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Zeitsclirift
der
Deiitschen inorgenländlschen Gesellschaft.
Herausgegeben
von den Geschäftsführern,
in Halle Dr. Gosche. in Leipzig Dr. Fleischer,
Dr. Schlottmann, Dr. Krehl,
unter der verantwortlichen Redaction
des Prof. Dr. Ludoll Krehl.
Supplement zum vierundzwauzigsten Bande.
Wissenschaftlicher Jahresbericht für 1862 bis 1867.
Heft I.
Leipzig 1871,
in Cüiiiinissioii bei F. A. lirockliau:^
Wissenscliaftliclier Jaliresbericlit
über die
morgeiiläudischen Studien
18ry2 bis 186'
Von
Dr. Richard Gosche,
ord. Profei?sor an der Universität ^allp-^^'ittPlllJoro•.
Heft 1.
Leipzig 1871,
in Commission bei F. A. Brockhans.
DkS
Vorwort.
Dass die Fortsetzung der wissenschaftlichen Jahresberichte so spät in die Hände der Mitglieder unserer Gesellschaft gelangt, hat seinen guten Grund in der sehr grossen Müh- seligkeit der Arbeit, in meinem unwiderstehlichen Hange nach möghchst vollständiger und bis in das letzte Detail sicherer Darstellung, und in dem bedauerlichen Mangel au genügenden wissenschaftlichen Hülfsmitteln in einer Provinzialstadt, wenn sie auch Universitätsstadt ist. Ich hebe diese drei Momente nicht hervor, um das Urteil des Lesers zu captivieren, das mir doch nicht gerecht werden könnte: Aver seinen wolgepflegten und sicher abgegränzten Acker bewirtschaftet, wird zu solchen Vogelperspectiven weder Neigung noch Geschick haben und meiner Arbeit kaum in ihren einzelnen Combinationen nachgehen wollen. Sehr wenig Wert hat für mich das stolze Gefühl etwas zu leisten, was auf unseren Jahresversammlungen niemand hat auf sich nehmen wollen, selbst nachdem ich 1867 entschieden das Amt dcj- Berichterstattung niedergelegt hatte, um den dringlichen aber berechtigten Mahnungen der Braven und dem unberechtigten Kritisieren der Beschränkten oder Unreifen aus dem Wege zu gehen. Indess einen Trost für alle Mühen finde ich in der Selbstschätzung, welche man mir lassen wolle: ich glaube unserer Wissenschaft ein Opfer zu bringen, gegen welches die gern bewunderten Abdrücke
selbst alberner morgenländischer Handschi-iften heitere und ^ennssreicho Amüsements sind.
Bei der Eigentümlichkeit dieser Ai'beit hin icii für jede i>eiliilfe aufrichtig dankbar: in erster Linie wieder dem treff- lichen Record Trübners, dann den Geschenkgebern, welche unserer C4esellschaftsbibliothek gedacht haben , endlich den (belehrten innerhalb und ausserhalb Deutschlands, deren Güte ich mit allerlei Anfragen habe belästigen dürfen. Die Schriften, welche der deutsch - morgenländischen Bibliothek eingesandt wurden, sind für mich ein wertvolles Material gewesen: ich erlaube mir aus/usprcchen, dass reichere derartige Einsen- dungen der den Orient betreffenden Werke mich mehr und mehr in den Stand setzen würden, die dürren Register meines Berichts durcli (hingehendere Besprechung von Einzelheiten zu beleben.
Halle a/S. K^. Juni isTl.
Kichard Oosche.
Inhalt
des ersten Heftes des wissenschaftlichen Jahresberichts für 1862 bis 1867.
Seite
Allgemeines _ j
Bibliographie 3
Geschichte der inoi'gcnländischen Wissenschaft 6
Gesellschaften und wissenschaftliche Vereine 10
Erinnerungen an verstorbene Mitforscher 17
Sammlungen gQ
Reisen allgemeineren Inhalts 96
Geographie Hl
Allgemeines zur Ethnographie , 112
Allgemeine Geschichte des Orients 119
Sprachwissenschaft im Allgemeinen 126
Ursprung der Sprache 134
Vielheit der Sprachen 136
Indogermanische Sprachwissenschaft 138
Schriftlehre 142
Wurzellehre 143
Flexion u. s. w 145
Culturgeschichtliches 147
Literaturgeschichte des Orients 153
Die Wissenschaften 159
Philosophie 161
Astronomie, Astrologie u. s. w 162
Allgemeine Mythologie und Religionswissenschaft ... 164
Christenthum und Missionen .... 170
China 175
Bibliograpliie und Sammlungen 175
Reisen 177
Geschichte 183
Taiping-Revolution 189
Englisch-französischer Krieg . 191
Beschreibung 194
Zustände (Handel, Sitten u. s. w.) 199
Religion ~ 206
Wissenschaftlicher Jahresbericht für 1862 bis 1867,
Das Ideal einer einheitlich bewegten und ihrer Einheit bewusst werdenden Menschheit verwirklicht sich immer mehr. Die vor- geschrittenen Enkel kommen aus dem fernsten Westen und erobern die Länder ihrer asiatischen Urheimat wieder, sei es mit der Gewalt der Waffen oder mit der grösseren ihrer Gedanken. Der vereinsamte Koloss des chinesischen Reichs, der entsagende Hoch- mut altindischer, der philosophisch-elegante der neuindischen Bil- dung, die wilde Heimatlosigkeit des turanischen Steppenlebens, die zwecklose Freiheit der arabischen Wüste, der blutige Stumpfsinn des Afrikaners — alle werden von Tag zu Tag bestimmter in den Kreis unsrer europäischen Gedankenarbeit gebannt und gewinnen ihre ersten oder doch wieder neue Ziele. Sie alle empfangen von uns und können ein neues Leben anheben. Aber wir erhalten von ihnen kein Gegengeschenk, das culturgeschichtliche Wirkungen zu üben vermöchte. Ein verzweifelter Philosoph, der in solcher Stimmung um so mehr an sich selbst glaubte, hat zwar von der erkennenden und ethischen Berührung mit der Wissenschaft und Mythologie Ostindiens eine Epoche in unserm Geistesleben erwartet, an umgestaltender und befruchtender Kraft gleich der des Huma- nismus. Doch ausser an diesem Denker selbst gewahren wir nichts von jener bei ihm dazu missverstandenen Macht; unter uns wirkt vielmehr der Ausläufer eines ganz anderen Morgenländerthums, der fatalistische und dabei lustige Hedonismus eines nachhafisischen Islams, der in den Liedern eines feinaufmerkenden abendländischen Dichters einen immer von Neuem willkommen geheissenen Ausdruck gefunden hat ^), so willkommen geheissen, dass für ihn neuerdings auch die altheilige, sonst lieber den Bitt- und Bussgebeten der
1) Die Lieder des Mirza - Schaflfy, von Friedr. Bodenstedt, mit einem Prologe. 18. Aufl. Berlin, v. Decker 1867, XXIV u. 194 S. 32*». cart. (n. I2V2 Ji/^; in engl. Einbd. m. Goldschn. n. 22'/2 •^)
Jahresbericht 1862—1867. 1
2 Wissemchaftl. Jahresbericht für 1S62— 1867,
Verbaniiuug bestimmte Sprache ihre besten Reime hat suchen könneu ^').
Europa darf gegenüber der sich wenn auch langsam, so doch unaufhaltsam umwandelnden Welt des Orients, von welcher es nach den grossen Offenbarungsideen ausser Naturprodukten nichts mehr empfangen zu sollen scheint, das stolze Bewusstsein hegen, eine Stufe menschheitlicher Entwicklung erstiegen zu haben, von welcher es die Vergangenheit und die Gegenwart auch des Morgenlandes immer siegreicher erkennend überschaut. Hierin wurzelt die Bedeu- tung der orientalischen Studien, für welche wir nicht eigens mit dem Träger eines berühmten Namens in Frankreich 2) die These ihrer Nothwendigkeit aufzustellen haben. Ihre Berechtigung liegt einfach in dem Moment, dass William Jones' und Herders ahnungsvolle Anschauungen erfüllend die Wissenschaft unserer Tage alles Orientalische als ein Stück der Menschheit ausehn darf und muss. Die Geschichte dieser Studien ist daher zugleich ein bedeutsames Stück Culturgeschichte -•') und mit um so grösserer Spannung sehen wir der genetischen Darstellung entgegen, welche ein ausgezeich- neter Sprachforscher und Indologe im Auftrage der in der Wahl der Personen und der wissenschaftlichen Probleme gleich glück- lichen Münchener historischeu Commission zugleich von den mor- genländischeu und den sprachwissenschaftlichen Studien zu geben übernommen hat. Beiträge zu einer solchen Geschichte sind unsre wissenschaftlichen Jahresberichte, und wenn schon die Zusammen- fassung von drei Jahren (1859 bis 1861) durch Reichthum des Materials und üebersichtlichkeit der Gruppirung, ungeachtet aller Knappheit ja fast Dürftigkeit der Schilderung, für die Ungeduld der lange wartenden Leser einigermassen zu entschädigen vermochte : so bietet die Berichterstattung über sechs Jahre unseres wissen- schaftlichen Lebens, welche ich jetzt unternehme, ein noch grösseres und reicheres Bild; ja tritt unbedingt als das umfassendste und an Daten reichste Capitel auf, welches je über die Geschichte der orientalischen Studien geschrieben worden ist. Dass es das um- fassendste ist, kann meinem vielleicht falsch kritischen und immer von Herbst zu Herbst nach neuem Material suchenden Zögern als
la) Die Lieder des Mirza-Schaffy ins Heliräische iiheitrageu und mit einem Piü]oge versehen von Joacph Choczncr ^ stud. philol. (Auch mit hebr. T. :
rN72 Nii73 nbNb r]Di2n iny "iiöbb ipnyi ^ssNiri - Niti"^» ■'t^^zj
-iy:\DL:Nn nubTU '■; ^DT^. Breslau, Schletteische Buchhdl. (H. Skutsehj 1868, 160 S. 32° (15 J/^). Wenn auch im Titel sehr ungeschickt das per- sische z des Wortes Mirza durch V" wiedergegeben ist , so zeichnet «ich doch die gereimte Nachbildung durch grosse Gewandtheit aus.
2) De la necessite des etudes orientales. Discours prononce ji Nancy, le 28 nov. Ib61, par Enule Burnöv,f. Nancy, Grosjean 1862, 26 S. 8**.
2a) Ein kritisch -geschichtlicher l eberblick wäre an der Zeit. Begräuzt sind die Andeutungen in dem Aufsatze: Ueber orientalische Studien und dereu Richtungen. Oesterr. Wochenschr. für Wiss. u. Kunst, 1863, I, p. 65 — 71.
Allgemeines. Bibliographie. 3
Schuld angesehen werden ; sein Reichthum aber nicht als mein Ver- dienst. Denn seitdem ich das zweifelhaft ehrenvolle Amt dieses Berichterstatteus verwalte, haben sich die Verbindungen mit dem Orient, mit den Druckereien in der indischen und in der muham- medanischen Welt erfreulich gemehrt und befestigt; litterarische Notizen gehen in wachsender Fülle und Genauigkeit ein, und ihnen bringe ich, wie in einer Schicksalsbestimmung, meine sei es aner- zogene oder angeborene entsetzliche bibliographische Geduld entge- gen, welche vielleicht keiner meiner Nachfolger in gleich schwerem Maasse besitzen wird, ich auch keinem anwünsche. Abgesehen von dem in erster Linie wichtigen, unniittolbareu P.ücherverkehr ist vor Allen Trübner ^) mit seinen überaus werthvollen Monatsberichten über orientalische und amerikanische Litteratur zu nennen; diese Mittheilungen sind so genau und orientieren so trelflich, dass z. B. von der indischen Dialektlitteratur, selbst wenn deren Erzeugnisse dem Leser nur zum kleinsten 'J'heile zugänglich werden können, sich dennoch ein ziemlich lebensvolles und zuverlässiges Bild her- stellen lässt. Wir haben hier dankbar eine grossartige Benutzung des umfassenden See- und Handelsverkehrs, wie ihn Grossbritannien besitzt, tür Litteraturleben und Buchhandel anzuerkennen und finden uns in Bezug auf chinesische und hinterindische Drucke besser be- rathen, als etwa auf unteritalische. Auch die Erzeugnisse der mu- hammedanischen Pressen in Aegypten und der Türkei werden uns rascher und vollständiger bekannt gemacht. Jiianc/n'^), welcher, angeregt und begünstigt durch unmittelbare Berührungen mit der türkischen Cultur, schon 1843 eine Reihe von etwa drittehalb hun- dert Drucken beschrieben hatte, nahm seit 1851» diese verdienstliche Bibliographie wieder auf, durch die litterarischen Nachrichten der mittlerweile ins Leben getretenen Jerkle-i-haxcdditli erheblich ge- fördert, und setzte seine exacten Beschreibungen osmanischer Drucke bis zu seinem Tode fort. Neben ihm steht der treffliche Dorn ^), zunächst mit seinem Kataloge nur eine Uebersicht des auch in die- ser Richtung grossartigen Besitzes des Asiatischen Museums in St.
?)) Trühners American and Oriental Literary Record. A monthly Register etc. No. 1 — 10, March IG— Dec. 21, 1865; No. 11- 21, Jan. 22 Dec. 4, iSöf!; No. 22 24, Jan. 31 -March 30, 1867; 424 S. lex. 8". Desgl. No. 25—30, May 15 -Nov. 15, 1867; 1 - 116S. lex. S. (Subscr. 5 sh. per annum, Post free^)
4) Bibliographie ottumane, ou notice des ouvrages publies dans Ics impri- nieries de Constantinople, et en partie dans celle de Boulae, en Egypte, depuis les derniers mois de 1856 jusqu'ä ce moment. Par Bianchi. Extr. du journ. As. l^<59-63). No. I. Paris. Impr. Iniper. IS64, 129 S. 8. Vgl. Journ. As. 6ifeme serie S. 2 1863) p. 217 271 und meinen Bericht für 185'J bis 1861 No. 920.
5) Catalogue des ouvrages arabes , persans et turcs , publi^s ä Constanti- nople, en Egypte et en Perse , qui se trouvent au Musee asiatique de l'Acad^- mie. Par M. Dorn, Bulletin de l'Acad. Imper. des sc. de St. Petersbourg. T. X. (1866) p. 168-213 und wiederholt Melanges Asiatiques T. V (1867) p. 465- 528.
l*
4 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862 Us 1867.
Petersburg beabsichtigend, aber durch die Aufführungen der persi- schen Stein - und Typeudrucke neben den constantinopolitanischen und ägyptischen den Blicli in ein ziemlich unbekanntes Litteratur- leben öffnend. Sehr werthvoll sind die von Frh. v. Schlechta- Wssehrd^) früher in den Sitzungsberichten der Wiener Academie der Wissenschaften, jetzt in unsrer Zeitschrift gegebenen, meist sehr eingehenden Mittheilungen über türkische Drucke, und hoffentlich wird uns der ausgezeichnete Meister des Türkischen die Fortsetzung nicht vorenthalten. Den wirklich colossalen, wenn auch vorzugs- weise praktischen, religiösen Bedürfnissen dienenden Bücherverkehr, welcher von den Kasaner Pressen ausgeht, lernen wir in seiner ganzen Bedeutung ebenfalls erst jetzt durch Dorn "') kennen, da dieser ver- diente Director des Asiatischen Museums die betreffenden dort als an dem natürlichsten Yereinigungspunkte angesammelten Stücke zu- sammenhängend aufgezählt hat. Nach einer anderen Seite wird Mechoio ^) durch seine Mittheilungen über Druckwerke aus Russ- land beachtenswerth. Entsprechend diesen westasiatischen Aufzeich- nungen, sich mit Trilbners ^Record' mannigfach berührend, er- scheint in Bombay in neuer Gestalt Grants ^) offizielle Liste in- discher Publicationen, durch welche wir zum Theil überraschende Nachricht über 204 Sanskritstücke, 669 in Maräthi, 650 in Guja- räthl, 56 in canaresischer Sprache, 43 in Sindhi, 26 in Hindustani, je 6 in Hindi und Zend und 1 in Brij-ßakha erhalten, zum Theil mehrere Sprachen, sei es in Uebersetzungen oder in Commentaren verbindend; an der Herstellung dieser Drucke haben 108 Drucke- reien der Präsidentschaft Bombay gearbeitet. Es wird sich weiter- hin Gelegenheit finden, auf die hier vertretenen Sprach- und Litte- raturgruppeu näher einzugehen ; schon dem flüchtigsten Blicke drängt sich, was hier angemerkt wei'den möge, die vollständige Vernach-
6) Bericht über die in Con.stantiiiopel erschienenen neuesten orientalischen Druckwerlce. Von O. Freih. v. Schlechta-Wssehrd, Z. d. D. M. G. XX (1866) p. 448—455.
7) Chronologisches Verzeichniss der seit dem Jahre 1801 bis 1866 in Ka- san gedruckten arabischen, türkischen, tatarischen und persischen Werke, als Catalog der in dem asiatischen Museum befindliehen Schriften der Art, von B. Dorn, Bulletin de I'Ac. Imper. des sc. de St. Petersbourg. T. XI (1867). p. 805—385, wiederholt Melanges asiatiques T. V (1867) p. 533—645). Vergl. Lit. Centralbl. 1867. no. 37, p. 1028 f. und A. de Guhernatis in Kivista Orien- tale I (Firenze 1867, 8) p. 649 f. Ich habe schon in meinem Bericht für 1859 bis 1861 (vgl. daselbst No. 1581a) von dieser Arbeit dankbar Gebrauch niaclieu können.
8) Bibliographisches Verzeichni.ss der 1865 in Russland ])itblicirton, auf Geographie, Statistik und Ethnographie bezügliclien Bücher und Auf.siitzo. Von Mechoio, Isbätija der k. Russ. Geogr. Gesellschaft 1866 No. 7.
9) Catalogue of native publications in the Bombay presidency u]) to 31st. Deceniber 1864. Prepared under Orders of govcrnment bySiryl. Graut, Bart. Director of public in.struction. Second edition. [With numerous aolditions and lorrections.) — Bombay: Printed at the Education Society's Press. Bycnlla 1867, 2 Bll., 35 u. 239 S. gr. 8.
Bibliographie. 5
lässigung der vedischen Litteratur auf. Neben diesen, aus dem Leben des Orients unmittelbar hervorgegangenen Litteraturverzeich- nissen sind europäische Auctions- und Antiquariats -Kataloge jetzt um so eher zu erwähnen, als auch auf dem praktischen Gebiete des Bücher- und Handschriften-Handels grössere Genauigkeit Sitte wird: Leipzig (hier besonders F. A. Brockhaus und K. F. Köhler), Ber- lin, Amsterdam, Paris und London haben schätzbare Stücke dieser jetzt nicht mehr zu verachtenden Litteratur geliefert ^^). In die Zeit der Anfänge des hebräischen Druckes hat man in Italien zurück- gegriffen ^1).
So befestigen sich die bibliographischen Grundlagen für die Geschichte unserer Wissenschaft. Aber auch in besonderen geschicht- lichen Uebersichten wird sie gefördert, in w^elcher Beziehung Paris mit Auszeichnung zu nennen ist. Dort setzt nicht allein Mohl seine
10) Catalogue de linguistique et de litterature Orientale. Catalogue d'une jjrecieuse collection de livres relatifs k l'etude de la linguistique et des langues et litteiatures orientales , qui se trouvent chez F. A. Brockhaus k Leipzig, Leipzig 18(;2, 80 8. gr. 8; neue reichere Ausgabe ebend. 1866, 96 S. gr. 8. Ausserdem sind von antiquarischen und Auctions-Katalogen unter Anderen für das Orientalische besonders hervorzuheben: K. F. Köhler's in Leipzig Antiqua- rische Anzeigehefte, No. 70 (Orientalia), No. ir>7 (desgl.), 166 (desgl. \ 169 (He- braica und Judaica), 171 (Geschichte und Ethnographie des Orients.) Leipzig 1862-68, gr. 8. - Catalogue de livres orientaux et d'ouvrages relatifs ä l'Orient en vente chez A. Asher & Co. Berlin 1863, gr. 8. — Catalogue de livres an- ciens et modernes relatifs k la philologia, la litterature, l'histoire et la geogra- phie de l'Orient. Paris, Pranck 1864, gr. 8. - Catalogue d'une collection trfes- interessante de livres hebreux et judaiques et sur la litterature , la linguistique et l'histoire hebraique et judaique, ainsi que d'ouvrages tres-rares d'auteurs juifs cn Espagnol et en Portugais. Amsterdam, Fr. Muller, 1864, 8. — Verzeichniss einer werthvoUen philologischen und orientalischen Bibliothek (meist aus den Sammlungen Heyse's, Benary's, Olshausen's). Berlin, J. A. Stan/ardt, 1864, gr. 8. — Catalogue of oriental literature, mauuscripts, printed books etc. Lon- don, Bernard Quaritsch , 186."), gr. 8; desgl. 1867, gr. 8. — Williams' and Norgate's Catalogue of the Biblioteca Indica aud other publicatious of the Asiatic Society of Bengal , Calcutta , to which is added a list of other oriental books, published in India and Europe. London & Edinburgh, 1866, gr. 8. — Catalogue des livres de linguistique , de litterature et d'histoire . . . dependant de la succession de M. Benjamin Diiprat. Paris , Labitte 1866 , gr. 8. — Catalogue des livres iraprimes et manuscrits des ouvrages Chinois, Tartares etc, et des chartes du Xlle au XVe siecle , composant la bibliotheque de feu E. Clerc de Laudresse Paris 1862, 8. — Bibliotheque de M. Joviard. Paris, B. Duprat. 1863, gr. 8. — Catalogue des livres, des manuscrits orientaux et des ouvrages en nombre composant la bibliotheque de feu M. J.-T. Reinaud. Paris, A. Labitte, 1867, gr 8. — Catal.de la bibliotheque de litterature hebraique et Orientale de feu Mr. Joseph Almanzi. Padoue, A. Bianchi, 1864, gr. 8. —
INonNpN^ ^-^^73 '-D . . r\ni2 D"''n3D na^uji Nin ü-^j^^' t^n^s 'n n72^u5l
(Catalog von M. L Jacobson s Bibliothek). - NlM C'^I'^S» '-\-<ül2 '^ 1-n2'<)2i'-\ D3m^ n^J^73 'd ■|-iaT5>73 üm^ . . ai'1^72 n73iW^ (Cat. M. B. Rubetis) Beide Amsterdam, 1864, 8.
11) Catalogo di opere ebraiche, greche , latine e italiane stampate dai ce- lebri tipografi Soncini ne' secoli XV. e XVI. da G. Zaccaria con notizie sto- riche dal Cav. Z. Re. Fermo. 1863, Tip. Ciferri, 8.
6 W/'siferischaftL Jahresbericht für 1^:62 — 1867.
schönen, auch gelegentlich in Deutschland wiederholten Berichte ^^) regelmässig fort; sondern die grosse Weltausstellung, schon an und für sich eine prächtige Encyklopädie der allgemeinen Culturgeschichte, hat. im Anschluss an ein ähnliches Unternehmen unter Napoleon I. vom J. 1810, eine Reihe von wissenschaftlichen 'Rapports' veran- lasst, von denen uns der über die Geschichte der orientalischen Wissenschaft in Frankreich ^^) und der Maury's'^^) über Archäologie besonders wichtig sind. Wenn man sich erinnert, dass in Paris die ägyptischen und chinesischen Studien des gegenwärtigen Jahrhun- derts unzweifelhaft geschaffen, die arabischen neu begründet, alle übrigen durch bedeutende Männer gepflegt worden sind: so wird man mit Recht voraussetzen , dass die durch Guigniaut verbunde- nen Einzelberichte von Vte. de Rouge, de Saulcy, Mxmk^ Reinaud, Defrrmerij, Dnlaurier, Stanislas Julien, Leon Feer und Michel Breal ruhmvolle Seiten der üeschichte der Wissenschaft aufweisen; das Belehrende und Angenehme der Darstellung wird nur wenig ge- mindert durch die Parteilichkeit, welche hier und da Platz gegriffen zu haben scheint, und durch die üngleichniässigkeit in den detail- lierten Nachweisen. Neben diesem geschmackvollen und grossartigen Ausstellungsbilde erscheinen selbstverständlich Giuliarfs ^^ j Mit- theilungen über die orientalischen, genauer nur hebräischen Studien in Verona, und die Chivolson s ^^ ) aus St. Petersbuig bescheiden, ohne darum verdienstlos zu sein.
Aber auch im Einzelnen hat die Geschichte der orientalischen Philologie, welche in den frühesten Epochen mit der hebräischen zusammenfällt, mancherlei Aufhellung erfahren. Jourdain i^) gibt
12) Die orientalischen Wissenschaften im J. 1863. Ausland 1864 Nr. S. p. 169f. J. Mohl über die Arbeiten der Orientalisten seit dem Herbst 1863 — 1865, ebend. 1866 Nr. 6, p. 121 -129.
13) Recueil de rapports sur les progres des lettres et des sciences en France. — Sciences historiques et philologiques. Progrfes des etudes relatives ä l'Egypte et ä l'Orient. Publication faite sous les auspices du Ministere de rinstruction publique. Paris, Impr. Iniper. MDCCCLXVII, XI u 213 S. lex. 8. Vergl. Revue critique d'hist. et de litt. 1868 no. 16 und besonders Mohl im Journal asiatique 6ifeme serie T. 11 (1868) p. 290 f.
14) Recueil de rapports sur les progrfes des lettres et des sciences en France. Expose des progres de l'archeologie , par M. L. F. Alfred Maury, Membre de rinstitut. Publication faite sous les auspices du Ministfere de l'Instruction publique. Paris. Impr. Imper. MDCCCLXVII, 1 19 .S. lex. 8.
15) Dei Veronesi cultori delle lingue orientali. Da G. B. Carlo Giu- liari, Rivista Orientale I i'Firenze 1867, 8} p. 3H8 400, 511—538; auch be- sonders abgedruckt u d. T. : Dei Veronesi cultori delle lingue orientali. Saggio storico-letterario di Monsignor Canonico G. Batt. Carlo Cos Giuliari. (Estratto dalla Rivista Orientale fascicoli 5o e 6o.) Firenze, Tipogr. Fodratti 1867, 43 S. gr. 8.
16) Statistische Nachrichten über die orientalische Facultät der Universität von St. Petersburg, mitgetheilt von Prof. Dr. A. Chioolson. Mit einem Vor- worte' von Prof. H. L Fleischer. Leipzig, Voss in Comm. 1864, 22 S. 8. (n. 6 J\^.) Vgl. Lit. Centralbl. 1864. no. .34 p. 804 f.
17» Un collfeKC oriental ä Paris au 13e siecle. Par Jourdain^ Revue des Sociötes savantes, Ile s<5rie (1862), p. 49 - 55.
Geschichte der i/iorgeuländ. Wissenschaft. 7
charakteristische Mittheilungen für Paris im 13. und 15. Jahrh. ^^); an Gilbert Genebrand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrb., wel- chen Paulus Colontesius in seiner 'Gallia Orientalis' und Gerh. Vossms in seiner Geschichte der Mathematik zu nennen hatten, erinnert Tailhaud ^^i als Exegeten und Hebraisten. Unfern diesem Bildungskreise steht, als Mitarbeiter der Antwerpener Polyglotte be- deutsam, der von Neve ^^) geschilderte Guy Le Fevre de la Bro- derie, schon etwas universeller in seinen orientalischen Bestrebun- gen. Etwas früher war in Deutschland aus der Schule Reuchliu's Hans Böschenstein hervorgegangen , durch seine höchst wahrschein- lich israelitische Abstammung zum Lehrer des Hebräischen sehr geeignet , in welcher Stellung er die von Reuchliu gegebenen An- regungen in kleinen Lehrbüchern dem Volke mundgerecht machte; auf ihn kommt mit gutem Grunde Wiedemann ^i) zurück. Einen freieren Standpunkt nimmt der grosse reformierte Bibelübersetzer Castellio ein, von dessen bewegtem, mannigfach wirksamem Leben Mähly 22) eingehend gehandelt hat. Zu der Höhe wirklicher Wis- senschaftlichkeit erheben sich aber die hebräischen und verwandten orientalischen Studien erst im Laufe des 17. Jahrb., in welchem das grossartige Wissen Edmund Castellus', die philosophische Ener- gie Spinoza's und der kritische Scharfblick Richard Simon's ein- ander begegnen. Von dem grossen Lexicographen hat noch der früh dahingestorbene Wilhelm Roth ^3) gehandelt; dem grössten Philo- sophen des Jahrhunderts weist mit einer gelungenen Monographie Siegfried '^^) seine hervorragende Stelle in der Geschichte der alt-
18) De la condition des maitres de l'Hebreu dans l'universite de Paris au commencement du 15e siecle. Par Jourdain^ Revue des Societes savantes des depai-tements, 3e serie (1863), T. 1; und besonders abgedruckt u. d. T. : De renseigiiement de l'Hebreu dans l'universite de Paris au XVe siecle. Par Charles Jourdain. Paris, Durand, 1863, 16 S. 8.
19) Etüde sur Gilbert Genebraud , docteur de la faculte de tbeologie de Paris (XVIe siecle), prof. du roi , des lettres saintes et hebraiques. Lecture faite k la Soc. du musee de Reom par P. C. Tailhand. Reom, Impr. Jouvet 1864, 44 S. 8.
20) Guy Le Fevre de la Boderie , orientaliste et poete , Tun des collabo- rateurs de la Polyglotte d'Auvers. Par F. Aeve, Revue beige et etrangere, 1862, T 13, p. 362—372, 413—433, 679—697 : auch besonders abgedruckt, Bruxelles, 1862, gr. 8. {2'/^ fr.).
21"! Hanns Böschenstain , Kaiserl. Majestät gefreiter hebräisch. Zungen- meister. Von Dr. Wiedemann. Oesterreich. Vierteljahrschr. f. kath. Theol. ü. (1863), p. 70-88.
22") Sebastian Castellio. Ein biogr. Versuch nach den Quellen von Jacob Mähly. Basel, Bahnmaier, 1863, 151 S. b. (,27 J^gr.). Vgl. Ewald in Gott, g. Anz. 1^63, Nr. 2, p, 70— 77; Lit. Centralbl. 1863, Nr. 33, p. 817; Heidelb. Jahrbb. 1863 Juni, p. 466 f. ; Theol. Lit.-Bl. 1863, Nr. 24, p. 143 f.
23) Erstlingsschriften. (Göttingen 1862, 8.)
24) Spinoza als Kritiker und Ausleger des A. T. Ein Beitrag zur Ge- schichte der alttest. Kritik und Exegese von Dr. Carl Siegfried. Berlin, Cal- vary, 1867, 53 S. 4. (20 Sgi.) Vgl. Hauck's Theol. Jahresbericht XU (1867),
8 Wisseiisdutftl. Jahresberic ht für 1862 bis 1867.
testamentlichen Wisseuschaft an, indess England an seinem 'Tractatus theologico-politicus' sich kritisch krättigeu zu wollen scheint -5); den ernst forschenden, den gleichzeitigen Protestantismus durch die Un- erschruckenheit seines wis^senschaltlichen Gewissens tief beschämen- den Priester des Oratoires führt E. Jounlain -<^) vor. Das Werden einer neuen semitischen Wissenschaft in Holland sollte längst Ge- genstand einer besonderen Darstellung geworden sein; an irgend einen der drei Schultens hat seit Kantelaar niemand mit monogra- phischen Absichten (denn Rinck wird füglich nicht erwähnt) ge- dacht; den Schüler des dritten von jenen, Johann Heinrich van der Palm, hatte Beets '^'^) bereits 1842 besonders dargestellt, und wenn diese Biographie in Nordamerika englisch erneut wird, so mag das weniger durch Palms uns näher interessierende Verdienste um die Erhaltung der Schultenschen Handschriften und Bücher, als durch seine glänzende Beredtsamkeit verdient sein. Die Schicksale des Hebräischen und Arabischen in Tübingen berührt ein kleiner bio- graphischer Artikel von Palmen' ^^) über Schnurrer ; für den weit bedeutenderen Römusat wird leider eine ebenso wenig umfassende Darstellung erneut ^ö,. Das Autlvonnnen der Sanskritstudieu in Deutschland innerhalb der romantischen Schule nachzuweisen, würde eine auch psychologisch interessante Autgabe sein. Aber der am Ulrich von Hütten verwöhnte Herausgeber der Werke A. W. von Schlegels zögert, diesem so anders gearteten Charakter seine sorg- fältige Feder zu widmen, und daher lassen wir uns gern die mit meisterhafter Schärfe, aber natürlich nicht in fachwissenschaftlichem Sinne entworfene Charakteristik von D. Fr. iStrauss '^^') deutsch und französisch wiederholen. Weiter erhalten wir zur Geschichte
p. 425f.; Zimmermann's Theol. Litteraturbl. 1868, No. 6. p. H3 f. ; Zotenberg in Revue critique d'hist. et de litt. 1867, No. 29, p. 88 f.
2bj Tractatus theologico-politicus : a critical inquiry into tlie history, pur- pose and authenticity of tlie Hebrew Scriptures ; with tlic right to free thought and free discussion asserted , and showu to be not only consistent but neces- sarily bound up with true piety and good government, By Bemdlctus de Spinoza. From the Latin, -n-ith an introduction and notes by tlie editor. Lon- don, Trübner & Co. 1863, 368 S. 8. (10 sh. 6 d.) Vcrgl Athenaeum 1863 Jan. 10, p.4J f.; Reader 1863, no. 3, p. 61 f.
26) Richard Simon. Notice personnellc autographe par Kliaciiii Jourddin. Dieppe, Marals 1863, 4 S. 8.
27) Life and character of J. H. van der Palm, D. D., prof. of oriental lan- guages etc. of Leyden. Sketched by Nicholas Beets. Translated from tlie Dutch by G. R. Westewell. New York, 186n, XII u. 401 S. 12, (Clotli 10 sh. 6 d.)
28) Herzog's Thcol. Realencycl. XX, od. Suppl. II (1866\ p. 714 718.
29) A memoir of Remusat (translated from the „Biographic Universelle"'), Chinese and Japanese Reposition by Summers and Rost, I (1863), p. 77-— 84.
30) Kleine Schriften biograph., liter. u. kunstgeschichtlichen Inhalt.s, (Leip- zig. BrockhHu.s, 1^62, 8), p. 122 184; ins Französische übersetzt Revue mo- derne, T.34 (1865;, p. 443-470.
Geschichte der iiior<jenlän(L Winaenschaft. 9
der orientalischen Wissenschaft im 19. Jahrh. zwei Lebensbilder aus England; das eine von dem grossen Erforscher malaiischer Sprache, Geschichte und Alterthumskunde Eaffies 2^), in seineu bereits 1835 von seiner WittAve herausgegebenen, jetzt neu aufgelegten Denkwür- digkeiten ; das andere in einer kurzen Charakteristik des wissen- schaftlichen Entdeckers von Afghanistan, Elphinstone von John Wil- son 32j. Unsere Gegenwart berühren bereits die ausführlicheren oder kürzeren Aufzeichnungen auf semitischem Gebiete von Gimpviaut und Renan '^'^) über Quatremere, über Wilhelm Roth '^^), von Kamp- hausen ^°) über Fr. Bleek, von Frankel ^ß) über B. Beer; als Per- sönlichkeiten von zum Theil weitergreifender Wirkung treten uns wieder Windischmann bei Sfrodl^'^) und Neve'^^), Eckstein bei Foisset'^^) und besonders der unvergessliche Carl Ritter in Krä- mers ^^) urkundlich warmer und zuverlässiger, leider immer noch
31) Memoirs of the life and ministry of the Rev. Thomas RaflFles. By Thomas Stamford Raffles. With portrait. 2nd edition. London, Jackson, Walford & Hodder, 1865, XVI u. 515 S. 8. (7 sh. 6 d. j Vgl. Reader 1864, No. 94, p. 475.
32) Short niemorial of the' Honourable Mount Stuart Elphinstone, and of his contributions to oriental geography aiid history. By John Wilson, Journal of the Bombay Brauch of the Royal As. Soc. 1862, Jan. VI, p, 97— 111. Vgl. den Berieht für 1859 bis 1861 no. 12.
33) Notice bistorique sur la vie et les travaux de M. Etienne Quatremere. Par Guignimit, Institut Sect. II, 1865, Sept.— Oct. p. 105—119, Feuilleton. Soeben erhalte ich Ernest Renan's 'Questions contemporaines', 2me ed. (Paris, Michel Levy, 1868, gr. 8), in denen unter dem Titel 'Trois professeurs au College de France' nach Ramus und Eugene Burnouf an dritter Stelle, p. 164 — 184, treif lieh über Et. Quatremere gesprochen wird ; da der erste von mir übersehene Druck noch in den hier zu durchmusternden sechsjährigen Zeitraum gefallen sein wird, so trage ich den Titel der für Wissenschaft und Nationalität zugleich begeisterten Abhandlung trotz der Jahrzahl 1868 hier nach. Vgl. Bericht für 1857 u. 1858 no. 2.
34) Leben und Erstlingsschriften von Dr. pliil. Wilk. Roth aus Basel. Aus seinem Nachlass. Göttingen, Dietrich, 1862, 120 S. 8. (16 >'g) Vgl. Lit. Centralbl. 1862, nr. 35, p. 75lf. und Ewald in Gott. gel. Anzeig. 1862. no. 7, p. 253 f. Vgl. den Bericht für 1859—1861, no. 9.
35) Herzogs Theol. Realencycl. XIX oder Snpplem. I (1865) p. 205—210. Vgl. Bericht für 1859—1861, no. 4.
36) Dr. Beruh. Beer. Ein Lebens- und Zeitbild. Von Z. Frankel ^ in dessen Monatsschrift 1862, XI, p. 41 — 56, 81—101, 121—143, 174—191, 245—266, 285—312, 325—344; besonders abgedruckt unter demselben Titel, mit Portr. u. Facs. Breslau, Schletter, 1863, II u. 196 S. 8. (IV3 >j;i>.)- Vgl. Lit. Centralbl. 1863, No. 37, p. 869 u. Deutsch. Mus. von Prutz, 1863, No. 21.
37) Fr. Windischmann. Ein Lebensbild von Dr. M. Strodl. München, Leutner, 1862, 51 S. 8. (V4 ^- )
38) Frederic Windischmann et la haute philologie en Allemagne. Par F. Neve, Lc Correspondant N. S. 1863, T. 23, p. 301— 327, und auch besonders abgedruckt Paris, 1863, 31 S. gr. 8. Im Uebrigeu vgl. man meinen Bericht für 1859-1861 p.e.
39") Le baron d'Eckstein. Par Foisset ^ Le Correspondant N. S. T. 19 (1862), p. 118— 1:^8. Vgl. Bericht für 1859—1861, no. 3 b.
40j Carl Ritter. Ein Lebensbild nach seinem handschriftlichen Nachlass dargestellt von G. Krämer^ Director etc. 1. Theil. Nebst einem Bildniss Kit
10 WissenschaftL Johrcshericht für 18(i2 his 1867.
nicht weitergeführter Darstellung treu wie im Leben entgegen : sämmt- lich Namen, deren Träger gleich dem uns ebenfalls erst in neuester Zeit entrissenen und uns neuerdings durch eine lebendige Charakteristik *^) wieder nahegerückten Fallmerayer in dem zuletzt von mir abge- statteteu Bericht als eben Heimgegangene dankbar zu nennen und nach ihren Hauptzügen zu würdigen waren. Unter ihnen hat an be- deutender Stelle am nachhaltigsten der Tod Quatremere's gewirkt, dessen bedeutenden Nachfolger eine unwissenschaftlich - kurzsichtige Politik ^2) entfernte, ohne sich der an seine Stelle gesetzten treff- lichen Namens lange freuen zu dürfen , wenn dies überhaupt ihre Absicht gewesen wäre.
Am Ende einer solchen, aus den bezeichneten Werken und Ab- handlungen erkennbaren Vorgeschichte unserer Wissenschaft standen wir beim Beginn des sechsjährigen Zeitraums, innerhalb dessen als von uns miterlebt die Schicksale unserer Studien auf den folgenden Blättern weiter berichtet wei-den sollen •, und so kosmopolitisch auch der Charakter und die Anschauungen dieser Jahresberichte sein mö- gen, welche für die Vergangenheit und die Gegenwart, für alle Er- scheinungen des gesammten orientalischen Culturlebens von der zer- splitterten Inselwelt des stillen Oceans bis zu den Freiheitsexperi- menten der Negerrepublik in Westafrika, für alle wissenschaftliche Arbeit innerhalb und ausserhalb des Vaterlandes Interesse, gerechten und aufmerksamen Sinn haben wollen: in einem natürlichen und darum gerechtfertigten Egoismus dürfen wir immerhin zuerst von unserer deutschen morcjenländischen Gesellschaft und ihrer Thätigkeit re- den. Historische Rückblicke hat einer ihrer Veteranen ^^) mit ge- wohnter Sachkenntniss und Treue gegeben. Im Anschluss an die regelmässigen Versammlungen der Philologen und Schulmänner sind die deutschen Orientalisten in grösserer und kleinerer Zahl un- unterbrochen jährlich zusammengekommen und haben auch in dem
ters. Halle, Buehh. des Waisenhauses, 1864, X u. 482 S. gr. 8. (2 ^.. 10 jV^) Vgl. Augsb. A. Ztg. 1864, Beil. Nr. 76 -78; North American Review. 1864, April, Art 7 •, Ausland 1865, iir. 5 p. 97— 106; Hollenberg in Zeitsehr. f. Gym- nasiahv. 1864, Sept. p. 6.^2 f., und Lit. Centralbl. 1864, n. 24, p. .^58f. Vgl. auch Bericht für 18.50- 1861, no. 2.
41) Jakob Philipp Fallmerayer, Unsere Zeit, 1863 (Heft 75) p. 204— 206. Nachzutragen im Bericht für 1859 — 1861, no. 20.
42) La chairc d'H^breu au College de France. Explications ä mes col- legues par Erncnt Renan, (le — 5e edition). Paris. Michel Lcvy, 1862 und !863, 32 S. 8. (1 Fr.); soeben wiederholt in dessen 'Questions contemporaines" (le -2e ed., Paris, Michel Levy, 1868, gr. 8) p. 191 — 239. Vergl. über diese symptomatische Schrift Ewald in Gott. gel. Anz. 1862, St. 49, p. 1929 - 43 und von entgegengesetzter Seite Lamy in der Revue catliol. de Louvain, Vlle seric, (1862), livr. 9, p. 552 -565.
43) Die deutsche morgenläudische Gesellschaft zu Halle und Leipzig. Von Prof. 7'7%«Z, Dresdner Journal, 1862 no. 13— 15; desgleichen von demselben : Die deutsche morgenländische Gesellschaft zu Halle und Leipzig in den Jahren 1862—65. Drcsd'nci Journal 1866 r,r. 52 55 im Feuilleton; fast vollständig wiederholt in Augsb. Allg. Ztg. 1866 Nr. 94 u. 95 Beilage.
Gelehrte Vereine. W
Deutschland erschütternden Jahre 1866 nicht von ihren Statuten gelassen, um ihre Selbständigkeit neben den Hunderten der vorzugs- weise sogenannten Philologen zu bewähren: es fanden sich in Halle sechs Mitglieder, last nur des Vorstandes, zusammen. Die nächst kleinste Versammlung war die Augsburger von 1862 mit 30, hier- nach die Heidelberger von 1865 mit 31 Theilnehmern: auf der glei- chen Höhe von 46 erhielt sich die Meissener ^*) von 1863 und die Hannoversche von 1864; die höchste Zahl erreichte Halle im J. 1867 mit 54 Theilnehmern. Neben den allgemeinen Begrüssungs- schriften fehlte es unseren Versammlungen auch fast nie an beson- deren. In Meissen begrüsste uns Graf ^^) mit der meisterhaften Uebersetzung eines persischen Gedichtes aus dem 14. Jahrhundert; nach Hannover sandten uns Fr. Ritschl und Gildemeister ^'°) eineir gemeinschaftlichen, die dreisprachige Inschrift von Sardinien scharf- sinnig erläuternden Gruss, dem sich durch Alois Müller ^'^) ein schönes Stück sorgfältig erörterter altsemitischer Mythologie zuge- sellte; in Halle verbanden sich Präsident und Vice -Präsident der 'orientalischen Section' zu einer Festgabe ^^). Aber in diesen Zu- sammenkünften erschöpft sich nicht (und wir dürfen dies mit Stolz der klassisch-philologischen Majorität dieser Versammlung gegenüber hervorheben) die Thätigkeit unserer Gesellschaft; diese festlichen Zusammenkünfte geben nur Gelegenheit, uns dessen zu freuen, was wir als Verein von Jahr zu Jahr zu leisten pflegen. Sechs Jahr- gänge unserer Zeitschrift ^^) sind vollendet worden und diese somit bis zu einem 21. Bande vorgeschritten. Kein Gebiet des Orients
44) Vgl. Flügel im Dresdener Journal 1863, no. 233.
45) Kaside des Sebnän aus Säweh If 1367) zum Lobe des Wesir Gija- tu'ddin Muhammed aus dem Persischen übersetzt, als Festgruss an die Philo- logen- und Orientalisten-Versammlung in Meissen, 29 Sept.^2. Oct. 1863, von K. H. Graf. Meissen, Druck von Klinkicht & Sohn (1863), 2 Ell. gr. 8.
46) Der Philologenversammlung in Hannover Gruss und Verehrung von Fr. Ritschl und Johs. Gildemeister. (Aus d. Rhein. Mus. f. Philol. XX, S. 1— 14). Bonn 1864, 16 S. gr. 8.
47) Esmun. Ein Beilrag zur Mythologie des orientalischen Alterthums, von Dr. Alois Müller. (Aus d. Sitzungsberichten der phil.-hist. Gl. der Kais. Akad. d. Wiss. 1864, Mai, abgedruckt). Wien, Gerold's Sohn Comm. 1864, 28 S. gr. 8.
48) Festgabe zur XX\ . Versammlung deutscher Philologen, Orientalisten
und Schulmänner von A. F. Pott und R. Gosche. Halle a. S. , Buchh.
des Waisenh. 1867, V, 109, 38 u. V^ S. gr. 8. Die beiden Abtheilungen wer- den unten an ihrer Stelle bei Linguistik und arabischer Litteratur besonders aufgeführt werden.
49) Zeitschrift der Deutschen morgenl. Gesellschaft. Herausgegeben unter der verantw. Red. des Prof. Dr. Brockhaus. Bd. 16 — 21, mit 1, 14, 16, 38, 2 u. 9 Kupfeitaflf. Leipzig, in Comm. bei F. A. Brockhaus 1862—67, VI, 804; IV, 817; VI, 847; IV. 694; 3 Bll., 626, XLVI; XXX, 683 S. gr. 8. — Bd. 20 u. f. erscheinen unter der verantwortl. Red. des Prof. Dr. Ludolph Krehl, dem wir eine gleich glückliche Herausgabe stattlicher Publicationen wünschen, wie wir sie von 1853 ab der liebenswürdigen Treue und unermüdeten Beharrlichkeit unsors Brockhaus zu verdanken hatten.
12 Wisuvnschoftl. Jahvtuberkht für 186-2 /^(6- 1867. '
ist vernachlässigt geblieben, obgleich ausgezeichnete Mitglieder un- serer Gesellschaft specielle Zeitschriften für vergleichende Sprach- wissenschalt, für indische und ägyptische Alterthumskunde, tür bi- blische und jüdische ^Yissenschaft herausgeben, und der Reichthum des hier aufgespeicherten, untersuchten oder zu weiterer Foi-schung vorgelegten Materials wird weiterhin bei der Einreihung der ein- zelneu Stücke an den betreftenden Stellen erst kenntlich genug her- vortreten. Ausgedehnteres Material ist ausserdem in den 'Abhand- lungen für die Kunde des Morgenlandes' °^) niedergelegt worden, deren von H. Brockhaus so glücklich begründete Sammlung von der dritten Nummer des zweiten Bandes bis zu dem Schluss des vierten vorgerückt ist und an w'ichtigen Denkmälern das Culturleben des Orients von chinesisch -mandschurischen Berührungen über Indien, Phönicien, Judäa, Arabien bis zur Türkei, vom chinesischen Lieder- buch bis zur Spitzfindigkeit des arabischen Grammatikers, von der indischen Hausregel bis zur arabischen Postroute, vom jüdisch-per- sischen Dämon bis zur muhammedanischen Juristen biographie ver- folgen lässt. Hierzu endlich kommen noch ebenfalls weiterhin be- sonders zu besprechende selbständige orientalische Werke grösseren Umfanges, welche von der DMG. entweder ganz herausgegeben oder bedeutend unterstützt werden und deren Förderung jeder Regierung
5(1) Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes , herausgcg. von der Deutschen morgenl. Gesellschaft unter der verantwortl. Redaction des Prof. Dr. Hermann Brockliaas. II. Band, nr. 3 : Die Krone der Lebensbeschreibungen ciit'ialtend die Classe der Hanefiten von Zain-ad-din Käsim Ihn Kuthihnf/ä. Zum ersten Male herausgegeben und mit Anmerkk. und einem Index begleitet von Gvst. Flügel. Leipzig, Broekhaus, 1862, XVI u. 192 S. {2 S^. . für Mit- glieder der DmG. l'/g «^ • — ^r. 4: Die grammatischen Schulen der Araber. Nach den Quellen bearbeitet von Gust. Flügel. 1. Abtli.: Die Schulen von Basra und Kufa und die gemischte Schule. 1862, XII u. 265 S. (2 ^. 4 J/^., für Mitglieder der DmG. 1 ^. 18 J^). — >fr. 5: Kathä Sarit Sägara. Die Märchensammlung des Somadeva. Buch VI. VII, VIII. Herausgcg. von Herrn. Brochhaus. 1862 , IV und 236 S. (2 ^. , hir Mitglieder der DmG. P/2 ^■}. Bd. III, no. 1, 2- Ssse-schu, Schu-king, Schi-king in Mandschuischer Uebersetzung mit einem Mandschu-Dcutschen «Wörterbuche, herausgcg. von //. C. von der Gahelentz. Heft 1 : Text. Heft 2: Wörterbuch, IIJ u. 232 S. (n. 2 ^. , für Mitgl. P/g ^.). — No. 3. Die Post- u. Reiserouten des Orients. Mit 16 Karten, nach einheim. Quellen von A. Sprenger Heft 1. XXVII u. 151JS. (n. 31/3 -5^., f. Mitgl. 2Va f^.). — No. 4. Indische Hausregeln. Sanskrit und deutsch herausgeg. von A. F. Stenzler. Heft 1 : Text. 53 S. (n. ^/g ^. , f. Mitgl. Vg^). 1864. (Hiermit Bd. III abgeschlossen). Bd. IV, no. 1. In- dische Hausregeln u. s. w. Heft 2 , Uebersetzung. VII u. 163 S. (n. 1 ^. ). 1865. — No. 2. ^'äntanavas Phitsfltra. Mit verschiedenen indischen Commentaren, Uebers. und Anmerkk. Herausgeg. von Franz Kielliorn. XXXVII u. 60 *S. 1867. ^n. 1 ^.)- — No. 3. L'eber die jüdische Angelologie und Dacnionologie in ihrer Abhängigkeit vom Parsismus. Von Dr. Alex. Kninit. 107 S. 1867. fn. 20 J^.). No. 4. Die Grabschrift des sidonischen Königs Eschmun-ezer,
übersetzt und erklärt von Dr. Ernst Meier. Mit zwei Kupfcrtaff. 55 S. (n. 12 J^) — 5. Kathä sarit sägara: Die Märchensammluiig des Somadeva. Buch IX — XVIII. Herausgeg. von Herrn Broclliautt. 1866, IV u. 628 S. gr. 8, (". 5 ^jf. 10 J^.)
Gelehrte Vereine. 13
und jeder Akademie der Wissensclial'ten Ehre macheu würde : der von Wright ^^) herausgegebeue und bis zum vierten Heft geführte Kämil; Yäqüt's geographisches Wörterbuch, das nur ein Mann wie Wüsten f eld °''^) bezwingen kann, und Euting's'^'^) mit handschrift- licher Virtuosität hergestelltes- 'Qolasta'. Rechnen wir hierzu noch, abgesehen von den oben kurz erwähnten Specialzeitschriften, die von Benfey ^*) und von Lazarus mit Steinthal ^^) herausgegebenen allgemeineren, aber oft und tief in das Gebiet des Orients eingrei- fenden periodischen Sanmielschiüften, so ergibt sich für Deutschland eine höchst bedeutende Thätigkeit nach dieser Seite, welche vielleicht durch eine glückliche Entwicklung unserer öffentlichen Verhältnisse höhere materielle Unterstützung erfahren wird. In Frankreich ha- ben grosse centralisierende Organisation und mächtiger- Weltverkehr der Entfaltung der Societe asiatique von Anfang an förderlich zur Seite gestanden. Mit sicherer Gleichmässigkeit hat sie mit einem 19. und 20. Bande die fünfte Serie ihres schönen Journals vollendet und mit weiteren 10 Bänden eine sechste glücklich begonnen ^'^) ; beabsichtigte grössere Unternehmungen sind vorläufig aufgeschoben, wie die Ausgabe al-Bürlnl's durch Wöpcke's beklagenswerthen früh- zeitigen Tod; von der begonnenen Ausgabe des Masüdi^'^) waren
51) The Kamil of El-Muharrad^ edited for the German oriental Society from the inss. of Leyden, St. Petersburg, Cambridge and Berlin by W. Wright. P. I— IV, Leipzig, Brockhaus in Comm. 1864—67, VI. 80; 82 ; 82 ii. 84 S. gr. 4. (n. 9 ^. 10 J§r., für Mitglieder der DmG. 7 ^.)
52) JacuVs geographisches Wörterbuch aus den Hss. zu Berlin, St. Peters- burg und Paris, auf Kosten der deutschen niorgenländ. Ges. herausgegeben von Fercl. Wüstenfeld. Bd. I, 1. 2. II, 1. 2. Leipzig, Brockhaus in Commission, 1866—67, 984 u. 968 S. gr. 8. (n. 22 ^. , für Mitgl. d. DmG. 14 ^ 20 J§n)
53) Qolasta oder Gesänge und Lehren von der Taufe und dem Ausgang der Seele, als mandiüscher Text mit sämmtlichen Varianten, nach Pariser und Londoner Manuscripten, mit Unterstützung der deutschen morgenl. Ges. in Leip- zig, autographirt und harausgegeben von Dr. J. Enting. Stuttgart, Autogr. Druck von Fr. Scheppeler (Tübingen, Laupp) 1867, 153 S. gr. fol. fn. n. 33 J^. 10 j\^)
54) Orient und Occident, insbesondere in ihren gegenseitigen Beziehungen. Forschungen und Mittheilungen. Eine Vierteljahrsschrift, herausgegeben von Theod. Benfey. Bd. I. Göttingen, Dietrich, 1862, IV, 765. Vgl. meinen Be- richt für 1859—61, nr. 25. Desgleichen 2. Jahrg. Ebend. 1864, IV u. 768 S. gr. 8, und 3. Jahrg. Heft 1. Göttingen, Dietrich, 1865, 1—192 S. gr. 8. (Der Jahrgang von 4 Heften n. 5 3Rp. )
55) Zeitschrift für Völkerp.sychologie und Sprachwissenschaft. Herausgeg. von M. Lazarus und H. Steinthal. Dritter bis fünfter Band. Berlin, F. Dümmler's Verlagsb. 1865—67, gr. 8. (Der Jahrgang von 4 Heften 3 ^. )
56) Journal Asiatique .... publie par la Societe Asiatique. Vieme Serie. T. 19— 20. Paris, 1862, 536 u. 498 S. Vlieme Serie T. 1— 10, 1863—67,536, 540, 544, 544, 570, 576, 560,512,528,520 S. gr. 8. mit vielen Tflf. besonders von Inschriften.
57) Collectiou d'ouvrages orieutaux publice par la Societe Asiatique. 71/«- g07tdi. Les Piairies d'or, Texte et traduction par C. Barbier de Meynard et Pavet de Courteille. T.II-IV. Paris 1863—65, VI u. 471, 46S, XI u. 480 S. gr. 8. (ä 7 fr. 50 c.)
14 WisHCjiiicIuiftl. Jahresbericht für m(\2 his 1SB7.
jedoch bis 1865 vier Bände erschienen. Die Befestigung der fran- zösischen Macht an charakteristischen Stellen Hinterasiens wird neues bedeutendes Material herbeiführen, wie denn zum Theil auf der Grundlage derartiger praktischer Verhältnisse, besonders des in Nordafrika alle Aufmerksamkeit herausfordernden Colonialwesens, mehrere leider mir nicht regelmässig zugängliche orientalische Zeit- schriften ruhen, z. B. die 'Revue de l'Orient' ^*), die 'Revue Orien- tale' ^^) und die jetzt zweimal im Monat erscheinende Revue ^L'Orient' ^^). Einen ganz besonderen Werth hat unter diesen Zeit- schriften wegen ihrer monumentalen Mittheilungen aus Nordafrika die ^ Revue africaine' ^i). Auch in Italien hat der begeisterte, in Norddeutschland gebildete Gelehrte Ävgelo de Gubemafis ^'^) eine Zeitschrift begonnen, welche augenblicklich dem Interesse des Her- ausgebers gemäss ihr Hauptaugenmerk auf Indisches und Sprach- wissenschaftliches richtet, welche aber in den wachsenden interna- tionalen Verbindungen und dem sich befestigenden wissenschaftlichen Sinne des neuen Italien ihren natürlichen Boden und universellere Anregungen finden wird. Diese Förderungen geniesst seit lange durch grosse faktische Verhältnisse die 'Royal Asiatic Society' von Grossbritannien und Irland ; ihr an bedeutenden Abhandlungen so vollwichtiges Journal ^^) wird mit dem Abschluss der alten und dem Beginn der neuen Serie regelmässig erscheinen. Als ein gutes Vor- zeichen mag es gelten, dass der verdienstreiche, zu Opfern nur zu bereite 'Oriental Translation Fund' wieder einmal ein Lebenszeichen m hat und zwar ein zum besten Leben berechtigtes: den er-
58) Revue de TOrient, de TAlgerie et des colonies . . . sous la direction de MM. Edouard Dulaurier et A. Hureau de ViUeneuve. Nouvelle serie. T. XIV- XIX. 4ifenio Serie T. I, II. Paris, Duprat 1862—1865, gr. 8. (Der Jahrgaug 20 fr.) Von Baiid XV an hat V. Langlois die Redaction en chef übernommen.
59, Revue Orientale et americaiue , publice sous les auspices de la Sociale d'etliiiograpliie, par Leon de Rosny. T. 7 — 10. Paris, Challamel aine, 1862 —1866, gr. 8, mit zahlr. KK. (Der Jahrg. 12 fr. 50 c.)
60) L'Orient, I'Algerie et les colonies fran^aises. Revue bimensuelle. An- n^e I. II, No. 1 (vom 10. Sept. 1866). — No. 8 (vom 25. Dec. 1867). Paris 1866 -67, gr. 4.
61) Revue Africaine. -Journal des travaux de la Socitjte historique Alg^- rienne par les membres de la Society et sous la direction de In commission per- manente du Journal. Alger, Bastide; Paris, Challamel et Duprat 1857—67, No. 1 — 64. Vgl. über die ersten 35 Nummern Zell in Heidelb. Jahrbb. n. 6 — 8, p. 81— 117, Weil, ebend. p. 117— 123.
62) Rivista Orientale pubblicata dal dottor Auf/elo de Gubernatü col concorso degli orientalisti italiani e con Rivista politica delie cose di Oriente. Anno I. Fase. 1 — 12. (1867, Apr.- 1868 Febb.; Fircnze, Tipogr. Fodratti 1867-68, 1344 S. gr. 8. (Das Heft in Italien 20, ausserhalb 25 li-e ital.)
63; Jouinal of the Royal Asiatic Society of Ornat Bi itain and Ireland. Vol. XIX, 3. 4. XX. 1. 2. 3 4. London, Quaritch, 1862— (;5, 261—482. 15 u. XXVIII S.; 468, XXV u. 15 S. gr. 8. Desgleichen: New Series. Vol. I, 1. 2. V..1 II l.y Lr.n.lon, Triil.nor 1^65—66, XXI, 490; XXXII, 522. 16 S. gr 8.
Gelehrte Vereine. |5
sten Theil einer iVaiizösisclien Uebersetzung des peisischen Tubari ^*). Von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg ist wiederholt mit Dankbarkeit zu rühmen, dass kürzere und auch län- gere in ihrem Schoosse gelesene Abhandlungen durch die werthvolle bis zur fünften Lieferung des lünften Bandes gediehene Sammlung der 'Melanges Asiatiques' ^^) in bequemster Ausstattung uns zugäng- lich gemacht werden. Eine reiche, durch eine lebendig bewegte und volksthümlich mannigfach gegliederte Wirklichkeit getragene littei'a- rische Thätigkeit fahren mit fester Organisation fort die englischen Vereine in Süd- und Südostasien zu entwickeln. Vor Allen ist es die würdige asiatische Gesellschaft von Bengalen, welche nicht allein ihr neuerdings endlich praktisch in eine philologisch-historische und eine naturwissenschaftliche Abtheilung gegliedertes Journal ^'°) regel- mässig fortgesetzt und für Indisches, Muhammedanisches und Indo- chinesisches die wichtigsten Aufklärungen gegeben, sondern auch mit anerkennenswerther Energie seit Anfang 1862 die beiden Se- rien der 'Bibliotheca indica'^^), so weit ich sehen kann, um 150 Hefte weiter geführt hat. Mit jener Vielseitigkeit; wie sie das reiche indische Leben für sich in Anspruch nehmen darf, sind hier der Begründer und besonders Elliot's Gedanken verwirklicht worden. Aus den verschiedenartigsten Richtungen der Sauskritliteratur sind
64) Chronique de Ab ü2i-L)jufer- Mohammed ben Djarlr ben Yezid Ta- bari, traduite sur la la version peisane d'Abou-Ali Mohammed Beiami, d'aprfes les mss. de Paris, de Gotha, de Londres et de Canterbury, par M. Herrn. Zo- tenberg. T. I. Paris 1867, VIU u. 59<J S. 8. Weitere Nachweisungen folgen unten bei der arabischen Litteratur.
65) Melanges asiatiques tires du Bulletin de l'Acad. Imperiale des scienees de St. Petersbourg. T. IV (1860—63) St. Petersbourg (Leipzig, Voss). 1863, IV u. 763 S. gr.8. (•2#. IJ^.) — T. V. Livr. 1—5. Edend. 1864— 67. 1—649 S. gr. 8. Mit 11 Taflf. (2 ^^ 26 J^)
66) Journal of the Asiatic Society of Bengal , edited by the Secretaries. Vol. XXXI, Nos. I to V. - 1862. Calcutta 1863, VII, 544 u. CXX S. m. 19 Tff. : Vol. XXXII Nos. I to IV and a Supplementary No. — 18'^3. Ebend. 1864 Ml, 461, VII, CXIX u. CIV S., m. 15 Tflf. — Vol. XXXIII, No. I -V and Suppl. No. — 1864, VII, 012, UV, XIII, LXXXVII und X S. mit vielen Tff. — Ferner mit veränderter Eintheilung: Journal of the Asiatic Society of Bengal: edited by the Secretaries. Part I. History, Literature etc. 1865, No. III. Ebend. 1865, 115— 19;i S. mit 5 Tff. — 1866, No. I~IV. Ebend. 1866, 1— 279S. mit zahlr. Tff. 1867, No. I. Ebend. 1867, 84 S. gr.8. — De.^selben : Part II. Physical .science, 1865, 290 u. LVI S. — 1866, P. I— III und eine Special number, ebend. 1866, 235, LVII— XCVI u. 278 S. — 1867 No. I. Ebend 1867, 72 u. XXXII S. gr. 8, mit vielen Tff. Dazu Proceedings für 1865. Ebeud. 1866, 220 u. XIX S.; für 18li6. Ebend. 186(3, 246 S.; — für 1867 Jan.-Dec. Ebend. 1867, 183 S, gr.8.
67) Bibliotheca Indica; a coUection of oriental works published ander the superintendence of the Asiatic Society of Bengal. Old S'eries No. 168 — 219. Calcutta 1862 — 66; New Series No. 23—115. Ebend. 1862-67, gr.8; in gr. 4 sind D.S. No. 182 und N. S. No. 112 113. — Vgl. über O. S. No. 167 --181 und N. S. No. 5— 20 das Journal of the Soc. of Bengal 1862, no. I, p. 58f. ; über O. S. no. 204 u. 206 u. N. S. 47-67 A. Weber in Z. d DmG. XVIII (1864) p. 645 f., XIX (1865) p. 324 f.
](3 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862 his 18G7.
ueu begonnen Cn Dandin's Kävj'adar^a, die Maitri upanishad, das Mimänsä dar(^ana, üotama's Nyäya Dar^aua, Anautänanda Giri's Qankara Vijaya, Agvaläyana's ^'rauta sutra und das TaittirTya Aran- yaka des schwarzen Yajur Veda, fast sämnitlich mit Commentareu ausgestattet, das zuletzt genannte mit dem des Säyanäcärya-, vollen- det wurden Bädaräyana's Vedänta-Aphorismen, die Brihatsanhitä von Varäha-mihira , Dhananjaya's Daga-rüpa, die Kaushltaki-Brähmana- upanishad , das Märkandeya-Purcina, das Närada Pancarätra und Kapila's Sankhya-Aphorismen. Von persischen Werken sind, abge- selien von einigen aus früherer Zeit restierenden Torso's, mit ziem- licher Raschheit sechs für Poesie, besonders aber für Geschichte wichtige Texte abgeschlossen werden : Mo'tamad-khän's Iqbäl-näme- i-JehängTri, al-Badä'ünl's Muntakhab at-tawärlkh, al-Jauzjanl's Ta- baqät-i-Nägirl, das Tärikh-i-BaihaqT, Dhiyä-addTn Barnl's Tärikh-i- FerözshähT und das leider nicht unverletzt erhaltene romantische Gedicht Wls o RäniTu, auf welches wie auf die übrigen hier nur im Allgemeinen genannten Stücke wir weiterhin näher zurückkom- men müssen. Auch das Arabische ist in dieser Sammlung mit drei Stücken berücksichtigt worden, dem nun vollendeten grossen Wörter- buch der wissenschaftlichen Terminologie, der kleinen nokhbat-al- fikr von Jbn Hajar und den al-Wäqidi's Namen tragenden Futüh ush-Shäm. Aber nicht allein stofflich ist diese ganze Sammlung in- teressant, sonderu auch kulturgeschichtlich; indem au ihi'er Herstel- lung Engländer, Hindus, Muhammedaner und auch einst Deutsche gearbeitet haben. Mit dieser Hauptgesellschaft für orientalische Stu- dien in Calcutta stehen in directer Verbindung oder sind zum Theil nach ihr gebildet gleichartig strebende Vereine in Bombay ^^), Ma- dras ß^). Colonibo ^*') und Shanghai '^i); wir wollen hoffen, dass uns regelmässigere Zusendungen ihrer uns gewöhnlich nur fragmentarisch zukommenden Zeitschriften in den Stand setzen werden, eingehender über ihre mitforschende Thätigkeit zu berichten. Mit holländischer Pünktlichkeit setzt die Gesellschaft der Künste und Wissenschaften in Batavia '^^) ihre Verhandlungen fort, ^on welchen wir zuletzt vier
68) The Journal of tlie Bombay Brancli of tho Royal Asiatic Society. Edited by the Secretary. 1861^63. Bombay, Education Sociuty's Press, 1863, gr. 8.
69) The Madras Journal of Literature and Science, edited by the honorary secretary of tlie Madras Literary Society and auxiliary of the Royal Asiatic So- ciety. No. I. Third series. July 1864. Madras 1864, IV u. 182 S. 8. m. 8 Tflf. (London, Trübner, 7 sh. 6 d.)
70) The Journal of the Ceylon Branch of the Royal Asiatic Society 1865 —1866. Colombo 1866, 184 S. 8.
71) Journal of the North-China Branch of the Royal Asiatic Society. New Series. Vol. I. No. I. Dec, 1864. Shanghai. Priuted at the Presbyterian Mis- sion Press, 1864 — 65, 136 — 474 (noch zur ersten Serie gehörig) u. 148 S.; — New Series. Vol. II. No. 1. 1865, 128 S. (vergl. Lit. Contralbl. 1866, No, 32, S. 849 f.); desgleichen 1866, 188 S. 8.
72( Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van kunsten en we- tenschappen. Deel XXIX — XXXII. Batavia, Lange & Co. 1862—66, XVI,
Gelehrte Vereine. Verstorhene Mit forscher.' 17
Stattliche, besonders für Chinesisch und MaUiiisch wichtige Bände erhalten haben. Kürzere Sitzungsberichte ^^) setzen uns seit Kur- zem etwas rascher von den Verhandlungen dieser hochehrwürdigen, im J. 1878 ihr hundertjähriges Jubiläum feiernden Gesellschaft in Kenntniss. Endlich in Nordamerika hat mitten unter den Stürmen eines ungeheuren Krieges und unter den Gährungen einer bewegten Staatsform die American Oriental Society ruhig weiter gearbeitet und in natürlich längeren Pausen den achten Band ihres Journals wür- dig abgeschlossen '^^). Rechnet mau zu diesen wissenschaftlichen Zeitschriften, deren Erscheinungsorte London, Paris, Algier, Florenz, Leipzig, St. Petersburg, Bombay, Madras, Calcutta, Batavia, Shan- ghai, New Haven den Erdkreis wie eine wissenschaftliche Riesen- kette umspannen und welche alle im Dienst der morgenländischeu Philologie mit einem meist durch Schriftaustausch vermittelten Einverständniss arbeiten, noch jene zahlreichen Journale, welche durch die Verbreitung der Buchdruckerkunst und die Bewegung na- tionaler Ideen veranlasst in den hinterasiatischen, indischen, muham- medanischen, syrischen und armenischen Culturkreisen , für unsere wissenschaftliche Beobachtung leider noch nicht mit gleichmässiger Siicherheit erreichbar, entstehen: so ergibt sich ein reichliches und befriedigendes Material für Befestigung unserer Wissenschaft, wie es vor noch nicht einem Jahrhundert William Jones auch in seinen kühnsten Phantasien nicht hoffen durfte. Es ist eine Lust, in einer solchen Epoche universellster Berührungen, grösster Aufgaben und mächtigster Kraftanstrengungen zu leben.
Nichts ist geeigneter, Bedeutung und Umfang unserer weitver- zweigten, an allen Stellen des Erdbodens für das Morgenland thä- tigen, an Kraft und Zielen reichen Gemeinschaft sich zu vergegen- wärtigen, als wenn man in dankbarer Rückerinnerung erwägt, welche Verluste diese Gemeinschaft in ihrer grossartigen Verfassung zu er- leiden fähig war. Nur sechs Jahre haben wir hier zurückzublicken und welche Reihe von Denksteinen bezeichnet den Weg des spät einheimsenden oder hastig störenden Todes! Drei Namen mögen an der Spitze der Gedächtnisstafel stehen, von welcher ich ein Stück Gegenwart und unmittelbarster Vergangenheit aus der Geschichte un- serer orientalischen Wissenschaft abzulesen habe; drei Namen, von denen zwei in ihrer einziggearteten Grösse unserem Deutschland an-
.037. V; 153, 193, 119, II; 197, VII, 230; VIII, 102, XL, 253 S. gr. 4, mit vielen lith. Tff.
73) Notulen van de algemeene en bestuurs-vergaderingen van het Bata- viaasch Genootschap van kunsten en wetenschappen. Deal I, 1863. U, 1864. III, 1865. IV, 1, 1866. Batavia, Lange & Co. 1864—66, 132, 318, 185, 1— 128 S. gr. 8.
74) Journal of the American Oriental Society. Vol. VII, 2. New Haven 1862, 271—615, XLIII— LXXII S. gr. 8. Desgleichen Eiglith volume. Number I-II. Ebend. 1864—66. XXIV u. 226 S. , 227 398 u. XXV— LXXXVI S. gf. 8, womit der achte Band vollständig ist.
Jahresbericht 18ti2— 1S6T. 2
1^ Wissenscia ftl. Jolresherieht für 1862 bis 1867.
gehören , der dritte als der letzte der wahren Grandseigneurs (um Cousin's und Alfred d'Aulnay's treffenden Ausdruck zu wiederho- len) dem alten Frankreich : Rück er t, Bopp und der Duo de Luynes. P'riedrich Rücker t, seit 1845 Mitglied der Deut- schen raorgenländisclien Gesellschaft, starb uns und der Weltlitteratur an dem Vormittag des 31. Januar 1866. Was er dem Vaterlande und seiner Zeit zu bedeuten hatte, eilten rasche Artikel und be- dächtigere p]ssays zu umschreiben ; der warmen Skizze Büchners "''-') folgte das für Frankreich charakteristische Gedeid<wort P. Challamel- Lacours^'^)\ alles Erreichbare raffte lieyer'''^) zu einer umfassen- deren aber nicht organischen Darstellung zusammen ; fast lobredne- risch und dadurch seine sinnigen Betrachtungen unbequem störend verfuhr i-oyT^/a^/e ''^); fast überall in den schon durch die bedeuten- dem Namen ihrer Verfasser hinlänglich charakterisierten Vorträgen und Schilderungen von L. iStem '^), OoUschaU '^'^), P. Möbius ^^) und G. Kinkel *'^ ) tritt den voi'gesetzten Zwecken entsprechend mehr die litterarische und patriotische Seite des mächtigen Dichters und Gelehrten hervor; durch Bcsuchsschilderungen ^'^) lernen wir ihn bis in seine Häuslichkeit kennen : aber noch ist er nicht , wo- nach wir an dieser Stelle verlangen, als Mann der Wissenschaft ge- schildert, so wertlivoll aucli die von den 'Grenzboten' gebrachten
75) Friedrieb Rückert. Von Wilhelm Buchner, Deutsches Museum von Prutz 1866, nr. 9, p. 257—264.
76) In Revue moderne T. 36 (1866), p. 563 573.
77) Friedrich Rückert's Leben und Dichtungen. Drei Bücher Von Dr. C. Beyer. Coburg, Sendelbach 18G6, XU u. 303 S. 8. (n. 1 Thh-. 15 Sgr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1867, No. 50, p. 1411) f.; W. Lindemann im Lit. Handw. 1867, No. 53, p. 109; Kathol. Allg. Lit.-Ztg. 1867, no. 7, p. 52 f. — Vorher schon von demselben Vf.: Erimierung an Fr. Rückert. Stenogi-aphische Aufzeichnun- gen der sämmtlichen an Rückert's Grab gesprochenen Reden..., ebend. 1866, 21 S. gr.8, mit 1 Lithogr. ('/^ 3^.)
78) Friedrich Rückert und seine Werke. Von C Fortlaqe. Frankfurt, a. M., Sauerländer's Veriag 1867, VU u. 182 S. 8. (25 J^r) Vcrsl. Eur,.i,M 18(57 No. 21, p. 641-650; Lit. Centralbl. 1868 No. 26 p. 707 f.
79^. Fr. Rückert's Leben und Dichten. Vortrag zu des Verewigten (iedädit- nissfeier, gehalten vor dem 'kaufmännischen Verein' zu Frankfurt a. M. von Dir. Leop. Stein. Frankfurt a. M.. Sauerländer 1866, 36 S. 8. (n. J8 Xr. rh. =
80) Fr. Rückert. Ein literarisches Porträt von liiidolf Gothclinll, Un- sere Zeit, Neue F., II (186«), p. 321 — 347.
81) Fr. Rückert, ein deutscher Dichter. Festrede zur Leipziger Rückertfeier am 27. Febr. 1867 gehalten von Dr. Pmd Möhiiis. Leipzig, J. J. Weber, 1867, 16 S. gr.8. m. einem Holzschn. (n. 5 Jßr.)
82) Fr. Rückert. Festrede, gelialten bei der Erinncrungsfeier zu Zürich am 2. Febr. 1H67 von Gottfr. Kinkel. Zürich, Meyer & Zeller, 1867, 23 S. 8. (6 J^)
83> Ein Besuch bei Friedrich Kütla-rt iin Sommer 1865. Von einem Ost- preussen. Zur Erinnerung an den 31. Jan. 1866, den Todestag des Dichters. Königsberg, Hübner u. Matz 1867, '14 8. 16. {u.2y.^J^.) Vgl. die Schilde- rung eines Besuchs von /'V. Hof manu in der 'Gartenlaube' 1863, no. 6, dazu Deutsche Blätter' 1860, no. '.).
Verstorhene Mitforsclier. Rudert. 19
authentischen Mittheilungen in dieser Beziehung sind ^^). Und den- noch liegt in der wunderbaren Vielseitigkeit, zähen Gründlichkeit und genialen Anemptindung dieses Mannes ein tiefes Räthsel be- schlossen, zumal wenn man erwägt, dass die gigantische Kraft des- selben nicht in die Zucht einer strengen philologischen Schule, was den Orient wenigstens betrifft, genommen war. Denn die empfängliche Seele des am 16. Mai 1788 in der damals freien Reichsstadt Schwein- furt geborenen Jünglings war zunächst seit der Wandlung der deutschen Geschichte im J. 1806 von vaterländischen Dingen praktisch und dichterisch weitaus erfüllt worden; die Studien in Jena hatten kei- nen rechten Mittelpunkt, da sie äusserlich auf die Rechtswissenschaft, innerlich auf Sprachen und Litteratur gerichtet waren. Getäuscht in seineu deutschen Hoffnungen, in deren stolzem Besitz er bei der jenaischen Disputation unter Eichstädt im J. 1816 diesen Franzosen- freund noch hatte verhöhnen dürfen, den 'Kranz der Zeit' welkend vor sich sehend, suchte er Anregung und Trost in der Schweiz und Italien , und heimgekehrt wusste er sich keine andere Rettung als die goethische des 'Westöstlichen Diwans': auch er flüchtet in den Orient, aber nicht allein gleich dem Altmeister als Dichter, sondern auch als Forscher. In Wien beginnt er 1818 unter Hammer-Purg- stalls Leitung seine orientalischen Studien; eine neue Welt thut sich seiner noch von den Eindrücken des Südens erfüllten Seele auf: das Persisch-Muhammedanische mit seinen einer bedenklichen Restaura- tionsepoche angemessenen Reizen. Das Staunenswürdige ist, dass er mit dem feinsten Gefühl und der sichersten Intuition sich rasch die ungewohnten Sprachen aneignet, wieder ein Beweis dafür, dass der wirklich grosse Forscher ein ahnungsvolles Vorbild des ihm prädestinierten Erkennungsobjektes in seiner Seele mitbringt; aber noch wunderbarer muss es erscheinen, dass gegenüber dem empiri- schen Leichtsinn seines stürmischen Lehrers sich eine Sorgfalt und Sauberkeit der Einzelerkenntniss in grammatischen und lexikalischen Dingen entwickelt, welche in einer solchen Schule geradezu uner- wartet kommt. Im J. 1819 begann er in Coburg und weiter 18 20 in Nürnberg unter den Anregungen des von Erlangen herüber kom- menden Platen an den 'Oestlichen Rosen' zu arbeiten, welche 1822 erschienen und voller von persischen, insonderheit hafisischen Moti- ven als von arabischen sind. Ueberliaupt musste von den muham- medanischen Sprachen und Culturen ihm das Persische als Vermit- telung des Islam und des Indogermanischen am meisten zusagen. Daher sein dauerndes Interesse für Firdösl's 'Königsbuch', von des- sen durch Lumsden in Calcutta 1811 begonnener Ausgabe er den einzig vorliegenden ersten Band mit grosser Ausdauer copierte, für das er sein treues ästhetisches Interesse noch in der Nachdich- tung 'Rostem und Suhrab' 1838 darlegte und dem er 1854 und 1856 im Auschluss an Mohl's grosse Ausgabe eine Reihe der fein-
84> Erinnerungeu an Fr. Rückert, Grenzboten 1867 no. 14 — 15.
2*
20 Wissen seh aftl. Jahresbericht für 18()'2 bis 1867.
steil aus der sorgfältigsten Beobaohtuiig des Sprach- und Versge- brauchs hervorgegangenen Bemerkungen widmete. Von den übri- gen persischen Dichtern stimmten in kosmisclier Gottesanschauung und symbolisierendem Weltgenuss ausser dem in den 'Oestlichen Ro- sen' bereits nachgedichteten Hafis zu des Dichters eignem System Dscheläleddln RümT und Dschäml so sehr, dass er den einen seit 1«]9 mit treuer Nachemi)tindung durch alle seine contemplati- veu Weisen klingen Hess, den andern von 1843 bis 1852 in un- serii beiden morgenländischen Zeitschriften durch sorgfältige Mit- theilung von Textstückeu und saubere Uebersetzungen genauer als V. Rosenzweig bekannt machte. Mit wie grosser Sorgfalt Rückert auf Vers - und Stilformen überhaupt im Persischen eingieng, zeigt seine ausführliche Bearbeitung des theoretischen Anhangs des 'Heft Qolzum', mit welcher ihn Hammer- Purgstall 182G beauftragte und welche seit 1827 in den 'Wiener Jahrbüchern für Litteratur' er- schien: hoffentlich wird diese wichtige Darstellung der persischen Poetik und Rhetorik uns jetzt in einer bequemen Handausgabe zu- gänglich gemacht werden. Auch den Vorstufen des Persischen blieb R. nicht fremd; der erste Band von Spiegel's 'Commentar über das Avesta' kann zeigen, was selbst dieser bedeutende Schüler und Nach- folger Rückert's von dem universellen Mann an trefflichen Bemer- kungen über specielle Momente des Zend empfangen und benutzen konnte. Umfangreichere selbständige Werke galten dem Arabischen. In die ersten frischen Jahre seiner orientalischen Arbeiten traf das Erscheinen der Maqamen al-HarTrI's (1822), dessen geistreiche Kunst den deutschen Dichter und Forscher gleichraässig herausfor- derte, zumal in dem reinlichen von Silvestre de Sacy constituierteii Texte. Mit dem Antritt der morgenländischen Professur in Erlan- gen il826) ticl die Herausgabe des ersten Bandes der Nachbildung zusammen, dein verhältnissmässig rasch Fortsetzung und neue Aus- gaben lolgten: es ist das formell wunderbarste Werk, welches irgend eine europäische Sprache besitzt, vielleicht auch nur in deutscher Sprache und durch deutschen Geist, vielleicht nur durch den Rückert's darstellbar. Eine ähnliche Anregung gab das Erscheinen der I.la- mäsa, zu deren Bearbeitung er sich in dem herrlichen Gedicht von 1828 ermunterte; aber obgleich sein Lehramt in Erlangen und seine glückliche Abneigung gegen Vorlesungen ihm hinlänglich Zeit und Sammlung Hessen, so veröffentlichte er doch erst allerlei aus ara- bischer und persischer Litteratur .Aufgesammeltes in den je zwei Bänden 'Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenlande' (1836-38) und 'Sieben Bücher inorgeidändischer Sagen und Ge- schichten' (1837) mit ihrem schönen Reichtlium an Spruchpoesie, biblischer Legende und niuhamnie(huiischer Sage, besonders aber als eine recht eigentlich poetische und litterarisch - kritische Vorstudie 'Amrilkais der Dichter und König' (1843), ehe er in Berlin die Uebersetzung der 'Hamäsa' in zwei Bänden (1846) abschloss. Ich wwrdc nie den gciiuss- und förderuiigsreichen liamäsacursus bei ihm
Verstorbene Mit/orscher. Rückert. 21
vergessen, in wckheni maiiclies letzte abschliessende Wort der Ueber- tragung und manche schöne Textemendation, indess wir vor ihm im engsten Kreise den TabrlzT interpretierten, von ihm in glücklichster Divination gefunden wurde, niemals durch eine kaltblütige Stellen- vergleichuug, sondern in dem Vollgefühl lebendigster Si^rachkenntniss oder vielmehr Spracherfahrung. Demselben Kreise arabischer Stu- dien gehörte auch die Bearbeitung der Gedichte aus dem 'Antara- Roman in unsrer Zeitschrift (1848) an, wie er sich denn überhaupt in sichtlichem Behagen mit dieser Gruppe der Poesiegeschichte be- schäftigte und daher bei seiner Uebersiedelung nach Berlin an der Universität mit einer vor sechszig Zuhörern gehaltenen öffentlichen Vorlesung über die altarabischen Sagenkreise eine mancherlei Hoff- nungen weckende Lehrthätigkeit begann. In einer langen Reihe von Jahren feilte er an einer bereits in Coburg begonnenen Ueber- setzung des Qorän's, welche sich auch im Nachlass vorgefunden hat, zwar nur ausgewählte Stücke enthält, aber endlich einmal eine künst- lerische Wiedergabe des heiligen, in der Form weit über Boysen, Wahl und Ullmann hinaus interessanten Buches anstrebt und daher auch bald veröffentlicht werden soll. Von den übrigen semitischen Sl^rachen beschäftigte ihn besonders das Aethiopische in der ersten Erlanger Zeit; weit mehr aber und fast einzig das Althebräische, und Vorlesungen über die Propheten soll er gegen seine sonstige Docentengewohnheit in Erlangen sogar mit Vergnügen gehalten ha- ben. Eine Uebersetzung derselben, welche er 1831 begann, eine nach- gelassene Bearbeitung und Erläuterung der letzten zwanzig Capitel des Jesaias und ein noch vorhandener handschriftlicher Commentar zu den zwölf kleinen Propheten, wie die Einreihung ganz einziger Uebersetzungsproben aus dem Hohenliede in den 'Liebesfrühling' zeigen sein andauernd tiefes Interesse für diese Seite der altsemi- tischen Litteratur. In der Streitfrage über die Priorität dieser oder jener semitischen Sprache stand er auf der Seite derer, welche das Arabische für die Sanskrita dieses Sprachstammes ansehen ; nur prak- tische Gründe konnten ihn veranlassen, in den nachgelassenen Bruch- stücken einer vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen von dem Hebräischen auszugehen. Einen grösseren Raum als die bishergenannten Sprachen und Litteraturen nimmt aber in seinem langen Leben, das trotz alles Kosmopolitismus doch den welthisto- rischen Bestrebungen und Aufgaben des indogermanischen Stammes gehörte, um seiner reichen spracbgeschichtlichen Beziehungen willen das Sanskrit und seine Litteratur ein. Wer anfang der zwanziger Jahre diese Sprache lernen wollte, hatte es nicht so leicht wie die Gegenwart, welche sich mit rascher Bequemlichkeit den nöthigen Vorrath von indischen Wörtern und Formen zur Ausübung der Sprachvergleichung aneignen kann. Aus Einem Exemplar des Bopp- schen 'Nalus' lernten R. und der Erlanger Professor Pfaff die Ele- mente der Sprache; die erste Ausgabe des theuren Sanskritwörter- buchs von Wilson, einen stattlichen Folianten von 1061 zweispal-
22 Wisscvsrluifd. JalnrshcricU für 1,S(J2 In.s 1,S67.
tigen Seiten , :?thrieb sich R. vollständig ab. Das erste Ergebniss dieser Studien war die freie, von liaririscher Spraclivirtuosität be- wegte Nachdichtung 'Nal und Damajanti' (1828) in kurzen Reini- paareu, welche spätere treuere Uebersetznngen eher nötig als über- flüssig machte und eine ähnliche ^yirkung auf die deutsche Lesewelt ausübte, wie 1791 G. Forster's 'Sakontala'. Von dem folgenden Jahre an lieferte er, durch Bopp veranlasst, eine Reihe wichtiger Kritiken in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik ; zunächst im März 1829 eine Besi^rechung des Ghatakarparam von Dursch. In dasselbe Jahr fällt auch die erste der Originalform voll- ständig nachgehende Uebersetzung des Gltagovinda aul' Grund der durchaus ungenügenden Calcuttaer Ausgabe von 1808; er wieder- holte sie später nach neuen metrischen Principien und brachte sie bei Gelegenheit der Lassen'schen Ausgabe endlich zu einem Ab- schluss, sodass sie 1837 in dem ersten Bande der Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes als ein Musterwerk vollsinnlicher Spra- che und reicher Rhythmen erscheinen konnte. Im Uebrigen beschäf- tigte sich, geringe Ausnahmen abgerechnet, R. um diese Zeit vor- zugsweise mit der Kunstpoesie der Inder. Die Berliner Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik brachten im Juli 1830 einen Artikel über Bopp's Glossar, im Januar 1831 einen über F. Benary's 'Na- Jodaya', zugleich und im April desselben Jahres eine Besprechung über C. Schütz's Ausgabe des 'Kirärtärjuniyani' von Bhäravi zugleich mit Uebersetzungsproben , welche A. W. v. Schlegel bei seinem b():>- hafteu Epigramm an 'Aller morgenländischen Zäune König' im Auge hatte; besonders aber im Januar 1835 eine ausführlichere Recen- sion von Wilson's ' Hiudu-Theatre' und den theils neu herausgege- benen theils übersetzten Dramen (^?akuntalä, Urva^I und MälatT und Mädhava mit einer Reihe von noch jetzt werthvollen kritischen und exegetischen Bemerkungen. Ausserdem lieferte R. für den Wendt- schen Musenalmanach von 1831 die Uebersetzung von 38 Liebes- liedchen Amaru's und in demselben Jahre eine an kritischen Emen- dationen und Uebersetzungsproben reiche Besprechung des ersten Theils des Schlegel'schen Riimäyana in dem 55. und 56. Bande der Wiener Jahibücher. Das ehedem von ihm geleitete Morgenblatt brachte im Februar 1833 die Uebersetzung eines reizend idyllischen Stückes aus dem achten Buche des eben von Stenzler herausgege- benen Raghuvanga. Bei so stätigem Interesse an der indischen Lit- tcratur und bei seinem zugleich einsiedlerischen und doch wieder allen Gedaukenströmungen offenen Sinn erscheint es fast natürlich, dass R. sich mit einem contemplativen Hindu identificirte und von 183fi bis 1839 in der 'Weisheit des Brahmanen' ein System seines westöstlichen, kosmisch -christlichen Pantheismus niederlegte. Die Vollendung dieser umfassenden Lehrdichtung wurde von den ern- stesten indischen Studien begleitet, als deren Ergebnisse der erste Band der Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 1837 neben dem schon genannten 'Gltagovinda' Sprüche Bhartrihari's brachte und
Verstorbene Müforschcr. Rückert. 23
1839 die schöne Sammlung 'Bralimanische Erzählungen' erschien: in letzterer 'Sävitri', ein Edelstein aller ethischen Poesie und später als ein Lieblingsstück von dem schon im Tode zitternden Dichter in einer besonderen Ausgabe der ernsteren Lesewelt dargebracht. Mit diesen Uebersetzungen stand er noch fast ausschliesslich in dem Studium des indischen Epos. Obgleich er dies nie ganz aufgab, sondern noch in den spätesten Lebensjahren sich mit einigen Epi- soden des Mahäbhärata beschäftigte, auch mit der Kuustpoesie durch eine kürzlich aus seinem Nachlasse veröffentlichte feine und anmutig- sortaltige Uebersetzung der ^'akuntalä bis in die fünfziger Jahre im Zusammenhang blieb und von seinem Studium der Puräna-Litteratur in der Bearbeitung der Sage vom König Hari^candra in unsrer Zeit- schrift (1859) eine Probe gab, so entzog er sich doch auch nicht der jetzt die indische Philologie fast bis zur Vernachlässigung des Epos und anderer jüngerer Gattungen beherrschenden Richtung und widmete sich ebenfalls noch dem eifrigsten Yedenstudium, besonders dem des Rik und des Atharvan, aber wie es scheint ohne die hier- bei gewöhnlichen mythologischen und religiös-philosophischen Liter- essen. Vielmehr ging er auf eine Sammlung poetischer Bilder und Metaphern im Sanskrit aus (denn auch diese gestatten eine verglei- chende psychologisch sehr interessante Methode der Behandlung) und in seinem Nachlasse haben sich grossartige Bruchstücke zu einer solchen gefunden, wie denn sein stiller aber energischer Fleiss und seine weitgreifende Combination bewundernswürdig ansammelte, unter anderem auch eine Fülle von Nachträgen zu dem grossen St. Petersburger Sanskritwörterbuch. Aber nicht das philologische De- tail interessierte ihn, wenn auch noch so sauber ermittelt und noch so reinlich dargestellt, an und für sich: vielmehr musste er auch bei seinen indischen Arbeiten überall Zusammenhänge sehen und darum schätzte er Adalbert Kuhn's sprach- und mythenvergleichende Forschungen, vielleicht schon um ihrer poetischen Feinheit willen, so hoch. Alle Studien mussten bei R. universellen Combinationen dienen: in diesem Streben unternahm er, um sich die Peripherie der Cultur zu vermitteln , auf lateinischer Grundlage die Nachdich- tung des chinesischen 'Schi-king' (1833), dessen Originalsprache er nicht verstand und wahrscheinlich auch bei der Masse schwieriger ihm überall, ja sogar noch bei dem durchsichtigen DevanägarT wider- stehender Schriftzeichen nicht gelernt haben würde. Aber sonst scheute er keine in einfacherem Schriftgewande an ihn herantretende Sprache um ihr Verständniss anzugehen und rasch genug wusste er ihnen mit seinem herrlichen Auge spähend in's Herz zu sehen; ab- gesehen von armenischen, afghanischen, türkischen und andern asia- tischen Sprachen fand man ihn in den letzten Jahren mit den dra- vidischen und den tinnischen beschäftigt, besonders aber mit dem Koptischen, in welchem ihm eine Vermittelung des Indogermanischen 'und Semitischen gegeben schien und von dessen Studium durch R. auch Lagarde's Ausgabe des koptischen Pentateuchs Zeugniss ablegt.
24 Whsenschaftl. Jahreiihenrht für \m2 his 1868.
Immer mehr individualisierte und befestigte sich bei ihm der schöne Satz, den er schon 1828 ausgesprochen, dass die Poesie in allen ihren Zungen dem Geweihten nur Eine Sprache sei. Man durfte zu hoffen wagen, dass ein so gearteter Forscher und Dichter aus dem Stilleben Erlangens, von wo ihn merkwürdiger Weise der kunst- sinnige bayerische König Ludwig I. sich nicht für München hatte ge- winnen wollen, in ein reiches Kunst- und Wissenschaftsleben ver- pflanzt die natürlichste Förderung hätte erfahren müssen. In dieser Hoffnung rief König Friedrich Wilhelm IV. durch Cabinetsordre vom 17. April 1841 R, nach Berlin: aber der kunstsinnige König irrte sich, dass er den Dichter rief und diesej-, dass er kam. Der ein- siedlerische Denker passte nicht in die schon damals grosse Stadt, in deren wogendem Leben man dauernd auf der Mensur zu stehen glaubt. Die Cabinetsordre vom 15. Juni 1849 befreite den gebun- denen Dichter, dem es eine Last war auch nur in wenigen Winter- monaten in Berlin wenn auch ganz nach Gutdünken Vorlesungen halten zu müssen. Er kehrte glücklich nach seinem geliebten Neu- sess bei Coburg zurück , zu seiner mannigfachen treuen Arbeit , in welcher ihn selbst der lautere Lärm des öffentlichen Lebens nicht zu stören vermochte, welche nur der Tod unterbrach.
Es würde interessant sein, das Wesen dieses einzigen Mannes aus seiner Zeit, als deren Phänomen er ungeachtet aller isolierenden Neigungen gelten muss, abzuleiten ; denn es genügt kaum, wozu man durch den autobiographischen Charakter seiner Lyrik verleitet werden könnte, ihn als den Minnesinger auf der Höhe des 19. Jahrhunderts zu bezeichnen, etwa wie Petrarca der letzte Troubadour des huma- nistischen 14. war. Vielmehr wurzelt er, wie sein Gegner Schlegel, in der romantischen Epoche, alle ihre linguistisch - philologischen Probleme mit der diesem Zeitalter eignen Universalität aufnehmend, und darum dem zweiten Namen verwandt, dessen wir hier zunächst ehrfurchtsvoll zu denken haben Wie K. für die Wissenschaft die P^inheit des menschlichen Wesens an der Poesie und diese damit als ein organisches Stück der Menschennatur aufweist, so Franz Bopp an der Sprache ^^). Zwar unterscheidet sich dieser Sprach- forscher sehr wesentlich von jenem Dichter. Bei aller Macht der Intuition erscheint Bopp mehr philosophisch ; nicht eine widerstre- bende Gegenwart drängt ihn wie Rückert auf seine eigentlichen wissenschaftlichen Aufgaben hin, sondern das sichere Gefühl, seinen Beruf frühzeitig erkannt zu haben; ihn schreckt Berlin nicht zurück, sondern dieser aus Mitteldeutschland kommende Gelehrte lässt sich ruhig in der norddeutschen Metropole nieder, um in der geräusch- vollen Stadt unbeirrt seine einfach -grosse Laufbahn zu begründen und zu vollenden. Ueber die Entwickclung und Bedeutung dieses Mannes haben unter dem unmittcll)aren Eindruck seinei' Persönlich-
85) Augsb. A Ztg. 18(37, No. yU3 Beilage und Greiizboteii 1867, No. 47 p. 285-291.
Verstorbene Mitforsclwr. Bopp. 25
keit Breal ^^) vor seiner trefflichen Uebersetzung der vergleichen- den Grammatik Bopp's und so eben sein ausgezeichneter Schüler A. Kuhn^'"^) in ausreichendster Weise gesprociien, so dass ich über ihn nur wenige Worte dankbarer Rückerinnerung zu sagen habe, zumal auch seine wissenschaftlichen Verdienste dem Bewusstsein der Gegenwart weit bestimmter eingezeichnet sind als die des mehr als Dichter gewürdigten Rückert. Wie bei diesem, haben auch Bopp's wissenschaftliche Bestrebungen einen romantischen Ausgangspunkt. Denn Karl Windischmann war es, der romantischer Begeisterung für Indien und seine Urweisheit voll und von Ilerder's geschichtsphilo- sophischen Ideen ergriffen, den jungen von Mainz, wo er am 14. Sept. 1791 geboren war, mit den Aeltern nach Aschaffenburg ge- kommenen Bopp in den philosophischen Vorträgen am Lyceum für orientalische Sprachen und Litteraturen begeisterte; es war das der Ideenkreis, innerhalb dessen Creuzer, Görres und die beiden Schlegel standen. Aber correctes , gewissenhaftes Arbeiten und ein durch philosophische Disciplin zur wissenschaftlichen Gewissenhaftigkeit ge- schulter Scharfsinn schützten den künftigen Sprachvergleicher vor den Phantastereien der romantischen Schule. Nur von einem Mit- gliede derselben konnte er sehr positive und nachhaltige Anregungen erhalten, von Friedrich Schlegel, der in seinem merkwürdigen Buche 'über die Sprache und Weisheit der Inder' (1808) nicht allein die ersten tieferen Gedanken über Classification der Sprachen aufstellte, sondern auch den Werth der indischen Studien begeistert in's Licht setzte und durch Uebersetzungsproben aus den Epen und aus Manu belegte. Aber bei Friedrich Schlegel verlieren sich fast regelmässig die besten Ansätze in verwirrte Ausführungen und als B. im J. 1812 nach Paris ging, hatte er das, was seine Grösse machen sollte, die philologische Unerbittlichkeit und die streng geschichtliche Analyse lediglich als seine persönlichste Ausrüstung. Der Verkehr mit Chezy, de Sacy, Langles und dem unfreiwillig in Paris zurückgehaltenen Alexander Hamilton, der bereits 1807 den ersten Catalog indischer Hss. mit Langles hergestellt und ohne sich zu nennen 1808 in Lon- don die erste Ausgabe des Hitopade^a geliefert hatte-, die Benutzung der auch für Indisches nicht mehr unbedeutenden orientalischen Bücher- und Handschriftensammlungen und seine gewissenhafte Be- harrlichkeit Hessen, während Deutschland und Frankreich im Kampfe lagen, seine bahnbrechende Schrift 'Ueber das Conjugationssystem
86) Gratnmaire comparee des langues iudo-europeeunes . . . par Fr. Bopp.
Traduit sur la 2e edit par Michel Breal. T. I (Paris, luipr imper. 1866;
gr. 8), p. VIII u. f. Die Einleitung zu dieser in ihrer äusseren Ausstattung das deutsehe Original leider beschämenden und unten näher zu erwähnenden Ueber- setzung ist auch besonders abgezogeu : Introduction ä la grammaire comparee des langues indo-europeennes de M. Fr. Bopp par Michel Breal. Paris, Impr. Imper. 1866, LVII S. gr. 8.
86a I Franz Bopp , der Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaft. Von Adalbert Kuhn, Unsere Zeit, neue Folge, IV, 1 (1868), p. 780 89.
26 Wisscmchaßl. Jahrcshcru-ht für IHG'i hls 1867.
der Sanskrilsprache ' reifen, weklie 18 IG mit einer empfehlenden Vorrede seines Lehrers Windischmaun aus Lieht trat. Diese Unter- suchung begründete die oomparative Grammatik zunächst des indo- germanischen , zugleich aber jedes Sprachstammos. Kaum kommt ihr gegenüber in Betracht, was bereits 176 7 der mit Kctdit durch Breal seiner Vergessenheit entrissene Pater Coeurdoux und neun Jahre später William Jones zutreli'end und zum Theil feinsinnig über die Stellung des Sanskrit zu seinen etwaigen Verwandten angemerkt hatten ; denn B. geht den Gesetzen der Spracherscheinungen nach, untersucht die durchgehende Einheit in den Verschiedenheiten, er- klärt das scheinbar Zufällige als ein Organisches und findet die Gründe der Flexionssuffixe. So waren alle mechanischen und con- veutionellen Auffassungen aus der Sprachwissenschaft entfernt. Die Uebersetzungen aus dem Rämäyana und Mahäblulrata, welche dem 'Conjugationssystem' beigegeben waren, wurden durch Windischmaun dem Könige Max L von Bayern bekannt und B. erhielt die Mittel, nach London zu gehen. Hier trat er zu dem tUimaligen preussi- scheu Gesandten Wilhelm v. Humboldt, der sein Schüler im Sanskrit ward, in nahe folgenreiche Berührung, erweiterte sein 'Conjugations- system' zu einer auch die Decliuation umfassenden englischen Dar- stellung und lernte aus den reichen Ilandschriftensammlungen die indische Litteratur näher kennen. Mit einem glücklichen Griff fand er die Nalas-Episode heraus, durch deren Ausgabe und treue latei- nische Uebersetzung (1819j er ein Fundamentalhülfsmittel für die Sanskritstudien schuf. Nach Bayern zurückgekehrt schien ihn in Würzburg eine Professur zu erwarten; aber die zu bedächtige Fa- cultät hielt Sanskrit und Sprachvergleichung für überflüssig. Wilhelm V. Humboldt rettete die Ehre der Wissenschaft, indem er ß.'s Be- rufung nach Berlin veranlasste, dessen junge Universität er von 1821 und dessen Akademie der Wissenschaften er von 1822 ab zierte. Seine umfassende, einen Sprachkreis nach dem andern er- obernde Thätigkeit, welche seit 1833 in der 'vergleichenden Gram- matik' ihren conceutrierten Ausdruck fand, ist bekannt, da nur der eigensinnigst sich beschränkende Philologe nicht unter ihrem Eintluss steht ; aber es gewährt das schöne Schauspiel eines die Erfüllung seines Ideales erringenden Menschenstrebens, zu sehen wie B. in treuer Verfolgung der einmal genommenen Ausgangspunkte zunächst das Pronomen der ersten und zweiten Person (1824) und das Reflexiv- pronomen IS25) untersuciit ; mit den Demonstrativstämmeu die (,'iisusendungen 1«26) und Präjiositionen und Conjunctionen (182r») combiniei-t; den Zusammenhängen zwischen Pronominibus niid Wort- bildung (1831J nachspürt; die immer noch sonderbaren Zahlwörter in ihren Uebereinstimmungen und Verschiedenheiten erklärt (1833); durch Jacob Grimm's deutsche Grammatik zur Prülung des Vocalis- mus und besonders des Ablauts gedrängt wird (1836; und zuletzt noch in dem scheinbar Flüssigsten, in der Accentuation (1854) ur- alte und bisweilen ganz ungestörte Uebereinstimmungen nachweist;
Vci-Ktorbenr Mitfumchn-. Bop]>. 27
wie er daneben für das hierbei fast überall als Ausgangspunkt ge- setzte Sanskrit , dem darum nicht selten innerhalb der Schule ab- weichend von Williams Jones' schon frühzeitig richtiger Vermutung eine falsche Prioritätsstelluug eingeräumt wurde, Lehrbücher zuerst (1824) in einer ausführlicheren und dann (18i54) in einer überall willkommen geheissenen kürzeren Fassung, daneben (1830) ein in den neuen Ausgaben auch seine 'vergleichende Grammatik' geschickt ergänzendes Glossar lieferte und in glücklicher Auswahl von Epi- soden des Mahäbhärata (seit 1824) wie in dem neuaufgelegten Na- las ausreichendes Material für die erste Leetüre darbot; wie er end- lich, abgesehen von den ihm während der Abfassung der 'vergl. Grammatik' vertrauter werdenden Sprachen, wie dem Slavischen, Altpersischen, Armenischen (welches er besonders seit 1856 berück- sichtigte), die celtischen (1838), die malaiisch-polyuesischen (1840, diese vielleicht noch unter der Nachwirkung Humboldt'scher Anregun- gen), ei)iige kaukasische Sprachen (1846), das Altpreussische (1858) und das Albanesische (1854) sich unterthan machte, aus welcher indogermanischen Dienstbarkeit einstweilen wohl das Georgische und das Miugrelische wie die malaiisch-polynesischen Sprachen zu ent- lassen sein werden. Die meisten deutschen und viele ausländische Sprachforscher sind bei ihm , der immer ein freier und humaner Mann war, gern unmittelbar in die Schule gegangen und als man am 16. Mai 1866 den fünfzigjährigen Jahrestag des Erscheinens sei- nes ' Conjugationssystems ' nach dem Datum der Vorrede desselben festlich beging, hatte man Recht, die Feier der Begründung der vergleichenden Sprachwissenschaft durch eine besondere der Förde- rung ihrer Zwecke geltende Stiftung zu bezeichnen ^'). Er selbst überlebte diesen Tag nicht lange, sondern starb bereits am 23. Oc- tober 1867, an einem Tage, der gerade ein Vierteljahrhundert früher durch Gesenius' Tod geheiligt war. Wir wissen nicht, wer als be- deutend genug gelten wird , seinen verwaisten Lehrstuhl einzuneh- men ; bliebe er, nicht zur Ehre der grossen Universität, verlassen : die von B. gegründete Wissenschaft würde an allen Stellen diesseits und jenseits des Oceans weiter blühen, soweit ist ihr fruchtbarer Same ausgestreut, und auch jeder noch so sehr widerstrebenden Sprachforschung ist gleichwohl fortab ihr Gepräge autgedrückt.
Wenn Bopp als ein Muster treuer, beharrlicher, von den äusser- sten Grenzen des weiten Forschungsgebietes immer selbstgewiss und sicher zu ihrem Mittelpunkt zurückkehrender Arbeit gellen kann, so ist der oben an drittel' Stelle genannte Name von allgemeinerer Bedeutung Vorbild für die Betheiligung des reichen Adels an wis- senschaftlichen Autgaben: Honore Theodoric Paul Joseph d 'Albert, Duc de Luynes^^). Geboren in Paris am 15. De-
87") Die SpraeliverKleichuiig und die Boppstiftung, Greiizboteii 18G6, No. 3.
88) Vgl. den Nekrolog in der Aug.sb. Allg. Ztg. 1867 no. 363 Beilage, und
Ausl. 1868 no. 3 p. 61 — 63 (letzteres nach dem Athenaeum vom 28, Dec. 18()7
p. 895;.
28 Wi.s.sen.'ichaftl. Jahrc.^hcrirht für 1862 hi.^ 1867.
cember 1802 war er durch seine Herkiint't und Stellung in den Be- sitz einer Jahreseiuuahme von anderthalb Millionen jährlicher Ein- künfte, verschiedener Schlösser, einer hervorragenden Bildung und bedeutender Interessen für Wissenschaft und Kunst gesetzt, und das Institut de France hatte guten Grund, ihn zu seinem Mitgliede zu wählen. Als liberaler Legitimist betheiligte er sich mannigl'ach an der Tagespolitik, hielt 1848 als Repräsentant des Seine- und Oise- departements zu Cavaignac und widmete sich seit dem neuen Kai- serthum nur um so entschiedener seinen wissenschaftlichen und Kunstneigungen. Unsere Wissenschaft verdankt ihm, ungerechnet zahlreiche Unterstützungen und Sannnlungen, an eigenen Leistungen besonders den 'Essai sur la numismatiquo des Satrapies et de la Phenicie sous les rois Achemenides' (1846 j in zwei Quartbänden, durch welchen eine Reihe wichtigster numismatischer, epigraphischer und linguistischer Fragen zur Lösung kamen-, die 'Numismatique et inscriptions cypriotes' (1852), in welchen dem semitischen Epi- grai)lien noch ungelöste Probleme vorgelegt wurden, und das in den phonizischen Studien epochemachende ' Memoire sur le sarcophage et l'inscription funeraire d'Eschmunazar' (1856) in je einem Quar- tanten. Zuletzt hatte er mit Hülfe Lartet's und Vignes' im J. 1864 eine Expedition nach Palästina unternommen, um die Fj'age nach den Hebungs- und Senkungsverhältnissen des Todteu Meeres und der 'Arabah -Wüste zu erledigen; doch fehlen die beabsichtigten Pu- blicationen noch vollständig. Diesen und anderen Entwürfen wurde er durch die jüngsten Angelegenheiten des Kirchenstaates entzogen; er war nach Rom gegangen, um mit Rath und That den Franzosen, welche in die päpstliche Armee getreten waren, beizustehen; dort fand ihn der Tod Mitte December 1867. In ihm verlor unsre Ge- sellschaft eines ihrer trefflichsten Ehrenmitglieder.
Von den übrigen zahlreichen Verlusten, welche die besonderen Richtungen der morgenländischen Wissenschaft bctioffen haben, ste- hen an Bedeutung und Zahl diejenigen der semitischen Philologie in erster Linie. Aus dem p]nde der zuletzt von mir besprochenen Litteraturperiode ist noch, um mit der Gruppe der alttestamentli- chcn Wissenschaft zu beginnen, der Name des am 1. Decemb. 1861 zu Greifswald vierzigjährig verstorbenen Theologen Heinr. Aug. Hahn**^) nachzutragen, welcher, nachdem er 1850 das Buch Hiob und 1852 das Hohelied erläutert hatte, zuletzt in seinem Conimen- tar zum Qoheleth (1860) dieses eigenthümliche Buch durch messia- nische Auffassung bedeutungsvoller zu machen meinte. Auf ihn folgte der Zeit nach der durch ein kleines hebräisches Lehrbuch, beson- ders aber durch seine französische Bibelübersetzung bekannte Sa- muel Cahen, gest. 8. Januar 1862 in Paris; auf diesen der am 23. März 1862 gesorbene, in seiner Schriftstellerei von der Physik auf die naturwissenschaftlichen P'ragen des A. T. übergegangene und
."■',) Allg. Kirchenzcituiig von Strack I.S62 ii'>. 2().
Verstorbene Mifforscher. Hehräisch ( Rohinmn). 20
von Secchi^^) gescliilderte Pater Piiiciani. Ein grösseios In- teresse knüpft sicli an den Namen des wissenschaftlichen Wieder- entdeckers Palästina's, Ehrenmitgliedes unsrer Gesellschaft, Eduard Robinson's ^^'), gest. zu New York am 27. Januar 1863. In Southington in Connecticut am 10. Aj^il 1794 geboren, in Nord- Amerika gebildet und bereits angestellt, gieng er erst als ein :3 2 jäh- riger nach der alten Welt, um in Paris, Berlin und Hallo in bibli- scher und orientalischer Wissensdiaft Studien zu machen. Beson- ders bedeutend für ihn wurde Halle , wo er Gesenius in frischester Lehrthätigkeii luirte und seine geistvolle unter dem Namen Talvj bekannte Gattin fand. Nach vierjähriger Abwesenheit kehrte er, nun zum Vermittler der östlichen und westlichen Hemisphäre in der biblischen Wissenschatt bestimmt, 1830 nach Andover zurück; dort erhielt er eine Professur und gründete das inhaltsreiche 'ßibli- cal Repository'. Nachdem er sehr geschickt Gesenius' hebräisches Wörterbuch (1836) englisch bearbeitet und sich einige Jahre in Boston aufgehalten, wurde er 1837 Professor in New York, gieng jedoch schon 1838 wieder nach Europa, um Palästina zu bereisen, wobei ihm die arabischen Kenntnisse und die Erfahrung des treffli- chen Missionars Eli Smith wesentliche Dienste leisteten. Es ist bekannt, welche Revolution das tüchtige zugleich englisch in Lon- don und Boston, und noch besser deutsch in Halle erschienene Reise- werk in der Geographie des h. Landes hervorbrachte. Die beson- nene Ehrlichkeit eines frommen und zugleich unerschrockenen For- schers trat dem Leichtsinn traditionsseliger Gewohnheit entgegen. Seit Reland war .keine ähnliche Fülle energischer Wissenschaft au dies wichtige Stück Geographie gesetzt worden. Nach der Rück- kehr ins Vaterland lieferte er besonders in seinem 'Biblical Repo- sitory' nachträgliche Specialuntersuchungen, so über Eleutheropolis, Arimathia, Megiddo, Ephraim u. s. w. Im J. 1852 wurde eine zweite Palästinareise unternommen, deren Ergebnisse 1856 in England und im folgenden Jahre in Deutschland im Zusannnenhange veiöffentlicht wurden und denen in der aus d^'m 'Biblical Repository' entstande- nen 'Biblotheca sacra' Nachträge über Pella und Kapernaum folg- ten. Jetzt dachte er ernstlich daran , eine Geographie des h. Lan- des auszuarbeiten und wer dem würdevollen und kräftigen Manne im Spätsommer des J. 1861 in Deutschland, wohin es ihn wieder gezogen hatte, begegnete, glaubte trotz seines Augenleidens die ihm fast einzig zustehende Ausführung seines Planes mit Sicherheit er-
90) Intorno alla vita e alle operc del P. Giamb. Pinciaiii. Discorso del F. Angela SeccJii letto nel Acad. Tiberiiia il di 19. Maggio 1862 seguito da uii elenco degli scritti etc. Roma, Tipogr. delle sc matem. 1862. .51 S. 8. Vgl. Steinschneider in Z. d. DmG. XVII (1863) p. 419 f.
91) Vergl. Journal of Sacred Literature 1863, April. Art. 12; Unsere Zeit 1863, Heft 77, p. 336 und den Artikel von Phil. Schaff in Herzogs Theolog. Realencycl XX odir Suppl. II ('1866) p. 577—581. l^ann Tohler's Bibliogra- phia geographica Palaestinae (Leipzig 1867, gr 8), p. 162 f.
30 WisfteD.tchaftl. Jahre^herkht für 18i;2 his 18ii7.
warten zu dürfen. Der Tod verhinderte es-, die 'Physische Geo- graphie des h. Landes' welche IbGf) ans seinem Nachkiss erschien, liann nur als der bedeutende grundlegende Theil des Ganzen gelten. Von einem anderen beabsichtigten ^Verke, in welchem besonders schwierige Stellen der h. Schrift wahrscheinlich auf Grund genauerer geographischer Kcnntniss erklärt werden sollten, scheinen sich im Nachlass keine bedeutenderen Vorarbeiten oder Ansätze vorgefunden zu haben. An den am 25. Mai 1865 gestorbenen Knobel erinnert eine kurze Notiz von ZöcJder '•'-) ; der philologische Realismus die- ses Exegeten, der in der langen schriftstellerischen und akademischen Thätigkeit von dem Commentar zum Qoheleth (183Gj an bis zu der dritten Ausgabe des Jesaias (1861) besonders dem Pentateuch in vielen geschichtlichen und archäologischen Punkten zu Gute ge- kommen ist, wird auch über seinen Tod hinauswirken und ein kri- tisch-besonnenes Bewusstsein zum Heil wahrer Forschung wach er- halten ; leider fehlte ihm, was Delitzsch in der Einleitung zu seinem Jesaias treffend andeutet, das Geschick poetischer Anempfindung, welcher Mangel auch seine Daistellung des „Prophetismus" wesent- lich beeinträchtigt hat, so reich an scharfsinnig combiniertein und sorgfältig zusammengebrachtem geschichtlichem Material dies Werk auch ist. Bald nach ihm starb Friedrich Böttcher in Dresden, am 23. Juni 1863, seit ziemlich vierzig Jahren als Lehrer des He- bräischen und Schriftsteller thätig; viel Scharfsinn und Willkür in C'onjecturalkritik und ausserordentlichen Fleiss auf die Sammlung grammatischer Beobachtungen wendend, von welchen jetzt die Müh- lau's Sorglalt zu dankende Veröffentlichung der 'Aehrenlese ' um! des 'Lehrbuchs' Zeugniss ablegt. Dem Neuhebräischen und beson- ders seiner Littcrärgeschichte gelten die Bemühungen das am 2. Juli 1863 in Wilna verstorbenen ß enjacob ''^), dessen Gedächtniss vorzugsweise die unter Steinschneiders Beirath ausgeführte Bearbei- tung Azulai's erhalten wird, lieber einen Monat später, am 23. August 1863 starb in glücklichere wissenschaftliche Umgebung ge- stellt Joseph Levin Saalschütz •'*), von dem wir eine fleissige, stoffreiche und darum nützliche Archäologie der Hebräer und von einseitigen Gesichtspunkten aus geführte Untersuchungen über alt- hebräische Musik und Poesie erhalten haben. Auch muss an dieser Stelle, obgleich er specifisch theologischen Aufgaben lebte, dei- am 16. December 1863 als Superintendent und Oberpfarrer zu St. An- drea in Eisleben verstorbene Rudolf Stier erwähnt werden, von dem Tholuck '■>^ ) ein interessantes Portrait gezeichnet und seine
•12) Herzotr's Theol. Kealencyel. XIX od. Suj.))!. I (1865^ p. 715— 717. \^\. aucb Neue ev. KZtg. 1863. ii. 24.
93; Vgl. Steinschneider Hebr. BiblioKrapliie 1863 uo. 35 p. 1081.
94; Dr. Jph. Levin Saalschutz. Nekrolog von O. RoKriihranz, linier haltungen des lit. Kränzchens in Königsberg. No. 2 '1865;.
95) HerzogV Thif.l. Kealencycl. XXI o.l.i Suppl. III 1S66, \k 17" 179.
Vrrstorhene Mitforarlipr. Hehrährh. 31
Söhne •^*' ) eine nach anderen Seiten höchst anzieliende Biograiiliie begonnen luiben ; er hatte in seinem glücklicher Weise ohne beson- dere Wirkung gebliebenen 'Lehrgebäude der hebräischen Sprache' (1833) bei vielen geistreichen Conibinationen einem übertriebenen Supranaturalismus an unangemessener Stelle Rechte eingeräumt, so dass diese Sprache consequent nach allen ihren Theilen als eine exceptionelle Schöpfung Gottes hätte erscheinen müssen. PJine anders geartete Gelehrtennatur war der bald nach ihm am 31. Januar lHt>4 in Berlin verstorbene Michael Sachs ^^), eine fast geniale Ver- bindung von tiefster poetischer Empfindung und scharfpräcisiertem Wissen, mehr wirkend durch lebendige Rede als durch Schriften. Und doch wird die Fülle von Geist, welche sich in diese verhält- nissmässig wenigen Schriften aus der Vei'schwendung in der flüssi- gen Conversation wie in eine feste Form rettete , noch manchen spät nachzügelnden Leser fesseln. Dass überall den treffendsten Aus- druck findende Vei-ständniss, wie es in der mit Arnheim, Fürst und Zunz unternommenen Bibelübersetzung für das Gefühl eines gerechten Lesers hervortritt, zeigte sich sogleich in einer glänzenden und trotz- dem wohlthuenden Weise in dem Buch über 'die religiöse Poesie der Juden in Spanien' (1845), dessen Detail gründlich vermehit, dessen poetisch -philosophischer Sinn nicht leicht übertroffen M'erden kann, und wenn auch Sachs in den beiden Heften ' Beiträge zur Sprach- und Alterthumskunde' (1852 54) anregende Ergebnisse seiner be- neidenswerthen Vertrautheit mit neuhebräischer und zugleich klassi- scher Philologie vorlegte: er scheint doch in sich jene eigenthüm- liche Begabung für poetische Uebertragung gefunden zu haben, so dass die schriftstellerischen Arbeiten seiner zehn letzten Lebensjahre sich besonders in dieser Richtung bewegten, sei es dass er die Ge- danken seiner hebräischen Vorlagen mit poetischer Freiheit ausführte wie in den sinnigen, jetzt eben neu aufgelegten 'Stimmen vom Jor- dan und Euphrat' (1853), oder dass er geradezu übersetzte, wie das Machzor (1855) und den Siddür (1858). Durch die Erwähnung Karl Raumer s^^\ gest. in Erlangen am 2. Juni 1865, dessen wir hier wegen seines sorgfältigen und nützlichen , hoffentlich bald dem jüngsten Stande der Wissenschaft angepassten Handbuches über 'Pa- lästina' (seit 1835) nach dem Datum seines Heimganges zu geden- ken haben, wird Sachs von seinem berühmten italiänischen Glaubens-
96) Dr. Ewald Rudolph Stier. Versuch einer Dar^stellung seines Lebens und Mirkens von (r. Stier, Gymnas.-Dir., und F. Stier, Diac. 1. Hälfte, die Zeit von 1800 — 1825 umfassend. Mit einem photogr. Brustbilde. Wittenberg. Köl- ling 18G7, Vm u. 356S. 8. (n. 1 /.>. bJ^.) Vgl. Allg. literar. Anzeiger 1868 no. 7--8 p. 565 f., Protest. KZtg. 1868 no. 4 p. 78 f. und Hauck's Theol. Jah- resbericht m ri867) p. 221 f.
97) Steinschneiders Hebr. Bibliogr. 1864 nr. 37 p. 9 f. und Occident and American Jewish Advocate 1864 April, Art. 7.
98) Karl v. Hmwiera Leben von ihm selbst erzählt. Stuttgart, S. (i. Lie- sching 1866, VIII u. 344 S. gr. 8. (2 fl. 12 Xr. rh. = 1 J^ 10 J^j
32 WisHom-haftl. Jahreahevicht für 18G2 his 1S(J7.
genossen^ dem am 29. September 18G5 in Padua gestorbenen Sa- muel David Lu z zatt 0 ^''') getrennt, den nach seinem Leben und Wirken de Leva ^"") geschildert hat. In Triest am 25. August 1800 geboren, hatte er als Mitgabe fürs Leben den Segen eines berühm- ten Namens, aber auch zugleich die schwere Pflicht, sich desselben würdig zu machen. Er hat das ehrlich gethan und überall, soweit wir norddeutschen christlichen Gelehrten gerade in diesem besonde- ren Falle zu sehen vermögen, sich als ein nach Selbständigkeit stre- bender bewiesen. Leider liegen seine zahlreichen, weit zerstreuten Arbeiten nicht gesammelt vor; das Beth ha-'öcär (1847; ist über ein erstes Heft nicht hinausgekommen. Er begann mit einer sprach- lich wichtigen Abhandlung über das Targum des Onkelos (1830), bereitete sich und seinen Lesern den Weg zur Darstellung der he- bräischen Grammatik durch werthvolle Prolegomenen (183G), denen zögernd einige Hefte des Systems selbst erst fast zwanzig Jahre später (1853 — 1857) nachfolgten. Bedeutend waren seine Ueber- setzungen aus dem A. T., wie die italiänische des Buches Hiob (1853) und die von einem anregenden Comraentar begleitete des Jesaias (1855 — 63); die Interessen des Judenthums mussten dem Professor am rabbinischen Seminar zu Padua am Herzen liegen 5 er behandelte es geschichtlich (18-18 — 52), suchte seine Spuren in 76 Grabschrif- ten aus Toledo (1841) und in dem Diwan Jehudah ha-Levi's (1840) auf; über Kabbalah und das Buch Zohar (1852) handelte er so, dass die Lehre von der Accentuation und Punktation davon gewann. Seine letzten zehn Lcbensjalu'e verdunkelte die Trauer um den ihm am 25. Januar 1854 vorangegangenen talentvollen Sohn Philosseno, der sich aus der Gährung sehr selbständiger wissenschaftlicher An- schauungen zu einem klaren Forscher würde herausgearbeitet haben. Die deutsche Wissenschaft verlor am 2. März 186G Ernst Meier in Tübingen i), einen geschmackvollen und vielseitigen GelehrteJi, geb. 1813 im Schaumburgischen als Sohn eines Dorfschullehrers, Schüler Ewald's, den er von Göttingen nach Tübingen begleitete und <lessen Nachfolger er an letzterer Universität wurde. Seine Nei- gung, Zusammenhänge über die besonderen Sprachen hinaus zu su- chen, wie in dem vom Princip der Zweibuchstabigkeit ausgehenden 'hebräischen Wurzelwörterbuch' (1845) und in der Schrift über 'die Bildung und Bedeutung des Plurals in den semitischen und indo- germanischen Sprachen' (1846); das Geschick für litterarische Grup- pirung, welches sich in seiner 'Geschichte der poetischen Natioiial- literatur der Hebräer' (1856) zeigt; sein poetischer Sinn, der ihn
99) A, A. Z. IXGG No. G3 B<;ilage ; Mag. f. .1, Lit. des Ausl. 18G5 Nr. 48 p. G67; und Occident and American Jewish Advucatc i Pliiladelpliia) 1866, Jan. Art 2.
100; Della vita e delle opere del prof. Samuel Davide Luzzatto, Commemo- razione del prof. Giimeppe (h. Lcaki. Trieste, Tij). Coen 18(JG, 8.
1) Vgl. den kurzen Nekrolog in der Augsb. Ailg. Ztg. 186G No. 81 Bei- lage, und Ergänziihf/sldi. Hildl.urgli. j 18GG HeR 12 p. 722.
Ver^toThene Mitforscher. Hehrcmch (Hnpfeld). 33
zu geschätzten Sammlungen schwäbischer Kinderreime und Kinder spiele, Sagen und Volksmärchen (I851-isr,9) ,, 1 !
üebersetzungen von ^Nal und DanLjanti' ( 1 S^ ', '^JZ^if^^ ganz umgearbeitet 1867) und zu einer für rlio r^i \/ , 1 ^ ' i«ndische„ Klassiker uL.u^:Z'^:i t^^^^^C
hen VM, der „och jetzt schätzbaren Erläuterung des Joe n Sit
bhebenen Commentar zum Jesaia (1860), schwer zu strene hil,In gischen Spec.aluntersnchungen kommen; ocli hat er JcSrV t eme Ende der fünfziger Jahre gen.achte wLe4 , kff H ,"' Keis^'t Frankreich England und Holland, eine Reihe von Zit ,cS J"
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edelsten Streben nach solcher Lauterkeit und liChX Z. i
liehen Menschen bisweilen durch einen ^cheinbt^'ultch!;!:"^^ Ligensinn überraschte; ein Mann aus ganzem Holz gSscl n tte den man heben oder hassen mochte, den aber jeder hociacl t^m^ vorausgesetzt, dass jeder hiezu sittlich befähigt ist SeEnwif,!^ lang hat er selbst mit der ihm eigenen AufridUigkeit J^ ' ht " sischem Gelehrtenlexikon bereits verjähren geschildert ö n r7 !" bild seines Lebens und Wirkens sein reuei S S^^^^^^ wohlthuender Wärme und Sorgfalt gezeicWt D. r t f"" ^ •""'* ^wissenschaftlichen, nicht von Li^ersimichen C r C ^^1^0^ In Wesens war hessische Beharrlichkeit, welche sich n 1 a eh auf religiöse und politische Fragen beschrknkte, und eine minen e hilologische Bildung, welche durch verwandtschaftliche BezXnTen zu dem tieldenkendeu Suabedissen mit philosophischen In S^^ lebendig verknüpft war. Ihm war alles Unfertige herzl ch uw Z darum arbeitete er so langsam, und was er gab , wl systennt h m der Anlage sauber in der Ausführung. Er gieng SHn 1 e L lemente und Grundlagen der sprachlichen und geschichtlchen e' cheinungen und entschloss sich nur schwer zu grössere iltel lungen Aber der speciellsten Untersuchung lag iiLier e? e nSnd vernachlässigte Kücksichtnahme auf das GanzeV Grunde ;,SefEJ?
Jahresbencht inOü— ls(37. o "
34 Wif^senschnftl. .Jahrenhericht für 1862 />/•« 1867.
ercitatioues aethiopicae' (1825) siutl daher sogleich für semitische Lautlehre überhaupt Avichtig. Es war ihm unmügiich, ohne voll- stäuclige sichere Erkenntuiss der Lautverhältnisse in der Darstellung der Sprache vorzuschreiten; so blieb denn seine 'hebräische Gram- matik', von welcher 1828 liinf Bogen gedruckt waren, 1841 bei einem ersten um drei Bogen vermehrten Hefte stehen: auch trotz des fragmentarischen Charakters dieses Unternehmens ist das Streben, im Hebräischen die Reste der vorauszusetzenden semiti- schen Ursprache nachzuweisen, vollkommen klar. Beim Beginn des Druckes traf ihn die erste Ausgabe der ausführlichen kritischen Grammatik von Ewald, welcher er eine höchst wichtige, leider nur auf die Lautlehre beschränkte Besprechung im 'Hermes' (Bd. XXXI) widmete. Fast gleichzeitig erörterte er die Grundprincipien der hebräischen Lexikographie in einem lateinischen Programm (1827) und die 'Theorie der Hebräischen Grammatik' in den 'Theol. Stu- dien und Kritiken' (1828), versäumte aber auch nicht, was eine schlimme Nachlässigkeit der meisten christlichen Forscher ist, die Geschichte der Grammatik unter den Juden selbst zu verfolgen, aus welchem Streben nach geschichtlicher Erkcnntniss drei schöne Pro- gramme (1846 — 48) hervorgiengen ; an ihnen konnte nur eine gleich- massige Berücksichtigung der Forschungen Zunzens vermisst wer- den. Das hier hervortretende Interesse für Accentuation und Punk- tation hat 11. dauernd beschäftigt; unsere Zeitschrift (VI, 1852) brachte die zu lebhafter Discussion einladende Abhandlung über 'das zwiefache Grundprincip des Rhythmus und des Accents'. Dies war keine zusanmienhangslose Spielerei; Accentuation und Punktation hängen auf das Engste mit den Schicksalen der ganzen Textüber- lieferung zusammen; und wenn IL schon 1830 den 'Theol. Studien und Kritiken' eine geradezu epochemachende 'Kritische Beleuchtung einiger dunklen und missverstandenen Stellen der alttestamentliclien Textgeschichte' einreihte, so schloss er seine schriftstellerische Thä- tigkeit, durch Frensdoff's 'Ochlah we-ochlah' veranlasst, mit einer hernach aus seinem Nachlass durch E. Vilmar's kundige P'ürsorge in unsrer Zeitschrift gedruckten Untersuchung 'über eine bisher un- bekannt gebliebene Handschrift der Masorah', nämlich über eine werliivolle Pcrgamenths. der hallischen rnivcrsitätsbibliothck, welche Ciesenius uiul seinen Mitforschern entgangen zu sein scheint. Ebenso fruchtbare als eigenthündiche Behandlung sprachlicher, theils formen- bildender, tlieils lexikalischer Momente , tritt auch in den beiden Abhandlungen 'System der semitischen Demonstrativbilduiig und der damit zusammenhängenden Pronominal- und Parlikelbildung' (1837 Z. f. K. d. M. II) und 'Ueber die Grundbedeutung von ^72T73 u. s. w.' (1840 Z. f. K. d. M. III) hervor; am vollständigsten und zusam- meidiängendsten aber zeigt sich seine ganze theologisch-philologische Bedeutung in seiner vierbändigen 'Uebersetzung und Auslegung der Psalmen' (zuerst 1855 — (Jl), an welcher wir nicht allein mit einem tiefsinnigen Exegeten „die gianuuati^cbe Dui-chbildung", somlei-n
Verstornene Mitforschcr. Hehräisch {Hiqtfeld). 35
auch die sittlich - ernste , erschöpfende Erörterung alttestameutlicher Fuudamentalbegriffe (ohne die eine biblische Theologie sich nicht sicher bilden kann) und die ebenso sittlich - ernste Beschränkung des Wissenwollens auf das wirklich Wissbare zu schätzen haben. Während der Ausarbeitung dieses Commentars schloss H. eine Reihe von Untersuchungen über die ^Quellen der Genesis' ab, welche die Forschungen Tuch's, besonders aber die des älteren Ilgen voraus- setzend, den Nachweis einer zweiten elohistischen und einer eben- falls in sich zusammenhängenden jehovistischen Grundschrift als ein besonderes Verdienst beanspruchen können. Aber H.'s Meisterschaft war nicht auf sprachliche und sprachlich -kritische Untersuchungen beschränkt, sondern, wer seine Vorträge über hebräische Archäologie hörte, empfieug von ihm den Eindruck eines ausserordentlichen Real- philologen. Leider hat er aus dem Kreise dieser Studien wenig veröffentlicht; es gehören dahin die schönen Programme über die jüdischen Feste (1851 — 64) und die in unsrer Zeitschrift (Bd. XV) veröffentlichte Abhandlung 'die topographische Streitfrage über Jeru- salem' (1861). Endlich über zwei principielle Fragen der alttesta- mentlichen Wissenschaft hat H. sich sehr bestimmt ausgesprochen, einmal über 'Begriff und Methode der sogen, biblischen Einleitung' (1844), welche er, wie Reuss es für das N. T. gethan, wenn auch nicht als eine eigentliche althebräische Litteraturgeschichte abgrenzte, doch zu dem Range einer wirklichen Wissenschaft zu erheben wusste, und über ^die heutige theosophische und mjthologische Theologie und Schrifterklärung' (1861), welche seinem klaren, besonnenen Sinne widerstand. Wer sich die leichte Mühe nahm, diese beiden wenig umfangreichen Schriften durchzulesen und ehrlich zu durchdenken, musste jene nicht allein den sittlichen Werth dieses Gelehrten, son- dern überhaupt die Wissenschaft rücksichtslos in Frage stellenden Anklagen fast unbegreiflich finden , welche die letzten Tage dieses Ehrenmannes verbittert haben; uns aber ziemt, ihm dankbar zu bleiben, auch um der Verdienste willen, welche er sich um unsere Gesellschaft erworben hat. Dieser gehörte auch das lebhafteste In- teresse eines andern, in demselben Jahre mit Hupfeld heimgegange- nen trefflichen Mannes, Rudolf Anger's i*^-*), gest. in Bad Elster am 10. Oktober 1866; ein treuer Vorstandsgenosse von lauterstem Herzen, dem wir uns dauernd verpflichtet fühlen werden, wenn er auch ausser seinen wirksamen exegetischen Vorlesungen nur mit den beiden Programmen über Oukelos (1846) in die orientalischen Stu- dien direkt eingegriffen hat. In bedeutendem Maasse war dies der Fall bei dem etwa ein halbes Jahr nach Anger gestorbenen Facul- tätsgenossen desselben, bei Friedrich Tuch 5)^ gest. in Leipzig am 12. April 1867. Er hatte mit Hupfeld eine eminente philolo- gische Bildung gemein ; in seinem Streben nach formeller Abrundung
104) Vgl. Unsere Zeit, Neue Folge III, 2 (1867) p. 305 f. 5) Vgl. Unsere Zeit, Neue Folge III, 2 (1867) p. 303 f.
36 Wissenschaftl. JoJire.<thcrtcht für 1862 U« 1867.
und durch ausabschliessender Behandlungsweise gieiig er noch weiter. Die sorgenvolle Lage, in welcher er als Student und besonders last neun Jahre lang als Privatdocent die Forderungen des täglichen Lebens mit der freien und idealen ^Yissenschaft auszugleichen hatte, verniochtc nichts über ihn, und als 1838 das Ergebniss der Arbeit dieser schlimmen Jahre, 'der Commentar über die Genesis' erschien, hatte die erstaunte theologische Welt ein Werk von fast künst- lerischer Ruhe und Einheit vor sich. Leipzig hatte 1841 das Glück, diesen ausgezeichneten, als Ewald's Anhänger von Gesenius mindestens wenig gelittenen Lehrer Halle abzugewinnen und dieser fand neben Winers neutestamentlicher Weise seine rechte Stelle als alttestamentlicher Exeget: sehr wenig Salbung, aber ausserordentlich viel Geist; keine s. g. praktischen Ausläufe, sondern ein exactes methodisches Ergreifen des wissenschaftlichen Objects. Daher wuchs die Theilnahme an seinen Vorlesungen, wenn auch der ungenierte Bursch die Aristokratie des Wissens an dem Lehrer nicht sehr liebte und Anfangs an den orientalischen Erörterungen, wie sie mit einzelnen Mitgliedern der hebräischen Gesellschaft angestellt werden konnten, Anstoss nahm. Obgleich der Genesiscommentar raschen Absatz land, so dachte Tuch doch nicht ernstlich daran, ihn entspre- chend den von ihm selbst hervorgerufenen Fortschritten um- oder neu- zugestalten. Die Grenzgebiete des eigentlich Orientalischen und des Biblischen wurden vielmehr von ihm mit besonderer Neigung und auch, bei seinem grossen Scharfsinn und bei dem ausserordentlichen Umfang seines Wissens, mit grösstem Glück untersucht. Die Habi- litationsabhandlung über Ninivc (1845) griff erfolgreich in die eben neu beginnenden Durchforschungen der assyrischen Archäologie ein; umfassender war die den dritten Band unserer D.M. Z. vom J. 1841) zierende Arbeit über 'Einundzwanzig sinaitische Inschriften', welche durch ihre Sauberkeit , methodische Strenge und damit verbundene Sicherheit der Resultate nach Beer's grossem Entwurf die Grundlage aller weiteren Forschung bis auf Blau, Levy und Ernst Meier wer- den musste. Zu einer umfangreicheren Leistung kam Tuch indess nachher nicht mehr; er beabsichtigte, wozu er in der einzigsten Weise durcli kritische Kenntnissnalime der Quellen und wissenschaft- liche Verachtung der gangbaren ebenso verführerischen als in sich lialtlosen Traditionen ausgerüstet war, eine Geographie Palästinas und vorläufige Spezialuntersuchungen dazu legte er in den schönen meistens akademischen Abhandlungen über Genesis c. 14 (1847), über 1. Macc. 9, 2 (1853), über Christi Himmelfahrt (1857), über Josephus (1859 und 1860), über Antonius Martyr (1864) und Ibrählm al-Khiyärl (1850) nieder; andern Gebieten galten das Pro- gramm über die Leipziger Hs. eines syrischen Pcntateuchs und die beiden zur Lautlehre des Aethiopischen, das er in ausgezeichneter Weise beherrschte. Es ist unbekannt, ob seine Arbeiten wie Samm- lungen an Notizen und Drucksachen in würdige Hände gefallen sind, welche sie der Wissenschaft uut/.bai- zu ninclicn tjcciünci sein werden.
Verstorbcac Mitfonscher, Hchräisch {Tuch. Raiwpurt). 37
Eine schwere Aufgabe fällt aber jedenfalls seinem immer Verglei- chen ausgesetzten Nachfolger zu, da Tuchs wissenschaftliche Eigen- thümlichkdit und Bedeutung so gross war, dass ihn als den einzigen Theologen die Scächsische Gesellschaft der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede erwcählte.
An einer anderen Stelle verlor die alttestamentliche und über- haupt die hebräische Wissenschaft einen der eigenthümlichsten und hervorragendsten Vertreter am 16. October 1867 in Salomon Rapoport^öej Wären unsere Akademien und Universitäten ledig- lich auf das Princip der Wissenschaft gegründet und neben evange- lisch- und katholisch - theologischen Facultäten einer jüdischen ihre Stelle angewiesen : so würde, um von Lebenden zu schweigen, Rapo- port's Kraft an dem Ruhm jeder derartigen Körperschaft in Europa hervorragenden Antheil gehabt haben ; nun aber hat, Steinschneider's scharfes und zutreffendes Wort zu brauchen, „das Prager Rabbinat 27 Jahre gebraucht, um ein seltenes Genie zu verzehren". Denn was liegt zwischen dem 19ten Sivan 5551 (1. Juni 1790), da er zu Lemberg geboren ward, und dem 17. Tischri 5628 (16. October 1867), dem Tage seines Todes, für eine Fülle der Arbeit und der Entsagung beschlossen! Obgleich er entsprechend den strengen Ueberlieferungeu seiner Heimat im engsten Talmudstudium aufge- wachsen war, liess er sich dennoch von den grossen Reformbewe- gungen, welche von Moses Mendelssohn ausgegangen waren und deren Wellenschlag allmählich die Grenzen des polnischen Juden- thums erreicht hatte, auf das tiefste und nachhaltigste berühren. Er verband jetzt mit seinen dadurch nicht beeinträchtigten talmu- dischen und hebräischen Studien deutsche, französische und classische, und suchte später durch Uebersetzungen eines historischen und eines astronomischen Werkes in das Hebräische den Gesichtskreis seiner Glaubensgenossen zu erweitern. Es versteht sich von selbst, dass das geschlossene polnisch-galizische Judenthum solchen Aufklärungs- versuchen sich energisch, mit guten und schlechten Mitteln wider- setzte, und R.'s Laufbahn seit seinen ersten schriftstellerischen Ver- suchen im J. 1814 bis zu seiner Ernennung zum Kreisrabbiner in Tarnopol 1837 und von da über seine 1840 erfolgte Berufung zum Rabbiner in Prag hinaus bis zu seinem Tode war nur eine stätigc Reihe von Kämpfen mit Unwissenheit und falschem Glauben, die er nur zu ertragen vermochte, weil er ächte Wissenschaftlichkeit und einen edlen Glauben in sich vereinigte. Seine abendländische Lee- türe hatte ihn frühzeitig auf Bayle's grade durch seinen rücksichts- losen Skepticismus auf das gesichert Positive hindrängendes 'Dic- tionnaire' geführt und so beschloss er, zumal das jüdische Culturleben bei Bayle nicht entfernt zu seinem Rechte gekommen war, ein nationales Pendant in einem Werke zu liefern, für welches er wohl
106) Vgl. (Steiiisehueider) in 'Die Gegenwart. Berliner Wochenschrift' I. (1867) No. 43, p. 337 f. ^
3g WiisenscJiaßl. Jahresbericht für 1862 bis 18G7.
gleich zu Anfang den schönen Titel 'Anshe shem' bereit hatte, sein forschungsreiches Leben jedoch nur Vorarbeiten brachte. Denn als solche sind die bedeutenden biographischen Untersuchungen anzu- sehen, welche die 'Bikküre haittlm' in zwölf Bcändeu von 1820—31 und sich anschliessend die sieben Bände des 'Kei-em chcuicd' von 1833 — 45 neben Anderem brachten. Wer sich je für jüdische Litteraturgeschichte interessiert hat, Avird die bahnbrechenden Arbei- ten in der ersteren Sammlung über Saadia Gaon (1828), den Ver- fasser des Arükh Nathan (1829), Hai Gaon (1829), El'azar Qalir (1829 — 30), Rabeuu Chananel und Rabenu Nisim Ben Jaqob (1831) kennen. Wenn er es bei den ernstesten Studien doch zu keinem Abschluss brachte und auch seine talmudische Encyclopädie 'Erech millTn' nur bei dem ersten das Aleph umfassenden Bande (1852) stehen blieb, so hatte dies seinen Grund nicht allein in der mannigfaltigsten und anspruchsvollsten amtlichen Thätigkeit, sondern vielmehr in seiner fast rücksichtslos humanen, gegen sich selbst geradezu gewissenlosen Hingabe auch an die sich so breit machende eitele Mittelmässigkeit, welche ihn nicht allein immer bereit fand Rath zu geben, sondern auch von seinen reichen Schätzen und Sammlungen fast unvorsichtig mitzutheilen. In dieser Form scheinen, ohne dass sie sich kennt- lich verfolgen Hessen, seine eigenthümlichsten Gedanken treu oder verunstaltet massenhaft in das Publicum gelangt zu sein; gut war es noch, wenn er sich bei den litterarischen Leistungen der Streb- samen jeder Art durch besondere Vorreden betheiligte, in welcher Beziehung sich die über die Geschichte der hebräischen National- grammatik zu der ungenügenden Ausgabe von Ibn Pärchens 'Macli- bereth ha- arükh' auszeichnet. Man kann sagen, dass R. neben Zunz als der Begründer der hebräischen Litteraturgeschichte dasteht, von diesem übertroffen in Schärfe und Knappheit der kritischen Auf- fassung, ihn aber übertreffend durch eine gewisse Wärme, die sich auch, zwar nicht in den formell höchst gewandten eigenen Gedichten, wohl aber in den meist sehr gelungenen, der seelischen Bildung seiner Glaubensgenossen bestimmten Bearbeitungen abendländischer Dich- tungen, besonders der Schillerschen 'Glocke' und der Racine'schen 'Phädra' zeigt.
So gross waren die Verluste, welche die hebräische und inson- derheit die biblische Philologie getroffen haben; verhältnissmässig nicht geringer sind die auf syrischem Gebiete. Der Zeitfolge nach ist hier zuerst zu erwähnen der am 13. Mai 1863 erfolgte Tod August Hahns, der als Generalsuperintendent in Breslau starb, ehedem in orientalischen Studien zu Haus, so dass er, damals Professor in [Königsberg, vor Fr. Rückert 1825 oder 1826 für die ordentliche Professur der morgenländischen Sprachen in Erlangen in Frage kommen konnte, hierauf Professor in Leipzig und seit 1833 in Breslau, durch den in öffentlicher Disputation in ersterer Stadt verfochtencn Antrag auf Entfernung der Rationalisten aus der Kirche alb Kirchenmaun docunienlicrt und trotzdem gegen die sehr
Verstorbene Mitforscher. Syrisch. 39
wenig rationalistischen Alt - Lutheraner sich kaum beneidenswerthe Lorbeeru verdienend; uns Dankbarem aber unvergesslich als erster Darsteller der Gnosis Bar Daizan's (1819), ferner als Herausgeber einer Auswahl von Gedichten des h. Ephraem (1826) mit Sieffert und wegen seiner Bemühungen um den van der Hooght'schen Text des A. T. in den Leipziger Stereotypausgaben seit 1831. Einen grösseren Namen in der syrischen Philologie hat sich Andreas Gottlieb Hoffmanui»7) gemacht, geb. am 13. April 1796 im Mannsfeldischen, gest. am 16. März 1864 in Jena, dessen Univer- sität er seit 1822 als Professor angehört hatte. Als er seine syri- schen Studien nach Beendigung der Freiheitskriege, an denen er als freiwilliger Jäger Theil genommen hatte, in Halle begann, waren dem deutschen Orientalisten noch keine bedeutenden syrischen Hand- schriftensammlungen erreichbar; H. wandte daher unter den An- regungen seines Lehrers Gesenius ganz uaturgemäss sich besonders den sprachvergleichend und biblisch bedeutsamen Seiten des Syri- schen zu. So entstand seine umständlich gründliche 'Grammatica syriaca' (1827), die lange Jahre die ausreichende Fundgrube der wenigstens mit dem Alphabet vertrauten orientalisierenden Bibel- exegeten bilden konnte, bis die Fortschritte der Wissenschaft nicht allein den Auszug von Harris B. Cowper (1858), sondern auch nach fast dreissig Jahren eine Umarbeitung nöthig gemacht haben, welche glücklicher Weise in Merx's Hände gefallen ist. Bei dem durchaus unzulänglichen Material musste dagegen der Versuch einer Charak- teristik der syrischen Litteratur, die H. in dem 14ten Bande von Bertholdt's 'kritischem Journal der neuesten theologischen Litteratur' unternahm, unvollendet bleiben. Den äthiopischen und apokalyp- tischen Studien leistete er einen guten Dienst durch die Ueber- setzung des Buches Henoch (1833—88), durch welche leider die Beendigung der in einem kritisch zu bedächtigen Drucke fortschrei- tenden von Rödiger vereitelt worden ist. Nicht unerwähnt dürfen die Verdienste bleiben, welche H. sich als Redacteur um die zweite Section der 'allgemeinen Encyclopädie' von Ersch und Gruber er- worben hat, in welcher Stellung seine Fachstudien den semitischen und alttestamentlichen Stücken besonders zu Gute kommen mussten. Einen Monat etwa nach ihm starb Friedrich Gottlob Uhle- mann (am 19. April 1864) als a. o. Professor der Theol. an der Universität Berlin und Prof. am Friedrich - Wilhelms - Gymnasium daselbst. Seine 'Elementarlehre der syrischen Sprache' zuerst 1829 und in erweiterter, geschmackvollerer Gestalt 1857 erschienen, ist ein nützlicher Wegweiser zahlreicher Anfänger gewesen und hat die umfassendere englische Bearbeitung von E. Hutchinson (New York 1855) wohl verdient, ohne wesentlich Neues, über den Standpunkt Hoffmanus hinausgehendes gebracht zu haben. Das Studium des Syrischen förderte er durch verschiedene einzelne Abhandlungen,
107; Vgl. Augsb. AUg. Zeit. 1864 Nr. 93 Beilage.
40 Wiüseiitichaftl. Jahresbericht für 1862 bis 18G7.
wie über 'Ephräms des Syrers Ausichl von dem Paradiese und dem Fall des ersten Menschen' (1832 in der Zeitschrift für historische Theologie), desgleichen über die Schöpfung (ebend. 1833), über die kritische Yerwerthung der syrischen Uebersetzungen des N, T. (1850). Ausserdem hat er in den von einer Chrestomathie begleiteten Insti- tutionen der samaritauischen Sprache (1837) ein nützliches Hand- buch geliefert. Ein anderer syrischer Forscher von geradezu epoche- machender Bedeutung ist uns William Cureton am 17. Juni desselben Jahres 1864 dahingegangen ^^'^). Seine orientalischen Studien hatten bei aller Mannigfaltigkeit und sprachlichen Gründ- lichkeit eine theologische oder vielmehr religionsgeschichtliche Rich- tung genommen. Geboren 1808 zu Westbury in Shropshire, wo er auch sein Leben beschloss, gebildet auf der Unterschule zu Newport und seit 1826 auf der Universität zu Oxford, nahm er bei seinen vielseitigen semitischen Sprachkenntnissen, ungeachtet er bereits 1832 die geistlichen Weihen empfangen, gern 1834 die Stelle eines Unter- bibliothekars an der Bodlciana an, von wo ihn der Ruf tüchtiger biblio- thekarischer Thätigkeit bereits nach fünf Jahren als Assistant keeper für die handschriftliche Abtheilung des British Museum nach London führte. Seine Arbeiten au dem arabischen Hand- schriftenkataloge, von welchem sogleich weiter gesprochen werden soll, wurden seit 1841 durch ein seine wissenschaftliche Thätigkeit in ruhmreichster Weise bestimmendes Freigniss unterbrochen: durch die bekannte, vorzugsweise dem Rev. Henry Tattam und weiterhin auch Aug. Pacho zu verdankende Erwerbung der syrischen Hand- schriften aus dem nitrischen Kloster der Maria Deipara, von wel- cher Sammlung die ersten 49 Bände, in dem oftiziellen Verzeichniss Add. Mss. 12,133 — 181, im J. 1841, dann 317 Bände (Add. Mss. 14,425—14,741) im J. 1843, und weitere 173 Stück (Add. Mss. 17,102 — 17,274) im J. 1847 an das British Museum gelangten. Ueber den Werth dieser Erwerbungen berichtete C. in einer vor- läufigen Skizze im 'Quarterly Review' vom J. 1845; noch heller trat derselbe hervor durch die nun möglich werdenden Publicationen, vor allem die Cureton's selbst. Zuerst erschienen von ihm drei Ignatius-Briefe in jener eigenthümlichen syrischen Textgestalt, welche die heftigsten kritischen Debatten veranlasste und von C, wie fünf- zehn Jahre später von dem scharfsinnigen R. Lii)sius für die ächte, wenigstens dem Ursprünglichen zunächst stehende angesehn wurde. Den englischen Angriffen setzte er die 'Vindiciac Ignatianae' (1846) entgegen-, eine abschliessende Recension legte er im 'Corpus Igna- tianum' (1849) vor. Einen neuen Fund von ihm brachte das Jahr 1848 in den syrischen Festbriefen des Athanasius, welche für ver- loren gelten mussten und deren Angaben über die Ostcrfeier u. s. w. von grosser chronologischer Bedeutung wurden. Um dieselbe Zeit
108) Vgl. Augsb. Allg. Zeitung 1865. Mai 20. No. 140, 15eil;igu; Unsere Zeit 1864, No. 89 p. 335 und Reader 1864, No. 78. p. öK).
Verstorhene Mit forscher. Syrisch {Cureto}i) 41
übernahm C. auf Kosten der Universität Oxford die Peschittha des a. T. neu und zwar kritisch herauszugeben, und da er hierbei Hand- schriften vom J. 4 64 an (einem der ältesten Daten biblischer Hss. überhaupt) benutzen konnte, so ist im Interesse der biblischen Kritik höchlichst zu bedauern, dass diese bedeutende Arbeit keinen Ab- schluss gefunden hat. Indess C. entschädigte reichlich durch andere Leistungen. Das J. 1853 brachte den syrischen Text des dritten Theils der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesus und damit nicht allein eine neue Quelle zur Geschichte der nionophysitischen Streitigkeiten, sondern auch zugleich das älteste Denkmal der syri- schen Kircheugeschichtschreibung. Noch interessanter waren trotz ihres geringen Umfanges die syrischen Textstücke, welche C. im 'Spicilegium syriacum' (1855) vereinigte, unter denen besonders das den Namen des Bar Daizan tragende 'Buch der Gesetze der Länder' Aufsehn erregen musste. Wichtiger aber wegen ihrer kritischen Bedeutung und darum die theologischen Kreise noch mehr als die Ignatiosbriefe erregend erschienen 1858 die 'üeberbleibsel einer sehr alten Uebersetzung der vier Evangelien', in vielen Stücken treuer als die kanonische Peschittha und bei dem ersten Evange- lium geradezu zu der bestechenden Annahme verführend, dass man jetzt das aramäische Original des Matthäus vor sich habe. In die- sem Sinne hat allen berechtigten Zweifeln gegenüber C. sich bis zu seinem Tode apologetisch gerade mit dem Matthäustext beschäftigt, ohne zu den letzten seinem theologischen Bewusstsein willkommenen Resultaten gelangt zu sein. Ebenfalls als eine Entdeckung ist zu bezeichnen die Ausgabe der 'Geschichte der Märtyrer in Palästina' von Eusebius von Caesarea in altsyrischer, an Lee's Ausgabe der Theophanie erinnernder Version zugleich mit englischer Uebersetzung. Von da ab beschäftigte ihn neben den angedeuteten Untersuchungen über den Grundtext der Evangelien angelegentlichst die Ansamm- lung besonders syrischer Zeugnisse für den Briefwechsel Christi mit Abgar von Edessa, den er gern kritisch gesichert hätte. Hieraus entstanden die schönen 'Ancient Syriac documents relative to the establishment of Christianity in Edessa', welche erst nach seinem Tode von W. Wright (1864), der von da ab durch einen guten Stern berufen ist die syrischen Schätze des British Museum uns beschreibend und entdeckend nahezurücken, veröffentlicht worden ist. Aus Curetons syrischen Forschungen war auch die Ausgabe der „Fragmente der llias" (1851) nach einem Palirapsest hervor- gegangen. Neben diesen Arbeiten hat er sich aber auch bedeutende Verdienste um das Arabische erworben. Seine amtliche Stellung veranlasste ihn zur Bearbeitung des arabischen Handschriftenkatalogs des British Museum, von welchem zwei Abtheilungen in den Jahren 1846 — 52 erschienen: den älteren Bestand sorgfältig und mit vielen schönen Nachweisungen beschreibend. Von den Handschriften, welche ihm hierbei wie in Oxford unter die Hände kamen , wählte er zur Herausgabe seinen theologischen Neigungen entsprechend aus; so
42 Wissoii-rhoßl. Jahresbericht für 1862 bis 1867.
erschien 1842 bis 1846 das auch philosophiegeschichtlich bedeut- same Kitäb al-milal von al-ShahrastäiiT, 1843 Tanchums Commentar zu deu Klageliedern nach der einzigen Hs. der Bodleiana und das Compendium von al-NasafT; 1852 wirkte er an einer Ausgabe der koptisch-arabischen Ew. mit. C. mochte ein sehr massiger Kanzclred- ner sein, wenn er auch als Kaplan der Königin (1847) und nachher (seit 1850) als Kanonicus von Westminster und Pfarrer von St. Margret Werth darauf legen musste; aber bei seiner grossartigen Thätigkeit und bei seiner persönlichen Bedeutung, welche ihm die Freundschalt des trefflichen Prinzen Albert und Bunsens erwarb, hätte man von ihm für die orientalischen Studien noch viel erwar- ten dürfen, wenn nicht ein Eisenbahnunfall am 29. Mai 1863, nicht gut gemacht durch eine Ersatzzahlung von 3170 Pfd. St. von Seiten der betreffenden Eisenbahngesellschaft, ein Jahr später seinen vorzeitigen Tod herbeigeführt hätte. Neben ihm mag endlich noch als ein einstiger Pfleger syrischer Studien der nachher in eine gigantische Laufbahn, welche ihn zuletzt siegreich mitten in das Herz der englischen Hochkirchc führte, übergegangene Cardinal Wise- man^"^), gest. am 15. Februar 1865, genannt werden: die 'Ilorae Syriacac', welche er 1829 als Frucht seiner ersten Studien in der Vaticana herausgab , sind noch jetzt zum Studium der syrischen Bibelübersetzungen unentbehrlich.
Diesem ziemlich langen Verzeichniss heimgegangener Philologen, deren Thätigkeit ihren Schwerpunkt in der nördlichen hebräisch- aramäischen Sprach- und Culturgruppe fand, folge zum Süden über- leitend Salomon Munk'^*') gest. in Paris 6. Febr. 1867. Er ist eine Grösse ähnlich der Rapoports , aber von ihm unterschieden durchlief er die verschiedenen Stadien methodischer Bildung und wissenschaftlicher Erziehung, um, was ihm die intolerante Heimat versagte, in Paris, welches dem ächten Bewerber den Gewinn des Weltruhms etwas erleichtert, wenn auch spät eine seiner Bedeutung angemessene Lebensstellung zu finden. Munk war als der Sohn eines tüchtig talmudisch gebildeten Synagogendieners im schlesischen Glogau am 14. Mai 1805 geboren und wurde von dem Vater bis zum 15. Jahre zu den ernstesten Talmudstudien angehalten. Der strebsame junge Mann wollte aber mehr und wohl wissend, dass er sich mühsam seinen Lebensunterhalt durch Stundcugeben werde ver- dienen müssen, ging er nach Berlin auf das Joachimsthal und nach- dem er dieses absolviert, zunächst zur Universität Berlin, wo ihn mehr die Philosophie, dann nach Bonn, wo ihn die morgeuländischen Vorlesungen Freytags, Lassens und Schlegels anzogen. Da er im
109) VkI. im Allgemeinen 'Unsere Zeit' Neue Folge I. (1865) p. 289—299.
10) Vgl. Mohl im Rapport annuel 1867, Journal asiat. 6ieme S^rie T. 10, p.
26-34; Unsere Zeit, neue Folge III, 1 1867) p.950f. — Die verschiedenen
Reden bei Munks Bestattung am 8. Febr. vgl. L'Institut , Ile Section T. 32
(1867j p. 66, 88.
Verstorbene Mit/orscher. {Munk.) 43
Vaterlande nichts zu hoffen hatte, so begab er sich 1828 nach Paris, um de Sacy's, Chezy's und Quatremere's Vorlesungen zu hören. Nicht allein bot die zumal nach der Juli-Revolution mannigfach bewegte Hauptstadt dem mittellosen Isr#liten reichliche Gelegenheit 'zu litte- rarischen Arbeiten, sondern die 1831 von Cahen auf Grund des Urtextes ernstlich unternommene und mit allerlei wichtigen Beigaben ausgestattete neue Uebersetzung des A. T. lud zur Mitarbeit ein. Aus diesen praktischen Anregungen sind seine 'Betrachtungen über den Cultus der alten Hebräer' (1833) hervorgegangen. Aber schon damals bestimmten ihn nationale und philosophische Interessen, sich das erst spät erledigte Hauptthema seiner wissenschaftlichen Arbei- ten zu wählen, eine Ausgabe des arabischen Originals des 'Moreh nebökhim'. Dieser Plan führte ihn 1H35 nach Oxford, wo er man- cherlei und sehr Wichtiges zur jüdisch-arabischen Litteratur ein- heimste. So konnte er nach Paris zurückgekehrt eine Pieihe von sehr wichtigen Untersuchungen besonders im 'Journal asiatique' ver- öifentlichen , in welchem wir 1838 die grundlegende Notiz über Saadia Gaon finden. Sein Ruf war schon so bedeutend, dass er Reinaud für das Departement der orientalischen Hss. an der damals königl. Bibliothek zu Paris 1840 beigegeben wurde; indess trat er diese Stelle nur eben an und gieng noch in demselben Jahre mit Cremieux und Montefiore, welcher letztere die Fortsetzung der scheuss- lichen Verfolgungen der Juden in Damaskus wegen des ihnen Schuld gegebenen Verschwindens des Franziskaner-Paters Thomas und sei- nes Dieners bei Mehemed Ali so weit als möglich hindern wollte, nach Aegypten, von wo er einige besonders karaitische PIss. zurück- brachte. Jetzt begann er die Beschreibung der arabischen Hss. der kgl. Bibliothek, bei deren Durchforschung er manchen interessanten Fund machte, z. B. an dem wichtigen und leider immer noch nicht herausgegebenen al-BTrüni. Leider griff das anhaltende Lesen der arabischen Schriften seine Augen so sehr an, dass er, um der (schliess- lich doch unvermeidlich gewordenen) Gefahr des Erblindens zu entgehen, im J. 1852 die wichtige Stellung an Derenbourg überliess. Das Didot'sche 'Univers pittoresque' veranlasste ihn 1841 zu der kritisch-sparsamen aber sehr inhaltreichen Darstellung Palästina's, welche bereits im folgenden Jahre in das Spanische übersetzt wurde. In den Kreis seiner Lieblingshelden führt die Abhandlung über Joseph ben Jehudah oder Joseph ben Aknin (1842), den Schüler des MaimünT; in dem folgenden Jahre, fast gleichzeitig mit einer verwandten Publication Curetons, erschien als eine Frucht der frühem oxforder Studien die Ausgabe des Tanchum'schen Coramentars zum Habakuk. Eine fruchtbare Gelegenheit, seine Studien in arabischer und jüdischer Philosophie weiteren Kreisen zugänglich zu machen, bot das vonAd.Franck 1843—52 herausgegebene 'Dictionnaire des sciences philosophiques', für welches er eine Reihe trefflicher, nach Abschlu&s des Wörterbuchs von Beer zu einer Sammlung übersetzter Artikel lieferte. Aber wie befähigt er auch auf andern Gebieten
44 Wlssenncliaftl. Jahrcshcricld für 18G2 /jin 1867.
durch Scharfsinn und universelles Wissen zu abschliessender Behand- lung wissenschaftlicher Probleme war, zeigt seine in dieselbe Zeit fallende Arbeit über die phönizische Inschrift von Marseille (1847), zu welcher sich, von ihr zeitlich du»ch die Abhandlungen über einige hebräische Nationalgrammatiker (1850) und über AbulwalTd Merwän (1851) getrennt, die Entzifferung der ICschmun-azar-Inschrift (1856) stellt, welche für den energischen Scharfsinn des bereis ganz erblin- deten Entzifferers das glänzendste Zeugniss ablegt. In demselben Jahre 1856 beginnt auch das Erscheinen seines Hauptwerkes, des mit Uebersetzung und höchst bedeutenden Anmerkungen ausgestatte- ten arabischen Grundtextes des 'Verführers der Verirrten' von Moseh MaimünT. Mit dem dritten 1SG6 ausgegebenen Bande ist das eigentliche Werk glücklich vollendet; einen vierten der Darstellung des philosophischen Systems vorbehaltcnen Band zu schreiben hat der Tod verboten. Dies Werk und die mit ihm 1859 erschienenen 'Melanges de philosophie juive et arabe', in welchen die sichere und für die Geschichte der mittelalterlichen Philosophie folgenreiche Identificierung von Avicebron und Ihn Gabriel einen der leuchtend- sten Punkte bildet, werden seineu Namen in der Geschichte der Wissenschaft unsterblich machen. Ihr Verfasser hatte die Genug- thuung, sich 1858 als Mitglied der Acadcmie des inscriptions zu sehen, im Wesentlichen auf Grund der damals noch unvollendeten Ausgabe des Moseh INIaimünl; und als es im Jahre 1865 galt, einen Fleck in der Geschichte des höhern französischen Unterrichtswesens nach Renans Absetzung wegzuwaschen , war der Name Munks rein und gross genug dazu, auf den einstimmigen Antrag der Akademie den erblindeten jüdischen Gelehrten auf den ersten Lehrstuhl des Hebräischen in Frankreich zu berufen. Jellinek ^^^) hat recht, das als ein bedeutungsvolles Ereigniss zu preisen; leider musste derselbe bald von dem Tode dieses Helden reden ^^j. — Neben Munk möge, ehe unsere Erinnerung den abgeschiedenen arabischen Philo- logen nachgeht, als eines allgemeiner bedeutsamen Mannes, noch des am 23. Juni 1864 verstorbenen Jacques Matter gedacht sein, dessen 'Essai historiquc sur l'ecole d'Alexandrie (1820) und besonders die 'Ilistoire criti(iue du gnosticime' (1828) bedeutsame Culturberührungcn des vordem Orients darstellen und darum die neuen Auflagen (1843 und 1844), wie die Aufmerksamkeit der auch auf Ideenbewegungen aufmerksamen Orientalisten wohl verdienten. Dass er über den hohen Stellungen, welche er in Paris bekleidete, das
111) Salomon Munk, Professor am Collfege de France. Vortrag, im Wiener Bet ha-Midrasch am 21. Jan. 1865 gehalten von Adolf JelUnek. Wien, Herz- fcld & Bauer 1865, 24 S. gr. 8". (n. 8 J^) vgl. Mag. f. d. Lit. d. Ausl. 1865, No. 12 p. 167 f. und in wenig würdiger Weise Wiener Allg. Lit. -Ztg. 1865, No. 17 p. 153.
12) Gedächtnissrede auf den verewigten Herrn Salomon Munk , Prof. am College de France. Am 17. Febr. 1867 im Bct ha-Midrasch gehalten von Dr. Ad. JelUuek. Wien, llcrzfeld & Bauer, 1867, 16 S. gr. 8". ;n. 4 jV^)
Verfttorhene Müforarlier- Arabisch (Ofticnulrr^. 45
heimatliche Strassburg nicht vergass, hat ihm das würdige Nach- wort des trefflichen Elsässers Louis Spacli^^) eingetragen.
Unter den Verlusten der arabischen Thilologie tritt uns der Zeitfolge nach zuerst entgegen der am 25. September 1862 erfolgte Tod Edm. Frany ois Jomard's, dessen grössere geographische Verdienste besonders bezüglich Aegyptens und Afrikas überhaupt und um Sie Geschichte der Erdkunde die Charakteristiken von Cortambert ^% De la Roquette i^) und Godart de Sapoyiay ^^) veranlasst haben. Aber der Umstand, dass er als ein 21jähriger 1798 an der französischen Expedition in Aegypten als Topograph Theil nehmen konnte, machte ihn zeitig mit einer wenn auch der Heimat etwas entfremdeten Richtung des arabischen IvCbens vertraut und an der Veröffentlichung der grossen 'Description de l'lilgypte' hatte er nicht allein als Leiter sondern auch als Verfasser den bedeutend- sten Antheil; bekannt ist, wie lebhaft er sich für die Darfur-Reise des Mohammed Ihn ^Omar al Tunis! (1846) interessierte. — Zwei der eigenthümlichsten , in ihren speciellen Richtungen kaum zu er- setzenden Forscher nahm die Charwoche des Jahres 1864 dahin: Oslander und Woepcke. Ernst Oslander, gest. am 21. März 1864 als Diakonus in Göppingen, wird in der semitischen Philologie' als der Begründer der südarabischen Alterthumskunde genannt wer- den und unsere Zeitschrift hat den Ruhm, seine Arbeiten veröffent- licht zu haben. Sogleich die erste 'über die vorislamische Religion der Araber' (1853), welche ein lange vernachlässigtes und bei der Spärlichkeit der Quellen sehr sprödes Thema wieder aufnahm, zeigte neben einem universellen Blick iür Sachliches grammatische Schärfe und grosse kritische Besonnenheit. Ein längerer Aufenthalt in Lon- don, Cambridge und Oxford während des Sommers 1853 machte es möglich, einige damals auf dem Festlande so gut wie unzugängliche Werke, wie das Mu'jam-al-buldän, in Cambridge auch vorübergehend den später durch "Wüstenfeld uns dargereichten AzraqT für seine Untersuchungen in arabischer Archäologie zu benutzen. Der Gang der geschichtlichen Betrachtung musste von selbst nach Südarabien führen, das mit seinen damals noch nicht sehr zahlreich bekannt gewordenen Inschriften den Norden in urkundlicher Bezeugung des
13) Vgl. clie Gedächtnissrede in dessen M^langes d'histoire et la critique litteraire (Strasbourg 1864, 8".)
14) Notice sur la vie et les oeuvres de M. Jomard, membre de l'Institut, etc. Par Eiehard Cortambert. (Extr. de la Revue Orientale). Paris, Impr. De Soye et Boucliet 1863, 19 S. gr. 8».
15) Notice sur la vie et les travaux de M. Jomard. Par de la Roquette, President honoraire de la Soc. de geogr. (Extr. du Bulletin de la See. de geogr., Fevr. 1863). Paris, Impr. Marlinot 1863, 23 S. 8". m. Portr.
16) Notice necrologique sur la vie et les travaux de M. E. Fr. Jomard. Par Godart de Saponay. Paris 1863, 8". — Vgl. ausserdem Unsere Zeit 1863, No. 73, p. 80 und Sir Roderich et Murchison in Adress at the anni- versary mecting of tbe Royal Geograpbical Sucifty 25tb may, 1863 p. 124 f.
46 Wissenschaftl. Johreshericht für 18tJ2 bis 1867.
Alterthums zu übertreffen schien. Die ersten schönen Ergebnisse dieser neuen Forschungen 'zur himyarischeu Sprach- und Alterthums- kuude' legte 0. 1856 vor und nach wenigen Jahren schienen glück- liche Funde ihm zu Hilfe kommen zu sollen. Besonders durch Col. Coglilan und auch durch Playfair kam die bedeutende Sammlung von 27 himjarischen Broncetafeln an das British Museum und auf unsrer Versammlung in Augsburg 18 62 konnte 0. bereits die sich ergebenden Ilauptresultate vortragen. Yorläutige Photographien und 1863 eine gute lithographische Ausgabe unterstützten und vertieften O.'s Untersuchungen ; aber es war ihm nicht vergönnt , dieselben veröffentlicht zu sehen : die schicksalsvolle Krankheit der sich an ihren Arbeitstisch bannenden Gelehrten, ein Brustleiden machte sei- nem Leben vor der Zeit ein Ende. Der damalige Herausgeber unserer Zeitschrift hat das Verdienst, die Bearbeitung des Nachlas- ses Levy's Händen anvertraut zu haben, und diesem gebührt der Ruhm der kundigsten und raschesten Veröffentlichung (1865 — ^'o): diese Inschriftensammlung mit ihrem Commeutar wird fortab das Grundwerk für jeden Fortschritt der südarabischen Forschung blei- ben. Vier Tage nach Oslander, am 25. März 1864, starb in Paris Franz Woepcke, ein durch Verbindung der Mathematik und ernstester, besonders arabischer Philologie einzig bedeutender Gelehr- ter, den wie Munk zuletzt au Frankreich verloren zu haben ein sehr zweideutiges Verdienst Deutschlands ist, denn er verdient voll- auf jene Ehrentitel, welche sein genialer Freund Taine^^'') ihm nachgerufen hat, zumal den Titel eines 'homme de premier merite'. Schon die Arbeit über die Sonnenuhren der Alten, mit welcher er 1847 seine mathematischen und umfassend philologischen Univer- sitätstudien in Bonn und Berlin abschloss, zeigte die seltene Combi- nation sonst auseinanderliegender Studienrichtungen und Paris, wo er sich mit einer verhältnissmässig kuizen Berliner Unterbrechung seit 1850 vorzugsweise aufhielt, hat mit seinen Sammlungen das Verdienst, die so eigenthümliche Begabung dieses Gelehrten nachhal- tig gefördert zu haben. Den Mitteli)unkt aller seiner Studien bildete der Nachweis einer mit nennenswerthen Fortschritten der Mathema- tik verbundenen Berührung der morgenländischen und abendländischen ^Vissensc]laft besonders innerhalb der arabischen Cultur ; das ideale Endziel seines entsagungsreichen nur der stillen und ernstesten Arbeit gewidmeten Lebens die Geschichte der Mathematik von den Anfängen bis zur Renaissance ; wenn er auch dies Ziel, wie er sagte, vielleicht nie erreichen würde, so war die schöne Vorstellung da^ on ein Band seiner bisweilen zusammenhangslos erscheinenden Detail- forschungen und ein Trost, wenn das Leben ihm zu viel versagte.
117j Vgl. H. Taine's Nekrolog im Journ. des D^bats 1864 vom 15. Mai, wiederholt in seinen Nouveaux essais de critique (Paris 1865, gr. 12") p. 385~3f»4.
Yerstorhene MitfwRclier. Arahinel) { Woepoke). 47
Der Vorwurf eines solchen Unternehmens rückte ihn natürlich dem trefflichen römischen Fürsten Boncompagni näher, dem ein so gear- teter Mitforscher vor Allen willkommen sein musste. ImJ. 1851 gab W. die arabische Algebra des interessanten 'Omar al-Khayyäml, in welchem sich eine mathematische Aufklärungsepoche auf der Gränze des fünften und sechsten Jahrhunderts für Araber und Perser cha- rakterisiert. Eine Reihe längerer oder kürzerer Arbeiten von ihm brachte das 'Journal asiatique', so noch in demselben Jahre 1851 die wichtige Nachricht über die arabischen Uebersetzungen zweier verlorenen Schriften des Euklid und im folgenden den kleinen aber durch den Nachweis eines arithmetischen Fortschritts der Araber über die Griechen hinaus charakteristischen Artikel über Thäbit Ben Qorrah's Theorie der auch von Euler behandelten 'Numeri amicabi- les'. Im J. 1853 erschien das algebraische Werk al-Karkhl's mit den wichtigsten Beigaben aus bis dahin unbenutzten Handschriften; von da an gab W. nur einzelne, aber immer Licht schatfende Ab- handlungen. Aus den Beziehungen zu dem Fürsten Boncompagni gingen die verschiedenen Untersuchungen über Leonardo von Pisa nach arabischen Quellen hervor (1856—61); grösseres Aufsehen erregte seine von der Pariser Akademie publicierte Abhandlung zur Wiederherstellung der verlorenen Schrift des Apollonius von Perga (1856) auf arabischer Grundhige. Die Berliner Akademie öffnete ihm wenigstens ihre Abhandlungen zur Veröflentlichung der Beschrei- bung des spanisch-arabischen Astrolabs, welches Sprenger der Kgl. Bibliothek geschenkt hatte (1858). Ein geometrisches Werk von Abul-Wafä aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrh. d. H. ward in mehreren Abhandlungen (1858—60) nach seinen für die Geschichte der Wissenschaft wichtigen Momenten erörtert; von besonderer Wichtigkeit wurden die Untersuchungen über Ursprung und Ver- breitung des arabischen oder eigentlich indischen Ziffernsystems (1859 — 62—63), für welches er scharfsinnig einen doppelten Weg nach dem Abendlande nachwies, einen syrisch-griechischen und einen afrikanisch-romanischen. Am angelegentlichsten beschäftigte ihn aber in seinen letzten Jahren die Ausgabe des durch Reinauds Arbeiten bekannt gewordenen al-BTrünl, für welchen es in der That eines zugleich mathematisch und arabisch gebildeten Gelehrten bedurfte, und wir würden vielleicht nach W.s Tode auf eine würdige Ausgabe dieses Werkes verzichten müssen, wenn nicht Mac Guckin de Slane, der bereits mit W. die einleitenden Arbeiten besorgt hatte, die Ausführung allein auf sich zu nehmen in der ehrenvollsten Weise von der Societe asiatique beauftragt worden wäre: hoffen wir, dass für den so früh heimgegangenen verdienstvollen Mitarbeiter ihm einiger Ersatz durch die von Indien her in Aussicht gestellte Al-Birüni- Handschrift werde, welche W. Nassau Lees' Eifer gewiss der europäi- schen Wissenschaft wird zuzuführen vermögen. — Weniger anerkannt nach seinen der islamischen Welt zu Gute gekommenen Münzstudien als wegen seiner Verdienste um die Bildung des Prinzen Karl
48 Wifispnxrhciftl. JahrCRherlcht für 1862—1867.
Alexander von Weimar und wegen seinen Beziehungen zu Goethe starb am 18 December 1865 in Genf der Geheime Legationsiath Fre- deric Sorct^^^). Sein Ijiteresse an der orientalischen Wissen- schaft bezeugte er schon durch seine Mitgliedschaft bei der Societe asiatique und unserer D. M, G. ; materiell förderte er sie durch seine zahlreichen kleinen Untersuchungen, welche vorzugsweise in der 'Revue beige de numismatique' erschienen und durch seine letztwillige Verfügung in einer fast vollständigen Reihenfolge in den Besitz unsrer Bibliothek gelangten , indcss seine Sammlungen der Universität Jena zugiengen^*^'). Nächst ihm wurde den arabischen Studien der Engländer James Rejnolds ^'^'') durch den Tod 19. April 1866 entrissen, ursprünglich Theolog, dann lange Zeit Schriftführer des 'Oriental Translation Fund' seit 1837, für welchen er in demselben Jahre seine englische Uebersctzung der al-Soyüti beigelegten 'Geschichte des Tempels von Jerusalem' lieferte. Da- neben trieb er das Persische, besonders von Ouseley angeregt und gefördert, und übersetzte 1859 das Ta'rTkh von al-'Utbl. Mehr ver- dankt die arabische Philologie dem am 2. Januar 1867 in Nizza verstorbenen Franzosen Noel Des v erger s ^*') über welchen de Marfinviäe 2") nähere Notizen mitgetheilt hat. Von classischen und naturwissenschaftlichen Studien durch Caussin de Perceval auf das Arabische gefiihrt, veröffentlichte und übersetzte er, in dem mehr als ein Jahrhundert früher bei Gagnier wohl verzeihlichen Stoffe fehl- greifend, Abulfeda's Biographic des Propheten; ungleich wichtiger war die Bearbeitung von Textstücken des trefflichen Ihn Khaldün über die Geschichte Nordafrikas unter den Aghlabiten und die seit- dem erschöpfender durchforschte muhammedanische Geschichte Sici- liens; für das 'Univers pittoresquc' lieferte er den Theil Arabien (1847). Hätte unser Sticke! mit seiner semitischen oder nahezu hebräischen Hypothese über die P2trusker recht , so würden auch Noel Desvergers' letzte Arbeiten (1862 — 64), für die er zehn Jahre in den toscanischcn Maremmen mit einem ihm wie es sclieint todt- bringcnden Fleisse gesammlt hatte, noch dem Orient angehört haben. Etwas mehr als zwei Monate später, am 12. März 1867, starb in Gotha Job. II e in r. Möller. Die schönen von Seetzen erworbe- nen Handschriftensammlungen in Gotha lehrte er seit 1826 durch
] 18) Frddcric Sorot. Nekrolog, Augsb. Allg. Zeitung 1865, No. 362, Haupt- blatt (nach dem Journal de Genfeve). Vgl. lieinaud im Journ. As. 6e Serie, T. 7 (1866; p. 99 f.
18a) Vgl. unten no. 166.
18b) Vgl. Sir EchiHird Colehroohe's Annual report of tlie Royal Asiatic Society of June 1866, p. 1 f.
19) Vgl. Mohl im Happoit anniiel 1867. Journ. Asiat. 6i<'mü »'ric T. 10, p. 25 f.
20j Notice sur la vie et Ics travaux de M. Adolphe Noel des Vcrgers, corresp. de l'Institut, etc. etc. Par Lion Scott de Martinville. Paris, Impr. Didot 1867, 26 S. 8".
Veratorbene Mit forscher. Arabisch {ReinatuT). 49
wenig entsprechende Kataloge oberüächlich und unvollständig ken- nen; dass er das Arabische wirklich verstand, konnten die in der That meisterhafte Facsimile- Ausgabe des 'Buchs der Klimate' von I(;takhrT (1839) und die nützlichen vierzehn kutischen Tafeln, welche das erste Heft von 'Paläographischen Beiträgen aus den herzogl. Sammlungen zu Gotha' bilden, ebensowenig beweisen; doch können diese beiden Publicationen als beachtenswerthe Hilfsmittel zur Ein- leitung in die arabische Handschrittenkunde dienen. Mit dankbarer Auimerksanikeit haftet dagegen unsere Erinnerung an dem Namen unseres Ehrenmitgliedes Josephe ToussaintReinaud,i-14. Mal 1867, eines der ausgezeichnetsten Abbe's, von denen die französische Litteraturgeschichte zu berichten hat und der bei Männern wie Amari und Mo hl das vollste Mass der Anerkennung zu finden wohl verdient hat^^). Geboren am 4. December 1795 (an dem- selben Tage mit Thomas Carlyle) in dem provenzalischen Lambesc hatte er es ursprünglich auf den Dienst der Kirche abgesehen, für welchen er sich schon tieissig auf dem Seminar in Aix vorbereitete. Die Uebersiedlung nach Paris (1814), wo es den Abschluss seiner theologischen Studien galt, führte ihn jedoch in die arabischen nach der Beendigung der Kriege lebhafter besuchten Curse Silvestre de Sacy's ein und bestimmte ihn zu dem zunächst nur als theologische Hilfswissenschaft gesuchten Studium des Arabischen. Als Secretair des Herrn de Portalis, den er 1818 nach Rom begleitete, fand er dort Gelegenheit, im Verkehr mit den Maroniten und in der Durch- musterung der Sammlungen, besonders der numismatischen, seine Kenntniss des vorderasiatischen Culturlebens zu befestigen. So ent- schied er sich frühe für eine mehr realistische Auffassung der mu- hammedanischen Philologie, was nicht ausschloss, dass der Schüler de Sacy's auch in kleinen sprachlichen Dingen dem Lehrer treu zu sein für Pflicht hielt. Seinen Neigungen und Studien entsprach es durchaus, dass bei seiner Rückkehr nach Paris der Herzog von Blacas, zu welchem als französischem Gesandten er in Rom in nähere Beziehungen getreten war, ihn mit der Beschreibung des orientalischen Theils seiner ausserordentlich reichen Kunstsammlun- gen beauftragte: ein vorläuflger Bericht darüber erschien in einem öffentlichen Sendschreiben an Silvestre de Sacy (1820). An der Ausarbeitung der vollständigeren Beschreibung hinderte ihn zunächst sein Interesse an Michaud's Geschichte der Kreuzzüge: mit diesem
121) Vgl. den Nekrolog im Ausland 1867 No. 22 p. 527 f. und besonders: J. T. Reinaud. Da Michele Amari, Rivista Orientale I (Firenze 1867, 8") \>. 322—328; nächstdem Molil im Rapport annuel 1867, Jouiu. Asiat. 6ieme Serie T. 10 p. 18—25, wiederholt im Catalogue des livres de feu M. .1. T. Rei- naud (Paris 1867 j p. V— X; und Longperier, Dulaurier und d'Avezac im L'Institut, Ile Section T. 32 (1867) p. 105—108. — Den Anfang einer ein- gehenderen Biographie gibt Gustave Diujat in der Revue de l'Orient et des colonies Ille annee (1868. No. 1 p. 11—14, No. 2 p. 29 -30: die Fortsetzung folgt.
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50 Wissenschaf tl. Jahreshericht für 1862 bis 1867.
Historiker scheint R. diirrli boiubonisoli - royalistisclie und orienta- lische Interessen verbunden gewesen zu sein. Für die Sammlung von Quellenzeuguissen, welche der bereits 1817 abgeschlossenen geschichtlichen Darstellung folgen sollte, lieferte R. zuerst 1822 und in sehr erweiterter uiul verbesserter Gestalt 1829 Auszüge aus arabischen Historikern, deren Herstellung ihn mit den Schätzen der grossen Pariser Bibliothek vertraut machte und wahrscheinlich 1824 seine Anstellung an derselben veranlasste. Jetzt beendigte er die schöne mit lehrreichen Kuiifeitafeln ausgestattete Beschreibung der Denkmäler muhammedanisehen Lebens in der Sammlung des Her- zogs von Blacas (1828) und es entstand ein Werk, welches durch die sorgtältige Behandlung der geschnittenen Steine, Ringe, Schalen, Spiegel u. s. w., und ihrer Inschriften im Zusammenhang mit den Lebens- und Glaubensrichtungen der Araber, Perser und Türken eine wahre Grundlage dieser eigenthümlichen Epigrai)hik bildet und durch Lanci's 'Trattato dellc simboliche rappresentanze arabiche' (1846) an einigen Stellen vielleicht ergänzt, aber nirgend erreicht wird. Bei seinen geschichtlichen Neigungen inusste er mit beson- derer Aufmerksamkeit die gegenseitigen Einwirkungen des vorderen Orients und des europäischen Mittelalters verfolgen und so ent- stand in Gemeinschaft mit Francis(iue Michel die Herausgabe des 'Roman de Mahomet' und des 'Livre de la loi au Sarrazin' (1831). Beide Werke, das erste ein Gedicht Alexandre du Pont's aus dem 13. Jahrb., das andere eine Prosaschrift des Ramon Lull, sind von grösstem Interesse für die Erkenntniss der mittelalterlichen Anschau- ungen vom Islam, dem besonders der grosse Cyataloniei- nahe genug getreten war, und sollten darum von unsern Orientalisten und Theo- logen weniger vernachlässigt werden. Das folgende Jahr (1832) führte R. in die Academie des inscriptions. Neben den Vorarbeiten zu einer Ausgabe Abu'lfidä's stellte er aus sein- zerstreuten Quellen die Einfälle der Sarazenen in Frankreich und in dessen östliche Grenzländer gründlich und übersichtlich dai- ; die nächsten Jahre nahm die nocla auf de Sacy's Antrag unternommene und von R. in Gemeinschaft mit Mac Guckin de Slane hergestellte Gesammtaus- gabe der bis dahin nur stückweise dargebotenen Geographie Abu- 'lfidä's in Anspruch, welche 1840 erschien: sie ist als eine durchaus grundlegende zu betrachten , insofern sie auf dei- wichtigen für den Verfasser gemachten und von ihm revidierten, noch in Lcj'den auC- bewahrten Abschrift beruht. Diesem von der Societe asiatique ge- förderten Werke gehörte de Sacy's ganzes Interesse bis zu seinem Tode im J. 1838, in welchem R. dessen Nachfolger auf dem an- spruchsvollen Lehrstul des Arabischen wurde. Die Beschäftigung mit Abu'lfidä bestimmte alle seine nächsten Arbeiten. Arabische bis dahin unedierte Berichte über Indien wurden im Journal asiati(|ue von 1844 und 1845 behandelt; die alten, bereits durch Renaudot und Langles behandelten merkwürdigen kaufmännischen Zeugnisse des neunten Jahrh. aus Indien und China neu bearbeitet (1845)
Ver.'itorhene Mitforsclicr. ArahlNfh {lieinaad). 51
und zu gleicher Zeit gab er die (liundziige eines später (1849) vollständig veröfientliohten sehr wichtigen Memoirs über Indien, in welchem neben vielen anderen wichtigen Quellen zuerst das bedeu- tende von S. Munk aufgefundene Ta'rTkh Al-Blrüni's aufgethan w^urde. Nur einmal, durch die nicht sehr bedeutende Theilnahme an der vorwiegend von Derenbourg besorgten neuen Ausgabe des de Sacy'schen HarTrI (seit 1847), unterbrach R. diese geographischen Studien, als deren Gipfelpunkt die 1848 zum Theil verötfentlichte französische Uebersetzung des Abu'llidä mit ihrer trefßichen zum ersten Male auf diesem Gebiete licht- und geschmackvoll orientie- renden Einleitung über die Geschichte der Erdkunde unter den Arabern bezeichnet werden kann. Als interessante Nebenarbeiten, welche ebenfalls in den Studien w'estöstlicher Culturberührungen wurzelten, mögen der Artikel über arabisches Militairwesen im Mit- telalter (1848) und die mit dem Capitain Fave unternommenen Untersuchungen über die Geschichte des griechischen Feuers (1850) gelten; im Wesentlichen blieb er seinen historibch-geographischen Untersuchungen treu, welche er theils in den Memoiren der Aka- demie, theils in dem Journal der Societe asiatlijue, w'elcher er zwan- zig Jahre lang mit der ihm eignen Gewissenhaftigkeit präsidierte, wenn auch leider nicht vollständig veröffentlicht hat; ausserdem be- schäftigte ihn in seiner Stellung als Conservateur des raanuscrits orientaux der kaiserl. Bibliothek, zu welcher er 1854 befördert worden war, die Herstellung der lange vorbereiteten Handschriften- kataloge, über die er 1855 eine vorläufige ofricielle und die besten Hoffnungen erweckende Notiz gab, und für die 'nouvelle biographie universelle' lieferte er eine Reihe sehr beachtenswerther Artikel, unter denen der auch in besonderem Abdruck erschienene über Muhammed (1860) hervorragt. Die Mehrzahl und die bedeuten- deren seiner letzten Arbeiten bewegten sich aber in der angegebenen historisch-geographischen Richtung. So brachte das Journal asia- tique des J. 1861 eine Untersuchung über Mesene und Characene, an welche sich die weiterhin näher zu erwähnende akademische Ab- handlung ^2^-') über den Periplus des erythräischen Meers von 1864 lehnt: beide ausgezeichnet durch gleichmässig sorgfältige Benutzung der morgen- und abendländischen Quellen. Dasselbe gilt von der schönen Darstellung der politischen und commerciellen Beziehungen zwischen dem römischen Reich und Ost -Asien vom J. 1863^^*^'). Auf Anlass der grossen Pariser Ausstellung nahm er Theil an der Ausarbeitung des grossen officiellen 'Recueil de rapports sur les progres des lettres , et des sciences en France' ; er hat den Druck der orientalischen Abtheilung ^^'■) , für welche er den an de Sacy's Wirksamkeit gebundenen Gang der arabischen Studien in einer den
121a) Vgl. unten no. 221. 21b) Vgl. unten no. 386. 21c) Vgl. oben no. 13.
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52 Wüf-:eniichaftl. Jahrc.sLer/chf für \H6'2 /'/ä- 1867.
Verfasser selbst elireiuleii Weise (larzustolleii begonnen hatte; nicht mehr erlebt. Aueh darin zeigte er sich als treuer und dankbarer Schüler des grossen Meisters, dass er sich längere Zeit mit dem Gedanken trug, die 'Grammaire arabe' desselben neu zu bearbeiten, bis er aus praktischen Gründen und aus Pietätsrücksichten sich zu einer wie es scheint nicht Aveit gediehenen selbständigen Darstellung entschloss. Der Tod fand ihn in Arbeiten; welche zu seinen frühe- sten Studien zurückgekehrt waren: in der von der Academie des inscriptions ihm übertragenen Bearbeitung der arabischen Geschichts- schreiber für die Epoche der Kreuzzüge i er hatte den Druck bis zur Mitte des ersten Bandes geführt, wo er Defremery's kundige Mitarbeiterschaft gewann. Wie wir durch Mohl erfahren, gibt dies Sammelwerk zuerst die betreffenden Auszüge aus Abu'ltidä's 'Mukh- tagar' in Uebersetzung, dann in grosser Ausdehnung arabische Text- stücke von Ibn-al-Athn"; der mittler Weile durch Tornbergs ver- dienstvolle Bemühungen uns zugänglich geworden ist; weitere Text- stücke auszuwählen und zu bearbeiten sollte Defremery's Aufgabe sein; R. selbst beabsichtigte in einer grossem Einleitung eine Cha- rakteristik des muhammedanischen Culturlebens im Zeitalter der Kreuzzüge. Indess ist nichts zum Abschluss gekommen als ein Abschnitt über die Geschichte der Seldschuken , auf dessen Ver- öffentlichung im Journal asiati(iue man uns Hoffnung gemacht hat. Dass dies grosse Unternehmen Bruchstück blieb, hat seinem Grund in deni; was die Grösse der abgeschlossenen Arbeiten macht: in einer ausserordentlichen Gewissenhaftigkeit der Forschung und Sau- berkeit der Darstellung , und es wird erlaubt sein die treffenden Worte Mohls, seines Nachfolgers im Präsidium der Societe asiatique, hier zu wiederholen : 'un travail lent; niais incessant; et le soin de ne Jamals perdre de vue un instant le but ({u'il poursuivait, Tont mis en etat de tirer de sa vie et de son talent tout le fruit qu'il etait possible d'en tirer'. — Diese schmerzliche Todtenliste der ara- bischen Wissenschaft beschliesse der Name Edward Stanley Poole'S; des jungen Neffen Lane'S; welcher als Beamter des Ken- sington-Museums in der zweiten Hälfte des März 1867 in London erst 87 Jahre alt starb und sich durch seine P.eihülfe bei der neuen Ausgabe der ''Thousand and one nights' und der 'Manners and cus- toms of the modern Egyptians' des ganz mit dem arabischen Wör- terbuch beschäftigten Onkels verdient gemacht hat; endlich als für die südlichsten Ausläufer des semitischen Sprach- und Volks- lebens wichtig der Name Karl Wilhelm Isenberg's gest. am 11 October 18(54 in Stuttgart. Er gehört in den Kreis jener tücli- tigen Männer, welche sei es aus den ernstbildenden Stiftern Würtem- bergs oder aus der Baseler Missionsanstalt hervorgegangen ihre gute deutsche Kraft in den Dienst der englischen Mission gegeben haben. Eine noch mangelnde gründliche und uni)arteiische Geschichte dieser letzteren wird zu erzählen haben, was Isenberg in dem zum ideen- losesten kirchlichen Materialismus lierabgesunkencn Abessinien für
Vcrffor/K-nC .\[Uforsdier : IIii,<ks. 53
das wirkliclic Cliristenthuni erobert hat; die orientalische Wissen- schalt hat ilmi die erfolgreiche Erneuerung der seit Ludolf ver- säumten amharischeu Studien zu danken. Seinen Eintritt in das neuäthioi^ische Leben finden wir in dem mit Krapf gemeinschaft- lich herausgegebenen 'Journal detailing their proceedings in the kingdom of Shoa' (1843) geschildert. Die ersten Arbeiten galten natürlicli den verbreiteteren Volksdialekten ; so brachte das Jahr 1840 ein kleines Dankali- Vocabular und vor Krapt's Elementen der Galla-Sprache eine immer noch beachtensvverthe Charakteristik des Volks. Bald darauf erschienen seine Hauptwerke: das Wörterbuch der amharischeu Sprache (1841) und eine Grammatik (1842); gleichzeitig mit dem ersteren ein Spelling-book. Die übrigen Ar- beiten dienten durchaus prakti-chen Missionszwecken ; er verfasste amharisch eine Geschichte des Reiches Gottes i,1841), eine Welt- geschichte (1842) und übersetzte das Prayerbook (1842): zu be- dauern blieb, dass nicht volksthümliche Stücke der einheimischen Litteratur zusammengestellt wurden. Unsere Gesellschaft verdankt ihm die Mittheilung der im J. 1848 gemachten linguistischen Samm- lungen über das Kihiau und das Somali, nach welchen die erstere Sprache von unserm Pott 1852 bearbeitet worden ist.
Ehe unsere nekrologische Betrachtung das Gebiet des Semi- tischen mit seinen Ausläufern verlässt, haben wir noch eines Mannes zu gedenken, dessen gewissenhafter Scharfsinn glücklich sich die verschiedenartigsten Objecte zu unterwerfen wusste , und der daher mit gleichem Rechte bei der Geschichte der Hieroglyphik wie bei der Keilschriltentzifferung zu nennen wäre, der Rev. Edward Hiucks^^''^), gest. am o December 186G. Geboren am 19. August 1792 in Cork, seit 1807 auf dem Trinity-College in Dublin gebildet, zeichnete er sich frühe durch beharrlichen Fleiss und eindringlichen Scharfsinn aus und lieferte daher in seiner Abgeschiedenheit als Rector von Killyleagh in County Down in Irland, welche Stelle er zeitlebens bekleidet hat, die verdienstlichsten Arbeiten. Wissen- schaftlich bedeutsam, nach einem praktischen ihm 100 ^ eintragen- den Vorgange, gritf er in die Geschichte der Entzifferung zuerst 1833 ein, als einer der wenigen, welche auf dem mühseligen Wege der demotischen Forschung von de Sacy bis Brugsch klar sahen ; obwohl durch seinen Aufenthaltsort von allen grossen Sammlungen getrennt, vermochte er doch in seiner von dem 'Dublin University Review' damals gebrachten Abhandlung über die altägyptische Volks- sprache eine Reihe von noch unbekannten oder noch nicht sicher erkannten grammatischen Momenten darzustellen. Trotz aller Unter- brechungen kehrte H. immer wieder zu diesen ägyptischen Studien zurück und dann immer mit grossem Erfolge in scharfsinnig-sicherer und fruchtbarer Erkenntniss des Einzelnen , so dass seine Unter-
122) Vgl. AiiHual Kepoit of the Royal Asiatic Society, May 1867 p. XIX f.
54 W/'^srnsrhaftl Johrcfhericht für 1862 his 1867.
suchungeu eiue Zii^Je der 'Trausactions ot' the Kuyal Irisb Aca- demy", in denen die umfangreicheren Arbeiten zu erscheinen pflegten, bilden. Besonders verdienstlich sind die Abhandlung über die hiero- glyphischeu Systeme von 1847 und die beiden chronologischen über die sechste und über die 26ste und 27ste Dynastie; in der ersten von diesen beiden combinierte er sehr glücklich ein Fragment der Turiuer Küuigsannalen mit der nicht auszumerzenden aber autfällig langen Regierungsdauer des Königs Phiops. Für die Biblische Wis- senschaft ^var von Interesse die Untersuchung über das Vorkommen des Namens Issachar auf ägyptischen Inschriften (1859). Zahl- reichere Arbeiten dienen der Keilschrütforschung, zu denen er be- sonders von zwei Seiten Anregungen emptieng. Einmal waren bald nach den bahnbrechenden Untersuchungen Lassens und ßurnoufs über Denkmäler der einfachsten Keilschriftgattung, die von Schulz am Van-See gesammelten Inschriften complicierteren Charakters durch die Pariser Societe asiatique veröftentlicht worden (1840); dann hatte vier Jahr später Westergaard (1844) auf Grund authentischer Abschriften sich in Entzifferung der medischen Texte versucht, woraus sich bei allem Schwanken der Lautwerthe der einzelnen Gruppen eine turanische Sprache zu ergeben schien. In einer Ab- handlung, welche vom Juni 1846 datiert ist, untersuchte H. die graphischen und phonetischen Eigenthümlichkeiteu der ersten und zweiten Keilschriftgattuug und entdeckte das weitreichende Grund- princip der Silben bildung für die medische und assyrische Schrift- art, dem zufolge bisweilen zur vollkommenen Sicherung des Laut- werthes Silbengruppen mit je gleichem Vocal anlautend und aus- autend so combiniert werden, dass phonetisch eine Silbe resultiert, also li+ip zu lip wird. Ebenso unscheinbar für den flüchtigen Blick, aber folgenreich für die sichere Erkenntniss des Altpersischen war die f^ntdeckung, welche \\. in demselben Jahre, gleichzeitig mit Kawlinson aber durchaus unabhängig von ihm, durch Sonderung der je nach dem darauf folgenden Vocal verschiedenen Zeichen für einen und denselben Consonanten machten : damit war das Gesetz der altpersischen Diphthongenbildung gefunden und Aufklärung für sehr wichtige Punkte der Flexion geschafft. In dasselbe Jahr 184G fällt auch noch der erste Versuch, die erwähnten armenischen Keilin- schriften zu entziffern; indess so werthvoU auch die Untersuchung einiger auch später von assyrischer Seite beglaubigten Eigennamen und besonders der Zahlbezeichnungen ist und so sicher vielleicht auch der indogermanische Charakter eines sehr grossen Theils die- ser Inschriften stehen mag : an einen Abschluss war bei der bis- weilen nicht unbedeutenden , durch die Hohe der Felsen erklärten Unzuverlässigkeit der Inschriften zunächst nicht zu denken. Gleich- zeitig wurde in zwei kürzeren Artikeln der 'Literary Gazette' die assyi-isch-bahylonische Schi-iftgattung und (icschiciite bei'ühit, indem H. auf der bekannten grossen Keilsclirifttafel des East ludia llouse den Namen des Nobukadnezar und die Identität eines Inschrift-
Vrrstorhcue Älif/or-sclicr. Tiir/./'srh-7\itarisch. 55
hniL-hbtik'ks in derselben Sanniilung mit einem von Ker Porter ein Yierteljalirliundert vorher veröftentlicliten entdeckte. Ln folgenden Jahre (1847) gab das Bekanntwerden der grossen Dariusinschrift von Bahistän Gelegenheit zu einer geschickt orientierenden Ueber- sicht des Ganges der Entziit'erung seit Grotefend und des Gewinnes daraus in dem 'Dublin Universitj' Magazine'; die kurze chronolo- gische Untersuchung einer Sargon-Inschrift in der Literary Gazette von 1848 und die eingehendere einer Sanherib-Inschrift aus Khor- sabad in den Transactions der Royal Irish Academy von 1849 nö- thigteu ihn zu einer immer schärferen Auffassung des Schriftprin- cips der dritten Gattung, welches gerade er gegenüber den gangbaren alphabetischen Anschauungen als syllabisches zu bezeichnen berech- tigt war. Daher der grosse Fortschritt in der schönen , über ihr Thema anregend hinausgreifenden Abhandlung über die Khorsabad- Inschriften vom Juni 1849 (in den Transactions der genannten Aka- demie vom J. 1850) und 1852 die principielle Feststellung des Syllabismus für das assyrisch-babylonische Schriftsystem und damit Wegräumung einer bedeutenden Zahl der so auffälligen Homophonen. "Nachdem die Schriftlehre aufgeklärt war, gieng H. folgerichtig zur Behandlung der Sprache weiter. Zunächst erschien 1854 in den 'Transactions' eine Untersuchung der assyrischen Pronomina; dann 1855 und 1856 in dem 'Journal of Sacred Literature' eine sehr eingehende Darstellung des assyrischen Verbum, und daher konnte der Vf. sich in so ausgezeichneter Weise an den zum Erweis einer sichern Methode angestellten Uebersetzungen der Inschrift Tiglath Pilesar's I. 1867 betheiligen. Nur einmal (1855) unterbrach er die sprachlichen Arbeiten durch eine mehr sachliche über die assy- rische Mythologie: als Testament brachte das Journal der Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland 1866 wieder treffliche Abschnitte einer assyrischen Grammatik. Es ist auf das tiefste zu bedauern, dass im Nachlass sich keine Fortsetzung gefunden hat; der ausgezeichnete Forscher, der noch kurz vor seinem Tode der Berliner Akademie der Wissenschaften, deren correspondierendes Mitglied er war, eine Untersuchung über die Sonnenfinsterniss ein- gesendet hatte, hat die Entwürfe des nicht schriftlich Fixierten mit in das Grab genommen. Wir hoften, dass man seine zerstreuten Arbeiten (wie die Prinsep's) geschickt sammeln und so den Mit- forschern ein schönes Vermächtniss, den Nachstrebenden ein Lehr- buch des treuen Scharfsinnes liefern werde.
Unter der geringeren Zahl derer, welche sich mit dem tür- kisch-tatarischen Sprach- und Völkergebiet beschäftigen, hat der Tod natürlich weniger Lücken reissen können. JosephWolff, dem wir besonders eine öfter aufgelegte Reise nach Bukhara verdanken, starb Ende des J. 1861 : sein Leben hat viel zu giinsüg Sen(jelmann^^^')
122a) Dr. Jo^^eph Wolff. Ein Wanderleben von Dr. H. Sengelmann. Hamburg. Oncken 1863, IX u. 228 S. gr. 8. (1 #. j. Vgl. Literar. Centralbl. 1863 No. 37 p. 878.
56 WisscnscJia/fl. Johrci<hc rieht für 1SG2 bis l^VÜ.
beschriebeu. Dem zum Christcnthum übergetreteueu Juden trübte der Eifer für die doch überall ziemlich erfolglose Jiulenmissiou die Freiheit des Blicks; dazu kam eine bedeutende Unwissen- heit in orientalischen Dingen ; er machte sich durch Furchtsam- keit ziemlich lächerlich und in Yambcry's pikanten 'Wander- ungen in Persien' tritt uns der 'DerwTsh - i - frengi' oder 'Mollä Yflsuf eher als eine komische Figur entgegen. Bestimmtere Ver- dienste hat sich der Anfang Octobcr löGo in Paris verstorbene Professor des Türkischen an der lOcolc des langues orientales Vivan- tes, Louis Dubeux erworben, über welchen Audle// '^'^^) kurze Lebensnachrichten gegeben hat. Er hat sich mannigfaltig mit orien- talischen Sprachen beschäftigt: hier konmien besonders seine Ele- mente des Türkischen (185G) in Betracht. Ausserdem hatte er eine Uebersetzung des persischen TabarT für den Oriental Translation Fund begonnen, welche Zoteuberg jetzt zum besseren Theile in die seiuige herüber genonnnen hat; auch hat er für Didot's 'ünivers pittores(jue' Persien bearbeitet. Noch näher gehörte den türkischen Studien 'J'homas-Xa vi er Bianchi ^^'^j, gest. am 14. April IStil in Paris, wo er am 25. Juni 1783 geboren war. Ihm kam, nach- ilem er de Sacys und Jauberts Unterriclit genossen, der lebendige Verkehr mit dem Türkischen in ('onstantinopcl und Smyrna um so mehr zu Statten : daher der cigenthümliclie und doch wissenschaft- lich ernst gesichtete Keichthum seines unmittelbar aus dem Leben der Sprache geschöpften türkischen Wörterbuchs, das aus dem ersten einfachen französisch- türkischen Vocabular (1831) allmählich mit Kieft'ers und Paifüns Hilfe in erneuter Auflage vervollkommnet sich gestaltete. Eine sorgfältig gearbeitete türkische Grannnatik hat er nicht zum Druck gebracht; dem praktischen Bedürfniss kam er 1839 mit einem 1852 neu aufgelegten 'Guide de conversation' entgegen. Ausserdem aber gab er mainiichfache Beiträge zur Kenntniss der türkischen Litteratur und Cultur: wie 1824 eine Notiz über die Fetwä -Sammlung von Hätiz und KedüsT, 1825 die Uebersetzung eines türkischen Pilgerbuchs für die Wallfahrt von Constantinopel ach Mekka. Besonders wichtig aber wurden seine Mittheilungen über türkische Druckwerke 1843 und 1859 im Journal asiaticjuc, denen bereits 1821 eine Notiz über das erste (1235 d. IL) in Con- ntantinopcl gedruckte anatomisch-medicinische Werk vorangegangen war. Einen zeitgeschiclitlichcn Blick in das türkische Verwaltungs- wesen erlaubte seine französische Bearbeitung des ersten osmani- schen Jahrbuchs (1848;. Ausserdem erschienen ohne Druckjahr lithographiert durch seine Bemühungen der Abschnitt über die Schlacht von 'J'schezmeh aus Wäcifs Chronilc und der Gesandt-
123, Notier, iiiieruloRiquc ^iir I.,oiii>. F)iilicu.\. l'ar (/. F. AiuUiii. )v\li-. du Correspondfintj. Paris, Doiiniol l8G'i, 7 S. 8".
23h) Vgl. C. Barbior de Mcynani iiti ./«luii. As. Vlieme .ser. T. V (1865,
p. 175—182, und E. Young im Journ. dos Deluits 1864 vom 18. Miii.
Verstorbene Mit forscher. EraniscJi. 57
schaflsbcricht Duni Efendi's. Mau kann ihm nacliiülnncn, dass ihm die I'raxis des Dragomanats niclit die wissenschaftliche Strenge gelockert habe und dass er ein wahrer Lehrmeister trcftiicher zahl- reicher Schüler gewesen. — Auf der Grenze des Türkisch-Tatari- schen und des Persischen, ähnlich wie Dubeux, stand der in Now- gorod am 26. Nov. 1862 verstorbene Franz von Erdmann, der 1795 in dem mecklenburgischen Ludwigslnst geboren, nicht streng philologisch geschult, von seinem grossen Landsmann Frähn nach llussland gezogen, zuerst als Professor in Kasan, dann in Gross-Nowgorod als kais. Staatsrath und Schuldirector der Now- gorod'schen Gouvernements lebte : ein langjähriges Mitglied unserer D. m. G. Er begann mit arabischen Arbeiten: indem er eine neue Ausgabe des nützlichen leider immer noch nicht angemessen umgearbeiteten Lexikons von Willmet entwarf (1821) und Mitthei- lungen zur Geschichte Mekkas aus TaqT-addTn gab (1822), wie er auch später noch gelegentlich über Abraha (1833) und Buhaira (1854) handelte. Mehr that er für das Persische: schon 1822 widmete er dem persischen Historiker Lskender MunshI unter dem irrthümlichen Namen lskender Menesi eine Untersuchung, welche er 18(51 besser erneute; 182G -32 folgte die Bearbeitung eines auf Kussland bezüglichen Abschnitts aus NizämT, an Avelches sich 1832 ein 1844 neu bearbeitetes Stück über Behrämgür und die russische Füstentochter aus dem 'Heft paiker' desselben Dichters schloss; unsere D. m. Z. brachte von ihm einige nicht unwichtige litterar- historische Studien über Khüjü GermäiiT (1848) und über Dhu- lti(lär, Selmän und EhlT (1861). Sein Kasaner Aufenthalt musste ihn natürlich auf Beschäftigung mit dem Türkisch - Tatarischen füh- ren : auf Grund seiner persischen Studien gab er eine Uebersicht der türkischen und mongolischen Völkerstämme nach Rashld-eddin (1841), gleichzeitig die verwandte Arbeit Quatremere's besprechend: in unserer Zeitschrift handelte er über einen kalmükischen Dschan- gar (1857) und über die Tataren Kasans (1859)-, seine umfassendste Leistung wurde sein letztes Werk 'Temudschin der Unerschütterliche' (1862), in welchem ei- mit sichtlicher Vorliebe Dschingis-Khan darstellte. Auch mit Münzfragen (1856) beschäftigte er sich und machte einen ziem- lich ungeschlachten Versuch, die räthselhafte Formel 'bkh'oder'bkhbkh' zu erklären (1855); manche seiner zerstreuten Arbeiten wird unserer Aufmerksanü^eit sich entzogen haben, da sie in schwer zugänglichen Zeit- undSammclbchriften wie in den Abhandlungen der Kasanei- Gesell- schaft für russische Litteraturkunde u. s.w. zum Abdruck kamen. ~- Ausschliessliche Verdienste um die persische Litteratur erwarb sich der Engländer Nathaniel Bland 2^), in Oxford gebildet, nachher selbständig orientalische Sprachen studierend und ihnen nach und nach sein nicht unbeträchtliches Vermögen opfernd, gest. am 10.
124) Vgl. Sir Edmar/l Cokbroolcci, Anmial Report ol' the Koyal Asiatic Society of June 1866 p- III f.
58 Wi'ssemchaftl. Jahrcshcrk-ht für 1862 his 18(i7.
August 1865. Die Mehrzahl seiner Arbeilen erscliion iu dem Jour- ual de Royal Asiatic Society of Great Britan and Ireland und betrat fast ausschliessliedi die i)ersisfhe Litteraturgeschiclite. Unter den nationalen Quellenwerken derselben zogen ihn besonders die Tadskirat's an und eine der jüngsten, das \teshkedeh von Adsor oder Häjjl Lutf 'Ali Beg, welches 842 neuere Dichter aufzählt, charakterisierte er zunächst (1843) in einer längeren Abhandlung. Dass von der beabsichtigten Ausgabe des Textes im folgenden Jahre nur ein erster Theil erschien (Zenkers Angabe von zwei Bänden beruht auf einem Irrthuni), ist um so mehr zu bedauern, da die litho- graphierte Calcuttaer Ausgabe von 1249 d. H., welche die Berliner Königl. Bibliothek besitzt, in Europa ausserordentlich selten ist. Im J. 1846 gab Bl. eine ähnliche Darstellung der ältesten persischen Dichter - Tedskirah von Muhammed 'AufT, welche, obgleich erst um 600 d. H. geschrieben, doch für die Geschichte der altern neu- persischen Dichtung von grösster NYichtigkeit ist, wie ich aus der alten leider defecten Berliner Handschrift weiss. In diese litterar- historischen Arbeiten, zu denen auch die Beschreibung der orien- talisclien Hss. des Etou- College (1844) zu rechnen ist, fällt die gute leider nicht durch einen versprochenen Comraentar vollendete Ausgabe des 'niakhzan ul-asrar' von NizämT, des ersten Theils sei- ner Khamseh. Eine überaus anmutige Sammlung ist sein 'Century of Persian Ghazels' (1851), das beste Urkundenbuch zur Geschichte der persischen Lyrik neben Sa'di und Hätiz. In dasselbe Jahr ge- hört die Hyde's gründliche Arbeit überholende Untersuchung über 'das persische Schachspiel'. Die beiden letzten Abhandlungen, welche von ihm bekannt wurden, betreffen wieder die Litteraturgeschichte : die eine (185Ö) weist nach, dass nicht SadT, sondern der im J. 525 verstorbene Mas'üd zuerst Rekhta gedichtet habe, also als Chor- führer der neuindischen Lyrik zu gelten habe; die andere (1854) behandelt auf der Grundlage des Traumbuchs von Ibn ShähTn Wesen uud Geschichte des cultur-historisch wichtigen Ta'bir. In den letz- ten Lebensjahren hat Bl. nichts mehr veröffentlicht; dem Vernehmen nach haben sich in seinem Naclilass Vorarbeiten zu persischen Textausgaben gefunden, besonders zweier Werke des leider sehr späten AhlT von SliTräz aus der ersten Hälfte des 10. Jahrh. d. H. Gleichwohl darf man hoffen, dass die Londoner Asiatische Gesell- schaft, für deren Journal der Verstorbene so werthvoUe Artikel geliefert hat, uns auch die letzten Zeugnisse seiner sorgfältigen und treueu Forschung so weit als möglich zugänglich machen werde, — Wenige Monate nach ihm, am 8. Dec. 1865 starb ein deutscher Vertreter der j)ersischen Studien, Vincenz v. K oscu zweig - Schw^anau in Wien, über dessen reichen wissenschaftlichen Nacli- lass Fieih. /•. >Sclilechtu-Wssehr(V^->) berichtet hat. In Brunn 171)1 geboren, hatte er seine Studien besonders der praktischen Iland-
125, z. .1. i)in(;. .\.\ ,1866 p. J;J^ 444.
Verxturhem- M Itforsrher . Indisch ( fidUtnifj/ite). 59
habung der vonlerasiiitischeu Sprachen gewidmet luid dafür auch dreissig Jahr hing seit 1817 als Professor der orientalischen Aka- demie in Wien gewirkt. Aber dennoch behielt er, verschieden von dem weit strebsameren Hammer- Purgstall, Sorgfalt und Sauberkeit für wissenschaftlich sehr nützliche Arbeiten. Besonders verdient hat er sich um JäniT gemacht, zu dessen Charakteristik als romantischen Epi- kers er schon 1824 Yüsuf und ZalTkhä mit Uebersetzung und reichli- chen Anmerkungen herausgab ; den Lyriker lehrte er, nachdem er 1838 authentische biographische Mittheilungen gemacht, durch die Origi- nalausgabe von drei allegorischen Gedichten 1840 kennen. Dazu gesellte sich sehr glücklich die Auswahl aus dem tiefsinnigen Jeläl- eddln RümT und besonders die schöne von einer trefflichen Ueber- setzung begleitete Ausgabe des Häflz, welche ihn in seinen letzten Lebensjahren (1858 — 61) beschäftigt hat. Gegen diese Leistung treten die übrigen Veröffentlichungen, besonders die durch Kalfs überholte Burda des BuyTrT von 1824 zurück-, aber grade dies letzte Werk lässt um so dringender die Ausgabe der druckfertigen im Nachlass vorgefundenen h-rischen Blumenlese von 1500 arabischen, persischen und türkischen Gedichten wünschen, wenn auch iu der persischen Abtheilung das Interesse für JämT wieder das Ueber- gewicht gehabt zu haben scheint. Die colossalen Vorarbeiten zu einem französisch-osmanischen Wörterbuche möchten wir gern so weit als möglich noch Zenker's Arbeit zu gut kommen sehen. — Das weniger gepflegte eranische Gebiet des Armenischen hat einen Förderer in dem Anfang 1862 verstorbenen L e v a i 1 1 a n t d e F 1 o r i v a 1 \erloren. Obwol er in den Gang der armenischen Studien durchaus nicht bestimmend eingegriffen hat, so verdient er doch hier dankbare Erwähnung, besonders weil er dem weitern Kreise der zahlreichen, der Originalsprache nicht kundigen Historiker nach der veralteten Uebersetzung der Brüder Whiston den angesehensten der armeni- schen Geschichtsschreiber 1841 in französischer Uebersetzung zu- gänglicher gemacht hat, welche aber ebensowenig als die gleich- zeitig erschienene italienische an Genauigkeit der späteren russischen von Emin (1858) gleichkommt. Ausserdem gab er besonders eine Uebersetzung der armenischen Allegorie von Eose und Nachtigall (1833) und nach Bore eine geschichtliche Charakteristik der Me- khitaristen von San Lazaro (1841).
Das reicher gegliederte Gebiet der indischen Philologie hat zahlreichere und bedeutendere Verluste zu beklagen. Zunächst das Sanskrit. Am 10. Januar 1863 starb als Professor des Sanskrit und Bibliothekar zu Dublin E. Siegfried aus Dessau, wenig über dreissig Jahr alt , zu einer grössern Leistung sich nicht sammelnd, auch für sprachwissenschaftliche Untersuchungen sehr begabt. Po- sitivere Verdienste haften an dem Namen James K. BaUau- tyne's^^e)^ gest. 18. Februar 1864. Er war zu Kelso am Tweed in
126) Vgl. Athenaeum 1864 March 12 p. 373.
60 WüssrnschaßL JahiwUricIil für 18(''2 A/.v 1807.
der schottiöclien Grafschaft Teviotdalc am 13. Deocmber 1813 ge- boren, eniptieng seine Bildung an der Akademie und am College in Edinburgh und besonders seine orientalische an dem Special-College in Haileybury, vertiefte sich aber mit autodidaktischer Vielseitigkeit und zugleich entsprechender fast eigensinniger Beharrlichkeit in die verschiedenartigsten Studien. Bei seinem Interesse für Indien gab er die ihm nach Beendigung seiner Curse übertragene Stellung als Lehrer der morgenläudischen Sprachen an der Naval and jMilitary Äcadcmy auf, für deren JJedürfnissc er eine Grammatik des Hindu- stani (1838, erweitert l^'^i'i), eine Chrestomathie (1840) und Brief- sammlung in derselben Sprache, wie die Elemente des Braj-Bäkhä und dos MahräthT (beidos 1830) verötfcntlichte , und gieng 1841 nach Benarcs, an dessen College er 1845 die dirigierende Stellung eines Principal erhielt, um hier ausserordentlich für die Vermitt- lung zwischen europäischer und brahmanischer Cultur zu wirken und vielfach wieder auszugleichen , was die Unbesonnenheit der Mission und der Colonialpolitik in Beziehung auf höhere Bildung zu sündigen pflegte. Seine schriftstellerische Thätigkeit wurde zu- nächst wieder durch die praktischen Bedürfnisse des orientalischen Sprachunteirichts bestimmt : es trat jetzt die heilige Sprache der ihn umgcbendon I'andits an ihn heran. Daher gab er schon 1841 in Mirzajion; nach Ollendorf'scher jMelhode ein Elementarbuch des Sanskrit (zweite Aufl. London 18G2), dem zwei Jahr später (1843) in London ein Catechismus diesci* Sprache folgte; mehr für die Unterweisung der Hindus selbst waren die in Sanskrit und Hindi verfassteu Grundzüge der Sanskritgrammatik (Mirzapore 1848) be- stimmt. Alle diese kleinen praktischen Compendien überragte die dreibändige mit L'ebersetzung und Erläuterungen ausgestattete Aus- gabe der [>aghu-Kaumudi (Mirzapore 1849 — 52), mit welcher Arbeit sich B. auf das Gebiet der Nationalgrammatik stellte und zu der bedeutsamen Ausgabe des Mahäbhäshyam von Patanjali hinüber- leitete. Leider ist von diesem grossen Werke sammt Commentar und Supercommentar nur ein erster Band (Mirzapore 18.'i(i) er- schienen, und ein Fortsetzer, der gleich B. dieselbe philosophische und grammatische Energie besässe, wird schwer zu finden sein. Der stilistischen Beschäftigung mit dem Sanskrit konnte die seit 1851 für die 'Bibliotheca Indica' unternommene Ausgabe des belieb- testen rhetorischen Handbuchs, des 'Sähitya Darpana' dienen. Da- neben trat die ältere Pflege der Vulgärsprachen ziemlich in den Hintergrund; B. lieferte nur noch einen praktischen englisch-hindu- stani-persischen Dragoman (Mirzapore 1843) und ein Taschenbuch für die üingangssj)rache der Hindus (London 1845); ausserdem gab er die von dem Pandit Badari Läla vorbereitete Hindi-Uebersetzung des ersten Buchs des Hitopadeca (Mirzapore 1851) heraus. Aber in allen diesen nützlichen und mit Ausnahme des Mahäbiiäsliyani fast nur, wenn auch in bester Weise nützlichen Werken iieij.t die eigenthümliche Grösse des thätigen Mannes nicht. Er war auf ein
Verstorhciie Mitforscher. ladiscli (Ballnidyuf\ (11
Ganzes in der Bildung aus; das sclieiut seine principielle Tliätig- keit am College von Benares, über dessen Verhältnisse die Berichte der Jahre 1846 — 51 zu vergleichen sind, bestimmt zu haben ; darum hielt und veröffentlichte er seit 1848 Vorträge über Gliederung und gegenseitige Beziehungen der verschiedenen Wissenschai'ten (in vier Bänden in Mirza])ore und Calcutta gedruckt); ja, er beschäftigte sich in diesem universellen Sinne auch mit einem einleitenden Cur- sus der Chemie (Benares 1848). Eine innere Nothwendigkeit musste ihn von solchem Standpunkte aus auf das Studium der Philosophie treiben , zumal er mehr aus ganzem Holz geschnitten war als die kurzsichtigen Verächter der Speculation in Europa. Und ihm kam in Indien das besondere Talent eines indogermani- schen Denkervolks entgegen. So entstand eine Reihe von kleinen aber bedeutenden philosophischen Schriften und Textausgaben, deren hohen Werth unter uns zueist Max Müller mit seinem feingebildeten Scharfsinn bereits 1852 erkannt hat und welche in Verbindung mit den Arbeiten des ihm gleichai'tigen weiterhin zu erwähnenden Roer in unserer wahren Erkenntniss der indischen philosophischen Systeme Bahn gebrochen haben. Auch hier waren die praktischen Bedürf- nisse des Unterrichts die nächste Veranlassung zur schriftstellerischen Thätigkeit. Den eingehenderen philosophiegeschichtlichen Unter- suchungen gieng eine kleine Einleitung in die Logik für die jünge- ren Classen vorauf (Mirzapore 1847), der im nächsten Jahre ein Grundriss der Metaphysik folgte; dann aber jene Reihe von grund- legenden Abhandlungen, Vorträgen und Textausgaben, durch welche erst ein authentisches Bild der indischen Philosophierichtungeu mög- lich wurde: das Compendium der Vaiceshika- Philosophie von An- nambhatta ( Allahabad 1849;, die Aphorismen der Nyäya-Philosophie (ebenda 1850) und ein Vortrag über die Sänkhya- Philosophie mit dem Tattva-Saraäsa (Mirzapore 1850)-, dann 1851 die ersten Bücher oder Capitel von Bädaräyana's xiphorismen der Vedänta- Philosophie und von Kanäda's Grundzügeu der Vaigeshika-Lehre (beides in Mirzapore ge- druckt), Jaimiui's Mlmänsä-Aphorismen (in Allahabad) und Vigvanätha Pancana Bhatta's Bhäshä Paricheda über die Nyäya-Philosophie (in Calcutta). Das folgende Jahr 1852 brachte besonders den Anfang von Kapila's x\phorismen der Sänkhya- Philosophie in Allahabad, denen sich zwei Theile von Patanjali's Yoga-System anreihten (Allaha- bad 1852—53). Die Auffassung aller dieser bis zum Aussersten brachylogischen Compendien wa-r durch das Studium der gründlich herbeigezogenen Commentare und den dauernden Verkehr mit kun- digen Pandits gesichert. B.s Ernennung zum Professor der Moi-al- philosophie im J. 1856 entsprach dem Streben, dem philosophischen Studium eine ethisch - praktische Bedeutung zu geben. In diesem Sinne erschien zu Benares in demselben Jahre seine sanskrit-eng- lisohe 'Synopsis of science'; in derselben schönen Absicht einer auf die ernsteste Bildung ausgehenden Mission stellte er Christentiuini und die Summe des indischen Wesens einander zur Vermittlung
62 Wissenschaftl. JahrcJihcrieU für 1862— 1SG7.
gegenüber (Benares 1809) und noch näher trat er, ehe er 18G1 in seine Heimat zurückkehrte, mit einer zunächst nur auf die drei ersten Capitel der Genesis beschränkt gebliebenen sanskrit - englischen Be- arbeitung der Bibel den Zwecken der christlichen Mission (''The Bible for the Pandits' Fase. I, London und Benares istid). In Indien bewaln-te er seine Theilnahme der 'ßibliotheca Indica', in welcher die dem ^-änclilya beigelegten Vedantasntra's mit Sva])ne^- vara's Commentar noch 1861 und Kapila's Sänkhyasütra's mit Aus- zügen aus Vijnäna Bhikshu's Commentar 1863 — 65 erschienen, in seiner neuen, viel versprechenden Stellung als Bibliothekar am East India House liess ihn das Schicksal nicht lange: seine nicht kräf- tige Constitution erlag bereits nach noch nicht drei Jahren dem Klimawechsel und es wird seinem frühern indischen Amtsgenossen, dem ausgezeichneten Bibliographen der Hinduphilosophic , mit wel- chem B. um 185] den schönen Plan einer Beschreibung der Sans- krithandschriften in Benares gefasst hatte, Fitzedwaid Hall in natür- lichster Weise zufallen, das pHichtenreiche aber ehrenvolle Erbe anzutreten. — Neben ihn stellt sich als der zunächst Heimgegan- gene ein nur in engeren Kreisen bekannter Mann , G i u s e p p e Bardelli ^2^'), gest. am 2. October 1865, durch Vielseitigkeit und Gründlichkeit des Wissens zuletzt zu einem Missionar des Sanskrit und der vergleichenden Sprachwissenschaft in Italien bestinmit. Ur- sprünglich sich zum Geistlichen bereitend, trieb er im Zusammen- hang mit der Exegese des A. T. auch alt- und neuägyptische Stu- dien, so dass er beim Antritt einer Professur des Sanskrit und des Koptischen in Pisa (1849) den memphitischen Text des Buches Daniel veröffentlichte. Die beabsichtigte Ausgabe des Atharva-Veda, für die er in Paris und Oxford Studien gemacht, gab er Roth und Whitney gegenüber auf; für das ziemlich umfangreiche, die Vedänta- Philosophie behandelnde Gedicht Yoga-väsishtha-sära von Abhinanda fand er keinen Drucker oder Verleger. Um so eifriger beschäftigte er sich mit den praktischen Fragen des lateinischen Unterrichts, liess einige sprachvergleichende Vorträge drucken, scheint aber mehr nach dieser Richtung durch seinen Cyclus am Institut in Florenz gewirkt zu haben. — Ebensowenig gehörte ganz den indischen Studien Anton Troy er ^^), der nach einem wechselvollen Leben der thätigen Theilnahme an der Pariser Societe asiatique durch den Tod entrissen worden ist. Ein geborner Oestreicher, wurde er bald nach 1792 durch Erbeutung einer Polyglottenbibel in dem flandri- schen Kriege auf das Studium des Arabischen geführt und später im italiänischen Kiiege vor Genua mit l.ord William P.entinik bekannt, mit dem er 1803 nach Madras und ein zweites M:il isi7 nach Cal-
126a) Vgl. J. iMolil in sc-iiu-m Kaj.ijoit liir 1866, Joiini. Asial. 6e seri<; T. 8 (1866) p. 18 f.
27; Vgl. J. Mohl in seinem Kappurt liir 1866. Journ. Asiat. 6e serie. T,
(1866) p. 13 f.
Verstorhene Mitforscher. Indisch. (Uöer).
63
(■ntta gieng. Der erste Anfentlmlt liatte ilm besonders zu hindusta- nischen, persischen und taraulischen Studien angeregt, der zweite zu sanskritischen, wie er denn auch das College in c'alcutta diri- gierte. Nach Paris 1835 zurückgekehrt, unternahm er die Bearbei- tung der RajataranginT auf Kosten der Sociöte Asiatique (1840 —52) und zu gleicher Zeit für den Oriental Translation Fund nach Sliea's Tode die Vollendung der Uebersetzung des wunderlichen Dabistan (1845), durch welche beiden Werke er einige Seitenwege der indischen Geschichte und Cultur autldären half. — Ganz gehörte wieder Indien, in einer Ballantyne verwandten Weise, das am 17. März 186(3 in Braunschweig verstorbene correspondierende Mitglied unsrer Deutschen morgenländischen Gesellschaft Eduard Röer. Johann Heinrich Eduard Röer war in Braunschweig am 26. October 1805 geboren; empfieng seine Bildung in seiner Vaterstadt und dann besonders in Göttingen. Seine Absicht gieng auf eine akademisclie Laufbahn im Fach der systematischen Philosophie und tür sie habilitierte er sich am 6. März 1833 in Berlin. Indess war auch nach Hegels Tode damals noch kein Boden für Herbart'- sche Philosophie, zu welcher R., wie seine Erstlingsschrift von 1833 ('lieber Herbarts Methode der Beziehungen. Ein Beitrag zur Revision der Metaphysik') zeigt, sich in ein näheres Verhältniss gesetzt hatte. Die ihm selbst genügenden Lehrerfolge fehlten und so gab er mit dem Schluss des Wintersemesters 1837/8 seine Stel- lung als Privatdocent in Berlin auf. Eine Gelegenheit, in den Dienst der Ostindischen Compagnie zu treten , führte ihn zunächst in sehr praktische Stellungen ; aber seine persönliche wissenschaftliche Be- deutung erhob ihn bald zur Leitung des Schul- und Bildungswesens zunächst in kleineren, dann in grösseren Districten Bengalens ; vor Allem fand er Gelegenheit zu Studien in der Geschichte der 'indi- schen Philosophie. Seine eigentliche Wirksand^eit begann in Indien selbst, welche in einer Ballantyne's Intentionen entsprechenden Richtung zu einer das Bildungswesen der Hindus unmittelbar lei- tenden wurde. Seineu ursprünglichen Studien entsprechend hatte er nicht das unmittelbare Interesse an der Sanskritphilologie, sondern ihn zogen die bis auf seine und Ballantyne's Zeit trotz Colebrooke's Bemühungen nu]- sehr unvollständig bekannten philosophischen Ideen der Hindus und ihre Systeme an. Die erste Arbeit, die er meines Wissens in Indien nach dieser Richtung lieferte, war 1845 eine sehr sorgfältige Uebersetzung des Vedänta-Sära im Journal der Asiatic Society of Bengal. Ganz besonders wichtig aber wurde für diese Studien die 'Bibliotheca Indica', deren Herausgabe er seit ihi-er Begründung im J. 1848 bis zu seinem Weggange aus Indien geleitet und selbstthätig gefördert hat, ohne aber seinen besondern philosophischen Neigungen einen die übrigen Richtungen der Sans- kritlitteratur benachtheiligenden Einfluss zu gestatten; es fand sich Raum ^auch für muhammedanische Schriftsteller. R. begann mit der Sanhita des Rigveda, von welcher er die beiden ersten Adhyäya's
ß4 Wh.enschaftl. Jahresbericht für 1862 bis 18(37.
.it englischer üebersetzung ^^^^J^^^T^^^^J^^^e^- va herausgab (18^8) Daran schlos oh ^^ ^^^^. ^^^^_
sbads Für sie hatte seit Colebrouke s Zeit ^^jf /^^ , yg,^^iej,,t
,ier Brihataranyaka-Lpamshad ei e ^^^^^^ ^,^^^^,_
Sankara Acärya's und Ananda .^"J/ ?. 7^^, fj ittirlya-, Aittareya-, Setzung beifügte. 1^-?;^" ^^ ,t ^L^^Zda- und Mändukya- gvetävvatara-, Kena-, \^'^-' ^f ^\:./\' ; Textausgaben derselben in Upanishads in Ueberse zungen 7. ''^^J'^^^i^e^i erwähnten Dop- drei verschiedenen Abtheilung 1, mit dem so eb ^ ^^.^^^ pelcommentar. Fast zu g eicher ^ei (18^^) ^«' '^^. ^^es philosophischen Studien schembar "^^"^;^™ und WDarpa.ani zu deni ^^^^^'^^^^ begleitete vier Jahr spater (I800) '^L ' ^ .«i.nflin Caritra: aber indessen Ausgabe von Qrl Harsha's Uttara ^ !^^^f ^{^^ ^^^^f ,^ , ganhitä des beendete er die Vorarbeiten ^^^^»^.^^ .^^s in der Bibliotheca schwarzen Yajur-Veda welcher ^bOd^uhUs m ^^^
l^dica zu erscheinen ega^n ^^^^^^ ,,,,,,, auf und
wurde. ^e;"/«*^l,,,f"^^ seiner Vaterstadt Braunschweig ungestört verliess Ostindien, um ^» '^"'^\.V ,'pK;iosonhie leben zu können, und ganz seinen Studien ^^ ^^ ^™SSt erst nach seinem Als Ergebniss derselben brachte unsue /.eu .^.r- ^j
Tode la,,Ma-s ^'^^'f] '^'^£^:^'^T:^1L «>«,>d.
18G8) in trelfikher ^f-f ''"=' . f^ ' ,t'°^,ftige„ Sehicksal. seines Hellen Comnientai- begleitet Uebeiie l^nfe _^ j^^_
ohne Zweifel ^«'-»^f " , i^''' S''^' i,*^™ T Wittwc -las Auge- kannt, jedoch von der Kinsicüt cici geiM> _
niesse^e'iur die Wissenschalt zu ^-^^^^^, ^^,^ aus dem aen in dem einen Monat ^^PJ';^^, f ^^^^ r\,: 'orgegangene Büeger besten Theile des indischen ^^« ^^^j^^ Vi 'e\üdssen : der Pandit der indischen Wissenschaft uns ^1"^^, ' f^ j."'^^ „untere Räja Rä- Premacandra ^ a r k a_v a g; ^ a und dc^^^ b^^^^^^^ ^^ ^^^^.^
dhäkänta Deva Behadui. ^, f^^^^^^^^^^^ jer Uhetorik an
1H67, war Mitte der dreissig r ^^^^«^ ^f^^^^^ aurch bedeu-
aem Sanscrit College in Calcutta ^^^^^ f ^^;*;;'^^ c^eine Kcnntniss tende litterarische '^'l'^tigkeit nian g a^^^^^^^^^ ^^^.^^ ^,^ ,,„
aes Prakrit wai- '----;;::; Vr^X^In^uswerthcn Uebrawcb. verschiedener SaiiskiitiliauK n
Verstorbene Mit forscher. Indisch (Premacandra Tarkavagiga.) 65
So lieferte er bereits 1831 Bhavabhüti's 'Uttara-ßäma-caritram' (18G2 von Cowell wiederholt); 1839 folgte in dieser Richtung eine Ausgabe der ^'akuntalä und noch später eine (von Taranätha 1866 revidierte) des ebenfalls wie Bhavabhüti's Stück auf dem Räniäyana beruhenden Drania's 'Anarghya-Raghava' von Muräri. Von epischen Werken veröffentlichte er, auf Veranlassung des General Comraittee of Public Instruction, den ersten Theil des Naishadha-Caritam von ^'rl-Harsha 1836; besonders aber eine mit umfassendem geschicht- lichen Commentar versehene Ausgabe des Räghava-PändavTyam von Pandit Kaviräja (1854); ausserdem das erste Buch des Kumära- sambhava. Durch seine theoretischen und praktischen Interessen für Poesie wurde er auf des Qrl Daiidin Kävyädar^am geführt, welches er 1862 — 64 für die Bibliotheca Indica mit Commentar herausgab ; von seiner selbständigen dichterischen Thätigkeit zeugen die in seinem Nachlasse vorgefundenen vier Gesänge einer dichteri- schen Biographie Sälivähana's, von seiner sprachwissenschaftlichen die Vorarbeiten zu einem Sauskritwörterbuch , wie er denn auch Mukunda's Muktävali herausgegeben hatte. — Verbreiteteren Ruhms genoss Sir Rädhäkänta Deva, correspondierendes Mitglied unse- rer D. M. G., der Societe Asiatique, der Oriental Society in Nord- amerika und der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften, wie der Akademien von Wien und St. Petersburg, Ehrenmitglied der Asiatic Society of Bengal u. s.w., gestorben am 19.Ai3ril 1867 zu Brindäbana in einem Alter von 85 Jahren^-'^''). Er war im J. 1784 aus hohem Geschlecht und in der Fülle des Reichthums geboren; die Traditionen seines Hauses verliehen ihm Treue gegen die eng- lische Herrschaft und die ernstesten wissenschaftlichen Interessen, ohne auch nur leise (worin er vollständig einem ähnlich grossen Stammesgenossen Rämamohanaräya glich) seinen festen überkomme- nen Hinduglauben zu alterieren; sein persönliches Verdienst ist es, mit seinen reichen äussern Mitteln nicht in der Fülle eines verfüh- rerischen Lebensgenusses aufgegangen zu sein. Praktische Interes- sen führten auf Beschäftigung mit arabischer und persischer, mit englischer und neuindischen Sprachen ; in der ernstesten Weise stu- dierte er das Sanskrit, für welches die Berührungen mit Colebrooke und Wilson wichtig wurden. Dem Schul- und Bildungswesen, das durch seine besondere Fürsorge besonders für das weibliche Geschlecht in Bengalen eine grossartige Wendung nalnn, wurde ebenfalls unter seiner energischen Theilnahme durch die Gründung des Hindu Col-
127a) Vgl. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal 1867 , May p. 77 — 80. Eine frühere, von mir nicht näher gekannte Notiz erwähne ich nach- träglich: A rapid sketch of the life of Rädhäkänta Deva Bahadur, with some notices of his ancestors, and testimonials of his character and learning, by the editors of the Eäja's Sabdakalpadruma. Calcutta 1859 . 34, XVI u. VII S. 8°. mit Facsimiles von Documenten. Der Tod des berühmten Mannes veran- lasste Cr'däräcaranaCarman zu einem Gedächtnisspoom in 118 Sanskritversen u. d. T. Rädhäkänta uripate9 caritra ^atakam. Calcutta 1868, 28 S. 8". Jahiesbui kht 1S62— Ü7. 5
66 Wissenschaßl. JahrcsLcncJd für 1S62— 1867.
lege eine feste nationale Stütze verliehen , seine Residenz in Sho- bhäbäzär war ein Centralpunkt für feierliche Schulacte. In dem besten Sinne des Wortes diente daher auch seine schriftstellerische Thätigkeit der Bildung seines Volkes. Ausser einer mir nicht näher bekannten Schrift über weibliche Erziehung gab er zuerst 1818 in Verbindung mit S. C. Mittre den ersten Theil einer Sammlung moralischer Erzählungen unter dem T. 'Niti Katliä' heraus, welche von Pearson durch einen zweiten und von T. Thomason durch einen dritten Theil vervollständigt wurden und eine ausserordentliche Ver- breitung bis in die neueste Zeit gefunden haben. Der universelle Standpunkt der in ihrem ersten Theile auf englischen und arabischen Quellen berulienden Sammlung geht schon aus der eigenthümlichen Zusammenwirkung östlicher und westlicher Cultur hervor. Zwei Jahre später (1820) folgte ein 'Bengali Spelling Book', das sich durch seinen reichen Inhalt weit über den gewöhnlichen Werth die- ser elementaren Litteraturgattung erhebt und als eines der besten Unterrichtsbücher gerühmt wird. Mittlerweile (seit 1819) hatte aber auch schon der Druck seines grossartigen Werkes, des ^'abdakalpa- druma, begonnen: ein fürwahr fürstliches Unternehmen. Mit einer ausserordentlichen Energie und Umsicht war zu dieser einzigartigen Encyclopädie das Material zusammengebracht worden, nicht aus bequem zugänglichen Büchersammlungen und Drucken, sondern aus weit zerstreuten, oft nur ein langsames Studium gestattenden Iland- schriftenmass'en. Es war ein Glück, dass seine Mittel ihm erlaub- ten, tüchtige Mitarbeiter zu gewinnen: zu Anfang die Pandits ^'iva- nätha Bhattricärya_ und Hariprasäda Tarkapancänana, später TärJlcandra Tarkabhüshana, I^-varacandra Tarkasiddhänta, Eämakumära ^'iromani und Sarvänanda NyäyaväglQa. Der erste Band wurde im J. 1743 ^akS (1821), der siebente und letzte 1773 (1851) ausgegeben; ihm folgte sechs Jahre später (1779 = 1857) noch ein Supplementband mit dem interessanten photographischen Portrait des Verfassers. Mehr als ein gewöhnliches Mcnschenalter hatte das Werk an andauernder Arbeit in Anspruch genommen 5 sie fand nicht allein in den weite- sten Kreisen die ehrenvollste Anerkennung, sondern auch thatsäch- liche Verbreitung, so dass zu einer neuen Ausgabe geschritten wer- den konnte, von der unseres Wissens jedoch nur ein erstes Heft erschienen ist. Man kann sagen, dass Sir Eädhäkäuta durch seine wissenschaftlichen Interessen, welche sich so weit über den vorneh- men Dilettantismus erhoben, ein einflussreiches Vorbild für die hoch- gestellten Hindus geworden ist, und wie der deutsche Adel wesent- lich vor als mehr dreissig Jaliren von einem Fürsten Pückler-Muskau belletristische und Touristen-Schriftstellcrei lernte, so die brahmani- schen Orientalen von dem Verfasser des f^'abdakalpadriima sehr nach- haltige und sogar opferbereite Theilnahmc an den Forschungen in nationaler Sprach-, Litteratur-, Kunst- und überhaupt Culturge- schicbte.
Auch der nicht sehr weiie Kreis der Forsclier über das nicht-
Verstorbene Mitforscher. Radhal-anta Dcrn. Draridisch [Gravi). 67
arische In dien ist von harten Verlusten betroffen worden. Mit dem Schmerze, Karl GrauP^^j am lü. November 1864 verloren zu haben, mischt sich in unserem deutschen Gemüt ein gerechter Stolz, dass, wie die Begründer der tamulischen Lexikographie und Gram- matik Deutsche waren, er ein Deutscher so tief in das südindische Seelenleben eingeführt hat. Aus kleinen Verhältnissen hervorgegan- gen (er war als Sohn eines Webers in Worlitz am 6. Februar 1814 geboren) erregte er durch seine Begabung in Dessau und seit 183G als Student in Leipzig Aufmerksamkeit. Auf die ernst angewendete Universitätszeit folgten einige Jahre bedeutsamen Hauslehrerlebens mit einer englischen Familie in Italien, von wo er ein fruchtbares Interesse für Dante mitbrachte. Innere und äussere Gründe veran- lassten ihn, im J. 1S44 die Direction der Dresdener, nachher Leipziger evangelisch-lutherischen Missions-Anstalt zu übernehmen. Es zeugte von der ernsten Auffassung seiner Amtspflichten, dass er in einer fünf- jährigen Reise nach Ostindien (1849 — 53), deren Ergebnisse in einem schönen 1853 — 55 erschienenen füntbändigen Werke vorliegen, sich vollständig über das Missionswesen zu orientieren suchte, und zugleich von seiner ehrlichen und darum allein fruchtbaren Auffassung der Chri- stianisierung Süd-Indiens, dass er sich häufig in dem schärfsten Gegen - satze zu der englischen Missiousweise befand. Ihm war der zwar sehr kostspielige, aber doch sehr zweifelhafte Detailhandel mit Seelen zuwider, dessen Ergebnisse die gewöhnlichen Missionsberichte regi- strieren zu können sich freuen; er sah ein, dass, wenn anders die grossartig begonnenen dänisch-liallischen Missionsanstalten ihren alten Ruhm bewahren und einen entsprechenden neuen erwerben sollten, dann in die Kraft des heidnischen Gegners eingetreten, die Totali- tät der ganzen Stammesbildung ergriffen, die Gründung organischer Nationalkircheu innerhalb des Ileidenthums erstrebt werden müsse. Daher die sorgfältigen Studien über tamulisches Volksthum, welche dem vierten und fünften Bande seines Reisewerkes einen bleibenden Werth verleihen; daher das erfolgreiche Streben, bei der Missions- anstalt in Leipzig eine tamulische Bibliothek zusammenzubringen, über welche er im 7ten und 8teu Bande unserer Zeitschrift berich- tet hat; daher die Veröffentlichung der werthvollen 'Bibliotheca tamulica' (1854 — 56), in welcher er das sprachliche, das philoso- phische und das ethische Studium der tamulischen Litteratur so bedeutend gefördert hat. An Tiruvalluver's 'Kural' mag der gebil- dete Missionar lernen, an welcher Stelle dieses Heidenthums der Hebel angesetzt werden darf. Graul übernahm im J. 1854 die Mit- herausgabe der hallischen Missionsnachrichten ; dass die in Ostin- dien schon hervorgetretenen Conflicte mit den Berufsgenossen sich steigern mussten, verstand sich von selbst und ebenso, dass seine Begeisterung für die Sache wuchs. Als daher 1860 Hardeland an seine Stelle in der Leitung der Missionsanstalt getreten war, siedelte
128) Vgl. Leipz. lllustr. Zeitung 1864 Dec. 17 p. 423 f. (,m. Poitr.)
5*
63 Wissenschaßl. Jahreshe rieht für 18G2 18G7.
er 1861 nach Erlangen über, um die Missiouswissenschaft in den Kreis akademischer Studien einzuführen ; aber schwere Krankheit entzog ihn dauernd diesem Plane. Sein schriftliches Wort fehlte zwar an keiner entscheidenden Stelle; aber die nur tiüchtig und täuschend wiedergekehrte Genesung erlaubte ihm 18G4 eben die Habilitation; die fertig gedruckten „Indischen Sinnptianzen und Blu- men", welche ebenso sehr von seinem dichterischen Talent wie von seiner Kenntniss des indischen Wesens zeugen, fanden ihn bereits auf dem Todesbette. Einem solchen Leben entsprechend hatten Lufhardt^-^^) in grossen Zügen und Hermann -^^') in ausführlicher Darstellung eine bedeutsame Verbindung von wissenschaftlicher und christlicli-praktischer Energie zu schildern. Mit Hermann's Schrift begegnete sich sehr glücklich die von Germann -^^ ), welche, indem sie auf die Geschichte der Anfänge der herrlichen Mission von Trankebar ausgieng, zugleich in Ziegen balg eine Graul wissen- schaftlich (Wie praktisch nicht unähnliche Erscheinung vorzuführen hatte : es sind die viel verheissenden Anfänge der tamulischen Studien, über welche hier gelegentlich berichtet wird, und noch jetzt haben wir Ziegenbalg zu danken, dass er gegen die Bestimmung des l^oo- ses, welches den Missionar Plütschau für das Malabarische auser- sehen hatte, dies Sprachgebiet übernahm. — Demselben Forschungs- gebiete hatte neben seiner ärztlichen Thätigkeit sich der am 5. April 1865 verstorbene Benjamin G u y B a b i n g t o n^'') gewidmet. Gebo- ren am 5. März 1794 in Guy's Hospital empfing er besondere An- regungen durch einen zweijährigen Aufenthalt in Madras seit dem August 1812, wo er sich das Tamulische und auch einige Kenntniss des Sanskrit aneignete, so dass er eine Entzifl'erung der Inschriften von Mahämalaipür unternehmen konnte. Im J. 1817 gieng er zum zweiten Male nach Madras, von wo er jedoch nach mancherlei Ver- wendungen in die Heimat zurückkehrte, da seine Gesundheit ange- griffen war. Er folgte dem Käthe seines Vaters und widmete sich mit grossem Erfolge medicinischen Studien ; doch war sein Sjjrach- taleut und Sprachinteresse zu bedeutend, als dass er das Tamulische hätte vergessen sollen, und er glücklicher Weise in den Besitz von des Pater Beschi Sammlungen gekommen. So bearbeitete er dessen tamulische Grammatik (182'2) und veröffentlichte zu gleicher Zeit auf ähnlicher Grundlage eine Uebersetzung der 'Abenteuer des Guru
128a) HeMOgs thcol. Kealentycl. XIX od. Siii))il. I (18(15) p. 578—584.
28b). Dr. Karl Graul und seine Bedeutung für diu lutherisclie Mission. Von G. HermaiiH. Pastor. CMissionsnachricliten der Ostindisehen Missionsan- stalt in Halle 18. Jahrg.). Halle, Buchh. des Waisenli. 1867, VI u. 23 S. gr. Ö". (n. 20 Ngr.)
28c) Ziegenbalg und Plütschau. Die Gründungsjahre der Trankebarischen Mission. Ein Beitrag zur Geschichte des Pietismus nach handsclniltlichcn Quol- len und Drucken von Willi. Germaim. Krlangen, Doichcrt 1867, VI u. ;52 S. 8". (n. !'/:)#) Vgl. Hauck's theolog. .Jahresbericht III (1867) i). W') f.
29) Vgl. Annual Keport of the Royal Asiatic Society May 1S67, p. XIV f.
Vcrslorhoic Afilfoi-.^rJirr. Alhicmrhi ludiscJirs. 69
Paraniartaii', beaclitcnswcrth ziiglcicli als der erste Londoner tamu- lisehe Druck. Auch ein Wörterbuch des Tamulischen scheint er beabsichtigt zu haben ; wenigstens hatte er sich das handschriftliche Lexicon lusitano-latino-tamulicum Beschi's und ein wahrscheinlich von demselben herrührendes Dictionarium tamulicum et latinum, ebenfalls Manuscript, beschatft. Im J. 1826 wurde er Ehrensecretär der Royal Asiatic Society; 18-31 lieferte er für den Oriental Trans- lation Fund eine Uebersetzung der tamulischen 'Vetäla pancavingati', womit er von der morgenländischen Schriftstellerei Abschied genom- men zu haben scheint.
Neben diesen indischen Specialforschern mögen wegen ihrer Verdienste um Indiens Erkentniss überhaupt, besonders in geogra- phischer Beziehung, dankbar noch genannt werden Hug'h Fal- coner, gest. am 31. Januar 1865 in London, und Sir George E V e r e s t *-•'•'), gest. ebendaselbst am 1. December 1866. Der erstere, am 29. Februar 1808 geboren, kam 1830 nach Indien, wo er man- nigfach Gelegenheit fand, den Himälaya zu bereisen und Afghanistan näher kennen zu lernen, obgleich die darüber veröffentlichten Reise- berichte an geographischem und geschichtlichem Detail nicht eben reich sind ; der andere, der durch die Vermessung Ostindiens berühmt gewordene Everest, geb. am 4. Juli 1790 in Gwerndale (Brecon), gieng, besonders in Woolwich gebildet und die reichsten Hoffnungen erweckend, schon 1806 nach Indien. Raffles übertrug ihm während der englischen Occupation Java's die Durchforschung dieser Insel 1814 — 16, bei welcher Gelegenheit er Crawfurd nahe trat; nach Bengalen zurückgekehrt, beschäftigten ihn zunächst besonders tele- grfa.phische Projecte der Regierung, doch bereits 1818 wurde er Colonel Lambton's Gehülfe bei der Leitung des 'Great Trigonome- trical Survey of India', welche nach Lambton's Tode (1825) ihm vollständig zufiel und mit Ausnahme eines durch seinen Gesundheits- zustand gebotenen Aufenthalts in England bis zum J. 1841 in gross- artiger Weise ausgeführt wurde. Die zwei Quartbände des 'Mea- surement of two sections of the meridional arc of India', nämlich vom Himälaya bis zum Cap Comorin (1847), und eine Menge klei- nere Mittheilungen, besonders in dem Journal der Asiatic Society of Bengal zeugen von der Grossartigkeit und Umsicht des Unter- nehmens. Als Everest im December 1843 Indien verliess, trat Waugh an seine Stelle und dieser hat mit bereitwilliger Anerken- nung das grosse Verdienst seines Vorgängers durch die Bezeichnung des höchsten bis jetzt sicher gemessenen Himälaya-Gipfels von 29,002 engl. F. als 'Mount Everest' dessen Namen verewigt.
Die hinterindische oder indochinesische Culturwelt ist in dieser Todtenliste durch zwei Namen vertreten. In Laos starb am 1 0. No-
29a) Vgl. Sir Roderick J. Murchison in Adress at the anniversary mee- ting of the Royal Geographica! Society 27th May, 1807 p. 185 f; Annual Re- port of the Royal Asiatic Society, May 1867 p. XVI f.
70 Wissensclwftl Jahresherkht für 1862 Ms 1867.
vember 1861 der aus Mömpelgard gebürtige Naturforscher Henri Mouhot, dessen während der drei Jahre 1858 — 60 gesammelte Beobachtungen über Slam , Cambodja und Laos englisch in zwei Bänden nach seinem Tode erschienen sind und weiterhin mit Aner- kennung zu nennen sein werden. Neben ihm ist der Begründer der siamesischen Studien zu nennen, Jean-Baptiste Pallegoix, Bischof von Mallus, gest. Anfang September 1862. Er war am 28. October 1805 geboren, gieng 1830 als Missionar nach dem durch frühe jesuitische Thätigkeit gewonnenen Siam, wurde 1838 aposto- lischer Vicar und bald darauf Bischof. Seine Missionsthätigkeit veranlasste ihn zu grammatischen und lexikalischen Darstellungen des Siamesischen. In der 1850 zu Bangkok erschienenen Sprach- lehre überholte er weit Low's Werk vonl82S; in dem Wörterbuch (Paris 1854} lieferte er eine erste und lange ausreichende Grund- lage. Gleichzeitig mit dem letztern erschien zum Besten der Mis- sion eine Beschreibung Slams, das seit La Loubere's Darstellung wieder am bequemsten orientierende Werk. Welchen Antheil er an der in Bangkok 1849 erschienenen siamesischen Bearbeitung der biblischen Geschichten habe, ist mir nicht bekannt; aber seiner Missionsthätigheit ist es ohne Zweifel zuzuschreiben, dass Mongkut, der 'Rex Siamensium' (wie er als Kenner des Lateinischen selbst zu zeichnen pflegt), dem Christenthum und insonderheit dem katho- lischen sich so geneigt zeigt.
Einen tüchtigen, ihm aus Deutschland gekommenen Forscher hat das holl ändische Ostindien in Franz Wilhelm Junghuhn ^^^), gestorben am 24. April 1864 in Lembang auf Java. Ueber sein inte- ressantes Leben und Wirken hat /u-oon^^) berichtet. Er war am 26. October 1812 in Mansfeld geboren, trat als naturwissenschaftlich tüchtig gebildeter Arzt in den Dienst der preussischen Armee, flüch- tete aus Ehrenbreitstein, wo auf zwanzig Jahr gefangen zu sitzen er in Folge eines Zweikamjtfes verurtheilt Avar. nach Algier und gieng von dort verwundet im October 1835 nach Batavia. Glücklicher- weise Hessen seine Dienstverhältnisse zur holländischen Colonialregie- rung ihm hinreichende Zeit zu naturwissenschaftlichen und ethnogra- phischen Forschungen und seit seinem Aufenthalt auf Sumatra (1840) begann er recht eigentlich die Batta's für die Wissenschaft zu ent- decken, nicht ohne Lebensgefahr, denn er hatte es mit Menschen- fressern zu thun. Seit 1842 unternahm er zunächst mit eigenen Mitteln, dann 1846 von der Regierung ausdrücklich beauftragt und unterstützt die geologische Durchforschung Java's, wohin er zurück- versetzt worden war. Die Resultate der 1848 abgeschlossenen Un-
130) Vgl. lUustr. Zeitung 1864 Sept. 3 p. 168. 31) Lcvensschets van F.W. Junghubn door A. W.Kroon. Overgcdruckt uit het Tijdschrift 'de Dageraad.' Aiiistcrdain 1864, 48 S. 8". m. Portr. ; deutsch bearbeitet: Lebensskizzc des Naturforscliers F. W, Jungbuhn. Nach dem „Da- geraad", Ausland 1864 no. 48 p. 1142-47.
Vcrstorlieiie Mitforschcr. Chinesisch. 71
tersuchungeii stellte er währeud des ihm bewilligten Urlaubs zu einer Erholungsreise nach Europa (1849) von Holland aus für die Veröffentlichung zusammen und es ist bekannt, in welchem bedeu- tenden Grade, besonders in geologischer und botanischer Beziehung, die Kenntniss der wichtigen Insel durch ihn erweitert oder eigent- lich begründet worden ist. Die Jahre nach seiner von ihm selbst geschilderten Rückkehr nach Java (1855) nahm die wichtige Pflege der ChinaiDflanzuugen in Anspruch, über welche er mit de Vrij be- richtet hat; weiteren wissenschaftlichen Forschungen hat den ener- gischen Mann ein durch anspruchsvolle Lebensschicksale und Klima vor der Zeit herbeigeführter Tod entrissen.
Auch die Reihen chinesischer Forscher haben sich etwas gelichtet, ohne dass augenblicklich ein reicher Nachwuchs vorhan- den wäre, den vielleicht eine günstige internationale Temperatur bald schaffen wird. Obgleich bei weitem grösser au gerechtem Ruhm auf dem Gebiete der Mathematik und Phj-sik ist zunächst j e r. n BaptisteBiot zu neni.^u, gest. am 3. Februar 1862, der Vater des im Tode ihm bereits 1850 vorangegangenen verdienstvollen Sinologen Edouard Constant Biot's. Ueber seine wissenschaftliche Thätigkeit haben Jaubert^'^^) und Lionvüle^^) gehandelt. Wie der jüngere Biot lediglich von praktischen Interessen aus zu wissenschaftlich sehr bedeutenden chinesischen Forschungen fortschritt, so Biot der Vater von der Geschichte seiner Specialwissenschaften aus. So war er seit 1829 mit ägyptischer Astronomie beschäftigt, für welche er unter Anderem auch 1846 und 1853 scharfsinnige Untersuchungen lieferte; den Schwerpunkt seiner unsern Wis&enschaftskreis berüh- renden Forschungen bilden aber die Arbeiten über chinesische A'^tro- nomie seit 1840 bis zu seinem Tode, und wenn das einzig sichere Merkmal der wirklichen Bedeutung irgend einer Forschung deren Einwirkung auf benachbarte Gebiete ist, so kann die Sanskritphilo- logie, soweit sie sich mit Astronomie beschäftigt hat, Biot bei aller Abweichung der Ansichten ein glänzendes Zeugniss nicht versagen. — Durch massenhafte Leistungen hat sich J. M. C a 1 1 e r y ^ ^) gest. als 'Secretaire-Literprete de l'Empereur' im Mai 180 2, an der P'örde- rung der chinesischen Philologie betheiligt. Sein 1841 zu Macao in zwei Quartbänden erschienenes 'Systema phoneticum' gab ein pho- netisch geordnetes Wörterbuch der chinesischen Sprache; 1846 begann er ebendaselbst mit einem leider nicht weitergeliihrten ersten Bande ein inhaltreiches encyklopädisches Werk. Sehr wichtig ist seine Ausgabe und Bearbeitung des Li-ki (Turin 1853), des älte- sten und wichtigsten Ceremonialbuchs der Weltlitteratur. Im fol- genden Jahre (1854) erschien von ihm und Yvan in London eine
32) Le Correspondaut N. S. T. 19 (1862) p. 371—379.
33) im Journ. des Sav. 1862 avr. p. 251 f.
34) Kurze französische Biographie eines unbekannten Vfs. mitgetlieilt von A. Severini iu Eivista Orientale I (Firenze 1867, 8") p. 637—641.
72 Wissenschaftl. Jalireshcriclil für 1SG2— 1867.
Geschichte der Tai-piiig-Ecvolutioii, meines Wissens das letzte grös- sere Werk von ihm ; ausserdem arbeitete er au der Nouvelle Revue eucyclopedique und anderen Zeit- und Sammel Schriften. — Ihm folgte ins Grab am 5. Januar 1863 Antoine Pierre Louis Bazin, seit 1842 Professor des Vulgär-Chinesischen an der l^cole des lan- gues orientales Vivantes in Paris. Die in-aktischen Interessen zuge- wendete Familie, aus welcher er 1799 in Saint-Brice geboren war, hatte ihn für das Rechtsstudium bestimmt; aber durch Stanislas Julien's Unterricht ward er ein eifriger Förderer der modernchine- sischen Philologie. Das Journal Asiatique brachte eine Reihe der werthvollsten Arbeiten von ihm; hier erschienl834 das chinesische Soubrettenlustspiel Tschao-mei-hiang als Beispiel der dramatischen Litteratur der Mongolenzeit, welche er vorzugsweise studierte und von der er ein Bild in einer Auswahl von Theaterstücken 1838 gab. Es folgte das interessante Schauspiel Pi-pa-ki (1841), dann aber im Journal Asiatique von 1850 — 52 das auch besonders abgedruckte 'Siecle des Youen', eine wahre Fundgrube für unsere Kenntniss der chinesischen Litteratur, besonders der dramatischen in der Mongo- lenzeit , wozu man noch seine gelegentlichen Bemerkungen in 'La Chine moderne' zu halten hat. Es war natürlich, dass Bazin mit dem Studium der social am meisten charakteristischen Poesiegattuiig das der gesellschaftlichen Einrichtungen in China verband ; so ent- standen die schönen Untersuchungen über chinesische Verwaltungs- und Municipaleinrichtungen (im Journal Asiatique von 1854) und über die religiösen Orden (ebenda 1856). Aber auch in rein sprach- lichen Arbeiten leistete er Bedeutendes: auf die Untersuchung der Grundprincipien des Vulgärchinesischen (1845) folgte als reichste Frucht die 'Grammaire mandarine' (1856). — Neben ihm nennen wir unser Mitglied, den am 10. September 1865 in Dresden ver- storbenen kgl. sächsischen Oberhofprediger und Landesconsistorial- rath J. E. R. Käu ff er, der auf ganz anderem Wege zur Beschäf- tigung mit China gelangt war. Seine schöne 'Geschichte Ostasiens' (in drei Bänden 1858—60 erschienen;^ ist das Denkmal gründlichen Fleisses und edler Humanität-, was diesen milden Geistlichen und bescheidenen Gelehrten für die orientalische Wissenschaft, kennzeich- nete , war der tiefe humane Zug , den abgelegenen , gleichsam von dem Lebensgebiet der höhern bewegten Cultur ausgeschiedenen Völ- kern ihre Stellung und Aufgabe in dem Weltplane und unter den Augen der Vorsehung anzuweisen.
Käufers geschichtliche Arbeiten hatten auch das Jap an 1 sc h o eingeschlossen, welchem der hervorragendste Forscher in Philipp Franz v. SiebohP^^) am 18. October 1866 in München dahin- starb. Die Traditionen seiner Familie in Würzburg, wo ei- am 17. Februar 179('. geboien war, wiesen ihn auf Medicin und Naturwis- senschaften und diese führten ihn im Februar 1823 nach Batavia
135) Vgl. UnsPi-e Zeit, Ncuo Folge III, 1 (1867) p. 228 f.
Vcr.ttorlenc J^fitforsolicr. Japancfiisch. 73
und sechs Monate später mit einer hollündisclicn Gesandtschaft nach Nangasaki. Von liier ans , die strengen Schranken des Völkerver- kehrs geschickt oder mit wissenschaftlicher Energie durchbrechend, sammelte er mit gleich grossem Erfolge Naturerzeugnisse wie Sprach- und Litteraturkenntnisse, sodass er bereits 1824 über die Naturge- schichte von Japan und 1826 ein Compendium der japanischen Grammatik schrieb. Sein rastloser wissenschaftlicher Eifer brachte ihn gelegentlich seines Aufenthaltes in Jeddo in Lebensgefahr, so dass er 1830 nur mit grosser Mühe Japan verlassen konnte. Es folgte die Ordnung der schönen Sammlungen , welche eine Zierde Leydens ausmachen , und die Veröffentlichung einer grossen Keihe naturwissenschaftlicher , geschichtlicher und philologischer Werke über Japan, unter denen für uns die 'ßibliotheca Japonica' (1833 — 41 in 6 Bänden) und die 'Isagoge' dazu (1841) besonders wichtig sind. Ein zweiter Aufenthalt in dem grossen östlichen Inselreich 1859 — 62 gab ihm Gelegenheit, sich in erfolgreichster Weise für die Er- öffnung von fruchtbaren Verbindungen zwischen Japan und Europa nützlich zu machen und eine bedeutende ethnographische Sammlung zu bilden, welche, da er heimgekehrt seinen Wohnsitz in Würzburg nahm, von der bayerischen Regierung erworben wurde. Der Besitz derselben wurde leider dadurch verbittert , dass Siebold sich bei ihrer Aufstellung in München durch Erkältung eine tödtliche Krank- heit zuzog. Dass unsere D. m. G. den vom Kaiser von Frankreich und vom Taikun von Japan gleich hochgeschätzten Mann zu ihren correspondierenden Mitgliedern zählen durfte, war ein Ruhm, den sie mit den ersten Academien Europa's theilte. — Ehe wir diese Reihenfolge asiatischer Forscher abbrechen, mag noch der durch seine botanischen Reisen verdiente Theodor Kot schy^^^^), gest. in Wien am 11. Juni 1866, ehrenvoll genannt werden, der in Russegger's Weise den semitisch-turanischen und den chamitischen Orient verbindend, zugleich die Gruppe der heimgegangenen Afrika- forscher eröffne.
Obgleich fast ausschliesslich Botaniker, verdient Kotschy doch besonders von Seiten der afrikanischen Geographie nähere Aufmerk- samkeit; durch Untersuchung der Tinne'schen Pflanzensannnlungeu ist er zu dem schönen Resultat gelangt, dass die Pflanzenwelt der Obern Nilquellländcr und der Westküste Afrika's im Wesentlichen identisch sei, mithin durch grosse Centralgebirge gar nicht von ein- ander geschieden sein könne. Natürlich werden auch durch die geistreichsten Hypothesen nicht die Räthsel gelöst, welche gerade an dieser Stelle unser Erdtheil so spröde stellt, aber nicht allein spröde;, sondern geradezu grausam. Denn die Namen der heimgegangenen Forscher, welche wir hier zu nennen haben, sind fast durchweg Erinnerungszeichen blutiger, gewaltiger Schicksale, welche bisweilen nicht einmal durch den Trost der Gewissheit gemildert werden. Ueber
135a) Vgl. Unsere Zeit 11, 21 (1866 Nov.) p. 713 f.
74 Wissenschoftl. Jahresbericht für 1862 bis 1867.
den jugendfrischen Eduard Vogel (geb. 7. März 1829 in Leipzig), der kühn Heinrich Barth entgegen gezogen und am 1. December 1854 auch im Walde von Bundi überraschend begegnet war, waren lange die widersprechendsten Nachrichten im Umlauf i^^), welche auch nicht die Aussagen der Diener ganz aufldärten 3^), bis dann weitere Bestätigungen seines Todes kanien^^), wenn auch die Hollän- derin ]\lad. Tinne und Hennann Schubert aus Leipzig '■^'■^), welche auf Kunde von Vogel ausgezogen waren, in dem Ländergebiet west- lich von Bahr al-Ghazal gleich andern sogleich namhaft zu machen- den Männern vor der Erreichung des Ziels dahin starben. Er musste jetzt in aller beglaubigten Form für einen Todten gelten: seine geistreiche Schwester ^^j erzählte nun in schmerzlicher Aus- führlichkeit von ihm undGrad*^) gab dem französischen Publicum einige Notizen. Die Zeit nach dem 1. December 1855, wo er nach Kuka gelangte, wie wir noch durch ihn selbst wissen, bis zu seinem bald darauf erfolgten Tode ist jetzt durch ziemlich sichere Nach- richten aufgehellt: gegen Ende des Januars 1856 kam er nach Wara, der Hauptstadt Wadai's und wurde in der ersten 'Hälfte des Februar (genauer um den 8ten) auf Befehl des misstrau. sehen oder habsüch- tigen Sultans niedergehauen. — Die Ungev-issheit seines wie eine Zeit lang auch Barth's Schicksals veranlasste, wenngleich wie es scheint anlänglich mehr in Colonisationsintcressen den muthigen und zu geographischen Entdeckungsreisen besonders begabten M o r i z v.
136) Nachrichten über Ed. V^ogel's Schicksal von der Munzinger'schen Ex- pedition, Petermann's Geogr. Mitth. 1862, IX p. 340 — 350. — Keue Nachrich- ten über E. Vogel's Schicksal, von Werner Munzingcr, Zeitschrift f. allg. Erdk. XIII (1862) p. 140—147. Vgl. Hunzingers Bericht über Dr. E. Vogel's Schick- sal in Wadai, Wissensch. Beilage der Leip. Zeitung 1862 no. 7.
37) Die Aussagen des überlebenden Dieners Dr. Eduard Vogel's über den Tod seines Herrn. Von //. Barth, Zeitschrift f. allg. Erdk. N. F. XIV (1863) p. 248— 26') ; dazu : Memorandum. Von Cr. F. Hermann, ebend. p. 260 — 264. — Eduard V^ogel's Tod bestätigt durch seinen überlebenden Diener, Peterniann's Geogr. Mitth. 1863, VI p.225— 228.;— Interrogatoirc de Mohammed ben Slinian, dernier survivant de l'cxpedition d'Edouard Vogel. Par V. A. Malte- Brun ^ Nouv. Annales des Voyages 1863 Juni p. 264 — 272. — O. Ule, Die neuesten Mit- theiluiigen über den Tod Ed. Vogels , Natur von Ule und K. Müller 1863 No. 29. — Die jüngsten Nachrichten über E, Vogel, Wiss. Beil. der Leipz. Zeitung 1863 No. 42. — Neueste Nachrichten über Dr. Vogel und Iferrn v. Bourmann, Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. XIV (1863) p. 144.
38) Weitere Bestätigungen über Dr. Vogel's Tod , Ausland 1863, No. 46 p. 1090 f. — Dazu: Zwei Briefe aus Afrika über die Ermordung von Ed. Vogel, ZdDmG. XVIII (1864) p. 323—329.
39) Brockh. Deutsche A. Ztg. 1864 vom 25. Mai, No. 239 Feuill.
40) Erinnerungen an einen Verschollenen. Aufzeichnungen und Briefe von und über Eduard Vogel. Von Elise Polko. Leipzig, Weber 1863, VIII u. 231 8. 8". (n. 1#. ) Vgl, Petermann's Geogr. Mitth. 1863, VI p. 237; Athenaeum 1863 Jiily 11 p. 41 f.; Reader 1863 No. 2L p. 500 f. ; Saturday Review 1864 Febr. 20 p. 239.
41) Edouard Vogel, sa vie et scs travaux. Par Cli. Grad, Nouv. Annalcs des voy. 1865, May p. 185—201.
Verstorbene Mitforscher. Afrikaiiinch, 75
Beurmanii; ebenfalls nach Afrika aufzubrechen: aber auch sein vorzeitiger gewaltsamer Tod ist nun bestätigt ^^^), den wir um so mehr beklagen, je bestimmter wir jetzt besonders durch Ifetw^^) Darstellung lernen, was wir an dem strebsamen Jünglinge verloren haben. Dem in Potsdam am 28. Juli 1835 geborenen, durch den correcten aber wohlwollenden Ernst des Vaters und die geistvolle Frische der Mutter in die besten Bildungswege geführten jungen Manne genügte das Officierleben nicht, obgleich er sich für die in- teressantere Ingeuieurlaufbahn entschieden hatte; in dem Garnison- leben von Erfurt, Luxemburg und Neisse zeitigten seine durch die Kenntnissnahnie der Barth'schen Reise befestigten Pläne und die Demobilisierung 1859 führte den Entschluss herbei seinen Abschied zu nehmen. Das Wintersemester 1859 — GO benutzte er zu den ernstesten vorbereitenden Studien in Breslau und begab sich mit einer fast seltsamen Entschlossenheit sich ganz auf sich selbst an- weisend, im März 1860 nach Alexandrien. Von da ab gehört sein Leben der geographischen Wissenschaft und die geographischen Zeit- schriften von Gotha und Berlin haben seiner Zeit berichtet, wie er 1861 besonders das Land der Bogos bereist, 1862 über Murzuk und Kuka; um wenigstens Vogel's Papiere zu retten, sich nach dem gefährlichen Gebiete von Wadai gewendet habe ; schliesslich kann es aber als durch Petherick's und Fiohlfs' Erkundigungen festgestellt gelten, dass er durch die Leute des Statthalters von Ma'ö sehr wahrscheinlich auf Veranlassung des Sultans von Wadai, welcher V. Beurmann wegen seines Verkehrs mit dem flüchtigen Prinzen Edris nicht traute, in der zweiten Hälfte des Februar 1863 getödtet worden sei — ein jugendlicher 'Pionier der Wissenschaft'! — Für dieselbe Aufgabe fiel auch Dr. Steudner aus Schlesien, aber in rascher Krankheit, am 10. April 1863 im Dorfe Wau unweit von Bongo. Er nahm Theil au der v. Heuglin'schen Expedition, welche gegen die ursprünglich festgesetzten Instructionen den Weg nach dem östlichen Lmer-Afrika über Abessinien einschlug, drang so den Bahr el-Ghazal hinauf bis in den See Rek vor und wandte sich dann nach
142) Die Bestätigung der Todesnacliricht des Herrn Moritz v. Beurmann. Von H. Barth, Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. XV (1863) p. 538—543. — Das Schicksal des Afrikiireisenden Moriz von Beurmann, Westermann Illustr. Monatsh. XV u. 87 (1863 Dec.) p. 352 f. — Moriz von Beurmann's Tod nebst Ueber- sicht seiner Reise (1861 — 63) so wie derj. von Overweg (1850 — 52), Vogel (1853—56) und Steudner (1861—63*, Petermann in den Geogr. Mitth. 1864, I p. 25 — 30. Dazu eine Karte.
43) Vgl. die biographische Notiz in der Europa 1863 no. 46 Wochen- chronik p. 719 f. und jetzt: Glossar der Tigre-Sprache, wie sie bei Massaua gesprochen wird, gesammelt von Moritz v. Beurmann. bearbeitet und mit einer grammatischsn Skizze und einem Lebeusabriss des Sammlers herausgegeben von Dr. A. Merx. Abgedruckt aus dem sechsten Jahresbericht des Vereins von Freunden der Erdkunde zu Leipzig (Leipzig, Hinrichs 1868 gr. 8°) p. 87 — 111.
44) Vgl. Petermann in Reader 1863 No. 31 p. 117 ; AVestermann's Mo- natshh. 1863 Sept. p. 670.
76 ^yi.<.■f!evsc7>oftI. Jahrcshcrlcht für 1862 Us 1867.
Boiigo, in dessen Xälie er erlag: von seinen durch Petermann und Koncr vcrött'entlichten Reisenotizen , unter denen die Briefe an H. Barth besonders beachtenswerth sind , wird weiter unten die Rede sein. — Im Besitz älteren Ruhmes starb am 20. Juli 1863 zu Schemnitz in Ungarn Joseph von Russegger i*^) aus Salzburg, wo er am 18. November 1802 geboren war. Als ein wissenschaft- lich und praktisch tüchtig gebildeter Bei'gmann erhielt er 1835 den Auftrag, eine von Mehemed 'Ali angeordnete bergmännische Expe- dition zur Untersuchung des Vicekönigthums zu leiten. Er erfüllte 1836 — 38 diesen Auftrag, indem er zugleich Kordofan und Nubien und auf der Rückreise auch die Sinaihalbinsel und Palästina in den Kreis seiner Forschungen zog, und so entstand neben seiner mannigfachen Amtsthätigkeit (er war zuletzt Berg- und Forstdirector von Nieder- Ungarn) das wichtige Reisewerk in sieben Bänden (Stuttgart 1841 — 50). Während diesen und den dazu gehörigen in Zeitschriften zerstreuten, meist mineralogischen Specialuntersuchuugen der Cha- rakter praktischer Ruhe und nüchterner Besonnenheit anhaftet, er- scheint mehr keck genial John II an ning Si)eke **'), den die bit- tere Ironie eines traurigen Zufalls uns am 15. September 1864 entriss: er, der kühne Jäger und Soldat, der sich mit Sikhs und Somalis wacker geschlagen, der die Gefahren indischer und central- afrikanischcr Reisen glücklich bestanden, starb bei Corsham in Wiltshire auf der Jagd durch zufällige Entladung des Gewehres, 37 Jahr alt (er war am 4. Mai 1827 zu Orleigh-Court in Devon- shire geboren). Sir Roderick Murchison hat Recht, bei seiner Nation ein Denkmal für ihn zu befürworten, denn sein Leben ist in der fruchtbarsten und ruhmreichsten Weise mit der Lösung einiger geo- graphischen Hauptprobleme verknüpft. Als Offizier der indischen Armee (seit 1844) hatte er Gelegenheit sich an Strapazen und fremde Nationalitäten zu gewöhnen und nach dem Pendschabfeldzuge von 1849, an welchem er rühmlich theilnahm, einzelne noch nicht genü- gend erforschte Partien des Himälaya topographisch und naturwis- senschaftlich zu untersuchen. So zur Ausführung schwieriger wis- senschaftlicher Reisepläne vorbereitet, wollte er mit dem ebenfalls aus der indischen Armee hervorgegangenen und durch eine bedeu- tende arabische Reise erprobten Burton 1854 das Somaliland unter- suchen ; aber bei einem nächtlichen Ueberfall schwer verwundet wie Burton, musste er diesen Plan aufgeben, ebenso den zur Erforschung der Thierwelt des Kaukasus, zu welchem er genesen sich den Weg durch Theilnahme an dem mittlerweile beendigten Krimfeldzuge zu bahnen hoffte. Unterdess bot Burton, der von Zanzibar aus zu den grossen Binnenseen Afrikas vordringen wollte, ilim 1857 will- kommene Gelegenheit zu einer seine sonstigen afrikanischen Entwürfe
145) Vgl. Unsere Zeit von Brockhaus 1863 no. 81 p. 592. 46) John Haniiing Speke, Englishman'sMngazine I (1865 Jan.) Art. 10. Westermann's Illustr, Monatsh. 1864 no. !)8 p. 224.
Verstorbene Mit forscher. Afrikanisch. 77
berührenden und seine Geistesgegenwart und Energie vollauf in An- spruch nehmenden Keise, und als Burton erkrankte, stellte er sich die schöne Aufgabe, den Nyanza-Ukerevve allein zu untersuchen. Wie fruchtbar die hier gewonnene Gewissheit, dass dieser See einen mächtigen nördlichen AbÜuss habe, auf die llesultate einer späteren, seit 1860 mit Grant unternommenen Reise einwirkte, wird sich wei- terhin bei Besprechung der Versuche zur Auffindung der Niiquellen zeigen, mit welchen Speke's Name dauernd verbunden ist. In das- selbe Jahr, wie wir verspätet erfahren haben, fiel der TodLadis- las Magyar's^^^'), gest. am l'J. November 18G4 zu Cuju in Ben- guela, und zu gleicher Zeit der Balf our Baikie's'^^) gest. 20. No- vember 1864 in Sierra Leone, als ein etwa Vierzigjähriger, nach der Heimat und nach Genesung verlangend. Dieser ausgezeichnete Erforsclier des Nigergebietes, das er besonders 1854 und 1857 besucht liatte und dem neben den Ergebnissen für die geographische Wissenschaft als Consularagenten ein geordneter Handelsverkehr und die Abschatfting des Sclavenhandels am Herzen lagen, hatte 1862 auf einer Reise nach Kauo das Glück, einige von Eduard Vogels Büchern zu erhalten und zugleich über den Verbleib der übrigen in Sinder zu hören. Nach den vorläufigen wichtigen Mittheiluugen in dem Journal und den Proceedings der Londoner Royal Geographi- cal Society darf man um so dringender und gespannter die Veröffent- lichung seines Nachlasses erwarten. — Auf Baikie's Tod folgt der beklageuswerthe Untergang der von der Decken'schen Expedition '^'•''). Baron Karl Klaus von der Decken (geb. 1833 zu Kotzen in der Mark Brandenburg) hatte den Dienst im Hannoverischen Köui- gin-Husareuregiment, auf welchen er durch seine Abstammung väter- licher Seite hingewiesen war, aufgegeben, um nach Verabredungen mit Barth und in Anlehnung an die Reisen von Speke, Grant und Röscher seinen Neigungen gemäss einen schönen Vorrath von äus- sern Mitteln und tüchtiger Begabung der Erforschung Afrikas zu widmen. Es ist bekannt, wie er in vier theils gelungenen, theils gescheiterten Expeditionen die Kenntniss des continentalen In- nern erweiterte und besonders , die Angaben der Missionäre bestä- tigend und die Zweifel der strengen Wissenschalt beseitigend, den Kilima Ndscharo als Schneeberg erwies. Die fünfte Expedition schien den Vorbereitungen nach die besten Erfolge zu versprechen. Am 15. August 1865 fuhr v. d. Decken mit dem eigens für diese Entdeckungsreise construierten und in Stücken um das Cap transpor- tierten Dampfer '•Weif den Dschuba (wenig südlich vom Aequator)
146a) Vgl. Petermanns Geogr. Mitth. 1868 no. 1 p. 41 f.
47) Vgl. Atlienaeinu 1865 Jan. 14 p. 55 und danach: Dr. W. B. Baikie (Nekrolog), Ausland 1865 no. 6 p. 133 — 135.
47a) Untergang der v. der Decken'schen Expedition , September 1865. Mit einer Uebersicht der Reisen des Baron v. der Decken an der Ostküste von Afrika 1860 bis 1865, Putermanns Geogr. Mitth. 1866 lieft II. p. 66-77
78 WisxenschaftL JaJn-eshcr/rhf für 1SG2— 1S67.
hinauf, aber das Fahrzeug wurde auf dem gefälirliclicn Strome am 26. September leck. Indess v. d. Decken mit Dr. Link und eini- gen Inländern nach Berdera auf einem ßoot nach Hülfe fuhr, wur- den die zurückgebliebenen am 1. October Nachmittags von Somalis überfallen, zwei von ihnen erstochen und die übrigen zur Flucht gezwungen : sie gelangten unter grosser Koth nach Zanzibar. Der Baron und Link scheinen ihren Tod indess in Berdera gefunden zu haben. — Während dies in der Nähe des Aequators geschah, traf im fernen Norden die afrikanische Wissenschaft ein anderer har- ter Sciilag: am 25. November 18G5 starb in Berlin nach kurzer Krankheit Heinrich Barth, dessen Bild mit theilnehmcnder Treue sein Freund Ä'bnf>' ^^*) zeichnete und auch sonst vielfache ArtikeH^) den weitesten Kreisen noch einmal nahe rückten. Es ist fast überflüssig, daran zu erinnern, was dieser ausserordentliche IMann in einem Alter von 44 Jahren für die Geographie, Völker- und Sprachenkunde Afri- ka's geleistet hat; wie dem in Hamburg am 21. Febr. 1821 geborenen und zunächst dort gebildeten, dann seit 1839 in Berlin studierenden Jünglinge frühzeitig ein Ideal der culturgeschichtlichen und geogra- phischen Forschung vorschwebte, das sich durch früh unternommene Reisen immer concreter gestaltete •, wie die ursprünglich beabsichtigte Erkenntniss der Länder des Mittelmeers und ihrer Wechselbeziehun- gen mit besonderer Rücksicht auf die Entfaltung der griechisch-römi- schen Cultur unter Bunsens und Ritters Anregungen seit dem November 1849 bis zum Sommer 1855 vor einer epochenden Entdeckungsreise in Inner-Afrika fast vollständig zurücktreten musste ; wie aber in diesen sechstehalb Jahren durch ihn eine Wegelänge von nahe an 2000 M, zurückgelegt und ein Ländergebiet von weit über 170,000 Q M- theils persönlich erforscht, theils durch Erkundigungen unserm Wis- sen näher gerückt wurde (vgl. meinen Bericht für 1857 und 1858, ZdDmG. XVII 202 f.); wie er nach der Bearbeitung seiner massen- haften afrikanischen Notizen wieder zu seinem ursprünglichen Plane zurückkehrte und auf neuen Reisen zunächst Kleinasien, die euro- päische Türkei, Dalmatien und Montenegro zu durchforschen begann. Wer dies alles anerkennend erwägt, begreift leicht und theilt wol die tiefe Verstimmung des hochverdienten Mannes, der bestimmt Avar, in den wissenschaftlichen Corporationen der norddeutschen Metropole unter den Ersten geehrt zu werden, und den es verdross, dass ein aufgefundenes Pergamentblatt oder der Nachweis einer neuen Schlan-
148) Heinrich Barth. Voi-trag gehalten in der gcograpliisclien Gesellschaft in Berlin am 19. Jan. 11SG6 von Dr. W. Koner, Prof., Zeitsclirift der Gesell- schaft für Erdk. in Berlin 1 (18GG) p. 1—31 und ))osonders abgedruckt: Ber- lin, D. Reimer 1866, 31 S. gr. 8". (n. 5 Sgr.)
49) Henry Barth , sa vie et ses ecrits , Economiste fran(,'ais 1866 , Janv. 25; danach der Artikel im Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1866 No. 7 p 88 f. — Heinrich Barth (Nekrolog), Wissenschaftl. Beilage zur Leipziger Zeitung 1866 No. 15; Unsere Zeit, neue Folge I (1865) p. 953 — 955 (wo eine Autobiographie) ; Pctcrniann's Geogr. Mitth. 1865 Heft Xl p. 429-431.
Verstorhene Mitforsrlier. Afrikanisch. 79
geuart höher geschätzt zu werden schien, als entdeckte colossalc Länder- und Völkergebiete. — Das JahrlSGG weist unsers Wissens keinen Todestag eines afrikanischen Reisenden und Forschers auf; aus dem folgenden Jahre sind die Namen Charles John Anders- son's ^'^^■') der, Sohn eines englischen Vaters und einer schwedischen Mutter, ein halber Romantiker, am 5. Juli 1867 südlich von Cunene starb, und des Baron Henri Aucapitaine^^^"') aus La Rochelle, wo er 1832 geboren war, gest. im August 1867, verdient durch man- nigfaltige Mittheilungen über die Berbern, besonders in den Zeit- schriften der geographischen Gesellschaft von Paris, zu nennen. Allen diesen kühnen Männern müssen wir mit Auszeichnung die wacker thätigen Missionäre anreihen, aus deren gerade auch in Afrika hoch- zuschätzenden weil auch für die Wissenschaft vorkämpfenden Reihen Robert Moffat, der Schwiegervater Livingstone's, gest. am 8. Au- gust 1862 bei Kuruman in Südafrika , und Heinrich Klein- schmidt^^^'^) aus Westphalen, nach 25jähr. Missionsthätigkeit gest. am 2. September 1864 zu Otjimbingue in Neu-Barmen im Damara- lande, geschieden sind. — Unter den stilleren Hieroglj'phenforschern sind zwei gestorben : im Sommer 1862 in Göttingen M a x U h 1 e m a n n , ein fleissiger Arbeiter, der viel Mühe und manchen Scharfsinn an ein falsches System gewendet und sich daher, ohne es selbst bestimmt zu wissen, die Freude am Schaffen verbittert hat, und Ende 1867 in Rom der Cardinal Aloysius Maria Ungarelli, der Erklä- rer der römischen Obelisken (184:2).
An Widerspenstigkeit gegen eindringende Forscher ist dem opferverlangenden Afrika Australien nicht unähnlich ; für dessen wissenschaftliche Eroberung sind der keckabenteuerliche 42jährige Robert 0 ' H a r a B u r k e und sein wissensdurstiger 2 8jähriger Begleiter John Will s bald nach Anfang April 1861 des Hunger- todes gestorben, nachdem sie eigentlich ihr Ziel erreicht hatten und nur die verabredete oder doch erwartete Unterstützung nicht fanden.
Ohne dem ehrenvollen Gedächtniss aller dieser in stiller ern- ster Thätigkeit oder für ihren wissenschaftlichen Beruf zum Theil heldenmüthig dahingegangenen Männer irgend zu nahe zu treten, mögen zum Schluss dieser Aufzählung noch drei Namen stehen, deren Träger sich mit unsern orientalischen Studien in Zusammen-
149a) Vgl. Ch.arles John Andersson , Petermamis Geogr. Mittli. 1868 Heft VII p. 257-260.
49b) Vgl. Petennanns Geogr. Mitth. 1849 no. I p. 41.
49c) Vgl. über den letzteren: Sieben Zeugen des Hei-rn aus allerlei Volk. Zur Belehrung und Erbauung von Miss.-Insp. C. H. Chr. Plath. Berlin, W. Schulze 1867, VIII u. 201 S. 8^. (10 Ngr.). Dort ist auch die unter ihren Landslcuten als Missionsdolmetscherin verdiente Kafferin Wilhclmine (f 9. Juli 1863) besprochen.
yO Wisseiiücha/tl. Jahreshericld für 1862 1867.
bang gesetzt haben: Benjamiiill. ^■''**); gest. zu London am 4. Mai 1864; Constantinos Simonides gest. ebendaselbst im October 1867, und H. J. F. Parrat, gest. am 7. April 1866 zu Bruntrut im Cautoa Bern, dieser letztere ein ganz ebrlicber Abenteurer der Eutzifferungskunst, durch welche er besonders den hieroglyphischen Studien und auch den linguistischen Forschungen neue ungeahnte aber in der That auch ungebahnte Wege öffnete •, die beiden andern gieugen jedoch absichtlich auf Täuschungen aus, der eine indem er von Städten und Ländern berichtete, die er nicht immer gesehen, der andere, indem er Schriftsteller producierte, welche Niemand vor ihm gelesen hatte und hoffentlich auch Niemand nach ihm mehr lesen wird.
Die einzelneu Forscher und die aus ihnen sich zusammen- setzenden gelehrten Vereine sind in dem grossen Haushalt der Wis- senschaft das bewegliche Capital an Arbeitskraft; neben diesem verlohnt es sich, auch an die liegenden Gründe unserer Studien zu denken: an die wissenschaftlichen Sammlungen. Bei dieser Ge- legenheit ist vom Standpunkte ernster orientalischer Forschung eine zwiefache Klage auszusprechen. Zunächst in Bezug auf die Samm- lungen unserer D. m. G. Es ist bekannt, dass deren Bestände lediglich dem Wohlwollen von Geschenkgebern zu verdanken sind, sehr selten durch Kauf und noch seltener durch Tausch beschafft werden. Ungeachtet dieser sehr schwankenden Vermehrungsweise (denn auf nichts ist bedenklicher zu rechnen als auf die wohlthäti- gen Stimmungen der Menschen) hat sich der Besitz unserer Gesell- schaft in ziemlich erfreulicher Weise erweitert. Vom Herbst 1861 bis zum Herbst 1867 sind ihr an selbständigen Druckwerken (Jül, an Fortsetzungen 297 Nummern zugegangen, darunter werth volle Zeit- und Sammelschriften, die grossen photographischen Prachtwerke über indische Architectur , besonders aber eine schätzbare Fülle von Separatabzügen kleinerer und leicht übersehener, meist schwer erreichbarer Abhandlungen. Die Rubrik Handschriften, Münzen u. s. w. wies in dem gleichen Zeitraum zwar nur 35 Nummern auf, aber darunter höchst werthvolle Stücke. Von dem unserer Samm- lungen immer treu gedenkenden Otto Blau erhielten wir eine schätz- bare armenische Evangelienhs. vom J. 1224 Chr. und ein arabisches, von ihm selbst in unserer Zeitschrift beschriebenes Majmü' (1099 d. H.) -, durch andere Geschenkgeber eine Palihs., hindustanische und persische Bilder aus dem Nachlasse A. W. v. Schlegels, sech- zehn sorgfältig gemalte Darstellungen von Pflanzen, welche im indi- schen Cult zur Verwendung kommen, und Anderes. Besonders aber
150) Vgl. SteiiischneHlois II.:hr. IJil.liogr. 1864 110.39 j). 61, uufl Tho Rea- der 1864 no. 72 p. 620. Sein in meinem IJcriclit für 1857 und 1858 unter No. 51 erwähntes ziemlicli apokryjjliistlies lioisevverk erscliien noch naeli seinem Tode englisch: Kight years in Asia and Africa, from 1846 to 1855. With a prefucc Ijy //. S'ieiiuiii. Loud'ni 186!j, 8".
Wissenschaftliche Sammlungen. 81
sind die Zugänge unserer Münzsammlung hervorzuheben ; der Güte eines der ersten Forscher, Freiherrn v. Prokesch-Osten in Constan- tinopel, verdanken wir eine schöne Reihe von Ispehbeds und von spät - muhammedanischen Münzen ; unserm Mitgliede Blau den bei weitem grössten Theil der ausserdem in diesen sechs Jahren uns zuge- gangenen ummayadischen und 'abbasidischen, wie überhaupt muhamme- danischen Stücke. Aber bei der lebhaftesten Dankbarkeit, welche wir allen Geschenkgebern zollen, können wir nicht unterlassen zu bedauern, dass besonders bei den deutschen Mitgliedern der D. M. G, die Eigenthümlichkeit unsrer Bibliothek unberücksichtigt bleibt. Weil sie sich aus Geschenken zusammensetzt, könnte sie bei einiger Bereit- willigkeit sämmtlicher Mitglieder ein wahres Archiv des deutschen Orientalismus werden, dessen fortschreitende Thätigkeit hier von Jahr zu Jahr zu verfolgen möglich wäre. Aber der Berichterstatter über diese Studien kann versichern, dass die nichtdeutschen Gelehrten unsrer Sammlung verhältnissmässig weit liebenswürdiger gedenken als die deutschen, deren Aufmerksamkeit von Neuem und recht nachdrücklich auf diesen Punkt unsres Vereinslebens hingewiesen sein möge.
Eine zweite Klage betrifft den Mangel an Notizen über die Erwerbungen der verschiedenen Bibliotheken, von denen mit Rück- sicht auf die für die morgenländischen Studien wichtigen Partien unterrichtet zu sein ein wesentliches Förderungsmittel unserer Wissen- schaft sein würde. Aber die Oberbibliothekare und Bibliothek- directoren haben leider ziemlich selten ein Verständniss für diesen wichtigen Punkt. Am besten werden wir verhältnissmässig von St. Petersburg unterrichtet-, das British-Museum hat die Veröffentlichung seiner bei aller Kürze höchst empfehlenswerthen ,Lists of additions' leider abgebrochen; alles was wir von hier oder sonst erfahren, beschränkt sich im Wesentlichen auf Notizen im ,Athenaeum' und in der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Es ist nicht zu verlangen, dass jeder Bibliothekar nach der Weise des in dieser Beziehung gewiss nachahmungswerthen Baron de Reiffenberg ein Annuaire ver- öffentliche, besonders da man, wie nun einmal die gewöhnliche Bildung der Bibliothekbeamten ist, nicht bei allen wirklich wissen- schaftliche Interessen voraussetzen darf: aber ohne Zweifel würden vorhandene Zeitschriften wie Naumanns ,Serapeum' oder Petzholdt's ,Neuer Anzeiger' systematischen Mittlieilungen über Accessionen gern ihre Spalten öffnen. Ich weiss, dass bedeutende Handschriften- verzeichnisse veröffentlicht sind oder vorbereitet werden, aber selbst diese werden in der Regel schon unvollständig, indem sie ans Licht treten. Es ist daher nicht meine Schuld, wenn die folgenden Mit- theilungen über Vermehrungen der bestehenden orientalischen Samm- lungen durchaus fragmentarisch sein werden.
In München sorgt der ausgezeichnete Oberbibliothekar Hahn in rühmenswerther Weise für Veröffentlichung der Handschriften- jahresbericht 1862—67. 0
82 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862 18G7.
kataloge: von Juseph Aumers '^^^) gescliickter und sorgfältiger Haud liegen die Verzeichnisse der arabischen und der persischen Handschriften vor, Arbeiten, welche durch die kurz vorher gegangene Erwerbung Her grossartigen Quatremere'schen Sammlung möglich und nothwendig geworden waren. Die arabische Abtheilung umfasst 903 Originaluummern und 34 von Europäern über arabische Litteratur verfasste Stücke; die Bedeutung der Sammlung selbst ist bereits von Roediger in unsrer Zeitschrift genügend hervorgehoben worden. Die persische Abtheilung enthält 351 Nummern, wovon 200 der poetischen Litteratur und Prosadichtung angehören: unter den 71 Geschichtswerken ist ein guter persischer Tabarl beachtenswerth. Der demnächst zu veröffentlichende Band wird die Beschreibung der hebräischen Handschriften von Steinschneider ^^) enthalten, der schon gelegentliche Proben mittheilt und auf diesem Gebiete wissenschaftlicher Arbeit schwerlich übertroffen werden kann. — In den seit lange berühmten muhammedanischen Sammlungen von Gotha arbeitet Pertsch^^) weiter an seinen ebenso sauberen als gründlichen Handschriftenkatalogen, von denen bereits ein zweiter, die türkischen Handschriften enthaltender Theil mit 276 Nummern vorliegt ; der durch die Originalität der arabischen oder persischen Litteratur verwöhnte Gelehrte wird ausser den durch ihren Inhalt werthvollen geographisch- historischen Abtheilungen gleichwohl manches Anziehende linden, wie eine sprachlich beachtenswerthe metrische Bearbeitung der ,KalTlah wa- Dimnah' aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrh. d. H. Einen ungleich grösseren ßeichthum verspricht das von demselben Gelehrten in Angriff genommene arabische Handschrifteu- verzeichniss, in welchem dem Vernehmen nach gegen 3000 Nummern zur Beschreibung kommen, mehr als das ältere gedruckte flüchtige Verzeichniss erwarten Hess und mit manchen erst durch Pertsch geradezu entdeckten oder auf ihren wahren Titel und Wertli zurückgeführten wichtigen Stücken. — Der Reichthum Wien's an vorderasiatischen Schätzen ist uns allmählich bekannt geworden; den letzten und
151) Catalogus codicum manu scriptoium bibliotliecae regiac Monaceusis, Tomi I. Pars II. (Auch m. d. T.: Die arabischen Hss. der K. Hof- u. Staats- bibliothek in München beschrieben von Jos. Auiner\ Pars III. (Auch u. d. T. : Die persischen Hss. . . . beschrieben von Jos. Atimcr). München, Palm in Comm, 1866, VIII u. 502; 152 S. gr. 8. (2 ^. 20 Ngr. u. 24 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1866 Nr. 42p. 1091 f.; Ewald in G.itt. gel. Anz. 1867 St. 17p. 641—647; A. A. Z. 1868 No. 74 Beilage; Petzholdt's Anzeiger 1866 No. 7 (JnW) p. 226 f.; und Steinschneider in Jeschurun von Kobak V. (1866) p. 180-189; kurz Trübners Kecord no. 16 p. 293.
52) Hebräische Handschriften in München über arabische Philosophie. Aus einem Schreiben des Dr. M. Stein-ichneider Serapeum 1867 No. 9 p, 136-141.
53) Die Orientalischen Handschriften der Ilerzogl. Bibliothek in Gotha . . . verzeiclmc-t durch Dr. W. Pertsch Tli. 2. Die türkischen Hss. Wien 1864, YUl u. 240 S. gr. 8 vergl. Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1866 No. 15 p. 205 f.
Wissenschnftliche Scwimbingim. 33
grössteii Beitrag lieferte BYikjel ^^i) iu seinem vorti-eft'lichen Ver- zeiclmiss muhaininedanischer Hss. der k. k. Hofbibliotliek, unter deren etwa 16,000 Mss. neben den deutschen grade diese zuletzt durch Hammer-PurgstalTs grossartiges Vermächtniss vermehrte morgen- ländische Abtheilung einen Glanzpunkt bildet. Das umfassende Verzeichniss konnte in der That nur von einem so ausgezeichneten Forscher und vielleicht nur auf Grund einer fast vierzigjährigen, wenn auch mannigfach unterbrochenen Fkkanntschaft mit der be- trefi'endeu Sammlung mit solcher Sicherheit hergestellt werden. Denn bereits im Frühling 1827 hatte Flügel den Wiener Hss. seine Studien zu widmen begonnen, und nach langjährigen Forschungen in den meisten Bibliotheken in Deutscliland und in Paris und vor- bereitet durch seine colossalen Arbeiten am HäjT KhalTfa, 1851 von Wien den Auftrag zur Katalogisierung der arabischen , persischen und türkischen Hss. erhalten. Wir besitzen durch diese schöne Arbeit und durch Kraift's Verzeiclmiss der Hss. der orientalischen Akademie die ausreichendste Kunde von den grossen Sammlungen Wiens-, es bliebe zu wünschen, dass auch die kleineren, an denen die österreichische Kaiserstadt bei ihrer westöstlichen Stellung über- haupt und bei der Theilnahme des alten österreichischen Adels au den Türkenkriegen insbesondere ohne Zweifel reich ist, durch sorg- fältige Beschreibungen allgemeiner bekannt werden möchten. Fr. Müller ^•'] sind wir dankbar , dass er uns Nachrichten von den armenischen Hss. der Hofbibliothek gegeben hsit, und Alois Müller ^^) für die Beschreibung der phönizischen Münzen im k. k. Antikeu- cabiuet. — Aus Tübingen erhalten wir von R. Rofh^'^) eine vollständige Beschreibung der in der dortigen Universitätsbibliothek befindlichen indischen Hss., welche insbesondere durch Gundert, Haeberlin und Mögling zusammengebracht und schon früher kurz theils von Ewald, theils von Roth selbst verzeichnet worden sind. Einen bedeutenden muhammedanischen Zuwachs haben die Tübin- gen'schen Sammlungen durch Roths Betrieb und des um Berlin und Leipzig bereits verdienten Wetzstein Vermittlung erhalten: 169 von dem Letztern in Damaskus zugleich mit zwei kurdischen , einem
154) Die arabischen persischen und türkischen Handschriften der k. k, Hofbibliothek zu Wien. Im Auftrage der k. k. Behörde geordnet und beschrieben von G. Flügel. Bd. 1, 2, 3 Wien 1865—67, LXXXII u. 1990 S. 4. (nicht im Handel; Leipzig, Brockhaus 15 i^. ).
55) Die armenischen Handschriften der kais. Wiener Hofbibliothek. Von Dr. Fr. Müller, Deutsche Vierteljaln-schrift für engl.-theol. Forschung von Heidenheim No. V (Gotha 1863) p. 63-66, No. VI ^öotha 1863) p. 197— 200, No. VII (Gotha 1864) p. 316—350.
56) Die phönizischen Münzen des k. k. Münz- und Antiken-Cabinets in Wien. Mitgetheilt von Dr. Alois Müller, Forts., Deutsche Vierteljahrschrift für engl.-theol. Forschung von Heidenheim No. VI (Gotha 1863) p. 201 — 212.
57) Verzeichniss indischer Hss. der königl. Universitäts-Bibliothek (von R. Roth). Tübingen (Lect.-Cat.) 1865, 24 S. 4.
84 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
afghanischen und einem theilweise persischen erworbene arabische Stücke. Sie stammen aus dem Naohlass eines angesehenen, der Abdel- qädir'schen Emigration angehörigen Maghrebiners , welclier während Wetzsteins letzten Aufenthalts in Damaskus starb, und repräsentieren die verschiedenen Riclitungen der arabischen Litteratur, Geschichte und Geographie z. B. mit 31, Poesie und Prosadichtung (einschliesslich der Theorie) mit 26, Theologie und Jurisprudenz mit 44 Nummern; be- sonders wichtig sind 27 Nummern kutischer Fragmente, mit Ausnahme zweier von dickem Baumwollenpapier auf Pergament geschrieben und zusammen über 1100 Blätter enthaltend. Diese Stücke bilden mit den gleichartigen gothaischen und den zum Theil durch Nöldeke's Unter- suchungen bekannten berlinischen das reichhaltigste Material zu diplo- matischen Qoränforschungen. — In noch weit grossartigerer Weise sind wieder die bedeutenden muhammedanischen und sonstige semi- tischeSammlungen der Königl. Bibliothek in Berlin bereichert worden. Zunächst kamen in deren Besitz die aus den öffentlichen Anzeigen^^^) bekannten aus dreissig Nummern bestehenden, vorzugsw^eise durch Abschriften des Bar Bahlul und Bar 'Ali bemerkenswerthen syrischen Sammlungen Bernstein's-, die Collectaneen des Verstorbenen zum syrischen Wörterbuche sind nicht hierbei eingeschlossen: sie haben ihren Weg nach England gefunden, wo sich Geld und kenntniss- reiche Geduld verbunden haben, sie zugleich mit Quatremere's von der bayrischen Regierung sehr liberal zur Benutzung überlassenen Sammlungen zu einem hoftentlich abschliessenden Wörterbuche zu verarbeiten. Ferner ist der seit längerer Zeit in Aussicht genommene Kauf der von dem verstorbenen Freih. v. Minutoli, von Brugsch und von Pietraszewski während der persischen Gesandtschaftsreise erworbenen Sammlung abgeschlossen worden: dieselbe besteht ausser einer Reihe von persischen, die früheren Petermannschen und Sprengerschen Erwerbungen zum Theil glücklich ergänzenden Drucken aus 17 7 Hss. , von denen 110 in persischer, 30 in arabischer, 35 in armenischer und zwei in türkischer Sprache. Unter ihnen be- findet sich kein Werk ersten Ranges , aber vieles für die gegen- wärtigen Zustände und Liebhabereien in Bezug auf Litteraturptlcge in Druck und Sammlungen bei den Persern Charakteristische. Dem Vernehmen nach sind aus derselben Quelle zu diesen 177 Nummern noch weitere 120 gekommen. — Ungleich grossartiger ist die Er- werbung der zweiten Wetzstein'schen Sammlung, über welche die besonders 1859 lebhalt gepflogenen Verhandlungen zu einem für die Verwaltung und Leitung der Königl. P,ibliothek ruhmvollen Abschluss gekommen sind : es ist in der That die grösste arabische
158) Eine neue arabische Manuscripten -Sammlung, Ausland 1865 no. G p. 135 f. und A. A. Ztg. 1865 No. 119.
59) vergl. den Aufruf des Generalsupcrint. Halm, Petzlioldt's Anz. f. Bibliogr. 1862 p. 30 f.
60j vgl. Ausland 1863 no, 5G.
Wissenschaftliche Sammhingen. 85
Handschriftensammlung, welche unsers Wissens je mit Einem Male in den Besitz einer europäischen Bibliothek gelangt ist. Von ihren 1958 Nummern (unter ihnen eine bedeutende Menge inhaltreicher Collectaneenbände) gehört nur eine äusserst geringe Zahl dem persischen und türkischen Sprachgebiet an; die fast ausschliesslich arabischen Stücke, deren Zahl, wenn man die in Sammelbänden willkürlich oder auch nach der Gemeinsamkeit des Inhalts vereinigten aber selbst- ständigen Schriften einzeln rechnet, weit über 2200 beträgt, stellen die verschiedenen Richtungen derLitteratur besonders für die mittlere und auch neuere Zeit ausreichend dar, sei es in anthologischen Werken oder in den besseren, sogar bedeutenden Polygraphen al- Tha'älibT, al-GhazzälT, al-ZamakhsharT, al-NawawT, al-SoyütT u. A. Die theologischen und Rechtswissenschaften sind in nicht vulgärer Weise vertreten ; für al-Bukhärl liegen kritisch sehr werthvolle Stücke vor. Von sprachwissenschaftlichen Werken bemerkt man Verschiedenes von Ibn Duraid, Abu ^Ali al-FärisT, al-Maidäni, IbnKhalawaih, al-Shaibänl, al-Harlri, Ibn Hishäm u. s. w. Zahlreiche Gedichtsammlungen, mit reicher Commentarlitteratur, von MutanabbI und Abul-Alä an (älterer in Anthologien zerstreuter Poesien hier nicht zu gedenken) bis auf die jüngste Litteraturepoche von Damaskus, erlauben manches bedeutende, an einer spröden Zeit verloren gegangene Talent kennen zu lernen (wie 'Afif). In Beziehung auf die reiche Erzählungs- litteratur (hierbei treffliche Sammlungen zur Slret 'Antarah') ist das bisher hervorragende Gotha jetzt von Berlin weit überflügelt. Die historische Gruppe besteht fast nur aus Specialwerken •, für Litterar- geschichte liegen nicht wenige detaillierende Darstellungen vor von al-Subkl, Ibn AbT U^aibi'ah; Ibn Hajr, al-Muhibbi; von geographischen Werken findet sich ein einzelner Pracht-Band von Yäqüt's 'Mu jara', welcher den Verlust der übrigen lebhaft bedauern lässt. Der Reich- thum des Ganzen wird sich erst durch das Verzeichniss erkennen lassen, mit dessen Abfassung der frühere Besitzer dieser Sammlung, einer der ersten Kenner der arabischen Litteratur, seit einigen Jahren beschäftigt ist. So dürfen die Berliner Sammlungen mu- haramedanischer Hss., welche in einen Zeitraum von wenig mehr als zehn Jahren aus den Erwerbungen Wetzsteins, Petermanns und Sprengers entstanden sind, einschliesslich der älteren Bestände unter die ersten Europas gezählt werden. Einzelne Stücke derselben fährt fort Roech'ger '^^^) zu untersuchen, wie sie ihm sich gelegentlich darboten, nicht etwa als die besonders werthvollen und interessanten. — Aber auch andere Gebiete des Orients sind in den Handschriften- sammlungen dieser kgl. Bibliothek jetzt reicher vertreten. Was die Herren Minister Graf Eulenburg, Legationsrath von Brandt und
161) Mittheiluugen zur Handschriftenkunde. Von Prof. E. Roediger 4. 5. Z. d. D. m. G. XVI (1862) p. 215— 234; Forts. 6— 8. Ebend. XVII (1863) p. 691-696.
36 Wissensclwftl. JahrcubcrkJitßir 18Ü2- 1S67.
V. Eadüwitz an interessanten chinesischen und japanischen Stücken zusammengebracht hatten, ist ebenfalls in den Jahren 1862—65 derselben einverleibt worden. Ein sehr bedeutender Kenner des Japanischen, Leon de Rosny, legte den ihm von mir vorgelegten Stücken hohen Werth bei ; besonders anziehend erscheint eine mit leinen Illustrationen ausgestattete Liedersammlung volksthünilichen Charakters. Endlich hat auch an dieselbe Bibliothek König Theodoros von Abessinieu in einer seiner während des späteren Lebens seltener gewordenen Culturanwandlungen sechs althabessinische Hss. durch ürugsch gelangen lassen. Auch mag erwähnt werden , dass im J. 1867 Karl Ritters handschriftlicher geographischer Nachlass an die Berliner kgl. Bibliothek kam : es ist unnöthig daran zu erinnern, wie viel für orientalische Studien wichtiges er enthalten möge. — Bei allen diesen Erwerbungen tritt trotz aller Grossartigkeit die jüdische Litteratur unverhältnissmässig und sehr fühlbar zu- rück, für welche das Britische Museum und die Bodleiana grösseren Sammeleifer entwickelt haben als irgend eine deutsche Bibliothek. Um so erfreulicher ist, dass ein edler Israelit, der am 1. Juli 1861 verstorbene Bernhard B e e r , ^^^^^ jj^ dieser Hinsicht für die Univer- sitätsbibliothek des Landes, in welchem er lebte, und für das tüchtige Jüdische Seminar in Breslau gesorgt hat. Seine schöne hebräische Büchersammlung, deren Werth der gedruckte zweckmässige Katalog kennen lehrt, ist als Legat zum Theil nach Leipzig, zum Theil nach Breslau gekommeu.'^^j djq morgenläudische Abtheilung der Lei p ziger Uni- versitätsbibliothek, welche vor nicht langer Zeit die grosse Hammer- Purgstalische Büchersammluug erworben hatte, ist dadurch angemessen abgerundet worden. Ueber einige Hss. der ebenfalls dort befindlichen Refä'iyah (von 'AbdelghanI und AbulmaälT al-Bukhärl) handelt näher Flügel^^). — Die wenigen orientalischen Hss. in der Universitätsbibliothek in Bonn beschreibt G ildemeisier ^^) in einer Weise, welche es bedauern last, so viel Sorgfalt und Gründ- lichkeit nicht an einen grössern Gegenstand gesetzt zu sehen. —
162) Catalog der Bibliothek des sei. Herrn Dr. Beruh. Beer in Dresden. Herausgegeben von G. Wolf. Berlin, Asher 1863, LI, 160 u. 120 S. 8. (n. 1 ^. 6 Mgr.) Vgl. Steinschneiders Hebr. Bibliogr. 1863 No. 34 p. 84 f.; Geigers Zeitschrift 1864 Heft 3 — 4; Frankeis Monatschr. für Gesch. u. Wiss. des Juden- thums 1863 p. 31.') f. —
63; Vgl. Dresdner Journal 1862 no. 73 p. 301 u. danacli Petzholdt's Anz. f. Bibliogr. 1862 p. 174; Frankel's Monatsschrift 1862, XI p. 20.5.
64; Einige geographische und ethnographische IIss. der Kefaija auf der Universitätsbibliothek in Leipzig. Von Trof. G. Flwjcl, Z. d. D. ni. G. XVI (1862)_p. 651 709.
65) Natalieia Rtgis Aug. etc. indicit Fried. Ilitsclil. Praecedit Catalogi chirographorum in Bibliotheca academica ßoniien.si scrvatoriim Fasciculus VII. (Catalogus librorum manu scriptorum orientaliuin qui in bibliotheca academica Bunncnsi servantur studio et opera Jonnis Gildeiiieister.) Bonnae, litt, Georgi 1861, 18 S. 4. Vgl.//. Dittrich in Petzholdt's neuem Anz. für Bibliogr. 1864 Heft 5 p. 158.
Wisscnschnftliche Sammluvgen. 87
Die Giessener Bibliothek ist durch den grösseren Theil von Knobel's besonders in alttestamentlicher Beziehung wichtiger Bücher- sanimlung bereichert worden; die Universität Jena durch Erwerbung der vortrefflich angelegten Münzsammlung Fr. Soret's^^^) und der werthvollen Bibliothek A. Th. Hotfmann's. — Von dem orientalischen Münzenbesitz der Universität Kiel erfahren wir jetzt durch die Schleswig- Holstein -Lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Alterthümer Näheres^'^). — Die Beschreibung der morgenländischen Hss. in L e y d e n , welche nach bedeutsamen Ansätzen Dozy so trefflich begonnen hatte, ist in durchaus entsprechender Weise von P. de Jong und de Goeje ^'^) um zwei Bände weiter geführt worden, von denen der eine durch Behandlung der persischen und türkischen Historiker und der arabischen Philosophen überaus wichtig ist, der andere den Qorän und die theologischen Wissenschaften enthält. P. de Jong ^^) verdanken wir auch die Vollendung des von Weyers begonnenen Katalogs der orientalischen Hss. der Amster- damer Akademie der Wissenschaften, welche, um sie der Benutzung zugänglicher zu machen, in der Leydener Universitätsbibliothek auf- gestellt sind , Stücke aus allen möglichen orientalischen Sprachen, der Mehrzahl nach arabisch , darunter sehr wichtiges und inter- essantes über samaritanisch- arabische Grammatik. — Für Holland ist auch noch zu erwähnen der nicht in den Handel gekommene Katalog der 'Indisch Genootschap' in 's Gravenhage '^^).
Wichtiges ist von der grossen kaiserlichen Bibliothek in Paris zu berichten. Sie hat durch Fontanier in Peking Abdrücke von 51 chinesischen Inschriften , darunter manche alte (natürlich auch die des Yü) erhalten; dazu eine zweite ähnliche aber bei weitem um- fangreichei-e Sammlung durch Admiral Roze aus Korea, ausser In- schriften auch Bilder, 45 Holzdrucke und 297 Handschriften. ''i) Durch Grimblots Vermittelung giengen aus Colombo 25 buddhistische
l(i6) Vgl. Stickeis Brief <an Krelil in Z. d. D. m. G. XXI. (18ß7) p. 283 f.
67) Vevzeichniss der Münzsammlniig des Museums vaterländischer Alter- thümer in Kiel. Heft 2. Antike und orientalische Münzen. Herausgeg. von Dr. Handelmann u. Dr. Klander. (im 24. Berieht der Schleswig -Holst.- Lauenb. Gesellschaft f. d. Sammlung u. Erh. vaterländischer Alterthümer). Kiel. Akad. Buchh. 1864, 24 S. gr. 8.
68) Catalogus codicum orientalium bibliothecae Academiae Lugduno-Batavae auctoribus P. de Jonfj et M. J. de Goejc. Vol. III. IV. Leyden, Brill 1865—66, 394 u. 350 S. gr. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 29 p. 802. Jonrn. des Sav. 1865 Nov. p. 726-
69) Catalogus codicum orientalium bibliothecae Academiae Kegiae scientiarum quem a dar. Weijcrsio inchoatum, post hujus mortem absolvit et edidit F. de Jong. Lugduni Bat. , Brill 1862, XX u. 319 S. 8. Vergl. Nöldeke in Gott, gel. Anz. 1862 St. 28 p. 1118 f.
70) Catalogus der Bibliotheek van het Indisch Genootschap te's Graven- hage. 's Gravenhage, Nijhoff 1864, VII u. 104 S. gr. 8.
71) Vgl. L'Institut, Ile Section T. 32 (1867) p. 132.
83 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
Pali-Hss, eiu^'^)-, diegrossetamulischeHss.-Sammlung, ^velcbe die So- ciety Asiatique von Avril iu Pondichcry erhalten und diese der kaiserl. Bibliothek geschenkt hat (324 Stück auf Palniblättern), wird von Leon de Rosuy u. A. beschrieben. Eine bedeutende Sammlung von 11,500 griechischen, römischen und muhammedanischen Münzen, welche der letzte Vicekönig von Aegypten Said Pasha ^Yährend seines Aufenthalts in Frankreich dem Kaiser Napoleon 111. geschenkt hatte, ist von diesem ebenfalls tler kaiserl. Bibliothek geschenkt worden. ~'^) Ob die schönen von Schäfer während seines diplo- matischen Aufenthalts in Constantiuopel und Teheran erworbenen Hss. (darunter z, B. das Insäb al-ashräf von al-BelädhorT , die Jamharah Ihn Kelbl's und ähnliche Kostbarkeiten) bereits der grossen Bibliothek einverleibt sind, ist unbekannt. ''3'') Unter diesen bedeutenden Erwerbungen schreiten die Arbeiten an den Verzeich- nissen der Druckwerke und Hss. rüstig vorwärts; für uns ist be- sonders wichtig die Veröffentlichung des auch äusserlich glänzend ausgestatteten Verzeichnisses der hebräischen und samaritanischen Hss.^'*), an dessen Herstellung nach einander S. Munk, Derenbourg, Franck und Zotenberg gearbeitet haben — Namen von nicht spe- citisch französischem Gepräge. — Aus Paris erhalten wir auch den Anfang der tüchtigen Beschreibung der Bibliothek Thonneliers '^^), welche im Fach der asiatischen Theologie musterhaft ist: hoffentlich wird sie künftig einmal nicht zerstreut, sondern fällt der grossen Bibliothek zu.
Die neueren Nachrichten über orientalische Bücher- und Hand- schriftensammlungen in Italien beziehen sich merkwürdigerweise fast ausschliesslich auf Hebräisches; nur Neüjebaur's"^^) Notizen aus Bologna handeln von 18 meist arabischen, mit Ausnahme eines al- TTghäshl unbedeutenden früher dem Grafen Kaineri-Biscia gehörigen Hss. So viel hebräische Hss. aber auch in Italien erhalten sein
172) Les mss. pali de la collection Grimblot, vgl Zoten b crg in Kevue critiquc d'hist. et de litt. 1866 No. 39 p. 211 f. — Vgl. auch die Augsb. Allg. Ztg. 1866 No. 306 nach Renan's Artikel im Journal des Debats.
73) Vgl. den Bericht von Lavoix in L'Institut, Ile Section, T. 28 (1863) p. 11 f. nach dem grösseren Moniteur-Artikel.
73a) Vgl. Sprengers Brief an Grotc , Journal of the As. See. of Bengal Vol. XXXII (^1863) p. 167.
74) Catalogue des mss. hebreux et samaritaius de la Bibliotheque imperiale. (Paris) Impr. imper. 1866, VIII u. 2G0 S. gr. 4. mit 2 Spalten. Vgl. Revue critique d'hist. et de litt. 1866 No. 41 p. 229 f.; Journal des Savants 1866 Juillet p. 464. H. Ewald in Gott. gel. Anz. 1866 St. 36 p. 1401—1405, Mohl im Journal asiat. 6. Serie, T. 8 (1866) p. 429 f. und Lit. Centralbl. 1868 No. 32 p. 865.
75) Catalogue de la Bibliotheque d'un Oricntaliste redige et public par J. Thonnelkr membre de la Soc. As. de Paris. T. I. Paris, Franck 1864, XI u. 318 S. gr. 8. (nur 100 E.xpl. gedr., von welchen 25 h 18 l'r. verkauft werden). Vgl. Petzholdt's Anzeiger 1865 Heft 1 p. 25 f.
76) Eine Sammlung Morgfinliuidisclmr Hss. in Bologna. Von G. R. Nelge- haur, Petzholdt's Anzeiger 1863 Heft 6 p. 185 f.
Wissenschaßliche Sammlungen. 89
mögen : es ist die Conservieruug eines Gefängnisses, nicht die Pflege wissenschaftlicher Freiheit gewesen, welche sie gerettet hat, und Zunz 177) hat vollkommen Recht mit seinem Klagruf. Die Alman- zi'sche Bibliothek in Padua hat Luzzatto ^s) uun vollständig be- schrieben; über hebräische Hss. in Parma unterrichten uns Ferreaic und Steinschneider'^)
Ein mannigfaltigeres Bild gewähren Englands Sammlungen, und wenn ein so unermüdlicher und vielseitiger Forscher wie Schiefner ^^) einen Streifzug dahin macht, so kann er mit reicher Beute heim- kehren. Besonders das British Museum führt mit seinen colossalen Mitteln, durch welche das 'Krämervolk' die Völker der Intelligenz und der Civilisation tief beschämen kann, die grossartigsten Massen zusammen und es gehört je länger je mehr zum Stolz des Engländers, diesem herrlichen Nationalmuseum in einer freigebigen Weise Stif- tungen zu machen , welche die Lords und die Gemeinen des Con- tinents noch nicht kennen. Wie unermüdlich und erfolgreich man hier für Hebräisch gesammelt hat, zeigt jetzt Zedners^^) sorg- fältiges, bei aller Kürze zuverlässig orientierendes Verzeichniss der Druckwerke, welches jede hebräische Litterarhistorik neben Stein- schneiders ausführlichen Katalog der Bodleiana stellen muss. An der Verzeichnung der syrischen Hss. arbeitet Wm. Wright, der an Arbeitskraft und schärferer Erkeuntniss den Vorgänger überholende Erbe Curetous; von den übrigen Specialkatalogen ist weder irgend etwas erschienen noch näher bekannt. Die Gemmen und Cylinder von Koyunjik sind chronologisch geordnet worden; besonders aber muss
177) Die hebräischen Handschriften in Italien, ein Mahnruf des Rechts u. der Wissenschaft von Dr. Zunz. Berlin, Adolf u. Co. 1864,18 8 8. (6 Ngr ) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 no 12 p. 278 f. und Geiger in der Z. d D m G XVUIJ1864) p. 835 f. ....
78) Bibliotheque de feu Joseph Almanzi par S. D. Luzzatto., Cont. Steinschneider's Hebr. Bibliographie 1862 No. 25 p. 20—93, No 26 p 43—19 No. 28 p. 101—107, No. 29 p. 128-132 No. 30 p. 144-148; i8(;3No. 31 p! 18—21, No. 32 p. 49—55, No. 31 p. 85—90, No. 36 p. 141—148 Vgl. Petzboldts Anzeiger 1863 Heft 4 p. 131 f. und Geigers Jüdische Zeitschrift 1863 p. 157 f. — Zuletzt in einem besonderen Abdruck: n73-^'Ü"l ^^''7\^ rjOT' T> p-'Dl^ba^ain n^O u. s. w, Catalogue de la bibliotheque de litterature he- braique et Orientale de feu Mr. Joseph Almanzi (par Zm2;2««o). Padoiie 1864, N"i2 u. 120 S. 8. Vgl. Geigers Jüdische Zeitschrift III (1865) p. 218 f.
79) Hebräische Hss. in Parma. Nach Mittheilungen von P. Pcrreau Steinschneiders Hebr. Bibliogr. 1864 no. 39 p. 66—63: 1865 no. 43 p 26—30, no. 45 p. 62—69, no. 46 p. 95— 103.
80) Bericht über eine Reise nach England imSommerl863. Von A. Schief ner, Bulletin de l'Ac. Imper. des sc. de St.-Petersbourg T. VI (1863) p. 481—485 und Melanges asiat. V p. 41 — 48.
81) Catalogue of the Hebrew books in the library ofthe British Museum. (By Joseph Zedner). Priuted by order ofthe Trustees. London, Longman & Co ; Berlin, Asher & Co. 1867, VIU u. 891 S. lex. 8. (Deutscher Ladenpreis 9 .^. 5 Ngr.) Vgl Mag. f. d. Lit. des Aush. 1867 no. 41 p. 570 und Lit. Centralbl. 1868 No. 33 p. 893 f.
90 Wisscnschoftl. Jahresherichf/ür 1862— 1S67.
hervorgehoben werden dieHerausgabe derFacsimiles von 00 phönizischen und karthagischen und von 92 hiniyarischen Inschriften. - — Erworben Avurden aus dem Besitz des verstorbenen Erskine mehrere indische Hss.; ferner drei koptische Papyrus von dem Kloster St. Pliacbanimon (Hennonthis) ; ein hieratisches Todtenbuch; zwei babylonische dem Michaud'schen ahnliche Steine: zwei Steine mit Inschriften aus Karkh (der eine aus dem J. 860 v. Chr.); vier phönizische Gemmen mit Inscliriften , viele Ptolemäermünzen , Parthisches und mu- hammedanisch Indisches ' ^2)-, bald darauf James Burton's Notizen und Zeichnungen ägyptischer Alterthümer ; kleine Porcellanfiguren, Scarabäen (darunter einer von Thuthmes III. 1505 v. Chr.) und Aehnliches aus Aegypten, ausserdem drei sehr vollständige ägyptische Münzsammlungen; phönizische Statuette von Kalkstein; von neueren Sachen ein illuminierter NizämT vom J. 1441, ^3) zu welchem lezteren die Berliner Königl. Bibliothek ebenfalls sehr feine Illustrationen in einem Teheraner Druck besitzt. — Einer bedeutenden Erweiterung unserer malaiischen Litteraturkenntniss sehen wir durch B. N. van der Tuuk^^) entgegen, welcher die in dies Gebiet lallenden Hss. der Londoner Asiatischen Gesellschaft untersucht und beschreibt. — In Oxford fährteine umsichtige Bibliolhekdirection fort, für tüchtige Handschriftenverzeichnisse zu sorgen. Eine wahre Musterarbeit ist AufrecMs^'") Beschreibung der Sanskrit -Hss. der Bodleiana, mit Ausschluss der vedischen Abtheilung. Es gibt schwerlich einen Handschriltenkatalog, in welchem alles litteraTgeschichtlich Bedeutsame mit gleicher Sorgfalt und Gründlichkeit aus den hier bes])rochenen, nur zum geringsten Theile herausgegebenen Schriftwerken zusammen- gestellt wäre . und wenn die indische Litteraturgeschichtschreibung demnäclist einen bedeutenden Fortschritt machen kann, so wird sie dies zum guten Theil den durch Aufrecht beigebrachten reichlichen Daten zu danken haben, welche eine innere Chronologie möglich machen helfen. Die syrischen Hss. der Bodleiana beschreibt Smith^^). — Die syrische Privatsammlung des Dr. Lee hat B. Harris Gowper^'') besprochen, wobei eine Pergamenths. der Evangelien, philoxenianischer Text, von Lee und Land in das 9. Jahrhundert gesetzt, wohl aber dem 12, zuzuschreiben, besonders merkwürdig erschien. Endlich ist unter den englischen Sammlungen
182) Vgl. Athenaeum 1864 May 28 p. 742. 83) Vgl. Athenaeum 1865 June 3 p. 751. 81) Vgl. Trübner's Eocord 1865 no. 4 p. 72.
85) Catalogus codicum mstorum Bibliothccae Bodleianae pars octava, Codices sanscriticos complectens. Confecit Tli. Aufrecht. Oxford 1864, VIII u. 203—57« S. 8. Vgl. A. Weber im Lit. Ceiitralbl. 1865 No. 19 p. 504; Reader 1865 July 1 p. 7 f. (wahrscheinlich von Goldstiicker).
86) Angekündigt ist: Catalogus manuscriptorum Syriacorum bibliotliecae Bodleianae confecit 72. Paync Smith. Oxonii 4.
87) 'On the Syiiac Mss. of Dr. Lee, of Hartwell' vgl. das Referat im Reader 1865 April ^9 p. 490.
Wissenschaftliche Sammlungen, 91
die nicht sehr umfangreiche, aus 257 Nummern besonders in arabischer und persischer, zum kleineren Theile in Urdu und Hindu- Sprache bestehende, aber nicht uninteressante, ursprünglich von Colonel Polier zusammengebrachte in Cambridge kurz von Pal- mer'^^^) beschrieben worden.
Zahlreich , wie gewöhnlich , sind die Erwerbungen , welche Russland's Weltstellung seinen orientalischen Sammlungen in der natürlichsten Weise ermöglicht, und daukenswerth die verhältniss- mässig raschen und häufigen Mittheilungen darüber an das wissen- schaftliche Publicum. Zunächst bildet das asiatische Museum in St. Petersburg eine Centralstelle ; ihm sind die 2886 Bände chinesischei", mandschuischer, tibetanischer, mongolischer, kalmükischer und sanskritischer Schriften zugegangen, welche das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten aus seinem asiatischen Departement der Akademie der Wissenschaften überwiesen hatte. Der so oft in diesen Berichten mit Auszeichnung und Dankbarkeit genannte Dorn^^) fährt fort, von den Zugängen der seiner glücklichen Leitung anvertrauten Anstalt Kunde zu geben •, durch ihn erfahren wir, dass sich dort theils durcli glückliche diplomatische Vermittlung, theils durch Ankäufe (wie aus dem Nachlass von Jomard) nahezu vollständige Sammlungen muhammedanischer Drucke Constautinopels, Aegyptens und Persiens bilden; dass dieErwerbungen muhammedanischer Hss.' verhältuissmässig selten waren, dagegen Aufsehn erregend der Zugang von neun karaitischen Grabsteinen aus der Krim, von denen der eine nach dem Datum bis ins Jahr 30 u. Chr. hinauf- reichen sollte und welche daher für ihre Aechtheit Goebel's^^) mineralogisch - chemische Betrachtung herausfordern mussten; wir werden noch einmal bei der Geschichte und Archäologie der Hebräer auf sie zurückkommen. Auch das kais. Museum der Eremitage besitzt neben seinen ausserordentlichen Kunstschätzen manche orientalische Alterthümer •, ihm hat Khalll-Bey, der türkische Ge- sandte in St. Petersburg, eine Sammlung ägyptischer Alterthümer verehrt, darunter 15 Broncen, zum Theil vergoldet und versilbert,
188) Catalogue of the Oriental manuscripts in tlie libiay of Kiug's College Cambridge. By Edu:. Henry Palmcr , Journ. of tlie Roy. As. Soc. of Gr. Brit., New S. Vol. III P. 1 (London 1867) p. 105—131 : auch besonders abge- druckt, London 1867, 27 S. 8.
89) Die Bereicherungen des asiatischen Museums im J. 1864, von B. Dorn, Bulletin de l'Acad. de St. Petcrsbourg T. IX p. 137—141, wiederholt in Melanges asiatiques T. V Livr. 4 (St. Petersb. 1866) p. 369—376. — Dazu: Das asiatische Museum im Jahre 1865, von B. Dorn , Bulletin de l'Ac. Imper. des sc. de St. Petcrsbourg T. X (1866) p. 161— 168, wiederholt in den Melanges asiatiques T. V Livr. 5 1867) p. 453—464.
90) lieber neun dem asiat. Museum zugekommene Grabsteine mit hebräischen Inschriften von B. Dorn und Ad. Goebel, Bulletin de l'Acad. Imper. de St. Petcrsbourg T VII p. 378 — 391, wiederholt in Melanges asiat. T. V Livr. 2—3 fSt. Petcrsbourg 1865 gr 8.) p. 128—146.
92 Wissenschaftl Jahresbericht für 1862— 1867.
im ganzen 500 Stück ^^i); aussenlem befinden sich daselbst manche ägyptische Colosse , drei assyrische Reliefs und viele cultur- geschichtlich wichtige Sachen von asiatischen Culturvölkern und aus Südrussland, wie Waage7i ^''■'^ ) gelegentlich berichtet. Sehr merk- würdig und im höchsten Grade beachtenswerthe Zugänge hat die kaiserl. üfifentliche Bibliothek gehabt. Während alle Reisenden von den ausserordentlichen Schwierigkeiten berichteten, samaritanische Hss. unter dem immer mehr hinschwindenden Pentateuch-Völkchen auch nur zu Gesicht zu bekommen, und man überhaupt nach Juyn- bolls und de Jongs Mittheilungen kaum Neues über samaritanische Litteratur und aus ihr erwarten durfte, hat der jüngere Firkowitsch 317 samai'itanische und arabisch- samaritanische Hss. in Nablus und zum Theil in Qähirah erworben , unter welchen sich sehr wichtige Commentarstücke zu befinden scheinen. Aber noch mehr als dieser der kaiserlichen Bibliothek zugegangene Schatz hält die wissenschaft- liche Aufmerksamkeit die von den Firkowitsch in der Krim gemachte Sammlung von hebräischen Hss. und den schon erwähnten Grabsteinen rege, über welche Neubauer ^^), Munk^^) und von Muralt ^^) ge- sprochen haben, deren werthvolle, zum Theil bereits von Jonas Gurland^^) sehr dankenswerth herausgegebene und weiterhin wieder zu erwähnende Stücke jedoch nicht das wach gewordene Misstrauen, das besonders an den Grabinschriften und an einzelnen
191) Vgl. Athenaeum 1865 May 6 p. 625. 91a) Vgl. Die Gemäldesammlung in der Kaiserl. Ermitage zu St. Peters- burg nebst Bemerkungen über andere dortige Kunstsammlungen vou Dr. F. G. Waagen (München, Fr. Bruckmann 1864 gr. 8.) p. 324 f. 361.
92) Vgl. Chwolsou's Brief in Geigers Jüdischer Zeitschrift III (1865) p. 231 f.
93) Die Firkowitz'sche Sammlung von Ad. Neubauer, Bulletin de l'Ac. Imper. T. VII p. 374—378, wiederholt in Mclanges asiat, T. V Cah. 2—3. ;St. Petersbourg 1865 gr. 8.) p. 121—127.
94) Rapports faits ä M. le Ministre de rinstruction publique sur les mss. Hebreux de la CoUection Firkowitz , par M. Neubauer, et Observations sur ces rapports faites ii l'Ac. des Inscr. et Belles-lettres , par M. Munlc, Journal As. VIe ser. V T. V. (1865) p. 534 — 558. Acad. des inscr., Comptcs rendus de l'annee 1864 T. VIII p. 341 — 345 im Auszuge, besonders von S. Munk.
95) Die hebräische Handschriftensammlung des karaitischen Lehres Firko- witsch aus der Krim. Von Dr. Echo. v. Muralt. Deutsche Vicrteljahrschrift für engl.-theol. Forschung von Ueidenheim No. VI (Gotha 1863) p. 186 — 192.
96) 5''i'!21l2''2 u ön bXTiU"' "»T^S u. s. w. (Neue Denkmäler der jüdi- schen Litteratur in St. Petersburg. Herausgegeben von Jonas Gurlancl. Heft 1 : Aus der Krim nach dem h. Lande, oder drei Reisebeschreibungen von drei Karäern, nach Hss. der k. öff. Bibliothek zum ersten Mal herausgegeben u. erläutert.— Heft 2 : Kurze Beschreibung der math. , astronom. und astrolog. hebräischen Hss. ... in der kais. öffentl. Bibliothek. — Heft 3 : CoUcctaneen oder Auszüge aus den Schriften Mardechai Cumatiano's, Caleb Efendipolo's, Abraham Bali's. Aus den Hss. der k. öif. Bibliothek zum ersten Male herausgegeben. — Heft 4: Perlen der Lehrsprüche . . . zum ersten Male herausgegeben.) Lyck, Sieber 1865. St. Petersbuig. Buchdr. der k. Ak. der Wiss. 1866. Buchdr. von Ettingcr 1866—67. XXXI u. 88, 57; VI u. 38; XVI u. 51 S. kl. u. gr. 8.
Wissenschaftliche Sammlungen. 93
Unterschriften der Mss. Nahrung tindet, rasch zu zerstreuen vermögen. Wir befinden uns hier in einer eignen, fast neuen Welt, welche Pinskers Mittheiluugen eben nur ei-öffnet hatten und für deren Kunde eine solche Fülle eigenthümlicheu Materials zusammenzubringen es gerade der einüussreichen Stellung Abraham Firkowitsch's als karaitischer Hakham in Odessa bedurfte. Nach den Entdeckungen de Vogüe's auf syrisch-palästinensischem Gebiete dürfen uns paläo- graphische Seltsamkeiten augenblicklich nicht befremden; schwereren Bedenken unterliegt die Chronologie : die durchaus neue Datierung 'legälüthenü' wird auf das samaritanische Exil bezogen, kann aber besser die zweite Zerstörung Jerusalems bedeuten. Aber (und dies rauss öffentlich mit grösstem Danke ausgesprochen werden) die Schätze dieser Sammlung, welche ausser Inschriftenfacsimiles in Thorarollen, sonstigen alterthümlichen Bibeltexten, ziemlich zahlreichen werthvollen Denkmalen der rabbinischen, karai tischen und jüdisch- arabischen Litteratur bestehen, werden von Seiten der russischen Regierung mit der grössten Liberalität der Forschung zur Verfügung gestellt, dass bald eine sichere Erkenntniss möglich sein wird. In den biblischen Texten wird auf die Varianten zu achten sein; die zahl- reichen Gebetbücher versprechen Ausbeute für die Poesiegeschichte ; sehr wichtig erscheinen die Targum-Hss. — Glücklich trifft es sich, dass derselben Bibliothek die von Tischendorf gesammelten hebräischen Hss. gehören, deren karaitischer Inhalt in der fortgesetzten ^q- s-pvechuiig Steinschneiders^^'') bibliographisch fruchtbar erörtert wird. Unter den muhammedanischen Bereicherungen der kaiserl. öffentlichen Bibliothek steht in erster Linie die vorwiegend persische aus] Gl Stücken bestehende Sammlung des Herrn v. Chanykov, deren sorgfältige Beschreibung wir dem unermüdlichen Dorn^^) verdanken; be- sonders interessant erscheint darin als Zeugniss einer der jüngsten islamischen Bewegungen der Koran der Bäbls, und auf diesen Gegenstand beziehen sich auch fast ausschliesslich Dorns Nachträge zu seinem Verzeichniss ^^). Auch verdanken wir ihm "^^) die ein-
197) Die Tlschendorf'schen Hss. von M. Steinschneider , Hehr. Kihliogr. 1862 No. 26 p. 49—54, 1864 No. 87 p. 11—16.
98) Die vordem Chanykov'sche , jetzt der kaiserl. öffentl. Bibliotliek ange- liörige Sammlung von morgenländ. Hss., von B. Dorn, Bulletin de l'Acad. Imper. de St.-Petersbourg T. VIII p. 245—309, wiederholt Melanges Asiatiques T. V. Cahier 2 — 3. (St.-Petersb. 1865 gr. 8.) p. 221—313, und besonders : Die Sammlung von morgenländ. Handschriften, welche die kaiserl. öfF. Bibliothek zu St. Petersburg im J. 1864 von Hrn. v. Chanykov erworben hat. Von ü. Dorn, St. Petersburg 1865, 93 S. 8. (20 Ngr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1865 no. 36 p. 953 f.
99) Nachträge zu dem Verzeichniss der von der kaiserl. oft". Bibliothek erwor- benen Chanykov'schea Hss. und den da mitgetheilten Nachrichten über die Baby und deren Koran, von ß. Dorn, Bulletin de l'Acad. Imper. de St.-Petersbourg T. IX p. 202 — 231, wiederholt Melanges asiatiques T. V Cah. 4 p. 377 — 419.
2Ü0j Drei in der kaiserl. öffentl. Bibliothek zu St. Petersburg befindliche astronomische Instrumente mit arabischen Inschriften. Von B. Dorn. (Memoires de l'Ac. Imper. des sciences de St.-Petersbourg, Serie VII, T. IX, No. 1.) St. Petersburg (Leipzig, Voss) 1865, 150 S. gr. 4.ii. 2 lithogr. Tff. (n. 1 ^ 15 Ngr.)
94 WL^senscJiaft.l. Jahre.<:h ericJd/iir 1862—1 867 .
gehende Boschieibung von drei in derselben lUbliothek befindlichen astronumischen lustrumeuteu, durch welche die verwandten Unter- suchungen von Morley und Woepcke wesentlich ergänzt werden. Aber nicht allein für das muhammedanische Leben sind die russischen Sammlungen wichtig , sondern auch für das christlich armenische, welches in dem durch eine erneute Beschreibung ^oi) nahegerückten Lazareffschen Institut zu Moskau besondere Pflege findet-, in den politischen Verband des Kaiserreichs gehört das altehrwürdige Edschmiadzin mit der bedeutenden Patriarchatsbibliothek, deren 2340 armenischellss. in einem seit länger vorbereiteten/'*^-) von Gurenian-'^'^) herausgegebenen Yerzeichniss uns näher bekannt werden und welchem die Beschreibung der Hss. der Sanct-.Iacobi-Kirche folgen sollen; in Garenians Verzeichniss stossen uns alte Uebersetzungen neuer Stücke des Aristoteles und des Diodoius Siculus auf: zugleich erfahren wir, dass sorgfältige Copien ausgeführt werden.
Spät, aber endlich doch trifft man in der Türkei Für- sorge für die ohne Zweifel bedeutenden Handschriftensammlungen, besonders in Constantinopel , von denen die von Flügel mit grösster Mühe und Sorgfalt zusammengebrachten Verzeichnisse uns doch eine weder vollständige noch im Einzelnen eingehende Kenntniss verschaffen konnten. Der Minister Ahmed Wefiq Effendi hat in sehr richtiger und von der Wissenschaft hoch anzuerkennender Einsicht befohlen , die Bibliotheken der Moscheen und frommen Stiftungen zu untersuchen, ^'^■^) wobei vielleicht unsere Kenntniss der griechischen und lateinischen Litteratur einige Förderung erfahren könnte-, ja, es ist sogar der schöne Plan aufgetaucht, die zerstreuten Sammlungen zu centralisiereu ^^^) und dann würde allerdings der Reichthum sich erst überschauen lassen, über welchen wir uns mit dürftigen Nachrichten und dunklen Sagen begnügen mussten.^oG) In dem muhammedanischen Asien steht die Bibliothek Timurs zu Samarkand immer noch wie ein grosses Käthsel vor uns : der Bericht des Armeniers Chatschatur, an welchen nach Petermanns
201) L'Institut des langues orieiitales foiide h. Moscou par la famillo de Lazareff. Ouvrage traduit du Kusse et de 1' Armenien sur l'edition originale publied ä la typographie de 1' Institut Lazarcfi' en 1852, et acconipagnee d'uue notice liistorique et descriptive, par Ed. Dulaurier. 2 de ed. corr. et augm. Paris, Franck 1864. 93 S. 8.
2) Vgl. The Reader 1866 Vol. VII p. 467.
3) Catalogue des manuscrits arnienieiis de la Bibliothequo patriarcale d'Edclimiadzin , par Jacques Garenian. (Armen.) Tiflis 1863,230 S. 4. Vgl. V. Laiiglois inn Journal asiat. 6e serie, T. 8 (1866) p. 439.
4j Vgl. Augsb. A. Z. 1862 uo. 31 Beil. und danach Petzholdt's Anz. f. Bibliogr. 1862 p. 104 f.
5) Augsb. Allg. Ztg. 1863 110. 218 p. 3615, Petzholdt's Neuer Anz. für Bibliogr. 18 ,3 Heft 9—10 p. 331 f.
6) Les bibliotheques de Constantinoide. Lettre de Henri Aücan, Annaloa du Bibliophile 1862 No. 11 p. 165-169.
Wissenschaftliche Sammlungen. 95
Darstellung wieder erinneit wird,'"') erweckt dadurcli den grössteu Verdacht, dass vor Allem merkwürdige armenische Stücke in dem wüsten Kellergewölbe gefunden werden. Bestimmteres erfahren wir durch die englische und die mit ihr verbundene deutsche Wissen- schaft aus Indien, wo die grösste Aussicht vorhanden ist, den geretteten Handschriftenvorrath nach und nach beschrieben und auch für die Zukunft gesichert zu sehen , und auch die wachsende Einsicht der Orientalen selbst kommt hier zu Hilfe. Der asiatischen Gesellschaft in Bombay schenkt der Parse KowäjT Jihängir mit der seinen Stammesgenossen eignen Liberalität 92 Bände orientalischer Werke; aus Madras berichtet Bühler'^^^) über Sanskrithss. , des- gleichen erhalten wir Notizen über Siamesisches und Tamulisches daselbst ^*^^). Von den in Calcutta sich zusammenfindenden Denk- mälern des südasiatischen Culturlebens beschreibt PAa^/re i'*) einige Münzen und Medaillen mit Palilegenden in birmanischer Schrift; aber auch arabische und noch mehr persische Stücke sammein sich hier an^^*') darunter z. ß. der sehr seltene Diwän des Haidar, leider durch die fressende Tinte mannigfach zerstört. Den in- teressanten Bestand der Sammlungen der Bataviaasch Genootschap an Druckwerken lehrt ein alphabetisches Verzeichniss von van der (Jhijs 1^) kennen : es ist damit wohl die bequemste Uebersicht der holländischen Litteratur über den indischen Archipel gegeben. In Afrika sind an verschiedenen Punkten erfolgreiche Versuche gemacht worden, wissenschaftliche Sammlungen und zugleich Be- schreibungen derselben herzustellen, im entferntesten Süden wie in dem geschichtsreicheren Norden. Der Capstadt hat der Gouverneur Sir George Grey bei seinem Abgange nach Neu-Seeland seine gross- artige Sammlung von Büchern und Hss. zum Geschenk gemacht, ^'^) wodurch die öffentliche Bibliothek in den Besitz aller irgend er- reichbaren litterarischen Hilfsmittel für das Sudium der afrikanischen und polynesischen Sprachen gesetzt ist, und Bleek, der zunächst zum Curator dieser Stiftung ernannt ist, wird das Seinige thun, sie den Fortschritten seiner Specialwissenschaft entsprechend vollständig
207) Petzholdt's Aiiz. f. Bibliogr. 1862 p. 12 f. Vgl. Petermann's Reisen im Orient 11 p. 231 — 234.
8) Remarks on the Sanskrit Manuscripts in Madras. By Dr. Georg Bühler, Madras Journal of Literature Third series No. I (1864 July) Art. 4.
9) Description of two manuscripts in the library of the Madras Society : 1, Miscellaneous Laws of Slam; 2, De Bourze's Dictionnaire Tamul-Fran9ois. Madras Journal of Literature Third series No. I (1864 July) Art. H.
10) Memorandum on some medals and coins in the Museum of the Asiatic Society, found near Mergui on the Tenasserim Coast. By A F. Phayre, Journ. of the As. Soc. of Bengal Vol. XXXII (1863) p. 271—273 (mit Tff.').
10a) Journ. of the As. Soc. of Bengal Vol. XXXII. (1863) p. 182.
11) Catalogus der Bibliotheek van het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen door Mr. D. A. van der Chijs Batavia, Lange & Co.; 'sHage, Nijhoff 1864, XX u. 487 S. gr. 8.
12) Vgl. Wissensch. Beil. zur Leipz. Ztg. 1862 nr. 21 p. 104 und danach Petzhold's Anz. f. Bibl. 1862 p. 139.
96 Wisse nschaftl. Jahreshen'cht für 1862—1867.
zu erhalten. Was für ein Keiclithum aber hier vorliege, zeigen die sorgfältigen Verzeichnisse, deren Fortsetzung wir erhalten =^^ 3^. Im Norden hat endlich auf dem unerschöpflich freigebigen mo- numentalen Boden Aegyptens der Vice-König von seinem Souve- ränetätsrecht Gebrauch gemacht, diemeist mit Zerstörungen verbundene Ausfuhr von Denkmälern zu verhindern und selbst ein Museum zu gründen, über dessen vielversprechendes Gedeihen MarieUe^^) und de Saulcy ^^i berichten. Eine jüngere Stufe der nordafrikanischen Geschichte, von den Puniern und Ivömern bis auf den Islam, be- zeugen die Sammlungen des Museums von Constantine, dessen Be- schreibung in Zeichnungen von Fcrrand und Text von Cher- bonneau begonnen, aber unseres Wissens nicht weiter geführt worden ist. ^^)
An der Erweiterung und Befestigung unsrer Wissenschaft, so weit sie durch Anlegung, Vermehrung, Untersuchung und Beschreibung von Sämmhingen sei es von Handschriften oder anderen Cultur- denkmälern gefördert werden kann, haben die verschiedenen Natio- nalitäten verschiedenen Antheil ; am bevorzugtesten werden immer diejenigen sein, welche mit dem unmittelbaren Verkehr, in w'elchen Welt- oder gescliichtliche Stellung sie zum Orient gebracht hat, rege wissenschaftliche Interessen verknüpfen. In Beziehung auf Reisen, welche als ein weiteres Förderungsmittel unserer Studien zunächst nach ihrer Ausdehnung über den ganzen Orient oder grössere Gebiete desselben unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, kehrt sich das Verhältniss in manchen Punkten um. Nord- amerika, das nicht viel Hss. sammeln kann, macht grosse Reisen; doch werden solche Unterschiede durch die Erleichterungen des internationalen Verkehrs mehr und mehr aufgehoben und das englische wie anglo-amerikanische Reisetalent wird steigende Con- currenz finden. Charakteristisch ist es augenblicklicli noch, dass in England Bradshmo's'^''') Führer zur Ueberlandreise nach Indien
213) The library of His Excellency Sir George Grey , K. C. B. Presentcd by him to the South African Libray. Vol. III p. 1. Manuscripts and Incunables. London, Trübner 1863, 24 S. 8. Vergl. meinen Bericht für 1857 — 58 No. 36. D. M. Z. XIV p. 146.
14) Notices des principaux monuments exposes dans les galeries provisoires du Musee d'antiquites ^gyptiennes de S. A. le Vice-roi, k Boulaq, par Aiig. Mariette-Bey. Alexandrie 1864, 304 S. 8. Vgl. Journal des Savants 1866 Janv. p. 74 f.
15) Le musee du Caire. Par de Saulcy^ Revue arch^ol. Nouvelle si'rie T. VI, 1 (1864 Jan. — Juni) p. 313—322.
16) Album du Musee de Constantine . public sous les auspices de la Soc. archeol. Dessins de L. Ferrand, interprfete de Tarmee. Texte explicatif de A. CJierhonneau. Cahier 1. Constantine et Paris, Challamel aine 1862, 21 S. klein Quer 4. mit 11 Tff.
17) Bradshmo's liailway , etc. Tlirough route and overland guide to India, Turkey, Persia, Egypt, Australia, New Zealand, China, and Japan ; or, the Travellers manual of How to reach and how to live in the tree presidencies of India. With maps and engravings. New edition. London, Adams 1865 und wieder 1867, LIV u. 270 S. gr. 16. (5 sh.).
Reinen. Mittelalter. 97
bereits eine zweite Autiage erlebt hat ; aber auch in Deutschland geben sich bereits die vveiterhinzuerwähnenden ReiseauCzeichnungen Schuchardt's '^^'^') als ein Reisehandbuch wenigstens für die Le- vante. Für die Geschichte der Reisen, welche zugleich ein Stück westüstlicher Culturgeschichte ist, wird Zusammenhängendes gethan werden können , wenn erst die älteren Berichte vollständiger vor- liegen. Für das engere Gebiet Palästinas werden wir bei der Reise- litteratur dieses Landes ein mustergültiges Werk von Tobler kenneu lernen ; für die Geschichte der Indienfahrer Italiens gibt de Gubernatis'^^) sehr beachtenswerthe Mittheilungen; allerlei Nach- richten über moderne Reisende linden sich bei Gortmnbert ^^y und mit geistreichem lilterarischem Beiwerke in der durch ihren Titel leicht irreleitenden Sammelschrift von Ph. Chasles -").
Aus der alten Periplus-Litteratur haben die wichtigsten Stücke >orgfältige Untersuchungen durch Reinaud 2') und Thomas ^2) erfahren. Der erstere hat aus der vollen Kenntniss der östlichen und westlichen Litteratur Zeitalter und Bedeutung des Periplus des rothen Meeres festgestellt, Thomas den des schwarzen Meeres in einer kritisch zuverlässigen Gestalt nebst anderen Stücken gegeben. Den h. Hieronymus, der in seinen jetzt von Bernard -^) im Zusammenhange betrachteten Reisen wie in seiner ganzen Thätigkeit Orient und Occident verband, zeigt eine realistisch-anmuthige Ab- handlung Thierry's ^*) in Palästina und Aegypten. Für das Mittelalter bietet in reinlichem und schön ausgestattetem Text der
217a) Vgl. weiterhin uo. 282.
18) Memoria intorijo ai viaggiatori italiani nelle Indie orientali dal secolo XIII a tut:o il XVI, compilata dal dott. Angelo de. Gubernatis. Firenze, Fodratti 1867, 8.
19) Peuples et voyageurs contemporains. Par R. Corfambert. Paria, Gay 1864, 363 S. 12. (4 fr.)
20) Orient. Voyages d'un ciitique k travers la vie et les livres , par Philarete Chasles. Paris, Didier 1865, XLV u. 422 S. 12. Vgl. Journ. des Sav. 186."^ p. 461 f ; Athenaeum 1865 April !5 p. 519
21) Memoire sur le Periple de la mer Erytlnee et sur la uavigatiou des mers orientales au milieu du Ille sieele de l'ere chretieiine , d'apres les temoi- gnages grecs , latiiis , arabes , persans , indiens et chinois. Par Reinaud, M6- moires de l'Acad. des inscr. Vol. XXIV, P. 2. (Paris 1864, 4.) und daraus besonders abgedr. Paris 1864, 54 S. 4. Vgl Lit. Ceutralbl. 1864 no. 24 p. 581 f.
22) Der Periplus des Pontus Euxiuus. Nach Münchener Hss. von G. M. Thomas. [Mit einer Karte]. Ingleichen der Paraplus von Syrien u. Palaestina u. der Paraplus von Armenien [des Mittelalters]. (Aus den Abhh. der k. bayer. Ak. d. Wi.ss.) München, Franz in Comm. 1864, 63 S. gr. 4. (n. l'/g # ).
23) Les voyages de Saint-Jerome. These par l'abbe Eugene Bernard. Paris. Douniol 1861, VIII. u. 500 S. 8.
24) Recits de l'histoire romaine aux IVe et Ve sieeles. III. Un pele- rinage en Palestine et en Egypte de 3S6— 387. Jerome et Paule dans la ville des Saiiits. Par Amedee Thierry ^ Revue des deux niondes T. LVII Mai 1865) p. 7—43.
Jahiesbeiicht 1862—67. 1
98 Wissenschaftl. Jahresbericht für 18G2 — 1 867.
in diesen Forschungen bewährte Laurent-'^'') vier Reiseberichte, von ihnen zwei überhaui^t zum ersten Mal, die beiden andern nach authentischen Grundlagen gedruckt. Dem dreizehnten Jahrhundert gehören die beiden niedersächsischen Mönche, Wilbrand von Olden- burg (um 1212) und der treftiiche ßurchardus (um 1270 — 80) an; auf der Gränze des i:^. und 14. steht der hochgebildete, auch in morgenländischen Sprachen bewanderte Florentiner Eiccoldus; in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (um 1330) wirkte Odoricus von Friaul, nach Waddiugs 'Annales Minorum' auch in Indien thätig, dessen palästinensischer Bericht nicht in der ursprünglichen Auf- zeichnung, sondern nach einem Dictat an Guilhelmus de Solagna vorliegt. Diese Pilger sind in der Begränzung ihres geographischen Gebiets auf Vorderasien, insonderheit auf Palästina und Aegjpten, die Vorbilder für die spätere erbauliche Touristenlitteratur, vs^elche sie bei allem frommen Grundzug ihres Wesens aber an positiven Daten weit übei-ragen. Ebenfalls für die Epoche der Kreuzzüge und als Augenzeuge für Aegypten und Palästina wichtig stellt sich der Zeit nach zwischen Wilbrand und Burchard Jacob von Vitry, über welchen in etwas ungeschicktem Latein, anlehnend an Junkmanns Darstellung des gleichzeitigen Oliverius Scholasticus , gründlich Matzner -^) gehandelt hat. Als ein einzig gearteter Mann über- ragt durch Kühnheit des Unternehmens und durch Wahrhaftigkeit der Beobachtung bahnbrechend Marco Polo alle Reisenden des Mittelalters. Nachdem von BartoW^'^) der italiänische Text seiner Aufzeichnungen verbessert herausgegeben worden , auf welchen italiänischen Text Thomas '^^) zurückkommt, liefert jetzt Pau- thier nach einer Untersuchung über des Verfassers Leben ^9) und
225) Peregrinatores medii aevi quatuor: ßurchardus de Monte Sion, Kic- coldus de Monte Crucis, Odoricus de Foro Julii, Wilbrand us de Oldenborg, quorum duos nunc primum cdidit , duos ad fidcni librorum mstorum recensuit J. C. M. Lmirent. Leipzig, Hinrichs 1864, VIII u. 199 S. lioch 4. [n. 4 S^. 24 Ngr-) Vgl. Ewald in Gott. gel. Anz. 1864 St, 47 p. 1846--55; Ilanebevg imTheol. Lit. Bl. von Keusch 1866 Nr. 3; (Wiener) Allg. Lit. Ztg. 1865 No. 17 p. 151 f. ; Ausland 1865 no. 4 p. 85 f. und Satudary Review 1865 Jan. 21 p. 93. Zu einzelnem vgl. schon meinen Bericht für 1859—1861 No. 996 u. 997 ; zu Burchard s.Toblers Bibliogr. p. 27 f., zu Riccoldo dens. p. 30 f., zu Oderico desgl. p. 34 f und zu Wilbrand p. 24.
26) De Jacobi Vitriacensis crucis praedicatoris vita et rebus gestis. Dissertatio liistorica scr. Franc. Leop. Matzner. Monasterii, Typ. Tlieissing 1868. 8. Vgl. Wiener Allg. Lit.-Ztg. 1864 No. 11 p. 98. — Dazu Toblers Bibliogr. p. 23 f.
27) I viaggi di Marco Polo secondo la lezione del codice Magliabechiano piü antico, reintegrati col testo francese a stampa per cura di Adolfo Bartoli. Firenze, Le Monnier 1863, L.XXXIII u. 439 S. lü. (It. L. 4).
28) Zu Marco Polo, aus einem Codex ital. Monacensis von Thomas, Sitzungsberichte der kgl. bayr. Ak. der Wiss. 1862, I p. 261 — 270.
29) A memoir of Marco Polo, the Venetian traveller to Tartary and China ftranslated from theFrench of M. G. Pauthier), Chinese and Japanese Repo- »itory by Sommers and Rost 1 (1863) p. 124—129.
Reisen. Mittelalter. 99
einer vorangegangenen viel versprechenden Probe^^^*^;, eine sehr werthvoHe Ausgabe der altfranzösischen Version des Rusticien von Pisa ^^) , welche als von Marco Polo selbst durchgesehen für sehr zuverlässig gelten muss. Pauthier hat alles gethan, seinen Schrift- steller in jeder Beziehung zu erläutern und seine Ausgabe gradezu zu einem Archiv für die Kunde Chinas nicht allein unmittelbar unter Kubilai-Khän, sondern überhaupt im 13. Jahrb. zu machen, dessen einheimische Litteratur im ausgedehntesten Masse zur Be- nutzung herangezogen ist; der dargebotene altfranzösische Text dürfte auch für die romanischen Philologen von Interesse sein. Bald nach Marco Polos Tode begann Maundecüe seine mehr als dreissigjährigenraorgenländischen Wanderungen^ deren vielgelesene Beschreibung i/rt//««'e// ^^) von Neuem, nachdem er bereits 1839 eine solche geliefert, in einer bequemen Handausgabe des englischen Textes darbietet. Sein Zeitgenosse ist der zuverlässigere Friar Jordanus , dessen lateinischen Bericht uns der treffliche Captain Ynle ^3) bearbeitet hat. Dieser Predigermönch , ein umsichtiger Missionar, war um 1330 Bischof wie es heisst von Columbum in
230) Le pays de Tandac et les deseendaiits du pretre Jeau. Specimen d'une edition du texte original fraiKjais du Livre de Marc Pol, publie pour la premiere fois d'apres trois mss. inedits de la Bibliotheque Imperiale de Paris, accompagnd de uombreux eommeutaires tires principalement des ecrivains orientaux; par G. Pauthier. (Extrait de la Revue de l'Orient, de l'Algerie et des coloiiies, Mai 186ii). Paris, Duprat 1862, 46 S. 8.
31) Le livre de Marco Polo, citoyen de Venise, conseiller prive et com- missaire imperial de Khoublai-Khaäii , redige eu fran^ais sous sa dictee en l'^98 par Rusticien de Pise; publie pour la premiere fois d'apres trois mss. inedits de la bibliotheque iraper. de Paris, presentaut la redaction primi- tive du livre, revue par Marc Pol lui meme et donnee par lui en 1307 ä Thiebault de Cepoy, accompagnee de variautes, de l'explication des mots hora d'usage , et de commentaires geographiques et bistoriques , tires des ecrivains orientaux, principalement ehinois, avec une carte generale de l'Asie, Par M. G. Pauthier. Partie I. IL Paris , Didot MDCCCLXV, CLVI, 1—350 u. 351—831 S. lex.-8. (40 fr.) Vgl. Biernatzki in Gott. gel. Anz. 1865 St. 44 u. 1725- — 41; Barthelemy Saint-Hilaire im Journal des Savants 1867 Janv. p. 5— l9,Fevr. p. 69—85, Mars p. 152— 167, Avril p. 222— 242, Maip.307-323; Khanikof im Journal asiat. 6e serie, T. 7 (1866) p. 3^8 — 429; 'Central Asia' im Quarterly Review Vol. 120 No. 240 (1866 Oct.) p. 461—503 zugleich Über fünf andere Schriften; vergl. auch: Le Livre de Marco Polo redige en fran^ais sous sa dictee en. 1298 par Rusticien de Pise. Publie pour la premiere fois . . . par C. Pauthier, Annales de philosophie cliretieune 1866 Februar- heft, und besonders abgedruckt: Versailles, Beau 1866, 51 S. 8.
32) The Voyage and Travaile of Sir John Maundevile , which treateth of the way to Hierusalim , and of marvayles of Inde, with other Ilands and Countryes. Reprinted from the edition of A. D. 1725. With an introduction, additional notes, and a ' glossary by J. O. HalUwell. Whith illustrations. London , F. S. Ellis 1867, XXXI u. 326 S. gr, 8. (10 sh. 6 d.). Vgl. über- haupt Toblers Bibliogr. p. 36 f. mit besonderer Rücksicht auf Palästina.
33) Mirabilia descripta. The wonders of the east. By Friar Jorda- nus, of the Order of preachers, and bishop of Columbum in India the greater (c. 1330). Translated from the latin original, as published at Paris in 1839, in the Recueil de voyages et de Memoires of the Society of geography , with
7*
100 Wissenschaßl Jahresbericht für 18ü2— 1867 .
lüdia major. Er beobachtet gut, wo er überhaupt beobachteu kauii; Jas ausserhalb seines uumitielbaren Gesichtskreises Liegende aber verschiebt sich: da lässt er alles Wunderbare zu. Wir begleiten ihn durch Armenien, Persien und Klein-indien ; auch handelt er von dem Gross-Tataren, Chaldäa, Arabien u. s. w. Ein halbes Jahr- hundert später unternimmt ein Augsburger eine Pilgerfahrt nach Palästina, deren Bericht in einer Münchner Hs. erhalten ist'^^*); die Verötfentlichuug eines wenig späteren uiederrheinischen Berichts vollendet Ennen ^^}. Als eine Ergänzung zu Hasslers Ausgabe des 'Evagatoriura' (1844 — 49) gibt Birläiyer^'') ein demselben Bruder Felix Fabri beigelegtes Pilgerbuch in Reimen vom J. 1480; aber wenngleich die benutzte münchenor Hss. schon im J. 1482 geschrieben ist, so steht doch die Autorschait nicht ausser Zweil'el. Es mag hier nicht unbemerkt bleiben , dass mancherlei derartige Berichte in den Deutscheu Hss. zu München enthalten sind, wie man jetzt aus dem durch Halms Fürsorge 1866 sehr daukenswerth zum Druck gebrachten präcisen kürzeren Verzeichniss J. A. Schmellers ersehen kann. Dort linden sich z. B. für das 15. Jahr- hundert folgende sechs Stücke ausser den bereits veröffentlichten : B)uder Jacobs von Bern Beschreibung seiner Pilgerreise nach dem h. Lande 1435 (ISiO. 235); eines Ungenannten Reise von Venedig nach Jerusalem 1444 (No 736); von der Schickung und Gestalt des heiligen Grabes zu Jerusalem und des h. Landes allenthalb, das alles ein frummer Bruder ßenedictenordens erfarn hat in aygner Person Ao. domini 1454 (No. 1276;; eines ungenannten Begleiters deä Herzogs Wilhelm von Sachsen . Reise nach dem h. Lande 1461 (^iso. 337;; Ulrich Lemaus von St. Gallen Beschreibung t.eiuer Reise nach dem gelobten Lande 1472 (No. 692), und Sebolt Rieters Be- schreibung seines im J. 1479 mit Hans Tucher von Nürnberg nach dem h. Land gemachten Reise (No. 378).
Die Reiselitteratur der neueren Zeit eröffnet der bekannte Ludovico di Vart.heTna ^^) , dessen bis nach Indien ans-
ehe additioii of a Commentary. By Colonel Henry Yulc. London , Hak- luyt Society i864, 68 S. 8. Vgl. tlie Reader 1863 no. 48 p. 630 und the Saturday lieview lb64 March 5 p. 291 f
234) Pilgerfahrt eines Augsburgers nach dem h. Lande i. J. 1335, von ihm selbst beschrieben, Ausland 1865 no. 39 p. 917—919.
35) Der Orient. Ein Bericht vom Niedei rhein aus dem Ende de.s 14. Jahrb. Mitgetheilt von Dr. L. Ennen. Forts, u. Schluss, Orient u. Occident von Th. Benfey I, 4 1862) p. 6ü7— 646. VergL meinen Bericht für 1859 -61 no. 197.
36) Bruder Felix Faher's gereimtes Pilgerbüchlein von Ant. Bir- linger. München, Flei.schniaun 1864, 31 S. gr. 8. (9 Ngr.^ Die Autorschaft ist nicht sicher, vgl. Bechstein in Pfeiffers (ieimania IX lieft 3.
37) The travels of Ludovico di VarÜiema in Egypt, Syria, Arabia Deserta and Aiabia Felix, in Ptrsia , India , and Ethiopia. A. D. 1503 to i508. Translated from the original italian edition ofl510, with u preface, by Jolin Wilder Jones; and edited, with notes and iutroduction , by George Percy ßodf/ei: London, Hackluyt Society 1864, S. 8. Vgl. the Reader i.t64 ^o. 70 p. 546 f.
Reisen des 16. Jfihrhiimlerts. Neuere Reisen [Levante). \()\
gedehnte Reisen für die Ilackluyt Society nach dem Italiänischen englisch übersetzt und erläutert worden sind. Der durch seine Tüchtigkeit anziehende Reisebericht des wackern, mit Rauwolf 1573 nach der Levante ziehenden Ulrich Krafft von Augsburg, dessen vollständige Veröffentlichung in No. 61 der Bibliothek des Lite- rarischen Vereins in Stuttgart wir Hassler verdanken , ist in ge- schickter Weise von Cohn '^'^^) für ein weiteres Publicum der Gegenwart bearbeitet worden : die heutigen Bankerottöre mögen sich wundern zu lesen, dass diesem deutschen Manne nach dem Scheitern der sjTischen Handelsanlage Frömmigkeit, Treue, Naivetät des Humors und offner freudiger Sinn für das Leben und Treiben der fremden Menschenwelt nicht abhanden kommt. Wenig später fällt der anders geartete Missionsbericht Leonard Abels , Bischof von Sidon^^) vom J. 1583 (gest. 1605 wie Zotenberg verbessert); deutsches Wesen tritt uns wieder frisch anmuthend aus den gleich- zeitigen uns ebenfalls durch Hasslers treue Neigung geschenkten Reisen Kiecliels^^) aus dem J. 1583 — 88 entgegen, deren Text nach zwei ülmer und einer Münchener Hs. gegeben ist.
Reisen des 17. und 18. Jahrhunderts sind nicht nachträglich oder von Neuem veröffentlicht worden; wir treten daher in das 19. ein, und es mögen zunächst diejenigen von den allgemeinen orien- talischen Reisewerkeu genannt werden, welche vorzugsweise Vorder- Asien, einschliesslich Aegyptens, also die Levante im weiteren Sinne behandeln. Den Engländern bleibe das Recht, als das erste Tou- ristenvolk genannt zu werden. In neuen Ausgaben erhalten wir Gurzon\s^'^) zuerst 1835 erschienenes, immer noch für Litteratur- und Handschriftenkunde wichtiges Werk 'und Thackerays *^)
238) Ein deutscher Kaufmann des sechszehnten Jahrhunderts. Hans Ulrich Krafft.v Denkwürdigkeiten bearbeitet von Ad. Cohn. Göttingen, Vandeulioeck u. Ruprecht 1862, VIII u. 520 S. 8. (n. 2 ^. 8 Ngr.j Vergl, über das Original meinen Bericht für 1851' bis 1861 No. 999 und zu der Bear- beitung Brockhaus' Centralanz. 1862 y. 143; Ehmck im Bremer Sonntagsbl. 1863 No. 2 p. 13 f.
39; Une mission religieuse eu Orient au seizieme sifecle. Relation adressee h Sixte-Quint par l'Eveque de Sidon {Leonard Abel), traduite et annotee par Adolphe d' Avril. Paris, B. Duprat et Challamel aine 1866, 45 S. 8. Vgl. Zotenberg in Revue critique d'hist. et de litt. 1866 No. 12 p. 185.
40) Die Reisen des Samuel Kiechel. Aus drei Hss. lierausgegebeu von Dr. K. D. Haysltr. (Bibliothek des litterar. Vereins in Stuttgart. Bd. LXXXVl.; Siuttgait 1866, 2 Bll. u. 484 S. gr. 8. '^'gl. Ausland i8!;7 No. 52 p. 1238 f. Im J. 1820 hatte das Morgenblatt Auszüge gebracht, vgl. Toblera Bibliogr. p. 83
41} Visit to the monasteries of the Levant. By Hon. Robert Curson, jun. Oth. editioii. Londoi^, Jt.uray 1865, XXIII u. 367 S. 8. (7 sh. 6 d\ Vgl. über frühere Ausgaben Toblcrs Bibliogr p. 155.
42} Notes of a journey frora Cornhill to Grand Cairo by way of Lisbon, Athens, Constantinople, and Jerusalem, performed in the Steamar of the Penin- sular ai:d Oriental Company, by W. M. Tliackcray. ord edition , with 16 illustrations. London, Smith & Eider 1864, VIII u. 208 S. 8 (4 sh.).
102 Wissennchaftl. Jahresbericht für \m2—V&Q>l .
Skizzeubuch vom J. 1846 mit seinen scharfen Zeichnungen. Einzelnes Neue (besonders aus Hebron) bringt die 1862 unternommene Reise des Prinzen von Wales^-*^), welche /S>a?i/e?/ **) als Chorherr von Cauterbury mit seinen Predigten und als bereits durch eine frühere Eeise (1853) des Landes kundig mit seiner Unterweisung begleitet; derselben fürstlichen Pveise verdanken wir die schönen Photographien BedforcTs^'^). Miss Cobhe'^^) hat ihre früher in Fraser's Magazine veröffentlichten Schilderungen und Betrachtungen zusammengestellt, aus denen Jerusalem und Balbek besonders lebendig hervortreten; flüchtig berichtet Cooke^'^)\ des vollständigen Mangels der Auto- psie verdächtig schreibt Eddy ^'^) für das jugendliche Interesse ; authentischer , wenn auch im Wesentlichen an weitere Kreise sich wendend Ferguson ^^) , Tilley'^^) ^ Brocldebanh ^'^) und H.ill'°'^)\ seine mehr erbaulichen, bereits 1844 gedruckten Erinner-
243) Early years of Prince of "Wales, iucluding travcls in the East. 2ud editiou, in whicli is recoided all leadiiig events up to the twenty-first birthday of His Royal HigLness. By A. London, Whittaker 1863, 222 S. 8. (SVaSh).
44) Sermons preached before His Eoyal Highness the Prince of Wales, during his tour in the east in the spring of 1862, wlth notices of some of the localities visited. By Arthur Penrhyn Stanley. London : Murray 1868, XVIII u. 232 S. 8. (9 sh.). Vergl. The Reader 1863 no. 12 p. 279.
45) The Holy Land, Egypt, Constantinople , Athens , etc. A series of 48 phothographs , taken by Francis Bedford for H. R. H. the Prince of Wales during the tour in the East . . . with descriptive text and introduction , by W. M. 'Ihompson. London, Day 1865, VIII u. 99 S. 4. (42 sh.)
46) Cities of the past. By Frances Poicer Cohbe. London, Trüb- ner & Co. 1864, 216 S. 8. {3^/^ sh.). Vgl. The Reader lb64 no. 57 p. 129 f. und Westminster Revietv 1864 April p. 578.
47) Journey due East. Being the Journal of a tive months' trip to Lower Egypt, Palestine, and Turkey, in the winter of 1862 — 3 , returning by Athens and Roma to London. By Chr. Coolce. With maps and illustrations. London, Hall, Smart & Allen 1864, XXVII u. 278 S. 8. (6V2 sh.). Vergl. The Reader 1864 no. 67 p. 452 f.; Athenaeum 1864 Apr. 16p. 541 f. ; Westminster Review 1864 Juli p. 213.
48) Walter's tour in the East. By D. C. Eddy. Vol. I: Walter in Egypt ; Vol. II : W. in Jerusalem ; Vol. III : W. in Samaria ; Vol. IV : W. in Damascus ; Vol. V : W. in Constantinople. Illustrated. New-York 1864 — 65, 222, 220, 223, 220 u. 222 S. 16. (25 sh.).
49) Sacrcd scenes; or, Notes of travel in Egypt and the Holy Land. By F. Ferguson. Glasgow, Adamson 1864, 400 S. 8. (5 sh.)
50) Eastern Europe and Western Asia. Political and social sketches on Russia, Greece and Syria, By Henry Arthur Tilley. With illustrations. London, Longman 1864, XI u. 374 S. 8. (IOV2 sli.)- Vgl. The Reader 1864 no. 67 p. 452 f.; Athenaeum 1864 Apr. 16 p. 541 f.; The Saturday Review 1864 June 4 p. 691 f.
51) Continental and oriental travels: being excursions in France, Italy, Egypt, Sinai, Palestine, and Syria. With biblical elucidatious and historieal notes. By John Brocldebanlc. Leeds , Walker; London, Hamilton 1865, XII u. 339 S. 8. (5 sh.).
52) Travels in Egypt and Syria. By S. IS. Hill. London , Longmans 1865, XVI u. 455 S. 8. (14 sh.). Vgl. Westminster Review Vol. 29 No. 67 ('1866 Jai,., p. 24h; Athenaeum lh65 Oct. 28 p. 571 f.; Reader 1865 No. 150 p. 538: Saturdfly Review 1865 No. 4 p. 588 f.
Neuere Reisen {Levante.') 103
ungeu auf Giuud einer Heise im J. 1842 erneuert Fisk'^^^). Skinlei/^^) stellt Beiträge von mehreren mit weiteren Intentionen zusammen; Upham^'^) theilt in lebendiger Briefform, Black ^^) mit stark hervortretender, geistlicher Färbung, Madeod^'^) unter Beigabe treuer Illustrationen, J/^'/eÄS*^) in populärster Weise seine Reiseerfahrungen mit, welche bei den meisten sich zugleich auf Süd- Europa beziehen. Die Schilderungen von der Verfasserin der 'Chronik der Familie Schönberg Cotta'^^) beruhen wohl nicht auf eigener Anschauung, sondern auf einem sehr sinnigen Compilations- und Darstellnngstalent.
Aus der französischen Litteratur ist eine geringere Zahl von Werken anzuführen. Neu herausgegeben finden wir die Reiseberichte von Beluze ^") , Eousseaio ^^'^) und dem unglücklichen excen- trischen de Nerval ^^); durch eine holländische Uebersetzung werden uns die geistreichen Aufzeichnungen der Fürstin Belgio- j'oso ^2) wieder in Erinnerung gebracht. Zum ersten Male erscheinen
253) Pastor 's Memorial of Egypt, the Red Sea, the wildernesses of Siu and Parau, Mouut Sinai, Jerusalem, and other principal localities of the Holy Land. With brief notes of a reute through France, Eome, Naples, Constantinople, and up the Danube. By Rev. George Fish. New edition. London, Warne 1865, XII u. 316 S. 8. m. Portr. (5 sh.) Vergl. Toblers Bibliogr. p. 165 und Saturday Review 1865 Nov. 4 p. 588 f.
bi) The East and the West: our dealings with our ueighbours. Essais by difi'erert hands. Edited by the Hon. Henry Stanley. February 1865. London, Hatchard 1865, V u. 271 S. 8. (7 sh. 6 d.) Vgl. Westminster Revie-w 1865 July p. 241 f.
55} Lettres aesthetic, social, and moral, written from Europe, Egypt, and Palestine.' By Thomas C. Upham. Philadelphia 1865, 600 S. 8. (15 sh.)
56) A hundred days in the East : a diary of journey to Egypt, Palestine, Turkey in Europe , Greece , the isles of the Archipelago , and Italy. By the Kev. A. Pollok Black. London, Shaw & Co. 1866, 625 S. 12. (7 sh. 6 d.) Vgl. Public Opinion 1866 Febr. 24 p. 203; Athenaeum 1866 Febr. 10 p. 199.
57) Eastward. By Norman Macleod. With 70 illustrations from photographs. London, Straham 1866, VIII u. 305 S. gr. 8. (14 sh.) Vgl. Atbenaeum 1866 Febr. 10 p. 199; Westminster Review 1866 April p. 546.
58 1 Egypt, and a journey to Palestine. By Lieut. Col. B. H. Miles. Ch. I— IX, Colburn's New Monthly Magazine No. 541—550 (1866).
59) Wanderings over Bible lands and seas. By the author of ,,ChronicIes of the Schönberg-Cotta Family" etc. New edition, with photogr. London, Nelson 1865, 301 S 8. (6 sh.)
60) Peregrination en Orient et en Occideut. Par l'abbe Beluze. 3e ed. T. 1. Paris, Lethielleux 1864, 516 S. 8.
60a) Voyage en Syrie et en Palestine et dans les Echelles du Levant en 1809, et retour en France par la Sicilie et l'Italie en 1820, par Edme Rous- seaic. Limoges, Barbou 1864, 76 S. gr. 12. (gehört zur Bibliotheque chretienne et morale.)
61) Oeuvres completes. Voyages eu Orient par Gerard de Nerval. Deux vols. Paris, M. Levy 1867, 1004 S. in 18-jesus, Vgl. F. Bechard in La Situation vom 29. Juli 1867.
62) Reisherinneringen uit Klein-Azie, Syrie en Palestina. Naar het Fransch van Christine Vorstin van Behjiojoso. Met een voorberigt van E. J. P. Jorissen. Groningen, Noordhoft 1863, 8 u. 318 S, 8. (2 fl. 90 c).
104 W/?senschaffl. Joh resherichtfür 1862— 1 867.
de Oatines ^^^) mit Bruchstücken, Schickler *•*) iu Irischer und zugleich gebildeter Natürlichkeit, Gabryel^^) gesund be- obachtend , Paul "ß) und Poiret ^'^\ mit dem gewöhnlichen Dilettantismus, und mit kurzen Eeisenotizen eine ungenannte Mar- quise ^^). Die Pilgerfahrten werden Veranlassung zu Reiseschil- derungen, welche hin und wieder charakteristisches Detail darbieten; de Guinaumonf ^^) , welcher den am 2,3. August 1853 von Marseille abgegangenen Pilgerzug leitete , und de Macedo ^"^ ge- hören in diese Kategorie. Andere aus dem französischen Adel hervor- gegangene für die archäologische oder geographische Erkenntniss des h. Landes wichtig gewordene Reisende werden uns bei der Besprechung Palästinas begegnen-, auch mögen die mehr medicinisch oder naturwissenschaftlich beobachtenden GodairP^) und Martines'^^) hier nicht ungenannt bleiben.
Deutschland hat an dieser Stelle mehr Namen aufzuweisen als Frankreich; obgleich seine Bewohner nicht als ein eigentliches Reise-
263) Journal d'uii voj-a^e cu Orient, par C . de. Gutines, Kevue de l'Orient XIV, 1862 p. 13 f. 108 f.
64) En Orient. Souvenirs de voyage , 18.^8 — 1861, par Ferdinand Schickler. Paris , ]\Iichel Levy ]863, 394 S. in 18-jesus. (3 fr.) Vgl. Journ. des Sav. ].''63 p. 672 f. und Brugsch in seiner Zeitschrift für Aegypt Sprach- n. Alterthumskunde 1863 n. 1 p. 11 f.
65; Danube, Nil et Jourdaiu. Souvenirs et impressions de voyage par L. Gdbryä. Trois vols. Paris, Dcntu 1865, XII in 434 S. in l.«.jesus. (6 fr.) Vgl. Saturday Review 186.') p. 38'^.
6l)) Jouinal de voyage: Italie, Egypte , Judee, Saniarie, Galilee , Syrie, Tauius Cicilien, Archipel grec. Par Leon Pavl. Paris, Libr. fran^aise et ^trangere 1865, 333 S. 12. ^2 fr. ^50 e.)
67) Mon voyage en Orient, Egypte, lioux saints, la Syrie et Constaiitinopl'e. Par Fred. Poiret. Paris, Impr. Lahure 1865, , IV u. 2l>8 S. 8.
68} Esquisse de voyages (1862 - 1863), Egypte et Nubie, Palestiue et Syrie, Constaninople, etc. Par Mnie la marquise r/e Z/. Metz, Impr. Rousseau-Pallez 1^66, 98 S. 8.
69^ La Terre Sainte, la Syrie, le Liban, Rhodes, Smyrne, Constantinople, la Grece, les lies ioniennes, Malte, rEgyjite et laNubie. Par 7/^rtr< r/e Guimiviiiont. Tr< is vols. Paris, Douniol 1867, XII u. 1607 S. 18-jesus. Vgl. Etudes religieuses, histor. et litteraires vom Mai 1S67, und E. Gaillard in L'Uniim vom 7. Sept. LS67.
70) Pfelerinage aux lieux saints suivi d'une exciirsion dans la Basse Egypte, en Syrie et ä Constantinople. Par A. de Macedo. Bruxelles et Paris, Lacroix, Verboeckhoven & Co. 1867,495 8. 8. (7 fr. 50 c.) Vgl. Pb. Wolff in Liebners u. A.Jahi hb., f. Deutsche Theol. XIII (1868) p 740.
71) Egypte et Palestine. Observations medicales et scientifiques par le Dr. Ernest Godc.rd. Avec une preface de M. Charles Rohin, membre de I'Institut. Paris. Masson 1867, XXXI u. 438 S. 8. Nebst Atlas von 24 Tff. (24 fr.) Vgl. Ph. Wolff in Jahrbb. für Deutsche Theol. XIII (1868) p. 741 und : La sciencc cn Orient. Courtes observations retrospectives a projics de 'Egypte et Palestin«;' , de feu le dr. Ernest Godard. Par Ollivier Bcaiire- fjord. (Extr. du 'Progres'j. Bordeaux, , Impr. Lavertujon 1867, 23 S. 8.
72) Du Spitzberg au Sahara. Etape d'un naturaliste au Spitzberg, en Laponie, en Ecosic , en Suisse, en France, en Italie, en Orient, en Egypte et en Alperi. . par Charles Martinen. Paris, Baillire 1865, XVI u. 619 S. 8. Vgl. ,I«jun;al des Sav, 1865 Nov. p. 723. Auch bereits in das Deutsche übers» tzt : Von Spitzbergen zur Sahara. Stationen eines Naturforschers in
Neiiere Reisen, {Tjerante). 105
Volk gelten können, sinnt doch einer von ihnen, ZimpeV'^'' ^) , der seit lange Jerusalemische Topographie getrieben hat, etwas phan- tastisch über die Verbindung zwischen todtem Meer und Mittel- meer u. s. w. nach. Den deutschen Handweiksburschen sogar führt seine besondere Romantik und die polizeilich eingetretene Un- möglichkeit, im Heimatlande erfolgreich zu fechten, auf lerantinischen Wanderpfad: leider ist unsere Schriftstellerzunft dehnbar genug, um auch Contingente aus diesem Kreise zulassen zu müssen. Der seit 1834 bekannte Wagnergeselle Döbel'^^) und der Schlosser- gesell Mehnert"''^') haben sich in der Gattung litterarischer Bettel- briefe versucht. Die Träger der achtungswerthen Namen, welche ich so unmittelbar nach diesen nenne, mögen mir eine solche Nachbarschaft verzeihen; auch sie ist ja charakteristisch. Peter- manns '") umfassenderes Reisewerk ist in einer neuen Titel- auflage ausgegeben worden-, das geistvoll frische Skizzenbuch von Älban Stolz''^), zuerst 185 7 nach der Reise von 1855 gedruckt, in einer dritten Ausgabe erschienen. Gleich ihm durch ihr Glaubens- bekenntniss auf Achtung der Tradition gewiesen, aber wie er trotz- dem nüchtern und realistisch besonnen beobachtend erscheinen Rei'nke '''') und Sepp ^^) , letzterer ausgezeichnet durch eine
Spitzbergen, Lappland . . . Autorisirte u. unter Mitwirkung des Vfs. übertragene Ausgabe für Deutsclilaud. Mit Vorwort von Carl Vogt. Aus d. Franz. von A. Bartels. Bd I. IT. Jena, Costeiioble 1S68, XXVI u. 687 S. gr. 8. (u. 3 ^. 20 Ngr.) Vgl. Schucht in Ell. f lit. Unterh. 1868 No. 47 p. 742 f.
273) Strassen-Verbindung des mittelländischen mit dem todten Meere u. Damascus über Jerusalem mit Heranzieliung von Bethlehem. Hebron, Tiberias, Nazareth u. s. w. Von Ch. F. Zimpel. Frankfurt a. M. 18li5, 47 S. 8. ni einem Plane in fol. (n. 8 ngr.) Vgl. Toblers Bibliogr. p. 185 f.
74) Des Wagnergesellen E. Chr. Döbel Wanderungen im Morgenlande. Zwei Bände. Berteroda 1863, 8. Vgl. über die früheren ebenfalls colportierten Ausgaben Toblers Bibliographie p. 156.
74a) Eines jungen Handwerkers Keisen in Europa , Asien und Afrika, gethan in den J. 1855- 1865. Eine getreue Schilderung dessen, was ?ch als Wanderer, italienischer Logioiiär und Mis'^ionszögling in Deutschland,... der Türkei, Anatolien, den Inseln Rhodus u. Cypern, Syrien, Palästina mit Bethlehem etc. und dem Wunderlande Aegypten gf>sehen u. erlebt. Von Osvald Mehvrrt, Zwei Bde. Dresden, Selbstverlag 1805, IV, 513 u. XI S. gr. 8. m. 1 Photogr,
75) Reisen im Orient von 7/. Petermann. Zwei Bde. 2. (Titel-) Ausg. Leipzig, Veit & Co. 1865. XXII u. 880 S. gr. 8. M. Titelbild u. einer Karte von Kiepert. (3 ^.) Vgl. meinen Bericht für 1859—61 No. 183.
76) Besuch bei Sem, Harn und Japhet oder Reise in das h. Land. Von Alban Stolz. 3. Aufl. , um ein gutes Stück vermehrt Freiburg im Br. , Herder 1864, 567 S. 12- (2 fl. rh. = 1 .^. 6 Ngr.)
77) Aus dem Orient. Von L. Rcinke. Münster, Thcissing 1864, 340 S. 16. (n- 1 -^-^ '^"gl- Wiener AUg. Lir.-Ztg. 1865 No. 21 p. 183. und Ph. Wolff in Jahrbb. f. Deutsche Theol. XII (1867^ Heft 3 p. 546.
78 Jerusalem und das h. Land oder Pilgerbueh nach Palästina , Syrien und Aegypten von (J. N.) Sepp. Bd. l. II. Schaflfbausen , Hurter 186li 63, 781 u. 784 S. gr. 8. mit Holzschn. (in 7 Liefl'. ä 1 > ., ^^..) ^'gl. über die beiden ersten Lietf. Lit. Centralbl. 1862 No. 25 p. 506 f.; über das Weitere ebend. 1864 No. 26 p. 611 f. u. No. 3i p. 798 ).; sonst, auch Lit Handweiser ls62 No. 1 p. 17; besonders aber Toblers Bibliogr. p. 173.
106 Wissenschaf tl. JahrcsLerivIdfür 1862— 1867.
Reihe werthvoller Detailforscluiugeu. Lediglich als Pilger haben dagegen Schreif^'^^)\xxi(iL Kränzle^*^^) geschrieben. Durchaus wirk- lichen Reiseinteressen dient Scliäfi ®i) , der uns nach der Türkei, Baghdad und Bai,'ra führt, m\di Scimchar dt ^-) , vi^iiQhQv mit ?,QmQ\\ sehr lebhaft dargestellten Reiseerfahrungen allerlei ebenso gewissen- hafte als anspruchslose Studien verbunden hat. Durch dieselbe An- spruchslosigkeit zeichneu sich die durch ihre Ausdehnung auf den oberen Nil werthvollen Mittheilungen des Kaufmanns Binder ^h aus; werthlos ist Seiferts ^^) auf eine Reise von etwa 1853 zurückgehende Schrift; angenehmer wenigstens die Briefe von Scherer ^=). Durch ihre geologischen Beobachtungen bedeutend sind die Mittheiluugeu von Fraas^^). Endlich mögen hier auch, weil auf eignen Anschauungen beruhend, die geistvoll wenn auch bisweilen zu phantastisch hingeworfenen Landschaftsgemälde von Braim^''), auf denen sich für uns besonders interessant die Ge-
279^' Pilger-ßeise in das h. Land und nach Aegypten. Von Georg Schrey. Salzburg (Glonner) 1865, 98 S. gr. 16. (n. '/^ ^'. ).
80) Reise nach Jerusalem über Wien, Constautinopel, Aegypten und zurück über Damaskus , Neapel und Rom in Pilgerbriefen von Joh. Kränzle. Augs- burg, Kranzfelder 1867, 370 S. 8. (1 fl. 48 Xr. rh.;. Vgl. Wiener Allg. Lit.- Ztg. 1848 no. 28 p. 224.
81) Reisen in den Orient. Von Dr. Alex. Schaf li. Mit 1 (lit.) Karte. {Mittheilungen schweizerischer Reisender Heft 2). Winterthur, Wurster & Co. 1864, III u. 157 S. gr. 8. (1 ^.).
82 Orientalische Reise -Bilder. Andeutungen und Anleitungen, um in kurzer Zeit und für wenig Geld recht viel Orientalisches kennen zu lernen von Theotl. Schuchardt (In 4 Heften), Heft 1—4. Leipzig, Leiner 1864, 319 S. gr. 8. (ä 1/4 •^•)- Danach: Die Aegypter der Gegenwart, Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1864 No. 52 p. 832 f.
83) Mittheilungen des Herrn Franz Binder über seine Reise im Orient u. sein Leben in Afrika, in Transsilvania (Beiblatt zum Siebenbürger Boten) 1862 no. 17 — 22 ; daraus besonders abgedruckt Hermannstadt, Steinhauser 1862, 34 S. gr. 8. i'Vs ^■)- Vgl. den Auszug in Petermann's Geogr. Mitth. 1864, V p. 168 — 171: 'Ein Deutscher Kaufmann am Oberen Nil'.
84) Reise von Deutschland nach Ungarn, Italien, derTürkei, Klein-Asien, Syrien, Palestina, Aegypten, Griechenland, der Schweiz und Frankreich. Bearbeitet und her- ausgegeben von C. Seifert. Dresden, Selbstverlag 1864, IV u. 369 S. 8. m.2 Steindrucken. Vgl. Toblers Bibliogr. p. 188.
85) Reisen in der Levante in den Jahren 1859—65. In Briefen an Freunde von H. Scherer. Frankfurt a. M., Winter 1866, VII u. 446 S. 8. (n. 1 ^ 6Ngr.) Vgl. BU. f. lit. Untcrh. 1866 No. 38 p. 539 f. und Köln. Ztg. 1865 No. 3U7.
86) Aus dem Orient. Geologische Beobachtungen am Nil, auf der Sinai- Halbinsel und in Syrien. Von Oscar Fraas. (Zuerst in den Württmberg. Naturwissenschaftlichen Jahresheften 1867 Heft 2—3.) Stuttgart, Ebner & Seubert 1867, 222 S. 8. mit 4 üth. Tff. u. eingedr. Holzschn. (n. 1 ^. 14 Ngr.) Vgl. Augsb. A. Ztg. 1868 No. 26 Beilage; Lit. Centralbl. 1868 No. 25 p. 667 f.; Ausland 1868 No. 12 p. 271-274; Ph. Wolfi' in Jahrbb. f. Deutsche Theol. XIII (1868) Heft 1 p 161 f.
87; Historische Landschaften. Von Jul. Braun. Mit 3 (litliogr.) Tflf. Stuttgart, Cotta 1867, IV u. 410 S. gr. 8. (3 fl. 30 Xr. rh. =2 ^. ). Vgl. Kath. Allg. Lit. Ztg. 1867 No. 16 p. 130 f. — Vergl. schon früher: Die bedeutsamsten Ruinenplätze Asiens. \"n Jnliits Braun , AVesternianns lllustr. Monatsh. XVI 1864 no. 92 p. 188^ 196, no. 94 'Julii p. 428—437, No. 95 p. 540—550.
Neuere Beisen {Levante). 107
stalten Abrahams, Moses uucl Haunibals abheben, ebenso die Bilder von Löjfler mit dem frischen Text von Busch^^^) genannt werden.
Die übrigen europäischen Nationalitäten haben die levantinische Reiselitteratur nur uenig bereichert. Aus Belgien ist der Anlang eines Werkes von van Ertborn ^^) gekommen , aus Dänemark eines von Schvudt ^^) ; aus Schweden sind neben den allgemeinen Reisenotizen ,von Frederike Bremer ^^) , deren den Vorderorient betreffende Abschnitte in einer bequemen französischen Bearbeitung vorliegen ^^), noch von Kraemer ^^) und der mit unverdientem Beifall aufgenommene Bescoio'^^) anzuführen. Russland, obwohl es in einer organischen Verbindung mit der vorderasiatischen Christen- heit steht, hat nur die französisch geschriebenen Reisememoiren eines nicht genannten im Frühling 1860 Alexandrien, Cairo, Jeru- salem und Damaskus besuchenden Fürsten ^^) und die Aufzeichnungen Dochturoffs^^) gebracht, den keine fromme Absicht, sondern der kaiserliche Auftrag in Arabien Pferde zu kaufen, über Palästina führte.
Auch in der Reiselitteratur, welche Persien, das innere und hintere Asien in den Kreis ihrer Darstellung zieht, behauptet England noch einen natürlichen Vorrang: von hier erhielten wir Polling-
288) Bilder aus dem Orient. Nach der Natur gezeichnet von ^1. Löffler u. mit heschreibeudem Text begleitet von M. Busch. Lief. 1 — 12. Triest, Direction des öster. Lloyd 1S63 — 64, 32 Stahlstiche und 108 S. Text fol. (h 12 ngr.). Auch mit französischem Text: L'Orient pittoresque. Publication artistique dessinee d'apres nature par A. Löffler et accompaguee du texte descriptif du Dr. Maur. Busch. Livr. 1 — 16. Ebend. 1865, 32 Stahlst., u, IV, 108 S. Text fol. (ä n. 12 Ngr.). Vgl. The Reader 1863 No. 14 p. 330 f.
89) Souvenirs et impressions de voyage en Orient par le baren Octave van Efitborn. (Auf dem Umschlage als : '1er volume. Egypte' bezeichnet). Anvers, Van Mol & Van Loy 1867, 8.
90) Reise i Graekeiiland, Aegypten og det hellige Land ved Vald. Schmidt. Kjöbuhavn, Wöldikes 1863, 2 BU. u. 450 S. gr. 8. (2^2 ■^- )•
91) Leben in der Alten Welt. Tagebuch während eines vierjährigen Aufenthalts im Süden u. im Orient. Von Freclerike Bremer. Aus d. Schwed. Th. 1—16. Leipzig, Brockhaus 1862-63, 8. (ä 10 Ngr.). Vgl. über Th. 12—16 Ell. f. lit. Unterh. 1864 no. 41 p. 752—758.
92) Abrege des voyages de Mlle. Bremer dans l'ancien et le nouveau monde par Mlle R. Dit Fuget. Palestine et Turquie. Paris 1865, 310 S. 16. (3 fr.).
93) En vinter i Orienten. Reseanteckningar fran Egypteu, Nubien , Sinai och Palestine of JR. v. Kraemer. Med 29 planscher och 1 Karta. Stock- holm 1866, VII u. 399 S. 8. (5 rd. 50 ö.).
94) Reseminnen fran Egypten, Sinai og Palestina, 1850 — 1860. Af E. G. BescOic. Med 15 planscher og 2 kartor, den ena öfver Egypten och den Siuaitiska haifön, den andra öfver det heliga landet. 5te upplag. Stock- holm 1867, 431 S. 12.
95) En Orient. Impressions et reminiscences. Deux volumes. St.-Peters- bourg, Schmitzdorflf 1867, V, 526 u. 507 S. 8. (ÖVs ^- ) Vgl. Lit. Centralbl. 1868 No. 23 p. 606 f.
96) IIutjAKa ua 1)1 iiOK[j u. s. w. (Wanderung in den Orient. Von M. N. Dochturoff.) St. Petersburg 1863, 8.
1 08 Wisseiischaftl. Jahrsberich t/ür 1 SG-J— 18«d7.
tons^^'') und Usskem'^^) besonders eraiiische Gebiete berührende Darstellung. Bis nach Indien greift des französischen Grafen de Panisse ^^) Reise; dagegen überschreiten die westeranischen Gebiete nicht die mehr naturwissenschaftlichen Forschungen der beiden Deutschen Kotschy^^^) und Abi'ch^). In Hinter- und Südasien bewegen sich die Reiseberichte Thomsons ^) (diese auch den malaiischen Archipel betreffend, bereits in zweiter Auflage) und die bis nach Keu - Seeland reichenden der Miss Muter 3) ; der Holländer Bake^) bietet sehr flüchtige Schilderungen aus China und dem Archipel; eingehender berichtet von Indien über den Archipel bis nach China Devay^); die hinterasiatischen Reisen seines Landsmanns Beriandier bespricht Bülot^).
Wenn wir in den bisherigen Gruppen der Reiselitteratur neidlos und dankbar dem englischen Namen die erste Stelle ein- räumten, nennen wir dagegen unter den Werken, welche ganz Asien oder bedeutende Theile desselben nebst der angränzenden polyne-
297^^ Half Round the Old World. Bciug some account of a tour in Russia, the Caucasus, Persia, and Turkey , 18(35—66. By Viscount Pollington. Lon- don, Müxon 1867, 403 S, 8. with maps (14 sh.). Vgl. Athenaeum 1867 March 30 p. 419 f.
9S; A joui-ney from London to Persepolis ineluding wandeiings in Da- ghestan, Georgia, Armenia, Kurdistau, Mesopotamia and Persia. By j, Ussher. London, Hurst and Blackett 1865, 716 S. 8. (42 sh.).
99} La Kussie, la Perse, l'Inde. Souvenirs de A'oyage par le Comte de Fantsse 1865—1866. Paris, Impr. Jounust 1867, 423 S. in 18. Jesus.
300} Ueber Reisen und Sammlungen des Naturforschers Dr. Th. Kotschy in der asiatischeji Türkei , in Persien und den Nil-Ländern. Wien , Jacob und Holzhausen 1864, 46 S. 8.
1 j Quelques-uns des resultats de mes derniers voyages de l'annee passee en Gcorgie et dans les re^ions voisines. Par Ahich , Bulletin de l'Acad. impcr. des sciences de St. Petersbonrg T. VI (1863} p. 119-125 und damit fast ganz identisch : Quelques resultats de mes voyages en Georgie, en Tiirquie et en Perse en 1862. Par Abich, Bulletin de la Soc. geologique de France 2. Serie T. XXI (18ü5) p. 213—220-
2) Some glimpses into life in the far East. By ./. S. Thomson. 2^^ cd. London, Richardson 1865, XI a. 332 S. 8. (10 sh. 6 d.) Dazu: Sequel to Some Glimpses etc. Ebcnd. 1865, XLI u. 313 S. 8. (10 'sh. 6 d.). Vgl. Athenaeum 1864 Febr. 20 p. 261 f.; Westminstrr Review 1864 April p. 576; Saturday Review I8i;4 Febr. 20 p. 235 f.
3j Travels and adventures of an officer's wife in India, China, and New Zealand. By Ms. Mieter. Vol. 1. 2. London, Hurst and Blackett 1864. XVII u. 638 S. 8. (21 sh.}. Vgl Athenaeum 1864, 23. Jan. p 117 f. u. The Reader 1864 no. 54 p. 41 f.
4; Een vlugtige blik of Java , Saigotn , Zuidelijk China cn Bombay. Door R. W. J C. Bale. Arnhem, Willink 18' 3, 45 S. gr. S. '?i. 0,60;.
hj Journal d'un voyage dans l'Inde anglaise, ä Java, dans Tarcliipel des Molucques, sur les cotes mOridionales de la Chine, ii Ceylan (1864;. Par Fr. Devny. Avec 2 photogr. et 2 lithogr. Deux vols. Paris, Didot 1867, XXXII u. 883 S. 8. (14 fr.}
6) Notice sur M. Beriandier et s(s voyages dans rcxtrenii; Orient par Fred. Billol. Aix, Makaire 1865. 31 S. 8.
Neue Reisen. (Ganz Asien). 109
sischen oder alrikanischen Welt in giö.ssereni Zusaiiiuieuhange um- fassen, mit Stolz zuerst die Deutscheu. Es ist in erster Linie die grosse Expedition der österreichischen Fregatte N o v a r a ^'*^) , deren uns speciell wichtige Ergebnisse für Anthropologie, Linguistik und Culturvvisseuschaft das gangbare wissenschaftliche Vorurtheil gegen Weltumsegelungen fast vollständig zerstören könnten, und in der lebendigen Darstellung Carl v. Scherzerti das weiteste Interesse auch des grossen Publicums erregten , dass eine Volksaus- gabe der Reisebeschreibung in einer Auflage von 25,000 Exem- plaren veranstaltet werden musste. Die für uns wichtigsten Punkte, welche diese erste österreichische Erdumseglungsexpedition berührte, sind besonders: das Kapland, wo Simonstown als die einzige mu- hamraedanische Colonie dieses Gebietes , welche durch die vou den Holländern aus dem Sundaarchipel herbeigezogenen 800 Malaien gebildet wird, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt-, die fast unbewohnten, durch ihren vulkanischen Charakter interessanten südindischen Inseln St. Paul und Amsterdam ; Ceylon , Madras und die Nicobareninseln; Singapore, Batavia und Manila; Hongkong, Canton, Shanghai und die Inselwelt des Stillen Oceans. Die gross- artigeu Sammlungen, welche auf der vom April 1857 bis zum August 1859 währenden Fahrt gemacht wurden, bezogen sich nicht nur auf Naturgeschichte, wie es bei solchen Expeditionen zu geschehen pflegt, sondern Dank der Vielseitigkeit und Energie des durch eigenthüm- liche Schicksale und Studien vorbereiteten v. Schei'zer besonders auch auf Culturgeschichte und Anthropologie im weitesten Sinne; wir werden weiterhin die schönen linguistischen Ergebnisse, wie sie Friedrich Müller mit durchdringendem Sprachsinn zusammen- gestellt hat, kennen lernen : auf die höchst interessanten Mittheilungen über Waarengattungen und nationalökonomische Verhältnisse zu achten wird allen den Orientalisten förderlich sein, welche in Lassens grosser dem indischen Alterthum zu Gute gekommener Weise das volle Leben der von ihnen studierten Nationalitäten über den Kreis der Handschriften hinaus zu erkennen wünschen. Die einen weit beschränkteren Kreis umschreibende, mit der nachher bei China und Japan zu erwähnenden preussischen Expedition zusammenhängende
307) Reise der Österreich. B'regatte Novara um die Erde. Beschreibender Theii von K. v. Scherzer. Bd. 3. Wien, Gerold, 1^62, VII u. 457 S. gr 8. Mit vifloii Holzschi), u. s. w. (n. 3 Tlilr. und bereits Bd. I — III, 2. Aufl. Mit 9 Karten, 65 Holzschn., 5 Beilagen; 15 Karten, 76 H., 2 Beil.; 11 Kart., 79 H., 2 Beilagen. Wien, Gerolds Sohn 1864 66, IX, 3.^4; VII, 448; VII, 450 S. gr. 8. in engl. Eiubd. (k n 3 ^. ) Dasselbe in einer Volksausgabe in 30 Lief. Bd. I— II (jeder zu 15 Lief.). Ebend. 1863—65, X, 632; VII, 648 S. gr. 8. mit eingedr. H .Izschu., 21 Holzschnitttaf., 3 Karten u. 5 Taf. u. Tabb. (k Lief. 6 Ngr.) Ueber den wichtigen linguistischen Tlieil der Novara-Publica- tioneu s. unten No. 4"i6; die naturwissenschaftlichen Partien müssen trotz aller Wichtigkeit hier übergangen werden.
110 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867 .
Weltreise Wilhelm Heines '^^^) zeigt den geübten , malerisch sichern Blick des schon bei der Fahrt des Commodore Perry be- theiligten, künstlerisch vorgebildeten Touristen grösseren Stils: das reiche Detail hat natürlich das officiellc Werk voraus. Durch den Keichthum künstlerischer Anschauungen und einen in allen Situationen geistesgegenwärtigen Witz noch anziehender erscheinen Eduard Hildehrandt's ^'^'■>) von Kossak in glänzendem P'euilletonstil re- producierte , durch ausserordentliche Charakteristik sehr werth- voUe Reiserinnerungen. 'Der Maler des Kosmos' hatte nach dei' ersten, Amerika geltenden Weltreise von 1844 — 45 den Orient schon 1851 besucht und nach einem kürzeren Aufenthalt in Nord- afrika (besonders in Aegypten) in königlichem Auftrage Palästina studiert; wer das Glück gehabt hat, seine farbenglänzeuden Aqua- rellen zu sehen, musste ohne Zweifel den vollen Eindruck des sonnigen Orients empfangen. Abgesehen von andern einzelnen Fahrten kommt aber hier als besonders wichtig in Betracht die fast zweijährige eigentliche Weltreise, welche der Künstler seit dem Herbst 1862 ausführte und deren Ergebnisse er in fast 300 Aquarellen, wie in zahlreichen mündlichen und schriftlichen, von Kossak geschickt be- arbeiteten Ueberlieferungen niederlegte. Der Weg führt über Aegypten und Aden nach Indien, Ceylon, Hinterindien, China, Japan und den Philippinen; die mächtigen Central städte , wie die heilige Benares und die wunderliche Bangkok, treten kenntlich aus dem Glanz der südlichen Sonne und der tropischen Vegetation hervor: die Ruinen Indiens und Slams scheinen zu reden; die nachdenk- liche Schlaffheit der Hindus, die hinterlistige Rührigkeit der Chinesen, die rasch orientierte Arbeitslust der Japanesen rücken uns aus den pikanten Anecdoten mitlast körperlicher Bestimmtheit nahe. Dagegen kommen Getst's^^) Zusammenstellungen gar nicht in Betracht. Als merkwürdige Reiseschilderungen füherer Zeit von einem grösseren Theil Asiens mögen noch die jetzt erst gedruckten Aufzeichnungen zweier HäjjT's erwähnt w^erden ' ^). Der eine aus Kargali im Oren-
308) Eine Weltreise um «iie nördliche Hemisphäre in Verbindung mit der ostasiatischen Expedition in den J. 1860 und 1861. Von Wilhelm Heine. Zwei Theile. Leipzig, Brockhaus 1864, XXIl u. 593 S. gr. 8. (S^/s ^■) Vgl. Ausland 1864 No, 7 p. 161—165, Bl. für lit. Unterh. 1864 No, 3 p. 45—50. 9j J^d. Hildebrandt' s Reise um die Erde. Nach seinen Taijebüchern und mündlichen Berichten erzählt von E. Kossak. Berlin , Janke 1867 , XVIII und 1022 S. 8. (4V2 ^.)
10) Dr. G. Geist's Keisen, Abenteuer und Erlebnisse in Asien , Afrika und in den indischen Meeren. Mit Abbild, in Farbendruck. Lief. 1 — 6. (Vollst.) Dresden, Schöpff 1864. 278S.gr. 8 Mit 5 lithogr, Taf. (ä n. 5 Ngr.)
11) >iV.Ai (}.AcUwi i^Li:. ^^ji ^yi N/oLi s,i>-^ ti^ÄJ ^>Li^ ,JSp(
j^LiJ^i Kasan 1862, 4. Vgl. Dorn in Mölanges asiatiques V (1867) p. 620 No. 69.
Geographie. \\\
biirgischen Gouvernement stammende HäjjT Isma'Tl ging 1751 über Bukhära, Afghanistan und Indien nach Mekka, der andere aus Jauka- gischt im Kasanischen Gouvernement, Häjji Muharamed Amin 1783 über den Kaukasus, die Türkei und Aegypten dahin.
Bei allen solchen ausgedehnten Reisen, auf welchen selbstver- ständlich sich nicht von selbst die Aufmerksamkeit der Reisenden specialisierend zu centralisieren vermag, sind bestimmte Fragestellungen von grösster Wichtigkeit. Die geographische Gesellschaft in Paris hat daher sehr richtig an d'Abbadie ^^-) und Remy ^^) eigene Instructionen gestellt-, Lafond'^^) formuliert die Fragen einer Weltreise-, auch die Missionare bedürfen solcher Orientierungen^^).
Zu einer zusammenfassenden Darstellung der durch diese un- unterbrochenen allgemeinen und noch mehr durch die erst bei den einzelnen Länder zur Besprechung kommenden besonderen Reisen gewonnenen geographischenResultate für den gesammtenOrient schreitet man bei der undankbaren Schwierigkeit der Aufgabe nur ungern. Um so grösseres Lob verdienen v. Kl'öden'^'''') und Daniel'^^^), von denen der erstere in seinem Handbuche der Erdkunde eine grössere Fülle von eigentlich geographischen Daten, der andere ein • lebensvolleres und harmonisches Culturbild geliefert hat. Was die neue verdienstliche Bearbeitung des Handbuchs von Stein und Hörschel- mann bringt, soll an seiner besonderen Stelle hervorgehoben werden. Eine Zusammenstellung anderer Art haben Eyries und Jacobs ^^) versucht , Killougli ^'^) ein gutes Panorama gegeben ; Cortam- bert's^^) neu aufgelegte, an Maltebrun anlehnende Schrift ist
312) Instructions pour les voyages d'exploration par Antoine Abbadie, (Extr. du Bulletin de la Soc. de geogr.) Paris, Impr. Martinet 1867, 39 S. 8.
13) Instructions donnees ii M. Jules Remy, pour son voyage dans l'Inde, l'Himalaya, le Tibet, la Chine , le Japon et l'Oceanie , Bulletin de la Soc. de Geogr. 5e serie T. III (1862) p. 32 f.
14) Fragments de voyages autour du monde. Philippines, Chine, Malaisie, Polynesie, Mexique , etc. Par Gabriel Lafond (de Lurey). Paris, Impr. Voisveuel 1864, 234 S. 4. k 2 col. (2 f. 50 c, — Publications du Journal ,,Le Siecle.")
15) Peregrinations en Europa, en Afrique, et au Japon, par X. M. B. mis- bionnaire apostolique, chanoine de L. 4e et 5e. ed. Paris, Giraud 1865, X u.479 S. 12.
15a) Handbuch der Erdkunde von G. A. v. Klöden. Bd. III. Asien, Australien, Afrika und Amerika. Berlin, Weidmann 1862, XII u. 895 S. gr. 8. (n. 3 ^)
15b) HaTidbuch der Geographie von Dr. Herrn. Adalb. Daniel. I. Theil. Allgemeine Geographie. Die aussereuropäischen Erdtheile. 2. vielf. verb, Aufl. Leipzig, Fues 1866, XIV u. 944 S. gr. 8.
16) Voyage en Asie et en Afrique d'apres les recits des derniers voyageurs. Par Eyrih et Alfred Jacobs. Paris, Furne 1866, IV u. 696 S. gr. 8.
17) Seize mille Heues ä' travers l'Asie et l'Oceanie. Voyage execute pen- dant les annees ] 858— 1861. Par le Comte H. Russell Killough. Ure et 2de Serie. Paris 1866, 859 S. 8.
18) Description particuliere de l'Asie, de 1' Afrique, de l'Amerique et de l'Oceanie. Par E. Cortambert. Nouvelle ed. Paris, Hachette 1865, 307 S. 12. (2 fr.)
1 12 Wiäscnschaftl. .Jahrei^hencht für Wrl— 1867.
ein eiui'aches gutes Schulbuch, was auch von Jiaffi/-^^^) zu gelten scheint. Sehr interessante und aus den immer noch entlegenen Quellen der chinesischen Litteratur geschöpfte Notizen über asiatische Geographie hat Staiuslas Juliett ^'^) uns dargeboten ; wir finden darunter Nachrichten über die Uiguren, Matuanlin's Beschreibung Indiens, Lin's Grundzüge einer allgemeinen Erdkunde und über die chinesisch-indischen Reisebeschreibungen.
Unmittelbarer ist die Ethnographie gefördert worden, deren Grundlegung immer auf asiatische Urgeschichte und Sprachenkunde zurückführen wird, wie man aus de Labarthcs'^^) Apergu er- sehen kann, der auch über die Fortschritte der orientalischen Ethno- graphie berichtet hat 2-). Je feindlicher sich bisweilen an dieser Stelle die Naturwissenschaft und die geschichtliche Sprachforschung begegnen, die Form des Kacenschädels und das Gedankensystem, das darin durch Geschlechter heimisch gewesen ist, von einander abweichen : um so glücklicher fügt es sich, dass auf der einen Seite die physiologische und die sprachgeschichtliche Ethnographie in ihren besondern Uichtungen sich einstweilen weiter entwickeln, auf der andern wissenschaftliche Kräfte von verschiedenen Standpunkten aus zu anthropologischen Vereinen sich zusammenfinden. Die Fort- schritte der mit der Ethnographie so eng verbundenen Anthropologie in Frankreich hat de Quatrefayts ^^) in einer auch für den Philologen lichtvollen Weise gezeichnet; besondere anthropologische Gesellschaften biingen in London und Paris das zerstreute massen- hafte Material zusammen. Von der englischen liegen zwei Bände mit 44 längeren und kürzeren Abhandlungen vor '^^) , von denen die Mehrzahl durch ihren specifisch naturwissenschaftlichen Charakter uns ferner liegen, andere dagegen um ihrer historischen oder sprach- undculturwissenschaftlichen Bedeutung willen unsere volle Aufmerk- samkeit verdienen, wie T. Bendyshe über die Geschichte d§r
31S; Lectures geographiques : Asie et Afrique. Par C. Raffy. Toulouse, Privat 1867, 555 S. 12. (3 fr.)
l'O) Molanges de geographie asiatique et de philologie sinico-indienne par Stanislas Julien. Vol. I. Paris 1864 , 339 S. 8. (in sehr kleiner Autl. gedr.)
21) Aper9u gendral de la science ethnographique. Par Charles de Laharthe , Kevue Orientale et americaine T. 4. (1866) und besonders abgedr. : Paris, Maisoiineuve 1866, 24 S. 8.
22) Kappoit annuel sur les progres d'ethnographie Orientale par C'/iorles tle Laharthe. Lu k la Seauce generale de la Section americaine le 26 fevr. 1862. Paris 1862, 8.
23) Recueil de rapports sur les progres des lettres et des sciences en Frantc — Rapport sur les progres de l'anthropologie par A. de Quatrefages. Publi- cation faite sous les auspices du Ministere de l'instruction publique. Paris, Impr. Imper. MDCCCLXVII, :'j7U ö. lex. 8. Vgl. M. Briel im Courrier Fran^ais vom 14. Oct. 1867.
24) Memoirs read beforc the Anthropological Society of London, 1863—64. Vol. I. — 1865—66. Vol. n. London, Trübner 1865 und 1866, 542 u. X, 464 S. 8. ,a 21 sh.)
Üthwgmphe. 113
Anthropologie, Edw. Sellon über den indischen Phallusdienst, Vdmbery über die Derwische, J. Hunt über die Stellung der Neger, welche überhaupt bei diesen Erörterungen sich besonderer Aufmerksamkeit erfreuen (vergl. die anatomischen Beobachtungen von Th. B. Peacock und Gibh) und W. T. Pritchard über die Viti-lnseln und ihre Bewohner. Die Pariser Societe d' ethnographie besteht bereits seit 1859 und hat zunächst ihre Sitzungsberichte und Abhandlungen in der 'Revue Orientale et ainericaine' und in einem kleinen 'Annuaire' veröffentlicht, nachher in einer besonderen Zeit- schrift ^^^'') ; die Herausgabe eines ersten Bandes von 'Memoires ethnographiques' war vorbereitet. Die Discussionen der Gesellschaft betrafen theils allgemeine Punkte, wie die Classification der Völker- gruppen, die Stellung der Sprachwissenschaft zur Ethnographie; theils einzelne Fragen , wie das Dravidische u. s. w. — Einen raschen aber anziehenden Ueberblick gewährt mit geschickter Combi- nierung des Linguistischethnographischen und des Culturgeschichtlichen Diefenbach -^) , nicht etwa ein geschlossenes System der Ethno- graphie, was auch der sehr bescheidene Titel nicht erwarten lässt. Das Morgenländische nimmt hier nur einen äusserlich nicht sehr ausgedehnten Raum, aber bei der Bedeutung desselben für die Grund- fragen der hier wenn auch aphoristisch so doch l^kweilen geistvoll skizzierten Culturgeschichte eine um so wichtigere Stellung ein. Mit einer ausführlichen Darstellung, wenngleich sie sich auf die s. g. Naturvölker beschränkt, kommt das grossartig angelegte und be- deutende , in Deutschland zum Schmerz des Verfassers , zugleich aber zur Beschämung seines Vaterlandes ziemlich wirkungslos ge- bliebene Werk von Theodor Waitz ^^) an verschiedenen Stellen
325a) Actes de la Societe d'etlinographie constituee par deiix decisions ministerielles. Reeueil publie avec le concours de MM. Deloudre, Martin de Moussy, Minor et, Oppert, de Rosny et Schwabe, par Leon de Rosny, Jules Sarazin et Charles de Labarthe. 2ieme Serie. — T. I. Paris, Amyot 1867, 2 BU, und 396 S. gr. 8. Die ,,Comptes-rendus des seances de la See. d'Ethnogr. (lere periode)" T. I — II. Paris 1860 — 65. 8. liegen mir nicht vor. Früher war auch ein kleines ,, Annuaire de la Soc. d'Etlui. publie avec le concours de la Commission des travaux litteraires par Charles de Labarthe" 1 — 3. (Paris, Challamel aine 1S60 — 62) erschienen; ich weiss nicht ob mehr. Der mir näher bekannt gewordene dritte Jahrgang enthält ausser einigem Ethnogiaphischen auch Japanesisches und Kaukasisches, was an seiner Stelle erwähnt werden soll.
25) Vorschule der Völkerkunde und der Bildungsgescliiclite von Lorenz Diefenbach. Frankfurt a. M. , Sauerländer 1864, XII und 746 S. gr. 8. (3^3 ^. ) Vgl. Aijthropological Review no. 10 (1865 July) p. 196 - 202; Baudry in Revue moderne T. 35 (1865,5 p. 375 f.; Lit. Centralbl. 1865 no. 17 p. 442 f.; Oesterreich. W^ochenschrift 1865 No. 11 ; Th. Benfey in Gott. gel. Anz. 1865 St. 5 p. 176—192, Aur. Buddeus in BU. f. lith. Unterh. 1865 No. 9 p. 14-1 f.
26) Anthropologie der Naturvölker von Dr. Theodor Waitz. Fünfter Theil. Auch m. d. T. : Die Völker der Südsee. Ethnographisch und cult ur- historisch dargestellt. Erstes Heft. Die Malaien. Mit einer Karte. Leipzig, Fr. Fleischer 1865, VI und 194 S. gr. 8. (l'/^ ^) Vgl. den Bericht für 1859—61 no. 57.
Jahresbericlit 1»G2— Ü7. üt
114 Wissenschaftl. Jahresbericht für 186-J— 1867.
unserer inorgeuländischeu Wissenschaft entgegen. Waitz selbst ist am 21. Mai 1864 ein Opfer seiner angestrengten Thätigkeit ge- worden, für welche die kleine Universität Marburg keinen an- gemessenen Wirkungskreis darbot; glücklicher Weise sind seine Sammlungen und kühn gestellten Aufgaben in die Hände seines ausgezeichneten Schülers Gerland in Magdeburg gefallen. Durch ihn erhalten wir zunächst eine trefilich orientierende Darstellung der Malaien , welche uns hier in einem einheitlichen Bilde aller ihrer Lebensrichtuugen entgegen treten, wenngleich dem Plane des ganzen Werkes widersprechend an verschiedenen Punkten der Begrift' des Naturvolks durch die Herübernahme einer fremden positiven Religions- form aufgehoben ist. Als eine Genugthuung, welche man den grossen Verdiensten des Marburger Forschers schuldete, werde hervorgehoben, dass England sich beeilte, den grundlegenden für Sprach- und Völkerpsychologie wichtigen ersten Theil des Werkes zu seinem Eigenthum zu machen^^^). Das europäische und das transatlantische England ist durch seine mannigfachen Berührungen mit fremden Nationalitäten auf ethnographische Interessen gewiesen: so erhalten wir aus Nordamerika das compendiöse, im Wesentlichen auf Grund der Sprachwissenschaft aufgebaute, nicht ungeschickte Handbuch von Brace ^^) , aus England in neuer Auflage die mehr auf die be- sondere geschichtliche Entwicklung der Völker gerichtete Darstellung von Knox ^^). Beachtenswerth ist eine Untersuchung von Selig- mann ^^) , welcher eine Entwicklung aus der äthiopischen Urrace und Degeneration der höheren kaukasischen Piace im Süden und Osten annimmt. Für die ethnographischen Verhältnisse des turanischen oder altaischen Asiens sind die von der Beschreibung Russlands ausgehenden und später bei Nordasieu näher zu erwähnenden Werke Sclmitzlers und Pmdys schon hier hervorzuheben ; insonder- heit treten in des letzteren von K. v. Baer mit einer trefflichen allgemeinen Einleitung eröffneter Darstellung unter den Indoeuropäern die Ossethen, Perser, Kurden und Armenier, dann als grosse Gruppen die eigentlichen Kaukasier, die Ural-Altaier und die Ostsibirier für uns wichtig hervor. Auf den engeren Orient scheint sich das wohl
327) Introduction to anthropology by Dr. Theodor Waitz. Edited with numerous additions, by the author , from the first volume of „Anthropologie der Naturvölker-' by F. Frederick Collingivood. London, Longman 1863, XVI u. 404 S. 8. (16 sh.) Vgl. National Review 1864, April p. 455—503.
28) The Raccs of the old world. A nianual of ethnology by Charles L. Brace. New-York (London, Murray) 1863, XIX u. 428 S. 8. (9 sh.) Vgl. The Reader 1863 nr. 28 p. 32 f.; Athenaeum 1863 July 25 p. 106.; National Review 1864 April p. 455- 503.
29) The races of mcn; a i)hiIosoi)liical inquiry iiito tlie intiuenee of race over the destinies of nations. By Roh. Knox. 2nd cdition, with supplementary chapters. London 1862, 600 S. 8.
30) Die M(!nschenraccn von Prof. F. R. Seliyviann, Geogr. Jahrbuch von E. Behm, I. (1866.)
Ethno(iraphie. 115
auf Reiseaufzeicliiiungen beruhende Werk der litterarisch kühnen Mad. Aiidouard'^'^'^} zu beziehen; bis in eigentlich geschichtliche und chronologisclie Fragen führt die mir sonst nicht näher bekannt- gewordene Schrift ihres Landsmanns Eodier ^'^). Ethnographie und Ethnologie (welche sehr scharf zu unterscheiden im Grunde spitz- findig ist) leiden immer noch au dem Mangel durchaus an- erkannter Ausgangspunkte und mithin einer sicheren Methode. Ein Meister dieser Wissenschaft; Huxley^'^)^ betont natürlich das naturwissenschaftliche, durch den Darwinismus gesicherte Moment; Jackson^^) wendet sich speciell an die Schädelformeu. Auf der anderen Seite wird die Sprache zum ethnographischen Kriterium gemacht, so leicht sie auch übertragen und so wenig sie in ihren ersten vorgeschichtlichen Entwicklungsstufen erkannt werden kann. Daher wird sie als Beweismittel für die entgegengesetztesten Standpunkte her- beigezogen : für die ursprüngliche Einheit des Menschengeschlechts 3^), und mit fast grösserem Hecht für eine uranfäugliche Vielheit der Racen, wie sie Chavee'^'^'') in seiner weiterhin noch zu erwähnenden sehr lebendigen Untersuchung über die Beziehungen zwischen Semi- tismus und Jafetismus setzt , und wie J. W. Farrar '^^) in einer vor der Ethnological Society in London am 9. Mai 1865 gelesenen Abhandlung von der Geschiedenheit der Sprachen ausgehend die einheitliche Ursprache und das einheitliche Urgeschlecht mit der Quadratur des Cirkels und dem Perpetuum Mobile auf eine Linie stellt. Mit einer umfassenden sprachwissenschaftlichen Kenntniss und feinem Beobachtungssinn ausgestattet hat, ohne sich resultatlos mit der Einheits- und Urspruugsfrage weiter zu beschäftigen, Fr. Mülle)- ^') die linguistischen Daten für die Ethnographie geschickt und übersichtlich dargestellt; seine umfassende durch die Resultate der Novara- Expedition veranlasste Arbeit werden wir nachher kennen lernen.
Für die Urgeschichte der Menschheit pflegen die sprachlichen und sonstigen Ueberlieferungen des alten Orients das Hauptmaterial
331) L'Orient et ses peuplades par Mme Olympe Audotoart. Paris. Deiitu 1867, 500 S. in 18-jesus. (3 f.)
32) Antiquite des races humaines, recoustitution de la Chronologie et de l'histoire des peuples primitifs par l'examen des documents originaux et par rastrouomie. Par G. Rodler. Paris 1862, 448 S. 8.
33) Tlie method and results of ethnology. By Prof. Huxley, Fortuigbtly Review No. III (1865 June) Art. 1.
34) Ethnology and Phrenology , as an aid to the historian. By J. W. Jackson. Edinburgh, Maclachlan & Stewart 1862, 324 S. 8. (4 ^. ).
35) On the testimony of language respecting the unity of the human race, North American Review. Vol. CV No. 216 (1867 July) p. 214—241.
35a) Vgl. unten No. 476.
36) „On language and ethnology", vgl. das Referat im Reader 1865 May 27 p. 604 f.
37) Linguistische Ethnographie von Dr. Friedrich Müller, Geogr, Jahrbuch von E. Behm, I. ri866). Vgl. unten No. 456.
IIQ Wib-semchattl. Jahresbericht für 1K6-2- 1867.
ZU bieten, zu welchem die Forschung der Gegenwart auch die zerstreuten, bisweilen kleinlich erscheinenden Denkmäler der jüngeren, abhängigen oder noch nicht zu geschichtlicher Entwicklung gelangten Contineute gefügt hat. Für Schleicher ^38) war es , nachdem er einmal den Staudpunkt des Darwinismus eingenommen hatte, fast natürlich, die Sprache als ein Stück Naturgeschichte des Menschen zu betrachten ; Parkes ^^) benutzte die vergleichende Sprach- forschung zum Erweis des hohen Alters der Menschheit. Die vor- geschichtliche Cultur haben IVi'lsoji'^^) und mit grossem Erfolge Lubbock ^ij erforscht. Der letztere , welcher alle nur irgend erkennbaren Spuren von Culturansätzen herbeizieht , muss uns mit seinem lebendig geschriebenen Buche besonders interessieren, weil er für das wichtige Broncezeitalter (die charakteristische Culturstnfe, welche allen bedeutenden Fortschritt markiert) die von F. Wibel geleugneten Einführungen aus dem Osten in selbst fern angränzende Völkergebiete als durchaus wahrscheinlich setzt, wenngleich nicht mit der Bestimmtheit Lewes' und Nilsons, welche gleich dem bei der Geschichte der Semiten zu erwähnenden Rougeraont einen speciell phönizischen Ausgangspunkt glauben annehmen zu dürfen. Gegen das Biblisch-Ketzerische, das in solchen geschichtlichen Deductionen besonders bei Lubbock zu liegen scheint, haben verschiedene Lands- leutc desselben aufrichtenden wissenschaftlichen Trost zu gewähren versucht, wie Moore '^-), Mac Caiisland^'^) , Graham*^) und
3-^8) Ueber die Bedeutung der Sprache für die Naturgeschichte des Menschen. Von Aug. Schleicher. Weimar, Böhlau 1865, 29 S. 8. (5 Ngr.) Vf^l. Lit. Centralbl. 1865No. 48p. 1288 und: Die Natur 1865 Lit.-Bl. No. 2. Vgl. weiter No. 466.
39) Comparative philology, as indicating the antiquity of man. By David Porhes, Quaterly Journal of Science No. X (April 1, 1866) Art. 6.
40) Fre-historic man: researches into the origin of civilisation in the cid and the new world. By D. Wilson. Two vols. London 1,S62, 99Ü S. 8.
41) Pre-bistoric Times, as illustratcd by ancient remains and tlio manners and custorns of modern savages. By John Lubhoch. With platcs and illu- strations. London, Williams & Norgate 1865, XXIV u. 512 S. 8. (15 sli.); in das Französ übersetzt": L'homme devant l'histoire . . . par Sir John Lubbock. Traduit de l'Anglais par Ed. Barbier. Paris, Germer Bailiiere 1866, XII u. 512 S. .S. mit 156 eingedr. Holzsehn. (15 fr.j Vgl zum Original Chr. Petersen in Göltinger gel. Anz. 1866 St. 38 p. 1492 f., Reader 1865 No. 130 p. 702; zur Ueberscizung Ch. INIorel in Revue critique d'liist. et de litt. 1867 No. 11 p. 161 f. Flammarion im Sietle vom 20. April 1867. La Patrie vom 28. Jan. J867. Devic in der Revue de l'instr. publi(iuc vom 9. Mai 1867. G, de Rialle in Le Courrier Fran(,-.ais vom 10. Sept. 1S67, und E. Louet in den Actes de la Soc. d'Ethnogr. 2. S»5rie I (1864—66) p. 373 ff.
42) First man and his place in creation consideiedonthcprinciples of scienceand common sense from a Christian jjoinl of view. TAy George ]\foore. With an appendi.Yon theNegro. London, Longmans 1866, XXXlIu.352S.8. (8sb.6d.). Vgl.VVestniin.ster Review N.S. No. 64 (lh67 Oct.) p. 569 und Athenaeum 1866 Dec. 22 p. 836.
43) Adam and the Adamite ; or, the Ilarmony of Seripture and Ethnology. By Dominich Mc Causland. London, Bentley 1864, XII u. 312 S. 8. (7 sh. 6 d.) Vgl. TheReadervom28. Jan. 1865 p. 98 f. und Athenaeum 1864 Nov. 26 p. 703 f.
44 Biblc and Scifiiee : the mosaie cosmogony ; and the origin and anti- quity of uian. By (Jeonje Graham. Ltjiidon, Casscl 1865, 68 S. 18. (6 d.)
Etil n oqraph ie. \Yl
ein Ungenannter ^^^). Brennende Fragen , welche wir zum Theil wieder bei der Betrachtung der exegetischen Litteratur zum Pen- tateuch werden berühren müssen , sind Ursprung und erste Gliederung der Menschheit. Die Frage nach dem einheitlichen Ursprünge ist von Lipschütz^^)^ Zöckler'^''), Pfqf^^), de Quafre- fages^'->) und Beron^^) sehr verschiedenartig untersucht und beantwortet worden. Anziehend wenn auch ohne alle sicheren Ergebnisse ist die Sagenvergleichung , welche der erstgenannte angestellt hat-, die Theologen gelangen fast regelmässig zu einer Einheit, die Naturforscher zu einer Vielheit des menschheitlichen Anfanges. Unklar ist, was ein ungenannter EngLänder beabsichtigte^^), als er der Bestimmung des Menschengeschlechts nachgieng; festere Grundlagen legte Farrar , wenn er die natürlichen Anlagen der Racen untersucht, wobei er mit der Behauptung der materialistischen Stabilität der Chinesen den entschiedenen Widerspruch M. Hangs ^^) erregte, der dies Volk vielmehr noch in einer Art Mittelalter be- fangen glaubt. Ein folgenreiches Bildungsmoment der Völkergeschichte berührte Craicfard^'^) mit einem vor der British Association von 1864 gehaltenen Vortrage über die ältesten Wanderungen ; die
345) Mau's age in the world according to Holy Seripture and Science. By au Essex Rector. London, Reeve 1865, VII u. '264 S. 8. (8 sli. 6 d.) Vgl. Atheiiaeum 1865 July 22 p. 112.
46) De communi et sim|)Iici humani generis origine, Genus humanum uno ortum esse auttoie commuuenique liabuisse patriam, diversis ex diversorum populoruni fabulis inter se consentaneis , demonstrare couatus est Sam. Lip- schüts. Hamburg, Nolte 1864, 113 S. 8. (15 Ngr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1865 No. 36, p. 738 f. und C. Hennaun in ZdDMG. XIX, 325.
47) Die einheitliche Abstammung des Menschengeschlechts. Ein Vortrag mit wissenschaftl. Erläut. und Belegen. Von Dr. O. Zöckler , Jahrbb. f. Deutsche Theologie. Von Liebner u. A. VIII (1863j p. 51—90.
48) Der gegenwärtige Stand der Frage nach dem Ursprünge des Menschen- geschlechtes. Von Prof. Fr. Pfaff in Erlangen, Delitzsch und Guericke's Zeit- schrift 1865 Heft 3 p. 401—411.
49) Histoire de l'homme par A. de Quatrefages. I. Unite de l'espece humaine. (Conferences populaires faites ä l'Asile de VincennesV Paris, Ha- chette 1867, 50 S. IS. (25 c.)
50) Origine de l'uniquc couplo humain , dispersion de ses descendans. I. Avant les pluies sur les deux bords des champs de la zone torride II. Aprfes les pluies, exode de la zone äquatoriale sur la zone torride. III. Sortie des Slaves de la presqu'ile Malacca. IV. Dispersion de leurs descendants avant le deluge dans l'Indoustan et apres le deluge dans l'Asie mineure et dans l'Europe, coordounecs et mises en ordre chronologique d'apres la loi physique dans la physique Celeste. Ouvrage indispensable aux Slaves savants. Par Pierre Beron. Paris, Gauthier- Villars 1867, 80 S. 8.
51) The destiny of the human race; a scriptural inquiry. By the author of „The Study of the Bible" Twovols. London, Simpkin & Co. 1863, VIII u. 721 S. 8. (12 sh.)
52) Vgl. Augsb. A. Ztg. 1867. No. 272 Beilage und gegen diesen Artikel M. Hang ebend. No. 282 Beilage.
53) Vgl. den Auszug im Athenaeum 1864 Oct. 1 p. 486,
118 Wissnischaftl. Johrcsherichtfür 1862—1867.
Anfänge der Geschichte verknüpft Henne von Sargans '^^^) mit chronologischen Untersuchungen.
Durch culturgeschichtliche Bedeutung und Sicherheit sprachlicher Erkenntniss ziehen unter den Abzweigungen des Menschengeschlechts die Semiten und die Indogermanen am mächtigsten an, um zu zusammenfassenden völkerpsychologischen Betrachtungen einzu- laden. Die Frage über das Verhältniss beider, das längst gern in linguistischer Beziehung erörtert wurde, ist seit Renan s an- regenden Betrachtungen über das Grundprincip des Semitismus in ein neues Stadium getreten und seine Gegner vor allen müssen dem französischen Forscher dankbar sein, der sie gezwungen hat sich grosse ethnographische Fragen klar zu machen. Aus dem Gegen- satz zu Renan und Strauss ist Girat s ^^) vielgelesenes Buch entstanden, das die bequem erreichbare Kenntniss von semitischer Culturgeschichte theologisch popularisiert, eine selbständige Durch- forschung bedeutender semitischer Bildungsrichtungen unterlässt und sich der Einsicht verschliesst, dass die Vorsehung sichtlich die grössten Aufgaben der Weltgeschichte zugleich auch in die Hände und das Herz der Indogermanen gelegt habe. Die gegensätzlichen charakteristischen Merkmale beider Völkerstämme hat auch Dieie- rici^^) in einem Vortrage mit sittlicher Würde gezeichnet. Es liegt in der harmonischen Ausbildung aller geschichtlichen Lebensrichtungen und in dem Beichthum der Darlegungen eines mächtigen objectiven Geistes in der indogermanischen Völkergruppe, dass der 'Arianismus' durch eine gleichmässigere und beziehungsreichere Forschung be- vorzugt erscheint, wogegen Oppert^'') eine Art Protest erhebt.
354) Mauethos. Die Origiues unserer GescliicLtc und Chronologie von Prof. Dr. Anton Henne von Sargans. Mit einer synopt. Taf. der alten Chronologie. Gotha, F. A. Perthes 1865, IX u. 276 S. Lex. 8. (n. 3 ^.) Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 24 p. 637 f.
55) Semiten und Indogermanen in ihrer Beziehung zu Religion und Wissen- schaft. Eine Apologie des Christenthums vom Standpunkte der Völkerpsychologie von Eud. Fried. Grau (Privatdoc. Lic.). Stuttgart, Liesehing 1861, VIII u. 244 S. gr. 8. fn. 1 ^. 2 Ngr.); dasselbe 2. verm. Aufl. Ebend. 1867, XII u. 261 S. gr. 8. (n. \ ^. 2 Ngr.) Vgl. Bertheau in Jahrbb. f. Deutsche Theologie X (1865) p. 543 f.; Dorpater Zeitschrift f. Theol. u. Kirche VIII
(1866) Heft 1; H. Ewald in Göttinger gel. Anz. 1866 St. 22 p. 841—848; H. Leo in der Ev. K.-Ztg. von Hengstenberg 1865 no. 32 p. 373 — 382;Menzers Literaturbl. 1864 No. 98; Zimmermamrs Theol. Lit.-Bl. 1865 No. 2 p. 11 f. und 1868 No. 34 p. 201 f; Zotenberg in Kevuo antique d'hist. et de litt. 1868 No, fj(); Pastoral-Theolog. Bll. 1866 No. 1; Allg. kirchl. Zeitschrift 1865 No. 4; Volksbl. f. Stadt und Land 1865 No. 26; Haucks, Theol. Jahresber. III
(1867) p. 630 f.
56) Die Indogermanen und die Semiten. Die Philosophie und dieKeligion. Ein Vortrag von Fr. Dieterici, Protest. K.-Ztg. 1863 No. 21.
57) I/Aryanisme et de la trop grande part qu'on a fait k son infhience. Discours d'ouverture prononcc k la Bibliotheque imperiale, le 28 dec. 1865 par Jnl. Oppert, Annales de philosophie chretienno Ve .s^rie T. 13 (1866); be- eonders abgedruckt: Paris, Franck 1866. 20 S. 8.
Ethnographie. 119
der nur der niissverstäiullich aussclireiteuden indogermanischen Wissenschaft gegenüber vollständig berechtigt wäre ; aus den bezeich- nenden Momenten ergeben sich die zum Theil grossartigen Unter- suchungen Pictet's'^^^), Brülle s,^^), Reville'%^^^) , Gorresio's^^) , Justi's'"^), Sohle icher' s'"^), Duchinski's^^) und ^azÄ.sac'«*^^) , welche meist auf Grundlage der hier noch nicht näher zu behandehiden Sprachwissenschaft die Urzustände der Indogermanen zu zeichnen versucht haben. In vielen Punkten von Pictet abhängig kommt Reville zu einem der biblischen Ueberlieferung nicht feindlichen Resultate : er lässt die Arier ursprünglich in Sogdiana und Bactriana sitzen-, von dort werden sie durch Turanier verdrängt und zerstreut (was durch das Zerwürfniss Kains und Abels angedeutet sein könnte) ; die Juden ziehen südostwäi'ts , die übrigen Indogermanen westwärts und um den Ararat konnten sehr wohl einmal Jafetiten, Semiten und Chamiten sitzen.
Für die eigentliche, erkennbare Geschichte des Orients ist mancherlei geschehen. Zu ihrer chronologischen Begründung ist endlich, besonders durch Monimsens Anregungen, eine genügende Ausgabe der eusebianischeu Chronik von Alfred Schoene ^^)
358) Les origines indo-europeenues ou les Aryas primitifs. Essai de paleon- tologie linguistique par Adolphe Pictet. Ire partie. Paris, Cherbuliez 1866, VIII u. 547 S. gr. 8. (Vgl. zur ersten 1859 erschienenen Ausgabe dieses Theiles Wissensch. Jahresbericht für 1859 — 61 no. \!>{3.) Desselben Ile partie. Ebend. 1863, VIII u. 781 S. gr. 8. Vgl. Journal des'Savants 1863 p. 264 f. 601 f.; Bartheleiny Saint-Hilaire ebend. 1866 juiu p. 366 — 381; Anthropological Review No. 2 (1863 August) Art. 4.
59) Recherches sur les origines aryennes. Etüde ethuologique par Brülle, doyen de la fac. des sc. de Dijon. (Extr. des Memoires de l'Acad. de Dijon, 2e Serie. S. 11.) Dijon, Impr. Rabutot 1865, 68 S. 8.
60) Remarques sur le rayonnement de la i-ace aryenne ä la surface de l'Europe. Par Reville, Verslagen en mededeelingen der Kon. Ak., Afd. Letterk., Deel VIII (Amsterdam 1865 gr. 8.) p. 47-68.
61) Unitä d'origine dei popoli indo-europei. Discorso di Gasp. Gorrcsio. Toriuo 1867, 8.
62) Ueber die Urzeit der Indogermanen. Von Fercl. Justi , Histor. Taschenbuch von Fr. v. Raumer 1863 (4. Folge, Jahrg. 3.)
63) Der wirthschaftliche Culturstand des indogermanischen Urvolks. Von Aug. Schleicher, Jahrbb. für Nationaloek. von Hildebrand 18G3, I.
64) Peuples Aryäs et Tourans, agriculteurs et nomades. Necessite des reformes dans l'exposition de l'histoire des peuples Aryäs europeens et Tourans, particulierement des Slaves et des Moscovites. Par F. H. Duchinski (de Kiew). Paris, Klincksieck 1864, LXVIII u. 186 S. 8. mit 2 Taf.
65) De l'origine des denominations ethniques dans la race aryane, Etüde de Philologie et de mythologie comparees par J. Baissac. Paris, Maisonneuve & Co. 1867, VIII u. 104 S. 8. (2 fr. 50 c.)
66) Eusebii Chronicorum libri duo edidit Alfred Schoene. Vol. 11. Eusebi chronicorum canonum quae supersunt. Berlin, Weidmann 1867, LVIII u. 236 S. 4. (n. 6 ^.) Vgl. A. v. Gutschmid in Neuen Jahrbb. für Philol. und Paedag. XCV (^ISG?) p. 677—688, den Herausgeber in Gott. gel. Anz. 1867 St. 25 p. 983-997 und Lipsius in Jahrbb. für Deutsche Theol, XIV (1869) 1 p. 152—156.
■[ 20 WisscnscJut/t/. Jahreshcricht für 1 862—1867.
unternommen worden, anter deren mit grösster Umsicht benutzten Hilfsmitteln man ungern den von Mommsen in seiner Bedeutung wieder erkannten Codex Fuxensis des Vaticans vermisst, Avelche aber endlich gestattet, zuversichtliche chronologische Combinationen von hier aus anzustellen. Aus Aegj'pten und China weist ein unge- nannter Engländer die ältesten sicheren Chronologien auf^^?); Bosanquet^^) setzt seine Arbeiten über die Chronologie von Salomo bis auf Christus fort , welche er wesentlich umgestalten will, indem er als die einzig mögliche totale Sonnenfiusterniss, welche während der Ij'disch-medischen Katastrophe in Kleinasien sichtbar sein konnte, die v.on 585 v. Chr. annimmt und von hier aus, nicht ohne zahlreiche andere Willkürlichkeiten , die einzelnen Zeitpunkte berechnet. Einen günstigeren Eindruck machen Junhei-'s^^^) chronologische Abhandlungen , wenngleich man seinen Resultaten nicht immer beistimmen mag, wie z. B., dass der Auszug der Isra- elitenam 10. Mai des J. 1670v.Chr. nach Mitternacht stattgefunden habe, welches Datum durch sehr künstliche Combinationen gefunden wird. Eine Reise von wichtigen Punkten der alten und mittelalter- lichen Geschichte des Orients hat im Verlauf seiner langjährigen Forschungen Quafremere^^) aufgehellt-, zu unserer Freude er- halten wir einige der zerstreuten und nur unbequem erreichbaren Abhandlungen gesammelt, darunter namentlich die Untersuchungen über das Todte Meer und den Lauf des Jordans , über das Land Ophir, besonders aber über die Nabatäer (wodurch er leider den wissenschaftlichen Aberglauben befördert hat) und aus dem Kreise der muhammedanischen Welt über den Geschmack an Büchern bei den Orientalen. Interessant wäre es für die Charakteristik des berühmten Verfassers gewesen , auch seine Abhandlung über den Stillstand der Sonne auf Josuas Gebet von Neuem zu erhalten, welches Wunder der ein wenig jansenistisch gefärbte Katholik zu deuten versucht hatte. In ein höheres Alterthum greifen die schön-
367) Tbe earliest epochs of authentic chronology. I5y V. Ic P. R., Home and Foreign Review 1862 Oct. p. 420—449.
68) Clironological In.^titute. Trausactions ol' tlie cliionokigical Institute. Part II., \ ol. II.: Containing Egyptian, Assyrian, Babylonian, Tyrian, Median, and Lydian Chronology , being pait of a Compendiuni of clironology from thc reign of Salomon to the Birth of Chiist. To bc followed by Hebrew and Persian chronology, togetber with a chronological table. By^^, W. Bosam/uet. London, Bohn 1863, 8. {B^^ sh.) Vgl. dazu Tlie Reader 1863 No. 13 p. 550 f.
68a; Beiträge zur Chronologie u. Geschichte im Altcrthume, namentlich der israclitisch-aegyptischen Beziehungen. Auf Orundlage des Flavius Josephus mit be'-oi.derer Berücksichtigung der hehr. Urkunden von Prof. 7'. J. Junker. Die Unischiffung Libyens durch die Phöniker. Ili.storischc Abhandlung. Leipzig, Dyk 1813, 94 S. gr. 8. (n. »/.^ S^.). Vgl. Brugsch in seiner Zeitschrift für äg. Sprach- u. Altcrthumskunde 1863 No. 2. \k 20.
69j Mölanges d'histoire et de philologie Orientale par Et. Quuiremere, precedes de l'elogc de l'auteur par Barthelemy Saint- Hl laire. Paris, Ducrocq J863, XXXII u. 415 S. 8.
Chronologie. Geschichte 121
geschriebenen Vorträge von Brugsch'^''^'') zurück, von denen sechs sich mit Aegypten oder den dasselbe unmittelbar berührenden Gebieten beschäftigen und einer mit den scheinbaren oder wirklichen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Germanen und Persern-, die wissenschaftlich interessantesten Mittheilungen sind die über ein altägyptisches Märchen und über das Vorkommen des Moses auf ägyptischen Denkmälern.
Unter den zusammenfassenden allgemeinen Darstellungen der altorientalischen Geschichte steht in erster Linie das längst in seinem wohlverdienten wissenschaftlichen Ruhm befestigte Werk Dun eher s'^'^}, dessen arischer Abtheilung diesmal in manchen Einzelheiten Albrecht Webers Nachbarschaft zu Gute gekommen ist, was wir um so dankbarer anerkennen, je weniger dieser letztere Gelehrte selbst zu weiteren geschichtlichen Darstellungen geneigt scheint. Es wäre überflüssig von Neuem auszusprechen , in wie hohem Grade unsere Kunde von aitasiatischen Dingen dadurch gefördert worden ist, dass die zahlreichen durch Specialforschung gewonnenen Details hier von einem grossen staatsmännischen und culturgeschicht- lichen Blick in ihrem tieferen Zusammenhange erfasst und erkannt worden sind. Dem 'liberalprotestantischen' Standpunkte dieses Werkes hat Bmnüller'^'^) in dem seiuigeu einen katholischen gegenüber stellen wollen. Man darf aus dem Umstände, dass der- selbe Verfasser auch für die Kinder und die Jugend geschrieben hat, kein zu grosses Misstrauen schöpfen: wir haben es mit einer gründlichen, fleissigen und anziehenden auch der Culturgeschichte gerecht werdenden Zusammenstellung des weitschichtigen Materials zunächst für die Semiten und Aegypter zu thun. Das denselben Zeitraum behandelnde Handbuch von Fahle ^2) möge nur der Vollständigkeit meiner Notizen wegen erwähnt sein. Umfassenderes ist aus dem Kreise der englischen Litteratur anzuführen, der wir
369a) Aus dem Orient. Zwei Theile iu eiuem Bande. Von H. Bnigsch. Berlin, Grosse 1864,209 s. 8. (l'/g ^.). Vgl. Bl. f. lit. Unterh. 1865 No. 9 p. 135 - 138.
70' Geschichte des Alterthums von Max Dancker. Bd. I. II. 3e verb. n. verm. Aufl. Berlin, Duncker u. Hiimblot 1863, V, 934, u. XII, 962 S. gr. 8. (ii. 4 n. 4V2 -^ ) Bd. 11 hat auch den besonderen Titel: , »Geschichte der Arier iu der alten Zeit."
71) Geschichte des Alterthums von Dr. Johannes Bumüller. Bd. I: Geschichte vou Babel und Assur, Syrien, Phuenikien, Israel und Aegypten bis zur GiünduDg des Perserreichs durch Kyrus. Freiburg im Br., Herder 1S63, VI u. 370 S. gr. 8. (1 ^. lONgr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 no. 30 p. 700 f.; Wiener AUg. Lit.-Ztg. 1864 No. 1 p. 3 und Himpel in Tübinger Theol. Quartalschr. 47 :1865; Heft 1 p. 151 f.
72) Geschichte des Orientalischen Alterthums von den ältesten Zeiten bis auf die Perserkriegi;. Mit einer synchronistischen Tabelle und zwei karto- graphischen Beilagen von F Fahle. Oldenburg, Stalling 1864, VI u. 332 S. 8. (3/^ ^.) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 nr. 49 p. 1163 und Allg. Schulztg. 1865 No. 11 u. 20.
1 22 WisscnscJwßl. Jahreslericht für 1862 —1867.
die grosse Geschichte des alten Orients von George Bmolinson^'^'^) verdanken. Das Vaterland der Layard, Henry Rawlinson , Hiucks, Norris, Talbot, Loftus hatte eine natürliche Verpflichtung, die grossen Keilschriftentdeckungeu aus dem Euphrat- und Tigrisgebiet zunächst zu verwerthen, und der Bruder des berühmten Entzifferers, welcher im Zusammenhang mit seinen geschichtlichen Studien eine reichlich commentierte Bearbeitung Ilerodots lieferte, hat sich dieser Aufgabe in der lehrreichsten Weise entledigt. Er führt die Geschichte der altasiatischen Monarchien zunächst von Chaldäa, das als Staat mit Recht mehr südlich, au die Gestade des persischen Meerbusens verlegt wird, zunächst bis Medien und auf das neubabylonische Reich ; alles sachlich und sprachlich erläuternde Material , das für den Augenblick erreichbar ist, wird beigebracht, vieles Archäologische auch durch Holzschnitte vergegenwärtigt und eine wirkliche historische Kritik immer möglicher gemacht. Dass auch eine Dame diese Staatengeschichte darstellte, mag von der weiten Verbreitung des Interesses dafür in England zeugen ^'^). Mehr Namen aber weniger eingehende Darstellungen hat Frankreich uns dargeboten, im Wesent- lichen populäre oder Jugendwerke, neue Auflagen oder Ergänzendes von einem Ungenannten ^°), Guillemm''^), OtO"^) und Robiou'^^); aus Holland ^^) und Italien ^^) haben wir je einen Beitrag zur allge- meinen Geschichte des Orients erhalten.
373; The five great monarchies of the ancient world ; or, Üie history, geogiapliy and antiquities of Assyi'ia, Babylonia, Chaldaea, Media and Persia. By Rev. George Kmolinson. Vol. 1 — III. London, Murray, 1862 — 64 — 65, IX u. 514, VII u. 531 S. gr. 8. cloth. (h, 16 sh.") Vgl. über Bd. I. Athe- naeum 1863 Febr. 7 p. 188, Reader 1863 Mareh 14 p. 261 ; über Bd. 2 Saturday Review 1864 June 11 p. 723 f.; Athenaeum 1864 March 12 p. 365 f.; West- minster Review 1864 April p. 607 ; und über Bd. III. Atheuaeuni 1866 Febr. 10 p. 199 f.; Westminster Review Vol. 29 No. 67 (1866 Jan.) p. 267 f.; Edinburgh Review No. 255 (1867 Jan.) Art. 4.
74) Ancient history of Egypt , Assyria, and Babylonia. By Elisaheill M. Sewell. "With 2 coloured maps. London, Longman 1862, 8- (6 sh.)
75) Histoire ancienne des Egyptiens , des Assyriens, des Mfedes et des Perses, des Grecs, des Carthaginois. Avec cartes k l'usage des maisons d'education. Nouvelle edition. (Cours d'histoire k l'usage de la jeunesse T. 4.) Lyon, Pelagaud 1868, 232 S. 18.
76) Histoire ancienne de l'Orient. Par J. J. Guillcmin. 3e ed. (Histoire univers. publice par une Soc. de professeurs etc.) Paris. Hacliette 1863, XX u. 607 S. in 18-jesus, und 4e ed., ebend. 1867, XIX u. 619 S. in 18-jesus. (4 f.)
77) Histoire ancienne. L'Asie occidentale et l'Egypte. Par Ott. Paris, Pagnerre 1863, 192 S. 32. (60 c) Zur „Bibliotheque utile" gehörig.
78) Appendice ä l'hi&toire ancienne des peuples de l'Orient. Par Felix Rohiou. Paris, Douniol 1863, 76 S. 18.
79) Geschiedenis der oudheid. De Oostersche volken en Grieckenland in hoofdtrekken, met gc-tadigc verwijzing naar de brennen. Door J. A. Wij'nnc. Groningen, van Bolhuis Haitsema 1863, XII u. 424 S. gr. 8. (47* Fl.)
80) L'Oriente antico. Prolusionc all' insegnamento dcUa storia letta da Giuseppe JicgalfU nell' Universitä di Bologna il 20 die. 1866. Milano 1867, 8. Vgl. A. dcGubcrnatis in Rivista Orientale 1 (Firenze 1867, 8.) p. 50.
Geschichte. 123
Das Zeitalter Alexanders des Gr., welches Vorderasien in die unmittelbarste Berührung mit Europa setzt, fordert daher auch das Interesse des Orientalisten heraus. Von den bahnbrechenden Ereig- nissen gibt eine willkommene Darstellung Hertzbet-g^^^), deren Einreihung in eine 'Jugendbibliothek' .leicht über den Werth der Gründlichkeit täuschen kann. In den syrisch- phönizischen Gebieten, wo ausser Unterägypten das Griechische am productivsten auftritt, sind neben Rencms ^^) dem eigentlich phönizischen und zum Theil hebräischen Alterthum förderlichen, daher an der betreffenden Stelle zu erwähnenden Forschungen besonders Waddingtons ^^) Unter- suchungen hervorzuheben, der für das Zeitalter Alexanders unter Andern eine Reihe numismatischer Denkmäler zusammengebracht hat. Aber mit dem wachsenden Hellenismus und besonders dem wachsenden römischen Weltreich greifen die Beziehungen der euro- päischen Cultur weit über die Grenzen des engeren Orients hinaus ^^). Wir verdanken Reinaud^^) eine sehr schöne Arbeit über die Grundlagen der besonders von Rom aus gesuchten politischen und commercielleu Beziehungen, sogar bis nach China hin, indem er aus den entlegensten und mannigfaltigsten Quellen die Bedeutung selbst Ost- und Südasiens für Rom charakterisiert. Als eine Art von Conjecturalpolitik könnte man es bezeichnen, was über die aus Staatsgründen natürlich im grossen Publicum nicht bekannt ge- raachten wirklichen Eroberungspläne des Augusteischen Zeitalters gesagt ist, auf welche Pläne jedoch Vergil, Horaz und andere Dichter häutig genug anspielen. An dieser Stelle schliesst sich glücklich ergänzend eine Studie von Neve^^) an. Der interessanten Epoche
381) Die asiatischen Feldziige Alexanders des Grossen. Nach d. Quellen dargestellt von Prof. G. F. Hertzherg. Th. 1. 2. (Jugendbibliothek des gr. und deutschen Altertliums von Eckstein Bd. 14 f.) Halle, Waisenhausbuchh. 1863—64, VI u. 414, VIII u. 539 S., 8. (1 ■^. 2 Ngr.) Vgl. über Bd. 1 Lit. Centralbl. 1863 no. 35 p. 820, über Bd. II ebendas. 1865 no. 9 p. 245 f; über beide Bände Wiener Allg. Lit.-Ztg. 1865 No. 12 p. 103 f. und Heidelb. Jahrbb. 1864 Dec. p. 948 f.
82) Renan, Autichitä orieutali, Bulletino archeol. ital. Anno I (Napoli 1864, 4.) p. 105—112, 123-128, 149-152.
83) Trouvailles de Saida et de Marmara. Par Waddington, Eevixe numismatique (de Paris) 1865 No. 1 p. 1 — 28.
84) Relation« of Media with Greece and Rome, Biblical Repertory by Hodge 1866 July, Art. 3.
85) Relations politiques et commericales de l'empire Romain avec l'Asie Orientale (rHyrcanie, l'Inde, la Bactriane et la Chine), pendant les cinq premiers siecles de l'ere chretienne, d'apres les temoiguages latins, grecs, arabes, persans, Indiens et chinois. Par Reinaud, Journal Asiat. 1863, Ip. 93 — 234, 297 441, dazu vier Karten ; auch als besondere Schrift ,von 339 S. gr. 8. gedruckt. Vgl. L. Alloury im Journ. des Debats 1864 Juin 7: Lit. Centralbl. 1864 n. 25 p. 586 f. ; Journal des Sav. 1863 p. 800 f. und Huillard-Breholles im Constitutionnel vom 17. April 1867 ; Auszug aus dem grossen Memoire in L'Institut, Ile Section, T. 28 (1863) p. 109 f., vgl. T. 29 (1864) p. 61 f.
86) Les poetes classiques du regne d'Auguste, historiens des exjieditions romaines en Orient et chantres de conquetes en projet. Par Felix Neve. (Extr. de la Revue de l'instruction publique en Belgique). Bruges 1867. 8.
124 Wissensclwftl. Jahresbericht für 1862—1867.
der Reaction der syrischen Nationalität gegen die römische Welt- herrschaft hat Obtrdick^^'') eingehende Studien gewidmet, eine mehr kirchengeschichtlich bedeutsame Gegenbewegung unter Theodosius von Antiochien aus Hti.g^^) untersucht.
Mehr Jadet wieder zu einer zusammenfassenden Betrachtung das Zeitalter des Islam ein, welcher die verschiedenartigsten Nationalitäten zu oder gegen einander führt, seinem Princip und seiner begränzteren Entwicklung nach aber erst bei Muhammed und dem Araberthum zur Besprechung kommen kann. Hier genügt es allgemeine Werke , welche zerstreute oder einheitliche Momente seiner Aera behandeln, zu erwähnen. In eine Art christlicher Geschichtsphilosophie , wo es so schwer seine Stelle findet, reiht Cuvier ^^) das islamische Zeitalter ein. Fruchtbarer hat, nachdem eine erste Sammlung bereits 1854 vorangegangen war, Defremery'-^^) eine Reihe neuer Studien zusammengestellt, in denen der Leser des Journal Asiatique be- kanntes Werthvolles wiederfinden wird. Drei sehr wichtige Stücke zur Geschichte des syrisch- arabischen Mittelalters hat de Qoeje^'^) uns gegeben, unter denen das erste über die Karmaten von Bahrein ganz besondere Beachtung in Anspruch nehmen darf. Daneben verdient das anmuthige Geschwätz Lamartine' s^"^) über orientalische Grössen kaum Erwähnung. Schon an die ältesten Collisionen des Islams mit Byzanz knüpft sich das, was wir die orientalische Frage zu nennen pflegen, welche daher mit Recht von d'Avril^^) bis ins 7. Jahrhundert zurückgeführt und in ihren Stadien vor und nach den Kreuzzügen von iSami-Marc Girardin ^■^) beobachtet wird.
387) Beiträge zur Geseliiclite des lömi^cheu Orients vom J. 254 bis 267. ^'oIl Ohcrdiclc , Vierzehnter Bericht der Pliilomatliie in Neisse (Nei'^'-e 1865 gr. 8.) p. 2i3 71, und: Beiträge zur Geschichte des römischen Orients von 267—274 n. Chr., Neisse 186G, 23 S. 4.
88) Antiochia und der Aufstand des J. ;587 n. Ciir. Ein histur. Versuch von Dr. Arnold Ilufj. Mit 1 lith, Taf. AVintcrtluir 1863, 30 S. 4. ('/g #) Vgl. Lit. Centralbl. 1863 no. 19 p. 437.
89) Cours d'etudes liistoriques au point de xna i)liilosophique et chretien. Par C'h. Cuvier, 2e serie. Esquisses d'histoire generale. Les Semites et )e monde mahometan. Strasbourg, Vve Bcrger-Levrault 1864, 404 S. 12.
99) Memoires d'histoire Orientale suivis de melanges de critique. l'ar C. Defremerij. 2. partie. Paris, B. Duprat 1862, 217—427 S. 8.
91) Memoires d'histoire et de geographie orientales. Par J. de Goejr. No. 1—3. Leyde, Brill 1862—64, 86 u. XXI, u. 132 u. XI S. 8.
92) Les grands hommes de rOrientparuIZ;>/t. de Lcnnartüie. Mahomet, Tamerian, le Sultan Zizim. Paris, Libr. internationale 1865, 391 S. 8. (5 fr."!
93) Heracliiis ou la questiou d'Orient au 7e siecle. Etüde historique par Ad. d'Avril. (Extrait du Bulletin de l'üeuvre des pölerinages en Tcrre Sainlc). Paris, B. Duprat 1862, 24 S. 8-
94) Les origines de la question d'Orient. II. La societe occidentale apres 1. s croisades. Baudoin, Comte de Flandre et Gilon deTrasignyes. Par Saint- j\Iarc GiVardtJi, Revue des deux niondes T. 53 I ivr. 3 (1864 Art. 1.) p. 709 — 739 ; Les origines de la question d'Orient III. La question d'Orient avant les croisades. — Les ducs de Beinevent et de Salerne. Les B^zantins et les Musulmans cn Sicile. Ebend. T. 6'-» Livr. 3 (1865 Dec. 1; p. 671-711.
Geschichte. 125
Die Geschiebte der Kreuzzüge selbst gehört ebenso sehr der occiden- talischen wie der orientalischen Wissenschaft; es geziemt sich aber an dieser Stelle das Bedeutendere zu erwähnen , da von Seiten der morgenländischen Studien, wie einst durch Wilkeu, so jetzt durch Reinaud Erhebliches zur Aufhellung dieser Epoche, welcher Orient und Occident mit einer ähnlich umgestaltenden Gewalt wie das Zeit- alter Alexanders des Gr. zusammenführte, beigetragen oder doch vorbereitet worden ist. Von der durch die französische Akademie herausgegebenen Sammlung der Geschichtschreiber der Kreuzzüge ist ein neuer, ebenfalls abendländische Quellen enthaltender Band er- schienen, welcher die 1859 im zweiten Bande bis zum J. 1261 gegebene Fortsetzung des Wilhelm von Tyrusweiterführt^^S); in weicher ÄVeise Reinaud für die orientalische Abtheilung des Werkes da gesorgt hatte, haben wir bereits erwähnt '^^■'). Michaud's^^) vor einem halben Jahrhundert erschienene Gesammtdarstellung ist neu aufgelegt worden und nicht mit Unrecht .- das Werk , in welchem meines Wissens zum ersten Mal unter den Franzosen auf die morgenländischen Quellen zurückgegangen und das Colorit der mittel- alterlichen Zeugnisse einigermassen festgehalten wurde (wenn auch nicht mit dem Raffinement der späteren historischen Schule) verdiente Huiliard-BrehoUes' förderliche Fürsorge. Mehr dem Abendlande gilt de Fourmonts ^'^) Werk, Kugler hat Beiträge zur Geschichte der Normannen in Syrien '^^) und besonders interessante zur Charak- teristik Vorderasiens während des zweiten Kreuzzuges '•^^) gegeben. Die Quellen zur Geschichte des mehr für Byzanz wichtigen vierten Kreuzzuges sind von Streit^^^] in Kürze untersucht worden. Eine
395; Recueil des historieiis des croisades, publie par les soins do l'Acad^mie imperiale des Inscriptions et Belles-Lettres. Historiens occidentaux. T. III. Paris, Impr. Imper. 1866, LXII u. 1004 S fol.
95a) Vgl. oben p. 52.
96) Histüire des croisades par AI. Michaud, de TAc. fran^aise. Nou- velle ed. , faite d'apres les derniers travaux et les derniferes intentions de l'auteur et augmeiitee d'uii appendice par Huülard Breholles. Quatre vols. Paris, Furne & Cie. 1867, VII u. 2050 S. 8. m. 4 Kk. u. 1 Karte.
97") L'Ouest aux Croisades. Par H. de Fourmont. T. 1 — 3. Paris, Ai.bry 1864—66—67, 396; XIV, 327; 457 S. 8. (ä 7 fr.)
98, Boemuiid u. Tankred, Fürsten von Antiochicn. Ein Beitrag zur Ge- schichte der Normannen in Syiien. Von Dr. Bernh. Kugler. Tübingen, Fues 1862, VI u 77 S. 8. (12 ^. ) Vgl. Lit. Centralbl. 1863 no. 14 p. 318.
99) Studien zur Gescliichte des zweiten Kreuzzuges von Dr. B. Kugler. Stuttgart, Ebner u. Seubert 1866, VIII u. 22M S. 8. (IV5 ^■) Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 4 p. 89 f.; v. Sybels Histor. Zeitschrift XVI (1866j p. 389 f.; Augsb. Allg. Ztg. 1868 no. 120—121 Beilage; Tücking in Reusch's Theo! Lit.-Blatt 1867 No. 17; S. Abel in Gott. gel. Anz. 1866 St. 44 p. 1726- 40; Dörgens in Heidelb. Jahrbb. LIX (1866) p. 929 f.; K. Keuss in Revue critique d'hist. et de litt. 1866 No. 29 p. 39 f.
400) Commentationis de auctoribus quartae quae habetur sacrae expeditionis historiam spectantibus epitome. Scr. L/ud. Streit. Putbus (Progr. des Kgl. Paed.^ 1H63, 12 S. 4.
126 Wissenschafd. Jahresbericht für 18G2 -1867.
viel spätere folgenreiche Berührung des Abendlandes mit dem Orient an einer ganz anderen Stelle wird durch die Entdeckungsreisen der Portugiesen herbeigeführt, für deren Geschichte die Akademie in Lissa- bon urkundliches Material samnielt^"\). Endlich die jüngste Epoche der westöstlichen Geschichte führt uns wieder nach Vorderasien, an die natürlichste Berührungsstclle zurück: die moderne orientalische Frage ist doch eine fast specitisch türkische. Zu ihrer Erörterung liegt mancherlei in den nach dem Tode des Verfassers gesammelten Studien von Davesies de Pontes-) vor; bald sind es religiöse, bald nationalpolitische Motive, welche den Mittelpunkt der kürzeren oder ausführlicheren Darstellungen von PoUth h , Ariel ^) , Leuiwl ^), Grkjnan^) und Tilleij"') bilden; eine ost- und südasiatische Bedeutung gewinnt die orientalische Frage bei den weiterblickenden de Mars^) und Laing'-^): indess wird das unmittelbare Interesse, sei es ein politisches oder religiöses, zunächst sich immer noch im türkischen Vorderasien concentrieren, auf welches sich daher auch die nachher zu erwähnenden, einen wesentlichen Bestandtheil der orientalischen Frage bildenden Erörterungen über die Kirche des Morgenlandes beziehen.
Unter den besonderen Richtungen des orientalischen Geister- lebens, welche sei es durch Unmittelbarkeit und Ursprünglichkeit oder durch Mannigfaltigkeit der Beziehungen die aufmerksame combiuierende Forschung herausfordern dürfen, steht die Sprache
401) Collec^äo de monumentos ineditos paiii a liistoria das conquistas dos Portuguezes, eu Africa, Asia e America. Tomo 111. la serie. Historia da Asia. Auch m. d. T. Lendas da India por Gaspar Correa. Livro terceiro. Tomo III. Parte 1. Lisboa 1862, 1 — 438 S. 4. Weiteres ist nicht zu meiner Kenntniss gekommen.
2) Etudes sur l'Orient par Luden Davesies de Ponth- , prec(5ddes d'une notice biographique par Ic bibliophile Jacob. Paris, Michel Levy 1864, XLIII u.. 442 S. in 18-.iesus. (3 fr.) — 2de ed. Ebend. 1865, 484 S, 18- jesus. (Ebend. 3 fr.) Vgl. The Athenacum 1864 April 9 p. 508; The Header 1864 no. 66 p. 422 f.; Westminster Review 1864 April p. 607.
3) Die orientalische Frage und ihre organische Lösung. Von M. Folith. Wien, Leo 1862, 47 S. gr. 8. (n. 8 Ngr.)
4) Grieclieiiland, Türkei und Orient. Von Ariel. München, Fleisclimann
1863, 34 S. gr. 8. (Ve ^-^
Ö) Meditations orientales. 5ii;me lucditatiun : La Fiance et l't)iic'i]t. Par L, Leupol. (Extr. des Mem. de l'Ac. de Stanishis). Nancy , Impr. Kaybois
1864, 2U S. 8.
6) Eesurrection des nationalites eii OriL'nt. Par Henri Gri</nan. Paris, Dentu 1863, 64 S. 8.
7) Eastern Europe and Western Asia : Political and social Sketches of Russia, Greece and Syria , in 1861 — 62—63. By Jf. A. Tüley. London, Longman & Co. 1861, XI u. 374 S. 8. mit Ilhistr. (10 sh. 6d). Vgl. West- minster Review New Series no. 52 (1864 Oct.) p. 506 f.
8) La politique russe dans les mers d'Orient. Par V. de Mars , Revue des deux mondes T. 61 Livr. 3 (1 fevr. 1866j p. 693—718.
9, India and China: Englands mission in the East. By Sam. Lainp. London:' Saunders 1863, 56 S. 8. (1 sh.)
SjrrachnussenscJiaft. 127
oben au. Wir haben ihre Bedeutung schon nebenher in den Be- merkungen über Racenverhältnisse berührt; ihr ganz gerecht zu werden verbietet nicht sowohl die Aufgabe als der Raum dieser Blätter. Aber wie die morgenländischen Sprachen durch Alter , litte- rarische Ausbildung und A^erwandtschattlichen Zusammenhang von einer lehrhaften Bedeutung für die Sprachforschung geworden sind, so mag hier in kurzer Uebersicht angedeutet werden, was in engerer oder weiterer Verbindung mit unseren orientalischen Studien für die Sprachwissenschaft und die Lösung ihrer Probleme geleistet worden ist. Die einfache praktische Nützlichkeit treibt nicht allein mehr zum Studium der Sprachen, wenn man auch Grund haben mag es von Neuem den Missionären zu empfehlen ^^'^). Auch in Italien 1^), dem lange für den wissenschaftlichen Zusammenhang mit der Bewegung des übrigen Europa verschlossen gewesenen, wird die Anerkennung einer Wissenschaft lebendig, welche unter ihren Förderern Wilhelm v. Humboldt ^'^) gehabt-, an ihn haben bei Gelegen- heit der Wiederkehr seines hundertjährigen Geburtstages in Nord- amerika Adler ^^) , in Deutschland mit congenialem Verständniss Sieinthal^^) erinnert: des letzteren Gedächtnissrede wird durch die Ableitung der manigfachen Richtungen des wunderbaren Mannes aus einer einheitlichen, sicher harmonischen Persönlichkeit zu einem Meisterstücke. Zur Würdigung der Bedeutung und der Geschichte der Sprachwissenschaft kann Chaniochs ^^) Aufsatz und das mit vollem Recht erneute Buch Dun'ght's ^'') dienen, dessen erste Ab- theiluug eine sorgfältige Skizze der indogermanischen Sprachen und Geschichte der Sprachwissenschaft darbietet, indess die zweite sich vorzuj^'sweise mit dem Englischen beschäftigt. Den durch Stein- thals Typen des Sprachbaus und Geschichte der griechisch- römischen Sprachwissenschaft bezeichneten oder vielmehr erreichten Stand-
410) The importance of liuguistic prcparation for missioiiaries, with remarks on Christian literatiu-e in eastern vernaculars. By the Rev. Ch. H. H. Wrir^ht, Journal of Sacred literature 1863 Apr. Art. 6, und besonders abgedruckt: London, Williams & Norgate 1863, 18 S. 8. (öd.)
11) Pensieri intorno alle studio delle lingue di Giovanni Oliverio. Napoli, Tipogr. Majo 1867, 35 S. 8.
12) William von Humboldt as a comparative philologist, National Quarterly Review (New- York) 1865 Sept., Art. 2.
13) Wilhelm von Humboldt's Course of linguistical studies. By G. J. Adler. New-York 1866, 48 S. 8. (5 sh.)
14) Gedächtnissrede auf Wilhelm V. Humboldt an seinem hundertj. Geburts- tage, Sonnabend , den 22. Juli 1867, gehalten von Prof. H. Stc'mthal. Berlin, F. Dümmler 1867, 31 S. gr. 8. (n 6 Ngr.) Vgl. Lit. Centralblatt 1868 No. 4 p. 76.
15) On the science of language. By li. S. CharnocJc , in The Anthro- pological Review 1863 no. H vom August. — Vgl. auch : Die Sprache und ihre Wissenschaft, Europa 1863 no. 5.
16) Modern philology : its discoveries, history and influeuce. With maps etc. By Benjamin W. Dioight. First Series. 3rd edition revised and corrected. Secoud series. (2 vols.) New-York 1864, XVIU, 360 u. 504 S. 8. (24 sh.)
128 Wissenschaft!. Jahreshe rieht für 1862— 1^67.
puukt bespricht Foft^^'^); die Stellung der Sprachwissenschaft in der Gegenwart untersuchen Baudri/ ^^), Steinfhal^'-^), Wedeioer^^) und 2Iartmof'^^): sie ist ein Gegenstand allgemeineren Interesses geworden -^). Aber ihr Wesen wie ihre Methode unterliegen mit Recht noch auseinandergehenden Discussionen, wie die Abhandlungen von Castaing '^^) , C/iavee''^^), l'errt'eii-Po'iicel^^'-^) und Hennann ''^^) zeigen, unter denen die scharfsinnige von Chavee an Parteilichkeit gegen uns Deutsche leidet und die von Hervumn sich durch Sorg- falt in den Gi-änzbestimmungen zwischen Philologie und Linguistik auszeichnet. Mit einer nicht wie gewöhnlich geschieht auf das Indogermanische und die Principien der lateinisclien Grammatik beschränkten , sondern auch auf das Semitische und Afrikanische ausgedehnten Sprachkenntniss sucht Q erland'^^) eine Methode der Linguistik, welche ihm als eine Naturwissenschaft gilt, zu beschreiben; ebenso scharfsinnig als gerecht vindiciert jede Spi'ache eine Indivi- dualität. Die Untersuchung des Begriffs und der Methode der Sprachwissenschaft wird immer von dem Begriff der Sprache selbst auszugehen haben, der daher immer erneuten Betrachtungen von
417) Zur Geschichte und Kritik der s. g. allgerneiuen Grammatik, von A. F. Pott, Zeitschrift für Philos. von Fichte, Uirici u. s. w. 18ü3, XLIU p. 102—141. Vgl. auch II. Schweizer iin Paedagog. Archiv von Laugbein V (1863) p. 372 f.
18) De la Science de langage et de son etat actucl. Par Bandry, Kevue arclieol. Nouvelle Serie T. VI, 1 (1»64, Jan. — Juni) p. 13—37, 104 bis 119; besonders abgedruckt: Durand et Didier 1864, 44 S. 8. (2 f.)
19) Ueber den g. genwärtigen Zustand der Sprachwissenschaft. Von H. Steinthal, Haym's Preuss. Jahrbb. XIII (1864) p. 563-587.
20) Die neuere Sprachwissenschaft und der Sprachunterricht an Schulen. Von H. Wedeirer, Deutsche Vierteljahrschrift no. 110 (18 '5 April-Juni) ji, 113—137
21) La science des langues au XIXe sleclc. Par jSIartinof, Etudos re- ligieuses etc. par des Peres ... de Jesus 1S65 No. 28 und 1866 No. 44.
22) La science du langage, Kevue britannique 1864 no. IX (Sept.) Art. 1 ; The scii^nce of language, Wcstminster Review new series no. 53 (1865 Jan ) Art. 2; Science of language, Quarterly lleview 1866 Apr. Art. 5.
23) La linguistique tt la science du langage. Par A. Castaiiuj, Revue Orientale et Americaine Vol. 10 (1866) No. 59.
24) La science positive des langues ; son present, son avenir. Par //. Chavi'e, Revue de linguistique et de philologie comparee T. I, fasc. 1 (1867 Juilletj ]>. 1 — 35.
24a) Du langage. Essai sur la naturc et lY-tudc des mots et des langues par Alh Terrien-Poncel. Pr^cede d'une introduction piir M. Leon de Rosny. Paris, Franck 1867, XX u. 255 S. gr. 8. (5 fr. ;
25j Das Problem der Spraclie und seine Entwickelung in dei' Geschiclite. Von Prof. Dr. Cour. Hermann. Diesden, Kuntze 18(J5, 115 S. gr. 8. (20 Ngr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1865 no. 14 p. ö79 f. und den Verf. in Z. d. D. M. G. XIX p. 325—330; au-serdem Menzel's LiteraUubl. 1864 No. 99; Oesterreich. Wochen- schrift V (1865) No. 16 p. 500 f. und Allg. Deutsche Lehrerztg. 1865 No. 3.
26) Aersuch einer Methode der i.,inguistik. Von Gerlaiid. Magdeburg (Frogr. des Faedugog. zum Klosterj 18ljl, 27 S. 4.
SjircicJi y lasen seh aft. 129
teil Doornkaat-Koolman'^'^'^) , Zinzow^^), Zinm)eivia7in ^^) , Stein- tkal^^), Caspari^'^) ^ Sanhorn^'^) und Andrevis^^) u. A. unter- worl'eu worden ist : mit energischem Scharfsinn hat unter ihnen wieder Steinthal die psycliologische Seite hervorgehoben. Momente, welche in das deutlich erkennbare Leben fallen, sind noch nicht einmal sicher definiert, wie die Armut^*), die Lebenskraft ^5), das Recht der Dialekte ^^) einer Sprache.
Gleichwol hat sorgfältige Beobachtung innerhalb begränzter aber doch charakteristischer Gebiete und sprachphilosophisches Interesse trotz aller dieser Mängel zu systematischen Werken von grosster Bedeutung geführt. Heyse's ^^j langsam gereiftes System hat seinen Weg nach Italien gefunden, wo man dessen Uebersetzung mit manchen besonders auf die Landessprache bezüglichen Anmerkungen bereichert hat. Eine ungleich grössere Wirkung fahren aber Max Müllers geistvolle Vorlesungen fort auszuüben. Von der ersten Reihenfolge sind neue xiusgaben ^^) und Uebersetzungen in deut-
427) Die Sprache nach M, Carriere und Anderen. Vortrag, gehalten zu Norden im Dec. 1864 von J. ten Dooi'iikaat-Koolmaii 1. u. 2. Aufl. Norden, Soltau 1866, 38 S. gr. 8.
28) Die menschliche Sprache. Ein Vortrag von Gymu.-Dir. Dr, Ad. Zinzow, Pädagog. Archiv von Langbein IX (1867) No. 8 p. 561—597.
29) Die Sprache u. ihre Entwickelung von Roh. Zimmerviann. Grimma, Gensei 1865, 32 S. 8. (n. 5 Sgr. ) Vgl. Allg. Deutsche Lehrerztg. 1865 No. 45.
30) Philologie , Geschichte und Psychologie in ihren gegenseitigen Be- ziehungen. Von H. Stcintlial. Berlin , Dümmler 1864, IV u. 76 S. gr. 8.
(n. Va m-
31) Die Sprache als psychischer Entwicklungsgrund. Von O. Caspari. Göttingen. (^Berlin, Adolf u. Co.) 1864, 48 S. gr. 8. (I2V2 ^gr.) Vgl. F. Sand- voss in Bll. f. lit. Unterh. 1865 no. 46 p. 730 f.
32) The relatiou of thought to lauguage. By Prof. E. D. Sanborn, The New Englander No. 96 (1866 July) Art. 1.
33) Language a type of the universe. By S. P. AndreiüS , Continental Monthly 1864 June Art. 12.
34) Die Armuth der Sprache, eine sprachvergleichende Studie von Prof. Nüldelc. (Gymn.-Pogr.) Bückeburg 1863, 4.
35) Sur la vie des langues, leurs äges et leurs maladies, par le barou P. G. de Dumast. Paris, Impr. Imper. 1865, 5 S. 8.
36) 'Languages and dialects' North American Eeview No. 214 (1867 Jan.) p. 30—64.
37) Sistema della scienza delle lingue, di K. W. L. Heise, opera postuma edita dal dott. Prof. //. Stcintlial. Prima versione dal tedesco , corredata di alcxme note , per cura del cavaliere Emilio Leone. Torino, Botta 1864, 462 S. gr. 8. (4L.).
38) Lectures on the scieuce of language, delivered at the Royal Institution of Great Brituin, in April, May and June 1861. By Max Müller. 2nd edition, revised. Desgl. 3rd ed. revised. London, Lougmans 1862, VIII u. 416 S. 8; natür- lich auch nachgedruckt: from the second London edition, revised. New-York, Scribner 1862, 416 S. 8.; desgleichen 4th ed., ebenfalls Longmans 1864, X u. 432 S. gr. 8. und 5th edition, revised. Ebend. 1866, XIV u. 459 S. 8. (jede Ausgabe 12 sh.).
Jahresbericht 1862—67. 9
130 Wissenschaftl. Johreshcricht für 186-2—1867.
scher •* 3 9), französischer'^"), italiänischer ^^ ) und russischer ^^^ Sprache nothig geworden ; zahlreiche Besprechungen ^^) haben den feinsinnigen Aufbau, die anmuthige Darstellung, das interessante Beobachtungsmaterial weitem Kreisen nahe zu rücken versucht. Eine zweite Reihe von Vorlesungen ist gefolgt ^^), welche ebenfalls schon ihre deutschen '^5) wie französischen ^ß) Bearbeitungen und die grösste kritische Anerkennung"^') gefunden hat. Den Betrachtungen
439) Vorlesuugen über die Wissenschaft der Sprache von Max Müller. Für das deutsche Publicum bearbeitet von Carl Böttger. Autorisirtc Ausgabe. Leipzig. G. Mayer 1863, VII u. 400 S. gr. 8. Ebenfalls schon 2. Aufl. 1866, Vm u. 436 S. gr. 8. (n. \^. 20 Ngr.)
40) La Science du lauguage. Cours professe äi ^Institution royale de la Grande-Bretagne par Max Müller. Traduit de l'Anglais sur la 4e edition par Georges Hanv's et Georges Perrot. Paris, Durand 1864, XXX u. 459 S. 8. (8 fr.).
41) Letturc sopra la scienza del linguaggio di Max Müller, tradotto per la prima volta in Italiano sopra la 3a edizione iuglese, di Gherardo Nerucci. Milano, Daelli 1864, 448 S. 8. (5 L.).
42) .TfiKuiu no iiayKh o >i3i>iKt (Wissenschaftliche Vorträge über die Wissenschaft der Sprachen von M. Müller. In das Russ. [übersetzt). St. Petersburg 1865, 303 S. 8.
43) Vgl. schon Bericht für 1859 — 61 No. 75 ; und seitdem London Quarterly Review No. 45 (1864 Oct.) Art. 9; Saturday Review 1865 Oct. 7 p. 465; Macmillan's Magazine 1863 March. Art. 1 ; R. v. Räumer im Lit. Centralbl. 1863 nr. 3 p. 64 f.; H. Schweitzer-Siedler in Neuen Jahrbb. f. Philol. u. Paed. Bd. 89 (1864) p. 89—96; Oesterreich. Wochenschrift für Wiss., Kunst u. öflf. Leben 1863, 2 p. 725 f.; Augsb. A. Zeitung 1863 Beil. Nr. 177. Grenzboten 1863 No. 11 p. 439 f.; Ausland 1864 No. 4 p. 91 f.; Katbol. Lit.-Ztg. 1863 No. 24; Borgens in Heidelb. Jahrbb. 57, 6 (1864 Juni) p. 449—474; Natur und Offen- barung XI rl865) Heft 3; L. de Rouchaud in Revue moderne T. 33 (1865) p. 173 f.; Barthelemy Saint-IIilaire im Journ. des Sav. 1862 Juill. p. 389^:06, Sept. p. 535—551, Oct. p. 597-611; North American Review 1862 July p. 265 f. — Gegen M. Müller ist gerichtet: Philologisches. Von einem Turauier, Deutsche Jahrbb. f. Polit. u. Lit. X (1864) p. 327- 341.
44) Lectures on the science of language delivered at the Royal Institution of Great Britain in Febr., March, April, and May, 1863. By Max Müller. 2nd series. London. Longman and Green 1864, VIII u. 60<) S. 8. (18 sh.) und New- York, Scribner, 1865 622 S. 12.
45) Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache. Von Dr. Max Müller. Für das deutsche Publikum bearbeitet von Dr. Carl Böttger. Zweite Serie von zwölf Vorlesungen Leipzig, G. Mayer 1866, VIII u. 606 S. gr. 8. (2 3^ 12 Ngr.).
46] NouvcUes le9ons sur la scienco du langagc par M. Max Müller, traduites de l'anglais avec Tautorisation jde l'auteur par G. Harris et G. Ferrot, etc. T. I. II. Paris, Durand et Pedone-Lauriel 1867—68, XLIV u. 387, VII u. 357 S. gr. 8. Diese Uebersetzung besitzt in einer biographischen Skizze über den Vf. und einer linguistischen Einleitung Breal's beachtonswerthc Beigaben.
47) Vgl. Quarterly Review Vol. 119 No. 238 (1866 April) p. 394-^35, zugleich auch über Farrar's 'Chapters' ; 'The Origin of language' in West- minster Review Vol. 30 No. 169 (1846 July) p. 88—122 ebenfalls zugleich über Farrar's Chapter on language'; Reader 1864 No. 86 p. 220 f.; North American Review 1865 April p. 565—581; Athenaeum 1864 Aug. 6 p. 172 f.;
Sprach misse nschaft. 131
des ersten Theils, welche eine glänzend gewahrte Einheitstendenz durchzieht, so dass die verschiedenen grossen Sprachgruppen nicht als berechtigt nebeneinander sondern als natürlich entwickelt nach einander erscheinen, und in welchen die Sprache im Grunde als ein Naturgeschichtliches wird, folgen im zweiten Untersuchungen mehr physiologischer, geschichtlicher und mythologischer Natur. Unter den Entgegnungen , welche diese wirkungsreichen Vorlesungen gefunden haben , sind geradezu komisch die von Voigimann ^^^) gemachten, von denen ein witziger Recensent gesagt hat, dass damit die Sprache 'zum Kukuk gehe'. In England hat, ausser Max Müller vor der vornehmen Zuhörerschaft der Royal Institution, im Gegen- satz zu ihm bezüglich der Frage der Onomatopöie in der Wurzel- bildung Farrar^^), der auch schon 1860 einen Versuch über den Ursprung der Sprache geschrieben , mit einigen sprachlichen Untersuchungen sich vernehmen lassen; systematischer verfährt der Nordamerikaner Wilson '''') , der merkwürdiger Weise Dwight's Werk nicht gekannt zu haben scheint ; besonders aber muss Whitney^ dessen sprachwissenschaftliche Grundanschauuugen wir aus dem Resume einiger Vorträge hatten kennen lernen ^o»), wegen eines sehr lichtvollen und geschickt orientierenden Werkes -^^j hier ge-
Benfey in Gott. gel. Anz. 18G4 no. 39 p. 1523 — 54; Dörgens in Heidelb. Jahrbb. LIX (^1^66) p. 356—386; Schneller im Deutschen Museum 1S66 No. 15 p. 462 f. ; Augsb. Allg. Zeitung 1865 Nr. 3<)1 Beil. ; 'Phonetik oder Sprach- lautlehre' Mag. f. d. Lit. des Ausl. lh6H No. 2 p. 21 f.; Journ. des Sav. ihöi p. 532, 1867 p. 5rll f. ; hmile Burnouf 'La sciencc du langage' in Revue des deux mondcs T. 67 (1867) p. 274 — 306; Barthelemy Saint-Hilaire im Journal des Savants 1866 Avril p. 233—247, Mai p. 2.'-6— 302; Journal des Sav. 1868 Acut p. 526f. ; G. Frezzo in Rivista italiana (Torino) 1865 Gennaio No. 1. 448) Dr. Max Müllers Bau-Wau-Theorie und der Ursprung der Sprache. Ein Wort zur Verständigung au den Herausgeber der ,, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache." Von Prof. Dr. Chr. Gl. Voigtmann Leipzig Schlicke 1865, Vni u. 173 S. 8. (1 ^. 5 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1865 no. 23 p. 614 f. ; Allg. Deutsche Lehrerztg. 1865 No. 37 ; Joh. Schmidt in Kuhns Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XV Heft 3 (1866) p. 235 f. und F. Sandvoss in BU. f. Lit. Unterh. 1865 No. 46 p. 728.
49) Chapters on language by Rev. Fred. W. Farrar. London, Long- mans 1865, XIX u. . 08 S. 8. (8 sh. 6 d.). Vgl. Reader 1865 No. 146 p. 420 f. ;Quarterly Review Vol. 119 No. 238 (1866 April) p. 394— 435, zugleich über M. Müllers 'Lectures', und The Origin of language' in Westminster Review V0I.3ON0. 169(1866 July) p. 88— 122 ebenfalls zugleich über M.Müller 's 'Lectures'.
50) Phrasis: a treatise on the history and structure of the differeut languages of the World, with a comparative view of the forms of their words and the style of their cxpressions. By J Wilson. With portrait. Albany 1864, VIII u. 3^4 S. 8. (16 sh.). Vgl. Mag. f. d. Lit. d. Ausl. 1865 No. 45 p. 626 f.
50a) On the principles of linguistic science (abstraet ofsix lectures delivered) by William Dwight Whitney, Report of the Smithsonian Institution for 1863 p. 95 116.
51) Language and the Study of language : Twelve lectures on the princi- ples of linguistic science. By William Dwight Whitney. New- York, Scribner & Co. 1867, XI u. 489 S. gr. 12. Vgl. North American Review No. 218 (1868 Jan.) p. 306 f.; Steinthal in Zeitschr. für Völkerpsych. V p. 364 f.;
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"132 Wissenschaft]. Jahreslericht für 1862—1867.
naiint werden. Einen durchaus physiologischen Ausgangspunkt hat der Franzose d' Assier ■^^^) genommen. Den Ausbau der Sprach- wissenschaft fördern besondere Zeitschriften und Sammlungen zer- streuter Abhandlungen, deren einzelne Stücke häutig Specialfragen der morgenländischen Studien begegnen. Die Zeitschrift von Lazarus und Steintlial ist bereits erwähnt worden; die von Kuhn wird bei Besprechung des arischen Gebietes ihre Erwähnung finden-, hierher gehört besonders die neue in Paris erscheinende 'Revue de linguis- tique'^3), welche universell genug ist, alle Richtungen des Geistes- lebens, welche auf die Entwicklung der Sprache einen Einfluss aus- üben können, in ihren Gesichtskreis zu ziehen-, die gern vernach- lässigten Sprachen des turanischen oder finnisch-tatarischen Stam- mes kommen vorzugsweise zu ihrem Rechte in den von Hunfalvy ^^) herausgegebenen 'Sprachwissenschaftlichen Mittheilungen'. Ihre mannigfach anregenden Abhandlungen haben .Rudolf v. llaumer ^^^ ) und de Lagarde^^) zusammengestellt; die am meisten aggressive in der ersteren Sammlung über den Zusammenhang der semitischen und indogermanischen Sprachen wird uns noch einmal begegnen-, der andere bietet uns besonders seine Forschungen über indische, persische und armenische Wörter im Syrischen, die persischen Glossen der Alten und ausser Anderem einige Bemerkungen über eränische Sprachen ausserhalb Erän. Ein wohlgeordnetes Bild der Mannigfaltigkeit des der Forschung vorliegenden Materials gewährt das schon kurz erwähnte schöne, durch die Novara-Expedition verau-
Spiegel in Heidclb. Jahrbb. LXI (1868) p. 17— 25; W. Clcmm in Kuhns Zeitschr. f. vgl. Spraclif. XVIII (1869) Heft 2 p. 113—125; das Biblical Repertory and Priucetou Review 1868 April, Art. V.
452) Histoire naturelle du langage. Pliysiulogie du langage phonetique par Adolphe (V Assier. Paris, Germer BaiUiere 1867, 168 S. 12. (2 fr. 50 c.)
53) Revue de liuguistique et de pliilologie comparee, Recueil trimestriel de documents pour servir ä la science positive des langues, k l'ethnologie , h la mytbologic et ;i l'bistoire. Tome I. fasc. 1. Paris , Maisonneuve (Leipzig, Brockhausj 1867, Vlü, 119 S. 8. (Jahrg. 12 fr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 37 p. 1021 f.
54; Nyelvtudomänyi Közlemenyek. Kiadja a Magyar Tudomanyos Akadeniia Nyelvosztälyänak bizottsäga. Szerkcszti llunfaliiij Päl. Kötet I — V. (jeder Band in 3 Heften). Pesten, Eggeuberger 1862—67, 8.; jeder Band III u. 480 S. ; nur I hat 476 und II 478 S.
54ay Gcsauiinelte sijrachwisseiischaftliehc Schriften von Jlud. v. Raumer. Frankfurt a. M., Ileydcr & Zimmer 1863. VI u. 539 S. gr. 8. (2V3 ^ ). Vgl. F. Bechstein in Deutschen Jahrbb. v. Oppenheim XI (1864) p. 110 f.; besonders aber Schleicher in den mit Kulm hcrausgeg. Beiträgen Bd. IV Heft 2; Q. Stier in Zeitschr. f. d. Gymnasiahv. XIX Heft 2 p. 141—143.
55; Gesammelte Abhandhingen von Paul de Lagardc. Leipzig, Brock' Laus Sort. 1866, XL u. 304 S. gr. 8. (5 i?i ). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 no. 48 p. 1335 f.; G. Wolflf in Zeitschr. f. d. Gymuasialw. XX, 9 (186(5 Sept.) p. 681 f.; Spiegel in Heidelb. Jahrbb. Jahrg. 59 Heft 9 (1866 Sept.) p. 647—660.
SprachiLiissenschaft. 1 33
lasste Werk Friedrich Maliers ^^^). Es wird in Verbindung mit Steinthals Typen des Sprachbaus fortab unser bester MiUiridates sein. Der erste Theil (die afrikanischen Sprachen) behandelt dem Plane des Ganzen gemäss nicht sämnitliche Sprachen des Neger- contineutS; sondern nur, aber mit treffendster Charakteristik, das Hottentottische , die Bantusprachen und die chamitische Gruppe (diese nach Lepsius' Abgränzung). Der zweite Theil umfasst die indischen Sprachen und gibt vortreffliche grammatische Bilder der sanskritanisehen wie der dravidischen Sprachen-, die Verwandtschaft dieser letzteren mit den eigentlich turanischeu leugnet er. Auch das Singhalesische erfährt eine eingehende Darstellung. Bei den australischen Sprachen im dritten Theile müssen wir einstweilen für das aus den südlichen und westlichen Küstengebieten Neuhollands Mit- getheilte dankbar sein, zumal wir auf Grundlage neuen eingegangenen Materials ausführlichere Zusammenstellungen zu erwarten haben. Um so eingehender ist wieder die Charakteristik der malayo-poly- nesischen Sprachen im vierten Theil, in welchem besonderen Beifall die Lostrennung dieser Gruppe von dem Indogermanischen wie auch vom Turanischen und der Nachweis einer Völker- und Sprachwan- derung wahrscheinlich von einem südasiatischen Festlande, jedenfalls vom Westen nach dem Osten verdienen. Neben den Sprachen ist auch die Schriftgeschichte gebührend berücksichtigt und z. B. der semitische Ursprung der indischen Schrift, welchen Albrecht Weber aufgestellt hatte, gründlich nachgewiesen worden.
Die Beobachtung einer solchen Fülle von Spracherscheinungen kann sehr wohl auf der einen Seite in der Vermuthung bestärken, dass die Vielheit das Ursprüngliche sei, und auf der andern über- flüssige Versuche veranlassen, gegenüber dieser Fülle zu einer ein- heitlichen Universalsprache zu gelangen: an solchem Versuche haben sich Italien, Frankreich und Deutschland betheiligt ; man ver- gleiche die Abhandlungen und Aufstellungen von ^e/Za^e'^iÄ^ 7)^ Faic^'^),
456) Reise der ö?terreicliischen Fregatte Novara um die Erde in den Jahren 1857, 58, 59 unter den Befehlen des Commodore B. v. Wüllerstorf Urbair. Linguistischer Theil von Dr. f'rledr. Müller, Prof. Wien , Gerold's Sohn in Comm. 1867, VII. u. 357 S. gr. 4. (n. 8 ^. ). Vgl. Jülg in der \Viener Allg. Lit.-Ztg. 1867 No. 18 p. 156 f. ; Bcnfey in Gott. gel. Anz. 1867 St. 18 p. 712- — 718 ; Die sprachwissenschaftliche Ausbeute der Novara-Reise. Von Prof. Dr. Fr. Spiegel, Ausland 1867 No. 21 p. 487—490, No. 22 p. 515—518; F. Justi in Revue critique d'hist. et de litt. 1867 No. 22 p. 339—844; Peter- manns Geogr. Mitth. 1867, IX p. 355 f. und kurz Trübners Record No. 26 p. 37.
57) Pensieri sopra una lingua universale , e alcuni argomenti analoghi, del Prof. GiustO Bellavitis , Memorie dell' I. R. Istituto Veneto di seien ze Vol. XI (Venezia 1862 gr. 4.) p. 33—74.
58) System einer Universal-Sprache sowohl durch die Schrift (Pasigraphie), als auch durch die Laute (Pasilogie) durch Begriffsfixirung mittelst arabischer Zahlzeichen und deren Lautfixirung für den internationalen Verkehr. Von Moses Paic. Wien , Lechner in Comm. 1864 , 1 Tf. gr. fol. (n. 12 Ngr.) Vgl, Lit. Centrajbl 1864 no. 48 p. 1152.
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WissenschaßJahreslerichtfüt 1S62 — 1867.
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nannt werden. Einen duihaus physiologischen Ausgangspunkt hat der Franzose d'Assi'er^^- genommen. Den Ausbau der Sprach- wissenschaft fördern besodere Zeitschriften und Sammlungen zer- streuter Abhandlungen, d-en einzelne Stücke häufig Specialfragen der morgenländischen Studii begegnen. Die Zeitschrift von Lazarus und Siemthal ist bereits -wähnt worden-, die von Kuhn wird bei Besprechung des arischen jebietes ihre Erwähnung finden; hierher gehört besonders die neuein Paris erscheinende 'Revue de linguis- tique'53), welche universd genug ist, alle Richtungen des Geistes- lebens, welche auf die Eiwicklung der Sprache einen Einfluss aus- üben können, in ihren Gsichtskreis zu ziehen; die gern vernach- lässigten Sprachen des tianischen oder finnisch-tatarischen Stam- mes kommen vorzugsweisKU ihrem Rechte in den von Hunfalvy ^^) herausgegebenen 'Sprachissenschaftlichen Mittheilungen'. Ihre mannigfach anregenden Ahandlungen haben Rudolf v. Räumer ^^^) und de Lagarde^^) zusaimengestellt ; die am meisten aggressive in der ersteren Sammlung iber den Zusammenhang der semitischen und indogermanischen Spichen wird uns noch einmal begegnen; der andere bietet uns bionders seine Forschungen über indische, persische und armenisch Wörter im Syrischen, die persischen Glossen der Alten und asser Anderem einige Bemerkungen über eränische Sprachen ausseralb Erän. Ein wohlgeordnetes Bild der Mannigfaltigkeit des der orschung vorliegenden Materials gewährt das schon kurz erwähnte hone, durch die Novara-Expedition veran-
Spiegel in Heidelb. Jahrbb. LI (1868) p. 17— 25; W. Clemm in Kuhns Zeitschr. f. vgl. Spiachf. XVIII (1869) eft 2 p. 113—125; das Biblical Repertory and Priucetou Review 1868 April, rt. V.
452) Histoire naturelle d langage. Physiologie du laiigage phonetique par Adolphe cV Assier. Paris.3lermer Bailliere 1867, 168 S. 12. (2 fr. 50 c.)
53) Revue de linguistiqu et de philologie comparee. Recueil trimestriel de documents pour scrvir ä 1; science positive des langues , ä Tethnologie , ä la mythologie et ä l'bistoive. Tome I, fasc. 1. Paris , Maisonneuve (Leipzig, Brockhaus; 1867, VIII, 119 fcÖ. (Jahrg. 12 fr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 37 p. 1021 f.
54) Nyelvtudomänyi Közlnenyek. Kiadja a Magyar Tudomäiiyos Akademia Nyelvosztälyänak bizottsäga. !erkeszti Hunfalvy Pal. Kötet I — V. (jeder Band in 3 Heften). Pesten, Ejenberger 1862—67, 8.; jeder Band III u, 480 S.; nur I hat 476 und II 478 S.
54a) Gesammelte sprachASsenschaftliche Schriften von Rtul. v. Raumer. Frankfurt a. M., Ileyder & Zimer 1863. VI u. 539 S. gr. 8. (2V3 ^ ). V F. Bechstein in Deutschen Jahib. v. Oppenheim XI (1864) p. 110 f.; aber Schleicher in den mit Kim herausgeg. Beiträgen Bd. IV Heft 2; G. in Zeitschr. f. d. Gymnasialw. IX Heft 2 p. 141—143.
55; Gesannnelte Abhandingen von Paul de Lagarde. Leipzig, haus Sort. 1866, XL u. 304 h gr. 8. (5 ^ ). Vgl. Lit. Centralbl. 1 48 p. 1335 f.; G. Wolflf in Zeitschr. f. d. Gymnasialw. XX, 9 (18 p. 681 f.; Spiegel in Heidei; Jahrbb. Jahrg. 59 Heft 9 (1866 647—660.
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lasste Werk Friedrick Maliers ^^^). Es rvird in Verbinthing mit Steinthals Typen des Sprachbaus fortab mser bester Mithridates sein. Der erste Theil (die afrikanischen sprachen) behandelt dem Plane des Ganzen gemäss nicht sämmtlite Sprachen des Neger- continentS; sondern nur, aber mit treffenster Charakteristik, das Hottentottische , die Bantusprachen und iie chamitische Gruppe (diese nach Lepsius' Abgränzung). Der weite Theil umfasst die indischen Sprachen und gibt vortrefflichegramniatische Bilder der sanskritanischen wie der dravidischen Spriheu; die Verwandtschaft dieser letzteren mit den eigentlich turaachen leugnet er. Auch das Singhalesische erfährt eine eingehene Darstellung. Bei den australischen Sprachen im dritten Theile mssen wir einstweilen für das aus den südlichen und westlichen Küsterebieten Neuhollands Mit- getheilte dankbar sein, zumal wir auf Grumage neuen eingegangenen Materials ausführlichere Zusammenstellunju zu erwarten haben. Um so eingehender ist wieder die Charaleristik der malaj^o-poly- nesischen Sprachen im vierten Theil, in vdchem besonderen Beifall die Lostrennung dieser Gruppe von dem liogermanischen wie auch vom Turanischeu und der Nachweis einerVölker- und Sprachwan- derung wahrscheinlich von einem südasiatishcn Festlande, jedenfalls vom Westen nach dem Osten verdienen. Nein den Sprachen ist auch die Schriftgeschichte gebührend berücksichtiv und z. B. der semitische Ursprung der indischen Schrift, welchen Arecht Weber aufgestellt hatte, gründlich nachgewiesen worden.
Die Beobachtung einer solchen Fülle.'on Spracherscheinungen kann sehr wohl auf der einen Seite in d« Vermuthung bestärken, dass die Vielheit das Ursprüngliche sei, id auf der andern über- flüssige Versuche veranlassen, gegenüber dser Fülle zu einer ein- heitlichen Universalsprache zu gelangi: an solchem Versuche haben sich Italien, Frankreich und Deutsdand betheiligt •, man ver- gleiche die Abhandlungen und Aufstellungen "»n^e/^aWife^^''), PaiS^'^),
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456) Reise der österreichischen Fiegatte Nova um die Erde in den Jahren 1857, 58, 59 unter den Befehlen dos Cnmmod- 11. v. Wüllerstorf Urbair. Linguistischer Theil von Dr. Frieilr. ^^ü^rr. I i Wien, Gerold's Sohn in Comm. 1867, VII. u. 357 S. gr. 4. (n. 8 ^i). l.Jiilg in der Wiener Allg. Lit.-Ztg. 1867 No. 18 p. 156 f.; Benfey in Gc gel. Aiiz. 1867 St. 18 p. 712- — 718 ; Die sprachwissenschaftliche Ausbeute -r Novara-Reisc. Von Prof. Dr. Fr. Spiegel, Ausland 1867 No. 21 p. 487-490, No. 22 p. 515— 5 !8; F. Justi in Revue critique d'hist. et d*» litt 1S«7>Jo. 22 p. 339—844; Peter- manns Geogr. Mitth. 1867, IX p. ' »rs Record No. 26 p. 37. i.
57) Pensieri sopra una ling» del Prof. Giusto Bellavitis , Ä^ Vol. XI (Venezia 1862 _gr.
58) System einer T' als auch durch Zahlzeichen un Moses Faic. Vgl Lif. Cent!
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;[34 Wissenschaftl. Jahresbcrichf,/ürlS62—lS67.
Julien *^^) uud Iioiix ß^). Eine fast gleich resultatlose aber un- gleich bedeutendere Untersuchung, welche durch die Erforschung vieler und besonders neuer Sprachen immer wieder augeregt aber niemals direct gelördert wird (denn sie betrifft weit mehr ein psychologisches Problem) ist die des Ursprungs der Sprache. Von dem Inter- esse dieser Frage zeugen die nöthig gewordeneu neuen Auflagen der Schriften Grimms ^'^) und Reiians '^'^) , dessen bekannte Ansichten Schoebel ^^) von einem ganz abweichenden daher für die immittel- bare Entscheidung ganz wirkungslosen Standpunkte bekämpft. Der mechanischen Uebertragung eines biblischen an und für sich trotz aller Einfachheit der Darstellung durchaus schwer verständlichen Berichts auf die Genesis und Gliederung der Sprache ist mit der ganzen Fülle seines Wissens und seines Witzes, zugleich nach seiner verschwenderischen Gewohnheit eine Menge verwandter und nicht verwandter Themen berührend , Pott '°^) entgegen getreten. Indess ebenfalls mechanisch ist es , wenn man die Sprache als Kunst , als rein historisches Bewusstsein auffasst, also ihren Ursprung in die Epoche des durchaus bewussten Geistes setzt, wie seltsamer Weise Göttimg ^'>) wieder gethan hat. Dem frischen Leben entspricht es ungleich mehr, in der Sprache einen Naturvorgang zu sehen. So hat Schleicher ^^) geistreich versucht anzudeuten, wie die Dar- winsche Theorie sich genau in dem Leben oder vielmehr in dem Werden der Sprache darstelle und zwar das System des englischen
459) Essai d'une langue universelle. Par FMix Julien Paris, Plön 1865, 24 S. 8. Vgl. Saturday Review 1865 Art. 7 p. 465.
60) Essai sur une langue universelle, ou moyen propose k tous les peuples de correspondre entre eux par des signes ecrits. Par J. T. Jtoux. Sisteron, Impr. Bourles 1865, 83 S. 8.
61) Jac. Grimm, lieber den Ursprung der Sprache. (Aus d. Abhh. der kgl. Acc. der Wiss. 1851). 5er unveränd. Abdruck. Berlin, Diimmler 1862, 59 S. gr. 8. (n. i/a ^. )■ Vgl. Menzels Literaturbl. ISGo No. 104.
62) De l'origine du language par Ernest Renan. 4e ed. Paris , M. Levy 1864, 263 S. 8. (6 fr.j
63) La Philologie comparee de l'origiue du langage. Par Ch. Schoebd. (Extr, du Correspondant). Paris, Dupont 186"2, 15 S. 8.
64) Anti-Kaulen oder mythische Vorstellungen vom Ursprünge der Völker und Sprachen, Nebst Beurtheiluug der zwei sprachwissenschaftlichen Abhand- langen Heinrich v. Ewald's. Von A. F. Fott. Lemgo und Detmold, Meyer 1863, XXX u. 298 S. gr. 8. (2 ^ ) Vgl. Ewald in Gott. gel. Anz. 1863 Stuck 50 p. 1961 f. u. meinen Bericht für 1859 — 61 no. 1186; Steinthal in Zeitschr. f. Völkerpsychol. 111 Heft 2 (1865) p. 225—245. Vgl. dazu: Pott on tlie niyths of the origin of man and language, Anthropological Review 1864 Febr. Art. 2.
65) Ueber die Entstehung der Sprache, C. W GöttUng in seinen Ge- sammelten Abhh. aus d. class. Alterthum , Bd. II (München, Bruckmann 1863, 8.) p. . fif.
66) Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft. \ on Aug. Schleicher. Weimar, Böhlau 1863, 29 S. gr. 8. m. 1 lith. Tf .6 Ngr.). Vgl. Ausland 1864 No. 17 p. 397 f.; Lit. Ceutralbl. 1864 No. 11 p. 247 f.; Mag. f. die Lit. d. Ausl. 1864 No. 28 p. 437 f.; The Reader 1864 No. 61 p. 2Ül f.; Saturday Review 1864 Febr. üO p. 240. Vgl. auch oben no. 338.
Sprachwissenschaft. 1 35
Naturforschers last Wort für Wort genommen. Elemente einer ähnlichen naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise soll ein mir nicht zugänglich gewesener Aufsatz von Sir Charles Lyell ent- halten-, auch Max Müller sieht, wie wir bereits erwähnt haben, in der Sprache ein Naturgeschichtliches*^''^). Am consequentesten hat den Parallelisnius zwischen physiologischer Entwicklung des Menschen und der Sprachbildung ein grimdlicher Kenner der dar- winschen Theorie, Jäger ^^) zu zeichnen versucht, indem er von dem Paarungsrufe des noch thierischen Menschen durch die Mittelstufe eines Reichthumes von Emplindungslauten und erläuternden Em- ptindungsgeberden zu differenziierender Bestimmtheit der Lautgruppen und dem entsprechend von einer aifenartigen Mikrokephalie zur menschlichen Makrokephalie vorschreitet. Von physiologischen Grundlagen geht auch Schleis v. Löimvfeld^^) aus. Das hierbei nicht zu umgehende onomatopoetische Princip hat Wedgioood ''^) gegen Max Müller in Schutz genommen, obgleich er sonst nicht den Standpunkt der physiologischen Auffassung einnimmt. Auch hier musste die Theorie des natürlichen Werdens als Aufhebung des Schöpfungsactes und der biblischen Ueberlieferung den Widerspruch der Theologie hervorrufen, wie er bei Volck''^) und besonders bei Jessen'^^) hervorgetreten ist. Unverfänglicher, aber auch jedesmal unfruchtbarer sind rein sprachgeschichtliche Erörterungen der Frage, wie bei Bexlöw'''^) und Longoni'''^')^ von denen der erstere mancherlei über das Chinesische beibringt; indess scheint der naturwissen- schaftliche Standpunkt auch hier zur Herrschaft zu kommen^^).
467) 'Is the study of lauguage a physical scieuce?' North-American Review 1865 F. Cl. p. 434—474.
68) Ueber den Ursprung der menschlichen Sprache. Von Dr. G. Jäger, Ausland 1867 No. 42 p, 985—989, No. 44 p. 1046—51, No. 45 p. 10G5— 68.
69) lieber den Ursprung der Sprache. Eine physiologisch-linguistische Studie von Dr. M. Scideis v. Löwen feld. München , Kaiser 1866, 75 S. gr. 8. (16 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 no. 9. p. 236 f.
70) On the origin of lauguage. By Hensleigh Wedgwood. London, Trübner & Co. 1866, 165 S. kl. 8. Vgl. The Reader 1866 No. 171 p. 351. Lit, Centralbl. 1866 No. 33 p. 878 f.
71) Ueber die Sprache. Gen. 2, 19—20. 11, 1—6. Von Volck, Dor- pater Zeitschr. f. Theol. u. Kirche Bd. 6 (1864) Heft 3.
72) E. Jessen , Nyere Skrifter om Sprogs Oprindelse. Saerlsk. Avtryk af aarb. f. nord. oldk. og bist. 1867. Kjöbenhavn (1867) 1 Bl. u. 36 S. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1868 Ko. 13 p. 335 f.
73) De quelques caracteres du laiigage primitif. Lu ä l'Ac. des Inscr. et Belles-lettres par L. Benloew. Paris et Leipzig, Franck 1863, 48 S. 8. (10 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1863 nr. 26 p. 611 f. und Arendt in Kuhn's Zeit- schrift XIV (1864) p. 139—141.
73a) Longoni, Intorno l'essenza della parola, Reale Istituto lombardo di scienze e lettere. Rendiconti. Classe di lettere Vol II (Milane 1865 gr. 8.) p. 215—222.
74) The Origin of language, Anthropological Review No. XIII (1866 Apr.) Art. 2; eine verwandte Abhandlung im Westminster Review N. S, No. LIX (1866 July) Art. 4.
1 35 Wissenschaftl Jahresler/cht für 1 862—1867.
Mit der Eutschciduiig über den lT8i)nuig bangen die Ansichten über Gliederung und Verzweigung d e r S p r a c b e auf das Engste zusammen. Mebrbeit des Ursprungs von Menscbengruppen und geistigen Ausdrucksmitteln für sie vereinl'acht diese genea- logiscbe Frage ausserordentlicb ; dem Unitarier wird sie fast unlös- lich. Die alte noch häufiger unwissenschaftlich als wissensehaftlich gelührte Discussion über das sprachliche Verhältniss der Semiten und der Indogermanen zu einander tritt hier sofort an uns heran. Indess Charee^''°) in seiner frischen durchweg erneuten, zuerst 1855 in der ,RcYue philosophique et religieuse' als 'Moise et Ics langucs' veröffent- lichten Abhandlung beide Völker- und Spracbgruppen als grandverschie- den ansieht, gelten sie für £'?t'rt/o^''^) sogar mit der finnisch-tatarischen und koptischen Gruppe als eine sprachliche Einheit; de Marie '^'') unterwirft sie gleichmässigen phonetischen Betrachtungeu und Eudolf V. Rcmmer'^^) findet sogar die bestimmtesten Lautverschiebungs- gesetze , welche er wie andere verwandtschaftliche Beziehungen gegen Schleichers sehr scharfe Kritik über den ersten als Handschrift versandten Entwurf dieser Vergleichungen zu vertheidigen haf^), in welchen Lautvergleichungen sich auch bedenkliche Abneigungen gegen sehr substantielle semitische Laute wie 'Ain' aussprechen und vor allen noch keine sichere Erkcnntniss der ältesten Lautform der
475) Les langues et los races. Par H. Chivö.e.. Paris 1862, 63 S. 8. Vgl. Arendt in Kuhns Zeitsclir. XIV (18(i4) p. 143 f.
76) Sprachwissenschaftliche Abhandlungen von H. Kwalcl. Ile Abhand- lung über den Zusammenhang des Nordischen (Türkischen) , Mittelländischen, Semitischen u. Koptischen Sprachstammes, Abhh. der Kgl. Gescllsch. der Wiss. zu Göttmgen Bd. X (1862, 1.), Histor.-philol. Cl. p. 3 — 80. Vgl. Lit. Cen- tralbl. J 862 No. 32 p. 679 f. und Pott's unter No. 464 angeführten 'Anti- Kauleu.'
IT) Ursprung und Entwickelung der s g. indo-europäischcu u. semitischen Sprachen in Begriff u. Laut. Lösung dieses grossen, mit Unrecht für unlösbar gehaltenen Problems als Grundlage zu einem neuen System der Sprachwissen- schaft. Von T. H. A. de Marie. Bd. 1. Abth. 2. Ursprung der primitiven Sprache. Systematische Entwicklung der Lautformen u. ihre Bedeutungen. Hamm, Selbstverlag des Verf. 1867, VIII u. 75—506 S. gr. 8. (2 S^. 15 Ngr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 27 p. 746 f. Vergl. unten No. 528.
78) Der regelmässige Lautwechsel zwischen den semitischen u. den indo- europäischen Sprachen nachgewiesen an dem etymologischen Verhältniss der hebräischen weiclicn Verschlusslaute zu den indoeuropäischen harten von Rud. V. Raumer. Erlangen 1863, 8 S. 8. Vgl. Th. Nöldeke in Benfey's Orient u. Occident II (1863 J p. 37;') — 381; Schleicher in seinen u. Kuhns Beitr. zur vergl. Sprachf. IV lieft 1 (18G3). — Weiter: Erörterungen über die Urver- wandtschaft der semitischen u. indoeuropäischen Sprachen. Von Prof. Dr. v. Jlauiaer, Zeitschrift f. d. Gymnasialwesen XIX (11 1865 Nov.) p. 801-818. Dann desselben : Fortsetzung der Untersuchungen über die Urverwandtschaft der semitischen und indoeuropäischen Sprachen. Frankfurt a. M. , llcyder u. Zimmer 1867, 24 S. 8. (5 Ngr.) vgl. Lit. Centralbl. 1868 No. 14 p. 367.
79) Herr Professor Schleicher in Jena und die Urverwandtschaft der semitischen u. indoeuropäischen Sprachen von R^id. V. Raumer. Frankfurt a. M., Ileyder & Zimmer 1864, 17 S. gr. 8.
Sprachcissenschaft. \ 37
semitischen Stämme, geschweige der Wurzeln zur Voraussetzung gemacht werden konnte. Ungleich vorsichtiger geht der kundige Ascoli sowohl in seinen allgemeineren iVulstellungen*^*^) wie in seinen Wurzeluntersuchungen ^^) zu Werke. Als Willkürlichkeiten, von vor- eingenommenen Standpunkten aus unternommen (obgleich weder das A. noch das N. T. das Hebräische als die Ursprache bezeichnen) sind die zum Theil neu aufgelegten Schriften von Nugeyit^^), Strong^^), LeiMerrT/- Bar/ms ^^•^) und Mossi de Cambimio^^) zu bezeichnen, von denen der letztgenannte, ein Spanier, bei seiner Ausdehnung weit über Semitisches und Indogermanisches hinaus geht und bei seiner mathematischen Methode infallibel zu sein glaubt; Noivofni/s, ^^) Operationen mit einer hebräischen Wurzel sind der wunderlichsten Art. Dagegen verdient eine kurze Abhandlung von Europaeus ^*',i , obgleich sie ebenfalls eine Menge sprachlicher Gränz- mauern umwirft, ganz besondere Aufmerksamkeit •, er behauptet engere Verwandtschaft zwischen dem Finnisch-Ungarischen und dem Indo-
480) Dol nesso Ario-Semitico. Lettera . . . del professore G. J. Ascoli- Estratto dal Politecnico, Vol. XXI. Milano, Daelli 1864, 32 S. gr. 8. — Lettera seconda. Estr. dal Polit. Vol. XXII. Ebend. 1864 e;r. 8. Vgl. Ewald in Gott. gel. Anz. 1866 St. 40 p. 1598 f.
81) Studj ärio-semitici di Graziadio Isaia Ascoli. Reale Istituto lombardo di scienze e lettere. Rendiconti. Classe di lettere Vol. II (Milano 1865 gr. 8.) p. 85 — 90, 213 f.; dann: Articolo 2do, letto alla classe di lettere e scienze morali (del R. Istituto Lomb.) , nella tornata del 6 luglio 1865, 13 — 36 S. 4. Ueber letzteres vgl Benfey in Gott. gel. Anz. 1866 St. 8 p. 281—293. Vgl. nocli den Brief dos Vfs. an Fleischer in Z. d. D. M. G. XX (1866) p. 433 f.
82^) The primitives of the Greek tongue, compared with the Hebrew roots . . . Translated from the french of the Messieurs of Port Royal , by T. Nugent. A new editiou'iby the Rev. J. Prosser. London, Macintosh 1866, 8. (4 sh. 6 d.). Vgl. Athenaeum 1866 Jan. 13 p. 52, Public opinion 1866 Febr. 3 p. 120.
83) Afi'inity of the Hebrew and Greek languages. By J. Strong, Methodist Quarterly Review (New- York) 1865 July, Art. 7.
83a) Hebreu primitif : formation des lettres ou chiffres, signes du zodiaque et racines hebraiques , avec leurs derives dans les langues de l'Orient et da l'Europe. Par Adolphe Letlderry-Barrois. Paris 1867, VIII u. 116 S. 4.
84) Clave harmonica ö demostracion de la unidad de origen de los idiomas, probada por el nümero, valor y significacion de las letras alfabeticas de todos los idiomas , de un modo matematico e infalible , para lo cixal se han consultado las lenguas hebrea, caldea, siriaca, aräbiga, griega, teutönica, latina, como la del sanscrito, chino, quichua, aymarü, huarani, vascuenee, espaiiol, frances, alemän, ingles, italiano, polaeo, portugues, y otras muchas. Por Honorio Mossi de Cambiono. 2a edicion publicada por Fr. Oarcia Gutierre::. Madrid 1864, 138 S. 8.
85) Einige Andeutungen zur Erklärung des hebr. Wortes 5N (ab) von Joli. Nowotny. Hoyerswerda, Erbe in Comm. 1864, 87 S. gr. 8. (n. 20 Ngr.) Vgl. Ewald in Gott. gel. Anz. 1865 St. 3 p. 120 und Stein in Eos II (1866) 3 p. 454 f.
86) Vorläufiger Entwurf über den ürstamm der indoeuropäischen Sprach- familie und seine vor-indoeuropäischen Abzweigungen, namentlich die finnisch- ungarische. Von D. E. D. Europaeus. Helsingfors (Leipzig, Brockhaus Sort.), 1863, 24 S gr. 8. mit 2 Tabb. und 1 xylogr. Taf. (n. 1 ^. 2 Ngr.).
1 38 Wfssenschaßl. Jahresbericht für 1862—1867.
europäischen und will gefunden haben, dass die wurzelhaften Bestand- theile des erstem zu acht bis neun Zehnteln mit denen des anderen zusammenfielen. Einen anderen, sprachwissenschaftlich folgereichen Zusammenhang findet de Ckormcey^^'^) zwischen dem Baskischen und den Uralischen Sprachen : nicht zum ersten Male, denn bereits 1818 war eine ähnliche Ansicht Chr. Gottl. Arndts bekannt worden und ähnliches hatte dann 1854 Max Müller mit natürlich tieferer Erkenntniss und feiner in seiner 'Letter on the Classification ol the Turanian languages' ausgesprochen. Für so isolierte Sprachen sind die genealogischen Zusammenhänge, welche durch keine principiellen Annäherungen ersetzt werden können, ausserordentlich schwer bei dem Fehlen aller Mittelglieder nachzuweisen.
Das geschichtliche Vorhandensein solcher und zwar besonders zahlreicher Mittelglieder hat von Anfang die Grösse und Stärke der indogermanischen Sprachvergleichung gemacht , über deren Bedeutung, Methode, Fortschritte und letzte Ergebnisse je nach ihrem Standpunkte und sachlicher Erfahrung Semmii] s^), Pont^^), Schenkl^^), Opppvf.^^), Breal^^) und der schon genannte Dioight gesprochen haben. Unter diesen wenig umfangreichen Schrif- ten ist die von Schenkl beachtenswerth, weil sie sich die von Georg Curtius bereits vor mehr als zwanzig Jahren behandelte leider nicht
487) La langue basque et les idiomes de l'Oural. Par H. de Charencey. 1er fasc. Structure prammaticale et deelinaisons. 2e fasc. Declinaison et com- paiaison avec divers idiomes. Paris, Challamel 1862 66, 1 — 56 u. 57 — 148 S. 8. Vgl. dazu : Sur la langue Basque et ses affinites avee les idiomes de rOural. Par Tabbe Inrhauspe. Annales de pbilos. ehret. 1866 juület.
88) Die Sanskrit- Studien und der Japhetismus. Von Herrn. Semmig. I. Das S. und die neue Aera der Wissenschaften, Mag. f. d. Lit. d. Aus!. 1865 No. 18 p. 240 f.; II. Breal über das Sanskrit u. die vergl. Sprach- wissenschaft, ebend. No. 19 p. 256 f.
89) Memoire sur les resultats les plus recents des langues comparees, lu au Congres scientitique de Reuen ('1865) par l'abbe Pont. Annecy, Impr. Bürdet 1866, 23 S. 8.
90) Werth der Sprachvergleichung für die classische Philologie. Eine An- trittsvorlesung .... von Karl Schenkl. Graz, Leuscher u. Lubensky 1864, 24 S. gr. 8. (V4 •^•)- '^'gl- Lit- Centralbl. 1864 no. 51 p. 1231 f. und Joh. Schmidt in Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XV. Heft 3 (1866) p. 228 f.
91) E.xtrait du discours prononce k l'ouverture du cours de philologie comparee des langues indo-curopdennes ä la Bibliotheque imperiale de Paris, le 29 dec. 1864, par Jules Oppert, Institut Sect. 11, 1865 Acut p. 100—104.
92) De'la methode comparative dans l'^tude des langues par M. Michel Breal, Revue des cours litteraires 1865 No. 2 Art. 2, No. 3 Art. 2; und besonders abgedruckt unter d. T. : De la methode comparative appliquee k l'etude des langues. Le^on d'ouvertnre du cours de grammaire comparee au College de France par Michel Brdal. Paris, Baillicre 1865, 23 S. 8. Vgl. Joh. Schmidt in Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XV. Heft 3 (1866) p. 229 f. und Justi im Lit. Centralbl. 1866 No. 42 p. 1094 f. Hieran schlicsst sich von demselben : Introduction k la grammaire comparee des langues indo-europeeune« de Mr. Fr Bopp. Par Michel Breal. Extrait dn Tome I de la trad. francjaise. Paris. Hachcfte 1866, LVII S. gr. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 42 p. 1094 f.
Sprachwissenschaft. Indogermanisch. 139
ganz dankbare Aufgabe stellt, den etwas spröden classischen Philo- logen die vergleichende Sprachwissenschaft näher zu rücken; trefflich sind die geschichtlichen und methodischen Rückblicke Breals; gegen Opperts hier und sonst über den Arianismus geäusserte Ansichten erhebt Wht'inei/^^'^) , einer der feinsten Kenner des Altindischen, fast bittere Einsprache. Wenn auch diese Wissenschaft sogar auf einigen Hauptuniversitäten Deutschlands keine officielle Anerkennung gefunden hat, so zeugt von ihrer thatsächlicheu Anerkennung schon der äusserliche Fortschritt ihres bedeutendsten litterarischen Organs, der von einem ihrer Hauptförderer Adalbert Kuhn herausgegebenen Zeitschrift, von welcher mehr als die Hälfte einer zweiten Decade von Bänden in den letzten Jahren erschienen ist ^*) , in gewohnter Weise begleitet von den 'Beiträgen' 9^). Auch die bereits ^ö») erwähnte Pariser 'Revue de linguistique' beschäftigt sich vorwiegend mit diesem Gebiete. Daneben erscheinen gelegentliche Studien Einzelner, so Friedrich Milllers^^) mit gewohnter Sachkenntuiss und Schärfe geraachte Bemerkungen über das Pronomen der ersten und zweiten Person und über einige Zahlwörter. Das Grundwerk Bopps ist durch ein geschicktes Register von Arendt ^'^) der raschen Benutzung zugänglicher und nun auch durch Breals ^^) treffliche, schon
493) Key and Oppert oil indo-european philology. By W. Whitney^ Journal of the American Oriental Society (1867 Oct.) p. 521— 55i. Vgl. oben no. 357.
94) Zeitschrift fär vergl. Sprachforschung auf dem Gebiete des Deutschen, Griech. u Lateinischen. Herausgegeben von Dr. Ad. Kuhn. Bd. XI — -XVI, 4 Berlin, Dümmler 1862—1867, je VI u. dann 482, 474, 458, 474. 474, 1 289 S. gr. 8. — Gesammtregister zu den ersten zelin Bänden der Zeitschrift etc, Ebeud. 1862, 1^0 S. gr. 8. (IV3 ^ )• Vgl. über Bd. XI u. das Gesammt- register Lit. Centralbl. 1863 no. 3 p. 63 f.
95) Beiträge zur vergl. Sprachforschung auf dem Gebiete der Arischen, Celtischen u. Slawischen Sprachen. Herausgegeben von A. Kuhn u. A. Schleicher. Bd. HI— V, 1 Berlin, Dümmler 1863—67 IV u. 508,^514, 1—144 S. (der Band 4 # ).
95a) Vgl. oben no, 453.
96) Sprachwissenschaftliche Beiträge zur Grammatik der indogermanischen Sprachen, Von Friedr. Müller, Orient u. Occident von H. Benfey I, 4 (1862) p. 735-740, H, 1 (L%2) p 127—132.
97) Ausführliches Sach- u. V\^ortregister zur 2. Aufl. von Franz Bopp's vergl Grammatik des Sanskrit, Send, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen , Altslavischen, Gothischen u. Deutschen. Von Carl Arendt. Ber- lin, Dümmler 1863, XI u. 272 S. gr. 8. (n. 2 ^. ). Vgl. Wiener AUg. Lit.- Ztg. 1864 No. 1 p. 5.
98) Grammaire comparee des langues indo-europeenncs par M. Francois Bopp, traduite sur la deuxiemcj edition et precedee d'une introduction par Michel Breal. T. I. Paris, Impr. imper. 1866, LVII u. 458 S. 8.^^(8 fr.). Vgl. Zotenberg in Revue critique d'hist. et de litt. 1866 No. 29 p. 33 f.; A. Kuhn in seiner Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XVI (1867) Heft 4 p. 315 f.; Journal Asiat. 6ieme serie T. 10 (1867) p. 361 f., wo A. Kuhns Urtheil wiedergegeben ist; A. Weber im Lit. Centralbl. 1866 No. 39 p. 1021 f.; H. Lavoix im Moniteur vom 15 Juli 1867; Revue moderne T. 38 (1866) p. 550 f.; Journal des Savants 1866 Avril p. 269 f.
1 40 Wissenschoftl. Jahreshericld für 1862—1867.
in ihrer äusseren Ausstattung das deutsche Heimatland des Ver- lässers beschämende Bearbeitung ein Eigenthuni Frankreichs geworden. Der Uebersetzer ist so vertraut mit deutscher Sprache und Forschung, dass er überall das Rechte trift't und, wenn er auch die glückliche Entdeckung der hübschen sprachvergleichenden Bemerkungen des Pere Coeurdoux in Pondicheri aus dem J. 1767 macht, ohne alle Eifersucht das Epoche Machende in der Methode und Universalität, das sicher Unterrichtende in der Präcision und Sauberkeit des grossen deutschen Forschers anerkennt. Von der Pflege dieser Studien zeugt ,^ dass das kaum vollendete, ganz anders geartete Lehrbuch ScMeichers'^^^) bald neu aufgelegt werden musste, und von der unermüdlichen Arbeit seines Verfassers, dass diese neue Auflage so vielfach umgearbeitet erschien. Es ist ein Glück für die Wissen- schaft, dass zwei so verschiedenartige Lehrbücher wie das von Bopp und das von Schleicher neben einander wirken , wenn auch das Streben des Letzteren, die Glottik zu einer Natui'wissenschaft zu erheben, hier nicht überall ganz kenntlich zu Tage tritt, es müsste denn in der durch eine grossartige concreto Litteraturkenntniss unterstützten, überall auf exacte Erkenntniss gerichteten Methode liegen , über deren wirklichen Werth die durchgehenden Versuche, die Formen der indogermanischen Ursprache wiederzufinden, nicht täuschen dürfen. Weniger durch principielle als durch äusserlich klare Auffassung zeichnet sich das Werk Eichhojfs ^^^) aus, der bereits seit 1836 diese Wissenschaft pflegt. Wie er das secundäre Französisch unter die verglichenen llauptsprachen von dem Stand- punkte seiner Heimat aus einreiht, so Clarh'^) das Englische in seinem mir nicht näher bekannt gewordenen Handbuche. Neben ihm hat in England Lathain 2) eine klare Uebersicht in der Art
499) Compeiidium der vergleichenden Grammatik der Indo-gennaiiiselien Sprachen. Von Aug. Schleicher. II (Formenlehre). Weimar, Bölilau 1862, .S. 285-764 gr. 8. (.S ^.). Vergl. meinen Bericht für 18.59 bis 1861 No. 86 und Leo Meyer in Gott. gel. Anz. 1863 no. 12 p. 441^ — 461 ; Kuhn in seiner Zeitschrift XV (1866) Heft 4 p. 302-312, Heft 5 p. 397—400; Kathol. Lit.- Ztg. 1862 No. 48. Schon liegt eine wesentlich veränderte neue Ausgabe vor: Gompendium der vergleichenden Grammatik der indo-germanischen Sprachen. Kurzer Abriss einer Laut- und Formenlehre der indogerman. Ursprache , des Altindischen, Alteranischen u. s. w. Von ^«17. Schleicher. 2. bericht. , vej-- mehrte u. theilw. umgearb. Aufl. Weimar, Böhlau 1866, XLVI u. 856 S. gr. 8. rn. b ^. 10 Ngr.).
500) Grammaire g^ndrale indo-europeenne ou Comparaison des langues grecque, latine, francaise , gothique , allemandc, anglaise et russe entre elUs et avcc le Sanscrit : suivie d'Extraits de podsie indiennc. Par F. G. Eichhoff. Paris, Maisonneuve 1867, XHI u. 411 S. 8.(6 fr. 50 c). Vgl. Journ. des Sav. 1868 fevr. p. 125 f.
1) Thomas Clark, Student's liandbook of comparative grammar, applied to the Sanskrit, Zend, Greek, Latin, Gothic, Anglo-Sa.\on, and English languages. London, Longman 1862, 8. (7'/2 sh.).
2; Elements of comparative philology. By M. A. Lalham. London, Walton and Mabcrly 1862, 8. (21 .-sh,).
Sprachwissenschaft. Indof/ermanisch. 141
eines kleinen Mithridates geliefert, Chase^^^) das Englische dem Sans- krit parallelisiert, dagegen Key^) sich in einer nicht zu billigenden Weise skeptisch ausgesprochen : wir sind längst nicht mehr gewohnt, das Sanskrit einfach als Ausgangspunkt zu nehmen. Unter einem nicht ganz zutreffenden Titel versucht Georg Curtms^) eine sehr scharfsinnige und meist annehmbare Periodisierung der Geschichte der indogermanischen Sprachen, welche er in sieben Stufen sich organisieren und ausbilden lässt: am meisten Widerspruch wird der späte Ansatz der Casusbildung erfahren.
Mit Recht ist der Untersuchung der Lautverhältnisse eine ein- gehendere Aufmerksamkeit zugewendet worden : das ist der Punkt, wo sich Naturwissenschaft und Sprachwissenschaft besonders nah berühren. So sucht Dubois-Reymond^), der Vater des berühmten Physiologen, in der Akustik und physiologischen Phonetik die Grundlagen für seine Graphik ; ebenfalls naturwissenschaftliche Ausgangspunkte nehmen Thausing'^) und in noch ausgedehnterem Massstabe MerheV')^ wie von solchen allein Aufklärung über manche lautgeschichtliche Vor- gänge zu erwarten sein wird. Einzelne Laute und Lautclassen haben vorwiegend linguistisch G. Curtius'^)^ Leo Mei/er^^),
503) Sanscrit and eiiglish aualogues. By JP. E. Chase (Proceediugs of the Amencan philosophical Society 1S60 no. Ü3) 115 S. 8.
4) The Sanskrit lauguage, as the basis of linguistic science , and the labours of tlie German school iu that field — are they not overvalued? By T. Hewitt Key , Transactions of the Philological Society 1862 — 63 Part I. (Berlin 1863 gl". 8.) p. 113-160, und auch besonders abgedruclct: London, Nutt 1863, 8. Vergl.The Reader 1863 no. 47 p. 598 f.
5) Zur Chronologie der indogermauischeu Sprachforschung. Von Georg Curtlus. (Aus den Abhh. der k. sächs. Ges. der Wiss.). Leipzig, Hirzel 1867, 77 S.4. (u. 20 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 34 p. 939 f.; Steiuthal in der Zeitschrift für Völkerpsycliol. V (1868) p. 340 — 348; Revue critique d'hist. et de litt. 1867 No. 44 und C. Giussani in Rivista Orientale 1 (Firenze 1868, 8.) p. 1160-72, 1265- 84.
6) Kadmus oder allgemeine Alphabetik vom physikalischen, physiologischen u. graphischen Standpunkt. Von F. II. Dubois-Reymoncl. Berlin , Dümmler 1862, XXI u. 289 S. gr. 8. (2 ^.). Vgl. Brockhaus' Centralanz. 1862 p. 87.
7) Das natiirl. Lautsystem der menschl. Sprachen. Mit Bezug auf Brücke's Physiologie u. Systematik der Sprachlaute. Von Mor. Thausing. Leipzig, Engelmann 1863, XII u. 130 S, gr. 8. (24 ngr.).
8) Physiologie der menschlichen Sprache [physiologische Laletik]. ^'on Dr. C. L. Merl-el, Prof. Leipzig, O. Wigand 1866, VIII u. 444 S. gr. 8. Mit eingedr. Holzschn., 10 lith. Taflf. u. 7 Noten- und Sprachlauttabb. (n. 2 ^. 20 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 41 p. 1142 f. und Ch. Thurot in Revue critique d'hist. et de litt. 1867 No. 25 p. 385 f.
9) Uebcr die Spaltung des A-Lautes im Griech. u. Latein, mit V'er- gleichung der übrigen europ. Glieder des indo german. Sprachstammes. Von G. C'urtius, Berichte Über die Verhh. der Kgl. Sächs. Gesellschaft d. Wiss. Philol.-histor. Cl. 1864 I, p. 9—42.
10) Die Kehllaute der gothischen Sprache in ihrem Verhältniss zu denen das Altindischen, Griechischen u. Lateinischen. Von Leo Meyer, Orient u. Occident von Th. Benfey I. Heft 3 (1861) p. 514—530, Heft 4 (1862) p. 611—625, Bd. II Heft 1 (1862) p. 75-90, Heft 4 (1863) p. 269-293.
142 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
Czei-maJx^^^), Ascoli^-) und BicJx'eU^^) untersucht; dem letzteren wird man beipflichten müssen, wenn er aus einigen immerhin sehr seltenen sicheren Beispielen das ursprüngliche Vorhandensein einer indo- germanischen labialen Media statuiert.
Diesen Forschungen laufen die durch praktische Bedürfnisse wissenschaftlicher Uniformierung und internationaler Bequemlichkeit (besonders bei der jMissionsthätigkeit) immer neu belebten Versuche einer allgemeinen Lautdarstellung d. h. Schrift parallel welche ohne sorgfältige Beobachtung der concreteu Laut- und Schrift- geschichte in Abenteuerlichkeiten ausarten müssen. Daher nimmt das von einem Meister der Paläographie und Linguistik aufgestellte System, das allgemeine Alphabet von Lejysms ^'^) in der langen Reihe dieser Versuche die erste und höchste Stelle ein, zu welchem der Verfasser mit W/iüne// ^^) beachtenswerthe Bemerkungen gegeben und durch welclies er das mit dem Volney'schen Preise gekrönte, jetzt uns vollständig dargelegte allgemeine Alphabet Sohle ierrnachers^^') von 1855 überholt hat. Unter den semitischen Schwierigkeiten bei einer solchen Umschreibung, mit denen sich Miniscalchi-Erizzo ^') eingehender beschäftigt, ist die hauptsächlichste die Darstellung des 'Ayin, das ein voller Consonant ist und selbst mit Verdoppelung des Spiritus lenis nicht ausreichend bezeichnet, auch so von dem anders wiedergegebenen Ghayin graphisch zu weit entfernt ist : die Wiederaufnahme des arabischen Zeichens selbst in Olshausens hebräischer Grammatik ist zwar unschön, jedoch charakteristischer. Indess Lepsius bei der Aufstellung seines Systems fast gleichmässig
511) Ueber den Spiritus asper und lenis, und über die Flüsterstimme, nebst Bemerkungen zur phonetischen Transscriptiou der Kehlkopflaute. Von Prof. Joh. Czermah. (Aus d. Sitzungsberichten der k. Ak. der Wiss.). Wien, Gerold's Sohn in Comm. 1866, 19 S. gr. 8. (3 Ngr.\
12) Die entstehung der skr. tenuis palatalaspirate. Von Q. J. Ascoli, Kuhn's Zeitschrift f. vgl. Sprachf. XVI (1867) p. 442 449.
13) Ueber das Vorhandensein einer ursprünglichen labialen media im indogermanischen, von Dr. G. Bickell. Zeitsclir. für vergl. Sprachforschung von Kuhn XIV (1865) Heft 6 p. 425— 4.34.
14) Standard aiphabet for reducing unwritten languages and foreign graphic Systems to a uniform orthography in european lettres by C. R. Lepsius. Recomniended for adoption by the Church Missionary Society. 2ndedition. London, Williamsand Norgatc: Berlin, Hertz l«63,XVIlu.3l5S. gr. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1864 nr. 5 p. 107 ; Michaelis in seiner Zeitsclir. f. Stenogr. 1863 nr. 5; Westminster Review 1864 April p. .587; Fr. Müller im Orient und Occident von Benfey II (1864) p. 763.
15 1 On Lepsius" Standard Alphabet: a letter of cxplanations from Prof. Lepsius , with notes by W. D. Withney, Journal of the American Or, Soc. Vol. VIII, 2 (1866; p. 33.J— 373.
16) Das harmonische oder allgemeine Alphabet zur Transscription fremder Schriftsysteme in lateinischer Schrift, zunächst in seiner Anwendung auf die slavischen u. semitischen Sprachen , von dem im J. 1H58 verstorbenen grossh. Hess. GRath Dr. A. A. E. Schleiermacher. Unveränd. Abdruck des von dem Vf. hinterlassenen Ms. Darmstadt , Jnnghans 1864, XXII u. 568 S. kl. 4. (8 ^ j. Vgl. Justi im Lit. Centralbl. 1865 nr. 13 p. 355 f.
17) Sistema generale di trascrizionc. Da Francesco Miniscalchi-Erizzo, Rivista Orientale 1 'Firenzc 1867, 8.) p. 293—358.
Schrift. ■ 2^2
physiologisch und sprachgeschichtlich zu Werkegeht, verfährtÄ-Mc/ce-'^is) durchaus naturwissenschaltlich und stellt nach seinen höchst scharf- sinnigen Beobachtungen ein neues künstliches , selbst am Dialekt der Oesterreicher sich vollkommen bewährendes Universalalphabet mit sorgsam erfundenen Zeichen auf. Ganz andere Grundlagen und auch Absichten haben die übrigen Graphiker, wie sie neben den Glottikern heissen mögen. Sinibaldo de Mas ^'^), ehedem spanischer Gesandter in China, versucht eine Universalzeichensprachc für alle Sprachen , ähnlich Hunkele ^''j. Das Wesen der Lautschrift sucht in praktisch-lichtvoller Weise Pawxb 21) darzustellen; die allgemeinen geschichtlichen Verhältnisse höht Schacht ^^') hervor; eine wichtige, nach einem vorläufigen Referat sehr bedeutsam werdende Special- untersuchung über die Schriltsysteme der Arier haben wir von Thomas 22) zu erwarten, welcher über dies Thema in der Londoner Asiatischen Gesellschaft am 9. April 1866 gelesen hat.
Die Verbindung der Laute zu Wurzeln ist ihrem semasio- logischen Wcrthe nach durchaus dunkel. Beispiele des überraschenden deutlichen Auseinandergehens zeigen die von Pott-"-) zusammen- gestellten Bezeichnungen für Himmel, Gott, Donner u. s. w. und noch mehr sein grossartig umfassendes Wurzelwörterbuch 24) „,it seinem Reichthum von geisvtollen Combinationen und fast tropisch überwuchernden Nebenbemerkungen, in deren labyrinthischen Seiten-
518) lieber eine neue Methode der phonetischen Transcription. Von E. Brücke. Mit* 1 Tafel, Sitzungsberichte der kais. Ak. der Wis. zu Wien' Bd. XLI (1863) p. 223—285.
19) L'ideographie. Ecrit par Don Sinibaldo de 3Ias. Paris, Duprat; leipzig, Brockhaus 1863, 193 S. 8. (3 ^.\ Vgl. Grenzboten 1863 no 49 p. 4U0; Lit. Centralbl. 1864 nr. 6 p. 142 f. '
20) Scriptura universalis. Versuch einer lautgetreuen und kurzen gemeiu- samen Schrift für alle Völker von Joseph Hunkele. Paderborn, Schöningh in Comm. 1866, 32 S. 8. Text mit 25 lithogr. TfT. (15 ngr.). Vgl. Lit Cen- tralbl. 1866 Nr. 20 p. 540.
21) Das Wesen der Lautschrift. Zur Begrüssung der XV. allgemeinen deutschen Lehrerversammlung zu Leipzig von Dr. K. Panitz. Weimar, Böhlau 1865, Vm u. 40 S. 8. Vgl. Th. Benfey in Gott. gel. Anz. 1865 St 36 p' 1433—39; Allg. deutsche Lehrerztg. 1865 no. 39.
21a) üeber den Ursprung der Schrift und deren orthographische Ver- wendung, besonders im Deutschen. Von Dir. Ludw. Schacht. Elberfeld fProsr der Realschule) 1867, 4. V 8 •
22) 'On the adapted alphabets of the Arian races' vgl. den kurzen Aus- zug im Reader 1866 Nr. 172 p. 378.
23j Ueber Mannichfaltigkeit des sprachlichen Ausdrucks nach Laut und BegrifT. Von Fott, Lazarus' und Steinthals Zeitschr. f. Völkerpsych in ri865) P. 195-215, 438 359. ^ '
24) Etymologische Forschungen auf dem Gebiete der indogermanischen
Sprachen, unter Berücksichtigung ihrer Hauptformen Von A. Fr. Pott.
2. Aua. in völlig neuer Umarbeitung. 2. Theil. 2. Abth. Auch m. d. T.: Wurzelwörterbuch. 1. Band: Wurzeln mit vokalischem Ausgange. Lemgo u. Detmold. Meyer 1867, XII u. 1379 S. gr. 8. (n. 6 ^>. 20 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl., 1867 No. 48 p. 1332 f.; Steinthal in der Zeitschrift für Völkerpsychol. V. (1868) p. 359—364, und M. Haug in Augsb. All. Ztg. 1867 no. 319 Beilage. Ueber die vorangehenden Bände vgl. meinen Bericht für 1859 bis 1861 no.84 u. 85.
144
Wisscnsrhafd. Jahresherich t- für 1 ^62 — 1867.
wegen sich ab und zu verirrt zu haben selbst auch den nur zu kurzem Besuch eintretenden Leser kaum unwillig machen wird, da diesen Riesenbau überall die festen Säulen einer colossalen Gelehrsam- keit tragen und in jeden Winkel das blitzende Licht des Witzes und Humors fällt. Denn wir dürfen uns durch den Titel 'Wörterbuch' nicht täuschen lassen: ein so bequemes Buch haben wir nicht vor uns, sondern eine nicht sehr schematisch angelegte Schatzkammer, in der es sich aber verlohnt, heimisch zu werden. Der vorliegende erste Band des eigentlichen Wurzelwörterbuchs, dem die im vorigen Bericht erwähnte grundlegende Einleitung vorangegangen war, enthält die vocalisch auslautenden Wurzeln, von deren 357 Nummern einzelne nur zwei Zeilen, andere dagegen, wie z. B. sthä 50 und mehr Seiten einnehmen-, nach diesem Maassstabc dürfen^ für die cousonantisch auslautenden Wurzeln noch zwei ähnliche Bände er- wartet werden. Eine einzelne wichtige Wurzel hat Joh. Schmidt"^-'') nach ihrer mannigfachen Umbildung, unterstützt von einer bedeu- tenden Kenntniss der slavischcn Sprachen, verfolgt. Von den Laut- verhältnissen, welche mit den Um- und Weiterbildungen der Wurzeln, Wörter und Wortformen zusammenhängen, hat Po« ^o) die Gemi- nation und lieduplication in seiner reichlich und anregend belehrenden, frischen Weise behandelt, mit welcher Untersuchung sich eine von Haus aus auf ein engeres Gebiet beschränkte Arbeit Greins =^^) mehrfach und zwar glücklich berührt. In ausgedehnter Weise erörtert de Marie ^% der an die linguistische Identität der Semiten
525) Die Wurzel AK im Indogermauischen. Von Dr. Joh. Schmidt. Mit einem Vorwort von Äug. Schleicher. Weimar, Böhlau 1865, ^ u.^ 'JO S gr 8 (n 16Ngr.). Vgl. Th. Bciifey in Oött. gel. Anz. 1865 St. o5 p. ld<b— Jl und Kuhn in seiner Zeitschr. XV Heft 6 (1866) p. 448 f. . , ■ ,
26) Doppelung (Reduplikation , Gemination) als eines der wiclitigsten Bildungsmittcl der Spraehe, beleuchtet aussprachen aller Wcltthe.le von .1. Fr Pott. Lemgo & Detmold, Meyer iai;2 , VI u. 8U4 S. gr. b. (n. 2 J^. ). Vgl" Th. Bcnfey in Gott. gel. An.. 1863 nr. 18 p. 703-714; Steint hal.n Zeitschr. f. Völkerpsychol. lll Heft 2(1865) p. 245-248; Kathol Lit-Ztg. 1862 No. 47; The Keader 1863 nr. 1 p. 13 f. (von Th. Goldstucker)
27) Ablaut, lieduplication u. secundäre Wurzeln der starken Verba im Deutschen nebst einem Excurs über die Verba don und iddja. Eine sprach- geschichtliche Untersuchung mit aiphabet. Wortregister von 6 ^;./'J. ^J'" ' Cassel u. Göttingen, Wigand 1862, 76 S. 8. (20 ^gr-)- Jj,'!- ^^- ^^f'^') 1862 nr 23 p. 4(;4 f.; Leo Meyer in Giitt. gel. Anz. 1862 nr. 6Ö p. i^ö.' r-
28) Ursprung u. Entwicklung der Lautverschiebung im Germanischen, Armenischen n. Ossetischen. Eine gründliche Darlegung ihrer inneren Berech- tigung resp. Nothwendigkeit, aller in ihnen zur Geltung gekommenen Pnnc.pien u der Hauptursaehen, welche; ihre Ausnahmen bedingt haben , ferner des Verhältnisses dieser systematischen Lautverschiebungen zu den ihnen nahe- stehenden durch vocalischen Einfluss ''«rbeigf '»'«-ton I^autwaiidlungen m den übrigen urverwandten Sprachen von ./. H. A. de Marie. [Separat-Abd.uck aus einem u. d. T. „Ursprung und Entwickelung der s. g. indoeuropäischen u. semitischen Sprachen in B...griir u. Laut" späterhin erscheinenden grosseren Werke desselben Vfs.] Hamm, Selbstverl. des Vfs.; Leipzig •■' ^/"l«^' ^" Kud. Hartmann 1863, 74 S. gr. 8. (16 ngr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 No. 6 p. 136 f. (Vgl. oben no. 477).
SpraihfjcseldchtUcheH. 145
niid Iiidügermaneii glaubt, das Gesetz der Lautverschiebung über das ihr natürliche Gebiet des Germanischen hinaus bis ins Armenische und Ossetische: er findet den Grund dieser Erscheinung in der durch vocalische Nachbarschaft bedingten Aspiration und Erweichung der Consonanteu. Einen speciellen formell wie lexicalisch bedeut- samen Lautwandel von ursprünglichem fra bis zu lat. ver und Verwandtes untersucht mit der Vielseitigkeit seiner Sprachstudien
Das Wesen des Wortes hat Breal ^^) lichtvoll skizziert, die schwierige Frage der lautlichen Difterenziierung nach Nomen und Verbum in einer der Feststellung von Kategonen wenig geneigten, auf gewisse empirische Momente aber um so aufmerksameren Weise beantwortet, indem er die Unterscheidung dieser beiden Wortarten nicht als ein allgemeines, der Sprache als solcher zukommendes anerkennt. Noch concretere Untersuchungen fordern die einzelnen Plexions Verhältnisse heraus. Einen klaren U eberblick gewährt Steiizler^^)-^ in einer noch fortzusetzenden Untersuchung über die Casus hat de Cavx de Saint Aipnour ^^) zunächst den Nominativ betrachtet. Die sehr einfache A-Declination, welche auf eine ältere Vorstufe mit Nasal zurückgeführt wird, gibt Ludwig '^^) Gelegenheit zu einer scharfsinnigen Untersuchung verschiedener Fiexionssufhxe. limine interessante Darstellung des Verfahrens, wie die Sprachen ab- sterbende Organe durch Belastung der überlebenden mit den Func- tionen jener zu ersetzen suchen, gibt Delhrück^^) in seiner Schrift
529) Le Figure italiche del deiivatore Ariano di uomi d'iiistrumento per G. J. Ascoli, Firenze, Tipogr. Fodiatti iHil , '60 S. gr. 8.
30) De la Forme et de la Fonction des mots. Le9on faite au College de France pour la reouverture du cours de grammaire comparee par Michel Breal. Paris, Franck. 1866, 22 S. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 13 p. 354 f.; A. De Gubernatis in Rivista Orientale 1 (Firenze 1867, 8.) p. 38 f.
31) Die Unterscheidung von Nomen und Verbum in der lautlichen Form. Von Au(i. SMeicher. (Aus d. Abhh. der k. Gesellschaft der Wiss.) Leipzig, Hirzel 186.''), 91 S. gr. 8 {'2.i ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1865 No. 26 p. ^m f. und Steinthal in Zeitsehr. f. Völkerpsychol. UI Heft 4 (1865) p. 497—506.
32) Ueber die verschiedenen Conjugatioueu u. Decliuationen in den indo- german S])rachen , bes. im Lateinischen von Stenzler, Abhh. der schles. Ge- sellschaft für vaterl. Cultur. Philos.-histor. Abhh. 1864 Heft 1. (Breslau, Max 1864 gr. 8.) p. 78 87.
33) Sur la declinaison indo-europeenue et sur la declinaison des langues classiques en particulier. Par A. de C'aix de Saint Aymour , Eevue de lin- guistique et de philologie comparee T. I, fasc. 1 (1867 Juillet).
34; Die Entstehung der A-Declination und die Zurückführung ihrer Ele- mente auf das ihr zu Grunde liegende Pronomen zugleich mit der Darstellung des Verhältnisses der A-Nomina zu den derivierteu Verbalformen. Ein Beitrag zur Geschichte der Vv^ortbildung im Indogermanischen von A. Ludwig. (Aus d. Sitzungsberichten der k. Ak. d. Wiss.) Wien, Gerold's Sohn in Comm. 1867, 64 S. gr. 8 (10 Ngr.). Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 49 p. 1365 f.
35) Ablativus localis Instrumentalis im Altindischen, Lateinischen, Grie- chischen und Deutscheu. Ein Beitrag zur vergl, syntax der indogermanischen sprachen von Dr. Berth. Delbrück. Berlin, F. Diimmler 1867, IV u. 80 S. gr. 8. (u. 15 Ngr.). Vgl. F. Müller in Zeitschrift f. d. oesterr. Gymn. XIX, Jahiesbenclit löü;i— (W- 10
146 Wissenschaftl. J ahreshericht für 18(32 1867.
Über deu Ablativ und die von ihm absorbierten älteren Casusformen; auch die späterbin beim Kigveda zu erwähnende Untersuchung des vedischen Dativ gehört hierher. Die von Pott nach ihren Bildungs- gesetzeu bereits 1847 untersuchten Zahlwörter sehr mannigtältiger Sprachen hat derselbe einer erneuten Betrachtung mit besonderer Rücksicht auf die Sprachengenealogie Europas unterworfen ^'^^), riesenhaft gelehrt und zugleich scharfsinnig wie er pÜegt; auf einige rätbselhafte Momente in dieser Wortclasse macht Himly ^'') aphoristisch aufmerksam. Die Erkenntniss des Verbum ist mehr- fach gefördert worden. Einen Theil seiner Flexionssuffixe bespricht mit gewohnter Schärfe Benfey ^^) ; das Augment , welches Bopp als den Rest eines Demonstrativs augesehn, deutet Davis^^) aus einer Wurzel 'ay' für 'gehen' ; das Futur untersucht Hirzel '^^) und weit über sein slaviscbes Gebiet mit grossem Blick hinausgehend Miclosich^^) die Verba impersonalia. Daneben sei Schoebel's^'^) kurze Betrachtung über das Verbum substantivura eben nur genannt. I.exikalische Arbeiten laufen meistens Gefahr, lediglich praktisch übersichtliche und handliche Sammlungen zu werden, und haben auch meist diese Aufgabe : nicht einmal die Wörterbücher der s. g. classischen Philologie sind, was die natürlichste wissenschaftliche Forderung wäre, etymologisch geordnet. Als einen kühnen etymo-
4 (1868 April) p. 284 f.; Lit. Centralbl. 1867 No. 47 p. 1305 f.; Schweizei- Sidler in Kuhns Zeitschr, f. vgl. sprachf. XVII. 4 (1868) p. 301 f. und Leskien in Gott. gel. Anz. 1868 St. 12 p. 475—480 ; Zeitschr. f. d. Gymnasialw. N, F. II, 11 (1868 Nov.) p. 814—820; Thurot in Kevue critique d'hist. et de litt. 1869 no. 8.
.536) Die Sprachverschiedenheit in Europa an den Zalwörtern nachgewiesen sowie die quinäre und vigesiniale Zälmethode. Von Prof. Dr. Aug. Fried, Pott, in: Festgabe zur XXV. Versammlung deutscher Philologen, Orientalisten u. Schulmänner (Halle, Buchh. des VVaisenh. 1867) und auch besonders, ebend. 186.", 109 S. gr. 8. (n. 20 Sgr.). Vgl. Mag. f. d.Lit. des Ausl. 1868 uo. 9 p. 136; A. De Gubernatis in Rivista Orientale I (Firenze 1868 gr. 8.) p. 1150—60. 37} Einige rätbselhafte Zahlwörter. Von K. Himly, Z. d. D. M. G. XVIII (1864) p. 292—294.
38) Ueber einige Pluralbildungen des indogermanischen Verbums. Von Theod. Benfey. (Aus den Abhh. dei kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, Bd. 13.) Göttingen , Dieterich 1867, 48 S. 4. (16 Ngr.) vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 38 p. 1054 f.
39) On the temporal augment in Sanskrit and Greek. By John Davis. Hertfort, printed by St. Austin (1864 od. 65) 36 S. 8. Vgl. Tli. Benfey in Göt. gel. Anz. 1865 St. 26 p. IHOl— 11 und Joh. Schmidt in Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XV Heft 3 (1866) p. 23 1 f.
4U) Zum Futurum im indogermanischen, von Dr. Ludwig Hirzel, Zeit- schrift f. vergl. .Sprachw. XIII i 1864) p. 2lö — 222.
41) Die Veilia Impersonalia im Slavischen. Von Dr. Franz Miclosich. Aus den Denkschriften der philos.-hi^tor. Gl. der K.iis. Ak. der Wiss. Bd. XIV p. Ut9— 244). Wien, K K. Hof.- u. Staatsdruckerei 1865, 48 S. 4. Vgl. die wichtige |{ecei.sion Th. Benfey's in Gott, gel, Auz. 1865 St. 45 \i. 1778— 9.^, Lit. Centralbl. 1866 No. 9 p. 220.
42j Etüde sur le verbe etre. Par <'. S<'lioehel. Ai-tc!s de la Societ^ d'ethuf.graphie No. 8 '1862) p. Ili6 iT
Culturyesch iddUches. \ 47
logischen Versuch trage ich hier aus dem J. 1860 Drouin' s^^^ ) Wörterbuch uach, das Indogermanisches und Semitisches zu vermitteln unternimmt. Willkommener sind Erörterungen beschränkter Wort- gruppen, wie Spieyel^^) mit besonnenen Vergleichungeu hie, haecö, hikväo; vehrka, raopis: gurba; gadhwö; har, haurv, haurva; nap, napti ; hakha zugleich mit den arischen Correspondenzen bespricht \ noch interessanter werden solche Zusammenstellungen , wenn man sie nach Kuhns Vorgange mit Rücksicht auf bestimmte in den Sprachen niedergelegte Ideenkreise und Culturmoniente versucht; so gibt Pauli '^'•') ansprechend die indogermanischen Bezeichnungen der Körpertheile und umfassender, daher anziehender Kneisel^^) ein Gesammtculturbild des arischen Urvolks.
Damit berühren wir das letzte Gebiet unserer allgemeinen, das Gesammt-Orientalische und das mit ihm in Zusammenhang gesetzte Occideutalische berührenden Betrachtung : die orientalische C u 1 1 u r - geschichte mit ihren besonderen bisweilen bis in das fernste Abendland hineinreichenden Lebensrichtungen. Das Gefühl, dass Orient und Occideut getrennte oder trennbare Bildungskreise seien, ist längst theoretisch und praktisch aufgehoben. Die Dichtung fährt fort, Motive aus dem Morgenlande zu holen: de Chatelain ^^^)^ ein gewandter Uebersetzer auch deutscher und englischer Poesien, und der Novellist Wells'^'^) gründen zum Theil ihre Conceptionen und auch die Ausführung auf solche Entlehnung aus dieser Fremde. Den europäischen Sprachen ist die Einwirkung des Orients, besonders des muhammedanischen , in der bestimmtesten Weise aufgeprägt; Dozy ^^) verzeichnet mit musterhafter Sorgfalt und Gründlichkeit die von dort gekommenen Fremdwörter seiner Muttersprache, und in vager, dem Geschichtlichen nicht immer ernste Rechnung tragenden
543) IHctionuaire compare des langues t'rau^aise, italieniie, espagnole, latine, allemande, anglaise, grecque, hebraique et arabe, ramenees ä leur unite primitive «;t naturelle. Par K. A. Drouin, membre de la Soc. asiat. Paris lö6U, XL u. 460 S. gr. 8.
44) Varia. Von Fr. Spiegel, Zeitschr. für vergl. Sprachf. von Kuhn XIII (1864) p. 364 - 372.
45) Ueber die Benennung der Körpertheile bei den Indogermanen. Eine populäre Darstellung von dem ord. Lehrer Dr. Carl Pauli. Stettin (Progr. der Fr.-Wilh.-Schule) 1867, 21) S. 4.
46) Kulturzustand der indogermanischen Völker vor ihrer Trennung. Von Dr. Bruno Kneüel. Naumburg a. S. (Gymn.-Progr.) 1867, 24 S. 4.
46a) Perles d Orient par le chevalier De Chatelaln. Londres 1864 pl. 8.
47) Mehemet the Kurd ; and other tales from easteru sources by Charlea Weih. London, Bell & Daldy 1866, VII u. 184 S. 8. (5 sh.) Vgl. Athenaeum 1866 Jan. 6 p. 17 f.
48) Oosterlingen. Verklärende lijst der uederlandsche woorden die uit het Arabisch, Hebreeuwscli, Chaldeeuwsch , Perzisch eu Turksch afkomstig siju. Door 7?. Dozy. s'Gravenhage , Leiden, Arnhem: Nijhoff, Sijthoff, Thieme 1867, VIII u. 97 S. 8. (1 fl. 25 c). Vgl. Zotenberg in Revue critique d'hist. et de litt. 1867 No. IG p. 241 f.
10*
148 Wlssenschoftl. Jahresbericht für 1S62—18&1.
Weise Pihan^^^) die gleichen Bestandtheile des französischen Sprach- schatzes , wozu Defremery wichtige Nachträge und Verbesserungen zu liefern hatte. Die grosse pariser Ausstellung von 18(57 konnte dem Orient gradezu in ihrer Gliederung eine feste Stelle anweisen ^o). Es ist weniger das Staatsleben, was hier zu Vergleichen und Unter- suchungen einladet: ein solches Moment behandelt eine kleine von Neuem aufgelegte Studie Fitz Gerald's'^'^):, anlockender sind die unmittelbaren mit dem Seelenleben zusammenhängenden Verhält- nisse der Sitte, des Glaubens, der künstlerischen oder praktischen Thätigkeit. Die Grundlagen des F'amilienlebens kommen in dem merkwürdigen Buche von M'Lennan^'^) zur Besprechung, aus welchem sich z. B. eine überraschend weite Verbreitung der Poly- andrie in Tibet und vielen Himalayagebieten ergibt. In Martin s -^'^ ) umfassend angelegten Werke über die Geschichte des weiblichen Geschlechts lullt der alte Orient den ganzen ersten Band; unselb- ständiger (denn sie beruht zum guten Theil auf Bachofens W^erke), aber nicht ohne Geist ist des jüngeren Gircmd-Teulon^^) Charak- teristik der Stellung der Mutter. Zkishman's^'^') Darstellung des Eherechts bezieht sich durchaus auf moderne und speciell christliche Culturkreise. An Darstellungen der privateren sittlichen Verhältnisse fehlt es, weil die Quellen versagen: ein Stück weitverbreiteten und verderblichen , ziemlich modernen Genusses lehrt Orimaux ^^) näher kennen.
549) Dictionnaire ^tymologique des mots de la langue fraii9aise ddrives de l'Arabe, du Persan, ou du Türe , avec leurs analogues grecs , latins , espagnols, portugais et italiens. Par A. P. Pikan. Paris, Impr. imper. 1866, XX u. 400 S. 8. Vgl. Defremery im Journal Asiat. 6ieme serie T. 10 (1867) p. 179—188.
50j L'Orient et les colonies ä l'Exposition uuiverselle. Par Leon Pastor, L'Orient , L'Algerie et les colonies Je annee { 1867) No. 19 , 20 , 22 — 25, Ile annee (1867) No. 1—3, 6—8; llle annee (1868) No. 2.
51) Easteru and Indian policy, in connexion witli tlie nationalities of Europe. By W. P. Vesey P'üz Gerald. 2nd edition. London , Westerton
1864, 36 S. 8. d sh. .
52) Primitive marriage: an inquriy into the origin of the form of cap- ture in marriage ceremonies. By John F. M''Lennan. Edinburgh, Black
1865, XII u. 326 S. 8. (7 sh. 6 d.) Vgl. Athenaeum 1865 March 18 p. 376 f. und The Reader 1865 March 4 p. 247 f.
53) Histoire de la femme. Sa condition politique, civile, inorale et rcli- gieuse. V&r L. A. Af artin. Antiquite. le partie : Cliine, Inde, Pcrse, Assyrie, Egypte, Palestine. Paris, Didier 1862, VII u. 403 S. 8. (3 fr.). Vgl. West- minster Review 18(32 July p. 245.
54) La mcrc chez certains peuples de l'antiquite par A. Giraud-'Peulon fils. Paris 1867, 66 S. 8.
54a') Das Eherecht der orientalischen Kirche. Von Dr. Jos. Zhiuhtnan. Wien, Braumüller 1863 64, XVI u. 826 S, gr. 8. (n. 6 ^p. : iti vier Lieff. erschienen). Vgl. Kathol. Lit.-Ztg. 1863 No. 17 u. 45; 1864 No. 49 p. 433 f. und Archiv f. kathol. K.Recht 1«65 Heft 5.
55) Du hachisch ou clianvre indien. Par le dr. Ed. Grimaux. Paris, Savy 1865, 55 S, 8. — Vgl.: Ueher den indischen Hanf Haschisch) und seine Verwendung als narkot. Geuussmittel, Ausland 1863 no. 30.
Cu Itnr gesell ich tlich es. 149
Offner liegt der grosse Handelsverkehr vor uns, für welchen zwei bedeutende Stationen der alten Levante uns von Tarbox^^^'') geschildert werden. Die unmittelbar mit ihm zusammenhängenden Münz- und Maasssysteme hat für die Epoche vor Alexander d. Gr. Joh. Brandts '^^) einer höchst bedeutenden Untersuchung unter- zogen; abgesehen von zahlreichen hier zum ersten Male in ihrer Bedeutung erkannten Einzelheiten (zu deren Feststellung zahlreiche Wägungen und Messungen in sauberster Weise vorgenommen wurden) tritt aus diesem Werke zweierlei von weitgreifender Bedeutung hervor; der sexagesimale Charakter des international wichtigen babylonischen Maass- und Gewichtsystemsund die Stellung der klein- asiatischen Griechen zur Entwicklung des Münzwesens, zu dessen Herstellung griechischer Kunstsinn und orientalischer Reichthum sich verbinden zu müssen schienen. Auch in Bouchotte's^'^) Be- merkungen tritt die babylonische Elle culturgeschichtlich hervor ; für die Numismatik ist neben den zerstreuten Bemerkungen von Kara- bacek^'^^) die ausführliche Beschreibung der verschiedenen Münz- typen in Holländisch-Ostindien von Netscher und van der Chijs ^^) hervorzuheben, welche ein sehr mannigfaltiges Bild darbietet. Ein charakteristischer Unterschied trennt orientalische und altgriechische Münzen : dort im Wesentlichen das Streben offiziell beglaubigte Werthe zu bezeichnen •, hier die bestimmteste Neigung , ein kleines Kunstwerk darzustellen.
Die Kunst selbst lässt sich auf dem weiten Gebiete des Orients nur in Aegypten in einer stätigen geschichtlichen Entwicklung beobachten ; sonst begegnen wir im besten Falle nur grossartig fragmentarischem. Daher ist es, was die geschlossene Kunstgeschichte z. B. des alten Griechenlands und des neueren Italiens in ästhetischer Selbstgenügsamkeit bisweilen ohne grösseren Schaden für den ge- schichtlichen Zusammenhang, wenn auch nicht zum Vortheil der strengen Wissenschaft vernachlässigen darf, in der orientalischen
5ö5a) Tyre und Alexandria, the chief commercial cities of Scripture times. By Increase N. Tarbox. Boston 1866, 362 S. 12.
56) Das Münz-. Mass- und GewichtSH'esen in Vorderasien bis auf Alexander den Grossen. Von J. Brandis. Berlin, W. Hertz 1866, XII u. 623 S. gr. 8. (n. 4 S^. 20 Ngr.\ Vgl. E. Curtius in Gott. gel. Anz. 1867 St. 22 p. 850—^64 ; A. V. Gutschmid in v. Sybcls Histor. Zeitschr. XVI (1866) p. 386 f.; Hultsch in Neuen Jahrbb. f. Philol. u. Päd Bd. 95 (1867) p. 513—538; „Erfindung u. älteste Geschichte der Goldmünzen" Ausland 1867 No. 46 p. 1081 — 86; Lit. Ceniralbl 1867 No. 18 p. 497 f. und Waddingtou in Revue critique d'hist. et de litt. 1868 no. 3 p. 33—36.
57) Trois etudes sur des mesures anciennes: le Stade, la coudee baby- lonienne, le pied de carrieres du pays messin. Par Emilie Bouchotte, negociant. Metz, Impr. Blanc 1864, 102 S. 8.
57a) Zur orientalischen Münzkunde von Joseph Karabaceh. (Separatab- druck aus den Wiener Numismat. Monatsheften red. von Egger 1867). 8 S. 8.
58) De munten van Nederlandscb Indie beschreveu en afgebeeld door E. Netscher en Mr. J. A. van der Chijs , in Verhandelingen van het Batav. Geuoütschap van K. in W. Deel XXXI (Batavia , Lange & Co. 1864) X u. 230 S. mit 32 lithogr. TfiF.
150 Wissenschaft! . Jahresbericht fiiv 1862— 1^67.
Kunstgeschichte überall geboten , die cultiu-geschichtlichen Fäden welche die vereinzelt überlieferte künstlerische Thatsache mit der Culturgeschichte , besonders mit der religiösen und technischen verbinden, aufzusuchen. So bezeichnet das tiefsinnige Werk von ScJinaase^'^^), welches in einer neuen Ausgabe erscheint, eine Epoche in der kunsthisturischen Litteratur. Der erste von Co.rl rov Lützoio neu bearbeitete Band umfasst den alten Orient, nämlich die Kunst der Inder , Babylonier , Assyrier , Perser , Phönizier , Juden und Aegypter ; überall ist gewissenhaft auf die neuesten monumentalen Entdeckungen zurückgegangen und (was eben so wichtig ist) das geschichtlich treibende Leben, welches hinter der Fülle der Einzel- heiten wie eine organische Einheit wirkt und sich stets neues adoptierend erweitert oder keine Organe findend abstirbt, für die Beobachtung sicht- bar dargelegt. In Beziehung auf die Reihenfolge der Völker kann man von dem Verfasser abweichen. Eine solche kann bestimmt sein durch die Priorität der künstlerischen Entwickelung oder durch einen in der einen oder der andern Nationalität realisierten Begriff, sei dieser imn die elementare Einfachheit, von der alles gleichsam auszugehen scheint, oder die vollauf entwickelte einheitliche Mannich- faltigkeit, welche alle übrigen Erscheinungsformen als Fragmente von sich subsumiert. Nach keiner dieser Seiten hat die indische Kunst das ihr von Schnaase verliehene Recht, vorauf zu stehen, so dass als zweite Gruppe die Babylonier, Assyrier, Perser, Phönizier und Juden, als dritte die Aegypter folgen : diesen letzten gebührt die erste Stelle. Durch sie wird Babylon und Assyrien begreiflich und von den Eranieru bietet sich zuletzt ein natürlicher Weg nach Indien. Im Uebrigen aber ist auch um seiner allgemeinen Gesichtspunkte willen das schöne, mit den neuesten Entdeckungen unter Carl von Lützow's Beihülfe fortgeschrittene Werk allen orientalischen Special- l)hilologen auf das Angelegentlichste zu empfehlen. Weniger durch die philosophische Energie, welche dieses Werk bis in das kleinste Detail durchdringt , als durch eine sinnige Universalität, welche auch die Poesie und das religiöse Leben in den Kreis ihrer Betrachtung zieht, empfiehlt sich Carrihes^'^) Kunstgeschichte. Auch sie ist
559) Gescliiclite der bildenden Künste von Dr. Carl Sclmcutse. Zweite verb.u. veim. Aufl. I.Bd. Auch m. d. T. : Geschichte der bildenden Künste bei den Alten von Dr. ('arl Schnaase. 2. verb. u. verm. Aufl. I. IJd.: Die Völker des Orients. Unter Mitwirkung des Verfassers bearb. von Dr. Carl von Lützoic. Düsseldorf, Buddeus 1866, XIV u. 492 S. gr. 8. mit 67 eingedr. Holzschn. (2 ^ ). 10^ Die Kunst im Zusammenliang der Cultureutwickelung und die Ideale der Menschheit. Von Äforiz Carriere. 1. Band. Die Anfänge iler Cultur u. das orientalische Alterthum. (Auch m. d. T. : Die. Anfänge der Cultur u. das oriental. Alterthum in Religion, Dichtung u. Kunst). Leipzig, Brockhaus 1863, XXI u. 5f;9 S. gr. 8. (3 ^. ). Vgl. Oesterr. Zcitschr. für Wiss. u. Kunst 1^63, I p. Ii21 f.; Bll. f. litt. Uuterh. 1863 No. 34 p. 613 f.; I>it. Centralbl. 186;i Nr. 21 p. 480; We.^tmin.stcr Review 1864 Jan. p. 302 f. Desgleichen: Band III Ab!h. 1. Das clnistlicl.e Alterthum und der Islam in Dichtung, Kunst und Wissenschaft. Ein Beitrag zur Geschichte des menschl. Geistes. Ebend. l>-68, XIII u. ;;02 S. gr. S. P., i^ V(rl Lit. f:n)itralbl.l86B No.3<^p. 961 f.
Kunst. 151
philosophisch; es ist eine Kunstlelire auf Grund der Philosophie der Geschichte, und der Begrifl' der Menschheit, ihr innerstes Seelenleben, ihr letztes Ideal, dessen Licht prismatisch zerstreut in den einzel- nen Nationallitteraturen und Künsten wiederglänzt, steht in der Mitte des geschmackvoll-idealistischen Ganzen. Der erste Band behandelt die Vorstufen und die Kunstentwickelung des alten Orients : für jene wird sich aus Waitz's Anthropologie der Naturvölker noch mancher neue und fruchtbare Gesichtspunkt gewinnen lassen •, für das Alter- thum der Chinesen, welche aber nicht zwischen Naturvölker und Culturvölker zu setzen sind, der Aegypter, Semiten und Arier gibt er häufig mit künstlischer Anmut und meist mit religiösem Ver- stäüdniss treffende Bilder der Haupterscheinungsformen, soweit die orientalische Philologie dieselben einem Philosophen jetzt schon zu erkennen gestattet. Die alten Eranier hätten eine eingehendere Dar- stellung beanspruchen dürfen. Noch anziehender ist die erste Ab- theilung des dem Mittelalter gewidmeten dritten Bandes; neben die Anfänge der christlichen Cultur ist hier der Islam, zum ersten Mal in seinen verschiedenen Lebensrichtungen zusammengefasst, gestellt. Bei der Besprechung der den Muhanimedanismus betreffenden Litte- ratur wird sich Gelegenheit bieten, des Carriere'schen Werkes noch einmal zu gedenken.
Von den einzelnen Künsten hat die Baukunst in ihrer alt- christlichen Epoche eine eingehende Darstellung durch Texter und Pullan^^^) gefunden : das Byzantinische, auf welches das gemeinschaft- liche Werk des Engländers und des Franzosen vorzugsweise aus- geht, ist hier das culturgeschichtliche Bindeglied zwischen Orient und Occident. In dem Zusammenhang einer allgemeinen Geschichte der Plastik, von Lübcke'^'^) feinsinnig und geschmackvoll ent- worfen, haben in dem ersten Capitel Inder, Aegypter, Assyrer, Ba- bylonier und Perser ihre Stelle gefunden: auch hier begegnen uns die Inder wieder an der ersten Stelle. Mit der decorativen Kunst oder wie wir passender sagen dürfen, mit dem Kunstgewerbe des Orients, wenigstens Westasiens und Nordafrikas konnte den euro- päischen Beschauer unmittelbar die grosse Pariser Ausstellung von 1867 bekannt machen und an Bewunderern hat es nicht gefehlt. Adalhert de Beaumont^^) wagt es sogar, seinem Frankreich den orientalischen Unterricht für die Ornamentik zu empfehlen. Aus
561) Byzaiitine architectiire; illustrated by a series of the carliest Christian edifices in the East. By C Texier and K. P. Pvllav. London, Day and Son 1865 Fol. mit 89 Tfi". {£ 6. 6 sh.~) vgl. Athenaeum 1865 Jan. 21 p. 92 f.
62) Geschichte dor Plastik von den ältesten Zeiten bis auf die Gegen- wart. Von Wilh. Lühcke. Mit 231 (eingedr.) Holzschn. Leipzig, Seemann 1863, XIV und 775 S. gr. 8. (52/3 ^.)
63) Les arts decoratifs en Orient et en France. I. L'architecture persanc. Pra Adalhert de Beaumont, Revue des deux inondes T. LXV iivr. I. (1866, 1. Sept.) p. 5—33 und '1'. 72 Iivr. 1 (1867, 1. Nov.) p. 138—160.
152 Wissenscha/tl. Jahreslericht für 1862— U^(i7.
seiner reichen Quellenforsclmiig, welche bei ihm schon frühzeitig den gewöhnlich einseitig überschätzten Kreis der Bücher über- schritt, hat Beinaud^*''^) eine kleine Notiz über die Kunst der Mosaik bei Byzantinern und Arabern mitgetheilt. Auf das Gränzgebict der Kunst und der Graphik führt eine interessante Untersuchung von Delitzsch^^) über die rothen Tinten im weitesten Sinne. Wie wich- tig solche Beobachtungen auch für kritische Zwecke sein können, beweist z, B. der Umstand, dass das mit Purpur geschriebene Evan- geliarium in Curzons Besitz wol kaiserlich -byzantinischer Abkunft sein wird, weil der Gebrauch dieses Farbstoifs nicht-kaiserlichen Persönlichkeiten verboten war. — Auch die Geschichte der M u s ik im alten Orient ist selbständig betrachtet worden: Engel^^) hat mit Schätzenswerther Sorgfalt zusammengestellt, was die archäologischen Entdeckungen in Assyrien, Babylon und Aegypten und die Nachrichten der Alten ergeben. Natürlich fehlen alle Nachweise über den eigenthümlichen Charakter der Tonsysterae selbst; ich zweifle, dass man dem Verfasser Recht geben darf, wenn er sich Rückschlüsse von den Tonreihen der Chinesen und Indern, weil sie ähnliche mu- sikalische Instrumente wie die genannten altorientalischen Völker gebrauchen, auf diese erlaubt und auch bei diesen von einer 'pen- tatonic scale' redet.
Der bildenden Kunst und der schönen Litteratur gehört gleich- massig ein viel umfassendes aber doch in seinem Detail anziehendes Werk von Thomas Wright^'') über die Geschichte der Karikatur und des Grotesken, das in vielen Stücken an die Schriften unseres alten ehrbaren Flögel erinnert. Selbstverständlich liegt sein Inhalt zum grössten Theil ausserhalb des Orientalischen; aber es verdient hier dennoch eine Erwähnung, weil es mit Aegypten beginnt, dessen Neigung zur Karikatur psychologische Rückschlüsse auf sein inneres Leben gestattet. Es würde sich überhaupt verlohnen, einmal der
564^ L'liistitut, II. Section, T. 27 (1862) p. 86.
65 I Ueber die in alten Hds. verwendeten Farbstoffe. Von Picil'. DelilzHcli, Z. D.-M.-G. XVII p. 673— G81.
66 Music of the most aneicnt nations, particularly of tbc Assyrians, Egyptians and Hebrews ; with special reference to recent discoveries in Western Asia and in Egypt. By Carl Engel. With numerous illustrations. London, Murray 1864 XII und 379 S. 8. (16 sh.). Vgl. Atbenaeum 1865, Jan. 21 p. 80 f., Westminstcr and Foreign Quarteily Review No. 164 (1865 April j vol. 83 p. 617 f. und Tbc Reader 1865 Marcb. 4 p. 264.
67) A bistory of caricature and grotesque in literature and art by Tliomaa Wriffht, M. A. Witb illustrations from various sources by F. W. Fairbolt. London, Virtue 1865, XVI und 494 S. gr. 8. (21 sb.). Französisch: Histoiiv de la caricature et du grotesque dans Ja litterature et dans l'art par Thoniai^ Wi-ifjht. Traduite avec l'apin-obation de l'auteur par Octave SacJiot] cditoc jiar AmCiUe FicJiot; precedee d'une noticc de l'^diteur. Paris, Bureau de bi Revue britanniquc 1866, XXX\' u. 457 S. 8. mit 258 eingedr. Holzscbii. Vgl. Atbenaeum 1865 Jan. 28 p. 119 f.; Quartorly Review 1866 Jan. p. 215 — 250 und 'Ausland' 1865 No. 19 p. 433 436.
Lütcrat'ur. 153
Ausbildung und Behandlung des Koraisclien in den verschiedenen orientalischen Litteraturen und Künsten nachzugehen und seinen Gegensatz zu den hieratischen Grundrichtungen zu erklären.
Die Litteratur mit ihren besonderen Lebensrichtungen, Formen und Stoffen ist mehrfach auch nach ihren hier zunächst zu berührenden allgemeineren Momenten untersucht und besprochen worden. Hier liegt ein sehr fruchtbares Feld für Detailforschung vor. Auch jetzt noch, nachdem mehr als ein Vierteljahrhundert reicher Arbeit seit seinem Tode verflossen ist, verlohnt es sich, die zerstreuten Abhandlungen des Altmeisters Süvestre de Saci/s^^^) zusammenzustellen, welcher Sammlung Sedillot seine dankenswerthe Fürsorge gewidmet hat: unter den meist die eigentliche Litteratur betreffenden Stücken wird die Arbeit über die Drusen am meisten willkommen sein. Der ähnlichen Sammlung von Quatremere's einzelnen Arbeiten ist schon oben gedacht worden. Bei der Untersuchung des über- all wichtigen und interessanten Verhältnisses zwischen den littera- rischeu Producenten und dem Publikum steht im Orient die durch das Abendland auf das geringste Maass reducierte Mannigfaltigkeit und Schwierigkeit der verschiedenen Schriftarten mit in erster Linie : die grossartigen internationalen Beziehungen der muhammedanischcn Litteraturen sind nicht zum geringsten Theile gefördert durch die Herrschaft des arabischen Alphabets. Ueberall wird aber die na- tionale Besonderheit der Schreibweise nur ungern und schwer auf- gegeben: ein interessantes Beispiel mit allgemeinen Gesichtspunkten bietet Colonel Goldsmid^^'^), wenn er schildert, dass die Volks- thümlichkeit und Verbreitung der Litteratur im Siudh durch die Schwierigkeit leide, Muhammedanern und Indern ein einheitliches Schriftsystem beizubringen.
Eine gesteigerte Aufmerksamkeit ist den orientalischen auch über das Abendland verbreiteten Litt eraturstoffen zugewendet wor- den. In den hier nicht weiter zu besprechenden, aber für die west- östliche Litteraturgeschichte in stofflicher Beziehung höchstbeachtens- werthen Schriften ZJhland's zur Geschichte der Dichtung und Sage ist eine Fülle von solchen Berührungspunkten aus dem Mittelalter angedeutet, wie Lieht eclit^^)^ selbst ein ausgezeichneter Forscher auf diesem Gebiete, gelegentlich hervorgehoben hat. Der Fortschritt der Untersuchungen wird zuletzt keinem der beiden Standpunkte, welche am besten durch die Namen Jacob Grimm und Theodor Benfey charakterisiert werden, ausschliesslich Recht geben; vielmehr
5GS) Melaiiges de litterature Orientale par SihK'.stre de Sacy^ precedes de
l't'lof^^e de l'auteur par le Duc de Broglie. Paris, Ducrocq IHfiS, XXXII und 395 S. gr. 8.
68a) On tlie preservation of national literature in the East. By F. J
Goldsmid, Journal of tlie Roy Asiatic Soc of Gr Brit. New Ser. Vol. I P. J. (1864) p. 28—41.
Ü9) Vgl. Liebreeht in Gott. gel. Anz. 1865 St. 47 p. 1841 51.
154 Wissensehaftl. Jahreaherirht für 1S6-2— 1867.
wird ein Theil der Uebereinstimmungen der im Morgen- und Abend- land behandelten Stoffe auf gemeiusanieu Urbesitz der noch nicht getrennten arischen Völker, also auf Mythen, ein anderer auf Entlehnungen in geschichtlicher Zeit, also mehr auf Sagen und im allgemeinsten Sinn epische Momente zurückzuführen, ein dritter kleiner Theil aus der Gleichartigkeit des menschlichen Anschauens und Empfindens als psj'chologischer Process zu erklären sein. Kaum an Entlehnung kann gedacht werden bei den altmorgenländischen Anklängen, welche der sorgfältig und sinnig combinierende Vortrag Ferdinand Justrs^^^"^) in einem der merkwürdigsten und schwierigsten eddischen Lieder hervorhebt ; ebenfalls auf die indogermanische Ur- zeit weist die Verwandtschaft der von Ghodzho'^^) bearbeiteten sla- vischen Volksgeschichten mit altindischen Motiven, bei deren Dar- legung der verdiente polnische Gelehrte leider den Rigveda nur in der französischen Uebersetzung von Lauglois benutzt hat. Dagegen wird das Verhältniss bei den gälischen Märchen, welche der Haupt- kenner dieser Literatur, R. Köhler'^^) untersucht, doch schon be- denklich: das hier auftauchende orientalische braucht nicht wie sonst wol in den Volksmärchen der verstreute Goldstaub alter asia- tischer Mythen zu sein, sondern hier kann eine Entlehnung Statt gefunden haben. Derselbe Gelehrte ''2) gibt für solche äusserliche Vermittlung eines nachher volksthümlich gewordenen Stoffes selbst ein höchst interessantes Beispiel. Die Geschichte vom guten Ger- hard, welche Rudolph von Ems anmutig und sittig wahrscheinlich nach einer lateinischen Vorlage bearbeitete, war dessen Vorgänger vielleicht aus jüdischer Quelle zugekommen; Tendlau hat sie im Chibbur jafeh des Rabbi Nissim nachgewiesen und sollte sie auch nicht in der ursprünglichen Redaction dieses, wenn die Autorschaft sicher stände, der ersten Hälfte des elften Jahrhunderts angehören- den Erzählungsbuches gestanden haben, so deutet das von Bcnfoy bemerkte Vorkommen dei'selben im Mahäbhärata und in der ^uka- saptati auf eine wahrscheinlich durch Persien, Syrien, Arabien ge- gangene Einwandrung zu den Juden, den litterarischen Vermittlern des Mittelalters. Aehnliche Verbreitung anderer Stoffe weisen de
5(i9a) Ueber das eddische Lied von Fiölsvidr. Eine Vorlesung gehalten von Ferd. Justi, Orient und Occident von Th. Benfey II. Heft 1 (1862) p. 45—74.
70) Contes des paysans et des patres slaves , traduil? en francjais et rapproches de Uur source indienne par Ale.randre Chodzho. Paris, Hachettc 1«64, VI u. 411 S. 8. Ci frc. .^0 c.) Vfrl. Chastaing in den Actes de la Soc. d'Ethnogr. '2e Serie T. I a 864— 66) p. 45 f.
71) lieber J. F. Campbeirs Sammlung gälischer Märehen (Edinburgh 1860. 2 Bde. 8.) Von Rdnhold Köhler, Orient und Occident von Th. Benfey II, 1 (1^62) p. 98--126.
72) Zum guten Gerhard. Von Reinhold Köhler, Gcrmaiiia vou Pfeiffer XII (1867; p. 55—60; dazu Benfey ebend. p. 310-318.
Allgemeine Littcraturstoffe. 155
Gubernaii's^''^), GocdeJce'^ '^)uiidi\m ergänzend Gildemeister'^^^),ScMef- ner'^^) und Benfh/'^^) nach. Die bekannte auch in unsrer deutschen Litteratur verbreitete Geschichte von dem Müller, seinem Sohn und dem Esel hat Goedeke in allen Wandlungen verfolgt und ihr Vor- kommen im 'Conde Lucanor', in den 'Vierzig Vesiren' u. s. w. Hess auf eine muhammedanische, speciell arabische Quelle schliessen; um so interessanter ist jetzt Gildemeisters Nachweis dieses Asinus vulgi bei Al- Maqqarl (I p. 679). Benfey entdeckt die ältere Form des Märchens von der Thiersprache im Harivanga, indess das Rämäyana eine jüngere bietet. Demselben Gelehrten bieten Bastians und Mussafias Mittheilungen über den siamesischen Nonthuk Pakkaranam und den altfranzösischen Dolopathos Gelegenheit, auf die ausserordentliche Verbreitung der indischen Erzählungsstoffe aufmerksam zu machen''^'); auf das Sia- mesische werden wir unten noch einmal zurückkommen. Einen spät- romanischen Ausläufer der Qalilah wa Dimnah behandelt Pertsch''^^) in willkommenster Weise nach dem ferrarischen Druck von 1583; das Buch hatte Nuti auf Grund der bekannten griechischen Ueber- setzung in Italien eingeführt. Für die Geschichte des Buches von den 'Sieben weisen Meistern' gibt Goedeke^'^) eine klare üebersicht und neues Material; er hat zum ersten Mal auf einen ziemlich selbständigen, zu den altfranzösischen Texten sich hinneigenden Aus- zug aus der lateinischen Bearbeitung in der vor 1350 verfassten 'Scala coeli' von Johannes Gobius (genannt Junior) hingewiesen. Die so angeregte Untersuchung konnte von Mussafia'''^'') weiterge- führt werden, welcher aus Prager Hss. drei lateinische Erzählungen dieser Gruppe, dann eine wichtige Vergleichung der 'Scala coeli'
573) II principe e l'aquila. Leggeuda Indo-Europea A», Angelo de Giiber- natis, Rivista Orientale I (Firenze 1867, 8.) p. 27 — 3t.
74) Asinus Vulgi. Von Karl Goedeke, Orient and Oecident I, 3 (1862) p. 53J-560.
74a) Zum Asinus Vulgi. Von J. Gild.emeister ^ Orient und Oecident von Th. Benfey I, 4 (1862) p. 733 1.
75) Zu den dankbaren Todten. Von A. Schiefner, Orient und Oecident von Th. Benfey II, 1 (1862) p. 174 f.; dazu Reinlwld Köhler, ebend. Bd. III, Heft 1 (1864) p. 93—103.
76) Ein Märchen von der Thiersprache, Quelle und Verbreitung. Von Th. Benfey, in dessen Orient und Oecident II, 1 (1862) p. 133—171.
76a) Beiträge zur Geschichte der Verbreitung der ii.dischen Sammlungen von Fabeln und Erzählungen ; ursprüngliche Grundlage der ,. Sieben weisen Meister", Orient und Oecident Bd. III, Heft 1 (^1864) p. 171—180.
76b) Ueber Nuti's italienische Bearbeitung von Symeon Seth's griechischer Uebersetzung der Qalilah wa Dimnah. Von W. Pertsch, Orient und Oecident von Benfey II (1863) p. 261—268.
77) Liber de Septem sapientibus. Von Karl GoedeJce, Orient u Oecident Bd. III, Heft 3 (1866) p. 385—422.
77a) Beiträge zur Litteratur der sieben weisen Meister. Von Ad. Mus- safia. Aus dem Octoberhefte des Jahrgangs 1867 der Sitzungsberichte der K. Ak. der V.lss. VV^ien, Gerold's Sohn 1867, 37—118 S. 8. Vgl. Lit. Cen- tralbl. 1H68 No. 19 p. 511 f.
156 Wissenschaftl. Jahveshericht für 1862—1867.
mit der handschriftlich in Wien vorhandenen 'Summa recreatorum' and den begründeten Nachweis einer besonderen italiänischen Recension dieser Geschichten liefert. Abhängig dagegen hat ein Un- genannter die Siebenmeistgeschichten nach dem französischen Texte mit anmutiger Einfachheit in das Italiänische übersetzt, in welcher Gestalt das merkwürdige Buch D' Ancona^"'^) mit einer lehrreichen Einleitung trefflich herausgegeben hat; für den Orient unterrichtet uns gleichzeitig Lerch''^'') von einer armenischen Uebersetzung unter Benutzung einer in Moskau 1847 erschienen russischen Bearbeitung derselben.
Als Gegengabe für diese früh oder spät aus dem Morgenlande herüber gekommenen Stoffe hat das Abendland besonders die Sagen von Alexander dem Grossen geliefert, welche erschöpfend zu ver- folgen leider noch nicht das handschriftliche Material ausreichend genug durchforscht ist. Die orientalische Gestaltung dieser Sagen ist freilich seit Spiegels Untersuchung von 1851 nicht wieder zu- sammenhängend dargestellt, einzelnes aber glücklich erörtert worden. Die eben bei dem 'guten Gerhard' angedeutete jüdische Vermitte- lung wird auch hier besonders stark gewesen sein, von welcher Annahme auch Vogelstein'^^) ausgeht. In seineu schätzenswerthen Bemerkungen über diesen Sagenkreis verdient als besonders inter- essant hervorgehoben zu werden der Versuch, die Sagen von Alexan- ders Wanderung nach dem Paradiese als ursprünglich persisch zu erweisen. Von dem grössten Kenner dieses Forschungsgebietes, Zacher^^) haben wir endlich eine vortreffliche grössere Untersuchung erhalten, welche zwar vorzugsweise Griechisches und Lateinisches betrachtet, aber auch für die morgcnländische Wissenschaft von grosser Bedeutung ist. Einmal weist die ältestegriechische Fixierung der Alexandersage unter dem Namen des Kallisthenes, welche um 200 n. Chr. stattgefunden haben mag, nach Aegypten; dann gibt Zacher unter Benutzung Petermannscher Mittheilungen ein ziemlicli vollständiges Bild des armenischen Alexanderbuchs, welches die älteste griechische Recension glücklich wiederzugeben scheint. Endlich weist er auf den orientalischen oder vielmehr speciell jüdischen Ursprung der
578) II libro dei sctti S.ivj di Roma, testo dcl buon secolo della liiigua. Pisha 1864, LXIV u. 124 S. 8. Vgl. Lit. Cci.tralbl. 18G4 No. 51 p. 1230.
78a) Ucber eine armenische Bearbeitung der „sieben weisen Meister". Von F. Lerch, Orient und Occident von Benfey II (1863) p. 369—374.
79) Adnotatioucs quaedam ex litteris orientalibus petitae ad fabulas (jujk de Alexandro Magno cirumferuntur. Dissert. inaug. scr. Hcinemann Vogel- stein. Breslau fSebletter) 1865, VII u. 48 S. gr. 8. (n. 10 Sgr.)
80) Pseudocallistbei'.es. Forschungen zur Kritik und Geschichte der ältesten Aufzeichnung der Alexandersage von Julius Zacher. Halle, Buchh. des Waisenhauses 1867, IX u. 193 S. gr. 8. (n. 1 ^^) Darin p. 85—101 über die armenische Uebersetzung des Pseudoc. und p. 179-191 wichtige Be- merkungen über die syrische und arabisch-jüdische Behandlung der Alexander- sage. Vgl. mein Archiv für Litteratur-Geschichte 1 p. 55t» f.
Allgemeine LittevdtursLoffe. 157
Trostbriefe in Juan Lopez Segura's altspanischer Alexandreis hin und auf die Wichtigkeit der der armenischen wahrscheinlich gleichzei- tigen und au kritischem Werth mindestens gleichstehenden altsyri- scheu Uebersetzuug des Pseudokallistheues hin.
Die erwähnten Untersuchungen und Zusammenstellungen be- treffen vorzugsweise volksthümliche Momente der westöstlichen Litte- ratur. Aber auch für die bewussten und gelehrten Richtungen des morgeuländischeu Schriftenthums ist einzelnes geschehen. Unter einem viel verheissendeu Titel ist eine Reihe von besonders in der Kevue des deux mondes erschieuen Artikeln J. J. jhnphe's^^^) in einem stattlichen Bande vereinigt worden. Die Sammlung verdient die bald uöthig gewordene zweite Auflage durchaus. Denn ungeachtet alles Schwankens zwischen Poesie und Wissenschaft und ungeach- tet aller Vielseitigkeit sind seine Schriften von einem geschmack- voll harmonischen Charakter und sachlichem Werth. Der Vielgereiste hatte auch im Jahre 1842 mit Merimee die Levante besucht und daher darf uns seine über die Bücher hinausgehende Kenntuiss des orientalischen Wesens nicht überraschen. Die vorliegende Samm- lung, für welche wir Barthelemy St.-Hilaire zu danken haben, zieht durch lebendige Darstellung au und besonders haben die charakte- risierenden Rückblicke auf Remusat, Eugene Burnouf und Stauislas Julien litterarischen Werth. Ein allgemeiner Ueberblick über das morgenländische Litteraturwesen ist jedoch hier nicht gegeben, wie der Titel erwarten lassen könnte. Wie nahe wenigstens die Poesie des Orients bereits den Interessen eines grösseren europäischen Publi- kums getreten sei, zeigen die verschiedenen anthologischen Werke. Die zuerst 1856 erschienene Sammlung von Nachdichtungen orien- talischer Vorlagen oder Motive von Alger^'^) ist in sehr erweiterter Gestalt aufgetreten , eröffnet durch eine nahe an hundert Seiten lange Einleitung; alle orientalischen Poesien mit Ausnahme der japanischen sind vertreten, auch ein Dichter der nicht gelebt hat, Mlrzä Schaft"!'. Eine wenig empfehlenswerthe, in sich princip- und ordnungslose Sammlung ist die von Minchwitz^'^) : Erzählungen, Märchen, Fabeln, Lieder und Sprüche aus dem Indischen, Persischen
581) La science et les lettres en Orient par J. J. Anifere^ avec iine preface par de Barthelemy Saint-Hilaire. Paris, Didier 1865, XIX u. 495 S. 8. (7 fr.); desgleichen 2e edition, Paris, Didier 1867, XIX u. 495 S. 12. (3 fr. 50 c.) Vgl. Saturday Review 1865 Nov. 4 p. 590; A. De Gubernatis in Rivista Orientale I (Firenze 1867, 8.) p. 102 f.
82) The poetry of the Orient. By the Rev. William liounseviUe Alger. New edition, entirely reviscd and enlarged. Boston 1865, XII u. 337 S. gr. 8. (9 sh.) Vgl. meinen Bericht für 1857-58 No. 120.
83) Die Weisen des Morgenlandes. Eine Anthologie der urältesten Er- zählungen, Märchen, Fabeln, Lieder und Sinnsprüche. Für P'rauen ausgewählt von Johannes Minchwitz. Leipzig, Arnold 1862, X u. 341 S. 8. (l^g ^.) 2. verb. Aufl. Ebend. 1865, X u. 341 S. 8. (geb. 24 Jk^). Neue wohlf. (Titel-: Ausgabe. Ebend. 1866. 8. (16 JV/r, geb. 21 J^:.)
158 Wisssenschaftl. Jahresbericht für 1SG2 — löG7.
und Chinesischen in ausgewählten deutschen Uebersetzungen, wobei die Auslassung des Arabischen wie die Trennung der epischen Stücke aus dem Indischen und die damit verbundene Verweisung der Sävitrl und ähnlicher Stücke unter die Lieder und Sprüche der Perser ko- misch auffällt. Vernünftiger und bescheidner ist die Spruchsammluug
Ueber die Grundbegriffe, Formen und Richtungen der orientalischen Litteraturgeschichte sind einige zum Theil höchst bedeutende "Werke anzuführen. Das fruchtbare Verhältniss der dichtenden Phantasie zur Naturbetrachtuug wird in einem lehrreichen Werke de Laprades ^^) erörtert, welcher, indem er die ganze vorchrist- liche Epoche behandelt, auch von Indern, Aegyptern, Hebräern, Mu- hammedauern und Chinesen redet- Der ^Hierophant der Natur', wie man den auch als tiefsinnigen Dichter bedeutenden Verfasser ge- nannt hat, geht in seiner katholischen Glaubensauschauung etwas ängstlich an dem alten Testament vorüber, dessen poetische Bedeu- tung gerade in Beziehung auf Naturbetrachtung uns besonders seit A. V. Humboldts Kosmos geläuüg ist-, mit seinen Grundansichten hängt es auch zusammen, dass er in den Vedas Monotheismus findet. Aber das Werk ist reich an schönen und fast immer anregenden Gesichtspunkten. Auf die formale Seite der Dichtung bezieht sich ein Werk Boorda's ^^), welches sich eingehend mit Versmaassen und Rhythmen von Indien bis Holland beschäftigt. Eine solche Untersuchung könnte abschliessend nur mit den Principien und der umfassenden Kenntniss Rudolf Westphals geführt werden. Eine Seite der orientalischen Dichtung ist im Zusammenhang der Universal- geschichte der betreffenden besondern Poesiegattung wirklich gross- artig dagestellt worden : das Drama durch J. L. Klein ^^). Er bringt an seinen Gegenstand zwar nicht, was zu bedauern ist, aber auf diesem Standpunkte kaum zu erreichen war, unmittelbare Kennt- niss der betretfeuden Sprachen, aber eine staunenswerthe Fülle des durch die ausgedehnteste europäische Sprachkcnntniss erreichbaren Wissens, eine fast einzige Erfahrung in der Theorie und Praxis des
583a) Recueil d'adages et de pensees detachees emprunt^s la plupart aux langues orientales et suivis de quelques essais de litterature. Par Charleti Diu:henoud. Paris, Challamel aine 18ü7, 288 S. in 18-jösus.
84) Le seiitiuieut de la iiature avaiit le clnistianisuie. Par Victor La- prade. Paris, Didier 1866, CIV u. 430 S. 8. Vgl. Journal dos Savants 1866 Juni p. 399; Contemporary Iteview 111 (1866) p. 306 f.; Uevue inodcriie T. 38 (1866; p. 557 f. ; Caro in La France vom 26. April 1867.
85) Over dichtmaat, versniaat en versbouw, inzonderheid in de Hollandsclie, Duitsche, Fransche, (jrieksche cn ßomeiusche, Arabische eu Oud-lndisclie Poezic. Door T. Roorda. ,sGravenhage, Nijhoff 1863, VIII u. 408 S. gr. 8. (f. 5, 50.)
86) Geschichte des Draina's von J. L. Klein. III. Audi ni. d. T. Ge- schichte des aussereuropäischeu Drama's und der lateinischen Schauspiele n. Chr. bis Ende des X. Jahrhunderts. Leipzig, T. O. Weigel 1866, IX u. 765 S. gr ö. in. 4 ^..,
Orientalische Litter atur im Allgemeinen. 159
Dramas und einen unerschrocknen bisweilen zu kecken Scharfsinn; daher sind seine Gesichtspunkte fast immer gross, kühn und bedeutend. Zuerst handelt er von dem indischen Drama. Treffend wird in einer Darlegung der brahmanischen und buddhistischen Weltanschau- ung nachgewiesen, wie insonderheit der Buddhismus auf den Begriff des Tragischen und Komischen im indischen Drama eingewirkt habe ; in Beziehung auf den Einfluss der griechischen Kunst, welche ich auf Grund allgemeiner und specieller litterarhistorischer Beobachtung unbedingt mit Albrecht Weber annehme, hat der Verfasser die Ursprünglichkeit des indischen Geistes überschätzt. Vom höchsten Interesse sind die Analysen von neun einzelnen Dramen, welche durch die Vergleichung mit verwandten Werken der entlegensten Litteratur uns erst nach ihrer wahren Bedeutung erscheinen. Der Verfasser erscheint hier durchaus nicht abendländisch verurtheils- voil, sondern eher für seinen besonderen Stoff begeistert; er erinnert an Schönheiten des indischen Dramas, welche Calderon erreichen, an psychologische Effecte ersten Ranges, an Bhavabhüti's feinsinnige Andeutung des Unterschiedes des Epischen und des Dramatischen, Ein gleich hohes Interesse bietet das chinesiche Drama nicht dar, welches Klein nach dem indischen behandelt. Man darf hier von dem Durchschnittsbürgerthum reden, welches den grossen Charakter also auch den höhern dramatischen Stil nicht zulässt, und von der poetischen Gerechtigkeit des Bambusrohres. Hieran schliessen sich einige Bemerkungen über das Schauspielwesen der Japanesen; den Rest des Bandes füllen das Inka- und das Azteken-Drama und das altchristliche bis zum zehnten Jahrhundert, welche Poesiephasen uns hier nicht weiter interessieren, wenngleich sie für die Uranfänge aller dramatischen Kunst lehrreich sind. Ueber den Werth und die Be- deutung des Kleiu'schen Werkes darf man sich nicht durch kleine bisweilen jeaupaulisch ableitende Excurse und Zwischenbemerkungen täuschen lassen: sie berühren den kernigen Stamm des Ganzen nicht, um welchen ohne Schaden solche Witz-Orchideen klettern mögen. Endlich ist noch eine litterarhistorische Betrachtung von Ztngerle^'') zu erwähnen, deren Gegenstand die Abhängigkeit unserer deutschen Dichtung von orientalischen Motiven ist. Der Kreis dieser Motive ist aber zu weit gezogen, nicht indem sie, wenn auch nur oben hin, bis auf Freiligrath verfolgt werden, sondern weil der Verfasser auch die altdeutschen ^ Dichtungen über das Leben Jesu hierher rechnet.
Für die Geschichte der orientalischen Wissenschaft (be- sonders auch in ihrem Zusammenhange mit dem Abeudlande) ist mancherlei geschehen. Eine Art von Urkundenbuch versprach das
587) üeber die morgenländischen Elemente in der deutschen Poesie. Von Dr. Pius Zingerle. (Progr. des Meraner Gymn.). Bozen, Wohlgemuth 1862, ■4. Vgl. kaihol. Lit.-Ztg. 1862 ^■o. 32 p. 260.
160 W/f<.'<."uscJiiiftl. Jahresbericht für Ibtri— lM_i7 .
von Bekrnauer^^^) beabsichtigte pliotolithographisclie Album zu wer- den, ludess so gefällig auch der Plan erscheinen mochte: für Textpublication haben wir ohne Zweifel billigere und den kritischen Ptlichteu jedes Herausgebers bequemere Mittel. Die getreue Nach- bildung der Handschriften gehurt in die Diplomatik und Handschrif- teukuude; hier vermöchte auch ein umsichtiger Herausgeber durch eine geschickte Sammlung von orientalischen Handschriftenproben mit Benutzung der fortgeschrittenen Photolithographie der Wissen- schaft erhebliche Dienste zu leisten. Die gegenwärtige Gesannnt- bildung der vorderasiatischen Volker und ihre Förderung durch den Unterricht bespricht ein kürzerer aber kenntuissreicher Aufsatz von 7i('7/?< »"•')•, die Mehrzahl der übrigen auf die orientalische Geistes- bildung bezüglichen Arbeiten greift in die Vergangenheit zurück. Das richtigste und ursprünglichste Moment für die Geschichte des Wissens, Entstehung und Ausbildung der Schrift, ist schon vorhin erwähnt worden; ihr läuft in engeren Gräuzen Ursprung und Ver- breitung der Zahlzeichen von Morgenlande her parallel. Gerberts Stel- lung wird nach dieser Seite hin von dem um die Werke dieses immer noch räthselhaften Mannes verdienten Olleris^^) untersucht; leider gestatten weder der Mangel an authentischen Nachrichten über die Beziehung desselben zu den Arabern noch die Unsicherheit der handschriftlichen Ueberlieferung der Zahlzeichen in seinen Werken ein entscheidendes Kesultat. Bei der Besprechung der arabischen Mathematik werden wir Woepckes treffliche Arbeiten über diesen Gegenstand kennen lernen, neben welchen Sedillot^^) immer noch seine bekannte frühere Auflassung festhält. Verschiedene haui)tsäch- lich aus orientalischen (Quellen stammende Mittheilungeu über geo- graphische Wissenschaften bieten i:>pren(jer'->^'') und Vivten de ISain/-
588) Photolithographisches orientalisches Album (von Dr. Behrnmu'.r), Serapeum von Naumann XXVIII (1867) No. 12 p. 177—190.
89) De l'instruction publique et du mouvement intellectuel cn Orient par Belin, Le Contemporain 186G August-Nummer, und besonders abgedruckt: Paris, Challamel aiue 1866, 45 S. 8. Dazu : Encore quelques mots sur l'in- struction publique eu Orient. Par Bclin. Paris , Challamel aiue 1867, 7 S. 8. (50 c.)
90) Du rolc de Gerbert dans l'introduction <Ai occident des signes de nu- meration connus communement sous Ic nom de chiffrcs arabes, par A. Ollcris, Revue archeol. Nouv. S^r. T. VI (1862) p. 383 — 392; vgl. auch desselben: Oeuvres de Gerbert pape sous le nom de Sylvcstre II coUutionnes sur les nia- nuscrits, precedecs de sa biographie , suivies de notes critiques et historiquos (Clermont-Fd, Thibaud ; Paris Dumoulin 1867, CCV u. 607 S. 4. mit 6 Tiill . p. XVll— CCV 'Vie de Gerbert'.
91; Sur Torigine de nos chiffres. Lettres de M. Avi.. Sedillot. (Exti . des Atti deir Accademia di Nuovi Lüicei. T. XVllI.) Kevuc 1865, 9 S. 4.
91a) Zur Geschichte der Erdmessung im Altcrthum. Von A. S'jrrenyer^ Ausliind 1867 No. 43 p. 1017— 2U.
Orientalische Winsenschaft. Ißl
Martm^^-)] von besonderer Wichtigkeit erscheint des ersteren Werk über die Reiserouten ^3) Nicht allein durch positive Mittheilungen geographischer Art ; sondern weil wir das Werden der Erdkunde auf diesen uns für den Islam bereits aus al-Istakhri geläufigen ein- fachen Grundlagen beobachten können wie sonst das der Geschicht- schreibung auf dem Grund der Genealogie oder eigentlichen Annalen. Mit grösserem Interesse ist man der geschichtlichen Entwicke- lung der Wissenschaft der Idee nachgegangen. Das Werk, in wel- chem schon für die ältesten Culturepochen in dieser Richtung eine bestimmte und productive Uebertragung des Morgenländischen auf das Abendland gesetzt wird, die Philosophie-Geschichte von Böth^^) ist nach des Verfassers Tode in einer zweiten Auflage erschienen. Seine Grundgedanken, welche uns bei seinem Schüler Julius Braun und selbständig bei Gladisch begegnen, sind hinlänglich bekannt. Einen sicheren Boden betritt die Untersuchung erst da, wo östliche und westliche Völker sich im volleren Lichte der Geschichte begegnen: im Mittelalter. Die muharamedanische Philosophie tritt in den Kreis der speculativen Bewegung in so hohem Grade, dass sie in den allgemeinen Werken ihre Stelle gefunden und die beiden bekannten Grundrisse von J. Erdmann und Ueberweg ihr gebührende Auf- merksamkeit gewidmet haben, der erstere in seinem durch geist- volle Durchdringung überhaupt der Scholastik ausgezeichneten Werke mit besonderer Rücksicht auf die bewegenden Grundprincipien, der andere mit bequemster Darreichung des litterarischen Materials. Specieller is natürlich Stöcld^^) in seinem Werke über die Philo- sophie des Mittelalters auf das Muharamedanische und Jüdische ein- gegangen. Er hebt (und hieran lässt sich schon für den flüchtigsten Blick die weitgreifende Wirkung dieser Philosopheme erkennen) tref- fend hervor, wie al-Färcäbl zuerst den kosmologischen Beweis für das Dasein Gottes, den wir bei Augustinus in einer inductiven Naive-
592) Un chapitre de geograpliie Orientale de moyen äge, du Vlle au XVe siecle. Fragment d'une histoire inedite de la geographie par Vivien de Saint- Martin^ Amiales des voyages 1867 Janv., und besonders abgedruckt: Paris, Challamel aine 18G7, 35 S. 8. (1 fr.)
93) Die Post und Reiserouten des Orients. Mit 16 Karten nach einhei- mischen Quellen von A. Sjjrenger. Heft 1. Mit 16 Karten. (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, herausgeg. von der Deutscheu Morgenl. -Gesellschaft Bd. m. No 3.) Leipzig, Brockhaus in Comm. 1864, XXVII u. 159 S. gr. 8. (S'/g ^. ) Vgl. 'Die Leistungen der Araber in der Geographie', Ausland 1864 No. 33 p. 787—791.
94) Geschichte unserer Abendländischen Philosophie. Entwickelungsgeschichte unser speculativen, sowohl philosophischen als religiösen Ideen von ihren ersten Anfängen bis auf die Gegenwart. Von Ed. Roth. Zwei Bde. 2. nach des Vf. hinterlassenen handschriftlichen Bemerkungen revid. Aufl. Mannheim, Basser- mann 1862, LIX u. 2046 S. gr. 8. (n. 24 fl. 30 Xr. rh. = 14 J^. )
95) Geschichte der Philosophie des Mittelalters von Dr. Albert Stöckl, ord. Prof. ... zu Münster. Bd II. Periode der Herrschaft der Scholastik. Abth. 1.2. Mainz, Kirchheim 1865— 66, 1— 512 u. 513-1159S. gr. 8. (42/3^.) Vgl. Wien. Kath. Lit.-Ztg. 1866 No. 9 p. 71 f., No. 10 p. 79 f.
Jahresbericht 1862— 18G7. 11
;^62 Wissenschaftl. Jahrcshcneht für 1862—1867.
tat auftreten seheu, in eine philosophische Form gebracht und wie Ihn Sinä den astrologischen Fatalismus begründet habe. Das in der Bildung der muhammedanisch-jüdischen Philosopheme ausser- ordentlich wichtige Verhältniss zwischen Aristotelismus und Platonis- mus aufzuklären XMei'i Haneherg^^^) in seiner Untersuchung über das unmittelbar aus dem Arabischen ins Lateinische und ins He- bräische übersetzte weitverbreitete und darum einflussreiche 'Liber de causis' einen wichtigen Beitrag, dem hoffentlich bald die Aus- gabe des arabischen Originals aus der Leydener Handschrift folgen wird. Eine andere wichtige Arbeit Hanebergs über das Verhältniss zwischen Ihn Sina und Albertus Magnus wird bei der arabischen Philosophie hervorzuheben sein.
Es würde sich verlohnen zu untersuchen, in wie weit der bei den muhammedanischen und jüdischen Philosophen ziemlich häufige, bei den modernen europäischen aber ziemlich seltene Zusammenhang medi- ciuisch-naturwissenschaftlicher und theoretischer Studien auf die Me- thode und Substanziierung der Speculation eingewirkt habe, und um so mehr wären eingehende Forschungen über die morgeuländische Medicm überhaupt zu wünschen. Uns Moderne kann vielleicht davon eine hier häufig begegnende Fülle von phantastischem Aberglauben zu- rückschrecken-, aber durch allerlei Mythologisches, Naturphilosophi- sches und Psychologisches würde schliesslich unser Muth belohnt werden So erscheinen uns die ersten Bände einer allgemeinen Geschichte derMedicin von Wise'^''), der fast ein Vierteljahrhundert früher sich bereits um die Hindu-Medicin verdient gemacht hatte, sehr willkommen : er nimmt seine alte Aufgabe wieder auf und be- bandelt zunächst luder, Buddhisten und Chinesen. Zur Geschichte der arabischen Medicin und ihrer Verbreitung in der europäischen Welt hat Steinschneider'^'^-') begonnen mit seiner immensen Kennt- niss der Bibliographie werthvolle Beiträge zu liefern.
Von den übrigen Wissenschaften ist ihres westöstlichen Cha- rakters wegen die Astronomie mit ihrer Schwester der Chronologie besonders wichtig. In dem lebhaften Streit über die Priorität des Orients auf diesem Gebiete nimmt das Werk des früheren englischen Kriegsministers Lewis^^) eine wichtige, von den Orientalisten wol
596) Ueber die neuplatonischc Schrift von den Ursachen (liber de causis). Von Haneberrj, Sitzungsberichte der kgl. bayr. Ak. der Wiss^ 1863- 1 P- 361 f. Vgl. Steinschneiders Hehr. Bibliogr. 1863 No. 35 p. 107, 110 114.
97) Review of the history of medicine by Thomas A. Wtse, M. D Vol. I. II. London, Churchill 1867, XCVIII, 397; 514 S. 8. Vgl. Lit. Centralbl.
1869 No. 2J^^Pj^^^^^. J; Africanus und seine arabischen Quellen. Von M. Stdn- scltnelder, Archiv f. pathol. Anat. Bd. 87 (ISö«^) P- 351 f.
98) An historical survey of the astronomy of the ancients «y the R.gh Hon. 11 George Cormvaä Lacis. London 1862, VIII u.527 S. gr 8. 15 sh) Vgb Lit. Centralbl. 1862 Nr. 14. p. 238, Fei. Liebrecht i» ""'i'^lb. Jahrbb. 1862 Febr. p. 81-91; Edinburgh Review 1862, July p. 80 f. u. kathol. Lit.- Ztg. 1863 No. 13 p. 107 f.
Orientalische Wissemcliaft. 163
zu beachtende Stellung ein. Eine durchgehende Opposition gegen die Ergebnisse der ägyptischen und der assyrischen Archäologie macht diese Untersuchungen nicht allein interessant, sondern auch lehrreich. Lewis sieht die altgriechische Astronomie als eine durch- aus originale an ; die alte an Beobachtungen reiche Astronomie der Aegypter ist in seinen Augen durchweg zu empirisch und so hat der griechische Geist im alexandriuischen Zeitalter aus seiner Kraft die Astronomie als Wissenschaft gestaltet. In gleicher Weise spricht er gegen die chaldäisch-babylonische und assyrische Chronologie Bedenken aus, welche die Entzifferer der Keilinschrifteu zur entschiedensten Widerlegung anreizen müssen. Auf die Geschichte der eigentlichen Astronomie beziehen sich die Abhandlungen von Sedülot'"^^) und Whitney ^^'^) : der leztere gibt eine lichtvolle Darstellung des wissen- schattlichen Streites über die Ursprünglichkeit der Naxatras, deren chinesischen Ursprung Biot behauptet, indess für den chaldäisch- babylonischen Albrecht Weber, für den indischen Max Müller eintreten.
In die unmittelbare Nähe der astronomischen Wissenschaft hat das Morgenland den tiefeingreifenden Aberglauben der Astrologie gestellt, ihn theils scheinbar wissenschaftlich formuliert, theils mit religiöser Weihe umgeben. Gern lesen wir in dem nun zum dritten Mal aufgelegten Werke Alfred Maurifs ^) von dem allgemeinen geschichtlichen Zusammenhange dieser Dinge bis tief in das Mittel- alter hinein ; es berührt geschickt die astrologischen Anschauungen der s. g. Chaldäer, der alten Perser und der Aegypter. Das Christen- thum hat derartige Ueberlieferungeu zunächst weder zu unterdrücken noch zu verklären vermocht; während des Mittelalters war jeder Culturfortschritt in dieser Richtung durch die Herrschaft des Islam fast unmöglich gemacht. Eine sonderbare Ideenwelt tritt uns als Hintergrund der wüsten volksthümlichen Litteratur entgegen, deren Reichthum uns Steinschneider 2) mit gewohnter bibliographischer Genauigkeit und Spürkraft vorführt. Obgleich eine 'Litteratur der Nacht' verbreitet dieses Schriftenthum, welches mit wilder Willkür sich die bedeutendsten Namen und auch hervorragende Kräfte dienst-
599) Courtes observations sur quelques points de l'histoire de l'astronomie et des mathematiques chez les Orientaux ^wc M. Sidillot. Paris 1863, 29 S. 8.
600) On the views of Biot and Weber respectiiig the relations of the Hindu and Chinese Systems of asterisms ; with an addition, on Müller's views re- speeting the same subject. By W. D. Whitney^ Journal of the Am. Or. See. VIII, 1 (1864) p. 1—94.
1) La magie et l'astrologie dans l'antiquite et au moyen äge , ou Etüde sur les superstitions paiennes qui se sont perpetuees jusqu' k nos jours. Par L. F. Alfred Maur^j. 3. editiou, revue et corr. Paris, Didier 1863, 488 S. gr. 18.
'2) Zur Pseudepigraphischen Literatur, insbesondere der geheimen Wissen- schaften des Mittelalters. Aus hebräischen und arabischen Quellen von M, Steinschneider. No. 3. der ersten Sammlung der ,, Wissenschaftlichen Blätter aus der Veitel Heine Ephraim'schen Lehranstalt (Beth ha-Midrasch)" in Berlin. Berlin (Druck von Rosenthal & Co.) 1862, 97 S. gr. 8.
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bar macht, mannigfaclies Liebt über die Culturströmungen des Mittel- alters von Osten nacb Westen. Einen mächtig entwickelten Aus- läufer dieser Richtung zeigt uns ebenfalls Steinschneider^^^) in seiner Untersuchung über die reiche Traumbuch-Litteratur auf, zu welcher man das allgemeine ^yerk SeafiekVs ■*) mit Nutzen vergleichen kann. Diese phantastisch-verworrene Litteratur hat uns von der mathe- matischen Wissenschaft unmerklich auf das Gebiet des Uebersinn- lichen und überhaupt des Religiösen geführt, wo Religion und M}^thologie sich in einer scheinbar natürlichen, aber durchaus nicht nothwendigen Nähe bei einander befinden. Dies Verhältniss besonders vom orientalischen Alterthum aus zu verfolgen hat sich parallel der vergleichenden Mythologie leider noch keine allgemeine Religionswissenschaft gebildet, welche wir vielleicht noch, ans ein- zelnen Vorarbeiten zu schliessen , aus Rudolf Roths Händen em- pfangen können. Das Werk Howit(s^) mit seinem vielversprechen- den Titel strotzt von Unwissenheit und beweist durch seine Fülle ungeordneter Thatsachen nur die Neigung eines materialistischen Zeitalters zum Spiritualismus. Ihm stehen durch seine wissenschaft- liche Oekonomie und Tendenz scharf J/aw/v/'s *') geschichtliche Rück- blicke gegenüber; durch tiefe gedankenvolle Auffassung zeichnen sich aber BluntscltWs "') höchst anregende Vorträge aus. Der berühmte Staatsrechtslehrer nimmt zu den religösen Problemen eine andere Stellung als die gangbare Theologie und Philologie ; den aufmerk-
603) Das Traumbucli Daniels u. die oneirokritische Litteratur des Mittel- alters. Eine V)ibliogr. Studie von M. Steinschneider^ Serapeum von Naumann 1863 No. 13 p. 193-201, No. 14 p. 209—216.
4) Literature and curiosities of dreams. A commonplace bock of specu- lations concerning the mystery of dreams and visions, records of curious and well authenticated dreams, and notes on the various modes of Interpretation adopted in ar.cient and modern times. Ey Frank Seafield. Two vol. London, Cliap- man and Hall 1865, XXXI u. 754 S. 8. (24 sh.) Vgl. Atlienaeum 1^65 Aug. 26 p. 267 f.
5) The history of the supranatural in all ages and nations, and in all churches, Christian and pagan : demonstrating a universal faith. By W. Howitt. Two vol. London, Longman 1863, XXXVI u. 962 S. 8. (18 sh.) Vgl. Athe- naeum 18 3, Febr. 28 p. 288 f.; Reader 1863, March 7 p. 237 f.
6) Cioyances et legendes de l'antiquite. Essais de critique appliquee k quelques points d'histoire et de mythologie. Les religions de l'Inde et de la Perse. Traditious de la Grece et de la Gaule. Les premiers historiens et les anciennes legendes du christianisme. Kapports de l'occident avec l'extreme Orient. Par L. F. Manry. Paris, Didier 1863, 417 S. 18-jesus, Vgl. Home ond Forcigne Review 1863 Juli p. 243 f.
7) Alt-asiatische Gottes- u. Weltideen in ihren Wirkungen auf das Ge- meinleben der Menschen dargestellt. Fünf öfT. ^'orträge von J. C. Bluntschli, Nördlingen, Beck 1866, IV u. 168 S. 8. (1 fl. 24 xr. rh. = 26 J^). Vgl. Haucks Theolog. Jahresbericht I p. 571 f.; Haneberg im Theol. Lit-Bl. von Reusch 1866 No. 3; Lit. Centralbl. 1866 No. 9 p. 237; Zimmermanns Theol. Lit.-Bl. 1866 No. 27 p. 159 f. ; Alex. Jung in Bll. f. lit. Uuterh. 1866 No, 39. Protest. Kztg. 1866 No. 43 p. 886 f.; Glaser's Jahrbb. f. Gosellschaftsw. II ( 1865^ Bd. 4 p. 437 f. ; Unsere Tage ( 1865) No, 84 ; Allg. kirchl. Zeitschr. 1866 No. 1.
Orientalische Religion und Mythologie. 165
samen Beobachter wird es nicht überraschen, dass hier nach der Betrachtung des Brahmanismus , Buddhismus und Mosaismus das Chinesische als die höchste Stufe bezeichnet wird, auf welche sich das orientalische Alterthum in seinem mehr oder weniger klaren Streben nach Humanität zu erheben vermochte. Der Verfasser geht sehr richtig von einem psychologischen Standpunkte aus; ohne Zweifel würde eine consequente Durchführung der psychologischen Methode zu einer genügenden Erklärung der Wirkung der hier be- handelten lieligionsstifter führen. Unfruchtbar ist Ludwig Feuer- bach's*^^^) Werk vom J. 1857, welches man mit einem neuen Titel ver- sehen hat ; lehrreich und durch feinsinnige Gombinationen ausserordent- lich anziehend die Reihe von Untersuchungen, welche Max Müller^) unter einem liebenswürdig bescheidenen Titel darbietet. Den Aus- gangspunkt bilden indogermanische Mythen und Religionssysteme', aber die Betrachtung erweitert sich durch Herbeiziehung des mo- notheistischen Semitismus zu Grundlinien einer Religionswissenschaft. Die vier Formen des vedischen Brahmanismus, des homerisch-hesiodei- schen Hellenismus, des zoroastrischen Parsismus und des indo-chinesi- schen Buddhismus werden den drei semitischen des Mosaismus, des Christenthums und des Islams in besonnenen und abgerundeten Charakteristiken gegenübergestellt, bei der Wechselwirkung des Parsismus und des Judenthums eine Abhängigkeit des ersteren von dem anderen zugelassen und Renans Annahme von der ursprünglichen 'tendance vers l'unite' bei den Semiten bestritten. Ueberall begegnen wir einem bewundernswürdigen, erlaubt poetischen Takt in der Ver- wendung sprachlicher Daten.
Diesen Forschungen kommt ein unläugbares Interesse in den weitesten Kreisen entgegen; das unmittelbarste wird nächst der eigentlichen Theologie ^^) die Philosophie und Sagenforschung daran haben. Für seine bereits erwähnte Philosophie der Kunstgeschichte hatte Garrüre^'^) den Begriff des Mythus zu untersuchen, auf welchen wir in dem engeren indogermanischen Kreise sogleich wie- der zurückkommen ; den ganzen Complex von Mythen und Sagen, welche zwischen Orient und Occident hin- und herfluten, suchte
608) Der Ursprung der Götter nach den Quellen des classischen, hebräischen und christlichen Alterthums. Von Ludwig Feuerbach. Leipzig, 0. Wigand 1866, IV u. 447 S. gr. 8. (2V3 ^ ) Nur neue Titelausg. des Druckes von 1857. 9) Chips from a german Workshop. Vol. I. Essays on the science of religion. Vol. II. Essays on mythology, traditions, and customs. By Max Müller. London, Longmans & Co. 1867, XXXV, 380 u. 405 S. gr. 8. Eine gleichezweite Ausgabe 1868. (21 sh.) Vgl. M. Haug in Augsb. A. Z. 1868. No. 40 Beilage; Atheuaeum vom 29. Febr. 1868 p. 320 f.; Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1868 No. 43 p. 643 f. ; Liebrecht in Heidelb. Jahrbb. LXII Heft 3 (1869 März) p. 190—199.
lU) Oriental sacred traditions, Journal of sacred literature by Cowper. New Series nr. VIII (1864 Jan.)
11) M. Carriere, Begriff, Ursprung und Entwicklung des Mythus, Zeit- schrift für Philos. von Fichte XLI (1862) Heft 1.
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Braun^^'-) als ein einbeitliches Ganzes zu erfassen. Mit welcher genialen Energie, mit welcher Wissensfülle, mit welcher bedauer- lichen Resultatlosigkeit hat der Verfasser dies vollbracht! Das ein- fachste Gesetz aller Erkenntniss, sorgfältig zu unterscheiden, ist hier überall verletzt; der besondere Sinn und die besondere Schönheit der einzelnen Mythen und Sagen, für deren Darstellung das grosse auch künstlerisch bedeutende Talent Brauns geschaffen wäre, wird von ihm selbst dem Erstickungstode in einem semitisch-ägyptischen Urbrei geweiht. Ohne Zweifel hat es sehr sonderbare Fusionen östlicher, arischer wie semitischer, und westlicher Vorstellungen ge- geben; auf deren Zerlegung in die ursprünglichen Elemente muss aber die Wissenschaft mit dem grössten Skepticismus ausgehen. Dieser Zweifel und eine fast sarkastische Opposition gegen das Symbolisieren ist ein Hauptverdienst von Mordtmann' s ^'^) Unter- suchung der alten Amazonenberichte, durch welche für den Augen- blick die Priesterinnen des Mondcultus zurückgewiesen werden : in wie fern den afrikanischen, pontisch-kleinasiatischen und douischen Amazonen eine bestimmte Wirklichkeit zukomme oder etwa durch den verschiedenen Schauplatz ihrer Geschichte nur die geographische Verbreitung einer einzigen Sage mit realem Hintergrunde bezeichnet werde, bleibt hier dahin gestellt,
Nur sehr allmählig wird sich aus den verschiedensten Special- studien eine sichere allgemeine asiatische Eeligionsgeschichte oder die einzelner religiöser Vorstellungen und mythischer Anschauungen herausbilden. Gilliot i^) liefert Studien zu jener ersteren ; Hard- wicks^^) allgemeineres christlich parallelisierendes Werk kommt in zweiter Ausgabe; ungleich Verdienstlicheres empfangen wir von dem Grafen Gobineau^^). Er construiert nicht; er theilt sorgfältig
612) Naturgeschichte der Sage. Rückführung .iller religiösen Ideen, Sagen, Systeme auf ihren gemeinsamen Stammbaum und ihre letzte \^'urzel. Von Julms Braun. Bd. 1. 2. München, Bruckmaun 1864—65, II p. 444; VII, 476 S. gr. 8. (n. 5 ^. 10 ^^r:). Ueber Bd. 1 vgl. Lit. Centralbl. 1865 no, 14 p. 381 f.; Schnitzer hi Heidelb. Jahrbb. 57, 11 (1864 Nov.) p. 856— 863; über beide Bände Grenzboten 1866 No. 2 p. 75 f.
13) Die Amazonen. Ein Beitrag zur unbefangenen Prüfung und Wür- digung der ältesten Ueberlieferungen von Dr. A. D. Mordtmann. Hannover, Hahn 1862, X u. 136 S. gr. 8. (n. 24 Jßr) Vgl. Brockhaus' Centralanz. 1862 p. 77 f.; kathol. Lit -Ztg. 1862 No. 32; J. L. Klein in den Deutschen Jahrbb. für Politik^ und Lit. 1863 VHI p. 432—449.
14j Etudes sur les religions comparees de l'Orient par A. Gilliot. (Col- mar, Decker.) (Paris, A. Franck^ 1862, 218 S. 8. i''3 fr.;
15; Christ and other masters: an historical inquiry into the chief parallel - isms and contrasts between Christianity and the religious Systems of the an- eient world. By Charles Hardwick. 2. ed. Vol. 1. 2. London: Macmillan 1863, 850 S. 8. (15 sh^.
16) Les religions et les philosophes dans l'Asie centrale par le Comte de Gvhincau. Paris, Didier 1865, 584 S. gr. 8.; desselben 2. Mition, ebend. 1866, 543 S. 12. r3 fr. 50 c.). Vgl. H. Zotenberg in Revue critique d'hist. et de litt. 1866 No. 22 p. 349- 353; A. Franck im Journ. des Sav. 1865 Nov. p. 665— 681, Dec. p, 767—787; Saturday Review 1865 Oct. 7 p. 465.
Orientalische Religion und Mythologie. 167
erkanntes aus dem religiösen Leben besonders des turanisch-persischen Islam mit und wir gewinnen durch den geistvollen Verfasser ganz neue Einblicke in die Wandlungen des Muhammedanismus. Andere religionsgeschichtliche Arbeiten behandeln specielle Momente. Die- ierici^'^'^) charakterisiert in einem sinnigen Vortrage die Schöpfungs- sagen; mit mehr als kühner Phantasie findet der Franzose Äo^m ^^) eigenthümliche Parallelen zu den Gestalten der Erzväter ; beachtens- werth dagegen ist eine kurze Abhandlung von Talhot^'^) über Dionysos, dessen Name nach dem Assyrischen als 'Dian-nisi' oder 'i)ayan-nisi' d. i. Richter der Menschen erklärt wird. Thayer'^^) wirft einen Blick auf die Gespensterlehre, an welche eine geschmack- volle mehr auf europäischem Gebiete sich bewegende Untersuchung von i7erfe2i) streift. Aus der wunderbaren Thierwelt des Glaubens und der Sage behandelt eine schätzenswerthe Inauguraldissertation von Seeburg 2^) die Greifen zunächst mit besonderer Rücksicht auf den Orient und in einigen zu beachtenden Notizen Lerch'^'^) die Drachen. Auf die Eschatologie beziehen sich die Schriften von Oerter^^) und Alger '^^); des letzteren Zusammenstellung ist be- sonders reichhaltig und durch linguistische und bibliographische Bei- gaben wichtig, xiuch die Schriften über einzelne Symbole berühren fast ohne Ausnahme das Gebiet des orientalischen Lebens. Als Stück wie es scheint einer beabsichtigten allgemeinen Symbolik des
617) lieber die Sehöpfungssagen der östlichen Völker. Vorlesung im Gustav-Adolf- Verein am 17. Januar 1866 von Fr. Dieterici, Protestant. K.-Ztg. 1866 No. 35 p. 721—734.
18) Minos, Eaque, Rliadamante, Abraham, Isaac, Jacob. Par E. Rohin. Sens, Duchemin 1866, 34 S. 8.
19) On the eastern origin of the uame and worship of Diouysus. By H. F. Talhot, Transactions of tlie Roy Soc. of Lit. 2. series. Vol. VIII P, 11 (1865) p. 296-307.
20) Demonology of the Hindoos, Buddhists, aud Chaldeans. By Rev. T. B. Thayer, Universalist Quarterly 1866 July, Art. 4.
21) Der Werwolf. Beitrag zur Sagengeschichte von Wilh. Hertz. Stutt- gart, Kröner 1862, 134 S. gr. 8. (1 ^■). Vgl. Kuhn im Lit. Centralbl. 1863, 4 p. 92.
22) Die Sage von den Greifen bei den Alten. Von Ludwig Seeburg. 1. Stück: Ueber den Ursprung der Sage und ihre Verbreitung im Oriente. Inaugural-Dissert. Göttingen 1866, 40 S. 8.
23) Ein Beitrag zu den Localsagen über Drachenkämpfe. Von P. Lcrch, in Orient und Occidevit von H. Benfey I, 4 (1862) p. 751 — 754.
24) Hades. Exegetisch-dogmatische Abhandlung über den Zustand der ab- geschiedenen Seelen von J. R. Oertel, Pastor. Leipzig, Bredt 1863, VIII u. 184 S. gr 8. (n. 28 J^).
25) A critical history of the doctrine of a future life, as it has prevailed in all nations and ages. By William Rounseville Alger. To which is appended a complete history of the literature of the doctiine of a future life, or, a catalogue of works relating to the nature, origin, and destiny of the soul,. . By Ezra Abbat. New editiou. Philadelphia, Childs 1864, X u, 914 S. gr. 8. (16 sh.) Vgl. The Reader 1864 no. 76 p. 741 f.
168 Wissenschaft!. Jahrcslei-icht für 1862—1867,
Altertbums behandelt Dognce ^-^) mit einer wüsten phantastischen Sprachmengerei das Ei; gewissenhafter und interessanter de Mor- tület-'') das immer neuer Untersuchung bedürftige Kreuz; mit engster Beschränkung auf Aegypten und Babylon Kolbe^^) das Löwenbild ; endlich das möglicher Weise mit Phönizien zusammen- hängende, besonders auf unteritalischen Yasenbildern, aber auch sonst erscheinende Symbol der Tyche Wiesele)- ^^). Von Schriften, welche das praktisch-religiöse Leben des Orients berühren, seien nur die beiden von ganz verschiedenen Confessionen ausgehenden, aber in der Werthschätzung der Werkheiligkeit sich begegnenden Schrif- ten über die Geschichte der Askese von Baron von Eckstein 3») und Zöclier^^) genannt. Das Werk des ersteren, des bekannten zur katholischen Kirche übergetretenen Dänen, verdient das Lob des anderen , eines evangelischen Theologen, und auch des berühmten Herausgebers trotz seines durch den Tod des Verfassers veranlassten fragmentarischen Charakters vollauf, Zöcklers Tadel aber nicht ganz: denn seine scheinbar so phantastischen Combinationen über altorien- talische Culturzustände, durch welche er etwas an den genialen Görrcs erinnert, enthalten tiefe Blicke in die Wandlungen der Menschheit. Die eben genannten Schriften betreffen den ganzen Orient oder doch mannigfaltige Gruppen desselben; ich reihe daran das durch methodische Forschung einheitlicher und gleichmässiger erkannte Ge- biet des indogermanischen Sagen- und M y t h e n 1 e b e n s. Bereits gibt es eine durch Adalbert Kuhn begründete Schule der ver- gleichenden arischen Mythologie. Max Müllers, der auf diesem Ge- biete durch eine glückliche Verbindung poetischen Taktes mit ein- dringlicher Forschung glänzt, ist schon oben gedacht worden; seine Arbeiten mit denen des sogleich näher zu erwähnenden Breal bilden die Grundlage eines angenehm resümierenden Artikels von Baudry 32).
626) Des symboles antiqucs. L'oeuf, Par Eugene-Mio-Dognee. (Aus ' den Schriften der Academic d'archeologie de ßelgique). Biuxellos, Muquard 1865, 48 S. gr. 8. fmit 1 Tf.) ''nur in 200 Exx. gedruckt.) Vgl. Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1866 No. 20 V 276 f. ; Lit. Centralbl. 1866 No. 31 p. 835.
27) Le signe de la croix avant le christianisme par Gabriel de Mortület. Paris, Rheinwald 1866, 187 S. 8. mit 117 Holzschn. (6 fr.)
28) De Leonis in sacrls Aegyptiorum et Babyloniorum signo. Scr. Dr. KoV)e. Hildesheim (Progr. des Gymn. Andr.) 1866, 16 S. 4.
29) Commentatio de scala symbolo apud Graecos aliosque populos veteres. Scr. jPrzVZ. Wieseler. Göttingen, Dicterich 1863, 17 S. 4.(n. 8^). Vgl. Lit, Centralb, 1863 no. 36 p. 857.
30) Geschichtliches über die Askesis der alten heidn. und der alten jüd. Welt als Einleitung einer Gesch. der Askesis des christl. Mönchthums. Von Baron v. Eckstein. Mit einem Vorworte von J. J. ./. v. Döllinger. Freiburg i. Br., Herder 1862, Xu. 318 S. 8. (IVs ^^■) '^'gl- kathol. Ljt.-Zt'g. 1862 No. 36.
31) Kritische Geschichte der Askese. Ein Beitrag zur Geschichte christ- licher Sitte und Cultur von Lic. Dr. Otto Zöckler. Frankfurt a. M., Ileyder & Zimmer 1863, VIII u. 435 S. gr. 8. (n. 1 S^. 20 J^) Vgl. Evang. Kr.- Zeitung 1864 no. 25 p. 293 f.
32) De Interpretation mythologique. Par Baudry., Revue Germaniquo T. XXXII 1865; Livr. 2 p. 203 ff.
Indogermanisclic Mythologie. 169
Eine reichhaltige und glückliche Zusammenstellung von Daten und Combinationen gibt angeregt durch Jacob Grimm und dessen Nach- folger Kelli/^'^^):, neben ihm ist ein zweiter Engländer Cox^^) zu nennen, der bereits früher an einer dem wissenschaftlichen Be- obachter leicht entgehenden Stelle, in der Einleitung zu seinen 'Tales of gods and heroes' gut über indogermanische Mythologie gesprochen hatte: sein neuestes Werk gibt dem ungenannten aber bekannten anerkennenden Recensenten des Saturday Review Gelegenheit die Combination von Saramä (Morgendämmerung, hinter welcher etymo- logisch vielleicht Helena verborgen sei) und Säranieya (Zwielicht) hervorzuheben. Auch in Frankreich sind einige zusammenfassende Darstellungen versucht worden: ausführlicher von Flotard^^), in kritischer Kürze y on Schoebel^^^), im Zusammenhange des griechisch- römischen Culturlebens von Fustel de Goulavges ^^), dessen Werk durch nette Form und eine die Franzosen au den jüngeren Anacharsis erinnernde Frische anzieht. Die deutsche Forschung hat sich mit einigen Grundbegriffen der vergleichenden indogermanischen Mytho- logie beschäftigt und den Zusammenhang der Mythenbildung mit der Naturanschauung erörtert. Die hier zu erwähnenden Untersuchungen Willer s^"^) und Delbrücks' s ^^) gehen beide mit Recht von dem psychologischen Standpunkte aus. In dem ersten Abschnitt über die mythischen Vögel und das Reich der Wolken beschränkt sich Willer auf die Vorstellungen der europäischen Arier; in dem zweiten über den Göttertrank, das himmlische Feuer, den Weltbaum und die Menschenheimat zieht er glücklich den ganzen Indogermanismus herbei •, in dem dritten wichtigsten über die Entwickelung des Gottesbewusstseins lässt er sehr geschickt die Idee des einen Gottes aus der Anschauung der Natur erwachsen. Dies letztere radicale Moment berührt Delbrück in seiner scharfsinnigen Untersuchung
633) Curiosities of Indo-European tradition and folk-lore. By Walter K. Kelly. London, Chapman & Hall 1863, XII u. 3(!8 S. 8. (SV^ sh.) Vgl. The Reader 1863 No. 44 p. 499 f. und Athenaeum 1863 Oct. 31 p. 568 f.
34) Tales of Thebes and Argos. By Rov. George W. C'o.c. London, Longman 1864, XVI u. 291 S. 8. (4 sh. 6 d.) Vgl. Saturdav Review vom 13. Febr. 1864 p. 199—201.
35) La religion primitive des Indo-Europeens. Par Eugene Flotard. Paris, Cherbuliez 1864, VIII u. 239 S. 8. (3 fr.) Vgl Westminster Review 1865 April p. 606.
35a) Rficherches sur la religion premiere de la race indo-iraiiienne. Par Ch. Schoebel, Rome Orientale^ et americaiue Vol. 10 (1866) No. 59.
36) La Cite antique. Etüde sixr le culte, le droit, les institutions de la Grece et de Rome par Fustel de Coidanqes. Strasbourg, Derivaux; Treuttol &Würtz; Paris, Durand 1864 (2. ed. 1866) 525 S. 8.
37) Mythologie und Naturanschauung. Beiträge zur vergleichenden Mytho- logie und zur kulturgeschichtl. Auffassung der Mythologie von H. F. Willer. Leipzig, Teubner 186;:J, 146 S. 8. (18 J§r.) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 no. 19 p. 449 ; kathol. Lit.-Ztg. 1863 No. 47 p. 414.
38) Die Entstehung des Mythos bei den indogermanischen Völkern. Ein psychol. Versuch von Ber-thold Delbrück, Zeitschrift für Völkerpsychol. III Heft 3 (1865) p. 266—299.
170 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
zunächst uicht, sondern legt, auf den Mythos sich beschränkend, dessen Doppelursprung (vorwiegend aus Naturanschauuug, seltener aus einer Idee) und den psj-chischen Stufen dar: zu der häufigen Belebung der Natur und der seltenern Hypostasierung einer Idee tritt Apperception, zu dieser die poetische Ergänzung. Treffende Belege sind dazu aus der altindischen, griechischen und deutschen Mythologie gewählt. Daneben hat Delbrück^^^^) in einer besonderen Abhandlung selbständig das Verhältniss zwischen Religion und Mythologie untersucht, die, in ihren Ursprüngen durchaus verschie- den, im geschichtlichen Fortgange sich mannigfach mischen können, aber immer aus einander zu halten sind. Der Himmel mit seinen Lichtern und Wolken bildet den fast ausschliesslichen Hintergrund dieser Vergleichungen -, Gewitterkämpfe sind es auch, auf welche 0. Meyer ^9) in seiner homerischen Inauguraldissertation zurück- kommt. Von einer anderen Seite her liefert ein ausgezeichneter griechischer Philologe einen inhaltreichen Beitrag zur indogermanischen Mythologie : Ährens 39') stellt zusammen, was sich an den Namen des vor langen Jahren so anregend von Otfried Müller behandelten Saudan knüpfen lässt und — nicht lässt. Richtig kann sein, dass diese Götter- oder Heroen -Namen nicht semitisch, sondern mit der indischen Wurzel cand zu combinieren ist; aber den lykischen Xanthos, den Kandys, den Pan, die Pandora u. s. w. u. s. w. damit zu verknüpfen, würde sich die bei den s. g. Philologen verrufene 'Sprachmengerei' der comparativen Grammatik nicht erlaubt haben.
Die Methode der vergleichenden indogermanischen Mythologie ist auch an einzelnen Gestalten der griechisch-römischen Mythen und Sagen zur Anwendung gekommen. In klarer und geschmack- voller Weise und vollkommen vertraut mit den Resultaten der deutschen Wissenschaft hat Breal^^) den uralten Gegensatz des Indra und Vritra von dem vedischen Tnderthum durch Eran bis zu den europäischen mit Hercules und Cacus verwandten Mythengestalten herabgeführt. Eine andere Untersuchung desselben *i) über den Oedipus-Mythus hat nicht gleiche Anerkennung ihrer Resultate ge-
638a) Ueber das Verhältniss zwiselien Religion und Mythologie. Von B. Delh-ück, Zeitschrift für Völkerpsychol. UI Heft 4 ri865) p. 487—497.
39) Quaestioncs homericae specimen prius.Dissert. inaug. \^&\- Oscar Meyer. Bonnae 1867, 25 S. 8. Vgl. F. J. im Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1869 no. 17 p. 242 f.
39a' Ueber eine wichtige indogermanische Familie von Götternamen. Von H. L. Ahrens, Orient und Occident von Th. Bcnfey II, 1 (1862) p. 1—44.
40) Hercule et Cacus. Etüde de Mythologie comparee par M. Breal. Paris, Durand 1863, 177 S. 8. Vgl. A. W. in Lit. Centralbl. 1863 no. 28 p. 668 f.; Journ. des Sav. 1863 Aor. p. 263; The Roadcr 1863 no. 31 p. 112; Spiegel in Kuhns Zeitschrift f. vergl. Sprach f. XIII (1864) p. 386— 392 und be- sonders den Artikel von J. Baudry 'De l'iuterpretation mythologique' in Revue germanique T. 32 (1865) p. 201—232, zugleich über Max Müllers Essai and Science of language.
41) Le mythe d'Oedipe par Michel Breal. Extr. de la Revue archeol. Paris, Didier 1863, 24 S. gr. 8. Vgl. F. J. im Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1869 No. 17 p. 243 f.
Orientalisches C'hristenihum. 171
funden und die Erörterung Dauphin' s^^'^) und besonders des be- deutenden Mythen- und Sagenforschers Comparetti^^) veranlasst. Auch hier hatte Breal den Gegensatz des Indra und Vritra zu finden gemeint, indem er den Sphinx als Repräsentanten der dunklen Macht fasste. Richtig weist dem gegenüber Comparetti in seiner sorgfältigen Untersuchung nach, dass Oedipus und Sphinx ursprüng- lich gar nicht zusammen gehören ; er behauptet ferner, dass es sich hier nicht um Naturerscheinungen, sondern um einen ethischen Mythus handle, zu welchem das Mittelalter Parallelen biete. Die Richtigkeit dieser polemischen Kritik berührt indess das Princip der ganzen Wissenschaft nicht. Anderer Art sind Holmboe's^^') Combinationen, denen man wol Scharfsinn und umfassendes Wissen, aber in dieser Ausdehnung kaum mehr Gültigkeit zusprechen kann als den verwandten seltsamen Schlussfolgerungen des grossen Geographen Karl Ritter in seinem Erstlingswerke, der 'Vorhalle europäischer Volks- geschichten', die ihm als eine Geschichte altindischer weit nach Westen vorgesci)obener Priesterstaaten erschienen. Mit der Mytho- logie wird sich in dem natürlichen Fortschritt der Wissenschaft auch eine vergleichende Behandlung des praktischen mit mythologischen Momenten verknüpften religiösen Lebens verbinden; was wir hier zu erwarten berechtigt sind, deutet die treffliche Untersuchung KuJin's^^) über indische und germanische Segenssprüche schon an. Hieran knüpft sich zum Schluss dieser Bemerkungen über die allgemeineren den Orient betreffenden Schriften passend, was über das Christenthum in seinen Beziehungen zum Morgenlande an- zuführen ist. Zwei beachtenswerthe Schriften erhalten wir in neuen Ausgaben: die Vorträge über orientalische Kirchengeschichte von Stanley '^^) und Lagarde's^^) Abhandlung über die kritische Be-
642) Oedipe et le Spliinx. Etüde mythologique par U. Dau'pliin. Amiens, Impr. Yvert 186(3, 20 S. 8.
43) Edipo e la mitologia comparata. Saggio critico di Domenico Comjyaretti. Pisa, Nistri. 1867, 90 S. 8. (L. 3) vgl. A. de Guberuatis in Rivista Orien- tale I (Firenze 1867, 8.) p. 651 f., F. H. im Magazin f. d. Lit. des Auslandes 1869 No. 17 p. 244 f. u. F. Liebrecht in Gott. gel. Anz. 1867 St. 44. pag. 1721— 31.
43a) Om Qivaisme i Europa. Af C. A. Holmhoe. (Saerskilt aftrykt af Vid.-Selskabet Forhandliuger for 1866. — Christiania 1866) 41 S. gr. 8. Vgl. Garcin de Tassy im Journal asiatique 6ieme serie T. X. (1867) p. 368 f.
44) Indische und germanische Segenssprücbe. von A. Kuhn, in dessen Zeitschrift für vergl. Sprachforschung XIII, 1 p. 49—74, 2 p. 113—157.
45) Lectures on the history of the eastern churcb ; with an introduction on the study of eclesiastical history. By Arthur Penrhyn Stanley. 2. edition London, Murray 1862, LXXXVIII u. 437 S. 8., unter 'demselben Titel: froni the second London edition, revised. New York, Scribner 1862, 551 S. 8. Vgl. auch den Artikel: Die moi'genländische Kirche. Von Dr. A. P. Stanley. Deutsche Vierteljahrsschrift für engl. -theolog. Forschung von Heidenheim No. VI (Gotha 1863) p. 125—144, No. VII (1864) p. 251—285. Ausserdem vergl. North American Review 1862 July p. 264 f. und meinen Jahresbericht für 1859—1861 no. 133.
46) De novo testamento ad versionum orientalium fidem edendo, Gesammelte Abhh. von P. de Lagarde (Leipzig 1866, 8. ' No. II. Vgl. meinen Bericht für 1857—58 no. 80.
172 Wi^senschaftl. Jahrcshcricht für 18(i2— 18ö7.
deutung der orientalischen Uebersetzuugen des Neuen Testaments. In die älteren Epochen der christlichen Kirche, zumal mit ihrem Sagenschmuck, führt Ghisfav Opperfs'^^'^) Monographie über den Presbyter Johannes und Lagardes ^^) musterhafte Ausgabe der Apostolischen Constitutionen. Der erstere identificiert sehr scharf- sinnig die besonders auch das spätere Mittelalter lebhaft beschäf- tigende sagenhafte Gestalt mit dem durch eine sj^rische Namensform Juchanan vermittelten Kur-Chan der innerasiatischen Geschichte. Mit dem concreten Leben der morgenländischen Kirche beschäftigt sich sehr eingehend das gründliche und inhaltreiche Werk Pichlers'^^), dessen kritischeStellung dem römischen Papstthum gegenüber eine bedeutende hier nicht weiter zu untersuchende Sensation veranlasst hat. Die orientalische Wissenschaft kann sich im Wesentlichen für die drei letzten Abschnitte des ersten Bandes, welche das Christenthum in der europäischen Türkei seit 1453 behandeln, und für die zweite Hälfte des zweiten Bandes interessieren ; hier erhalten wir gelungene geschichtliche Charakteristiken der nestorianischon, armenischen, jacobitischen , koptischen , abessinischen und maronitischen Kirche. Für die Nestorianer bietet d'Avrä ^^) einige unabhängige Notizen. Ein hervorragendes Quellenwerk zur Geschichte der orientalischen Cultur und der damit zusammenhängenden Dogmen verdanken wir
647) Der Presbyter Johannes in Sage und Geschichte. Ein Beitrag zur Völker- und Kirchenhistorie und zur Heldeudichtung des Mittelalters von Grust. Oppert. Berlin, Springer 1864, V u. 208 S. gr. 8. (n. 2' 3 ^. ). Vgl. Schott in Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1864 no. 3.5 p. 556 f. ; Liebrecht in Gott. gel. Anz, 1864 St. 52 p 2063—69; von Sybel's Hi.-,tor. Zeitschrift VU flSeö) Heft 1 p. 300 f.; Ausland 1864 110. 41 p. 976—978; Zimmermanns Theol. Lit.-Bl. 1865 no. 6 p. 36 ; Athenaeum 1864 Aug. 20 p. 236 f. Vgl. : Kitai, Kara-Kitai und der Priester Johannes, Archiv für wissenschaftl. Kunde von Russland XXIII, 4 (1865; p. 517-527.
48 Coustitutiones apostolorum edidit P. A. de Lagarde. Leipzig, Teubner 1862, XVI u, 288 S. Lex. 8. (4 •^. ) Vgl. Lit. Centraibl. 1862 no. 32 p. 665.
49) Geschichte der kirchl. Trennung zwischen dem Orient und Occident von den ersten Anfängen bis zur jüngsten Gegenwart. Von ^1. Picliler. Bd. 1. Byzantinische Kirche. Bd. 2. Die Russische, Hellenische und die übrigen oriental. Kirchen mit einem dogmatischen Theile. München, Rieger 1865, XXII u. 559; XXVI u. 790 S. Lex. 8. (n. 7 ^. 16 J§k) Vgl. lit. Centraibl. 1865 no. 32 p. 826 f.; Wiener Allg. Lit.-Ztg. 1864 No. 36 p. 313 f. und 1865 No. 34 p. 291 f. Literarischer Handw. 1865 No. 32 p. 63 f.; No. 35 p. 213 f.; Archiv f. kathol. Kirchenrecht 1865 Heft 4, und A. Ritschi in Gott. gel. Anz. 1865 St. 41 p. 1601 — 16. — Unter den Gegnern besonders: Neue Studien über die Trennung der morgenländ. und abendl. Kirche. Von Prof. Dr. J. Hergen- röther, Chiüaneum V (1864) p. 8—26, 56 — 70, 97-122. — Ihm entgegnet be- sonders: An meine Kritiker. Beleuchtung verschiedener Angriffe auf meine Ge- schiclite der griech. Kirchentrennung u. s. w. Von Dr. A. Picider. München, Rieger 1865, 51 S. gr. 8. (n. 15 ^ ) — Darauf erwidert für sein Theil Hergen- röther im Chilianeum VI (1865) p. 246-255, dazu VII (1865) p. 20— 33.
50) Notices sur les patriarchats orientaux. (III Les Nestoriens et les Chaldöens) par le baron AdolpJir d'Avril, Bulletin de l'oeuvre des pelerinages en terre sainte 1863 no. 28.
Orientalisches ('hristentlmm. 173
Denzinget-^^^). Er hat nicht allein seine Vorgänger vollständig revidiert, sondern auch manches neue Material (so besonders Koptisches und monophysitiscbes Armenisches) herbei geschafft. Zu bedauern ist nicht sowohl die Beschränkung auf das rein Sacramentale, als vielmehr die Wiedergabe in lateinischer Uebersetzung allein, neben welcher wie die hoffentlich nachfolgenden Oi'iginaltexte sehr ungern ver- missen, und die Ausschliessung der melchitischen Syrer und der Georgier. Von den sieben Sacramenten der katholischen Kirche behandelt der erste Band Taufe, Firmung, Abendmahl und Busse, der zweite Priesterweihe^ Ehe und letzte Oelung: dort die Taufe, hier die Priesterweihe den grössten Raum füllend. Verfassung und Gliederung der orientalischen Kirche haben Sühernagl^-) und Zhishman 5^) dargestellt; der erstere resümiert die Verhältnisse der in einer schismatischen und einer unierten Gruppe der Reihe nach be- handelten einzelnen orientalischen Kirchen: der andere folgt unter Benutzung der Synodalacten vom dritten bis zum 17. Jahrhundert den einzelnen Rubriken des Kirchenrechts. Die Zustände der orientalischen Kirche und die Möglichkeit oder geradezu Nothwendig- keit ihrer Vereinigung mit der römisch-katholischen bilden den In- halt der höchst interessanten jetzt wieder mit neuem Titel aus- gegebenen Schrift von Pitzipios-Bey^^), der aber seit deren erstem Er- scheinen im J. 1857 sich in den schärfsten Gegner des Romanismus umgewandelt hat. Die kirchlichen Verhältnisse bilden einen wesent- lichen Bestandtheil der orientalischen Frage, wie sie von d'Ävril^^),
651) Ritus Orientalium, Coptorum. Syrorum et Armenoium, in administrandis sacramentis. Ex Assemanis, Renaudantio, Trombellio aliisque l'ontibus authenticis col- lectos, prolegomenis notisque criticis et exegeticis instructos, coiicurrentibus nonnullis theologis ac liiiguarum orientalium peritis ed. Henr. Densinger. T. I. 11. Würzburg, Stahel 1863—64, XIV, 500 u. VI, 554 S. gr. 8. (8 fl. 48 xr. = 51/5 ^. ) Vgl. Sion 1863 vom 1. Juni; Westminster Review 1864 Jan. p. 229; Wien. Allg. Lit.-Ztg. 1864 No. 22 p. 189 f., No. 30 p. i^61 f.; Chiliaueum VI (1864) p. 391 f.; Lit. Centralbl. 1864 no. 32 p. 746 f.; Reiser in Tübinger Theol. Quartalschr. 47 (1865) Heft 3 p. 501 f. und Lit. Handw. 1864 No. 25 p. 202 f.
52) Verfassung und gegenwärtiger Bestand sämmtlichtr Kirchen des Orients. Eine canonistisch-statistische Abhandlung von Prof. Isid. Silhernagl. Landshut, KrüU 1865, X u. 335 S. gr. 8. (l'/g ^.) Vgl. Lit. Centralbl." 1865 no. 35 p. 923; Zimmermanns Theol. Lit.-Bl. 1865 No. 45; Archiv für kathol. Kirchenr. 1865. Heft 4. ; Oesterreich. Wochenschrift 1865 No. 16.
53) Die Synoden und die Episkopal-Aemter in der morgenländischen Kirche von Dr. Jos. Zhishman. Wien, Braumüller 1867, VI u. 240 S. gr. 8. (1 ^. 26 J/^.) Vgl. Lit. Centralbl. 1868 No. 15 p. 390 f. Wiener Allg. Lit.-Ztg. 1868 No. 3 p. 17 und Haucks Theol. Jahresber. III (1867) p. 684 f.
54) Die orientalische Kirche. Geschichtliche Darstellung ihrer Trennung, dann Wiedervereinigung mit der röm. Kirche u. s. w. Von J. G. Pitzipios- Bey. Deutsch von Dr. Heinr. Schiel. Zweite Ausg. Wien. Mayer & Co. 1865, VII u. 447 S. gr. 8. (1 ^.) Vgl. Wiener Allg, Lit.-Ztg. 1865 No. 26 p. 223 f.
55) Doeuments relatifs aux eglises de l'Orient, considerees dans leurs rapports avec le Saint-Siege de Rome, par Adolphe d'Avril. Paris, Duprat 1862, 155 S. 12. (3 fr.)
174 Wissenschaftl. Jahreshericht für 1862—1867.
Gagarin^''^), Negri^''), der geistvollen Dora d'Istn'a-'^) und Bjäin^^) aufgefasst wird.
Aus diesem fast nur levantinisclien Kreise führen uns die christlichen Mi ssio neu Avieder hinaus auf den grossen Schauplatz Asiens. Dies Gebiet streift die schöne und gründliche Arbeit Maclears ^^) über das Mittelalter, ebenso das allgemeine jetzt in das französische übersetzte Werk des Engländers Marshall^^J; Hinterasien uud Indien geht specieller das 1862 dänisch in Kopen- hagen erschienene, jetzt deutsch bearbeitete Werk Kalkar's ^^) über die römisch-katholische Mission an, deren durch die Leistungen der Dominicaner in Hinterasien herbeigeführten Erfolge ausführlicher Pater Andre-Marie ^^) darstellt, indess die jesuitischen Verdienste Carayon ß^) nach dieser Richtung darlegt. Von den mindestens ebenbürtigen Thaten der evangelischen Missionäre in Ostindien be- richtet Vormbaums^^) fortschreitendes biographisches Werk, auf wel- chem Schauplatz auch hauptsächlich Harnet Warner Ellis^^) Geschichte der dänischen Mission spielt. Die Wirksamkeit der
656) Constitution et Situation presente de toutes les eglises de l'Orient Par le P. J. Gagarin. Paris, Douniol 1865, 12 S. 8.
57) Europäische Gesichtspunkte für die orientalische Frage. Das Christen- thum im Orient, nach Christoforo Negri, Geizers Protest, Monatsbl, XXVII Heft 5 (1866 Mai) p. 263— 2(;9.
58) Die orientalische Kirche. Von Dora cVIstria. I. der hellenische Klerus, Internationale Revue III (1867) Heft 1 p. 1—20, Heft 2 p. 206 216.
59) Der Orient in seiner Bedeutung für die Christenheit unserer Tage. Vortrag gehalten in Moers am 15. Jan. 1867 von A. Bi'üm^ Pfarrer. Moers, Spaarmann in Comm. 1867, 16 S. 8. (2^2 J§r:) Vgl. Haucks Theol. Jahresber. m (1867) p. 213.
60) History of Christian missions during the middle ages. By George Frederick Maclear. London & Cambridge, Macmillan 1864, XXI u. 466 S. 8. (10 sh. 6 d.) Vgl. Deutsche Vierteljahrsschrift für engl. u. theol. Forschung von Heidenheim, No. VI (Gotha 1863) p. 247 f.
61) Les missions chretiennes par T. W. M. Marshall. Ouvrage traduit de langlais avec l'autorisation de l'auteur, augmente et annote par Louis de Waziers. Deux vols. Paris, Bray 1865, XVI u. 1237 S. 8.
62) Geschichte der römiscli- katholischen Mission von Ch. H. Kaikar. Deutsche Ausg. unter Mitwirkung des Vfs. bearbeitet von A. Michelsen. Erlangen, Deichert 1867, VIII u. 327 S. 8. (1 Thlr. 6 Sgr.) Vgl. Haucks Theol. Jahres- bericht m (1867) p. 248 f.
63) Missions dominicaines dans l'extrcme Orient. Par R. P. Fr. Andrk- Marie. Vol. 1. 2. Paris et Lyon 1865, XXXII u. 939 S. 18. Vgl. Missions dominicaines dans l'extreme Orient. Par P. Afeynard, Revue catholique de Louvain VIU s(5rie, T. III (1865) p. 711 f.
64) Relations inedites des missions de la compagnie de J^sus k Constan- tinople et dans le Levant au XVIIe sifecle. Par A. Carayon. Paris, Douniol 1864, 8.
65) Evangelische Missionsgeschichte in Biographieen von Reinli, Vorm- haura. Bd 5, erste Hälfte: H. Mortyn, J. Brown u. Cl. Buchanan, Kaplans der ostind. Compagnie in Bengalen, und ihre Mitarbeiter. 1865, VIII u. 204 S. 8. (n. 15 J%)
66) Denmark and her missions. By Harnet Warner Ellis. London, Seeley & Co. 1864, 268 S. 8. (SVg sh.)
China. Allgemeines. 175
evangelischen Kirche in dieser Beziehung (hüc'ki Reinke''^''^) auf ein sehr geringes Maass herab, ja er verneint sogar die Fähigkeit der- selben, mit ihrem kalten Glaubenssystem in dem warmen lebensvollen Orient etwas leisten zu können. Alle Erfolge der Mission sind übrigens im Grunde sehr vereinzelt und die Sicherheit der Resultate sehr zweifelhalt; man erwäge nur, was der Bischof Colenso^^) vor der Anthropologischen Gesellschaft in London am 16. December 1865 nach seinen südafrikanischen Erfahrungen über Bekehrungen der Wilden vortrug.
Damit breche ich die Aufzählung der allgemeinen Litteratur ab, welcher ich aber eine um so grösserer Aufmerksamkeit zugewendet habe, je häufiger sie von den Detailforschen zu ihrem Nachtheil übersehen zu werden pflegt. In der Besprechung der einzelnen Länder- und Culturgebiete beginne ich nach meiner Gewohnheit mit China, nicht weil es einen Vorrang der Zeit nach oder in der mensch- heitlichen Wirkung beanspruchen könnte, sondern einfach weil es das fernste, in seiner Entwickelung einsamste und dabei doch colossalste Culturphänomen ist. Für seine Litteratur erhalten wir aus Frankfurt a. M. ein bibliographisches Hülfsmittel ^^), durch welches wir manches modern volksthümliche kennen lernen und zur Erwerbung chinesischer Drucke reichlichere Gelegenheit gewinnen als je in Deutschland; die auf China bezüglichen Werke (mit Ausschluss der philologischen) verzeichnet Bennys '^^) für praktische Zwecke, Auf das in Europa selbst immer noch nicht in dem wünschenswerthen umfange getrie- bene Studium des Chinesischen wirft Summers ''^) einen geschicht- lichen Rückblick; auch bringt er den modernen Begründer desselben Remusat^^J und seinen nicht immer besonnen eifrigen Förderer Klaproth ") durch Uebersetzung französischer Biographien in Er-
667) Der Protestantismus im Orient. Ein Beitrag zum Verständniss der religiösen Frage des Orients, zugleich als Replik an den evangelischen Pfarrer Andrea in Neheim. Von Dr. L. Reinlce. Münster, Niemann 1867, XV u. 147 S. 8. (12 J^r.) Vgl. Wiener AUg.Lit.-Ztg. 1868 no. 4 p. 26 f.; Haucks Theol. Jahresbericht ni (1867) p. 432 f.
68) Vgl. das Referat im Reader 1865 May 27 p. COS. Dazu halte man den Artikel ebend. June 17 p. 671 f.
69) Hän-tse-wen-fä-chön-kouang-tsong-möu Bibliotheca sinologica. Ueber- sichtliche Zusammenstellung als Wegweiser durch das Gebiet der sinologischen Literatur von F. Andreae und John Geiger. Frankfurt a. M., Völcker 1864, XVI u. ]59 S. gr. 8. (n. 2 ^^ ) Vgl. Mohl im Journ. Asiat. 1864 T. 3 p. 370 f.
70; Catalogue of Books on China (other than philological) published on China and Japan in the English language, in : N. B, Denny^S The Trebty Ports of China and Japan (London and Hongkong 1867, 8.1 Appendix p. 1 — 26. Vgl. unter no. 823.
71) The Study of the Chinese by Europeans, Chinese and Japanese Re- pository by Summers Vol. II (1864) p. 26—28.
72) A Memoir of Remusat [translated from the "Biographie Universelle"], Chinese and Japanese Repository by Summers, Vol. 1 (1863) p. 77 — 84.
73) Memoir of Klaproth, [translated from the "Biographie Universelle"], Chinese and Japanese Repository by Summers, Vol. I (1863) p. 217— 22U, 254- 267.
176 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
iimerung. Zu bemerken ist, dass der Artikel der 'Biographie Uni- verselle' über Remusat unter dessen Werken ein neuerdings von Quaritcli ausgeboteues 'Dictionnaire Chinois-Franyais couteuaut les caracteres les plus usiteS; leur pronouciation, leur ton, et leur signi- tication' aus dem December des J. 1808 nicht anführt. An den verdienten portugiesischen Sinologen Gongalves erinnert mit gutem Recht Neumann '^''^).
Das Material ist reich genug, um seiner wissenschaftlichen Er- kenntuiss oder doch bequemen Ansammlung besondere Zeitschriften und litterarische Organe zu widmen. Nach dem Eingehen des selten und dann meistens noch unvollständig gewordenen sehr wichtigen 'Chinese Repository' war es verdienstlich, dass Summers ''^j, später unterstützt von Rost und unter ausdrücklicher Hinzunahme des Japani- schen Titel und Aufgabe jener Zeitschrift erneute. Wir werden die von ihr gelieferten Artikel an ihrer Stelle kennen lernen ; leider scheint aber auch sie bereits einen Abschluss gefunden zu haben, denn der Herausgeber hat ein neues Unternehmen begonnen''^). Aus der Hauptstadt des Reiches selbst erhalten wir eine Fortsetzung der bedeutenden Studien der russischen Mission "''), die bei jedem weiterhin hervorzuhebenden Gegenstande einen Fortschritt der For- schung bezeichnen. Das in Shanghai erscheinende Journal der asiatischen Gesellschaft, welches schon oben erwähnt ist, bezieht sich uaturgemäss vorwiegend auf China; eine von N. B. Bennys '^^) in Hongkong beabsichtigte Monatsschrift beschränkt sich ausdrücklich auf China und Japan. Daneben ist zu erwähnen die glücklich er- neute Sammlung der bekannten Abhandlungen des trefflichen Davis "'*) ; zu ihnen gesellt sich eine Reihe von Studien des jüngsten und
674) Der Sinologe Alphons Gon^alves. Von Karl Fr. J^euinann, Z.d. D. M. G. XVIII (1864) p. 294—296.
75) The Chinese and Japanese Repository of Facts and events in science, history, andart relatingto Eastern Asia Edited by theUcv. J. Summern, assisted by Dr. Keinholcl Rost (vom 2ten— 12ten Hefte). Vol. I No. 1—12 (July 11, 1863— June 3, 1864). Vol. II No. 13—17 (August 12— Dec. 1864). Vol. III No. 18—29 (Jan. —Dec. 1865). London, W. H. Allen & Co. 1863—64, Office of the Repository 1864-65, 522, '230 u. 588 S. gr. 8. mit 2 Tff. inBd. II.
76) Fei-lung-pao-pien The Flying-Dragon Reporter for China, Japan, and tlie East. No. I. January 14, 1866 (herausgegeben von Rev. ./. Summers am King's College). London 1866 gr. fol. Vgl. kurze Notiz von Leon de Rosny im Journal asiat. 6e s^rie, T. 8 (1866) p. 438; Athenaeum 1866 Febr. 17 p. 234.
77) Arbeiten der Mitglieder der russischen geistlichen Mission in Peking. Bd. IV. St. Petersburg 1866, 460 S. gr. 8. mit 3 Tff. (1 R. 50 Kop.) Vgl. Journal Asiatique T. XIII (1869) p. 70 f. und B. Grigoryeff in Z. d. D. M, G. XXI ri867) p. 499 f.
78) Notes and Queries on China and Japan. (Monthly Periodical.) Hongkong (London, Trübner) 1867.
79) Cliinesc Miscellanies : a collcction of essays and notes by Sir John Francis Davis. New edition. London, Murray 1865, VII u. 191 S. 8. (6 sh.) Vgl. Reader 1865 No. 152 p. 593; Athenaeum 1866 Jan. 13 p. 51 und Lit. Centralbl. 1866 No. 41 p. 105 ff.
China. Reisen. 177
thätigsten Forschers über Ostasien, Leon de Rosyiifs ^^^). Von den neunzehn uns bereits durch anderweitigen Abdruck bekannten Ab- handlungen beziehen sich nur sehr wenige auf den Orient ausserhalb China und Japan : das erstere betrifft hier ein allgemein charakteri- sierender Artikel, eine Besprechung des Amur nach russischen Quellen, Notizen über Korea und die Liu-kiu-Inseln.
Die Reihe der R e i s e w e r k e , welche sich auf Ost- und Central- Asien einschliesslich Chinas oder dieses allein beziehen, eröffnet seinem Zeitalter nach diesmal eines, das litterarisch eine durchaus neue und eigentümliche und stofflich eine werthvolle Erscheinung ist. Unter Dschingiskhän reiste der in Alchemie und Poesie erfahrene alte Weise und Tao-sse-Mönch Tschang-Tschun auf Befehl des Eroberers aus Nordchina zu ihm nach der Mongolei und als er ihn dort nicht fand, bis nach Turkestan. Der ihn begleitende Schüler Li-tschi- tschang zeichnete Erfahrungen und Verse seines Meisters auf und in dieser tagebuchartigen 'Reise nach dem Westen' oder 'Si-yü-ki' hat sich ein von den uns bereits bekannten buddhistischen Reise- werken eigenthümlich verschiedenes Schriftstück erhalten. Seine sprachlich wie sachlich schwierige Ausgabe mit Commentar würde höchst verdienstlich sein 5 einstweilen verdanken wir Pauthier und Palladius^^) Uebersetzung und Bearbeitungen daraus: der gelehrte russische Mönch hat sich auch der Verse in seiner gewissenhafteren Anlehnung an das Original angenommen. Für unsere Kenntniss Chinas im dreizehnten Jahrhundert sind diese Nachrichten zwiefach interessant : einmal , weil sie einen Blick in die Zustände der Zeit Dschingiskhäns gestatten , welche wir gewohnt sind sehr einseitig zu betrachten; zweitens gewinnen wir Vergleichungspunkte für die Reiseaufzeichnungen des etwa ein halbes Jahrhundert später fallen- den Marco Polo. Was für dieses letzteren Grundwerk der euro- päischen China-Fahrten neuerdings geschehen ist, habe ich schon oben *2) bei den allgemeinen asiatischen Reisen zusammengestellt. Seit diesem Heldenzuge der Wissbegierde bis auf die Gegenwart ist zuerst langsam und schwierig, zuletzt ungestüm und rasch die Freiheit des Wanderns im Reiche der Mitte errungen worden , so dass Dennys^^) ein Reisehandbuch für einen Theil dieses Gebietes liefern kann. Das Meiste erhalten wir nach wie vor durch die
680) Etudes asiatiques de geographie et d'histoire. Par Leon de Rosny Paris, Challamel aine 1864, XII u. 415 S. 8. (7 fr. 50 c.)
81) Relation du voyage de K'hieu, surnomme Tchaiig-tch'un (Long prin- temps) ä l'ouest de la Chine, au commencement du Xllle siecle du notre fere. Par Pauthier, Journ. Asiat. 1867 T. IX p. 39 -86 ; vgl. dazu Palladius in den Arbeiten der russischen Mission in Pekin Th. IV No. 1.
82) Vgl. oben p. 98 f. no. 227—231. Bei no. 229 ist noch p. 169—188 des Chinese and Japanese Repository hinzuzufügen.
83) Notes for Tourists in the North of China. By N. B. Bennys. Hongkong 1866, VI, 62 u. VI S. 8. mit 4 Plänen. (London, Trübner, 10 sh. 6 d.)
Jahresbericht 18G2— 1S67. 12
178 Wissenschaf tl. Jahresbericht ßir 18Ij2— 1861 .
Engländer. Zu den spärlichen Aufzeichnungen ^^^) einer Seereise von Kanton nach Shanghai im Sommer 1847 gesellt sich die sorg- fältig von ihm beschriebene Expedition auf dem Yang-tse von dem kühnen Blakiston ^^) , von welcher auch die ziemlich werthlosen Nachrichten des nur als Zeichner verdienten Barton ^^) und die lehrreicheren Sareis ^'^) vorliegen. Da dies Flussgebiet der Haupt- schaupiatz der Taiping-Kämpfe war, so bringt Blakiston über diese Revolution manche werthvolle Nachrichten. Ein ganz anderes Ge- biet hatte Grant^^) zu beschreiben.- die Gobi-Steppe und ihren östlichen und westlichen Rand. Allgemeiner Art sind die Mit- theilungen des verdienten Edlcms^^) aus seiner weit verzweigten Missionsthätigkeit ; auch mag hier seine in Kiachta erschienene Reise- karte erwähnt sein ^^■'). Auf militärischen Erfahrungen beruht die zwanglose aber sichtlich zuverlässige Darstellung Chinas und seiner Bewohner von Fisher ^") : durch seine Schilderungen geht der Grundgedanke einer sich nicht aussichtslos vollziehenden Umgestal- tung des chinesischen Wesens. Von bedeutendem Werthe sind
684) Notices and Keminiscences of a Voyage from Canton, via Whampoa, Kinsing Mun , and Hong Ivong, to Wusung and Shanghai, in the Summer of 1847. [From a Private Journal], Chinese and Japanese Kepository by Summers Vol. II. (1864) p. 62 69.
85) Five months on the Yang-Tsze; with a narrative of the exploration of its Upper Waters , and Notices of the preseut rebellions in China. By Th. W. Blakiston. Illustratcd from Sketches by Alfr. Barton. London 1862, 396 S. gr. 8. (18 sh.) Vgl. Ausland 1863 No. 1 u. 3; Petermann's Geogr. Mitth. 1863, V p. 194.
86) Notes on the Yang-tsze-kiang. By Dr. Alfred Barton. Journal of the Royal Geogr. Soc. of London 1862 p. 26—41.
87) Der Yaugtzekiang von Hankow bis Piug-shan. Nach dem Tagebuche des Col.-Lieut. Sard von W. Koner, Zeit.schr. für allg. Erdk. 1862, XII p. 87 — 111; dazu: Oberstlieut. Sareis und Cap. Blakiston's Fahrt auf dem Jang- tse-kiang von Han-kow bis Ping-schan, Ausland 1862 no. 18.
88) Journey from Pekiu to St. Petersburg, across the dosert of Gobi. By C. M. Grant, Journ. of the Roy. Geogr. Soc. XXXIII (1863j p. 167—177; Ch. M. Grant's Reise von Peking nach Kiachta durch die Wüste Gobi, Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. XIV (1863) p. 272 f. m. Karte; Notizen zu dem Itinerar von W. Koner, ebend. p. 351 — 356: der erstere Bericht nach den Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. Vol. VII nr. 1. Vgl. Reise durch die Wüste Gobi von Peking nach Kiachta, Ausland 1863 no. 12.
89) Chinese scenes and people. With notices of Christian missions and missionary life , in a series of letters from various parts of Cliina. By Jane R. Edkins. With narrative of a visit to Nanking, by her husband , the Rev. Josex>h Edkins. Also , a memoir , by her father , the Rev. William Stobbs. With Portrait. London, Nisbet 1863, VII n. 307 S. 8. (3V2 sh.)
89a) Road Map from Pekin to Kiachta by the Great Camel- Route, executed under the Superintendence of the Rev. J. Edkins from Pekin (Kiachta 1862) 6 Bll. fol.
90j Personal narrative of three years' Service in China. By Lieut.-Col. Fisher. With maps and illustrations. London, Bentley 1863 VI u. 420 S. 8. (16 sh.) Vgl. Athenaeum 1863 may 2 p. 578 f.; Reader 1863 may 2 p. 425 f.
China. Reisen, 179
Fortune's^^^) Reisebilder, welche mit besonderer Rücksicht auf die NaturverhältDisse und mit geschickter Sorgsamkeit zumal für Japan gezeichnet sind. Aus demselben Jahre 1863 sind noch englische oder nordamerkanische Reiseaufzeichnungen von Smith ^^) und Trollope^^) zu erwähnen. Das folgende Jahr 1864 hat aus Eng- land und Nordamerika ausführlichere oder kürzere Reisebilder und Schilderungen gebracht von Mrs. Williams ^^) , Mrs. Keith ^^) und einem nicht genannten Berichterstatter der Times ^^); 1865 von Dicl-son^"'); 1866 von Äifchison ^^) , Martin ^^), Matheson"'^^) und Williamson ^) ; 1867 \on Lamprey '^). Unter ihnen behandeln die von William Cullen Bryant eingeleiteten Mittheilungeu der Mrs.
691"i Yedo and Pekiu. A narrative of a journey to the capitals of Japan and China , with notices of the natural history , agriculture , and trade of those countries, and other things met with by the way. By Robert Fortune. With Map and illustrations. London : Murray 1863, XVI u. 395 S. 8. (IG sh.) Vgl. The Keader 1863 uo. 13 p. 313; no. 14 p. 332 f.; Athenaeum 1863 March 28 p. 420 f. ; Westminster Review 1863 Juli p. 255 f. ; Quai terly Review 1863 Oct. p. 449 f.; Biernatzki in Gott. gel. Anz. 1863 no : 50 p. 1975—90.^
92) Observations on China and the Chinese. By W. L. G. Smith. New-York 1863, 216 S. 12.
93) Voyage of H. M. S. „Melville" fronti Singapore to Hong-Kong. By H. Trollope, Nautical Magaz. XXXII (1863) p. 169 f.
94) A year in China and a uarrative of capture and imprisonment when HoDiewa'rd Round , on board the Rebel Pirate 'Florida'. By Mrs. H. Dtvight Williams. With an introduction by William Cullen Bryant. New-York 1864, XVI u. 362 S. 8. (8 sh.)
95) Memoirs of Mrs. Caroline P. Keith, Missiouary of the Protestant Episcopal Church to China. Edited by her brother William C. Tenney. New-York 1864, X u. 392 S. 12. (10 sh.)
96) The Route to China by way of Russia and Siberia, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. II (1864) p. 127 — 137.
97) Narrative of an Overland trip, through Huuan, from Canton to Han- kow. By Dr. W. Diclson , Journal of the North-China Branch of the Roy, As. Sog. New series No. I (Shanghai 1865) p. 159— -174.
98) Five years in China; or , the factory boy made a missionary. The life and observations of Rev. William Aitchison , late missionary to China. By Rev. Charles B. Bush. Philadelphia 1866, 284 S. 16. Cloth. (London, Trübner 6 sh.)
99) Acc-'ouut of an Overland Journey from Peking to Shanghai, made in February and March 1866. By Rev. W. A. P. Martin, Journal of the North China Branch of the Roy. As. See. New Ser. No. III. Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 26—41.
700) Narrative of the mission to China of the English Presbytenan Church by Donald Matheson. With remarks <»n the social life and religious ideas of the Chinese, by the Rev. J. Macgowan , and notes on Climate, health, and outfit, by John Carnegie. London, Nisbet 1866, 151 S 8. (2 sh. 6 d.) 1) Notes of a Journey from Peking to Chefoo via Grand Canal, Yen- Chow-foo, etc. By Rev. A. WilUamson , Journal of the North China Branch of the Royal As. Soc. New Ser. No. III. Dec, 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 1—25, 121.
2) Notes of a Journey in the North-West neighbourhood of Pekm, By J. Lamprey , Journal of the Roy. Geogr. Soc. XXXVII (1867) p. 239 ff., vgl. Proceedings XI (1867) p. 259 ff,
12*
180 Wissenschaftl JahresUricht für 1862—1867.
H. Dwight Williams besonders sociale Verhältnisse. Einige Unter- suchungen an Ort und Stelle sind auf geologische und minera- logische Verhältnisse (besonders auf Steinkohlen) gerichtet gewesen, so die Arbeiten von Pumpelly ''^'^) , Kingsmill *) und Blchmore 5), welcher letztere die Route von Kauton nach Hankau eingeschlagen hatte. Medicinische Interessen an China sind durch die Namen Gordon ^) und Lockhardt ^) vertreten.
Ein geringeres Contiugent von lleisewerken hat das erst in neuester Zeit unmittelbar in chinesische Interessen hineingezogene Frankreich gestellt. Die Aufzeichnungen von Huc und Gahet^) hätten nicht nur eine Erneuerung des Titels der deutschen Bear- beitung verdient. Als Verfasser neuer französischer Aufzeichnungen sind zu nennen : de ISomhreuü ^), Graf d'Escayrac de Lmdiire ^^\ Jurten de La Graviere ^^), de Fürth ^^), de BourdoiUon und
703) Smithsonian Contributions to knowledge. 202. Geological researches in China, Mongolia and Japan during the years 1862 to 1865. By Rapli. Fumpelly. Washington City 1866 fol. Vgl. dazu: Notice of an account of geological observations in China, Japan, and Mongolia. By Raphael Piim- pelly, American Journal of science and arts (New Haven) 1866 March, Art. 1.
4) Notes on the Geology of the East Coast of China. By W. Th. Kingsmül. Journal of the Geol. Soc. of Dublin 1863, X p. 1 fif. , Dublin Quarterly Journal of Science 1863 p. 76 ff. Vgl. Ergänzungsbll. zur Kennt- niss der Gegenwart 1865 Heft 4 p. 241 ff. ; ferner : Notes on Some Outlying Coald-Fields in the South-Eastern Provinces of China. By llios. W. Kiii.g- tmill, Journal of the North China Brauch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. III. Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 94—106 m.^ 1 Tf.
5) Voyage dans l'interieur de la Chine. Par A. S. Bichmore^ Bulletin de la Soc. geogr. (Paris) 1867 Aoüt p. 173-181. Vgl. Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. XII (1868) p. 51 f.
6) China from a medical point of view. By C. A. Gordon. London: Churchill 1863, 464 S. 8. (lO'/a sh.) Vgl. The Reader 1^63 no. 3 p. 62 f. u. den allgemeinen Artikel in Quarterly Review lb64 Jan. p. 1—42.
7) Der ärztliche Missionär in China. Mittheilungen nach zwanzig- jährigen Erfahrungen von Wm. Lockhardt. In's Deutsche übersetzt von Herrmann Bauer. Würzburg 1863 , X u. 246 S. 8. (n. 1 S^. 18 J^) vgl. Mag. f. Lit. des Ausl. 1863 u. 40 p. 475 f. und unten no. 1013.
8) Wanderungen durch das chinesische Reich von Ihic und Gäbet. In deutscher Bearbeitung herausgeg. von Karl Andree. Neue (Titel-) Aus- gabe. Leipzig, Senf 1865, XXXII u. 364 S. gr. 8. (1 ^. .)
[)) Voyages en Chine et au Japon , ou details interessants sur les pro- ductions naturelles et industrielles et les moeurs et usages des habitants de ces contrees. Par Frie7ir de Sombreuil. Limoges et Paris, Ardent 1863, 238 S. gr. 12. m. 1 Stich. (Biblioth. chretiennc de l'adolesc.)
10) Recit de la captivitc de M. le Cte d^Escayrac de Lauture par les Chinois, fait par lui-meme, Nouv. Annales de voy. 1864, II p. 145 f.
11) Voyage en Chine pendant les anndes 1847 — 1850 par le vice-amiral Jurien de La Graviere., alors capitaine de fregatc etc. Deux vols. Paris, Hachette 1864, 706 S. in 18-jesus. (7 fr.) (Bibliothöque variee.)
12) Un parisien en Asic. Voyage en Chine , au Japon , dans la Man- tchourie russe et sur les bords de l'Amour, par üamille de Fürth. Paris, Libr. göndrale des auteurs 1866, 315 S. in 18-jesus.
China. Reisen. 181
Poussldgue''^'^) , Roy^'^) und Mm-cou^^) mit zum Theil sehr be- scheiden populären Absichten. Von ihnen wird uns der Graf d'Escayrac de Lauture weiterhin mit resümierenden Uebersichten wieder begegnen ; wegen ihrer trefflichen Bilder sind die Bourboulon- Poussielgue'schen Schilderungen in 'Le Tour du Monde' besonders hervorzuheben.
Deutschland hat diesmal mit einer merkwürdig bedeutenden Litteratur eingegriften, nicht durch die curiosen Briefe von Eduard Reifert und dem bischöflichen Vicar Mouly ^^) , sondern durch die anregende Preussische Expedition nach Ostasien i^). Obgleich der Schwerpunkt dieser Expedition in Japan liegt, so möge sie doch wegen ihrer Beziehung auch auf China und Hinterindien hier so- gleich erwähnt werden. Eine Reihe von Schriften theils unmittel- barer Theilnehmer, theils ferner stehender Beobachter, kam meist geschickt zunächst den Interessen der wissbegierigen Heimat ent- gegen. Kreyher ^^) stellte seine ursprünglich in der Schlesischen Zeitung erschienenen Reisebilder gut überarbeitet zusammen ; Schober^^) sprengt erzählend auf dem Pegasus heran •, sorgfältig, eingehend und zum Theil gradezu vortrefflich sind die Reisewerke von Wenier^^)
713) Relation de voyage de Shang-hai h Moscou par Pekin, la Mongolie et la Russie asiatique, 1859 — 1862, redigee d'apres les notes de M. de Bour- boulon, ministre de France en Chine et de Mme de Bourboulon. Par Achille Poussielgue, Le Tour du Monde 1864 T. IX p. 81—128, T. X p. 49—80, 289—336; T. XI p. 234-272, und dann besonders: Voyage en Chine et en Mongolie de M. de Bourboulon , ministre de France , et de Mme Bourboulon 1860—61. Par Achille Poufisielgue. Paris, Hachette 1866, XII u. 456 S. in 18-jesus. m. 7 TflF. (3 fr. 50 c.)
14) Un fran9ais en Chine pendant les annees 1850 ä 1856 par J. J. E. Roy. Nouvelle ed. (Bibliotheque chretienue). Tours, Marne 1866, 192 S. 8.
15) Voyage dans l'interieur de la Chine. Par J. Marcou, Bulletin de la Soc. de Geogr. Ve Serie 1867 T. XIV p. 178 ff.
16) Das Interessanteste und Neueste aus China, in religiöser, polit. und socialer Hinsicht. Wien, Mechit. - Congr, - Buchh. 1863, IV u. 188 S. 8. (16^) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 no. 35 p. 822; Kath. AUg. Lit.-Ztg. 1864 No. 27 p. 237.
17) Literatur über die Preussische Expedition nach Ost-Asien, Petermanns Geogr, Mittheilungen 1864 p. 113 f.
18) Die preussische Expedition nach Ostasien in den Jahren 1859 — 1862. Reisebilder aus Japan, China und Siam von weil. Pred J. Kreyher. Hamburg, Agentur des Rauhen Hauses 18H3, XVI u 428 S. 8. fn. 1 ^. 12 J§r.)
19) Erinnerung an Preussens ostasiatische Expedition in den J. 1859, 1S60, 1861 u. 1862. Eine Reisebeschreibung in Versen von Georg Schober. Mit (8 lith.) Zeichnungen. Danzig, Kafemann 1863, III u. 95 S. lex.-8. (n. 24 J^.)
20) Die preuss. Expedition nach China, Japan u. Siam in den J. 1860, 1861 und 1862. Reisebriefe von Lieut. Reinh. Werner. Mit 7 Abb. in Holzschn. u. 1 lith. Karte. Th. 1. 2. Leipzig, Brockhaus 1S63, X, 303 u. X, 312 S. 8. (SV, ^■) Vgl. Lit. Centralbl. 1863 no. 28 p. 655 f.; J. G. Kohl in Gott. gel. Anz. 1863 uo. o4 p. 1821—41.
182 Wisseyischaßl Jahresbericht für 1862—1867.
und 3faro7i''^^) , zumal dies letztere; gefällig unterrichtend erweist sich Spiess ^^). Andere Publicatiouen betrafen einzelne Momente. Unter bescheidenem Titel stellte ein Mitglied der Expedition, Commerzienrath Wolf^^) ein geschmackvolles und glänzendes Album zur ostasiatischen Ethnographie und Indnstriekunde zusammen; C. Friedel -^) lieferte wichtige Aufschlüsse medicinischer und klima- tologischer Art. Die Hauptdarstellung liegt aber in den beiden üfficiellen Werken vor, von denen das eine ein Atlas von An- sichten ^5)^ das andere ein ausführlicher ebenfalls sehr gut aus- gestatteter Bericht ^6) ist. An beiden hat der Maler Albert Berg hervorragenden Antheil. Aus seinem schönen Werke über Rhodos kannte man schon sein bedeutendes Talent für charakteristische Auffassung des Landschaftlichen und Architectonischen ; auf diesen Blättern aus Ostasieu hat es sich in gesteigerter Weise bewährt. Auch als ehrenwerther Darsteller im Wort zeigt er sich und man verzeiht in dem erzählenden Bericht, dessen Titel wol seinen Namen hätte tragen können, gern einige Verstösse gegen die ostasiatische Philologie, welche von Rechtswegen in Berlin hätte vertreten sein sollen oder für welche von dem ausgezeichneten Sprachforscher auf
721) Japan u. China. Reiseskizzen , entworfen während der Preuss. Expedition nach Ost-Asien von Herrn. Maron. 2 Bde. Berlin , Janke 1863, 526 S. 8. m. 1 Holzschnittfl. f2V4 -^ ) Vgl. Qiiarterly Review 1864 Oct. p. 449 f.; The China Mail 1864 mai 5 und danach Augsb. Allg. Z. 1864 no. 266 Beil. ; O. Banck in der Novellenztg. 1865 No. 15.
22) Die preussische Expedition nach Ostasien während der J. 1S60 — 62. Reise-Skizzen aus Japan , China , Slam u. der indischen Inselwelt von Guat. Sjness. Mit 8 To lüldern, mehreren Portr. u. zahlr. in d. Text gedr. lllustr. Lief. 1—9 fvollst.) Leipzig, Spamer 1863—64, X u. 428 S. gr. 8. (n. 3 # ) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 no. 27 p. 634; 1865 no. 12 p. 317; Breslauer Ztg. 1864 No. 545.
23) Album von Ost-Asien. Von Fr. Wolf. Düsseldorf u. M.-Gladbach, Spaarmaun lh64, 30 Tff. fol. m. erkl. Text. (QO ^.) Vgl. Petermanns Geogr. Mitth. 1865 p. 312 f., Köln. Ztg. 1865 No. 317.
24) Beiträge zur Kenntniss des Klimas u. der Krankheiten Ost-Asiens, gesammelt auf der Preuss. Expedition in den J. 1860, 1861 u. 1862 von C. Friedel. Berlin, G. Reimer 1863, II u. 183 S. gr. S. (25 .A^) Vgl. Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. XV (1863) p. 269—271.
25) Die preussische Expedition nach Ost-Asien. ,\nsiihton aus Japan, China und Siam, Im Auftrage der kgl. Regierung herausgegeben von A. Berg. Heft 1—3 (jedes 4 Photolithogr. , 2 Chromolith. u. 3 Bll. Text in deutscher, engl. u. franz. Sprache). Berlin, v. Decker 1864 — 66 gr. fol. {h n. 8 .^. ) Vgl. Lit. Centralbl. 1867 No. 4 p. 93 f.; Köln. Ztg. 1865 no. 234; Kohl in Gott. gel. Anz. 1865 St. 26 p. 1016 f.
26) Die preussische Expedition nach Ostasien. Nach amtlichen Quellen. Bd.. I. U. Berlin, v. Decker 1864^66, XXIII u. 352, X u. 375 S. gr. 8. mit' je 12 lllustr, u. ausserd. 2 Karten in Bd. l. {h 4 ^) Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 5 p. 108 f.; Augsb. Allg, Zeitung 1865 no. 16—18 Beilage, Kohl in Gott. gel. Anz. 1867 St. 30 p. 1161—73; Magazin für die Lit. d. Ausl. 1864 no. 16 p. 239—241, no. 17 p. 268 f., 1865 no. 1 p. 11 f., 1867 no. 3 p. 32 f., Leon de Rosny im Journ. Asiat. 1867 T. IX p. 421 f.; West- minster and Foreign Quarterly Review No. 164 '1865 April) Vol. 83 p. 596.
Ch i n a. Geschichte. 183
Poschwitz bei Altenburg die bequemste und zugleich kundigste Orientierung zu empfangen war. Ausserdem sind mit der officiellen preussischen Darstellung, welche unter den modernen Expeditionen nach Japan und China allein in den nordamerikanischen Aufzeich- nungen ein würdiges Pendant hat, die Bemerkungen des sächsischen Commissars ^^'') und die v. Scherzers ^^) zu verbinden. Von son- stigen Eeisewerken über China ist nur das mir unzugänglich ge- bliebene von dem Dänen Bille ^^) zu erwähnen.
Die Geschichte des ungeheuren Reiches gehört immer noch zu den merkwürdigsten Problemen. Unsere Forschung ist so wenig vorgerückt, dass wir nicht einmal wissen, ob China einen ge- hemmten elementaren Culturansatz oder, was mir bei der Betrach- tung der sichtlich zertrümmerten Sprache immer das Wahrschein- lichere dünkt, ein überreiches Ende zahlreicher Culturwandlungen darstellt. Mit dem warmen Interesse eines hochgebildeten auf die letzten Ziele aller sittlichen Entwicklung hinausschauenden Menschen- freundes hat Kaeufer^^) nach seinem grossen Werk einen ge- schickten üeberblick dieses geschichtlichen Gebietes gegeben. Zu einer irgend sicheren Construction kann man aber zunächst kaum gelangen, ehe nicht Quellen, einzelne Lebensrichtungen, Persön- lichkeiten und sonstige Specialitäten näherer Untersuchung unter- worfen sind. Doch darf die Forschung nicht jede beliebige Einzel- heit, wie wir es geschehen sehen, ergreifen: nicht jede vermag mit einem Resultat zu belohnen. Ein sehr wichtiges Moment, die Bevölkerungsstatistik, hat Sacharof'^^) durch den ganzen Verlauf der Geschichte verfolgt: resultatloser wenn auch anziehend sind die vergleichenden Betrachtungen des italiänischen Parlamentsmit- gliedes Ferrari^^). Ebenso interessant als wichtig ist die Frage
727) Amtlicher Bericht des die königl. preuss. Expedition nach Ostasien begleitenden kgl. sächs. Commissars, Wissenschaft]. Beilage der Leipz. Zeitung 1862 no. 5-10, M.
28) Die ostasiatische Expedition. Von Dr. Karl v. Scherser , Oester- reich. Revue IV, 10 (1866 Oct.) p. 118—131.
29) Min Reise til China 1864. Ved S. Bille. Kopenhagen, Reitzel 1865, 276 S. 8. m. 2 Karten. (2 Rd. 48 sk.)
30) Üeberblick der Geschichte Ost -Asiens in sechs Vorlesungen. Von Cons.-R. Joh. E. R. Käufer. Leipzig, Klinkhardt 1864, IV u. 123 S. gr. 8. (^12 J^n) Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 16 P- 410 f.
31) The numerical relations of the population of China, during the 4000 years of its historical existence; or, the rise and fall of the Chinese population. By T. Sacharoff. Translated into English by the Rev. Wm. Lobscheid. Also the Chronology of the Chinese, from the mythological times up to the present rules. Hongkong 1865, VI u. 40 S. 8. (London, Trübner, 9 sh.) ^
32) La Chiue et FOrient, leur histoire et leurs traditions comparees. Par J. Ferrari. Paris 1867, VI u. 608 S. 8.; desgl. 2e ed. Paris, Didier 1868, VI u. 611 S. 18-jesus. Vgl. Journ. des Sav. 1868 fevr. p. 126; Girard de Rialle in Le Courrier fran^ais 1868, 24 fevr,; Jardin in L'opinion nationale vom 19. Oct. 1867; Pasquet im Siecle vom 7. Oct. 1867.
184 Wissenschaftl. Jahreshenclit für 1862—1867.
nach dem Ursprung der chinesischen Nationalität. Chalviers '^^') beantwortet sie zu Gunsten der Auffassung eines einheitlichen Ursprungs der Menscheit. Seine Ansichten waren in den Umrissen den Lesern der Prolegomena zu Leggc's Schu-king bereits bekannt ; jetzt hat er sie weiter ausgeführt und näher zu begründen ver- sucht. Sprachvergleichungen , welche indess nicht stichhaltig er- schienen , genügen ihm , Chinesen und Arier zu verknüpfen ; ein chinesisches Volksthum vor 2000 v. Chr. glaubt er nicht annehmen zu dürfen-, am meisten Anerkennung verdienten seine Zweifel an den Ueberlieferungen über die märchenhafte altchinesische Geschichte. Dieser gegenüber verhält sich einer unserer ausgezeichnetsten Sino- logen, Plath'^"^), merkwürdig conservativ; treffend \\Qhi LabartJie'^^) den legendarischen Charakter der ältesten Epochen hervor, bei deren Auffassung der chinesische Geist die ganz bestimmte Tendenz zeigt, sich ein ihm angemessenes Staatsideal zu schaffen: eine recht grosse Familie unter der Leitung eines Weisen. Es fehlt schon für die frühesten Zeiten nicht an chronologischen Gerüsten, deren gemachte Constructions - Principien sich sicher noch A. v. Gutschmids kritischem Scharfblick enthüllen w^erden. Jetzt ver- danken wir Mayers ^^) sorgfältige Zusammenstellungen und beson- ders Flaih^^') den gelungenen Nachweis, dass wir alles in Allem genommen erst seit 841 v. Chr. in dieser Beziehung sicher rechnen können. Alter und Selbständigkeit des chinesischen Wesens laden zu culturhistorischen Betrachtungen ein. GladlscJi 3'^), dessen Com- binationsfertigkeit wir sonst schon geschickt aber ohne allen metho- dischen Erfolg an entlegene Probleme gesetzt sahen, findet in diesen Lebenskrcison die alten Flypcrboreer wieder. Werthvoll da-
733) The Origin of the Chinese ; an attempt to trace thc conncctioii of the Chinese with westeru nations in thcir religion , superstitious arts, language, and traditions. By John Chalmers. Hongkong 1866, 78 S. (7 sb. 6 d.)
34) Ueber die Glaubwürdigkeit der ältesten chinesischen Geschichte. Von Dr. Joh. Heinr. Plath. (Aus d. Sitzungsberichten der k, bay. Ak. der Wiss.) München, Franz in Comm. 1866, 52 S. 8. (13»/, ^) Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 1 p. 4 f.
35; Essai critique sur les premiers temps de Thistoire de Chine. Par Charles de Luharthe, Revue Orientale 2e Serie T. I, P. 1, (1867) p. 64-71.
36) Chinese chronological tables. By William Frederik Mayers, Journal of the North China Branch of the Royal As. See. New Series No. IV. December lh67 p. 159—183.
36a) Chronologische Grundlage der alten chinesischen Geschichte. Von Dr. Joh. Heinr. Plath. (Aus d. Sitzungsberichten der k. Ak. der Wiss.) München, Franz in Comm. 1867, 65 S. gr. 8. Vgl. A. v. G. in Lit. Centralbl. 1868 uo. 12 p. 299 f.; Ausland J867 No. 44 p. 1040—42.
37) Die Hyperboreer und die alten Schineseu. Eine historische Unter- suchung von Dir. Aug. Gladisch. (Programm des Krotoscbiner CJymnasiums). Leipzig, Hinrichs 1866, 32 S. 4. mit eingcdr. Holzschn. Cn. 12 Sgr.) Vgl. Heidelb. Jahrbb. HX (1866) p. 422 f.; Lit. Ccntialbl. 1867 No. 21 p. 563 f.
China. Geschichte. 185
gegen sind die von PautMer'^^^) mit besonderer Rücksicht auf das Littorarische begonnenen Untersuchungen über die altchinesischc Geschichte und Cultur. Im Gegensatz zu Legge's Auffassungen und in Verbindung mit diesen werden sie erheblich dazu beitragen, Zweifel und Glauben gegenüber der besonders durch die ofticielle Bücherzerslörung unterbrochenen chinesischen Ueberlieferung zu ordnen. Schon jetzt wird man dem ausreichend skeptischen fran- zösischen Forscher das Resultat seiner Untersuchung zugeben müssen, dass jenes litteraturfeindliche Edict des kräftigen Kaisers Hoang, der in gleicher Weise durch die geistige Ueberlieferung seines Volks eine chinesische Mauer ziehen wollte wie er sie gegen die Tataren gezogen hatte, durchaus nicht von gleichmässiger und eingreifender Wirkung gewesen sei. Eine sehr sorgfältige, indess der Ueberlieferung vielleicht zu sehr vertrauende Untersuchung wieder von Plath '^^) führt uns näher in das älteste chinesische Verfassungsleben ein. Das Lehnswesen, dessen Ursprung man mit Edouard Biot bisher unter die dritte Dynastie setzte, wird hier früher hinaufgeschoben. Das ist der Ursprung der altchinesischen Kleinstaaterei , welche unseren gewöhnlichen Vorstellungen vom chinesischen Einheitsstaat so entschieden widerspricht und für deren specielle Untersuchung , wenn sie auch selten bedeutende Resultate ergibt, wir Pfizmaier sehr dankbar sein müssen. Nach chinesischen Quellen gibt er die Geschichte von Tsi von 1122—379 v. Chr. ^«^^ die von Tsin bis 376 v. Chr. *i), von dem als Kong-tse's Vaterland berühmten Lu von 1124—249 v. Chr. ^2)^ der Dynastien Schao-kung und Khang-scho, jener von 1122—222, dieser bis 209 v. Chr. *3)^ von Tsu bis 223 v. Chr.**) und von Yue bis 333 v. Chr. *5). Mau sieht schon aus den chronologischen Endpunkten dieser Einzel- Staaten und Dynastien, dass deren natürliche oder gewaltsame
738) Memoires sur Tantiquite de l'histoire et de la civilisatlon chinoises, d' apres les ecrivains et les monuments indigenes. Par G. Pauthier, Journal Asiat. 6ieme Serie T. 10 (1867) p. 197—337.
39) Ueber die Verfassung u. Verwaltung China's unter den drei ersten Dynastieeu. Von Dr. J. H. Plath. (Aus den Ablih, der k. Ak. der Wiss.) München, Franz in Comm. 1864, 142 S. 4. ( 1/3 ^. ) Vgl. Lit. Centralbl. 1865 no. 51 p. 1388 f.
40) Geschichte des Hauses Thai-kung. Von Aug. Pfizmaier, Sitzungs- berichte der Wiener Ak. der Wiss. Philos.-hist. Cl. XL (1862) p. 645—696; auch besonders gedruckt: Wien, Gerold 1862, 54 S. gr. 8- (n. 6 J§r)
41) Geschichte des Fürstenlandes Tsin, ebend. XLIII (1863) p. 74-152.
42) Geschichte des Hauses Tscheu-kung , ebend. XLI (1863) p. 90 — 138.
43) Die Geschichte der Häuser Schao-kung und Khang-scho, ebend. XLI (1863) p'. 435—477.
44) Geschichte des Königslandes Tsu, ebend. XLIV (1863) p. 68-139; besonders abgedruckt : Wien , Gerold's Sohn in Comm. 1864, 75 S. gr. 8. (n. 10 J^.)
451 Keu-tsien , König von Yue, und dessen Haus , XLHII (1863) p. 197—219.
186 Wissemchaßl. Jahresbericht für 1862—1867.
Verschmelzung zu einer politischen Einheit sich in dem Zeitalter des eben erwähnten Hoaug, richtiger mit vollem Namen Tsi-schi- hoang-ti, oder nicht lange vor ihm vollzieht.
Einen bedeutsamen Wendepunkt bezeichnet vor dem kühn einigenden Kaiser Confucius, dem als einem geistigen Lebenswecker neuerdings sorgfältigere Forschungen und grössere Aufmerksamkeit gewidmet worden sind. Die stark getrübten Quellen für sein Leben hat Plath'^^^) untersucht: besonders wichtig sind die unter Kong- tse's Namen gehenden gewiss anecdotenhaft erweiterten Gespräche. Die Wirkung des ausserordentlichen Mannes ist so grossartig, dass er immer noch, nachdem mau an den Reiz des Wunderbaren und Fremdartigen sich längst gewöhnt hat, in weiteren Kreisen Interesse erregt: diesem dient ein Artikel von Boiorinxj^'^) und besser Legge's^^) aus dem ersten Bande seiner 'Chinese Classics' von 1861 ohne den chinesischen Text wiederholte Biographie, welche jedoch nicht recht willig ist, vorurtheilslos ihrer Aufgabe ganz gerecht zu werden. Durch keinerlei Missionsinteressen bestimmt wird die treffliche Darstellung, welche Flatk^^) unternommen hat: sie er- schöpft ihren Gegenstand quellenmässig.
Nach Confucius sind einzelne Momente aus der Geschichte der eiuflussreicheu Dynastien Tsin (deren Namen später erneuert, vielleicht die abendländische Benennung des Reiches veranlasst hat) und Hau (welche sich durch umfassende Restauration ver- dient macht) untersucht und dargestellt worden, zum Theil von ziemlich untergeordneter Bedeutung. Wir erfahren von dem etwa um die Mitte des vierten vorchristlichen Jahrhunderts lebenden Kiu-Yuen , zu dessen Ehren das 'Fest der Drachenboote' gefeiert wird-^^)-, durch Wt/lie^^) von einer alten Inschrift an der chine- sischen Mauer; von dem tüchtigen Geschichtschreiber der Han-
746) Ueber die Quellen zum Leben des Confucius, namentlich seine s. g. Hausgespiache (kia-iü\ Von Joh. Heinr. Plath. München 1863, 40 S. er. 8. (n. 14 J^) Vgl. Lit. Centralbl. 1864 No. 5 p. 102.
47) Confucius and the religions of the East. By James Bowring, Nautjcal Magaz. 1864 no. 514.
48) The life and teachings of Confucius, with explanatory notes. By James Lerjge. Rcproduced for general rcadcrs from tlic Author's Work „Tlic Chinese Classics, with the Original Text''. London, Trübner 1867, 338 S. 8. (10 sh. 6 d.; Vgl. Lit. Centralbl. 1868 no. 26 p. 692 f. und Ausland 1868 no. 16 p. 361—365.
49) Confucius und seiner Schüler Leben und Lehren. Von Dr. J. H. Plath. I. Historische Einleitung. Nach chines. Quellen. (Aus d. Abhh. der Bay. Ak. d. Wiss.) München, Franz in Comm. 1867, 106 S. kl. 4. (1 ^ 6 J^) Vgl. Lit. Centralbl. 1868 no. 8 p. 188 f.
50) Memoir of Kiuh-Yuen. By L. M. F., Chinese and Japanese Repo- sitory by Summers Vol. III (1865] p. 503—508.
51) Remarks on some impressions from a lapidary inscription at Keu- yung-kwai] , on the great wal noar Peking. By A. Wylie , Journal of the North China Branch of tlie Roy. As. Soc. New series No. I. (Shanghai 1865) p. 133—136.
China. Geschieh te. 187
Dynastie ''^^) imd aus der Zeit ihrer Herrschaft von Tschin-thang durch Pßzmaier '^^) , von einem musterhaften Beamten unter dem berühmten Kaiser Wuti 5*) und durch den eben genannten Wiener Forscher über zwei tüchtige Feldherrn in den zwischen 140 und 87 V. Chr. gegen die nordischen Hiong-nu geführten Kriegen ^^), wie über zwei aus niedrigem Stande emporgekommene Heerführer derselben Epoche 5^). Von einem Mädchen etwa um 150 v. Chr., welche den Tod ihres Vaters zu rächen wagte, berichtet ein un- genannter Engländer ^^) ; über eine Gesandtschaft bei den Hiong-nu etwa um 100 v. Chr. Pßzinaier^^)\, derselbe über chinesische Eroberungen in dem letzten halben Jahrhundert v. Chr. ^^) und im Beginn der christlichen Zeitrechnung ^^). Auch für die innere Geschichte des Reichs vom ersten Jahrhundert n. Chr. ab liefert Pfizviaier ^^) einen schätzenswerthen Beitrag ; die Geschichte einer Seitendynastie der Hau im Süden des Flusses Hoai erzählt der- selbe ^^). Drei weitere kurze Notizen zur Geschichte der Han ver- danken wir dem bereits erwähnten englischen Anonymus, der von einem tibetanischen Helden ^^) und einer sehr gelehrten Dame ^^) unter dem vierten Kaiser dieser Dynastie Hu-te (um 100 n. Chr.) und von Tung-hien , dem Liebling des elften Kaisers Gai-wang be-
752) Sz-ma Tsien, the Historian (the distinguished Writer of tbe Hau Dynasty, B. C. 1451, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (18651 p. 14-16.
53) Tschin-thang, Fürst-Zertrümmerer von Hu, von Pfizmaier, in Sitzungs- berichteu der Wien. Ak. der Wiss. Philos.-hist. Cl. 1862 Bd. XL Heft 3 p. 396—438.
54) Su-wu — the taithful Ämhassador to Tartpry. By L. M. F., Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. II (1864) p. 144 — 150.
55) Die Heerführer Li-khuang und Li-ling. Von Aug. Pfizmaier, Sitzungsberichte der Wiener Ak. der Wiss. Philos.-hist. Cl. XLIIII (1863) p. 511 — 544; auch besonders gedruckt: Wien, Gerold's Sohn in Comm. 1864, 34 S. gr. 8. (n. 5 Sgr.)
561 Die Heerführer Wei-tsing und Hö-khiü-ping, von demselben, ebend. Cl. XLV (1864) p. 139— 18ü.
57) Memoir of Chau-woo. By L. M. F., Chinese and Japanese Repo- sitory by Summers Vol. III (1865) p. 545—547.
58) Die Geschichte einer Gesandtschaft bei den Hiung-uu's. Von Arig. Pfizmaier, Sitzungsberichte der Wiener Ak. der Wiss. Philos.-bist. Cl. XLIV (1863 ) p. 581—600 und besonders abgedruckt : Wien, Gerold's Sohn in Comm. 1864, '22 S. gr. 8. (n. 4 J^)
59) Die Eroberung der beiden Yue und des Landes Tschao-sien durch Han. Von demselben, ebend. XLVI (1864) p. 481—526.
60) Die Unternehmungen der früheren Han gegen die südwestlichen Fremdgebiete. Von demselben, ebend. XLV (18643 p. 294—313.
61) Die Würdenträger Tsiuen-pÜ-I, Sa-kuang, Yü-ting-kue und deren Gesinnungsgenossen. Von demselben, ebend. XL (1862; p. 131 — 163.
62) Die Könige von Hoai-uan aus dem Hause Han. Von demselben, ebend. XXXIX (1862) p. 575—618.
63) Pan-chau , of the Han Dynasty — the Hcro of Thibet. By L. M. F., Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. II (1864) p. 98—100.
64) Ta-koo— a Chinese Lady of the Second Century. By L. M. t — , ebend. Vol. II (18641 p. 51—54.
1 88 Wissevscliaßl. Jah-eshcrklit für 1862—1867.
richtet ^'^^). Einzelne Persöulichkeiten der wichtigen Tang-Dynastie (631 — 891 u. Chr.) erwähnt derselbe kurz^*'). Für das China des Mittelalters beginnen auch allmählich abendländische Quellen zu fliesseu. Der verdiente Colonel Yule '^') erwarb sich ein neues Verdienst, dass er diese, mit vollständig gerechtfertigtem Aus- schluss Marco Polo's und John Maundeville's, für die Hakluyt- Society zusammengestellt, übersetzt und erläutert hat. Es sind Reisebeschreibungen von geschichtlichem Werth. Von den Arabern erscheint besonders die anziehende und wichtige Charakteristik der Chinesen von Ibu Batuta ; als Mittelglied zwischen Marco Polo und den Aufzeichnungen des löten Jahrhunderts ist trotz aller Dürftig- keit der Minorit Odoricus interessant. Für die eigentliche Ge- schichte dieser verhältnissmässig späten Zeiten liegen werthvoUe Beiträge vor. Eine nach allen Seiten wichtige Familiengeschichte der mogolischen Dynastie seit 1279 werden wir weiter unten als mogolisches Sprachdenkmal näher kennen lernen ^^). Derselben Epoche, wahrscheinlich dem J. 1314 gehört jene merkwürdige in der Pa-sse-pa-Schrift geschriebene Inschrift in mongolischer Sprache an, welche bereits 1857 C. von der Gabelentz überaus scharfsinnig erläutert hatte und jetzt im Besitz eines reicheren Materials Wijlie^^) von neuem behandelt hat. Die Dynastie der Ming, mit welcher 1368 China wieder ein nationales Kegentenhaus erhielt, hat in dem 'Miuij-ki-kiang-muh' eine besondere, von den grossen amtlichen Reichsannalen abweichende Darstellung gefunden , deren Redactiou dem Kaiser Kien-long beigelegt wird. Ihre Herausgabe in der französischen Uebersetzung des Abbe Delamarre verdanken wir Pauthier '^j. Leider ist der bis jetzt vorliegende Band so gut ausgestattet und in so wenigen Exemplaren gedruckt, dass er bald eine kostbare Seltenheit werden wird; dies darf man um so mehr bedauern, je wichtiger der Inhalt neben der Darstellung des Pater de Maiila und anderen jesuitischen Berichten erscheint. Weitere Zusammenstellungen zur Geschichte der Ming haben die
765) The Favourite of Gai-Wang of thc Hau Dynasty, By L. M. F., elend. Vol. III (1865) p. 102-105.
66) Distinguished Men of tlie Tang Dynasty, ebend. Vol. II (1864) p. 19-22.^
67) Cathay and the way thither. Being a collcction of mediaeval notices of China. Trauslated and edited by Colonel Henry Yule, C. B, With a preliminary essay on the intercourse between China and the western nations previous to the discovery of the Cape routc. Two vols. London, Printed for the Hakluyt Society 1867, 8.
68) das Jueu-tshao-mi-shi, s. unten no. 1061.
69) Sur une inscription mongole en caracteres pa -sse-pa. Par A. Wylie, Journal As. Vieme siv. T. XIX ri862) p. 461—471.
70) Histoire de la dynastie des Ming, composee par Tempercur Khian- Loung, traduite du Cliinois par l'abbe Delamarre. Ire partie, conipr. les dix Premiers livres. I Eitr. de la 1C( vue de l'Ouest), Paris , B. Duprat 1865, LV u. 452 S. 4. (10 fr.)
China. Geschichte. 189
Revue de l'Orient"') und das Chinese and Japanese licpository'^^j gebracht; ein Bild ihres officiellen Grabmals der Globus '^3).
Durch den Eintritt der Mandschu in die Herrschaft China's gerieth das Reich wieder in den Widerspruch einer Fremdherr- schaft, welchen selbst der ernste Wille und die tiefe Einsicht Kang-hi's nicht zu lösen vermochte. An dieses ausgezeichneten Fürsten heiliges Edict erinnert Arendt ''■^j. Ohne das gegenseitige Verstündniss des Herrschers und der Beherrschten oder, um einen treft'eiid von A. Wuttke von China gebrauchten Ausdruck zu wieder- holen, des Musikdirectors und seines Orchesters, mussten alle Berührungen mit der europäischen Cultur unheilvoll werden. Geist- volle Bemerkungen hat hierüber Eossinann ''^) gemacht. Die Auf- lösung begann sich schon unter des trefflichen Kien-long Sohn und Nachfolger , dem eigensinnigen und beschränkten Kia - kiug zu zeigen: Wilhrnns '' *") berichtet von den Verwirrungen der Jahre 1804 — 1809. Daher war der Opiumkrieg, an den freilieb die europäische Cultur sich schämen mag zu denken, und was auf ihn folgte, eine natürliche Nothwendigkeit. Unterstützt durch seine Erfahrungen in China hat Haussmann '^'') diese Epoche bis 1857 geschildert. Eine wichtige Episode aus dem Opiumkrieg wird uns nach den Depeschen des Admirals Parker in Erinnerung ge- bracht ^8).
Am meisten interessierte uns in jenen Kämpfen die Entwick- lung der Tai-ping-Revolution als Ausdruck eines scheinbar auto- nomen Lebens. Sie war, wie wir jetzt immer deutlicher sehen, weder ein politischer Act nach einem bestimmten Programm noch
771) Annales choisies de la dynastie Min , Revue de l'Orient T. XV (1863) p. 203—239, 326—342, T. XVI (1863) p. 65-85, 185—195, 332-362.
72) History of the Ming Dynasty , Chinese and Japanese Kepository by Summers Vol. III (1865) p. 417-424, 473—483.
73) Die Mausoleen der chinesischen Kaiser aus der Mingdynastie (mit Holzschnitt), Globus von Andree XII (1867) No. 11 p. 339—341.
74) Beiträge zur Kenntniss der chinesischen Literatur. Ein Abschnitt aus dem Heiligen Edikt. Von Carl Arendt in Tientsin, Mag. f. d. Lit. des Ausl. 186G Ko. 50 p. 701—704. Vgl. auch unten No. 922.
75) Der Eintritt Ostasiens in die moderne Geschichte. Von W. Ross- mann, in Haym's Preuss. Jahrbb. XIII (1864 Heft 3) p. 256—281. ^
76) Political intercourse between China and Lewchew. By S. Wells Williams, Journal of the North China Eranch of the Roy. As. Soe. New Ser. No. HI Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 81—93.
77) La Chine. Resume de l'insurrection et des evenements qui ont eu lieu dans ce pays depuis le commencement de la guerre de l'opium jusqu'en 1857. Par A. Hcmssmann, ancien chancelicr de la legaiion en Chine. Illustre par Ch. Mettais. Paris, Barba 1864, 112 S. gr. 8. mit 2 Col. m. 1 Karte. (1 fr. 50 c.)
78) Capture of \A'usung and Shanghai iu 1842. The Despatches of Admiral Sir William Parker, Chinese and Japanese ßepository by Summers Vol. m (1865) p. 25—31.
190 WismxschafÜ. Jahresbericht für 1862—1867.
eine missverständlich christliche Bewegung. Sie wurzelte vielmehr in dem berührten Widerspruch zwischen Mandschuthum und Chi- nesenthura •, es ist nur die gewaltige Ausartung der ganz natürlich gebildeten , aber meistens chinesisch resignierten Geheirabünde. Wir verdanken jetzt Gustav Schlegel"'''^) die Uebersetzung eines chine- sisclien Werkes über eine Art alten Tugendbundes, der manche Eigenthümlichkeiten der Freimaurerei und des politischen geheimen Clubs gegenüber der Mandschuherrschaft zu vereinigen scheint. Ueber den Ursprung der Taiping selbst gibt Hambeig ^^) authen- tische Mittheilungen; mehr oder weniger vollständig stellen die englischen Befehlshaber Lindesay Brine ^i) und Sykes ^^) die ganze Bewegung dar; auch das mit chinesischem Titel auftretende Werk eines Pseudonymen Lin-le ^^j, welcher überall seine unmittel- bare Theilnahme an den Taipings kundthut und dadurch an Beach- tung gewinnt, wird aus englischer, vielleicht anglo-amerikanischer Feder stammen. Ausser den englischen Aufzeichnungen Oli- phants s^) mag hier noch auf einige französische ^^) und deutsche ^^) Mittheiluugen aufmerksam gemacht sein. Von der Selbständigkeit und inneren Organisation der ganzen Bewegung zeugt auch der Umstand, dass sie ihre eigenen Münzen schuf, von welchen Jamie-
779) Thian ti hwui. The Hung - League or the Heaven-Eartli League. A secret Society with the Chinese in China and India. By Gustave Schlegel, in Verhandelingen van het Batav. Genootschap van K. en W. Deel XXXII (Batavia, Lange & Co. 1866) XL u. 251 S. gr, 4. Vgl. Schott 'Der Bruder- bund von Himmel und Erde' Mag. f. d. Lit. d. Ausl. 1868 No. 1 p. 11 f.
80) The Visions of Hung-Siu-tshuen , and Origin of the Kwang-si Insur- rection. By the Rev. Theod. Hamherg , Chinese and Japanese Repository bj Summers, Vol. I (1863) p. 22—29, 53—63, 99—111, 150-163.
81) The Taepiug rebeliion in China: a narrative of its rise and progress, based upon original documents and infonnation obtained in China. By Com- mander Lindesay Brine. London, Murray 1862, 408 S. 8. M. 1 Karte und Plänen. Vgl. Biernatzki in Gott, gel. Anz. 1864 St. 35 p. 1383—93.
82) The Taeping rebeliion in China : its origin , progress , and present condition. In a series ol' letters addressed to tbe 'Aberdeen Free Press', By Col. W. H. Hyhes. With an appendix. London : Warren Hall 1863, 124 S. 8. (1 sh.j Vgl. Petermanns Geogr. Mitth. 1863 no. V p. 196 f.
83) Ti-Ping Tien-kwoh; the history of the Ti-Ping revolution, including a narrative of the author's personal adventures. By Lin-le. With eugravings. Vol. 1. 2. London, Day & son 1866, XXVII u. 842 S. gr. 8. ^32 sh.) Vgl. Athenaeum 1866 Sept. 8 p. 295 f. und Lit. Centralbl. 1868 no. 7 p. 160 f.
84) A Visit to the Taepings, by Laior. Oliphant , Good Words edited by Macleod 1863 march ; vgl. das grössere Werk in meinem Bericht für 1859—61 no. 215,
85) Un missionnaire au milieu des Taipings. Par Ciavelin, Etudes relig., bist, et litt. T. II f 1863) p. 136 f.; L'insurrection chinoise. Par Renard, Le Correspondant N. S. 1863 T. 23 p. 247—279; L'insurrection des Tae-pings en Chine, Revue maritime et coloniale 1862 Sept. p 37 — 51 m. 1 Karte.
86) Der Charakter des Taiping Aufstandes in China, Ausland 1863 nr. 4 ; Ein deutscher Missionär u. Arzt über die Taiping-Insurgenten , Ausland 1863 nr. 10.
China. Geschichte. 191
son'^^'^) und Pfizmaier^^) uäher gehandelt haben: sie verrathen in ihrem Charakter, dass sie ihren Ursprung nicht unter den gebil- deten Chinesen haben.
Zahlreiche Werke hat der letzte englisch - französische Krieg gegen China und sein scheinbar inhaltreicher Abschluss veranlasst. Den geringeren Antheil hat diesmal England an dieser Litteratur: die beiden Darstellungen von Wolseley *'^) und Bemiie ^'•) (der letztere fungierte als Officier in Nord-China) haben zugleich Werth für die Geschichte der Taipings. Eine ungleich reichere Litteratur ist in Frankreich aufgeschossen : Langeweile und nationaler Ehrgeiz stellten ihre Ansprüche au das Kaiserreich und seine Waffen. Es erschienen nicht allein officielle Darstellungen 9^), welche so gut sind als zurecht gemachte Rapports eben zu sein vermögen und welche daher eine deutsche Bearbeitung ''2) verdient haben, mit denen man besonders das Werk de Bazancourfs^'^) zu verbinden hat, sondern auch Berichte von einzelnen, meist mit den That- sachen in amtliche Beziehung getretenen Personen; hervorzuheben sind Varin^^), Pallu^^) , dem (obgleich er officielle Documente
787) Note OD the coinage of the Tai-Phig or Great Peace Dyuasty. By Jamieson, Numismatic Chrouicle No. XXI (1866, I) p. 66 f.
88) Bericht über zwei Taiping-Münzen. Von Aug. P/izmaier , Sitzungs- berichte der Wiener Ak. der Wiss, Philos.-hist. Ol. LH (1866) p. 4-24—426, und besonders gedruckt: Wien, Gerold's Sohn in Comm. 18ij6, 3 S. gr. 8.
(IV, J^)
89) Narrative of the war with China in 1860, tu which is added the account of a short residence with the Taiping rebels at Nankin and a voyage from thence to Hankow. By Lieut.-Col. G. J. Wolseley. London, Longman, Green & Co. 1862, XIV u. 415 S. gr. 8. Vgl. Biernatzki in Gott. gel. Anz,
1863 St. 36 p. 1401—16.
SO) The British arms in North China and Japan; Peking, 1860; Kago- sima, 1862. By D. F. Rennie. London, Murray 1865, XVI u. 408 S. 8. (12 sh.) Vgl. Westminster Review Vol. 28 (1865 July) p. 247 f.; Athenaeum
1864 Dec. 31 p. 886 f. und The Reader 1865 August 19 p. 195 f.
91) Relation de l'expedition de Chine en 1860, redigee au depöt de la guerre, d' apres les documents officiels etc. Paris, Impr. Imper. 1862, 202 S. 4. nebst Atlas.
92) Der Krieg gegen China im J. 1860. Redigirt von dem 'Depot de la guerre' des k.-franz. Kriegs-Ministeriums. Aus d. Franz. von v. d. "u. Mit einer Uebersichts-Karte u. 4 Plänen. Autoiisirte Ausg. Leipzig, Dyk 1865, XII u. 152 S. gr. 8. (n. 1 ^. 15 J^r) Vgl. v. Sybels Histor. Zeitschr. XV (1866) p. 386 f.
93) Les expeditions de Chine et de Cochinchine, d'apres les documents officiels par ß. de Bazancourt. le — He partie. 1857-58. Paris 1861—62, 434 u. VIII, 413 S. 8.
94) Expedition de Chine. Par Paul Varin. Paris, M. Levy 1862, 318 S. 8. m. 1 PL (5 fr.)
95) Relation de l'expedUion de Chine en 1860 redige par le Ueut. de vaisseau Pallu, d'apres les documents officiels. Paris, Impr. imper. 1863, 235 S. 4.
192 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
ZU Grunde legte) Chanoine''^^) entgegen tritt; ferner der General- arzt Castano '■*'), auch für seinen fachwissenscliaftliclien Standpunkt unbedeutend; Armand^^)^ de Neyroni^^) , der durch seine 'Chine contemporaine' von 1860 uns bereits bekannte Lai-ollre^^^)^ der weiterhin mit seinem umfassenden culturgeschichtlichen Werke über Cliina zu erwähnende Graf d Escayrac de Lauture in der fünften Abtheiluug desselben ; endlich du Haüly ^) mit seinen Erinne- rungen und Enduran ^) mit seinen kindlich - religiös gefärbten Betrachtungen. Als eines der wichtigsten französischen Werke über diesen Krieg ist noch das Gelbbuch des Barons Gros'^) zu erwähnen, der im Herbst 1860 nebst Lord Elgin endlich den vor- läufigen Friedensschluss herbeiführte. In Deutschland, das seitdem seine friedliche Expedition nach Ostasien durch Preussen unter- nommen hatte , war die ßetheiliguug an dieser Kriegslitteratur überaus gering; ausser einigen geschickt orientierenden Artikeln in 'Unsere Zeit' *) sind nur ZiWs ") Aufzeichnungen zu erwälmen.
796) Examen ciitique et refutation d'uue relatioii de rexpedition de Chine en 1860, redigee par le lieut. de vaisseau Pallu , par J. Chmioine. Paris, Dentu 1881. 35 S. in-18.
97} L'Expedition de Chine. Relation physique, topographique et mddicale de la campagne de 1860 et 1861. Accompagnöe de deu.K cartes par le Dr. /'. Castano. Paris 1864, 346 S. gr. 8. Vgl. Lit. Centralbl. 1866 No. 38 p. 989 f.
98) Lettres de l'expedition de Chine et de Cochinchine par Adolxihe Armand. (Extr. de la Gazette niedicale de Paris.) Paris, Rozier lh64, 372 S. 8.
99) Souvenirs de la campagne de Chine. Par J. L. de Negroni, Capi- taine. Details sur sa collection. Paris, Impr. Renou et Maulde 1864, 231 S. 8.
800) L'expedition de Chine en 1860. I. La prise des forts de Takou. Par Charles LavolUe , Revue des deux mondes T. LVIII (15 Juill. 1865) p. 443—472 ; U. Traites de Pekin, ebend. (^1865 Aoüt 1) p. 697—731.
1) Souvenirs d'une campagne dans l'extreme Orient. De France ä Singa- pore. Par Ed. du Haüly, Revue de l'Orient T. 64 (1866) p. 957—983; T. 65 (1866) p. 893 -924; T. 66 (1866) p. 396—420 und T. 67 (1867) p. 441—469.
2) La Chine et les Fran9ais en 1860, par C. Enduran. Limoges, Ardant 1865, 112 S. 8.
3j Negociations entre la France et la Chine en 1860. Livre jaune du baron Gros, ambassadeur extraordinaire et haut comraissaire de l'empereur en Chine en 1858 et en 1860. Extrait de sa correspondance et de son Journal pendant la seconde commission qu'il a remplie dans l'extreme Orient. Paris Dumaine 1864, 248 S. 4. (Nicht im Handel.) Vgl. Journ. des sav. 1864 Dec. p. 793.
4) Der Krieg der Westmächte gegen China und die inneren Zustände des chinesischen Reichs. Erster und zweiter Artikel, Unsere Zeit von Brock- haus 1864 no. 87 p. 165—202 ; no. 90 p. 372 -385.
5) Erinnerungen eines Friedfertigen aus dem letzten chinesischen Feld- zug. Von Karl Zill , Ausland 1866, No. 3—4, 8—9, 25—26. Einzelne Nummern des 'Auslands' sind mir leider nicht zugegangen.
Ch i n a. Geschieh te. '193
Durch alle diese Schriften zieht sich mehr oder weniger bestimmt der Gedanke, dass China uothwendig einer neuen Zukunft entgegen gehe und in dieser der Mitwirkung Europas eine wichtige Stelle angewiesen sei. Es ist charakteristisch, dass in der Erörterung der hier sich stellenden Fragen die englische Litteratur emsiger ist, wie entsprechend die französische es bei den Kriegsberichten war. Der Engländer Lai/^^^), dem seit dem October 1862 die ziemlich einsichtsvolle Regierung des Prinzen Kong die Verwaltung der Düuauen in den Küstenstrichen übertragen hatte (wozu man einen Artikel des Auslandes vergleiche ^), zeigt in seiner Erörterung der englischen Interessen in China eine durch gute Sprachkenntniss unterstützte Erfahrung , aber etwas Leidenschaftlichkeit. Laing ^) hat es nicht schwer, von der Mission Englands im fernen Osten zu sprechen; aber sie ist nicht leicht zu erfüllen, wie die von den Grundauschauungen der positiven Philosophie durchzogene Darstellung von Bridges '•*) zeigt. Jamieson ^*^) gibt eine Skizze der seit dem Niedergang der Taiping-Revolution gestalteten Zu- stände und Summers ^'^) begleitet sie mit journalistischen Beobach- tungen; einen klaren Blick in die Lage der englisch-chinesischen Dinge gestatten der sechste Jahrgang des China Directory^-) und Kmgsmill's^'^) Rückblick. Von französischer Seite skizziert Varannes ^*) China seit dem Frieden von Peking ; ausführlicher thut es In'sson^^), der 186D Secretair des Grafen Palikao, des
806j Olli- interests in China. A letter to the Riglit Hon. Earl Russell. By H. jV. Lay. London, Hardwicke 1865, 8. Vgl. Westminster Review Vol. 83 (1865 Apnl)p. 594 f.
7) Der englische Fiuanzbeamte des Prinz-Regenten von China, Ausland
1863, nr. 5.
8) Iiidia and China: England's mission in the East. By S. Laing. London, Saunders 1863, 5 i S. 8. (1 sh.)
9) England and China. By J. H. Bridges. London, Chapman and Hall 1866, 8. Vgl. Reader lö66 No. 190 p. 726.
10) Retruspect of events in the north of China during the yeais 1861 to
1864, By R. A. Jamieson., Journal of the Korth China Branch of the Roy. As. Soc. New series No, L (Shanghai 1865) p. 109 132.
11) Notices of the political aspect of affairs in China and Japan, etc. By J. Summers, in seinem u. Rosts Chinese and Japanese Repository I (1863) p. 94-96, 132—138.
12) China Directory for 1865. Sixth annual Publication. Hongkong
1865, Xil, 142 u. XLVI S. 8. (London, Trübner 18 sh.)
13) Relrospect of Events in China and Japan during the year 1865. By J'hos. W. KingsmiU, Journal of the North China Branch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. II. Dec. 1865 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 134 — 170.
14) La Chine depuis le traite de Pekin. Par A. des Varannes, Revue des deux mondes 1863. 44 p. 857 — 895.
15) Etudes sur la Chine contemporaiue. Par Maarice Irissoii. Paris, Chamerot et Lauwereyns 1866, VIII u. 215 S. 8. Vgl. Westminster Review Vol. 30 No. 169 (1866 July) p. 255 f. und G. Claudia im Moniteur vom 21. Jan. 1867.
Jahresbericht ISöa l5)67. 13
194 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
Helden vom Sonimerpalast, war-, Schliemann^^^) betrachtet zugleich Japan; Giquel^"') formuliert in einem geschickten Artikel f'rank- reichs Interessen besonders rücksichtlich des Handels und der Mission-, ein französisch-kaiserlicher 'Mandarin' der Aimee handelt von der chinesisch - japanesisclien Rolle seines Vaterlandes ^^). Blicke in die Zukunft des Riesenreiches werfen de Beauverger ^-^ ) und der Graf d^Escayrac de Lauture ~^) \ aber wer mag an- gesichts der unberechenbaren chinesischen Welt und der eben so unberechenbaren englisch-französischen irgend eine bestimmte Linie zeichnen ?
Durch die lebhafter gewordenen Beziehungen zu China wird die Beschreibung des wunderbaren Landes, in welchem sicher noch eben so viele geographische Entdeckungen zu machen sind wie in Afrika, allmählich concreter und wahrheitsgetreuer. Zu- nächst erheben Handel und Schifffahrt natürliche dringende An- sprüche ; ihnen kommen in erster Linie die französischen nautischen Publicalionen 2^) entgegen , welche auch für die Wissenschaft nicht unerheblich -sind. Denselben Zwecken dient das Werk des Holländers Blekking ^'^) -, von werthvoUen Beigaben ist das grössere
816; La Chine et le Japon au temps present par Henry SchUemann. Paris, Libr. centrale 1867, 227 S. in 18-jesus. (3 fr.) Vgl. La Presse (Paris) 1867, Jauv. 9.
17) La France en Chine. Le commerce fran9ais dans le Celeste- Empire, le Corps fianco-chinois et les missions catboliques ä la fiii de 1863, par F. Giquel, lieut. de vaisseau , Revue des deux mondes 1864, 15 Juin (LI Livr. 4) p. 962 993.
18J Du röle de la France dans les mers de la Chine et du Japon par Thee- Ta-Jin, mandarin militaire euroj)een. (Extr. de la Revue d'Orient) Paris, B. Duprat 1865, 26 S. 8.
19) Consideratious sur le passe et l'avenir de la Chine, par le baron Edm. de Beauverger, Seances et Travaux de l'Ac. des sc. mor. et polit. 1862.
20) Thoughts on the past and the future of China. By Count cTEscayrac de Lauture, Chinese and Japanese Repository by Summers and Rost I (1863) p. 32-86, 70—77.
21) Instructions nautiques sur les cotes Est de la Chine, la mer jaune, le folfe de Pe-Chili et le Liau-Tung et la cote Ouest de la Coree. Traduites sur la derniere edition du China Pilot par de Vaute, et annotees par A. Le Gras. (Publication du depöt de la marine.) Paris, Bossange 1863, XIV u.
446 S. 8. (3 fr.) Dann : Mer de Chine. Ire partie. Instructions nautiques sur la cote est de la Malaisie , le golfe de Siam , les cotes de la Cochinchine, le golfe de Tonquin et la cote sud de la Chine, redigees avec les documeuts les plus recents, par A. Le Gras. (Publications du depöt de la marine.) Paris, Bossange 1865, XX u. 383 S. 8. (ebenfalls 3 fr.) und: Mer de Chine. Route de Sincapour h Saigon. (Extr. des Annales hydrogr. 1863. Publications du Ddpot de la marine). Paris, Bossange 1863, 28 S. 8. [l fr.)
22; lieschrijving der Chinesche en Japansche zeeen en golf van Siam. Bevattende zeilaanwijzingen van de kusten van China etc. Uit het Engelsch vertaald door ,/. H. Blekking. Amsterdam 1865, 4, 14, 689, 6 u. 37 S. gr. 8. (fl. 12, 75.)
Olli na. Beftchrei/mng. 195
hauptsächlich aus Denyvys^^^^) Händen hervorgegangene zunächst auf die den Europäern in China und Japan geöffneten Häfen be- rechnete Werk begleitet. Die eigentliche Geographie und Beschreibung ist von den Chinesen selbst schon vorbereitet. Oben wurde eines Werkes von Stanislaus Julien ^*) gedacht , in welchem der aus- gezeichnete Gelehrte u. A. über die chinesische allgemeine Geo- graphie von dem bekannten Mandarinen Lin aus dem J. 1844 Mittheilung macht, deren Mitte natürlich das Reich der Mitte bildet. Eine ältere Uebersicht der Provinzen ist wiederholt worden ^5) ; ein ausführliches, wie es scheint hauptsächlich auf ;^douard Biot's 'Dictiounaire' von 1842 beruhendes Werk des Paters Novella 2^) kenne ich nur aus einer Notiz Leon de Rosny's. Eine bequeme bündige Uebersicht ist in Hong-kong erschienene^); allerlei culturgeschichtliches Material gibt zugleich der Marquis de Courcy ^^) in seiner Geographie Chinas, das er aus eigner Anschauung kennt. Prieur de Sombreuil's 'La Chine et ses merveilles' ist ein Kinderbuch.
Aus der Specialbeschreibung sind zunächst einige Mittheilungen zur Urographie über den Yeang-Tai e*^) und den Lofan ^'') zu bemerken. Diesen letzteren, den 'chinesischen Montserrat', schildert uns Krone mit seinen buddhistischen Klöstern und Eremiten. Von den grösseren Gewässern ist der neunzig engl. M. lange
823) The Treaty Ports of China and Japan. A eomplete guide to the open poi-ts of these countries, together with Peking, Yedo , Hongkong and Macao , forming a guide book and vademecum for travellers , meiehants , and residents in general. With '^9 maps and plans by W. F. Mayers., N. B. Dennys and C. King. Compiled and edited by N. B. Bennys. London «& Hongkong 1867, VIII, 668, XLIX u. 26 S. 8.
24) Vgl. oben p. 112 no. 320.
25) Names and Area of the Chinese Provinces (from the Chinese Repo- sitory, Vol. IV), Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 559 f.
26) Catalogus omnium civitatum in singulis imperii Sinarum provinciis existentium, cum orthographia qua ipsarum nomina exprimere soleat, ex diversis nationibus missioiiarii ibidem commorantes . in commodum S. Congr. de Propa- ganda fide digestus a Fr. Josepho Novella, Ordinis Minor. S. Franc, refor- mator. etc. Komae 1864 kl. fol. Vgl. Leon de Rosny in Journ. Asiat. 6ieme Serie T. 7 (1866) p. 556 f.
27) Topography of China and neighbouring states with degrees of longi- tude and latitude. Hongkong 1864, 1U2 S. 8. (^London, Tiübner 6 sh.)
28) L'Empire du Milieu. Description geographique; precis historique; institutions sociales , religieuses , politiques , notions sur les sciences, les arts et le commerce. Par le marquis de Courcy, ancien Charge d'affaires de France en Chine. Paris, Didier 1867, XI u. 692 S. 8 (9 fr.) Vgl. Journal des Savants 1867 Mai p. 324 f.; Th. Gautier im Moniteur vom 14. Juni 1867; A. Nettement in L'Union vom 24. Sept. 1867; Le Constitutionnel vom 30. April 1867 und Lit. Centralbl. 1«68 No. 7 p. 161 f.
29) The Yeang-Tai mountains , and spirit-writing in China, Blackwood's Magazin 1863 April.
30) Der Lofan-Berg in China. Vom Missionar /'. Krone, Petermanns Geogr. Mittheilungen 1864 p. 283—^92.
13*
196 Wissenschaftl. Johreslericht für 1862— 18G7.
Nor Tazisan im nordwestlichen Winkel der chinesischen Tatarei, unfern der russischen Gräuze, von A. Abramoff unteisucht worden, wie ein Vortrag in der Londoner geographischen Gesellschaft vom 9. Dec. 1864 darlegte. Die kriegerischen Bewegungen haben im Centrum Chinas Untersuchungen des Yan-tse-kiang möglich und nothwendig gemacht. Bereits oben ist wegen ihrer allgemeinen Bedeutung seiner Beschiffung gedacht worden; hier sind im Beson- deren noch hinzuzufügen HocJdi/s ^'^^) Bemerkungen zur Berichtigung seiner Karten, Cottons^-) Entwurf einer Kanalverbiuduug mit dem Brahmaputra und so Chinas mit Indien-, seine commercielle Bedeu- tung heben Laicrens ^3) und Boioers '^^) hervor. Im Süden des Reichs sind der Tschu-kiang ^ö) und der Li-kiang ^g) befahren worden, letzterer eigentlich nur zur Erholung von Dr. Legge und seinen Reisegenosseu , jedoch bei der Begleitung durch einen chinesischen Secretär mit manchem Gewinn; aus dem Norden gibt Bouryois^'^) gute und ausführliche Mittheilunyen über den Peiho und seineu Golf.
Von den Landschaften und Provinzen, welche zu dem chinesischen Reiche in engerem oder weiterem Sinne gehören, werden wegen ihrer Selbständigkeit Tibet, Mongolei, Mandschurei und Korea weiterhin ihre besondere Stelle finden ; hier sind nur die Specialdarstellungen und Untersuchungen der Provinz Kanton durch Kingsmill ^^y, Kaug-si's durch Oliver ^''J , der Districte des
831) Notes on tbe Yaug-tse-kiang, together with correctious of the existiug Charts. By J. M. Hockly, Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. XI (1867) p. 261 ff.
32) On a Conmiuuication betweeu ludia and China by the Line of the Burhampooter and Yang-tsze. By General Sir Arthur Cottoii, Journal of the Royal Geogr. Soc. XXXVII (1867) p. 231 — 239 mit einer Karte.
33) Navigation et commerce du Yang-tse-kiang en Chine. Par C Lau- renSj Revue maritime et colouiale I8li3 Oct. p. 197 — 214.
34) The Yang-tze-kiang and the New Treaty Ports. By Alexander JJowers, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. I (^1863) p. 268—270.
35) Eine Fahrt auf dem Osttluss in der Provinz Canton , Petermanu's Geogr. Mitth. 1862, V p. 161 — 164.
36) Three weeks on the West river of Canton, compiled from the Journal of Rev. Dr. Legge, Dr. Fdlmer, and Af. Toang-Kwet-Huan. Hongkong 1866, 69 S. 8. (London, Trübner: 5 sli.) Vgl. Mohl im Journal asiat. 6ieme seric T. 10 (1867) p. h\l f.
37) Notice sur la Baie du Pei-ho dans le Golfe de Petcheli. Par le Capitaine S. Bourguis, Revue maritime et colouiale 1864 Mai p. 43- 61 ; und derselbe: Notice sur le Pei-ho, ebendas. XVII (1866) p. 681—706; XVIIl '1866) p. 98—118 mit 6 Karten.
38) A Sketch of the (Juology of a Portion of Quang-tung Provinoe, by Tkos. W. Kingsmill, Journal of the Nortli China Branch of the Roy. As. Soi . New Ser. II. Dec. 1865 Shanghai 1866 gr. 8.) p. 21-38. Mit einer Karte-.
39) Excursion to the V\'est of Canton. By Lieut. Oliver. ; Procceding-, of the Roy. Geogr. Soc. of London \'ol. VI nr. V p. 227 f.)
Chiva. Beuch reihnng. 197
Yaug-tse-kiai)g '''^"), Kiaug-hu's (mit Naiikiiip)'''), der Ebene zwischen Peking und Hangtscliao durch ISiirijeon "^^j und der Petscheli- Provinz durch Grad'^^'^) zu erwähnen.
Die Städte und Ortschaften, welche meistens wegen ihrer Bedeutung für den Handel besprochen worden sind, mögen in alphabetischer Ordnung aufgeführt sein: Fu-tscheu-fu, die Stadt des schwarzen Thees-^^); Hang-tscheu-fu besprochen von Pauthier nach Marco Polo'^^)\ Kanton nebst andern Handelsstädten''^) und mit seinen charakteristischen Flussböten ^'°) ; der im Golf von Liao- tong den Europäern geöffnete Hafen Niu-tschang wegen seiner her- vorragenden Bedeutung für den Handel der Mandschurei näher sammt seinem Gebiet untersucht von Meadows ^'^) und Schuck ^^). Die grösste Aufmerksamkeit hat natürlich Pekin gefunden , zu welchem endlich die Erfolge des Krieges trotz aller chinesischen Virtuosität des Tergiversierens den Zugang geöffnet hatten. Von dieser Riesenstadt lag zwar längst eine authentische Beschreibung durch den P. Hyacinth (St. Petersburg 1829) vor, welche auf dem in Peking selbst in einem Umfange von 1080 Seiten 1788 ge- druckten Werke U-tschang-yan's beruhte; aber sie war im Wesent- lichen veraltet, da die Vergrösserungslust der chinesischen Resi- denz sich ebenso wenig um die s. g. Stabilität des Reichs be- kümmerte wie London in dieser Beziehung um die conservativen
840) Etat actuel des inovinces du Yang- tze-ldaiig , Kevue maritime et coloriiale XI (1864) p. 759—767.
41) Cliinese Topogia])l)y : — Kiang-su Province: its bouudaries, Situation, area, population , departements , distriets, rivers, lakes, mountaius , pvoduc- tious, eto. — includiug Nanking, Soochow, Shanghai etc., Chinese and Japanese Repository by Summers \ ol. II (I864j p. 175—185.
42) Notes on the Geology of the Gieat Piain. By Dr. Siirgeon, Journal et' the North-China Brauch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. II. Dec. 1865 (Shanghai 1866 gr. 8) p. 1—20 in. 1 Karte.
42a) La Province de Petchili et le Pei-ho. Par Ch. Grad, Nouv. Annales des Voyages 1865 Fevr. p. 193—212.
43) Notes on the City of F'uhchau-fu (from tlie ,, Chinese Repository"^, Chinese and Japanese Repository by Summers \"ol. III (1865) p. 462 — 164.
44) Description de la ville de Quinsay (Hang-Tcheou-Pon) capitale de l'empire de Soung, comprenant le 151e et 152e ehapitres du livre de Marco Pol, Extrait de l'edition actuellement sous presse du meme livre par G. Pauthier. Paris, Didot ]863, 32 S. gr. 8.
'45) Canton, Kiungcheu, Swatow, Tangeheu, and Niuchwang, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. :^38- — 240.
46) Die Flussböte Cautons , Westermanns Illustr. Monatsh. XV (1864) p. 518—524, 616— 622. — Der Sampan der Chinesen, ebend. XVI (1864) p. 423—427.
47) Report on the cunsular district of New Chwang, with reference to its commercial capabilities. By T. T. Meadows, Nautical Magaz. 1864 p. 505—514.
45) Ein Ritt nach den Salzmarschen in Nieu-Chwang (von einem deut- schen Seemann). Von Albert Schuck, Mag. f. d. Lit. d. Ausl. I8tj5 nr. 28 p. 389—391.
198 Wissemchaftl. Jahresbericht für 1862—1867.
Züge im englischen Nationalcharakter. Daher erscheint die neue ausiührliche Beschreibung des Stabsarztes Eennie^^^) überaus will- kommen. Sie ist aus einer mehr als einjährigen unmittelbaren nüchternen Beobachtung der Wirklichkeit hervorgegangen; nirgends kann man den Verfasser irgend einer englischen Voreingenommen- heit anklagen: vielmehr ist er sichtlich bemüht, den schätzens- werthen Seiten des chinesischen Wesens gerecht zu werden. Das Bild des Bürgerthums von Pekin wird zu einer vorurtheilslosen Charakteristik des Chinesenthums überhaupt. Von den mannig- fachen Details mag hervorgehoben sein, dass in Peking 5000 Christen leben; sehr anziehend sind die Mittheilungen über den Prinzen Koug. Von den kürzeren Aufzeichnungen Lockharfs^^) und de Beauvionfs^^) sind die erstereu durch den beigegebeneu Plan werthvüll; mit ihnen verbinden sich passend die Bemerkungen über Lage, Umgebung, Klima, Einwohner u. s. w. der Stadt bei' Summers ^2) und im Ausland •''^). Ihres phantastisch -herrlichsten Schmuckes ist die weitere Umgebung Pekings durch die Zer- störung des Sommerpalastes Yuen-ming-yuen des Kaisers Kien-long, an welchen sich der Ruhm des Grafen Pal ikao knüpft, 1860 be- raubt worden. Ohne die charakteristischen Zeichnungen des Malers Attiret vom J. 1743 — 44 (von denen uns die erste Nummer des 'Auslandes' von 1861 Nachrichten gebiacht hatte) würden wir uns keine Vorstellung von diesem Wunderbau mehr machen können; Pav/kier ^'^j hat mit guten Abbildungen auf dieser Grundlage eine gefällige Beschreibung gegeben. In die nordwestliche Umgebung Pekings führt ein Eeisebericht Latnpreys^^)^ in das Krankenleben der Stadt selbst während des Jahres 1864 eine Uebersicht in Summers' 'Repository' ^^). Wichtiger als Peking erscheint in inter-
849) Peking and the Pekingese during the first year of tlie British f.nnbassy at Peking. By D. F. Reiiiäc , M. D, Two vols. London, Murray 18f;.5. XXXII u. 683 S. P. With engiavings. (24 sh.) Vgl. Reader 1865 Ko. Ifi2 p. fif^S; Atlienaeum 1865 Nov. 25 p 719 f. und Westminster Review Vol. 29 No. 67 (1866 Jan.) p. 251 f.
50 Notes on Peking and its Neiglibourhood. By W. Lockhart, Journal of the Royal rJeogr. Soe. XXXVI (l{-;(:>6) p. 128—156 mit einem Plan von Peking.
51) Huit jours ä Pekin en 1865. Par Olivier de Beauniont. Paris, Inipr. Walder l866, 66 S. 8.
52) The Situation of Peking, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. 1 (1864) p. 487-494.
53) Ein Besuch in Peking, Ausland 1863 no. 49 p. 1157 f.
54j Une Visitc ii Youen-Ming-Youen, palais d'ete de l'empereur Khien- Lou).g. Par G. Fuvthier, Le Tour du Monde 1864, He semestre p. 97—112.
55) Notes of a Journey in the North-West Neighbourhood of Pekin. By Jones Lamprey , Journal of the Royal Geogr. Soc. XXXVII (1867) p. 239-269.
56; Report of the Peking Hospital and Dispensary for 1!^64. Under the Carc of J. Dudgeon, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 508—520, 561—568.
(■h'nia. Zvstämle. 199
nationaler Beziehung Shanghai, dessen wie seines Districtes Zu- stände gegen die Mitte des Aorigcn Jahrhunderts wir aus einer auf Befehl des Kaisers Kaotsong verfassten ofticiellen General- beschreibung des Reichs von 1744 kennen lernen*^''). Ein uns häutiger begegnender Anonymus des 'Repository' erinnert kurz an die folgenreiche Eröffnung der Stadt und damit auch des Yan- tse-kiang für den Welthandels^); an das Leben des durch seine Einwohnerzahl bereits Paris einholenden Handelsemporiums ein kurzer aber kundiger deutscher Artikel s^). Blicke in die auch hier erschreckenden socialen Sorgen eröffnen die auf Originalquellen beruhenden Zusammenstellungen über die Hungersnöthe von 1316 bis 1814^'^) und über das Findelhaus ^i). Geringere Berücksich- tigung haben die nach unserer alphabetischen Aufzählung noch folgenden Städte erfahren: das 'Venedig China's' Su-tschu ''^). das nordchinesische Tien-tsin ''^) , Tschang-tschao in Hunan 6*) (nach des Attache's der französischen Gesandtschaft Hedde Bericht von 184G), die wichtigen Schlüssel Pekings Tschin-kiang und Han-kau am Yan-tse kiang ^^) ; von dem Schicksal des ersteren im Opium- kriege von 1840 — 41 berichtet näher ein ungenannter Japanese ^'^). Von den Zuständen des Reichs erhalten wir ein authen- tisches Bild nach statistischen Verhältnissen in einem Auszuge aus
857) Tlje District of Shanghai as described by native authors, and more especially in the Tai-tsiiig-yi-t'ung-chi i. e. 'Complete account of (the Chinese empire under) the Ta-tsing (Manchow) dynasty', Chinese and Japanese Repo- sitory by Summers Vol. II (1864^ p. 185—190; Vol. III (1865) p. 331—339. h'6) Reminiscences of the Opening of Shaughae to Foreign Trade. By W. H. AI., Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. II (1864) p. 79—88.
59) Das Leben in Shanghai. Mag. f. d. Lit. d. Ausl. 1864 no. 52 p. 836 f.
60) Records of Famines in the District of Shanghai. Translated from Chinese Authors , Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 33-37.
61) The Foundling Hospital at Shanghai. Translated from the Original Reports in the Chinese Language, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 37-40, lv9— 136.
62) Soochow, Hangchow, and Ningpo (from the North China Herald, Sept. 14, 1865), Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 577—580.
63) The Trade of Tien-tsin. Bv Consul Gibson, Nautical Magazine 1865 Jan. p. 18—24.
64) Changehau and the Neighbourhood of Amoy , Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 289—295.
65) Renseignements sur les ports de Tchin-kiang et Han-kao. Mouve- ment commt^rcial de ce dernier port en 1862 etc., Annales du Commerce exterieur 1865, Nov.
66) The Fall of the City of Chinkiang-Fu. Translated from the Japanese by E. M. S.. Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 449-452.
200 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862- 1867.
dorn Ta-tsing-hoei-tiang^ß'). Der Werth dieses officielleu, das ganze Staats- und Eechtsleben umfassenden Eiesenwerkes, welches.- wäbrend der Jahre 1801 18 in 52 Kleinoctavbänden bearbeitet ward, ist im Allgemeinen aus der zu St. Petersburg 1842 in zwei Bauden russisch erschienenen Beschreibung des chinesischen Reichs von Pater Hyacinth bekannt. Abendländische Charakte- ristiken gewährten der ]N'ordamerikaner jSmith ^^), amtliche englische Papiere ^^> und besonders in geschichtlicher Entwicklung der viel- gewanderte Graf cV Escayrac de Lautvre"'^), dessen Werth Pass//'''^) hervorgehoben hat. Der Yerfasser, der an dem Kriege von 1860 theil nahm, war in Gefangenschaft gerathen und hatte Gelegenheit seine chinesischen Studien durch mannigfache Lebenserfahrungen zu vervollständigen: so ist ein lehrreiches gut gemachtes Buch entstanden, dem einige specifisch französische Anschauungen nicht schaden. Abweichend von der systematischen Anlage desselben haben die beiden Engländer, der mit seiner Besclireibung von Peking schon erwähnte Beiinie und der erfahrene Missionar DooUtfle ''^') auf gut Glück in das volle Leben hineingegriffen. Dadurch wird zumal das Werk des letzteren, der vierzehn Jahr bei der amerikanischen Mission in dem lebendigen Fu-tscheu thätig war, etwas unmethodisch, entschädigt abei- dafür durch das reiche von mehr als 150 Illustrationen begleitete Detail. Die politische Genesis und Ordnung des chinesischen Lebens bedarf noch mancher Aufklärung. Für jetzt bringt das 'Repository' einige Nachrichten
867) Statistics of the Ta-tsiiig Dynasty (from the Chinese Kepository, Vol. XII, p. 57), Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 548—559.
68) Observations on China anci tlie Chiuese. By W, L. G. Smith, New-York 1863, 216 S, 12. (öVa sh-)
69) Hansard's Parliamentary Debates, Vol. 172. London l<-63. Vgl. den allg. Artikel im Quarterly Review 1864 Jan. p. 1 — 42.
70) Memoires sur la Chine par le Comte iVEscayrac de Lauture. (I) Histoire. (II) Religion. (III) Gouvernement. (IV) Coutumes. (V) Preface. Campagne de Peking. Souvenirs personnels. Question chinoise. Paris, Libr. du Magasin pittoresque 1864—65, 13L 129, 81, 95, 103 S. gr. 4. mit Karten. (30 fr.) Vgl. Lit. Centralbl. 1868 No. 7 p. 162 f.; Chinese and Japanese Repository by J. Summers Vol. 1 fl864) p. 441 f. und Athenaeum 1866 June 16 p. 793 f.; The Reader 1866 No. 172 p. o67 f.
71) Rapport verbal sur un ouvrage de M. d'Escayrac de Lauture, inti- tule : Memoire sur la Chine, par H. Paasy , Seances et travaux de l'Ac. des sc. mor. et polit. 1865 T. Ill Livr. 7 (Juill.) p. 143—148
72) Social life of the Cliinese with some account of their religious, governmental, educational, and business customs and opinions, witli special but not exclusive reference to Fuhchou. By Rev. Justus Doolitllc. Vol. I. H. New-York, Harper f London, Low.) 1865, 459—490 S. 12. with illustr. Vgl. Athenaeum 1866 März 3 p. 293 f.; Lit. Centralbl 1«68 no. 7 p. 166 f. Danach: Skizzen aus China, Ausland 1866 No. 36 p. 841—847.
China. Zustünde. 201
über Lehnsverhältnisse u. s. w. s^^); gut handelt Maron'^^) über das Grundeigenthiim. Aber immer noch ist der chinesische Cha- rakter ein vöiker-psychologisches Eätlisel. Darf man ihm einen spontanen Trieb nach aussen beilegen, so dass er schon frühzeitig ohne eigentliche Noth die Heimat verliess, um etwa Amerika auf- zusuchen , das Eichthal und Nenniann ''^) in Fusaug finden wollen, indess es Vivien de St.- Martin'^^) ^L^Mmil Die heutige wachsende Auswanderung, welche uns Oberländer '^'^) an einem interessanten australischen Punkte aufweist und welche im "Westen der nord- amerikanischen Union einen grossen Maasstab annimmt, kann mehr die Noth und Unsicherheit des durch Taipings und westliche Siege erschütterten Augenblicks als einen tiefen nationalbedeutsamen Zug zum Grunde haben. Nicht einmal die Composition der chine- sischen Nationalität ist uns irgend wie klar. Sitten und ab- weichende Gebräuche einzelner Clans deuten auf abgeschwächte geschichtliche Stammunterschiede ^^) ; eine erneute ältere Notiz über die noch immer unerforschten Miao-tseu ^9) , obgleich sie von Kanton noch nicht hundert Meilen nordwestlich leben , zeigt in der unter diesem Namen einbegriffenen Beimischung schwarzer Stämme Merkmale eines geschichtlich nicht zu fixierenden Völker- gedränges.
Zunächst stehen derartige ethnologische Untersuchungen zurück vor dem Interesse des Handels. Der Graf d'Escayrac de Lau- ture misst an diesem Moment sogar die Bedeutung des letzten grossen chinesischen Krieges für England oder Frankreich in seinem sonst universell angelegten Buche. Von der Bedeutung desselben legen neuere officielle preussische Zusammenstellungen ^") Zeugniss
873) Political Associations, Feuds etc., in China, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (18('5) p. 272 280-
74) Bevölkerung und Grundcigenthum in China. Von H. Maron, Vierteljahrsschr. f. Volkswirth^cha^c 1863, I p. 28 f.
75) Chiuesen vor Columbus in Amerika , Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1865 no. 12 p. 163—165.
76) Annee geographique par Vivien de St.-Martin, 1865 p. 253 f. und danach: War Amerika den alten Chinesen bekannt? Wo lag das Land Fusang? Globus von Andree VIII (181.5) Heft 16 p. 346 — 348.
77) Die Chinesen in Viktoria. Ein Vortrag gehalten im 'Verein für Erd- kunde in Dresden' am 19. Juni 1866 von Richard Oberländer, Zeitschr. der Gesellschaft für Erdk. in Berlin I (1866) p. 499—503.
78) The Chinese Clans and their Customs etc., Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 281—284.
79) The Miäu-Tsz , or Aborigiiial Tribes, inhabiting various Highlands in the Southern and Western Pruvinces of China Proper. [Reprinted, with alterations, from the "Chinese Repositoiy"], Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. I (1863) p. 139 — 149.
80) China's auswärtiger Handel in den Jahren 186H und 1864, Preuss. Handels-Arehiv 1866, 23 März p ;-;30— 335, 20 Apr. p. 439.
202 Wissensrhaftl. Jahresbericht für i8*i2— 1867.
ab; des Engländers TTV///««?* s^^) Zusammenstellung aller gesetz- lichen P>estimmungen und praktische Nachweise beAveist durch die nöthig gewordenen neuen Auflagen die Regsamkeit des comnier- ciellen Verkehrs; er deutet entschieden auf einen englischen Handelsweg von West-China über Burma ^^) hin und einen ähn- lichen scheint auch E. ScJilaghiticeit^^) ins Auge zu fassen. Solider, immer mehr befestigt erscheinen die hergebrachten russi- schen Handelsverbindungen mit China , welche SkafschJcoio ^*) dar- stellt. Die chinesischen Geld- und Mün z verhäl tni s se, denen wir schon einmal in charakteristischer Entartung bei den Taipings begegnet sind , kann die von Holt ^^) beschriebene Sammlung er- läutern. Die gegenwärtig ohne Ausnahme herrschende Vorliebe für Metallgeld ^^) ist eine um so unumstösslichere Anschauung der Chinesen, je länger vor dem Abendlande sie nach ai'abischen Zeug- nissen schon das Papiergeld versucht hatten , worüber man jetzt Lacroix^^) vergleichen kann. Eine eigenthümliche Wirkung auf den ganzen Verkehr wird das von den Europäern importierte Eisen- bahnwesen mit sich bringen, zu Avelchem Stephenson ^^) durch- dachte Vorschläge und Sumviers ^^) einige Bemerkungen bringt. Stephenson verdankt Ostindien seine Eisenbahnen, und wie dort wird auch in China auf den Schienenwegen eine umgestaltende Cultur einherschreiten, segensreicher und grossartiger als die dabei gehegten Absichten Englands gegenüber der russischen Concurrenz vom Norden her von Haus aus wünschen möchten.
881) The Chinese commercial guido , containing treatise , taviffs , regu- lations etc. useful in the Trade to China aud Eastern Asia: with an appendix of sailing directioiis for those scas and coasts. By S. Wells Williams. 5th editiou. Hongkong 1863, XVI, 388 u. 266 S. 8. (^London , Trübner
£ 2. 6 sh.)
82) Memorandum on the question of British Trade with Western China via Burmah. By Dr. C. Williams, Journal of the As. Soc. of Bengal 1864 no. IV p. 407—433 mit 1 Karte.
83) Der Nordrand von Berma und der neue Handelsweg nach dem Innern von China. Von Emil Schlagintioeit , Globus von Andree X (1866) No. 4 p. 118-122.
84) HaiUH ToprOBBia ^i-ia bt, L'HTai (Unsere Handelsgeschäfte in Cliina von Skatschkow). St. Petersburg 1863, 44 S. 8.
85) On a colleetion of Chinese coins. By Holt, Nuraismatic Clironicle No. XXI (1J^66, I) p. 68—90.
86) Vgl. auch: Metallgeld in China, Augsb. AUg. Zeitung 1865 no. ^57 Beilage.
87) Le papier monnaie en France et en Chine. Par JjOcroix , Revue de l'econoir.ie chrtitienne 1867 Mai No. 69 p. 787 — 818.
88) Railway« in China. Report upon the feasibility and most eflfectual means of introducinir railway communication into the empire of China. With a map. By Sir Macdonald Stei^henson. London , Aellard 1864 , 8. mit 1 Karte. Vgl. Athenaeum 1864 Sept. 3 p. 297 und: Eisenbahnen in China, Westermanns lllustr. Monafsh. 1865 no. 102 p. 668.
89) On Railways in China. By .7. Summers, Chinese and Japanese Repositury Vol. I (1864) p. 443—448. Vgl. auch: Westermanns illustf. Monatshefte 1865 no. 109 p. 111.
China. Zustände. 203
Die Industrie Chinas gestattete die Pariser Weltindustrie- ausstellung bequem zu überschauen, wie Duchesne de Beüecour^^'^) in einem geschickt resümierenden Artilvel dargestellt hat. Von Einzelheiten sind einige für Handel oder Industrie wichtige Natur- producte besprochen worden. Vor allem der Thee ^^) nach einer chinesischen Vorlage, wie er denn schon unter der Dynastie Thang Gegenstand der Litteratur geworden ist; dann nach einem W^erke Wan-fschiis ^^), des Schatzmeisters von Kiang-hu , die Maulbeerbaum- und Seidenraupenzucht; Mac Cartee^^) bespricht dazu den wilden Seidenwurm. Nach chinesischen Quellen erhalten wir Mittheilungen über Baumwollencultur ^^J , nach Bondot^^) über die des Hanfes. Das chinesische Zuckerrohr, welches in Karl Ritters berühmter Abhandlung nach Mittheiluugen von Wilhelm Schott bereits seine Stelle erhalten hatte , bespricht GolUns ^^) von Neuem. Zuletzt sei nach dieser Eichtung eine Untersuchung über die Perlen von Pfizmaier^'') erwähnt, welcher in China den vor- wiegenden Gebrauch von Perlen aus Binnengewässern , selten aus dem Meere, und allerlei mit ihm in Zusammenhang stehende ge- schichtliche und sagenhafte Momente nachweist.
Einige werthvolle systematische Untersuchungen sind über Kecht, Gebrauch und Sitte geliefert worden. In erster Linie steht Plaths ^^) schöne Darstellung des altchinesischen Rechts
890) La Chine et le Japon ä l'Exposition universelle. Par P. Dtichesne de Bellecour, Revue des deux mondes T. LXX livr. 3 (1. Aug. 1&67) p. 710—742.
91) Eeinarks o;i tlie Tna-Plant. Translated from the Original Chinese, Chinese and Japanese Eepository by Summers Vol. III (1865) p. 177 — 181.
92) On Cultivating the Mulberry and Hearing the Silkworm. Translated from the Tsan-Sang Hoh-pien , Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 73—85.
93) On some wild Silkworms of China. By D. B. McCartee, Journal of the North China Brauch of the Roy. As Soc. New Ser. No. III. Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 75-80.
94) Directions for the Cultivation of Cotton , espeeially in the District of Shanghai. Translated from the Nung Ching Tsiuen-shu, or Encyclopaedia of Agriculture, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. II (1864) p. 199 — 209; ebenfalls nach chinesischen Quellen: The Cultivation of Cotton in Shanghai, ebend. (1865) p. 17-24.
95) The Cultivation of Chinese Hemp and the Manufacture of Grass- Cloth. Derived chiefly from M. Rondot's Memoir, read before the Rheims Academy, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (1865) p. 41-45.
96) Sorgo , or Northern Chinese Sugar Cane. By Varnum D. Collins., Journal of the North China Branch of the Rov. As. Soc. New Ser. No. II. Dec. 1865 f Shanghai 1866 gr. 8.) p. 85—98.
97) Beiträge zur Geschichte der Perlen. Von Aug. Pfizmaier, Sitzungs- berichte der Wiener Ak. der Wiss. Philos.-hist. Cl. LVII (1867) p. 617—654.
98) Gesetz und Recht im alten China nach chinesischen Quellen. Von Dr. J. H. Plath. (Aus d. Abhh. der k. bay. Ak. der Wiss.) München, Franz in Comm. 1865, 118 S. 4. (n. 1 ^. 14 J^.) Vgl. Ausland 1867 No. 26 p. 609- 612.
204 Wtssenschaftl. Jahresbericht für 1 8(32— 1867.
und Gesetzes, welche unmittelbar aus den Quellen geschöpft ist. In einem wunderbaren Contrast erscheint dazu der Umstand, dass jetzt eine chinesische Bearbeitung des Völkerrechts von Wheaton^^^) möglich und nöthig geworden ist. Ein interessantes Beispiel , wie aus der schönen Litteratur Momente für die Rechtsgeschichte ge- wonnen werden können, gibt von der Gabelentz d, j.^*'''). Be- achtenswerth sind die Spuren von Ordalien , welche Stronach ^) zusammenstellt, weil sie einen Schluss auf die Lebhaftigkeit des religiösen Gefühls bei den reflectierenden Chinesen gestatten. Sonst hat das Ceremoniell alle Unmittelbarkeit der Empfindung möglichst vernichtet. Instructiv ist, was in dieser Beziehung aus authen- tischer Quelle Paiifhie)- 2) von dem Hofleben Khubilai-Khan's mit- theilt. Für das häusliche Leben der alten Zeit hat Flatli^) mit gewohnter Sorgfalt eine umfassende Darstellung geliefert, mit der man ausser den angeführten Werken von Rennie und Doolittle für die Gegenwart die hübschen Illustrationen nach Bourboulon vergleichen kann ^). Die übertriebenen anecdotenhaften Berichte von chinesischem Essen und Trinken können zum Theil durch die nöthig gewordene neue Auflage einer chinesischen Darstellung der fremden Kochkunst ^) widerlegt werden. Von den zahlreichen Spielen, deren psychologische Betrachtung manche pikante Ver- wandtschaft mit europäischen Culturgewohnheiten finden würde, ist das vornehmste das mannigfach von der indischen und abend- ländischen Weise abweichende Schach *") , von welchem Holling-
89'J) Wen kueh küng fäh. (Elemente des Völkerrechts von H. Wheatoii. In das Chinesische übersetzt auf Befehl der nordanierikanischen Regierung von Rev. A. P. Martin.) Peking, Drittes Jahr Thung-tschi , Ende des 12ten Monds (1865, Ende Januar) 4 Bde. gr. 8. (London, Trübner 21 sh.) Vgl. Pauthier im Journal asiat. öieme serie T. 10 (1867) p. 193 f.
900) Chinesische Justiz. Nach einer Schilderung in dem Roman Gin- ping-mei von H. A. v. d. Gabelentz, Globus von Andree 1864 Bd. 5 Lief. 11 12.
1 ) Traces of the Judicium dei, or Ordeal in Chinese Law. Contributed by W. T. Stronach, Journal of the North China Branch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. II. Dec. 1865 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 176.
2) Ceremonial observe dans les fetes et les grandes receptions ;i la cour de Khoubilai-Khän (trad. du Chinois) par G. Pauthier, Revue de l'Orient XTV, 1862 p. 224 ff.
3) lieber die häuslichen Verhältnisse der alten Chinesen. Nach chines. Quellen von Joh. Heinr. Plath. (Aus d. Sitzungsberichten der k. bay. Ak. der Wiss.) München, Franz in Comm. 1863, 48 S. gr. 8. (n. 16 J^.) Vgl. Lit. Centralbl. 1.-64 no. 5 p. 101 f.
4) Aus dem Haus- und Volksleben in China (mit 7 Illustr. nach Bour- boulon), Globus von Andree X (1866) No. 2 p. 33- 41, No. 5 p. 144—147.
5) Foreign Cookery , in Chinese , with a preface and iudex in English. Shanghai' IS 64, 29 Bogen 8. (London, Ti übner 10 sh 6 d.)
6) Chinese Chess ffrom the Cliina Mail, June 29lh , 1865), Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. III (186V) p. 580—586.
China. Znstävde 205
worth ^07) eine besondere Art behandelt hat. Manche Extravaganzen der Mode und des Genusses würden den Europäern an den Chi- nesen weniger auffällig erscheinen , wenn die ersteren sich ebenso objectiv kritisieren wollten wie die Eremden. Der von Liebei- mami^) gründlich untersuchte Opiumgenuss wirkt nicht verderb- licher, sondern nur langsamer als Absinth, und der berüchtigte kleine Fuss der Chinesinnen, von dem Fuzier^) eingehend ge- handelt hat, ist im Grunde weit unschädlicher als die bewunderte Wespentaille des Abendlandes. In dem Punkte der Prostitution hat China die europäische Cultur überholt, wie die sorgfältige Darstellung G. Schlegels ^^) sogar neben verwandten französischen Werken zeigen kann. Sie ist das furchtbarste Gegenstück zu dem Grundprincip des wahren Chinesenthums, der Familie. Ueber die sonderbaren Begräbnissgebräuche ist neuerdings einiges bei- gebracht worden. Butcher'^^) schildert in dem Leichenbegängniss eines reichen Banquiers in Shanghai ohne Zweifel ein elegantes Musterbeispiel; eine To-la-Decke, in welcher man nur mit kaiser- licher Genehmigung bestattet werden darf, gibt Jamieson^'^) Ver- anlassung zur Besprechung der von zahlreichen Buddha-Anrufungen begleiteten Ceremonie. Mit Recht hat man eine Notiz über das Vorkommen der freiwilligen Wittwen-Verbrennung wiederholt ^^), welche aus Indien herüber gekommen sein kann , aber dem chi- nesischen Familienprincipe durchaus nicht widerspricht.
Die einengenden Sitten und Gebräuche werden allmählich vor der Berühiung mit dem europäischen Wesen wenn auch nicht schwinden 7 so doch umgestaltet werden, zumal wenn die ganze
907) A Short Sketch of the Chinese Game of Chess, called Kh'e , also called Seaug-Kh'e, to distiuguish it from Wei-kh'e, anothei- game played by the Chinese. By H. G. Hullingworth , Journal of the North China Branch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. III. Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 107—112.
8) Les fumeurs d'Opium en Chine. Etüde medicale par Liehermami, Recueil de Memoires de medecine de militaire T. VIII und auch besonders abgedruckt: Paris 1862, 8.
9) Vgl. Fuzier in dem Kecueil de memoires de medecine T. VII, Bourot ebeiid. T. 9 und Morache T. 11.
10) lets over de Prostitutie in China. Door G. Schlegel , in Verhau- delingen van het Batav. Genootschap van K. en W. Deel XXXII (Batavia, Lauge & Co. 1^66) 25 S. gr. 4.
11) Notes on the Funeral Rites performed at the obsequies of Takee. Contributed by Rev. Ch. H. Butcher , Journal of the North China Branch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. II. Dec. 1865 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 173- 176.
12) Remarks by R. A. Jamieson made upou exliibiting a To-la Pall to the Society, Journal of the North China Branch of the Roy. As. Soc. New Ser. No. 11. Dec. 1865 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 178—181.
13} Suttee in China. By C. C. (Reprinted, by permission , from "All the year Round" Sept. 1861), Chinese and Japanese Repository Vol. I (1864) P 457—461.
206 Wüsenschaftl. Jahresbericht för 1862— 18ß7.
Bildung des Chinesen aus den bisher ganz natürlich jeuer Ein- engung entsprechenden Schranken gehoben sein wird. Die ein- fache christliche Mission Avird solches nicht vermögen, vielmehr könnten ihre Resultate nach der Analogie der habessinischen Kirchengeschichte in dem chinesischen Geiste sich bedenklich nationalisieren und trüben. Man hat daher mit Recht die intellec- tuelle Bildung zugleich ins Auge gefasst. In Peking ist ein eng- lisches Institut gegründet worden und in Kanton geben seit 1865 die englischen Missionäre ein Pfennigwochenblatt 'The Chinese and Foreign AVeekly Xewspaper' heraus''^''); welche ^Yirkungen Lob- scheid's bedeutende Bemühungen um die Einführung fremder, be- sonders englischer Steuerbeamter besonders in den Küstenland- schaften haben werden, steht noch dahin. Auch hier wird das Erfolgreichste nur von der Kindheit und der Jugend aus geschehen können. Die Erziehung, welche uns Boionng^'") charakterisiert, und die allen Charakter tödtende Examentyrannei, wie sie uns Keet-'^^) für Kanton schildert, werden vorher andere Bahnen finden müssen. Die Mittheilungen, welche Hmispach'^'^) von den Volksschulen seines Districts macht, erlauben einige Hoffnung.
Vielleicht kann dann das Volk sich auch wieder zur Religion heranbilden, welche es fast moderner als die modernsten unter uns seit lange nicht mehr hat. In volksthümlichen Anschauungen und Sprüchen^s) begegnen wir noch religiösen Anklängen. Und wie- der ist es eine gründliche Untersuchung von Flath ^^), welche aus dem Leben und der Litteratur der alten Zeit authentische Nach- richten sammelt und eine beachtenswerthe Reihe von religiösen Ideen in dem altchinesischen Gemüthsleben nachweist: je stärker ein Aberglaube, um so energischer muss daneben das Verlangen nach einem Gottesglauben sein, wenn auch der Begriff 'Gott' sich
914) Vgl. Mag. f. d. Litt. d. Ausl. 1865 no. 31 p. 433 f.
15) Education in China. By Sir John Boivring, Shilling Magazine No. 2 (1865 June) Art. 8, No. 4 (1865 Aug.) Art. 6, ü. No. 5 (1865 Sept.) Art. 5.
16) Description of tlie Great Examination Hall af Canton. By J. G. Keer, Journal of the North China Brauch of the Koy. As. Soc. New Ser. No. III. Dec. 1866 (Shanghai 1866 gr. 8.) p. 63—70 nebst Plan.
17) Report for the years 1863 and 1864 of the Chinese Vernacular S hools, established in the Sinon , Kiushen, Fayuen , and Conglok districts of the Quangtang province. Superintended by the liev. Aug. Hanipach. Hongkong 186.5, l(i S. 8.
18) Chinese Cosmogony and Sententious Sayings , Chinese and Japanese Hepository by Summers Vol. II (1864) p. 210 — 212.
19) Die Religion und der Cultus der alten Chinesen. Von Joh. Jleinr. Flath. Zwei Abth. '1, Die Religion der alten Chinesen. iMit 23 lilh. Tff. LV u. 108 S. — 2, Der Cultus der alten Chinesen. Mit lith. Tf. 133 S.) Chinesische Texte. (Aus d. Ahhh. der kgl. Bay. Ak. der Wiss.) Ebend. 1864, 46 S. 4. lithogr. ^n. 2 ^. 20 .A^) Miiiicheu, Franz in Comm. 1862 gr. 4. (2 Thlr. 4 Ngr. u. IVa Thlr.j Vgl. Lit Centralbl. 1864 no. 5 p. 100 f.
Ch i n a. Itcligion. 207
noch schwächer ausspräche, als es bei den alten Chinesen der Fall gewesen zu sein scheint. Eine sehr werthvoile religiöse Klee fehlt indess den activen Chinesen dem Anschein nach vollständig, die Idee der persönlichen Unsterblichkeit. Wie wir aus einer andern ebenfalls treulichen Untersuchung Flath's^'^^) lernen, ist wenig- stens bei ihnen die Anschauung einer unbedingten Fortdauer und des Bewusstseins nach dem Tode nicht nachweisbar. Die viel discutierte Frage über den chinesischen Monotheismus ist auf Grund \on Aufzeichnungen Fre7nare's, welche Fauthier'^^) bearbeitet und herausgegeben hat, von neuem augeregt worden ohne vorläufig zu irgend einem Abschluss zu kommen. Die objective Toleranz, welche sich auch in dem von Severini^^) behandelten siebenten Kapitel des heiligen Edicts vom Kaiser Kang-hi ausspricht, ist das Ergebniss einer langen praktischen Abschwächung dogmatisch- scharfer Anschauungen. Vieles beweist den fortdauernden Zug des chinesischen Geistes nach dem Uebersinnlichen : die magischen Spiegel, von denen Frewster ^'^) redet, ebenso gut als die cultur- geschichtlich hochwichtige Herübernahme des Buddhismus mit seiner massenhaften Uebersetzungslitteratur, wie dem bei Indien zu er- wähnenden Amitäbha u. A., mit seinen zahlreichen Mönchen, von denen uns Figandet'^^) die auch in Hinterindien bekannten von ihrem Tälablatt-Sonnenschirm benannten wieder vorführt.
Man freut sich, religiöse Züge zu entdecken, welche dem Abendlande verwandt sind. Stanislas Julien möchte die Tu-kiu gradezu für chinesische Christen halten '^^) ; noch lieber und wie man glaubt sicherer freut man sich der weitausgebreiteten Frei- maurerei 26). Die Einführung und Befestigung des Christenthums stösst in dem polizeilich wohleingerichteteu und seiner Traditionen stolz bewussten Staate auf die grössten Schwierigkeiten, wenn man
920) Die Unsterblichkeitslehre der alten Chinesen. Von Dr. J. H. Plath, ZdDmG. XX (18(56) p. 471—484.
21) Lettre inedite du P. de Premare sur le nionotheisme des Clnnois, publice avec la plupart des textes origiuaux, accompagues de la transciiption d'un mot-ä-mot et de notes explicatives par G. Pauthier. (Extr. des Annales de philos. chretienne Ve serie, T. 111 Fevr. et Mai.) Paris, Diiprat 1862, 54 S. 8.
22) Tre religiüni giudicate da un Cinese. Da Anselmo Severini, Rivista Orientale I (Firenze 18ö7, 8.) p. 130—147.
23) Chinese magic mirrors. With observatious by Sir V. Breivster, Scientific Review No. 2 Art. 1.
24) On the Phougies , a Section of the Buddhists, also called Talapoins. By Dr. Paul Bigaudei, Chinese and Japanese Repository by Summers Vol. m (^1865) p. 353—360, 409—416, 453—461. Translation of the Amitäbha Sutra from Chinese. By the Rev. Sam. Beul, Journal of the Roy. As. Soc. of Great Brit. New Series. Vol. II ( 1866) p. 136—144.
•25) Stanislas Julien über die Tu-kiu , Ausland 1866 No. 12 p. 283 f.
26) Sa-ling-tohouen-fo-in. (^Evangile traditionnel de Jerusalem, redig^ par Ting- tuH-ling: Manuel ^lementaire de franc - ma9onuerie chiuoise, en Chinois.) Paris 1864 , 16. Vgl. L. de Rosny im Bulletin du Grand Orient de France lö64 Sept. no. 8.
208 Wissenschaftl. Jahresbericht für 1862— 1S67.
sie nicht mit der kliigeü Accommodation der frühereu jesuitischen Mission beseitigen will. Das Hauptiustrument aller evangelischen Mission, die Bibel, ist, abgesehen von allen Schwierigkeiten der Uebersetzung, welche zum Theil Hudson ^-'^) berührt, bei der Art der chinesischen Schrift den weiteren Kreisen nur mit beson- derer Mühe zugänglich zu machen. Der Nutzen, welchen die Missionare der Wissenschaft bringen, ist hier häufig bedeutender als der unmittelbar praktische: wenigstens gilt das in hohem Grade von der russischen Mission in Peking, deren Arbeiten bereits oben hervorgehoben worden sind, und von den englisch-amerikanischen Sendboten, die sogleich bei der Erwähnung der Arbeiten über chinesische Sprache und Litteratur zu rühmen sein werden. Die Arbeiten der romanisch - katholischen Mission sind besonders von dem Glänze des Martyriums umstrahlt, welches politischer und nationaler Hass in scheusslicher Weise herbeiführte ^*j. Denn nicht zufällig sind es französische Missionäre, die hier den Tod fanden, u. A. : Mahileau^^% Bemdieu'^^) und Cambier '^^). Solche Schicksale der katholischen Missionen mussten auch die Theilnahme der evangelischen Christen erregen =*-).
Eigeuthümlich ist neben dem Christenthum die Stellung des Judeuthums und des Islam in China. Ueber das Judenthum berichtet Wylie'^^) mit zu Grundelegung einer früheren Schrift von James Finn aus dem J. 184:3, mit welcher die Ergebnisse einer Expedition nach der jüdischen Synagoge von Khai-fu-fu 1850 und die Mittheilungen zweier Juden aus dieser Stadt verarbeitet wor- den sind. Man sieht, dass China, welches diese Einwanderer in seine nördlichen Binnenprovinzen zuliess, menschlicher war als das gleichzeitig christliche Europa; jetzt freilich ist das alte Gotteshaus verfallen und der Gemeinde fehlt der Rabbiner.
927) Inii)unaul Cuusiderations relative to Eiiglish translations, in reply to tbe proposal for a iiew version of the Sacred Scriptares into the Cliiiiese lauguage. By Th. H. Hudson. Shanghai 1866, 36 S. 8.
28) Missions de l'extreme Orient, ou coup d'oeil siir les persecutions de la Chine , de la Cochinchine, du Tong-king et de la Coree. Par l'abW Camille Lenfant. Paris, Bureaux du comm'ss. du clerge 18()5, 129 S. 12.
29) Vie de Fran9ois Mabileau, missionnaire apostolique et pro-vicaire au Su-Tchuen oriental, mis k moit en haine de la religiou eatholique dans la ville de Yeou-Yang-Tcheou , le 29 aout 1865. Par l'abbe P. Gahorit. Nantes, Mazeau 1867, 151 S. 12.
30) Panegyrique de labbe Louis Beaulieu , missionnaire en Coree, inar- tyrisö le 8 mars 1866, prononce dans l'eglise de Langon. le 2 mai 1867, par l'abbe Fili:r Laiyrie. Bordeaux, Impr. Dupuy 1867, 47 S. 8. (l fr.)
31) Notice biographiquc sur l'abbe Cambier, ancien elfeve de l'Ecole normale et missionnaire apostolique, inort en Chine le 12 juin 1866. Par le R. P. Adolphe Perrand. Lille, Behague; Paris, Douuiol 1867, 35 S. 8.
32 j Die Leiden der römischen Christen in Anam u. Korea, Neue Ev. K. Zeitung 1863, nr. 32—33.
33) Israelites in China. By Alexander Wyliß , Chinese and Japanese Kepo^itory by Summern, Vol. I (1863) p. 13 — 22, 43 — 52.
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Z Deutsche Morgenländische 704.8 Gesellschaft D4.8 Wissenschaftlicher Jahre i 1862-67 bericht über die morgenländ- ischen Studien
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