Koelsch, Adolf. Würger im pflanzenreich. „1212, RE ö Or flö. Koelſeh Würger im Oflanjenreich 5 77 r a eh 8 MI. Würger im Pflanzenreich Kosmos, Geſellſchaft der Naturfreunde, Stuttgart D* Geſellſchaft Kosmos will die Kenntnis der Naturwiſſen⸗ ſchaften und damit die Freude an der Natur und das Der- ſtändnis ihrer Erſcheinungen in den weiteſten Kreiſen unſeres Volkes verbreiten. — Dieſes Siel glaubt die Geſellſchaft durch Verbreitung guter naturwiſſenſchaftlicher Literatur zu erreichen mittels des Kosmos, Handweiſer für Naturfreunde Jährlich 12 Hefte. Preis M 2.80; ferner durch Herausgabe neuer, von erſten Autoren verfaßter, im guten Sinne gemeinverſtändlicher Werke naturwiſſenſchaft⸗ lichen Inhalts. Es erſcheinen im Vereinsjahr 1913 (Änderungen vorbehalten): Dr. K. Floericke, Einheimiſche Liſche. Reich illuſtriert. Geheftet M 1. — = K 1.20 h 6. W. Dr. B. Dekker, Vom ſieghaften Sellenſtaat. Reich illuſtriert. Geheftet M 1.— = K 1.20 h 6. W. Dr. Ad. Koelſch, Der blühende See. Reich illuſtriert. Geheftet M 1.— = KH 1.20 h ö. W. W. Boelſche, Feſtländer und Meere. Reich illuſtriert. Geheftet M 1. — = H 1.20 h ö. W. Ein phyſikaliſches Werk. Näheres wird im Kosmos-Handweijer bekanntgegeben. Reich illuſtriert. Geheftet M 1.— = K 1.20 h 6. w. Dieſe Veröffentlichungen find durchalle Buchhandlungen zu beziehen; daſelbſt werden Beitrittserklärungen (Jahresbeitrag nur M 4.80) zum Kosmos, Geſellſchaft der Naturfreunde (auch nachträglich noch für die Jahre 1904/12 unter den gleichen günſtigen Bedingungen), entgegengenommen. (Satzung, Beſtell⸗ karte, Verzeichnis der erſchienenen Werke uſw. ſiehe am Schluſſe dieſes Werkes.) Geſchäftsſtelle des Kosmos: Franckh'ſche Verlagshandlung, Stuttgart. Würger im Pflanzenreich Von Dr. Adolf Moelſch Mit zahlreichen Abbildungen nach Original-Aufnahmen von J. Hart: mann, J. Kettenhuemer u. a. und einem farb. Umſchlagbild, darſtellend die Hopfenjeide, von R. Oeffinger 223648 Stuttgart Kosmos, Geſellſchaft der Naturfreunde Geſchäftsſtelle: Franckh'ſche Derlagshandlung a r 1 | 7 a * 2 — 2 . 2 Copyright 1912 4 or =” 8 155 d by Franckh’sche Verlagshandlung BE | | „ 9 000 na Cu 2 7 — a NE 2 * r r I. Einleitendes: Die Rohköſtler. Darin geht es den Blütenpflanzen nicht anders als den meiſten unter uns Menſchen, daß jede von ihnen Seit ihres Da— ſeins ſchwer arbeiten muß, um zu der Nahrung zu kommen, womit ſie ihren Körper erhalten, feine Leibesmaße vergrößern, verbrauchtes erſetzen und den aufblühenden Sellenſtaat zur Doll: form eines wohldurchgebildeten Gemeinweſens zugeoröneter und übergeoröneter Bürger ausbauen ſoll. Und hat ſie ſich wirklich mit Rackern und Fleiß aus der Unſcheinbarkeit eines Cärvchens zur Vollreife eines Graſes und Krautes, zum anſehnlichen Straud oder Baumweſen emporgeſchafft, ſo bricht noch lange nicht der Tag für ſie an, an dem ſie ſich aufs Faulbett hinſtrecken und weniger materiellen Träumen nachhängen könnte. Sie muß weiterhin in ihrer Umgebung ſcharf auf Jago nach Genießbarem gehen, muß ſehen, daß ſie die Stoffe, die ſie von außen her aufnimmt, im Feuer eines tauſendfältig verwickelten Verwandoͤlungsprozeſſes ſich arteigen macht, muß darauf bedacht ſein, alles Unverwertbare auszuſcheiden und den im Augenblick nicht gerade verbrauchbaren Überſchuß in den Lagerhäuſern der plasmatiſchen Außenbezirke auf Vorrat zu tun. Denn früher oder ſpäter kommt die Stunde, wo ſie aus ihren Sellen all die Leiſtungen herausholen ſoll, denen — über die Erhaltung des Einzellebens hinaus — die Erzeugung von Blüten, Früchten und damit (als Abſchluß des Da— ſeins) die Hinterlaſſung einer möglichſt zahlreichen Nachkommen— ſchaft als Siel geſetzt iſt. Die Durchführung dieſes Programms fällt den Gewächſen am einen Ort leichter, es fällt ihnen ſchwerer am andern Ort, immer aber wird man die Beobachtung machen, daß ihnen nichts geſchenkt wird von den Mühen und Bitterkeiten SE des Werkeltages, ob ſie nun breitbeinig auf einem dunggeſchwän⸗ gerten Kompoſthaufen ſitzen, mitten im Sonnenlicht, oder das Schickſal ſie in die dämmergrauen Tiefen der Seen hinabgeführt hat, wo eine dünne, wäſſerige, ewig wandernde Flüſſigkeit ſie als einzige Nährbouillon unſtet umjchaukelt. Schon in früheſter Jugend fängt die Sorge ums Nötigſte an. Seit in die Samenſchale verkapſelt, als trockenes Nüßchen, als Bohne oder ſchrotfeines Korn, vielleicht mit Flügeln verſehen, vielleicht von rotem lockendem Fruchtfleiſch umhüllt, vielleicht mit Klettenhaaren beſetzt, die ſich im Fell von Säugetieren und im Gefieder von Vögeln verankern, noch häufiger aber ohne jede Hilfe zur Sicherung der Verbreitung, wurde der Embryo von der Mutter auf Reifen geſchickhkt. Man weiß, wie die Landfahrt für 99 von 100 Sprößlingen endigt: fie erreichen nie eine bewohn⸗ bare Scholle oder gelangen an einen Ort, der ihnen nur aller⸗ ärmlichſte Unterkunft bietet, und in dem ungleichen Kampf mit überlegenen, anſpruchsloſeren Wettbewerbern kommen ſie ret⸗ tungslos ſchon in der Jugendzeit um. Nur mit einem vom hundert war Glück; der Sufall verſchlägt ihn an einen Ort, wo er, trotz der Übervölkerung dieſer Erde mit Pflanzen und Pflanzenbrut, ein weiches, warmes und gutbehütetes Keimbett zum Hinliegen findet und nach kurz oder länger bemeſſener Ruhezeit aufgehen kann. Zunächſt hat er es gut wie das Kind an der Bruſt. Etliche Brote hat ihm die Mutter als Sehrung ja mit auf den Weg ge- geben, hat auch Fette und nahrhafte Eiweißſtoffe in den Ranzen gepackt — ſie greift er jetzt an. Aber von dieſen vortrefflichen Sachen iſt doch nicht mehr im ganzen da, als ein Forellenlärvochen etwa im Dotterſack mit ſich führt, und bis die Schale aufgeſprengt iſt, das Würzelchen ſich ausgeſtreckt und herumgekrümmt hat, die Keimblätter ſich zur Luft emporgereckt und flachgeſpannt haben, iſt die Herrlichkeit aufgezehrt. Don nun an heißt es, alles Ma⸗ terial, was zum Betrieb der Cebensmaſchine nötig iſt, aus eigenen Kräften zur Stelle zu ſchaffen und über den augenblicklichen Be- darf hinaus den Hunger der Gattung zu ſtillen, der vom erſten Atemzug an, gleichſam verkleidet, jedem Weſen als Wille zum * Wachstum im Blute brennt, aber erſt nach Erlangung der Mann— barkeitsreife die deckende Maske abwirft und als Sortpflanzungs- trieb nackt vor die Welt tritt. Das Tier, finden wir, das das elterliche Neſt hat verlaſſen müſſen und (ein Kind noch) auf eigene Fauſt in die Weite zieht, habe es verhältnismäßig leicht mit dem Nahrungserwerb. Es tritt auf die Wieſe und ſtopft ſich den Magen mit Kräutern voll, es bohrt ſich in die Erde und ſchiebt Schaufeln voll zerfallend er oder ſchon zerfallener tieriſcher und pflanzlicher Stoffe in ſich hinein, es fliegt zur Blume und trinkt ihren Honig aus, es durch— wühlt den Schlamm auf der Suche nach genießbaren Leichenteilen oder es würgt andere Tiere ab und ſtillt feinen hunger an ihrem entbluteten Leben. Aber ob es nun Tiere frißt oder Pflanzen frißt und Leben für fein Bedürfnis erſt tötet, oder ob es ſich von Leichen und Leichenteilen ernährt, die der Tod in tauſend Rück⸗ ſtandsformen wahllos durch Felder und wälder zerſtreut, in der Erde verſcharrt oder, zu Moder zerfallen, im ſauren Schlamm der Seen und Flüſſe einſargt — es lebt jedenfalls von Stoffen, die ſchon organiſiert ſind und irgendwann einem empfindenden Weſen als Bauſteine angehört haben. Sie find ſchon einmal durch andere Cebeweſen hindurchgegangen und haben bei dieſem Durch— gang gewiſſermaßen die Hand des Weltenſchöpfers paſſiert, die, indem ſie Erde, Aſche, Luft und Waſſer nahm und an ihre toten und rohen Atome den rohen Kohlenſtoff band, aus der un— beſeelten Materie die erſten organiſchen, belebten Körper her— ſtellte. Denn dies allein jcheidet ja die Stoffe der belebten Welt von denen der unbelebten: daß an den trockenen Kern der Mine- ralmoleküle Kohlenjtoff in beſtimmten Mengen und beſtimmten Paarungen gebunden wurde. Durch dieſe Bindung entſtehen Eiweiße, Fette, Stärkekörper und alles, was ſich ſonſt an der Suſammenſetzung des Stoffes, der den Zellkörper bildet: des Plasmas beteiligt. Indem nun das Tier organiſierte Körper aus ſeiner Umgebung aufgreift und als Nahrung ſich einverleibt, lebt es gewiſſermaßen vom Vollendetſten, was es an Materie auf dieſer Erde gibt; es lebt vom Erzeugnis der Schöpfungstage, vom Ganzprodukt, von dem, was ihm ſelber (ſtofflich) verwandt 8 iſt. Es hat, um die Beſitzergreifung zu vollenden, die vom Maul, den Sähnen und Krallen vorbereitet wird, nichts weiter zu tun, als Fleiſch und plasma ſamt ihrem ganzen Inhalt an Eiweißen, Fetten, Salzen und Stärkekörpern, dieſes ganze, im Schöpfungs⸗ prozeß geläuterte Material durch die Verdauung bis auf ſeine ein⸗ fachſten Bauſteine herunterzuſpalten. Die artfremoͤe Subſtanz wird durch dieſe Zerlegung ihrer ſtörenden Herkunftsmerkmale entkleidet. In ferneren Bezirken des Körpers müſſen dann die loſen Bauſteine wieder fo zuſammengeſetzt werden, daß das art- eigene Fleiſch und das arteigene Plasma daraus entſteht. Anders die Pflanze. Sie muß ſich vom Niederſten, Un⸗ vollendetſten nähren, was es an Stofflichkeit auf dieſer Erde gibt, von den unorganiſierten, ſo gut wie gar nicht vorbereiteten Ur⸗ elementen, von dem, was jener entlegenen Seit der Erdͤgeſchichte entſtammt, als der Geiſt noch ratlos über den Waſſern ſchwebte, das Chaos noch nicht georönet und das Verfahren noch nicht er⸗ funden war, wie man aus rohen Atomen Lebendiges formt. Sie muß Erde freſſen und Waſſer trinken und Luft, muß ſich ergötzen an dem, was war, bevor der Scheidung von himmel und Erde, Tag und Nacht, Feuchtem und Trockenem, Flüſſigem und Feſtem der eigentlich große Tag gefolgt war, an dem aus Un⸗ bejeeltheit Beſeeltheit entwickelt wurde. Und fo ſteht ſie noch heute dort, wo der Schöpfer ſtand, als er nach dem Wort der Bibel Lehm nahm und daraus Menſchen und Tiere formte. Man nehme ein Tier, man gebe ihm ausgewaſchenen Flußſand zu freſſen, der ja nichts anderes iſt als der Rückſtand vulkaniſcher Urgebirge, die die Seit zuſchanden gerieben hat, man ſchütte dem Tier als Zuſatz⸗ koſt (nach Bedarf) eine mineraliſche Salzlöſung ein, wie ſie irgend⸗ einer natürlichen Quelle entjprudelt: nach wenigen Tagen wird das Tier verendet ſein, weil es ihm nicht möglich iſt, dieſes an⸗ organiſche Material zur Gewinnung von Energie zu verwerten. Aber dann mache man in einem zweiten Verſuch das gleiche mit einer grünen Pflanze. Man ſetze ein Samenkorn in einen Topf voll feuchtem Flußſandͤgerieſel und gieße von Seit zu Seit jene ſelbe Minerallöſung darüber hin. Das Samenkorn wird ſich zu einer pflanze entwickeln, die Pflanze wird blühen und Früchte or. d das von allen zur hoben, Jagd ge- örigen Wildarten Ausführliches über — Naturgeschichte, Jagd u. Hege 2 bringt. Felkenbeize, Schießwesen, Optik u. Kynologie gen; den Schluß bildet ein —— Verzeichnis der Jägersprache Ber 360 Seiten Text mit 8 Kunstdrucktafeln von = Prof. Wagner. Hunderte von Textillustrationen. ieh. ı nur M 3.50, geb. nur N 4.50 Als Ergänzung sei empfohlen der altbewährte C. E. Diezel, ee aus dem Gebiete der E. den neuesten Erfahrung. bearb. von F. Bergmiller) Fr Ueber 300 Seiten und viele Tafeln und Bilder. ich. nur M 3.50, geb. nur M 4.50 Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. EEE Jetzt an der Schicksalswende” 2 der, Türkei ist jedem politisch Interessierten eine eingehendere Kennt- nis des türkischen Volkes und seiner Geschichte unent- 2: behrlich. Eine gute Einführung gibt das neue Werk: 4 Geschichte der Iürken ; von Privatdozent Dr. A. Wirth Ein starker, reich illustrierter Band. = Die ‚Wiener Neue Freie Presse“ schreibt darüber u. à.: „Nur ein so starkes Darstellungstalent konnte derartiges schreiben. Der Verfasser hat eine bedeutende Kennt- nis des Orients und es ist | ihm gelungen ein wirkliches Bild der Türken und der Türkei klassisch vor uns hinzustellen. Er versteht es vor allem, den türkischen Volkscharaktr, in dem die Geschichte des Volkes doch ihren Grund hat, u erklären und uns menschlich näher zu bringen. FIX, 5 2 „ I, « 5 1 , 5 7 N, R 1 5 J nt a 1 a N Tr lcd Dein Ze Da a ET 7 REM RE SE u AR Er V%%%%%ͤ ⁰ ⅛⁵ . a Drittel des Raumes gewidmet. 223 Eine schöne Ausstattung ist dem Buche zuteil seno Viele Karten und Bilder Franckh’ sche Verlagshandlung, Stuttgart. OR tragen, und wenn man am Ende ihres Lebens die organiſche Sub— ſtanz, die fie enthält, mit der der organiſierten Stoffmaſſe ver- gleicht, die im Samenkorn war, jo wird man finden, daß fie dem Gewicht nach um ein viel hundert-, viel taujend-, ja viel mil- lionenfaches gewachſen ijt, obgleich der Pflanze im Topf kein hun⸗ dertſtel Gramm davon dargereicht wurde. ... Dies war gemeint, als ich vorhin ſagte, die grüne Pflanze ſtehe noch heute dort, wo der Schöpfer ſtand, als er den erſten Griff zur Geſtaltung des Lebens machte. Wie er, greift ſie das Unorganiſche, ihr an Be- ſchaffenheit gar nicht Derwandte auf, wie er entwickelt ſie aus dem erdigen Material und den Gaſen der Luft organiſche Stoffe, Farbe, Form und zuckendes Leben, das ſich bewegt und für all die Kräfte, die als Licht, Wärme, Elektrizität und chemiſche Energie das Weltall erfüllen, ſich als reizbar erweiſt. So ſpielt ſich das Wunder der Urzeugung allenthalben, wo eine Pflanze wächſt, vor unſern Augen jahraus jahrein hemmungslos ab, und wo ein Würzelchen, Erdjalze leckend, geſchäftig durch den Boden eilt, oder ein grünes Blatt ſich im Winde dreht, liegen offen die Zugänge zu jener göttlichen Werkſtatt zu Tag, in der das Mineral⸗ reich und das Reich der atmoſphäriſchen Gaſe aus der Stufe ihrer Nieödrigkeit emporgehoben und zu lebendigem, ſeeliſch begab— tem Stoffe veredelt werden. * * * Huch der Keimling am Kain, der die mütterliche Mitgift aufgezehrt hat und mager wie eine Tanzfliege, mit zwei grünen dünnen Blättchen im Kreuz, auf der Scholle ſteht, nimmt jetzt, wo der Ranzen geleert iſt, die ruhmreichen Überlieferungen ſeiner Vorfahren auf und ſchickt ſich an, durch vorurteilsloſe Bewirt— ſchaftung eines apfelartigen Pferderüdftandes und maſſenhafte Dertilgung der ſchmackhaften Atome eines ehemaligen Jura— gebirges die göttliche Funktion aller Pflanzenweſen, (die in der Umwandlung von Steinen und Schmutz zu Plasma, Sucker, Ei— weiß, Leben und Schönheit beſteht), zu erfüllen. Glühend vor Geſchäftigkeit, fällt er über die Salpeterbeſtände des Roßapfels her und ſpritzt Säure durch das Wurzelſpitzchen in die Erde hinein, Fr um die Kalk» und Magneſiakrumen mürbe und löslich zu machen. Er baut ſeine unterirdiſchen Faſern immer weiter am Rain hinauf und hinab, ſchlürft Waſſer und Gips, an Phosphorſäure gebun⸗ denen Kalk, Eiſenoxydule und, was ſonſt noch an Bodenſalzen im Waſſer ſich löſt, gierig in ſich hinein, läßt nichts unverſucht und nimmt doch nicht wahllos von allem. Su gleicher Seit iſt aber auch das Blattwerk nicht faul. Es ſperrt weit die Spaltlöcher auf, ſchnappt Kohlenſäure und zerlegt ſie mit Hilfe des Sonnen⸗ lichtes in Kohlen» und Sauerſtoff. Es ſpeit den Sauerſtoff aus, gliedert den Kohlenſtoff feſt an die Bauſteine der Mineralſalze an, die das Wurzelzünglein erbeutet hat, ſchinoͤet ſich weioͤlich ab und wird groß, ſtark und fett bei all dieſen Beſtrebungen zur Läuterung der Welt von dem Abraum, den Regen, Wind und andere atmo- ſphäriſche Gewalten im Laufe ganzer Eröperioden von den Fels— ſkeletten der Berge heruntergekratzt und am Feſtland als Acker— krume angehäuft haben. Schließlich, wenn die Pflanze an der Schwelle des Alters ſteht, die Seit der Blüte vorüber und die Brut längſt davon iſt, hat ſie Tröge voll Waſſer ausgetrunken, hat Ballons voll Kohlenſäure hinuntergeſchwemmt und mit man⸗ chem Gramm Erde, das ſie in ſich aufnahm, heimlicherweiſe die Erinnerungen an devoniſche und diluviale Seitalter verſchlungen. Dabei brauchte ſie nichts, was je ein Tier oder eine Pflanze ſchon vorgeformt hatte. Sie baute ſich jeden Biſſen von Grund aus auf und dient noch im Tod dadurch, daß ſie den Regenwurm ſpeiſt, fernem tieriſchem Leben als Quelle der Kraft. Was ſich hier offenbart und mir als das Wunderwürdigſte vorkommt, iſt die ungeheure Selbſtändigkeit in der Er- nährung, dieſes trotzige ganz auf eigenen Füßen Stehen. Es iſt beiſpiellos in der geſamten Natur. Wir Menſchen und alle Tiere, von der Amöbe herauf bis zum Detter Schimpanſe, ſind nichts im Dergleich zu dieſen Weſen, weil unſer Leib die große Syntheſe (oder Suſammenfügung) des Fleiſches aus Erde, Waſſer und Luft nicht ausführen kann. Dies rächt ſich inſofern, als wir ohne die grüne Pflanze unſer Daſein nicht friſten können. Ihre Geſchicklichkeit muß ſich als Mittler zwiſchen uns und die Ur⸗ elemente ſchieben, ſie muß das Mineralreich erſt dadurch urbar Zu el, machen für unſern Leib, daß fie in ihren Grünſtoffkammern wun⸗ derwirkende Sonnenenergie an die kalten Atome der Steine und Tuftgaſe bindet, — ohne dies alles findet menſchlicher Lebens: wille auf der geronnenen Uruſte des ehedem feuerflüſſigen Erd⸗ planeten weder Anker- noch Candungsplatz. Ja, wir ſtehen auch dort, wo wir tieriſches Fleiſch als Speiſe benützen, in Abhän⸗ gigkeit von der Pflanze, weil das Tier, das uns Lendenbraten und Koteletts liefert, nur daſeinsfähig iſt, ſolange es grüne Wieſen und Uleeäcker gibt, in deren Halmen, Stengeln und Wurzelwohnungen ſich die Verwandlung von ungenießbarer Erde in ſaftiges Magenlabſal vollzieht. hingegen kann ſie, die Pflanze, ohne uns alle gut da ſein. Sie braucht zur Bebauung der Erde nicht Menſch und nicht Tier. * * * Um fo ſeltſamer iſt es, daß eine ganze Reihe von Blüten- pflanzen im Lauf der Entwicklung dieſe Selbſtändigkeit im Er⸗ nährungsbetrieb, die doch unbezahlbarer erſcheinen müßte als das Erſtgeburtsrecht des Eſau, um ein Linſengericht verkauft und (gleich den Tieren) ſich in Abhängigkeit von ihresgleichen be— geben haben. Es iſt merkwürdig, überraſchend und unbegreiflich, daß ein Geſchöpf, das dank feiner kosmiſchen Fähigkeit, Steine in Fleiſch und Brot zu verwandeln, ſchier ſo mächtig iſt wie Zeus und alle anderen Götter der Welt, fortan nicht mehr allein von Cuftgaſen und Eröfalzen leben mag, ſondern den Vverſuch unternimmt, nach Art der Bakterien, Pilze und Tiere organiſiertes Material, das der Lebensprozeß ſchon einmal irgendwo in Händen hatte, als Quelle zur Energiegewinnung heranzuziehen. Bisher war die Pflanze Werkzeugmaſchine zur Herſtellung organiſierter Körper aus rohem, elementarem Stoff. Nun will die Werkzeugmaſchine über ſich ſelber hinaus und will das verbrauchen, was ſie vordem erzeugte. Man kann die Blütenpflanzen, die dieſen Abfall wagen, in drei Gruppen unterbringen. In der einen rücken all die Ge— ſtalten an, die ſich heimlicherweiſe mit einem an Leichen ſchmau— ſenden pilzlein verbinden und von ihm Säfte beziehen, die es ſich aus verweſenden Pflanzen» und Tierleibern hergeſtellt hat. In der zweiten Gruppe ſtehen die fleiſchfreſſenden Pflanzen, die in beſonderen Fallen ſich Tiere fangen, ihre Leiber verdauen und die aufſchließbaren Zerfallsprodukte des Fleiſches als Bauſteine in ihrem Körper verwerten. In der dritten ſtehen die Erpreſſer- und Würgerpflanzen, die ſich an andern Gewächſen tätlich vergehen und, wenn ſie die Überfallenen auch nicht gerade ums Leben bringen, doch beſtehlen und am Ertrag fremder Arbeit ſich gütlich tun. Die Sahl der Gewächſe, die in der erſten dieſer drei Grup- pen untertauchen, iſt unter den Blütenpflanzen Legion. Es gibt heute wohl mehr Wurzelpilzbündler, als es reine Rohköſt⸗ ler, reine Erd⸗ und Luftfreſſer gibt. Gar jo lang iſt es ja noch nicht her, ſeit man von dieſer intereſſanten Genoſſenſchaftsbildung zur leichteren Geſtaltung des Nahrungserwerbes die erſten Paraòebeiſpiele inmitten unſerer Flora entdeckte. Es ſchien auch zunächſt, als ob die Mykorrhiza⸗Symbioſe, wie man mit einem biologiſchen Fachausdruck die Erſcheinung nennt, auf die humus⸗ bewohner der Walö-, Heid e⸗ und Sumpfformationen beſchränkt ſei. Neuzeitforſcher und Sucherglück haben jedoch den Rahmen des Bildes ſchier ins Rieſenhafte ausgedehnt und gezeigt, daß eine Unmaſſe von Gewächſen aller Formationen und ſchier aller Familienkreiſe für Pilzbündͤniſſe zu haben iſt. Jährlinge, Stau⸗ den, Sträucher, Zwiebel- und Unollenpflanzen, halbſträucher, Sträucher und Bäume, an deren ſelbſtänoͤiger Ernährungstätig⸗ keit man vor zwanzig Jahren nie gezweifelt hätte, haben ſich als arge humusſchlemmer und Leichenſalzſchmauſer entpuppt, ja bis in die fetteſten Kulturböden hinein, wo (nach Menſchen⸗ ermeſſen) an Nährjalzen gewiß kein Mangel iſt, entjendet der Pilzbündlerklub vereinzelterweiſe ſeine Anhängerſchaften. Die einzige Formation, wo Pilzfäden nicht als Mithelfer an den Wur⸗ zeln von Blütenpflanzen erſcheinen, iſt der Waſſerbereich. Schwim- menden und untergetauchten Waſſergewächſen fehlen die pilz⸗ geſellſchafter immer. Weniger fragwürdig als die Verbreitung der Mykorrhiza⸗ bildung iſt von Anfang an ihr Sinn geweſen. Bereits Schlicht BE 1 war auf Grund beſtimmter Beobachtungen zu der Vermutung ge— langt, daß die Einrichtung unter dem Druck der wachſenden Mine⸗ ralſalznot ſehr humöſer oder aus anderen Gründen ſchwer auf- ſchließbarer Böden im Laufe der Seit ſich entwickelt habe. E. Stahl in Jena hat dann in einer vortrefflichen Arbeit die Be- deutung der pilzſymbioſe in einleuchtender Weiſe bloßgelegt. Seine Unterſuchungen führten ihn zu der Erkenntnis, daß Der: pilzung beſonders häufig bei Pflanzen mit verhältnismäßig ge- ringem Waſſer⸗Stoffwechſel vorkommt, „dagegen fehlt oder doch wenigſtens fehlen kann bei Gewächſen mit lebhafter Waſſerdurch⸗ ſtrömung der Aſſimilationsorgane“. Stahl ſchloß hieraus, daß an die Gegenwart des Pilzes eine Ceiſtung geknüpft fein müſſe, durch die der Nachteil geringerer Waſſerdurchſpülung ganz oder doch teilweiſe behoben wird. Im weiteren Verlauf ſeiner Be⸗ trachtungen konnte er dann zeigen, daß dieſe Ceiſtung des Pilzes — bei allen grünen Pflanzen — auf eine Mobilmachung der zerſtreuten mineraliſchen Nährſalzbeſtände hinaus⸗ läuft. überall nämlich, wo pilzfäden maſſenhaft zur Entwick⸗ lung kommen — und ſolcher Untergrund iſt ja auf jedem Erden- fleckchen gegeben, wo Haufen von Pflanzenleichen, Inſektenpan⸗ zern, Haaren, Federn, Unochen, Schuppen und Fleiſch einer lang⸗ ſamen Verwitterung entgegengehen — hebt unter den Bewoh— nern alsbald ein raſender Kampf um die Nährſalze an. Bei dieſem Kampf treten die auf Ausbeutung von Leichenteilen beſonders gut eingerichteten niederen Pilze mit den grünen Pflanzen in ſehr ſcharfen Wettbewerb. Es iſt nahezu ſelbſtverſtändlich, daß die Überlegenheit bei den Pilzen liegt. Im Gegenſatz zu den Wur⸗ zeln der grünen Pflanzen ſind ihre dünnen Saugſchläuche ja äußerſt reizbar für jene komplizierten chemiſchen Stoffe, die unter den Händen der Bodenbakterien und dem Einfluß von Regen: waſſer, CTuftſauerſtoff uſw. aus den Leichenteilen entſtehen. Sie werden infolgedejjen jeder nährſtoffreichen Bodeninſel ſofort inne und krümmen ſich auf ſie zu, um ſich u. a. auch in den Beſitz der mineraliſchen Salze zu ſetzen, die beim Abbau der toten Teile aus den Leichen entbunden werden. Nur denjenigen höheren Pflan⸗ zen, die auf mächtigem Wurzelwerk den Boden durchſtreifen und 1 gleichzeitig durch Entwicklung eines umfangreichen Waſſer⸗ ſpaltenſyſtems in den Blättern für eine äußerſt kräftige Waſſer⸗ durchſpülung des Körpers Sorge tragen, iſt es möglich, den Wett— bewerb mit den Pilzen halbwegs erfolgreich oͤurchzuhalten. Denn je gründlicher die Waſſeroͤurchſpülung iſt, und je größere Bod en— bezirke vom Wurzelwerk der Pflanze abgeſchöpft werden, um jo energiſcher — das iſt klar — iſt auch der Zulauf der waſſerlös— lichen mineraliſchen Salze. Dagegen kann allen Gewächſen mit nur ſchwächlich entwickeltem Wurzelgebäude und mäßigem Saug- haarwerk im Nährſalzkampf mit den gewandten Bodenpilzen kein Weizen blühen. Leider iſt nun die Sahl der Blütenpflanzen mit kümmer⸗ haftem Wurzelſyſtem überaus groß. Es gibt zahlloſe Arten, die aus unbekannten Gründen auch auf beſten Unterlagen zur An— lage eines kräftigen Saugapparates überhaupt nicht mehr fähig ſind. Und es iſt gewiß, daß ſie aus allen Formationen mit ſchwer aufſchließbarem Mineralgehalt längſt verſchwunden wären, hätten ſie ſich nicht in den Bodenpilzen einen vollgültigen Erſatz für das mangelnde Wurzelwerk hergeſchafft. Wir haben ja gehört, daß die Bodenpilze infolge der chemiſchen Reizbarkeit ihrer Saug- ſchläuche außerordentlich gewandte Nährjalzfinder ſind. Wie es nun im Menſchenleben geht, daß ein armer Teufel, der Ioͤeen hat, die ſich geſchäftlich verwerten laſſen, ſich mit einem ver— bindet, der über die nötigen Kapitalien verfügt, ſo ging es auch hier: die Pflanzen mit den dürftigen Wurzelorganen gingen, ſtatt mit den beweglichen Pilzen weiter zu had ern, ein Bünd— nis mit ihnen ein und ließen ſich die mineraliſchen Stoffe, die ſie ſelbſt nur mit Mühe und Not hätten ergattern können, un⸗ mittelbar in die Saftbahnen flößen. Sie ſelber führten allerhand mit Sonnenenergie geladene Kohlenſtoffpatronen, die ſie in ihren lichtumfloſſenen Blattkronen herſtellten, an die im Dunkeln hauſenden Wurzelpilze als Cauſchware ab. Nun war jedem von ihnen geholfen, am meiſten aber den Blütenpflanzen, da ihnen im verknäuelten Pilzfadengeflecht ein vollgültiger Erſatz für die fehlenden Wurzelhaare erſtanden war. Die zweite Gruppe von Blütenpflanzen, die die Selbſtän⸗ digkeit im Ernährungstrieb zugunſten einer Art näſchiger Nebenverforgung mit Fleiſchrückſtänden aufgab, weiß von folder Vergeſellſchaftung mit flinken Aasjägern nichts. Die Wurzeln aller fleiſchfreſſenden pflanzen, zu denen bekanntlich un- ſere Sonnentauarten und Blaſenkräuter, die wunderlichen Waſ— ſerſchläuche, Taublätter und zierlichen Settkrautarten gehören, ſind ſtets vollkommen frei von jeder Derpilzung. Aber auch für dieſe Pflanzen iſt es bezeichnend, daß ſie in einer Umwelt leben, die entweder durch große natürliche Nährjalzarmut ausgezeich— net iſt (Moortümpel) oder infolge ſtarker Humusverfilzung der Mobiliſierung der mineraliſchen Stoffe die größten Schwierigkei- ten entgegenſetzt. Es iſt darum auch an dieſe Gewächſe, wenn ſie im Konkurrenzkampf nicht unterliegen wollten, bei Seiten die Notwendigkeit herangetreten, ſich neue Mineralſalzquellen zu erſchließen. Wie ich vorhin ſchon andeutete, halfen ſie ſich durch Erſtellung von Apparaten zum Tierfang aus der Klemme. Schon Darwin konnte es wahrſcheinlich machen, daß in den Mägen, Kannen, Schläuchen, Tentakelkronen und wie ſonſt die Tierfallen noch heißen mögen, auf Gewinn ſtickſtoffhaltiger Nahrungsele— mente hingearbeitet werde. Die Neuzeit hat Darwins Auffaſſung dahin erweitert, daß neben den aſſimilierbaren Stickſtoffſubſtan— zen auch die wichtigſten mineraliſchen Nährſalze, beſonders Kali und Phosphorſäure, aus den Tierleibern abfallen. Ja, es iſt der Mineralſalzaufſchluß, der in den mägen getrieben wird, vielleicht ſogar wichtiger als die Stickſtoffgewinnung. Wie dem nun auch im einzelnen ſei, in der Hauptſache beſteht der Unterſchied zwi— ſchen Pilzbündlern und Fleiſchfreſſern jedenfalls nur darin, daß jene unter der Erde jagen und ſich mit Säften begnügen, die aus verweſenden, ſowieſo ſchon dem Code verfallenen Tier- und Pflanzenleibern entquellen, während die Fleiſchfreſſer mit ihren ober irdiſchen Organen das Schnapphahngewerbe betreiben, Le— ben erſt töten für ihren Zweck und ihre Opfer ausſchließlich im Tierreiche ſuchen. Die dritte Gruppe der Blütenpflanzen, die vom reinen Roh— köſtlertum zur mehr oder minder ausgedehnten Ernährung mit organiſierten Stoffen übergegangen ſind, umfaßt die Er— preſſer- und Würgerpflanzen. Mit ihnen, ihrer Lebens- art und Verbreitung, ihrer Geſchichte, Entwicklung, Vorgeſchichte, Rafjengliederung und, wenn ich jo jagen darf, ihrer Philoſophie haben wir uns im folgenden eingehend zu beſchäftigen. Ich ſtelle die einzelnen Typen dem Leſer vor. Il. Vom Mundraub zum Erprejjertum. Als im Jahre 1910 alle Kulturſtaaten gemeinſam eine Dolks- zählung unternahmen, um den Kopfbeſtand und das Wachstum ihrer Bewohnerzahl während des verfloſſenen Jahrzehnts feit- zuſtellen, führte ein amerikaniſcher Botaniker eine Volkszählung auch für das Pflanzenreich oͤurch. Es konnte ſich natürlich nicht darum handeln, die Sahl der Arten, die es wirklich gibt, zu er⸗ mitteln, ſondern höchſtens zu ſehen, wie viele bekannt und be- ſchrieben ſind. Nach einer Mitteilung, die er der engliſchen Wochenſchrift „Science“ zugehen ließ, kam er auf insgeſamt 210000 verſchiedene Formen. Die einzelligen Algen, Pilze und Flechten traten mit 79 160, die Mooſe mit 16600 Arten an. Fer⸗ ner wurden 2500 Farne, 20 Schachtelhalme, 900 Bärlappgewächſe, 140 Palmenfarne, 450 Hadelhölzer und 110000 Blütenpflanzen gezählt. Natürlich gibt die Statiſtik vom wahren Pflanzenbeſtand der Erde auch kein annähernd richtiges Bild. Denn nach beiläu- figen Schätzungen anderer Autoren dürften die Algen und Pilze allein mit einer Viertelmillion Arten vertreten ſein. Weit eher nähert ſich wohl, von den Abteilungen abgeſehen, die ſich zwi⸗ ſchen die Mooje und Nadelhölzer einſchieben und wegen ihrer Armzähligkeit leichter zu überblicken ſind, die Statiſtik der Blü⸗ tenpflanzen dem wirklichen Wert. Sie verfügen mit rund 110000 Formen über eine ſehr ſtattliche Kopfzahl, aber dieſe Siffer wird doch eigentlich erſt recht lebendig, wenn man dagegen hält, daß Linné alles in allem nur 8551 pflanzliche Geſchöpfe gekannt hat, daß um 1845 erſt etwa 30000 Phanerogamen be- ſchrieben waren und noch im Jahre 1892 Saccordo in feiner Sta- tiſtik der Blütenpflanzen um annähernd 6000 Arten hinter der Siffer des Amerikaners zurückblieb. Man darf demzufolge ver- muten, daß auch die Sahl 110000 ſich mit der Seit noch vermeh— ren wird. | Ich habe mir die Mühe genommen aus den 110000 Blüten- pflanzenarten die Sahl der Paraſiten oder Schmarotzer herauszu— rechnen. Ich kam auf Grund der vorliegenden Kenntniſſe auf 72 Gattungen mit rund 1380 Arten. Davon gehören 13 Gat— tungen mit 72 Arten der deutſchen Flora an, der größere Reit entfällt auf die außereuropäiſchen Cänder und ſchlüpft hier vor⸗ wiegend in die tropiſchen und halbtropiſchen Familien der Kolben- ſchoſſer oder Balanophoren, der Raffleſiazeen, hyöͤnorazeen und in die (vereinzelt auch bei uns vertretenen) Familien der Santel— und Riemenblumengewächſe hinein. Die fünf heimiſchen Familien, aus denen Pflanzen mit para— ſitiſcher Tebensweiſe abgeſchwenkt find, umfaſſen, wie geſagt, 15 Gattungen. Swei hat die Familie der Riemenblumenge— wächſe oder Loranthazeen geſtellt. Sie heißen Riemenblume (Loränthus) und Miſtel (Viscum) ; wie bekannt fein dürfte, leben beide auf Bäumen, ich behandle ſie aus diefem Grund erſt zum Schluß. Alle andern find Eroͤbewohner. Sie ſplittern in der Hauptſache aus der Familie der Braunwurzgewächſe (Skro- fulariazeen) ab und heißen Augentroft, Sahntroſt, Bar— tſchie, Klappertopf, Cäuſekraut, Tozzie und Wach— telweizen. Den ſchmarotzenden Skrofelkräutern, Verwandten der Braunwurz, des Cöwenmauls, Leinkrautes, der Ehrenpreife und Fingerhüte, ſchließen ſich mit dem Bergflachs (Thésium) ein Santelgewächs, mit der Seide (Cuscüta) ein Windengewächs und mit Schuppenwurz (Lathraea) und Sommerwurz (Orobänche) zwei Sommerwurzgewächſe an. Damit habe ich alle genannt. Ich wünſche natürlich die Darſtellung ſo zu halten, daß rein ſchon aus der Reihenfolge, in der ich die Pflanzen antreten laſſe, ein Bild vom Werdegang des Paraſitismus entſteht. Der Ceſer ſoll mit den Geſtalten, die ihm nacheinander vorgeführt wer— den, in die Abfallbewegung von der Rohköftlerei gewiſſermaßen hineinwachſen. Er ſoll über die Revolution, welche die Ernäh— Koelſch, Würger im pflanzenreich. 2 ar ae rungsweiſe von Grund aus umgeſtaltet, nicht nur Bericht emp— fangen, ſondern die Umwälzung gleichſam miterleben, ſoll ſehen, wie aus beſcheidenen Verſuchen zur Ausnutzung des lieben Nach— barn und ſchier unſchuldiger Sechprellerei ſich allmählich ein re— gelrechtes Diebstum entwickelt, das von Kindesbeinen an ſein Ge— werbe berufsmäßig übt, ja ohne Diebſtahl kaum mehr recht ge— deihen kann. Er ſoll merken, wie die Gewöhnung an dieſes Leben allmählich jo ungünſtig auf den Charakter der einzelnen Pflanzen einwirkt, daß aus bemitleidenswerten Mundräubern mit der Seit gefährliche Erpreſſer, Würger und Mörder werden, die ihrem Wirt geradezu ans Leben gehen, ihn ſo— zuſagen ſelber verſpeiſen und von der Natur in der fahlen pilzigen Gewandfarbe ein Mal auf die Stirne gedrückt erhalten, woran man ſie ſofort aus tauſend Reölihen und Halbreoͤlichen heraus erkennt. Aus all dieſen Gründen habe ich mit pflanzen zu beginnen, bei denen das Schmarotzertum noch in den ſanfteſten Formen ſich äußert. Das find die Augentrojte (Euphräsia) und Sahn⸗ troſte (Odontites), wovon man auf den Bildern S. 27, 33 einige ſieht. Das Geſchlecht der Augentrofte iſt ſehr viel älter als das Menſchengeſchlecht. Denn das Erſcheinen dieſer Gattung reicht mindeſtens zurück bis ins mittlere Tertiär. Ihr Urſprungsherd liegt nach dem Dafürhalten R. v. Wettſteins, des Wiener Augentroſtſpezialiſten, im ſüdöſtlichen Aſien. Von hier ſchickte ſie einen Strahl nach Südamerika, zu Seiten, als dieſer Eroͤ— teil noch auf dem Landwege von Afien aus erreicht werden konnte. Beweis dafür ſind die 14 Arten, womit die Gattung heute noch in Südamerika anſäſſig iſt. Von einer zweiten Rotte wurde die außertropiſche Region der nördlichen Erökugelhälfte bezogen. Die Wanderungen dieſes kälteren Strahls führten über Europa und Grönland hinweg bis in den Norden Amerikas und müſſen ſpäteſtens gegen Ende des Tertiärs vollendet geweſen ſein, denn bereits zu Beginn des nächſten Seitalters wurde die Sandbrüke zwiſchen Europa und Nordamerika zerſtört, jo daß die Ausbreitung dahinüber ſich nicht mehr hätte ermöglichen laſſen. Aus der Jetztzeit iſt dieſe kältere Rotte mit 75 Arten bekannt. | Don dieſen 75 Arten find im deutſchen Slorengebiet 10 niedergelajjen, doch vermehrt ſich ihre Sahl beim Eintritt in die Alpenregion auf ungefähr 15. Sie find ausnahmslos Jährlinge, d. h. ſie keimen im Frühjahr auf und ſind im Spätherbſt be— reits wieder abgejtorben, ſtehen aber oft noch den ganzen Winter über dürr und aufrecht am Platz, laſſen den Eiswind um ihre ſchwärzlichen Samengehäuſe ſpielen und die Brut von ihm ent— führen. Im Kusſehen unterſcheiden ſie ſich von den unabhängigen Rohköſtlern nicht. Sie ſtoßen mit kleinen, hartgrünen, oft braun bis ſchwärzlich übertönten, lebhaft gezähnten ooͤer begrannten Blättern ins Luftmeer hinauf und laſſen die Blättchen getragen ſein von einem ziemlich derben, zähfaſerigen Stengelwerk, das ſteif in die höhe ſteht und ſich von unten herauf mehr oder weniger üppig, vergabelt. Sie gleichen dann zierlichen, etwas ſparrig gebauten Swergſträuchern oder haben etwas von der Tracht der Schwarzpappel an. Mehr als Fußlänge erreichen in— deſſen auch die wüchſigſten Augentroſtarten nicht. Der Swerg— augentroſt der Gebirgsmatten, der deutſchen Boden nur auf der kleinen Schneegrube im Rieſengebirge und in den bayriſchen Alpen heimſucht, iſt gar nur ein Däumling. Zu finden ſind die Augentroſte ſehr leicht. Man begegnet ihnen vom Frühſommer an überall, wo Gräſer, Kräuter und Stauden in dünn gewobenen Kaſen oder in einzelnen Horſten beiſammen ſtehen. Innerhalb dieſes Rahmens gliedern ſich un— ſere Augentroſte von den Küſten der Nordſee bis nahe zur Schnee— grenze hinauf gleich willfährig allen Formationskreiſen des be— bauten und unbebauten Landes an; mit Schlagſtreifen und gra— ſigen Wegen dringen ſie auch in Wälder, erſcheinen aber doch nirgends üppiger als auf Triftwieſen der hügelregion und den Bergmatten der Hochgebirgslagen. Den Almbeſitzer ſtimmt ſolcher Anblick recht grau, er ſchilt den Augentrojt Milchoͤieb, Hungerblüemli und Gibinir, weil er nur ein mäßiges Futter abwirft und beſſeren Kräutern den a Boden verſetzt. Aber wer auf den Bergwieſen Reine Kapitalien liegen hat, mag zur ſpäten Hochſommerzeit und im beginnen- den Herbſt an jo einem Augentroſtfeld ſeine Freude haben. Denn um dieſe Seit kommen die meiſten Arten zum Blühen, und dann gehört dieſes Pflänzchen wohl zum Schönſten von dem, was im Untergrund der Grasflurbeſtände ſich jo ſpät im Jahr noch er- hebt. Aus allen Blattwinkeln ſchießen allerzierlichſte helme auf, die die zweiſeitig⸗-ſymmetriſche Form des Tierkörpers haben und im ganzen dem typiſchen Kachenbau aller Skrofulariazeenblüten nachgemacht find. Durch einen breiten Mund, der direkt zur Seite ſteht, geht es in einen ſchmalen Rachen hinein, der von einer flug— brettartig vorſtehenden dreiſpaltigen Unterlippe eingefaßt und von einer helmartig aufgebogenen Oberlippe ſchmuckvoll über- ragt iſt. Die Blüte birgt vier Staubgefäße, die mit dem Griffel im Schutz des Helmdachs zuſammenrücken. Trotz dieſer Über— einſtimmungen ſchauen die einzelnen Urten mit recht verſchiedenen Geſichtern in die Welt und halten es bald mit großen, bald mit kleinen Honiginjekten. Faſt immer werden vier Farben, Weiß, Blaßblau, Violett und Gelb, an einer Blume verwendet und ſo über die Schaufläche verteilt, daß eine den Grundton liefert, wäh— rend die andern ihr in einfachen hübſchen Seichenmuſtern ein— gelegt ſind. Man hat alſo beiſpielsweiſe blaßblaue Blüten mit gelbem Kehlfleck und violettlich geſtreifter Unterlippe, oder hat eine fleiſchrötliche Blume mit gelbem Mal und ſchneeweißem Helm. Ooͤer es ziehen über der hellen Unterlippe ganze Strah— lenbündel blaßblauer, weinroter, braunvioletter und purpurfar— biger Saftmale auf und verſchwinden im Hals. | Don dieſen Pflanzen zu den Sahntroſtarten (Odontites) reicht ein ſo kurzer Schritt, daß man letztere bis in die neueſte Seit hinein mit den Augentroften zu einer Gattung vereinigt hat. Der neue Name führt ja auch in der Tat außer ein paar bedeutungsloſen formalen Derjchiedenheiten in der Kronblatt⸗ beſchaffenheit und der mattpurpurnen Blütenfarbe gar keine neuen biologiſchen Bejonderheiten ein. Er bereichert die Site lediglich um zwei Jährlingsformen, von denen die eine (Strandzahntroſt) die Wieſen der deutſchen Küſtengegenden und SEN a ihrer Inſelanſchlüſſe bewohnt, die andere (Frühlingszahntroſt, ſ. d. Abb. S. 27) im Kulturland der Niederungen und Hügel- gegenden ganz Europas ſich findet. Der Leſer wird ſich inzwiſchen gejagt haben, daß an all den Merkmalen, die zur Kennzeichnung der Augen- und Sahntroſt— arten angeführt wurden, zwar viel Bezeichnendes, aber nichts irgendwie Ausnahmehaftes oder Befremdendes iſt. Es ſind Merk- male, wie jede andere Pflanze ſie haben kann. Ja nicht einmal die gewaltſame Öffnung eines der kleinen nüßchenartigen Augen- troſt⸗ oder Sahntroſtſämchen ſchließt mit außergewöhnlichen Ent— deckungen ab. Der Embryo beſteht aus einem kurzen Keimſtämm— chen mit zwei Keimblättchen daran und einem anſehnlichen Dot- terſack. Er treibt auch, wenn man ihn dem Boden übergibt, ganz normal aus und läßt ein langes Hauptwürzelchen ſprießen, das ſich weiter verzweigt und im Boden nach Nahrung ſucht. Sticht man jedoch eine erwachſene Pflanze zuſammen mit dem umgebenden Gekräute aus dem Boden und wäſcht den Wurzel— ballen ſorgfältig aus, ſo entpuppt ſich der Schelm: man wird finden, daß das haardünne Faſerwerk des Augen- oder Sahn⸗ troſtes allenthalben feſt mit den Wurzeln der Neben— pflanzen verbunden iſt. Unterſucht man auch die Derbin- dungsſtelle genauer, jo merkt man bald, daß an der Augentroſt— wurzel und Sahntroſtwurzel rundliche kleine Knötchen ſitzen und daß von ihnen die Feſtheftung beſorgt wird. Man muß dazu allerdings eine Lupe nehmen, denn die Unötchen haben ſelten mehr als einen halben Millimeter im Durchſchnitt. Dieſe winzigen Höcker find die Saugwarzen der Pflanze. Ihrer Herkunft nach ſind fie rückgebildete Nebenwurzeln. Aber ſie freſſen nicht Erde, ſondern haben fi, wie man ſieht, eine andere Beſchäftigung ausgeſucht. Worin mag ſie beſtehen? Muſtert man eine genügend große Sahl verſchiedener Arten durch, jo ergibt ſich zunächſt, daß die Knötchen den fremden Wur— zeln ſich auf zweierlei Weiſe nähern. Die einen preſſen ſich ihrer Unterlage nur ſehr feſt an (ſ. d. Abb. A S. 22); fie umwachſen ſie weder, noch bohren ſie ſich in ſie hinein. Es kann höchſtens vor— kommen (ſ. d. Abb. B), daß in der Mitte der Berührungsfläche der „ Saugwarzenkopf ſich kegelartig erhebt (si) ; die Wirtswurzel gibt in dieſem Fall nach, und es bildet ſich in ihr eine Dertiefung oder Dalle (tr), in welche der Saugwarzenkopf hineinpaßt wie der Kopf eines menſchlichen Oberſchenkelknochens in die zugehörige Pfanne. Die Saugwarzen der ſchärferen Tonart verſuchen die Wirtswurzel bereits von den Berührungsrändern her lippen- artig zu umgarnen und ſich in ſie hineinzudrängen. Mit der Annäherungsweiſe ändert auch der innere Bau der Wärz— Schema zur Erläuterung der Befeſtigungsart einer Augentroftjaugwarze an der Nährwurzel. Paraſit und Ernährer von einander getrennt. In A iſt eine Saugwarze dargeſtellt, deren Kopf (s) ſich mit dem plattgedrückten Scheitel (es) der Nährwurzel (nw) nur ganz a anlegt. In B hat der Saug= warzenkopf (s) einen kegelartigen Fortſatz (sf) gebildet, der in eine entſprechende Vertiefung (tr) der Nährwurzel (nw) paßt. chen. Die vom erſten Typus laſſen auf Querſchnitten einen Fleiſch— kern aus kleinkammerigem Gewebe erkennen, der die häutige Schale gleichmäßig ausfüllt. Die vom zweiten Typus beherbergen inmitten des Fleiſchkerns ein dünnes, ſaftleitendes Gefäßäſtchen, das vom Gefäßbündelſyſtem der Augentroſtwurzel abzweigt und den Saugwarzenkopf bis zur Spitze durchzieht. Hier tritt es, von einer Scheide dickwandiger Sellen umgeben, durch eine mund- artige Offnung aus, durchbohrt die Kindenſchichten der Wirts— wurzel und ſchließt ſich in Form eines ſchmalen rüſſelartigen Saug⸗ fortſatzes, dem Rüſſel einer blutſaugenden Stechmücke vergleid)- bar, unmittelbar an die Saftbahnen des Opfers an. So viel man weiß, vermitteln ganz feine Haare oder ſchlauchartig vor— wachſenoͤe Hautſinneszellen die erſte Annäherung. Sie ergreifen PER NEN die fremde Wurzel, worauf unter dem Einfluß des Reizes, den die Taſtkörperchen auffangen, die Augentroſtwurzel an der Be— rührungsſtelle einen klebrigen Stoff abſcheidet, der die Beute— wurzel fürs erſte feſthält. Jetzt erſt ſetzt die Entwicklung der Saugwarze ein. Daß die Augentrofte und Sahntroſte nicht aus bloßem Spiel— trieb, gewiſſermaßen zum Jux, ſolche Wärzchen entwickeln, ſon— dern die fremden Pflanzen einfangen und anſtechen, weil ſie dort etwas ſuchen und finden, war von vornherein klar. Aber über die Leiſtungsfähigkeit der Wärzchen und über die Natur der Stoffe, die von ihnen geholt werden, iſt man ziemlich ratlos ge— weſen, bis in neuerer Seit durch VDerſuche, insbeſondere durch die vortrefflichen Arbeiten R. v. Wettſteins und des Innsbrucker Botanikers Hheinricher die Funktion der Unötchen ziemlich gut aufgeklärt worden iſt. Es fiel vor allen Dingen auf, daß alle Augen- und Sahn— troſte überaus waſſerbedürftige Weſen find. Sie welken abgeſchnitten außerordentlich raſch, brauchen alſo viel Waſſer. Verläßliches in dieſer Hinſicht hat man freilich erſt neuerdings durch die muſtergültigen Veröͤunſtungsverſuche von Rudolf See— ger erfahren (1910). Er hat kräftige Frühlingszahntroſte (Odon- tites verna), Bergaugentroſte (Euphräsia rostkoviäna) u. a. dem Boden entnommen und im Schatten, bei etwa 30 Grad Wärme und Wind, an die Luft gelegt. Die Blätter waren unter dieſen Umſtänden (je nach der Art) nach 40 bis 50 Minuten bereits brü— chig verdorrt. Noch ſchneller welkten die Blätter ab, wenn ſie, von der Pflanze losgetrennt, zu Heu gemacht wurden. In ſolchem Fall, wo ihnen das im Stengel enthaltene Waſſer nicht als Seh— rung zur Verfügung ſtand, war es ſchon nach 28 Minuten um ſie geſchehen. Einen noch beſſeren Überblick über das Verdunſtungstempo liefern Derfuhe mit Kobaltpapier, die jeder leicht nach— machen kann. Man nimmt einen Bogen Filtrierpapier, kauft ſich in der Apotheke eine 5 proz. Mobaltchloryrlöſung, tränkt das Papier damit voll und läßt es ſorgfältig trocknen; es nimmt dann eine ſchön⸗blaue Farbe an. Will man jetzt eine Pflanze auf ihre u DR Deröunftungstätigkeit unterſuchen, jo pflückt man ein Blatt, legt es zwiſchen zwei Streifen Kobaltpapier, als wollte man es preſſen, hütet ſich aber ja, das Blatt irgendwie zu drücken, und bettet es ſorgfältig zwiſchen zwei gläſerne Objektträger ein. Alles Waſſer, das das Blatt durch feine Spaltöffnungen aboͤampfen läßt, ſchlägt ſich bei ſolcher Anordnung auf dem Kobaltpapier nieder und färbt es rot. Wird die Durchfeuchtung infolge leb— hafter Waſſerverdunſtung ſehr ſtark, ſo zieht das Papier außer— dem Blaſen. 4 Ein Sahntroſt⸗ oder Augentroſtblatt, friſch von einer kräf— tigen Pflanze gepflückt, bewirkt unter ſolchen Umſtänden ſofort beim Einbringen auf beiden Seiten eine deutliche Rötung des Ko- baltpapiers, die vom Rand gegen die Mitte hin fortſchreitet. 7 bis 8 Minuten ſpäter hat es ſchon jo viel Waſſer veröunitet, daß ſich auf dem Papier Blaſen bilden, und eine Stunde ſpäter hat es ſeinen ganzen Waſſervorrat verpufft. Dementſprechend rötet ſich auch mit dem Blatt einer Pflanze, die / Stunden vor- her entwurzelt und der Sonne ausgeſetzt worden iſt, das Hobalt— papier nicht mehr, ein Seichen dafür, daß in dieſen kurzen drei Viertelſtunden alles Waſſer an die Atmoſphäre entwichen iſt. In der Tat iſt ja auch nach / Stunden das Laub ſchon ganz ver— ſchrumpft und trocken geworden. Verſuche mit der Wage, die allerdings einige verwickelte Rechnungen nötig machen, laſſen das Waſſer, das in der Seiteinheit abgegeben wird, aber auch der Menge nach beſtimmen und zeigen, verglichen mit den Der- dunſtungswerten, die andere Pflanzen liefern, bejonders kraß den außerordentlich hohen Waſſerbeoͤarf dieſer Augen- und Sahn⸗ troſtarten. In der Arbeit von Seeger findet ſich eine Tabelle, woraus hervorgeht, daß die Alpenroſe mit 5 Quadratzentimetern Blattfläche in 10 Minuten nur 0,48 Milligramm Waſſer ver- braucht, daß die weiße Taubneſſel 3, die Seeroſe 4 und der den Augentroſten nah verwandte Gamanderehrenpreis 6 Mlilli- gramm Waſſer innert 10 Minuten verlieren. Die Sahntroſte und Augentroſte hingegen laſſen innerhalb derſelben Seit 18 und 19 milligramm von einer gleich großen Blattfläche nach außen abſtrömen. Ihr Waſſerſtoffwechſel iſt alſo 3, 4, 5- und 40 fach a on DE größer als der anderer grüner Pflanzen mit ſelbſtändiger Ernäh- rungstätigkeit. Die Augen- und Sahntroſte haben ſich aber auch auf die erhöhte Waſſerabgabe vorzüglich eingerichtet. Sie be- gnügen ſich nicht damit, auf einem Quadratmillimeter Blattfläche oberſeits etwa 100, unterſeits etwa 150 Spaltöffnungen anzu⸗ bringen, durch die das überflüſſige Stoffwechſelwaſſer in Dampf— form entweichen kann. Sie beſetzen ihre Blattunterſeiten außer- dem dicht mit waſſerausſcheidenden Drüſenhaaren, von denen die Verdunſtungsgeſchäfte ſofort übernommen werden, wenn infolge Verſchluſſes der Spaltöffnungen (Nachtzeit) das Waſ⸗ ſer nicht mehr auf ſeinem regelrechten Wege nach außen abgeführt werden kann. Natürlich entſtammt alles Waſſer, das auf dieſem Wege ent: fernt wird, dem Boden. Dort ſaugen die Wurzeln es auf und bilden in den ſogenannten Wurzelhaaren bejondere Organe zur Beſchaffung der Feuchtigkeit. Man ſollte nun meinen, daß Pflanzen, die einen ſo raſenden Waſſerverbrauch haben, wie die Augen- und Sahntroſte, auch ein ganz beſonders reich entwickel— tes Wurzelhaarſyſtem aufweiſen müßten. Dem iſt aber anders. Die Wurzelhaare ſind nur ſchwächlich entwickelt, ja ſie fehlen einzelnen Arten faſt ganz. Mit der geringen Waſſerdurchſpülung, die der ſpärliche Wurzelhaarbeſatz unabwendͤbar zur Folge hat, iſt natürlich, ſolange die Pflanze ganz auf ſich angewieſen bleibt, auch eine überaus dürftige Mineralſalzernährung verbun- den. Das bedeutet Abnahme der Entfaltungskraft, Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit, Ausſchaltung aus der Lijte der Le- benden. Damit es ſoweit nicht kam, gab es nur einen Weg: die ‚Augentrojte und Sahntroſte mußten danach trachten, das Waſſer und die Nährſalze, die fie ſich mangels der Saughaare in ge— nügend er Menge nicht unmittelbar aus der Erde beſchaffen konn- ten, mit anderen Mitteln zu erbeuten. Da nun nichts unter— nommen wird, als der Überfall auf andere Pflanzen, ſchloß man, daß ihr Schmarotzertum im weſentlichen auf den Raub von Waſſer und Mineralſalzen ausgehe. derartiges konnten die einfachen Saugwärzchen ihrem Bau nach ja auch ganz gut leiſten. Diejenigen, die ſich mit feſter Anſchmiegung an eine 26 fremde Unterlage begnügen, werden immerhin imſtande fein, durch die dünnen trennenden ARTE e 0 = U N 1 S 5 5 NE nee 1 e ee i n 2 2.808 Schematiſche Wiedergabe einer Halbſchma— roßer-Saugwarze, die das Nährwürzelchen innerlich anpackt. Die Saugwarze (s), von der Paraſitenwur— zel (pw) ausgehend, hat eine Nährwurzel (nw) gefaßt. Die Anbißjtelle iſt im Quer⸗ ſchnitt getroffen. Man ſieht, wie die Saug⸗ warze mit ihrem Kopf (sk) an den Rändern n die Nährwurzel leicht umwallt und ſich mit dem Saugfortſatz (sf) in die ſaftleitenden Gefäße der Nährwurzel einbohrt. Wandͤſchichten Waſſer aus dem Wirtsgewebe herüberzuſaugen und vielleicht auch einige Salze zu erbeuten, für deren Moleküle die Sellwände durchläſſig ſind. Die andern, deren Saugwarzen durch enzymatiſche, den Sellwand⸗ ſtoff zerſetzende Ausſcheidungen an der Berührungsſtelle das Wirtsgewebe zerſtören und eine Wunde ſchaffen, durch die der eindringende Saugfortſatz ſich einen unmittelbaren Anſchluß an die Saftbahnen der Wirts- wurzel ergattert, werden es noch leichter haben und ſogar einen beträchtlichen Nährſalzgewinn bei dem Einbruch erzielen. Jahr um Jahr häuften ſich, herbeigeſchafft von der erperi- mentellen Pflanzenbiologie, die Anzeichen dafür, daß dieſe Ruf— faſſung für die Augen- und Sahntroſte richtig ſei. Immer klarer aber wurde es auch, daß innerhalb der einzelnen Gattungen For— men vorhanden find, bei denen der paraſitismus noch kei— neswegs zu den Lebensnotwendigkeiten gehört. Eine ſolche Form iſt der früher ſchon erwähnte rote Frühlings— zahntroſt (Odontites verna), der im Mai und Juni erblüht und in einer Herbſtform (j. d. Abb.) nochmals von Augujt an er⸗ ſcheint. | An feinen natürlichen Standorten, auf Akern und wo er ſonſt noch in Geſellſchaft anderer Pflanzen wächſt, findet man den Frühlingszahntroſt ſtets an die Wurzeln der Mitbewohner angeſchloſſen. Er erreicht dann eine Höhe von 40 Sentimetern und in der Herbſtform noch mehr. Ja, es hat ſich gezeigt, daß er an Plätzen, wo andere Pflanzen zufällig fehlen, aber einige Frühlingszahntroſte in erreichbarer Nähe beiſammenſtehen, ſo⸗ gar den Artgenoſſen überfällt und alle drei oder vier ſich serötina) tes verna var. 1 Kettenhuemer ngszahntrojtes (Odont li Früh Herbſtform des ) (Aufnahme von I aneinander anſchrauben. Wer von ihnen durch früheres Keimen zufällig einen kleinen Wachstumsvorſprung bejigt, gedeiht auf Koſten der Genoſſen, überragt ſie bald an Größe und Kraft, bil— det Seitenäſte und blüht, während die Ausgenußten, ohne ge- blüht zu haben, verzwergen. So verhält ſich dieſe Art auch bei Anlage ſogenannter Dichtſaatkulturen, die man dadurch er⸗ hält, daß man in einem Blumentopf, am beſten auf Sand, eine größere Anzahl von O. verna-Samen, ohne Sugabe fremdartiger Pflanzen, einbettet. Es entwickeln ſich dann wenige unter Aus- beutung der andern. Es fällt zwar ſofort auf, daß auch die ſtärkſten Pflanzen der wirtsloſen Dichtſaatkulturen nie die Größe der ackerſtändigen Sahntroſte erreichen; ſie werden höchſtens ein Drittel oder Viertel jo hoch. Der Artgenoſſe, der als Wirt an- genommen wird, vermag alſo keinesfalls ein Gras oder eine ſon— ſtige Pflanze voll zu erſetzen; er liefert weniger Nahrungszuſchuß, ſo daß der Dieb kleiner bleibt als im Feld. Immerhin iſt dieſes wenige noch beſſer als gar nichts. Aus dieſem Drang heraus greift im Freiland das Pflänzchen, ſobald ſich Ge— legenheit zur Näſcherei an fremden Tafeln bietet, ſtets zu; auch unter Brüdern wird immer betont, daß jeder ſich ſelbſt der Nächſte jei. s Aber die Nahrungsbeſchaffung durch Mundräuberei iſt, trotz ihrer offenkundigen Förderlichkeit, nicht unerläßliche Doraus- ſetzung für die Erhaltung des Lebens. Der Frühlingsaugentroſt kommt auch ohne fremde Hilfe leioͤlich gut fort, blüht und trägt im günſtigſten Fall ſogar Früchte. Heinricher hat das unzweideutig bewieſen, und jeder wird ihn nachprüfen können. Er hat Samen des Frühlingszahntroſtes, jeden für ſich, in einen Topf mit Flußſand geſetzt. Der Sand war ſorgfältig ausgewaſchen, ſo daß er weder von lebendigen noch von toten Geweben tieriſcher oder pflanzlicher Herkunft erreichbare Spuren enthielt. Die Pflänzchen wurden in üblicher Weiſe ge— pflegt. Sur nicht geringen Derwunderung heinrichers entwickel⸗ ten ſie ſich zu verſchiedenen höhen und einige legten auch Blüten an. Unterſuchung des Wurzelwerkes dieſer blühfähigen Exem⸗ plare ergab einen reichen Schopf langer, dünner Faſern und OR daran einen auffallend guten Saughaarbejaß, der alles er- klärte. Es konnte zwar nicht entgehen, daß dieſe Selbſtändler klein und ſchwächlich waren im Vergleich zu Exemplaren, die im Dollgenuß der Erträgniſſe einer Wirtspflanze ſtanden, und daß auch keineswegs alle die innere Kraft zur reſtloſen Vollendung des Cebenskreislaufes beſaßen. Aber ſie waren doch auch ohne Amme nicht glattweg verloren. Und noch eine kleine, nicht unwichtige Beobachtung wurde gemacht: die Pflänzchen in wirtsfreier Einzelkultur erzeugten nirgends Saugwarzen. Es muß irgendein Nährobjekt vor— handen ſein, das im Augenblick der Berührung einen beſonderen chemiſchen Reiz auf das Würzelchen des Erpreſſers ausübt, damit dieſer zufaßt. Dabei iſt der Hauptton auf das Wort chemiſch zu legen, denn wenn der einfache Berührungsreiz genug Anre— gung zur Warzenbildung böte, möchte es ſchon beim bloßen Hin— wandern durch den Sand, wo das Würzelchen ja unausgeſetzt die härteſten Berührungen mit kleinen Steinchen zu überſtehen hat, allenthalben zur Anlage von Saugwärzchen kommen. Das iſt aber nicht der Fall. Dagegen iſt es bis heute noch keineswegs aufgeklärt, ob der förderliche chemiſche Reiz notwendig von einer lebenden Pflan- zenwurzel ausgehen muß, oder ob vom Frühlingsaugentroſt nicht auch tote Teile, ſeien ſie nun pflanzlicher oder tieriſcher Natur, im Notfall angepackt werden. Hier bietet ſich jedem Naturfreund und Laienbruder, der ſich zur Mitarbeit an wiſſenſchaftlichen Problemen heranziehen laſſen will, ein hübſches Derfuchsfeld. Man hätte in mehreren Töpfen mit keimfreiem Flußſand ver— welktes Laub, moderndes Gekräute, abgeſtorbene Wurzelfaſern oder faulendes Holz unterzubringen und (im Spätherbſt) in jeden Topf einen Samen des Frühlingsaugentroſtes zu tun. In andern Töpfen wären die toten pflanzlichen Stoffe durch tieriſche (Hühnerfüße, Knorpel, Sehnenbänder, ein Stückchen Fell oder Dogelbalg) zu erſetzen. Man hätte dann, wenn die Pflänzchen im kommenden Februar aufgekeimt und bei geeigneter pflege — Aufitellung an einem ſonnigen platz und gutes Begießen wäre unerläßlich — groß geworden ſind, zu prüfen, ob ſie ſich an den toten Stoffen angeſaugt haben und wie ihnen gegebenen: falls der Unſchluß bekommen ift. Für Leſer, die hierzu Luft haben ſollten, will ich bemerken, daß die Derjuhe wahrſcheinlich in durchaus bejahend em Sinne ausfallen werden. Wir dürfen das vermuten auf Grund von Erfahrungen, die Heinricher bei Aufzucht der Frühlingszahn⸗ troſte auf humusböden erzielt hat. Humus iſt ja, zumal bei recht mulmiger Beſchaffenheit, im Gegenſatz zum rein minerali- ſchen Sand, eine Erde, worin in überraſchender Vielſeitigkeit die verſchiedenartigſten Serſetzungserzeugniſſe von Tier- und Pflan- zenleichen ſich vorfinden. Einige von dieſen ſtehen jeder Pflanze als ergiebige Nahrungsquelle bereit. Es ſind das die durch die Tätigkeit der Mikroorganismen ſchon am weiteſten mineralijier- ten Stoffe, und unter dieſen find die Stickſtoffverbindungen von beſonderem Wert. Denn Stickſtoff iſt einer der wichtigſten Nähr— ſtoffe der Pflanze. Sie erhält ihn zwar in Form des Ammoniaks vom Regenwajjer aus der Luft zugeführt, aber ſie erhält auf dieſem Wege nur unzureichende Mengen, jo daß ſie dauernd ſtark auf jene Stickſtoffverbindungen angewieſen iſt, die von den Bo- denbakterien in Form von ſalpeterſauren Salzen bei der Ser: ſetzung verwejender Eiweiß körper freigemacht werden. Nun iſt es aber eine alte Erfahrung, daß die Pflanzen nicht immer war- ten können, bis Bodenbakterien den Abbauprozeß der Eiweiße ganz zu Ende geführt haben. Sie würden verhungern inzwiſchen. Um dem zu entgehen, nehmen ſie auch Stickſtoffverbinoͤungen, die ihres organiſchen Charakters noch nicht vollkommen entkleidet ſind, mit Hilfe der Wurzelhaare auf und verarbeiten ſie. Zu dieſer Art von Stickſtoffzehrern gehören allem Anſchein nach auch die Frühlingszahntroſte. Nicht nur, daß bei Einzel⸗ kultur dieſer Pflänzchen in alter, von Bodenorganismen gut durchgearbeiteter humuserde die Sahl der Exemplare, welche die Frühreife erreichten, im Vergleich zu denen in Sandkultur geſteigert war, — heinricher ſah auch die Pflanzen der Humus- N töpfe viel kräftiger werden als die der Sandtöpfe. „In der Sandkultur,“ ſchreibt er, „erſtanden Swergpflanzen, die ſich nie verzweigten und meiſtens nur eine Blüte erzeugten.“ In den EEE Bumuskulturen hingegen „wuchſen viel größere Pflanzen mit weſentlich größeren Blättern, zum Teil mit blühenden Seiten— ſproſſen, ſo daß ſie ſchwächeren Exemplaren, wie man ſie im Freien findet, glichen. Auch die Blütenzahl der auf Humus er- wachſenen Pflanzen war bedeutend höher. Es wurden an ein- zelnen Pflanzen über 30 Blüten gezählt.“ Durch Saugwarzen oder Hauſtorien, wie man auch ſagt, wurde jedoch in allen dieſen Fällen die Nahrung nicht zur Stelle geſchafft, ſondern durch Wurzelhaare. Das ergab der Befund. Wie aber, wenn die mulmige Serſetzung der Leichenfaſern noch nicht ſoweit gediehen iſt, daß die Saughaare an den tief— heruntergebauten, ſchon nahezu mineraliſierten Mulmbeſtand— teilen etwas zu beißen finden? Wenn der Augentrojt auf der einen Seite nährſtoffarmen Sand und auf der andern noch nicht verrottete, eben erſt erſtorbene Tier- oder Pflanzenteile als Unter⸗ lage zugewieſen erhält? Wird er ſich dann auch auf die Aus- beutung des Sandes durch Wurzelhaartätigkeit beſchränken oder die toten Einlagen, die dem Kufſchluß durch Wurzelhaare noch nicht zugänglich find, durch Hauſtorien zu erfaſſen und aus ihnen jenen Nahrungszuſchuß zu gewinnen ſuchen, den er in altem Hu— mus durch bloße Wurzelarbeit ſich verſchafft? Und wie ver- hält ſich das Pflänzchen gegenüber toten Ceilen tieriſcher Her— kunft? Heinricher ſah bei feinen Humuskulturen einmal einen Frühlingszahntroſt mit einer Saugwarze an einen Holzſchilfer, ein andermal an eine Samenſchale ſich anhängen. In der Regel aber wurden Holztrümmer, Sweigſtückchen und dergleichen von den Wurzeln durchwachſen, ohne daß es zu einer Anheftung kam. Es iſt ſehr gut denkbar, daß in armem Sandboden das Pflänz— chen den gleichen Einlagerungen gegenüber ſich anders verhält als im mulm. Das eben wäre durch die Verſuche, zu denen ich die Anregung gab, zu erfahren. * * K Schon tiefer in der Abhängigkeit von einem Wirt ſtecken alle andern bisher unterſuchten Sahntroſt- und Augentroftarten: ſie kommen, einzeln erzogen, nie mehr zur Durchführung des ao Blütenlebens. Derhältnismäßig noch am ſelbſtändigſten bewährt ſich der früher ſchon erwähnte Swergaugentroſt (Euphräsia minima) ſteiniger Hochgebirgsmatten, deſſen Blütezeit in den Spätſommer fällt. Er legt zwar bei Einzelkultur ohne Wirt in ganz geringer Menge Blüten noch an, aber er iſt anſcheinend nicht imſtande, ſie auszutragen. Sobald er jedoch nur zwei, oͤrei Art: genoſſen zur Ausbeutung zur Verfügung hat, gelingt ihm auch dies. Er bedarf alſo zur georoͤneten Erledigung des Cebenskreis— laufes eines, wenn auch ganz geringen Suſchuſſes an paraſitiſcher Nahrung. Wieder verdankt er der Fähigkeit zur Entwicklung eines ſehr ausgiebigen Saughaarſyſtems die vergleichsweiſe große Unabhängigkeit in der Lebensführung. Bei dieſem Däumling zeigt ſich auch am ſchönſten, wie ſehr Einbruch in fremde Pflanzen die Entfaltung zu heben vermag. Während der von jeder Diebſtahlsgelegenheit abgeſchnittene Swergaugentroſt Stämmchen von höchſtens Fingernagellänge ent— wickelt, wächſt er bei Anſchluß an einen leiſtungsfähigen Wirt zu Exemplaren von Handhöhe heran. Es iſt eben ſo, daß der paraſitiſche Nahrungszuſchuß, wenn er ſchon von Kindesbeinen an zufließt, der Pflanze die Entfaltung eines ſtärkeren Laub- werks geſtattet. Das reichentwickelte Taubwerk hinwiederum ermöglicht eine ſehr energiſche Kohlenſtoffanreicherung, und dieſe Seite der Ernährungstätigkeit kommt natürlich auch wieder den Wurzeln zugut, indem ſie ſich, von Stärkeſtoffen zehrend, nun weit in die Breite ſpinnen und den Wirt mit zahlreichen Saug— warzen umgarnen können. So greift ein Rädchen ins andere ein. Einen weiteren Schritt bergab machen der aufrechtellugen⸗ troſt (Euphräsia stricta) und die Herbſtform des Bergaugen— troſtes (E. rostkoviäna). Sie legen bei Einzelkultur ohne Wirt nicht einmal Blüten mehr an, ſondern gehen nach zweimonat- lichem bis halbjährigem Degetieren unfehlbar an Erſchöpfung zu Grund. Auch in wirtsloſer Dichtſaatkultur, wo eines der Pflänz- chen am andern ſchmarotzen kann, laſſen ſich nur in ganz gün⸗ ſtigen Fällen blühende Exemplare erzielen, aber auch ſie ſind regelmäßig ſehr klein und fruchten kaum. „Je weniger das ein⸗ zelne Individuum ſelbſttätig für ſeine Ernährung aufzukommen Herbſtform des Bergaugentroſtes (Euphräsia rostkoviäna). (Aufnahme von J. Kettenhuemer.) vermag,“ meint Heinricher im Hinblick auf dieſen Befund, „um jo ſchwerer wird es ihm auch, im Falle der Beſchränkung parafiti= ſcher Nahrungsaufnahme auf die allein zugänglichen Urtgenoſſen jene Nährmenge zu erlangen, die zur kümmerlichen Vollendung des Lebenslaufes genügt.“ Er hat gewiß recht. * * K Inzwiſchen wird da und dort einer die Frage ſich vorgelegt haben, welche Pflanzen nun eigentlich den Zahn- und Augentroft- arten als Wirte dienen. Fallen ſie über jedes Würzelchen her, das ihre Wege kreuzt, oder laden ſie ſich nur bei ganz beſtimm— ten Pflanzen zu Gaſte? Hoelſch, Würger im Pflanzenreich. 3 341 Die Klarlegung dieſes Problems iſt mit ziemlichen Schwierig: keiten verbunden. Die Hauptſchwierigkeit liegt, wie ſchon Wett- ſtein betont hat, darin, daß die Würzelchen der Sahn- und Augen⸗ troſte außerordentlich zart ſind und bei klusſchwemmung der Ballen leicht reißen. Anderſeits ſind ſie zu Beginn der Blütezeit, wenn die Euphraſien eigentlich erſt recht auffällig werden, ſchon dem Abſterben nahe. Sie werden ja bald nach der Keimung angelegt und haben in der Seit zwiſchen Frühjahr und Hochſommer, wo der Erpreſſer ſein oberirdiſches Gebäude errichtet und die Reſerve— ſtoffe für den Blütenbildungs- und Fruchtungsakt erzeugt, das meiſte zu ſchaffen. Dann gehen die älteren mählich ein, weil die Wirtswurzel an der Angriffsitelle abſtirbt und ſie nichts mehr zu holen finden. Ooͤer Tiere haben die Derbindung ſchon vorher zer— riſſen. Aus all dieſen Gründen brauchen Wirtsunterſuchungen am natürlichen Standort nicht unbedingt zuverläſſig zu fein. Man begnügte ſich daher mit dem Ungefähr, das der Nugenſchein lie— fert. Draußen findet man die Augen- und Sahntroſte gewöhnlich in Geſellſchaft von Gräſern, und unter dieſen treten Rietgräjer und echte Gräſer in gleicher Weiſe hervor. So hatte ſich denn unter dem Eindruck der Stand ortsvorkommniſſe allmählich die Meinung gebildet, daß die einkeimblättrigen Blütenpflan- zen unter den Ernährern der Sahn- und Augentroftarten die Hauptrolle ſpielen. Weil man überdies in beſtimmt zuſammen⸗ geſetzten Beſtänden ſolcher Pflanzen die Schmarotzer ſich bejon- ders kräftig entwickeln ſah, glaubte man, daß unter den Gräſern wieder beſtimmte Arten den Vorzug der Gauche genöſſen. Während der letzten anderthalb Jahrzehnte entſchloß man ſich, auch in dieſer Sache den Verſuch ſprechen zu laſſen, weil von ihm doch wohl die ſicherſte Antwort zu erhoffen war. Und gleich kam man auf einen wertvollen biologiſchen Sug: es wurde ruchbar, daß alle Sahn- und Augentroſte in ſehr dicht und üppig gedeihenden Beſtänden anderer Pflanzen auf keinen grünen Sweig kommen können. Sie werden von den hochwüchſi— gen Nachbarn unterödrückt, auch wenn es ihnen gelungen it, ſich feſtzuſetzen und die Anwohner mit ihren Saugwarzen ein— zufangen. Oder ſie bleiben ſchmächtig und ſchmal, müſſen ſich ver⸗ . geilend in die Länge ſtrecken, entwickeln dürftiges Laub, können nicht recht ergrünen, können ſich kaum verzweigen und finden weder zur Blütenbildung, noch in den unteren Laubregionen zur Stärkebildung die nötige Kraft. Früher oder ſpäter müſſen ſie ganz verkommen. Dieſen Streich ſpielt den Schmarotzerpflänzchen ihr Licht— bedürfnis, das mindeſtens ebenſo groß iſt, wie ihr Waſſer— bedürfnis. Und dieſer nicht unterdrückbare Trieb wird ihnen förmlich zum Schickſal. Er verwehrt ihnen den Eintritt ins Pa— radies der Schmarotzerpflanzen, das nach Menſchenermeſſen dort liegen müßte, wo viele kräftige Pflanzen ſich zu haufen zuſam— menrotten und ein Anſchluß überhaupt nicht verfehlt werden kann. Wenn aber der Zufall fie trotzdem dort ſich einniſten läßt, bezahlen ſie ein paar üppige Schlemmerwochen zumeiſt mit dem Leben. Nur die randͤſtändigen Erpreſſer ſchlagen ſich leioͤlich durch. | Seit man in dieſe Abhängigkeitsbeziehungen eingeweiht it, erſcheint die vermeintliche Liebhaberei der Augen- und Sahntroſt— arten für beſtimmte Gewächſe in einem ganz neuen Licht. Wenn wir bei einem Gang über raſige hänge am einen Ort die Schmarotzer in ungeheurer Sahl aufmarſchieren und ſich ſo breit entfalten ſehen, daß ihr Blütengeflimmer dicht wie die Milch: ſtraße aus dem Halmwerk glänzt, während ſie am andern Ort wie verlorene magere Schäfchen ſtehen, ſo hat das nicht ſo ſehr ſeinen Grund in einer beſonderen inneren Tauglichkeit oder Untauglichkeit beſtimmter Pflanzen für die Ausnutzung, als viel- mehr in der Unfähigkeit des Schmarotzers, ſich unter den obwal- tenden Umſtänden durchzuſetzen. Sie haben zu wenig Cichtraum und müſſen erſticken. Im Rahmen dieſer Einſchränkung, die die Tauglichkeit als Wirt nicht ſo ſehr in die Blutbeſchaffenheit verlegt oder an eine bejondere Säftezuſammenſetzung knüpft, als von rein äußerlichen Merkmalen der Derzweigungsart, Blattgröße und Geſelligkeits— liebe der Arten abhängig macht, haben ſich alle Gewächſe, die unterſucht worden ſind, als Wirte bewährt. Seggen, Hopfgräſer, Hundsgras, wilder Hafer, Honiggras, Hainbinſen, das Alpen- riſpengras, Wieſenſchwingel, Fuchsſchwanz, Glatthafer, Ehren preiſe, Kreuzkraut, Klee, Wicke, Karden, Hirtentäſchel, Weiden— röschen, Knöterih, Miere und manche andere noch, alſo Schein— gräſer, echte Gräſer, einjährige und ausdauernde Kräuter, — an den Tiſchen all dieſer wurde gern Mahlzeit gehalten, und gar nicht ſelten werden auch zwei oder drei verſchiedenen Arten angehörige Wirtspflanzen gleichzeitig angebohrt. Sogar Ge— wächſe mit reichem Gehalt an ägender Milch (Wolfsmilch) und ſolche mit ſtark ſaurem Geſchmack (Ampfer und Sauerklee) wurden nicht verſchmäht und erzeugten, wenn nur für lichten Stand geſorgt war, recht kräftige Paraſiten. Es mag ja ſein, daß einige Grä— ſer und Kräuter infolge gewiſſer Eigenheiten ihres Stoffwechſels weniger günſtig ſind; denn mitunter brachten es die Augen- und Sahntroſte nicht zur vollen Entfaltung. Es läßt ſich da aber Ge— naues ſchwer ſagen, da ſowohl das Saatgut der Schmarotzer als das der Wirte nicht immer gleich kräftig iſt. Hatte ſonach die ältere Anſicht, daß ſchon bei den Augen- und Sahntroſten eine weitgehenoͤe Anpaſſung an beſtimmte Wirts— pflanzen ausgebildet ſei, ſich nicht beſtätigt, jo hatten die Kultur— verſuche doch eine neue Stütze geliefert für jene Theorie, die be— ſagt, daß dieſe Pflanzen bei ihren Einbrüchen ſich im weſentlichen auf den Diebſtahl von Waſſer und gelöſten mineraliſchen Salzen beſchränken. Außer der früher ſchon zutage getretenen Waſſer— bedürftigkeit der Sahn⸗ und Augentrojte war nun ja auch ihre große Lichtbedürftigkeit ſicher geſtellt. Was beſagte aber ihre ungeheure Abhängigkeit vom Licht wohl anderes, als daß ſie darauf angewieſen ſind, die Fähigkeit zur Kohlenſtoffaſſimi⸗ lation und Stärkebildung, die ihnen der Grünſtoffbeſitz er— möglicht, ſo umfangreich wie möglich zu betätigen? Wären die Augen- und Sahntroſte imſtand, die Stoffe, die unter Einwirkung des Lichtes in ihren Blättern erzeugt werden, unmittelbar von der Wirtspflanze zu beziehen, jo könnte ihnen Verſetzung an einen Ort, wo wenig Ellenbogenfreiheit und ſchattige Unterkunft eine rege Aſſimilationstätigkeit nicht geſtatten, unmöglich zum Verhängnis werden. In den Säften des Wirtes kreiſen ja in den verſchiedenſten Stufen des Aufbaus die Beſtandteile aller V Stoffe, die eine Pflanze nötig hat. Wer dieſe Stoffe aufgreifen kann, findet in ihnen eingeſchloſſen nicht nur den Kohlenſtoff, den der Schmarotzer ſich mit ſeinen Blättern erſt aus der Luft her— unterholen muß, ſondern findet dieſen Kohlenjtoff ſchon ver— brauchsfertig an andere elementare Nahrungsbeſtandͤteile ge— bunden. Er brauchte die bereits ſafteigen gemachten Nähr— tropfen und Nährpillen nur in ſich hineinzuſaugen und in einem letzten Umſetzungsprozeß ihre Verwandlung in arteigenes Ma— terial durchzuführen, es könnte ihm dann nicht fehlen. Wir ha- ben aber geſehen, daß „eher noch das Fehlen einer Wirtspflanze ertragbar iſt als der Mangel des Lichtes”. Ohne Wirt legen — einige wenigſtens — ihren geſamten Entwicklungsgang noch zurück; ohne ausreichenden Lichtgenuß aber ſind alle verloren. Nun ließ ſich aber auch unmittelbar beweiſen, daß bei allen Sahn⸗ und Augentroſtarten die Blatttätigkeit ebenſo rege iſt wie bei irgendwelchen andern grünen pflanzen. Pflückt man nämlich von einem dieſer Schmarotzerchen am Abend ein Caubblatt ab, tötet es erſt in Alkohol und legt es dann in eine Jodlöſung, jo färbt es ſich ſchwärzlichblau bis ganz dunkelſchwarz. Dieſe Färbung beweiſt, daß die Blattzellen allenthalben mit Stärke— körnchen, den Enoͤerzeugniſſen des Kohlenjtofferwerbes, geladen ſind. Nimmt man aber von derſelben Pflanze ein Blatt am Mor- gen und legt es in Jod, ſo färbt es ſich gelblich weiß. Woher kommt das? Antwort: das Blatt hat während der lichtloſen Nachtzeit keine Kohlenfäure aufſpalten und zu Stärke umbauen können. Am Morgen find daher die Sellkämmerchen ſtärke— leer, deswegen die gelbliche Färbung. Man kann auch noch gründlicher vorgehen zum Beweis der normalen Tätigkeit eines Augentroſtblattes. Zu dieſem Sweck bedeckt man eine Pflanze am natürlichen Standort mit einem lichtundurchläſſigen Gefäß. So läßt man fie über Nacht bis in den nächſten Vormittag hinein ſtehen. In der Dunkelheit entſtärken ſich die Blätter von ſelbſt. Die Stärke wandert nach dem Stengel oder auch nach den Wurzeln hin ab, um entweder im Stoffwechſel verbraucht oder irgendwo auf Vorrat getan zu werden. Gegen Mitte des Vormittags dann deckt man die verdunkelte pflanze ab und beſtreicht einige Blätter mit Kakaowachs. Dieſer Stoff, bei jedem Apotheker erhältlich, verſchließt die Spaltöffnungen, fo daß keine Kohlenſäure aus der Luft mehr aufgenommen werden kann. Swei Blätter vielleicht beſtreicht man beiderjeits ganz, zwei andere deckt man nur auf der einen Spreitenhälfte (unter- und oberſeits) zu, während man die ergänzende Blatthälfte frei läßt. Macht man jetzt am Abend wieder die Joöprobe, jo wird man, wie wir von Seeger wiſſen, finden, daß alle Blätter ohne Makaowachsüberzug in der Swi⸗ ſchenzeit Stärke in Menge erzeugt haben, und daß an den einhälftig beſtrichenen Blättern das freigelaſſene Stück ſich gleich— falls mit Stärkekörnern geladen hat. Denn alle dieſe Teile färben ſich mit Jod blau bis kohlſchwarz. Ganz ſtärkeleer dagegen iſt die Blatthälfte, die beiderjeits mit Wachs zugepicht war. Ganz ſtärkeleer ſind auch die vollſtändig beſtrichenen Blätter. Da nun Stärke, die in einem erwachſenen Blatt ſich vorfindet, niemals durch Einwanderung vom Stengel her dorthin gelangt ſein kann, ſondern ſich am Ort ſelber gebildet haben muß, iſt unfehlbar bewieſen, daß die Pflanze ihre Kohlenſtoffverbindun— gen ſelber herſtellt. Das gleiche läßt ſich (mit einer etwas ver— wickelten Methode) auch für die ſtickſtoffhaltigen Eiweikkör- per zeigen. Wenn die Pflanze ihre Stärke und Eiweiße aber wirklich ſelbſt fabriziert, jo kann die ganze Schmarotzerei in der Tat nur die Beſchaffung von Waſſer und rohen mineraliſchen Bo— denſalzen zum Siele haben. Die Verarbeitung dieſer Roh: ſtoffe zu organiſcher, plasmafähiger Materie, alſo das, worauf es im Leben ankommt, beſorgt der Augen- und Sahntroſt genau ſo ſelbſtändig wie jedes andere unabhängige grüne Gewächs. Was unterſcheid et dann aber die Schmarotzer dieſer Lebens- ſtufe von den ganz unabhängigen reinen Rohköftlern, die ich im einleitenden Kapitel als einzigartige Werkzeugmaſchinen zur Der: edelung toter Stofflichkeit und zur Verwandlung unbeſeelter Ma- terie in beſeelte Seinsformen geprieſen habe? — Eine rein tech— niſche Außerlichkeit. Jene holen die Rohſtoffe mit Saug⸗ haaren aus dem Boden heran, dieſe beziehen die Rohſtoffe teils aus dem Boden, teils aus dem Wurzelwerk eines Nachbarn, aber Rohköſtler ſind dieſe Schmarotzer genau ſo gut wie ar ag jene Selbftändigen, denn fie nehmen dem Wirt den Stoff, bevor er ihn durch eigenen Fleiß in organiſche plasmafähige Subſtanz verwandelt hat. Die Wirtspflanzen ſind ſonach keine Ammen, die dem Sahn- und Augentroft den umſtändlichen Prozeß der Organiſierung mineraliſcher Stoffe erſparen; ſie ſind ein rein techniſcher Erſatzapparat für die fehlenden Wurzel- haarwerke. Damit iſt über dieſe Pflanzen alles geſagt. * * * Auf annähernd der nämlichen Stufe des Schmarotzertums ſte— hen alle unfere Klappertöpfe (Fistuläria), ein Teil der roſen⸗ rot- und gelbblühenden CTäuſekräuter (Pediculäris), wovon ein typiſches Stück auf Seite 53 im Bilde wiedergegeben iſt, und der Feldwachtelweizen. Das iſt ͤͤurch Verſuche ſicher— geſtellt. Derhältnismäßig am unabhängigſten unter ihnen ſind der Feldwachtelweizen (Melampyrum arvense), ein bald rot, bald gelb blühendes Ackerunkraut; ferner die auf Wieſen und Hängen wohnende lanzettblättrige Form des ſchmalblättrigen Klap- pertopfes (Fistuläria lanceoläta), die ihre goldgelben, am Schlund blaugefleckten Rachenblütchen Schon im Frühſommer zeigt, und der auf Getreideäckern hauſende ſchöne zottige hahnen— kamm (Fistuläria alectorölophus, ſ. d. Abb. S. 41). Alle oͤrei ſind Jährlinge. Sie verhalten ſich genau wie der Srühlingszahn- troſt, gelangen alſo, je nach der Kräftigkeit des Saatgutes, in wirtsloſen Einzelkulturen (verzwergt) bis zur Blütenbildung, wer— den ſchon kräftiger mit einem Artgenoſſen als Wirt und fruchten mit jeder anderen Pflanze als Unterlage reichlich und gut, ob ſie nun einjährig oder ausdauernd ſei. Dieſer Zug, das Auskommen mit einem Jährling als Wirt, iſt ſehr wichtig für die Beurtei— lung der Ernährungsanſprüche des Schmarotzers. Da nämlich die Jährlinge in ihren Wurzeln keine Vorräte von fertig organiſier— ten Stoffen (Stärke, Fette, Eiweiße) ſpeichern, ſondern nur ſo viel davon dahinunter verladen, als zum Ausbau der Wurzeln an Ort und Stelle verbraucht wird, wäre ein gutes Gedeihen der Schmarotzer auf Jährlingspflanzen undenkbar unter der Doraus- ſetzung, daß ihnen der Bezug bereits organiſierter Nahrung ra zum Lebensbedürfnis geworden ſei. Sie wollen nur Waſſer und Salze. Im Gegenſatz hierzu halten es der große und kleine Klapper⸗ topf (Fistuläria major und minor) unſerer trockenen Grasfluren, das ſchopfige, reichblättrige und rukwärtswendige Cäuſekraut (Pediculäris comösa, foliösa und gyroflexa), drei Stauden graſiger Geröllhänge der Alpen, mehr mit der Herbſt⸗ form des Bergaugentroſtes. Sie legen keine oder faſt keine Wur⸗ zelhaare mehr an und ſind ohne Wirt nicht blühfähig. In Einzel⸗ kultur ſterben ſie ſchon nach 2 bis 3 Monaten ab. Das ſtärkere Paraſitentum dieſer Pflanzen findet auch rein äußerlich ſchon in der ſtärkeren Ausführung der Saugwarzen ſeinen Aus⸗ druck. Beim großen Klappertopf erreichen fie mit Durchmeſſern von 2 bis 3 Millimetern nahezu Stecknadelkopfgröße. Sie haben einen ſtark gewulſteten Rand und ſind ſtets beſtrebt, die Wirts- wurzel von den Rändern der Berührungsfläche her napfartig zu umwachſen; ſie ziehen das angefallene Fäſerchen gewiſſermaßen in ihr Maul hinein. Die Warzen dieſer Schmarotzer jind auch (ohne Ausnahme) ungemein beißfähig. Der Saug⸗ fortſatz iſt ſtets ſehr kräftig entwickelt und ſteckt, der primitiven ſteinernen Pfeilſpitze eines Urmenſchenſpeeres vergleichbar, in Form eines Keils tief im Wirtsfleiſche drin. Auch die ableitenden Gefäßbündelſtränge ſind viel zahlreicher als bei allen früheren Formen. b Als beſondere Eigentümlichkeit kommt bei den vorhin ge- nannten Cäuſekräutern hinzu, daß an jedem Wurzelzweiglein ge⸗ wöhnlich nur eine Saugwarze entwickelt wird. Es hängt das wohl, wie ſchon Kerner richtig bemerkt hat, damit zuſammen, daß im Gegenſatz zu allen bisher beſprochenen Pflanzen unſere Cäuſekräuter vieljährig find. Für einen einjährigen Schma⸗ rotzer, ſchreibt er, „kann es gleichgültig ſein, ob zur Seit ſeiner Fruchtreife das von ihm angefallene Wurzelſtück des Wirtes noch lebendig iſt oder nicht, da feine eigene einjahrige Wurzel alsbald verweſt, nachdem ſich oberiröiſch aus den Blüten die Samen aus⸗ gebildet haben. Nicht fo beim Cäuſekraut. Die ausdauernden Wurzeln dieſer Gewächſe bedürfen auch für das nächſte Jahr einer ER nährenden Wirtspflanze, und wenn das heuer angefallene, als Nährboden benutzte und ausgeſaugte Wurzelſtück des Wirtes ab- ſtirbt (weil er ein Jährling war oder das Fäſerchen ausgeſchöpft Hahnenkammkolonte (Fistuläria alectorolophus). (Aufnahme von P. Wolff.) ao iſt), jo iſt auch die Saugwarze der ſchmarotzenden Wurzel nicht mehr in der Lage, ihrer Aufgabe nachzukommen und noch ferner— hin friſche Säfte anzuſaugen. Solche nicht mehr funktionierende, in Ruheſtand verſetzte Saugwarzen gehen auch bald zugrunde,“) und man ſieht dort, wo ſie waren, nur noch eine kleine Narbe. Die ausdauernde Pediculariswurzel muß jetzt nach einem neuen Nährboden ſuchen, und das geſchieht in der Weiſe, daß ihre Spitze ſich verlängert und jo lange fortwächſt, bis die lebendige Wurzel einer andern Wirtspflanze erreicht iſt, an die ſie ſich dann ſofort mit einer neuen Saugwarze anlegt. Eine ſolche Verlängerung der Wurzel bedarf allerdings viel Baumaterial. Dieſes aber fin- det ſich reichlich in den älteren Teilen der Schmarotzerwurzel auf— geſpeichert. 5 „Aus dieſen Umſtänden erklären ſich, wenigſtens teilweiſe, der eigentümliche Bau und die ganz unverhältnismäßige Länge der Cäuſekrautwurzeln. Don dem kurzen, meiſt nur ½ bis 2 Sentimeter langen, aufrechten Wurzelſtock gehen nämlich rings- um fleiſchige, mit Stärkemehl, Öl und andern Rejerveitoffen reichlich erfüllte Faſern von der Dicke eines Federkiels, ja bei manchen Arten bis zur Dicke eines kleinen Fingers aus, welche ſich im Caufe der Seit bis zu 20 Sentimeter verlängern und nach allen Seiten in den von dem Wurzelwerke der Gräſer, Seggen und verſchiedenen andern Pflanzen durchſetzten ſchwarzen Wie— ſenboden ausſtrahlen, ſich dort von Jahr zu Jahr mit einer oder ein paar neuen Saugwarzen an zuſagenden Wirten anheften und dieſes Spiel fo lange wiederholen, bis endlich ihre Spitzen in wurzelfreie Erde gelangen, in welcher fie keine Beute mehr finden, und wo dann auch ihr Cängenwachstum aufhört. So erklärt ſich auch, warum dieſe langen Pediculariswurzeln niemals ſenkrecht in die Tiefe des Erdreiches hinabſteigen, ſondern ſich nur in den oberen Schichten des Wieſenbodens halten, wo eine Unmaſſe von andern Wurzeln ſich kreuzt und die größte Wahr— ſcheinlichkeit vorhanden iſt, daß die fortwachſenden verſchmäler— *) Nach neueren Beobachtungen Dolkarts iſt das nicht immer der Sall, ſondern ſie wechſeln ihre Funktion und werden zu Stärkejpeichern, 41 ten Spitzen der e e eee mit der Wurzel irgendeines neuen Wirtes zuſammentreffen.“ Ohne weiteres leuchtet auch ein, daß dieſe Pflanzen dem Wirt ſchon weſentlich ſchwerer zuſetzen als Frühlingszahntroſt, Feldwachtelweizen uſw. Sie dringen zwar unter möglichſter Schonung des Gewebes in die Nährwurzel ein, bei der Größe des Sahnfortſatzes läßt es ſich aber kaum vermeiden, daß Sellpartien zerſtört oder kleinere Gefäßbündel, in die das Saugzünglein ſich hineinzwängt, aufgeſprengt werden. In allen dieſen Fällen jtirbt in der Umgebung des Sahnfortſatzes ein Teil des Wirtsgewebes ab, es entſtehen ſchleimig zerfallende, mählich ſich verflüſſigende Wundränder und der Schmarotzer ſchneidet ſich ſchließlich ſelber das Waſſer ab, weil die gequollenen, in Auflöſung begriffenen Zellen die Gefäßbündel der Wirtswurzel verſtopfen. Natürlich fängt der Wirt an der betreffenden Stelle zu Kranken an. Aber auch die Saugwarze, die ſo ſtürmiſch vorgeht, iſt dem Tode ver— fallen. Großen kräftigen Wurzelſträngen ſchaoͤet ja das Platzen eines Gefäßrohres nicht viel; fie heilen den Wundherd aus und umgürten ihn allſeitig mit einem Wall aus hartem Narbenge— webe. Die Saugwarze wird dadurch vom Untergrund förmlich abgegraben und außer Funktion geſetzt — der Überfallene hat im Kampf mit dem Erpreſſerknötchen geſiegt. Dieſer Aus- gang iſt verhältnismäßig viel häufiger, als man glauben möchte. Schrammen und Narben an kräftigen Wurzeln geben oft genug Kunde davon, daß der Räuber wieder einmal „ſeine Rechnung ohne den Wirt“ aufgeſtellt hatte. Schwächere Wurzeln jedoch überſtehen den Schrecken kaum, ſie ſterben. Die Folge iſt, daß die Saugwarze bald mitten in einem Aasklümpchen ſitzt. In dieſem Augenblick vollzieht ſich eine intereſſante Wendung: dem Saug— napf, der ſich ſelbſt das Todesurteil geſchrieben hat, kommt nun auch das Aasklümpchen recht. Er ſchlürft die verflüſſigten, ſchlei— mig verquellenden Protoplasmarückſtände der toten Gewebe— fetzen in ſich hinein und leitet die organiſchen Säfte, die er er— beutet, dem Wurzelſtock zu, zu dem er gehört. Nachdem der Saug— napf alles verſchlungen hat, geht er ein oder wird (künftig) als Stärkeſpeicher verwendet. Alle Cäuſekräuter, nebſt dem großen BR 44 und kleinen Klappertopf ſind ſonach nicht unbedingte Verächter organiſcher Nahrung. Immerhin entnehmen ſie ihren Wirten in der Hauptſache nur unorganiſiertes Rohmaterial in Form von Waſſer und Bodenſalzen. Sie find ja nicht minder lichtbe— dürftig als die Augentroſte und Sahntroſte, haben ſich auch bei Unterſuchung ihres Caubes (Joöprobe) als ſehr tüchtige Kohlen⸗ ſäurefreſſer und Stärkebereiter bewährt. Nichtsdeſtoweniger können die Klappertöpfe auf Wieſen, weiden und Adern wegen ihres rieſigen Waſſerbedarfs enormen Schaden anrichten. „Der Klapp,“ ſagt der Tiroler Bauer, „frißt das Brot aus dem Ofen heraus.“ Er greift dieſes harte Wort nicht aus der Luft. Swar werden auch Klappertöpfe, Cäuſe⸗ kräuter und Feldwachtelweizen wegen ihres großen Cichtbedürf— niſſes von der Tragik des Augen- und Sahntroſtlebens verfolgt: ſie gehen in hochwüchſigen, ſchattend en, ſorgfältig gepflegten Gras- und Getreidefluren von ſelber zugrunde. Aber ſobald ihnen Engerlinge und Feldmäuſe durch Auflokerung der Beſtände ein weniges in die Hand arbeiten, wird die Flur für ihre Anjieölung reif, und dann iſt es, wenn der Menſch nicht dazwiſchen fährt, in wenigen Jahren um den Graswuchs geſchehen. Bei ihrer Neigung zu großem Wuchs und üppiger vegetativer Entfaltung müſſen ſie eben ganz rieſige Waſſermengen durch ihre Adern pumpen, weil im Waſſer die Mineraljalze gelöſt ſind, auf die es ja an⸗ kommt. All dieſes Waſſer muß natürlich ſo ſchnell wie möglich wieder aus dem Körper hinaus. Aber ſo ſehr die Spaltöffnungen ſich auch anſtrengen mögen, — ſie können ſo wenig wie bei den Augentroſten aus eigener Kraft den ganzen Waſſerverkehr be— wältigen. Klappertöpfe und Cäuſekräuter machen dem Naß da⸗ her allenthalben in ihrem Blattwerk beſondere Ventile zum Ab: ſtrömen auf. Bei den Klappertöpfen ſitzen die Ventile in Form von Waſſerſpalten an den Blattzähnen, bei den Cäuſekräutern ſind fie in Form eingeſenkter Schildödrüfen auf den Blattunter- ſeiten angemacht. Der Feldwachtelweizen verzichtet auf die An- ſchaffung beſonderer Derdunftungsorgane, hilft ſich aber dadurch, daß er die Blatthaut außerordentlich dünn macht und u lie hindurch das Waſſer verſchwitzt. Natürlich muß der Wirt ganz allein die Koſten dieſer Uner— ſättlichkeit tragen und ſchließlich ſeufzt in meterweitem Umkreis das Gekräute unter der Waſſerfron. Und mählich wird aus der kleinen beörückten Gemeinde ein ganzes ſeufzendes Feld; beſon— ders in Klappertopfgebieten. Da nämlich die reifen Pflanzen ihre Samen immer dicht in der Nähe ausſtreuen und ein Teil der Körn— chen immer erſt im zweiten oder dritten Frühling keimt, gehen in den nächſten Jahren immer wieder neue Erpreſſerkolonien auf, und bei halbwegs guter Samenerzeugung „erſchöpfen die Para— ſiten das dazwiſchenliegende Gras- und Pflanzenwerk (allmäh- lich) in einer Weiſe, daß ſelbes zwar nicht zugrunde geht, aber unterſtändig erhalten wird“ und, wie Heinricher weiter fand, „ſich nicht zur Entwicklung frudtender Halme aufſchwingen kann.“ Dem Klappertopf iſt die Vorherrſchaft jetzt geſichert. In Herden, wie hingeſät, macht er ſich breit. Dabei iſt er ſelbſt ſo gut wie nichts nütze. Denn er liefert ein trockenes, zähes Heu von geringem Nährwert. Kein Wunder, daß der Bauer dieſe Pflanzen ins Pfefferland wünſcht und ziemlich anrüchige Namen für fie erfindet. Der ſchimpflichſte aller dieſer Namen (Cäuſe⸗ kraut) ſoll allerdings kein hinweis auf das Blutſaugergewerbe der Pflanze fein. Man nennt ſie jo, weil aus ihrem Blätterſude früher ein Stallmittel gegen die Ungezieferpeſt der Haustiere hergeſtellt worden iſt. Ich will kurz bemerken, daß hier wahrſcheinlich auch der Bergflachs (Thesium) untergebracht werden muß. Dieſe Pflanze gehört den Santelgewächſen an, die ja außerhalb Euro- pas eine Unmenge von Schmarotzern geliefert haben. Bei uns iſt die Familie nur durch dieſe eine Gattung vertreten. Aller— dings führen die Syſtematiker ſieben Arten als Bürger der deut— ſchen Flora an, aber die meiſten leben als Bewohner von Berg— wieſen, graſigen Gebirgslehnen und Waloſchlägen ſehr zerſtreut, ſo daß man ihnen verhältnismäßig nicht leicht in die Quere kommt. Alle find Stauden und entwickeln ſich wahrſcheinlich äußerſt langſam. Ich finde in verſchiedenen Werken An: gaben über den Bau der Saugwurzeln dieſer Pflanzen und ihre Ernährungsbedürfniſſe, doch find die Angaben teils ſehr unbe— ſtimmt, teils ſehr widerſpruchsvoll. Ich möchte daher auf eine nähere Erörterung verzichten, hoffend, daß die Sukunft bald Rat ſchaffen wird. III. Die Erpreſſer. Die Angehörigen dieſer Gruppe ſind keine reinen Rohköftler mehr, auch nicht bloß gelegentliche Wunoͤfleiſchverzehrer. Nach allem, was man weiß, entziehen ſie ihren Wirten außer Waſſer und mineraliſchen Salzen auch organiſiertes Nähr— material, d. h. Stoffe, die der andere in feinen zelligen Cabora— torien und chemiſchen Werkſtätten ſchon in verſchiedenem Um— fang bearbeitet und für die Übernahme in die lebendige Plasma— ſubſtanz feines Leibes zurecht gemacht hat. Man wird ſich vor— zuſtellen haben, daß die Vorfahren dieſer Pflanzen zunächſt eben⸗ falls nur auf Raub von Waſſer und Mineraljfalzen ausgegangen ſind. Umſtände, von denen ich im Schlußkapitel ſprechen will, haben dann aber den Paraſitismus verſchärft und die Pflanzen veranlaßt, auch organiſierte Subſtanz in den Kreis der Diebſtahls— objekte mit einzubeziehen. Sehr groß iſt die Erweiterung der Speiſekarte allerdings nicht. Man begnügt ſich in der ganzen Gruppe mit einem Gang mehr. Dieſer Gang beſteht aus Eiweißſubſtanzen oder den Bauſteinen von Eiweißſtoffen, aus organijierter Stick— ſtoffnahrung alſo, die man den Wirten entwendet. Am ſchüchternſten ſtiehlt die Bartſchie (Bärtschia alpina, |. d. Abb.). Sie lebt an feuchten, moorigen Stellen der Alpenwieſen, beſonders in der Umgebung von Quellen, und wird bei uns im Rieſengebirge, im mähriſchen Geſenke, auf dem Feloͤberg des ba— diſchen Schwarzwaldes und in den bayriſchen Alpen (nicht gerade häufig) gefunden. Außerhalb Deutſchlands folgt ſie dem ganzen Alpenzug, kehrt in den Pyrenäen wieder und iſt mit einigen 30 weiteren Arten aus Nordafrika und von den hängen der ſüd⸗ amerikaniſchen Anden bekannt. Es handelt ſich alſo um ein Ge⸗ ſchlecht weit herumverſchlagener Hochgebirgspflanzen, das auf ein i mind eſtens ebenſo hohes Alter zurückblicken darf, wie das Ge— ſchlecht der Hugentroſte und Sahntroſte. Obgleich die im hochſommer blühende Pflanze nur 15 bis 30 Zentimeter hoch wird, gehört fie doch zu den bezeichnendſten Er— ſcheinungen ihrer Standorte. Sie fällt ſofort auf durch den dunk— len Ton ihres Laubes, der aus Grün, Violett und Schwarz zu— 7%, bi 2 lh \ Erg J ] . = 2 . r F . t ER; R 2 , ſammengemiſcht iſt. Die blattachſelſtändͤ igen, dunkelvioletten Blütchen heben ſich ſcharf davon ab. Das Volk nennt die Pflanze wegen dieſes düſteren Kleides auch Trauerblume. Und als Linné ſie Bartſchie taufte, knüpfte er an dieſen Namen an. Er wollte damit, wie ich bei Schröter leſe, ſeiner Trauer „über den Tod des ihm befreundeten Naturforſchers und Arztes Bartſch Ausdruck geben, der als junger Mann dem Klima Guayanas erlag.“ I OR Darin verhält ſich die Bartſchie wie alle bisher beſproche— nen Formen, daß ſie im Frühjahr auf jeder Unterlage keimt, ohne daß es dazu des Unreizes durch ein lebendiges Nährobjekt (Wirtswurzel) bedürfte. Sie läßt uns ihr ſchärferes Schmarotzer— tum aber ſchon daran erkennen, daß auch dem kleinſten Pflänz- hen Saughaare vollkommen fehlen. Kaum daß ſie die Sa- menſchale verlaſſen und mit den dünnen grünen Keimblättchen die Bodendecke durchſtoßen hat, geht ſie auf die Suche nach einem Anſchluß und ſchraubt ſich der erſten Wurzel, der ſie begegnet, mit kugeligen Saugwarzen an. Gebaut ſind die Warzen wie bei den anſpruchsvolleren Erpreſſerpflanzen der vorigen Gruppe, d. h. ſie nehmen die Wirtswurzel tief zwiſchen ihre lippenartig gewulſteten Ränder, zerſtören durch beſondere Ausſcheidungen an der Berührungsſtelle das Rindengewebe des erbeuteten Stranges und entwickeln kleine Saugzellen, die ſich hinterwärts an einen ſaftableitenden ee anſchließen wie Ceckzungen an einen Schlund. Die ſchärfere Abhängigkeit der Bartſchie von einem Ernährer trat auch zutag, als Heinricher das Pflänzchen in Einzel kul- turen erzog. Die Keimlinge leben zwar ohne Wirt mehrere Mo— nate und treiben einen dünnen Sproß, woran 6, 10 und mehr Blätthenpaare aufgehen können, aber wenn der Hodyjommer kommt, geht das halbverhungerte Weſen zugrund. Das iſt ſehr gut begreiflich, da die Bartſchie gleich faſt allen Schmarotzern, von denen hinfort noch die Rede ſein wird, zu den ausdauernden Kräutern gehört. Unter normalen Dajeinsbedingungen dorrt der Sproß, den die Pflanze im erſten Jahr anlegt, bei Eintritt der Kälteperiode ja genau fo ab, wie bei der wirtslos erzogenen Bar— tſchie, von der eben die Rede war. Aber es verfällt doch nur der oberirdiſche Teil dem Tod. Das unterirdiſche Stengelſtück bleibt als Wurzelſtock in der Erde liegen, iſt alſo gewiſſermaßen ein Winterhäuschen, wohinein die ganze Pflanze ſich bei Ein⸗ bruch der kalten Jahreszeit zum Winterſchlafe zurückzieht. Im kommenden Frühjahr treibt dieſer Wurzelſtock aus einer unter- irdiſchen Knoſpe, die ſchon gleich nach der Keimung angelegt wor- den war, wieder aus und errichtet einen neuen Sproß über der eg Erde. Es iſt nun ſehr bezeichnend, daß bei wirtsloſer Auf: zucht eines Bartſchieſämlings dieſe Erneuerungsknoſpe überhaupt nicht angelegt wird. Der Keimling, der nicht ſofort Anſchluß an eine Amme findet, hat nicht die Kraft, dieſe Knoſpe, auf deren Augen ja feine ganze Sukunft ruht, zu bilden, — ſo tief ſteckt dieſe Staude ſchon in der Abhängigkeit von einem Ernährer. Aber auch der Sproß des zweiten Jahres kommt noch nicht zur Blüte. Sein oberirdiſcher Teil geht im Herbſt abermals ein, und die Pflanze muß, verkapſelt im Wurzelſtock, einen zweiten Winter verſchlafen. Ja, für gewöhnlich bringt die Bartſchie drei und vier Jahre auf dieſe Weiſe zu, und erſt im fünften Frühling iſt fie ſoweit erſtarkt, daß die 3., 4. und 5. Sproſſe, die ſie mit zunehmendem Alter über den Boden emporſchießt, die erſten Blü— ten entwickeln können. Was macht ſie in all den Jahren? Legt man in verſchiedenen Altersitadien das Wurzelwerk bloß, ſo kann kein Sweifel darüber beſtehen, daß ſie inzwiſchen ſich mäſtet. Allenthalben hängt ſie mit den Saugwarzen ihres gutgegliederten Wurzelſyſtems jo tief und feſt im Filz des Gras— bodens drinnen, daß es kaum möglich iſt fie herauszuſchälen, und Jahr um Jahr wird der Wurzelſtock länger und dicker. Er iſt mit kleinen blaſſen Blattſchuppen beſetzt, worin die Pflanze Stärke und Eiweißvorräte maſſenhaft ablagert. Man hat dieſe Blattſchuppen lange Seit für Tierfangapparate gehalten, weil ſie an der Spitze und den Rändern eigentümlich nach unten und innen gebogen find. Es entſtehen daoͤurch kleine Höhlen, und in dieſe Höhlen ragen drüſige Haare hinein. Es hat ſich aber herausgeſtellt, daß die gleichen haare ſich auch an der Unterſeite der Laubblätter finden und Waſſer abſcheioͤen. Wahrſcheinlich dürften fie alſo Organe zur Beſchleunigung des Waſſer— verkehrs ſein, wie die Schilddrüſen an den Blättern der Klap— pertöpfe. Allerdings nehmen fie im Notfall Waſſer auch auf. Am Ende des 4. oder 5. Jahres iſt der Wurzelſtock ſo ſchwer mit aller Art Reſerveſtoffen vollgepfropft, daß der Bartſchie in ganz günſtigen Fällen jetzt auch gelingt, was ihr in der Jugend— zeit nicht geglückt war: wenn man ſie im Spätjahr von ihren Koelſch, Würger im Pflanzenreich. 4 50 Wirten abtrennt, in einen Topf mit Gartenerde ſetzt und ge- nügend feucht hält, ſo ſchlägt ſie im Frühjahr aus, kommt auch zur Blüte. Sie zehrt jetzt ganz von ihrem Fett, ſchafft, wahr⸗ ſcheinlich mit den Drüſenhaaren der Höhlenblätter, ſelbſtändig Waſſer heran und verhält ſich „wie eine Krokus-, Schneeglöck— chen⸗ oder Hyazinthenzwiebel,“ die ja ausſchließlich auf Koſten ihrer Reſerveſtoffe ſehr zeitig im Jahr die Blütenbildung er— zwingen. Allerdings bezahlt der Wurzelſtock dieſe gewaltige An ſtrengung ſtets mit dem Leben. Während die Freilandͤbartſchie nach Erlangung der Mannbarkeit noch manches Jahr lebt und mit oberirdiſchen Ausläufern, die zu ſelbſtändigen Pflanzen ergrünen können, ſich in der Umgebung neue Standorte erobert, ſchnurrt der erſchöpfte, von ſeinen Wirten abgetrennte Wurzelſtock ein und zerfällt. Natürlich iſt die Unabwenoͤbarkeit, womit des Ernährers be— raubte erwachſene Bartſchien dem Tod geweiht ſind, noch kein Beweis dafür, daß die Pflanze außer Waſſer und Salzen von ihren Unterlagen auch organiſierte Bauſteine beziehe. Ja, die Aſſimilationstüchtigkeit des Caubes ſpricht eher zugunſten der reinen Rohköſtlerei als dagegen. Einmal ſind die Blätter reich mit Grünſtoff verſehen, zum andern macht Unterſuchung des Blatt» gewebes mit einem ganz normal entwickelten Durchlüftungs⸗ ſyſtem bekannt. Auch die am Morgen und Mittag angeſtellte Jod- probe zeigt, daß die in der Frühe ſtärkeleeren Blätter bis zum Mittag eine ganze Menge Stärkeſtoff hergeſtellt haben. So läßt ſich ein unmittelbarer Beweis für die Heranziehung organiſierten Materials kaum erbringen. Bedenkt man aber, daß das Heim- pflänzchen ſofort nach dem KHusſchlüpfen Saugwarzen bildet, und daß es bei wirtsloſer Kultur vollſtändig auf die Anlage der Er⸗ neuerungsknoſpe verzichten muß, alſo gerade eine Arbeit nicht leiſten kann, die es bei Unſchluß an einen Wirt als wichtigſten Akt ſchier ſofort erledigt; bedenkt man auch, daß die Pflanze auf ſtickſtoff armen Moor- und Sumpfböden lebt, jo muß man anneh— men, daß ihr aus den Wirten noch andere, und zwar vorwiegend ſtickſtoffhaltige, eiweißartige Materialien zufließen. Auch die über⸗ raſchend träge Entwicklung, dieſes jahrelange Wartenmüſſen bis Se zum Eintritt der Blütezeit, weiſt auf eine ziemliche Abhängigkeit von den Wirten hin. Su unterſuchen wäre allerdings noch, ob die Bartſchie, wenn man ihr ausdauernde Gewächſe als Ammen unterlegt, nicht ſchon in kürzerer Seit die Blühreife erreicht. Denn es iſt nahezu ſelbſtverſtändͤlich, daß einjährige Kräuter, deren Wurzelwerk jeweilen nach Ablauf einer Degetationsperiode vergeht, keinen ſo günſtigen Nährboden darſtellen. Die Bartſchie muß ſich, auf einjährigen Wirten erzogen, immer wieder nach neuen Futterquellen umtun, muß dazu Wurzeln nach andern Rid)- tungen ausſchicken, und das erfordert ganz ſicher einen Haufen Kraft, jo daß die unterirdiſchen Stoffſpeicher nur langſam eritar- ken. Su unterſuchen wäre auch noch, wie ſich die Bartſchie gegen- über toten Stoffen pflanzlicher und tieriſcher herkunft benimmt. Darüber weiß man noch gar nichts. * * * Was die Bartſchie angeſponnen hat, ſetzen unſer Wieſen⸗ und Waloͤwachtelweizen (Melampyrum praténse und silväticum, |. d. Abb. S. 52) geradlinig fort. Bereits die Fruchtkörner weiſen eine ſtarke Rückbildung auf: ſie entbehren der Samenſchale, ſo daß die äußerſte Sellſchicht des Nährgewebekörpers die Schutzleiſtung übernehmen muß. Auf das Keimungsverhalten iſt dieſe Abände⸗ rung ohne Einfluß, doch iſt der Wirt ſchon den ganz jungen Pflänzchen nicht mehr entbehrlich, wenn aus ihnen etwas Kräf- tiges werden ſoll, und es iſt auch keineswegs unerheblich, wie der Wirt heißt. Gewiß iſt jeder beſſer als keiner, aber nur der Wie— ſenwachtelweizen findet bei Gräſern und einjährigen Kräu⸗ tern noch jenen Grad von tätiger hilfe, deſſen er zur notoͤürftigen Erledigung des Blütenlebens bedarf. Der Waldwachtelwei- zen kommt nicht mehr aus mit ſolchen Ernährern, er muß in die Wurzel einer vieljährigen Blütenpflanze einbrechen können, wenn ihm der Aufſchwung gelingen ſoll, aber auch ſie ſcheinen ſeinen letzten Anſprüchen nicht in dem Umfang genügen zu können wie holzgewächſe. Auf ihnen gedeiht er am beiten, es macht den Eindruck, daß nichts fie erſetzen kann. Der Waldwachtelwei— zen ſticht auch darin von ſeinesgleichen ab, daß er, in wirtsloſer 5 Einzelkultur erzogen, eine Menge Hauſtorialknötchen ausſpeit, womit kleine Steinchen und humoſe Bodenpartikelchen ange- packt werden. Nach Heinrichers Befund ſind derlei Saugwärzchen jedoch nur unvollkommen entwickelt; ſie bilden keinen Saug⸗ fortſatz aus. Etwas weiter draußen im Vorraum des Wiſſens bleiben unſere Kenntnijje vom Lebensverhalten der zweiten Läuſekraut⸗ Wieſenwachtelweizen (Melampyrum pratense). (Aufnahme von J. Kettenhuemer.) rotte ſtehen. Wir haben zwar die ſchönen Beobachtungen Vol⸗ karts, aber es fehlt doch an den notwendigen Derjuhen zur Aufzucht der Pflanzen in wirtsloſer Einzelkultur. So ſind wir eigentlich nicht in der Cage, den Maßſtab zu verwenden, an dem ſich die Schärfe des Schmarotzertums am unzweideutigſten zu er- kennen gibt. Immerhin legt der Bau der Saugwarzen undͤ ihre perlſchnurartige Aufreihung an den Wirtswurzeln die Vermutung nahe, daß das Räuberweſen hier mindeſtens ebenſo gut entwickelt iſt wie bei der Bartſchie, bei einzelnen Formen vielleicht noch 8 beſſer. Es iſt bei ihnen auch bereits zur Regel geworden, daß man ein Würzelchen nach ſeiner Serſtörung nicht frei gibt. Die Saugmäuler bleiben an dem Kadaver hängen und ſtopfen ſich — nach Art von Verweſungspflanzen — von nun ab mit Cäuſekraut (Pediculäris) aus der Rostrata-Gruppe von einer Matte in den Salzburger Alpen. Nach der Photographie nicht mit Sicherheit näher zu beſtimmen. (Aufnahme von J. Kettenhuemer.) den Zerfalls prooͤukten des Getöteten voll. Unſer zweijäh— riges Sumpfläuſekraut (Pediculäris palüstris), eine der wenigen Ebenenformen mit ſchönem gefiedertem Laub und großen roten Blumenähren, die von Mai bis Juli über den grünen Blatt- wedeln aufgehängt werden, heftet ſich ſogar an totes Material maſſenhaft mit Hauſtorien an. Ja, es macht den Eindruck, als ob ſie Lebendes nur ergreife, um es raſch abzuwürgen und dann 5 erſt zu verzehren. Don Pflanzen, denen die erſtorbene Wirtswurzel wertvolle Beſtandteile zu liefern vermag, dürfen wir aber vermuten, daß ſie ſchon der lebenden Wurzel jene organiſchen Stoffe entnehmen, auf die hin die Leihe durchſtöbert wird. Vom Sumpfläufekraut und vom geſtutzten (Pediculäris recutita) ſteht auch feſt, daß ſie ihre Ernährer recht ſchwer ſchädi⸗ gen, nicht ſelten ſogar vollſtändig vernichten können. n IV. Auf dem Wege vom Erprejjer- zum Würgertum. Standen die eben verabſchiedeten Kachenblütler vergleichs⸗ weiſe bis ans Knie im Schmarotzertum drinnen, ſo verſinkt man jetzt bis an die hüften darin. Leider wird dieſe bemerkenswerte Gruppe in unſerer Flora nur durch die Tozzie (Tözzia alpina, ſ. d. Abb.) vertreten, nach einem italieniſchen Arzt ſo benannt. Sie iſt noch weſentlich ſeltener als die Bartſchie, gleich ihr nur im Hochland zu finden als Begleiterin des Nadelwaldes der ſubalpinen Region. Sie geht nicht über 1000 Meter herunter, kaum über 2000 hinauf und iſt in den Alpen, dem Apennin, den Pyrenäen und den nächſten Ausläufern dieſer Gebirgsſtöcke heimiſch. ö In Deutſchland kennt man die rein mitteleuropäiſche Alpen⸗ tozzie nur aus dem bayriſchen Hochland und von ein paar injel- artig verlorenen Standorten im Rieſengebirge. Um liebſten ſitzt ſie im Schatten von Tannenwäldern und feuchten Gebüſchen her⸗ um, tritt von hier aber auch ſehr gern auf mooſige und quellige Hänge, an die verſumpfenden Ränder ſeichter Bachläufe, auf naſſe Schuttfelder, Bergwieſen und Grobgeröllbarren über. Bäche ſchwemmen ſie manchmal bis in die Niederungen herab, dann bildet ſie eine ſchlanke Talform, die ſich aber nicht hält. Nur unſcheinbar iſt ihr Äußeres. Sie liegt auf einem ſtrang⸗ artigen Wurzelſtock halb ſchräg im Boden und beſetzt dieſen unter⸗ irdiſchen Adhjenteil dicht mit runden, toooͤbleichen Shuppen- blättern, die langſam in das ſaftige, grüne Stengellaub über- gehen. ähnlich wie bei der Bartſchie knicken die unterirdischen Schuppenblätter die Ränder nach innen und unten um, ſo daß eine Art Höhle entſteht, worin eine Menge waſſerabſcheidender, den nährſalzführenden Verdunſtungsſtrom fördernder Schilddrüſenhaare eine gut geſchützte Unterkunft findet. Entwicklung der Tozzie. A Keimling der Tozzie. (K Heimblätter, W Würzelchen, X Heimſtämmchen.) B der Same hat jhon reichlich Wurzelwerk entwickelt, iſt aber noch ganz in der Nüßchenſchale (X) verborgen. Auch Hauſtorien (S) find ſchon vorhanden. C die Schale des Nüßchens iſt abgeſtreift und 3 Paar Schuppenblätter (Sch) ſind entwickelt. D Pflänzchen im Alter von 10—12 Monaten mit ſchon gut entwickeltem Wurzelſtock (Wst). E älteres, im Freien ausgegrabenes Tozziepflänzchen. (Nach Heinricher.) Gleich nach der Schneeſchmelze tritt dieſer Wurzelſtock mit einem bald nur handlangen, bald fuß- bis kniehohen, ſich ver— gabelnden, grünen Sproß an die Oberwelt. Er ſchießt jo raſch auf, daß ſich die Pflanze drei Wochen ſpäter ſchon in voller Blüte befindet, aber wer nimmt von dieſem Ereignis Notiz? Die Blü- o ten ſind ja im Vergleich zu denen der übrigen Radyenblütler jo reizlos und klein! Die Lippenbildung it faſt unterdrückt, die Farbe iſt auf ein trübes, rotgetigertes Gelb vereinfacht, und da— mit in Suſammenhang iſt die Blume von einer Bienen-, hummel⸗ und Falterbeſtäuberin auf die tiefe Stufe einer Fliegenblume herabgeſunken. Vielfach ſind aber auch den Schweb- und Tanz- fliegen die offen daliegenden Honigvorräte zu dürftig, ſo daß ſich die Pflanze durch Selbſtbefruchtung ins Wochenbett helfen muß. Weitere drei bis vier Wochen ſpäter hat die Tozzie ihren Lebenskreislauf vollendet, der Stengel ſtirbt ab und mit ihm geht auch der Wurzelſtock ein. Man ſieht, wie an dieſem ganzen Lebensabſchnitt ſo gut wie gar nichts befonderes iſt. Um jo feſſelnder iſt die Seit ihres Car— venlebens. | Die Beſonderheiten ſtellen ſich ſchon ein, ſolange der Em— bryo noch im Mutterleib ruht. Wiegen für vier Samen legt die Pflanze in jedem Fruchtknoten an, aber in der Regel kommen davon nur einer oder zwei zur Entwicklung. Lange bevor dieſe zwei ihre Reife erreicht haben, fällt die ganze, nüßchenartige Fruchtanlage, noch grün und von dem grünen Kelch umhüllt, zu Boden. hier, zwiſchen Gekräute, Mooſen und dem pflanz⸗ lichen Abraum früherer Degetationsperioden reifen die Samen aus. Sie brauchen dazu abermals einige Wochen. Man ſollte glauben, das Nüßchen ſpränge nun auf und gäbe den augenapfelartigen weißen Samen oder die zwei Samen, die es geboren hat, frei. Das iſt aber nicht der Fall. Es behält ſie feſt bei ſich und innerhalb der Schale müſſen fie keimen. Die Keimung kann jedoch nicht mehr auf jeder Unterlage erfolgen. Der Embryo iſt, um überhaupt aufgehen zu können, be- reits abhängig von einem Wirt. Das erfuhr Heinrider, als er die Samen einzeln in Töpfe legte oder auch 60 Samen — ohne Beigabe eines Wirtes — in eine Schüſſel ſäte. Alle dieſe Kulturen erbrachten kein einziges Pflänzchen. Nur in Berührung mit fremdartigen Wurzelballen gingen fie auf. In dieſem Fall bildete ſich in den Nüßchen ein Spalt, durch den die Keimwurzel auskroch (ſ. d. Abb. S. 55). Sie begann ſich ſofort zu verzweigen „ Be und klammerte ſich mit zahlreichen klappertopfähnlichen Saug— wärzchen an die Wirtspflanze an. Erſt jetzt ſchlüpften auch das Keimſtämmchen und die Keimblätter aus. Dieſe Keimblätter erhoben ſich aber niemals über den Boden. Sie blieben in der Erde und ergrünten nicht. Man ſieht ſofort, daß im Dergleid) zu allen bisher beſpro— chenen Kachenblütlern das Schmarotzertum eine ungeahnte Verſchärfung erfahren hat. Jene, auch die ſtärkſten Paraſiten unter ihnen, waren nur inſofern abhängig von einem Wirt, als ſie ohne ſeine Unterſtützung ihren Lebenslauf nicht in normaler Weiſe abſchließen konnten. Ihre Keimung jedoch erledigte ſich auch ohne die Gegenwart einer Nährpflanze oder die Gegenwart fremder keimender Samen (in jeder Bodenart) glatt. Ja, ſie brauchen nicht einmal mit Erde in Berührung zu kommen. Sie ſchlagen auch aus, wenn man ſie, entjpredyende Cuftwärme vor— ausgeſetzt, in feuchtes Fließpapier oder Lumpen packt. Äußere Kräfte ſpielen demnach nur inſofern eine Rolle, als ſie die Waj- ſeraufnahme ermöglichen. Iſt ſie durchführbar, ſo beſorgt der Keimling alles weitere aus eigener Kraft. Er führt unter Quel- lung ſein Protoplasma aus dem Schlafzuſtand in den Suſtand der Aktivität über und holt die im Nährgewebe untergebrachten Dotterſubſtanzen zur Einleitung der nötigen Sellteilungen und Wachstumsbewegungen heran. Anders der Tozziaſame. Packt man eine Handvoll davon in feuchtes Fließpapier ein, ſo ſaugen ſie zwar ebenfalls Waſſer auf, aber die weichgewordenen Körner verharren auch weiterhin im Suſtand der Ruhe. Es kommt nicht zu den feinen Sellteilun— gen, die für den Beginn des Wachstums bezeichnend ſind. Sie be— dürfen dazu einer weiteren äußeren Kraft, nämlich des chemi— ſchen Unreizes durch ein geeignetes Nährobjekt, als welches allem Anſchein nach nur lebendige Wurzeln in Betracht kommen kön- nen. Diejer Reiz wird dem Embryo durch die Nüßchenſchale hin— durch vermittelt. Durch was für Stoffe, iſt unbekannt. Es iſt auch unbekannt, ob der Reiz zur Auferjtehung notwendig von einer fremdartigen Pflanze ausgehen muß, oder ob auch die Nach— barſchaft einer Tozziawurzel die Sämchen erweckt. 8 Wie ſpielt die weitere Entwicklung des eben ausgekrochenen Cozzialärvchens ſich ab? Zunächſt iſt zu bemerken, daß die Pflanze während ihres ganzen erſten Lebensjahres unter der Erde bleibt. Dicht über den Heimblättern läßt ſie ein farbloſes Blattpaar ums andere ſprießen, aber alle dieſe Blätter ſitzen tief ineinander hinein⸗ geſchachtelt, ähnlich den Schuppenblättern eines Tannenzapfens, an einer ganz winzigen Achſe. Es entſteht ſo ein knoſpenartiges, kleines, faſt ſchneeweißes Gebilde, das im Alter von 10 bis 12 Monaten etwa ſo ausſieht, wie die Abbildung D Seite 55 dies zeigt. Man ſieht ein reich zerfaſertes Wurzelwerk, das ſich allent- halben an die Nachbarn hängt, und daran ein haſelnußgroßes Ge— bilde mit vielen, dicht ineinander geſtauchten Blattſchuppen. Alle dieſe Schuppen haben den früher ſchon geſchilderten Höhlenbau. Auch im zweiten Jahr bleibt die Cozzie unter der Erde liegen und wächſt dabei allmählich zur Größe der in Abb. E wieder⸗ gegebenen Pflanze heran. Im letztgenannten Stadium, das ſie in ganz vereinzelten Fällen vielleicht ſchon im zweiten Alters- jahr, gewöhnlich aber erſt im dritten oder gar vierten Jahr er- reicht, verläßt ſie dann die Unterwelt und entwickelt jenen grünen Stengel, von dem ich eingangs geſprochen habe. Wovon hat das Höhlenpflänzchen inzwiſchen gelebt? Die Antwort lautet: von feinen Wirten, und zwar bezieht es nicht nur Waſſer und rohe Salze von ihnen, ſondern alles, was es zum Leben und zum Großwerden braucht, alſo Kohlen- ſtoffpräparate und Stickſtoffſubſtanzen, die der Wirt für ſich ſelber aus den Elementen bereitet hat. Nirgends greift ja das bleiche Tozzialärbchen mit einem grünen Blatt an die Oberwelt, womit es Kohlenfäure aufſpalten, Sucker und Stärke herſtellen könnte. (Alle früher erwähnten Erpreſſergewächſe, auch die aus— dauernden, taten das noch.) Nirgends auch frißt es mit Saug— haaren Erde, ſchließt Mineralien auf oder holt Waſſer und jal- peterige Salze zur Herſtellung von Eiweiß und Plasmaſubſtanz. Alle Bauſteine hierzu ſchöpft es wegelagernd den Saftbahnen der Wirtswurzeln ab, und ſeine ſelbſtändige Betätigung beſteht allein — 89 2 darin, die erbeuteten artfremden Stoffe, die der Wirt gerade ſelber für ſich zu verwenden gedenkt, in arteigene Plasmajub- ſtanz zu verwandeln. Ja, es entwendet ſeinem Wirt viel mehr Material, als es gerade nötig hat. Es ſtiehlt Überſchüſſe. und ſpeichert ſie in ſeinen Blattſchuppen auf, ſpeichert ſo viel, als nur untergebracht werden kann! . .. So iſt die Tozzie der erſten Lebensjahre wirklich nichts anderes als ein lauernder Darm, ein gefräßiger, heruntergekommener Eingeweideſchlauch, der mit vielen Mäulern an ſeinen Wirten ſaugt, die geſtohlenen Säfte verdaut und ſich im übrigen damit beſchäftigt, Fleiſch anzuſetzen. Was in den Jahren rein paraſitiſchen Daſeins an Stärke, Eiweiß und Kraft in den unterirdiſchen Speicherkammern zu: ſammengeſpart und auf Sins gelegt worden iſt, wird dann in der kurzen Seitſpanne, die die pflanze für ihr oberirdiſches Da— ſein verwendet, verpraßt und für die Erneuerung der Art in vielen Samen dahingegeben. Man braucht ja nur die weißen Wurzelſtockblätter unmittelbar vor und unmittelbar nach der Blütezeit zu vergleichen. Anfangs, zur Seit der Sproßbildung prall von Stärke und Eiweißkriſtallen, glänzend vor Speck, find ſie hintennach zu leeren häuten zuſammengeſchrumpft, verrunzelt und ausgeſogen. Und niemals wieder füllen ſie ſich. Denn mit dem einmaligen Aufitieg zur Oberwelt iſt ihr Leben zu Ende. Die Tozzie ſieht die Sonne, lebt rund ſechs Wochen in ihrem Schein, dann iſt es plötzlich, als ob das Licht fie getötet hätte. Sugleich mit dem Derfall des oberirdiſchen, ſamenbehangenen Sproſſes ſtürzt auch der ganze unterirdiſche Gewölberaum ein und iſt bis zum Frühjahr verfault. | Das Merkwürdigſte an dieſem Geſchöpf iſt ſonach ſein Dop- pelleben: daß die Pflanze, nahdem fie zwei oder drei Jahre als reiner Würger von den Erträgniſſen der Arbeit anderer gelebt hat, ſich zum Schluß gewiſſermaßen auf die alten ehrlichen Überlieferungen ihres Geſchlechtes beſinnt und ſich wenigſtens auf die Stufe der halbſchmarotzer erhebt, von denen der voraus— gehende Abſchnitt gehandelt hat. Es iſt ähnlich wie im Inſekten⸗ leben, wo die Raupe und Made monate- und jahrelang als reines Freßtier in faulen Baumſtümpfen, Leichen oder als Rinderbies- Ba, fliegenlarve in den eiterig entzündeten Hautbeulen anderer Tiere gehauſt hat, dann alle Niedrigkeit von ſich wirft und auf graphit- glänzenden oder buntbeſtäubten Flügeln ſich in die Lüfte erhebt, um für den Reſt des Daſeins nur noch an Liebesjpiele, Lufttänze, Kleiderparaden, an die Jagd nach dem Weibchen und die Derjor- gung der Eier zu denken. Es iſt ja wahr: ganz ſo vollſtändig wie ein Schmetterling legt die Tozzie die madigen Gewohnheiten ihrer unterweltlichen Schmarotzerjahre beim Aufjtieg zur Licht- welt nicht ab. Sie hält auch in der letzten Phaſe ihres Lebens mit klammernden Armen die Wirte feſt, die ſie als Cärvchen ge- fangen hat und ſchröpft ſie andauernd kräftig um Waſſer. Man ſehe ſich nur eines der grünen Stengelblättchen der Oberwelt⸗ pflanze an. Wie die Schilddrüjenhaare der Unterſeite am Morgen von perligen Schweißtropfen glänzen, Reſten der Waſſermenge, die die Tozzie zur Nachtzeit den Wirtspflanzen abgejagt und durch ihren Blütenſtengel gepumpt hat! Ja, ſie hat ſogar hinter den Schilddrüſenhaaren in Form von Röhren (Speichertracheiden) be— ſondere Behälter angebracht, worin das überſchüſſige Waſſer ſich ſammeln und aufſtauen kann, falls die Schiloͤdrüſenhaare nicht ſchnell genug arbeiten können. Denn bei aller Wajjerbedürftig- keit kommt es eben doch darauf an, daß das lebendige Gewebe nicht damit überſchwemmt wird. Immerhin macht ſie die Blätter wenigſtens grün, umgürtet ſich mit Tracht und Farbe des Roh: köſtlertums und kehrt auch innerlich zurück auf die Dorfahren- ſtufe. Denn es iſt kein Sweifel, daß fie mit den grünen Blättern wirkliche Arbeit verrichtet, Kohlenſäure einfängt, ſie abbaut und jo durch eigene Tätigkeit die Stärke- und Suckerreſerven mehren hilft, welche die trächtigen Blüten und die heranwachſenden Säm⸗ chen verzehren. Es iſt eine Art Blutpflege, die ſie übt. Denn was ſie herbeiſchafft, iſt für die Jungen. Die Jod probe liefert dafür wieder den ſchönſten Beweis. Früh am Morgen fand Hein- richer die Blätter ganz leer, bis zum Mittag hatten ſie ſchon recht anſehnliche Stärkemengen gebildet, am Abend waren die Blätter noch beſſer gefüllt, und über Nacht wanderte die Stärke wieder nach den Verbrauchsorten ab. Schwächlicher als bei allen früheren Arten iſt die aſſimilatoriſche Tätigkeit immerhin. Man merkt das 661 ſchon am ſchwächeren Bau des Tozziablattes. Das Grünſtoff— gewebe iſt dünn, jo daß für gewöhnlich das Licht mit ganz gelb- grünem Ton durch die Blätter ſcheint. Jetzt, wo wir den Lebenslauf der Cozzie von der Wiege bis zur Bahre überblicken können, erſcheint uns auch die Unfähigkeit des Samens zu felbjtändiger Keimung keineswegs mehr als ein Ausdruck von Schwächlichkeit oder Degeneration, veranlaßt durch die ſchärfere paraſitiſche Lebensweife. Im Gegenteil: das Unvermögen kommt uns jetzt ſehr zweckmäßig vor. Bei der Unfähigkeit zur eigenen Ernährung iſt ja der Anſchluß an einen Wirt der wichtigſte Vorgang beim Keimungsakt. Mit dem Gelingen dieſes Anſchluſſes iſt die Exiſtenz der Pflanze ſchon bei— nahe geſichert. Er könnte natürlich auch auf enderem Wege er— reicht werden. Der Same könnte ſelbſtändig zeimen und dann mit ſeinen Wurzeln auf die Suche nach einem Ernährer gehen. Aber das ſetzte eine große eigene Wachstumsfähigkeit des Keim- lings und eine mächtige Mitgift voraus, von der man zehren könnte. Die Pflanze dürfte zu dieſem Behuf nur wenige Samen erzeugen und ſie müßten ganz ungewöhnlich umfangreich ſein. Aber auch jetzt wäre ſie noch ganz dem Sufall ausgeliefert: er müßte jo gütig ſein und den Pfad des Keimlings von einem frem- den Würzelchen kreuzen laſſen. Wie viele von den wenigen gro— ßen Samen hätten wohl jo viel Glück? Die Wahrjcheinlichkeit iſt, daß alle zugrunde gehen. Nein, da iſt es doch ungemein vorteil— hafter, die Keimung an das Dorhandenfein einer Wirtswurzel zu knüpfen, d. h. dafür zu ſorgen, daß ſie erſt eintritt, wenn das als Ernährer taugliche Objekt in unmittelbarſter Nähe iſt und ſofort erfaßt werden kann. „Der Schmarotzer braucht das ihm zur Verfügung ſtehende Stoff- und Kraftquantum nicht in mehr oder minder unnützen Wachstumsvorgängen zu erſchöpfen, er kann es zum fofortigen Angriff auf die Nährwurzel ver: werten.“ So ſchrieb Ludwig Koch bereits im Jahre 1887 im Hin— blick auf die Keimungsgeſchehniſſe der Orobanchen. Seine Worte laſſen ſich Silbe für Silbe auch auf die Tozzie anwenden, ja, man kann hinzufügen, daß die Bindung der Keimung an die Gegenwart eines Wirtes den Pflanzen auch erlaubt, ſtatt Ba weniger großer viele kleine Samen zu erzeugen und fo die Ausfichten für die Erhaltung der Art zu erhöhen. — Don einer bejonderen Wirtsauswahl hat man bei der Tozzie nichts bemerken können. In den Kulturen heinrichers bezog ſie von Gräſern wie von einjährigen und ausdauernden Kräutern ihren Tribut, doch dürften bei der Notwendigkeit eines mehrjährigen unterirdiſchen Schmarotzertums einjährige Pflanzen kaum allen Beöürfniſſen genügen können. Am beiten wird ſie bei ausdauernden kräftigen Blütenpflanzen das finden, was ſie zu gutem Gedeihen braucht. Leider wiſſen wir gar nichts über die Vorfahren der CTozzie. Im natürlichen Syſtem ſchließt fie ſich an den Wachtel⸗ weizen; kein Rachenblütler iſt bekannt, dem ſie hinſichtlich des Blüten- und Fruchtbaues näher ſtünde als ihm. Es iſt auch gewiß, daß die Gattung im ſüdlichen Mitteleuropa ihren Urſprungsherd hat. Denn außer der Alpentozzie gibt es nur noch eine Art in den Karpathen und Balkangebirgen. Sonſt auf der ganzen Erde kommt die Gattung nirgends mehr vor. Aus dieſer Derbreitungs- weile können wir ſchließen, daß die Entſtehung des Tozzia⸗ geſchlechtes in ein ziemlich nahes Seitalter fällt; ſie iſt höchſtens diluvial. Aber die Formen, die den Übergang zwiſchen der bei— nahe ſchon zum reinen Würger gewordenen Tozzie der Jetztzeit und den halbparaſitiſchen oder noch ganz ſelbſtändigen Ahnen ver⸗ mitteln könnten, ſind ausgeſtorben. Die Seit hat ſie verſchluckt, wir können darum den Weg, der zurückgelegt wurde, nicht zu⸗ rückverfolgen bis zur Ausgangsitation. Immerhin will ich ſagen, daß Heinricher die Tozzie von einer wachtelweizenähnlichen Ra⸗ chenblütlerform glaubt herleiten zu können. Ein einjähriger, längſt verſchollener Wachtelweizen, der zunächſt auf der Stufe des Frühlingszahntroſtes ſtand, ſei — meint er — immer tiefer in die Abhängigkeit von einem Wirte geraten, habe ſich ſchließlich, infolge ungünſtiger Ernährungsverhältniſſe in einem Jahr nicht mehr bis zur Blühreife entwickeln können, ſei mehrjährig ge⸗ worden, habe aber die Eigenheit aller einjährigen Pflanzen, nur einmal einen Blütenſproß zu erzeugen, beibehalten und ſo die Stammform unſerer jetzigen Tozzien aus ſich heraus erzeugt... oa V. Die Würger. Don der Tozzie ſagte ich, fie ſtecke bis an die hüften im Sumpf des Schmarotzertums. Von den Pflanzen, über die ich jetzt Rechenſchaft ablegen will, wird es heißen müſſen, daß ihnen der Moraſt, in den ſie hineingeraten ſind, bereits über den Köpfen zuſammenſchlage. Denn bei ihnen fällt auch die letzte Pe- riode ſelbſtändiger Ernährungstätigkeit weg. Sie ſäen nicht, ſie ernten nicht, ſie ſammeln nicht in die Scheunen und unſer Herrgott ernähret ſie doch. Von dieſer Sorte ſind die Schuppenwurz, die Orobanche und die Seide. Um die Schuppenwurz (Lathrä&a squamäria) zu finden, muß man zur Seit, wo der Winterling blüht und die erſten Kuckucks⸗ blumen über der rauſchdürren Laubdecke ſonniger Gehölze den Frühling in weißen Kleidern begrüßen, in unſere Wälder gehen, an Plätze, wo auf feuchtem Grund die Haſel und die Erle wachſen. Beſonders ausſichtsvoll find ſchlüpfrige Tümpelränder, naß⸗ liegende Gebüſche und Waloͤbach⸗ oder Grabenufer. Man ſieht dann die pflanze ab und zu aus Taub und Moos und ſonſtigem Verfall ſich erheben, kleinfingerſtark, ſpannenhoch, blaßrötlich bis tabakbraun, gewöhnlich in Trupps. Aber nicht ganz ſo wie auf unſerm Bild. Im Wald draußen ſchauen nur die Blüten⸗ ſproſſe über den Boden heraus. Die unteren boörallenſtock— artigen Teile bemerkt man nicht. Dieſe ganze Partie, ein förm- liches Neſt elfenbeinweißer, ſeifig glänzender, klumpig gehäufter Schuppen, iſt im Boden verborgen und ihre Befreiung iſt mit größten Schwierigkeiten verknüpft; denn die Pflanzen ſind außer⸗ ordentlich brüchig. Um fie unverſehrt vor den Apparat zu be- kommen, muß der Humus mit alleräußerſter Vorſicht abgegraben, ja geradezu mit den Fingernägeln weggekratzt werden. Aber auch jo werden die unteriroͤiſchen Teile keineswegs in ganzer Aus- dehnung bloßgelegt. Das eigentliche Wurzelwerk der Pflanze fängt erſt unter dem ſchuppigen Knoten an und dehnt ſich einen halben oder auch ganzen Meter rundum in die Tiefe. Leider iſt es genau ſo ſpröd, wie das Stengelwerk. Forſcher, denen an der Einheimſung tunlichſt unverſehrter pflanzen gelegen war, e haben ſich deswegen nur dadurch zu helfen gewußt, daß fie die ganze Befreiungsarbeit zu hauſe vornahmen. In einem Umkreis von einem halben Meter wurde der Schuppenwurzſtandort ring⸗ förmig umgraben, in Metertiefe die Erde von der Unterlage ab⸗ geſtochen und der ganze Eröballen nach Haufe geſchafft. Dort wurde der Erökloß in Siebe geſetzt und unter Waſſer verſenkt. Schuppenwurz (Lathräéa squamäria). Aufnahme von J. Hartmann. a Der erweichte humus bröckelte langſam ab, oͤurch einen Waſſer— ſtrahl aus der Leitungsröhre konnte dann in weiterer ſtunden— langer Arbeit das unterirdiſche Gebäude bloßgelegt werden. Was hierbei ſich ergab, war erſtaunlich. Oben ſaß jene Knolle, wovon in unſerm Bilde ein Teil eben noch zu ſehen iſt. Davon ſtrahlten nach allen Richtungen zentimeterdicke weiße Seitenäſte aus, die ſich in ewigem Auf und Ab andauernd aufs neue verzweigten, ſich umſchlangen, mieden, ſich wieder fanden, durchkreuzten und allenthalben * neue Sweige fortſtreben ließen. Die Nebenwurzeln erreichen Wurm⸗ bis Bindfadenſtärke. In ihren feinſten Ausläufen wer— den ſie zwirnfadendünn. Dieſes kaum entwirrbare Wurzelwerk iſt derSaugapp.a- rat der Schuppenwurz. Aus denkbar kleinſten Anfängen her- aus wird er geboren. Was iſt ſo ein Schuppenwurzſame? Beinahe ein Nichts. Annähernd eine Dier- telmillion davon geht auf ein Sa Gramm! Der Embrno in dieſen Sänit du, in gegen Shuppen Stäubchen, die der Wind leicht (Mach Goebel.) wie den Blütenſtaub der Gräſer verweht und der Regen durch kleinſte Spalten in den Boden ſpült, beſteht nur aus wenigen Zellen, den Reit der Samenſchale nimmt der Nährkörper ein. Hat ſo ein winziges Ding irgendwo im Boden einen Unterſchlupf gefunden, ſo läuft zunächſt alles wie bei der Tozzie ab: es keimt nur in Gegenwart einer Nährpflanze. Als ſolche kommen haupt- ſächlich haſeln und Erlen in Betracht, aber auch Eiche, Eſche, Hain— buche, Rüſter, Nußbaum, Koſe, Alpenroſe, Efeu, Weinſtock und Apfelbaum, ganz ſelten auch die Fichte, werden angenommen. Treibt ſich auch nicht das kleinſte Wurzelfäſerchen einer dieſer Pflanzen in unmittelbarſter Nähe des Schuppenwurzſämchens her— um, jo bleibt der Embryo liegen, zwei, drei oder noch mehr Jahre. Koelſch, Würger im Pflanzenreich. 5 D N 5 N) I — EN 4 RR 7 Go fein fndimüfümm! S S S! N 66 Er kann warten, bis ein geeigneter Wirt ſich in der Nähe vorbei— drücken will, dann bäumt er ſich auf, ſpritzt ſein Würzelchen aus und klammert ſich an ihn mit einem Erſtlingsſaugnapf, der mit ſtarkem Sahnfortſatz ſich bis zum Holzkörper wühlt. Auch darin verhält ſich der Schuppenwurzkeimling wie jener der Tozzie, daß er unter der Erde bleibt und hinter den winzigen Keim- blättchen zunächſt ein paar blaſſe Schuppen anlegt. Sie und alle folgenden Schuppenblätter haben wiederum Höhlenbau, ſind aber nicht von den Seitenrändern her eingeſchlagen. Die Höhle entſteht hier dadurdy, daß die Blattſpreite während des Wachs— tums ſich von der Spitze aus wieder nach hinten krümmt. Die Höhle (h) mündet bei b nach außen. Auch dieſe Blätter hat man längere Seit für Wurmfangappa⸗ rate angeſehen. Es hat ſich aber erweiſen laſſen, daß die Schild- und Köpf⸗ chendrüſen, womit der Hohlraum ausgeſtattet iſt, Drei- bis vierjährige Schuppenwurz, mit ihrem Saug⸗ auch in dieſem Fall Or⸗ wurzelwerk (pw) und deren Hauſtorien (s) eine ; Haſelwurzel umgarnend. gane ſind zur Regelung (Kombiniert nach photographien Heinrichers.) des Waſſerverkehrs in der Pflanze. Das weitere Wachstum der Schuppenwurz ſpielt ſich gleich— falls rein unterirdiſch ab, nur ſchreitet die Entwicklung viel langſamer fort, als bei der Tozzie. In der obenſtehenden Ab⸗ bildung iſt eine Pflanze dargeſtellt, die ſchätzungsweiſe ſchon ein Alter von drei bis vier Jahren hat. Man ſieht, wie einzelne Wurzeln infolge unmäßiger, perlſchnurartiger häufung der Saug⸗ warzen eine raupenförmige Geſtalt annehmen und wie das weiße, ſpröde Geäder die ernährende Wurzel von allen Seiten umgarnt. Aber auch auf dieſer Altersitufe hat die Schuppenwurz noch keines⸗ wegs gewonnen. Es kann ſein, dak die Wirtswurzel nicht zu den ſtärkſten gehörte und unter der Schnauze des Schmarotzers abſtirbt. Gelingt es dem Würger nicht, einen neuen Anſchluß zu we N AR finden, fo geht er ein. Es iſt kein Sweifel, daß auf dieſe Art manch junge Schuppenwurz ihr Leben läßt. Sie zehrt ſich ſelber allmählich auf und verkümmert. Aber auch unter allergünſtigſten Ernährungsbedingungen mag es acht und zehn Jahre dauern, bis die Pflanze ſo weit iſt, daß ſie zum erſten Mal blühen kann. Um dieſe Seit iſt der Wurzelkörper ſehr ſtark und der Niſt⸗ ort der Pflanze in ſeiner näheren und ferneren Umgebung ſo außerordentlich dicht und eng von den Saugarmen des Schma— rotzers durchſponnen, daß die Unterlage unter den madenartig am Wirt hinkriechenden Geflechten über große Strecken vollſtändig eingehüllt und den Blicken entzogen ſein kann. Mit Hunderten und Tauſenden von Saugnäpfen geht der Parajit jetzt auf den Ernährer los und manche fleißige Haſelfaſer erſticht in den Wür⸗ gerarmen. Die Saugnäpfe ſind breiter als bei allen bisher be- ſprochenen Formen, an ſtarken Wurzeln hanfkorngroß. Don da finden ſich alle Übergänge bis zur Größe von Hirſekörnern und kleinen Stecknadelköpfen. Dieſe kleinſten Gebilde ſind junge, noch nicht erwachſene Mäuler. Ganz langſam erſtarken ſie, und es ſcheint, daß ſie mehrere Jahre funktionstüchtig blieben. über den Blütenſproß iſt nicht viel zu jagen. Die Cozzie hat ihn noch grün gemacht und iſt mit ihrem Laub auf Jagd nach Kohlenſäuremolekülen gegangen. Sie verſuchte einmal in ihrem Leben halbwegs redlich zu fein. Die Schuppenwurz ſpart ſich auch das. Sie hat mit allen Überlieferungen des Grünſtengel— klubs gebrochen und tritt unmaskiert auf als die, die fie iſt. Dar⸗ um laufen an ihrem Blütenſproß auch keine breitſpreitigen Blätter mehr hinauf, ſondern dünne farbloſe Schuppen, die an der Luft ſich röten und noch ſpäter bräunen. Sie ſetzen die unter- irdiſchen Schuppenorgane unmittelbar fort und find die Reſte des einſtigen grünen Caubes. Mehr Sorgfalt wird auf die Blüten verwendet. Sie haben wieder die tierleibähnliche Rachenform mit Unterlippe und Helm, hängen alle nach einer Seite, ſind dunkel⸗ braunrot mit purpurfarbigem Fleck an der Kehle und ſuchen durch ſchwache Honigausſcheidungen die Aufmerkfamkeit der Cenz⸗ inſekten auf ſich zu ziehen. Gar nicht ſelten werden auch kurze rein unterirdiſche Blütenträger entwickelt. Die verdeckten Blüten 68 ſind im Schauteil etwas verkümmert und öffnen ſich nicht, wes— halb man fie als Sperrblüten bezeichnet. Im Gegenſatz zum Kronteil entwickeln ſich ihre Staub- und Fruchtblätter (Geſchlechts— organe) ganz vorſchriftsmäßig; ſie beſtäuben ſich auch in der knoſ⸗ penartig geſchloſſenen Krone unter gegenſeitiger Annäherung ſel⸗ ber und bringen Samen hervor. Die Samen bleiben unter der Erde, werden vom Regen weiter geſpült oder keimen am Ort. Don den geſperrten Kümmerblüten der unterirdiſchen Achſenteile gibt es alle Übergänge zu den regelrecht gebauten Inſekten⸗ blumen der Lichtwelt. — Nach der Fruchtreife verfault der Samen- träger ſehr ſchnell und die Pflanze zieht ſich ganz auf den Wurzel- ſtock zurück, ſchröpft wieder ein Jahr lang die Wirte und blüht in den nächſten Frühjahren abermals. Dem Leſer wird aufgefallen ſein, daß nur holzgewächſe als Wirte genannt wurden. In der Tat gelang es nicht, die Sa— men der Schuppenwurz auf den Wurzelballen von Gräſern und ein⸗ oder mehrjährigen Kräutern zur Lebenstätigkeit anzuregen. Sie quollen auf, verfielen dann aber, gleich den Tozziafamen der Fließpapierpräparate, zu Moder. Einmal fand Heinricher in einer Grasnarbenkultur einen Schuppenwurzkeimling, doch war es nicht ausgeſchloſſen, daß zwiſchen den Gräſern Wurzelfaſern einer Holzpflanze umherliefen, und daß der Same ſich von ihnen die Cebenskurbel hatte andrehen laſſen. Es iſt ſonach ziemlich wahrſcheinlich, daß nur ganz beſtimmte Holzpflanzen jenen Stoff ausdünjten, der den Schuppenwurzkeimling zu wirklichem Leben erweckt. Die Schuppenwurz würde ſomit die Anpaſſung an be— ſtimmte Wirte weiter treiben als alle ihre Vorgänger. Das iſt inſofern gewiß bedenklich, als ſie ſich durch ihre Abhängigkeits- erklärung den Sutritt zu allen baum- und ſtrauchloſen Degeta- : tionsgebieten verrammelt und ihre Vervielfältigungschancen her⸗ unterſetzt. Aber fie darf ſich dieſes va banque⸗Spiel ſchon leiſten. Denn ſie macht den Nachteil einſeitiger Anpaſſung an beſtimmte Ernährer und den großen Untergang, den die Einſchränkung des Cebensraumes heraufbeſchwört, im vornhinein wett durch rie- ſige Samenerzeugung. Sie verhält ſich in dieſer Hinſicht wie ein Bandwurm, der aus ſeiner Verſtecktheit in Tier- und Men- = Ag ſchendärmen heraus die Welt mit Millionen und Abermillionen kleinſter Eizellen bombardiert und fo den unfaßbaren Derlujt an Brut, den er infolge ſeines eigenartigen Lebenswandels er— leiden muß, ſehr glatt ausgleicht. Es iſt wunderlich, wie Tier- und Pflanzenwege da wieder einmal haarſcharf parallel laufen. Ganz hat die Schuppenwurz die Spur, die zum grünbewim— pelten Ahnenſchloß führt, aber doch nicht verwiſchen können, trotz aller Anſtrengungen nicht. In ihrem Wurzel- und Stengelwerk führt ſie noch heute Einrichtungen, die ihre herkunft aus dem Reich der ſelbſttätigen reinen Rohköjtler verraten. Das iſt ſehr bemerkenswert. Kohlenſäure wird, wie ich ſchon ſagte, nicht mehr zerlegt. Der Blattgrünapparat iſt reſtlos zurückgebildet, man fin⸗ det in der ganzen Pflanze kein Körnchen Grünſtoff mehr. Man ſollte nun glauben, daß in Suſammenhang mit der Rückbildung des Aſſimilationsgewebes auch der Spaltöffnungsapparat verſchwunden ſei. Kohlenſäure wird ja nicht mehr verarbeitet, warum ſollen die Tore, durch die das Gas bei grünen Pflanzen ſeinen Einzug in den Körper hält, nicht vermauert werden ? Der wirkliche Befund ſtimmt nicht zu dieſer Überlegung. An den unterirödiſchen Wurzelſtockteilen, einſchließlich der Hohl— ſchuppen, treten Spaltöffnungen in ziemlicher Anzahl auf. Auf den Quadratmillimeter kommen immer noch 12 bis 17. Das iſt wenig im Vergleich mit der Bartſchie, den Augentroſten uff. Das Dorkommnis kann aber doch nicht überſehen werden, zumal kein Zweifel beſteht, daß die Spaltöffnungen ganz regelrecht tätig ſind. Nicht fo ſehr als Derdunftungsventile. Die Regelung des Waſſer— verkehrs iſt in der Hauptſache Aufgabe der in den Blatthöhlen ſitzenden Drüſen- und Köpfchenhaare. Aber außer der Hin— ausbeförd erung von überſchüſſigem Stoffwechſelwaſſer hat der Spaltöffnungsapparat an der grünen Pflanze ja noch einer zwei— ten, ſehr wichtigen Leiſtung vorzuſtehen: er hat den Sauerſtoff, den die Pflanze zur Atmung braucht, in die Gewebe hinein- zuleiten. Dieſes Gas kann auch der Dollparafit nicht entbehren. Aus der Tierreihe ſind zwar Schmarotzerformen bekannt, die ohne jeden Genuß aktiven Luftjauerjtoffs auskommen können. Su — 7 ihnen gehört u. a. der Sp ulwurm, ein ſehr häufiger Bewohner des Darmes kleiner Kinder. Nicht als ob er des Sauerſtoffs, dieſes funkenſprühenden Oxydators chemiſcher Verbindungen, ganz und gar entraten könnte. Aber er nimmt ihn nicht durch beſondere Atmungsorgane oder einfach durch die Haut aus der Umwelt in ſein Inneres auf, ſonoöͤern gewinnt ihn durch Vergärung jei- nes Ruskelzuckers, alſo durd einen innerlichen Spaltungs- prozeß, zu deſſen Durchführung ſonſt nur Organismen von der Art der Hefebakterien und Pflanzenſamen befähigt ſind. Nur in äußerſter Not können auch Iuftatmende Weſen auf dieſem Weg das nötige Atmungsgas ſich verſchaffen. So wiſſen wir, daß ge⸗ wiſſe Fiſche, der Froſch, die erwachſene grüne Pflanze, ja ſogar der Muskel des Menſchen bei Aufenthalt in ſauerſtoffloſem Raum beſtimmte Inhaltsbeſtandteile ihres Plasmas durch Gärung zer— reißen, um den zum Betrieb der LCebensmaſchine notwendigen Sauerſtoff frei zu machen. Es wäre alſo denkbar, daß auch die Schuppenwurz — nach dem Vorbild des ſchmarotzenden Spul- wurmkollegen — ihren Sauerjtoffbedarf urch Vergärung zucker— haltiger Plasmaerzeugnijje deckt, die fie in fertigem oder halb- fertigem Suſtand ihren Ernährern entwendet. Wozu dann aber die Spaltöffnungen ? Der Kohlenſäurezufuhr — das iſt erwieſen — dienen fie nicht. Sie dienen auch nicht dem Waſſerverkehr. Und doch find fie funktionstüchtig! . . . Nein, es bleibt wirklich nur die Annahme übrig, daß die Schuppenwurz ihren Sauer⸗ ſtoffbedarf noch ganz regelrecht aus der Außenwelt deckt und die feinen hautporen der unterirdiſchen Schuppenblätter und Wur⸗ zelſtockäſte nichts anderes find als die TCLungentore der Pflanze. Sie ſchlucken das zu allen Verbrennungen unentbehrliche Gas aus den winzigen Luftlücken der Humusbänke auf und laſſen es zu den zentral gelegenen Derbraudjsitätten abfließen. Sie ſind ja auch, genau wie bei grünen Pflanzen mit kräftigem Durch⸗ lüftungsweſen, über die Hautoberfläche hügelartig erhöht. Die Spaltöffnungen an den unteriroͤiſchen Organen der Schuppenwurz ſtänden alſo, wie ſchon Heinricher bemerkt hat, ihren Leiſtungen nach mit den Spaltöffnungen der Waſſer pflanzen im nämlichen Rang. BR m Etwas andere Suſtände herrſchen an den oberirdiſchen Stengelteilen. Dem Blütenträger fehlen Spaltöffnungen ganz, nur an den Blütendeckſchuppen, den Helchblättern und der Frucht— knotenwand treten ſie in beſcheidener Anzahl noch auf. Funk⸗ tionsfähig ſind jedoch ſicher nur noch die wenigſten. Faſt immer iſt der Spalt zwiſchen den Schließzellen, die das Tor zu bewachen haben, verkrüppelt oder zugewachſen, und wenn er vorhanden iſt, jo fehlt ihm die Verbindung zur dahinterliegenden Atemhöhle. Es iſt denkbar, daß hier oben, wo die Pflanze rings von ſauerſtoff— haltiger Luft umſpült iſt, durch bloße Hautatmung der nötige Sauerſtoff beſchafft werden kann, während der ſchwere und feuchte, im großen und ganzen ja auch ſchlecht Öurchlüftete Humus, in den die unterirdiſchen Organe hinabtauchen müſſen, eine ener⸗ giſchere Bearbeitung erfordert. Die Spaltöffnungen konnten dar⸗ um oberwärts verkümmern, während ſie unterwärts nicht ganz entbehrlich waren und die eigenartige Umweltbeſchaffenheit der Wurzeln ſie in den geſchilderten Formen erhielt. Die Verbreitung der Pflanze reicht außerordentlich weit. Sie geht von England bis zum Himalaja, vom mittleren Schweden bis nach Sizilien, aber über die untere Grenze der ſubalpinen Re- gion ſteigt ſie nicht auf. Daneben gibt es noch eine geſtrecktere weſteuropäiſche Art, eine dritte Form in den Balkangebirgen, eine vierte in Japan. Die Gattung dürfte alſo wieder im öſtlichen Aſien entſtanden ſein. Strittig iſt vorläufig noch ihre Stellung im Syſtem. Heinricher nimmt ſie zu den Kachenblütlern herüber, ſtellt ſie alſo hinter die Tozzie, der ſie ſich biologiſch anſchließt. Ich habe aber nicht bemerkt, daß dieſe Oroͤnungsform bisher von jemand übernommen worden ſei. Man bringt die Pflanze lieber bei den Orobanchen unter, von denen wir im folgenden hören werden. * * * Die Orobanchen find den Radjenblütlern ſehr nahe ver- wandt und haben in der Tracht größte Ahnlichkeit mit der Schup- penwurz (ſ. d. Abb. S. 73), in der Lebens- und Entwicklungsweiſe aber weichen ſie ſtark von ihnen ab. Nicht als ob die Oroban— chen ihre Seele einem weniger habſüchtigen Teufel verſchrieben oe hätten. Sie haben Kontrakt mit dem gleichen Patron wie die Schuppenwurz, und die Bedingungen, unter denen ſie ſich ver- kauft haben, lauten wie dort. Sie müſſen alles hergeben, was Sier und Schmuck der grünen Pflanze war. Aber der Teufel iſt zu ihnen galanter. Der Schuppenwurz wies er Gebüſche und Wälder an, die Orobanchen ſchwelgen mitten in dem Kraut- und Blumenparadies dieſer Erde. Denn nachoͤem die Stärkefabriken geſchloſſen und die Blattgrünapparate unbrauchbar geworden ſind, werden dieſe Pflanzen nicht mehr von der Tragik der Lichtbe- dürftigkeit verfolgt, die den rünen Sahn- und Augentroſten, den Klappertöpfen, Läufekräute: ı uſw. den Sutritt zu den hohen, dichtbevölkerten Beſtänden kräftiger Grünſtengel ein für allemal verwehrte. Sie brauchen weder Schattenſtand noch Geoͤränge zu fürchten; die beiten Erd enfleckchen, worauf das grüne Fleiſch am fetteſten und üppigſten gedeiht, ſtehn ihnen offen. Das iſt der Extralohn, und keiner hat geſehen, daß ſie ihn ausgeſchlagen hätten. | Aber ſie ſtammen eben doch aus einem andern Balkanitaat der Blütenpflanzenwelt. Sie nehmen drum auch eine etwas an— dere Entwicklung. Fürs erſte legt der Embryo, der wiederum nur in Berührung mit einer Wirtspflanze aufgehen kann, nicht einmal mehr ein würzelchen an. Auch die Keimblätter ſchenkt er ſich. Er ſpinnt ſich einfach in ein weißes wurmartiges Fädchen aus, und dieſes Fädchen wächſt mit feinem Fußende in die Nährwurzel tief, immer tiefer hinein, bis es mitten in der Herzgrube ſitzt. Hier ent- wickelt es einen Saugkopf mit bedeutender Oberfläche. Erſt nach durchaus verläßlicher Anglieo erung an die Saftbahnen des Wirtes denkt das Orobanchelärvchen daran, eine Pflanze zu werden. Zu dieſem Behufe ſteckt es den ſpitzigen Kopf aus dem Rindenloch, worin es ſitzt, und legt jenſeits der Wirtswurzel im Boden etwas wie einen Vegetationskörper an. In erſter Linie wird eine Knolle gebildet. Iſt ſie genügend mit geſtohlenen Reichtümern vollgeſtopft, ſo kriechen hieraus die erſten echten Wurzeln her⸗ vor, Weſen, vergleichbar den Arbeiterinnen im Bienenſtaat, er— zeugt von der Königin Knolle. Für dauerndes Bodenwachstum Kleewürger (Orobänche minor). (Aufnahme von J. Hartmann.) — 71 wie bei der Schuppenwurz wird dieſer Wurzelapparat nicht ein⸗ gerichtet. Die Orobanchen begnügen ſich mit der Erſtellung eines dichten Schopfes ganz kurzer wurmartiger Fäden; in ſeiner Ge⸗ ſamtheit bildet er ein geörungenes Organ, dejjen einzelne Arme zur raſchen Überführung verdichteter Nahrung in die Knolle ebenſo befähigt ſein müſſen, wie zum Eindringen in den Wirt. Ihre erſte Tätigkeit beſteht denn auch darin, neue Geldquellen flüſſig zu machen. Sie gehen dabei, nach der Darſtellung Kochs, viel ſchonender vor als der Keimfaden, der den erſten Anſchluß vermittelt hat. Letzterer grub ſich rückſichtslos in den Wirt und wandelte ſich aus einem flachen einzinkigen Schneidezahn ſchnell in einen gefährlichen Backenzahn um, der mit vielen Sinken ſich in den Saftbahnen feſtſetzte. Nun bohren zwar auch die Saug⸗ näpfe der Suſatzwurzeln ein ſtattliches Coch, aber es iſt, als ob ſie den Eindruck, daß fie Fremoͤkörper ſeien, möglichſt verwiſchen wollten. Denn ſie gehen mit den Sellen, die die Gefäßbündel⸗ ſtränge des Wirtes verſchalen, allenthalben Derwachſungen ein. Der Wirt ſeinerſeits folgt den eingeoͤrungenen Saugfort- ſätzen oft mit fonderbaren gallenartigen Sellwucherungen. Solche Vverwachſungen find natürlich gleich günſtig für Schmarotzer und Ernährer, denn ſie verhindern, daß die ſaftleitenden Gefäße auf: geſprengt und die ſaugenden Arme Raltgeitellt werden. Aud im künftigen Verhalten gehen die Orobanchen ihre eige- nen Wege. Sie brauchen nicht acht und zehn Jahre, um ſich zur Blühreife heranzumäſten, ſond ern ſtrecken, je nach der Art, ſchon im Keimungsjahr, höchſtens im zweiten oder dritten Sommer einen Arm über den Boden hinaus und behängen ihn mit einem Strauß roter, weißer, bläulicher, brauner oder fleiſchfarbiger Ra- chenblüten. Nach der Samenreife ſtirbt die pflanze ſtets ab. | Aber ſie kann im nächſten Jahr wiederum auferſtehen. Ob es dazu kommt oder nicht, hängt ganz ab von der Peſchaffen⸗ heit des Ernährers. Nehmen wir beiſpielsweiſe den hohen äſtigen hanftod (Orobänche ramösa), eine Pflanze mit bläulichem Stengel, der ſich ſpäter gelb umfärbt. Sie blüht ſchon im erſten Jahr und ſitzt am liebſten auf Hanf. Hanf iſt einjährig, er geht KA im Spätjahr ein, mit ihm oder ſchon vorher ſtirbt auch der Schma- roßer. Ein Botaniker wird auf Grund dieſer Beobachtungen den Hanftod natürlich zu den einjährigen Pflanzen ſtellen. Aber die O. ramösa fiedelt ſich gelegentlich auch auf Meerrettich (Na⸗ stürtium armoräcia) an. Der Beobachter wird in dieſem Fall finden, daß ſie wieder im erſten Jahr blüht, und daß der ober— irdiſche Teil nach der Samenreife verfault. Aber die unterirdiſche Knolle zerfällt jetzt nicht. Sie iſt zwar nach der Blütenperiode ganz ausgeſogen, allein der Meerrettich iſt eine ausdauernde Pflanze mit ſehr kräftigem Wurzelwerk. Dieſen Sufall macht ſich der einjährige Würger zunutze: ſtatt abzufaulen, bereitet er ſich auf die Überwinterung vor. Die Überwinterung leitet der Schmarotzer auf höchſt merkwürdige Weiſe ein. Er bricht alle Wurzelbrücken, die ſchon ein Jahr ihre Schröpfarbeit beſorgt haben, ab. Nur ganz junge Wurzeln, mit denen er um die Blütezeit herum noch neue Er— oberungen am Wurzelwerk des Meerrettichs gemacht hat, bleiben erhalten. Sie ſcheinen freilich über Winter ziemlich untätig zu verharren. Erſt beim allgemeinen Säfteſteigen im kommenden Lenz nehmen ſie ihre Geſchäfte wieder auf und pumpen die nahe: zu ausgeleerte Knolle mit neuen Stärke- und Uraftmaſſen voll. Die wieder zu Kraft gelangende Orobanchenknolle gebiert in der Folge einen Schwarm neuer eroberungsſüchtiger Wurzelfäden. Sur üblichen Seit blüht ſie hierauf zum zweiten Mal. Nun aller⸗ dings erholt ſich die Knolle wahrſcheinlich nicht mehr. Sie müßte ſich ja noch einmal ganz friſch füllen können, denn die Blütezeit hat alle Reſerveſtoffe verbraucht. Innerlich fehlte ihr ja wohl kaum die Eignung zu einer dritten Erneuerung, aber es mangeln jetzt die Nährquellen. Durch die dauernde Stoffentnahme iſt der Meerrettich ſo geſchwächt, daß er die Knolle nicht noch ein zweites Mal aufzufüttern vermag. Die Folge iſt, daß ſie eingeht. Andere Orobanchen brauchen unbedingt zwei, öfter drei Jahre zur Erlangung der Blühreife. Solche Formen, zu denen mit 18 Arten die Mehrzahl der heimiſchen gehört, können natür— lich nur auf ausdauernden Kräutern, halbſträuchern und Sträuchern eine geeignete Nährquelle finden. Dieſe Arten ſorgen — 76 auch für gewöhnlich nicht nur durch Hinterlaſſung zahlloſer Samen für die Erneuerung ihres Geſchlechtes, ſondern treiben nebenher eine mehr oder weniger reiche vegetative Vermehrung, über die noch einiges geſagt werden muß. Denn ſie gehen dabei mit recht verſchiedenen Mitteln vor. Es kann beiſpielsweiſe vorge— kommen ſein, daß infolge allzu üppiger Ernährung der Knollen⸗ raum nicht zur Aufnahme der erbeuteten Stoffe ausreicht. In dieſem Fall bilden ſich am äquator der Knolle Erſatzſproſſe. Sie wachſen allmählich zu Tochterknollen heran, die ſich ſelbſtän⸗ dig feſtſaugen und bald ganz auf eigene Kojten ernähren. Im nächſten Jahr, wenn die Mutterknolle zerfallen iſt, werden die Tochterknollen zu neuen Pflanzen. Dieſer Fall kann ſich ver⸗ einzelt ſogar bei Orobanchen ereignen, die auf einjährigen Wirten angefiedelt find. Im allgemeinen jedoch erfolgt die Er- neuerung nicht aus Erſatzknollen, ſondern aus einzelnen, ſehr kräftigen Saugwurzeln, die ihre Derbindung mit der Mutter— knolle löſen. All die guten Dinge, die ſie mit ihrem ſaugwarzigen Kopfſtück erbeuten, können dann nicht mehr nach hinten fließen, ſondern ſammeln ſich in dem Wurzelſtumpf an. Bis zum Herbſt ſchwillt dieſer infolgedeſſen zu einer Erſatzknolle an, die im Früh— jahr einen Schwarm neuer Saugwurzeln entſendet und im Sommer blüht. Natürlich ſind zu ſolchen Entfaltungen nur Saug⸗ wurzeln fähig, die ſich an vieljährigen Wirten feſtgebiſſen haben. Dieſe vegetative Dermehrungstätigkeit iſt recht unange- nehm, denn die Orobanchen ſtiften bei ihrer Neigung, Uultur— pflanzen zu befallen, beträchtlichen Schaden und ſäen ſich ja über- dies nicht weniger üppig aus als die Schuppenwurz. Jede Samen⸗ kapſel enthält (nach Wentz) „etwa 1500, nicht ſelten beoͤeutend mehr Hörnchen von oͤunkler Färbung und von nahezu ovaler Form, in der ganzen Maſſe der Farbe des Tabaks ſehr ähnelnd. mit der Seit ſpringt die Kapſel in der Längsrichtung ſeitwärts auf und überläßt die nun frei zutage liegenden Körnchen dem Spiel des Sufalls.“ Da eine halbwegs kräftige Pflanze 70 und mehr Samenbapſeln trägt, ſchließt normalerweiſe jede Orobanche ihren Lebenslauf mit Hhinterlaſſung von etwa 100 000 bis 150 000 , Embryonen der leichteſten, verwehbarſten Art. Stehen nun, wie das nach den Berichten landwirtſchaftlicher Seitungen in man— chen Gegenden vorkommen kann, auf dem Quadratfuß Ackerboden fünf Pflanzen beiſammen, jo gibt das auf den Morgen ſchon 130 000 Orobanchen. Das ſind noch nicht einmal ganz jo viel, wie eine einzige Pflanze während eines Sommers Samen ge— biert. Die Orobanchen können aber oft noch viel dichter ſtehen. Zählungen in Hanffeldern ergaben auf vier Quadratmetern im Durchſchnitt 406 Orobanchen, die mit Binterlajjung von rund 100 Millionen Samen das Seitliche ſegneten! Angeſichts ſolcher Fruchtbarkeit wird man es als ein großes Glück betrachten müſſen, daß die Orobanchen ſich noch inniger als die Schuppenwurz ganz beſtimmten Wirten angewöhnt haben, und daß nur bei Begeg— nung mit ihnen die Keimung glücklich von ſtatten geht. Swar bleibt der Embryo mehrere Jahre entwicklungsfähig, aber das hindert nicht, daß nach den Schätzungen von Fachleuten von 100000 Sämchen nur etwa einem der Aufitieg zur Doll- pflanze glückt. 99 999 find von vornherein Toögeweihte. Immerhin haben ſich keineswegs alle Orobanchen gleich tief in die gefährlichen Strudel allzu einſeitigen Spezialiſtentums hin⸗ einreißen laſſen. Don den einkeimblättrigen Blütenpflanzen, deren Hauptmaſſe die Gräſer ſtellen, halten ſie ſich ſo gut wie fern. Sie ſuchen alſo nicht die Kreiſe der Augen- und Sahn⸗ troſte, Klappertöpfe uſw. zu ſtören. Das iſt ein recht hervor— ſtechender Zug. Aber auch innerhalb des weiten Reiches der zwei— keimblättrigen Blütenpflanzen treten einzelne Arten nicht immer das gleiche Pflaſter. Man braucht nur die aus Hufzuchtverſuchen hervorgegangenen Wirtstabellen durchzuſehen, die Koch ſeinem großen Orobanchenwerke mitgegeben hat. Darin werden für den Hanfwürger (O. ramösa) nicht weniger als 29, für den blaß— blütigen Diſtelwürger (O. pallidiflöra) 13, für den Efeu- würger (O. héderae) 3 und für den Kleewürger (O. minor) ſogar 44 leiſtungsfähige Ernährer aufgezählt. Natürlich ſind die einen weniger, die andern beſſer geeignet, und unter letzteren wieder gibt es Cieblingswirte. Es fällt aber doch auf, daß der Ammenkreis einer Orobancheart Pflanzen aus den allerverſchie— ee denſten Familien umfaßt. Am zahlreichſten ſind Schmetterlings- bfütler, Korbblütler und Lippenblütler vertreten, am dürftigſten Himmelsſchlüſſelgewächſe, Malven, Wolfsmilche und Veilchen. Li- lien, LCorbeergewächſe, Borretſchgewächſe, Glockenblumen und Heidekräuter werden anſcheinend ganz verſchont. * * * Unſer dritter Würger iſt die Seide (Cuscüta, ſ. d. Abb.). Treffender heißt fie Teufelszwirn. Sie ſtammt von Pflanzen ab, die von jeher anlehnensbedürftig geweſen ſind und ſchon in grünen Jugend wochen haltbare Bindungen mit den nächſten Nach⸗ barn geſucht haben. Denn die Seide iſt ein Windengewächs. Alle dieſe Pflanzen huldigen, wie man weiß, dem harmlojen Brauch, ſich mit ihren dünnen, biegſamen Stengeln an jedem Ge— genſtand, der ihnen in die Arme fällt, windend emporzuziehen und ihn in leichten Spiralwindungen von rechts nach links zu um⸗ ſchweben. Ihren Ernährungsanſprüchen nach ſind ſie reine Roh— köſtler. Sucker und Stärkeſtoffe bereiten ſie ſich tagsüber ſelbſt mit dem grünen Laub, das bei dichtem Stand der Windlinge in moſaikartigen Gehängen, die Spreiten flach nach außen gekehrt, zwiſchen den Blättern der Stützpflanzen hervortritt. Die Waſſer⸗ und Mineralſalzzufuhr beſorgt ein Bündel fleißiger, zäher Fa⸗ ſern, die mit vielen Wurzelhaaren die Bodenkrumen beackern. Die Winden nehmen ſomit dem lieben Nachbarn nichts weg. Sein ſchlank aufſchießendes Stengel- und Sweigwerk dient ihren rück⸗ gratloſen Ceibern nur als Lehne und Urückſtock. An einer dunklen Stelle der Vorfahrenreihe unſerer heuti— gen Winden, in grauer Vorzeit natürlich ſchon, muß es dann aber doch einmal eine leichte Entgleiſung gegeben haben. Die rankenden Arme, die unmittelbar dem ſaftigen Fleiſch der Nach⸗ barn auflagen, wurden von dieſer Berührung ſeltſam erregt, es war ihnen, als ob die Verbindung noch inniger und ſie mit dem vollblütigen Nachbar, der ſo gerade und feſt auf ſeinem Platze ſtand, ſozuſagen eins werden müßten. Und eines Tages ent⸗ wickelten die Windenfäden an den Stellen, wo der Leib des Nach⸗ barn jo grün und voll zu fühlen war, dünne flache Haftſcheiben, Hartmann.) (Aufnahme von J. il) iföl ta tr ide (Cuscũ Kleeje 29 yo womit fie ihn, wie mit Händen, ganz ſanft betätſcheln und feit- halten konnten. In noch jpäterer Seit wuchs aus der Mitte der Haftſcheiben ein nagelartiger Fortſatz hervor und bohrte ſich dem tragenden Freund in die Seele. Nun ging es mit den Windͤlingen raſend bergab. Erſt be⸗ gann das Wurzelwerk zu verkümmern, weil dieſe Organe zur Beſchaffung von Waſſer und Salzen ja nicht mehr von Nöten waren. Man bezog dieſe Sachen jetzt aus den Stengeln des Freun⸗ des. Dann kamen die Blätter daran, weil mit der Seit auch die ſelbſtändige Sucker- und Stärkebereitung eingeſtellt wurde. Und ſo wurde die Stützpflanze zum Wirt und der Windling wurde zum Würger, zu einem Weſen, das nur noch aus un= verkümmerten Stengelteilen und Blütenballen beſteht, den Be— wegungs-, Freß- und Fortpflanzungsapparaten. Ja es wurde alle Lebenskraft, die man aufzuwenden hatte, nun in die Dege— tationspunkte des Stengelgeäders hineingeſchüttet, und dieſes mehr und mehr zu einem Gezücht ſaitenfeiner, windender Schläng⸗ lein ausgeſponnen, das weiter und weiter kriechend, immer neue Seitenäſte bildend, meter- und meterweit durch die Stauden⸗ gebüſche hinkriechen und ungezählte grüne Stengel ausſaugen kann. So kam die Seide zuweg (oder man kann es ſich doch jo denken). | Nach dem Geſagten liegt der Hauptunterſchied zu allen bisher behandelten Würgern in der neuartigen techniſchen Ein⸗ richtung des Würgerbetriebs: die Seiden plündern ihren Wirt nicht an der Wurzel und mit der Wurzel aus, ſondern ziehen mit ihrem oberirdiſchen Gebäude auf Raub; ſie ſaugen dem- entſprechend auch an den oberirdiſchen Organen der Opfer. Die ſchlingenden Stränge, Därmen vergleichbar, haben wieder die blaſſe Farbe, die für höhlentiere und Eingeweideorgane bezeich⸗ nend iſt. Allmählich freilich ſchlägt das Licht, worin ſie dahin⸗ kriechen, allerhand feine Farbſtoffkörnchen in ihnen nieder, und ſie werden gelb, ockerfarben, lilarot, grauviolett, bräunlich. Bei genauer Unterſuchung laſſen ſich auch Spuren von Blattgrün, ſowohl im Stengelwerk wie in den winzigen Blattſchuppen nach⸗ weiſen, die da und dort von den Därmen abſchilfern. Aber dieſes Fa Grün dient, wie im Stengel der Orobanchen, nur noch zur Unter: ſtützung der Pförtnerzellen an den Toren der wenigen Spalt⸗ öffnungen, die das Bedürfnis zur Durchlüftung den Schma⸗ rotzerleibern erhalten hat. Auf die Entwicklung von Wurzeln läßt ſich nicht einmal der Keimling mehr ein. „Als fadenförmiges Gebilde“ — ſchrieb ich im 5. Band von „Das Leben der pflanze“ — „an dem ſich Spuren einer Gliederung ſo wenig nachweiſen laſſen, wie am Embryo der Orobanche, und Keimhlätter vollſtändig fehlen, liegt er ſpiralig eingerollt inmitten des kleinen fleiſchigen Nährgewebekörpers, der die dicke Samenſchale erfüllt. Erſt ſpät im Frühjahr, wenn die Mehrzahl unſerer ausdauernden Stauden ſich bereits mit Sten- geln über die Erde erhoben hat, ſprengt er den Sarg und bohrt ſich mit feinem kolbenförmigen unteren Ende zwiſchen den Erö- krumen ein; der Hopf bleibt einſtweilen noch in der Samen⸗ ſchale verſteckt und ſchafft, am Nährkörper ſaugend, Baumaterial für das Ganze zur Stelle. Das Wachstum beſchränkt ſich in dieſer Zeit ausſchließlich auf den zwiſchen Kopf und Schwanzſtück ge⸗ legenen Mittelteil und wird auf Koſten der Mitgift jo lange fort⸗ geſetzt, bis der Embryo als ein dünnes, fingernagelgroßes, weißes Würmchen erſcheint; dann iſt der Nährkörper aufgezehrt, die Sa⸗ menſchale wird abgeworfen und der Kopf des Würmchens erhebt ih frei in die Lüfte. Von nun an muß das Gebilde ſich ſelbſt zu ernähren trachten. Dies gelingt ihm nur dadurch, daß es ſich ſelber verzehrt. CTatſächlich ſieht man, daß das untere, im Boden haftende, kolbige Ende des Keimlings allmählich abmagert, während das Kopfſtück fadenfein in die Länge wächſt. Noch immer iſt das weiße Würmchen vollkommen ungegliedert, und wenn es ihm jetzt, ſo lange der Schwanz es im Boden feſthält und ihm als Stütze dient, nicht gelingt, mit einer lebenden Pflanze in Berüh⸗ rung zu kommen, fo iſt es mit feiner Herrlichkeit aus; es fällt erſchöpft um und verendet. Nicht ſofort allerdings; es iſt zäh wie eine Katze und kann, wenn die Umgebung genügend feucht iſt, drei bis vier Wochen ſcheintot am Boden liegen. Streift jeoͤoch eine inzwiſchen aufkeimende Pflanze oder ein Stengelarm an dem ver— meintlichen Ceichnam nur flüchtig vorbei, ſo ſpringt ihm das ſchein— Koelſch, Würger im Pflanzenreich. 6 — 82 tote Ding gleichſam an den Hals, und es geſchieht, was ſich nor⸗ malerweiſer ſchon am 5. oder 6. Larventag beim Suſammen⸗ treffen mit einer lebenden Pflanze ereignet hätte: das Würmchen erfaßt oͤen Stengel, der es berührt, ſchlingt ſich in einer ganz engen Windung um ihn herum und entwickelt an der Stelle, wo der erſte Berührungsreiz übergeſprungen iſt, eine Saugwarze, mit der es ſich feſt in das Gewebe des Wirtes einbeißt.“ Iſt die Derbindung erreicht, Jo geſchieht etwas Unerwartetes: das Würmchen, das fein Bedürfnis nach Unſchluß an einen Er- nährer befriedigt und nach Art einer Ranke ſich feſt an den Sremd- ling angepreßt hat, wendet ſich von ihm ab. Der hunger iſt für den Hugenblick geſtillt, und der Periode äußerſter Reizbarkeit für Berührungseindrücke folgt eine Periode der Abftumpfung, während welcher das Seidenlärvdyen ganz zur Bewegungs- maſchine wird: es dreht ſich jetzt mit der wachſenden Spitze von der Unterlage weg und beginnt ſie, ganz nach Art der Winden, von denen es abſtammt, in lockerer Spiralbahn zu umkreiſen. Nach einer Weile fällt es dann wieder auf dem Wirtsſtengel ein. „Die Vorteile, welche der Seide hieraus erwachſen,“ bemerkt Ludwig Koch, „ſind unſchwer einzuſehen. Bei andauernder Reiz⸗ barkeit (für Berührungseindrüke) könnte die Pflanze nur ſehr langſam an ihrem Wirt in die höhe ſteigen. Ein Ausbreiten auf oberen Teilen und das Ergreifen benachbarter Pflanzen wäre erſchwert, wenn nicht ganz verhindert. Außerdem würden ſich die Saugwarzen lokal ſo anhäufen, daß der Wirt Gefahr liefe zu erkranken, und der Schmarotzer wäre in feiner Exiſtenz be- droht.“ — Dieſen Unleidigkeiten geht die Seide durch Aufteilung ihrer Tätigkeit in eine Periode, worin jeder Arm nur Freßtier iſt, und in eine zweite, worin er nur wandert, hübſch aus dem Weg. Der Bau der Saugwarzen bringt nichts Neues, ebenſo— wenig wie ihre Überfallstätigkeit; ſie gehen, um die Feſtheftung zu erreichen, genau nach Art der Schuppenwurz vor. Tote Teile werden angeblich niemals ergriffen, nur die lebende pflanze ſon⸗ dert jenen Stoff ab, der den Seidenfaden zum Subeißen anreizt. Noch wunderlicher iſt auf den erſten Blick, daß die Pflanze beim \ 8 Hinkriechen über die Wirte von hintenher abjtirbt. Bei einigem Nachdenken wird es aber begreiflich, daß zunehmendes Wachstum den Darm in ein totes Hinter- und ein lebendiges Dorderjtük aufſpalten muß: die kriechende Seide findet mit der Seit mit ihren hinteren Mäulern nichts mehr zu freſſen, weil die Ausgeplünderten ſterben. Und zur Auffütterung der meter- und meterlangen Würgerſtricke reichen die Brocken, die die vor— deren Teile erbeuten, eben doch nicht aus. So gibt ſie den Hinter— leib preis und wälzt ſich weiter. Selbſtverſtändlich können die Seidenarten bei dem Fehlen jeglichen Wurzelwerks, worin fie den Winter überdauern könn- ten, nur einjährig ſein. Sie find für die Erneuerung ganz auf die Samen angewieſen, die in knäueligen Blütenbündeln von ver— ſchiedener Form hervorgebracht werden. An den Blüten iſt wenig bemerkenswert. Die einzelnen häuschen ſind überaus klein geworden, krugförmig, weiß oder mattrot gefärbt und ſitzen in ungeſtielten, kugeligen Gruppen an den äſtigen Därmen ver: teilt. Die Beſtäubung beſorgen Inſekten, denen der Honig durch zuſammenneigende Schuppen teilweiſe verdeckt wird; noch häufi⸗ ger tritt Selbſtbefruchtung ein. Die Frucht iſt eine achtſamige Kapjel mit abhebbarem Deckel darüber. Da die Seide es darauf abgeſehen hat, ihren Ernährern mit den oberiroͤiſchen Organen zu begegnen, brauchte ſie ſich wegen Einleitung der Keimung natürlich nicht in Abhängigkeit zu be⸗ geben von einem Wirt. Die Samen ſchlagen dementſprechend auf jeder Unterlage aus. Neuerdings iſt es dem Franzoſen Molliard ſogar gelungen, unſere hopfenſeide (C. lupiliförmis), die man auf dem Titelblatt ſieht, in künſtlichen Nährlöſungen groß zu ziehen. Molliard ließ die Samen auf feuchter Watte keimen und brachte die Pflänzchen dann in Gläſer mit Nährlöſungen von ver— ſchiedener Beſchaffenheit. Es wurde darauf geachtet, daß die Sei— denlärvchen ganz, aber doch nur oberflächlich in der Nährlöſung eingetaucht waren. In rein mineraliſchen Flüſſigkeiten, mit denen eine grüne Pflanze ſtets aufs beſte auskommen würde, ging die Entwicklung nicht weiter, wurden aber fünf bis zehn Pro— zent Zucker beigegeben, jo ſchwollen die Keimpflänzchen an, die 8 Stengel begannen in die Länge zu wachſen, färbten ſich rötlich und trieben ziemlich große Schuppenblättchen aus. Bis dahin war die Nahrung auf rein osmotiſchem Weg (d. h. indem ſie durch die feinen hautporen drang) von der ganzen Körperoberfläche auf- genommen worden. Jetzt, wo die Pflänzchen einigermaßen erſtarkt waren, legten ſie auch Saugnäpfe an und tauchten damit in die Nährflüſſigkeit. In noch größerer Anzahl wurden Saugwarzen gebildet, wenn dem Nährboden etwas abgebautes Eiweiß hin⸗ zugefügt wurde. In dieſem Fall blieben die Pflänzchen über zwei Monate am Leben. Der Abſterbeprozeß vollzog ſich wie in der Natur: die über die Nährflüffigkeit hinausgewachſenen Sten⸗ gel dorrten von hinten her ab, bildeten aber noch vor dem Hin⸗ ſcheiden Blüten. Da die Nährlöſung um dieſe Seit noch lange nicht erſchöpft war, möchte ich annehmen, daß der unter regelrech⸗ ten Daſeinsbedingungen in einer 4 bis 6 wöchentlichen Periode ſchwingende rhythmiſche Wechſel von Leben und Tod, in den die Ernährer das Cuscütapflänzchen allmählich hineingezogen haben, bereits zu einer feſten, durch Vererbung übertragbaren Eigen⸗ ſchaft geworden ſei. In den künſtlichen Nährlöſungen lag ja nicht der geringſte äußere Anlaß zum Abwelken vor. Es war für den Saden noch Futter genug am Platz. Trotzdem gingen die Pflänz⸗ chen von hinten her ein, als wäre der Nährboden ausgeſogen, und ſchnitten öͤadurch ihren lebensfähigen Hopfſtücken jede Der- proviantierungsmöglichkeit ab. Sie ſtarben alſo nicht an der Ge⸗ genwart, ſonoͤern an der Vergangenheit, möchte man ſagen. Die Verſuche find weiterhin darum beachtenswert, weil in ihnen die Hopfenjeide ſich als Totſtoffverzehrer entpuppt hat. Man darf wohl vermuten, daß ſie auch in der Natur dieſe Fähigkeit ausnützt. Hinſichtlich der Wirte haben ſich die Seiden im Lauf der Entwicklung ähnlich ſpezialiſiert und bureaukratiſiert wie die Oro⸗ banchen, ja es ſcheint, daß der Anpaſſungsprozeß noch mitten im Lauf iſt. Manche Arten, wie die C. europaea gehen ziemlich wahllos auf Kräuter, Stauden, Sträucher und ganz junge Bäum⸗ chen (Nejjeln, Hopfen, Weiden, Pappeln, Hanf), andere, wie die Kleejeide und Flachsſeide (C. trifölii und epilinum) bevor⸗ 88 zugen die Pflanzen als Wirte, wonach ſie benannt ſinoͤ. Weitere Einzelheiten ſind kaum von Intereſſe, da die ganze Wirtsfrage noch keineswegs durch Kulturverſuche genügend klargelegt iſt. Jedenfalls werden Gräſer gemieden. Der Schaden kann bei maſ⸗ ſenhaftem Auftreten im Kulturgelände mindeſtens ſo groß ſein wie der Schaden der Orobanchen. Denn die Seiden verwüſten ihre Ernährer bis auf den Grund. VI. Die Baumſchmarotzer. Erſt ſaß das Schmarotzertum tief Örinnen im Boden, lichtſcheu und anfängerhaft. Nur mit Mühe und Not konnten ſeine Schleich— wege aufgeoͤeckt werden. Dann wand er ſich um Stengel und Halme hin, würgte ungeſcheut am hellichten Tag. Jetzt wird der feſte Grund ganz verlaſſen. Man ſteigt ins Geäſt der Bäume und ſchlägt ſeine Selte zwiſchen himmel und Erde auf. So hält es die Miſtel (Viscum album), unjer bekannteſter Baumſchmarotzer. Sie ſtammt aus der Blütenpflanzenfamilie der Coranthazeen oder Riemenblumengewächſe, die lauter Schmarotzer geliefert hat. Aber ſie ſchließt ſich biologiſch nicht den Schuppenwurzen, Orobanchen und Seiden an, ſondern den Augen: troſten, Klappertöpfen und Wachtelweizen. Das verrät ſchon ihr Äußeres: ſie hat grünes Laub. Die Mijtel (ſ. d. Abb. S. 86) erſcheint als kleiner, zumeiſt in Kugelform wachſender Strauch, der über kurzem dickem Stamm auf der Aſtrinde ſitzt und einen Schopf gabelig ſich verzweigender Sproſſe entwickelt. Jedes Jahr ſetzt jeder Sinken zwei neue an. So geht es in ewig gleichem Sweitakt bis zur Spitze hinaus, wo jedes Sweiglein mit zwei hörnerartig wegſtehenden Blättern ab— ſchließt. Die Blätter find wintergrün, dick, haben Spatelform oder ſind geſtreckt zungenförmig und fühlen ſich ledern an. Huch die Zweige haben eine dunkel-olivgrüne Rinde. Mit dieſen Blättern und dem grünjtoffgeladenen Rindengewebe zerſetzt die Miſtel unter Zuhilfenahme des Sonnenlichtes Kohlenſäure und ver- 8 arbeitet die Kohlenftoffmoleküle in der üblichen Weiſe zu Sucker⸗ und Stärkeſubſtanz. Sie wird in der Rinde, dem Mark der äjte und dem Fleiſchgewebe der Blätter niedergeſchlagen. Waſſer Miſtel (Viscum album) breitblättrige Form. (Aufnahme von J. Hartmann.) und Salze dagegen entzieht die Pflanze dem Wirt. Da fie beim Eindringen in den feſten Rino en- und Holzkörper das Ernährer⸗ gewebe zerſtört und verflüſſigt, kommt ſie nebenher auch in den rr Beſitz kleiner Spuren von organiſcher Subſtanz. Aber dieſe Suſchüſſe ſind ziemlich bedeutungslos. Sie ſpielen im Stoffhaus— halt der Miſtel keine größere Rolle als die winzigen Eiweißbiſſen, die jedes der früher beſprochenen, auf Wurzeln ſitzenden grün- laubigen Erpreſſerpflänzchen, das ſich mit einem Saugfortſatz dem Wirt anſchließt, im Vorbeigehen erbeutet. Dem Grad des Para- ſitismus nach iſt die Miſtel ſomit bei den Erpreſſerpflanzen einzureihen. Sie iſt in der Hauptſache Rohköftlerin, nur daß ſie Waſſer und die Bauſteine zur Herſtellung organiſcher Subſtanz abermals anderen Pflanzen entwendet. Es iſt ſicher ſehr merkwürdig, daß die Mijtel ſich nicht den Wurzeln anſchraubt. Denn da ſie es nur auf Waſſer und Mineral⸗ ſalze abgeſehen hat, ſäße ſie, wenn ſie ſich mit den Wurzeln ver: bände, ja unmittelbar an der Quelle des aus dem Boden aufſtei⸗ genden Saftſtroms. Sie lehnt das ab und gliedert ſich den fernſten Ausläufern des Nährſalz verfrachtenden Leitungsſyſtems der Wirtspflanze an. Man kann fragen, warum ſie das tut. Aber indem man dieſe Frage aufwirft, fällt einem auch ſchon ein, daß es ja im Pflanzenreich ein ziemlich viel geübter Brauch iſt, die feſte Erde, worauf die Ahnen und Urahnen gewohnt haben, zu verlaſſen und ſich in benachbarten Umwelten neue Reiche zu grün⸗ den. Ein Teil der eroͤgewachſenen Blütenpflanzen watet in Grä⸗ ben, Tümpel, Teiche und Seen hinein, lernt ſchwimmen und tauchen, wird gewiſſermaßen zum Fiſch. Ein anderer Teil, dem es in der Enge und Lichtloſigkeit dicht zugeſponnener Urwald— gebiete zu unluſtig wurde, klettert — gleich den Flugfröſchen Javas, den Faltengeckonen und Flugoͤrachen der malaiiſchen Inſel— welt, den fliegenden Eichhörnchen uſw. — in die grüne Stan— genwelt hinauf, die ſich wie eine hochbahnanlage breit und bieg- ſam zwiſchen moderigem Erdreich und glänzend ſchimmernden Sonnenmeeren hinſpannt, und lernt dort oben nicht nur feine Nahrung erbeuten, ſondern lernt auch die Fortpflanzungsgeſchäfte da oben erledigen und da oben ſterben. Solcher Gewächſe gibt es in den Tropen eine ungeheure Sahl. Man nennt fie Überpflanzen. Man hat auch in Erfahrung gebracht, daß ſie genau wie die Baumfröſche, Flugdrachen und 8 fliegenden Hunde von der Lebensnot da hinaufgehetzt wurden. Nur daß der Feind, der die Pflanzen verfolgte und ſie zum Baumleben zwang, noch ungleich beweglicher und tückiſcher war, als das Gezücht, das Fröſchen und Faltengeckonen das Daſein am Boden ſo ſauer machte: es war die Lichtnot, die unter den Ge⸗ wölbebögen der lianendurchflochtenen Urwaloͤkronen allmählich zu einem Rieſengeſpenſt herangedieh. Kein Sonnenſtäubchen glitt ja bald mehr zu den Stauden und Sträuchern hinab, die im Eroͤ⸗ geſchoß dieſer Wälder zu wohnen hatten! Wovon ſollten ſie leben? Die Natur hatte ſie gezeugt und ſie ſchien ihren gänzlichen Untergang nicht zu wünſchen, darum half ſie einigen von ihnen auf die Bäume hinauf. Swiſchen Borkenſpalten und rinden⸗ wuchernden Flechten, in den humustälchen ausgefaulter Aſtlöcher, zwiſchen feuchten Moosfilzen uſw. ſetzten ihre Samen ſich an und benützten den Aſt nur als Unterlage. Um RNährſtoffe irgend⸗ welcher Art plünderten ſie ihn nicht, ſondern zehrten ausſchließ⸗ lich vom Waſſer, das der Tropenregen brachte, und von der Kohlen- ſäure, die ſie mit ihren Blättern zerlegten, von den Salzen, die der Wind in aufgewirbelten Staubwolken herzutrug oder das Klettertier in zufällig an den Sohlen haftenden Eroͤſchilferchen auf der Rinde abſtreifte. Solche Pflanzen gibt es noch heute in den Wäldern heißer Länder die Menge. Sie lernten ſich an das Baumleben anpaſſen, lernten Waſſer ſpeichern für die Seit der Dürre, und wie man mit dicht zwiſchen den Borkenſpalten hin⸗ kriechenden Wurzelfäden das kleinſte humusneſtchen zum Wohl⸗ ergehen ſich nutzbar machen kann. Einigen der Hinaufgeſtiegenen fiel die Beſchaffung von Waſ⸗ ſer und Nährſalzen aber doch ſchwer. Sie hatten jetzt zwar das unentbehrliche Licht, allein es ſchien ihnen ein neuer Tod vom Unvermögen der Wurzel zu drohen. Doch als die Wurzel nun in einer Art Verzweiflung zwiſchen den Rindenfalten recht gründ⸗ lich in die Tiefe ging, quoll ihr plötzlich Waſſer entgegen. Sie war auf die ſaftleitenden Gefäße des Aſtes geſtoßen, worauf ſie ſaß, und indem ſie an der unvermutet erſchloſſenen Quelle trank, wurde der Träger zu ihrem Ernährer. Don ſolchen Gewächſen leitet die Miſtel aller Wahrſcheinlich— keit nach ihre Herkunft ab. Ihre Lichtbedürftigkeit iſt ja noch heute fo groß, daß Mijtelbüjche, die durch kräftige Entwicklung der Baumkrone allmählich in Schattenſtand geraten, eigenartig verkrüppeln und eingehen. Sie leidet alſo an der nämlichen Not wie die grünen Wurzelſchmarotzer. Auf die Bewohner der Länder nördlich des Mittelmeeres, in deren Gebieten Überpflanzen ja zu den Seltenheiten gehören, hat die ungewöhnliche Lebensentfaltung und Lebensweije des Rlei- nen Strauches ſchon in Urzeiten einen tiefen Eindruck gemacht. Es berührte ſie wohl ſeltſam, daß zur Seit des allgemeinen Laub— abwurfs der ſtraffe runde Buſch weitergrünte, und daß er gerade um Weihnachten herum, wenn die Schneeſchicht dicht zu werden begann, an die Fruchtung dachte. Sie konnten das alles nicht recht faſſen. Darum wurde die Mijtel zwiſchen Norwegen, in deſſen ſüoͤlichen Teilen fie (bei 590) ihre Noroͤgrenze erreicht, und Sizilien, zwiſchen Spanien und dem Kaukafus, in Ruſſiſch⸗Aſien und Japan, wo ſie überall vorkommt, zum Gegenſtand der Der: ehrung und Mythenbildung. Die ſchönſte Sage, die jo recht die Einzigartigkeit des Strauches betont, iſt im Norden entſtanden und findet ſich in der Edda. Darnach ſollte Freia allen Pflanzen das Verſprechen abgenommen haben, dem Sonnengott Baldur keinen Schaden zu tun; kein Holzſpeer konnte ihn infolgedeſſen verletzen. Nur eine Pflanze, die Miſtel in den Baumkronen dro— ben, hatte Freia überſehen und nicht auf den Eid für Baldur ver— pflichtet. Loki erfuhr das, ſchnitzte aus ihren Aſten einen Speer und gab ihn dem Wintergott Hödur, dem blinden Bruder des Cichtgottes, mit dem Auftrag, nach jenem zu werfen. Der Winter⸗ gott warf, und jo kam der Lichtgott ums Leben... Auch als Sonnenwenoͤpflanze ſpielte die Miſtel im Kultus der Alten eine bedeutende Rolle, — einiges davon hat ſich ja er- halten bis auf den heutigen Tag. Unter dem Mijtelzweig wird in England (und auch bei uns zum Teil) Weihnachten gefeiert, mit dem Miſtelſtrauch am Stallpfoſten wehrt der ſchwediſche und finniſche Bauer Seuchen, Feuerſchaden und anderes Ungemach ab, mit dem Miſtelholz verſucht das Volk, genau wie die griechiſchen — 90 Kräuterdoktoren, Fallſucht und andere ſchwere Krankheit zu heilen. Ganz jo lieb wie unſern Vorfahren iſt uns die Mijtel aber doch ſchwerlich mehr. Der Feldzug, den Land- und Forſt⸗ wirtſchaftslehrer gegen ſie unternahmen, weil ſie oͤurch ihren Waſſerentzug die Ajte der Bäume zum Dertrocknen bringt und mit ihren Senkern das Nutzholz durchlöchert, iſt nicht erfolglos geblieben. Man findet das Gewerbe, das ſie treibt, etwas an- rüchig, und wenn nicht die Botaniker beim Studium ihrer Le bensweiſe eine Fülle intereſſanter Einzelzüge entoͤeckt hätten, die den Schmarotzerſtrauch vom Standpunkt des Lebenskenners aus zu einem der anziehendͤſten Gewächſe unſerer Flora erhöben, jo glömme von dem Feuer, das unſere Vorfahren ihr angezündet haben, heute wohl kaum noch ein Fünkchen. Dder ſoll man ſich gar nichts denken dabei, daß die Früchte der Miſtel mitten im Winter zur Reife kommen? Man findet ſie als weiße Beeren zwiſchen den Aſtgabeln ſitzen, 2, 3, 6, 8 in einem Klümpchen beiſammen. Dicht daneben oder auf andern Alten des Wirtes ſtehen Miſtelbüſche ohne Beerenſchmuck. Aber das ſind keine jungen oder ſonſt durch Sufall unfruchtbar geblie- benen Pflanzen, ſondern ſind Miſtelmännchen. Bemüht man ſich im März oder April zu ihnen hin, jo ſieht man zwiſchen den im Winter leeren Gabeln gelbliche, unſcheinbare Blütchen ſitzen. Sie haben eine einfache vierteilige hülle und ſpeien aus eben⸗ ſovielen Pollenbeuteln ſtacheligen Blütenſtaub aus, ſie geben auch Honig und locken damit Inſekten an, die den Pollen zu den be- nachbarten Weibchen vertragen. Die Frucht iſt erſt grün, dann weiß, hat ungemein klebriges, unter dem leichteſten Druck zu einer fadenziehenden Maſſe zerlaufendes Beerenfleiſch, und drin— nen liegt ein Same mit ein bis drei Keimlingen, die lange vor der Reife an der Spitze höckerartig hervorſchauen. Nach der Reife muß der Same warten, bis ein Vogel kommt und die Frucht ver- ſchluckt. Daran fehlt es gewöhnlich nicht, denn die Miſteldroſſeln und andere Droſſelarten haben die weiße Beere recht gern, zumal zur Seit ihres Heimzugs in die Brutquartiere, im Februar und März, der Tiſch für fie ziemlich dürftig gedeckt iſt. Ein Teil der Samen wird bereits aus dem Kropf wieder ausgeworfen, an⸗ 8 > ng dere paſſieren keimfähig den Darmkanal und gelangen mit dem Kot auf die Zweige, wieder andere werden von den Tieren beim Schnabelputzen an den Aſten abgewetzt und bleiben mit der klebri— gen Außenſchicht hängen. Der Kleiſter trocknet ſchnell ein und heftet den Samen feſt an die Unterlage. Im Mai dann heimen ſie aus, ſelten ſchon vorher, denn ſie brauchen eine ganz beſtimmte Tufttemperatur, um den embryonalen Gewebekörper aus feinem Schlafzuſtand in den Su⸗ ſtand der Tätigkeit überzuführen. Ebenſo notwendig zum Kei- men haben ſie Licht. Sonſt gehen Samen nur im Dunkeln auf, ſie aber keimen nie im Dunkeln. Dagegen ſpielt die Unterlage gar keine Rolle. Auf Glas, Stein, Watte, Papier, totem oder lebendem Holze ſchlagen ſie aus. Aber nur auf lebendem Holz können ſie ſich weiter entwickeln. Die Entfaltung verläuft noch träger als bei allen früher behandelten Schmarotzern. Im erſten Jahr kriecht nämlich nur das Würzelchen aus der Schale. Lidht- ſcheu, wie es iſt, wendet es ſich ſofort den dunkeln Borkenwinkeln der Unterlage zu und entwickelt dort, wo es nicht mehr weiter kann, eine dornige Haftſcheibe. Aus ihrer Mitte wächſt eine Sen⸗ kerwurzel hervor, die genau ſenkrecht in die Rinde des Wirtes hinunterſteigt, ſie durchbohrt und nicht eher ruht, als bis ihr Saugnapf den Holzkörper durchfreſſen und damit den nützlichen Anſchluß an die Gefäßröhren des Wirtes erreicht hat. Erſt im nächſten Jahr ſchlüpfen auch die Keimblätter aus der Schale. Gleichzeitig ſprießen aus der Senkerwurzel, genau im rechten Winkel, neue Wurzelſtränge ab. Sie werden Rindenwurzeln genannt, weil ſie parallel mit der Oberfläche des bejiedelten Aſtes ziehen, grün ſind und in der Rinde verlaufen (.. ö. Abb. S. 92). Sie haben einen pinſelförmigen Kopf, womit ſie das Gewebe zer— nagen. Sobald ſie einigermaßen erſtarkt ſind, entwickeln ſie, ge— nau wie der Keimling, eine Menge neuer Senkerchen, die gerade- aus auf die Aſtmitte losſteuern und abermals Anſchluß an die Saftbahnen des Holzkörpers finden. Damit iſt die Mijtel haltbar befeſtigt. Ihre ganze weitere Tätigkeit beſteht darin, Ableger zu bilden und in dem Maß, wie Stämmchen und Krone wachſen, auch das Wurzelwerk zu vergrößern. Hat ſie einen tüchtigen Aſt ge— — 92 funden, ſo wird fie gewiß recht alt. Oft find ja die Senker von 50, 60 und noch mehr Jahresringen umſchloſſen; in dem Maße, S ‚52 ‚53 54 a 12 I ni Rom we N 5 5 8 * En — zZ — Cängsſchnitt durch einen Apfelbaumaſt mit einer mehr⸗ jährigen Miſtelpflanze. In der Mitte hat die Miitel den Erſtlingsſenker (s) gebildet. Er iſt von mehreren wie der Holzmantel des tragenden Baumes ſich verdickt, ſprießen ſie in die Länge, jo daß der Anſchluß an das jafter- füllte Aderwerk nie ver⸗ loren geht. Schwächere Aſte dagegen ſterben leicht unter dem Druck jener Unforderungen und ziehen den Aufſaſ⸗ ſen mit in die Grube. Über das Alter des iſtelgeſchlech— tes wiſſen wir wenig Jahresringen umwallt. Rechts und links in der Figur Genaues. Die älteſten iſt eine im Baſt verlaufende, grüne Rinden wurzel (r) zu 5 ; ſehen, von der aus neue Senker (si, 82, 83, sa) gegen Reſte, die wir von das Holz vorgehen. (Mach Tubeuf.) unſerer Art haben, ſtammen aus diluvialen Torfmooren bei Kiel und jungſteinzeit⸗ lichen Pfahlbauten des Berner Öberlandes. Hingegen wiſſen wir, daß die Pflanze noch eine ſtarke innere Lebenskraft hat. Denn gerade zurzeit iſt ſie (nach den Mitteilungen Freiherrn C. v. Tu⸗ beufs⸗München, Heckes und Heinrichers Innsbruck) im Be⸗ griff, genauere Anpaffungen an ganz beſtimmte Wirtspflanzen einzugehen und ſich auf dieſe Weiſe in mehrere Ernährungs⸗ raſſen aufzuſpalten. Don Haus aus kommt bei uns die Mijtel (nach Laurent) auf 96 verſchiedenen Baum- und Straucharten vor. Am häufigſten ſitzt fie auf Pappeln, Weiden, Birken, Buchen, Föhren, Apfel- und Birnbaum, Tannen, Walnuß, Haſelnuß, echter Kaſtanie, Weißdorn, Ebereſche, Pflaume, Mandel, Kirſche, Ro— binie, Linde und Ahornarten, ganz ſelten auf Eichen. Nach Be- obachtungen Heinrichers ſchmarotzt fie gleich den wurzelbewoh- nenden Erpreſſerpflänzchen ſogar auf ſich ſelbſt. In einem Fall fand Heinricher einen alten Miſtelbuſch von nicht weniger als ſechs jugendlitfen Artgenoſſen mit Beſchlag belegt, vier Männchen und zwei Weibchen, ſo daß ein ganz ungewöhnliches Bild ent⸗ ſtand. Aber es iſt doch nicht jo, daß die Samen einer Mijtel, die Caubhölzer bewohnt, nun auch auf Tannen und Föhren oder jedem anderen Caubholzbaum aufgehen könnten. Früher iſt das ſicher⸗ lich der Fall geweſen. Heute laſſen ſich in unſerm Gebiet bereits drei ſcharf getrennte Standortsvarietäten oder Er⸗ nährungsraſſen unterſcheiden, die einander hübſch aus dem Wege gehen, und ihre eigenen kleinen Abzeichen haben. Die eine iſt die Caubholzmiſtel. Sie lebt auf Taubbäumen, hat Samen mit zwei Keimlingen und geht von einer Caubholzart auf die andere über, doch ſcheint ihre Paſſierfähigkeit nicht mehr un⸗ begrenzt zu fein. Beiſpielsweiſe gedeihen die Samen der Apfel⸗ miſtel auf der Pappel lange nicht ſo gut wie wieder auf Äpfeln und umgekehrt. Niemals aber ſcheint die Caubholzmiſtel auf Nadelhölzern ſich entwickeln zu können. Alle Uulturverſuche in dieſer Hinſicht ſchlugen fehl. Zwar trieben (nach Hecke) Apfel⸗ miſtelſamen auf Tannenäſten aus, aber ſchon nach kurzer Seit ſchob der Wirt gegen den eingedrungenen Senker eine Korkmauer vor, die ihn ringsherum von der Unterlage abſchnitt, und das Schmarotzerchen mußte vertrocknen. Die zweite Varietät iſt die Tannenmiſtel. Sie kommt nur auf der Edeltanne (Abies pectinäta) vor, führt in jedem Samen gewöhnlich nur einen Keimling und tauſcht ihren Wirt nicht gegen Caubhölzer oder andere Nadelbäume ein. Die dritte Raſſe iſt die Föhrenmiſtel. Sie hat die ſchmächtigſten Blätter, kommt normal auf der Föhre (Pinus silvéstris), der Bergkiefer (Pi- nus montäna) und der Schwarzkiefer (Pinus laricio), ganz ſelten auf der Fichte (Picea excélsa) vor. Die Tanne, die Cärche und alle Caubhölzer ſind ihr verſchloſſen. Von dieſen drei klar— geſchiedenen Raſſen hat die Caubholzmiſtel das größte europäiſche Derbreitungsgebiet; ſie iſt überall anzutreffen, wo es Caubhölzer gibt. Nicht ganz ſo umfangreich ſind die Domänen der Tannen— miſtel und Kiefernmijtel. Nach C. v. Tubeuf iſt letztere erſt ſpäter aus dem Süden eingewandert. Sie hat ihre Hauptitand- orte vorläufig noch in Tirol, befonders im Eiſack- und Etſchtal. 0 Dieſe LCandͤſchaften ſtellen reine Kiefernmiſtelgärten dar. „Wollte man von Milliarden von Miſtelbüſchen ſprechen,“ meint der For⸗ ſcher, „ſo wäre das ein lächerlich kleiner Begriff gegenüber der Wirklichkeit. hundert Büſche in allen Altern und Größen be⸗ decken oft den einzelnen Baum.“ Urſache dieſer rieſigen Ent⸗ faltung ſind die Droſſeln, die das Eiſack⸗ und Etſchtal als Ein⸗ fallspforte ins nord alpine Europa benutzen und alljährlich im Frühjahr die Samen immer um ein Stück weiter tragen. Den Wanderſtraßen der Droſſeln folgend dringt die Kiefernmiſtel denn auch ganz allmählich nach Nordtirol und Südbayern vor. * * * Sieht man Laurents Tabelle der Miſtelwirte durch, jo könnte es ſcheinen, als ſei von allen unſeren Wald- und Kulturbäumen die Eiche am beiten geſtellt. Nur drei Fälle aus Nordfrankreich und einer aus der Schweiz ſind (nach Tubeuf) ſicher verbürgt für das Vorkommen der MRiſtel auf heimiſchen Eichen. Aber auch dieſer Baum hat ſein Kreuz. Es ſieht ganz ähnlich aus wie die miſtel, heißt aber Riemenblume (Loränthus europäeus) und iſt von über 200 tropiſchen und ſubtropiſchen Formen die einzige europäiſche Art. Ich bringe die Pflanze nebenan in einem ſehr ſchönen Bild, das ſchwer zu beſchaffen war. Denn dieſer Schma⸗ rotzerſtrauch iſt in unſeren Gegenden allmählich ſehr ſelten ge- worden. In Gſterreich 3. B. kommt er nur noch im ſog. Gal⸗ genbuſch bei Teplitz vor, in der Lipnei bei Probſtau und an einigen anderen Orten längs der böhmiſchen Grenze. häufiger iſt er in den Eichenwäldern, die von den Sudeten nach der Donauebene herunterſtreichen. Die Riemenblume wird etwas größer als die Miſtel, bis meterhoch, iſt ſehr veräſtelt, hat ſchwarzgraue Sweige und miſtel⸗ ähnliches Laub. Dieſes Laub wirft fie genau wie die Eiche im Spätjahr ab. Sie hat ſich alſo ganz die rhythmiſchen Gewohnheiten des Baumes, auf dem ſie lebt, zu eigen gemacht. Ihre Blütchen erſcheinen wiederum im April oder Mai an beſon⸗ deren ährigen Ständchen. Sie ſind unſcheinbar, gelblich grün, teils zwitterig, teils durch Unteroͤrückung des einen Geſchlechtes * — Yb — rein männlich oder rein weiblich geworden. Dies geht jo weit, daß die Pflanze zweihäuſig werden kann. Die Hrüchte ſind hell: gelbe hängende Beeren mit Dogelverbreitung. Die Entwicklung der Riemenblume vollzieht ſich nach allem, was man weiß, genau wie die Entwicklung der Miſtel. Sie — 2 Riemenblume (Loränthus europaeus). (Aufnahme von J. Hartmann.) — 96 ſtellt auch an den Ernährer die nämlichen Anſprüche. Der Nähr⸗ ſproß it ein keilförmiger, kompakter Körper. Die Berührungs⸗ ſtelle zwiſchen Wirt und Schmarotzer ſchließt eine ſogenannte Holzroſe ab, ein eigentümliches, becherförmiges Anhangsorgan, das an die Geweihroſe der Rehgehörne erinnert. Die Holzroſe entſteht nach Angaben von Solms-Laubath aus Gewebewuche⸗ rungen der Wirtspflanze. Sie iſt alſo ein Nebenorgan, das durch den Wachstumsreiz des Schmarotzers an der Angriffsſtelle er- zeugt wird. Cöſt man die Holzroſe ab, jo erſcheint fie als ein tellerförmiger harter Wulſt, in den der Hauptſproß des Para⸗ ſiten wie ein breiter, flacher Keil eintaucht. Das Saugorgan der Riemenblume treibt in den Holzroſenkörper zahlreiche ſchlauch⸗ artige Auswüchſe. Sonſt bringt die Riemenblume nichts weſent⸗ lich Neues. Den Eichen ſetzt ſie ziemlich ſcharf zu. VII. Philoſophie des Schmarotzertums. Einmal im Leben führt jede Samenpflanze ſich als Schma⸗ rotzerin auf und ſchafft ihre Nahrung nach Art der unterirdiſchen Tozzialarve, der Schuppenwurz, Orobanche und Seide zur Stelle. Der Lebensabſchnitt, den ich meine, fällt in die Frühzeit der Ent⸗ wicklung, in jene äußerlich ſo unbewegten Tage, in denen der Embryo aus abgrundtiefem Samenſchlaf erwacht und ſich anſchickt, eine Pflanze zu werden. Was iſt das Weizenlärvchen, wenn es, im Samenkorn ver⸗ ſchloſſen, anfangs Auguſt aus der rauſchoͤürren ähre fällt? Wie der nebenan wiedergegebene Cängsſchnitt zeigt, iſt es ein Zapfen aus etlichen dütenartig übereinander geſtülpten Gewebeſcheiden, dem auf der Innenſeite der ſtärkeführende Mehl⸗ oder Nähr⸗ körper anliegt. Aus dem Mehlkörper machen wir Brot, — von ſeinem Inhalt muß auch das Weizenlärpchen zehren, wenn es von Umgebungswärme und Umgebungsfeuchtigkeit zur Entwick⸗ lung des Reimwürzelchens aufgefordert wird. Wir können fra- gen, wie der Embryo im Weizenkorn die hochzuſammengeſetzten organiſierten Stoffe des Mehlkörpers ſich dienſtbar macht. Wie i ſchließt er ſie auf? Wie baut er ſie ab, und auf welchen Wegen führt er ji} die Bauſteine zu, die durch Niederreißen der Stärke— moleküle freigelegt werden? Kr Wer das Bild genau anſieht, findet die Rückenſeite des Keim- lings mit einer ſenkrecht geſtrichelten Sellſchicht (s) gegen den pro- viantführenden Mehlkörper abgegrenzt. Dieſe Sellſchicht, das Schildchen genannt, iſt der Der- mittler. Sobald der Same aufquillt, beginnt das Schildchen ſich zu ver— größern, ſeine winzigen Sellen ſtrecken ſich in die Länge und wachſen ſchlauch— förmig gegen die Stärkekörner des ] Mehlkörpers vor. So formt ſich A cängsſchnitt durch einen Weizen⸗ das Schildchen allmählich in eine embrno. kg Keimling, s Schildchen, breite Fottenhaut um, die größte m Mehlkörper. B Schildchenzellen, .. ; ; 2 R 2 zottenartig in den Mehlkörper ver⸗ ähnlichkeit hat mit den pinſelför⸗ . mig aufgelöſten Spißenteilen des Saugfortſatzes eines Schuppenwurz-Hauſtoriums. Die Sottenhaut, zu der das Schildchen ſich entfaltet hat, geht auch gegen den Mehl: körper genau jo vor, wie der Saugfortſatz unſerer Erpreſſer- und Würgerpflanzen gegen das Gewebe des Wirtes: die wurmartig ausgezogenen Schiloͤchenzellen beſpritzen den Nährkörper mit einer enzymatiſchen Flüſſigkeit, welche die Fähigkeit hat, Stärke zu löſen und in ihre Bauſteine aufzuſpalten. In dieſer einfachen Form dann ſaugen die Sottenzellen die Beſtandteile des Mehl— körpers auf und führen ſie dem Embryo zu, der ſie als Bau- und Betriebsmaterial bei Herſtellung ſeines Wurzelfäöchens verwen— det. So halten es alle Pflanzen, denen die Mutter das Nähr— material in einem beſonderen, neben dem Samen ruhenden Fut— terſack mit auf den Weg gibt. An ſeinem Inhalt ſchmarotzt das Cärochen, bis die Wurzel im Eroͤreich feſtgemacht iſt und die Keimblätter ſich über den Boden erhoben haben. Dann erſt wird das Samenpflänzchen zur reinen Rohlöſtlerin, die ihren Energiebedarf aus un organiſierter Subſtanz (Cuftgaſen, Boden— ſalzen und Waſſer) herholt. Was bringt dann aber die Erſcheinung des Schmarotzertums Koelſch, Würger im Pflanzenreich. 7 jo unerhört Neues? Man kann erwidern, ſie bringe nichts. Es iſt nur ein plötzliches Wiedererwachen uralter In— ſtinkte, wenn die Wurzel des Kugentroſtes ſich auf die Wurzel eines Graſes losſtürzt und ſie plündert. Der Augentroſt entwickelt das Gewebe, womit er im Keimlingsſtadium feinen Dotterſack aus- ſaugte, lediglich noch einmal. Die andern grünen Pflanzen ver— geſſen, wenn fie ſich der Samenſchale entledigt haben, für alle Seit, daß ſie eben noch ihren Sellenſtaat mit organiſierter Nahrung ge— füttert haben. Die Augentroſte vergeſſen es auch, erinnern ji aber bald nachher wieder an die frühere Derköftigungsart und nehmen flugs die alte Tätigkeit wieder auf. Da aber die em⸗ bryonale Sottenhaut nicht mehr vorhanden iſt, müſſen ſie aus dem Stil heraus, in den ihr Leib mittlerweile hineingewachſen iſt, und aus dem Beſtand von Organen heraus, die ſie inzwiſchen er— worben haben, den Saugapparat noch einmal neu entwickeln. Sie wählen hierzu die Organe, womit ſie den Nebenpflanzen am näch⸗ ſten kommen: zumeiſt ſind das die Wurzeln, bei den Winden iſt es das Stengelwerk. Aber was löſte jene Erinnerung an die Jagömethode der Säuglingszeit wieder aus, und was bewog die Vorfahren all der Schmarotzerpflanzen, die in dieſem Bänöchen behandelt wur— den, zur Roh oſt gewinnung — denn um Rohhoſterwerb handelt es ſich zunächſt — die Arbeitsweiſe des Schmarotzers zu über— nehmen? Wenn man keinen Hehl daraus macht, daß man ſich mit dieſer Frage ganz ins Bereich der hypotheſe und ungewiſſen Be- trachtung begibt, darf man verſuchen, eine Antwort zu finden. Die einfachſte und richtigſte Antwort iſt gewiß, Lebensnot und der Trieb nach Selbſterhaltung habe jene Erinnerung wieder erweckt. Die Pflanzen gerieten derart in Dajeinsjchwierig- keiten hinein, daß ſie nur noch auf dieſem Weg aus der Klemme kamen. Aber die Hauptfrage iſt doch wohl, was fie überhaupt in ſolche Schwierigkeiten hineingeführt hat. Ich habe die Citeratur mit Fleiß durchſucht und habe immer die Auffaſſung vertreten gefunden, daß Rückbildung des Wurzel⸗ ſyſtems und, damit zuſammenhängend, wachſendes Unvermögen N zur Herbeiſchaffung der nötigen Waſſer- und Nährſalzmengen ſchuld an dem Abſtieg geweſen ſei. Dieſe Auffaſſung iſt gewiß rich— tig. Aber was war ſchuld daran, daß plötzlich das Wurzelſyſtem zu verkümmern begann? Ich habe dieſe Frage nirgends geſtellt und daher auch nirgends beantwortet gefunden. Ich meine aber, daß man hier mit dem Grübeln und Nachdenken anfangen muß, wenn man nicht nur den Werdegang des Schmarotzertums ver— ſtehen, ſondern auch ausdrücken will, wie es überhaupt in die Welt kam. Es ſcheint mir nun, daß uns die Natur mit leiſem Fingerzeig die Richtung, in der die CTöſung dieſes Problems geſucht werden muß, verſteckterweiſe andeutet. Dom Lichtbedürfnis, glaube ich, müſſen wir ausgehen, wenn wir ſchließlich einen Grund dafür finden wollen, daß das normale Wurzelſyſtem eines Tages nicht mehr den Waſſer- und Nährſalzanſpruch jener Pflanzen be- friedigen konnte. Das Lichtbedürfnis aller Gewächſe, die auf der Anfangsſtufe des Schmarotzertums ſtehen, — das ließ ſich be— weiſen — iſt ungewöhnlich groß. Es überſteigt ein gutes Stück das Cichtbedürfnis des Rohköſtlerdurchſchnitts. Nehmen wir an, daß dieſe ſtarke Lichtbedürftigkeit ſchon die Vorfahren unſerer heu— tigen Schmarotzergewächſe plagte, ſo brauchen wir uns nur klar zu machen, welche Rückwirkung dieſe Eigenſchaft auf den Ge⸗ ſamtſtoffhaushalt des Individuums gehabt haben muß, und wir kommen der Sache von ſelbſt auf den Grund. Wir finden näm- lich, daß im Körper der Pflanze eine ſehr enge Wechſelwir— kung zwiſchen den grünen Affimilationsorganen . und den waſſeraufnehmenden Wurzelorganen beſteht. Die Wurzel muß normal ſo groß gemacht werden, daß jederzeit genug Waſſer und genug Salze vorhanden ſind, um die Kohlen— ſtoffmenge, welche die Blätter aus der Luft in ihren Geweben niederſchlagen, reſtlos in organiſche Subſtanz zu verwandeln. Da nun Pflanzen, die ſich die freieſten und ſonnigſten Standorte aufſuchen, infolge ihres großen CLichtgenuſſes auch eine geſteigerte aſſimilatoriſche Tätigkeit haben, ſo wuchs ganz von ſelbſt auch das Waſſer- und Mineraljalzbedürfnis. Es wuchs demzufolge auch das Bedürfnis nach ſtarker Erweiterung des ge— ſamten Wurzelwerks. Aber dieſen Anforderungen in vollem N — Umfang nachzukommen, waren die Dorfahren unſerer heutigen Schmarotzerpflanzen außerſtand. Sie werden zwar ihr Wurzel- werk vergrößert und ſich bemüht haben, das Gleichgewichtsver— hältnis zwiſchen Boden- und Luftorganen aufrecht zu halten, aber bei allem Fleiß konnten ſie es doch nicht ſo weit ausbauen, daß mit den Wurzelhaaren allein der unmäßig geſteigerte Waſſer— und Nährſalzanſpruch der im Licht ſchwelgenden oberiroͤiſchen Or— gane zu befriedigen war. Und jo kam jenes Mißverhältnis zwiſchen Wurzelleiſtung und Blätterleiſtung zuſtand, das die Ahnen der heutigen Schmarotzerpflanzen dem Untergang zu überantworten drohte, — falls nicht auf anderem Wege die Heranſchaffung der von dem lichtſchwelgendoen Caubwerk gefor— derten Waſſer- und Nährſalzmengen gelang. Wir haben geſehen, daß die Gefahr überwunden wurde. Es glückte den Bedrängten der Anſchluß an einen Nachbarn. Aus ſeinen Gefäßbündeln floſſen ihnen jene Waſſermengen zu, die das eigene Wurzelhaarwerk zu wenig lieferte. Und jetzt erſt, meine ich, begann die Rückbildung des Wurzelſyſtems. Bis dahin hatte es nur dem Drängen nach Fortbildung gegenüber ver— ſagt. Jetzt ſetzte ganz naturgemäß die entgegengeſetzte Ent⸗ wicklung ein. Ooͤer konnte nicht eine Saugwarze viel leichter das leiſten, wozu normalerweiſe gegen 100 000 einzelne kleine Saughärchen nötig waren? Hein, man war nicht mehr in Not. Man hatte ja in den Saugwarzen viel vollkommenere Waſ⸗ ſerſaugapparate erfunden, als je eine grüne Pflanze ſie vor— her beſaß. Da war es nur öhkonomiſch, die altmodiſchen, weniger leiſtungsfähigen Wurzelhaare zugunſten der beſſeren abzuſchaffen. Das geſchieht denn auch auf den Anfangsſtufen des Schmarotzer— tums in verſchiedenem Grad. Ja, es iſt Sa überhaupt das erſte, was unternommen wird. Und nun hob jene Entwicklung an, die wir von Station zu Station auf dem Wege nach abwärts verfolgt haben. Sunächſt blieb es dabei, daß nur Waſſer und Nährſalze genommen wurden, dann nahm man auch jenes bißchen organiſcher Subſtanz in ſich auf, das beim Eindringen des Saugfortſatzes durch Verflüſſigung des Wirtsgewebes rund um die LCeckzungen ſich niederſchlug, und in NEE einem noch ſpäteren Seitabſchnitt ſah man es auf dieſe Subſtanz, die anfangs nur nebenbei eingeheimſt worden war, geradezu ab. Nachdem man aber erſt gelernt hatte, die organiſierten Be— ſtandteile der Tragpflanze in ſich herüberzuleiten, konnten auch die Blattgrünapparate mehr und mehr zerfallen. Dieſer unaus— weichliche Schritt hatte neue Verſchärfungen des Schmarotzertums zur Folge. Denn je ſchwächlicher das Caubwerk entwickelt wurde, um ſo größere Mengen organiſierter Nahrung mußten die Wur— zeln ihren Wirten entnehmen. Schließlich war man im Erbeuten organiſcher Stoffe jo geſchickt geworden, daß der geſamte Grün— ſtoffapparat ohne Schaden entbehrlich war. Und ſo fiel er auf der letzten Station des Schmarotzertums ganz. . . . Man hatte im Anfang zufällig den kleinen Finger erwiſcht, nun ſteckte man die ganze Hand mitſamt dem Wirt in die Caſche. a an: = Wichtigſte Literatur Goebel, U., Über die biologiſche Bedeutung der Blatthöhlen bei Tozzia und Lathraea. Flora, Bd. 85, 1897, S. 444. Hecke, C., Kulturverfuhe mit Miſteln. Naturw. Seitſchrift f. Cand⸗ und Forſtwirtſchaft 1907, Bd. 5, S. 210—213. Heinricher, E., Die grünen Halbſchmarotzer. I. Odontites, Euphrasia und Orthantha. Pringsheims Jahrbücher für wiſſenſchaftl. Botanik. Bd. 51, 1898, S. 78—124. II. Euphrasia, Alectorolophus und Odontites. Ebenda, Bd. 32, 1899, S. 389 - 452. III. Bartschia und Tozzia. Ebenda, 1901, Bd. 36, S. 665 — 749. IV. Nachträge zu Euphrasia, Odontites und Alectorolophus. Eben— da, 1902, Bd. 37, S. 264—337. V. Die Melampyrum-Arten. Ebenda, Bd. 46. VI. Sur Frage nach der aſſimilatoriſchen Ceiſtungsfähigkeit der grünen Rhinantheen. Ebenda, 1910, Bd. 47, S. 540—587. — Studien an der Gattung Lathraea. J. Mitteilung. Sigungsber. Wien. Bd. 101, Abtlg. I, 1892. II. Mitteilung. Bericht d. deutſch. bot. Geſ. Bd. 11, 1893. — Die Keimung von Lathraea. Ebenda, Bd. 12, 1894. — Beiträge zur Kenntnis der Miſtel. Naturw. Seitſchr. f. Land- und Forſtwirtſchaft, 1907, Bd. 5, S. 357— 382. Koch, C., Die Entwicklungsgeſchichte der Orobanchen. Heidelberg 1887. — Die Ulee- und Flachsſeide. Heidelberg, 1880. Caurent, E., Über die Anweſenheit eines für den Birnbaum giftigen Stoffes in den Beeren, Samen und Keimpflanzen der Miſtel. Comptes rendus 1901, Bd. 135, S. 959— 961. 5 Molliard, Saprophytiſche Kulturen von Cuscuta monogyna (— lupuliformis). Comptes rendus, 1908, Bd. 147, S. 685—87. Seeger, R., Derjuhe über die Ajjimilation v. Euphrasia und über die Tranjpiration der Rhinantheen. Sigungsber. d. Akad. d. Wil]. Wien. Math. nat. Klaſſe. Bö. 119, Abtlg. I, 1910, S. 987— 1004. Solms-Caubach, Graf, Über den Bau und die Entwicklung der Ernährungsorgane paraſitiſcher Phanerogamen. Pringsh. Jahrbuch f. wiſſ. Bot. Bd. 6, S. 570. Stahl, F., Der Sinn der Mykorrhizabildung. Ebenda, 1897, Bd. 34, S. 559-668. Tubeuf, C. v., Die Miſtel. Textbuch zu pflanzenpathologiſche Wand— tafeln. Stuttgart 1906. 8 — Die Ausbreitung der Kiefernmiſtel in Tirol und ihre Bedeutung als beſondere Raſſe. Beobachtungen in der Natur und Infektions- verſuche im Laboratorium. (Naturw. Seitſchr. f. Forſt⸗ und Land⸗ wirtſchaft 1910, Bd. 8, S. 12 39.) — Die Standortsvarietäten der Miſtel. Ebenda, 1906, Bd. 4. Volkart, Unterſuchungen über den Paraſitismus der Pedicularis-Hrten, Diſſertation, Sürich 1899. Wettſtein, R. v., Monographie der Gattung Euphrasia. Leipzig 1896. — 10 Inhalts-Überjicht l. Einleitendes: Die Rohköjter II. Dom Mundraub zum Erpreſſertum II. Die Erprejjer IV. Auf dem Wege vom Erprejjer- zum Würgertum V. Die Würger VI. Die Baumſchmarotzer . VII. Philoſophie des Schmarotzertums Alpenroje 24 Aſſimilationsproblem 56— 39, 44, 50, 60—61, 63, 80— 81, 85, 86-87, 99 Atmungsproblem 69— 71 Augentroſt 17, 18—20, 22“, 34, 35, 69, 72, 85 Augentroſt, aufrechter, 32 Balanophoren 17 Bartschia alpina 17, 46*--51, 52, 54, 69 Baumſchmarotzer 85—96 Bergaugentroſt 23—25, 32— 353*, 40 Bergflachs 17, 45 Braunwurzgewächſe 17—62 17, 78*—85 epilinum 84 europaea 84 Cuscuta lupuliformis 83 Cuscuta trifolii 84 Diſtelwürger 77 Efeuwürger 77 Erpreſſer 46-54, 85—96 Euphrasia 18 Euphrasia minima 32 Euphrasia rostkoviana 23—25, 32—53* Euphrasia stricta 32 Fistularia alectorolophus 39, 40* Fistularia lanceolata 39 Fistularia maior 40 Fistularia minor 40 Flachsſeide 84 Fleiſchfreſſer 15 Frühlingszahntroſt 21, 23— 25, 26, 27*—31, 39, 43 Hahnenkamm 39, 41* Halbwürger 54—62 Hanftod 74, 77 Hecke 92 Heinricher, €. 23, 28, 30, 31, 33, 48, 52, 56, 62, 68, 71, 92 Nopfenſeide 83 Cuscuta Cuscuta Cuscuta Regiſter Hydnorazeen 17 Herner v. Marilaun 40 Klappertopf 17, 39, 72, 85 Klappertopf, großer, 40 Klappertopf, kleiner, 40 Klappertopf, ſchmalblättriger, 39 Kleeſeide 84 Kleewürger 73*, 77 Moch, C. 61, 74,7, 82 Kolbenſchoſſer 17 Lathraea squamaria 17, 63 — 71 h Caurent 92 Cäuſekraut 17, 39, 40—44, 52*—54, 72 Cäuſekraut, reichblättriges, 40 Cäuſekraut, rückwärtswendiges 40 Cäuſekraut, ſchopfiges, 40 Lichtproblem 35, 44, 72, 88 — 89, 99 Cinné 16, 47 Loranthazeen 17, 85—96 Loranthus 17, 94 96 Meerrettich 75 Melampyrum arvense 59 Melampyrum pratense 51—52* Melampyrum silvaticum 51 — 52 Miſtel 17, 85—94* Molliard 83 Mundräuber 16—39 Nasturtium armoracia 75 Odontites verna 18, 20, 23 - 25, 26, 27.—31 Orobanchazeen 17, 65— 78, 81 Orobanche 17, 71—78*, 85 Orobanche hederae 77 Orobanche minor 72*, 77 Orobanche pallidiflora 77 Orobanche ramosa 74, 77 | Pedicularis comosa 40 | Pedicularis foliosa 40 | Pedicularis gyroflexa 40 Pedicularis palustris 53-54 Pilzbündler 11—14 Raffleſiazeen 17 Riemenblume 17, 94 96 Riemenblumengewächſe 17, 85—96 Rohköſtler 4—11, 38—39 Saccardo 16 Santelgewächſe 17, 45 Schlicht 12 Schröter, €. 47 Schuppenwurz 17, 63— 71*, 72, 85 Skrofulariazeen 17—62 Seeger, R. 23, 38 Seide 17, 78*—85 Solms⸗Caubach 96 Sommerwurz 17 Stahl, €. 13 Strandzahntroſt 20 Sumpfläuſekraut 55—54 Thesium 17, 45 Tozzia alpina 17, 54*—62, 66 Uubeuf, C. v., 92, 95, 94 Verdunſtungsverſuche 23—25 Viscum album 17, 85 —94* Dolkart 42, 52 Wachtelweizen 17, 85 Waldwachtelweizen 51 —-52 Waſſerhaushalt 23—25, 44, 49, 55, 57, 60, 66, 69, 99 Waſſerſchlauch 15 v. Wettſtein, R. 18, 23 Wieſenwachtelweizen 51 —52* Windengewächſe 17, 78—85 Wirtsproblem 26-29, 31—32 34 - 39, 40—43, 48—49, 51, 52—54, 56—57, 62, 65, 68, 75, 76—78, 80, 84 92 94 Würger 65—85 Zahntroſt 17, 18, 20, 54, 35, 72 Swergaugentroſt 19, 52 aturwiſſenſchaftliche Bildung iſt die Forderung des Tages! Zum Beitritt in den „Kosmos, Geſellſchaft der Natur— freunde“, laden wir alle Naturfreunde jeden Standes, ſowie alle Schulen, Dolksbüchereien, Vereine uſw. ein. — Außer dem geringen Jahresbeitrag von nur M 4.80 (Beim Bezug durch den Buchhandel 20 Pf. Beſtellgeld, durch die Poſt Porto beſonders.) — KR 5:80 h 6. W. = Frs 6.40 erwachſen dem Mitglied keinerlei Verpflichtungen, dagegen werden ihm folgende große Vorteile geboten: Die Mitglieder erhalten laut 8 5 als Gegenleiſtung für ihren Jahresbeitrag im Jahre 1913 koſtenlos: I. Die Monatſchrift Kosmos, Handweiſer für Natur: freunde. Reich illuſtr. mit mehreren Beiblättern (ſiehe S. 3 des Proſpektes). Preis für Nichtmitglieder M 2.80. II. Die ordentlichen Veröffentlichungen. Nichtmitglieder zahlen den Einzelpreis von M 1.— pro Band. Dr. H. Dekker, Dom ſieghaften Sellenſtaat. Dr. Ad. Koelſch, Der blühende See. W. Boelſche, Seftländer und Meere. Dr. K. Floericke, Einheimiſche Sifche. Dr. A. Zart, Atome, Moleküle und andere naturwiſſenſchaft⸗ liche Hnpothejen. Änderungen vorbehalten. (Näheres wird im Nosmos-Handweiſer bekanntgegeben.) III. Dergünftigungen beim Bezuge von hervorragenden naturwiſſenſchaftlichen Werken (ſiehe Seite 6 des Proſpektes). Jede Buchhandlung nimmt Beitrittserklärungen entgegen und beſorgt die Su— ſendung. Gegebenenfalls wende man ſich an die Geſchäftsſtelle des Kosmos in Stuttgart. Jedermann kann jederzeit Mitglied werden. Bereits Erſchienenes wird nachgeliefert. — Satzung Die Gefellihaft Kosmos (eine. freie Dereinigung der Naturfreunde auf geſchäftlicher Grundlage) will in erſter Linie die Kenntnis der Naturwiſſenſchaften und damit die Freude an der Natur und das Verſtändnis ihrer Erſcheinungen in den weiteſten Kreiſen unſeres Volkes verbreiten. Dieſes Siel ſucht die Geſellſchaft zu erreichen: durch die Herausgabe eines den Mit- ö gliedern koſtenlos zur Verfügung geſtellten naturwiſſenſchaftlichen Handweiſers (§ 5); durch Herausgabe neuer, von hervorragenden Autoren verfaßter, im guten Sinne ge— meinverſtändlicher Werke naturwiſſenſchaftlichen Inhalts, die ſie ihren Mitgliedern unentgeltlich oder zu einem beſonders billigen Preiſe zugänglich macht, uſw. . Die Gründer der Geſellſchaft bilden den geſchäftsführenden Ausſchuß, den Vorſtand uſw. . Mitglied kann jeder werden, der ſich zu einem Jahresbeitrag von M 4.80 = K 5.80 h 6. W. Frs 6.40 (exkl. Porto) verpflichtet. Andere Verpflichtungen und Rechte, als in dieſer Satzung angegeben find erwachſen den Mitgliedern nicht. Der Eintritt kann jederzeit erfolgen; bereits Erſchienenes wird nachgeliefert. Der Austritt iſt gegebenen- falls bis 1. Oktober des Jahres anzuzeigen, womit alle weiteren Anſprüche an die Geſellſchaft erlöſchen. . Siehe vorige Seite. Die Geſchäftsſtelle befindet ſich bei der Franckh'ſchen Derlagshandlung, Stuttgart, Pfizerſtraße 5. Alle Suſchriften, Sendungen und Sahlungen (vgl. 8 5) ſind, ſoweit fie nicht durch eine Buchhandlung Erledigung finden konnten, dahin zu richten. » = Hosmos = = Handweiſer für Naturfreunde un jährlich zwölfmal — 2 bis 3 Bogen 1 5 — und enthält: Originalaufſätze von allgemeinem Intereſſe aus ſämtlichen Ge⸗ bieten der Naturwiſſenſchaften. Keich illuſtriert. Regelmäßig orientierende Berichte über Fortſchritte und neue Forſchungen auf allen Gebieten der Naturwiſſenſchaft. Auskunftsſtelle — Intereſſante kleine Mitteilungen. Mitteilungen über Naturbeobachtungen, Vorſchläge und An⸗ fragen aus dem Lejerkreije. Bibliographiſche Notizen über bemerkenswerte neue Erſcheinungen der deutſchen naturwiſſenſchaftlichen Citeratur. Wandern und Reifen Aus Wald und Heide / pho⸗ : tographie und Naturwiſſenſchaft / Technik und Hatur: ; wiſſenſchaft / Haus, Garten und Feld / Die Natur in der Kunſt / Natur und Heimatſchutz /// 7; Rojtet für Nichtmitglieder ohne Buchbeilage jährlich M. 2.80 Probehefte durch jede Buchhandlung oder direkt. Vom ſieghaften Sellenſtaat Dr. Hermann Dekker Mit zahlreichen Abbildungen Für Nichtmitglieder: In farbigem Umſchlag geheftet M 1.— In Leinen gebunden M 1.80 flanze, Tier, Menſch, alles Lebendige iſt aufgebaut aus winzig kleinen, aber doch mit dem Mikroſkop gut erkennbaren lebendigen Bau— ſteinen, den ſogenannten Sellen. Jede Selle lebt für ſich, nährt ſich und atmet und entfaltet ihre Tätigkeit. Aber das Cebeweſen ſelbſt iſt nicht einfach die Geſamtſumme der Sellen, das Leben nicht einfach die Summe der Sellentätigkeiten. Ein geheimnisvolles Rätſel iſt es, wie alle dieſe Sellen ſich zum Ganzen, zum Sellenſtaat zuſammenſchließen, zu Ordnung und Harmonie. Ein Rätjel, wie ſich die Sellen dem Ganzen und höhe— ren Swecken unterordnen, wie ſie zum Wohle des ganzen Sellenſtaates zuſammenwirken, Hand in Hand arbeiten, harmoniſch ſich mit ihren Ceiſtungen ineinanderpaſſen und je nach den Bedürfniſſen des Augen— blickes arbeiten und ruhen, ihre Aufgaben und Leijtungen ändern. Nur dann, wenn unſere Organe vor ſchweren Leijtungen verſagen, wenn das Sujammenjpiel der Sellen geſtört iſt, wenn unſer Körper nicht jo kann, wie er will, und wie wir müſſen, werden wir daran erinnert, wie ſehr wir von den Lebensleijtungen abhängig ſind, die ſich im Innern ab— ſpielen. Tagtäglich aber erhält unſere Sellentätigkeit in tauſend ſchwie— rigen Lagen unſeren Leib geſund und lebendig, tagtäglich finden ſich die Zellen ſchlagfertig mit den Schwierigkeiten des Lebens ab und über— winden in uns ſinnreich erſcheinender Weiſe Tod und Gefahren. Sieg— haft hilft uns unſer Sellenſtaat über die Stürme des Lebens hinweg. Feſtländer und Meere im Wechſel der Seiten von Wilhelm Boelſche Mit vielen hochintereſſ. Bildern Für nichtmitglieder: In farbigem Umſchlag geheftet M 1.— In Leinwand gebunden M 1.80 Ei Ju den älteſten Fragen des er⸗ wachenden Menſchengeiſtes gehört die nach der Verteilung von Waſſer und Land in der Vergangenheit. — Warum lie- gen heute Muſcheln hoch auf dem trockenen Lande? Warum rauſcht die Welle des Ozeans umgekehrt über Strecken, wo die Überlieferung noch von menſchlichen Wohnſtätten weiß?; Iſt es denkbar, daß die Waſſer einſt über die Berge gingen, oder der Abgrund der heutigen See trockenen Fußes zu durch— wandern war? Don dem brü- beln über dieſe Dinge zeugen die Sintflutſagen der Dölker. Es iſt jo: Im Verlauf der vie⸗ len Millionen von Jahren, die dieſe Erdgeſchichte umfaßt, ha— ben auf unſerem Planeten Feſt⸗ land und Waſſerbedeckung un⸗ Helgoländer Küfte. abläſſig gewechſelt. Und von dieſem großen Lied des Wer— dens und Vergehens, an das unſere eigene Menſchheitsentwicklung ſo eng angeſchloſſen geweſen iſt, erzählt dieſer Band. In farbigen Bildern malt er die uralten Sejtländer und Küſten des Nordens, das wunder— bare verſchollene Gondwanaland im Süden, die ſpäter zerſtörten Brücken zwiſchen heutigen Kontinenten; er berichtet von den Sintflut- und At- lantislegenden und ihrem Wahrheitskern, von den Korallenriffen der Vorzeit, die heute Gebirge ſind, von den Quellen der Tiefe und von den Sukunftsſchickſalen des Waſſers und damit des Lebens auf der Erde. — Im engen Rahmen entfaltet ſich vor dem Leſer ein Stück praktiſcher Geologie, während zugleich das heutige geographiſche Kar— tenbild der Erde eine neue und überraſchende Deutung findet. Der blühende S See os. Dr. Adolf Roe Mit zahlreichen Abbildungen Für Nichtmitglieder: In far: bigem Umſchlag geh. Mm 1.— In Leinen gebunden M 1.80 Sr den Tiefen des Waſſers ijt nach allem, was wir wijjen und ahnen können, das Leben entſtanden. Von hier aus er— oberte es ſich in ſiluriſchen oder gar ſchon in kambriſchen Seiten das feſte Cand, und hier ſind auch = die erſten Blütenpflanzen ent⸗ ſtanden. Aber es ſcheint, daß jede . Cebenseinheit, die vom Feſtland herangebracht wurde, immer einmal wieder die Rückwanderung antreten muß zu der Stätte, wo das erſte Lebensflämmchen aufglomm. Der „Blühende See“ erzählt von den diesbezügl. Beobachtungen bei den Blütenpflanzen. Luftatmende, hochgeborene Pflanzen verwandeln ſich wieder zurück in Kiemen atmende Curche; wir erleben den Abjtieg und hören von den tauſendfältigen Neuanpaſſungen, die er nötig macht. Außer der Cebens— geſchichte einzelner Geſtalten empfangen wir aber auch eine lebendige Schil— derung der ſozialen Gliederung des geſamten Schwimm- und Cauchpflan⸗ zenjtaates, lernen feine nächſten Angrenzer an den Strandſtreifen der Seen kennen, erſahren von Weſen mit ſeltſamen Doppelleben zu Waſſer und Land und, wie der See ſich immer wieder neuen Sugang holt an der Küſte. Einheimiſche Fiſche v. or. Kurt Stoeriete Mit zahlreichen Abbildungen 7 Für Nichtmitglieder: In farbigem Umſchlag geh. M. 1.—. In Leinen geb. M 1.80 N der bekannte Autor in ſeinen frü⸗ heren el die vier erſten Stämme des Wir- beltierreiches behandelt hat, geht er jetzt dazu über, auch den letzten, die Fiſche, in ſeiner pak⸗ kenden gemeinverſtänd— lichen Art vorzuführen. f Beſonders geht der Der- Sterlet, faſſer auch auf die Or⸗ ganiſation und das Sinnesvermögen der Sifche ein, ohne jedoch den praktiſchen Teil, wie Liſchzucht und Siſchfang, zu vernachläſſigen. Auf den beigegebenen Abbildungen gelangt der intereſſanteſte Teil der ein- heimiſchen we zur ne u 05 17 4 Atome, Moleküle und andere naturwiſſenſchaftliche Hnpothefen von Dr. A. Sart Mit vielen Bildern. Für Nichtmitglieder: In A 80 Umſchlag geheftet M 1.—, in Leinwand geb. M 1 Ausgehend von einfachen chemiſch⸗phyſik. Verſuchen führt der Verfaſſer in die Grundfragen naturwiſſenſchaftlicher Anſchauung ein und beſpricht auf Grund dieſer praktiſchen Ergebniſſe deren Anwendung auf allgemein naturwiſſenſchaftliche Probleme. Die Mitglieder des Kosmos haben bekanntlich nach Paragraph 5 Un das Recht, außerordentliche Veröffentlichungen und die den Mitgliedern angebotenen Bücher zu einem Ausnahmepreis "preis | mie zu beziehen. Es befinden ſich u. a. darunter folgende für nicht⸗ glieder⸗ Werke: miiglied. preis PM m Altpeter, ABE der Chemie 2.40 | 1.— Bergmiller, Erfahr. a. d. Gebiete d. hoh. Jagd. Geb. 4.50 3.50 Bölſche, W., Der Sieg des Lebens. Fein gebunden 1.80 1.50 Diezels Erfahrungen a. d. Gebiete d. Niederjagd. Geb. 4.50 2.90 Ewald, Mutter Natur erzählt. Geb. 4.80 3.60 5 Der Sweifüßler. Geb 4.80 3.60 Sabre, J. UB, Sternhimmel. 4.80 3.60 17 Bilder aus der Inſektenwelt. Geb. 4.50 | 3.40 ’ Blick ins Käferleben. Broſch h. 1.— | —.50 Floericke, Dr. Kurt, Deutſches Vogelbuch. Gebunden 10.— 8.40 Floericke, Taſchenbuch zum Dogelbejtimmen. Geb. | 3.80 | 2.90 Gräbner, Taſchenbuch zum Pflanzenbeſtimmen. Geb. || 3.80 | 2.90 Nepner, Cl., 100 neue Tiergeſchichten. Geb.. 3.60 | 2.80 Jaeger, Prof. Dr. Guſt., Das Leben im Waſſer. Kart. 4.50 | 1.70 Kuhlmann, Wunderwelt des Waſſertropfens. Broſch. 1.— | —.50 Leben der Pflanze. Bd. I, II, III, IV, V, geb. je 15.— 13 50 Lindemann, Die Erde. Bd. I. Gebunden. 9.— | 8— Meyer, Dr. M. Wilh., Die ägnptifche Sinfternis. Geb. 3.— 1.90 Sauer, Prof. Dr. A., Mineralkunde. Gebunden 13.60 | 12.20 Schrader, Liebesleben der Tiere. Broſchiert .. 1.40 | 1.10 Schroeder-Rothe, Handbuch f. Naturfreunde. Bd. geb 4.20 3.60 — — RER 3.80 | 330 as Frank, Ausflüge ins Auen Geb. 2.50 | 1.85 3 5 Die Reije ins Bienenland. Geb. 335 Thompſon, E. S., Bingo u. a. Tiergeſchichten. Geb. 4.80 | 3.60 „ Prärietiere und ihre Schickfale. Sein gebunden 4.80 | 3.60 „ Tierhelden. Sein gebunden | 4.80 | 3.60 Wurm, Waldgeheimniſſe. Gebunden 4.80 3.60 Die ordentlichen Veröffentlichungen der früheren Jahre ſtehen den Mitgliedern, jolange Dor- rat vorhanden, zu Ausnahmepreijen zur Verfügung: = 4 4 (Handweiſer vergriffen) zuſammen für M 4.— (Preis für Nicht⸗ DO = 190 u mitglieder M5.—), geb. für M 6.20 (für Nichtmitglieder M 8.40): U Zell, Dr. Th., Iſt das Tier unvernünftig? Bölſche, W., Abftammung des Menſchen. Mexer, Dr. M. Wilh. (Urania⸗mener), (Doppelband.) 2 Weltuntergang. Mener, Dr. Mm. Wilh., Weltſchöpfung. Z = (Kandweijer vergriffen) zuſammen für M 4.— (Preis für Nicht⸗ U 1005 = | mitglieder m 5.—), geb. für M 6.75 (für Nichtmitglieder M 9.—): I] Bölſche, W., Stammbaum der Tiere. Sell, Dr. Th., Tierfabeln. Teichmann, Dr. E., Leben und Tod. Welten, Die Sinne der Pflanzen. ) mener (Urania), Sonne und Sterne. x | 5 ungebunden zuſammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) Oo = 1906 = und gebunden für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 11.80): U ö Sell, Dr. Th., Streifzüge durch d. Tierwelt. Welten, Wie die Pflanzen lieben. el . Mepxer, Dr. M. Wilh., Rätſel d. Erdpole. Bölſche, Wilh., Im Steinkohlenwald. Ament, Dr. W., Die Seele des Kindes. = x ungebunden zuſammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) m : 1907 : und gebunden für IM 7.55 (für Nichtmitglieder m 11.00): 8 Kuhlmann, Aus der Wunderwelt des | Teichmann, Dr. E., Fortpflanzung und Waſſertropfens. Zeugung. Sell, Dr. Th., Straußenpolitik. Floericke, Dr. K., Die Vögel des deut⸗ Mener, Dr. M. w., Kometen u. Meteore. ſchen Waldes. 5 8 5 ungebunden zuſammen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) L 190 = und gebunden für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 11.80): DU Dekker, Naturgeſchichte des Kindes. E Mepxer, Dr. M. W., Erdbeben u. Dulkane, | e Teichmann, Dr. E., Die Vererbung. Floericke, Dr. K., Säugetiere des deut: Sajo, Krieg u. Frieden im Ameiſenſtaat. ſchen Waldes. 1909: ungebunden zuſammen M 4.80 (für Nichtmitglieder N 780) U * = und gebunden für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 11.80): Unruh, Leben mit Tieren. Floericke, Kriechtiere u. Curche Deutſchl. Mener, Dr. m. Wilh., Der mond. Bölſche, wilh., Der menſch in der Sajo, Prof. K., Die Honigbiene. Tertiärzeit und im Dilupium. ungebunden zuſammen m 4.80 (für Nichtmitglieder m 7.80) U und gebunden für M 755 * (für Nichtmitglieder M 11.80): Q Koelſch, Pflanzen zwiſch. Dorf u. Trift. mener, Welt der Planeten. Dekker, Fühlen und hören. Floericke, Säugetiere fremder Cänder. Weule, Kultur der Kulturlofen. 2 1911 2 ungebunden zuj.mmen M 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) DU = = und gebunden für M 7.55 * (für Nichtmitglieder mM 11.80): DO Bölſche, Der menſch der Pfahlbaugeit. Floericke, Vögel fremder Länder. Weule, Kulturelemente der menſchheit. ungebunden zuſammen m 4.80 (für Nichtmitglieder M 7.80) L Koelſch, Durch Heide und Moor. Dekker, Sehen, Riechen und Schmecken. : 1912: und gebunden für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 11.80): Gibjon-Günther, Was iſt Elektrizität? Weule, Die Urgeſellſchaft und ihre Dannemann, Wie unſ. Weltbild entſtand. Cebens fürſorge. d Kriechtiere u. Curche fremder Koelſch, Würger im Pflanzenreich. Samtlichen Jahrgangen außer 1904 u. 1905 werden die 12 Hefte des betr. Handweiser-Jahrganges beigefügt. Die ſämtlichen noch vorhandenen Jahrgänge der Kosmos-Deröffentlihhingen (j. obige Zuſammenſtellung) liefern wir an Mitglieder: geheftet für M 35.50 (Preis für Nicht- mitgl. 64.80), gebunden (auch Handweiſer) für 58.50 (Preis für Nichtmitgl. M 104.80) auch gegen kleine monatliche Ratenzahlungen *) Wird auch der Handweiser gebunden gewünſcht, jo erhöht ſich der Preis um 85 Pf. I I << J. H. Fabre Der Sternhimmel Autoriſierte Bearbeitung von Dr. K. Graff, Obſervator der hamburger Sternwarte. Überſetzung des Originals durch Paul Ulmer. Wohl zum erſtenmal wird in dieſem Bande jung und alt eine volkstümliche himmelskunde geboten, die nicht von einem Fachmann ſtammt. Das Unternehmen könnte faſt als gewagt erſcheinen, wenn es ſich nicht um den Altmeiſter Fabre han⸗ delte, über deſſen prächtige naturwiſſenſchaftliche Beobachtungs⸗ und Schilde— nirgends die rungskunſt ] klare und bei nur ein be⸗ i 8 ark 4 80 aller Schön⸗ wunderndes 2 heit der Form Urteil beſteht 0 nie über das Die vor: Sr Seiten, 12 Tafeln erreichbare 1 liegenden „ Siel hinaus⸗ vorleſungen Hunderte von Bildern; verleugnen. Denk⸗ und Schreibweiſe des 90 jährigen Verfaſſers der „Erinnerungen aus dem Inſektenleben“. Schon nach dem Durchblättern der erſten Seiten wird man den gegenüber ähnlichen Werken ſtark abweichenden Ton der Fabreſchen Darſtellungsweiſe kennen und ſicher auch ſchätzen lernen. Daß dabei der Inhalt nicht zu kurz kommt, daß mit glücklicher hand die kosmiſchen Geſetze gegenüber dem rein beſchreibenden Teil der himmelskunde ge— nügend in den Vordergrund gerückt werden, iſt ein weiterer Vorzug des vorliegenden Buches. Trotzdem es nur eine erſte Einführung in die Himmelskunde bildet, jo dürfte es doch in mancher Beziehung mehr poſitive Kenntnijje vermitteln, als manches andere merklich umfangreichere Werk unſerer ſo reich haltigen populären Literatur. Kosmos, Geſellſchaft d. Naturfreunde, stuttgart. III I I I I I I I I I I DT mn | 1 05 ne guvg 150 m 0 uoa Tome ug 1345 m. ub ſusuſe u9696 (g Jgvdsn) usgungeb usgupgd jun! 04 ad — SION „ Hue das . . 5 wd ane iR 8 8 x 8 FFF dan ad wa En gun na} par mod u al gute! 5 ee pu mag ut 0 enen aaa 2 2. ec melo aun ame: W de tog dusqulg 0 5 pog ol = eee eee eee un Je qup e =, dos wolle nenden es 45 RS aun 0 1 — 4 Br a N 7 4 Pr? „ e — — —— ꝶ́— m — “ r . — — ? x 5 7 3 - 7 * . 5 7 . a - 1 | 5 0 B uchhand l ung von a Ren ee. 25 . 2 2 N 4 * — . ” 4 * * — * Kr “ \ * S * x 5 \ Ar t — — ——— SE mL Sn Sn ST ELESuS ST On = ESEL LOSE = SL = nn CE EL En S SL En SS Ten nu nennen — A1 Möchten Sie in der Natur selbst sammeln und unfersuchen? Ihre Versuche werden bisher meisfens an dem Fehlen von besonderen Vorkenntnissen gescheitert sein, jetzt bringen wir Ihnen das von einer Reihe erster Spezialisten verfaßte Handbuch | für Naturfreunde herausgegeben von Prof. Dr. Schroeder und K. C. Rofhe Der erste Band (geh. M 3.50, biegsam in Leinen geb. M 4.20) behandelt Meteorologie, Geologie, Botanik und Blüfenbiologie.— Der zweite Band (geh. M 3.30, geb. M 3.80) bringt Planktonkunde, Zoologie und Naturphotographie. Die einzelnen Verfasser haben sich mit Erfolg bemüht, recht anschaulich und knapp zu schreiben, so daß jeder leicht die Belehrung findet, die er sucht. Die fchmucken Bändchen sind biegsam und schmal (auf dünnem, festen Papier gedruckt), so daß sie leicht in der Tasche mitgeführt werden können. Jeder Band ist auch einzeln zu haben. Es handelt sich also hier um eine Anleitung, die keine Vorkenntnisse voraussefzi Kosmos / Gesellschaft der Naturfreunde / Stutigart Pressboard Pamphlet Binder Gaylord Bros.Inc. Makers Syracuse, N. Y. PAT. JAN 21, 1908 II