammen die 4. Etage auf. Endlich treten 4 Wanderknospen siebenter Ordnung über die Schwesterindividuen dritter Ordnung, 4 Wanderknospen achter Ordnung über die Schwestertiere vierter Ordnung. Sie setzen miteinander die 5. Etage zusammen. Dieses gesetzmäßige Festsetzen der Wanderknospen weiterhin zu verfolgen, gelingt an konserviertem Material nicht; es dürfte auch in dieser Weise kaum weitergehen; denn nunmehr sind auch die Tochterascidiozooide (erster und zweiter Ordnung) der 2. Etage so weit heran- gewachsen, daß sie Knospen abschnüren, die mit denen der 4 Primärascidiozooide nach dem offenen Ende zu abwandern. Es beginnen die Tochtertiere im Vergleich zu den Primärascidio- zooiden relativ spät mit diesem Geschäft, bei I^. aherniosum etwa, nachdem von jedem der 4 ersten Ascidiozooide 7 — 8 Knospen abgeschnürt wurden. Jedenfalls werden die Verhältnisse undurchsichtig. Immerhin geschieht der Aufbau neuer Etagen normal in der Weise weiter, daß je eine Knospe über dem Zwischenräume zwischen 2 Individuen der vorhergehenden Etage oder, was dasselbe ist, direkt über einem Tiere der drittletzten Reihe sich festsetzt, so daß auch jede folgende Etage aus 8 Individuen besteht. Bei P. aherniosum lassen sich Stöcke von 7 bis 8 Etagen zu je 8 Individuen beobachten. Weiterhin, in vielen Fällen sogar schon früher, nachdem außer den Ascidiozooiden der I. und 2. Etage auch die der folgenden mit der Knospung begonnen haben, werden die Ringe oft gleich mit mehr als 8 Gliedern angelegt; ferner zwängen sich Wanderknospen zwischen die 8 Individuen der ersten Etagen ein, die Dicke des Stockes vergrößernd, und endlich erstehen zwischen den ursprünglichen neue Etagen, denen aber jene Regelmäßigkeit der ersten ganz abgeht. Der Stock wird also nicht nur am freien Ende, sondern in seiner ganzen Ausdehnung weitergebildet. Es ziehen nämlich die Wander- knospen nicht mehr, wie in früheren Stadien der Stockbildung, alle an das freie Ende der Kolonie, sondern die meisten der im Innern des Stockes von den mittleren Reihen abgeschnürten Knospen fixieren sich nach geringer Ortsveränderung oder sogleich am Orte ihrer Ent- stehung. Vornehmlich nur die Wanderknospen der letzten Reihen bilden die Kolonie am offenen Ende weiter. Jedenfalls finden Knospenwanderungen in dem ausge- dehnten Maße wie im jüngeren Alter der Kolonie nicht mehr statt. Auch ventral von den 4 Primärascidiozooiden bleiben in späteren Stadien der Stock- bildung ausnahmsweise Knospen hegen. Es sind also in älteren Stöcken die an der geschlossenen Spitze gelegenen Tiere nicht immer die 4 ersten Ascidio- zooide. Diese Thatsache hat Jouet (1881) offenbar zu der falschen Meinung veranlaßt, daß 10 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 30I die 4 Primärascidiozooide allmählich durch ihre Nachkommenschaft gewaltsam an das offene Basalende der Kolonie gedrängt würden, und daß sie nur dort zu finden seien. Die Folge dieser eben geschilderten Verhältnisse ist schließlich insofern eine völlig wirre, regellose Lagerung der Einzeltiere, als junge und alte bunt durcheinander liegen, von den ursprünglichen, regelmäßig aufgebauten Etagen ist in den meisten Fällen nichts mehr zu erkennen. Die Ascidiozooide sind nur noch von einer regelmäßig staffeiförmigen Anordnung beherrscht; jedes Einzeltier steht im Zwischenraum zwischen zwei anderen. Sie sind um so dichter geschart, je mehr die Knospenproduktion das Gesamtwachstum des Stockes überwiegt. Jene wird abhängig sein von der Teilungsfähigkeit der aufbauenden Gewebe des Stolos, dieses von der Anzahl der erwachsenen, selbständig sich ernährenden Tiere, deren ektodermales Hautepithel ja den Cellulosemantel, in welchem die jungen Wanderknospen sich definitiv festsetzen, abscheidet und weiterbildet. Demzufolge bestehen bezüglich der Dichte derAnordnung der Ascidio- zooide nicht nur unter den einzelnen Arten, sondern auch unter den Kolonien derselben Species merkliche Unterschiede. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß bezüglich der Zahl der regelmäßig angelegten achtgliedrigen Ringe oder, was dasselbe sagt, hinsichtlich des Zeitpunktes, wo in der Knospenanlagerung größere Unregelmäßigkeit eintritt, bei den einzelnen Arten erhebliche Verschiedenheiten herrschen. Während, wie erwähnt, bei P. aheniiosttm und, wie hinzu- gefügt sei, auch bei P. giganteum meist relativ lange Zeit eine regelmäßige Anlagerung der Knospen statthat, setzt bei anderen Arten (z. B. bei P. atlanticum) die Unregelmäßigkeit in der Eingliederung schon eher ein. Bei P. giganteum sind z. B. auch in 2V2 cm langen Stöckchen noch die ursprünglichen Reihen mit je 8 Tieren schon mit unbewaffnetem Auge zu erkennen, während z. B. bei P. atlanticum schon die 4. bis 6. Etage in der Regel mehr als 8 (9 — 14) Ascidiozooide aufweisen. Eine besondere Eigentümlichkeit vieler Kolonien von P. ahertiiosum besteht darin, daß bereits in relativ sehr frühen Stadien der Stockbildung die ältesten Etagen durch dazwischen liegende jüngere getrennt erscheinen. Das IVIaterial enthält Stöckchen, bei denen die 4. Etage noch unvollständig ist, während bereit? über (hinter) der ersten (von den 4 Primärascidiozooiden gebildeten) Reihe ein Ring bedeutend jüngerer Einzeltiere gebildet erscheint. Es ist also die ursprüngliche i. und 2. Etage bereits durch eine jüngere getrennt, die normalerweise über (hinter) der zweiten gelagert sein müßte, wo zur Zeit eine 4. Etage im Entstehen begriffen ist, deren Einzeltiere in Bezug auf Größe und Ausbildung" denen der zwischengeschobenen jüngeren etwa gleichen. In diesem Falle wanderten also die von den Primärascidiozooiden später produzierten Knospen (die früheren oder älteren hatten bereits die 2. Etage aufgebaut) nicht bis an das offene Ende des Stockes (hinter die 2. Etage), sondern setzten sich bereits in dem Zwischenräume der i. und 2. Reihe fest. Erst als hier alle 8 verfügbaren Plätze besetzt waren, zogen die folgenden Wanderknospen der Primärascidiozooide hinter die 3., dem Alter nach 2. Reihe, um einen 4. Ring an der offenen Stockbasis zusammenzusetzen. Als Beleg für diese Vorgänge sei folgendes Beispiel angegeben: 1 1 39* G. Neumann, Bei einem Stöckchen stehen in der i. Reihe 4 Ascidiozooide )> » 2. „ o „ )> »3" " " " » » 4" " 4 " Dem Alter nach rangiert die 3. Reihe vor der 2.; die 4. unmittelbar nach der 2.; denn die 4. Reihe ist ja erst zur Hälfte aufgebaut, da sie erst 4 von 8 Einzeltieren, die sie be- kommen muß, enthält Reihen- und Altersfolge stellen sich also so dar: Reihenfolge: 1234 Altersfolge: 1324. In anderen Kolonien erfolgte die EingUederung einer jüngeren Reihe in späterem Alter des Stockes, nachdem 3 und mehr Etagen regelmäßig und vollständig aufgebaut waren. So zeigt ein Stöckchen, welches in Reihe i 4 » ). 28 » » 38 „ „ 42 Ascidiozooide enthält, zu der Reihenfolge 12345 folgende Altersfolge: 14235, d. h. die 2. Reihe des Stockes steht dem Alter nach an vierter Stelle, müßte also normaler Weise auch die 4. Reihe bilden, d. h. hinter der jetzt im Stock an vierter Stelle stehenden rangieren, welche ihr im Alter vorausgeht; oder in Bezug auf die Lage im Stocke müßte sie sich an derselben Stelle befinden, wo die dem Alter nach dritte thatsächlich im Stocke liegt, während diese letztere selbst die 3. Reihe darstellen sollte. In einem achtreihigen Stöckchen finden sich folgende Verhältnisse: Reihenfolge der Etagen: i 2345678 Altersfolge der Etagen: i 5234678, d. h. der hinter dem Primärascidiozooiden folgende Ring ist dem Alter nach sogar der fünfte. In diesen Fällen haben nicht mehr (wie oben) die Knospen der Primärascidiozooide diesen 2. Ring junger Tiere aufgebaut, sondern die Knospen der Ascidiozooide der jetzigen 3., dem Alter nach 2. Etage. Die Knospen fixierten sich unmittelbar an der Stelle ihrer Abschnürung, nämlich ventral vor ihrem Muttertier. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei einem 12-reihigen Stock von P. aherniosum, bei dem zwischen der i. und 3. und zwischen der 3. und 5. Etage je ein Ring jüngerer Tiere sich eingeschoben hat. Diese Eigentümlichkeit bedingt das charakteristische Aussehen vieler Stöcke von P. aherniosum: Sie sind nicht gleichmäßig kegelförmig nach dem offenen Ende zu verdickt, sondern erscheinen unter der Spitze eingeschnürt — hier stehen unter den 4 großen Primär- ascidiozooiden die jungen Etagen — und am Ende, wo die älteren Etagen gelegen sind, plötz- lich verbreitert. Es sei übrigens noch hervorgehoben, daß nicht alle Kolonien von P. aherniosu7n diese 12 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 303 Eigentümlichkeit aufweisen, sondern auch solche mit regelmäßiger Anordnung der Ringe zu be- obachten sind. Von den eben beschriebenen späteren Unregelmäßigkeiten in der Ein- gliederung der Wanderknospen ist nun, wie das vorhandene Material aus- weist, allein P. verticillatuni frei. Ein Festsetzen von Wanderknospen zwischen den ursprünglichen Etagen, in den breiten Mantelzwischenstücken, also ein Längenwachstum der Kolonie von innen heraus, findet nicht statt; die Weiterbildung geschieht nur am offenen Basalen de. Dagegen aber wird von vornherein auf die achtgliedrige Etage zu Gvinsten einer mehrgliedrigen verzichtet, und ferner setzen sich gelegentlich nachfolgende Knospen i n den Etagen, zwischen den älteren Ascidiozooiden fest, die Dicke des Stockes ver- größernd. Bereits die 3. Etage enthält meist 9 — 12 Einzeltiere, die Zahl 12 ist am häufigsten. Die 4. Etage zählt \2 — 15, die 5- und die folgenden Etagen meist 15 oder 16 Tiere, wobei dann natürlich die Anordnung normalerweise derart getroffen ist, daß je ein Tier der folgenden Etage über den Zwischenraum zwischen zwei solchen der vorhergehenden Reihe tritt. Folgende Zahlen mögen als Beleg dienen. Es fanden sich bei 9 verschiedenen Stöckchen Die eingeklammerten Zahlen bedeuten, daß dieser Ring noch nicht voUgliedrig ist. in Etage i 2 3 4 5 6 7 8 an Ascidiozooiden 4 8 12 4 8 12 13 4 8 12 14 4 8 12 12 (12) 4 7 9 12 16 4 9 12 15 16 4 8 I I 13 16 (15) 4 8 I I 13 14 15 14 (9) 4 8 10 15 15 15 15 15 (6> Von diesem eben geschilderten Modus weicht die Stockbildung von P. spinosum und Agassizi , 2 Arten, die, wie im systematischen Teile gezeigt werden wird, zweifellos eine enge Verwandtschaftsgruppe darstellen, beträchtlich ab (Textfig. 5 u. 6). Hier fällt schon auf, daß die 3 — 4 Knospen am Stolo gewissermaßen an langen Stielen aneinander gereiht sind: Der Stolo erscheint zwischen den einzelnen Knospen zu längeren Verbindungs- stücken ausgezogen. Sieht man genauer zu, so zeigt sich, daß auch erwachsene Ascidio- zooide, also entwickelte Knospen, noch durch einen feinen verbindenden Strang, der dann 3 bis 5 mal so lang ist, als in obiger Zeichnung dargestellt ist, letzten Endes mit dem Stolo des Mutter- tieres verbunden sind. Ich konnte bei einem jüngeren, 15 cm langen Stocke von P. spinosum in vielen Fällen bis 7 zusammenhängende Individuen nachweisen. Erst wenn der Stolo eines Tochtertieres selbst zu knospen beginnt, durchschnürt sich oft der Verbindungsstrang, durch den dieses Tier noch mit dem nächst älteren verbunden war. Die Anzahl der zu einer langgezogenen Kette vereinigten Tochterindividuen eines Muttertieres hängt also ab von dem Verhältnis der Knospenproduktion des Muttertieres zu dem Zeitpunkt, wo das Tochterindividuum knospungsfähig wird. Je rascher der Stolo des Muttertieres Knospen ab- schnürt, um so größer wird die Anzahl der zusammenhängenden Individuen sein und umgekehrt, 13 304 G. Neumann, weil ja andererseits bis zum Eintritt der Knospungsfähigkeit eines Tochterindividuums in jedem Falle eine gewisse Zeit nötig ist. Daher findet man auch in Stöcken jüngeren und mittleren Alters, bei denen das Abschnüren der Knospen in rascher Folge sich vollzieht, zahlreiche Knospen an kürzeren Stielen vereinigt, in alten Ko- lonien dagegen, wo die Knospung nahezu zum Stillstand gekommen ist, höchstens I — 2 Individuen, das jüngere eine kleine fb-- Fig. 5. Stolo von P. spinosum. Knospe, das ältere ein erwachsenes, bereits knospendes Tier, beide durch einen außerordentUch langen Stiel verbunden. 14 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 70^ Ein freies, aktives Wandern der Knospen findet also bei P. spinosum und Agassizi nicht statt; die Knospen entfernen sich in dem Maße voneinander, als der Cellulosemantel sich ausbreitet, während sie alle untereinander durch Verlängerungen der Stolo- epidermis so lange verbunden bleiben, bis sie selbst zu knospen beginnen. Daraus erklärt sich wohl auch die oben erwähnte, regelmäßigere staffeiförmige Anordnung der Ascidiozooide, die besonders bei sehr alten Stücken von P. spinosum in die Augen fällt. Aber auch noch eine andere Folge muß diese Art der Knospung haben. Während wir bei allen bekannten Arten (eben mit Ausnahme von P. Agassizi und P. spinostmi) an der Spitze der Kolonien jüngeren und mittleren Alters die 4 Primärascidiozooide finden, weil ja alle von diesen produzierten Knospen in dorsaler Richtung, gegen die offene Basis zu, abwandern, kann das offenbar für P. Agassizi und P. spinosum kaum zutreffen. Wir sehen jedenfalls, wie die älteren Einzeltiere der Kolonie ihre Knospen an langen Stielen ventral vorschieben. Dadurch müssen sie selbst natüriich immer weiter von der Spitze weg nach dem offenen Basalende zu gedrängt werden. Verhielten sich nun die 4 Primärascidiozooide ebenso, dann müßten sie, an- statt an der Spitze, an der Basis gelegen sein, und nach der Spitze zu sollten sich um so jüngere Tiere nachweisen lassen, je näher sie derselben sind. Nun trifft man aber an der Spitze der Kolonien z. B. von P. Agassizi — von P. spinosum hat die „Valdivia" nur Bruchstücke von Stöcken erbeutet — nie jüngste Knospen, sondern auch stets ältere Tiere, allerdings fast immer ohne Knospen am Stolo. Es entsteht somit die Frage, ob sich die 4 Primärascidiozooide bei der Knospung ebenso wie später ihre Tochterindividuen verhalten, d. h. nichtwandernde Knospen an längeren Stielen ventral vorausschieben, oder ob sie wanderungsfähige Knospen abschnüren, welche sich dorsal vor ihnen fixieren und ihrerseits „gestielte" Knospen hervorbringen. Ich möchte nach gewissen Beobachtungen fast das letztere annehmen. Die Frage muß so lange offen bleiben, bis es gelingt, jüngste Kolonien von einer dieser beiden Formen zu fischen. Häufig trifft man bei den Kolonien von P. Agassizi an der Spitze nur ein großes Ascidiozooid, welches eine eigentümliche Umbildung erfahren hat (Taf. XLI, Fig. 5). Seine Egestionsöffnung ist von der Hinterseite auf die dorsale und somit in die Achse des Stockes gerückt. Sie mündet an der Spitze des gemeinsamen Cloacalraumes. Auch der Darmtractus ist etwas nach der Rückenseite verschoben; die Leuchtorgane sind an die Ventralseite gerückt, sie liegen zu beiden Seiten des Endostyls, Der Cloacalmuskel ist geschwunden, der dorsale zipfelförmige Anhang an der Cloakenöffnung ebenfalls. Ich habe nie Knospen an seinem Stolo gesehen und möchte glauben, daß dieses Tier eines der Primärascidiozooide der Ko- lonie sei. c) Das Wandern der Knospen. Die Thatsache des Wanderns der abgeschnürten Knospen wurde, soviel ich weiß, zuerst von Seeliger (1895) festgestellt. Mit Bezug auf junge Stöckchen von P. aherniosum schreibt er beiläufig (S. 65): „Bei mehreren Stöckchen dieses Alters findet man zwischen den 3 Etagen junge Knospen, die im Begriff sind, sich nach dem Basalende zu vorzuschieben." Vor ihm hatte, wie erwähnt, Joliet (1881) noch angenommen, daß die 4 Primärascidiozooide durch die an ihren Ventralseiten entstehenden Knospen allmählich an das offene Basalende der Kolonie ge- drängt würden. 15 3o6 G. Neümann, Es ist nun höchst verwunderlich, daß den älteren Autoren eine Wahrnehmung an wan- dernden Knospen scheinbar völlig entgangen ist. Schon bei schwachen Vergrößerungen beob- achtet man regelmäßig an deren Rückenseite, die, wie erwähnt, während der Vorwärtsbewegung stets der offenen Stockbasis zugekehrt bleibt, einen Schwärm von Zellen (Taf. XLI, Fig. 2) In der Form meist dreieckig-zipfelförmig, sitzt er mit breiter Basis der Rückenfläche an ihrem hervorragendsten Punkte auf. Zuweilen erscheint er auch in zwei schmale divergierende Zipfel geteilt. Mehr vereinzelt liegen Zellen auch an den beiden Flanken und an der Hinterseite der Wanderknospe. Die genauere Untersuchung mit stärkeren Vergrößerungen und auf Schnitten ergiebt, daß es sich um Haufen langgestreckter, spindel- oder sternförmig verästelter Zellen handelt, die der Hauptmasse nach mit ihren Längsachsen in der Bewegungsrichtung liegen. Nur ein kleiner Teil, nämlich die unmittelbar am Knospenkörper befindlichen, erscheinen mit ihren Längsseiten platt an die Rückenfläche desselben angelegt. Mit ihren Zellleibern stehen sie untereinander in Verbindung. Histologisch sind sie von den spindel- und sternförmigen Mantelzellen nicht zu unterscheiden und daher zweifellos mit ihnen identisch: Ein meist langgestreckter, intensiv färb- barer Kern ist umgeben von einem blassen, granulierten Plasmakörper. Wir dürften kaum fehlgehen, wenn wir diese Zellen als „P h o r o c y t e n" betrachten, be- stimmt, die junge Knospe vom Orte ihrer Entstehung an ihren definitiven Platz zu schleppen. Obschon ich kein lebendes Pyrosomenmaterial untersucht habe, möchte ich doch an dieser Deutung festhalten, und zwar aus folgenden Gründen: Diese Zellschwärme lassen sich an sämt- lichen auf Wanderung befindlichen Knospen nachweisen, und zwar nur an deren Rückenseiten, die während der Wanderung in der Bewegungsrichtung liegen. Dagegen besitzen die an langen „Stielen" aufgereihten, unter sich verbundenen Knospen von P. Agassizi und spinosuni derartige Zellhaufen nicht, weil sie nicht wandern. Ferner beginnen die Zellen sich einzustellen, sobald eine Knospe unmittelbar vor ihrer Abschnürung steht, und sie verschwinden, sobald ihre Fixierung am definitiven Platze erfolgt ist. Endlich wissen wir, daß auch in anderen Tunicatengruppen, wo überhaupt Knospen wandern, Phorocyten dabei das Transportgeschäft übernehmen. Bei Anchinia wies sie zuerst Korotneff (1883, 1884) und dann wieder Barrois (1885) nach. Für Doliolum stellte dasselbe gleichzeitig Barrois und für Dolchinia wieder Korotneff 1891) fest. Ich selbst (Neumann 1906) konnte mich über die geradezu erstaunlich exakte und vielgestaltige Tätigkeit der Phorocyten bei Doliolum genauer unterrichten. Was den Ursprung der Phorocyten bei Pyrosoma anlangt, so dürfte es wohl zweifellos sein, daß es sich um spindel- und sternförmige Mantelzellen handelt, die sich diesem Transportgeschäft gewidmet haben. Die Zellen im Mantel von Pyrosomdi sind von Sai-Ensky (1892) beim Studium der Embryonalentwickelung als ausgewanderte Mesodermelemente erkannt worden, und als solche sind sie wohl von Haus aus mehr oder weniger plastisch, amö- boid, wenigstens deutet ihre außerordentlich verschiedene Form darauf hin. Histologisch sind Mantelzellen und Phorocyten nicht zu unterscheiden. Jedenfalls läßt sich immer nachweisen, daß bereits unmittelbar vor der Abschnürung einer Knospe eine Anzahl Zellen am dorsalen Pol derselben an der Stelle versammelt sind, wo die Durchschnürung des Stolos erfolgt. Zwar sind sie zu der Zeit noch nicht irgendwie geordnet oder gerichtet, sondern offenbar nur in Bereitschaft, nach erfolgter Durchschnürung die Knospe, 16 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ?07 wie sich nunmehr beobachten läßt, unter der Ventralseite des Muttertieres hervor und in die „Gasse" zwischen diesem und dem Nachbarascidiozooid einzuschleppen. Daß dabei, wie während der ganzen Wanderung, die Knospe stets vom Mantel umhüllt bleibt, also nie etwa auf seiner Oberfläche geschleppt wird, sondern stets im Innern desselben wandert, braucht kaum betont, zu werden. Da nun normaler Weise in zwei- und mehrreihigen Stöckchen vor dieser Gasse (also basalwärts) der gerade Weg durch ein Ascidiozooid der folgenden Etage gesperrt erscheint (vgl. oben), muß der Kurs geändert, die Knospe entweder rechts oder links um dieses Ascidiozooid herumgezogen werden. An dieser Stelle befindliche Wanderknospen stehen daher mehr oder weniger quer zur Längsachse des Stockes. Dabei gelingt es öfters zu beobachten, wie der Phorocytenschwarm in zwei Zipfel sich aufgelöst hat, welche divergierend von der Knospe in der Richtung der beiden möglichen Wege ausstrahlen, offenbar ein Zeichen dafür, daß jeder Zipfel bemüht ist, die Knospe in seiner Richtung weiterzuschleppen. Gewisse Bilder lassen sogar den Schluß zu, daß in solchen Fällen der unterHegende Teil ausschwärmt. Beim Einschwenken in eine solche „Gasse" verlängert sich der Zellenschwarm oft außer- ordentlich. Man sieht die vordersten Phorocyten bereits neben den Rückenflächen der Ascidio- zooide dieser Etage (also basalwärts) aus der Gasse wieder hervorbrechen, in welche die Wander- knospe eben erst einbiegt. Der Zellschwarm hat also dann mindestens eine Länge, die der Höhe eines Ascidiozooids (2 — 3 mm) gleichkommt. Während des Durchwanderns durch einen solchen engen Mantelzwischenraum zwischen zwei Ascidiozooiden werden sehr oft die seitlichen Körperwandungen derselben erheblich einge- drückt; die Peribranchiiiiräume erscheinen auf schmale Spalte reduziert. Ich habe aber nie hier eine Knospe festgeklemmt gesehen. Ist der definitive Platz erreicht, so löst sich die zipfelförmige Anordnung der Phoroc)^en auf. Man beobachtet ein mehr oder weniger ungeordnetes Durcheinander. Schnitte durch diese Zone lassen mit ziemlicher Sicherheit den Schluß zu, daß die Zellen nach vollendetem Transport nicht wieder in den Mantel ausschwärmen, aus dem sie gekommen sind, sondern daß sie degenerieren und wahrscheinlich resorbiert werden. Das Chromatin des Kernes ballt sich zu einzelnen schwarzen Klumpen zusammen, Vakuolen treten gleichzeitig auf, das Zell- plasma geht in ein nicht-färbbares Gerinnsel über, oder, und das scheint für die in der Nähe des Knospenkörpers gelegenen Zellen zu gelten, der langgestreckte Kern wandelt sich in eine einzige, äußerst intensive färbbare Masse um, die der Knospenepidermis platt anliegt. Was nun Ursprung und Ende der Phorocyten bei anderen Tunicaten an- langt, so wies KoROTNEFF (1904) die ektodermale Abkunft bei Doliolum nach. Barrois (1885) war geneigt, sie bei Anchinia für umgebildete Mantelzellen zu halten, bei Dolchinia wären sie nach KoROTNEFF (1891) von großen, sehr lebhaft amöboid beweglichen Zellen abzuleiten, welche das Innere des „Colonialtubus" (Rückenfortsatz der hypothetischen Amme) erfüllen. Bemerkenswert ist die Uebereinstimmung, welche in Bezug auf das Ende der Phorocyten zwischen Anchinia, Doliolum und Dolchinia einerseits und Pyrosoma andererseits besteht. Hier wie dort degenerieren die Zellen, und deshalb lassen sich z. B. bei Doliolum (Neumann 1906) die gleichen Bilder wie bei Pyrosoma beobachten: An fixierten Knospen sitzen allenthalben jene stark verlängerten, äußerst intensiv färbbaren Kerne. 17 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Bd. XU. 3o8 G. Neumann, 2. Das Reifen der Geschlechtsdrüsen und die Beziehungen zwischen geschlechtlicher Vermehrung und Knospung. Die Pyrosomen sind als Zwittertiere geschlechtlich thätig; sie vermehren sich aber auch ungeschlechtlich durch Knospung, und ihre Knospen bilden einen Stock, der naturgemäß in jedem Bildungsstadium Tiere verschiedensten Alters beherbergen muß. Diese Thatsachen be- dingen eine Reihe gegenseitiger Beziehungen unter den Geschlechtsverhältnissen , die meines Wissens noch nicht zum Gegenstande planmäßiger Beobachtung gemacht wurden. Es soll daher untersucht werden das Verhältnis der Reife von Hoden und Ei, ferner das Ver- hältnis der Geschlechtsreife zur Kn ospungsreif e und endlich auch das Ver- hältnis von Geschlechtsreife, beziehungsweise K n o s p u n g s r e i f e einerseits, zum Alter des Einzeltieres andererseits. a) Hoden- und Eireife. Was das Verhältnis der Reife von Hoden und Ei anlangt, so sind a priori natürlich drei Fälle möglich, nämlich gleichzeitige Reife, männliche und weibliche Vorreife (Protandrie und Protogynie). Alle drei Fälle kommen bei den Pyrosomen vor, wenn auch der erste, die gleich- zeitige Reife, meistens gewissermaßen einen vorübergehenden Zustand, ein Durch- oder Ueber- gangsstadium darstellt. Untersucht man kleinere und mittlere (etwa bis 5 cm lange) Stöcke von P. atlanticuvi oder giganteum, so findet man in den erwachsenen Ascidiozooiden neben einem entwickelten, mit Spermatozoen angefüllten Hoden ein winziges Ei. Der Hoden reift also viel früher als das Ei. Wenn auch in jüngsten Tieren Hoden und Ei etwa auf gleicher Entwickelungsstufe stehen, so eilt doch weiterhin die Ausbildung des Hodens der des Eies be- trächtlich voraus. In älteren, etwa 10 — 15 cm langen Kolonien von P. giganteum zeigen die ältesten Ascidiozooide einen gewaltigen, noch immer Spermatozoen produzierenden Hoden, während vom Ei nichts mehr zu entdecken ist: Es gelangte inzwischen zur Reife, wurde be- fruchtet, entwickelte sich zum Cyathozooid mit den 4 Primärascidiozooiden und ist als „Vierer- kolonie" schließlich ausgestoßen, geboren worden. Da der Hoden zeitlebens Samenfäden pro- duziert, ist natürlich Selbstbefruchtung nicht ausgeschlossen, sondern bei der Nähe der Aus- mündungsgänge beider Geschlechtsdrüsen sogar wahrscheinlich, wenn nicht etwa andere gegen- setzliche Eigenschaften chemischer Natur von Ei oder Sperma desselben Tieres — wie sie im Pflanzenreiche häufiger vorkommen — jene ausschließen. Der Befruchtungsvorgang selbst ist am lebenden Tiere noch nicht beobachtet worden, und daher kann diese Frage zurzeit auch nicht beantwortet werden. Jedenfalls müssen wir/', atlanticum und giganteum als prot- andrische Arten bezeichnen, wenn auch mit einer Einschränkung. In den eben erwähnten 10 — 15 cm langen Kolonien von P. gigatiteum zeigen nämlich die jüngeren, regellos zwischen den älteren Einzeltieren placierten Ascidiozooide das Ei in allen Stadien der Entwickelung, von der Furchung bis zur fertigen Viererkolonie, während der Hoden zwar entsprechend, aber doch relativ viel weniger entwickelt erscheint, so daß also bei- 18 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ■?OQ spielsweise dem gefurchten oder in der Keimblätterbildung begriffenen Ei in der Regel ein un- entwickeltes Hodenknöspchen ohne Spermatozoen ansitzt, dem entwickelten Cyathozooid oder der Viererkolonie aber natürlich ein reifer Hoden gegenübersteht. Somit ist hier in den jüngeren (späteren) Ascidiozooidgenerationen Selbstbefruchtung ausgeschlossen, und die Ascidiozooide selbst sind protogyn zu nennen. Wir stehen also vor der Thatsache, daß in den Stöcken von P. giganteum und atlanticum die älteren Ascidiozooidgenerationen prot- andrisch, die jüngeren protogyn sind. Wollen wir aber den Geschlechtscha- rakter der Kolonie (als solcher) angeben, so müssen wir sie als pro tan d risch bezeichnen; denn zuerst erfolgt die Reifung des Hodens irgend eines (älteren) Ascidiozooides. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind auch P. trimigithci/i und die beiden so nahe ver- wandten Arten P. spinosuni und P. Agassisi zu den protandrischen Arten zu zählen. Von P. trianguhitn (nov. spec.) erbeutete die „Valdivia" nur ein 8 cm langes Stöckchen, in welchem die älteren Ascidiozooide neben einem recht unentwickelten Ei einen mit Sperma- tozoen erfüllten Hoden aufweisen. P. spinosum wurde nur in einzelnen Bruchstücken von höchst wahrscheinlich sehr großen Kolonien gefischt. In den vollentwickelten Ascidiozooiden derselben übertrifft der Hoden das Ei gewaltig an Ausbildung. Die ältesten Einzeltiere dagegen bergen ein riesiges in Keimblätter- bildung begriffenes Ei, der Hoden dagegen erscheint regelmäßig in einzelne Zellreste zerfallen, wobei ich allerdings nicht zu entscheiden wage, ob das hohe Alter desselben oder mangelnde Konservierung den Grund dafür bilden. Von dem nahe verwandten P. Agassizi erbeutete die „Valdivia" bis 17 cm lange, schlanke Kolonien, deren Ascidiozooide sämtlich der Geschlechts- organe vollständig entbehren, was unten noch genauer erörtert werden soll. Dasselbe stellten schon Ritter und Byxbee (1905) an den etwa gleich großen Kolonien des „Albatross" fest. Wie ich (191 1) durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Krüger — Berlin mitteilen durfte, zeigen auch die über i m langen Stöcke dieser Art aus der Sammlung des Fürsten von Monaco keine Geschlechtszellen. Demnach kann in diesem besonderen Falle die Frage nach dem zeit- Hchen Verhältnis der Reife von Hoden und Ei nicht beantwortet, höchstens auf Grund der engen Verwandtschaft mit P. spinosum erschlossen werden. Ganz anders als bei den genannten Arten \P. giganteum, atlanticum, triangulum, spinosum und Agassizi(J)\ liegen die diesbezüglichen Verhältnisse bei P. aherniosttm, verticiHatum und operculatum. Bei den Ascidiozooiden dieser Arten kann man schon bei oberflächlicher Beobachtung im rechten Peribranchial-, bezw. im Cloacalraum bereits fertige Viererkolonien antreffen, wenn der Hoden noch ein winziges, völlig unentwickeltes Knöspchen darstellt; und wenn der Hoden Sper- matozoen produziert, haben die Ascidiozooide längst ihre Brut entleert. Somit ist bei den ge- nannten Arten in diesen Fällen Selbstbefruchtung ausgeschlossen, jedoch nicht in allen, wie die genauere Beobachtung zeigt: Schon Seeliger (1895) Z'^ 2. B. für P. aherniosum auch an, daß in den 4 Primärascidio- zooiden erst der Hoden, dann das Ei reift. Ich kann diese Angabe für P. aherniosum durch- aus bestätigen und habe dasselbe, und zwar noch viel klarer, bei P. verticiHatum (nov. spec.) beobachten können. Während hier in den vier ersten Ascidiozooiden der Hoden das Ei ganz erheblich an Ausbildung übertrifft, jener auf der Höhe seiner Entwicklung steht, dieses aber noch 40* , j Q G. Neumann, ganz unreif ist, zeigt in der 2. und noch mehr in der 3. Etage (vgl. oben S. 295 ff.) der Hoden eine geringere, das Ei dagegen eine fortgeschrittenere Entwickelung, so daß hier beide Organe in einem Tiere eine gleiche Ausbildung haben, z. B. beide reif sein können, womit Selbstbefruchtung natürlich gegeben wäre. In den folgenden Etagen (4 — 6) ändert sich nun dieses gegenseitige Verhältnis der Reife von Hoden und Ei in derselben Weise stetig, d. h. der Hoden bleibt mehr und mehr (in den Tieren gegen das offene Ende der Kolonie zu) hinter dem Ei zurück, oder, was dasselbe ist, dieses übertrifft an Ausbildung den Hoden um so mehr, je näher das Ascidio- zooid an der Stockbasis liegt. So steht hier im unteren Teile der Kolonie in ein und dem- selben Ascidiozooid ein reifes, bezw. bereits bis zum Embryo entwickeltes Ei einem völlig un- entwickelten Hoden gegenüber, und an der Spitze des Stockes besitzen die 4 ersten Ascidio- zooide neben reifen Hoden unentwickelte Eier. Der Stock ist an der Spitze protan- drisch, im unteren Teile protogyn, und in der Mitte kann gleichzeitig Reife vorherrschen, oder was dasselbe sagt, die älteren Ascidiozooidgenerationen sind protandrisch, die jüngeren protogyn. Vergleicht man bei P. verticillahmi also die Eier der Ascidiozooide der einzelnen Etagen miteinander, so zeigt sich etwa in 5 — 6-reihigen Stöcken, daß die Eier der 3. und 4. Etage am weitesten entwickelt sind, wobei in der Regel die Mehrzahl der Eier der 3. Etage noch fort- geschrittenere Stadien aufweist, als die der 4. Etage. Die Eier der Ascidiozooide in der 2. Etage sind wieder erheblich kleiner als die der Einzeltiere der 3. und auch als die der 4. Etage, obschon natürlich die Ascidiozooide der 4. Etage einige Generationen jünger und daher viel kleiner sind als die der 2. Die Eier der 4 Primärascidiozooide stehen wiederum an Größe hinter denen der Tochtertiere der 2. Etage zurück. Natürlich sind somit die Eier der Primärascidiozooide am meisten verschieden von denen der Individuen der 3. und 4. Etage, und zwar sind eben die Eier dieser Ascidiozooide der 3. und 4. Etage erheblich viel größer als die der Primärascidiozooide, was jedenfalls bemerkenswert erscheint, wenn man bedenkt, daß die Einzeltiere der 4. Etage um viele Generationen jünger sind als die Primärascidiozooide vmd kaum V2 — Vs von deren Größe besitzen. Stehen doch die Eier der 4 ersten Ascidiozooide erst auf der Entwickelungsstufe der Eier der 5. bezw. 6. Reihe, deren Ascidiozooide etwa Vs von der Größe der Primärascidiozooide besitzen. Es zeigt sich also, daß die Entwickelung der weiblichen Geschlechts- drüsen eines Ascidiozooids (bis zu einer gewissen Grenze) um so schneller erfolgt, je jünger die Generation ist, welcher dasselbe angehört. Die Gründe hierfür sollen unten erörtert werden. Daß die Ausbildung des Hodens zu der des Eies in umgekehrtem Verhältnis steht, wurde oben schon angegeben. Die Entwickelung des Hodens hält vielmehr mit der des Ascidiozooids selbst gleichen Schritt. Man könnte daher das Ergebnis auch so fassen: Die Tendenz zur weiblichen Vorreife ist um so stärker ausgeprägt, je jünger (bis zu einer gewissen Grenze) die Ascidiozooid generation ist. Natürlich müssen auch ältere Stöcke dieses Verhalten zeigen, und zwar muß dasselbe in den verschiedenen, leichter zu beobachtenden Embryonalstadien noch klarer zum Ausdruck kommen. Es sei daher gestattet, diese Verhältnisse noch an einem etwas älteren, achtreihigen Stöckchen von P. verticillahcm zu verfolgen. Es zeigt sich wieder, daß die weiblichen Ge- schlechtsdrüsen der Ascidiozooide der mittleren Reihen (2 — 4) die stärkste Entwickelung gehabt 20 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. -2 j j hatten, und zwar wieder (wie oben) in der Reihenfolge 3., 4., 2. Etage; denn von den 11 As- cidiozooiden der 3. Reihe haben bereits 9 (also etwa ^/4) ihre Embryonen als „Viererkolonien" ausgestoßen, von den 13 Einzeltieren der 4. Reihe haben bereits 4 (also etwa V3), von den 8 Ascidiozooiden der 2. Reihe schon 2 (also 'A) ihren Embryo geboren, und von den 14 Indi- viduen der 5. Reihe hat bereits eines seine Brut entlassen. Die 4 Primärascidiozooide ent- halten dagegen noch alle ihren Embryo. Vergleicht man die Entwickelungsstadien der Embryonen der i. und 5. Reihe, so ergiebt sich, daß die ältesten Embr}^onen der 5. Reihe weiter entwickelt sind (Stadium L von Salensky) als der älteste Embryo der Primärascidiozooide (Stadium J bei Salensky). Während ferner die sämtlichen Embryonen der 5. Reihe bereits in den rechten Peribranchialraum des Muttertieres übergetreten sind, erscheinen die 15 Eier der 6. Reihe noch im Ovar eingeschlossen. Sie sind zum Teil gefurcht und in Keimblätterbildung begriffen, also alle jünger als der jüngste Embryo der Primärascidiozooide. Die Eier der vorletzten, 7. Reihe sind weniger entwickelt, und natürlich noch mehr die der letzten , noch unvollständigen (aus 9 sehr kleinen Indi- viduen bestehenden) Reihe. Zieht man einen Vergleich zwischen der Anzahl der trächtigen und unreifen Ascidiozooide, so frappiert die erstaunliche Produktivität des jungen 1V2 cm langen Stöckchens. Wenn wir von den 9 eben erst fixierten, sehr kleinen Individuen der 8., unvoll- ständigen Etage absehen, so haben von den 89 Ascidiozooiden 50 bereits verschieden weit ent- wickelte Embryonen, von denen 16, also nahezu ein Drittel, bereits aus den mittleren Reihen geboren wurden, 15 Individuen besitzen entwickeltere und 14 noch unentwickelte Eier. Von einem noch älteren neunreihigen Stocke sei nur erwähnt, daß bereits die sämtlichen Embryonen der 4. iis'.d 3. Reihe ausgestoßen waren. Bei P. aherniosum liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Nur eins fällt beim Vergleich mit P. verticillatum in die Augen : Die Unterschiede in der Entwickelung der weiblichen Geschlechts- drüsen zwischen den älteren und jüngeren Ascidiozooidgenerationen sind nicht so groß wie bei P. verticillatum; die Tendenz zur weiblichen Vorreife scheint nicht so stark zu sein. Die Ent- wickelung der Eier verläuft in den jüngeren Ascidiozooidgenerationen nicht so außerordentlich rasch wie bei P. verticillatum, während sie gleichzeitig in den älteren (besonders den 4 Primär- ascidiozooiden) nicht so stark gehemmt erscheint. So zeigen in einem 9 mm langen, vierreihigen Stöckchen — die 4. Reihe ist mit 4 Einzeltieren noch unvollständig — die 7 Ascidiozooide der 2. Etage Eier, die nur sehr wenig weiter entwickelt sind, als die ihrer Muttertiere, der 4 Primärascidiozooide (von deren Eiern noch keines gefurcht ist, während von jenen die Hälfte junge Keimscheiben besitzen). Die Eier der 3. Etage aber stehen, nach der geringeren Größe zu schließen, in der Entwickelung hinter denen der Primärascidiozooide ganz erheblich zurück (sind noch nicht befruchtungsfähig). Dieses Stöckchen ist außerdem wieder ein Beispiel für die außerordentlich frühzeitig eintretende Geschlechts thätigkeit (Fruchtbarkeit) dieser protogynen Art, denn von den 24 Tieren des Stockes besitzen bereits 18 wohlentwickelte, zum Teil ge- furchte Eier. Aeltere Stöcke von P. aherniosum lassen denselben eben gekennzeichneten Unterschied erkennen. In dem oben S. 302 genannten achtreihigen Stöckchen mit der Altersfolge 15324 678 haben nicht nur die Ascidiozooide der 3. Etage (die dem Alter nach die 2. darstellen würde), sondern auch 3 Primärascidiozooide (das 4. ist ein viel jüngeres, später eingewandertes 21 , j 2 G. Nedmann, Tier), sämtliche Embrj^onen ausgestoßen. Von den Einzeltieren der 4., 5. und 2. Etage (dem Alter nach der 3., 4. und 5.) hat dagegen noch keines geboren, die ältesten Embryonalstadien dieser Reihe gleichen dem Stadium L bis M bei Salensky. Vergleicht man diese Angaben mit denen, die über das achtreihige Stöckchen von P. veHicillatum eben gemacht wurden, so tritt der Unterschied deutlich hervor. Bei P. ahemiosuni sind die ältesten Embryonen der 4. und 5. Reihe erheblich jünger als die der Primärascidiozooide, bei P. verticillahcm dagegen be- deutend älter. Daß den jüngeren Ascidiozooidgenerationen die Tendenz zur weiblichen Vorreife inne- wohnt, an welchem Platze in der Kolonie sie auch zur Entwickelung und geschlechtlichen Thätig- keit gelangen, zeigt das eben erwähnte junge Ascidiozooid, welches an Stelle des geschwundenen Primärascidiozooids getreten war. Es hat etwa die Größe eines Individuums der 7. Reihe und zeigt genau dieselbe (verhältnismäßig) fortgeschrittene Ausbildung des Eies und die kümmerliche des Hodens wie ein Ascidiozooid der 7. Reihe. Fragt man nach der Geschlechtsqualität dieser Arten (P. aherniosum und verticillatum), so wird man sie als protogyn bezeichnen dürfen, wenigstens in dem Sinne, daß bei weitem die Hauptmasse der Ascidiozooide zuerst weiblich thätig ist; höchst wahrscheinHch aber reift sogar in den meisten Fällen das Ei irgend eines Ascidiozooids (einer mittleren Etage), ehe der Hoden irgend eines (Primär-)Ascidiozooids Spermatozoen produziert Für P. operculatum (nov. spec.) bin ich nicht in der Lage angeben zu können, ob die Primärascidiozooide und die ihnen folgenden ältesten Ascidiozooidgenerationen ebenfalls (wie die von P. aherniosum und verücillatuvi) zuerst den Hoden zur Reife bringen, da das einzige von der Expedition erbeutete Stöckchen von 5V2 cm Länge bereits aus einigen 100 Einzeltieren be- steht und natürlich diese Verhältnisse nicht mehr zu beobachten gestattet. Aber zu den proto- gynen Arten zählt P. operculatum sicher; ja es dürfte vielleicht bei dieser Art die weibliche Vorreife der Ascidiozooide am extremsten in die Erscheinung treten. In den nahe am offenen Ende der Kolonie gelegenen jungen Ascidiozooiden lassen sich entwickelte Embrj'onen neben einem so unentwickelten, winzig kleinen Hoden beobachten, daß man Mühe hat, ihn über- haupt aufzufinden. Von den entwickelten Ascidiozooiden der Kolonie dagegen besitzt nicht ein einziges neben dem reifen Hoden noch ein in Entwickelung begriffenes Ei oder etwa eine „Viererkolonie"; sie haben also sämtlich schon längst geboren. Somit ist auch dieser ältere Stock am Ende, d. h. in seinen jüngsten Ascidiozooidgenerationen, protogyn, in seinen übrigen Teilen dagegen sind die älteren Einzeltiere alle zurzeit männlich thätig. Insofern zeigt dieser ältere Stock von P. operculatum jene fortgeschrittenen Geschlechtsverhältnisse einer protogynen Art, wie wir sie auch für ältere Stöcke von P. a/iemiosujn und verticillatum postulieren müssen, die aber wegen der Kleinheit der Kolonien (bis 2 cm) hier noch nicht in Erscheinung treten können. Am nächsten kommt diesen Verhältnissen jenes oben (S. 311) erwähnte Stöckchen von P. ver- ticillatum, bei welchem von den 75 trächtigen, d. h. mit befruchtungsfähigen Eiern und Em- bryonen ausgestatteten Ascidiozooiden bereits 16 geboren hatten. Ob die extreme weibliche Vorreife der späteren (jüngeren) Ascidiozooidgenerationen bei P. operculatum den Schluß rechtfertigt, daß auch die 4 Primärascidiozooide dieser Art protogyn (und nicht protandrisch, wie die von den beiden anderen weiblich vorreifen Arten, P. aherniosum und verticillatum) sind, werden weitere Beobachtungen an jungen Kolonien dieser Art lehren 22 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. 313 müssen. Ich möchte diesen Schluß nicht für zwingend halten, wohl aber könnte jenes extreme Verhalten eine thatsächliche Protogynie des Stockes verbürgen, d.h. es dürfte das Ei irgend eines Tieres eher befruchtungsfähig sein, als der Hoden irgend eines anderen der Kolonie Sperma produziert. Vergleicht man die als protandrisch bezeichneten Arten mit den protogynen, so sind letzten Endes die Verhältnisse hinsichdich des Wechsels in der Geschlechtsqualität der aufeinander fol- genden Ascidiozooidgenerationen bei beiden dieselben. Denn wir sahen bei den protandrischen Stöcken von P. giganteum und atlanticum, daß die Primärascidiozooide und die folgenden älteren Ascidiozooidgenerationen jedenfalls zuerst den Hoden zur Reifung bringen, die jüngeren Gene- rationen in den (12 — 15 cm langen) Kolonien aber zuerst die Eier reifen lassen. In den eben beschriebenen protogynen Stöcken ist genau dasselbe verwirklicht. Der Unterschied besteht nur darin, daß die Zahl der aufeinander folgenden protandrischen Generationen in den protogynen Stöcken sehr klein, bei den protandrischen Stöcken dagegen sehr groß ist; in den protogynen Stöcken sind es i — 2 Etagen mit vielleicht 12 — 15 Ascidiozooiden, in den protandrischen dagegen viele 100 Einzeltiere. Die weibliche Geschlechtsreife tritt, zum Alter des Stockes in Beziehung gesetzt, in den protogynen Stöcken sehr frühe, in den protandrischen sehr spät ein. Und weil während dieser längeren Zeit die protandrische Kolonie durch lebhafte Knospung mächtig vergrößert und deshalb die regelmäßige Anordnung der Ascidiozooide in Ringen oder Etagen längst verlassen worden ist, können solche größere protandrische Stöcke auch nicht jene oben bezeichnete scharfe Sonderung der geschlechtlich verschieden qualifizierten Ascidiozooide zeigen (die Spitze protandrisch, die Basis protogyn), wie die kleinen protogynen Stöckchen, obschon die Verhältnisse hier wie dort dieselben sind: Die älteren Ascidiozooidofenerationen sind zuerst männlich, hierauf weiblich und zugleich männlich thätig, diejüngeren, späteren dagegen zuerst weiblich und hierauf männlich. b) Knospungsreife und Geschlechtsreife. Die Ursache dieser Verschiedenheit in der Geschlechtsqualität liegt vielleicht mitbegründet in dem Verhältnis der Knospungsreife zur Geschlechtsreife. Untersucht man die Primärascidiozooide von „Viererkolonien", wie sie nach völliger Re- sorption des Cyathozooids im rechten Peribranchial- bezw. bei anderen Arten im Cloacalraum des Muttertieres gelegen sind, so sieht man an der ventralen Hinterseite bereits den Stolo in Form eines kleinen Knöspchens hervorragen, d. h. die 4 Primärascidiozooide beginnen, noch lange bevor sie ihre definitive Größe erreicht haben, selbst Knospen abzuschnüren, welche sich in ge- setzmäßiger Weise dorsal über diesen ihren Muttertieren placieren (vgl. oben S. 296). Auch diese Tochterindividuen beginnen, ebenfalls noch relativ unentwickelt, alsbald wieder mit der Knospenproduktion. Die Geschlechtsdrüsen, insbesondere die Eier, erweisen sich in diesen jungen knospenden Tieren als ganz unentwickelt. Wir stehen also vor der Thatsache, daß die Primär- ascidiozooide und die folgenden von diesen abstammenden Ascidiozooid- generationen zunächst ausschließlich ungeschlechtlich, knospend, thätig sind, daß die Knospungsreife also lange vor der Geschlechtsreife eintritt. Die 23 G. Neumann, Knospenproduktion beeinflußt nun offenbar die Entwickelung der Geschlechtsdrüsen in be- stimmter Weise: Es war schon Kowalevsky (1875) bekannt, daß die Primärascidiozooide und auch die Ascidiozooide aller kleineren Stöcke (also die älteren Generationen) sich von sonst gleichent- wickelten Individuen alter Kolonien dadurch unterscheiden, daß die Geschlechtsorgane, und zwar besonders die Eier, in den Ascidiozooiden kleinerer Stöcke viel weniger ausgebildet sind. Der kolossale Materialverbrauch bei der raschen und andauernden Knospung bedingt eine Entwicke- lungshemmung der Geschlechtsprodukte im allgemeinen, und im besonderen der Eier, vielleicht, weil die Entwickelung der Dottermassen ungleich mehr Ansprüche an das gleichzeitig knospende Tier stellt als die des Hodens. Jedenfalls sehen wir, daß während der Knospung der Hoden langsam weiterwächst, die Entwickelung des Eies aber stark ge- hemmt oder zunächst wohl oft ganz unterbunden erscheint. Weil nun, wie festgestellt, die Primärascidiozooide und die ersten Ascidio- zooidgenerationen ausschließlich knospen, während derKnospung sichaber nur der Hoden weiterentwickelt, erscheinen diese stets protandrisch. In den Stöcken von P. giganteum und atlanticum geschieht anscheinend die Knospen- produktion nicht nur rascher, sondern sie setzt sich vor allem ununterbrochen durch eine viel größere Anzahl von Ascidiozooidgen erationen fort, als in den Stöcken von P. aherniosuvi und verticillatuvi, wo schon in den Ascidiozooiden der 4. Etage die Knospung zum Stillstand kommt, und zwar anscheinend durch die Entwickelung der Eier (siehe unten). Weil aber eben hier wie dort nur der Hoden während der Knospenproduktion sich weiterentwickelt, erscheinen jene Stöcke von P. giganteum und P. atlanticum protandrisch, die von P. aherniostim und verticillatum dagegen nur an der Spitze männlich vorreif, nämlich in den Primär- und unmittelbar folgenden Ascidiozooiden. So würde also die männliche Vorreife als eine Folge der frühzeitig vorhandenen Kn ospungsreife er- scheinen. In den Stöcken von P. aherniostim und verticillatum besteht nun die Tendenz, die wie überall zunächst ausschließlich geübte Knospung sehr bald zu gunsten der Entwickelung der Eier abzubrechen. Denn wir finden, daß in den späteren, also jüngeren Ascidiozooidgenerationen, welche die 4. Etage und die folgenden Ringe aufbauen, immer erst das Ei zur Ausbildung ge- langt, ehe das betreffende Ascidiozooid überhaupt Knospen abschnürt. Diese jüngeren Tiere sind also erst (ohne zu knospen) ausschließlich geschlechtlich thätig, und zwar weiblich. Während also in diesen Stöcken die 4 Primärascidiozooide und ihre ältesten Tochtertiere zuerst die junge Kolonie durch Knospung aufbauen und dann nebenher Spermatozoen hervorbringen, sorgen die späteren Generationen durch Produktion von Eiern zuerst für die Erhaltung derArt. Später, im höheren Alter der Kolonie kehrt sich das Verhältnis natürlich um: Die ältesten Tiere (normalerweise zuletzt die 4 Primärascidiozooide) werden bei gleichzeitiger Samen- produktion weiblich geschlechtsreif, während sich die jüngeren Generationen dem Knospungsgeschäft, also der Vergrößerung der Kolonie widmen und nebenher durch Samenproduktion männlich geschlechtsthätig sind. 24 Die Pyrosoitien der deutschen Tiefsee-Expedition. 315 In den protandrischen Kolonien von P. giganteum und atlanticuvi sind die älteren Ascidio- zooidgenerationen (und zwar eine sehr viel größere Zahl als bei den protogynen Stöcken), wie ausgeführt, ebenfalls zuerst ausschließlich knospend thätig; hierauf werden sie, weiter knospend, männlich und endlich weiblich geschlechtsreif. Ob die jüngeren, zuerst weiblich geschlechtsthätigen Generationen der großen Stöcke vorher nicht knospen (wie die entsprechenden Ascidiozooide In den protogynen Stöcken), konnte ich wegen der Unübersichtlichkeit der Verhältnisse in diesen alten Kolonien nicht sicher entscheiden. Wie nun anscheinend die Entwickelung besonders der weiblichen Geschlechtsdrüsen und deren Produkte durch langandauernde, lebhafte Knospung hemmend beeinflußt wird (z. B. sicher wohl in den Primärascidiozooiden), so ist es zweifellos, daß die einmal begonnene Aus- bildung des Eies die Knospungsfähigkeit der betreffenden Ascidiozooide hemmend beeinflußt: In den Stöcken von P. aherniosiim und verticillatwn beginnen die Ascidiozooide der 2. und 3. Etage, während sie noch in der Periode der Knospung stehen, mit der Entwickelung des Eies. In den Ascidiozooiden von der 4. Reihe an hebt dagegen, wie ausgeführt, die Entwicke- lung der Eier an, ehe das Individuum überhaupt geknospt hat. Bei jenen Ascidiozooiden (der 2. und 3. Etage) kann man, ebenso wie bei entsprechenden Tieren in protandrischen Stöcken vielfach unzweifelhaft konstatieren, daß Knospung undEientwickelung sich geradezu ausschließen, daß also z. B., wo ein weitentwickeltes Et vorliegt, der Stolo eine unentwickelte Knospe trägt und umgekehrt; wo in einem gleichaltrigen Ascidiozooid derselben Reihe eine ab- wanderungsfähige Knospe am Stolo sitzt, ist das Ei recht wenig entwickelt; endlich können Knospe und Ei desselben Tieres auch mittlere Ausbildung zeigen. Die gegenseitige Beeinflussung kann natürlich nur so lange währen, als Knospe und Ei vom Muttertiere zehren, also bis zur Abschnürung der Knospe einerseits und andererseits bis zum Uebertritt des Embr^^os in den Cloacal- bezw. rechten Peribranchialraum, das ist also während der Dotterbildung, Furchung und Keimblätterbildung. Ob nun auch die Knospung wieder lebhaft einsetzt, sobald nach dem Aus- tritt der am Cyathozooid entstehenden tetrazooiden Kolonie aus dem Ovar der Materialanspruch vom Mutterascidiozooid gewissermaßen auf das Cyathozooid mit seinem Dottersack übergeht, oder ob die Knospungsfähigkeit nach der weiblichen Zeugung herabgesetzt wird oder gar er- lischt, konnte ich aus dem Material nicht sicher ersehen. Es sei aber bemerkt, daß in den Stöcken (von P. aherniosum und P. verticillatiim), welche in der Periode der weiblichen Geschlechtsthätigkeit stehen (deren entwickeltere Ascidiozooide also, wie in dem oben S. 3 1 1 beschriebenen Stock von P. verticillahim, alle fortgeschrittene Em- bryonen tragen), auch bei den Einzeltieren Kjiospen recht spärlich zu beobachten sind, welche ihre „Viererkolonie" bereits ausgestoßen haben. Dieser Umstand würde also vielleicht -dafür sprechen, daß die Knospungsfähigkeit des Ascidiozooids mit dem Hervor- bringen und Austragen der weiblichen Frucht ihren Höhepunkt überschritten hat und allmählich zum Stillstand kommt. Es sei gestattet, zu der gegenseitigen Beeinflussung von Knospung und weiblicher Ge- schlechtsthätigkeit ein besonders durchsichtiges Beispiel vorführen zu dürfen, welches in geradezu schematischer Weise alle bisher besprochenen Beziehungen erkennen läßt. In einem neunreihigen Stöckchen (9. Reihe noch unvollständig mit 6 Ascidiozooiden) von Deutsche Ttefsee- Expedition 1898—1899. Bd. XII. . j 3i6 G. Neumann, P. verticillatum besitzen die Ascidiozooide der 3. und 4. Etage die am weitesten entwickelten Eier, von denen einige schon gefurcht sind; es mag das äheste der 3. Etage sogar etwas fort- geschrittener sein, als die ältesten der 4. Was aber sofort auffällt, ist der Umstand, daß die Eier der 4. Etage außerordentlich gleichmäßig entwickelt sind, die der 3. aber auffällig ver- schieden, neben sehr kleinen liegen in Furchung befindliche, obschon die Ascidiozooide keines- wegs verschieden an Größe, sondern im Gegenteil sehr gleichmäßig entwickelt sind. Und das- selbe gilt für die 2. Reihe, nur mit dem Unterschiede, daß die Eier dieser zwar älteren Ascidio- zooide wieder kleiner sind, als die der jüngeren Einzeltiere der 3. Etage (siehe oben). Der Grund für die Ungleichheit der Eier in doch gleichaltrigen Tieren der 2. und 3. Etage einerseits und andererseits für die gleiche Entwicklung der Eier der 4. Etage und auch der folgenden Etagen (5 — 8) wird sofort klar, wenn man die Knospen in den betreffenden Reihen studiert. In Reihe 4 — 8 kann von Knospung eigentlich noch nicht gesprochen werden, zeigen doch die Ascidio- zooide der 4. Reihe erst die frühesten Anfangsstadien (etwa das von Fig. i und 2, Taf. XXXVI). Bei den Ascidiozooiden der folgenden Reihen (5 — 8) treten die Stolostränge eben aus dem Körper des Muttertieres hervor. Von den Knospen der 4. bis zu denen der 3. Reihe ist nun aber ein gewaltiger Sprung in der Entwickelung nach vorwärts bemerkbar; denn von den 10 Ascidio- zooiden der 3. Reihe hat eines bereits eben eine Wanderknospe abgeschnürt, welche an der rechten (nicht linken) Flanke des Muttertieres nach hinten zieht, weil hier durch den Schwund eines Ascidiozooids eine breite Lücke entstanden ist; 3 weitere Knospen stehen unmittelbar vor der Abschnürung. Die 4 Mutterascidiozooide dieser Knospen besitzen nun in der That die am geringsten entwickelten, kleinsten Eier unter sämtlichen 10 Individuen der 3. Etage. Umgekehrt bergen die 3 Ascidiozooide mit den großen Eiern die kleinsten Knospen, 3 Ascidiozooide be- sitzen je eine mittlere Knospe und je ein Ei mittleren Stadiums, das letzte Ascidiozooid der Reihe endlich trägt ein mittleres Ei und eine sehr kleine Ivnospe, stellt also scheinbar eine Ausnahme dar, allein hier macht die genauere Untersuchung des distalen Endes es wahrscheinlich, daß be- reits eine große Knospe abgeschnürt wurde, welche die Hemmung in der Entwickelung des Eies gebildet haben dürfte. In der 2. Reihe sind die Verhältnisse fast ebenso scharf ausgeprägt: Von den 8 Indi- viduen haben 4 Einzeltiere Knospen, die vor der Abschnürung stehen, und daneben je 2 Ascidio- zooide sehr kleine, die beiden anderen etwas fortgeschrittenere Eier. 2 Individuen besitzen Knospe und Ei in mittleren Entwickelungsstadien, und 2 Tiere kleine Knospen und dazu ein sehr großes, bezw. ein mittleres Ei. Die 4 Primärascidiozooide endlich stehen noch mitten in der Periode der Knospung, sind also alle mit großen Knospen versehen und besitzen dementsprechend sehr unentwickelte Eier, aber einen reifen Hoden. Ueberblicken wir nun das Verhältnis von Knospung und geschlecht- licher Thätigkeit, so zeigt sich, daß in allen Stöcken zuerst geknospt wird, in den pr otandrischen nur viel länger, durch eine viel größere Anzahl von Generationen hindurch, als in den protogynen. Hierauf bringt bei gewissen, den pro togynen Arten, eine geringe Anzahl älterer In dividuen zuerst Samen, die Hauptmasse der folgenden Ascidiozooidgenerationen (gleichzeitig) aber zuerst Eier hervor. Später kehrt sich natürlich das Verhältnis um. Bei anderen, den protandrischen Arten, erzeugt eine große Anzahl älterer Ascidioz ooid- 26 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ^17 generationen Samen, dann Eier, die jüngeren Generationen (im höheren Stock- alter) umgekehrt zuerst Eier, dann Samen. Während aberEientwickelung und Knosp ung sich gegenseitig hemmen oder gar aufheben, geht die Entwicke- lung des Hodens stets neben der Knospenproduktion einher. Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß in allen Fällen die 4 Primärascid io- zooide zuerst ausschließlich knospen, also ungeschlechtlich thätig sind, und ebenso die von ihnen auf diesem Wege erzeugten zunächst folgenden ältesten Tochtertiere. Die geschlechtliche Thätigkeit setzt bei diesen ersten Generationen stets danach ein. Es herrscht also in den Pyrosom enstöcken die Tendenz, auf jeden Fall erst den Bestand der Kolonie, gewissermaßen des Individuums, zu sichern, und darauf durch Neugründung von Kolonien vermittelst geschlechtlicher Thätigkeit die Erhaltung der Art zu garantieren. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß auch Abweichungen von den eben beschriebenen Beziehungen zwischen Knospung und geschlechtHcher Vermehrung vorkommen. Insbesondere beobachtet man bei protogynen Arten zuweilen, z. B. bei P. aherniosum und verti- cillatii))i, daß die Knospung durch eine größere Anzahl älterer Ascidiozooidgenerationen hindurch fortgesetzt wird als gewöhnlich, die Tendenz zur weiblichen Vorreife sich also erst in späteren Generationen bemerkbar macht. Diese Stöcke bilden gewissermaßen einen Uebergang zum Verhalten der protandrischen Arten. Da nun der Hoden, wenn auch langsam, sich während der Knospung weiterentwickelt, erscheint der junge Stock der protogynen Art protandrisch. Die Gegenüber- stellung der beiden eben besprochenen sieben- bezw. neunreihigen Stöcke von P. verticillatutn läßt schon diesen Unterschied erkennen. Bei dem achtreihigen besitzen von den 98 überhaupt vor- handenen Ascidiozooiden 50 fertige Embryonen (von denen 16 bereits ausgestoßen sind), und 15 Individuen entwickeltere Eier; das nevmreihige Stöckchen besteht aus 103 Ascidiozooiden, von denen einige (3 — 4) als höchstentwickelte Stadien gefurchte, alle übrigen dagegen weniger aus- gebildete bis ganz unentwickelte Eier besitzen. Die Entstehung geburtsreifer Embryonen liegt also noch weit zurück. Die Eier der kaum halberwachsenen Tiere der 6. Reihe sind in jenem achtreihigen Stocke weiter fortgeschritten, als die ältesten Eier (der 3. Etage) in dem neunreihigen Stocke. Auch von P. aherniosum enthält das Material siebenreihige Stöcke mit durchaus un- entwickelten Eiern. Es findet sich aber auch der oben erwähnte vierreihige Stock von P. aher- niosum (wobei die 4. Reihe noch unvollständig) mit 24 Tieren, von denen 18 bereits wohlent- wickelte, zum Teil gefurchte Eier besitzen. Das Extremste in dieser Hinsicht aber zeigt jenes schon oben erwähnte 3 cm lange Stöckchen von P. verticillatuvi mit rund 300 Ascidiozooiden in 20 regelmäßigen, dicht aneinander liegenden Reihen mit noch völlig unentwickelten Geschlechts- organen. Hier hielt also eine allerdings fabelhafte Knospenproduktion durch auffällig zahl- reiche Ascidiozooidgenerationen die Entwickelung der Geschlechtsorgane ganz besonders lange zurück. c) Vermehrung und Stockgrösse. Die eben geschilderten Beziehungen zwischen geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Thätigkeit haben noch eine weitere wichtige Folge. 27 41* 3i8 G. Neujlajin, Man könnte die Verhältnisse auch so zusammenfassen: Wo lange Zeit, d. h. durch viele Generationen hindurch, geknospt wird, haben wir protandrische Stöcke, wo die Knospung (vorläufig) frühzeitig abgebrochen wird, ist der Stock proto- gyn. In den protandrischen Stöcken sind also die Ascidiozooide länger knospend, d. h. stock- bildend thätig, ehe die weibliche Geschlechtsthätigkeit, die Entwicklung der Eier, beginnt, wobei ja das von den Tieren des Stockes erzeugte Material diesem selbst verloren geht. Es werden somit protandrische Stöcke nach einem gewissen Alter aus einer größeren Anzahl geknospter Ascidiozooide sich zusammensetzen, somit stets größer sein müssen, als die protogynen, deren Ascidiozooide während der Eientwickelung und Furchung nicht knospen, sondern vielmehr Substanz der Kolonie in den Embryonen (zur Erhaltung der Art) abgeben. Vergleicht man daraufhin die protogynen Arten mit den protandrischen, so zeigt sich in der That, daß z. B. die protandri- schen Kolonien von P. ai 1 anticum und P. gi gante tim im Maximum stets er- heblich viel größer sind, als etwa die protogynen won P. aherniosum und ver/i- cil/atum. Es fanden Peron (1804) und Huxley (1851) Kolonien von P. atianticicm, die 16, bezw. 25 cm lang waren. Ritter (1905) berichtet, daß die größten bis jetzt erbeuteten Kolonien von P. giganteum eine Länge von 60 cm besaßen, während die bis jetzt durch die „Plankton- und Deutsche Tiefsee-Expedition" bekannt gewordenen längsten Stöckchen von P. aherniosum und verticillatum 3 cm messen (siehe unten). Aller Wahrscheinlichkeit nach gehören, wie bemerkt, zu den protandrischen Stöcken auch die beiden so nahe verwandten Arten P. spinosum und P. Agassizi. P. spinosum ist die größte bekannte Pyrosomenart ; beobachteten doch Bonnier und Perez (1902) im Indischen Ozean Stöcke bis zu 4 m Länge. Mir standen nur Bruchstücke riesiger Kolonien zur Verfügung, aber ich habe in keinem einzigen Falle Embryonen, sondern nur gefurchte Eier beobachtet, obgleich anscheinend die Stöcke sehr alt waren, so daß anzunehmen ist, bei P. spinosum wird das „Brut- geschäft" recht lange hinausgeschoben, vorher findet nur Knospung und Spermaproduktion statt und deshalb die riesige Größe der Kolonien. Für P. Agassizi dürfte die oben mitgeteilte Stockgröße von über 1 m die Vermutung bestätigen, daß diese Art zu den protandrischen zu zählen sein wird. So erscheint also die den verschiedenen Arten eigene Stockgröße als eine Folge ihrer geschlechtlichen Verhältnisse; prota ndrische Formen bilden große, protogyne kleine Kolonien. d) Geschlechtsreife und Alter des Einzeltieres. Diese extremen Größenverhältnisse der Stöcke bei den verschiedenen Arten werden ferner begünstigt oder mitbedingt von dem Verhältnis des Eintrittes der Geschlechtsreife zum Alter des Einzeltieres. Da gilt denn, daß die weibliche Vorreife, also die Reife des Eies, in den protogynen Tieren sehr frühe, die männliche Vorreife, die Samen- produktion des Hodens, in den protandrischen Individuen dagegen stets erst in höherem Alter des Tieres erfolgt. Die Gründe für dieses Verhalten dürften in dem beschriebenen Verhältnis der Knospungsreif e zur Geschlechtsreife liegen: Da während der früh einsetzenden und fortdauernden Knospenproduktion der Hoden nur langsam weiterwächst, erlangt eben das Tier bis zur Reife desselben ein höheres Alter. Und anderer- 28 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ■? I Q seits erfolgt in den protogynen Individuen die Eientwickelung, bevor die Knospung eingesetzt hat ; in dem Alter, wo die protandrischen Ascidiozooide knospen, entwickelt sich in den protogynen das Ei. Schon Seeliger (1895) hob hervor, daß in den Stöcken von P. aherniosum 2V2 — 3 mm lange, also noch junge Tiere — die alten messen 5 mm — bereits wohlentwickelte Embryonal- kolonien besitzen, so daß es zweifellos ist, daß hier die weibliche Geschlechtsreife eintritt, bevor das Ascidiozooid seine volle Größe erreicht hat. Während in seinem Körper die Embryonal- entwickelung sich vollzieht, wächst das Muttertier und erreicht erst seine definitive Größe, nach- dem die Viererkolonie bereits ausgestoßen ist. Seeliger möchte, aber wohl nicht ganz mit Recht, diese Erscheinung mit der Pädogenese und mit der von Chun bei Ctenophoren beobachteten Dissogonie vergleichen. Ich kann die eben mitgeteilten Beobachtungen Seeligers auch für P. verticillatum und opemilattun bestätigen. Es ist geradezu erstaunlich, in welch jugendlichem Alter die nahe der offenen Basis gelegenen Ascidiozooide ihre Eier zur Reife bringen. Sie besitzen in der That oft nur die halbe Größe oder ein Drittel von der der ältesten Tiere (vgl. oben S. 3 1 o), sind also selbst fast noch Knospen zu nennen. Andererseits erscheint die Reife des Hodens in den Ascidiozooiden von P. atlanticuni und noch mehr in denen von P. criaantetmi nahezu bis zu dem Zeitpunkt hinausgeschoben, wo das Tier seine definitive Größe erreicht hat. So kommt es, daß z. B. in einem 3,5 cm langen Stock von P. atlanticum oder in einer 5 cm langen Kolonie von P. giganteicm mei: c noch keine reifen Hoden entwickelt sind. In den protandrischen Ascidiozooiden (von P. giganteum und atlanticum z. B.) kommen natürlich die Eier im^ späteren Alter des Tieres zur Entwickelung ; denn es reift eben erst der Hoden; in den protogynen Individuen gilt dasselbe vom Hoden, weil eben das Ei erst reift. So kommt es, daß z. B. in einem 9 cm langen, aus Hunderten von Einzeltieren bestehenden Stocke von P. giganteicm noch keine Embrj^onen vorhanden sind , während bei P. aherniosum und verticillatu7n in i cm langen Stöckchen fertige Viererkolonien geboren werden können. e) Knospungsreife und Alter des knospenden Tieres. Was endlich das Verhältnis des Eintrittes der Knospungsreife zum Alter des knospenden Tieres anlangt, so wurde bereits erwähnt, daß die 4 Primärascidiozooide mit der Knospenproduktion sehr frühe beginnen, lange bevor sie erwachsen, viel- mehr selbst noch Knospen sind. Man kann meist bereits bei der eben geborenen Vierer- kolonie ein winziges Knöspchen unmittelbar hinter dem Endostyl herauswachsen sehen, zu einer Zeit also, wo alle anderen Organe des jungen Ascidiozooids, insbesondere auch die Geschlechts- drüsen, noch völlig unentwickelt sind und dasselbe kaum Ve — V5 seiner definitiven Größe erreicht haben dürfte. Wenn die erste Knospe eines Primärascidiozooids abgeschnürt wird, hat es viel- leicht erst V4 — Vs seines Wachstums vollendet. Bei den folgenden, von den 4 Primärascidiozooiden geknospten Generationen beginnt die Knospenproduktion zwar in etwas späterem Alter, aber doch bereits auch, noch ehe die Tiere ihre definitive Größe erreicht haben. Bei P. a/ierniosum und verticillatum beginnen die ältesten Tochtertiere (der 2. und 3. Reihe) mit der Knospenproduktion, wenn jedes der 4 Primärascidiozooide etwa 5 — 8 Knospen abgeschnürt hat. 29 ,20 G. Neumann, Weiterhin wird ja die Knospung von der Entwickelung der Geschlechtsdrüsen stark beeinflußt, und zwar entweder gehemmt oder wohl auch gar aufgehoben (siehe oben). f) Allgemeines über den Generationswechsel der Pyrosomen. Vergleicht man diese eben dargestellten Fortpflanzungs Verhältnisse der Pyrosomen mit denen anderer Tunicaten, so läßt sich eine ähnliche Mannigfaltigkeit der Beziehungen vielleicht nur noch bei den Ascidien konstatieren, die dafür allerdings ja auch nach jeder anderen Richtung hin unvergleichlich reicher differenziert erscheinen. Auch bei den Ascidien herrscht meist Dichogamie, wobei männliche Vorreife häufiger als weibliche zu sein scheint (vgl. Seeliger, Bronn, Supplement III, S. 623 ff.); aber auch gleichzeitige Reife der Geschlechtsdrüsen kommt häufig vor. Man könnte vielleicht sagen, daß das, was in der ^-^scidienklasse getrennt, vereinzelt, von ganz verschiedenen Gruppen (Familien, Gattungen und Arten) verwirklicht ist, bei den Pyrosomen beinahe von jeder einzelnen Species zusammengefaßt wiederholt wird. Bei den übrigen Thalia- ceen erscheint die Dichogamie strenger geregelt. So funktionieren z. B. bei den Salpen alle Individuen einer Kette zu einer bestimmten Zeit entweder als Männchen oder als Weibchen. Bei Dolioluin dürfte, wie bei den Salpen, überhaupt nur weibliche Vorreife vorkommen. Was das Verhältnis von geschlechtlicher Vermehrung und Knospung anlangt, so sahen wir, daß unter den Ascidiozooiden zwar beide Vermehrungsarten ineinander greifen, auch gleich- zeitig nebeneinander hergehen können, doch stets so, daß die 4 Primärascidiozooide und auch die von diesen durch Knospung abstammenden ersten (ältesten) Ascidiozooide aller Arten zu- nächst ausschheßlich ungeschlechtlich, eben knospend, thätig sind und erst danach Geschlechts- produkte zur Reife bringen. Diese Fähigkeit der Ascidiozooide, sich sowohl auf geschlechtliche, als auch auf ungeschlechtliche Weise fortzupflanzen, dürfte ein ursprüngliches Verhalten dar- stellen (KoRSCHELT und Heider); denn wir werden annehmen müssen, daß, als in der Phylo- genese die ungeschlechtliche Vermehrung durch Knospen zur Koloniebildung führte, da die Knospen nicht oder nur in unvollkommener Weise befähigt waren, sich vom Muttertier zu ent- fernen (Grobben 1882), ursprünglich sämtliche Individuen der betreffenden Art in gleicher Weise die Fähigkeit geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Vermehrung besaßen, also in der Lage waren, gleichzeitig durch Knospung die Kolonie zu vergrößern und ebenso durch Produktion von Samen und Eiern neue Kolonien zu gründen, „Es muß als ein späteres, abgeleitetes Verhalten betrachtet werden, wenn sich diese beiden Aufgaben des Fortpflanzungsgeschäftes auf verschiedene Individuen der Kolonie verteilten, derart, daß die zuerst entstandenen Individuen einer Kolonie sich ausschließlich die Vergrößeamg der- selben durch Knospung angelegen sein ließen, während die später entstandenen Individuen zur Begründung neuer Kolonien durch geschlechtliche Fortpflanzung schritten. Eine derartige Ein- richtung, in welcher wir bereits die ersten Anfänge des Generationswechsels zu erblicken haben, findet sich bei den Synascidien. Es wurde bereits von Ganin, im Anschluß an Beobachtungen von Krohn, festgestellt, daß hier die aus dem Ei sich entwickelnden Individuen, welche die Kolonie begründen, sich ausschließlich auf ungeschlechtlichem Wege fortpflanzen, während die durch Knospung entstandenen Abkömmlinge dieser Individuen wieder Geschlechtsprodukte her- vorbringen" (KoRSCHELT und Heider, Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte der wirbellosen Tiere, 1893, S. 14 14). 30 Die Pyrosoraen der deutschen Tiefsee-Expedition. 7 21 Es zeig-en somit die Vermehrungsverhältnisse der Ascidiozooide der Pyrosomenkolonie offenbar recht ursprüngliche Verhältnisse, gleichwohl erreicht die geschlechtliche Differenzierung bei den Pyrosomen jene bei Synascidien gewissermaßen angedeutete höhere Stufe, welche für die gesamte Thaliaceengruppe (Anchinia, Dolchinia, Doliohim, Salpa) charakteristisch ist, nämlich die des Generationswechsels, indem das aus dem Ei hervorgehende Indi- viduum ausschließlich ungeschlechtlich thätig ist. Denn aus dem Pyrosomenei entsteht das von HuxLEY so genannte Cyathozooid, ein rudimentäres, larvales Individuum von blasenförmiger Ge- stalt, welches die Geschlechtsreife nie erlangt, sondern ausschließlich ungeschlechtlich 4 „Primär- ascidiozooide" hervorbringt. Von diesen stammen durch Knospung die sämtlichen Ascidiozooide der Kolonie ab. Das Cyathozooid ist somit das ungeschlechtliche Muttertier, die „Amme" des ganzen Stockes, die „ungeschlechtliche Generation". Die vom Cyathozooid ungeschlechtlich er- zeugten Primärascidiozooide und alle folgenden Ascidiozooidgenerationen bringen nun außer den Knospen auch Geschlechtsprodukte zur Reife, aus denen wieder das Cyathozooid hervorgeht; sie reprä.sentieren in ihrer Gesamtheit also die „geschlechtliche Generation". Somit wechselt regelmäßig eine aus dem Ei hervorgegangene ungeschlechtliche Generation, das Cyathozooid, mit mehreren, durch Knospung entstandenen geschlechtlichen Generationen, den Ascidio- zooiden, ab. Vergleicht man diesen Fortpflanzungscyklus der Pyrosomen mit dem Generationswechsel der Salpen, für deren Vermehrungsverhältnisse der Begriff bekanntlich geprägt wurde, so er- kennt man unschwer, daß es sich bei den Pyrosomen nicht um einen einfachen, „normalen" Generationswechsel handelt. Der SoHtärsalpe entspricht zweifellos das Cyathozooid, und die 4 Primärascidiozooide sind den von der Solitärform geknospten Kettentieren zu vergleichen ; folglich würde ein einfacher Generationswechsel vorliegen, wenn die vier vom Cyathozooid ge- knospten Primärascidiozooide ausschließlich Geschlechtsprodukte zur Reife brächten. Sie haben aber neben der geschlechtHchen Fortpflanzung die Fähigkeit der Knospung ebenso wie alle Nach- kommen bewahrt, man könnte sagen, gewissermaßen vom Cyathozooid ererbt, wie sie ihrerseits die Fähigkeit zu ungeschlechtlicher Vermehrung selbst wieder auf alle ihre Nachkommen weiter vererben. Somit Hegt das vom Normalen Abweichende, das Komplizierende darin, daß sämt- liche Geschlechtstiere (die Ascidiozooide) auch das Vermögen der ungeschlechtHchen Vermehrung besitzen, ein Verhalten, welches vorhin als ursprüngHches hingestellt wurde. Somit erhält der Generationswechsel der Pyrosomen eine Form, welche auch in dem viel- leicht noch verwickeiteren, aber wieder völlig anders gearteten Fortpflan- zungscyklus der Dolioliden kein Gegenstück besitzt, sondern nur auf Pyro- somen beschränkt erscheint. Etwas nur ihm Eigentümliches erhält der Generationswechsel der Pyrosomen ferner auch dadurch, daß die Amme, das Cyathozooid, ein rudimentäres, einem Ascidio- zooid durchaus unähnliches Individuum von krugförmiger Gestalt darstellt, und sodann durch den Umstand, daß dieses Tier nicht persistiert, sondern, bald nachdem die 4 Knospen sich einigermaßen entwickelt haben, mitten unter ihnen gelegen, voll- ständig rückgebildet wird, also larval bleib t. Sucht man nach Analogem, so könnte höchstens die Rückbildung der Kieme und des Verdauungstraktus in den alten DoHolum-Kmxnen hier herangezogen werden. 31 ,22 ^- Netjmann, Das Cyathozooid entbehrt außer anderen funktionsfähigen Organen (Kieme, Darmtraktus, Peribranchialräumen) auch jedweder Muskulatur. Es ist also nicht imstande, wie die Salpen- oder DoHolum - Amme , von denen wir ganz besonders die letztere mit einem extravaganten Muskelapparat ausgerüstet sehen, ihre Brut, die 4 Primärascidiozooide während ihrer Entwicke- lung durchs Wasser zu tragen. Aber auch im ausgebildeten Zustande weisen ja die Pyrosomen- Ascidiozooide unter allen Thaliaceen die schwächste Entwickelung der Muskulatur auf, so daß es ihnen offenbar nur mit vereinten Kräften, d. h. zu vielen zur Kolonie zusammengeschart, möglich wird, sich an der Oberfläche des Wassers zu halten. Daß thatsächlich die junge und darum kleine Kolonie infolge ungenügender Schwebfähigkeit und völlig mangelnder Eigen- bewegung in die Tiefe sinkt, dort mit der ungeschlechtlichen Vermehrung beginnt und als größere, aus vielen Individuen bestehende Kolonie, offenbar mittels eigener Muskelthätigkeit, an die Ober- fläche steigt, haben die Untersuchungen Chuns (1888) mit Sicherheit dargethan. Wenn also die kleine Viererkolonie mitsamt dem Mutter-Cyathozooid nicht in der Tiefe zugrunde gehen soll, muß für schnelle Vermehrung der muskelthätigen Individuen, für rascheVergrößerung der Kolonie gesorgt werden, und dies geschieht hier, wie wohl meistens in der Tierreihe, wenn nicht parthenogenetisch, durch K n o s p u n g. Und wir verstehen jetzt, daß, wie oben schon betont worden ist, die Knospenproduktion der 4 Primärascidiozooide in außerordentlich frühen Stadien einsetzt, und daß ferner sowohl die vier ersten Ascidiozooide, als auch die von ihnen zuerst erzeugten Tochterascidiozooid- Generationen stets zunächst aus- schließlich knospend thätig sind, ein Verhalten, das sich nicht nur beim vergleichenden Studium der Stöcke sofort ergiebt, sondern auch bei histologischen und entwickelungsgeschicht- lichen Untersuchungen sich herausstellt und schon von Kowalevsky (1875) ^^^ Seeliger (i88g) betont wurde. Phylogenetisch würden sich die geschilderten Verhältnisse vielleicht folgendermaßen denken lassen. Ursprünglich besaßen alle Individuen der Pyrosomenvorfahren, die wir uns von ihrer Synascidienabstammung her noch festsitzend zu denken hätten, die Fähigkeit geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Vermehrung. Später kam, um vorerst den Bestand der Kolonie zu sichern, die geschlechtliche Vermehrung des aus dem Ei hervorgegangenen Individuums (des Cyatho- zooids) zu gunsten einer intensiv ungeschlechtlichen Fortpflanzung in Wegfall 1), und bei den gleichzeitig geschlechtlich und ungeschlechtlich thätigen Nachkommen (den Ascidiozooiden) regelte sich aus demselben Grunde das zeitliche Verhältnis von geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Vermehrung nun so, daß zuerst nur Knospen gebildet wurden. Es war aber offenbar für den Bestand der Kolonie von um so größerem Vorteil, je früher die Individuen zur Knospenproduktion schritten. Deshalb wurde nicht nur bei den Ascidiozooiden (den Knospen), sondern auch vor allem beim Cyathozooid, der Gründerin der Kolonie, die Abschnürung von Knospen allmählich in immer frühere Stadien, schließlich ins Larvenstadium verlegt. Nachdem so der rasche Aufbau einer kräftigen Kolonie und deren Fortbestand gesichert war, wurde diese vielleicht nach Erwerbung des „kolonialen Muskelsystems" (vgl. systematischen Teil) freischwimmend. Das ungeschlechtliche Muttertier (das Cyathozooid), welches bei den übrigen i) So sagt Claus (1887, S. iii) mit Bezug auf Salpen: „Es war für die Entwickelung der regelmäßigen Knospenkette am Stolo prolifer von Vorteil, daß an den dieselbe produzierenden Individuen die geschlechtliche Zeugung unterdrückt und die Fortpflanzungsorgane bis zum schließlichen Schwunde der Anlagen rückgebildet wurden." 32 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. T,2'\ Thaliaceen durch Ausbildung eines extravaganten Muskelapparates die Brut (= Kolonie) fort- bewegt, konnte nun hier auch rückgebildet, ja schließlich resorbiert werden, da die Gesamtheit der Nachkommen die Lokomotion des Stockes besorgte, wenn es nur, wie wir jetzt thatsächlich sehen, möglich wurde, recht frühzeitig — noch im Embryonal- oder Larvenstadium — und auf möglichst schnellem und sicherem Wege — durch Knospung — eine größere Anzahl solcher muskelkräftiger Nachkommen zu erzeugen. So würde nach dieser Gedankenreihe, im Gegensatz zu Salensky (1892, S. 93), der die Ammengeneration der metagenetischen Tunicaten aus der Larve entstanden denkt, das Cyathozooid, auch phylogenetisch gesprochen, das sein, was es mor- phologisch ist, nämlich das Larvenstadium einer rückgebildeten, in ihrer ursprünghchen Form uns unbekannten Pyrosoma- Amme, bei welcher die ungeschlechtliche Vermehrung in dieses frühe Alter verlegt erscheint. 3. Zur Knospung der Pyrosomen. a) Bau und Entwickelung des Stolo prolifer in den Pyrosomenknospen, Es könnte aufs erste verwunderlich erscheinen, die stoloniale Knospung der Pyrosomen erneut zu diskutieren, wenn man sich vergegenwärtigt, daß eine Reihe namhafter Forscher, wie HuxLEY, KowALEVSKY, Seeliger, Salensky, die ungeschlechtliche Vermehrung bereits zum Gegen- stande eingehender Untersuchung machten. Bekannte doch schon Kowalevsky, als er (1875) die Knospung der Pyrosomen studierte, daß der ganze Vorgang der Knospung von Huxley (1860) so genau beschrieben worden sei, daß er nur sehr wenig hinzuzusetzen habe. Wenn Huxley bereits im Stolo die Anlage des Darmrohres, der Geschlechtsorgane und der Peribranchialräume der Knospe feststellte und die ersteren beiden Anlagen auf die ent- sprechenden Organe des Muttertieres zurückzuführen vermochte, so gelang es Kowalevsky, mit Hilfe der Schnittmethode, auch die Anlage des N er ven Systems, das „Nervenrohr" des Stolos, aufzufinden. Ueber die Abstammung des Nervenstranges und der Perithorakal- oder Peri- branchialröhren konnte Kowalevsky „ungeachtet der größten Aufmerksamkeit" nichts Positives ermitteln, sprach aber die Vermutung aus, daß entweder beide Anlagen aus dem mittleren Keimblatte hervorgehen möchten, oder daß auch — im Hinblick auf die Knospungsverhältnisse gewisser Ascidien (Didemnium und Amoroecntm) — die Peribranchialröhren als schnell sich ab- schnürende Ausstülpungen des Darmrohres entstehen könnten. Es ist bemerkenswert, daß in den folgenden Arbeiten jede dieser beiden von Kowalevsky angedeuteten Möglichkeiten der Entstehung der Peribranchialröhren behauptet worden ist. Und zwar stehen auf der einen Seite JoLiEi- (1888) und Seeliger (1889), die eine mesodermale Abkunft nicht nur der Peribranchialröhren des Stolos, sondern aller zwischen dem inneren entodermalen und äußeren ektodermalen Rohr gelegenen Stränge, also auch des Nervenstranges, behaupten. Auf der anderen Seite steht Bonnevie (1896), welche die Entstehung der Peri- branchialröhren und des Nervensystems als Ausstülpungen des zentralen Entodermrohres des Stolos lehrt. Somit bestehen hinsichtlich der Herkunft der Stoloelemente zum Teil tiefgreifende Widersprüche, während die Angaben der genannten Autoren über Zahl und Anordnung der Deutsche Tiefsee-Eipedition 1898— iSqg. Bd. XII. t,2 J2A G"- Neumaun, den Stolo zusammensetzenden Stränge völlig übereinstimmen. Die von den genannten Forschern aufgefundenen 6 Stolostränge sind bekanntlich folgende: Ein äußeres ektodermales Rohr, die Fortsetzung des mütterlichen Hautepithels, umgiebt ein zentrales Rohr, den sogenannten Endostylfortsatz, der sich als die Fortsetzung des entodermalen Kiemendarmes darstellt und daher auch als Entodermrohr bezeichnet wird. Zwischen diesen beiden Strängen liegen zu beiden Seiten des letzteren die paarigen Peribranchialröhren, ferner senkrecht dazu das Nervenrohr und endlich diesem gegenüber der Genitalstrang (vgl. Taf. XXXIV). Auch über die Abstammung des äußeren und inneren Rohres herrscht unter den Angaben der Autoren völlige Uebereinstimmung — hier ist auch kein Irrtum möglich; — allein für Nervenstrang und Peribranchialröhren sind die Widersprüche doch recht erheblich ; denn nach der Behauptung der erstgenannten Forscher würde dem Mesoderm die Rolle zu- fallen, so verschiedenartige Organe, wie Peribranchialräume, Nervensystem, Geschlechtsorgane und Herz es sind, in den Pyrosomenknospen zu bilden, ein Umstand, der ebenso verwundern muß, wie die Angabe von Bonnevte, nach welcher das Nervensystem und die Peribranchialräume der „sekundären" Ascidiozooide entodermal sein sollen, während wir doch aus den Untersuch- ungen von K0WAI.EVSKY, Salensky und Korotneff wissen, daß Peribranchialräume und Nerven- system der 4 Primärascidiozooide, welche vom Cyathozooid abstammen, ektoder- m a 1 sind. Meine Untersuchungen über Bau- und Entwicklung des Stolo prolifer führten mich zu wesentlich anderen Ergebnissen. Ich werde zu beweisen haben, daß den 6 Stolosträngen nicht nur ein siebenter, und zwar ein Pericardialstrang, von Anfang an im Stolo zugesellt ist, sondern auch, daß sowohl die Peribranchialröhren des Stolos als auch der Nerven-, Pericardial- und Genitalstrang desselben direkt aus den entsprechenden Organen des Muttertieres entstehen. Die genannten Autoren führten ihre Untersuchungen wohl ausnahmslos an Material von Z'. giganteum aus. Bonnevte nennt zwar ihr Pyrosoma ,,elegans". Es betonte aber bereits Seeliger (1895), und ich selbst suchte (1909) den Nachweis zu führen, daß das fort und fort in der Litteratur aufgeführte P. elegans thatsächlich nicht existiert, sondern unter dieser Bezeich- nung sich wohl allermeist P. giganteum verbirgt. Ich gelangte zu jenen abweichenden Ergebnissen zunächst bei P. Agassizi, einer Form, welche mit P. spinosum zusammen eine enggeschlossene Verwandtschaftsgruppe mit vielen mor- phologischen Eigentümlichkeiten darstellt, die diese beiden Formen von sämtlichen anderen bis- her bekannten Species scharf trennen (vgl. systematischen Teil). Wenn nun freilich nicht zu er- warten stand, daß bei den übrigen Pyrosomenformen neben den vielen abweichenden Merkmalen (gegenüber P. Agassizi und spinosum) auch die Stoloverhältnisse völlig anders geartet sein würden, so war es doch zweifellos von Interesse, die Dinge auch an dem Material nachzuprüfen, welches die genannten Forscher zu völlig abweichenden Ergebnissen geführt hatte. Meine Unter- suchungen an P. giganteum bestätigten denn auch die an P. Agassizi gemachten Befunde. Was P. Agassizi (und spinosum) für diese Untersuchungen geeigneter erscheinen läßt, ist unter anderem die Thatsache, daß diese beiden Formen merkwürdigerweise weder früher noch später ein zusammenhängendes, dichtes Eläoblastgewebe entwickeln, wodurch der Distalabschnitt der Knospen, in welchem sich ja die Bildung des Stolo prolifer vollzieht, besonders bei Beobachtungen in toto 34 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 325 durchsichtiger und klarer wird. Bei sämtlichen anderen Formen wird das gesamte Hinterende vom Eläoblast eingehüllt und dadurch die Stolobildung gewissermaßen etwas verschleiert. Ent- sprechende Schnitte an gut konserviertem Material lassen dagegen die difficilen Vorgänge hier wie dort mit gleicher Deutlichkeit hervortreten. Ich werde daher aus den angeführten Gründen im folgenden zuerst die Vorgänge der Stolobildung an den Knospen von P. Agassizi beschreiben und sodann vergleichsweise die Ver- hältnisse bei P. pipantetcm behandeln. rt'ö I. Stolobildung bei P. Agassizi. Stellt man einen Querschnitt durch den stumpfkegelförmigen kurzen Stolozapfen (Taf. XXXIII, Fig. 2) eines jungen Ascidiozooids von P. Agassizi her (Taf. XXXIV, Fig. 3), so wird man bei Betrachtung mit stärkeren Systemen unschwer, von der Epidermis umgeben, den zentralen Endo- stylfortsatz (das Entodermrohr) und zwischen beiden in der allbekannten charakteristischen An- ordnung unten und oben den Nerven- bezw. Geschlechtsstrang, rechts und links die Peribranchial- stränge gewahren. Alles ist noch dicht gedrängt, eine eigentliche Stolohöhle, die Fortsetzung der mütterlichen Leibeshöhle, ist auf diesem Stadium nicht vorhanden. Das Lumen des Ento- dermrohres erscheint auf einen etwa kreuzförmigen Spalt dadurch reduziert, daß die dorsale, ganz besonders stark aber die ventrale Wand gegen das Innere zu vorspringt. Von den übrigen Strängen weist nur der Genitalstrang ein Lumen auf (bei P. Agassizi). Der von den genannten Strängen nicht eingenommene Raum erscheint mit Mesodermzellen erfüllt. Dieser Umstand er- schwert auf diesem Stadium die Auffindung eines siebenten Stranges [pc'), der, im Quer- schnitt höchstens 2 Zellen stark, stets über dem rechten Peribranchialstrange, von diesem und den umgebenden Mesodermzellen aber scharf abgegrenzt, zu erkennen ist. Es ist, wie die weitere Entwickelung zeigt, ein Pericardialstrang, dessen Existenz im Stolo der Pyro- somen bisher von sämtlichen Forschern übersehen worden ist. Daß das auf diesen früheren Stadien geschehen konnte, ist schließlich bei der Kleinheit und Gedrängtheit der Zellen nicht verwunderlich. In den älteren Stadien (vgl. Taf. XXXIV, Fig. 4 — 12) aber tritt er mit aller Deutlichkeit hervor. Hinsichtlich der Lagebeziehung der Stolostränge zum Muttertier sei schon hier betont, daß der Geschlechtsstrang des Stolos der Dorsalseite, der Nervenstrang der Ventralseite des Mutterascidiozooids zugekehrt erscheinen. Die genannten Stränge liegen also im Stolo gerade umgekehrt als die Organe, welche aus ihnen hervorgehen, später im Ascidiozooid liegen, z. B. der Nervenstrang an der Ventralwand des Entodermrohres, die sich später zum Endostyl, also zu demjenigen Organ (der Lagebeziehung nach) umbildet, welches in allen Entwickelungs- stadien die Bauchseite des Tieres kennzeichnet. Der Geschlechtsstrang aber liegt gegenüber, also auf der Dorsalseite des primitiven Darmrohres. Diese Eigentümlichkeiten finden alsbald ihre Auf- klärung in den späteren ungleichen Wachstumsverhältnissen der Ventral- und Dorsalwand der Knospe, wie sie schon von Seeliger und Salensky beschrieben worden sind. Es ist daher meines Erachtens nicht ganz korrekt, wenn die Autoren (Kowalevsky, Jo- LiET, Seeliger, Salensky, Bonnevie) ihre Querschnitte alle so orientiert zeichnen, daß der Ge- schlechtsstrang nach unten, das Nervenrohr und der Endostyl aber nach oben zu liegen kommt, da gerade der letztere eigentiich das einzige Organ ist, welches während der gesamten Ent- 35 42* 326 G. Neumann, Wickelung nicht verlagert wird und ja nicht nur in den Pyrosomen (in Knospen und ent- wickelten Tieren), sondern bei allen Tunicaten bekanntlich die Bauchseite kennzeichnet. Die Totaluntersuchung eines aufgehellten Stolos von dem eben besprochenen Stadium (Taf. XXXIII, Fig. 2) läßt die kleineren der geschnittenen Stränge nicht erkennen, selbst wenn man mit stärkeren Systemen herangeht, nachdem der umhüllende Mantel bis unmittelbar an die Epidermis mühsam wegpräpariert ist. Wohl aber ist das bei den nächstälteren Stadien des Stolos (eines erwachsenen Ascidiozooids) schon möglich (Taf. XXXIII, Fig. 3). Man erkennt bei seitlicher Betrachtung von rechts an dem mehr spindelförmig gewordenen Stolo unzweifelhaft, wie dem mächtigen Entodermrohr lateral ein stärkerer ventraler Strang, der Peribranchialstrang, und, diesem dorsal angeschmiegt, ein dünnerer, es ist der Pericardialstrang, anliegt. Dorsal zieht zwischen Entoderm und Epidermis der Genital-, ventral der Nervenstrang. Der Querschnitt (Taf. XXXIV, Fig. 4) weist die Richtigkeit dieser Beobachtung aus. Nur zwei Veränderungen lassen sich gegen früher konstatieren: Die dorsale Falte des Entoderm rohres hat sich geglättet, die bisher soliden Peribranchialst ränge sind zu Peribranchial r ö h r e n geworden. Bei der weiteren Entwickelung (Taf. XXXIII, Fig. 4) nimmt die Dicke des spindel- förmigen Stolos und seiner Stränge zu. Die Querschnitte (Taf. XXXIV, Fig. 7 — 9) lassen er- kennen, daß die Dickenzunahme durch die bereits im vorigen Stadium angedeutete Entstehung der Sto]o-(Leibes-)höhle bedingt wird. Alle Stränge erscheinen durch weite Räume getrennt. Man könnte sagen, der Stolo wird zur Knospe, vornehmlich auch deshalb, weil die Stolostränge Differenzierungen eingehen, was sich unter anderem auch darin ausspricht, daß die einzelnen Quer- schnitte einer Serie mehr und mehr voneinander abweichen. Man kann deutlich „vorn" und „hinten" unterscheiden. Der Querschnitt des Entoderm rohres zeigt Herzform; während die Peribranchial- röhren im mittleren Knospenabschnitt ihre größte Ausdehnung erlangen, zeigt der Pericardial- strang dieselbe im hinteren Abschnitt. Alle Stränge aber reichen verjüngt bis in die distale Knospenspitze, wie nicht nur die seitliche Betrachtung des Totoobjektes (Taf. XXXIII, Fig. 4), sondern auch die Querschnitte (Taf. XXXIV, Fig. 5 und 6) zeigen. Besonders hervorgehoben sollen die zwischen Epidermis und Peribranchialröhren auf- tretenden Mesodermzellen sein, in denen wir die Anlage der Muskulatur der Knospe zu erblicken haben. Sie treten in einschichtiger Lage als Zellplatten auf, und zwar nur in den Schnitten durch den mittleren Knospenabschnitt, und auch erst auf diesem Stadium, nicht schon früher. Trotzdem werden wir sie (vgl. unten S. 339) mit den von Brooks (1893) zuerst aufge- fundenen „muscular tubes" des Salpenstolo homologisieren dürfen. In Fig. 5, Taf. XXXIII ist ein weiteres Stadium einer jüngeren Knospe gezeichnet, an welcher als wichtigste Neubildungen zunächst die zwei bekannten dorsalen Fortsätze (Salenskys Seitennerven) des ventral gelegenen Nervenstranges auftreten. Dieser letztere hat in seinem proximalen Teile sich stark verdickt und ein spaltförmiges Lumen erhalten, welches sich auch in die beiden, das Entodermrohr umfassenden Verlängerungen fortsetzt. Die Lumina der beiden Fortsätze fließen, nachdem sich die letzteren auf der Dorsalseite erreicht haben, ineinander. (In Fig. 9, Taf. XXXIV ist der dorsale Anschnitt der Vereinigung beider Röhren gezeichnet.) Nach hinten zu erstreckt sich der Nervenstrang stark verjüngt bis in die distale Knospenspitze. Das- selbe gilt von allen übrigen Strängen, ungeachtet der mächtigen Erweiterungen, welche sie alle, Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee- Expedition. '12 7 besonders aber die Pericardialröhre und das Entodermrohr im mittleren und vorderen Knospen- abschnitte erfahren haben. Besondere Erwähnung verdient der Pericardialstrang. Sein Längenwachstum hält im proximalen Teile nicht mehr mit dem der Knospe gleichen Schritt, er rückt vielmehr successive in den distalen Abschnitt, wo er auch ein spaltförmiges Lumen ausbildet (Taf, XXXIV, Fig. lo und 1 2), also zum „Pericardialrohr" wird, während er nach hinten und nach vorn fein ausge- zogen erscheint (Taf. XXXIV, Fig. 1 1 und 1 3 pc'). Durch die laterale Wand des Entoderm- rohres und die damit verlötete innere Wand der Peribranchialrohre brechen die ersten Kiemen- spalten als feine rundliche Perforationen durch (Taf. XXXIV, Fig. 13). Endlich sieht man, wie bereits der proximale, vor der Knospe liegende Stoloabschnitt sich leicht einzuschnüren beginnt. Die Taf. XXXIV, Fig. 11 — 13 gezeichneten Schnitte bestätigen die am Totoobjekt gemachten Beobachtungen. Fig. 10 und 12, Querschnitte durch den distalen Teil, lassen zum ersten Male ein deutliches Lumen im Pericardialstrang erkennen, proximal, in Fig. 1 1 und 1 3 erscheint er nur eine Zelle (im Querschnitt) mächtig. Es ist die Bestätigung des schon oben hervorgehobenen Verhaltens des Pericardialstranges, allmählich in den distalen Abschnitt der Knospe zu rücken. Der Nervenstrang erscheint ebenfalls hinten stark verjüngt, nur i — 2 Zellen stark (Taf. XXXIV, Fig. 10 und 12). Die Peribranchialröhren drängen im vorderen Knospenkörper ventral vor, engen bei ihrer Vergrößerung den anliegenden seitlichen Teil des Darmrohres ein (Taf. XXXIV, Fig. 1 1) und brechen schließlich, nachdem ihre innere, dem Darmrohr anliegende Wand einen Fortsatz gegen diese gebildet hat, in das Darmrohr durch (Taf. XXXIV, Fig. 13). Endlich treten auch hier wieder auf den Schnitten durch den mittleren und vorderen Knospen- körper (Taf. XXXIV, Fig. II — 13) die Mesodermzellenplatten zwischen Peribranchialröhren und Epidermis hervor. Ueber die zweifelhafte Herkunft des Nervenstranges und der Peribranchialtaschen ist auf diesen Stadien also nichts zu erfahren, die Stränge sind im jungen Stolo, von dem oben aus- gegangen wurde, schon gegeben. Versucht man die Stränge des Stolos rückwärts (proximal) in das Muttertier hinein zu verfolgen, so ändert das nichts an dem negativen Resultat. Zwar stellt das Ektoderm natürlich die Fortsetzung des mütterlichen ektodermalen Haut- epithels dar; das Entodermrohr ragt zwar zapfenförmig und blind endigend ein Stück in die mütterliche Leibeshöhle hinein (vgl. Taf. XXXIII, Fig. 5 — 10) oder erscheint fadenförmig aus- gezogen (Taf. XXXIII, Fig. 3, 4), aber die Verbindung mit dem bei P. Agassizi und spinosum (im Gegensatz zu den übrigen Arten) lang ausgezogenen Endostylfortsatz ist auf diesem Stadium (wieder im Gegensatz zu P. gigantetim, vergl. Taf. XXXVI, Fig. 9) meist schon durchgeschnürt, der Zusammenhang mit dem mütterlichen Kiemendarm also schon aufgehoben. Von den übrigen Strängen dringen nur der Nervenstrang imd der Geschlechtsstrang in die mütterliche Leibes- höhle vor; vmd zwar der Nervenstrang bloß ein kurzes Stück an der Bauchseite des Mutter- ascidiozooids entlang, der Geschlechtsstrang dagegen läßt sich als dünner, dem Körperektoderm dicht anliegender Zellstreifen bis hinauf bis zum Oesophagus verfolgen. Bei P. giganteum er- scheinen beide Stränge viel kürzer. Die Peribranchialstränge und der Pericardialstrang enden, dem Entodermrohr anliegend, blind, wo der Stolo aus dem mütterlichen Körper hervorbricht (vergl. Taf. XXXIII, Fig. 3—5)- Die Aufklärung bringen die folgenden Stadien (Taf. XXXIII, Fig. 6 — 9) aus der Periode 37 328 G. Neumann, der Umbildung der Stränge bezw. Röhren des Stolos zu den Organen der Knospe, wobei zahl- reiche Verlagerungen eine Rolle spielen. Der Nervenstrang (Taf. XXXIII, Fig. 6) zerschnürt sich, nachdem die Vergrößerung des proximalen und die Verkleinerung des distalen Teiles weiter fortgeschritten ist, in zwei Hälften. Der proximale wird, wie wir schon gesehen haben, zum Zentralnervensystem und rückt von der Ventralseite mehr an die Stirnfläche der Knospe dorsal zu vor, der hintere dagegen in die distale Spitze der Knospe, wo man ihn auf entsprechenden Schnitten, nur i — 2 Zellen mächtig, verfolgen kann (Taf. XXXIV, Fig. 16). Das Entodermrohr bildet ventral die primitiven Endostyl- falten, dorsal, im hinteren Teile, den Verdauungstraktus und im vorderen, schräg dorso-ventral, das Diapharyngealband aus (Taf. XXXIII, Fig. 7, 8). Der wesentlich entodermale Mundapparat macht sein erstes Entwickelungsstadium durch. Nicht nur die Zahl der Kiemenspalten nimmt zu, sondern in dorsoventraler Richtung auch ihre Länge. Gleichzeitig wachsen unter Abflachung der Wände die Peribranchialröhren in dorsaler Richtung zu den Peribranchialräumen aus, bis sie, den Kiemendarm dorsal umfassend, im mittleren Knospenabschnitt zusammentreffen und schließ- lich zur unpaaren Cloake zusammenfließen (Taf. XXXIII, Fig. 8; Taf. XXXIV, Fig. 5). Besondere Aufmerksamkeit verdient wieder der bisher übersehene Pericardialstrang. Die bereits beobachtete Verlagerung nach hinten schreitet unter gleichzeitiger Zunahme des Quer- schnittes fort (Taf. XXXIII, Fig. 6). Schließlich stellt sich das Pericardialrohr, das bis dahin wie alle Stränge ungefähr in der Längsachse der Knospe gelegen hatte, mehr und mehr senkrecht dazu, so daß wir schließlich (Taf. XXXIII, Fig. 7, 8) an der rechten hinteren Seite des Darm- traktus ein dorsoventral gestelltes Pericardialbläschen vorfinden. Nur der Geschlechtsstrang hat keine Veränderung erfahren, er liegt noch immer mediodorsal dicht unter der Epidermis und erstreckt sich vom Ende der dorsalen Nervenröhren bis in die distale Knospenspitze. Für unseren Gegenstand liegt das wichtigste Verhalten dieser Stadien darin, daß sämt- liche Stränge während ihrer eben besprochenen Umbildung zu den ent- sprechenden Organen nach wie vor bis in das distale Ende der Knospe reichen, mit anderen Worten, daß also die Organe gewissermaßen Fortsätze dahin ent- senden, gleichviel, in welchem Knospen abschn itt die Organe liegen, welche aus den betreffenden Strängen hervorgegangen sind. Am leichtesten wird natürlich die Verlängerung des Kiemendarmes (des stolonialen Ento- dermrohres), wahrgenommen, der sich im „Endostylf ortsatz" ja bis in die distale Spitze erstreckt 1). Ebenso leicht läßt sich der Genitalstrang bis zum Ende verfolgen. Schließlich gelingt es, wenn auch vielleicht nicht so ganz mühelos, bei seitlicher Betrachtung der dargestellten Knospen- stadien (Taf. XXXIII, Fig. 6 — 9) auf Aas deutlichste und unzweifelhafteste zu sehen, wie die bereits mit Kiemenspalten durchsetzten Peribranchialräume sich gewissermaßen nach hinten aus- ziehen, einen Fortsatz in das Knospenende senden. Unmittelbar darüber, diesem „Peribranchial- fortsatz" anliegend und ihm parallel laufend, gewahrt man rechts einen zweiten, ebenso dünnen Strang, der von der Rückwand des Pericardialbläschens ausgeht. Also auch das Pericard sendet I) Ich habe absichtlich wegen der Klarheit der obigen Verhältnisse nur solche Stolonen zur Abbildung gebracht, an denen jeweils nur eine Knospe ausgebildet war, so daß das distale Ende derselben stets geschlossen erscheint. Nur Fig. 5, Taf. XXXII macht eine Ausnahme. Selbstverständlich gilt das Gesagte und alles Folgende auch für Knospenketten. 38 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expediticn. 329 einen „Per icard ial fort satz" in die Knospenspitze hinein. Endlich hegt im distalen Teil medioventral ein kurzes dünnes Zellstäbchen, es ist, wie die sorgfältige Durchmusterung einer lückenlosen Knospenreihe unzweifelhaft ergiebt (vgl. auch Taf. XXXIV, Fig. 6 — 8), der vom Nerven- strange des Stolos abgeschnürte, schon oben erwähnte distale Teil, der „Nervenfortsatz". Somit finden sich hier am Ende der Knospe wieder alle Stränge des Stolos in Gestalt von „Fortsätzen" zusammen, aus denen weiter proximal in den be- treffenden Knospenabschnitten die entsprechenden Organe entstanden sind. Wenn die in Fig. 6 — -lo, Taf. XXXIII dargestellten Bilder, wie sie beim gewissenhaften Studium der (scharf aus dem Mantel herauspräparierten) Totoknospen mit stärkeren Systemen dem Auge sich darbieten, für nicht genügend beweiskräftig angesehen werden sollten, so be- stätigen die zahlreichen Schnitte jene Beobachtungen durchaus. Taf. XXXIV, Fig. 1 6 und i 7, und Taf. XXXV, Fig. i — 6 stellen Querschnitte durch das Taf. XXXIII, Fig. 7 wieder gegebene Knospenstadium dar. Für die vorliegenden Verhältnisse interessieren davon wesentlich Fig. 1 6 und 1 7, Taf. XXXIV, und Fig. i und 2, Taf. XXXV. Fig. 16, Taf. XXXIII stellt den am weitesten distalwärts geführten Schnitt dar. Man sieht den „Endostylfortsatz" oder den distalen Teil des Kiemendarmes und diesem links eine, rechts dagegen zwei thatsächlich scharf begrenzte Zellgruppen anliegen. Ventral ist eine Zelle, dorsal eine vier- zellige scharf begrenzte Gruppe getroffen. Kennt man die Verhältnisse am Totoobjekt und ver- folgt aufmerksam die Zellgruppen auf den proximalwärts davor liegenden Schnitten, so ergiebt sich unzweifelhaft, daß der linke und rechte tiefere Zellkomplex den beiden Peribranchialfort- sätzen, der rechte höher gelegene dem Pericardialfortsatz zugehört. Ventral ist in der einen Zelle der dünne Nervenfortsatz und dorsal der Geschlechtsstrang getroffen. Fünf Schnitte proxi- malwärts (Taf. XXXIV, Fig. i 7) ist der Nervenstrang schon nicht mehr getroffen, an Stelle des Pericardialfortsatzes ist das Pericardialbläschen selbst bereits angeschnitten, nur die beiden Peri- branchialfortsätze zu beiden Seiten des Kiemendarmes und dorsal der Geschlechtsstrang sind noch vorhanden. Fig. i, Taf. XXXV stellt den übernächsten Schnitt proximalwärts dar. Hier ist das Pericard in seiner ganzen Länge, die Peribranchialfortsätze und der Geschlechtsstrang aber wie vorhin getroffen. Zwei Schnitte weiter, in Fig. 2, Taf. XXXV endlich sind bereits die Spitzen der Peribranchialsäcke geschnitten, während sich der Geschlechtsstrang noch immer proximal fortsetzt (bis auf Fig. 4, Taf. XXXV). Fig. i, Taf. XXXVII bestätigt, daß die Verhältnisse in einem älteren, in Fig. 9, Taf. XXXIII in toto wiedergegebenen Stadium noch die gleichen sind. (Der „Nervenfortsatz" ist nicht mehr getroffen.) Bei der Weiterentwickelung ziehen sich die Peribranchialfortsätze und der Pericardial- fortsatz natürlich immer länger und feiner aus (Taf. XXXIII, Fig. 9), um sich endlich von ihren entsprechenden Organen abzuschnüren (Taf. XXXIII, Fig. 10). Die Abschnürung erfolgt aber nicht zu gleicher Zeit; zuerst schnürt sich der rechte Peribranchialfortsatz (Taf. XXXIII, Fig. 10 pb') durch, und zwar wahrscheinlich, weil das darunter liegende, stark wachsende Pericard einen Druck ausübt; hernach erfolgt die Durchschnürung des linken Peribranchialfortsatzes, und noch später löst sich der Pericardialfortsatz vom Pericard. In einem entsprechenden Knospenstadium (Taf. XXXIII, Fig. 10) findet man daher den Unken Peribranchial- und den Pericardialfortsatz noch mit den entsprechenden Organen verbunden, den rechten Peribranchialfortsatz dagegen bereits zerschnürt. Der Geschlechtsstrang erfährt zunächst überhaupt keine Abtrennung, während, 39 _»« G. Neumann, wie oben schon ausgeführt, der in der distalen Knospenspitze medioventral gelegene Nerven- fortsatz schon in viel jüngeren Knospenstadien (Taf. XXXIII, Fig. 6) vom proximalen Teile, dem Zentralnervensystem, sich trennte. Fig. 2, Taf. XXXVII giebt einen Querschnitt durch das distale Ende des in Taf. XXXIII, Fig. 10 gezeichneten Stadiums und zeigt die fein ausgezogenen, frei durch die Leibeshöhle ziehenden Peribranchialstränge neben Pericard und Endostylfortsatz. Es könnte mit Bezug auf die besprochenen Querschnitte eingewendet werden, daß solche für die Verfolgung der längsziehenden Fortsätze ungeeignet und nur frontale (horizontale) Längs- schnitte durch die Knospe beweiskräftig seien. Dem wäre einerseits entgegenzuhalten, daß sich auf lückenlosen Querschnittsserien auch die dünnsten, einzelligen Stränge sehr genau verfolgen lassen, und die immer an derselben Stelle im folgenden Schnitt auftretende Zelle oder Zellgruppe von regellosen, zufällig liegenden Mesodermzellen sich sehr wohl unterscheiden läßt. Und andererseits ist es so ungemein schwer — wie die seitliche Betrachtung eines Knospenstadiums (etwa Taf. XXXIII, Fig. 7) übrigens sofort ergiebt — auf Längsschnitten gerade die Fortsätze, welche zudem doch nicht ganz geradlinig verlaufen, in ihrer ganzen Länge zu treffen. Muß doch ohnehin schon (bei Herstellung von Querschnitten) die Orientierung der sehr kleinen Objekte mit möglichster Genauigkeit erfolgen, um senkrecht zur Mediane und im Winkel (nach rechts und links) durch die Knospe zu schneiden. Aus diesen Gründen habe ich nur einen nach zwei auf- einander folgenden Schnitten kombinierten Längsschnitt durch das Taf. XXXIII, Fig. 8 gezeichnete Stadium in Fig. 10, Taf. XXXV wiedergegeben. Er zeigt die Fortsetzung der Feribranchialräume und des Pericards zu beiden Seiten des Kiemendarmes und in der Spitze den im Querschnitt getroffenen, an der Dorsalseite ziehenden Genitalstrang (vgl. auch Taf. XXXVIII, Fig. 4). Somit zeigen auch die entsprechenden Schnitte, daß sich am Ende der Knospe gewissermaßen wieder alle Stränge des Stolos in Gestalt von „Fort- sätzen" derjenigen Organe zusammenfinden, welche aus jenen Strängen des Stolos hervorgingen. Wenn nun bei der Weiterentwi ckelung der Knospe zum fertigen Ascidio- zooid der eben beschriebene distale Körper abschn itt schließlich als zapfen- förmiger Stolo hervor wächst, muß er natürlich von Anfang an alle jene Stränge enthalten, die wir oben im Querschnitt des fertigen Stolos antrafen. Dazu sei noch auf Taf. XXXIV, Fig. i verwiesen. Sie stellt einen Querschnitt durch die eben beginnende Ausstülpung des jungen Stolos (Taf. XXXIII, Fig. i) aus dem Knospentiere dar, welches in Textfig. 6 V, S. 304 dargestellt ist, und zeigt alle jene Elemente, die wir oben (Taf. XXXIII, Fig. 3) dicht gedrängt im Querschnitt desjenigen jungen Stolos fanden, von dem die Betrachtung ausging. Somit wäre der Kreis geschlossen. Ehe wir zur Betrachtung derselben Verhältnisse bei P. gigajiteum übergehen, sei noch kurz der „Stiel" betrachtet, durch welchen die Knospe mit dem Muttertiere in Verbindung steht. Schon im Stadium Taf. XXXIII, Fig. 5 beobachten wir, wie der proximale Teil des Stolos sich sanft einschnürt und von der distalen Knospe gewissermaßen als Stiel derselben sich absetzt und mehr und mehr spindelförmige Gestalt annimmt. Natürlich liefert er eine zweite, nachfolgende Knospe und muß deshalb ebenfalls alle Stränge enthalten (vgl. Taf. XXXIII, Fig. 5 — -lo); wie die Querschnitte Fig. 7 und 8, Taf. XXXV zeigen, ist dies auch der Fall. 40 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 7 t j Allein, wie die Betrachtung eines solchen „Stieles" in toto schon zeigt und entsprechende Schnitte (Taf. XXXV, Fig. 9) bestätigen, ist der Zusammenhang der vorher kontinuierlich aus dem Muttertiere in die Knospe (den Stolo) ziehenden Stränge (Taf. XXXIII, Fig. 3, 4) bis auf einen Strang, den Endostylfortsatz, an einer Stelle unterbrochen, und zwar unmittelbar proximal- wärts vor der (ersten, älteren) Knospe. Die Querschnitte dieser Stelle zeigen eben nur Epi- dermis und Entodermrohr. Wenn wir die Bildung des jungen Stolos vom Anfangsstadium (Textfigur 6, V und Querschnitt Taf. XXXIV, Fig. i) bis zu dieser Einschnürung in zwei Knospen verfolgen, so sehen wir, wie jetzt die meisten der im jungen Mutterascidiozooid abgeschnürten Organ- fortsätze (Feribranchialfortsätze, Pericardial- und Nervenfortsatz), die als „Stolostränge" den jungen Stolo wieder aufbauen, ihre erste Zerschnür ung erfahren, und zwar in einen der (ersten) Knospe verbleibenden Teil und in einen Abschnitt, welcher vom Muttertier in den „Stiel" (die zweite Knospe) sich erstreckt. Der Geschlechtsstrang hat, wie oben bereits hervorgehoben wurde, im jungen Mutterascidiozooid während der Stolobildung überhaupt keinen „Fortsatz" ab- geschnürt (Taf. XXXIII, Fig. 9 und i o), sondern er erstreckt sich als solcher kontinuierlich so lange bis in die Knospe (durch den Stolo), bis eben jetzt im „Stiel" (in der zweiten Knospe) seine erste Durchschnürung erfolgt. Somit befindet sich der Geschlechtsstrang zu den anderen Strängen (Peribranchial-, Pericardial- und Nervenstrang) in bemerkens- wertem Gegensatz. Während die genannten Stränge alle in der Mutter- knospe (z. B. im Stadium Taf. XXXIII, Fig. 10, der Nervenstrang hat sich schon viel früher durchschnürt) bereits Fortsätze abschnüren, welche ihrerseits dann bei Bildung einer zweiten Knospe zum ersten Mal wieder zerschnürt w'erden (Taf. XXXIII, Fig. 5), zieht der Geschlechtsstrang unzerschnürt, als solcher, aus dem Mutter- tier in die Knospe (den Stolo) und erfährt mit jenen Fortsätzen zusammen seine erste Zerschnürung. Darum sehen wir ihn, wie oben erwähnt, im Ascidiozooid jeden Alters aus dem Stolo kontinuierhch bis hinauf zum Oesophagus sich erstrecken (Taf. XXXV, Fig. 10^). Ganz anders verhält es sich damit bei P. giganteuin und den übrigen Arten. Wieder anders liegen die Verhältnisse beim Endostylfortsatz. Er erleidet im „Stiel" keine Zerschnürung, sondern wird erst mitdurchschnürt, wenn die ältere Knospe sich von der jungen trennt, also wenn auch die Epidermis durchschnürt wird. Dies geschieht, wie oben (S. 303) schon auseinandergesetzt wurde, bei P. Agassizi und spmosum oft erst, wenn die jüngere Knospe selbst an dieser Stelle, wo sie mit der älteren verbunden war, zu knospen beginnt. Während dieser langen Zeit wachsen nun bei diesen beiden Arten eben die Ver- bindungsstellen (wo nur Epidermis und Entodermrohr vorliegt, Taf. XXXV, Fig. 9) zu jenen centimeterlangen Verbindungsröhren oder Stielen aus, an welchen bis 7 Individuen, räumlich sehr getrennt, zusammenhängen. Während diese Verbindungsröhren selbst und in ihnen das Ento- dermrohr demnach sehr lange persistiert, wird merkwürdigerweise (im Gegensatz zu den anderen Arten) der Endostylfortsatz im jungen Muttertier relativ sehr bald zerschnürt (schon in den Stadien Taf. XXXIII, Fig. 4 ff.), so daß zwar die Kiemendärme aller Knospen eines Muttertieres so lange in Verbindung stehen, bis die Knospen sich lösen, aber keine Verbindung des Kiemendarmes der Mutter mit dem Kiemendarm der Tochtertiere besteht. 41 DeuUche Tiefsee-Eipedition Z89S— 1899. Bd. XII. 43 , - - G. Neumann, 2. Stolobildung bei P. giganteum. Nachdem somit für P. Agassizi bewiesen worden wäre, daß sämtliche Stränge des Stolos direkt von den entsprech enden Organen des Muttertieres abstam men, sollen die Verhältnisse bei P. giganteum vergleichsweise besprochen werden. Dabei werden die Angaben derjenigen Autoren kritisch zu werten sein, welche demselben Gegenstande an dem gleichen Materiale ihre Aufmerksamkeit schenkten. Was das Aeußere anlangt, so erscheinen die Knospen von P. Agassizi in den jüngeren Stadien mehr spindelförmig schlank, die von P. giganteum dagegen mehr prismatisch plump. Ferner wird bei P. Agassizi, wie eben erwähnt, schon im jungen Ascidiozooid der Endostylfortsatz durchschnürt, der Zusammenhang des mütterlichen Kiemendarmes mit dem Entodermrohr des Stolos, bezw. mit dem Kiemendarm der ersten und aller folgenden Knospen dieses Muttertieres aufgegeben. Bei P. giganteum wird dieses Verbindungsstück zwischen mütter- lichem Endostyl und Stolo bezw. Knospe nicht eher durchschnürt, als bis sich diese Knospe selbst abtrennt (vgl. Taf. XXXVI, Fig. 4, 9). Ferner reicht weder der Nervenstrang noch der Geschlechtsstrang des Stolos bei P. gigatiteum so weit in die mütter- liche Leibeshöhle wie bei P. Agassizi. Noch eine Eigentümlichkeit fällt am Geschlechtsstrang von P. Agassizi beim Vergleich mit P. giganteum sofort in die Augen. Während der Geschlechtsstrang bei P. gigan- teum (und allen anderen Arten) auf allen Stadien zahlreiche in Entwickelung begriffene Eizellen birgt — wenn auch nur eine in jedem Tiere zur Reife gelangt — besteht der Genitalstrang bei P. Agassizi in allen seinen Teilen (im Stolo wie in der Leibeshöhle des Ascidiozooids) aus großen spindelförmigen Zellen, von denen aber nicht eine einzige auch nur einen Ansatz zur Entwickelung eines bläschenförmigen Eikernes verrät. Auch auf allen folgenden Stadien der Stoloentwickelung bis wieder zum fertigen Muttertiere be- hält er diese Beschaffenheit. Dieser Umstand ist ein Ausdruck für die bereits von Ritter und Byxbee, den ersten Beobachtern (1905), konstatierte Thatsache, daß P. Agassizi auf den bisher beobachteten Stadien keine Geschlechtsorgane entwickelt*). Somit liegt hier eine eigentümliche, langandauernde Verzögerung der Geschlechtszellendifferenzierung vor, wie sie bei keiner anderen Pyrosomenart stattfindet. Was nun die Zahl der den Stolo von P. giganteum zusammensetzenden Stränge anlangt, so findet sich, wie selbstverständlich nicht anders erwartet werden kann, auch hier zufolge der Entstehung von allem Anfang an der Pericardialstrang neben den bekannten 6 Strängen. Nicht nur am Totoobjekt (vgl. Taf. XXXV), sondern auch auf den Querschnitten durch jüngste Stolonen (Taf. XXXVII, Fig. 3, 5) läßt sich allenthalben dorsal über dem rechten Peribranchial- strange die scharf begrenzte Zellgruppe deutlich herausfinden. Es sei nur auf den Querschnitt Taf. XXXVII, Fig. 5 verwiesen, der dem Querschnitt durch einen gleichaltrigen Stolo von P. Agassizi, Fig. 3, Taf. XXXIV, entspricht. Bis auf die nicht eingefaltete ventrale Wand des Ento- 1) Die von der ,,Valdivia" gefischten Stöcke von P. Agassizi sind im Maximum nur etwa 17 cm lang. Das von Ritter und Byxbee beschriebene Stöckchen maß 12 cm. Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. KJRÜGER-Berlin war ich (191 1) in der Lage, mit- teilen zu dürfen, daß auch die Ascidiozooide der gewaltigen, zum Teil über I m großen Kolonien von P. Agassizi aus der Sammlung des Fürsten VON Monaco keine entwickelten Geschlechtszellen zeigen. Wir dürfen demnach auf eine recht stattliche Stockgröße dieser Form schließen. 42 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expediüon. t , , dermrohres und die im Genitalstrang angeschnittene große Eizelle zeigt er genau dieselben Ver- hältnisse wie jener Schnitt von P. Agassizi. Er entspricht auch etwa den von Seeliger auf Taf. V, Fig. 49 und 50 gezeichneten Querschnitten durch einen jungen Stolo von P. giganfeum. See- LiGER stellt aber einen Nervenstrang dar, der von den umgebenden Mesodermzellen nicht im mindesten abgegrenzt ist. Der Pericardialstrang fehlt. Ich muß aber hervorheben, daß, wie es übrigens ja zufolge der Entstehung dieser Stränge gar nicht anders sein kann, dieselben scharf abgegrenzt bereits vorhanden sind. Wenn weder Joliet, noch Seeliger, noch Bonnevie den Pericardialstrang in den Schnitten der entsprechenden Stadien (Joliet 1888, PI. I, Fig. i, 6, 8, 9; Seeliger 1889, Taf. V, Fig. 49 — 55; Bonnevie 1896, Tab. VII, Fig. 6) fanden und wenn sie ihn dementsprechend nicht zeichneten, so hatte das vielleicht einmal seinen Grund in dem nicht ganz tadellos erhaltenen Material, sodann aber wahrscheinlich darin, daß sie den entsprechenden Strang auch am Totoobjekt nicht beobachtet hatten. So bildet Seeliger (Taf. I, Fig. 7 und 8; Taf. II, Fig. 9— ig) die von mir in den Figg. i — 9, Taf. XXXVI dargestellten Stadien der Stoloentwickelung ab, ohne aber jemals den Pericardialstrang einzuzeichnen. Dasselbe gilt von den Figg. 8 und 1 6 auf Tab. VII bei Bonnevte. Verfolgt man die von mir in den Figg. 4 — 9, Taf. XXXVI dargestellten Umlagerungen der Stolostränge und deren Umbildung zu den Organen der Knospe bei P. giganteum und ver- gleicht damit die entsprechenden Stadien von P. Agassizi (Taf. XXXIII, Fig. 3 — 8), so wird die Analogie ohne weiteres klar: Auch hier erstrecken sich in allen Stufen der Ent- wickelung die Stränge des Stolos bis in das distale Ende der Knospe, sie ziehen sich schließlich hier wieder gewissermaßen zu Fortsätzen derjenigen Organe aus, welche im mittleren und proximalen Abschnitt aus den Strängen hervorgehen, was im einzelnen noch kurz erörtert werden möge. Peribranchialräume und Pericard. Was die Peribranchialräu me anlangt, so sollen sie in den Pyrosomenknospen nach Joliex und Seeliger eine mesodermale, nach Bonnevie eine entodermale Entstehung nehmen; das Pericard dagegen, so meinen die ge- nannten Forscher, gehe aus freien Mesodermzellen hervor. Im einzelnen leitet Seeliger die Peri- branchialröhren von zwei „Mesenchymzellsträngen" ab, welche zu beiden Seiten des Endostylfortsatzes gelegen sind, während Joliet — soviel ich verstehe — das Eläoblastgewebe als Ursprungsort zu betrachten scheint. Bonnevie glaubt bewiesen zu haben, daß die Peri- branchialröhren als Ausstülpungen des Endostyls entstehen. Die Bildung des Pericards meint Seeliger auf einem Stadium beobachtet zu haben, welches etwa zwischen den von mir Taf. XXXVI, Fig. 6 und 7 dargestellten liegt; und zwar soll es aus einem kleinen Haufen Mesenchymzellen am distalen Ende der rechten Peribranchialröhre hervorgegangen sein (S. 40). Bonnevie erwähnt die Entstehung der Pericards mit keinem Worte, zeichnet es auch nicht ein einziges Mal ein, sondern begnügt sich, in der „Rekapitulation" (S. 13) die meso- dermale Entstehung zu behaupten. Die Knospen von P. giganteum aber zeigen bei seitlicher Betrachtung ebenso unzweifel- haft wie die von P. Agassizi, daß auf allen Entwickelungsstadien auch die Peri- bran chialstränge und der Pericardialstrang bis in die distale Spitze der Knospe reichen, wenn auch nur im mittleren und vorderen Knospenabschnitt aus diesen Strängen die entsprechenden Organe, Peribranchialtaschen bezw. Pericard, hervorgehen. Es 43 43* , _ . G. Neumann, senden eben, was dasselbe sagt, diese Organe (wie bei P. Agassizi) im späteren Alter (Taf. XXXVI, Fig. 9) gewissermaßen Fortsätze in den distalen Teil der Knospe. Verfolgt man insbeson- dere den Pericardialstrang durch die Stadien (Taf. XXXVI, Fig. 4 — 8), so erkennt man wieder, wie er successive in den hinteren Teil der Ivnospe rückt, wo dann (Taf. XXXVI, Fig. 8) sein vorderer Abschnitt ein Lumen erhält und zum Pericardialbläschen wird, während der distale Teil, nach wie vor fein ausgezogen, den „Pericardialfortsatz" giebt. Zugegeben muß werden, daß in den Knospen von P. giganteum das Auffinden dieser (und der übrigen) feinen Stränge wesentlich durch die gewaltige Entwickelung des Eläoblastes erschwert wird. Auch der Umstand, daß die Abschnürung der Stränge, vielleicht eben wegen der mächtigen Ausbildung des Eläoblastgewebes, im allgemeinen früher erfolgt, kann zu Irrtümern führen. Wir finden auf dem Taf. XXXVI, Fig. 10 gezeichneten Stadium schon die Peribranchialfortsätze und auch den Pericardialfortsatz vom Mutterboden ab- geschnürt, während bei P. Agassizi auf dem entsprechenden Stadium (Taf. XXXIII, Fig. 9) die genannten Stränge noch nicht abgeschnürt erscheinen; der Pericardialstrang steht sogar bei P. Agassizi noch viel länger (Taf. XXXIII, Fig. 10) mit dem Pericard in Verbindung. Aber auch bei P. giganteum erfolgt wie bei P. Agassizi die Durchschnürung des rechten Peribranchial- stranges früher als die des linken (Taf. XXXVIII, Fig. 4), zuletzt folgt wieder der Peri- cardialstrang. Wenn aber der rückwärtige Zusammenhang der Stränge mit dem Mutterboden bereits in frühen Stadien gelöst ist, können die feinen Stränge im Distalabschnitt der Knospe leicht für Aggregationen freier Mesodermzellen gehalten werden, falls nämlich der Zusammenhang der Stränge mit den entsprechenden Organen selbst nicht in toto oder auf Schnitten aufgefunden worden ist. Thatsächlich hat nun auch Seeuger (ebenso wie Salensky in den 4 Primärascidiozooiden, siehe unten S. 340 ff.) die zu beiden Seiten des Endostylfortsatzes ziehenden „Peribranchialfortsätze" und den „Pericardialfortsatz" auf Schnitten verfolgt, sie aber eben für jene „Mesenchymzellstränge" gehalten und dabei den rechten Peribranchlal- und den Pericardialfortsatz für einen einzigen Strang angesehen, wie seine Blguren 34 — 38 zeigen. Die zugehörigen Abbildungen derjenigen Stadien (Fig. 2 , Taf. IV) , von welchen diese vSchnitte hergestellt wurden , und seine Worte beweisen aber, daß der Zusammenhang der Peribranchialstränge mit den Peribranchialtaschen leider auf diesen Stadien schon gelöst war und nur der Pericardialstrang (den Seeliger aber nicht als getrennten Strang neben dem rechten Peribranchialstränge erkannt hatte) noch in Ver- bindung mit dem Mutterboden stand. Er schreibt nämlich (S. 5): „Einige Mesenchymzellen bilden an jeder Seite des Entodermfortsatzes schon in jüngeren Knospen einen Zellstrang, der auf dem Querschnitte gewöhnlich i — 3 Zellen zeigt. Auf geeigneten Längsschnitten sieht man, daß dieser Zellstrang auf der rechten Seite proximal zu bis dicht an das Pericardium heranreicht." Und von einem älteren Stadium heißt es (S. 6): „Die rechte (Peribranchial- röhre) setzt sich nach vorn, gegen den Endostyl des Muttertieres zu, in jenen mesodermalen Zellstrang fort ...„ der sich an das Pericardium dicht anlegt, so daß der Schein er- weckt werden kann, als ob die Peribranchialröhre eine Auss^tülpung desselben sei." Auf Grund von Längsschnitten, die für die vorliegenden Verhältnisse meist nicht eindeutig sein werden, wurde Seeliger offenbar zu der falschen Meinung veranlaßt, es fließe (unser) „Pericardialstrang" 44 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ■? '^ ^ mit dem rechten Peribranchialstrange zusammen. Aehnliche Stadien wie die eben besprochenen, von Seeliger in Fig. 34 — 38 wiedergegebenen zeigen meine Fig. 4, Taf. XXXVII, und Fig. 3, Taf. XXXVIII (siehe Tafelerklärung). Taf. XXXVIII, Fig. 3 zeigt rechts und links vom Endostylfortsatz die Peribranchialstrange und den Pericardialfortsatz, ventral den Nervenfortsatz. Auf Fig. 4, Taf. XXXVII ist der letztere schon nicht mehr getroffen, die Peribranchialfortsätze aber erscheinen stärker, weil sie jünger sind. Endlich Taf. XXXVII, Fig. 3, ein Querschnitt durch das jüngste dargestellte Entwicke- lungsstadium, auf welches die Bezeichnung „Stolo" anwendbar ist (Taf. XXXVI, Fig. 2), zeigt, wenn auch auf sehr engem Räume, deutlich alle 6 Elemente des Stolos. Schließlich sei noch auf Taf. XXXVIII, Fig. 4 verwiesen, einen gelungenen frontalen Längsschnitt durch den distalen Teil einer Knospe mittleren Alters, welcher den direkten Zusammenhang des linken Peribranchial- und des Pericardialfortsatzes mit den entsprechenden Organen erkennen läßt, und (mit den vor- ausgehenden und nachfolgenden Schnitten) zeigt, daß der rechte Peribranchialfortsatz bereits ab- geschnürt ist. Wie schon hervorgehoben, bestreitet Bonnevte (1896) die von Seeuger behauptete Ent- stehung der Peribranchialröhren und des Nervenrohres aus dem Mesoderm und lehrt dagegen die andere von Kowalevsky (im Hinblick auf die Ascidien) vermutete entodermale Abkunft der beiden Stolostränge. Sie glaubte auf einem Stadium der Stolobildung, ähnlich dem von mir Taf. XXXVI, Fig. 4 dargestellten, die Entstehung der Peribranchialröhren als Aus- stülpungen der Seitenwand des Entoderm rohres, richtiger des Endostylfortsatzes, beobachtet zu haben. In Fig. i — 6, Taf. VII zeichnet die Verfasserin eine Serie Querschnitte durch das bezeichnete Stadium. Davon haben nur die Schnitte Fig. 5 und 6 die Knospe (den Stolo) quer getroffen, durch die übrigen, proximalwärts geführten Schnitte (besonders Fig. 2 und 3) wurde der Endostylfortsatz ziemlich genau (wie es nicht anders sein kann, vgl. z. B. meine Fig. 4, Taf. XXXVI) längs zerlegt. Dabei mußten natürlich auch die beiden seitlich an- hegenden Peribranchialfortsätze und der Pericardialfortsatz getroffen werden. Die Zellgruppen dieser Stränge hat — das geht aus Fig. 2 und 3 unzweifelhaft hervor — Bonnevie für jene Peribranchialausstülpungen des Endostylfortsatzes gehalten. Wenn es noch eines Beweises für die Richtigkeit dieser Behauptung bedürfte, so ist es der Umstand, daß die rechte Zellgruppe ganz richtig bedeutend größer (mehrzelliger) gezeichnet wird, als die Hnke; denn hier sind ja zwei Stränge, der Perlcardial- und rechte Peribranchialfortsatz, getroffen, links dagegen nur der linke Peribranchialfortsatz. Wenn die Verfasserin auch nur einmal den Endostyl- fortsatz quer geschnitten hätte, müßte sie erkannt haben, daß zwischen den Zellen, welche zu beiden Seiten des Endostylfortsatzes hinlaufen, und diesem selbst kein Zusammenhang besteht, was bei jenen Längsschnitten immerhin leichter dem Auge vorgetäuscht werden konnte. Seeliger, der (1906) in einem Referate die Befunde von Bonnevie bespricht und mit Recht bezweifelt, macht auch auf die histologische Verschiedenheit des Peribranchialstranges von den Elementen des Entodermfortsatzes, wie sie aus Fig. 3 der Verfasserin spricht, aufmerksam. Ganz besonders aber möchte ich Seeliger beistimmen, wenn er das abgebildete Stadium für viel zu weit vorgeschritten erklärt, um über die erste Entstehung der Peribranchialröhren Auskunft zu geben. Sie sind schon in jüngeren Knospenstadien vorhanden (vgl. meine Fig. 3, Taf. XXXVII) und entstehen bereits als „Peribranchialfortsätze" in einer Knospe (Taf. XXXVI, 45 336 G. Neümann, Fig-. 9), die allerdings viel jünger ist als das Ascidiozooid, aus dessen Endostylfortsatz die Peri- branchialröhren sich nach BoNNE^^E ausstülpen sollten. Wenn Seeliger aber in demselben Referat dem Gedanken Ausdruck verleiht, „daß eine völlig befriedigende Lösung der Frage überhaupt nicht an Schnittserien gewonnen werden könnte", sondern nur durch Studium des lebenden Materials, so hoffe ich zuversichtlich, mit der vor- liegenden Darstellung den Beweis für die Unrichtigkeit der Vermutung Seeligers erbracht zu haben. Allerdings mit den vielfach überschätzten „Schnittserien" allein werden sich derlei Fragen nicht sicher entscheiden lassen, wohl aber, wenn sie dem vielfach vernachlässigten, sorgfältigen Studium der aufgehellten Totoobjekte nachfolgen und nur gewissermaßen zur Be- stätigung der Beobachtungen, die dabei gemacht wurden, dienen. Schnitte allein werden stets mehrdeutig sein. Ob man aber thatsächlich an die kleinen lebenden Objekte mit stärkeren Vergrößerungen so weit herankommen kann, daß diese difficilen Vorgänge beobachtet werden können, möchte doch zweifelhaft erscheinen. Nervensystem. Verfolgt man den Nervenstrang in den Stadien Taf. XXXVI, Fig. 5 bis 8, so erkennt man, daß auch in den Knospen von P. giganteum sehr frühe (auf einem Sta- dium, welches zwischen den Taf. XXXVI, Fig. 7 und 8 gezeichneten liegt) eine Zerteilung desselben in einen vorderen und hinteren Abschnitt erfolgt. Aus dem proximalen Teile geht schließlich das gesamte Nervensystem der Knospe hervor, während der hintere wieder als „Nervenfortsatz" in den neuen Stolo eintritt. Erwähnt sei nur, daß im Gegensatz zu P. Agassizi das distale Ende dieses abgeschnürten Nervenfortsatzes sich von der Epidermis ab- hebt und an die ventrale Kiemendarmwand anlehnt (Taf. XXXVI, Fig. 5 — 8), während dasselbe bei P. Agassizi nach wie vor der Epidermis medioventral anliegen bleibt. Uebrigens läßt sich dieser dünne „Nervenfortsatz" am Totoobjekt von allen Stoloelementen am schwersten zwischen dem dichten Eläoblastgewebe nachweisen. Und es ist aus diesem Grunde, ganz besonders aber deshalb, weil er sich so frühe und in so kleinem Objekt schon vom Nerven- strange abschnürt, meines Erachtens viel weniger verwunderlich, wenn er übersehen wurde, als es bei den Peribranchialröhren und dem Pericardialstrange der Fall ist. Wenn aber die Abschnürung jenes Fortsatzes vom Nervenstrange nicht beobachtet und dieser Fortsatz im distalen Teile der Knospe selbst übersehen wurde, blieb nichts übrig, als an- zunehmen, der im jungen Stolo schon auftretende Nervenstrang (das „Nervenrohr") sei aus Meso- dermzellen hervorgegangen (Seeuger, JoLiEr). Und zwar glaubt Seeliger (1889, S. 8), daß die dorsal über dem Endabschnitt des Entodermrohres gelegene Zellmasse, aus welcher das „primäre „Nervenrohr" (= der Nervenstrang des Stolos) hervorgeht (vgl. 71' in Fig. 3, Taf. XXXVI), die am weitesten vorgeschobenen Mesodermzellen des Keimstranges (Geschlechtsstranges, g' in Fig. 3, Taf. XXXVI) seien. In Wirklichkeit besteht aber eben hinsichtlich der Ent stehung kein Zusammenhang zwischen dem Zellkomplex ventral und dorsal vom Endostylfortsatz, sondern der dorsale ist der in früheren Knospen- Stadien distalwärts abgeschnürte Teil des Nervenstranges, der ventrale da- gegen der Geschlechtsstrang. Allerdings berühren sich die beiden Stränge mit ihren Enden, wenn die Hervorwölbung des jungen Stolo aus dem Muttertier eben beginnt (Taf. XXXVI, Fig. I und 2). Erst der vordringende Endostylfortsatz trennt beide Stränge (Taf. XXXVI, Fig. 4 und 5), und man würde, nur auf Grund dieser Bilder, nie behaupten können, daß auf den 46 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 337 Anfangsstadien (Fig. i und 2, Taf. XXXVI) zwei völlig verschiedene Stoloelemente in den Zellen verborgen seien, welche die Spitze des Endostylfortsatzes kappenförmig umhüllen, wenn man nicht auch die Herkunft des dorsalen Teiles, eben des Nervenstranges, Schritt für Schritt ver- folgen könnte, und zwar sowohl in toto, als auch auf Schnitten. So lassen z. B. die Querschnitte Taf. XXXVII, Fig. 6 durch das Fig. 5, Taf. XXXVI gezeichnete Stadium alle noch den ventralen Nervenstrang erkennen ; ebenso läuft der Nerven- strang noch kontinuierlich durch alle Querschnitte (Taf. XXXVII, Fig. 7 — 9) des Taf. XXXVI, Fig. 6 wiedergegebenen Stadiums. Dagegen zeigen von dem Stadium auf Taf. XXXVI, Fig. 8 nur die distalen Querschnitte (Taf. XXXVII, Fig. 10 und 11) noch ventral den Nervenstrang, während er auf den mittleren (Taf. XXXVII, Fig. i und 2) fehlt. Die Durchschnürung ist also inzwischen erfolgt. Was die Angaben von Bonnevie über die Entstehung des Nervensystems anlangt, so müssen dieselben ebenfalls, wie die über die Abstammung der Peribranchialröhren, als durchaus unzutreffend bezeichnet werden. Das Nervensystem soll, kurz gesagt, auf dem von mir etwa in Fig. 5, Taf. XXXVI dargestellten Stadium in Gestalt zweier Röhren aus den ento- dermalen Peribranchialtasch en herauswachsen, nachdem diese selbst sich durch einen U-förmigen Kanal auf der späteren Rückenseite oberhalb des Nervenrohres vereinigt haben. Die beiden Nervenröhren umfassen dann das Darmrohr ventral und vereinigen sich zu einer breiten Zellmasse, die dem Entodermrohr ventral aufliegt. Abgesehen davon, daß Bonnevie dabei dorsal und ventral verwechselt, enthält diese ganze Darstellung einen einzigen großen Irr- tum. Die beiden Röhren, welche U-förmig aus dem Peribranchialraum als dessen Teile ent- stehen, ventral weiter waciisen und sich vereinigen sollen, sind natürlich die beiden so frühzeitig aus dem Zentralnervensystem auswachsenden Nervenröhren (die Seitennerven Salenskys, das spätere 8. Nervenpaar). Die ventral gelegene Zentralnervenmasse (den Nervenstrang des Stolos, welcher später aus dieser hervorgehen soll) hat Bonnevie, worauf schon Seeliger (1906) hin- weist, auf jenen frühen Stadien (Taf. I, Fig. 6) ganz und gar übersehen. Dort sollen nur ein- zelne lockere Mesenchymzellen liegen. In Wirklichkeit liegen die Dinge gerade umgekehrt: Aus dem proximalen Teile des „Nervenstranges" (dem späteren Zentralnervensystem) wachsen, noch lange ehe der distale Teil sich abgetrennt hat (vgl. oben S. 326), dieNervenröhren aus und um- greifen das Entodermrohr. Jener Auffassung von Bonnevie entsprechend (die zunächst am Totoobjekt dargelegt wird), enthalten auch die Schnitte 11, 12 und 17, 22 und 26 grobe Irrtümer. In den Längsschnitten Fig. II (durch ein jüngeres), 22 und 26 (durch ein älteres Stadium) sehen wir ein Divertikel des Peribranchialraumes als Nervenrohr sich abschnüren (!). Davon ist keine Rede. Beide Or- gananlagen sind völlig getrennt. Die gezeichnete Kommunikation (und die daraus gefolgerte Entstehung des Nervensystems aus dem Peribranchialraum) ist ein großer Irrtum. In dem Querschnitt Fig. 1 7 kommt ebenfalls eine Verbindung des Nervensystems mit den Peribranchial- röhren zur Darstellung. Die ringförmige Anordnung des Zentralnervensystems mit seinen zwei dorsalen Fortsätzen tritt auf Querschnitten durch die vordere Partie der Knospe thatsächlich in Erscheinung, aber eine Kommunikation der Peribranchialhöhlen mit dem Nerven- rohr findet keinesfalls statt. 47 338 G. Neumann, Geschlechtsstrang. Der Geschlechts- oder Keimstrang läßt sich in den Knospen von P. criaanteum unter allen Strängen am leichtesten verfolgen, weil er von Anfang an der mächtigste ist und immer eine Menge in Entwickelung begriffener, nicht zu übersehender Eizellen birgt. Er erstreckt sich, die Dorsalseite der Knospe kennzeichnend, in jüngeren Stadien kon- tinuierlich (Taf. XXXVI, Fig. 4, 5) durch die ganze Knospe (den Stolo) und reicht bekannüich stets ein Stück in die mütterliche Leibeshöhle hinein. Wenn eine zweite Knospe sich abzu- schnüren, der „Stiel" der Knospe sich abzusetzen beginnt, schnürt er sich wie die übrigen Stränge durch (Taf. XXXVI, Fig. 6), wobei gleichzeitig das in der älteren Knospe verbleibende Stück durch die „Seitennervenröhre", später (Taf. XXXVI, Fig. 7 und 8) aber auch durch den ent- stehenden Darmtraktus und die dorsal vordringenden Peribranchialtaschen in den distalen Knospen- abschnitt gedrängt wird. Während dieser Verlagerung hebt bereits die Ausbildung von Ovar und Hoden an (siehe bei Seeuger, 1889, S. 44). Schließlich schnürt sich, wie Seeliger (1889, S. 45) das bereits völlig zutreffend geschildert hat, der distale Teil ab und zwar, wie die Figg. 9 und 10, Taf. XXXVI zeigen, etwa zu derselben Zeit, wo auch die übrigen Organ-„Fortsätze" vom Mutterboden sich loslösen. Der in der Knospe verbleibende Teil bildet sich natürlich, wie schon bemerkt, zu den Geschlechtsorganen um, der abgeschnürte distale tritt als „Geschlechtsstrang" in den Stolo ein. Im Gegensatz zu diesem Verhalten bei P. giganteum erfolgt, wie schon oben betont wurde, bei P. Agassizi weder auf dem entsprechenden Knospenstadium (Taf. XXXIII, Fig. 9) noch früher eine Zerschnürung des Geschlechtsstranges in einen der Kjiospe verbleibenden Teil und in einen „Geschlechtsfortsatz", der in den Stolo tritt, sondern der Geschlechtsstrang zieht sich unzerschnürt, als solcher, in den Stolo und erfährt seine früheste Teilung erst, wenn proximal vor der älteren Knospe eine zweite jüngere sich abzuschnüren beginnt (Taf. XXXIII, Fig. 5). Dieses Verhalten bei P. Agassizi dürfte wohl mit dem embryonalen Zustande des Ge- schlechtsstranges in Verbindung zu bringen sein. Für Seeliger ist „der einem jeden Segment (des Stolos) zukommende Teil des Geschlechts- stranges für die ungeschlechtliche Vermehrung der Fyrosomen von eminenter Bedeutung, denn er läßt — nach seiner Ansicht — sowohl den Zwitterapparat entstehen, als auch das gesamte Mesoderm aller späteren Knospen, welche das Tier weiterhin noch hervorbringen kann" (S. 44). Seeliger leitet also nicht nur (S. 45) Blut- und Bindegewebszellen (z. B. auch den dor- salen Mesenchymzellenhaufen) vom Geschlechtsstrange ab, sondern konsequenterweise auch die Peribranchialstränge. Daß wenigstens diese letztere Angabe irrig ist, glaube ich bewiesen zu haben. Salensky bezweifelt, ohne allerdings, wie Seeliger schon entgegnete, die Verhältnisse in den Sekundärknospen studiert zu haben, auch die Entstehung der übrigen zitierten Gewebsteile vom Geschlechtsstrang, und die ausführlichen Darlegungen Julins (191 2) dürften diese Zweifel berechtigt erscheinen lassen. Wenn wir versuchen, aus den im Vorstehenden mitgeteilten Befunden über die Entstehung und die Zugehörigkeit der Knospenorgane zu den Keimblättern allgemeine Schlüsse über die Stellung der Pyrosomen zu ziehen, so müssen diese natürlich anders als die von Seeliger und Bonnevle gezogenen ausfallen. Bonnevie glaubte, in ihren von Seeliger und JoLiET wesentlich abweichenden Beobachtungen zu Resultaten gekommen zu sein, „whereby the relationship of Pyrosoma to Synascidiae is also confirmed by a resemblance in the manner of 48 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 339 the development of their buds" (S. 8). Wir werden der Verfasserin insofern recht geben müssen, als viele gemeinsame Züge, welche auf eine Verwandtschaft deuten, Synascidien und Pyrosomen verbinden (vgl. oben S. 3 20 ff.); aber, das hoffe ich gezeigt zu haben, die Entwickelung der Knospen- organe bei Pyroso7na hat mit der bei Ascidien von vielen Forschern (Kowalevsky, Hjort, Caullery, Bonnevie) übereinstimmend angegebenen Entstehung des Nervensystems und der Peribranchialräume aus dem inneren Blatte, dem primitiven Darm röhr, nichts zu thun. Seeliger dagegen war der Ansicht, daß seine Angaben über die Herkunft der Stolo- stränge resp. Knospenorgane bei Pyrosomen eine wesentliche Stütze in den bei der Knospung der Salpen beobachteten Verhältnissen finden, zumal er selbst (1885) die Peribranchialröhren und das Nervensystem in den Salpenknospen vom Mesoderm ableitete. Dem widersprechen aber Brooks (1893) und Korotneff (1894), welche das Nervenrohr der Salpenknospen vom Ekto- derm ableiten. Die Entstehung der Peribranchialröhren wird bekanntlich noch widersprechender angegeben; sie sollen nach Kowalevsky (1868) von der Cloake selbst, nach Salensky (1877) vom Pericard, nach Korotneff (1894) vom Entodermrohr aus entstehen. Da lediglich auf Grund der widersprechenden Angaben natürlich nicht zu entscheiden ist, wenn im einzelnen Falle die thatsächlichen Verhältnisse richtig beobachtet wurden und wenn Beobachtungsfehler vorliegen, die sich hier, wie angegeben wird, aus der Kompliziertheit der Materie ergeben, so erscheint es auch müßig, die Verhältnisse bei Pyrosomen und Salpen ein- gehend zu vergleichen. Aber die Vermutung darf vielleicht ausgesprochen werden, daß doch am Ende hier und dort die gleichen Verhältnisse vorliegen möchten, die durch erneute Unter- suchungen des Salpenstolos aufgeklärt werden könnten. Neben den übereinstimmenden Angaben von Brooks und Korotneff über die ektodermale Entstehung des Nervensystems ist — wenn wir von der strittigen Herkunft der Peribranchialröhren absehen — jedenfalls noch die Bestäti- gung der von Brooks zuerst aufgefundenen „muscular tubes" durch Korotneff bemerkenswert und sodann die Angabe Korotneffs über die Existenz eines Pericardialstranges. Was die „muscular tubes" in den Salpenknospen anlangt, so möchte ich glauben, daß wir mit einem gewissen Recht die in den jungen Pyrosomenknospen (Taf. XXXIV, Fig. 7, 8, 11, 13, 14, 15, und Taf. XXXVII, Fig. 6) zwischen Peribranchialröhren und Epidermis auftretenden Mesodermzellenlagen mit jenen Gebilden homologisieren dürfen. Zwar treten sie nicht schon in den jüngsten Entwickelungsstadien auf (vgl. Taf. XXXIV, Fig. i, 3, 4; Taf. XXXVII, Fig. 3 u. 5), erstrecken sich auch nicht durch die ganze Länge des Stolos bezw. der jungen Knospe, auch liegt bestimmt keine röhrenförmige Anordnung der Zellen vor. Es ist aber zu bedenken, daß die Muskulatur der Pyrosomen nicht im entferntesten an die der Salpen heranreicht. Am muskelkräftigsten sind unter den Pyrosomen zweifellos P. Agassizi und spinosum; denn ihnen ist ein „ventrales und dorsolaterales" Muskelsystem eigen (s. systematischen Teil), welches den übrigen Arten völlig abgeht. Daher wohl auch bei P. Agassizi — bei P. spinosiwi habe ich die Ver- hältnisse nicht studiert — jene seitlichen Bänder von Muskelzellen im allgemeinen auf den Knospenquerschnitten deutlicher in die Erscheinung treten als z. B. bei P. giganteum. Diese immerhin vorläufig nur teilweise Uebereinstimmung der Stoloverhältnisse bei Pyro- somen und Salpen deutet doch wohl zweifellos auf eine engere Verwandtschaft beider Tunicaten- gruppen hin und zwar, mit anderen Thatsachen zusammengenommen, auf die Möglichkeit der Entstehung der Salpen (und Dolioliden) aus pyrosomenartigen Tunicaten, wie das Seeliger be- Deutsche Tiefsee-Expedition 1898 — 189g. Bd. XII. 49 44 ■2AQ G- Neumann, reits, freilich auf Grund irriger Befunde, betonte. Wenn die Pyrosomen sich in Bezug auf die stoloniale Entwickeking von den Synascidien, mit denen sie im übrigen zweifellos vieles Gemein- same verbindet, erheblich unterscheiden, so deutet dieser Umstand vielleicht auf die auch bereits von Seeliger behauptete, im Tunicatenstamm mehrfach gesondert aufgetretene Fähigkeit zu ungeschlechtlicher* Vermehrung hin. Wie dem auch sein mag, jedenfalls gilt für die Pyrosomen der Satz : „daß in der Knospe keines der wichtigen Organe neu angelegt wird, sondern daß alle wichtigeren Organanlagen aus dem Muttertier in den Stolo und in die Knospen übergehen, während wirkliche Neubildung von Organ- anlagen nur im Embryo stattfindet". (Korschelt und Heider 1893, S. 1418.) Als „Muttertier" kann bei den Pyrosomen natürlich jedes Ascidiozooid in Betracht kommen, und thatsächlich knospen sie auch alle ohne Ausnahme. In letzter Linie stammen aber alle Einzeltiere durch Knospung von den 4 Primärascidiozooiden ab, die ihrerseits vom Cyathozooid aus entstanden sind. Es führt somit die Untersuchung der Entstehung des Stolos in den Ascidiozooiden der Pyrosomenkolonie von selbst zurück auf die Stolo bildung in den 4 Primärascidiozooiden, welche im folgenden Abschnitt besprochen werden soll. 4. Zur Embryonalentwickelung. a) Die Entstehung des Stolo prolifer in den 4 Primärascidiozooiden. Die Frage nach der Entstehung des Stolos in den 4 Primärascidiozooiden ist zuerst von Seeuger (1889), aber wie er selbst angiebt, an unzureichendem Material und beilävifig, in seiner Arbeit „Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen" behandelt worden. Mehr Aufmerksamkeit hat Salensky (1892) bei der Darstellung der postembryonalen Entwickelung diesem Punkte ge- schenkt. Seine vielfach von Seeliger abweichenden Befunde führten Salensky zu kritischen Besprechungen der SEELiGER'schen Angaben, was wieder eine lebhafte Entgegnung von Seeliger (1892) zur Folge hatte. Von Korotneff, der sich (1906) ja nur mit der frühen Embryonal- entwickelung beschäftigt hat, ist diese Frage natürlich nicht berührt worden, auch nicht von JuuN in seiner neuesten Arbeit (19 12), obschon er auch der postembryonalen Entwickelung einen breiten Raum gewährt. In seiner Entgegnung an Salensky hebt Seeliger (1892) ein- gangs hervor, daß dieser zwar einen „völlig verschiedenen Gegenstand" als er behandelt habe — nämlich die Bildung des Cyathozooids und der 4 ersten Ascidiozooide, Seeliger aber die spätere Knospung in alten Stöcken — und dementsprechend auch zu anderen Ergebnissen kommen müsse, aber trotzdem seine (Seeligers) Befunde abfällig kritisiere. Dazu dürfte viel- leicht bemerkt werden, daß die Entstehung der 4 Primärascidiozooide mit der Entstehung der übrigen Ascidiozooide natürlich nicht ohne weiteres verglichen werden kann, denn die 4 Primär- ascidiozooide entstehen aus dem Cyathozooid, also aus einem von ihnen völlig verschiedenen Muttertier, alle folgenden Ascidiozooide aber von ihresgleichen, von Ascidiozooiden; denn auch die 4 entwickelten Primärascidiozooide unterscheiden sich morphologisch ja nicht im mindesten von den nachfolgenden Ascidiozooidgenerationen. Es brauchte also die Herkunft der Organe, d. h. die Zugehörigkeit zu einem der drei Keimblätter, und auch die Ausentwickelung der Organe a priori in den Primärascidiozooiden nicht so zu verlaufen wie in den folgenden Einzeltieren. Insofern dürfte Salensky zu Unrecht 50 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 341 (wohl aus theoretischen Gründen) folgern, daß z. B. die Peribranchialröhren der durch Knospung entstandenen „sekundären Ascidiozooide" sich ebenso bilden möchten, wie die der Primärascidio- zooide und des Cyathozooids. Denn die z. B. bei Ascidien bekannt gewordenen Verhältnisse lassen keinen Zweifel darüber, daß mindestens die Herkunft der Organe im Oozooid (hier dem Cyathozooid) anders verlaufen kann, als in den geknospten Tieren (hier den Ascidiozooiden). Es wird sich nun aber zeigen, daß bei den PjTosomen thatsächlich die Zugehörig- keit der Organe zu den Keimblättern im Cyathozooid wie in den Ascidio- zooiden die gleiche ist, und daß ferner die Entstehung des Stolos in den Primär ascidi oz ooiden genau so verläuft wie in jedem anderen Ascidiozooid. Es wäre theoretisch wohl auch nicht denkbar, daß sich ein knospendes Primärascidiozooid anders verhalten sollte, als ein von ihm geknosptes Tochterciscidiozooid. Was nun die Peribranchialröhren anlangt, so bezweifelt eben Salensky (1892) (aus theoretischen Gründen) die Angabe Seeligers über die Entstehung dieser Organe in den „sekundären" Knospen aus jenen (vermeintlichen) „Mesodermsträngen", welche den Endostylfortsatz jederseits begleiten, und er ist der Meinung, „daß die wirkliche Anlage der Peribranchialröhren, die in Form von äußerst kleinen Ektodermeinstülpungen erscheinen kann, von Seeliger übersehen ist" (S. 55). Einen Versuch, diese postulierte Entstehung der Peribranchialräume in den „sekun- dären" Knospen zu untersuchen, hat Salensky aber offenbar nicht unternommen. Auch in Bezug auf die m es odermale Entstehung des Nervensystems der Pyrosomenknospen (Seeliger) stehen Salensky keine eigenen Beobachtungen zur Verfügung. Dagegen besitzen nach Salensky die jungen Primärascidiozooide zwei sogenannte Pericardialstränge, aus deren rechtem eben das Pericard derselben entsteht, während die distalen Teile beider in denStolo eintreten und die „Mesodermstränge des Keimstockes" bilden, über deren Weiterentwickelung Salensky nichts angiebt. Nach Salensky soll also das Nervensystem der „sekundären" Knospen durch Abschnürung vom Ektoderm aus entstehen (S. 90), die Peribranchialröhren denkt er sich aus einer Ektoderm- einstülpung hervorgehen (S. 55), und außer dem Genitalstrange sollen sich zwei „Mesodermstränge" im Stolo finden. Bei der nun folgenden Mitteilung der eigenen Beobachtungen über die Bildung des Stolo prolifer in den Primärascidiozooiden wird es nötig sein, auf die (bekannte) Ent- stehung der Organe in den 4 Primärascidiozooiden zurückzugreifen. Seit Kowalevsky (1875) wissen wir, daß das Darmrohr, die Peribranchialröhren, das Pericard und natürlich auch die Epidermis der 4 Primärascidiozooide die direkten Fortsetzungen der entsprechenden Organe des Muttertieres, des Cyathozooids, sind. Nur über die Entstehung des Nervensystems der Ascidiozooidenkette machte Kowalevsky keine Angaben. Diese Lücke wurde von Salensky aus- gefüllt. Es soll die Nervenanlage als mediane Ektodermeinstülpung in jedem Primärascidio- zooid zur Zeit der ersten sanften Einschnürung der Stolokette gesondert entstehen. Auf zwei dieser Punkte, die Entstehung des Pericards und des Nervensystems, werden wir unten zurück- kommen. Betrachtet man mit stärkeren Systemen (von der rechten Seite) etwa das letzte Tier einer Kette von 4 Primärascidiozooiden bei P. giganterun, in welcher die auch äußerlich deutlichen Einschnürungen den Zerfall der Peribranchialröhren und des Pericardialrohres bereits bewirkt haben 51 44* , . 2 ^- Neümamn, (Stadium G^ bei Salensky), so wird man unschwer die einzelnen primitiven Organe herausfinden Taf. XXXVI, Fig. 1 1). Es zeigt sich, daß das „Nervenrohr" bereits die beiden „Seitennerven", welche das Entodermrohr dorsal umgreifen, gebildet hat, während es distal, lang und dünn ausgezogen, bis in die Spitze der Knospe reicht. Noch deuthcher läßt sich diese distale Verlängerung bei Betrachtung von der Ventralseite (das ist die dem Dotter des Individuums abgekehrte) erkennen, und zwar schon in bedeutend jüngeren Stadien, wenn die Durchschnürung der Peribranchialröhren und des Pericardialrohres noch nicht erfolgt ist. Gegenüber, an der dem Dotter aufliegenden Dorsalwand, liegt ein deutlicher Zellstrang, welcher von der Spitze der „Seitennerven" bis wieder in die Spitze der Knospe reicht und seine größte Dicke im hinteren Körperabschnitt besitzt. Es ist der Genital- oder Keimstrang, wie die weitere Ent- wickelung zeigt. Die Peribranchialräume beginnen bereits mit dem Darmrohr durch Kiemenspalten in Verbindung zu treten; die radiäre Zellenordnung in drei Gruppen ist erkennbar, der Durchbruch selbst noch nicht erfolgt. Dorsal liegt endlich dem mittleren und hinteren Teile des Peribranchialsackes das Pericardialrohr (der Pericardialstrang) an, das auf jüngeren Stadien, unmittelbar nach der Abschnürung vom mütterhchen Pericardialfortsatz, die ganze Länge der Knospe durchzog, nunmehr aber bereits nach hinten verlagert erscheint, wahrscheinlich verdrängt durch die im Vorderteil besonders stark dorsalwärts wachsenden Peri- branchialsäcke. Die geschilderten Verhältnisse erinnern sofort an die oben besprochenen jüngeren Knospenstadien, und der Vergleich der Abbildung (Taf. XXXVI, Fig. 1 1 ) dieser „Primärknospe" mit den entsprechenden Stadien von („sekundären") Ascidiozooidknospen (Taf. XXXIII, Fig. 5; Taf. XXXVI, Fig. 7) läßt die Analogie — von äußeren Formunterschieden abgesehen — im Aufbau aufs deutUchste erkennen. Der einzige in die Augen springende Unterschied beim Vergleich mit den entsprechenden „Sekundärknospen" von P. gicrantetiin (Taf. XXXVI, Fig. 6, 7) ist der, daß der Geschlechtsstrang der Primärknospe j enem gegenüber recht unentwickelt erscheint; dort birgt er stets eine mächtige Eizelle neben mehreren unentwickelten, während hier von solchen nichts zu erkennen ist. (Der Geschlechtsstrang bei P. Agassizi beharrt bekanntUch offenbar bis ins hohe Alter des Tieres auf diesem embryonalen Zustande.) Querschnitte durch ein Primärknospenstadium (Taf. XXXVIII, Fig. 8 — 11), welches dem Taf. XXXVI, Fig. 1 1 gezeichneten ähnlich ist, bestätigen nicht nur die am Totoobjekt gemachten Beobachtungen, sondern weisen ebenfalls auf die analogen Verhältnisse bei sekundären Ascidio- zooidknospen hin (vgl. Taf. XXXVII, Fig. 6—9). (Wenn in Fig. 8 und 9, Taf. XXXVIII, wo außer dem Entodermrohr und dem Geschlechtsstrang die verjüngten distalen Partien der Peri- branchialtaschen und des Pericardialrohres geschnitten erscheinen, die rückwärtige Verlängerung des Nervenrohres nicht getroffen ist, wie es nach Taf. XXXVI, Fig. 1 1 sein müßte, so hat das seinen Grund darin, daß die geschnittene Primärknospe die erste proximale war, wo immer der „Nervenfortsatz" weniger lang ausgezogen erscheint als in der gleichalterigen distalen.) Die vollkommene Analogie der Verhältnisse zwischen jungen Primär- und Sekundärknospen läßt schon vermuten, daß auch die weitere Entwickelung der Primärorgane in der gleichen Rich- tung fortschreiten dürfte. Die Untersuchung einer lückenlosen Reihe weiterer Entwickelungs- stadien in toto, von denen aus diesem Grunde nur zwei noch (Taf. XXXVI, Fig. 12, 13) ge- zeichnet sind, bestätigt auch diese Vermutung, ganz besonders, was die Entstehung des 52 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. -ja •> S t o 1 o s in den Primärknospen anlangt. Wir sehen nämlich (Taf. XXXVT, Fig. 1 2 und 1 3), daß, genau wie in den Sekundärknospen, bei der weiteren Ausgliederung und Umlagerung (cf. Pericard und Ganglion) die Organe distal wärts sich ausziehen, wieder gewissermaßen Fortsätze in die Spitze entsenden, gleichviel in welchem Knospenabschnitt die Organe selbst liegen. Wiederum macht das Nerven röhr damit den Anfang, und demgemäß erfolgt auch bei ihm zuerst die Abschnürung- des distalen verjüngten Teils vom eigentlichen Ganglion. Im Gegen- satz zu den Verhältnissen in den Sekundärknospen von P. gigantetwi fand ich diesen „Nerven- fortsatz" hier auf allen Stadien der Entwickelung medioventral der Epidermis anliegend (also wie bei P. Agassizi), während seine Spitze in den Sekundärknospen von P. giganteufn schon auf frühen Stadien gegen die Ventralwand des Entodermrohres gebogen erscheint (vgl. Taf. XXXVI, Fig. 8 — 10). Für die Entwickelung des Stolos hat dieser Unterschied natürlich keinerlei Be- deutung. Die Abschnürung der übrigen Stränge vom Mutterboden vollzieht sich im jungen Primär- ascidiozooid etwa zu demselben Zeitpunkte und auch in derselben Aufeinanderfolge (rechter, dann linker Peribranchialstrang, endlich Pericardialstrang) wie im jungen Sekundärascidiozooid. Die in den Figg. 12 — 14, Taf. XXXVIII und i — 18, Taf. XXXIX gegebenen Querschnitte, welche auch die Zwischenstadien von Fig. 11 — 13, Taf. XXXVI berücksichtigen, mögen die Verhältnisse weiter belegen. Ueberall treten auf den Schnitten durch die distale Knospenregion (Taf. XXXVIII, Fig. 8, 12 und 13, Taf. XXXIX, Fig. 4, 8, 16 — 18), genau wie bei den Sekundärknospen, die Zellgruppen der Organfortsätze scharf abgegrenzt gegeneinander und gegen das dichte Eläo- blastgewebe heraus. Wir sehen also, daß die Entwickelung des Stolo prolifer in den Primär- ascidiozooiden genau so verläuft wie in den „sekundären"; d. h. auch die im Stolo der Primärascidiozooide vereinigten Stränge sind selbstverständlich nicht nur die gleichen wie in den übrigen Ascidiozooiden, sondern entstehen auch hier als Fortsätze der ent- sprechenden Organe des mütterlichen Individuums. Es wäre nun in der That verwunderlich, wenn einem so erfahrenen Forscher wie Sa- LENSKY diese Art der Stolobildung in den 4 Primärascidiozooiden bei seinen Untersuchungen über die postembryonale Entwickelung ganz und gar entgangen sein sollte. In Wirklichkeit hat auch, wie sich bei genauerem Zusehen ergiebt, Salensky Pericardialfortsatz und Peribran- chialfortsätze im Primärascidiozooid ebenso verfolgt wie vor ihm Seeliger im sekundären; aber wie dieser jene Stränge fälschlich als Mesodermstränge deutete, so verfiel auch Salensky nahezu demselben Irrtum, indem er, wie gleich bewiesen werden soll, den linken Peribranchial- fortsatz für einen „linken M esodermstrang" ansah und den Pericardial- und rechten Peribranchialfortsatz zusammen für den „rechten Mesodermstrang des Keimstockes" hielt. Der bezeichnete „linke Mesodermstrang des Keimstockes" wird von Salensky (1892) zu- erst auf einem Querschnitt (Fig. 64) durch den distalen Teil des Stadiums F (wo der zungen- förmige Stolo des Cyathozooids eben die ersten sanften Querfurchen erkennen läßt, der distale Abschnitt der „Keimscheibe" also zur Ascidiozooidkette wird) gezeichnet. Er soll hier zusammen mit dem entsprechenden rechten Mesoderm- oder Pericardialstrange aus freien Mesenchymzellen 53 ■,,. G. Neumann, sich gebildet haben. Daß weder dieser hnke Strang hier vorkommt, noch daß die Entstehung des rechten so verläuft, soll unten S. 351 ff. bewiesen werden (vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 6 und 7). Im Stadium G nach Salensky (der deutlich segmentierten Ascidiozooidkette) soll „die Anlage der beiden Zellgruppen bedeutende Fortschritte gemacht" haben. „Hier ergiebt sich zunächst ein Unterschied in der Entwickelung zwischen der rechten und linken Zellgruppe, von denen sich die erste in das Pericardium verwandelt, während die zweite immer solid bleibt und später in den Knospenstock übergeht" (S. 44). In der Querschnittserie Fig. 55 — 55 F bei Salensky sind diese Stränge zum Teil in den entsprechenden Schnitten eingezeichnet. Sie entstammen einem etwas älteren Stadium als die von mir Taf. XXXVIII, Fig. 8 — 11 gezeichneten. Hält man die sehr ausführliche Besprechung') (S. 44) der (zugestandenermaßen schiefen) Schnitte mit den Figuren zusammen und vergleicht damit die eigenen Totobeobachtungen und Schnittresultate, so ergiebt sich, daß Salensky hier (in Fig. 55 — 55B, ebenso wie in den entsprechenden Schnitten älterer Stadien, die gleich besprochen werden sollen) den linken Feribranchialfortsatz für den „linken Mesodermstrang" gehalten hat. Dieser hier gekennzeichnete Irrtum findet sich auch in den Figuren 65 — 65 B. Es sind Querschnitte durch das Stadium H, welche den von mir Taf. XXXIX, Fig. 8 und 9 dargestellten etwa entsprechen. Der in Fig. 65 B mit Pc' bezeichnete Strang ist wieder der linke Feribranchialfortsatz, der rechte neben dem Pericard ist nicht gezeichnet; in Fig. 65 sind die Zellgruppen rechts und links vom Endostylfortsatz nicht bezeichnet, die Zellgruppe rechts ist nicht als getrennte (die des rechten Peribranchialfortsatzes und des Pericardialfortsatzes) erkannt (vgl. meine Fig. 8, Taf. XXXIX). In der Schnittserie Fig. 58 bei Salensky (Quer- schnitte durch das Stadium J, welche meinen Figuren 16 und 17 auf Taf. XXXIX etwa ent- sprechen) sind die betreffenden Zellgruppen mit JCsm und Kstu', d. h. Mesodermstrang des Keim- stockes, bezeichnet und wieder für den linken „Mesodermstrang" der linke Feribranchialfortsatz, für den rechten Mesodermstrang der rechte Pericardial- und rechte Feribranchialfortsatz gehalten worden. In Fig. 57 sind die beiden Peribranchialstränge, die hier getroffen sein müßten, wie meine entsprechenden Schnitte Fig. 18, Taf. XXXIX durch dasselbe Stadium beweisen, nicht gezeichnet. Vergleicht man die citierten Schnittzeichnungen Salenskys mit den von mir be- zeichneten Schnitten durch gleichalterige Stadien (Taf. XXXVIII, Fig. 8 und 12 mit Fig. 55 A und B bei Salensky; Taf. XXXIX, Fig. 8 mit Fig. 65; Taf. XXXIX, Fig. 16 und 17 mit Fig. 58 C — G), so wird man die aufgestellten Behauptungen bestätigt finden. Natürlich fällt auch dann die Folgerung, welche Salensky aus diesen irrig gedeuteten Verhältnissen zieht; daß nämlich aus der linken, „von den zwei symmetrisch gelagerten Mesen- i) Salensky beschreibt diese Schnitte mit folgenden Worten: „Im hintersten Schnitt (Fig. 55) besteht das Mesoderm aus zwei lateralen Zellgruppen, in denen man die beiden oben beschriebenen Zellengnippen (El und pc) [soll heißen Eläoblast und Pc', linker Mesodermstrang, in der Figur steht pcm'\ leicht erkennt. Auf der linken Seite des Schnittes liegen die beiden Zellengruppen [es sind in Wirklichkeit der linke Peribranchialstrang und der Eläoblast], auf der rechten konnte ich nur eine, nämlich die äußere, unter- scheiden [weil schief geschnitten]. Auf dem unmittelbar folgenden, weiter nach vorn geführten Schnitt (Fig. 55 A) sind schon die beiden symmetrisch gelagerten inneren Zellgruppen (pc und pc') deutlich zu erkennen. Die auf der linken Seite ist lamellös und besteht aus einer Zellenlage [linker Peribranchialstrang] ; die auf der rechten Seite hat eine ovale Gestalt und ist nach oben von einer anderen, eben- falls (im Querschnitt) ovalen Zellengruppe begrenzt (prbr), welche nichts anderes als das hintere Ende des rechten Peribranchialrohres darstellt. Im Schnitt Fig 55 B, welcher aus der Region der hinteren Kiemenspalte entstammt, bleiben die Bauverhältnisse der Zellen- gruppe der rechten Seite dieselben, während die auf der linken Seite nur durch eine Zelle repräsentiert ist [entweder eine Zelle des Eläo- blastes oder des linken Peribranchialrohres]; offenbar ist in diesem Schnitt das vordere Ende der linken Zellengruppe getroffen. In dem weiter nach vom liegenden Schnitt (Fig. 55C) ist sie nicht mehr zu erkennen [weil hier der linke Peribranchialstrang erkannt ist]." [ ] Alles was in diesen eckigen Klammern steht, ist von m i r dem Zitat eingefügt. 54 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. -ia c chymzellengruppen" und dem hinteren Teile des rechten Stranges die „Mesodermstränge des Knospenstolos" hervorgehen sollen. Richtig ist an dieser Darstellung nur die Angabe, daß der rechte, einzig und allein vorhandene Strang als wirklicher „Pericardial- strang", der das Pericard liefert, nicht aber als „Mesodermstrang" in den Stolo eintritt, lieber die Weiterentwickelung dieses rechten Mesodermstranges hat Salensky übrigens keine Beobachtungen angestellt. Somit ist die auch in die Lehrbücher übergegangene A n g a b e Sälen skys von dem Vorhandensein zweier „Mesodermstränge des Keimstockes" in den Primär- ascidiozooiden dahin zu berichtigen, daß nur der rechte thatsächlich exi- stiert und in den Stolo eintritt. Es ist der von mir in den „sekundären" Knospen zu- erst nachgewiesene „Pericardialstrang", den Salensky in den Primärknospen zuerst auf- fand, seinen Eintritt in den Stolo postulierte, aber nicht durch Untersuchung bewies. Ein „linker Mesodermstrang" dagegen kommt in den Primärascidiozooiden jn keinem Stadium der Entwickelung vor (natürlich auch nicht in den sekundären), sondern mit diesem ist von Salensky der von mir aufgefundene linke Peri- branchialstran g verwechselt worden, während der rechte Peribranchial- strang von ihm in den Primärknospen übersehen wurde. Nicht unerwähnt sei, daß KoRSCHELT und Heider (Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte, spezieller Teil, S. 1393) auf Grund der Angaben von Salensky und Seeliger bereits die Vermutung aus- sprachen, „man möchte wohl vielleicht geneigt sein, die Peribranchialröhren der Pyvosoiiia- Knospen mit den oben erwähnten sogenannten Mesodermsträngen des Stolos in genetische Be- ziehungen zu bringen". Es entstehen demnach die Peribranchialräume der Sekundärascidiozooide nicht durch Ekto- dermeinstülpungen, wie Salensky glaubte, ebensowenig das Nervensystem, sondern diese Organe gehen durch Abschnürung aus den entsprechenden Organen des Mutter- tieres hervor. Geschlechtsstrang. Was die Entstehung des Genitalstranges anlangt, so bestehen ebenfalls lebhafte Kontroversen zwischen Salensky und Seeliger. Salensky hatte behauptet, „daß die Anlage des Genitalstranges in einem viel früheren Stadium auftritt, als es Seeliger an- giebt" (S. 55). Seeliger wies (1892) diesen Vorwurf als unbegründet zurück, wurde aber (1892'') offenbar durch ihn veranlaßt, in einer speciellen Untersuchung die „erste Bildung des Zwitter- apparates" in den 4 Primärascidiozooiden zu studieren. Was das erste Auftreten des Genitalstranges anlangt, so sind auf dem Stadium G nach Salensky (deutlich eingeschnürte, aber noch geradegestreckte Ascidiozooidenkette) nicht nur „Andeutungen" von der Bildung des Genitalstranges vorhanden, wie Salensky meint, sondern er ist, wie ich es auf Taf. XXXVI, Fig. 1 1 (entspricht etwa dem Stadium G^ Salenskys, ist also noch jünger als G), dargestellt habe, bereits vorhanden, und zwar als ein Strang, der vom Ende der Seiten nerven mediodorsal bis nahezu ans Ende der Knospe reicht. Die Entstehung selbst geht aber viel weiter, bis zu dem Stadium zurück, wo der Stolo des Cyathozooids (die Ascidiozooidenkette) noch zungenförmig breit und ungegliedert erscheint und die untere, dem Dotter aufliegende Wand etwa erst im distalen Dritteil geschlossen ist. Es würde dieses Stadium etwas jünger als das von Kowalevsky in Fig. 35 gezeichnete sein. 55 346 G. Neumann, Querschnitte durch den distalen Abschnitt (Taf. XXXVIII, Fig. 5) zeigen über der Dorsalwand gewöhnlich in zweischichtiger Anordnung diejenigen dichtgedrängten Mesenchym- Zellen, welche bei der von hinten und von den Seiten her fortschreitenden Entfaltung der basalen Stoloepidermis von der „Zellenzone" passiv mit in die Stolohöhle gedrängt worden oder nach Salenskys Beobachtungen auch aktiv eingewandert sind (vgl. darüber Genaues Salensky S. 40 ff.). Sie scheinen der Hauptmasse nach bereits fixiert zu sein; denn auf älteren Stadien tritt dasselbe Bild hervor, wie es z. B. von Kowalevsky in Fig. 44 (aus dem bereits segmentierten Stolo) ge- zeichnet wurde. Mehrfach — ich habe eine ganze Anzahl ähnlicher Stadien geschnitten — zeigt nun diese Zellmasse bereits auf diesem Stadium eine Tendenz zum Zerfall in einen zentralen und zwei seitliche Teile, und es kann, wie aus der weiteren Entwickelung klar hervorgeht, kein Zweifel sein, daß wir es bereits hier, also unmittelbar nachdem sich der distale Teil des Stolos des Cyathozooids vom Dotter abhebt, mit der Anlage des Genitalstranges (im centralen Zellteil) und des Eläoblastes (in den seitlichen Partien) zu thun haben. Daß dabei noch weitere Mesenchymzellen übrig bleiben und neu einwandernde hinzukommen, die zur Bildung des übrigen Mesenchyms beitragen, soll damit natürlich nicht bestritten werden (vgl. darüber Julins [191 2] ausführUche Darstellungen). Bestreiten muß ich aber entschieden Salenskys Angabe (S. 56), wonach auch die „Kalymmocyten" sich an der Bildung des Geschlechtsstranges be- teiligen soUen. Auf dem Taf. XXXVI, Fig. 1 1 dargestellten Stadium erscheint der Geschlechtsstrang im subintestinalen Blutsinus (Salensky) auch auf den Schnitten (Taf. XXXVIII, Fig. 8 — 10) von den umgebenden Mesenchymzellen überall scharf abgegrenzt. (Salensky redet dagegen auf einem etwas älteren Stadium G, Fig. 5 5 A erst von „Andeutungen" und zeichnet lockere Zellen.) Nicht recht geben kann ich Salensky, wenn er behauptet, daß der Genitalstrang später im Stadium J, welches etwa Fig. 1 2, Taf. XXXVI entspricht, nur bis zum Niveau des Pericards reichen soll. Nach meinen Beobachtungen reicht er auch in bedeutend älteren Stadien (Taf. XXXVI, Fig. 13) noch weit proximal darüber hinaus, nämlich bis an die nunmehr sich bildende Cloacal- höhle; erst die distalwärts zu fortschreitende Vereinigung der beiden Peribranchialtaschen zur Cloake drängt den Genitalstrang nach hinten. Wenn meine Totozeichnungen nicht für beweis- kräftig gehalten werden sollten, verweise ich noch auf die Schnitte Taf. XXXIX, Fig. i — 3 und 10 — 12 aus dem Stadium G — H und H — ^J, wo wir den Genitalstrang z. B. noch in der Höhe des Enddarmes (Fig. 3 und 1 2) getroffen finden. Bestätigen möchte ich dagegen, daß alsbald, aber vorübergehend, ein Lumen im Geschlechtsstrang auftritt (Taf. XXXIX, Fig. 8). Was die weitere Entwickelung des Genitalstranges in den Primärascidiozooiden anlangt, so bestreitet Salensky zu Unrecht Seeligers Angabe, wonach später iin Genitalstrang neben gewöhnlichen Mesodermzellen solche mit größerem bläschenförmigen Kern vorkommen sollen. Lassen sich doch, aber sicher nur ausnahmsweise, schon auf viel früheren Stadien recht ansehnlich ver- größerte Zellen im Genitalstrang nachweisen (vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 13). Auch darüber gehen die Ansichten beider Forscher auseinander, ob die in älteren Primär- ascidiozooiden ein wenig dorsalwärts vom Keim- oder Geschlechtsstrange gelegenen Zellen, von denen Seeuger die Geschlechtsorgane des Primärascidiozooids ableiten möchte, vom Keimstrang abstammen. Seeliger suchte diese seine Vermutung in jener oben erwähnten Specialunter- suchung (1892 =1) zu beweisen, nachdem eben Salensky eine „Differenzierung des Genitalstranges 56 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 347 in zwei Teile", in die Anlage der Geschlechtsorgane des Primärascidiozooids und in die meso- dermale Zellengruppe, welche (als Geschlechtsstrang) in den Stolo des Individuums eintritt, be- zweifelt hatte. Hätten Seeliger (1892=^) auch frühere Stadien von Primärascidiozooiden bei der Unter- suchung zur Verfügung gestanden, so würde ihm sein Nachweis, daß die dorsale Zellgruppe nur der abgeschnürte dorsale Teil des Keim- {= Geschlechts)-Stranges ist, ebenso leicht und sicher gelungen sein, wie die völlig korrekte Darlegung der Zerschnürung des Geschlechtsstranges in den „sekundären" Knospen. In der That verläuft sie in den Primärascidiozooiden genau so wie hier. Und vielleicht haben Salensky (1892) nur theoretische Erwägungen zu der Ansicht ver- anlaßt, daß die von ihm im Primärascidiozooid beobachteten Zellen, „die ihrer Lage und ihrer Form nach denjenigen Zellen entsprechen, von welchen Seeliger den Zwitterapparat herzu- leiten versucht", Konglomerate von Mesenchymzellen resp. Kalymmocyten seien „und in keiner Beziehung zur Entwickelung des Geschlechtsapparates stehen" (S. 56, 57). Be- kanntlich war Salensky der Meinung, daß die Primärascidiozooide wohl eine Anlage der Ge- schlechtsorgane besäßen, die Zellen derselben aber nicht zur Reifung in dieser Generation kämen, sondern als Geschlechtsstrang in die folgende, durch Ivnospung entstandene Generation übergingen". Somit wäre nachgewiesen, daß auch der Stolo der Primärascidiozooide genau in derselben Weise entsteht und sich aus den gleichen sieben Strängen zu- sammensetzt wie in allen übrigen Asci d iozo oiden, indem nämlich alle wich- tigeren Organe (Nervensystem, Kiemendarm, Peribranchialtaschen, Pericard und Geschlechtsanlage) auf frühen Entwickelungsstadien Fortsätze in die distale Knospenspitze entsenden, welche sich schließlich von den betref- fenden Organen abschnüren und als Stolostränge wieder die entsprechenden Organe der neuen Knospe bilden. Da nun die Peribranchialröhren des Cyathozooids aus Ektodermeinstülpungen hervor- gehen und die Peribranchialräume der Primärascidiozooide die direkten Fortsetzungen jener sind (von denen wieder die Peribranchialröhren aller folgenden Ascidiozooide sich abschnüren), so müssen die Peribranchialräume aller Ascidiozooide wie die des Cyathozooids ektodermal sein. Dieselbe direkte Abstammung von dem entsprechenden Organ des Cy- athozooids gilt für das Pericard (inkl. Herz). Da das Pericard des Cyathozooids aber als Meso- dermgebilde entsteht, so ist auch das Pericard aller Knospen mesodermal. Unter der Voraussetzung, daß die von Salensky beobachtete Entstehung des Nervensystems der Pri- märascidiozooide vom Ektoderm aus den Thatsachen entspricht (woran nicht zu zweifeln sein wird, vgl. unten S. 353 ff.), so ist auch das Nervensystem aller übrigen Ascidio- zooide ektodermal, denn es stammt ja auch auf direktem Wege von dem der vier ersten Individuen ab. Ein solcher direkter Uebergang mütterlicher Organe in die Tochterindividuen gilt endlich auch für die Geschlechtsdrüsen. Da aber das larvale Mutterindividuum, das Cyathozooid, selbst keine Geschlechtsorgane zur Ausbildung bringt, hebt die Abstammung der Geschlechtsdrüsen der Stockindividuen, ähnlich wie beim Nervensystem, erst in den Primärascidiozooiden an, wo wir den Geschlechtsstrang auf sehr frühem Stadium schon aus Mesenchymzellen entstehen sehen, so 57 Deutsche Tiefsee-Espedttion i8g8 — i8gg. Bd. XII. -p 348 G. Nedmann, daß, woran ja nie gezweifelt worden ist, die Geschlechtsorgane aller Pyrosomen mesodermal sein würden. Die Abstammung des Kiemendarms endlich bedarf kaum beson- derer Erwähnung. Es bleibt ja das Entodermrohr der 4 Primärascidiozooide als Fortsetzung des Darmrohres des Cyathozooids in den Verbindungsstücken der einzelnen Primärindividuen so lange erhalten, bis diese Verbindungsgänge in höherem Knospenalter selbst durchschnürt werden. Dasselbe gilt bekanntlich auch von den Zwischenstücken am Stolo. Es bestätigt sich somit jedenfalls für Pyrosojna, was angesichts der befremdlichen An- gaben Seeligers über die Entstehung der Stolostränge Korschelt und Heider (1893, S. 1393) bereits aussprachen, „daß im Stolo prolifer keines der Primärorgane neu angelegt wird, sondern daß dieselben sämtlich auf die entsprechenden Organe des Embryos zurückzuführen seien, von denen sie sich abschnüre n". Wenn die Verfasser dabei besonders „die für den Ventralstolo von Doliohim bekannt ge- wordenen Verhältnisse" für geeignet halten, diese Vermutung zu stützen, so durfte ich (1906) schon darauf hinweisen, daß eine erneute Untersuchung und gleichzeitig kritische Wertung der An- gaben von Grobben (1882) und Uljanin (1884), auf welche sich Korschelt und Helder seiner Zeit stützten, eher das Gegenteil darthun. Thatsächlich zeigt der Stolo vom Doliohim in Bezug auf die Herkunft seiner Stränge Aehnlichkeiten mit denen der Pyrosomen, wenn auch, wie hervorgehoben werden muß, die Ana- logie des Pyrosomenstolos mit dem Salpenstolo ungleich größer ist, was sich schon aus dem Vergleich von Querschnitten dieser drei Bildungen sofort ergiebt. Es liegen auch bei Doliolm^i Ausstülpungen oder Fortsätze der wichtigsten Larvenorgane vor, und zwar des Kiemendarms (der Phar}mgealhöhle), der Peribranchial- (= Cloacalhöhle) und des Pericards. Aber die Art der Entstehung ist eine ganz andere. Die Ausstülpungen des Kiemendarms sind paarig, von den beiden Peribranchialtaschen (der Cloacalhöhle) entstehen sogar je zwei Paar, also 4 Stränge, dazu kommt der Pericardial- (oder Herz-)strang und ein Meso- dermzellhaufen, so daß sich im ganzen 8 Stränge im Dolio/umStolo zusammenfinden. Wenn schon die Entstehung der Stolokonstituenten bei Doliohim sehr von den Verhältnissen im Pyro- somenstolo abweicht, so gilt das in noch viel höherem Maße von der Verwertung der Stränge, d. h. von der Umbildung zu den Knospenorganen. Es entstehen aus ihnen, woran kaum mehr zu zweifeln sein dürfte, nicht die entsprechenden, also d i e Organe, von denen die Stränge selbst abstammen, sondern ganz andere; z. B. das Nervensystem der Knospe von dem Meso- dermzellenhaufen, die Pharyngealhöhle (der Kieniendarm) von der Cloacalhöhle (dem Peribran- chialraum) der Larve, dagegen liefert die Pharjmgealhöhle der Larve die Geschlechtsorgane der Knospe, der Pericardialstrang wird nicht zum Aufbau des Knospenherzens verwendet, sondern das Herz der Knospe entsteht aus dem Kiemendarm derselben, die Cloacalhöhle der Knospe entsteht als Ektodermeinstülpung, obschon Ausstülpungen der mütterlichen Cloacalhöhle (des Peri- branchialraums) im Stolo vorhanden sind. Wenn wir diese Verhältnisse bei Doliolum mit denen bei Pyrosomen und Salpen ver- gleichen, so dürfte — selbst bei der immer noch unsicheren Kenntnis über die Stolobildung der Salpen — eines klar sein, daß nämlich die Entstehung der Knospenorgane bei Doliolum stark abgeleitete ZSi-g^ aufweisen müsse. Jedenfalls sind gerade die zur Zeit gemachten Befunde bei Dolioluin nicht geeignet, den Satz über die Ableitung der Knospenorgane von den entsprechenden 58 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 349 Organen des Embryos zu stützen; sie zeigen vielmehr zusammen mit den von Synascidien be- kannt gewordenen Knospungsverhältnissen, daß dieser Satz nicht im ganzen Tunicatenstamme gelten kann. Vielmehr möchte man angesichts dieser Thatsachen zu dem Schlüsse von Chun (i8go) kommen: „Den Keimblättern sind weder histologische, noch auch or- ganogenetische Prädispositionen eigen." Die vorausgehenden Erörterungen über die Bildung des Stolo prolifer in den 4 ersten und den folgenden Ascidiozooiden veranlassen noch, auf die schon mehrfach aufgeworfene Frage einzugehen, ob die Entstehung der 4 Primärascidiozooide aus dem Cyathozooid als Teilung oder Knosp ung aufzufassen sei. Kowalevsky (1875) f^ßt (S. 621) seine diesbezüglichen Er- örterungen mit den Worten zusammen: „Bei dieser Auffassung des Vorganges hätten wir hier eine gewisse Teilung der primitiven, aus dem Ei entstehenden embr}'onalen Anlage oder des Cyathozooids." Nach diesen Worten müßte es scheinen, als ob Kowalevsky die Entstehung der Ascidiozooidenkette als einen Teilungsvorgang angesehen hätte (wie z. B. Seeliger es auch verstand). Ich glaube jedoch bestimmt, daß, wie die vorausgehenden und nachfolgenden Sätze zeigen, Kowalevsky mit dem Ausdruck „eine gewisse Teilung" diesen Vorgang nicht im Gegen- satz zur Knospung stellen wollte, sondern sogar einen Knospungsvorgang mit diesen allerdings mißdeutigen Worten meinte. Denn einige Zeilen weiter oben lesen wir: „Diese Embryonen (ge- meint sind die 4 Primärascidiozooide) oder genauer besprochen, diese 4 Knospen'' und weiter: „Was deren erstes Auftreten betrifft, so kann man schon das Abnehmen des hinteren Endes des Cyathozooids vom Dottersack als eine beginnende Knospung ansehen." Und un- mittelbar an jenen oben zitierten mißverständlichen Satz anschließend heißt es: „Möchten wir diese Bildung der 4 Ascidiozooide mit ähnlichen Vorgängen bei anderen Tunicaten vergleichen, so fällt uns besonders in die Augen die Aehnlichkeit mit den Salpen, bei denen die aus dem Ei sich entwickelnde Salpe noch während der embr}'onalen Stadien schon den Stolo bildet, auf dem auch die einzelnen Knospen angedeutet sind." Ich denke, solch einen Widerspruch inner- halb weniger Zeilen, wie er sich ergeben würde, wenn wir „die gewisse Teilung" buchstäblich nehmen wollten, dürfen wir einem Forscher wie Kowalevsky nicht nachsagen. Und Salensky (1892, S. 89) hatte vielleicht recht, wenn er Seeliger (1888) entgegnete, daß dessen Auf- fassung, es liege (S. 407) „in der Bildung der 4 ersten Ascidiozooide eine wirkliche Teilung auf früher embryonaler Entwickelungsstufe vor", „auf unrichtiger Interpretation der Kowalevsky- schen Angaben" beruhe. Seeliger war seiner Zeit einzig auf die Beschreibung Kowalevskys an- gewiesen und hatte die Verhältnisse am Cyathozooid selbst nicht studiert; vielleicht nur des- halb kam er zu der Meinung: „Mit dieser Knospung der Ascidiozooide am Cyathozooid läßt sich die der Salpen nicht vergleichen." Der Hauptgrund dieser Auffassung ist für Seeliger der Umstand, daß in den Primärascidiozooiden bereits alle wichtigen Organe (mit Ausnahme des Nervensystems) vorhanden und (zunächst) mit den entsprechenden des Muttertieres in Verbindung sind, während, wie er zeigte, bei den Salpen und auch bei den späteren Ascidiozooiden undiffe- renzierte Derivate aller drei Keimblätter in die Stolohöhle übertreten und die Knospen bilden. Dem würde entgegenzuhalten sein, daß zunächst nach den neuen Untersuchungen über die Knospung der Salpen von Brooks (1893) und Korotneff (1894) die „außerordentliche Um- bildungsfähigkeit" des embryonalen Mesoderms im Stolo, welches Seeliger mit Bezug auf die Salpenknospen gelehrt hatte, nicht vorhanden sein dürfte, da ganz sicher das Nervensystem und 59 45* . -„ G. Neumann, höchstwahrscheinlich auch die Peribranchialröhren der Salpenknospe nicht aus dem Mesoderm her- vorgehen, wie Seeliger wollte, sondern ebenso wie das Pericard (Korotneff) aus „differenzierten Anlagen" ihre Entstehung nehmen. Für Pyrosoma glaube ich aber einwandfrei bewiesen zu haben, daß von undifferenziertem Zellmaterial im Stolo überhaupt nicht, sondern nur von Organanlagen die Rede sein kann. Es sind hier wie dort, in den primären wie sekun- dären Ascidiozooiden, dieselben Organanlagen, nicht einmal die Peribranchialröhren ausge- nommen, die, wie Salensky ja noch glaubte, in den Sekundärascidiozooiden aus Ektodermein- stülpungen sich bilden sollten. Auch der Grad der Entwickelung der Organanlagen ist bis auf den Geschlechts- strang in den 4 ersten und den folgenden Knospen so ähnlich, daß gleichaltrige primäre und sekundäre Knospen sich auch äußerhch stark ähneln (vgl. Taf. XXXVI, Fig. 7 — 8 mit Fig. 11 — 13)- In der That betrachten auch z. B. Salensky, Korschelt und HEroER (1893, S. 1365) die Entstehung der 4 ersten Ascidiozooide als „ s t o 1 o n i a 1 e K n o s p u n g ". Die letzteren Au- toren führen als Beweis dafür, daß keine Querteilung vorliegt, die Thatsache der Organver- schiebung an, welche bewirkt, daß die spätere Längsachse der Primärascidiozooide senkrecht zur Längsachse des Stolos steht. Eine Teilung kann meines Erachtens auch deshalb n i c h t vorliegen, weil die beiden Teile, Cyathozooid und Ascidioz ooidenkette, keine gleichwertigen, einander koordinierten Teile sind, Wcis der Begriff der Teilung fordert. Der eine Teil, das Cyatho- zooid, ist nicht nur gestalthch (infolge der enormen Dottermenge) dem andern völlig unähnlich, sondern bleibt auch larval und geschlechtslos, während der andere Teil, die 4 Primärascidiozooide, sich weiter entwickelt, zeugungsfähig wird und völlig die Gestalt der sekundären Ascidiozooide erwirbt. Wir werden aber, was eingewendet werden könnte, natürlich keineswegs annehmen dürfen, daß die ontogenetische larvale Entwickelung und die anschließende Resorption des Cy- athozooids eine Folge der Erzeugung der Ascidiozooidenkette sei. Und wenn in der Phylogenie (was z. B. Salensky bezweifelt) einmal das Primärindividuum normale Pyrosomenausbildung be- sessen haben sollte, dann wäre der andere Teil immer noch nicht gleichwertig, da er sich eigent- hch schon im Moment seiner Entstehung in vier Teile zu zerschnüren beginnt, denn die 3 Quer- furchen treten bekanntlich fast gleichzeitig an dem Stolo (der Ascidiozooidenkette) auf. Hierin liegt der einzige Unterschied des Primärstolos (der Ascidiozooidenkette) des C)^athozooids zu dem Stolo der Ascidiozooide. Querfurchen müssen natürlich hier wie dort auftreten, während sie sich aber beim Primärstolo gleichzeitig bilden, wenn derselbe eine gewisse Länge erreicht hat, entstehen die Durchschnürungen am Stolo der Ascidiozooide successive, in dem Maße, wie er, distalwärts sich verlängernd, aus dem Mutterkörper hervorwächst. Daher die 4 Primärjiscidio- zooide zwar auch an Alter und Ausbildung distalwärts zunehmen, also verschieden sind, aber unvergleichlich viel weniger als die Knospen des Sekundärstolos. Im HinbHck auf die Ver- schiedenheit der Knospen am Stolo würde man die 4 Primärascidiozooide geradezu als gleich- altrig bezeichnen dürfen, wie sie ja thatsächlich auch nahezu gleichzeitig zu knospen beginnen. Immerhin liegt hier kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller Unterschied vor. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß die Ascidiozooidenkette der Stolo des Cyathozooids ist, welcher dem der Doliolum-AmmQ und der Solitärsalpe homolog ist. 60 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 351 b) Das Pericardialrohr der Ascidiozooidenkette. Die Erörterungen über die Entstehung des Stolos in den Primärascidiozooiden veranlassen noch, besonders auf die Bildung des Pericardialrohres oder Pericardialstranges in den Primär- ascidiozooiden (der Ascidiozooidenkette) zurückzukommen. Es könnte die Erörterung überflüssig erscheinen, da wir uns doch seit Kowalevsky (1875) gewöhnt haben, das Pericardialrohr der Ascidiozooidenkette als direkte Fortsetzung vom Pericard des Cyathozooids zu betrachten. Kowalevsky hebt diese Thatsache an keiner Stelle seiner Arbeit ausdrücklich hervor, sondern begnügt sich, in seiner Beschreibung der drei Querschnitte (S. 623) durch dasjenige Stadium (Fig. 40), auf welchem Cyathozooid und Ascidiozooiden zum ersten Mal zu unterscheiden sind, darauf hinzuweisen, daß die Ascidiozooide „noch aus denselben Organen" wie die frühere „Keimscheibe" bestehen. Salensky erörtert (1892) diese Verhältnisse genauer und kommt dabei (S. 38) zu einem wesentlich anderen Ergebnis: „In den zur Bildung des Stolos fertigen Keimscheiben verwandelt sich der hintere Teil des Pericardialrohres in einen soliden Zellenstrang, der von den in diesem Teile der Keimscheibe liegenden Mesenchymzellen gar nicht abgegrenzt ist". Daraus schließt er, „daß das Pericardialrohr bei seiner weiteren Entwickelung die Höhle verliert und in einzelne Zellen zerfällt, welche sich den übrigen Mesenchymzellen beimischen", und er findet an den entsprechenden Schnitten diese Vermutung bestätigt. Das Pericardialrohr (der Pericardialstrang) der Primärascidiozooide geht nun nach Salensky zusammen mit dem Eläoblast aus „gruppenweise angeordneten fixierten Zellen" in den Seitenteilen der Ascidiozooidenkette hervor- So soll also nach Salensky das Pericardialrohr der 4 ersten Ascidiozooide nicht die direkte Fortsetzung des mütterlichen Pericards sein, sondern das Pericardialrohr der Keim- scheibe (des Cyathozooids) löst sich auf und liefert (zusammen mit anderen Mesenchymzellen) wieder das Material zur Bildung des Pericardialstranges der Primärascidiozooide. Ich kann diese Angaben Salenskys nicht bestätigen und befinde mich darin offenbar mit Kowalevsky und Julin (19 12) in Uebereinstimmung. Ich habe eine sehr große Anzahl von Keimscheiben bezw. Ascidiozooidketten jeden nur mögHchen Stadiums in toto untersucht und geschnitten, aber nur 3 hierher gehörige Querschnitte (Taf. XXXVIII, Fig. 5 — 7) abgebildet; denn ein Schnitt sagt thatsächlich so viel wie viele, da die Verhältnisse immer die gleichen sind. In keinem Stadium habe ich dabei gesehen, daß das Pericardialrohr „von den in diesem Teile der Keimscheibe liegenden Mesenchymzellen gar nicht abgegrenzt ist", und erst recht nicht, daß es sich in Zellen auflöst. Wenn Salensky dabei auf die Querschnitte Fig. 61 — 61 F des Stadiums E verweist, so ist zu bemerken, daß be- reits Kowalevsky in seiner Fig. 36 ein solches Stadium in toto bei stärkerer Vergrößerung nach dem Leben zeichnete, in welchem sich das scharfbegrenzte Pericardialrohr bis nahezu ans Ende der Keimscheibe verfolgen läßt. Ich habe dieses und ähnliche Stadien, aufgehellt und gefärbt, in toto (und auf Schnitten, vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 5) untersucht und hätte nur die klare Zeichnung Kowalevskys wiederholen können , falls ich eins dieser Stadien hätte abbilden wollen. Auf dem Stadium F, wo die ersten sanften Einschnürungen am Stolo auftreten, der Distalabschnitt des Cyathozooids also zur Ascidiozooidenkette wird (Kowalevsky, Fig. 40), soll die Aggregation der seitlichen Mesodermzellen zum Pericardialrohr des Primärascidio- 61 352 G. Neumann, zooids nach Salensky sich vollzogen haben (Fig. 64). Ich könnte mit Querschnitten durch wenigstens 3 oder 4 Zwischenstufen zwischen Stadium E und F nach Salensky aufwarten, von denen, da doch hier die Auflösung des mütterlichen Pericardialrohres sich vollziehen müßte, Sa- lensky merkwürdigerweise keines abbildet. Ich müßte aber, wollte ich sie hier wiedergeben, fast die gleichen Bilder zeichnen, welche Taf. XXXVIII, Fig. 5, ein Querschnitt durch Stadium E Salensky, und Fig. 6 und 7, Querschnitte durch das Stadium F, zeigen. Es sind bezüglich des Pericardialstranges immer dieselben Verhältnisse, nämlich ein scharf begrenzter, meist mit einem Lumen ausgestatteter Zellkomplex, der sich durch die ganze Länge der Keimscheibe (Stadium E) bezw. der Ascid iozooi den kette zieht. Nur unmittelbar hinter dem mütterlichen Pericard (des Cyathozooids) zeigen die Querschnitte von den älteren Zwischenstadien (im Stadium F Salensky) die Zellen des Pericardialrohres gelockert, so daß man schließen muß, das Pericardial roh r der Ascid lozo oiden kette (des Stolos) schnürt sich vom Pericard des Cyathozooids schließlich ab, und zwar, bevor es selbst in die vier Teile zerfällt. Es würde sich also das Peri cardialroh r des Cyathozooid- stolos (der A.scidiozooidenkette) genau so verhalten wie der Pericardialf ortsatz in den Ascidiozooiden, beide trennen sich vom Pericard ab, bevor sie selbst im Stolo der Segmentation verfallen. Nur das zeitliche Verhältnis der Abtrennung zwischen Pericardial- und Peribranchialanlagen ist verschieden. In den Primärascidiozooiden erfolgt die Durchschnürung der Pericardialanlage vor der Trennung der Peribranchialröhren, in den Sekundärascidiozooiden dagegen schnürt sich der Pericardialfortsatz nach den Peribranchialfortsätzen ab (vgl. oben S. 329 u. 334). Was die teils „solide", teils „röhrenförmige" Ausbildung der Pericardialanlage anlangt, so glaube ich, daß dieser Umstand ganz nebensächlich ist. Wenn die erst zungenförmig-breite Keimscheibe zur wurmförmigen Ascidiozooidenkette wird, tritt (wie die Vergleichung der ver- schiedenen, bei gleicher Vergrößerung gezeichneten Totostadien und Schnitte unzweifelhaft ausweist), wohl als Folge der gewaltigen Längsstreckung, eine bedeutende Verjüngung in der Querachse ein. Dabei kommt es naturgemäß gelegentlich zum Schwund des ohnehin winzigen Lumens. Ferner wird das Lumen der Pericardialanlage dort sofort schwinden, wo die erste sanfte Ein- schnürung der Keimscheibe anhebt Dann läßt sich bereits auch im Pericardialrohre des ein- zelnen Segments „vorn und hinten" unterscheiden (vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 6 und 7), proximal, der Einschnürung nahe, ein Strang ohne Lumen, im mittleren Segmentabschnitt ein Rohr. End- lich wird zweifellos oft das Lumen des Pericardialrohres vorübergehend durch das wachsende rechte Peribranchialrohr zuin Schwinden gebracht (vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 5), da es diesem ja dicht anliegt. Das Zeichen einer beginnenden Auflösung ist aber dieser Schwund keinesfalls. Es freut mich ganz besonders, daß Julin (191 2) diese von mir bereits lange vor dem Erscheinen seiner Arbeit gemachten Beobachtungen in seiner Fig. 13 a, einem Schnitte durch das von ihm Fig. 13 gezeichnete Stadium (gleich E bis F Salensky), durchaus bestätigt. Wenn ich Salenskys Fig. 64 (Querschnitt durch Stadium F, wo die Pericardialröhren des Ascidiozooids entstanden sein sollen) mit den Bildern vergleiche, welche ich bei Querschnitten durch entsprechende Stadien erhielt (Taf. XXXVIII, Fig. 6 und 7), so muß ich gestehen, daß mir diese Darstellung, was Pericardial- und Eläoblastanlage anlangt, wenig zutreffend erscheint, und ich kann mir sie nur so erklären, daß Salensky zu diesem Bilde und auch zu den eben 62 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ^ S ^ besprochenen Befunden nur auf Grund eines nicht gut erhaltenen Materials gekommen ist (was KoROTNEFF bereits als Grund für die bedeutenden, von Julin neuerdings zumeist bestätigten Irr- tümer Salenskys bei der Darstellung der frühen Embr}^onalentwickelung ansah). Ein dem Pericardialrohr entsprechender linker solider Strang findet sich in diesem Stadium überhaupt nicht. Daß Sai^nsky in älteren Stadien für diesen linken IVIesoderm- strang den Peribranchialfortsatz angesehen hat, wurde oben schon bewiesen. Zusammenfassend darf ich also sagen, daß nach meinen Beobachtungen das mütter- liche Pericardialrohr sich kontinuierlich nicht nur durch die Keimscheibe, sondern auch durch die Ascidiozooidenkette so lange erstreckt, bis es als- bald bei der fortschreitenden Segmentierung derselben als erster von sämt- lichen Strängen durchschnürt wird. Vorher schon hat sich die Anlage, gleichsam der „Stiel", vom mütterlichen Pericard unmittelbar distal hinter demselben auf eine kurze Strecke durchschnürt (wie ja auch eine Trennung der im Cyathozooid verbleibenden Stücke der Peribran- chialröhren von denen der Ascidiozooide auf frühen Stadien erfolgt). Von einerAuflösung der Pericardialanlage während des Ueberganges der Keimscheibe zur As- cidiozooidenkette kann keine Rede sein. c) Zur Entstehung des Nervensystems in den Primärascidiozooiden. Seit den grundlegenden Untersuchungen von Kowalevsky (1875) wissen wir, daß Peri- branchialröhren , Kiemendarm und Pericardanlage der Primärascidiozooide die direkten Fort- setzungen der entsprechenden larvalen Organe des Cyathozooids sind. Bezüglich des Nerven- systems der ersten Ascidiozooide konnte Kowalevsky nur konstatieren (S. 18): „Daß zwischen der Anlage des Nervensystems des Cyathozooids und dem Nervensystem der Ascidiozooide kein unmittelbarer Zusammenhang existiert". Es gelang erst Salensky (1892), die Nervenanlage der Primärascidiozooide als ektodermale Bildung, die in jedem der 4 Individuen gesondert ent- steht, aufzufinden. Diese Beobachtung ist bisher von keinem Forscher nachgeprüft worden, auch nicht von Julin (191 2) in seiner neuesten ausführlichen Arbeit. Ich finde bei ihm über diesen Gegenstand nur die Bemerkvmg (S. 831/32): „En möme temps s'est formte, tres probable ment aux d6pens de l'ectoderme, r6bauche du Systeme nerveux central, vers rextr6mit6 proximale de la face superficielle." Es lag darum wohl nahe, daß ich bei dem engen Zusammenhange, welche die Erörte- rungen über die Bildung des Stolos in den Primärascidiozooiden mit dieser Frage haben, ver- suchte, mir ein Bild über die erste Entstehung des „Nervenstranges" in den 4 Primärascidio- zooiden zu machen. Leider muß ich gleich bekennen, daß ich zu voller Klarheit über die be- treffenden Verhältnisse trotz des eifrigsten Bemühens nicht gekommen bin, und ich möchte Sa- lensky unter Anerkennung der beigebrachten Gründe beipflichten, wenn er (S. 19) schreibt, daß die Frage nach der Entstehung des Nervensystems in den Primärascidiozooiden zu den schwierig- sten in der vergleichenden Embryologie gezählt werden muß. Salensky fand die erste Anlage des Nervensystems der Primärascidiozooide auf Quer- schnitten durch das Stadium F (der sanft eingeschnürten Ascidiozooidenkette), und zwar in Form einer stark verdickten Entodermeinstülpung, „deren Boden ungemein ausgewachsen ist, deren Oeffnung aber außerordentlich verkümmert erscheint" (S. 21). 63 ~ r. G. Neumann, Um nun die Entstehung des Nervensystems der Primärascidiozooide aus eigener An- schauung kennen zu lernen, untersuchte ich eine sehr große Anzahl der dem Stadium F ähn- lichen (jüngere und ältere) Ascidiozooidketten und zwar in toto und auf Schnitten. Mit der Immersionslinse wurden die (ventralen) Oberflächen der aufgehellten und gefärbten Ketten aufs sorgfältigste nach einer Ektodermeinstülpung abgesucht, eine Methode, mit welcher ich sonst die difficilsten Bildungen dieser Art (z. B. in der Knospung, siehe oben) beobachten konnte. Ich glaubte viele Male am proximalen Rande eines Ascidiozooidsegments median eine solche „hellere Stelle", eine Einstülpungsöffnung, gefunden zu haben und zeichnete sie genau ein. Wenn ich aber die Querschnitte durch die betreffenden Stellen studierte, fand ich zwar Bilder, die mit den von Salensky Fig. 38 A — D gezeichneten zu vergleichen sind, aber nicht überzeugen können. Und weil ich nicht zu entscheiden vermag, ob z. B. der winzige Eindruck in der Epidermis, den ich an den betreffenden Stellen wiederholt beobachtete, wirklich eine „verkümmerte" Einstülpungs- öffnung ist, bin ich auch weit entfernt zu behaupten, daß ich die gesonderte ektodermale Ent- stehung der Nervenanlage der Primärascidiozooide gesehen hätte. Und eben darum möchte ich auch die von Salensky gegebene Darstellung nicht in Zweifel ziehen. Nur sei mir gestattet, auf eines noch aufmerksam zu machen. KowALEVSKY zeichnet in dem optischen Querschnitt (Fig. 37) durch den distalen Teil der zungenförmigen (schon oben S. 351 erwähnten) Keimscheibe ein Nervenrohr ein, obschon diese immerhin erheblich jünger als das Stadium F nach Salensky ist, denn man kann wenigstens noch 3 — 4 Zwischenstadien auffinden. Nach dem, was Salensky über das erste Auftreten der ektodermalen Einstülpung berichtet, könnte sich also in jenem Stadium (E nach Salensky) noch kein Nervenrohr finden. Ich hoffe aber beweisen zu können, daß thatsächlich die Nervenanlage auf jenem von Kowalevsky in Fig. 36 gezeichneten zungenförmigen Stadium vorhanden ist, sich also früher schon anlegen muß als Salensky es angiebt. Taf. XXXVIII, Fig. 5 stellt einen Querschnitt durch den distalen Teil einer solchen zungenförmigen Keimscheibe dar, wie Kowalevsky sie Fig. 36, Salensky als Stadium E, Taf. I abbildet. Hier tritt median unter der Epidermis eine so scharf begrenzte, kompakte Zellgruppe aus den umgebenden Mesenchymzellen hervor' daß sie mit diesen schlechterdings nicht zu ver- wechseln ist. Die Betrachtung einer entsprechenden Keimscheibe von der ventralen, dem Dotter abgekehrten Seite mit stärkeren Systemen zeigt denn auch unzweifelhaft bereits 4 nahezu ein- ander berührende, elliptische Zellkomplexe, die nicht anders als die Nervenanlagen der künftigen 4 Primärascidiozooide — die Keimscheibe selbst erscheint noch durchaus ungeteilt — gedeutet werden können. Man könnte, wenn nicht die thatsächlichen Feststellungen Salenskys vorlägen, angesichts dieses frühzeitigen Auftretens solcher elliptischer Nervenplatten versucht sein, diese in genetischen Zusammenhang mit dem zentralen Mesodermstrange der jüngeren Keimscheibe zu bringen. Auf dem Stadium F nach Salensky läßt sich bereits die nächste Entwickelungsstufe der Nervenanlagen, die von Salensky völlig übersehen wurde, konstatieren. Die elliptischen Zell- komplexe wachsen rasch distal zu in einen Zellfaden aus, der sich mit seiner letzten ZeUe meist direkt an die nächstfolgende Zellgruppe anlegt , es ist natürlich der „Nervenfort- satz" (Taf. XXXVI, Fig. 11). Fast gleichzeitig oder unmittelbar darauf wachsen am proximalen Ende jederseits zwei stärkere Zellstreifen, die beiden „Seitennervenröhren" (Taf. XXXVI, Fig. 11), 64 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expediticn. 355 wie ein paar Hörner aus. Dadurch erhält die Nervenanlage, von der Fläche betrachtet, ein dreieckiges Aussehen, das sich auch in allen folgenden Stadien natürlich noch beobachten läßt. Die Querschnitte Taf. XXXVIII, Fig. 6 und 7 deuten diese Verhältnisse wenigstens an. In Fig. 6 erscheint die Nervenanlage als ein kompakter Zellkomplex, es ist das spätere Ganglion ; in Fig. 7 ist der Zellfaden, nämlich der bereits vorhandene „Nervenfortsatz", mit einer Zelle getroffen. Auf die weiteren Schicksale der Nervenanlage einzugehen, erübrigt sich. Nur Fig. 56 bis 56 D bei Salensky sei in diesem Zusammenhange noch herausgegriffen. Diese Querschnitte durch das Stadium G bis H entsprechen den von mir Taf. XXXIX, Fig. 4 — 7 gezeichneten. Hier ist Salensky der Irrtum unterlaufen, daß er die ringförmigen Querschnitte der „Seitennerven" des jungen Primärascidiozooids (vergl. Taf. XXXIX, Fig. 6 und ■] 111) für die Cloacalhöhle der Knospe gehalten hat. Diese meine Behauptung bedarf eigentlich kaum einer Begründung; denn Fig. 58 von Salensky beweist selbst die Richtigkeit. Auf diesem Querschnitt durch den proxi- malen Teil von Stadium J zeichnet Salensky ganz richtig das erstmalige Zusammenfließen der Peribranchialtaschen zur Cloake. Thatsächlich erreichen sich erst etwa auf dem Stadium H Sa- lenskys die Peribranchialräume unmittelbar hinter dem Seitennervenring, und zwar nur auf kurze Entfernung, wie es Taf. XXXIX, Fig. 14 zeigt; das Zusammenfließen spielt sich etwa im Sta- dium J ab (vgl. Taf. XXXV, Fig. 5 und Taf. XXXVI, Fig. 1 2 und 1 3). Außerdem könnten Querschnitte durch die Cloake solche Bilder, wie sie Salensky in den irrigen Figuren (56 A bis D) zeichnet, nimmermehr geben; das ergiebt eine einfache Ueberlegung und Vergleichung einer entsprechenden Totoknospe (Taf. XXXVI, Fig. 11 — 13). d) Zur Cloacalöffnung des Cyathozooids. Zu den seit Ko^\'ALEVSKY (1875) strittigen Punkten gehört auch die Entstehung der Cloakenöffnung des Cyathozooids. Während Kowalevsky (S. 628) behauptete, sie sei nichts anderes, „als die zu einem Räume verschmolzenen Oeffnungen der Peribranchial- r Öhren", lehrte Salensky, und Korotneff bestätigte (1906) diese Angaben, daß die Oeff- nungen der Peribranchialröhren sich schließen und die cloacale Oeffnung eine selbständig entstandene Ektodermeinstülpung sei, in welche die beiden Peribranchialröhren später einmünden. Ich hatte meine Beobachtungen unter Beigabe von Toto- und Schnittzeichnungen über diesen Gegenstand abgeschlossen, als Julin (19 12) in seiner Arbeit ein völlig zutreffendes Urteil fällte, ohne allerdings Schnitte oder Totozeichnungen beizubringen, so daß mir wenigstens noch Gelegenheit gegeben wird, durch meine bildhche Darstellung Julins Worte zu illustrieren. Julin stellt zunächst mit Recht fest, daß die von Kowalevsky gemachte Beobachtung richtig ist, wonach die Oeffnungen der Peribranchialröhren nicht geschlossen werden, was Sa- lensky und Korotneff bezweifelten, bestätigt aber andererseits wieder Salensky und Korotneff, wenn diese, allerdings aus dem eben genannten Grunde im anderen Sinne, behaupteten, daß die Cloacalöffnung aus einer selbständigen Ektodermeinstülpung und nicht aus dem Zu- sammenfließen der Peribranchialöffnungen hervorgehen. Ich habe Taf. XL, Fig. 16 — 20 fünf aufeinander folgende Entwickelungsstadien der 65 Deutsche Tiefsee- Expedition i8q8 — 1899. Bd. XII. ^^ 356 G. Neumann, cloacalen Oeffnung des Cyathozooids dargestellt, wie sie sich dem Auge bei Betrachtung mit stärkeren Vergrößerungen darbieten. Auf Taf. XXXIX, Fig. 19 — 26 und Taf. XL, Fig. i — 15 sind Querschnitte durch die cloacale Region dieser dargestellten Stadien wiedergegeben. Der Ueberblick über die dargestellten Totobilder ergiebt zunächst, daß die Peri- branchialöffnungen auf keinem Stadium geschlossen sind, und die Schnitte be- stätigen dies. Ferner liest man beim Vergleich heraus, daß die Peribranchialöffnungen unter gleichzeitiger Verengerung sukzessive einander sich nähern. Dadurch wurde Kowalevsky ganz mit Recht auf das „Zusammenfließen" geführt. Die Schnitte Taf. XXXIX, Fig. ig — 22 und 22, — 26 durch die Taf. XL, Fig. 1 6 u. 17 dargestellten Stadien (welche wie die anderen von außen nach innen angeordnet sind) zeigen übereinstimmend, wie die Oeffnungen, welche ge- wissermaßen noch durch das Ganglion getrennt erscheinen, sich distal vertiefen, bis sie unter die Epidermis treten, proximal dagegen völlig verstreichen. Der einzige Unterschied zwischen beiden Serien besteht nur darin, daß die Oeffnungen im Stadium Taf. XL, Fig. 1 7 sich vertieft und gleichzeitig verengt haben und näher aneinander gerückt sind. Auf dem Stadium Taf. XL, Fig. 18 tritt eine Neubildung auf, die nur auf Schnitten recht klar wird und von Kowa- levsky, weil er auf diesem Stadium keine Schnitte durch die Region angefertigt hatte, über- sehen wurde. Es ist eine unpaareEktodermmulde direkt median und vor dem GangUon (Taf. XL, Fig. i, 2), welche die beiden wieder mehr genäherten seitlichen Peribranchialöffnungen aufnimmt. Diese unpaare Einsenkung des Ektoderms, die von den Forschern als Cloacal- einstülpung angesprochen wird, vertieft sich rasch (Taf. XL, Fig. 6 — 8, 11 — 12) auf den folgenden Stadien, und da die Oeffnungen der Peribranchialröhren weiterhin sich sehr stark nähern, erscheint die gesamte Bildung als eine zunächst noch weitere und mehr elliptische (Taf. XL, Fig. 19), schließlich (Taf. XL, Fig. 20) als feine kreisförmige Oeffnung. Mir möchte es nach alledem scheinen, als ob wir doch mit Kowalevsky von einem Zusammenfließen der Peribranchialöffnungen sprechen dürften, freilich in dem Sinne, daß die definitive Vereinigung derselben schheßlich durch eine selbständig auf- tretende unpaare und median vor dem Ganglion liegende Ektodermeinsenkung herbeigeführt wird. 5. Zur Entstehung des Verdauungstraktus in den Ascidiozooiden. Von Seeliger (i88g) und Bonnevie (1896) wurde die Entstehung des Verdauungstraktus In den „Sekundärknospen", von Salensky (1892) in den Primärascidiozooiden beschrieben. Die Meinungsverschiedenheiten bestehen darin, daß Seeliger den Enddarm als „blindsackförmige, nach links gerichtete Ausstülpung" aus dem schon gebildeten Darmabschnitte betrachtet, während nach den Beobachtungen von Salensky und Bonnevie einerseits der Enddarm und andererseits Oesophagus und Magen als gleichwertige, selbstän dige Bildungen aus der linken bezw. rechten Falte des primitiven Darmrohres hervorgehen sollen. Es würde zu untersuchen sein, ob die an sich ja nicht bedeutungsvollen Unterschiede in der Verschiedenheit von Primär- und Se- kundärascidiozooiden begründet sind oder nur auf Beobachtungsfehlern beruhen. Beschäftigen wir uns daher zuerst mit der Entstehung des Verdauungstraktus in den Primärascidiozooiden. 66 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. 357 Die erste Anlage des Darmtraktus der Primärascidiozooide erscheint, wenn man so sagen darf, eigentlich schon im Cyathozooid (sobald die primitive Darmhöhle des Cyathozooids sich geschlossen hat), und zwar in Form der beiden lateralen, dem Dotter aufliegenden Zipfel des primitiven Darmrohres (vgl. Taf. XXXVIII, Fig. 5 — 7). Da das Cyathozooid als larvales Indi- viduum ja keinen Darmtraktus entwickelt, gehen diese beiden Zipfel gestaltlich so gut wie nicht verändert durch alle Stadien der Keimscheibe hindurch. In der auf Taf. XXXVIII, Fig. 5 — 7 dar- gestellten jungen Ascidiozooidenkette wird natürlich zunächst an den Einschnür ungsB teilen diese Form zerstört (Taf. XXXVIII, Fig. 8), und nur im mittleren Knospenabschnitt tritt insofern eine Weiterentwickelung ein, als durch das Wachstum der Peribranchialtaschen die laterale Wand des Darmrohres nach innen gedrängt wird (Taf. XXXVIII, Fig. 10), wodurch die „Darmschleifen", wie Salensky sagt, nicht nur schärfer hervortreten, sondern auch dorsal zu verlagert werden, wo sie nun auch bei Totobetrachtung als zwei blindsackförmige Ausstülpungen des primitiven Darmrohres hervortreten. Nachdem nun merkwürdigerweise ein Stadium sich einschaltet, wo die Einstülpung kaum hervortritt (Taf. XXXIX, Fig. 4 — 7, Salensky fand genau dasselbe im Sta- dium G bis H, Fig. 56 — 56 D), hebt auf dem folgenden bereits die Entstehung des Darmtraktus an (Taf. XXXVIII, Fig. 12—14; Taf. XXXIX, Fig. 1—3). Verfolgt man die Querschnitte distal- proximalwärts, so erscheinen in Fig. 14, Taf. XXXVIII die beiden Darmschleifen ziemlich sym- metrisch. Fünf Schnitte proximalwärts (Taf. XXXIX, Fig. i) hat sich der Verbindungsspalt der linken Tasche gegenüber dem rechten verengert; weitere 3 Schnitte proximalwärts (Fig. 2) ist er geschlossen, auf dem übernächsten ist die Kommunikation mit der Kiemendarmhöhle unter- brochen, die linke Tasche des zukünftigen Enddarmes hat sich abgeschnürt und erreicht unmittel- bar darauf ihr Ende. Die rechte Falte dagegen öffnet sich proximalwärts unter gleichzeitiger Abflachung immer breiter und verstreicht schheßlich (es ist der künftige Magen und Oeso- phagus). Die weitere Entwickelung zeigen die Querschnitte Taf. XXXIX, Fig. g — 15. Im Gegen- satz zum vorigen Stadium sind die beiden Darmschleifen (Fig. 10) distal vom Kiemendarm ab- geschlossen, während sie wieder untereinander kommunizieren. Der Verschluß besteht auch noch 2 Schnitte proximalwärts (Fig. 11), aber die linke Schleife steht nicht mehr in Verbindung mit der rechten. Wiederum zwei Schnitte weiter (Fig. 1 2) erscheinen beide Taschen getrennt, schheß- lich (Fig. 13) öffnet sich die rechte in den Kiemendarm und streicht noch weiter proximal zu aus (Fig. 14, 15). Es wird nun nicht schwer sein, auf Grund beider Schnittserien sich ein klares Bild über die Entstehung des Darmtraktus zu machen. Wir sehen, wie Salensky angab, den Enddarm thatsächlich aus der linken primitiven Darmschleife selbständig entstehen, und zwar dadurch, daß die Ränder der linken Darmschleife verlöten (Taf. XXXIX, Fig. 2), aber nicht auf der ganzen Strecke (distal-proximal), sondern nur proximal, also am After des späteren End- darmes. Distal dagegen bleiben die Schleifen (Enddarm und Magen) sowohl untereinander als auch mit dem Kiemendarm zunächst in Kommunikation. Dies alles geschieht, bevor der Magen aus der rechten Falte hervorgeht. Dieser entsteht nicht einfach durch Verschluß der rechten Darmfalte, sondern vielmehr, indem distal (Fig. 10 und 11, Taf. XXXIX) durch Ver- löten der Einstülpungsränder der Darmschleifen beide Falten gleichzeitig als herzförmiges Divertikel (im Querschnitt) vom Kiemendarm abgeschnürt 67 46* 358 G. Neumann, werden. Weil aber während dieses Verschlusses die frühere Kommunikation zwischen rechter und linker Tasche distal erhalten bleibt — der Schluß der linken erfolgt nur proximal — steht auch der Enddarm mit dem Magen von Anfang an in Verbindung oder erscheint dann aller- dings als „blindsackförmige Ausstülpung" der einheitlichen Darmanlage, wie Seeliger meint. Natürlich wird der proximale Teil der rechten Falte, welcher klaffend bleibt und in den Kiemen- darm verstreicht, zum Oesophagus. Salensky hatte auf Stadium H (welches zwischen den beiden von mir citierten Stadien liegt) die Entstehung des Enddarmes richtig beobachtet (Fig. 65 C — E). Zur Illustration der weiteren Entwickelung verweist er aber im Text sonderbarerweise auf Stadium K (Fig. 57) und nicht avif das anschließende Stadium J (Fig. 58), welches meines Erachtens (in Fig. 58 A und B) als jüngeres viel geeigneter ist. Wie BoNNEviE zu ihrer korrekten Schlußfolgerung über die Entstehung des Verdauungs- traktus kommt, ist mir nicht recht ersichtlich, da auf den Stadien, denen sie die im Text citierten Schnitte (Fig. 2,2 — 37) entnommen hat, der Darmtraktus längst entwickelt vorliegt. Ueber das erste Auftreten der Darmanlage können diese frontalen Schnitte jedenfalls nichts aussagen. Wenn wir nunmehr auch in den „Sekundärknospen" von P. ffiffanteum das erste Auftreten der „Darmschleifen" konstatieren wollen, müssen wir gleichfalls sehr weit zurückgreifen. Schon im sehr jungen Stolo (Taf. XXXVII, Fig. 5) haben wir in den dorsal gerichteten Zipfeln des Ento- dermrohres dieselben vor uns. Sie treten somit sogar eher auf als die primitiven Endostylfalten. Auf den späteren Stadien (Taf. XXXVII, Fig. 6, 8, 9) finden wir die dorsalen Divertikel be- deutend weiter entwickelt wieder, nachdem die Seitenwände des Entodermrohres von den Peri- branchialröhren nach innen gedrängt worden sind. In Fig. 1 , Taf. XXXVIII sehen wir die seitlichen Kiemendarmwände bereits so weit eingefaltet, daß sie sich berühren. Dadurch sind die beiden Darmdivertikel vom Kiemendarm abgeschlossen. Distalwärts (Taf. XXXVII, Fig. 1 1) erscheinen auf dem Querschnitt zwei vollständig getrennte Räume, dorsal die Anlage des Darmtraktus, ventral der Distalabschnitt des Kiemendarmes. Auf dem Taf. XXXVI, Fig. 8 gezeichneten Stadium ist der Verdauungstraktus in seiner primitiven Anlage bereits vorhanden, und zwar, wie besonders der optische Längsschnitt bei der Totobetrachtung erkennen läßt, wieder in Form der beiden nach hinten-oben gerichteten sym- metrischen Divertikel des Kiemendarmes. Die Querschnitte (Taf. XXXVII, Fig. 1 1 und Taf. XXXVIII, Fig. I — 2) durch diese Anlage zeigen aber beim Vergleich mit den entsprechenden Stadien in Primärknospen (Taf. XXXVIII, Fig. 14; Taf. XXXIX, Fig. i — 3 und 10 — 15) bemerkens- werte Unterschiede. In den Primärknospen vollzieht sich proximal die Abschnünmg des Enddarmes aus der linken „Darmschleife", während der distale Teil derselben und die rechte in ihrer ganzen Länge mit dem Kiemendarm in offener Verbindung stehen. Erst später (Taf. XXXIX, Fig. 10 und 11) erfolgt durch den distalen Verschluß beider Divertikel die Bildung des Magens. Hier in den Sekundärknospen sehen wir dagegen die gesamte Darmanlage ventral in ganzer Länge vom Kiemendarm bereits abgeschnürt (durch eine von hinten-unten und von den Seiten kommende Einfaltung), bevor die Abschnürung des Enddarmes stattgefunden hat; denn die beiden Divertikel erscheinen auf allen Querschnitten vollkommen symmetrisch, ein Zusammenneigen oder Verlöten von Teilen der Wände wie in den Primärknospen (vgl. Taf. XXXIX, Fig. i — 3, 11, 12) läßt sich auf diesem Stadium nirgends konstatieren. Fig. i, 68 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. 359 Taf. XXXVIII stellt den am weitesten proximal durch die Anlage geführten Schnitt dar; auf dem proximal folgenden öffnet sich die bis dahin ventral geschlossene Darmanlage in dem Kiemendarm und erreicht gleichzeitig ihr Ende. Es ist also auch der Oesophagus noch nicht vorhanden. So repräsentiert die Gesamtanlage des Verdauungstraktus in den Sekundärknospen auf diesem Stadium etwa die Ausbildungsweise des distalen Teils derselben in etwas älteren Pri- märknospen (vgl. Taf. XXXIX, Fig. lo). Die weitere Entwickelung von Enddarm und Magen verläuft nunmehr wie in den Primär- ascidiozooiden, indem durch Verlöten der Wände des proximalen Teils der linken Darmschleife der Enddarm entsteht, während der Magen eigentlich schon eher, bereits durch den Verschluß der beiden Divertikel gebildet erscheint. Zu diesen weiteren Stadien bildet Seeliger in Fig. 59 bis 63 einige Querschnitte ab, von denen besonders Fig. 61 die beginnende Bildung des End- darms durch Zusammenneigen der proximalen Wände des linken Divertikels erkennen läßt. Der zugehörige Text (S. 2t„ 24) zeigt aber, daß Seeliger, wie schon Salensky behauptete, diese völlig einwandfreien Schnittbilder, welche allerdings nicht den frühesten Zustand der Darmanlage darstellen, falsch gedeutet hat. Bei P. Agassizi verläuft die Entwickelung des Verdauungstraktus immerhin abweichend. Wenn man die Querschnitte Taf. XXXIV, Fig. 4 — 12 überblickt, wird man in keinem jene bei P. giganteuiii (Taf. XXXVII, Fig. 6 — 8) auftretenden dorsalen Divertikel des Kiemendarmes vor- finden. Vielmehr erscheint die Dorsalwand des Entodermrohres in den jüngeren Stadien (Taf. XXXIV, Fig. 6 — 9) auf dem Querschnitt dorsal sogar median zugespitzt, ist in Wirklich- keit also gekielt, auf den späteren dagegen flacht sich im mittleren Knospenabschnitt die Dorsal- wand fast eben ab (Taf. XXXIV, Fig. 11, 13). Gleichzeitig tritt hier eine linke Einfaltung auf, die ohne Kenntnis der folgenden Stadien völlig rätselhaft bleiben müßte. Auf den Quer- schnitten durch den hinteren Teil der in P'ig. 6, Taf. XXXIII dargestellten Knospe (Taf. XXXIV, Fig. 14) erscheint dieselbe linke Falte an der dorsalen Wand etwas vertieft. Einige Schnitte proximal (Fig. 15) hat sich daraus ein kurzes Rohr abgeschnürt. Der Vergleich mit den Taf. XXXV, Fig. I — 3 dargestellten Querschnitten durch ein Stadium (Taf. XXXIII, Fig. 7). auf welchem der Darmtraktus entwickelt ist, läßt keinen Zweifel darüber, daß es sich in jenem linken Rohr um den Enddarm handelt. Wir sehen also in den Sekundärknospen von P. Agassizi wieder (wie in den Primärascidiozooiden von P. giganteum) zuerst den Enddarm sich abschnüren, bevor der Magen sich bildet. Die Abschnürung geschieht durchaus asymmetrisch, nur auf der linken Seite, eine entsprechende rechte Falte fehlt zur Zeit ganz ; vielmehr steht der übrige rechte Teil der Dorsalwand des Kiemendarmes, aus welcher der Magen und Oesophagus entsteht, in ganzer Breite mit der Kiemendarmhöhle in Verbindung. Der Magen geht nun aus diesem rechten Teil dadurch hervor, daß die linke obere Seitenwand (unterhalb des Enddarms) gegen das Innere zu vordringt (vergl. Taf. XXXV, Fig. 3) und daß besonders von der distalen Ventralseite (in den Querschnitten nicht hervortretend) eine Einfaltung anhebt, welche den distalen Teil des Magens und die Kommunikation desselben mit dem Enddarm vom Kiemen- darm absetzt. Faßt man also zusammen, so ergiebt sich, daß in allen Fällen, in Primär- und Sekun- därknospen, die Entstehung des Darmtraktus insofern einheitlich erfolgt, als aus der linken Darmschleife der Enddarm, aus der rechten Magen und Oesophagus selb- 69 36o G. Neumann Ständig hervorgehen. Freilich scheint das zeitliche Verhältnis der Entstehung dieses oder jenes Teiles in Primär- und Sekundärknospen derselben Form (P. giganteum) und auch im Vergleich zu anderen Arten verschieden zu sein. In den Primärknospen von P. giganteiivi entsteht der Enddarm, bevor der Magen sich bildet, ebenso in den Sekundärknospen von P. Agassizi; in den Sekundärknospen von P. giganteum dagegen verläuft die Bildung um- gekehrt. Während dort (in den Primärknospen von P. giganteum und in den sekundären von P. Agassizi) erst die hnke Darmschleife proximal verlötet und hernach die von hinten-unten und von den Seiten fortschreitende Einfaltung die Divertikel schließt und vom Kiemendarm absetzt, erfolgen hier in den Sekundärknospen von P. giganteum umgekehrt erst die letztgenannten Ein- faltungen und danach die Verlötungen im linken Divertikel. IL Systematischer Teil. Einleitung'). Unsere Kenntnis der Pyrosomenfamilie reicht bis zum Jahre 1804 zurück, wo Peron sein P. ,,atlanticum" beschrieb. 181 3 wurde durch Lesueur eine neue Form unter dem Namen P. elegans und 2 Jahre später eine dritte, nämlich P. giganteum, durch diesen Forscher be- kannt. Schon Seeliger (1895) war der Meinung, daß das später fort und fort in der Litteratur (z. B von Vogt 1848, Bonnevie 1896) genannte P. elegans hypothetisch sei. Ich selbst erörterte (1909) diese Frage und kam aus mehrfachen Gründen zu demselben Schluß (siehe unten). Diese beiden Arten, P. atlanticiun und P. giganteum, blieben über ein halbes Jahrhundert die einzigen bekannten Pyrosomenformen, obschon natürlich die Fundorte aus dem Adantik durch Bennet, Meyen, Huxley u. a. sich vermehrten, und gleichzeitig auch durch Vogt, Keferstein und Ehlers, Panceri u. a. Pyrosomen aus dem Mittelmeere bekannt wurden. Eine neue Art, P. spinosum — wahrscheinlich dieselbe, welche Ferrier von der „Talisman"- Fahrt (1886) schon unter dem Namen P. excehior beschrieben hatte — fand Herdman (1888) im Material des „Challenger" aus dem Atlantik. Die Plankton-Expedition konnte zwar P. spinosum nicht auffinden, erbeutete aber außer P. criaanteum und P. atlantiami als neue Arten P. alter- niosum und das von Seeuger, dem Bearbeiter, selbst als zweifelhaft angegebene P. minimum. Schließlich wurde durch die Fahrt des „Albatross" im tropischen Pacifik vom August 1899 bis März 1 900 die Zahl der bekannten Arten um eine weitere Form, um P. Agassizi, vermehrt, welche von RrjTER und Byxbee (1905) beschrieben wurde ^)^). Das von Bonneer und Perez (1902) aus dem Indischen Ocean beschriebene P. indicum ist, wie unten noch erörtert werden soll, nichts anderes als P. spinosum. 1) Ausführliche geschichtliche Darstellungen der Pyrosomenfamilie wnirden bereits von Seeliger (1895) und im Bronn, III. Suppl., gegeben, wenn wir von den älteren Huxley's (1861) und Herdman's (1888) absehen. 2) Diese Form wurde von der „Valdivia-' an 14 Stationen in 25 Stücken erbeutet und zwar natürlich früher (vom August 1898 bis April 1899) als vom „Albatross". Da die Publikation durch Ritter und Byxbee jedoch eher erfolgte als mir das Pyrosomenmaterial von Rostock zuging, müssen wir diese Art als bekannt mitzählen. 3) Während der Drucklegung ist inzwischen die Bearbeitung des Pyrosomenmaterials der Reisen des Fürsten von Monaco erschienen (Krüger 1912), woraus hervorgeht, daß P. Agassizi in den Jahren 1895 — ■9'° wiederholt im Atlantischen Ocean auf den ver- schiedenen Expeditionen des Fürsten erbeutet wurde. 70 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 2^j Somit waren — wenn wir von P. miniTnum und P. indicum absehen — im ganzen 5 Arten, P. atlanticum, gigantermi, spinosuni, aherniosnm und Agassizi bekannt, als mir (1907) das Pyrosomenmaterial zur Bearbeitung übergeben wurde. Die Pyrosomenausbeute der Deutschen Tiefsee-Expedition muß, was die Anzahl der ge- fangenen Arten anlangt, als recht reich bezeichnet werden; denn die „Valdivia" fing von den 5 be- kannten Arten alle und dazu 3 neue Formen. (Hätte die Durchsicht des Materials vorgenommen werden können, ehe das vom „Alba- tross" später erbeutete P. Agassizi durch RirrER und Byxbee (1905) beschrieben worden war, so wären es 4 bekannte und 4 neue Arten.) Es sind : 1. P. al/anticum Peron^), 2. P. giganteum Lesueur, 3. P. spinosum Herdman, 4. P. ahemioswn Seeliger, 5. P. Agassizi, Ritter und Byxbee, und dazu die 3 neuen Species: 6. P. verticillahtm n. sp., 7. P. operculatum. n. sp., 8. P. triangulum n. sp. Uebersicht über die Pyrosomenarten. Die systematische Stellung der Pyrosomen ist von berufener Seite bereits so oft diskutiert worden, daß es schwer halten dürfte, Neues zu diesem Thema hinzuzufügen. Morphologische und ontogenetische Beziehungen und darauf gegründete phylogenetische Deduktionen bestimmen auch hier die Stellung, welche der einzelne Forscher der Pyrosomengruppe innerhalb des Tuni- catengeschlechtes zuweist. Während die einen (Claus 1882, Uljanin 1884, Lahille 1887, Herdman 1888, 1891, Ritter 1905. Jaekel 191 i u. a.) mit Lesueur (18 15) und Savigny (1816) die Pyrosomen zu den Ascidien stellen, rechnen die anderen, z. B. Bronn (1862), Grobben (1882 und 1908), Seeliger (1885, 1895 und Bronn, III. SuppL), Brooks (1893), Salensky (1895), Garstang (1895), Sluiter (1895) die Pyrosomen mit den Dolioliden und Salpen zusammen zu den Thaliaceen. Ich folgte in Bronn dieser letzteren Auffassung, der sich auch neuerdings Ihle (19 10) anschloß, und bezeichnete die Pyrosomen als „Syn thaliaceen". Natürlich entsprechen auch die Bezeichnungen, welche die Forscher der Pyrosomengruppe verleihen, der einen oder anderen Ansicht, wie nur einige wenige Beispiele andeuten mögen. So nannte Savigny die Pyrosomen (18 16) Ascidiae luciae, Bronn (1862) Nectascidier, Gegenbaur (1872) Luciae, Balfour (1881) Natantia, Claus (1882) Ascidiae salpaeformes, ebenso Herdman (1888); Damas (1904) Polyprostigmata, Jackel (191 i) Centraseid ier. Es ist selbstverständlich hier nicht der Ort, auf diese Systeme einzugehen. Nur auf die in den vorhergehenden Kapiteln mitgeteilten Thatsachen, welche zu der Frage nach der syste- matischen Stellung der Pyrosomen in Beziehung stehen, sei in diesem Zusammenhange noch hin- gewiesen ; nämlich einmal auf die Beziehungen zwischen geschlechtlicher und un- i) Vergl. dasselbe unten. 71 362 G. Neumann, geschlechtlicher Fortpflanzung (S. 308 ff.) und sodann auf die Entstehung des Stolo prolifer (S. 323 ff.). Wenn hinsichtlich des ersteren Punktes die Pyrosomen gewisser- maßen als Vermittler zwischen Synascidien einerseits und Dolioliden und Salpen andererseits auftreten, so scheinen die Thatsachen über die Zugehörigkeit der Stolo- stränge zu einem der 3 Keimblätter, wie überhaupt die gesamte Zusammensetzung und Entwicke- lung des Stolo prolifer die Pyrosomen den Salpen zu nähern*). Aus jenen mitgeteilten Beob- achtungen weitergehende Schlüsse über die Phylogenie der 3 Thaliaceengruppen und über deren phylogenetisches Verhältnis zu den übrigen Tunicaten zu ziehen, möchte ich Berufeneren überlassen. Was nun die Einteilungsgründe für die Klassifizierung innerhalb der Py rosomenf am ilie anlangt, so ist ja bekannt, daß Sa vigny die Anordnung derAscidio- zooide im Stock zum Einteilungsprinzip machte und die 3 damals bekannten Arten in Pyro- somata verticillata (P. elegans) und Pyrosomata paniculata (P. gicranteum und atlanticum) aus- einanderlegte. In dieser Unterscheidung in solche Pyrosomenstöcke mit regelmäßig übereinander liegenden Ringen oder Etagen und in solche mit völlig unregelmäßiger (wirrer) Anordnung der Ascidiozooide ist Herdman (1888) Savigny gefolgt. Seeliger (1895) entgegnet, daß von Sa vigny und Herdman hier eine Eigentümlichkeit des Stockes zum obersten Einteilungsprinzip erhoben worden sei, „die in verschiedenen Altersperioden an ein und derselben Kolonie auftritt". Seeligers Einwand mußte so lange völlig begründet erscheinen, als nicht eine Pyrosomen- form gefunden war, welche auch im höheren Alter die Anordnung der Ascidiozooide in regel- mäßigen Ringen oder Etagen bewahrt; denn einmal hat sich herausgestellt (Seeliger 1895, Neumann 1909), daß P. elegans Savigny, welches diese Eigentümlichkeit haben sollte, hypo- thetisch ist, und sodann zeigen tatsächlich die jungen Stöcke aller Arten — ob auch P. Agassizi und spinosum, muß die Zukunft lehren — jene charakteristische Anordnung in getrennten Ringen, wenn sie auch bei verschiedenen Species mehr oder weniger lange beibehalten wird (vergl. oben S. 301). Allein die von der „Valdivia" zuerst erbeutete Art P. vertici/latum dürfte, wie ich oben (S. 295/96) schon nachzuweisen versuchte, jenen Jugendzustand in der Knospenanordnung auch in späteren Stadien der Stockbildung festhalten (vergl. auch unten), so daß wir in dieser Form ein Pyrosoma ,,verticillatum" im Sinne Savignys vor uns hätten. Wenn ich daraufhin auch von zwei Modalitäten der Ascidiozooidanordnung im Stock, von der staffeiförmigen und ringförmigen sprach , so möchte ich doch andererseits diesen Unterschied nicht zu einem Einteilungsgrund erheben; denn es wäre ja immerhin mög- lich, daß bei P. verticillatum in hohem Stockalter, also in größeren Kolonien — die größte der „Valdivia" ist 3 cm lang — jene staffeiförmige Anordnung Platz griffe. Und ferner könnte ein- gewendet werden, daß die ringförmige Anordnung bei P. verticillatuin (wie bei allen anderen jungen Stöcken) ja auch gleichzeitig eine staffeiförmige ist, insofern als, wie oben ja ausführlich erörtert wurde, bei der Stockbildung normalerweise jedes folgende Tier sich gesetzmäßig über dem Zwischenräume zwischen zwei älteren Tieren festsetzt. Wenn Seeliger in seiner Kritik der von Herdman zur weiteren Artentrennung benutzten I) Die allgemeinen Bemerkungen S. 339 waren schon gedruckt, als mir leider verspätet die Arbeit von Bruchlos (1910) über die Stoloentwickelung der Sal|->en bekannt wurde. Darin werden die Befunde Seeligers (1888) (mesodermale Herkunft des Nerven- systems und der Peribranchialröhren) im Gegensatz zu Brooks (1893) und Korotneek (1894) durchaus bestätigt und die Existenz eines Pericardialstranges (Korotneff) verneint. Danach allerdings dürfte von einer Aehnlichkeit hinsichtlich der Herkunft der Stolostränge bei Pyrosomen und Salpen nicht mehr gesprochen werden. 72 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 'i()'2, Merkmale (Größe, Form und Beschaffenheit der Mantelfortsätze) hinsichtlich der Stockform hervorhebt, „daß die Form des Stockes einer Art recht wei^tgehenden Verschiedenheiten unter- liegen kann und es nicht angeht, Arten darauf zu gründen, daß die eine Kolonie cylindrisch, die andere konisch ist", so hat er damit sicher recht. Freilich darf damit nicht gesagt sein, daß die Stockform als Erkennungsmittel gar nicht zu brauchen oder doch nur von untergeordneter Bedeutung sei. Jeder, der mit verschiedenen Pyrosomenstöckchen schon zu thun hatte, wird wissen, daß es nur einiger Erfahrung bedarf, um verschiedene Kolonien an ihrem „Habitus" oder ihrer „Wuchsform" mit bloßem Auge zu erkennen und von anderen zu unterscheiden. Dies gilt z. B. sicher für die Stöckchen von P. ahemiosum, die zufolge der Eigentümlichkeit, daß sich jüngere Etagen zwischen älteren einschieben (vergl. oben S. 301), meist ein ganz charakteristisches Aussehen haben. Ferner sind die etwa 10 — 15 cm langen und dabei besonders schlanken, weichen Kolonien von P. Agassizi sofort von allen übrigen zu unterscheiden. Die einzige Kolonie von P. operculatum, welche das Material der Deutschen Tiefsee-Expedition enthält, hatte in ihrer muff- artigen, beiderseits stark abgestumpften Form beim ersten Anblick für mich auch etwas durchaus Eigentümliches und sofort Auffallendes. Endlich die typisch eiförmigen, glatten Stöckchen von P. verticillatum werden, soviel jetzt sich sagen läßt, von keiner anderen Art kopiert. Freilich muß auch hinzugefügt werden, daß uns, wie das letzte Beispiel schon lehrt, außer der Form vornehmlich die Beschaffenheit der Stockoberfläche bei der Erkennung leitet. Eine mittlere, 10 — 15 cm lange Kolonie von P. giganteum wird von einer solchen von P. atlanticum sofort an den langen Schlundrohren zu unterscheiden sein (Genaueres siehe unten). Aber alles das reicht allein natürlich nicht aus, um Arten zu trennen, sondern man wird es in dieser Be- ziehung mit Seeliger halten, wenn er sagt: „Es ist vielmehr einzig und allein der Bau der einzelnen Ascidiozooide, auf den die Aufstellung einer Art gegründet werden darf." Als besonders bedeutungsvoll für die Gruppierung der Arten erachtet Seeliger unter diesem Gesichtspunkte die Beschaffenheit und Lage der Geschlechtsorgane. Er konnte danach die ihm aus eigener Anschauung bekannten Arten (/-*. giganteum, atlanticum und aherniosuni) in zwei Gruppen trennen, in eine solche, bei welcher der Hoden „in einer besonderen bruchsackartigen Ausstülpung der primären Leibeshöhle liegt" {P. giganteum, atlanticum), und in eine, bei der diese Ausstülpung (bei P. akerniosum) fehlt. Wenn er nun feststellte, daß bei den Ascidiozooiden der ersteren Gruppe das sich entwickelnde Ei in den unpaaren Cloaken- raum gelangt und die Geschlechtsreife der Ascidiozooide erst im hohen Stockalter eintritt (wenn die Kolonie sich aus vielen hundert Einzeltieren zusammensetzt), während in der zweiten Gruppe der Embryo sich im rechten Peribranchialraum entwickelt und die Geschlechtsorgane schon in kleinen, mehrreihigen Stöckchen reifen, so fällt diese Einteilung mit dem von mir oben ausführiich erörterten Verhalten der männlichen und weiblichen Vorreife (Protandrie und Protogynie) zusammen. Von den inzwischen neu hinzugekommenen Arten würde dann P. triangulum (wegen des Bruchsackes) zu der ersteren Gruppe zu zählen sein (Embrj^onen sind noch nicht beobachtet), P. verticillattim hingegen der zweiten Gruppe angehören, denn die Aus stülpung fehlt bei ihm, der Embryo reift im rechten Peribranchialraum, und die (weibliche) Ge schlechtsreife tritt sehr früh ein. P. operculatum folgt aber dieser Regel nicht, denn der Hoden liegt zwar in einer Hervorbuchtung des Körpers, und der Embryo macht seine Entwicklung nicht im rechten Peribranchialraum, sondern in der Cloake durch, aber die Art ist sicher weiblich vorreif. 73 Deutsche Tief see- Expedition 1898—1899. Bd. XII. .- 364 G. Neumann, Es dürfte übrigens, wie ich in Bronn, III, Suppl. II (S. 113) schon hervorhob, nicht so sehr die Lage der Geschlechtsorgane (im besonderen natürlich die des Ovars), als vielmehr die Geräumig- keit der Cloake dafür bestimmend sein, ob der Embryo in den rechten Peribranchialraum oder in die Cloacalhöhle gelangt. Bei /''. giganteuni , atlantiami und operculatuDi ist die letztere verhältnismäßig groß und lang ausgezogen, und die Geschlechtsorgane erscheinen (vielleicht weil der gesamte Distalabschnitt des Ascidiozooids größer ist) weiter nach hinten gerückt. Bei P. a//c)iiiosu»i und ganz besonders bei P. veiiicil/afum aber ist die Cloake sehr kurz, so daß sich mindestens bei den Ascidiozooiden der letzteren Art ein Embr}-o hier gar nicht fest- klemmen könnte. Wie es in dieser Hinsicht mit P. Agassizi steht, wissen wir nicht, weil noch keine Ascidio- zooide mit Geschlechtsorganen gefunden worden sind. Bei den entwickelten Ascidiozooiden von P. spinosuni buchtet der mäßige Hoden die ventrale Leibeswand ebenfalls \'or; die Art ist sicher auch protandrisch, wo aber der Embrj'o zur Entwickelung gelangt, ist unbekannt; wir dürfen jedoch vermuten, daß es in der Cloake geschieht. Zu dem Vorstehenden sei mir nur noch die Bemerkung gestattet, daß Seeliger's Worte von „einer besonderen bruchsackartigen Ausstülpung der primären Leibeshöhle" jedenfalls nicht so verstanden werden dürfen, als ob schon während der Ontogenese (in der jungen Knospe) ein solcher Bruchsack angelegt würde, in welchen dann der Hoden hineinrücke. Die Entwickelung der Knospen und jungen Ascidiozooide, die ja von Seeuger selbst bei P. giganteum studiert wurde, zeigt, daß auch die hintere Ventralfläche so lange eben verläuft, bis der sich entwickelnde Hoden eben bei gewissen Arten die distale Bauchwand buckeiförmig hervorwölbt (vergl. Taf. XXXVI). Wenn nun auch zweifellos die von Seeliger zuerst betonten und von mir unten aus- führlich erörterten Geschlechtsverhältnisse (in Verbindung mit der Lage des Hodens) eine Grup- pierung der Pyrosomenarten ergeben, so stellt sich doch beim vergleichend-morphologischen Studium der uns zur Zeit bekannten Pyrosomenformen sofort eine andere scharfe Zweiteilung heraus, welche auf einer ganzen Anzahl tiefgreifender morphologischer Unterschei- dungsmerkmale beruht. In die eine Gruppe gehören P. atlanticum, giganteum, triangulum, operculatuJii , aherniosum, verticillahun ; in die andere nur P. Agassizi und spinosiim. Stellen wir im folgenden einige Unterscheidungsmerkmale zusammen (vergl. dazu Taf. XLI, Fig. 8 u. Taf. XLII, Fig. i). An erster Stelle wäre hervorzuheben, daß sich, wie schon ausgeführt wurde, P. Agassizi und spinosiim bei der Stockbildung insofern anders als die übrigen Arten verhalten, als ihre Knospen nicht wandern. Beide Arten dürften ferner, soviel uns bekannt ist, die größten Stöcke bilden. Es sind auch die einzigen Arten, bei denen die Mantelfortsätze ventral und nicht dorsal vor der Mundöffnung stehen. Der auffälligste morphologische Unterschied der Einzeltiere ist der, daß der Cloakenmuskel nicht auf der Cloake selbst, sondern mitten über dem Peribranchialraume, bezw. Kiemendarme liegt. Damit stehen interessante Eigentümlichkeiten in der Topographie des peripheren Nervensystems im Zusammen- hange, welche erst unten genauer vergleichend erörtert werden sollen. Beiden Formen ist ein „ventrales und dorsolaterales" Muskelsystem eigen, welches den übrigen Arten völlig fehlt. Dabei stellt, was wieder bei keiner anderen Pyrosomenform vorkommt, 74 Die Pyrosomcii der deutschen Tiefsee-Expedition. ■jfic der Sphincter der Cloacalöf f nung keinen geschlossenen Muskelring dar, und der Mundsphincter erscheint in eine Anzahl feiner zirkulärer Muskelfäden aufgelöst. Die Flimmerbänder laufen bei beiden Arten nicht in der Flimmergrube des Ganglions zusammen, sondern vereinigen sich erst hinter diesem auf der Dorsalseite; wo ihre Vereinigung geschieht, entspringt der erste Rückenzapfen. Die Mundöffnung besitzt nicht nur den „Ventraltentakel", sondern erscheint von einer ganzen Anzahl kleinerer j\lu ndten takeln umstellt. In der Form des Verdau ungstraktus und in der Lage der Geschlechts- organe weichen diese beiden Formen von sämtHchen anderen ab, ebenso in der Zahl und Lage der Mantel gefäße; denn während die Ascidiozooide aller übrigen Arten nur ein Mantelgefäß entwickeln, welches an der hinteren Dorsalseite zwischen Cloacalmuskel und Darm- traktus entspringt, besitzen die Ascidiozooide von P. Agassizi (und wahrscheinlich auch von P. spinosuiii) zwei Mantelgefäße, welche am Dorsalende des Cloakenmuskels, also an den Flanken des Körpers entspringen. Schheßlich besitzen sie nicht nur die zwei Leucht- organe zu beiden Seiten der Mundöffnung, sondern auch noch ein zweites Paar ventral von der Cloakenöffnung. Das blutbildende Organ liegt nicht an der Dorsalseite, sondern am Darmtraktus. Die Cloakenöffnung ist durch einen dorsalen zipfel förmigen Anhang ausgezeichnet, der sämtlichen anderen Arten fehlt. Schließlich weist auch der histologische Bau des Ganglions, des Darmtraktus und des Endostyls Verschiedenheiten gegenüber anderen Arten auf. Daß sich auch eine ganze Reihe feinerer Unterschiede in der Ontogenese finden, wurde im zweiten Teile schon ausgeführt. Alle diesen beiden Arten gemeinsamen Unterschiede rücken P. Agassizi und spinosum einerseits von sämtlichen anderen Arten so weit ab und nähern andererseits wieder beide Arten einander so sehr, daß es gerechtfertigt erscheinen dürfte, daraufhin eine Zweiteilung der Pyro- somenfamilie vorzunehmen, in „Py rosomata fixata", solche, deren Knospen nicht aktiv im Stocke wandern, und „Pyrosomata ambulata", deren Knospen bis zu ihrer definitiven Festsetzung vermittels Phorocyten aktiv im Mantel sich fortbe- wegen. Da vermutlich, wie noch gezeigt werden soll, die Pyrosomata fixata die ursprünglicheren sein dürften, soll zuerst mit der Beschreibung dieser begonnen werden. I. Pyrosomata tixata. Knospen nicht wanderungsfähig, relativ lange mit dem Muttertier in Verbindung bleibend. Je ein kurzer kräftiger Mantelfortsatz ventral vor der Ingestionsöffnung jedes Ascidi oz ooids. Mantelgefäße stets zwei. Cloacal- muskel mitten über dem Peribranchialraume gelegen. Sphincter der In- ge s t i o n s ö f f n u n g von zirkulären Muskelfäden umgeben; Sphincter der Egestionsöf f nung ventral offen. Muskelzüge zwischen Endostyl und In- gestionsöffnung und Ganglion und Ingestionsöffnung, die auf dieSeiten des Körpers ausstrahlen. Außer dem Ventraltentakel zahlreiche Mundtentakeln. Vereinigung der beiden Hälften des Fli mmerbogens auf der Rückenseite. Flimmergrube vom Ganglion abstehend. Blutbildendes Organ um den Ver- dauungstraktus gelegen. Außer den Leuchtorganen zu beiden Seiten der In- 75 47* 366 G. Neumann, gestionsöf f n ung zwei weitere Leuchtorgane ventral zu beiden Seiten der Cloacalöffnung. Hoden zwischen Magen und Enddarm. Cloacalöffnung mit dorsalem Anhang. a) Pyrosoma Agassizi RITTER u. Byxbee. Hierzu Taf. XXXIII— XXXV; XXXVII, Fig. i u. 2 ; Taf. XL, Fig. 22—24; Taf. XLI, Fig. 3—8; Taf. XLIII, Fig. 7. P. Agassizi Ritter u. Byxbee, 1905, S. 201 — 205, Taf. I, II. P. Agassizi Ritter u. Byxbee, Ihle, 19 10, S. 12. P. Agassizi Ritter u. Byxbee, Krüger, 191 2, S. 11 — 13, PI. II, Fig. 6 u 7. P. Agassizi wurde von RrriER und Byxbee (1905) nach einer Kolonie beschrieben, welche am 14. September 1899 auf der Fahrt des „Albatross" im Pacifischen Ocean, in der Nähe der Marquesas-Inseln, mit dem Trawl gefischt worden war. Die „Valdivia" hatte diese Art bereits vor jener Zeit (zum ersten Male am 18. Januar 1899) an 14 Stationen des Indischen Oceans in 25 Stöcken erbeutet'). In der Folgezeit wurde sie auch von der „Siboga"-Expedition in einem Exemplar und 1902, wie Ritter und Byxbee gleichfalls mitteilen, vom „Albatross" in der Nähe von Hawaii gefunden. Von den durch die „Valdivia" erbeuteten Kolonien von P. Agassizi sind zwei in Flem- MiNG'scher Flüssigkeit und andere in Sublimat konserviert und so ausgezeichnet erhalten, daß es mir möglich wurde, der detaillierten Beschreibung von Ritter und Byxbee eine Reihe Einzel- heiten über diese interessante Pyrosomenform hinzuzufügen und die Zeichnungen der Autoren verbessern und vervollständigen zu können. Größe und Form der Kolonie. Die erbeuteten Kolonien sind ebenso wie die vom „Albatross" und der „Siboga"-Expedition jüngeren Alters. Ihre Länge schwankt zwischen 2 1/2 und 17 cm; die meisten Kolonien sind 5 — 8 cm lang, nur je eine 10, 11V2, 12 und 17 cm. Die Form aller dieser jungen Stöcke ist ganz charakteristisch und wird von keiner anderen Art (bei gleicher Größe) wiederholt. Sie sind alle außerordentlich dünn und schlank. Der Durchmesser beträgt kaum i cm bei 1 7 cm Länge. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß die Stöckchen (in konserviertem Zustande) meist zusammengefallen, verbogen und geknickt erscheinen. Vielleicht wird diese gelegentliche Deformation auch durch einen besonders weichen, „delikaten" (Ritter und Byxbee) Mantel bedingt. Das geschlossene Ende der Kolonie erscheint stumpf zugespitzt, die offene Basis nicht verbreitert, aber auch nicht zugespitzt, wie RrrrER und Byxbee fanden, so daß die Form der Kolonie c y 1 i n d r i s c h („cylindrical" Ritier und Byxbee) genannt werden muß. Mantelfortsätze. Die Mantelfortsätze stimmen in Lage und Form genau mit denen bei P. spinosmn überein. Je einer liegt ventral vor jeder Inge.stionsöffnung (Taf. XLI, Fig. 8). Sie sind relativ kurz und kräftig und meist scharf dreikantig, wobei zwei Kanten lateral liegen, die dritte und schärfste dagegen der geschlossenen Stockspitze zugekehrt ist. Die scharfe Spitze der Mantelfortsätze ist meist leicht, vereinzelt auch schärfer gegen die Ingestionsöffnung zu gekrümmt. Nicht selten zeigt auch die der Mundöffnung zugekehrte Stachelfläche noch eine kurze, von der Spitze auslaufende niedrige Kante (Taf. XLI, Fig. 4), so daß, wie Ritter und Byxbee es auch I) Noch früher, nämlich 1895 zum ersten Male, wurde sie allerdings, wie jetzt während der Drucklegung bekannt wird, (Krüger 1912), vom Fürsten Albert von Monaco im Atlantischen Ocean gefischt. 76 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 367 angeben, der Stachel (wenigstens an seiner Spitze) vierkantig erscheinen kann. Eine besondere Eigentümlichkeit stellen offenbar die schon von Riiter und Byxree beobachteten 4 langen, vierkantigen Mantelfortsätze am offenen Ende, im Umkreise der gemeinsamen Cloacalöffnung, dar. Freilich scheinen diese 4 Stacheln nicht ganz konstant zu sein. Ritter und Byxbee heben selbst hervor, daß die bei Hawaii gefischte Kolonie dieser „Tentakeln" entbehrte, und ich darf hinzufügen, daß bei weitem nicht alle mir zur Verfügung stehenden Stöcke diese 4 Fortsätze besitzen. Ich fand z. B. in einem Falle, bei einer 4 cm langen Kolonie (Stat. 215), 10 um die gemeinsame Oeffnung verteilte vierkantige Stacheln, die nicht viel größer sind als die übrigen Mantelfortsätze vor den Ingestionsöffnungen, und die diesen auch in der Form gleichen; 2 Kolonien besitzen 2, eine 3 Mantelfortsätze am Diaphragma, 16 von den 20 tadellos erhaltenen Stöcken besitzen die charakteristischen 4 Stacheln. Auch Form und Länge der Fort- sätze ist keineswegs immer gleich. Man findet längere neben sehr kurzen, oft sind alle 4 sehr verschieden in der Länge; es wechseln scharfkantige, spitz zulaufende mit stumpfen fingerförmigen Fig. 7. Spitze eines Stockes von P. Agassizi mit den lo Kanten und „Rillen", bei Aufsicht. Fig. 8. Spitze eines Stockes von P. Agassizi mit den lo Kanten und „Rillen", halbschematisch, bei seitlicher Ansicht. an ein und derselben Oeffnung ab. Uebrigens entstehen diese Fortsätze am Diaphragma erst später; denn die jüngste, 2 1/2 cm lange Kolonie weist nur 4 kleine Dornen auf, die sich durch kein Merkmal von den vor den Ingestionsöffnungen stehenden Stacheln unterscheiden. Schließlich besitzt auch die geschlossene Stockspitze noch eine Eigentümlichkeit. Von ihr laufen 10 meist gezähnelte Kanten und zwischen diesen 10 flache Mulden mehr oder weniger weit auf die Kolonie herab (Textfig. 7, 8; Taf. XLI, Fig. 5). Bei genauerem Zusehen ergiebt sich, daß in jenen Mulden zumeist die Ingestionsöffnungen der Ascidiozooide liegen. Auch diese Eigentümlichkeit des Mantels entsteht erst später; das 2 1/2 cm lange Stöckchen besitzt ein ganz stumpfes, ja plattes geschlossenes Ende. Ueber den Sinn dieser Eigentümlich- keit könnte die Vermutung ausgesprochen werden, daß vielleicht jene Firsten das Rollen der Kolonie um die eigene Längsachse vermindern könnten und gleichzeitig die Mulden das Atem- wasser und mit ihm den Nahrungsstrom zu den Ingestionsöffnungen zu leiten hätten. Wenn vermutet wird, daß die Mantelfortsätze der Pyrosomen Schutzeinrichtungen 77 368 G. Neümann, sowohl der ganzen Kolonie, als auch jedes einzelnen Individuums darstellen, so könnte die An- ordnung und Form der Manteldomen bei P. Agasski diese Vermutung bestätigen. Es erscheint nicht nur der Stock als Ganzes mit Stacheln überschüttet (die vielleicht größere pelagische An- greifer abhalten), sondern auch die gemeinsame Cloacalöffnung und jede Ingestionsöffnung ist mit Stacheln bewehrt. Vielleicht werden doch kleinere pelagische Organismen abgehalten, in die gemeinsame Stockhöhle oder in den Kiemendarm einzudringen. Einen Nachteil müssen die Fortsätze bei der Fortbewegung insofern bedeuten, als sie den Widerstand vermehren, von Vor- teil aber würden sie wieder bei der Erzielung größerer Schwebfähigkeit durch Oberflächenver- mehrung sein. Vielleicht ist es auch kein Zufall, daß bei den ventral vor der Mundöffnung stehenden dreikantigen Mantelfortsätzen die schneidende Kante bauchwärts, also der Stockspitze zugekehrt ist. Sie liegt somit in der Bewegungsrichtung der Kolonie. Hervorragende Schlundrohre, welche Widerstand schaffen würden, fehlen. Die Stöcke von P. Agassi."/ erreichen aber vermutlich ebenso eine außerordentliche Größe wie die von P. s/>mos7(m^). Es würden die Dornen also hin- sichtlich der Widerstandsverhältnisse beim Schwimmen sehr zweckmäßig konstruiert sein, aber auch hinsichtlich der Schutzwirkung für die Mundöffnung des Ascidiozooids, da Organismen, welche bei der Vorwärtsbewegung der Kolonie die Fortsätze in entgegengesetzter Richtung etwa passieren, mit dem Wasserstrome über den rechten oder linken Rücken des Dornes herunter und an der Mundöffnung vorbeigleiten müßten. Diaphragma. Die gemeinsame Cloake erscheint immer weit geöffnet vmd ist mit einem dünnen, aber relativ breiten Mantelsaume umgeben, der an das Velum einer craspedoten Meduse erinnern könnte. Einen ungewohnten Anblick gewährt das Diaphragma von P. Agassi::/ insofern, als ihm die zahllosen Mantelgefäße, welche dasselbe bei anderen Arten radiär durchsetzen, bis auf einige wenige fehlen. Das dürfte auch der Grund dafür sein, daß im konservierten Zustande die gemeinsame Cloacalöffnung bei P. Agassizi weit klafft, bei den übrigen Arten dagegen meist sehr stark verengt erscheint, da sich die Muskulatur der Mantelgefäße beim Eindringen der Konservierungsflüssigkeit sofort kontrahiert. In Bezug auf die Mantelgefäße unterscheidet sich P. Agassizi in mehrfacher Hinsicht von den übrigen Arten. Mantelgefäße. Während bei allen anderen Arten (wahrscheinlich nur mit Ausnahme von P. spinosuni) jedes Einzeltier ein, die 4 Frimärascidiozooide dagegen je 2 Mantelgefäße ausbilden, besitzen die Ascidiozooide von P. Agassizi stets zwei Mantelgefäße. Sie ent- springen ferner auch nicht an der Rückenseite zwischen Darmtraktus und Cloacalmuskel, sondern an den Seiten des Körpers, oberhalb der Mitte, nämlich am dorsalen Ende des Cloaken- muskels (Taf. XL, Fig. 24), der bei P. Agassizi (und spinosum) mitten über dem Feribranchial- raume liegt. Auch in Bezug auf die Rückbildung der Mantelgefäße verhält sich P. Agassizi anders als die anderen Arten. Bekanntlich ziehen in den jungen, 1 — 1V2 cm langen Kolonien (von P. giganteum, atlanticiim, verticillatum, aherniosum z. B.), die etwa aus 4 —6 regelmäßig übereinander liegenden Etagen bestehen, die Mantelgefäße (je 2 von jedem der 4 Frimärascidio- zooide, von allen folgenden je eines) durch die ganze Länge des Mantels und erstrecken sich in das Diaphragma hinein. Bei weiterem Wachstum der Kolonie werden nun die ältesten und längsten i) Die größte Kolonie aus dem Material des Fürsten von Monaco ist 111,5 cm lang. 78 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. T.fyQ Gefäße, also diejenigen der Primärascidiozooide und der Einzeltiere der darauf folgenden Etagen, rückgebildet, und zwar eben in dem Maße, wie am offenen basalen Ende neue Etagen ent- stehen. Es lassen sich also in 2 oder mehr Centimeter langen Stöcken zwar die Mantelgefäße der ältesten, an der geschlossenen Spitze gelegenen Ascidiozooide nicht mehr in den Mantel oder gar bis ins Diaphragma hinein verfolgen, aber die große Zahl der jüngeren, nach dem offenen Ende zu gelegenen Einzeltiere — es sind 100 und mehr — senden ihre Mantelgefäße in das Diaphragma hinein. (Genaueres vergl. darüber Bronn, III, Suppl. II, S. 42.) In den größeren (6 und mehr Centimeter langen) Kolonien von P. Agassizi besitzen höchstens 10 — 12 unmittelbar am offenen Ende in i — 2 unregelmäßigen Reihen gelegenen Ascidiozooide je zwei Mantelgefäße, welche das Diaphragma erreichen. Einzelne dahinter (in einer dritten Reihe) liegende Ascidiozooide können noch kurze stummeiförmige Reste von Mantel- gefäßen tragen, die aber das Diaphragma nicht mehr erreichen, sondern geschlängelt im Mantel blind endigen. Somit werden offenbar die Mantelgefäße bei P. Aoass i'z / ganz besonders frühzeitig rückgebildet. Andererseits scheinen sie aber auch relativ spät zu entstehen; denn in der jüngsten, 2V2 cm langen Kolonie besitzt ein einziges am Diaphragma gelegenes Ascidiozooid 2 Mantelgefäße. Ob nun die übrigen Einzeltiere, welche mehr nach der geschlossenen Stockspitze zu liegen, überhaupt keine Mantelgefäße ausbilden, was an sich wenig wahrscheinlich ist, läßt sich zur Zeit gar nicht sagen. Die Vermutung, daß die wenigen mit 2 Mantelgefäßen ausgestatteten Ascidiozooide in der Kolonie vielleicht (nach Analogie mit den übrigen Stöcken) die 4 Primärascidiozooide seien, bestätigt sich nicht; denn die Zahl der ge- fäßführenden Tiere ist stets größer als 4. Stockbildung. Ueber die Stockbildung bei P. Agassizi (und spinosum, vergl. Textfig. 5 u. 6, S. 304) wurde oben schon ausgeführt, daß sie anders geschieht, als bei den übrigen Arten, nämlich nicht durch freies aktives Wandern der Knospen, sondern einfach dadurch, daß die Knospen passiv in den Mantel hineingeschoben werden, in dem Maße, als dieser sich vergrößert. Denn eine Knospe bleibt ja mit dem nächstälteren ventralwärts liegenden Schwestertier meist so lange durch eine lange und dünne, aus Epidermis und Entodermrohr bestehende Verlängerung verbunden, bis sie selbst zu knospen beginnt, während der Zusammenhang mit dem nächstjüngeren dorsalen Schwestertier in vielen Fällen erst gelöst wird, wenn auch dieses Knospen abschnürt. Es wurde oben gleich- falls schon erörtert, daß demzufolge, falls auch die 4 ersten Ascidiozooide nichtwandernde Knospen abschnüren (woran kaum zu zweifeln sein wird), die Primärascidiozooide nicht an der geschlossenen Spitze der Kolonie, sondern am offenen Ende liegen müßten, von den nachfolgenden Tochter- generationen dorthin gedrängt. In diesem Zusammenhange ist es sicher bemerkenswert, daß in einer Anzahl Kolonien — es sind 9 von 20 — an der Spitze nur ein einziges großes Ascidiozooid liegt, bei welchem eine höchst eigenartige Verlagerung einiger Organe stattgefunden hat (Taf. XLI, Fig. 5, vergl. unten S. 379). Die Verteilung der Einzeltiere muß in den mir vorliegenden Kolonien von P. Agassizi im Vergleich zu anderen locker genannt werden. Die Anordnung ist sehr unregelmäßig staffeiförmig, von Ringen oder Etagen ist natür- lich, wie es zufolge der besonderen Stockbildung nicht anders sein kann, nichts zu merken. Aeltere und jüngere Tiere liegen bunt durcheinander. 79 370 G. Neümann, Größe und Form der Ascidiozooide. Was nun die Ascidiozooide selbst anlangt, so muß hinsichtlich der Größe und Form im voraus bemerkt werden, daß die diesbezüglichen Angaben, sowohl die von Ritter und Byxbee, als auch die folgenden, für nicht völlig erwachsene Tiere gelten. Die ältesten Tiere der vorhandenen Kolonien zeigen, wie das auch Riiter und Byxbee angeben, die größte Ausdehnung in dorso-ventraler Richtung, sie sind also, wie bei anderen Arten meist die jungen 4 Primärascidiozooide, höher als lang. Da nun sowohl die Rückenfläche als auch die Bauchseite sehr gewölbt sind und ein „Schlundrohr" eigentlich fehlt und endlich die Cloakenhöhle außerordentlich verkürzt erscheint, erhält der Körper bei seitlicher Betrachtung eine abgerundete, fast elliptische Form, welche stark an Anchinia er- innert. Der Dorsoventraldurchmesser beträgt bei den größten Tieren 4, der Längsdurchmesser von der Ingestions- zur Egestionsöffnung 3 mm; Ritter und Byxbee geben 3 und 2 mm an. Der senkrechte Abstand der beiden Körperseiten ist dagegen gering und beträgt nicht die Hälfte des dorso-ventralen Durchmessers, d. h., der Ascidiozooidenleib erscheint recht schmal, die Flanken des Körpers sind sehr platt. Die Organe des Kie- menapparates. Die Inge- stionsöffnung besitzt nicht nur den bei allen Arten vor- kommenden Ventraltentakel, son- dern erscheint mit einer nicht konstanten Anzahl kleinerer „Mundtentakeln" in ziemlich regelmäßiger Anordnung um- stellt (Textfig. 9). Ritter und Byxbee geben 1 2 an, ich zählte in den älteren Tieren meist 16 bis 19. Sie sind nicht nur kürzer und dünner als der Ventralten- takel, sondern es fehlt ihnen auch die basale bläschenförmige Er- weiterung. Dagegen strahlt in alle, auch in den Ventraltentakel, ein Bündel Muskelfäden ein (Textfig. 9), die sich fast bis zur Spitze fortsetzen und an der Basis mit aufgefaserter Wurzel an den Sphincter der Mundöff- nung und an die zunächst ge- legenen Ringmuskelzüge an- setzen oder auch frei in der Leibeshöhle des Schlundes Fig. 9. Mundpartie von P. Aga'isizi mit eigenartiger Anordnung der Leuchtorgane. encllgen. 80 V-Jo ^ ... ^r^^ W Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. T.": 1 Der Endostyl der ältesten Tiere erscheint stark gekrümmt, namentlich im vor- deren Teile. Er weist in Bezug auf seinen histologischen Bau auch Besonderheiten gegenüber dem der übrigen Arten auf (Taf. XLIII, Fig. 7). Der Flimmerbogen (das Peripharyngeal- band) steht weiterhin, wie RrnER und Byxbee bereits hervorhoben, in einem bemerkenswerten Gegensatz zu der gleichen Bildung sämtlicher anderer Arten (mit Ausnahme von P. spinostivi). Die beiden Hälften desselben vereinigen sich nicht wie sonst an der Flimmergrube vor dem Ganglion unter Bildung eines „Flimmerfeldes", sondern verlaufen an der Flimmergrube vorüber dorsal nach hinten, um etwa im ersten Drittel zwischen Ganglion und Oesophagus in spitzem Winkel aneinander zu stoßen. An der Vereinigungsstelle entspringt der erste Rückenzapfen. Es dürfte immerhin bemerkt werden, daß unter den Ascidien durch Sluti-er Formen {Äscidia sahilosa, vgl. Bronn, III, Suppl., S. 338 Anmerkung) bekannt geworden sind, welche ein ähn- liches Verhalten auszeichnet. Rückenzapfen zählte ich meist 6, auch 7, Ritter und Byxbee geben auch 6 an. Die Kieme zeigt bei seitlicher Betrachtung elliptischen Umriß. Die Zahl der Kiemen- spalten beträgt bei den ältesten Ascidiozooiden 30 — 38 (Ritter und Byxbee 20 — 26). — Längsgefäße sind dann meist 16 vorhanden, wie auch Ritter und Byxbee angeben. Was die Stellung der Kiemenspalten betrifft, so stehen sie infolge der starken Krümmung des Endostyls eigentlich nur auf dem vorderen oder mittleren Teile desselben senk- recht (vgl. P. spinosimi); diese Eigentümlichkeit ist jedoch, wie die Entwickelung zeigt, eben ledig- lich eine Folge der später einsetzenden Krümmung des Endostyls (vgl. Taf. XXXIII u. Textfig. 6). Die Stelle, von welcher aus die Kiemenspalten proximal vermehrt werden, liegt indessen nicht wie sonst etwa hinter der Ingestionsöffnung, sondern noch oberhalb des Ganglions. Die distale Vermehrungsstelle liegt natürlich diametral gegenüber, nämlich am Ende des Endostyls. Der Verdauungstraktus hat sein besonderes Charakteristikum in dem langen End- darm (im weiteren Sinne), der außerdem, im Gegensatz zu den übrigen Arten, nach Austritt aus dem fast kugeligen Magen nicht nach unten steigt, sondern zuerst fast w^lgerecht nach links hinüber zieht und dann aufsteigt (vgl. Taf. XLI, Fig. 3 u. Taf. XLIII, Fig. 4). Der kurze Oesophagus ist rückwärts bis tief in den Magen mit karminroten Pigmenten ausgestattet. Eine Pigment- zellengruppe findet sich auch an der linken Seite des Magengrundes, dem Enddarm gegenüber. Die Cloake von P. Agassizi ist außerordentlich kurz und weit geöffnet (Taf. XLI, Fig. 6, 8). Sie wird in dieser doppelten Hinsicht vielleicht nur noch von der von P. verti- cillatutn übertroffen. Die Form der Cloakenöffnuno- ist etwa verkehrt herz-förmigf. Eine Be- Sonderheit, die nur noch P. spinosum aufweist, stellt der schon von Ritter und Byxbee citierte mediodorsale zipfelförmige Anhang der Cloake dar. Wenn aber die Autoren meinen, daß derselbe nur vom Mantel gebildet sei, so ist das ein Irrtum. Die Entstehungs- geschichte des Gebildes zeigt deutlich, daß es sich um einen zunächst zapf enförm igen Auswuchs beider Körperwände, der äußeren und inneren, handelt, daß also der Zipfel einen Teil der pri- mären Leibeshöhle einschließt. Liegt doch sogar zum Teil die bandförmige Verbreiterung des Muskels der Cloakenöffnung in seiner Basis. Das Muskel System von P. Agassizi bietet zusammen mit dem peripheren Nerven- system am meisten Besonderheiten. Erstlich erscheint der Sphincter der Ingestionsöffnung mit einem Schwärm 81 Deutacbe Tiefsee-Expedition 1898— 1899. Bd. XII. o 372 G. Neumann, zirkulärer Muskelfäden umgeben (Textfig. 9), die dorsal und ventral sich nähern und zum Teil miteinander und mit dem Mundsphincter selbst verwachsen sind. An den Seiten da- gegen ..dm clm erscheinen sie weiter gegeneinander ab- stehend und anastomo- sieren zuweilen unterein- ander. Ich zählte bei P. Agassizi bis zu 6 solcher feiner Muskelfäden. Auf- fällig erscheint, daß bei sehr alten Tieren die Zahl der Muskelfäden verrin- gert ist. Wie es dazu kommt, vermag ich frei- lich nicht sicher anzu- geben. \"erschiedene An- zeichen aber sprechen dafür, daß eine teilweise Auflösung von Muskel- fäden stattfindet. Rit- ter und Byxbee er- wähnen von diesen zirku- lären Muskelfäden nichts, zeichnen sie (PL I, Fig. 7; PI. II, Fig. 5) auch nicht ein. (Aus Fig. 2 , der wenigdetailliertenDarstel- lung eines Ascidiozooids, ist darüber auch nichts zu entnehmen.) Sie geben nur an, daß der „Atrialsphincter" (Sphincter der Ingestionsöffnung) unter dem Ventraltentakel besonders stark und zwar 3 mal so breit als anderswo sei. Die er- wachsenen Ascidiozooide meiner Stöcke zeigen alle eine geringere oder größere Anzahl solcher Fäden (wie bei P. spinosum) aufs deutlichste. Bekanntlich besitzen alle anderen Arten (mit Ausnahme von P. spinosum) hinter dem Mundsphincter am Schlundrohr 2 — 3 „Zirkulärmuskelfäden" (vgl. Taf. XLIII, Fig. i u. Textfig. 1 1). Bei P. Agassizi (und spitiosum) sind außer den genannten mit dem Mundsphincter verwachsenen Zirkulärmuskeln keine weiteren Muskelfäden am Schlundrohr zu beobachten. Man möchte geneigt sein, jene mit den 2 — 3 Zirkulär muskeln der übrigen Arten zu homologisieren. Der Unterschied besteht ja nur darin, daß bei P. Agassizi (und noch mehr bei P. spijiosuvi) die Anzahl größer ist als bei den anderen Arten — das würde dem im allgemeinen stärker entwickelten Muskelsystem bei beiden Arten entsprechen — und daß sie mit dem Mundsphincter und untereinander dorsal und ventral verwachsen sind. Und doch ist diese Auffassung nicht richtig, wie gleich gezeigt werden soll. 82 Nervenverlauf bei P. Agassizi. Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 373 Dem Sphincter der Mundöffnung und den zunächst gelegenen Muskelfäden entspringen mit aufgefaserter Wurzel zumeist auch die schon oben erwähnten Muskelfäden der Mund- tentakeln, welche bis in die Spitze derselben sich un verzweigt fortsetzen (Textfig. 9 tni). Das Muskelbündel des großen Ventraltentakels ist natürlich besonders kräftig entwickelt und steht mit den Fasern eines Radiärmuskelbündels unter dem Ventraltentakel in Ver- bindung, welches auch bei den übrigen Arten bekanntlich an dieser Stelle liegt (Textfig. 9 rdm Fig. II. Nervenverlauf bei P. verticülatum. und Textfig. 11). Zahl und Anordnung der Muskelfäden dieses Radiärbündels sind auch bei P. Agassizi (wie bei den anderen Arten) nicht konstant (vgl. Genaueres darüber Bronn, III, Supplt. II, S. 92), immer aber stehen die Fasern desselben dorsal mit denen des Mundsphincters und des Ventraltentakels, bauchwärts zum Teil mit dem „ventralen" Muskelsystem in Verbindung. Durch dieses dorso- und ven trolaterale Muskelsystem sind von den zurzeit bekannten Pyrosomenarten nur P. Agassizi und in extravaganter Weise P. spinosum ausgezeichnet. Es zerfällt in zwei Bündel von Muskelzügen (Textfig. ()db, vb), von denen das eine, schwächere 83 ' 48* _ G. Neumann, in der Mitte zwischen Ingestionsöffnung und Endostyl, das andere, stärker ent- wickelte zwischen Ingestionsöffnung und Ganglion, nahe vor dem letzteren gelegen ist. Beide Bündel bestehen aus senkrecht zur Medianebene verlaufenden Muskelfasern, die, auf einer großen mittleren Strecke miteinander verbunden, an ihren beiden Enden divergierend auf die Flanke des Körpers oft unter dichotomer Verästelung ausstrahlen. Was die Zahl der freien Aeste zu beiden Seiten anlangt, so finden wir bei P. Agassizi in der ventralen Gruppe etwa nur 2, welche sich weiter nicht mehr verästeln, in der dorsalen etwa 3 — 5 (bei P. spinosum aber ventral gegen 4, dorsal 8 — 10 Aeste, welche vielfach korrespondieren). Bei P. Agassizi erreichen die Aeste beider Bündel nur den vorderen Bereich der Körperseiten, bei P. spinosum dagegen erscheint das ganze vordere Drittel des Rumpfes mit den Fasern beider Gruppen wirr bedeckt. Ist nun dieses Muskelsystem bei P. Agassizi und spinostom ein völliges Novum in der Pyrosomenfamilie, oder finden wir bei den übrigen Arten Analoga? Zur Beantwortung dieser Frage erscheint die Lagebeziehung des ventralen, zwischen Endostyl und Ingestionsöffnung gelegenen Muskelbündels zu dem vorhin erwähnten Radiärbündel bedeutungsvoll (Textfig. 9). Bei allen anderen Arten steht jenes Radiärbündel mit dem zu- nächst gelegenen Zirkulärfaden in Verbindung (vgl. Textfig. 1 1 rd)ii und ;-;«), hier bei P. Agassizi (und bei P. spinosum) mit dem ventralen Muskelbündel. Wir dürften darum kaum fehlgehen, wenn wir darnach das gesamte dorso- und ven tro laterale Muskelsystem von P. Agassizi (und sp inosii-ni) als homolog und analog dem Zi rkulärni uskelsy s tem der übrigen Arten betrachten. Dann hätten wir uns nur vorzustellen, daß bei beiden Arten die Zirkulär muskeln, ventral unter der Mundöffnung und dorsal unter dem Ganglion, miteinander verwachsen, lateral dagegen zum Teil aufgelöst seien, genau so, wie wir es bei den Fasern des Mundsphincters beobachteten. Bei den sicher noch nicht erwachsenen Ascidiozooiden von P. Agassizi (von denen hier die Rede ist) erreichen die Fasern des dorsalen und ventralen Teils sich nicht, und eben deshalb erscheint das System in zwei Teilen. Bei den alten Tieren von P. spinosum aber stehen, wie noch genauer besprochen werden soll, Fasern des dorsalen und ventralen Teils miteinander in Verbindung (Taf. XLII, Fig. i). Wenn die Fasern des „lateralen" Muskelsj^stems bei beiden Arten bis auf die Flanken des Körpers reichen, während bei den übrigen Arten die homologen Zirkulärfäden das Schlundrohr umspannen, so erklärt sich diese Lageveränderung aus der besonderen Kürze, eigentlich dem Fehlen des Schlundrohres bei P. Agassizi und spi7ios7im und sodann aus der Auflösung der Fasern bei gleichzeitiger mächtiger Entwickelung des Systems. Wir werden demgemäß die den Sphincter der Mundöffnung umschwärmenden Zirkulär- fasern nicht mit den 2 — 3 Zirkulärfäden der übrigen Arten identifizieren dürfen, sondern sie einfach als Auffaserungen des Mundsphincters zu betrachten haben, wie denn über- haupt bei P. Agassizi und spinosum eine Tendenz zur Auflösung der Muskelfäden vorliegt'). Was die Funktion des lateralen Muskelsystems anlangt, so dürfte dasselbe ebenfalls, wie die homologen Zirkulärfäden der übrigen Arten, dazu bestimmt sein, das einströmende I) Wenn Ritter und Byxbee mit den Worten: „There are the usual muscles (?) in the prebranchial region, and besides there is a streng sphincter just above the ganglion", die eben besprochenen interessanten Verhältnisse abthun, so dürfte das eine recht kurze Besprechung meines Erachtens keineswegs „gewöhnlicher" Verhältnisse sein. 84 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 375 Atemwasser in den Kiemenkorb und mit den Cloakenmuskeln zusammen weiter in die Cloake zu befördern. Wenn schon diese Eigentümlichkeiten in der Ausbildung des Muskelsystems den beiden Arten eine Sonderstellung zuweisen, so gilt dies in noch höherem Maße hinsichtlich des Cloacal- muskels. Beide Arten tragen mitten über den Peribranchialräumen (bezw. über dem Kiemenkorbe) einen langen starken Hohlmuskel, den stärksten der gesamten Muskulatur, der in dieser Lage auf den ersten Blick verwundern muß, denn keine andere Art zeigt dasselbe. Das genauere Studium ergiebt aber ohne Zweifel, daß es sich hierbei um den auf die vorderen Körper- seiten verlagerten Cloaken muskel handelt; denn einmal fehlt der Cloakenmuskel dort, wo man ihn suchen würde, nämlich zu beiden Seiten der Cloake selbst; sodann setzt er sich an seinen beiden Enden in die sogenannten Mantelfaserzüge fort, und endlich entspringen, wie schon gesagt wurde, die Mantelgefäße an seinem dorsalen Ende. RirrER und Byxbee haben merk- würdigerweise diesen Muskel offenbar übersehen, wenigstens heißt es nur (S. 202) : „Muscles of the prebranchial zone well developed, especially one immediately above the peripharyngeal band." Natürlich war kein Cloakenmuskel zu finden : „The mid-atrial muscle is absent (?). At least a prolonged search has failed to reveal it", und sie erklären sich das vermeintliche Fehlen des- selben mit der besonderen Kürze der Cloake. SchHeßHch hat auch der Sphincter der Egestionsöffnung bei P. Agassizi (und spinosum) seine besondere Eigentümlichkeit. Während dieser Muskel bei allen übrigen Arten einen geschlossenen Ring-Hohlmuskel darstellt, ist er bei beiden Arten ventral offen und ver- jüngt, nimmt dorsal an Dicke zu (Taf. XLI, Fig. 6) und erscheint dorsomedian bandförmig verbreitert. Schließlich muß noch mit ein paar Worten des „kolonialen" Muskelsystems ge- dacht werden. Dazu rechnete ich (Bronn, III, Suppl. II) die Muskulatur der Mantel- gefäße und die sogenannten Mantelfaserzüge. Da bei allen Pyrosomen die innere Wand der Mantelgefäße stets mit einer wohlentwickelten Längsmuskulatur versehen ist, so stellen diese selbst funktionell eigentlich echte Hohlmuskeln dar. Die sogenannten Mantelfaserstränge bestehen bekanntlich aus spindel- und fadenförmigen Mantelzellen und stellen dadurch, daß sie an den Enden der Cloakenmuskeln jedes Ascidiozooids ansetzen, auch die einzige Verbindung unter den Einzeltieren eines Stockes her, fassen also gewissermaßen die Einzelmuskelsysteme zu einem „kolonialen" zusammen. Nun ist aber der Zusammenhang der Mantelfaserstränge mit dem Cloakenmuskel bei allen Arten kein direkter und unmittelbarer; denn die Faserzüge im Mantel sind natürlich von den Enden des Cloakenmuskels, da dieser ja in der Leibeshöhle liegt, durch das einschichtige, an dieser Stelle zudem noch beträchtlich verdickte ektodermale Hautepithel getrennt. Es können die Mantelfaserzüge deshalb jedenfalls nicht als direkte Fortsetzungen des Cloakenmuskels be- zeichnet werden, wenn sie auch an den beiden Enden desselben angreifen und (durch das Haut- epithel hindurch) in der Richtung der Cloakenmuskeln wirken. Die Muskulatur des Mantelgefäßes hat dagegen bei den übrigen Arten gar keinen Zusammenhang mit dem Cloacalmuskel oder den Mantelfaserzügen ; denn das Mantelgefäß entspringt ja meist ein Stück proximal vor dem Cloaken- muskel, an dessen Enden eben die Mantelfaserzüge ansetzen (vergl. Taf. XLIII, Fig. i u. 2). 85 376 G. Neumann, Bei P. Agassizi (und spinosnm) aber entspringen die beiden Mantelgefäße unmittelbar am Dorsalende des über dem Peribranchialraume gelegenen Cloakenmuskels. Eine genauere Unter- suchung- dieser Stelle fördert nun die interessante Thatsache zu Tage (Taf. XL, Fig. 24), daß die Fibrillen des Cloakenmuskels direkt, ohne daß eine trennende Wand dazwischentritt, in das iVIantelgefäß (das ja eben nichts weiter als ein röhrenförmiger Auswuchs des ektodermalen Hautepithels ist) hineinziehen und somit bis ins Diaphragma gelangen. Bei diesen beiden Formen besteht also ein direkter und unm ittelbarer Zusammenhang zwischen der Muskulatur des Einzeltieres und der Kolonie als Ganzem, nicht bloß eine indirekte und durch das Ektodermepithel hindurch wirkende Verbindung mittels der Mantelfaser- züge, wie sie bei allen anderen Arten vorliegt und diesen beiden Formen außerdem noch eigen ist. Dazu kommt, daß ein mächtiger Nerv (7) gerade dort mit den Muskelfibrillen des Cloacal- muskels sich verbindet, wo diese in das Mantelgefäß einstrahlen. Nervensystem. Die Verlagerung des Cloakenmuskels auf die Seiten des Körpers und die damit im Zusammenhange stehende, eben gekennzeichnete Besonderheit hinsichtlich der Mantelgefäße hei P. Aoassizi {und spmostr/u) bedingen eine Reihe interessanter Veränderungen im Bereiche des peripheren Nervensystems. Die Zahl der peripheren Nervenpaare beträgt bei P. Agassizi 8, wie bei allen übrigen. Das i., 2., 3., 4. und 6. Nervenpaar haben im allgemeinen denselben Verlauf und dieselben Funktionen, daher wohl auch die gleiche Qualität wie bei den übrigen Arten (vgl. Textfig. 9, 10 mit 11). Die beiden vorderen versorgen den Mundsphincter mit seinen Zirkulärfäden und die Mus- kulatur der Mundtentakeln. Entsprechend der ansehnlich entwickelten Muskulatur dieser Prä- branchialzone bei P. Agassizi (und spinosiuii) erweist sich auch insbesondere das 2. Nervenpaar als besonders reich verästelt. Beide Nervenpaare dürften daher vorwiegend motorische Qualität besitzen. Das 3., 4. und 6. Nervenpaar (Textfig. 10) senden ihre Aestchen zu den proximalen und dorsalen Teilen der Kieme und innervieren mehrfach den Flimmerbogen. Ob von den Fasern des 3. Paares auch die Leuchtorgane innerviert werden, konnte ich nicht entscheiden. Weil bei P. Agassizi (und spinosum) der Flimmerbogen weit dorsal nach hinten zieht, versorgen die Fasern des 6. Paares auch diesen außer der Kieme, während bei den übrigen Arten die Fasern dieses Nervenpaares specifische Kiemennerven genannt werden dürfen. Die hauptsächlichsten Veränderungen beziehen sich auf das 5., 7. und 8. Nervenpaar und stehen im Zusammenhange mit der veränderten Lage des Cloakenmuskels bei diesen Formen. Der Cloakenmuskel wird bei den übrigen Arten (Textfig. 11) an seinem dorsalen und ventralen Ende innerviert, und zwar dorsal von Fasern des 8. und ventral von solchen des 5. Nerven- paares. Bei P. Agassizi und spinosum findet nun überhaupt nur eine Innervierung am dorsalen Ende statt, und zwar durch das mächtig entwickelte und völlig unverzweigte 7. Nervenpaar, welches bei diesen beiden Formen unverhältnismäßig stärker entwickelt ist als alle anderen Nervenstränge und auch als das 7. Nervenpaar bei den übrigen Arten, wo es aus- schließHch die Innervierung des Sphincters der Egestionsöffnung besorgt. Nun entspringt bei den am Diaphragma liegenden Ascidiozooiden von P. Agassizi, wie oben ausgeführt wurde, an dieser Stelle je ein Mantelgefäß, dessen kräftig entwickelte Muskulatur dann ebenfalls von den rechtwinklig auftreffenden Fasern dieses 7. Nervens versorgt wird (Taf. XL, Fig. 24). Der 5. Nerv dagegen, gleichfalls mächtig entwickelt, kreuzt den 7. in un- 86 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ■? 7 7 mittelbarer Nähe des Ganglions und zieht in zwei starken Aesten, die sich weiterhin noch i — 2mal gabeln, zum Sphincter der Cloacalöffnung, welcher bei den übrigen Arten eben nur von den Fasern des 7. Nervenpaares versorgt wird. Das 8. Nervenpaar endlich verläuft in jüngeren Ascidiozooiden in zwei äußerst feinen parallelen Fasern in der Mittellinie unverzweigt bis zu der Stelle, wo das verlängerte Stolorohr, mit welchem das Ascidiozooid und sein Muttertier in Ver- bindung stehen (vgl. Textfig. 6, S. 304), In die dorsale Körperwand einmündet. (Bei den übrigen Arten versorgen die inneren Fasern des 8. Nervenpaares die Muskulatur des Mantelgefäßes, die äußere den Cloakenmuskel.) Da in alten Einzeltieren aber dies Verbindungsstück durch- geschnürt wird, verlieren diese beiden Nerven offenbar ihre Aufgabe, und sie scheinen deshalb rückgebildet zu werden; denn es gelingt in alten Ascidiozooiden auch mit stärkeren Vergröße- rungen nur, die beiden Nerven eine kurze Strecke über das Ganglion hinaus zu verfolgen. Somit ergeben sich beim Vergleich des Nervenverlaufs bei P. Agassizi (und spinosum) einerseits und den übrigen Arten andererseits folgende bemerkenswerte Unterschiede; Es ver- tritt bei P. Agassizi und spinosum der 5. Nerv (Innervierung des Sphincters der Egestionsöffnung) den 7. bei allen übrigen Formen. Dem 7. Nerven dagegen ist bei beiden Arten die Aufgabe zugefallen (Innervierung des Cloakenmuskels, der Mantel- faserzüge und Mantelgefäße), die der 5. (Cloakenmuskel ventral) und 8. (Cloakenmuskel dorsal, Mantelfaserzüge und Mantelgefäß) bei den übrigen Arten gemeinsam erfüllen. Der Ventralteil des Cloakenmuskels wird bei P. Agassizi und spinosum überhaupt nicht versorgt. Endlich erhält der 8. Nerv bei den beiden Formen eine spezielle Aufgabe: die Innervierung der larvalen Stoloverlängerung. Diese letztere fällt bei allen anderen Arten weg, da sie bereits auf sehr frühen Stadien, wenn das junge Ascidiozooid als „Wanderknospe" frei wird, sich durchschnürt. Die Thatsache aber, daß bei den übrigen Arten ebenfalls der eine Zweig des 8. Nervenpaares in die Wurzel des Mantelgefäßes einstrahlt, beweist, daß das Mantelgefäß der Sekundärascidiozooide an der Stelle entspringt, wo das Einzeltier als Knospe durch das Verbindungsrohr des Stolos mit seinem Muttertier zusammenhing, was übrigens auch beim Vergleich der entsprechenden SteUe (an der hinteren Dorsalseite) einer Knospe mit einem erwachsenen Ascidiozooid einleuchtet. Jedenfalls mündet das Stolorohr am Körper von P. Agassizi (und spinosum) an derselben Stelle ein, wo bei den übrigen Arten das Mantelgefäß austritt. Zu dieser Stelle zieht hier wie dort der 8. Nerv. Was die Histologie der Nerven anlangt, so besteht bei P. Agassizi nur das 8. Nervenpaar, wie bei allen anderen Arten, und das mächtige 7. aus spindelförmigen Ganglien- zellen. Die beiden Zweige des 8. Nervenpaares stellen zwei äußerst feine Fädchen aus einzellig hintereinander gereihten winzigen Nervenzellen dar, die den beiden Fasern ein knotiges Aussehen verleihen. Sie sind ja aus den beiden dorsal gerichteten Nervenröhren des primären Nervenrohres, den Seitennerven Salenskys, hervorgegangen. Die Zellen werden also echte Ganglienzellen sein. Der starke und völlig unverzweigte 7. Nerv beider Formen ist vornehmlich am Ende reich mit Zellen ausgestattet. Besonders dicht scharen sich hier runde, birn- und spindelförmige Zellen bei den Ascidiozooiden, deren Mantelgefäße rückgebildet sind (Taf. XL, Fig. 23). Pferdeschweifähnlich aufgefasert tritt der 7. Nerv In den Cloakenmuskel ein und Ist an dieser Stelle auffällig reich mit Zellen versehen. Wo dagegen die Muskulatur des persistierenden Mantelgefäßes mitversorgt wird, sehen wir die völlig auseinandergetretenen und mit dreieckig 87 378 G. Neumann, verbreiterten Enden ausgestatteten Nerv^enfasern sehr vereinzelt mit stab- oder spindelförmigen Kernen versehen (Taf. XL, Fig. 24). Es erweckt den Anschein, als ob bei der Veränderung, welche die Nervenfasern während der Rückbildung der Muskulatur der Mantelgefäße erfahren, eine Vermehrung der zelligen Elemente in den Nerven stattfände. Schließlich müssen noch die Nervenendigungen dieses mächtigen 7. Nervenstranges am Dorsalende des Cloakenmuskels besprochen werden. Bei den Ascidiozooiden, wo die Mantel- gefäße völlig rückgebildet sind (Taf. XL, Fig. 23), verbinden sich die Fibrillen des fein auf- gefaserten Nerven schlechthin mit den in gleicher Richtung ziehenden Muskelfasern des Cloakenmuskels, der an dieser Stelle ebenfalls aufgelöst ist. Komplizierter gestaltet sich hier die Endigungsweise nur bei denjenigen Ascidiozooiden von P. Agassizi , welche noch mit Mantelgefäßen ausgestattet sind. Die Nervenfasern treten senkrecht zur Längsrichtung des Muskels und Mantelgefäßes an die Muskelfibrillen mit dreieckig-plattenförmigen Verbreiterungen, und zwar so, daß je eine Nervenfaser sich mit einer Muskelfaser ver- bindet (Taf. XL, Fig. 24). Die dreieckigen Endorgane sind aus einem wenig färbbaren, grob- granulierten Plasma aufgebaut, in welchem nur vereinzelt ein Kern zu beobachten ist. Be- kanntlich sind auch bei anderen Tunicaten (Appendicularien, Dolioluni) ähnliche Verbreiterungen der nervösen Substanz bei Muskelnerven nachgewiesen worden. Bemerkenswert erscheint, daß nur die noch mit Mantelgefäßen ausgestatteten Ascidiozooide diese Endigungsweise besitzen, während sie den Einzeltieren fehlt, welche ihre Mantelgefäße samt deren Längsmuskulatur rückgebildet haben. Wir dürfen vielleicht daraus schließen, daß jene komplizierte Verbindungsweise zwischen Nerven- und Muskeif ibrille auch eine innigere und darum wirksamere ist. Ferner erhellt aus dem geschilderten Verhalten, daß mit der Rückbildung der Muskulatur der Mantelgefäße auch eine solche der dreieckigen nervösen Endorgane Hand in Hand geht. Gleichzeitig ändert sich auch der Verlauf der Nerven- und Muskelfasern zu einander. Sicher ist es kein Zufall, daß mit der Rückbildung der Mantelgefäße und ihrer Muskulatur bei älteren Tieren auch die dreieckig- plattenförmigen Verbreiterungen der Nervenenden des 7. Nerven rückgebildet werden und daß ferner die am Dorsalende des Cloakenmuskels ansetzenden Mantelfaserzüge nur bei den Ascidiozooiden entwickelt sind, welche ihre Mantelgefäße samt deren Mus- kulatur rückgebildet haben. Das scheint meines Erachtens doch einmal darauf hinzu- deuten, daß der Muskulatur der Mantelgefäße eine wichtige Funktion zukommen muß — denn warum die Rückbildung der nervösen Endorgane, da doch der Cloacalmuskel nach wie vor vom 7. Nerven innerviert wird? — und andererseits scheint mir daraus hervorzugehen, daß nach der Rückbildung der Mantelgefäßmuskulatur die Faserstränge deren Aufgabe allein übernehmen. Das Ganglion bietet außer einigen äußeren Formunterschieden keine Besonderheiten. Es erscheint länger und schmäler als bei den anderen Arten; die Flimmergrube ist länger, meist etwas gekrümmt und steht fast senkrecht ab, während sie bei anderen Arten, z. B. bei P. verticillahmi, mit der Unterseite des Ganglions in ganzer Länge verwachsen ist. Die Mesodermelemente. Die Leuchtorgane liegen, zumeist in der bekannten elliptischen Form, zu beiden Seiten der Ingestionsöffnung nahe über dem vorderen Endostylende (Taf. XLI, Fig. 8). Vereinzelt beobachtet man, und zwar dann bei sämtlichen Tieren einer Kolonie, eine Abweichung von der normalen rundlichen Form (Textfig. 9). Die Leuchtzellen ziehen sich dann in mehreren, unter sich verbundenen, wurm ähnlichen Schnüren 88 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 379 dorsoventral zu beiden Seiten der Mundöffnung hin. Bisher übersehen worden sind zwei kleinere Zellgruppen rechts und links vom Darmtraktus, unmittelbar am Cloakenrande (Taf. XLI, Fig. 6). Die Struktur der Zellen stimmt mit denen der Leucht- organe so überein, daß wir kaum in der Annahme fehlgehen dürften, es handle sich hier eben- falls um zwei Leuchtorgane. Auch bei P. spinosum finden sich zwei solche entsprechend gelagerte Zellgruppen, während sie sämtlichen anderen Arten fehlen. Eine weitere Eigentümlichkeit von P. Agassizi (und spinosum) liegt darin, daß das so- genannte blutbildende Organ nicht im dorsalen Blutsinus, sondern um den Darmtraktus herum gelegen ist. Geschlechtsorgane sind auch bei den ältesten Ascidiozooiden der mir zur Ver- fügung stehenden Stöcke in keinem einzigen Falle vorhanden. Der entwickelungsgeschichtliche Teil hat gezeigt, daß die Zellen des Geschlechtsstranges, aus denen die Geschlechtsorgane ja hervorgehen, nirgends auch nur Eikerne, wie sie bei anderen Arten stets zu beobachten sind, erkennen lassen i). Es liegt somit eine Verzögerung in der Ausbildung der Geschlechtszellen vor, die bisher bei keiner anderen Pyrosomenart beobachtet worden ist. Zum Schluß sei noch einmal auf die eigentümlichen Lageveränderungen und Rückbildvingen aufmerksam gemacht, welche einige Organe in demjenigen Ascidiozooid er- leiden, das als einziges in die geschlossene Spitze der Kolonie getreten ist (Taf. XLI, Fig. 5). Da ist es vor allem die Cloacalöffnung, welche von der hinteren Seite auf die dorsale gerückt ist, um am Ende des gemeinsamen Cloacalraumes münden zu können. Die Oeffnung ist genau kreisförmig und im Vergleich zur normalen Cloakenöf fnung recht eng; der zipfelförmige An- hang ist geschwunden. Die Hinterseite des Ascidiozooids ist natürlich in ihrer ganzen Aus- dehnung geschlossen. Auch der Darmtraktus ist nach oben gerückt, der E n d d a r m erscheint stark verlängert. Die bisher übersehenen kleinen Leuchtorgane zu beiden Seiten des Darmtraktus sind dagegen nicht mit nach der Rückenseite gewandert, sondern liegen noch unmittelbar über dem Stolo, der stets rückgebildet erscheint. Die normalerweise neben der Mundöffnung gelegenen Leuchtorgane erscheinen nicht nur vermehrt — es sind im ganzen acht rundliche Zellgruppen von annähernd gleicher Größe — sondern auch stark nach der Bauchseite ver- schoben, so daß sie zu beiden Seiten des Endostyls, also direkt an der Stockspitze, ge- legen sind. Der starke Cloakenmuskel über dem Peribranchialraume ist geschwunden. Diagnose: Länge des Stockes bis i 10 cm"), dünn, schlaff, kegelförmig. Körper elliptisch, höher als lang. Höhe 4 mm, Länge 3 mm. Endostyl, besonders im vorderen Teile, stark gekrümmt. Kiemenspaltenf eld elliptisch, Kiemen- spalten 30 — 33, schräg stehend, Längsgefäße meist 16, Dorsaltentakeln meist 6. Mundtentakeln (außer dem Ventraltentakel) 16 — 19, bis 6 Muskelfäden um den Mundsphincter. Ventralmuskelbündel 2, Do rsalmuskelbündel 3 — 5 Aeste; beide Gruppen nicht in Verbindung tretend. Cloakenmuskel lang, dünn. 1) Ich war, wie mir inzwischen das Studium der Entwickelung des Stolo prolifer gezeigt hat, im Irrtum, wenn ich im Bronn (S. 119) die Annahme machte, daß die Geschlechtsorgane bei P. Agassizi aus den freien Mesodermzellen um den Verdauungstraktus hervorgehen könnten. 2) Vgl. Anmerkung S. 368. 89 Deutsche liefsee- Expedition 1898 — 1899. Bd. XII. ^q 38o G. Neumann, Cloake sehr kurz und weit (verkehrt herzförmig) geöffnet. Geschlechts- organe unbekannt. P. spinosum Herdman. Hierzu Taf. XLII, Fig. 1—3. P. excelsior Perrier (?), 1886, S. 229. P. spinosum Herdman, 1888, S. 29 ff., PI. H, Fig. 9 — 15. P. indicum Bonnier und Pekez, 1902, S. 1239. P. sphwsiim Herdman, Farran, 1906, S. 15 ff. P. spinosum Herdman, Farran, 1909, S. 220 iL, PI. VI, VUI. P. s/y/'nosum wurde zuerst vom „Challenger" in 2 riesigen Exemplaren, deren eines 4' 2", also rund 1,30 m maß, im Atlantik erbeutet und von Herdman (1888) beschrieben. Auf der „Talisman"-Expedition geriet eine noch größere Pyrosomenkolonie von 2 m Länge und 20 cm Breite in die Netze, die von Perrier (1886), also vor Herdman, als P. excelswr beschrieben wurde 1), aber wohl identisch mit P. spinostim Herdman sein dürfte. Im Jahre igoi beobachteten Bonnier und Perez (1902) im Indischen Ocean unter der arabischen Küste einen Schwärm riesiger Pyrosomenkolonien, von denen sie die größten auf 4 m Länge schätzten. Sie beschrieben diese Art als P. indicum. Nach der Beschreibung, welche die Autoren dieser Art widmen, zweifle ich jedoch nicht, daß es sich dabei um P. spinosum Herdman handelt (siehe unten). Endlich wurde von Farran (1906) eine junge, 1,5 cm lange Kolonie aus der Irischen See für P. spinosum gehalten ; und 1 909 beschrieb derselbe Forscher zwei annähernd gleich große Exemplare, von denen das eine bei 85 cm Länge 19 cm im Um- fang maß, die aus dem Nordatlantik vom Cap St. Mary (Azoren) stammten. Auf der Deutschen Tiefsee-Expedition wurden keine vollständigen und unverletzten Stöcke von P. spinostim, sondern nur Bruchstücke erbeutet, und zwar geriet auf Station 257 ein ge- waltiger Haufen von großen Fetzen einer, wie sich noch zeigen wird, sehr alten Kolonie in das Netz. Auf den Stationen 256 und 265 wurden kleinere, verletzte Kolonien von 24 bezw. 15 cm Länge gefischt. P. spinostim dürfte, wie aus den vorstehenden Angaben hervorgeht, unter den bis jetzt bekannten Pyrosomenarten die größten Stöcke bilden. Ueber die Form der Kolonie giebt nur die von Farran (1909) reproduzierte Photo- graphie der 85 cm langen Kolonie Aufschluß, denn auch vom „Challenger" wurden nur Bruch- stücke erbeutet und Bonnier und Perez geben über die Stockform nichts an. Wir sehen hier einen schlanken, ganz allmählich sich verschmälernden und kegelförmig zugespitzten Stock, dessen Form an die langen dünnen Kolonien von P. Agassizi erinnert. Ein Diaphragma besaßen die Stöcke nach Bonnier und Perez und Farran nicht; die unregelmäßige Oeffnung der Stockhöhle nahm die ganze Breite der Kolonie ein (Farran) und wies keine Stacheln (wie etwa bei P. Agassizi) auf. Die mittlere Wanddicke der Kolonie wird von Herdman mit i — 1,2 cm, von Farran mit 6 mm angegeben. Die Länge der ältesten Tiere (also auch die Wandstärke) derjenigen Kolonie, von denen die „Valdivia" nur Bruchstücke erbeutete, beträgt 1 8 mm. Wenn der Mantel übereinstimmend (von Herdman, Farran) als weich, I) Die Diagnose sagt nur: „Sur le manchon de cristal les visc^res ^carlates de chaque Ascidie semblaient autant de rabis enchäss^s." 90 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ?8l leicht zerreißbar bezeichnet wird, so kann ich diese Angaben bestätigen. Der Mantel der Stöcke, die in Alkohol, Sublimat und FLEMMiNo'scher Flüssigkeit konserviert waren, zeigte übereinstimmend diese Eigenschaften, und ich konnte, was mir bei keiner anderen Art gelungen ist, Knospen, junge und alte Tiere mit leichter Mühe aus dem Mantel herausziehen, wenn etwa eine Seite desselben mit der Nadel aufgeschlitzt war. In Bezug auf die Oberflächenbeschaffenheit des Mantels gleicht P. spinosum durchaus P. Agassizi, und beide Arten unterscheiden sich hierin von allen anderen; die drei- kantigen, ventral und lateral gekielten, scharf spitzigen und etwas überhängenden Mantelfortsätze stehen stets ventral vor der Ingestionsöffnung, ihre Spitzen gegen die offene Stockbasis richtend (vergl. das bei P. Agassizi Gesagte, oben S. 366 ff.). Was die Anordnung der Ascidiozooide bei den mir zur Verfügung stehenden Exemplaren anlangt, so müssen wir zwischen den großen Bruchstücken von Station 257 und den kleineren Kolonien von Station 256 und 265 unterscheiden. Bei den ersteren Stücken hegen die großen Ascidiozooide sehr dicht, in einer frappierend regelmäßig staffeiförmigen Anord- nung, und dabei natürhch so, daß ihre Ventralseiten alle nach einer Richtung zeigen. Dasselbe konstatierte schon Herdman bei den großen Bruchstücken vom „Challenger". Die Ascidiozooide sind alle erwachsen und gleichgroß; ich konnte zwischen ihnen auch nicht eine einzige Knospe oder ein jüngeres Einzeltier auffinden. Die Knospung war also jedenfalls bereits zum Stillstand gekommen, ein Beweis für das hohe Stockalter, und die Tiere waren ausschließlich noch geschlechtlich tätig, wofür die geradezu riesenhaften Eier sprechen, mit denen sie ausgestattet erscheinen. Bei vielen dieser Ascidiozooide mit solchen in Furchung begriffenen Rieseneiern ist der Hoden zerfallen, was für die schon oben gemachte Annahme der männlichen Vorreife dieser Art spricht. Ganz anders liegen die Verhältnisse in den beiden kleineren Stöcken. Hier sind die Ascidiozooide locker verteilt, und zwar Knospen, junge und alte Einzeltiere bunt durcheinander. Alle älteren Ascidiozooide tragen mehr oder weniger zahlreiche Knospen an länger oder kürzer ausgezogenen Stoloröhren (vgl. Textfig. 5); weder Hoden noch Eier sind reif. Während also die Ascidiozooide der alten Stöcke in der Periode der geschlechtlichen Tätigkeit standen, lagen die Individuen der jüngeren noch ausschließlich dem Knospungsgeschäfte ob (vergl. oben S. 308 ff.). Ueber die Organisation der Ascidiozooide von P. spinosum wurden die aus- führlichsten Angaben neuerdings von Farran gemacht. Meine bei der Bearbeitung der Pyro- somen für Bronn's Klassen und Ordnungen des Tierreiches bereits vor dem Erscheinen seiner Darstellung gemachten, allerdings zerstreuten Angaben (über die Stockbildung, das Muskel- und Nervensystem und anderes) scheinen dem Forscher unbekannt geblieben oder erst nach Abschluß seiner Arbeit in die Hände gelangt zu sein. Was die Beschreibung des P. indicum von Bonnier und Perez anlangt, so ist dieselbe zwar ausführhch, aber so allgemein gehalten, daß aus ihr jedenfalls keineswegs zu erfahren ist, worin das Charakteristische und Unterscheidende von P. indicum gelegen ist. Vielmehr passen alle Angaben, wie sich noch zeigen wird, ohne Ausnahme so genau auf P. spinosum, daß, falls die Autoren nicht eine noch detaillierte Beschreibung und besonders eine Zeichnung geben, vorläufig nichts anderes als die Annahme übrig bleibt, es handele sich um P. spinosum. Leider enthält auch die Beschreibung, welche Farran (1906) dem kleinen, 1,5 cm langen 91 49* 382 G. Neumann, Stöckchen widmet, keine einzige Angabe, aus der mit Sicherheit hervorginge, daß diese junge Kolonie wirklich P. spinosum zugehört. Es passen vielmehr viele Merkmale (die Zahl der Kiemenspalten [24], der Rückenzapfen [7], die vier großen Mantelfortsätze an der gemeinsamen Cloacalöffnung, die Anordnung der Ascidiozooide in [16] vertikalen Reihen, „between each rovv is a thin vertical ridge with a fine crenulated edge rising in places into a low crest") ebenso auf P. Amssizi, welches dem Autor zu dieser Zeit offenbar noch nicht bekannt sein konnte. Die zuletzt genannten Manteleigentümlichkeiten sind jedenfalls bis jetzt nur bei P. Agassizi kon- statiert worden, aber selbstverständlich könnten sie ja bei der großen Verwandtschaft beider Arten auch an den jugendlichen Kolonien von P. spinosum auftreten. Jedenfalls bleibt die Artzuge- hörigkeit dieser Kolonie meines Erachtens vorläufig unsicher. Die Angaben der Autoren über die Größe der Ascidiozooide werden natürlich o nicht übereinstimmen können. Sie mußten vielmehr verschieden ausfallen, je nachdem jüngere oder ältere Tiere vorlagen ; deshalb wird man diesen Zahlen auch nur untergeordnetere Bedeutung bei- legen dürfen. Herdman nennt die Ascidiozooide „large conspicuous" und giebt ihre Länge mit I — 1,2 cm an, Bonnier und Perez maßen 3 mm in der Breite und ungefähr 7 mm in der Länge, Farran giebt die Wandstärke der Kolonie (= der Länge des Einzeltieres) mit 6 mm an. Die größten Tiere der Bruchstücke, welches die „\''aldivia" erbeutete, besitzen die stattliche Länge von 18 mm, wobei allerdings auf den Rumpf (Kiemendarm) nur 11, auf die Cloake aber allein 7 mm entfallen (Taf. XLII, Fig. i). Was die Form des Ascidiozooidenleibes anlangt, so nennen sie Bonnier und Perez regelmäßig elliptisch; damit deckt sich auch die Gestalt des von Farran (1909, PI. VII, Fig. i) gezeichneten Individuums. In beiden Fällen handelt es sich offenbar um jüngere Tiere. Die in meiner Zeichnung (Taf. XLII, Fig. i) eines alten Individuums zum Ausdruck kommende Gestalt weisen sämtliche Ascidio- zooide der großen Bruchstücke auf, und es geht beim Vergleich mit den von Farran gezeichneten In- dividuen hervor, daß im Alter eine gewaltige Längsstreckung des gesamten Körpers, ganz besonders aber der Cloake, erfolgt, die allein "4 des übrigen langausgezogenen Rumpfes beträgt Die Organe des Kie- menapparates. Die kreisför- mige, relativ weite Ingestionsöffnung ist wie bei P. Agassizi von einer nicht ganz konstanten Anzahl Mund- tentakeln (außer dem längeren und dickeren Ventraltentakel) ziem- lich regelmäßig umstellt (Textfig. 1 2). Ich zählte zumeist 15 Mundten- Fig. 12. Mundpartie von P. spinosum. 92 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. "^S"? takeln (außer dem Ventraltentakel); das würde mit der Angabe Farran's, „about sixteen in number", übereinstimmen. Wenn Herdman von den Mundtentakeln nichts erwähnt, so dürften sie vielleicht nicht erhalten gewesen sein. Der lange Endo styl erscheint geradegestreckt, stabförmig, nur in seinem vordersten Abschnitt ist er scharf gegen den übrigen Teil nach aufwärts gebogen. Die Präbranchialzone des Kiemendarmes ist wieder recht kurz, ein Schlundrohr fehlt eigentlich, trotz der gewaltigen Längsstreckung des Körpers. Der Flimmerbogen weist jene schon bei P. Agassizi hervorgehobene Besonderheit auf. Seine beiden Teile münden nicht an der Flimmergrube unter dem GangUon, sondern ver- laufen ebenfalls zu beiden Seiten des Nervenknotens weit nach hinten, um sich etwa im ersten Drittel zwischen GangHon und Oesophagus im spitzen Winkel an der Stelle zu vereinigen, wo der erste Rückenzapfen entspringt. Rückenzapfen zählte ich 22 (Herdman 10, Bonnier und Perez 7, Farran 12). Die Kieme hat eine harfenförmige Gestalt. Die Zahl der Kiemenspalten beträgt bei meinen Individuen 50 (Herdman ungefähr 50, Farran 40), die der Längsgefäße oder Längs- falten etwa 42 — 46 (Herdman 30, Farran 30). Nicht von Herdman, wohl aber von Bonnier und Perez und von Farran wird die ungewöhnliche Lage der Kiemenspalten und Längsbalken hervorgehoben, und ich selbst suchte bereits in Bronn, III, Supplt. II, S. 67 diese Besonderheit aus der ontogenetischen Entwickelung zu erklären. Bekanntlich verlaufen bei allen Formen die Kiemenspalten in dorsoventraler Richtung. Nur bei P. Agassizi erscheinen sie schräg gestellt, bei P. spinosum verlaufen sie parallel zur Längsachse des Körpers, ziehen also in der Richtung der beiden Körperöffnungen, die „Längsfalten" stehen natürlich (schräg) dorsoventral, von vorn-obcn nach hinten-unten. Diese abweichende Lage hat, wie die onto- genetische Entwickelung zeigt (Textfig. 5), ihren Gnmd in dem später einsetzenden enormen Längenwachstum in der Richtung der Körperöffnungen, wodurch die ursprünglich wie bei allen Formen dorso-ventral angelegten Perforationen gleichsam „umgelegt" werden. Auch in der onto- genetischen Entwickelung von P. Agassizi findet sich ein solches Stadium (vgl. Textfig. 6 V) mit median verlaufenden Falten. Durch späteres Wachstum in dorsoventraler Richtung werden die Spalten jedoch wieder aufgerichtet. Es scheint also, als ob das Gesetz, daß die Kiemenspalten stets senkrecht auf dem Endo- styl stehen, hier im entwickelten Ascidiozooid keine Geltung hätte. Thatsächlich verlaufen auch die Kiemenspalten im späteren Alter nur zu dem vordersten, stark gekrümmten Teile des Endo- styls rechtwinklig. Der Verdau ungstraktus erscheint in seiner Lage und Stellung zum Tierkörper von der eben besprochenen Besonderheit in der Lage der Kiemenspalten natürlich beeinflußt. Er liegt zunächst nicht, wie sonst stets, an der Hinterseite, sondern eigentUch an der Ventralseite des Körpers, und die U-förmige Darmschleife steht nicht senkrecht auf der Medianlinie des Körpers, sondern liegt i n derselben. Da aber eben bei den erwachsenen Tieren auch die Kiemen- spalten in der Mediane verlaufen, herrscht auch hier zwischen Darmtraktus und Kiemenspalten dieselbe Lagebeziehung wie bei den übrigen Arten: nämlich die Darmschleife parallel den Kiemenspalten. In der ontogenetischen Entwickelung werden Stadien durchschritten, wo der Darmtraktus (wie die Kiemenspalten) die bei den übrigen Arten herrschende Stellung zeigt. 93 384 G. Neumann, Nur das später einsetzende enorme Längenwachstum in der Richtung der Mediane bringt es mit sich, daß zugleich mit den Kiemenspalten auch der Darmtraktus „umgelegt" wird. Die Größe des Darmtraktus entspricht der des Gesamtkörpers. Der Oesophagus ist besonders kurz und plump; der Enddarm wie bei P. Agassizi länger als bei den anderen Arten. BoNNiER und Perez berichten, daß die Ascidiozooide schön und lebhaft rot gefärbt waren. Farran nennt als Ursache, daß der Oesophagus hellrot, Magen und Darm grünlich- braun gefärbt waren. An Bord der „Valdivia" wurden von den auf Station 257 mit dem Trawl heraufkommenden Stöcken von P. spinosum nach dem Leben Farbenskizzen angefertigt. Nach diesen war nicht nur der ganze Darmtraktus lebhaft „dunkelfeuerrot", sondern auch die Kiemen waren „blaßrot" gefärbt. Leider sind weder bei den in Flemming noch bei den in Sublimat und Alkohol konservierten Stöcken die Pigmente erhalten. Die Cloacalhöhle der alten Tiere ist enorm lang schlotförmig ausgezogen und macht zwei Fünftel der ganzen Körperlänge aus. In dieser Hinsicht wird P. spinosum von keiner anderen P3Tosomenart übertroffen. Im hinteren Teile, der ventralen schlitzförmigen Oeffnung gegenüber, erscheint das Cloacalrohr mediodorsal gekielt, im Querschnitt also dreieckig (Taf. XLII, Fig. 3). Wenn Farran berichtet, daß der Cloacalraum in jungen Individuen sogar ein Drittel der ganzen Länge ausmache, so dürfte hierin eine auch bei den übrigen Arten zu beobachtende Erscheinung liegen. In alten Stöcken wachsen die jungen, eben fixierten Ascidiozooide immer rasch auf die Länge der Wandstärke der Kolonie heran, und zwar dadurch, daß Schlundrohr und besonders Cloake sich lang ausziehen, worauf an den Enden beider Organe der Cellulosemantel sich trichterförmig einsenkt und durchbricht. Durch diese Längsstreckung treten vorübergehend Körpeaimrisse an den jungen Individuen auf, die der Art ganz fremd sind (vgl. Bronn, III, Supplt. II). Bei den erwachsenen Ascidiozooiden fand Farran die Cloake „small". Die Cloacalöffnung bedarf besonderer Erwähnung. Zunächst ist ihr hinterstes Ende ebenfalls wie bei P. Agassizi mit einem dreieckig-zipfelförmigen dorsalen Anhang ausge- zeichnet (Taf. XLII, Fig. 1, 3), der wieder eine Fortsetzung beider Körperwandungen darstellt, also einen ITeil der primären Leibeshöhle einschließt und nicht etwa nur aus Mantelgallerte besteht Von den Autoren, welche P. spinosum untersuchten, ist er bisher übersehen worden. Das Be- merkenswerteste an der Cloacalöffnung von P. spitiostcm aber dürfte sein, daß sie nicht nur den hintersten Teil, sondern auch ein Stück der Ventralseite des Cloacalrohres einnimmt. Mit anderen Worten, die Cloacalöffnung ist schlitzförmig, oder vielleicht besser noch birnförmig (pearshaped, Farran), wobei die „birnförmige" Erweiterung den Endteil, der schlitzförmige Teil die Ventralseite des Cloacalrohres einnimmt. Beide Teile stehen aber nahezu senkrecht aufeinander, d. h. die gesamte Cloakenöffnung erscheint rechtwinklig geknickt. Ich gestehe, daß es mir einige Mühe machte, am erwachsenen Tiere über diese ungewohnten Verhältnisse Klarheit zu bekommen. Das nachfolgende Studium der Entwickelung der Cloakenöffnung hätte das Ver- ständnis wesentlich erleichtert. Die Cloacalöffnung entsteht nämlich wie bei den übrigen Arten dadurch, daß innerhalb des Cloacalsphincters die beiden Körperwände miteinander verwachsen und dann durchbrechen. Während aber bei allen anderen Arten diese Oeffnung kreisförmig innerhalb des geschlossenen Ringmuskels verbleibt, schreitet bei P. spinosum auf den weiteren Stadien die Durchbrechung entlang des proximalwärts offenen Muskels fort und wird schlitz -birnförmig. Während der Bildung bleiben mehrfach noch Hautbrücken zwischen beiden Rändern vorüber- 94 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-ExpeditioD. 385 gehend bestehen. Der gesamte schlitzförmige Durchbruch Hegt dabei noch in einer Ebene; erst später wird, offenbar durch stärkeres Wachstum der Ventrahvand der Cloake, der SchHtz geknickt. Merkwürdig ist nun der Umstand, daß der ventral gelegene schlitzförmige Teil der Cloakenöffnung dadurch unwirksam wird, eigentlich in Wegfall kommt, daß der Cellulose- mantel ihn verschließt. Thatsächlich tritt nur der etwa senkrecht auf dem Cloacalrohr stehende und mit dem zipf eiförmigen Auswuchs versehene rundliche Endteil der Cloacalöffnung als wirkliche „Oeffnung" aus dem Mantel heraus. Auch bei P. spinosum ist wie bei P. Agassizi das Muskelsystem dasjenige Organ- system, welches am abweichendsten, aber auch am imponierendsten in die Erscheinung tritt. Alles, was bei P. Agassizi in dieser Beziehung verwirklicht ist, erscheint hier ins Extrem getrieben. Der Mundsphincter erweist sich nach außen zu zum Teil in eine Anzahl (etwa bis 9) Muskelfäden aufgefasert (Textfigur 12). Sie scheinen gewissermaßen dorsal und ventral aus dem Sphincter zu entspringen. Während aber dorsal die Fäden alle unmittelbar aus dem Ring- muskel entspringen, zweigen ventral meist die äußersten aus einem gemeinsamen Aste ab und nur 2 — 3 innere gehen direkt ab. Die Aestchen anastomosieren seitlich mehrfach miteinander, die äußersten Fasern endigen meist frei. Um auch die Muskelfasern der Mundtentakeln auffinden zu können, dürfte der Erhaltungszustand meines Materiales nicht ausgereicht haben. Ventral steht dieses Sphinctermuskelsystem wieder durch einige Radiärfäden mit dem ventralen Bündel des „lateralen" Muskelsystems in Verbindung. Die horizontale Lage dieses Bündels ist die gleiche wie bei P. Agassizi, nur dicker erscheint es und aus 4 Aesten zusammengesetzt, von denen der dorsale der stärkste ist. Sie greifen, dichotom verästelt und miteinander anastomosierend, auf die Flanken des Körpers über. -vb mf dm Fig. 13. Dorsalmuskelbündel eines alten Ascidiozooids von P. spinosuvi (flächenTörmig ausgebreitet, von der Dorsalseite betrachtet). 95 386 G. Neumann, Das dorsale Bündel weist entschieden die imponierendste Ausbildung auf (vergl. Textfig. 13 und Taf. XLII, Fig. i). Da handelt es sich um ein außerordentlich starkes, un- mittelbar vor dem Ganglion liegendes und median verwachsenes Faserbündel, aus dem bis zu 1 2 einzelne starke Zweige herauswachsen, welche, vielfach sich verzweigend und wieder miteinander verbindend, auf die Flanken des Körpers (ja bis auf die Bauchseite, an den Endostyl heran) aus- strahlen, so daß das ganze vordere Drittel des Rumpfes mit Fasern wirr bedeckt wird. Nun stehen auch einerseits die Fasern der ventralen Gruppe mit denen der dorsalen vielfach in Ver- bindung, und zahlreiche Aeste der dorsalen Gruppe treten andererseits an den Cloakenmuskel heran. Da nun aber das ventrale Muskelbündel auch mit dem radiären verbunden ist, so steht also bei P. spinosum der gesamte Muskelapparat des Vorderkörpers, Mundsphincter, Dorsoventrolateralsystem und Cloakenmuskel im Zusam- menhang. Was die Funktion des lateralen Muskelsystems anlangt, so dürfte, wie schon bemerkt, dasselbe zweifellos bei dem Ausstoß des Atemwassers in die Cloake beteiligt sein und damit den Cloakenmuskel in seiner Wirkung unterstützen. Jedenfalls hängt die Ausbildung dieses extravaganten iVIuskelapparates bei P. spinosuiii wohl mit der enormen Größe der Tierstöcke (bis 4 m) zusammen. Der Cloakenmuskel liegt als kurzer, spindelförmiger Hohlmuskel von gewaltiger Dicke im ersten Drittel des Kiemenkorbes über dem Peribranchialraume. Er ist zusammen mit dem lateralen Muskelsystem von keinem der Forscher übersehen worden, aber nur Farran spricht ihn mit Recht für den Cloakenmuskel an, während, wenn ich recht verstehe, Bonnier und Perez nur konstatieren, daß der Cloakenmuskel fehlt und ein breites Muskelband auf dem Peri- branchialraume liege. Der Sphincter der Cloacalöffnung ist ebenfalls wie bei P. Agassizi \-\\c}[^. ring- förmig geschlossen, sondern ventral offen. Er liegt dem hintersten Ende der Cloake als ein mächtiges, halbmondförmig verbreitertes Muskelband auf, das sich proximal lang und dünn bis an den Anfang der Cloacalöffnung auszieht 1). Der Verlauf der Fasern der halbmond- förmigen Verbreiterung ist aus der Zeichnung Fig. 3, Taf. XLII ersichtlich. Das Nervensystem zeigt genau dieselben interessanten Eigentümlichkeiten, die bei P. Agassizi ausführlich erörtert wurden. Bonnier und Perez zitieren nur den mächtigen (7.) Nervenast, der den Cloakenmuskel innerviert, während Farran nur diesen und den 5., zum Muskel der Cloakenöffnung ziehenden Nerven erwähnt. Wie es sich mit jenen Nervenendigungen des 7. Nervenpaares am Cloacalmuskel bei den mit Mantelgefäßen ausgestatteten Ascidiozooiden von P. spinosum verhält, vermag ich freilich nicht zu sagen, da ich nirgends mehr in den Bruch- stücken Mantelgefäße beobachtet habe. Die elliptischen Leuchtorgane zu beiden Seiten der Mundöffnung bieten nichts Be- sonderes. Wieder liegt aber wie bei P. Agassizi zu beiden Seiten der Cloacalöffnung, dort, wo der ventrale Schlitz sein Ende erreicht, je eine Gruppe durchaus gleicher Zellen, die auch Farran bei seinen Ascidiozooiden beobachtete. Er hält sie ebenfalls für Leuchtorgane, wie ich es für dieselben Bildungen bei P. Agassizi schon aussprach. Es dürfte daran auch kaum zu zweifeln sein. I) Bonnier und Perez (1902, S. 1239) kennzeichnen den Muskel der Egestionsöffnung mit folgenden treffenden Worten: „L'orifice du siphon cloacal est muni d'une lai^e bände musculaire en forme de croissant, dont la plus grande largeur correspond ä la ligue ra^dio-dorsale, et dont les cornes s'att^nuent vers le c6t6 ventral, donnant ä l'orifice cloacal une forme assez compliqu^e." 96 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. ■jS? Das blutbildende Organ liegt bei P. spinosum ebenfalls nicht im dorsalen Blutsinus, sondern um den Darmtraktus herum. Die Geschlechtsorgane von P. spinosjim sind von allen Autoren beobachtet worden, die Angaben hierüber aber recht spärlich. Herdman stellte „certainly over twenty" Hoden- läppchen fest, BoNNiER und Perez konstatierten nur, daß die Geschlechtsorgane unmittelbar bei der Darmschlinge liegen und keine Hervorbuchtung der Körperwand bedingen. Farran konnte nur in einzelnen Zooiden ein Ovar mit einem Ei beobachten, den Hoden dagegen nicht auffinden. P. spinosum unterscheidet sich in Bezug auf die relative Lage und die Ausbildung der Geschlechtsorgane von allen anderen bisher bekannten Pyrosomenarten. Die Geschlechtsorgane liegen bei den übrigen Arten bekanntlich ventral und etwas nach hinten vom Verdauungstraktus, das Ovar stets rechts vom Hoden. Bei P. spinosum ist dagegen der Hoden dicht hinein zwischen Magen und Enddarmschleife getreten, das Ovar aber ein ganzes Stück hinter den Darmtraktus, in die Nähe des Afters, gerückt (Taf. XLII, Fig. I, 2). Damit hängen wohl wieder die Abweichungen in der Ausbildung zusammen. Weil Hoden und Ovar weit voneinander abstehen, die Ausführgänge beider Organe aber immer sehr nahe bei einander liegen, erscheint der Samenleiter über die Ventralseite des Darm- traktus hinweg außerordentlich lang ausgezogen. Die Form des Hodens kehrt wohl auch nicht wieder. Er stellt eine mächtige, die Bauchwand hervorwölbende Halbkugel dar, an der weit über loo relativ kurze Hodenläppchen von einem Mittelpunkte radial ausstrahlen. Das Ovar trägt an seiner inneren Seite einen kurzen, basal erweiterten, dickwandigen Ovidukt, der dicht neben dem Samenleiter mündet. In jüngeren Ascidiozooiden (Taf. XLII, Fig. 2) setzt sich das Ovar auch proximal in einen dünnen, am Samenleiter hinziehenden Strang bis zum Stolo fort. Es ist der letzte Rest der ehemaligen Verbindung der Geschlechtsorgane mit dem Geschlechtsstrange {g' Fig. 2, Taf. XLII). In gewissen alten Ascidiozooiden ist der Hoden in Zerfall begriffen, während das gefurchte Ei eine geradezu gewaltige Dotterkugel darstellt. Die Reifungsverhältnisse der Geschlechtsdrüsen wurden oben schon erörtert. Die Art ist höchst wahrscheinlich männlich vorreif. Angesichts der vielen übereinstimmenden Merkmale zwischen P. Agassizi und spinostim erscheint vielleicht die Frage nicht überflüssig, ob etwa gar beide Arten zu einer zusammenzu- ziehen seien. Vergleicht man die von mir Taf. XLI, Fig. 8 und Taf. XLII, Fig. i dargestellten Ascidiozooide beider Arten miteinander, so möchte man wohl keinen Augenblick im Zweifel sein, daß es sich hier um verschiedene Formen handle, denn Körperform und Größe beider Individuen sind ja grundverschieden. Allein es muß betont werden, daß die wiedergegebene Form von P. Agassizi höchst wahrscheinlich nicht die definitive sein wird; denn die ältesten Ascidiozooide dieser Art zeigen auch nicht eine Spur von Geschlechtsorganen, ja nicht einmal bläschenförmige Keimzellen lassen sich, wie ich im entwickelungsgeschichtlichen Teile schon her- vorhob, auf irgend einem Stadium im Geschlechtsstrange nachweisen, während wir doch bei allen anderen Arten, einschließlich P. spinosum, den Geschlechtsstrang auf allen Stadien mit Eizellen vollbepackt beobachten. Thatsächlich zeigen nun auch die alten Ascidiozooide des größten, III cm langen Stockes von P. Agassizi aus der Sammlung des Fürsten von Monaco eine 97 Deutsche riefsee-Eypedition i8gö — 1899 Htl. XII. cq 388 G. Neümann, lang-g-estreckte, an P. spinostnn erinnernde Körperform, und dies wieder bei vollständigem Mangel an Geschlechtsorganen, wodurch Krüger (191 2), der Bearbeiter des Materials, bestimmt wurde, diese Stöcke eben P. Agassizi zuzurechnen. Wenn so einerseits die Körperform von P. Agassizi mit zunehmendem Alter der von P. spinosum sich nähert, so muß andererseits konstatiert werden, daß wir die Körperform der As- cidiozooide von P. spiiwsutn in jungen Kolonien noch nicht kennen. Hinsichtlich der Körperform würden die Individuen von P. spinosum bezw. P. Agassizi, wie sie von mir Taf. XLII, Fig. i (ein keulenförmiges P. spinosum), von Krüger (191 2) PL II, Fig. 7 (ein fischähnliches P. Agassizi), von Farrax (1906) PI. VII, Fig. i (ein birnförmiges P. spinosum) und von mir Taf. XLI, Fig. 8 (ein elliptisches P. Agassizi) gezeichnet wurden, eine lückenlose Reihe darstellen. Während aber eben weder Krüger in den langgestreckten, noch ich in den elliptischen Individuen (von P. Agassizi) Geschlechtsorgane entdecken konnten, be- sitzen die großen Tiere von P. spinosuin von der „Valdlvia" alle mächtig entwickelte Hoden und Ovarien, die von Farran beschriebenen nur vereinzelt ein Ovar. Dieser Unterschied hinsichtlich der Geschlechtsorgane muß natürlich einmal schwinden, denn wir müssen doch annehmen, daß die Ascidlozooide von P. Agassizi einmal geschlechtsreif werden, wenn sie nicht eben nur, wie eingewendet werden könnte, die Jugendformen von P. spinosum sind. Das halte Ich jedoch aus folgendem Grunde für nicht wahrscheinlich : Die Stolonen bezw. jüngsten Knospenstadien aus dem etwa 15 cm langen, nicht gut er- haltenen Stocke von Station 265 besitzen unzweifelhaft Eizellen (in erwachsenen Ascidiozooiden konnte ich wegen des schlechten Erhaltungszustandes nichts erkennen); aber weder in den Stolonen, noch in den Knospen oder erwachsenen Ascidiozooiden des größten, 1 7 cm langen Stockes von P. Agassizi sind im Geschlechtsstrange Eizellen zu beobachten. Wenn aber In den jüngsten Individuen eines kleineren Stockes allenthalben Geschlechtszellen zu beobachten sind, in den ältesten Tieren des älteren und längeren sie dagegen absolut fehlen, so möchte man an- nehmen, daß es doch zwei nahe verwandte Formen gäbe, die sich aber durch die Ent- wickeln ng der Geschlechtszellen unterscheiden und nur danach auch vielleicht zu unterscheiden sind. Ich benutzte jedenfalls nur dieses Merkmal (indem Ich junge Knospen her- auspräparierte, färbte, aufhellte und mit starken Vergrößerungen untersuchte), um 5 mittelgroße (7— 1 1 cm lange Stöcke), bei denen ich wegen Ihres schlechten Erhaltungszustandes an den Ascidiozooiden nicht zwischen P. Agassizi und spinosum unterscheiden konnte, als P. Agassizi zu diagnostizieren. Auf andere Weise war es mir unmöglich, die 5 Stöcke für die eine oder andere Art zu erklären. Wer aber diesen Unterschied als nicht ausreichend ansehen möchte, der müßte mindestens die von Farran beschriebenen Individuen von P. spinosum auf Grund der Form für geschlechtsreif gewordene Ascidlozooide von P. Agassizi und die von Krüger ge- zeichneten Tiere von P. Agassizi für solche von P. spinosum erklären; denn Krügers Agassizi- Form steht meinem P. spinosum viel näher als Ritters und meinem P. Agassizi, und Farrans P. spinosum hat äußerlich mehr Aehnlichkeit mit Ritters P. Agassizi als mit alten Tieren von P. spinosum. Vergleicht man freilich genauer das von mir Taf. XLI, Fig. 8 gezeichnete elliptische P. Agassizi mit dem von Farran (1909, Taf. VII, Fig. i) dargestellten birnförmigen P. spinosum aus einem Stocke mittleren Alters (85 cm Länge), so bleiben allerdings auch hier die charakte- 98 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. "iRo ristischen Unterschiede bestehen. Sie Hegen erstUch in der Cloaken höhle und der C 1 o a c a 1- öffnung. Bei meinen Individuen von P. Agassizi ist die erstere, was ich als besonders eigen- tümlich betrachtete, auffällig kurz und ihre Oeffnung sehr breit (Taf. XLI, Fig. 6, 8). P. spi- nosum aber besitzt auch bei dem FARRAN'schen Individuum einen längeren Cloakenraum und die eigentümlich l)irnförmige, auf die Ventralseite spaltförmig übergreifende Oeffnung. Weitere Unterschiede stellen die Lage der Kiemenspalten und (damit im Zusammenhange) die des Darmtraktus dar. Nun aber zeigen andererseits wieder die von Krüger gezeichneten Individuen von P. Agassizi auch eine längere Cloake (über die Oeffnung derselben ist aus der Zeichnung ge- naueres nicht zu entnehmen), so daß schon darin, und ferner auch durch die Lage der Kiemen- spalten und des Darmtraktus diese Individuen eine vollkommene Mittelform zwischen den von Farran und von mir gezeichneten Ascidiozooiden von P. spinosum darstellen. Was die übrigen Merkmale anlangt, z. B. hinsichtlich des Muskel- und Nervensystems, der Mantelfortsätze, Mundtentakeln u. s. w., so sind nur graduelle Unterschiede zwischen beiden Formen vorhanden. Ganz besonders für das Muskelsystem gilt, daß P. spinosu^n alle jene Eigen- tümlichkeiten in extremer Ausbildung aufweist, welche P. Agassizi in mäßiger Entwickelung besitzt. Nach alledem dürfte jedenfalls auf Grund der bisher gemachten Funde schwer zu ent- scheiden sein, ob P. spinosum und Agassizi zwei selbständige, wohl zu unterscheidende Arten oder nur verschiedene Alters- und Entwickelungsstadien einer Species darstellen. Die Entschei- dung werden neue Funde, insbesondere von jüngsten Stöcken, bringen müssen. Oben wurde bemerkt, daß vielleicht die „Pyrosomata fixata" die ursprünglicheren seien. Ich möchte folgende Gründe dafür anführen : Sie haben keine wanderungsfähigen Knospen. Die Fähigkeit der Knospenwanderung mittels Phorocyten aber dürfen wir wohl als später erworbene Eigenschaft betrachten. Wir finden sie meines Wissens nicht bei den Ascidien, wohl aber bei den Dolioliden (Ancbinia, Dokhinia, Doliolum). Ferner die Eigentümlichkeit, daß die beiden Hälften des Flimmerbogens sich erst hinter dem Ganglion, auf der Rückenseite, vereinigen, ist von Sluiter bei Ascidia sabulosa (vergl. Bronn, III, Suppl., S. 338 Anmerkung) beobachtet worden. Auch den Besitz von zwei Mantelgefäßen, durch den alle Individuen (soweit sie überhaupt solche ent- wickeln), ausgezeichnet sind (während bei den übrigen Arten nur die vom Cyathozooid geknospten Primärascidiozooide zwei solche führen), möchte ich für ursprünglich ansehen. Diagnose: Länge des Stockes bis 4 m, kegelförmig, dünn. Körper langgestreckt, birn- bis keulenförmig; Länge bis 18 mm. Endo- styl im vorderen Teil stark gekrümmt, im hinteren geradegestreckt, stab- förmig. Kiemenspaltenf eld harfenf örmig. Kiemenspalten bis 50, längs ver- laufend. Längsgefäße bis 46, schräg dorsoventral verlaufen d, Dorsaltentakeln bis 22, Mundtentakeln 15 (außer dem Ventraltentakel), Darmtraktus der Ven- tralseite längs anliegend. Bis 9 Muskelfäden um den Mundsphincter. Ven- tralmuskelbündel 4, Dorsalmuskelbündel bis 12 Aeste, die das erste Drittel des Kiemenspaltenfeldes wirr bedecken und mit den Fasern des ventralen Bündels und dem Cloake nmuskel zum Teil in Verbindung stehen. Cloake n- muskel kurz und stark, spindelförmig. Cloake sehr lang, schlo tf ör m ig; 99 so* ,„-, G. Neumann, Cloacalöffnung birnförmig, geknickt, der schlitzförmige Teil auf der Ven- tralseite gelegen und vom Mantel verschlossen. Muskel der Cloacalöffnung dorsal halbmondförmig verbreitert. Hoden zwischen Magen und Enddarm gelegen, aus weit über loo kurzen, radial angeordneten Hodenläppchen be- stehend; Ovar hinter dem Darmtraktus gelegen. Hoden reift vor dem Ei. 2. Pyrosomata ambulata. Knospen nach der relativ frühzeitigen Abschnürung mittels Phoro- cyten im Mantel basalwärts bis zu ihrer definitiven Festsetzung wandernd. Primärascidiozooide je 2, alle übrigen Ascidiozooide je ein Mantelgefäß. Cloacalm uskel über der Cloake gelegen. Schlundrohr von 2 — 3 Zirkulär- fäden umgeben. Sphincter der Egestionsöf f nung ringförmig geschlossen. Nur ein Mund-(Ventral-)tentakel. Vereinigung der beiden Hälften des Flimmer- bogens in der Flimmergrube unter dem Ganglion. Flimmergrube der Unter- seite des Ganglions anliegend. Blutbildendes Organ im dorsalen Blutsinus gelegen. Nur zwei Leuchtorgane zu beiden Seiten der Mund Öffnung. Ge- schlechtsorgane ventral hinter dem Darmtraktus. a) Pyrosoma verticillatum n. sp. Hierzu Taf. XLI, Fig. i u. 2 ; Taf. XLIV, Fig. i, 3, 4. Diese neue Art wurde von der „Valdivia" im tropischen Indischen Ocean auf 9 Stationen (217, 218, 221, 223, 226, 228, 232, 233, 235) gefischt. Es sind im ganzen gegen 65 kleinere bis 3 cm große Stöckchen, die durch ihre Form, besonders aber durch die regelmäßige Anordnung der Einzeltiere schon dem unbewaffneten Auge sofort auffallen. Mit Ausnahme der größten 3 cm langen zeigen alle Kolonien Eiform; und die Ascidio- zooide sind in unter sich parallelen Ringen oder Etagen angeordnet, die streng in horizontaler Ebene (also senkrecht zur Stockachse) verlaufen und durch relativ breite Zwischenstücke aus Mantelgallerte getrennt sind, in denen nie avisgebildete Einzeltiere, sondern höchstens auf Wanderung befindliche Knospen vereinzelt zu beobachten sind. Auch in dem großen Stöckchen erscheint durch sämtliche 20 Etagen hindurch diese höchst charakteristische Anordnung aufrecht erhalten und nicht durch ein einziges Ascidiozooid gestört. Die Manteloberfläche ist glatt (wie bei P. atlantiawi) und zeigt keinerlei Fort- sätze, sondern erweist sich im Gegenteil regelmäßig grubig vertieft durch die trichterförmigen Einsenkungen der Mantelgallerte, die zu den Ingestionsöffnungen der Ascidiozooide führen. Die größten Einzeltiere sind 2,5 — 2,7 mm lang, 2,7 — 3 mm hoch. Die Zahl der Kiemenspalten beträgt meist 21, die der Längsfalten des Kiemenkorbes fast immer 11, Rückenzapfen sind 4 oder 5 vorhanden. Der Endostyl erscheint mäßig ventral, die Stirn- und Rückenfläche dagegen stark dorsal vorgewölbt. Ein Schlundrohr fehlt. So wird das Tier höher als lang und erhält seine runde, an P. Agassizi (oder an Anchinia) erinnernde Form. Der Darmtraktus ist mäßig nach hinten geneigt, der Oesophagus stark gewölbt. 100 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. 2g j Der aus i: — 15 geschwungenen Läppchen bestehende Hoden liegt nicht wie bei allen anderen Arten an der ventralen, sondern an der hinteren Körperwand, dieselbe schwach buckei- förmig hervorwölbend. Es erscheinen deshalb die Hodenläppchen nicht wie gewöhnlich nahezu parallel mit den Kiemenspalten, sondern senkrecht dazu gelagert. Die Art ist weiblich vor- reif (siehe oben S. 308 ff.). Der Cloacalraum ist außerordentlich kurz, die Cloacalöff nung sehr groß und und weit, so daß die mediane Partie der Leibeshöhle mit dem Darmtraktus sogar etwas aus dem Cloakenraume hervortritt. Der Cloacalmuskel ist sehr lang. Charakteristisch für P. verticillatum sind also die trichterförmigen Einsenkungen der sonst glatten Manteloberfläche, die Höhe der Einzeltiere, die Lage des Hodens an der hinteren Körper- wand, die außerordentliche Kürze und weite Oeffnung der Cloakenhöhle (wie sie wohl nur noch P. Agassizi zeigt), und in ganz besonderem Maße die Anordnung der Ascidiozooide zu regel- mäßigen Ringen oder Etagen. Ich weiß sehr wohl, daß hinsichdich des letzteren Merkmales eingewendet werden könnte, es bestehen auch die jüngeren, etwa bis i cm langen Stöckchen aller Arten (vielleicht nur mit Ausnahme von P. Agassizi und spinosuni) aus regelmäßigen Ringen oder Etagen von Ascidiozooiden. Das Material der „Valdivia" birgt eine sehr große Anzahl solcher kleiner, prachtvoll er- haltener Kolonien, von denen unten noch die Rede sein wird. Aber weder die jüngsten ein- und zweireihigen (siehe unten), noch die mehrreihigen Stöcke von P. verticillatuni können etwa mit gleichaltrigen Kolonien von P. atlanticum oder giganteum verwechselt werden. Die Ringe liegen bei den letzteren Arten viel enger aneinander, so daß oft die Ascidiozooide des einen Ringes mit ihren Ventral- und Dorsalseiten ein Stück in die Zwischenräume zwischen zwei Ascidiozooide der benachbarten Ringe gerückt erscheinen (vgl. oben S. 295 ff.). Ferner wird die Regelmäßigkeit der reihenförmigen Anordnung zumeist schon früh dadurch gestört, daß sich neue Wanderknospen, vornehmlich der Ascidiozooide der ältesten Etagen, zwischen jüngeren fixieren (S. 300), anstatt am offenen Ende neue Ringe aufzubauen. Beides kommt, wenigstens bei den mir vorliegenden Kolonien von P. verticillatum, nicht vor. Die Abstände der einzelnen Etagen voneinander sind so groß wie bei keiner anderen Art. Es erscheinen die Ringe niemals ineinander geschoben, auch nicht am offenen Ende der Kolonie, wo sie ja stets enger beisammen liegen als an der Spitze, sie berühren sich nicht einmal. Und dann sieht man nie eine Wander- knospe in den breiten Mantelzwischenstücken sich fixieren, obschon dieselben im oberen Teile der Kolonie erheblich breiter sind, als eine wandernde Knospe hoch ist. Also Platz zum Fest- setzen wäre hier zwischen den fertigen Ringen reichlich vorhanden, aber es geschieht nicht. In dem Material sind gerade eine sehr große Anzahl (65 Stück) ebenfalls prachtvoll er- haltener, 5 — 12 mm langer Stöckchen von P. atlanticum, alle von Station 74, enthalten. Sie sind zunächst viel schlanker und kegelförmig, besitzen bei 12 mm Länge 6 mm im Durchmesser; 12 mm lange Kolonien von P. verticillatum messen dagegen 10 mm im größten Durchmesser. Die Ascidiozooide in den Stöcken von P. atlanticum sind dann bei dieser Stocklänge viel kleiner und die Etagen eben viel dichter und die Regelmäßigkeit derselben bereits stark gestört. Die Manteloberfläche dagegen ist hier wie dort durchaus glatt und um die Ingestionsöffnungen trichterförmig vertieft. In den gleich großen (etwa i cm langen) Stöckchen von P. giganteum erscheinen zwar 101 ,__ G. Neumann, die Etagen noch viel regelmäßiger als bei P. aüanfiaim, die Tiere sind aber größer und anders gestaltet (siehe daselbst). Das Augenfälligste bei P. gigantenm aber ist der Umstand, daß, obschon noch keine eigendichen Mantelfortsätze ausgebildet sind, die Ascidiozooidringe schon bei Betrachtung mit unbewaffnetem Auge deutlich erkennbar an der Oberfläche der Kolonie wulstartig hervortreten. Der Grund liegt in der schon einsetzenden Verlängerung der Schlundrohre. Noch ein Unterschied zwischen den jungen Stöckchen von P. verticillatum einerseits und P. atlantiaim und gigajitewii andererseits sei hervorgehoben. Er betrifft die Entwickelung der Geschlechtsorgane. In den Stöcken von P. verticillatuvi bringt die Hauptmasse der Ascidio- zooide zuerst die Eier, in denen von P. srimiiteum und atlanticum zuerst den Hoden zur Reife. P. verticillatum gehört, wie oben ausführlich erörtert wurde, zu den protogynen, P. atlanticum und giganteum zu den prota ndrischen xArten. Man findet also in kaum centi- metergroßen Stöcken von P. vertkillatutn (und P. ahemiosum) gelegentlich schon viele Embryonen, immer aber entwickelte, blasig aufgetriebene Eier, die mit der binokularen Lupe z. B. sofort erkennbar sind. In i — 3 cm großen Stöckchen von P. atlanticum und giganteum aber sind die Eier noch s o klein und unentwickelt, daß sie nur mit stärkeren Vergrößerungen aufzufinden sind. Dieser Umstand kann sehr wohl zur Unterscheidung der genannten Arten dienen, besonders dann, wenn etwa die Ascidiozooide selbst schlecht erhalten sind, so daß man Einzelheiten nicht erkennen kann. Die Embryonen im rechten Peribranchialraum und blasige Eier sind auch in solchen Fällen stets noch zu erkennen i). Auch die Ausbildung des Hodens kann als wichtiges Unterscheidungsmerkmal dienen, ganz besonders für sehr junge Kolonien. Es ist erstaunlich, in welch frühem Alter in den 4 Primärascidiozooiden (und den nächstältesten Tochtertieren) bei P. verticillatum die Ent- wickelung des Hodens (und des Eies, welches weiterhin allerdings sehr zurückbleibt, vergl. oben S. 310) anhebt. In Kolonien, bei denen eben die 2. Etage fertig ausgebaut ist, die also aus 12 Ascidiozooiden (4 primären und 8 sekundären in der 2. Reihe) bestehen und 3V2 mm lang sind, besitzen die 4 Primärascidiozooide bereits ein mit der binokularen Lupe (bei 16 — 20-facher Vergrößerung) deutlich erkennbares Hodenknöspchen. Diese Anlage ist etwa so groß wie in den Primärascidiozooiden von P. atlanticum aus einem i cm langen, 8 — g-reihigen Stöckchen; in 3 — 5 mm langen Kolonien aber ist dann natürlich noch nichts davon zu erkennen. Es ist also möglich — eine lückenlose Serie solcher kleiner, 2- und mehrreihiger Stöckchen von P. verti- cillatum machte es mir zur Gewißheit — gelegentlich auf Grund der frühzeitigen Entwickelung vom Hoden die kleinsten, kaum V2 cm großen Kolonien dieser Art herauszufinden. Andere specifische Artmerkmale bei diesen kleinsten Kolonien werden unten genannt werden. Als ich unter dem Pyrosomenmaterial der Deutschen Tiefsee-Expedition die prachtvollen, schon bei oberflächlicher Durchsicht in die Augen fallenden Stöckchen von P. verticillatum zum ersten Male sah, zweifelte ich keinen Augenblick, P. elegans (Lesueur) vor mir zu haben; denn wenn irgend eine Form diese Bezeichnung verdient hätte, so könnte es nur die gewesen sein. I) Die „Gazelle" erbeutete bereits auf ihrer Fahrt im Jahre 1876 an 3 Stationen 6 Stöckchen von F. verticillatum, wie ich aus dem jetzt im Berliner Zoologischen Museum befindlichen Material feststellen konnte. Die Kolonien sind nicht gut erhalten, die Ascidiozooide zum Teil sehr geschrumpft, so daß man, ungeachtet der Anordnung, einige dieser Stöckchen hätte für P. atlanticum halten können. Die Embryonen aber, von denen m einem Falle einige bis zur „Viererkolonie" entwickelt sind, schließen jeden Zweifel aus. 102 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 393 Allein das Studium der beiden Arbeiten von Lesueur überzeugte mich bald, daß davon keine Rede sein könne. Wenn auch aus den Beschreibungen, welche die in Rede stehende Form in den beiden Arbeiten erfährt (vergl. auch Seeliger, 1895, S. 59)) mit Sicherheit nichts für oder wider die Sache zu entnehmen ist, so schließen die beiden Zeichnungen (18 13, PL V, Fig. 2, und 181 5, PI. I, Fig. 4) jeden Zweifel aus. In der ersteren wird eine kegelförmige Kolonie mit 6 Etagen älterer Ascidiozooide und einer 7., von jüngeren Tieren gebildeten dargestellt. Die einzelnen Etagen erscheinen durch breite granulierte Zwischenräume abgetrennt, und die Ascidiozooide tragen weit aus dem Stockkörper herausragende Mantelfortsätze. Es ist zu bemerken, daß die Zeichnung aus einer Zeit stammt, wo der Pyrosomenstock noch als ein Individuum betrachtet und nur „Tuberkel" (JVIantelfortsätze bezw. Schlundrohre) an ihm beobachtet worden waren. Die andere Zeichnung von 1815 giebt eine sehr klare Darstellung von 2 Einzeltieren. Beide tragen wieder e einen deutlichen dorsalen Mantelfortsatz. Diese letzteren in beiden Zeichnungen schließen völlis" die Möglichkeit aus, daß P. e/egans und P. verticillatutn identisch seien, da P. verticlllatum keine Spur von Mantelfortsätzen trägt. Es ist höchst wahrscheinlich, daß Lesueur (18 13) in Fig. 2, PI. V eine jüngere Kolonie von P. gi^anteum und in Fig. 4, PI. I (18 15) zwei jüngere Ascidio- zooide derselben Species abgebildet hat. Bedenkt man, daß Lesueur (18 13) bei Anfertigung der Zeichnung des Stöckchens die Einzeltiere noch nicht erkannt hatte, und berücksichtigt dabei den Stand der damaligen Reproduktionstechnik, so wird man Lesueur seine Anerkennung über die charakteristische Wiedergabe des makroskopischen Bildes einer jungen Kolonie von P. gigantewni nicht versagen können. Die breiten granulierten Zwischenstücke, welche Seeliger (1895) zu der Ansicht verleiteten, „daß diese Abbildung nicht recht naturgetreu sein möchte", stellen zweifellos zwischengeschobene Etagen jüngerer Ascidiozooide dar. Lesueur's Kolonien seines P. elegans stammten aus der Bucht von V'illafranca. Nun sind aber, wie ich mich überzeugen konnte, weder auf der zoologischen Station zu Villafranca noch auch in Neapel je größere Pyrosomenkolonien mit regelmäßig übereinander liegenden Etagen in der Art von P. verticillahim beobachtet worden. Damit fällt auch die Annahme, daß Vogt (1848) und Keferstein und Ehlers (1861), Bonnevie (1896), Julin (1904) wirkliche P. ,,eIeoans" vor sich gehabt hätten, obschon die Autoren sich dieser Bezeichnung bedienen. Es handelt sich in diesen Fällen wohl ebenfalls um jüngere P. giomifeuni. Das reiche Pyrosomen- material der Deutschen Tiefsee-Expedition, das der Südpolar-Expedition und das des Berliner Zoologischen Museums, welch letzteres zum kleinen Teil aus dem Mittelmeer, zum größeren von der „Gazelle"-Fahrt stammt, enthält kein jP^rcw^zß-Stöckchen, auf welches Lesueur's Beschreibung und Bezeichnung zugleich paßte. Nach alledem erscheint es zweifellos, daß das fort und fort in der Litteratur aufgeführte P. elegans (Lesueur) thatsächlich nicht existiert und darum auszuscheiden ist, wie schon Seeliger vorschlug. Diagnose: Länge des Stockes 3 cm, eiförmig. Mantel glatt, um die Ingestions- öffnung trichterförmig eingesenkt. Ascidiozooide auch im höheren Stockalter in regelmäßigen, relativ weit voneinander abstehenden Ringen oder Etagen angeordnet. Körper rund bis elliptisch, höher als lang. Höhe 2,7 — 3 mm, Länge 2,^ — 2,7 mm. Schlundrohr fehlt, Endosty Ischwach gleichmäßig ge- 103 394 G. Neumann, krümmt. Kiemenspaltenf eld elliptisch, Kiemenspalten meist 21, Längsgefäße 11; Rückenzapfen 4 oder 5. Cloake sehr kurz und weit geöffnet. Cloaken- muskel sehr lang. Hoden, aus 12 — 15 geschwungenen Läppchen bestehend, liegt an der hinteren Körperwand, diese schwach buckeiförmig hervor- wölbend. Geschlechtsorgane gelangen sehr frühzeitig zur En twickelung. Weiblich vorreif. b) Pyrosoma operculatum n. sp. Hierzu Taf. XLIII, Fig. i, 5, 6. Auf Station 228, westlich vom Cagos-Archipel, brachte ein Vertikalnetzfang von 2500 m Tiefe ein PvrosoviaS\.öc\ic\\en aus dem Wasser des indischen Gegenstromes herauf, das schon durch seine Form von allen bekannten Arten sich unterscheidet. Diagnose: Stock 5V2 cm lang, 3 V2 cm im Mittel breit, einen abgestumpf- ten Kegel mit schmälerem offenen und breiterem geschlossenen Ende dar- stellend. Manteloberfläche glatt, ohne alle Fortsätze. Anordnung der Einzeltiere sehr dicht. Körper langgestreckt. Länge der größten Einzel- tiere 9 mm, Schlundrohr mittellang. Endostyl geradegestreckt, nur im vor- deren Viertel mäßig dorsal gebogen. Kiemen spaltenf eld abgerundet-pris- matisch, Kiemenspalten 40 — 45, Längsfalten 18 — 20, Rückenzapfen meist 16, Darmtrakt US schräg nach hinten-unten geneigt. Cloacalraum röhren- förmig verlängert, im Querschnitt verengert-dreieckig; erreicht bei alten Tieren etwa die halbe, bei jüngeren die ganze Länge des übrigen Körpers. Cloacalöf fn u ng gleichsam mit einer ventralen kapuz enf örm igen Klappe überdeckt, die sich dorsal in einen geschlossenen Hautsaum fortsetzt. Der Hoden buchtet die hintere ventrale Körperwand bruchsackartig vor, aus 15 — 17 tentakelförm igen Läppchen bestehend. Ei reift früher als der Hoden. Protogyn. Diese Art hat so bestimmte Merkmale, daß sie mit anderen nicht verwechselt werden kann. Die Stockform ist höchst eigentüm- lich (Textfig. 14). Während sich bei allen Arten der Stock nach dem geschlossenen Ende, nach der „Spitze" zu, verjüngt, sehen wir hier um- gekehrt die „Spitze" am offenen Ende, wo die jüngeren Generationen liegen. Auch die starke Abstumpfung am geschlossenen Ende ist nicht gewöhnlich. Die Körperform der Ascidiozooide zeigt Anklänge an verschiedene Arten. Das kurze Schlundrohr erinnert an P. ailanticum und verticillatwu oder P. Agassizi und spinosum, der prismatische Rumpf an P. giganteti/n und spinosum; die lange schlotförmige Cloake wäre nur mit der bei P. spinostim vergleichbar. Eine Eigentümlichkeit des Lumens des Cloacalraum es besteht darin, daß es nicht einfach rohrförmig gestaltet ist, sondern einen verengert dreieckigen Querschnitt aufweist, dessen Weite zudem an verschiedenen Stellen wechselt. Die Kontur in Fig. i, Taf. XLIII giebt 104 Fig. 14. Stockform von P. operculatum. Die Pyrosomen der deutschen Tiefsec-Expedition. 395 den optischen Längsschnitt des Cloakenraumes wieder. Man sieht, wie etwa in der letzten Hälfte (Taf. XLIII, Fig. 5) das Lumen auf einen schmalen Spalt reduziert erscheint. Der Querschnitt durch diese Partien zeigt, daß sowohl der Boden als auch die Seiten im Dreieck konvex hervor- springen und thatsächlich nur einen Spalt frei lassen. Nach dem Ende zu wird die Oeffnung wieder weiter. Ihr besonderes Charakteristikum aber hat diese Form darin, daß die dreieckige Cloac al- öffnung gleichsam mit einer ventralen kapuzenförmigen Klappe überdeckt ist, die sich dorsal in einen völlig geschlossenen Hautsaum fortsetzt. Um den Rand der Klappe und des Saumes läuft ein schmales Muskelbän dchen, in welchem wir nichts anderes als den Sphincter der Egestionsöffnung vor uns haben können. Dieser Verlauf desselben beweist schon, daß wir die ganze klappenförmige Bildung nicht etwa mit dem cloacalen Dorsalzipfel bei P. Agassizi und spinosu/// vergleichen dürfen. Bei diesen beiden Arten handelt es sich wirklich um einen cloakalen Anhang oder Auswuchs, dessen Wurzel \'om Dorsalteil des Sphincters nur gestreift wird, hier bei P. operculatum ist es nach der Lage des Muskels aber der Endteil der Cloake selbst. Die vom Muskel umsäumte Cloacalöffnung liegt demnach hier nicht wie bei sämtlichen anderen Formen (nur mit Ausnahme von P. spinosiiiii) in einer zur Längsachse des Ascidiozooids senkrechten Ebene, mündet also nicht nach hinten, sondern nach oben, der Rückenseite zugekehrt. Bei P. spinosiini liegt die Oeffnung ja zum Teil gerade entgegengesetzt, auf der Ventralseite, jedoch ist dieser Teil vom Mantel verschlossen. Natürlich birgt der klappenförmige Endteil der Cloake bei P. operculatum ebenso wie die An- hänge bei P. Agassizi und spitiosuf/i. einen Teil der primären Leibeshöhle. Den Eindruck eines Anhängsels macht der ganze cloacale Endapparat bei P. operai/alutn deshalb, weil er nicht wie der übrige Teil des Körpers vom Mantel völlig umhüllt oder in ihm einge- bettet erscheint. So ragen alle die.se Endabschnitte, nur mit einer dünnen Mantelschicht bedeckt, jeder frei für sich aus der gallertigen Stockwand in die gemeinsame Stockhöhle hinein. Die Form dieser „Klappen" ist (im konservierten Zustande) nicht konstant. Sie sind bald höher mit schmälerer Oeffnung, bald niedriger und breiter, aber stets dorsal zu geöffnet (vgl. Taf. XLIII, Fig. i, 5, 6). Der Sinn dieser Einrichtung dürfte nicht so ohne weiteres klar sein, zumal sie noch bei keiner anderen Pyrosomenart beobachtet ist. Vielleicht könnte auf diesem Wege nach dem Aus- pressen des verbrauchten Atemwassers aus dem Cloacalrohr ein Verschluß leichter bewirkt werden, um so bei der nun folgenden Erweiterung der Kiemenhöhle während des „Einatmens" ein Rück- strömen des Atemwassers zu verhindern. Da alle Cloacalöffnungen nach der Dorsalseite des Ascidiozooids gerichtet sind, der Rücken desselben aber stets dem offenen Ende der Kolonie zugekehrt ist, so zeigen auch alle Cloacalöffnungen nach dem offenen Ende. Der gemeinsame Cloacalraum ist zufolge der Stockform sehr weit, der im Wasser voraus- eilende geschlossene Pol relativ sehr stumpf; beides sind sicher keine Vorteile für die Eigen- bewegung des Stockes. Nun wird aber durch die basalwärts gerichteten Cloacalöffnungen das vom Cloakenmuskel ausgepreßte Atemwasser nicht an die gegenüberliegende Stockwand, sondern direkt gegen das Diaphragma des Stockes getrieben, woraus vielleicht ein stärkerer Rückstoß resultieren könnte. Für die Fortbewegung der abgestumpften Kolonie könnte das nur von Vorteil sein. Der Hoden erscheint auch charakteristisch. Ich kenne bei keiner anderen Art so lange ^' / Deutsche Tiefsee-Expedition 1898— 1899. Bd. XII, 105 51 306 Cr. NEUMANN, und dünne geschwungene Hodenläppchen in dieser lockeren Anordnung. Sie vereinigen sich wie immer ventral sternförmig und münden durch einen gemeinsamen kurzen Gang in ein auf- fällig großes, kugeliges Receptaculum inmitten der Hodenläppchen ein. Die geschlechtlichen Verhältnisse wurden oben (S. 312) schon erörtert. Der Stock ist weiblich vorreif; die jungen, am offenen Ende gelegenen Ascidiozooidgenerationen tragen zum Teil fertige Viererkolonien im Cloacalraum, während der Hoden ein winziges, völlig unentwickeltes Knöspchen darstellt. Bei weitem die Hauptmasse der (erwachsenen) Ascidiozooide haben geboren, und der Hoden steht auf der Höhe seiner Thätigkeit. Knospen lassen sich, be- zogen auf die vielen Hunderte von Ascidiozooiden, nur sehr wenige beobachten. Sie erscheinen alle sehr unentwickelt und doch schon abgeschnürt und isoliert im Cellulosemantel liegend. Ich möchte aus diesem allen schließen, daß der Stock relativ alt, die Periode der Knosp ung abgeschlossen ist und die Ascidiozooide ausschließlich der geschlechtlichen Thätig- keit obliegen. Das alles würde wieder dafür sprechen, daß der Stock als Individuum sein höchstes Alter und damit seine maximale Größe nahezu erreicht haben dürfte (vergl. oben S. 317/18). c) Pyrosoma ahemiosum Seeliger. Hierzu Taf. XLIV, Fig. 2. P. ahemiosum Seeliger, 1895, S. 64, Taf. IV, Fig. 6 — 11, Taf. V und VI. P. ahemiosum Seeliger, Krüger 1912, S. lo/ii; PI. II, Fig. 5. P. aherniosiivi wurde zuerst aus dem Material der Plankton- Expedition von Seeliger beschrieben. Es ist seither meines Wissens nur noch auf den Reisen des Fürsten von Monaco (Krüger 191 2) gefischt worden. Die Deutsche Tiefsee-Expedition erbeutete diese Art an 12 Stationen, von denen 7 auf den Atlantik und 5 auf den Indischen Ocean entfallen, woher sie bislang noch nicht bekannt geworden war. Im ganzen wurden 30 meist jüngere Stöckchen bis zu 2 cm Länge gefangen. Das längste der von Seeliger beschriebenen maß 3 cm. Wahrscheinlich zählt (vgl. oben S. 317/18) P. ahemiosum zu den Arten, die nur kleinere Kolonien bilden. Es ist kein Zweifel, daß P. ahemiosum eine sehr wohl zu unterscheidende, selbständige Art repräsentiert. In Bezug auf ihre Geschlechtsverhältnisse ist .sie, wie oben ausführlich erörtert wurde, als weiblich vorreife Art mit P. verticillatuvi und opercu/aium zusammenzustellen. Ueber die dieser Art eigene Stockbildung (jüngere Etagen schieben sich oft zwischen den älteren auf relativ sehr frühem Stadium ein) wurde gleichfalls oben schon gesprochen. Sie bedingt bei manchen kleinen Kolonien das ungemein charakteristische Aussehen. Die Kolonien erscheinen oft schon dem unbewaffneten Auge nicht gleichmäßig kegelförmig zugespitzt, sondern ein- oder mehrmals deutlich eingeschnürt (Taf. XLIV, Fig. 2). Von gleich großen Kolonien anderer Arten sind die Stöcke von P. ahemiosum im Habitus auch leicht zu unterscheiden, wenn sie jene Eigentümlichkeit nicht zeigen. So weit wie in den Kolonien von P. ahemiosum ragen die von einem Mantelkrater umwallten Ingestionsöffnungen in den gleich großen Kolonien keiner anderen Art aus dem Stockkörper hervor; mit anderen Worten, bei keiner anderen Art, auch nicht bei P. giganteum, was ja hauptsächlich in Frage käme, be- sitzen die Ascidiozooide in so kleinen Kolonien (i — 3 cm) bereits jene langausgezogenen und dabei so weiten, walzenförmigen (nicht kegelförmigen) Schlundrohre (vergl. Seeliger, 1895, Taf. V, 106 Die Pyrosomcn der deutschen Tiefsee-Expedition. 397 Fig. I und 3). Zudem sind dann bei P. giganteiim bereits die dorsalen Mantelfortsätze mehr oder weniger entwickelt, P. aherniostim entwickelt dagegen nie solche, wenn auch an der Dorsal- seite der Mundöffnung der Kraterwall des Mantels bei den alten Ascidiozooiden immer höher erscheint als an der ventralen (Taf. XLIV, Fig. 2). Das ventralwärts geneigte Circumoralfeld ist beiden Arten eigen. In Bezug auf die Entwickelung der Geschlechtsorgane und die Möglichkeit, aus diesem Verhalten die Art mitzubestimmen, gilt für P. aherniosum das von P. verticillatum Mitgeteilte. Hinzugefügt sei endlich noch, daß außer der von Seeliger beschriebenen Pigmentierung der hinteren Leibeswand Pigmentzellen (bei FLEMMiNG'scher Konservierung) in einem einreihigen Kränzchen um die I n g e s t i o n s ö f f n u n g zu beobachten sind, ähnlich wie ich es (Taf. XLII, Fig. 4 und 5) von P. atlanticum abbildete. Der von Seeliger (1895, S. 64) gegebenen genaueren Diagnose dieser Species habe ich sonst nichts hinzuzufügen. Unter Benutzung dieser Diagnose stelle ich der Vollständigkeit halber über P. aherniosum folgendes zusammen: Diagnose: Länge des Stockes bis 3 cm. Stockform kegel- oder cylinder- förmig, oft unter der Spitze eingeschnürt und am offenen Ende stark verbreitert. In jungen Stöckchen dreieckige, später schwindende Manteldornen. Mund- öffnung vom Mantel gleichmäßig kraterartig umwallt. Körper langgestreckt, bis 5 mm lang; Schlundrohr dick, lang, kaminförmig; Mundöffnung dorso- ventral gestellt. Endostyl fast geradegestreckt; Kiemen spaltenfeld abge- rundet-viereckig, Kiemenspalten bis 24, breit, Längsgefäße etwa 14, Rücken- zapfen meist 5. Cloake relativ kurz, weit. Hoden den ventralen Teil des Verdauungst raktus umhüllend, buchtet die ventrale Körperwand nicht hervor. Hodenläppchen etwa 12. Weiblich vorreif. d) Pyrosoma atlanticum Peron var. giganteum Lesueur und var. levaüim Seeliger. RrriER (1905) konstatierte erstmalig, daß die in der Litteratur unter den Namen P. atlanticum Peron und P. giganteum Lesueur beschriebenen Pyrosomen schwer oder gar nicht auseinander zu halten seien. Krüger bestätigte (191 2) RirrER und zog beide Formen zu einer Art unter der Bezeichnung: P. oricranteum Lesueur zusammen. Wenn auch in älterer Zeit nie daran gezweifelt worden war, daß beide Formen bei aller Verwandtschaft zwei selbständige Arten seien, so stellte doch schon Savigny (18 16, S. 207) eine bedeutende Varibilität der Mantelfortsätze und, sicher zu Unrecht, eine solche des Diaphragmas bei P. giganteum fest und unterschied daraufhin 3 Varietäten. Seeliger (1888, S. 25) sah sich veranlaßt, andererseits P. atlantiaim Peron in 2 Varietäten, ,,Ievatu7n" und ,,tuberculosum", aus- einanderzulegen, von denen die letztere durch die oberflächlichen Mantelfortsätze auf der einen Seite sich P. giganteimi nähert, „während sie andererseits durch Zwischenformen der ersten Varietät verbunden erscheint". Herdman unterschied letzten Endes beide Arten lediglich nach der Stockform und der Beschaffenheit der Mantelfortsätze. 107 51* ^ ^ Q G. Neumann, Alle diese Unterteilungen der Forscher sind sicher als Zeichen für die Unsicherheit in der Unterscheidung beider Formen zu deuten und ohne Zweifel ist RrrrER darin recht zu geben, daß die mit P. atlanticum Peron und P. givanteimi Lesueur in der Litteratur bezeichneten Pyrosomen deshalb nicht immer zu unterscheiden sind, weil viele der von den Autoren zitierten Merkmale (Körperform, Zahl der Kiemenspalten. Längsgefäße und Rücken zapfen , Form und Größe der Qoake, Lage des Hodens, Geschlechtsverhältnisse) ineinander fließen oder beiden Formen direkt gemeinsam sind und, wie gleich gezeigt werden soll, nur wenige Eigentümlich- keiten (Oberflächenbeschaffenheit der Kolonie, Größe der Ascidiozooide, Länge der Präbranchial- zone, Stellung der Ingestionsöffnung, Pigmentiening) zur Unterscheidung dienen können. Was nun aber die Benennung der zusammengezogenen Art durch Krüger betrifft, so muß zunächst festgestellt werden, daß nicht nur die von den verschiedenen Forschern mit P. atlaniiaim Peron und P. giganteum Lesueur bezeichneten Formen zum Teil ineinander über- gehen, sondern auch, daß Perons P. atlantiaim selbst mit Lesueurs P. giganteuvi identisch ist. Die Zeichnungen, welche beide Autoren beifügen (Peron 1807, Taf. XXXI, Fig. i u. 2; Le- sueur 181 5, PI. I, Fig. 4), weniger natürlich ihre Beschreibungen, lassen darüber keinen Zweifel. Somit müßte, wie Krüger auch hervorhebt, auf Grund der Priorität die Bezeichnung P. giganteum ganz fortfallen, denn Peron beschrieb sein P. atlanticum 1804 und Lesueurs Mit- teilung über P. giganteum erschien 181 5. Krüger folgt aber der Priorität nicht, sondern „parce que la forme giganteum est plus fr6quente que la forme atlanticum", schlägt er vor, die Art P. giganteum und die kurzschlundige Varietät ohne Mantelfortsätze ,,atlanticum" zu nennen. Dazu dürfte bemerkt werden, daß erst Seeliger (1895) überhaupt bei P. atlanticum Peron eine Varietät mit ganz kurzem Schlundrohr und „ohne merklich her\'orragende Mantelfortsätze" unter der Bezeichnung P. atlanticum var. levatum namhaft machte, bei Peron selbst aber davon nicht die Rede ist, da er sicher echte langschlundige und mit langen Mantelfortsätzen („tuberkel") ausgestattete Tiere von P. gigan- teum Lesueur vor sich hatte. Weil es aber, wie ich sogleich zeigen werde, begründet sein dürfte, im Anschluß an Seeliger die kurzschlundige Form mit glattem Stock und die lang- schlundige, mit Mantelfortsätzen ausgestattete als zwei Varietäten einer Art zu trennen, so würde es auf Grund des vorhin dargelegten wohl zweifellos am richtigsten sein, wenn wir (entgegen Krüger 191 2) die zusammengezogene Art P. atlanticum nennen und diese in die beiden Va- rietäten ,,oiganteum" (die größere, langschlundige mit Mantelfortsätzen ausgestattete und häu- figere) und ,,levatum" (die kleinere, kurzschlundige, glatte und wohl seltenere) zerlegen. Ich werde mich jedenfalls dieser Bezeichnungen bedienen und schlage sie zur Annahme vor. Wo daher im voraufgehenden schlechthin von P. at l an t ictim die Rede ist, ist natürlich die Varietät levatu^n, wo P. giganteum steht, die Varietät o ioanteum gemeint. Es sei mir nun gestattet, meine diesbezüglichen, an einem außerordentlich reichen Material gemachten Beobachtungen über die beiden Varietäten von P. atlanticum mitteilen zu dürfen. Mir stehen gegenwärtig zur Untersuchung . die Pyrosomen der Deutschen Tiefsee-Expedition, der Deutschen Südpolar-Expedition und das reiche Pyrosomenmaterial des Berliner Zoologischen Museums zur Verfügung, welch letzteres zum größeren Teile von der „Gazelle"-Expedition vom Jahre 1876, zum kleineren Teile aus dem Mittelmeere stammt. 108 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 399 Es ist zunächst meines Erachtens kein Zweifel, daß die jungen, etwa bis s cm langen Stöcke beider Varietäten sicher zu unterscheiden sind. Das Material der „Valdivia" birgt gerade eine Fülle prächtig konservierter kleinster, bis i V2 cm langer Stöckchen beider Formen in nahezu lückenloser Folge. So finden sich z. B. von Station 74 allein 65 Stöckchen von var. levattwi von 5 — 12 mm Länge. Von Station 89 enthält das Material 12 5 — 13 mm lanee Kolonien von var. siscmtemn. Von anderen Stationen kommen einzelne Kolonien in diesen Größen hinzu (siehe Tabelle). Auch an Stöcken beider Arten in den Größen von 2 — 5 cm ist kein Mangel. Im „Valdivia"-Material sind 23 Kolonien dieser Größen von var. gigantetim enthalten, weitere 18 im Material des Berliner Zoologischen Museums. Gleich große Kolonien von var. Icvatuni birgt zwar das Material der Deutschen Tiefsee-Expedition nicht, wohl aber enthält das Berliner Material 4 davon. Stockform und Manteloberfläche. Vergleicht man mit bloßem Auge bis zu i V-2 cm lange Kolonien beider Varietäten miteinander, so erscheinen die von var. levatum bei gleicher Länge stets schlanker als die von var. giganteum. Während ferner die Oberfläche bei den Kolonien von var. levatum völlig glatt ist, zeigen bereits 3 — 4-reihige, 5 — 10 mm lange Kolonien von var. giganteum am Stockkörper her- vortretende Ring Wülste. Sie werden durch die bereits in die Länge wachsenden, vom Mantel umhüllten Schlundrohre der jungen Ascidiozooide hervorgerufen. Bei den ältesten Ascidiozooiden von var. oicranteum ist weiterhin die trichterförmige Einsenkung des Mantels um die Mundöffnung bereits in 2 — 3-reihigen Stöcken dorsal höher als ventral, im optischen Querschnitt erscheint also dorsal ein stumpfer, runder Fortsatz; bei var. levatum ist der Manteltrichter stets rund herum gleich hoch und bleibt es auch in allen späteren Stadien. Die Anordnung der Ascidiozooide ist gleichfalls unterschiedlich. Schon wieder- holt betonte ich in anderem Zusammenhange, daß die Stöcke von var. gigantetim länger an einem regelmäßigen Aufbau in Etagen oder Ringen festhalten als die von var. levatum. Bei dieser letzteren Art setzen sich viel früher Wanderknospen unregelmäßig zwischen den älteren Etagen fest als bei var. giganteum. Dazu sind die Ascidiozooide l^ei var. levatum viel dichter geschart ; schon die Etagen liegen enger aneinander, sie sind mehrgliedriger als bei var. giganteum. In 3 — 5 cm langen Kolonien ist bei var. levatum nichts mehr von den ehemaligen Ringen zu erkennen, die Ascidiozooide liegen sehr dicht und wirr durcheinander. In gleich langen Stöckchen von var. giganteum tritt bei Betrachtung mit bloßem Auge schon die ursprüngliche ringförmige Anordnung der ältesten Ascidiozooide noch hervor. Natürlich gleicht hierin nicht eine Kolonie derselben Art immer genau der anderen. Auch die Größe und Form der Ascidiozooide ist in diesen jungen Kolonien verschieden. Die Individuen von var. levatum sind im allgemeinen kleiner als die in gleich großen Stöcken von var. giganteum. Natürlich ist aus diesem Grunde (und ganz besonders auch wegen der dichteren Lagerungsweise bei var. levatum) die Zahl der Ascidiozooide in gleich langen Stöcken bei var. levatum stets viel größer als bei var. gigantetwi. Das Kiemenspaltenfeld der jungen Ascidiozooide von var. levatum erscheint bei seitHcher Betrachtung rund, elliptisch, vielfach höher als lang ; bei \ar. giganteum distal verschmälert, dreieckig. Das kurz abgestumpfte Schlundrohr läuft bei var. levatum genau paralllel mit der Längsachse des Körpers. 109 1 __ G. Neumann, Die Ingestionsöffnung (mit dem Circumoralfeld) steht senkrecht auf der Medianachse. Bei var. gi^atitetim haben wir in den gleich großen Kolonien Ascidiozooide mit einem schräg aufsteigenden, über den Stockkörper hervorragenden Schlundrohre mit (bei seitlicher Be- trachtung) schön geschwungenen Konturen und einer ventral wärts geneigten Mundöff- n u n p^ von eanz e e w a 1 1 i e e r \\^ e i t e , wie ich sie bei keiner anderen Form beobachtet habe (meist erscheinen ja die Ingestionsöffnungen durch die bei der Konservierung erfolgte Kontrak- tion des Mundsphincters stark verengt). Wenn schon die bis i V2 cm langen Kolonien beider Formen vornehmlich durch ihre Oberflächenbeschaffenheit mit bloßem Auge zu unterscheiden sind, so besitzen die 2 — 5 cm langen Stöcke meist einen so charakteristischen Habitus, daß ich mich nicht wundern würde, wenn ein Beobachter Kolonien beider Formen für Angehörige verschiedener Species erklärte : Bei var. Icvatuvi eine vollständig glatte Oberfläche, bei gleich langen var. giganteumY^oXom^n ein dorniges, stacheUges Aussehen, hervorgerufen durch die bereits weit (in einer 5 cm langen Kolonie bis 4V2 rnm) über den Stockkörper hervorragenden Schlundrohre, die dorsal von der In- gestionsöffnung mit einem um so längeren lanzettlichen [Mantelfortsatz besetzt sind, je älter das Ascidiozooid, also auch, je länger das Schlundrohr ist Bei einer 5 cm langen Kolonie messen die Mantelfortsätze der ältesten Ascidiozooide bereits 2 mm ij. Die schon bei den ältesten Ascidiozooiden in (2 — 3-reihigen Stöcken) wahrnehmbaren Mantelerhebungen an der Dorsalseite der Mundöffnung verlängern sich fort und fort, so daß hier zunächst ein stumpfer Zahn erscheint, der bald spitzer wird, zwei Schneiden bekommt und sich ventral löffeiförmig aushöhlt. Und weil sich eben alle Uebergänge finden lassen, so glaube ich, dürfen wir im Gegensatz zu Seeltger nur die Kolonien zu var. levatnm zählen, welche (natürlich neben anderen bestimmten Merk- malen) gar keine Mantelerhebungen zeigen. Sobald wir die kurzspitzigen {P. atlantiarm var. tuberculosum Seeliger) Kolonien mit zu var. Icvatmn zählen , wird die Unterscheidung unsicher. Auch hinsichtlich der Entwickelung der Geschlechtsorgane lassen sich beide Formen wenigstens in jüngerem Stockalter in den weitaus meisten Fällen voneinander unter- scheiden. Zwar sind beide Arten protandrisch ; aber die Entwickelung des Hodens setzt in den Ascidiozooiden von var. giganteum in späterem Alter ein als bei var. levatum, wie schon Seeliger (1895, S. 62) erwähnt. Daher findet man in 2 cm langen Stöcken von var. levatum in den älteren Ascidiozooiden bereits einen mächtig entwickelten Hoden, bei var. giganteum kann man dasselbe etwa in 4 — 5 cm langen Kolonien erst beobachten; in etwa 3 cm langen Stöcken ist der Hoden höchstens als kleines Knöspchen zu beobachten. Nicht verschwiegen sei aber, daß offenbar auch Ausnahmen darin vorkommen. Insbe- sondere scheint in den Stöckchen von var. giganteum aus dem Mittelmeer die Entwickelung des Hodens früher einzusetzen als bei denen aus dem freien Ocean, wie denn überhaupt die im Mittelmeer vorkommende var. giganteum-Form ganz besonders t}'pisch und charakteristisch sein dürfte. Das führt uns auf die Besprechung der großen Stöcke beider Arten. Die Plankton-Expedition erbeutete bis 6 cm lange Kolonien von P. atlaiiticum var. levatum, i) Ich bestätige in diesen Beobachtungen eigentlich nur die schon von Seeliger (1895, S. 59) gemachten: „Von P. giganteutn lagen mir eine Anzahl kleiner, 4 — 5 cm lauger Stöcke, die aus dem Mittelmeer stammten, zur Vergleichung vor, sie erwiesen sich schon bei oberflächlicher Betrachtung verschieden durch die lang emporrankenden vorderen Körperenden der älteren Ascidiozooide und die schlanken, lanzettförmigen Mantelfortsätze an den Ingestionsöffnungen." I 10 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. AOI während die von Huxley sogar 25 cm (10 inches) in der Länge maßen. Im Material des Berliner Museums sind die größten der von mir zu var. levatuni gerechneten Stöcke 1 2 cm lang. Von var. giganteufn wurden auf der Plankton-Expedition ausschließlich kleine, bis 1,6 cm lange Kolonien gefangen. Die größten vom „Challenger" waren 36 cm lang. Der längste Stock von var. giganteum, der bis jetzt erbeutet worden ist, dürfte der von Ritter (1905) zitierte von 60 cm Länge sein. Die Deutsche Tiefsee- Expedition fischte nur einen großen 26 cm langen Stock von var. gigantetDH. Die Pyrosomen-Sammlung des Berliner Museums enthält eine ganze Anzahl bis 40 cm großer Stöcke von dieser Varietät. Auch die „Gauss" erbeutete mehrere bis 35 cm lange Kolonien von var. viffanteum. Vergleicht man mit unbewaffnetem Auge diese großen, walzenförmigen Kolonien (beider Varietäten) miteinander, so fällt sicher zuerst wieder die verschiedene Oberflächenbeschaffen- heit auf. Man könnte sie danach in drei Gruppen bringen. Gewisse Stöcke besitzen lang über den Stockkörper herausragende Schlundrohre mit langen lanzettlichen Mantelfortsätzen in äußerst dichter Anordnung, bei anderen, und das ist bei den mir vorliegenden die Haupt- masse, sind die über den Stockkörper herausragenden Schlundrohre samt deren Mantelfortsätzen viel kürzer und vor allem viel geringer an Zahl, und endlich weisen einige eine völlig glatte Manteloberfläche auf. Sämtliche mir vorliegende große Kolonien aus dem Mittel meer (Neapel, Messina, Villafranca) gehören zur ersten Gruppe mit relativ sehr langen Schlundrohren (und eben- solchen Mantelfortsätzen) in besonders dichter Anordnung. Man könnte geradezu von einer Lokalrasse reden. Aus dem freien Ocean besitze ich nur kleinere, bis 5 cm lange Kolonien dieser Varietät. Ich messe z. B. an einem 1 8 cm langen Stock von var. giganteum, der aus Villa- franca stammt, ein 8V2 mm langes (über den Stockkörper herausragendes) Schlundrohr, dessen lanzettlicher, an den beiden seidichen Rändern gezähnelter und ventral meist löffeiförmig aus- gehöhlter Dorsalfortsatz 6 mm beträgt, und dieses bei einer Gesamtlänge des Ascidiozooids (von Egestions- zu Ingestionsöffnung) von 15V2 mm, so daß auf den Rumpf mit Cloake 7 mm entfallen. Die Verteilung ist so dicht, daß auf dem Quadratcentimeter etwa 4 — 6 lange und noch 2 — 3 mittellange Schlundrohre hervorragen. Die Kolonien der zweiten Gruppe besitzen nie, auch nicht bei viel größerer Stock- länge, so lange Schlundrohre und Mantelfortsätze; dafür sind aber die Schlundrohre dicker und die Fortsätze stumpfer und breiter. An der einzigen großen Kolonie von 26 cm Länge aus dem „Valdivla"-Material messen z. B. die längsten Schlundrohre der alten Ascidiozooide über 5 mm und der breite, stumpfe Dorsalfortsatz nur 1V2 mm, und dabei steht auf dem Quadratcentimeter etwa nur eins dieser langen Schlundrohre. Die ältesten Ascidiozooide eines 38 cm langen Stockes von der „Gazelle"-Expedition aus dem südlichen Pacifik weisen im Maximum 3 mm lange Schlundrohre mit einem kaum i mm langen, breit-lanzetdichen Dorsalfortsatz auf. Es ragen ein oder zwei Schlünde auf den Quadratcentimeter vor. Diese Beispiele sollen genügen, um die Va- riabilität in der Länge der Schlundrohre, in der Länge und Form der Mantelfortsätze und end- lich in der Verteilung oder dem Verhältnis der alten Ascidiozooide zu den jüngeren darzutun. In diesem Zusammenhange sei noch einmal hervorgehoben, daß bereits Savigny (1816, S. 207) hinsichtlich der Ausbildung der Mantelfortsätze 3 Varietäten von P. gigafiteum unter- III .Q2 ^- Neumann, schied, und zwar solche mit großen stumpfen, mit kleinen schmalen und endlich solche mit langen und spitzen Fortsätzen. Herdman (1888, S. 29) machte an den Kolonien des „Challenger" ähnhche Beobachtungen wie ich sie eben mitteilte. Auch er stellte an einigen aus der Antarktis stammenden Stöcken die spärliche und unregelmäßige Verteilung der „Processus" (gemeint sind wohl damit zugleich die Schlundrohre) fest und giebt die Länge derselben z. B. bei einer 36 cm langen Kolonie mit 4 — 5 mm an i). Auch Seeliger bezeichnet die Mantelfortsätze als in der Gestalt variabel. Ich rechne die Kolonien . dieser beiden Gruppen zu var. giganfenm. Die Stöcke der dritten Gruppe sind vollständig glatt an ihrer Oberfläche, auch die ältesten Ascidiozooide besitzen an ihrer Ingestionsöffnung keiner- lei Fortsätze. Die längsten mir zur Verfügung stehenden Kolonien dieser Art (aus dem Material des Berliner Museums) sind allerdings nur i o — 1 2 ^'2 cm lang. In der Form zeigen sie nichts Besonderes, sondern weisen z. B. dieselbe stumpfe, gerundete Spitze und bald mehr Kegel-, bald mehr Walzenform auf wie die übrigen größten Kolonien. Ich rechne sie zu var. levattivi. Der Habitus, das Gesamtaussehen dieser Kolonien ist durchaus anders als etwa das der Mittel- meerformen von var. oigantenm mit ihrem außerordentlich zottigen Stockkörper. Die Kolonien der zweiten Gruppe mit den kürzeren Schlundrohren und Fortsätzen in spärlicher Verteilung ähneln jenen glatten Kolonien natürlich schon mehr. Welche Unterschiede weisen nun die As- cidiozooide auf? Es muß gleich betont werden, daß in Bezug auf die Form des Ascidiozooiden- leibes ein durchgreifender Unterschied zwischen den genannten Gruppen nicht aufzufinden ist. In den meisten Fällen handelt es sich um einen abgerundet-prismatischen, kastenförmigen Rumpf inkl. einer mittellangen Cloake. Die Größe der alten Ascidiozooide ist allerdings nach meinen Beobachtungen verschieden. Die alten Ascidiozooide von var. levatum messen nur bis 5 mm in der Länge, die von var. gigantemii 1 5 — 1 8 mm. Die Wandstärke der Kolonie von var. giganteutn beträgt also in einzelnen Fällen mehr als das Dreifache der Stöcke von var. levatum. Der Endostyl erscheint meist geradegestreckt oder seltener nur mäßig im hinteren Körperabschnitt aufsteigend und der Körper dann hier etwas verschmälert. Die Zahl der Kiemenspalten beträgt im Maximum 45 — 50, Längsfalten sind meist 15 — 17 vorhanden. Rückenzapfen bis 12. In einer Hinsicht aber unterscheiden sich meines Erachtens immer scharf die glatten Kolonien von den anderen, nämhch durch Länge und Beschaiff enheit des Schlund- rohres oder besser der Präbran ch ialzone. Bei den glatten Stöcken {von \--scc. levatum) besitzen alle Ascidiozooide ohne Ausnahme eine sehr kurze Präbranchialzone, d. h., ein „Schlund- rohr" fehlt ihnen also. Jene macht höchstens ein Viertel der Länge des Kiemendarmes aus. Die Ingestionsöffnung steht senkrecht auf der Längsachse des Körpers, wodurch die Präbranchial- zone abgestutzt erscheint. In den übrigen Kolonien (von var. giganteum) finden wir die Präbranchialzone zu einem mehr oder weniger (bei 18 cm langen Kolonien bis 9 mm) langen, schlotf örmigen Schlund- rohr ausgezogen, welches die Länge des übrigen Körpers nicht nur erreichen, sondern sogar über- treffen kann. An der Spitze desselben mündet die stark ventralwärts geneigte, oft fast I) Die Textzeichnungen Fig. 2, 4 und 5 bei Herdman, von denen allerdings nur die letztere mit P. giganteum bezeichnet ist, müssen, was die Mantelfortsätze anlangt, als kaum zutreffend bezeichnet werden. Mit einem derart unregelmäßig gestalteten Fortsatz und den in der Darstellung gezeichneten Schlundrohren haben weder LEStJEUR noch Savigny und weder HuxLEY (1860, Taf. XXX, Fig. i) noch Seeliger (1895, Taf. I, Fig. i, 3) P. giganteum gezeichnet. Auch ich muß gestehen, nie so etwas beobachtet zu haben. I I 2 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 403 in der Mediane liegende Mundöffnung in einem ebenso gestellten „Oralfeld" (Seeliger), so daß also das Schlundrohr im Gegensatz zur anderen Form schräg abgeschnitten erscheint. Schließlich leitet nun zur Mundöffnung die löffeiförmige Aushöhlung des dorsal über das Schlund- rohr verlängerten Mantels, und zwar eben in der Form des schon beschriebenen, mit zwei ge- zähnelten seitlichen Kanten lanzettlich zugespitzten Fortsatzes. Noch eine Bemerkung finde hier Platz. Schon bei Betrachtung von Kolonien mit der binokularen Lupe fallen einem auf den Seiten der Ascidiozooide dunkle Flecke auf, die zu weilen so häufig sind, daß der Ascidiozooidenkörper ganz scheckig erscheint. Zunächst möchte man an ausgebleichte Pigmente denken. Die genauere Untersuchung zeigt jedoch, daß diese Flecke der Außenwand des Peribranchialraumes zugehören und sich als höchst eigenartig umgebildete Stellen des äußeren Per ibranchial epithels von läng- licher oder kreisförmiger Begrenzung und nach außen schwach konvex vorgewölbter Oberfläche darstellen (Taf. XL, Fig. 21). Die Zellen dieses Raumes erscheinen entweder ganz oder nur in einer Ecke mit dicht aneinander gedrängten Vakuolen erfüllt; das nach Heidenhain stark färb- bare Plasma ist auf einen zentralen Bereich zurückgedrängt, von dem aus es in dünnen Fäden netzartig den Zellraum durchstrahlt. Vielfach ist in diesem zentralen Plasma der längliche färb- bare Kern noch nachweisbar, oft erscheint er aber auch in eine schwarze, nicht mehr scharf begrenzte Masse aufgelöst. Zuweilen tritt eine großkugelige Vakuole, welcher der langgestreckte Kern anliegt, an die Stelle vieler kleinerer. Die Zellgrenzen der polygonalen Plattenzellen werden vielfach in dickeren randlichen Plasmasträngen noch erkennbar. Nahezu lückenlos umsäumt er- scheint der gesamte Komplex von Zellen, welche mit unregelmäßig begrenzten schwarzen Körnern dicht angefüllt sind. Man könnte zunächst vermuten, es handle sich in diesen Bildungen um Kunstprodukte. Dem widerspricht jedoch das Vorkommen bei verschiedenen Species und bei allen Stöcken der- selben Art, wo sie auch herstammen mögen, einschließlich der jüngeren und jüngsten Tiere. Viererkolonien lassen bereits diese Flecke erkennen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um Degenerationserscheinungen, deren Verlauf bei jüngeren Tieren sich genau verfolgen läßt. Ich fand solche Bildungen auch noch, aber vereinzelter, bei P. aherniosum. I. Pyrosoma atlanticum Peron var. giganteum Lesueur. Hierzu Taf. XXXVI, XXXVII, Fig. 3 — ri, Taf. XXXVIII, XXXIX, XL, Fig. i— 21, Taf. XLIII, Fig. 4 u. 8. P. atlanticum Peron, 1804, S. 437; 1807, S. .485, PI. XXXI, Fig. i, 2. P. giganteum Lesueur, 1815, S. 70, PI. I, Fig. 1—3, 5—15. P. elegans Lesueur, 1813, S. 283, PI. V, Fig. 2; 1815, S. 414, PI. I, Fig. 4. P. gigajiteum Les., Savigny, 1816, S. 51, PI. IV, Fig. 7, PI. XXII und XXIII. P. elegans Les., Vogt, 1848, S. 59—66. P. giganteum Les. und elegans Les., Keferstein und Ehlers, 1861, S. 72, Taf. XII, Fig. 4 — 9. P. gigantemn Les., Panceri, 1873, PI. I, Fig. 1 — 3. P. giganteum Les. und P. atlanticum Per., Herdman, 1888, S. 25, 26, PI. I. P. giganteum Les., Joliet, 1888, PI. I — IV. P. giganteum Les. und P. atlanticum var. tuberculosum Seeliger, 1895, S. 61, Taf. I u. II, Taf. IV, Fig. 3 u. 4; S. 58, Taf. IV, Fig. 1—7. P. elegans Les., Bonnevie, 1896. P. elegans Les., Julin, 1904, S. 544. 113 Deutsche Iiefsee-Expedition i8q8— i8gg. Bd. XII. „_ G. Neumann, 404 P. gigantcum Les., Ritter, 1905, S. 98, Fig. 30, 31. P. gigantetirn Les., Ihle, 1910, S. 11, 12. P. giganteum Les., Julin, ig 12. P. giganteum Les., Krüger, 19 12, S. 5 ff. Was die aus den vorstehenden Litteraturangaben hervorgehende Zugehörigkeit zu dieser Varietät von P. atlantinim anlangt, so läßt sie sich natürlich, nach dem was vorhin ausgeführt wurde, nicht in allen Fällen mit absoluter Sicherheit feststellen. Jedenfalls aber ist, wie schon S. 392/93 begründet wurde, das P. elegans Lesueur's mit P. giganteum Les. identisch. Deshalb werden auch alle späteren Autoren, welche von P. elegans reden (Keferstein und Ehlers, Bon- NEViE, Julin), sicherlich nur Kolonien von var. giganteum vor sich gehabt haben. Diese so be- nannten Stöcke stammten aus dem Alittelmeer; meines Wissens ist aber thatsächlich noch an keinem Orte desselben, wo überhaupt Pyrosomen gefangen wurden oder noch gefischt werden (Neapel, Villafranca, Monaco), ein Stöckchen beobachtet worden, das der Beschreibung Lesueur's und zugleich seinen Zeichnungen (18 13, PL V, Fig. 2, und 181 5, PL \, Fig. 4) entspräche. Das von Herdman, PL II, Fig. 8 gezeichnete und S. 34 beschriebene Stöckchen dürfte, wie schon Seeliger venuutete, eine P. aherniosum-Kolome sein. Was die nach Peron's P. atlanticnni benannten Kolonien der Autoren anlangt, so möchte ich die von Herdman zitierte 9,5 cm lange Kolonie für var. giganteum halten, und ferner muß Seeliger's P. atlanticum var. tuberculosum zu var. giganteum gerechnet werden. Denn es ist für mich ohne ZweifeL daß Seeuger in seinen bis 6 cm langen Stöcken von P. at/anticutn var. tuber- etdosum jüngere Kolonien der kurzschlundigen Form von var. giganteum vor sich hatte (vergl. seine Taf. III, Fig. i, eine klare Zeichnung eines jüngeren Ascidiozooids von var. giganteum mit dem entstehenden dorsalen Fortsatz, wie ihn immer die jungen Tiere in alten und jungen Stöcken zeigen). Dagegen möchte ich bestimmt glauben, daß die von Huxley (1851, S. 580) beschriebene und (PL X\TI) abgebildete Kolonie zu var. levatum zu zählen sei. Diagnose: Länge der Kolonie bis 60 cm. Kegel- oder walzenförmig. Mantel mit (bis 5 mm) langen, meist lanzettlichen, ventral löffeiförmig aus- gehöhlten Fortsätzen an der Dorsalseite der Mundöffnung. Körper prismatisch, langgestreckt, 16 — 18 mm lang. Schlundrohr lang-schlotför m ig ausgezogen, bis gmm lang. Circumoralfeld stark ventral wärts geneigt; Ingestionsöffnung sehr weit. Endostyl meist distalwärts mäßig aufsteigend. Kiemenspalten feld in der Jugend abgerundet, im Alter prismatisch, distalwärts verschmälert. Kiemenspalten 50, Längsgefäße 20, Rückenzapfen bis 12. Cloake mittel- lang. Hoden aus 20 und mehr Läppchen bestehend, buchtet die ventrale Körperwand stark bruchsackartig vor. Männlich vorreif. Hoden relativ spät reifend. 2. P. atlanticum Peron var. levatum SEELIGER. Hierzu Taf. XLII, Fig. 4—6. P. atlanticum Huxley, 1851, S. 580, PI. XVIL P. atlanticum var. lenatum Seeliger, 1895, S. 58, Taf. III, Fig. 9 — 13, Taf. IV, Fig. 5. P. giganteum Lesueur var. atlanticum Peron, Krüger, 191 2, S. 5 ff. 114 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. AQS. Diagnose: Länge der Kolonie bis 26 cm, kegel- oder walzenförmig. Mantel glatt, ohne jegliche Fortsätze, im Umkreise der Ingestionsöffnung rings herum gleich hoch und trichterförmig eingesenkt. Körper prismatisch, langgestreckt, bis 5 mm lang, Präbranchialzone sehr kurz, Schlundrohr fehlt, Circumoralfeld nicht geneigt. lindostyl (ebenso wie die Rückenfläche) in der Jugend schwach und gleichmäßig gekrümmt, im Alter g e r a d e g e - streckt, stabförmig. Kiemenspaltenfeld in der Jugend elliptisch-rundlich, im Alter prismatisch. Kiemenspalten bis 45, Längsfalten bis 16, Rücken- zapfen 9; Cloake von mittlerer Länge. Hoden buchtet die ventrale Körper- wand stark bruchsackartig vor, aus 12 — 15 Läppchen bestehend. Männ- lich vorreif. Wie schon erwähnt, halte ich den von Huxley (1851) als P. atlanticum beschriebenen 25 cm langen Stock für ein P. atlantiami var. levahuii. PI. XVII, Fig. i zeichnet er ein altes Ascidiozooid in wundervoller Klarheit mit denjenigen Merkmalen, welche ich vorhin als charak- teristisch für diese Varietät angab. Im Text (1851, S. 581) lesen wir dazu: „The outer surface of the cylinder was covered with a multitude of small projections." Gemeint können nach der Zeichnung nur die trichterförmigen Erhebungen des Mantels um die Ingestionsöffnung sein. Daß diese Varietät sich mit Seeliger's (1895) P- atlanticum var. levatum deckt, wurde gleich- falls ausgeführt. Von der Art mit den eben gekennzeichneten Merkmalen wurde von der „Valdivia" unter anderen auf Station 74 ein größerer Schwärm von 65 kleinen Stöckchen von 5 — 12 mm Länge bei 5 — 6 mm Breite durch einen Vertikalzug in 3000 m Tiefe erbeutet. Sie sind zum Teil in pLEMMiNG'scher Flüssigkeit, zum Teil in Sublimat und Alkohol konserviert und prachtvoll er- halten. Die längsten bestehen aus etwa 7 — 8 älteren, sehr dicht aber regelmäßig gelagerten Etagen oder Ringen, zwischen denen bereits 2 — 3 jüngere unregelmäßigere durch nachfolgende Wanderknospen (vergl. oben S. 300) gebildet sind. Auch die Lagerung der (im Vergleiche zu gleich langen Stöcken von var. giganteum) kleinen Ascidiozooide ist sehr dicht. Die Ringe sind nicht 8-gliedrig, sondern es liegen bis 13 Ascidiozooide in einer Etage. Charakteristisch für diese Art scheint die reiche Pigmentier ung zu sein, wie sie in dieser Ausdehnung und Dichte noch bei keiner anderen Form bisher beobachtet worden ist. Nicht nur die gesamte ventrale Körperwand, von der Cloake an, erscheint mit äußerst fein stern- förmig verästelten Pigmentzellen von intensiv karminroter Farbe besetzt (Taf. XLII, Fig. 4 u. 6), sondern auch um die Ingestionsöffnung liegt ein Kränzchen solcher Pigmentzellen (Taf. XLII, Fig. 5), wie ich es vereinzelt auch bei P. aherniosum beobachtete, und endlich zieht sich die Pigmentierung von da zwischen den beiden Kiemenlamellen median bis zum Ganglion hinauf und setzt sich über dieses hinaus auf die Rückenseite fort (Taf. XLII, Fig. 4, 5). Merkwürdiger- weise sind die an der Spitze der Kolonie gelegenen 4 Primärascidiozooide am stärksten pig- mentiert. Die Ascidiozooide der folgenden Reihen erscheinen um so ärmer mit Pigmentzellen ausgestattet, je weiter die Reihe von der Spitze absteht. Das Material enthält eine ganze Reihe „Viererkolonien", die sich ebenfalls durch diese charakteristische Pigmentierung auszeichnen. Es darf wohl als sicher angenommen werden, daß diese auch zu P. at/anticum var. levatum gehören (siehe darüber Genaueres S. 407 ff.). 115 5z* 4o6 G. Neumann, e) Pyrosoma iriangulum n. sp. Hierzu Taf. XLIII, Fig. 2 und 9. Pyrosoma tnanguhmt wurde von der „Valdiv'ia" in einem 8 cm langen, dünn-walzen- förmigen Stöckchen auf Station 263 mit dem Trawl in 823 m Tiefe nahe unter der Küste von Somaliland erbeutet. Die Manteloberfläche erscheint nicht glatt, der Stockkörper wird vielmehr von ein- zelnen mittellangen Schlundrohren mit kurzem dorsalen Fortsatz überragt, so daß man auf den ersten Blick die Kolonie für P. atlantuum var. s^ip;anteufn halten möchte. Allein die K örperf orm derAscidiozooide ist, und zwar auch schon bei den jungen Einzeltieren (Taf. XLIII, Fig. 9), so charakteristisch, daß ich nicht zweifle, es handle sich um eine selbständige, aber P. atlanticum var. oiganteutn nahestehende Art. Die hochgewölbte vordere Stirnfläche und die ebenso stark hervortretende vordere Ven- tralfäche habe ich bei var. cricranteum nie beobachtet. Auch nicht den so stark nach hinten aufsteigenden und im vorderen Teile, besonders bei jungen Tieren, scharf gekrümmten Endostyl. Dadurch nimmt einmal der Kiemenkorb die eigentümlich abgerundet-dreieckige, an Anchinia erinnernde Form an, die aus denselben Gründen ähnlich nur bei P. Agassizi und P. veriicillatuvi wiederkehrt. Die Dorsoventralachse des Kiemenkorbes ist darum stets länger als die horizontale. Und sodann erscheinen infolgedessen Darmtraktus, Hoden und Qoake sehr hoch hinaufgerückt. Eine Verbindungslinie von der Ingestions- zur Cloacalöffnung zieht daher oberhalb der Mitte. Diese Lagebeziehungen lassen auch, wie bemerkt, sämtliche jüngere Tiere bereits erkennen (Taf. XLIII, Fig. 9). Das dicke, schräg aufwärts gerichtete Schlundrohr hält in Bezug auf seine Länge die Mitte zwischen dem von P. atlantictttn var. levahu)i und var. giganteum. Wie bei der letzteren Form ist das Circumoralfeld ventralwärts geneigt und mit dorsal gerichtetem, aber nur sehr kurzem, nicht hervortretenden lanzetüichen Mantel- fortsatz ausgestattet. Den jüngeren Tieren fehlt der dorsal gerichtete Mantelfortsatz, ihr Schlund- rohr erscheint kurz und breit abgestutzt Die Cloake will mir umfangreicher erscheinen, als bei gleich großen Tieren v^on P. atlanticum var. levatum und xds. gigatitetan. Der Darmtraktus ist relativ zart entwickelt, der Oesophagus auffällig kurz. Die übrigen Merkmale seien in folgendem kurz mitgenannt. Diagnose: Länge der Kolonie 8 cm. Walzenförmig. Mantel mit kurzen lanzettlichen Fortsätzen an der Dorsalseite der Ingestionsöffnung. Körper abgerundet-dreieckig, mit stark gewölbter Rücken- und Bauchseite, 6 mm lang; Schlundrohr mäßig lang, breit, ein Viertel der Körperlänge aus- machend. Circumoralfeld nur mäßig ventral geneigt. Endostyl distalwärts stark aufsteigend. Kiem en spaltenf eld abgerundet, elliptisch - dreieckig. Kiemenspalten bis 27, Längsfalten meist 14, Rückenzapfen 8. Cloake um- fangreich. Hoden aus etwa i 5 Läppchen bestehend, buchtet die hintere ven- trale Leibeswand bruchsackartig vor, reift vor dem Ei; Stock also prot- a n d r i s c h. 116 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 4.07 f) Anhang. Die kleinsten, ein- und zweireihigen Kolonien. Dank der vorzüglichen Konservierung des Pyrosomenmaterials war es mir möglich, alle Kolonien bis herab zu den drei- und vierreihigen sicher zu bestimmen. Noch kleinere Stöckchen, „Viererkolonien" und die erst aus zwei, zum Teil noch unvollständigen Etagen bestehenden Kolonien einzureihen, ist bisher nicht gelungen. Es erhebt sich die Frage, ob die Bestimmung der kleinsten Stöckchen überhaupt unmöglich ist (wie es z. B. für die alten Do/iohirn-Kmmen zutrifft), weil noch keine Artmerkmale an den jungen Ascidiozooiden ausgeprägt sind, oder ob bislang die Unterscheidung nur deshalb nicht gelang, weil die offenbar sehr wenig hervortretenden Artmerk- male nicht erkannt wurden. Meine Beobachtungen lassen mich das letztere annehmen. Das sicherste Mittel zur Bestimmung der kleinen Kolonien wäre natürlich die Züchtung; sie dürfte aber, wenn überhaupt, wohl sehr schwer gelingen und würde sich zunächst wohl auch immer nur auf leichter zu erlangende Arten beschränken müssen. Dem Bearbeiter konservierten o Materials bietet sich meines Erachtens nur eine Möglichkeit zur Erkennung, wenn eine nahezu lückenlose Reihe von solchen Anfangsstadien der Stockbildung einer Art bis zur sicher erkenn- baren Kolonie vorliegt. Dieser Fall findet sich im Pyrosomenmaterial der Deutschen Tiefsee-Expedition mehrfach verwirklicht. So wurden z. B. auf Station 223 65 kleine Stöckchen, vom „Vierer" bis zur drei- reihigen Kolonie gefischt, die zweifellos zwei Arten, und zwar P. atlanticum und verticillatum zu- gehören. Neben den 15 sicher erkennbaren V2 — 2 cm langen Stöcken von P. verticillahim aus diesem Fange finden sich etwa ebenso viel (16) kleinste Kolonien von i — 3 Etagen mit über- einstimmenden, ganz charakteristischen Merkmalen,, welche diese Stöckchen nicht nur als zu einer Art gehörig erscheinen lassen, sondern auch mit den großen Kolonien von P. verticillatum verbinden. Wenn dann von anderen Stationen nur solche kleinste, bisher unbestimmbare Kolonien vorliegen, so muß es doch möglich sein, mit ziemlicher Sicherheit die Artzugehörigkeit dieser festzustellen und davon andere mit anderen Merkmalen zu unterscheiden. Die genaue vergleichende Durchmusterung der 150 kleinsten, ein- bis zweireihigen Pyro- somenstöckchen aus dem „Valdivia"-Material hat mir zunächst folgende allgemeine Ergeb- nisse geliefert: Nach der Oberflächenbeschaffenheit des Mantels kann man die Viererkolonien unterscheiden in solche mit völlig glatter Oberfläche, sie sind sehr selten, ferner in solche, bei denen die Manteloberfläche in unregelmäßig polygonale (fünf- und sechseckige) Flächen gefeldert erscheint, welche mit scharfen, jedoch nicht besonders hervortretenden Kanten an- einander stoßen; diese Sorte macht unter den mir vorliegenden Stöckchen die Hauptmasse aus. Endlich finden sich zahlreiche Viererkolonien, deren Oberfläche mit Mantelfortsätzen besetzt ist, die meist kurz und scharfspitzig-dornig sind, in einzelnen Fällen aber auch dreikantige, stumpfe Stacheln von gewaltiger Länge darstellen (vgl. Taf. XLIV, Fig. 5, 6 u. 10). Hinsichthch der Entstehungszeit der Mantelfortsätze sei bemerkt, daß sie erst nach der Geburt, und zwar wohl recht rasch sich bilden mögen; denn die größten Viererkolonien, 117 4o8 G. Neumann', wie man sie ja zu Hunderten aus einem alten Stocke isolieren kann, besitzen stets eine glatte Oberfläche. Hinsichtlich des Persistierens verhalten sich die Arten offenbar verschieden. Bei P. alierniosum trifft man an der Spitze drei- und vierreihiger Kolonien noch dreikantige, spitze Dornen, wie sie z. B. Seeliger (1895) Taf. IV, Fig. 8 an einem dreireihigen Stocke zeichnet. Auch drei- bis vierreihige Kolonien von P. verticillatiDii besitzen an der Spitze noch eine deut- lich erkennbare polygonale Mantelfelderung. Es wäre nun sicher gewagt, allein nach der Beschaffenheit der Mantelfortsätze die Kolonien einreihen zu wollen, aber ein brauchbares Merkmal stellen sie in Verbindung mit anderen Merk- malen sicher dar. Was die Form der jungen Ascidiozooide in den ein- bis zweireihigen Kolonien anlangt, so ergeben sich zwei Typen. In gewissen Kolonien, wo eine 2. Etage zum Teil oder ganz angelegt ist, fallen die 4 Primärascidiozooide durch ihre Höhe und Schmalheit auf, sie sind oft über das Doppelte so hoch als breit, infolgedessen sind auch die Kolonien selbst lang und dünn (Taf. XLIV, Fig. 3). In anderen Stöckchen erscheinen die älteren Ascidiozooide rund- lich, meist länger als hoch. Die Stöckchen sind daher selbst auch (bei 2 Etagen) nahezu kugelig. Die Ascidiozooide des ersten Typus besitzen ein gerade gestelltes, die des zweiten ein ventral geneigtes Mundfeld und einen relativ tiefen Manteltrichter um dasselbe, der bei den ersteren fehlt. Schließlich gewährt auch die Entwickelung der Geschlechtsorgane Unterschei- dungsmöglichkeiten. Bei den jungen Primärascidiozooiden gewisser ein- bis zweireihiger Kolonien kann man bei Betrachtung mit der binokularen Lupe (bei 16 — 20-facher Vergrößerung) deutlich Hoden und Ovar als zwei winzige Zellgruppen erkennen, bei anderen wieder absolut nicht; erst bei Aufhellung und Untersuchung mit stärkeren Vergrößerungen lassen sich die viel weniger entwickelten Zellgruppen auffinden. Hält man alle diese Thatsachen zusammen und vergleicht hierauf die entsprechenden Merkmale ausgewachsener Ascidiozooide, so gelangt man zu folgenden Einzelergebnissen über die Beschaffenheit der jüngsten Kolonien verschiedener Arten. P. verticillatum : Die Viererkolonien haben einen polygonal gefelderten Mantel mit scharfen Kanten, aber ohne Stacheln. Kolonien von i und i V2 Reihen (d. h. solche, bei denen die zweite Reihe erst aus 4 anstatt aus 8 Individuen besteht) und 2 vollständigen Reihen sind bis 4 mm lang und dünn. Die Oberfläche zeigt keinerlei Erhebungen, die Spitze des Stöck- chens ist noch deutlich polygonal gefeldert. Die 4 Primärascidiozooide sind über das Doppelte höher als breit, das Oralfeld steht gerade, der Manteltrichter um dasselbe ist noch nicht aus- gebildet. Die Ascidiozooide der 2. Etage sind im Vergleich zu den 4 Primärascidiozooiden sehr klein (Gegensatz zu P. atlantiaim var. levatiim und gigantewn, alierniosum), kaum V^rnal so hoch (Taf. XLIV, Fig. 3). Die dreireihigen Stöckchen sind schon mehr eiförmig und sofort daran zu erkennen, daß die 3. Etage, wenn vollständig, nie nur 8, wie bei anderen Arten, sondern meist 1 1 oder 1 2 Individuen aufweist. Die Ascidiozooide lassen die Geschlechtsorgane als kleine Zellgruppen (mit der binokularen Lupe) erkennen, und zwar sind bei zweireihigen Stöckchen die Geschlechtsdrüsen der zweiten Reihe entwickelter als bei den Primärascidiozooiden. P. atlanticum var. levatum: Die Viererkolonien sind fast glatt, die Felderung ist verschwindend. Die Ascidiozooide sind so breit als hoch, mit verschmälertem kurzen Schlund- 118 Die Pyrosonien der deutschen Tiefsee-Expedition. 409 rohr, das Oralfeld ist sehr wenig geneigt, der Manteltrichter bereits ausgebildet. Zweireihige Kolonien erscheinen ganz glatt. Die Ascidiozooide der zweiten Reihe sind hinsichtlich der Größe weniger von den Primärascidiozooiden verschieden als bei P. verfkillahiiii. Die zweite Reihe steht dicht über der ersten. Das Haupterkennungsmittel aber dürfte die mehr oder weniger dichte Pigmentierung an der Ventralseite der Primärascidiozooide sein, die keine andere Species aufweist. P. atlant icui7i var. gioaiifeiun und a h ern io siim sind in den jüngsten Stadien der Stockbildung einander sehr ähnlich. Die Viererkolonien beider besitzen mehr oder weniger lange, dreikantige Mantelfortsätze, die den Stöckchen ein außerordentlich stacheliges Aussehen verleihen (Taf. XLIV, Fig. 5 u. 10). Sie scheinen bei den Kolonien von var. giganteum im allgemeinen länger, kräftiger und zahlreicher zu sein als bei P. a/ieniiosum ; jedenfalls liegen mir Vierer- kolonien vor, die unzweifelhaft zu P. aheniiosuni gehören und größere Manteldornen nur im Umkreise des Diaphragmas zeigen, im übrigen aber ziemlich glatt, nur an der Spitze deutlich gefeldert sind. Schon Seeliger (1895, S. 66, Taf. IV, Fig. 9 und 11) vermutete in den besonders dornigen Viererkolonien aus dem Material der Plankton-Expedition solche von P. aherniosum oder auch P. at/aii/iaii?i. Es ist wahrscheinlich, daß sich unter ihnen auch Stöckchen von var. giganteum, aber kaum von P. atlanticnm var. levaUtm gefunden haben. Bei beiden Arten erhalten sich auch die Dornen relativ lange, drei- bis vierreihige Stöcke von 5 bis 6 mm Länge können noch auf der gesamten Oberfläche mit ihnen besetzt erscheinen. Die Ascidiozooide sind bei beiden nicht nur lockerer angeordnet, weiter voneinander abstehend als bei P. veriicillatuvi und atlaiitinim var. levatuvi, sondern auch größer, und der Querabstand des Kiemendarmes von Kieme zu Kieme ist größer als bei den anderen Formen, besonders gegen- über P. verticillatum. Der Ascidiozooidenleib erscheint daher bereits in der frühesten Jugend bei Aufsicht von vorn fast kugelig (nicht prismatisch verengt, wie später und bei P. verticil- latum). Charakteristisch ist für beide Arten ferner das bereits in der Viererkolonie verlängerte Schlundrohr, an dem die Dorsalseite (bei seitlicher Betrachtung) in einer schönen F- Linie herabzieht, und welches dem Körper eine proximalwärts zugespitzte Form verleiht, die die Ascidiozooide auch später noch auszeichnet. Infolgedessen erscheint auch der Körper von der Seite länger als hoch, die Mundöffnung außerordentlich weit geöffnet, das Oralfeld bereits stark ventral geneigt und von einem relativ sehr tiefen Manteltrichter umwallt. Schon die jüngsten Primärascidiozooide zeigen auf den Peribranchialwänden die charakteristischen Flecke (S. 403). Bei P. aherniosum wird nun die zweite Etage so dicht über der ersten angelegt wie bei keiner anderen Form, d. h. die Wanderknospen erster Ordnung treten so weit in den Zwischen- raum zwischen die Muttertiere hinein, daß die zweireihige Kolonie völlig kugelig wird (im Gegen- satz besonders zu P. verticillatum mit der hohen schlanken Form). Die Länge beträgt darum auch fast i mm weniger (3 mm), als bei einer zweireihigen Kolonie von P. veiiicillatimi. Was nun die ein- und zweireihigen Kolonien von P. aherniosum und P. aflanticum var. giganteum unterscheidet, ist die Entwickelung der Geschlechtsorgane. Bei P. aher- nioswn sind Ei und Hoden in den Primärascidiozooiden einer Viererkolonie schon so weit ent- wickelt wie bei keiner anderen Art, auch nicht bei P. verticillatum. Man erkennt z. B. oft im birnförmigen Ovar deutlich den Eikern mit der binokularen Lupe (bei i6-facher Vergrößerung), 119 ATQ G. Neumann, der Hoden bildet ein deuüiches Träubchen. Bei var. giganteum ist dagegen in gleichaltrigen Stöcken davon nichts zu erkennen. Weiterhin prägt sich ja in drei- und vierreihigen Stöcken (von 5 — 6 mm Länge) besonders der Artcharakter von P. alierniosum in dem gleich starken, walzigen und gewaltig über die Stockoberfläche tretenden Schlundrohr so scharf aus, daß eine Verwechselung auch aus diesem Grunde nicht mehr möglich ist. Die dreireihigen Stöcke von P. atlanticum var. giganteum lassen sich von den gleich großen von der Varietät levatiim leicht durch deren lockere Verteilung, die Größe und zugespitzte Form der Ascidiozooide von der ersteren Art unterscheiden (vergl. oben S. 399 ff.). Von P. Agassizi, spinosu»i und opcrculatum kenne ich keine kleinsten Kolonien. Solche von P. trianguhim dürften sich vorerst von P. ffimnteutn nicht unterscheiden lassen. g) Bestimmungstabelle'). Pyrosomata fixata. Knospen nicht wandernd. Dornige Mantelfortsätze ventral vor der Ingestionsöffnung. Cloacalmuskel über dem Peribranchialraum gelegen. 1. Körper (jüngerer Tiere)-) elliptisch, höher als lang; Cloake sehr kurz und weit geöffnet. P. Agassizi Ritter und BvTiBEE. 2. Körper langgestreckt; birn- bis keulenförmig, Cloake sehr lang, zum Teil ventral ge- öffnet P. spinos7im Herdman. Pyrosomata ambulata. Knospen mittels Ph orocyten wandernd. Mantelfortsätze fehlend oder dorsal vor der Ingestionsöffnung. Cloakenmuskel über der Cloake gelegen. I. Mantel glatt, ohne Fortsätze. A. Schlundrohre kurz, nicht über den Stockkörper hervorragend. Mantel um die In- gestionsöffnung mehr oder weniger trichterförmig eingesenkt. 3. Körper rund, meist höher als lang, Cloake sehr kurz und sehr weit geöffnet. Hoden die Hinterwand kaum hervorbuchtend. Ei reift \'or dem Hoden. P. veHicillatum Neumank. 4. Körper langgestreckt, prismatisch, Cloake fast die Hälfte des übrigen Körpers. Hoden die \'^entrahvand bruchsackartig hervorbuchtend. Hoden reift vor dem Ei. P. atlanticum Peron var. levatwii Seeliger. 5. Körper langgestreckt, spateiförmig. Cloake fast so lang wie der übrige Körper, nach der Dorsalseite zu geöffnet (gleichsam mit einer kapuzenförmigen, in die Stockhöhle hineinragenden Klappe überdeckt). Hoden die Ventralwand bruchsackartig hervor- buchtend. Ei reift vor dem Hoden P. ope7-cnlatiim Neumann. B. Schlundrohre lang, über den Stockkörper hervorragend. Mantel die Ingestions- öffnung kraterartig umwallend. 6. Körper langgestreckt, Schlundrohr fast so lang wie der übrige Körper, Cloake kurz. Hoden die Ventralwand nicht hervorbuchtend. Ei reift vor dem Hoden. P. aherniosum. Seeliger. II. Mantel mit dorsal vor der Ingestionsöffnung stehenden, meist lanzettlichen Fortsätzen. Schlundrohre über den Stockkörper hervorragend. Hoden die Ventralwand bruchsackartig hervorbuchtend, reift vor dem Ei. I) P. minimum SEELIGER (1895, S. 63, Taf. IV, Fig. 1 und 3) ist nicht aufgenommen. 2) Vgl. S. 38; ff. I 20 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 411 7. Körper (ohne Schlundrohr) abgerundet-dreieckig, stark nach hinten-oben verschmälert, Schlundrohr mittellang P. trianguhivi Neumann. 8. Körper langgestreckt, spindelförmig. Schlundrohr kann die Länge des übrigen Körpers übertreffen P. atlanticum Peron var. oriorajüeum Lesueur. III. Faunistischer Teil. I. Die horizontale Verbreitung der Pyrosomen. Die Deutsche Tiefsee-Expedition hat, wie der systematische Teil gezeigt haben dürfte, hinsichtlich der Anzahl der erbeuteten Pyrosomenarten ein überaus günstiges Resultat erzielt. Der folgende Abschnitt wird dasselbe auch bezüglich der Verbreitung der Pyrosomen- formen darthun. Aus dem Atlantik waren bisher 4 Formen, xi-kxx^xoki P. spiiiosum, alierniosiini, atlantkiim und giganteum bekannt. Die „Valdivia" konnte hier bis auf P. spinosum alle wiederfinden. Aus dem Indischen Ocean waren, soweit mir die Litteratur bekannt ist, bis zur Heimkehr der Deutschen Tiefsee-Expedition Pyrosomen nicht namhaft gemacht worden. Es wurde in diesen unerforschten Gebieten ein Formenreichtum an Pyrosomen nachgewiesen, der, wenigstens nach dem heutigen Stande unserer Kenntnis, offenbar den des Atlantik und Pacifik übertrifft. Die „Valdivia" erbeutete hier nicht weniger als 8 Arten, nämlich alle 4 aus dem Atlantik bekannten Species und dazu noch 4 neue Arten, nämlich P. Agassizi , verticillatum, operculatum und triangulum. P. Agassizi Ritter und Byxbee. P. Agassizi wurde von der Deutschen Tiefsee-Expedition zum ersten Male auf Station 182, im Südäquatorialstrom nördlich der Cocosinseln, also im Indischen Ocean erbeutet. Von da ab gelangte es immer wieder, während der ganzen Fahrt durch den tropischen Indischen Ocean, im ganzen auf 14 Stationen (182, 194, 196, 203, 215, 217, 218, 226, 250, 251, 252, 255, 261, 263), in 25 Stöckchen in die Netze. Im Atlantik hat die „Valdivia" diese Art nicht aufgefunden. Daß sie aber auch hier recht verbreitet ist, haben die kürzlich veröffentlichten Er- gebnisse des Fürsten von Monaco (KLrüger, 191 2) gezeigt. In den Jahren 1885 — 19 10 wurde P. Agassizi von ihm an 7 Stationen des nördlichen Atlantischen Oceans erbeutet. Vom „Alba- tross" wurde 1899 if" tropischen Pacifik, in der Nähe der Marquesasinseln, ein Exemplar dieser neuen Art gefischt und von Ritter und Byxbee (1906) als P. Agassizi beschrieben. Die Autoren fügen ihrem Berichte an, daß auch im Sommer 1902 in der Nähe von Hawaii, also ebenfalls im tropischen Pacifik, vom „Albatross" eine solche Kolonie gefangen wurde. Die „Siboga"-Expedition wies P. Agassizi gewissermaßen auf der Grenze zwischen dem tropischen Indik und Pacifik in der Nähe der Molukkeninsel Keram nach. 1 2 I Deutsche Tiefsee- Expedition 1898 — iSgg. Bd. XII. r-2 . j 2 G. Neumann, P. spinosum Herdman. Diese mit P. Amssizi nahe verwandte Art wurde — wenn wir von den zweifelhaften „Talisman"-Exemplaren absehen — durch den „Challenger" für den Nord- (westUch der Azoren) und Südatlantik (nordwestlich Tristan da Gunha) nachgewiesen. Die Deutsche Tiefsee-Ex- pedition konnte P. spinosum zwar im Atlantik nicht wiederfinden, stellte aber zum ersten Mal die Verbreitung dieser Art im tropischen Indischen Ocean (auf den Stationen 256, 257, 265) nahe der ostafrikanischen Küste fest. Etwa 10 Breitengrade nördhch von Station 265, an der Küste von Arabien, in der Nähe von Ras Merbad, beobachteten auch Bonnier und Perez am 3. März 1901 die riesenhaften Schwärme ihres gewaltigen P. uidianii, worunter sicher P. spi- nosum Herdman zu verstehen ist (vgl. S. 381). Im Nordatlantik wurde P. spinosttin (?)') sogar an der Westküste von Irland (Farran 1906) und bei Cap St. Mary (Azoren, Farran 1909) nachgewiesen. P. vertidllatüm Neumann. Diese neue Form fand die ,,Valdivia" in zahlreichen Exemplaren, aber nur auf einer kurzen Fahrtstrecke im tropischen Indischen Ocean an insgesamt 9 Stationen (von Station 217 — 235), etwa von Ceylon bis zu den Seychellen. P. atlanticiim Peron var. levatum SEELIGER und var. giganteiim Lesueur^). Beide nahe verwandte Formen sind bereits seit langem von zahlreichen Orten des At- lantik (Peron, Quoy und Gaimard, Beneit, Meyen, Huxley, „Challenger"-, Plankton-Expedition) und des Paci fik (Huxley, "Challenger", Ritier und Byxbee) bekannt. Die „Valdivia" erbeutete beide Varietäten nicht nur im Atlantik wieder, sondern wies sie auch für den Indischen Ocean nach (siehe Tabelle). Hervorzuheben sind vielleicht der Vertikalnetzfang von Station 74, aus dem Benquelastrom des Atlantischen Oceans, wobei 63 kleine, bis 12 mm lange Stöckchen der levatum-¥orm ins Netz gerieten, und ein ähnlicher Fall von Station 223, aus dem Indischen Ocean, wo insgesamt 65 ebenfalls nur kleine Stöckchen von der Varietät levatum und P. ver- tidllatüm gefangen wurden. Was das Vorkommen im Mittelmeer anlangt, so steht fest, daß trotz aller Aufzäh- lungen in der Litteratur (Vogt, Keferstein und Ehlers, Bonnevie, Julin) weder ein P. elegans, noch P. atlantiacm var. levatum daselbst vorkommt, sondern nur die Varietät giganteum, und zwar in seiner besonders langschlundigen, gewissermaßen typischsten Form. P. operculatum Neumann. P. operculatum erbeutete die „Valdivia" in nur einem Exemplar auf Station 228 des tro- pischen Indischen Oceans. 1) Vgl. oben S. 380. 2) In den Tabellen und auf der Karte habe ich, um den älteren Autoren gerecht zu werden und um Verwirrung zu vermeiden, die alten Bezeichnungen P. atlantictim und P. giganteum für beide Varietäten angewendet. 122 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Exiiedition. 413 P. ahemiosum Seeliger. P. akerniosiii/i wurde zuerst von der Plankton-Expedition an 11 Stationen des tropi- schen Atlantik, etwa zwischen dem 16. Grade nördl. und dem s- südl. Breite aufgefunden. In denselben Gewässern, dem Guineastrom und dem Südäquatorialstrome, traf auch die „Val- divia" diese Form wieder an. Noch nördlicher, auf dem 37." nördl. Breite, wurde die Art von Albert von Monaco bei den Azoren 1904 erbeutet. Die Deutsche Tiefsee-Expedition stellte aber außerdem auch die Verbreitung von P. ahemiosum im tropischen Indischen Ocean fest, und zwar wieder nur, wie bei P. vciiicil/atuvi, in einem engen Gebiet, etwa von Ceylon bis zum Chagos-Archipel. Auf der Grenze zwischen dem Adantischen und Indischen Ocean, auf Station 102 (bei Port Elisabeth), gelangten ebenfalls 2 Stöckchen von P. ahemiosum. ins Netz. P. tnangaliim Neumann. Nur ein Stock dieser Art wurde (auf Station 263), im Indischen Ocean, nahe unter der Küste von Somaliland, erbeutet. Die nachfolgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die aus den einzelnen Meeresbecken bisher bekannt gewordenen Pyrosomen. Dabei bedeutet ein | eine aus dem betreffenden Meeres- teile bereits vor der „Valdivia"-Expedition erbeutet gewesene Art; ferner ein + eine bekannte Art, die in dem betreffenden Meeresteile durch die Deutsche Tiefsee-Expedition zum ersten Male nachgewiesen wurde; o bedeutet von der „Valdivia" erbeutete neue Form. Atlantischer Indischer Pacifischer Ocean Ocean Ocean P. Agassizi -1- P. spinosum -t- P. verticülatam 0 P. operculatum 0 . P. aherniostim + P. atlanticuni -1- 1 P. giganteum + 1 P. iriangulum 0 8 8 3 Die Zusammenstellung ergiebt, daß nach den Ergebnissen der „Valdivia" der Indische Ocean die meisten Py rosomenarten birgt, in ihm sind alle bisher bekannten Formen zu finden. Der Atlantische Ocean steht mit 5 sicheren Arten an zweiter Stelle; es fehlen ihm die von der „Valdivia" im Indischen Ocean neu aufgefundenen Arten verticillatum, oper- culatum und triangulum. Aus dem Pacifik sind 3 Arten sicher bekannt. Wenn die von Herdman, 1888, S. 34 beschriebene und auf Taf. II, Fig. 8 abgebildete, mit P. elegans (?) be- zeichnete kleine Kolonie P. ahemiosum ist, wie Seeuger und ich vermuten, wären es 4. In allen drei Oceanen kommen demnach sicher P. Agassizi, P. giganteum (die zugleich einzige Mittelmeerform), P. atlantiawi und wahrscheinlich auch P. ahemiosum vor. P. spinosum konnte bisher nur im Atlantik und Indik nachgewiesen werden. P. verticillatum, operculatum und triangulum erscheinen vorläufig auf den Indischen Ocean beschränkt. 123 53* , , . G. Neümann, 414 Uebersicht (Verteilung, Einfluss der Temperatur). Vergl. hierzu die Karte und die Tabelle S. 417. Im Anschluß an die Mitteilung über die horizontale Verbreitung der einzelnen Arten sei nunmehr versucht, die Verteilung derPyrosomen in den von der „Valdivia" durchforschten Meeresteilen zu charakterisieren. Während des ersten Teiles der Fahrt durch Nordsee und Nordatlantik wurden Pyrosomen nicht erbeutet, obschon an einzelnen, dem Reisewege der „Valdivia" benachbarten Orten des Nordatlantik (Azoren, Cap Verden) von anderen Expeditionen („Challenger", „Silver Belle", [Farran 1909]), oder einzelnen Forschern (Hltxley, Albert von Monaco) da und dort Pyrosomenstöcke angetroffen wurden. Erst mit der Annäherung an den Aequator gelangte auf Station 45 der erste Pyrosomenstock, und zwar P. aherniosum, aus dem warmen Wasser des Guineastromes bei einer Oberflächentemperatur von 25,1'^ in das Netz. Bei der Weiterfahrt wurde diese Art als einzige auch aus dem kühleren Wasser (Station 46 und 48, 23,6°) des Südäquatorialstromes und dann wieder aus dem südlichen Teile des Guineastromes (Station 54, 55, 65) gefischt. In denselben tropischen Meeresteilen, nur wenige Längengrade westlicher, war P. aherniosum gleichfalls Mitte September 1892 vom „National" erbeutet worden. Mit der Annäherung an den kühlen Benguelastrom verschwand P. aherniosuvi, welches bis dahin so geschlossen aufgetreten war, und wurde, aber nur über 2 Stationen (66 und 74), von P. atlanticum. var. kvahiiii abgelöst. Auf Station 74 gelangten bei nur 20,9*^ Oberflächentem- peratur 65 kleine Stöckchen dieser Art ins Vertikalnetz. Wie P. a/ici-niosiiiii, so wurde nunmehr auch die Varietät levattim von der gigaiifeiitn-Yorm abgelöst, welche längs des südlichen Teiles der westafrikanischen Küste bis zur Südspitze des Kontinents die einzige Art aus dem relativ kalten Wasser des Benguelastromes — mit 16,1° im Minimum, Station 86 — darstellte. In der wärmeren Agulhasströmung tauchte bei 21*^ auf Station 102, dem östlichsten Punkte der Route, plötzlich wieder P. aherniosum auf, nachdem es im ganzen Benguelastrom (über p^T, Breitengrade) gefehlt hatte. Bei dem darauffolgenden Vorstoß nach Süden wurde auf Station 117, 3 7 " 3 1 ' südlicher Breite, als am weitesten südlich vordringende Form P. giganteu/n bei 16,9" Oberflächen- temperatur festgestellt. Die Antarktis erwies sich frei von Pyrosomen. Erst auf Station 182, im Indischen Ocean (nördlich der Cocosinseln), bei 10'^ 8' südlicher Breite, also erst wieder in der tropischen Zone, wurde bei der wesentlich höheren Ober- flächentemperatur von 27,6° das erste Stöckchen, und zwar von P. Agassizi, angetroffen. Diese Species blieb bei der Weiterfahrt an der Westküste Sumatras in dem sehr warmen Wasser des indischen Gegenstromes bei maximal 29,5° Oberflächentemperatur zunächst die einzige Art, bis sich im indischen Gegenstrom, von Station 215 ab, zuerst P. aherniosum und von Station 2 1 7 ab auch P. verticillahim ähnlich ständig und geschlossen zugesellten, wie wir es von P. aherniosum und P. giganteum schon im Atlantischen Ocean beobachteten. Während aber P. Agassizi auf der Weiterfahrt sehr bald von Station 226 ab bis Station 250 im ganzen indischen Gegenstrom nicht mehr beobachtet wurde, war die Fahrt von Ceylon bis zu den Amiranten geradezu charak- terisiert durch das über 9 Stationen sich erstreckende kontinuierliche Auftreten von P. verticillatum, welches weder vorher beobachtet worden war, noch später wieder angetroffen wurde. Gewisser- maßen auf halbem Wege, von Station 217 — 226, von Ceylon bis westlich Diego Garcia, wurde 124 Die Pyrosornen der deutschen Tiefsee-Expedition. 4. 1 ^ diese Art von P. aherniosuvi wiederum geschlossen begleitet. Auch P. aherniosum wurde, so- weit der Indische Ocean in Betracht kommt, weder vorher noch nachher beobachtet. Vereinzelt gelangte, so auf Station 2 1 7 und 2 1 8, neben den genannten Arten gleichzeitig auch P. giganieiini zur Beobachtung, so daß an diesen beiden Orten 4 verschiedene Arten, die größte Zahl während der gesamten Fahrt, angetroffen wurden. Ueberhaupt wäre in diesen warmen tropischen Ge- wässern des indischen Nordäquatorial- und indischen Gegenstromes der größte Formenreichtum zu verzeichnen. Auf Station 228, im indischen Gegenstrome, wurde auch zum ersten und einzigen Male P. opemilahim n. sp. gefischt. Der letzte Teil der westlichen Fahrt (parallel mit dem Aequator), von den Amiranten bis Dar es Salam, war ausgezeichnet durch das zwar spärliche, aber wieder alleinige Auftreten der beiden Varietäten von P. atlaniicuni, kvatum und giganteuin. Endlich zeigt der indische Nordäquatorialstrom längs der ostafrikanischen Küste wiederum ein durchaus charak- teristisches Gepräge. Nur 2 Arten, und zwar die beiden nahe verwandten Formen P. Agassizi und spinosum, beherrschen diese Küstenwässer und treten nebeneinander, aber jedenfalls unter sich kontinuierlich auf: P. Agassizi an 6, P. spinosum an 3 benachbarten Stationen. Nur auf Station 263 gesellte sich zu P. Agassizi P. triangu/uiii, auf Station 265 zu P. spinosum P. ^imnteum. Die eben geschilderte Verteilung der Arten läßt eins sofort klar erkennen, nämlich den gewaltigen Einfluß, welchen die Temperatur auf die geographische Ver- breitung der Pyrosomen ausübt. Wenn auch diese Thatsache schon einwandfrei durch Skeliger (1895) für die Pyrosomen der Plankton-Expedition festgestellt wurde, so sei doch noch auf einzelne besonders lehrreiche Fälle über das Verhältnis von Temperatur und horizontaler Verbreitung aus dem „Valdivia"-Material hingewiesen. Die Pyrosomen gehören zweifellos zu den Warmwasser-Planktonten, und ich glaube, so augenscheinlich ist diese Thatsache noch nicht illustriert worden, wie durch die For- schungsergebnisse der Deutschen Tiefsee - Expedition. Schon ein Blick auf die Karte zeigt, daß der Artenreichtum in einer schmalen tropischen Warmwasser zone, wenige Grade nördlich und südlich vom Aequator, am größten ist. Sämtliche von der „Valdivia" im Indischen Ocean erbeuteten Pyrosomen bewohnten die tropische Warm- wasserzone zwischen 10'^' 8' südlicher (Station 182) und 7- i' nördlicher Breite (Station 215). Die höchste Oberflächentemperatur betrug in diesem Gebiete 29,5" (auf Station 196), die tiefste 26,1° (auf Station 252). Für das tropische Gebiet des Atlantik liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Das erste Pyrosomenstöckchen wurde auf 2° 56' nördlicher Breite bei 25,10 Ober- flächentemperatur erbeutet, die Südgrenze der tropischen Zone würde hier auf Station 74 mit 11" 28' südlicher Breite erreicht sein. Die übrigen Funde aus dem Atlantik liegen in der sub- tropischen Zone zwischen dem 26 0 und 34'^ südlicher Breite. Das führt auf einen neuen Ge- sichtspunkt. Höchst eigentümlich muß auf den ersten Blick das von der „Valdivia" konstatierte ge- schlossene, gruppenweise Auftreten einer Art, die Konzentration auf einen relativ eng begrenzten Meeresteil, erscheinen, nirgends sporadisches Durcheinander. So bewohnte P. aher- niosum im AÜantik als einzige Art nur den warmen Südäquatorialstrom und Guineastrom. In dem noch wesentlich kühleren Benguelastrom wurde nur P. gigantetmi angetroffen; zwischen 125 , , /: G. Neumann, 410 Guinea- und Benguelastrom, im indifferenten kühlen Wasser, lebte nur die Varietät levahwi. Im Indik treffen wir P. Agassizi kontinuierlich im Osten bis Diego Garcia und dann erst wieder westlich unter der ostafrikanischen Küste geschlossen an. F. spinosttm wurde nur hier ange- troffen. P. aherniomm zeigte sich nur von östlich Ceylon bis westlich Diego Garcia, P. verti- cillatum von Ceylon bis zu den Amiranten; nur die beiden Formen von atlanticuiii erschienen ver- streuter. Allein das plötzlich isoHerte Auftreten von P. a/icniiosiim auf Station 102, an der Ostecke der Südspitze von Afrika, scheint einen Ausnahmefall darzustellen, ist aber in Wirklichkeit ein besonders typischer Fall, der gleich besprochen werden soll. Es steht, wie daraus hervorgeht, außer Zweifel, daß unter den Pyrosomen nicht alle Arten gleichmäßig wärmeliebend sind, wie das von anderen Planktonformen auch be- kanntgeworden ist. Gewisse Arten sind ausgesprochene War mwasserfor men, andere können sich dem kühlen Wasser offenbar besser anpassen. Zu den letzteren dürfte vor allem P. giganteum zu zählen sein. Es wurde im Adantik von der „Valdivia" nur im Kaltwasser des Benguelastromes bis zu einer niedrigsten Oberflächen- temperatur von 1 6, 1 "^ (Station 86) gefunden. Eine andere Art wurde hier nicht erbeutet. Es fehlte aber sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt um die Südspitze von Afrika im Flachwasser der Agulhasbank. Sucht man nach Gründen, so dürfte die noch niedrigere Durch- schnittstemperatur mit minimal 14,3"^ Oberflächentemperatur verantwortlich zu machen sein. Auch die nahe verwandte levatum-Yorm von P. atlantiaoii zählt zu den Formen, welche in kälteres Wasser vorzudringen vermögen; denn auf Station 74 mit 20,9*^ Oberflächentemperatur brachte das Vertikalnetz aus 3000 m Tiefe 65 Stöckchen offenbar aus einer Ansammlung herauf. Die Thatsache, daß beide Formen, P. giganteum und levatum, im tropischen Indik verstreut bei wesentHch höherer Temperatur angetroffen wurden (maximal 27,9'' Station 239), beweist weiter, daß wir beide immerhin nicht als ausgesprochene Kaltwasserformen ansprechen, ihnen vielmehr nur eine weitgehende Temperaturanpassungsfähigkeit zuschreiben dürfen. Alle übrigen Arten dürften specifische Warmwasserformen sein. Dazu als Beispiel nur jP. allem iosiun. Es trat im Atlantik auf Station 45, 2^56' nördhcher Breite bei 25,1'' Ober- flächentemperatur erstmahg auf und verschwand im Atlantik mit der Annäherung an den kühlen Benguelastrom bei einer Oberflächentemperatur von 24,7'- auf Station 65. Als aber nach der Durchfahrt durch das noch kühlere Flach wasser der Agulhasbank die „Valdivia" auf Station 102 ganz unvermittelt in das heftig nach WSW. strömende Warmwasser des Indischen Oceans ge- langte — der Temperatursprung von Station loi (i6,g°) auf 102 (21,0*') beträgt 4 volle Grade — da tauchte auch ebenso plötzlich wieder P. ahcrniosum auf, nachdem es im ganzen Benguela- strom und in dem noch kühleren Flachwasser der Agulhasbank, über Ty}^ Breitengrade, gefehlt hatte. Das geschlossene lokale Auftreten einzelner Arten (P. alierniosum, verticillahmi) im In- dischen Ocean läßt sich durch verschiedene Wassertemperaturen nicht erklären; denn die Ober- flächentemperatur war auf der ganzen Fahrt, während welcher im Indischen Ocean Pyrosomen gefangen wurden, annähernd dieselbe, im Mittel etwa 27,5^. Wir werden, falls diese Verteilung nicht gar zufällig sein sollte, was allerdings nicht recht wahrscheinlich erscheint, an Strömungen, vielleicht auch an Küstennähe zu denken haben. In der letzteren Hinsicht sei auf die Ver- breitung von P, Agassizi und spinosum hingewiesen. 126 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 417 Die dichteste Konzentration von P. Agassizi beobachtete man unter der ostafrikanischen Küste. Unter den 10 ostafrikanischen Stationen, auf denen Pyrosomen gefangen wurden, sind 6 mit P. Agassizi und 3 mit sf^iiwstnn. An der Westküste Sumatras wurde überhaupt nur 3 mal P. Agassizi gefischt. Außerdem fand man P. spinosiim nicht mehr, P. Agassizi noch 5 mal, aber immer nicht allzu entfernt von Inseln (vergl. die Karte). "isl s 8 8 ^ g iH Stromgebiet c ,0 Position Ober- flächen- temperatur Uhr Tiefe in Metern i 1 -is 41 ^1 .5 8 1 •1 5 3-3 ll • (73 Breite Läng e » C 0-; 1; s 0 0; 5 0^ St/3 < Guineastrom 45 2» 56' N. 11° 40' W. 25.1 5 a. Tr. 4990 + I Südäquatorialstrom 46 48 1° 27' N. 0° 9' S. 10» 16' 8»29' w. w. 23,6 23,6 7 a. 12 a. V. 3000 quant. 0—70 + + ? I 2 Guineastrom 54 55 i" 51' N. 2° 36' N. o°3i' 3° 27' 0. 0. 25,0 24.7 6 a. 6 a. V. 2060? V. 600 + + 4 Indifferentes Wasser 65a 66a 1° 56' S. l' 55' S. 7° 40' 7" 48' 0. 0. 24.7 24,3 8 a. 8 a. V. 2200 V. 700 + + 2 3 Benguelastrom 74 85b 85c 85d 86 88 89 90 II» 28' S. 26» 49' S. . 28» 28' S. 31» 0' S. 31» 21' S. 33" 20' S. 10» 24' 5" 54' 6» .3' 8° 0' 9" 45' 15" 58' 0. 0. 0. 0. 0. 0. 20,9 16,6 16,1 16,2 16,3 16,5 6 a.? 6 a. 10 a. 6 a. 6 a. 5 a. 6 a. V. 3000 V. 700 V. 1000 V. 4000 V. 2000 V. 2000 V. 3000 V. 1000 + • + + + -1- -f + + 65 2 I 4 I 4 12 I Im Agulhasstrom 102 117 34° 31' S. 37" 3'' S. 26° 0' 17» i' 0. 0. 21,0 16,9 6 a. 5 a. V. 1800 V. 2000 + + 2 I Indischer Südäquatorialstrom 175 26° 3' S. 93" 43' 0. 23,0 5 a. V. 2200 . 182 10» 8' S. 97" 14' 0. 27,6 6 a. V. 2400 +(i) 4 Indischer Gegenstrom 194 196 203 0" 15' N. 0" 27' N. 1° 47' N. 98° 8' 98" 7' 96« 58' 0. 0. 0. 28,3 29.5 27,7 9 a. 4P- 8 a. Tr. 614 Tr. 646 Tr. 660 + -1- + : • I I 6 Indischer Nordäquatorialstrom 2>5 7» i'N.85"56' 0. 26,4 6 a. V. 2500 +(■) + (2) 3 217 4° 56' N. 78° 15' 0. 27,0 6 a. V. 2000 +(3) ■ +(13) + (5) + (9) 30 218 2» 29' N. 76" 47' 0. 27,2 3P- V. 2500 +(i) . +(16) +(3) +(i) 21 Indischer Gegenstrom 221 4° 5' S. 73" 24' 0. 27,0 6 a. V. 2000 ■ +(5) +(6) II 223 6° 19' S. 73" 18' 0. 27,3 6 a. V. 1900 + + 65 226 4» 5' s. 70" i' 0. 27,3 5 a. V. 2000 + -f + ? 3 228 2° 38' S. 65° 59' 0. 27.7 5 a. V. 2500 + - h 2 232 3° 26' s. 58" 34' 0. 27,1 10 a. V. 1500 + 2 Korallenriffe in Port Victoria 233' 27,5—28,5 V. 1900 + + ? 10 auf Mähe (Seychellen) 235 237 4" 34' s. 4" 45' S. 53" 42' 48° 58' 0. 0. 27,1 27,7 8 a. 5 a- V. 2000 V. 2000 • + + +. 2 I Ausläuf. d. Südäquatorialströmg. 239 5" 42' S. 43" 36' 0. 27,9 5 a- V. 2500 + + 2 Indischer Nordäquatorialstrom 250 251 252 I" 47' S. I» 40' S. 0» 24' S. 41" 47' 41° 47' 42° 49' 0. 0. 0. 27,1 27.1 26,1 5 a- II a. Sa- Tr. 1668 Tr. 693 Tr. 1019 + + + • I 2 2 254 0° 29' S. 42« 47' 0. 26,7 ip. Tr. 977 + + 2 25s 0» 25' N. 43" 37' 0. 26,2 5 a. V. 1000 + + 2 256 i" 49' N. 45" 29' 0. 26,8 5 a. Tr.1134 + I 257 I» 48' N. 45° 42' 0. 27,3 II a. Tr. 1644 + I*) 261 4» 36' N. 48" 37' 0. 27,3 8 a. Tr. 1213 -f . . 3 263 4» 41' N. 48" 38' 0. 27.9 4P- Tr. 823 + . • + I 265 6» 24' N. 49° 31' 0. 27,7 ga. Tr. 628 • + + 2 Insgesamt 41 • 14 3 9 I 7 12 IS I 286 Im Atlantischen Ocean 15 • . — — — — 2 7 8 — 107 Im Indischen Ocean 26 • • • I 4 3 3 I 5 5 7 I 179 Ein gewaltiger Haufen großer Bruchstücke. 127 4i8 G. Neumann, Die Vermutung, es handle sich bei P. Agassizi und spinosum vielleicht um Küsten- formen, wird durch die Fundstellen dieser Arten von anderen Expeditionen gestützt. Der „Challenger" fand seine beiden Kolonien in der Nähe der Azoren, wo es auch Wolfenden (Farran 1909) fischte, und westlich Tristan daCunha; die kleine zweifelhafte Kolonie Farrans (1906, siehe oben) wurde an der Westküste Irlands gefangen; der „Albatross" fischte P. Agassizi bei den Marquesasinseln und dann wieder bei Hawaii; endlich Bonnier und Perez beobachteten die Riesenschwärme der gewaltigen Kolonie ihres P. indicum = P. spinosum Herdman nahe an der Südküste Arabiens. Die 7 P. ^oa^-j^i/'-Fundstellen von den Reisen des Fürsten von Monaco, welche von Krüger (191 2) auf der Karte eingetragen sind, liegen bis auf eine (zwischen dem Festlande von Spanien und den Azoren) gleichfalls in der Nähe von Festlandsküsten oder Inseln (Azoren, Madeira). Die vorstehende Tabelle S. 4 1 7 enthält ein Verzeichnis derjenigen Stationen, auf welchen Pyrosomen gefischt wurden. Wie die Zusammenfassung ergiebt, sind es 41 von 274 Stationen oder rund 15 Prozent. Die Pyrosomen waren enthalten in einem Plankton netzfang, 28 Vertikal- und 13 Trawlfängen. Die Häufigkeit des Auftretens der einzelnen Arten in den Fängen, desgleichen die dabei beobachtete Individuenzahl läßt sich gleichfalls der Schlußsumm ierung entnehmen. 2. Die vertikale Verbreitung- der Pyrosomen. Die vertikale Verbreitung der Pyrosomen ist von der Plankton-Expedition durch viele sorgfältig ausgeführte Schließnetzfänge zuerst festgestellt worden. Das Ergebnis lautet (Seeliger 1895, S. 75), „daß in den großen oceanischen Tiefen die Pyrosomen fehlen", daß vielmehr ihr Hauptverbreitungsbezirk die Tiefen von der Oberfläche bis etwa 200 m sind. Die von der Deutschen Tiefsee-Expedition unternommenen Vertikalnetzzüge, in denen sich Pyrosomen vorfanden, erstrecken sich auf die Tiefen von 600 — 4000 m; die meisten wurden bis zu 2000 und 2500 m Tiefe ausgeführt. Nur in einem Falle, auf Station 85, handelt es sich um Stufenfänge in 500, 700, 1000 und 4000 m Tiefe. Es enthielten die letzten 3 Zügis. Pyro- somen (P. ffiganteum), und zwar der aus 700 m Tiefe eine 1,5 cm und eine 5 cm lange Kolonie, der aus 1000 m stammende ein 2V2 cm langes Stöckchen und der in 4000 m Tiefe geführte 4 Kolonien von 2V2, 3, 3V2 cm Länge und die größte überhaupt von der „Valdivia" erbeutete Kolonie von 26 cm Länge. Die 13 Trawlzüge, in welchen Pyrosomen enthalten waren, reichen von 614 (Station 194) bis 4990 m (Station 45). Die zahlreichen Schließnetzfänge der Deutschen Tiefsee-Expedition enthielten keine Pyrosomen. Da bei weitem die größte Anzahl der Schließnetzzüge in größeren Tiefen unter- nommen wurde, so dürfte das Fehlen von Pyrosomen als Bestätigung der von der Plankton- Expedition über die vertikale Verbreitung gewonnenen Ergebnisse zu betrachten sein. 128 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. 419 Litteraturverzeichnis. 1. Balfour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Bd. II, 1881. 2. Bennett, On the light emitted by a species of Pyrosoma. Proceedings of the Zool. Soc. of London, Part I, 1833, P- 79- — Paper upon marine Noctilucae. Ibid., Part V, 1837, p. 51. Ein Auszug erschien in: Isis von Oken, 1841, S. 918. 3. BoNNEViE, K., On gemmation in Distaplia magnilat-va and Pyrosoma e/egans. The Norwegian North- Atlantic Expedition 1876— 1878, 1896. 4. BoNNiER et Perez. Sur un nouveau Pyrosome gigantesque. Compt. rend. Paris, T. CXXXIV, 1902, p. 1238 — 1240. 5. BoRY DE St. Vincent, Voyage dans les quatre principales lies des mers d'Afrique fait pendant ies annes 1801 et 1802, Paris 1804, T. I, p. 107, Atlas Fig. 2, Taf. VI. 6. Bronn, H. G., Die Klassen und Ordnungen der Weichtiere (Malacozoal Bd. III, I, Leipzig u. Heidelberg, 1862. 7. Brooks, W. K., The genus Sa/pa. Memoirs from the Biol. Laborat. of the Johns Hopkins Univ., Vol. II, 1893. — Dipleiirosoma, a new genus of Pyrosoma. Johns Hopkins Univ. Circulars, 1906, p. 98/99. — Dipleiirosoma. Mem. nat. Acad. Sciences, Vol. X, p. 149 — 156, Washington 1906 (war nicht zu erlangen). 8. Bruchlos, H. F., Beiträge zur Stoloentwickelung der Salpen. Dissertation, Leipzig 1910. 9. Chun, Die pelagische Tierwelt in größeren Meerestiefen und ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna. Biblioth. zool-, 1888, Heft i. 10. Claus, Grundzüge der Zoologie. 4. Aufl., Bd. II, 1882. 11. Damas, Contribution ä l'etude des Tuniciers. Arch. Bio!., T. XX, 1904, p. 745 — 833. 12. Farran, G. 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Keferstein und Ehlers, Zoologische Beiträge, gesammelt im Winter 1859 — 1860 in Neapel und Messina. IV. Bemerkungen über die Anatomie von Pyrosoma, 1861, S. 72. 24. KoROTNEFF, A., Knospung des Keimstockes bei den Salpen. Mitteil. d. Zool. Station Neapel, Bd. XI, 1894. — Zur Embryologie von Pyrosoma. Ebenda, 17. Bd., 1905, Heft 3, S. 295—311, Taf. XVII— XIX. 25. KoRSCHELT und Heider^ Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte. Spezieller Teil, Heft 3, 1893. 26. Kowalevsky, Ueber die Entwickelungsgeschichte der Pyrosoma. Arch. f. mikrosk. Anat, Bd. XI, 1875. 27. Krüger, P., Ueber einige Appendicularien und Pyrosomen des Mittelmeeres (Monaco). Bull, de ITnst. Oceano- graphique, No. 223, 1912, p. i — 6. — Pyrosomes et Appendiculaires povenant des canipagnes de l'Hirondelle et de la Princesse- Alice 1885 — ig 10. Resultats campagnes scientifiques Albert L, T. XXXIX, 191 2. 28. Lahille, Recherches sur les Tuniciers des cotes de France, Toulouse 1890. 29. Lesueur, Memoire sur quelques nouvelles especes d'animaux mollusques et radiaires recueillis dans la Medi- terranee pres de Nice. Nouv. Bull. d. Sciences d. 1. Societe Philom., T. III, p. 281, Fig. 2, Taf. V. Paris, Julin, 1813. — Memoire sur l'organisation des Pyrosomes et sur la place qu'ils semblent devoir occuper dans une Classi- fication naturelle. Ibid., Paris 181 5, p. 70, Fig. i— 15, Taf. I. 30. Meven, Ueber das Leuchten des Meeres. Acta Acad. Leopoldino-Carolinae, Vol. XVI, Sui)pl., 1834. — Reise um die Erde. III. Zoolog. Bericht, S. 274 fg. Auszug in: Arch. f. Naturgesch., Bd. I, 1835, S. 310. 31. Milne-Edwards, La circulation du sang chez les Pyrosomes. Compt. rend., T. X, 1840, p. 284; Annal. d. Scienc. natur., 2. Ser., T. XII (Zool.), 1839, p. 375. 32. Moseley, Notes by a naturalist on the Challenger, London 1879, p. 574. 33. Neumann, Doliolum. Wissenschaftl. Ergebnisse der Deutschen Tiefsee-Expedition, Bd. XII, Lfg. 2. — Mitteilung über eine neue Pyrosomenart der Deutschen Tiefsee-Expedition (Pyrosoma operculattwi). Zoolog. Anz., Bd. XXXIII, 1908, No. 21, S. 709—711. — Mitteilung über eine neue Pyrosomenart der Deutschen Tiefsee-Expedition (P. triangulum) . Mitteilung über eine neue Pyrosomen- und Doliobim-hx\. der Deutschen Südpolar-Expedition. Ebenda, Bd. XXXIII, 1909, No. 24/25, S. 792—797. — Mitteilung über eine neue Pyrosomenart der Deutschen Tiefsee-Expedition (P. verticillatum) nebst Be- merkungen über die Stockbildung und das Wandern der Knospen bei Pyrosomen. Ebenda, Bd. XXXIV, 1909, No. 20/21, S. 654 — 671. — Ueber Bau und Entwickelung des Stolo prolifer der Pyrosomen. Ebenda, Bd. XXXXI, 19 12, No. i, S. 13—21. — Bronn, Klassen und Ordnungen des Tierreichs, III, Suppl. II, 1909 — 1911, Lfg. 1—9. 34. Panceri, GH oigani luminosi e la luce dei pirosomi. Rendiconto dell'Accad. delle Scienze fis. e mat.. Anno XI, p. 43 — 49, Napoli 1872. — Gli organi luminosi e la luce dei pirosomi e delle foladi. Atti dell'Accad. delle Scienze fis. e matem., Vol. V, 1873. 35. Pavesi, Intomo alla circolazione dei sangue nel Pyrosoma, studiata specialmente negli embrioni. Rendiconto dell'Accad. delle Scienze fis. e. matem., Anno XI, p. 25 — 33, Napoli 1872. 36. Peron, Memoire sur le nouveau genre Pyrosoma. Annales du Museum nat. d'Hist. natur., T. IV, 1804, p. 437. — Voyage de decouvertes aux terres Australes, pendant les annees 1800 — 1804, Paris 1807 — 1810, T. L, Atlas, Fig. I, 4, Taf. XXX; Fig. 3, Taf. XXXI. 37. Perrier, Les explorations sous-marins, Paris 1886, p. 229. 38. QuOY et Gaimard, in : Freycinet, Voyage autour du monde, fait par ordre du roi sur les corvettes l'Uranie et la Physicienne, pendant les annees 1817 — 1820. Zoologie, Paris 1824, p. 514, Fig. 1, Taf. LXXV. 39. Ritter, W. E., The pelagic Tunicata of the San Diego region, excepting the Larvacea. Univ. of California Publ., Zoology, Vol. II, 1905. 40. Ritter and Byxbee, The pelagic Tunicata. Mem. of the Mus. of comparat. Zoology, Harvard College, Vol. XXVI, No. 5, p. 201 — 205, Taf. I und II, Cambridge 1905. 130 Die Pyrosomen der deutschen Tiefsee-Expedition. . , , 41. Ritter and Johnson, The growth and differentiation of the chain of Cyclosalpa affinis. Joum. of Morphol., Vol. XXII, IQ II, No. 2. 42. Salensky, Beiträge zur Embryonalentwickelung der Pyrosomen. Zool. Jahrb., Bd. IV, S. 424 — 477, Bd. V, S. 1—98, 1892. 43. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. IL Part., i. Fase, Paris 1816. IL Mem. Observations sur les Alcyons ä deu.x oscules apparens, sur les Botrylles et sur les Pyrosomes. Lues le i" mai 1815. 44. Schmidtlein, Vergleichende Uebersicht über das Erscheinen größerer pelagischer Tiere während der Jahre 1875— 1877. Mitteil. d. Zoolog. Station Neapel, Bd. I, 1879. — Vergleichende Uebersicht über das Erscheinen größerer pelagischer Tiere und Bemerkungen über Fort- pflanzungsverhältnisse einiger Seetiere im Aquarium. Ibid., Bd. II, 1880, S. 164. 45. Seeliger, Die Entwickelungsgeschichte der sozialen Ascidien. Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XVIII, 1885. — Die Entstehung des Generationswechsels der Salpen. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XXII, 1888. — Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrosomen. Ibid., Bd. XXIII, 1889. — Bemerkungen zu Herrn Prof. Salensky's „Beiträge zur Embryonalentwickelung der Pyrosomen". Zoolog. Anz., No. 385, 1892, S. I — 7. — Ueber die erste Bildung des Zwitterapparates in den jungen Pyrosomenstöcken. Festschr. f. R. Leuckart, 1892. — Die Pyrosomen der Plankton-Expedition. Ergebn. d. Plankton-Expedition, Bd. II, E. b., 1895. — Referat. Zoolog. Zentralblatt, Bd. IV, 1906, S. 259 ff. — Bronn, Klassen und Ordnungen des Tierreiches. III. Suppl. 46. SiGL, M. A., Die Thaliaceen und Pyrosomen des Mittelmeeres und der Adria. Gesammelt während der fünf Expeditionen S. M. Schiff „Pola" 1890 — 1894. Denkschr. d. mathem. -naturw. Klasse der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, Bd. LXXXVIII, 191 2. 47. Stationen der Deutschen Tiefsee-Expedition, 1898 — 99, Leipzig 189g. 48. Uljanin, B., Die Arten der Gattung Doliolum im Golfe von Neapel. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Monogr. X, 1884. 49. UssoFF, Beiträge zur Kenntnis der Organisation der Tunicaten. Mem. Soc. imp. des Natur, de Moscou, T. XVIII, 1876. (Russisch.) 50. Vogt, Ocean und Mittelmeer, Bd. II, 1848, S. 59 — 66. — Zoologische Briefe. Naturgeschichte der lebenden und untergegangenen Tiere, Bd. i, 1851, S. 267. — Recherches sur les animaux inferieurs de la Mediterranee. IL Mem. Sur les Tuniciers nageants de la mer de Nice. Mem. de ITnst. Genevois, T. II, 1854. 131 54* . 2 2 ^- Neumann, Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung 293 Material und Methode 294 I. Entwick elungsgeschichtlicher Teil 295 1. Die Bildung des Pyrosomcnstockes 295 a) Die gesetzmäßige Anordnung der Ascidiozooide im Pyrosomenstock 295 b) Die Entstehung der gesetzmäßigen Anordnung der Ascidiozooide im Pyrosomenstock . 296 c) Das Wandern der Knospen 305 2. Das Reifen der Geschlechtsdrüsen und die Beziehungen zwischen geschlechtlicher Ver- mehrung und Knospung 308 a) Hoden und Eireife 308 b) Knospungsreife und Geschlechtsreife 313 c) Vermehrung und Stockgröße 317 d) Geschlechtsreife und Alter des Einzeltieres 318 e) Knospungsreife und Alter des knospenden Tieres 319 f) Allgemeines über den Generationswechsel der Pyrosomen 320 3. Zur Knospung der Pyrosomen 323 a) Bau und Entwickelung des Stolo prolifer in den Pyrosomenknospen 323 Stolobildung bei P. Agassizi 325 Stolobildung bei P. giganteitm 332 4. Zur Embrj'onalentwickelung 340 a) Die Entstehung des Stolo prolifer in den 4 Primärascidiozooiden 340 b) Das Pericardialrohr der Ascidiozooidenkette 351 c) Zur Entstehung des Nervensystems in den Primärascidiozooiden 353 d) Zur Cloacalöffnung des Cyathozooids 355 5. Zur Entstehung des Verdauungstraktus in den Ascidiozooiden 356 II. S)'^stematischer Teil 360 Einleitung 360 Uebersicht über die Pyrosomenarten 361 1. Pyrosomata fixata 365 a) P. Agassizi 366 b) P. spinosum 380 2. Pyrosomata ambulata , 390 a) P. verticillatiim 390 b) P. operculatum 394 c) P. aherniosum 396 d) P. aüanticum var. giganteuni und var. levatum 397 e) P. triangiilum 406 f) Anhang: Die kleinsten, ein- und zweireihigen Kolonien 407 g) Bestimmungstabelle 410 III. Faunistischer Teil 411 1. Die horizontale Verbreitung der Pyrosomen 411 2. Die vertikale Verbreitung der Pyrosomen 418 Litteraturverzeichnis 419 Frommannsche Buchdmckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 4181 Tafel XXXIII. (Tafel I.) Tafelerkläruno-. n After. blo blutbildendes Organ. bz Blutzellen. c Cellulosemantel. cl Cloake. de cloacale Einsenkung zwischen den Periliranchialc'iff- nungen des Cvathozooids. dm Cloakenmuskel. clö Cloaken- oder Egestionsöffnung. d Dotter. db Dorsalmuskelbündel. di Diaphar\iigealband. dt Darmtraktus. dz dorsaler zipf eiförmiger Anhang der Cloake. el> Eläoblast. ec Ektoderm. ed Enddarm. ed' Enddarmanlage. end Endostyl. eiid' Endost3'lfortsatz, Entodermrohr des Stolos bezw. der Knospen. i:iidd' Anlage des Darmtraktus, Salensky's Darmschleifen. en Entoderm. / Follikel des Eies und Rmbrxos. fb Flimmerbogen. //• medianer Flimmerstreifen oder Flimmerkamm an der hinteren Kiemendarm wand. ß Längsflimraerbänder an den Seiten des Endiist\ls. g' Geschlechtsstrang des Stolos bezw. der Knospe. h Hoden. hz Herz. . / Ingestionsöffnung. // Intestinum. I;d Kiemendarm. /•/• Mundkraüse, halskrausenförmige Verdickung des Schlundepithels am Mundeingang. ks Kiemenspalten. / primäre Leibeshöhle. Ih Leibeshöhle. lo Leuchtorgane. m Magen. Bei Schnitten ist das E k t o d e r m mit blaue gelbrotem Ton angegeben. m' Magenanlage. iiid Mitteldarm. me Muskel (Sphincter) der Egestionsöffnung. mi Sphincter der Ingestions- oder Mmidöffnung. mes !Mesodennzellen. Inf Mantelfaserzüge zwischen den Enden der Cloaken- muskeln. mg ^^antelgefäße. ms Muskelfibrillen. ms' Muskelzellstrang (= Brooks' „muscular tubes" im Salpenstolo). //// Mundtentakeln (bei P. Agassizi und spiiiosiim). mz Muskelzellen. n Ganglion. //' Ner\enstrang des Stolos, Nervenfortsatz der Knospe. «j — »j, die 8 dem Ganglion entspringenden Nerven- paare. np Neuroporus. nr primäres Ner\enrohr, Seitennerxen Salensky's. o Ei. oe Oesophagus. ov Ovidukt. I>b Peribranchialräume. /c Pericardium. I>c' Perit ardialstrang des Stolos, bezw. Pericardialfortsatz der Knospe. j>h Porocyten. l>mz Pigmentzellen. rdin, )\m Radiärmuskelfasern am circumnralen Schlund- epithel. im Riagmuskelzüge um den Schlund. rz Rückenzapfen. sd Subneuraldrüse, sogenannte H\i)o])h\sisdrüse. sl Samenleiter. st Stolo. sth Stockhöhle — gemeinsame Cloacalhöhle. vb Ventralmuskelbündel. ?'/ Ventraltentakel der Mundöffnung, m , das Entoderm mit braunem, das Mesoderm mit Tafel XXXIIL (Tafel I.) Fig. I — I o. x\ufeinander folgende Knospenstadien am Stolo prolifer von P. Agassizi. Fig. 1—9 i:ioo, Fig. lo 1:45. DEITSCMI; TII-FSEE EXPEDITION 1S')8 od. Hd.xil. G. NEUMANN : P^-ROSOMEN. T,\F XXXlll. Taf. I. Pyrosoma Agassisi. Tafel XXXIV. (Tafel II.) Tafel XXXIV. (Tafel II.) P. Agassizi. Fig-. I u. 2. Ouerschnitte durch den Taf. XXXIIl, Vvg. i dargestellten Stolo prolifer. „ 3. Querschnitt durch den Taf. XXXIIl, Fig. 2 „ „ „ „ 4. Querschnitt durch den Taf. XXXIIl, P"ig. 3 „ „ „ „ 5 — 9. Querschnittserie durch ein Knospenstadium, welches zwischen den Taf. XXXIIl, Fig. 4 u. 5 dargestellten Stadien liegt. „ 10 u. II. Ouerschnitte durch ein Knospenstadiuni, welches etwa dem Taf. XXXIIl, Fig. 5 dargestellten entspricht. „ 12 u. 13. Querschnitte durch ein Knospenstadium, welches zwischen den Taf. XXXIIl, Fig. 5 u. 6 gezeichneten Stadien liegt. „ 14 u. 15. Querschnitte durch das Taf. XXXIIl, Fig. U dargestellte Knospen.stadium. 16 u. 17. Querschnitte durch das Taf. XXXIIl, Fig. 7 dargestellte Knospen.stadium. Alle Figuren 1:300. Die Schnitte sind stets distal-pro.ximal angecirtlnet. DElTSCHlf TIF.FSEE HXPHDITlUN iö'>.H >.«... L.u.Ai ü.\:EU.\L\NN : PYROSOMEN. TAH. xxxi\-. Taf. IL Pyrosoma Agassis/.. Tafel XXXV. (Tafel III.) Tafel XXXV. (Tafel III.) P. Agassizi. Fig. i — 6. Querschnittserie durch das Taf. XXXIII, Fig. 7 dargestellte Knospenstadium. „ 7^-9. Querschnitte durch den „Stiel" (die proximale, jüngere Knospe) des Taf. XXXIII, Fig. 8 gezeichneten Knospenstadiums. „ 10. Frontaler Längsschnitt durch das Taf. XXXIII, Fig. 7 dargestellte Knospenstadium. Alle Figuren 1:300. deitschi:Tif:i-see Expedition iö-« w. bü.xh r; \;eumann : pvrosomhn. TAF XXW Taf. in. Pijrosoma Agassisi. Tafel XXXVI. (Tafel IV.) Tafel XXXVI. P. ^iganteuni. (Tafel IV.) Fig. I — lo. x-\ufeinander folgende Knospenstadien am Stolo prolifer von P. giganteum. „ II — 13. Drei aufeinander folgende jüngere Primärknospenstadien vom Stolo prolifer des Cyathozooids von P. giganteiini. Alle Figuren i : 100. i DEUTSCHE TIEESEE EXPEDITION 1898 QQ Bd. \n. G. NEUMANN : PWOSOMEN. L\¥. XXW'l. Taf. IV. Pgrosoma gigantenm. Tafel XXXVII. (Tafel V.) Tafel XXXVII. (Tafel V.) P. Agassizi und P. oj^ajiteum. Fig. I. Querschnitt durch den distalen Abschnitt der Taf. XXXIII, Fig. 9 gezeichneten Knospe von P. Agassizi. „ 2. Querschnitt durch den distalen Abschnitt eines Knospenstadiums von P. Agassizi, welches etwas älter als das Taf. XXXIII, Fig. 9 gezeichnete ist. „ 3 u. 4. Querschnitte durch den Taf. XXXVI, Fig. 2 dargestellten Stolo 5. Querschnitt durch den Taf. XXXVI, Fig. 4 dargestellten Stolo 6. Querschnitt durch das Taf. XXXVI, Fig. 5 dargestellte Knospenstadium 7 — 9. Querschnitte durch das Taf. XXXVI, Fig. 6 gezeichnete Knospenstadium 10 u. II. Querschnitte durch das Taf. XXXVI, Fig. 8 dargestellte Knospenstadium. Alle Figuren i : 300. Schnittanordnung distal-proximal. von P. gigan- teviii. DEUTSCH HTIEFSHE EXPEDITION 1898-()q. Bd.Xll. G.NEUMANN : FWOSOMEN. TAE XXXMI. yeuman^ äel Werner u. Wüßter. Franifart^M. Taf. V. Fig. 1 II. 2 Pijrosonm Agassi zi : Fig. 3-11 Piirosoiiia gigantenm. Verlag von ': Tafel XXXVIII. (Tafel VI.) Tafel XXXVIII. (Tafel VI.) P. vicranteiim. Fig. I u. 2. Querschnitte durch das Taf. XXXVI, Fig. X dargestellte Knospenstadium, i :300. 3. Querschnitt durch das distale Ende des Taf. XXXVI, P'ig. 10 dargestellten Knospen- stadiums. 1 : 300. 4. Frontaler Längsschnitt durch das distale Ende eines Knospenstadiums, welches etwas älter ist als das Taf. XXXVI, Fig. q dargestellte, i : 200. 5. Querschnitt durch das distale Ende einer zungenförmigen Keimscheibe, welche etwas jünger ist als die von Kowalevsky (1875) !"%■ 3^ gezeichnete. 6 u. 7. Querschnitte durch eine Primärknospe aus einer Ascidiozooidenkette (Stolo eines Cyathozooids), welche etwa dem Stadium F — G bei Salensky entspricht. 8 — II. Querschnittserie durch eine proximale Primärknospe, welche etwa der Taf. XXXVI, Fig. 1 1 dargestellten distalen entspricht, aus einer Ascidiozooidenkette, welche etwa dem Stadium Ga bei Salensky gleicht. 12 — 14. Querschnitte durch eine distale Primärknospe aus einer Ascidiozooidenkette, welche dem Stadium G — -H bei Salensky entspricht. Fig. 5 — 14 1:200. Alle Schnitte von Serien sind distal-proximal angeordnet. DEITSCHE TIEFSEE EXPEDITION 1898-09. Bd.XI! G. NEUMANN-. PTOOSOMEN. läf^r " li^iv--------^''' -eb Werrur u. Wmter, Burütfart'i'M. Taf. VI. Pgrosoma gigantenm. ..;izi' Fischer in Jena. Tafel XXXIX. (Tafel VII.) Fig- 1—3- 4—7- 8—1 i6 u. i8. 19 — 22. 23 — 26. Tafel XXXIX. (Tafel VII.) J^. gifranteum, Querschnitte durch eine distale Primärknospe aus einer Ascidiozonidenkette, welche dem .Staduim G— H bei Salensky entspricht. Fortsetzung von Taf. XXXVIII, Fig. 12 — 14. Nur die dorsalen Teile sind dargestellt. Querschnitte durch eine distale Primärknospe aus einer etwa jüngeren Ascidiö- zooidenkette, welche etwa dem Stadium Tx bei Salensky und Ko\\ale\sky Fig. 46 entspricht. Querschnitte durch die zweite proximale Primärknospe, welche etwas jünger als die Taf. XXXVI, Fig. 12 dargestellte distale ist, aus einer Ascidiozooidenkette, welche dem Stadium H bei Salensky entspricht. . Querschnitte durch den distalen Teil der dritten (vorletzten) Primärknospe, welche der Taf. XXXVI, Fig. 1 2 dargestellten distalen entspricht, aus einer Ascidiozooiden- kette, welche zwischen den Stadien H und J bei Salensky liegt. Querschnitt durch den distalen Teil einer distalen Primärknospe, aus einer Ascidio- zooidenkette, welche dem Stadium J bei Salensky entspricht. Querschnitte durch den Taf. XL, Fig. 16 dargestellten vorderen Teil einer jungen Keimscheibe (etwas jünger als die Fig. 28 bei Kowalevsky dargestellte). Querschnitte durch den Taf. XL, Fig. 1 7 dargestellten vorderen Teil einer etwas älteren Keimscheibe (etwas älter als die Fig. 28 bei Kowalevsky dargestellte). Fig. I — 18 1:200; Fig. 14—26 1:100. DEUTSCHE TU- FSEt-: EXPEDITION' 1898 QQ. Bd. XII 1 G. NEUMANN •. PYROSOMEN . TAR XXXIX. N-mrnann d- Werner u. WinUr. Frmifun *Af. Ta/. 177. Fi/rosoma f/t'ffanfeiim. Tafel XL. (Tafel Vin.) Tafel XL. (Tafel VIII.) P. gis[anteum und P. Agassizt. Fig. I — 5. Querschnitte durcli den Taf. XL, Fig. 18 dargestellten vorderen Teil einer älteren Keimscheibe (etwas älter als die Fig. 30 bei Kowalevsky dargestellte). „ 6 — I o. Querschnitte durch den Taf. XL, Fig. 1 9 dargestellten vorderen Teil einer älteren Keimscheibe (etwas jünger als die Fig. 36 bei Kowalevsky dargestellte). „ II — 15. Querschnitte durch den Taf. XL, Fig. 20 dargestellten vorderen Teil einer älteren Keimscheibe (welche der Fig. 36 bei Kowalevsky dargestellten entspricht). Fig. I — 15 1:1 00. „ 16 — 20. Fünf Entwickelungsstadien der Cloacalöffnung des Cyathozooids, welche den Schnitten Taf. XXXIX, Fig. 19 — 26, Taf. XL, Fig. i — 15 entsprechen. 1:150. „ 21. Einer jener „Flecke" (Gruppe degenerierter Zellen ?) aus der Peribranchialwand von P. giganteum. i : 240. „ 22. Teil des dorsalen Muskelbündels von P. Agassizi. 1:200. „ 23. Nervenendigung des 7. Nerven am Dorsalende des Cloakenmuskels bei einem Ascidiozooide von P. Agassizi ohne Mantelgefäße, i : 100. *Uebergang der Nerven- in die Muskelfasern. „ 24. Nervenendigungen des 7. Nerven am Dorsalende des Cloakenmuskels Viei einem Ascidiozooide von P. Agassizi mxX.Ms.nXsl^eidiü. 1:100. ;;// Muskelfasern, «/Nerven- fasern, np plattenförmige Verbreitenmgen der Nervenfasern beim Ansatz an die Muskelfasern. Dl-rTSCIlHTII'rSHK r.XrHDITlOX i,H')v M<) ij.i.xii 1 * G.NEUM/XNN : P\'ROSOMKN. TAH. XL. ehd' end' l'• 24 «/? } .i'/il 1 f;'! i :l"l .'.■nf H^errur u. Il ■■ /'/(/. y j'i Pi/rosomii f/if/miteniu ; Fitj. 22 -2 i Pyrosoma Agassisi. Tafel XLI. (Tafel IX.) Tafel XLI. (Tafel IX.) P. verticillatvm und P. Aoassiz/. Fig. I. Erwachsenes Ascidiozooid von P. verticillahim. 1:30. „ 2. Wanderknospe von P. verticillatum mit Phorocyten (ph). 1:75. „ 3. Darmtraktus von P. Agassizi mit pigmentiertem Oesophagus und Magengrunde. 1:30. „ 4. Ventraler Mantelfortsatz von P. Agassizi (von rechts oben gesehen), i : 20. „ 5. Spitze einer jungen, 5 cm langen Kolonie von P. Agassizi mit nur einem und zwar merkwürdig umgebildeten Ascidiozooid. i : 20. „ 6. Cloacalöffnung von P. Agassizi mit Dorsalzipfel (Rückansicht), i : 20. „ 7. Rückansicht des in fig. 5 gezeichneten, eigenartig umgebildeten Ascidiozooids aus der Spitze einer Kolonie von P. Agassizi. i : 20. „ 8. Erwachsenes Ascidiozooid von P. Agassizi. i : 20. DFüTsciii- TiHFsi;i-: i:xi'i:diti()n i^osoo, h,i..xii. G. NEUMANN -. PWOSOMl-N, AI-, \l.l hlo Llld fimz w / \. Tn/. IX. Fig. 1 II. i' /^i/ivs»ii/a rcrticillatiiin nov. spec; Fig. 3-8 Pijrosoma Agassizi. Tafel XLII. (Tafel X.) Tafel XLII. (Tafel X.) P. spinosuti/ lind P. atlanticum. Fig". I . Altes Ascidiozooid von P. spiiiosum. i ; 1 6. „ 2. Darmtraktus und Geschlechtsorgane eines jungen Ascidiozooids von J\ spinosum von der Ventralseite, i : 20. „ 3. Cloacalöffnung von P. spinosum. Aufsicht, i : i ft. „ 4. Ascidiozooid von P. atlanticutn \on der Seite, mit Pigmenten. 1:25. „ 5. Mundfeld und Stirnfläche eines Ascidiozooids von P. atlafiticum mit Pigmenten. 1:45. „ 6. Die 4 Primärascidiozooide und 8 Ascidiozooide der zweiten Etage einer jungen, i cm langen Kolonie von P. atlanticum, \-on der \^entralseite. i : 20. ni:iTSciii:Tii:i-si;i-; i-xrHDiiioN usosu») Bd.xii. <; nthmann: mv>osnMFM TAI- Xl,ll. o Taf. X. F/f/. IS Pifrosowa spino.mm ; Fig. 4-6 Pijroaomri nthmtirnm. Tafel XLIII, (Tafel XI.) Tafel XLIII. (Tafel XI.) P. operculatum, triangulum, giganteum und Agassizi. Fig. I. Erwachsenes Ascidiozooid von P. operculatum. \ : 20. „ 2. Erwachsenes Ascidiozooid von P. friang^ihim. .. 3- Querschnitt durch den Oesophagus von P. gigantewii (folgende Figur), up unpaarer Muskel. I : 100. „ 4. Darmtraktus von P. giganteum mit pigmentiertem Oesophagus. 1:10. „ 5. Cloacalöffnung von P. operculatum bei Aufsicht. Man sieht den dreieckig verengten Querschnitt der Cloake im Hintergnmde. i : 30. *Kontur des Querschnittes der Cloake, wo die Cloacalklappe ansetzt. **Engster, \v(;iter proximal gelegener Querschnitt der Cloake (vergl. Fig. i). „ 6. Cloacalöffnung \on P. operculatum von der Dorsalseite, i : 25. „ 7. Querschnitt durch den EndostA'l von P. Agassizi. i : 300. esd Dorsalstreifen, csm Mittel- streifen, csmd Medianstreifen, esv Ventralstreifen, esz dorsale Zwischenstreifen, esz' ven- trale Zwischenstreifen. „ 8. Stück des Flimmerbogens von P. giganteiim. von der Fläche, i : 600. „ 9. Junges Ascidiozooid von P. triangulum. i : 20. üt:in\S('iii;Ti[-:FSHi- i:.\Pi:niT!ON ksosoo tui.xn. (i.Xl.rMANM: l'^kOSOMF-N. 'Al-..\l,lll. (•sind Taf. XL Fig. 1. 5. ß Pyrosoma opermlatum nor. spec. ; Fit/. 2 ii. 9 Pyrosoma trianynUim nor. spec. , Fiy.3, 4, S Pyrosoma giganteimi ; Fig. 7 Pyrosoma Agassis!. Tafel XLIV. (Tafel XII.) Tafel XLIV. (Tafel XII.) P. vertkillutum, aherjiiosum und oiganteum . Fig. I. 2 cm lange, neunreihige Kolonie von P. verticillatuiii. 1:472. Lieber Knospenanord- nung vgl. S. 303. lieber die geschlechdichen Verhältnisse dieser Kolonie vgl. S. 316. Man sieht zwischen der i. u. 2. und zwischen der 2. u. 3. Reihe Knospen, in einzelnen Ascidiozooiden das (weiße) Ei. „ 2. 1,5 cm lange Kolonie von P. Agassizi. 1:6. .Sie zeigt, wie bei dieser Art oft schon in frühen Stadien der .Stockbildung die ältesten Etagen durch dazwischen entstehende jüngere Ascidiozooidringe getrennt werden. Die Zweitälteste Etage (//) liegt, durch jüngere getrennt, fast am offenen Ende der Kolonie. Auch \entral vor den 4 Primära-scidio- zooiden (/) liegen bereits jüngere Tiere. Vgl. S. 301/2. „ 3. Dreireihige Kolonie von P. vcrtkillatutn mit 2 Wanderknospen (:wk) an der linken Seite des mittleren und (im Bilde) linken (Mutter-)Primärascidiozooids (vgl. S. 296 u. 305 ff.). Die ältesten Knospen {k) der beiden anderen Primärascidiozooide (des rechten und hinteren Tieres) stehen unmittelbar vor der Abschnürung. „ 4. 1,7 cm lange, 6-reihige Kolonie von P. verticillatnm. 1:4. Man beachte die charak- teristischen breiten Mantelzwischenstücke zwischen den einzelnen Ringen , in denen nirgends Knospen fixiert sind (vgl. .S. 390 ff.). „ 5 — 10. Verschiedene aufeinanderfolgende Stadien der Stockbildung (zu S. 296 ff.). Fig. 6 — 10 vom offenen Ende der Kolonie gesehen. Alle Figuren 1:12. „ 5. Erwachsene Viererkolonie von P. oigantciivi von der Ventralseite, der Spitze der zukünftigen Kolonie. Man sieht 4 a]:)schnürungsfähige Knospen am Stoln. „ 6. junge Kolonie von 1V2 Etagen, d. h. 4 Primärascidiozooide (Z'«) in der i. Reihe und 4 Tochterascidiozooide i. Ordnung (/) im Zwischenräume links vom Muttertier eine zweite Etage aufbauend. P. verticillafum. „ 7. Junge Kolonie von i'A Etagen, d. h. die zweite Etage besteht aus 4 älteren Tochter- ascidiozooiden erster und 2 jüngeren eben erst fixierten Wanderknospen zweiter Ord- nung. Die beiden noch fehlenden, in der Figur nicht sichtbaren Knospen 2. Ordnung sind bereits abgeschnürt und haben schon den halben Weg zurückgelegt. P. vertkillatum. „ 8. Junge Kolonie von 2 Etagen. Die 4 älteren Tochterascidiozooide i. Ordnung (1) unter- scheiden sich noch deutlich in der Größe von den 4 jüngeren 2. Ordnung (2). P. giganteum. „ 9. Junge Kolonie von 2V2 Etagen. 4 Wanderknospen 3. Ordnung (j) haben sich in einer 3. Etage rechts (Ausnahmestellung, vgl. S. 299) neben dem ältesten .Schwestertier (i. Ordnung) fixiert. P. vertkükitum. „ 10. Junge Kolonie von 3 Etagen (vgl. Fig. 3). 4 Wanderknospen 4. Ordnung haben die 3. Etage (mit 8 Ascidiozooiden) vollendet Sie sind in der Größe noch von den Asci- diozooiden 3. Ordnung zu unterscheiden. P. giganteum. Pa = Primärascidiozooide; /, 2, j, 4 = Knospen i. — 4. Ordnung; /, //. /// = i., 2., 3. Etage dem Alter nach. Dl'lTSCHE TIEF8KK EXPEDITION 1808 9q.Bd.Xn. Fi,,. 1 :]■ Frrj.9 G . NEUIvL\N X, P^'RO S OME N . TAKXI,I\", itiÄ'X.'- . > Fi./. 2. f # F,V/.3. Fl (1.8. Pa. 2 1 Pa, 3 i 1 $b 1 \ _ * \ 1 ' "u 1 p,--^ H ^BB^ '~'' 2-'' y i' 1 ^ «'s* 3 Pa Fitj.JO. Dr.Zetzsche phot. TafM. Fig.l,3.^.ß -9 F. verticälatunh, Fi,j.2 F'. a.lienuu.'iu»! . FUf.ö u lO F. cjigojvteuirv. DEUTSCHE TIEFSEE-EXPEDITION laoeqq Bd \II G. Noumann; Pyrusomun. WISSENSCHAFTLICHE ERGEBNISSE DER DEUTSCHEN TIEFSEE-EXPEDITION AUF DEM DAMPFER „VALDIVIA" 18984899 IM AUFTRAGE DES REICHSAMTES DES INNERN HERAUSGEGEBEN VON CARL CHUN PROFESSOR DER ZOOLOGIE IN LEIPZIG LEITER DER EXPEDITION. ZWÖLFTER BAND ERSTE LIEFERUNG DR RICHARD GOLDSCHMIDT. Amphioxides. Mit 10 Tafeln, lo Abbildungen und i Karte im Text. TEXT ? "^ JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1905 Preis für Abnehmer des ganzen Werkes: 25 Mark 50 Pf. Preis für den Einzelverkauf: 30 Mark iii nwMiiin'i irnrnriir "nmi Verlag von Gustav Fischer in Jena. laiclie Erpkisse der Beutseta Hsee-ExpeJitä auf dem Dampfer „Valdivia" 1898-1899 Im Auftrage des Reichsamts des Innern herausgegeben von Carl Ch u n Professor der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. Es bearbeiten: Ausrüstung der „Valdivia": Ober-Inspektor Sachse und Inspektor Polis, Hamburg, Reisebeschreibung: Prof. Chun, Leipzig, * Oceanographie und Maritime Meteorologie: Dr. G. Schott, Seewarte, Hamburg, *Das Wiederauffinden der Bouvet-Insel : Ober- Inspektor W. Sachse, Hamburg. Chemie des Meerwassers : Dr. P. Schmidt, Leipzig, Grundproben: Sir John Murray, Edinburgh, u. Dr. Philippi. Berlin, * Antarktische Geschiebe : Prof. Zirkel, Leipzig, und Dr. Reinisch, Leipzig, Gesteinsproben : Dr. Reinisch, Leipzig, Quantitati\-e Planktonfänge : Dr. Apstein, Kiel, Schliessnetzfänge : Prof. Chun, Leipzig. Botanik. * Inselfloren (Canaren, Kerguelen, St. Paul, Neu- Amsterdam, Chagos, Seychellen): Prof. Schenck, Darmstadt (mit Be- nutzung der Aufzeichnungen von Prof. Schimper, Basel), Flora der besuchten Festländer: Prof. Schenck, Darmstadt, Kapflora: Dr. Marloth, Kapstadt, '' Marines Phytoplankton (Diatomeen und Peridineen) : Prof. Karsten, Bonn. Meeresalgen : Th. Reinbold, Itzehoe. Zoologie. I. Protozoa Radiolaria: Prof. Haecker, Stuttgart, Foraminifera : F. Winter, Frankfurt a. M., *Xenophyophora: Prof. F. E. Schulze, Berlin. II. Coelenterata * Hexactinellida : Prof. Fr. E. Schulze, Berlin, Monaxonia : Dr. Thiele, Berlin, Tetraxonia : Prof. v. Lendenfeld, Prag, Calcarea: Dr. Breitfuss, Petersburg, Hydroidea: Prof. Will, Rostock, Siphonophora : Prof. Chun, Leipzig, Craspedota : Prof. Vanhoeffen, Kiel, * Acraspedota : Prof. Vanhoeffen, Kiel, Ctenophora : Prof. Chun, Leipzig, Alcyonaria: Prof. Kükenthal, Breslau, *Antipathidae: Dr. Schnitze, Jena, Actiniaria: Prof. Carlgren, Stockholm, *Madreporaria : Prof. von Marenzeller, Wien. III. Echinodermata Crinoidea: Prof. Döderlein, Strassburg, Echinoidea : Prof. Döderlein, Strassburg, * Anatomie des Palaeopneustes : Dr. Wagner, Dresden, Asteroidea: Prof. Ludwig, Bonn, Holothurioidea : Prof. Ludwig, Bonn, Ophituoidea : Prof. zur Strassen, Leipzig. IV. Vermes Turbellaria Acoela: Prof. Böhmig, Graz, Polyclades : Dr. von Stummer, Graz, Nemertini: Prof. Bürger, Santiago de Chile, Cestodes: Prof. Braun, Königsberg, Trematodes: Prof. Braun, Königsberg, Frei lebende Nematoden: Prof. zur Strassen, Leipzig, Chaetognatha : Dr. Krumbach, Breslau, Gephyrea: Prof. Spengel, Giessen, Gephyreenlarven : Prof. Schauinsland, Bremen, Priapulus: Prof. Schauinsland, Bremen, *01igochaetae : Dr. Michaelsen, Hamburg, Annelides: Prof. Ehlers, Göttmgen, Pelagische Anneliden: Dr. Reibisch, Kiel, Annelidenlarven: Dr. Woltereck, Leipzig, Brachiopoda: Prof. Blochmann, Tübingen, Bryozoa: Dr. Braem, Berlin. V. Ärthropoda Cirripedia: Dr. Weltner, Berlin, Rhizocephala : Prof. Fraisse, Jena, Die bereits erschienenen Bearbeitungen sind mit Copepoda: Dr. Steuer, Triest, Ostracoda: Prof. Müller, Greifswald, Isopoda: Prof. zur Strassen, Leipzig, Bopyridae: Prof. Fraisse, Jena, Cymothoidae : Prof. Fraisse, Jena, Amphipoda : Dr. Woltereck, Leipzig, * Leptostraca ; Dr. Thiele, Berlin, * Stomatopoda : Dr. Jurich, Leipzig, Cumacea: Dr. Zimmer, Breslau, Sergestidae: Dr. Jllig, Leipzig, Schizopoda: Dr. Jllig, Leipzig, Macrura: Prof. Pfeffer, Hamburg, Anomura: Dr. Doflein, München, *Brachyura: Dr. Doflein, München, Dekapodenlar^xn : Dr. Zimmer, Breslau, Augen der Dekapoden : Dr. Reinh. Dohm, Neapel. * Pantopoda : Prof. Möbius, Berlin, * Landarthropoden der antarktischen Inseln : Dr. Enderlein, Berlin. VI. Mollusca Lamellibranchiata : Dr. Thiele, Berlin, Neomenia : Dr. Thiele, Berlin, Scaphopoda : Prof. Plate, Berlin, Placophora : Dr. Thiele, Berlin, * Prosobranchiata : Prof. v. Martens u. Dr. Thiele, Berlin. Gasteropodenlarven : Prof. Simroth, Leipzig, Heteropoda: Dr. Brüel, Halle a. S. *Pteropoda: Dr. Meisenheimer, Marburg. Cephalopoda : Prof. Chun, Leipzig. VII. Tunicata Appendiculariae : Dr. Lohmann, Kiel, * Monascidiae : Dr. Michaelsen, Hamburg, Synascidiae : Dr. Hartmeyer, Berlin, Pyrosomata : Prof. Seeliger, Rostock, Salpae : Dr. Apstein, Kiel, Doliolidae : Dr. Neumann, Leipzig. VIII. Vertebrata * Amphioxides : Dr. Goldschmidt, München, Tiefseefische : Prof. Brauer, Marburg, Küstenfische : Südhäring : Prof. Heincke, Helgoland, * Anat. d. Riesenschildkröten : Dr. Schacht, Hamburg, * Luftsäcke der Albatrosse : Dr. Ulrich, Liegnitz. * Vögel : Prof. Reichenow, Berlin, versehen. Fortsetzung auf Seite S det Umschlagt. Verlag von Gustav Fischer in Jena. ForUeUung von Seite i det ürruchlags. Bisher liegt vor: Band I. VoUstäiulisr. Inhalt: Oceanographie und'maritime Meteorologie. Im Auftrage des Reichs-Marine-Amts bearbeitet von Dr. Gerhard Schott, Assistent bei der deutschen Seewarte in Hamburg, Mitglied der Expedition. Mit einem Atlas von 40 Tafeln (Karten, Profilen, Maschinenzeichnungen u. s. w.), 26 Tafeln (Temperatur-Diagrammen) und mit 35 Figiiren im Text. Preis für Text und Atlas: 120 Mark. Bei der Bearbeitung der Oceanographie und maritimen Meteorologie sind vorwiegend zwei Gesichtspunkte, nämlich der geographische und der biologische berücksichtigt worden. Um einen sowohl für die Geographie wie für die Biologie mitzbaren Einblick in die physikalischen Verhältnisse der Tiefsee zu gewinnen, wurde die Darstellung nicht auf die „Valdivia'--Messungen beschränkt, sondern auf das gesamte bis jetzt vorliegende Beobachtungsmaterial ausgedehnt. In gewisser Hinsicht wird hier eine Monographie des Atlantischen und Indischen Oceans geboten, welche ihren Schwerpunkt in die zahlreichen konstruktiven Karten und Profile legt. Von Band II, Teil 1 hegt vor: Lfg. I. H. Schenck, I. Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln, insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit Einfügung hinterlassener Schriften A. F. W. Schimpers. Mit II Tafeln und 33 Abbildungen im Text. II. Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit Einfügung hinterlassener Berichte A. F. W. Schimpers. Mit 5 Tafeln und 14 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 40 M. Von Band II, Teil 3 liegt vor: Lfg. 1. G, Karsten, Das Phytoplankton des Antarktischen Meeres nach dem Material der deutschen Tiefsee- Expedition 1898 — 1899. Mit 19 Tafeln. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 39 M. 50 Pf. Band III. Vollständig;. Inhalt: Lfg. 1. Prof. Dr. Ernst Vanhöffen, Die acraspeden Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel I— VIII. — Die craspedoten Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898-1899. I. Trachymedusen. Mit Tafel IX — XII. Einzelpreis: 32, — M., Vorzugspreis f. Abnehmer des ganzen Werkes: 25, — M. „ 2. Dr. phil. L. S. Schnitze, Die Antipatharien der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel XIII und XIV und 4 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 5,— M., Vorzugspreis: 4,- M. „ 3. Dr. phil. Paul Schacht, Beiträge zur Kenntnis der auf den Seychellen lebenden Elefanten-Schildkröten. Mit Tafel XV- XXI. Einzelpreis: 16,- M., Vorzugspreis: 13,— M. „ 4. Dr. W. Michaelsen, Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition nebst Erörterung der Terricolenfauna oceanischer Inseln, insbesondere der Inseln des subantarktischen Meeres. Mit Tafel XXII und 1 geo- graphischen Skizze. Einzelpreis: 4, — M., Vorzugspreis: 3,50 M. „ 5. Joh. Thiele, Proneomenia Valdiviae n. sp. Mit Tafel XXIII. Einzelpreis: 3,— M., Vorzugspreis: 2,50 M. „ 6. K. Möbius, Die Pantopoden der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel XXIV— XXX. Einzel- preis: 16, — M., Vorzugspreis: 12,50 M. „ 7. Dr. Günther Enderlein, Die Landarthropoden der von der Tiefsee-Expedition besuchten antarktischen Inseln. I. Die Insekten und Arachnoideen der Kerguelen. II. Die Landarthropoden der antarktischen Inseln St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit 10 Tafeln u. 8 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 17 M., Vorzugs- preis: 15 M. Band IV. Vollständig. Inhalt: Hexactinellidae. Bearbeitet von Fr. E. Schulze, Professor in Berlin. Mit einem Atlas von 52 Tafeln. Preis: 120 Mark. Von Band V liegt vor: Lfg. 1. Johannes Wagner, Anatomie des Palaeopneustes niasicus. Mit 8 Tafeln und 8 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 20 M., Vorzugspreis: 17 M. Band VI. Vollständig. Inhalt: BrachjfUra. Bearbeitet von Dr. Franz Doflein, Privatdozent an der Universität München, IL Konservator der zoologischen Staatssammlung. Mit 58 Tafeln, einer Texttafel und 68 Figuren und Karten im Text. Preis: 120 Mark. Band VII. Vollständig. Inhalt: Lfg. 1. V. Martens und Thiele, Die beschälten Gastropoden der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. A. Systematisch-geographischer Teil. Von Prof. v. Martens. B. Anatomisch-systematische Untersuchungen einiger Gastropoden. Von ioh. Thiele Mit 9 Tafeln und 1 Abbildung im Text. Einzelpreis: 32 M., Vorzugspreis: 26 M. 2. Dr. W. Michaelsen, Die stolidobranchiaten Ascidien der deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 4 Tafeln. Einzelpreis: 13 M., Vorzugspreis: "i i M. 3. Dr. Emil von Marenzeller, Steinkorallen. Mit 5 Tafeln. Einzelpreis: 16 M., Vorzugspreis: 12 M. 4. Franz Ulrich, Zur Kenntnis der Luftsäcke bei Diomedea exulans und Diomedea fuliginosa. Mit 4 Tafeln. Einzelpreis: 9 M., Vorzugspreis: 7,50 M. 5. Ant. Reichenow, Uebersicht der auf der deutschen Tiefsee-Expedition gesammelten Vögel. Mit 2 Tafeln. Preis: 4 M. 6. Bruno Jurich, Die Stomatopoden der deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 6 Tafeln. Preis: 13 Mark. Von Band VIII Hegt vor: Lfg. 1. Joh. Thiele, Die Leptostraken. Mit 4 Tafeln. Preis: 8 M. 50 pf. Von Band IX liegt vor: Lfg. 1. Johannes Meissenheimer, Pteropoda. Mit 27 Tafeln, 9 Karten und 35 Abbildungen im Text. Einzel- preis: 120 M., Vorzugspreis: 100 M. FortieUiung auf Seite 4 des Umschlags. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Fortsetzung von Seite S de» Omachlagi. Von Band X liegt vor: Lfg. I. Kapitän W. Sachse, Das Wiederauffinden der Bouvet-Insel durch die deutsche Tiefsee-Expedition. Mit 9 Tafeln und 1 Abbildung im Text. Einzelprois: iS M., Vorzugspreis: i6 M. „ 2. F. Zirkel und R. Reinisch, Petrographie. I. Untersuchung des vor Enderby-Land gedredschten Gesteinsmaterials. Mit I Tafel und 6 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 3 M., Vorzugspreis: 2 M. 25 Pf. Von Band XI liegt vor: Lfg. I. Franz Eilhard Schulze, Die Xenophyophoren, eine besondere Gruppe der Rhizopoden. Mit 8 Tafeln. Einzelpreis: 20 M., Vorzugspreis: 16 M. 50 Pf. Da die Anschaffung des ganzen umfangreichen Unternehmens in manchen Fällen wohl nur Bibliotheken möglich sein wird, so ist eine jede Abteilung einzeln käuflich, um auf diese Weise jedem Forscher zu ermöglichen, diejenigen Teile des Unternehmens zu erwerben, deren Besitz ihm erwünscht ist. Der Preis der einzelnen Hefte ist indessen ein höherer als der Vorzugspreis, welcher den Käufern des ganzen Unternehmens eingeräumt wird. vor kurze. er^h„„: J) J £ I N L Ä N D S T Ä M M E DEE MALAYISCHEN HALBINSEL WISSENSCHAFTLICHE ERGEBNISSE EINER REISE DURCH DIE VEREINIGTEN MALAYISCHEN STAATEN VON DR. RUDOLF MARTIN, A. O. PROFESSOR DER ANTHROPOLOGIE UND DIRKKTOR DES ANTHROPOLOOI8CHEN INSTITUTES DER UNIVERSITÄT ZÜRICH MIT 137 TEXTABBILDUNGEN, 26 TAFELN UND i KARTE =^^ PREIS: 60 TWAPg <^H^ Die in diesem Werke enthaltene monographische Bearbeitung der Inlandstämme der Malayischen Halbinsel ist das Ergebnis einer im Frühjahr und Sommer 1897 zum Studium dieser Varietäten unternommenen Reise durch die Vereinigten Malayischen Staaten. Aber nicht nur die eigenen Ergebnisse bietet der Verfasser, sondern er war auch bestrebt, dieselben diirch Einarbeitung der ausgedehnten, weitschichtigen und zum 'Teil schwer zugäng- lichen Literatur zu vertiefen, um dadurch ein möglichst vollständiges und klares Bild der bis dahin so verworrenen anthropologischen Verhältnisse der Malayischen Halbinsel zu gewinnen. So dürfte die vorliegende Mono- graphie ein vollständiges Bild unseres gegenwärtigen Wissens über die In- landstämme der Halbinsel darstellen. Das ganze Werk zerfällt in vier Abschnitte. Der erste behandelt die Geographie und Geschichte der Malayischen Staaten; er hat den speziellen Zweck, das gesamte Milieu zu schildern, aus welchem heraus die spezifischen Lebensformen der Inlandstämme ver- standen werden können. Das historische Kapitel wurde von dem Verfasser hauptsächlich deshalb geschrieben, um den Nachweis zu erbringen, daß die Inlandstämme erst spät in den Gesichts- kreis anderer Völker traten und daß Mischungen mit fremden Kolonisten nur in sehr be- schränktem Grade stattgefunden haben können. Das Kapitel über die historische und politische Entwickelung der Malayischen Staaten, die auf dem Kontinent noch fast ganz unbekannt sind, dürfte bei der heu '^'-•-^v.or, t o^-- :- '^-- Kreise interessieren. Der zweite physisch-anthropologisc nandelt r heit der genannten Stämme, besonders der primitiven kymotnchen Senoi und zwar sowohl nach den Beobachtungen des Verfassers an Lebenden, als nach eingehenden Untersuchungen an Skeleten. Dabei werden auch eine Reihe prinzipieller Fragen, die heute mitten in der anthro- pologischen Diskussion stehen, erörtert. In dem, dritten ergologischen Abschnitt ist die Gesamtheit der materiellen und geistigen Kultur zur Darstellung gelangt. Dieser Teil des Werkes dürfte gerade für weitere wissenschaftliche Kreise von hohem Interesse sein, da eine zusammenfassende Darstellung der Kultur\^erhältnisse der genannten Stämme bis heute noch nicht vorhanden ist. Ein letzter, vierter Teil sucht die genetischen Beziehungen der Inland- stämme unter sich und zu benachbarten Varietäten aufzudecken. Die reproduzierten Typen- und Landschaftsbilder sind ohne Aus- nahme nach eigenen photographischen Auf nahmen des Verfassers hergestellt und sämtliche Photographien ohne Retouche reproduziert Froramannsche Bucfadruckerei (Hennann Pöble) in Jena — 2958 WISSENSCHAFTLICHE ERGEBNISSE DER DEUTSCHEN TIEFSEE-EXPEDITION AUF DEM DAMPFER „VALDIVIA" 1898-1899 IM AUFTRAGE DES REICHSAMTES DES INNERN HERAUSGEGEBEN VON CARL CHUN PROFESSOR DER ZOOLOGIE IN LEIPZIG LEITER DER EXPEDITION. ZWÖLFTER BAND ERSTE LIEFERUNG DR RICHARD GOLDSCHMIDT. Amphioxides. Mit lo Tafeln, lo Abbildungen und i Karte im Text. TAFELN ) '-^ JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1905 Preis für Abnehmer des ganzen Werkes: 25 Mark 50 Pf. Preis für den Einzelverkauf: 30 Mark Verlag von Gustav Fischer in Jena. auf dem Dampfer „Yaldivia" 1898 1899 Im Auftrage des Reichsamts des Innern herausgegeben von Carl Chun Professor der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. Es bearbeiten: Ausrüstung der „Valdivia": Ober-Inspektor Sachse und Inspektor Polis, Hamburg, Reisebeschreibimg: Prof. Chun, Leipzig, * Oceanographie und Maritime Meteorologie: Dr. G. Schott, Seewarte, Hamburg, *Das Wiederauffinden der Bouvet-Insel : Ober- Inspektor W. Sachse, Hamburg. Chemie des Meerwassers: Dr. F. Schmidt, Leipzig, Grundproben: Sir John Murray, Edinburgh, u. Dr. Philippi. Berlin, * Antarktische Geschiebe : Prof. Zirkel, Leipzig, und Dr. Reinisch, Leipzig, Gesteinsproben : Dr. Reinisch, Leipzig, Quantitative Planktonfänge : Dr. Apstein, Kiel, Schliessnetzfänge : Prof. Chun, Leipzig. Botanik. * Inselfloren (Canaren, Kerguelen, St. Paul, Neu-Amsterdam, Chagos, Seychellen): Prof. Schenck, Darmstadt (mit Be- nutzung der Aufzeichnungen von Prof. Schimper, Basel), Flora der besuchten Festländer: Prof. Schenck, Darmstadt, Kapflora: Dr. Marloth, Kapstadt, ' Marines Phytoplankton (Diatomeen und Peridineen) : Prof. Karsten, Bonn. Meeresalgen : Th. Reinbold, Itzehoe. Zoologie. I. Protozoa Radiolaria: Prof. Haecker, Stuttgart, Foraminifera : F. Winter, Frankfurt a. M., *Xenophyophora: Prof. F. E. Schulze, Berlin. II. Coelenterata * Hexactinellida : Prof. Fr. E. Schulze, Berlin, Monaxonia: Dr. Thiele, Berlin, Tetraxonia: Prof. v. Lendenfeld, Prag, Calcarea: Dr. Breitfuss, Petersburg, Hydroidea: Prof. Will, Rostock, Siphonophora : Prof. Chun, Leipzig, Craspedota: Prof. Vanhoeffen, Kiel, *Acraspedota : Prof. Vanhoeffen, Kiel, Ctenophora: Prof. Chun, Leipzig, Alcyonaria: Prof. Kükenthal, Breslau, * Antipathidae : Dr. Schnitze, Jena, Actiniaria: Prof. Carlgren, Stockholm, *Madreporaria : Prof. von Marenzeller, Wien. III. Echinodermata Crinoidea: Prof. Döderlein, Strassburg, Echinoidea : Prof. Döderlein, Strassburg, * Anatomie des Palaeopneustes : Dr. Wagner, Dresden, Asteroidea: Prof. Ludwig, Boim, Holothurioidea : Prof. Ludwig, Bonn, Ophiuroidea: Prof. zur Strassen, Leipzig. IV. Vermes Turbellaria Acoela: Prof. Böhmig, Graz, Pol3'clades : Dr. von Stummer, Graz, Nemertini: Prof. Bürger, Santiago de Chile, Cestodes; Prof. Braun, Königsberg, Trematodes: Prof. Braun, Königsberg, Frei lebende Nematoden: Prof. zur Strassen, Leipzig, Chaetognatha : Dr. Krumbach, Breslau, Gephyrea : Prof. Spengel, Giessen, Gephyreenlarven : Prof. Schauinsland, Bremen, Priapulus: Prof. Schauinsland, Bremen, *01igochaetae : Dr. Michaelsen, Hamburg, Aimelides: Prof. Ehlers, Göttingen, Pelagiscbe Anneliden: Dr. Reibisch, Kiel, Annelidenlar\'en : Dr. Woltereck, Leipzig, Brachiopoda: Prof. Blochmann, Tübingen, Bryozoa: Dr. Braem, Berlin. V. Arthropoda Cirripedia: Dr. Weltner, Berlin, Rhizocephala : Prof. Fraisse, Jena, Die bereits erschienenen Bearbeitungen sind mit Copepoda: Dr. Steuer, Triest, Ostracoda: Prof. Müller, Greifswald, Isopoda: Prof. zur Strassen, Leipzig, Bopyridae : Prof. Fraisse, Jena, Cymothoidae : Prof. Fraisse, Jena, Amphipoda : Dr. Woltereck, Leipzig, * Leptostraca : Dr. Thiele, Berlin, *Stomatopoda: Dr. Jurich, Leipzig, Cumacea : Dr. Zimmer, Breslau, Sergestidae: Dr. JUig, Leipzig, Schizopoda: Dr. Jllig, Leipzig, Macrura: Prof. Pfeffer, Hamburg, Anomura : Dr. Doflein, München, * Brachyura : Dr. Doflein, München, Dekapodenlarven : Dr. Zimmer, Breslau, Augen der Dekapoden: Dr. Reinh. Dohm, Neapel. * Pantopoda : Prof. Möbius, Berlin, * Landarthropoden der antarktischen Inseln : Dr. Enderlein, Berhn. VI. Mollusca Lamellibranchiata : Dr. Thiele, Berlin, Neomenia : Dr. Thiele, Berlin, Scaphopoda: Prof. Plate, Berlin, Placophora: Dr. Thiele, Berlin, * Prosobranchiata : Prof. v. Martens u. Dr. Thiele, Berlin. Gasteropodenlarven : Prof. Simroth, Leipzig, Heteropoda: Dr. Brüel, Halle a. S. * Pteropoda : Dr. Meisenheimer, Marburg. Cephalopoda: Prof. Chun, Leipzig. VII. Tunicata Appendiculariae : Dr. Lohmann, Kiel, * Monascidiae : Dr. Michaelsen, Hamburg, Synascidiae : Dr. Hartmeyer, Berlin, Pyrosomata : Prof. Seeliger, Rostock, Salpae : Dr. Apstein, Kliel, Doliolidae : Dr. Neumann, Leipzig. VIII. Vertebrata *Amphioxides : Dr. Goldschmidt, Älünchen, Tiefseefische : Prof. Brauer, Marburg, Küstenfische : Südhäring : Prof. Heincke, Helgoland, * Anat. d. Riesenschildkröten : Dr. Schacht, Hamburg, * Luftsäcke der Albatrosse : Dr. Ulrich, Liegnitz. * Vögel : Prof. Reichenow, Berlin, versehen. Forteetxung auf Seite 3 de* Unuehlagt. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Fortsetzung von Seite S de» Um»chlags, Bisher liegt vor : Band I. VoUstäiuliff. Inhalt: OceanOgraphie und maritime Meteorologie. Im Auftrage des Reichs-Marine-Amts bearbeitet von Dr. Gerhard Schott, Assistent bei der deutschen Seewarte in Hamburg, Mitglied der Expedition. Mit einem Atlas von 40 Tafeln (Karten, Profilen, Maschinenzeichnungen u. s. w.), 26 Tafeln (Temperatur-Diagrammen) und mit 35 Figxiren im Text. Preis für Text und Atlas: 120 Mark. Bei der Bearbeitung der Oceanogi-aphie und maritimen Meteorologie sind vorwiegend zwei Gesichtspunkte, nämlicli der geographische und der biologische berücksichtigt worden. Um einen sowohl für die Geographie wie für die Biologie nutzbaren Einblick in die physikalischen Verhältnisse der Tiefsee zu gewinnen, wurde die Darstellung nicht auf die „ Valdivia"- Messungen beschränkt, sondern auf das gesamte bis jetzt vorliegende Beobachtungsmaterial ausgedehnt. In gewisser Hinsicht wird hier eine Monographie des Atlantischen und Indischen Öceans geboten, welche ihren Schwerpunkt in die zahlreichen konstruktiven Karten und Profile legt. Von Band II, Teil 1 liegt vor: Lfg. 1. H. Schenck, I. Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln, insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit Einfügung hinterlassener Schriften A. F. W. Schimpers. Mit 11 Tafeln und 33 Abbildungen im Text. 11. Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit Einfügung hinterlassener Berichte A. F. W. Schimpers. Mit 5 Tafeln und 14 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 40 M. Von Band II, Teil 2 hegt vor: Lfg. 1. G. Karsten, Das ' Phytoplankton des Antarktischen Meeres nach dem Material der deutschen Tiefsee- Expedition 1898 1899. Mit 19 Tafeln. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 39 M. 50 Pf. Band III. Voll>tändig. Inhalt: Lfg. 1. Prof. Dr. Ernst Vanhöffen, Die acraspeden Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898-1899. Mit Tafel I— VIII. — Die craspedoten Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898 1899. I. Trachymedusen. Mit Tafel IX — XII. Einzelpreis: 32,— M., Vorzugspreis f. Abnehmer des ganzen Werkes: 25, — M. „ 2. Dr. phiL L. S. Schnitze, Die Antipatharien der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel XIII und XIV und 4 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 5,— M., Vorzugspreis: 4,- M. „ 3. Dr. phil. Paul Schacht, Beiträge zur Kenntnis der auf den Seychellen lebenden Elefanten-Schildkröten. Mit Tafel XV- XXI. Einzelpreis: 16,- M., Vorzugspreis: 13,— M. „ 4. Dr. W. Michaelsen, Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition nebst Erörterung der Terricolenfauna oceanischer Inseln, insbesondere der Inseln des subantarktischen Meeres. Mit Tafel XXII und 1 geo- graphischen Skizze. Einzelpreis: 4, — M., Vorzugspreis: 3,50 M. „ 5. Joh. Thiele, Proneomenia Valdiviae n. sp. Mit Tafel XXIII. Einzelpreis: 3,— M., Vorzugspreis: 2,50 M. „ 6. K. Möbius, Die Pantopoden der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel XXIV— XXX. Einzel- preis: 16,— M., Vorzugspreis: 12,50 M. „ 7. Dr. Günther Enderlein, Die Landarthropoden der von der Tiefsee-Expedition besuchten antarktischen Inseln. I. Die Insekten und Arachnoideen der Kerguelen. II. Die Landarthropoden der antarktischen Inseln St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit 10 Tafeln u. 6 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 17 M., Vorzugs- preis: 15 M. Band IV. Vollständig. Inhalt: Hexactinellidae. Bearbeitet von Fr. E. Schulze, Professor in Berlin. Mit einem Atlas von 52 Tafeln. Preis; 120 Mark. Von BanaF9CHEN INSTITUTES DER UNfVERSITÄT ZÜRICH MIT 137 TEXTABBILDUNGEN, 26 TAFELN UND 1 KARTE =^= PREIS: 60 MARK =z=^^ <^ii&> Die in diesem Werke enthaltene monographische Beariieitung der Inlandstämme der Malayischen Halbinsel ist das Ergebnis einer im Frühjahr und .Sommer 1897 zum Studium dieser Varietäten unternommenen Reise durch die Vereinigten Malayischen Staaten. Aber nicht nur die eigenen Ergebnisse bietet der Verfasser, sondern er war auch bestrebt, dieselben durch Einarbeitung der ausgedehnten, weiLschichtigen und zum Teil schwer zugäng- lichen Literatur zu vertiefen, um dadurch ein möglichst vollständiges und klares Bild der bis dahin so verworrenen anthropologischen Verhältnisse der Malayischen Halbinsel zu gewinnen. So dürfte die vorliegende Mono- graphie ein vollständiges Bild unseres gegenwärtigen Wissens über die In- landstämme der Halbinsel darstellen. Das ganze Werk zerfällt in vier Abschnitte. Der erste behandelt die Geographie und Geschichte der Malayischen Staaten; er hat den speziellen Zweck, das gesamte Milieu zu schildern, aus welchem heraus die spezifischen Lebensformen der Inlandstämme ver- standen werden können. Das historische Kapitel wurde von dem Verfasser hauptsächlich deshalb geschrieben, um den Nachweis zu erbringen, daß die Inlandstämme erst spät in den Gesichts- kreis anderer Völker traten und daß Mischungen mit fremden Kolonisten nur in sehr be- schränktem Grade stattgefunden haben können. Das Kapitel über die historische und politische Entwickelung der Malayischen Staaten, die auf dem Kontinent noch fast ganz unbekannt sind, dürfte bei der heutigen politischen Lage in Ostasien auch weitere Kreise interessieren. Der zweite physisch-anthropologische Teil behandelt die körperliche Beschaffen- heit der genannten Stämme, besonders der primitiven kymotrichen Senoi und zwar sowohl nach den Beobachtungen des Verfassers an Lebenden, als nach eingehenden Untersuchungen an Skeleten. Dabei werden auch eine Reihe prinzipieller Fragen, die heute mitten in der anthro- pologischen Diskussion stehen, erörtert In dem dritten ergologischen Abschnitt ist die Gesamtheit der materiellen und geistigen Kultur zur Darstellung gelangt. Dieser Teil des Werkes dürfte gerade für weitere wissenschaftliche Kreise von hohem Interesse sein, da eine zusammenfassende Darstellung der Kulturverhältnisse der genannten Stämme bis heute noch nicht vorhanden ist. Ein letzter, vierter Teil sucht die genetischen Beziehungen der Inland- stämme unter sich und zu benachbarten Varietäten aufzudecken. Die reproduzierten Typen- und Landschaftsbilder sind ohne Aus- nahme nach eigenen photographischen Auf nah men des Verfassers hergestellt und sämtliche Photographien ohne Retouche reproduziert. FrommaDasche Buchdiuckerei (Hennaon Pohl«) in Jeaa — 2983 WISSENSCHAFTLICHE ERGEBNISSE DER DEUTSCHEN TIEFSEE-EXPEDITION AUF DEM DAMPFER „VALDIVIA" 1898-1899 IM AUFTRAGE DES REICHSAMTES DES INNERN HERAUSGEGEBEN VON CARL CHUN PROFESSOR DER ZOOLOGIE IN LEIPZIG LEITER DER EXPEDITION. ZWÖLFTER BAND DRITTE LIEFERUNG DR. C. APSTEIN. Salpen der deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 7 Tafeln und 15 Abbildung-en im Text. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1906 Preis für Abnehmer des ganzen Werkes: 14 Mark. Preis für den Einzelverkauf: 18 Mark Verlag von Gustav Fischer in Jena. f issisdiaiclio hjlim der isclicii Tiefe- \i iciioii auf dem Dampfer „Valdivia" 18981899 Im Auftrage des Reichsamts des Innern herausgegeben von Carl Ch u n Professor der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. Es bearbeiten: Ausrüstung der „Valdivia" : Ober-Inspektor Sachse iukI Inspektor Polis, Hamburg, Reisebeschreibung: Prof. Chun, Leipzig, * Oceanographie und Maritime Meteorologie: Dr. G. Schott, Seewarte, Hamburg, *Das Wiederauffinden der Bouvet-Insel : Ober-Inspcklor W. Sachse, Hamburg. Chemie des Meerwassers : Dr. P. Schmidt, Leipzig, Grundproben: Sir John Murray, F.dinburgli, u. Dr. Philippi. Berlin, ''Antarktische Geschiebe: Prof. Zirkel, Leipzig, und Dr. Rcinisch, Leipzig, Gesteinsproben : Dr. Reinisch, Leipzig, Quantitative PlanktonfUnge : Dr. Apstein, Kiel, Schliessnetzfänge : Prof. Chun, Leipzig. Botanik. ' Inselfloren (Canaren, Kerguelen, St. Paul, Neu-Amsterdam, Chagos, Seychellen) : Prof. Schenck, Darmstadt (mit Be- nutzung der Aufzeichnungen von Prof. Schimper, Basel), Fl.'v;i .l<-r besuchten Festländer: Prof. Schenck, Damistadt, Kapflora: Dr. Marloth, Kajistadt, * Marines Phytoplankton (l^iatoineen und Peridincen) : Prof. Karsten, Bonn. Mcrn-K;ilir,.i, Tli Iv rli il ., .li I. Tl/cli.ii-. I. Protozoa Radiolaria: Prof. Haecker, Stuttgart, Foraminifera : F. Winter, Frankfurt a. M., * Xenophyophora : Prof. F. E. Schulze, I?crlin. II. Coelenterata * Hexactinellida : Prof. Fr. E. Schulze, Berlin, Monaxonia : Dr. Thiele, Berlin, Tetraxonia : Prof. v. Lendenfeld, Prag, Calcarea : Dr. Breitfuss, Petersburg, Hydroidea: Prof. Will, Rostock, Siphonophora : P rof. dum, Leipzig, Craspedota : Prof. Vanhoeffen, Kiel, * Acraspedota : Prof. Vanlioeffen, Kiel, Ctenophora : Prof. Chun, Leipzig, Alcyonaria : Prof. Kükenthal, Breslau, * Antipathidae : Dr. Schnitze, Jena, Actiniaria : Prof. Carlgren, Stockholm, * Madreporaria : Prof. \'on Marenzeller, Wien. III. Echinodermata Crinoidea : Prof. Döderlein, Strassburg, Echinoidea : Prof. Döderlein, Strassbiug, * Anatomie des Palaeopneustes : Dr. \\'agncr, Drcsilcn, Asleroidea: Prof. Ludwig, Bonn, Ilülothurioidea : Prof. Ludwig, Bonn, Ophiuroidea: Prof. zur Strassen, Leipzig. IV. Vermes Turbellaria Acoela : Prof. Bcihuiig, Graz, Polyclades: Dr. von Stummer, Graz, Nemertini: Prof. Bürger, Santiago de Chik-, Cestodes: Prof. Braun, Königsberg, Trematodes: Prof. Braun, Königsberg, Frei lebende Nematoden: Prof. zur Strassen, Lcijizig, Chaetognatha : Dr. Krumbach, Breslau, Gephyrea : Prof. Spengel, Giessen, Gephyreenlarven : Prof. Schauinsland, Bremen, Priapulus: Prof. Schauinsland, Bremen, *01igo(haetae: Dr. Michaelsen, Hamburg, Annelides : Prof. Ehlers, Göttingen, Pelagische Anneliden : Dr. Reibisch, Kiel, Annelidenlarven : Dr. Woltereck, Leipzig, Brachiopoda: Prof. Blochmann, Tübingen, Bryozoa : Dr. Braem, Berlin. V. Ärthropoda Cirripedia: Dr. Wcituer, Berlin, Rhizocephala: Prof. Fraisse, Jena, Die bereits erschienenen Bearbeitungen sind Zoologie. Copepoda: Dr. Steuer, Triest, Ostracoda : Prof. Müller, Grcifswald, Isopoda : Prof. zur Strassen, Leipzig, Bopyriilae : Prof. Fraisse, Jena, Cyniothoidac : Prof. Fraisse, Jena, Amphipoda : Dt. Woltcrcck, Leijjzig, * Leptostraca : Dr. Thiele, Berlin, * Stomatopoda : Dr. Jurich, Leipzig, Cumacea : Dr. Zimmer, Breslau, Sergestidae: Dr. Jllig, Leipzig, Schizopoda : Dr. Jllig, Leipzig, Macrura: Prof. Pfeffer, Hamburg, Anomura: Dr. Doflein, München, *BrachyHra: Dr. Doflein, München, Dckaiiodenlarven : Dr. Zimmer, Breslau, .'\ugen der Dekapoden: Dr. Reiidi. Duhrn, Neapel. 'I'antopoda: Prof. Mc'ibius, Berlin, ' Lavularihropoden der antarkti.schen Inseln : Dr. Enderlein, Berlin. VI. Mollusca Lamcllibranchiata : Dr. Thiele, Beriin, Ncomenia und Archnconicnia : Dr. Thiele, Berlin, Scaphopoda: Prof. Plate, Berlin, Placophora: Dr. Thiele, Berlin, * Prosobranchiata : Prof. v. Martens u. Dr. Thiele, Berlin, Gasteropodenlarven : Prof. Simroth, Leipzig, Heteropoda: Dr. Brüel, Halle a. S., * Pteropoda : Dr. Meisenheimer, Marburg, Cephalopoda : Prof. Chun, Leipzig. VII. Tunicata Appendiculariae : Dr. Lohmann, Kiel, * Mona.scidiae : Dr. Michaelsen, Hamburg, S\nascidiae : Dr. Hartmeyer, Berlin, P)Tosomata : Prof. Seeliger, Rostock, Salpae : Dr. Apstein, Kiel, *Doliolidae: Dr. Neumann, Leipzig. VIII. Vertebrata *Aniphioxides: Dr. Goldschmidt, München, Tiefseefische : Prof. Brauer, Marburg. Küstenfische : Südhäring : Prof. Heincke, Helgoland, *Anat. d. Riesenschildkröten: Dr. Schacht, Hamburg, * Luftsäcke der Albatrosse: Dr. Ulrich, Liegnitz, * Vögel : Prof. Reirhenow, Berlin. mit * versehen. Forleeliimg auf Seile S de» Vmschlaij», Verlag von Gustav Fischer in Jena. Bisher liegt milliiii vor: Forlsrtunig von tieile S des l'visclilaijs Lfg. 1. Hand 1. VollstiJiuli^'. Oceanographie und maritime Meteorologie, im .Vuftrage des Relchs-Marine-Amts bearbeitet von Dr. Gerhard Schott, i\ssistent bei der deutschen Seewarte in Hamburg, Mitgh'ed der Expedition. Mit einem Atlas \on 40 Tafehi (Karten, Profilen, Maschinenzeichnungen u. s. w.), 26 Tafeln (Temperatur-Diagrammen) und mit 35 Figuren im Text. Preis für Text und Atlas: 120 Mark. Bei der Bearbeitung der üceaiiograpfiie und niaritinicn Meteorologie sind vorwiegend zzvei Gesic/ifspunkir, nänilidi der geograp/iiscke und der hiologisclie berücksichtigt worden. Um einen sowohl für die Geographir wie für die Biologie nutzbaren Einblick in die physikalischen Verhältnisse der Tiefsee zu gewinnen, wurde die Darstellung nicht auf die „Valdivia"-Messitngen beschränkt, sondern auf das gesamte bis jetzt vorliegende Beobachtungsniatcrial ausgedehnt. In gewisser Hinsicht wird liier eine Monographie des Atlantischen und Indischen üceans geboten, luelche ihren Schwerpunkt in die zahlreichen konstruktiven Karten und Profile legt. Aus Band Tl. Teil 1: H. Schenck, I. Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln, insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit KinfüyunL;- hinterl.issonor Sdirificu A. 1-". ^V. Sdiinii)ers. -Mit 1 1 1 atilu üiid 3,i Abbildungen im Text. II. Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit Einfügung hinterlassener Berichte A. F. W. Schimpers. Mit 5 Tafeln und 14 Abl)ildungen im Text. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 40 M. Aus Hand II, Toil 2: G. Karsten, Das Phytoplankton des Antarktischen Meeres nach dem Material der deutschen Tiefsee- Expedition 1898 1899. Mit 19 Tafeln. Einzelpreis: 50 M., Vorzugspreis: 39 M. 50 Pf. Band III. A'ollständis;. Prof. Dr. Ernst Vanhöffen, Die acraspeden Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898-1899. Mit Tafel 1-Vlll. — Die craspedoten Medusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898-1899. I. Trachymedusen. Mit Tafel IX — XII. Einzelpreis: 32, — M., \'orzugspreis : 25, — IM. Dr. phil. L. S. Schnitze, Die Antipatharien der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899. Mit Tafel XTII und XIV und 4 Abbildungen im Text. Einzelpreis: 5, — M., Vorzugspreis: 4,— M. Dr. phil. Paul Schacht, Beiträge zur Kenntnis der auf den Seychellen lebenden Elefanten-Schildkröten. Mit Tafel XV— XXI. Einzelpreis: lA, - M., X'orzugspreis: 13.— M. Dr. W. Michaelsen, Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition nebst Erörterung der Terricolenfauna oceanischer Inseln, insbesondere der Inseln des subantarktischen Meeres. Mit lafel XXII und 1 geo- graphischen .Skizze. Einze]]ireis: 4, — M., Vorzugspreis: 3,50 M. Joh. Thiele, Proneomenia Valdiviae n. sp. Mit Tafel XXIII. Einzelpreis: 3.- M., Vorzug-spreis: K. Möbius, Die Pantopoden der deutschen Tiefsee - Expedition 1898 1899. Mit l.dVl X.\l\' P'-inzel preis: 16,- Lfg. 1. Lfg. 1. 5. 6. 2,50 M. XXX. M., X'orzugspreis: 12,50 M. „ 7. Dr. Günther Enderlein, Die Landarthropoden der von der Tiefsee-Expedition besuchten antarktischen Inseln. I. Die Insekten und Arachnoideen der Kerguelen. II. Die Landarthropoden der antarktischen Inseln St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit m Tafeln und 6 Abbildungen im JVxt. Einzelpreis: 17 M., Vorzugspreis: 15 M. Band IV. Vollständig'. Hexactinellidae. Bearbeitet von Fr. E. Schulze, Professor in Berlin. Mit einem Atlas von 52 Tafeln. Preis: 120 Mark. Aus Band V: Lfg. 1. Johannes Wagner, Anatomie des Palaeopneustes niasicus. Einzelpreis: 20 M., Vorzugspreis: 17 M. Band VI. Vollständig. Brachyura. Bearbeitet von Dr. Franz Doflein, Privatdozent an Mit S Tafeln und 8 Abl)ildungen im Text. der zoologischen St;i.it.ss;ininilung. ]\lit 58 der Universität München, II. Konservator Tafeln, einer Texttafel und 68 Figuren und Karten im Text. Lfg. 1. Preis: 120 Mark. Band VII. Vollständig. V. Martens und Thiele, Die beschälten Gastropoden der deutschen Tiefsee-Expedition 1898 1899. A. Systematisch-geographischer Teil. Von Prof. v. Martens. B. Anatomisch-systematische Untersuchungen einiger Gastropoden. Von Joh. Thiele. Mit 9 Tafeln und 1 Abbildung im Text. Einzelpreis: 32 M., Vorzugspreis: 26 M. Dr. W. Michaelsen, Die stolidobranchiaten Ascidien der deutschen Tiefsee-Expedition. Einzelpreis: Mit Tafel I 3. 4. 5. Lfg. 1. Lfg. 1. 13 M., Vorzugspreis: 1 1 M. Dr. Emil von Marenzeller, Steinkorallen. Älit 5 Tafeln. Einzelpreis: 16 M., Vorzugspreis: \2 M. Franz Ulrich, Zur Kenntnis der Luftsäcke bei Diomedea exulans und Diomedea fuliginosa. Mit 4 Tafeln. Einzelpreis: 9 ^I., \'orzugspieis: 7,50 M. Ant. Reichenow, Uebersicht der auf der deutschen Tiefsee-Expedition gesammelten Vögel. Mit 2 Tafeln. Preis: 4 M. Bruno Jurich, Die Stomatopoden der deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 6 Tafeln. Preis: 13 Mark. Aus Band VIII: Joh. Thiele, Die Leptostraken. Mit 4 Tafeln. Preis: 8 M. 50 Pf. Aus Band IX : Johannes Meisenheimer, Pteropoda. ^lit 27 Tafeln, 9 Karten und 35 Abbildungen im Text. Einzel- preis: 120 M., Vorzugspreis: 100 M. Forlietzung auf Seile 4 des Umschlags. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Fiirtse.lznnij von Seite 3 ind paraniedianus des l'riniatencerebellum. — Zur Entwicklung des mensch- lichen Cerebellum. — Die Formatio vermicularis. — Ueber die physiologische Be- deutung des Cerebellum. — Sachregister. w«ie Ziihiie im allgemeinen. Bedeutung der Zähne. — Vorkommen der Zähne. ~ Anordnung der Zähne. — Zahl der Zähne. — Form der Zähne. — Ursprung der Zahnformen. — Entwicklung der Zahnformen. — Uebergang der Zahnformen. — Homologie der Zähne. — Makroskopischer Bau der Zähne. — Slikroskopischer Bau der Zähne. — Entwicklung der Zähne: Zahn- entwicklung der Säugetiere. — Zahnentwickliing der niederen Vertebraten. — Zahnentwicklung der Fische. — Zahnentwicklung der Amphibien. — Zahnentwicklung der Reptilien. — Dentition: Dentition der Vertebraten. — Mechanismus des Durch- bruches. — Erste Dentition beim Menschen. - Zweite Dentition beim Menschen. — Dritte Dentition. — Reduktion des Gebisses. — Höcker der Molaren. — Ueberzahl der Zähne. Heredität. — Chemische Zusammensetzung der Zähne. — Nerven und Gefäße der Zähne. — Befestigung der Zähne. — Die Zahnforinel. - 111. Die ZUhne nach den Klassen des Tierreiches. 1. Klasse: Die Fische. — 2. Klasse: Die Am- phibien. — 3. Klasse: Die Reptilien. — 4. Klasse: Die Vögel. — 5. Klasse: Die Säugetiere. — Das Gebiß der Affen im Vergleiche zum menschlichen. — Die Be- zahnung des Menschen. — Literaturverzeichnis (mit ca. 3000 Titeln). — Register. Anatom. Anzeiger, Bd. 38, Nr. 12/13 vom 17. Februar 1911: . . . Verf., früher Zahnarzt in Zürich, füllt eine in der deutschen odontologischen Literatur seit langem empfundene Lücke aus, indem er eine umfassende Darstellung des Zahnsystems der Wirbeltiere auf phylogenetischer Basis gibt. Angesichts der zahlreichen, noch strittigen Fragen auf diesem Gebiete ist es schwierig, schon heule ein eigentliches Lehrbuch zu schreiben. Trotzdem hat der Verf. versucht, eine zu- sammenhängende und übersichtliche Darstellung der neueren und neuesten Forschungs- ergebnisse zu liefern. Dieser Versuch ist als ein wohlgelungener zu bezeichnen. Vergleichende Physiologie wirbelloser Tiere. iTjfh^n^'me'^Ev: uUhrung: Nahrung, Nahrungserwerb, Nahrungsaufnahme, Verdauung und Assimi- lation. Mit 277 Abbildungen im Text. (XXII, 738 S. gr. 8".) 1913. Preis: 24 Mark, geb. 26 Mark 50 Pf. Es ist die Aufgabe des vorliegenden Buches, die eigentlichen Lebenserscheinungen (bei Wirbellosen) in größtmöglicher Einheitlichkeit vorzutragen : es wird hier die Physiologie recht eigentlich von ihrer „biologischen" Seite, im modernsten Sinne des Wortes, dargestellt. So ruht das Schwergewicht der Bearbeitung auf den Abschnitten über Ernährung, Blut, Atmung, Stoffwechsel, Exkretion, Bewegung, Nervensystem, Sinnesorgane, „Psychologie". Der Stoff ist wirklich verarbeitet, nicht etwa nur in einer Reihe von Referaten aneinandergereiht, also ein jeweils in sich geschlossenes einheitliches Bild von jedem Vorgang entworfen. Das Buch ist bestimmt, sowohl dem Gelehrten das Material und einige Anregung zu geben, wie dem Lernenden und Aufschlußsuchenden eine vollkommene Einführung in das große Gebiet zu geben. Der Zoologe, wie der Biologe überhaupt, der Mediziner und der anatomische Forscher werden dieses Werk als eine Bereicherung der Fachliteratur begi'üßen. ^ Verlag von Gustar Fischer in Jena. Seit Janiiar 1913 erscheint: HanrihllPh dpr EntnmnlniriA Bearbeitet von Dr. C. Born er (St. Julien bei nanODUCn aer IiOIOmOlOgie. Metz), Prof. Dr. P. De egen er (Berlin), Prof. Dr. K. Eckstein (Eberswalde), Dr. J. Gross (Neapel), Dr. A. Handlirsch (Wien), Prof. Dr. 0. Heineck (Alzey), Dr. K. Holdhaus (Wien), Dr. 0. Prochnow (Berlin-Gr. Lichterfelde), Dr. L. Reh (Hamburg), Ew. Rübsaamen (Berlin), Prof. Dr. Chr. Schröder (Berlin-Schüneberg). Herausgegeben von Prof. Dr. Chr. Schröder, ßerlin-Schöneberg. Es liegen vor: Liereruiig- 1 bis 3, enthaltend: Band I, Bogen 1 bis 30. Inhalt: Kap. 1. Haut und Hautorgane. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin; nebst Anhang: Die Organe zur Lautäulierung. ^■on Dr. 0. Proch now , Gr. Lichter- felde-Berlin. (S. 1—75, Abb. 1-38 und 1-12.) — Kap. 2. Nervensystem. Von Prof. Dr. P. Deegen er, Berlin. (S. 76— 13!l, Abb. 30— 78.) — Kap. 3. Sinnesorgane. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin. (S. 1^10-233, Abb. 79—152.) — Kap. 4. Der Darm- traktus und seine Anhange. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin. (S. 234— 315, Abb. 153 — 211.) — Kap. 5. Respirationsorgane. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin. (S. 31t) -382, Abb. 212— 274.) — Kap. (5. Zirkulationsorgane und Leibeshöhle. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin. (S. 383— 437, Abb. 275-319.) - Kap. 7. Muskulatur und Endoskelett. Von Prof. Dr. P. Deegener, Berlin. (S. 438— 480, Abb. 320— 345.) Das hier beginnende Werk darf als ein Fundament für das Studium der In- sekten angesprochen werden. Seit Kolbes ,. Einführung in die Kenntnis der Insekten" gibt es kein deutschsprachiges Handbuch der Entomologie. Auch gibt es in der außerdeutschen Literatur kein Werk, das so reichhaltig wie dieses das Gebiet be- handelt und die neuesten Ergebnisse der in letzter Zeit erheblich fortgeschrittenen Forschung erörterte. Dies wird erreicht durch die Heranziehung einer Anzahl der hervorragendsten Fachleute, die ihr Wissen und ihre Arbeitskraft in den Dienst dieses Werkes gestellt haben. Das Handbuch erselieint in etwa 14 Lieferungen im Umfang: von je 10 Druck- bogren und wird in 3 Bänden rollstiindig »erden. Preis jeder Lieferung 6 Mark. Bearbeitet von Dr. Carl Börner, St. Seit April 1912 erscheint: Handbuch der Morphologie der wirbellosen Tiere. .Julien bei Metz; Prof. E. Bugnion, Blonay s. Vevey ; Dr. Marie Daiber, Zürich; Prof. W. Gl esbrecht, Neapel; Prof. Valentin Haecker, Halle a. S.; Prof. Karl Hescheler, Zürich; Prof. Arnold Lang, Zürich; Prof. M. Luhe, Königsberg; Prof. 0. Maas, München; Dr S. Tschulok, Zürich und Dr. J. Wilhelmi, Steglitz- Berlin. Herausgegeben von Arnold Laug, Zürich. Zweite bezw. dritte Auflage von Arnold Lang's Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. Zunächst ist erschienen: Zweiter Band. Erste Lief eru ng. Mit 90 Abbildungen im Text. Dritter Band. Erste Lieferung. Mit 104 Abbildungen im Text. Vierter Band. Erste u. zweite Lieferung. Mit 275 u. 141 Abbild, im Text. Noch ehe Lang s beliebtes Lehrbuch der vergleichenden Anatomie abgeschlossen werden konnte, sind die erschienenen Abteilungen vergriffen. Unter diesen Um- ständen hat sich eine neue Auflage des ganzen Werkes auf veränderter Grundlage erforderlich gemacht, insofern das rasche Erscheinen des Ganzen durch Heranziehung einer Anzahl von Mitarbeitern gesichert wurde. Für die Art der Behandlung der neuen Auflage, für welche Herausgeber und Verleger den neuen Titel „Handbuch der Morphologie" gewählt haben, ist den Herren Mitarbeitern möglichst enge An- lehnung an die Abteilungen Protozoa und Mollusca der zweiten Auflage anempfohlen worden, so daß eine weitere Darlegung der Tendenzen des Werkes unnötig erscheint. Das Handbuch der Morphologie soll in kurzer Frist, womöglich bis Ende 1913 in C Bänden und in Lieferungen von durchschnittlich 10 Bogen Umfang erscheinen. Preis jeder Lieferung 5 Mark. Der Stoff wird sich auf die 6 Bände in folgender Weise verteilen. Band I: Protozoa. Bearbeitet von Prof. Max Luhe in Königsberg. Band II: .Metazoen. Bearbeitet von Dr. S. Tschulok in Zürich, Prof. Val. Haecker in Hallo a. S., Prof. Arnold Lang in Zürich. Band III: Mesozoen und Zoophy ten. Bearbeitet von Prof. 0. Maas in München. — Platoden (incl. Nemertinen). Bearbeitet von Dr. .J. Wilhelmi in Berlin-Steglitz. — Würmer. Bearbeitet von I'rof.K. H escbeler in Zürich. Band IV: Arthropoden. Bearbeitet von Prof. W. Gl esbrecht in Neapel, Prof. E. Bugnion in Lausanne, Dr. Marie Daiber in Zürich, Dr.' Carl Börner in St. Julien-Metz. Band V: Mollusca. Bearbeitet von Prof. K. Hesch eler in Zürich. Band VI: Ecb in od e rin en und En teropneusten. Bearbeitet von Prof. Arnold Lang und Prof. K. Hescheler in Zürich. ZoOloeiSCheS Wörterbuch ^rklarung der zoologischen Fachausdrucke. AUUlUg^tneS WOnerOUCn. j-„n, Gebrauch beim Studium zoologischer, ana- tomisi'licr, iMitwickliing>geschichtlicher und naturphilosoijhischer Werke. Verfaßt von Prof. Dr. E. Bresslau in Straßliurg i. E. und Prof. Dr. H. E. Ziejrler in Stuttgart, unter Mitwirkung von Prof. J. Eichler in Stuttgart, Prof. Dr. E. Fraas in Stuttgart, Prof. Dr. K. Lampert in Stuttgart, Dr. Heinrieb Schmidt in .Jena und Dr. J. Wi Ihelmi in Berlin, revidiert und herausgegeben von Prof. Dr II. E. Ziegler in Stuttgart. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage Mit 595 Abbildungen im Text. (XXI, 737 S. gr. 8») 1912. Preis: IS^Mark, geb. 19 Mark. Die erste Auflage dos „Zoologischen Wörterbuchs" erschien 1907-1910. Wenige Monate nach der Vollendung war das Werk im Buchhandel schon vergriffen. Diese Tatsache beweist die Brauchbarkeit und Nützlichkeit des Buches. •uaSuiipitqqwixax ß9 P"" «laj^X ueqosiqdBoSoqjii Ol VM 'sojuniv sap 8Ssn|qo^ miiz siq aipjnj nais.w jap na^^junv mioa Sunn-iLtt^ua aiQ =1 n^l uoÄ (M-iare snaaq suiiaa) 'j9nozn9JX -idp e}q3iii3S33s3ani]t3iM}aa 9|a •uaSuuqueSaSius ossajajui Jia.ttjoijuwoi jap aip '.laqosjojJUHiN puii jaimmBS B\\e aiMOS auiaia.uwuKiJox pun -uauviiby 'ua}|BjsuE.iqaq owqnq juj 'uaasiij^ puii aimijsui uaqosuois'iq.iini;ii eip jhj ' qailiqaqjuaun aaqup jsi Ji-ia^vV »»Q ■lIG'll"^ 3imjiaq.iw -äff .ibqoqijBqosuassiA Suaais ui aqüaiiq pun ajauqoaiaji uapiiaiuiuoJiJOA wloang in jap iieqjuiusao eip 'saqoia.« '3]JaM aSizuia jaqsiq sup BiSoiojadjafi esaip jsi og •Siiiu!a(uv aqasijuujd apiiajdi)i(3SJ9 SiinjqaiH Jasaip qaBu auie jv3o8 uaqaS ajaix iiapuajjajiaq jap SuiuaiJotlsJ^ puii Shivjibu 'Sub^-i jaqn sja8SBjja;\ sap uaSuiuqBjja uaSijqKraiiBi aip pun iiapjoAv i|apuBqaq asja^w japuaqaSuia ui jz^of pnis ^ssIll}|BqJa^v uaqasiHoioiq a'ip •uaaaiiseS sf;i jiib gp uoa ist uouv uauaqauqosaq jap iqBJj aiQ uatqaBui Spftu' Sun}!a(|jBiUji aSiilö* »oia uaSun^jDapjua uajqDBiu -88 jaqjias 'uaiau aip tsp 'iispjaAv lauqaiazoq JjJaAV sanau uia «(b nzapBJaS uubjj 'pji.tt uaqaSaSsuuJaq jzjaf aip 'agBijuBiiaj^ aiQ -uapunjeä ^puneJ,^ ajau iiazjauias •jBq puii ajBH uajsia uinz ' BiSoiojadjan asaip uaiqasja uajqBf Jao» uap ui •Jl-niK Of; :8J3''J '«"Ifil '■»« '•'"' "^ll^S 090 pun x) •uajliuqoszioH uajsioiupaSuia jxax uap in ggf jijv -agBun f ajaiiaq juaSiun qoti'zutjS 'ajiaAvz -zjQf) iii iBj|m|og -Ji -Ji >jaqiajq»s P'>3 ■•'CI ""A 'P^'^ uap'irajagi.iB Bdo.ma ui jaqsjq aqaiaAv 'ueinula}! •gg^joine Bl30I0iadj9II puii uaiqiqdui V jap SuiijiaqjBaa aqosiiuiuajsÄs ouiy """"• " "•»"»i«'t'>' n (nS •■•3 S iSn 'lAXX^ "SOfit uaSunpiiqqinxax gox pun uiaj«! fit J!W 'aiil.«»«!« in«cl sassajSuoxi sop .ibi.viu.isibmii.i;) iiioa iMqoBaSsinu.iii "lOdl IsiiJrny ■<)! •7.1 nnJaa nz s9SS8J3aoH-ua3oiooz u9iBno|)6iu9)ai 'a S9p u93anipacqj9A ■jfj 09 ^-»'K I ^siajj 7161 -uajnSijixex uaqa8tdo>is -oajais 9 pun [ajvx I V.W ""iP^H 'azini|»S PJB'II'.M 7iib.ij uoa 'OIOI JsnSny -gt luB zBjf) ui gajSuo\i-uaSo|oÖ5? uaiuuoijBu -jaiui "IIIA '"sP i"^ ua?iBi[aS 'Sbjjjoa 'I930A J9p 9]t3VS^n7 9|p J9q9fl ■gl6X ■J'^ax Uli uajnSi.1 g| jik 'isajBJina ui suinasn^ uaqasuoisiqjniB^i sap joi>iaJi(i 'iidituv 'Mf) -ay uoa •0I6t IstiSny 'j 'zuBJ,i[ "a 'HM'! '•'0 uoa 'UBaJOqas UI^x JaiueqsrTg '^•"''K fZ ^siajj -(joei "uiajBX -iSoq}]] ^ pnn jxax t"! uaSunpnq -<1V f98 llk laddo'y'JQ JO-'i u^A •UMBddiisSuniujy :] lax Jajsqoag •>(JBW g :s[ajj -5061 lai«! •jSoqJ'l l pun jxax u'! uaSunpjiqqy fgl IJK •uunjg 'Bsjoi up nig •){ -jj -jq uoa *auii3joiwiaiJBj ojd Mjax -'aijun..! IJBJ/V OS ^siaJJ wei UPJKX J3oqi!i i pun jxax mi uaSunpnqqy cgf. jii^ •g -B aiiBfj iBJIsjaAiuß jap 'jojj 'jsjoqiassiQ JIopnj{ Jd uoa *3nB3jos|q93iqas -a«) luqaiimniiu aap iiasnjp^HBquv pnn iciiiddBjqnjsny :i!ax •lai-'aiA ■Jl'JiälM 9E :s!ajIJBi^ f-I :siaja P-id uoa •naSBK .laQ M!ax Jaisjg ■g -B aiiBH UI laddo JJaqiV 'P»"' '•'0 •jojj uo.v uaqaSaSsnBJBH 'ujag - u u b ui j a ui ui 1 2 "Jd 'jojd 'uapvqsaiAV - u a q a 1 2 •.XQ 'jojj ' uaiAv-Ja[puBX 'JQ 'iOJd 'JfjaquiaT -zoiMououiit zg -jq "Jojj 'UU11JJ.7 -BJioiup iilg JQ 'ZBio • Ja.|.}Bq'Jg JQ 'lOJ,! 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