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ZEITSCHRIFT FÜR SAUGETIERKUNDE

Im Auftrage der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

herausgegeben von

PROF. DR. HERMANN POHLE - BERLIN

Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

20. BAND

206 + IV Seiten TextundB38Tafeln Mit 49 Abbildungen

BERLIN 1954/55

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover und Berlin-Zehlendorf

Es sind erschienen:

Pitele pe IV wenn. nn N RE 3. 8. 1955 He£tl.. p. 136, Tasel Im er 30. 7. 1954 Heft II, p. 37—118, Tafel IV— VI. ................... 3. 8. 1955 Heft III, p: 119200, Titeltatel 270298 3. 8. 1955 Register, p. 200—204................. 3. 8. 1955

Dieser Band ist die Gabe der Gesellschaft

an ihre Mitglieder für das Jahr 1952.

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Druck von Wilhelm Möller, K.G.; Berlin- Waidmannslust.

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Inhalt

I. Originalarbeiten

II.

1

F. Schwangart, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen

II

p- 1

2. F. Kühlhorn, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 13

3.

K. Herter und G. Lauterbach, Überwinterung syrischer Gold- hamster in Norddeutschland...........................eereeeo:

. D. Chitty, Über die Dichteschwankungen bei der Erdmaus ............

5. A. van Wijngaarden, Populationsuntersuchung an Feldmäusen

InwdersBetuwew ee ne ee a

. D. M. Steven, Untersuchungen über die britischen Formen von

Blethnionomysa BE NE N u.

. I. Eibl-Eibesfeldt, Territoriales Verhalten und Brutpflege des

Galapagos-Seelöowen 0.0... nn.

. K. Becker, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken einhei-

Parschen \Spitzmauser denne ersehen

. G. Stein, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen ..... 10.

K. Zimmermann, Körpergröße und Bestandsdichte bei Feld- FAUS EIN ER A en NO N Sn

Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunds e.V.

1. K. Becker, Niederschrift der 28. Hauptversammlung in München 2. K. Becker, Niederschrift der wissenschaftlichen Sitzungen 1954...... 3Geschäftsbericht (nur, Hinweis)... es atzuneiäfnur Hinweis)... 00... een: 9. I. Johnke, Eingänge für die Bücherei 1939—1954........................ 6. Verzeichnis der Vorstandsmitglieder 1955—1956 ................. @eNiioliederverzeichnis (Nachtrag) ....................... 8. H. A. Freye, Prof. Dr. Ludwig Freund +, 1878—1953 ........................

AUG? 3

37 99

61 70 75

78 89

114

119 150

3 195:

IV

Ill. Notizen I p- 1. K. Fritsche, Wildkatze bei Bremerhaven.................... 133 2. G. Gaffrey, Zur Biologie der. Hausratter 7 Sy 183 3. B. Grzimek, Wissenschaftliche Arbeitsplätze im Frankfurter Zoologischen Garten... 2. 0 ARE 2... 184 4. W. Herold, Zahnverschmelzung bei einer Gelbhalsmaus ................... 184 5. J. Kühlhorn, Der Auerochs von 159 .............. N BREN...... .. 186 6. R. Lange, In Gebäuden eines Erzgebirgs-Dorfes überwinternde Kleinsäuger'.....\......... ea 187 7. K. Zimmermann, Zur Fauna Afghanistans.............eeueooo. 189 IV. Referate 1. F. Goethe u. a., Eingegangene Literatur ................. een... 192 V. Anhang 1. Index der ‚Autornamen ...............u....2...00000 0 0 201 2. Index der Säugetiernamen . ............ er 202 3. Index der Mitgliedernamen ...................... 205

In diesem Bande neu beschriebene Säugetierformen:

Keine.

\ ZEITSCHRIFT FÜR SAUGETIERKUNDE

Im Auftrage der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

herausgegeben von

A PROF. DR. HERMANN POHLE - BERLIN

4 Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

20. BAND 30. JULI 1954 HEFT 36 Seiten BRext und.3.Taferhn

BERLIN 1954

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover und Berlin -Zehlendorf

Zeitschrift für Säugetierkunde

Band 20 Heft 1.

1.) Übersicht

und Beschreibung der Hauskatzenrassen (Standards) Von Prof. Dr. F. Schwangart (München). Mit ı2 Abbildungen im Text und auf den Tafeln I— III. Einführung

Diese Standards sind das Ergebnis vieljähriger wissenschaftlicher und praktischer Beschäftigung mit der Katze. Die ausführliche Begründung meines Systems brachte ich in meiner Monographie „Zur Rassenbildung und. -züchtung der Hauskatze‘ (83 p., 29 Abb. auf Tafeln, 2 Textbilder, diese Zeitschr. 7, 1932, und als Broschüre). Ergänzt habe ich diese Arbeit, besonders in bezug auf das Verhältnis der Hauskatze zu Wildkatzenrassen, in „Die Sohlenzeichnung von Felis und Verwandtes. Zur Systematik und Ökologie des Genus“ (Abh. der Bayerischen Akademie der Wiss., N. F., Heft 52, 1943). Eine Übersicht der ‚Wildkatzen der alten Welt‘, beson- ders .der. Untergattung Felis, wobei wiederum Beziehungen zur Hauskatze erörtert wurden, bot Haltenorth (Ak. Verlagsgesellschaft Geest und Portig, Leipzig). Hinsichtlich der Hauskatze enthält ein Abschnitt dieses Werkes Hinweise. auf ihren Ursprung, während für ihre Rassen auf meine Arbeit von 1932 verwiesen wird.

Unter „Hauskatzen“ verstehe ich sämtliche bekannten domesti- zierten Rassen, die sogenannten „Edelkatzen‘‘ (Langhaar, Siam usw.) also inbegriffen. (Ebenso geschieht dies in dem genannten Buch Haltenorths). Unter den bisher strittigen Namen für diese Gemeinschaft (domesticus, silvestris domesticus, ocreata dom. u. a.) wurde durch die nomenclatorisch entscheidende Instanz cafus ausgewählt gemäß den geltenden Bestimmun- gen, also „Felis catus“. Diesem Brauch schließe ich mich, wo der wissen- schaftliche Name nötig wird, an.

Schon nach meinem ersten Bekanntwerden mit den verschiedenen Katzenschlägen wurde mir klar, daß bisher die Form der Tiere als ras- senbegründend zu wenig berücksichtigt war im Vergleich mit der so ver- lockenden Färbung und daß die tiefe Bedeutung der beiden Zeich- nungsmuster („Tiger‘ und „Marmor‘) fast ganz übersehen wurde. ‚Mag die Katze in ihrer Neigung zu domestikativen Formveränderungen auch hinter dem Hund zurückbleiben, so übertrifft sie hierin doch z.B. das Pferd, und mit dem Besitz von zweierlei grundverschiedenen Zeich- ‚nungsmustern, einem von den Wildvorfahren ererbten und einem im Haus- tierstand: hervorgetretenen, steht sie einzigartig da. Diesen Erkenntnissen habe ich bereits in der alten Ausgabe meiner Standards voll entsprochen

1

erp 4 - 1954

2 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954)

(1928, 1929). In dieser hier sind die Rassenbegriffe tiefer ausgearbeitet, dabei ist das Ganze in der Fassung vereinfacht und für Richter und Züch- ter handlicher geworden. Darüber hinaus sind mehrfach Verbesserungen vorgenommen.

Meine Beobachtungen zur Form haben mich unter anderem veran- laßt, beim Langhaar neben der ausgeprägten Kopfform des Hoch- zuchtpersers eine zweite Rasse zu unterscheiden, das „Deutsch- Langhaar“, undvom Kurzhaar mehrere Rassen, bei denen mit dem Fehlen oder Vorhandensein und den beiderlei Merkmalen der Zeich- nungsmuster und mit der Färbung Formeigenheiten kombiniert wurden. Diesen Rassen (s. hier II, No. 2—4) habe ich die damals schon vorhandenen Siamesen, Kartäuser und Abessinier angegliedert, wie dem Langhaar die Birmanesen, die ein Kreuzungsprodukt von Siamesen und Persern sind (französischen Ursprungs). Bei der Einführung der neuen Kurzhaarrassen leitete mich auch der Wunsch, daß das einheimische Kurzhaar, seinem Ursprung nach zum „ältesten Adel“ des Katzengeschlech- tes gehörig, in Zukunft das gleiche Ansehen erringen möge wie die im- portierten Luxusrassen. Es gibt noch nicht viele reinvererbende Stämme korrekt beschaffener Vertreter von Kurzhaar, doch ist es durchaus erwie- sen, daß es leicht möglich ist, solche zu erzüchten. Besonders in italieni- schen Ausstellungen habe ich Musterstämme dieser Rassen feststellen und prämiieren dürfen. Beim Richten muß es Grundsatz werden, nachweisbar reinblütige Exemplare zu bevorzugen, und es muß das Ziel der Züchtung sein, zu erreichen, daß nur mehr solche Tiere prämiiert werden können, wie das bei den Persern und Siamesen und in der gesamten sonstigen Tierzucht der Fall ist.

Jetzt schon auszuschließen von Ausstellungen und der Züchtung sind alle diejenigen Tiere, die in ihrer Erscheinung Mischungen zwischen den Rassen darstellen. In wirklichen Musterschauen schließt man auch anderweite, diesen Rassen nicht entsprechende Tiere aus; sonst kann man sie noch in der Weise berücksichtigen, daß besonders hübsche Exem- plare darunter „Schönheitspreise‘‘ erhalten, die jedoch keineswegs mit wah- ren Zuchtpreisen verwechselt oder gleichgestellt werden dürfen und eigens zu kennzeichnen sind. Ebenso sind Kastraten von Lang- wie Kurzhaar zu behandeln. |

Ich habe keinen Standard für schwanzlose Katzen (sog. „Manx“) aufgestellt, denn anatomische Untersuchungen haben ergeben, daß Schwanz- losigkeit und andere Schwanzdefekte (Verkürzung, Krüppelschwänze) bei der Katze oft mit inneren Mißbildungen verbunden sind, welche oft schwer pathologisch sind und als degenerativ zu gelten haben. Sie er- reichen einen lebengefährdenden Grad. Solche Katzen kommen bei allen Kurzhaarschlägen vor, seltener bei Langhaar. Sie sind von der Zucht fernzuhalten. Bei den Siamesen wird wegen der großen Häufig- keit dieser von der älteren Zucht bevorzugten Deformationen insofern eine

F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen 3

Ausnahme gemacht, als sie noch ausstellungsfähig sind. Es muß aber das Bestreben sein, sie wegzuzüchten, und die mit ihnen behafteten Tiere ran- gieren in der Bewertung hinter den normalen. Der Grad der Deformatio- nen bestimmt den der Wertminderung. a

Dem Urteil auf Grund der Bewertung nach Punkten muß sich beim Richter ein solches nach Grundsätzen der Schönheit zugesellen. Dieses muß sich auch auf die Bewegungsweise erstrecken, die ja gerade bei der Katze ein gut Teil Schönheit ausmacht. Ferner muß dem Richter stets gegenwärtig sein, dab ungeachtet der rubrizierenden Punkteskalen das Tier als ein einig wirkender Organismus betrachtet und bewertet werden muß. In den Punkteskalen habe ich keine Rubrik für „pfleglichen Zu- stand‘ eingesetzt, wie man das sonst antrifft. Eine solche Rubrik schmä- lert den Spielraum für die übrigen, die sıch auf Körperpartien bezichen; sie beeinträchtigt auch die Freiheit der Richter. Vernachlässigung und Mindertauglichkeit können ja einen Grad erreichen, der zur Ablehnung oder starken Herabwertung zwingt. Der Richter muß befugt sein, in sol- chen Fällen die Herabwertung frei zu bestimmen, die vom Abzug weniger Punkte bis zur Ablehnung reichen kann.

Ein Überblick der Standardskalen zeigt, daß die gleichen Rubriken für die verschiedenen Rassen ung leiche Höchstzahlen enthalten, zuweilen auch schon für Untertypen (s. Il, No. 2a—f). Denn bei der einen Sorte können diese, bei der anderen jene Merkmale größere Be- deutung haben.

Ich halte die Punktbewertung für unentbehrlich. Nur so wird eine, dem Rassebild genau entsprechende Beurteilung möglich. Für den genauen Wert eines Tieres und für die Reihenfolge der mit „vorzüglich“, „sehr gut“, „gut“, „befriedigend‘‘ Gekennzeichneten unter sich ist die Reihenfolge nach den Gesamtpunktzahlen maßgebend. Die ‚Preise‘, mit denen die Katzen nachher bedacht werden, bringen nicht den absoluten Wert zum Ausdruck, denn sie schwanken mit der Anzahl der zu einer Ausstellungs- klasse gehörigen und werden mitbestimmt durch den Wert der Konkurren- ten, sie sind also ‚relativ und das in hohem Grad. Das muß man den Züchtern vor Augen halten, wenn sie über den wahren Wert ihrer Tiere informiert werden wollen, was ja der Sinn des Richtens ist.

Kurz nur weise ich hin auf die Möglichkeit einer Leistungs zucht bei der Katze. Unsere Katzen sind nicht nur Naturschönheiten, dankbare Objekte einer Züchtung auf äußere Vorzüge und liebenswerte Hausgenos- sen, sondern auch hervorragende Nutztiere. Höchste Wertschätzung ver- dienen sie in der Rattenbekämpfung. Außerdem sind sie nutz- und freude- bringender Abrichtung viel mehr zugänglich, als das gemeinhin geglaubt wird. Ich habe hierüber besonders abgehandelt und kann in diesen Rassen- beschreibungen weder auf die Methoden einer Leistungsprüfung an Katzen eingehen, die von besonderer Art sind, noch auf die Art der Bewertung solcher Leistungen und auf eine Leistungszüchtung einer Zukunft. Es soll

1*

4 00 Zeitschrift für ‚Säugetierkunde, Bd.20, 1952 .(1954)

nur betont werden, daß diese Standards hier nichts mit dem Leistungs: moment zu tun haben und daß sich die nach ihnen bevorzugten Rasse- katzen auch nicht durch besondere Leistungen auszeichnen müßten. Eben- so rate ich dem Richter, jenen Besitzern oder Besitzerinnen, .deren‘ Tiere danach ungünstig abschneiden, nahezulegen, daß solche Enttäuschungen nichts über seelische Eigenschaften ihrer Tiere besagen und der Liebe zu ihnen keinen Schaden tun dürften. |

I. Langhaarkatzen (Angora).

Gemeinsames Bild für Rasse ı) Perser und 2) Deutsch’ Langhaar: Gedrungener Körperbau, kurze stämmige Beine, breiter Kopf mit rel. kur- zem, breit endigenden Schnauzenteil. Kleine Ohren. Ziemlich kurzer, schön getragener Schweif (Pleureuse), ausgesprochenes, schmiegsames Langhaar (aber Altersdifferenzen, Jahreszeit, evtl. Trächtigkeit berücksichtigen!). „Halbangora“ schließt aus. Rückenscheitel, Krause, „behoste‘‘ Hinter- schenkel.

nasse ı) Perser,

Dicker Rundkopf, Stirn vorgetrieben, schroff zum breiten, kurzen Nasenrücken abstürzend, mit dessen Ansatz einen Sattel bildend. Behaa.- rung gern etwas wollig. Auf Größe und Kraft zu züchten. (Tafel I, Abb. 2).

Rasse 2), Deutsch Langhaar.

Stirn abgeschrägt, nicht vorgetrieben, in flachem Bogen zum Nasen- rücken überfließend oder mit ganz leichter Stufung. Nasenrücken ohne Sattel. Breiter, nicht zugespitzter Schnauzenteil (genau wie beim Perser). Die Figur darf etwas weniger gedrungen sein als beim Perser, der Schweif wenig länger.

Deutsch Langhaar läßt sich reinzüchten. Es müssen die Zwischenstufen zum Perser obiger Form, die in manchen Farbschlägen häufig sind, aus- geschaltet werden. Die Rasse wurde zuerst durch mich in Deutschland unterschieden, der Name entspricht einem in der Hundezüchtung. Sie ist keineswegs auf Deutschland beschränkt. Sie steht der Stammform näher. als der Perser. Ihre Züchtung lohnt wegen ihrer Schönheit, und sie wirkt der Degeneration des Langhaars entgegen. Die verbreitete Behauptung, es handle sich um „Spitzköpfe“, die bei allem Langhaar fehlerhaft sind, be- ruht auf unlauterer Propaganda. (Tafel I, Abb. 2 und 3).

Punktbewertung für Perser und Deutsch Langhaar in allen Schlägen.

Körperform und Statur 25 Kopf 25 Augen 10 Haar (und Haut) 15 Färbung bzw. Zeichnung 15 Schweif 10

ı00 Punkte

F. SCHWANGART:; Übersicht und: Beschreibung der -Hauskätzenrassen 5

Färbungs- und Zeichnungsgruppen (für beide Rassen dieselben): a; Einfarbene (schwarz, weiß,blau,isabell, orangeü.a.). u. 5 von Scheckung. oder Musterung schließt von ‘dieser. Gruppe . Blaue stahl-:oder lichtblau. Schwarze nicht bräunlich. Nase, Ballen; hin bei blau und schwarz dunkel. Augenfarbe bei Schwarzen tief- gelb, bei Weißen blau oder gelb (am besten beide getrennt aufstellen): Taubheit entwertet; bei blauäugig hoher Prozentsatz (Prüfung mit der Pfeife, dem Tier unsichtbar). Als Hautfarbe bei weiß wird gern rosa ver- langt, wegen der mit albinotischen Eigenschaften (rosa Haut, blaues Auge) verbundenen Neigung zu’Degeneration (Taubheit u. a.) ist auch ein dun- kelhäutiger Schlag erwünscht. Aal b) @lsinchilla; | Dissehr arnlen, Rauchkatzen (ohne . Demster), Silberige. Ä Chinchilla hellerer und dunklerer Tönung. Ihre Een schwarz, die schwarze Zone nicht zu lang. Zu heller Grundton fehlerhaft. Vorzüge: schwarze Augen- und Nasenränder, Lippen und Baus ; dagegen weiße Krallen. itfe Pfirsichfarbene: zwischen bläulich und orange, fleischfarbene

Nase und Ballen.

Rauchkatzen:.bei weißlichem Basalteil der Haare tiefdunkel be- rauchte Spitzenfärbung. Bei der Nuance „moro argentato“ ist das Weiß silbrig und die Krause hat mehr Silberton als das übrige Haar. Nase und Ballen tiefdunkel.

| Augen in dieser gesamten Gruppe wie immer je nach Haarfarbe, a Rauchkatze z. B. am besten Ambra. A

e) Bere (rer und re | | Die Muster bei Langhaar nicht rassebegründend wie bei Kurzhaar. Sie. müssen auch hier gut ausgebildet sein und kräftig abstechen. Formmerk- male sind für Tiger wie Marmor hier die der beiden Langhaarrasssen. Es gelten alle die unter Il, 2 und 3 genannten. Lund beschriebenen Farbschläge.

Die Nase darf schwarz oder rot sein.

d) Schaan en (zwei- und dreifarbene, Maskenkatzen).

Ohne Spur von Muster. Maskenkatzen höher als unsymmetrische Gescheckte. Unter diesen setzt stark überwiegendes weiß je nach der Aus- dehnung herab. „Schildpatts“ (Schwarz- und -Gelbnuancen) gehen den „Spaniern‘ (dieselben Farben mit weiß) bei sonst gleicher Beschaffen-- heit vor. Die Farben der Schildpatts sollen in möglichst großen Flächen verteilt sein, was bei uns sehr selten vorkommt. Augen nach der vorherr- schenden Haarfarbe.

6 20000 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd.20, 1952 (1954)

Rasse 3) Birmakätzen.

' Halbangora, Kreuzungsprodukt von Perser und Siamkatze. Französi- schen Ursprungs, nicht etwa importiert, wie der Name vortäuscht. Einziger Halbangora, der bisher anerkannt wurde. Einziger mir bisher bekannter reiner Stamm: ‚De Madalpour“. Vereinigung der die große Schönheit bedingenden Merkmale sonst kaum jemals geglückt. Tiere von abweichen- dem Aussehen, die als ‚„‚„Birma‘“, als „Tibetaner‘ u. dgl. bezeichnet werden, sind abzulehnen. Es gilt allein die französischeUrbeschreibung: Körper gestreckt, wohl proportioniert, etwas niedrig gestellt. Kopf kurz, Ohren groß, Stirn vorgetrieben, Nase etwas hochgebogen, Augen groß, dunkelblau, irisierend, Haare massig lang, am Rücken gescheitelt, am Schweif sehr lang, eine Fahne bildend. Halskrause. Grundfärbung helles Creme, mit goldigen Tönen auf dem Nacken. Maske, Schweif, Ohr, Pfoten im selben tiefbraun wie bei den Siamesen. Aber die braungestiefelten Pfoten mit rein weißen Krallen. (Tafel II, Abb. 8).

Punktbewertung der Birmarasse:

Körperform und Statur 20 Kopf 15 Augen 20 Haar Ko) Färbung, Tönung, Abzeichen 20 Schweif 15

100 Punkte

II. Kurzhaarkatzen. Rasse 1) Siamkatzen.

Mittelgroß. Statur elegant, aber nicht zu langgestreckt. Pfoten klein. Kopf proportioniert, länglich, nicht allzu schmal, reichlicher Abstand zwi- schen den Augen, zwischen den Ohren leichte Einengung. Stirn flach, Nase länglich, Ohren groß, im Ansatz breit. Augen groß, von einem ausge- sprochenen, tiefen, leuchtendem Blau (Azur, Kornblumenblau), je nach dem Lichteinfall Pupille mit Rubinschimmer. Die längstens bevorzugte. Schieläugigkeit ist fehlerhaft. Haar sehr kurz, samten bis leicht strohig.: Grundfärbung gleichmäßig abgetönt, sand- bis tief rehfarben (sogen. „chocolats‘‘), darauf das abstechend dunklere Braun der scharf umgrenz- ten charakteristischen „Maske“. Verharren im Übergang von der milch- weißen. Jugendfarbe, ein Dunkeln des Grunds über die Rehfarbe hinaus, jederlei Fleckung außerhalb der Maske mindern den Wert. An der Unter- seite darf die Färbung etwas lichter sein. Der normal geformte Schweif kaum etwas schwächer als bei anderem Kurzhaar, Stummel- und Krüppel- schwanz mindern den Wert je nach dem Grad der Mißbildung. (Es kom- men leicht innere Defekte pathologischer Natur hinzu.)

Die Rasse stammt aus Siam, doch ist alles, was über dortige ‚„Tempel- oder Palastkatzen‘‘ geschrieben wird, Händlerlegende und von den Siame-

F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen 7

sischen Gesandtschaften mehrmals dementiert worden. Die Auslese wird Europäern verdankt, ihnen folgten Einheimische als Züchter erst nach. In einem original siamesischen, Katzenbilderbuch mit Beschreibungen von vor etwa anderthalb Jahrhunderten. fehlt die „Siamkatze‘. Direkt impor- tierte Stücke sind in der Regel plumper gebaut mit einem Stich ins tief Olivgrüne der Grundfarbe. Es ist bemerkenswert, daß sich Stücke bei uns, die viel frei laufen, dieser Färbung nähern können. Man sollte sich über die Bewertung solcher Tiere schlüssig werden. (Tafel Il, Abb. 7).

Punktbewertung der Siamrasse:

Körperform und Statur 15 Kopf 15 Augen 20 Haar PrRo Färbung und Tönung EG Abzeichen („Maske“) 15 Schweif Io 100 Punkte

Rasse 2) Kurzhaartigen. Gedrungen, stämmige Beine, kurzer kräftiger Nacken, relativ kurzer,

gern etwas buschig endigender Schweif. Auf Kraft und Größe zu züchten. Breiter Oberkopf, kurzer Gesichtsteil mit breit endigender Schnauze. Nase

gerade oder leicht hakig, Stirn zur Nase gestuft, aber nicht vorgetrieben, Ohren dürfen relativ klein, auch etwas schmal sein. Die Streifung erklärt der Name. Sie darf durchgezogen oder unterbrochen sein. Übergänge hier- in und in der Grundfärbung entwerten nicht, doch erhalten typische Ver- treter der verschiedenen Schläge den Vorzug. Nur die Vermengung der Rottigerfärbung mit den übrigen entwertet. Bei a—c sind ein kleiner wei- Ber Kehl- (bzw. Brust-) fleck zulässig, bei a gilt er als Vorzug, bei f aber als wertmindernd. |

Schwere „Tiger“ führen oft Blut der nordischen Wildkatze, der Neben- stammart unserer Hauskatzen. Hierauf nehmen die Angaben des Standards Rücksicht. |

| Schläge der Kurzhaartiger: arWildtarbtiger,

Strohiges, wildkatzenmäßiges Haar, .Ohren innen kräftig behaart, Streifung meistens unterbrochen und wenig abstechend. Grund mehr oder weniger fahlgrau, ‚Zonenfarbig‘‘ am Haar, mit Einschlag von gelblichem, schwach rötlichem oder bräunlichem Ton. Augen grün, je nach der Grund- farbe auch ins Gelbliche. Kurzer, am Ende leicht . buschiger Schweif. (Tafel II, Abb.. 5).

6) Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd.20, 1952 (1954)

Punktbewertung Jür Wildjarbtiger:

Körperform und Statur 25 Kopf 25 Augen Ko) Haar 10 - Muster und Färbung 15 Schweif 15

100 Punkte b) Schiefer tiger. Haar besser etwas rauh als glatt. Streifung stärker abgehoben als ir

vorigen. Grund schiefergrau. Augen grün. Punkteskala wie bei a. (Tafel II, Abb. 6). Ä

OSlIbienieitere rn Zucht auf Farbton hier wichtiger als auf Größe. ee Silberton, wo- von sich die Streifung scharf abheben soll. Weicheres Haar. Augen grün- lich. Schweif darf etwas schmächtiger sein als bei den vorherigen Schlägen. Punktbewertung jür Silberliger: |

Körperform und Statur 20 Kopf 25 Augen u nie Er SEO: Haar. . | 10 Muster und Farbe 25

'Schweif | 10 d) Blautiger. Ä | |

Grundfarbe die einer „silberblauen‘‘ Einfarbkatze. Haar wie beim Sil- bertiger. Augen grünlich bis tief gelb. Punkteskala wie beim Se e); Brauntiger.

Starker Einschlag von Schokoladenbraun im Grau. Haar leicht strohig bis samten. Der Basalteil des Haares darf hell sein wie bei „Rauchkatzen‘“, doch. muß das Muster deutlich hervortreten. Augen orange, ambra, bei viel erau in der Grundfarbe auch gelb bis grün. Punkteskala S. Silbertiger. f). Rottiger.

.. .. Rotbraune Streifung auf gelbem oder rotgelbem Erd Haan lieber leicht strohig als zu weich. Auf kräftige Ausprägung des Musters ist. sehr zu achten, wie auf typische Tigerkopfform. Beide lassen bei dieser Va- riante oft nach. Augen gelb, orange, ambra.

Punktbewertung für den Re

Körperform und Statur rt Kopf ° 25 Augen), 10 Haar No _ Muster und Farbe 6.26) Wer Ba me ua en

ı00 Punkte - .::

F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen 19)

Rasse 3, Rurzhaarmarmor.

Körperform stattlich, aber nicht zu schwer und gedrungen. Beine mit- telhoch, Nacken mäßig kräftig, Kopf hoch getragen. Mittellanger und -kräftiger, nicht buschiger Schweif. Stolze Gesamterscheinung. Oberkopf leicht gewölbt, Stirn mit nur geringem Absatz zur Nase. Schnauze ge- streckt, ohne sich zuzuspitzen. Eindruck eines ‚großen Gesichts“. Das eigen- tümliche Zeichnungsmuster muß typisch ausgeprägt sein. Die ‚Schleife‘ kann einen hellen Hof umschließen mit oder ohne dunklen Binnenfleck, sie darf auch ausgefüllt sein. Ihr unterer Bogen darf geschlossen oder nahe seinem Ansatz vorn leicht unterbrochen sein. Das Marmormuster läßt noch

Abb. 1. Marmorrasse, Schemata des Musters (nach Brooke, ergänzt von

F.Schwangart). mehr Varianten zu, doch muß stets die Grundform, besonders die Schleife, deutlich erhalten bleiben. Der Rücken soll bei dieser Rasse drei parallele Längsstreifen tragen. Diese dürfen auch zu einem breiten Band verschmel- zen. Die Zeichnungsmuster der beiden Seiten sollen möglichst symmetrisch sein. Das Haar muß Samtcharakter tragen oder doch sich ihm nähern. Die Farbschläge gehen mit denen des Kurzhaartigers einig. Der Färbung nach am schönsten erscheint mir der Silbermarmor und der Rotmarmor, wenn bei ihm das Muster stark genug absticht. Es neigt zum Verblassen wie beim Rottiger.

Eine noch offene Frage ist die der Veränderung dieses Musters im Lauf der Lebenszeit. Ich habe wiederholt Verschlechterungen davon beob- achtet. Das würde die Rasse als solche nicht aufheben, aber es müßte be- rücksichtigt und hinsichtlich der Bedingungen seines Vorkommens unter- sucht werden. Das Marmormuster beruht auf domestikativer Mutation. -

10 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954)

Punktbewertung für alle Varianten des Kurzhaarmarmors:

Körperform und Statur 20 Kopf 20 Augen Io Haar Io Muster und Färbung 30 Schweif Io

1i0oo Punkte

Rasse Al Schlankrasse (Aeyprerse

Körperform: Gegenstück zum Kurzhaartiger. Ausgesprochen schlank, hochbeinig, feingliedrig. Schlanker, etwas gebogener Hals. Langer, dünner, durchweg glatter Schweif. Kopf hochgetragen, schmal, Scheitel etwas em- porgewölbt, Stirn ohne Absatz zum Nasenrücken. Dieser gerade oder leicht gesattelt. Schnauze langgestreckt, sich stark zuspitzend. Ohren groß oder etwas länglich und schmal. Augen wie schräg gestellt. Haar samten, nicht strohig. Keines der Zeichnungsmuster darf auch nur angedeutet sein, da- gegen sind alle Farben, einfarbig oder in Scheckung zulässig, auch „Rauch- farbe‘, sofern keine Zeichnung damit verbunden ist. Hinsichtlich der Far- benwahl geht einfarbig vor Scheckung. Schwarz und blau’ wirken be- sonders günstig und werden mit Recht bevorzugt. Hierin sind schöne erb- feste Linien vorhanden. Der Farbe geht aber stets in der Bewertung die Form hier vor. Blauschlank darf „stahl- oder silberblau‘ sein. Die Augen- farbe richtet. sich nach der Fellfarbe. (Tafel III, Abb. 10—12).

Punktbewertang der Schlankrasse aller Farben:

Körperform und Statur 30 Kopf 30 Augen Io Haar Ko) Färbung 10 Schweif Io

100 Punkte

Rasse 5) Kartäpser.

Groß, schwer, gedrungen. Stämmige Beine. Kurzer, kräftiger Nacken. Kopfhaltung mehr waagerecht. Relativ kurzer, aber nicht buschiger Schweif. Kopf breit, schwer, große Ohren. Stirn zur Nase gestuft, Schnauzenteil kurz, breit. Einzelheiten der Gesichtsform noch in Erwägung. Haar mög- lichst samtartig. Färbung blau; „Stahl- und Silberblau“ a Augen bernsteingelb.

Diese Rasse ist streng von der Blauschlanken (II, 4) auseinanderzu- halten. Zwischenformen sind auszuschalten. Der Kopf des Kartäusers darf nicht die ausgebildeten Merkmale eines Perserkopfes annehmen. Die Ab- stammung muß von reinem Kurzhaar sein. Die beliebte Kreuzung von blauem Langhaar, um die Form zu übertreiben, ist unstatthaft.

F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen 11

Punktbewertung für. Kartäuser:

Körperform und Statur 25 Kopf 25 Augen Io Haar Io Färbung 20 Schweif Io

100 Punkte

Rasse 6) Abessinier.

Knapp mittelgroß, feingliedrig, aber nicht langgestreckt oder hoch- beinig. Bewegungsweise zierlich. Kopf dem Gesamtbild der Statur entspre- chend. Mittelschlank, nicht langschnauzig. Relativ großer Abstand zwischen den Augen, relativ geringerer zwischen den Ohren (ähnlich den Siams). Auf diesen deutliche Pinselbehaarung. Für den Nasenspiegel verlangen Standards: fleischfarben, dunkel gesäumt. Obgleich er gerade bei dem Vor- bild, den wild lebenden, afrikanischen Falbkatzen, schwarz ist. Augen groß, rund, klar. Haar ganz kurz, dicht anliegend. Färbung hasenbraun, fein meliert mit schwarz und tiefgelb (eine Wildfärbung; Zonentarbigkeit). Schmale Schattierung längs des Rückens bis zum Schwanzende (,Aal- strich“), schwarze Schwanzspitze. Dunkler Schatten zwischen den Ohren. Unterseite abgestuft tiefgrau bis rostbraun. Innenseite der Beine rostbraun. Kein Zeichnungsmuster, auch die Beine ohne Andeutung von Streifung. Ballen und Zehenenden schwarz, von der dunklen Färbung zwischen den Zehen sieht man von oben schwarze Linien.

Diese „Abessinier‘ sind keine Exoten aus Afrika, sondern ein in man- chen Stücken den dortigen Wildkatzen ähnelndes englisches Zuchtprodukt. (Die gegenteilige Legende widerlegen Details, besonders schon die rote Nase.) Sie lassen sich ebenso z.B. aus italienischem Material gewinnen. Um eine Annäherung an den Kurzhaartiger zu vermeiden, ist streng auf Fehlen jeder Zeichnung zu achten, die als Streifung hier leicht auftritt, ferner auf Statur und Farbdetails. In reiner Beschaffenheit ist die Rasse selten.

Punktbewertung jür Abessinier:

Körperform 15 Kopf 15 Augen to Haar 25 Färbung 25

Schweif . Io 100 Punkte

12 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd.20, 1952 (1954)

Anhang

Von Kurzhaarkatzen, die nicht diesen Rassen zugehören, sind manche Gruppen in Ausstellungen zuzulassen, aber nur als Bewerber um „Schönheitspreise‘, nicht als züchtbare Schläge. Hierher gehören Einfarbige von schwerem und mittlerem Bau, ausgenommen die Kartäuser, welche rassewert sind. Ebenso zwei- und dreifarbene von mittlerem und schwerem Bau und dementsprechender Kopfform. Die Bewertung ge- schieht hier nach Grundsätzen allgemeiner Schönheit. Bevorzugt sind Ein- farbene, Schildpatts, Maskenkatzen und verwandte, symmetrisch gefärbte. Kastraten unter den Rassekatzen erhalten ebenfalls nur Schönheitspreise. Auszuschließen sind von der Ausstellung: Tigerschecken, Marmorschecken, getigerte oder marmorierte ausgesprochene Schlanktiere, mehrfarbig, flächig gefärbte mit mehr als der Hälfte der Körperfläche in Weiß. Die Ausstel- lung solcher Tiere gefährdet die Rassebegriffe oder ist konstitutionell' ab- träaglich.

Aus den zur Schönheitskonkurrenz zugelassenen Sorten lassen sich vielleicht einmal Rassen gewinnen. Ihre Zulassung bedeutet indessen jetzt eine Konzession an ein züchterisch noch nicht sicheres ausstellendes Publikum.

Gräfelfing 1949.

Tajelerklärung

Tafel I, Abb. 2. Hochzuchtperser (blau), „Michael of Allingion‘‘. Bes.: Margarete Risch +7, Dresden. Foto: „Dresdner Werkstätten‘“. Abb. 3. Deutsch Langhaar ‚Fuchs von der Rheinburg‘‘, Bundessieger 1932. Bes. Dr. med. Heine, Leipzig. Abb. 4. Derselbe Kopf von vorn.

Tafel Il, Abb. 5. Wildfarbner Kurzhaartiger ‚Silvester‘. Bes. Ernst Braun +, Berlin. Foto O. K. Vogelsang, Berlin. Mehrfacher Ausstellungssieger. Abb. 6. Grautiger ‚Simson‘. Bes. Joseph Lesti, Wien. Kurzhaarsieger dortselbst 1932. Kopfprofil. Abb. 7. Siamkatzen, Zwinger Frau E. Sacher-Petri, Breslau, ‚‚Foto- Knapp‘, Breslau. Abb. 8. Birmakatze. Aus der ‚‚Revue Feline de France‘ (Clichy-Seine 1931), Stamm ‚de Madalpour‘“.

Tafel III, Abb. 9. „Peterle‘‘ (stahl-) und ‚‚Mausi’ (silberblau) „von Kantheim‘‘. Kartäuser. Bes. Alma Hansen, Kiel. Fot. A. Lehmann, Kiel 1931. Abb. 10. Schlankrasse, schwarz (‚Ägypter‘). Kater ,‚Moro‘“. Bes. Geheimrat Dr. KarlWoermann 7, Dresden. Foto Atelier Ursula Richter, Dresden. Abb. 11. Schlankrasse, schwarz (,‚Ägypter‘‘). Katze ‚‚Maja‘. Bes. Frau Alma Schulze, Dresden. „Dresdner Fotogr. Werkstätten‘. Abb. 12. Schlankrasse, schwarz (‚Ägypter‘). Katze ,„Nerina von der Josef- stadt‘. Bes. Dr. Stephan Zimmermann, Wien. CAC und ‚Ehrenpreis der Stadt Wien‘‘ 1952. Aufn. Dr. Br. M. Klein, Wien 2. 8. 1952.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954) 13

2.) Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltafien (Cebus apella L. und Alouatta caraya Humboldt) Von Friedrich Kühlhorn (München)

Einleitung.

Das Problem der biologischen Gefügegesetzlichkeit hat, wie aus einer zusammenfassenden Arbeit von B. Rensch (1948) zu ersehen ist, für hei- mische Säuger schon eine weitgehende Bearbeitung erfahren. Dagegen sind tropische Säugetiere in dieser Hinsicht bisher noch verhältnismäßig wenig untersucht worden. Diese Tatsache veranlaßte mich zu einer Zusammenstel- lung meiner während der Teilnahme an der von Herrn Prof. Dr. H. Krieg geleiteten Südamerika-Expedition 1937/38 gesammelten biemetrischen Un- tersuchungsergebnisse.

Der Teilverlust meiner Säugerausbeute infolge der Kriegsereignisse und die Lückenhaftigkeit der mir noch verbliebenen, von meiner Mutter gerette- ten wissenschaftlichen Aufzeichnungen 'ermöglichen leider keine Gegenüber- stellung der gefügegesetzlichen Verhältnisse vergleichbarer Arten, wie sie z.B. von R. Hesse (1921) und B. Rensch (1948) für verschiedene Säuger der gemäßigten Zone vorgenommen wurde. Aus diesem Grunde sollen die beiden untersuchten Affenarten in Einzeldarstellungen behandelt werden, welche die individuelle Variabilität, die Entwicklungsstufen und das Verhält- nis der Geschlechter zueinander hinsichtlich der Organproportionen veran- schaulichen. Da für mich kaum eine Möglichkeit bestehen dürfte, in den da- mals bereisten Gebieten Süd-Mattogrossos Ergänzungsuntersuchungen an Tieren aus freier Wildbahn vornehmen zu können, ist es nur auf diese Weise möglich, das mühsam zusammengetragene Zahlenmaterial einer Auswertung zuzuführen und so die Grundlage für die noch ausstehende umfassende Be- arbeitung derartiger Probleme an tropischen Affen zu geben. Bei den oft großen Schwierigkeiten, in unberührten Urwaldlandschaften umfangreichere Serien von einer Art mit allen Entwieklungsstadien erbeuten und unter ex- peditionsmäßigen Verhältnissen exakt meßtechnisch bearbeiten zu können, wird es einem einzelnen auch in Zukunft kaum möglich sein, dort allein für die Ableitung allgemeingültiger Regeln zahlenmäßig ausreichende Individuen- reihen in freier Wildbahn zu untersuchen. Aus diesem Grunde hat auch die Veröffentlichung nach anerkannten Methoden (R. Hesse 1921, B.Rensch 1945 u. a.) gewonnener Einzelergebnisse als Ergänzung unserer Kenntnisse auf diesem Gebiete ihre Berechtigung.

Wie aus der einschlägigen Literatur zu ersehen ist, werden bei heimi- schen Säugern im allgemeinen sehr kleine Untersuchungsreihen (meist unter

14 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

20 oder 10 Individuen) als ausreichend für die Ableitung gefügegesetzlicher Regeln angesehen. Dieses Verfahren ermöglicht keine wirkliche Berücksichti- gung der individuellen Variabilität und ist höchstens dann berechtigt, wenn vergleichbare Arten ein ähnliches Verhalten zeigen.

Diese Vergleichsmöglichkeiten fehlen aber vorläufig noch für tropische Wildsäuger. Da die individuelle Variabilität gerade bei Kapuzineraffen sehr groß sein kann, muß ich vorläufig davon Abstand nehmen, sich in den Organ- proportionen nur andeutende Gesetzmäßigkeiten als regelhaftes Verhalten aufzufassen. Das gilt vor allem für die Fälle, in denen stark von der allge- meinen Tendenz abweichende Verhältniswerte keine Entscheidung darüber zulassen, ob eine sehr große individuelle Variabilität eine in Wirklich- keit bestehende allgemeine Regelhaftigkeit verschleiert (wie z.B. R. Hesse für das Herzverhältnis einiger Säuger zeigen konnte) oder aber andere Fak- toren für die Unregelmäßigkeiten in der Wertefolge verantwortlich zu machen sind. Beim Vorliegen derartiger Verhältnisse wird deshalb nur das jeweilige Verhalten der Organproportionen ohne eine weitere Ausdeutung angegeben.

Methodisches.

Die in dieser Arbeit behandelten Affen wurden durch Abschuß erbeutet und möglichst bald nach dem Aufhören der Totenstarre untersucht.

Die Wägungen erfolgten mit einer Handwaage, einer analytischen Waage und bei höheren Gewichten mit einer fein unterteilten Federwaage, nachdem der Magen- und Darminhalt, bei der Leber die Gallenflüssigkeit und das in den Herzkammern enthaltene Blut nach der von R. Hesse (1921) angegebe- nen Methode entfernt worden waren.

Das Fettgewicht fand nur bei besonderem Fettansatz Berücksichtigung, weil dieser bei den untersuchten Affen wie auch bei den meisten tropi- schen Säugern mit Ausnahme mancher Wasserbewohner und der Beutelratten im allgemeinen nicht besonders ausgeprägt war.

Für die Längenmessungen wurden eine Schublehre mit Nonius, ein Me- tallineal und ein Stahlbandmaß verwendet.

Der große Zeitaufwand, der für exakte Messungen und Wägungen mit allen ihren Vorbereitungen erforderlich ist, erlaubte bei den sehr vielseitigen Expeditionsaufgaben nicht bei jedem erbeuteten Stück derartige Unter- suchungen. Außerdem mußte auch deshalb oftmals darauf verzichtet werden, weil das Material infolge zu weiter Jagdgänge nicht mehr frisch genug war. Aus diesen Gründen ist es leider nicht möglich gewesen, die gesamten ge- sammelten Serien auf ihre biometrischen Verhältnisse hin zu untersuchen, woraus sich neben den schon oben erwähnten Ursachen die Unvollständigkeit mancher Tabellenwerte erklärt.

Ein Vergleich der entsprechenden Organe der einzelnen Individuen ist nur durch die Ermittlung der Relativwerte (Verhältnis von Organgewicht

FR. KUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 15

bzw. -Länge : Körpergewicht [Kgw.] bzw. Kopf-Rumpflänge [KR]) möglich. In Anlehnung an R. Hesse (1921) bezeichne ich die Relativzahlen der ein- zelnen Organe der Kürze halber als Leber-, Nieren-, Milz- und Herzver- hältnis. Sämtliche Relativgewichte sind als auf das Nettogewicht des Körpers (nach Abzug des Magen-, Darm- und Blaseninhaltes) bezogen zu verstehen.

In manchen Arbeiten, die sich mit gefügegesetzlichen Problemen beschäf- tigen, findet man häufig auch für größere Tiere das Körpergewicht bis auf cg angegeben. Dadurch wird eine Genauigkeit vorgetäuscht, die kaum zu er- reichen ist, wenn man bedenkt, wieviele Fehlerquellen meßtechnisch über- haupt nicht ausscheidbar sind. So dürfte z.B. schon eine verschieden dichte Behaarung, nicht aufgefundene Schrotkörner (bei geschossenen Stücken), die nur unvollkommen mögliche Entfernung des Fettes usw. bei Gegenüberstel- lung von zwei sonst hinsichtlich des Alters, Geschlechtes, Fundortes und der Erbeutungszeit vergleichbaren Individuen den Wert von Kommastellen bei den Körpergewichten ziemlich fraglich erscheinen lassen. Aus diesem Grunde wurde das Körpergewicht der von mir untersuchten Affen in den Tabellen nur bis auf Gramm genau angegeben.

R. Hesse (1921) und andere Autoren geben vielfach das Körpergewicht vor allem bei größeren Tieren in vollen Gramm an, während bei den Relativ- werten zwei Kommastellen berücksichtigt werden. Diese Kommastellen sind (auch wenn die Organgewichte bis auf mg genau bestimmt wurden) streng genommen als nicht völlig gesichert anzusehen. Um zu willkürliche Abrun- dungen zu vermeiden, habe ich trotzdem die Relativzahlen auf eine (erhöhte) Kommastelle berechnet.

Um das Artverhalten in gefügegesetzlicher Beziehung zu kennzeichnen, werden von R. Hesse (1921) und anderen Autoren Mittelwerte errechnet. Diese Mittelzahlen gründen sich vielfach auf die Untersuchung verhältnis- mäßig weniger Individuen und fassen nicht selten Werte von Tieren beiderlei Geschlechtes zusammen. Da hinsichtlich der Organproportionen gelegentlich auch geschlechtsmäßige Unterschiede auftreten, ist eine Zusammenfassung der Längen- und Gewichtsmaße von Weibchen und Männchen zu einem ge- meinsamen Durchschnittswert der Art höchstens nach Prüfung eines sehr großen Materiales vertretbar. Diesem Umstand ist aber nicht von allen Be- arbeitern solcher Fragen in gebührender Weise Rechnung getragen worden.

Obwohl z.B. mein Material von Cebus apella L. zahlenmäßig bedeutend größer als das vieler bisher untersuchter Arten aus der gemäßigten Zone ist, verzichte ich im allgemeinen auf die Angabe von Mittelwerten, weil die im- merhin noch kleine Serie den Umfang der individuellen Variation nicht exakt darzustellen vermag.

Material.

In der vorliegenden Arbeit werden die ermittelten Meßwerte von 25 In-

dividuen (14 Männchen, 11 Weibchen) von Cebus apella L. und von 5 Exem-

16 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

plaren (4 Männchen, 1 Weibchen) von Alouatta caraya Humboldt, sowie Beobachtungen über die körperliche Entwicklung eines etwa im Alter von 4—6 Wochen erbeuteten Saugjungen von Cebus apella L. (im Verlaufe eines halben Jahres) vergleichend zur Darstellung gebracht.

Cebus apella L. (Faunaffe, Kapuzineraffe) Umweltverhältnisse.

Die Voraussetzung für eine Beurteilung der Bedeutung der gefügegesetz- lichen Beziehungen zwischen den Körpergewichten bzw. -Maßen und den Organgewichten bzw. -Maßen ist die Kenntnis der Umweltverhältnisse und der Lebensweise der zu untersuchenden Art.

Das von uns bereiste Gebiet Süd-Mattogrossos (Raum zwischen 21° 37’ und etwa 24° südl. Breite und zwischen dem 34° westl. Länge und dem Rio Paranä), in dem die in dieser Arbeit zusammengestellten Untersuchungen gemacht wurden, liegt in den Randtropen und zeichnet sich durch ein perio- disch trockenes Savannenklima (AW Köppens) aus. Dieses ist durch eine ausgesprochen heiße Regenzeit charakterisiert, die von einer sehr regenarmen, kühleren Trockenperiode abgelöst wird.

Cebus apella L. wurde nur in den Feuchtwäldern der weiten Talmulden des Tieflandes angetroffen. In den Capoes, den mehr oder weniger hygro- philen Waldinseln der trockneren Hochlandsavanne, schien er dagegen zu fehlen.

Die Feuchtwälder stellen ein ziemlich konstantes Milieu mit üppigem Pflanzenwuchs dar, das aber bezüglich seiner klimatischen Verhältnisse in vertikaler Richtung keinesfalls völlig gleichartig ist. Das gilt nicht allein für die relative Luftfeuchtigkeit, sondern in ganz besonderem Maße auch für die ‚Luftbewegungsverhältnisse und die Temperaturschwankungen, die in Boden- nähe erheblich geringer als in Baumkronenhöhe sind. Als Beispiel für die großen Temperaturunterschiede, die in den Randtropen auftreten können, möge nur erwähnt werden, daß die Temperatur schon wenige Meter über dem Boden in Waldlichtungen während der kühleren Trockenzeit nachts bis auf +6°C absinken und in den heißen Mittagsstunden bis auf weit über +30°G ansteigen kann (F. Kühlhorn 1952). Diese bemerkenswerten Schwankungen, die in größerer Höhe z.B. in der Baumkronenregion unter Umständen noch ausgeprägter sein werden, bleiben naturgemäß nicht ohne Einfluß auf den Organismus der hier lebenden Tiere. Die reinen Baum- bewohner sind diesen wechselnden klimatischen Einflüssen natürlich mehr ausgesetzt als die Bodentiere, die in ihren Unterschlupfen derartigen Einwir- kungen weitgehend auszuweichen vermögen. So ließ sich ganz allgemein bei Cebus mit Beginn der kühleren Trockenzeit ein Dichterwerden des Haar- kleides und eine Zunahme der subkutanen Fettablagerungen unter der meist weniger behaarten Bauchdecke beobachten. Solche auffallenden Veränderun-

FR. KUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 17

gen zeigten z.B. die bodenlebenden, stark an den Wald gebundenen Agutis (Dasyprocta azarae Licht.) nicht.

Es ist nicht ausgeschlossen, daß die gefügegesetzlichen Verhältnisse der einzelnen Arten von Cebus sehr wechselnd sind, weil das Verbreitungsgebiet dieser Gattung eine außerordentlich weite Nord-Süderstreckung hat und ver- schiedene, klimatisch nicht einheitliche Räume umfaßt. Da entsprechende Untersuchungen an anderen Cebusarten nicht vorliegen !), ist augenblicklich eine vergleichende Untersuchung in dieser Richtung nicht möglich.

Nahrung von Cebus apella L.

Wie schon von den Untersuchungsergebnissen heimischer Säuger bekannt ist (B. Rensch 1948), steht die Art der Nahrung offenbar vielfach in einem gewissen Zusammenhang mit der Ausbildung mancher Organe des Stoffwech- sels. Aus diesem Grunde ist eine genauere Analyse der Hauptnahrungs- bestandteile für jede auf ihre gefügegesetzlichen Zusammenhänge zu prüfende Art erforderlich.

Nach den von mir an Magen- und Darmuntersuchungen gewonnenen Er- gebnissen ernährt sich Cebus apella L. von Blättern, Früchten, Samen und Insekten. Die Vorliebe für Frischfleisch, die ich während meiner Volontär- zeit am Zoologischen Garten Köln bei Kapuzineraffen verschiedener Arten feststellen konnte, rechtfertigt die ebenfalls von M. Weber (1928) ausge- sprochene Vermutung, daß Cebus baumlebende Wirbeltiere (z. B. Jungvögel), wie auch Eier, nicht verschmähen dürfte. Die vergleichende Betrachtung aller Magen- und Darminhalte deutet darauf hin, daß sich Cebus apella hauptsächlich von Vegetabilien ernährt. Der immerhin beträchtliche Anteil tierischer Nahrungsbestandteile läßt aber einen Vergleich der biometrischen Verhältnisse mit. denen der rein herbivoren Alouatta caraye Humboldt als nicht angebracht erscheinen. Daher werden beide Arten in dieser Arbeit ge- sondert behandelt.

Bemerkungen zur altersmäßigen Zusammensetzung der Cebus-Horden.

Für die Beurteilung der biometrischen Verhältniswerte spielt die Kennt- nis des Entwicklungszustandes der untersuchten Tiere eine sehr große Rolle, weil die Organproportionen jugendlicher Individuen vielfach sehr stark von denen adulter abweichen,

d. R. Rengger (1830) bezeichnet als „erwachsen“ bei Cebus alle In- dividuen, die den Zahnwechsel beendet haben. Bei den Weibchen ist damit nach meinen Feststellungen die Geschlechtsreife (nach Rengger im Alter von zwei Jahren) gegeben. Wie weit das auch für die Männchen der Fall ist, läßt sich bei so schwer beobachtbaren Tieren aus freier Wildbahn kaum

1) Die von A. H. Schultz (1947) angeführten Maße von Cebus capucinus sind we- gen fehlender genauerer Angaben über die altersmäßige Zusammensetzung der unter- suchten Serie nicht zum Vergleich mit meinen Werten geeignet.

18 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

sagen. Rengger gibt an, daß die Männchen etwa im Alter von 2%, Jahren mannbar werden.

Nach beendetem Zahnwechsel ist es bei Wildtieren dann oftmals außer- ordentlich schwer, Aussagen über das ungefähre Lebensalter zu machen. Neben dem (allerdings aus verschiedenen Gründen nicht immer stichhaltigen) Abnutzungsgrad der Zähne kann (wenn das Skelett nicht zur Untersuchung vorliegt) die mehr oder weniger fortgeschrittene Verschmelzung der Schädel- nähte Hinweise in dieser Richtung geben. Wie schon R. Martin (1928) be- tonte, ist aber die Altersbeurteilung bei Cebus nach dem Obliterationsgrad der Schädelnähte mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, weil sich z. B. die für derartige Feststellungen besonders wichtige Sutura coronalis häufig über- haupt nie oder ganz selten und dann nur teilweise zu schließen scheint, und auch alle anderen Schädelnähte sehr spät zu obliterieren beginnen. Ähnliche Beobachtungen konnte ich im allgemeinen auch an meinem Material machen.

Um einen genaueren Einblick in die altersmäßige Zusammensetzung der Cebus-Horden zu gewinnen, ist die Aufteilung des adulten Materials (In- dividuen mit vollendetem Durchbruch der permanenten Bezahnung) in zwei Altersgruppen zweckmäßig. Diese Maßnahme gestattet zudem oftmals eine bessere Beurteilung der Bedeutung der Relativwerte der Organgewichte und Körpermaße.

A. H. Schultz (1942) schlug für katarrhine Affen folgende Auf- teilung in zwei Altersklassen vor:

Als „erwachsen“ bezeichnet er die adulten Stücke mit keiner oder mitt- lerer Zahnabnutzung und als „alt‘ solche mit stark bis extrem abgeschliffe- nen Zähnen und dem Verschluß aller Schädelnähte.

Für Cebus ist diese Einteilung nicht in völlig gleicher Weise durchführ- bar, weil die Obliteration aller Nähte auch bei sehr alten Individuen viel- fach unterbleibt, wie oben schon erwähnt wurde. Die Zahnabnutzung allein scheint aber aus verschiedenen Gründen als Alterskriterium nicht geeignet zu sein. Neben dem Abnutzungsgrad der Zähne dürfte aber nach meinen Unter- suchungen der Verschluß der nach dem Durchbruch der endgültigen Zahn- garnitur in der Regel noch deutlich erkennbaren Synchondrosis sphenooceipi- talis die Möglichkeit einer Abgrenzung zweier Altersklassen bei adulten In- dividuen von Cebus apella geben. Wie die Prüfung der mir zur Verfügung stehenden Schädelserie (34 Stück) zeigte, tritt offenbar in der Regel der Ver- schluß dieser Naht erst nach einer deutlicher erkennbaren Abnutzung der permanenten Bezahnung ein. Ich bezeichne daher als „erwachsen“ (um keinen neuen Begriff in die Literatur einzuführen) solche Tiere meines Materials, die bei vorhandener Synchondrosis sphenooccipitalis eine höchstens gering- fügige Abnutzung ihrer permanenten Bezahnung aufweisen und als „alt“ im Sinne von A. H. Schultz die Individuen mit einer Synostosis sphenooceipi- talis und stärker abgeschliffener 2. Dentition.

FR. KÜHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 19

Die bejagten Cebus-Horden setzten sich abgesehen von einem großen Prozentsatz infantiler und besonders juveniler (A. H. Schultz 1942) Stücke vorwiegend aus „erwachsenen“ Individuen zusammen, während in der Regel Vertreter der älteren Jahrgänge erheblich seltener waren. Durch Ent- wicklung einer besonderen Jagdmethode gelang es vielfach mit absoluter Sicherheit, den Leitaffen (mit einer Ausnahme war es ein Männchen) zu er- beuten. Wie die Durchsicht der Leitaffen-Serie zeigte, befanden sich darunter nur ganz wenige „alte“ Individuen, während die Hauptmasse durch „er- wachsene“ Stücke gestellt wurde. Wie weit hier eine Zufälligkeit vorlag, kann nicht entschieden werden. Immerhin ist es bemerkenswert, daß es mir niemals wie ab und zu bei Alouatta caraya Humboldt gelang, Ein- zelgänger von Cebus zu beobachten. Alle einzeln angetroffenen Individuen dieser Art waren nachweislich Stücke, die aus irgendwelchen Gründen (z.B. Bejagung) von der Horde abgetrennt worden waren. Trotzdem muß man wohl annehmen, daß auch bei Cebus sehr alte Männchen, die sich in ihrem Ver- band nicht mehr durchsetzen können, zu Einzelgängern werden.

Die für die adulten Männchen in dieser Arbeit angegebenen Meßwerte beziehen sich durchweg auf „erwachsene“ Stücke, von denen allerdings einige eine beginnende Synostosis sphenooceipitalis aufwiesen. Nach dem Ab- nutzungsgrad der Bezahnung konnte man diese Individuen aber noch keines- falls der 2. Altersklasse zuordnen.

Die Betrachtung der Weibchen-Reihe zeigte, daß die 2. Altersgruppe im allgemeinen stärker als bei den Männchen vertreten zu sein scheint. Inter- essant war die Tatsache, daß es sich bei Nr. 9, wie auch bei der Mutter (Nr. 28) unseres aufgezogenen Jungaffen Nr. X, um sehr alte Tiere mit fortgeschrittener Verwachsung aller Schädelnähte und stark abgenutzten Zähnen handelte. Ein Zeichen dafür, daß die Weibchen offenbar sehr lange fortpflanzungsfähig bleiben können.

Die übrigen in dieser Arbeit untersuchten adulten Weibchen entsprechen bezüglich der Gebrauchsspuren an den Zähnen und dem Öbliterationsgrad der Schädelnähte den Verhältnissen der „erwachsenen“ Männchen-Serie.

Gefügegesetzliche Untersuchungen.

A. Skelett und Körpergewicht. a) Verhältnis der Kopf-Rumpflänge (KR)2) zur Schwanz- länge (SL) 2). | Männchen: Bei einem männlichen Embryo betrug die KR 66mm und die SL 46 mm (Kgw. 18g). Nach J. R. Rengger (1830) hat auch der Säugling von Cebus noch einen im Verhältnis zur KR kürzeren Schwanz. Das deckt sich mit der

”) KR = Goathion letzter Sacralwirbel, SL = 1. letzter Caudalwirbel.

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bekannten Tatsache (E. Mohr, 1927), daß die Neugeborenen langschwänzi- ger Säuger im allgemeinen kurzschwänzig sind. Bei Cebus scheint dann aber sehr frühzeitig ein bedeutendes Längenwachstum des Schwanzes einzusetzen, wie ich an dem etwa im Alter von 4—6 Wochen erbeuteten, Saugjungen Nr. X feststellte (Tab. 1), bei dem die Entwicklung des Verhältnisses der KR zur

Tabelle. Schwanzentwicklung bei Cebus apella Nr. X ('). Kgw. KR SL SL °/, der Kgw.: KR Beobachtungstag ne a KR 5) 18. 2. 1938 270 175 175 100,0 1,54 18. 4. 1938 525 180 240 133,3 2,91 18. 5. 1938 620 210 260 123,8 2,95 8. 7. 1938 800 250 300 120,0 3,2

SL im Zeitraum von etwa einem halben Jahre beobachtet werden konnte. Am Erbeutungstage waren die KR und SL gleich. Während der nächsten acht Wochen zeigte die SL zur KR eine bedeutende positiv allometrische Zunahme, die dann später in eine allerdings schwächere negative Allometrie umschlug. Nr. 150 übertrifft Nr. X bei gleicher KR bezüglich der SL noch etwas, wohl ein Hinweis auf die schon bei Jungtieren festzustellende Variabilität der Kör- permaße, die bei den adulten Individuen vielfach noch auffälliger in Er- scheinung tritt (Tab. 2).

Die hohen SL-Verhältniswerte in der Jugend scheinen aber kein Aus- druck einer besonderen Funktionsfähigkeit dieses Organs während der ersten Lebensmonate zu sein. Bei Tieren dieser Größenordnung habe ich, wie auch Rengger (1830), nie die Benutzung des im Gegensatz zu den Alttieren meist mehr oder weniger gestreckt getragenen Schwanzes als Greifwerkzeug beobachten können. In diesem Zusammenhange soll darauf hingewiesen wer- den, daß der Schwanz längst nicht in dem Maße von den Kapuzineraffen als „9. Hand“ gebraucht wird, wie oftmals aus den Literaturangaben hervor- zugehen scheint.

Bei den älteren, noch im Zahnwechsel befindlichen Jungtieren Nr. 55 und 57 zeigt die relative Schwanzlänge Werte, die denen der erwachsenen Stücke teilweise weitgehend angeglichen sind. Das Längenverhältnis zwischen der KR und der SL bleibt demnach auch nach dem Ausklingen des Zahnwechsels bei zunehmender Körpergröße abgesehen von der individuellen Variabilität

mehr oder weniger gleich.

®) Der Quotient zeigt das unterschiedliche Verhältnis von Körpergewicht : Kopf- Rumpflänge in den einzelnen Entwicklungsstufen und bringt den Wechsel von Längen- und Breitenwächstumsphasen zum Ausdruck.

FR. KÜUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 21

Weibchen:

Von jugendlichen Weibchen liegen keine Schwanzlängenmaße vor. Die der erwachsenen Stücke halten sich mehr oder weniger im Rahmen der Rela- tivwerte der entsprechend entwickelten Männchen.

b) Beziehungenzwischender KRunddemKörper- gewicht (Kgw.).

Interessant sind die Beziehungen zwischen der KR und dem Kgw. bei dem aufgezogenen Jungaffen Nr. X. Wie aus der Tabelle 1 zu ersehen ist, treten in der Entwicklung dieses Tieres deutlich verschiedene Wachstums- phasen auf. Zunächst nimmt die Körpermasse bei sich nur wenig verändern- der KR erheblich zu. An diese Breitenphase schließt sich eine zeitlich aus- gedehntere Längenphase an. Aus äußeren Umständen war es leider nicht möglich, das Tier noch weiter zu beobachten. Es muß ergänzend darauf hin- gewiesen werden, daß sich Nr. X völlig frei bewegen konnte und in den spä- teren Lebensmonaten viel in den Lagerbäumen umherkletterte. Langanhal- tende Balgereien mit seinem Spielgefährten, einem vier Monate alten Kater, sorgten außerdem noch für genügend Bewegung und Übung der Muskulatur. Bei der Ernährung des Jungaffen wurde auf möglichste Vielseitigkeit ge- achtet. In der ersten Zeit erhielt er verdünnte Kondensmilch. Später bekam, er Reis und Bohnen in gekochtem Zustande, Brot und Fleisch (roh oder ge- kocht), Fisch (gekocht oder gebraten) und, wenn vorhanden, Früchte ver- schiedener Art. Außerdem fraß er bei gelegentlichen Streifzügen in den Lagerbäumen Blätter und Baumfrüchte und fing sehr geschickt Insekten mit der Hand, die er dann gierig verschlang. Nach meinen Zoo-Erfahrungen hätte eine derartige Kost bei der ausreichend vorhandenen Bewegungsmöglichkeit eher gewichtserhöhend als -mindernd wirken müssen. Es darf natürlich nicht übersehen werden, daß Nr. X vorzeitig die Muttermilch entzogen wurde und dieser Umstand möglicherweise von Einfluß auf den Verlauf der Jugendent- wicklung war. Dagegen spricht aber die Tatsache, daß das Längenwachstum,, wie der Vergleich mit Nr. 150 zeigt, offenbar normal verlief. Allerdings be- steht zwischen diesen beiden Jungaffen trotz gleicher Körpergröße doch ein ziemlicher Gewichtsunterschied. Da keine weiteren Individuen dieser Größen- ordnung erbeutet wurden und sich auch in der Literatur keinerlei Hinweise finden, läßt sich natürlich nicht beurteilen, wie weit etwa eine sehr weit- gehende individuelle Variabilität des Körpergewichtes in diesem Entwick- lungsstadium oder aber das nicht ganz normale Aufwachsen von Nr. X dafür verantwortlich zu machen ist. Es wäre andererseits aber sehr gut denkbar, daß sich Nr. 150 bei einer KR von 250mm schon in einer ausgeprägteren Breitenphase befindet als Nr. X, bei dem sich deren Einsetzen bei der glei- chen KR erst schwach andeutet.

DD DD

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

1 2 = 8 © © = ar B ee ä £ &) ea ra 150 5% 3.6.38 Zahnw. 30 0 182.38 Zahnw. I 55 19.3.38 Zahnw. II 19 % 7.2.38 Zahnw. Il 57 5% 19.3.38 Zahnw. I 54 18.3.38 IV 62° 26.23.38 533 18.3.38 IV Il nein 1.2138 22,010, 2,38 RT 36 © 19.3.38 I 20 @. 19.2236 2 0 2.38 148 5% 31.5.38 V 149) ©. 2.6.38 31 © 18.2.33 Zahnw.] 64 9 26.3. 38 32 © 18.2.38 Laktierend I 155 9 8.6.38 2007777722.36 11 28 © 15.2.38 Mutter v. X 9 Q 27.1.38 Laktierend 39,1 0:,421.3.88 147 9 31.5.38 V 1209 9.5.38 trächtig 60 © 24.3.38 Alouatta 18 5 6.2.38 Zahnw. 13 5 1.2.38 Umfärbung 21 & 7.2.38 erwachs. 17 .& 1.2.38 erwachs. 12 © 1.2.38 Zahnw. Zahnw. Im Zahnwechsel.

125 IV, V = ,Aus Herde LO: III V.aV: Körpergewicht in g.

Kgw. g

Barbie llies2: Skelettmaße, Schädelindices, Organgewichte.

Cebus apella L.

2050 2050 2200 2200 2210 2250 2420 2695 2850

caraya

2430 9600 6425 6615

3110

KR mm = Kopf-Rumpflänge in mm. SL mm = Schwanzlänge in mm.

= Lamf E E z 2 250 330 345 402 343 400 360 380 375 410 380 440 360 410 370 = 420 480 380 —_ 380 = 340 30 380 370 350 400 360 420 360 350 39 Humboldt. 380 480 512 620 550 590 422 59

Lebergewicht g

FR. KÜHLHORN, Gefügegesetzliche Urtersuchungen an Neuweltaffen

„> | Lebergewicht Sl

Nierengewicht g

Nierengewicht

S Milzgewicht g EN

SS = 1)

Milzgewicht

Herzgewicht g

gewicht

= | Kex.

\e \s

‘co 0 &

\s

wm 9 CO Ha Ha Herz

3.9

23

ww

| | Schädelindex

24 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

Aus der Tabelle2 geht hervor, daß die Beziehungen zwischen der KR und dem Kgw. bei den erwachsenen Tieren beiderlei Geschlechtes nicht ein- heitlich sind, wie das aus verschiedenen Gründen (Ernährungszustand, Jahres- zeit, Parasitenbefall, Beanspruchung durch Jungenpflege bei den Weibchen usw.) nicht anders zu erwarten ist.

Wenn man die Männchen über 3000 g Kgw. miteinander vergleicht, fällt auf, daß Nr. 24 bei einer KR von 420 mm noch leichter als manche kleineren Individuen dieser Gewichtsklasse ist. Das Stück machte keinen herunter- gekommenen Eindruck und wußte sich als Leitaffe gegenüber den anderen erwachsenen Männchen der Horde zu behaupten. In der Leber hatte das Tier einen leichten Parasitenbefall, wie auch das gleich schwere, aber kleinere Männchen Nr. 27, dessen Lebergewicht (nach Entfernung der Parasiten) sogar noch etwas höher lag. Eine körperliche Schädigung scheint demnach durch den Parasitenbefall nicht erfolgt zu sein. Nr. 24 fällt somit bezüglich des Verhältnisses zwischen der KR und dem Kgw. aus dem Rahmen der indi- viduellen Variation heraus und machte (auch im äußeren Erscheinungsbild) fast den Eindruck eines schlankeren Konstitutionstypus *). Natürlich sichert dieser Einzelbefund nicht die Annahme von Konstitutionstypen bei Cebus apella, wie sie z. B. beim Menschen (E.. Kretschmer 1929) bekannt sind. Doch weist die Beobachtung darauf hin, daß es nicht uninteressant wäre, ein zahlenmäßig großes Material von Wildsäugern der gleichen Art auf ein etwaiges Vorkommen von Konstitutionstypen hin zu untersuchen. Hierfür wären natürlich besonders Affen geeignet, weil ihre anatomischen Verhältnisse denen des Menschen sehr ähnlich sind.

In diesem Zusammenhange ist die Frage von Interesse, wie sich der Schädelindex zum körperlichen Erscheinungsbild verhält. Leider war es da- mals aus schon erwähnten Gründen nicht möglich, das gesamte Cebus- Material daraufhin zu untersuchen. Die errechneten Werte (Tab. 2) zeigen, wie schon bei oberflächlicher Betrachtung der Schädel erkennbar war, daß sich innerhalb der vermessenen Serie lang- und kurzschädelige Individuen unterscheiden lassen. Ganz allgemein erweisen sich die Männchen lang- schädeliger als die Weibchen. Das vorliegende Zahlenmaterial läßt keine Re- lation zwischen dem Schädelindex und dem Habitus erkennen.

Das halbwüchsige, noch im Zahnwechsel befindliche Männchen Nr. 150 (KR 250 mm) ist, wie nicht anders zu erwarten war, erheblich kurzschädeliger als die erwachsenen Männchen. Der Vergleich der sehr alten Weibchen Nr. 9 und 28 mit dem Männchen Nr. 150 deutet darauf hin, daß sich die Index- zahlen geschlechtsreifer Weibchen vielfach nicht weit von denen jugendlicher männlicher (und vermutlich auch weiblicher Stücke) zu entfernen scheinen.

*) Es darf aber in diesem Zusammenhange nicht unbeachtet gelassen werden, daß große Individuen häufig schlanker als kleine sind (vgl. B. Rensch, 1934).

DD OT

FR. KUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen

Es zeigen sich hier offenbar Verhältnisse, die denen des Menschen sehr ähn- lich sind; denn nach R. Martin (1928) muß als feststehende Tatsache be- trachtet werden, daß der menschliche weibliche Schädel in manchen Merk- malen dem kindlichen Typus näher steht als der erwachsene männliche. Diese Erscheinung findet nach Martin z.T. ihre Erklärung in dem früheren Ab- schluß aller Wachstumsprozesse im weiblichen Geschlecht.

B. Organgewichte.

Bisher sind vor allem die für eine Reihe von Arten typischen gefüge- gesetzlichen Verhältnisse im Hinblick auf die Gültigkeit der Größenregeln und ihre Bedingtheit untersucht worden, während das diesbezügliche inner- artliche Verhalten mit Ausnahme des Herzverhältnisses, das R. Hesse (1921) u.a. bei verschieden großen Individuen einer Reihe von heimischen Wildsäugerarten genauer studiert hat im allgemeinen weniger Beach- tung fand.

Aus Mangel an Vergleichsmöglichkeiten muß ich mich daher vorläufig im wesentlichen darauf beschränken, die Befunde bei den einzelnen Größen- gruppen der beiden geprüften Affenarten ohne den Versuch einer Ausdeutung oder den der Ableitung einer Reihenregel (vgl. R. Hesse, 1921) darzu- stellen, worauf in der Einleitung schon hingewiesen wurde.

a) Lebergewicht.

Männchen:

Aus der Tabelle 2 geht deutlich hervor, daß die jugendlichen Individuen (Nr. 19, 30, 55, 57, 150) in der Regel ein bedeutend höheres relatives Leber- gewicht als die adulten Stücke aufweisen. Das deckt sich mit den Angaben, die B. Rensch (1948) ganz allgemein über die entsprechenden Verhältnisse bei Säugern der gemäßigten Zone macht.

Die vermessene Serie erwachsener Männchen weist bezüglich der Ände- rung des Leberverhältnisses bei Zunahme des Kgw keine einheitliche Ten- denz auf, wie schon auf Grund der Gewichtsvariabilität dieses Organes (s. 0.) von vornherein angenommen werden konnte. Auch bei heimischen Säugetieren treten in dieser Beziehung Unregelmäßigkeiten in der Wertefolge der rela- tiven Lebergewichte bei verschieden schweren Individuen auf, wie dem aller- dings für die Bearbeitung solcher Fragen zu geringem Zahlenmaterial aus der einschlägigen Literatur zu entnehmen ist.

Bei dem Cebus-Männchen Nr.27 kommt die mögliche, außerordentlich weit gespannte Schwankungsbreite des Leberverhältnisses besonders deutlich zum Ausdruck.

Weibchen: Wegen der körperlichen Anforderungen, die Trächtigkeit und Jungen- aufzucht an die Weibchen stellen, ist von vornherein ein noch weniger ein-

26 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

heitliches Verhalten des relativen Lebergewichtes als bei den Männchen zu erwarten, wie auch die Tabellenwerte zeigen. Der bei den Männchen feststell- bare Unterschied im Leberverhältnis der Jung- und Alttiere ist bei den Weibchen nicht ausgeprägt. So liegt z. B. das weibliche Jungtier Nr. 31

bezüglich seines Relativwertes noch weit unter dem vieler erwachsener

Weibchen.

Die Weibehen von Cebus apella unseres Arbeitsgebietes erwiesen sich (durch laktierende Milchdrüsen) schon von einem Körpergewicht von 2050 g ab vielfach als geschlechtsreif. Derartig niedrige Gewichte, die unter denen vieler anderer erwachsener Weibchen liegen, haben wohl z.T. ihren Grund in der durch die Jungenaufzucht bedingten besonderen körperlichen Bean- spruchung.

Wie aus der Tabelle 2 hervorgeht, liegt das relative Lebergewicht träch- tiger oder führender Muttertiere z.T. erheblich über dem der unbelasteten Individuen.

Geschlechtsunterschiede im Leberverhältnis.

Durchschnittlich erreicht das relative Lebergewicht der geschlechts- reifen Weibchen einen etwas höheren Wert als das der erwachsenen Männ- chen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich diese geringen Unterschiede bei Berücksichtigung einer größeren Untersuchungsserie ausgleichen. BRensch (1945) weist darauf hin, daß bei einer ganzen Reihe heimischer Säuger- arten das durchschnittliche Leberverhältnis der Weibchen nicht höher als das der Männchen ist. Er betont deshalb, daß es noch genauer Untersuchun- gen bedürfe, um festzustellen, ob das relative Lebergewicht generell (im Sinne eines Gesetzes mit einem gewissen Prozentsatz von Ausnahmen) bei den Weibchen größer als bei den Männchen ist.

Es sei noch erwähnt, daß das Weibchen Nr.20 nicht zum Vergleich geeignet ist, weil möglicherweise der auffallend starke Parasitenbefall der Leber nicht ohne Einfluß auf ihre Gewichtsentwicklung blieb.

Jahreszeitliche Einflüsse auf das Lebergewicht.

Bei der Schilderung der Umweltverhältnisse wurde auf die Periodizität hingewiesen, die das klimatische Geschehen unseres Arbeitsgebietes be- herrscht. Die Männchen, die für derartige Vergleiche geeigneter sind, zeigten innerhalb der untersuchten Serie jedoch keinen Anhaltspunkt für eine etwaige jahreszeitliche Beeinflussung des Lebergewichtes.

b) Nierengewicht

Männchen:

Das jüngste erbeutete Männchen Nr. 150 liegt bezüglich seines rela- tiven Nierengewichtes über dem der alten Individuen.

FR. KUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen Bet

Weibchen:

Ähnlich wie bei den Männchen zeigt sich auch bei den Weibchen ein Überwiegen des Nierenverhältnisses des jugendlichen Tieres Nr.31 gegen- über den älteren Individuen. Der vermutlich gegenüber den Alttieren er- höhte Stoffwechsel der Jungaffen dürfte eine Erklärungsmöglichkeit für diesen Tatbestand bieten. |

Die erwachsenen Individuen lassen bei den Männchen, wie bei den Weib- chen kein regelhaftes Verhalten hinsichtlich des Nierenverhältnisses bei den einzelnen Gewichtsgruppen erkennen. Nach den wenigen diesbezüglichen An- gaben in der Literatur zu urteilen, scheinen die Verhältnisse bei manchen heimischen Säugern ähnlich zu liegen.

Geschlechtsunterschiede im Nierenverhältnis.

Die vergleichende Betrachtung des durchschnittlichen Nierenverhält- nisses der untersuchten Individuen läßt bei den Weibchen ein geringfügiges Überwiegen dieses Wertes über die enisprechenden der Männchen erkennen.

e) Milzgewicht

B. Rensch (1948) wies darauf hin, daß die Größe der u. a. als Speicherorgan wirkenden Milz sehr schwanken kann. Wie aus der Tabelle 2 hervorgeht, läßt sich bei den erwachsenen Männchen, wie auch bei den ge- schlechtsreifen Weibchen, keine einheitliche Tendenz im Verhalten des rela- tiven Milzgewichtes verschieden großer Individuen erkennen.

Das jüngste Männchen Nr. 150 liegt bezüglich seines Milzverhältnisses noch erheblich über dem der erwachsenen Stücke. Für die Weibchen fehlen leider in dieser Beziehung vergleichbare Werte.

Nach B. Rensch (1948) sind die relativen Milzgewichte der Weib- chen gegenüber denen der Männchen bei verschiedenen heimischen Säugern höher. Dem stehen nach demselben Autor aber auch eine ganze Anzahl von Ausnahmen gegenüber. Die untersuchten Cebus-Männchen und -Weibchen unterscheiden sich hinsichtlich ihres durchschnittlichen Milzverhältnisses in so unerheblichem Maße, daß das geringfügige Überwiegen des Durchschnitts- wertes bei den weiblichen Individuen nicht als Hinweis auf ein etwaiges ge- schlechtsgebundenes, gesetzmäßiges Verhalten dieser Organproportion ange- sehen werden kann.

Dollerzsewicht

Allgemeine Bemerkungen:

R. Hesse (1921) betont, daß das Herzverhältnis innerhalb einer Art vielfach in nicht sehr engen Grenzen variiert und nicht selten Unregelmäßig- keiten auftreten, die eine trotzdem vorhandene Gesetzmäßigkeit zu ver- schleiern vermögen (z.B. Crocidura russula-Männchen). Aus diesem Grunde

28 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

sei es nicht immer einfach, in Reihen von Herzgewichten die Abnahme der Verhältniswerte bei zunehmender Körpergröße festzustellen. Demgegenüber gibt es aber nach demselben Autor Arten, wie z.B. Igel, Wildkaninchen und Waldwühlmaus, bei denen eine derartige Regelmäßigkeit des Verhaltens ein- deutig zu erkennen ist. Wo aber solche Regelmäßigkeiten nicht ohne weiteres sichtbar werden, läßt sich nach R. Hesse fast ganz allgemein die Abnahme des Herzverhältnisses mit zunehmendem Körpergewicht erkennen, wenn man je eine Anzahl voneinander im Körpergewicht benachbarter Stücke zu Grup- pen zusammenfaßt und dann ihre Mittelwerte vergleicht. Man findet dann nach Hesse’s Erfahrungen fast immer das relative Herzgewicht bei leich- teren Individuen höher als bei schwereren.

Hesse entwickelte die „Reihenregel‘ an Säugern der gemäßigten Zone und wies in seiner grundlegenden Arbeit (1921) besonders auf die Notwendig- keit der Untersuchung tropischer Tiere in dieser Richtung hin.

Wegen der auch heute noch ausstehenden eingehenden Bearbeitung tro- pischer Säuger bezüglich dieser Probleme muß ich mangels Vergleichsmög- lichkeiten davon Abstand nehmen, den von mir bei Cebus apella gewonnenen Ergebnissen den Charakter einer Regel beizulegen, obwohl meine Serie er- wachsener Cebus-Männchen erheblich größer als das von R.Hesse zur Ab- leitung von Gesetzmäßigkeiten als ausreichend erachtete Material mancher von ihm geprüfter heimischer Säugerarten ist.

Das Herzverhältnis bei zunehmendem Körpergewicht.

Männchen:

Der Vergleich der relativen Herzgewichte der erwachsenen Männchen zeigt ein nicht ganz einheitliches Bild. Doch läßt sich bei zunehmendem Körpergewicht eine steigende Tendenz des Herzverhältnisses erkennen, wenn man die Individuen von 2425—2835g Kgw. und die von 30090—3550 g Kgw. zu je einer Gruppe zusammenfaßt und die Mittelwerte bestimmt. Für die erste Gruppe ergibt sich dabei ein durchschnittliches Herzverhältnis von 4,0 % und für die zweite ein solches von 4,8 %. Ähnliche Verhältnisse liegen auch bei der allerdings zahlenmäßig nicht sehr großen Serie erwachsener Männchen von Alouatta caraya Humboldt vor (s.d.).

Weibchen:

Auch bei den Weibchen zeigt sich ein individuelles Variieren des Herz- verhältnisses, das aber beim Vergleich der Mittelwerte der beiden innerhalb der Serie unterscheidbaren Gewichtsgruppen eine Abnahme bei steigendem Körpergewicht erkennen läßt (Gruppe 1: Kgw. 2200—2210 g Herzverhältnis 4,2 Yo; Gruppe Il: Kgw. 2400—2850 g Herzverhältnis 3,9 %). Für die Weib- chen scheint demnach die von R. Hesse (1921) aufgestellte „Reihenregel“

FR. KÜHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 29

Gültigkeit zu besitzen. Ergänzend sei noch erwähnt, daß bei dem trächtigen Weibchen Nr. 120 keine Schwangerschaftshypertrophie des Herzens festzu- stellen ist.

Geschlechtsunterschiede im Herzverhältnis.

Nach R. Hesse (1921) liegt ein Geschlechtsunterschied im Herzver- hältnis wohl sicher vor, wenn das eine Geschlecht zugleich mit dem höheren Körpergewicht das größere relative Herzgewicht hat, wenn also das Ge- wichtsverhältnis der „Reihenregel‘“ geradezu widerspricht. Nach dem vor- liegenden Zahlenmaterial scheint dieser Tatbestand für die erwachsenen Männchen von Cebus apella L. gegeben zu sein. R. Hesse stellte ent- sprechende Verhältnisse bei den Männchen einiger heimischer Wildsäuger, wie z.B. beim Maulwurf, Fuchs, Iltis und Hermelin, fest.

Herzverhältnis bei Jungtieren.

Gefügegesetzliche Untersuchungen an juvenilen Individuen sind der mir vorliegenden Literatur zufolge bisher in geringem Maße nur an heimischen Wildsäugern durchgeführt worden. Die in dieser Richtung gewonnenen Er- gebnisse lassen aber noch kein klares Bild erkennen (vgl. R. Hesse, 1921, E. Buchenrieder, 1949).

Wie weit in dieser Beziehung überhaupt bei tropischen Säugern inner- artliche Gesetzmäßigkeiten im Verhalten der Herzproportionen zu erwarten sind, kann infolge des völligen Fehlens geeigneter Vergleichsmöglichkeiten nicht entschieden werden.

Da sich die Cebus-Reihe juveniler Stücke von wenigen Ausnahmen abgesehen aus Tieren zusammensetzt, die vermutlich bald geschlechtsreif, geworden wären (Zustand des Zahnwechsels, Körpermaße), ist das Material für derartige Betrachtungen ungeeignet. Ich gebe daher die ermittelten Herz- gewichte dieser Altersgruppe ohne nähere Besprechung lediglich als Unter- lage für eine etwa später mögliche Bearbeitung dieses Problems in größe- rem Rahmen in der Tabelle 1 an.

C. Darm.

Die Messung der Darmlänge begegnet großen methodischen Schwierig- keiten, auf die W. Harder (1951) in ausführlicher Darstellung hingewiesen hat. Aus ähnlichen Erwägungen heraus wie W. Harder bediente ich mich auch der von ihm und anderen Bearbeitern angewandten Meßweise, die darin besteht, den Darm unter Belassung der Serosa und Vermeidung jeder Deh- nung vom Mesenterium zu lösen und ihn, durch die angefeuchtete Hand gleiten lassend, auf einer nassen Unterlage auszubreiten und dann die Längenbestimmung vorzunehmen.

Das Problem der Beziehungen zwischen dem Klima und der Darmlänge kann wohl als für die Säuger noch nicht endgültig gelöst betrachtet werden.

30 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

Für Vögel liegen Untersuchungen von B. Rensch (1948) vor, die zeigen, daß bei einigen Arten Vertreter desselben Rassenkreises im kühleren Klima eine relativ bedeutendere Darmlänge haben.

Die ungeheure Nord-Süderstreckung des sich über verschiedene Klima- zonen hinziehenden Verbreitungsgebietes von Cebus läßt diese Gattung für ähnliche Untersuchungen nicht ungeeignet erscheinen. Die wenigen, mir noch zur Verfügung stehenden Meßwerte vermögen allein schon wegen der Be- grenzung unseres Forschungsraumes diesen Fragenkomplex für Cebus natür- lich nicht zu klären. Die gemachten Angaben sind daher nur als Unterlagen für spätere Untersuchungen dieser Art anzusehen.

Leider befindet sich unter dem mir noch verbliebenen Vermessungs- material kein Saugjunges oder kurz vorher abgesetztes Jungtier. Für die ver- gleichende Betrachtung stehen daher nur selbständige Individuen verschie- dener Größenordnung zur Verfügung, deren Ernährung nach meinen Magen- und Darmuntersuchungen völlig gleichartig ist. Diese Tatsache ist zur Be- urteilung der angegebenen Werte nicht ohne Bedeutung.

Gesamtdarmlänge (Pylorus bis Anus).

Männchen:

Eine deutlich erkennbare Variabilität der Darmlänge, wie man sie in Serien erwachsener gleichgroßer Individuen mancher heimischer Wildsäuger innerhalb der gleichen Art oftmals feststellen kann, findet sich auch bei der daraufhin untersuchten Reihe geschlechtsreifer Männchen von Cebus apella L., wie der Vergleich von Nr. 11, 148 und 149 zeigt (Tabelle 3). Die Betrach- tung der Wertefolge gibt daher auf den ersten Blick ein etwas unklares Bild des Verhaltens der Darmlänge bei zunehmender KR. Wenn man aber (ähn- lich wie beim Herzgewicht) die vergleichbaren Stücke Nr. 11, 148 und 149. zu einer Gruppe zusammenfaßt und den Durchschnittswert (722,7%) er- rechnet, zeigt sich eine deutliche Zunahme des Relativwertes der Gesamt-. darmlänge bei steigender KR.

Weıibehen:

Die Weibchen-Reihe zeigt ebenfalls eine zunehmende Tendenz der rela- tiven Darmlängenwerte bei steigender KR.

Die untersuchten Männchen- und Weibchen-Serien sind angesichts der Variabilität dieses Organes zahlenmäßig zu gering, um aus dem gleichsinnig gerichteten Verhalten der Relativzahlen eine Regelhaftigkeit ableiten zu können.

Geschlechtsunterschiede im Darmverhältnis.

Nach B. Rensch (19438) sind die Därme der Weibchen mancher Säu- gerarten durchschnittlich etwas länger als die der Männchen. Rensch betont, daß diese Feststellung nur provisorischen Charakter habe und eine endgültige

FR. KÜUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen sl

Entscheidung erst nach Untersuchung eines umfangreicheren Materials mög- lich sei. Bei der untersuchten Cebus-Serie erreichen die Weibchen durch- schnittlich etwas größere relative Darm-Längenwerte, eine Beobachtung, die in diesem Zusammenhange nicht ohne Interesse ist.

Aloutta caraya Humboldt (Schwarzer Brüllaffe)

Umweltverhältnisse.

Der Schwarze Brüllaffe scheint nach meinen Beobachtungen in seinem Vorkommen innerhalb unseres Forschungsgebietes auf die feuchten, gewässer- nahen Niederungswälder der Talmulden des Tieflandes beschränkt zu sein. In seinem dortigen Verbreitungsraum tritt er viel seltener als Cebus apellaL. in Erscheinung und ist als ebenfalls reines Baumtier den gleichen Umwelt- bedingungen ausgesetzt wie dieser. Deshalb erübrigt sich ein nochmaliges Eingehen auf die schon bei der Behandlung von Cebus ausführlicher darge- stellten Umweltverhältnisse.

Nahrung von Alouatta caraya Humboldt.

Die Magenuntersuchungen ergaben als Hauptnahrungsbestandteile Blätter (besonders beliebt scheinen die jungen Bambussprosse zu sein), Knospen, Früchte (z.B. von der Palme Arecastrum romanzoffianum Becc.), Samen und in geringerem Maße Blüten. J. R. Rengger (1830) gibt an, daß Alouatta caraya auch Insekten nicht verschmähe. Übereinstimmend mit H. Krieg (1928) konnte ich dagegen niemals tierische Reste bei den Ma- gen- und Darminhaltsprüfungen feststellen und bin daher ebenfalls der An- sıcht, daß der Schwarze Brüllaffe als reiner Pflanzenfresser anzusehen ist. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, daß an den aufgenommenen Pflanzen- teilen sitzende Insekten ab und zu verschluckt werden. Doch kann man des- halb Alowatta noch nicht als heterovor bezeichnen.

Material.

Von Alouatta caraya stehen, wie eingangs schon erwähnt wurde, die Maß- angaben von vier Männchen und einem jungen Weibchen zur Verfügung, das aber für die Vergleiche nicht mit herangezogen wird, weil ein jugend- liches Stück keine Schlüsse auf das allgemeine Weibchenverhalten bezüglich der Organproportionen erlaubt.

Gefügegesetzliche Untersuchungen.

A. Skelett und Körpergewicht. a) Wachstumsabschluß.

Die Umfärbung der Männchen beginnt nach H. Krieg (1928) vermut- lich im Laufe des 2. Lebensjahres mit dem Eintritt der Geschlechtsreife und

32 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

dauert mindestens zwei Jahre. Im Alter von 3—4 Jahren dürfte sie nach demselben Autor abgeschlossen sein. J. R. Rengger (1830) nimmt an, daß die Männchen erst im 5. Lebensjahr ihre volle Größe erreichen. Diese Beob- achtungen deuten auf einen langsamen Verlauf des Wachstumsprozesses, worauf auch die Befunde beim Männchen Nr. 13 hinzuweisen scheinen.

Wie bei Cebus, dürfte nach meinen Feststellungen auch bei Alouatta caraya die Verknöcherung der Sutura sphenooccipitalis den Abschluß des Schädel- und wohl auch des Skelettwachstums anzeigen. Das in fortge- schrittener Umfärbung begriffene Männchen hatte demnach (wie auch die Skelettuntersuchung bewies) bei vorhandener vollständiger 2. Dentition das Größenwachstum nicht abgeschlossen (derartige Befunde sind auch von an- deren Säugern schon bekannt). Die relativen Organgewichte des Tieres ent- sprachen teilweise aber schon weitgehend denen der völlig umgefärbten aus- gewachsenen Stücke Nr. 17 und 21. Die Berücksichtigung aller dieser Be- funde auch bei Vergleich mit den Relativwerten des noch im Zahnwechsel und im Jugendkleid befindlichen Jungmännchens Nr. 18 läßt die Ver- mutung H. Krieg’s (1928) über den Eintritt der Geschlechtsreife während des Farbwechsels als nicht unberechtigt erscheinen. Infolge des Fehlens eige- ner Beobachtungen und entsprechender eindeutiger Hinweise über erfolg- reiche Paarungen noch nicht völlig umgefärbter Männchen in der mir zu- gänglichen Literatur ist eine endgültige Klärung dieser Frage aber augen- blieklich noch nicht möglich.

b) Verhältnisder Kh zursS®m.

Bei vergleichender Betrachtung des Jungmännchens Nr. 18 mit den er- wachsenen Stücken zeigt die relative Schwanzlänge eine eindeutige Abnahme bei steigender KR, wie sie ja auch im allgemeinen bei den Kapuzineraffen festzustellen war.

ec) Schädelwachstum und Alter.

Wie bei Cebus zeigen sich auch die noch im Zahnwechsel befindlichen Jungtiere von Alouatta caraya kurzschädeliger als die erwachsenen Individuen (vgl. Tab.2), was auch die ergänzende Untersuchung einer Reihe von H. Krieg im Gran Chaco gesammelter Schädel bestätigte.

d) Beziehungen zwischen der KR und dem Körpergewicht.

Leider ist das Material zahlenmäßig zu gering, um über dieses Problem ausführlichere Angaben machen zu können. Immerhin ist es aber interessant, daß dem geringen Längenunterschied zwischen dem in der Umfärbung be- griffenen Männchen Nr. 18 und dem ausgefärbten Individuum Nr. 17 eine ziemlich erhebliche Gewichtsverschiedenheit entspricht.

FR. KUHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 33

B. Organgewichte. a) Lebergewicht. Mit zunehmendem Körpergewicht sinkt bei der vermessenen Männchen- Serie das relative Lebergewicht. Ähnlich wie bei Cebus, weist dieses Organ auch bei dem jüngsten Brüllaffenmännchen den größten Relativwert auf.

b) Nierengewicht. Wie bei Cebus, haben auch bei Alouatta die alten Individuen ein gerin- geres relatives Nierengewicht als das jüngste noch im Zahnwechsel befind-

liche Tier Nr. 18.

c) Herzgewicht.

Bezüglich des Herzverhältnisses zeigen die Männchen von Alouatta eine eindeutig steigende Tendenz bei zunehmendem Körpergewicht. Es muß aber mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich bei der Prüfung einer größe- ren Serie ähnliche Unregelmäßigkeiten in den Relativzahlen herausstellen können, wie es bei Cebus der Fall ist. Allerdings gab ja auch dort die An- wendung der von R. Hesse (1921) vorgeschlagenen Methode der Zusam- menfassung von Gewichtsgruppen bei unklaren Reihen ein Alouatta gleich-

Tabelle 3. Darmlängenmaße. Cebus apella L.

E = ) pre in 0 85 ee Ee: S2 Ss = 4 E on ER: ES er) ED © E < und 3 & 2 = 5 pei &D = Sn zZ (do) es) ea) Sa ni SE Sr 150 ©. 3.6.38 Zahnw 250 1050 1850 740,0 97 & 19. 3.358 Zahnw. 343 2250 2150 626,8 93 Oo 18. 3. 38 375 2510 2520 672,0 11 @ 1. 2. 38 380 2720 2570 676,3 148 Se 31. 5. 36 380 3300 2830 744,7 149 & 2.6.38 380 . 3990 2670 ‚702,6 24 ©: 11. 2. 38 420 3080 3150 750,0 15.09 8.6.38 340 2050 2430 714,7 6 OD 24. 3.38 350 2850 3120 891,4 122009 9.5.38 trächtig 360 2650 3320 922,2 IS 27.1.38 laktierend 380 2210 3480 915,8 Alouatta caraya Humboldt. 13 es 1.2.38 Umfärbung 512 5600 3000 585,9 1A) 1. 2. 38 422 3110 167 385,8

*) = Gesamtdarmlänge = Dünndarml. + Diekdarml. (Pylorus Anus).

34 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

sinnig gerichtetes Verhalten des Herzverhältnisses bei zunehmendem Körper- gewicht unter den erwachsenen Männchen. Diese Befunde stehen im Gegen- satz zu der von R. Hesse (1921) für heimische Säuger aufgestellten Größen- regel. Da tropische Säuger aber gleichmäßigeren Umweltbedingungen aus- gesetzt sind, besteht durchaus die Möglichkeit, daß ihre Organproportionen in mancher Beziehung ein andersartiges Verhalten als unsere heimischen Säuge- tiere zeigen.

Da mir keine Angaben über die Herzgewichte geschlechtsreifer weib- licher Individuen von Alouatta zur Verfügung stehen, erlauben die Relativ- werte der Männchen keinen Schluß auf etwa geschlechtsgebundene Unter- schiede im Herzverhältnis.

C. Darm.

Infolge des Verlustes mancher Aufzeichnungen besitze ich nur noch An- gaben über die Gesamtdarmlänge des in der Umfärbung befindlichen Männ- chens Nr. 13 und eines Jungweibchens, das den Zahnwechsel noch nicht ab- geschlossen hatte. Wenn auch diese beiden Stücke wegen der Geschlechts- und Altersverschiedenheiten nicht zu einem einwandfreien Vergleiche geeignet sind, gebe ich die ermittelten Maße trotzdem in der Tabelle 3 an, weil sie als Unterlagen für etwaige spätere Arbeiten auf diesem Gebiete von Interesse sein können.

Zusammenfassung und Schlußbemerkung

1. An 25 Individuen von Cebus apellz L. und 5 Exemplaren von Alouatta caraya Humboldt aus freier Wildbahn wurde das Verhalten der Organ-, preportionen innerhalb der in den Untersuchungsreihen vertretenen ver- schiedenen Altersgruppen geprüft.

2. Nach Schilderung der angewandten Untersuchungstechnik werden kri- tische Allgemeinbemerkungen zu der vielfach üblichen Arbeitsmethodik bei der Behandlung gefügegesetzlicher Probleme gemacht.

3. Voraussetzung für eine richtige Beurteilung der zwischen den Körper- gewichten bzw. -Maßen und Organgewichten bzw. -Maßen bestehenden Be- ziehungen bei den zur Untersuchung vorliegenden Arten ist die Kenntnis der Umweltverhältnisse und der Nahrung, auf deren Besenderheiten näher ein- gegangen wird. |

4. Die Ergebnisse der Untersuchungen über die Beziehungen zwischen der Kopf-Rumpflänge und dem Körpergewicht deuten für Cebus apella L. bei dem jüngsten, während des ersten Lebenshalbjahres bezüglich seiner Ent- wicklung beobachteten Männchens das Auftreten eines Wechsels verschiede- ner Wachstumsphasen (Längen- und Breitenphase) und bei den erwachsenen männlichen Stücken das mögliche Vorkommen von Konstitutionstypen an.

5. Erwartungsgemäß sind die jüngsten untersuchten Männchen von Cebus und Alouatta, wie aber auch im allgemeinen die Cebus-Weibehen der mir vorliegenden verschiedenen Altersgruppen, kurzschädeliger als die geschlechts- reifen Männchen. Die Weibchen zeigen bezüglich des Schädelindex, daß sie

FR. KÜHLHORN, Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 35

in mancher Beziehung dem juvenilen Typus näher stehen als die erwachse- nen männlichen.

6. Jugendliche Männchen von Cebus und Alouatta zeigen ein höheres relatives Leber- und Nierengewicht (bei Cebus°) auch die Weibchen) als die geschlechtsreifen Tiere. Bei Cebus‘) ist für diese kein jahreszeitlicher Ein- fluß auf das Leberverhältnis feststellbar. Die trächtigen und führenden Cebus-Weibchen weisen ein z.T. erheblich höheres relatives Lebergewicht als die unbelasteten weiblichen Individuen auf. Verständlicherweise zeigt das Leberverhältnis der durch das Fortpflanzungsgeschäft stärker beanspruchten Weibchen im allgemeinen ein uneinheitlicheres Verhalten als das der Männ- chen, bei denen im wesentlichen nur die Umweltverhältnisse und Parasiten- befall als den Organismus möglicherweise beeinflussende Faktoren in Frage kommen.

Das im Vergleich zu den erwachsenen Männchen geringfügige Über- wiegen der Durchschnittswerte von Leber- und Nierenverhältnis der ge- schlechtsreifen Weibchen von Cebus ermöglicht im Hinblick auf die Kleinheit der Untersuchungsreihen noch keinen sicheren Schluß auf das Vorliegen eines geschlechtsgebundenen Unterschiedes bezüglich dieser ÖOrganproportionen.

7. Wie vielfach bei heimischen Säugern, schwankt auch bei den erwach- senen Männchen und Weibchen von Cebus (Alouatta wurde nicht daraufhin geprüft) das relative Milzgewicht, das bei dem jüngsten männlichen Indi- viduum über dem der geschlechtsreifen Stücke liegt. Die ermittelten Relativ- werte lassen kein geschlechtsgebundenes Verhalten dieser Organproportion erkennen.

8. Die relativen Werte des Herzgewichtes ergeben bei Anwendung der von R. Hesse vorgeschlagenen Methode der Errechnung von Durchschnitts- zahlen für die einzelnen Größengruppen bei den erwachsenen Männchen von Cebus und Alouatta interessanterweise eine Zunahme, bei den geschlechts- reifen Weibchen (s. Fußnote) dagegen eine Abnahme bei steigendem Kör- pergewicht. Die Weibchen folgen demnach offenbar der von R. Hesse ent- wickelten Größenregel. Ähnlich wie bei manchen heimischen Säugern (z.B. Maulwurf, Fuchs, Iltis und Hermelin) scheinen bei Cebus (s. Fußnote 5) nach dem vorliegenden Zahlenmaterial zu schließen, Geschlechtsunterschiede im Herzverhältnis aufzutreten.

9. Die relative Gesamtdarmlänge zeigt bei der Männchen- und Weibchen- Reihe erwachsener Individuen von Cebus mit zunehmender Kopf-Rumpf- länge eine steigende Tendenz. Dieser Befund bedarf infolge der Kleinheit der geprüften Reihen noch der Bestätigung durch Untersuchung größerer Serien von beiden Geschlechtern.

Abschließend soll noch einmal erwähnt werden, daß die vorliegenden Er- gebnisse durch Untersuchung verhältnismäßig kleiner Reihen erzielt wurden, die allerdings zahlenmäßig vielfach oft noch erheblich größer als die von manchen Autoren für die Ableitung von Gefügegesetzlichkeiten als ausreichend erachteten Serien heimischer Säuger sind. Da bisher entsprechende Unter-

5) Die Alouatta-Serie enthält nur ein jugendliches Weibchen. Deshalb ist bei die- ser Art keine vergleichende Darstellung der gefügegesetzlichen Verhältnisse im weib- lichen Geschlecht möglich.

©) Die Männchen-Reihe von Alouatta ist für derartige Vergleiche zahlenmäßig zu klein.

36 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954).

suchungen an tropischen Säugetieren noch nicht in dem erforderlichen Um- fange durchgeführt wurden und somit einwandfreie Vergleichsmöglichkeiten fehlen, kann den für Cebus und Alouatta ermittelten Befunden noch nicht der Charakter eines allgemeingültigen regelhaften Verhaltens zugesprochen werden, obwohl eine Reihe von Ergebnissen offensichtlich vorhandene gesetz- mäßige Tendenzen andeutet. Interessant ist aber die Tatsache, daß verschie- dene bei heimischen Säugern zu beobachtende Regelhaftigkeiten auch für das untersuchte Affenmaterial Gültigkeit zu besitzen scheinen.

Wie eingangs betont wurde, stammen die untersuchten Affen aus den Randtropen, einem klimatischen Übergangsgebiet. Es ist daher nicht ausge- schlossen, daß manche der auffallenden Unregelmäßigkeiten in den Organ- proportionen verschiedener Individuen vielleicht weniger ihren Grund in einer für die Art normalen großen Variabilität, als vielmehr in einem sich möglicherweise verschiedenartig auf den Organismus der einzelnen Tiere aus- wirkenden Einfluß des Übergangsklimas haben.

Literatur.

Buchenrieder, E., 1949. Herzgewicht und Hochgebirge. Naturw. Rundsch. 2

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954) Tafel I

Zu F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954) Tafel II

Zu F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1954) Tafel III

Abb. 10

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Abb. 11 Abb. 12

Zu F. SCHWANGART, Übersicht und Beschreibung der Hauskatzenrassen

Im Auftrage der

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jeutschen Gesellschaft für Säugetierkunde er :, e.V. i

herausgegeben vo

PROF. DR. HERMANN POHLE - BERLIN

Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V,

3. AUGUST 1955 HEFT2-3

70 + IV Seiten Text und 5 Tafeln

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47 Beiliegend Titel und Anhang zu Band 19

BERTIN 1955

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sion beim Verlas Naturkunde, Hannover und Berlin-Zehlendorf

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955) Titeltafel

Dr. Ludwig Freund

* 19, 6. 1878 + 5. 11. 1953

Zeitschrift für Säaugetierkunde

Band 20 Heft 2=3

3.) Die Überwinterung syrischer Goldhamster (Mesoericetus auratus Waterh.) in Norddeutschland *) Von Konrad Herter (Berlin) und Gerhard Lauterbach (Berlin). Herrn Prof. Dr. Alfred Kühn zum 70. Geburtstag am 22. 4. 1955 gewidmet.

(Aus dem Zoologischen Institut der Freien Universität Berlin, Abteilung für Tierphysiologie und -psychologie) Mit 10 Abbildungen im Text und auf Tafel IV.

Der heute als Laboratoriumstier in den meisten Ländern gehaltene und gezüchtete Goldhamster (Mesocricetus auratus W aterh.) stammt aus Syrien. Nach den Angaben der in den letzten Jahren stark vermehrten Literatur über diesen kleinen Nager (s. z.B. Kittel 1952) hat I. Aharoni 1930 in der Umgebung von Aleppo aus einem 214m tiefen Erdbau ein Goldhamster- weibchen mit 12 Nestjungen ausgegraben, das die Stammutter aller jetzt in Amerika und Europa gehaltenen Goldhamster sein soll. 1931 wurden sie nach England, 1938 nach Amerika und 1945 nach Deutschland eingeführt.

Da der Goldhamster ein in der Gefangenschaft leicht zu haltender und zu züchtender, in seinen Ansprüchen an die Pflege äußerst genügsamer Klein- säuger ist, der durch sein ansprechendes Aussehen und seine leichte Zähm- barkeit sich unter den Tierliebhabern schnell viele Freunde erworben hat, ist er ein sehr geeignetes Objekt zur Haltung für Liebhaber und Kinder und wird auch vielfach von Händlern und Züchtern als solches angepriesen. Es ist daher sehr verständlich, daß gelegentlich Goldhamster entweichen und auch, wenn ihre Haltung den Liebhabern Schwierigkeiten macht oder lästig wird, absichtlich ausgesetzt werden.

In der Ernährungsweise stimmt der Goldhamster weitgehend mit dem europäischen Hamster (Cricetus cricetus L.) überein, d.h. er frißt in der Hauptsache Pflanzenstoffe, vor allem Samen, Früchte, Knollen, Wurzeln u. dgl., die er in den Backentaschen in unterirdische „Hamsterlager“ transpor- tiert. Außerdem frißt er gelegentlich auch kleine Tiere.

Bekanntlich verursachen die europäischen Hamster bei Massenauftreten in manchen Gegenden durch das Verzehren und Verschleppen von Kultur- pflanzen nicht unbeträchtlichen wirtschaftlichen Schaden. Der Goldhamster ist zwar bedeutend kleiner als der europäische Hamster und kann daher auf

*) Ein Teil der Untersuchungen wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgeführt.

38 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

einmal nicht soviel Nahrung aufnehmen wie dieser. Andererseits dürfte sein Nahrungsbedarf jedoch verhältnismäßig groß sein, da er als kleineres homoio- thermes Tier mit einer relativ großen Oberfläche einen lebhafteren Stoff- wechsel als der größere Europäer haben muß. Daher ist anzunehmen, daß der Schaden, den Goldhamster in Kulturiand anrichten können, dem von ihren größeren Unterfamiliengenossen verursachten kaum nachstehen wird. Beachtlich ist ferner, daß in der Fortpflanzungsbiologie des Goldhamsters sehr günstige Umstände für eine Massenvermehrung gegeben sind. Cricetus cricetus (s. Petzsch 1950b) hat eine Tragzeit von 19 bis 20 Tagen. Die Wurfgröße überschreitet selten 12 Junge, von denen wohl meistens in den ersten Tagen einige zugrunde gehen, da das @ nur 8 Zitzen hat und die Schwächlinge von den robusteren Geschwistern von der Milchquelle abge- drängt werden, so daß wohl meist nicht mehr als 8 aufwachsen. Unter opti- malen Bedingungen soll ein Q in einem Jahr bis zu 3 Würfe zur Welt brin- gen können. Demnach könnten theoretisch unter sehr günstigen Umständen in einem Jahr von einem 9 24 Junghamster aufgezogen werden, von denen die OQ des ersten Wurfes der bei uns etwa zwischen dem 20.5. und 10.6. erfolgt gegen Ende August erstmalig werfen können. Die später geborenen Tiere werden wohl in demselben Jahr kaum noch zur Fortpflanzung gelangen. Bei einem Geschlechtsverhältnis von 1:1 könnten also von den 8 Jungen des ersten Wurfes die 4 QQ noch in demselbeu Jahr je 8, d.h. 32 Junge hervor- bringen, so daß die theoretische Höchstzahl der Nachkommen eines Weib- chens von Cricetus cricetus in einem Jahr 32+24=56 wäre. Das O von Mesocricetus auratus trägt nur 16 Tage, die durchschnittliche Wurfgröße ist 8 (6 bis 12) und die Jungen sind im Alter von 6 bis 7 Wochen fortpflan- zungsfähig. In der Gefangenschaft können Goldhamster 7”—8mal im Jahr werfen (Kittel 1952, p. 30/31). Demnach könnte 1 @ in einem Jahr etwa 60 Junge aufziehen, von denen etwa 30 QQ wären. Unter Gefangenschafts- verhältnissen, in denen die Goldhamster das ganze Jahr hindurch fort- pflanzungsfähig sind, wird der größte Teil dieser QQ wegen der kurzen Tragzeit und der frühen Geschlechtsreife in demselben Jahr ebenfalls werfen; allerdings nicht 7 bis 8mal. Man darf vielleicht annehmen, daß mit der Hälfte der Höchstzahl von 8, also mit 4 Würfen, d.h. mit 4mal ö= 32 Jungen pro Q zu rechnen ist. Das wären 32 mal 30 =960 Hamster der zweiten Generation. Da- zu kommen die 60 der ersten und noch eine nicht zu übersehende Anzahl von Jungen der dritten Generation, weil die Q2 der zweiten Generation in demselben Jahr ebenfalls noch Junge haben können. Theoretisch kann also ein Goldhamsterweibchen in der Gefangenschaft in einem Jahr über 1000 Nachkommen hervorbringen; Kittel errechnet sogar 3000. Nimmt man an, daß die Goldhamster sich im Freien nur in der warmen Jahreszeit fort- pflanzen, so ergibt sich theoretisch in der Natur eine Fortpflanzungsrate

von etwa 500.

K. HERTER und G. LAUTERBACH, Die Überwinterung syrischer Goldhamster 39

Derartige Spekulationen haben selbstverständlich nur einen sehr be- dingten Wert. Wir führten sie nur an, um zu zeigen, daß die Vermehrungs- potenz des Goldhamsters bedeutend größer als die des europäischen Hamsters sein muß. Wenn also bei diesem in manchen Gegenden besonders Mittel- deutschlands nicht selten Massenvermehrung vorkommt, durch die dem Menschen wirtschaftlicher Schaden erwachsen kann, so könnte dies beim Goldhamster durchaus vielleicht sogar in noch größerem Maße eben- falls der Fall sein.

Petzsch unser bester Hamsterkenner ist der Ansicht, daß der syrische Goldhamster, wenn er sich bei uns im Kulturland eingebürgert hat, leicht zu einem Großschädling werden kann. In mehreren Arbeiten warnt er sehr dringlich davor, Kindern und in der Kleintierhaltung uner- fahrenen Personen, bei denen die Gefahr besteht, daß die Tiere aus Un- achtsamkeit entweichen oder aus Gedankenlosigkeit bewußt ausgesetzt wer- den, Goldhamster in die Hand zu geben. Er schlägt behördliche Maßnahmen über die Haltung und Zucht von Goldhamstern und über den Handel mit ihnen vor, durch die die Gefahr eingeschränkt werden könnte (s. Petzsch 1950 a, 1951 a, 1951b, 1952 a, 1952b; s. auch Mohr 1954, p. 41).

In diesen Arbeiten diskutiert Petzsch sehr eingehend den ganzen Problemkomplex und vor allem die Frage, ob der Goldhamster, dessen Hei- mat Syrien ist, also ein Gebiet, das klimatisch in manchen Punkten gegen- über unseren Kulturlandschaften erhebliche Unterschiede aufweist, bei uns im Freien überhaupt existenzfähig ist. Über die Klimaverhältnisse auf der aleppischen Hochebene der engeren Heimat von Mesocricetus auratus machen Petzsch (1950a), Eisentraut (1952) und Kittel (1952) aus- führliche Angaben (s. auch Herter 1955), auf die wir nur ganz kurz ein- gehen. Das Klima ist ein subtropisches Wüsterklima, das durch heiße, trockene Sommer und kalte, niederschlagsreiche Winter, sowie starke Temperatur- differenzen zwischen Tag und Nacht ausgezeichnet ist. Da die Goldhamster in ihrer Heimat tiefe Erdbaue anlegen, dürften sie sich jedoch den schäd- lichen Einflüssen dieser starken Temperaturschwankungen weitgehend ent- ziehen. Es ist durchaus möglich, daß sie unser nicht so schroffen Schwankun- gen ausgesetztes Klima nicht nur ertragen, sondern daß es für sie sogar günstiger ist als das ihrer syrischen Heimat. Petzsch (1950a) sagt vom Goldhamster: es „kann gar kein Zweifel mehr bestehen, daß er hervorragend prädestiniertist, sich wildlebend auch in zusagenden Biotopen Deutschlands festzusetzen und von da aussich weiter auszubreiten!“

Daß Goldhamster in geeigneten Biotopen etwa in Gärten, Parks, lich- ten Wäldern, auf trockenen Wiesen oder auf verschiedenen landwirtschaft- lichen Kulturländern sich in Deutschland vom Frühling bis zum Herbst

halten und fortpflanzen können, bedarf für Kenner dieser Nager keines Beweises. Dagegen ist es nicht so selbstverständlich, daß sie auch unsere

5

40 Zeitschrift für Säugetierkunde. Bd. 20, 1952 (1955).

Winter im Freien überstehen können. Bickel (1949, p. 23), der nicht an die Gefahr einer Einbürgerung des Goldhamsters bei uns glaubt, und der betont, daß aus Nordamerika, wo diese Tiere schon viel länger als bei uns in großem Maßstab gezüchtet werden, kein einziger Fall ihrer Einbürgerung im Freien bekannt ist, schreibt z.B.: „Abgesehen davon würden sie Nässe und Kälte in unserem Klima noch nicht einmal einen Winter lang über- dauern.“

Um experimentell zu prüfen, „ob und inwieweit syrische Goldhamster tat- sächlich in der Lage sind, in Deutschland ungeschützt „unter freiem Himmel“ den Winter zu überdauern“, hat Petzsch (1952b p. 91) Versuche ange- stellt. Im Zoologischen Garten in Halle wurden am 7. 11. 1951 in zwei aus- gemauerte Gruben von 1,50 m Länge, 1,50 m Breite und 1,80 m Tiefe, die 1,35 m tief mit festgestampfter lehmiger Erde gefüllt waren, Goldhamster eingesetzt. In die eine 3 sechswöchige 99, in die andere 5 halbwüchsige Y'g". Es wurde ihnen Nestmaterial (Langstroh und Häcksel) und Futter (Ge- treide und Mohrrüben) beigegeben. Bis zum 18. 11. waren die Gruben mit Frühbeetfenstern, dann mit Drahtdeckeln verschlossen. Bis zum 19. 22. wurde wöchentlich einmal Futter eingeschüttet, das die Hamster in ihre Erdbaue eintrugen. Danach war nichts mehr von den Tieren zu bemerken. Am 2. 3. 1952 wurde in beiden Gruben nachgegraben. In der Grube der OO fanden sich Erdgänge und gefüllte Vorratskammern, jedoch keine Hamster. (Ein © war schon am 14. 11. tot und angenagt auf der Oberfläche gefunden worden.) In der Grube der 5'5" fand sich eine angenagte Goldhamsterhaut und in einem gut ausgepolsterten unterirdischen Nest ein winterschlafender Hamster, der innerhalb von etwa zwei Stunden völlig erwachte. Da aus dem nicht mehr aufgegrabenen Erdreich bis zum 9. 5. 1952 kein Goldhamster mehr zum Vorschein kam, ist anzunehmen, daß die fehlenden 2 OD und 3 0” zugrunde gegangen und wohl von ihren Genossen aufgefressen waren. Immerhin hat der Versuch ergeben, daß ein Goldhamstermännchen ‚mehr als 3a Monate dem Schnee, Frost und Regen ausgesetzt, in einem richtigen unterirdischen Erdbau in Mitteldeutschland, in Halle an der Saale‘ einen,

allerdings nicht allzu harten Winter winterschlafend überstanden hat (Petzsch 1952b p. 92).

Um festzustellen, ob die Ergebnisse Petzschs Allgemeingültigkeit be- anspruchen können, oder ob sie nur auf Zufall beruhten, haben wir uns mit dem Verhalten von Goldhamstern in bezug auf Aktivität und Ruhe, insbeson- dere im Hinblick auf den Winterschlaf, beschäftigt.

W. Krischke (1951) hatte schon vor ein paar Jahren Aktogra- phenversuche mit Goldhamstern gemacht, die Herr G. Kuhn 1953 in unserem Institut fortgeführt und erweitert hat. Die Tiere iebten einzeln in einem auf Spiralfedern montierten Gitierkäfig von 43cm Länge, 30 cm Breite und 23cm Höhe. Er enthielt sonst nur etwas Heu und täglich um etwa 11 Uhr ergänztes oder erneuertes Futter. Die Bewegungen des Käfigs bei Aktivität des Hamsters wurden mittels eines Schreibhebels auf einer senkrecht stehenden Uhrwerktrommel mit 24stündiger Umlaufzeit mit Kymo- graphiontinte aufgezeichnet. Ein Thermo-, ein Hygro- und ein Barograph

K. HERTER und G. LAUTERBACH, Die Überwinterung syrischer Goldhanıster 41

registrierten laufend die Umgebungstemperatur, die Luftfeuchtigkeit und den Luftdruck in der Nähe des Käfigs (Abb. 5, Taf. IV). Die Versuche wurden von Mai bis Dezember 1953 in einem ungeheizten Gewächshaus, in dem die Raum- temperatur nicht unter + 2,50 sank (mit gelegentlichen Unterbrechungen von einigen Tagen), durchgeführt. In Abb.1 sind die Ergebnisse für ein Gold-

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Abb. 1. Aktivitäts- und Ruhezeiten eines Goldhamsters (5). Oben: Juni 1953. Mitte: Dezember 1953. Unten: Kurven aus den obigen Zahlen. D = Dezemberwerte, J = Juniwerte, M = Mittelwerte aus D und J. Schwarz: Aktivitätszeiten.

hamstermännchen für je 8 Tage im Juni und im Dezember wiedergegeben. Da die Aktivitätsrhythmen weder Beziehungen zur Umgebungstemperatur, noch zur Luftfeuchtigkeit, noch zum Luftdruck erkennen ließen, verzichten wir auf die Mitteilung der entsprechenden Daten. Aus Abb. 1 geht hervor, daß der Goldhamster innerhalb des 24-Stundentages sowohl im Sommer als auch im Winter etwa 7 Stunden in Bewegung und 17 Stunden in Ruhe war. Die von Krischke seinerzeit untersuchten Tiere waren weniger aktiv. Versuchsreihen zwischen dem 21.4. und 16. 5. 1950 ergaben für 2 5'0” durch- schnittlich 5 Stunden Aktivität und 19 Stunden Ruhe und für 2 29 531% Stunden Bewegung und 181, Stunden Ruhe. Die Ruhezeiten, in denen die Tiere wohl meist schlafen, werden immer wieder durch kürzere oder län- gere Aktivitätsperioden unterbrochen, in denen die Hamster fressen, umher- laufen, am Gitter herumklettern oder sich putzen. Die längsten ununter-

42 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

brochenen Ruhezeiten, die sich aus unseren Aktogrammen ablesen ließen, waren 4'/, Stunden, die längsten kontinuierlichen Aktivitätszeiten 21, Stun- den. In den Kurven der Abbildung 1 liegen die häufigsten und längsten Aktivitätszeiten zwischen 17 und 22 Uhr. Danach sinkt die Aktivität deutlich ab, um etwa zwischen 2 und 3 Uhr für kurze Zeit wieder anzustei-

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Abb. 2. Temperaturgang im Winter 1953/54 in Berlin-Dahlem nach Daten des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin. Oben: Lufttemperaturen in 2m Höhe. Unten: Bodentemperaturen um 13 Uhr.

gen. Man kann die Goldhamster daher vielleicht ais diphasische Tiere an- sehen. Bei den Tieren Krischkes begann die Hauptaktivität etwas früher und die Kurven verliefen in ihr unregelmäßiger. Auch bei ihnen war eine kurze Periode gesteigerter Beweglichkeit in den frühen Morgenstunden (zwi- schen 2 und 6 Uhr) zu beobachten.

In den Aktographenversuchen im Gewächshaus sind die Goldhamster niemals in Winterschlaf gefallen, obgleich die Raumtemperaturen von Oktober an nur selten über + 10° anstiegen und im November und Dezember häufig und für längere Zeit unter +5° sanken. Andere im gleichen Raum ge- haltene Winterschläfer (europäische Hamster, Siebenschläfer, Gartenschlä- fer und Haselmäuse) waren in den fraglichen Zeiten häufig im Winterschlaf. |

Am 15.11. 1953 brachten wir 2 Pärchen Goldhamster zusammen in einen Kaninchenstall, der im Freien an der Ostwand des Tierhauses im Garten des

K. HERTER und G. LAUTERBACH, Die Überwinterung syrischer Goldhamster 43

Zoologischen Instituts stand (s. Abb. 8). Er bestand aus einer innen z.T. mit Blech ausgeschlagenen Holzkiste von 85cm Länge, 60cm Breite und 50 cm Höhe. Die zu öffnende Vorderwand war aus Maschendraht. Der Boden war mit einer etwa 5cm hohen Schicht von Sägemehl bedeckt, in der die Tiere viel wühlten und die sie meist in einer Ecke zu einem größeren Haufen zu- sammenscharrten, in dem sie in einer Art Nest zusammen schliefen. Den ganzen Winter über (bis zum 1. 4. 1954) ist keines der 4 Tiere winterschla- fend beobachtet worden. Das Futter wurde regelmäßig verschleppt und ge- fressen. Etwa am 5.3.1954 warf eines der QQ sogar ein paar Junge, die allerdings nach wenigen Tagen verschwunden (sicher von den Genossen ge- fressen) waren.

In Abb.2 sind die Luft- und Bodentemperaturen für die fragliche Zeit nach den Messungen des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin in Kurvenform angegeben *). Dieses Institut ist etwa 550 m vom Zoolo- gischen Institut entfernt, so daß man wohl annehmen kann, daß die klima- tischen Verhältnisse an den beiden Beobachtungsstellen etwa dieselben waren. Allerdings dürften die Tiere in dem Holzkasten mit Sägemehlbelag nicht ganz so tiefen Temperaturen und etwas weniger schroffen Temperatur- schwankungen ausgesetzt gewesen sein als im Freien, zumal sie sich in ihrem gemeinsamen Schlafnest gegenseitig erwärmen konnten. Trotzdem müssen sie längere Zeit in recht tiefen Temperaturen ohne Schädigungen gelebt haben.

In einen anderen Kaninchenstall kamen am 15.11.1953 fünf Gold- hamster, und zwar jeder einzeln in je einen Blechkasten von 24cm Länge, 15cm Breite und 15cm Höhe mit einem Deckel aus Maschendraht. Jeder Kasten enthielt wenig Sägemehl und Heu. Bis zum 1.4. 1954 wurden die Hamster täglich kontrolliert. Winterschlafend wurde beobachtet:

Nr. 1 am 24. 11. 1953, am 10. 2. 1954, 2737. 11. 1955, Nr. 2 am 21. 12. 1953, 313.1.19191953: Nr. 3 am 23. 12. 1953, a 40H 1955, Alt. 1954; 25121953. 18381. 1958; 2176: 1301953, Nr. 4 am 23, 12. 1953, 7419. 1953. a1. 195% 14. 12. 1953, „1 .18.1.161954.

Nr. 1 war am 18. 2. 1954 tot, Nr. 5 am 1. 2. 1954. Dieser letzte Hamster wurde niemals winterschlafend beobachtet; ein sechstes Tier, das dann in seinen Käfig kam, ebenfalls nicht.

Die Versuche zeigen, daß syrische Goldhamster unter Bedingungen, in denen sie vor den Temperatureinflüssen der Umgebung nur recht schlecht geschützt waren, einen ziemlich strengen Winter in Berlin im großen und

*) Für die Überlassung der Daten danken wir dem Direktor des Meteoro- logischen Instituts, Herrn Prof. Dr. Scherhag.

44 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

ganzen gut überstanden, und zwar fast ohne von ihrer Fähigkeit zum Winter- schlaf Gebrauch gemacht zu haben.

Ein Freilandversuch, in dem den Goldhamstern Gelegenheit geboten wurde, sich Erdbaue anzulegen, wurde in folgender Weise durchgeführt: Ein würfelförmiger Käfig, dessen Wände etwa 80cm hoch aus festem Maschen- draht (von 0,8cm Maschenweite) und einem etwa 20cm hohen Rand aus Zinkblech bestanden, und dessen Boden eine durchlöcherte Blechplatte war, wurde an der Rückwand (Ostseite) des Tierhauses so eingegraben und mit Erde gefüllt, daß der ganze Gitterteil in der Erde war und der Zinkblechteil einen oberirdischen Käfig von 1m? Bodenfläche bildete, der durch einen Deckel aus Maschendraht verschlossen werden konnte (Abb.6). Ein etwa 30cm breiter Streifen der Erdoberfläche im Käfig war durch das über- stehende Dach des Tierhauses vor direktem Regen- und Schnee-Einfall etwas geschützt. Auf die Erdoberfläche wurde etwas Heu und ein kleiner Haufen trockenen Laubes, sowie Hamsterfutter (Mohrrüben, Sonnenblumenkerne und Getreidekörner) gebracht.

Am 28.10.1953 setzten wir drei Pärchen diesjähriger erwachsener Goldhamster in den Käfig und schlossen den Deckel. Jeden Morgen wurde kontrolliert und die Lufttemperatur (L) etwa 10cm über dem Boden an einem am Deckel hängenden Thermometer, die Bodentemperatur (B) an einem etwa 4cm tief in der Erde steckenden Thermometer abgelesen. Die ermittelten Werte weichen z.T. von denen der Abb.2 etwas ab. Das liegt daran, daß die Lufttemperaturen im Meteorologischen Institut in 2m Höhe über dem Boden, in unserem Käfig in etwa 10cm Höhe über dem Boden ge- messen wurden, und daß die Bodenbeschaffenheit an den beiden Meßstellen woh! etwas verschieden war. Das Futter wurde, wenn es verschwunden oder sehr vermindert war, ergänzt.

Ein kurzer Protokollauszug gibt das Verhalten der Tiere wieder:

29.10.1953: L: + 11°, B. + 13%: Alle Hamster im Freien unter Laub u. Heu. 30.10.1953: L: + 11, B: +13°: Ein Grabloch vorn links. Kein Tier zu sehen. 31. 10.1953: L: + 8°, B: +12°: 1 Q unter Heuhaufen.

1.11. 1953-828: zul B: + 10°: Alle Tiere im Freien.

2.11.1953: L: +8°, B: +10°: 1 Q unter Heu, die übrigen Tiere in der

Erde. Das Loch ist zugeschüttet.

6.411.2219533 2 ea draußen. Das Loch ist offen.

7.11.1953: 1 © draußen.

9.11.1953: 1 ©’ draußen. Ein zweites Grabloch vorn rechts.

12.11.1953: 1 © ist tot und angefressen (entfernt). Der Erdboden ist etwas

durchwäühlt. 13.11.1953: 19 ist ra und angefressen (entfernt). 14.11.1953: (L: +5%, B: +8°) bis 21.11. (L: +9, B: + 10,5%): Kein Tier

zu sehen ne kein Futter eingetragen.

22.11.1953: L: +7°%, B: +10%: In der Mitte rechts ist ein frischer Erd- haufen aufgeworfen.

24.11.1953: (L: +10, B: +5,50) bis 29. 3. 1954: Es war kein Hamster zu

sehen, es wurde kein Futter eingetragen und die Erdoberfläche

K. HERTER und G. LAUTERBACH, Die Überwinterung syrischer Goldhamster 45

veränderte sich nicht. Die tiefste Bodentemperatur war in die- ser Zeit (am 2. 2. 1954) 5°, die tiefste Lufttemperatur (am 1. 2. 1954) 13°.

29. 3.1954: Es war Futter in das Loch vorn rechts eingetragen worden.

30. und 31. 3. 1954: Ebenfalls.

1. 4.1954: Eine Falle im Käfig aufgestellt.

2. 4.1954: Es hat sich ein großes, sehr wohlgenährtes Goldhamsterweib- chen gefangen, das aus dem Käfig entfernt wurde.

Bis Mitte Mai ließ sich kein Tier mehr blicken und das ausgelegte Futter blieb unberührt. Die einzige sichtbare Veränderung war, daß aus dem am 22. 11. 1953 aufgeworfenen Erdhaufen viele Sonnenblumen und Getreidehalme hervorsproßten (Abb. 7).

Am 22.5.1954 haben wir die beiden Grablöcher mit flüssigem Gips aus- gegossen (Abb.8) und nach dem Erstarren des Gipses die ganze Erde aus dem Gitterteil des Käfigs vorsichtig ausgegraben. Wir erhielten zwei Aus- güsse, die sich ganz herausnehmen ließen und die Formen der Erdbaue sehr deutlich zeigten.

Das Loch vorn links führte durch einen nur etwa 25cm langen Gang in eine größere Kammer, in der sich Fell- und Knochenreste eines Goldhamsters (dessen Geschlecht nicht mehr feststellbar war) befanden.

Das Loch vorn rechts war der Anfang eines wohlgegliederten Gang- und Kammersystems, dessen Aufbau deutlich auf den Abbildungen (Abb. 5, 4, 9 u. 10) zu erkennen ist. Aus der Skizze (Abb. 3u.4) sind die Maße der einzelnen Teile

zu entnehmen. Demnach hatte der Goldhamster es handelt sich sicher um

Vorratskammer

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Abb. 3. Grundriß des ausgegrabenen Goidhamsterbaues. Die Vorratskammer (Inhalt 2900 ccm) war zu °/, mit Korn gefüllt, was etwa 1,2kg des angebotenen Futters entspricht. Maße in cm.

46 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Abb. 4. Profil des ausgegrabenen Goldhamsterbaues. Maße in cm.

den Bau eines Tieres, und zwar des am 2.4.1954 wiedergefangenen in der vorderen rechten Ecke des Käfigs einen senkrecht in die Erde führenden Gang gegraben, und zwar so tief, wie er es konnte, nämlich bis auf den Blechboden. Auf dem Boden hat er dann an der rechten Seitenwand des Käfigs entlang einen waagerechten Tunnel gewühlt, bis er auf die hintere Gitterwand stieß. Senkrecht zu diesem waagerechten Stollen grub er einen etwas weiteren horizontal auf dem Boden verlaufenden geraden Gang, der in eine große Vorratskammer führte. Von diesem breiten Gang geht etwa in der Mitte ein kurzer Blindgang (Abort?) nach hinten und ein längerer Tunnel nach vorn waagerecht ab. Der letzte erweitert sich am Ende zu einem rund- lichen Kessel, der wohl sicher die Schlafkammer war.

Über einen weiteren Fall der Überwinterung eines syrischen Goldhamsters im Freien in Berlin hat Herr H. H. Roth Beobachtungen gemacht, deren Ergebnisse er uns freundlicherweise zur Verfügung stellte. Anfang August 1952 wurde ein 3 Monate altes Goldhamstermännchen, das in einem seit April im Freien stehenden Glaskäfig geboren war, in ein Freilandgehege gesetzt. Das etwa 8x 3m große Gelände war von einer Ziegelmauer um- geben, die etwa 50cm tief in die Erde reichte und nach unten durch einen ebenfalls etwa 50cm tief gehenden Maschendraht verlängert war. Die Höhe der Mauer, deren Krone durch einen 20cm breiten rechtwinklig an ihr an- gebrachten Blechstreifen gesichert war, betrug etwa 60cm. Auf dem be- wachsenen Gelände befanden sich Steinhaufen, Baumstümpfe, ein 60cm tiefer Teich und ein etwa 50cm hoher Graserdhügel. Der Hamster nahm ein in der halben Höhe des Hügels in einem Winkel von etwa 30° gebohrtes etwa Sem weites Loch als Wohnung an. Beim Weitergraben verschloß er die Öffnung mit lockerer Erde. Von nun an holte er jede Nacht Futter aus einem am Röhreneingang stehenden Napf. Um das Verlassen des Baues zu kontrollieren, wurde dessen Ausgang mit einem Blechdeckel verschlossen, der dann auch regelmäßig umgestoßen war. Am Tage wurde der Hamster nur einige Male morgens gegen 6 Uhr draußen beobachtet. Ende Oktober, nach dem Eintreten von Bodenfrösten, kam er nur noch alle 3 bis 4 Nächte heraus, um dann ab November überhaupt nicht mehr zu erscheinen. Erst Ende Februar 1953 bei wärmerem Wetter war eines morgens im Röhrenein- gang wieder frische Erde aufgeworfen und der Blechdeckel war umgestoßen. Von nun an holte sich der Hamster zunächst wieder alle paar Nächte Futter,

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ab April fast regelmäßig jede Nacht. Im Juni wurde er auch einmal sehr früh am Morgen gesehen, wie er in die Höhle flüchtete. Die Einwinterung im Herbst 1953 erfolgte in derselben Weise wie im Vorjahr, jedoch erschien der Hamster im Frühjahr 1954 nicht wieder; die Röhre blieb verschlossen.

Die beiden letzten Beobachtungsreihen bestätigen das Ergebnis des Petzsch’schen Versuches. Wir halten es ebenfalls für erwiesen, daß syri- sche Goldhamster in Deutschland im Freiland die kalten Jahreszeiten undzwarauchrechtstrenge Winter un- geschädigt überstehen können. Wir stimmen daher Petzschs Meinung, daß eine Einbürgerung des Goldhamsters in Nordeuropa durchaus möglich ist und der menschlichen Wirtschaft dadurch Schaden erwachsen kann, bei.

Gegen die Beweiskraft der Ergebnisse aus den Petzsch’schen und unseren Überwinterungsversuchen im Freiland könnte der Einwand erhoben werden, daß von den 8 von Petzsch und den 6 von uns in die Versuche gebrachten Hamstern je nur ein Tier im Frühling wieder wohlbehalten zum Vorschein kam. Der Prozentsatz (etwa 141%) der Goldhamster, die den Winter in der Erde überstanden hatten, ist also recht gering. Nimmt man an, daß die zwölf verlorengegangenen Tiere den Witterungseinflüssen erlegen also „er- froren“ sind, so kommt man zu dem Schluß, daß nur einzelne besonders widerstandsfähige Goldhamster wirklich den Unbilden unserer Winter ge- wachsen sind. Die großen Verluste an Goldhamstern in diesen Versuchen be- ruhen jedoch sicher auf der Unverträglichkeit und den kannibalischen Nei- gungen dieser Nager. Jeder Pfleger weiß, daß es oft sehr schwierig, in manchen Fällen auch unmöglich ist, mehrere Goldhamster in demselben Käfig zu halten. Es gibt fortwährend Beißereien, denen über kurz oder lang ein oder das andere Tier zum Opfer fällt, das dann von seinen Genossen an- oder aufgefressen wird. Zuweilen kann man aber doch mehrere oder viele Goldhamster monatelang zusammen halten, namentlich, wenn man die Jungen bei den Müttern beläßt. Darüber berichtet Petzsch (1951a) in einer in- teressanten Studie über die „Sippenbildung“ der Hamster. Er bemerkt jedoch, daß es in einem solchen sozialen Verband häufig zu Morden kommt, wenn die Tiere im Winter kalt gehalten werden. Nach Petzsch sind die OQ, die leichter als die Y'G' in Winterschlaf fallen sollen, unter diesen Um- ständen besonders gefährdet.

„In ungeheizten Räumen verfallen manche 99, trotz der Bewegung im Käfig durch ihre Mitinsassen, doch, wenn 'der Höhepunkt des Winterschlaf- bedürfnisses erreicht zu sein scheint, in den lethargischen Winterschlafzu- stand, nachdem sie sich tief in den dichten Bodenbelag aus Mist und Einstreu eingegraben haben. Solange sie in der gegrabenen Röhre noch nicht in die Lethargie verfallen sind, weisen Goldhamster-2Q2 manchmal jedes Eindringen

eines anderen Exemplares, als auch der sie suchenden Hand des Beobachters, mit „keifenden“ Zetertönen, einer ganz eigentümlichen Lautäußerung, zurück.

48 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Winterschlafen sie dann doch, so werden sie in den meisten Fällen von den wachen andern Hamstern „unbeabsichtigt“ wieder beim Durchwühlen des Bodenbelags ausgegraben und in diesem nahezu leblosen, tief unterkühiien und völlig wehrlosen Zustand als Nahrungsmittel betrachtet, also meistens, unter Bevorzugung des Gehirns, stark angefressen, was den Tod nach sich führt.“ „In einem Behälter, der neun Tiere eines Wurfes fünf Y'o und vier QQ enthielt, blieben bezeichnenderweise nur die fünf nicht winter- schlafenden Y'G" am Leben, die O9 wurden durchweg im lethargischen Zu- stand von ihren Brüdern umgebracht“ (Petzsch 1951a p. 238).

Wir sind davon überzeugt, daß in unserem Freilandversuch sich ein ähnliches Drama abgespielt hat, bei dem die 6 Goldhamster in dem relativ kleinen Raum (von 1m? Bodenfläche und weniger als 1m? Erdraum) sich nacheinander gegenseitig umgebracht haben, so daß nur ein Tier übrig blieb. Zwei der Goldhamster wurden ja schon zu Beginn des Versuches (am 12. und 13. 11. 1953) tot an der Oberfläche gefunden. Es ist allerdings anzunehmen, daß diese nicht im Winterschlaf getötet wurden. In einem größeren Raum wäre der Prozentsatz der Tiere, die den Winter lebend überstanden hätten, sicher größer gewesen.

In diesem Zusammenhang interessiert ein Versuch, den wir mit drei europäischen Hamstern (Cricetus cricetus) etwa gleichzeitig mit dem Gold- hamsterversuch im Freien ausführten. Die Tiere kamen am 5.11.1953 in einen großen Innenkäfig (2,25 x 1,0 x 0,9 m) in dem geheizten Tierhaus, der durch einen Mauerdurchbruch an der Südseite des Hauses mit einem Außen- käfig (3,2 x 1,85x 2,0m) mit Naturboden in Verbindung stand. In dem Innen- käfig befanden sich drei hölzerne Schlaikästen mit Heu und Futter. Am nächsten Tage hielt sich ein Tier im Innenkäfig auf, eines im Außenkäfig und das dritte war nicht zu sehen. In einer Ecke des Außenkäfigs war ein Loch in die Erde gegraben. Bis zum 11. 11. hatten die Hamster zwei weitere Löcher gewühlt und nur einer befand sich in einem der Schlafkästen. Am 14.11. hatten sich alle drei Tiere in die Erde vergraben und das Futter und Heu zum größten Teil aus dem Innenkäfig in ihre Baue verschleppt. In den folgenden Tagen (bzw. Nächten) wurde regelmäßig das jetzt auch im Außen- käfig ausgelegte Futter in die Erdbaue getragen, an denen die Hamster offensichtlich arbeiteten, denn es entstanden neue Öffnungen, während die alten z.T. verschlossen wurden. Am Tage wurden die Tiere auch manchmal von Loch zu Loch schlüpfend beobachtet. Am 20.11. fanden wir ein mit einer Bauchwunde tot auf. Futtereintragen und Grabtätigkeit waren bis zum 2.12. festzustellen. Bis zum 11.5.1954 veränderte sich dann nichts mehr. Die Löcher waren geschlossen und das Futter blieb unberührt. An diesem Tage ließen wir die Erde umgraben. Es wurden ein paar Erdgänge fest- gestellt, die z.T. bis an das horizontale Drahtgitter führten, das in etwa 80cm Tiefe eingebaut war und dazu dienen solite, die Hamster an einem Durchgraben nach außen zu hindern. Es stellte sich jedoch heraus, daß dies

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Gitter an einigen Stellen schadhaft war, so daß wir vermuteten, die Tiere hätten sich unter das Gitter gewühlt und wären dort zugrunde gegangen oder wären nach außen entwichen, da keines von ihnen bis Mitte Mai wieder zum Vorschein gekommen war. Wir ließen den Boden wieder einebnen und setz- ten eine Waschbärfähe in den Käfig. Am 26.5. wurde in dem Käfig ein Hamster beobachtet, der vor dem ihn verfolgenden Waschbären in ein Erd- loch flüchtete. Der Waschbär wurde entfernt und eine Falle im Käfig auf- gestellt, in der sich in der Nacht zum 4. 6. ein Hamster fing. Der andere Hamster, den wir längst aufgegeben hatten, wurde am Abend des 9.6. be- obachtet, als er in einem Außenkäfig an der Nordseite des Tierhauses, der durch die ganze Länge des Hauses getrennt, etwa 7m von dem Käfig der Hamster entfernt war, in einem Loch im Betonboden verschwand. Der Beton- belag war in dem Käfig, der bis dahin drei Biberratten beherbergte, gerade vor ein paar Stunden gelegt worden und noch ziemlich weich. Über Nacht ging der Hamster in die gleich aufgestellte Falle. Wir vermuten, daß er schon längere Zeit in dem stark durchwühlten Bodengrund des Nutriakäfigs gehaust und sich nachts von dem Futter seiner Wirte geholt hatte. Wahr- scheinlich hatte er sich vielleicht schon im Herbst einen Tunnel (von mindestens 7m Länge) diagonal unter dem Tierhaus hindurchgegraben.

Diese Beobachtung zeigt außer der großen Grabfähigkeit von Cricetus cricetus, daß die europäischen Hamster der Überwinterung in einem geheiz- ten Raum die Überwinterung im Freien in selbstgegrabenen Erdbauen also unter „natürlichen Verhältnissen‘ vorzogen, und daß man auch mehrere Hamster in einem größeren Areal, in dem sie sich gegenseitig ausweichen können, überwintern kann.

Unser Gipsausguß (Abb.9u.10) läßt erkennen, daß das Goldhamster-O in dem Freilandversuch einen Bau angefertigt hatte, der eine deutliche Glie- derung in ein Gangsystem mit einer großen Vorratskammer, einer Schlaf- kammer und zwei Blindgängen, die vielleicht Aborte waren, aufweist (s. p. 46). Ob diese Bauweise für den syrischen Goldkamster typisch ist, läßt sich nicht sagen, weil bisher ja erst dieses eine Beispiel vorliegt und unser Tier offen- sichtlich durch die Enge des Käfigs in seiner Bautätigkeit behindert war. Wahrscheinlich hätte er im unbegrenzten Raum die Eingangsröhre tiefer ge- trieben und vielleicht die Gänge zu der Vorratskammer und dem Schlaf- kessel länger gebaut, wenn ihm die Käfigwände nicht Halt geboten hätten. Es ist auch anzunehmen, daß die waagerechten Gänge ohne die Führung durch den Blechboden nicht so ideal horizontal verlaufen wären. Ein Vergleich mit den Bauen des europäischen Hamsters ist, bis nicht mehr Material vorliegt, verfrüht. Auffällig ist, daß der einzige Eingangsstollen des Goldhamsterbaues genau senkrecht verlief.

Ob unser Goldhamster-O in seinem Erdbau wirklich Winterschlaf gehal- ten hat, oder ob es die ganze Zeit aktiv war und von seinen Vorräten gezehrt

50 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

hat. wissen wir nicht. Es ist jedoch das erste anzunehmen, da das von Petzsch am 2.3.1952 in Halle ausgegrabene 5” fest winterschlafend vor- gefunden wurde (s.p.40) und die OO des Goldhamsters nach Petzsch be- deutend mehr zum Winterschlaf neigen als die 5'o'. was allerdings nach Eisentraut (1952 p. 123) noch nicht bewiesen sein soll.

Bemerkenswert ist, daß unsere Goldhamster in dem Freilandversuch ihre oberirdische Tätigkeit an dem ersten Tage mit Bodenfrost (24. 11. 1953), an dem das Thermometer in 2cm Tiefe auf +0% gesunken war (s. Abb. 2), ein- stellten, und daß das überlebende O sie erst einige Tage nach dem letzten Bodenfrost (19.3. 1954), am 29.3.1954, wieder aufnahm, als die endgültige Frühjahrserwärmung schon ziemlich weit fortgeschritten war. Der Hamster war also etwa 4 Monate ununterbrochen in der Erde geblieben, obgleich in dieser Zeit einige Perioden ohne Bodenfrost lagen, und zwar vom 29. 11. bis 14. 12. 1953, vom 28. bis 29. 12. 1953 vom 16. bis 17. 1. 1954, vom 19. bis 20.1.1954 und vom 26.2. bis 18. 3. 1954. Wie die Kurve der Bodentempera- turen in 1m Tiefe zeigt (s. Abb.2), die niemals unter +0° gesunken war, dürfte der Hamster in seiner Schlafkammer in etwa 80cm Tiefe übrigens kaum Frosttemperaturen ausgesetzt gewesen sein.

Bickel (1949 p. 10) schreibt, daß nach amerikanischen Erfahrungen in den Goldhamsterzuchten die Temperatur nicht unter + sinken soll. ‚In Koloniezucht gehaltene Hamster, die sich gegenseitig leichter warm halten, vertragen geringere Temperaturen. Es ist wenig wahrscheinlich, daß Hamster- kolonien selbst bei 6,5°C in Winterschlaf gehen. Einzeln gehaltene Tiere werden jedoch bei bis +4°C schläfrig und kommen dann nicht mehr aus ihren Nestern.“ Petzsch (1950a) hielt zwei Pärchen Goldhamster in Einzelkäfigen während des Winters 1949/50 in einem ungeheizten Raum, in dem die Lufttemperatur in der kältesten Zeit bis auf 15° absank. Nur in dieser Zeit (am 30. 1. 1950) wurde ein © in tiefem Winterschlaf vorgefunden. Von im Winter 1950/51 in einer ungeheizten Garage überwinternden Gold- hamstern gibt Petzsch (1951a) an, daß nur QQ in Winterschlaf fielen, und daß in einer Züchterei ebenfalls nur QQ winterschlafend beobachtet wurden, und zwar in einem Raum mit -+20° Lufttemperatur. Daß in dem Freilandversuch von Petzsch ein 5’ winterschlafend gefunden wurde, haben wir schon erwähnt (s. p. 40). Eisentraut (1952) hat mit zwei männlichen Goldhamstern systematische Versuche über Winterschlaf ange- stellt. Das eine Tier kam am 3. 11. 1949 in einen Holzkasten mit Moos, Watte u. dgl. in einen ungeheizten Raum. Es hatte bis zum 9. 3. 1950 niemals Winterschlaf gehalten. Der andere Goldhamster wurde am 14.1.1950 in einem Glasbehälter, in dem er sich aus Moos u. dgl. ein Nest bauen konnte, in denselben Raum gebracht. Bei ihm wurde vom 20. 1. (Raumtemperatur + 0,6%) bis zum 12.3.1950 mehrfach unterbrochener Winterschlaf beob- achtet. Eisentraut hältes für möglich, daß das Nichtschlafen des ersten Tieres an den günstigeren Temperaturverhältnissen in dem besser wärme- isolierten Holzkäfig gelegen hat. Der winterschlafende Goldhamster verhielt sich sehr ähnlich wie ein gleichzeitig beobachteter europäischer Hamster. Auch er zeigte einen periodischen Wechsel zwischen einigen Tagen Winter-

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schlaf und ein bis zwei Wachtagen. Beim europäischen Hamster dauern die Winterschlafperioden im Durchschnitt 5 Tage, bei dem untersuchten Gold- hamster waren sie kürzer, die längste erstreckte sich über 4 Tage. Die kri- tische Temperaturstufe, das heißt das Temperaturgebiet, in dem winter- schlafbereite Winterschläfer in Winterschlaf fallen können, liegt nach Ei- sentraut bei Cricetus cricetus in der Nähe von +9. Die Minimaltempera- tur, auf die sich der Körper des Tieres abkühlen kann, bei +4 bis + 3°. Der Eisentrautsche Goldhamster schlief zu Anfang der Versuche bei Um- gebungstemperaturen unter +4° ein, später auch bei höheren bis zu +9. Die tiefste bei ihm gemessene Körpertemperatur war + 3,50%. Diese leider nur an einem Tier durchgeführten Messungen zeigen, daß die kritische Temperaturstufe von Mesocricetus auratus nicht bei +4°, wie Bickel an- gibt (s. p. 50), sondern höher liegen muß. Besonderes Interesse beanspruchen Versuche über den Winterschlaf von Goldhamstern von Schua und Schnorrenberg (1954) in München, bei denen mehrere Tiere in einem Raum mit einer ziemlich konstanten Temperatur von etwa + 20° (nicht tiefer als + 18%) beobachtet wurden. Leider ist nicht angegeben, wieviele Hamster es waren und ob sie in Einzelhaft oder zu mehreren zusammen gehalten wur- den. Der Raum wurde in unregelmäßigen Zeitabständen künstlich beleuch- tet; zu welchen Zeiten und jeweils wie lange, wird nicht gesagt. „Einige“ Tiere fielen im Winter und zwar nur im Winter in häufig unter- brochenen Winterschlaf. Sehr beachtlich ist, daß die Autoren schreiben: „Bei Messungen der Körpertemperaturen konnten wir feststellen, daß diese stets um einige Grade unter der der Umgebungsluft lagen.“ Sie halten es für möglich, daß die in dem Versuchsraum die meiste Zeit herrschende Dunkel- heit bei einigen Tieren die Winterschlafbereitschaft gefördert hat. Da einmal beobachtet wurde, „daß alle Tiere bei einem Wechsel der vorherrschenden Wetterlage aus ihrem Winterschlaf erwachten“, wurden statistische Berech- nungen über die Wetterlage angestellt und mit der Anzahl der jeweils win- terschlafenden Goldhamster in Beziehung gesetzt. Es ergab sich „ein über- zufälliger Anstieg hinsichtlich der Anzahl der schlafenden Tiere vor dem Durchgang von Kaltfronten (KF.), ein geringerer nach Warmfronten (WF.) und tatsächlich ein verstärktes Aufwachen bei und nach dem Durchgang einer KF. Ebenso zeigt sich ein ähnlicher Gipfel vor KF., wenn man die neu in Schlaf gesunkenen Tiere zum Vergleich heranzieht. Beim Durchgang der KF. fallen keine Tiere in Schlaf. Wogegen im Zusammenhang mit WF. nichts festzustellen ist.“ „Da die Tiere in dem Labor weitgehend den äußeren Wettereinflüssen entzogen waren und praktisch wohl nur der Luftdruck im Raum wirksam war, besteht die Möglichkeit, daß dieser in gewissem Sinn eine Rolle gespielt haben könnte, doch läßt sich eine Korrelation nicht ein- wandfrei sichern.“ Dies Ergebnis ist besonders bemerkenswert, weil Linde- mann (1951, 1952) kürzlich beobachtet zu haben glaubt, daß das Einschlafen und Erwachen beim Winterschlaf des europäischen Igels (Erinaceus euro- paeus L.) unter gewissen Umständen ebenfalls mit Luftdruckänderungen zu- sammenhängt.

Nach diesen kurz wiedergegebenen Beobachtungen der Autoren hat man den Eindruck, daß der syrische Goldhamster relativ leicht in Winterschlaf fallen kann, und zwar schon bei verhältnismäßig hohen Umgebungstempera- turen. Meine (Herters) Erfahrungen mit den ersten Goldhamstern, die

52 Zeitschrift für Säugetierk:ınde, Bd. 20, 1952 (1955).

ich von einem Berliner Händler erhielt, sprachen ebenfalls in diesem Sinne. Im Winter 1950/51 fand ich die Tiere an Montagen mehrmals winter- schlafend vor, wenn am Sonntag mein Zimmer im Institut nicht geheizt worden war. Brachte ich aktive Tiere im Winter in einen ungeheizten Raum, so konnte ich mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, sie am nächsten Tage in der für alle winterschlafenden Nager typischen Stellung (Abb. 6) im Winterschlaf vorzufinden, mit Körpertemperaturen, die etwa den Raum- temperaturen entsprachen. Ganz anders verhielten sich die Goldhamster, die wir für die geschilderten Versuche im Winter 1953/54 benutzten. Sie stammten aus einer Sendung von 40 Tieren, die wir im September 1953 von Herrn Dr. H. Behringer aus München erhielten. Die in dem meistens geheizten Tierhaus und in dessen ungeheiztem Bodenraum einzeln oder zu mehreren zusammen gehaltenen Goldhamster fielen niemals in Winterschlaf. Über das Verhalten der in Käfigen im Freien gehaltenen Tiere haben wir schon berichtet (s. p. 43). Dabei ist auffällig, daß von den 6 in den Blech- käfigen lebenden Tieren, die weitgehend den zeitweilig sehr tiefen Tempera- turen der Umwelt (s. Abb. 2) ausgesetzt waren, zwei überhaupt nicht Win- terschlaf hielten und die restlichen vier nur ganz selten und zu verschiedenen Zeiten winterschlafend angetroffen wurden. Vergleicht man diese Zeiten mit dem Gang der Lufttemperatur, so kommt man zu folgenden Ergebnissen: Hamster 1 schlief erstmalig (am 24. 11. 1953) während eines ziemlich schrof- fen Temperatursturzes (23.11. 13 Uhr: + 7°; 24.11. 4 Uhr: +1). An dem nächsten Schlaftag (27.11.1953) war die Temperatur im Steigen (26.11. 13 Uhr: +0%; 27.11. 4 Uhr: +0°%, 13 Uhr: +3°). Die längste Schlafperiode wurde bei Nr.1 vom 3. bis 7.12.1953 zu einer relativ warmen Zeit, in der die Temperatur zuerst anstieg (3.12. 4 Uhr: +4°; 4.12. 4 Uhr: +10°) und dann ziemlich schroff abfiel (5. 12. 4 Uhr: + 7°; 7.12. 4 Uhr: + 19) beobachtet. Am nächsten Schlaftag (14. 12.1953) hatte das Thermometer fallende Ten- denz (13. 12. 13 Uhr: +6°; 14.12. 4 Uhr: --2°) und am letzten (10. 2. 1954) ebenfalls (9.2. 13 Uhr: +0°; 10.2. 4 Uhr: 2°). Hamster 2 hat nur an einem Tage (21. 12. 1953) geschlafen, an dem die Temperatur etwas an- stieg (20. 12.13 Uhr: 1°; 21.12. 4 Uhr: +0°). Nr. 3 wurde an denselben Tagen winterschlafend gefunden wie Nr. 4, und zwar am 23.12.1953, an dem die Temperatur etwas gefallen war (22.12. 13 Uhr: +1°; 23.12. 4 Uhr: 1°), am 14.1.1954 ebenfalls bei fallender Temperatur (13.1. 13 Uhr: +4°%; 14.1. 4 Uhr: +19) und am 18.1.1954, an dem auch Ab- kühlung stattgefunden hatte (17.1. 13 Uhr: +1°; 18.1. 4Uhr: +0°). In der Mehrzahl der wenigen beobachteten Fälle trat also der Winterschlaf bei fal- lender Umgebungstemperatur ein. Auffällig ist, daß in den besonders kalten Zeiten des Winters 1953/54 (30. 12. 1953 bis 12.1. 1954, 22.1. bis 13. 2. 1954 und 16.2. bis 24.2.1954) keiner der Goldhamster Winterschlaf hielt. Dies läßt sich vielleicht mit der von anderen Winterschläfern bekannten Erschei-

K. HERTER und G. LAUTERBACH, Die Überwinterung syrischer Goldhamster 53

nung in Zusammenhang bringen, daß sehr tiefe Umgebungstemperaturen und plötzliche Temperaturstürze weckend oder Winterschlaf hindernd wirken können. Wenn die Umgebungstemperatur so niedrig ist, daß die Tiere ihre Minimaltemperatur nicht aufrecht erhalten können, schalten sie ihre Tem- peraturregulationsmechanismen völlig ein und werden ganz munter.

Die Beobachtung unserer Goldhamster im Winter 1953/54 hat in uns den Eindruck erweckt, daß unsere Tiere nur eine sehr geringe Neigung zum Win- terschlaf hatten. Vielleicht kann man annehmen, daß die wohl haupt- sächlich hormonal bedingte und gesteuerte Winterschlafbereitschaft bei den syrischen Goldhamstern unter den für sie relativ neuen Domestikations- einflüssen Änderungen unterworfen ist, so daß sie in den einzelnen Popula- tionen oder Zuchten in verschiedener Stärke auftreten kann. Leider fehlt uns für die Beurteilung des Einflusses der Domestikation auf den Winterschlaf jede Vergleichsmöglichkeit, da bisher als Haus-, Labor- oder Farmtiere noch nie Winterschläfer gedient haben.

Zusammenfassung

1. Syrische Goldhamster (Mesocricetus auratus Waäterh.) hatten in Akto- graphenversuchen im Sommer und im Winter einen Aktivitätsrhythmus mit gesteigerter Aktivität zwischen 17 und 22 Uhr und einer schwächeren Aktivitätsperiode zwischen 2 und 3 Uhr.

2. Goldhamster überlebten ungeschädigt einen strengen norddeutschen Winter in Käfigen, in denen sie sich nicht eingraben konnten und in denen sie weitgehend der Kälte ausgesetzt waren, im Freien. Mehrere in einem Käfig zusammengehaltene Tiere fielen nicht in Winterschlaf; einzeln gehaltene nur selten und nur für kurze Zeit.

3. Ein Goldhamster überwinterte im Freien in einem selbstgegrabenen Erd- bau, der eine deutliche Gliederung in ein Gangsystem und Kammern (Vor- ratskammer und Schlafkammer) erkennen ließ. Das Tier hat sich ununter- brochen 4 Monate (vom 24.11.1953 bis 29.3.1954) in dem Bau in der Erde aufgehalten.

4. Die Versuchsergebnisse bestätigen die Ansicht Petzsch’s, daß syrische Goldhamster in Deutschland im Freien ungeschädigt überwintern können, und zwar auch in recht strengen Wintern, so daß ihre Einbürgerung in Deutschland als durchaus möglich anzusehen ist.

9. Die Goldhamster aus den einzelnen Populationen und Zuchten scheinen sich in bezug auf ihre Winterschlafbereitschaft (vielleicht als Folge der Domestikation) verschieden verhalten zu können.

6. Europäische Hamster (Cricetus cricetus L.) zogen Überwinterung im Freien in selbstgegrabenen Erdbauen der Überwinterung in einem geheizten Raume vor.

N

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54 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

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Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV.

Abb. 5. Anordnung der Aktographenversuche. Mitte: Der auf Federn stehende Tier- käfig mit einem Goldhamster, dessen Bewegungen durch einen Schreibhebel auf der Trommel (links oben) registriert werden. Links vorn: Barograph. Rechts: Thermo-Hygrograph. In den geschilderten Versuchen befanden sich die Tiere in größeren Käfigen.

. Winterschlafender Goldhamster (9) am 19. 2. 1951. Das Tier war aus einem Raum mit +7 bis +80 Lufttemperatur genommen. Körpertemperatur: —- 8°.

. Erdoberfläche in dem Überwinterungskäfig der Goldhamster an der Ostseite des Tierhauses am 22. 5. 1954. Vorn links: Bodenthermonieter. Mitte hinten: Sonnenblumen und Getreide. Rechts Mitte: Schlupfloch.

Abb.8. Ausgießen des Goldhamsterbaues der Abb.7. Rechts: Kaninchenställe.

Abb. 9. Gipsausguß des Goldhamsterbaues von oben in natürlicher Lage im Käfig.

Abb. 10. Der Gipsausguß außerhalb der Grube.

Abb.

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Abb.

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4.) Allgemeine Gedankengänge über die Dichte- schwankungen bei der Erdmaus (Miecrotus agrestis)

Von Dennis Chitty (Bureau of Animal Population, Oxford)

Vortrag gehalten auf der 28. Hauptversammlung am 31. 7. 1954. Mit zwei Abbildungen im Text.

Das Problem, das ich hier erörtern will, ist von ziemlich allgemeiner Be- deutung im Tierreich. Es kann nicht nur durch Tatsachen illustriert werden, die die Säugetiere betreffen, sondern auch durch solche, die uns über Vögel und Insekten bekannt sind. Man beobachtet oft, daß eine Population eine be- stimmte Zeit lang zunimmt und dann vielleicht mehrere Jahre hintereinander im Abnehmen begriffen ist. Dieses Geschehen kann man durch die Kurve (Abb. 1) darstellen. Beim Hasen (Lepus americanus) und bei gewissen In- sekten kann sich die Periode der Populationsabnahme über fünf Jahre er-

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Abb. 1

strecken. Manchmal erklärt sich diese Abnahme zum Teil aus einer reduzier- ten Fruchtbarkeit, aber daneben wird sie gewöhnlich durch eine hinzukom- mende hohe Sterblichkeitsziffer bewirkt.

Lassen Sie uns zuallererst einige einfache, aber grundlegende Betrachtun- gen anstellen: Wir beobachten z.B. im Zeitpunkt i (Abb.2) eine bestimmte Sterblichkeitsziffer (S) und im Zeitpunkt n eine höhere Ziffer (S.), ob- gleich die Populationsdichte in beiden Zeitpunkten ähnlich sein mag. Es ist klar, daß die Sterblichkeitsziffer immer das Ergebnis der Wechselwirkung ist, die zwischen den Organismen (O) und den von außen kommenden Todes- ursachen (T) besteht. Nun wollen wir wissen, warum S. größer ist als S,. Die erste Hypothese (a), die wir untersuchen müssen, ist die, daß wir es in beiden Zeitpunkten mit Organismen zu tun haben, deren biologische Eigen- sehaften identisch sind (=). In diesem Fall müssen wir nach einem Unter- schied zwischen T, und T, suchen. Mit anderen Worten, wir erwarten zu fin- den, daß es im Zeitpunkt n mehr tödliche Feinde oder Parasiten oder Krank-

4*

56 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

heiten gab, oder daß das Wetter ungünstiger war, oder daß eine Nahrungs- knappheit herrschte. Solche Unterschiede in den Todesursachen sind in der Tat vorgekommen, und einige Populationsveränderungen können gewiß auf diese Weise erklärt werden. Aber andrerseits hat diese Untersuchungs- methode sehr oft unsere Fragen nicht beantworten können. Lassen Sie uns daher das Problem von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachten.

n i n Sj <S Sn Sn< Sn Oi = On Or On Ay Ay Jr Jr T#eNh IT = Th (a) (b) Abb. 2

Stellen wir uns vor, daß die Bedingungen in der Umgebung der Organis- men zu allen Zeiten die gleichen sind, das heißt, daß T, gleich T, ist. Dann muß natürlicherweise jede Änderung in der Sterblichkeitsziffer auf einer Änderung der Organismen selbst beruhen, auf einer Änderung, die sie den normalen Sterblichkeitsfaktoren gegenüber weniger widerstandsfähig macht. Zum Beispiel könnten die Tiere während kalten Wetters sterben, das sie in früheren Jahren überlebt haben. Ich weiß nicht, ob diese angenommenen Änderungen wirklich eintreten, aber wenn das zuträfe, so ist es doch höchst- wahrscheinlich, daß eine Kombination beider Hypothesen notwendig ist, um die Freilandbeobachtungen erklären zu können. Ich kann nur sagen, daß die zweite Hypothese sich bei unseren eigenen Studien fruchtbar erwiesen hat, ganz abgesehen davon, ob sie richtig oder falsch ist. Diesen Studien will ich mich nun zuwenden.

Die Freilandbeobachtungen, die meine Frau und ich angestellt haben, be- treffen die Erdmaus (Microtus agrestis). Bei dieser Mäuseart dauert ein Populationszyklus im allgemeinen vier Jahre. Was wir herausfinden wollen, ist die Antwort auf die Frage: Tritt eine Veränderung in den biologischen Eigenschaften dieser Tiere ein, und wenn das geschieht, wie geht sie vor sich? Das im Freiland gewonnene Material deutet auf einen wichtigen Punkt hin: Wenn man die Gewichtsverteilung einer Microtus-Population untersucht, fin- det man auffallende Unterschiede während der verschiedenen Stadien eines Zyklus. In einem Jahr der Populationszunahme ist das Körpergewicht wenigstens das der männlichen Tiere folgendermaßen verteilt: Im Hoch- sommer gibt es eine große Zahl von Tieren, die das Muttertier gerade ab- gesetzt hat, einige alte Tiere und eine Gruppe mit mittleren Gewichten, die sich aus den ersten Jungen des Jahres zusammensetzt. In einem Höhepunkts- jahr fehlt dagegen diese mittlere Gewichtsgruppe. Vielleicht wachsen die Tiere nicht in normaler Weise, oder vielleicht sterben sie, worauf unsere

D. CHITTY, Über die Dichteschwankungen bei der Erdmaus 57

Markierungsversuche hinzuweisen scheinen. Was auch in Wirklichkeit die Ur- sache für das Fehlen dieser Mittelklasse sein mag, die Tatsachen scheinen darauf hinzudeuten, daß in einer gedrängten Population ungünstige Wirkun- gen durch den Kontakt zwischen Individuen hervorgerufen werden.

Kurz nachdem diese Ideen im Jahre 1949 festere Formen angenommen hatten, hatte ich das große Glück, einen Studenten, J. R. Clarke,zuhaben, der Forschungen auf demselben Gebiet anstellte und diese ein gutes Stück vorwärtsbrachte. Clarke fand, daß Erdmäuse, die sich fremd sind, in hohem Maße aggressiv sind und daß besondere Vorsichtsmaßregeln getroffen werden mußten, damit sie sich nicht sofort gegenseitig töteten. Nachdem es ihm gelungen war, diese Schwierigkeit zu umgehen, konnte er zeigen, daß solche Kämpfe große Veränderungen im Gewicht gewisser Organe verursachen. Die Nebennieren wurden schwerer und der Thymus kleiner, Veränderungen, die nach den physiologischen Theorien Dr. Hans Selyes über die Wirkun- gen übergroßer Anstrengungen zu erwarten waren. Eine auffallende Verände- rung war jedoch die Gewichtserhöhung der Milz, und diese Veränderung findet sich nicht immer in Selyes Adaptations-Syndrom.

Ich möchte die Bedeutung dieser Gewichtsveränderungen von Organen nicht eingehend erörtern, sondern nur sagen, daß diese Tatsache die Ansicht stützt, daß sich die biologischen Eigenschaften der Organismen verändert haben. Wir haben jedoch keinen Beweis dafür, daß diese Veränderungen größere Sterblichkeit unter den Tieren verursachen. Und in der Tat finden wir, daß in einem Höhepunktsjahr eine gute Zahl ausgewachsener Erdmäuse am Leben bleibt. Auch im Laboratorium beobachten wir, was die Lebens- dauer betrifft, keine bemerkenswerten Wirkungen; natürlich machen die Tiere eine Ausnahme, die im Kampf ernstlich verwundet wurden. In dieser Hinsicht unterscheiden sich meine Ansichten über die Ursachen der Zyklen von denen der meisten anderen Autoren: ich glaube, daß es die Nachkommen dieser kämpfenden Tiere sind, bei denen die wirklichen physiologischen Stö- rungen auftreten. Ich werde später auf diesen Punkt zurückkommen.

Lassen Sie uns inzwischen zu den Freilandbeobachtungen zurückkehren. Es wird von Nutzen sein, die drei erwähnten Organe, die Nebennieren, den Thymus und die Milz, in freilebenden Populationen zu studieren. Aber diese Untersuchungen haben erst im Jahre 1952 begonnen, und da die kleinste Zeiteinheit für solche Untersuchungen die vier Jahre eines Zyklus umfaßt, können wir noch nicht wissen, ob sie irgendwelche Ergebnisse zeitigen werden.

Es gibt jedoch gewisse andere Faktoren im Zusammenhang mit den Zyklen der Erdmauspopulation, für die wir ziemlich vollständiges Tat- sachenmaterial besitzen. Diese sind:

1. Das Körpergewicht. Eine der charakteristischsten Erscheinun- gen in einer gedrängten Population ist, daß die ausgewachsenen Tiere im Frühling ausnahmsweise schwer sind.

58 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

2. Die Wurfstärke. Diese kann auch in einem Höhepunktsjahr größer sein als in irgendeinem anderen. Hamilton hat das so in New York gefunden, Bodenheimer und Sulman in Palästina, und Stein hat Unterschiede zwischen den Wurfstärken seiner primären und sekundären Fundorte beobachtet. Wir selbst finden die größte Anzahl von Embryonen in Höhepunktsjahren, haben aber, wie Sie sehen werden, unsere eigene Erklä- rung für diese Tatsache.

3. Die Dauer der Fortpflanzungszeit. Sehr häufig, wenn auch nicht immer, endet die Fortpflanzungszeit in einem Höhepunktsjahr im August. Frank spricht auch von einem frühen Ende der Brutzeit in einem Höhepunktsjahr.

Hier sind also drei interessante Tatsachen, die erklärt werden müssen, nämlich: das hohe Körpergewicht (das hier nicht erörtert werden soll), die große Zahl der Embryonen und eine kurze Fortpflanzungszeit. Der Versuch, diese Veränderungen experimentell hervorzubringen, scheint der Mühe wert.

Eine der Methoden, die wir bei diesen Versuchen angewandt haben, ist die folgende: Wir haben vier Käfige nebeneinander; in jedem von ihnen ist entweder nur eine einzelne Erdmaus oder ein Erdmauspaar. Jeden Tag oder einen Tag um den anderen werden diese vier Käfige für zwei Stunden mit- einander verbunden. Wir tun das, indem wir von einem Käfig zum anderen einen Tunnel legen, durch den die Erdmäuse laufen und sich Besuche ab- statten können. Wir halten gleichzeitig Geschwister aus demselben Wurf un- ter Kontrolle, und diese nehmen nicht an diesen periodischen Besuchszeiten teil. Bei den Experimenten mit gepaarten Tieren haben wir nicht immer auf die Wurfziffer einwirken können, aber in einem Fall wurde eine höchst be- deutsame Änderung erzielt. Wir hatten drei ‚experimentelle‘ und drei „kon- trollierte‘‘ Paare, und durch einen besonderen Glücksfall hatten sie je sieben Würfe. Eine statistische Analyse ergab diese Resultate: die als Kontrolle ge- haltenen Paare: 4,62+ 0,175; die im Experiment: 5,33 + 0,175. Diese Zahlen sind die durchschnittlichen Wurfstärken.

_ Und nun will ich etwas über die Länge der Fortpflanzungszeit sagen: Im Februar 1950 richtete Dr. Glarke zwei Erdmauskolonien im Freien ein. Die eine begann mit einem einzelnen Paar, die andere mit fünf Paaren. Jedes Gehege hatte eine Bodenfläche von ungefähr 70 Quadratmetern, und es war immer ein großer Überfluß an Nahrung vorhanden. Zu allererst zeigte sich ein auffallender Unterschied in der Fruchtbarkeit der Weibchen: In der ge- drängten Kolonie betrug diese Fruchtbarkeit ein Achtel von der in der an- deren Kolonie, die mit nur einem Paar angefangen hatte. Dieser Vergleich bezieht sich nur auf die Monate der gleichzeitigen Brutzeit in beiden Kolonien. Zweitens dauerte die Nicht-Brutzeit in der kleineren Kolonie nur etwa drei Monate, während sie in der anderen etwa sechs Monate währte.

Auf den ersten Blick mag es vielleicht seltsam scheinen, wenn man

D. CHITTY, Über die Dichteschwankungen bei der Erdmaus 59

die große Wurfstärke wie auch die kurze Fortpflanzungsperiode als Glieder ein und derselben Erscheinung zu erklären versucht. Erlauben Sie mir daher, erst eine Stelle aus „The Principles of Animal Ecology“ von Prof. Allee und seinen Kollegen anzuführen: „Die Lebensprozesse vollziehen sich schnel- ler und günstiger, wenn die Population sich vermehrt, bis eine Höchstdichte erreicht ist. Jenseits dieser Höchstlinie bewirkt eine weitere Vermehrung die gegenteilige Entwicklung.“ (Fig. 139B, p. 396).

Nun ist es möglich, daß sich dasselbe Prinzip auf die Fruchtbarkeit der Erdmaus und vielleicht auf die mancher Vögel anwenden läßt, das heißt, daß es ein Höchstmaß der Populationsdichte gibt und daß unterhalb und überhalb desselben die Fruchtbarkeit reduziert ist. Wir wissen noch nicht mit Sicherheit, ob diese Annahme richtig ist, da diese vorläufigen Beobachtungen sich erst bestätigen müssen.

Das letzte Experiment, das ich noch erwähnen möchte, unternahmen wir in den Koloniekäfigen unseres Laboratoriums. Diese Käfige bestehen im wesentlichen aus untereinander verbundenen Laufgängen, die übereinander liegen und an einem Ende Abteilungen zum Schlafen und am anderen solche zum Fressen haben. Die ersten Ergebnisse zeigen, daß.eine große Anzahl von Tieren zusammenleben kann, ohne sich zu bekämpfen, vorausgesetzt, daß sie gemeinsam aufwachsen. Fremdlinge werden jedoch fast sofort getötet und ebenso Mitglieder der Kolonie, die für einen Tag oder zwei entfernt und dann wieder zurückgebracht wurden. Eine unserer größten technischen Schwierig- keiten ist, Kolonien zu schaffen, in denen die Tiere sich weder so gut kennen, daß sie sich gar nicht zanken, noch sich so gründlich hassen, daß sie sich gegenseitig zerreißen. Die goldene Mitte kann jedoch erreicht werden. Wenn ein Weibchen in einer solchen Gruppe trächtig ist, wird es unmittelbar vor dem Gebären isoliert und kann seine Jungen in Frieden aufziehen. Es darf die Hälfte des Wurfes behalten. Die andere Hälfte wird fortgenommen und durch Junge von einer als Kontrolle gehaltenen Mutter ersetzt. In allen bis- her beobachteten Fällen hatten die Jungen, die von den Experiment-Tieren gesäugt wurden, Untergewicht, als sie abgesetzt wurden; das bedeutet, daß die Milcherzeugung scheinbar ungünstig beeinflußt worden war. Wir haben jedoch kein Material, um zu zeigen, ob auch pränatale Störungen vorkamen.

Ich bedaure, in der Tat sagen zu müssen, daß ich im Augenblick noch kein ausreichendes experimentell gewonnenes Beweismaterial besitze, das den umstrittensten Teil der Hypothese stützen würde, nämlich, daß die Nach- kommen, die von im Raum beschränkten Tieren abstammen, anomal seien. Wenn wir auf Abb. 1 zurückgehen, so will ich sagen, daß die im Zeitpunkt n geborenen Tiere wahrscheinlich aus Ursachen starben, die auf Ereignisse vor ihrer Geburt zurückgehen.

Es ist eine verbreitete Ansicht bei Geflügelzüchtern, daß der physiologi- sche Zustand der Eltern eine starke Wirkung auf die Lebensfähigkeit der

60 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Küken ausübt. Es ist wohl auch vernünftig, wenn angenommen wird, daß solche Wirkungen durch Störungen im Zustand der nährenden Mutter her- vorgerufen werden. Ich glaube aber, daß bei den freilebenden Säugetieren noch tiefere Vorgänge diese Wirkungen verursachen und nicht allein eine unzureichende Milchbildung. Daß es uns noch nicht gelungen ist, dieses tiefere Etwas experimentell zu erfassen, beweist entweder, daß meine An- sichten darüber ganz falsch sind, oder aber daß wir noch nicht gelernt haben, Fehler in unseren Experimenten zu vermeiden. Wir hoffen, bald herauszu- finden, welche von diesen beiden Alternativen die rechte ist.

Zum Schluß möchte ich nur kurz auf eine sehr interessante Tatsache hinweisen, die im Zusammenhang mit unserer gegenwärtigen Ansicht über die Ursachen der Zyklen steht. Neben der Tatsache der auffallenden Sterblich- keit unter den Arten, deren Populationszahl regelmäßigen Schwankungen un- terworfen ist, steht eine zweite Tatsache: Die ökologisch isolierten Populatio- nen zeigen oft Schwankungen in der Zeitübereinstimmung der Zyklen. Es lassen sich viele Beispiele anführen, die zeigen, daß das nicht immer geschieht. Auf der anderen Seite finden wir so oft Zeitübereinstimmung, daß wir diese nicht einfach als Zufälligkeit hinstellen können. Wir wissen bis jetzt noch nicht. wie diese Übereinstimmung zustande kommt. Doch denke ich, daß man auf das Wetter als koordinierendes Element schließen muß. Wenn das so ist und wir unsere Hypothese auf den Zyklus bei dem nordamerikanischen Hasen anwenden, dann ziehen wir folgenden Schluß: Entweder ist ein völlig un- geahntes Element mit diesem Zyklus verknüpft, oder aber der sogenannte zehnjährige Zyklus ist gar kein zehnjähriger Zyklus. Ich werde die einzelnen Stufen der Beweisführung auslassen und ganz einfach das Endergebnis geben: Tatsachen, die kürzlich von meiner Frau analysiert worden sind, zeigen, daß es seit 1925 drei vollständige Zyklen im östlichen Nordamerika, dagegen nur zwei in Alaska gegeben hat. Seitdem wir uns über den starken Einfluß klar geworden sind, den das Wetter auf die Dauer der biologischen Zyklen aus- übt, haben wir die Entdeckung einer solchen Verschiedenheit erwartet. Nach jetzt vorhandenem Beweismaterial war also die zeitliche Übereinstimmung auf dem ganzen großen Kontinent, die man in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts fand, ein Zufallsergebnis, und die Dauer der Zyklen ist in der Tat in den verschiedenen Regionen eine verschiedene.

Diese Feststellung, wie die meisten anderen, die ich heute gemacht habe, ist nur vorläufiger Natur. Und doch hielt ich es für wichtig, Sie mit unseren Ansichten bekannt zu machen und mit den Methoden, die wir anwenden, um sie auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, selbst wenn wir sie in der nächsten Zukunft beträchtlich modifizieren müssen.

Frau R. Hendewerk und Herrn G. Stein habe ich für Hilfe am deutschen Text zu danken.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955). 61

5.) Vorläufige Ergebnisse der Populations- untersuchung an Feldmäusen in der Betuwe

Von Dr. A. van Wijngaarden (Pflanzenschutzdienst, Wageningen)

Vortrag gehalten auf der 28. Hauptversammlung am 31. 7. 1954. Mit 9 Abbildungen im Text und auf den Tafeln V und VI.

Anlaßzu der Untersuchung:

Nach ernstlichen Plagen von Feldmäusen (Microtus arvalis Pallas) in den Jahren 1945 und 1949 in den Niederlanden, insbesondere in der Betuwe, hat der Pflanzenschutzdienst mich beauftragt, eine Untersuchung anzustellen über den Verlauf der Entwicklung dieser Plagen und über die sie veranlassenden Verhältnisse. Viele Tierarten zeigen periodisch starke zahlen- mäßige Schwankungen. Auch bei den Feldmäusen in den Niederlanden ist dies der Fall; in den Perioden der größten Populationsdichte, den sog. Maxima, werden sie dem Land- und Gartenbau zur schweren Plage. Meine erste Aufgabe war also, zu prüfen, was mit den Feldmäusepopulationen während einer Plage nun eigentlich geschah und wo diese Plagen auftraten.

Verfahren:

Wenn wir etwas wissen wollen über den Verlauf einer Plage und über die Zahl der zwischen den Plagen vorhandenen Feldmäuse, so brauchen wir ein geeignetes Verfahren zur Bestimmung ihrer Zahl. Zwei von den möglichen Verfahren haben wir angewandt: Fangen mit Fallen und Zählen der Löcher je Flächeneinheit.

A. Bei dem Fallenverfahren setzten wir voraus, daß, wenn auf einem be- stimmten Versuchsfeld eine bestimmte Zeit hindurch eine bestimmte Anzahl Fallen stehen (hier: 20 Stück in einer geraden Linie von beliebiger Richtung durch die Mitte des Versuchsfeldes), die Zahl der in diesen Fallen gefangenen Mäuse einigermaßen einen Eindruck von der Populationsdichte gibt. Das Ver- hältnis zwischen der Zahl der gefangenen Tiere und der Populationsdichte ist bei verschiedenen Dichten natürlich nicht das gleiche. Störend können z.B. auch das Wetter in der Fangnacht und Unterschiede in der oberirdischen Aktivität in den einzelnen Jahreszeiten wirken.

B. Als zweites Verfahren wandten wir die Löchermethode an (Abb. 6, Tafel V). Auf 20 Flächen von je einem Quadratmeter, die mit zwei Meter Zwischenraum in einer geraden, durch den Mittelpunkt des Versuchsfeldes laufenden Linie lagen, wurden die vorhandenen Feldmäuselöcher gezählt.

62 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Jedes Loch mit einem Durchmesser unter 3cm ohne mit dem Finger spür- bares Ende galt als Feldmäuseloch.

Durch teilweisen Einsturz eines Ganges entstandene Löcher wurden nicht mitgezählt. Es ist klar, daß gegen dieses Verfahren etwa dieselben Be- denken bestehen wie gegen das Fallenverfahren.

Die gefundenen Löcher wurden alle mit einem Pfropfen Gras zugestopft und am nächsten Morgen wurde nachgesehen, ob der Pfropfen entfernt war. Dadurch bekommt man einen Eindruck von der Bewohnungsstärke des Gängesystems. |

Untersuchte Gegend:

Für diese Arbeit wurde die Betuwe (Abb. 1) gewählt, weil siedas Wageningen am nächsten gelegene Gebiet ist, wo eine regelmäßig zur Plage werdende

WABENINGEN

Abb. 1. Geographische Lage der Betuwe.

Feldmäusepopulation lebt und weil sie ziemlich gut isoliert liegt zwischen Rijn, Waal, Lek und Merwedekanaal, so daß etwaige große Wanderungen doch nur innerhalb dieses Gebietes stattfinden könnten. Oberfläche + 1200 km?.

A. VAN WIJNGAARDEN, Populationsuntersuchung an Feldmäusen in der Betuwe 63

Versuchsfeldsätze:

Es wurden drei Sätze Versuchsfelder mit beiden Verfahren bearbeitet:

a) ein Satz Versuchsfelder dicht beieinander in verschiedenen Biotopen, und zwar 10 Wegraine, 5 Grünland-Weidelandflächen, 5 Korbweidenbrüche, 5 Äcker und 2 Obstgärten, zwischen Culemborg und Geldermal- sen in einer Gegend mit regelmäßigen Feldmäuseplagen;

b) ein Satz entsprechender Versuchsfelder, auch alle nahe beieinander, und zwar in 10 Wegrainen, 5 Weideflächen, 5 Wäldern, 5 Äckern und 5 Obst- gärten bei Hemmen in einer Gegend ohne Mäuseplagen;

c) ein Satz von 104 Versuchsfeldern durch die ganze Betuwe zerstreut in ein und demselben Biotop, und zwar Grünland. Diese Grünlandflächen liegen in 10 Reihen (A bis J) in der Richtung Nord—Süd quer durch die Betuwe etwa 7km auseinander. In diesen Reihen liegen die Versuchs- felder etwa 1km voneinander. Dieser Satz ist weiterhin als Betuwe-Unter-

suchung bezeichnet (Abb. 2).

SH

Dh = DE Q G % 100 RZ, D

Du 8 c D E F G H

Abb 2. Lage der Grünland-Prüffelder bei der Betuwe-Untersuchung.

Enge Schraffierung Beckenbetonboden. Weite Schraffierung = Flußuferablagerung. e Feldmäuse Herbst 1952 vorhanden, o Feldmäuse fehlen Herbst 1952

Zeitder Untersuchung:

Die oben beschriebenen Zählungen finden seit Herbst 1950 jährlich zwei- mal statt: im Frühjahr, wenn wir ein Minimum, und im Herbst, wenn wir ein Maximum der Populationsdichte erwarten.

I. Ergebnisse Gulemborg:

Im Gebiet der Culemborg-Untersuchung kommen in der Hauptsache vier Biotope vor: Raine, Weideflächen, Äcker und Korbweidenbrüche. Es sind nun die Änderungen der Populationsdichte in den Jahren 1950 bis heute in jedem dieser Biotope zu besprechen.

Wir sehen in den graphischen Darstellungen Abb. 3 und 4 und in den Tabellen 1 bis 3, daß die Raine-Population im Jahre 1950 sehr gering

64 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954 1954

Abb. 3. Anzahl der auf 100 m? gefundenen Mauselöcher.

er etüBane .— .— . Korbweidenbrüche Beer Grünland een Obstgärten Äcker

Tab. 1: Gesamtzahl der Löcher je 100 m? (Culemborg)

Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954 1954

Grünland 1 1 0 143 204 44 0 4 18 Rain 54 80 158 391 390 51 53% 17 155 Korbweiden 51 63 41 230 152 51 31 18 148 Ackerland 5 0 8 14 79 27 0 0 19 Obstgarten 0 —_ 230 35 0 0 13

war, dann langsam und im Frühjahr 1952 sehr schnell zunahm, wahrschein- lich im Sommer 1952 ihr Maximum erreichte und im Herbst schon wieder etwas abnahm. Im Frühjahr 1953 konnten wir nur mit größter Mühe eine einzige deutliche Spur von Fraß (an einer Distelwurzel) finden, die auf die Anwesenheit von mindestens einer lebenden Feldmaus in den Rainen hinwies. Die Katastrophe in der Mäusewelt hatte sich zum sovielten Mal vollzogen.

Im Herbst von 1953 war die Zahl der Löcher noch kleiner und im Frühjahr von 1954 hatte sie sogar wieder abgenommen. Die Löcher ver- schwinden aber nicht sobald aus den Rainen wie die Mäuse. Der Hundertsatz der geöffneten Löcher (Abb.5) und die Zahlen der gefangenen Feldmäuse (Abb. 4) geben von ihrer Zahl ein besseres Bild. Die ein halbes Jahr später (Herbst 1954) vorgenommenen Zählungen zeigen dann wieder eine starke Zunahme.

A. VAN WIJNGAARDEN, Populationsuntersuchung an Feldmäusen in der Betuwe 65

Was geschah nun zu gleicher Zeit in den andern Biotopen? Vom Herbst 1950 bis zum Frühjahr 1952 lebten in den Grünlandflächen, Korb- weidenbrüchen, Obstgärten und Äckern wahrscheinlich keine Feldmäuse. Im Herbst von 1951 wurden zwar welche im Ackerland gefangen, aber diese kamen aus den benachbarten Rainen: Löcher fanden wir nicht. Daß in der genannten Periode dennoch Löcher in den Korbweidenbrüchen gefunden wur- den, ist wahrscheinlich auf die Anwesenheit von 8(!) andern Arten hier lebender kleiner Säugetiere zurückzuführen. Feldmäuse wurden dort in diesen anderthalb Jahren nicht gefangen. Die Raine begannen bei der starken Be- völkerungsdichte im Frühjahr von 1952 „überzukochen“. Es wanderten Mäuse in die weniger günstigen Biotope, die sekundären, aus (plötzliche Zunahme der Zahl der gefundenen Löcher). Diese Erscheinung trat in den Grünland- flächen und den Korbweidenbrüchen etwa gleichzeitig auf. Die Äcker waren erst im Herbst 1952 erheblich besiedelt, d.h. als die Bevölkerung in den drei andern Biotopen schon dicht war. Die Mäuse verschwanden überall fast

Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954 1954

Abb. 4. Anzahl der in je 100 Fallennächten gefangenen Feldmäuse. Bedeutung der Strichelungen siehe Abb .3.

Tab. 2: Zahl der gefangenen Feldmäuse je 100 Fallennächte (Culemborg) Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954 1954

Grünland 0 0 0 4 32 0 0 0 0 Rain 1 0 11 8 54 0 1 0 3 Korbweiden 2 0 0 1 34 0 0 0 0 Ackerland 0 0 6 1 10 0 0 0 0) Obstgarten 0 0 0 0 % 0 0 0 0

66 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

gleichzeitig, und zwar im Herbst und Winter 1952. Erst im Herbst 1954 fingen sie wieder an, die Grünländer zu besiedeln.

Schon Naumov hat auf die „station of permanent survival“ hingewie- sen. Wenn überall die Mäuse in großen Mengen sterben, gibt es bestimmte Stellen, Vorzugsbiotope, wo einige Tiere diese Katastrophen überleben; das sind die Biotope, wo sich die Tiere am besten behaupten können (Stein 1952: primäre Biotope). Wie nach Stein (1952) in Ost-Deutschland, so leben auch hier in den sogenannten Minimumjahren (1950, 1953) nur in den Rainen Feldmäuse, und auch da nur sehr wenige.

Stein (1952) folgerte aus seiner Untersuchung bei Fürstenwalde (Ost- Deutschland) in bezug auf die Bevölkerungsschwankungen folgendes: „In den primären Biotopen (Rainen usw.) befinden sich regelmäßig Feldmäuse. Kleine Schwankungen verschiedener Art führen zur Auswanderung in „sekundäre Biotope“ (Wiesen, Äcker), wo (besonders unter dem Einfluß der hier vor- handenen großen Nahrurgsmengen) die Mäuse plötzlich sehr viele Junge werfen, sich lawinenartig zu einer Plage und „damit“ zum vollständigen Zu- sammenbruch entwickeln.

Ein deutlicher Unterschied zwischen den Bevölkerungsdichten der einzel-

0/0

80 60

40

Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954

Abb. 5. Prozentsatz der von Feldmäusen wieder geöffneten Löcher.

Tab. 3: Zahl der geöffneten Löcher je 100 m? (Culemborg)

Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst Frühj. Herbst 1950 1951 1951 1952 1952 1953 1953 1954 1954

Grünland 1 0 0 60 145 2 0 0 0 Rain 8 16 32 83 138 0 4 4 0 Korbweiden 11 11 5 40 62 8 7 1 2 Ackerland 6 0 % 4 28 6 0 0 0 Obstgarten 0 0 _ _ 65 0 0 0 0

A. VAN WIJNGAARDEN, Populationsuntersuchung an Feldmäusen in der Betuwe 67

nen Biotope tritt in der Culemborg-Untersuchung auch hervor. Im Gegen- satz zu den Folgerungen von Stein aber fanden wir, daß die Bevölkerung der Raine noch viel dichter wurde und viel mehr schwankte als die der Grün- landflächen und Korbweidenbrüche. Genügend Angaben über die Größe der Würfe in den verschiedenen Biotopen haben wir leider noch nicht. Wir wis- sen aber, daß bei sehr dichter Bevölkerung die Zahl und die Größe der Würfe zurückgeht, woraus sich vielleicht der von Stein festgestellte Unter- schied in der Geburtenzahl erklärt. Vor dem Herbst von 1952 hatte die Be- völkerung ihre Höchstzahl wahrscheinlich schon erreicht (Zahl der Löcher im Grünland, in den Weideflächen im Frühjahr 1952: 143; im Herbst 1952: 204 je 100 m2; in den Rainen 391 bzw. 390 und in den Korbweidenbrüchen 230 bzw. 152). Im September 1952 waren nur zwei Prozent der gefangenen erwachsenen Weibchen schwanger. Aus den Fangergebnissen nach dem Zu- sammensturz geht auch wieder hervor, daß nur in den Rainen noch Mäuse übriggeblieben waren.

Il. Entwicklung der Plage in der Betuwe (siehe Abb.2).

Was geschah nun in derselben Periode in andern. Teilen der Betuwe? Nach der schweren Plage von 1949, über die wir leider keine Zahlen ken- nen, lebten im Herbst 1950 im Grünland nur vereinzelt Feldmäuse (B3, B13, I7). Auch fand man praktisch keine Löcher. Im Frühjahr von 1951 war es ebenso. Im Herbst desselben Jahres aber hatten die Mäuse plötzlich das Grünland südlich von Leerdam und Beesd besiedelt (Transsekt A und B südlich von der Linge).

Im nächsten Frühjahr war die Bevölkerung dort schon viel größer (1951 im Herbst 6,5 und im Frühjahr 1952 38,4 Löcher je 100m?). Auch das Grünland nördlich von Geldermalsen und Zoelen wurde nun besiedelt (Trans- sekt B und C nördlich von der Linge), was sich auch bei der Culemborg- Untersuchung zeigte.

Im Herbst 1952 war zwar die Bevölkerung im ursprünglichen Zentrum der Plage etwas zurückgegangen (von 38,4 auf 32,6 Löcher je 100 m?), aber nun wurden fast alle Versuchsfelder im ganzen westlichen Teil der Betuwe von Feldmäusen bewohnt. Auch in mehreren Versuchsfeldern in der Mitte und im Osten der Betuwe gab es damals (allerdings nur wenige) Feldmäuse, ebenso wie im Herbst 1951 südlich von Leerdam.

Im Frühjahr 1953 war aber nirgends mehr ein Loch im Grünland zu finden, wohl noch alte, verfallene Überbleibsel davon, Spuren von Lauf- pfaden u. dgl. Es kam auch keine einzige Maus mehr in unsere Fallen. ‚In diesem Frühjahr (1954) fing die Geschichte an sich zu wiederholen: Südlich von Leerdam und Beesd wurden wieder die ersten Mäuse im Grünland an- getroffen. Im Herbst 1954 war ihre Anzahl wieder stark gestiegen. Den näch- sten Ausbruch erwarten wir im Jahre 1955.

68 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Schlußfolgerungen.

A. Gleichzeitiges Verschwinden:

Unsere Erwartung, daß die geringe Feldmausbevölkerung in 1952 im Grünland der östlichen Betuwe unabhängig von einem etwaigen Zusammen- bruch im Westen dennoch eine Plage herbeiführen würde, bestätigte sich nicht. Gleichzeitig verschwanden die Mäuse vollständig aus dem Grünland des ganzen Gebietes.

B. Zusammenhang zwischen Boden und Plage:

Die Grünlandversuchsfelder, auf denen wir im Jahre 1952 Plagen fest- stellten, lagen alle auf sog. Beckentonböden, also eben auf den Böden mit dem höchsten Wasserstand! Das Vermögen einer Feldmäusepopulation, 1952 in der Betuwe sekundäre Biotope (Grünland) zu besiedeln, hing also irgend- wie mit Eigenschaften dieser Beckentonböden zusammen. Auf den Flußufer- ablagerungen nahmen die Rainpopulationen zwar sehr stark zu, aber es kam nicht zum „Überkochen‘“; es sei denn, daß die ausgewanderten Feldmäuse in den sekundären Biotopen schnell umgekommen sind, was nicht wahrschein- lich ist: Im Grünland der Flußuferablagerungen wurden nirgends Feldmäuse gefangen oder Löcher gefunden.

Flußuferablagerungen sind verhältnismäßig (Ya—1 Meter) hoch liegende, sandige Tonböden, Reste alter Flußbetten. Landschaftlich bezeichnend ist, daß auf diesen Flußuferablagerungen alle Dörfer liegen, und auch viele Wege und Obstgärten. Beckentonböden sind die tieferliegenden Gelände zwischen diesen Rücken. Sie bestehen aus sehr schwerem Ton. Landschaftlich fallen sie auf durch das gänzliche Fehlen von Häusern, Obstgärten usw. Die Böden werden meistens als Grünland, das Zentrum (der tiefste Teil) manchmal zur Korb- weidenkultur benutzt. Ein ausgedehntes Becken findet sich zwischen Gorkum, Heteren, Waardenburg und Beesd; die neuen Autobahnen Gorkum—-Tiel und Utrecht—Hertogenbosch durchqueren sie.

Wir wissen noch nicht, was die Mäuse veranlaßt, in den sekundären Biotopen die Beckentonböden zu bevorzugen. Es kann die Bodenart sein. Aber es kann auch daran liegen, daß die Raine in den Becken viel weiter von der bewohnten Welt liegen und somit weniger stark beweidet oder gemäht werden.

C. Zusammenhang zwischen der Größe der Becken und der Schwere der Plage:

Uns ist auch aufgefallen, daß die Plagen eher und heftiger auf- traten, je größer das Beckentongebiet war.

Il. Hemmen-Untersuchung:

Sobald uns 1953 klar geworden war, daß es einen Zusammenhang zwi- schen Landschaftstypus und Feldmäuseplage gab, haben wir angefangen, die Feldmäuse in einem Gebiet zu untersuchen, wo nie Plagen vorkommen. Dafür

A. VAN WIJNGAARDEN, Populationsuntersuchung an Feldmäusen in der Betuwe 69

wurde die Umgebung von Hemmen gewählt, die auf Flußuferablagerungen liegt. Wir haben mit dieser Untersuchung erst im Herbst 1953 angefangen, aber es steht schon fest, daß auch hier Feldmäuse in den Rainen leben. Wir erwarten, daß die Bevölkerung zwar schwanken, aber niemals so dicht werden wird, daß sie „überkocht‘“. Im Grünland bei Hemmen kommen nie Mäuse vor.

Künftige Untersuchungen:

Jetzt, wo wir etwas über den Gang der Mäusebevölkerung während einer Plage wissen, fragen wir uns natürlich: Welches sind die Ursachen der Ver- änderungen? Die Untersuchung über den Zusammenhang zwischen der Um- welt und dem Auftreten von Feldmäuseplagen wollen wir fortsetzen und außerdem die Mäuse einer bestimmten Population mit Marken versehen, um Daten über Geburtenzahl, Sterblichkeit und Wanderung in der Natur zu sammeln. Es werden dazu im Feld drei Verfahren ausprobiert:

a) Fangen, Markieren und Wiederfangen. b) Nestkastenverfahren und Markieren. c) Kennzeichen mit Kobalt 60 und Nachspüren mit einem Geigerzähler.

Daneben sollen beim Laboratorium in einem sog. Mäusegarten vier Feld- mäusepopulationen in Abteilungen von 100 bis 120m? gehalten werden, wie es John Clark in Oxford und Frank in Oldenburg gemacht haben. Wir sitzen da gleichsam mit der Nase darauf und können sehr genau registrieren, was geschieht. Wir hoffen, daß in diesem Mäusegarten auch Schwankungen auftreten werden und daß wir darin den Zusammenbruch einer altein- gesessenen Population werden beobachten können, die ruhig aus sich selbst heraus eine große Dichte erreicht hat, nicht also einer Population von ein- ander fremden Tieren, die plötzlich in einen kleinen Raum zusammen-

gebracht worden sind. Tafelerklärung.

Tafel V, Abb.6. Grünland-Löcherzählmethode. Abb.7. Korbweidenbruch bei Culemborg.

Tafel VI, Abb.8. Blick vom Kirchturm von Asperen (Abb. 2, A7) nach Östen. Übergang von einer Beckentonlandschaft (links) zur Flußufer- ablagerung (rechts).

Abb. 9. Typische Beckentonlandschaft (westlich von C 11, Abb. 2).

Aufnahmen: Niederländischer Pflanzenschutzdienst Wageningen.

0 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

6.) Untersuchungen über die britischen Formen von Clethrionomys

Eine genetische Analyse Von D. M. Steven (Edinburgh)

Vortrag gehalten auf der 28. Hauptversammlung am 31. 7. 1954.

Clethrionomys scheint mir insofern von besonderem Interesse, als diese kleinen Nagetiere uns ein ganz besonders günstiges Material für das Studium der Artenbildung höherer Tiere bieten. Sie haben von Natur aus einen hohen Vermehrungsgrad, dabei sind sie klein und leicht zu behandeln. Nach einer Trächtigkeit von nur drei Wochen sind die Jungen reif und können im Alter von wenigen Wochen selbst Junge aufziehen. Die gleichen Vorteile hatte Sumner in Amerika erkannt, als er vor vielen Jahren mit Peromyscus zu arbeiten begann. Ich glaube jedoch, die westeuropäische Clethrionomys hat vor Peromyscus gewisse Vorteile. Auf einem im Vergleich zu Nord- amerika so kleinen Gebiet, wie es Großbritannien ist, zeigt Clethrionomys eine komplizierte Aufspaltung in verschiedene Formen, deren Analyse mög- lich ist. Von den 72 Clethrionomys-Formen, die Ellerman und Morri- son-Scott aufführen, haben wir nur die folgenden in Großbritannien:

C. glareolus britannicus Miller: überall auf der Hauptinsel und auf einigen kleineren Inseln;

C. g. erica Barret-Hamilton und Hinton: Insel Raasay (innere Hebriden Schottlands);

C. g. alstoni Barret-Hamilton und Hinton: Insel Mull (innere Hebriden Schottlands) ;

C. g. skomerensis Barret-Hamilton: Insel Skomer, Westküste von

Wales.

Bevor ich von den Ergebnissen meiner genetischen Studien berichte, will ich auf Geschichte und besonders typische Merkmale dieser Formen eingehen. C. g. britannicus wird gewöhnlich als besondere Unterart der mitteleuropäi- schen gewöhnlichen Rötelmaus bezeichnet, denn man hält sie für etwas klei- ner und dunkler im Farbton. Die Inselformen sind zu Anfang dieses Jahr- hunderts von Miller, Barret-Hamilton und Hinton an geringem Material beschrieben worden, ich glaube, nach drei Stücken von Raasay, und fünf von Mull. Noch im Jahre 1946 waren diese Exemplare alles, was uns für unsere Forschungen über diese Formen zur Verfügung stand. Es war daher unsere erste Aufgabe, unsere Kenntnis der freilebenden Bestände zu erweitern, indem wir eine reichhaltige Sammlung ungefähr 40—50 von

D. M. STEVEN, Über die britischen Formen von Clethrionomys za)

Exemplaren zusammenstellten, die für eine Beschreibung genügend Grund- lage boten. Die Merkmale, nun kurz zusammengefaßt, sind folgende:

1. Die drei Inselformen sind alle größer als britannicus. Der Unterschied be- trägt ungefähr 15%, was die Länge des Körpers anbetrifft. Eine völlig ausgewachsene Durchschnittsbritannicus ist ungefähr 90 mm lang, die drei Inselformen 100 bis 110 mm. Im Gewicht handelt es sich um einen Unter- schied von 100 %; die britannicus wiegt nicht mehr als 16 bis 20 Gramm, ausgewachsene Inselformen dagegen könnez 30 bis 40 Gramm oder sogar mehr wiegen. Ihre Größe ist aber ungefähr das einzige, was diese britan- nischen Inselformen gemein haben; in anderer Hinsicht weisen sie, unter- einander verglichen, eine Anzahl von Unterschieden auf.

2. Die zwei schottischen Inselformen, erica und alstoni, sind bemerkenswert dunkel im Farbton. Typische Exemplare haben einen tief rotbraunen oder sepiafarbenen Rücken, und der helle, kastanienfarbene Strich, der für Cl. glareolus charakteristisch ist, fehlt ganz und gar. skomerensis auf der anderen Seite ist mit ihrem sandgelben Rücken und dem fast weißen Bauch eine hellfarbene Form.

3. alstoni unterscheidet sich von allen anderen Formen durch einen im Ver- hältnis zur Körperlänge kurzen Schwanz, im Vergleich annähernd 35 %

bis 50 %.

4. Unterschiede bestehen auch am letzten oberen Molaren in der Häufigkeit der sogenannten Simplex- und Komplex-Formen. Bei britannicus und alstoni zeigen ungefähr 75% der Exemplare die Simplex-Form, dagegen bei skomerensis und erica nur 25% und 30 %. Dies also ist ein anderes Merkmal, worin sich die schottischen Inselformen voneinander unter- scheiden.

Ich glaube, Hinton war der erste, der den Gedanken aufbrachte, daß die britischen Inselformen Reste eines früheren Rötelmaus-Bestandes sein könnten, wie noch heute in Europa die größeren und dunkleren Formen der Berggebiete, nageri aus den Alpen und norvegicus aus Westnorwegen. Er ver- mutete, daß in Britannien der größere Typ dem kleineren glareolus nicht standhalten konnte, infolgedessen wurde er überall vertrieben mit Ausnahme dieser drei Zufluchtsinseln. Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, daß dieser Gedanke auf der morphologischen Ähnlichkeit der Inselformen mit der nageri in bezug auf einige willkürlich ausgesuchte Merkmale beruht, und ebenfalls auf einer unvollständigen Kenntnis der Variationsbreite der euro- päischen Clethrionomys. Es war jedoch teilweise der Gedanke, Hintons Hypothese zu untersuchen, der mich dazu trieb, selbst Züchtungsversuche anzustellen; obwohl ich nicht glaube, daß dies der interessanteste Teil meiner Arbeit ist, möchte ich doch meine diesbezüglichen Ergebnisse erwähnen.

5*

12 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

In meinem Laboratorium habe ich fünf verschiedene Stämme gezüchtet; die drei Inselformen, einen Stamm britannicus aus der Umgegend Edin- burghs, und einen skandinavischen glareolus-Stamm, den ich vor drei Jahren in verschiedenen Gebieten Norwegens zwischen Bergen und Lillehammer sam- melte. Wenn Hintons Hypothese richtig wäre, so müßten Unterschiede zwischen den glareolus- und nageri-Formen bestehen, die sich entweder in der Leichtigkeit, mit der Mischlinge erreicht werden, bemerkbar machen oder vielleicht in der Fruchtbarkeit der Jungen. Die verschiedenen Inselformen würden sich wahrscheinlich mehr untereinander als mit dem britannicus kreuzen, vielleicht sogar mit den norwegischen Formen.

ich habe festgestellt, daß dies nicht zutrifft. Von den 20 möglichen Mischlingskombinationen habe ich aus meinen Stämmen 11 erhalten, und alle sind jetzt durch zwei oder mehrere Generationen fortgeführt worden.

Diese Kreuzungen können wir in folgende drei Kategorien aufteilen:

1. Inselform mit Inselform:

& Q

alstoni x skomerensis skomerensis x alstoni erica x alstoni erica x skomerensis skomerensis x erica 2. Inselform mit britannicus:

alstoni x britannicus erica X britannicus skomerensis x britannicus

3. Beliebige britische Formen mit norwegischen:

norvegicus x britannicus norvegicus x skomerensis norvegicus x alstoni

Meine bisher erlangten Kreuzungen enthalten beinahe alle möglichen Kombinationen, und ich kann keine Tendenz für oder gegen einen besonde- ren Kombinationstyp finden. Ich zweifle nicht, daß man bei genügender An- zahl von Tieren mit einiger Geduld alle möglichen Mischlingskombinationen erreichen könnte, und daß sie sich als fruchtbar erweisen würden.

Hierin unterscheiden sie sich sehr von den beiden Arten C.rutilus und C.rufocanus, die ich auch in Norwegen gesammelt habe. Es sind dies arkti- sche und fernöstliche Formen, deren Westgrenze in Skandinavien liegt, wo sie mit C. glareolus in Berührung kommen. Ich habe C.rutilus besonders häu- fig in denselben Fallen wie die anderen beiden Arten gefangen, eine Kreu-

D. M. STEVEN, Über die britischen Formen von Clethrionomys 73

zung mit C.glareolus konnte ich aber nicht erzielen. So muß ich vermuten, daß ein wirklicher Unterschied im Temperament, in sexueller Hinsicht, in der Genetik usw. besteht, was beweist, daß diese Formen sich wie getrennte Arten verhalten. . Ich möchte noch etwas sagen über die genetischen Unterschiede, wie sie sich in meinen Versuchen zeigen. Soweit die Merkmale studiert worden sind, scheint der Erbgang von Pelzfarbe, Größe, Schwanziänge und Typ des drit- ten Molaren einfach zu sein. Die Anzahl der beteiligten Gene scheint klein; was Schwanzlänge und Zahn anbetrifft, so glaube ich, daß nur ein einzelnes Gen beteiligt ist. Ich werde nun auf je ein Beispiel der drei Kreuzungskate- gorien eingehen: En - 1. alstoni x skomerensis.

Die Größe der drei Inselformen ist gleich; es gibt daran nichts zu untersuchen. Es sind allerdings Unterschiede in der Pelzfarbe und Schwanz- länge sowie im Typus des dritten Molaren vorhanden.

Die alstoni x skomerensis-Kreuzung habe ich zweimal vorgenommen; in einer Familie bestand die erste Generation aus nur einem einzelnen Wurf von vier Jungen, in der anderen jedoch aus 20 F,-Tieren. Es zeigte sich, daß alle Merkmale von skomerensis stark dominierten. Die erste Generation war hellfarbig, hatte lange Schwänze und komplexe Molaren; in der zweiten jedoch war eine große Menge von Veränderlichkeiten offensichtlich. Es er- schienen dunkle sowie helle Tiere, und man kann die 22 Exemplare in eine Folge zunehmender Dunkelheit einreihen, die die ganze Reichweite des Pig- ments vom typischen skomerensis zum typischen alstoni bedeckt. Auch die Schwanzlängen sind unterschiedlich, einige Tiere der F,-Generation besaßen den sehr kurzen Schwanz von alstoni, aber nicht in allen Fällen die dunklen Exemplare, so daß zwischen diesen beiden Merkmalen anscheinend keine Kopplung besteht.

Die Ausbildung des dritten Molaren ist wahrscheinlich durch ein einzel- nes Gen geprägt. Bei einer Kreuzung hatte der männliche Elternteil (alstoni,) die Simplex-, der weibliche (skomerensis) die Komplex-Form. Alle vier Tiere der F,-Generation hatten die Komplex-, in der F, jedoch waren acht Komplex-, vier Simplex-Formen und vier waren in einem eigentümlichen Zwischenstadium (einige haben auf einer Seite des Kiefers die Simplex-, auf der anderen die Komplex-Form). Bei der Rückkreuzung eines F,-Weibchens mit alstoni-Männchen der Ursprungsgeneration erhielt ich sieben Komplex- und vier Simplex-Formen.

Dies sind natürlich verhältnismäßig kleine Zahlen; ich habe jedoch ge- funden, daß der Komplextypus des Molaren sich auch in den Kreuzungen norvegicus x skomerensis, ericax britannicus und skomerensis x britannicus

als dominant erwies.

74 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

2. alstoni x britannicus.

In dieser Kreuzung macht sich ein erheblicher Unterschied in der Größe und ein etwas geringerer Unterschied in Farbe und Schwanzlänge bemerkbar. Die meisten von 28 Tieren der F, waren Zwischenstadien zwischen ihren Eltern in Farbe und Größe, hatten jedoch den kurzen Schwanz von alstoni. Es war dies das genau entgegengesetzte Resultat der alstoni x skomerensis- Kreuzung, wo der lange Schwanz vorherrschte.

In der F, spalten Größe, Farbe und Schwanzlänge wieder auf, obgleich die Mehrzahl der Exemplare verhältnismäßig dunkel und kurzschwänzig war und erheblich größer wurde als der britannicus-Großvater. Es scheint also, daß eine Dominanz der spezifischen alstoni-Merkmale über die von britan- nicus vorliegt.

3. norvegicus x skomerensis.

Ich kann nicht viel über die Kreuzungen der britischen Formen mit norvegicus sagen, da ich sie erst kürzlich unternommen und noch nicht ge- nügend ausgearbeitet habe. Bei der norvegicus x skomerensis-Kreuzung herrschte wieder in der F, die helle Farbe von skomerensis und der Komplex- molar vor. Der Größenunterschied ist nicht sehr bemerkenswert, da nor- wegicus meistens größer ist als der Durchschnittsbritannicus, nicht viel klei- ner als skomerensis. Sie haben beide auch lange Schwänze.

Obgleich die Anzahl meiner Exemplare klein ist, und noch viel an dem Material gearbeitet werden muß, denke ich, daß sich aus diesen Ergebnissen ein ziemlich klares Bild von der genetischen Grundlage der morphologischen Unterschiede dieser Formen ergibt. Am meisten beeindruckt hat mich die Tatsache, daß verhältnismäßig große phänotypische Unterschiede, die vor 30 oder 40 Jahren von Taxonomisten als genügend angesehen worden waren, um als Art-Kriterien zu gelten, von einer kleinen Anzahl von Genen ver- ursacht werden und bis heute noch zu keiner genetischen Unvereinbarkeit geführt haben.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955). 75

7.) Beobachtungen über territoriales Verhalten und Brutpflege des Galäpagos-Seelöwen

Von Irenäus Eibl-Eibesfeldt (Buldern, Westf.) Mit vier Abbildungen auf Tafel VII. Vortrag gehalten auf der 28. Hauptversammlung am 2. 8. 1954. Aus dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, Buldern i. Westf. Ergebnisse der Galäpagos-Expedition 1953/54; Leitung Dr. H. Hass.

Während meines Aufenthaltes auf den Galäpagos-Inseln im Januar 1954 konnte ich als Angehöriger der Galäpagos-Expedition des Institutes für Sub- marine Forschung in Vaduz dank der Unterstützung durch unseren Expedi- tionsleiter Dr. Hans Hass, dem ich auch an dieser Stelle meinen auf- richtigen Dank aussprechen möchte, unter anderem das Verhalten des dort sehr verbreiteten Seelöwen (Zalophus wollebaeki Sivertsen) beobachten. Bis 1953 nahm man allgemein an, daß die Galäpagos-Inseln vom südlichen Seelöwen (Otaria byronia Blainv.) bewohnt würden. Erst E. Sivertsen (Kgl. Norske Vidensk. Selskabs Forhandlinger 26, 1—3, 1953, und Norske Vidensk. Akad., Oslo, 1954) entdeckte, daß das Schädelmaterial verschiede- ner Museen falsch bestimmt war. Er beschrieb die neue Art Zalophus wolle- baeki, die nach meinen Beobachtungen im ganzen Archipel sehr häufig ist. Außer ihr kommt auf den nördlichen Inseln noch Arctocephalus galapagoensis vor. Diese Art ist seltener. Otaria byronia fehlt auf den Galäpagos-Inseln. Insgesamt verbrachte ich 60 Stunden in Seelöwenkolonien, eine Zeitspanne, die genügte, um eine Reihe neuer Beobachtungen über territoriales Verhal- ten und Brutpflege zu sammeln. Die Beobachtungen wurden nämlich durch die Zahmheit der Tiere sehr erleichtert, und da man von einem günstigen Punkt aus eine große Anzahl von Tieren überblicken konnte, erhielt man ein statistisch gut gesichertes Beobachtungsmaterial, wie man es bei Frei- landbeobachtungen in Europa erst nach sehr langer Zeit zu erhalten pflegt. Bei Tauchabstiegen konnte auch unter Wasser beobachtet werden. Eine aus- führliche Darstellung der Ergebnisse erscheint in der Zeitschrift für Tier- psychologie. Da ich jedoch anläßlich der Tagung der Gesellschaft für Säuge- tierkunde die Ehre hatte, von meinen Scelöwenbeobachtungen zu berichten, sei einiges darüber auch hier veröffentlicht:

a) Territoriales Verhalten:

Die Seelöwen bilden zur Paarungszeit große Herden, denen ein Männchen vorsteht, das keinen gleichgeschlechtlichen erwachsenen Artgenossen in sei- nem Gebiet duldet. Es bewohnt mit seinen Weibchen und Jungen einen be- stimmten Küstenstrich, den es territorial verteidigt. Die Abgrenzung des Ge- bietes geschieht durch Rufe. Das Männchen patrouilliert unentwegt fast den ganzen Tag vor der Küste auf und ab. Wird es gestört, etwa durch ein

76 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

landendes Boot, dann schwimmt es rufend an der Oberfläche (Abb. 1). Un- gestört taucht es nur an bestimmten „Markierungsstellen“, vor allem an den Reviergrenzen auf, ruft einige Male hintereinander laut und taucht dann wie- der weg, um an anderer Stelle von neuem hochzukommen. Tauchend konnten wir feststellen, daß das Männchen ebenfalls unter Wasser mit geschlossenem Maul ruft. An manchen Stellen steigt es auch ans Ufer und ruft. Dabei nimmt es eine Imponierstellung ein (Abb.2u.3). Die Rufe sind stets zwei- silbig, aber in ihrer Klangfarbe recht variabel. Meist klingt es wie ein heise- res „ou ou ou“ oder „oa oa oa“. Der nachgeahmte Ruf löst aggressives Ver- halten aus. Greifen die Seelöwenbullen einen am Ufer stehenden Menschen an, so bedienen sie sich dabei einer besonderen Taktik. Ungesehen lassen sie sich von einer besonders hohen Brandungswelle bis unmittelbar vor einem hinspülen und stehen dann hochaufgerichtet brüllend da. Man kann die Tiere aber an Land meist durch Entgegengehen einschüchtern. Ganz anders ist dies dagegen im Wasser, wo sie ungehemmt angreifen und wir uns mit unseren Harpunen, Stangen mit einer Eisenspitze, wehren mußten. Erst wenn ein Bulle mehrere Schrammen erhalten hatte, begnügte er sich damit, uns drohend zu umschwimmen. Vermutlich schätzen die Bullen ihren Rivalen an seiner Höhe ein (Aufrichten bei der Imponierhaltung), und so erscheint ihnen der aufrecht gehende Mensch überlegen, während der Schwimmer immer viel schmächtiger als ein Seelöwenmann wirkt.

Weibchen zeigen ebenfalls territoriales Verhalten, das sich auf die Ver- teidigung ihres jeweils eingenommenen Liegeplatzes beschränkt. Kommen sich zwei Weibchen zu nahe, so bedrohen sie sich mit aufgerissenem Maul (Abb. 4). Sie dulden vor allem keine gegenseitige körperliche Berührung, schlafen aber sonst oft nahe nebeneinander. Jungtiere verteidigen bereits sehr früh ihren Säugeplatz gegen andere Junge, sind aber im übrigen ausgespro- chen sozial veranlagt und bilden im Seichten Spielgemeinschaften.

b. Zusammenhalt der Herde durch das Männchen

und Brutpflege:

Wie wir bei Tauchabstiegen feststellten, treibt das territoriale Männchen Weibchen und Jungtiere, die sich dem Taucher neugierig nähern, wieder ins Seichte zurück. Es verfährt dabei so, daß es zwischen Junge und Taucher schwimmend diesen den Weg zum Tieferen abschneidet und sie dann gegen das Ufer abdrängt. Dies wiederholt es solange, bis alles im Seichten ist. Junge läßt der Bulle, selbst wenn keine direkte Gefahr besteht, nie ins tiefere Wasser, was bei dem Vorhandensein zahlreicher Haie durchaus zweck- mäßig ist. Damit beteiligt sich das Männchen in sehr eindrucksvoller Weise an der Brutfürsorge, eine Tatsache, die bisher bei Robben noch nicht be- achtet wurde. Ä

Bemerkenswert ist ferner, daß das Männchen aufkeimende Aggressi- vität zwischen den Weibchen der Herde unterdrückt. Sobald zwei Herdenmit-

I. EIBL-EIBESFELDT, Territoriales Verhalten und Brutpflege des Seelöwen 77

glieder ernstlich zu streiten beginnen, eilt der Bulle, durch den Kampflärm herbeigelockt, an Land und drängt sich mit einem bestimmten Grußzere- moniell zwischen die Streiter, diese so beruhigend. Dabei schwenkt das Tier den vorgestreckten Hals nach beiden Seiten und äußert seinen Territorialruf. Er begrüßt in dieser Weise auch seine Weibchen, wenn sie ins Wasser stei- gen. Erst dadurch wird ein so enges Zusammenleben der Herdenmitglieder ermöglicht. (Nähere Angaben werden in der Z. f. Tierpsychologie veröffent- licht.) J. E Hamilton, 1934. The southern Sea Lion (Otaria byronia). Discovery Reports 8, p. 269—380, erwähnt ähnliches vom südlichen See- löwen.

Auf die Brutpflege des Weibchens wollen wir hier nicht näher eingehen. Sie beschränkt sich immer nur auf das eigene Junge, Fremde werden ener- gisch abgewiesen. Die Brutpflege äußert sich in sozialer Hautpflege, Brut- verteidigung, Führen der Jungen und Säugen. Muttertier und Junges kennen sich persönlich, und zwar nicht nur am Geruch, sondern ganz eindeutig auch an der Stimme. Findet ein Junges abends seine Mutter nicht, so beginnt es, täuschend ähnlich einem Jungschaf zu blöken, worauf nur seine Mutter antwor- tet. So wechselseitig rufend finden die beiden rasch zueinander. Da bereits sehr kleine Junge ihre Mutter erkennen und umgekehrt auch von ihr erkannt werden, dürfte die Prägung auf den Ruf bereits sehr früh stattfinden. Es wäre interessant zu wissen, ob sich Muttertier und Junges bei der Geburt stimmlich begrüßen. Es könnte wohl sein, daß die Prägung in analoger Weise wie bei vielen Anatiden erfolgt. Zoobeobachtungen könnten zur Klärung die- ser Frage viel beitragen.

Zusammenfassung:

Einige Freilandbeobachtungen am Seelöwen der Galäpagos - Inseln werden mitgeteilt. Die Männchen versammeln während der Fortpflan- zungsperiode einen Harem um sich, den sie gegen gleichgeschlecht- liche erwachsene Artgenossen verteidigen. Sie behaupten einen bestimmten Uferstreif als ihr Territorium, das sie durch Rufe markieren. Gegen Men- schen sind die Bullen an Land weniger aggressiv als im Wasser (Zusammen- hang mit der Drohstellung p. 76). Territoriales Verhalten beobachten wir auch bei den Weibchen, die ihren Ruheplatz verteidigen. Junge verteidigen ihren Säugeplatz an der Mutter. Das Männchen treibt Jungtiere und bei Gefahr auch Weibchen ans Ufer. Aufflackernde Streitigkeiten zwischen Mitgliedern der Herde werden vom Männchen „geschlichtet“. Weibehen und Junge erkennen einander sowohl am Geruch wie auch an der Stimme. Nur das eigene Junge wird vom Weibchen umsorgt.

Tafelerklärung.

Tafel VII, Abb. 1. „Patrouillierendes‘‘ Männchen. Abb. 2. In Imponierstellung rufendes Männchen. Abb. 3. In Imponierstellung rufendes Männchen. Abb. 4. Sich bedrohende Seelöwenweibchen. Sämtliche Photos: Verfasser.

18 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

8.) Über Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken einheimischer Spitzmäuse (Sorieidae) Von Kurt Becker (Berlin-Dahlem) Herrn Professor Dr. Karl Henke (Göttingen) zum 60. Geburtstag gewidmet. Mit 6 Abbildungen im Text.

(Aus dem Bundesgesundheitsamt, Max von Pettenkofer-Institut, Unterabteilung für hygienische Zoologie, Berlin-Dahlem.)

Meine Untersuchungen über die sekundären Geschlechtsmerkmale am Becken einheimischer Mäuse entsprangen dem Wunsch, die Gewöllkunde mehr als bisher für eine ökologisch ausgerichtete Kleinsäugerforschung nutz- bar zu machen. Nachdem der Speisezettel derjenigen Eulenarten, deren Ge- wölle leicht in großer Menge zu finden sind, durch Uttendörfer (1939, 1952) und seine Mitarbeiter weitgehend aufgeklärt wurde und für ihn kaum noch Überraschungen zu erwarten sind, können gerade diese Gewölle für Fragen, welche auf das Beutetier selbst gerichtet sind, hervorragende Dienste leisten. Dabei kann die weitgehende Einförmigkeit in der Nahrungswahl mancher Eulenarten dem Säugetierökologen nur lieb sein, während die Un- tersuchung ihrer Gewölle für den an der Breite des Nahrungsspektrums in- teressierten Ornithologen oft zu einer quälenden Geduldsprobe wird. Kommt es doch nicht selten vor, daß bei größeren Gewöllaufsammlungen eine nach Hunderten zählende Individuenliste zu 9905 aus Feldmäusen besteht.

Nachdem nun die Auswertung von Gewöllen der beiden Ohreulen (Wald- und Sumpfohreule) in überzeugender Weise eine Bestätigung der von Frank und Stein beschriebenen Männchenelimination während einer Massenvermehrung bei der Feldmaus erbracht hat (Becker 1954b), lag der Wunsch nahe, auch unsere einheimischen Spitzmäuse in ähnlicher Weise zu untersuchen. Von der Waldspitzmaus (Sorer araneus) sind ebenfalls seit langem Jahre mit großer Populationsdichte bekannt, die im auffälligen Gegensatz zu solchen mit dünner Siedlungsdichte stehen (Jäckel, 1867). Dieser Dichtewechsel in den Populationen wirkt sich auch auf die Zusam- mensetzung der Eulenbeute aus. Schon Geyr von Schweppenburg (1906) stellte im Verlauf seiner „Untersuchungen über die Nahrung einiger Eulen“ fest, daß sich der Spitzmausanteil unter den Beutetieren der Schleier- eule nach dem mehr oder minder großen Reichtum einer Gegend an Soriciden richtet und demnach von Jahr zu Jahr wechselt. Regelmäßige, über 15 Monate durchgeführte Kontrollen eines Schleiereulenpaares erbrachten z.B. aus dem spitzmausreichen Herbst des Jahres 1904 einen Nahrungsanteil von 67% Spitzmäusen, der im Laufe des darauffolgenden Jahres auf 47% ab- sank. Ob diese Bestandsschwankungen mit einem echten Massenwechsel

K. BECKER, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken von Spitzmäusen 79

gleichzusetzen sind, wie er von der Feldmaus und den amerikanischen Hasen festgestellt wurde, dürfte allerdings noch unbekannt sein. Gelegenheitsbeob- achtungen sprechen aber dafür, daß im Ablauf eines solchen Zyklus wenig- stens bestimmte Teilgeschehen miteinander vergleichbare Züge aufweisen. So treten wie bei M.arvalis bei übernormaler Siedlungsdichte zwischen den Männchen der Waldspitzmaus Revierkämpfe auf, die zu mehr oder weniger starken Verletzungen führen und dann wohl auch den Tod des einen oder anderen Partners zur Folge haben. Zur Bekräftigung dieser Vermutung sei ein Beispiel von Löhr| (1938) angeführt:

„In dem für S.araneus günstigen Gebiet, dem Sumpf, kann man in manchen Jahren geradezu von Überbevölkerung sprechen, wohl infolge von günstiger Witterung und Nahrungsreichtum entsteht eine große Dichte, die in Widerspruch gerätmit der Unverträglichkeit dieser Art, besonders der Y'G". So wiesen von 1850‘, die ich im April des Jahres 1934 fing, 17 leichtere oder schwerere Verletzungen auf; an den Seiten war die Haut völlig durchgebissen und dick vernarbt, die Ohren waren oft zerfetzt und der Schwanz in den meisten Fällen verkürzt. Da die Q2 meist unverletzt waren, bildete der verkürzte Schwanz ein beinahe untrügliches Zeichen für die 5'g‘. Zu dieser Zeit hörte man im Sumpfgebiet ununterbrochen die Laute der sich balgenden Y'Y'.“

Es fällt auf, daß sich auch bei diesen Tieren die Weibchen friedlicher zu verhalten scheinen und deshalb eine größere Lebenserwartung besitzen als die Männchen. Die Indizien sprechen jedenfalls dafür, daß auch bei der Waldspitzmaus in Jahren starker Vermehrung gleichzeitig eine Verminde- rung des Männchenbestandes zu erwarten ist, wie wir sie von der Feldmaus her kennen. Deshalb glaube ich, daß die Analyse der Gewölle von Schleier- eulen, welche unter allen Eulenarten am meisten Spitzmäuse fangen, über die Populationsbewegungen dieser Tiere einige Aufschlüsse geben kann, sofern die Gewölle in regelmäßigen Abständen über längere Zeit gesammelt werden. Aus diesem Grunde sei hier über die Grundlagen gesprochen, welche die Beantwortung einer derartigen Fragestellung erst ermöglicht. Es muß also zunächst danach gefragt werden, ob und an welchen Skelettelementen der Spitzmäuse Art- und Geschlechtsunterschiede eindeutig erkannt werden kön- nen. Für die Bedürfnisse des Palaeontologen, der diluviale und alluviale Knochenablagerungen zu bearbeiten hat und möglichst auch über die öko- logischen Bedingungen, unter denen die fossil erhaltenen Tiere gelebt haben, Auskunft geben möchte, dürften derartige Untersuchungen ebenfalls von Interesse sein.

Aus der vergleichenden Morphologie des Säugerskeletts ist seit langem bekannt, daß sich Geschlechtsunterschiede am deutlichsten in der Becken- region manifestieren. Freilich sind bei den Artiodactylen auch an vielen au- deren Skeletteilen zumindest der geschlechtsreifen Tiere sekundäre Geschlechtsmerkmale oft schon äußerlich erkennbar in mannigfaltiger Form

80 Zeitschrift für 'Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

ausgebildet. Bei Kleinsäugern vermissen wir diese aber fast vollständig. So wurde zunächst das Hauptaugenmerk auf die Beckenknochen gerichtet, um zu sehen, ob hier Merkmale aufzufinden sind, die sowohl der Art wie dem Geschlecht nach einwandfreie Unterscheidungsmöglichkeiten bieten.

Zur Charakterisierung des Beckenknochens von Sorex, Neomys und Crocidura hat Brunner (1942, 1953 a, b) bereits in drei Arbeiten Abbil- dungen veröffentlicht, welche diese Skeletteile zur Genüge kennzeichnen. Obwohl aus seinen Zeichnungen deutlich hervorgeht, daß ihm männliche wie weibliche Stücke als Vorlage dienten, wurde doch auf die typisch hervor- tretenden Geschlechtsunterschiede, welche auch diese Beckenknochen, wenig- stens bei geschlechtsreifen Stücken, kennzeichnen, nicht aufmerksam gemacht und dort, wo dies im Falle von S.araneus geschah, sind die beiden Ge- schlechter irrtümlich miteinander verwechselt worden, so daß es sich wohl lohnt, auf die Differenzierung der Geschlechtsmerkmale bei Spitzmäusen näher einzugehen. |

Abb. 1. Linke Os coxae von Sorex araneus L.: aQ; bg mit beginnender, ce & bei fortgeschrittener Maskulinisierung der kaudalen Beckenspitze; d adultes J.

K. BECKER, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken von Spitzmäusen 81

Abb. 2. Linke Os coxae

von Sorexz minutus L.

SHO are.

Aus der Gattung Sorer lag Material von der Waldspitzmaus und der ihr nahe verwandten Zwergspitzmaus (S. minutus) vor. Die Beckenknochen der beiden Arten unterscheiden sich nur durch ihre Größe, sonst stimmen sie so- wohl bei den Y’g' wie bei den OO in allen Merkmalen überein (vgl. Ab- bildungen a—f). Auffallend ist der bei den Angehörigen dieser Gruppe beson- ders stark ausgeprägte Geschlechtsdimorphismus, auf den schon Leche (1883) wohl als erster hingewiesen hat und am Beispiel von S. araneus auch richtig abbildete. Bei den QQ und den noch nicht geschlechtsreifen Jungtieren ist das Darmbein länger als das Sitzbein; ein Tuber ischii ist bei diesen Tieren nicht ausgebildet (Abb. 1a u. 2e). Adulte Yy’y' von S. araneus und S. minutus besitzen dagegen einen außerordentlich stark entwickelten Sitzbeinhöcker, der bei sehr alten Stücken meist nach hinten ausgezogen ist (Abb. 1du.2f). Durch die prägnante Ausbildung des Tuber ischii wird hier das Sitzbein bedeutend verlängert; es überragt das Schambein kaudalwärts, welches sonst die hintere Beckenspitze bildet.

Am Becken jugendlicher Individuen männlichen Geschlechts vermissen wir dagegen noch die typische Ausbildung der charakteristischen Geschlechts- merkmale. Ihre Becken gleichen vielmshr denjenigen weiblicher Tiere aller Altersstufen. Erst mit dem Beginn der Geschlechtsreife machen sich bei ihnen die ersten Anzeichen einer Maskulinisierung bemerkbar. Dabei tritt zu- nächst eine Verstärkung der hinteren Beckenspitze auf (Abb. 1b), anschlie- ßend wird dann der Sitzbeinhöcker angelegt (Abb.1c) und schließlich zu einer stattlichen Größe entwickelt (Abb. 1d). Er dient als Ansatzstelle für den bei diesen Arten besonders stark ausgebildeten Musculus ischiocavernorum.

Für eine etwas genauere Analyse der Geschlechtsdifferenzierung wurden 139 Waldspitzmäuse untersucht. Die Tiere stellte Georg H. W. Stein zur Verfügung, der sie in der Mark Brandenburg mit Schlagbügelfallen gefangen und mir anschließend zur weiteren Bearbeitung überlassen hat. Um die ein- zelnen Individuen dieser Serie in Gruppen möglichst gleicher Altersstufen zusammenfassen zu können, wurden sie nach dem Grade der Zahnabnutzung zwei Klassen zugeordnet. Eine Klasse mit „jugendlichen“ Stücken vereinigt

82 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

solche Individuen, deren Zähne noch keine oder nur Spuren einer Abkauung aufweisen. Ihr wird die Gruppe „adulter“ Tiere gegenübergestellt, deren Mitglieder schon deutliche Abnutzungsspuren an den Zähnen aufweisen. Fer- ner wurde die Länge der Beckenschaufeln unter einer binokularen Lupe auf !/,, mm genau gemessen. Als Fixpunkte dienten hier, wie auch bei den übri- gen Soriciden, der tiefste Punkt des dorsalen Einschnittes am Rande des Acetabulums und die kaudalste Spitze am Außenrand des Beckens. Die Ver- teilung der gefundenen Beckenlängen innerhalb der beiden Altersgruppen

pullus maturus h J sad ie alles ad. | Dem enuı.. ! F juv. Dane 1, ee BU 1 wand ul Busa LE | 2 ad. Bun IE tpel.,

92193 941.95 56 57,98 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73

Abb. 3. Verteilung der Beckenlängen von 139 Sorex araneus L. Die Unterscheidung zwischen juvenilen und adulten Y'Y' und QQ wurde nach dem Grade der Zahn- abkauung vorgenommen. Die Termini pullus und maturus bezeichnen solche Indi- viduen, die vor der Geschlechtsreife stehen bzw. schon geschlechtsreif geworden sind.

geht aus Abb. 3 hervor. Wie es meistens der Fall ist, wenn man bei Klein- säugern mit buno- oder secodontem Gebiß den Grad der Zahnabkauung zur Grundlage für eine Altersdatierung der einzelnen Individuen wählt, so war auch hier festzustellen, daß die Streuung der Merkmale, welche auf die so gebildeten Gruppen „gleichaltriger‘“ Tiere bezogen werden, sehr groß ist. Besonders bei den QQ überschneiden sich die Beckenlängen juveniler und adulter Waldspitzmäuse in einem weiten Bereich, so daß eine Alters- bestimmung der Tiere nach diesem Merkmal mit einer erheblichen Fehler- quelle belastet wird. Eine strengere Aufgliederung des Materials läßt sich jedoch dann vornehmen, wenn als Alternative die Eigenschaften ‚„geschlechts- reif“ „nicht geschlechtsreif“ gewählt werden. Weibchen, welche eine Beckenlänge von 5,85 mm und mehr aufweisen, sind nämlich zum überwiegen- den Teil bereits in das fortpflanzungsfähige Alter eingetreten. Frühreife Stücke, deren Beckenschaufeln kürzer sind, wurden dagegen nur wenig beob- achtet. Auch bei den 5’ zeigt die Beckenschaufel bereits fast immer schon Anzeichen einer Maskulinisierung, wenn sie 5,8mm lang geworden ist. Ab- bildung 1b stellt als Beispiel einen derartigen Fall dar. Eine Bestätigung dieses Befundes brachte die Durchsicht von 839 araneus-Becken aus Eulen-

K. BECKER, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken von Spitzmäusen 83

gewöllen. Von 282 Becken geschlechtsreifer 5'Y”" hätten nur zwei Stücke eine Länge von 5,7mm und eins maß 5,6 mm.

Nach Borowski und Dehnel (1953) werden die QQ von S.araneus nur etwa 10 Tage später brünstig als die 5’. Bei diesen schnellebigen Tieren liegt also der Zeitpunkt der Geschlechtsreife in beiden Geschlechtern sehr nahe beieinander. Die Annahme dürfte deshalb berechtigt sein, daß auch die Differenzierung der sekundären Geschlechtsmerkmale am männ- lichen Becken zu etwa demselben Zeitpunkt sichtbar wird, wenn bei den jungen Weibchen die ersten trächtigen Stücke auftreten.

Somit kann als vorläufiges Ergebnis festgehalten werden, daß die Beckenknochen junger Waldspitzmäuse der Form nach denjenigen der ge- schlechtsreifen alten Weibchen gleichen. Erst mit dem Beginn der Ge- schlechtsreife werden am Becken männlicher S.araneus sekundäre Ge- schlechtsmerkmale ausgebildet, wodurch sich diese deutlich von denjenigen der undifferenzierten Jungtierbecken und denen der geschlechtsreifen Weib- chen unterscheiden.

Zur Berichtigung der von Brunner (1953b) wiedergegebenen Abbil- dungen sei erwähnt, daß die von ihm unter Nr. 576 und 708 dargestellten Becken zweifelsfrei weiblichen Stücken angehören, während diejenigen der Nr. 1610 und 1782 mit ihren gut ausgebildeten Sitzhöckern typische Merk- male männlicher Becken zeigen.

Betrachtet man von dieser Grundlage aus das Sammelgut von Wald- spitzmäusen aus Schleiereulengewöllen verschiedener Herkunft, so können für das Zahlenverhältnis zwischen geschlechtsreifen Y'Y' und YQ durchaus an- nehmbare Werte gewonnen werden (vgl. Tab.1). Der Anteil der Yo” liegt

Tabelle 1: Geschlechtsverhältnis von Sorex araneus aus Eulengewölle

pull. maturus 0/0

SEITE 9Q SSL

Barth/Ostsee VII. 53 15 18 14 56,3 Vörde/Sauerland IX. 53 33 51 61 45,5 Allendorf/Werra VI. 54 38 47 36 56,6 Rechterfeld i.O. VI. 54 16 17 20 45,9 Oberneuland b. Bremen X. 54 135 47 85 35,6

hier zwischen 36 und 57 %. Die hohen Männchenwerte aus den Sammlungen von Barth und Allendorf, welche den theoretisch zu erwartenden Anteil von 50% &'o" bei weitem überschreiten, legen die Vermutung nahe, daß hier eine echte Fangselektion seitens der Eulen vorgenommen wurde. Diese kann sowohl durch größere oberirdische Aktivität der Männchen veranlaßt sein, wie dies inzwischen für die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) nachgewiesen werden konnte (Becker, 1954b), wie auch durch ihre größere Stimm-

84 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

freudigkeit. Die Schleiereule läßt sich nämlich als ‚die nächtlichste unter unseren Eulen“ auf ihren Jagdflügen weitgehend durch das Gehör leiten (Kleinschmidt, 1934). Das auffallende Männchendefizit in dem Ma- terial aus Oberneuland läßt dagegen den Schluß zu, daß in dieser Population tatsächlich eine geringere Anzahl Y'g' als QQ vorhanden war, wobei die Männchen möglicherweise durch innerartliche Revierkämpfe während einer Übervölkerung eliminiert wurden.

Freilich ist das Material noch bescheiden; es läßt viele Fragen offen oder ihre vorläufige Deutung zweifelhaft erscheinen. So wäre insbesondere darauf hinzuweisen, daß zwar die Schleiereule vorwiegend Feldjäger ist, sie aber durch Witterungseinflüsse, durch Vegetationsverhältnisse oder sonstige Umstände ihr Jagdrevier zeitweilig auch auf den Waldrand, den bäuer- lichen Hof oder gar in das Gebäude (Scheunen usw.) ausdehnen kann und dementsprechend die Zusammensetzung ihrer Beutetiere einem Wechsel un- terworfen ist (Greutz, 1935). Inwiefern hierdurch eine nachfolgende Ge- wöllanalyse erschwert wird, ist noch weitgehend unbekannt. Deshalb soll in diesem Zusammenhang nur eine Anregung zu weiterem Forschen gegeben werden, wobei vor allem parallellaufende Felduntersuchungen äußerst er- wünscht wären. |

Die Beckenknochen der Wasserspitzmaus (Neomys fodiens) unterschei- den sich von denjenigen aller anderen Spitzmausarten durch ihre besondere Größe. Auch bei ihnen sind die Beckenschaufeln alter Männchen und Weib- chen morphologisch deutlich unterschieden, wenngleich der Geschlechts- dimorphismus bei den Angehörigen dieser Gattung nicht so stark ausgeprägt ist, wie unter den Sorer-Arten. Bei den Y'G‘ verstärkt sich vor allem, der absteigende Ast des Sitzbeines (Abb.61 u. m.), wodurch im Vergleich zum weiblichen Becken .(Abb.6k) ein durchaus klobig erscheinendes Knochen- stück entsteht. Bei älteren 5‘ erhält der aufsteigende Ast des Sitzbeines zusätzlich starke Muskelansätze, die bei jüngeren Männchen eben erst an- gedeutet sind und sich kaum von denjenigen alter Weibchen unterscheiden. Ein Tuber ischii ist bei den Angehörigen dieser Gattung nie angelegt. Im Vergleich zu den Sorer-Arten bleibt die Maskulinisierung des Beckens von Neomys sozusagen auf halbem Wege stehen, indem hier nur die Becken- spitze eine Umwandlung durchmacht, das Sitzbein selber aber weiter keine durchgreifenden Veränderungen erfährt, wenn man von einer etwas größeren Durchmodellierung seiner Plastik bei älteren Individuen absehen will.

Wie aus den von Brunner (1953a) abgebildeten Beckenknochen der Arten N. fodiens und N.milleri deutlich wird, haben ihm zweifellos Knochen beider Geschlechter vorgelegen. So ist dort in Abb.1 unter Nr. 1475 das Becken einer männlichen Wasserspitzmaus dargestellt. Ebenso repräsentieren die Nr. 1216 und K 140 der Abb.2 die Beckenknochen der Männchen von N. milleri. % |

K. BECKER, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken von Spitzmäusen 85

Abb. 4. Linke Os coxae von Crocidura leucodon Herm.

89; hc.

Abb. 5. Linke Os coxae von Crocidura russula Herm.

N On of

Abb. 6. Linke Os coxae von Neomys fodiens Schreb. k 9; If mit begiunender Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale an der kaudalen Beckenspitze; m adultes Jg

86 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Während die Beckenknochen von Sorer und Neomys wenigstens der Form, wenn auch nicht der Größe nach gewisse Ähnlichkeiten miteinander aufweisen, fällt das Becken der Crocidura-Arten durch seine ganz abwei- chende Gestaltung auf. Darauf hat Brunner (1942) schon kurz hin- gewiesen. Das Acetabulum wird hier von einer außerordentlich kompakten Knochenmasse umgeben, die Beckenschaufel ist im Verhältnis zur Größe der Tiere kurz und gedrungen und das Ilium in seinem cranialen Teil ver- hältnismäßig stark nach außen abgewinkelt, so daß die beiden Becken- hälften von der Medianen des Kreuzbeins her gesehen stärker nach lateral divergieren als bei allen anderen der bisher untersuchten Spitzmausarten.

Artspezifische Unterschiede sind am Becken der Crocidura-Arten kaum festzustellen. Jedenfalls ähneln sich die Os coxae der Hausspitzmaus (C. russula) und der Feldspitzmaus (C. leucodon) ihrem äußeren Erscheinungs- bild nach weitgehend (vgl. Abbildung 4 mit 5). Lediglich in der Größen- entwicklung scheinen die Becken beider Arten geringfügige Differenzen aufzuweisen, indem wenigstens bei adulten Stücken die Beckenschaufeln von C. leucodon nur selten die Ausmaße derjenigen von C. russula erreichen. Die Formverwandtschaften der Becken beider Arten gehen ebenfalls soweit, daß es bisher nicht gelungen ist, diejenigen jüngerer Hausspitzmäuse von denen der Feldspitzmäuse zu unterscheiden. Außer Größendifferenzen wur- den noch andere morphologische Merkmate geprüft. Nach Durchsicht eines größeren Materials (156 Individuen) erwiesen sie sich aber alle als unzu- verlässig.

Geschlechtsunterschiede sind dagegen am Becken der Crocidura-Arten nachweisbar. Sie treten hier zwar nicht so augenfällig hervor, wie wir es von den übrigen Spitzmausarten gewohnt sind, lassen sich aber dennoch wenigstens bei adulten Stücken meist deutlich erkennen. Bei den Y'o” be- schreibt der Außenrand des absteigenden Sitzbeinastes einen halbkreis- förmigen Bogen, der senkrecht auf einer gedachten Linie steht, die als Seele durch das Os pubis verläuft (Abb. h, j). Bei den OD dagegen ist die Spitze der Beckenschaufel je nach dem Alter des Tieres mehr oder weniger deutlich nach hinten-unten ausgezogen (Abb. g, i). Diese bezeich- nende Eigenschaft des weiblichen Beckens tritt bei C. russula besonders deutlich in Erscheinung.

Ganz ähnliche Beckenformen stellen auch die Zeichnungen Brunners (1942) von C.russula, C.leucodon und C. mimula dar. Es ist anzunehmen, daß auch ihm wenigstens C.russula und C.leucodon in beiden Geschlech- tern vorgelegen haben. So dürften das von ihm in Abb. 1 unter Nr. 899 wie- dergegebene Becken von einem Männchen, das der Nr. 982 von einem Weib- chen der Hausspitzmaus stammen und in Abb.2 unter Nr. 224 Knochen von männlichen, unter Nr. 1121 von weiblichen Individuen der Feldspitzmaus dargestellt sein.

K. BECKER, Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken von Spitzmäusen 87

Eine Zusammenstellung der Längenmaße der Beckenschaufeln von den bisher untersuchten Spitzmäusen bietet Tab. 2.

Tabelle 2: Länge der Beckenschaufeln in mm von:

N mm

Sorex araneus juv.+ Q mat. 636 3,1—6,4 Oo mat. 342 5,6—7,3

Sorexz minutus juv.+Q mat. 31 4,3—5,1 @@mar: 16 4,9—5,8

Neomys fodiens juv.+Q mat. 25 6,9—8,2 Oo mat. 18 7,3—8,8

Crocidura russula &“ juv. + mat. 16 4,8—5,5 QO juv.+ mat. 19 4,4—5,9

Crocidura leucodon y' juv.+mat. 17 4,3—5,1 © juv. + mat. 15 4,3—3,0

Die Becken von Sorer minutus unterscheiden sich von denjenigen der Wald- spitzmaus deutlich durch ihre geringere Größe. Ebenso sind die Becken- knochen von Neomys fodiens meist wesentlich größer als diejenigen von S. araneus.

Aus der Gattung Crocidura sind hier nur Maße von solchen Individuen aufgeführt, deren Art und Geschlechtszugehörigkeit genau festgestellt wer- den konnte. Wie aus der Gegenüberstellung ersichtlich ist, sind die End- größen der Beckenschaufeln von C. russula größer als diejenigen von C. leu- codon. Im übrigen überschneiden sich die Beckenmaße in den einzelnen Gruppen beträchtlich. Es wurde deshalb auch nicht der Versuch unter- nommen, die aus Eulengewölle vorliegenden Beckenknochen dieser Gattung nach Arten und Geschlechtern zu trennen. 80 solcher Becken maßen 4,3 bis 5,7mm und hielten sich somit in den schon aus Tab. 2 bekannten Grenzen.

Abschließend möchte ich Herrn Stein, Berlin, auch an dieser Stelle für seine nie versagende Hilfe danken. Alkoholmaterial von Crocidura russula und C. leucodon stellte Herr Dr. K. Zimmermann aus den Beständen des Zoologischen Museums, Berlin, entgegenkommend zur Ver- fügung. Ebenso schulde ich Herrn Dr. OÖ. Schnurre, Berlin, Dank dafür, daß er mir die Gewölle der Schleiereule von Barth überlassen hat.

Zusammenfassung

Die Beckenknochen von Sorexz, Neomys und Crocidura sind gattungs- spezifisch ausgebildet. Innerhalb der Gattungen lassen sich die Becken der einzelnen Arten nur der Größe nach unterscheiden, sofern deutliche Größen- differenzen bei ihnen anzutreffen sind, wie z.B. bei Sorer araneus und 5. minutus.

6”

88 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Im Verlauf der individuellen Entwicklung werden am Becken der Soriciden sekundäre Geschlechtsmerkmale ausgebildet.

Aus der Analyse von Eulengewöllen verschiedener Herkunft wird auf- gezeigt, daß bei S.araneus das Geschlechtsverhältnis zugunsten der Weib- chen verschoben sein kann. Es ist wahrscheinlich, daß die Männchen wäh- rend einer Übervermehrung durch innerartliche Revierkämpfe eliminiert werden, wie dies von Microtus arvalis bei hoher Bevölkerungsdichte be-

kannt ist. Literatur: Becker, K., 1954a. Geschlechtsunterschiede am Becken von Mäusen (Murinae) und Wühlmäusen (Microtinae). Zool. Jb. (Syst.) 82, p. 453—462. Becker, K., 1954b. Beiträge zur Geschlechtsbestimmung von Mäusen (Murinae)

nach Skelettresten aus Eulengewöllen. Zool. Jb. (Syst.) 82, p. 463—472.

Borowski, St., u. Dehnel, A., 1953. Angaben zur Biologie Ider Soricidae. Ann. Univ. Mariae Curie-Sklodowska Sect. GC, 7, p. 305—448. (Nur als Ref. von E. Mohr in Ber. wiss. Biol. A, 86, p. 338, 1954 gesehen).

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Creutz, G., 1935. Die Ernährung einer verspäteten Schleiereulenbrut. Beitr. z. Fortpfl.-biol. Vögel. 11, p. 137—142.

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Jäckel, A. J., 1867. Noch ein Wort über die Nahrung der Schleiereule.. Zool. Gart. 8, p. 463—471.

Kleinschmidt, O., 1934. Die Raubvögel der Heimat. Quelle u. Meyer, Leipzig.

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Löhrl, H., 1938. DÜkologische und physiologische Studien an einheimischen Muriden und Soriciden. Ztschr. Säugetierkde. 13, p. 114—160.

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955). 89

9.) Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen Von Georg H. W. Stein (Berlin).

(Aus der Säugetierabteilung des Zool. Museums der Humboldt-Universität Berlin)

Gliederung:

eroblemstellungmerean ann men en... 89 Il. Material und Untersuchungsgebiet ...........ooooooooo.. 90 DI Dies Artenzusammensetzung ll... ..un.n..tue.a. nella. 91 WVaKleinsäuger der Sölle und Beldhecken .................................. 100 DMeeBestandsschwankungen.....x......2........ennass.. 102 VI. Über wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Arten ........ 105 NZur Geschichte der "Ackerkleimsäuger. ................................ 106 ZuSamımenkassung Re Re N TR N us. 111 TBotenalun a a ren ul a ll u lnillen 113

I. Problemstellung.

Von unseren kleinen Säugern der Ackerflächen hat man sich vornehm- lich um die Feldmaus, Microtus arvalis, gekümmert, die ja der Schädling ersten Ranges ist, während die mit ihr zusammenlebenden Formen weniger beachtet wurden. Weder wissen wir über deren wirtschaftliche Bedeutung hinreichend Bescheid, noch über die Stärke ihres Auftretens, die ja damit im Zusammenhange steht, denn als Einzelwesen fallen kleine Nagetiere bei ihrem unbedeutenden Nahrungsbedarfe nicht auf, und erst hohe Bestands- dichte bringt jene enormen Schädigungen und Einbußen der Ernte mit sich, die als ‚„Mäuseplagen‘“ von altersher gefürchtet sind.

Bis heute kann nun was eigentlich verwunderlich ist nicht ein- mal eine auf hinreichenden Unterlagen beruhende Artenliste der Acker- säugetiere gegeben werden, wenn von ihr erwartet wird, sie müsse mehr bieten als eine bloße Bestandsaufnahme und auch Auskunft geben über die quantitative Verteilung, also über die Siedlungsdichte und etwaige Schwankungen und ihre Zusammenhänge, sowie über die ökologischen An- -sprüche der einzelnen Arten. Mit diesen Anforderungen ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit im wesentlichen bereits umrissen. Die Feldmaus wird weniger im Mittelpunkte stehen, da sie in Sonderuntersuchungen gerade der letzten Jahre besondere Beachtung gefunden hat. Dafür soll, wenn auch mit gebotener Zurückhaltung, auf die Geschichte der Ackersäugetiere ein- gegangen werden. Unsere Ackerflächen sind ja recht jungen Datums, so- wohl nach ihrer heutigen Ausdehnung, die ganz und gar auf die großzügi- gen mittelalterlichen Rodungen des 7.—13. Jahrhunderts zurückgeht, wie auch in ihrer Gesamtheit, denn im Postglazial gab es Perioden, in denen Mitteleuropa wenigstens grundsätzlich ein geschlossenes Waldgebiet war. (Bertsch, 1949, Firbas, 1949, 1952). Der Acker ist also eine

90 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

junge ökologische Nische, und ebenso setzt sich seine Tierwelt aus jungen Einwanderern zusammen.

Il. Material und Untersuchungsgebiet.

Die Untersuchungen stützen sich auf selbstgesammeltes Material. Dar- aus erklärt sich die Beschränkung auf kleine Formen unter Rattengröße, denn nur solche sind ohne Schwierigkeiten in repräsentativer Zahl zu er- halten. Die Materialsammlung reicht vom Herbst 1950 bis 1954 und umfaßt damit etwa den Zeitraum eines Feldmausrhythmus. Die gesamte Aus- beute (n=2521) ist mit den bekannten kleinen Bügelfallen (System Luchs) zusammengebracht worden. Es sind allein Frühjahrs- und Herbst- fänge, da nur diese nach der gleichen Methode, nämlich der der Fang- reihen (trap-lines), erzielt wurden und so unmittelbar sich vergleichen lassen. Die Fallen, 100 sind auf die Dauer von einer Person allenfalls noch zu bewältigen, standen vorzugsweise an Feldrainen, aber auch in etwa im Tiefe vom Rande in Rüben- und Kartoffelschlägen und diagonal in Luzerne-, Klee- und Serradellabreiten. Als Fallenabstand wurden 10m gewählt, auf strenges Innehalten dieser Spanne jedoch nicht gesehen. In 100 Fallen fingen sich im Durchschnitt 42 Tiere; das ist ein hoher Prozent- satz, der in keiner anderen Lebensstätte auf die Dauer zu erreichen ist und der von der enormen Siedlungsdichte zeugt, die, zum mindesten zeitweilig, auf den Feldern herrscht. Das Arbeitsgebiet ist die Umgebung von Fürsten- walde/Spree, also nur ein unbedeutender Ausschnitt. Trotz dieser räum- lichen Enge sollten aber die für Ostdeutschland typischen Verhältnisse deut- lich werden. In geographisch umfassenderem Bereiche sind Abweichungen nach der Faunenzusammensetzung wie nach den ökologischen Ansprüchen der Arten sicher. Paralleluntersuchungen aus anderen Gebieten wären daher ein dringendes Anliegen und allein schon aus der Tatsache gerecht- fertigt, daß die Ackerflächen eine der wichtigsten menschlichen Produk- tionsstätten darstellen und ihre Tierwelt von entscheidendem Einfluß auf Menge und Qualität der hier erzeugten Güter ist.

Das Untersuchungsgebiet besteht aus diluvialen Flächen vom leichten Sande bis zum mittelschweren Lehm und zeigt in seinem bewegten Boden- relief die charakteristischen Züge des brandenburg-pommerschen Jung- moränengebietes. Überall in der Landschaft verstreut liegen eiszeitliche Sölle, die oft nur wenige Meter im Durchmesser haben und in allen Über- gängen vorhanden sind vom mit Rohr (Phragmites) und Rohrkolben (Typka) bewachsenen Wassertümpel über mit Carexgesellschaften erfüllte feuchte Bodeneinsenkungen bis zur völlig trockenen Mulde, die dann Bewuchs von Wildbirnen (Pirus communis), Schlehen (Prunus spinosus), Wildrosen (Rosa spec.) und Brombeeren (Rubus spec.) aufweist. Den Kleinsäugern der Sölle ist ein besonderer Abschnitt gewidmet. |

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 91

Das Material ist grundsätzlich dem Innern geschlossener Ackerflächen entnommen worden, für das, wenigstens im ostbranden- burgischen Raume, in besonderem Maße geringere Bodenfeuchtigkeit und eine hochsommerliche Trockenperiode kennzeichnend sind. In der Nach- barschaft von alluvialen Lebensräumen, von Flußtälern, Wiesenniederun- gen und Sümpfen kann sich ein verändertes, reicheres Bild der Klein- säugerfauna ergeben. Alle Angaben zur Okologie beziehen sich auf die Fort- pflanzungsperiode. Material aus der Ruhezeit läßt sich für solche Frage-

stellungen nicht verwenden.

II. Die Artenzusammensetzung.

Anzahl der 3 18 1337 1 nes Tea 992 7 123 38 1 (ohne

gefangenen Aal

Tiere Nest ar Anzahl ın /, der Gesamt- 0,7 | 53 | 39,3 5,2 | 1,5 99,7

ausbeute

Tabelle 1: Artenzusammensetzung und Stärkeverteilung auf brandenburgischen Acker- flächen, Gesamtmaterial aus 4 Jahren, Herbst- und Frühjahrsfänge.

Mit 1337 Exemplaren = 53% der Gesamtausbeute steht die Feld- maus, Microtus arvalis, an der Spitze, ihr folgt die Waldmaus, Apodemus sylvaticus, mit 992 = 39,3 %. 92% des gesamten Fanges entfallen also allein auf diese beiden Arten. Sie sind mit dem Maulwurf, Talpa europaea, der, nur gelegentlich und dazu mit Spezialfallen und besonderer Methodik gefangen, in seiner wahren Bestandsdichte nicht recht in Erscheinung tritt, als die Kleinsäuger par excellence der ostdeutschen Ackerflächen zu be- zeichnen. Die anderen Arten folgen in weitem Abstand, die Brandmaus, Apodemus agrarius, mit nur 5,2% (123 Tiere), die hellbäuchige, kurz- schwänzigere Rasse der Hausmaus, die Ährenmaus, Mus m. musculus, mit 38 Stücken = 1,5 % und die Waldspitzmaus, Sorer araneus, mit 18 = 0,7 %. Übrig bleiben die Gelbhalsmaus, Apodemus flavicollis, mit 7 Exemplaren, Erd- und Zwergmaus, Microtus agrestis und Micromys minutus mit je einem und die Nordische Wühlmaus, Microtus oeconomus, mit 4 Jungtieren (aus einem Neste). Diese letzten Arten machen gerade noch 0,5% der Gesamtmasse aus. Es sind zufällige Einwanderer in die Ackerflächen, also Irrgäste. Bei der Zwergmaus nimmt das am meisten wunder, werden doch sonst für sie auch Getreidefelder als Aufenthaltsort angegeben (Mohr 1954). Unter 235 bei einer Feldmausversuchsbekämpfung in Mitteldeutschland (Sachsen- Anh.) gesammelten Ackersäugetieren befand sich ebenfalls keine Zwerg-

92 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

maus. Micromys ist ja auch zweifellos ein Bewohner feuchter Lebensstätten, der Riedgrasassoziationen, nasser Wiesen und Wiesengebüsche, dem offen- bar die hochsommerliche Trockenperiode unserer ostdeutschen Ackerflächen nicht zusagt. In nächster Nähe feuchter alluvialer Niederungen können sich dagegen stattliche Ansammlungen vorfinden, besonders im Herbste unter Hanfgarben, in Lupinen- und Getreidehaufen.

Eine Aufgliederung des Gesamtmaterials in Herbst- und Frühjahrs- fänge wird uns weitere Einblicke in die Artenzusammensetzung geben:

: A a Micro- Micro-| M. M. & Mus mys tus agre- |oecono- Bar ne m. mus- c 2 yivarı minu- arvalis stis mus rius collis culus

Sorex ara- neus

Talpa euro- paea

Art

Anzahl der

gefangenen 37 | 1999 Tiere

Anzahl in P/,

der Gesamt- 1.8 | 99,6

zahl

Tabelle 2: Artenzusammensetzung und Stärkeverhältnis im Herbste.

Die Herbstausbeuten zeigen wesentliche Abweichungen nicht, alle Arten

sind vertreten, Feld- und Waldmaus wieder mit den höchsten Anteilen von

4A 2 Micro- Talpa | Microtus M. oeco- as R a europaea| arvalis ee nomus | sylvati- Y agrarius minutus

zusammen 91 %.

Anzahl der gefangenen 3l 447 1 —_ 12 1 _ 552

Tiere

Anzahl in 9, der Gesamt- 85.6 _ 13,8 —_ 99,4 zahl

Tabelle 3: Artenzusammensetzung und Stärkeverhältnis im Frühjahre.

Im Frühjahre treten praktisch überhaupt nur drei Arten auf, Maulwurf, Feld- und Waldmaus. Sie allein sind also bodenständig und die Dauerbewoh- ner unserer Ackerflächen, wohingegen Brandmaus, Ährenmaus und Wald- spitzmaus sie nur zeitweilig und zwar den Sommer über und dazu in ge- ringer Bestandsdichte besiedeln. Betrachten wir zuerst diese temporären Bewohner unserer Felder!

Für die Ährenmaus läßt sich schon von der geringen Gesamtmenge der im Gebiete gefangenen Tiere (38) schließen, daß ostdeutsche Populatio- nen in ihrer weitaus überwiegenden Zahl das ganze Jahr über als Kommen- salen in menschlichen Siedlungen leben. Ein einziges Bauerngehöft kann eine

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 93

größere Ährenmausgesellschaft beherbergen als diese Ausbeute vierjähriger Fangtätigkeit umfaßt. Es wandern nur ganz vereinzelte Stücke im Frühjahre in die Felder ein und dazu zu einem späten Zeitpunkte, da bis Ende Mai noch kein Nachweis vorliegt. Die Entfernungen von menschlichen Siedlungen können erheblich sein und sind mit 3km nicht zu hoch gegriffen. Im Herbste finden sich dann kleinste Gemeinschaften mit sehr großen Zwischenräumen über die Äcker verstreut, und Ende Oktober bereits sind die Tiere wieder verschwunden. In meinem großen Material aus den Wintermonaten ist nur ein einziges Stück vorhanden: 1.1.1951 5'158, sehr fett, gefangen in altem Maulwurfsgange auf Roggenschlag, Entfernung vom nächsten Dorfe 2 km. Wenn wir hören, daß Mus musculus in Schweden (Norbotten) bei 30° im Freien lebt und an der nördlichen Eismeerküste sich ein Nest in einer Fels- nische über immer gefrorenem Boden fand (Zimmermann 1949), so scheiden klimatische Faktoren für die Winterflucht der Tiere wohl aus. Sicht- lich vermögen unsere Ährenmäuse draußen trotz besten Nahrungsangebotes nicht Fuß zu fassen, und man möchte an Nahrungs- und Raumkonkurrenz mit der stärkeren Waldmaus denken, die die Felder das ganze Jahr über und in gleichbleibender und erheblicher Bestandsdichte bewohnt. Einige Höchst- gewichte sollen den Unterschied in der Größe der beiden Arten deutlich machen:

Mus m. musculus der Ackerbreiten 3'0': 21,7, 21,2, 21,0 g.

399 : 23,0, 19,1, 18,7 8.

Apodemus sylvaticus der Ackerbreiten 3'G': 30,4, 30,2, 29,5 g.

399 : 27,6, 26,4, 25,28. Auch mit ihrer höheren Vermehrungsrate gelingt es der Ährenmaus nicht, draußen zu einiger Bestandsdichte zu gelangen, denn beträgt der Höchstwert der Embryonenzahl bei der Waldmaus 8 (n=60), so war ein © von Mus musculus, übrigens das einzige gravide Tier meiner Freilandausbeute, mit 10 Keimen trächtig.

Bei der Brandmaus finden wir ähnliche Verhältnisse wie bei der Ährenmaus vor. Einem einzigen Frühjahrsfunde (Lebendfang bei Markie- rungsversuchen H. J. Telle leg. vom 2.4.1954, 5‘ annähernd 20g) und einem Wintertiere (' 19g 1.2.1953) stehen 123 Herbsttiere gegenüber. Auch die gesamte Brandmausbevölkerung der Felder wandert also mit dem Anbruche der kälteren Jahreszeit ab, um sich in den Kartoffel- und Rüben- mieten, den Stroh- und Lupinenhaufen und in den Scheunen zu sammeln, wo das Wintervorkommen seit langem bekannt ist. Brandmäuse anderer Lebensräume, z.B. der Waldränder und Wiesengebüsche, sind dagegen den ganzen Winter über im Freien anzutreffen, auch wenn menschliche Siedlun- gen sich in nächster Nachbarschaft befinden.

Der geringe numerische Anteil der Brandmaus auf den Ackerflächen, wie er sich in den 5, 2% meines Materials ausdrückt, wird noch augenfälliger aus

94 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Markierungsexperimenten von H. J. Telle, weitergeführt von H. Reich- stein (Berfelde bei Fürstenwalde): In der Zeit vom 2.3.1954 bis 2.12. 1954 wurden hier von Langschwanzmäusen markiert 216 Waldmäuse, jedoch nur eine Brandmaus, das bereits erwähnte Stück vom 2.4.1954. Auch all- gemein kann man die Brandmaus in Brandenburg nicht als „häufig“ ansehen, sie ist bei uns keine prosperierende Art. Mit ihrem Vermehrungspotentiale hat das augenscheinlich nichts zu tun. Einschließlich der schon 1950 bekannt- gegebenen Werte (Stein 1950) liegen jetzt 30 Würfe vor:

Embryonale Wurfgröße

Wievielmal vertreten

Tabelle 4: Embryonale Wurfgröße bei Apodemus agrarius (n— 30) M = 6,0.

Der höchste Wert beträgt 8 und M-6,0. Unterschiede von der Vermehrungs- rate der Waldmaus, die es doch zu hoher Siedlungsdichte bringt, sind nicht ersichtlich. Aber die ökologischen Ansprüche von Apodemus agrarius sind wohl besonders komplexer Natur, und in ihnen haben wir die begrenzenden Faktoren zu suchen. Für die CSR. sind sie kürzlich von Kratochvil und Rosicky (1953 und 1954) analysiert worden. Herausgestellt werden in in erster Linie Feuchtigkeitsbedürfnis und die Anforderungen an eine höhere Temperatur, wenigstens zur Fortpflanzungszeit, und die Autoren betonen wei- ter: „Die Annahme, daß diese Art ein typischer Feldbewohner sei, ist irrig. Felder ohne buschige Raine werden von ihr nie dauernd besiedelt.“

Eine Aufgliederung meines gesamten Brandmausmaterials (n=403), in das auch eine Ausbeute aus Mitteldeutschland einbezogen ist, wird uns Ein- blicke in weitere Faktoren ermöglichen:

ee f - 3 Erosions- = Laub- Getreide- Kiefern- Leb | täler bei ne ie waldrän- Auee Lupinen- Söll wald an au) Frankfurt os 3 er | deran iesen |haufenim) 0 |zwischen i Oder 1 en Wiesen | ® Winter Rubus and WIR Zahl der 2, davon gefangenen | 128 31 145 3l 53 10 3 159 Tiere | säugend

Fallenzahl | 921 342 2748 790 1192

Zahl der Tiere auf | 14 9 5,2 4,7 4,5 100 Fallen

Tabelle 5: Lebensräume von Aßodemus agrarius, Material aus allen Jahreszeiten.

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 95

Eine einschränkende Bemerkung ist dieser Übersicht beizufügen. Ver- gleichbar werden die Zahlen erst als relative, in unserem Falle auf die je- weilige Fallenzahl bezogene Prozentwerte. Aber eine bestimmte Fehlerquelle lief? sich trotzdem nicht ausschalten. Sie betrifft die Brandmäuse der Ackerflächen. deren bewohnbarer Raum wie der aller Ackertiere durch um. wälzende landwirtschaftliche Maßnahmen bedeutenden Schwankungen in der Ausdehnung unterliegt. Es ist zu bedenken, daß die Hauptmasse der Brand- mäuse aus dem Herbste stammt. Dann sind die Felder abgeerntet, weite Flächen umgepflügt, und die gesamte Kleinsäugerbevölkerung drängt sich an den letzten noch Deckung bietenden Stellen zusammen, wo die Tiere in einem zum sommerlichen Gesamtraume viel zu hohen Verhältnisse gefangen werden. Laubwälder, buschige Hänge usw., allgemein also von schweren menschlichen Eingriffen nicht betroffene Lebensstätten (ausgenommen noch Kulturwiesen, Mahd!) unterliegen solchen rigorosen Einengungen des bewohn- baren Raumes dagegen wenig oder gar nicht, und hier lassen sich die Arten gemäß der mehr permanenten Bestandsverteilung entnehmen. In der Tab. 5 sollten die Ackerpopulationen der Brandmäuse auf Grund einer Verteilung während eines wesentlichen Lebensabschnittes, das wäre. die Fortpflanzungs- zeit, etwa am Ende rangieren. Für die Betrachtung der Ackersäugetiere un - ter sich gelten diese Einschränkungen natürlich nicht.

Die höchste Bestandsdichte erreicht die Brandmaus in Erosionstälern bei Frankfurt (Oder), wo sie geradezu lästig fällt, weil sie, auch durch ihr frühes Erscheinen weit vor Sonnenuntergang, eine Reihe von Fallen blockiert und so das Sammeln begehrterer Arten erschwert. Im Herbst 1950 fingen sich in 4 Fallen 21 Brandmäuse, weiter in 70 22 und in 90 33. Hier ist eine erhebliche Massendichte unverkennbar. Der Biotop, der auch einer der zwei bekannten norddeutschen Fundorte von Pitymys subterraneus ist, kennzeichnet sich nun durch starke Feuchtigkeit dieser Quellschluchten und weiter durch eine hohe Sommertemperatur. Die buschreichen und zum Teile stark verwachsenen Hänge tragen pontischen Charakter, der auch in den Pflanzenassoziationen zum Ausdruck kommt. Die für die tschechoslowakischen Brandmäuse typi- schen Züge, Feuchtigkeits- und Wärmebedürfnis, finden wir also hier wieder. Einige Dichte erreicht die Art noch in abwechslungsreichem Gelände, wie es feuchtes Gartenland darstellt. Auch Gärtnereien, Parkanlagen und alte Fried- höfe werden gern besiedelt. Moorwiesen und Moorgräben beherbergen die Art in recht geringer Anzahl (4 Exemplare durchschnittlich in 100 Fallen). Die Tiere halten sich da auch mehr an die Ränder mit verwachsenen Ge- büschen und Krautbeständen von üppigem Wuchse (hohe Doldenblütler). Das Innere geschlossener Seggengesellschaften scheint die Brandmaus nicht zu lieben, und es liegt nahe, das von Kratochvil und Rosicky betonte Wärmebedürfnis als Ursache für ihre niedrige Bestandsdichte in Mooren her- anzuziehen. Auch auf den Ackerflächen sucht Apodemus agrarius augenfällig

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die Stellen mit erheblicherer Bodenfeuchtigkeit, die sich dann durch üppigen Stand der Kulturgewächse auszeichnen, so nasse Kartoffelschläge auf an- moorigem Boden und stark verwachsene, feuchteund vom Lichte abgeschlossene Ackerraine. Was die Brandmaus an solche Plätze bindet, ist nicht nur die Boden- feuchtigkeit, sondern ebenso sehr die vollkommene Deckung, derer sie bedarf und die auf den Ackerbreiten sparsam vorhanden ist. Die Anforde- rung an hohe Deckung tritt als weiterer Faktor für ihre gedeihliche Entwick- lung zu den bereits aufgezeigten hinzu. Apodemus agrarius ist ja, weit mehr als die Waldmaus, die mit ihrer Behendigkeit und ihren jähen Sprüngen auch noch in freiem Gelände zurechtkommt, ein Kriecher, Schleicher und Schlüpfer. Ihre geringe Hinterfußsohlenlänge, die 20mm nicht übersteigt, gegenüber max. 23mm bei der etwa gleich großen Waldmaus und die niedrigere Schwanzlänge weisen schon auf diesen Unterschied in der Bewegungsweise hin. Hinzu kommt, daß die Brandmaus ein ausgeprägtes Tagtier ist, das voll- kommene Deckung braucht, während die Waldmaus mit ihrer streng nächt- lichen Lebensweise eher befähigt ist, in relativ freiem Gelände zu existieren.

Bei der Waldspitzmaus wird man auf Grund ihrer geringen nume- rischen Stärke von vornherein Bedenken haben, ihr das Bürgerrecht auf den Feldern zuzusprechen, liegen doch überhaupt nur 18 Exemplare = 0,7% des Gesamtmaterials vor. 14 davon stammen nun allein aus dem Herbst 1952, und dieses gehäufte Vorkommen macht ganz den Eindruck einer Invasion, die noch dazu mit dem Höhepunkte der Feldmausbestandsdichte dieses Jahres zusammenfällt! Auf den Herbst 1950, 1953 und 1954 kommt je ein Stück, Frühjahrsvorkommen fehlen gänzlich, ebenso ist nur ein einziger Winterfund da (im Anschluß an die Invasion des Jahres 1952): 1.2. 1953 sex? Serradella- schlag in altem Maulwurfsgange. Von solchen Befunden her hat Sorez araneus als nur gelegentlicher Einwanderer oder als Durchwanderer zu gelten. Allge- mein gehaltene Hinweise auf das Vorkommen von Sorer araneus auf Feldern finden sich in der Literatur des öfteren. Eine konkrete Mitteilung macht Zalesky (1948): In Niederösterreich (Waldviertel) fing ich die Wald- spitzmaus vor Mauslöchern in Kornfeldern.

Autochthone Ährenmaus-, Brandmaus- und Waldspitzmausbsstände gibt es also auf den Ackerbreiten des Untersuchungsgebietes nicht. Vorläufig läßt sich aber nur bei Sorer araneus die Frage beantworten, welche Altersklassen im Frühjahr zuwandern. Die 14 Tiere des ‚Invasionsjahres 1952“ bestehen aus ö adulten, also Vorjahrs- und damit Elterntieren und 6 juv., und die Ge- samtzahl der 18 Ackerstücke weist eine ähnliche Zusammensetzung auf, 9 ad. zu 9 juv. Im Verhältnis zu den adulten ist die Zahl der jugendlichen Tiere ungewöhnlich niedrig, und offenbar sind diese erst auf den Ackerflächen zur Welt gekommen. Allein zugewandert wären also Tiere des Vorjahres und dazu zu einem sehr späten Zeitpunkte, es müßte sonst von ihren Nachkom- men ein Mehrfaches vorhanden sein. Dieser Befund läßt sich so formulieren:

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 97

Entgegen der theoretischen Erwartung, nach der für adulte Stücke doch eher Ortstreue anzunehmen wäre, wandern bei Sorer araneus gerade sie aus an- dern Lebensräumen in die Felder ein. Es hat sich 1952 tatsächlich um einen invasionsartigen Vorgang von einigem Ausmaße gehandelt, denn es wurden zweimal auch Waldspitzmäuse beobachtet, die in der Abenddämmerung die Wege entlanghuschten. Ob Siedlungsdruck die Tiere aus überfüllten opti- malen Lebensstätten gedrängt hat, ist zuverlässig nicht zu entscheiden. 1953 und 1954 bei nicht deutlichen Unterschieden der Bestandsdichte in opti- malen Biotopen wurde jedenfalls nur je eine Waldspitzmaus auf den Äckern erbeutet.

Das Ergebnis der Betrachtung der zeitweiligen Besiedler der Acker- flächen läßt sich so zusammenfassen: Keine der drei Arten Ährenmaus, Brandmaus, Waldspitzmaus vermag hier recht Fuß zu fassen. Bei der Ähren- maus ist Raumkonkurrenz mit der Waldmaus zu vermuten. Bei Apodemus agrarius sind es ihre besonderen und komplexen ökologischen Ansprüche, die einer dauernden Besiedlung und höherer Bestandsdichte im Wege stehen. Die Waldspitzmaus ist, von Invasionen abgesehen, nur ein gelegentlicher Be- sucher der Felder.

Von den stationären Bewohnern der Ackerbreiten sei zuerst der Maul- wurf besprochen. Auch für ihn ist hier im Winter der Lebensraum ein- geschränkt. Unbewohnbar geworden sind jetzt die kahlen, von jedem Pflan- zenwuchse freien Flächen, wohl weil der Frost, sein ärgster Feind, dort tiefer geht, und die Tiere haben sich an begraste Weg- und Grabenränder, auf Klee- und Luzerneschläge zurückgezogen, leben aber auch dann, ebenso wie im Sommer, keineswegs als verbissene Einsiedler, vielmehr in der Regel in Gemeinschaften. So wurden auf einem Luzerneschlag von 10 000 qm Ausdeh- nung zwischen dem 6. und 14.3. 1952, also etwa bei Beginn der Paarungszeit, 450‘ gefangen und mindestens ein weiteres Stück, es können durchaus auch mehrere gewesen sein, war dann noch vorhanden, wie frische Erdhaufen untrüglich anzeigten. Dem Einzeltiere standen hier als Lebensraum etwa 2000 qm zur Verfügung, und es ergibt sich eine ähnliche Siedlungsdichte wie im Sommer in optimalen Lebensräumen (Stein 1951). Im April, also auf der Höhe der Fortpflanzungszeit, war ein begrenztes Gangsystem ebenfalls von 25%. belaufen, die sich an einem Tage und in derselben Falle fingen.

Die Erdmaus fehlt auf Ackerflächen; das gilt nicht nur für deutsche, englische (Harrison Matthews 1952) und belgische Tiere (Bernard 1953), sondern ist allgemein für sie kennzeichnend. Bernard sieht die Ur- sachen dieses ökologischen Verhaltens in dem Unvermögen von M. agrestis, sich mit den schweren Umwälzungen, denen die Felder durch menschliche Eingriffe dauernd unterliegen, abzufinden und weiter in der Konkurrenz mit Microtus arvalis. M.agrestis wird von ihm als „un animal beaucop moins aggressif que M.arvalis“ bezeichnet und als „une espece plus timide“. In der

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Größe ist sie nun M.oeconomus etwa ebenbürtig, und beide übertreffen die Feldmaus merklich. Bei einer Aufgliederung im Sinne einer Rangordnung stände nach meiner Erfahrung mit märkischen Tieren die Nordische Wühl- maus an der Spitze. Sie schließt das gilt immer für die Fortpflanzungs- zeit! jede der beiden anderen Arten aus ihrem engeren Lebensraume aus, die Feldmaus hingegen wieder die Erdmaus. Diese ist also auch bei uns die schüchternste der drei Wühlmausarten. Der Raumkonkurrenz ist demnach Be- deutung als ein die ökologische Valenz begrenzender Faktor nicht abzusprechen, entscheidend kann sie jedoch nicht sein, denn in England, wo Microtus agrestis die einzige Wühlmausart ist, bleibt sie den Äckern ebenfalls fern. Es ist mehr ihre absolute Größe verbunden mit geringer Beweglichkeit, die ihr die dauernde Besiedlung deckungsarmen Geländes nicht möglich gemacht hat. Oder von der Feldmaus aus gesehen: Sie, als kleinste der Wühlmaus- arten, ist allein in Lebensräumen mit bescheidenstem Pflanzenbewuchs noch zugelassen. Hinzu kommt bei der Feldmaus die Neigung zu komplizierterer Bauanlage. An Bauen, von Einzeltieren angelegt, waren bis zu acht Ausgänge vorhanden. Sie führen strahlenförmig vom Zentrum weg und können mehrere Meter entfernt ausmünden. So ermöglichen sie auch bei dürftigster Deckung noch störungsfreien Zugang zur Gesamtheit der umgebenden Nahrungsquel- len. Solche Bauweise ist eine Sonderleistung von M.arvalis, zu der sowohl Nordische Wühlmaus wie Erdmaus nicht befähigt sind, oder derer sie in ihrer Umwelt zum mindesten nicht bedürfen.

Die Waldmaus, Apodemus sylvaticus: Sie ist das konstanteste Element unter den Kleinsäugern ostdeutscher Felder in der Gleich- mäßigkeit ihrer Verteilung wie in der Beständigkeit ihrer Sied- lungsdichte. Die ökologische Valenz ostdeutscher Populationen ist als eingeschränkt zu bezeichnen. Die höchste Bevölkerungszahl weisen die Sippen auf den Äckern auf. Daneben sind, jedoch in erheblichem Abstande der Individuenzahl, Trockenheideformationen bewohnt, zu denen Kiefern- kulturen und lückiger Mischwaldaufwuchs sandiger Böden zu rechnen wären und auch Kulturwiesen, sofern sie nicht zu feucht sind. Moorwiesen und Sümpfe, also nasse, alluviale Niederungen, werden gemieden. Im Gegensatz dazu beobachtete G. Heinrich (1951) Apodemus sylvaticus in Bayern als Bewohner grasbewachsener Moore und in einer Dichte, wie sie ihm von ande- ren Plätzen nicht bekannt war, Der xerophile Charakter ostdeutscher Wald- mäuse läßt sich jedenfalls nicht übersehen. Für tschechoslowakische Popula- tionen ist er nach Kratochvil und Rosicky ebenfalls bezeichnend.

Unsere Waldmäuse bleiben auch den Winter über und dazu in so hoher Bestandsdichte auf den Feldern, daß eine Abwanderung wesentlicher Anteile der Bevölkerung unwahrscheinlich ist. Die Tiere leben dann in Feldmaus- bauen, oft mit den rechtmäßigen Inhabern gemeinsam, ebenso in den jetzt verlassenen Maulwurfsgängen, wieder mit der Feldmaus zusammen, und auf

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 99

Mißhelligkeiten zwischen den beiden Arten läßt nichts schließen. Auch die tiefgehenden Eigenbaue bleiben während der kalten Jahreszeit bewohnt, sie sind jedoch gegenüber der hohen Kopfzahl der „Feld“-Waldmäuse immer mehr vereinzelte Erscheinungen, und ein großer Teil der Tiere scheint nicht selbständig zu graben, sondern auch in der Fortpflanzungszeit mit alten Feld- mausbauen vorlieb zu nehmen.

Für Westdeutschland ist die herbstliche Einwanderung der Waldmäuse in Dörfer und auch Städte ein bekannter Vorgang. Dasselbe gilt für das Erz- gebirge. Hier fing R. Lange (siehe p. 164) in Königswalde vom 28. 11. 1953 bis 28. 4. 1954 neben 126 Mus musculus 81 Apodemus sylvaticus, und von der CSR berichten Kratochvil und Rosicky ähnliches. Französische Wald- mäuse verhalten sich nach H. de Balsac (1951) ebenso. Englische Wald- mäuse werden dagegen nur als sehr gelegentliche Eindringlinge in Kornspei- cher und Häuser bezeichnet (Harrison Matthews 1952), und aus meinem früheren Arbeitsgebiete, den Dörfern des Oderrandes, östlich von Frankfurt (Oder) gelegen, ist mir die Waldmaus als Kommensale in menschlichen Sied- lungen gänzlich unbekannt. So sollten die Dinge auch für Westpreußen liegen, von wo Heinrich (1929) zwar A. flavicollis als Bewohner von Häu- sern anführt, Apodemus sylvaticus hingegen als strengen Feldbewohner ver- zeichnet. Tatsächlich erinnert sich G. Heinrich (briefl. Mitt. vom 8.4. 1955) nicht, Apodemus sylvaticus in seiner westpreußischen Heimat als Kommensalen in menschlichen Siedlungen angetroffen zu haben. Es besteht also eine ähnliche geographische Variabilität des Verhaltens, wie sie Mus musculus aufweist und (nach Mitteilung von K. Zimmermann) auch die Rötelmaus, die in der Ebene ihren Lebensraum nicht verläßt, in den höheren Lagen der Alpen hingegen im Winter ebenfalls Zuflucht in menschlichen Behausungen sucht.

Die Kleinsäugerfauna sächsischer Ackerflächen stimmt im wesentlichen mit dem Bilde überein, das wir von unserem ostdeutschen Untersuchungs- gebiet entwerfen konnten. Eine Aufsammlung aus Zschortau bei Delitzsch, S.-Anhalt (n=235) zeigt dieselbe Artenarmut mit Maulwurf, Feld- und Waldmaus als stationäre und verbreitete Bewohner. Zwergmaus und Brandmaus fehlten gänzlich, die letzte Art besiedelte jedoch in sehr bezeich- nender Weise Mischwaldränder und feuchte, von Gräben durchzogene Wie- senniederungen. Sorer araneus war ebenso nur an Wiesengräben vertreten, und Hausmäuse, Mus m. domesticus, wurden ausschließlich bei menschlichen Wohnstätten gefangen. Eine Bereicherung der Fauna bedeutet Crocidura leucodon (2 Exemplare, die inmitten von Ackerbreiten an einem Feldraine gelebt hatten).

Ähnlich artenarm ist auch die Dogelwelt der Ackerflächen. Mit Grau- ammer, Feldlerche und Wachtel, allenfalls noch Sumpfrohrsänger, ist die Zahl der hier regelmäßig brütenden kleinen Arten bereits erschöpft, von

100 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

größeren Formen kommen Rebhuhn, Großtrappe und Kornweihe hinzu, Kie- bitz und Großer Brachvogel etwa noch als gelegentliche Bewohner, und Sand- pieper und Triel finden in ausgesprochenen Sandgebieten Daseinsmöglich- keiten. Von Reptilien verläuft sich gelegentlich eine Zauneidechse an be- wachsene sonnige Feldraine, und einzelne Coronella austriaca erhielt ich bei Frankfurt (Oder) von trockenen Roggenäckern, die in der Nähe von Kiefern- kulturen lagen. Unter den Anuren ist die Erdkröte auf ostdeutschen Fel- dern recht verbreitet. Einen Eindruck von ihrer unerwartet hohen Kopf- stärke erhält man erst beim Graben von Feldmausbauern, in die sich ob bewohnt oder unbewohnt Bufo bufo tagsüber gern zurückzieht. Aus einem Feldmausbau stammt auch das einzige Stück der Kreuzkröte, das mir östlich von Berlin vorgekommen ist: juv. 23.8. 1952 Berfelde bei Fürstenwalde. Die Knoblauchskröte findet sich auf sandigen Äckern des Untersuchungsgebietes. Der Grasfrosch ist auf den Ackerflächen verbreitet, der Moorfrosch tritt spärlicher und nur auf feuchteren Schlägen auf.

IV. Kleinsäuger der Sölle und Feldhecken.

Das Charaktertier der Sölle ist die NordischeWühlmaus. Von 24 auf ihre Faunenzusammensetzung untersuchten enthielten 21 diese Art und auch solche, denen Fläche nicht mehr als 50 qm betrug und ebenso die, die kilometerweit vom nächsten oder alluvialen Niederungen entfernt waren. Man frag! sich, wie sich so kleine Gemeinschaften, deren Kopfzahl im Frühjahr dazu bis auf wenige Einzeltiere herunterzugehen pflegt, über einen längeren Zeitraum zu erhalten vermögen. Es wäre anzunehmen, die relativ gute räum- liche Isolation solcher Kleinstpopulationen sollte auch genetischer Differen- zierung förderlich sein. Diese Vermutung hat sich jedoch bisher richt be- wahrheitet. Sippen der Sölle, die auf die Variabilität der Molaren untersucht wurden, zeigten keinerlei Besonderheiten im Sinne einer Durchsetzung be- stimmter Merkmale. Das deutet darauf hin, daß einerseits die Lebensdauer dieser Populationen geringster Individuenzahl doch beschränkt und außerdem der Genfluß erheblich ist, Isolation über längere Zeit also nicht besteht. Ein Fingerzeig nach dieser Richtung ist der Fund eines Nestes von Microtus Jeconomus mit vier Jungtieren, 70m von einem Feldtümpel entfernt unter einer Garbe auf Roggenacker, und zwar, was sehr bezeichnend ist, nach einer ausgedehnten Regenperiode. (24.8.1954 Berfelde bei Fürstenwalde, F. Va- ter leg.) Dazu pflegen im Winter die Nordischen Wühlmäuse der Sölle ihre Lebensstätten zu verlassen, wenn sie unbewohnbar geworden sind (fehlende Deckung durch Abbrennung oder Streunutzung) und unter Strohmieten, in Trockengebüschen, sogar in Schuttablagerungen Zuflucht zu suchen, und man kann sich nach solchen Befunden unschwer vorstellen, wie die fluktuie- rende Besiedlung der Sölle vor sich geht. Besonders hervorzuheben ist das gänzliche Fehlen von Neomys fodiens und Sorez minutus, die offenbar die

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 101

Felder nicht zu durchwandern vermögen. Stationäre Bewohner sind dagegen Sorer araneus, Apodemus sylvaticus und agrarius, Micromys minutus, Micro- tus arvalis und zwar nach der Artenzusammensetzung in einer im Einzelfalle durchaus zufallsmäßigen Verteilung. Trockene Sölle mit einigem Busch- bestande können auch Apodemus flavicollis beherbergen. Die Rötelmaus fand sich einmal vor. Hier war ihr der Zugang vom Walde her durch eine Feld- hecke ermöglicht worden.

Wenigstens die winterliche Zusammensetzung zweier Feldhecken soll in der folgenden Übersicht dargestellt werden:

Feldhecke II

Länge ca. 0,8km; trockener, lückiger, wenig Sambucus; Sarothamnus, Pteris aquilina

Tempelberg, 31. 1.55

Feldhecke I

Länge ca. 1,2km; feuchter, viel Sambucus, dazu

Aspidium filix mas. Tempelberg, 30. 1.55

Fallenzahl 185 170 355 Sorex ara- | 3 B) 6 neus Ss 1 9 3 minutus Clethrionomys 38 7 45 glareolus Microtus 4 A g arvalis Apodemus A 5 ) flavicollis Apodemus 13 g 9 sylvaticus Apodemus di 9 9 agrarıus 63 38 101

Tabelle 6: Winterliche Zusammensetzung zweier Feldhecken.

Die Zwergspitzmaus ist mir als Dauerbewohner von Feldhecken schon länger bekannt. Bemerkenswert ist auch das Vorkommen der Feldmaus in beiden Feldhecken und bei allgemein geringer Feldmausbestandsdichte. Die Ab- weichungen in der Individuenzahl der beiden durchmusterten Hecken (Cle- thrionomys) scheinen auf ökologischen Unterschieden, die der Artenzusam- mensetzung (Brandmaus) auf Zufall zu beruhen.

102 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

V. Bestandsschwankungen.

Die Dynamik der Feldmausgradationen ist seit einigen Jahren wieder Gegenstand eingehender Untersuchungen (Frank, Herold, Zimmer- mann,Stein) und soll uns hier nur beiläufig beschäftigen, dafür mehr die Frage, ob andere Ackerkleinsäuger ähnliche, etwa parallele Erscheinungen aufweisen. Die in den Zusammenhängen noch ungeklärte Invasion der Wald- spitzmaus 1952, einem Jahre hoher Massendichte, wurde schon erwähnt. Die Bestandsschwankungen der Waldmauspopulationen zeigten keine Überein- stimmung mit dem Feldmausrhythmus. Zwar zeichnet sich auch bei ihnen der Zusammenbruch des Winters 1952/53 in einem erheblichen Bevölke- rungsrückgange ab, aber in dem schnelleren Tempo der neuen Aufwärtsent- wicklung ist die Art dann ihre eigenen Wege gegangen, und das ist weiter ebenso bezeichnend wie von der Feldmausdynamik abweichend: Eine be- stimmte Schwelle der Siedlungsdichte scheint nicht überschritten zu werden, vielmehr hat in den vier Beobachtungsjahren (abgesehen von den ‚Verlusten 1952/1953) doch eine gewisse Konstanz vorgeherrscht. Betrachten wir diese

Bestandsbewegungen im einzelnen! Der Bevölkerungssturz der Feldmaus im Winter 1952/53 ist in ganz Deutschland beobachtet und als Zusammenbruch registriert worden. Er geht auch eindeutig aus den Beuteziffern von Wald- ohreulen hervor (Zimmermann 1955), so daß meine entsprechenden Zah- len hier noch vorzulegen, Eulen nach Athen tragen hieße. Aber die Werte für die Waldmaus seien aufgeführt:

Anzahl der gefangenen Apodemus sylvaticus in 0/,

Zeitabschnitih Fallenzahl

Frühjahr 1951-1952 vor Zusam- 966 7% > Sup menbruch statistische a 6,6 0/5 0,86 2,64 i Frühjahr Realität gut 1953 964 0,40 ER lo gesichert

menbruch

Herbst

1950-1952 vor Zusam- 1854 36.3 9/0 D> 3mp, menbruch statistische 22,20), 171 5.13 3 Herbst Realität gut 1953 - A nach Zusam- 1 121 gesichert menbruc | |

Tabelle 7. Prüfung der Schwankungen der Bestandsdichte von Apodemus sylvaticus auf ihre statistische Realität.

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 103

Von 7% in den Frühjahrsfängen 1951 und 1952 ist der Anteil der Wald- mäuse im Frühjahr 1953 auf 0,4%, heruntergegangen, und im gleichen Herbst finden sich statt der 36,3% der vorangegangenen Jahre nur 14,1%. Beide

Abweichungen sind signifikant. In einer Fortpflanzungsperiode konnten also die Einbußen nicht wettgemacht werden, aber schon im Herbst 1954, nach zwei Jahren, ist die normale Bestandsdichte wieder da. Die Zahlenunterlagen bringt die Tabelle 6:

Gefangene Gefangene

Laufende Fallen- Wald- |ILaufende Ballen: Wald- Nummer zahl ERUN Nummer zahl co

Herbst

1950 805 38 2

Herbst

1951 323 46

Frühjahr 193, nach 6 Zusammen- 964

Herbst

1952 726 30

Herbst 1953, nach Zu- 7 sammen- 724 bruch

14,1

Herbst 1954

eo)

265 37,3

Tabelle 8. Schwankungen der Bestandsdichte von Apodemus sylvaticus.

So schnell geht das bei der Feldmaus nicht. Für sie scheint wenigstens bei uns ein Rhythmus von (3) 4 (5) Jahren bezeichnend zu sein mit im Anfange schleppender, ja verzögerter Kumulierung und steiler Aufwärts- bewegung mit explosiver höchster Massenentfaltung erst am Schluß.

Von dichtebegrenzenden Faktoren möchte man bei der Waldmaus ihrem Territorialverhalten entscheidende Bedeutung zumessen. Waldmäuse, ebenso Gelbhalsmäuse, auch Hamster, sind ja nicht soziale Tiere, wie kleine Wühl- mäuse, für deren „Verdichtungspotential“ (Frank) diese Eigenschaft eine fundamentale Voraussetzung ist, sondern sie leben mehr solitär, während der Fortpflanzung paarweise, mit Reviergrenzen und entsprechendem Revier- verhalten, das höchste Zusammendrängung der Bestände ausschließt. Dabei käme die Vermehrungskapazität der Waldmaus hoher Massenentfaltung durchaus entgegen. Zwar liegt die embryonale Wurfgröße mit einem Maxi- malwerte von 8 (n-60) weit unter den Leistungen der Feldmaus (max. 12), mit einem Mittelwerte von 5,8 ist sie ihr jedoch ebenbürtig. Diese Höhe wird bei Apodemus sylvaticus wesentlich dadurch mitbestimmt, daß die ersten

7*

104 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Würfe von Jungtieren schon umfangreich sein können (Höchstwerte von 6 und 7E).

Die Sterblichkeit wiederum ist in den Ackerpopulationen zeitweilig be- sonders groß. Solche kritische Periode ist der Spätherbst. Dann sind die Felder nahezu kahl bis auf vereinzelte Rübenschläge, und hier haben sich enorme Massen von Waldmäusen zusammengedrängt. Mit der Aberntung dieser letzten Refugien werden sie alle mit einem Schlage obdachlos, und man sieht sie dann bei hereinbrechender Dunkelheit ruhelos die Felder und die Wege entlangeilen, eine leichte Beute für kleine Raubtiere und Eulen. Die erhöhte Mortalität der Waldmäuse zu diesem Zeitpunkte spiegelt sich sehr schön wider in einem Ansteigen der Beuteziffern von Eulen im November. Sowohl eine Kahmannsche Schleiereulle (Kahmann 1953, Abb.4) wie auch die Waldohreulen, die K. Zimmermann kontrollierte, zeigen dann einen deutlichen Gipfel, die Waldohreulen jedoch nur in Jahren mäßiger arvalis- Dichte. In Feldmausjahren halten sie sich dagegen überwiegend an diese Art.

Auch die Wintermonate scheinen sich stark bestandsvermindernd auszu- wirken. Darauf weisen die großen Unterschiede zwischen den Herbst- und Frühjahrsfängen hin (vgl. Tab. 2 und 3):

Anteil von Apodemus sylvaticus im Herbst 46 %, Anteil von Apodemus sylvaticus im Frühjahr 13,5 %.

Besonders kann hohe Schneebedeckung den hüpfenden und springenden Waldmäusen, die sich ohne feste Wechsel freier bewegen, den Zugang zu ihren Nahrungsquellen mehr erschweren als kleinen Wühlmäusen, die noch unter dem Schnee wühlend und scharrend an sie herankommen, gesetzt, daß sich die Schneedecke in lockerer Beschaffenheit befindet!

Wenden wir uns zum Schlusse dieses Abschnittes noch den kausalen Be- ziehungen des gleichzeitigen Feld- und Waldmauszusammenbruches zu! Im Herbst 1952 wiesen die Feldmäuse im Gebiet eine als erträglich zu bezeichnende Dichtekonzentration auf, die erheblich niedriger war als der großartige Feld- mausgipfel des Jahres 1949, und dichteabhängige Faktoren des Zusammen- bruches sind von entscheidender Bedeutung bei diesem Bevölkerungsnieder- gange nicht gewesen. Ich habe nun die Situation von M.arvalis im Frühjahr 1953 unmittelbar nach der Schneeschmelze untersuchen können, und bei jeder Population wurde von neuem deutlich, daß ihre Bestandsverminderung nach Maßgabe des vorhandenen Futterangebotes erfolgt war. Es zeigten sich alle Abstufungen von einer nicht merklichen oder jedenfalls nur unbedeutenden Einbuße auf nahrungsreichen Kleeschlägen (Stein 1953) über verschont gebliebene Einzelindividuen auf schütter mit Unkraut und Roggenaufwuchs bestandenen Brachäckern bis zu Totalverlusten auf unkraut- armen Stoppelfeldern. Vergegenwärtigt man sich dazu, daß die vorangegan-

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 105

genen Wochen mit mehrfachem schroffem Wechsel von Tauwetter und Frost zu einer schweren Verharschung und Vereisung der Schneedecke ge- führt hatten, so liegt der Schluß nahe, daß hier die Feldmäuse ganz einfach verhungert waren, ebenso auch die Waldmäuse, und augen- scheinlich in der Form, wie es Frank (1954) als allmähliches Wegsterben gekennzeichnet hat. Typisch war auch, daß sich die engere Umgebung der Baue gänzlich abgeweidet vorfand und mit zunehmendem Abstande die Gänge unter dem vereisten Klee immer spärlicher wurden. Offenbar hatten die Tiere nicht weiter vorzudringen vermocht. Diese weniger plötzliche, sozusagen schleichende Form des Zusammenbruches dürfte für ostdeutsche Feldmaus- populationen mit ihren geringeren Möglichkeiten zu extremster Bestandsver- dichtung eher die Regel sein als die schlagartige des Verschwindens innerhalb kürzester Frist.

VI. Über wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Arten.

Hier interessieren nur die Arten mit erheblicher Bestandsdichte, also Microtus arvalis, Apodemus sylvaticus und Talpa europaea. Über die Feld- maus, die der Ackerschädling ist, braucht kein Wort verloren zu werden. Die Waldmaus gilt vorwiegend als Samenfresser. Heinrich (1951) be- zeichnet als ‚„Hauptnahrung zumeist Grassämereien und Getreidekörner, daneben die Samen verschiedenster niedrigerer Pflanzen und deren Samen“ und fand (in Polen) die unterirdischen Vorratskammern stets mit Getreide- arten, besonders Roggen, vollgestopft. Die Ansprüche der Waldmaus sind hier jedoch wohl zu eng gefaßt, zum mindesten kommt die Abhängigkeit von dem jahreszeitlich wechselnden Angebote nicht zum Ausdruck. Vom Spätsommer an stellen Unkrautsamen den Hauptanteil ihrer Nahrung. Besonders begehrt sind die Früchte des Ackersenfs (Sinapis arvensis), die auch grün gefressen werden und dessen Schoten im Herbst gehäuft die Baueingänge umgeben. K. Zimmermann konnte in aus Eulengewöllen stammenden Schädelresten der Waldmaus die Samen von Chenopodiaceen, von Oenothera biennis und Trifolium arvense nachweisen. Sehr geschätzt sind weiter die Samen der Süßlupine (Lupinus luteus). Auch hier liegen Hülsenreste und angefres- sene Samen gehäuft um die Eingänge der Waldmausbaue herum, die da- durch schon von weitem auffällig werden. Die großen Massen der Wald- mäuse, die sich im Spätherbst in den letzten Rüben- und Kartoffelschlägen zusammengefunden haben, müssen nahezu ausschließlich von den Früchten der hohen Meldearten (Atriplez) leben. Auch diese Samen werden wohl aus Not schon in unreifem Zustande verzehrt. Dann klettern die Tiere, um zu ihnen zu gelangen, die Staude empor und beißen Ästchen um Ästchen ab, die Mahlzeit wird jedoch erst unten, unter dem Dache der großen Rüben- blätter, gehalten. Niemals gehen die herbstlichen Scharen der Waldmäuse

106 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

in den Rüben- und Kartoffelschlägen die Feldfrüchte an, Schadfraß an Kartof- feln und Rüben rührt stets von der Feldmaus her, deren gehäuftes Auftreten in diesen Schlägen auf höchste Massendichte hinweist und ein Vorbote des nahenden Zusammenbruches ist. In Waldmausbauen fand ich neben Getreide- körnern die Nüßchenfrüchte der Linde (Tilia) und die geflügelten Samen des Ahorns (Acer). Arthropodenreste sind im Sommer regelmäßig, jedoch stets in wenig auffälliger Menge im Mageninhalte enthalten.

F. Vater (Biologische Zentralanstalt Klein-Machnow) hat nun heraus- gefunden, daß Waldmäuse auch Kartoffelkäfer fressen. Das ist eine recht bedeutsame Erweiterung ihres Speisezettels. Labortiere verzehrten je Pär- chen täglich und über längere Zeit etwa sechs Käfer, von denen allein die Flügeldecken übrigblieben. Eine frischgefangene Waldmaus nahm ebenfalls ohne weiteres Kartoffelkäfer an, und vor dem Eingang zu einem Waldmaus- bau fand sich ein angefressener Käfer. Lose Flügeldecken von Leptinotarsa manchmal in auffälliger Anzahl waren mir an Ackerrainen, gewöhn- lich verdeckt von überhängenden Grasbüschen, schon länger aufgefallen, ohne daß ich mir über die Zusammenhänge klar werden konnte. Es ist nun wohl nicht mehr zweifelhaft, daß sie ebenfalls von der Waldmaus herrühr- ten, die damit in die Liste der Kartoffelkäferfeinde einzureihen ist.

Der Maulwurf kann durch seine Wühltätigkeit in jungen Rübenschlägen lästig fallen, in Klee- und Luzerneschlägen dagegen, die oft stark von den Engerlingen des Maikäfers befallen sind, dürfte seine Anwesenheit von be- deutendem Nutzen sein. Sonderuntersuchungen über die Nahrung dieser Maulwurfspopulationen fehlen allerdings,

VII. Zur Geschichte einiger Ackersäugetiere.

Bis auf die Brandmaus sind alle hier behandelten Arten bereits im Pleistozän vorhanden. Apodemus agrarius wird zwar von Brunner für Deutschland mehrfach aus glazialen Ablagerungen angeführt, so in einer Fauna aus dem Altdiluvium und jüngeren Epochen (1949), in einer medi- terranen Riß-Würm-Fauna (1954) und in einer Fauna der Würm-I-Eiszeit (1953). Wo jedoch eine Kennzeichnung gegeben ist, kann sie nicht als be- weiskräftig angesehen werden, so daß das diluviale Vorkommen der Art in Mitteleuropa zweifelhaft ist. Die rezente Verbreitung ist nun recht auffällig, die Britischen Inseln hat die Art nicht mehr erreicht, und in Mitteleuropa liegt ihre Westgrenze etwa am Rhein. Man möchte, wie auch Kratochvil und Rosicky (1954) urteilen, Apodemus agrarius als späten postglazialen Einwanderer aus dem Osten ansehen. Brunner (in litt.) ist heute eben- falls der Ansicht, daß die Art sehr spät bei uns eingezogen ist.

Unser Maulwurf ist bereits aus glazialen Ablagerungen bekannt, wo er mit mehreren anderen ‚„Talpa-Arten“ zusammen aufgeführt wird. Man wird

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 107

die eiszeitlichen Maulwürfe einer besonders kritischen Betrachtung unter- ziehen müssen. Nach der Fülle der Artbeschreibungen wäre ein Formenreich- tum vorhanden gewesen, wie er von der rezenten Verbreitung der Talpiden aus gänzlich unverständlich ist. Allein aus einer Schicht (oberpliozän) werden drei Arten erwähnt, Talpa episcopalis, Talpa praeglacialis und Talpa gracilis (Kormos 1930). Ebenso beschreibt Brunner (1951) aus der Kl. Teufels- höhle eine Talpa n. spec., die die Größe von Talpa gracilis Kormos gehabt hätte und gibt dazu an, „die Art lebte gleichzeitig mit der großen und klei- nen Talpa europaea sowie der nachstehend beschriebenen Talpa spec.“. Hier sollen sich sogar vier Arten vorgefunden haben! Im eurasischen Raume kommt rezent jeweils nur eine Talpa-Form vor (Stein 1950). Wo keine geographische Trennung vorliegt, ist sie wenigstens ökologisch streng gewahrt. Das zeigt sehr schön die Entdeckung von Talpa caeca in der Tatra (Hanzak und Rosicky 1949). Talpa caeca, der Zwergmaulwurf, ist dort auf das Hochgebirge beschränkt, wohin ihm T.europaea nicht zu folgen vermochte. Auch für eiszeitliche Maulwürfe ist es nicht wahrscheinlich, daß mehrere Arten wenigstens über einen längerer Zeitraum miteinander gelebt haben sollten, weil Raum- und Nahrungswettbewerb bald zum Verschwinden der schwächeren hätte führen müssen. Hält man sich nun die enorme Grö- Benvariabilität des Maulwurfes vor Augen und bedenkt dazu, daß bei Fossil- material auch der einschneidende Größendimorphismus der Geschlechter niemals erkennbar ist, so möchte man annehmen, daß ein beträchtlicher Teil der Beschreibungen auf solche Größenunterschiede im Bereiche einer Art zurückgeht. So scheinen die Dinge jedenfalls für die von Woldrich (1883) beschriebenen T.pygmaea und T.magna zu liegen, die neben T.europaea vorkommen. Für die eiszeitliche Fauna von Merkenstein, in der sich Reste dieser drei ‚Arten‘ fanden, betont Wettstein (1938), daß er morphologische Unterschiede zwischen ihnen nicht ent- decken konnte und entscheidet, daß T.pygmaea noch gut in did Variationsbreite von T.europaea fällt. In diesem Falle ist es völlig sicher, daß die in jeder Maulwurfspopulation von T. europaea vorhandenen kleinsten Varianten der sowieso kleinerwüchsigen QQ als eigene Art beschrie- ben worden waren. Die große Art wird von Wettstein dagegen noch auf- rechterhalten auf Grund der Erwägung, man begegne in rezentem Material nie so großen Dimensionen, wie sie T. magna zukommen. Die folgende Tabelle bringt die Maße fossiler und rezenter Talpa europaea und dazu die von T.magna. Die Zahlen für fossile europaea sind Brunner (1951 und 1954) entnommen, die für die T.magna stammen von Wettstein, und ihnen ist gegenübergestellt das größte 5 meiner Sammlung: Nr. 1406, 25.3. 1952, Güldendorf bei Frankfurt (Oder). Mit seiner Condylobasallänge von 38,5 mm ist es ein Unikum (n= 3201), das den für die Art sonst bekannten Maximal- wert (30,2) beträchtlich übersteigt.

108 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Talpa europaea, rezent

Talpa europaea, fossil

Maße ın mm

Condylobasallänge -- 2 38,5 Mandibellänge bis zum Hinterrande 727 des processus angularıs nl 24,1 zu ES Haie us | u | 1 Alveolarlänge der oberen Zahnreihe —_ 15.8 16,0 Alveolarlänge der 3 Molaren, unten 7,4 7,3

Alveolarlänge der Maxillarzahnreihe vom Vorderrande des c! bis zum 8.0 ER 7.5 Hinterrande von p? 3

m, Kronenlänge 23.9 2,8 ma Kronenlänge 3.0 u u cl Höhe 3.1 _ 3,0 ma | 12.8 12,3 a En = 10,6 10.1 m; Ppı 8.0 1,6 Ma Mg 4.9 4,8

Tabelle 9: Maße von Talpa magna und von fossilen und rezenten Talpa europaea.

Die Maße der eiszeitlichen Talpa europaea unterscheiden sich kaum von denen des größten rezenten Stückes, die von T. magna liegen so geringfügig höher, daß sie ohne Bedenken ebenfalls noch als Extremwert dieser Art aufzufassen sind. So lassen sich also die nur auf Größenabweichungen be- ruhenden Unterschiede bei gleichzeitig und miteinander vorkom- menden glazialen Maulwurfsformen schon als Ausdruck hoher Größenvariabi- lität einer Art deuten. Ebenso ist das Nacheinander, also die zeitliche Folge von nur in der Größe verschiedenen Maulwürfen nicht ohne weiteres als Art- verschiedenheit aufzufassen. Es könnte sich um ein zeitliches Pendeln der

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 109

Extremwerte handeln, um zeitliche Größenschwankungen ein und derselben Art, wie sie bei den streng klimaabhängigen Maulwürfen in einer so bewegten erdgeschichtlichen Epoche nicht nur zu erwarten, sondern geradezu zu fordern sind. Ich habe solche Gedankengänge bereits früher vorgetragen (Stein 1951). Sie beanspruchen nicht, auf alle pleistozänen Maulwürfe zu passen, also der einzige Weg zur Beseitigung des verworrenen Zustandes ihrer Systematik zu sein. Aber sie werden zu einer wesentlichen Vereinfachung führen, indem sie die starre statische Auffassung ersetzen zugunsten einer dynamischen.

Bei der Feldmaus kommt man nicht recht davon los, ihre ökologischen Ansprüche an der Bestandsdichte zu messen, die sie in bestimmten Lebens- räumen erreichen kann. Höchste Massenentfaltung hat nun aber auch radi- kale Vernichtung zur Folge, und Biotope, in denen die Bestände nach einem solehen Zusammenbruche nahezu, ja gänzlich erloschen sind, kann man nur als pessimale ansehen (Stein 1952). Ähnliche Gedankengänge hat Polja- kov bereits 1950 ausgesprochen. Optimal werden von ihm die Lebens- stätten genannt, in denen es in kritischen Jahren nicht zum totalen Absterben der Populationen kommt. Wenn sich die Zahl der Feldmäuse auf den Äckern unter den normalen Bedingungen im Laufe eines Jahres um das 70—100fache vermehrt, verändert sie sich in den optimalen nur um das 2—3fache. Solche optimalen Biotope sind nach Poljakov Brachen und landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen, und hier leben die Tiere „in gedrücktem Zustande“ und sind nicht in der Lage, sich schnell zu vermehren. Dennoch stellen gerade diese Räume die Reservoire der kleinen Nager dar. Das Kennzeichnende der Poljakovschen optimalen Ortlichkeiten ist nun Kurzrasigkeit, Lichtoffen- heit und vor allem Trockenheit, sie dscken sich auch sachlich mit meinen primären Biotopen (1952), für die Trockenheit ebenso bezeichnend ist.

Vielleicht kann auch die Geschichte unserer Feldmäuse, soweit sie sich überhaupt rekonstruieren läßt, Anhaltspunkte für ihre ökologischen An- sprüche geben. Microtus arvalis war bereits im Pleistozän in Mitteleuropa vorhanden. In der Bearbeitung fossiler Microtinen wird sie jedoch gewöhn- lich mit der Erdmaus als arvalis-agrestis-Anteil zusammengefaßt, so daß vorläufig für keine der beiden Arten auswertbare Grundlagen vorhanden sind. Über das sicher sehr wechselhafte Schicksal der Feldmaus im frühen Postglazial vermögen wir ebenso nichts auszusagen. Als waldfeindlichem Tiere muß ihr der Lebensraum denn immer mehr eingeschränkt worden sein. Mit dem ‚„durchgreifenden Klima- und Vegetationswandel“ (Firbas), wie er sich von der frühen Wärmezeit (Präboreal) bis zur älteren Wärmezeit (Subatlantikum) vollzog, ist Mitteleuropa schließlich ein geschlossenes Wald- gebiet geworden, „und das Vorkommen größerer, waldloser oder waldarmer Gebiete ließ sich bisher mit Hilfe der Nadelbaumpollen nirgends nachweisen.

110 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Deren Werte sinken schon in der Vorwärmezeit zur Größenordnung wald- bedeckter Landschaften herab‘ (Charakterisierung des Subatlantikums, Fir - bas). Bereits das Präboreal wies (wieder nach Firbas) ähnliche Verhält- nisse auf: „Wir dürfen, wenn überhaupt, nur in den heute niederschlags- ärmsten Landschaften mit Niederschlägen unter 500 mm größere, durch Trockenheit bedingte Lücken in der Waldbedeckung erwarten, die das Aus- sehen von Wiesensteppen gehabt haben könnten. Keinesfalls dürfen die hohen Haselwerte als Beweis für eine von Steppeninseln durchsetzte Parklandschaft gelten.“ Es ist anzunehmen, ‚daß ein großer Teil der Wälder und Gebüsche den Charakter von Steppenheidewäldern besaß, die infolge ihrer Zusammen- setzung aus Lichtholzarten licht waren, und daß auch die an flachgründige, trockene Böden gebundenen Steppenheiden (Waldlücken) um sehr viel häufi- ger waren, als sie dies heute unter natürlichen Bedingungen sein könnten.“ Gerade in diesen trockenen Wiesensteppen und Steppenheidewäldern wird die waldfremde Feldmaus die Wälderzeit Mitteleuropas überdauert haben, und ihre Trockenrasengesellschaften stellen das dar, was ich als primäre Biotope bezeichnet habe. Niemals ist dabei von mir an eine Kontinuität sol- cher Lebensstätten bis auf den heutigen Tag gedacht worden. Es genügt, daß von Menschenhand geschaffene Ortlichkeiten diesen eigentlichen, natürlichen Lebensräumen entsprechen, und ihre Ausmaße sind dabei von keiner Be- deutung. Ein erhöhter Grabenauswurf, die trockene Böschung eines niedrigen Dammes sind dafür ausreichend, daß kleinste Populationen der Feldmaus hier pessimale Wintersituationen überstehen und ihre frühe Entwicklung durchmachen, während die Lawine explosiver Massenentfaltung erst in den sekundären Lebensstätten losbricht.

Ähnliche Betrachtungen in Hinsicht auf die Geschichte der Feldmaus stellt auch Naumov (1954) an: „Die Dynamik der Bevölkerung von Wal- dungen zeigt relative Beständigkeit in der Anzahl. Die Feldmaus ist eine Art, die sich in der Waldsteppenzone (von mir gesperrt) entwickelt hat, und einer Existenz in einer Landschaft mit Elementen der Wiesen- und Waldpflanzenwelt angepaßt ist. Wiesen mit Sträuchern, Lichtungen und lichte Wälder entsprechen im stärksten Maße jenen Ausgangswohnplätzen, in denen die Wühlmäuse in der Periode vor einer Agrarkultur lebten.“

Es scheint kein Zufall zu sein, daß gerade für die kontinentalen Areale diese Vorliebe der Feldmaus für trockenere Lebensräume hervorgehoben wird, wie auch die schroffen Unterschiede zwischen den primären und sekundären Biotopen hier schärfer gesehen werden als in den mehr ozeanischen am West- rande ihres Verbreitungsgebietes. Aber auch dort ist die Erhaltung der Feld- maus, das Überstehen pessimaler Umweltsituationen (Wetter, Grundwasser- stand) gebunden an das Vorhandensein solcher Trockenrefugien, und seien es auch nur kleinste vom Menschen immer wieder neu geschaffene Ortlichkeiten.

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 1alal

Zusammenfassung.

1. Untersucht wurden brandenburgische Ackerflächen der Umgebung von Fürstenwalde/Spree. Herangezogen wurden Herbst- und Frühjahrsfänge aus vier Jahren (n = 2521).

2. Dauerbewohner im Untersuchungsgebiete sind nur Maulwurf, Talpa europaea, Feldmaus, Microtus arvalis, und Waldmaus, Apodemus sylvaticus. Auf die letzten beiden Arten entfallen 92%, des Materials.

3. Autochthone Ährenmaus-, Brandmaus- und Waldspitzmausbestände gibt es auf den Äckern des Untersuchungsgebietes nicht. Die beiden ersten Arten sind nur temporäre Besiedler den Sommer über und in geringer Be- standsdichte. Die Waldspitzmaus ist ein sehr gelegentlicher Einwanderer oder Durchwanderer.

4. Gelbhalsmaus, Apodemus flavicollis, Erd- und Zwergmaus, Microtus agrestis und Micromys minutus, Nordische Wühlmaus, Microtus oeconomus, sind Irrgäste. Die Zwergmaus, für die sonst auch Getreidefelder als Lebens- raum angegeben werden, wurde in einem einzigen Stück erbeutet.

9. Ährenmäuse, Mus m. musculus, des Untersuchungsgebietes wandern im Frühjahr und sehr vereinzelt in die Felder ein. Der größte Teil lebt das ganze Jahr über als Kommensale des Menschen. Im Herbst finden sich kleinste Gemeinschaften mit sehr großen Zwischenräumen über die Äcker verteilt, und bereits Ende Oktober sind sie wieder abgewandert. Als Ursache der geringen Kopfstärke wird Raumkonkurrenz mit der stärkeren Waldmaus vermutet.

6. Bei der Brandmaus, Apodemus agrarius, sind es ihre komplexen ökologischen Ansprüche, die einer dauernden Besiedlung der Äcker und hoher Bestandsdichte dort entgegenstehen. Als neuer Faktor wird herausge- stellt das Bedürfnis nach hoher Deckung.

7. Bei der Waldspitzmaus, Sorer araneus, wurde 1952, in einem Jahre hoher Feldmausdichte, ein invasionsartiges Eindringen in die Felder ver- zeichnet. Entgegen der theoretischen Erwartung nahmen überwiegend wohl ausschließlich adulte, also Vorjahrstiere daran teil.

8. Von unseren Microtinen ist nur die Feldmaus auf den Äckern zu- gelassen. Sie hat die geringste absolute Größe und vermag so noch mit be- scheidener Deckung zu existieren.

9. Die Waldmaus ist das konstanteste Element der Kleinsäugerfauna ost- deutscher Ackerflächen. Herbstliche Abwanderung in Dörfer und Städte, wie sie für Westdeutschland ein bekannter Vorgang ist, fehlt bei den branden- burgischen Populationen östlich der Oder und wohl auch bei westpreußischen.

112 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

10. Das Charaktertier der Sölle ist die Nordische Wühlmaus. Genetische Differenzierung dieser räumlich relativ gut isolierten Populationen ließ sich bisher nicht nachweisen. Neomys jfodiens, Wasserspitzmaus und Sorez minutus, Zwergspitzmaus, fehlen den Söllen.

11. Sorer minutus bewohnt auch die Feldhecken. In zwei untersuchten fand sich bei allgemein niedriger Feldmausdichte auch Microtus arvalis in geringer Anzahl. |

12. Die Waldmäuse des Untersuchungsgebietes haben den Feldmauszu- sammenbruch des Winters 1952/53 mitgemacht. Die Zahlen dafür sind sta- tistisch real. Übereinstimmung mit dem Feldmausrhythmus besteht je- dock nicht.

13. Der Feldmauszusammenbruch des Winters 1952/53 ist nach Maß- gabe des vorhandenen Futterangebotes vor sich gegangen. Die Feldmäuse sind ganz einfach verhungert, wobei bei geringstem Nahrungsangebote die ganze Population zugrunde gegangen ist, in günstigeren Lebensstätten Einzelindi- viduen sich hielten und auf nahrungsreichen Kleeschlägen die Bestände intakt blieben.

14. Schadfraß an Rüben und Kartoffeln rührt niemals von der Wald- maus her. Der Urheber ist die Feldmaus.

15. Waldmäuse fressen regelmäßig Kartoffelkäfer (F. Vater, Biol. Zentralanstalt Kl.-Machnow).

16. Apodemus agrarius ist für das Pleistozän Mitteleuropas nicht nach- gewiesen. Sie dürfte ein spätpostglazialer Einwanderer aus dem Osten sein.

17. Talpa magna und Talpa pygmaea (Woldrich 1883), die durch Größenunterschiede von rezenten Talpa europaea abweichen sollen, fallen noch in die Variationsbreite dieser Art. Die nur auf Größenabweichungen beruhenden Unterschiede bei gleichzeitig und miteinander vorkommenden glazialen Maulwurfsformen können sich so als Ausdruck hoher Größenvaria- bilität einer Art deuten lassen. Auch das Nacheinander, also die zeitliche Folge von nur der Größe nach verschiedenen Maulwürfen braucht nicht ohne weiteres Artverschiedenheit sein. Es könnte sich hier um zeitliche Größen-

schwankungen einer Art handeln.

18. Die postglaziale Wälderzeit (Präboreal bis Subatlantikum) dürfte die waldfremde Feldmaus in den Steppenheiden und Steppenheidewäldern über- standen haben. Solche Trockenformationen entsprechen ihrer Vorliebe für trocknere, lichtoffene Standorte und sind das, was ich als primäre Biotope bezeichnet habe, wobei an eine Kontinuität dieser Lebensstätten bis auf den heutigen Tag niemals gedacht wurde. Es genügt, daß von Menschenhand ge- schaffene Ortlichkeiten diesen eigentlichen, natürlichen Lebensräumen ent- sprechen, und ihre Ausmaße sind dabei von keiner Bedeutung.

G. STEIN, Die Kleinsäuger ostdeutscher Ackerflächen 113

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114 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

10.) Körpergröße und Bestandsdichte bei Feldmäusen (Mierotus arvalis)

Von Klaus Zimmermann (Berlin)

Mit zwei Abbildungen im Text.

D. Chitty (1952, Mortality among voles (Microtus agrestis) at Lake Vyrnwy, Montgomeryshire in 1936—9. Phil. Trans. Roy. Soc. London Ser. B No. 638, Vol. 236) hat gezeigt, daß bei der Erdmaus (M. agrestis) ein Zusammenbruch sich noch nach einem Jahre im geringeren Mittelwert für Körpergewichte bemerkbar machte; bei der für Wühlmäuse bekannten Schnelligkeit von Wachstum und Generationsfolge ein unerwarteter Zusam- menhang! Es sei untersucht, ob der Chitty’sche Befund auch für die Feld- maus gilt, und ob hier eine Gesetzmäßigkeit vorliegt.

Das zugrunde liegende Material besteht aus Schädelteilen von etwa 8000 Feldmäusen, die in den letzten sechs Wintern von Waldohreulen bei Pots- dam-Rehbrücke erbeutet wurden. Jagdrevier der Eulen war die Feldmark von Rehbrücke, Äcker und Wiesen auf Sandboden. Zwei Tagesruhe-Gebiete der Eulen wurden auf Gewölle in etwa l4tägigen Abständen kontrolliert: im Kiefernwald am Ravensberge durch ©. Schnurre, dem ich für seine unermüdliche Mitarbeit herzlich danke, und in einem Kiefernwäldchen dicht bei Rehbrücke durch mich. Als sich herausstellte, daß zeitweise die gleichen Eulen beide Tagesruh-Wälder abwechselnd benutzten (das Jagd- revier liegt zwischen diesen beiden) wurden die Gewölle beider Plätze ge- meinsam ausgewertet.

Als Index der Körpergröße wurde die Mandibel-Länge benutzt und das Material auf die5um je Imm steigenden Längenklassen I-V verteilt (Tab. 2). In die Beobachtungszeit von 1949 bis 1955 fallen zwei Zusammenbrüche: 1949/50 und 1952/53. Direkte Beobachtungen des Zusammenbruches konnten nur in den letzten Januar-Tagen 1953 gemacht werden: Bei Rehbrücke ent- hielten die Gewölle neben nur acht anderen Beutetieren 242 Feldmäuse, von denen mehrere unverdaut geblieben waren, halbe Feldmäuse lagen neben den Gewöllen unter dem Tagesruhe-Baum, und das gleiche fand Schnurre an denselben Tagen am Ravensberge. Indirekt kennzeichneten sich beide Zusammenbrüche der Beobachtungszeit durch Absinken des Feldmaus-An- teiles der Gesamtbeute von 80—90 % auf etwa 60% und durch Ansteigen des Spitzmaus-Anteiles von 0—1% auf 10—13% (Tab. 1).

Vor einem Vergleich der Größenverteilung für die gesamten Feldmäuse der sechs Beobachtungswinter sei auf jene Verschiebung der Klassen-Anteile hingewiesen, die sich vom Herbst bis zum nächsten Frühjahr in jedem Win- ter gleichlaufend abspielt. Abb. 1 zeigt die jeweiligen Unterschiede zwischen den Monaten Sept./Okt. einerseits, Febr./März andererseits. (Für Frühjahr

K. ZIMMERMANN, Körpergröße und Bestandsdichte bei Feldmäusen 115

Tabelle 1. N Prozente der 49/50| 5 Iso 51/52|52/553| & |53/54| 54/55 Gesamtbeute = 5 B B 5 S Feldmaus 84 = 63 8l 1 2 60 71 fe je Spitzmaus 1 = 10 0 0 | = | 13 2 un %o 60 N so+ (5 [e%) 40+ )3 : 30 5 ce 20 = >y% 10 Monat: M-X 6) I I HE AV MV DEF EIVEEV I LIVZV KERZINEIVEV KIN IVEV oo 70 80 S [2 >} m 50 3 3 40 ® >| & 30 = oO or 20 R 10 Monat: N-AL o I 1 ME AV V IE N I 1 U IV V I EIUSIVIIV. I IE UEIV V 50/51 51/52 52/53 53/54 54 55

Abb. 1.

19553 stehen statt der Febr./März- die Januarwerte, weshalb für den Winter 1954/55 die Differenz Herbst-Frühjahr nicht voll erfaßt ist.) Kennzeichnend sind jedesmal die Verluste in den Flügelklassen und die Konzentration auf die mittleren. Die Fortpflanzung setzt über Winter aus, der Anfangsbestand der niedrigsten Klasse rückt durch Wachstum in die nächst höheren auf. Der Anfangsbestand der höchsten Größenklasse ver- schwindet durch Alterstod. Da das Winterwachstum für einen Übergang in die höchste Klasse nicht ausreicht, ist Klasse V bei Winterende unbesetzt. Klasse II wächst einschließlich des aus. I erhaltenen Zuwachses bis auf

20 10

116 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

wenige (3—4) Prozente in Klasse III hinüber. In den Klassen III und IV ist der Zuwachs größer als die Abgabe in höhere Klassen; beide erhöhen über Winter ihre Anteile. So vollzieht sich die winterliche Bestandsumwand- lung durch Wachstum und Absterben in den „gewöhnlichen“ und interessan- terweise auch in einem der beiden Nachzusammenbruchswinter. 1950/51 geht die Population, wie nach dem Zusammenbruch 1950 zu erwarten war, 4 kleinwüchsig, d.h. mit einem hohen Anteil an Jungtieren, in den Winter. Das winterliche Wachstum muß aber diesmal ungewöhnlich hoch gewesen sein, denn im März 1951 ist genau die gleiche Größenverteilung erreicht wie im März 1953 (vgl. Tab. 2).

Ganz anders der nächste Nachzusammenbruchswinter 1953/54: Hier zeigt sich in vollem Umfang der Chitty-Befund. Im Herbst 1953 ist die Population auffallend kleinwüchsig, das winterliche Wachstum ist sehr gering. Nur die niederen Klassen I—III zeigen, daß überhaupt Wachstum statt- findet. KlasseIV, deren Anteil in den drei vorigen Wintern auf das 11sfache bis Doppelte des Herbstbestandes stieg, verliert über Winter die Hälfte. Ich habe vom Errechnen der Größenmittelwerte für ganze Zeit- abschnitte abgesehen, weil in diesem Falle nichts Biologisches in solchen Werten steckt. Zur Kennzeichnung der Sonderstellung dieses Winters aber folgender Hinweis: In den drei vorhergehenden Wintern und im darauf- folgenden steigt von Herbst bis Frühling die mittlere Mandibel-Länge um 0,1—0,6 mm. 1953/54 sinkt sie um 0,4mm. Die Population ist also über Winter kleiner an Wuchs geworden und zeigt deutlich das von D. Chitty bei M. agrestis Beobachtete. Ob es sich dabei um eine gesetzmäßige Nach- wirkung des Zusammenbruchs an sich handelt, erscheint fraglich, da im Winter nach dem Zusammenbruch 1949/50 die Population keine negative Beeinflussung des Körperwachstums zeigte. Anscheinend sind die auf einen

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I a IE IV V IT EINEIVON I 1 11 IV Y I IE ME AV V Ir a vv I IE a IV V Winter 49/50 50/51 51/52 52/53 53/54 54/55

K. ZIMMERMANN, Körpergröße und Bestandsdichte bei Feldmäusen 117

Tabelle 2. Größenverteilung der Feldmäuse auf die Wintermonate. Größenklassen

I II III IV V

Winter Monat bis bis bis bis bis 12mm 13mm 14mm 15mm 16,4mm n XII 1950 8 28 48 15 1 101 50/51 I 1951 4 30 54 12 0 133 II 1 16 58 25 0 93 III 0 4 60 36 0 28 IX 12 16 21 32 19 138 x 17 24 22 26 11 169 31/52 XI 8 12 33 29 18 124 XI + 6 48 30 12 274 I 1952 0 -t 48 42 6 376 II 0 3 53 41 3 125 IX 5 16 51 18 10 149 X 2 5 58 26 9 215 XI 0 % 62 24 7 206 32/33 XII 0 7 62 25 6 342 I 1953 0 8 68 24 0 445 II 0 3 65 31 1 437 III 0 4 60 36 0 50 ER 11 26 42 21 0 110 XI 9 50 37 4 0 108 33/54 XII 2 37 56 5 0 120 I—II 1954 1 42 51 6 0 120 III 0 24 66 10 0 163 IX 1954 24 20 37 16 3 101 934/35 X—XII 9 50 30 11 0 68 I 1955 0 20 67 12 1 70

I—V = Anteil in Prozenten. n = Zahl der Tiere.

Zusammenbruch folgenden Witterungsverhältnisse entscheidend für das Tempo des Wiederaufbaues von Bestandsdichte und normaler Körpergröße.

Tab. 2 und Abb. 2 geben die Größenverteilung aller in den fünf Wintern 1949— 1954 erbeuteten Feldmäuse. Ohne Berücksichtigung der nur bis Januar vorlie- genden Werte für 1954/55 zeigen sich für die einem Zusammenbruch folgen- den Winter 1950/51 und 1953/54 kennzeichnenden Besonderheiten: Anteil der beiden niedrigsten Größenklassen ist hoch: 24 und 38% gegen 3,6 und 11% in den drei anderen Wintern: Anteil der beiden höchsten Größen- klassen mit 18 und 9% gering gegen 53, 49 und 33 %.

Die sich hier andeutende Gesetzmäßigkeit je höher die Siedlungsdichte, um so größer die mittlere Körperlänge wird verständlich, wenn wir an- nehmen, daß die gleichen Außenfaktoren, die zum Anwachsen der Siedlungs- dichte führen, auch dem Einzeltier sptimaie Wachstumsmöglichkeit geben.

Vom Versuch einer Zuordnung der Größenklassen zu Altersstufen wurde abgesehen, obwohl für 1500 Feldmäuse mit bekanntem Alter aus Zuchten in Oldenburg und Rehbrücke die Maße für Schädel- und Mandibel-Längen vorliegen (Frank, Zimmermann, Arch. Nat. Gesch. im Druck).

118 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Die hier aufgezeigten jährlichen Schwankungen im Anteil von Größen- klassen sind nicht ausschließlich Schwankungen im Anteil von Altersklassen, sie sind zum Teil auch bedingt durch Schwankungen im Wachstumstempo.

Folgende Befunde deuten auf Unterschiede im Wuchstempo:

1. Extreme Ausbildung der Knochenleiste im Interorbitalraum ist ein Kenn- zeichen ‚alter‘ Feldmäuse; an etwa 7000 Oberschädeln des Gewöll- materials konnte der Anteil dieses Altersmerkmals in den einzelnen Jahren protokolliert werden, er erwies sich als relativ konstant (2—3% Schädel mit extremer Leiste), während doch der Jahresanteil der höchsten Größenklasse zwischen 0 und 10 % schwankt.

2. Abb.1 zeigt, daß die im Herbst vorhandenen Tiere der höchsten Größen- klasse im folgenden Frühjahr verschwunden sind, was mit unseren Vor- stellungen vom Alterstod übereinstimmt. Im Herbst 1953 fehlt die höchste Größenklasse ganz, aber dennoch ist der Alterstod über Winter erkennbar, nur diesmal bei den Tieren der zweithöchsten Größenklasse IV, die in den drei vorhergehenden Wintern ihren Anteil erheblich steigert.

Tabelle 3. Größenverteilung der Feldmäuse in 6 Wintern. Größenklassen I II III IV V 2 bis bis bis bis bis Winter 12 mm 13 mm 14mm 15 mm 16,4 mm n

49/50 0 3 44 44 9 250 50/51 3 21 58 18 0 615 51/52 3 8 40 39 10 2280 52/53 0 6 61 29 4 4004 33/54 4 34 53 9 0 700 54/55 12 28 45 13 2 229 8078

I—V = Anteil in Prozenten. n = Zahl der Tiere.

Zusammenfassung.

Für die Jahre 1949—1955 werden die Schwankungen der Körperlänge von Feldmäusen aus Waldohreulen-Gewöllen von Potsdam-Rehbrücke gezeigt, wobei Mandibel-Länge als Index der Körperlänge dient. Wechsel im An- teil der Größenklassen im Herbst und Frühjahr ist bedingt durch winterliche Vermehrungspause und durch winterlichen Alterstod. Außerdem wechselt die mittlere Körpergröße der Population im Zusammenhang mit deren Dichte: Je höher die Siedlungsdichte, um so größer die mittlere Körperlänge, weil beide durch dieselben Außenfaktoren gefördert werden. Kurz nach einem Zusammenbruch ist die mittlere Körpergröße am geringsten; ebenso wie das Tempo der Siedlungsverdichtung scheint das Tempo des individuellen Wachs- tums von Außenfaktoren abhängig zu sein.

‚Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

BERLIN W 30,

Budapester Straße 26

Fernsprecher: 24 16 60

Postscheckkonto: Berlin-West Nr. 615 20

An N

1.) 28. Hauptversammlung unserer Gesellschaft vom 30. Juli bis 4. August 1954 in München

Von Kurt Becker (Berlin)

A. Einladung vom 31. Mai 1954, verändert gemäß dem tatsächlichen Ablauf.

Die diesjährige Hauptversammlung unserer Gesellschaft wurde vom Vor- stande auf die Zeit vom 30. Juli bis 2. (4.) August festgelegt. Als Ort hatte die letzte Hauptversammlung München bestimmt. Sie wird hier in den Räumen des Zoologischen Institutes der Universität München, Luisenstr. 14, abgehalten werden. Wir geben anschließend das endgültige Programm bekannt und laden unsere Mitglieder und Freunde auf das herzlichste ein, an der Versammlung teilzunehmen. Die Verhältnisse zwingen uns, diesmal eine Teilnehmergebühr von DM-West 1,— zu erheben, die vorher mit der (beiliegenden) Anmelde- karte ın Briefmarken an den Geschäftsführer einzusenden ist. Die Teilnehmer- karten werden dann auf dem Begrüßungsabend bzw. bei der Eröffnung über- reicht (wenn Porto mit eingeschickt wird, auch vorher zugesandt). Auslän- dische Teilnehmer sind von der Vorauszahlung befreit.

Programm Freitag, 30. Juli 1954 19.00 Uhr: Begrüßungsabend. Gemütliches Beisammensein im Hotel Wolff, Arnulfstr. 4, am Hauptbahnhof. Sonnabend, 31. Juli 1954

9.00 Uhr: Eröffnung der Tagung im Gr. Hörsaal des Zool. Inst. Be- grüßungsansprachen. Geschäftliche Mitteilungen. Anschließend 1. wissenschaftliche Sitzung. Thema: Populationsforschung. Referat: Fritz Frank (Oldenburg), Ergebnisse und Probleme neuer populationsdynamischer Untersuchungen an deutschen Klein- säugern (Microtinae). Vorträge Chitty, Stein, Zimmermann, v. Wijngaarden, v. Eibl- Eibesfeld; s. u.

13.00 Uhr: Photographische Aufnahme der Teilnehmer vor dem Zoolo- gischen Institut.

13.15 Uhr: Gemeinsames Mittagessen im Hotel Wolff, Arnulfstr. 4, am Hauptbahnhof. Essen nach der Karte.

8*

120

15.00

16.30 17.00

Sonntag, 1.

8.30

13.00

15.00

17.00

20.00

Montag, 2.

8.30

10.00

12.00

13.10

15.32

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Uhr: 2. wissenschaftliche Sitzung. Thema: Morphologie.

Vorträge Telle, Steven, Becker, Dathe; s. u.

Uhr: Gemeinsame Fahrt nach Hellabrunn.

Uhr: Führung durch den Tiergarten Hellabrunn durch Direktor Heinz Heck. Anschließend Begrüßung durch den Vertreter der Stadt München im Tiergartenrestaurant.

August 1954

Uhr: 3. wissenschaftliche Sitzung. Thema: Okologie und Physiologie. Referat: Konrad Herter (Berlin-Dahlem), Über den Winter- schlaf der Säugetiere.

Vorträge Mehl, v. Wettstein, v. Vietinghoff, Leyhausen, Eisen- traut; s.u.

Uhr: Gemeinsames Mittagessen im Hotel Wolff, Arnulfstr. 4, am Hauptbahnhof. Essen nach der Karte.

Uhr: 4. wissenschaftliche Sitzung.

Vorträge Kühlhorn, Müller-Using, Kleinschmidt, Stammer, Ryberg; s.u.

Uhr: Gemeinsame Fahrt nach Nymphenburg. Besichtigung der Zoolog. Staatssammlung, insbesondere ihrer Säugetierabteilung. Uhr: Gemütliches Beisammensein. Ort wird vorher bekanntgegeben.

August 1954

Uhr: 5. wissenschaftliche Sitzung. Ohne zusammenfassendes Thema. Vorträge v. Eibl-Eibesfeld, Frank, Telle, Pohle; s. u.

Uhr: Geschäftssitzung im Gr. Hörsaal des Zool. Instituts.

Nur für Mitglieder. Tagesordnung:

. Geschäfts- und Kassenbericht.

. Entlastung des Geschäftsführers und des Schatzmeisters.

. Wahl des nächstjährigen Tagungsortes.

. Festsetzung der Jahresbeiträge für 1953 bis 1955.

. Beschlußfassung über Satzungsänderung; s. u.

. Neuwahl des Geschäftsführers für die Zeit vom 1. 1. 1955 bis 31. 12. 1956.

Uhr: Schluß der offiziellen Tagung. Anschließend gemeinsames

Mittagessen im Hotel Wolff, Arnulfstr. 4, am Hauptbahnhof.

Uhr: Abfahrt des Zuges nach Salzburg. Fahrtkosten hin und zu-

rück: Einzelfahrt DM 24,—., bei 12—24 Teilnehmern DM 16,—,

bei 25 Teilnehmern oder mehr DM 12,—.

Uhr: Ankunft in Salzburg. Besuch des Hauses der Natur; Führung durch seinen Direktor Prof. Dr. Tratz. Anschließend Logisvertei- lung. Am Abend ist Gelegenheit, einer Vorstellung der Salzburger

Festspiele beizuwohnen. Die Karten müssen aber umgehend vor-

bestellt werden.

some

Dienstag, 3. August 1954

9.00

Uhr: Abfahrt von Salzburg mit Kleinautobus zum Schloß Blühn- bach. Wanderung zu den Teufelshörnern. Beobachtungsmöglichkeit auf Steinböcke, Schneehasen, Schneehühner, Alpendohlen, Kolk- raben, Steinadler u.a. Nachmittags Rückkehr nach Salzburg. Abends gemütliches Beisammensein.

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 121

Mittwoch, 4. August 1954

die

21.

22.

9.00 Uhr: Besichtigung von Salzburg: Baudenkmäler, Nonnberg-Kloster, Hohensalzburg, Stadtmuseum.

13.00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen.

14.00 Uhr: Besichtigung der freilebenden Gemsen auf dem Kapuziner- berg.

18.32 Uhr: Rückfahrt mit Eisenbahn nach München.

Für die einzelnen Vorträge stehen je 20 Minuten zur Verfügung. Für Referate sind 60 Minuten Redezeit vorgesehen.

An Vorträgen sind gemeldet:

. K. Becker (Berlin-Dahlem): Über Art- und Geschlechtsmerkmale am

Becken einheimischer Insectivoren.

. G. Brunner (Nürnberg): Die diluviale Kleinsäugerwelt. . D. Chitty (Oxford): Recent work on fluctuations in numbers of mammals

and birds.

. H. Dathe (Leipzig): Bau und Funktion des Kopulationsorganes männlicher

hystricomorpher Nagetiere.

..H. Ebhardt (Hannover): Die Bedeutung der rezenten und paläontologischen

Forschung am Pferd.

. M. Eisentraut (Stuttgart): Vorläufiger Bericht ‘über säugetierkundliche

Untersuchungen am Kamerunberg.

. F. Frank (Oldenburg): Vorführung von Farbdias der Lebensräume heimi-

scher Kleinsäuger.

. B. Grzimek (Frankfurtmain): Beobachtungen an Säugetieren im Belgi-

schen Kongo.

. A. Kleinschmidt (Braunschweig): Die Speed-Ebhardt’sche Pferdetypen-

lehre und ihre praktische Anwendung auf die Beurteilung von neuen Fun- den aus dem Palaeolithikum von Salzgitter-Lebensstedt.

. F. Kühlhorn (München): Tierische Lebensräume in Süd-Mattogrosso.

. P. Leyhausen (Göttingen): Die wissenschaftliche Film-Enzyklopädie.

.S. Mehl (München): Das Gaumendach einheimischer Kleinsäuger.

. D. Müller-Using (Hann.-Münden): Zur Verbreitungsgeschichte und Oko-

logie der Marmota marmota L.

. H. Pohle (Berlin-Schöneberg): Über den Status des Schomburgkhirsches. .G. H. W. Stein (Berlin): Populationsanalysen am Maulwurf. . D. M. Stevens (Edinburgh): A genetical analysis of the island forms of

Clethrionomys in Britain.

. H. J. Telle (Klein-Machnow): Zur Territorialität der Wanderratte. . ©. v. Wettstein (Wien): Was ist Capra dorcas Reichenow? .A. v. Vietinghoff-Riesch (Hann.-Münden): Siebenschläfermarkierungen

ım Deister.

. A. v. Wijngaarden (Wageningen): Populationsdynamik der Feldmaus, Mi-

crotus arvalıs Pallas, in der Betuwe.

Die Nrn. 2, 5, 8 fielen aus: Dafür wurden nachträglich gemeldet:

I. Eibl-Eibesfeld (Buldern): Vorführung des Filmes „Biologie des Hamsters“.

I. Eibl-Eibesfeld (Buldern): Beobachtungen über territoriales Verhal- ten und Brutpflege des Galapagos-Seelöwen.

122 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

23. O. Ryberg (Älnarp): Über die Lebensweise der Fledermäuse in Schweden.

24. H. J. Stammer (Erlangen): Über Parasiten der deutschen Kleinsäuger.

25. H. J. Telle (Hannover): Vorführung des Aufklärungsfilmes „Uber Bio- logie und Bekämpfung der Wanderratte“.

26. K. Zimmermann (Berlin): Körpergröße und Bestandsdichte bei Feld- mäusen.

Wünsche wegen etwa benötigter optischer und anderer Apparate und Instrumente bitten wir an das Zoologische Institut der Universität München, Luisenstr. 14, zu richten.

Zur Tagesordnung der Geschäftssitzung ist folgender Satzungsänderungs- antrag von den Mitgliedern Becker, Herter, Mohr, Nachtsheim, Stein und Zimmermann eingegangen:

Die Hauptversammlung wolle beschließen, daß der $12 unserer Satzung folgende Fassung erhalte:

„Sg 12 Rechte und Pflichten des Vorstandes.

Der 1. Vorsitzende vertritt die Gesellschaft nach innen. Die anderen Vor- sitzenden sind seine berufenen Vertreter. Der Geschäftsführer vertritt im Ein- vernehmen mit den übrigen Vorstandsmitgliedern die Gesellschaft nach außen und erledigt die laufenden Geschäfte. * Der Schriftführer hat über jede Ver- sammlung und Sitzung der Gesellschaft sowie über jede Vorstandssitzung eine Niederschrift herzustellen, die nach Genehmigung durch die betreffende oder die nächste gleichartige Versammlung von ihm und dem Vorsitzenden der Versammlung zu vollziehen ist. Der Schatzmeister zieht die Beiträge ein, führt die Kasse und verwaltet das Vermögen der Gesellschaft.

Die Gesellschaft gibt die Zeitschrift für Säugetierkunde heraus. Der Vor- stand beruft ein Herausgeberkollegium. Dieses besteht aus dem Herausgeber und vier Mitgliedern, deren Arbeitsgebiete möglichst verschiedene Richtungen der Säugetierforschung umfassen sollen. Die fünf Mitglieder des Kollegiums gestalten gemeinsam die Zeitschrift, in Zweifelsfällen entscheidet die einfache Mehrheit. Nach Neuwahl des Vorstandes bedürfen die Mitglieder des Heraus- geberkollegiums einer Bestätigung durch den neuen Vorstand.“

Die neue Fassung unterscheidet sich dadurch von der alten, daß bei folgender Satz: „insbesondere ist er der Herausgeber der Vereinszeitschrift“ fortgelassen und daß der zweite Absatz zugesetzt wurde.

Nun fällt unsere Tagung gerade in den Anfang der Festspielzeit. Damit wir überhaupt Unterkunft bekommen können, müssen die Zimmer sofort fest bestellt werden. Wir bitten daher, die zweite Anmeldekarte umgehend, d. h. bis zum 25. 6., an Herrn Prof. Dr. E. P. Tratz, abzuschicken.

Für die Reise nach Salzburg ist kein besonderes Visum nötig. Es genügt, wenn jeder Teilnehmer seinen Paß oder seine Kennkarte mit sich führt. Das gilt auch für Bewohner der Sowjetzone, die von München aus an der Exkur- sion teilnehmen.

Wegen der Logisbeschaffung in München wende man sich an unser Mit- glied Dr. Th. Haltenorth, München 38, Menzinger Straße 67, Zool. Staatsslg., Telefon 62260. Wir bitten die Teilnehmer im eigenen Interesse, Mitteilun- gen möglichst umgehend abzusenden.

Der erste Vorsitzende Der Geschäftsführer

Prof. Dr. H. Nachtsheim, Prof. Dr. H. Pohle, Berlin-Dahlem, Ehrenbergstr. 26, 28. Berlin W 30, Bamberger Straße 32.

*

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 123

B. Anwesenheitsliste. Mitglieder:

Bauer, Neusiedl am See (Österreich); Becker, Berlin; v. Boetticher, Co- burg; Burckhardt, Sempach (Schweiz); Dathe, Leipzig; Eibl-Eibesfeld, Buldern; Eisentraut, Stuttgart; Felten, Frankfurt a.M.; Fehringer, Hecken- dorf; Frank, Oldenburg; Freye, Halle (Saale); Gaffrey, Dresden; Gerber, Leipzig; Gerlach, Hannover; Haltenorth, München; Haltrich, Greifswald; Haring, Göttingen; Herold, Berlin; Herre, Kiel; Herter, Berlin; Issel, Gar- misch-Partenkirchen; Zool. Institut, Erlangen (Stammer); Kleinschmidt, Braunschweig; Klemm, Berlin; Walter Koch, München; v. Lehmann, Ersdorf; Leyhausen, Göttingen; Mohr, Hamburg; Müller-Using, Hann.-Münden; Nachtsheim, Berlin; Hans Petzsch, Halle (Saale); Hertha Petzsch, Halle (Saale); Piechocki, Halle (Saale); Charlotte Pohle, Berlin; Hermann Pohle, Berlin; Priemel, Frankfurt a.M.; Reinig, Stuttgart; v. Roy, Berlin; Ryberg, Alnarp (Schweden); Stein, Fürstenwalde; Steinbacher, Augsburg; Telle, Han- nover; Tembrock, Berlin; Tenius, Hannover; Tratz, Salzburg (Österreich); v. Wettstein, Wien (Österreich); Wolf, Bonn; Zieske, Passau; Zimmermann, Berlin.

Gäste:

Dieter Backhaus, Mühlheim (Ruhr); Dr. A. C. V. van Bemmel, Utrecht (Holland); Bisetzki, München; Dr. J. Boessneck, München; Dr. F. W, Braestrup, Kopenhagen (Dänemark); Hans Buchner, München; Dr. Dennis Chitty, Oxford (England); Helen Chitty, Oxford (England); Frl. Nora Croin-Michielsen, Leiden (Holland); Dr. Richard Dehm, München; Dr. H. Erhard, Adelholzen; Fr. Erhard, Adelholzen; Fr. W. Fehringer, Heckendorf; Gerrit Friese, Greifswald; Dr. R. Ginzinger, München; O. Göllner, München; Renate Graf, München; Dr. Grau, München; Dr. Griesinger, München; Dr.R. W. Grünwaldt, München; Fr. E. Grünwaldt, München; Frl. Dr. Ruth Gruhn, Göttingen; Gstindler, München; Frl. Dr. Brigitte Hagen, Bonn; Fr. Charlotte Haltenorth, München; Helmuth Haltenorth, München; Dr. Henze, Garmisch- Partenkirchen; Heinz Heck, sen., München; Heinz Heck, jun., München; Fr. Margarete Herter, Berlin; Fr. Dr. Brigitte Issel, Garmisch-Partenkirchen; R. Jander, München; Karin Kärst, Bremen; Konrad Klemmer, Frankfurt a. M.; Dr. Koller, München; Dr. Helmut Kraft, München; Fr. Kraft, Mün- chen; Dr. H. E. Krampitz, Frankfurt a. M.; Dr. Friedrich Kühlhorn, Mün- chen; Hans Georg Kuhn, Heidelberg; Dr. Bernhard Lange, Oldenburg; Dr. Philipp Lehrs, München; Frl. Antonie Lochbrunner, München; G. A. v. May- dell, Stuttgart; Dr. Siegbert Mehl, München; Dr. H. Mendheim, München; Meuser, Unterpfaffendorf; Dr. Raimond Neseni, Rostock; Fr. Neufang, Salz- burg; Th. Oettingen, München; Hubert Oldiges, München; Kurt Ostermann, München; Johann Popp, München; Dr. G. Piekarski, München; Dr. Wal- ter Rieck, Hann.-Münden; Fr. Rieck, Hann.-Münden; Dr. Manfred Röhrs, Kiel; Wolfgang Rohr, München; Ernst Rühmekorf, Frankfurt a. M.; Otmar Schäuffelen, Ulm; Thomas Schelkopf, München; Otto Siller, München; Dr. David M. Steven, Edinburgh (Schottland); Fr. M.-L. Tembrock, Berlin; Fr.

124 ‚Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Renate Tenius, Hannover; M. Tohmey, München; Dr. A. Freiherr v. Vieting- hoff-Riesch, Hann.-Münden; Dr. Hugo Weigold, Krailling; Frl. Weiß, Greifs- wald; Dr. A. van Wijngaarden, Wageningen (Holland); Fr. Zieske, Passau; Alfred Zoll, München; 2 unleserliche Namen. Insgesamt: 123 Teilnehmer.

C. Verlauf des ersten Tages, Freitag, 30. 7. 1954.

18 Uhr 15 bis 19 Uhr 15 Vorbesprechung.

Anwesende: Becker, Haltenorth, W. Koch, Nachtsheim, Pohle, Stein und Zimmermann.

Vor Eröffnung des Begrüßungsabends traf der Vorstand der Gesellschaft unter dem Vorsitz von Herrn Nachtsheim mit dem Ortsausschuß zu einer kurzen Sitzung im Hotel Wolff zusammen, um das Programm endgültig fest- zulegen. Es wurde außerdem beschlossen, vorzuschlagen, Herrn Schwangart, der aus gesundheitlichen Gründen der Versammlung fernbleiben mußte, als dem derzeitig ältesten Mitglied der Gesellschaft ein Grußtelegramm zu über- mitteln. Die Eröffnungssitzung beschloß ein solches Telegramm. Es hatte fol- genden Wortlaut: |

„Die in München und Salzburg tagende Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde hat mich beauftragt, Ihnen herzliche Grüße und beste Glück- wünsche für Ihr Wohlergehen im neunten Jahrzehnt zu übermitteln.

| Dr. Hermann Pohle.“

Herr Schwangart dankte der Gesellschaft mit folgendem Schreiben:

= Gräfelfing, den 6. 8. 1954

An die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde,

zu Händen von Herrn Prof. Dr. H. Pohle Berlin W 30, Budapester Straße 36

Sehr geehrter Herr Kollege,

bitte, übermitteln Sie der Gesellschaft meinen herzlichen Dank für das freundliche Begrüßungstelegramm und die guten Wünsche von der München- Salzburger Tagung. Ich habe um so mehr bedauert, ihr fernbleiben zu müs- sen, nachdem ich durch meinen vormaligen Schüler Dr. Petzsch von dem besonders erfolgreichen Verlauf erfahren hatte bei seinem Besuch in meiner Wohnung. |

Mit herzlichen Grüßen der Gesellschaft und Ihnen persönlich

Ihr ergebener F. Schwangart.

19 Uhr 15 bis 24 Uhr 00 Begrüßungsabend.

Zu dem Begrüßungsabend, der ebenfalls im Hotel Wolff stattfand, er- schienen 40 Mitglieder und 28 Gäste. Wie immer, wenn sich nach langer Zeit alte oder neue Freunde und Bekannte begegnen, sich Fremde mit Namen, die bisher nur aus der Literatur oder über den Briefwechsel vertraut waren, ge- genseitig vorstellen, so gab es auch hier ein nicht endenwollendes Gespräch in freundschaftlicher Atmosphäre. Nur schwer war die Versammlung dazu zu bewegen, in dem inzwischen viel zu eng gewordenen Raum Platz zu nehmen. Dadurch war den Herren Nachtsheim und Pohle Gelegenheit ge- geben, einige geschäftliche Mitteilungen zu machen. U. a. gab Herr Nachts-

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 125

heim den Anwesenden die endgültige Vortragsfolge an den wissenschaftlichen Sitzungen bekannt und Herr Pohle verteilte die Teilnehmerkarten, zwei neu erschienene Hefte der Zeitschrift an die Mitglieder (Band 19, Heft 1/2, Band 20, Heft 1) u. a.

D. Eröffnung der Tagung, Sonnabend, 31. 7. 1954. Anwesende: 40 Mitglieder, 28 Gäste. Vorsitz: Herr Nachtsheim.

Als 1. Vorsitzender der Gesellschaft eröffnete Herr Nachtsheim 9.20 Uhr die 28. Hauptversammlung 1954 im Großen Hörsaal des Zool. Instituts der Uni- versität München. In seinen Begrüßungsworten dankte er dem Hausherrn, Prof. K. v. Frisch, für die Gastfreundschaft, welche die Versammlung in seinem Institut genießt. Ebenso gedachte er in herzlichen Worten Prof. H. Krieg, der leider auch an der Teilnahme der Versammlung verhindert war. Anschließend überbrachte Herr v. Wettstein die Grüße des Österreichischen Arbeitskreises für Wildtierforschung in Graz. Herr Haltenorth begrüßte die Versammlung als Vertreter des Ortsausschusses der Gesellschaft in München und wünschte der Tagung einen harmonischen Verlauf.

Zur Tagung der 28. Hauptversammlung erhielt die Gesellschaft folgende Glückwunschadressen:

a) Zur 28. Hauptversammlung in München sende ich der Deutschen Ge- sellschaft für Säugetierkunde die herzlichsten Grüße! Eberhard Jany, Manı- malogist of the Museum Zoologicum Bogoriense. b) Ich wünsche der Ta- gung einen erfolgreichen Verlauf in der Hoffnung, mich an der nächsten Hauptversammlung beteiligen zu können. Mit dem Ausdruck meiner vorzüg- lichsten Hochachtung verbleibe ich Ihr sehr ergebener Dr. Dr. A. Kiessel- bach, Regensburg. c) Wegen Erkrankung verhindert wünscht der Tagung guten Erfolg. Grzimek, Frankfurt. (Telegramm). d) Ich wünsche Ihrer Tagung einen guten Verlauf. Prof. Dr. H. Liebmann, München 22, Bayerische Biologische Versuchsanstalt. e) Ich wünsche Ihnen besten Verlauf der Tagung und grüße herzlich Ihr ergebenster P. Kassner.

Als Vertreter ausländischer Gesellschaften meldeten sich der österrei- chische Arbeitskreis für Wildtierforschung, Graz, und der Verein für Säuge- tierkunde und Säugetierschutz in den Niederlanden mit folgenden Schrei- ben an:

a) An die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde, Berlin. Wegen Un- abkömmlichkeit des Vorstandes der Geschäftsführung, Dr. Rudolf Amon, Graz, wird aller Voraussicht nach den Österr. Arbeitskreis für Wildtierfor- schung, Sitz Graz, Herr Pd. Dr. Otto Wettstein-Westersheim, Wien III, Löwengasse 25, bei der 28. Hauptversammlung in München vertreten. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung Dr. Amon, Vorstand der Geschäfts- führung, Österreichischer Arbeitskreis für Wildtierforschung, Sitz Graz. Ge- schäftsführung: Graz, Ballhausgasse 3/2.

b) Ich nehme an der Tagung in München vom 30. Juli 1954 bis 2. August 1954 teil. Dr. A. C. V. van Bemmel, Vertreter des Vereins für Säugetier- kunde und Säugetierschutz in den Niederlanden.

Vor Eröffnung der ersten wissenschäftlichen Sitzung machte Herr Pohle noch einige geschäftliche Mitteilungen. |

126 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

E. 1. wissenschaftliche Sitzung.

Sonnabend, 31. Juli 1954, 9 Uhr 33 bis 13 Uhr 22. Vorsitz: H. Nachts- heim. Anwesende: 38 Mitglieder, 35 Gäste.

Herr Nachtsheim eröffnet die erste wissenschaftliche Sitzung und erteilt Herrn F. Frank (Oldenburg) das Wort zu seinem Referat über „Ergeb - nisse und Probleme neuer populationsdynamischer Un- tersuchungen an deutschen Kleinsäugern (Microtinae)“, das er wie folgt referierte:

Zyklische Massenvermehrungen von Nagetieren sind als weitverbreitetes Phänomen Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in vielen Ländern der Erde gewesen. Da sich diese Arbeiten aber meist auf eine rein statistische Erfassung und Deutung der Phänologie beschränkten und sich kaum mit der Beobachtung und Aufklärung der den Zykien zugrundeliegenden populations- dynamischen Vorgänge befaßten, blieben die Lösungsversuche durchweg im Stadium der Spekulation stecken. Erst seit den Jahren 1949/50 wird auch in Deutschland an diesem Problem gearbeitet. Nach den vor allem an Micro- tinen und unter diesen in erster Linie an der Feldmaus (M. arvalis) durch- geführten Untersuchungen von Frank und Stein sowie Becker und Maercks ergibt sich nunmehr folgende Auffassung: Die durch zyklischen Massenwechsel ausgezeichneten Arten verfügen über ein hohes „Fortpflan- zungspotential“, das aus starken Würfen, schneller Wurffolge, früher Ge- schlechtsreife und einer relativ ausgedehnten Fortpflanzungsperiode resul- tiert. Dieses Potential kann in optimalen Lebensräumen (Plagegebieten) tat- sächlich realisiert werden. Als beeinflussende ökologische Faktoren sind vor allem Nahrung, Deckung, Grundwasserstand, Sonnenlicht, Überwinterungs- möglichkeiten und Landschaftsstruktur anzusehen, die unter dem Sammel- begriff ‚„Raumpotential‘ zusammengefaßt werden. Das Ausmaß der durch Zusammenspiel von Fortpflanzungs- und Raumpotential ausgelösten Massen- vermehrung hängt entscheidend vom „Verdichtungspotential“ der betreffen- den Art ab, das durch eine Reihe von sozialen Verhaltensmechanismen geför- dert wird (Revierverkleinerungsvermögen, Großfamilien und Rudel, Winter- gemeinschaften, Nestgemeinschaften der Weibchen, Männchenelimination). Die Dichteregulation erfolgt normalerweise durch Abwanderung und Sterb- lichkeit (vor allem Wintersterblichkeit). Feinde spielen in den eigentlichen Plagegebieten keine wesentliche Rolle. Haben Fortpflanzungs-, Raum- und Verdichtungspotential extreme Populationsverdichtung hervorgerufen, werden weitere Regulationsmechanismen wirksam, zuerst die Einschränkung der Fort- pflanzung und verstärkte Abwanderung und schließlich der Populationszu- sammenbruch, der durch psychische und physische Belastungen vorbereitet und durch ungünstige Witterungsperioden synchron ausgelöst wird. Es existiert eine „autonome“, im Zeitmaß festliegende Periodizitätsrhythmik, die durch das Fortpflanzungs- und Verdichtungspotential der betreffenden Art und das Raumpotential ihrer Umwelt bestimmt wird, aber nur in ausgeglichenen Kli- mabereichen ungestört in Erscheinung treten kann. Extreme Abweichungen im Wettergeschehen können die Periodizität von Fall zu Fall ändern und die Periodizität voneinander isolierter Populationen synchronisieren. Die Nage- tier-Zyklen lassen sich also ohne Zuhilfenahme kosmischer oder anderer hypothetischer Außeneinflüsse durch Zusammenwirken von innerartlichen biologischen Mechanismen mit der Umwelt erklären. Ihr äußerst komplexes

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 127

Gefüge ist allerdings nur durch gründliche und schrittweise Analyse der zahl- reichen eng miteinander verflochtenen und aufeinander einwirkenden Kausal- faktoren freizulegen. (Der Wortlaut des Referates erscheint unter dem Titel „Frank, F., Die Kausalität der Nagetier-Zyklen im Lichte neuer popula- tionsdynamischer Untersuchungen an deutschen Microtinen“ in der Zeit- schrift für Morphologie und Okologie der Tiere 43, 1954, p. 321—356.)

An der Diskussion beteiligten sich: Stein: 1. Der Terminus „Rudel“ sollte beschränkt werden auf die Gemeinschaften von Huftieren und be- stimmten Carnivoren. Er schließt unausgesprochen den Begriff des Leit- oder Führertieres ein. Die sozialen Verbände kleiner Nager lassen es nicht zu, von einem Leit- bzw. führendem Einzeltiere zu sprechen. 2. Auch bei Feldunter- suchungen findet es sich, daß senile Weibchen nur noch Würfe geringen Umfan- ges produzieren. Aber von draußen bedarf es eines wesentlich noch umfang- reicheren Materials, da im Freileben die Weibchen in überwiegender Zahl vor Erreichen des Höchstalters wegsterben. Mir liegen bisher nur zwei senile Weibchen vor, die eine Wurfgröße von zwei und drei haben. -Frank.— Telle: Auf die von Stein angeschnittene Frage, ob der Terminus Rudel für Feldmäuse und allgemein auch für Kleinsäuger anzuwenden ist, wird auf Wanderratten hingewiesen, die wohl sicher einen starken Bock als Rudel- führer besitzen. v. Vietinghoff: Hinweis auf die Bedeutung der Aus- führungen für die große Politik (Menschliche Populationsschwankungen, Reizbarkeit, Kriege bei Populationsdruck). v. Wettstein weist darauf hin, daß im pontischen, ebenen Gebiet von Nordösterreich früher von Zeit zu Zeit katastrophale Feldmausvermehrungen aufgetreten sind, die in den gün- stigen Jahren 1947 und 1951 nicht auftraten und glaubt, daß die immer wei- tergehende und allgemeine Verwendung von Kunstdünger daran schuld ist. Zimmermann: Feldmaus Steppentier? Nein, aber Vorkommen auch auf Hochmoor ist nicht entscheidend (siehe Formica uralensis). Vergleich Hamster Feldmaus. Hamster keine zyklischen Schwankungen, obgleich hohes Vermehrungspotential, aber kein Verdichtungspotential! Müller- Using: Die künstliche Begründung von Hecken, die der Vortragende als landschaftssanierende Maßnahme auch im Hinblick auf Feldmausplagen er- wähnte, wird von den Jägern gemeinhin als ein Faktor betrachtet, der der Populationserhöhung des Feldhasen u. a. Niederwildarten förderlich ist. M.E. ist gerade das Gegenteil der Fall, worin mich der wohl erlaubte Rückschiuß auf die Verhältnisse bei den Arvicoliden bestärkt. Auf großer Fläche glei- chen sich beim Hasen Populationsschwankungen in etwa aus. Die Wiid- katze dürfte ein Beispiel für eine Tierart mit außerordentlich geringem Ver- dichtungspotential sein, wie ihre Ausbreitung nach dem Populationszuwachs im Harz zeigt: im Norden bis nach Dannenberg (Unterelbe), im Süden bis nach Leipzig. Frank.

10 Uhr 55 bis 11 Uhr 20: Vortrag D. Chitty (Oxford): Recent work on fluctuations in numbers of mammals and birds. In deutscher Sprache gehalten; s. p. 55 dieses Bandes.

Diskussion: Frank. - Zimmermann: Gibt es bei den täglichen Be- suchen immer wieder Kämpfe, auch unter sich bekannten Tieren? —- Chitty: Ja. Mendheim: Das Absinken der optimalen Lebensbedingungen nach Überschreiten einer bestimmten Populationsdichte kann beim Reh- und auch beim Rotwild erklärt werden durch vermehrte Übertragungsmöglichkeit von Parasiten und Seuchenerregern. Müller-Using.

128 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

11 Uhr 27 bis 11 Uhr 49: Vortrag G. H. W. Stein (Berlin): Popula- tionsanalysenam Maulwurf.

Maulwürfe sind nicht Einzelgänger, sie leben vielmehr in Gemeinschaf- ten. In Trockenbiotopen finden sich kleinwüchsige, in feuchten Lebens- räumen großwüchsige Sippen. Die Unterschiede in den Schädellängen beider sind statistisch real und beruhen auf genetischen Grundlagen. Großwüchsige Populationen zeigen ein paradoxer Befund hohe, kleinwüchsige geringe Siedlungsdichte. Schließt man von der Molarenabtragung auf das Lebensalter der Tiere, so ergibt sich, daß in zwergwüchsigen Populationen der Anteil ältester Tiere höher liegt als in großwüchsigen. Es ist dies ein Ausdruck intraspezifischer Konkurrenz, die sich, da große Sippen ja dichter siedeln, bei ihnen schärfer auswirkt. Ohne Diskussion.

Lüftungspause.

11 Uhr 57 bis 12 Uhr 08: Vortrag K. Zimmermann (Berlin); Körpergröße und Bestandsdichtebei Feldmäusen.

Die von Chitty für die Erdmaus, Microtus agrestis, untersuchte Frage nach den Beziehungen zwischen Körpergröße und Bestandsdichte wurde für Feldmäuse, Microtus arvalis, behandelt. Aus Gewöllen bei Potsdam-Rehbrücke überwinternder Waldohreulen wurden in den fünf Jahren 1949—1954 etwa 8000 Feldmaus-Schädel entnommen, als Index der Körpergröße die Man- dibel-Länge gemessen. 1949 und 1953 erfolgten im Gebiet Zusammenbrüche von Massen-Entwicklungen, im untersuchten Material sank in den beiden Wintern nach einem Zusammenbruch der Feldmaus-Anteil an der gesamten Eulenbeute von 80—90 % auf 60%, der Spitzmaus-Anteil stieg von 0—1% auf 10—13%. In beiden Wintern nach einem Zusammenbruch war bei ge- ringer Siedlungsdichte die Feldmaus-Population an Körpergröße im Mittel kleiner als in den übrigen Wintern (mittlere Mandibel-Länge 13,6 und 13,9mm gegenüber 14,3, 14,5 und 14,6 mm). Die Geschwindigkeit des An- wachsens der mittleren Körpergröße war in beiden Wintern nach Zusam- menbruch verschieden. Im Winter 1950/51 erfolgte schnelles Wachstum, im Winter 1953/54 nicht. Während sonst von November bis März die mittlere Körpergröße steigt, sank sie im entsprechenden Zeitraum 1953/54. Außen- faktoren sind wahrscheinlich für solche Wachstums-Differenzen verant- wortlich.

Diskussion: Stein: Nach dem Zusammenbruche 1952/53 waren die Mittelwerte der Wurfgröße (Embryonenzahlen) statistisch niedriger als im Frühjahr 1952 und 1954. Es könnte vermutet werden, daß die Feldmaus- weibehen durch den Zusammenbruch auch physiologisch geschädigt sind, was sich in Erniedrigung der Wurfgröße andeutet. -— Frank. v. Vieting- hoff: Zu dem Diskussionsbeitrag von Herrn Stein, daß Feldmäuse nach einem Jahr des Zusammenbruches zahlenmäßig sehr schwache Würfe hervor- brachten, wird vor Verallgemeinerung gewarnt, da bei Siebenschläfern gerade nach einem Populationssturz im folgenden Jahr erheblich stärkere Wurf- zahlen beobachtet wurden.

12 Uhr 13 bis 12 Uhr 34: Vortrag A. vv Wijngaarden (Wagenin- gen): Populationsdynamik der Feldmaus (Microtus arvalis Pal- las) inder Betuwe. (Siehe p. 61 dieses Bandes.)

Diskussion: Zimmermann: Feldmaus in Korbweiden-Pflanzungen? W.:Ja. Zi.: Für Deutschland nichts ähnliches bekannt. -— Hagen. —- Stein: Gefragt wird nach Größe der Korbweidenbestände; es wird vermutet, daß es

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sich um nicht ständige Bewohner handeln könnte. Bei der von v. Wijngaarden angegebenen Größe der Bestände sollten es jedoch stationäre Feldmaus- bestände sein, und es liegen dann Verhältnisse vor, wie sie in Deutschland unbekannt sind. Frank. v. Lehmann: Stationäre Feldmausbestände in Korbweidenanpflanzungen sind überall dort durchaus möglich, wo die Weiden oft genutzt werden und daher ein üppiges Gras wuchert bzw. keine Beschattung vorliegt. Außerdem dann, wenn die Streifen relativ schmal sind. Gaffrey: Zu der ungewöhnlichen und dichten Besiedlung von Korb- weidenanpflanzungen des holländischen Niederungsgebietes (in denen man eher Erdmäuse erwartet hätte) durch Feldmäuse wird auf die große Plastizi- tät mancher Nager in bezug auf die Gewinnung neuer Lebensräume bzw. An- passung an neue Umweltbedingungen hingewiesen. Als Beispiel wird die Haus- ratte erwähnt, die im Gebiet von Dresden nach der Zerstörung der Altstadt die Trümmerfelder, unterirdische Kühlräume, Kellergänge und dgl. bewohnt, nach dem zweiten Weltkriege an Zahl sehr stark zugenommen hat, die Wanderratte stellenweise übertrifft und elbaufwärts bis in die GSR vor- gedrungen ist.

12 Uhr 43 bis 13 Uhr 20: Vortrag mit Film: I. Eibl-Eibesfeld (Buldern): Biologie des Hamsters. |

Der aus einer Zusammenarbeit des Verfassers mit Heinz Sielmann in Buldern entstandene zweiteilige Film behandelt das Verhalten des Hamsters im jahreszeitlichen Ablauf. Wir beobachten im ersten Teil das vollständige Paarungsvorspiel. Das Männchen dringt in das Territorium des Weibchens ein, nimmt es durch Duftmarkieren in seinen Besitz und nähert sich, be- stimmte Treiblaute äußernd, dem Weibchen, das zunächst abweisend ist. Erst durch längeres Werben wird dessen Kontaktscheu überwunden. Nachdem das Weibehen durch Belecken zur Paarungsbereitschaft stimuliert wurde, vollzieht sich im unterirdischen Bau die Paarung. Das Verhalten der blinden und sehenden Jungen, Brutpflege (Zubereitung von feinem Nestmaterial, Jungentransport, Zutragen von Beikost, Zudecken der Jungen, Führen u.a.m.), Auseinandersetzungen mit Artgenossen und artfremden Feinden und das Eintragen von Nahrungsvorräten wird in beiden Filmen genau dargestellt. Das unterirdische Leben des Hamsters wurde in einem Kunstbau, der Wohn- kammer, Vorratskammer und Gänge im Schnitt zeigte, aufgenommen. Eine ausführliche Darstellung der Ethologie des Hamsters erschien 1953 in der Zeitschrift für Tierpsychologie 10, p. 504—554. Auf sie sei zur weiteren Orientierung über den Film verwiesen.

Diskussion: Zimmermann: Versteht Hamster Zieselruf? E.: Weiß nich. Frank. -Kleinschmidt: 1. Sind die strahlenförmig von Brut- kesseln ausgehenden Röhren der jungen heranwachsenden Hamster als Flucht- röhren vor dem langsam wiederauftretenden Solitär-Verhalten der Mutter zu deuten? 2. Planmäßige Beobachtungen an ohne gegenseitige Sichtmöglich- keit getrennt gehaltenen Goldhamster-Männchen und -Weibchen zeigten, daß diese sich während der Zeit der Copulations-(Aufnahme-)Bereitschaft des Weibchens mit einem merkwürdigen leisen Ruflaut unaufhörlich gegenseitig lockten. Treiben und Besprung erfolgt wie beim Feldhamster, nur bleibt im Gegensatz zu den gezeigten Bildern vom Feldhamster, das Goldhamster- weibchen hierbei während einer ganzen Serie von Besprüngen unbeweglich mit aufgestelltem Schwanz und leicht angehobenem Hinterteil an ein und demselben Ort sitzen.

130 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

13 Uhr 22 Photographische Aufnahme der Versammlungsteilnehmer vor dem Portal des Zoologischen Instituts.

13 Uhr 35 bis 15 Uhr 05 Mittagspause.

F. 2. wissenschaftliche Sitzung.

Sonnabend, 31. Juli 1954, 15 Uhr 05 bis 16 Uhr 45. Vorsitz: W. Herold. Anwesende: 31 Mitglieder, 28 Gäste.

15 Uhr 05 bis 15 Uhr 20: Film mit Vortrag H. J. Telle (Hannover): Aufklärungsfilm über Biologie und Bekämpfung der Wander- ratte. Ohne Diskussion.

15 Uhr 22 bis 15 Uhr 46: Vortrag D. M. Steven (Edinburgh): Ageneticalanalysisoftheisland forms of Glethrionomys in Britain. In deutscher Sprache gehalten; s. p. 70 dieses Bandes.

Diskussion: Zimmermann: Ob die Inselformen Reste älterer Siedlung oder neue Kombinationen aus C.g. britannicus sind, ist nicht zu entscheiden durch genetische Analyse. Siehe orcadensis-arvalis-Beispiel. -— Frank. Steven.

15 Uhr 57 bis 16 Uhr 13: Vortrag K. Becker (Berlin): Über Art- und Geschlechtsmerkmale am Becken einheimischer Spitzmäuse (Soricidae).

An projizierten Bildern wurde gezeigt, daß die Beckenknochen von Sorez, Neomys und Crocidura gattungsspezifisch ausgebildet sind. Innerhalb der Gattungen lassen sich die Becken der einzelnen Arten nur der Größe nach unterscheiden, sofern deutliche Größendifferenzen bei ihnen anzutreffen sind, wie z.B. bei Sorex araneus und S. minutus. Mit dem Einsetzen der Ge- schlechtsreife werden am Becken männlicher Spitzmäuse sekundäre Ge- schlechtsmerkmale angelegt. Die Becken jugendlicher Spitzmäuse und die der Weibchen sind formgleich. Durch Analyse von Eulengewölle verschie- dener Herkunft wurde aufgezeigt, daß in gewissen Populationen von S. araneus das Geschlechtsverhältnis zugunsten der Weibchen verschoben sein kann. Es ist wahrscheinlich, daß die Männchen während einer Übervermeh- rung durch innerartliche Revierkämpfe eliminiert werden, wie dies von Mi- crotus arvalis bei hoher Bevölkerungsdichte bekannt ist.

Diskussion: Herold: Anfrage, ob Herr Becker auch in Gewöllen die Zusammengehörigkeit von Gebiß und Becken zu finden gesucht hat. B.: Das ist nicht immer möglich. Stein: Dichteschwankungen bei Sorez araneus sind augenscheinlich nicht vorhanden. Sicher scheint mir auch zu sein, daß der Ahythmus der Bestandsdichteabweichungen nichts mit denen der Feldmaus zu tun hat. Frank. Becker. —- Frank.

16 Uhr 20 bis 16 Uhr 42: Vortrag H. Dathe (Leipzig): Bau und Funktion des Kopulationsorgans männlicher hystrico- morpher Nagetiere.

Es wurden Untersuchungen zur Morphologie und Anatomie der Penes von Dasyprocta, Hydrochoerus, Hystrix, Caviella, Octodon, Capromys, Pla- giodontia, Myocastor und Proechimys vorgetragen, wobei einige Bemerkun- gen zur Systematik und Funktion gemacht werden konnten. Das Material wird an anderer Stelle ausführlich dargestellt und veröffentlicht, so daß hier auf weitere Ausführungen verzichtet werden kann. Keine Diskussion.

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 1Llası

16 Uhr 45: Fahrt nach Hellabrunn. In zwei Autobussen, die von der Tiergartenverwaltung zur Verfügung gestellt worden waren, wurde die Ver- sammlung nach Beendigung der zweiten wissenschaftlichen Sitzung nach Hellabrunn gefahren, um dort unter Führung von Direktor Heinz Heck den Zoologischen Garten zu besichtigen. Nach Ankunft in Hellabrunn wurde die Gesellschaft zunächst von Stadtrat Dr. Schmidt im Namen der Stadt München in seinen Mauern herzlich willkommen geheißen. Dr. Schmidt wünschte der Tagung einen erfolgreichen Verlauf. Herr Pohle dankte dem Redner im Namen der Gesellschaft für die gastfreundschaftliche Aufnahme, welche die Tagung mit ihren Teilnehmern durch die Stadt München erfahren hat. Anschließend übernahm Herr Heck die Führung durch den Garten, der durch seine großzügigen Anlagen und den hervorragenden Tierbestand für jeden Säugetierkundler immer wieder ein besonderes Erlebnis ist. Die Füh- rung endete um 19 Uhr 30 mit einem gemeinsamen Abendessen im Zoo- Restaurant. Bei der Gelegenheit dankte Herr Pohle in warmherzigen Wor- ten Herrn Heck für seine Führung und spielte dabei in humoriger Weise auf Parallelen an, die den Sohn mit seinem Vater Ludwig Heckin der Art, Zoo-Besichtigungen zu leiten, verbinden. Erst gegen 1 Uhr nachts brachen die letzten Gäste auf und strebten ihren Quartieren in der Stadt zu.

G. 3. wissenschaftliche Sitzung.

Sonntag, 1. August 1954, 8 Uhr 35 bis 12 Uhr 55. Vorsitz: E. Mohr. Anwesende: 43 Mitglieder, 49 Gäste.

8 Uhr 35 bis 9 Uhr 00: Vortrag S. Mehl (München): Das Gaumen- dach einheimischer Kleinsäuger.

Ausgehend von einer kurzen Darstellung des Schrifttums über die Gau- menleisten der Säugetiere wurde an Hand zahlreicher Lichtbilder gezeigt. daß viele Arten einheimischer kleiner Säugetiere artspezifische Formen der Gaumenleisten aufweisen, die z.B. zur Differentialdiagnose von Spiritus- kadavern herangezogen werden können. Dies trifft besonders für die lang- schwänzigen (echten) Mäuse zu, wie Hausmaus, Gelbhalsmaus, Brandmaus, Zwergmaus und Birkenmaus. Die Unterscheidung von Wanderratte und Haus- ratte, Hausmaus und Ährenmaus, Gelbhalsmaus und Waldmaus ist meist nicht möglich. Ziemlich variabel sind die Gaumenleistenformen bei den kurz- schwänzigen („unechten‘) Mäusen. Doch können auch sie in vielen Fällen zur Artdiagnose herangezogen werden. So ist sogar in manchen Fällen eine Unterscheidung von Feldmaus und Erdmaus nach dem Gaumendach möglich, obwohl diese beiden Arten in ihrem äußeren Erscheinungsbild bekanntlich sehr ähnlich sind. Die hinteren Gaumenleisten (zwischen den Backzahn- reihen) sind bei den kurzschwänzigen Mäusen sehr zarte Gebilde, die an Spirituspräparaten oft schlecht erhalten sind. Im Lichtbild wurden außer von den genannten Arten auch die Gaumenleisten der Bisamratte, der Wühl- maus (Schermaus), der Schneemaus, der Rötelmaus und der kleinäugigen Wühl- maus (Pitymys subterraneus), von größeren Nagetieren von Hamster, Eich- hörnchen, Ziesel und von Siebenschläfer, Gartenschläfer, Baumschläfer und Haselmaus, die sehr kennzeichnenden Gaumenleisten der Insektenfresser Igel, Maulwurf, der rotzahnspitzigen und weißzähnigen Spitzmausarten, ferner der beiden Wieselarten gezeigt.

132 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

An Hand der Lichtbilder wurde der Umfang der Variation der Form- elemente bei den einzelnen Arten und Gattungen und der Wert der Gau- menleisten als Artunterscheidungsmerkmal dargelegt.

Diskussion: Zimmermann.—- Nachtsheim: Die Verhältnisse beim Kaninchen sind von dem Vortragenden nicht erwähnt worden. Ich möchte kurz darauf aufmerksam machen, daß einige, wenn auch nicht umfangreiche Untersuchungen über die Struktur der Gaumendachleisten und ihre Variation beim Hauskaninchen vorliegen. Mehl.

9 Uhr 03 bis 9 Uhr 29: Vortrag O. v. Wettstein (Wien): Wasist Capra dorcas Reichenow?

Der Vortragende trat dafür ein, Capra dorcas als eine wilde Stammform der Hausziege und nicht als eine verwilderte Hausziege anzusehen und suchte dies zu begründen. Zu dieser Anschauung kam er auf einer kurz vor der Münchener Tagung beendeten Griechenlandreise, auf der er die Wildziegen von Joura und Eremomilos lebend kennenlernte. Die Zeitwar zu kurz, um die einschlägige Haustierliteratur zu verarbeiten. Die Diskussion und persönliche spätere Aussprachen ergaben anscheinend schwerwiegende Einwände gegen diese Theorie, so daß sich der Vortragende entschloß, den Stoff erst nach weiteren Studien später einmal zu veröffentlichen. Da sowohl der Name C.dorcas wie auch der Name C. prisca Adametz (die Arten sind identisch) präokkupiert sind, so dürfte der Name C.jourensis Jurea (falls er nicht als nomen nudum bezeichnet werden muß), der jetzt gültige für die Joura- Ziege sein.

Diskussion: Herre: AufGrund von Befunden an Wildziegen Anatoliens, welche Dr. Röhrs und ich im letzten Jahre sammelten, ist die Variabilität von C. aegagrus sowohl im Gehörn, als auch in Haarfarbe und Haarart als höher anzusetzen, als Herr v. Wettstein annimmt. Die Eigenarten der Jouraziege gleichen Hausziegen Anatoliens. Die Schädelbesonderheiten lassen sich auch als Domestikationseigenarten deuten. Es ist also Vorsicht noch am Platz. Da die „Potenz“ zu den für die Jouraziegen angegebenen Eigenarten in der C.aegagrus anzunehmen ist, wäre immerhin ein Herausmendeln in kleinen Populationen als Inzuchtfolge denkbar. Auf die Dissertation vonK ey- ser (1953) über die wilden Capraoiden wurde verwiesen. -— Wettstein. Zimmermann. Herre. vv. Wijngaarden: Hat man schon Natur- schutzmaßnahmen für diese Wildziegen vorgenommen? Boessneck: Ist bekannt, wie die Hornform der im Kriege in Bulgarien geschossenen Wild- ziege aussieht? Adegagrus- oder jouraziegenartig? v. W.: Reiner Aegagrus- typsr Boessneck: Weitere nicht mehr durchgeführte Bemerkungen! Wenn auf dem balkanischen Festland ursprünglich wild (siehe Dis- kussionsbemerkung vonDr.v.Boetticher dagegen!!) Aegagrusformen auf- treten, ist das für die Abstammungsfrage der Hausziege stärker zu bewerten, als das Vorkommen von „priscahörnigen“ Ziegen auf einer oder einigen Inseln der Aegäis. Die Domestikation wird ja nicht von diesen wenigen In- seln als Zentrum ausgegangen sein. Ein echtes Wiedervorkommen von Aegagrusformen auf dem Balkan mahnt im Zusammenhang mit den Beobach- tungen an Hausziegen über die Variabilität ihrer Gehörne zur Vorsicht ge- gegenüber der Wildnatur der Jouraziege. v. Boetticher :DasStück aus Bulgarien ist wahrscheinlich oder vielleicht (?) ein Naehkomme künstlich ausgesetzter taurischer (Taurus) Bezoarziegen, wie solche nach Mitteilung

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 133

des $ Königs Ferdinand von Bulgarien um die Jahrhundertwende ausgesetzt wurden. Sonst sind in Bulgarien keine Wildziegen bekannt! „Diwa kosa“ (wilde Ziege) = Gemse! Pohle: Capra dorcas bzw. prisca sei nicht vergessen. Hilzheimer habe sie immer als Ausgangsform der Hausziege betrachtet, und er selbst habe 1933 darauf hingewiesen, daß C.dorcas ein Homonym sei und deshalb nicht benutzbar.

9 Uhr 41 bis 9 Uhr 44: Geschäftliche Mitteilungen durch Herrn Pohle.

9 Uhr 44 bis 10 Uhr 55: Referat K. Herter (Berlin): Über den Winterschlaf der Säugetiere.

Inhaltsübersicht: Klärung der Begriffe: Winter- oder Kältestarre, Winter- ruhe, „Verklammung“, Ruheschlaf, „Sommer- oder Trockenschlaf“, Winter- schlaf. Welche Säugetiere sind Winterschläfer? Ökologie des Winter- schlafes: Insektivoren (Erinaceinae), Chiropteren, Rodentia (Marmota, Cynomys, Citellus, Tamias, Eutamias, Sciuropterus, Cricetus, Mesocricetus, Glirinae, Sicista, Dipus, Allactaga). Physiologie des Winterschlafes: Kör- perstellung, Reizbarkeit, Körpertemperatur, kritische Temperaturstufe, Mini- maltemperatur, Weckreize, Aufwachen, Atemfrequenz, Gaswechsel (respira- torischer Quotient), Blutzucker, „Winterschlaforgan‘, Blutkreislauf, Herz- schlagfrequenz, Chemismus des Winterschlafes, Mineralstoffwechsel, Vita- mine, Hämoglobingehalt des Blutes, innersekretorische Drüsen, künstlicher Winterschlaf, Hypophysenfunktion, Nervensystem. Phylogenie des Win- terschlafes. Eine ausführliche Behandlung des Themas wird in dem Auf-, satz „Winterschlaf“ von K. Herter in dem Mammalia-Band des Hand- buches der Zoologie erscheinen.

Diskussion: Ryberg.-Herter.-Eisentraut: Nicht alle Cricetinae halten Winterschlaf, sicher nur Cricetus cricetus und Mesocricetus auralus, nicht dagegen die asiatischen Zwerghamster. Cynomys wohl kein Winter- schläfer, hält nur Winterruhe; ebenso Flughörnchen. Felten: 1. Hinweis auf das Vermögen in den Tropen verbreiteter Fledermausarten, in ihren nörd- lichen Verbreitungsgebieten Winterschlaf zu halten. 2. In Salvador: Kein „Irockenschlaf‘“ bei Fledermäusen. Änderung in der Nahrung (Blütenbesuch, Insekten, Früchte). Veränderte Besiedlung in Quartieren (Stollen) je nach Lebensart. Müller-Using: Der Dachs bleibt an der Nordgrenze seines Verbreitungsgebietes unter Umständen monatelang im Bau; er ist dort durch vereisten Schnee eingeschlossen. Schläft er? Kältestarre wohl sicher nicht. Procyon scheint in Hessen keinen Winterschlaf zu halten. Marmota er- wacht auch im Mittwinter und verläßt nach Grafenauer nach Föhn unter Umständen den Bau. Abbau der Fettvorräte erst nach dem Winterauf- wachen (Ranz!). Auch Futtervorräte dienen wahrscheinlich vor allem der Überbrückung der ernährungsmäßig sehr kritischen Zeit nach dem Erwachen. Winterbaue können wesentlich höher liegen als Sommerbaue, das ört- liche Kleinklima ist entscheidend. Völlig ungeklärt scheint mir die kri- tische Temperatur des Winterschlafbeginns: Im Funtenseegebiet waren die Murmeltiere Mitte September trotz Schnee draußen, in der Steiermark bei strahlendem, wolkenlosem, warmem Herbstwetter Ende September schon im Bau. Dathe: Wenn unter den Säugern, die Winterruhe halten, auch immer wieder Bären genannt werden, so muß mit größerem Nachdruck dar- auf hingewiesen werden, daß gerade in der kalten Jahreszeit diese Formen ihre Jungen aufziehen (z.B. werfen Eisbären im November/Dezember,

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Braunbären im Dezember/Mitte Februar). Die mit der Jungenaufzucht ver- bundenen Handlungen lassen keinesfalls eine „Ruhe“ zu. Es müßte hier ein Unterschied gegenüber den Arten gemacht werden, die eine wirkliche Win- terruhe halten. Kleinschmidt: Halten Pfeifhasen Winterschlaf? v.Wijngaarden: Bei einem Laborversuch im Winter 1953/54 in Wage- ningen zeigte es sich, daß unsere Goldhamster gar keinen Winterschlaf hal- ten, sondern selbst bei 11° Frost aktiv herumliefen und nicht in Bauen, son- dern nur unter ein wenig Schnee lebten.

11 Uhr 11 bis 11 Uhr 40: Vortrag A. v. Vietinghoff-Riesch (Hann.-Münden): Siebenschläfermarkierungen im Deister.

Seit 1948 wird von mir ein 77 ha großer Laubholzkomplex an der Süd- ostabdachung des Deisters auf seine Besiedlung durch Siebenschläfer unter Kontrolle gehalten. Bislang wurden in den dort hängenden 300 Nisthöhlen aller Art 987 Bilche mit Ohrmarken versehen, von denen sich bis zum Herbst 1954 123= 13% wiederfanden, davon viele zu wiederholten Malen. Von die- sen 123 Bilchen wurden 73% im gleichen oder folgenden, 18% nach zwei Jahren, 4% nach drei, 3% nach vier Jahren, der geringe Rest von 2 % nach fünf und sechs Jahren wiedergefangen. Bereits im dritten Jahr schmilzt die Population stark zusammen, nur ganz wenige erreichen ein Alter von sechs oder sieben Jahren. Trotz intensivster Kontrolltätigkeit gelingt es nicht, die gesamte Population im Bereich der Versuchsjagen zu erfassen, da anschei- nend bis zu 50% während der oberirdischen Lebensperiode auch am Tage vagabundieren oder sich in anderen Verstecken aufhalten. Gleichwohl sind die gefundenen Siedlungsdichtezahlen als Vergleichswerte und Mindestwerte brauchbar und zeigen das starke Auf und Ab innerhalb der sechs Beobach- tungsjahre, das im Herbstzustand (mit Jungen) zwischen 0,4 und 4,9 Bilche/ ha schwankt. Nach einem Jahr mit hoher Siedlungsdichte folgt fast stets ein Jahr des Zusammenbruchs der Population, die auf äußerlich nicht erkenn- bare, nur vermutbare Gründe (mangelnde Eichelmast, „shock-disease‘“?) zu- rückgeführt wird. Auffallend ist vor allem der starke Jungenschwund und die große Zahl Q ohne Nachkommenschaft (Resorption der Embryonen?). Vom Vertilgerkreis treten im Deister nur der Waldkauz und Baummarder hervor. Hang zum Kannibalismus im „übervölkerten“ Tierhaus in Hann.-Münden wurde einwandfrei festgestellt. Andererseits können noch sechs Jahre alte Q sehr fruchtbar sein. Ein © kann bis zu neun Jungen werfen. Das Ge- schlechtsverhältnis ist im großen und ganzen 1:1, doch kann es innerhalb der Würfe zwischen 0:5 und 3:1 schwanken. Im späteren Verlauf ist oft die Verlustquote bei den & größer als bei den ©. Das hängt mit dem größe- ren Hang zum Vagabundieren bei den Y' zusammen. Das Zusammenwerfen mehrerer @ in einer Höhle ist nicht eine Folge von Raummangel, da im Höchstfall 25% der Höhlen von Bilchen besetzt waren. Diese sind unbegrenzt polyandrisch bzw. polygam. Trächtige © sondern sich auf alle Fälle von den übrigen ab, werfen aber wieder u. U. zusammen und finden sich nach Auf- zucht der Jungen im gleichen Herbst auch wieder mit 5’ zusammen. Die Jungen werden ca. 3 Wochen lang gesäugt, also, solange sie blind sind, wei- tere drei Wochen mit eingeschleppter Nahrung versorgt. Nach Erwachsen- werden verstreuen sie sich in der Umgebung einzeln oder in kleinen Gruppen. Wanderungen über 1200 m wurden im Steinkrug bisher in keinem Fall beob- achtet. Der Biich ist extrem ortstreu. Von Mitte August an gehen die

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Bilche vorübergehend in die Erde, vom 12. September an endgültig. Die Phase des Winterschlafbeginns dauert bis 28. Oktober und umfaßt in einem Jahr bis zu 6 Wochen. Der Gang wird bis zu 60cm tief in den gewachsenen Boden gegraben und fällt von oben wieder zu. Manchmal überwintern mehrere Bilche eng aneinandergeschmiegt. Der Boden wird nur leicht an- gehoben, eine richtige Höhle gibt es nicht. Die Phase des Erwachens im Frühjahr zieht sich ebenfalls um 6 Wochen auseinander, und zwar vom 1. Mai bis 18. Juni. Einzelne Bilche schliefen bis zu 9 Monaten 6 Tagen. Aufwachen wie Beginn des Winterschlafs sind völlig unabhängig von der je- weiligen Außen- und Bodentemperatur und in den verschiedenen Jahren auch bei dem gleichen Individuum verschieden. Der Gewichtsverlust beträgt i. a. etwa 39%, kann aber bis zu 50% ansteigen. Ein mit Obst und Gemüse gefütterter erwachsener Bilch verzehrt am Tag etwa 100g Frischsubstanz, also etwa sein eigenes Gewicht, das nur in Ausnahmefällen vor dem Winter- schlaf auf 165g ansteigen kann. Ein frisch geworfener Bilch wiegt nur 28. Die Ranzzeit der 5" beginnt mit dem Herauskommen aus dem Überwinte- rungsort (stark geschwollene Hoden) und dauert mindestens 8 Wochen; ‘, die im Juni 3/, Jahr alt sind, treten, wenn überhaupt, so erst zu späterer Jahreszeit in die Brunft und sind wohl die Gatten der erst in der 2. Sep- temberhälfte werfenden ©: die ihrerseits wohl auch einjährige und spätreife sind. Darüber sind weitere Untersuchungen nötig. Die Gesamtranzzeit der 5" einer Population wird man auf drei Monate veranschlagen können (20. Mai bis 20. August). Da die ersten gepaarten Tiere erst Ende Juni gefunden wur- den, ist es möglich, daß die Q i.a. später in die Brunft treten als die ', allerdings wurden im Tierhaus schon am 6. Juni von pfeifende Bruntt- laute gehört. Der früheste Wurf kam am 3. August zustande. Die Haupt- nahrung bilden im Wald Baumfrüchte, Beeren, Obst bzw. Wildobst, Vögel. Daneben werden Knospen und Blätter bis zu einer bestimmten Größe ge- fressen und wird zarte Rinde geschält. Eicheln und Bucheckern werden be- vorzugt, die Gradation scheint in einem gewissen Zusammenhang mit Eichel- mastjahren zu stehen. Von den Vogelbruten wird vor allem der später als die Meisen brütende Trauerfliegenschnäpper empfindlich getroffen, der sich sei- nerseits aber häufig auf Kosten der Meisen in den Nisthöhlen ausbreitet. Blätter werden nur als Zusatznahrung gefressen (je Bilch innerhalb 24 Std. zwei Buchenblätter oder Blätter ähnlicher Größe). An Lautäußerungen hört man: 1) das sogenannte „Kurßeln“ der in ihrer Tagesruhe gestörten Bilche, das oft von einem heftigen Sich-zur-Wehr-stellen begleitet ist; 2) als Aus- druck des Behagens ein feines Surren, das nur aus der Nähe gehört werden kann; 3) ein leises Quaggeln der noch blinden Jungen; 4) ein sehr lautes, durchdringendes Pfeifen, Quieken und Grunzen, das von beiden Geschlech- tern zur Ranzzeit ausgestoßen wird. Ohne Diskussion.

11 Uhr 40 bis 12 Uhr 05: Filmvortrag P. Leyhausen (Göttingen): Die zoologische Film-Enzyklopädie.

Seit langem ist es in den biologischen Wissenschaften selbstverständlich, daß man von den erhaltungsfähigen Teilen des Tierkörpers Sammlungen anlegt, um an Hand des gesammelten Materials umfassendere Problemstellun- gen systematischer, ökologischer und tiergeographischer Art zu bearbeiten. Der Bereich dessen, was als erhaltungsfähig anzusehen ist, hat sich durch die Verfeinerung der Präparations- und Konservierungsmethoden ständig erweitert. Im Verlauf der letzten hundert Jahre ist nun neben die Betrach-

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136 . Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

tung der statischen Elemente in zunehmendem Maße das Studium der Be- wegungsvorgänge getreten, und es hat sich gezeigt, daß alle jene vergleichen- den Gesichtspunkte, welche das morphologische Studium so fruchtbar mach- ten, ihren Wert behalten und sogar noch weiter entfalten, wenn man sie auf das Studium der Bewegungsvorgänge überträgt. Denken Sie bitte hier- bei nur etwa an das vergleichende Studium der Entwicklungsgeschichte und an das in den letzten Jahrzehnten so außerordentlich an Interesse gewin- nende, vergleichende Studium der Verhaltensweisen. Bewegungsvorgänge sind aber nun Tflüchtige, raum-zeitliche Gebilde, und das Bedürfnis, dieselben zum Zwecke wiederholten und vergleichenden Betrachtens festzuhalten, ist daher noch um ein Vielfaches größer als die Notwendigkeit einer Fell-, Skelett- und Präparatesammlung für den vergleiahenden Morphologen. Seit zwei Jahren hat daher unser Institut, von einer Reihe von Fachvertretern hierzu aufgefordert und bei der Arbeit weitgehend beraten und unterstützt, begonnen, eine Sammlung aller denkbaren, tierischen Bewegungsvorgänge in Filmstreifen zusammenzustellen. Hierbei waren folgende Gesichtspunkte zu beachten:

1. Die betreffende Filmaufnahme soll möglichst nur einen bestimmten Bewegungsvorgang jeweils herausgreifen, diesen aber so ausführlich darstellen, daß auch die immer vorhandenen Variationsbreiten dabei mit erfaßt werden;

2. soll die Qualität der Aufnahme in jedem Fall ausreichen, um außer der subjektiven Betrachtung im Laufbild auch die Bild-für-Bild- Auswertung durch Phasenzeichnung, Auszählung, Messung usw. zu ermöglichen.

3. Die Filme sollen möglichst kurz sein, damit der schnelle Vergleich verschiedener Filme miteinander erleichtert wird. Daher muß auf die übliche Form des bereits nach übergeordneten Gesichtspunkten zusammengestellten Films verzichtet werden; denn der Gesichtspunkt, unter dem der zukünftige Benutzer den Film vergleichen und aus- werten möchte, kann nicht vorausgesehen werden und wird von Fall zu Fall immer verschieden sein.

So schien uns die gegebene Lösung der Kurzfilm, der jeweils nur ein ganz enges Thema erfaßt und beliebig mit anderen, gleichartigen Kurz- filmen zusammengestellt werden kann. Die Lösung nannten wir bei uns das „Baukasten-Prinzip“. Aus den einzelnen „Bausteinen“ kann man wahlweise entweder das Bewegungsinventar einer Tierart zusammen- oder vergleichbare Bewegungsvorgänge bei verschiedenen Tierarten nebeneinanderstellen.

Herr Dr.-Ing. G. Wolf, Direktor des Instituts für den Wissenschaft- lichen Film, auf dessen Initiative die Aufnahme dieser Arbeiten zurückgeht, gab dem Vorhaben die Bezeichnung ENCYCLOPAEDIA CINEMATOGRA- PHICA; er ist zugleich sein Herausgeber. Träger der Arbeiten ist vorläufig noch allein das Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen. Doch wir alle sind uns bewußt, daß auf die Dauer eine so umfassende Aufgabe nicht im Rahmen eines Instituts und nicht auf nationaler Basis allein erfoig- reich bearbeitet werden kann. Engste internationale Zusammenarbeit wird daher von uns angestrebt. | i

Als Vertreter unseres Instituts darf ich Ihnen heute einige Einheiten der Encyclopaedia Cinematographica vorführen. Zuvor möchte ich aber noch

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einige kurze Worte hinsichtlich der späteren Benutzung dieser Einheiten durch den Forscher und Universitätslehrer sagen. Den meisten am Studium von Bewegungsvorgängen interessierten Instituten steht heute noch kein für alle vorkommenden Zwecke genügendes Auswert-Gerät zur Verfügung, ein Gerät also, das es ermöglicht, den Film sowohl zur Betrachtung durchlaufen zu lassen als auch jedes einzelne Bild für sich auf einen Projektionsschirm zu werfen, dort nachzuzeichnen, auszumessen oder sonst auszuwerten. Ein solches, für alle anfallenden Zwecke geeignetes und doch im Preis erschwing- liches Gerät versucht unser Institut augenblicklich zu entwickeln, und wir dürfen auf ein befriedigendes Ergebnis in absehbarer Zukunft hoffen.

Für den schnellen, sukzessiven Vergleich zweier Bewegungsweisen ist es wünschenswert, zwei beliebige, kurze Filmstreifen möglichst schnell hinter- einander zeigen und eine Serie solcher Streifen für die Vorlesung nach Be- lieben zusammenstellen zu können, so wie man auch eine Diapositiv-Samm- lung benützt. Auch für diesen Zweck wird derzeit ein Gerät in unserem In- stitut entwickelt.

Wir sind davon überzeugt, daß die begonnene Sammlung für das ver- gleichende Studium von Bewegungsvorgängen eine ständig zunehmende Bedeutung erlangen und, wenn sie einmal einen entsprechenden Umfang an- genommen hat, die Bearbeitung mancher Probleme überhaupt erst ermög- lichen wird. Wir stellen Ihnen heute diese Arbeit vor in der Hoffnung, daß auch Sie darin einen aussichtsreichen Beginn erblicken mögen, und mit der Bitte, daß Sie möglichst reichlich von dieser neuen Einrichtung Gebrauch machen und unsere weitere Arbeit daran nach Möglichkeit unterstützen.

(Verfasser führte anschließend einige Kurzfilme der „Encyclopaedia Cinematographica“ vor, welche sich auf Probleme seiner Arbeiten über das Verhalten von Feliden beziehen. Es handelt sich um die Frage des genetischen Zusammenhanges zwischen Tötung der Beute, Transport der Jungtiere durch die Mutter und Nackenbiß bei der Kopulation und um die Frage der systematischen Stellung der alt- und neuweltlichen Kleinkatzen zueinander. Über beides soll an anderer Stelle ausführlich berichtet werden.)

Diskussion: Dathe: Zwei Fragen möchte ich an den Vortragenden richten: 1. Wie viele Stücke derselben Art hat er bei völlig gleicher Situation beobachtet? 2. Wie war der Grad des Hungers bei den Tieren? Meines Erachtens kann etwas Allgemeingültiges keinesfalls gesagt werden, bevor man nicht mindestens 20 Tiere derselben Art überprüft hat. Mir scheint das gilt für viele Verhaltensforscher —, daß nicht genügend die Variabilität der Verhaltensweisen berücksichtigt wird, sondern von einem Stück oder wenigen Exemplaren auf die gesamte Art geschlossen wird. Das Beuterupfen ist zu einem guten Teil Temperamentssache des Einzeltieres. Ein hungriger Leopard zum anderen wird seine Beute anders rupfen und schnel- ler anschneiden als ein schon mehr oder weniger gesättigter. Auch das Tragen der Jungen durch die Alten ist nicht so uniform, wie es Film und Vortrag zeigten. v. Wettstein: Während Serval und Puma ihre Beute beim Rupfen mit den Vorderpranken festhalten, tun es die Hauskatzen nach meiner Beobachtung nicht. Es wäre interessant, Vergleichsfilmaufnahmen zu machen.

12 Uhr 12 bis 12 Uhr 23: Lüftungspause. 12 Uhr 23 bis 12 Uhr 25: Geschäftliche Mitteilungen durch Herrn Pohle.

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12 Uhr 25 bis 12 Uhr 55: Vortrag M. Eisentraut (Stuttgart): Vor- läufiger Bericht über säugetierkundliche Untersuchun- genamKamerunberg.

Während eines kürzeren Aufenthaltes in Britisch-Kamerun im Früh- jahr 1938 entstand der Plan einer größeren Forschungsreise in das Gebiet des Kamerungebirges. Erst Ende 1953 gelang es mir, diesen Plan, zusam- men mit Herrn Dr. Steinbach, zur Ausführung zu bringen. Haupt- aufgabe war: Die Untersuchung der Wirbeltierfauna, insbesondere der Säugetiere, in den verschiedenen Höhenstufen des Kamerungebirges. Dieses jungvulkanische Bergmassiv steigt fast unmittelbar aus dem Meere bis zu einer Höhe von 4070m an. An seinem Fuße ist der primäre Urwald weit- gehend gerodet. Es dehnen sich hier weite Pfanzungsgebiete aus. Wo noch primärer Wald steht, trägt er den Charakter des tropischen Regen- waldes. In 800—900m geht dieser allmählich in den Montanwald über. Zahlreiche Baumarten verschwinden hier und machen neuen Vertre- tern Platz. Sehr charakteristisch für die untere Stufe des Bergwaldes ist das Auftreten der altertümlichen Baumfarne (Marattia). Aus der Baum- farn-Region kommt man in ca. 1600—1700 m in die obere Bergwald- stufe, die Region des Nebelwaldes, in der die alle Bäume über- ziehenden Moose, Flechten und Bärlappgewächse eine reiche Entfaltung zeigen. In durchschnittlich 2000 m Höhe erreicht der Wald seine obere Grenze. Unvermittelt beginnt hier das Gebiet der Bergsavanne und des Graslandes, das sich bis in große Höhen hinaufzieht und schließ- lich von der Region der Erdflechten abgelöst wird. Gipfelwärts treten mehr und mehr kahler Felsuntergrund und Geröllhalden hervor. An Hand von Farbdias werden diese verschiedenen Lebensräume vorgeführt und die jeweils charakteristischen Vertreter der Tierwelt kurz besprochen. Ein genaueres Eingehen auf die Verbreitung der Tierwelt muß einer spä- teren Bearbeitung vorbehalten bleiben. Daneben wurden Untersuchungen über den Wärmehaushalt niederer Säugetiere fortgesetzt. Die tropischen Chiropteren zeichnen sich ebenso wie die Vertreter in gemäßigten Breiten durch primitive Wärmeregulation aus (Tagesschlaflethargie). Das Weiß- bauch-Schuppentier (Manis triouspis) hat eine auffallend niedrige Körper- temperatur. Die Reise wurde Ende Juni 1954 beendet. Neben einem reichen Sammlungsmaterial wurde eine größere Zahl lebender Tiere für die Stuttgarter „Wilhelma“ mitgebracht.

Ohne Diskussion.

12 Uhr 55 bis 15 Uhr 20: Mittagspause.

H. 4. wissenschaftliche Sitzung.

Sonntag, 1. August 1954, 15 Uhr 20 bis 17 Uhr 50. Vorsitz: Th. Halten- orth. Anwesende: 36 Mitglieder, 31 Gäste.

15 Uhr 20 bis 15 Uhr 25: Geschäftliche Mitteilungen durch die Herren Haltenorth und Pohle.

15 Uhr 25 bis 15 Uhr 50: Vortrag F. Kühlhorn (München): Tie- rische Lebensräume in Süd-Mattogrosso.

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 159

Als Teilnehmer der von Herrn Prof. Dr. H. Krieg geleiteten Süd- amerika-Expedition 1937/38 hatte ich Gelegenheit, die tierischen Lebens- räume einiger Gebiete Süd-Mattogrossos zu untersuchen, über deren Beson- derheiten kurz berichtet werden soll.

Das Forschungsgebiet (etwa vom Rio Paranä, dem 54.° westl. L., dem 21.° südl. Br. und dem 24.° südl. Br. begrenzt) liegt im Bereich der Randtropen und zeichnet sich durch ein periodisch trockenes Savannenklima mit einer sommerlichen Regenzeit und einer winterlichen Trockenperiode aus. Klar lassen sich zwei vegetationsmäßig unterschiedliche, an ihren Grenzen viel- fach durch Übergänge verbundene Großlandschaften, und zwar die mit Feuchtwäldern und Überschwemmungssavannen bedeckten Niederungen der Mittel- und Unterläufe der großen rechten Nebenflüsse des Rio Paranä und die mit einer vorwiegend xerophilen Vegetation bestandenen Flächen des leichtwelligen inneren Hochlandes erkennen.

Im Tiefland finden sich folgende durch besondere Umweltverhältnisse gekennzeichnete Lebensräume: 1. die stehenden und fließenden Gewässer, 2. die Überschwemmungssavannen verschiedener Prägung und 3. die Feucht- wälder unterschiedlichen Charakters.

Für verschiedene Säuger stellen die Gewässer den Hauptnahrungsraum dar (z.B. für den Schwimmbeutler und den Otter), während sie von anderen zum Schöpfen (z.B. Spießhirsche) oder als Zuflucht aufgesucht werden (z.B. Wasserschwein). Der über ihnen gelegene Luftraum dient abends und nachts Fledermäusen verschiedener Art (z.B. Noctilio leporinus [L.]) als Jagdgebiet.

Die Gewässer des Tieflandes werden entsprechend dem jeweiligen geo- morphologischen Charakter der einzelnen Landschaften entweder von Über- schwemmungssavannen oder von hygrophilen Urwäldern verschiedener Prä- gung begrenzt. Die Feuchtwälder stellen im Gegensatz zur flächenhaften, zweidimensionalen Savanne einen dreidimensionalen Raum dar (Hediger) und zeichnen sich in der bodennahen Zone durch relativ konstante Umwelt- verhältnisse aus (teilweise recht geringe Durchlichtung, mehr oder weniger gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchtigkeit, fehlende oder schwache Luftbewegung, großer Vegetationsreichtum und damit verbundene Unweg- samkeit), die in der Baumkronenregion weniger ausgeprägt sind. Die fast ausschließlich baumlebenden Affen tragen diesem Umstande durch Ver- mehrung ihres subkutanen Fettgewebes und Verdichtung des Haarkleides zu Beginn der kühleren Trockenperiode Rechnung.

Eine Reihe von Waldsäugern zeigen eine verhältnismäßig geringe öko- logische Valenz, wie z.B. Cebus, Alouatta und Hesperomys. Typische Loko- motionstypen dieses Lebensraumes sind Kletterer (Affen), Brecher (Tapir) und Schlüpfer (Aguti).

Die Überschwemmungssavannen stellen ein inkonstanteres Milieu als der Feuchtwald dar und treten in Form temporär oder permanent über- fluteter bzw. versumpfter Flächen auf, deren Vegetation je nach dem Grade der Bodendurchfeuchtung in Zusammensetzung und Aufbau deutliche Unter- schiede erkennen läßt. Die feuchteren Hochgraskomplexe werden u. a. vor allem vom Sumpfhirsch aufgesucht, während die trockneren, meist kurz- grasigen Geländestreifen u. a. von Meerschweinchen und Gürteltieren bevor- zugt werden.

140 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

An die Vegetationstypen des Tieflandes schließen sich auf den meist leichtwellig aufsteigenden flachen Talhängen in der Regel Wälder mit mehr oder weniger ausgeprägten Charakterzügen eines Trockenwaldes an, die in die Vegetationsformen des inneren Hochlandes überleiten. Dieses wird von den sogenannten Campos beherrscht, die sich im wesentlichen aus xerophilen Formationen verschiedener Prägung zusammensetzen. Weite Flächen werden von Grasfluren bedeckt, die in Form einer busch- und baumlosen Grassavanne (Campo limpo) und des mit vereinzelten Buschgruppen und Einzelbäumen bestandenen Campo sujo in Erscheinung treten. Vorherrschende Lokomotions- typen dieser zweidimensionalen offenen Landschaften sind Läufer (z.B. Mähnenwolf) und Gräber (z.B. Sechsbinden-Gürteltier und Kammratten). Im inneren Hochland finden sich im Gegensatz zum Tiefland Gehölzkom;- plexe nur in tieferen, bodenfeuchteren, geschützteren Gelände. Die Über- gänge von der Grasflur zu den mit Holzpflanzen bestandenen Flächen sind meist mehr oder weniger gleitend. Eine Formation, welche die Charakterzüge der Grasflur mit denen einer Holzpflanzengemeinschaft verbindet, ist der Campo cerrado, der geschlossene Kamp, der sich in die Gehölzsavanne (kleine, in die Grasflur eingestreute Gehölzinseln) und in die Baumsavanne (lockerständiger Baumwuchs inmitten einer aus Gräsern, Kräutern, Hochstau- den und Sträuchern gebildeten Unterwuchsschicht) gliedert. Bei weiterer Verdichtung des Holzpflanzenwuchses entsteht an edaphisch günstigen Stellen der Savannenwald oder Cerraddo (engständiger, hochwüchsiger, schatten- spendender Wald mit einem gewissen Lianen- und Epiphytenreichtum).

Neben diesen mehr oder weniger xerophilen Pflanzenformationen fin- den sich im Bereich von Quellsenken und an den spärlichen Wasserläufen als Capöes bezeichnete hygrophile Waldkomplexe.

Die Holzpflanzenformationen des inneren Hochlandes beherbergen u.a. die gut kletternde Tamandua sowie den Nasenbären und dienen manchen Säugern als Tageseinstand (z. B. Kamphirsch).

Süd-Mattogrosso ist in vieler Beziehung ein Übergangsgebiet, wie die bodenkundlichen, klimatologischen, floristischen, zoologischen und anthropo- geographischen Untersuchungsergebnisse zeigten.

Bei der Art der Themastellung mußte naturgemäß die Schilderung der Umweltverhältnisse im Vordergrund stehen, ohne deren Kenntnis es heute unmöglich ist, Fragen der Systematik, Okologie und Verbreitung der Tiere befriedigend zu lösen. Dieser Notwendigkeit ist leider in den zoologischen Reiseberichten nicht immer in dem für eine vollständige Auswertung der Beobachtungs- und Sammelergebnisse erforderlichen Maße Rechnung getragen worden. Aufgabe dieses Referates sollte es deshalb sein, auf die Wichtigkeit der Umweltforschung bei wissenschaftlichen Forschungsreisen ins Ausland hinzuweisen und auf die dabei zu berücksichtigenden Hauptprobleme auf- merksam zu machen. Bei der Kürze der für den Vortrag zur Verfügung stehenden Zeit konnten daher die mammologischen Forschungsergebnisse nur andeutungsweise gestreift werden.

Ohne Diskussion. 15 Uhr 50 bis 16 Uhr 14: Vortrag D. Müller-Using (Hann.-Mün-

den): Zur Verbreitungsgeschichte und Ökologie der Mar- mota marmota L. (Siehe p. 166 des Bandes 19 dieser Zeitschrift.)

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 141

Diskussion: v. Wettstein glaubt nicht, daß das Murmeltier in den Ostalpen (Niederösterreich, Steiermark, Ost-Kärnten) ausgerottet wurde, weil es keinerlei historische Nachrichten gibt, daß es früher vorgekommen wäre. Er meint, daß es in den Ostalpen, ebenso wie der Steinbock, aus klimatischen Ursachen seit der Eiszeit ausgestorben ist. Das Murmeltier braucht Was- ser und fehlt dort, wo es über der Baumgrenze kein Wasser findet. In Tirol bilden die Stubeier- und Oetztaler Alpen ein geschlossenes Vorkom- mensgebiet der Murmeltier.. -—Müller-Using.— Priemel :Kurzer Hin- weis auf ein wenig bekanntes Murmeltier-Vorkommen im Wetterstein- Massiv auf eingesprengtem Neocom (sandige Kalke) in der Nähe des „Gat- terls“. Die Tiere gehen zurück auf Aussetzungen Ganghoters in seinem da- maligen Jagdgebiet am „Gatterl“‘. Haltenorth: Bestätigung, daß „Pfiff“ des Murmeltieres ein Schrei ist, da ich vor einigen Tagen bei einem Gefangenschaftstier (frischer Wildfang) die Schreiausstoßung mehrere Male aus allernächster Nähe beobachten konnte. Außerdem konnte ich dabei be- stätigen, was Bopp (1954) feststellte, daß der Schrei eine akustische Terri- toriumsmarkierung ist. Das Tier „pfiff‘“ jedesmal anhaltend, wenn ich eine ganz bestimmte Distanz überschritt und flüchtete dann in seine Käfigwohn- ecke, die ihm in diesem Falle gezwungenermaßen den Bau ersetzte.

16 Uhr 20 bis 16 Uhr 46: Vortrag A.Kleinschmidt (Braunschweig): Die Speed-Ebhardtsche Pferdetypenlehreundihreprak- tische Anwendung auf die Beurteilung von neuen Funden aus dem Palaeolithikum von Salzgitter-Lebenstedt.

Das Pferdematerial der in Salzgitter-Lebenstedt von Februar bis Juni 1952 durchgeführten Aufgrabung einer paläolithischen Rentierjägerstation aus dem Beginn des letzten (Würm/Weichsel-)Glazials (vgl. Vorbericht von acht Autoren in „Eiszeitalter und Gegenwart 3“, p. 144—220, 1953) umfaßte außer hier noch nicht berücksichtigten Fundstücken von Rumpf- und Extre- mitäten-Knochen:

1 nicht ganz vollständigen Oberschädel (7 Einzelteile), 9 Oberschädel-Fragmente,

19 Unterkiefer-Teile bzw. Fragmente,

14 Einzelzähne,

7 Metacarpalia (4 vollst. / 3 Brehst.),

12 Metatarsalia (7 vollst./5 Brehst.),

(1 Kreuzbein).

Der Vergleich des Oberschädels mit den Unterkieferteilen läßt zwei differente Formtypen erkennen, und zwar nach sorgfältiger Rekonstruktion des Schädels und seiner Längen- und Breitenmaße bzw. der entsprechenden Indices (Nehring-Ind. L.IH.III) gemäß der Einteilung v. Reich- nau’s (1915):

1. einen dulichöpresdpen Typus, 2. einen pachyprosopen Typus.

Danach gehört dieser Schädel mit einem NLI=259 (= größer als 240!) und einem NI.II=280 nach der von v.Reichnau gegebenen Definition ohne Zweifel in die dolichoprosope Gruppe der langschädeligen frühdiluvialen Großpferde und ist nach Größe und Zeit zwischen E. taubachensis Frdbg. und E. germanicus Nehring/Wüst (Remagen bzw. nach v. Reich- n auscher Definition!) einzuordnen.

142 Zeitschrift für Säugetierkande, Bd. 20, 1952 (1955).

Die Unterkiefer lassen sich diesem Befund entsprechend nach der Neigung ihres Ramus mandibulae in zwei Gruppen einteilen:

1. eine mit flachem Neigungswinkel / zum Oberschädel passend; 2. eine mit steilem Neigungswinkel / nicht zum Oberschädel passend.

Da die letzteren bei normaler Kiefergelenk-Artikulation keinen molaren und incisivalen Zahnschluß mit dem Oberschädel besitzen (Differenz bis 5cm), ist auf das Vorhandensein eines kurzköpfigen-pachyprosopen Typus neben dem dolichoprosopen in der Lebenstedter Fauna zu schließen oder die Leben- stedter Urwildpferd-Population muß eine ungemein große Variationsbreite besessen haben.

Ein Vergleich der Längenmaße der Metapodien läßt ohne weiteres keine deutliche Abgrenzung beider Typen zu. Aber die Variationsbreite von 15cm (Mtcarp.) bzw. 10cm (Mttars.) ist ebenfalls sehr groß und zeigt nach oben nicht nur einen Anschluß, sondern auch ein Transgredieren gegen- über E.taubachensis (tarsal). Nach unten ist dagegen ein weites Transgredie- ren in die v.Reichnausche germanicus-Gruppe festzustellen mit deut- lichem Anschluß an die pachyprosope przewalskii-Gruppe.

Dieses ermöglicht m.E. die Zuordnung des kleineren zu einem prze- walskii-ähnlichen Typus, was durch röntgenologische Untersuchung der Unter- kiefer und Metapodien unter Anwendung Speed-Ebhardtscher Metho- den und Einteilungs-Schemata seine Bestätigung findet.

Vermutlich ist nach diesem Ergebnis E.germanicus Nehring/Wüst im Sinne von v.Reichnau kein einheitlich zu definierender Typus. Viel- leicht können hier die Methoden und Erkenntnisse von Speed-Ebhardt weiterhelfen.

Diskussion: Herre: Die Befunde von Kleinschmidt fügen sich ein in eine Darstellung über die Entwicklung der Pferde von Nohs, diein der Zeit- schrift für Tierzüchtung und Züchtungsbiologie im Druck ist. Die Auffas- sung, daß zwei Pferdeformen in Lebenstedt waren, ist noch unsicher, da zu- nächst die Variationsbreite der Pferdepopulation in Lebenstedt zu überprüfen wäre. Wieder sei auf die Arbeit Nohs verwiesen. Für unnötig halte ich (ebenso Boessneck, München) die Beziehung auf die Speed-Eb- hardtschen Typen. Diese Typen sind noch viel zu unsicher definiert; sie sind noch nicht zu den bisherigen Auffassungen über die Pferdearten in klare Beziehungen gebracht. Solange dies beides nicht geschah, ist eine Diskussion nutzlos. Kleinschmidt: Ich sehe mich veranlaßt, vor allen Dingen im Hinblick auf die schon eingehend vor meinem Vortrag statt- gefundene Diskussion folgendes klarzustellen: Ich habe mich in meinen Aus- führungen nicht mit den besonderen Gedankengängen von Speed-Eb- hardt identifiziert, sondern mich exakt an meine Befunde gehalten. Wohl aber hat mir die Anwendung Speed-Ebhardtscher Methodik meine Befunde hinsichtlich der Zugehörigkeit der kurzen und steilwinkligen Kiefer zum przewalskii-Typus nicht nur bestätigt, ja sie mir praktisch eigentlich erst ermöglicht. Deshalb durfte ich sie hier nicht verschweigen, da ich mich sonst dem Vorwurf eines Schmückens mit fremden Federn aussetzen würde. Eine Darstellung der Speed-Ebhardtschen speziellen Gedankengänge war bekanntlich durch einen Vortrag von Herrn Ebhardt selbst vorgesehen.

16 Uhr 50 bis 17 Uhr 07: Vortrag H. J. Stammer (Erlangen): Para- siten der deutschen Kleinsäuger. Kein Referat eingegangen.

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 145

Diskussion: Krampitz regt an, bei parasitologischen Untersuchungen auf unterschiedlichen Befall (quantitativ wie qualitativ) bei Wald- und Gelb- halsmaus (Apodemus sylvaticus und flavicollis) im gleichen Gebiet und zur gleichen Zeit zu achten. Es wird auf das Unterscheidungsvermögen des Wald- maustrypanosoma (Tryp. grisei Laveran) zwischen den beiden nahe ver- wandten Wirtstieren hingewiesen. Mendheim: Auf Grund eigener Un- tersuchungen wird auf die qualitativen und quantitativen Unterschiede im Hel- minthenbefall hingewiesen. Unterschiede im Befall zwischen Waldmaus und Gelbhalsmaus konnten bei eigenem Material nicht festgestellt werden. Ein möglicher Einfluß der Bodenverhältnisse wird zur Debatte gestellt.

17 Uhr 12 bis 17 Uhr 50: Vortrag OÖ. Ryberg (Älnarp): Über die Lebensweise der Fledermäuse in Schweden. Mit Film. Refe- rat nicht eingegangen. Ohne Diskussion.

17 Uhr 50 bis 20 Uhr 30: Fahrt nach Nymphenburg.

Im Anschluß an die 4. wissenschaftl. Sitzung fuhren die Teilnehmer mit der Straßenbahn nach Nymphenburg, um die dort im Schloß untergebrachte Zoolog. Staatssammlung zu besichtigen. Unter Leitung von Herrn Haltenorth wurde die Führung in drei Gruppen vorgenommen. In seinen einleitenden Worten schilderte Herr Haltenorth das Schicksal der Zoologischen Staats- sammlung während und nach dem Kriege. Nach weiteren Ausführungen über zukünftige Pläne und den in Aussicht genommenen endgültigen Verbleib der Sammlungen begann die Besichtigung der Museumsräume. Als besondere Glanzstücke wurde das Fell des Andenwolfes und einige Katzen aus Ostasien

vorgeführt.

Den Abend verbrachten die Tagungsteilnehmer ohne gemeinsames Pro- gramm in verschiedenen Gaststätten.

I. 5. wissenschaftliche Sitzung.

Montag, 2. August 1954, 8 Uhr 32 bis 9 Uhr 50. Vorsitz: H. Nachtsheim. Anwesende: 34 Mitglieder, 23 Gäste.

8 Uhr 32 bis 8 Uhr 49: Lichtbildervortrag I. Eibl-Eibesfeld (Bul- dern): Beobachtungen über territoriales Verhalten und Brutpflege des Galapagos-Seelöwen.

Siehe p. 75 dieses Bandes. Im Vortrag wurde der Seelöwe der Galapagos- Inseln als Zalophus californianus bezeichnet.

Diskussion: Ryberg: Ich glaube, daß Dr. Erling Sievertsen einen neuen Seelöwen gerade von den Galapagos neuerdings beschrieben hat. Die Type dürfte in Oslo sein. Mohr.

ö Uhr 50 bis 9 Uhr 04: Lichtbildervorführung F. Frank (Oldenburg): Biotopbilder von den Lebensräumen der Feldmaus.

Diskussion: Kleinschmidt: In Ergänzung zu den Erdmausschä- den am Laubholzunterwuchs im Südharz (Siebers) möchte ich einen Scha- densfall im Bereich des Forstamts Lehre (Kampstück, nördl. Braunschweig) an ca. 10cm starkem Kiefernbestand anführen. Dort inselartig Totalverlust von Kiefern, die dicht über dem Boden ganz offensichtlich von agrestis ge- ringelt waren. Belegstück im Museum Braunschweig.

144 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

9 Uhr 06 bis 9 Uhr 17: Vortrag H.J. Telle (Hannover): Zur Terri- torialität der Wanderratte.

Einige Beobachtungen bei Rattenbekämpfungsaktionen zeigten nicht immer eine unbedingte Gebundenheit der Wanderratten an ein „Revier“ oder an ein bestimmtes „Rudelverhalten“.

1. Beobachtung: Abdeckerei Bernau bei Berlin, ca. 9000 qm verrattetes Gelände. Das Futterangebot war gleichbleibend stark. Direkte Beobachtungen (nachts) und Kontrolle der Fußspuren auf dem Mehl, mit dem vier Tage jeden Abend sämtliche Ausschlupflöcher und Durchgangsstellen leicht be- streut wurden, zeigten eine deutliche Abgrenzung zweier Reviere: Revier a mit ca. 200 Tieren, Revier b mit ca. 800 Tieren. Stets waren aber auch einige Spuren vorhanden, die von Revier zu Revier gingen.

In Lebendfallen wurden vom Rudel a 12 Stück Wanderratten, vom Rudel b 22 Wanderratten und von den Tieren (c), die zwischen beiden Revieren hin- und herliefen, 9 Stück (I 0’, 499) gefangen. In einem Freigehege von 10x 7m zusammengesetzt ergab sich folgendes (Versteck- und Unterschlupfmöglichkeiten waren in allen Fällen gegeben):

1) So a und OO b etwa gleicher Gewichtsklasse: sofortiger Angriff der S'G' untereinander, erst später der QD. Nach drei Tagen lebten noch oY von a, die’die folgenden 15 Tage bis Versuchsende ohne Beißereien

zusammenlebten.

2) SO b und SQ e blieben ohne gegenseitigen Angriff 15 Tage zu- sammen. Versuch wurde danach abgebrochen.

3) OP bund G'Q c, etwa die gleichen Ergebnisse wie im Versuch 2). 4) Wiederholung des Versuches :1) G'Q a und Z’Q b. Nach kurzem Kampf blieben S'b und Qa übrig.

Parallel zu diesen Versuchen :wurden einige in der Nacht gefangene Tiere am Morgen (bei beginnender Dämmerung, wo die Wanderratten hier am lebhaftesten waren) wieder ausgesetzt.

1) Im Revier a gefangene Tiere wurden im Hevier b freigelassen: a-Ratten verhielten sich unsicher (S'o" und OD). Meist fanden sie sich in ihr Revier a zurück und verschwanden dann schnell in einem Loch oder un- ter den Dielen usw. Beißereien mit b-Ratten wurden nicht beobachtet.

2) b-Ratten in a-Revier: etwa dieselben Ergebnisse wie 1).

3) c-Ratten in a- undb-Revier: es erfolgte keine sofortige Flucht. Unter 30°0" und 4 QQ nur ein ® (Jungtier) nach b schnellstens geflüchtet.

Nach Abschluß der Bekämpfung mit Cumarinpräparaten fand man im a-Revier (Niststätten) 110 Tiere, im b-Revier (Niststätten) 523 Tiere tot. Auf diesen Zahlen beruhen auch die oben geschätzt angegebenen Stärken der einzelnen Reviere.

Auffallend war auch bei dieser Bekämpfungsaktion, daß man an den ersten drei Bekämpfungstagen mit Cumarinstreupulver einem kumulie- rend toxischen Gift fast nur Yo‘ und QQO über 300g und unter 808g fand. Die sich daraus ergebende Vermutung, daß allgemein die schwersten Tiere zuerst die Schlupfwinkel verlassen, wurde auch durch nächtliche Beob- achtungen bestätigt. Die kleineren Tiere scheinen für Cumaringifte empfäng- licher zu sein. .

K. BECKER, Niederschrift der 28. Hauptversammlung. 145

Bekämpfungsaktionen an zwei weiteren Stellen (Kleinmachnow und Elsholz bei Beelitz) erbrachten etwa die gleichen Ergebnisse: Neben fester an ein Revier gebundenen Wanderratten waren auch solche vorhanden, die unangestritten zwischen den einzelnen Revieren umherlaufen konnten.

Daß fremde Artgenossen nicht immer von den im Revier wohnenden Wanderratten verbissen oder getötet werden, zeigt eine andere Beobachtung: “dc und 1022 Wanderratten vom Leipziger Zoologischen Garten ent- flohen am Tage ihrer Ankunft im Rattenstall der Biologischen Zentralanstalt Berlin-Kleinmachnow. Sie setzten sich unter den von anderen im Käfig be- findlichen Wanderratten fest. Die entflohenen Ratten liefen frei umher und ließen sich durch die anderen im Käfig gehaltenen Ratten nicht stören. Zu fressen fanden die Leipziger Ratten in dem nahe gelegenen Hühnerauslauf. Andere Futterquellen waren ausgeschlossen. Etwa 11 Wochen später Mitte Dezember 1953 wurden aus Dresden ein von 5008, zwei OD von 400g und 250g sowie ein (' aus Freiberg/Sa. von 550g in dem Rattenstall gezeichnet freigelassen. Die gezeichneten Tiere waren sämtlichst ca. 3 Wochen vorher gefangen worden und in einem anderen Keller unter- gebracht, von dem sie keine Verbindung zu den Leipziger Ratten haben konnten.

Kämpfe und Beißereien wurden nicht beobachtet.

Ende Januar wurden mit Schlagfallen folgende Wanderratten wieder gefangen:

1) die vier zugesetzten gezeichneten Tiere;

2) 21 Ratten, davon 7 Jungtiere, die den ersten Haarwechsel noch nicht beendet hatten.

Wie bei den folgenden wegen Bauarbeiten vorgenommenen Ausgrabun- gen festgestellt wurde, war ein zweiter Wohnplatz für die vier nachträglich zugesetzten, gezeichneten Tiere nicht vorhanden; sie mußten also von den Leipziger Ratten aufgenommen worden sein, ohne daß es zu schwereren Kämpfen gekommen sein mag.

Diskussion: Müller -Using.

9 Uhr 20 bis 9 Uhr 42: Vortrag H. Pohle (Berlin): Über den Sta- tus des Schomburgk-Hirsches.

Nach Charakterisierung des Schomburgkhirsches an Hand von vier Pho- tos des Berliner Exemplars, sowie von Schädel- und Geweihbildern wird auf die bisher angegebenen Merkmale zwecks Unterscheidung vom Barasinga eingegangen, die Pocock veranlaßten, für den Schomburgkhirsch eine besondere Gattung: Thaocervus zu beschreiben. Diese Unterschiede haben aber nicht das systematische Gewicht, das Pocock ihnen zumißt. Zum Teil liegen sie in der Variationsbreite, z.T. reichen sie gerade zur Definierung einer Unterart aus. Es bleibt das Geweih. Aber auch hier zeigte der Vortra- gende, daß es Stücke gibt, die eine Mittelstellung einnehmen. So bleibt nichts übrig, insbesondere, weil die beiden Formen sich auch geographisch ver- treten, als die Gattung Thaocervus zu verwerfen, und Barasinga und Schom- burgkhirsch als Glieder eines Formenkreises zu betrachten.

Ohne Diskussion.

9 Uhr 42 bis 9 Uhr 45: Geschäftliche Mitteilungen durch Herrn Pohle.

146 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

9 Uhr 45 bis 9 Uhr 50: Nach Abschluß der wissenschaftlichen Sitzun- gen sprach Herr Nachtsheim das Schlußwort. Mit einem Dank an alle Redner, die durchweg hervorragende Leistungen auf ihren Spezialgebieten vorgewiesen hätten, wurde die Vortragsveranstaltung geschlossen.

K. Geschäftssitzung.

Montag, 2. August 1954, 10 Uhr 00 bis 11 Uhr 45. Vorsitz: H. Nachtsheim. Anwesende: 34 Mitglieder. Tagesordnung: Wie in der Einladung auf p. 120 abgedruckt.

Zu 1 erhält Herr Pohle das Wort zur Erstattung von Geschäftsbericht und Kassenbericht. Seine Ausführungen werden in dem Bericht über die Jahre 1939 bis 1954 enthalten sein, der im nächsten Jahre erscheinen wird. Zu Ehren des Gründungsmitglieder Ernst Fechner, dessen am 30. 4. 1954 erfolgten Tod wir gerade erfahren haben, erheben sich die Anwesenden von den Plätzen.

Zu 2 erteilt die Versammlung Kassenwart und Geschäftsführer ein- stimmig Entlastung für ihre Tätigkeit.

Zu 3 werden als Ort für die Abhaltung der nächsten Hauptversammlung die Städte Münster, Braunschweig und Bonn genannt. Nach kurzer Diskussion über Vor- und Nachteile, die der eine oder der andere Ort für eine Tagung bieten, wird der Vorstand von der Versammlung ermächtigt, den Ort der nächsten Hauptversammlung von sich aus festzulegen. Die Entscheidung für seine Wahl solle in der Reihenfolge Münster—Bonn—Braunschweig erfolgen. Mit Rücksicht auf die Prüfungstermine am Schluß des Sommersemesters möge die Tagung erst Anfang August stattfinden.

Zu 4 wird der Jahresbeitrag für die Jahre 1953 und 1954 für jedes ordentliche Mitglied auf DM 15,— nachträglich festgesetzt. Herr Pohle stellte zur Diskussion, ob mit Rücksicht auf eine gesichertere Finanzierung der Zeitschrift der Jahresbeitrag eventuell erhöht werden könne. Herr Herre hielt eine Beitragserhöhung wegen anderweitiger Verpflichtungen der Mitglieder für nicht tragbar. Herr Dathe gab zu bedenken, daß bei einer Erhöhung der Beiträge die Werbekraft für die Zeitschrift und damit auch für die Gesellschaft weitgehend eingeschränkt würde. Auch eine Erhöhung des Beitrages der ausländischen Mitglieder (zum Ausgleich für höheres Porto und Wechselgebühren von zusammen DM 3,—) hielt Herr Nachtsheim für nicht angebracht. Somit wurde der Normalbeitrag für das kommende Jahr 1955 durch Abstimmung auch auf DM 15,— für jedes Mitglied fest- gesetzt. Ermäßigungen für Angehörige und Studenten bleiben in der bisher üblichen Form bestehen.

Zu 5 begründet Frl.E.Mohr den in der Einladung abgedruckten Antrag auf Satzungsänderung; die Herren Dathe, Zimmermann, Frank und Nachts- heim stimmen mit verschiedenen Begründungen zu. Herr Pohle versucht, die angegebenen Gründe zu widerlegen und bittet um Ablehnung des Antrages. Es sprechen sich dann noch die Herren Dathe, v. Wettstein, Stammer, Müller- Using und Nachtsheim für den Antrag aus. Auf Zuruf nennt Herr Nachtsheim die Namen der in Aussicht genommenen Mitglieder des Herausgeberkollegiums: K. Herter, E. Mohr, H. Nachtsheim, H. Pohle und K. Zimmermann.

Darauf erfolgt die Abstimmung über die eingebrachte Satzungsänderung. Von den anwesenden 34 Mitgliedern stimmen 29 dafür, 3 dagegen und 2 ent-

H. POHLE, Niederschrift der Exkursion nach Salzburg 147

halten sich der Stimme. Damit ist die Satzungsänderung auf dieser Haupt- versammlung angenommen.

Herr Pohle macht nun darauf aufmerksam, daß damit die Satzungsände- rung noch nicht rechtskräftig werden könne, weil wie die Satzung es vorschreibe nicht ein Drittel der Mitglieder an der Abstimmung beteiligt gewesen sei. Deshalb müsse die nächste Hauptversammlung den Beschluß wiederholen. Dann erst werde er unabhängig von der Zahl der Abstimmen- den rechtskräftig. Natürlich könne schon jetzt durch Verabredung im Sinne der Satzungsänderung verfahren werden. Herr Nachtsheim bestätigt diese Ausführungen.

Zu 6 hatte Herr Pohle das Amt des Geschäftsführers mit Wirkung ab 1. 1. 1955 zur Verfügung gestellt. Herr Nachtsheim stellte zunächst durch Befragen fest, daß diese ablehnende Haltung wegen der Satzungsänderung beibehalten wird und schlug dann namens des übrigen Vorstandes vor, Herrn Becker mit dem Amt des Geschäftsführers zu betrauen. Der Vorschlag wurde bei einer Stimmenthaltung einstimmig angenommen. Anschließend beantragte Herr v. Wettstein, Herr Pohle möge dann wenigstens die Schriftleitung der Zeitschrift weiterführen. Dieser stellte aber fest, daß das satzungsgemäß un- möglich sei. Herr Müller-Using wünscht Herrn Pohle Gelegenheit zu geben, seinen ablehnenden Entschluß noch einmal in Ruhe mit dem Ziel einer Re- vision zu überdenken. Bis zum Ende des Jahres würden sich zweifellos An- sätze bieten, die es ihm ermöglichten, sein Amt weiterzuführen. Herr Nachts- heim nimmt diesen mit Beifall belohnten Vorschlag bereitwillig auf, und so wird beschlossen, daß Herr Pohle sich bis Ende des Jahres entscheiden soll und daß im Falle der endgültigen Ablehnung Herr Becker an seine Stelle tritt.

Zu 7 stellt Herr v. Wettstein nach eingehender Begründung den Antrag, die Gesellschaft möge Maßnahmen ergreifen, um die griechische Insel Eremomilos ihrem privaten Besitzer abzukaufen, damit sie zu einem Reservat für die letzten dort lebenden Wildziegen Europas werden kann. Der Vorstand wurde beauftragt, in Verbindung mit dem Verein für Säugetierkunde und Säugetierschutz in den Benelux-Staaten beim Internationalen Naturschutz- kongreß, der Ende August d. J. in Kopenhagen tagen werde, vorstellig zu werden. Herr Wolf stellte sich als Überbringer des Antrages zur Verfügung.

Mit einem kurzen Dank an die Versammlung und mit den besten Wün- schen für die Exkursionen (einige Teilnehmer hatten Privatexkursionen ver- abredet) und für die Heimfahrt schloß Herr Nachtsheim die Sitzung.

L. Exkursion nach Salzburg. Von Hermann Pohle (Berlin)

Pünktlich um 13.10 Uhr des 2. 8. 1954 verließ mit insgesamt 37 Teil- nehmern unserer Tagung (22 Mitgliedern, 15 Gästen) der D-Zug München— Salzburg den Münchener Hauptbahnhof. Unterwegs stiegen noch zwei Gäste dazu. Sechs Teilnehmer machten den Weg im eigenen Wagen, so daß mit den beiden Salzburger Freunden insgesamt 47 Teilnehmer (26 Mitglieder, 21 Gäste) sich in Salzburg zusammenfanden. Da die Logisverteilung schon im Zuge vorgenommen worden war, konnten alle Teilnehmer nach der Ankunft zunächst ihr Hotel und dann erst das „Haus der Natur“ aufsuchen.

148 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Hier wurden wir von unserm alten Mitgliede, dem Direktor dieses einzig- artigen Museums, Herrn Prof. Dr. E. Tratz, mit großer Herzlichkeit, wienerischer Liebenswürdigkeit und südlicher Lebendigkeit empfangen. Wäh- rend des Ansammelns der Teilnehmer wurden jedem die nötigen geschäft- lichen Mitteilungen über den Verlauf des Abends und über die morgige Fahrt ins Blühnbachtal gemacht, und dann ging es an die Besichtigung der Schau- sammlung, die ohne oberflächlich zu werden im D-Zug-Tempo vorge- nommen werden mußte und doch zwei Stunden dauerte. Besonderes Interesse fanden natürlich die Bonobos und dann die großartige Lämmergeiergruppe mit den Angaben über Wiederauftauchen und Zunahme der Kolonie dieser Vögel im Lande Salzburg.

Zu 20 Uhr waren wir von Land und Stadt Salzburg zum Abendessen ge- laden. Mit einiger Besorgnis betrachteten wir unsere Kleidung; am besten waren natürlich in dieser Hinsicht unsere Damen versorgt, wir Männer aber hatten meist nur den Anzug mit, den wir auf dem Leibe trugen. Sowohl der Herr Landeshauptmann, wie der Herr ÖOberbürgermeister erschienen aber im Jagdanzug und enthoben uns aller Bedenken durch diese freundliche Geste, durch die sie zugleich die Verbindung zu unserer Wissenschaft andeu- teten. Willkommensgrüße und freundliche Wünsche wurden uns von beiden Herren ausgesprochen. Herr Nachtsheim dankte, und dann erzählte uns Herr Tratz die Geschichte der Stadtgemsen von Salzburg (s. Merian 7, 6, p- 45—46). Leider aber sollte niemand von uns das Glück haben, den Tieren in den Straßen Salzburgs zu begegnen. Nach Beendigung dieses fröhlichen Gastmahls hatte kaum einer Lust, das Hotel aufzusuchen. Gruppenweise fiel man in die vielen Kaffeehäuser Salzburgs ein und saß noch viele Stunden bei Kaffee, Kuchen, Eis und bald fröhlichen, bald ernsten Gesprächen zusammen. Und da begann sich an uns allen das Wunder zu vollziehen, das man in Salz- burg so leicht erlebt: wir gerieten langsam und ohne Alkohol in jene froh- selige Stimmung hinein, die mit dem Ausdruck „Schwärmen“ wohl am besten belegt wird. Sie traf alle gleichartig, die Norddeutschen, die Süddeut- schen, die Schweizer, Holländer, Dänen und Schweden. Und sie hielt bis zum Ende der Exkursion an. Erst lange nach Mitternacht gingen wir auseinander.

Um 9 Uhr morgens des 5. 8. 1954 trafen wir uns vor dem Haus der Na- tur wieder, jeder mit dem Proviant für den Tag ausgerüstet. Ein großer Überlandomnibus, ein kleiner Kombi und mehrere Privatwagen erwarteten uns. Schnell waren wir verstaut und dann ging es in den lachenden Morgen hinein, zuerst auf ziemlich ebener Landstraße, über Hallein, Golling nach Sulzau, langsam und schließlich stärker ansteigend das Blühnbachtal hin- auf, am Jagdschloß vorbei bis zur Jagdhütte. Hier mußten die Autos parken, für uns aber begann der Anstieg zu Fuß in Richtung Teufelshörner, der uns wohl noch 300 Meter höher brachte. Wir verlebten dann dort oben einen wundervollen Tag, wenn auch die Verabredung mit den zu beobachtenden Tieren nicht ganz eingehalten wurde. Immerhin beobachteten wir Alpen- salamander, Kreuzotter, Kolkraben, Steinadler und Gemsen. Mehr bot uns die Pflanzenwelt: überall um uns blühte es in allen Farben. Nur schwer konnte man sich von all’ der Herrlichkeit trennen und ein paar Versunkene wären um ein Haar zurückgeblieben. Im Jägerhaus gab es dann noch etwas Besonderes zu sehen: zwei Steinböckchen, die im Frühjahr aufgefunden und nun dort aufgezogen wurden. Gegen 18 Uhr waren wir wieder in der Stadt. Um 20 Uhr trafen wir uns im Stiegl-Keller in der Festungsgasse zum Nacht-

H. POHLE, Niederschrift der Exkursion nach Salzburg 149

mahl und zu einer in ihrer stillen Fröhlichkeit denkwürdigen Nachtsitzung, die uns gegen Mitternacht noch auf die Hohensalzburg führte. Unser Freund Wettstein-Wien mußte um 2 Uhr Salzburg verlassen. Bis 1 Uhr haben wir mit ihm ausgehalten; dann setzten wir ihn, nachdem er die Annahme eines ihm freundlichst überreichten Oleandertopfes der Straßenausschmückung ebenso freundlich abgelehnt hatte, in die Straßenbahn Richtung Bahnhof und suchten unsere Nachtlager auf.

Auch der dritte Tag in Salzburg begann mit schönstem Sonnenschein. Während die Teilnehmer einzeln und in kleinen Gruppen Salzburger Sehens- würdigkeiten besichtigten, mußte der Vorstand eine letzte offizielle Hand- lung vollziehen. Um 11 Uhr war er zum Salzburger Rundfunk geladen und mußte dort seine Ansichten über das Haus der Natur und über Bonobo kundtun. Um 13 Uhr versammelte sich ein Großteil der Teilnehmer auf der Hohensalzburg zu gemeinsamem Mittagsmahl. Wie schon in der Nacht zuvor genossen wir den wundervollen Ausblick auf die Stadt und auf das Land. Dann ging’s hinunter zum Fuß des Kapuzinerberges. Herr Tratz führte uns ein letztes Mal, und zwar hinauf zum Standquartier der Gemsen. Wir hatten Glück: Mutter und Tochter waren zu Haus und auch ihr rühriger Betreuer, der diese Arbeit aus reinem Idealismus macht. Der Bock war nicht zu sehen; er ist scheuer als die Geißen, und von diesen ist wieder die Mutter am wenigsten scheu. Sie ließ sich sogar streicheln, während die Tochter keinen Wert darauf legte, vielmehr auf mindestens eine Gemsen- breite Abstand hielt. Der Weg hinab ging zunächst zu einem Punkt mit wundervoller Aussicht auf die Feste und dann hinunter zur Linzer Straße. Neben dem Kapuzinerkloster verabschiedete sich unser liebenswürdiger Führer und verließ uns schnell. Der Himmel hatte sich bezogen und uns drückte der Abschied. Schnell nahm der eine noch eine Tasse Kaffee, der andere eine Portion Eis und der dritte ein letztes Helles. Unsere Sachen waren gepackt, und so konnten wir pünktlich den Bahnhof erreichen. Als wir ihn betraten, fielen die ersten Regentropfen, und als wir auf den Per- ron kamen, da regnete es, nein, da goß es vom Himmel. .Fahrplangemäß fuhr unser Zug ab, und viel zu schnell für die vielen Probleme, die noch gewälzt wurden, war München erreicht. Vor der Sperre verabschiedeten sich die 29 Rückfahrer, um nun in alle möglichen Teile Deutschlands, aber auch nach Dänemark, Holland und in die Schweiz auseinander zu spritzen.

Ein kleiner Teil blieb noch zusammen. Am nächsten Tage (5. 8. 1954) machten 8 Unentwegte noch einen Ausflug nach Augsburg und besichtigten dort den Tiergarten unter der freundlichen Führung durch seinen Direktor, Herrn Dr. G. Steinbacher, der uns wie an den vorhergehenden Tagen schon andere eingeladen und auch mit dem Volkswagenbus des Tiergartens herübergeholt hatte. Mit der Rückkehr nach München am Spät- nachmittag war dann die 28. Hauptversammlung endgültig vorüber.

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150 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

2.) Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen im Jahre 1954

Von Kurt Becker (Berlin-Dahlem).

A. Januarsitzung.

Montag, den 1. Februar 1954, 19.15—21.10 Uhr im Lichtbildsaal der Schillerschule, Berlin-Charlottenburg.

Anwesend: die Mitglieder Banzer, Be Curio, Geipel, K. Hein- roth, Johnke, T. Koch, E. Meise, Nowack, Ch. Pohle, H. Pohle, Polzin, Ch. Riemer, Telle und 22 Gäste.

Vorsitz: Becker. Niederschrift: Johnke.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr Pohle: Über das Milchgebiß des Bären. 3. Vorführung zweier Filmstreifen über den Nasen- affen und den Bambusbären. 4. Verschiedenes (ohne Vorlage).

Zu 1 wird die neugedruckte Werbeschrift mit der Aufforderung zum Eintritt in die Gesellschaft bekanntgegeben und verteilt.

Zu 2 hält Herr Pohle seinen angekündigten Vortrag, in dem er zunächst die Milchgebisse der Bären beschreibt; dann geht er auf die Zusammenhänge zwischen ihren Merkmalen und ihrer Funktion ein und schließlich auf die Bedeutung der Tatsache, daß es in der ganzen Reihe der Säuger keinen ersten Milchbackenzahn zu geben scheint, wenn auch von Pferd und Tapir das Vorkommen behauptet wird. In der Diskussion bestätigt zunächst Herr T. Koch das Vorkommen des ersten Milchbackenzahnes bei Pferden, den man hier seltsamerweise als „Wolfszahn“ bezeichne. Herr Kühne begrüßt die Beschreibung dieser Zähne, da man bisher kaum Angaben darüber in der Literatur finde. Weiter sprechen Frau Heinroth und Herr Lauterbach.

Zu 3 werden die beiden Filme über Bambusbär (von Herrn Pohle im Berliner Zoo aufgenommen) und vom Nasenaffen (aus dem Film „Borneo- rang‘‘) vorgeführt und mit Interesse aufgenommen.

Eine Nachsitzung fand nicht statt.

B. Februarsitzung.

Montag, den 22. Februar 1954, im Großen Hörsaal des Zoologischen Institutes, Berlin-Dahlem, 19.15—21.45 Uhr.

Anwesend: die Mitglieder Becker, Curio, Gewalt, Herold, Herter, Johnke, Meise, Nachtsheim, Nowack, Ohnesorge, Ch. Pohle, H. Pohle, Schnurre, Stahl, Stein, Telle, Tembrock, Zimmermann und 21 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim. Niederschrift: Johnke.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen (ohne Vorlage). 2. Herr Herter: Verhaltensforschung an Iltissen. Mit Lichtbilder- und Film- vorführung. 3. Führung durch das Tierhaus des Zoologischen Institutes.

Zu 2 hält Herr Herter seinen angekündigten Vortrag, in dem er, unter- stützt durch viele Lichtbilder, das Verhalten seiner zum größten Teil selbst aufgezogenen Iltisse erläutert.

K. BECKER, Niederschrift der wissenschaftlichen Sitzungen 1954 151

Anschließend wird ein Film über Elefanten vorgeführt, während

zu 3 Herr Herter erst die eine, dann die andere Hälfte der Anwesenden durch das Tierhaus führt, in dem die oben besprochenen Iltisse, ein Wasch- bär, Nutrias und Igel, darunter ein Großohrigel, untergebracht sind. Das Töten einer Ratte durch einen Iltis wird demonstriert.

Anschließend Nachsitzung im Schloßrestaurant Huster, Berlin-Steglitz.

C. Märzsitzung.

Montag, den 29. März 1954, 19 Uhr, im Hörsaal des Instituts für Genetik, Berlin-Dahlem.

Anwesend: die Mitglieder: Banzer, Becker, Curio, Gaffrey, Geipel, Heinroth, Herold, Herter, Lips, Meise, Nachtsheim, Nowack, ÖOhnesorge, Petzsch, Piechocki, Piepenborn, Ch. Pohie, H. Pohle, Polzin, J. Riemer, Stein, Telle, Zimmermann und 21 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen (ohne Vorlage). 2. Herr Hofer: Der Gestaltwandel des Säugetierschädels. 3. Verschiedenes.

Anschließend Nachsitzung im Restaurant zur Grenze, Bin.-Lichter- felde-West.

D. Aprilsitzung

Montag, den 26. April 1954, 19 Uhr, im Hörsaal des Institutes für Genetik.

Anwesend: die Mitglieder Banzer, Becker, Curio, Gaffrey, Herter, Johnke, Meise, Nachtsheim, Nowack, Ohnesorge, Ch. Pohle, H. Pohle, Polzin, Raethel, Telle und 21 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim) Niederschrift: Becker.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr Kühne: Die mesozoischen Säugetiere und ihre Vorläufer. 3. Verschiedenes (ohne Vorlage).

Zu 1 Prof. Nachtsheim verliest ein Dankschreiben zur Kondulation anläßlich des Todes von Dr. h. c. Otto Kleinschmidt, das sein Sohn, Dr. Adolf Kleinschmidt, an den 1. Vorsitzenden der Gesellschaft gerichtet hatte. Herr Pohle teilt den gegenwärtigen Mitgliederstand der Gesellschaft mit. Danach wohnen 51 Mitglieder in Berlin (21 in Ostberlin, 30 in Westberlin), 25 Mitglieder haben ihren Wohnsitz in der Ostzone, 52 in der Bundesrepu- blik und 16 Mitglieder wohnen im Ausland. Insgesamt sind es 144 Mit- glieder.

Zu 2 hält Herr Kühne seinen angekündigten Vortrag. Zur Diskussion sprechen die Herren Groß, Günther, Nachtsheim und Pohle.

Nachsitzung im Restaurant zur Grenze.

E. Maisitzung

Gedenkabend für unsere verstorbenen Mitglieder.

Montag, den 31. Mai 1954, 19 Uhr, im Hörsaal des Institutes für Genetik.

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152 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Anwesend: die Mitglieder Banzer, Becker, Heinroth, Herter, Johnke, Nachtsheim, Nowack, Piepenborn, Ch. Pohle, H. Pohle, Polzin, v.Roy, Rud- loff, Schröder, Stein, Zimmermann, sowie 11 Gäste.

Tagesordnung: 1. Herr Zimmermann: Gedenken an Sergej J. Ognev. 2. Herr Nachtsheim: Gedenken an Ludwig Freund. 3. Herr Pohle: Gedenken an Otto Kleinschmidt. 4. Herr Schnurre: Gedenken an Otto Utten- dörfer.

Nachsitzung im Restaurant zur Grenze.

F. Junisitzung fiel aus.

G. Julisitzung, H. Augustsitzung wurden mit der 28. Hauptversammlung vereinigt.

J. Septembersitzung fiel aus.

K. Oktobersitzung Montag, den 25. Oktober 1954, 19.15—20.45 Uhr, im Hörsaal des Institutes für Genetik.

Anwesend: die Mitglieder Banzer, Gaffrey, Geipel, Heinroth, Herold, Herter, W. Hoffmann, Johnke, Klemm, Meise, Nachtsheim, Nowack, Ohnesorge, Ch. Pohle, H. Pohle, Polzin, Raethel, v. Roy, Rudloff, Spiegel, Streck, Tembrock, Zieske und 29 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim. Niederschrift: Pohle.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Frau Heinroth: Neue interessante Beobachtungen an Zoo-Säugetieren. 3. Verschiedenes (ohne Vorlage). |

Zu 1 meldet Herr Pohle den augenblicklichen Mitgliederstand: 17 Ost- berliner, 32 Ostzonler, 34 Westberliner, 67 Westzonler, 21 Ausländer, ins- gesamt 171. Sodann weist er darauf hin, daß noch Bilder der letzten Haupt- versammlung käuflich erworben werden können.

Zu 2 spricht Frau Heinroth insbesondere über Zuchterfolge, die der Garten gehabt hat. Sie beginnt mit Brandmäusen, bespricht dann die See- hundgeburt und endet schließlich mit der Geburt eines Bastardfohlens zwi- schen Böhm 5'- und Hartmann Q-Zebra. In der Diskussion wird zunächst nach der Ursache des Rückganges der Brandmäuse gefragt. Frau Heinroth macht die Wanderratten des Zoos dafür verantwortlich, Herr Pohle den Fortfall des Reservoirs Tiergarten. Herr Ohnesorge weist darauf hin, daß heute der Botanische Garten zum Reservoir dafür geworden sei. Herr Streck erinnert daran, daß auch Herrn Zimmermann schon vor zwei Jahren die Zucht der Brandmaus gelungen sei. Zum Zebra-Bastard stellt Herr Nachts- heim die Frage, ob nicht vielleicht doch der Hartmann-Hengst gedeckt habe, so daß die Ähnlichkeit des Fohlens mit dem Hartmann-Zebra der- gestalt ihre natürliche Begründung fände. Frau Heinroth und der anwesende Pferdehauswärter des Zoos, Herr Albrecht, stellen eine solche Möglichkeit entschieden in Abrede.

Anschließend Nachsitzung im Restaurant zur Grenze.

K. BECKER, Niederschrift der wissenschaftlichen Sitzungen 1954 153

L. Novembersitzung

Montag, 29. November, 19.20—21.10 Uhr, im Institut, für Genetik, Bln.-Dahlem.

Anwesend: die Mitglieder: Banzer, Becker, Dathe, Forschungsheim Wittenberg vertreten durch H.Kleinschmidt, Gaffrey, Geipel, Gewalt, Hein- roth, Herold, Herter, Nachtsheim, Ohnesorge, H. Pohle, Polzin, v. Roy, Rudloff, Stahl, Stein, Tembrock, Zimmermann und 18 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim. Niederschrift: Becker.

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr Stengel: Kreuzungen extremer Rassen beim Säugetier unter besonderer Berücksichti- gung eigener Versuche. 3. Verschiedenes (ohne Vorlage).

Zu 1 gibt Herr Pohle bekannt, daß die Mitgliederzahl bis zum heutigen Tage auf 180 gestiegen ist, und daß der Vorstand Herrn Dr. H. v. Boet- ticher zum korrespondierenden Mitglied ernannt habe. Das Dankschrei- ben des Herrn v. Boetticher wird vorgelesen.

Zu 2 hält Herr Stengel seinen angekündigten Vortrag. In der anschlie- Benden Diskussion sprechen, z. T. mehrmals, die Herren Zimmermann, Stein, Gewalt, Gaffrey, Dathe, Kassner, Krzymanek und Herter.

Nachsitzung im Restaurant zur Grenze, Bln.-Lichterfelde-West.

M. Dezembersitzung

Montag, 20. Dezember 1954, 19.15 Uhr, im Zoologischen Institut der Freien Universität, Bln.-Dahlem.

Anwesend: die Mitglieder: Arnold, Becker, Curio, Gaffrey, Ge- walt, Herter, Klemm, Meise, Nachtsheim, Neseni, Nowack, Raethel, v. Roy, Stein, Zimmermann und 15 Gäste.

Vorsitz: Nachtsheim. Niederschrift: Becker.

Tagesordnung: 1. Geschäftliches. 2. Herr Lauterbach: Über Beziehungen zwischen Eltern und Jungtier bei Kleinsäugern. 3. Verschiedenes.

Zu 1 gibt Herr Nachtsheim bekannt, daß unser langjähriges Mitglied, Herr Dr. H. Steinmetz, Direktor des Zoologischen Gartens in Gelsenkirchen, verstorben sei. Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.

Zu 2 hält Herr Lauterbach seinen angekündigten Vortrag, den er durch Demonstrationen unterstützt. In der anschließenden Diskussion sprechen die Herren Zimmermann, Herter, Becker, Nachtsheim, Herter, Zimmermann, Herter und Kühne.

Zu 3 liegt nichts vor. Herr Nachtsheim schließt die Sitzung und wünscht den Teilnehmern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr.

Nachsitzung im Schloßhotel Huster, Bln.-Steglitz.

3.) Geschäftsbericht

Wegen Platzmangels wird erst im nächsten Jahre ein zusammenfassender Geschäfts- und Kassenbericht für die letzten Jahre gegeben.

4.) Satzung Siehe p. 30 des 19. Bandes dieser Zeitschrift.

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

3.) Eingänge für die Bücherei 1939— 1954

Zusammengestellt von I. Johnke (Berlin).

Ackerknecht, E., 1940. Von den Drüsen mit innerer Sekretion. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 1940, p. 489. (Autor 2.1.41)

Affolter, M., 1938. Les organes cutanes brachiaux d’Hapalemur griseus. -— Bulletin de l’Acad&mie Malgache, Nouvelle Serie 20. (Autor 15.5. 39)

Althaus, P., 1938. Zur Ontogenie des Centetes-Gebisses.. (Zusammen- fassung). Imaugural-Dissertation der medizin. Fakultät d. Univ. Bern. (Autor 15.5.39)

Andenken an den V. Kongreß der Internationalen Gesellschaft zur Erhal- tung des Wisents in Posnan, 1. bis 3. Sept. 1929. (Pohle, 1939).

Anderson, R. M., 1933. Mammals of the Province of Quebec. Annual Report, 20. Anniversary, Provancher Society of Natural History of Canada. (Provancher Soc. 28.3. 39)

Antonius, O., 1941. Zwei Anregungen zur Systematik der Hirsche. Zeit- schrift für Säugetierkunde 14, p. 308—309. (Eigenverlag 2. 4. 42)

Arndt, F., 1938/39. Älteste Fleischbeschau-Darstellung? Ztschr. f£. Fleisch- u. Milchhygiene 49, p. 181. (Autor 22. 3.39)

Arnold, R., 1943. Eine ungefleckte Giraffe in Nord-Ost-Afrika? Ztschr. f. Säugetierkunde 15, p. 306—311. (Eigenverlag, 16. 11.43)

Arnous, J. B., 1895. Die Krankheiten des Hundes und deren Behandlung. Richard Schoetz, Berlin. (W. Arndt 7 26. 6.44)

Archiv für Animalische Nahrungsmittelkunde. 4. Band, Jahrgang 1888/89. 5. Band, 1889/90. (W. Arndt + 26.6. 44)

von Bachofen Echt, A., 1939. Der Bär. Monographien der Wildsäuge- tiere 7. (Autor 16. 6.39)

Bähler, H., 1938. Das Primordialeranium des Halbaffen Microcebus murinus. (Zusammenfassung) Inaugural-Dissertation d. medizin. Fakultät d. Univ. Bern. (Autor 15.5. 39)

Bäumler, H., 1921. Die morphologischen Veränderungen des Schweineschä- dels unter dem Einfluß der Domestikation. Inaugural-Dissertation d. Tier- ärztl. Hochschule z. Berlin. (Hilzheimer, 1941)

Baß, J., Bernecker, A., Erhard, H., Floericke, K., Hilzheimer, M., Matschie, P., Rauther, M., 1924. Erläuterungen zu ausgewählten Lichtbildern aus der Tierwelt. I. Säugetiere. Lichtbilderverlag Theodor Benzinger, Stuttgart. (Pohle 6. 11. 54)

Beaux, O. de, 1939. Materiali Zoologici dell’ Eritrea. Raccolti da G. Mül- ler durante la spedizione dell’ Istituto sieroterapico Milanese e conservati al Museo di Trieste. Parte V. Atti del Museo Civico di Storia Naturale Trieste 14, 12, p. 171—177. (Autor 16. 10. 39)

, 1939. Mammiferi raccolti dal Museo di Storia Naturale della Venezia Tridentina in Trento durante gli anni 1932—33 (XI—XII) Studi Tren- tini di Scienze Naturali 20. (Autor 15. 7.39)

, 1939. Una nuova sottospecie di Vulpes Rüppelli in Libia. Annali del Museo Cibico di Storia Naturale 1, p. 393—396. (Autor 16. 1. 40)

, 1940. Mammalia. Missione Biologica nel paese dei Borana Raccolte zoologiche 2, parte 1. (Autor 29. 4. 40)

—, 1940. Cenni Necrologiei 1938—1939: E. Festa, H. Helbing, W. Horn, H. Karny, V. Lukassen, L. Navas, J. Roux. Ann. del Museo Civico di Storia Naturale di Genova 60. (Autor 2.1.41)

1425. . 1940. Relazione sull’ attivita’ del Civico di Storia Naturale ‚G. Doria“.

Museo Durante il Biennio 1938 —39. Ann. Museo Civico di Storia Naturale di Genova 60. (Autor 2.1.41)

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Nase

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I. JOHNKE, Eingänge für die Bücherei 1939—1954 155

1940. Il Museo Civico di Storia Naturale ‘‘Giacomo Doria‘‘ in Genova. Atti della Societä di Scienze e Lettere di Genova 5, 3. (Autor 2.1.41)

ai 1943. Relazione sull’Attivitä del Museo Civico di Storia Naturale

“G. Doria“. Durante il Biennio 1940—41. Cenni Necrologici 1940—41. A. Beguinot, G. Krüger, F. Pomini, F. Sarasin, J. A. v. Schulthess Rechberg, H. G. Stehlin. Ann. Museo Civico Storia Naturale di Genova 61. (Autor 10.4. 43)

‚„ 1943. Mammalia. Missione Biologica Sogan-Omo. 7, Zoologia 1. (Autor 17.6. 43)

Becker, P. E., 1938. Zur Erblichkeit der Ischias. (Zwillingsstudien über die

Erbanlage bei der Neuritis lumbosacralis.) Ztschr. f. d. ges. Neurologie u. Psychiatrie 162, p. 183—201. (Autor 18.38.38)

Beninde, J., 1943. Die Krone des Rothirschgeweihs. Ztschr. f. Säugetier-

kunde 15, p. 223—275. (Eigenverlag 16. 11. 43)

Biedermann-Imhoof, R., 1913. Angriffe von verwilderten Haus-Katzen auf

erwachsene Hasen und einige sonstige Katzenerlebnisse.. Schweizerische „Diana“ 5. (Pohle 6. 11. 54)

Biedl, A., 1922. Innere Sekretion. Ihre physiologischen Grundlagen und ihre Bedeutung für die Pathologie. Urban & Schwarzenberg, Berlin. (Arndt 7 26. 6.44)

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Zarapkin, S. R., 1939. Zur Frage der verwandtschaftlichen Stellung der Großkatzen zueinander. Ztschr. f. Säugetierkunde 14, p. 220—224. (Eigenverlag 30. 10. 39)

Zedtwitz, F. Graf, 1939. Gams in ihrer Bergheimat. Hugo Bermühler Verlag, Berlin-Lichterfelde. 72 p., 64 Taf. (Verlag 8. 4. 40)

Zimmermann, K., 1939. Dr. Friedrich Hauchecorne }. Ztschr. f. Säuge- tierkunde 13, p. 161—163. (Eigenverlag 30. 10. 39)

, 1941. Zur Oekologie der Birkenmaus. Ztschr. f. Säugetierkunde 14, p. 312. (Eigenverlag 2. 4. 42)

, 1942. Zur Kenntnis von Microtus oeconomus Pallas.. Archiv f. Naturgeschichte (N.F.) 11, p. 174—19. (Autor 1. 10. 42)

, 1943. Zur Kenntnis deutscher Maus- und Zwerg-Wiesel. Ztschr. f. Säugetierkunde 15, p. 289—298. (Eigenverlag 16. 11. 43)

, 1949. Zur Kenntnis der mitteleuropäischen Hausmäuse. Zool. Jahr- bücher (Systematik) 78, p. 301—322. (Autor 18. 10. 49)

, 1951. Über Harzer Kleinsäuger. Bonner Zoologische Beiträge 2, p- 1—8. (Autor 1951)

, 1952. Das Verhalten verpaarter Feldmäuse, Microtus arvalis Pall., bei

Begegnung nach Trennung. Ztschr. f. Tierpsychologie 9, p. 1—11. (Autor 1952)

, 1952. Werkzeug-Benutzung durch eine Zwergmaus. Ztschr. f. Tier- psychologie 9, H. 1. (Autor 1952)

, 1953. Die Schneemaus. Ztschr. f. Säugetierkunde 18, p. 163—170. (Eigenverlag 15. 1. 54)

, 1954. Bate Ognew Schreuder [Nachrufe]. Ztschr. f. Säuge- tierkunde 19, p. 83—85. (Eigenverlag 30. 8. 54)

, O. v. Wettstein, H. Siewert u. H. Pohle, 1953. Die Wildsäuger von Kreta. Ztschr. f. Säugetierkunde 17, p. 1—72, 10 Tafeln. (Eigen- verlag 1953)

Zürn, F. A., 1874. Die Schmarotzer auf und in dem Körper unserer Haus- säugethiere, sowie die durch erstere veranlaßten Krankheiten, deren Be- handlung und Verhütung. Die pflanzlichen Parasiten auf und in dem Körper unserer Haussäugethiere, sowie die durch erstere veranlaßten Krankheiten,

deren Behandlung und Verhütung. 474 p. B. F. Voigt, Weimar. (W. Arndt 7 26.6. 44) Zukowsky, L., 1914. Beschreibung des Schädels von Connochaetus albo-

Jubatus schulzi und kleine Beiträge über die Gattung Connochaetus. Archiv f. Naturgeschichte 80 A, p. 132—141. (Zool. Mus. 1943)

, 1914. Ergänzungen zu meinen Arbeiten über Connochaetus albojubatus Ths. und Eudorcas thomsoni Gthr. Archiv für Naturgeschichte 80A, p- 142—146. (Zool. Mus. 1943)

, 1914. Über zwei neue Formen von Felis caudata Gray. Archiv f£. Naturgeschichte 80 A, p. 93—102. (Zool. Mus. 1943)

, 1914. Eine neue Rasse des Kongoni, Bubalis cokei schulzi. Archiv f.

Naturgeschichte 80 A, p. 101—106. (Zool. Mus. 1943)

I. JOHNKE, Eingänge für die Bücherei 1939—1954 177

1912. —, 1921. Wissenschaftliche Bemerkungen über das Wild des Kaokofeldes. Steinhardt, Vom wehrhaften Riesen und seinem Reiche. 2. Aufl. (Zool. Mus. 1943)

1913. —, 1922. Der Dril von Fernando Po. Archiv f. Naturgeschichte 88 A, p- 184—192. (Pohle 6. 11. 54)

1914. —, 1922. Bemerkungen über Elaphurus davidianus, insbesondere über den Geweihwechsel und die Kinnspalte.. Archiv f. Naturgeschichte 88A, p- 121—128. (Pohle 6. 11. 54)

1915. —, 1922. Weitere Mitteilungen über Hylochaerus schulzi vom Mutjek-

gebirge. Archiv f. Naturgeschichte 88 A, p. 129—134. (Pohle 6. 11. 54)

1916. —, 1922. Vorläufige Mitteilung über eine neue Art des Spitzschnauz-Nas- horns aus Südwest-Afrika. Archiv f. Naturgeschichte 88 A, p. 162—163. (Pohle 6. 11. 54)

1917. —, 1924. Ein Wort über die Notwendigkeit der systematischen Bearbeitung der Wisentreste. Pallasia 2, p. 1—11. (Pohle 6. 11. 54)

1918. , 1924. Beitrag zur Kenntnis der Säugetiere der nördlichen Teile Deutsch- Südwestafrikas unter besonderer Berücksichtigung des Großwildes. Archiv f. Naturgeschichte 90 A, p. 29—168. (Pohle 6. 11. 54)

1919. —, 1942. Vorläufige Mitteilung über eine neue Pavianart aus dem Webbi- becken. Der Zoolog. Garten (N.F.) 1%, p. 261—263. (Autor 26.2. 48)

178 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

6.) Verzeichnis der Vorstandsmitglieder für 1955 —1956

1. Vorsitzender Prof. Dr. Hans Nachtsheim 2. Vorsitzender Georg Stein

3. Vorsitzender Dr. Erna Mohr Geschäftsführer Prof. Dr. Hermann Pohle Schriftführer Dr. Kurt Becker

Schatzmeister Erich Rudjloff

Beisitzer Dr. Klaus Zimmermann

Adressen siehe im Mitgliederverzeichnis in Band 19, p. 393.

7.) Mitgliederverzeichnis

Es werden hier aus Ersparnisgründen nur die Veränderungen mitgeteilt, die sich seit dem Erscheinen des in Bd. 19, p. 33—37, dieser Zeitschrift ab- gedruckten Mitgliederverzeichnisses ergeben haben. Ein neues vollständiges Mitgliederverzeichnis wird erst mit den nächsterscheinenden Gesellschafts- mitteilungen folgen. Abgeschlossen 30. 6. 1959.

Folgende Mitglieder sind aus der Liste zu streichen: 339 Berckhemer (7 2.9.1954), 512 Dieterlen, 53 Fechner, 143 Freund, 3800.Klein- schmidt, 574 Komarek (7 7.2.1955), 76 Kriesche (79.2.1955), 198 OÖgneff, 493 Peus, 521 Steinhaus, 239 Steinmetz (7 3.12.1954), 901 Schiller, 495 Schönbrodt, 505 Uttendörfer, ... Winter- feldt (gelöscht), 332 Wolffhügel (7 193). |

Sodann sind folgende neuen Mitglieder und Adressenänderungen einzutragen:

971 Bemmel, Dr. Adrian C. V. van, Alkmaar, Marnixstr.30 (Holland).

566 Bohlken, Herwart, Kiel, Hegewischstraße, Institut für Haustier- kunde.

570 Conrad, Werner, Halle/Saale S 11, Brauhausstraße 13.

362 Dathe, Dr. Heinrich, Berlin-Friedrichsfelde, Schloßstr. 1, Tierpark. 525 Deckert-Haagen, Gisela, Motzenmühle über Zossen, Siedlung. 880 Dittrich, Lothar, Leipzig N24, Hänischstraße 28.

585 Dobberstein, Dr. Johannes, Berlin NW 7, Philippstraße 13.

171 Eisentraut, Dr. Martin, Stuttgart O, Archivstraße 8, Staatl. Mu- seum für Naturkunde.

581 Engelhart, Max, Geislingen-Steige (Württemberg), Karlstraße 20 (Abholfach).

517 Grabert-Schlichting, Dr. Gisela, Krefeld, Viktoriastraße 53. 8866 Grummt, Wolfgang, Leipzig S 3, Arno-Nitzsche-Straße 11.

583 Hagen, Dr. Brigitte, Bonn, Koblenzer Str. 164 (Mus. A. Koenig). 371 Haltenorth, Dr. Theodor, München 19, Ebenauer Straße 2b.

Mitgliederverzeichnis (Nachtrag) 179

569 Haltrich, Walter-Günther, Greifswald, Apfelweg 23. 573 Hanzak,Dr. Jan, Prag Il 1700 (Tschechosl. Rep.).

976 Haring, Dr. Fritz, Göttingen, Nikolausberger Weg 13, Institut für Tierzucht.

560 Henning, Gustav-Adolf, (24a), Hamburg-Farmsen, Eichstück 7. 5938 Hoffmann, Wolfgang, Berlin-Pankow, Westerlandstraße 18. . 494 Jany, Eberhard, Berlin-Lichterfelde-West, Manteuffelstraße 3. 518 Koch, Dr. Tankred, Berlin-Treptow, Defreggerstraße 5.

564 Koller, Dr. Gottfried, Saarbrücken, Zoolog. Inst. d. Universität.

454 Kühlhorn, Dr. Friedrich, München 38, Menzinger Straße 67, Zoolog. Staatssammlung. |

457 Kühlhorn, Dr. Johannes, Dessau, Esikostraße 11. 364 Kuhn, Hans-Jürg, Heidelberg, Wilckensstraße 41. 9862 Marwitz, Rainer, Berlin-Zehlendorf, Am Fischtal 57. 486 Mehlhardt, Dieter, Kleinmachaow bei Berlin, Wiesenrain 21. 37 Mohr, Dr. Erna, Hamburg 13, Bornplatz 5. GrM. 364 Moldenhauer, Rudolf, Berlin-Charlottenburg 5, Kaiserdamm 9.

330 Chicago Natural History Museum, Chicago 5, Illinois, Roosevelt Road and Lake Shore drive.

967 Natuschke, Günter, Bautzen, Behringstraße 48. 868 Neseni, Dr. Raimund, Rostock, Stalinplatz, Palais. 97/9 Petzold, Wolf -Günther, Leipzig S3, Arno-Nitzsche-Straße 13. 967 Petzsch, Hertha, Halle/Saale, Fasanenstraße 5. 491 Piepenborn, Dr. Jürgen, Berlin-Frohnau, Am Rosenanger 19. 192 Reinwaldt, Dr. Edwin, Hägersten, Husabyvägen 7 II. (Schweden). 32 Remane, Dr. Adolf, Kiel, Hegewischstraße 3.

956 Richter, Helmut, Waren (Müritz), Friedensstraße 29.

. Ryberg, Dr. Olof, Akarp, Alnarps Institut (Schweden). 440 Schmid, Dr. Elisabeth, Freiburg i. Br., Stechertweg 8. 262 Schmidt-Hoensdorf, Dr. Fritz, Berlin W.15, Uhlandstr. 29. 3599 Sedlag, Dr. Ulrich, Greifswald, Zoolog. Inst. der Universität. 397 Steinbacher, Dr. Georg, Augsburg, Tierpark. 543 Streck, OttoE., Berlin N 58, Lettestraße 3. 997 Telle, Hans-Joachim, Düsseldorf-Eller, In der Elb 7, b. Steinhoff. 575 Thomas, Dr. Erhard, Mainz, Zoologisches Institut der Universität. 862 Ullrich, Wolfgang, Dresden A 20, Wiener Straße 53. 3638 Wilde, Hans-Joachim, Berlin-Schlachtensee, Palmzeile 31.

180 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

8.) Prof. Dr. Ludwig Freund $, 1878—1953 Von Hans-Albrecht Freye (Halle) Hierzu die Titeltafel.

Am 5. November 1953 ist das langjährige Mitglied der Deutschen Gesell- schaft für Säugetierkunde Professor Dr. Ludwig Freund nach kurzer qual- voller Krankheit gestorben. Mit Ludwig Freund hat die Deutsche Zoolo- gische Forschung einen Fachvertreter von umfassendem Wissen, gediegenem Können und erstaunlicher Produktivität verloren, dessen Arbeiten nicht nur theoretische, sondern auch praktische Gebiete der Zoologie und hier insbe- sondere der Säugetierkunde behandelten.

Freund wurde am 19. Juni 1878 in Postelberg (Böhmen) geboren. Schon 1882 übersiedelten seine Eltern nach Prag, wo er die deutsche Volks- schule und das Altstädter Gymnasium besuchte. Nach bestandener Reifeprü- fung wurde er 1896 an der Medizinischen Fakultät der Deutschen Karl- Ferdinand-Universität in Prag immatrikuliert. Hier eignete er sich besonders gründliches anatomisches Wissen an und wurde schon im ersten Studienjahr Laborfamulus bei dem Internisten Prof. J. Singer, durch den er sich Spezialkenntnisse besonders der histologischen Technik des Nervensystems erwarb. Nach dem Vorphysikum (entsprechend unserem heutigen Physikum) wurde er 1898 wissenschaftlicher Zeichner am Zoologischen Institut in Prag unter Prof. Dr. R. v. Lendenfeld und 1899 am gleichen Institut wissen- schaftlicher Assistent. Seine Tätigkeit bestand hier hauptsächlich im Ent- werfen und Anfertigen von großen Wandtafeln für die Zoologievorlesungen. Einer schon von früher Jugend an betriebenen Neigung folgend hat Freund hierbei seine Zeichentechnik so vervollkommnet, daß v. Lendenfeld seine Originalentwürfe z. T. sogar veröffentlichte, ohne allerdings jemals Freunds Namen zu nennen. Alle größeren wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Freund zeichnen sich durch mustergültige Illustrationen aus, und noch heute werden im Zoologischen Institut in Halle Wandtafeln von Freunds Hand benutzt.

Neben seiner Assistententätigkeit studierte Freund bis zum Jahre 1901 Medizin weiter und trat darauf zur Philosophischen Fakultät über, um den Dr. phil. erlangen zu können. Er wechselte auch bald darauf die Assistenten- stelle und ging zu Prof. Dr. H. Dexler an das Tierärztliche Institut in Prag. Unter der verständnisvollen Leitung seines Lehrers H. Dexler, der ihm auch bald ein wahrer Freund werden sollte, konnte er sich in die Methodik hirnexperimenteller Versuche an Säugetieren, besonders an Huftieren, Raub- tieren und Affen, des weiteren in die bakteriologische Technik und in die vergleichende Pathologie und Therapie einarbeiten.

1904 wurde er auf Grund seiner Untersuchungen über „Die Osteologie der Halicoreflosse‘“ promoviert, 1908 habilitierte er sich für das Fach Zoologie mit der Arbeit „Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Schädels von Halicore

H.-A. FREYE, Ludwig Freund 1878—1953 181

dugong Erx1.“ und 1909 wurde er als Privatdozent bestätigt. Weitere Arbei- ten über das Sternum von Halicore, über den Nasenknorpel und die Nieren, der Sirenen werteten besonders das reiche Sirenenmaterial aus, das Dexler von Java, Ceylon und Australien mitgebracht hatte. Im Laufe der Zeit folg- ten über 50 weitere säugetierkundliche Publikationen; darüber hinaus be- schäftigte sich Freund mit vergleichend-anatomischen und morphologi- schen Fragen der Vögel und Fische, er veröffentlichte auf dem Gebiet der technischen Zoologie, der pathologischen Zoologie und der Parasitologie ins- gesamt über 200 Arbeiten. Seine bekanntesten Veröffentlichungen sind „Die Parasiten, parasitären und sonstigen Krankheiten der Pelztiere‘‘ (1930), die Bearbeitung der Wale, Robben und Robbenläuse im „Grimpe-Wagler“ (1932), der Läuse im „Brohmer“ (1934) und der Harnorgane im „Bronn“ (1939). Des weiteren war er Mitarbeiter des Deutschen und Konsulent des Tschechoslowakischen Pelztierzüchterverbandes, Mitherausgeber der „Land- wirtschaftlichen Pelztierzucht“ und der ‚Tierzucht‘ und Generalreferent des „Deutschen Veterinärberichtes“ von Ellenberger-Schütz.

Viele Reisen führten ihn in alle Teile Europas. Er besuchte Österreich, Ungarn, Norwegen, Dänemark, arbeitete auf der Walstation der Färöer- Inseln, er sammelte Material in den Biologischen Meeresstationen Villefranche und Herdla, der Walstation Blomvaag, er besuchte Verona, Bologna, Florenz, Rom, Neapel, Venedig und bereiste große Teile der UdSSR, wo er von Reval über Leningrad, Moskau, die Wolga abwärts bis Astrachan, aufs Kaspische Meer und zurück über Saratow, Moskau, Leningrad nach Helsingfors fahren konnte. Außerdem besuchte er noch Dalmatien, den Balkan, das Marmara- Meer und Istanbul.

Während des ersten Weltkrieges übernahm Freund in Vertretung des zum Heeresdienst eingezogenen Dexler die Leitung des Tierärztlichen In- stitutes in Prag. Gegen Kriegsende wurde er zum tit. Extraordinarius vorge- schlagen; durch den Zerfall des Habsburgischen Reiches erfolgte die Bestäti- gung aber erst 1922 auf erneuten Antrag von Dexler. Nach dem plötzlichen Ableben von Dexler (1931) übernahm Freund die Leitung des Tier- ärztlichen Institutes und nach dessen Auflösung (1933) wirkte er als Extra- ordinarius am Prager Zoologischen Institut.

Die zunehmende Faschisierung auch der Prager Universität verhinderte seine Berufung zum Direktor des Zoologischen Institutes. Es sollte für ihn wie auch für viele andere Mitglieder unserer Gesellschaft für Säugetier- kunde eine Zeit des Leidens, der Diffamierung und der persönlichen Ver- folgung kommen. Aus rassischen Gründen wurde er 1939 beurlaubt und von der Universität entfernt. Seine Bibliothek, seine wertvollen Sammlungen von Diapositiven, Wandtafeln, mikroskopischen Präparaten und alles wissen- schaftliche Material mußte er „freiwillig“, wie es im Protokoll heißt, dem

Zoologischen Institut Prag abtreten. 1943 kam er ins Gefängnis, anschließend 12

182 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

in das Durchgangslager Theresienstadt, wo er neun Wochen in Erwartung auf den Abtransport nach dem Vernichtungslager Auschwitz verbrachte. Hier wurde er im Mai 1945 befreit. Er kehrte nach Prag zurück, konnte aber aus prinzipiellen Gründen seine Lehrtätigkeit nicht wieder aufnehmen.

Nach langen Verhandlungen wurde er 1949 als Ordinarius auf den ver- waisten Lehrstuhl für Zoologie an die Universität Halle-Wittenberg berufen. Mit erstaunlicher Rüstigkeit und Energie baute er trotz seines hohen Alters das fast stilliegende Zoologische Institut in Halle wieder zu einer voll arbeitsfähigen Forschungsstätte auf. Sein großes Organisationstalent, seine auf den vielen Reisen gesammelten Erfahrungen und seine nimmermüde Tatkraft ermöglichten ihm, durch Um- und Neubauten, durch Errichtung einer Technischen Abteilung, durch Trennung von Museums-, Forschungs- und Lehrbetrieb, durch enge Zusammenarbeit mit dem Zoolog. Garten zu Halle und durch Erhöhung des Personalstandes ein mustergültiges Institutzu schaffen, aus dem seit 1951 schon wieder zahlreiche Publikationen hervorgegangen sind.

Freund war ein stets geachteter Lehrer, hilfsbereiter Vorgesetzter und seinen Mitarbeitern ein väterlicher Freund. Wenn er auch hin und wieder im aufwallenden Zorn plötzlich aufbrauste, so war er doch nicht nachtragend und beruhigte sich schnell. Äußerer Luxus blieb ihm fremd. Im geselligen Kreis liebte er Fröhlichkeit, sein herzhaftes Lachen und sein oft verschmitztes Gesicht bekundeten seinen Sinn für Humor. Er nahm regen Anteil am öffent- lichen Leben und stellte bis zuletzt sein Wissen und Können selbstlos zur Verfügung. Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Staatssekretariats für Hochschulwesen war er maßgebend an der Gestaltung der Studienpläne beteiligt. Seine soziale Einstellung, sein persönlicher Einsatz und seine Anteil- nahme für das Wohl seiner Mitarbeiter brachten ihm in hohem Maße die Verehrung und Wertschätzung seiner Umgebung ein. Dies kam ganz beson- ders auf der Feier seines 75. Geburtstages zum Ausdruck.

Leider erfüllten sich die dort in so großer Zahl dargebrachten Glück- wünsche für noch lange segensreiche Arbeit zum Wohl des Institutes und der Wissenschaft nicht. Nur wenige Wochen danach, kurz nachdem er von seinem Urlaub zurückgekehrt war, den er wie jedes Jahr bei seinen Lieben in Prag verbracht hatte, erkrankte er und verschied dann nach zweimonati- gem schweren Krankenlager. Kurz vor seinem Tode wurde ihm noch die Mitgliedsurkunde der „Leopoldina‘ überreicht, ein Ausdruck der Anerken- nung für seine wissenschaftlichen Leistungen.

Die höchste Anerkennung aber für diesen rastlosen und selbstlosen Men- schen Ludwig Freund soll unser aller ehrendes Andenken an ihn bleiben!

Literatur:

Müller, G., Freye, H.-A. und Hartwich, G., 1953. Professor Dr. Ludwig Freund zum 75. Geburtstag. Festschrift Freund, Wiss. Z. Univ. Halle, 2, . math.-naturw. Reihe Nr. 6; p. 745—752.

Hase, A., 1954. Ludwig Freund +. Z. f. Parasitenkunde 16, p. I—VIl.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955). 183

Ill. Notizen

1.) Wildkatze bei Bremerhaven

Am 12. August 1952 erlegte ein Bremerhavener Jäger im Gehölz auf dem Sandberg Wehden, Kr. Wesermünde, etwa 5 km von Bremerhaven entfernt, einen starken Wildkater, Felis silvestris SCHREBER. Das Stück hat mir vorgelegen: Es handelte sich um ein ausgewachsenes Tier, das keinerlei Merk- male zeigt, die auf einen Mischling deuten.

Ich wohne jetzt seit mehr denn fünfzig Jahren in Bremerhaven und betreibe ebenso lange meine Präparatorenwerkstatt und meine Naturalien- handlung; ich habe aber nie etwas von beobachteten oder erlegten Wildkatzen aus dieser Gegend gehört. Karl Fritsche (Bremerhaven)

2.) Zur Biologie der Hausratte, Rattus rattus L.

Über die Geburt und Aufzucht von Jungen mehrerer Würfe verschiede- ner Eltern in einem gemeinsamen Nest als Anpassung an große Kälte berich- tet erstmals E.E Mohr (Mohr, E., u. Duncker, G., 1930. Vom ,„Formen- kreis des Mus musculus L. Zool. Jahrb., Abt. Syst. 59) von den Hausmäu- sen in den Hamburger Kühlhäusern. Die gleiche Feststellung konnte auch von Ratten in den Kühlhallen der Großmarkthalle zu Dresden getroffen werden.

Unter den Rattenfängen, über die zwecks Prämiierung seit 1950 Buch geführt wird, befindet sich am 2. 7. 1952 ein Nest mit 30 Jungtieren. Nach Aussagen des Kellermeisters Köhler hatten diese Jungtiere ein unterschied- liches Alter. Ein Teil war noch nackt, während die übrigen bereits eine Be- haarung zeigten; sie stammten also offensichtlich aus mindestens zwei, wahr- scheinlich aber drei oder sogar vier Würfen. Leider konnte die Artzugehörig- keit nicht mehr festgestellt werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich aber um die dort weit häufigere Hausratte. (Die Wanderratte ist seit 1945 nur ganz vereinzelt in die Kühlhallen eingewandert, und es erscheint fast ausgeschlossen, daß sie für dieses gehäufte Auftreten in Frage kommt.) Das Nest befand sich in einem mit Fleisch beschickten Kühlraum, in dem eine konstante Temperatur von herrschte.

Die Ratten unterliegen in der Großmarkthalle einer ständigen Bekäm- pfung. Sie kommen im allgemeinen nicht zur Fortpflanzung, sondern erhalten laufend von außen Zuzug. Es war dies das einzige in den ganzen Nachkriegs- jahren aufgefundene Nest mit Jungen. Eine Nestgemeinschaft wegen zu gro- Ber Bestandsdichte scheidet daher aus. Dagegen kann eine gemeinsame Auf- zucht der Jungen von Rudelangehörigen, wie dies F. Steiniger (1950 Beiträge zur Soziologie und sonstigen Biologie der Wanderratte. Z. f. Tier- psychologie 7, 3.) über die Wanderratte berichtet, nach gleichartigem Ein- wandern eines Hausrattenrudels nicht ausgeschlossen werden.

Günter Gaffrey (Dresden) 123

184 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

3.) Wissenschaftliche Arbeitsplätze im Frankfurter Zoologischen Garten

In dem neuen Giraffenhaus des Frankfurter Zoologischen Gartens, das die modernste und größte Anlage dieser Art in Europa ist, sind auch Labo- ratorien für wissenschaftliche Gäste vorgesehen, die im Frankfurter Zoolo- gischen Garten Untersuchungen anstellen wollen. Die ausgezeichneten For- schungsmöglichkeiten, welche ein großer Zoologischer Garten für die ver- schiedensten Zweige der Biologie und der Veterinärmedizin bietet, sollen auf diese Weise besser ausgenutzt werden. Diese neuen Arbeitsplätze in den Gast- laboratorien stehen Wissenschaftlern kostenlos zur Verfügung. Diese Gast- labors sind die erste Einrichtung dieser Art in einem europäischen Tiergarten.

Bernhard Grzimek (Frankfurt/Main)

4.) Zahnverschmelzung bei einer Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis Melch.)

Verwachsungen von Zahnwurzeln sind bei Murinen bekannt und sehr verbreitet. In Verbindung damit kommt es naturgemäß zur Vereinigung der entsprechenden Alveolen. Die Tendenz zu derartigen Alveolen-Verschmelzun- gen bestimmter Zähne des Oberkiefers ist für verschiedene Arten bezeich- nend, worüber ich später auf Grund von Untersuchungen an umfangreichem

Material berichten werde.

Das Zusammenwachsen ganzer Zähne ist demgegenüber bei Säu- gern allgemein relativ selten. Die im Schrifttum angeführten Fälle verändern meist erheblich das Gebiß und dürften daher häufig mit einer + starken Störung der Kautätigkeit verbunden sein. Vielfach handelt es sich um accessorische Zähne, die mit einem normalen Zahn verwachsen oder ver- schmolzen sind, in einzelnen Fällen auch um benachbarte Zähne eines sonst normalen Gebisses. Es können Milch- und bleibende Zähne, Incisive und Mo- laren betroffen werden und die verschiedensten Arten und Grade der Ver- einigung aufweisen. Außer vom Menschen sind diese pathologischen Verände- rungen von mehreren Haustieren (Pferd, Rind, Schaf, Hund) und vom indi- schen Elefanten bekannt (Magitot 1877, Kitt 189, Hilzheimer 1905, Agduhr 1921, Joest 1926). Joest (l.c. Bd. I, p. 200£f.) unterscheidet hierbei Verwachsung und Verschmelzung. Nur im letzten Falle kommt es zur Vereinigung von Dentin und Schmelz, während sich die Ver- wachsung auf das Zement beschränkt. Soweit ich feststellen kann, sind bisher keine Zahnverwachsungen oder -verschmelzungen bekannt, die symmetrisch auf der rechten und linken Seite des Gebisses auftreten. Ebensowenig ist mir eine Doppel- oder Mehrfach-Zahnbildung bei Nagetieren aus der Lite- ratur bekannt.

Notizen 185

Die im Folgenden beschriebene und abgebildete Zahnanomalie einer Gelbhalsmaus fand sich bei einem am 1.7.1954 in Ersdorf bei Bonn ge- fangenen Männchen, das mir mit anderen Murinen-Schädeln vom Museum Alexander König in Bonn zur Untersuchung überlassen wurde. Sie stellt bisher den einzigen Fall dieser Art bei mehr als 3000 ‘untersuchten flavicollis und sylvaticus aus den verschiedensten Gegenden dar. Besonders bemerkenswert ist, daß diese Anomalie beiderseitig auftritt, daß also die rechte und linke Molarenreihe des Öberkiefers den gleichen Zustand auf- weist: eine Vereinigung zweier Wurzeln und eine Verschmelzung (s. Joest) der Zahnkronen von m! und m?. Von den besonders für flavicollis und sylva- ticus typischen vier Wurzeln des m! ist jeweils die hintere Außenwurzel mit der vorderen Außenwurzel des m? fast bis zu beider Spitze vereinigt (siehe Taf. VI, Abb. 1). Zum Vergleich bringe ich in Abb. 2 die Zeichnung der ent- sprechenden Zähne einer normalen flavicollis. Beide Abbildungen zeigen die Zähne des rechten Oberkiefers, von der Außenseite gesehen. Abb. 3 bringt in a und b (normal) die Bilder der zugehörigen Alveolen nach einer Photo- graphie.

Die Abb.1 läßt deutlich erkennen, wie vollkommen die Verschmelzung der beiden Zähne ist. Sie hat dem Doppelzahn eine solche Festigkeit ver- liehen, daß sich beim Herausheben des m? aus seinem Alveolenbett gleich- zeitig auch der mit seinen Wurzeln viel fester verankerte m! ohne Schwierig- keit und ohne Bruch aus dem Kiefer lösen ließ.

Da die Molaren beider Oberkieferhälften genau gleichgebildet und auch die Kauflächen normal gebaut waren, im Gegensatz zu den von Joest (l.c.p. 202) erwähnten verschmolzenen Molaren, von denen er ausdrücklich hervorhebt, daß ihre Schmelzschlingen ‚selbstverständlich nicht so regel- mäßig wie bei normalen Zähnen“ seien, ist nicht wahrscheinlich, daß die Gelbhalsmaus bei Lebzeiten durch die beschriebene Anomalie in ihrer Kau- tätigkeit behindert worden ist.

Aus dem symmetrischen Auftreten der beschriebenen Gebißanomalie ist ferner zu schließen, daß es sich um ein erbliches Merkmal handelt. Sollte @ie flavicollis-Population von Ersdorf, von der ich bisher 77 Schädel untersuchen konnte, einen isolierten Biotop bewohnen, kann erwartet werden, daß die Zahnverschmelzung auch bei weiteren Tieren des Fundorts vorkommt.

Fräulein Dr. Br. Hagen danke ich bestens für die freundliche Unter- stützung meiner Arbeit.

Abbildungen auf Tafel VI Abb. 1 De uslamg vom m! und m? bei einer Gelbhalsmaus aus Ersdorf bei Bonn. ergr. 10:1. Abb. 2 Nicht verschmolzene m! und m? (Normalfall) einer Gelbhalsmaus. Vergr. 10 :1. Abb. 3 Alveolen der rechten Oberkieferhälften: a) von der Gelbhalsmaus aus Ersdorf bei Bonn (vgl. Abb. 1), b) Normalfall (vgl. Abb. 2).

186 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Schrifttum:

Agduhr, E., 1921. Beitrag zur Kenntnis der congenitalen Anomalien !des Canidengebisses. Stockholm. Hilzheimer, M., 1905. Variationen des Canidengebisses mit besonderer Be-

rücksichtigung des Haushundes. Ztschr. Morph. u. Anthrop. 9.

Joest, E., 1926. Handbuch der speziellen pathologischen Anatomie der 'Haus- tiere. Berlin.

Kitt, Th., 1892. Anomalien der Zähne unserer Haustiere. Monatsh. f. prakt. Tierheilkde. 3.

Magitot, E., 1877. Trait& des anomalies du systeme dentaire chez l’homme et

les a, Paris. Werner Herold (Berlin)

3) Der Auerochs von 1595

In seiner Arbeit »Über die Neuzüchtung des Ur oder Auerochs« in Ber. Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3 führt Lutz Heck auf p. 287 auch das vermutliche Gewicht des Urs an. Er bringt dort die Unterschrift eines Bildes, das 1933 auf der Historischen Schau Brandenburger Jagdgeräte gezeigt wurde. Sie lautet: »28. 1. 1595. Dieser Auerochs, welcher von dem Herrn Markgraf Johann Sigismund zu Brandenburgk mit einem Schuß erlegt, hat gewogen 19 C 15 Pfd Nürnberger Gewicht.« Dieser »Auer- ochs« war natürlich kein Ur, sondern ein Wisent und wurde auch allgemein als solcher geführt, z.B. von Genthe in seiner Abhandlung »Die Geschichte des Wisents in Europa« im 3. Heft von »Bialowies in deutscher Verwaltung« auf p. 126 und von Szalay in »Hundert irrige Wisentbelege«. Durch die Liebenswürdigkeit der Verwaltung des Märkischen Museums erhielt ich eine photographische Reproduktion des Bildes, das ganz einwandfrei einen Wisent zeigt, wie er eben damals dargestellt wurde, mit hohem Widerrist und mit Halsmähne. Ich machte Heck auf seinen offenbaren Irrtum aufmerksam, er antwortete aber ganz kategorisch, daß es ein Auerochs sei, worunter er ja den Ur verstand.

Auch sonst finden sich in dieser Arbeit noch verschiedene Irrtümer oder Versehen. So steht auf p. 225 unten »Bos primigenius L.«, während die- ser Name doch erst von Bojanus stammt. Auf p.281 schreibt Heck, die Russenkaninchen und Russenmeerschweinchen hätten ihren Namen erhalten, weil bei ihnen Maul, Ohren und Beine aussähen, als ob sie mit Kohlenstaub »angerußt« wären. Dies ist aber ein Irrtum. Wie Nachtsheim in »Vom Wildtier zum Haustier« auf p. 78 schreibt, sind die Russenkaninchen in fran- zösischen Kaninchengehegen entstanden und haben dort die Bezeichnung »Lapins de garenne de Russie« erhalten.

Auf p.285 oben schreibt Heck von den Watussirindern, daß »die gesamte Auslage beider Hörner mit Schädel« sogar auf über 3m komme. Hierbei handelt es sich aber um das Bandmaß beider Hörner einschließ- lich des Schädelstückes zwischen den beiden Hornwurzeln, während man unter Auslage den größten Abstand zwischen den beiden Hörnern versteht, bei Geweihen ist es jedenfalls so üblich. Auf p. 289 wird die Erbmutation des schwedischen Fjällrindes in der Tabelle als Plusmutation bezeichnet, wäh- rend es sich doch genau so wie in der Zeile darüber beim Parkrinde um eine Minusmutation handelt. Johannes Kühlhorn (Dessau)

Notizen 187

6.) In Gebäuden eines Erzgebirgs-Dorfes überwinternde Kleinsäuger

Die Zusammensetzung der über Winter in einen Ort einwandernden Kleinsäuger-Fauna ist abhängig von dessen geographischer Lage und von der landschaftlichen Gestaltung der Umgebung. Da bisher planmäßige Unter- suchungen darüber für Deutschland nicht vorliegen, seien hiermit die Ergeb- nisse einer Winter-Ausbeute im Erzgebirgsdorfe Königswalde gegeben. Gleichlaufende Untersuchungen in anderen Gebieten könnten wertvolle Bei- träge zu etwa regional verschiedenem Verhalten unserer Kleinsäuger bringen. Dr. K. Zimmermann danke ich für Hilfe bei der vorliegenden Arbeit.

Königswalde liegt im Ober-Erzgebirge im Tal der Pöhla; es erstreckt sich durch Höhenlagen von 630—700 m und hat heute 3600 Einwohner, darunter 90 Bauern-Familien. Bis zur Höhe von 700 m wird der Boden land- schaftlich genutzt, darüber ist reiner Fichtenwald. In der Zeit vom 28. 11. 1953 bis zum 28. 4. 1954 (der April zählt hier zu den Wintermonaten) wur- den an 52 Stellen 261 Kleinsäuger in 11 Arten erbeutet. Gefangen wurde mit Luxfallen, nur für Ratten wurden stärkere Schlag- und Kastenfallen benutzt. Als Universal-Köder erwiesen sich Haferflocken. Dorfkatzen betätigten sich als in diesem Falle unerwünschte Konkurrenz auch bei in Fallen steckenden Mäusen. Belegstücke der erbeuteten Arten wurden dem Zoologischen Museum Berlin überwiesen (Balg + Schädel).

Gesamt-Liste (nach Häufigkeit geordnet):

1. Nördliche Ährenmaus (Hausmaus) 126 Exemplare 2. Waldmaus 81 = 3. Wanderratte 33 N 4. Waldspitzmaus 5) = 5. Wasserspitzmaus 5) 5 6. Feldspitzmaus 3 A 7. Gartenspitzmaus 3 % 8. Rundschwanz-Wasserspitzmaus 2 d5 9. Nutria 1 3 10. Feldmaus Irrgäste 1 S 11. Große Wühlmaus | 1 =

1. Waldspitzmaus, Sorer araneus. 3 Stück im Bahnhofsschuppen, je ein Stück in Kartoffelkeller und Kaninchenstall. Ebenso wie die Waldspitzmäuse anderer deutscher Mittelgebirge unterscheiden sich die des Erzgebirges von Stücken der norddeutschen Tiefebene durch, besonders im Jugendhaar, hellere Färbung und etwas:größere Körperlänge. Sie können als Mischformen araneus x tetragonurus angesehen werden. Einige Stücke sind unterseits stark gelbgrau verdunkelt.

2. Wasserspitzmaus, Neomys fodiens. Alle 5 Tiere wurden im Tale in Kartoffelkellern mit Abzugsgräben erbeutet.

3. Rundschwanz-Wasserspitzmaus, Neomys anomalus milleri. Beide Tiere, 1 und 19, lebten auf einem Hofe am Abfluß eines zementierten Wasser- Bassins, in etwa 400 m Entfernung vom Flusse. Nachdem Richter (1953. Zur Kenntnis mittelsächsischer Sorieiden. Z. f. Säugetierkunde 18, p. 171)

188 Zeitschrift für Säugetierk.ur:de, Bd. 20, 1952 (1955).

mit einem Stück aus Tharandt den Erstnachweis der Art für Sachsen brachte, ist dies der zweite sächsische Fundort. Auch Richter erbeutete die Rund- schwanz-Wasserspitzmaus im Winterquartier, im Keller einer Bahnwärterei. Ebensowenig wie Richter gelang es mir bisher, etwas über den Sommer- aufenthalt der Art in Erfahrung zu bringen. Die Oberseitenfärbung ist dun- kel graubraun, die Unterseite ist bei beiden Stücken auf grauem Grunde leuchtend gelblich überflogen, Kehlgegend des Q hell-rostbraun. Winzige Flecke vor den Augen sind vorhanden, Ohrflecke fehlen. Gewicht des Y' 8g (22. 3. 1954).

4. Feldspitzmaus, Crocidura l. leucodon. 3 Tiere, je eins in verlassener Mühle, in Felsenkeller und in Kartoffelkeller.

5. Gartenspitzmaus, Crocidura suaveolens mimula. 3 Stück im Ziegen- stall, Unterseite bei zwei Stücken grau, bei einem hell-gelblich überflogen. Gewichte 4—7 g.

6. Nutria, Myocastor c. coypus. Ein einzelnes, aus einer 1km entfernten Farm entkommenes &' lebte im Herbst an der Pöhla. Als sich der Fluß mit Eis bedeckte, wanderte die Nutria durch einen Graben in einen Kartof- felkeller. Gewicht 5 kg.

7. Große Wühlmaus, Arvicola t. terrestris.

8. Feldmaus, Microtus arvalis. Von beiden Arten je ein Stück in einem Keller, beide sind wie die Nutria für Gebäude nur als Irrgäste zu bezeichnen.

9, Waldmaus, Apodemus s. sylvaticus. Sie steht mit 81 Tieren an zweiter Stelle hinter der Ährenmaus. Waldmäuse wurden nie in oberen Stockwerken der Häuser gefangen, wiederholt im gleichen Hause oben Ährenmäuse, unten Waldmäuse. Neunmal wurden Wald- und Ährenmäuse im gleichen Raume erbeutet, zuweilen erschienen Ährenmäuse erst nach Wegfang der Wald- mäuse. Unter 126 Waldmäusen hatten 13 verstümmelte Schwänze. Das Ge- schlechtsverhältnis war bei den im Dorf überwinternden Waldmäusen bei schwachem Überwiegen der Männchen (43 5'5', 36 92) annähernd ausge- glichen. Am 27. und 28. März wurde je ein trächtiges @ gefangen, beide ent- hielten 6 Embryonen. Zu so frühem Zeitpunkte setzt bei draußen überwin- ternden Waldmäusen die Fortpflanzung noch nicht ein. Aufzucht von Jungen in Gebäuden wurde für die Waldmaus nie beobachtet, auch diese beiden OO standen wohl kurz vor der Rückkehr ins Freie. Kontrollfänge in Gebäuden nach Ende April ergaben nur am 5. Mai noch 2 Tiere, 15° und 19; später- hin waren keine Waldmäuse mehr da. Maße siehe Tabelle.

rel. Schw. Länge ın 0/o Hf vonK-+R

‚[min.] m |max. min. | m | mox. min. | m | max. min.) m | max.

Ap. 75 | 92.3 |108| 72 | 80.1 |95 0671862 8. 18|21.2] 22 syiva- |) EEE EEE EEE ticus | 92.9 110 | 84.2 100 724|87.100 ısları 22

M.m\de| 54 J 14.9 [2 | 80.4 [96 se 68.3 ss 10.9185.0|00. 1el1o2] 20

Notizen 189

10. Wanderratte, Rattus n. norwegicus. Von den 33 Wanderratten gingen 31 an Haferflocken-Köder. Das größte 5’ wog 340 g. In Gebäuden mit Rat- ten wurden niemals andere Kleinsäuger gefangen.

11. Nördliche Ährenmaus, Mus. m. musculus. Sie steht, wie zu erwarten, anzahlgemäß mit 126 Tieren an erster Stelle. Während Jungtiere (mit weni- ger als mm K+R), je 1550 und O9, noch ein ausgeglichenes Ge- schlechtsverhältnis zeigen, überwiegen unter den älteren mit 54 gegen 39 die oo erheblich. Daß die Vermehrung über Winter nicht aussetzt, zeigen die 30 erbeuteten Jungtiere von J—13g Gewicht. Die westeuropäische Unterart der Hausmaus, M.m.domesticus, fehlt in Sachsen östlich der Elbe. Die Kö- nigswalder Ährenmäuse gleichen mit ihrer geringen Körper- und Hinterfuß- länge (s. Tabelle) denen aus Nieder-Österreich und können wie diese als Übergang zu M.m.spicilegus angesehen werden (Zimmermann, 1949 Zur Kenntnis der mitteleuropäischen Hausmäuse. Zool. Jahrb. Syst. 78, 3). Die isabellfarbene Trennungslinie zwischen Ober- und Unterseite ist stets deutlich, von gleicher Färbung ist die Brustgegend. Bauchfärbung meistens grau bis gelbgrau verdunkelt, bei einigen Stücken stark zimtbraun überlaufen.

Überraschend war das Fehlen der Brandmaus, Apodemus agrarius, in Gebäuden; nur eine einzige Brandmaus wurde in einem Pferdestall be- obachtet. Im September und Oktober waren Brandmäuse unter den auf Fel- dern gefangenen Mäusen noch mit 20% vertreten, im Oktober waren sie vom freien Felde verschwunden. Nach Rückfrage bei Bauern überwintern Brandmäuse zahlreich in Kartoffel- und Rübenmieten auf den Feldern.

Die Gelbhalsmaus, Apodemus flavicollis, wurde bisher auch im Sommer nicht in der Umgebung von Königswalde gefangen.

Bei der rauhen Lage und der Nähe des Waldrandes scheint es bemer- kenswert, daß die Rötelmaus, Clethrionomys glareolus, keinen winterlichen Schutz in Gebäuden aufsucht, wie sie es in höheren Lagen der Alpen regel- mäßig tut.

Der Gartenschläfer, Eliomys quercinus, überwintert ebenfalls nicht in Gebäuden. Im Sommer dagegen wurden wiederholt Gartenschläfer in Häusern am Dorfrande gefangen. 1950 erbeutete Tiere wurden die Stammeltern eines Zuchtstammes und leben noch jetzt, nach 4%, Jahren, in Berlin.

Richard Lange (Königswalde, Erzgebirge)

7.) Zur Fauna Afghanistans

In Afghanistan führte J. Kiapperich 1952/1953 eine vorwiegend entomologische Sammelreise durch, auf der auch 51 Kleinsäuger in 10 Arten erbeutet wurden. Bei unserer geringen Kenntnis afghanischer Säuger mag vorliegende Zusammenstellung erwünscht sein. Herrn Klapperich danke ich für das Geschenk einiger seiner vorzüglich präparierten Bälge an das Zoologische Museum, Berlin; Ms. E. M. O. Laurie vom British Museum danke ich für Bestimmung des Hemiechinus und der Alticola, für die es in Berlin an Vergleichsmaterial fehlte.

1. Hemiechinus megalotis Blyth, 1845. Afghanischer Großohr-Igel. 1 sex ? aus Kabul, 16. 5. 1952. Vom weiter verbreiteten (Ägypten bis Mon- golei und N.Indien) Hemiechinus auritu Gmelin unterscheidet sich H.megalotis durch längere Stacheln und weniger dichtes, weniger weiches

190 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Haarkleid. Bei dem vorliegenden Stück sind Kopf-Oberseite und -Seiten so- wie Büschel vor den Ohren gelblich, die Schnauze bis zu den Augen oben dunkelbraun mit eingesprengten weißen Haaren, Ohren und Kehle weißlich. Die Unterseite, Beine und Schwanz sind braun behaart mit unregelmäßig verstreuten Flecken weißer Haare in der vorderen Hälfte. Das Stachelkleid wirkt als Ganzes dunkel, die Stacheln haben nur eine subterminale braune Zone, die Spitzen sind braun oder weiß, am Rückenende sind helle Stacheln eingestreut. K+R 195, Sch 22, Hf 41, Ohr 48mm. C. B. 43,5 mm. bullae 11,1 x 10,3 mm.

2. Herpestes auropunctatus pallipes Blyth, 1845. Der deutsche Name der indischen Nominatform „Goldstaub-Manguste‘“ wäre für die afghanische Unterart unzutreffend, da alle gelben und braunen Farben im graugespren- kelten Haarkleid fehlen. 1 Q, Umgebung von Kandahar, 950 m, 25. 1. 1953. K-+R 315, Sch 200, Hf 45, Ohr 15 mm. C. B. 60,0 mm.

3. Ochotona r. rufescens Gray, 1842. Rötlicher Pfeifhase. 15° Pagh- man, Hindukusch, Hochsteppe in 2000 m, 14. 6. 1953. Die Färbung des vorliegenden Stückes ist auffallend durch den hellgelblichen Nackenfleck von etwa 30mm Durchmesser, der in der Mittellinie durch wenige rostbraune Haare undeutlich geteilt ist. Kopfoberseite und ein bogenförmiger Streifen hinter dem Nackenfleck hellrostbraun, dahinter, wiederum bogenförmig be- grenzt, eine hell- und dunkelbraun gesprenkelte Zone. Hintere Rückenhälfte oben graugelb mit braun gemischt, Unterseite und Füße hell-gelblich mit durchscheinenden grauen Haar-Basen. K+R 150, Sch 10, Hf 32, Ohr 23 mm. C.B. 40,0 mm, bullae 13,0—11,0 mm.

4. Apodemus sylvaticus arianus Blanford, 1881. 35'o' an einem Gebirgsbach bei Do-Schak im Kinjantale, Hindukusch, 2520 m, 1.—3. 10. 1952, 19 im Salang-Tale, 2540 m, am 16. 10. 1952 in der Umgebung einer Ge- treidemühle. K+R 80—91, Sch 81—87, Hf 20—22, Ohr 14—17 mm. C.B. 22,5—30,0 mm, occipitonasale Lg. 24,5—26,4mm, Schwanzringe 170—19. Oberseitenfärbung wie bei A.s.dichrurus Raf., 1814, Unterseite ohne An- deutung einer Brustzeichnung, Basis der Bauchhaare, wie gewöhnlich, grau. Ob die für Persien beschriebene Unterart arianus aufrecht zu halten ist, be- darf weiterer Untersuchungen. Die vier afghanischen Tiere unterscheiden sich in nichts, weder in Färbung, noch in Körper- oder Schädel-Maßen von A.s.dichrurus von Kreta (Zimmermann 1953). Ich vermute, daß die durch Ellerman (1948) als flavicollis ward Wroughton, 1908, be- zeichneten Apodemus aus Afghanistan gleichfalls zu A.sylvaticus arianus gehören.

5. Rattus rattus Linne, 1758, Hausratte. Da die Rassengliederung von rattus dringend einer Revision bedarf (nach Ellerman (1949) 94 Un- terarten!), wurde von einer subspezifischen Zuordnung abgesehen. 2 Tiere aus Häusern in Kabul, 11. 1952, 2 Tiere aus der Umgebung einer Getreide- mühle in Walang im Salang-Tale, 2540 m, 11. 1952, 1 Tier von einem Teich- ufer bei Paghman/Hindukusch, 2000 m, vom 7.11.1952. Der Färbung nach gehören alle fünf Tiere zum „alerandrinus-Typ“. Oberseite licht gelb- grau, Rückenmitte verdunkelt, Flanken bei dem alten Stück gelblich, Bauch- haare bis zur Basis unpigmentiert. K+R 116—171, Schw. 136— 171, Hf 28—32, Ohr 19—22 mm, C.B. 32,4—39,6 mm.

6. Mus musculus bactrianus Blyth, 1846, Baktrische Hausmaus. 6 Tiere in Häusern in Kabul, 7 Tiere aus der Umgebung einer Getreidemühle

Notizen 191

im Salang-Tale, Hindukusch, 2540 m, 9.—11. 1952. Oberseits graugelb (sand- farben), Haare der Unterseite bei 3 Tieren bis zur Basis unpigmentiert, bei 6 Tieren mit grauer Basis, bei 4 Tieren teils mit grauer, teils mit un- pigmentierter Basis. Mittlere K+R-Länge 83 (71—85), mittlere Sch.Länge 78 (71—84) mm, rel. Sch.Länge = 71% der Körperlänge, Hf 16—18, Ohr 12—15 mm, mittlere C.B. 20,5 (19,6—21,9) mm. Den auf Kreta gleichfalls im Freien wie in Häusern lebenden Hausmäusen gleichen die afghanischen in Färbung vollkommen. Unterschiede bestehen in der relativen Schwanzlänge: Afghanistan 78, Kreta 989% (Zimmermann 1953).

7. Nesokia indica huttoni Blyth, 1846, Pestratte, 1%’ in einem Gar- ten von Kabul, 11. 11. 1952. Oberseitenfärbung ähnlich der der afghanischen Hausratten (bis auf Igel und Manguste sind alle vorliegenden afghanischen Kleinsäuger oberseits „sandfarben“). Unterseite hellgrau mit gelbem Anfluge. K+R 185, Sch 107, Hf 34, Ohr 19 mm. C.B. 44,0 mm.

8. Calomyscus bailwardi mustersi Ellerman, 1948, terra typica Pagh- man, westl. Kabul. 4Tiere auf Geröllhalde in einer Schlucht des Kabul- flusses bei Tangi-Gharuh, 1600 m, 40 km s.ö. Kabul, 30. 10. 1952. Nach ihren Körpermaßen wären die Stücke zur etwas kleineren Nominatform zu stellen, aber es ist kein, der Zahnabnutzung nach, altes Tier in der kleinen Serie. Oberseitenfärbung sandgelb mit graubraun gesprenkelt. K+R 76—80, Sch 90—93, Hf 19—21, Ohr 18. C. B. 22,0—29,0 mm (Ocecipitonasal-Länge 24,9— 25,9 mm), Zahnreihe 3,5—3,6 mm. Mit seinem körperlangen, leicht buschigen Schwanze und seiner schlanken Figur weicht Calomyscus vom uns vertrauten Bild eines „Hamsters“ erheblich ab (er gehört in die nähere Verwandtschaft der neuweltlichen Peromyscus). Wegen seiner auffallend langen Schnurrhaare möchte man ihn wie Schnurrbart- und Stachel-Maus als Felsspalten-Bewoh- ner ansprechen.

9. Meriones libycus erytrourus Gray, 1842. 19 Tiere aus der Steppe bei Kabul (1740 m), 11.—12. 1952. Die schöne Serie zeigt, wie die Intensität der Oberseitenfärbung mit dem Alter zunimmt. Die jüngeren Stücke sind oberseits am meisten grau (pinkish Buff, XXXIX, gemischt mit Light Drab XLVI nach Ridgway), die ältesten haben lebhafteren, gelbroten Einschlag (Pinkish Cinnamon, XXXIX). K+R 111—138, Sch 111—140, Hf 30—34, Ohr 15—19 mm. C. B. 30,0—35,6 mm.

10. Alticola roylei montosa True, 1894, 2 5'o' an einem Gebirgsbach bei Do-Schak, westl. des Salang-Passes, Hindukusch (2520 m), 1.—3. 10. 1952. Maße des erwachsenen Tieres: K+R107, Sch 50, Hf 19, Ohr 16 mm. C.B. 26,7 mm. Oberseitenfärbung Kopf und Vorderrücken braungrau, Hinterrücken hell rostbraun, die des Jungtieres grauer. Unterseite grauweiß, Schwanz und Füße licht graugelb.

Schrifttum: Ellerman, J. R., 1948. Key to the rodents of South-West Asia in the British Museum collection. Proc. Zool. Soc. London, 118. p. 7653.

Ellerman a. Morrison-Scott, 1951. Checklist of Palaearetic and Indian Mammals 1758 to 1946. Brit. Mus. .„ London.

Klapperich, J., 1954. Auf Forschungsreisen in Afghanistan. Entomologische Blätter 50.

Zimmermann,K., 1953. Die Rodentia von Kreta. Z. £. Sgt. 17, p. 21-51. Klau Zimmermann (Berlin)

192 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

IV. Referate

1.) Eingegangene Literatur

Brodmann, Karl, 1952. Mauswiesel, frei im Hause. (Geglückte Zucht. Ein Beitrag zur Fortpflanzungsbiologie des Kleinen Wiesels.) Balduin Pick Verlag, Köln a. Rh. 45 p. Geh. DM 1,80.

Mit großer Tierliebe hat ein geistlicher Pädagoge noch im Greisenalter seine Erlebnisse mit Mauswieseln (Mustela nivalis L.) geschildert, die er ge- zähmt in der Wohnung hatte. Zum ersten Male soweit dem Ref. be- kannt ist in der Gefangenschaft Nachzucht gelungen. Der Deckakt selbst entspricht dem von Putorius und anderen Musteliden bezügl. Fassens des O im Genick durch &'. Also auch sichtbare Speichelflecke! Bemerkenswert ist, daß &' das sehr kleine Q im Fang zur „Hochzeitskiste“ trug („Kindchen- spiel“ beim Ranzverhalten! d. Ref.). Coitus wird durch Knurren des Partners (wohl © d. Ref.) beendet. Ein zweiter anwesender Rüde wird vom © dann aber mit Abwehrgeschrei begrüßt, der erstmalige Partner dagegen vor jedem neuen Coitus mit „freudigen“ Tönen. © turnt noch 1 Tag vor Werfen. Tragzeitgenau5 Wochen (nach 1. Goitus). Wurf besteht aus 3 So‘ und 1 © und erfolgt am: 19. 5. Das abgesperrte Y' drängt mit Lock- (= Geselligkeits)lauten sehr nach 2 bzw. Jungen, wobei Appetit des Rüden nachzulassen scheint. Verhalten spricht für Pflegen der 50" entsprechend M.erminea. Q ist menschl. Pfleger gegenüber leicht aggressiv, ohne zu beißen, z.B. beim Reinigen der Kiste. Am 3. Tage bringt Q Fäces der Jungen in besondere leere Kiste. Junge sind am 7. Tage schon mal vor dem Nest zu sehen. Zwitschern der Jungen im Nest hört auf, wenn Verf. Deckel abhebt, so daß Licht einfällt. 9 schleppt Junge am 8. Tage in neues Versteck; dann später häufiges Verschleppen, Verf. meint, aus Reinlichkeitstrieb. Junge fressen am 20. Tag noch blind an Sperling. Augen sind nicht vor 21. Tag, sicher bis 25. Tag geöffnet! Unkoordinierte Ortsbewegung der Jungen nach 4 Wochen. Q „girrt“ (wohl murmelnder Geselligkeitslaut d. Ref.) beim Heran- schleppen der Beute. Rasches, koordiniertes Laufen der Jungen (1 Ex. wiegt jetzt 41g) ab 33 Tagen beobachtet, zugleich auch erstmalig Zisch- fauchen. Sehr schnelle Bewegungen ab 43. Tag. Sexualdimorphismus hin- sichtlich Größe ab 38. Tag deutlich. Als Pfleger die Jungen am 41. Tage in die Hand nehmen will, „stinken“ sie zum erstenmal „Schreck“. Fähe versteckt überzählige Beute in hochgelegenen Möbelteilen. Mit 7 Wochen wird bei &'o' das Scrotum sichtbar (Anhaltspunkt für Altersbestimmung junger Kleinwiesel!). Mit 50 Tagen läßt Verf. Junge mit Vater spielen. (Das hätte wohl schon eher sein dürfen, denn nach Verhalten der Yo" und nach Analogie mit M.erminea wird M.nivalis auch eine Elternfamilie haben d. Ref.) Vergl.-ethologisch interessant, daß auch Mauswiesel die soziale „Freude“ durch horizontale Schwanzbewegungen kundtun, z.B. besonders auch, wenn sich beide (Yo!) an der Zimmertür nur wittern oder hören. Ref. kennt dies von Putorius und Meles gut. Zwischen 80. und 100. Lebens- tag der Jungen nimmt Versorgung durch Fähe ab, zuletzt wird nichts mehr gebracht. Bei den Spielen mit Verf. „wollen die Wiesel gern gejagt

Referate 193

werden, sie scheinen dann die passive Rolle vorzuziehen“. Bei Klein- wieseln, die zu enge Kiste hatten, entwickelt sich Gefangenschaftsstereotypie. Alte und junge 5'o” „rieben sich häufig Rücken, Hals und Bauch an den Käfigen der anderen (gesperrt v. Ref.) Wiesel, selten an dem eigenen, leerstehenden, unter hin- und herwindenden Bewegungen“, also anscheinend ein Markierungsverhalten bei M.nivalis! Vielleicht hängen damit die ölgelben Tröpfchen zusammen, die Verf. seine Wiesel gern auf weißes Papier, Briefe usw. absondern sah. Eingehend werden die Stimmlaute der Klein- wiesel aufgezählt.

Soweit die Aufzuchten. Von den zahlreichen gehaltenen Wildfängen ist folgendes wichtig zu berichten: Einige Wochen alter Jungrüde erzeugt bei fremden einzelnen ad-%' lebhaftes Pflegeverhalten. Letztere spielen sogar mit juv. Dies beobachtete Verf. häufiger, und die alleinstehenden älteren oo. sollen geradezu versessen und eifersüchtig auf einen Jungrüden sein, den sie „betun“, im Fang umhertragen und mit dem sie spielen. Verf. meint, daß die Y'o' dazu der von ihm an den Jungrüden festgestellte „Honigduft“ anrege, selbstverständlich auch die Jungenlaute. Verf. erwähnt Kannibalis- mus bei gefangengehaltenen Kleinwieseln in Fällen ungenügender Nahrung. OD seien stets vorsichtiger, entweichen leichter und lassen sich schwerer einfangen als ‘0, Erfahrung, die Ref. gerade bei jungen Iltissen machen konnte. Die Fähe zeigt noch 3 Jahre später Pflegetrieb gegenüber ihren großen Jungen! Das junge DO ist mit fast 4 Jahren zum ersten Male im Ostrus. Bis dahin wurden auch bei ’0” niemals Copula-Versuche gesehen. Alter des 5‘ „Baby“ mindestens 7 Jahre, wahrscheinlich älter. Es stirbt da- nach an Altersschwäche. Einige Angaben über die Haltung der Wiesel sind recht willkommen. F. Goethe (Wilhelmshaven)

Ellermann, J.R., Morrison-Scott, T.C.S., and Hayman, R. W., 23. 12. 1953. Southern African Mammals 1758 to 1951: A reeclassification. British Museum, London, 363 p., 3 Karten.

In der Einleitung geben die Autoren an, daß zwar G. M. Allen 1939 A Checklist of African Mammals. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard 83 die Standardliste afrikanischer Säugetiere sei, daß sie aber zwei Gründe ge- habt hätten, diese neue Liste aufzustellen. Einmal seien in den vierzehn Jahren seit Allen’s Liste eine ganze Reihe neuer Formen und neues Wissen über die altbekannten veröffentlicht worden und dann sei Allen’s Liste [innerhalb der Unterfamilien] alphabetisch geordnet “and therefore un- critical“. Richtiger wäre wohl „und daher unbequem“. Es gibt aber noch einen dritten (und wie mir scheint) wichtigeren Grund, den die Autoren nicht nennen. Allen gibt eine reine Liste ohne jeden Zusatz. Das ist bei aller Hochschätzung von Allen’s Arbeit, in der der Referent mit den Autoren einig ist etwas zu wenig für den, der afrikanische Säuger bestimmen will und der nicht gerade Säugetierspezialist ist.

In dieser neuen Zusammenstellung werden Bestimmungstabellen bis zur Art, eingehende Verbreitungsangaben zu jeder Art, Listen der zu jeder Art gehörenden Unterarten mit den Synonymen und den Originalliteraturangaben und auch manche kritische Bemerkung gegeben. Wünschenswert für eine Neu- auflage wäre auch die Angabe der zusammenfassenden Literatur über ein- zelne Gattungen oder Arten. Bei allen Arten wird das Formenkreisprinzip

194 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

durchgeführt weitergehend als bei Allen —, und so muß es sich manche „Art“ mit Recht gefallen lassen, zu einer Unterart herabgedrückt zu werden. Danach beläuft sich die Zahl der für Südafrika anerkannten Arten auf 350, die sich wie folgt auf die einzelnen Ordnungen verteilen: Insectivora 33, Chiroptera 89, Primates 10, Pholidota 2, Carnivora 38, Pinnipedia 3, Tubuli- dentata 1, Proboscidea 1, Hyracoidea 3, Perissodactyla 4, Artiodactyla 38, Lagomorpha 8, Rodentia 88 (darunter 60 Muriden), Sirenia 2, Getacea 30. In der großen Systematik folgen die Autoren also in der Hauptsache Simp- son, behalten aber die Pinnipedia als besondere Ordnung und stellen wohl aus praktischen Gründen die Glires und die Meeressäuger ans Ende. Als Südafrika wird dabei das Gebiet Afrikas südlich der Südgrenzen des Kongostaates und von Deutsch-Ost-Afrika betrachtet.

Natürlich kann man von dem Buch keine kritische Durcharbeitung der einzelnen Arten erwarten. So bleiben denn Unterschiede in der Beurteilung. Steppen- und Urwaldelefant werden nur als Unterarten getrennt, Steppen- und Urwald-Fingerotter aber werden in verschiedene Untergattungen gestellt. Richtig ist wohl, sie je als zwei Arten einer Gattung anzusehen. Man ersieht jedenfalls daraus, daß für künftige Bearbeiter noch zu tun übrig ist.

Unzweifelhaft liegt hier eine brauchbare und nicht nur den Südafri- kanern hochwillkommene Arbeit vor. Nur eines ist an ihr zu kritisieren: Die Autoren haben deutschsprachige Arbeiten nicht mit demselben Maß ge- messen wie englischsprachige; das bedauere ich nicht als Deutscher, sondern als ehrlich um die Verständigung der Nationen bemühter Europäer.

Hermann Pohle (Berlin)

Hill, W. C. Osman, 2. 6. 1955. Primates comparative Anatomy and Taxonomy II. Haplorhini: Tarsioidea. A monograph. Edinburgh Uni- versity Press (Thomas Nelson and Sons Ltd, Edinburgh 9, Parkside works). XX + 347 p., 14 t. 63 Sh. netto.

Im Journal of Mammalogy 35, p. 601 stellt G. E. Erikson in seinem Referat über den ersten Band dieses Werkes, in dem die Strepsirhini behan- delt werden, einleitend die Frage, ob das Werk wohl Vorgänger gehabt habe, und er nennt als solche Forbes Handbook von 1894, Elliots Review von 1913 und Wood-Jones Man’s place among the Mammals von 1929. Aber diese Ver- gleiche hinken schwer, denn keines dieser Bücher versucht einen Gesamt- überblick über unsere Kenntnisse von den Primaten zu geben. Forbes und Elliot geben in der Hauptsache einen Überblick über die Systematik der rezenten Formen, und Wood-Jones kommt mit einer ganz bestimmten Frage- stellung, bringt also nur das, was Antwort auf diese Frage gibt. Hier aber wird soviel ich sehe zum ersten Mal für Affen und für eine Säugetier- ordnung überhaupt der Versuch gemacht, alles kritisch zusammen zu tragen, was über diese Gruppe bekannt ist und es durch eigene Untersuchungen zu ergänzen, soweit das nur möglich ist. Im ganzen also eine ungeheure Arbeit, an die heranzugehen schon den ganzen Mut eines ganzen Menschen erfordert.

Hill teilt die Gesamtheit der Affen in zwei „Grade“, die er nach Pocock Stresirhini und Haplorhini nennt. Jene umfassen die Prosimiae älterer Anschauung ohne Tarsius, also die Lemuroidea Weber’s. Diese enthälten den Rest, also Tarsius mit seinen fossilen Verwandten und die eigentlichen Affen,

Referate 195

also die Tarsioidea und die Anthropoidea Wabers. Diese Zusammenfassung er- scheint auch Hill nicht ganz glücklich: “for Tarsius differs considerably in many parts of its anatomy from all the higher Primates“. „In den meisten dieser Merkmale stimmt er mit den Strepsirhini überein, oder er nähert sich ihnen zumindest“. „Tarsius ist überdies mit guten Gründen zum primitivsten Primaten erklärt worden.“ Er stellt weiter fest, daß bei einer Beschreibung der anatomischen Charaktere sowohl der Prosimiae im alten Sinne wie der Haplorhini Tarsius immer wieder als Ausnahme genannt werden muß. Er be- hält aber die Einteilung in die beiden Grade trotzdem bei und definiert die Haplorhini einzig nach dem Bau ihrer Nasen, denen das besondere nackte Rhinarium der Lemuroides fehlt, so daß die Nasenlöcher sozusagen in der behaarten Oberlippe liegen. Er teilt dann die Haplorhini in die beiden Unter- ordnungen Tarsioidea und Pithecoidea. Wäre es nicht vielleicht doch ein- facher, auf die Grade zu verzichten und die Primaten einfach in drei Unter- ordnungen zu teilen?

Der vorliegende Band enthält nun auf den ersten 103 Seiten eine all- gemeine Beschreibung der Haplorhini, gegliedert in folgende 24 Kapitel: Einführung Definition Äußere Merkmale Skelettsystem Bezah- nung Gelenke Muskulatur Ernährungssystem Atmungssystem Innersekretorische Drüsen Urogenitalsystem Blut Zirkulations- system Zentralnervensystem Periphere Nerven Sinnesorgane Fort- pflanzungsphysiologie Frühe Entwicklungsstadien Plazentation Spä- tere Entwicklung, Tragzeit und Geburt Behaviour Verhalten Taxo- nomie und Verbreitung.

Dann folgen 216 Seiten mit der Beschreibung der Tarsioidea, die in zwei Familien eingeteilt werden. Die erste, Tarsiidae, enthält nur die rezente Gat- tung Tarsius. Die zweite, Microchoeridae, enthält nur fossile Arten, die alle dem Paleocän, dem Eocän und dem unteren Oligocän entstammen. Jene wird auf 129 Seiten abgehandelt, diese auf 75. Vorausgeschickt werden 10 Seiten

mit Bemerkungen über die Unterordnung als Ganzes: Definition Taxo- nomie und Verbreitung Verbreitungskarte Systematische Liste der Tarsioidea.

Die Tarsiidae sind ähnlich in Kapitel geteilt wie die allgemeine Be- schreibung der Haplorhini. Als zusätzlich sind zu erwähnen: Geschichte der Gattung (erste Beschreibung 1705 von Camel/Petiver) Parasiten (4 Pro- tozoa, 3 Bandwürmer, 3 Fadenwürmer, 1 Milbe) Bestimmungsschlüssel der Formen Besprechung der einzelnen Formen. Unterschieden werden drei Arten: syrichta L., bancanus Horsf. und spectrum Pall. Alle drei umfassen je mehrere Unterarten: syrichta L. von Samar und Leyte, fraterculus Mill. von Bohol und carbonarius Heude von Mindanao, dann bancanus Horsf. von Süd-Sumatra und Banka, saltator Elliot von Billiton, borneanus Elliot von Borneo und Karimata und natunensis Chasen von der Sirhassen Insel, schließ- lich spectrum Pallas von Nord-Ost-Celebes, sangirensis Meyer von den Sangir Inseln, deniatus Mill. et Holl. von Zentralcelebes, pumilus Mill. et Holl. von Zentral-Celebes und pelengensis Sody von der Insel Pulo Peleng.

Die Microchoeridae umfassen fünf Unterfamilien mit insgesamt 30 Gattungen und 50 Arten. Die älteste Gattung ist Paromomys aus dem mitt- leren Paleocän, die jüngste Macrotarsius aus dem Unteren Oligocän Nord- amerikas. Seltsam ist die Verteilung auf die Erdteile: Nordamerika mit

196 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

19 Gattungen, Europa mit 9 und Asien mit 2. Keine Gattung kommt in zwei Erdteilen vor.

Die äußere Ausstattung des Werkes entspricht seiner Bedeutung. Erst- klassiges Papier, hervorragend ausgeführte Zeichnungen und Tafeln, ein ein- gehendes Literaturverzeichnis und ein genaues Register der Tiere und Organe sind zu nennen.

Zusammenfassend kann man Herrn Dr. Hill nur gratulieren zu diesem Werk (wie auch zu dem ersten Band). Es wird sicher für ein halbes Jahr- hundert das Nachschlagewerk für alle die Affen betreffenden Fragen sein und sich deshalb in allen zoologischen Handbüchereien finden müssen.

Hermann Pohle (Berlin)

Jellison, Wm. L., The genus Oropsylla in North America (Die Flohgattung O. in Nordamerika); J. Parasitol. 31, p. 83—97.

Citellus elegans und Citellus richardsoni werden als Unterarten von C.richardsoni aufgefaßt, da sie- geographisch vikariieren und sich an der Demarkationslinie wahrscheinlich vermischen, sowie feldmammologisch kaum zu unterscheiden sind. Jedoch geben die Flöhe sichere Anhaltspunkte, indem Oropsylla rupestris auf C. r. richardsoni beschränkt ist, während bei €. r. ele- gans nur der auch bei anderen Citellus-Formen verbreitete O. idahoensis an- getroffen wird. Kritische Untersuchung der Wirtschaftsverhältnisse der Oropsylla-Arten läßt stark ausgeprägte Wirtsspezifität erkennen, wenngleich gelegentliche Fremdwirte in der Praxis nicht selten vorkommen.

Wd. Eichler (Leipzig)

Erna Mohr, Der Seehund. Die Neue Brehm-Bücherei Heft 145. A. Ziem- sen-Verlag, Wittenberg Lutherstadt 1955. Preis DM 3,—.

Morphologie, Systematik, Lebensraum und Lebensweise, Verbreitung, Schmarotzer und Jagd werden behandelt. Für das Gelingen dieses Heftes waren alle Vorbedingungen erfüllt: jahrzehntelange Vertrautheit mit dem Stoff, Fähigkeit zu lebendiger Darstellung und die Möglichkeit, aus eigenen umfassenden Arbeiten diese konzentrierte Monographie des Seehundes zu schreiben. Der Verlag hat durch die reiche Bebilderung 48 Abb., meist vorzügliche Bilder lebender Tiere sein Bestes getan.

K. Zimmermann (Berlin)

Diezels Niederjagd. 15., neubearbeitete Auflage der Originalausgabe, heraus gegeben von Dr. habil. Detlev Müller-Using, Dozent für Jagd- kunde an der Universität Göttingen. 361 Seiten mit 196 Abbildungen nach Zeichnungen von Karl Wagner und Wilhelm Buddenberg und 5 farbigen Tafeln. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. Preis gebunden DM 28,—.

Eine Würdigung dieses für Jäger bestimmten Buches ist hier vom Stand- punkt der Säugetierkunde aus beabsichtigt. Über die Anlage des ganzen Buches sei nur soviel gesagt, daß es der zweifachen Aufgabe, im jungen Jäger ebenso Verständnis zu wecken für deutsche jagdliche Tradition wie für alle neuen zeitbedingten Erfordernisse, in vollem Umfange gerecht wird. Wie weit als Titel dieses Buches „Diezels Niederjagd‘‘ noch berechtigt ist, sei

Referate 197

dahingestellt. Müller-Using hat zwar die Lebendigkeit und Frische des Die- zelschen Stiles, im übrigen ist das Buch aber eine Neuschöpfung und kein Diezel mehr, sondern eben ein Müller-Using.

Mehr als die Hälfte des Buches behandelt Säugetiere: Reh, die Hasen- artigen, Murmeltier, Biber, Bisamratte, Nutria und die Raubtiere. Da die gesamte Biologie jeder Art unter Auswertung auch des neueren Schrifttums und oft eigener Beobachtungen des Herausgebers zur Darstellung kommt, wird auch der Nichtjäger das Buch mit Genuß und Nutzen zur Hand nehmen. Kleinere Beanstandungen betreffen nichts wesentliches: Der Artbegriff er- scheint zuweilen (Reh, Wildkatze, Otter) leicht veraltet, die eurasiatische Verbreitungsangabe für Fuchs ist mit der Kennzeichnung „nördlich“ zu knapp gegeben; die Erwähnung, daß „fruchtbare Kreuzungen“ Fuchs mit Hund nicht möglich seien, ist in dieser Form geeignet, die nicht zutreffende Möglichkeit steriler Bastarde vermuten zu lassen. Anstatt „Melanismus beim Rotfuchs dürfte sich überwiegend recessiv verhalten“ sollte stehen ‚ist recessiv“.

Die Ausstattung des Buches ist ausgezeichnet, vor allem durch die künst- lerisch wie sachlich ansprechenden Farbtafeln und Zeichnungen.

K. Zimmermann (Berlin)

Zeitschrift für Jagdwissenschaft 1, Heft 1. Herausgegeben von F. Nüß - lein, Hann. Münden. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. Preis des Heftes DM 7,50, des Bandes DM 24,—.

Mit diesem Heft nimmt eine neue Zeitschrift die Arbeit wieder auf, die 1912 das im Verlage Neumann, Neudamm, erschienene „Jahrbuch für Jagd- kunde“ begann, das dann 1927 mit seinem 9. Bande sein Erscheinen einstellen mußte, und in der 1939—1943 erschienenen „Zeitschrift für Jagdkunde“ nur eine kurze Fortsetzung fand. (Nicht zu verwechseln damit ist das 1936— 1940 ebenfalls im Verlag Paul Parey erschienene „Jagdbuch der Deutschen Jäger- schaft“, das ganz andere Ziele verfolgte.) Ihren Aufgabenkreis umreißt die neue Zeitschrift: sie veröffentliche „Originalarbeiten (Abhandlungen) auf dem gesamten Gebiet der Jagdkunde, also der Wildkunde, der Wildkrankheiten, der Hege und Behandlung der Wildbestände, des Jagdbetriebes einschließ- lich Jagdgerät und Jagdhund, des Wildschadens, der Jagdgesetzgebung, der Jagdgeschichte und dergleichen, ferner Mitteilungen, Nachrichten, wissen- schaftliche Referate und Buchbesprechungen sowie die Bekanntmachungen des Internationalen Ringes von Jagdwissenschaftlern“. Die Zeitschrift er- scheint in Jahresbänden zu je vier Heften zu je 2%—3 Druckbogen. Das Jahresabonnement kostet DM 24,—, bei Bezug nur eines Heftes erhöht sich der Durchschnittspreis um 25%, so daß also das Heft DM 7,50 kostet. (Die Autoren erhalten ein Bogenhonorar von DM 80,—.) Dieses erste Heft umfaßt drei Bogen = 48 Seiten.

Der Inhalt dieses Heftes wird in vier Überschriften gegliedert: I. Abhandlungen. II. Mitteilungen. II. Nachrichten. IV. Referate. Naturgemäß ist der erste Abschnitt der längste. Er umfaßt vier Arbeiten P. Nüßlein, Die Jagdwissenschaft in Deutschland, M. Coutu- rier, Das Haarkleid des Alpenschneehasen. F. Vorreyer, Das Kruckenwachstum beim jungen Gams, ein Weiser für den Wahlabschuß. W. Rieck, Vergleich der Hasenstrecken von Vorsteh- und Kesseltreiben. Nennen wir auch gleich die „Mitteilungen“, die sich ja von den Abhand- lungen nur durch ihre Kürze unterscheiden: R. u. D. Müller-Using,

13

198 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Vom Pfeifen der Murmeltiere. H. OÖ. Leyendecker u. W. Rieck, Wildverluste durch Hochwasser. F. L. Kleeberg, Aufzucht von Rehkitzen. Die meisten dieser Artikel sind auch für den Säugetierzoo- logen von Interesse oder enthalten ihn interessierende Angaben.

Dem ersten liegt ein Vortrag zugrunde, gehalten auf dem Internatio- nalen Treffen von Jagdwissenschaftlern während der Int. Jagdausstellung in Düsseldorf 1954. Es wird ein Überblick gegeben über den Begriff der „Jagdwissenschaft“, wie er sich seit etwa 1910 entwickelt hat, und damit bewiesen, daß Jagdkunde Wissenschaft sei. Die Frage, ob die Jagdwissen- schaft eine Wissenschaft sei, wird nicht gestellt. Die demnächst fälligen Aufgaben werden besprochen; sie fallen zumindest zur Hälfte in das Gebiet von Säugetierkunde und Ornithologie. I

Der Artikel von Gouturier ist rein zoologischen Inhaltes. Es wer- den zunächst Sommer- und Winterhaare des Alpenschneehasen (Lepus timidus varronis Miller 1901) beschrieben [leider ohne Abbildungen], dann der Haarwechsel, die Färbung der einzelnen Kleider und schließlich wird der Versuch unternommen, die Physiologie des Haarwechsels zu er- klären. Nach einem Vergleich der verschiedenen Schneehasenformen (es gibt ja auch welche, die nicht umfärben) werden die verschiedenen Fak- toren besprochen, die auf die Umfärbung von Einfluß sind oder sein können: Geographische Breite, Seehöhe, mikroklimatische Verhältnisse des Aufent- haltsortes, Großklima, Umweltverhältnisse, Temperatur, Licht. „Insgesamt ist ein Komplex ökologischer Faktoren für Auslösung des Haarwechsels und Färbung des Haarkleides verantwortlich, indem zu bestimmten Jahres- zeiten Hormonausschüttungen im Organismus durch ihn begünstigt werden.“ [Und warum wirkt das alles beim Feldhasen nicht?]

Der Artikel über das Krukenwachstum gibt nur nebenbei zoologische Tatsachen. Er soll hegerischen Zwecken dienen. Da das Krukenwachstum der ersten drei Lebensjahre entscheidend für die Stärke der reifen Tro- phäe ist, sollte man den Abschuß der Jährlinge und Zweijährigen, die sich gut als solche erkennen lassen, fördern, wenn ihre Kruken sich als zu gering erweisen.

In der Mitteilung des Ehepaars Müller-Using wird darauf hingewiesen, daß das „Pfeifen“ der Murmeltiere in Wirklichkeit kein Pfeifen, sondern ein Schreien ist. Ein im Augenblick des „Pfiffes“ aufgenommenes Foto, das den Kopf mit weit geöffnetem Maul zeigt, beweist das.

Eine halbe Seite Nachrichten über das Internationale Treffen und den Internationalen Ring von Jagdwissenschaftlern, sowie 12 Seiten Referate über jagdliches Schrifttum füllen den Rest des Heftes.

Hoffentlich ist dieser Zeitschrift ein längeres Leben beschieden als ihren beiden Vorgängern. Hermann Pohle (Berlin)

Zeitschrift für Tierernährung und Futtermittelkunde 10, Heft 1. Heraus- gegeben von W. Lenkeit (Göttingen), W. Wöhlbier (Stuttgart-Hohenheim),

V. Horn (Gießen) und K. Trautwein (Freiburg ı. Br.). Verlag Paul

Parey, Hamburg und Berlin. Preis des Heftes DM 22,50, des Bandes

DM 108,—.

Nach einer Ruhezeit von über zehn Jahren beginnt die Zeitschrift mit diesem Heft wieder zu erscheinen. Sie hat ihren Aufgabenbereich erweitert, denn sie veröffentlicht in Zukunft „Arbeiten über die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Tierphysiologie, insbesondere des Stoffwechsels und der

Referate 199

Ernährung, der Fütterungslehre und der Chemie und Mikroskopie der Futter- mittel“, und zwar „nur Originalarbeiten und nach Bedarf zusammenfassende Referate, ferner Buchbesprechungen der wichtigsten Literatur sowie zweimal im Jahr den zusammenfassenden Bericht über die Tagungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere“. Es sollen im Jahre sechs Hefte zu je etwa vier Bogen erscheinen, die dann einen Band bilden. Der Abonnements- preis beträgt DM 108,— für den Jahrgang; bei Kauf nur eines Heftes erhöht sich der Preis um 25 %, also auf DM 22,50. Dafür erhalten die Autoren für Originalarbeiten ein Honorar von DM 60,— je Druckbogen und 20 Son- derdrucke. |

Das erste Heft enthält neben drei Seiten Tagungsbericht und zwei Buch- besprechungen auf 2%, Seiten sechs Originalarbeiten. Die umfangreichste ist eine „Analyse des Wachstums mittels Differentialgleichungen der Partial- prozesse des synthetischen Stoffwechsels“ von Holger Möllgaard, dann folgen „Zur Bestimmung des Gesamt-, Protein- und Sulfat-Schwefels in pflanzlichen Futtermitteln“ von K. Scharrer und J. Jung, „Fütterungsversuche an Milch- kühen zur Steigerung des Jodgehaltes der Milch durch Jodzulagen“ von A. Gabele und E. Schmittmann, „Zur röntgenographischen Technik bei der biologischen Vitamin-D-Bestimmung mit Ratten“ von H. Brune, „Die Be- rechnung des maximalen täglichen Eiweißansatzvermögens von Schweinen aus in der Literatur veröffentlichten Daten und dessen Bedeutung bei der Durch- führung von Fütterungsversuchen‘ ‘von H. W. Hohls und „Verdaungsversuche mit Sepa-Patent-Schnitzel“ von W. Schneider. Hermann Pohle (Berlin)

Hans Frick, 1954. Die Entwicklung und Morphologie des Chondrokra-- niums von Myotis Kaup. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, VIII + 102 p., 46 Abb.; Kart. DM 14,40.

Als Nr. III einer Serie „Beitrag zur Kenntnis der Morphologie und Entwicklung des Chiropterenkraniums‘“ erscheint diese Habilitationsschrift als Buch, (während die beiden ersten Nummern in Zeitschriften heraus- kamen). „Sie will zunächst einmal für eine Reihe von Entwicklungsstadien eine Beschreibung der einzelnen Schädelregionen geben, die von Stadium zu Stadium zurückgelegten Entwicklungsschritte aufzeigen und so das für einen Vergleich mit anderen Chiropteren und sonstigen Säugern notwendige Tat- sachenmaterial zusammenstellen.“ Die nötigen Untersuchungen werden in der Hauptsache an 26 Embryonen von Myotis myotis Borkhausen gemacht, die eine Scheitel-Steiß-Länge von 6,5—30 mm hatten. Mit herangezogen werden zwei Embryonen von Myotis capaccinii Bonaparte von 9 und 10 mm Sch.-St.-L. Dazu neugeborene und erwachsene Tiere von M. myotis.

Leider ist es aus Platzmangel nicht möglich, auch nur die wesent- lichen Befunde Frick’s hier wiederzugeben. Sie füllen am Schluß der Arbeit über drei Petit-Druck-Seiten. Die Interessenten müssen auf die ja leicht beschaffbare Arbeit verwiesen werden. Für die Kenntnis des Gebisses wichtig ist die Feststellung, daß die im Milchgebiß auftretenden Backen- zähne der 2. und der 3. Milchprämolar sind, die meist als 3. und 4. auf- gefaßt wurden. Die Fülle des Materials macht auch möglich, die Zeitfolge des Auftretens der Knochenkerne in den Schädelknochen (bei M.myotis) festzustellen. Zuerst (1Omm) treten Dentale und Maxillare auf, dann fol- gen Parietale, Frontale, Squamosum und Praemaxillare (12 mm), dann Pterygoid (13mm), Goniale (12mm, aber mit längerem Kopf), Zygoma- tieum und Tympanicum (14mm), Interparietale und Palatinum (14mm),

13*

200 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Nasale, Vomer, Basioccipitale und Proc. styloideus (15 mm), Alisphenoid, Basisphenoid, Supraoccipitale und Malleus (17 mm), Exoccipitale (18 mm), Ohrkapsel und Incus (21 mm), Orbitosphenoid und Stapes (23 mm).

Verfasser bedauert, daß ‚eine Analyse der historisch-phylogenetisch bedingten und der als Sonderanpassung zu wertenden Baueigentümlich- keiten derzeit nur in sehr beschränktem Umfange möglich“ sei. Es sind nämlich bisher nur je ein einzelnes Stadium des Chondrokraniums von vier Fledertierarten näher untersucht worden, von: Rousettus leschenaulti semi- nudus Gray, Rhinolophus rouxii Temm., Scotophilus temmincki Horsf. und Miniopterus schreibersii Kuhl. Es sind also auf diesem Gebiet noch viele, hoffentlich ebenso schöne Arbeiten zu erwarten. Hermann Pohle (Berlin)

Otto Fehringer, 1953. Die Welt der Säugetiere. Droemersche Ver- lagsanstalt, München. 432 p., 475 farbige Abbildungen, 127 Strichätzungen, geb. DM 9,30.

Unausgesprochen, aber angedeutet wendet sich das Buch an den Laien- zoologen und an den zoologisch interessierten Laien. Das besagt nicht, daßj nicht auch der Wissenschaftler es in die Hand nehmen kann. Es gibt ja leider z. Zt. keine moderne zusammenfassende Darstellung der Säugetiere schlechtweg, in der nicht nur die Anatomie oder die Systematik allein zw Worte kommen. Allerdings darf man von einem Werk von rund 500 Seiten Umfang kein Handbuch der Säugetierkunde erwarten (die „Säugetiere im Handbuch der Zoologie“ werden viele Bände von größerem Umfang dar- stellen). Es ist aber hier wie mir scheint eine ganz glückliche Ver- einigung von anatomischen, physiologischen, oekologischen, psychologischen und systematischen Tatsachen zustandegekommen. Man wird natürlich Einzelheiten anführen können, die fehlen oder die man besser oder auch richtiger dargestellt wünschte.

Das Buch gliedert sich in einen etwa 50 Seiten langen „Allgemeinen Teil“ als Einleitung, den Hauptteil von rund 290 Seiten „Der Aufmarsch der Säugetiere“ und zwei Abschlußkapitel, von denen das erste „Entfaltung der Säugetiere in Zeit und Raum“ von Theodor Haltenorth (München) ge- schrieben wurde. Das zweite nennt sich „Mensch und Tier“ und behandelt einerseits die Jagd und andererseits die Domestikation. Der allgemeine Teil beginnt mit einem Kapitel ‚Der Säuger und seine Welt“, dann folgt „Bau und Funktion des Säugetierkörpers“, „Werden und Wachsen“ und ‚Über die Tierseele“, alle durch den Titel genügend charakterisiert. Im. Hauptteil werden die einzelnen Ordnungen in folgender Reihenfolge be- handelt: Affen, Halbaffen, Raubtiere, Flossenfüßer, Wale, Insektenfresser, Pelzflatterer, Fledertiere, Nagetiere, Elefanten, Seekühe, Klippschliefer, Un- paarhufer, Paarhufer, Zahnarme, Beuteltiere, Kloakentiere. Über die Reihen- folge kann man natürlich verschiedener Ansicht sein, ohne das Recht zu haben, dem Andersdenkenden Vorwürfe zu machen. Letzten Endes ist es auch nicht sehr bedeutungsvoll, ob man die Halbaffen und die Flossenfüßer als Ordnungen oder Unterordnungen auffaßt, obwohl wir ja diese Ordnun- gen eigentlich längst zum „Schrott überholter Systeme weggeworfen“ haben. Aber die Zusammenfassung der Erdferkel mit den Zahnarmen zu einer Ord- nung sollte man doch endgültig vermeiden, selbst in einem rein populär. gedachten Buch.

Reichlich ist die Bebilderung. Aber auch dieses Buch stellt einen vor die Frage, ob Offsetbilder geeignet sind für eine wissenschaftliche Tier-. darstellung. Vieles ist sehr hübsch herausgekommen, vor allem die größe- ren Tiere, aber bei den kleineren hapert es doch. Ein Beispiel: Zwergspitz- maus und Wimperspitzmaus sind nicht zu unterscheiden.

Hermann Pohle (Berlin).

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

201

V. Anhang

1.) Index der Autornamen

Seitenzahlen ohne Titel verweisen auf Vorträge ohne Referat.

Becker, K. 130 Uber Art- und Geschlechtsunterschiede am Becken einheimischer Spitzmäuse 78—88 28. Hauptversammlung unserer Gesell- schaft vom 30. 7. bıs 4. 8. 1954 in München 119—147 Niederschrift der wiss. Sitzungen 1954 150—152

Chitty, D. 127 Allgemeine Gedankengänge über die Dichteschwankungen bei der Erdmaus 595—60

Dathe, H. 130

Eibl-Eibesfeld 129, 143 Beobachtungen über territoriales Ver- halten und Brutpflege des Galapagos- Seelöwen 75—77

Eichler, W.

Buchbesprechung 195 Eisentraut, M.

Vorläufiger Bericht über säugetier- kundliche Untersuchungen am Kame- runberg 138

Frank, F. 143 Ergebnisse und Probleme neuer popu- lationsdynamischer Untersuchungen an deutschen Microtinen 126—127 Freye, H.-A. Prof. Dr. Ludwig Freund + 180—182 Fritsche, K. Wildkatze bei Bremerhaven 183

Gaffrey, G. Zur Biologie der Hausratte 183 Goethe, F. Buchbesprechung 192—193 Grzimek, B. Wissenschaftl. Arbeitsplätze ım Frank- furter Zoologischen Garten 184

Heinroth, K.

Neue interessante Beobachtungen an Zoo-Säugetieren 152 Herold, W.

Zahnverschmelzung bei einer Gelbhals- maus 184—-186

Herter, K. 133, 150, 151

Die Überwinterung syrischer Gold- hamster in Norddeutschland 37—54 Hofer, H. 151

Johnke, 1. Eingänge für die Bücherei 1954 154—177

1939 bis

Kleinschmidt, A. Die Anwendung. der Speed-Ebhardt- schen Pferdetypenlehre auf die Beurtei- lung von neuen Funden aus dem Pa- laeolithikum von Salzgitter-Lebenstedt 141—142

Kühlhorn, FE. Gefügegesetzliche Untersuchungen an Neuweltaffen 13—36

Tierische Lebensräume in Süd-Matto- grosso 138—140

Kühlhorn, J. Der Auerochs von 1595 186

Kühne, W. 151

Lange, R. In Gebäuden eines Erzgebirgsdorfes überwinternde Kleinsäuger 187—189

Lauterbach, G. 153 Die UÜberwinterung syrischer Goldham- ster in Norddeutschland 37—54 Leyhausen, P. Die zoologische Film-Enzyklopädie 135—137

Mehl, S. Das Gaumendach einheimischer Klein- säuger 131—132

Müller-Using, D. 140 Nachtsheim, H. 152

Pohle, H. 150, 152

Über den Status des Schomburgk- hirsches 145

Niederschrift der Exkursion nach Salz- burg 147—149

Mitgliederverzeichnis 178—179

Buchbesprechungen 193—195, 197—209

(Nachtrag)

202

Ryberg, ©. 143

Schnurre, O. 152

Schwangart, F. Übersicht und Beschreikung der Haus- katzenrassen 1—12

Stein, G. Die Kleinsäuger ostdeutscher Acker- flächen 89—113 Populationsanalysen am Maulwurf 128

Stengel 153

Steven, D. M. 130 Untersuchungen über die britischen Formen von Clethrionomys 70—74

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955).

Telle, H. 130 Zur Territorialität der 144—145

Wanderratte

‘y. Vietinghoff-Riesch, A.

Siebenschläfermarkierungen im Deister 134—135

v. Wijngaarden, A. 128 Vorläufige Ergebnisse der Populations- untersuchung an Feldmäusen in der Betuwe 61—69

v. Wettstein, O. Was ist Capra dorcas Reichenow 132

Zimmermann, K. 128, 152 Körpergröße und Bestandsdichte _ bei Feldmäusen 114—118 Zur Fauna Afghanistans Buchbesprechungen 19

189—191

2.) Index der Säugetiernamen

aegagrus, Capra 132

agrestis, Microtus 55—60, 91, 92, 97, 98, 111, 114, 128, 131, 143

agrarıus, Apodemus 91, 92, 94, 97, 101, 106, 111, 131, 152

Ailuropoda 150

alexandrınus, Rattus 190

Allactaga 133

Alouatta 139

caraya 13—36

alstoni, Clethrionomys 70—74

Alticola 189

roylei montosa 191

americanus, Lepus 55

apella, Cebus 13—36

Apodemus agrarius 91, 92, 94, 97, 101, 106, 111, 131, 151

flavicollis 91, 92, 111, 131, 143, 184, 185, 190

sylvaticus 83, 91, 92, 98, 99, 101, 103, 104, 106, 111, 113, 131, 143, 185, 187—190

araneus, Sorex 78—80, 82, 83, 88, 91, 92, 96, 97, 99, 101, 111, 113, 130, 187 189

Arctocephalus galapagoensis 75

arctos, Ursus 134

arianus, Apodemus sylvaticus 190

arvalis, Microtus 61—69, 79, 89, 91, 92, 97, 101, 104, 109—111, 114—118, 126, 128, 130, 131, 143, 187

Arvicola 131, 187

auratus, Mesocricetus 37—54, 129, 133, 134

auritus, Hemiechinus 189

auropunctatus, Herpestes 190

azarae, Dasyprocta 17

bactrianus, Mus musculus 190 bailwardi, Calomyscus 191 bancanus, Tarsıus 195

Bison bonasus 186 Blastoceros campßestris 140 böhmi, Equus 152

Bonobo 149

Bos primigenius 186

taurus 184, 186 britannicus, Clethrionomys 70—74, 130 byronia, Otaria 75

caballus, Equus 141, 150, 184 caeca, Talpa 107 calijornianus, Zalophus 143

Calomyscus bailwardi mustersi 191 campestris (Blastoceros) 140

Canis 143

jJamiliaris 184

lupus 136

capaccini, Myotis 199 Capra 132, 147

aegagrus 132

dorcas 132, 133

hircus 132

ıbex 148

jourensis 132

frisca 132

capucinus, Cebus 14, 17 caraya, Alouatta 13—36 carbonarıus, Tarsius 195 catus, Felis 1—12, 187 Cavia 139

Caviella 130

Cebus 139

apella 13—36

capucinus 14, 17

albans 203

Cervus duvauceli 145

schomburgki 145

Chionomys 131

Chrysocyon 140

Citellus 131, 133

elegans 196

richardsoni 196

Clethrionomys 70—74,

glareolus 101

alstoni 70—74

britannicus 70—74, 130

erica 70—74

nageri 71, 72

norvegicus 71, 73, 74

rujocanus 72

rutilus 72

skomerensis

Cricetulus 133

Cricetus cricetus 37, 38, 49, 53, 129, 131, 133

Crocidura 80, 130

leucodon 85—87, 99, 187—189

mimula 86, 187—189

russula 27, 85—87

Ctenomys 149

Cynomys 133

130, 131

70—74 127,

Dasypus sexcinctus 139, 140 Dasyprocta 130, 139

azarae 17

dentatus, Tarsıius 195 dichrurus, Apodemus sylvaticus 190 Dipus 133

domesticus, Felis 1

—, Mus musculus 99 dorcas, Capra 132, 133 dugong, Halicore 180 duvauceli, Rucervus 145

Dyromys 131

Elephas 151

indicus 184

Eliomys quercinus 131, 189

episcopalis, Talpa 107

Equus böhmi 152

caballus 141, 150, 184

germanicus 141, 142

hartmannae 152

przewalskii 143

taubachensis 141, 142

elegans, Citellus 196

erica, Clethrionomys 70—74

Erinaceus europaeus 51, 131, 133, 151

erminea, Mustela 192

erytrourus, Meriones libycus 191

europaea, Talpa 91, 92, 105, 107, 108, 111, 112

europaeus, Erinaceus 51, 131, 133, 151

Eutamias 133

jamiliaris, Canis 184

Jlavicollis, Apodemus 91, 92, 111, 131,

143, 184, 185, 190

Felis catus 1—12, 137

domesticu 1

ocreata 1

serval 137

silvestris 1, 183

jodiens, Neomys 84, 87, 100, 112, 187 Jraterculus, Tarsius 195

galapagoensis, Arctocephalus 75

germanicus, Equus 141, 142

glareolus, Clethrionomys 70—74, 101, 130, 131

Glis 13 135

gracilis, Talpa 107

Halicore dugong 180

hartmannae, Equus 152

Hemiechinus 151, 189

auritus 189

megalotis 189

Herpestes auropunctatus pallipes 190 Hesperomys 139 hr hircus, Capra 132

huttoni, Nesokia indica 191 Hydrochoerus 130, 139

Hystrix 130

ibex, Capra 148

indica, Nesokia 191 indicus, Elephas 184 jourensis, Capra 132

leporinus, Noctilio 139

Lepus americanus 593

timidus varronis 198

leschenaulti, Rousettus 200

leucodon, Crocidura 85—87, 99, 187--189 libycus, Meriones 191

lupus, Canis 136

Lutra 139

Macrotarsius 195 magna, Talfpa 107, 108, 112 Manis tricuspis 138 maritimus, Ursus 133 Marmota marmota 133,

140, 141, 198

Martes martes 134 Mazama 139

megalotis, Hemiechinus 189 Meles 133

Meriones libycus erytrourus 191

Mesocricetus auratus 37—54, 129, 133, 134

Micromys minutus 91, 92, 111, 131

Microtus 126

agrestis 55—60, 91, 92, 97, 98, 111, 114, 128, 131, 143

arvalis 61—69, 79, 89, 91, 92, 97, 101, 104, 109—111, 114—118, 126, 128, 130, 131, 143, 187

204

Microtus oeconomus 91, 92, 98, 100, 111

orcadensis 130

milleri, Neomys 84, 187

mimula, Crocidura 86, 187—189

Miniopterus schreibersii 200

minutus, Micromys 91, 92, 111, 131

—, Sorex 81, 87, 100, 101, 112, 130

montosa, Alticola roylei 191

Mus musculus bactrianus 190

musculus 91, 92, 99, 111, 131, 183, 187— 189

domesticus 99

Muscardinus 131

Mustela erminea 192

nivalis 192, 193

mustersi, Calomyscus bailwardi 191

Myocastor 130, 151, 187

Myotis capaccinii 199

myotis 199

nageri, Clethrionomys 71, 72

Nasalis 150

Nasua 140

natunensis, Tarsius 195

Neomys 80, 130

fodiens 84, 87, 100, 112, 187

milleri 84, 187

Nesokia indica huttoni 191

nivalis, Mustela 192, 193

Noctilio leporinus 139

norvegicus, Clethrionomys 71, 73, 74

—, Rattus 130, 131, 144, 151, 152, 183, 187

Ochotona 134

rujfescens 190

ocreata, Felis 1

Octodon 130

oeconomus, Microtus 91, 92, 100, 111 onca, Panthera 137

Ondatra 131

orcadensis, Microtus 130

Oryctolagus 132

Otaria byronia 75

Ovis 184

pallipes, Herpestes auropunctatus 190 Panthera onca 137 Paromomys 195

helengensis, Tarsius 195 Peromyscus 70

Phoca vitulina 152, 196 Pitymys subterraneus 95, 131 Plagiodontia 130 praeglacialis, Talpa 107 primigenius, Bos 186

prisca, Capra 132

Procyon 133, 151 Proechimys. 130

przewalskii, Equus 142

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955)

pumilus, Tarsius 195 Putorius putorius 150, 151, 192 pygmaea, Talpa 107, 112

quercinus, Eliomys 131, 189

Rattus alexandrinus 190

norvegicus 130, 131, 144, 151, 152, 183, 187

rattus 131, 183, 190

Rhinolophus rouzii 200

richardsoni, Citellus 196

royli, Alticola 191

Rousettus leschenaulti seminudus 200

rouxiüi, Rhinolophus 200

Rucervus duvauceli 145

schomburgki 145

rufescens, Ochotona 190

rufocanus, Clethrionomys 72

Rupicapra 133, 148, 149, 198

russula, Crocidura 27, 85—87

rutilus, Clethrionomys 72

sangirensis, Tarsius 195

schreibersii, Miniopterus 200

Sciuropterus 133

Sciurus 131

Scotophilus temmincki 200

seminudus, Rousettus 200

serval, Felis 137

sexcinctus, Dasypus 139, 140

Sicista 133

silvestris, Felis 1, 183

skomerensis, Clethrionomys 70—74

Sorex 78—88, 115, 130

araneus 78—80, 82. 83, 88, 91, 92, 96, 97, 99. 101, 111, 113, 130, 187— 189

minutus 81, 87, 100, 101, 112, 130

tetragonurus 113

spectrum, Tarsius 195

subterraneus, Pitymys 113

Sylvaemus s. Apodemus

sylvaticus, Apodemus 83, 91, 92, 98, 99, 101, 103, 104, 106, 111, 113, 131, 143, 185, 187—190

syrichta, Tarsius 195

Talpa 106, 107, 128, 131

caeca 107

episcopalis 107

europaea 91, 92, 105, 107, 108, 111, 112

gracilis 107

magna 107, 108, 112

praeglazialis 107

pygmaea 107, 112

Tamandua 140

Tamias 133

Tapirus 139, 140

Tarsius 194—196

bancanus bancanus 195 borneanus 195

natunensis 195

saltator 195

spectrum dentatus 195 helengensis 195

phumilus 195

sangirensis 195

spectrum 195

syrichta carbonarius 195

fraterculus 195 syrichta 195

Anhang

tetragonurus, Sorex 113 timidus, Lepus 198 Thaocervus 145 tricuspis, Manis 138

Ursus arctos 133, 134, 150 maritimus 133

varronis, Lepus timidus 198

vitulina, Phoca 152, 196

wardi, Apodemus 1%

wollebaeki,

taubachensis, Equus 141, 142

taurus, Bos 184, 186

temmeincki, Scotophilus 200

Zalophus 75—77

Zalophus calijornianus 143 wollebaeki 75—77

3.) Index der Mitgliedernamen Siehe das Verzeichnis in Band 19, p. 33—37, und den Nachtrag in diesem Bande

Ackerknecht 154

Amon 125

Antonius 154

Arndt 154—167, 169—171, 173—176

v. Bachofen-Echt 154

Banzer 150—153

Bauer 123

de Beaux 154, 174

Becker 78—88, 119—147, 150—153

van Bemmel 125

Beninde 155

Bluntschli 155

v. Boetticher 123, 132, 155—156, 158

Brandes 156

v. d. Brink 157

Burckhardt 123

Coolidge jr. 157 Curio 150—153

Dathe 120, 121, 130, 133, 137, 146, 153, 158 Döderlein 158

Ebhardt 121, 141, 142

Ehik 158

Eibl-Eibesfeld 75—77, 119 —121, 129, 143

Eisentraut 39, 50, 54, 120, 121, 123, 133, 138, 158

Fechner 146

Fehringer 123, 200

Felten 123, 133

Ferdinand, König von Bul- garien 133

p. 178—179.

Frank 58, 69, 78, 102, 103, 105, 113, 117, 11> —121, 123, 126—130, 143, 146

Freudenberg 159

Freund 152, 180—182

Freye 123, 162, 180—182

Fritsche, Herbert 159

—, Karl 183

Gaffrey 123, 129, 151— 153, 159, 183

Geipel 150, 152, 153

Gerber 123, 159

Gerlach 123, 159

Gewalt 150, 153

Geyr v. Schweppenb. 78. 87

Goethe 159, 192, 193

Grimpe 159

Grote 159

Grzymek 121, 125, 184

Hagen 128, 165

Hall 160

Haltenorth 122—125, 138, 141, 143, 160

Haltrich 123

Haring 123

Heck, Heinz 120, 131

Ludwig 131

Lutz 186

Hediger 139

Heinroth, Katharına 150, 152, 153

Oskar 160

Heptner 160

Herold 102, 123, 130, 150, 152, 153, 161, 184—186

Herre 123, 132, 142, 146

Herter 37—54, 120, 122, 123, 133, 146, 150—1352, 161

Hilzheimer 133, 154, 161, 184

Hinton 71

Hoffmann 152

Hübner 162

Issel 123, 162

Jany 125 Johnke 150—152, 154—177

Kahmann 104, 113

Kassner 125, 153

Kleinschmidt, Adolf 120, 121, 129, 134, 141—143, 151, 162

—, H. 153

—, Otto 84, 88, 151, 152, 153

Klemm 123, 152, 153, 163

Koch, Tankred 150

—, Walter 123, 124

Krieg 13, 31, 32, 36, 125, 139, 163

Kühlhorn, Friedrich 13— 36, 120, 121, 138—140, 163

—, Johannes 163, 186

Kummerloewe 166

Lange 99, 187—189

Leche 81, 88, 164

v. Lehmann 123, 129

Leyhausen 120, 121, 123, 135—137

Löhrl 79, 88

Lönnberg 164

Lyon 164

206

Matschie 154, 164, 165

Mehl 120, 121, 131, 132, 165

Meise 150, 151, 153

Meixner 165

Mohr 20, 36, 39, 91, 113, 122,123; 131, 143, 146; 165. 166, 183

Morrison-Scott 193

Mosler 166

Müller-Using 120, 121, 123, 127, 1335340, 71415 145—147, 166, 196—198

Nachtsheim 122—126, 132, 143, 146, 148, 150— 153, 186

Neseni 153

Neumann 167

Nowack 150—152

Ogznew 152 Ohnesorge 150, 151, 153, 167

Petzsch, Hans 38—40, 47, 48, 50, 53, 54, 123, 124, 167, 168

Hertha 123

Piechocki 123

Piepenborn 152

Pohle, Charlotte 123, 159—152

—, Hermann 120—125, 131, 133,137, 138, 145

154, 169, 171, 177, 179, 193—200

Polzin 150—153

Prell 169

Priemel 123, 141, 169 Priesner 157, 162, 174

Raethel 151, 153 Reichstein 94 Reinberger 169 Reinig 123

Reinwaldt 169, 170 Rhumbler 169 Richter 170, 187, 188 Rieck 197

Riemer, Charlotte 150 Röder 170

v. Roy 123, 152, 153 Rudloff 152, 153 Ryberg 123, 133, 143

Scheunert 171

Sehlott 171

Schmid 171

Schmidt-Hoensdorf 171

Schneider 172, 173

Schnurre 87, 114, 120, 122, 150, 152

Schoenichen 173

Schöps 173

Schröder, Werner 152, 173

Schwangart 1—12, 124, 174

Spiegel 152

Stahl 150, 153

Stammer 120, 146

Stein 58, 60, 67, 78, 81, 87. 89—113, 119—121, 123, 124, 127, 128, 150, 152, 1535 1%

Steinbacher 123, 138, 149

122, 142,

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955)

Steinfatt 170

Steiniger 183

Steinmetz 153

Stichel 170

Strauch 170

Streck 152

Ströse 171

Stromer von Reichen- bach 171

Tele 93, 121—123, 127, 130, 144, 145, 150, 151

Tembrock 123, 150, 153

Tenius 123

Tratz 120, 122, 123, 148, 174

Uttendörfer 78, 88, 152. 170, 174

Vinogradow 174

v. Wettstein 107, 113, 120, 121, 123.1257277932 137, 141, 146, 147, 149

Westenhöfer 175

Wiesel 175

Wolf, Heinrich 123, 175

Zahn 175

v. Zedtwitz 176

Zieske 123, 152

Zimmermann, Klaus, 87, 93, 99, 102, 90252183; 113—119. 122—124, 127 —130, 132, 146, 150, 152, 153, 474, IZoaB2 189—191, 196, 197

Zukowsky 176, 177

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955) Tafel IV.

au

#

Abb. 9

Zu K. Herter und G. Lauterbach, Die Überwinterung syrischer Goldhamster in Deutschland.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955) Tafel V.

a 7 4 . ; ERS ; u a :

RI

VRHIGRRNE

| Abb. 7

Zu A. van Wijngaarden, Populationsuntersuchungen an Feldmäusen der Betuwe.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955) Tafel VI.

Abb. 9

Betuwe.

Abb.

Herold, Zahnverschmelzung bei einer Gelbhalsmaus.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 20, 1952 (1955) Tafel VII.

Abb. 4

Zu I. Eibl-Eibesfeldt, Beobachtungen über Galäpagos-Seelöwen.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 19, 1951 (1954). 181

V. Anhang

1.) Berichtigungen und Zusätze

Band 18

p- 174: Die 1. Textzeile muß heißen: Erstmalig für Sachsen nachgewiesen: Tharandt, 23. November 1952

p- 176: Die letzten sechs Zeilen des Textes sind zu streichen; sie stehen an richtiger Stelle auf p. 177 als erste sechs Zeilen. p. 179: Die Überschrift der Tabelle 8 muß lauten: Tabelle 8. Gewicht und Körpermaße mittelsächsischer leucodon.

p- 181: Die neunte Zeile des Textes muß heißen: den konnte. Im Gegensatz dazu enthält die Sammlung des Zoologischen

p- 188: In den 9. und 11. Zeilen ist zu ändern:

mesopotamia in mesopotamica.

p. 189: Die 13. Zeile muß verbessert werden in: reichliche Behaarung, grauweiße Farbe an Wangen, Kinn und Kehle und

p. 189: An die letzte Zeile ist anzuhängen: indem er auf p. 46 das oben erwähnte Bild als Equus böhmi bezeichnet und ihm auf p. 47 ein typisches Bild von Equus chapmani gegenüber- stellt. Allerdings verschweigt er bei böhmi den Fundort, nach dem das Tier ein chapmani sein müßte (vgl. dazu Kattinger, Z. £.S. 17, p. 115—122).

Band 19

p. 17. Die 10. Zeile des Textes muß lauten: 9. Herr Pohle: Über die Herpestiden-Gattungen Bdeogale und Galeriscus.

p-. 20: Die Überschriften müssen geändert werden in: 12.) Niederschriften der wissensch. Sitzungen 1942 bis 1944 und

13.) Niederschriften der wissensch. Sitzungen 1945 bis 1950.

Es haben nämlich auch 1944 noch Halbjahressitzungen stattgefunden, wie sich leider erst nach Fertigstellung des Heftes 1—2 herausstellte. Es sind daher an 12.) anzuhängen:

E. 1. Halbjahrssitzung 1944 am Sonntag, 2. April 1944, 10.15 Uhr bis 11.45 Uhr im Hörsaal des Zoologischen Museums Berlin gemeinsam mit der Deutschen Ornithologi- schen Gesellschaft. Anwesend: die Mitglieder O. Heinroth, K. Kaestner, Lemm, Ohne- sorge, H. Pohle, W. Schulz und 17 Mitglieder der D.O.G. und Gäste. Tagesordnung: Vorlage von Literatur.

F. 2. Halbjahrssitzung 1944 am Dienstag, 14. November 1944, nicht im Zoologischen Museum Berlin. Alle weiteren Unterlagen über diese Sitzung sind mit dem Zimmer des Geschäftsführers durch Bombeneinschlag vernichtet worden.

182 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 19, 1951 (1954).

p. 39, 1. Absatz: Herr Prof. Nachtsheim bittet um Aufnahme folgender

2

Berichtigung: Herr Dr. v. Boetticher macht mich darauf aufmerksam, daß mir in meinem kurzen Nachruf auf Exkönig Ferdinand von Bul- garien insofern ein Irrtum unterlaufen ist, als er Zar Ferdinand nicht auf einer Reise nach Erythraea begleitet hat, sondern auf einer Reise nach Kenialand, Uganda und Nord-Tanganyika (ehem. Deutsch-Ost- Afrika). Der Bericht v. Boetticher’s über diese Reise findet sich im J.f.O. 1930.

. 40: Die Fortsetzung von Nr. 11 bilden die sechs Zeilen, die auf . 42 an Nr. 27 angehängt worden sind.

. 59: Zwischen die vorletzte und die vorvorletzte Zeile ist einzuschalten:

schen Museum tätig war, und erwarb damit eine Helferin, ohne die das

. 69: In der 5. Zeile von unten ist zwischen „geben.“ und ‚Unter‘ einzu-

schieben: Für letztere suchte er selbst auch noch einen Nachfolger; er fand ihn in

dem heutigen Herausgeber dieser Sammlung.

. 159: Die sechstletzte Zeile (Überschrift) muß verbessert werden in:

Erklärung der Abb. auf Tafel VI.

. 164: Die 5. Zeile muß anfangen:

durch die Brunst erfolgen kann. 168: Die 5. Zeile gehört zwischen die zweite und die dritte Zeile. Allen Mitgliedern der Gesellsschaft, die mich auf Druckfehler aufmerk-

sam machten, sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt.

Der H erausgeber.

2.) Autorenregister

Seitenzahlen ohne Titelangabe beziehen sich auf von dem Autor gehaltene Vorträge.

Amoroso 29 Heinroth, Oskar 7, 181

Nachruf 57—65 Bate, Dorothea M.A. Heinroth, Katharina 12, 24 un 9 = Herold, W. 15, 22 Bee oc Beobachtungen über den Witterungsein- Be 7 fluß auf den Massenwechsel der Feld- MEINE maus 87—107

Eigener, Wilhelm

Herter 12, 14, 23

Bergtapire 178—180 Hilzheimer, Max Nachruf 66—82

Findeisen 17 Hübner! 7

Gandert 28 he

Gri 24 ohnke, Inge

ne Niederschrift der 25. Hauptversamm- lung 8—13

a. wiss. Sitzungen Niederschrift der 26. Hauptversamm-

1939 15—18 lung 13—15 |

Haring 14 Niederschrift der wiss. Sitzungen

Ziele und Wege der Tierzucht 117—151 1951 21—23

Heck, Ludwig Niederschrift der wiss. Sitzungen

Nachruf 48—56 1952 23—25

Anhang

Niederschrift der wiss. Sitzungen 1953 25—28

Niederschrift sonstiger Veranstaltungen 28—29

Keil 7

Kemper 26

Kleinschmidt, A. 12

Krieg 16

Krumbiegel 19

Kühlhorn, Johannes

Der Gang des Gibbons 180

Mangold 12

Mohr 21, 22

Müller-Using 16 Beiträge zur Oekologie der Marmotä m. marmota (L) 166—177

Nachtsheim, H. 11, 15, 19, 27, 29 Aufruf 1—4 Die Toten der Säugetiergesellschaft 38—44, 182

Neseni, R. 14 Über den Einfluß von Follikelhormon auf den Tierkörper 160—165

Ohnesorge, Kurt 17, 29 Ludwig Heck 7 48—56 Ognew, Serge] 1. Nachruf 83—85

Pasemann, Inge

Niederschrift der 13. Hauptversamm-

lung 5

Niederschrift der 14. Hauptversamm- lung 6

Niederschrift der 16. Hauptversamm- lung 7—8

Niederschrift der wiss. Sitzungen 1939 15—18

183

Niederschrift der 1940 18—19 Niederschrift der 1941 19—20 Beus 21, 22, 26 Pohle, Hermann 5, 19, 20, 27. 28, 29 Aufruf 1—4 Niederschrift der wiss. Sitzungen 1942, 1943, 1944 20, 181 Mitgliederverzeichnis 33—37 Max Hilzheimer F 66—82 Prell, Heinrich 12, 15 Gehörnte Esel, gehörnte Schweine und gehörnte Hyänen im klassischen Altertum 108—116 v.Pusch 18

wiss. Sitzungen

wiss. Sitzungen

za 110162 12.018.

Raethel 25

Schmidt-Hoensdorf 14, 24, 25 Schneider, Karl Max 29

Oskar Heinroth 7 57—65 Schreuder, Antje °

Nachruf 85 Schröder, Werner 29

Die Toten des ‚Triton‘ Schröder, Wilhelm 16 Stein 12, 21, 23, 26

45—47

Tembrock, Günter 12, 14, 28 Rotfuchs und Wolf, ein Verhaltens- vergleich 152—159

Westenhöfer 19

Zahn 6, 18

Zarapkin 7

Zimmermann, Klaus 7, 12, 14, 20, 23, 27, 28 Bate - Ognew - Schreuder 83—85

3.) Index der Säugetiernamen

aeliani, Phacochoerus 112, 113, 115 agrarius, Apodemus 92, 95, 104 agrestis, Microtus 93, 104, 105 Alces 111

Antilope cervicapra 109, 115 Apodemus agrarıus 9, 95, 104 fJlavicollis 95, 104

sylvaticus 95, 104

aries, Ovis 117—151

arvalis, Microtus 22, 23, 86—107 Arvicola terrestris 92, 104 Ateles 18

Australopithecus 25

Babirusa babyrusa 111 celebensis 111 bairdi, Tapirella 178, 179, 180

Bdeogale cr. crassicauda 17, 18, 181 omnivora 17

puisa 17

tenuis 17

böhmi, Equus 181

Bos primigenius 109

taurus 28, 117—151, 163, 164

caballus, Equus 108, 117—151, 163 Caeciliolemur 24

Canis jamiliaris 175

lupus 152—159, 175

Capra hircus 163, 164

Capreolus 174

Castor 174

catus, Felis 26

Cebus 18

184 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 19, 1951 (1954).

celebensis, Babirusa 111 cervicapra, Antilope 109, 115 chapmani, Equus 181 Chionomys 167

Citellus citellus 22

Cervus 109

Clethrionomys glareolus 95 crassicauda, Bdeogale 17, 18 cristatus, Sus 111

domesticus, Sus 117—151

Elephas 109, 110

Equus böhmi 181

caballus 108, 117—151, 163 chapmani 181

erminea, Mustela 175 europaeus, Lepus 108

jamiliaris, Canis 175 Felis catus 26 jlavicollis, Sylvaemus 95, 104

Galeriscus n. nigripes 17, 18, 181 jacksoni 17 glareolus, Clethrionomys 95

Halicore 17

hamadryas, Papio 24

hircus, Capra 163, 164 Homo frimigenius 25 Hyelaphus porcinus 114, 115 Hyaena hyaena 110 Hylobates 180

jacksoni, Galeriscus 17 indicus, Tapirus 178, 179, 180

Lepus 172, 173, 174

europaeus 108

timidus 111

lupus, Canis 152—159, 175 Lynx lynx 175

Marmota m. marmota 166—177 monazx 171

Martes martes 23 Megachiromyoides 24 meminna, Tragulus 114 mesopotamica, Dama 181 Micromys minutus 92, 104 Microtus agrestis 93, 104, 105 arvalis 22, 23, 86—107

socialis 95

minutus, Micromys 92, 104 Monodon 108

monazxz, Marmota 171 Muntiacus muntjac 114

Mus musculus 104, 173 Mustela erminea 175

nivalis 90

nigripes, Galeriscus 17, 18 nivalis, Mustela 90 norvegicus, Rattus 104, 173

omnivora, Bdeogale 17 Oryctolagus 23, 27, 149, 163, 172 Oryz 20 h

Ovis aries 109, 117—151

Pan 19, 180

Phacochoerus aeliani 112, 113, 115 Panthera tigris 111

Papio hamadryas 24 Perameles 19

Pithecanthropus 25 Poephagus 109

porcinus, Hyelaphus 114, 115 primigenius, Bos 109

Homo 25

puisa, Bdeogale 17

Putorius 172

Rattus norvegicus 104, 173 rattus 22

Rhinoceros sondaicus 110 unicornis 109, 110, 115 roulini, Tapirus 178—180 Rupicapra 167, 170

Rusa unicolor 115

Seiurus 172, 173 Sinanthropus 25

socialis, Microtus 95 sondaicus, Rhinoceros 110 Sus cristatus 111

domesticus 117—151 Sylvaemus jlavicollis 95, 104 sylvaticus 95, 104

Talpa 21

Tapirella bairdi 178, 179, 180 Tapirus indicus 178, 179, 180 roulini 178, 179, 180

terrestris 178, 179, 180 taurus, Bos 28, 117—151, 163, 164 Taurotragus 20

tenuis, Bdeogale 17

terrestris, Arvicola 92, 104 Tapirus 178, 179, 180 tigris, Panthera 111

timidus, Lepus 111

Tragulus meminna 114

unicolor Rusa 115 unicornis, Rhinoceros 109, 110, 115

Dulpes vulpes 28, 90, 152—159, 175,

176

Anhang

185

4.) Index der Mitgliedernamen Siehe auch das Verzeichnis auf p. 33—37

Abel 39

Ahl 39, 47

Antonius 39

Arnold 11, 21, 22, 26, 27 Arndt 16, 20, 39, 65

Bachofen-Echt 40, 168, 176

Banz 5, 8, 9, 11, 13, 16, 19, 23, 24

Banzer 11, 13, 23—28

Baumann 166, 169, 172, 176

de Beaux 11

Bechthold 11

Beeker 8, 9, 11—13, 14 21—28

Beninde 5, 40

Berger 40

Berckhemer 11

Bickerich 25

Boback 11

Böker 5, 40

v. Boetticher 11, 152

Bogen 7

Brandenburg 16

Brandes 7, 16, 18, 19, 40

Curio 8, 11, 13, 14, 21—29

Dathe 11 Döderlein 66 Duerst 40, 125 Dulier 40

Eckstein 5, 16 Eibl-Eibesfeldt 173, 174 Eigener 178—180 Eisentraut 16, 19

Ellis 40

Fechner 16, 17, 20

Felten 13, 14

Ferdinand, König von Bul- garien, 8, 38, 182

Fick 5, 38

Frank 89

Freundenberg 41

Freund 13, 14, 15, 28

Friedrich 18

Fritsche, Herbert 16, 18

Frölich 130, 146

Gaffrey 13, 15, 23, 26, 27

Gandert 13, 14, 24, 25, 27, 28

Geipel 24—27

Gerriets 11, 13

Gewalt 11, 22-—-26

Grabert 22, 23, 28 Gude 41 Gummert 6, 16, 20

Haagen 13, 21—24, 28

Hagenbeck 180

Hahn 8, 15, 16, 18, 28

Haltenorth 7, 13, 15—18, 20

Haring 117—151

Hecht 9, 11, 21, 22

Heck, Ludwig 2, 9, 11, 16. 17, 19, 29, 41, 46, 48—56, 61, 73, 74, 166, 169, 176

—, Lutz 16, 19

Hediger 166, 176

Heinroth, Käthe 9, 11, 135, 14, 21—29, 60, 61

—, Oskar 5, 7, 8, 16—20, 29, 41, 45, 46, 52, 57—65, 181

Hellwig 41

Herold 9, 13, 14, 21—28, 86—107

Herter 7—9, 11—13, 19— 24, 26—29

Hilzheimer 2, 29, 41, 52 66—82

Hofer 13, 28

Honstetter 16

Hübner 7, 41

Issel 11

Jacobi, Arnold 41

—, Fritz 5—7, 17—20 Jaeckel 9, 13

Jany 9, 11, 13, 21—25 Johnke 8—15, 21—28

Kaesiner 16, 181

Kassner 12

Kattinger 181

Keil 7, 20

Kempcke 9, 22

Kemper 11, 21—23, 25, 26, 29

Kleinschmidt, Adolf 11, 12

—, Otto 9, 11, 52, 54

Klemm 13, 23—29

Koblitz 8, 16, 17, 20

Koch, Tankred 13, 15, 25—27

—, Walter 11, 163

Kollau 8, 16, 41

Krause 41

Krieg 16, 19, 20

Krug 41

Kühlhorn, Friedrich 11 —, Johannes 178—180 Kuhk 11

Kühnemann, Arnold 6, 41

Langbein 7

Lemm 42, 181

Lips 11, 13, 21, 23—29 Loewe 5, 42

Lyon 42

Mangold 7—9, 11, 12, 16, 23, 28

Mann-Fischer 15—17

Matschie, Franziska 42

—, Paul 6, 52, 73

Mehlhardt 8, 9, 13, 21

Meise 8, 9, 11, 21—23, 25—29

Moesges 16

Mehr, YS11821,722728; 167, 169, 177

Mosler 5

Müller, R.J. 48

Müller-Using 9, 16, 166—177

Nachtsheim, 1—4, 5, 7—21, 23—29, 38-44, 45, 125, 182

Neseni 14, 15, 160—165

Neumann, Oscar 16, 42

Ohnesorge 2, 5—17, 19— 28, 48—56, 181 Ognew 83—85

Pasemann 5—8, 15—2D

Peters, N. 6, 42

Petzsch 11—15, 23

Peus 8, 9, 21—25

Pölz 20

Pohle, Charlotte 5, 8, 9, 11, 13, 15—18, 20—28

—, Hermann 1—4, 5—19, 20. 21—29, 66—82, 181—182

Polzin 11, 13, 22—28

Prell 9, 12. 15, 86, 107, 108—116

Priemel 46, 65

Priesner 19

Raethel 13, 21, 22, 24—23

Revilliod 43

Rhumbler 5, 42

Rieck 15, 16, 19, 20

Riemer, Charlotte 11, 22,

27

186

Riemer, Hedwig 5, 7, 16, 17, 19, 20, 43

—, Julius 5, 7—9, 11—14, 17—20, 22, 23, 25

Roosen 7, 43

v. Roy 6, 11, 20—22, 24—29

Rudloff 5—9, 11, 21—25, 28

Rümmler 9, 11, 13, 17

Schertz 43

Scheunert 23

Schiller 9

Schlichting 11, 22

Schmidtgen 5

Schmidt-Hoensdorf 14, 24, 25 |

Schneider 28, 29, 57—65

Schnurre 8, 9, 11, 20—25, 27, 28

Schönbrodt 44

Schöps 21

Schreuder 85

Schröder, Gerhard 16, 43

—, Werner 8, 9, 11—14, 210722, 240 282! 45—47

Schröder, Wilhelm 5, 8, 15, 16, 44

Schüz 11

Schulz 5, 6, 15—20, 181

Schwangart 11

Schwerin 15

Siewert 43

Soergel 43

Spatz 16, 43

Spiegel 11

Staffe 19

Stahl 13, 14, 22, 24, 28

Stang 20

Steenberg 43

Steins,8.0 95 SS E2 71, 21—28, 88—90, 100, 103, 107

Steinhaus 22, 28

Steiniger 173, 177

Steinmetz 7, 11, 20

Stoetzner-Lund 43

Tauchert 5, 17, 44

Telle 25—28

Tembrock 11—14, 21—27, 152—159

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 19, 1951 (1954).

Thäter 44 Tobien 11 Tratz 16, 169

Uttendörfer 11, 175, 177

Versluys 5, 44 Virchow 6, 44 Voß 7, 20, 44

Wehrli 166, 177 Weigelt 44

Weiß 16, 18 Westenhöfer 16, 18, 19 Woker 15, 17—20 Wolf, Benno 44 Wolffhügel 9, 11

Zahn 5, 6, 16—19

Zehle 6, 44

Zieske 6, 18, 20

Zimmer 44

Zimmermann, Klaus 7—9, 11—14, 16, 19—26, 83—85, 100, 103

—, Rudolf 44

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ZEITSCHRIFT FÜR SÄUGETIERKUNDE

Herausgegeben von der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

Verantwortlich für den Inhalt

K. BECKER K. HERTER H. NACHTSHEIM

Berlin Berlin Berlin

D. STARCK K. ZIMMERMANN Frankfurt/Main Berlin

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\\ KUNSPAZER

21. BAND

BERLIN 1956

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover - Berlin

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Es sind erschienen:

Heft 1-2 REN OR SRR RER sure. .2122.22.1996

Heil’ 3—4 ............... METER 2, 20222 199%

Druck: Buchdruckerei Wilhelm Möller KG, Berlin-Waidmannslust Schriftleitung: Dr. Kurt Becker, Berlin-Dahlem, Corrensplatzi

, 2 BArZN y A 1 h i en a e j N 7 ln Ah Mir Bi l ve E N I SAFT A) Oo W BE l AR N j | f h ir i Y ' ‚7 . A Te ee DER; VEROE .M K0h DS » © it ı

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II

INHALT Seite I. Originalarbeiten

Boessneck, J.: Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes (Capreolus capreolus_L.) in aluvial-vorgeschichtlicher und früher historischer Zeit 121

Eibl-Eibesfeldt, I.: Einige Bemerkungen über den Ursprung von

Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren . ............en..n 29 Eibl-Eibesfeldt, I.: Über die ontogenetische Entwicklung der Tech-

nik des Nüsseöffnens vom Eichhörnchen (Sciurus vulgaris L.) ........ 132 Eibl-Eibesfeldt, I.: Angeborenes und Erworbenes in der Technik

des Beutetötens (Versuche am Iltis, Putorius putorius L.)............... 135

Eisentraut, M.: Temperaturschwankungen bei niederen Säugetieren 49

Frank, F.: Das Duftmarkieren der Großen Wühlmaus,

Hnvteolanterrestris (.), essen ER REEN Ye 172 Frank, F.: Das Fortpflanzungspotential der Feldmaus, Microtus arvalis

(Pallas) eine Spitzenleistung unter den Säugetieren . ......... 176 Frank, F. und Zimmermann, K.: Zur Biologie der Nordischen

Wühlmaus (Microtus oeconomus stemmingi Nehringe) _........ 96 Freye, H.-A.: Zur deutschsprachigen Nomenklatur der Säugetiere _. 93 Gerber, R.: Zum Vorkommen der Fledermäuse in Nordwestsachsen ... 142 Gewalt, W.: Über das „Waschen“ von Procyon lotor L. ... ......... 149 Grzimek, B.: Maße und Gewichte von Flachland-Gorillas _ ........... 192 Hagen, B.: Altersbestimmung an einigen Muriden-Arten ............. 39

Hediger, H.: Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 1

Herter,K.u.Rauch, H.-G.: Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerg- hamster (Cricetulus barabensis griseus A.Milne-Edwards 1867) 161

Keilbach, R.: Das knorplige Nasenskelett einiger Säugergruppen

N 44 Ortmann, R.: Über die Musterbildung von Duftdrüsen in der Sohlen- R haut der weißen Hausmaus (Mus musculus alba) .._.......... 138 Rauch, H.-G.: siehe unter Herter, K. Reichstein, H.: Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus, Niierotus) aryalıs, (Ballast IN. 2 laue Mill 2. „nen 184

Schneider, R.: Morphologische Untersuchungen am Gehirn der Chiroptera 182

IV

Seite

Stein, G. H. W.: Natürliche Auslese bei der Rötelmans .............................. 84 Stein, G. H. W.: Sippenbildung bei der Feldmaus,

Microtus arvalis. (Pallas)......................... OO 156

Zimmermann, K.: siehe unter Frank, FE.

II. Kleine Mitteilungen

Müller-Using, D.: Eine wenig bekannte Murmeltierkolonie in den Bayerischen Alpen |

Richter, H.: Die Alpenfledermaus bisher nicht für Deutschland nach- gewiesen... nsttseuiken REIN MER Bor SMRRREN 2 ER 195

Zimmermann, K.: Fledermäuse aus Afghanistan ...................... . 195

III. Buchbesprechungen Baerends, G.P.: Aufbau des tierischen Verhaltens. (Handb. d. Zool.)

(E.. Frank): .........0.0. 03200. 0.08.00 Se ua Se BR 203 van den Brink, F. H.: Die Säugetiere Europas. (K. Becker) ......... 212 Burns, M.: The genetics of the Dog. (G. Gaffrey) __......... 221 Dalimier, P.: Le Buffles du Congo Belge. (K. Zimmermann) ..... ER... 110

Dobberstein, J. u. T. Koch: Lehrbuch der vergleichenden Anotomie der Haustiere. (H. Pohle)

Döderlein, L.: Bestimmungsbuch für deutsche Land- und Süßwasser-

tiere: Wirbeltiere. (K. Becker) ................ 2. 2 eo 102 Durell, G. M.: Tiere, Tänze, Trommeln. (K. Zimmermann) Bee. 101 Eisentraut, M.: Der Winterschlaf mit seinen ökologischen und physio- r

logischen Begleiterscheinungen. (H. Schierer) ................. 207 Fischel, W.: Haushunde. (Handb. d. Zool.) (W. Koch). ___..__. 20

Fortschritte der Zoologie: Band 10. (K. Becker) ....................... Frick, H.: Morphologie des Herzens. (Handb. d. Zool.) (J. Boessneck) 204 Gerlach, R.: Die Vierfüßler. (K. Becker) ... .... 2. 2 ae 105 Hartmann, M.: Die Sexualität. (H. Nachtsheim) ..... 205

Hayek, H. v.: Die Lunge. (Handb. d. Zool.) (M. H. Fischer) . _.... 201

Heck, L.: Der Rothirsch. (E. v. Lehmann) ................................ ‚216 Heidermanns, C.: Physiologie der Exkretion. (Handb. d. Zool.) (K.Urich) 202 Heptner, W. G., L. G. Morosowa-Turowa u. W. IL Zalkin:

Die Säugetiere in der Schutzwaldzone. (K. Herter) ..................... 212 Herre, W.: Das Ren als Haustier. (Gandert)............................... N 107 ezmern W.2 Rentiere. (W. Gewalt) 0.0.0... 221 Herter, K.: Winterschlaf. (Handb. d. Zool.) (M. Eisentraut) ................ 198

Kahlke, H. D.: Die Cervidenreste aus den altpleistozänen Ilmkiesen von Süßenborn bei Weimar: Teil I u. II. (G. Hahn)

Koch, T.: siehe unter Dobberstein, J. Koller, G.: Die wildlebenden Säugetiere Mitteleuropas. (K. Becker), 113

Landwirtschaftliches Zentralblatt: Abteilung Tierzucht

Tierernährung. (G. Godglück) .................. EB HL N Ar 114 Lehmann, A.: Tiere als Artisten. (I. Eibl-Eibesfeldt).............................. 105

Lehmann, G.: Das Gesetz der Stoffwechselreduktion und seine Be- deutung. (Handb. d. Zool). (K. Urich)

Lengerken, H. v.: Ur, Hausrind und Mensch. (G. H. W. Stein) ..... 114 Leyhausen, P.: Das Verhalten der Katzen (Felidac). (Handb. d.

ZeoyanV. 2 Koch)... 2 nun, u an tale: 204 Leyhausen, P.: Verhaltensstudien an Katzen. (E. Mohr) ................... 217 Lhoste, J.: Les rongeurs domestiques nuisibles. (K. Becker) ......... 208 Mell, R.: Wochend am Wendekreis. (K. Zimmermann)... 101

Meyer-Holzapfel, M.: Das Spiel bei Säugetieren. (Handb. d. Zoos ( Zimmermann) ..........u.ecucveeseenentenss 200

Mies, H.: Physiologie des Herzens und des Kreislaufes. (Handb. d. Zooymlikiy Rischen) ..............0 00.eiun es 201

Mohr, E.: Das Verhalten der Pinnipedier. (Handb. d. Zool.) (K. Zimmer- TEEN) Aa Re NE I EEE . 200

Mohr, E.: Ungarische Hirtenhunde. (G. Gaffrey)

Morosowa-Turowa, L. G.: siehe unter Heptner, W. G.

Nüßlein, F.: Die formelmäßige Bewertung der europäischen Jagd- trophäen. (H. Pohle)

VI

Seite

Ottow, B.: Biologische Anatomie der Genitalorgane und der Fort- pflanzung bei, Säugetieren. (W., Koch)...........22221 2) 2uWeeen 102 Raesfeld, F. ‚v..@Das Rehwild:; (K..Becker), }2....1..1. 20 Ze es .. 215

Remane, A.: Die Grundlagen des natürlichen Systems, der verglei- chenden Anatomie und der Phylogenetik. (W. Koch) ........................ 211 Sanderson, 1.T.: Knaurs Tierbuch in Farben: Säugetiere. (K.Becker) 210 Schoedel, W.: Die Atmung. (Handb. d. Zool.) (M. H. Fischer) ... 201 Spannhof, L.: Sinnesorgane bei Tieren. (G. Tembrock) __......... 107

Stresemann, E.: Exkursionsfauna von Deutschland: Wirbeltiere. (K. Herter) ...................b. 20220 OR Go 111

Tischendorf, F.: Milz. (Handb. d. Zool.) (M. H. Fischer) ___._ ‚202 Tischler, W.: Synökologie der Landtiere. (K. Becker) ................. 104 Ueckermann, E.: Das Damwild. (K. Zimmermann) _....... 103

Verheyen, R.: Monographie Ethologique de l’Hippopotame /Hippopo- tamus amphibius Linn). (K. Zimmermann)... 213

Voß, H. E.: Der Einfluß endokriner Drüsen auf den Stoffwechsel der

Säugetiere. (Handb. d. Zool.) (W. Koch) ................... 202 Wäscha-kwonnesin: Kleiner Bruder. (K. Zimmermann) _.... 103 Wurmbach, H.: Lehrbuch der Zoologie. I. Band: Allgemeine

Zoologie und! Okologie.: (K. Günther) na. 2027 222 See 218

Zalkin, W. I.: siehe unter Heptner, W. G.

ID. Berichtigungen

Herold, W.: Zahnverschmelzung bei einer Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis Melch.)

Kühlhorn, J.: Kleine Irrtümer

D. Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde

Bericht über die 29. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde vom 3. bis 9. August 1955 in Bonn. (K. Becker) 120

Wissenschaftliche Sitzungen der Deutschen Gesellschaft für Säugetier-

kunde in den Jahren 1955 und 1956 223

ZEITSCHRIFT FÜR SAUGETIERKUNDE

Herausgegeben von der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

Verantwortlich für den Inhalt

K.BECKER K. HERTER H. NACHTSHEIM Berlin Berlin Berlin D. STARCK K.ZIMMERMANN Frankfurt/Main Berlin

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21. BAND | HEFT 1-2

BERLIN 1956

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover - Berlin

INHALT 1. H. Hediger, Tiergartenbiologie und vergleichende | Verhaltensforschung: 0.2... 22 2 ee en

3. I. Eibl-Eibesfeld t, Einige Bemerkungen über den

Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren 29 38 3. B.Hagen, Altersbestimmung an einigen Muriden-Arten 39 43

4. R. Keilbach, Das knorplige Nasenskelett einiger

SAUEErSTUPPEeN 2. nun Mana a a 44 48 5. M. Eisentraut, Temperaturschwankungen bei nie- derem Saugetieren;. 22 Ka ne 49 52 6. H.-A. Freye, Zur deutschsprachigen Nomenklatur der. Sauger #2... slmksnrn ea 93 97 7. F. Frank und K. Zimmermann, Zur Biologie der Nordischen -Wühlmaus‘. 2er zer 3 8. G. H. W. Stein, Natürliche Auslese bei der Rötel- maus Clethrionomys gl. glareolus Schr........................ e 84 100 9. Buchbesprechungen... u. ne 101 2 115 5 \ 10.7; Berichtigungen 22. ...2..2. sa el un 3 11. Bericht über die 29. Hauptversammlung in Bonn .... 116— 120 E 4

Druck: Buchdruckerei Wilhelm Möller KG, Berlin-Waidmannslust £ R Schriftleitung: Dr. Kurt Becker, Berlin-Dahlem, CorrensplatzI

Zeitschrift für Säugetierkunde

Band 21 1956 Heft 1-2

Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung Von H. Hediger (Zürich)

Mit Unterstützung durch den schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Hierzu Abb. 1 'bis 11 auf Tafel I bis IV)

Wenn man die Schaffung der Haustiere und der Kulturpflanzen als das älteste und in seinen Ausmaßen grandioseste Beispiel experimentell-biolo- gischer Betätigung des Menschen darstelit, wie das Berthold Klatt 1927 mit Recht getan hat, dann müssen wir in der Schaffung der Zoologischen Gärten wohl das zweitälteste und zweitgrößte biologische Experiment der Menschheit, also eine Erscheinung von gewaltiger Bedeutung sehen.

Zoologische Gärten sind nicht nur vereinzelte Einrichtungen in be- stimmten Städten, sondern sie sind darüber hinaus in ihrer Gesamtheit der Ausdruck eines erdumfassenden Phänomens, das uns einleitend beschäftigen soll. Allzulange pflegte man die Tiergärten lediglich als lokale Angelegen- heiten, wesentlich als lokale Unterhaltungsstätten zu betrachten. In Wirk- lichkeit sind hier Faktoren von ganz anderer Größenordnung mit im Spiel.

Vor allem ist auch hier wie bei der Domestikation der Mensch nicht nur ausführender Experimentator, sondern er wird selber in das expe- rimentelle Geschehen mit einbezogen. Da alle Haustierwerdung von ein- facher Gefangenhaltung ausgegangen ist, läßt sich zwischen Domestikation und Gefangenschaftswirkung nicht immer ohne weiteres scharf trennen, viel- mehr gibt es da weite Berührungs- und Überschneidungsflächen. Im Rah- men der Sammelwerke über Zivilisationsschäden am Menschen hat Hans Nachtsheim 1948 einen klassischen Beitrag zu diesem Thema geliefert

unter dem Titel „Gefangenschaitsveränderungen beim Tier Parallel- erscheinungen zu den Zivilisationsschäden am Menschen“. „Wie wir bei

Mensch und Tier gleichlaufende Veränderungen der Erbbeschaffenheit im Zustande der Domestikation feststellen können, so läßt sich auch eine Parallele ziehen zwischen den beim Naturmenschen zu beobachtenden Schä- den, wenn er der Zivilisation begegnet und den Veränderungen, die das Wildtier erfährt, wenn es in Gefangenschaft gehalten wird“, führt Nachtsheim darin aus.

Diese Gedankengänge sind seither durch zahlreiche Untersuchungen er- gänzt und vertieft worden, und ich möchte ihnen hier nichts hinzufügen aus den Gebieten der Morphologie, der Konstitutionslehre, der Pathologie oder der Erbbiologie. Die Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft, mit der sich heute die Tiergartenbiologie (Hediger, 1950) beschäftigt,

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AUG 3 1958

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

bietet noch andere Aspekte, vor allem den ökologischen und den etholo- gischen, die ich hier kurz umschreiben darf.

Es läßt sich geradezu als eine Gesetzmäßigkeit darstellen, daß die Zoologischen Gärten auf dem ganzen Erdball um so zahlreicher werden, je stärker die ursprünglichen, natürlichen Lebensgebiete der Wildtiere zusam- menschrumpfen. Immer deutlicher zeigt sich der paradoxe Tatbestand, daß das von der unaufhaltsam vordringenden Technik in die Enge getriebene Großtier um so zahlreicher in Erscheinung tritt in den Zivilisationszentren, in den Zoologischen Gärten der Großstädte aller Kontinente, je intensiver es in der sogenannten „goldenen Freiheit‘ bedrängt wird.

Eine Umkehr der Raumverteilung, der Biotope, zeichnet sich ab: Im ehe- maligen Raum z.B. des afrikanischen Großwildes erstrecken sich heute menschliche Großstädte, Minen, industrielle Anlagen, Verkehrsknotenpunkte und vor allem unabsehbare Flächen von Kulturland und Weiden für domestizierte Tiere, aus denen das Wildtier vertrieben ist. In beschei- denen, z.T. bedenklich engen Rückzugsgebieten sucht sich das Wildtier noch zu halten; an vielen Orten ist ihm das nicht mehr gelungen. Hinge- gen nehmen die immer zahlreicher werdenden Zoologischen Gärten eine wachsende Zahl von Wildtieren aus aller Welt auf. Viele pflanzen sich in diesem künstlichen Milieu fort; es wird ihnen zum sekundären Biotop, zum Paratop.

Wenn man in Gedanken das lebende Inventar aller heute bestehenden vier- oder fünfhundert Tiergärten zusammenrechnet, so ergibt das eine Fauna von imponierendem Reichtum, die sich vom primären Normalbestand der Wildtiere vor allem durch ihre Evakuierung aus dem natürlichen Biotop in Ausschnitte sekundärer Natur, in Paratope, unterscheidet.

Diese Paratope und Parareale, d.h. diese künstliche Verbreitung der Tiere in Zoologischen Gärten, stellen eine Fülle lockender Probleme, vor allem ökologischer Probleme. So viel ich weiß, ist jedoch noch niemals ein Zoo von diesem Blickpunkt aus wissenschaftlich untersucht worden, wie es ja leider immer noch keinen einzigen rein wissenschaftlichen Zoo gibt, obgleich der schon 1938 von Karl Max Schneider mit Recht ge- fordert wurde.

Bei der begonnenen Betrachtung der Gesamtheit der Zoologischen Gär- ten geht es mir zunächst gar nicht um ökologische Einzelheiten, sondern um die Darstellung gewisser Wesenszüge, welche sich dem Biologen aufdrängen. Der auffälligste und trotzdem vielleicht am hartnäckigsten übersehene Zug ist der, daß die Zoologischen Gärten am besten in den größten Städten gedeihen. Das ist gewiß nicht nur finanztechnisch bedingt, sondern viel- mehr auch dadurch, daß das Bedürfnis nach Zoos in den Groß- und Größtstädten am schreiendsten ist.

Zoologische Gärten entsprechen einem Bedürfnis des modernen Groß-

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 3

städters und ausgerechnet in den größten Metropolen entfalten sich die Wildtieranlagen am üppigsten. Deshalb ist es nicht abwegig zu behaupten, daß die Zoos heute zusammen mit den Parks und Grünflächen, deren volks- und städtehygienische Notwendigkeit längst erkannt wurden, ge- radezu zum Biotop des modernen Menschen gehören.

Der Mensch ist primär nicht für ein termitenhaftes Dasein in Wolken- kratzern und Betonschluchten, in künstlichem Klima unter elektrischen Lichtquellen geschaffen, sondern er lebte noch vor gar nicht langer Zeit in einem Stück echter Natur. Wer diesen Naturkontakt verloren hat, empfindet einen Naturhunger, der um so stärker zu sein pflegt, je höher der Grad der Naturentfremdung steigt.

Es ist gewiß kein Zufall, daß es z.B. in New York allein lt weni- ger als vier große Zoologische Gärten gibt. Drei davon sind rein städtische Betriebe und der vierte, der größte von allen, gleichzeitig der größte Zoo überhaupt, genießt ganz bedeutende Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Dazu wird jetzt noch mit einem Kostenaufwand von 10 Millionen Dollar ein Aquarium gebaut, das alle bisherigen in bezug auf Größe und Reichtum weit überragen wird. In Chicago gibt es zwei Zoologische Gärten, dazu das z.Zt. größte Aquarium der Welt, das Shedd-Aquarium. Auch Detroit besitzt zwei Zoologische Gärten. London, welches außerhalb der Stadt den riesig dimensionierten Whipsnade Zoo hat, baut seinen alten Zoo im Re- gent Park aufs modernste nämlich zweistöckig aus. Paris kann seit 1934 auf drei Tiergärten hinweisen. In Berlin wurde soeben (1955) ein zweiter Zoo eröffnet. In Japan gibt es heute etwa 30 Zoologische Gär- ten, ebenso viele in der Sowjet-Union.

Wohin man sieht überall werden neue Zoos gegründet, die vorhande- nen erweitert, und überall nimmt die Besucherzahl zu. Das ist gewiß nicht nur eine Sache des Zufalls oder der Mode, sondern zweifellos Ausdruck eines starken Bedürfnisses nach Naturkontakt, einer naturgerichteten Appetenz im Sinne von Konrad Lorenz, die sich um so weniger in der primären Natur befriedigen läßt, je stärker diese vom Menschen zerstört und zer- stückelt worden ist. Die wachsende Zahl der Aquarien-, Terrarien- und Kleintierliebhaber in den Städten ist ein weiteres, auffälliges Symptom die- ses Bedürfnisses. Der moderne Großstadtmensch muß sich einen adäqua- ten Biotop schaffen; Zoologische Gärten als Ausschnitte sekundärer Natur spielen darin eine nicht geringe Rolle.

Es ist begreiflich, daß ein derart motiviertes Bedürfnis nach Zoolo- gischen Gärten, ihre Funktion als Ort der Stillung des menschlichen Natur- hungers, verhältnismäßig jung ist und erst mit der Zusammenballung großer Menschenmassen in Millionenstädten einsetzte. Eine unerhörte Beschleuni- gung erfährt aber diese Entwicklung in unseren Tagen; sicher ist das Wach- sen der Zoologischen Gärten weitgehend als eine Kompensation der explo-

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4 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

siv sich entwickelnden Technik, der um uns wachsenden Maschinen auf- zufassen.

Noch unsere Urgroßeltern lebten ein unvergleichlich viel natürlicheres Leben, als wir es heute in der Stadt zu führen gezwungen sind, oder gar als es unsere Nachkommen werden führen müssen. Schon heute bilden die Zoologischen Gärten jedenfalls für die Besucher eine Art Inseln in einem brausenden Meer von Maschinen und technischen Einrichtungen, von rasenden Verkehrsmitteln, tausenderlei Motoren und einem Gewirr von elektrischen Leitungen. Die Wellen dieses Maschinenmeeres rauschen nicht nur durch die Großstädte, durch die Straßen und Höfe, sondern sie schlagen bis ins Innerste unserer Wohnhäuser in Gestalt des Maschinen- lärms, der elektrischen Lichter, des Telefons, der Heizungen und Signal- anlagen, der Küchenhilfsgeräte, der Staubsauger, der Fernseh- und Radio- apparate, der elektrischen Herde und Boiler usw.

Mit dem Brennholz, welches früher Herd und Ofen wärmte, mit dem im Lande gewonnenen Öl, welches in der Nacht die stillen Räume erhellte und mit dem Wasser, das man aus der Erde pumpte, kam früher noch ein echtes Stück Natur in unsere Häuser. Das Zerkleinern eines gefällten, vielleicht von Spechthöhlen durchsetzten Stammes im nahen Wald oder im Garten mit der eigenen Körperkraft war eine gesunde und natürliche Be- tätigung die heute bezeichnenderweise etwa als psychotherapeutische Maßnahme empfohlen wird. Auch das Abladen des Holzes vom Pferdefuhr- werk, das gemächliche Aufschichten der Scheite vor dem Hause waren Tätigkeiten mit unmittelbarem Naturkontakt. Hinzu kam die Nähe der Haus- tiere, und die nächste Umgebung barg einen heute kaum mehr vorstellbaren, Reichtum an Wildtieren.

Zur Zeit Konrad Gesners (1516—1565) brauchte es in Zürich noch keinen Zoo, eine vielgestaltige Tierwelt war damals überali vorhanden. Die kleine Stadt war von Wildnis umgeben. Heute aber gibt es viele Zürcher Kinder, die noch nie einen Storch, ja nicht einmal ein Kaninchen gesehen haben. See und Flüsse wimmelten damals noch von Fischen, aber auch von Fischottern und Bibern. Die bewaldeten Hügel waren bewohnt von Kolk- rabe, Hirsch, Reh, Wildschwein, Luchs und Wildkatze, Fuchs und Dachs. In der weiteren Umgebung lebten auch Wolf und Waldrapp, der heute völlig von unserem Kontinent verdrängt ist. Erst 1565, im Todesjahr Konrad Gesners, wurde bei Zürich der letzte Bär erlegt. (Volmar, 1940 S. 53).

Mit diesen von der Säugetierkunde scheinbar fernliegenden Tatbeständen wollte ich gleich zu Beginn klar machen, daß Zoologische Gärten nicht nur vom Menschen geschaffene zoologische Einrichtungen sind, sondern weit darüber hinaus auch Bestandteile des menschlichen Lebensraumes von be- stimmter biologischer Motivierung und daher Erscheinungen von anthropo- iogischer Bedeutung.

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 5

Während wir in den Metropolen der zivilisierten Welt eine zuneh- mende Entfaltung exotischer Faunen im Paratop erleben, wirkt sich diese Vertauschung der Lebensräume in den ursprünglichen Tierbiotopen verar- mend und entleerend aus. Auch das ist nicht ohne Einfluß auf die farbigen Völker jener Gegenden geblieben, deren Tierwelt die schlimmsten Zerstö- rungen aufweist. Zu den krassen Veränderungen der ökologischen Verhält- nisse im weitesten Sinne kommen auch tiefgreifende Umgestaltungen auf dem Gebiete der menschlichen Ethologie hinzu.

Wir wollen, um uns davon zu überzeugen, nur einen raschen Blick werfen auf die Ethnologie der afrikanischen Naturvölker südlich der Sahara, etwa an Hand der ausgezeichneten Darstellung, welche HelmutStraube vom Frobenius-Institut in Frankfurta.M. 1955 über die Tierverkleidungen gegeben hat. Viele Wildtiere, namentlich die großen Katzen Löwe und Leopard aber auch Affen, Antilopen, Hyänen und Krokodile spielen dort eine hervorragende Rolle in den Initiationszeremonien, in den Geheimbün- den und als Attribute des Königtums.

In fast allen wichtigen Lebenslagen, bei Geburt, Reife, Hochzeit, Krankheit, Tod usw. werden von zahlreichen Stämmen Zeremonialjagden veranstaltet, die nichts mit der materiellen Lebensmittelbeschaffung zu tun haben, sondern in denen die für uns Europäer so schwer verständliche absolute Identifikation zwischen dem betreffenden Wildtier und dem Jäger, d.h. Kultteilnehmer zustande kommt. Den Fellen und oft auch anderen Körperteilen der erlegten Zeremonialtiere kam entscheidende Bedeutung zu; in nicht wenigen Fällen mußten bestimmte Wildtiere lebend gefangen und nach strengem Ritus getötet werden, ja da und dort kam es zur rein kultischen Haltung von allerlei Wildtieren.

Überall da, wo es wegen des Rückganges der Wildtierfauna unmöglich geworden ist, die erforderlichen primären Zeremonialtiere zu beschaffen, muß als dürftiger Ersatz sekundär das Haustier einspringen. Sein Fell, seine Hufe, seine Hörner usw. müssen die Bestandteile der ehemals verwendeten Wildtiere ersetzen. Da gibt es z. B. Initiationszeremonien, die früher mit einer Zeremonialjagd auf Leoparden aufs engste verflochten waren. In Er- mangelung von Leoparden werden aber heute den Initianden Ziegen oder Schafe in die Seklusion gebracht, die dann freigelassen werden und eine dürftige Ersatzbeute für die Zeremonialjagd bilden.

Vergleichend-ethologisch scheint mir der von Straube immer wie- der betonte Tatbestand, daß z.B. beim Ausfall der Leoparden, dieses Zere- monialtieres par excellence, nicht das ganze Zeremoniell verloren geht, sondern im Gegenteil mit Hilfe neuer Objekte (eben Haustiere) unter Beibe- haltung aller Einzelheiten weiter persistiert. Diese Situation erinnert den Verhaltensforscher unwillkürlich an den Lorenz’schen Satz ‚Die Zeremonie ist stets älter als ihr Organ“. Im Hinblick auf dieses ethnologische

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Geschehen müßte der Sachverhalt vergleichend-ethologisch vielleicht so abgewandelt werden: ‚Die Zeremonie kann viel älter sein als ihr Objekt, oder das Verhalten ist konstanter als das Material“. Auch dafür könnte mau im Tierreich zahlreiche Beispiele finden, etwa das Nisten von Eich- hörnchen an menschlichen Kunstbauten, die Vorliebe der Hausmarder für Estrichböden. Die Würger haben auch nicht immer Stacheldraht benützen können usw.

Mit Säugetierkunde hat das, was bis jetzt ausgeführt wurde, insofern zu tun, als auch der Mensch ein Geschöpf ist, das sich Lebensräume er- schließt und in bestimmter Weise gestaltet. Zoologische Gärten lassen sich heute, wie wir gehört haben, als Bestandteil des menschlichen Großstadt- biotopes charakterisieren. Weit auffälliger sind die gleichzeitig erfolgenden Eingriffe des Menschen in den tierlichen Raum, die Transplantation ganzer Tierpopulationen in die Paratope, wie sie die Tiergärten darstellen. Mit ihnen hat sich die Tiergartenbiologie zu beschäftigen.

Was ist nun eigentlich diese Tiergartenbiologie? Theoretisch läßt sich die Tiergartenbiologie umschreiben als diejenige Wissenschaft, die sich mit allen jenen Phänomenen beschäftigt, welche in den Zoologischen Gärten auf- treten und im weitesten Sinne von biologischer Bedeutung sind. Damit charakterisiert sich diese Wissenschaft sogleich nicht nur als ein Grenzgebiet, sondern als ein ausgesprochenes Mischgebiet, welches in Ausschnitten z.B. die folgenden Disziplinen umfaßt und zu einer Einheit zu synthetisieren sucht. | |

Die unerläßliche Grundlage bildet selbstverständlich die Zoologie mit verschiedenen Sonderdisziplinen. So gibt uns die Systematik die Möglichkeit, eine Tierart überhaupt zu identifizieren, was allem anderen vorgeht; umge- kehrt hat die Systematik vom Zoo her es sei nur auf die vielen Erst. importe hingewiesen eine wesentliche Befruchtung erfahren. Ähnlich ver- hält es sich mit der Zoogeographie; mit dem richtigen Namen muß dem Zoo- besucher auch die genaue Heimat eines jeden ausgestellten Tieres anschau- lich vermittelt werden, ebenso wie die wesentlichen Züge seiner Lebensweise. Technisch muß dieser Teil der Zoologie in zweckmäßigen, gepflegten An- schriften (Namenschildern) zum Ausdruck kommen, nicht nur im Tierbe- standsregister, dem sozusagen die Rolle des Zentralnervensystems im Zoo zukommt.

Die Anschrift ist ebenso wichtig wie das ausgestellte Tier selber; denn die Schaustellung eines unbekannten Tieres, zu dem der Besucher keinerlei Bezie- hung gewinnt, von dem er gar keinen konkreten Eindruck mitnehmen kann, ist völlig sinnlos. Daher habe ich Jahre darauf verwendet, ein zweckmäßiges Modell eines Namenschildes zu finden. Das ist weit schwieriger als man glauben möchte; denn es gilt nicht nur ein Material zu wählen, welches den mannigfaltigen Insulten des Publikums, sondern auch den extremen Ein-

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 7

flüssen der Sommer- und Winter-Witterung auf die Dauer standzuhalten vermag.

In knappster Form muß alles das auf dem Namenschild enthalten sein, was der Besucher wissen möchte und wissen sollte. Das ganze muß leicht auswechselbar und ansprechend sein und die Vielsprachigkeit des Zoo-Publi- kums berücksichtigen. Das im Zürcher Zoo verwendete Namenschild-Mo- dell hat sich bewährt und wurde mehr oder weniger abgewandelt be- reits von verschiedenen Tiergärten übernommen.

Es besteht grundsätzlich aus einem wasserdichten, rostfreien Gehäuse von 2cm Dicke, 35cm Höhe und 24cm Breite (Abb.1). Die Gesamtfläche, hinter Glas, ist in 4 Felder eingeteilt: das erste enthält neben der wissen- schaftlichen lateinischen Bezeichnung den Namen des Tieres in deutscher, französischer und englischer Sprache. Ferner werden Schenkungen oder Ge- burtsdaten auf einschiebbaren Streifen, gleichfalls in gedruckter Schrift, vermerkt. Links unten folgt ein Bild des Tieres, und zwar wenn möglich. nicht einfach ein Porträt, sondern die Darstellung des Tieres in einer Situa-, tion, wie sie der Besucher normalerweise nicht zu sehen bekommt, also z.B. das Bild eines Neugeborenen, eines freilebenden oder eines auf dem Trans- port befindlichen Tieres. Genaue Paßbilder verwende ich nur dort, wo sie zur Identifikation unerläßlich sind, wenn mehrere Arten im gleichen Raum gehalten werden. Fotos oder lichtechte farbige Darstellungen finden je nach Umständen Verwendung.

Ein weiteres Feld neben dem Bild enthält einen maschinenge- schriebenen Text mit biographischen Angaben über die ausgestellten Indi- viduen oder allgemeine Daten über die betreffende Art. Dieser Text kann vom durchschnittlichen Besucher ohne weiteres übergangen werden und ist in erster Linie für ernsthaftere Interessenten, besonders für Schüler, Stu- denten und Lehrer bestimmt, die hier wesentliche Angaben für Lektionen usw. finden. Das vierte unterste Feld des Namenschildes enthält eine kleine Weltkarte, auf der die Heimat des Tieres rot eingetragen und somit auf den ersten Blick in allen Sprachen verständlich dargestellt ist.

Das saubere, zweckmäßige Namenschild ist aber erst sozusagen der Buch- stabe A im Alphabet der Tiergartenbiologie; es nimmt unmittelbar Bezug auf Zoologie, Systematik, Tiergeographie und Ethologie. Der Ethologie bzw: der Tierpsychologie kommt im Rahmen der Tiergartenbiologie eine sehr große Bedeutung zu, weil sie sozusagen alle Sparten der Tierhaltung durch- dringen: den Transport ebenso wie die Fütterung, die Unterbringung, die Organisation, das Bauen usw.

Noch immer werden viele Zootiere das Opfer vermeidbarer tierpsycho- logischer Rechnungsfehler. Ein falsches Manöver des Wärterpersonals in einem Huftiergehege, bei dem die Gesetze des Fluchtverhaltens nicht ge- nügend Berücksichtigung finden, kann den Tod des Tieres durch Genick-

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bruch zur Folge haben. Oder es ist um nur ein einziges Beispiel zu er- wähnen tierpsychologisch grundfalsch, neu angekommene Tiere durch Klopfen an die Rückwand des Transportkastens oder durch Stoßen mit Stöcken und dergleichen gewaltsam in den neuen Raum zu treiben. Denn es ist ein tierpsychologisches bzw. tiergartenbiologisches Gesetz, daß fremder Raum unheimlicher Raum ist. Auch der schönste, neueste, größte Käfig ist für das frische Tier zunächst unheimlich; das einzig richtige ist daher, daß man ihm Zeit läßt, vom engen aber vertrauten offenstehenden Transport- käfig ganz allmählich schrittweise den neuen, zunächst negativen Raum zu erkunden und sich freiwillig einzuleben.

Die Anwendungsmöglichkeiten der Tierpsychologie im Zoo sind unge- zählt und andererseits empfängt diese Wissenschaft aus dem Zoo eine Fülle von Material und Anregungen, ja die Zoologischen Gärten haben wesentlich zur Förderung der Verhaltensforschung, besonders auch zur Tiersoziologie beigetragen, wie das N. Tinbergen 1953 hervorgehoben hat. Es sei in diesem Zusammenhang an die Pioniere und Förderer der modernen Tier- psychologie erinnert, die in Zoologischen Gärten gearbeitet haben wie Oskar und Katharina Heinroth, J. A. Bierens de Haan, A.F.J. Por- tielje, Karl Max Schneider, Erna Mohr, Monika Meyer- Holzapfel, Alfred Seitz, Bernhard Grzimek und viele andere.

Einen weiten Raum nimmt die Ökologie innerhalb der Tiergartenbiologie ein. Es gehört zu den wesentlichsten, an anderer Stelle aufgezählten indi- rekten Wirkungen der Raumbeschränkung (Hediger, 1950 S. 31), daß die Tiere optimale Lokalitäten (z.B. nach Licht, Wärme, Feuchtigkeit) nicht beliebig auswählen können. Das hat zur Folge, daß sie oft nicht verwöhnt, sondern im Gegenteil geradezu unbiologischen Extremen ausgesetzt werden. Innerhalb und außerhalb des geheizten Innenraumes eines Tierhauses sind die Temperaturen oft extrem verschieden.

Mit dem vor genau hundert Jahren namentlich in Frankreich aufgekom- menen Schlagwort der Akklimatisation (Loisel 1912, Bd.3 S.92) ist in der Wildtierhaltung im Zoo zweifellos sehr viel Positives erreicht, aber auch viel Unheil angerichtet worden, und es herrschen hier noch allerlei Unklar- heit und gegensätzliche Auffassungen. Exakte Untersuchungen, eine eigent- liche Tiergarten-Okologie, wie sie heute teilweise für Großaquarien vor- liegt (z.B. Catharina Honig, 1933) gibt es für den Gesamtzoo leider noch nicht. ve

Im Basler Zoologischen Garten werden die Malayenbären im Winter in geheizten Innenräumen gehalten, in Zürich, wo es bestimmt kälter wird, steht den Bären keinerlei Heizung zur Verfügung, ohne daß irgendwelche gesundheitliche Benachteiligungen festzustellen wären. Die Basler Eis- bären wollen, sobald es im Herbst kühl wird, nicht mehr ins Wasser gehen, dafür liegen sie im Hochsommer selbst über die Mittagszeit mit Vorliebe

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 9

in der Sonne, und zwar so, daß auch die Bauchseite stark erwärmt wird. Die Zürcher Eisbären hingegen schwimmen besonders gern zwischen den dicken Eisschollen herum und im Winter 1954/55 ist es sogar passiert, daß einer zwischen zusammengeschobenen und verkeilten Eisklötzen nur noch den Kopf aus dem Wasser strecken konnte. Mit dem übrigen Körper blieb er wahrscheinlich die ganze Nacht über im Wasser, bis wir ihn am Morgen befreiten. Er hat sich dabei nicht im geringsten erkältet; das Wasser war ja auch erheblich wärmer als die Luft.

Im Zürcher Zoo, der mit seiner Lage in ca 600m über Meer wahr- scheinlich der höchstgelegene Europas und im Winter besonders stark der Bise ausgesetzt ist, lassen sich in bezug auf Akklimatisation mancherlei Beobachtungen anstellen. Von unseren beiden schwarzen Nashörnern, (Dice- ros bicornis) kann man sagen, daß sie sich auch im Schnee wohlfühlen; sie wälzen sich gerne darin usw. (Abb. 2). Aber in der zweiten Hälfte des Winters 1953/54 während einer Biseperiode ereignete es sich doch, daß sich beide die Ohrränder und die Schwanzspitzen (etwa 20cm) abfroren. Zur gleichen Zeit verlor von einem Oryr beisa-Paar das kleinere zentral- afrikanische Weibchen die Ohrspitzen, während das größere südafrikanische Männchen keinen Schaden erlitt. Diese beiden Beispiele stellen anschau- liche Illustrationen der Bergmannschen Regel dar. Meines Wissens haben in Europa geborene indische Hirschziegen-Antilopen (Antilope cervicapra) kürzere Ohren als importierte Exemplare.

Bei der ganzen Akklimatisationsfrage im Zoo wird glaube ich zu wenig unterschieden zwischen den Temperaturen, welche die Tiere gerade noch ertragen können und derjenigen, bei der sie sich optimal oder weitgehend wohlfühlen. Ich bin überzeugt, daß viele tropische Homoiotherme niedrige Temperaturen zwar aushalten können, daß sie dabei aber doch allgemein reduziert werden und speziell in bezug auf ihr Fortpflanzungsverhalten. Eine Gegenüberstellung der Zuchterfolge von tropischen Tieren in Zoolo- gischen Gärten mit subtropischem und mitteleuropäischem Klima würde diese These wahrscheinlich in augenfälliger Weise stützen. Es ist bei uns immer wieder überraschend, wie sehr viele tropische Pfleglinge in unserem kurzen Sommer förmlich aufblühen.

Okologische Erfahrungen dieser Art hängen zuweilen aufs engste zu- sammen mit einem weiteren Kapitel der Tiergartenbiologie, nämlich mit dem Bauen für Tiere. Die Bautechnik im Zoo muß vielfach als außerordentlich konservativ bezeichnet werden, auch wenn die geniale Einführung offener Freianlagen um die Jahrhundertwende durch Carl Hagenbeck nicht dankbar genug gewürdigt werden kann.

In nicht wenigen Zoologischen Gärten unserer Klimazone ist es beispiels- weise noch üblich, gewisse Tiere im Sommer und Winter in verschiedenen,

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nicht unmittelbar aneinander anschließenden Räumen oder Häusern unter- zubringen, also zweimal im Jahr im Frühling und Herbst umzusetzen. Das ist grundsätzlich unbiologisch. Wohl macht das bei den vom Raum weit- gehend emanzipierten Haustieren nicht viel aus; aber bei den mit ihrem Raum so eng verwachsenen Wildtieren bildet jede derartige Umsetzung ein mehr oder minder schweres Trauma, das wohl in jedem Zoo schon zahlreiche Todesopfer gefordert hat. Ganz abgesehen vom Raumtrauma wird bei diesen oft nach dem Kalender und nicht nach der Witterung bestimmten saisonalen Umsetzungen dem Tier zuweilen auch noch ein erheblicher Tem- peraturschock zugemutet, den es durch den allmählich verlaufenden Hä- rungsprozeß nicht immer aufzufangen vermag.

Selbstverständlich sind in bezug auf Raumwechsel nicht alle Tierarten gleich empfindlich: manche Antilopen und Cerviden wären hier in erster Linie zu nennen. Wenn ich ein Beispiel aus dem Reich der Vögel erwähnen dürfte, müßte ich den Nandu (Rhea americana) nennen, während z. B. Störche, Reiher, Kraniche, Flamingos usw. in dieser Hinsicht viel weniger heikel sind. Diese Flugvögel bzw. Zugvögel erinnern sich im Frühjahr, wenn sie aus dem Winterquartier wieder ins Sommergehege entlassen werden, ganz offensichtlich an diese Ortlichkeiten und suchen sogleich wieder ihre Lieblingsstellen auf.

Beim Nandu, einem sehr ortstreuen nichtfliegenden Bodenvogel, ist das nicht der Fall. Jede Umsetzung bedeutet für ihn eine lebensgefährliche Re- volution des Raumes. Aus seiner Erfahrung mit der künstlichen Aufzucht von Nandus hat Hermann Junker (1950, S.186) bezeichnenderweise folgendes festgehalten: „Jeder Wechsel im Umweltbild ist Anlaß zu hoch- gradiger Erregung, die sich in nicht endenwollendem und ziellosem Rennen äußert. In 3 Fällen liefen die Tiere beim Umsetzen so lange in höchster Er- regung herum, bis sie ermattet hinsanken, und an Herzschlag eingingen.“ Im gleichen Zeitraum, d.h. von 1938—1943 verlor Junker noch 2 weitere Nandus beim Umsetzen dadurch, daß sie sich in der maßlosen Aufregung gegenseitig tottrampelten.

Ähnliches könnte aus manchem Zoo berichtet werden. Im Zürcher Zoo z. B. verloren wir im Frühjahr 1954 und 1955 je einen ausgewachsenen Nandu beim Umsetzen vom Winter- ins Sommerquartier. Angesichts die- ser allgemeinen Erfahrung zieht nun Junker merkwürdigerweise den fol- genden Schluß (S. 187): „Es ist zu empfehlen, immer wieder einmal das Umweltbild zu ändern, sie (die Nandus) also nicht allzulange abgesperrt zu lassen.“

Dieser Schluß ist typisch für das in Tiergärten noch weit verbreitete an- throprozentrische Denken. Im Zoo gilt es aber nicht anthroprozentrisch, sondern zoozentrisch, d.h. biologisch zu denken. Dieser gewiß berechtigten und logischen Forderung auf allen Gebieten der Wildtierhaltung Nachachtung

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 11

zu verschaffen, ist eine der grundsätzlichen und dringendsten Aufgaben der Tiergartenbiologie.

Hier wie in zahllosen anderen Fällen geht es nicht darum, das Tier dem Raum, sondern umgekehrt den Raum dem Tier anzupassen unter möglichst weitgehender Berücksichtigung seiner biologischen Eigenarten. Bei solchen Tieren, die in unserem Klima den Sommer über im Freien ge- halten werden können, im Winter aber eines geheizten Innenraumes be- dürfen, müssen diese beiden Abteilungen so aneinander gebaut werden, daß sie nicht nur technisch-baulich, sondern auch für das Tier subjektiv eine Einheit bilden. Das Tier ist und bleibt dann dauernd mit dem ganzen Raum vertraut, auch wenn einzelne Teile davon vorübergehend nicht zugänglich sind.

Diese Anordnung bietet den zusätzlichen Vorteil, daß die Tiere nicht nur im Sommer, sondern auch an milden Herbst-, Winter- und Frühlings- tagen vorübergehend ins Freie gelassen werden können. Für manche Tiere empfiehlt es sich, zwischen beide Abteilungen noch einen verandaartigen mittleren Raum einzubauen, wie es sich z.B. bei der Giraffenhaltung außer- ordentlich bewährt hat (vgl. Hediger, 1953a S.42). Dadurch kann das übertriebene ökologische Gefälle vom allseits geschützten Innenraum und dem völlig ungeschützten Außenraum, das schon so viele Opfer gefordert hat, wohltuend gemildert werden.

Das alles mag furchtbar banal erscheinen; indessen ist es eine Tatsache, daß in vielen Tiergärten der Welt viele Tiere zu Grunde gerichtet werden durch primitivste Verstöße gegen eigentlich selbstverständliche tiergarten- biologische Einsichten. Daher hat die Tiergartenbiologie vor allem die un- dankbare Aufgabe, aus banalen Alltagserfahrungen allgemein geltende Re- geln und Gesetze zu formulieren, wie das für jede andere angewandte Wis- senschaft längst eine Selbstverständlichkeit ist.

In der Chirurgie beispielsweise braucht man nicht zu betonen, daß bei Laparotomien keine Pinzetten, Scheren und andere Instrumente in den Bauchhöhlen der Patienten zurückgelassen werden sollen aber in der Tiergartenpraxis muß man heute noch darauf insistieren, daß handwerkliche Arbeiten im Gehege erst dann beendet sind, wenn auch die letzten Blech- abschnitte, Nägel, Drahtstücke usw. aufs sorgfältigste entfernt worden sind. Weil das heute noch nicht überall als unumstößliche Regel durchgeführt wird und weil man immer noch Agraffen verwendet und Drahtgeflechte ver- rosten und zerbröckeln läßt, kommt es ich muß wohl sagen in jedem Zoo zu schweren Verlusten durch Fremdkörper.

Im Basler Zoo traf ich so viele Verluste durch Fremdkörper, namentlich bei fischfressenden Vögeln und bei Wiederkäuern, daß ich ein besonderes Plakat zur internen Verwendung als Mahnung an die Wärter und Zoo-Hand- werker in allen Diensträumen aufhängen ließ (Abb. 3). Es bleiben dann immer noch genug gefährliche Fremdkörper, die vom Publikum stammen,

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wie z.B. Heftklammern von Zeichnern oder Ansteckabzeichen usw. Ein Gorilla verschluckte einen 14 cm langen metallenen Kugelschreiber, der operativ entfernt werden mußte (Hediger, 1953b). Im ersten Jahr meiner Tätigkeit im Zürcher Zoo verlor ich eine Bisonkuh an einem 7 cm langen Drahtstück des verrosteten Zaunes. Der Fremdkörper (Abb.4) war durch den Magen bis in den Herzbeutel vorgedrungen. Ein Kaiman starb an einem verschluckten Gummizapfen usw.

Wollte man alle die in Zoologischen Gärten an Fremdkörpern unnötiger- weise eingegangenen Tiere zusammenreihen, dann würden sich erschreckend große Rudel und Herden ergeben, und diese Tatsache allein rechtfertigt schon die Formulierung der erwähnten Regeln, auch wenn sie noch so

trivial klingen mögen. Wer dasselbe Verhängnis in mehreren Tiergärten in stereotyper Wiederholung mitangesehen hat, fühlt sich dazu auch als Tierfreund geradezu verpflichtet.

Darf ich den grotesken Vergleich mit der Praxis der Chirurgie im In- teresse der Anschaulichkeit noch um ein Bild erweitern? Es braucht heute in den Lehrbüchern der Medizin z.B. nicht mehr besonders betont zu wer- den, daß Operationsräume nicht mit dicken Teppichen und Vorhängen ver- sehen sein sollen. Aber in wie vielen Tiergärten werden heute noch Unter- lagen verwendet, die ganz entsprechend unhygienisch, schwer zu reinigen und demnach gefährlich sind, etwa weicher Naturboden für Huftiere. Na- turboden läßt sich nicht reinigen und bildet ein ideales Milieu für die Ent- wicklung parasitischer Würmer; außerdem ist er für die gegenüber dem Freileben herabgesetzte Aktivität der Tiere sehr oft zu weich, so daß es zur Schuhbildung, d.h. zur übermäßigen Verlängerung der Hufe durch zu ge- ringe Abnützung kommt. Wie viele Huftiere sind durch solche Umstände un- nötigerweise ums Leben gebracht worden! Trockener, verhältnismäßig har- ter Boden läßt sich gut reinigen, ist ungünstig für die Parasiten und erhält die Hufe in guter Form.

Wir sprachen vorher beim Betrachten der getrennten Sommer- und Winterquartiere vom unbiologischen, falschen Bauen im Zoo, wodurch viele Tiere durch übermäßige Aufregung beim Umsetzen den Tod finden. Es handelt sich also um Tod durch Verhalten, dem übrigens auch das Ver- schlucken von Fremdkörpern in gewissem Sinne zuzurechnen ist. Nicht alle Tierarten sind dafür in gleicher Weise disponiert, und es ist Sache der Tier- gartenbiologie, die besonders gefährdeten zu bezeichnen und in biologische Gruppen zusammenzufassen.

Tod durch Verhalten ist im Zoo viel häufiger, als gewöhnlich angenom- men wird; denn traumatisch bedingte Todesfälle gelangen sehr oft nicht zum Pathologen. Herbert L. Ratcliffe veröffentlicht alljährlich seine sorg- fältigen, wertvollen Erhebungen über die Todesursachen im Philadelphia Zoo. Immer wieder (1950—1954) erweisen sich Unfälle und Verletzungen

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zumeist durch Artgenossen zugefügte als die häufigsten Todesursachen. 1953 machten sie bei den eingegangenen Säugern die Hälfte, bei den Vögeln ein Drittel aus. Im gleichen Jahr starb der berühmte, während 50 Jahren gepflegte Schnabeligel (Tachyglossus aculeatus) an einer Verletzung, die er sich bei einer Fernsehsendung auf der Flucht vor dem grellen Licht der Scheinwerfer zugezogen hatte. Zahlreich sind z.B. die Fälle des Forkelns bei geweih- und gehörntragenden Huftieren. Um so leichter kommt es zu dieser Tötung durch Artgenossen, je ungünstiger die soziale Zusammenset- zung, aber auch je ungünstiger der Grundriß der betreffenden Gehege ist. Hier greift also die Technik des Bauens wieder direkt in die Lebensaus- sichten der Tiere ein.

Spitze Winkel im Grundriß von Tierräumen erweisen sich hier als be- sonders verhängnisvoll. In ihnen kann ein verfolgter Partner meist ein sozial unterlegenes Individuum oder ein stark erregendes brünftiges Weib- chen vom Verfolger leicht „fixiert“ und ohne Gegenwehr abgestochen oder sonstwie getötet werden. Auch der Pathologe des Londoner Zoos, W. GC. Osman Hill, unterstreicht in seinem Jahresbericht 1953 die große Bedeutung der gegenseitigen Verletzungen und Tötungen von Zoo- Tieren sehr oft von Artgenossen unter sich. Sehr gefährlich sind zuweilen die Brunftaufregungen bei Säugern und Vögeln.

In ihrem Bericht für 1954 stellen Achille Urbain und seine Mit- arbeiter (1955) fest, daß auch diesmal wieder traumatische Einwirkungen und Unfälle die meisten Todesfälle unter den Säugetieren des Zoos in Paris-Vincennes verursacht haben. So kam es zu tödlichen Kämpfen bei Babuin, Mufflon, Schopfantilope, Wapitihirsch, Fuchs u.a. Unfälle beim Einfangen gab es bei Seelöwe und Sumpfhirsch. Auf der Flucht ausge- löst durch verschiedene Umstände verunglückten Nilgau-Antilope, Mäh- nenschaf, indische Gazelle, junge Giraffe und Sumpfhirsche.

Um Ihnen einen Begriff von der Bedeutung dieser Todesursache Tod durch Verhalten zu vermitteln, verweise ich auf die von Dr. E.Inhelder fußenden Erhebungen aus den Wochenberichten des Zürcher Zoos von 1930 bis 1954. In diesem Zeitraum von 25 Jahren wurden 737 Tiere durch andere getötet, davon 286 durch ihre eigenen Artgenossen. Geforkelt wurden 24 Huftiere, nämlich

1 Edelhirsch

1 Sikahirsch

2 Axishirsche

4 Wapitis

5 Damhirsche

1 Bleßbock

3 Wasserböcke

7 Hirschziegenantilopen

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Bei 2 Hirschziegenantilopen ist das Geschlecht nicht angegeben; bei den übrigen 22 Tieren handelt es sich um 16, also 75% weibliche und 6, also rund 25 % männliche. Wohl in jedem Zoo haben sich ähnliche Verluste ereignet. Durch geeigneteres Bauen, vor allem durch die strikte Vermeidung spitzer Winkel, lassen sich die Verlustziffern sicherlich herabsetzen, ebenso durch selektive Unterteilung.

Vielfach sind auch zu enge Innenräume verantwortlich für Forkelungen, weil sie den verfolgten Tieren zu wenig Flucht- oder Ausweichmöglichkeiten lassen. Eine Tür ist oft zu wenig; sie verschließt, wenn der Verfolger darin erscheint, dem im Innern überraschten Tier den letzten Ausweg. 1954 wurde im engen Bisonstall des Zürcher Zoos eine Bisonkuh vom Stier so zwischen die Rippen gestochen, daß die Därme herausquollen. Es gelang, die Schlin- gen zu reponieren, die Wunde zu vernähen und das Tier zu retten. Es erweist sich als angezeigt, in Huftierställen mindestens zwei Türen an- zubringen.

Bei Raubtieren kommt es gleichfalls zu zahlreichen Tötungen durch Art- genossen, vor allem werden Neugeborene durch die eigene Mutter umgebracht. Das kann ganz verschiedene Ursachen haben, vor allem Stoffwechselstörun- gen im Sinne ungenügender Hormonproduktion oder Vitaminversorgung; aber es sind sehr oft auch Raumverhältnisse entscheidend.

Diese können gerade guten Müttern, die physiologisch vollkommen in Ordnung sind, zum Verhängnis werden, nämlich dann, wenn den Tieren nicht genügend Deckung zur Verfügung steht, wenn es an der nötigen Abschirmung und Geborgenheit der Wochenstube fehlt. Gerade die guten Mütter sind dann eifrig bestrebt, ihre Jungen an einen sicheren, dämmerigen Ort zu bringen und schleppen sie in wachsender Erregung unter Umständen so lange hin und her, bis Verletzungen oft im Nacken Blutaustritt zur Folge haben und damit nicht selten den äußeren Anlaß zum Auffressen der eigenen Jungen bilden.

Die Tiergartenbiologie hat die Aufgabe, an einem großen Material den ganz verschiedenen Ursachen des Tötens der Jungen durch die eigene Mut- ter nachzugehen, ebenso wie sie die Ursachen der gegenseitigen Tötung von erwachsenen Artgenossen analysieren muß. Diese Aufgaben sind lösbar, wenn sie auch vom Standpunkt der Verhaltensforschung aus angegriffen werden. Erste Versuche einer solchen Analyse habe ich an anderer Stelle (1950 S. 100)

unternommen.

Um Ihnen auch hier wieder einen anschaulichen Begriff zu vermitteln, nenne ich auf Grund der von Dr. E. Inhelder vorgenommenen Bearbei- tung der Aufzeichnungen von 25 Jahren (1930—1954) aus dem Zürcher Zoo als Beispiele die folgenden Zahlen. Es wurden in diesem Zeitraum durch die eigene Mutter getötet und zuweilen aufgefressen u. a.

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Leoparden 7 mal Löwen 8 mal Tiger 5 mal Pumas 3 mal Braunbären 4 mal Dingos 3 mal Agutis 4 mal

Das sind nur einige Beispiele. Einige mögen damit zusammenhängen, daß in dem sonst recht hübschen Raubtierhaus des Zürcher Zoos voın Publi- kum getrennte, ruhige Wurfzellen fehlen (ebenso wie Krankenkäfige). Heute hilft man sich so, daß mit Brettern einzelne Käfige als Wurfzellen abge- schirmt werden so gut es geht. Sicher läßt sich aber durch geeignete Bauweise über eine günstige Beeinflussung des mütterlichen Verhaltens die Verlustziffer senken.

Und das betrifft nicht nur Raubtiere. Im Freien haben praktisch alle höheren Tiere eine ausgesprochene Tendenz, sich zur Geburt in die Abge- schiedenheit und Heimlichkeit zurückzuziehen. Das gilt für die Gemse und den Löwen ebenso wie für den Elefanten; aber in den Tiergärten wird unter dem Druck des unersättlichen Schaubedürfnisses des Publikums gerade der Deckung, selbst in der kritischen Zeit des Gebärens, oft noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obgleich uns die Wildökologen wie Aldo Leopold (1939) schon seit bald zwanzig Jahren lehren, daß die Deckung als ökologischer Faktor an Wichtigkeit hinter dem Futter kaum nachsteht. Daß man im Zoo einen tragbaren Kompromiß finden muß zwi- schen den Bedürfnissen des Tieres und den Ansprüchen des Publikums, ist selbstverständlich. Das ist übrigens ein Punkt, in dem der Zoo gegenüber der Tierhaltung aus Liebhaberei wesentlich benachteiligt ist. Der Liebhaber braucht nur auf das Tier und nicht auf das Publikum Rücksicht zu nehmen.

Je nach der Lage eines Zoologischen Gartens im Stadtplan erwachsen seinem Tierbestand unter Umständen erhebliche Gefahren durch Raub- tiere, welche von außen eindringen. Außerhalb gelegene Tiergärten sind in dieser Hinsicht weit mehr gefährdet als im Stadtinnern gelegene; ent- sprechend sind verschiedene bauliche Maßnahmen angezeigt, um auch diese Kategorie von Todesfällen durch Verhalten unter Kontrolle zu bringen.

Einen klassischen Fall dieser Art stellt der in freiem Gelände gele- gene Whipsnade Zoo außerhalb Londons dar. Bei der Eröffnung dieses rie- sigen Parkes von 500 acres im Jahre 1931 wurde er mit einem hohen Drahtzaun versehen mit nach innen gerichtetem Überhang. Dadurch sollte ein Entweichen der Tiere vermieden werden; aber niemand entwich aus den großen Gehegen. Statt dessen drangen viele Füchse von außen ein, angelockt durch das zahlreiche exotische Parkgeflügel, unter dem beträcht-

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liche Schäden angerichtet wurden. Nach einigen Jahren entschloß man sich daher, den Überhang außen anzubringen, um die Füchse fernzuhalten.

Viele amerikanische Tiergärten haben unter eindringenden Coyoten, Füchsen, Waschbären usw. zu leiden. Der Zürcher Zoo, oben am bewaldeten Zürichberg gelegen, ist sehr stark den Füchsen exponiert. Auch darüber hat Dr. Ernst Inhelder auf Grund der Wochenberichte meines Vorgängers, Felix Hofmann, statistische Erhebungen angestellt, die sich auf die Jahre 1931—1954 beziehen. In diesen 24 Jahren verschwanden u.a.:

15 meist brütende Truthennen

21 meist brütende Pfauen

9 Kraniche verschiedener Art

ö Flamingos

2 Tschajas

21 Gänse verschiedener Art

3 Schwarzschwäne

1 Schwarzhalsschwan

1 Marabu ferner zahlreiche Enten, Möwen, Reiher und Kormorane. Das macht allein schon Beträge von vielen tausend Franken aus. Das spezifische Mittel ge- gen diese Fuchsüberfälle besteht in einer neuen Umzäunung von 2,5 m Höhe und 50 cm Überhang gegen außen mit solidem, nicht untergrabbarem Beton- sockel. Diese Art des Fuchsschutzes wäre natürlich schon beim Bau ange- zeigt gewesen; aber das gehört ebenso zu den heute noch oft anzutreffen- den tiergartenbiologischen Kuriositäten, wie der Umstand, daß Tierhäuser, Futtermagazine, Remisen usw. meist nicht von Anfang an mäuse- und ratten- tiergartenbiologischen Grundregeln gesündigt, so daß man von Mäusen und Ratten bereits dicht besiedelte Gebäude nachträglich mühsam von diesen Schädlingen befreien und gegen weitere Invasionen schützen muß (vgl. Hediger 1955).

Die jahreszeitliche Verteilung der 190 untersuchten Fuchsüberfälle im Zürcher Zoo ist übrigens von biologischem Interesse. Es zeigen sich in der Frequenz deutlich zwei Spitzen, nämlich eine im Juni und eine im November (Abb. 5). Diejenige im Juni ist zweifellos bedingt durch den größeren Futter- bedarf der Füchse während der Aufzucht ihrer Welpen. Die Spitze im No- vember ist bedingt durch die Schwierigkeiten der Nahrungsbeschaffung bei Frost und Schnee. Eigentlich sollte man ein Ansteigen der Kurve in der Wintermitte erwarten. Der tatsächlich festgestellte Abfall ist jedoch darauf zurückzuführen, daß viele Zoo-Vögel erst im Dezember in die sicheren, aber engen Winterräume umgesetzt werden, wo sie den Zugriffen der Füchse entzogen sind.

Die Konstruktion der Umzäunung war ein weiteres Beispiel für unmittel-

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung ur

bare Zusammenhänge zwischen Bauen und Todesursachen im Zoo. Die ge- samte Bautechnik im Zoo scheint mir dringend einer Biologisierung zu be- dürfen. Hier liegt eine weitere, wichtige Aufgabe der Tiergartenbiologie. Sie muß dem Architekten die erforderlichen biologischen, speziell ökologischen und ethologischen Unterlagen liefern, die er selber niemals besitzen kann. Andererseits ist der Zoologe selbstverständlich auf den Architekten ange- wiesen. Zum richtigen Bauen im Zoo bedarf es einer eigentlichen Symbiose zwischen Architekt und Zoologe.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert stehen alle Tiergärten Euro- pas unter dem Damoklesschwert der Maul- und Klauenseuche. In der Schweiz sind alle drei Tiergärten durch sie mehrfach sehr schwer geschädigt worden. Aber es ist mir nicht bekannt, daß man dieser außerordentlichen Gefahr jemals durch bauliche Maßnahmen Rechnung getragen hätte. In den Ausbau- Projekten des Zürcher Zoos ist vorgesehen, alle MKS-anfälligen Tiere in einem besonderen, vom übrigen Zoo leicht zu isolierenden Teil unterzubrin- gen, um weitere Katastrophen dieser Art zu vermeiden.

Allgemein läßt sich feststellen, daß man in bezug auf das Bauen für Wildtiere im Zoo viel zu konservativ gewesen ist, und das ist auch heute noch sehr oft der Fall. Jahrzehntelang wurde sozusagen im Kreis herumge- baut, wie ich das 1944 am Beispiel von Antilopenhäusern in europäischen und amerikanischen Tiergärten gezeigt habe. Viele Jahrzehnte lang wurden diese Häuser vom sogenannten Sektortyp, der nichts als Nachteile bietet, einander stereotyp nachgebaut und von einem Zoo in den anderen übernom- men. Die berüchtigten Fasanerien, aus Reihen von Gitterkuben bestehend, sind ein weiteres Beispiel jahrhundertealter, steriler Bauweise im Zoo.

Es ist für den Biologen z.B. nicht einzusehen, weshalb immer noch so viele Tiere im Zoo nicht nur die Aquariumfische in mehr oder weniger abstrakten Raumkerben leben müssen. Es müßte endlich einmal ernst ge- macht werden mit der tiergartenbiolog’schen Parole „Los vom Kubus“, weil der Kubus, dieser abstrakte Raumausschnitt, so unbiologisch ist wie die gerade Linie.

Beispielsweise habe ich noch in keinem Zoo einen adaequaten Käfig für Gibbone angetroffen, sondern man pflegt diese herrlichen Primaten in die- selben Käfige zu stecken wie etwa Schimpansen oder andere Affen, obgleich der Gibbon sich durch eine ganz andere Fortbewegungsweise auszeichnet. Die sorgfältigen Freilandbeobachtungen von C. R. Carpenter (1940) an Hylobates lar haben ergeben, daß sich diese eleganten Baumbewohner zu 90 % durch die sogenannte Brachiation fortbewegen, d.h. durch Schwingen von Ast zu Ast. Das Schreiten auf der Unterlage macht nur etwa 10 % der Fortbewegung aus.

Bevor wir auf die Biologisierung der Raumgestaltung zurückkommen, darf ich an einem einzigen Beispiel zeigen, daß die Tiergartenbiologie

2

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nicht nur für das Bauen von Tierhäusern, sondern auch für den Gartenbau feste Regeln aufstellen muß, die zwar ebenso banal und selbstverständlich anmuten wie die vorher erwähnten Beispiele, jedoch in der Praxis immer noch nicht genügend Beachtung finden. Es handelt sich um das Anpflanzen giftiger Gewächse im Zoogelände, namentlich um die Eibe (Taxus baccata).

Bisher traf ich merkwürdigerweise noch in jedem Tiergarten, den ich zu übernehmen hatte (Bern, Basel, Zürich) mehr oder weniger ausgedehnte Eiben-Pflanzungen, und ich weiß auch, daß es deswegen schon zu schweren Unfällen, z.B. zum Tod von Pferden von Lieferantenfuhrwerken gekommen ist. Da bei empfindlichen Arten schon das Fressen weniger Nadeln dieses gefährlichen Gewächses genügt, um selbst ein Großtier zu töten, ist der Nachweis einer Eibenvergiftung bei der Sektion gar nicht immer leicht zu erbringen, und ich möchte daher annehmen, daß die Vergiftungen in Wirk- lichkeit wesentlich zahlreicher sind, als allgemein angenommen wird.

Jedenfalls kann ich keinen einzigen vernünftigen Grund für die Anpflan- zung von Eiben ausgerechnet in Zoologischen Gärten finden, wo sie nur eine Gefahr bilden können. Es sollte daher gleichfalls zum ABC der Tiergarten- biologie gehören, daß Eiben von Zoologischen Gärten strikte ausgeschlossen sind. Sie können nicht nur Einhufern, besonders Pferden, Ponys, Mauleseln, wahrscheinlich auch Zebras gefährlich werden, sondern wie A. Stählin 1944 ausführt auch Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hunden, Ka- ninchen, Enten, Hühnern und namentlich Fasanen. Es ist mit großer Wahr- scheinlichkeit anzunehmen, daß die Liste der gefährdeten Tiere noch we- sentliche Ergänzungen erfahren wird.

Der oft gehörte Hinweis, daß ja die Eiben nicht in den Gehegen selber angepflanzt seien, bildet keine hinreichende Entschuldigung, weil z. B. Ponys sich gelegentlich auch außerhalb der Gehege aufhalten, etwa beim Ziehen von kleinen Wagen, und vor allem, weil viele Zoobesucher nur zu rasch be- reit sind, irgendwo etwas Grünes abzureißen, um es einem Tier zuzustecken.

Die tiergartenbiologische Betrachtung der Eibe als mögliche Todes- ursache für Zootiere hat uns bereits an das Gebiet der Pathologie und der Veterinärmedizin herangeführt. Wie verschieden die Behandlung von Haus- tieren und Wildtieren zuweilen ist, weiß jeder, der schon mit kranken Ver- tretern dieser beiden Gruppen und mit Tierärzten zu tun hatte, die nur am Haustier ausgebildet waren, wie das begreiflicherweise für die meisten Tierärzte zutrifft. Die wachsende Zahl der Zoologischen Gärten und die Intensivierung der Tierpflege wird eine Vermehrung von Veterinären mit Wildtiererfahrung, also von Zootierärzten notwendig machen. Wie der Ar- chitekt, so ist auch der Veterinär im Zoo auf die Unterstützung durch den Zoologen angewiesen. Die Wildtiermedizin stellt daher einen wesentlichen Teil der Tiergartenbiologie dar. Das gilt auch für alle ihre Spezialgebiete,

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ganz besonders für die Parasitologie, von der gleich noch die Rede sein wird.

Johannes Dobberstein hat 1951 die Wichtigkeit der Befunde am Tier, besonders auch am Wildtier, für die vergleichende Pathologie uuter- strichen. Die Unzahl der von den Pathologen festgestellten Todesursachen enthalten mehr als den Pathologen interessiert. Sie enthalten nämlich eine noch kaum andeutungsweise ausgewertete Fülle von Tatsachen, die auch tier- gartenbiologisch von größter Tragweite sind. Deshalb ist es verfehlt, wenn manche Pathologen die Auffassung vertreten, daß die Veröffentlichung der Todesursachen einzelner Individuen sinnlos sei; es gehe im Zoo vielmehr darum, durch Verbesserung der Ernährung und durch Fernhalten von In- fektionskrankheiten die Lebensaussichten des gesamten Tierbestandes zu erhöhen.

Das ist schon deswegen eine verfehlte Auffassung, weil wie wir ge- hört haben schwere Verletzungen, also Tod durch Verhalten, eine der an erster Stelle stehenden Todesursachen sind. Ein Beispiel wird den gemeinten Sachverhalt illustrieren. Herbert Fox, der ehemalige Pathologe der Zeologischen Gesellschaft von Philadelphia, hat 1923 das umfassendste Werk 668 Seiten über die Krankheiten von Wildsäugern und -vögeln in Ge- fangenschaft herausgegeben. Im Abschnitt über die Verletzungen des Ske- lettes (S. 343 ff.) stellt er auf Grund des riesigen, ihm vorliegenden Materials fest, daß es unter den Säugetieren besonders die Cerviden, Boviden und Cameliden sind, welche die zahlreichsten Frakturen aufweisen, wenn sie sich gegenseitig verfolgen und auf dem schlüpfrigen Boden hinstürzen. Fox er- wähnt auch Fälle von Beckenbrüchen durch Vergrätschung der Hinterextre- mitäten bei Antilopen. Als Pathologe zieht er aus seiner reichen Erfahrung bezeichnenderweise wörtlich den Schluß, „daß langbeinige Tiere, welche dazu eine Tendenz haben sich gegenseitig zu jagen, am meisten zu Frakturen neigen)...

Der Tiergartenbiologe pflichtet dem durchaus bei, geht aber in seiner Schlußfolgerung viel weiter. Er benützt die statistischen Ergebnisse der Pa- thologen zur Prophylaxe und wird sich bemühen, die gefährdeten langbeini- gen Huftiere dadurch zu schützen, daß er ihnen eine Unterlage zur Verfü- gung stellt, auf der sie genügend Halt finden und nicht ausgleiten. Wohl je- der Tiergarten hat schon solche Huftiere durch Vergrätschung und Bein- frakturen verloren; aber nicht überali wurde die dem Tiergartenbiologen sich aufdrängende Konsequenz daraus gezogen und ein zweckmäßiger Boden eingebaut. Sehr oft verunglücken neugeborene Huftiere schon bei den ersten Aufstehversuchen, wenn ihre Hinterbeine auf schlüpfriger Unterlage aus- einander gleiten.

Nicht bei allen Tieren aber ist die Unterlage schuld an Beinfrakturen; es gibt auch ganz anders bedingte Fälle, z. B. bei einem Raubtier, dem Serval.

3%

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In mehreren Zoologischen Gärten sind mir bei dieser hübschen afrikanischen Katze auffällig zahlreiche Beinfrakturen bekannt geworden, die sich da- durch ereigneten, daß diese Bodenkatzen in Gefangenschaft an hohen Gittern emporklettern und dann herunterfallen. Durch Ausschalten solcher Kletter- möglichkeiten, lassen sich derartige Frakturen vermeiden.

Das Beispiel der Frakturen genügt wohl um anzudeuten, wie viel äußerst wertvolle Fingerzeige die Tiergartenbiologie allein schon aus dem statistischen Material des Pathologen beziehen kann. Es können gar nicht genug Sektionsbefunde und Todesursachen veröffentlicht werden, und jeder Zoo sollte sich das eigentlich zur Pflicht machen, den Beispielen von Paris, London und Philadelphia zu folgen. Erst recht wertvoll für die klare For- mulierung tiergartenbiologischer Regeln sind natürlich größere Zusammen- fassungen, wie sie Fox inauguriert hat und von Patricia O’CGonnor, der Leiterin vom Staten Island Zoo, 1955 weitergeführt worden sind.

Große tiergartenbiologische Aufgaben harren innerhalb der Wildtier- medizin, wie bereits angedeutet, auch der Parasitologie. Ich lasse wiederum nur ein einziges Beispiel zur Veranschaulichung folgen.

Im Dezember 1954 und Januar 1955 verlor der Zürcher Zoo je eine Massai-Giraffe an einem 1951 aus Afrika mitgebrachten parasitischen Wurm Monodontella giraffae —, der in den Gallengängen sitzt, dessen Entwick- lungszyklus noch völlig unbekannt ist und gegen dessen Befall es noch kei- nerlei Therapie gibt. Eine nahe verwandte Art Monodontella okapiae ist gleich unerforscht und hat im Jahre 1949 das Basler Okapi zu Grunde ge- richtet, dazu wahrscheinlich den größten Teil der Okapis, die man zu im- portieren versucht hat und die dutzendweise eingegangen sind (vgl. die Okapi- Sondernummer der Acta Tropica 1950, eingeleitet von H. Hediger). In der Parasitologie der Wildtiere, die innerhalb der Tiergartenbiologie eine her- vorragende Rolle spielt, gibt es noch sehr viele Lücken zu schließen.

Es ist indessen ein Irrtum zu glauben, daß ein Zoo lediglich eine zoologische und eine tierpsychologische Angelegenheit sei. An Beispielen wurde bereits angedeutet, wie auch die Veterinärmedizin, die Bautechnik usw. in das Gebiet der Tiergartenbiologie hineinragen. Es wären noch viele weitere Sektoren aufzuzählen, etwa die Zooreklame (denn auch sie hat ihre biologische Grundlage), ferner die dem Zoo zukommenden Aufgaben des Tier- und Naturschutzes, der Lehr- und Forschungstätigkeit usw. Hier kann das unmöglich auch nur andeutungsweise behandelt werden, ebensowenig das Gebiet, welches in Amerika als als „Vandalism‘ bezeichnet wird, das sich mit all dem Unfug und den Schäden beschäftigt, die von böswilligen oder krankhaften Besuchern im Zoo angerichtet werden. Kein Zoo der Welt ist frei von solchen unerwünschten, oft sehr gefährlichen Elementen, deren Charakterisierung ich an anderer Stelle (Hediger, 1950 S. 173ff.) ver- sucht habe. Hier nur wieder ein Beispiel: im Mai 1955 fanden wir im

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Käfig eines von der Stadt St. Gallen im Zürcher Zoo eingestellten Löwen- Paares einen mit besonderem Raffinement hergestellten Gegenstand, näm- lich eine Korkscheibe, in deren Rand zahlreiche Stecknadeln senkrecht ein- gesteckt waren (Abb.6). Der wahrscheinlich sadistisch veranlagte Täter hat wohl erwartet, daß die Tiere auf dieses gefährliche Ding treten und sich dabei verletzen würden. Glücklicherweise konnte es jedoch dank der Auf- merksamkeit des Wärters entfernt werden, bevor Schaden entstand.

Was bis dahin ausgeführt bzw. eher nur angedeutet worden ist, mag zur ersten lockeren Umschreibung der vielseitigen Tiergartenbiologie genügen. Zum Schluß darf ich lediglich noch auf einen ihrer Sektoren zu sprechen kommen, den ich für besonders reizvoll halte, nämlich die Geschichte des Tiergartenwesens.

Daraus möchte ich allerdings lediglich zwei Themen herausgreifen, die gleichzeitig geeignet sind, uns die nächsten Schritte in der Entwicklung der Tiergartenbiologie zu zeigen; ich meine damit die beiden Gegenstände, die man mit den Stichworten „Geschichte des Gitters“ und „Vom Zwinger zum Territorium‘ überschreiben könnte.

Der älteste Käfig, in dem Säugetiere von Menschen gehalten wurden, ist die Grube, wie sie uns heute noch gelegentlich in der Form des so- genannten Bärengrabens entgegentritt. Dem Typus nach ist aber dieser Bä- rengraben noch durchaus die Urform eines Wildtierraumes, also eine Grube im Sinne einer möglichst glattwandigen Vertiefung in die Erde. Aktuell ist diese Primitivform auch heute noch beim Tierfang in Gestalt der Fallgrube, in der etwa alle Okapis oder Panzernashörner gefangen werden, die in un- serer Zeit in Tiergärten gelangen.

Der Graben, sehr oft ein Stück eines nicht mehr zur Verteidigung ver- wendeten Stadtgrabens, ist eine viel spätere und evoluiertere Form der Tier- haltung. Der typische Graben umschließt das Tier nur auf den beiden Längsseiten des Grundrisses durch gemauerte Erdwände, die Schmalseiten aber sind bereits durch ein neues, entscheidendes Element der Absperrung, die Urform des Gitters, abgeriegelt, nämlich durch Palisaden, d.h. dicke, oben oft zugespitzte Holzbalken. In vielen Schweizerstädten (z. B. Bern, Lu- zern, Zürich) erinnert die Straßenbezeichnung „Hirschengraben“ noch an diese zweitälteste Form der Groß-Säugetierhaltung.

Der nächste entscheidende Schritt bestand darin, daß das Tier im buch- stäblichen wie im übertragenen Sinne aus der Versenkung herausgeholt und auf derselben Ebene wie der Mensch gehalten wurde. Das bedingte eine viel ausgedehntere Anwendung der Palisaden, welche das Tier nun auf allen Sei- ten umgeben mußte. Solche Palisadengehege finden heute noch Anwendung bei der Eingewöhnung von Großtieren in Fanglagern (z.B. Okapi, Gorilla) oder in Gestalt der großen Kraale beim Elefantenfang in Indien. In den

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Tiergärten sind sie heute fast ganz verschwunden; 1945 waren sie noch ausgiebig vorhanden, z.B. im Tierpark Lange Erlen in Basel (Klein-Basel).

Mit der Haltung des Tieres auf der Ebene des Menschen fiel die Mög- lichkeit des Herabsehens auf die Tiere von oben weg, wie sie noch bei Grube und Graben bestanden hatte. Für den Besucher gab es nun keine andere Möglichkeit mehr, als durch die engen Lücken der Palisaden hindurchzu- blicken. Ganz neue Aussichten bot dann die Verdrängung des relativ wei-. chen Holzwerkes durch solide Eisenstäbe, die wegen ihrer viel größeren Festigkeit entsprechend dünn sein konnten und das Betrachten der Tiere optisch sehr erleichterten. Aus dem schweren Eisengitter entwickelte sich dann das optisch noch viel weniger störende zähe Drahtgeflecht bis zum extrem dünnen, für Kleinvögel fast haardünnen, Stahldrahtgeflecht in festen Rahmen. Je durchsichtiger das Material wurde, desto mehr wuchs die Ge- fahr, daß das frisch gefangene oder in anderen Räumen gehaltene Tier, das Absperrungsmittel gar nicht mehr wahrnahm und unter Umständen mit voller Wucht hineinraste. Deswegen müssen ganz feine Absperrungs- mittel, ebenso wie Glasscheiben für das Tier am Anfang oft mit breiten Papierstreifen auffällig gemacht werden, um ein lebensgefährliches Anrennen zu vermeiden.

Noch während der Blütezeit des Eisenstabgitters setzte zu Beginn un- seres Jahrhunderts eine divergente Entwicklung ein auf Grund der genialen Hagenbeckschen Konzeption der sogenannten Freianlagen, an deren er- ster Verwirklichung der Zürcher Bildhauer und Tierfreund Urs Eggen- schwiler (1849—1923) wesentlichen Anteil hatte. Es entstand ein neuer, nach Genese und Funktion vom alten vollkommen verschiedener Graben, nämlich der Absperrgraben im Gegensatz zum Wohngraben. Den Absperrgra- ben gibt es in zwei Varianten, nämlich als Trocken- und als Wassergraben. In keinem Fall soll das Tier in ihm wohnen, sondern dieser neue Graben- typus dient lediglich der Trennung zwischen Tier und Mensch. Das Tier wohnt auf einer Plattform, die gegenüber dem Beschauer gerne etwas er- höht wird, um das Tier mächtiger und imposanter erscheinen zu lassen. Bei leistungsfähigen Springern aber, z.B. Großkatzen, wird die Plattform etwas niedriger gehalten, um das Überspringen des Grabens zu erschweren.

Daß bei der Konstruktion solcher Absperrgräben auch heute noch be- dauerliche tiergartenbiologische Fehler gemacht werden, zeigt der tragische Tod des New Yorker Gorillas Makoko des einzigen bis heute in Gefangen- schaft geschlechtsreif gewordenen Gorillamannes der 1951 im Bronx Zoo im wassergefüllten Absperrgraben ertrank. Man hatte nicht berücksich- tigt, daß kein Menschenaffe angeborenermaßen schwimmen kann. Das Beispiel zeigt, daß wir auf dem Gebiet der Tiergartenbiologie noch viel zu lernen und zu suchen haben.

Als neues Absperrmittel für bestimmte Vogelarten in kleinen Räumen

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wurde kurz vor 1950 in einigen Tiergärten die Lichtschranke angewandt und 1930 führte der St. Louis Zoo (Missouri) die Absperrung großer Vogel- räume auf Grund eines starken ökologischen Gefälles zwischen Tier- und Publikumsraum ein. Philadelphia übernahm dieses gefällige System im Jahre 1949 und im August 1954 wurde der erste offene Flugraum dieser Art im Zürcher Zoo in Betrieb genommen.

Das war in Zeitrafferdarstellung die Entwicklungsgeschichte des Gitters seit den Anfängen der Wildtierhaltung, wenigstens ein Gerüst, in dem z.B. auch die Verwendung des Glases in seinen verschiedenen Qualitäten einzu- fügen wäre. Eine Einzelheit der Eisenpalisaden muß aber doch noch kurz angeführt werden; sie bezieht sich auf die Spitzen. Bis vor wenigen Jahr- zehnten und Jahren hat man oft an solchen Eisenkäfigen die Spitzen gegen innen, also gegen das Tier umgebogen und dadurch das Unheimliche und Unbiologische solcher Zwinger noch gesteigert; hunderte von Spitzen sind gegen das Tier gerichtet.

Heute ist man glücklicherweise von dieser ebenso unästhetischen wie unbiologischen Bauweise abgekommen. Man hat den Tierräumen das genom- men, was buchstäblich eine Spitze gegen das Tier hatte, selbst an den Rän- dern der Elefantenplattformen, wo ganze Felder kurzer Spitzen die Tiere am Weglaufen hindern sollten (Abb.7), hat man sie fast überall abgebaut, weil sie für die Tiere vom Publikum immer wieder zu den riskiertesten Gewichtsverlagerungskünsten verlockt viel zu gefährlich waren. Es kam zu zahlreichen schweren Verletzungen und sogar zu einzelnen Todesfällen. Auch im Zürcher Zoo sind diese verhängnisvollen Eisenzacken schon vor Jah- ren verschwunden bis auf einen stachelbesetzten Eisenbalken zum Absperren des Badebassins und an ihm hat sich im Frühjahr 1955 die Elefantenkuh Valaya schwer verletzt bei einem Versuch, ihn zu übersteigen. Die Bauch- haut war an mehreren Stellen perforiert und erforderte eine monatelange Behandlung.

Die Eisenspitzen waren eines der bezeichnendsten und im buchstäblichen Sinne hervorragendsten Attribute jener Kategorie von Tierräumen, die mit Recht „Zwinger“ genannt wurden. Es waren keine Wohnungen, sondern be- denkliche, meist auch sehr enge Gefängnisse.

In der letzten Zeit mehren sich, z.T. auf Grund fruchtbarer Impulse aus der Verhaltensforschung, die Bemühungen, den Tieren im Zoo statt Zwinger, Territorien zur Verfügung zu stellen. Das hat u.a. zur Folge, daß die Bewegungsstereotypien seltener und die Zuchterfolge häufiger geworden sind. Vom Standpunkt der Tiergartenbiologie aus wäre es im höchsten Grade wünschenswert gewesen, wenn einer der älteren Zoos, etwa Wien- Schönbrunn oder der Jardin des Plantes in Paris sich hätte entschließen können, einen besonders typischen Teil aus der alten Zeit gewissermaßen: als Zoo-Museum zu konservieren (ohne darin Tiere zu halten). Für mich

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besteht kein Zweifel, daß eine derartige historische Ausstellung mit jedem Jahr an Schauwert gewinnen würde.

Da, wie an anderer Stelle ausgeführt (Hediger, 1950), im Zoo die Tiere mit Futter versorgt werden und nicht Selbstversorger zu sein brau- chen, können sie mit erstaunlich kleinen Räumen auskommen, die vielleicht 1000 oder 10000 mal kleiner sind als ihre Territorien im Freien. Angesichts dieser gewaltigen Diskrepanz hat man sich im Zoo lange darauf be- schränkt, nach Überwindung des Zeitalters der Zwinger dem Tier lediglich eine größere Raumquantität zur Verfügung zu stellen und darüber wurde vielfach übersehen, daß es dem Tier weniger auf die Raumquantität als auf die Raumqualität ankommt, also auf die Inneneinrichtung des Territoriums.

Hier liegt aber der wesentliche Unterschied zwischen Käfig im alten Sinne und biologischem Tierwohnraum, in dem sich das Tier wie ein Grund- besitzer in einem zwar verkleinerten, aber alle wesentlichen Elemente ent- haltenden Territorium fühlen soll. Das sogenannte Nest bzw. die Schlafkiste, der Liege- oder Kletterast und das Bad sind die drei klassischen Einrichtun- gen, mit denen allenfalls ein Käfig ausgerüstet wurde. Der Kratzbalken bei Großkatzen und ein Wühlwinkel für Grabtiere kamen gelegentlich hinzu, mancherorts auch Fegebäume für Hirsche usw.

Aber von einer wirklich biologischen Ausstattung der an sich kahlen Räume zu künstlichen Territorien im Zoo sind wir noch weit entfernt. So wird selten geeignetes Material zum Markieren, also zum Anbringen von Duftmarken, kleinen Sekretportionen aus verschiedenen Hautdrüsen ge- boten, etwa in der Gestalt von Zweigen oder Ästen. Man kann beispielsweise immer noch Rudel von Hirschziegenantilopen sehen, die keinerlei Möglichkeit haben, ihr Antorbitaldrüsensekret als Besitzmarke anzubringen.

Auf meiner letzten Afrikareise 1948 ist es mir im Kongo aufgefallen, eine wie hervorragende Bedeutung Termitenstöcke für die Hautpflege ver- schiedener Großtiere haben, so bei Zebras, Büffeln, Antilopen, Elefanten usw. Ein erster Versuch mit einem künstlichen Termitenstock in einem Gehege mit Grantzebras hat sich glänzend bewährt. Die Tigerpferde benützten diese willkommene Bereicherung ihres Wohnraumes tatsächlich vom ersten Tag an, genau wie im Freien. Auch im Gehege findet man am Fuße der Termiten- burg massenhaft die abgescheuerten Haare.

Daß auch indische Elefanten ganz entsprechend wie die afrikanischen sehr gerne Termitenstöcke benützen, um sich ausgiebig daran zu scheuern, hat sich soeben im Zürcher Zoo gezeigt, wo die beiden großen Tiere ihre

künstliche Termitenburg vom ersten Tag an in Gebrauch genommen ha- ben (Abb. 8).

Was den erwähnten Kratzbaum bzw. Kratzbalken für Großkatzen anbe- trifft, so wird er teils als liegender Baumstamm, teils als Kletterbaum, teils

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 25

als an die Käfigwand montierter Abschnitt dargeboten. Im Freien spielen solche Kratzbäume, als wichtige Bestandteile der Inneneinrichtung, eine her- vorragende Rolle. Nur im Freien finden wir die vom Tier optimal ausge- wählten Bäume, die uns als Muster für die Nachbildung möglichst günsti- ger Verhältnisse in Gefangenschaft dienen können.

Im Außenkäfig der Tiger im Zürcher Zoo wählten die Tiere ganz ent- sprechend wie im Freien unter zwei anscheinend gleichen Bäumen einen aus. Nur diesen benützten sie zum Kratzen (Abb. 9), der andere wird seit Jahren, also seit seinem Einbau in den Käfig, nie benützt.

Die höchsten Kratzspuren finden sich in einer Höhe von 235 cm über dem Boden, die niedersten in 115 cm Höhe, das Maximum in 180 cm Höhe. Bei den Leoparden ergeben sich andere Zahlen:

Höchste Spuren in 155 cm Höhe Zahlreichste Spuren in 120 cm Höhe Niedrigste Spuren in 50 cm Höhe

Was bei diesem, dem äußeren Verlauf nach scheinbar so bekannten Kratzen meist verbunden mit Sichstrecken bei den Großkatzen im einzelnen an den Krallen geschieht, wird vielleicht noch etwas unterschätzt. Es werden nämlich durch das aktive Vorziehen der Krallen und das Einhaken ins Holz bei starkem Zug mit den Vorderextremitäten unter Umständen Krallensplitter von 3—4 cm Größe von den Seiten der Krallen abgerissen (Abb. 10, 11), oft samt der faserig gewordenen Spitze, so daß aus diesem Verhalten tatsächlich eine überraschende Wetz- und Spitzwirkung resultiert. Am Fuße der Kratzbäume von Großkatzen sammeln sich oft ansehnliche Häufchen solcher Krallensplitter an.

Hat das Tier in Gefangenschaft keine oder nur ungenügend Gelegenheit zu dieser natürlichen Krallenpflege, so kann es ähnlich wie bei den Hufen der Huftiere zu übertriebener Verlängerung kommen. Im Gegensatz zu den Hufen aber wachsen die Krallen im Bogen in die Ballen hinein, wo sie nicht nur zu Schmerzen, sondern auch zu gefährlichen Infektionen Anlaß geben kön- nen. Dann gibt es nur noch die künstliche Entfernung mit der Zange, die sehr oft mit allerlei Umständen und Risiken verbunden ist. Die Schau- stellung operativ entkrallter Raubtiere, wie sie von einzelnen Tierhandlun- gen empfohlen wird, ist als unbiologisch zurückzuweisen.

Andere Tiere brauchen ebenso dringend morsches Holz zum Nestbau, Kieselsteine von bestimmter Größe als Verdauungshilfe, Fasermaterial zum Herrichten eines Lagers, einen aufragenden Stein als Warte oder noch hundert andere Dinge, die sie in ihrem natürlichen Territorium finden, die ihnen aber in Gefangenschaft fehlen. Das sind nur wenige Beispiele um anzudeuten, daß wir im Zoo nie ruhen dürfen, nach weiteren Elementen zu forschen, deren das Tier bedarf, um sich zuhause zu fühlen.

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Viele Tiere brauchen ein Heim, ein Schlupfloch, in welches sie sich zu- rückziehen und sich verbergen können. Das ist dann fatal, wenn dieser Rück- zug aus dem Gesichtsfeld der Besucher sich am Tage abspielt. Mit Rücksicht auf das Publikum wird dann zuweilen ein solches Heim verweigert. Versuche im Zürcher Zoo mit etwa katzengroßen Säugetieren, wie z.B. Katzenfrett (Bassariscus astutus), haben zu einem Kompromiß geführt, der sich für alle Beteiligten bisher zu bewähren scheint. Es werden nämlich Schlafkästen mit indirektem Eingang verwendet, d.h. das Tier kann nur durch einen der Schmalseite entlangführenden kurzen Gang das Innere erreichen und nicht direkt durch eine Öffnung. Nun kann die den Beschauern zugekehrte Holz- wand der künstlichen Höhle mit einer Plexiglasscheibe ausgetauscht werden, so daß die im Innern ruhenden Tiere das Gefühl der Geborgenheit behalten und für den Besucher doch sichtbar sind. Bei empfindlichen Tieren kann die Plexiglasscheibe zunächst mit Papier beklebt sein, das dann allmählich stückweise entfernt wird.

Zusammenfassend darf ich festhalten, daß es mir hier vor allen Dingen darum ging zu zeigen, daß auf dem Gebiete der Wildtierhaltung im Zoo noch ein gewaltiges biologisches Material brachliegt und der sytematischen Bearbeitung und Einordnung harrt. Zoologische Gärten sind heute noch sehr heterogen in bezug auf Entstehung, Organisation, Zielsetzung, wissenschaft- liche Tätigkeit usw. Es fehlt noch die Intensität der Aufzeichnung, des Er- fahrungs- und Gedankenaustausches, die notwendig ist, damit die Tierhal- tung im Zoo, die noch mancherlei altertümliche Züge trägt, diejenige um- fassende Geschlossenheit auf wissenschaftlicher Grundlage erreicht, wie sie die Tiergartenbiologie anstrebt. Es wird noch zu viel nach Einzelrezepten, ja sogar nach Geheimrezepten gearbeitet, anstatt nach allgemein geltenden Grundsätzen.

Ist es nicht im höchsten Grade eigenartig, daß es zwar ein kaum mehr zu überschauendes Schrifttum über Haustiere, ihre Herkunft, Haltung, Zucht, Verwendung usw. gibt, aber noch immer kein umfassendes Werk über Tier- gartentechnik bzw. Tiergartenbiologie? Eine überaus reiche und wertvolle Materialquelle bilden hier zusammen mit seinen zahlreichen eigenen Bei- trägen die von Karl Max Schneider seit Jahrzehnten betreute und aufs umsichtigste geleitete Zeitschrift ‚Der Zoologische Garten“.

Wohl stellt die Tiergartenbiologie nur einen kleinen, aber im Hinblick auf das Tier als lebendiges, empfindendes, unnachahmliches Wesen berech- tigten, verpflichtenden Teil der angewandten Biologie dar. Trotz ihrer Kleinheit bedarf die Tiergartenbiologie wegen ihrer Vielseitigkeit zahl- reicher Stützen. Unter diesen nimmt die Verhaltensforschung, wie sie ge- rade auch aus dem Kreise der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde so entscheidend gefördert wird, eine Stellung von besonderer Dringlichkeit und Fruchtbarkeit ein.

H. HEDIGER, Tiergartenbiologie und vergleichende Verhaltensforschung 27

Zusammenfassung

1. Die Tiergärten werden dargestellt als Bestandteile des modernen Großstadt- Biotopes des Menschen einerseits und als in einem Parareal gelegene Para- tope des Tieres andererseits.

2. Die Tiergartenbiologie als ein neuer Zweig der angewandten Biologie beschäftigt sich grundsätzlich mit allen bei der Wildtierhaltung auftre- tenden Phänomenen von biologischer Bedeutung. Sie synthetisiert aus vie- len Einzeldisziplinen die für den Zoo bedeutsamen Elemente und formu- liert durch die Zusammenfassung oft banaler Alltagserfahrung Re- geln und Gesetze, mit deren Hilfe und aus denen sich die wissenschaft- lichen Fundamente für die Wildtierhaltung im Zoo aufbauen lassen.

3. Besondere Wichtigkeit kommt im Rahmen der Tiergartenbiologie der Verhaltensforschung bzw. der Tierpsychologie zu. ‚Tod durch Verhalten“ steht an erster oder zweiter Stelle unter den heute für die Wildtiere im Zoo verantwortlichen Todesursachen.

4. Eine durchgreifende Biologisierung, d.h. eine Ausrichtung entsprechend den Anforderungen der Tiergartenbiologie tut vor allem auch der Bau- technik im Zoo not, erst recht was die bisher oft zu wenig beachtete Inneneinrichtung der Tierräume anbetrifft. Diese sollen im Prinzip nicht abstrakte Kuben, sondern künstliche, verkleinerte, aber mit allen wesent- lichen Elementen versehene Territorien sein.

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Einige Bemerkungen über den Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren)

(Aus dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, Buldern i. W.)

Von Irenäus Eibl-Eibesfeldt

Unter Ausdrucksbewegungen verstehen wir nach Lorenz (1951) nur jene Verhaltensweisen, die im Dienste der Koordination sozialen und interartlichen Verhaltens besonders differenziert wurden. Wir unter- scheiden sie dadurch von allen jenen Verhaltensweisen, die als reine Epi- phänomene einen Erregungszustand begleiten, wie diverse Übersprungbe- wegungen oder vegetative Erscheinungen (Erröten, Harnen, Koten, Zittern, Erbrechen u.a.m.) die zwar ebenfalls eine bestimmte Erregungslage charak- terisieren können, aber nicht eigens im Dienste dieser Signalfunktion zu „Auslösern‘“ 2) differenziert wurden und die wir als undifferenzierte Ausdrucksformen bezeichnen. Sie können im Laufe der Stammesge- schichte eine Ausdrucksfunktion erhalten.

Die Ausdrucksbewegungen zeigen alle Merkmale echter Instinkthand- lungen, nämlich weitgehend erfahrungsunabhängiges Heranreifen im Laufe der Jugendentwicklung, Spontaneität, Auslösung durch spezifische Schlüssel- reize und Formkonstanz des Bewegungsablaufes°), wodurch sie eine be- stimmte systematische Einheit (Art, Gattung, Familie usw.) kennzeichnen. Dem Kriterium der Formkonstanz widerspricht die häufig beobachtete Viel- falt tierischen Ausdruckes nur scheinbar. Lorenz (1952) zeigte, daß Über- lagerung sehr weniger Instinktbewegungen bereits eine sehr große Variabili- tät des Ausdruckes ergibt, die dennoch nur auf der quantitativen Veränder- lichkeit im übrigen invarianter Verhaltensweisen beruht. Überlagern sich z. B. die beiden Bewegungen der Kampf- und der Fluchtintention in der Hunde- mimik, so ergibt dies bei jeweils drei Intensitätsstufen bereits neun verschie- dene Möglichkeiten des Gesichtsausdruckes.

Hand in Hand mit der Ausbildung von Ausdrucksbewegungen geht meist auch die Differenzierung einer entsprechenden Empfangsapparatur beim Art- genossen, der auf Grund dieses „angeborenen auslösenden Mechanismus“

1) Vorgetragen auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft f. Säugetierkunde in Bonn am 4. August 1955.

2\ Auslöser sind sowohl morphologische Strukturen als auch Verhaltensweisen mit Signalfunktion.

3) Über die Begriffe der vergleichenden Verhaltensforschung s. Lorenz (1952), und Eibl-Eibesfeldt (1956).

30 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

(vgl. Fußnote S.29) auch ohne vorangegangene Erfahrungen in arterhaltend sinnvoller Weise auf die adäquate Reizsituation reagieren kann. Das muß allerdings nicht immer so sein. Nach Antonius (1939) verstehen Urwild- pferdstuten die Drohmimik des Hengstes erst nach einigen negativen Er- fahrungen.

Die Phylogenie der Ausdrucksbewegungen können wir durch verglei- chende Beobachtungen rekonstruieren. Während wir von den Vögeln in dieser Hinsicht bereits ein reiches Tatsachenwissen haben, sind unsere Kenntnisse bei Säugern noch recht lückenhaft, immerhin sind wir heute bereits in der Lage, einige Hinweise zu geben.

1. Von Instinktbewegungen abgeleitete Ausdrucksbewegungen

Instinktbewegungen kennzeichnen sehr oft die Stimmungslage eines Tieres. Sie wurden daher wiederholt zu Ausdrucksbewegungen umgebildet. Hautpflege z.B. drückt stets soziale Kontaktbereitschaft aus; einander feind- liche Tiere putzen sich nie gegenseitig. Daher wurden diese Bewegungen des Fellkämmens und -Beleckens wiederholt zu Grußgebärden, so bei Hunden oder Dachsen (Eibl-Eibesfeldt, 1950 a). Verschiedene solitäre Nager, die sich normalerweise nie putzen, tun dies bei der Balz. Männchen über- winden so die Kontaktscheu des Weibchens (Eibl-Eibesfeldt, 1953, 1951). Weitgehend ritualisiert ist die Geste beim Mongoz-Maki (Lemur mon- goz) der nach Lorenz (mündlich) zur Begrüßung die Bewegung des Fell- Kämmens und -Beleckens mit vorgeschobenem Unterkiefer in die Luft macht. Aus echter Flucht wurde die symbolisierte Flucht verschiedener Säugerweibchen (,Sprödigkeitsverhalten‘“) mit der neuen Funktion, das Nach- folgen des Männchens auszulösen (Antonius, 1939 u. Eibl-Eibes- feldt, 1951 a, 1953). Bisweilen werden jugendliche Verhaltensweisen zu Ausdrucksbewegungen sozialer Kontaktbereitschaft. Das werbende Hamster- männchen ruft täuschend ähnlich einem Jungtier, wenn es einem Weibchen folgt.

Viele Ausdrucksbewegungen entstanden aus „Intentionsbewe- sungen“, das sind schwache Ausbildungsgrade von Instinkthandlungen, die deren vollem Ablauf vorangehen. So ist Sich-Ducken bei vielen Raubtieren ein Bestandteil des Angriffsverhaltens. Bei niederer Intensität oder auch, wenn entgegenwirkende Impulse hemmen, bleibt es bei dieser Intention. Sie deutet an, was das Tier unternehmen will. Ranghohe Wölfe schüchtern durch solche ‚„Überfallsdrohung® (Schenkel, 1947) Rangniedere ein. Bei Arten, die sich zum Angriffssprung aufrichten, wurde entsprechend Sich- Aufrichten zur Drohstellung, so bei Hamstern (Cricetus cricetus L.) deren auffälliges bauchseitiges Zeichnungsmuster, das nach Petzsch (1951) an einen offenen Rachen erinnert, möglicherweise eine im Dienste der Heiz-

1. EIBL-EIBESFELDT, Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren 31

sendung differenzierte morphologische Struktur ist. In ähnlicher Weise wurden aus Zubeißintentionen die Drohgesten des Zähnefletschens. Manche Drohgesten lassen sich aufeinander widerstreitende Lokomotionsintentionen des Angreifens und Flüchtens zurückführen, so z. B. die ritualisierten Schein- angriffe des Iltis (Putorius putorius L.), der den Gegner anspringt, unmittel- bar vor ihm aber in mimisch übertriebener Weise scharf abbremst (,Im- ponierbremsen“), wobei er den schrillen Drohlaut äußert und die Anal- drüsen entleert. Das ‚„Imponierlaufen‘“ der Eichhörnchen (Seiurus vulgaris L.) setzt sich, wie andernorts ausgeführt (1951 a), aus einer ganzen Reihe solcher plötzlich abgebremster und stark übertriebener Einzelsprünge zu- sammen, die durch rhythmische Schwanzbewegungen und Lautäußerungen in auffälliger Weise unterstrichen werden. Nähert sich das drohende Eich- hörnchen einem Widersacher, so werden mit der zunehmend stärker akti- vierten Fluchtintention die Einzelsprünge immer kürzer, bis das Tier schließ- lich auf der Stelle läuft. Man beobachtet dieses Verhalten auch in spon- tanem „Leerlauf“, was auf eine endogene Erregungsproduktion für diese weitgehend ritualisierte Bewegung hinweist.

In manchen Konfliktsituationen treten Bewegungen auf, die nichts mit den der Stimmungslage des Tieres normalerweise entsprechenden Bewegungen zu tun haben. Kämpfende Hähne picken z. B. zwischen den Kampfrunden wie bei der Nahrungsaufnahme, allerdings ohne zu fressen, gegen den Boden. Da diese „Übersprungbewegungen“ in bestimmten Konfliktsituationen ziemlich regelmäßig ablaufen, können sie ebenfalls zu Ausdrucksbewegungen werden, was zahlreiche Untersucher (u.a. Lorenz 1941 und Tinbergen 1952) bei Vögeln feststellten. Nur wenig entsprechendes ist bei Säugern be- kannt. Das Zähnewetzen vieler Nager (Drohgeste) ist wohl ein Übersprung- Nagen ins Leere (Eibl-Eibesfeldt, 1953). Bei Pavianen wurde ein Übersprunggähnen zur Drohgeste, ein Zusammenhang, den bereits Darwin (1887) sah. Leyhausen (mündlich) berichtete mir, daß das als Über- sprungbewegung unter den Katzen so weit verbreitete Krallenschärfen bei einigen Arten zur Drohgeste wurde.

2. Primäre Ausdrucksbewegungen

Eine Reihe von Ausdrucksbewegungen lassen sich nicht auf andere Erb- koordinationen zurückführen, sie sind primär im Dienste der sozialen Kom- munikation neu entstanden. Das gilt z.B. für die Demonstrationsbewegungen (Tinbergen 1952) die nicht auf präexistenten Erbkoordinationen aufge- baut sind, sondern die sich entwickelten, um eine Struktur mit vorhandener auslösender Reizwirkung besonders auffällig darzubieten. So stellt z.B. das Stichlingsweibchen seinen mit Laich geschwollenen Bauch durch eine be- sondere Bewegung auffällig zur Schau. Dem vergleichbar wären die Präsen-

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tierbewegungen verschiedener brünstiger Säugerweibchen. Auch vegetatives Ausdrucksverhalten gab häufig Anstoß zur Entwicklung besonderer präsen- tierender Ausdrucksbewegungen.

3. Von vegetativen Epiphänomenen der Erregung abgeleitetes Ausdrucksverhalten

Nicht nur Instinktbewegungen können im Laufe der Stammesgeschichte zu Ausdrucksbewegungen werden, wie dies besonders auf dem Umwege über Intentionsbewegungen und Übersprungbewegungen häufig geschieht. Schlech- terdings jedes Epiphänomen eines Erregungszustandes, das für den Artge- nossen wahrnehmbare Reize aussendet (Haarsträuben, Harnen, Koten, Er- röten, Zittern, verstärkte Drüsensekretion usw.) kann in analoger Weise eine Ausdrucksfunktion entwickeln, vorausgesetzt, daß es den betreffenden Ge- samtvorgang genügend regelmäßig begleitet und eindeutig charakterisiert. Die Farbwechselreaktionen vieler Fische (die verschiedenen Farbkleider sind Auslöser), Weinen, Erröten und Erblassen, sind Beispiele für solch ein ve- getatives Ausdrucksverhalten. Selbst Pupillenreaktionen können zu Auslösern differenziert werden, wie König (1951) bei der Bartmeise sah: das balzende Männchen verengt die Pupille rasch, so daß die gelbe Iris wie ein Leuchtsignal aufblitzt. Auch bei diesen nicht aus anderen Bewegungs- koordinationen entstehenden Ausdrucksformen erfolgt die Differenzierung im Sinne der Vergrößerung ihrer Signalwirkung, häufig auch durch unter- stützende morphologische Merkmalsbildung. Dort wo Haare maximal ge- sträubt werden, bildeten sich häufig Mähnen aus. Erröten mag häufig Anlaß zur Ausbildung von nackten, stark vascularisierten Körperstellen (Paviane u. a.) und Schwellkörpern gewesen sein, und starke Drüsen- sekretion oder Harnen und Koten führte zur Ausbildung von Duftdrüsen beziehungsweise speziellen Verhaltensweisen des Duftmarkierens mit Kot und Harn. Viele erregte Affen harnen und benässen dabei ihre Hände. Kapuzineraffen (Cebus) und Halbaffen (Galago, Nycticebus, Loris) harnen gezielt in die Hände und verteilen den Harn auf die Fußflächen. Beim Klettern hinterlassen sie dann deutliche Duftmarkierungen (Eibl- Ei- besfeldt, 1953b). Auch zufällige unkoordinierte Bewegungsweisen, wie allgemeines Zittern, können durch „Ritualisierung“ zu neuen Erbkoordi- nationen werden. Bei vielen erregten Nagern beobachten wir ein fein- schlägiges Schwanzzittern, ohne jede Signalfunktion. Bei der Hausmaus ist diese Bewegung bereits eine Drohgeste; die seitlichen Schwanzaus- schläge sind verstärkt und durch schnelles Streifen über die Unterlage ent- steht ein rasselndes Geräusch. Eine formal gleiche und wahrscheinlich ganz ähnlich entstandene Bewegung hat das Stachelschwein (Hystrix). Bei ihm schlagen die Stacheln laut rasselnd aneinander, was an das konvergent ent-

1. EIBL-EIBESFELDT, Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren 33

standene Schwanzrasseln verschiedener Crotaliden erinnert. Beim Eich- hörnchen ist eine entsprechende Schwanzbewegung auf optische Wirksamkeit differenziert (näheres s. Eibl-Eibesfeldt, 1951 a, b, 1950). Es ist sehr merkwürdig, daß diese Verhaltensweisen, die ursprünglich durchaus keine Instinktbewegungen waren, durch „Ritualisierung‘ zu solchen werden. Der physiologische Prozeß, der dabei stattfindet, ist uns völlig unbekannt.

Daß viele Drohlaute ebenfalls von vegetativen Epiphänomenen der Er- regung abzuleiten sind, führte ich an anderer Stelle (1953) aus. Jedes er- regte Tier atmet schneller (gesteigerter Stoffwechsel). Das sprichwörtliche „Wutschnauben“ ist also zunächst ein reines Beiprodukt. Es kann aber über- trieben und ein regelmäßiger Bestandteil des Drohgehabens werden. Beim drohenden Hamster wechselt Inspirations- und Exspirationslaut im Atem- rhythmus, ebenso bei vielen anderen. Fauchende Drohlaute wurden konver- gent in verschiedenen Wirbeltiergruppen entwickelt (Säuger, Vögel, Repti- lien), da überall die gleiche physiologische Grundlage gegeben war.

Eine Ausdrucksbewegung kann im Laufe der Stammesentwicklung eine neue Funktion übernehmen und dabei ihre alte Aufgabe ganz oder zum Teil verlieren. So wurden Ausdrucksbewegungen des weiblichen Paarungsver- haltens bei vielen Affen zur Gruß- und Demutsgebärde umgewandelt. Weib- liche Paviane wenden dem Artgenossen ihr während der Brunft oft auffällig verändertes Hinterteil zu. Das gleiche tun aber auch Paviane beiderlei Ge- schlechtes als Unterwürfigkeitsgebärde jedem Ranghohen gegenüber. Rhesus- Affen grüßen und fordern so auch zur Hautpflege auf (Wörner 1940). In einer neueren Arbeit von Bopp (1954) wird bezweifelt, daß dieses Ver- halten von sexuellem abzuleiten sei, biete sich doch das brünstige Weibchen auch dem gleichgeschlechtlichen Artgenossen an. Solches tun aber sehr viele Säugerweibchen in eindeutig sexueller Stimmung. Außerdem ist das Präsen- tieren der Analregion eine so weit verbreitete Geste der Paarungsaufforde- rung, daß man bei vergleichender Betrachtung an ihrer ursprünglichen Be- deutung kaum zweifeln kann.

Hamstermännchen (Cricetus ericetuws L.) machen die weibliche Präsen- tierbewegung, wenn sie von einem Weibchen bedrängt werden, als Geste der Unterwerfung.

Einmal differenzierte Ausdrucksbewegungen gehen unter Umständen ziemlich konservativ durch die Stammesgeschichte. So droht nach Antonius (1939) der Muntjak (Muntiacus muntjak), eine in manchen Punkten, z.B. durch den Besitz hauerartiger oberer Eckzähne, primitive Hirschart, indem er augenrollend und zähneknirschend die dolchförmig hervorragenden Eck- zähne zeigt. Diese Drohgeste wurde konservativ auch von jenen Hirschen beibehalten (Rusa-Hirsche, Dybowski-Hirsch), die nicht mehr wie der Munt- jak mit den Zähnen kämpfen. Die Erbkoordination hat die Reduktion des ursprünglich gezeigten Organes überdauert.

34 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Außer den bisher besprochenen angeborenen Ausdrucksbewegungen gibt es auch erlernte. Zootiere stellen z.B. durch bestimmte Bettelgebärden den Kontakt mit dem Pfleger her. Wir gehen darauf an anderer Stelle ausführ- licher ein. Nach ihrer Funktion können wir vier größere Gruppen von Aus- drucksbewegungen unterscheiden. a) Das Droh- und Imponiergehaben. b) De- mutsgebärden. ce) Ausdrucksbewegungen sozialer Kontaktbereitschaft (Werbe- und Grußzeremonielle) d) Alarmsignale e) Ausdrucksbewegungen für den in- terartlichen Verkehr. Auch sie werden an anderer Stelle ausführlich be- sprochen (Eibl-Eibesfeldt, i. Druck). Es seien zum Abschluß nur einige Bemerkungen über die Ausdrucksbewegungen des Menschen gestattet.

4. Die Ausdrucksbewegungen des Menschen

Bei den menschlichen Ausdrucksbewegungen ist eine Scheidung von An- geborenem und Erworbenen, da beides innig miteinander verschränkt ist, äußerst schwierig. In einzelnen Fällen ist es jedoch möglich, und hier können wir dann erkennen, daß auch die Entwicklung der menschlichen Ausdrucks- bewegungen prinzipiell nach den gleichen Gesetzen verläuft wie die der anderen Säuger. In unserer Mimik ist wohl vieles angeboren, das zeigt schon die vergleichende Betrachtung verschiedener Völker. Nachgewiesen wurde es für das Lächeln, eine Instinktbewegung, die bereits der Säugling zeigt (Koehler, 1954 a u. b). Ahrens (1953) untersuchte die Schlüsselreize, die diese Bewegung auslösen. Manche menschliche Ausdrucksbeweguug kann man sehr leicht als formalisierte Intentionsbewegungen der Abkehr oder der Zuwendung erkennen. Der Hochmütige drückt seine Einstellung zum verachteten Artgenossen dadurch aus, daß er den Kopf in Rückwärtsbewe- gung hochnimmt, die Augenlider senkt, die Nasenflügel einzieht und kräftig durch die Nase ausatmet, als wolle er alle vom anderen kommenden Sinnes- reize abwehren (Lorenz, 1942). Die Gebärde des Mutes dagegen ist eine Intention zur Vorwärtsbewegung. Der Körper wird vorgebeugt, die Mund- spalte geschlossen und die Augen werden von den sich runzelnden Augen- brauen beschattet als fixierten sie ein fernes Ziel. Auch beim Menschen wurden zu den Ausdrucksbewegungen die entsprechenden angeborenen Aus- lösemechanismen (S.29) differenziert, die ein primäres Verständnis ermög- lichen (Lorenz, 1942). Dieses angeborene Verstehen ist in vieler Hinsicht unbelehrbar. Überall, wo uns sehr einfache Attrappen jener Ausdrucksbe- wegungen begegnen, sprechen wir gefühlsmäßig an. Der Adler ist für uns stets das Sinnbild des edlen Mutes, was er allein dem nach vorne gerichteten Blick und den überdachten Augenhöhlen verdankt. In ganz analoger Weise finden wir das Kamel hochmütig, weil es immer den Kopf über die Waag- rechte erhoben trägt und die Mundwinkel herabzieht. Das Wissen darum, daß dieser „Ausdruck“ wirklich nichts mit der wahren Stimmungslage des

I. EIBL-EIBESFELDT, Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren 35

Tieres zu tun hat, belehrt uns nur schwer eines besseren. „Freundlich“ aus- sehende Tiere sind uns immer noch sympathischer, auch wenn sie es in Wirklichkeit durchaus nicht sind.

Von den menschlichen Gesten ist ebenfalls vieles angeboren, so eine Drohstellung, bei der die Arme vom vorgeneigten Körper abgehoben und einwärts rotiert werden, während sich gleichzeitig die Haaraufrichter an der Außenseite der Arme und des Oberrückens sträuben (daher „überläuft‘ es einen). Da wir keinen Pelz besitzen, ist dieses Verhalten sinnlos. Beim Schim- pansen, der die formal gleiche Verhaltensweise zeigt, bewirkt das Haare- sträuben dagegen eine auffällige Vergrößerung seines Umrisses. Das ent- sprechende Drohgehaben des Menschen ist also offenbar altes Erbgut. Es wird jedoch nach örtlich verschiedenen Bräuchen modifiziert. Federkronen, Helmbüsche, eine bunte Tracht und dergleichen machen den Träger größer und auffälliger. Dazu lärmt man (Trommeln, Brüllen) und tanzt bisweilen. Ein sehr ähnliches Verhalten sehen wir jedoch bereits bei Schimpansen. Drohende Schimpansen schlagen gegen resonierende Objekte. Armstrong (1947) beschreibt, daß ein Schimpanse des Londoner Zoos sich durch Trom- meln gegen eine Blechtüre in Kampfstimmung versetzte und dann gegen die Zuschauer vorsprang. Beim Trommeln tanzte er einen „Kriegstanz‘“ mit einem komplizierten Rhythmus. Im Freien trommeln Schimpansen gegen hohle Bäume ihres Revieres und markieren so ihr Territorium (Grzimek, 1954). Da die ältesten Musikinstrumente des Menschen die lärmerzeugenden, nämlich Trommel und Rassel, sind, liegt es nahe, anzunehmen, daß sie ur- sprünglich auch die gleiche Aufgabe erfüllten, wie der Trommelbaum des Schimpansen, beider Verhalten also auf einer gemeinsamen ererbten Grund- lage basiert. Man könnte das Trommeln als formalisierte Intentionsbewegung des Zuschlagens und Angreifens auffassen. Hocherregt schlägt auch der Mit- teleuropäer auf den Tisch, wobei er sich meist in Angriffsintention erhebt („empört“). Auch das zornige Aufstampfen mit dem Fuß, das bereits. das Kleinkind zeigt, ist wohl nichts anderes als die formalisierte Intentions- bewegung, dem Gegner entgegenzutreten (vgl. S. 30).

Sehr verschieden sind die Demutsgebärden und Grußgebärden des Men- schen. Das Prinzip ist jedoch überall gleich. Man gibt auf irgendeine Weise seine friedliche Absicht und Ergebenheit kund. Man legt die Waffen ab, nimmt den Hut (früher den Helm) vom Kopf, demonstriert mit offenen Händen die Waffenlosigkeit oder präsentiert die Waffen. Daß man sich bei der demütigen „Unterwerfung“ verkleinert, ist so allgemein verbreitet (Ver- beugung, Kniefall oder Fußfall), daß hier wohl Angeborenes enthalten ist, wenn auch sehr stark von Erlerntem abgewandelt. Selbst in den höchsten menschlichen Ausdrucksleistungen (Sprache, Musik) ist es nachweisbar. So ist nach Koehler (1952) die Sprachmotorik angeboren. Auf eine Wurzel der Musik, das Trommeln, wiesen wir hin. Daß andere tiefe Töne, wie das

$*

36 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Grollen des Donners, so unmittelbar furchteinflößend wirken, rührt vielleicht daher, daß viele der großen Tiere, die für uns als Freßfeinde in Betracht kommen (Bär, Löwe), tiefe Stimmen haben. Man kann sie nachahmen und zum Drohen verwenden. Die ‚„zärtlichen‘“, „klagenden“ oder „schluchzenden“ Weisen dürften uns ebenfalls auf Grund besonderer angeborener Auslöse- mechanismen verständlich sein. Die Melodie in der Sprache drückt sehr deutlich die jeweilige Stimmung (Trauer, Zärtlichkeit, Furcht usw.) aus. Es scheint so, als würden manche Tonfolgen spezifische auslösende Reize für bestimmte Emotionen sein. Der Musiker verwendet diese Schlüsselreize in- tuitiv, um im Hörer die verschiedensten Gefühle zu erwecken. Damit sei nicht gesagt, daß er allein auf diese Attrappenwirkung hinziele. Sicher stellt dies jedoch die nach merkantilen Gesichtspunkten produzierte Unterhaltungs- musik in den Vordergrund. Aber auch die hohe Kunst ist keineswegs frei davon. Sie versteht es vielmehr durch das künstlerisch verschlüsselte Setzen der auslösenden Reize das Erleben zu steigern. Spannungen werden erzeugt und wieder aufgelöst und die Höhen und Tiefen des Gefühlslebens werden in einem Wechsel ausgesprochen, wie er im normalen Leben kaum erreicht wird. Und darin, in der Erlebnissteigerung, liegt wohl der besondere Reiz dieses kultivierten Genusses. Erst manche moderne Künstler glaubten sich davon lösen und ‚‚frei“ produzieren zu können. Ihre Kunst wurde aber damit auch „nichts-sagend‘“ in des Wortes wahrster Bedeutung, da sie nicht mehr

an unsere Gefühle apelliert. Summary:

Expression movements can derive their phylogenetic origin not only from instinctive movements but from practically all noticable phenomena accompanying certain internal states of excitation, provided they do so with sufficient regularity. As these types of expression may undergo similar diffe- rentiations as those derived from instinetive movements, it is necessary to distinguish between their original epiphenomenal state and their derived form. This differentiations always tend to increase the effect of the expression as signals. Frequently this is attained by the help of special morphological structures (development of a mane in regions where the hair is raised, development of scent glands and special behaviour patterns of territory marking with urine or feces, vascularisation of hairless body areas etc.). Accidental uncoordinated movements as trembling movements can give rise to new instinctive movements through the process of ritualisation. The tail shaking movement of many rodents is an example. The hissing sounds pro- duced in defensive threat by so many lung breathing vertebrates probably originated by a ritualised “mimic exaggeration‘ of breathing movements whose increase in depth and frequency is primarily an unritualised epiphe- nomenon of high excitation.

I. EIBL-EIBESFELDT, Ursprung von Ausdrucksbewegungen bei Säugetieren 37

Expression movements from displacement activities and autochthonous instinctive movements are also frequent in mammals. From the latter often intention movements (threatening posture in hamsters, etc.) but also whole instinct actions are ritualised e.g. flight in the prelude to copulation or social preening in greeting ceremonies. Infantile behaviour patterns often occur as expression movements during courtship, showing the readiness for social contact. In human gestures and mimic we find many inborn elements (Lorenz, Koehler, Ahrens). Even the highest human achievements as regard expression (speech and music) seem not to be totally free from it.

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 59

Altersbestimmung an einigen Muriden - Arten

Von Brigitte Hagen (Bonn).

Seit der intensiveren Beschäftigung mit Kleinsäugern besteht der Wunsch, das Alter der erbeuteten Tiere näher zu bestimmen. Aus einer Summe von Merkmalen konnte man das Alter vermuten, aber es blieb doch immer weitgehend der subjektiven Beurteilung des Einzelnen überlassen.

Es galt ein Merkmal zu finden, das vom Alter allein bestimmt wird, un- abhängig von anderen Einflüssen. Das stetige Wachstum der Epiphysen an den Schwanzwirbelenden scheint diese Voraussetzung zu erfüllen.

Angeregt durch das „Bone-age‘“ der wissenschaftlich arbeitenden Ärzte Amerikas verfolgte ich den Gedanken der langsamen Epiphysenverknöche- rung als Anhaltspunkt zunehmenden Alters. Im übrigen verweise ich auf die in den Bonner Zoologischen Beiträgen erschienene Arbeit: Eine neue Me- thode der Altersbestimmung von Kleinsäugern; durchgeführt an Microtus ' arvalis (Hagen, 1955). Bevor ich Ergänzungen zu dieser Veröffentlichung bringe, möchte ich noch einmal ganz kurz das Prinzip dieser Methode er- klären.

Die Schwanzwirbel der Kleinsäuger zeigen im durchscheinenden Licht deutlich die voneinander abgesetzten Knochen- und Knorpelanteile. Das Wachstum der Schwanzwirbel erfolgt wie das der anderen Wirbel, haupt- sächlich vom Knochenkern ausgehend. Zwischen zwei aneinander grenzenden Wirbelkörpern liegt die Zwischenwirbelscheibe (Abb.1). An der Grenze des mehr und mehr verknöchernden Wirbelkörpers und der knorpeligen Zwi- schenwirbelscheibe liegt die Epiphyse. Sie ist die Wachstumszone des Wir- belkörpers, und so lange der Wirbel wächst, bleibt sie knorpelig, um erst nach abgeschlossenem Wachstum zur Epiphysenlinie zu verknöchern. Das Wachstum des Wirbels erfolgt also im wesentlichen durch Streckung an seinen beiden Enden. Dickenwachstum des Wirbelkörpers und Knorpelwachs- tum der Zwischenwirbelscheibe sind zu minimal, um eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Knochenzone des Wirbels streckt sich also erheblich, während der Knorpelanteil nahezu gleich bleibt. Dadurch verschiebt sich das Verhältnis von Knorpel zu Knochen langsam aber stetig zu Gunsten des Knochenanteiles. So läßt sich das Alter des Tieres am Grad der Verknöche- rung ablesen: Man mißt die Länge des verknöcherten und die des knorpe- ligen Anteiles; das Verhältnis der beiden Werte ergibt die Altersdiagnose.

Um die Ungenauigkeiten beim Messen dieser relativ kleinen Werte zu verringern, werden immer zwei nebeneinander liegende Wirbel gemessen.

40 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

(Abb. 1). Der zu messende Knorpelanteil liegt zwischen diesen beiden Wir- beln. Er besteht aus der Zwischenwirbelscheibe wnd den sie umgebenden Epiphysen. Bei den kurzschwänzigen Wühlmäusen wurden der 8. und 9. Wir- bel gewählt, die vom Schwanzende aus zu zählen sind. Sie liegen bei den

Abb. 1. Achter und neunter Schwanzwirbel einer ca. 2 Monate (1) und einer ca. 12 Monate (2) alten Feldmaus. Ch = Chordarest, Z = Zwischenwirbelscheibe, E = Epi- physe, W = Wirbelkörper.

Feldmäusen ungefähr in der Mitte. Bei den Langschwanzmäusen sind die entsprechenden der 15. und 16. Wirbel. Am besten arbeitet man mit Lupe bei durchfallendem Licht. Bei jungen Tieren sind die Wachstumszonen breit und meist stark durchblutet. Bei ausgesprochen alten Tieren sind sie oft nur mehr als feine Striche zu erkennen.

Dividiert man nun die Länge beider Wirbelkörper durch die Länge des dazwischenliegenden Knorpelanteiles, so erhält man eine Verhältniszahl, die bei jungen Tieren sehr niedrig ist, mit zunehmendem Alter der Tiere aber ständig wächst.

Z.B.: Ein Tier mit 2 Monaten 5,5 mm :1,0mm= 5,5 mit 6 Monaten 5,2 mm :0,7mm= 7,4 | (Index) mit 9 Monaten 6,1 mm :0,6 mm = 10,1

An Hand eines Materials von über 300 Feldmäusen zeigt sich eindeutig, daß die absoluten Maße unwesentlich sind, andererseits aber, daß das Ver- hältnis von Knochen zu Knorpel dem Alter entsprechend festgelegt ist. Das- selbe gilt für Untersuchungen an Langschwanzmäusen. Abbildung 2 zeigt bei weißen Hausmäusen vergleichsweise die Durchschnittswerte von KR- Länge, Gewicht, Schädellänge und der Schwanzwirbel-Indices, und zwar jeweils von 10 Exemplaren pro Monat. Mit der punktförmigen Angabe der Einzelwerte wird die Streuung vom durchschnittlichen Schwanzwirbel-Index gekennzeichnet. KR und Gewicht weisen die übliche parabolische Wachs-

BRIGITTE HAGEN, Altersbestimmung an einigen Muriden-Arten 41

tumskurve auf, ebenso die Kurve der Schädellängenmaße. Mit dieser wird ein absolutes Knochenwachstum dem relativen Wachstumsverhältnis zwi- schen Knochen und Knorpel bei den Schwanzwirbeln gegenübergestellt. Die Kurve der Schädellängen nimmt zunächst bis ca. 4 Monate rasch zu, um mit 6 Monaten nach nurmehr geringem Wachstum dieses abzuschließen. Nach anfänglich guten Differenzierungsmöglichkeiten wird es später unmöglich, danach genauere Altersangaben zu machen. Der Index der Schwanzwirbel steigt dagegen langsam aber stetig an. Er zeigt also nicht die Tendenz der allgemeinen Wachstumskurven, sich zu Beginn durch schnellen Anstieg zu wölben, um dann auf annähernd gleicher Höhe zu bleiben, sondern bildet eine stetig ansteigenden Linie. So ergibt sich eine gleichmäßig fortlaufende Meßskala zur Bestimmung des Alters. Die absoluten Indexzahlen liegen hier etwas höher als bei den Feldmäusen, was vermutlich auf die absolut größe- ren Schwanzwirbel zurückzuführen ist.

KR Gew.

en gr 28 —14 . e 8%

umgenich 7

Schw Schäi ui oe: Ind: del | KR-Läng e %A—21 1025 R N 80-10 rt 78 —19 813 16 —13 til IH 1% 011 72-16 520 u + 70 —15 19 68 —14 318 . 66—13 jr 64-12 4=16 GM 0715 | | i ı 60-710

[e) | 5 6 7 8

ä 3 4 Alter in Monaten

Abb. 2. Durchschnittswerte von Kopfrumpf- und Schädellänge sowie Gewicht und Schwanzwirbel-Indices bei weißen Hausmäusen.

42 . . Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Schw|Zahrım. Gew.

Index „Gewicht A— 4,8 =. Peouaomsene 7 i8-

-4,% Ad v1 n-

N—1)

\n +

= Zahnw ri = 4 [2 m

3 Ts 78 179.921 8 3-94) 85-36" 87-88! 89-90! 91-92, Ig3. 94195 96 93-98 | 99-100) 101-102 Yyaz-1od1o5-10g! jr in

mm Ko pfru mpf -Länge NOmm ea. 1-2 Aa u-5 5-6 6-8 10-43 Monale

Abb. 3. Altersbestimmung von Rötelmäusen nach Zahnwurzellänge und Schwanzwirbel-Index.

Abbildung 3 zeigt den Versuch, Freilandtiere entsprechend zu unter- suchen. Dieser Aufstellung liegen 180 Rötelmäuse zugrunde, die bei Ersdorf, in der Nähe Bonns, im Laufe von ca. 2 Jahren gesammelt wurden. Außer den Maßen von Gewicht, KR- und Schädellänge wurde bei diesen Rötel- mäusen das Alter nach zwei Methoden bestimmt, einmal nach der Methode von Wasilewski (1952) nach der Zahnwurzellänge und das andere Mai nach dem Schwanzwirbelindex, der von den Feldmäusen übernommen wurde. Es zeigt sich zunächst, daß die beiden Methoden im großen und ganzen übereinstimmen, z. T. sich aber überschneiden oder von unterschiedlicher Ge- nauigkeit sind. Um sie miteinander vergleichen zu können, sind dieser Kurve die KR-Längen der Rötelmäuse zugrunde gelegt. Ich bin mir dabei bewußt, daß diese Zusammenstellung Mängel hat, weil z.T. Tiere in einer Gruppe zusammengefaßt werden, die altersmäßig auseinander liegen. Aber die Gewichte der Tiere schwanken zu sehr und die Schädellängenmaße verwischen sich mit zunehmendem Alter. Gewicht und Schädellänge zeigen die typische Wachstumskurve, allerdings nimmt das Gewicht auch später

BRIGITTE HAGEN, Altersbestimmung an einigen Muriden-Arten 43

noch ständig zu. Die Schwanzwirbelwerte verlaufen jedoch annähernd grad- linig, wenigstens bis zu 10, 11 Monaten, bzw. bis zu einer KR-Länge von 100 mm. Die Kurve der Zahnwurzellängen ist unausgeglichener. Am Anfang, wo die Wurzelbildung erst beginnt, erscheint die Kurve flach, die Alters- bestimmung dementsprechend etwas ungenau, zumal die Einstufung zum Teil in ziemlich großen Gruppen erfolgt, z.B. werden 4—8 Monate alte Tiere zusammengefaßt. In höherem Alter dagegen wird sie wesentlich ge- nauer, da das Wurzelwachstum nicht begrenzt ist. Im ganzen gesehen zeigt sich einerseits das kontinuierliche Ansteigen der Schwanzwirbel-Indices und andererseits das erst zögernde und dann aber rapide Zunehmen der Zahnwurzellängen. Bei Rötelmäusen können also jüngere und mittelalte Tiere, ungefähr bis zu 8 Monaten, altersmäßig ziemlich genau nach der Methode der Schwanzwirbel-Indices eingestuft werden, die alten Tiere je- doch besser nach der Methode der Zahnwurzellänge.

Knochen- und Knorpelanteil der Schwanzwirbel stehen also je nach dem Alter in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander. Durch Wachstum und Verknöcherung verschiebt sich dieses mit zunehmendem Alter zu Gunsten des Knochenanteiles. Durch diese gleichmäßig fortlaufende Ver- schiebung läßt sich das Alter des betreffenden Tieres auf 1 bis 2 Monate genau bestimmen.

Literatur:

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Ann. Univ. Mariae Curie-Sklodowska, Lublin, Sec. C, 8

44 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Das knorplige Nasenskelett einiger Säugergruppen

Von Rolf Keilbach (Greifswald)

Im Gegensatz zu den zahlreichen Arbeiten über das Primordialeranium der Säuger und einzelner seiner speziell interessierenden Anteile liegen über das Knorpelgerüst der Nase geborener Säuger nur sehr wenige Dar- stellungen vor. Von ihnen seien nur die von Spurgat, Freund, Sturm und im „Ellenberger-Baum“ genannt. Zur Ausfüllung dieser Lücke habe ich aus den Gruppen der Ungulata, der Carnivora und der Rodentia einzelne Vertreter daraufhin untersucht. Das Material verdanke ich dem Zoologischen Garten Halle über Vermittlung des Zoologischen Instituts der Universität Halle. Einige der Ergebnisse seien in Kürze vorgetragen.

Wie bekannt, ist die Nase am Primordialschädel der Säuger im sta- dium optimum als doppelläufiges kompaktes Knorpelrohr angelegt, welches später verschiedenartigen Um- und Rückbildungen unterworfen wird. Inner- halb der 3 von mir untersuchten Gruppen erweist sich der Knorpelanteil der Nase des geborenen Tieres am besten erhalten bei den Carnivora fissi- pedia. Insbesondere sind es hier die ausgesprochenen Schnüffler und Wüh- ler innerhalb der Arctoidea, welche großflächige, relativ geschlossene Na- senknorpelkapseln aufweisen. Von diesen bearbeitete ich Canis familiaris. Tremarctos thibetanus und Meles meles.

Ihre Nase weist eine Tendenz zur Rüsselbildung auf. Das äußert sich in einer starken Verlängerung der Knorpelnase über das Os ineisivum hin- aus nach oral, in der stets vorhandenen Verbreiterung des Oralrandes des Septum cartilagineum und in der Ausbildung eines großen Processus late- ralis ventralis. Die Folge der Nasenverlängerung ist ein guter Schutz der Dentition vor der Berührung mit dem beschnüffelten bzw. durchwühlten Substrat bei gleichzeitiger Annäherung der äußeren Nasenöffnungen an das- selbe. Die starken Knorpel der Nasenkuppel verhindern ein passives Zu- sammendrücken der vordersten Teile der Nasengänge. Im Gegensatz zu diesen der Nase eine gewisse Starrheit gebenden Bildungen steht eine ge- ringe Beweglichkeit des gesamten Knorpelrohres. Es fehlt ihm jegliche direkte feste Verankerung in Einschnitten des Os incisivum oder an der Apertura pyriformis. Es übernehmen hier bindegewebige Zwischenpartien die Verbindung mit dem Knochenschädel. Nur das Septum cartilagineum zieht in denselben hinein und sitzt den Ossa nasalia und der Vomerrinnme fest an. Aber auch das Knorpelseptum bildet keine Sperre, da es in der Gegend des oralen Endes der Ossa nasalia bis auf einen schmalen ventralen

ROLF KEILBACH, Das knorplige Nasenskelett einiger Säugergruppen 45

Knorpelstreif bindegewebig unterbrochen ist. Die Beweglichkeit der Arc- toidennase zeigt sich deutlich beim Wittern, Knochenbenagen und Fletschen der Zähne. Die gute Ausbildung der Nasenkapsel steht in direktem Zu- sammenhang mit der guten Ausbildung des flächigen Planum nasale, welches im Extrem beim Dachs geradezu eine Rüsselscheibe bildet, wenn auch je- derseits ein deutlicher Sulcus vorhanden ist.

Von den Herpestoidea bearbeitete ich nur einige Felidae, Felis leo. Felis tigris und Puma concolor. Was deren Nasenkapsel insbesondere von der der Arctoidea unterscheidet, ist der Mangel irgendeiner Verlängerung über das Incisivum hinaus. Die Nasenkapsel ist zwar auch relativ geschlossen, es fehlt aber die starke Betonung der Nasenkuppel. Die Processus alares superiores sind feine hammerförmige Gebilde im Gegensatz zu den flächen- haften bei den Arctoidea. Die Beweglichkeit der Nasenkapsel ist dadurch geringer, daß sie am aboralen Ende etwas in die Apertura pyriformis hin- einzieht und das Septum cutaneum nur sehr schmal, zum Teil durch dünnen Knorpel vertreten ist. Es fehlt allerdings auch hier nie, wenn es auch von Freund übersehen wurde. Es bildet ein gruppenkonstantes Merkmal der Carnivora.

Das Jacobsonsche Organ ist bei den Arctoidea und Herpestoidea von einer Cartilago paraseptalis eingeschlossen, welche in die Fissura pala- tina hineinzieht. Die Cartilago ductus nasopalatini aber zieht nur ein kurzes Stück in die Fissura palatina hinein, dann läuft der Ductus nasopalatinus frei neben dem Ausführgang des Jacobsonschen Organes her, welcher halb- seits von einer Knorpelhülle umgeben ist. Warum Freund die Cartilago paraseptalis der Felidae ebenfalls übersehen hat, ist schwer zu sagen, viel- leicht hat er die Knorpelanteile der Nase zu grob aus den Schädeln heraus- geschnitten.

Eine dritte Angabe Freunds, die zu Zweifeln Anlaß gab, konnte ebenfalls geklärt werden. Freund nahm für den von der Nasenkapsel getrennten Processus alaris superior bei T’halassarctos, Canis und Sus einen anderen Abgliederungsweg an als bei Felis, Bovis und Cervus. Dadurch wurde Sturm verleitet, bei Thalassarctos von Processus alares inferiores zu sprechen. Beide kannten den Primordialschädel von Canis jamiliaris nicht und haben nicht auf die Lage des Ductus nasolacrimalis geachtet. Aus der Arbeit Olmsteads von 1911 geht klar hervor, daß es sich beim Hund um einen Vorsprung des Pariesrandes ohne Zusammenhang mit dem Pro- cessus lateralis ventralis handelt. Im übrigen zieht bei den drei in Rede stehenden Arten der Ductus nasolacrimalis unterhalb des Processus alaris superior hindurch.

Die Nasenkapsel des einzigen von mir untersuchten Vertreters der Car- nivora pinnipedia, des Otariiden Zalophus californianus weicht völlig von der

46 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

der Carnivora Jissipedia ab. Zwar überragt das Septum cartilagineum oral das Os incisivum ebenfalls, und eine kleine Pars cutanea ist in dasselbe eingeschaltet. Die Nase ist aber fest in die knöcherne Schädelöffnung ein- gefügt, der Paries cartilagineus ist ganz schmal und ein knorpliger Nasen- bodenanteil fehlt überhaupt. Die Nase wird entsprechend auch nicht in der Art der Arctoidea benutzt. Es ist aber ein Verschluß der schmalen äußeren Nasenöffnungen besonders gut möglich, weil keine starreren Teile ihn be- hindern. Die Cartilago paraseptalis ist ausgebildet und beinhaltet im Gegen- satz zu Phoca ein Jacobsonsches Organ.

Unter den Ungulaten haben die Artiodactyla in der Familie der Suidae, wie aus Sturms Untersuchungen hervorgeht, eine Knorpelnase ausge- bildet, die stark an die der Carnivora fissipedia erinnert. In Übereinstim- mung damit gehört das Schwein ja ebenfalls zu den Wühlern und Schnüff- lern. Jedoch ist hier das Nasenrohr fest am Knochenschädel verankert, und die Pars cutanea im Septum fehlt.

Die Selenodontier zeigen alle möglichen Übergänge von einer suiden- artigen geschlossenen Nasenknorpelkapsel bis zu weitgehenden Rückbil- dungen. Der von mir untersuchte Bovide Bison americanus zeigt eine recht vollständige Knorpelnase mit deutlichen ventralen und dorsalen Cupu- laresten. Die Fenestra lateralis ist relativ klein und aboral geschlossen. Der kräftige Processus alaris superior ähnelt dem von Sus scrofa und den Felidae. Eine gut ausgebildete Cartilago paraseptalis enthält ein stark entwickeltes Organon jacobsoni, welches nahe der Papilla ineisiva im Ductus nasopala- tinus ausmündet. Dieser liegt in einem kompakten Knorpelschutz. Das von Sturm untersuchte Hausrind zeigt etwas stärkere Auflösungserscheinungen des Paries cartilagineus im Bereich der Fenestra lateralis, weist aber sonst gleichen Bau auf. Dementsprechend ist die Nase der Rinder stark, praktisch unbeweglich, ein Freilegen des Oberkiefers nur schwer möglich und bei der Ernährungsweise der Rinder auch nicht nötig. |

Bei Ovis aries tritt der dorsale Teil der Knorpelnase stark gegen den Bodenteil zurück, der mit dem Os incisivum ein ganzes Stück nach oral her- vorragt. Daraus ergibt sich ein fliehendes Nasenprofil ähnlich dem der Tylo- poden. Oral ist das Septum cartilagineum ein kurzes Stück häutig ver- längert. Ein Processus lateralis ventralis fehlt ganz. Der Paries ist aus sehr dünnem Knorpel gebildet, das Tectum cartilagineum nur schmal. Die äuße- ren Nasenlöcher liegen schräg nach lateral gerichtet. Die ganze Nase ist relativ weich.

Die Cervidennase weist im Gegensatz dazu wieder Anklänge an die Bo- vidae auf, mit Ausbildung einer Cupula und eines Processus lateralis ven- tralis. Der vordere Nasenteil macht einen etwas aufgeblasenen Eindruck.

ROLF KEILBACH, Das knorplige Nasenskelett einiger Säugergruppen 47

Den höchsten Grad der Rückbildung innerhalb der artiodactylen ‚Ungu- laten fand ich bei den T’ylopoda. Die Oralkante des Septum cartilagineum flieht stark von seiner Verankerung am Vorderrande des Os incisivum gegen das sehr schmale Tectum cartilagineum hin, der Paries ist überhaupt nicht verknorpelt, die Lamina transversalis anterior schmiegt sich eng dem Inci- sivum an und endet blind. Die Cartilago paraseptalis enthält ein gut ent- wickeltes Jacobsonsches Organ, welches beim Kamel im Meatus inferior am Beginn des Ductus nasopalatinus mündet. Der Ductus ist gegen die Mund- höhle verschlossen, obwohl seine Mündungsstellen auf der Papilla incisiva deutlich markiert sind. Bei Lama glama dagegen fand ich ihn offen. Infolge der geschilderten Ausbildung ist die Nase des Kamels sehr weich und wie auch die Lippen sehr beweglich, welche durch einen tiefen Mittelspalt ge- teilt sind. Die nach lateral gerichteten Nasenlöcher kann das Tier weit öff- nen und verschließen, der Nasenvorhof ist mit langen Haaren ausgekleidet. Hierdurch ist eine Schutzeinrichtung gegen das Eindringen von Staubteilen gebildet.

Die Perissodactyla zeigen die extremste Knorpelrückbildung. Das Pferd weist nach Ellenberger-Baum vom knorpligen Dach- und Wand- gerüst nur mehr Spuren auf. Die Nüstern werden von langen schmalen Processus alares superiores gestützt. Hier sind ja das Spiel der Nüstern und die Weichheit und Beweglichkeit der Schnauze bereits volkstümlich bekannt.

Unter den Rodentia wurden nur je ein Vertreter der Castoridae und der Capromyidae bearbeitet. Castor fiber und Myocastor coypus, die Nutria, zeigen eine gut ausgebildete Cupula, und breite Processus laterales der Nasenscheide- wand. Die ganze Nasenkapsel ist aber sehr kurz und schaut nicht über das Os ineisivum heraus. Die sehr starken Ossa nasalia machen die Ausbildung einer knöchernen Lamina perpendicularis überflüssig. Ein sehr kleines häuti- ges Fensterchen durchsetzt das Septum cartilagineum am Oralrand. Processus ' alares fehlen ganz. Die seitlich liegenden Nasenöffnungen sind verschließbar. Die Cartilago paraseptalis ist gut ausgebildet. Die Mündung des Jacobson- schen Organs liegt weit oral vom nach causal verlagerten, eines Knorpel- schutzes entbehrenden Ductus nasopalatinus.

Zusammenfassung

Bei der Betrachtung des Baues der Nasenknorpel einiger Säugergruppen zeigt sich der Zusammenhang zwischen Bau und Funktion der Teile sehr klar. Wenn auch die Ungulata, die Carnivora und die Rodentia viele gruppen- konstante Merkmale zeigen, so weisen doch die einzelnen Vertreter dieser drei Gruppen deutliche spezielle Abwandlungen der Nasenwurzel auf, die jeweils mit ihrer speziellen Lebensweise in Zusammenhang zu bringen sind.

45 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Literatur:

(Eingebundene Literaturangaben und Abbildungen siehe Keilbach 1953/54.)

Ellenberger-Baum. Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. Berlin 1943.

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Herzfeld, P. (1839). Über das Jacobsonsche Organ des Menschen und der Säugetiere. Zool. Jb. Anat. 3, 551—574.

Keilbach, R. (1953/54). Vergleichend—anatomische Studien über die Säuger-

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Olmstead, M., (1911). Das Primordialeranium des Hundes. Anat. Hefte 1, 130 (Bd. 43, H. 2), 335—375.

Spurgat, F., (1896). Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Nasen- und Schnauzenknorpel des Menschen und der Tiere. Morpholog. Arb. 5, 555—612.

Sturm, H. (1937). Die Entwicklung des präcerebralen Nasenskeletts beim

Schwein und beim Rind. Z. wiss. Zool. 149, 161—220.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 49

Temperaturschwankungen bei niederen Säugetieren

Von M. Eisentraut (Stuttgart)

Die Warmblütigkeit der Vögel und Säugetiere wird durch drei Entwick- lungsfortschritte bestimmt. Diese sind:

1. erhöhter Stoffwechsel und damit vermehrte Wärmeproduktion,

2. verbesserte Wärmeisolierung und damit Verminderung der Wärmeabgabe,

3. regulatorische Einrichtungen, die beide, Wärmeproduktion und Wärme- abgabe, in einem bestimmten Gleichgewicht halten.

Es hat sich jedoch gezeigt, daß besonders die Säugetiere sehr verschie- den hohe Entwicklungsstufen der Warmblütigkeit erreicht haben. Ihre Körpertemperatur ist mitunter sehr erheblichen Schwankungen unterworfen. Bei der Definition des Begriffes „Homoiothermie‘“ sollte daher weniger Wert auf die Konstanz der Körperwärme gelegt werden, als vielmehr darauf, daß die Vertreter überhaupt fähig sind, weitgehend unabhängig von der Umge- bungstemperatur eine Eigenwärme zu erzeugen und bis zu einem gewissen Grad zu erhalten. Je nach der Höhe des Entwicklungszustandes sprechen wir von höheren und niederen Warmblütern. Es entspricht den Erwartungen, daß wir die letztgenannten besonders unter den phylogenetisch alten Säuge- tieren finden.

Auch bei den höheren Warmblütern gibt es keine absolute Konstanz, meist sinkt die Körpertemperatur während des Ruheschlafes etwas ab. Beim Menschen z.B. variiert sie (rektal) von etwa 36,7° (am frühen Morgen) bis 37,5° (am späten Nachmittag). Hoch entwickelte Warmblüter sind zweifellos die Carnivoren und Huftiere. Folgende Angaben über die Schwankungsbreite der Körpertemperatur seien erwähnt:

Hund, Katze = 37,5 39,5°

Schwein 30 —. Pferd, Rind = 37,5 38,90 Ziege 37,8 40°

Unter der stark aufgespaltenen Gruppe der Nager finden sich entspre- chende Vertreter:

Kaninchen 38,9 39,50 Ratte 37,3 38,6°.

Wir können feststellen, daß sich die höheren Warmblüter durch relativ geringe Schwankungsbreite und ferner durch hohe Durchschnittswerte ihrer Körpertemperatur auszeichnen. Diese liegen im allgemeinen über 36°. Da- gegen finden wir bei den niederen Warmblütern mit ihrem primitiveren

4

0 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Wärmehaushalt gewöhnlich Durchschnittswerte unter 36° und ferner meist eine sehr hohe Schwankungsbreite, die in Abhängigkeit vom Aktivitätszu- stand und von der Höhe der Umgebungstemperatur stehen kann. Bei man- chen von ihnen kann es zu einem Absinken der Körperwärme unter die Aktivitätsschwelle und damit zum Eintritt einer Lethargie kommen.

Es erscheint hier notwendig, die einzelnen Temperaturbereiche kurz zu umgrenzen. Der Aktivitätsbereich umfaßt die Temperaturen, die ein Tier während des Wachzustandes und während des Ruheschlafes zeigt. Innerhalb dieses euthermischen Bereichs unterscheiden wir daher die agilen und die somnalen Temperaturen. Sinkt die Körperwärme unter die untere Grenze des Aktivitätsbereiches, unterschreitet sie also die Aktivitätsschwelle, so ge- langt sie in den hypothermischen Bereich der Lethargie. Entsprechend kön- nen wir beim Überschreiten der oberen Grenze der Aktivitätstemperatur von einem hyperthermischen Bereich sprechen.

In Tabelle 1 sind ältere Beobachtungen über Körpertemperaturen bei niederen Säugetieren zusammengestellt, die bei weiteren Untersuchungen noch manche Ergänzungen und Berichtigungen erfahren dürften.

Tabelle 1: Ältere Beobachtungen über Körpertemperaturen bei niederen Säugetieren.

Körpertemperatur

Sl ee Bee land re Durchschn. | Bee { uns Ornithorhynchus (2 248). um 3,90 Sutherland, Martin Tachyglossus 29,4 22,0— 31,4 Sutherland, Martin

| 30—33 Wardlaw

27,06—37,1 Martin

26,5 34,2 Semon Phascolomys 34,1 Sutherland Petaurus 3 Sutherland Phascolarctus 35,2 33.0- 368 Sutherland Dasyurus 36,0 Sutherland Petrogale 39,9 Sutherland Bradypus tridactylus 31,8 28,4—34,6 Eisentraut Tolypeutes conurus 32,0 27,0— 40,0 Eisentraut Zeedius minutus 30,6—33,8 Eisentraut Cabassus unicinctus 28,5 33,0 Eisentraut Dasypus villosus 32,3—34,7 Eisentraut Tatus novemeinctus 34.4 33,0—35,4 Ozorio u. Branca

Die Chiropteren nehmen unter den niederen Warmblütern eine extreme Stellung ein. Bei ihnen schwankt die Körpertemperatur in sehr hohem Maße, und es kann beim Eintritt des normalen Ruheschlafs zu einem Sinken der Körperwärme unter die Aktivitätsschwelle und zum Eintritt einer Lethargie kommen, die ich als Tagesschlaflethargie bezeichnet habe. Untersuchungen

M. EISENTRAUT, Temperaturschwankungen bei niederen Säugetieren 51

an tropischen Chiropteren haben erneut ergeben, daß auch sie eine normal auftretende Tagesschlaflethargie zeigen können. Zweifellos aber geht Kay- ser zu weit in seiner Annahme, wenn er die Chiropteren als poikilotherm bezeichnet. Denn auch eine im Tagesschlaf stark abgekühlte Fledermaus kann jederzeit von innen heraus durch Erhöhung des Stoffwechsels ihre Kör- perwärme ansteigen lassen und zum Wachzustand übergehen, was ein Poi- kilothermer nicht vermag. Allerdings haben meine Beobachtungen in Kame- run gezeigt, daß hungernde Fledermäuse allmählich die Fähigkeit der Wie- dererwärmung verlieren.

Tab. 2 bringt weitere Angaben über niedere Warmblüter, deren Körper- temperatur zu untersuchen ich in den letzten Jahren Gelegenheit hatte.

Tabelle 2: Neuere Beobachtungen über Körpertemperaturen bei niederen Säugetieren.

Körpertemperatur

Art ech un Bemerkungen Marmosa cinerea 34,76 29,3—37,8 stark abhängig vom Aktivitätszustand Hemiechinus auritus 34,7 33,4— 36,4 empfindlich gegen kühle Umgebungs-

temperatur. Lethargie auch im Som-

mer möglich

Paraöchinus aethiopicusl 34,9 31,2— 36,2 abhängig von Nahrungszufuhr und Umgebungstemperatur, Lethargie

auch im Sommer möglich

Centeies ecaudatus 28,44 | 24,1—34,8 abhängig vom Aktivitätszustand und von der Umgebungstemperatur

Manis tricuspis 33,3 aD 33.2

Perodicticus poito 33T 3273982

Nyeticebus coucang (34,1) 28,4— 36,6 wahrscheinlich abhängig von der

Umgebungstemperatur

Dazu ist noch folgendes zu bemerken: bei Marmosa cinerea wurden die extrem hohen Werte nur bei intensiver Aktivität erreicht und umgekehrt die extrem tiefen Werte nach langdauerndem Ruheschlaf. Bei den Igeln dürfte das Auftreten tiefer Körpertemperaturen auch damit zusammen- hängen, daß das Stachelkleid nur einen geringen Wärmeschutz gewährt. Sehr auffallend sind die niedrigen Aktivitätstemperaturen bei dem madagas- sischen Borstenigel, der bei einer Körperwärme von nur 24—25° durchaus aktiv und fähig ist, ungehindert von seinen Körperfunktionen Gebrauch zu machen. Bei tiefen Umgebungstemperaturen kann die Aktivitätsschwelle un- terschritten werden und der Zustand einer Leihargie eintreten. Die Unter- suchungen an Halbaffen bedürfen noch der Ergänzung.

Zu den niederen Warmblütern müssen wir zweifellos auch die Winter- schläfer rechnen. Als Beispiel für die hohe Schwankungsbreite der Körper- wärme einiger Vertreter im Aktivitätszustand erwähne ich:

4”

52 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Erinaceus europaeus 31,1— 36,70 Citellus tridecemlineatus 32—41° (30—39) Cricetus cricetus 32,9 39,90 Muscardinus avellanarius : 31— 38°

Es ist bemerkenswert, daß bisher keine sicheren Angaben über Winter- schlaf bei höheren Warmblütern (z. B. Carnivoren) vorliegen. Offenbar kann ihr Körper überhaupt nur eine geringe Abkühlung ertragen. Bei provozierter Hypothermie kommt es schon sehr bald zu Nervenblockierungen (Hemmung des Atemzentrums, Störung der Herztätigkeit), wie die mit einem letalen Ausgang endigenden Abkühlungsversuche zeigen. Ein Ertragen tiefer Körper- temperaturen ist offenbar nur bei niederen Warmblütern möglich.

Die Begriffe ‚„Eurythermie“ und „Stenothermie“ sind bisher im wesent- lichen in ökologischem Sinne gebraucht. Wir können sie aber bis zu einem gewissen Grad auch in physiologischem Sinne anwenden: Die niederen Warmblüter mit einer weiten Schwankungsbreite ihrer Körpertemperatur und der Fähigkeit, tiefe Temperaturen zu ertragen, können wir als physio- logisch eurytherm ansehen, wohingegen sich die höheren Warmblüter durch physiologische Stenothermie auszeichnen.

Literatur:

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Eisentraut, M., (1932). Biologische Studien im bolivianischen Chaco. IV. Die

Wärmeregulation beim Kugelgürteltier (Tolypeutes conurus Js. Geoffr.), Z. vergl. Physiol. 16, 174—1585. | Eisentraut, M., (1934). Der Winterschlaf der Fledermäuse mit besonderer Berücksichtigung der Wärmeregulation. Z. Morph. Okol. 29, 231—267. Eisentraut, M., (1952). Contribution a l’e&tude biologique de Paraöchinus aethiopicus (Ehrenb.). Mammalia 16, 232—252. Eisentraut, M., (1956). Körpertemperaturen bei tropischen Fledermäusen und Schuppentieren. Säugetierkundliche Mitteilungen 4, 64—67. Eisentraut, M., (1955). A propos de la temperature de quelques Mammi-

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 53

Zur deutschsprachigen Nomenklatur der Säuger

Von Hans-Albrecht Freye (Halle)

Müller-Using und Haltenorth haben 1954 in den „Säugetier- kundlichen Mitteilungen“ auf der Basis der Simpsonschen Klassifikation (1945) für die rezenten 22 Unter- und 10 Teilordnungen sowie für die 52 Überfamilien und 118 Familien deutsche Namen vorgeschlagen und zur Dis- kussion gestellt. Wir haben daraufhin in Halle in Gemeinschaftsarbeit zum gleichen Thema ebenfalls Vorschläge unterbreitet (Eble, Freye, Kämpfe, Kittel, Klapperstück 1954). Wir wollten dabei nicht nur die aus zeitbedingten Schwierigkeiten bei uns schwer greifbare Arbeit von Müller- Using und Haltenorth einem größeren Kreis Interessierter zugängig machen, sondern auch zu den aufgeworfenen Fragen konstruktive Vorschläge bringen, da wir im Grundsätzlichen mit Müller-Using und Halten- orth übereinstimmen. Da des weiteren auch Gaffrey (1955) zur deutsch- sprachigen Nomenklatur Vorschläge unterbreitete, wurde dieser Fragen- komplex auf die Tagesordnung der Juni-Sitzung (VI, 1955) unserer Gesell- schaft gesetzt. In Berlin verlief die Diskussion darüber ohne rechtes Ergeb- nis, und es wurde weit weniger darüber gesprochen, welche Vorschläge zu machen sind, als vielmehr ob man sich überhaupt die Köpfe darüber zer- brechen sollte.

Nun glaube ich aber, daß man über dieses Thema nicht einfach mit einer Handbewegung hinweggehen kann. In den letzten Jahren hat es sich in zunehmendem Maße erwiesen, daß die Belange allgemein der Biologie (und in ihr mehr der Zoologie als der Botanik) einer größeren Aufmerksam- keit im öffentlichen Leben bedürfen. Es geht hierbei m. E. nicht um neben- sächliche Fragen, sondern letztlich um die Lebensfragen unserer Disziplin schlechthin. Innerhalb der Naturwissenschaften steht heute sowohl die Un- terstützung der biologischen Forschung als auch bedauerlicherweise das Un- terrichtsfach Biologie auf der schulischen Stundentafel zumeist an letzter Stelle. Die Einschätzung der Biologie als Wissenschaft ist in der Offentlich- keit einer gewissen Krise unterworfen. Das war auch im wesentlichen wohl die Ursache zur Gründung des Verbandes Deutscher Biologen im Jahre 1954 im Anschluß an die Versammlung der Gesellschaft Deutscher Natur- forscher und Ärzte im September in Freiburg. Zugegebenermaßen sind die anderen naturwissenschaftlichen Fächer der Biologie insofern voraus, als etwa die Physik oder die Chemie über das rein beschreibende Stadium längst hinaus sind. Obwohl die Biologie sich erst im Übergang zum experimentellen Stadium (trotz einiger hervorragender Erfolge auf experimentellem Gebiet)

54 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

befindet, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie heute um so mehr eine zentrale Stellung sowohl innerhalb der Naturwissenschaften als auch zur sogenannten Geisteswissenschaft einnimmt. Um das zu unterstrei- chen, ist es neben vielem anderem aber erforderlich, daß wir den bisherigen Ergebnissen der Biologie das notwendige Gesicht geben. Und dazu gehört auch die Systematik. Wenn das auch in der Mammologie durch das Simp- sonsche Werk in hervorragendem Maße geschehen ist mag man sich dazu persönlich stellen, wie man will —, so müssen doch zur notwendigen Verbreitung die Grundgedanken jenes Systems in der deutschen Sprache ihren Eingang finden. Wir kommen dabei um eine deutschsprachige Nomen- klatur der Säuger nicht herum.

Wenn man an die Flut der populärwissenschaftlichen Veröffentlichun- gen, an den Unterricht in den Volkshochschulen, an die Gestaltung der Schul- bücher, die Beschilderung der Tiergärten- und Zoogehege, die museale Be- schriftung und nicht zuletzt an den Schulunterricht in den gemeinbildenden Schulen denkt, dann muß uns allein aus pädagogischen Gründen das Pro- blem einer deutschsprachigen Nomenklatur beschäftigen. Durch den Rückgang der humanistischen Bildung und durch die Tatsache, daß viele unserer heuti- gen Studenten nicht einmal des Lateinischen mächtig sind, ist das auch gleich- zeitig ein Problem an unseren Hochschulen. Sowohl in den Vorlesungen als auch in den Lehrbüchern werden zumindest für die jungen Semester die deut- schen Namen angewendet werden müssen.

Früher galt es als selbstverständlich, daß die Fachgelehrten und Wissen- schaftler ihre Probleme in aller Stille erst einmal ausreifen ließen, ehe die Ergebnisse des Erarbeiteten der Fachpresse übergeben wurden; und danach erst wurde die breite Öffentlichkeit informiert. Heute ist das nicht mehr ganz so, denn die Tagespresse und populärwissenschaftlichen Zeitschriften versorgen die breiten Volksmassen in ziemlich vorlauter Weise mit halbferti- gen, geplanten oder erst zu erwartenden Fortschritten der wissenschaft- lichen Untersuchungen und ergehen sich in einer Art technischer Prophetie und Glücksverheißung, wie das Paul Walden in seiner Arbeit „De docta ignorantia“ (1955) einmal genannt hat. Da die mammologische Systematik schon seit 50 Jahren, seit dem Erscheinen von ‚„Brehms Tierleben‘“, populär- wissenschaftlich geboten wird und seitdem immer und immer wieder mehr oder minder gut kopiert wurde, können wir heute die Ergebnisse der syste- matischen Studien nicht erst in aller Stille ausreifen lassen, sondern müssen sie angesichts des Zurückbleibens und des:erheblichen Durcheinanders in den volkstümlichen Schriftenreihen, Schulbüchern usw. in moderner Form den heutigen Erkenntnissen gemäß verbreiten. Wie schon Müller- Using und Haltenorth betonten, sollten deshalb die Fachgenossen eine Mit- arbeit außerhalb der engen Zirkel nicht ablehnen. Sie sollten vielmehr um die Verwendung ihrer Erkenntnisse besonders in den Schulbüchern besorgt

HANS-ALBRECHT -FREYE, Zur deutschsprachigen Nomenklatur der Säuger 55

sein und sich um die allgemeinverständliche Darstellung kümmern. Das so etwas möglich ist und zu brauchbaren Resultaten führt, haben uns die Che- miker, Physiker oder die Historiker gezeigt. Aber auch innerhalb der Zoologie haben das zum größten Teil die Ornithologen geschafft, und momentan sind gerade die Libellenspezialisten dabei, in Gemeinschaftsarbeit zwischen Ost und West für die 78 Arten der heimischen Libellen neue Namen zu prägen, um der heranwachsenden Jugend ein Gerüst zu geben und ihre Sammlungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Wie sieht es im mammbologischen Schrifttum mit der deutschen Benen- nung aus? Ich habe mir die Mühe gemacht und einmal im Hinblick auf die deutschsprachige Nomenklatur diejenige säugetierkundliche Literatur mitein- ander verglichen und sie einer kritischen Durchsicht unterzogen, die einer- seits den interessierten Laien, Liebhabern, Lehrern, Studenten zugänglich ist, aber auch andererseits von den Fachleuten mit herangezogen wird. Es wur- den im einzelnen folgende Werke benutzt: „Brehms Tierleben“, 4. Aufl. (1912), „Brehms Tierleben‘“ in 4 Bänden, herausgegeben von Rammner (1952), Krumbiegel „Biologie der Säuger“, Band 1 (1954), Krumbie- gel ,,Mammalia. Säugetiere“ in P. Schulze Biologie der Tiere Deutsch- lands (1930/31), Brohmer, Ehrmann, Ulmer „Die Tierwelt Mittel- europas“, Band VII Wirbeltiere (1929), Kosmos-Lexikon, Band 1 (1953), Schmeil „Lehrbuch der Zoologie“ (1950), Baumann „Säugetiere der Schweiz‘ (1949) und Schulbuch, herausgegeben vom Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut (DPZI 1955).

Auffallend ist die willkürliche und keineswegs übereinstimmende Benen- nung der einzelnen systematischen Kategorien. Im großen Brehm wird z. B. für die Familien der Zrinaceidae, Soricidae, Talpidae, Pteropidae, Spalaceidae, Leporidae von Igelartigen, Spitzmausartigen, Maulwurfartigen, Flughunde- artigen, Blindmausartigen im engeren Sinne, Hasen im weiteren Sinne usw. gesprochen. Diese Erscheinung findet man in allen Auflagen des Brehm, im alten und neuen Krumbiegel, im großen Brohmer, im Kosmos- Lexikon und vielen anderen mehr. Leider herrscht dabei aber in den einzel- nen Werken keineswegs Übereinstimmung.

Oder wem hilft es z.B., wenn für die Familie der Phalangeridae im Krumbiegel 1931 die deutsche Bezeichnung ‚„Kusus“, in Krumbiegel 1954 „Phalanger“, im großen Brohmer ‚‚Rüsselbeutler“ und bei Mül- ler-Using und Haltenorth ‚„Kletterbeutler“ angegeben wird? Für die Maerosceli(di)dae bringt Krumbiegel 1931 die deutsche Benennung „Springrüßler“, 1954 dagegen ‚„Rohrrüßler“, Müller-Using und Hal- tenorth sprechen von „Rüsselspringern“. Für die Familie der Megaderma- tidae findet man im Krumbiegel 1954 die Übersetzung „Ziernasen“, im Kosmos-Lexikon dagegen „Großohren“ und bei Müller-Using und Hal- tenorth „Klaffmäuler“. Für die Familie der Noctilionidae wird im großen

96 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Brehm und Krumbiegel 1931 „Hasenmaulflatterer“, im Krumbie- gel 1954 dagegen „Hasenmausflatterer‘“ (Druckfehler?) und bei Müller- Using und Haltenorth ‚Hasenmäuler‘“ verwendet. Ähnliche Beispiele findet man in der Ordnung der Primates. Für die Familie Lemuridae werden im großen Brohmer 1929 „Makiartige“, im Krumbiegel 1954 „Makis“, im Schulbuch des DPZI ‚„Fuchsaffen“, von Müller-Using und Halten- orth „Lemuren“ als deutschsprachige Benennungen verwendet. Die Cerco- pithecidae sind in der Mehrzahl der benutzten Werke mit „Meerkatzen- artige“, im Schmeil 1950 mit „Hundsaffen“, von Müller-Using und Haltenorth mit „Tieraffen“ übersetzt. Die Spalacidae sind im großen Brehm als „Blindmausartige im engeren Sinne“, in Krumbiegel 1931 als „Blindmäuse“ und 1954 als „Blindgräber“ bezeichnet. Die Capromyidae werden einmal „Hasenmäuse“ (Krumbiegel 1931), ein andermal „Baum- ratten‘“ (ders. 1954) und schließlich auch „Ferkelratten“ (Müller-Using und Haltenorth) genannt. Diese vergleichsweisen Aufzählungen könnte man beliebig fortsetzen, immer wieder stößt man auf ein heilloses Durch- einander.

Daraus ergibt sich m.E. die notwendige Folgerung, endlich einmal die deutschsprachige Nomenklatur zu vereinheitlichen und den modernen Ge- gebenheiten der systematischen Erkenntnis anzupassen. Um eine solche grö- ßere Straffung durchführen zu können, sollte man bemüht sein, die systema- tischen Kategorien einheitlich zu bezeichnen. Müller-Using und Hal- tenorth schlugen vor, die Überfamilien mit -artige zu übersetzen. Für die Familien glauben wir, die Endung -tiere (wenn auch nicht dogmatisch!) ein- führen zu können. Für die Unterordnung könnte man evtl. -verwandte be- nutzen. Diese Vorschläge sollte man natürlich nur sinnvoll, ohne Vergewalti- gung der deutschen Sprache anwenden.

Dabei erhebt sich aber die Frage, ob man überhaupt berechtigt ist, solche Eingriffe in die deutsche Sprache vorzunehmen. Auf der Juni-Sitzung in Ber- lin wurde mehrfach darauf hingewiesen, daß ja schon die Versuche von Pohle (1941), „Fleder“ und ‚Spitzer‘ für Fledermäuse und Spitzmäuse einzuführen, vor 15 Jahren gescheitert sind. Dazu ist zu sagen, daß dieser Versuch damals scheitern mußte, weil hier Buchnamen eingeführt werden sollten für Namen von Tieren, die schon jahrhundertelang im Volksmund verankert sind. Die Namen der einzelnen Arten zu verändern, ist überhaupt viel schwieriger. Das einzelne Tier hat im Volksmund als Ausdruck der Naturbeobachtung und Naturverbundenheit des früheren Menschen eine Fülle ganz bestimmter Namen bekommen, die geographisch, völkisch, soziologisch und auch mythologisch verwurzelt sind. Das Wörterbuch der deutschen Tier- namen, das 1948 unter der Leitung von Prof. W. Wissmann ins Leben gerufen worden ist (vgl. Nitsche, 1954), verzeichnet z. B. über 2000 volks- tümliche Namen für Libelle, über 1000 deutsche Elsternamen und nicht viel

HANS-ALBRECHT FREYE, Zur deutschsprachigen Nomenklatur der Säuger 57

weniger, häufig allerdings tabuierte, z.B. vom Wiesel, Bär oder Wolf. Aber durch die Verstädterung, die Naturentfremdung des modernen Menschen, die Schule und nicht zuletzt durch die Literatur verschwinden die volks- tümlichen Namen immer mehr und müssen den Einheitsnamen Platz machen. Angesichts dieser Tendenz gehen in allerjüngster Zeit die Versuche der Lepidopterologen noch viel weiter als die von Pohle seinerzeit. Sie wollen für den Großen Fuchs z.B. „Ulmenparkland-Prachtfalter“, für den Zitronenfalter „Waldheiden-Eckflügel-Gelbling“ und für den Schwalben- schwanz „Doldenkräutertrockenrasen-Schwanzfalter“ setzen und damit gleich möglichst viel über das Vorkommen und die Lebensgewohnheiten der betref- fenden Arten aussagen.

Wir wollen in unseren heutigen Vorschlägen ja gar nicht solche Wort- ungeheuer bilden und volkstümlich entstandene Namen ändern. Wir wollen nur Namen, die von vornherein zum größten Teil Buchnamen waren, systematisch abstrakte Begriffe, vereinheitlichen, dem modernen Stand an- passen und damit unserer heranwachsenden Jugend und den interessierten Laien das Eindringen in die notwendige Teildisziplin der Systematik er- le:chtern.

Nomina sunt odiosa Namen erregen Ärgernis! Aber sie sind in der Nomenklatur das einzige Mittel der Verständigung!

Literatur:

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Brohmer, P,Ehrmann,P., Ulmer, G., 1929. Die Tierwelt Mitteleuropas, Bd. VII Wirbeltiere. Quelle & Meyer, Leipzig.

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Krumbiegel, I., 1954. Biologie der Säuger. Band 1. Agis-Verlag, Krefeld.

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Rammner, W., 1952. Brehms Tierleben in 4 Bänden, 2. Aufl., 4 Band Säugetiere. Leipzig.

Schmeil, O., 1950. Lehrbuch der Zoologie. Quelle & Meyer, Heidelberg.

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Kosmos Lexikon, 1. Band, Stuttgart 1953.

98 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. .21, 1956

Zur Biologie der Nordischen Wuhlmaus

(Mierotus oeconomus stimmingi Nehring)

(Aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Institut für Grünlandfragen, Oldenburg i. O., und der Säugetier-Abteilung des Zoologischen Museums der Humboldt-Universität zu Berlin)

Von Fritz Frank und Klaus Zimmermann

(Hierzu Abb. 1 bis 9 auf Tafel V\

A. Einführung.

Nomenklatur: Ognev hat 1950 gezeigt, daß die Nordischen Wühl- mäuse von Weliki Ustjug im Dwina-Gebiet, der terra typica der ssp. ratticeps (Keys.etBlas.), ebenso wie die skandinavischen größer sind als die mittel- europäischen. Weiter ergab ein Vergleich ausreichender niederländischer und norddeutscher Serien Färbungsunterschiede. Die niederländischen ssp. arenicola De Selys Longehamps 1841 sind heller, Tiere mit schwärzlich verdunkeltem Rücken sind seltener als in Deutschland. Somit be- hält die Unterart Norddeutschlands den Namen stimmingi Nehring, 1899. Ihr Areal erstreckt sich von der Elbe kis ins Wolga-Gebiet.

Artmerkmale: Unter den vier einheimischen Vertretern der Gattung Mierotus ist die Nordische Wühlmaus mit Schneemaus (M. nivalis) und Feld- maus (M. arvalis) nicht zu verwechseln: größer als Feldmaus, kleiner als Schneemaus ist sie gegenüber beiden durch ihr ausgesprochen dunkelbraunes Haarkleid gekennzeichnet. Dagegen kann die Unterscheidung zwischen Erd- maus (M.agrestis) und Nordischer Wühlmaus nach äußeren Merkmalen schwierig sein; die Körperlänge alter Nordischer wird auch von mitteleuro- päischen Erdmäusen erreicht, die Färbung beider Arten, ein Gemisch von Rostbraun und Schwarzbraun, kann identisch sein. Der Kenner vermag sie aber auch dann wenigstens im lebenden oder frischtoten Zustand leicht auseinanderzuhalten, da die Erdmaus das Haar lockerer trägt und meist „stichelhaarig‘ wirkt, während das Fell der Nordischen glatter getragen wird und bei gesunden Tieren hochgradigen Fettglanz zeigt, den die Erdmaus iu diesem Ausmaß niemals erreicht. In Zweifelsfällen ist die Schwanzlänge das beste äußere Unterscheidungsmerkmal: bei der Erdmaus beträgt sie etwa 30, bei der Nordischen Wühlmaus 40—45 Prozent der Körperlänge (Abb. 9). Ferner lassen sich beide Arten an der Stimme unterscheiden, obwohl der Klangcharakter recht ähnlich ist: die Nordische läßt als Drohruf gequetscht klingende Einzelrufe (etwa „tschet“, Vokal kurz, ein- bis zweisilbig) hören,

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die Erdmaus dagegen eine ausgesprochene Zeterreihe (etwa „zeckzeckzeck- zeckzeck“, Vokal kurz).

Biotop: Die typischen Lebensräume unserer vier Microtus- Arten sind in kurzer Kennzeichnung: Schneemaus: steinige Almen und Felshänge im Hochgebirge; Feldmaus: offenes Gelände (Kultursteppe und Wiesen); Erd- maus: Gelände mit dichtem Pflanzenwuchs, besonders Wildgrasdschungel, in Westdeutschland gerne an relativ feuchten Standorten, im Osten dagegen keine besonderen Ansprüche an Bodenfeuchtigkeit; Nordische Wühlmaus: feuchter Boden, keine besonderen Ansprüche an die Dichte der Pflanzen- decke. Gemischte Siedlungen verschiedener Microtus-Arten sind nicht be- kannt, Kontaktzonen zwischen Nordischer Wühlmaus und Feldmaus ergeben sich in Brandenburg auf feuchten Wiesen, zwischen Nordischer Wühlmaus und Erdmaus an Waldmooren.

Haltung: Die Vorliebe der Nordischen Wühlmaus für Wasser ist auch in Gefangenschaft zu berücksichtigen. Sie planscht gern im flachen Wasser herum, selbst in engen Wasserbehältern taucht sie, Kopf voran, unter. Im übrigen machen Haltung und Zucht keine Schwierigkeiten. Zweckmäßig ist ein Bodenbelag von Torfstreu mit Grassoden oder Moos darüber. Das Futter soll vorwiegend aus frischen Pflanzen (Gras, Klee, Löwenzahn, Salat usw.) bestehen, im Winter aus Mohrrüben und Kartoffeln, auch Kohl. Hafer, für Jungtiere Haferflocken, soll nicht zu reichlich gegeben werden, sonst ist Verfettung und manchmal sogar Unfruchtbarkeit die Folge. Äpfel sind, wie für alle Wühlmäuse, bevorzugte Leckerbissen; mit ihrem Duft kann man die Tiere jederzeit aus dem Nest hervorlocken. Bei liebevoller Behandlung werden Nordische Wühlmäuse sehr zahm und verlieren jede Scheu vor der mensch- lichen Hand. Überhaupt zeichnen sie sich durch ruhiges Wesen aus, besonders im Vergleich mit den leicht erregbaren, bissigen Feldmäusen.

Tiermaterial: Die Ausgangstiere unserer Zuchten stammen zum Teil aus der Umgegend von Potsdam-Rehbrücke, für Beschaffung von Tieren aus der Gegend Fürstenwalde/Spree danken wir Georg Stein. Insgesamt haben wir über 500 Nordische Wühlmäuse lebend gehalten. Von den 105 Würfen mit 454 Jungen wurden 20 genau durchbeobachtet.

B. Lebens- und Verhaltensweisen. 1. Allgemeines.

Die Nordische Wühlmaus zeigt dieselbe Aktivitätsrhythmik wie die an- deren Microtus-Arten, d.h. kurze, im Nest verbrachte Ruhephasen und kurze, mit Sich-Lösen, Fressen und Putzen ausgefüllte Aktivitätsphasen. Bei gestei- gerter Aktivität vor und bei Einbruch der Abenddämmerung besteht im übri- gen keine Bevorzugung von Tages- oder Nacht-Stunden. In der Gefangen- schaft stellen sich die Tiere schnell auf festliegende Fütterungszeiten ein und erwarten den Pfleger.

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Die Fortbewegung der Nordischen Wühlmaus ist ruhig und normaler- weise niemals hastig, doch können die Tiere bei Gefahr auf bekannten Wechseln relativ schnell fliehen oder auch in großen Sätzen galoppieren. An Drahtgittern klettern sie ungeachtet ihres hohen Gewichtes schnell und geschickt hoch, während ihnen das Baumklettern nur in jugendlichem Alter keine Mühe bereitet, aber auch dann keineswegs passioniert betrieben wird. In der Waagerechten springen sie relativ gut, hoch dagegen sehr schlecht und sind beim Abwärtsspringen betont vorsichtig. Bei ihrem erdgebundenen Leben haben sie nicht mit überraschenden Absturzmöglichkeiten zu rechnen und stürzen deshalb auf der Flucht, anders als die Schneemaus (Frank 1954) über Tischkanten und andere Abgründe ab.

Die Nordische Wühlmaus schwimmt gut. An einem Altwasser der Oder sah G.Stein eine Mutter mit Jungen im tiefen Wasser, in etwa Im Ent- fernung vom Ufer. Die Tiere waren freiwillig ins Wasser gegangen- und schwammen anscheinend spielerisch umher. Im November 1941 konnte Zimmermann auf überschwemmten Wiesen am Sosch, einem Nebenfluß des Dnjepr, auch ihre Orientierungsfähigkeit beim Schwimmen beobachten: Eine Reihe von Heuhaufen war entweder von Feldmäusen oder von Nordi- schen Wühlmäusen besiedelt. Aufgestört, flüchteten die Nordischen Wühl- mäuse ins Wasser. Ein altes Tier durchschwamm gradlinig eine etwa 95m breite Lache, tauchte am anderen Rande und verschwand im unter Wasser liegenden Baueingang unterhalb einer Seggenbülte. Beim Schwimmen blieben die Rückenhaare trocken. Auch in Gefangenschaft sind die Tiere nach dem Verlassen des Wassers und kurzem Sichschütteln augenblicklich wieder trocken. Vielleicht hängt der Glanz des Haarkleides mit einem besonderen, gegen Benetzung schützenden Fettgehalt zusammen.

Kot und Urin werden, wie bei den meisten Muriden, bevorzugt ins Was- ser abgesetzt, sonst in Käfigecken, an bestimmten Plätzen in der Vegetation usw. Das Nest wird saubergehalten. Was die Körperpflege anbelangt, verhal- ten sich die Nordischen wie wohl alle Wühlmäuse, d.h. bei jedem Wechsel von der Ruhe zur Aktivität und umgekehrt sowie nach dem Fressen und dem Kontakt mit Artgenossen wird intensive Fellreinigung und -pflege be- trieben, ebenso tritt soziale Hautpflege in Erscheinung. Auch wenn die Tiere vom Menschen angefaßt wurden, pflegen sie sich sofort betont zu putzen, was in diesem Falle sicher nicht als Übersprunghandlung nach Erregung, sondern als echtes Bedürfnis nach Ordnung und Säuberung des Haarkleides anzusehen ist.

Wie allen Mierotinen ist auch der Nordischen Wühlmaus eine gewisse „Neugier“ eigen. Fremde Gegenstände, Bewegungen, Gerüche usw. werden sofort registriert und wenn kein Grund zur Furcht dem entgegensteht eingehender Prüfung unterzogen, wobei der Geruchssinn natürlich dominiert. Die Nahrungsaufnahme entspricht dem bei Microtinen üblichen. Vegetations-

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teile werden abgebissen, in Hockstellung mit beiden Händen vor den Mund gehalten (Grashalme vielfach auch nur mit einer Hand) und bissenweise ver- zehrt. Wildfänge pflegen stets in Deckung zu fressen, eingewöhnte Tiere tun es direkt am Futterplatz ohne Rücksicht auf Deckung. Größere Futterbrocken werden besonders nach Sättigung auch zum Nest geschleppt und in dessen unmittelbarer Umgebung gelagert. Auch Getreide wird von manchen Tieren, besonders von halbwüchsigen, ins Nest getragen; bei zu reichlicher Futtergabe können dort große Vorräte aufgestapelt werden. Aber dieser Sam- meltrieb ist nicht stärker als bei unseren anderen Wühlmäusen, und den unzutreffenden Artnamen „oeconomus“ verdankt die Nordische Wühlmaus ja auch nur einem Irrtum von Pallas (Verwechslung mit Microtus gregalis Pal);

Dagegen ist der deutsche Name „Nordische Wühlmaus“ nicht nur im Hinblick auf die Gesamtverbreitung zutreffend. Die Vorzugstemperatur liegt nach Angaben, die wir K.Herter verdanken, mit etwa 26° auffallend niedrig, und auch stärkere Kälte wird bedeutend besser ertragen als von Feld- und Erdmaus, während umgekehrt sommerliche Wärme der Nordischen Wühlmaus ziemlich zuzusetzen scheint. Steht ihr bei Hitze nicht ausreichend Wasser zur Verfügung, sind Verluste an der Tagesordnung. Während der warmen Jahreszeit erwiesen sich unsere Tiere auch für Lungenvirose sehr empfänglich, während sie sonst nur unter Milben der Gattung Laelaps zu leiden haben, die man durch Bestäubung mit Jakutin oder Pedix (besonders zwischen den Hinterbeinen) aber leicht kurzhalten kann.

Untereinander sind die Nordischen Wühlmäuse im Familienverbande verträglich, wenn auch besonders bei Übervölkerung ein gewisser Fut- terneid herrscht. Meist ist dann mehr oder weniger deutlich eine gewisse Hierarchie zu bemerken, in der die Mutter bzw. beide Eltern oder die stär- keren Geschwister dominieren. Die Tiere kennen sich untereinander genau, wie man leicht bei Hinzugeben von fremden Artgenossen feststellen kann. Diese werden sofort angegriffen, wobei das Droh- und Kampfverhalten dem der andern Microtinen entspricht: Beriechen, Drohen, Gegeneinanderaufrich- ten, Pfotenschlagen, Maulaufreißen und Drohruf, Flucht des Ortsfremden, Ver- folsung durch den Platzhalter (der versucht, den Eindringling am Hinter- rücken zu beißen), wilde Balgerei, Unterwerfungsverhalten des Fremden usw.

Die Nordische Wühlmaus nimmt unter unseren heimischen Microtinen insofern eine Sonderstellung ein, als sie mehr als alle übrigen Arten in ein auffallend ‚persönliches‘ Verhältnis zum Menschen treten kann. Von einer seiner Schneemäuse berichtet Küsthardt (1942) über eine gewisse Zutrau- lichkeit, die auch wir bestätigen können. Aber Feldmaus, Erdmaus, Klein- äugige Wühlmaus und Große Wühlmaus bleiben, auch jung aufgezogen, immer auf Distanz, wenn die tägliche Berührung mit dem Menschen sie auch weniger ängstlich und feindselig macht. Bei der Nordischen Wühlmaus hat

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man dagegen den Eindruck, daß sie regelrecht zahm wird und aktiv Kontakt mit dem Pfleger aufnimmt. Kein Tier der anderen Arten würde wie die Nor- dische Wühlmaus bei Annäherung der menschlichen Hand ruhig sitzen blei- ben, geschweige denn sich ihr aktiv nähern und sich kraulen lassen, ohne vorher eingefangen zu sein. Selbst alte Männchen lassen sich ohne Umstände mit der Hand umschliefßen und hochheben, protestieren allerdings mit lauten Drohrufen, wenn man sie mit einer Zange am Nackenfell anhebt.

Beschäftigt man sich regelmäßig mit den Tieren, kann man sie ohne Schwierigkeiten dahin bringen, die Finger des Pflegers als Spielkameraden zu betrachten. Es kommt dann dasselbe Kampfspiel zustande wie unter Wurf- geschwistern (Wechsel von Angriff und Flucht, Aufrichten, Pfotenschlagen usw.), wobei das Tier immer aggressiver wird und schließlich durch Zu- beißen zur Überlegenheit zu kommen trachtet. In dieser Situation schützt der Unterwerfungsruf den unterlegenen Artgenossen vor allen Weiterungen. Da dieser Quetschlaut jedoch nicht nachzuahmen ist, bleibt man beim Spiel mit den Tieren stets der Unterlegene, der das Feld räumen muß, will man nicht gebissen oder wenigstens gekniffen werden. Dies ist aber eine der selte- nen Gelegenheiten, wo einer von uns durch Nordische Wühlmäuse gebissen wurde (allerdings nur oberflächlich „freundschaftlich‘), sonst höchstens durch einzelne Weibehen bei unvorsichtiger Wegnahme ihrer Jungen aus dem Nest. Und das, obwohl diese Art doch ein Gebiß besitzt, mit dem sie durchaus fühlbare Wunden schlagen könnte, wie es z.B. die kleinere Feldmaus aus- nahmslos tut.

Das Verhalten der Nordischen Wühlmaus dem Menschen gegenüber ist also recht auffallend und durch irgendwelche biologischen Zusammenhänge schwer erklärbar. Untereinander sind die Tiere wie alle anderen Miero- tinen auch nur im Familienverbande verträglich, fremden Artgenossen gegenüber aber aggressiv bis zur gegenseitigen Vernichtung. Jedenfalls macht ihr dem Menschen gegenüber friedfertiges Wesen die Nordische Wühlmaus zu einem besonders angenehmen Pflegling, dessen Lebensäußerungen sich in- folge seines wirklichen Zahmwerdens leicht beobachten lassen.

9, Teerritorialverhalten.

Die Nordische Wühlmaus zeigt in Gefangenschaft ebenso wie die übrigen Microtinen ein ausgesprochenes Territorialverhalten. Setzt man ein neues Tier zu, gibt es sofort Streit. Die Revierinhaber gehen auf den Eindringling los und suchen ihn durch Droh- und Kampfverhalten zu vertreiben. Der Fremde ist offensichtlich unsicher und nimmt den Kampf fast nie ernstlich auf, sondern sucht sofort zu entfliehen. Gelingt ihm die Flucht nicht, zeigt er Unterwerfungsverhalten, was mitunter zu allmählicher Gewöhnung und Duldung führt. Oft endet die Auseinandersetzung aber (besonders wenn der Revierinhaber ein trächtiges oder säugendes Weibchen ist) böse für den Ein-

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dringling, der vor allem am Hinterrücken arg zerbissen wird und weder zu Ruhe noch Nahrung kommt, so daß er schließlich eingeht. Dies wurde nicht nur in räumlich begrenzten Käfigen, sondern auch in einem 6qm großen Freilandgehege beobachtet, in dessen dichter Vegetation sich die Tiere leicht hätten aus dem Wege gehen können. Hier wurden zwei verpaarte Tiere und ein ihnen fremdes jüngeres Weibchen gleichzeitig eingebracht. Während das Männchen dem neuen Weibchen nichts zuleide tat, hetzte das ältere, wohl trächtige Weibchen das junge so sehr, daß dieses ständig auf den im Gehege wachsenden Bäumchen saß, auf die ihm die schwerere, nicht mehr kletter- gewandte Rivalin nicht zu folgen vermochte. Es mußte schließlich nach vier Tagen ziemlich zerbissen und völlig abgemagert aus dem Gehege heraus- genommen werden. Bemerkenswert ist an diesem Fall zunächst die aus- schließliche Rivalität zwischen gleichgeschlechtlichen Tieren, die ja für die meisten Muriden bezeichnend ist, sowie weiter die Flucht nach oben, die nach Steiniger (1950) auch für in Gehegen gehaltene Wanderratten typisch ist, bei der Nordischen Wühlmaus aber doch überrascht.

Aufschlußreich war auch folgender Versuch: Zwei große Käfigkisten wurden mit je 2 neuverpaarten Paaren besetzt, die voneinander durch eine Gitterwand getrennt waren. Während in der einen Kiste, in der die beiden Männchen Brüder waren, nichts Besonderes geschah, war in der anderen bei den zwei sich fremden Männchen Folgendes zu beobachten: Sie rannten dauernd zu beiden Seiten der trennenden Gitterwand hin und her; hielt der eine an, so tat es auch der andere, richtete er sich am Gitter auf, so reckte sich der andere ihm gegenüber hoch. Zwischendurch sah man häufig erregtes Scharren und Abrupfen von Klee und Gras im Übersprung. Es dauerte nicht lange, bis auf beiden Seiten des Gitters regelrechte Pfade in die Vegetation getreten waren, auf denen die Rivalen unermüdlich sich gegenseitig nicht aus den Augen lassend nebeneinander hin und her rannten. Nach Öffnung einer Tür schlüpfte das stärkere Männchen zögernd und äußerst vorsichtig hindurch und bewegte sich unter ständigem Witterungnehmen und Sichern auf dem vorhandenen Wechsel auf das Nest des anderen Paares zu. Als der schwächere Platzhalter hervorkam, floh der Eindringling zielstrebig sofort auf das Durchlaßloch zu (!), schoß hindurch und verschwand in seinem eigenen Nest.

Bisher gelang es nicht, zwei einander unbekannte Weibchen im gleichen Käfig zur Fortpflanzung zu bringen, wie es bei der Feldmaus meistens mög- lich ist. Von Jugend auf zusammen aufgewachsene Schwestern blieben jedoch verträglich und zogen ihre Jungen in einem Gemeinschaftsnest und in sozi- aler Brutpflege auf.

Im Gegensatz zu den Erfahrungen mit Feldmäusen zeigte sich in der Berliner Zucht, daß es auch in großen Käfigen zu ständigen Zankereien und

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Beunruhigungen kam, sobald eine Sippe die Kopfzahl von etwa 10 erwach- senen Tieren erreicht hatte. Sobald die Zahl durch Trennung herabgesetzt wurde, herrschte in beiden Hälften wieder Frieden. In Oldenburg wurden in Käfigen von 0,5 qm Grundfläche wenig Reibereien innerhalb einer mehrere Generationen umfassenden Großfamilie (bis zu 28 erwachsene Tiere) be- obachtet. Diese beschränkten sich einmal auf eine gewisse, auch zu Beiße- reien führende Rivalität unter den erwachsenen Männchen, sobald brün- stige Weibchen vorhanden waren, zum andern auf das Bestreben der Weib- chen, ihre Würfe unbelästigt von den Sippenrangehörigen aufzuziehen. Wäh- rend die Weibchenrivalität durch Erhöhung der Nestkastenzahl gemildert werden konnte, war dies bei der Männchenrivalität nicht der Fall. Das schließliche Geschlechtsverhältnis von 9 Männchen zu 19 Weibchen zeigt vielmehr, daß die Männchen die Populationsverdichtung viel schlechter ertragen und sich gegenseitig dezimieren.

3. Nest.

Das Nest der Nordischen Wühlmaus ist eine Heukugel mit zwei nach verschiedenen Seiten führenden Ausgängen. Das Tier schafft zunächst eine Unterlage und arbeitet dann das weitere eingetragene Material an den Seiten ein, um es unter stetigem Kreisdrehen festzudrücken, normalerweise gegen den Widerstand einer Höhlenwand, umstehender Vegetationsteile, Käfig- ecken usw. Da von innen her immer neues Material eingebaut, das Höhen- innere aber andererseits durch die Bewegungen des Tieres immer im glei- chen Format gehalten wird, entsteht eine verhältnismäßig dichtgepreßte Nestwand und schließlich auch der Abschluß nach oben. Viele Tiere decken freistehende Nester dann noch von außen mit weiterem Material ab, wohl in erster Linie zur Wärmeisolation und Tarnung, da gegen Regenwasser allein die von innen her gepreßte Wandschicht abschirmt. Als Baustoff wird ungern grobes und sperriges Material benutzt, am liebsten feine Grasblätt- chen, die zur Auspolsterung des Nestinneren der Länge nach aufgespleist werden, in gleicher Weise wie es alle Muriden tun und wie es Eibl- Eibesfeldt (1953) beim Hamster abbildet. Unterirdische Nester sind immer dünnwandiger als freistehende, die Winternester bedeutend dickwan- diger als die im Sommer gebauten (bis über 15 cm Durchmesser), die zur Auf- zucht der Brut benutzten sorgfältiger und dickwandiger hergestellt als nor- malc Schlafnester. Im Freiland werden wegen des feuchten Bodens meist umfangreiche oberirdische Nester in der Vegetation angelegt, ebenso im Oldenburger Freilandgehege. In den Käfigen bauten die Nordischen Wühl- mäuse dagegen sobald man ihnen Grassoden hineingab lieber „unter- irdische“ Nester unter diesen als oberirdische. Gleiches gilt für die Erdmaus und hängt sicherlich mit der Befriedigung des Deckungsbedürfnisses zu-

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sammen. Nestkästen mit 2 entgegengesetzten Einschlupflöchern wurden (ebenso wie von den anderen Microtinen) stets augenblicklich angenommen.

4. Fortpflanzung.

Die Zucht der Nordischen Wühlmaus ist relativ einfach. Bei einge- wöhnten Tieren erfolgt die Paarung fast immer bald nach dem Zusammen- setzen. Die Anpaarung beginnt wie bei den verwandten Arten mit kämpfe- rischen Auftritten, doch ändert das Männchen seine Einstellung sehr schnell, wenn es durch Geruchskontrolle festgestellt hat, daß sich ihm ein Weib- chen gegenüberbefindet. Es sucht nun unermüdlich, mit der neuen Part- nerin in Kontakt zu kommen, muß aber erst deren Sprödigkeitsverhalten überwinden. Dies dauert im allgemeinen nicht länger als 24 Stunden (am. besten verläuft die Anpaarung in neutralem Raum, an den keiner von beiden territoriale Ansprüche hat). Umpaarungen nach Wegnahme oder Tod des alten Männchen sind erheblich schwieriger, da das Weibchen dann stär- keren Widerstand zeigt, besonders wenn es Junge hat. Ist es dagegen gerade in Paarungsstimmung, so wird das neue Männchen zwar zur Paarung akzep- tiert, nicht jedoch zunächst zum Zusammenleben im gleichen Nest. Unter Geschwistern finden, ebenso wie bei der Feldmaus (Frank, 1956) nor- malerweise keine Paarungen statt, läßt man sie jedoch sehr lange beiein- ander oder auch mit den Eltern zusammen, pflegen auch manche Jungweib- chen zu werfen. Beiihnen kann die Geschlechtsreife im übrigen fast eben- so früh wie bei der Feldmaus (Frank 1956) eintreten, d.h. mit dem Ab- säugen: Zwei am 5.4.1956 geborene Schwestern warfen am 15.5. (40 Tage alt) ihren ersten Wurf (3 bzw. 4 Junge), müssen also bei Zugrundelegung einer Tragzeit von 20 Tagen am zwanzigsten Lebenstage vom Vater gedeckt worden sein (Weibchengewicht nach vollzogener Geburt je 38g).

Die Fortpflanzung war in Oldenburg nicht an eine bestimmte Jahres- zeit gebunden, selbst wenn die Käfige im Winter auf einer ungeheizten Veranda standen; sie setzte jedoch bei Hitzeperioden zeitweise aus. In Ber- lin fielen alle Würfe in die Monate Februar— April und August—No- vember, ohne daß eine Erklärung für die winterliche und hochsommerliche Pause vorläge. Die Tragzeit betrug im kürzesten Falle knapp 20 Tage (Ab- stand zwischen beobachteter Paarung und Wurf bzw. von Wurf zu Wurf), bei aufeinanderfolgenden Würfen aber meist 21 Tage, in Einzelfällen sogar bis zu 23 Tagen, wahrscheinlich durch die Laktation verlängert. Das Weib- chen ist unmittelbar nach dem Werfen wieder paarungsbereit, doch sind direkt aufeinanderfolgende Würfe in der Minderzahl und weniger die Regel als bei gefangengehaltenen Feldmäusen. Die meisten Weibehen konzipierten vielmehr erst während der nächsten auf die Geburt folgenden Östrusperiode,, was einen Wurfabstand .von 26 bis 31 Tagen bewirkt. Im Freien dürfte. „pausenlose‘‘ Wurffolge aber möglich, wenn nicht vielleicht sogar -die Regel:

3

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sein. Wieviel Würfe ein Weibchen während seines Lebens hervorbringen kann, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. In Oldenburg setzte ein noch lebendes Weibchen im Alter von 106 Tagen seinen ersten Wurf und mit 410 Tagen seinen 17. Wurf (mittlerer Wurfabstand 25,3 Tage), dem bisher kein weiterer folgte (das Weibchen ist heute, am 28.2.1956, 649 Tage alt).

Daß die Fortpflanzung stark von der Populationsdichte beeinflußt wird, zeigte folgender Oldenburger Versuch: In einem Käfig von 0,5 qm Grund- fläche vermehrte sich eine Sippe bis auf 28 erwachsene Tiere (9 Männchen und 19 Weibchen). Je mehr die Populationsdichte anstieg, desto geringer wurde die Zahl der an der Fortpflanzung beteiligten Weibchen und die Wurfstärke, desto langsamer die Wurffolge und desto größer die Säuglings- sterblichkeit. Nach Erreichen der Kopfzahl von 28 hörte die Fortpflanzung zwar keineswegs auf, aber die Würfe wurden entweder sofort oder innerhalb der ersten 3 Tage aufgefressen, ob von den Müttern oder von andern Ange- hörigen der Großfamilie, konnte leider nicht festgestellt werden. Bezeich- nenderweise betrug das Geschlechtsverhältnis am Schluß 9 Männchen zu 19 Weibchen, woraus eindeutig hervorgeht, daß die dichteabhängige Sterblich- keit der Männchen viel höher war als die der Weibchen. Von den jungen Altersklassen waren überhaupt nur Weibchen übriggeblieben. In Oldenburg wurden bisher 80 Würfe mit 353 Jungen, in Berlin 25 Würfe mit 101 Jun- gen registriert. Nach Ausschaltung der (relativ kleinen) Würfe von augen- scheinlich an Lungenvirose erkrankten Müttern ergibt sich für die Olden- burger Zucht eine mittlere Wurfgröße von 5,1, für die Berliner von 4,9 bei einer Variationsbreite von 4 bis 8. 7er Würfe waren relativ häufig, der Würfe am zahlreichsten. Die höchste, von Stein (1952) im Freien be- obachtete Embryonenzahl beträgt 9.

Das Geschlechtsverhältnis betrug in Berlin 46 Y':39 Q = 54,1% 0, in Oldenburg aber bei 297 sicher bestimmten Jungtieren 131 5 :166 9 = 44,1% ©. Der Unterschied dürfte vielleicht in den Haltungsbedingungen begründet sein, die in Oldenburg offenbar optimaler waren als in Berlin, worauf wohl auch schon die oben erwähnten Unterschiede in der Dauer der Fortpflanzungsperiode, d. h. die längeren Pausen in Berlin, sowie in den Geburtsgewichten und der Gewichtsentwicklung hindeuten. Da Marten (1953) vor kurzem nachweisen konnte, daß der Weibchenanteil beim Haus- rind unter optimalen Haltungsbedingungen ansteigt, darf vermutet werden, daß dies auch bei den Kleinsäugern so ist. Unter diesen Umständen kann das in Oldenburg ermittelte Geschlechtsverhältnis mit seinem höheren Weib- chenanteil als das normalere angesehen werden. Stein (1953) hat im Frei- land 180 5 :182Q gefangen und spricht von einer „geradezu idealen Ausge- glichenheit‘“. Er hat aber in Rechnung zu stellen vergessen, daß der Schlag- fallenmethode erfahrungsgemäß eine nicht unerhebliche Fangselektion zu- gunsten des agileren männlichen Geschlechtes eigentümlich ist. Seine Zif-

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fern sprechen also durchaus dafür, daß in Freilandpopulationen der Nor- dischen Wühlmaus mindestens der gleiche Weibchenüberschuß herrscht, wie er in der Oldenburger Zucht erzielt wurde und wie er bereits vorher bei der Feldmaus durch Zimmermann (nach Stein, 1953) und Frank (1953a und 1956) festgestellt wurde.

5. Brutpflege.

Einige Tage vor der Geburt eines neuen Wurfes beginnt das Weibchen, wie alle Microtinenmütter, das Nest herzurichten und besonders gut auszu- polstern. Die Neugeborenen werden von der Mutter regelmäßig und intensiv abgeleckt. Wird auf diese Weise die hintere Bauchpartie massiert, geben die Kleinen Urin und Kot ab, den die Mutter aufleckt. Diese Entleerungen lassen sich auch durch Bestreichen mit einem Wattebausch auslösen, wie es Eibl- Eibesfeldt (1950 u. 1953) bereits bei verschiedenen Muriden beschrieben hat. Erst wenn die Jungen soweit laufen können, daß sie sich außerhalb des Nestes lösen, wird diese Pflegehandlung der Mutter überflüssig. Schon be- vor die Jungen zu selbständiger Aufnahme fester Nahrung fähig sind, trägt die Mutter, wie alle Microtinenweibchen, Futter zum Nest, so daß ihre Kinder dieses schon vorfinden, wenn das Bedürfnis danach auftritt.

Verläßt die Mutter das Nest, werden die Jungen im allgemeinen nicht zugedeckt, auch der Nesteingang wird nicht verschlossen. Es gibt aber wie bei den andern Microtus-Arten auch Weibchen, welche ihre Jungen bei solcher Gelegenheit dadurch zudecken, daß sie mit schnellen Bewegungen der Vorderbeine Nestmaterial über ihnen zusammenscharren, so daß die Kleinen völlig verborgen liegen und was wohl das Entscheidendere ist gegen Abkühlung geschützt sind. Wenn die Nestlinge bei überstürztem Ver- lassen des Nestes mitunter auch etwas mitgeschleift werden (höchstens bis vor den Nestausgang), so kommt ausgesprochener Zitzentransport, wie er einigen Murinen eigentümlich ist, jedoch nicht vor. Zum Transport nimmt die Mutter die Jungen mit dem Maul am Rücken oder an der Flanke auf, wobei diese in Tragstarre verfallen. Wie bei der Feldmaus (Frank, 1953 b) beteiligten sich auch bei der Nordischen Wühlmaus einige Männchen am Rücktransport aus dem Nest genommener Jungtiere. In Berlin wurde ein- mal beobachtet, wie beide Eltern ein Jungtier gepackt hatten und nach ver- schiedenen Seiten zogen. Als das Junge einen Unwillenslaut ausstieß, er- faßte der Vater die Lage anscheinend: ohne loszulassen zog er nicht mehr, sondern schob das Junge bis zum Nest. Auch ein 26 Tage alter Bruder aus dem vorherigen Wurf beteiligte sich am Rücktransport. Bevor er das Junge „richtig“ mit Nackengriff gepackt hatte, probierte er ohne dem Jungen weh zu tun verschiedene andere Griffe. Auch dies entspricht durchaus dem bei Feldmäusen Beobachteten (Frank, 1953b). Viele Weib- chen schleppen ihre Kinder nach jedem störenden Eingriff am Nest sofort

5*

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weg. Sie bauen dann schnell ein Notnest, das später unter. Umständen durch Materialentnahme aus dem alten Nest vollendet wird. Sind so zwei Nester vorhanden, schleppen einzelne besonders empfindliche Weibchen ihre Jungen nach jeder Wiegekontrolle von einem Nest zum andern, bis sie sich an diese Störungen gewöhnt haben.

Normalerweise lebt das Paar im gemeinsamen Nest (womit nicht gesagt werden soll, daß die Nordische Wühlmaus im Freiland ehig lebt, was sicher ebensowenig der Fall ist wie bei den anderen Microtinen), in dem das Männchen auch geduldet wird, wenn Junge darin sind. Nicht wenige brut- pflegende Weibchen verhalten sich aber so unfreundlich gegenüber dem Männchen, daß dieses sich rasch ein Nest in einer andern Käfigecke baut, welches aber vom Weibchen sofort mit Beschlag belegt wird, wenn es mit den Jungen umziehen will. Wie schon erwähnt, waren einzelne unserer Weib- chen so empfindlich gegen Störungen am Brutnest, daß sie anfangs täglich umzogen. Jedesmal mußten die Männchen ihr Nest räumen, ohne daß irgend- welche Widersetzlichkeiten von ihrer Seite zu beobachten gewesen wären. Hochtragende oder säugende Weibchen sind nämlich allen anderen Artge- nossen, auch den stärksten Männchen, gegenüber dominant und jederzeit in der Lage, von anderen Artgenossen besetzte Nester zu okkupieren. Ihre Spitzenstellung in der sozialen Hierarchie dient zweifellos der Arterhaltung und wurde bei allen bisher von uns gehaltenen Muriden beobachtet.

C. Jugendentwicklung.

Von den 80 Oldenburger Würfen wurden 20 von gesunden Eltern stam- mende genau durchbeobachtet und protokolliert. Zur Methodik ist zu sagen, daß die Nester täglich morgens zwischen 8 und 9 Uhr kontrolliert wurden, so daß sich das Alter der Würfe im allgemeinen nur auf den Tag genau, nicht jedoch nach Stunden bestimmen ließ. Nur in einigen Fällen waren Abendkontrollen eingeschaltet, so daß der Geburtstermin etwas genauer er- mittelt werden konnte. Daß diese relative Ungenauigkeit keine ernstzuneh- mende Fehlerquelle ist, wird durch folgende Zufallsbeobachtung beleuchtet: Zwei in Nestgemeinschaft lebende Schwestern, die bis dahin immer am gleichen Tage geworfen hatten, brachten einen ihrer Würfe mit einer Diffe- renz von ungefähr 24 Stunden zur Welt. Dabei stellte sich heraus, daß diese beiden Würfe nicht im gleichen Entwicklungsstadium geboren wurden. Die einen Tag später gesetzten Nestlinge waren vielmehr bei ihrer Geburt um soviel weiter entwickelt, daß sie bereits am Morgen nach ihrer Geburt nicht mehr von den 24 Stunden früher gesetzten Jungen der anderen Mutter unter- schieden werden konnten (normalerweise bereitet es keinerlei Schwierig- keiten, 1- und 2tägige Nestlinge auseinanderzuhalten). Es zeigt sich also, daß verlängerte Tragzeit offenbar (wie ja bei den Säugetieren wohl allge- mein) ein Weiterentwickeltsein .der Foeten bedingt. Hierdurch ergibt sich

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bei allen Jugendentwicklungsphasen ein gewisser Spielraum, der jedoch selten eine größere Variationsbreite als 24 Stunden zu umfassen scheint. Die im folgenden gegebene Darstellung der Jugendentwicklung bringt demgemäß durchschnittliche Normen, die von Fall zu Fall um einen Tag verschoben sein können.

1. Morphologisches. a. Haut und Haarkleid

Die Neugeborenen sind nackt, ihre Haut ist zunächst so dünn, daß die Eingeweide durchscheinen (Leber dunkel, Darm rahmgelblich, sobald er Milch enthält). Außer den bei genauem Hinsehen erkennbaren Schnurr- haaren ist mit bloßem Auge keinerlei Behaarung wahrnehmbar. Entsprechend der dunkleren Färbung der Erwachsenen ist die Rückenpigmentierung vom ersten Tage an etwas kräftiger als bei Feldmaus und Erdmaus oder als bei der noch helleren Schneemaus. Die Oberseite erscheint blau- bis grauviolett, anfangs etwas unregelmäßig, nämlich in der Nackengegend am stärksten. Schwanz und Beine sind noch kaum von der Pigmentierung erfaßt, und die Unterseite ist gänzlich frei davon. Diese zeigt meist ein kräftiges Lachsrot, das an den Beinen am intensivsten ist und wie bei allen Microtinen-Nest- lingen schnell zu einem zarten Rosa verblaßt. Die Ohrmuscheln sind noch nicht abgefaltet, die Zehen noch miteinander verwachsen und die durch dunkle Pigmentierung gekennzeichneten Augen von der Haut überdeckt. (Abb. 1).

Am zweiten Lebenstage ist die Rückenpigmentierung mehr oder weniger stark zu Blauviolett oder Schieferblauviolett gedunkelt (mit der Lupe er- kennt man dunkle Härchen) und erreicht meist auch schon die Schwanz- oberseite (die Schwanzunterseite bleibt wie bei allen Microtinen-Arten, aber im Gegensatz zur Großen Wühlmaus, Arvicola terrestris unpigmen- tiert) und die Oberseite (funktionelle Vorderseite) der Beine, besonders am Tarsalgelenk. Die Unterseite zeigt nur noch wenig Lachstönung, sondern meist ein blasses Rosa. Am dritten Tage ist die Haut faltiger geworden (be- sonders auffallend Querfalten im Nacken sowie die bei vielen Rodentiern feststellbare und bei den Flughörnchen zu Funktion kommende Hautfalte zwischen Vorderbeinen und Rumpfseiten) und läßt oberseits schon mit bloßem Auge einen feinen Haarflaum erkennen. Der Rücken ist stark ge- dunkelt (blauviolettgrau bis dunkelschieferfarben), ebenso die Schwanzober- seite und die Extremitäten, vor allem die Hinterbeine, an denen sich dunkle „Stiefelchen‘ abzuzeichnen beginnen. Der Bauch ist blaßrosig, die Schnurr- haarwülste rotviolett angelaufen und etwas angeschwollen (Abb. 2).

Am vierten Tage beginnt sich ober;seits ein bräunlicher Anflug zu zeigen. Mit der Lupe erkennt man, daß zwischen den zuerst durchgebrochenen schwarzen Härchen nun immer mehr braune erscheinen, die zunehmend an

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der Färbung teilnehmen. Auch am Bauch sind mit der Lupe die ersten hellen Härchen erkennbar. Am fünften Tage läuft die Oberseite auf schiefer- farbenem Grunde ockerbräunlich an, besonders stark im Nacken und am Kopf, wo sich vor den Ohren ein ockerfarbiger Fleck abzuzeichnen beginnt. Die am weitesten fortgeschrittenen Würfe zeigen in diesem Alter schon eine dunkelbraune Oberseite mit ockergelben Flanken. Schwanzoberseite und Beine sind nach wie vor schwärzlich (,„Stiefelchen“), weil hier zunächst nur dunkle Haare hervorbrechen (Abb. 3). Am sechsten Tage zeigt die Oberseite ocker- bis umbrabraune Tönung, die nach den Flanken hin zu Ocker aufhellt. Schon jetzt ist der den erwachsenen Nordischen Wühlmäusen eigentümliche Fettglanz stark ausgeprägt. Der Bauch zeigt spärliche kurze Bee wirkt aber noch sehr kahl und hinten so gut wie nackt.

Am siebenten Tage sehen die Nordischen Wühlmäuse düster schwärz- lich, grau- oder olivbräunlich aus und zeigen z. T. einen von den Haarspitzen herrührenden mehr oder weniger starken Ockeranflug, der den Flanken einen lehmfarbigen Charakter verleiht, während der gelbe Fleck vor den Ohren nunmehr verschwunden ist. Der Bauch ist silbrig behaart, unter Um- ständen schon mit leicht lehmfarbigem Anflug, wirkt aber immer noch zıemlich nackt (Abb. 4). Am achten Tage ist die Behaarung schon verhältnis- mäßig lang und dicht und zeigt extremen Fettglanz. Die Färbung ist in der Rückenmitte am dunkelsten (dunkel umbrabraun), an den Flanken heller (lehmbraun). Schwanzoberseite und Beine zeigen noch kaum aufhellende Behaarung. Der Bauch ist vollständig, aber noch kurz behaart und lehm- farbig angetönt, die Analgegend wirkt noch nackt und rosig.

Am neunten Tage werden die Jungen zuweilen schon stichelhaariger. Die Beine beginnen infolge zunehmender Behaarung heller zu werden, ohne daß die „Stiefelchen‘“ zunächst verschwinden. Der Bauch ist völlig silbergrau behaart mit individuell unterschiedlichem lehmfarbigem Anflug. Am zehnten Tage wirkt das Rückenfell bei starkem Fettglanz ausgesprochen stichelhaarig und ist weiter gedunkelt, wobei die stärkeren Exemplare des gleichen Wurfes stets heller als die schwächeren wirken. Es machen sich nun auch indi- viduelle Unterschiede bemerkbar, manche Exemplare sind rostfarbiger, andere lehmfarbiger. Die sehr überproportioniert wirkenden Beine sind ebenso wie die Schwanzoberseite noch dunkler als der Körper und zeigen, am Tarsalgelenk noch schwärzliche Töne (Abb. 5).

Am elften Lebenstage ist der Bauch meist so vollständig behaart, daß auch die hinteren Zitzen der Weibchen nicht mehr erkennbar sind. Von nun an verändert sich das Haarkleid nur noch insofern, als es länger und dichter wird und dadurch auch oberflächlich weniger stichelhaarig, sondern glatter (ab 14. Tag), ohne den ihm eigentümlichen Fettglanz zu verlieren. Die Fär- bung dunkelt weiter nach und wird besonders in der Rückenmitte düster schwarzbraun, zeigt aber andererseits auch vermehrt wurfweise und indi-

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viduelle Unterschiede, indem sie manchmal mehr ins Rostbraune, manchmal aber ins Lehmbraune spielt. Stets ist die Rückenmitte an dunkelsten, wäh- rend nach den Flanken zu Aufhellung eintritt. Der Bauch ist auf grauem Grunde meist mehr oder weniger stark lehmfarbig überflogen, die Extremi- täten werden mit zunehmender Behaarung immer heller, während der Schwanz weiterhin dunkel bleibt (Abb. 6).

Damit ist das Jugendhaarkleid vollständig; vom Altershaarkleid unter- scheidet es sich durch dunklere Rücken- und grauere Bauchfärbung (Abb. 7 und 8). Nach Beobachtungen an der Berliner Zucht ist im Alter von 7 bis 8 Wochen der Haarwechsel zum Altershaarkleid abgeschlossen.

b. Ohren

Erst mit dem 3. Lebenstage beginnt die Ablösung der Ohrmuscheln, die zunächst seitlich abstehen, am 4. Tage schräg nach hinten und manchmal auch schon ganz nach rückwärts weisen. Vom 7. Tage an beginnen von vorn her Haare über die zunächst noch nackte Muschel zu wachsen, so daß sie am 9. Tage mindestens zur Hälfte, manchmal aber auch schon zu dreiviertel von Haaren verdeckt ist. Am 10. oder 11. Tage ist nur noch der Rand frei, am 13. Tage sind die Muscheln mit wenigen Ausnahmen ganz im Fell ver- borgen (Abb. 2—5). c. Augen

Die Augen öffnen sich in der weitaus größten Zahl aller Fälle mit dem 10. Lebenstage. Nur selten erkennt man bereits am 9. Tage (dies womöglich bei solchen Nestlingen, die relativ früh vor der ersten Morgenkontrolle ge- boren wurden und bei dieser schon etliche Stunden alt waren) einen schmalen Spalt, durch den die Cornea hindurchschimmert (,Cornea-Reflex‘“), nur selten blinzeln die Tierchen bereits am Abend dieses Tages. Im allgemeinen ist dies erst am Morgen des 10. Tages der Fall, an dem aber einzelne Wurf- geschwister auch noch geschlossene Augen haben können. Meist öffnet sich ein Auge früher als das andere. Am 11. Tage sind die Augen mandelförmig geöffnet, am 12. voll. Nach den Reaktionen der Nestlinge auf Bewegungen zu urteilen, scheint das Sehvermögen nicht unmittelbar mit dem Augenöffnen gekoppelt zu sein, sondern erst etliche Stunden danach einzutreten (Abb. 5 und 7).

d. Zähne

Am 5. Lebenstage sind die Nagezähne im Unter- und Oberkiefer meist schon punktförmig erkennbar, aber noch nicht durch die Haut gebrochen, was entweder am 6. oder spätestens am 7. Tage zu geschehen pflegt. Manch- mal erfolgt der Durchbruch der Unterkieferzähne zeitlich etwas vor den Oberkieferzähnen.

e. Zitzen Am 1. Lebenstage sind im allgemeinen noch keine Zitzen erkennbar

12 Sy Zeitschrift für-Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

und wenn, dann nur bei einzelnen Tieren. Die meisten Weibchen zeigen am 2. Lebenstage die beiden vorderen Zitzenpaare, die aber erst am 3. Tage aus- nahmslos bei allen Weibchen sichtbar sind, so daß spätestens von diesem Tage an die Geschlechtsbestimmung sicher möglich ist. Bei den Männchen findet man an Stelle der Zitzen meist einen feinen Punkt, während die Weibchen um diesen herum den kreisrunden Hofrand erkennen lassen. Vom. 4. Tage an werden auch die hinteren beiden Zitzenpaare sichtbar, deutlich mitunter aber erst vom 6. oder 7. Tage an. Mit dem 9. Tage beginnen die vorderen Zitzen unter der Behaarung zu verschwinden, am 11. oder 12. Tage sind auch die hinteren nicht mehr erkennbar. Die Geschlechtsbestimmung wird damit sehr schwierig. Mit der Lupe kann man bei den Weibchen meist die Vagina in Gestalt eines quer über das zwischen Anus und Clitoris ge- spannte Hautband verlaufenden Striches erkennen, der den Männchen fehlt. Nach eingetretener Geschlechtsreife ist die Scheidenöffnung dagegen schon mit bloßem Auge erkennbar.

f. Gewichtsentwicklung

Regelrechte Geburtsgewichte konnten in beiden Zuchten nicht registriert werden, die ersten Wägungen erfolgten in den der Geburtsnacht folgenden Morgenstunden. Die so erhaltenen Werte liegen für 72 Oldenburger Nest- linge zwischen 2,0—3,1g (M = 2,8 g), für 27 in Berlin geborene zwischen 1,9—2,6g (M=2,3g). Die bekannte Abhängigkeit des Geburtsgewichtes von der Wurfstärke ist auch bei der Nordischen Wühlmaus deutlich; die An- nahme eines mittleren Geburtsgewichtes von 2,5 g dürfte richtig sein.

Tabelle 1 gibt Angaben über die weitere Gewichtsentwicklung (Berliner. Zucht) ohne Berücksichtigung des Geschlechtes (die Männchen erreichen etwas höhere Gewichte, aber die Schwankungen bei gleichaltrigen Tieren des- selben Geschlechtes sind größer als die Geschlechtsdifferenz im Durch- schnittsgewicht). Rücklaufende Entwicklung bei manchen Werten der Tabelle wird dadurch vorgetäuscht, daß nicht die gleichen Individuen in jeder Altersklasse vertreten sind.

Typische Gewichtsentwicklungskurven (Oldenburger Zucht) zeigt die Abb. 10. Es ist daraus zu entnehmen, daß sich die Gewichtszunahme einer- seits vom 13. Tage an beschleunigt, weil die Jungen von diesem Zeitpunkt an neben der Muttermilch feste Beikost zu sich nehmen, zum andern aber nach dem Absäugen bzw. nach der Trennung von der Mutter kurzfristig verlang- samt sein kann. Meist, äber durchaus nicht immer, wachsen die Männchen schneller als die Weibchen. Mit 60 Tagen kann bereits (in der Gefangen- schaft) ein Gewicht von 50 g erreicht sein. Das absolute Höchstgewicht (Männchen) betrug 82,8 g (Mohr 63 g), doch sind die in Oldenburg erzielten Schwergewichte sicher als ausgesprochen gefangenschaftsbedingt anzusehen.

F. FRANK und K. ZIMMERMANN, Zur ‚Biologie der Nordischen Wühlmaus 73

Tabelle1

Gewichtsentwicklung Nordischer Wühlmäuse der Berliner Zucht

a ET ee

Tage alt n m min. max. 0 an DORT 1.9 & 26% u 1 19 2.6 1.9 3.0 2 32 3.3 2.5 3.8 3 23 4.1 2.8 4.7 4 29 4.4 3.2 5.3 5 h 19 Gala. 25 BER ee 39 5.5 4.3 DI 7 35 6.0 4.8 Tor ed 8 a7 68 5.0 8.0 9 25 7.0 60 8.4 10 24 7.8 6.3 10.6 Bei 7 Se IE: 11.7 12 17 8.8 76 12.7 13 4 Er’ IT 8.7 14 14 10.8 9.7 14.8 15 9 9.8 8.8 11.5 16 10 12.7 I 17.1 17 12 13.1 10.3 14.6 18 10 15.1 14.7 19.1 19 5 17.2 15.8 20.2 20 5 15.6 14.7 16.4 21 16 14.8 12.5 21.4 22 —25 44 18.6 12.5 23.3 26—30 30 22.6 172 28,8 31-35 21 25.6 19.5 30.9 3640 17 26.7 19.8 35.0 4145 20 28.3 19.3 39.4 4650 8 32.0 24.5 40.9 5155 19 28.1 19.5 5.0 56—65 29 27.7 20.8 40.5 6675 0 26.9 18.5 38.0 1685 9 35.8 31.0 50.5

14 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

60 Tage

Abb. 10. Gewichtsentwicklung zweier gleichzeitig geborener und gemeinsam aufgewach- sener Würfe der Nordischen Wühlmaus. Man beachte die Beschleunigung de Ge- wichtszunahme vom 13. Tage an (selbständiges Fressen). die vorübergehende Stockung nach dem Absetzen von der Mutter und die gestrichelt gezeichnete Kurve eines von Geburt an zurückgebliebenen Männchens, das später die meisten Weibchen überflügelte.

2. Verhalten.

a. Saugpumpen und Milchtritt

Beide Nestlingsbewegungen sind vom 1. Lebenstage an im Leerlauf zu beobachten, wenn die Tierchen auf dem Tisch oder in der Hand liegen. Mit- unter entstehen durch das abwechselnde Öffnen und Schließen des Maules leise schmatzende oder nuckelnde Geräusche, die man auch aus dem Nest hören kann.

b. Umwälzen

Zu jeder Art Fortbewegung ist zunächst die Einnahme der Bauchlage erforderlich, zu der die Neugeborenen noch nicht befähigt sind. Sie liegen vielmehr zunächst auf der Seite (beim Saugen auch auf dem Rücken) und vermögen sich erst vom 2. Tage an auf den Bauch zu wälzen. Dies geschieht durch heftige Strampelbewegungen, die schon am 1. Lebenstage völlig un- koordiniert auftreten. Am 2. Tage kann der Nestling aber durch kreisende Bewegungen des angehobenen Hinterleibes und gleichzeitiges Strampeln mit den Extremitäten sein Gewicht so verlagern, daß das Umwälzen zustande- kommt. Die kreisenden Hinterleibsbewegungen haben im Nest sicher die Funktion, Halt am Heu des Nestrandes oder an Mutter und Geschwistern und damit eine Abstoßmöglichkeit zu finden, die das Umwälzen unterstützt.

F FRANK und K. ZIMMERMANN, Zur Biologie der Nordischen Wühlmaus 75

Auf einer glatten Fläche können sich die Tiere aber zunächst noch nicht in der Bauchlage halten, sondern kippen immer wieder auf die Seite, be- sonders deshalb, weil sie nicht fähig sind, das auf der Wälzseite befindliche Hinterbein unter dem Körper hindurch auf die andere Seite zu ziehen und zur seitlichen Abstützung zu benutzen. Infolgedessen ist der Körper nur ein- seitig gegen das Umkippen gesichert und rollt bei jeder das Gleichgewicht verlagernden Bewegung wieder um seine Längsachse auf die Seite. Auch am 3. und 4. Lebenstage beherrschen noch nicht alle Nestlinge dieses Beindurch- ziehen vollkommen. Diejenigen, die es können, bevorzugen eindeutig die Bauchlage. Spätestens am 5. Tage vermögen es alle Jungen. In der Bauch- lage werden die Hinterbeine zunächst stark auswärts gesetzt, so daß eine breite Unterstützungsfläche zur Erleichterung der Gleichgewichtshaltung entsteht.

e. Spaltenbohren und Unterkriechen

Das allen Muriden-Nestlingen angeborene Spaltensuchen tritt sofort auf, wenn die Tierchen sich nur etwas von der Stelle bewegen können. Be- reits am 2. Lebenstage ist es deutlich erkennbar und verstärkt sich dann, schnell zu einem intensiven Spaltenbohren, das bald von rudernden und scharrenden Vorderbeinbewegungen unterstützt und dadurch sehr kraftvoll wird. Es besteht ganz offensichtlich die Appetenz, den Kopf in Spalten zu zwängen. Läßt der Widerstand nach etwa wenn man die Spalte erweitert —, erlischt auch das Spaltenbohren. Eine wichtige Funktion hat das Spalten- bohren beim Unterkriechen, einer den Muriden-Nestlingen ebenfalls eigen- tümlichen Instinktbewegung. Die Tierchen wollen offensichtlich stets von oben bedeckt sein und versuchen deshalb, unter ihre Geschwister, unter die Mutter, unter die menschliche Hand oder unter Nestmaterial zu kriechen. Dabei leistet das Spaltenbohren, bei dem eine erhebliche Kraft entfaltet wird, gute Dienste. Das Unterkriechen bleibt über die Nestlingszeit hinaus erhalten, wenn es nach vollständiger Ausbildung des Haarkleides auch wohl seine ursprüngliche Funktion der Warmhaltung verliert und mehr rituelle Bedeutung im sozialen Zusammenleben erhält (z.B. Unterwerfungszere- monie jüngerer und schwächerer Tiere älteren und stärkeren gegenüber, siehe auch Steiniger 1950 und Eibl-Eibesfeldt 1950, 1953).

d. Tragstarre

Wie alle Muriden-Nestlinge zeigen auch die der Nordischen Wühlmaus eine ausgesprochene Tragstarre, wenn sie am Rückenfell angehoben werden, was beim Transport durch die Mutter natürlich äußerst sinnvoll ist. Dabei wird der Körper wie bei allen einheimischen Microtinen nicht zusammen- gekrümmt, sondern waagerecht gehalten, die Beine hängen locker herab (nicht an den Leib gezogen!) und der Schwanz wird waagerecht oder ganz

i6 0.5 00 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 WARST Ss

leicht abwärts gekrümmt getragen (niemals aber zwischen den Hinterbeinen hindurch unter den Leib geschlagen!).!) Die Tragstarre ist bereits vom 2. Tage an deutlich erkennbar und lockert sich erst mit dem 15. Lebenstage (beginnendes Strampeln beim Hochnehmen), wobei die stärkeren Exemplare sie früher ablegen als die in der Entwicklung zurückgebliebenen, die sie bis zum Ende der Säugeperiode (20. Tag) beibehalten können.

e. Rückwärtsschieben und Kreisbogenschlagen

Diese beiden für Microtinen-Nestlinge typischen Orientierungsbewegun- gen sind auch bei der Nordischen Wühlmaus zu beobachten. Das am 3. Le- benstage angedeutete und am 5. ausgereifte Rückwärtsschieben spielt hier allerdings eine bedeutend geringere Rolle als z. B. bei der Schneemaus, wo es eine Zeitlang die bevorzugte Fortbewegungsweise ist. Bei unserer Art bleibt es meist nur angedeutet und geht vielfach aus dem ersten Ansatz heraus in das schon vom 2. Lebenstage an erkennbare Kreisbogenschlagen über, indem die nach rückwärts eingeleitete Bewegung durch seitliches Ab- krümmen des Vorderkörpers und Seitwärtssetzen der Vorderbeine in eine Zirkelbewegung ausläuft. Zunächst sind es meist nur Viertel- bis Halbbögen, wobei es den Tieren noch schwerfällt, das Gleichgewicht zu halten (häu- figes Umkippen auf die Seite). Später handelt es sich um heftiges Kreis- schlagen mit am Platze verharrendem Körperende. Das Rückwärtsschieben verschwindet mit dem 11. Lebenstage, das Kreisbogenschlagen mit dem 13. bis 14. Lebenstage, da zu dieser Zeit die normale Vorwärtsbewegung aus- gereift ist, die Tiere aus eigenem Antriebe das Nest verlassen und keine spezifischen Nestmulden-Orientierungsbewegungen mehr benötigen, als wel- che die beiden hier behandelten ohne Zweifel anzusehen sind.

f. Vorwärtsbewegungen

treten im Gegensatz zur Schneemaus etwa gleichzeitig mit den eben be- schriebenen Bewegungsweisen auf, reifen aber langsamer als diese, weil sie komplizierter sind und wohl auch einfach deswegen, weil sie zunächst noch nicht „benötigt“ werden. Am 2. Lebenstage versuchen einzelne Tiere schon, sich mühsam mit den Vorderbeinen vorwärtszuziehen, wobei die Hinterbeine zuerst bewegungslos nachschleifen, seltener schon etwas nachzuschieben ver- suchen. Bis zum 7. Tage treten hierin nur langsame Fortschritte ein, .die Vorwärtsbewegung bleibt ein mühsames und wenig förderndes Vorwärts- ziehen mit rudernden Vorderbeinen, seitwärts abgewinkelten und langsam nachschiebenden Hinterbeinen und aufliegendem Bauch. Immerhin reicht

!) Der von K. Herter vorgeschlagene Ausdruck der ‚„Trag-Schlaffe‘“ wäre hier vielleicht am Platze. Wenn wir den eingebürgerten Ausdruck .‚Tragstarre‘‘ bei- behalten, so in erster Linie, um das regungslose Verharren des Jungtieres zu kenn- zeichnen.

F. FRANK und K. ZIMMERMANN, Zur Biologie der Nordischen Wühlmaus 77

dies aus, um ÖOrientierungsbewegungen durchzuführen und auch wieder ins Nest zurückzukehren, wenn der Nestling gelegentlich an den Zitzen der fort- eilenden Mutter etwas aus dem Nest herausgezogen wurde. Allerdings ist es mit dem Gleichgewichthalten noch schlecht bestellt, und die Tierchen kippen häufig um, wobei die Vorderbeine heftig im Leerlauf weiterstrampeln, im Nest ein durchaus sinnvolles Verhalten, weil sie doch hier und dort an den Wänden oder an den Geschwistern Widerstand finden und vorwärtskommen.

. Vom 7. Lebenstage an kann man schon von gutem Krabbeln reden, zu- weilen. können die auf den Tisch gelegten Nestlinge sogar schon mit weit- ausholenden Armzügen auseinanderstieben, ohne aber die Gleichgewichts- haltung völlig zu beherrschen. Vom 8. Tage an wird der Körper bereits bei jedem Beinzug leicht angehoben, so daß meist schon ein zügiges, wenn auch noch etwas schwankendes Krabbeln, manchmal gar ein schnelleres Laufen zustandekommt. Im allgemeinen herrscht aber noch wenig Bewegungsfreudig- keit, wenn die Jungen auch selbständig bei Störungen das Nest verlassen. Am 9. Tage ist die Gleichgewichtsbeherrschung vollkommen, und die Jungen können „wie aus der Pistole geschossen‘ lossausen, wobei der Körper schon frei vom Substrat getragen wird. Am 10. Tage, wenn die Augen sich öff- nen, ist die Vorwärtsbewegung nicht mehr als Krabbeln, sondern als regel- rechtes Laufen zu bezeichnen, zumal die Hinterbeine wenn auch nicht in allen Fällen schon weniger extrem auswärts gesetzt werden. In diesem Stadium sind die Nordischen Wühlmäuse äußerst bewegungsfreudig und schießen häufig regelrecht davon, manchmal durch Bewegungen in ihrer Umgebung zur Flucht veranlaßt, manchmal aber auch rein spontan, ohne er- kennbaren äußeren Anlaß (vgl. das Flohstadium junger Hausmäuse, Eibl- Eibesfeldt, 1950). Dabei nehmen sie im Gegensatz zu jungen Schnee- mäusen keine Notiz von den Unebenheiten des Substrates und stürzen ohne weiteres über die Tischkante ab. Am 11. Tage ist ein zügiges Laufen zu bemerken, bei dem die Hinterbeine nicht mehr auswärts gesetzt, sondern un- ter dem Leib durchgezogen werden, allerdings noch etwas steif, so daß der Gang ausgesprochen hochbeinig wirkt (Abb. 6). In den nächsten Lebenstagen vervollkommnet sich die Vorwärtsbewegung dann bis zur Vollendung, die wieselschnelles, den Alttieren überlegenes Laufen gestattet, von dem die äußerst mobilen Tierchen viel Gebrauch machen.

g. Klettern und Springen

- Bereits am 10. Tage sind die Nestlinge in der Lage, 4—5cm holte Wände zu überklettern. Aber erst nach voller Reifung des Sehvermögens be- ginnen sie vom 13. Tage an auch zu springen, zögern aber mit dem Abwärts- springen, wenn die Entfernung zum Boden relativ groß ist, während sie wie schon erwähnt beim Laufen solche Hemmungen nicht kennen. Etwa vom 15. Tage an- beginnen sie auch schon an Gittern hochzuklettern.

78 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

h. Scharren und Wühlen

Scharrbewegungen treten zuerst in Verbindung mit dem Spaltenbohren auf, welches durch sie einen Vorwärtseffekt bekommt. Ihre eigentliche, für die Microtinen so typische und wichtige Funktion, das Bodenwühlen, beginnt erst, nachdem die Nestlinge perfekt laufen können, nämlich mit dem 11. oder 12. Tage. Es ist dann bereits ein völlig koordinierter Bewegungsablauf möglich, indem die Vorderbeine das Erdreich unter den Körper scharren und die Hinterbeine es von dort aus nach hinten auswerfen. Am 15. Tage wurde erstmals auch Übersprungscharren (ss Zimmermann 1932, Eibl- Eibesfeldt 1953) bei Erregung beobachtet.

i. Schwimmen und Baden

Sowie der Körper einigermaßen vollständig behaart ist (11.—12. Tag), sind die Nordischen Wühlmäuse perfekte Schwimmer, die mit etwas ange- hobener Schnauzenpartie erstaunlich schnell vorwärtspaddeln, aber natürlich zunächst danach trachten, so rasch wie möglich wieder aus dem Wasser her- auszukommen. Sowie das Fell lang und dicht genug ist, benetzen sie sich sehr wenig, richtig eigentlich nur die relativ spät behaarten Bauchpartien. Freiwillig gehen sie allerdings während des Nestlingsalters niemals ins Was- ser, beginnen aber als ausgewachsene Jungtiere frühzeitig mit dem „Baden“, d.h. dem Herumplanschen im seichten Wasser.

k. Aufrichten, Hocken und Männchenmachen

Vom 10.—11. Tage an können die Nordischen Wühlmäuse sich bereits auf den Hinterbeinen an einer Wand aufrichten. Gleichzeitig wird die Ten- denz erkennbar, das Gewicht im Sitzen nach rückwärts auf Hinterbeine und Schwanz zu verlagern, so daß am 11. Tage bereits ein kurzfristiges Hocken mit abgehobenen Vorderbeinen beobachtet werden kann, welches am 12. Tage meist perfekt beherrscht wird, von manchen Würfen oder Individuen aber erst am 13. Tage (Abb. 5, 7 und 8). Am 16. Tage ist im allgemeinen das Männchenmachen, d.h. freies Stehen auf den durchgedrückten Hinterbeinen und dem Schwanze (,„Dreibein‘‘) möglich.

l. Putzbewegungen

bekommt man meist erst im Alter von mehreren Tagen zu sehen, doch schei- nen sie einigen Einzelbeobachtungen zufolge bereits früher aufzutreten. So waren einmal bereits am 1. Lebenstage Kratzbewegungen des Hinterbeines im Leerlauf angedeutet, und ein anderes gleichaltriges Exemplar wischte sich mit einem Vorderbein über die Backe. Auch bei zwei 2tägigen Nestlingen konnte das Flankenkratzen mit dem Hinterbein bzw. das Schnauzewischen mit einem Vorderbein im Liegen auf der Seite beobachtet werden. Bei einem dritten 2tägigen Exemplar waren Hinterbein-Kratzbewegungen im Leerlauf durch In-die-Seite-Zwicken auslösbar. Dies ist am 4. oder 5. Tage bei allen

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Nestlingen möglich, zumindest wird durch diesen künstlichen Reiz erreicht, daß das betreffende Hinterbein in „Ausgangsstellung‘ gebracht, d.h. ange- hoben wird. Am 6. Tage wischte sich ein Junges, nachdem es im Nacken ge- zwickt worden war, mit beiden Vorderbeinen über die Ohren. Am 8. Lebens- tage reicht die Kratzbewegung der Hinterbeine bereits bis zur Backe, und, man sieht auch das Schnauzewischen im Liegen, wobei die Vorderbeine aller- dings noch mangels Befähigung zum Hocken am Boden liegen bleiben (Abb. 5). Am 9. Tage werden sie für Bruchteile von Sekunden vom Boden abgehoben, am 10. werden sowohl Hinter- wie Vorderfüße nach dem Putzen abgeleckt (Abb. 5 und 8). Sowie am 11. Tage schon kurzfristiges Hocken und damit Freimachen der Vorderbeine möglich ist, vervollständigen sich deren Putzbewegungen entsprechend. Spätestens ist dies mit dem 12.—13. Tage der Fall. Etwas später kommt dann auch das Sauberlecken der Bauch- und Flankenpartien hinzu, so daß die vollständige Putzhandlung um den 15.—16. Tag ausgereift ist. Die soziale Hautpflege der Nestgeschwister fällt bei der Nordischen Wühlmaus allerdings viel weniger auf als bei den Murinen.

m. Abwehr und Spielen

Charakteristisch für alle Muriden ist ein Abwehrschlagen oder -treten mit den Vorderbeinen, das vor allem im Verkehr mit den Artgenossen eine wichtige Rolle spielt. Seine Entwicklung ist bei der Nordischen Wühlmaus schwer zu verfolgen, weil seine Auslösung durch künstliche Reize (Schnauze- zwicken usw.) unsicher ist. In einem Falle schien es bereits bei einem 2tägi- gen Nestling erkennbar. Sicher war es bei einem 4%stägigen Tierchen, das sich auf den Rücken warf, mit den Vorderbeinen schlug, symbolisch zubiß und die Vorstufe zum Drohruf (s.d.) hören ließ. Sicher reproduzierbar war das Abwehrschlagen aber in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle erst von? 9. Lebenstage an, stets verbunden mit dem Drohruf und symbolischen Zubeißbewegungen. Diese führen aber dem Menschen gegenüber wie sicher auch den Familienangehörigen gegenüber niemals zu richtigem Beißen, wie es bei Feldmäusen fast obligatorisch ist. Zu erwähnen wäre noch der Eindruck, als reife das Abwehr- und damit auch das Kampfverhalten bei den Männchen schneller als bei den Weibchen. Auch unter den Nestlingen der Nordischen Wühlmaus sind Kampfspiele zu beobachten, wenn diese auch nicht so auffallen wie etwa die Balgereien von jungen Langschwanzmäusen (Eibl-Eibesfeldt 1950). Angriff und Verteidigung folgen in schnellem Wechsel und lassen alle Verhaltensweisen erkennen, die bei den Ausein- andersetzungen feindlicher Alttiere zu beobachten sind. Wie schon erwähnt, nehmen die Nordischen Wühlmäuse als Spielgefährten auch den menschlichen Finger an, den sie stets in die Flucht zu schlagen vermögen, weil er den kommentmäßigen Unterwerfungsruf nicht produzieren kann.

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n. Nagen und Fressen

Mit dem 11. Tage beginnen die Nestlinge alle Gegenstände, darunter auch die menschliche Hand, wahllos zu benagen (d.h. besser zu beknabbern), zeigen aber noch kein eigentliches Interesse für Nahrung, wenn sie sie auch wie alles andere beschnuppern. Im Nest beißen sie während dieser Zeit dauernd am Heu herum und zerkleinern dieses noch weiter, als es die Mut- ter schon getan hat. Am 12. Tage, an dem sie meist schon auf den Hinter- beinen hocken können, werden Haferflocken und Grasblättchen zwischen die Händchen genommen, nach dem versuchsweisen Benagen aber ohne wirk- lich davon zu fressen wieder fallengelassen. Am 13. Lebenstage beginnt dann die regelmäßige und immer mehr zunehmende selbständige Aufnahme fester Nahrung neben der Muttermilch; Haferflocken, Grasblätter, Löwen- zahn und andere Kräuter werden ohne Unterschied konsumiert (Abb. 7), z. T. auch schon in ein Versteck getragen, um dort ungestört von den Geschwistern fressen zu können. Mit Vorliebe reißen die Jungtiere sich gegenseitig und auch der Mutter Futterbrocken aus dem Maul, ohne allerdings zunächst mit- einander zu zanken. Dies geschieht erst, wenn sie aus dem Nestlingsalter heraus sind und unter ihnen einige zur Dominanz gelangen.

3. Sinnesentwicklung.

a. Taktiler, Schmerz- und thermischer Sinn

Vom 4. Lebenstage an, mitunter auch schon früher, wird der Schwanz bei Berührung vorübergehend eingezogen. Wird er gezwickt, läßt der Nest- ling einen Schmerzensruf ertönen. Am 8. Tage wenden sich die Tierchen bei Hinterbeinberührung nach der betreffenden Seite. Vom 9. Tage an löst Schwanz- oder Ohrenzwicken den Drohruf, das Abwehrschlagen und symboli- sches Zubeißen aus. Von Anfang an ist eine starke Appetenz zu Wärmequel- len erkennbar. Die Nestlinge versuchen, sobald sie sich nur eben von der Stelle bewegen können, unter oder auf die warme Hand zu gelangen. Dies Bestreben ist über die Laktationsperiode hinaus feststellbar und äußert sich dann im Hang zum Zusammenkriechen, wenn dabei außer thermischen sicher auch taktile Reize mitspielen dürften. Erstaunlich ist, daß die Jungen auch dann, wenn das Haarkleid vollständig ist, nach Freilegung noch rasch kalt werden (Poikilothermie). Freilegung löst im übrigen das „Weinen des Ver- lassenseins‘‘ (sh. auch Stimmäußerungen!) aus, welches sofort nach Wieder- bedeckung verstummt.

b. Hör- und Sehvermögen | |

. . Die Feststellung des Hörvermögens ist sehr leicht. Läßt man über dem in..der. Hand gehaltenen Wurf Schnalzgeräusche hören, so erfolgt in- den ersten Lebenstagen keine Reaktion. Erst vom 10. Tage an, gelegentlich auch

F. FRANK und K. ZIMMERMANN, Zur Biologie der Nordischen Wühlmaus 81

schon am 9. Tage, zucken die Tierchen dagegen deutlich sichtbar zusam- men. Das Hörvermögen tritt also ungefähr gleichzeitig mit oder auch etwas vor dem Augenöffnen auf, und zwar zu dem Zeitpunkt, in dem das Fort- bewegungsvermögen vollkommen entwickelt ist. Allerdings ist das Sehver- mögen offensichtlich nicht mit dem meist am 10. Lebenstage erfolgenden Augenöffnen gekoppelt, da die Nestlinge erst etliche, wenn nicht gar viele Stunden danach auf Bewegungen in ihrer Umgebung reagieren.

c. Geruchsvermögen

Dem Verhalten der Nestlinge nach zu urteilen, muß das Geruchsvermögen von Geburt an vorhanden sein; denn soweit Orientierung beobachtet wird, erfolgt sie, wenn nicht taktil und thermisch, dann offensichtlich mittels des Geruchs- sinnes. Mit Beherrschung bestimmter Fortbewegungsweisen setzen dann auch bestimmte Geruchsorientierungsweisen ein, zuerst mit dem 7. Tage das „Win- den“, d.h. die Prüfung des Luftraumes auf Gerüche mit schräg empor- gehobenem Kopf. Vom 9. Tage an wird das nun beherrschte Vorwärtslaufen schon vom ‚„Spüren‘ begleitet, bei welchem die vorgestreckte Nase dicht über den Boden entlang geführt wird. Am 11. Lebenstage werden bereits alle neuen Gegenstände intensiv beschnuppert. Erwähnenswert scheint noch, daß aus dem Käfig genommene Junge (am 17. Tage), die in einer ihnen unbe- kannten Schublade umherlaufen durften, sich sofort auf einem Häufchen Heu versammelten, das von ihrem mütterlichen Nest entnommen war und das sie offenbar vermittels des Geruchssianes als „Heim“ erkannten. Frisches Heu übte diese Anziehungskraft nicht aus.

4. Stimmäußerungen.

Aus dem Nest genommen und freigelegt sind die Neugeborenen sehr stimmfreudig und lassen sofort ein kräftiges Ziepen hören (tjip, zjip, tschit oder tschip Vokal lang oder auch mitunter fast zweisilbig tjiep, ziep). Man kann beobachten, daß sie sich bei jedem Einzelschrei zusammenziehen und das Mäulchen öffnen (Abb. 1). Dieses „Weinen des Verlassenseins“ wirkt ausgesprochen stimulierend auf die Geschwister !), so daß stets ein ausge- sprochener „Chorgesang‘“ zustande kommt, der aber augenblicklich ver- stummt, wenn die Tierchen ins Nest zurückgelegt oder in die warme Höhlung der Hand genommen werden, jedoch beliebig oft durch erneutes Bloßlegen reproduzierbar ist. Bei der Mutter löst das Weinen des Verlassenseins Such- bewegungen nach dem Jungen aus.

Vom 4. Tage an hört der aufmerksame Beobachter aus diesem Ziepen bereits verschiedene Stimmungsvariationen heraus, wobei außer dem kräfti-

!) Da die Jungen in diesem Alter, in dem der Gehörgang noch nicht geöffnet ist, zweifellos keinen luftübertragenen Schall wahrzunehmen vermögen, muß offenbleiben, wie die offensichtliche Stimulierung zustandekommt; vielleicht durch Schallwellen- übertragung von Körper zu Körper.

82 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

gen Weinen des Verlassenseins sowohl feinere ziep-Rufe hörbar werden (eine Art Stimmfühlung oder Demutsruf im Verkehr mit der Mutter) wie anderer- seits auch schärfere und ‚„schimpfende‘“ tschiep-Rufe, die bereits an das spätere Drohen anklingen (z.B. beim Herausnehmen aus dem Nest). Am 6. Tage klingt dieser Ruf schon wie tschett (Vokal kurz) und entspricht da- mit durchaus dem Droh- bzw. Warnruf dieser Art, welcher später wie tschätt oder quätt (scharf) klingt und bei großer Erregung auch in Reihen gerufen wird, niemals aber das der Erdmaus eigentümliche Stakkato-Gezeter erreicht. Während das Weinen des Verlassenseins mit dem 9. oder 10. Lebens- tage, also dann, wenn selbständige Fortbewegung möglich ist, verschwindet, bleiben Drohruf und Unterwerfungsruf zeitlebens erhalten.

D. Schlußbemerkung.

Die vorliegende Darstellung des Verhaltuns der Nordischen Wühlmaus im Käfig und ihrer Jugendentwicklung ist als Beitrag für eine zukünftige vergleichende Verhaltensanalyse einheimischer Microtinen gedacht. Erst wenn für jede Art eine ähnliche Abhandlung vorliegt, wird ein abschließender Vergleich möglich sein. Immerhin lassen sich schon jetzt folgende Besonder- heiten der Nordischen Wühlmaus kennzeichnen: Ruhiges Wesen und Ver- trautheit dem Pfleger gegenüber; Vorliebe für Wasser; geringeres, d.h. lang- sameres Fortpflanzungspotential und geringere Neigung zur Großfamilien- bildung und damit auch ein geringeres „Verdichtungspotential“ als bei Feld- mäusen unter gleichen Haltungsbedingungen. Die körperliche Entwicklung sowie die der Sinne und der Verhaltensweisen zeigt dagegen völlige Überein- stimmung mit den beiden anderen einheimischen Microtus-Arten Feldmaus und Erdmaus, nicht dagegen mit Schneemaus (Frank 1954), Großer Wühl- maus (Arvicola terrestris) und Rötelmaus (Chlethrionomys glareolus), die mehr oder weniger starke Abweichungen in der Jugendentwicklung erkennen lassen und damit ihre gesonderte Behandlung durch die Systematiker be- stätigen.

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—, 1954. Beitrag zur Biologie, insbesondere Jugendentwieklung der Schneemaus (Chionomys nivalis Mart.). Z. £. Tierpsychol. 11, 1—9.

—, 1956. Beiträge zur Biologie der Feldmaus (Mierotus arvalis Pallas). Teil II: Laboratoriumsergebnisse. Zool. Jb. (Syst.) 84. 32—74.

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Küsthardt, G., 1942. Weitere Beobachtungen an Schneemäusen. Z. f. Säugetierkde. 14, 258—268.

Ognev, S. I., 1950. Säugetiere der UdSSR und der angrenzenden Länder. Mos- kau—Leningrad (russ.) Bd. VII.

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Erklärung der Abbildungen auf Tafel V.

Jugendentwicklung der Nordischen Wühlmaus (Mierotus oeconomus stimmingi Nehring) Photos F. Frank

Abb. 1: 1. Tag. Ohrmuscheln noch angewachsen, Zehen verwachsen, bis auf Schnurr- haare nackt. „Weinen des Verlassenseins‘' mit geöffnetem Mäulchen und etwas zusammengezogenem Körper.

Abb. 2: 3. Tag. Ohrmuscheln seitwärts gerichtet, Rücken mit feinem Haarflaum be- ‘deckt, Bauch nackt.

Abb. 3: 5. Tag. Ohrmuscheln rückwärts gerichtet, Behaarung auch an den Flanken, vor den Ohren heller Fleck, dunkle ‚Stiefelchen‘‘.

Abb. 4: 7. Tag. Haare beginnen von vorn über die Ohrmuschel zu wachsen, Kör- pergewicht wird bereits etwas nach rückwärts verlagert.

Abb. 5: 10. Tag. Kopf und Extremitäten überproportioniert, Augen gerade geöffnet (‚„Blinzeln‘‘), nur noch Ohrmuschelrand aus dem Fell herausschauend, Gewicht noch mehr nach rückwärts verlagert, Schnauzeputzen mit noch aufliegenden Vorderpfoten.

Abb. 6: 11. Tag. Zügiges Vorwärtslaufen mit abgehobenem Körper, Hinterbeine noch etwas steif durchgezogen, ‚‚Spüren‘‘ am Boden.

Abb. 7: 13. Tag. Kopf und Extremitäten überproportioniert, perfektes Hocken auf Hinterbeinen und Schwanz (,‚Dreibein‘‘), Vorderpfoten halten durchgebissenes Roggenblatt, dessen eine Hälfte einhändig gefressen wird.

Abb. 8: 18. Tag. Überproportionierung von Kopf und Extremitäten geringer werdend, flaches Hocken zum Schnauzeputzen mit Vorderpfoten, die gerade abgeleckt

werden.

Abb. 9: Erwachsen, etwa ein halbes Jahr alt, relative Kopf- und Extremitäten- proportionen reduziert, Schwanz aber gegenüber den andern Microtus-Arten relativ lang, starker Fettglanz.

6*

84 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Natürliche Auslese bei der Rötelmaus Clethrionomys gl. glareolus Schr. Von Georg H. W. Stein (Berlin). (Aus der Säugetierabteilung des Zoologischen Museums der Humboldt- Universität Berlin)

1. Problemstellung.

Zu beherrschender Geltung gelangt war der Selektionsgedanke bereits als reine Theorie, als abstraktes biologisches Prinzip. Genügend experimentelle Untersuchungen haben ihm längst auch die sichere wissenschaftliche Grund- lage gegeben, und so unanfechtbar gehört die Selektion jetzt zum festen Fun- damente der gesamten Biologie, daß Meinungsverschiedenheiten nur noch über ihren Wirkungsbereich im Evolutionsgeschehen bestehen.

Wer es heute also unternimmt, Auslesevorgänge aufzuzeigen, könnte leicht offene Türen einrennen, und das um so eher, wenn. es sich um so einfache Dinge handelt, wie sie hier vorgelegt werden sollen, nämlich um die intra- spezifische Selektion der Körpergröße innerhalb der niedrigsten systemati- scher Einheit, der Population.

Aber um einen experimentellen Nachweis dieser Art dessen es auch kaum mehr bedürfte geht es uns nicht, vielmehr um „natural selection“. Und gegen die Realität dieser Auslese in der Natur hat man eingewandt, und wenigstens formal nicht mit Unrecht, sie ermangele der sinnlichen Wahr- nehmung. In der Tat begegnen wir ihren Auswirkungen draußen zwar aller- orten, ihr Walten selbst verläuft jedoch ganz unauffällig, weil gemeinhin in kleinsten Maßstäben und so langsamen Schrittes, daß es uns verborgen bleibt. Zu spät kommt hier gewöhnlich der Mensch, sieht, was sich vollzogen haben sollte und schließt, gebannt von ihrer „scheinbar zwingenden Logik“ (Re- mane) auf Selektion. Für einen Einblick in Auslesevorgänge selbst wäre eine Kenntnis des Zustandes vor und auch nach dem Eintritte des Ereig- nisses unumgänglich, und da sich nicht voraussehen läßt, wo, wann und ebensowenig bei welchen Organismen Selektion sich etwa vollziehen wollte, gliche die planmäßige Suche danach einem Blindekuh-Spiele. Nur der Zu- fall vermöchte Material zusammenzufügen, das auch das Vorher mit um- faßte. Einem solchen Zufalle sind nun die beiden Serien von Clethrionomys glareolus zu danken, die natürliche Auslesevorgänge vor Augen führen: Für ganz anders gerichtete Untersuchungen war Anfang 1955 auch eine Serie von Rötelmäusen gesammelt worden. Eine Parallelreihe des Jahres 1956 zeigte schon in ihren Anfängen auffällige Abweichungen in vermindertem Anteile der leichtesten, kleinsten und wie sich später ergab auch der jüngsten Tiere. Es handelt sich um eine Einschränkung der Bestandsdichte,

G.H. W. STEIN, Natürliche Aüslese bei der‘ Rötelmaus 85

und der Nachweis, daß sie nicht wahlios vor sich geht, sondern nur eine be- stimmte Größen-, Gewichts- und Altersgruppe was im Prinzip dasselbe ist betroffen wird, ist die Aufgabe dieser Arbeit.

2. Material und Methodik.

Aus der Zeit zwischen dem 1. 1. und 1. 5. liegen für 1955 274 und für 1956 445, zusammen 719 selbstgesammelte Stücke aus der Umgebung von Fürstenwalde bei Berlin vor. Sie sind optimalen Rötelmausbiotopen entnom- men worden, das sind feuchte, lichtere Laubmischwäider vom Erlen-, Birken- (Eichen-)Typ mit reichlichem Unterholz von Holunder (Sambucus nigra), Faulbaum (Rhamnus frangula), Hartriegel (Cornus sanguinea), Haselnuß (Corylus avellana) und eingesprengten Hecken von Himbeere (Rubus idaeus) und Brombeere (Rubus spec.). Auch einige Mischwaldränder ähnlichen Cha- rakters sind abgesammelt worden. Die Tiere beider Jahre stammen überwie- gend aus einunddenselben Lebensräumen, nach Zeit und Herkunft besteht also gute Übereinstimmung. Angewandt wurde das Verfahren der Fangreihen (trap-lines) mit einem annähernd festen Abstande von 10m je Falle. So läßt - sich eine Bestimmung der Bestandsdichte ableiten. Genügend großes Material gleicht Zufallsschwankungen der Einzelergebnisse aus und erlaubt eine sta- tistische Behandlung. Angegeben werden stets Fanganteile in Prozenten (An- zahl der gefangenen Rötelmäuse x 100 / Fallenzahl).

Analysiert sind die Serien nach Unterschieden in Körpergröße und Lebens- alter. Als Maßstab für Körpergröße dienen die Gewichte und die Schädel- längen (Condylobasallängen). Wintergewichte sind recht einheitlich und als Maßstab für Körpergröße brauchbar. Bei den Durchrechnungen der Gewichte und Schädellängen darf Übereinstimmung in den Anzahlen nicht erwartet werden. Angefressene Stücke, deren Gewichte nicht benutzbar sind, decken sich nicht mit denen, deren Schädel, weil von den Fallen zerschlagen, ausge- schieden werden mußten.

Für eine Einsicht in den Aufbau einer Population ist die Kenntnis ihrer Alterszusammensetzung unentbehrlich. Glücklicherweise ist gerade hierin bei der Rötelmaus eine sichere Basis vorhanden. Anders als bei den meisten, Microtinen behält sie nicht zeitlebens offene Zähne, sondern bildet mit dem Alter Wurzeln aus, deren Längenzuwachs eine hinlänglich sichere Alterszu- ordnung gestattet (Zimmermann 1937 und 1950, Prychodko 1951, Wasilewski 195, Koskina 1955). Zugrundegelegt wird hier die von Wasilewski getroffene Einteilung (M,):

Gruppe I Molaren noch wurzellos »„ 41 M, mit Wurzeln bis 0,3mm III M, mit Wurzeln bis 0,9 mm Ss IV Länge der Wurzeln 1,0—1,5 mm of V Länge der Wurzeln über 1,5 mm.

86 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zwei Stück aus dem Gesamtmaterial können nach der Molarenbewurze- lung von vornherein von der weiteren Behandlung ausgeschieden werden, zu- erst 19 vom 18.1.56, das schon mit seinem überhohen Gewicht von 27g aus der Variationsbreite herausfällt und zur Altersgruppe V gehört. Es ist das einzige Stück im zweiten Winter seines Lebens und bestätigt wieder, daß kleine Wühlmäuse nur in Ausnahmefällen älter als ein Jahr werden. Das Tier hat ein Mindestalter von 16 Monaten erreicht. Der Anteil dieser Altersgruppe in meinem Material (n=?719, Jan.—April) beträgt 0,14%. Das zweite ausgesonderte Stück, @ vom 1.4.55, hat wurzellose Molaren und trägt noch das Jugendkleid, entstammt demnach einem Winterwurf. Winter- vermehrung ist für Clethrionomys in Deutschland nahezu unbekannt. Die übrigen 717 Rötelmäuse sind sämtlich Jungtiere aus dem Vorjahre, Lebens- alter zwischen 4 und 11 Monate.

3. Zur Dariabilität der Schädelgröße bei Clethrionomys gl. glareolus.

Auch in den neuesten Zusammenstellungen wird die Schädellänge unserer Unterart, immer noch fußend auf Miller (1912), einhellig mit 24,6 mm max. angegeben. Zum Teil ist das richtig, zum Teile falsch. Es gibt Jahre, für die die alte Angabe stimmt, die Schädel also keine höheren Maße haben und Jahre, in denen sie größer sind mit dazu erheblichem Anteil solcher höheren Werte. Der ersten Gruppe ist offenbar die Reihe von 542 Rötel- mäusen aus dem Urwalde von Bialowies (1946—1948) zuzurechnen (Wasi- lewski 1952), unter denen ein einziges Exemplar über 24,6 mm (24,9) auf-. tritt. Das Ausmaß der zeitlichen Schwankungen der Variabilität der Schädel- längen demonstrieren zwei Serien meiner Sammlung, die aus einunddem- selben Lebensraum, jedoch aus verschiedenen Jahren stammen. Biotop: Iso- lierte Brombeerhecke in von Unterholz sonst freiem Kiefernhochwald; Zu- und Abwanderung aufs stärkste eingeschränkt.

Fundort Condylobasallängen, Endwerte ee Zeit 241 |2]3|4|5|6|7|s|9| 250 |ıl2]3 4|ö|n Ahrensdorf | I: Br en, ee welde U | 3 | ie #9] d.h. Vorjahrstie- Mai bis Juli ren bestehend 1951 Ahrensdorf i Kr. Fürsten- Gesamtmaterial, walde 1 -/1/1/1/1|1/1|-| 3- |-|-|-1!-1[1162| d.h. einschließ- : lich derJungtiere Juni 1954

| Tab. 1: Zeitliche Größenschwankungen der Schädellänge bei der Rötelmaus.

Auswahl und Umfang beider Reihen lassen die Unterschiede in der Varia- tionsbreite als gesichert erscheinen. Die Rötelmaus gehört damit zu jenen

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der. Rötelmaus 87

kleinen Säugetieren, für die in den letzten Jahren die auffällige Erscheinung der zeitlichen Größenschwankungen nachgewiesen wurde: Maulwurf, Talpa europaea (Stein 1951), Erdmaus, Microtus agrestis (Ghitty 1952), Feld- maus, Microtus arvalis (Zimmermann 1955). Für die letzten beiden Arten sind die Zusammenhänge mit der Bestandsdichte erwiesen.

4. Dynamik der Bestandsdichte der Rötelmäuse 1955 und 1956.

]ı955 BB 1956

Abb. 1: Bestandsschwankungen der Rötelmäuse einundderselben Lebensräume in zwei aufeinanderfolgenden Jahren.

In vier Lebensräumen (1—4) haben sich, bei schon hoher Konzentration im ersten Jahre, die Bestände weiter erhöht, zum Teil verdoppelt. Das sagen auch die Gesamtergebnisse beider Fangperioden aus:

Bd Anzahl der Anteil in Zeitabschnitt Fe De gefangenen Fang- Fallen ne Clethrionomys prozenten Januar— April 1955 | 1927 | 274 | 14,22 1956 | 2087 | 445 | 21,32

Die Differenz der Prozentwerte ist statistisch real. Diese Bevölkerungszu- nahme ist die Basis unserer weiteren Betrachtungen. |

Die Zahlen aus dem letzten Lebensraum (Abb. 1,5) stellen diesen Befund allerdings auf den Kopf. Höchste Bestandsdichte wurde dort bereits 1955 registriert, und sehr bezeichnend wurden damals in diesem Mischwalde auch die ersten leichten Schäden an Rindenfraß beobachtet. 1956 war die Be- standsdichte auf ein Minimum abgesunken, und das Rötelmausrevier bot im Januar einen ungewöhnlichen Anblick: Schon von weiten leuchteten die Wipfel der Holunderbüsche wie beschneit aus dem Walde heraus. Jüngere Schößlinge standen gleich weißen Stäben da, oberschenkelstarke Stämme waren an ihrem Fuße der dicken Borke bis auf den Splint entkleidet und mit hohen Wällen von Spänchen eingefaßt. Faulbaum zeigte ebenfalls Schä- den, jedoch in geringem Umfang; vom Hartriegel war junges, rotrindiges Holz heilgeblieben, altes bis in die Spitzen der Zweige hinein benagt. Der

88 | Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Wipfel einer vom Sturme gebrochenen Pappel (Populus tremulus) lag total entrindet am Boden. Dünnste Zweige der verschiedenen Holzarten waren vollständig abgebissen, und ihre säuberlich benagten Reste lagen nun in Häufchen unter irgendwelcher Deckung. Und alles war das Werk kleiner Nagetiere, der Rötelmäuse, denn in Fallen, an die angegangenen Bäume ge- stellt, fing sich kaum anderes als diese Art! Auch in geographisch weiterem Rahmen sind 1956 solche katastrophalen Fraßschäden vorgekommen. H.Stubbe hat sie in einem Laubmischwalde bei Gatersleben gesehen, H. Weber (Ser- rahn) wurden sie vom Darß und von Hiddensee berichtet. Einheitleichkeit zeigt sich jedoch schon in meinem Untersuchungsgebiet keineswegs. Es gibt auch Lebensräume, in denen das Unterholz überhaupt nicht gelitten hat. Überall sind nun die Beziehungen zwischen Fraßschäden und Individuen- zahl dieselben: Je umfangreicher jene, um so geringer die Anzahl der ge- fangenen Rötelmäuse. So betrug ihr Anteil in Fangprozenten in drei Lebens- räumen, in denen das Unterholz aufs schwerste beschädigt war, Ende März 1956 nur noch 5,5 gegenüber dem Durchschnittssatze von 21,3. Es müssen erhebliche Mengen von Tieren an diesen Verwüstungen beteiligt gewesen sein, und nach der Frische der Fraßstellen und Spänchen zu urteilen, waren sie bis vor kurzem noch tätig. Da Abwanderung, etwa in Felder und Wiesen, woran immerhin gedacht werden könnte, bei den streng an Gebüsch und Baumwuchs gebundenen Rötelmäusen gänzlich entfällt, bleibt nur der Schluß übrig, sie sind zugrundegegangen.

In einem Mischwalde, dessen Größe (0,75km?) eine Beeinflussung der Er- gebnisse durch wiederholten Fallenfang ausscheidet, ließ sich die Dynamik

1956

verfolgen: Be Anzahl der Fangtermin en da gefangenen | 0% ee Clethrionomys Januar— Anfang März 1956 | 397 | 114 | 33,8 Ende März Ende April | 380 | 30 | 7,9

Die Differenz der Prozentzahlen ist signifikant. Etwa Dreiviertel der ge- samten Bevölkerung ist hier umgekommen! Solche Verluste erscheinen für normale winterliche Bestandsrückgänge zu hoch und sind eher als Zusammen- bruch der Population anzusehen. Herauszustellen ist dabei, daß sich dieser Vorgang nicht während der Belastungen durch den schweren Kälteein- bruch dieses Winters und seine Folgen, die Schneeschmelze mit langanhalten- dem Wasserstau, vollzogen hat, sondern erst danach, in den Wochen des milden Vorfrühlings. Und vor Eintritt der hochwinterlichen Witterung war der Zusammenbruch im Tempelberger Forst (Abb.1,5) erfolgt (Jan. 56 nur

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der Rötelmaus 89

noch 11,1 Fangprozente). Beide Zusammenbrüche sind also wetterunabhängig vor sich gegangen.

Die bisher gewonnenen Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen: Die Fortpflanzungsperiode 1955 hat die vorher schon erheblichen Dichtekonzen- trationen der Rötelmäuse weiter kumuliert. In den Wintermonaten 1955/56 trat ein Zusammenbruch ein, der sich dadurch charakterisiert, daß er 1. zwar enorme Bevölkerungsrückgänge zur Folge hatte, indessen durchaus nicht alle Populationen erfaßte, 2. sich bei den betroffenen zu verschiedener Zeit voll- zog, und 3. in den beobachteten Fällen wetterunabhängig verlaufen ist.

Noch im April waren vier Rötelmausbevölkerungen in ihren Beständen wenig angetastet (310 Fallen, 92 Clethrionomys = 29,7 %), und sehr bezeich- nend trat Rindenfraß in allen kaum auf. Es will nun nicht einleuchten, wes- halb die Tiere hier die Rinde wenig beachtet haben, wo sie sie doch nach den Angaben in der Literatur mit Vorliebe fressen sollen; wie es gerade von dieser Vorstellung aus auch unverständlich bleibt, daß es Jahre ganz ohne Fraßschäden gibt. Hohe Bestandsdichte und Rindenfraß gehören zusammen, er ist weit mehr das Kennzeichen für einen Notstand der Populationen als Ausdruck normalen Bedürfnisses. In Revieren mit ausgedehnten Verwüstun- gen fällt nun auf, daß die Wipfel der Sträucher (bis nahezu 4m Höhe) auch dann erklettert wurden, wenn in den unteren Bezirken die Rinde wenig an- gegangen war. Und bis zu 10m über deckungsloses Gelände sind die Rötel- mäuse gelaufen, um zu einzeln noch im Kiefernhochwalde stehenden Büschen zu gelangen, für so schüchterne Geschöpfe wie kleine Wühlmäuse ein un- gewöhnliches Verhalten! Die Wälle von Spänchen, die starke Holunder- stämme am Fuße umgaben, zeigten deutlich eingetretene Ringbahnen, die nur von Jagereien herrühren konnten. Offenbar haben die Tiere sich hier den Zugang streitig gemacht. Es kann nur Wettbewerb um Nahrung sein, der all diesen Erscheinungen zugrundeliegt, struggle for existence, aus dem dann Selektion resultieren müßte, und diesen Grundgedanken Darwins in seiner einfachsten Konzeption wollen uns die Rötelmäuse demonstrieren.

Für unsere Auffassung, Nahrungsmangel, hervorgerufen durch Übervölke- rung, sei der entscheidende Faktor des Zusammenbruches, spricht weiter, daß im Winter 1955 unter 274 gefangenen Rötelmäusen nur 12 (= 4,4%) von Artgenossen angefressene sich vorfanden, 1956, bei höchster Bestands- dichte, dagegen 44 von 402 (= 11,1%), und die waren zum Teil soweit ver- zehrt worden, daß ein Häufchen Haare, der Schwanz oder ein Fuß hin- reichen mußten, die Art zu erkennen.

Auch für verwandte Formen, Microtus agrestis und Microtus arvalis, ist es bekannt, daß ernste Fraßschäden an Holzgewächsen erst bei hoher Be- standsdichte auftreten. Sogar für Microtus oeconomus ließ sich das im Früh- jahr 1956 verzeichnen: In einem eiszeitlichen Feldtümpel siedelten die Tiere so dicht, daß alles frische Gras abgefressen war, dazu das erste Grün der

90 . Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956.

Wasserpflanzen, zu dem sie nur schwimmend hatten gelangen können. Und hier fanden sich die starken Stämme niederliegender Weiden (Salix spec.)

ebenfalls angenagt.

5. Die Dariabilität der Gewichte 1955 und 1956.

Im Juni, auf dem Höhepunkt ihres Lebens, erreichen vorjährige Rötelmaus- männchen Gewichte bis zu 34g, die Steigerung bei Weibchen bis 37g ist auf Gravidität und Laktation zurückzuführen. Die Variationsbreite der Winter- tiere ist eingeschränkt (mit Mittelwerten um 18g für beide Geschlechter) und überschreitet 25g nur in Ausnahmefällen. Gegen das Frühjahr hin ver- schieben sich die Kurven der Geschlechter, die Männchen eilen voraus, und das macht eine getrennte Behandlung nötig. Tab.2 bringt eine Zusammen- stellung der Männchengewichte beider Jahre (in Klammern die Prozentwerte):

vewiehionlassen [12 14l15—1z]18—20121—23122—26[27— 25) n | M | m gg 1955, TE a N a | | “JanuarbisApril | (@) | 82) | @&6) | as) | a | (a | 1# | 2316 |#0,097 gg 1956, 1.,|,;31.|,86, 1061, 7 000 03 05 | JanuarbisApril | (d) | 9) | a5) | (9) | ao) | ay | 7 | 2909 [0,176

Tab. 2: Variabilität der Gewichte männlicher Rötelmäuse in 2 aufeinanderfolgenden Jahren.

% 50-

40- 30 PCR

20

3) 010, 190 220 Pe ac ammGewich:

E72] 71955 1956

Abb. 2: Häufigkeitsverteilung der Gewichte männlicher Rötelmäuse ın zwei aufein- anderfolgenden Jahren.

1956 sind die niedrigsten Gewichtsklassen stark vermindert, weiter haben sich die Mittelwerte von 19,16g auf 20,09g verschoben. Diese Unterschiede sind signifikant. 1956 sind die Rötelmausmännchen also im Mittel schwerer geworden, und das bei höchster Bestandsdichte, also verschärfter Nahrungs- konkurrenz und für den Anteil der zuletzt gefangenen Tiere (von Mitte Februar ab) unter den erschwerenden Bedingungen des harten Winters.

G.H.W.STEIN, Natürliche ‘Auslese bei der Rötelmaus 91

Finden sich 1955 Gewichte bis 15g noch bei 22 Tieren unter 149 = 14,8 %, so ist deren Anteil 1956 auf 2,4% (5 von 212) gesunken.

Für die Analyse der Gewichte der Weibchen muß das Aprilmaterial aus- geschieden werden. Unterschiedliche Intensität des Fortpflanzungsbeginns beider Jahre macht sich dann störend bemerkbar. Die Sexualperiode setzte zwar in ihrem Zeitpunkt gleichmäßig ein, jedoch mit wesentlichen Abwei- chungen in der Beteiligung der Tiere:

1955 34 OD davon 15 gravid = 44% 1956 25 QQ davon 3 gravid - 12%

Der durch die Trächtigkeit verursachte steile Gewichtsanstieg verwischt bei der auch relativ höheren Zahl der OO im Jahre 1955 die realen Ge- wichtsunterschiede in beiden Jahren.

ie een | M | m a | 909 1955, 6 32 22 3 | Januar bisMärz | (9) (51) | (85) (5) | B Ra EL VER 99 1956, 1 44 72 12 2 een | | | | | 1831 40,165

Tab. 3: Variabilität der Gewichte weiblicher Rötelmäuse in 2 aufeinanderfolgenden Jahren (Wintertiere).

Auch hier liegen die Differenzen der Mittelwerte außerhalb des Zufalls- bereiches.

13.16 19 '22. 25 Gramm Gewicht

211955. . E23 1956

Abb. 3: Häufigkeitsverteilung der Gewichte weiblicher Rötelmäuse in zwei Blei anderfolgenden Jahren (Wintertiere).

Abb. 3 bringt die Variationspolygone der Gewichte der Weibchen beider Jahre. Sie gleichen durchaus denen der Männchen. Wieder zeigen sich die Abweichungen in den Klassen der leichtesten Tiere. So sind 1955 in den Gruppen bis 15g 20 von 63 vorhanden (= 31,7%), 1956 dagegen von 131 nur 4 (= 3,1%).

92 - 0 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

6. Die Schädellängen.

Schädellängen 21.0—| 21.3— | 21.6— | 21.9— | 22.2— | 22.5— | 22.8— | 23.1— in mm 21.2 31.5 131787 21224) sa 6nzo a oe. ln 6 a 4 | 42 97 April 1955 1) @. (do).| (ds? oo, omas oo ln ae 6 31...» 491 oh oz az April 1956 (1) (2) (9) (14) | (20) | 721) Schädellängen | 23.4— | 23.7— | 24.0— | 24.3— | 24.6— k M in mm 236 | 23.9 | 242 | 245 | 248 er Senne lee ı | 2 | 206) | 22,79 | x 0,044 April 1955 (8) (6) (2) )) (100) AO mtr 36 17 9 2 338 | 23,12 | + 0,043 April 1956 19) | ao | © (3) (1) | (100)

Tab. 4: Variabilität der Schädellängen von 544 Rötelmäusen (Jg +29) in 2 Jahren verschiedener Siedlungsdichte.

9a

20

19

21.1 21.4 21.7 22.0 22.3 22.6 22.9 23.2 23.5 23.8 24.1 24.4 24.7 mmCblg.

a en 1 1956

Abb. 4: Variabilität der Schädellängen von 544 Rötelmäusen (JS +_P_Q2) in zwei Jahren unterschiedlicher Siedlungsdichte.

Die gleiche Verschiebung nach den hohen Extremwerten hin wie bei den Gewichten weisen auch die Schädellängen auf. Kleinste Schädel treten 1956 in verminderter Anzahl auf, und die Mittelwerte sind von 22,79mm auf 23,12 mm angestiegen. Die Differenzen sind statistisch real, auch die Schädel der Rötelmäuse sind also im Durchschnitt größer geworden.

Für eine Einzelpopulation (Tempelberger Forst, Abb. 1,5), die uns weiter unten wieder beschäftigen wird, seien diese Vorgänge noch einmal aufgezeigt. Dieser Reihe (Gewichte Z'Y' + OQ n := 44, Chlgn. So’ +99 n = 42), die die letzten Phasen des Zusammenbruches umfaßt, ist das Gesamtmaterial aus

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der Rötelmaus 953

noch intakten Populationen und zu gleicher Zeit gesammelt gegenüber- gestellt: (Gewichte Go’ +99 n= 170, Chlgn. So + QQP n = 134) an Material | 12-14 | 15-17 | 18-20 | 21-23 | 24-26

Tempelberger Forst 4 97.1.—26.2. 56 -

Zusammenbruch

30 7 1

Intakte 170 Populationen 13. 1.—6. 2. 56

D au or co 86) 19) eo)

ID

Tab. 5: Gewichte (JS +9) von Rötelmäusen in einer reduzierten und in intakten Populationen, Jan.—Febr. 1956.

22.1 22.4 22.7 |23.0 |23.3 |23.6 123.9 124.2 |24.5 1248| n

! | 21.2 ei EL

Forst 2a 2072556

Zusammenbruch

Tempelberger

Intakte |

Populationen —!—,3 [6 |j15 |30 |29 |21 11 |172 |4 |2 |1ı [1% 13. 1.—6. 2. 56

Tab. 6: Die Schädellängen (“JS +”P&) intakter und in ihrem Bestande reduzierter Populationen.

Besonders auffällig sind hier die Verluste in den niedrigsten Klassen der Schädellängenwerte bei allgemeiner Übereinstimmung der Variabilität mit den bereits herausgestellten Ergebnissen.

7. Die Alterszusammensetzung 1955 —1956. Geprüft wurden 472 Unterkiefer auf den Bewurzelungsgrad des M;:

Altersgruppe | l | 11 | 11 | IV | V | n 35 73 43 5 4 1955, 1.1.—1. 5. | (22) | (45) | (27) (3) | (3) | 160 21 101 135 45 10 1956, 1. 1.—1. 5. (7) (33) | (43) (14) (4) 312

Tab. 7: Bewurzelungsgrad des M, bei 472 Rötelmäusen einundderselben Lebensräume, gleicher Zeitabschnitte aber verschiedener Jahre.

Das Ergebnis ist überraschend: Ergab sich bisher erhöhter Rückgang der leichtesten (Gewichte!) und der kleinsten (Schädellängen!) Tiere im Jahre -. 1956, so zeigt sich nun, daß es ebenso die jüngsten sind, die davon betroffen

94 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

wurden. Die Population ist in ihrer Gesamtheit älter als die des Vorjahres. Die Differenz der Mittelwerte beider Reihen ist signifikant.

Abb. 5: Variationspolygone der Molarenbewurzelung von 472 Rötelmäusen gleicher Lebens- räume und Zeitabschnitte aber

verschiedener _ Jahre.

oo 50

40 30 20

10

I I MI MW NY Altersgruppe

DI 1955 1956

Die Korrelationstafel stellt die Beziehungen zwischen Länge der Schädel und Bewurzelungsgrad des M, dar. Die Richtung der korrelativen Werte

Abb. 6: Korrelationstafel der

Schädellängen und Alters-

gruppen von 472 Rötelmäusen

aus zwei Jahren verschiede- ner Bestandsdichte.

Cblg.

mm

245 ® oe e}

(6) je) oO 1955 81956 (©) n = 160 n=312

I U u % U Alters- gruppe

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der Rötelmaus 95

stimmt augenscheinlich für beide Jahre überein, die Verschiebung hat sich gleichsinnig vollzogen. Deutlich ist der geringere Anteil der kleinsten und jüngsten Tiere im zweiten Jahre wie das damit einhergehende verstärkte Auftreten größter und ältester. Noch schärfer treten diese Unterschiede heraus, wenn die Anzahlen für beide Jahre gleich wären.

Diskussion der Befunde.

Der für Clethrionomys glareolus hier aufgezeigte Vorgang der Verringe- rung des Anteiles kleinster Tiere und Erhöhung der Mittelwerte der Körper- größe infolge von Bestandsschwankungen ist uns bereits von Microtus agrestis (Chitty 1952) und Microtus arvalis (Zimmermann 1955) bekannt. Für die Feldmaus gibt Zimmermann (1955) folgende Erklärung: „Die sich hier andeutende Gesetzmäßigkeit je höher die Siedlungsdichte, um so größer die mittlere Körperlänge wird verständlich, wenn wir annehmen, daß die gleichen Außenfaktoren, die zum Anwachsen der Siedlungsdichte führen, auch dem Einzeltiere optimale Wachstumsmöglichkeiten geben.“

Wir sind zwar der Ansicht, daß sich bei aller Würdigung der Umwelt- komponente diese Theorie gerade für die zyklischen Übervermehrungen kleiner Nager nicht wird halten lassen, setzt sie doch Außenfaktoren von übereinstimmend rhythmischem Verlaufe voraus. Solche Periodizitäten sind uns jedoch nicht bekannt. Für die Rötelmäuse, deren Bestandsschwankungen wenigstens vorläufig ja eine singuläre Erscheinung sind, muß die Zimmer- mannsche Hypothese jedoch aufs ernsteste erwogen werden. Es könnte durch- aus so sein, daß die günstige Wetterlage des Sommers 1955 (reiche Nieder- schläge, optimales Nahrungsangebot, beste Deckung) die Voraussetzungen nicht nur für eine Bestandszunahme, sondern auch für beschleunigtes Wachs- tumstempo der Individuen geschaffen hätte. Damit wäre die Verringerung des Anteiles leichter, kleinster und jüngster Tiere, wie die Zunahme der mitt- leren Körpergröße aufs einfachste erklärt: Die gesamte Rötelmausbevölke- rung müßte schneller aus den niedrigsten Klassengruppen heraus- und in höhere hineingewachsen sein!

Allerdings verlöre damit die Molarenbewurzelung ihren Charakter als ab- soluter Maßstab des Lebensalters, sind doch die jüngsten Tiere 1956 eben- falls in überhohem Anteile verschwunden ihre Molarenwurzeln wären also schneller gewachsen wie sich auch die Altersentwicklung in der Gesamt- heit beschleunigt vollzogen haben müßte. Vorgänge solcher Art sind wenig wahrscheinlich, jedoch helfen Meinungen aus diesem Widerstreite nicht her- aus. Statt dessen seien weitere Befunde aufgeführt: Es werden nach ihrer Alterszusammensetzung die Populationen des Jahres 1956, in denen sich bereits ein Zusammenbruch vollzieht, den in ihrem Bestande noch intakten gegenübergestellt, zuerst die Population Tempelberger Forst (Abb. 1,5) den übrigen aus dem gleichen Zeitraum (Januar—Februar 1956):

96 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zahl der ; Be Zeittatm Bestands- Fallen- gef. Anteil NerSVer Inne

pP dichte zahl Clethriono-| in |, | ——— mys ı | |m|IvV|V|n.

n 29|16| 1 | - !46

Tempelberg Pe reduziert 484 55 11,4 | - r (63)1(35)] (2) (100)

i ot 23181 19222 0

Übrige |1. 1: Be A rakr 509 174 34,1

Populationen (17)I(59)|(23)| (1) (100)

Tab. 8: Alterszusammensetzung der Rötelmäuse in einer reduzierten Population und in intakten des gleichen Zeitraumes.

Auch ohne Nachweis der statistischen Realität, die als annähernd erbracht gelten kann, sind die Unterschiede in der Alterszusammensetzung beider Reihen überzeugend. Die jüngste Altersklasse fehlt der Zusammenbruchs- population gänzlich! Die zeitliche Übereinstimmung läßt die Wirksamkeit von Außenfaktoren ausscheiden, sie hätten denn in einer Population das Wachstum beschleunigt, in den übrigen verzögert. So bleibt für das Ver- schwinden der jüngsten (leichtesten und kleinsten) Stücke in der Zusammen- bruchspopulation nur die Wirksamkeit eines anderen Faktors übrig, eben der Selektion, die über Wettbewerb um Nahrung die Be- standsdichteeingeschränkthat.

Das Gesamtmaterial aus dem April 1955 (Tab. 9) läßt gleichfalls eine andere Deutung nicht zu. Wieder sind die verminderten und die in ihrer Individuen- zahl nicht eingeschränkten Populationen zusammengestellt. Die ersten umfassen acht Rötelmausbevölkerungen mit Fangprozenten unter 13%, die letzten fünf mit Anteilen über 23%. Zwischenglieder fehlen, es ist im April also eine deutliche Sonderung hinsichtlich der Bestandsdichten vorhanden. Die An- zahl der Fänge und die aufgewandte Fallenzahl lassen die Unterlagen als

verläßlich erscheinen.

Ger AuAh Altersklassen Population |Anz hl | Zeitraum |Fallenzahl | Rötel- BER mäuse in ®%

bei ujınlıvlv| n

April

Reduzierte 8 1956 553 47 8,5 |,-+ | 18127 17 346 Intakte 5 a 345 101 222 |-ıleslıs) 4 |96

Tab. 9: Altersverteilung bei intakten und reduzierten Rötelmauspopulationen im

April 1956.

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der Rötelmaus 97

Auch hier ist die statistische Realität als nahezu erbracht anzusehen (D- 0,73, 3 op = 3: 0,25 = 0,75).

Seit dem Januar (siehe Tab. 8) ist die Molarenbewurzelung stetig fortgeschritten, und die Populationen sind eine Altersgruppe aufgerückt. Da- zu gesellt sich für die in ihrem Bestande verminderten eine Verschiebung in der Richtung, daß ihnen wieder die niedrigste Klasse fehlt. Auch hier wird niemand im Ernst an eine Sonderentwicklung im Sinne eines beschleunigten Wachstumstempos denken wollen. Es liegt vielmehr das tatsäch- liche Verschwinden eines wohlabgegrenzten Bevölkerungs- anteiles vor, und was als spezielles Ergebnis noch herauszuheben ist die Bedeutung der Molarenbewurzelung als Alterskriterium bleibt bei die- ser Sachlage unangetastet.

Ob es sich bei den vorangegangenen Analysen um die Untersuchung von Einzelpopulationen im Nebeneinander oder in zeitlicher Folge gehandelt hat oder um die Betrachtung des Gesamtmaterials, das Ergebnis blieb stets das- selbe, und wir halten uns für berechtigt, eine gemeinsame Ursache für die gleichen Vorgänge anzusetzen. Wir sehen sie in der Elimination der Schwäch- sten im Wettbewerb um Nahrung. Wenigstens grundsätzlich werden sich die drei Kategorien der leichtesten (Gewichte), kleinsten (Schädellängen) und jüngsten Tiere decken, den Ausschlag bei den Konkurrenzkämpfen der Rötel- mäuse gab augenscheinlich allein die Überlegenheit des physisch Stärkeren. Die Verschiebung der Mittelwerte nach den hohen Extremwerten hin ist der Ausdruck dafür, daß sich die Kämpfe nicht nur innerhalb der niedrigsten Klassen, sondern in der gesamten Population abgespielt haben.

Nicht zu entscheiden ist vorläufig die Frage, ob eine Auslese nur von Phänotypen vor sich geht oder ob sich auch eine Änderung in der genetischen Zusammensetzung der Populationen vollzieht. Unbezweifelbar ist, daß Kör- pergröße zuletzt auf erblicher Grundlage beruht, und die Verteilung der Körpergrößenwerte in einer Population wenigstens im Prinzip der Zufalls- kurve entspricht. Ich halte es nun für wahrscheinlich, daß die Selektion, die die schwächsten Tiere eliminiert, damit auch die genetisch kleinwüchsigen Extremwerte der Körpergröße in vermehrtem Umfange erfassen müßte und daß sich nach diesem Modus und bei der Schnelligkeit von Wurffolge und Heranwachsen bei kleinen Nagern wäre das durchaus denkbar jene auffälligen Erscheinungen vollziehen, wie sie sich bei der Rötelmaus, und in ihrem Verlaufe besser bekannt bei der Feldmaus, in den zeitlichen Größen- schwankungen der Körpergröße demonstrieren.

Auch bei der Erhöhung der Mittelwerte und dem vermehrten Auftreten hoher Extremwerte wären nach dieser Auffassung genetische Vorgänge wesentlich beteiligt. Der Zusammenbruch, das Zugrundegehen der großen

7

98 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Tiere, von der Feldmaus uns genügend vertraut, wäre dann die Wirkung der Gegenselektion. Die Rötelmäuse haben uns diese Seite der Einschränkung der Variabilität, denn darum handelt es sich, noch nicht gezeigt. Die jahrweisen Schwankungen der Körpergröße weisen jedoch darauf hin, daß sie sich auch bei ihnen vollzieht.

Die aus der Bestandsdynamik resultierenden Größenschwankungen und Selektionserscheinungen haben, evolutive Bedeutung natürlich nicht, auch dann nicht, wenn sie wesentlich auf genetischer Grundlage beruhen. Dazu ge- hörte mehr, nämlich eine gleichzeitige Änderung der Reproduktionsrate, wie die Orkney-Feldmäuse (Microtus arvalis orcadensis) das fertiggebracht haben. Bei ihnen ist zu ungewöhnlicher Körpergröße eine Verringerung der Wurf- größe (Leslie et. al. 1955) getreten.

Zusammenfassung

[nn

. Von Bestandsrückgängen der Rötelmäuse, Clethrionomys gl. glareolus, im Jahre 1956 wurden die leichtesten, kleinsten und jüngsten Tiere in über- hohen Anteilen erfaßt. Es wird nachgewiesen, daß hier natürliche Auslese im Wettbewerb um Nahrung vorliegt.

2. Untersucht wurden 719 Rötelmäuse aus der Umgebung von Fürstenwalde bei Berlin, 274 aus dem Jahre 1955, dem Zeitabschnitt vor Beginn der Auslesevorgänge, und 445 von 1956, gefangen während des Bevölkerungs- rückganges oder kurz danach. Beide Serien sind nach einer Methode gesammelt, sie stammen aus den gleichen Monaten und überwiegend aus einunddenselben Lebensräumen, sie sind also gut vergleichbar.

3. Nur ein Stück der Gesamtreihe befindet sich im zweiten Winter seines Lebens. Der Anteil dieser Altersgruppe (Mindestalter 16 Monate) beträgt im Gesamtmaterial (Jan.—April, n = 719) nur noch 0,14 %. Ein weiteres Exemplar trägt das Jugendkleid (1.4.55), entstammt also einem Win- terwurf. Wintervermehrung ist für Clethrionomys in Deutschland nahezu

unbekannt.

4. Die Gewichte männlicher Rötelmäuse im Hochsommer (Vorjahrstiere) erreichen 34g, Übergewichte der Weibchen (bis 37g) gehen auf Gra-

vidität und Laktation zurück.

5. Die Rötelmaus gehört zu der Gruppe kleiner Säugetiere, für die die auf- fällige Erscheinung der zeitlichen Größenschwankungen bekannt gewor- den ist. Es gibt Jahre, in denen nur eine Schädellänge bis 24,6 mm er- reicht wird und andere, in denen die Schädel bis 25,5 mm messen.

G.H.W.STEIN, Natürliche Auslese bei der Rötelmaus 99

6. Die Anfang Januar 1955 schon hohen Konzentrationen der Bestandsdichte

10.

11.

12.

13.

erfuhren in der neuen Fortpflanzungsperiode eine weitere Kumulierung. Sie stiegen bis auf das Doppelte (Zahlenwerte statistisch real). Im Win- ter 1955/36 erfolgte ein Bestandsrückgang, der sich dadurch charak- terisiert, daß er a) zwar enorme Bestandseinbußen zur Folge hatte, in- dessen durchaus nicht alle Populationen erfaßte, b) sich in den betroffe- nen zu verschiedener Zeit vollzog und c) in den beobachteten Fällen wetterunabhängig verlief.

. Die Intensität der Rindenfraßschäden (vor allem Holunder, Sambucus

nigra) steht in Beziehung zur Bestandsdichte: Je umfangreicher die Schäden, um so geringer die Fangergebnisse. Um so mehr Tiere waren. also ursprünglich vorhanden gewesen, und um so höher liegt die Vernich- tungsrate. Rindenfraß an Unterholz ist nicht der Ausdruck eines nor- malen Bedürfnisses der Rötelmäuse, sondern Kennzeichen des Notstandes der Populationen (Hunger).

. Die Zusammenbrüche sind zurückzuführen auf Wettbewerb um die Nah-

rung bei überhoher Siedlungsdichte.

Erfaßt wurden in überhohen Anteilen a) die leichtesten Tiere, nach- gewiesen an den Gewichten der Reihen beider Jahre, b) die kleinsten Tiere, ermittelt an den Schädellängen, c) die jüngsten Tiere, untersucht an der Molarenbewurzelung des M,. Alle Unterschiede der Mittelwerte sind statistisch real. Die drei Kategorien decken sich im Prinzip.

Nicht nur das Verschwinden dieses wohlabgegrenzten Bevölkerungsantei- les liegt vor, sondern zugleich haben sich auch die Mittelwerte nach den hohen Extremwerten hin verschoben, die Rötelmäuse sind also im Mittel schwerer, größer und älter geworden.

Die Möglichkeit, daß die Unterschiede in der Variabilität beider Reihen auf Beschleunigung des Wachstumstempos im zweiten Jahre zurückzu- führen sind, die Rötelmäuse 1956 also schneller aus den niedrigen Ge- wichts-, Größen- und Altersklassen heraus- und in höhere hineingewach- sen wären, scheidet aus. Es liegt reales Zugrundegehen der niedrigsten Gruppen vor, Vernichtung der Schwächsten durch physische Überlegen- heit der Stärkeren.

Die Bedeutung der Molarenbewurzelung als absolutes Alterskriterium wird von neuem erhärtet.

Es wird angenommen, daß an dem Zustandekommen der Gesetzmäßigkeit je höher die Siedlungsdichte, um so höher die mittlere Körpergröße genetische Vorgänge wesentlich beteiligt sind.

= + B

100 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Schrifttum Chitty, D., 1952. Mortality among voles (Microtus agrestis). Philos. Trans- act. Roy. Soc. London B, 236. Koskina, T.V., 1955. Methode zur Altersbestimmung von Clethrionomys und

ein Versuch ihrer Anwendung. Zool. J., 3%, Lfg. 3.

Leslie, P.H. et al., 1955. The longevity and fertility of the Orkney vole,

Microtus orcadensis. Proc. zool. Soc. London 125. Miller, G.S.,, 1912. Catalogue of the Mammals of Western Europe. London.

Prychodko, W., 1951. Zur Variabilität der Rötelmaus, Clethrionomys glareo- lus in Bayern. Zool. Jahrb. (Syst.) 80.

Stein, G.H.W., 1951. Populationsanalyt. Unters. am europ. Maulwurfe. !l. Über zeitl. Größenschwankungen. Zool. Jahrb. (Syst.) 79.

Wasilewski, W., 1953. Morphol. Unters. über Clethrionomys gl. glareolus. Ann. Univ. M. C.—Skl. Lublin 7.

Zimmermann, K. 1937. Die märkische Rötelmaus. Analyse einer Popu- lation. Märk. Tierw. 3.

—, 1950. Die Randformen der mitteleurop. Wühlmäuse. Syllegomena bio- logica Wittenberg.

—, 1955. Körpergröße und Bestandsdichte bei Feldmäusen (Microtus arvalis). Zs. Säugetierk. 20.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 101

Buchbesprechungen

Rudolf Mell Wochenend am Wendekreis. Begegnungen mit Tieren im Reich des‘ Drachen. Kosmos Gesellschaft der Naturfreunde, Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1955, 198 S., geb. DM 12.80.

Wenn es im Untertitel heißt „Begegnungen mit Tieren“, so liegt eine etwas irreführende Bescheidenheit darin, denn solche Begegnungen, etwa auf der Durchreise, können recht flüchtig und zufallsbedingt sein. Hier aber werden aus der Fülle jahrzehntelangen Lebens im tropischen China die schönsten und aufschlußreichsten Erlebnisse mit Tieren gebracht, und das in vollendetem und humorvollem Stil. Den Spezialgebieten des Verfassers entsprechend nehmen Reptilien, Amphibien und Vögel den Hauptteil des Buches ein, oft in meisterhaften Schilderungen uns unbekannter Lebens- formen wie bei Sanddrache oder Hausfrosch. Von Säugern werden behandelt: Schuppentier, Kragenbär, Goldkatze, ein Flughund, eine Ratte und Schopf- muntjak. Besonders schön ist die Illustration des Buches, vor allem die Fo- tos lebender Tiere (z.B. angreifende Riesen-Cobra, seltene Zwergfrösche, Schuppentier). Zu verbessern wäre lediglich die, wenigstens bei den Säu- gern, stark veraltete Nomenklatur. K. Zimmermann

Gerald. M. Durrell Tiere, Tänze, Trommeln. Auf Tierfang im Regenwald Kameruns. Kosmos Gesellschaft der Naturfreunde, Frankh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1955. 25 Textzeichnungen, 1 Karte, 16 Kunst- drucktafeln mit 19 Bildern.

Dieser Titel ist dem Buche nicht angemessen, er erweckt schablonen- hafte Erinnerungen an andere Afrika-Bücher, an sensationshungrige Jour- nalisten, an sensationssatte Löwen usw. Im englischen heißt das Buch „Die überladene Arche“, sein Inhalt ist Tierfang für Zoologische Gärten, aber hier schreibt kein Tierfänger, der nebenbei auch beobachtet hat, sondern ein Forscher, der vorübergehend auf Tierfang war. Zwei junge Zoologen sind ein halbes Jahr mit den Eingeborenen auf Fang aus, der eine ist vogel- kundig, der andere ist Säugetier- und Reptilien-Mann. Wir erleben alle Schwierigkeiten des Fangens, des Transportes und der Tierhaltung im Lager, von der Erziehung der eingeborenen Fänger bis zur Verfrachtung der einzig- artigen Beute. Ohne daß je eine lehrhafte Note laut wird, lernen wir vieles von Lebensraum und Lebensäußerungen so wenig bekannter Säuger wie Otterspitzmaus, Angola-Flughund (Rousettus angolensis), Blumennase (Hip- posiderus fuliginosus), Pinselohr-Schwein, Schwarzfuß-Manguste (Galeriscus nigripes), Bärenmaki u.a. Die Schilderung des Regenwaldes ist von großer

102 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Schönheit, erschütternd die Gegenüberstellung der naturverödeten Pflan- zungen. Die Mentalität der Eingeborenen und die Tropen-Ungewohntheit der Europäer ergeben heitere Konflikte, die ohne Überheblichkeit humorvoll beschrieben werden. Die Foto-Tafeln bringen Landschaftsbilder und Tier- portraits, die guten Strichzeichnungen im Text helfen auch dem Nicht- Zoologen zur Veranschaulichung der behandelten Tiere.

K. Zimmermann

B. Ottow Biologische Anatomie der Genitalorgane und der Fortpflan- zung der Säugetiere. G. Fischer, Jena 1955. 201S., 140 Abb,., DM 27,—.

Die vielen hochaktuellen Fragen der Fortpflanzungsbiologie, die z. Z. besonders beim Menschen und bei den Haustieren bearbeitet werden, haben den Mangel einer neueren vergleichenden Anatomie der Geschlechtsorgane als eine schmerzliche Lücke empfinden lassen. Das Buch von Ottow kommt also einem Bedürfnis entgegen. Als Einleitung ist eine knappe, aber ausrei- chende Embryologie vorangestellt. Der allgemeine Teil bildet eine gute Orientierung, vor allem für den Nicht-Zoologen. Ref. möchte hervorheben, daß die neueren Ergebnisse der funktionellen Anatomie eingearbeitet sind. Die einzelnen Ordnungen sind auf nur 109 Seiten ausreichend behandelt. In einem besonderen Kapitel sind funktionelle Veränderungen unter Ein- beziehung der physiologischen Regelungen beschrieben. Das Literatur- verzeichnis berücksichtigt erfreulicherweise auch die verschiedensten Rand- gebiete. Die Ausstattung, besonders die Abbildungen, sind erfreulich. Das Buch ist geeignet zu zeigen, wie die Säugetierforschung in vielfältiger Weise fruchtbar werden kann und ist daher, insbesondere auch zur Belebung unserer Fachwissenschaft, wertvoll. W. Koch.

L. Döderlein Bestimmungsbuch für deutsche Land- und Süßwassertiere, Wirbeltiere. 2. Aufl. besorgt von W. Jacobs und Th. Halten- orth. R. Oldenbourg, München 1955. 304 S., 266 Abb. Lw. DM 18,—.

Das früher besonders in Studentenkreisen beliebte Bestimmungsbuch für die einheimische Tierwelt erscheint jetzt in vier Einzelbändchen, von denen den Wirbeltieren allein ein Band gewidmet ist. Während bei den Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln die Anordnung der Tabellen im wesentlichen die alte blieb, wurden diejenigen für die Mammalia auf 124 Seiten von Th. Haltenorth vollständig neu bearbeitet. Sie gliedern sich in drei Teile. Der erste Abschnitt enthält eine Tabelle zur Bestimmung der Säugetiere nach äußeren Merkmalen, der zweite eine solche nach Schädel- und Gebißmerkmalen, der dritte bringt schließlich eine systematische Über- sicht der Säugetiere mit Angaben über ihre Verbreitung und dem von den einzelnen Arten eingenommenen Lebensraum. Sehr zu begrüßen ist, daß

Buchbesprechungen 105

hier der Versuch unternommen wurde, in den Tabellen die Bestimmung bis zur Unterart durchzuführen. Dürfte doch hierdurch in faunistisch inter- essierten Kreisen die Anregung gegeben werden, wieder sauber präparierte Balgsammlungen anzulegen, wodurch manche Wissenslücke über fragliche Verbreitungsgrenzen mit der Zeit geschlossen werden könnten. Leider haben sich einige Druckfehler in die Tabellen eingeschlichen, die dem auf- merksamen Leser aber wohl selbst als solche auffallen werden. Bedauer- licher erscheint aber, daß die dem Text beigegebenen Abbildungen nicht immer sehr typische Fälle darstellen, zum Teil auch zu Mißdeutungen An- laß geben werden. Dies trifft vor allem für einige Darstellungen von Zahn- schlingenmustern verschiedener Wühlmausarten zu. Bei einer hoffentlich bald notwendig werdenden Neuauflage werden sich diese „Schönheits- fehler“ aber leicht berichtigen lassen. KöBiecker

Wäscha-kwonnesin Kleiner Bruder Kosmos Gesellschaft der Natur- freunde, Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1955. DM 8,50, für Kosmos-Mitglieder DM 7,20.

Viele Säuger sind als soziale Tiere für engeren Anschluß an den Men- schen gleichsam vorgeeignet. Beim Biber kommt noch die mit dem Menschen gemeinsame Eigenschaft dazu, in selbsterrichteten Holzbauten zu wohnen. So bringt das Miteinanderleben von Mensch und Biber einerseits überraschende Zusammenarbeit etwa wenn die Biber in der ersten Winternacht im neuen Blockhaus alle Ritzen mit Moos zustopfen andererseits ergeben sich heitere Konflikte, wenn die Biber über die Ein- richtung der Hütte anders verfügen, als vom Menschen beabsichtigt war. Das Buch bietet Einzelheiten aus der Jugendentwicklung und aus dem Ver- halten freilebender und zahmer Biber, die es an sich für jeden Säugetier- forscher wertvoll machen. Darüber hinaus erwächst das Bild des Verfassers, eines Indianers, der unter Verzicht auf die Zivilisation des Weißen Mannes sein Leben der Idee des Naturschutzes widmet. Wie so oft ist auch hier die sonst gute deutsche Übersetzung nicht von fachkundiger Seite ausreichend kontrolliert, so finden sich „Rehe“ im kanadischen Walde.

K. Zimmermann

E. Ueckermann Das Damwild. Lebensweise, Ernährung, Bewirtschaftung des Wildbestandes, Wildschaden und Schadensverhütung. 1148. im „Diezel-Raesfeld“-Format mit 27 Textabbildungen und 8 ganzseitigen Bildtafeln. Paul Parey, Hamburg und Berlin 1955. Ganzleinen DM 16,80.

Die Kapitel über Vorkommen und Biologie sind knapp gehalten, bei der vorgeschichtlichen Verbreitung vermißt man die glazial-klimatologisch so bedeutsamen Dama-Funde vom Karmel-Gebirge/Palästina. „Dama meso- potamica“ wird nicht erwähnt; da Verf. aber von Vorderasien als einem

104 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Rückzugsgebiet des glazialen europäischen Damwildes spricht, scheint er einer Auffassung von mesopotamica als Unterart von dama zuzustimmen. Abgesehen von einer ausgezeichneten Darstellung von Geweih-Entwicklung und Zahnwechsel in Tabellenform bietet das Buch vom säugetierkundlichen Standpunkte wenig Neues. Dafür bietet es etwas anderes, das auch für uns Zoologen erfreulich und wichtig zu wissen ist: die Gewähr, daß in der Bun- desrepublik ebenso gründlich und erfolgreich an der Erhaltung unseres Wildes gearbeitet wird wie an seiner Einordnung in volks-, forst- und land- wirtschaftliche Gegebenheiten. So befaßt sich der Hauptteil des Buches mit „Wildstandsbewirtschaftung‘“ (tragbare Dichte, Alters- und Geschlechts- Aufbau des Bestandes, Wahlabschuß) und vor allem mit den Wildschäden, mit technischen und biologischen Maßnahmen zu deren Verminderung. Eine beim Lesen anfangs vielleicht vorhandene Befremdung über den nüchternen Ton des Buches macht bald Gefühlen der Bewunderung und Dankbarkeit dafür Platz, was hier mit dem Rüstzeug wissenschaftlicher Kenntnisse in Tierernährung sowie mit praktischer Vertrautheit aller technischen Hilfs- mittel für die Erhaltung eines Wildes erarbeitet wurde. K. Zimmermann

W. Tischler Synökologie der Landtiere Gustav Fischer Verlag, Stutt- gart 1955, XVI u. 414 S., 116 Abb. Ganzleinen DM 36,—.

Nachdem der vor über einem halben Jahrhundert von Botanikern geprägte Begriff ‚„Synökologie“‘ von Tierökologen übernommen wurde, diente er meist dazu, ganz allgemein den Zusammenschluß von Tier- gemeinschaften verschiedener Arten mit ihrer Umwelt anzudeuten, im Unterschied zur Ökologie des Einzeltieres oder der einer Spezie (Aut- ökologie),. So wird auch in dem vorliegenden Buch unter Synökologie eine funktionelle Einheit von Lebensraum (Biotop) und Lebensgemein- schaft (Biozönose) verstanden, in der die Organismen mit- und für- einander existieren. Obwohl neuerdings von Peus (1954) aus keineswegs leicht zu nehmenden Erwägungen heraus nur noch der Autökologie ein Le- bensrecht zugestanden wird, die grundlegenden Begriffe Biotop und Bio- zönose aber keine Existenzberechtigung mehr haben sollen und somit auch die reale Bedeutung einer Synökologie in Frage gestellt ist, muß die fleißige Arbeit, welche in der vorliegenden Veröffentlichung ihren Niederschlag fand, dankbar anerkannt werden. Das deutschsprachige Schrifttum ist nicht gerade reich an zusammenfassenden Darstellungen ökologischer Forschungs- ergebnisse. Wie nötig sie geworden sind, geht schon aus einer flüchtigen Durchsicht des auf 52 Seiten abgedruckten Schrifttums hervor, das über tausend Arbeiten aufführt, von denen mehr als 60 % erst in den letzten 15 Jahren erschienen sind. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit Fragen der „Allgemeinen Synökologie“. In ihm werden die vielerlei biotischen und abiotischen Einflüsse, mit denen sich die Tiere in ihrer Um-

Buchbesprechungen 105

welt auseinandersetzen müssen einzeln abgehandelt und ihre Wirkungen jeweils mit einer Fülle gut ausgewählter Beispiele belegt. Der zweite Teil des Buches widmet sich der „Speziellen Synökologie“. In ihm wird eine, Gliederung der Landschaften nach synökologischen Gesichtspunkten durch- geführt. Ausgehend von einer Charakterisierung der einzelnen Landschafts- bereiche, deren Physiognomie von ihrer botanischen Zusammensetzung, den klimatischen Gegebenheiten und den Bodentypen bestimmt wird, wer- ‚den die hier lebenden Tiergemeinschaften beschrieben. Neben den Natur- und Halbkulturlandschaften werden auf über 50 Seiten auch die einzelnen Typen der Kulturlandschaft: Menschliche Siedlungen, Felder, das Grünland, die Feldhecke und Feldgehölze mit ihren Lebensgemeinschaften dargestellt, wobei ihr Arten- und deren Abundanzwechsel als Folge der Bewirtschaf- tung besonders hervorgehoben werden. Hier zeigt sich die weitgehende Vertrautheit des Autors mit dem bisher erarbeiteten Wissen in hervor- ragender Weise. Als Nutzanwendung der daraus folgenden Erkenntnisse wer- den in einem Schlußkapitel Gesichtspunkte für die Landschaftshygiene und den Naturschutz gegeben. Das reichhaltige Schriftenverzeichnis, welches zu mehr als Y0 % Arbeiten aus dem Zeitraum von 1935 bis 1955 enthält, wurde bereits erwähnt. Eine kleine Liste mit kurzen Erklärungen der wich- tigsten Fachausdrücke erleichtert dem Neuling das Eindringen in den reich- haltigen Stoff. K. Becker

R. Gerlach Die Dierfüßler. Claaßen-Verlag, Hamburg, 2. Aufl. 1951. 384 S., 16 Bilder. Ganzl. DM 15,80.

Wir freuen uns, auch hier auf dieses für den Liebhaber und Zoo-Be- sucher zur Vertiefung seiner Kenntnisse vorzüglich geeignete Buch hinweisen zu können. Abgesehen von einigen Verbesserungen und Ergänzungen ist die zweite Auflage ein Nachdruck der bereits 1946 erschienenen Erstauflage. Sie ist jetzt auf holzfreiem Papier hergestellt und durch 16 gut ausge- wählte Fotos heimischer und tropischer Säugetiere geschmückt. Dem flüssig geschriebenen Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen. KK. Becker

Lehmann Tiere als Artisten A. Ziemsen Verlag, Wittenberg 1955. 260 S. mit zahlreichen Abb. Geb. DM 14,20.

Im wirtschaftlichen wie im geistigen Leben der Menschen spielt das Tier eine außerordentlich große Rolle. Diese Beziehungen sind allerdings, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zumeist sehr einseitiger Natur. Der Schwä- chere wird vom Stärkeren rücksichtslos benützt und die Verantwortlich- keit des Menschen, seinen Mitgeschöpfen gegenüber ist im allgemeinen sehr gering. Wir danken dem Verf., daß er in seinem einleitenden Abschnitt „Tier und Mensch“ auf diesen traurigen Tatbestand, ohne zu beschönigen, hinweist. Kein vernünftiger Mensch wird gegen die wirtschaftliche Nutzung

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des Tieres Einspruch erheben und keiner wird sich gegen die Bekämpfung von Schädlingen stellen. Jede Vernichtung wertvoller unschädlicher Tier- arten ist jedoch, wie der Verf. sagt, „nichts anderes als Mord“. Das sollte so mancher Trophäenjäger, der alljährlich seinen Birkhahn will, beherzigen. Zahlreiche Monographien haben die verschiedenen Tier-Mensch-Beziehungen dargestellt. Nur eine wurde bisher etwas vernachlässigt, und diese Lücke füllt der Verf., der die Schaustellung von Tieren und im Zusammenhang damit auch die Tierdressur sehr ausführlich bespricht. Die Dressur wird als „die Gewöhnung eines Tieres an ein vom Menschen gewünschtes Verhalten“ definiert. Die Gebrauchsdressur (Haustiere) ist recht alt, die Dressur zur Schaustellung in Europa viel jünger. Ursprünglich stellte man die Tiere, bloß aus. Es kam auch vor, daß man Bären oder Truthühner auf heiße Eisenplatten setzte, damit sie ‚Tänze‘ vollführten. Es gab auch eine Zeit, in der man auf die Tiere mit Eisenstangen loshieb und mit Wasserschläuchen bespritzte, um sie zu „bändigen“. Erst allmählich begann man einzusehen, daß eine gute Behandlung viel mehr Erfolg bringt. Hagenbeck war hier bahnbrechend. Die Methode hat allerdings nur dann Erfolg, wenn der Dompteur seine Pfleglinge individuell kennt und durch geschickte Dosie- rung von Belohnung und Strafe immer der Rangobere bleibt. Stets ist seine Aufgabe gefährlich. Ein unsicherer Schritt, ein Stolpern kann den Angriff auslösen. Das Tier reagiert sehr fein auf die geringsten Erregungsäuße- rungen seines Pflegers: auf unbewußte Zeichengebung, wie die Unter- suchung der ‚„denkenden“ Pferde und Hunde ergab, aber auch auf Zeichen der Unsicherheit. Die Zeiten, in denen Dressur und Tierquälerei dasselbe waren, sind heute glücklicherweise vorbei. Im Gegenteil, bereits Hediger machte darauf aufmerksam, daß manche Kunststückchen ausgesprochen gerne ausgeübt werden. Das Zootier langweilt sich und es gehört zur „Psycho- hygiene“, daß man es beschäftigt. Selbst im Freien erfinden die Tiere aller- lei Spiele. Ref. sah Dachse Purzelbäume schlagen und Seelöwen in freier Wildbahn mit Holzstücken Ball spielen.

Dressieren lassen sich bereits Wirbellose. Allerdings hätte Verf. nicht die Bramstädt’schen Versuche an Protozoen zitieren sollen, die durch die Ergebnisse von Grabowski (Z. f. Tierpsychol. 2, 1939) widerlegt sind. Im systematischen Teil werden die in Tierschauen und Zirkussen ge- zeigten Arten aufgezählt. Es ist eine überraschende Fülle: Insekten (Floh- zirkus, Grillenkämpfe), Fische, Frösche, Kröten, Krokodile, Vögel (Strauße, Kraniche, Hühner, Gänse, Tauben, Raubvögel, Papageien, Raben und Krähen, Wachtelkämpfe). Nicht alles, was die gezeigten Tiere tun, beruht auf Dres- sur. Oft werden nur künstlich Instinkthandlungen (z.B. des Kämpfens) ausgelöst. Am meisten wurde bisher mit Säugern gearbeitet, die ja am leich- testen Kunststückchen lernen. Die einzelnen Säugergruppen und die be- rühmten Dompteure werden uns vorgestellt (S. 72—249) und folgende

Buchbesprechungen 107

Gruppen zum Teil sehr ausführlich besprochen: Känguruhs, Hasen, Ratten, Mäuse, Robben, Raubtiere (allgemein), Hyänen, Geparde, Leoparde, Ja- guare, Luchse, Hauskatzen, Löwen, Tiger, Füchse und Schakale, Wölfe, Hunde, Bären, Wale, Elefanten und andere Dickhäuter, Pferde, Zebras, Esel, Maulesel, Rinder, Ziegen und Schafe, Hirsche, Kamele und Lamas, Schweine, Flußpferde, Affen. Es ist wirklich eine Überfülle, die vor uns ausgebreitet wird und jeder, der sich mit dem Verhalten von Tieren, ins- besondere von Säugern, befaßt, wird aus den zahlreichen Einzelbeobach- tungen Nutzen ziehen können. J. Eibl-Eibesfeldt

L. Spannhof Sinnesorgane bei Tieren A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt 1955. Neue Brehmbücherei, Heft 146.

Das Heft bietet in großen Zügen einen Überblick über die Anatomie und Funktion tierischer Sinnesorgane, wobei einleitend auf ihre besondere Bedeutung zu allgemein biologischen Problemen hingewiesen wird. Hieran schließen sich Ausführungen über Bau und Funktionsweise der Sinnesorgane unter Berücksichtigung der allgemein physiologischen Gesetzmäßigkeiten und Kennzeichnung der Leistungsgrenzen. Der spezielle Teil behandelt die einzelnen Sinnesorgane vergleichend. Die hier interessierenden Säugetiere werden im Hinblick auf den statotonischen Apparat behandelt. Bei den Hör- organen finden sich Hinweise zur modernen Problematik der Hörtheorien sowie zur Bedeutung des Ultraschalls für die Orientierung der Fledermäuse. Das Problem des Wärmesinnes wird unter Hinweis auf das Vorkommen der Wärme- und Kältepunkte und ihre Verteilung behandelt. Der Text wird durch eine Reihe von Abbildungen auf gesonderten Tafeln ergänzt. Sie geben dem Leser mit ihren Erläuterungen einen vertieften Einblick in die Histologie und Anatomie der besprochenen Organe. Ein Sachverzeichnis er- leichtert die Benutzung des Buches. Schrifttumshinweise ermöglichen, spe- ziellere Werke zur weiteren Information hinzuzuziehen. G. Tembrock

W. Herre Das Ren als Haustier. Eine zoologische Monographie. Aka- demische Verlagsgesellschaft Geest und Portig K.G., Leipzig 1955. VIII, 324 S., 79 Abb. Preis geb. DM 20,—.

Monographien sind immer verdienstvoll. Sie erzwingen eine gewisse Aus- schöpfung der Quellen, legen Rechenschaft über den Stand der Forschung ab und können so zu Marksteinen werden, wie ein solcher für die Geschichte des Rentiers durch A. Jacobi schon einmal gesetzt wurde (Das Rentier. Eine zoologische Monographie der Gattung Rangifer. Zool. Anz. 96. [Erg. Bd.] 1931). Nun legt W. Herre 25 Jahre später eine neue, in 12 Kapitel geglie- derte Darstellung des Rens vor.

Der 1. Abschnitt enthält allgemeine Bemerkungen über die Haustier- forschung, betrachtet das Ren unter verschiedenen Aspekten und umreißt die

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Fragestellung überhaupt. Der 2. Abschnitt befaßt sich mit der Geschichte des Rentieres als Haustier. Die Abschnitte 3 und 4 sind der Systematik des Wild- rens und den Erscheinungsformen des Hausrens gewidmet. Es folgen Kapitel über die Okologie, die Krankheiten, die Zucht, die Herdenverwaltung und die Leistungen des Rentieres. Abschnitt 10 kehrt zu kulturgeschichtlichen Fragen zurück, indem das Hirtendasein und Volksleben der Nomadenvölker gestreift werden. Abschnitt 11 gibt Betrachtungen über die Zukunft der Rentierzucht, und schließlich bringt der 12. Abschnitt „Biologische Erwägungen über das Domestikationsproblem“. In einem Anhang findet man die Benennungen der Rentieraltersstufen in russischer und lappischer Sprache. 6 Seiten mit Schrifttum, leider nur eine Auswahl, beschließen den stattlichen Leinenband.

Durch Heranziehung ausländischen, besonders des schwer zugänglichen russischen Schrifttums (Einschränkung vgl. unten) und eigene Beobachtungen im norwegischen Lappland vermag der Verf. eine ziemlich erschöpfende Dar- stellung des lebenden Rentiers und seiner Zucht zu geben. Man spürt immer wieder den kenntnisreichen Zoologen und erfahrenen Tierzüchter, der seine Ausführungen mit zahlreichen Tabellen und Statistiken unterbaut. Doch seien einige Bemerkungen und Anregungen gestattet, die vielleicht bei einer Neuauflage berücksichtigt werden können.

So ist der Abschnitt 3 auf den 2. kommen wir noch zurück gewiß noch ausbaufähig. Er beruht hauptsächlich auf den Studien von Jacobi und Flerow und zeigt nach kritischer Sichtung durch den Verfasser die Richtigkeit der grundsätzlichen Teilung des Wildrens in Tundra- und Wald- typus. Man muß dem Verfasser recht geben, wenn er davor warnt, Rassen mit einzelnen Geweihen zu begründen (S. 36 betr. Hilzheimer); man empfindet es aber als eine gewisse Inkonsequenz, wenn solche Rassen dann (S. 40) in das System eingezogen, d.h. anerkannt werden.*

Die Monographie bezieht sich auf das Ren als Haustier. Dennoch wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Geschichte des Rentieres im Quartär, d. h. des gejagten und noch nicht domestizierten, nicht so beiläufig am Be- ginn von Abschnitt 2, sondern in einem besonderen Kapitel behandelt worden wäre.

Man erfährt nichts davon, daß das Ren in Europa schon in der Mindel- Elster-Eiszeit vorhanden ist (Soergel, Die Jagd der Vorzeit. 1922, Ta- belle neben S.6), daß es während Riß-Saale bereits erstmals südlich der Pyrenäen (Castillo) erscheint (Eberts Reallex. d. Vorgeschichte II, 290 ff), daß es am Würm-Weichsel-Beginn im Mousterien schon eine „Rentierjäger-

*) Weniger verständlich bleiben andere Angriffe auf Hilzheimer, dem zweimal Oberflächlichkeit vorgeworfen wird (S.147 und 313). Übrigens hat Hilzheimer, dessen zehnjähriger Todestag gerade jetzt, am 10. 1. 1956, seinen Freunden und Verehrern gewiß Anlaß stillen Gedenkens war, bereits in seinem ersten Haustierbüchlein (Die Haustiere in Abstammung und Entwicklung. Stuttgart 1909) auf Domestikationseigenschaften des Rens hingewiesen.

Buchbesprechungen 109

kultur“ gibt: Salzgitter-Lebenstedt mit 72% (Eiszeitalter und Gegenwart 3. 1953, 144 ff.; A. Tode, Mammutjäger vor 100 000 Jahren. 1954, 111).

Auf der Apenninenhalbinsel (vgl. S.15) ist das Rentier übrigens bis in das Val di Chiana, d. h. bis etwa zur Höhe des Trasimenischen Sees vorge- drungen (vgl. Verbreitungskarte in O.Tschumi, Urgeschichte der Schweiz. 1., 1949, 248). Nur die untere Donau kann als eine Südgrenze bezeichnet werden, denn die Magdalönienstation im Löss von Sägvär zwischen Platten- see und Drau enthält noch 99% Rentierknochen (Mannus 13., 1921, 226 ff.). Zur Einwanderung nach Skandinavien (S.15) darf gesagt werden, daß die Rentiere im Norden der Halbinsel zweifellos von Rußland her über Finnland kamen, wie auch die yoldiazeitliche Komsakultur (Acta Archaeologica XXI., 1950, 4 ff). Zur Frage des Schlittens (S. 17) sei bemerkt, daß man doch mit seinem magdal£enienzeitlichen Alter rechnen muß. Allerdings war es gewiß der von Menschenkraft fortbewegte Schlitten des Jägers, denn das Bild von St. Marcel, Dep. Indre ist nicht ohne weiteres abzulehnen (Landwirtschaftl. Monatsh. Wien 1., 1926, 3 ff; desgl. L. Franz, Wirtschaftsformen der Vor- zeit. 1943 Taf.1 u. S.32 ff). Die Kufe von Heinola in Finnland (Acta Arch. a.a.0. Abb.6) gehört in das Rhabdonema-Stadium der Ostsee, steht also der Yoldiazeit nicht sehr fern. Die Haustierwerdung des Rens ist ohne Frage ein durchaus später, mit Sicherheit aber schon 2000jähriger Vorgang, zu dessen Aufklärung archäologische, kulturgeschichtliche und hier besonders auch ethnologische Kenntnisse erforderlich sind. Der Zoologe muß sich dieser Nachbarwissenschaften in stärkstem Maße bedienen. Verf. hat die neuere Literatur hierzu, vornehmlich die russische (besonders Levin und Vasi- levic; vgl. K. Jettmar im Anthropos 47. 1952 und 48. 1953) nicht her- angezogen. So wird auch hier die wünschenswerte 2. Auflage Ergänzungen bringen können.

Eine Bitte sei angeschlossen, nämlich die, das Schriftenverzeichnis zu erweitern. Zahlreiche im Text genannte Verfasser erscheinen darin nicht, und es erschweren auch die vielen Druckfehler im Text und in diesem Ver- zeichnis die Benutzbarkeit (z.B. S.31 Dormer statt Donner, S.52 46° statt 56°; Verzeichnis: Ibkonen statt Itkonen, Sibelius statt Sirelius, Suanen statt Suomen usw.). Gandert

F. Nüßlein Die formelmäßige Bewertung der europäischen Jagdtrophäen. Verlag Paul Parey, Hamburg u. Berlin, 4. Aufl. 1956, 60 S., 2 Taf, 15 Abb., Brosch. DM 3,80.

Aus der Praxis der Jagdausstellungen heraus entstanden und durch die Beschlüsse des Conseil International de la Chasse festgelegt, sollen diese Be- wertungsformeln dazu dienen, „die Leistungen eines Wildbestandes... an Hand der erbeuteten Trophäen festzustellen“. Sie sollen aber nicht benutzt werden als Maßstab oder Richtlinie für die Durchführung des Abschusses.

110 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Das Heft enthält nach einer historischen Einleitung Anweisungen für die Durchführung der Bewertung und dann mit entsprechenden Erläuterungen die Bewertungsformel für Trophäen von: Rothirsch, Damhirsch, Reh, Elch, Wildschwein, Gemse, Mufflon, Steinbock, Wisent und Luchs, Wildkatze, Bär, Wolf. Die oben gegebene Zweckbestimmung wird aber in den For- meln nicht immer eingehalten. Für die Leistung eines Wildbestandes ist es z.B. gänzlich bedeutungslos, ob ein Ende eines Rothirschgeweihes abge- kämpft oder abgebrochen ist; trotzdem zählt bei der Bewertung nur das ab- gekämpfte Ende, nicht aber das abgebrochene. Auch die Aufführung des Wisents widerspricht ihr. Der Wisent ist z.Z. kein jagdbares Wild (denn er lebt nur in Gefangenschaft und darf auch nicht bejagd werden, wenn etwa ein Stück entkommt) und wird es auch sabald nicht wieder werden. Bewer- tungsformeln für ihn sollte man sich also verkneifen, denn sie könnten in Einzelfällen Anlaß zu folgenschweren Irrtümern sein. Warum „Wisent- hörner“, wenn von „Steinbockgehörn“ gesprochen wird. Das zoologisch rich- tige „Rehgeweih“ ist ja leider nicht einzuführen, da der Jäger den Namen Geweih nur den schweren Geweihen der großen Cerviden zuerkennen will; aber warum dann nicht „Rehkrone‘? Wenn man Lux, Wildkatze, Bär und Wolf als europäisches Wild anführt, dann muß man auch den Vielfraß nennen. Die Abbildungen sind außer den fünf Photos auf den Tafeln Strichzeichnungen. Von diesen erwartet man zwar keine Genauigkeit aber doch auch keine Fehler. Einen Alpensteinbock mit solcher Auslage und mit so stark gebogenen Spitzen wie in der Abb. 13 habe ich unter den vielen, die ich in der Hand gehabt habe, noch nicht gesehen (Warum wurde er übrigens mit abgeschlagenen Zwischenkiefern dargestellt? Schön sieht doch solch ein Krüppel nicht aus.) und was bedeutet die Geschwulst auf der Unterseite des Bärenschädels Abb. 14? An den Formeln für die Raubtiere fällt dem Zoologen die Verwendung der ,„Größten Schädellänge“ als Längen- maß des Schädels auf. Sie ist doch weitgehend von den Zufälligkeiten der Ausbildung des Saggittalkammes abhängig; sicherer ist die Benutzung der Basallänge oder der Condylobasallänge.

Diese Bemängelungen sollen nun aber nicht die Benutzbarkeit des Büchleins in Frage stellen. Sie ist über jeden Zweifel erhaben. Sie betreffen Schönheitsfehler, die sich bei einer neuen Auflage leicht beseitigen lassen und die in der Praxis nicht stören. H. Pohle

P. Dalimier Les Bujjles du Congo Beige. Brüssel 1955, Druckerei M. Hayez, (Institut des Parcs Nationaux du Congo Belge).

Schattenseiten der Arbeit sind: Einer nur noch Kuriositätswert bean- spruchenden Epoche der Taxonomie, in der Matschie 15 Arten afri- kanischer Büffel beschrieb, in der Zukowsky auf die beiden Hörner eines Schädels hin zwei Unterarten aufstellte, ist zuviel Raum gegeben. Verf.

Buchbesprechungen 1m

schließt sich einerseits der Auffassung an, alle Formen afrikanischer Büffel seien 3 „Rassen‘‘ der einzigen Art caj/fer zuzuordnen, andererseits ist der Arbeit eine Verbreitungskarte für 9 „Rassen“ beigegeben, von denen einige sich einer quaternären Nomenklatur erfreuen. Außerdem kommt die vermutete Evolution der caffer-Formen in lamarkistischer Sprachweise zur Darstellung („Die Unterschiede ... erklären sich aus dem Einfluß der Umgebung‘, „Die erste Modifikation war die des Körper-Formates“), bis schließlich auch die Genetik, in etwas verblüffender Form, zu Worte kommt: Die große Variabilität in Merkmalen der Hörner erkläre sich vielleicht durch ‚‚Unord- nung in der Chromosomen- Anordnung“.

Im übrigen ist die Arbeit wertvoll durch exakte kraniologische Daten für das reiche belgische Material und durch instruktive Fotos der Horn- Variabilität, vor allem aber durch Hinweise auf die ökonomische Wichtigkeit einer möglichen Domestikation und durch die Warmherzigkeit, mit der Scho- nung dieses Großwildes befürwortet wird, das glücklicherweise nie als land- wirtschaftlicher Schädling auftritt, und dessen Bestand im Augenblick im Belgischen Kongo nicht bedroht zu sein scheint. Eindrucksvoll ist das Bild einer Herde der dunklen, kraftvollen Wildrinder in Gesellschaft weißer Reiher. K. Zimmermann

Stresemann, E. Exkursionsfauna von Deutschland, Wirbeltiere. Volk und Wissen Verlag, Berlin 1955. XII + 340 S., 255 Abb., 46 Taf., Ganz- leinen DM 7,50.

Der jetzt vorliegende Band „Wirbeltiere“ der von E. Stresemann herausgegebenen Exkursionsfauna enthält nicht nur Bestimmungsschlüssel, sondern auch noch viele wichtige Daten für sämtliche in Deutschland vor- kommenden Arten und Unterarten der Vertebraten, einschließlich der marinen Formen. Die einzelnen Gruppen sind von anerkannten Fachleuten bearbeitet: Die Fische (einschließlich der Cyclostomen und Elasmobranchier) von K. Deckert und G. Bauch, die Amphibien von G. E. Freytag, die Reptilien von H. Wermuth, die Vögel von W. Makatsch und die Säugetiere von K. Zimmermann. Der Herausgeber ist nur mit einem Vorwort beteiligt. Alle Teile sind sehr sorgfältig durchgearbeitet und mit vielen instruktiven z.T. vorzüglichen Abbildungen ausgestattet. In dem Säugetierteil sind auf 54 Seiten nicht nur die seit altersher in Deutschland heimischen Vertreter, sondern auch die wichtigsten in neuerer Zeit einge- führten und z. T. angesiedelten Formen (Sumpfbiber, Goldhamster, Bisam- ratte, amerikanischer Nerz, Sika-Hirsch, Mufflon) behandelt. In den Be- stimmungsschlüsseln sind im allgemeinen nur wenige typische Merkmale, die auch dem Unerfahrenen ein sicheres Erkennen ermöglichen, gegenüber- gestellt. Nur bei den Fledermäusen und Wühlmäusen sind dankenswerter- weise Bestimmungstabellen nach Schädel- und Zahn-Merkmalen hinzuge-

1 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

fügt. Klare Strichzeichnungen, in denen einzelne anatomische Merkmale gegenübergestellt sind, und einige gute Habitusbilder erleichtern die De- terminierung. Sehr begrüßungswert sind die Verbreitungs- bzw. Grenzkarten für einige Kleinsäuger (Igel, Birkenmaus, Haus- und Ährenmaus, Klein- äugige Wühlmaus, Nordische Wühlmaus). Besonders wertvoll ist, daß bei allen Arten und Unterarten recht eingehende und zuverlässige Angaben über die Verbreitung (nicht nur in Deutschland), Biotope, Nestbau, Fort- pflanzung (Brunst, Tragzeit, Wurfzahl, Wurfgröße, Entwicklung der Jungen, Lebensdauer usw.), Nahrung, Verhalten u. dergl. gemacht sind, die z. T. vom Verfasser selbst erarbeitet wurden und die das Buch über das Niveau einer bloßen Exkursionsfauna erheben und es nicht nur für den Lernenden, son- dern auch für den Lehrer und Forscher wertvoll machen. Der letzte wird und soll sich besonders für die Fragezeichen interessieren, die bei den bio- logischen Daten ab und zu eingefügt sind und die auf Lücken in unseren Kenntnissen die z.T. auch von Liebhabern ausgefüllt werden können hinweisen. Auf eine kleine Ungenauigkeit möchte ich zum Schluß noch auf- merksam machen: Die Igel sind nicht „unempfindlich“ gegen Schlangengift, sondern nur widerstandsfähiger als die meisten anderen vergleichbaren Säuger. K. Herter

J. Dobberstein und Tankred Koch Lehrbuch der vergleichenden Ana- tomie der Haustiere. Band I und Il. S. Hirzel Verlag, Leipzig 1953 und 1954. VIII und 180 p., 186 Abb., 1 Tafel und VIII und 173 p., 189 Abb., 2 Tafeln.

Der Ellenberger und Baum, das Lehrbuch der Anatomie der Haus- tiere für ganze Generationen von Tierärzten, kann nicht mehr erscheinen, weil sein gesamter Vorrat an Klischees Opfer des Krieges geworden ist. Ähn- lich ist es mit entsprechenden Lehrbüchern. Daher schreiben die Verfasser dieses neuen Buches mit Recht, daß in der vergl. Anatomie „ein fühlbarer Mangel an geeigneten Lehrbüchern herrscht“, den zu beseitigen sie durch dieses Werk helfen möchten. „Um jeden Studierenden in die Lage zu ver- setzen, sich das Buch auch anzuschaffen“, mußte versucht werden, es so preiswert wie möglich herzustellen. Dieses Bestreben merkt man ihm aber leider an. Autotypien fehlen, die Zahl der bunten Abbildungen ist auf ein Minimum herabgesetzt, der Text ist äußerst knapp gehalten. Das soll kein Vorwurf für die Autoren sein; für je rund DM 10,— kann man eben nicht mehr geben.

Der erste Band umfaßt die Knochenlehre und die Muskulatur, der zweite etwa die Hälfte der Eingeweidelehre, nämlich die Verdauungsorgane, die Atmungsorgane, die Harnorgane, die Geschlechtsorgane und die inkretori- schen Organe. Der dritte Band, der Ende 1956 erscheinen soll, wird den Rest enthalten. In den einzelnen Kapiteln wird immer zuerst eine allge-

Buchbesprechungen bla

meine Schilderung des betreffenden Organs gegeben und dann werden meist die Verhältnisse bei Pferd, Rind, Schwein und Hund einzeln beschrieben und verglichen. Katze und andere Haussäuger werden nur gelegentlich her- angezogen.

Es kann nicht der Zweck dieses Referats sein, allzusehr in Einzelheiten hineinzugehen. So sei hier nur als dringender Wunsch ausgesprochen, daß die Tiermedizin sich doch der Art der Zählung der Zähne anschließen möge, die in der Zoologie üblich ist. Es werden dort nämlich die Zähne der ein- zelnen Gruppen einfach durchgezählt, ohne sie zu homologisieren. So kommt es, daß der obere Reißzahn der Katze als P3, der des Hundes als P4 be- zeichnet werden, daß die letzten Prämolaren von Pferd und Rind P3 heißen, daß der nur gelegentlich vorkommende ‚Wolfszahn‘ des Pferdes (P1) überhaupt nicht gezählt wird und daß bei jeder Unterhaltung zwi- schen Zoologen und Tiermedizinern Mißverständnisse vorkommen.

„Autopodium“ liegt sicher dem Setzer mehr als ‚„Antepedium“; es dürfte aber auch durch sechsmalige Wiederholung nicht richtiger werden.

Die gemachten Ausstellungen sollen aber die Brauchbarkeit dieses Werkchens nicht in Zweifel ziehen. Es wird sicher in der Hand eines jungen Veterinärstudenten viel Segen stiften. Wir Älteren sind aber durch den EI- kenberger-Baum verwöhnt. H. Pohle

Gottfried Koller Die wildlebenden Säugetiere Mitteleuropas. 2., neu be- arbeitete Aufl. (Winters naturwissenschaftliche Taschenbücher Bd. 2) C. Winter, Universitätsverlag, Heidelberg 1956. 208 S., 64 farbige Tafeln, 14 Schwarztafeln, 51 Textabbildungen. Leinen geb. DM 7,80.

Es ist besonders erfreulich, daß fast gleichzeitig mit den beiden eben- falls hier angezeigten Exkursionsfaunen über mitteleuropäische Wirbeltiere, in denen die Säugetiere von Haltenorth und Zimmermann bearbeitet wurden, das vorliegende Taschenbuch in zweiter Auflage erscheinen konnte. Es stellt eine glückliche Ergänzung zu diesen Bestimmungsbüchern dar. In einem 93 Seiten umfassenden Teil wird in ungemein einprägsamer Sprache das Wichtigste über die systematische Stellung der Säugetiere im allgemei- nen und die der heimischen im besonderen sowie in einem sehr lesenswerten Kapitel Morphologie und Funktion der einzelnen Körperorgane vergleichend zur Darstellung gebracht. Hieran schließt sich der spezielle Teil des Buches, in dem auf 63 Farbtafeln die hauptsächlichsten Vertreter der mitteleuropäi- schen Säugetierwelt im Bild erscheinen. Wie der Verf. schon im Vorwort er- wähnt, mußten diese Tafeln als Ganzes aus der ersten Auflage des Buches übernommen werden. Bei den Artbeschreibungen als Kommentar zu den Farbtafeln gedacht hat sich Verf. bemüht, die neuesten Forschungsergeb- nisse zu verwerten. Er bietet auch Einzelheiten über Verbreitung, Vorkom- men, Fortpflanzung und meist im Hinblick auf morphologische Besonderhei-

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114 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

ten solche über die Lebensweise. Als Anhang ist auf 33 Seiten ein Kapitel über „Die Säugetiere und die Jagd‘ angefügt. In ihm werden die jagd- zoologisch wichtigsten Tatsachen in gedrängter Form mitgeteilt. Für den Beobachter der heimischen Tierwelt sei besonders auf die Beschreibung der Fährten, Spuren und Trittsiegel sowie der Losung des Wildes mit ihren durchweg guten Abbildungen hingewiesen. Auf einer Farbtafel sind die haupt- sächlichsten Schweißarten des Wildes dargestellt. K.Becker.

H. v. Lengerken Ur, Hausrind und Mensch. Verlag Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, Berlin 1955, 191 S., br. DM 16,50.

Speziell an den Zoologen wendet sich eigentlich nur der kurze einlei- tende Teil des Buches, der sich mit stammesgeschichtlichen Fragestellungen befaßt. Als einzige Stammart des Hausrindes wird der Ur herausgestellt und eine knappe, aber doch erschöpfende Typengliederung der Hausrinder gegeben.

Dann aber stellt der Verf. (unter Mitarbeit von E. v. Lengerken) das Hausrind ganz vor den Hintergrund der Historie. Mit ungemeinem Fleiß, mit Belesenheit und Kennerschaft und unterstützt von beinahe über- reichem, jedoch stets von neuem fesselnden Bildschmuck werden alle Be- ziehungen des Menschen zu diesem Haustiere über Zeit und Raum dargestellt, angefangen von der Prähistorie und durch alle Kulturkreise hindurch.

Das ganze Füllhorn des verarbeiteten Stoffes vermag nur dieses kulti- vierte Buch selber auszuschütten, das auch in seiner Ausstattung sehr ansprechend auf einen größeren Leserkreis wartet und dem Kultur- und Kunstgeschichtler ebenso wie dem Archäologen und Ethnographen Anregung und Gewinn verspricht. G. H. W. Stein

Landwirtschaftliches Zentralblatt: Abteilung Tierzucht Tierernährung, Bd. I, Heft 1; Abteilung Veterinärmedizin, Bd. I, Heft 1. Akademie- Verlag, Berlin 1956. Pro Band jährlich 6 Hefte zu ca. 10 Druckbogen. Preis pro Heft DM 12,—.

Im Rahmen des Landwirtschaftlichen Zentralblattes, das im Auftrage der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin von Prof. Dr. M. Pflücke, dem langjährigen Herausgeber des Chemischen Zentralblattes, herausgegeben wird, erscheinen ab 1. Januar 1956 als beson- dere Abteilungen: Tierzucht Tierernährung und Veterinärmedizin. Die Werke beider Abteilungen erscheinen in einzelnen Heften. Die Abteilung Tierzucht Tierernährung beschäftigt sich mit Fragen der allgemeinen und speziellen Tierzucht (Pferde-, Rinder-, Schweine-, Schaf-, Ziegen-, Kanin- chen-, Geflügel-, Pelztier-, Bienen- und Seidenraupenzucht) sowie der Tier- ernährung und der Futtermittelkunde, ferner mit Fragen der Fischerei. Die Abteilung Veterinärmedizin wird sich in seiner Ausstattung und in seiner

Buchbesprechungen Berichtigungen 115

Anlage weitgehend an die früheren Jahresberichte auf dem Gebiet der Vete- rinärmedizin von Ellenberger und Schütz anlehnen und umfaßt 28 Sachgebiete.

Durch die zusammenfassende Darstellung der wissenschaftlichen Pro- bleme in den genannten Fachgebieten wird dieses Referatenorgan nicht nur für den Tierarzt, Tierzüchter, den Fischereibiologen, den Tierphysiologen, sondern auch für den Zoologen, den Chemikern, den Ernährungsphysiologen und den Nahrungsmittelsachverständigen und vielen anderen ein unentbehr- liches Hilfsmittel werden. Die Referate sind in deutscher Sprache abgefaßt. Das Referatenblatt kann in ganz Deutschland bezogen werden.

G. Godglück.

Berichtigungen

Band 18: In dem Beitrag „Kleine Irrtümer“ (p.188f.) ist mir zum Schluß selbst ein Versehen unterlaufen! Ich schrieb dort: ‚In der zweiten Auflage der ‚Lebenden Bilder‘, die 1925 unter dem Titel ‚Lebende Tiere‘ erschien, hat Heck die Angelegenheit besser dargestellt.“ Das ist jedoch durchaus nicht der Fall. Heck bringt hier die Abbildung S. 46, die ursprüng- lich als Chapman-Zebra erschien, als Böhm-Zebra, obgleich er in der ersten Auflage ausdrücklich schreibt, daß dieses Tier nicht aus Deutschostafrika stammte, sondern aus dem Sambesigebiet, also gar kein Böhm-Zebra sein konnte, sondern nur ein Chapman-Zebra, allerdings ein Stück, das ausnahmsweise keine gelbe Grundfarbe hatte, sondern weiß

aussah! Johannes Kühlhorn

Band 20: Im Beitrag von W. Herold: ‚„Zahnverschmelzung bei einer Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis Melch.)‘“ sind auf Tafel VI, Abb. 3, die

Bezeichnungen ‚,„a“ und ,‚b“ irrtümlich vertauscht worden.

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116 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Bericht über die 29. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde vom 3. bis 9. August 1955 in Bonn

Die 29. Hauptversammlung unserer Gesellschaft wurde in der Zeit vom 4. bis 6. August 1955 in den Räumen des Zoologischen Forschungsinstitutes und Museums Alexander Koenig in Bonn abgehalten. Am Abend des vorher- gehenden Tages fand bereits ein Begrüßungsabend im „Bonner Bürgerverein“ statt. Die Versammlung wurde am Vormittag des 4. August durch den ersten Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. H. Nachtsheım eröffnet. Anschließend hielten Vertreter des Kultusministerums des Landes Nordrhein- Westfalen, der Stadt Bonn und in Vertretung des Hausherrn, Professor Dr. Jordan der zweite Direktor des Museums Alexander Koenig Herr Dr. H. Wolf kurze Begrüßungsansprachen. An der Tagung nahmen 90 Mitglieder und Gäste der Gesellschaft aus allen Teilen Deutschlands, aus Österreich, Holland, Schweden und der Schweiz teil.

An den wissenschaftlichen Sitzungen wurden folgende Vorträge gehalten:

1. wissenschaftliche Sitzung am 4. August vormittags. Vorsitz: H. Nachts- heim.

H. Hediger, Zürich (Schweiz): Tiergartenbiologie und vergleichende Ver- haltensforschung (Referat). (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 1—28.)

G. Koller, Saarbrücken: Das Nestbauverhalten weißer Mäuse und seine Regulierung. |

I. Eibl-Eibesfeldt, Buldern: Über den Ursprung von Ausdrucksbewe- gungen bei Säugetieren. (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 29—38.)

F. Frank, Oldenburg: Jugendentwicklung und Karawanenbildung bei der Feldspitzmaus (Demonstration von Farblichtbildern). |

2. wissenschaftliche Sitzung am 4. August nachmittags. Vorsitz: E. Mohr.

P. Leyhausen, Göttingen: Über die unterschiedliche Entwicklung einiger Verhaltensweisen bei den Feliden.

F. Frank, Oldenburg: Die neuesten Ergebnisse der Feldmaus-Soziologie. K. Zimmermann, Berlin: Verhaltensformen von Gelbhals-, Wald- und Brandmaus.

E. vv. Lehmann, Bonn: Heimfindeversuche mit kleinen Nagern.

3. wissenschaftliche Sitzung am 5. August vormittags. Vorsitz: G. Stein.

O. Ryberg, Akarp (Schweden): Mitteilung über zwei mammbologische Bibliographien.

‘“ Bericht über die 29. Hauptversammlung a

B. Hagen, Bonn: Altersbestimmung einiger Muriden-Arten. (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 39—43.)

R. Keilbach, Greifswald: Das knorpelige Nasenskelett einiger Säuger- gruppen. (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 44—48.)

K. Zimmermann, Berlin: Zur Evolution der Molaren-Struktur bei Micro-

tus agrestis.

4. wissenschaftliche Sitzung am 6. August vormittags. Vorsitz: H. Wolf.

O. Ryberg, Akarp (Schweden): Verbreitung der Nordischen Insectivoren und Chiropteren.

M. Eisentraut, Stuttgart: Temperaturuntersuchungen bei niederen Säuge- tieren. (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 49—52.)

F. Frank, Oldenburg: Demonstration vergleichender Tonbandaufnahmen von Stimmen deutscher Kleinsäuger.

H. A. Freye, Halle u. G. Gaffrey, Dresden: Über die deutschsprachige Nomenklatur der deutschen Säugetiere. (Vgl. ds. Ztschr. Bd. 21, p. 53—57.)

F. Frank, Oldenburg: Demonstration von Farblichtbildern über Klein- säugerbiotope vom Hochfelln/Obb.

O. Ryberg, Akarp (Schweden): Bericht über den ‚Skanes Djurpark“, einen Tierpark neuer Art in Südschweden (mit Film und Lichtbildern).

K. Becker, Berlin: Über das Geschlechtsverhältnis der Feldmaus bei ge- ringer Populationsdichte.

5. wissenschaftliche Sitzung am 6. August nachmittags. Vorsitz: K. Zim- mermann.

M. Eisentraut, Stuttgart: Der Langzungenflederhund Megaloglossus woer- manni Pagenstecher ein Blütenbesucher.

E. vv Lehmann, Bonn: Die Bestandsdichte der Waldmaus in einem Ver- suchsrevier der Voreifel.

B. Hagen, Bonn: Biotopwahl der Rötelmaus in einem Versuchsrevier der Voreifel.

H. Reichstein, Klein-Machnow b. Berlin: Feldmaus-Großbekämpfungs- versuche und ihre wissenschaftlichen Ergebnisse.

G. Stein, Fürstenwalde: Über die Beziehungen zwischen Bestandsdichte und Körpergröße bei der Feldmaus, Microtus arvalis.

Im Anschluß an die zweite wissenschaftliche Sitzung fanden die Ta- gungsteilnehmer Gelegenheit, das Zoologische Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig unter Führung von Herrn Dr. Wolf mit Assistenten zu be- sichtigen. Am Nachmittag des 5. August wurde auf Einladung seines Direk- tors, Herrn Dr. Windecker der Zoologische Garten in Köln besichtigt und am 6. August fand eine Kranzniederlegung am Grabe des Berliner

118 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zoologen und ehemaligen Mitgliedes unserer Gesellschaft Professor Dr. Walther Arndt auf dem Süd-Friedhof in Bonn statt.

Im Anschluß an die wissenschaftliche Tagung brachen am Morgen des 7. August 43 Tieilnehmer zu einer gemeinsamen Fahrt durch das Ruhrgebiet auf. In Düsseldorf wurde das Aquarium und das Löbbecke-Museum besich- tigt (Führung: H. Sielhoff) und in Duisburg der Tierpark (Führung: H. Thienemann). Die Weiterfahrt ging über Essen, wo am 8. August das Ruhrland-Museum (Führung: H. Bechthold) und die „Gruga“ be- sucht wurden, dem schließlich in Wuppertal eine Besichtigung des dortigen Zoologischen Gartens (Führung: H. Müller) folgte. Den Abschluß der Ta- gung bildeten am 9. August in Münster/Westfalen Führungen durch den Zoo- logischen Garten und in Buldern eine solche durch das Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie (Führung: I. Eibl-Eibesfeldt).

Die Geschäftssitzung der Gesellschaft wurde am 5. August in der Zeit von 9 bis 11 Uhr 25 unter dem Vorsitz von H. Nachtsheim abge- halten. An ihr nahmen 36 Mitglieder teil.

Tagesordnung: 1. Geschäfts- und Kassenbericht

2. Entlastung des Schatzmeisters und des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1954

. Wahl des nächstjährigen Tagungsortes

. Festsetzung der Jahresbeiträge für 1956

. Satzungsänderungen

N va w

. Verschiedenes

Zu 1) Herr Pohle erteilt in Abwesenheit des Schatzmeisters den Ge- schäfts- und Kassenbericht. Am Schluß seines Berichtes stellt Herr Pohle fest, daß er von einigen Mitgliedern im privaten Gespräch dazu aufgefordert worden sei, sein Amt zur Verfügung zu stellen. H. Pohle stellt den Antrag auf ein Mißtrauensvotum gegen sich selbst und bittet um geheime Zettelab- stimmung ohne vorherige Diskussion. H. Nachtsheim dankt für den erstatteten Geschäfts- und Kassenbericht, bittet aber darum, zunächst die Geschäftsordnung abzuwickeln und dann die beantragte Abstimmung vorzu- nehmen. H. Starck bittet darum, Punkt 3 der Tagesordnung hinter Punkt 5 zu stellen. Ebenso wird auf Zuruf Punkt 2 zurückgestellt.

Zu 4) H. Pohle führt aus, daß sich die Druckkosten für die Zeit- schrift im Verlauf der letzten Jahre um 50 % erhöht hätten und im letzten Jahr um weitere 7 % gestiegen seien. Um die Zeitschrift weiter halten zu können, schlägt der Vorstand deshalb vor, den Jahresbeitrag auf DM 20.— festzusetzen. Dieser Antrag wird zur Diskussion gestellt. In einer län- geren Aussprache werden sich die Versammlungsteilnehmer darüber klar, daß die Gesellschaft für sich eine stärkere Werbung betreiben müsse, um

Bericht über die 29. Hauptversammlung 119

den Mitgliederbestand zu erhöhen. Als Voraussetzung dafür müsse jedoch die Zeitschrift regelmäßiger erscheinen und in ihrer äußeren Aufmachung und ihrem Inhalt nach so ausgestaltet werden, daß sie einem Vergleich mit anderen Fachzeitschriften standhält. Die Versammlung wünschte ferner, daß die Rückdatierung der Zeitschrift, wie sie mit den zuletzt erschienenen Jahrgängen vorgenommen wurde, aufgehoben wird und stellt den Antrag, daß Band 20 der Zeitschrift an alle diejenigen Mitglieder abgegeben werden möge, die ihren Beitrag für 1955 gezahlt haben, und daß für die mehr ge- zahlten Beiträge zurückliegender Jahre die entsprechende Anzahl der davor

liegenden Bände ausgegeben werden. Der Antrag wird einstimmig angenom-

men. Die Abstimmung über die Festsetzung des Jahresbeitrages für 1956 auf DM 20.— ergab 27 Stimmen dafür, 8 Enthaltungen, 1 Stimme da- gegen. Einstimmig wurde der Antrag angenommen, die entsprechenden

Ermäßigungen für Studenten und Ehefrauen beizubehalten.

Zu 5) Zur Beschlußfassung über die vorgesehene Satzungsänderung kam es nach kurzer Debatte zur Abstimmung über den schon auf der 258. Hauptversammlung in München 1954 angenommenen Antrag zur Ände- rung des $ 12 unserer Satzung. Der Antrag wurde mit zwei Stimmenthal- tungen angenommen. Der Antrag zur Streichung des letzten Satzes im 85 der Satzung wurde mit einer Stimmenthaltung ebenfalls angenommen. $ 12 der Satzung erhält somit folgenden Wortlaut:

„8 12. Rechte und Pflichten des Vorstandes.

Der 1. Vorsitzende vertritt die Gesellschaft nach innen. Die anderen Vorsitzenden sind seine berufenen Vertreter. Der Geschäftsführer vertritt im Einvernehmen mit den übrigen Vorstandsmitgliedern die Gesellschaft nach außen und erledigt die laufenden Geschäfte. Der Schriftführer hat über jede Versammlung und Sitzung der Gesellschaft sowie über jede Vorstands- sitzung eine Niederschrift herzustellen, die nach Genehmigung durch die be- treffende oder die nächste gleichartige Versammlung von ihm und dem Vorsitzenden der Versammlung zu vollziehen ist. Der Schatzmeister zieht die Beiträge ein, führt die Kasse und verwaltet das Vermögen der Gesellschaft.

Die Gesellschaft gibt die .‚Zeitschrift für Säugetierkunde“ heraus. Der Vorstand beruft ein Herausgeberkollegium. Dieses besteht aus dem Heraus- geber und vier Mitgliedern, deren Arbeitsgebiete möglichst verschiedene Richtungen der Säugetierforschung umfassen sollen. Die fünf Mitglieder des Kollegiums gestalten gemeinsam die Zeitschrift, in Zweifelsfällen entscheidet die einfache Mehrheit. Nach Neuwahl des Vorstandes bedürfen die Mitglieder des Herausgeberkollegiums einer Bestätigung durch den neuen Vorstand.“

(Die Satzungsänderungen sind unter dem 21. November 1955 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg von Berlin eingetragen und somit rechtskräftig geworden.)

120 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

In Fortsetzung der Debatte will H. Starck seine Mitgliedschaft im Herausgeberkollegium der Zeitschrift zurückziehen, sofern H. Pohle weiter- hin Herausgeber des Organs bleibt. Nachdem sich H. Zimmermann die- sen Ausführungen angeschlossen hat, drängt H. Wolf darauf, über den An- trag Pohle gegen sich selbst abzustimmen. Der Antrag lautet: „Soll Herr Professor Pohle im Herausgeberkollegium bleiben oder nicht?“ Es folgt eine geheime Zettelabstimmung mit folgendem Ergebnis: Dafür 10 Stimmen, da- gegen 19 Stimmen, Enthaltungen 7 Stimmen. Damit legt H. Pohle sein Amt als Herausgeber der Zeitschrift und als Geschäftsführer der Gesellschaft nieder, nachdem von ihm die Geschäfte der zur Zeit laufenden Tagung ab- gewickelt worden sind. (Die Übergabe der Geschäftsstelle erfolgte am 15. Ok- tober 1955.) Als Nachfolger von H. Pohle wurde die Wahl für den zu- künftigen Geschäftsführer, wie sie auf der 28. Hauptversammlung in München bereits angenommen war, durch nochmalige Abstimmung mit zwei Stimm- enthaltungen bestätigt. Auf Befragen nimmt H. Becker die Wahl an. H. Nachtsheim drückt H. Prof. Pohle das Bedauern der Versammlung über den Ausgang der vorhergehenden Debatte aus und dankt ihm mit herz- lichen Worten für seine bisherige Tätigkeit für die Gesellschaft.

Zu 3) H. Felten lädt die Gesellschaft namens der Dr. Sencken- bergischen Naturforschenden Gesellschaft und der Dr. Senckenbergischen Anatomie ein, die 30. Hauptversammlung 1956 in Frankfurt/Main abzuhalten. Da aus der Versammlung nur noch Berlin als Tagungsort genannt wird, kommt es zur Abstimmung. 35 der Anwesenden stimmen für Frankfurt, 1 Stimme wird für Berlin abgegeben. Damit ist Frankfurt als nächstjähriger Tagungs- ort gewählt.

Zu 2) Die Entlastung des Schatzmeisters und des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1954 wird durch Handzeichen einstimmig angenommen. H. Herre weist nochmals auf die aufopferungsvolle Tätigkeit von H. Pohle als Geschäftsführer der Gesellschaft hin und dankt ihm für seine langjährige fruchtbare Arbeit.

Zu 6) H. Wolf berichtet über den bisherigen Verlauf seiner Bemü- hungen beim Internationalen Naturschutzkongreß, die griechische Insel Ere- momilos als Reservat für die letzten Wildziegen Europas zu erhalten. Ein entsprechender Antrag wurde auf der 28. Hauptversammlung in München von H. v. Wettstein gestellt. H. Nachtsheim spricht sich dafür aus, daß H. Wolf die Interessen dieses Antrages beim Internationalen Naturschutz- kongreß weiter vertritt. Der Antrag wird einstimmig angenommen. H. Herre bittet darum, daß auf der nächstjährigen Hauptversammlung der Gesellschaft in Frankfurt/Main als Hauptthemen Systematik und Morphologie gewählt werden möchten.

Mit einem Dank an die Teilnehmer schließt H. Nachtsheim die

Sitzung. K. Becker

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel 1.

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SIIUIRTRIRO ET

S 3. BARBARA ATI INIENS

Abb. 1: Beispiel der im Zürcher Zoo eingeführten Namensschilder mit dem Tiernamen in vier Sprachen, Bild, biologischem Text und Verbreitungskarte (nähere Erklärung siehe im Text).

Abb. 2: Die schwarzen Nashörner (Diceros bicornis) im Zürcher Zoo, sich im Schnee wälzend. Foto: Hediger.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21.

ZUOLOGISCHER GARTEN BASEL

Magen eines Kamelhengstes f 6.11.1945

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702909324 526: 72.8. 97710211212! Honat

Abb. 5: Darstellung der Verteilung von 190 Park- vögeln, die von frei leben- den Füchsen von 1931— 1954 aus dem Zürcher Zoo geholt worden sind. Maxima im Juni und November. näheres im Text.

1956

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Abb. 3: Verkleinerte Wiedergabe des seinerzeit im Basler Zoo verwende- ten Fremdkörper-Plakates. Es zeigt eine Röntgenaufnahme des Magens eines Kamelhengstes mit zahlreichen spitzen metallenen Fremdkörpern, an denen das Tier zugrunde ge- gangen Ist.

Abb. 4: Ein Draht- stück von 7,5 cm Länge, das im Zür- cher Zoo einer Bi- sonkuh durch den Magen hindurch bis in den Herzbeutel vorgedrungen ist und den Tod des Tieres

verursacht hat.

Abb. 6: Beispiel für die ge- fährliche. wahrscheinlich sa- distische Betätigung eines Zoo- Besuchers: Stecknadeln auf eine Korkscheibe montiert und in den Löwenkäfig geworfen.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel III.

Abb.7: Eisenspitzen am Rande einer Elefantenplattform, wie sie heute aus den meisten Tiergärten wieder entfernt worden sind.

Abb.8: Die indische Elefantenkuh Mandjula im Zürcher Zoo mit dem künstlichen Termitenstock.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 | Tafel IV.

Abb. 9: Kratzbaum im Tigerkäfig.

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Abb. 10: Krallensplitter von Tigern, wie sie durch die Betätigung am Kratzbaum von den Krallen abgelöst werden.

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Abb. 11: Krallensplitter vom Löwen; einzelne Splitter können 3—4 cm groß sein.

e, Bd. 21, 1956

Zeitschrift für Säugetierkund

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ZEITSCHRIFT FÜR _SAUGETIERKUNDE

Herausgegeben von der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde | e.V. |

Verantwortlich für den Inhalt

K.BECKER K. HERTER HH. NACHTSHEIM

Berlin Berlin Berlin

D. STARCK K. ZIMMERMANN Frankfurt/Main Berlin

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21. BAND HEFT 3-4

BERLIN 1956

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover - Berlin

ZEITSCHRIFT FÜR SÄUGETIERKUNDE

Herausgegeben von der

Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V.

Verantwortlich für den Inhalt

K. BECKER K. HERTER H. NACHTSHEIM

Berlin Berlin Berlin

D. STARCK K. ZIMMERMANN Frankfurt/Main Berlin

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HEFT 3-4

BERLIN 1956

In Kommission beim Verlag Naturkunde, Hannover - Berlin

INHALT Seite

1. J. Boessneck, Zur Größe des mitteleuropäischen

Rehes (Capreolus capreolus L.) in alluvial-vorge-

schichtlicher und früher historischer Zeit ....................... 121—131 2.1. Eibl-Eibesfeldt, Über die ontogenetische

Entwicklung der Technik des Nüsseöffnens vom Eich-

hörnchen (Sciurus vulgaris L.)...................... 132—134 3.1. Eibl-Eibesfeldt, Angeborenes und Erwor-

benes in der Technik des Beutetötens (Versuche am

Ikis, Butorius, putorius U). ........eeoo.... 135— 137 4. R. Ortmann, Über die Musterbildung von Duft-

drüsen in der Sohlenhaut der weißen Hausmaus (Mus

museulusalbay) Were. a wenn... u nn el. al 138—141 . 5. R. Gerber, Zum Vorkommen der Fledermäuse in

Nozawestsachsen, un u... ln... 142— 148 6. Über das „Waschen“ von Procyon lotor L.................... 149—155 7.G. H. W. Stein, Sippenbildung bei der Feldmaus,

Mierotus; yansalisı., (Ball... wa... serie 156— 160 8. K. Herter u. G. Rauch, Haltung und Aufzucht

chinesischer Zwerghamster (Cricetulus barabensis gri-

seus A. Milne-Edwards 1867) .......................... 161—171 9. F. Frank, Das Duftmarkieren der Großen Wühl-

maus, Arpieola terrestris. (U)... 12.175 10. F. Frank, Das Fortpflanzungspotential der Feld-

maus, Microtus arvalis (Pallas) eine Spitzenleistung

unter\den. Säugetieren u... ul. ann. Ihe... 176—181

11. R. Schneider, Morphologische Untersuchungen am Gehirn der Ehlnonters NE 182—183 12. R. Reichstein, Zur Dynamik ar Sexualpropor-

tion bei der Feldmaus, Microtus arvalis (Pallas) ... 184—191 13. BB Grzimek, Maße und Gewichte von Flachland-

Forillase Ba ek li a er ia da lien ul 192—194 14. H. Richter , Die Alpenfledermaus bisher nicht für

Deutschland nachgewiesen. ...................................... 195

15. K. Zimmermann, Fledermäuse aus Afshanistan 195—196 17. D. Müller-Using, Eine wenig bekannte Murmel-

tierkolonie in den Bayerischen Alpen BEHE Daa 197 lösBuchbesprechungenw... na... EN 198—222 19. Wissenschaftliche Sitzungen der Deutschen Gesell-

schaft für Säugetierkunde in den Jahren 1955 und 1956 223—224

Druck: Buchdruckerei Wilhelm Möller KG, Berlin-Waidmannslust Schriftleitung: Dr. Kurt Becker, Berlin-Dahlem, Corrensplatz]

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Zeitschrift für Säugetierkunde

Band 21 1956 Heft 3-4

Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes (Capreolus eapreolus L.) in alluvial-vorgeschichtlicher und früher historischer Zeit

Von Joachim Boessneck.

(Aus dem Tieranatomischen Institut der Universität München, Vorstand: Prof. Dr. H. Grau)

In Siedlungsfunden größeren Umfangs aus meso- und neolithischer Zeit finden sich Rehknochen regelmäßig. Ihre Anzahl ist jedoch meist bedeutend kleiner als beim Hirsch, dem wichtigsten Jagdtier jener Zeit, und liegt auch niedriger als beim Wildschwein. Man führt das mit Recht nicht nur auf die geringe Größe der einzelnen Knochen zurück, wodurch sie eher zerstört und bei der Fundbergung leichter übersehen werden, sondern auch darauf, daß das Reh im Neolithikum, als Mitteleuropa noch weitgehend bewaldet, die Konkurrenz des Hirsches groß und die natürlichen Feinde zahlreich waren, viel seltener als heute vorkam, Allmählich änderten sich die Verhältnisse zu- gunsten des Rehes, und, wenn es auch noch nicht an Hand genügender Un- tersuchungen erwiesen ist, so hat es doch den Anschein, als ob die Menge seiner Funde in später vorgeschichtlicher und frühgeschichtlicher Zeit gegen- über Hirsch und Wildschwein zunimmt.

Wie nun schon seit langem bekannt ist, waren Hirsch und Wildschwein Mitteleuropas in vor- und frühgeschichtlicher Zeit größer und stärker als heute. Die Ursache dafür wird einmal in den optimalen Lebensbedingungen gesehen, doch müssen auch andere Ursachen in Betracht gezogen werden (zB. Beninde, 1937). Nachdem für das Reh die Lebensbedingungen im Neolithikum weniger günstig waren, verwundert an sich nicht, wenn für neo- lithische Rehknochen meist betont wird, daß ihre Maßenicht größer seien als bei rezenten (z.B. Hesse, 1921, S. 219: Vogel, 1929, 1941, 1955; Kuhn, 1935, S. 8; Amschler, 1939, S. 221; Thalheimer, 1945; Herre, 1949; Lüttschwager, 1954; Boassneck, 1956); doch hob schon Vogel (1933) hervor, und das hat sich seitdem nicht wesentlich ge- ändert, daß für eine generelle Behauptung dieser Art Fund- und Vergleichs- basis bisher entschieden zu schmal sind.

Demnach ist, wo sich die Gelegenheit dazu bietet, die Veröffentlichung von Maßen neolithischer Rehknochen eine Notwendigkeit, auch wenn das Fundgut zahlenmäßig gering ist. Weiterhin muß, soweit es geht, die Frage verfolgt werden, ob im Laufe der späteren vor- und der frühgeschichtlichen Zeit eine Größenzunahme des Rehes zu beobachten ist, nachdem ja allem Anschein nach die Umweltbedingungen mit der Zeit zunehmend besser

122 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

wurden. Da mir durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Dr. Th. Halten- orth das reichhaltige Material an rezenten Rehen, das der Bayerischen Zoologischen Staatssammlung München gehört, zur Verfügung steht, kann ich schließlich ausführlichere Größenvergleiche des vor- und frühgeschicht- lichen mit rezentem Material durchführen.

Die anschließend besprochenen Funde des Rehes aus vor- und früh- geschichtlichen Siedlungen Bayerns wurden zusammen mit zahlreichen an- deren Tierknochen geborgen. Eine Veröffentlichung des gesamten Materials erfolgt demnächst, weshalb ich hier die Ausführungen zu den Fundumstän- den auf das notwendigste beschränken kann. Die eingeklammerten Abkürzun- gen hinter den Fundortangaben beziehen sich auf die Maßtabelle.

Regensburg-Pürkelgut (Pü). Neolithikum. Die mitgefundene Keramik gehört zum Teil dem linearbandkeramischen Stil, zum Teil dem rössen- stichbandkeramischen Mischstil an. Absolute Datierung nach Mitteilung von Herrn Dr. A. Stroh, Regensburg, 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. Literatur: Verh. Hist. Verein Oberpfalz u. Regensburg 88, 1938, S. 267; Bayer. Vorgesch. Bl. H. 15, 1938, S. 98; Eckes, 1954. Aufbewahrung: Museum Regensburg Inv. Nr. 1955/11. Eine starke Gehörnstange vom Reh befindet sich in der Schausammlung des Regensburger Stadtmuseums. Im übrigen konnten nur einige stärkere Kieferstücke sicher bestimmt wer- den (s. Maßtab.).

Regensburg-Karthauserstraße 18 (Ka). Neolithikum. Die Knochen wur- den zusammen mit Kulturresten des bayerischen Rössen geborgen. Absolute Datierung nach Mitteilung von Herrn Dr. A. Stroh Ende 3. Jahrtausend v.Chr. Literatur: Verh. Hist. Verein Oberpfalz u. Regensburg 94, 1953, S. 209; Bayer. Vorgesch. Bl. H. 21, 2. Teil, 1956, S. 162, mit einer vor- läufigen Liste der bestimmten Tierknochen. Aufbewahrung: Museum Re- gensburg Inv. Nr. 1953/23. Nur an zwei Rehknochen konnte die Größe beurteilt werden. Sie weisen überdurchschnittliche Maße auf (s. Maßtab. Scapula, Talus).

Riekofen, Ldkrs. Regensburg. Neolithikum. Münchshöfener Kultur. Ab- solute Datierung kurz vor 2000 v.Chr. Aufbewahrung: Museum Regensburg Inv. Nr. 1953/54. Eine Sechsergeweihstange mit anschließendem Kalot- tenstück. Herr Dr. E. von Lehmann, Bonn, der sich eingehend mit der Geschichte des Rehes befaßt und dem ich deshalb die Stange zur Auswer- tung zusandte, schrieb mir darüber: ‚Das Interessanteste an dem Fragment ist die Lage und Ansatzstelle des Rosenstockes er ist gegenüber rezenten Schädeln erheblich lateral nach unten verschoben. Kein Gehörn von meh- reren hundert hier verglichenen (aus dem Rheinland, Pommern, Mecklen- burg und Posen) zeigt dies in der extremen Form, nur ein alter, sehr guter Bock aus Vorpommern angenähert. Dadurch hatte der Bock eine sehr starke Auslage, die aber eben nicht wie sonst auf Stangenbiegung, sondern auf die

JOACHIM BOESSNECK, Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes 123

Rosenstocklage zurückzuführen ist. Der Rosenstockumfang mit 59 mm entspricht einem normalen, nicht besonders guten Bock von 3—4 Jahren. Gesamthöhe der Stangen etwa 190 mm (geschätzt). Vordersprosse relativ hoch angesetzt, unterer Rand der Rose horizontal beides bedeutet ein nicht zu hohes Alter. Da der Rosenstock aber schon ziemlich kurz ist und man die Spitzen der Sprossen nicht beurteilen kann, halte ich den Bock für etwa vierjährig. Interessant ist eine auf etwa 12 mm verlängerte Perle, hinten etwa auf der Hälfte zwischen Rose und erster Sprosse. Dieses Merkmal scheint früher häufiger aufgetreten zu sein, zum Beispiel bei fos- silen und subfossilen Stangen aus Westpreußen (Hermann, 1909) in 4 von 26 Fällen. Außerdem kommt es beim „Sibirier‘ häufiger vor, der ja wohl evolutionistisch als weniger fortgeschritten gelten kann.“

Manching, Ldkrs. Ingolstadt (Mch). Latenezeit. Keltisches Oppidum. Absolute Datierung letzte Jahrhunderte v. Chr. Literatur: Krä mer, 1955. Aufbewahrung zur Zeit Tieranatomisches Institut der Universität München. Soweit die wenigen vorhandenen Rehknochen Maße nehmen lassen, wei- sen diese auf starke Tiere (s. Maßtab.).

Cambodunum-Kempten/Allgäu (C). Römerzeit. Ausgrabung Krämer, 1953. Absolute Datierung 1. bis Mitte 3. Jahrhundert n. Chr. Literatur: Krämer, 1954, 1956; Bayer. Vorgesch. Bl. H. 21, 2. Teil, 1956, S.295. Aufbewahrung zur Zeit Tieranatomisches Institut der Universität München. Neben anscheinend mittelgroßen (vielleicht weiblichen ?) liegen einige außergewöhnlich starke, zum Teil aber nicht zu messende Rehknochen vor. Der starke Radius (s. Maßtab.) wurde bereits mit Abbildung veröffentlicht (Boessneck, 1957). |

Burgheim, Ldkrs. Neuburg a. d.Donau/Schwaben. Frühes Mittelalter. Absolute Datierung auf Grund archäologischer Funde 7. bis 9. Jahrhundert n.Chr. Literatur: Krämer, 1952; Germania 29, 1951, S. 139 ff.; Bayer. Vorgesch. Bl. H. 21, 2. Teil, 1956, S. 319. Aufbewahrung zur Zeit Tier- anatomisches Institut der Universität München. Die wenigen Rehknochen erlauben in bezug auf die Größe nur die Feststellung, daß sie nicht auf- fallend groß sind.

Burgstall, Hoher Bogen, Gemeinde Rimbach, Ldkrs. Kötzting/Oberpfalz (Bst). Mittelalter. Das Fundgut entstammt einer nicht fertiggestellten Burg, die Albrecht III. von Bogen zu bauen begonnen hatte. Nach Mitteilung von Herrn Dr. A. Stroh darf die Datierung auf das Ende des 12. Jahrhunderts n.Chr. angesetzt werden. Literatur: Verh. Hist. Verein Oberpfalz u. Re- gensburg 93, 1952, S. 329; Bayer. Vorgesch. Bl. H. 21, 2. Teil, 1956, S. 347—351, mit einer kurzen Veröffentlichung des Tierknochenmaterials. Aufbewahrung: Museum Regensburg, Inv. Nr. 1952/29—63, 110—121. Der einzige (meßbare) Knochen des Rehes zeigt starke Dimensionen (s. Maß- tab. Humerus).

124 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Maßtabelle 1. Unterkiefer C Länge der Backzahnreihe 695 655 68 Länge der Molarreihe 41 38 40 Länge der Praemolarreihe 28 27.85 28.5 28.5 28 Länge P,—M, 45 35 3 _ 45 Höhe hinter M,; 23.5 24 —_ 24 Höhe vor M, 17.8 18.5 20 19.5 18.5 Kleinste Höhe des Diastemas _ 10.5 10 1. Unterkiefer C C C coh+ d ®) Länge der Backzahnreihe (65) 65 62 63 Länge der Molarreihe _ _ E= 38.5.1885 36 Länge der Praemolarreihe 28 28.5. 28 27 26 28 Länge P,— M, 44.5 44 44 41 45 Höhe hinter M, —_ _ 235 22 25,9 Höhe vor M, 18 17.8 _ 17.5 175 345% Kleinste Höhe des Diastemas 10 10 10 11 10.5 103 2. Scapula Ka Mch of oh Q Länge des Proc. articularis 28.9 —_ 26.5 28 27.3 Länge der Gelenkfläche 22.9 _ 22 22 22 Breite der Gelenkfläche _ —_ 20.5 20.8 20.5 Kleinste Breite am Halse 19 17.5 18 17 3. Humerus Bst d eh © Größte Breite distal 28 28:5) 11927.3) 827 Breite der Trochlea 26 25 24.5 23 4. Radius Mch C © co Q Größte Länge (cal) 173 165 156 Größte Breite proximal 27 27.3 26.5 25.5 :245 Gelenkflächenbreite proximal 25 25.53 245 245 23 Größte Breite distal _ 27.5 24.5 245 24 Kleinste Breite der Diaphyse (17) 16.5 14.5 15 14 5. Metacarpus C oh & Q Größte Länge _ 161 153 150 Größte Breite proximal 22 20.5 21.5 20 Größte Breite distal _ 21 22 20.5 Kleinste Breite der Diaphyse _ 11.5.7 123 912 6. Metatarsus Mch C C of d Q Größte Länge —_ 195 188 178 Größte Breite proximal 21 20 20 20.5 20 19 Größte Breite distal _ _ 225 23 22 Kleinste Breite der Diaphyse —_ 10.5 _ 11.5 11.8 "4 7. Talus Ka d d oO Größte Länge lateral 3 29 27.5 27,8 Größte Länge medial 29 RB 257 208 Größte Dicke lateral 17.5 16 15.5 16.7 Breite des Caput 19.5 18.5 18 17

*) Die drei letzten Spalten enthalten jeweils die Maße rezenter Rehe (s. S. 125).

JOACHIM BOESSNECK, Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes 125

Zur besseren Beurteilung der Größe der vor- und frühgeschichtlichen Rehe im Vergleich zu den heutigen sind in die Maßtabelle die Werte für zwei männliche Tiere mittleren Alters und für ein weibliches mit stark ab- gekautem Gebiß, alle drei aus Bayern (Zoologische Staatssammlung Mün- chen 1954/45, 1951/232, 1952/83 in der Reihenfolge der Eintragung in die Maßtabelle) aufgenommen worden. Es handelt sich weder um besonders starke noch um besonders schwache Tiere (vergl. unten). Knochenmaße für rezente Rehe können zusätzlich Duerst (1904, S. 281), Dierich (1910), Vogel (1933), Kuhn (1935), Thalheimer (1945) und Re- quate (1956) entnommen werden. Maßangaben für neolithische Rehe aus der Schweiz bringen Kuhn (1932, 1935) und Thalheimer (1945), vom Bodensee Vogel (1933), aus Österreich Amschler (1949), aus Italien z.B. deStefano (1911) und aus dem Mesolithikum Schleswig-Holsteins Herre (1949) und Lüttschwager (1954). Zahlreiche Funde aus me- solithischen Schichten Dänemarks vermaß Degerbeol (1942, 1943). Aus der späteren vor- und der frühgeschichtlichen Zeit kenne ich nur ganz we- nige Maßangaben (Woldrich, 1897; Duerst, 1904; Kuhn, 1932, S. 704),!) etwas mehr erst wieder aus dem frühen Mittelalter von Potsdam (Ender- lein, 1930) und Schleswig-Holstein (Requate, 1956).

Nachdem nahezu alle Maße an den subfossilen Rehknochen der Tabelle über denen der rezenten liegen und mir im Gegensatz zu der eingangs er- wähnten, weitverbreiteten Ansicht über die Größe vorgeschichtlicher Rehe das gleiche bei den Zahlenangaben mehrerer anderer Autoren auffiel, er- scheint ein umfassenderer Größenvergleich des vor- und frühgeschichtlichen mit rezentem Material, soweit er bei dem wenigen subfossilen Material überhaupt heute schon möglich ist, angebracht. Nachstehend werden die wichtigsten vergleichbaren Maße nur für meso- und neolithische Rehe den rezenten gegenübergestellt. Die wenigen Funde der folgenden Zeit, als die Lebensbedingungen für das Reh, wie vermutet wird, sich erst optimal ge- stalteten, blieben vorerst unberücksichtigt.

Zahnreihenlänge des Unterkiefers. Regensburg-Pürkelgut: 69.5, 65.5; de Stefano (1911, S.78): 69.8, 68.3, 63.5; Kuhn (1935): 68.2, 63, 62.7; Degerbal (1942, S. 88): 68, 68, 66; Vogel (1933, S. 15, 80, 94): 69 68, 68, 68, 67.5, 66.3, 65.5, 63; Thalheimer: 67.4. Mittelwert: 66.8. Rezente Rehe. Eigene Messungen: 65, 63, 62; Duerst (8.281): 64; Kuhn (1935): 65.5, 61; Thalheimer: 62.8, 62.1; Requate: 60.5. Mittel- wert: 62.9. Zur Kontrolle wurden weitere 114 Unterkiefer rezenter Rehe aus Bayern, Württemberg und dem Westerwald vermessen. Die Tiere wurden zu-

1) Die Maßangaben für die Rehfunde von Töszeg (Bökönyi, 1952) zeigen meh- rere Fehlbestimmungen an zum Teil mögen auch Druckfehler vorliegen —, wes- halb sie zu Vergleichen ungeeignet sind.

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meist in den Jahren 1935—1943 erlegt, zu einem kleineren Teil erst nach dem letzten Kriege. Geschlechtsunterschiede waren nicht zu beobachten. Variation: 57, 59—69.5, 70.5. Mittelwert: 64.4. Vogel (1933, $. 101) fand bei acht Messungen an rezentem württemberger Material, worunter 6 Sechserböcke waren, Werte von 60-69 mm, im Mittel 63.5 mm.

Radiuslänge. Kuhn (1932, S.622): 164; Vogel (1933, S.16): 184, 183, 179. Mittelwert: 177.5. Rezente Rehe. Eigene Messungen der größten Radiuslänge an einheimischen Rehen, die zum großen Teil in den Jahren 1911—1914, die übrigen in den letzten Jahren erlegt worden sind. Weibliche Tiere und solche, deren Geschlecht nicht bekannt ist, überwiegen: 174, 173, 173, 173, 171, 170, 170, 169, 169, 169, 168, 167, 166, 165, 165, 165, 165, 161, 157, 156, 156; Dierich: 153. Mittelwert: 166.1.

Metacarpuslänge. Vogel (1933, S.16): 164; Amschler (1949, S.6, Tab. 37 C): 158. Rezente Rehe. Eigene Messungen wie beim Radius: 168, 168, 167, 165, 164, 164, 162, 162, 161, 161, 161, 160, 160, 160, 160, 159, 159, 158, 158, 158, 158, 158, 157, 156, 155, 155, 154, 154, 154, 153, 153, 153, 153, 152, 152, 151, 150, 150, 150, 148, 145, 143, 142; Dierich: 154. Mittelwert: 156.5.

Metatarsuslänge.?2) Vogel (1933, S.16, 56): ca. 200, 192; Lütt- schwager: 210. Mittelwert: 201. Rezente Rehe. Eigene Messungen wie oben: 200, 198, 197, 195, 195, 195, 193, 193, 191, 188, 188, 188, 187, 187, 185, 178, 178, 177, 175, 170; Dierich: 187.5. Mittelwert: 187.9.

Calcaneuslänge. Kuhn (1932, S. 623): 62; Vogel (1933, S. 16): 61; Degerbol (1943, S. 187): 70, 69, 69, 68, 66, 65, 63, 62, 62, 60, 59. Mittelwert: 64.3. Rezente Rehe. Eigene Messungen wie oben: 64, 61.5, 61, 61, 59.5, 59, 58.9, 37.7, 56.5. Mittelwert: 59.9.

Astragalus, laterale Länge. Regensburg-Karthauserstraße: 31; Kuhn (1932, S. 623): 28.4; Degerbeol (1943, S. 187, 197, 200, 2013): 36, 34, 34, 33, 32, 32, 32, 32, 31, 31, 31, 30.5, 30, 30, 30, 30, 30, 30, 30, 29, 29, 29, 28.3, 286, 28, 27.6, 27.3, 27. Mittelwert: 30.4. Rezente Rehe. Eigene Messungen wie oben: 30, 29, 29, 29, 27.8, 27.5, 27, 27, 26.8; Dierich: 28. Mittelwert: 28.1.

Würde man fortfahren und auch die Breitenmaße der langen Extremi- tätenknochen in gleicher Weise gegenüberstellen, so ist festzustellen, daß sich bei ihnen kaum Unterschiede zwischen den neolithischen und den rezen- ten Stücken finden lassen. Das erklärt sich jedoch nicht zuletzt schon durch

2) Kuhn, 1932, S. 544 ist ein Metatarsus mit nur 129,2 mm Länge als zum Reh gehörig bestimmt. Falls kein Druckfehler vorliegt, halte ich die Bestimmung für fehlerhaft, nachdem es sich offenbar nicht um den Rest eines Jungtieres handelt.

3) Hier ist offenbar versehentlich wie die Maße erweisen ,Haelben, calcanei‘‘ statt ‚‚Rulleben, astragali‘“ angegeben.

JOACHIM BOESSNECK, Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes 127

die Kürze der Meßstrecken und schließt nicht aus, daß die Tiere größer waren als heutige. Auf einigen wenigen Fragmenten, die nur Breitenmaße abnehmen lassen, beruhen aber die meisten Beobachtungen der Größenüber- einstimmung zwischen subfossilen und rezenten Rehknochen. Breiten all.in wiegen natürlich weniger schwer als Längenmaße. Unter nochmaliger Be- tonung der Einschränkung, die das Ergebnis der vorstehenden Gegenüber- stellungen durch die geringe Materialmenge erfährt, zeichnet sich also auch beim Reh wie beim Hirsch und Wildschwein ein Größenunterschied zwischen den meso- und neolithischen Tieren einerseits und den heutigen andererseits ab. Wie wir hörten, bestanden jedoch landschaftlich nicht die optimalen Bedingungen für das Reh wie bei Hirsch und Wildschwein. Als Ursache für die größere Stärke möchte ich einmal die noch nicht vom Menschen veränderte Auslese der sich fortpflanzenden männlichen Tiere an- nehmen, was auch beim Hirsch eine große Rolle spielte. Auch der stärkere Kampf ums Dasein gegen andere Arten dürfte zu einem kleineren Bestand aber kräftiger Rehe geführt haben. Ob schließlich für alle drei Arten eine gemeinsame genetische Ursache hinzukommt, sei erst am Schluß der Arbeit diskutiert.

Als der Mensch durch Rodung eine durchbrochene Landschaft schuf und so die feuchten Wälder mehr und mehr zurücktraten, wurden die Um- weltverhältnisse für das Reh zunehmend günstiger. Deshalb ist es viel- leicht kein Zufall, daß unter den wenigen Resten des Rehes aus späterer Zeit ausgesprochen starke Knochen überwiegen. Aus Cambodunum liegen außer dem eminent großen Radius (ss. Boessneck 1957) Fragmente auffallend starker Metapodien vor, wie nur zum Teil durch die Maße, bes- ser im direkten Vergleich der Funde mit den Knochen rezenter Tiere zum Ausdruck kommt. Ein Radius aus der Keltenstadt Manching war von ähn- licher Größe wie der genannte aus Cambodunum (s. Maßtab.). Die wenigen weiteren Fragmente dieses Fundortes zeigen ebenfalls große Stärke. Riedel (1949—50) fiel die Größe eines Tieres aus Norditalien auf, das etwa aus der gleichen Zeit stammt. Für die ebenso spärlichen Funde aus dem früh- mittelalterlichen Schleswig-Holstein hebt Requate (1956) die besondere Größe hervor. Obwohl diese Behauptung unseren Gedankengang unterstützt, darf nicht verschwiegen werden, daß sie höchstens mit Einschränkung zu- trifft. Einmal sind die angegebenen Werte des zum Vergleich herangezo- genen rezenten Sechserbockes Durchschnitt und erweisen keineswegs, daß es sich, wie vom Autor angenommen, um einen starken Bock handelt; zum anderen sind die wenigen Maße allein für Schlüsse auf die Körpergröße kaum geeignet. Es erübrigt sich deshalb der Stichhaltigkeit der allgemein gehaltenen Formulierung im einzelnen nachzugehen, daß die Rehe von Gikau und Olsborg ‚in ihren Maxima die neolithischen Rehe der Schweiz noch

128 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

übertreffen“, zumal in der Maßtabelle Fehler und Unklarheiten sind.) Was das Geweih betrifft, hob schon Hesse (1921, S. 220) hervor, daß seine Stärke nur bedingt den Schluß auf starken Körperbau zuläßt.

Die Gegenüberstellung subfossiler mitteleuropäischer Rehe mit den heutigen macht alles in allem nach den bisherigen Funden nun doch eine Abnahme der durchschnittlichen Körpergröße wahrscheinlich. Diese Ab- nahme setzte offenbar frühestens im Mittelalter ein. Wie wir sahen, und wie auch Vogel (1941) und Requate (1956) bemerken, kann die Ur- sache dafür nicht in den landschaftlichen Verhältnissen gesucht werden, So lange der Mensch das Fortpflanzungsgeschehen des Rehes nicht stärker beeinflußte, zeichnet sich infolge der sich bessernden Umweltverhältnisse eher eine Größenzunahme als eine Größenabnahme ab, doch bedarf diese Aussage noch weitgehend materieller Unterbauung. Die in Mitteleuropa während der letzten Jahrhunderte lange Zeit nicht einwandfreie Art der Jagdausübung, die durch übertriebene Trophäenjagd gerade die stärksten Böcke, also die im großen und ganzen besten Vererber, vorzeitig ausschaltete, führte zu einer gewissen Degeneration der Bestände (ähnlich Vogel, 1941, Requate, 1956). Vermutlich wirkte auch der fast völlige Wegfall der na- türlichen Feinde unter den Säugern im gleichen Sinne. Heute wirkt sich streckenweise nicht zuletzt übertriebene Bestandsdichte nachteilig auf die Größe des Einzelindividuums aus.

Wenn hier in ganz verallgemeinerter Form von zeitlichen Größen- schwankungen des Rehwildes gesprochen wurde, darf doch keinesfalls ver- gessen werden, daß seine Größe nicht zuletzt vom Standort abhängig ist. In einer grundlegenden Untersuchung zeigt Hesse (1921) derartige Schwan- kungen auf. Unter den neolithischen Funden fallen etwa die verhältnis- mäßig geringen Maße der von Kuhn (1932, 1935) vermessenen Reh- knochen aus der Schweiz auf, die tatsächlich um die Mittelwerte für die tezenten Rehe liegen. Von Lehmann (im Druck) betont jedoch nach- drücklich, daß die unterschiedlichen Bedingungen am Standort nicht aus- reichen, das Vorkommen großer und kleiner Rehe im nacheiszeitlichen Mitteleuropa zu erklären. Der Autor war so liebenswürdig, mir seine Ar- beitshypothese zu dieser Frage, die er von vielen Seiten beleuchtet und weit- möglichst unterbaut, wie folgt kurz zusammenzufassen: „Die allgemein be- kannte Tatsache der Sippenbildung beim mitteleuropäischen Reh, d.h. die Tendenz, schon auf engstem Raum nebeneinander erblich konstante Geweiheigentümlichkeiten hervorzubringen, deutet schon darauf hin, daß beim Reh dauernd genetische Neubildungen verwirklicht werden und wur-

4) Für die proximale Breite des Metacarpus muß es in der Spalte ‚‚Neolith. Bodensee Vogel‘ 21 statt 20.5 heißen. Wie kann die distale Breite des Radius von 20.5 bis 26.0 variieren, wenn in Gikau nur 1 Radius gefunden wurde?

JOACHIM BOESSNECK, Zur Größe des mitteleuropäischen Rehes 129

den, die nichts mit der Umwelt unmittelbar zu tun haben. Die Tatsache, daß es schon im Magdalönien in Deutschland Rehe gab von den Größen- maßen des rezenten Rehes, bis in die frühgeschichtliche Zeit aber auch noch Großrehe (Cambodunum), läßt weiterhin den Schluß zu, daß im Laufe der Zeit durch immer wieder erfolgte Dezimierung und Isolation sowie durch Standorttreue und solitäres Verhalten der weiblichen Tiere in der Brunftzeit bedingt, eine stärke Formenaufsplitterung stattfand, die nicht nur verschie- dene Geweihtypen, sondern auch unterschiedliche Körpergrößen schuf. Außerdem sind gewiß in schneereichen, rauhen Lagen Großformen durch Selektion entstanden, wie heute z. B. im Norden und Nordosten des Ver- breitungsgebietes. Bei starker Bestandszunahme konnten dann diese bis dahin getrennt . vorkommenden, morphologisch und genetisch verschiedenen For- men zusammenfließen.“

Wenn ich die Parallelität in der Größenabnahme für Hirsch, Reh und Wildschwein mehrfach hervorhob, so natürlich deshalb, um womöglich eine gemeinsame Ursache für diese Erscheinung zu finden. Als solche bietet sich die Bergmann’sche Regel an. Wir sahen aber, daß sich beim Reh nach dem bisherigen Stand eine Größenminderung erst sehr spät ablesen läßt. Bei Hirsch und Wildschwein ist es ähnlich, wenn auch nach meinem noch un- veröffentlichten Material wenigstens für den Hirsch, der eine derartige Be- urteilung eher zuläßt als das Schwein mit der Schwierigkeit der Tren- nung kleinerer Wildschweinknochen von Funden primitiver Hausschweine, sich eine geringe Größenabnahme vor dem Mittelalter andeutet. Gerade bei Hirsch und Wildschwein läßt sich die Größenabnahme zwanglos aus der Veränderung der Lebensbedingungen erklären, ähnlich wie es oben für das Reh versucht wurde. Für den Hirsch hat Beninde (1937) bereits die Vorbehalte in der Anwendbarkeit der Bergmann’schen Regel angemeldet. Die postglaziale Entwicklung der drei Arten in Mitteleuropa, wie sie sich aus den Funden abzeichnet, als Folge der Bergmann’schen Regel allein zu deuten, ist sicher unmöglich. Wie weit deren Auswirkung bei den einzelnen Arten zu anderen Ursachen hinzukommt, bleibt vorerst offen.>)

5) Zwei zum Thema wichtige Arbeiten wurden mir erst nachträglich bekannt: 1. Bachofen-Echt, A. v.: Beobachtungen über die Variationsbreite von Capreolus capreolus. Zeitschr. f. Säugetierkde 8, 184—194, 1933. 2. Bogino, F.: I mammi- feri fossili della torbiera di Trana. Boll. Soc. Geol. Ital. 16, 16—54, 1897. Der Autor macht Maßangaben, von denen die folgenden die Zusammenstellung auf S. 125£ er- gänzen: Backzahnreihenlänge im Unterkiefer 65 mm; Länge des Radius 175 mm, des Metacarpus 164mm und des Metatarsus 202 mm.

g

130 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

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9*

132 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Über die ontogenetische Entwicklung der Technik des Nüsseöffnens vom Eichhörnchen (Seiurus vulgaris L.)

(Aus dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, Buldern i. W.) Von Irenäus Eibl-Eibesfeldt

(Hierzu 5 Abbildungen auf Tafel VI und VII)

1951 beschrieb ich die Ontogenese der Nußöffnetechnik von 5 in Ge- fangenschaft gezüchteten und 2 handaufgezogenen Eichhörnchen. Die ersten gebotenen dickschaligen Haselnüsse wurden von den Hörnchen rundherum regellos benagt, bis die Schale schließlich an einer Stelle so dünn war, daß sie durchbrach (Abb. 1). Dort arbeiteten die Tiere dann weiter. Allmählich wurden immer weniger überflüssige Nagespuren angelegt und schließlich hatten alle eine rationelle Technik entwickelt. Die Methoden waren indivi- duell verschieden. Vier Eichhörnchen nagten eine tiefe Rille zur Spitze der Haselnuß und eine ebensolche Furche auf der gegenüberliegenden Seite. Dann setzten sie die unteren Schneidezähne wie ein Brecheisen quer in eine Furche ein und sprengten die Nuß in zwei Hälften (Abb. 2u. 3). Zwei Tiere begannen mit einer Furche’ zur Nußspitze. Drei weitere Furchen legten sie je senkrecht zur vorhergehenden an, so daß sie schließlich eine kleine viereckige Kappe absprengen konnten (Abb.4). Ein Eichhörnchen bekam seine erste Nuß erst als es erwachsen war. Es nagte ein Loch in die Basis der Nuß und blieb zunächst bei der Methode. Das zeigte bereits, daß Lern- prozesse bei der Entwicklung der Nußöffnetechnik eine wichtige Rolle spie- len. Wie jedoch Angeborenes und Erworbenes dabei zusammenwirkt, konnte damals nicht eindeutig geklärt werden. Vor allem blieb die Frage offen, wieso die Mehrzahl der Tiere dieselbe Sprengtechnik mit Furche und Ge- genfurche ausbildeten. Lag hier eine angeborene Disposition vor?

Mittlerweile habe ich dieselben 7 Versuchstiere über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtet und ferner bei insgesamt 14 weiteren zum Teil aus eigener Nachzucht stammenden Junghörnchen die Entwicklung der Nuß- öffnetechnik verfolgt. Zehn, die von früher Jugend an Nüsse öffnen durften, taten dies wie ihre Vorgänger zunächst mit viel überflüssigem Aufwand an Arbeit. Acht sprengten später mit Hilfe von Furche und Gegenfurche. Zwei lernten zuerst eine kleine Kappe absprengen, nach einigen Wochen gingen sie dazu über, die Nuß auf die beschriebene Art in zwei Hälften zu sprengen. Vier Versuchstiere, die erst als Erwachsene Haselnüsse bekamen, öffneten diese zuerst ohne Sprengtechnik durch Lochnagen, drei bis vier Wochen

I. EIBL-EIBESFELDT, Technik des Nüsseöffnens vom Eichhörnchen 133

später beherrschten auch sie die Sprengtechnik. Auch von den eingangs genannten drei Versuchstieren des ersten Jahres, die nicht sprengten, gingen zwei nach einigen Monaten zur Sprengtechnik über, so daß von den insge- samt 21 bisher untersuchten Tieren 20 zuletzt auf diese Weise beim Nuß- öffnen vorgingen. Das einzige Weibchen, das bei der in Abb.4 gezeigten Technik blieb, war ein zartes Tier. Vielleicht brachte es nicht die Kraft zum Sprengen auf.

Wie die direkte Beobachtung und genaue Untersuchung der benagten Haselnüsse zeigte, beruht die bevorzugte Sprengtechnik nicht auf einer an- geborenen Disposition, dies so zu tun. Die Technik wird vielmehr durch die Struktur der Nuß bestimmt. Die Eichhörnchen merken bald, daß man pa- rallel zum Faserverlauf leichter nagen kann als quer dazu, und auch, daß man die Spitze leichter benagen kann als die Basis. Den ersten Lerufort- schritt kann man an der Parallel-Ausrichtung von Nagefurchen und Faser- verlauf sehen. Die Nuß ist ferner nicht gleichmäßig gebaut. Ihr Querschnitt ist nicht rund, sondern oval. Die schmälere, stärker gewölbte und oft einen Grat bildende Seite bietet den Zähnen weniger leicht einen Ansatzpunkt als die flachere Breitseite. Nur hier legt das Eichhörnchen später seine Sprengfurchen an, Betrachtet man die unversehrte Nuß genauer, dann sieht man, daß bereits eine Furche vorhanden ist; an der Stelle, an der die beiden Fruchtblätter der Haselnuß zusammengewachsen sind, erstreckt sich von der Basis bis zur Nußspitze eine seichte Furche (Abb. 5). Geradezu automatisch wird das Tier darauf gelenkt, dieser Rinne zu folgen, bietet sie doch den Nagezähnen besten Halt. Die Rinne wird vertieft und zur Sprengfurche.

In diesem Zusammenhang waren auch Versuche mit hartschaligen Wal- nüssen aufschlußreich. Unerfahrene Tiere benagen sie ebenfalls von allen Seiten. Bald aber lernen sie, am weichen Fruchtstielende beginnend, dem Nahtverlauf zu folgen. Sie bringen auf diese Weise die Schalen zum Klaffen. Angeboren sind nach den bisherigen Feststellungen folgende in der eingangs zitierten Arbeit genauer beschriebenen Bewegungen: 1. Das Drehen der Nuß mit den Pfoten um mehrere Achsen, 2. das Nagen und 3. die Spreng- bewegung, bei der das Tier immer wieder die Zähne hebelnd einzusetzen versucht, auch wenn unzweckmäßige Rillenanlage kein Sprengen ermög- licht. Durch Lernen werden diese Elemente zu einer zweckmäßigen Hand- lung zusammengeschweißt, wobei die Struktur der Nuß das Erlernen einer bestimmten Technik begünstigt. Vergleichende Untersuchungen über die Nußöffnetechnik anderer Nager sind im Gange.

In weiteren Versuchen prüfte ich, ob Eichhörnchen eine Nuß angebore- nermaßen kennen und ob sie schlechte von guten primär unterscheiden können. Die Eichhörnchen interessierten sich primär für jeden bis wal- nußgroßen Gegenstand, den sie aufheben und in den Händen drehen können. Sie drehten und benagten Würfel und nußförmige Attrappen aus Holz

134 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

(Eiche, Walnuß, Ahorn), Glas- und Pappnüsse sowie Nüsse, die mit einer Lackschicht überzogen waren. Würfel verwarfen sie schneller als nußförmige Attrappen, die sich gut drehen lassen. Solche Nußattrappen werden auch mit Ausdauer benagt. Später lernen sie solche Versuche am untauglichen Objekt zu meiden. Immerhin ist bemerkenswert, daß selbst erfahrene Eich- hörnchen nicht den Anreiz von Glasnüssen widerstehen können. Zahme raubten regelmäßig den Christbaumschmuck, um ihn in der arttypischen Weise zu verstecken. Wurmige und taube Nüsse werden nicht von vornherein unterschieden. Jedes Eichhörnchen benagt zunächst auch taube und ver- dorbene Nüsse. Später erkennen sie solche nach kurzem Beschnuppern und flüchtigem Drehen, oft sogar am Geruch allein.

Zusammenfassung

Dem Eichhörnchen stehen für das Nüsseöffnen drei angeborene Bewe- gungen, nämlich Drehen, Nagen und Sprengen zur Verfügung. Die Inte- gration dieser Bewegungsanteile zu einem funktionellen Ganzen wird durch Lernprozesse bewirkt, wobei die besondere Form der Haselnuß die Entwick- lung einer bestimmten Technik begünstigt. An nußähnlichen Attrappen ist das Eichhörnchen primär interessiert. Taube und wurmige Nüsse werden erst nach negativen Erfahrungen verworfen.

Summary

The European squirrel has only a few innate behavioral patterns which serve to open hard shelled nuts. These include gnawing, splitting and a spe- cifice movement to turn the nut rapidly around different axes. Learning pro- cesses integrate these behavior patterns to a functional whole. First, the squirrels gnaw many furrows in every direction all over the nut. Later they learn to follow the path of minor resistence and they learn a spe- cific, more rational technique of nut openingwhich can vary individu- ally. Most animals learn to open hard shelled hazel nuts by gnawing a furrow to the tip of the nut and a second equally arranged one on the counterside and after that splitting the shell in two halves. The learning of this technique is directed by the structure of the nut shell.

Squirrels show interest in nut-dummies made of various materials and even try to gnaw furrows in them. Empty and wormy nuts are rejected only after some negative experience.

Literatur

Eibl-Eibesfeldt, L. (1951). Fortpflanzungsverhalten und Jugendentwick- lung des Eichhörnchens (Seiurus vulgaris L.). Z. £. Tierpsychol. 10, 370—400.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 135

Angeborenes und Erworbenes in der Technik des Beutetötens (Versuche am Iltis, Putorius putorius L.)

(Aus dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, Buldern i. W.)

Von Irenäus Eibl-Eibesfeldt.

Beim Töten wehrhafter Nager (Ratten, Hamster u. a.) richten erwach- sene Iltisse ihre Angriffe gezielt gegen Nacken und Schädel ihrer Beute. So gezielt beißt der Iltis allerdings nur Beutetiere, die sich nicht allzu schnell bewegen. Flüchtendes faßt er oft an den nächstgelegenen Körperstellen und hält es damit auf (,„Fangbiß‘). Diesen Zubiß lockert er aber sofort, um in dem Bruchteil einer Sekunde gezielt nach dem Nacken des Opfers zu greifen („Tötungsbiß‘). Nach diesem Zubiß versucht er sein Opfer auf den Rücken zu werfen, indem er entweder den Schwung des Angriffssprunges ausnützt und eine Rolle vorwärts macht oder sich um seine Körperlängsachse dreht. Die Beute verliert dann jeden Halt, sie ist weitgehend wehrlos. Durch wie- derholtes Lockern des Griffes und neuerliches festes Zupacken (,Nachbei- ßen“) arbeiten sich die Zähne immer tiefer in Nacken oder Schädel des Opfers hinein. Dabei wälzt sich der Iltis häufig mit der Beute am Boden, geschickt ihren Zähnen ausweichend. Immer wenn er sie zwischen sich und der Unterlage festgeklemmt hat, faßt er nach. So kommt er zum Erfolg, auch wenn er die Beute beim Angriff nur an einer Hautfalte fassen konnte. Durch schnelles Seitwärtsschütteln des Kopfes (,Totschüttelbewegung‘) reißt er tiefere Wunden (Eibl-Eibesfeldt, 1955a, b u. 1956). Der Nackenbiß soll angeboren sein (Goethe, 1938). Er ist, wie vergleichende Beobachtungen er- gaben, unter den Marderartigen weiter verbreitet. Ziel der noch laufenden Untersuchung ist es,

1. festzustellen, wodurch die Beutefanghandlung bei unerfahrenen Tieren ausgelöst wird, und

2. was an der Technik des Beutefangens und -tötens angeboren bzw. er- lernt ist.

Um das zu klären, wurden 15 Iltisse so aufgezogen, daß sie keinerlei Beute schlagen konnten. Sieben waren noch als blinde Junge (21—24 Tage alt) von ihren Geschwistern isoliert worden und einzeln aufgezogen. Die übrigen Versuchstiere blieben bei ihrer Mutter. Sie konnten mit ihren Ge- schwistern spielen. Alle bekamen Pferdefleisch, Milch und Vitamine. Zwanzig Kontrolltiere durften bereits in früher Jugend Beute töten. Sie waren an- fangs ungeschickt, was wohl zum Teil auch auf körperliche Unreife zurück- geführt werden kann. Mit drei Monaten töteten sie jedoch sicher und schnell.

136 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Die Versuchstiere wurden mit fünf bis zehn Monaten getestet. Sie waren zu diesem Zeitpunkt voll ausgewachsen. Zur gewohnten Fütterungszeit wurde ihnen eine lebende wilde Wanderratte in den Wohnkäfig gesetzt. Blieb die Ratte ruhig sitzen, so wurde sie nicht sogleich als Beute behandelt. Der Iltis näherte sich neugierig, beschnupperte den Pelz der sich drückenden Ratte, stubste sie mit den Pfoten und biß manchmal auch wie kostend ganz zart in ihr Fell. Lief die Ratte dem Iltis entgegen, so wich er in der Regel aus. Nur wenn die Ratte davonlief, löste sie unmittelbar einen heftigen Angriff aus. War dann das Jagdverhalten einmal aktiviert, dann blieb der Iltis bei der Jagd und versuchte auch die Ratte zu fassen, wenn sie sich in einer Ecke stellte. Die Iltisse bissen die Ratte anfangs in jede nächstbeste Körperstelle; meist schnappten sie nach dem Rückenende oder dem Schwanz der Flüchten- den. Sie ließen jedoch sofort los, wenn sich die Ratte umdrehte und zur Wehr setzte, erneuerten dann aber wieder ihre Angriffe. Die Bißfolge war zunächst ganz regellos etwa Schwanzwurzel, Hinterschenkel, Rückenmitte, Schwanzwurzel, Schulter usw. Je weiter vorne ein Iltis jedoch zupackte, desto erfolgreicher war er, da die Ratte sich dann weniger leicht zur Wehr setzen konnte. Erwischte ein Iltis die Ratte im Nacken, dann war deren Schicksal in der Regel besiegelt. Einem Iltis glückte das innerhalb der ersten zwanzig Sekunden, ein anderer war innerhalb einer Minute so weit. Drei weitere brauchten 4, 5 und 15 Minuten dazu. Das richtete sich auch nach dem Verhalten der Ratten. Manche wehrten sich ausdauernd, andere flüch- teten bloß. Nach wenigen Erfolgen richten die Iltisse ihre Angriffe nur mehr gegen das Vorderende der Beutetiere. Nachdem sie an vier bis sechs aufein- anderfolgenden Tagen je eine Ratte getötet haben, beherrschen sie die Töte- technik gut. Wie sehr Erfahrungen das Verhalten gegenüber der Beute be- stimmt, zeigte ein Männchen, das beim ersten Versuch von der Ratte heftig gebissen wurde. Der zehn Monate alte kräftige Rüde zog sich erschreckt zu- rück und wollte selbst nach zweitägigem Hungern nichts. von der Ratte wis- sen. Noch nach einem Monat zeigte er deutliche Scheu vor solcher Beute. Bei einem Weibchen, das auch gebissen worden war, ließ ich die Ratte. Drei Tage wohnte sie im Wohnkistchen des Iltis, der selbst nur im Vorraum dazu schlief. In den Wachperioden lief der lltis stundenlang vor dem Käfiggitter auf und ab, offenbar bestrebt, das Gebiet zu verlassen. Erst am vierten Ver- suchstag tötete er die Ratte. Damit war der Bann gebrochen, er stellte die Stereotypien ein und tötete fürderhin geschickt.

Jene acht Versuchstiere, die mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern aufwuchsen, verhielten sich ähnlich wie die isoliert aufgezogenen. Auch sie attackierten zunächst nur Flüchtendes, und sie mußten ferner ebenfalls die Orientierung des Tötungsbisses nach dem Nacken des Opfers lernen. Aller- dings fiel auf, daß vier der Versuchstiere bereits in der ersten Minute zum Erfolg kamen. Es scheint daher, als würden die Iltisse beim Spiel mit dem

I. EIBL-EIBESFELDT, Technik des Beutetötens: Versuche am Iltis 137

Artgenossen eine gewisse Geschicklichkeit erwerben, die ihnen später zu- statten kommt. Versuche darüber sind noch im Gange.

Die beim Fangen und Töten der Beute beobachteten Verhaltensweisen waren wenn man von der Orientierungskomponente absieht bei erfah- renen und unerfahrenen Tieren gleich. Das Angreifen von Flüchtendem, der Tötungsbiß mit dem charakteristischen wiederholten Nachbeißen in dieselbe Bißstelle, das Auf-den-Rücken-werfen der Beute und das Totschütteln sind demnach wohl angeborene Reaktionen.

Zusammenfassung.

Bei der Entwicklung der spezifischen Tötetechnik des Iltis spielen Er- fahrungen eine große Rolle. Erwachsene Iltisse, die noch nie eine lebende Beute bekommen hatten, griffen flüchtende Ratten zwar sofort an, sie pack- ten sie aber anfangs bei der nächstbesten Körperstelle, so daß sich die Ratte oft wehren und befreien konnte. Die Iltisse lernen durch Versuch und Irr- tum schnell den erfolgbringenden Nackenbiß. Auch Iltisse, die mit Geschwi- stern aufgewachsen waren, mußten das lernen. Sie kamen aber schneller zum Ziel, was darauf hinweist, daß im Spiel gewonnene Erfahrungen ver- wertet werden. Angeboren ist das Verfolgen flüchtender Beute, der Tötungs- biß mit dem kennzeichnenden Nachbeißen, das Totschütteln und das Um- werfen der Beute,

Summary.

In the development of the specific killing technique of the polecat expe- rience plays an important role. Adult polecats which had never killed prey before attacked fleeing rats but they grasped different parts of the rat’s body which was therefore often able to turn around and defend itself. The specific orientation of the killing bite to the neck of the prey is learned by trial and error. Polecats raised with their siblings likewise have to learn this neck orientation, but it seems that they learned faster due to skill- fulness they acquired in play. Following fleeing prey, the movement of biting with the very characteristic “Nackenbiss“, certain shaking movements (“Tot-, schütteln‘) and turning the rat on its back are innate reactions which become integrated by experience to an effective behavior pattern.

Literatur. Eibl-Eibesfeldt, I., (1955a) Zur Biologie des Iltis. Verh. Dtsch. Zool. Ges. Erlangen 1955, 304—314. (1955b). Wissenschaftlicher Film C 697. Göttingen. (1956). Wissenschaftlicher Film E 106. Göttingen. Goethe, F., (1938). Beiträge zur Biologie des Iltis. Ztschr. f. Säugetierkde. 15, 180—223.

138 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Über die Musterbildung von Duftdrüsen in der Sohlenhaut der weißen Hausmaus (Mus museulus alba)

(Aus dem Dr. Senckenbergischen Anatomischen Institut der Universität Frankfurt am Main; Direktor: Prof. Dr. D. Starck)

Von R. Ortmann

(Hierzu 4 Abbildungen; Abb.1 auf Tafel VII)

Schaffer (1940) hat in seinem Buch über die Hautdrüsen der Säuge- tiere ein größeres Kapitel den Plantarorganen gewidmet. Es wird dort auf das Vorkommen von Drüsen in den Sohlenballen hingewiesen und deren Lokalisation nur in bezug auf diese Oberflächenstrukturen untersucht. Schaffer stützt sich im wesentlichen auf histologische Präparate und spricht die Drüsen als Duft- und Stoffdrüsen, sowie als Zwischenform zwischen Schweißdrüsen und apokrinen Drüsen an. Ihre isolierte Dar- stellung am größeren Totalobjekt ist offenbar bisher noch nicht ge- lungen. Nun haben unter den Anhangsgebilden der Haut die Schweißdrüsen einen besonders hohen Gehalt an Succinodehydrogenase (Steigleder, 1955). Montagna und Formisano (1955) fanden, daß apokrine Drüsen einen etwas geringeren Fermentgehalt besitzen als ekkrine Elemente. Auch nach dem Fermentreichtum läßt sich die von Schaffer angenommene Zwischenstellung der Duftdrüsen der Plantarorgane bestätigen. Die Fußsoh- lendrüsen der Maus sind nämlich so reich an Succinodehydrogenase, daß sie auf diesem Wege makroskopisch weitgehend isoliert darstellbar sind. Die Aufhellung in konzentrierter Zucker-Formol-Lösung erlaubt auch die Ana- lyse ihrer Beziehungen zu Oberflächenstrukturen.

Die Darstellung der Succinodehydrogenase erfolgt im wesentlichen nach den Angaben von Neumann und Koch (1953) unter Benutzung Tetrazol- purpur als Farbreagenz und Succinat als Substrat. Die Bebrütungslösung wird vom Gefäßsystem ans Gewebe herangebracht (im Wasserbad bei 37°). Die Aufbewahrung der Präparate in Formol- oder Formol-Zuckerlösung muß bei erfolgen.

Ein derartiges Präparat von der weißen Maus zeigt, daß die Drüsen der Fußsohle ein Muster bilden, das zwar die Lage der Sohlenballen berücksichtigt, aber wesentlich reicher ist (Abb. 1 und 2). Neben den Sohlen- ballen, die rundliche Drüsenkonglomerate enthalten, findet sich eine Reihe von kleineren Gruppen, die aber das Zentrum der Fußsohle freilassen. Der hintere Sohlenabschnitt enthält keine Duftdrüsen. Besonders auffallend ist die Musterbildung an den Zehen. Jeder Ballen an den Endgliedern enthält

R. ORTMANN, Musterbildung von Duftdrüsen der weißen Hausmaus 139

eine größere Gruppe von Drüsen, die in Hufeisenform angeordnet sind. Die

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Abb. 2: Sorgfältige Lokalisie- rung der Drüsengruppen in Be- ziehung zum Oberflächenrelief (unter Benutzung der Abb. 238 von Schaffer, 1940)

Schenkel des Hufeisens laufen nach proximal in einzeln stehenden Gruppen aus. Beim dritten Strahl findet sich beiderseits am plantaren Rand eine geschlossene Reihe kleinerer Drüsengrup- pen vom Metacarpo-phalangealballen bis zum Endgliedballen. Eine entsprechende Reihe findet sich an der fibularen Seite des zweiten Strahls und an der tibialen Seite der vierten Zehe. Der erste Strahl zeigt nur eine Reihe auf der fibu- laren Seite, während der fünfte Strahl eine nur durch wenige Gruppen angedeutete Doppelreihe aufweist. Innerhalb einer Reihe dieser kleinen Drüsengruppen an den Zehen liegt jeweils eine unter dem seitlichen Ende der zahlreichen Quer- falten, die die plantare Zehenoberfläche aus- zeichnen.

Das Drüsenmuster des Vorderfußes weist insofern eine Übereinstimmung mit dem des Hinterfußes auf, als auch dort die Fußballen sowie die Endgliedballen größere Gruppen von Drüsen enthalten. Die Reihenbildung an den Zehen beschränkt sich dagegen mehr auf deren proximalen Teil. Die Verteilung der kleineren Gruppen im Handteller ist mehr rosettenartig um die Sohlenballen herum angeordnet.

Somit ergibt sich, daß die Verteilung der Duftdrüsen ein für vordere und hintere Extre- mität verschiedenes Muster bildet. Bei gleich- mäßiger Arbeit aller dieser Drüsengruppen muß somit beim Aufsetzen des Fußes ein Stempel

von Geruchsstoffen deponiert werden (Abb. 3), der nicht nur die Unterschei- dung von Hinter- und Vorderfuß, sondern auch die Richtung von Fuß- und Handstellung erlaubt.*) Speziell die Reihenbildung an den Zehen gibt dem Muster einen deutlich proximal-distal polarisierten Charakter.

Hat eine solche Musterbildung eine funktionelle Bedeutung? Es ist denk- bar, daß sie im Verhalten der Tiere eine Rolle spielt. Die differenzierte Spurmarkierung weist darauf hin, daß einem Individuum an einer vorlie- genden Spur auf Grund qualitativer Riechreize nicht allein Art- und Indi-

*) Ring und Randall (Anat. Rec. 99. 7. 1947) weisen bei der Ratte im Abdruckverfahren ähnliche Sekretionsmuster nach, die aber die digitalen Reihen

vermissen lassen.

140

vidualitätsdiagnose ermöglicht wird, sondern daß aus der Entfernung der Einzelspuren auch die Gangart und nun durch die Musterbildung auch die

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Richtung erkennbar sein könnte, in der sie begangen wurde.

Abb. 3: Duftdrüsen-Stempel des rechten Hinterfußes der Maus unter der Annahme, daß

alle Drüsen gleich stark arbei- ten. Die über die Spur gleitende Nase des nachfolgenden Tieres wird einen verschiedenen Reiz- rhythmus erfahren, jenachdem sie sich proximo-distal oder umgekehrt über das Muster bewegt.

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Abb. 4: Nasenspiegel der Maus in gleicher Größe dargestellt wie Abb. 2 und 3.

Soll die eigenartige Anordnung der Drüsen für die Verhaltensweise eine Bedeutung haben, so darf die Lokalisationsfähigkeit des entsprechenden Sinnesorganes nicht nennenswert hinter der Feinheit der Musterbildung zu- rückstehen. Bei der Nase liegen insofern noch besondere Bedingungen vor, als eine getrennte Wahrnehmung von mit der rechten oder linken Nasenhöhle aufgenommenen Riechreizen nicht unter allen Umständen vorausgesetzt wer- den darf. Größe der Nasenlöcher und besonders ihr Abstand dürften somit nicht wesentlich über dem Durchschnittsabstand der Einzelmarkierungen liegen, wenn das Duftmuster für das Tier analysierbar sein soll. Die Größe der einzelnen Nasenöffnungen beträgt etwa 0,5mm und ist somit etwas kleiner als eine der größeren Drüsengruppen, bzw. ihres Abdruckes. Der Abstand der Nasenlöcher beträgt etwa 1,ömm. Wenn man mit einer auf gleiche Größe gebrachten Abbildung der Nase (Abb.4) über den Drüsen- stempel der Fußsohle fährt, hat man den deutlichen Eindruck, daß sowohl die Abstände der Sohlenballen, als auch der Querabstand der Reihen an den Zehen in Korrelation zur Distanz der Nasenlöcher stehen. Von dieser Seite können also keine grundlegenden Einwände gegen die Vorstellung einer Aufnahme eines Geruchsmusters und seiner Verwendung in der Verhaltens- weise erhoben werden. Das letzte Wort muß selbstverständlich das Experi- ment sprechen, nämlich die Untersuchung, ob sich die Maus auf die Rich-

R. ORTMANN, Musterbildung von Duftdrüsen der weißen Hausmaus 141

tung einer Fährte des Artgenossen dressieren läßt. Hier aber endet die Arbeit des Morphologen und gehört das Wort dem Verhaltensforscher.

Literatur

Montagna, W. und V. Formisano, (1955). Histology and cytochemistry of the human skin. VII. Distribution of succinic dehydrogenase activity. Anat. Rec. 122, 65—79.

Ortmann, R. (im Druck). Untersuchungen auf Dehydrogenase am Gehirn bei verschiedenen Vertebraten. Acta histochemica.

Schaffer, J., (1940). Die Hautdrüsen der Säugetiere. Urban & Schwarzen- berg, Berlin u. Wien.

Steigleder, G.K., (1955). Reduzierende Substanzen in der normalen Meuschen- haut und in der normalen und verbreiterten Haut der Ratte. Arch. f. Derma- tologie u. Syphilis 199, 394—400.

Diskussionsbemerkung zu vorstehendem Beitrag:

Mäuse bewegen sich vorzugsweise auf bestimmten eingelaufenen Spuren. Die einzelnen Abdrücke und damit Absonderungen der Fußsohlendrüsen wer- den daher mehr und mehr überdeckt, sodaß eine einheitliche geschlossene Duftspur entsteht. Uber der Spur liegt ein ‚‚Dufttunnel“ mit abnehmender Konzentrationsdichte der Duftmoleküle. In diesem Dufttunnel mehr oder weniger dicht über dem Boden bewegt sich die Nase des spurverfolgenden Tieres. Es erscheint daher sehr unwahrscheinlich, daß die Duftmarken der ein- zelnen Fußsohlendrüsen von den beiden Nasenlöchern gesondert wahrge- nommen werden. Die scheinbare Korrelation zwischen dem Abstand der Nasenlöcher und den Abständen der Fußsohlendrüsen voneinander dürfte daher nur zufällig und allein durch die Größenordnung der Nase und der Fußsohlen bedingt sein. G. Gaffrey (Dresden)

Schlußwort:

Im „Dufttunnel‘ kann selbstverständlich keine ‚Spur‘ verfolgt werden. Jedes Tier gerät aber wohl auch an die Grenze des Lebensraumes, beson- ders bei der Suche des Geschlechtspartners (Eibl von Eibesfeldt). Hierbei kann das Verfolgen der Einzelspur für das Tier biologisch wichtig sein.

R. Ortmann

142 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zum Vorkommen der Fledermäuse ın Nordwestsachsen Von Robert Gerber (Leipzig).

Das Naturkundliche Heimatmuseum der Stadt Leipzig besaß 1929 nur Vertreter von vier Fledermausarten, obgleich Hesse schon 1909 neun Arten für Leipzig und seine Umgebung nachgewiesen hatte. Ich bemühte mich des- halb, die Lücken zu schließen, wobei ich dadurch besonders unterstützt wurde, daß ich alle Fledermäuse, die dem Leipziger Zoologischen Garten tot oder lebend eingeliefert wurden, erhielt.!) Fast alle überließ ich dem Heimat- museum. Im folgenden berichte ich über diemir bekannt gewordenen Fleder- mausfunde in Nordwestsachsen.

1. Hesse (1909) bezeichnete die Mopsfledermaus, Barbastella barbastellus (Schreber, 1774), als seltene Bewohnerin der Leipziger Pflege. Er erwähnt zwei im Besitz des Zoologischen Museums befindliche Belegstücke vom 5.2. 1850 und 4.8.1869. Als ich den Fledermausbestand des genannten Museums am 17.10.1952 überprüfte, waren beide Tiere nicht mehr vorhanden. Im Laufe von 27 Jahren wurden mir sechs Funde bekannt. Am 17.2. 1940 wurde ein 5‘ im Keller eines Hauses entdeckt. Es kletterte eifrig und geschickt und erwies sich als recht gutartig. Es biß nicht, auch wenn man es in der Hand hielt. Am 3.3.1941 entdeckten zwei Schüler ein 5’ und ein Q unter der lockeren Rinde einer „Blitzeiche‘‘ im Connewitzer Wald. Das 2 pflegte ich eine Woche. Es lernte nicht selbständig fressen und trinken und ging ein. Auch dieses Tier versuchte nie zu beißen. Ein 9, das am 14.7. 1938 in Quesitz bei Markranstädt von Erich Hummitzsch beringt worden war, wurde am 15.7.1941 in flugunfähigem Zustande in Markranstädt gefunden. Es wog 9,5g. Hummitzsch entdeckte das Tier nebst etwa 15 anderen Fleder- mäusen (wohl Artgenossen), die entflohen, hinter einem Fensterladen des Pfarrhauses. Außer den bereits genannten Mopsfledermäusen besitzt das Hei- matmuseum noch folgende Artvertreter: Leipzig, 4. 10. 1929, ohne Geschlechts- angabe, Leipzig, Dimitroffmuseum (früheres Reichsgericht), 9, 7. 9. 1954, ferner den Schädel eines Tieres, das vertrocknet am 15.4.1942 an einem Hause hängend gefunden wurde.

2. Die Langohrfledermaus, Plecotus auritus (Linne, 1758), ist eine der häufigsten Fledermäuse im Gebiet. Es erübrigt sich, die Funddaten der 22 Tiere

EBIBR EIER

1) Für die Unterstützung bin ich folgenden Herren zu großem Dank verpflichtet: Nationalpreisträger Prof. Dr. K. M. Schneider (7), Dr. H. Dathe, Diplom- Biologe L.Dittrich und R. Wirl. Für die Bestimmung verschiedener Fledermaus- arten bin ich den Herren Prof. Dr. M. Eisentraut, Prof. Dr. H. Pohle und Prof. Dr. K. Zimmermann verbindlichsten Dank schuldig.

R. GERBER, Zum Vorkommen der Fledermäuse in Nordwestsachsen 143

anzuführen, von denen ich Kenntnis erhielt. Die meisten wurden in Gebäuden gefunden, wo sie zu überwintern versuchten, andere während des Sommers in Nistkästen. In einem Kasten hatten sich im Sommer 1939 etwa zehn zu- sammengefunden. Sie konnten entwischen, als der Entdecker mit dem Kasten von der Leiter fiel. Eine Langohrfledermaus, die sich nach Aussage des Gartenbe- sitzers im Herbst 1953 in einem Nistkasten aufgehängt hatte, erwachte natürlich nicht aus dem Winterschlaf. Am 6.5.1954 konnte ich das Tier zusammen- getrocknet aus dem Kasten hervorholen. Ein O wog dg, ein J” 5g. Bei zwei Stücken fand ich orangerote Parasiten am Ohr, wohl Larven von Micro- thrombidium russicum OQudemans 1902, die Seidel (1929) an verschie- denen Fledermausarten feststellte.

3. Die Rauhhautfledermaus, Pipistrellus nathusii (KeyserlingundBla- sius (1839), gilt als seltene bzw. sehr seltene Art in unserem Vaterlande (Eisentraut, 1953; Klemmer, 1953; Mohr, 1931; Stein, 1940; Te- nius, 1953). Für das Leipziger Gebiet trifft diese Feststellung nicht zu, wie folgende Funde beweisen: Am 6. 12.1920 wurden 20 Stück unter der Rinde einer Blitzeiche gefunden. Acht davon gelangten in den Besitz des Heimat- museums. Sie wurden in Schlafstellung in einem hohlen Baumstamm mon- tiert und waren als Zwergfledermäuse bestimmt worden. Weil ich mich mit dieser Bestimmung nicht befreunden konnte, sandte ich eins der Tiere an das Zoologische Museum in Berlin, wo es von Fräulein v. Bruchhausen als Rauhhautfledermaus bestimmt wurde. Am 24. 9. 1948 fing ein Jungarbeiter des Zoos eine Fledermaus in der Erfurter Straße. Sie verendete am 24.1.1949 im Zoo. Ihr Tod wurde zu spät bemerkt, so daß sie nicht gebalgt werden konnte. Die Artbestimmung geschah an Hand des Schädels durch Prof. Dr. Eisentraut. Das ehemalige Gartenbaumuseum in Markkleeberg, das ich in den Jahren 1949/51 aufbauen half, erwarb eine Anzahl Klein- säuger, die im Westen Leipzigs bei Böhlitz-Ehrenberg gefunden und von einem Tischler namens Ortloff geschickt präpariert worden waren, dar- unter eine Rauhhautfledermaus. Die genauen Funddaten waren von dem inzwischen verstorbenen Sammler nicht zu ermitteln. Auch dieses Belegstück wurde von Prof. Eisentraut bestimmt. Am 28.1.1951 erhielt ich vom Zoo eine Fledermaus, die ich auf Grund des weißlichen Randes der Schwanzflug- haut als P.nathusii bestimmen konnte. Im Januar 1952 wurde eine Artver- treterin im Pleißeauwald gefunden, im Zoo abgeliefert, von Prof. Dr. Schnei- der dem Heimatmuseum überlassen. Am 10. und 12.2.1956 wurden mir je eine Fledermaus übergeben, die im Zoo bei strenger Kälte im Freien tot gefunden worden waren. Sie waren wahrscheinlich deshalb zugrunde gegan- gen, weil zwei Wochen zuvor mehrere Bäume gefällt worden waren, die ihnen als Winterquartier gedient hatten. Ich bestimmte beide Tiere als P. nathusii, sandte aber das eine zur Nachbestimmung an Prof. Zimmermann, Berlin.

144 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Er bestätigte meine Bestimmung. Dieses Tier befindet sich in der Sammlung des Berliner Zoologischen Museums, das andere im Heimatmuseum. Zu den im Besitz des Naturkundlichen Heimatmuseums befindlichen Rauhhautfleder- mäusen gehören auch die beiden Exemplare, die am 11. 12. 1939 im Zoologi- schen Garten in Leipzig beim Fällen einer alten Eiche gefunden und als Alpenfledermäuse, Pipistrellus savii (Bonaparte, 1837), bestimmt worden waren (1941). Die Nachbestimmung durch Helmut Richter und Prof. Dr. Klaus Zimmermann (1956) ergab, daß es sich um Rauhhautfledermäuse handelt.

4. Im Gegensatz zu Hesse, der die Zwergfledermaus, Pipistrellus pipi- strellus (Schreber, 1774), „hier am häufigsten von allen beobachtet und gefangen hat“, muß ich bekennen, daß ich nur wenige Male mit ihr Bekanntschaft machte. Schlegel konnte sie nicht nachweisen. Die von ihm erwähnten, in einer Blitzeiche gefundenen sind, wie bereits ausgeführt wurde, Rauhhaut- fledermäuse. Am 21.9.1943 erhielt ich ein Stück, das im Rosental in einer Berlepschen Nisthöhle gefunden wurde. Im Januar 1952 verloren mehrere durch das Fällen einer alten Eiche im Connewitzer Wald ihr Winterquartier. Ein Waldarbeiterlehrling pflegte eine von ihnen mehrere Wochen lang. Am 14. 3.1953 wurde eine Artvertreterin in einem Bretterhaufen des Werkhofes der Oberförsterei entdeckt. Sie wurde durch das Umlegen der Bretter ver- letzt und verriet sich durch lebhaftes Piepen. Sie erlag ihrer Verletzung. Außerdem befindet sich in der Balgsammlung des Museums ein 'Y' vom 28.10.1953, das sich an einem Zoogebäude niedergelassen hatte.

5. In Übereinstimmung mit Hesse kann ich den Abendsegler, Nyctalus noctula (Schreber, 1774), als nicht selten vorkommend bezeichnen. Schlegel besaß zwei Stücke, die am 20.4.1925 und am 10.1.1928 bei Leipzig gefun- den worden waren. Prof. Schneider wurde ein Abendsegler übergeben, der sich am 13. 12. 1930 in ziemlich erstarrtem Zustande in der zusammengebun- denen Krone eines Weihnachtsbaumes befand. Im Jahre 1947 erhielt der Re- vierförster Bernhard Kästner, Leipzig, einen Artvertreter, der beim Fällen einer Eiche sein Leben eingebüßt hatte. Er überließ mir das schlecht präpa- rierte Stück am 11. 10. 1952. Am 22.1.1952 verloren 13 Abendsegler durch das Fällen einer Eiche ihr Winterquartier. Zwei waren durch den Fall der Eiche getötet worden, zwei entflohen, neun wurden mir zwei Tage später ge- bracht. Es gelang mir nicht, die durch den zweitägigen Aufenthalt in einem Konservenglas höchst aufgeregten und wütend zwitschernden Tiere am Leben zu erhalten. Beim Füttern mit Mehlwürmern verbissen sich manche öfter in einen meiner Finger und besorgten mir so eine Blutvergiftung. Es waren zwei QQ und sieben Yo. Die QQ wogen 23 und 24g, die Yo 20, 21, 24, 25, 25, 26, 27g. Am 27.12.1952 holte ich in Leipzig-Mockau ein 5” ab, das sich Tage zuvor an der Wand eines offenen Balkons angekrallt hatte. Es wog 21g und ging am 3.1.1953 ein.

R. GERBER, Zum Vorkommen der Fledermäuse in Nordwestsachsen 145

Als ich am 2.5.1954 bei sonnigem Wetter gegen 11 Uhr über einer Wiese am Pleißeauwald nahe Dölitz eine Fledermaus bei der Insektenjagd beobachten konnte, war mir die Artbestimmung nicht möglich. Nachdem sich aber am 22.8. desselben Jahres den Teilnehmern an der Tagung der Deut- schen Gesellschaft für Säugetierkunde in München gegen Abend über dem Zoo eine jagende Fledermaus zeigte, die von Dr. Olaf Ryberg, Schweden, sofort als Nyctalus noctula erkannt wurde, wußte ich, daß ich auch in Leip- zig einen Abendsegler gesehen hatte. Der Zufall wollte es, daß Dr. Dathe und ich am Nachmittag des 24.10.1954 über dem Schweriner See wieder einen Abendsegler bei der Jagd längere Zeit beobachten konnten.

Wie schwer der Fledermausbestand einer Gegend durch das Fällen alter Bäume geschädigt werden kann, beweist erneut folgende Tatsache: Am 14.1. 1957 wurde im Leipziger Pleißeauwald in der Nähe der Weißen Brücke wiederum eine alte Eiche gefällt. Nach Aussage eines Augenzeugen sollen sich in dem teilweise hohlen Stamm gegen 40 Fledermäuse befunden haben. Eine Anzahl konnte entfliehen, 17 wurden dem Zoologischen Garten gebracht. Alle Tiere sind Abendsegler. Herr Dipl.-Biologe Lothar Dittrich, der wissen- schaftliche Assistent des Zoo, stellte folgende Gewichte fest: 4 mal 27 g, je zweimal 28 und 29g, je einmal 24, 25,5, 26, 30, 31, 32, 34, 36 g. Das O, das 25,5g wog, und ein 5’ mit 28g verendeten am selben Tag infolge Schädel- verletzungen. Es wird versucht, die übrigen es sind 10 O9 und 5 Yo" durch Fütterung mit Mehlwürmern am Leben zu erhalten.

6. Die Breitflügelfledermaus, Eptesicus serotinus (Schreber, 1774), ist sicher im Gebiet verbreitet. Schlegel besaß drei Artgenossen aus Eythra bei Leipzig, ferner ein Tier aus Leipzig und eins von der Rochsburg, Kreis Rochlitz. Das erste Belegstück des Heimatmuseums stammt aus Altranstädt, west- lich Markranstädt: 10. 5. 1912. Am 19. 5. 1939 gaben mir Kinder eine Breitflügel- fledermaus, die sie flugunfähig auf einem Dachboden gefunden hatten. Sie war bei Ausbesserungsarbeiten zufällig mit Mörtel bespritzt worden. Der Zoo er- hielt je ein verletztes Tier am 13.11.1952 und am 23.3.1953. Beide Tiere verendeten und wurden dem Heimatmuseum überlassen. Am 17. 4. 1954 wurde beim Umräumen eines Kellerraumes im ehemaligen Reichsgericht ein Tier verletzt und ging bald ein. Da es mir verspätet zuging, konnte nur der Schä- del präpariert werden.

7. Die Bechstein-Fledermaus, Myotis bechsteinü (Leisler, 1818), konnte ich für Nordwestsachsen erstmalig bestätigen. Am 19.5.1935 brachte mir ein Schüler ein oO, das er tot in Leipzig-Abtnaundorf gefunden hatte. Für Sach- sen lagen damals nach Zimmermann (1934) nur zwei Nachweise vor. In- zwischen glückte Studienrat Karl Dorn, Leipzig, der vierte Nachweis. Am 25.8.1945 fand er bei Wermsdorf, Kr. Oschatz, unter der Rinde einer ab- gestorbenen Zitterpappel ein '. Er zeigte mir das Tier in meiner Wohnung. Es wog 6g. Es fraß sofort Fliegen und war sehr gutartig. Es biß nicht und

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146 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

blieb stumm, auch wenn man die Flughäute ausbreitete, um nach Parasiten zu suchen. Trotz großen Eifers auf der Suche nach Fledermäusen hat sie Natuschke (1954) in der Oberlausitz noch nicht gefunden. Sie gehört wie auch anderwärts zu den selteneren Arten. Rokitansky meldete 1954 den zweiten Fund für Österreich, Klemmer (1953) bezeichnet sie als selten für das Rhein-Maingebiet. Dagegen fand sie v. Vietinghoff-Riesch (1951) in den Jahren 1946—1950 bei Nistkastenkontrollen im Steinkruger Revier „etwa 15mal“ vor.

8. Das Großmausohr, Myotis myotis (Borkhausen, 1797), ist zweifellos die häufigste Fledermaus des Gebiets. 1940 lernte ich eine Wochenstube im Dach- boden des Grimmaer Schlosses kennen, wo sich mindestens 50QQ2 zusammen- gefunden hatten, 1952 eine kleinere im Turm der Kirche zu Altenbach bei Wurzen. Der Kirchner hatte mich von dem Dasein der Fledermäuse unter- richtet, weil sie ihm zu seinem Leidwesen die Glocken mit ihrem Kot be- schmutzten. Erich Hummitzsch beringte von 1930 ab Großmausohren in der Kirche zu Grethen bei Grimma, im selben Jahre und in den folgenden Jah- ren zahlreiche Artvertreter auch in der Thomaskirche zu Leipzig. Wieder- funde beweisen, daß sie ortstreu sind. Ein 9, als Jungtier am 23.8.1940 be- ringt, wurde am 18.7.1947 wieder gefangen, war bis dahin also knapp sieben Jahre alt geworden. Die meisten der beringten Großmausohren wurden in der Umgebung Leipzigs gefunden. Am weitesten entfernte sich von seinem Ge- burtsort das 9, das, am 3.7.1939 in Leipzig markiert, am 26.4.1940 bei Hohlstedt westlich Sangerhausen tot gefunden wurde, nämlich 86 km. Utten- dörfer (1952) fand in Gewöllen der Schleiereule der Grimmaer Frauen- kirche Reste von drei Großmausohren.

9. Bis 1933 war die Fransenfledermaus, Myotis nattereri (Kuhl, 1818), nach Zimmermann (1934) nur wenige Male für Sachsen festgestellt worden. Nach Hesse befindet sich ein albinotisches Stück vom August 1874 im Zool. Institut. Bei Leipzig ist sie gar nicht so selten, wie man früher annehmen mußte. Am 22.6.1939 fand ich dank eines Hinweises von Dr. Rudolf Berndt sechs Stück in einer Berlepschschen Starhöhle des ehemaligen Herfurthschen Parkes in Prödel (der Ort wurde inzwischen nach Markkleeberg einverleibt). Ebendort stellte Berndt (1940) am 18.6. 1940 in. einer Starhöhle eine, in einer anderen vier, in der dritten sogar 13 Fransenfledermäuse fest. Die Ein- siedlerin entfloh und wurde von Gartenrotschwänzchen, Kohl- und Blau- meisen verfolgt. Aus Prödel erhielt ich ferner von Otto Heller, der nach Berndt die Nistkastenkontrollen durchführte, zwei 9, die ich nach der Beringung wieder entließ. Sie wogen je 13g. Am 24.5.1944 übergab mir Heller ein 9, das nur 8g wog. Es benahm sich sehr ungebärdig und wurde wieder freigelassen. Am 4.2.1944 fand Heller eine Mumie in einer Star- höhle. Am 15.4.1950 wurde eine in einem Garten in Leipzig-Schönefeld tot aufgefunden. Sie wurde dem Zool. Museum in Berlin überlassen. Rechtsan-

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walt Dr. Gotthold Hammer, Leipzig, händigte mir zwei Q aus, die er zu- sammen mit acht Artgenossen am 31.5. 1942 in einem Nistkasten seines Gar- tens bei Eilenburg entdeckt hatte. Am 17.9. 1942 überraschte er sieben Stück in einem Kasten. Sie wurden von Hummitzsch beringt. In einem anderen Kasten hatten sich zehn zusammengefunden. Uttendörfer konnte bis Ende 1946 dem Waldkauz, der Waldohreule und der Schleiereule je vier Fransen- fledermäuse als Beutetiere nachweisen.

10. Von der Bartfledermaus, Myotis mystacinus (Leisler, 1819), wurden mir folgende Nachweise bekannt: Das Zool. Museum besitzt zwei Q aus den Jah- ren 1857 und 1860. Das Heimatmuseum erhielt am 10.5.1912 ein Stück aus Altranstädt. Schlegel besaß vier in Leipzig gefundene aus den Jahren 1913, 1924 und 1932. Am 10.5.1941 wurde ein 5 in einem Hause der Beethoven- straße gefunden. Zimmermann (1934) fand sie bei Rohrbach, Kr. Grimma, und bei Rochlitz, Die Art dürfte demnach nicht häufig im Gebiet vorkommen.

11. Hesse fand die Teichfledermaus, Myotis dasycneme (Boie, 1825), „regelmäßig in den Jahren 1907 und 1908 während der Monate August und Sep- tember in einer teilweise hohlen Esche am südlichen Rande des Kanitzsch- waldes in einer Anzahl bis zu zwölf Stück in der Nähe der durch Lehmaus- stich entstandenen großen Wiesenteiche“. Es handelt sich bei den Teichen um die sog. Gundorfer Lachen im Westen Leipzigs, die ehemals als Wohn- stätten zahlreicher Wasservögel berühmt waren, in den 30er Jahren aber zu- geschüttet wurden. Erst am 2.5. 1954 konnte ich diesem Befund einen weite- ren Nachweis zufügen. Rudolf Wirl übergab mir ein 9, das er tot unter einem Baum seines Gartens in Gaschwitz, südlich von Leipzig, gefunden hatte. Prof. Zimmermann hat meine Bestimmung bestätigt.

12. Auffallenderweise konnten Hesse und Schlegel die Wasserfleder- maus, Myotis daubentoni (Leisler, 1819), die nach Natuschke (1954) in Ostsachsen sehr häufig ist, in ihren Arbeiten nicht anführen. Auch mir ist sie erst einmal unter die Hände gekommen. Am 8.2.1938 wurde eine flugun- fähige Wasserfledermaus bei Leipzig-Wahren von einem Kuaben gegriffen und dem Heimatmuseum geschenkt. Sie wog 5g. Leider unterließ der Prä- parator die Geschlechtsbestimmung.

13. Bei der Durchsicht der Chiropterensammlung des Zool. Museums fand sich eine Zweifarbfledermaus, Despertilio murinus (Linn &, 1758), vor, die am 6.8.1850 im Universitätsgebäude, im sog. Paulinum, entdeckt worden war. Auch diese Bestimmung wurde durch Prof. Zimmermann bestätigt. Für Nordwestsachsen sind nunmehr 13 Fledermausarten nachgewiesen.

Literatur:

Berndt, R., (1940). Vögel warnen vor fliegenden Fledermäusen. Orn. Mo- natsber. 48, 192—193. 10*

148 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

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—, (1941). Pipistrellus nathusi (Kayserling und Blasius) für Leipzig nachgewiesen. Ebenda 14, 298.

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Rokitansky, G. von, (1954). Zweiter Fundnachweis von Myotis bech- steinii (Leisler 1818), für Österreich. Säugetierk. Mitt. 2, 128.

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Über das „Waschea“ von Proeyon lotor L.

Von Wolfgang Gewalt (Hierzu 4 Abbildungen auf Tafel VIII)

(Aus dem Zoologischen Institut der Freien Universität Berlin, Abteilung für Tierphysiologie und Tierpsychologie, Direktor: Prof. Dr. K. Herter.)

Die auffällige, allgemein als ‚Waschen‘ bezeichnete Art der Beute- behandlung des Waschbären hat von jeher Beachtung gefunden. Dabei sind über Zweck oder Ursache der Gewohnheit des Tieres, Nahrungsobjekte vor dem Verzehren mit den Vorderpfoten zu reiben, verschiedenartige Deutungen entstanden.

Früher galt diese Tätigkeit wohl durchweg als ein Waschen im wirk- lichen Sinne, also ein Abreiben und Abspülen von Schmutz unter Wasser- benutzung. Diese Annahme war naheliegend, da freilebende wie auch ge- fangene Waschbären ihre Nahrung in vielen Fällen im Wasser zu bearbeiten pflegen. Da Procyon aber jedenfalls in Gefangenschaft nicht selten auch „saubere“ oder ungenießbare Dinge wie Steine, Scherben usw. „wäscht“, trat bald die Meinung auf, es handele sich vor allem um eine spielerische Beschäftigung. Groos (1930) führt das Waschen von Procyon unter den „Experimentierspielen“ (2?) an und zitiert dann Beckmann: „In den zahlreichen Mußestunden, die jeder gefangene Schupp besitzt, treibt er tau- senderlei Dinge, um sich die Langeweile zu verscheuchen... Jetzt erblickt er ... eine Flasche, die ihm der Wäsche höchst bedürftig erscheint; im nächsten Augenblick sehen wir ihn, auf den Hinterbeinen aufgerichtet, müh- sam zum Wasser zurückwatscheln, mit den Vorderpfoten die große Flasche umschlingend und krampfhaft gegen die Brust drückend....“

In neuerer Zeit hat Bierens de Haan (1932) das Waschen von Pro- cyon lotor untersucht; auch dieser Autor hält es für ein Spiel, jedoch für ein sog. „sensorisches“. Bevor ich hierauf eingehe, gebe ich einige Beobach- tungen wieder, die ich auf Anregung von Herrn Prof. Herter an drei er- wachsenen Waschbären (15°, 299) im „Tierhaus‘‘ des Zoologischen Insti- tutes der FU Berlin machen konnte,

Von den drei Waschbären wurde gewöhnlich ein Paar zusammen und ein Weibchen für sich allein gehalten. Die Tiere bewohnten geräumige Innenkäfige, die durch stets geöffnete Schieber mit größeren Außengehegen in Verbindung standen. Wasser war in zur Hälfte eingegrabenen, etwa 20 cm tiefen Tontrögen sowie in flachen Emaillebecken normalerweise ständig zur Verfügung. Nie | ‘Die drei Waschbären, von denen ein Paar aus Privatbesitz und ein Weibchen aus dem Zoo in Münster stammten, zeigten nur eine sehr geringe

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Neigung, unbiologische bzw. ungenießbare Objekte zu waschen, ja überhaupt aufzunehmen. Reichte ich den Tieren derartige Dinge auf dem Lande, z.B. Steine, Holzklötze, einen kleinen Gummiball, tuchbezogene Tennisbälle, Zelluloidbällchen oder Glasmurmeln, so erfolgte überhaupt nichts; die Waschbären beschnüffelten sie kurz, erkannten natürlich sofort die Unge- nießbarkeit und ließen sie liegen. Von Bierens de Haan beschriebene Versuche, bei denen Kiesel, Ziegelbrocken, Koksstücke, ein Kautschukball u.ä. von Procyon gewaschen wurden, ließen sich nicht wiederholen. Selbst rollende Bälle fanden bei meinen Tieren kaum Beachtung, wurden jedenfalls nach kurzer Verfolgung niemals näher untersucht.

Wenig anders war die Situation, wenn sich die ungenießbaren Objekte im Wasser befanden. Da sie hier nicht unmittelbar beschnüffelt werden konnten, hoben die Waschbären sie zwar kurz über die Wasseroberfläche, um sie an der Luft geruchlich zu prüfen, ließen sie dann aber sogleich wie- der uninteressiert fallen. Lebhafter zeigten sich die Tiere dagegen dann, wenn man in ihrer Gegenwart etwas in das Wasser des Beckens hinein warf. Ähnlich wie ein Mink (Mustela lutreola vison Schreb.) in gleicher Situation wurden sie durch den *+ lauten „Plumps“, der dabei entstand, aufmerksam und kamen eilig heran, um das hochgefüllte Becken oft in der Nähe der Einwurfstelle mit den Vorderpfoten zu durchtasten. In gleicher Weise mögen freilebende Waschbären dem Geräusch ins Wasser springender Frösche, überhaupt wohl dem Wasserplätschern nachgehen. Da die Käfig- tiere durch das Hineinwerfen kleiner Gegenstände in ihre Bassins offenbar in eine gewisse Fangerregung gerieten, fischten sie derartige Dinge zunächst ziemlich eifrig heraus, nahmen sie auch manchmal mit den Zähnen aus den zunächst zugreifenden Vorderpfoten; nach geruchlicher Prüfung hörte je- doch auch hier schnell jedes Interesse auf. Warf man mehrmals Steine hin- tereinander, so gingen sie gar nicht mehr zum Becken, sondern blieben ab- wartend dicht beim Beobachter stehen. Wenn man ihnen abwechselnd eßbare und nicht eßbare Objekte ins Wasser warf, z.B. Kirschen und gleichgroße Steinchen, so schien es, als ob sie diese entweder optisch während des Fluges oder am verschiedenartigen Geräusch des Aufpralls unterscheiden konnten. Bei Kirschen eilten sie im Galopp zum Bassin, bei Steinchen blieben sie ab- wartend stehen; warf man sehr unregelmäßig durcheinander, so täuschten sie sich jedoch auch nicht selten.

Gewaschen wurden so gut wie ausschließlich nur Dinge mit Nahrungs- geruch. Drei 6cm lange und 2cm starke Holzstückchen, die ich ins Wasser warf, beachtete keiner der Waschbären, nachdem sie kurz beschnuppert worden waren. Ein Holz war abgerundet und glatt, eins rauh und scharf- kantig, das dritte mit Löchern versehen. Ich rieb daraufhin alle drei Hölzer mit etwas Büchsenfleisch ab, und nun wurden die Klötze auch noch nach

W.GEWALT, Über das ‚‚Waschen‘‘ von Procyon lotor L. 151

dem Beschnüffeln recht eingehend betastet, besonders das wohl am meisten Witterung oder sogar Fleischkrümel enthaltende Lochholz.

Zum Teil wird das Waschen vielleicht auch durch die beuteartige Struk- tur eines Objektes ausgelöst. Jedenfalls wuschen die drei Bären für kurze Zeit leere Schneckenhäuser und Muschelschalen, die sicher keinerlei Beute- witterung mehr aufwiesen.

Außer Nahrungsgeruch müssen die Dinge, die gewaschen werden sollen, eine bestimmte Größe haben. Zum Beispiel wurden Äpfel von mehr als 7 cm Durchmesser fast nie gewaschen, obwohl sie wie auch tote Ratten, Meer- schweinchen, halbe Brote oder handgroße Fleischbrocken oft ins Wasser geschleppt wurden. Sehr kleine Dinge werden ebenfalls nicht gewaschen, sondern gleich verzehrt, besonders, wenn sie außerhalb des Wassers gereicht werden. So, wie etwa Musteliden auch nur größere Beutestücke zum Fressen oder Speichern fortzutragen pflegen, trägt auch Procyon kleine Objekte, z. B. Rosinen, nicht zum Waschen; es wirkt, als ob das hierbei nicht ‚„lohne“. Wirft man Rosinen ins Wasser, so werden sie mit den Händen heraufgeholt und gleich ins Maul genommen; das Waschen so kleiner Dinge ist dem Waschbären auch manuell nur schwer möglich, da seine Hand mehr Tast- als Greiforgan ist. |

Der Verschmutzungsgrad des Fraßobjektes spielt bei der Auslösung des Waschens keine Rolle. Procyon kann ein völlig sauberes Fleischstück sehr intensiv waschen und ein schmutzverkrustetes sofort auffressen. Eine Reini- gungsbedeutung hat das Verhalten also keinesfalls, der Waschbär ist außer- dem auch in anderen Beziehungen durchaus kein besonders „reinliches“ Tier.

Dem „Waschen“ liegt aber auch nicht das Bestreben zugrunde, etwa trockene Beute anzufeuchten oder einzuweichen, wie manchmal vermutet wird. Trockenes, hartes Brot wird keineswegs öfter oder länger gewaschen als feuchtes, frisches; dasselbe gilt für Backobst und frische Früchte.

Wichtig ist dagegen der Sättigungsgrad des Tieres. Der sehr hungrige Waschbär frißt ohne zu waschen, der hungrige wäscht meist flüchtig und kurz, der satte u. U. sehr lange. Es kommt auch auf die bequeme Er- reichbarkeit des Wasserbehälters an; füttert man den Waschbären weit von diesem entfernt, so läuft er nur selten „extra“ dorthin, um zu waschen, tut es aber, wenn der Futternapf neben dem Wasserbecken steht. Schließ- lich ist auch die Tiefe des Wassers bzw. des Beckens von Bedeutung. Die von mir beobachteten Tiere benutzten die etwa 20 cm tiefen Tontröge nur sehr selten; wenn sie darin eine nichtschwimmende Beute wuschen, so ging sie ihnen gewöhnlich unter und war kaum wieder heraufzuholen, ohne sich dabei naß zu machen. Die drei Waschbären zeigten sich aber ständig äußerst wasserscheu, d.h. sie achteten sehr darauf, sich nichts anderes als Vorder- und Hinterpfoten naß zu machen. Baden oder auch nur einen Teil des

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Kumpfes ins Wasser tauchen sah man sie selbst bei heißem Sommerwetter niemals. In die flachen Emaillebecken mit nur wenigen cm Wasserstand stiegen sie dagegen oft hinein, um dort auf den Hinterbeinen hockend zu waschen.

Alles bisher Erwähnte bezieht sich besonders auf das Waschen im Was- ser, wobei das Tier vor oder im (flachen) Wasserbehälter sitzt. Das „Wa- schen“ ist aber in keiner Weise an das Vorhandensein von Wasser gebun- den und kann ganz unabhängig davon auftreten. Die drei beschriebenen Waschbären ‚„wuschen“ sogar wesentlich öfter auf dem Land als im Wasser, so daß die Beute hinterher für gewöhnlich schmutziger als vorher war (Abb. 1). Das „Waschen“ um diese Bezeichnung beizubehalten er- folgte normalerweise als alternierende, selten gleichzeitige Reib- oder Tast- bewegung der Vorderextremitäten. Diese Bewegungen waren je nach den Umständen von verschiedener Intensität und Dauer. Eine Liste dessen, was stark und was weniger stark oder gar nicht gerieben wurde, läßt sich zwar nicht aufstellen, da die Auslösung des Vorgangs durch verschiedene äußere Faktoren beeinflußt wird, die nur schwer aus den Versuchsbedingungen aus- zuschalten waren. Es war aber unverkennbar, daß Obst und Mohrrüben in der Regel nur wenig, Brot und Fleischstücke mäßig, Frösche, Fische, Mu- scheln, Käfer, Krebse und Schnecken dagegen außerordentlich eifrig und langdauernd gewaschen wurden. Diese ausgeprägte Waschbevorzugung erbeu- teter Kleintiere scheint mit einiger Deutlichkeit auf den biologischen Sinn der besonderen Verhaltensweise Procyons hinzuweisen.

Die freilebenden Waschbären entnehmen einen großen Teil ihrer Nah- Nahrung dem Flachwasser und bewohnen in ihrer Heimat dementsprechend vor allem den Wald in der Nähe von Flüssen und Sümpfen. Der Beutefang erfolgt nachts. Da der Waschbär seinen Kopf nicht ins Wasser steckt, kann er Unterwasserbeute nicht wittern; bei Dunkelheit kann er sie auch nicht sehen, und hören (Plätschern) wird er si» nur gelegentlich. Er findet sie so gut wie ausschließlich mittels des Tastsinnes seiner Vorderbranten, also nach einem für ein Raubtier etwas unüblichen Verfahren. Man kann es als Suchtasten oder Suchgreifen bezeichnen, wie es andeutungsweise auch beim Sumpfbiber (Myocastor coypus Mol.) vorkommt, das von Eibl-Eibes- feldt (1952) außer für diesen auch für Wanderratten beschrieben wurde.

Der suchtastende Waschbär hockt auf den Hinterbeinen, während seine Vorderbranten auf dem Boden des gefüllten Wasserbeckens hin und her fahren; sie führen geradlinige wie auch kreisförmige Bewegungen aus, wobei das Tier die weitgespreizten Finger etwa in der Art eines Klavierspie- lers bewegt (Abb. 2). Wird eine schwimmende Beute, z.B. ein Fisch oder eine Kaulquappe vermutet, so können die Hände auch in aufrechter Stellung durch höhere Wasserschichten fahren. Während dieses Vorgangs nimmt Procyon in der Regel eine eigentümliche Stellung ein, die den Eindruck

W.GEWALT, Uber das ‚Waschen‘ von Procyon lotor L. 153

erweckt, als ob sich das Tier in geradezu menschenähnlicher Weise auf seine Beschäftigung konzentriere. Der intensiv tastende Waschbär hebt nämlich den Kopf hoch und starrt „geistesabwesend“ in die Luft, ganz ähnlich wie etwa manche Blinde oder Pianisten sich nicht auf ihre tätigen Hände zu neigen pflegen (Abb. 3). Aus diesem Grunde ist es auch für das Auffinden von Wasserbeute ziemlich bedeutungslos, ob das Wasser klar oder trüb, bzw. ob Tag oder Nacht ist.

Eine an beliebiger Stelle eines flachen, etwa 35 mal 40 cm großen Was- serbeckens niedergelegte Weinbeere ertasteten meine Waschbären durch- schnittlich nach 1—2 Sek. Dabei war genau zu erkennen, wie die Suchbe- wegungen im gleichen Augenblick, in dem ein Finger an ein unter Wasser verborgenes Fraßobjekt anstieß, schlagartig verstärkt wurden. Beide Hände konzentrierten sich dann sofort auf den gefundenen Gegenstand und be- trillerten ihn besonders eifrig. Ehe er zur Geruchsprüfung aus dem Wasser gehoben wurde, war er meistens schon genau taktil untersucht worden. Kom- plizierter gebaute Dinge müssen offenbar länger betastet werden als ein- fache, z.B. ein leeres Helixgehäuse länger als eine Schalenhälfte von Anodonta.

Läßt man in ein Wasserbecken, das ein Waschbär durchtastet, durch einen Schlauch plötzlich einen Wasserstrahl einströmen, so nimmt der Tast- sinn der Hände die Bewegung sofort wahr. Die gespreizten Finger schlagen an der Austrittsstelle des Strahles zusammen, und gleichzeitig versucht der Bär, in die Stelle der stärksten Strömung zu beißen (Abb. 4). Im Frei- land wird Procyon so die durch schwimmende Frösche, Krebse oder Fische hervorgerufenen Wasserbewegungen wahrnehmen und den Fang betreiben. Die Käfigtiere fingen in dieser Weise selbst kleine Guppys (Lebistes reticu- latus), die in ihre Wasserbehälter gesetzt wurden, sehr rasch, während sie sich beispielsweise beim Mäusefang an Land, der hauptsächlich nach olfak- torischen Wahrnehmungen betrieben wurde, als äußerst ungeschickt erwiesen.

Wie erwähnt, kann aus dem intensiven Suchtasten ein taktiles Unter- suchen der Beute werden, das u, U. auch an Land fortgesetzt wird. Eibl- Eibesfeldt (1952) vermutet demgemäß eine Analogie vom schon ge- nannten Suchgreifen des Sumpfbibers und dem „Waschen“ von Procyon, und auch ich halte es für möglich, daß das „Waschen“ wenigstens eine auf der- artige Suchbewegungen zurückgehende Komponente enthält. Da alles Such- tasten oder -greifen aber schließlich ein speziell an das Wasser gebundener Vorgang des Beutefindens ist, dürfte das „Waschen“ eines bereits gefun- denen bzw. trockenliegenden Objektes als ein Vorgang der Beutebehand- lung doch davon zu unterscheiden sein und andere Ursachen haben.

Die Art, in der die von mir beobachteten Waschbären besonders Frösche (Rana esculenta L.), Flußkrebse (Cambarus affinis L.), Stücke von Helir und verschiedene Insekten herumwälzten und unter den beständig trillern-

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den Fingern fortgesetzt schnaufend geradezu rotieren ließen, erinnert sehr stark an das „Frösche-Walken“ (Herter, 1953) von Putorius. Das Fressen etwa der Schnecken erfolgte stets mit viel geringerem Eifer als das Kneten und Umherrollen, oft gelang es den Tieren auch nicht, die Gehäuse aufzubeißen. Böker (1937) berichtet, er habe seinen Nasenbären (Nasua solitaria) „wiederholt gesehen, wie er Schnecken, Würmer und anderes durch schnelles Reiben mit den Pfoten von dem anhängenden Schleim be- freite, bevor er zu fressen anfing“. Dieses Abstreifen von Schleim, das Eibl-Eibesfeldt (1956) ja auch für den „Zweck“ des Froschrollens von Putorius hält, kann sicher als positive Begleiterscheinung des Vorgangs auftreten, ist aber ursprünglich wohl nur eine Form des unter vielen Säu- gern verbreiteten Verhaltens, ‚„eklige“, chemisch-unangenehme, verdäch- tige oder gefährliche Beute zunächst mit den Pfoten zu prüfen und wo- möglich unschädlich zu machen, ehe die „Nase riskiert“ wird.

So tupfen Hunde z.T. spielerisch mit vorsichtig ausgestreckter Pfote auf Wespen oder Bienen. Füchse und Marder fangen sich gewöhnlich deswegen mit einer Vorderbrante im Eisen, weil sie einen gewissen Verdacht geschöpft haben und den Kirrbrocken daher nicht wie üblich mit dem Maul aufnahmen, sondern zunächst mit der Pfote berührten. Wie mir Herr Prof. Zimmermann sagte, reibt auch der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) schleimige oder stechende Beute (z.B. Regenwürmer oder Wespen) zunächst mit den Händen. Als Beckmanns Waschbär (zit. bei Groos, 1930) von einer Katze in die Nase gebissen worden war, berührte er sie hinfort nur noch vorsichtig mit den Zehenspitzen. Der biologische Sinn des Verhaltens, nicht nur schleimige, sondern vor allem auch krabbelnde, stechende, knei- fende Beute mit den Pfoten zu reiben und zu drehen, ließ sich gut in dem Disney-Film „Die Wüste lebt‘ erkennen, in welchem ein Nasenbär einen erbeuteten lebenden Skorpion mit langausgestreckten Branten herumrollte, so daß dieser nicht zum Zustechen kam; in gleicher Weise rollte ein Nasenbär des Berliner Zoologischen Gartens ein von mir gereichtes großes Exemplar von Mantis lange Zeit auf dem Käfigboden umher, während die ab und zu vorgestreckte Rüsselnase immer wieder „entsetzt“ zurückzuckte.

Nach allem habe ich die Überzeugung gewonnen, daß das eigentliche, nicht wassergebundene „Waschen“ von Procyon lotor L. hauptsächlich auf diese, durch Ekel- oder Angstempfindungen gegenüber schleimiger bzw. gefährlicher Beute bedingten Handlungsweisen zurückzuführen ist. Zumindest dürfte aus dem Mitgeteilten aber hervorgehen, daß das „Waschen“ des Waschbären ein Verhalten darstellt, das in enger Beziehung zu seinem Beuteerwerb steht. Die Ansicht von Bierens de Haan, daß das Tier dazu „‚nur durch Lustempfindungen veranlaßt wird, welche beim Reiben der empfindlichen Handfläche über feuchte glatte Oberflächen entstehen“, es sich ‚mithin um ein „sensorisches Spiel“ ohne Nutzwert handele, daß „nicht

W.GEWALT, Über das „Waschen‘‘ von Procyon lotor L. 155

einmal einen Teil (! Verf.) eines Handlungskomplexes, welcher mit der Ernährung in engerem Zusammenhang steht“, bildet, erscheint etwas abwegig. Es ist unwahrscheinlich, daß adulte Vertreter einer Tierart sämtlich in so ausgedehnter und weitgehend gleichartiger Weise „spielen“, ohne daß dies einen Zusammenhang mit ihrer natürlichen Lebensweise hätte, und wenn die Waschbären B. d. Haans tatsächlich „lieber“ glatte und feuchte als rauhe und trockene Dinge wuschen was aus den mitgeteilten Beobachtun- gen nicht überzeugend hervorgeht so könnte darin mit gleicher Berechti- gung eine Beziehung zu glatten Muschelschalen oder feuchten Fröschen wie eine „sensorische Vorliebe‘ für die besondere Art der Oberflächen vermutet werden. Auch die Katze spielt nicht wegen seiner lustspendenden Oberfläche öfter mit einem Wollknäuel als mit einem Ziegelstein, sondern weil dieses ihrem Beuteschema besser entspricht.

Literatur:

Bierens de Haan, J.,A., (1932). Über das sogenannte Waschen des Wasch- bären (Procyon lotor), nebst einig:n Bemerkungen über die Formen und die Be- deutung der tierischen Spiele. Biol. Zentralbl. 52.

Böker, H., (1937). Einführung in die Vergleichende biologische Anatomie der Wirbeltiere. Jena.

Eibl-Eibesfeldt, I., (1952). Beobachtungen an einer in Freiheit gehaltenen weibl. Biberratte (Myocastor coypus). Zool. Garten 19.

(1956). Zur Biologie des Iltis. Zool. Anzeiger 19, Suppl.

Groos, H., (1930). Die Spiele der Tiere. Jena.

Herter, K. u. M., (1953). Kaspar Hauser-Versuche mit Iltissen. Zool. An- zeiger 151.

156 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Sippenbildung bei der Feldmaus, Mierotus arvalisL. Von Georg H. W. Stein.

(Aus der Säugetierabteilung des Zool. Museums der Humboldt- Universität Berlin.)

Von unseren drei Vertretern der Gattung Microtus ist der Feldmaus die höchste Toleranz gegenüber Umwelteinflüssen eigen. Art und Menge der Nährpflanzen, Unterschiede des Bodens, der Humidität und des Mikroklimas sind ebenso von untergeordneter Bedeutung wie der Grad der Deckung durch den Pflanzenbewuchs. So vermag sie sich in den kargen Trockenrasengesell- schaften stark besonnter Sandflächen zu erhalten, sie besiedelt aber auch die kalten, nassen Moorwiesen, und noch im Dezember wirft sie Junge bei Tem- peraturen wenig über dem Gefrierpunkte im aufgeweichten Boden beschnei- ter Seradella- und Rapsschläge (Stein, 1953).

Solche große Spannweite der ökologischen Amplitude käme einer regen Sippenbildung entgegen, allerdings erst im Zusammenwirken mit einem an- deren Faktor, der Isolation, die den Gen-Fluß einschränken muß. Aber die Feldmaus ist ein bewegliches Tier, das spontan erhebliche Wanderleistungen vollbringt. Siedlungsdruck in Zeiten der Übervermehrung steigert die Expan- sion, und eine Durchmischung der Bestände scheint unvermeidlich. So be- steht geringe Hoffnung auf isolierte Populationen. Nur eine Gruppe so- weit ich zu sehen vermag kann darauf Anspruch erheben, es sind die Feldmausgemeinschaften der jungen Kiefernpflanzungen, der Kiefernkulturen.

Monokulturen der Kiefer (Pinus sylvestris L.) haben sich erst mit dem Aufkommen geregelter Forstwirtschaft, also seit etwa 250 Jahren, durch- gesetzt. Der Umtrieb vollzieht sich in der Weise, daß schlagreifer Bestand in seiner Gesamtheit abgeholzt und die entstandene Lichtung frisch mit Kiefern eingesät oder bepflanzt wird. So entstehen immer von neuem Kiefernkultu- ren. Rings von Wald umgeben, liegen sie oft weit von Ackerflächen und Wiesen, den Lebensstätten permanenter Feldmaus-Populationen entfernt und damit regelmäßiger Zuwanderung von dorther im allgemeinen verschlossen. Dazu ist die Lebensdauer einer Kiefernpflanzung kurz. In sechs, sieben, spä- testens wohl in zehn Jahren ist der junge Bestand zugewachsen, der Boden- bewuchs verschwunden und mit ihm die Feldmaus. Es ist unwahrscheinlich, daß diese schnell vergänglichen Lebensräume von noch dazu geringerer Aus- dehnung oft sind es wenige 100m im Geviert aus größeren Entfernun- gen von der waldfremden Feldmaus regelmäßig erreicht werden. Nur eine Fluktuation innerhalb der Kiefernforsten, die dem Entstehen und Verschwinden der Lichtungen folgt, gewährleistet hier den Feldmäusen zeitliche Kontinui- tät. Die Entfernungen zwischen den Neupflanzungen sind gewöhnlich mäßig,

GEORG H. W.STEIN, Sippenbildung bei der Feldmaus, Mierotus arvalis L. 152

zumal in der heutigen Zeit eines hemmungslosen Raubbaues am Walde! Die Unabhängigkeit von einem Zustrome von außen her kommt auch darin zum Ausdruck, daß da, wo die Tiere fehlen, ausgedehnte Reviere feldmausfrei zu sein pflegen, wo sie sich aber vorfinden, geeignete Flächen in weitem

Umkreise besiedelt sind.

Bevor wir uns der Analyse des Feldmausmateriales aus Kiefernpflanzun- gen zuwenden, sei dieser Lebensraum knapp gekennzeichnet. Pflanzenöko- logisch sind mehrere Typen zu unterscheiden. In vorwiegend mit Heidekraut (Calluna vulgaris) bewachsenen Flächen ließ Microtus arvalis sich noch nicht nachweisen. Eine weitere Assoziation bilden die von Calamagrostis epigeios, dem Landschilf, erfüllten Flächen. Von diesem bis 1,5m hohen Hartgras, neben dem sich Begleitpflanzen in nennenswertem Umfange nicht halten und das auch den Aufwuchs der jüngsten Altersklassen der Kiefer gefährdet, können Feldmäuse zum mindestens zeitweilig ausschließlich leben und bringen es dabei zu unerwartet hoher Siedlungsdichte. Unverkennbar bevorzugt wer- den von M.arvalis jedoch Kiefernpflanzungen mit artenreicherem Pflanzen- bestande, wo neben Horsten von Calamagrostis niedrige Seggen (Carezx spec.) Rasen bilden, wo auch die Hainsimse (Luzula campestris) und Straußgras (Agrostis tenuis) wachsen, dazu kleiner Ampfer (Rumez acetosella), kriechen- des Habichtskraut (Hieracium pilosella), und Ruderalpflanzen, wie Erigeron canadensis, Berufskraut und Senecio vulgaris, Kreuzkraut, Eingang gefun- den haben.

Gemeinsam ist allen Lichtungen in den Kiefernwäldern, daß schon im Hochsommer bei der starken Insolation der Pfanzenwuchs stockt, und spät und spärlich beginnt er im Frühjahr. So leben die Feldmäuse hier unter den härtesten Außenbedingungen und wohl am Rande ihres ihnen über- haupt zugänglichen ökologischen Bereichs. Die Eigenart dieser Populationen wird herausgestellt an einem Vergleich mit den Bevölkerungen der Acker- flächen. Hier herrscht ein Überangebot von Nahrung und wenigstens in die- ser Hinsicht ein Optimum für die Feldmaus.

1. Das Material.

Es liegen 441 Feldmäuse von 13 Kiefernkulturen vor. Gefangen wurde mit Schlagfallen, ein kleiner Teil der Tiere ist bei Markierungsversuchen in Lebendfallen verendet. Diese habe ich Herrn H.Reichstein, Kleinmach- now, zu verdanken. Die Lage der untersuchten Kulturen wird durch die Ent- fernung Berlin Fürstenwalde begrenzt. Sie verteilen sich also auf über 60km. Von Einzelstücken aus früherer Zeit abgesehen, stammt das Material aus den Jahren 1954 bis 1956. Berücksichtigt sind alle Monate, doch liegt der Schwerpunkt auf dem Herbst. Dann ist nach unseren Erfahrungen auf den sekundären Biotopen der Anteil größter Tiere am höchsten. Für den

158 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Vergleich mit den Ackerflächen wurden die Feldmäuse von 1955 und 1956 verwendet. 2774 unverletzte Schädel stehen zur Verfügung. Betrachtet wer- den die Gewichte und die Schädellängen (Condylobasallängen). Die Beurtei- lung des Lebensalters geschieht nach dem einzigen als hinreichend zuver- lässig erkannten Merkmal, der Ausbildung der Cristae sagittalis (Frank und Zimmermann, im Druck). Bereits Miller (1912) wußte aus seinen großen Erfahrungen heraus um diese Besonderheit alter Feldmäuse (ridges nearly joined und ridges joined). Männchen sind bei der Feldmaus gering- fügig größer als Weibchen. Für diese Untersuchung ist das jedoch nicht von Belang, und so werden beide Geschlechter zusammengefaßt.

2. Das Gewicht. Hier können wir uns kurz fassen. Auf den Ackerflächen wurden Werte bis 51g verzeichnet. Das Höchstgewicht auf den Kiefernkulturen beträgt 38 g. Diese Populationen bestehen durchweg aus leichteren, ja zwergwüchsigen Tieren. Mathematische Behandlung erübrigt sich.

3. Die Schädellängen.

Der Maximalwert auf den Ackerflächen beträgt nach meinem Materiale 26,’mm, auf den Kiefernlichtungen wurden Längen über 25,1mm bisher nicht gefunden. Der Abstand entspricht dem der Gewichte. Die folgende Ta- belle bringt die Verteilung der Schädellängen beider Gruppen. Von Jung- tieren sind nur dem Neste entwachsene (von 19mm CB an) herangezogen worden:

Tab. 1: Schädellängen der Feldmäuse von Ackerflächen und Kiefernkulturen,

Geschlechter zusammengefaßt.

14 | 37 | 3931401 | 6701669 | 427 | 142| 21 |2774| 22,74| +0,054

Ch. in mm

A ckerflächen

30 | 110] 100| 42 | 14 | 1

305 | 22,09| +0.074

Kiefernkulturen | 5 3

Die statistische Realität der Unterschiede der Mittelwerte ist gut ge- sichert (M, M; =D =0,65) 3 Y m? +m;? = 3 0091 = 0,273).

Höchstwerte der Schädellängen werden erst von Tieren mit ausgeprägten Altersmerkmalen erreicht. Diese Gruppe mit geschlossenen oder nahezu ge- schlossenen Cristae sagittalis ist in der folgenden Tabelle zusammengestellt:

GEORG H. W.STEIN, Sippenbildung bei der Feldmaus, Mierotus arvalis L. 159

Tab. 2: Schädellängen von Feldmäusen mit Merkmalen höheren Alters, Ackerflächen und Kiefernkulturen.

EROOEEEREREN: 116 | ıl 11 | 4 | 1I-]|-]- | 40

Auch hier sind die Unterschiede in den Mittelwerten signifikant (M, M;=D=0,94)3 Yy m? + ma? = 3 - 0,133 = 0,399). Der Nachweis kann

als erbracht gelten, daß die Feldmäuse der Kiefernkulturen konstant kleiner sind als ihre Artgenossen auf den Ackerflächen.

Ackerflächen +0,122

Kiefern-

23,75

kulturen

4. Dauer der Fortpflanzungsperiode.

Zu diesen morphologischen Differenzierungen kommen biologische hinzu. Unterschiede der Wurfgröße in den primären Biotopen sind bereits früher

Tab. 3: Fortpflanzung der Feldmäuse auf den Ackerflächen und den Kiefernkulturen in der zweiten Septemberhälfte.

909 über

10. g Gewicht gravid | säugend de m | Bemerkungen Ipflanzung Ackerflächen 1956 29 4 14 47 70 9 geschlechtlich aktıv Kiefernkulturen 1 2 | 6 61 0 %/, geschlechtlich 1956 aktıv

Tab. 4: Fortpflanzung der Feldmäuse auf den Ackerflächen und den Kiefernkulturen ım Oktober.

QQ über 10g Gewicht

säugend Bemerkungen

der Fort- pflanzung

490/, geschlecht-

Ackerflächen 1955 17

lich aktıv 2+2 mit Kiefernkulturen noch deut- 2,80%, in R 140 1956 lichen ÜUterus- Fortpflanzung

narben

160 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

behandelt worden (Stein, 1952). Auch im Zeitpunkt des Abschlusses der Fortpflanzung unterscheiden sich die Tiere der Kiefernkulturen von denen der Ackerflächen. Die Unterlagen dazu bringen die Tabellen 3 und 4:

Praktisch beginnt die Ruhezeit auf den Kiefernpflanzungen (wie in allen primären Biotopen) bereits im September, während auf den Ackerflächen bis in den November hinein geschlechtliche Aktivität besteht.

Abschließend läßt sich sagen: Die Feldmäuse der Kiefernkulturen bilden räumlich isolierte Populationen, die in Gewicht und Körpergröße wie auch in Besonderheiten ihrer Lebensweise (Fortpflanzung) konstant von denen der sekundären Biotope, der Ackerflächen, abweichen. Sie weisen damit alle für ökologische Sippen, für Okotypen, erforderlichen Merkmale auf. Ob die Differenzierungen rein modifikatorischer Natur sind oder auch genetisch kon- trolliert werden, ist unbekannt. Gegen den einfachen und naheliegenden Schluß, unzureichendes Nahrungsangebot wirke sich modifikatorisch in ge- ringer Körpergröße der Feldmäuse aus, erhebt sich nur ein Bedenken. Es können auf den Kiefernkulturen hohe Dichtekonzentrationen der Feldmäuse auftreten, die mit 44%, besetzter Fallen als „mittlere Bestandsdichte“ zu be- zeichnen wären. Es will nun nicht einleuchten, daß, wenn schon der Regu- lationsfaktor das Nahrungsangebot ist, dies zwar gelegentlich für die Existenz vieler kleiner Tiere hinreicht, wenige große indessen nicht zuläßt.

Zusammenfassung.

Die Feldmäuse der Kiefernkulturen bilden räumlich isolierte Popula- tionen, die in Gewicht und Körpergröße wie auch in Besonderheiten ihrer Lebensweise (Fortpflanzung) konstant von denen der Ackerflächen abwei- chen. Sie weisen damit alle für ökologische Sippen, für Okotypen, erforder- lichen Merkmale auf. Der rein modifikatorische Charakter der Differenzie- rungen wird in Zweifel gezogen.

Literatur:

Frank, F., u Zimmermann, Kl., (1957). Körperwachstum und Ale bei der Feldmaus, Microtus arvalis P. —- Zool. Jahrb. (Syst.). Im Druck.

ME: G. S., (1912). Catalogue of the Mammals of Western Europe.

ndon.

Stein, G. H. W., (1952). Uber Massenvermehrung und Massenzusammenbruch bei der Feldmaus, Microtus arvalis. Zool. Jahrb. (Syst.) 81, 1—26. (1953). Uber Umweltabhängigkeiten bei der Vermehrung der Feldmaus, Mi- crotus arvalis. Zool. Jahrb. (Syst.) 81, 527—547.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 161

Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster (Crieetulus barabensis griseus A.Milne-Edwards 1867)

(Aus dem Zoologischen Institut der Freien Universität Berlin, Abteilung für Tierphysiologie und Tierpsychologie. Direktor: Prof. Dr. K. Herter)

Von Konrad Herter und Hans-Georg Rauch. (Hierzu 10 Abbildungen; Abb. 2—4 und 7—10 auf Tafel IX und X.)

Der daurische Hamster (Cricetulus barabensis (Pallas 1770)) lebt in den Waldsteppen des westlichen und zentralen Sibiriens, in Transbaikalien und Ussuriland, in dem nördlichen Teil der zentralen und östlichen Mongolei und Mandschurei und im nördlichen China (Argyropulo, 1933). Die Un- terart C. b. griseus A. Milne-Edwards 1867 (Terra typica: Peking) der graue chinesische Zwerghamster soll in einigen Gebieten Nordost- Chinas gemein sein, besonders in den Provinzen Hopei, Shantung und Ost- Shensi (Abb.1). Die Tiere kommen vorwiegend auf aridem Gelände vor, werden jedoch auch an Bewässerungsrinnen und Wasserläufen an den Seiten kultivierter Felder, zwischen den Reihen der Weizenfelder und in kleinen Böschungen von Gärten gefunden. Auf den Feldern von Chefoo sind sie fast die einzigen Säuger. Im allgemeinen scheinen sie jedoch im Kulturland weniger häufig zu sein als in den Grenzgebieten zum offenen Lande und in unbebautem Gelände (Allen 1940).

AO

Abb. 1: Ungefähre Verbreitung von Cricetulus barabensis (| / / /) und der Unterart C. b. griseus (////}}). Nach Literaturangaben zusammengestellt von H.-G. Rauch. 11

162 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Am 14. 2. 1955 erhielten wir auf dem Luftwege 8 noch nicht voll er- wachsene graue chinesische Zwerghamster (4 5'5' und 4CQ9) von der Chil- dren’s Cancer Research Foundation aus Boston (Mass., USA) !). Die Tiere waren in Amerika gezüchtet und stammen von Zwerghamstern ab, die wahr- scheinlich 1948 aus China eingeführt wurden.

Erwachsene Zwerghamster sind ungefähr 12cm lang und wiegen 30 bis 37g. Im Vergleich zu dem größeren Goldhamster (80 g) erscheinen sie zier- lich und schlank gebaut. Namentlich die Köpfe sind spitzer und die Ohren und Augen relativ groß, was den Tierchen einen mehr mäuseartigen Ge- sichtsausdruck verleiht (Abb. 2). Die Dorsalseite ist grau mit ockerfarbigem Anflug und ist durch einen etwas verwaschen abgegrenzten, schwarzen Längs- streifen auf der Rückenmitte ausgezeichnet. Die Unterseite ist weiß. Bei den erwachsenen Y'o fallen die außerordentlich stark hervortretenden Hoden auf.

Im folgenden teilen wir nur unsere Beobachtungen und Erfahrungen bei der Haltung und Aufzucht der Zwerghamster mit. Über das sonstige Verhal- ten der Tiere soll später berichtet werden.

Wir brachten die Tiere zunächst paarweise in Vollglasaquarien verschie- dener Größe mit einem Bodenbelag von Sägemehl oder Torfmull unter. Außer- dem erhielten sie Heu zum Nestbau und einen Wasser- und Futternapf. Diese Haltungsart erwies sich jedoch bald als sehr ungeeignet, hauptsächlich wegen der großen Unverträglichkeit der QQ gegenüber den Y'o‘. Diese „Unart‘“ der OD ist ja von Goldhamstern und namentlich von europäischen Ham- stern allgemein bekannt und hat wohl schon jedem Hamsterpfleger Schwie- rigkeiten gemacht. Sie ist bei unseren Zwerghamstern ganz besonders stark ausgebildet. In den meisten Fällen griff das © kurze Zeit nach dem Zu- sammensetzen das 5’ an, das sich fast nie zur Wehr setzte, sondern zu fliehen versuchte. In dem relativ kleinen Behälter, der keine Versteckmög- lichkeiten bot, konnte es sich jedoch vor den immer wiederholten Angriffen und Verfolgungen durch das ® nicht retten. Die Bisse der QQ richten sich vorzugsweise gegen das Hinterteil der ‘5, die bald zahlreiche Wunden, namentlich an der Schwanzwurzel und am Scrotum aufweisen, so daß die Tiere getrennt werden müssen. Von unseren 4 aus Boston erhaltenen Jo sind 2 an den Folgen von Bissen der QO gestorben. Nach wiederholten Ver- suchen, durch Vertauschen der Partner und durch Trennung und Wieder- vereinigung in Abständen von einigen Tagen, verträgliche Paare zu erhalten, mußten wir die Haltungsbedingungen grundlegend ändern, zumal durch einen Unglücksfall noch ein 5’ und ein © gestorben waren, so daß der Be- stand zeitweilig auf ein 5 und 3 QQ zusammengeschmolzen war. Bevor

!) Dem Institut und besonders Herrn Dr. Yerganian sind wir für die groß- zügige Überlassung der Tiere zu herzlichem Dank verpflichtet. Ferner danken wir Herrn Dr. D. Chitty (Oxford, England) und Herrn Dr. V. Schwentker (Tumblebrook farm, Brant Lake, N.Y.) für ihre freundliche Vermittlung.

K. HERTER, H.-G. RAUCH, Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster 163

wir darauf eingehen, machen wir einige Angaben über die Ernährung der Tiere.

Die Grundnahrung bestand aus Pflanzenstoffen: Getreidekörnern und anderen Samen (Sonnenblumenkernen, Mais- und Haferkörnern), Haferflok- ken und Brot. Daneben wurden regelmäßig frische Pflanzenteile verfüttert, wie Gemüse (Salat, Mohrrüben, Tomaten), Obst (Apfel, Birnen, Kirschen u. dgl.), Gras, Löwenzahn und Wegerich. Häufig erhielten die Tiere auch animalische Kost in kleinen Mengen, wie Säugerfleisch (roh und gekocht), und Insekten (Mehlkäferlarven, Fliegen und Fliegenlarven, Stabheuschrek- ken u. dgl.). Jungtieren wurde zeitweilig das Vitaminpräparat „Combionta“ gegeben (s. S. 168). Meist wurde Wasser oder Milch (säugenden Müttern und Jungen) gereicht, was jedoch bei Fütterung mit wasserhaltigen Pflanzen- stoffen auch unterblieb,

In bezug auf die Haltungsbedingungen haben wir mehrere Methoden ausprobiert. Zunächst brachten wir die Tiere paarweise im Zimmer in größere „biotopmäßig‘“ eingerichtete Terrarien mit Drahtgazedeckeln und 10 bis 15 cm hohem Bodenbelag aus Gartenerde unter. Auf die Erdoberfläche wurden Grassoden, Moos und Laub gelegt. Mindestens 2 Schlafhöhlen und feines Heu als Nestmaterial, sowie einige Zweige zum Klettern, wurden in den Käfig gegeben. Als Schlafhöhlen verwendeten wir Kästchen aus Holz, Hartfaserplatten oder Pappe, sowie angeschlagene Blumentöpfe, ausgehöhlte Kürbisse oder Kokosnüsse. Da die Hamster die Schlafkästen z. T. stark be- nagten und die Späne mit zum Nestbau benutzten, gaben wir ihnen auch Papier, Zellstoffwatte, Baumwolle, Schafwolle und Flaumfedern. Da das © sich in diesem „hindernisreichen Gelände“, in dem die Hamster bald Erd- gänge gegraben hatten, einigermaßen vor den Verfolgungen durch das 9 retten konnte, ließen sich so zwei: Tiere verschiedenen Geschlechts län- gere Zeit zusammen halten, ohne daß das 5“ allzusehr verbissen wurde. Jedoch mußte es von Zeit zu Zeit isoliert werden, um seine Wunden aus- heilen zu können. In einem derartigen Terrarium von 80 cm Länge, 30 cm Breite und 30 cm Höhe hatten wir die ersten Zuchterfolge.

Später brachten wir auch einige Hamster im Garten des Zoologischen Instituts in einem Freilandkäfig unter, der im Winter 1953/54 zur Überwin- terung von Goldhamstern gedient hatte und an anderer Stelle eingehend be- schrieben ist (Herter und Lauterbach 1955, S. 44). In diesem Käfig hatten die Tiere einen etwa 80cm tiefen Erdraum mit 1m? Oberfläche zur Verfügung. Hier haben die Zwerghamster, die sich alsbald ausgedehnte Erd- baue gruben, nicht nur den sehr strengen Winter 1955/56 gut überstanden, sondern auch mehrere Würfe zur Welt gebracht und aufgezogen.

In den Terrarien mit hohem Bodenbelag und namentlich in dem Frei- landkäfig, waren die vorwiegend nächtlich aktiven Hamster am Tage fast nie

zu sehen. Vor allem erfolgten die Würfe in den unterirdischen Bauen unter 11°

164 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

völligem „Ausschluß der Offentlichkeit“. Unser Ziel war jedoch, das Ver- halten der Tiere besonders das Fortpflanzungsverhalten zu beobachten.

Um dies zu ermöglichen, haben wir, in Anlehnung an die von Eibl- Eibesfeldt (1953) beschriebene Einrichtung für Feldhamster, einen Be- obachtungsbau angefertigt. Er besteht aus einem rechteckigen Holzrahmen von 60cm Länge, 10cm Breite und 60 cm Höhe, der mit Gips, in dem Hohl- räume ausgespart sind, ausgegossen ist. Die Vorder- und Hinterfläche wird von je einer herausnehmbaren Glasscheibe verschlossen. Die Hohlräume in der Gipsplatte bilden zwei „Zwerghamsterbaue“. Der obere besteht aus einem runden Kessel mit einem rechten und linken an die Oberfläche führenden Gang. Der untere hat ebenfalls einen „Wohnkessel“, an den sich jedoch (nach links) noch ein kurzer Gang, der in eine zweite Höhle führt, an- schließt (Abb. 3). Diese zweite Höhle war von uns als „Vorratskammer“ ge- dacht und wird auch von den Hamstern als solche benutzt. Die vier mit den beiden Kesseln in Verbindung stehenden Gänge führen in einen Sperrholz- kasten mit Drahtgazedeckel von 70x 40cm Bodenfläche und 22cm Höhe, dessen Vorderwand eine Glasscheibe bildet. Als Material für die „Erdbaue“ haben wir Gips (nicht Zement, wie Eibl-Eibesfeldt) gewählt, um den Zwerghamstern die Möglichkeit zu geben, ihre ‚„‚Baue“ selbst noch durch Nagen zu vervollkommnen, was die QQ auch taten. Die Vorder- und Hin- terseite der Gipsplatte ist durch je eine Hartfaserplatte, die zur Beobachtung abgenommen wird, bedeckt. Von einem Zwerghamsterpärchen bezieht in der Regel das Q das fast immer der Ranghöhere ist die untere Wohnung. Das &' muß mit der oberen vorliebnehmen. Das 2 vertrieb jedoch das auch aus diesem Zufluchtsort, oder hetzte es immer wieder umher, so daß es nicht zur Ruhe kam und auch wieder verbissen wurde. Daher bauten wir in den Kasten eine Zwischendecke ein. Es entstand so eine zweite Etage, die wir durch Drahtgitterschläuche mit den Röhren des Männchenbaues verban- den (Abb. 4). Es ist jetzt also ein unteres oberirdisches Revier, das mit dem Weibchenbau in Verbindung steht, vorhanden und ein oberes Männchen- revier. Die beiden Reviere können durch zwei Löcher in der Zwischendecke (an der Hinterwand des Kastens) über zwei schräg stehende Brettchen, die auf den Boden des unteren Reviers führen, verbunden werden. Durch Offnen oder Schließen der Löcher kann man die Ehegatten für kürzere oder längere Zeit zusammen lassen oder trennen.

Bringt man erstmalig ein (' und ein © gemeinsam in den Käfig, so muß man das Verhalten der Tiere gegeneinander beobachten. Greift das O das 0 sogleich oder nach kurzer Zeit an, trennt man die Tiere und sperrt das Q in das untere und das ( in das obere Revier. Am nächsten Tage läßt man sie wieder zusammen. Zeigt sich das Q wieder unverträglich, trennt man abermals usw. Ähnlich wie beim Goldhamster scheint das @ nur in Abständen von etwa vier Tagen für kurze Zeit begattungsbereit zu sein, wäh-

K. HERTER, H.-G. RAUCH, Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster 165

rend das 5‘ dauerbrünstig sein kann (s. z.B. Kittel, 1952, S. 32). Ver- tragen die Tiere sich, so kann man sie zusammenlassen. In der Regel wird das © nach der Kopula wieder unverträglich, vertreibt das 5' dann jedoch meistens nur aus seinem Revier und verfolgt es nicht in die obere Etage. Manche besonders unverträgliche OO und trächtige oder säugende Mütter respektieren die Reviergrenzen jedoch nicht, so daß man die Löcher in der Zwischendecke schließen muß. Obgleich wir in diesem Käfig mit Gipsbauen und übereinander liegenden trennbaren Revieren gute Zuchterfolge hatten und diese Einrichtung sehr günstige Beobachtungsgelegenheit bietet, befrie- digte sie uns noch nicht ganz, weil die Reviere noch zu klein sind und man nur ein Pärchen darin unterbringen kann. Wir haben daher eine größere Anlage gebaut, die im folgenden beschrieben wird.

Abb. 5: Schematische Darstellung der zroßen Revieranlage an der Ostwand des

Tierhauses. Erklärungen siehe Text. Zeichnung von H.-G. Rauch.

An der Ostwand unseres Tierhauses stehen zwei Serien von Kaninchen- ställen in einem gegenseitigen Abstand von 2,8m. Aus jeder Serie sind je zwei Ställe (Abb. 5; au.b, a’u.b’) mit Hilfe eines Verbindungsganges (G) und Drahtgazeschläuchen (S) zu einer „großen Revieranlage“ vereinigt. Jeder Stall ist eine Holzkiste von 80cm Länge, 60cm Breite und 60cm Höhe, deren Vorderwand von einer Tür aus Maschendraht (Maschenweite 8 mm) gebildet wird. Die beiden unteren Ställe (bu.b’) sind durch Holz oder Blech vor den Gittertüren völlig abgedunkelt (‚unterirdische Reviere‘). Die beiden oberen (au.a’) erhalten durch die Gittertüren Tageslicht und ihre Böden sind von einer etwa 5cm hohen Erdschicht bedeckt (,„oberirdische Reviere“). Der Verbindungsgang ist 2,d5m lang und besteht aus einem 22cm breiten Brett mit Drahtgitterüberdachung. Den Tieren steht also ein relativ großes Revier (2,7 m? Bodenfläche und 9,7 m? „Kletterfläche‘“ an den Wänden, zu- sammen 12,4m?) zur Verfügung. Das Revier bietet wegen seiner großen Ausdehnung und der Aufteilung in mehrere Unterreviere dem „' Gelegen- heit, dem © jederzeit auszuweichen oder zu entfliehen. Es kann sich von dem Aufenthaltsort des Q über 2,85m entfernen. Auch dieses große Revier

166 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

wird praktisch vom Q beherrscht, jedoch kanu man darin die Tiere dauernd zusammen halten, wenn das 5" auch gelegentlich einige Bißwunden erhält. Unter diesen Haltungsbedingungen hatten wir die besten Zuchterfolge.

Zusammenfassend läßt sich über die Zuchterfolge unter den fünf von uns ausprobierten Haltungsbedingungen sagen:

1. In relativ kleinen Glasbehältern mit Bodenstreu haben wir keine Würfe erhalten.

2. In „biotopmäßig“ eingerichteten größeren Terrarien, in denen sich die Tiere schlecht beobachten lassen und die Yo" gefährdet sind, erhiel- ten wir zwischen dem 8. 5. 1955 und dem 21. 2. 1956 fünf Würfe mit zu- sammen 19 Jungen.

3. In dem Freiland-Erdkäfig, in dem praktisch keine Beobachtung möglich ist, kamen zwischen dem 3. 8. 1955 und dem 5. 10. 1955 drei Würfe mit zusammen 16 Jungen zur Welt.

4. In dem „Beobachtungskäfig“ mit Gipsbau, in dem das ' gefährdet ist und zeitweilig vom getrennt werden muß, wurden am 11. 4. 1956 sechs Junge geboren.

9. In der großen Revieranlage, in der die Beobachtungsmöglichkeit gut (je- doch schlechter als in 4) ist und die Q'o” nicht ernstlich gefährdet sind, ergaben sich zwischen dem 3. 5. 1956 und dem 11. 6. 1956 drei Würfe mit zusammen 23 Jungen. !)

Im ganzen sind also bis zum Juni dieses Jahres bei uns 12 Würfe (von 1 bis 9 Jungen pro Wurf) mit zusammen 64 Jungen von 592 zur Welt gebracht worden. Unter diesen befanden sich zwei totgeborene oder vor der Entdeckung des Wurfes gestorbene, so daß wir 62 lebende junge Zwerg- hamster beobachten konnten. Natürlich ist es möglich, daß die Anzahl der in 2 und 3 unterirdisch geborenen Jungen größer war und einige vor ihrer Entdeckung von den Eltern aufgefressen worden waren. Auffressen der Jun- gen durch die Mutter haben wir sonst nicht feststellen können, obgleich wir bei einigen Würfen die Kleinen der Alten vorübergehend zum Wiegen, Mes- sen, Photographieren u. dgl. wegnahmen, was sie sich stets ohne Abwehr- versuche gefallen ließ. Bei sieben frühzeitig verstorbenen Jungen ließ sich das Geschlecht nicht einwandfrei feststellen. Unter den überlebenden 57

waren 27 So" und 30 O9.

1) Bis Mitte November 1956 erhielten wir ın der „großen Revieranlage‘“‘ 10 weitere Würfe mit insgesamt 40 Tieren, im ‚‚Freilandkäfig‘‘ 3 Würfe mit miudestens 12 Tieren und im Beobachtungskäfig 2 Würfe mit 9 Tieren. Die Eignung der ‚großen Revieranlage“ wurde durchaus bestätigt.

K. HERTER, H.-G. RAUCH, Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster 167

O8! 122 16.,,20. 24.) 28.132,36. 40. 4% %8.. 52. 56. 60. .6%. 68. 72. 76. 80,

Abb. 6: Gewichtskurve der Junghamster während der ersten 21, Lebensmonate. (Mittelwerte von 8 Tieren.) Zusammengestellt von H.-G. Rauch.

Die Jungen sind im allgemeinen bis zum Alter von etwa einem Monat untereinander verträglich, so daß man sie im gleichen Käfig belassen kann. Etwa’ in diesem Alter, in dem man bei den Y'o" erstmalig den Descensus testiculorum beobachtet, werden sie wohl geschlechtsreif. Jetzt kommt es oft (aber nicht immer) zu Feindseligkeiten, so daß es zweckmäßig ist, die Ge- schlechter zu trennen. Auch unter gleichgeschlechtlichen Zwerghamstern kann es zu heftigen Beißereien kommen. Einmal wurde ein durch ein g' und einmal ein Q durch ein Q getötet. Trotz der oben geschilderten Vorsichts- maßregeln haben wir sieben 5'o" durch Bisse, die sie von ihren OD erhal- ten hatten, verloren .Nur einmal hat ein 5’ ein © umgebracht.

Bei drei Würfen eines Q@ von zusammen 15 Jungen in dem auf S. 163 er- wähnten großen Terrarium in einem Zimmer des Instituts beobachteten wir ein merkwürdiges Jungensterben. Die Kleinen entwickelten sich zunächst sehr gut und wurden von der Mutter sorgfältig betreut. Zwischen dem 13. und 15. Lebenstag öffneten sich die Augen und die jungen Hamster verließen auch schon zeitweilig das Nest und begannen Haferflocken und Grünfutter zu fressen und auch schon zu „hamstern“. Sie wurden jedoch noch regel- mäßig von der Mutter gesäugt. Etwa um diese Zeit begann das Sterben. Die betreffenden Daten stellen wir in Tabelle 1 zusammen.

168 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Tabelle 1 A Datum des Anzahl der Datum des Anzahl der J Iter der ungen in Wurfes Jungen Sterbens toten Jungen T agen 2.6.1955 6 18. 6. 1955 1 16 20. 6. 1955 2 18 21. 6. 1955 2 19 23. 6. 1955 1 21 13. 7. 1955 4 28. 7. 1955 1 15 29.7.1955 1 16 4.8.1955 1 22 15. 9. 1955 5 29.9. 1955 1 14 30. 9. 1955 1 15

Die meisten der toten Jungen waren äußerlich ganz unversehrt. Nur einige waren angefressen, sicher aber postmortal. Bei einem wurde das Ster- ben (am 23. 6.) beobachtet. Es atmete sehr heftig und reagierte kaum auf Berührung. Der Hinterkörper war z.T. erschlafft und wurde bei Versuchen, mit den Vorderbeinen zu kriechen, nachgeschleift. Aus den Nasenlöchern trat etwas Blut, das sich das Tierchen mit den Vorderpfoten abputzte. Dann ver- fiel es in Krämpfe und starb unter Zeichen von Atemnot. Die Präparation im Institut für Veterinär-Pathologie der Freien Universität ergab keine An- haltspunkte für die Todesursache. Bei einigen der anderen gestorbenen Jun- gen fand sich ein ziemlich starker Trichomonas-Befall im Darm, der jedoch ebenfalls nicht tödlich gewesen sein kann. Während alle sechs Jungen des Wurfes vom 2. 6. innerhalb von fünf Tagen starben, überlebte von den vier Jungen des Wurfes vom 13. 7. eines die kritische Zeit und entwickelte sich in der Zukunft ganz normal weiter. Nachdem in dem Wurf vom 15. 9. zwei Junge gestorben waren, gaben wir den drei lebenden vom 30. 9. an eine Aufschwemmung von zermörserten Dragees des Vitaminpräparates „Com- bionta“ mit der Pipette. Obgleich zwei der Kleinen schon Anzeichen der rätselhaften Erkrankung zeigten (blutige Nasen), gediehen alle drei bei täg- lichen Vitamingaben bis zum 10. 10. normal und wiesen auch später keine pathologischen Erscheinungen auf.

Ob dieses eigentümliche Jungensterben die Folge von Avitaminosen war, was man aus seinem Aufhören nach der Vitaminfütterung vermuten könnte, erscheint nicht erwiesen, da wir bei allen anderen Würfen sowohl im Zimmer als auch im Freien —, auch ohne Vitamingaben, ähnliches nie wie- der beobachtet haben.

Auffällig war, daß die im Freien geborenen und aufgewachsenen Jung- hamster im Durchschnitt größer und schwerer wurden (ein 5" erreichte ein

K. HERTER, H.-G. RAUCH, Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster 169

Höchstgewicht von 42g) und eine bessere Fellbeschaffenheit aufwiesen als die im Zimmer aufgezogenen. Auch die Vermehrungsrate war im Freien größer als die im Hause: Im Freien erhielten wir in 11 Monaten sechs Würfe mit zusammen 39 Jungen, was 6,5 Jungen pro Wurf und 3,5 Jungen pro Monat entspricht. Im Zimmer ergaben sich in 16 Monaten sechs Würfe mit im ganzen 25 Jungen, also nur 4,2 Junge pro Wurf oder 1,6 pro Monat. Demnach ist anzunehmen, daß allgemeine Umweltfaktoren (Temperatur, Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Belichtung u. dgl.) bei der Haltung und Fort- pflanzung der Zwerghamster eine Rolle spielen können (s. auch Yerga- rian 1956, Chang und Wu 1938).

Von den 64 bei uns geborenen Jungen wurden 35 von zwei der am 14.2. 1955 aus Boston erhaltenen Weibchen (21 und 22) und 26 von drei Weib- chen, die bei uns geboren waren (93 bis 5) geworfen. In Tabelle 2 sind die Daten für die einzelnen Würfe aufgeführt.

Tabelle 2 QONr. Be Alter der 2 2 | Wurfdaten J Be nn Wurf

1 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 6 Mon. 8. 5. 1955 1 1 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 7 Mon. 2.6. 1955 6 1 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 84, Mon. 13. 7. 1955 4 1 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 101/, Mon. 15. 9. 1955 5 1 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 171/, Mon. 11. 4. 1956 6 2 ca. Okt./Nov. 1954 ca. 9Mon. ca. 3. 8. 1955 5 2 ca. Okt./Nov. 195% ca. 10 Mon. ca. 1. 9. 1955 2. 3 15. 9. 1955 ca. 5Mon. 21. 2. 1956 3 4 15. 9. 1955 ca. 71, Mon. 3.5. 1956 5 5 ca. 9. 10. 1955 ca. 7, Mon. 17. 5. 1956 9 5 ca. 5. 10. 1955 ca. 81, Mon. 11. 6. 1956 9

64

Aus Tabelle 2 läßt sich errechnen, daß im Durchschnitt 5,3 Junge auf einen Wurf, 2,4 Würfe auf ein Q und 12,8 Junge auf ein Q kommen. Nach unseren bisherigen Beobachtungen, die im großen und ganzen mit den Lite- raturangaben (Yergarian 1956, Chang und Wu 1938) übereinstim- men, werden die Zwerghamster in einem Alter von etwa fünf Monaten fort- pflanzungsfähig und dauert die Trächtigkeit etwa 19 Tage. Das Höchstalter soll in Gefangenschaft etwa drei Jahre sein (persönliche Mitteilung von Dr. Yergarian). Als Durchschnittsgewichte für erwachsene Tiere ermit- telten wir bei 5’ 37 und bei QQ 30g. Der Mittelwert für die Geburts-

170 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

gewichte betrug 1,8g. Die Gewichtsentwicklung während der ersten 215 Mo- nate zeigt Abb. 6.

Die Aufzucht der Jungen durch die @Q erfolgt in der Regel so wie bei den übrigen bekannten Hamsterarten. Im allgemeinen pflegen die Mütter die Kinder sehr sorgfältig. Sie verlassen in der ersten Zeit das Nest nur selten. Aus dem Nest geratene Junge werden alsbald eingetragen. Nach stärkerer Beunruhigung wird der ganze Wurf in ein anderes Nest transportiert (Abb. 7). Einige vorläufige Daten über die körperliche Entwicklung und über das Verhalten der Zwerghamster geben Tabelle 3 und Abb. 8 bis 10 wieder.

Tabelle 3 Lebensalter a b ; Abb. Körperliche Beschaffenheit und Verhalten. der Jungen 8 1 Tag Augen und Ohren geschlossen. Ganz nackt. Dunkelrosa. 3— 4 Tage Farbmuster der Erwachsenen zu erkennen. 9 4 Tage Flankenorgane mit weißen Haaren. 3— 6 Tage Bauchseite mit weißem Flaum. 8 Tage Geschlossenes Fellchen. 9 Tage Vor den weißen Haaren der Flankenorgane erscheinen schwarze. 11 Tage Erstes Fressen von Haferflocken und ‚‚Hamstern“ in den Backentaschen. 10 13 Tage Erstes Fressen von Gemüse.

13—15 Tage Augen und Ohren öffnen sich. 20 Tage Junge nicht mehr saugend beobachtet. 24 Tage Die Mutter benutzt für sich allein ein ‚‚Ausweichnest“.

etwa 30 Tage Descensus testiculorum bei den jungen J’c’

Zusammenfassung

Die Haltung und Aufzucht von grauen chinesischen Zwerghamstern (Cricetulus barabensis griseus A. Milne-Edwards 1867) wird geschildert. Sie gelang nur in größeren Käfigen mit besonderen Schutzeinrichtungen für die Y'Y, weil die nicht-begattungsbereiten OO die Y'5” meist angreifen und oft töten. Die QQ sind in einem Rhythmus von etwa vier Tagen nur für kurze Zeit begattungsbereit. Die Zucht gelang in Freilandkäfigen besser als im Zimmer. Es wurden in der Beobachtungszeit (zwischen Februar 1955 und Juni 1956) von fünf OQ 12 Würfe mit zusammen 64 Jungen erhalten. Die

K. HERTER, H.-G. RAUCH, Haltung und Aufzucht chinesischer Zwerghamster 171

größte Jungenzahl in einem Wurf war neun. Bis auf ein Jungensterben bald nach der Zeit des Augenöffnens und der ersten selbständigen Aufnahme fester Nahrung der Jungen in drei Würfen eines @ (dem elf Junge zum Opfer fielen), vollzog sich die Aufzucht ohne Schwierigkeiten. Einige Daten über die körperliche Entwicklung und das Verhalten der Jungen werden angeführt.

Literatur

Allen, G.M., (1940). The Mammals of China and Mongolia. Central asiatic _ expeditions. New York.

Argyropulo, J.A., (1933). Die Gattungen und Arten der Hamster /Cricetinae Murray, 1866) der Paläarktik. Z. f. Säugetierkd. 8, 129—149.

Chang, C.Y.und H.Wu, (1938). Growth and reproduction of laboratory bred hamsters, Cricetulus griseus. Chin. J. Physiol. 13, 109.

Eibl-Eibesfeldt, I. (1953). Zur Ethologie des Hamsters (Cricetus cricetus L.). Z. f. Tierpsych. 10, 204—254.

Herter, K.u.G. Lauterbach, (1955). Die Überwinterung syrischer Gold- hamster (Mesocricetus auratus Waterh.) in Norddeutschland. Z. f. Säuge- tierkd. 20, 37—54.

Kittel, R., (1952). Der Goldhamster. Neue Brehm-Bücherei Heft 88. Leipzig u. Wittenberg.

Yergarian, G., (1956). The Striped-back or Chinese Hamster, Cricetulus gri- seus. Mitteilung der Children Cancer Research Foundation, Boston, Mass. (Manuskript).

172 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Das Duftmarkieren der Großen Wühlmaus, Arvieola terrestris (L.)

(Aus dem Institut für Grünlandfragen der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Oldenburg i. O.)

Von Fritz Frank

Wie bekannt, spielt das „Duftmarkieren“ bei allen Säugetieren eine große Rolle im Verkehr mit Freund und Feind. Wohl alle dieser höchsten Tierklasse zugehörigen Arten benutzen irgendwelche Körperausscheidungen zur Kennzeichnung der von ihnen bewohnten Territorien, und diese Besitz- marken werden im allgemeinen von fremden Artgenossen respektiert. Mit ihrer Hilfe kann ein dem Platzhalter überlegener Eindringling aber auch die erfolgte Eroberung eines fremden Reviers zum Ausdruck bringen. Neben Kot und Urin, die von den kleinsten bis zu den größten Säugetieren dieser Be- sitzmarkierung nutzbar gemacht und durchweg systematisch zur Kennzeich- nung der Reviergrenzen und der bevorzugten Wechsel abgesetzt werden, kommen auch besondere Drüsenorgane vor, deren Sekrete ausschließlich der Duftmarkierung dienen. Bei den einheimischen Arten sind die Analdrüsen der Marderartigen sowie die Haut- und Klauendrüsen der Huftiere am bekann- testen. Aber auch bei den Nagetieren sind Duftdrüsen seit langem bekannt, und unlängst hat Eibl-Eibesfeldt (1953) die Funktion der Flanken- drüsen des Hamsters (Cricetus cricetas L.) ausführlich beschrieben und den Vorgang der Duftmarkierung zusammen mit Heinz Sielmann auch im Film festgehalten. Daß auch die Große Wühlmaus (Arvicola terrestris L.) solche Flankendrüsen besitzt, ist ebenfalls bekannt, aber es ist den Autoren, die sich mit dieser Art näher beschäftigt und sie z.T. in großer Zahl in Gefangenschaft gehalten haben (z.B. Müller-Böhme, 1935 und Herfs, 1939), nicht aufgefallen, daß der Vorgang der Duftmarkierung bei Arvicola weit differenzierter ist als bei andern Nagern mit Flankenorganen und daß er mit einer ganz bestimmten, artspezifischen und vermutlich auch gat- tungsspezifischen Verhaltensweise gekoppelt ist.

Bisher war bekannt, daß das Markieren mit Flankendrüsensekret beim Entlangstreichen an Gegenständen der Umwelt vor sich geht, z.B. an der die Wechsel begrenzenden Vegetation und an den Wänden von Röhren und Kesseln des unterirdischen Bausystems. Beim Hamster hat Eibl-Eibes- feldt (1953) dann auch nachgewiesen, daß dieses Duftmarkieren „beab- sichtigt“ erfolgt und daß die Tiere ihre Flankendrüsen betont an Gegen- ständen ihrer Umwelt reiben, ja daß sie sich am Boden wälzen, um diesen mit Sekret zu markieren. Sicher üben auch die Flankendrüsen von Arvicola diese Funktion einer ständigen „automatischen“ Markierung von Vegetation

FRANK, Das Duftmarkieren der Großen Wühlmaus, Arvicola terrestris (L.) 173

und Bau aus, aber daneben verwendet diese Art ihre Flankendrüsen noch in einer viel betonteren Weise.

Zunächst kann beobachtet werden, daß die Seitendrüsen, die dicht vor den Hinterbeinen in waagerechter, bis zu 2cm langer Reihe angeordnet sind, immer dann in erhöhte Funktion treten, wenn das Tier erregt ist, sei es nun durch Begegnung mit einem unbekannten Artgenossen oder Ge- schlechtspartner oder durch einen Feind, so auch den es fangenden Men- schen. Sofern diesem gegenüber bei zahmen Tieren keine Furcht besteht, treten die Flankendrüsen u. U. auch beim Erscheinen des Futter bringenden Pflegers in Funktion. Man erkennt dieses In-Funktion-Treten leicht an einem plötzlichen Naßwerden und Verkleben der die Seitendrüsen umge- benden Behaarung. Bei kämpferischen Auseinandersetzungen mit Artgenos- sen sowie bei der Kontaktaufnahme des Männchens mit einem neuen Weib- chen ist nun folgendes zu beobachten: Der aggressive Teil (bei der An- paarung also das Männchen) gerät in sichtbare Erregung, das Kopf- und Nackenhaar sträubt sich und der Schwanz wird bis zu 45° nach jeder Seite waagerecht hin- und hergeschlagen, und zwar so heftig, daß er Erde und Torfstreu zur Seite fegt und auf Blechboden knallende Geräusche erzeugt. Gleichzeitig beginnen die Flankendrüsen stark zu nässen, und nun werden die Hinterfüße abwechselnd mit schnellen, dem Flankenputzen entsprechen- den Kratzbewegungen an den Seitendrüsen entlanggeführt, so daß die ein- wärts gerichteten Fußsohlen mit Drüsensekret benetzt werden. Unmittelbar darauf folgt ein kräftiges alternierendes Trommeln mit den Hinterbeinen auf dem Boden, dem das den Fußsohlen anhaftende Flankendrüsensekret auf diese Weise aufgestempelt wird. Das erregte Tier wiederholt ständig das Flankendrüsenkratzen und Trommeln und wechselt dabei häufig seinen Standort, so daß z. B. die gesamte Umgebung eines von einem Weibchen besetzten Nestkastens und dessen Deckel in dieser höchst eindrucksvollen "Weise markiert werden.

Analysiert man dieses der Großen Wühlmaus eigentümliche Markierungs- verhalten, das man wohl am besten als „Markierungstrommeln“ bezeichnen kann, dann enthält es mehrere auch bei, andern Nagern bekannte Aus- drucksbewegungen, die in ganz bestimmter Weise und mit artspezifischem Endeffekt gekoppelt sind. Sicherlich entspricht die Sekretabnahme durch schnelles Auf- und Abstreichen der Hinterfüße an den Flankendrüsen durch- aus dem bei Nagern weitverbreiteten Übersprungputzen bei Erregung. Herfs (1939), der das Paarungsverhalten von Arvicola eingehend be- schrieb, hat es auch als solches gedeutet, nicht jedoch seine eigentliche Funktion und den Zusammenhang mit dem nachfolgenden Hinterbeintrom- meln erkannt. Auch dieses ist eine bei Nagetieren weitverbreitete Aus-, drucksbewegung, die dem Droh- und Imponierverhalten zugeordnet ist. Bei diesem tritt bei vielen Nagern auch die dritte Komponente des hier be-

174 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

schriebenen Verhaltens der Großen Wühlmaus auf, das waagerechte Schwanz- schlagen, z. B. bei den bodenbewohnenden Langschwanzmäusen (Murinae) und unter den Wühlmäusen (Microtinae) außer bei Arvicola auch bei der Rötelmaus (Clethrionomys glareolus Schreber). Während Eibl-Eibes- feldt (1950, 1951) dieses seitliche Schwanzschlagen ganz dem Drohver- halten zuordnet, halte ich es zunächst für eine reine Erregungsbewegung, die sich in verschiedenen Stimmungen unterschiedlich manifestieren kann, bei erregter Aufmerksamkeit und Angst als seitliches Schwanzzittern bis -wedeln (z.B. bei den Säuglingen dieser Arten, wenn sie aus dem Nest genommen werden), beim Drohen und Imponieren als kräftigeres Schwanzschlagen.

Bei der Großen Wühlmaus bilden diese drei Ausdrucksbewegungen eine eng koordinierte Einheit oder auch Funktionskette, die bei erhaltener Sicht- barmachung der ursprünglich zugeordneten und auslösenden „Stimmungen“ einen zusätzlichen Endeffekt, nämlich die Duftmarkierung, herbeiführt. Der Hamster vermochte diese Funktionskette, obwohl er über die gleichen Flankendrüsen verfügt, vielleicht deshalb nicht zu entwickeln, weil ihm das Hinterbeintrommeln fehlt. Jedenfalls wird dies von Eibl-Eibesfeldt in seiner gründlichen Verhaltensanalyse nicht erwähnt, und ich selber habe bei meinem Hamsterpaar auch kein Markierungstrommeln wahrgenommen. Auch den einheimischen Microtus-Arten (M. arvalis, M. agrestis, M. oeco- nomus und Chionomys nivalis) fehlt es, so daß Arvicola (und auch Clethrio- nomys) in dieser Beziehung, d.h. mit dem Hinterbeintrommeln und dem waagerechten Schwanzschlagen, mehr den Langschwanzmäusen (Murinae) ähnelt. Das absolut art- und vermutlich auch gattungsspezifische Markie- rungstrommeln ist aber, wie ich in einer späteren Veröffentlichung noch zu zeigen gedenke, nur eine von den Verhaltensweisen, durch die sich Arvi- cola deutlich von den Angehörigen der Gattung Microtus unterscheidet. Auf Grund dieser schon in der Jugendentwicklung zum Vorschein kommenden Verhaltensunterschiede möchte ich Zimmermann (1955) durchaus zu- stimmen, wenn er Arvicola auf Grund morphologischer und phylogenetischer Gegebenheiten im Gegensatz zu Heptner (1952) den Rang einer selb- ständigen Gattung erhalten wissen will.

Zusammenfassung

Die Große Wühlmaus (Arvicola terrestris L.) besitzt ein bisher unbe- kannt gewesenes und auch bei andern Säugetieren noch nicht beobachtetes artspezifisches Markierungsverhalten, das „Markierungstrommeln“. Dabei wird das von den Flankendrüsen produzierte Duftsekret durch schnelle, dem Putzvorgang entsprechende Hinterbeinbewegungen auf die Fußsohlen übertragen und dann durch alternierende Trommelbewegungen der Hinter- beine dem Boden aufgestempelt, begleitet von schnellem seitlichem Schwanz- schlagen. Diese aus drei verschiedenen, in der Nagergruppe verbreiteten Aus-

F. FRANK, Das Duftmarkieren der Großen Wühlmaus, Arvicola terrestris (L) 175

drucksbewegungen komponierte Verhaltensweise fehlt ebenso wie einige an- dere spezifische Verhaltensweisen den bisher vom Verfasser untersuchten Microtus-Arten, so daß Arvicola auch vom Verhalten her als selbständige Gattung angesehen werden muß. In dieser Richtung weitergeführte Unter- suchungen hätten zu klären, ob das Markierungstrommeln und andere Eigen- arten von Arvicola sich auch bei bisher noch nicht untersuchten Nagern findet, wie überhaupt eine genaue Verhaltensanalyse zweifellos noch wesent- liche Aufschlüsse über die phylogenetische und systematische Gruppierung der Nagetiere erbringen dürfte.

Summary:

Arvicola terrestris shows a specific scent-marking behaviour: the „mar- king drumming“. The secretions of scent glandulars (placed in the body sides before the hind-legs) are carried over to the hind-foots by rapid clea- ring movements of the hind-legs (‚„displacement activity“) and then stamped to the bottom by alternate drumming of the hind-legs, accompanied by horizontal tail waging. This behaviour, composed of three „Ausdrucksbewe- gungen“, occurring in different rodents, is wanting to species of Genus Microtus. Arvicola differs also from Microtus in some other behaviours and must to bee seen as an independant Genus, in view of behaviour aspects as well as of morphological and phylogenetical aspects.

Literatur:

Eibl-Eibesfeldt, I., (1950). Beiträge zur Biologie der Haus- und Ähren- maus nebst einigen Beobachtungen an andern Nagern. Z. f. Tierpsychologie 7, 558—587.

—, (1951). Gefangenschaftsbeobachtungen an der persischen Wüstenmaus (Me- riones hersicus hersicus Blanford): Ein Beitrag zur vergleichenden Etho- logie der Nager. Z. f. Tierpsychologie 8, 400—423.

—, (1953). Zur Ethologie des Hamsters (Cricetus cricetus L.). Z. f. Tier- psychologie 10, 204—254.

Heptner, W., (1952). Systematische Zuordnung der Großen Wühlmäuse (Arvicola Lac., Mammalia, Muridae) und eine überartliche Gruppierung der Wühlmäuse.. Bull. Moskauer Naturf. Ges., Biol. Abt. 57 (russisch, zitiert

nach Zimmermann, s.u.). Herfs, A. (1939). Über die Fortpflanzung und Vermehrung der ‚Großen Wühlmaus‘ (Arvicola terrestris L.). Nachr. Schädlingsbek. 14, 91—193. Müller-Böhme, H., (1935). Beiträge zur Anatomie, Morphologie und Bio- logie der Großen Wühlmaus (Arvicola terrestris L., Arvicola shermann Shaw). Arb. Kais. Biol. Anst. 21, 363—453.

Zimmermann, K. (1955). Die Gattung Arvicola Lac. im System der Microtinae. Säugetierkdl. Mitt. 3, 110—112.

176 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Das Fortpflanzungspotential der Feldmaus, Mierotus arvalis (Pallas) eine Spitzenleistung unter den Säugetieren

(Aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Institut für Gründlandfragen, Oldenburg i. O.)

Von Fritz Frank.

Während die Biologie der einheimischen Vogelarten seit langem durch Fachleute und Liebhaber gründlich erforscht worden ist, wurde die Biologie der einheimischen Säugetiere erst in jüngerer Zeit Gegenstand wirklich umfassender und systematischer Untersuchungen. Wenn dabei die Klein- säugetiere mehr als die großen Arten bevorzugt werden, so hat das durch- aus seine Berechtigung. Einmal lassen sich Kleintiere leichter in Gefangen- schaft halten und züchten und somit auch besser in den subtilsten Lebens- äußerungen beobachten als größere Tiere, zumal sie sich durch den Be- obachter auch nicht so sehr beeinflussen lassen wie diese. Zweitens ent- sprechen die Kleinsäuger besser der obwaltenden Tendenz der heutigen Biologie, von der beschreibenden und, ordnenden Forschung (Idiographie und Systematik) zur Ergründung der großen und allgemeingültigen Gesetz- mäßigkeiten (Nomothetik) überzugehen. Repräsentieren sie doch wegen ihrer schnellen Generationsfolge und ihrer kurzen Lebensdauer geradezu ideale Objekte zur Untersuchung grundlegender biologischer Vorgänge. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß sich gerade die seit einiger Zeit in allen Ländern aufblühende Populationsforschung der Kleinsäuger besonders angenommen hat, gefördert noch durch den Umstand, daß manchen von ihnen eine große wirtschaftliche Bedeutung zukommt.

Besonders gründlich ist in den letzten Jahren unsere einheimische Feldmaus bearbeitet worden, mit dem Erfolg, daß sie im Augenblick wohl eines der populationsbiologisch besterforschten freilebenden Säugetiere über- haupt darstellt. Neben wichtigen Aufschlüssen, welche Populations- und Pflanzenschutzforschung durch diese Untersuchungen erhalten haben und noch weiter erhalten werden (s.a. Frank 1954a, 1956b, 1957), ergaben sich dabei aber auch in anderer Beziehung sehr überraschende, um nicht zu sagen sensationelle Befunde. Entpuppte sich diese kleine unscheinbare Wühlmausart, die überall häufig vorkommt und zuvor wahrscheinlich gerade deswegen von den Biologen keiner besonderen Beachtung für Wert gehalten wurde, nicht nur als ein besonders ideales Objekt für die Popu- lationsforschung, sondern auch als ein Säugetier, das alle bisher aus dieser höchsten Tierklasse bekanntgewordenen Fortpflanzungsleistungen weit in den Schatten stellt. Im folgenden sollen die bisher schon veröffentlichten

F. FRANK, Das Fortpflanzungspotential der Feldmaus, Microtus arvalis (Pallas) 177

und die inzwischen neu hinzugekommenen Befunde eine kurze zusammen- fassende Darstellung erfahren, die sich auf die vom Verfasser in einer großen Laboratoriumszucht (Frank 1956a) an bis heute weit über 14000 erfaßten Individuen und in individuell markierten Freiland-Populationen (noch unveröffentlicht) an bis heute 1150 Individuen gewonnenen Er- gebnisse stützt.

1. Geschlechtsreife.

Junge Feldmäuse werden bis zum Alter von 17 Tagen, seltener bis zu 20 Tagen gesäugt. Während der Eintritt der Geschlechtsreife bei den Männchen noch nicht so genau fixiert werden konnte, wurde bei den Weib- chen eine ausgesprochene Säuglings-Geschlechtsreife ermittelt: Bei nur 5g schweren 10—12tägigen Weibchen war bereits der Uterus „ak- tiviert“, d.h. aufgeweitet und von einem makroskopisch sichtbaren Gefäß- system durchblutet. Die als äußeres Zeichen eingetretener Geschlechtsreife geltende Perforation der Vagina wurde im Labor und im Freiland vom 11. Lebenstage an beobachtet. Vom 13. Tage an wurden Zuchtweibchen, die in diesem Alter 7—9 g wiegen, von alten Männchen begattet, deren Gewicht z. T. über 40 g betrug. Im Freiland wiesen Jungweibchen von 10 g bereits 1—2 mm große Embryonen auf, solche von 12g 3—4 mm große. Dement- sprechend erfolgte der frühzeitigste Erstwurf von Jungweibchen im Freiland am 33. Lebenstage, in Gefangenschaft mehrfach am 34. Lebenstage bei einer mittleren Tragzeit von 20 Tagen. Während so frühzeitige Würfe bei Zuchtweibchen Ausnahmen darstellen, konnten wir in markierten Wild- populationen feststellen, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der Jung- weibchen den ersten Wurf wirklich bis zum Alter von 40 Tagen setzt.

Diese ausgesprochene Säuglingsgeschlechtsreife ist bei Säugetieren etwas durchaus Ungewöhnliches, aber nicht absolut Neues; denn Müller (1954) konnte sie auch beim Hermelin feststellen. Da dessen Jugendentwicklung aber wesentlich länger dauert, bildet die Geschlechtsreife von 11—13- tägigen Feldmäusen dennoch ein Absolutum unter den Säugetieren. Sie ba- siert zweifellos auf einem außerordentlich schnellen Jugendwachstum, das 40tägige Jungtiere bereits ein Körpergewicht von über 30 g, also mehr als den Durchschnitt von Alttieren, erreichen lassen kann (eine eingehende Dar- stellung des Körperwachstums der Feldmaus und der daraus zu ziehenden Folgerungen findet sich bei Frank und Zimmermann, 1957). Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, daß auch andere Microtinen unter opti- malen Umweltverhältnissen ausgesprochene Frühreife zeigen. Verfasser konnte z. B. bei der einheimischen Nordischen Wühlmaus (Microtus oeco- nomus stimmingi) Erstwürfe mit 40 Tagen feststellen bei einer Tragzeit von 20—21 Tagen (Frank und Zimmermann, 1956).

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178 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

2. Reproduktionsleistung.

Auch die Reproduktionsleistung der weiblichen Feldmaus stellt alles weit in den Schatten, was bisher bei Säugetieren ermittelt wurde. Während Herfs (1939) für die Große Wühlmaus (Arvicola terrestris) ein Höchst- wurfgewicht von 28,5% des Muttertier-Gewichtes angibt und Wunder (1937) das von Zwerghunden erreichte Wurfgewicht von 30% des Mutter- tier-Gewichtes als Höchstleistung bei Haustieren bezeichnet, betrug der in unserer Feldmauszucht erzielte Höchstwert nicht weniger als 53,2%. Hier warf ein postpartum 29,7 g schweres, 89 Tage altes Weibchen einen 9er- Wurf von 15,8 g (2. Wurf nach einem Ser-Wurf), ein anderes postpartum 31,9g schweres Weibchen einen 8er-Wurf von 15,5g. Wurfgewichte von zwei Fünfteln des Muttertier-Gewichtes waren unter mehreren Tausend Würfen durchaus nicht selten, solche von einem Drittel sogar ziemlich häufig. Bei Wurfstärken von 7 Jungen betrug das Höchstwurfgewicht 15,4, bei 8 Jungen 17,6 g, bei 9 Jungen 18,0 g, bei 10 Jungen 19,0 g und bei 11 Jungen gar 20,9g. Die im Freiland ermittelte Höchstwurfstärke ist bisher 12 Junge; Reichstein (1956) fing unlängst ein Weibchen mit 13 Embryonen. Das Mittel liegt in der Laboratoriumszucht bei 4,36 (ge- drückt durch die schwächeren Winterwürfe), im Freiland unter günstigen Umweltbedingungen aber bei 7 Jungen pro Wurf.

Eine volle Würdigung können diese Spitzenleistungen aber erst finden, wenn man berücksichtigt, daß sie bei einer Tragzeit von nur 20 Tagen. (Mittel aus 804 Würfen) erzielt wurden und daß der intrauterine Aufbau der Föten infolge der vorliegenden postpartum-Empfängnis gleichzeitig mit der Aufzucht des vorhergehenden Wurfes erfolgen muß. Diese erfordert aber allein schon die Produktion einer Milchmenge, deren Gewicht im Tagesdurchschnitt bis zu einem Viertel des Muttertier-Gewichtes erreichen dürfte, errechnet aus der Gewichtszunahme der Säuglinge (s.a. Frank, 1956 a).

Hinzu kommt weiter, daß diese ungewöhnliche Reproduktionsleistung nicht etwa, wie die anderer Säugetiere einmal im Jahre oder mehrmals mit eingelegten Erholungspausen vollbracht wird, sondern in ununterbroche- ner vielfacher Wiederholung. Sowohl in Zucht- wie in Wildpopulationen werden die Weibchen unmittelbar nach dem Setzen des Wurfes wieder ge- deckt, so daß die Würfe mit ungefähr 20tägigem Abstand aufeinander fol- gen. Die Höchstzahl der von einem Weibchen produzierten Würfe betrug in unserer Zucht nicht weniger als 33; das ist mehr als das Doppelte von dem, was Rörig und Knoche (1916) seinerzeit erzielten (16 Würfe). Die Wurf- stärken (in Klammern dazwischen die Wurfabstände in Tagen) waren:

4 - (20) - 3 - (20) - 2 - (20) - 4- (20) - 5-(20)-5- (21) -4- (20)-4- (20) - 5- (20) - 5- (20) - 8- (20) - 4- (20)- 8- (20)- 8- (2) - 7- (20)-5-(21) -5-(19)- 4- (20) -

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2- (20)-4-(22)- 3- (22)-3-(21)-5 - (21)-2-(20)-1-(20)-1-(20)-3 - (44) - 2-(20)- 4- (21)-2-(49)- 2- (40)- 2- (22)-1 = 127,m —= 3,85 Junge. Alter beim ersten Wurf 71 Tage. Wahrscheinlich wäre die Wurfzahl noch höher ausgefallen, wenn nicht nach Tod der zugehörigen Männchen zweimal eine Neuverpaarung nötig gewesen wäre, die größere Wurfabstände zur Folge hatte.

Wenn solche Spitzenleistungen im Freiland wegen der jahreszeitlich be- grenzten Fortpflanzungszeit auch niemals erreicht werden können, so zeigen sie doch sehr eindrucksvoll das an sich vorhandene Reproduktionspotential des Feldmausweibchens auf. Im übrigen umfaßt die Fortpflanzungszeit auch im Freiland einen weit längeren Zeitraum als bei den meisten andern Säuge- tieren. Sie dauert je nach den Witterungsverhältnissen des betreffenden Jah- res von Februar/März bis Oktober/November und kann unter günstigen Um- weltbedingungen (z.B. in Getreidediemen)) sogar den Winter hindurch an- halten (Stein, 1953, Frank, 1954a).

Fragen wir uns, auf welchen Voraussetzungen diese von keinem andern Säugetier bisher bekannt gewordenen Spitzenleistungen beruhen, so werden wir nicht fehlgehen, wenn wir sie mit dem Aktivitätstypus der Feldmaus in Verbindung bringen. Zweifellos ermöglicht der kurzfristige, je nach Jahres- zeit Tag und Nacht umfassende Wechsel von Aktivitäts- und Ruhephasen (Frank, 19544, 1956a; Ostermann, 1956) eine besonders gleich- mäßige und quantitativ hohe Nahrungsaufnahme, einen rationellen Energie- haushalt und eine besonders schnelle Ergänzung verbrauchter Energie. Diese kurzfristige Aktivitätsrhythmik ist aber nur möglich, weil die Nahrungsauf- nahme bei diesem Pflanzenfresser in unmittelbarer Nähe des Baues stattfin- den kann. Da der Aktionsradius der weiblichen Feldmaus tatsächlich nur nach Metern bemessen ist (Durchmesser eines Weibchenreviers im Sommer 10—20 m), erfordert die Nahrungssuche gleichzeitig einen nur minimalen Energieaufwand. Die in beliebiger Menge verfügbare Nahrungssubstanz kann also während der Fortpflanzungszeit zum überwiegenden Teil in schnelles Körperwachstum und hohe Reproduktionsleistung umgesetzt werden. Diese scheint den Organismus aber dennoch erheblich zu belasten; denn diejenigen Weibchen, die bereits in Fortpflanzung gestanden haben, pflegen den Winter im allgemeinen nicht zu überleben, sondern wie die in individuell mar- kierten Wildpopulationen erhaltenen Ergebnisse zeigen mit wenigen Aus- nahmen schon zu Beginn der kalten Jahreszeit zugrundezugehen, während die im Herbst geborenen und erst im folgenden Frühjahr zur Geschlechts- reife kommenden Jungweibchen den Winter überleben. Es scheint also, als ob das außergewöhnlich hohe Fortpflanzungspotential der Feldmaus mit einer

sehr geringen Lebensdauer bezahlt wird. 12°

180 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zusammenfassung.

Das Fortpflanzungspotential der Feldmaus stellt eine Spitzenleistung un- ter allen bisher untersuchten Säugetieren dar. Die Geschlechtsreife der Weib- chen kann bereits (vom 11. Tage an) im Säuglingsalter eintreten, Erstwürfe von Jungweibchen wurden vom 33. Lebenstage an ermittelt bei einer durch- schnittlichen Tragzeit von 20 Tagen. Das Wurfgewicht kann bis zu 53,2% des Muttertier-Gewichtes betragen, obwohl während der Tragzeit gleichzeitig der vorhergegangene Wurf gesäugt wird, was eine tägliche Milchproduktion von bis zu einem Viertel des Muttertier-Gewichtes erfordert. Die Höchst- wurfstärke ist 12 (13°), die mittlere unter günstigen Umweltbedingungen 7 Junge. Infolge vorherrschender postpartum-Empfängnis folgen die Würfe meist mit 20tägigem Abstand aufeinander. Die höchste von einem Zuchtweib- chen erzielte Wurfzahl war bisher 33 mit 127 Jungen. Das außergewöhnliche Fortpflanzungspotential der Feldmaus muß sicherlich im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Aktivitätsrhythmus gesehen werden, der einen hohen Stoff- wechselüberschuß zugunsten schnellen Körperwachstums und hoher Repro- duktionsleistung ergibt.

Summary:

The reproductive potential of Microtus arvalis, investigated in labora- tory stocks as well as in wild populations, represents a peak efficiency among mammals. The author found a suckling maturity from the 11th day in the females which mate from the 13th day and drop their first litter from the 33th day (pregnancy lasts 20 days on an averge). Litter weight amounts to 53,2% of the mothers weight (both measured immediately after birth), though the female must suckle her former litter during pregnancy. Peak litter size was 12 (13°), on an average 7 young under optimal environ- mental conditions. A captive female have dropped 33 litters with 127 young. The extremely high reproductive potential of Microtus arvalis seems to be based on the shorttime activity rhythm yielding a high surplus of meta- bolism for rapid growth and high reproduction.

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182 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Morphologische Untersuchungen am Gehirn der Chiroptera

(Aus dem Dr. Senckenbergischen Anatomischen Institut der Universität Frankfurt am Main, Direktor: Prof. Dr. med. D. Starck)

Von Rolf Schneider.

Vorläufige Mitteilung.

Für vergleichende morphologische Untersuchungen des Säugergehirns ist eine genaue Kenntnis der Primitivformen, zu denen neben den Insectivora die Chiroptera zählen, besonders wichtig. Interessant erscheint es, die Fle- dermäuse als Ausgangspunkte einer solchen Untersuchung zu wählen, da sie höchst wahrscheinlich monophyletischer Herkunft sind und alle innerhalb eines engeren ursprünglich primitiven Bauplanes stehen. Darüber hinaus stel- len die Chiroptera, die durch Aufsplitterung in eine große Zahl von Unter- stämmen zu einer der artenreichsten Gruppe der Säuger geworden sind, un- ter den Eutheria durch den Erwerb des Flugvermögens einen einmaligen Son- derfall dar. Von den zahlreichen Befunden der Untersuchung von 15 Arten der Microchiroptera, von denen 10 Spezies im Hinblick auf die Morphologie des Gehirns zum ersten Male bearbeitet wurden, sollen drei hier heraus- gestellt werden.

Im allgemeinen wird ein unbedecktes freiliegendes Tectum, das in erster Linie mit der geringen Entfaltung des occipitalen Pallium in Zusammenhang gebracht wird, als ein Primitivzeichen angesehen. Bei den Chiroptera sind dagegen außerordentlich große Unterschiede im Bedeckungsgrad des Tectum zu beobachten, das nicht nur von rostral durch das Pallium, sondern auch von caudal her vom Cerebellum überlagert werden kann. Das mediansagittal geschnittene Gehirn zeigt ein ausgesprochen schräg gestelltes Tectum, dessen oraler Abschnitt wesentlich tiefer liegt als der weit nach parietal vorragende Coll. caudalis, der gleichsam zwischen Pallium und Kleinhirn vorquillt. Die Hypertrophie des hinteren Hügelpaares hängt mit der starken Entfaltung des gesamten akustischen Systems zusammen, die als Folge der Anpassung des Gehirns an die Ultraschallorientierung gedeutet wird.

Alle drei von Hofer beschriebenen Schädelknickungstypen wurden bei erwachsenen Fledermäusen gefunden. Die meisten der untersuchten Arten ge- hörten zum klinorhynchen Knickungstyp. Der zwischen Schädelbasisgeraden und Gaumengeraden gebildete Winkel ergab Werte zwischen 32° (Rhino- lophus hipp.) und (Desmodus rot.). Chiloyncteris rub. und Glossophaga soricina haben einen orthokranen Schädel, während bei Pieronotus suap. die

R. SCHNEIDER, Morphologische Untersuchungen am Gehirn der Chiroptera 183

seltene Airorhynchie gefunden wurde, die sich wahrscheinlich auch bei den mopsköpfigen Fledermäusen wie Centurio und Mormoops findet.

Die Formverhältnisse des Gehirns werden stark von der Ausdehnung der Nasenhöhle beeinflußt, die zu einer Elevation des vorderen Abschnittes des Pallium führt. Im Gegensatz dazu steht der bei Desmodus rot. und besonders ausgeprägt bei Rhinolophus hipp. erhobene Befunde, bei denen das Vorder- hirn nach basal abgeknickt ist, so daß der Bulbus olf. weit unter der Schä- delbasisgeraden liegt. Dieser Zustand wurde als Klinencephalie bezeichnet.

Ausführliches Literaturverzeichnis bei

R. Schneider: Morphologische Untersuchungen am Gehirn der Chiroptera. Senckenberg Abh.; im Druck.

184 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus, Mierotus arvalis (Pallas) (Aus der Biologischen Zentralanstalt Berlin, Abteilung Angewandte Zoologie)

Von H. Reichstein (Berlin-Kleinmachnow)

Periodische Änderungen der Bestandsdichte bei Kleinsäugern, insbeson- dere bei Nagetieren, sind eine hinreichend bekannte Erscheinung (Hilt- ner, 1916; Hamilton, 1937b; Elton, 1942; Kalela, 1949; Claus, 1950; Stein, 1952 und 1955; Wagner, 1953; Frank, 1954; Zim- mermann, 1955). Um so mehr nimmt es Wunder, daß erst in jüngster Vergangenheit durch Frank, Stein (beide 1953) und Becker (1954) auf Vorgänge hingewiesen wurde, die mit dem Massenwechsel der Feldmaus in engem Zusammenhange stehen:

1. auf die Schwankungen im Zahlenverhältnis der Geschlechter, 2. auf die Abhängigkeit dieser Schwankungen von Änderungen der Siedlungs- dichte.

Stein hat als erster das Problem der Verschiebung des Geschlechtsverhält- nisses einer eingehenden Analyse unterzogen und kommt zu folgendem Schluß: „Augenscheinlich verläuft die Dynamik so, daß bei niedrigster Dichte also nach einem Zusammenbruche im allgemeinen die Abstände im Zah- lenverhältnis der Geschlechter geringer sind... und erst auf dem Höhepunkte der Übervermehrung finden sich gleichmäßig so hohe Werte wie 198 und 228.“ (Gemeint sind die Weibchen bezogen auf 100 Männchen.)

Während Stein den Vorgang der Bestandsdichteveränderung an zwei zeitlich getrennten Punkten fixierte auf dem Gipfel einer Massenver- mehrung und nach dem Zusammenbruch im Frühjahr und so die Schwan- kungen im Zahlenverhältnis der Geschlechter nachweisen konnte, sind fol- gende Ausführungen das Ergebnis von Untersuchungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckten.

Material und Methode seien kurz charakterisiert. Die Versuche wurden in Brandenburg und Mecklenburg durchgeführt. Sie erstreckten sich über einen Zeitraum von zwei Jahren. Das Gesamtmaterial umfaßt mehr als 1900 Feldmäuse, die in über 12000 gestellten Fallen (Lebend- und Schlag- fallen) gefangen wurden.

Das Fanggebiet in Brandenburg war ein nicht mehr benutzter und daher völlig vergraster, 250m langer und dm breiter Feldweg, der zu beiden Seiten in seiner ganzen Länge stets von gleichen Kulturen begrenzt wurde: 1954 und 1956 von Roggen, 1955 von Serradella.

H. REICHSTEIN, Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus 185

Die geschlossene Pflanzendecke eine ausgesprochene Trockenassoziation bestand im wesentlichen aus rotem Straußgras (Agrostis tenuis), Silber- gras (Corynephorus canescens), Ruchgras (Anthozanthum odoratum), weißem Straußgras (A. stolonifera) und gemeiner Quecke (Agropyrum repens). Als Charakterpflanzen dieses Standortes traten auf: die Sandstrohblume (Heli- chrysum arenarium), silbergraues Fingerkraut (Potentillaargentea), der kleine Sauerampfer (Rumez acetosella), Grasnelke (Armeria vulgaris), Schafskabiose (Jasione montana) und das Johanniskraut (Hypericum perforatum).

In Brandenburg wurde mit Lebendfallen gearbeitet, da diese Unter- suchungen auch Fragen des Territorialverhaltens (home range, domaine vital) gewidmet waren. In der Zeit von Juli 1954 bis August 1956 konnten hier 559 Feldmäuse (238 ZZ, 321 22 ) gefangen, markiert, freigelassen und zum Teil wiedergefangen werden. (Die im selben Zeitraum erbeuteten 350 Wald- mäuse, Apodemus sylvaticus, bleiben hier unberücksichtigt.) Jeder Feldmaus- bau wurde entsprechend seiner Lochzahl mit einer bis mehreren Fallen be- stellt. Als Köder dienten Walnüsse und Brot. Die Kontrollen erfolgten mor- gens und abends. An sehr heißen Tagen wurden die Fallen tagsüber geschlos- sen, um Verluste durch Hitzetod zu vermeiden.

Die Untersuchungen in Mecklenburg dienten anderen Fragestellungen (Feldmausvernichtung innerhalb eines bestimmten Areals und Wiederbesied- lung desselben), unterschieden sich daher in Anlage und Durchführung wesent- lich von denen in Brandenburg. In der Zeit von November 1954 bis Oktober 1956 konnten hier auf einer Fläche von etwa lqkm über 1400 Feldmäuse (660 J’d' , 748 29) mit Schlagfallen erbeutet werden. Die Fallen kamen auf Klee-, Luzerne- und Serradellakulturen, auf Stoppeläckern und auch in Hackfruchtkulturen zur Aufstellung, und zwar stets vor Schlupflöcher und auf Wechsel. Sie blieben nachts auf dem Felde, wurden am Morgen kon- trolliert und anschließend auf einem anderen Feldschlage aufgestellt.

° Die Untersuchungen in Brandenburg und Mecklenburg führten zu über- einstimmenden Ergebnissen, die es rechtfertigen, an eine allgemeinere Gül- tigkeit derselben zu denken.

Ergebnisse.

Brandenburg. Wird das Gesamtmaterial nach Zeiteinheiten und Ge- schlecht aufgeteilt, ergibt sich folgendes Bild (Tabelle 1): Maß für die Sexual- proportion ist der Weibchenanteil, angegeben in % der Männchen. 200 heißt: auf 100 Männchen kommen 200 Weibchen; 50: auf 100 Männchen kommen 50 Weibchen. 100 bedeutet ausgeglicheues Geschlechtsverhältnis. Werden die für die einzelnen Zeitpunkte ermittelten Werte der Sexualproportion gra- phisch dargestellt, erhält man nachstehende Kurve (Abb. 1). Auffallend ist der ständige Wechsel von Gipfel- und Tiefpunkten, wobei also ein Maximum hohen Weibchenanteil, ein Minimum aber ausgeglichenes Geschlechtsverhält-

186 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

nis bzw. leichten Männchenüberschuß bedeuten. Die Gipfel der Kurve, d.h. der Weibchenüberschuß, liegen stets im Spätsommer bis Herbst, also am Ende

Tabelle 1: Brandenburger Feldmausmaterial (n = 559, Jd' 238, 2 9 321), aufgeteilt nach Monaten und Geschlecht.

be 1954 | 1955 | 1956 Meist Vi IXE I DU I III V VII ET RE I III Vsvar VII ERDLN II IV VI |IVII X XI Ta VI |VDI Kol 19 15 1090| 7 11 19 34 46 12 20 14 21 2OQ 19 24 BI 16 15 24 64 56 13 8 22 35 ) = d Antei 100 | 160 | 250 | | 230 | 136 | 126 | 220 | 122 | 108 40 ı 157 | 167 ın O/, der dd Dichte (qm/lar- | 161 | 168 | 143 | 221 | 198 | 214 48 51 | 100 | 180 | 151 | 100 valis)

einer Fortpflanzungsperiode, die Tiefpunkte, d. h. + ausgeglichenes Geschlechts- verhältnis, stets im Frühjahr bis Frühsommer, zu einer Zeit des Fortpflan- zungsbeginns.

E 2

oO oO

222 =

E 5

A or

2 18

=

+

+

w 2, X 2% „N..M, m x, X. Te

Sexvalproportion _._._. _ Siedlungsdichte

Abb. 1. Schwankungen der Sexualproportion und der Siedlungsdichte bei 559 Feld- mäusen (238 Jg, 321 22) in Brandenburg.

H. REICHSTEIN, Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus 187

Mecklenburg. Ähnliche Ergebnisse liefert das mecklenburger Mate- rial. Stellt man die Werte für das Sexualverhältnis (Tab.2) in einer Kurve dar (Abb. 2), ergibt sich im Prinzip ein gleicher Verlauf mit fallender Ten- denz Rückgang des Weibchenüberschusses zwischen Herbst und Früh- jahr und steigender Tendenz relative Weibchenzunahme zwischen Früh- jahr und Herbst. Also auch hier ein jahreszeitliches Schwanken der Sexual- proportion!

Tabelle 2: Mecklenburger Feldmausmaterial (n = 1408, Jg 660, 2 9 748) aufgeteilt nach Monaten und Geschlecht,

Jahr 1954 | 1955 1956 an u vie I || | | vv | og Bay ve Vin x | ı Kıv eve vor x dd si e2| slılnlalsıl | ıı|l A| 87 |ı% 99 iu 29 ea Drla. an dor \koan:], 224 \5;14: | 524. \i834l'132 99 Anteil in on der 1185| 75| ss | |ıoo | zıs | s6 | 83 | 127 | 100 | 124 | 106 dd Dichte

Breker 27 1a |, 10.10. 35 | 20.0025 | 812. 30 |. 44 Fallen) ne

Das Auf und Ab des Geschlechtsverhältnisses von Stein als charak- teristische Begleiterscheinung für Massenvermehrung und Zusammenbruch herausgestellt zeichnet sich hier als ein sich in jedem Jahr wiederholen- der Vorgang ab. Die jahreszeitlichen Änderungen im Zahlenverhältnis der Geschlechter bei der Feldmaus dürften damit wohl bei aller notwendigen Zurückhaltung als real angesehen werden.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß es an kritischen Stim- men nicht gefehlt hat, die der Ermittlung des Geschlechtsverhältnisses frei- lebender Kleinsäuger mit Hilfe der hier genannten Methode (Fallenfang) kein besonderes Vertrauen schenken, da nach ihnen der Fangselektion eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Diese Fangselektion bewirkt, daß die durch Jungenaufzucht stärker an die unterirdische Lebensweise ge- bundenen Weibchen nicht so häufig in den Fallen auftreten, als die ohnehin aktiveren Männchen, so daß die auf diese Weise gefundenen Werte der Sexual-

188 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

proportion den wirklichen Verhältnissen nicht entsprechen: im Verhältnis zu den Weibchen werden zuviel Männchen gefangen.

N nm oO

©

29 -Ankeil auf 100. oO % besetzter Fallen

X X I u. m mx. m 007 Sexualproportion —— - Siedlungsdichte

Abb. 2. Schwankungen der Sexualproportion und der Siedlungsdichte bei 1408 Feld- mäusen (660 J'5, 748 22) in Mecklenburg.

Stellt man dieses Zuviel an Männchen in Rechnung, dürften noch stär- kere Unterschiede im Zahlenverhältnis der Geschlechter zu erwarten sein. Der aus der Fangselektion resultierende Fehler wird daher die hier aufge- zeigten Befunde Tendenz der Schwankungen im Geschlechtsverhältnis wesentlich nicht beeinflussen können, auf keinen Fall in Richtung Nivellierung, hat doch auch Becker (1954) an Hand eines umfangreichen Gewöllmate- rials „einen leichten Anstieg des Weibchenanteils von Oktober bis Dezember 1952 und einen ebenso leichten Abfall bis März 1953° nachweisen können.

Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, daß zahlenmäßig geringes Material, z.B. im Frühjahr, in jedem Falle einer kritischen Stel- lungnahme bedarf, da unter solchen Umständen die Fangselektion störend in Erscheinung treten kann, ganz abgesehen auch vom zufallsmäßigen Erfassen zu vieler Weibchen.

Ist nun die Verschiebung der Sexualproportion ein dichteabhängiger Vorgang (Stein, 1953), müßten sich neben den jahreszeitlichen Änderun- gen des Geschlechtsverhältnisses annähernd gleichlaufende Änderungen der Siedlungsdichte nachweisen lassen. Und das ist in der Tat der Fall!

Dichtebestimmungen an Kleinsäugern stellen noch heute ein nahezu un- gelöstes Problem dar. Eine bereits in der Literatur vorgeschlagene Methode ist das Fangen mit Schlagfallen (Pelikan, 1955; Reichstein u. Stein, 1956), wobei der Prozentsatz der von Feldmäusen besetzten Fallen als Maß für die jeweilige Dichte anzusehen ist. Sind 40% der Fallen und mehr be- setzt, kann von einer hohen bis sehr hohen Dichte gesprochen werden, bei 10% und weniger liegt eine geringe bis sehr geringe Siedlungsdichte vor.

H. REICHSTEIN, Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus 189

Diese Methode der Bestandsdichteermittlung wurde in Mecklenburg an- gewandt. In Brandenburg mußte ein anderer Weg beschritten werden. Als Maß der Dichte gilt hier die Anzahl der Quadratmeter pro Feldmaus. Man erhält die Dichtezahl (qm/larvalis), indem man die Quadratmeterzahl des Versuchsstückes in unserem Fall des Feldweges durch die Anzahl der in jedem Monat gefangenen Feldmäuse teilt. 170 heißt also: auf 170 qm kommt eine Feldmaus, 80: auf 80 qm kommt eine Feldmaus usw. Je kleiner die Zahl, um so größer also die Dichte.

Trägt man nun die Dichtewerte für Brandenburg und Mecklenburg in die bereits vorliegende Darstellung der Sexualproportion ein, ergeben sich fol- gende Kurven:

Brandenburg (Abb.1): Anstieg der Populationsdichte von Sommer bis Spätherbst 1954, dann Abfall bis März/April 1955, wieder Anstieg mit Maxi- mum im September/Oktober und erneutes Zurückgehen mit Tiefstand im Frühjahr 1956. Dann nimmt die Siedlungsdichte wieder zu.

Mecklenburg (Abb.2): Diese Darstellung überzeugt durch den fast parallelen Verlauf. Die Bestandsdichte kulminiert in beiden Jahren in den Monaten September/Oktober, dann hat die Kurve fallende Tendenz, um im Frühjahr erneut anzusteigen und auf den Beginn einer Fortpflanzungswelle hinzuweisen. Die Abnahme der Populationsdichte erfolgt (wie in Brandenburg) allmählich, beginnt etwa im letzten Jahresdrittel und erstreckt sich bis zur Fortpflanzungsperiode im folgenden Jahr. Das plötzliche und sprunghafte Abfallen der Bestandsdichte, wie es von Frank für Nordwestdeutschland beschrieben und von uns auch im Winter 1955/56 in Gebieten nördlich des Harzes beobachtet wurde, ist wohl nur als eine besondere Form der Bestands- verminderung anzusehen, die dann wirksam wird, wenn es sich um sehr hohe Feldmausdichten handelt.

Diskussion.

Zunahme der Siedlungsdichte. Über die Ursache des Anwachsens von Kleinsäugerpopulationen während des Sommerhalbjahres dürften Mei- nungsverschiedenheiten kaum bestehen, ist doch der Zusammenhang zwischen Dichteanstieg und Beginn einer Fortpflanzungsperiode offensichtlich.

Bestandsverminderung., Verschiedene Erklärungen hat dagegen das Absinken der Bestandsdichte gefunden. Amerikanische Autoren, unter ihnen Blair (1948), glauben die Verringerung der Siedlungsdichte im Win- terhalbjahr lediglich als eine Folge der Einstellung jeglicher Fortpflanzung ansehen zu können. Ihren Angaben zufolge ist die Sterblichkeit während der Wintermonate nicht größer als zu jeder anderen Jahreszeit (!).

Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. Soweit unsere Untersuchungen bereits ein Urteil zulassen, steht außer Zweifel, daß die nasse, kalte und vor

190 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

allem nahrungsarme Jahreszeit „Winter bis Frühjahr“ eine belastende Periode darstellt, die wohl von allen vorjährigen, d.h. über 12 Monate alten Tieren und vielen jüngeren, im Frühjahr und Sommer geborenen Feldmäusen eben nicht überstanden wird. Eine geringe Siedlungsdichte im Frühjahr ist die Folge.

Weibchenüberschuß. Der besonders in Übervermehrungsperioden aufgefallene Weibchenüberschuß hat durch Frank und Stein folgende Deutung erfahren: gegenseitiges Vernichten der Männchen (überwiegend der schwächeren durch die stärkeren) bei hohen Siedlungsdichten im Kampf um die Fortpflanzung mit dem Geschlechtspartner. Es scheint mir erwähnens- wert und dafür sprechen Befunde aus Brandenburg, daß auch inner- halb zahlenmäßig schwächerer Populationen während der Fortpflanzungs- periode ein merkliches Weibchenplus auftritt, das sicher ebenfalls durch eine über die Fortpflanzungskämpfe führende Männchendezimierung hervorgerufen wird. Daß dieser Vorgang auch bei durchweg geringerer Siedlungsdichte von- statten geht, ist wohl nicht zuletzt dem großen Aktionsradius der Männchen zuzuschreiben, der es ihnen erlaubt, stets miteinander Kontakt zu bekommen. Dazu beitragen dürften auch die Weibchenbaue, die während der Fortpflan- zungszeit in gewisser Hinsicht Konzentrationspunkte für Männchen darstellen.

Freigehegeversuche und Beobachtungen bei Markierungsexperimenten in Brandenburg lassen noch folgende ergänzende Deutung der Männchenelimination auch innerhalb zahlenmäßig schwächerer Populationen zu. Jedes sich in Fort- pflanzungsbereitschaft befindliche Männchen ist bemüht, unter allen Umstän- den zu einem Weibchen zu gelangen. Der Versuch, zur Fortpflanzung zu kommen, wird auch dann nicht eingestellt, wenn wiederholtes Vertreiben durch das stärkere Männchen stattgefunden hat. So werden Weggebissenwer- den und erneuter Versuch heranzukommen, solange miteinander abwechseln, bis dem schwächeren Tier der Garaus gemacht ist.

Ausgleich des Geschlechtsverhältnisses. Haben im Herbst die Feldmauspopulationen die größtmögliche Dichte erreicht, beginnt mit ihrem Abfall auch der Ausgleich des Geschlechtsverhältnisses. Dieser Vor- gang hat bisher nur eine Erklärung gefunden (Frank, 1953). Die bereits im Nestlingsalter anfälligeren Weibchen werden auch durch die belastenden Winterperioden stärker in Mitleidenschaft gezogen; dadurch kommt Anglei- chung im Zahlenverhältnis der Geschlechter zustande. Eine Stütze findet diese Ansicht durch Freilandbeobachtungen in Brandenburg: von 18 im De- zember 1955 gefangenen Männchen konnten im März/April 1956 39%, wie- dergefangen werden, von 22 Weibchen dagegen nur 9%.

Ob die aus allen Befunden abgeleiteten Vorstellungen zu Recht bestehen, müssen weitere Untersuchungen erweisen.

H. REICHSTEIN, Zur Dynamik der Sexualproportion bei der Feldmaus 191

Zusammenfassung.

. Das Geschlechtsverhältnis bei der Feldmaus ist nicht konstant.

2. Die Sexualproportion ist jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen, wo- bei zu Beginn einer Fortpflanzungsperiode + Ausgleich des Geschlechts- verhältnisses vorliegt, am Ende derselben aber ein deutlicher Weibchen- überschuß.

3. Den Änderungen im Zahlenverhältnis der Geschlechter laufen jahreszeit- liche Schwankungen der Siedlungsdichte parallel.

4. Der Weibchenüberschuß kann durch Fortpflanzungskämpfe der Männchen

erklärt werden.

jeunh

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192 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Maße und Gewichte von Flachland-Gorillas Von B. Grzimek (Fraukfurt/Main) (Hierzu 3 Abbildungen; Abb. 2 und: 3 auf Tafel X)

Herr Luis de Lassaletta, ein spanischer Jurist, der heute in Span.- Guinea lebt und dort nebenbei Tiere für Zoologische Gärten und Tierhändler fängt, hat sich in den vergangenen Monaten mehrere Wochen im Frankfur- ter Zoologischen Garten aufgehalten. Er erzählte, daß in Spanisch-Guinea häufig ganze Gorilla-Familien getötet würden, die die Pflanzungen der Ein- geborenen und Weißen schädigen. Nach seiner Auffassung würde das Ge- wicht der Flachland-Gorillas, zum mindesten, was Spanisch-Guinea und die Nachbargebiete anbetrifft, meistens übertrieben.

Der schwerste Mann, der von ihm selbst nach dem Tode gewogen wor- den ist, habe 188 kg gewogen. Auf meine Bitte hat Herr Lassaletta zusammen mit Herrn Sabater frisch getötete Gorillas genau nachgewogen und Skizzen davon angefertigt. Auf Grund dieser Skizzen hat Professor Dr. Starck, Anatomisches Institut der Universität Frankfurt/M., die hier abgebildete Schema-Zeichnung anfertigen lassen (Abb. 1). In der Tabelle sind die Körpermaße für vier tote Gorillas eingetragen.

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Abb. 1. Schematische Darstellung der bei den einzelnen Tieren ermittelten Körpermaße.

B. GRZIMEK, Maße und Gewichte von Flachland-Gorillas 193

Nr. 1 betrifft einen männlichen Gorilla, ausgewachsen, getötet in der Gegend von N’Sork in Spanisch-Guinea am 29.5.1956. Das Tier war sehr lebenskräftig und bei völliger Gesundheit. Es war der Anführer einer Gruppe von mehreren Weibern und kleineren Männern. Dieses Tier ist auf Abbil- dung 2 wiedergegeben.

Nr. 2 sind die Maße eines weiblichen Gorillas, getötet in der Gegend von N’Sork, Wald von Mokula, am Fuße des Mitula-Gebirges. Dieses Weib- chen gehörte zur Familie des am gleichen Tage (29. 5. 1956) getöteten Man- nes. Es trug in seinen Armen ein kleines, weibliches Baby, seine Tochter, die etwa zwei Monate alt war.

Nr. 3 gibt die Körpermaße eines männlichen, jungen Gorillas wieder, getötet in der Gegend von Mokula, aber nicht am Gebirge Mitula wie die anderen. Das Gesicht des Tieres war voll von „borsuflurs“ (von bossur = beulige Stelle?) und von entfärbten Flecken, „sicherlich herrührend von Pian“ (Frambösie).

ermittelte Werte in cm bei

gemessene Strecken, Nr. 1 Nr. 2 Abkürzungen „adult. en z Soncklk a b c d 1. 94 1. 7%. e r. 24 f r. 29 r. 20 R 0 27 h r. 44 r. 29 1 l. 64 k 1. 22 }r [2 1 r. 69 l. 44 m r. 44 1229 n veu zu 0 au es p 177 142 142 137 7 235 195 203 = Gewict in kg 169 72,5 63 53

Zusammenstellung der ermittelten Körpermaße, die sich zum Teil auf die rechte Körperhälfte (r. vor den Werten), zum Teil auf die linke Körperhälfte (l. vor den Werten) beziehen.

Nr. 4 betrifft einen jungen, männlichen Gorilla mit einer schweren

Wunde am linken Arm, sicher durch eine Drahtschlinge verursacht. Der 13

194 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Arm war deformiert und ‚„rachitisch“ (?), „die Verkalkung verzögert“ das „Körperfett fehlte beinahe völlig“. Das Tier wurde in der Gegend von Mokula zusammen mit dem Mann und dem großen Weibchen getötet. Es gehörte sicherlich zur selben Familie 29. 5. 1956 —.

Nachtrag bei der Korrektur:

Vor einigen Tagen erhielt ich Mitteilung von drei weiteren Gorillas, die in der Gegend von N’Sork am 11.9.1956 (Nr.5) und am 12.9.1956 (Nr.7) geschossen wurden. Sie gehörten zu einer Gruppe von 6 Tieren. Ihre Maße seien hiermit noch angefügt.

ermittelte Werte in cm bei

gemessene Strecken,

Abkürzungen wie in Abb. 1 Nr. > Nr. 6 Nr. 7 ©: 0% Q

a 110 110 b ie E c = d r. 60 = | ar: 1. 21 f l: r. 35 r. 19 8 1. r. 35 r. 28 h 1. r. 4 Tr. 39 i r. 1. 65 zZ x r. 29 r. 2% ] l = 2 m 1. 1.22 - l. _ l. 3 oO pen p 147 129 q 210 188

Gewicht: in kg 132 93,9 97,9

Kleine Mitteilungen 195

Kleine Mitteilungen

Die Alpenfledermaus bisher nicht für Deutschland nachgewiesen

Nachdem O. Ryberg den einzigen Nachweis von Pipistrellus savii (Bo- naparte) für Schlesien durch M. Schlott (Z. f. Sgt. 7, 1932) nachgeprüft und als Fehlbestimmung erkannt hatte, regte er auch für die Leipziger Stücke (R. Gerber, Z. f. Sgt. 14, 1941) eine Nachbestimmung an. Eine solche wurde von mir jetzt vorgenommen und durch K. Zimmermann bestätigt: auch hier lag eine Fehlbestimmung vor, beide Stücke gehören nach Zahnmerkmalen, Schädel- und Körpermaßen sowie nach der Fellfärbung ein- wandfrei zu Pip. nathusü (Keys. u. Blasius), der Rauhhäutigen Fleder- maus. Da bei dem von R. Schlegel (Jahresber. Naturf. Ges. Leipzig 56-59, 1933) für den Böhmerwald erwähnten Stück keine Nachprüfung mehr mög- lich ist, ist die Alpenfledermaus als Mitglied der deutschen Tierwelt zu streichen. Helmut Richter.

Fledermäuse aus Afghanistan

Die kleine Ausbeute, die J. Klapperich von einer entomologischen Sammelreise aus Afghanistan mitbrachte, füllt einige Lücken unserer Kennt- nis von Verbreitung und Morphologie wenig bekannter Formen aus:

1. Rhinopoma hardwickei seianum Thomas. Gesamtverbreitung der Art: Ägypten bis Burma. Aus Persien beschrieb Thomas 2 Unterarten: pusillum, Sib., S.O.-Persien, und seianum, Seistan. Die 8 Tiere aus einer Höhle in S.-Afghanistan (Scham-Schir-Rohr, 950 m, 14.1.1953) stimmen in den Ma- Ben mit seianum überein. Bisher ist aus Materialmangel keine Entscheidung möglich, ob die von Thomas beschriebenen Unterarten wirklich gebiets- weise durch ihre Maße gekennzeichnet sind, oder ob es sich nur um Sippen- unterschiede handelt. Die Fellfärbung ist oberseits hell braungrau (Drab, Ridgway XLVI), unterseits weißgrau, die Flughaut dunkler als die Rük- kenfärbung (Drab XLV]).

2. Rh. microphyllum (Brünnich). Ägypten bis Persien. Mit den 8 Rh. hardwickei wurde in der gleichen Höhle 1" dieser größeren Art er- beutet. Das gleichzeitige Vorkommen der selteneren, größeren Art mit der häufigeren kleineren (Ellermann u. Morrison-Scott, 1951) trifft also auch für Afghanistan zu. Rh. microphyllum ist heller gefärbt als die vorige Art: Haare der Oberseite und Flughaut hell graubraun (Woodbrown, XL), Haare der Unterseite grauweiß.

3. Myothis blythi (Tomes). S.-Europa, N.-Afrika, S.W.-Asien bis N.-In- dien. 19 unter einem Hausdach im Baschgar-Tal, Nuristan (1100m) am

11. 4. 1953. 13*

196 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

4. Pipistrellus p. pipistrellus (Schreber). Europa, N.-Afrika, Z.-Asien bis Japan, Kl.-Asien bis Kaschmir. 909, in einer Moschee im Basch- gar-Tal, Nuristan, 14.—17. 4.1953. Weder in Färbung noch in Körpermaßen (Unterarmlänge bei 52 QQ aus der Umgegend Berlin 30,5—-34 mm, bei 9909 aus dem Baschgar-Tal 30,6—33 mm) von europäischen Stücken verschieden. Auch bei Fledermäusen scheint die „Bergmann’sche Regel“ nur selten in Er- füllung zu gehen.

5. Plecotus auritus wardi Thomas. Gesamtverbreitung der Art: Europa, N.-Afrika, Z.-Asien bis Japan, nach S. bis Kaschmir und Nepal. 299, 1. auf einem Dachboden und unter Hausdächern in Kabul (1750 m) 6. 1953. Die ssp. wardi beschrieb Thomas nach einem Stück aus Kaschmir aus ca. 3500 m; nach Ellermann u. Morrison-Scottist wardi auch aus dem Kaukasus und aus Russ. Turkestan bekannt. In Färbung die hellste Unterart von Pl. auritus, Rückenfell hell graubraun (Drab-Gray-Light Drab XLVI), Flughaut etwas dunkler, Fell der Unterseite fast weiß (Pale Olive Buff. XL). Basis aller Haare dunkelgrau.

Maße der ım Text aufgeführten Fledermäuse ın mm Zahl Körpermaße Schädelmaße

Art und & S Kanllsahtan aan Unter Gr. ve Länge

Rhinopoma 1 De :- 54-60 61-68 | 12-14 | 18-20 |51,5-54,4|16,4-17,3|15,6-16,2| 9,8-10,1]10,9-11,9

Mdb

Rh. micro- e a phylium 1 62 56 15 0,5 9,2 2,6 4,5 Machine | 19 00 5 i 23 . 21,5 ir 99 | a | 158

Pipistrellusp. | 92 Pag 43 132-34| 6 |11,5-12129,3-33,0[11,8-12,4111,3-11,8| 7,4-8,0 | 7,6-8,6 pipistrellus 1 eh

Plecotus aur. wardi

39-41 [40,5-45,0|16,8-17,2115,6-16,3)| 8,8 |10,9-11,6

Literatur:

Ellerman, J. R, und Morrison-Scott, T. C. S., (1951). Checklist of palaearktic and Indian mammals. London.

Ridgway, R., (1912). Color standards and color nomenclature. Washington.

K. Zimmermann (Berlin).

Kleine Mitteilungen 197

Eine wenig bekannte Murmeltierkolonie in den Bayerischen Alpen

In der „Zeitschrift für Säugetierkunde“ (19, 1954) habe ich in meinem Aufsatz „Zur Okologie der Marmota m. marmota (L.)“ die deutschen Mur- meltierkolonien in den Bayerischen Alpen angegeben. Gelegentlich eines Vor- trages in Frankfurt a. M. wies mich Herr Direktor Dr. Priemel freund- licherweise auf eine weitere Kolonie hin, über die ich durch das Entgegen- kommen des Herrn Ofm. v. Unold vom Bayerischen Forstamt Partenkir- chen nähere Daten bekam.

Die Kolonie befindet sich im Zugspitzgebiet, nördlich vom Hohen Kamm unweit des Zugspitzgatterls, bei den Oberen Felderalmen, unmittelbar an der österreichischen Grenze. Sie hat keinerlei Verbindung mit dem Allgäuer Ver- breitungsgebiet des Murmeltieres, wohl aber mit Kolonien auf österreichischer Seite in Nordtirol. Das Vorkommen des Murmeltiers ist hier gebunden an die weichen Schichten des Neocoms (untere Kreide), die den Wettersteinkalk am Hohen Kamm in schmaler Zunge überlagern. Die Kolonie zählt etwa ein Dutzend Individuen. Die Baue sind nur im Hochsommer befahren; zur Über- winterung ziehen sich die Murmeltiere auf die österreichische Südseite des Hohen Kammes in tiefere Lagen zurück. Ohne Zweifel handelt es sich am Hohen Kamm mit 2300 m Seehöhe um das bei weitem höchstgelegene Mur- meltiervorkommen im Bundesgebiet.

D. Müller-Using (Hann. Münden).

198 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Buchbesprechungen

Handbuch der Zoologie. Eine Naturgeschichte der Stämme des Tierreichs. Herausgegeben von H. von Lengerken und J.-G. Helmcke. Verlag Walter de Gruyter, Berlin. Band 8, Quart.

Lieferung 1: 90 S. mit 24 Abb. 1956. DM 35,—.

K. Herter Winterschlaf. 60 S.

Der Winterschlaf der Säugetiere ist ein so wichtiges und in sich abge- schlossenes Gebiet, daß ihm mit Recht bei Behandlung der Mammalia ein besonderes Kapitel eingeräumt wurde. Auf 55 Seiten gibt der Verf. eine ge- drängte Übersicht über den Stand unserer heutigen Kenntnisse und fügt ein 226 Arbeiten umfassendes Schriftenverzeichnis an. Beieiner kritischen Durch- sicht der Literaturangaben wird echter Winterschlaf nur bei Insectivoren, Chiropteren und Rodentiern angenommen und sein Vorkommen z.B. bei Mo- notremen (Tachyglossus), Marsupialiern (Dromicia) und Prosimiern (Cheiro- galeus, Microcebus) zunächst offen gelassen. Im ökologischen Teil wird auf die Beziehung des winterlichen Ruhezustandes zu den Umgebungstemperatu- ren und auf die besondere Stellung der Chiropteren hingewiesen, deren Wärmehaushalt von dem der anderen Vertreter erheblich abweicht. Ferner werden die Vorbereitungen zum Winterschlaf, die Anlage der Winterbaue und die Dauer der lethargischen Ruheperiode behandelt.

Im physiologischen Teil beschäftigt sich Verfasser nach kurzem Hinweis auf die charakteristische Schlafstellung der Arten und die verminderte Reiz- barkeit ausführlicher mit dem Verhalten der Körpertemperatur, das „eines der wesentlichsten Kennzeichen für den echten Winterschlaf ist“. Außerhalb des Winterschlafes zeigen die meisten Arten im Mittel etwas tiefere Körper- temperaturen als Nichtwinterschläfer und eine höhere Schwankungsbreite. Die „kritische Temperaturstufe“, die artlich verschieden hoch liegt, ist von besonderer Bedeutung für den Eintritt der Lethargie. Es kommt dann zu einem Absinken der Körpertemperatur. „Nur in dieser Phase des Winter- schlafes verhalten sich die Winterschläfer wie Poikilotherme. Sinkt die Tem- peratur jedoch weiter und nähert sie sich dem Nullpunkt, so setzt in der Regel ein Vorgang ein, der es besonders deutlich macht, daß man die Win- terschläfer nicht als Poikilotherme ansehen darf; denn die Tiere produzieren jetzt wieder Wärme unnd verhindern dadurch das Absinken ihrer Körper- temperatur unter eine gewisse Minimaltemperatur“. Weiterhin werden u.a. das Verhalten der Atemfrequenz, des Gaswechsels und der Wärmeproduktion, der Herztätigkeit und des Blutkreislaufs beim Einschlafen, während des Win- terschlafes und beim Erwachen behandelt und die besonderen chemisch-phy-

Buchbesprechungen 199

siologischen Veränderungen im Körper des Winterschläfers erwähnt. Hin- sichtlich der Frage nach der Bedeutung der innersekretorischen Drüsen und der regulierenden Tätigkeit des Nervensystems beim Eintritt und Verlauf des Winterschlafs sind noch weitere Untersuchungen erforderlich. „Nach Suo- malainens Ansicht ist das Insulin das am meisten wirksame Hormon für das Zustandekommen des natürlichen Winterschlafes“. ‚Es ist sehr wahr- scheinlich, daß die Inaktivität der Hypophyse im Winter die wichtigste Ur- sache für die Winterschlafbereitschaft ist“. „Man kann sich vorstellen, daß durch Reize auf das Schlafzentrum im Zwischenhirn ein Schlafstoff entsteht, der die Hypophyse beeinflußt, die ihrerseits auf hormonalem Wege auf die übrigen innersekretorischen Drüsen einwirkt und ihre Tätigkeit steuert“. Bezüglich der Phylogenie des Winterschlafs führt Verfasser die Gründe an, die ihn veranlassen, den Winterschlaf als „sekundäre Anpassung“ und nicht als „Beibehaltung einer primären Eigenschaft‘ anzusehen. M. Eisentraut.

G. Lehmann Das Gesetz der Stoffwechselreduktion und seine Bedeutung. 32 Seiten.

Bekanntlich nimmt bei den Homöothermen (und vielen, wenn nicht allen Poikilothermen) der Stoffumsatz nicht proportional dem Gewicht zu, son- dern langsamer. Der Befund Rubners (1883), daß beim Haushunde die Umsatzgröße von der 2/,-Potenz des Gewichts, also etwa von der Oberfläche, abhängig ist, findet sich bis heute als „Oberflächengesetz“ in der Lehrbuch- literatur. Da neuere Messungen ergaben, daß eine Proportionalität nicht zur ?/s-, sondern zur 3/,-Potenz vorliegt, schlug Lehmann 1951 den neutralen Ausdruck „Gesetz der Stoffwechselreduktion“ vor. Zu Beginn seines Beitrags erörtert Lehmann die experimentellen Beweise für Vorhandensein und Aus- maß der Reduktion des Grundumsatzes mit ausführlicher kritischer Behand- lung der Erforschungsgeschichte dieses Problems. Weiterhin wird dargestellt, daß auch der Arbeitsumsatz dem Gesetz der Reduktion unterliegt, und schließ- lich die Bedeutung der Stoffwechselreduktion für die Größenentwicklung be- sonders der Säugetiere diskutiert. Das Literaturverzeichnis umfaßt 60 Titel.

Man kann im Zweifel sein, ob es gerechtfertigt ist, einer doch recht speziellen Frage der Stoffwechselphysiologie dreißig Seiten in einem Hand- buch der Zoologie vom Stil des „Kükenthal“ einzuräumen. Dem ist entgegen- zuhalten, daß das „Gesetz der Stoffwechselreduktion“ außer dem Problem der Körpergröße noch zahlreiche biologische Themen der Säugetierkunde dem Verständnis näher bringt. So kann man Herausgeber und Verlag nur dankbar sein, daß sie es dem Autor ermöglicht haben, sein Thema um ein Beträchtliches ausführlicher und vollständiger darzustellen als in seiner letz- ten zusammenfassenden Arbeit (Z. Naturforschg. 6b, 1951, 216—223).

K. Urich

200 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Lieferung 2: 96 S. mit 20 Abb. 1956. DM 35.—. M. Meyer-Holzapfel Das Spiel bei Säugetieren. 36 S.

Der vorzüglich beherrschte Stoff kommt in sieben Kapiteln zur Darstel- lung: Verbreitung des Spieles, Kennzeichen des Spielverhaltens, Aufforderung zum Spiel, Formen, Quellen und Funktionen des Spieles, Stammesgeschicht- liche Entwicklung. Spiele sind bereits für Fische bekannt, finden aber höchste Entwicklung erst bei Säugern. Auch primitive Säugetiere (Beutler, Gürtel- tiere, Nager) spielen. Als Kennzeichen des Spielverhaltens gelten: Fehlen des spezifischen Ernstbezuges, der gesetzmäßigen Reihenfolge der Appetenzen und Instinktbewegungen und des außerhalb liegenden Zieles. Spiel ist nur möglich, solange keine echte Instinkthandlung aktiviert ist; es ist oft wieder- holbar, ist objektbezogen und lustbetont. Im Spiele bleiben soziale Hemmun- gen erhalten, zum Spiel gehört meist ein der Neugier entspringendes Probie- ren. „Spiel besteht in einem wiederholten Wechsel von Spannung und Lö- sung“ (Buytendyk). Aufforderung zum Spiel kann sowohl in angeborenen als auch in erworbenen Handlungen bestehen. Als Formen des Spiels werden unterschieden: Bewegungs-, Kampf-, Flucht-, Nahrungserwerbs-, sexuelle und individuelle Spiele. Bei den außerhalb ererbter Verhaltensformen liegen- den individuellen Spielen tritt die schöpferische Komponente des Spiels be- sonders hervor. Quellen des Spiels sind unspezifischer Betätigungsdrang so- wie „spezifischer Drang“. Aus der Gegensätzlichkeit dieser Komponenten er- gibt sich die zur Zeit noch schwierige Definition des Spiels. Leider nur zehn höchst instruktive Abbildungen spielender Tiere. Vorliegende Kompression des Themas erweckt den Wunsch nach einer ausführlichen Behandlung durch dieselbe Verfasserin. K. Zimmermann.

W. Fischel Haushunde. 16 S.

Der Artikel befaßt sich vorwiegend mit eingehender Kritik der Beurtei- lung des Verhaltens der Hunde. Von der allerdings kaum übersehbaren Fülle von Beobachtungen über Verhaltensweisen des Hundes sind nur Beispiele be- sprochen. So sind zwar Unterlagen für die Methodik gegeben, doch fehlt die an dieser Stelle erwartete Ordnung des Materiales und damit der Ausgang für viele Zweige weiterer Arbeit. Der einleitende Absatz über Domestikation stützt sich meist auf veraltete Literatur und vermag wenig zu klären.

W. Koch.

E. Mohr Das Derhalten der Pinnipedier. 20 S.

Besprochen werden Sinnesfähigkeit, Lernen, Drohgebärden, Stimmen, Spiele, Jugendentwicklung und soziales Verhalten. Bei der lebendigen Art der Darstellung und der Fülle interessanter Einzelheiten bedauert man den aphoristischen Charakter der Arbeit und wünschte an manchen Stellen eine

Buchbesprechungen 201

breitere Behandlung, so bei der Auswertung des Schrifttums über Wild- populationen und ihre soziale Struktur, auch das Literaturverzeichnis könnte vielleicht erschöpfender sein. Die 34 instruktiven Fotos unterstützen den Text aufs Beste. K. Zimmermann.

H. Pilters Das Derhalten der Tylopoden. 24 S. (Besprechung erscheint im nächsten Heft dieser Zeitschrift.)

Lieferung 3: 72 S. mit 39 Abb. 1956. DM 27,—. H. v. Hayek Die Lunge. 248.

Das ist ein kurzer klarer Artikel über die makroskopische und mikro- skopische Anatomie der Lunge. v. H. hat sich Mühe gegeben, zahlreiche vergleichende Daten aufzuweisen. M. H. Fischer.

H. Mies Physiologie des Herzens und des Kreislaufes. 48 S.

M. behandelt in seinem Beitrag in ansprechender Form die Grundprin- zipien der Funktionen des Herzens und den Kreislauf des Blutes mit seinen Eigenschaften und Regelmechanismus. Es ist kein Wunder, wenu sich M. da- bei vornehmlich auf die Erkenntnisse am Menschen und an den üblichen La- boratoriumstieren bezieht. Das vergleichende Material ist selbst wenn man sich auf die Vertebraten beschränkt sehr sehr spärlich. Auch die einfachen Angaben über Pulszahlen und Blutdruckreste beziehen sich zumeist nur auf die Laboratoriumstiere und einige größere Haustiere (Pferd, Rind, Schaf etc.). Das kann man aber nicht M. zum Vorwurf machen, denn unsere Kenntnisse sind hier leider immer noch sehr mangelhaft. Das Handbuch der Zoologie sollte hier eine Mahnung für die Zukunft sein; der Analogieschluß, die Dinge lägen im allgemeinen ähnlich, kann wohl auf die Dauer nicht be- friedigen. M. H. Fischer

Lieferung 4: 96 S. mit 58 Abb. 1956. DM 36.—. W. Schoedel Die Atmung. 96 S.

In der Einleitung bemerkt Sch. unter anderem: „Was hier vorgelegt wird, ist von einer vergleichenden Physiologie der Säugeratmung leider sehr weit entfernt.“ Wenn man dem auch beistimmen muß, so darf doch ge- sagt werden, daß eine Menge vergleichender Daten nicht nur von den üb- lichen Laboratoriumstieren und einigen Haustieren angeführt sind.

Sch. hat es aber verstanden, eine fesselnde Darstellung der Atmung zu bringen, wobei seine Kritik besonders hervorzuheben ist. Schwierige und sehr verwickelte Probleme werden zumeist klar auseinandergesetzt und er- örtert. Für den „Physiologie-Fremden“ wird die Einarbeitung in dieses Ka- pitel des Handbuches der Zoologie mit manchem Seufzer und erheblichem

202 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Zeitaufwand verbunden sein. Wenn er aber die Mühe aufbringt und sich durchfindet, dann erhält er ein abgerundetes und modernes Bild.

Mit einer gewissen Resignation wird der deutsche Leser auch hier wie- der feststellen müssen, wie stark die moderne amerikanische Literatur überwiegt. Der Referent fühlt sich immer wieder verpflichtet, mahnend darauf hinzuweisen. M. H. Fischer

Lieferung 5: 102 S. mit 30 Abb. 1956. DM 37.50. F. Tischendorf Milz. 32 S.

T. hat sich an Hand von 22 Abbildungen und zahlreichen Literaturan- gaben hauptsächlich bei der schwierigen Darstellung der makroskopischen und vor allem mikroskopischen Anatomie der Milz große Mühe gegeben, er weist hier deutlich die großen Verschiedenheiten bei den einzelnen Tier- arten auf. Man erhält durch Studium des Artikels ein gutes Übersichtsbild. Auch auf die Milzfunktion wird selbstverständlich Rücksicht genommen; klar werden die beiden Extreme, Speichermilz und Stoffwechselmilz hervorge- hoben. Die Ausführungen über die Funktion treten aber doch etwas stark in den Hintergrund sie sind häufig sogar in Kleindruck wiedergegeben. Dabei wird man freilich zugeben müssen, daß bei einer eingehenderen Dar- stellung der vielfach strittigen funktionellen Fragen der Beitrag hätte we- sentlich breiter ausfallen müssen. M. H. Fischer

H. E. Doß Der Einfluß endokriner Drüsen auf den Stofjwechsel der Säugetiere. 70 S.

In einem knappen Artikel ist es dem Verf. gelungen, das selbst für den Spezialisten schwer durchsichtige Gebiet übersichtlich zu gliedern und dabei den neuesten Stand zu berücksichtigen. Die Arbeit ist so geeignet, die Säugetierforschung vielfältig zu befruchten. Die vielen Hinweise auf Spezies- Unterschiede in den hormonalen Regulierungen fordern geradezu verglei- chend-physiologische Untersuchungen mit den verschiedensten Fragestellun- gen heraus. Behandelt sind die hormonalen Wirkungen auf Zellteilung und -vermehrung; Grundumsatz und Körpertemperatur, Winterschlaf, Magen- Darm-Tätigkeit, Eiweiß-Stoffwechsel, Wachstum, Kohlehydrat-Stoffwechsel, Fettstoffwechsel, Wasser- und Mineral-Stoffwechsel. W. Koch

Lieferung 6: 108 S. mit 22 Abb. 1956. DM 40.—. C. Heidermanns Physiologie der Exkretion. 62 S.

Von den für den Säugetierband des Handbuches der Zoologie vorgesehenen zahlreichen physiologischen Beiträgen liegt nun auch der von C.Heider- manns über die Physiologie der Exkretion vor. Auf notwendigerweise be- schränktem Raum (62S.) die Vielzahl der exkretionsphysiologischen Probleme

Buchbesprechungen 203

auch nur andeutend zu behandeln, ist keine dankbare Aufgabe. Daran ändert wenig, daß der Autor nur die Verhältnisse bei den Säugetieren zu disku- tieren hat, sind doch die meisten allgemeinen Erkenntnisse und Gesichts- punkte der Exkretionsphysiologie der Wirbeltiere gerade an Säugern erar- beitet worden. Dennoch ist es dem Autor gelungen, alle wesentlichen The- men des Gebietes zu berücksichtigen, wenn auch verständlicherweise mit ungleicher Intensität. Die Brauchbarkeit des Beitrages wird noch dadurch erhöht, daß nicht wie sonst üblich allein die Nierenphysiologie be- handelt, sondern auch die Exkretion durch Haut, Leber und Darm ständig in die Betrachtung einbezogen wird.

Die in das spezielle Arbeitsgebiet des Autors gehörenden Abschnitte über die „Bereitung der Exkretstoffe‘“ (II.) und die „Zusammensetzung des Harns“ (IV.) scheinen dem Referenten besonders gelungen. Der Abschnitt „Abscheidung der Exkretstoffe‘“ (IIL.), vor allem die Beschreibung der Harn- bildungsmechanismen in der Niere, ist relativ knapper geraten. Es folgen Abschnitte über ‚„Harnentleerung‘ (V.), über „Ablagerung von Exkretstoffen im Organismus“ (VI.) mit ausführlicher Diskussion der Bildung von Harn- konkrementen und -steinen und ein Abschnitt über „Exkretion im em- bryonalen Organismus“ (VII.), aus dem hervorgeht, wie gering unsere Kenntnis über die Physiologie der Embryonen noch ist. Das Literaturver- zeichnis umfaßt 52 zusammenfassende Darstellungen und 263 Original- arbeiten. K. Urich

E. Heinz u. H. Netter Wasserhaushalt. 46 S. (Besprechung erscheint im nächsten Heft dieser Zeitschrift.)

Lieferung 7: 114 S. mit 41 Abb. 1956. DM 42.75. G. P. Baerends Aufbau des tierischen Derhaltens. 32 S.

Die Aufgabe, dieses Thema zum gegenwärtigen Zeitpunkt in einem den Säugetieren gewidmeten Handbuchabschnitt zu behandeln, war zweifellos undankbar. Einmal sind die grundlegenden Fragen, ja sogar die Termino- logie, bei weitem nicht soweit geklärt, daß eine einigermaßen abschließende Darstellung möglich ist. Diese muß sich noch weitgehend auf Arbeits- hypothesen beschränken und Meinung und Gegenmeinung gegenüberstellen. Baerends hat sich dieser Aufgabe zweifellos mit großer Objektivität ent- ledigt, ohne seinen eigenen Standpunkt zu verbergen. So ist eine bei aller Straffheit klare und heinreichend erschöpfende Darstellung der Problematik zustande gekommen, in deren Mittelpunkt der Versuch eines Brückenschla- ges zur Physiologie, insbesondere zur Nerven- und Hormonphysiologie, steht. Die andere Schwierigkeit bestand darin, daß die Säugetier-Ethologie im ganzen gesehen bislang noch so wenig und so unsystematisch unter- sucht worden ist, daß die Verhaltensforschung ihr Vorstellungsgebäude in

204 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

erster Linie auf Ergebnisse gründen muß, die an Vögeln, Fischen und In- sekten gewonnen wurden. Den Mammalogen wird eine Darstellung, wie die vorliegende, deshalb zunächst keine allzu große Hilfe bringen. Sehen sie sich doch zunächst einmal vor die Aufgabe gestellt, das nachzuholen, was Ornithologen, Ichthyologen u. a. schon weitgehend geleistet haben, nämlich eine vergleichende Inventaraufnahme bei Arten, Gattungen und höheren systematischen Einheiten. Erst wenn diese wenigstens ausschnittweise vor- liegt, werden auch die Säugetierethologen in die Diskussion grundlegender Fragen einzugreifen vermögen und zweifellos gewichtige Bausteine zu jenem großen Vorstellungsgebäude tierischen Verhaltens beizutragen haben, das Baerends uns im Entwurf vor Augen führt. Dies um so mehr, weil die Säugetiere dem Menschen am nächsten stehen und ihre subtile ethologische Erforschung deshalb die wesentlichsten Aspekte für das Menschenbild bei- zusteuern haben wird, ein Impuls für die Mammalogen, dem Verhalten ihrer Forschungsobjekte ganz besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

F. Frank

P. Leyhausen Das Derhalten der Katzen (Felidae). 34 S.

Über das Verhalten der Feliden liegen ausreichende Unterlagen vor, um ein vorläufiges abgerundetes Bild zu geben, das als wohlgelungen zu be- zeichnen ist. Die Erst-Veröffentlichung von Untersuchungen in einem Hand- buchartikel ist ungewöhnlich, hier aber vielleicht im Interesse der Ab- rundung zu rechtfertigen. Empfindliche Lücken sieht Ref. bezüglich des Sozialverhaltens junger Katzen und bezüglich der Verhaltens-Anomalien der Großstadtkatzen, zwei Gebieten, die für die Haltung von Katzen bedeu- tungsvoll sind. W.Koch

H. Frick Morphologie des Herzens. 48 S.

Die Schwierigkeit, den umfangreichen Stoff auf verhältnismäßig wenigen Seiten anschaulich darzustellen, hat der Autor durch übersichtliche und straffe Gliederung, knappe und klare Sprache elegant gemeistert. In den Kapiteln: Entwicklung, Morphologie, Mikroskopische Anatomie, Reizleitungs- system, Nerven, Blut- und Lymphgefäße, Lage, Größe des Herzens und Pericard sowie zahlreichen Untertiteln ist jeweils der einheitliche Bauplan für das Säugerherz herausgearbeitet und sind die wichtigsten Abweichun- gen davon zusammengestellt. Die Morphologie des Herzens der Marsupialia, die weitgehend der der Eutheria gleicht, und der Monotremata, mit zum Teil auffallend ähnlicher Ausprägung wesentlicher Baueigentümlichkeiten wie bei Vögeln und Reptilien, werden für sich abgehandelt.

Bei aller grundsätzlichen Anerkennung darf darauf hingewiesen werden, daß eine erschöpfendere Berücksichtigung der Literatur einem Handbuch-

TE a Eu Dr a A

Buchbesprechungen 205

artikel zuträglich gewesen wäre. Allein dem Handbuch der Vergleichenden Anatomie der Haustiere von W. Ellenberger und H. Baum, 18. Aufl. 1943, S. 610—627, das seit der vom Autor zitierten 16. Aufl. von 1926 weit- gehend überarbeitet wurde, sind eine ganze Anzahl zusätzliche Hinweise auf neuere Literatur zu entnehmen, deren Berücksichtigung nicht ohne Nie- derschlag auf den einen oder anderen Punkt der Arbeit hätte bleiben können.

In bezug auf die Abbildungen vertrete ich die Ansicht, daß die Wieder- gabe von Schemata vom allgemeinen Bauplan des Säugerherzens, in ähnlicher oder gleicher Weise ausgeführt, wie von E. Ackerknecht in oben ge- nanntem Handbuch, für das Verständnis der Morphologie nützlicher gewe- sen wäre, als einige der Herzabbildungen bestimmter Säugerarten, nachdem ja doch nur wenige Beispiele aus der großen Artenfülle ausgewählt werden konnten. Ähnliches gilt für die Zusammenstellung der Abbildungen zur Ent- wicklung des Säugerherzens. J. Boessneck

Max Hartmann Die Sexualität. Das Wesen und die Grundgesetzlichkeiten des Geschlechts und der Geschlechtsbestimmung im Tier- und Pflanzen- reich. Zweite, neubearbeitete Auflage, mit 288 Abb. im Text, 463 Seiten. Gustav-Fischer-Verlag, Stuttgart 1956; geb. DM 54.—.

Vor 13 Jahren, in schon vorgerückter Kriegszeit, erschien erstmalig Hartmanns „Sexualität“. Es war dies ein Ereignis. Noch nie war das Sexualitätsproblem in so umfassender und kritischer Weise dargestellt worden. Zudem gilt der Verf. international als einer der führenden Sexuali- tätsforscher. Die Zeitverhältnisse brachten es mit sich, daß damals die aus- ländische Literatur der letzten Jahre nur unvollständig berücksichtigt wer- den konnte. Außerdem ist in den vergangenen 114 Jahrzehnten auf diesem Gebiete in der Alten und Neuen Welt intensiv und mit großen Erfolgen wei- tergearbeitet worden. So dürfen wir dankbar sein, daß es dem nun 80jähri- gen Verf. vergönnt war, noch selbst eine Neuauflage des wertvollen Werkes vorzulegen. Ihrem Aufbau nach und im Grundsätzlichen der Darstellung entspricht die zweite Auflage der ersten, doch haben die großen Fortschritte auf allen Teilgebieten dazu geführt, daß fast alle Kapitel mehr oder weniger tiefgreifende Erweiterungen und Veränderungen erfahren haben. Die Zahl der Seiten ist um 35 gestiegen, die der Abbildungen um mehr als 40, obwohl, wie der Verf. im Vorwort selbst sagt, ca. 35 Seiten der 1. Auflage in Weg- fall gekommen sind, nämlich die, auf denen die Arbeiten von Moewus besprochen wurden. Es ist anzuerkennen, daß der Verf. von seinem früheren Mitarbeiter, dessen angebliche Befunde er sehr hoch bewertet hatte, dessen Arbeiten sich aber bei der Nachuntersuchung als unzuverlässig und in ihren Ergebnissen großenteils als unhaltbar erwiesen haben, mit aller Deutlichkeit und ohne Beschönigung abrückt.

206 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Der Inhalt des Buches sei kurz gekennzeichnet. Nach Vorbemerkungen über Kernphasen und Generationswechsel sowie zur Nomenklatur von Ge- schlechtsverteilung und Geschlechtsbestimmung legt der Verf. seine Anschauun- gen über die allgemeine bipolare Zweigeschlechtlichkeit der Organismen dar, die er als die Grundvoraussetzung einer allgemeinen Sexualitäts- und Be- fruchtungstheorie betrachtet. In dem folgenden Hauptteil des Buches, der 350 von 463 Seiten umfaßt, werden die vier Haupttypen der Geschlechtsbe- stimmung an zahlreichen Beispielen aus Pflanzen- und Tierreich in allen Einzelheiten erörtert. Die Geschlechtsbestimmung kann in der Haplo- oder Diplophase erfolgen, und in beiden Fällen kann sie entweder genotypisch oder modifikatorisch sein. In der 1. Auflage heißt es statt modifikatorisch‘ noch phänotypisch. Letzteres erscheint auf den ersten Blick der gegebene Gegensatz zu genotypisch, doch ist es in der Tat sachlich viel richtiger, von modifikatorischer Geschlechtsbestimmung zu sprechen. Die haplogeno- typische Geschlechtsbestimmung ist auf Protisten, Algen, Pilze und Moose mit ausgesprochener Haplophase beschräukt. Der haplomodifikatorische Typ findet sich in den gleichen Gruppen. Der diplomodifikatorische Geschlechts- bestimmungstyp kommt bei Protisten, Thallophyten und höheren Pflanzen sowie Metazoen vor. Die diplogenotypische Geschlechtsbestimmung ist bei höheren Pflanzen und Tieren der häufigste Typ, er ist für fast alle Arthro-. poden und Wirbeltiere bis hinauf zum Menschen charakteristisch.

In den beiden letzten Kapiteln entwickelt der Verf. sodann auf Grund der bisherigen Ergebnisse der Sexualitätsforschung seine allgemeine Theorie der Sexualität und eine allgemeine Theorie der Befruchtung. Die Theorie der Sexualität wird in drei Gesetzen niedergelegt, dem Gesetz der allge- meinen bipolaren Zweigeschlechtlichkeit, dem Gesetz der allgemeinen bisexu- ellen Potenz und dem Gesetz der relativen Stärke der männlichen und weiblichen Determinierung. Erörterungen über die Gamone als befruchtungs- bedingende Wirkstoffe beschließen den Baud, dem ein ausführliches Schrif- tenverzeichnis, Namen- und Sachverzeichnisse beigegeben sind. |

Sicher wird auch diese 2. Auflage der „Sexualität“ wieder einen weiten Leserkreis finden und fesseln. Mehr als ein halbes Jahrhundert hat der Verf. an diesem großen Problemenkreis, einem der interessantesten der ge- samten Biologie, selbst gearbeitet, und viele grundlegenden Erkenntnisse verdanken wir ihm und der großen Zahl seiner Mitarbeiter. Er hat es verstanden, eine großartige Zusammenschau über die Sexualität zu geben, die wir ja nach den allerjüngsten Forschungen an Bakterien und Viren als eine Grundeigenschaft der lebenden Substanz betrachten dürfen.

H. Nachtsheim

Fortschritte der Zoologie Herausgeg. von Max Hartmann Band10 Gustav-Fischer-Verlag, Stuttgart, 1956, 598 S., Leinen geb. DM 55,—.

Buchbesprechungen 207

In einer Zeit der fortschreitenden Spezialisierung erscheint es besonders dringlich, daß wenigstens in gewissen Abständen Gesamtübersichten von Teildisziplinen erscheinen, um den Überblick zu benachbarten Arbeitsrich- tungen mit ihren Problemen, Methoden und Ergebnissen nicht aus dem Auge zu verlieren, aber auch, um von ihnen Anregungen und Querverbindungen zur eigenen Arbeit zu erhalten und herzustellen. Aus diesem Grunde ist es besonders erfreulich, daß nach langer Pause wieder ein ansehnlicher Band der „Fortschritte der Zoologie“ erscheinen konnte. Wie es sich schon in früheren Bänden als vorteilhaft erwiesen hat, so wurden im allgemeinen auch in den vorliegenden Abschnitten aus der überreichen Fülle des Mate- rials nur solche Einzelheiten zur Sprache gebracht, welche heute schon einigermaßen abgerundet dargestellt werden können. Wenn darüber hinaus die Autoren der einzelnen Teilgebiete aus dem zur Verfügung stehenden Stoff solche Probleme in den Vordergrund stellen, die ihnen geläufig sind oder andere der Aktualität wegen ausführlicher darstellen, so wird man ihnen dies weniger verübeln, zumal es selbst schon dem Spezialisten häufig genug schwer fällt, auf seinem Arbeitsgebiet die gesamte Weltliteratur wirk- lich zu überschauen. Die Berichtszeit umfaßt in der Regel die Jahre 1943 bis 1953. Im einzelnen werden folgende Kapitel behandelt: K. G. Grell, Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Protozoen; K. Günther, Systematik und Stammesgeschichte der Tiere. (Ein 246 S. umfassender Bericht aus der Zeit von 1939 bis 1953. In seinem ersten Teil werden die letzthin sehr in Fluß geratenen allgemeinen Probleme der Stammesgeschichte mit bewundernswerter Umsicht diskutiert und anschließend die Fortschritte auf systematischem Gebiet kritisch sichtend zur Darstellung gebracht.); H. Giersberg, Hormone; H. H. Weber, Muskelphysiologie (Die Wir- kung von Adenosintriphosphat auf die kontraktilen Proteine und die Kon- traktion von Muskeln und Zellen.); E. v. Holst, Zentralnervensystem ; L. Wiese, Diplogenotypische Geschlechtsbestimmung; C. Hauenschild, Phänotypische Geschlechtsbestimmung sowie Befruchtung und Gamone; C. v. Woellwarth, Entwicklungsphysiologie der Wirbeltiere (Entwick- lungsabschnitte bis zur Neurulation ; Organentwicklung und physiolog. Chemie folgen später.); H. Friedrich-Freska, Physik und Chemie der Zelle. Nach Ankündigung von Herausgeber und Verlag sollen durch einen bald folgenden Band die durch Kriegs- und Nachkriegszeit entstandenen Lücken in der Berichterstattung geschlossen werden und es wird der Hoffnung Aus- druck gegeben, daß anschließend wieder wie früher in jedem Jahr ein Band

erscheint. K. Becker M. Eisentraut Der Winterschlaf mit seinen ökologischen und physiolo- gischen Begleiterscheinungen. Gustav-Fischer-Verlag, Jena, 1956,

VIII + 160 S. mit 26 Abb., kart. DM 11,—.

208 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Mit dem Buche von M. Eisentraut erscheint endlich eine zusam- menfassende Bearbeitung des Problems des Winterschlafes in deutscher Sprache, zufälligerweise im gleichen Jahr mit dem von K. Herter be- arbeiteten „Winterschlaf“ in Kükenthals Handbuch der Zoologie die gleichermaßen Okologie und Physiologie berücksichtigt. Es wird damit eine lange vorhandene Lücke geschlossen, da seit der ausführlichen Darstellung von Barkow 1846 keine Monographie dieser Art mehr erschienen ist.

Am Anfang steht ein allgemeines Kapitel vom Wesen des Winterschlafes, in dem vor allem eine Definition und die ja oft sehr schwierige Abgrenzung gegen ähnliche Erscheinungen, wie vor allem die Winterstarre der Poikilo- thermen und die Winterruhe der Säugetiere, gegeben wird. Die darauf fol- genden hauptsächlichen Kapitel umfassen zunächst in einem systematischen Teil die Verbreitung des Winterschlafes in den Gruppen der Säugetiere; darauf folgt die Darstellung der physiologischen Veränderungen im Zu- sammenhang mit dem Sinken der Körpertemperatur. Im Weiteren wer- den die zahlreichen Faktoren untersucht, die an der Herbeiführung des lethargischen Zustandes beteiligt sind, wie Licht, Nahrungsentzug, Einfluß der Außentemperatur, Fettreserven, sowie Einflüsse hormonaler und nervöser Art und deren Wechselwirkung. Auf diese Weise wird die ganze Kompli- ziertheit des Vorganges als ein Zusammenspiel sehr verschiedener Faktoren dem Leser vor Augen geführt, wobei deutlich wird, daß die eigentliche Lö- sung des Winterschlafproblems bis heute noch aussteht. Das letzte gut illustrierte Kapitel behandelt sehr ausführlich die Biologie des Winter- schlafes und geht an Hand der besprochenen Faktoren mit Beispielen ein- zelner Arten bis in die Wiedergabe von Einzelbeobachtungen. Gemessen an der umfassenden Darstellung dieses Teils ist vielleicht die Physiologie etwas zu knapp weggekommen, vor allem was die modernen amerikanischen Ar- beiten über dieses Gebiet anbetrifft. Im systematischen Teil ist die große Ausführlichkeit der Besprechung zu begrüßen, mit der auch die winterschlaf- haltenden Arten außerhalb unserer Fauna Berücksichtigung finden. Ein kur- zer Absatz über Winterschlaferscheinungen bei Vögeln, an denen die Schwie- rigkeiten der Definition des Winterschlafbegriffes erneut diskutiert werden, beschließt das Buch, das manche der vielen Lücken und Fragen aufzeigt, die einer Bearbeitung noch harren. H. Schierer

J. Lhoste Les rongeurs domestiques nuisibles.. Dunod Editeur, Paris

1955, VI + 149 S., 48 Abb., brosch. 730 FE.

Das Buch stellt eine im ganzen gelungene übersichtliche Darstellung der praktischen Bekämpfung von Ratten und Hausmäusen dar. Ausgehend von einer allerdings etwas zu knapp geratenen und nicht immer richtigen Behandlung der Biologie dieser Nager wird ausführlich auf ihre hygienische und wirtschaftliche Bedeutung hingewiesen, wobei sich Verf. erfreulich

Ze

Buchbesprechungen 209

darauf hinweisen zu können unnötiger Übertreibungen enthält. Wertvoll sind die Anregungen, welche als indirekte Maßnahmen vorgeschlagen wer- den, eine Ansiedlung von Ratten und Mäusen von vornherein zu verhindern. Als Methoden für die direkte Bekämpfung wird die Anwendung von Fallen beschrieben. Als Hilfen für die biologische Bekämpfung kommen Katzen, Hunde, Frettchen und Bakterienkulturen zur Sprache. Sehr ausführlich wird dann die Anwendung chemischer Mittel als Reppelents, Gase, Streupulver und in Giftködern besprochen. Ihre Anwendungsweise, z. B. das verdeckte Auslegen in Giftfutterkisten, das Anköderverfahren, die Zubereitung ge- eigneter Köder u. a. entspricht modernsten Erfahrungen, die vornehmlich englischen und amerikanischen Autoren entlehnt sind, soweit sie sich in Frankreich bewährt haben. Da es kein ideales Rattengift gibt, werden die chemischen und physiologischen Eigenschaften der heute gebräuchlichen Sub- stanzen ausführlich beschrieben und eindringlich auf die Grenzen ihrer Anwendungsmöglichkeiten, Gefahren etc. hingewiesen. Leider ist das deutsch- sprachige Schrifttum kaum berücksichtigt worden, so daß der eingeweihte Leser in dem Büchlein manche nützliche Erfahrungsgrundlage vermißt, die hierzulande erarbeitet wurde. K. Becker

Hans-Dietrich Kahlke Die Cervidenreste aus den altpleistozänen Ilmkiesen von Süßenborn bei Weimar. Akademie-Verlag, Berlin 1956. Teil I: Die Geweihe und Gehörne. 62 S., 52 Abb., 31 Taf.; brosch. DM 25,—. Teil II: Schädel und Gebisse. 44 S., 70 Abb., 38 Taf.; brosch. DM 32,50.

Seit mehr als hundert Jahren liefern die Süßenborner Kiesgruben Reste der altpleistozänen Säugetierfauna, deren Veröffentlichung unregelmäßig und weit in der Literatur verstreut ist. Der Verf. unterzieht in der vor- liegenden Arbeit das gesamte Cervidenmaterial der Gruben einer eingehen- den Revision und beschreibt neue Funde; durch Vergleiche mit den con- temporären Faunen besonders Deutschlands und des Cromer Forest Bed (England) gelingt es ihm, wichtige Ergebnisse über die Beziehungen der alt- pleistozänen Hirschformen untereinander sowie zu jüngeren Vertretern zu ermitteln; besonders auf die Riesenhirsche (Megaceros-Kreis) trifft dies zu.

Der Verf. geht (Teil I) von den Geweihen aus. Er gelangt zur Auf- stellung zweier neuer Genera, Orthogonoceros und Dolichodoryceros (beide schon 1952, jedoch nur in Maschinenschrift veröffentlicht), die von Mega- ceros abgegliedert werden. In der ersten Gattung sind sechs alte Arten zu einer Art des neuen Genus zusammengefaßt, die eine nur im älteren Plei- stozän vertretene, später offenbar erloschene Gruppe bilden und deren wich- tigste Kennzeichen die Unterdrückung des Augensprosses und die betonte Ausbildung des Eissprosses sind. Die zweite Gattung dagegen steht dem Ur-

sprung von Megaceros nahe. Weitere in Süßenborn vertretene Cerviden sind 14

210 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Alces (Elch), Cervus (Edelhirsch), Rangifer (Ren) und Capreolus (Reh); die Evolution der Elchschaufel vom ältesten Pleistozän bis zum rezenten Sta- dium konnte dargestellt werden; die übrigen Formen sind zu schwach ver- treten, um neue Rückschlüsse auf den Zusammenhang mit den lebenden Vertretern zu gestatten; Damhirsche fehlen in Süßenborn völlig.

Im zweiten Teil wird der Versuch unternommen, die Schädel- und Gebißreste mit den Geweihen zu koordinieren. Da Gebisse und Geweihe bisher nicht im Zusammenhang gefunden wurden, konnte der Verf. hier nicht direkt vorgehen, sondern mußte die Statistik zur Hilfe nehmen, d.h. er mußte versuchen, auf Grund der Häufigkeit der einzelnen Geweih- und Gebißformen das Zusammengehörende zu ermitteln. Dieser Versuch ist durchaus gelungen und trägt in großem Maße dazu bei, die Übersicht über das altpleistozäne Hirschmaterial zu erleichtern. Der geologische Leitwert der Cerviden ist dadurch gleichfalls gestiegen, ja der Verf. hält die Hirsche für bessere Leitfossilien als die bisher meistens benutzten Elefanten. Es muß noch bemerkt werden, daß bei der Beschreibung der Gebisse statt der internationalen Terminologie uhnötigerweise deutsche Bezeichnungen ver- wendet wurden.

Ein dritter Teil, der die übrigen Teile des Skeletts enthält, erscheint ebenfalls.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß „Die Cervidenreste...“ einen beachtlichen Schritt vorwärts in der Kenntnis der altpleistozänen Hirsche und ihrer Zusammengehörigkeit darstellen. Jedes Fossil ist mit großer Exaktheit beschrieben und gemessen worden, die Ausstattung mit Photographien und Zeichnungen ist hervorragend, so daß das Werk für jeden, der Interesse an der Entwicklung der Cerviden in der jüngsten Erd- vergangenheit hat, zu empfehlen ist. x G. Hahn

Ivan T. Sanderson Knaurs Tierbuch in Farben: Säugetiere. Droemer- sche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 1956, 350 S., 340 Fotos, davon 203 in Farben. Gln. DM 29,50.

In der Fülle der Newerscheinungen auf dem Buchmarkt, welche die heute zu Gebote stehenden technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen suchen, nimmt das vorliegende Werk insofern eine Sonderstellung ein, als in ihm Text und Bebilderung auf gleichwertigem Niveau stehen. I. T. San- derson versteht es mit großem Geschick, dem Leser jede der vorge- stellten Säugetierarten als etwas Einzigartiges nahezubringen, welche we- gen ihrer weitreichenden Unterschiede nach Bau und Lebensart immer etwas besonderes darstellen und deshalb in jedem Falle beachtenswert sind. Die systematische Anordnung der Tiere folgt im wesentlichen dem von Simpson (1945) aufgestellten System, allerdings mit Ausnahme der Affen, bei denen Verf. eigene Wege geht. Von jeder Gruppe wird ihre Ab-

Buchbesprechungen 211

stammung, ihre Stellung im System, die äußere und innere Morphologie, Verbreitung und Lebensweise charakterisiert, wobei diejenigen Punkte her- vorgehoben werden, die für die betreffende Gruppe besonders charakte- ristisch sind. Soweit es Ref. übersehen kann, werden immer neueste For- schungsergebnisse verwendet und veraltete Vorstellungen, die oft noch in breiten Bevölkerungsschichten umlaufen, betont korrigiert. So aus dem Vollen schöpfend bleibt der Text stets anregend und selbst für den Fach- mann belehrend aber nie lehrhaft. Der Zweck des Buches, eine übersicht- liche und vereinfachte Darstellung der gesamten Säugetierklasse zu liefern, wobei aber der Boden wissenschaftlich fundierter Tatsachen nicht verlassen wird, kann als durchaus gelungen bezeichnet werden. Auf Einzelheiten im Rahmen eines Referates einzugehen, verbietet sich von selbst. Nur um die Modernität des Werkes zu kennzeichnen, sei darauf hingewiesen, daß z.B. die Orientierung der Fledermäuse durch Ultraschall und Echopeilung, die Populationsdynamik der Spitzmäuse und Nagetiere ebenso Erwähnung fin- den wie die auf vorgeschichtliche Untersuchungen beruhende Altersbestim- mung der ausgestorbenen Riesenfaultiere in Patagonien und vieles andere. Bei seltenen Tieren werden Standortsnachweise in deutschen oder anderen europäischen Zoologischen Gärten gegeben. Der zweite Schwerpunkt des Buches liegt auf seiner reichen Bebilderung. Die Photos sind durchweg nach dem Leben angefertigt, z.T. von Stücken aus freier Wildbahn, z.T. nach Pfleglingen in Zoologischen Gärten. Es ist eine beachtliche Auswahl, die einen guten Eindruck von der Formenmannigfaltigkeit im Reich der Säugetiere vermittelt. Passionierte Zoobesucher werden es besonders an- ziehend finden, alle ihre Freunde in diesem Werk wiederzufinden.

K. Becker

A. Remane Die Grundlagen des natürlichen Systems, der vergleichenden Anatomie und der Phylogenetik. 2. Aufl. Akademische Verlagsge- sellschaft, Leipzig 1956, VI + 400 S. mit 82 Abb., geb. DM 29,80.

Die Zusammenhänge von Morphologie, Systematik und Phylogenetik werden seit Jahrzehnten nicht nur von Außenstehenden, sondern gerade von den auf dem Gebiete Arbeitenden mit recht unterschiedlich gründ- licher Kritik behandelt. Deshalb kommt im Interesse des gesamten Wissens- zweiges diesem Buch ein hoher Wert zu, das es unternimmt, die grund- legenden Begriffe sorgfältig und kritisch zu diskutieren. Daß das anerkannt wird, kommt schon darin zum Ausdruck, daß das Buch schon nach wenigen Jahren in zweiter unveränderter Auflage erscheint. Im einzelnen sind be- sonders auch folgende Begriffe behandelt: Homologie, Homonomie, Ana- logie, Stammbaumproblem, Polyphylie, Typus und Stammform, Biogene- tisches Grundgesetz, Vervollkommnungsgesetze, Spezialisationsgesetz, Dollo’- sches Gesetz, Wert der rudimentären Organe, Mikro- und Makro-Evolution,

14°

212 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Erblich-Werden von Modifikationen, Mutationstheorie. Es dürfte sich emp- fehlen, daß jeder, der auf systematisch phylogenetischem Gebiete arbeitet, vor der Auswertung seiner Feststellungen dieses Buch liest; das dürfte uns viel unnötig bedrucktes Papier ersparen. W. Koch

W. G. Heptner, L. G. Morosowa-Turowa und W. I. Zalkin Die Säugetiere in der Schutzwaldzone. Geographische Verbreitung, Lebensweise und wirtschaftliche Bedeutung. Übersetzung aus dem Russischen von 0. Wurster. Wissenschaftliche Redaktion H.-E. Schulz. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1956. 344 S., 169 Abb., Hln. DM 26,15.

Das Gebiet, über dessen Säugetierfauna berichtet wird, umfaßt die Step- pen- und Waldsteppenbezirke des europäischen Teils der UdSSR, für die 1948 ein Plan über Schutzwaldaufforstungen, die Einführung von Getreide-, Hackfrucht-, Gras- und Fruchtfolgen, den Bau von Teichen und Wasser- reservoiren zur Sicherstellung großer und ständiger Ernten erlassen wurde. Es werden alle 118 Säugerarten berücksichtigt, die in einem Areal leben, das im Osten durch das Uralgebirge und den Uralfluß, im Süden durch das Kaspische Meer, den Kaukasus und das Schwarze Meer und im Westen und Norden durch die Linie Ismail Odessa Winniza Tscherni- gow Tula Rjasan Kasan Ufa etwa begrenzt wird. Weggelassen wurden die Arten in den Vorgebirgs- und Gebirgszonen des Kaukasus, da sie zur Steppenlandwirtschaft und zu den Waldaufforstungen in keiner direkten Beziehung stehen. Die Hauptaufgabe des Buches ist nämlich, die Beziehun- gen der Säugerfauna zu den schon durchgeführten und geplanten weitgehen- den und einschneidenden Veränderungen der Landschaft und ihrer Biotope durch die land- und fortswirtschaftlichen Maßnahmen in den Steppengebie- ten zu klären und zu „lenken“.

In der Einleitung (I) wird das Gebiet charakterisiert, und es werden allgemeine Fragen über die Anpassung der Tierwelt au das Leben in der Kulturlandschaft und deren Veränderungen in bezug auf die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht, die Pelztierjagd, die Übertragung von Krank- heiten, die Massenvermehrung der Nager und ihre Verhinderung, die Bedeu- tung der Raubtiere u. dgl. erörtert. Das zweite Kapitel gibt eine ausführliche Anweisung zur Benutzung der Bestimmungstabellen (II), die so eingerichtet sind, daß die meisten Arten nur nach äußeren Merkmalen auch von Unge- übten zu identifizieren sind. Der Hauptteil enthält eine Übersicht der Säuge- tierarten (III) des Gebietes und über ihre Verbreitung, Lebensweise und wirtschaftliche Bedeutung. Nach Bestimmungstabellen für die Ordnungen, Familien, Unterfamilien und Arten, werden die einzelnen Säugerarten be- handelt. Bei einigen wird auch kurz auf die Unterarten eingegangen, bei an- deren, bei denen es erwünscht wäre, leider nicht (z.B. bei Erinaceus euro- paeus L.). Die Besprechung jeder Art enthält als Überschrift die deutschen,

Buchbesprechungen 213

die wissenschaftlichen und die russischen Namen. Wenn die wissenschaft- lichen Namen den bei uns gebräuchlichen nicht entsprechen, wird durch eine Fußnote der deutschen Redaktion darauf hingewiesen. Die Besprechungen gliedern sich dann in: Beschreibung, Maße, geographische Verbreitung, Le- bensweise, Feinde und wirtschaftliche Bedeutung. Für die meisten Arten, die nicht in dem ganzen Gebiet vorkommen, sind sehr übersichtliche Verbrei- tungskarten beigegeben, außerdem in der vorliegenden deutschen Ausgabe photographische Wiedergaben der besprochenen Säugetiere, die hauptsächlich Brehms Tierleben und (in der Mehrzahl) der staatlichen Fotothek Dresden entnommen sind. Die Auswahl ist nicht immer glücklich; so handelt es sich z.B. bei der „Schermaus‘ der Abb. 146 offensichtlich um eine schlecht ge- stopfte Ratte. Aus der russischen Ausgabe übernommen wurden anatomische Übersichtszeichnungen und Skizzen von Arten, für die keine Photos zu be- schaffen waren. Sie wurden von N. N. Kondakow ausgeführt und sind z.T. vorzüglich. In den Abschnitten über die Lebensweise finden sich viele interessante und wertvolle Angaben über Biotope, Nahrung, Wohnbauten, Brunstzeiten, Trächtigkeit, Jungenzahlen u. dgl. Das letzte Kapitel behandelt Methoden zur Vertilgung schädlicher Nager (IV) und ist in die vier Ab- schnitte agrotechnische, biologische, mechanische und chemische Maßnah- men gegliedert. Den Abschluß des sehr brauchbaren Buches bildet ein Lite- raturverzeichnis, das hauptsächlich russische und einige zusammenfassende deutsche Arbeiten enthält, sowie eine Gegenüberstellung der deutschen, wis- senschaftlichen und russischen Namen der behandelten Säugetiere und ein Verzeichnis der Artnamen mit Seitenhinweisen. K. Herter

Rene Derheyen Monographie Ethologique de L’Hippopotame (Hippopota- mus amphibius Linne). Institut des Parcs Nationaux du Congo Belge, Brüssel 1954. 91 S. mit 31 Abb.

Im Vorwort stellt sich Verf., der sieben Monate im Albert National Park mit Verhaltensforschung am freilebenden Großwild verbrachte, in Gegensatz zu jenen Autoren, die „in romantischer Sentimentalität‘“ totalen Schutz der Tierwelt predigen, nachdem sie selbst nach besten Kräften mit ihr Miß- brauch getrieben haben. In der Einleitung wird gezeigt, mit welchen Phra- sen man sich häufig über unsere Unkenntnis vom Leben „dieses bekannten Dickhäuters“ hinwegsetzte. Zählung auf einer ca. 32km langen Flußstrecke am Edouard-See ergab einen Bestand von etwas mehr als 2000 Tieren. Sied- lungsdichte wechselnd, im Höchstfalle auf alle fünf Meter ein Tier. Haupt- erfordernisse an den Lebensraum: Flachwasser und (im Beobachtungsgebiet) Ufer mit reichem Graswuchs. Hauptnahrung sind Gräser und Wasserpflan- zen (z.B. Pistia). Intensive und wechselnde Ausnutzung mehrerer Weide- plätze ermöglicht Ernährung auf relativ geringem Raum; Tagesbedarf etwa

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40 kg Grünfutter. Erstbeschreibung des Magens eines adulten Nilpferdes zeigt 14 Abteilungen. Kotablagerung im Wasser führte zu 60 cm hohen Anschwem- mungen von 2—4m Breite. Adulte Männchen bevorzugen markante Punkte auf dem Lande, Kothaufen können 60cm Höhe und bis zu 4m Breite er- reichen. „Ventilator“zerstreuung des Kotes nur bei geschlechtsreifen Bullen. Lokomotion zu Lande relativ begrenzt (kein Springen), so daß schon Stachel- draht in 30cm Höhe wirksame Absperrung bedeutet. Zu den Weideplätzen feste Pfade (bis 600m lang), „Birnenform‘“ des Territoriums ist nicht die Regel. Hauptaktivität nächtlich, Tagesschlaf im Flachwasser. Physiologische und anatomische Besonderheiten in Anpassung an amphibisches Leben und an Tauchvermögen kommen zur Darstellung. Keine ausgeprägte Brunstzeit. Paarung meist nachts, im Wasser, Tragzeit (nach Zoo-Daten) 233—234 Tage. Geburt zu Lande in vorbereitetem ‚Nest‘ oder im Flachwasser. Saugen auch unter Wasser. Die noch im Brehm von 1916 wiederholte Angabe, daß die Jungen „im Wasser gewöhnlich auf dem Nacken reitend getragen werden“ ist falsch. Feinde der Jungen: Krokodil und Löwe, vor allem aber alte Nil- pferdbullen. 14 Vogelarten wurden auf Nilpferden im Wasser rastend beob- achtet. Annäherung einzelner Elefanten an „Kindergärten“ werden von der Nilpferdherde geschlossen abgewehrt, bei Anwesenheit einer Elefantenherde ziehen sich die Nilpferde zurück. Im Beobachtungsgebiet fehlt der symbiont lebende Fisch Labeo velifer, möglicherweise vertritt ihn eine Barbenart. „Komplettes“ Gähnen mit Kreisbewegung des Kopfes bei offenem Maule nur bei adulten Bullen. Zehn verschiedene Gruppierungen oder Verhaltensweisen werden beschrieben, die über das Geschlecht der beteiligten Tiere Aufschluß geben, ferner sechs intraspezifische Signale. Jungtiere sind spielfreudig. Im Gegensatz zu Hediger sieht Verf. die soziale Struktur als matriarchalisch an, die Kühe sind verantwortlich für die Disziplin innerhalb der Herde und für ihre Verteidigung; die Gattenwahl geht von der Kuh aus, der auch allein die Erziehung des Jungtieres obliegt und sein Schutz gegen Angriffe von Bullen. Kühe und Jungtiere schließen sich zu einer „‚Kindergarten“-Gemein- schaft zusammen, innerhalb der keine streitsüchtigen Bullen geduldet wer- den. Fremde Mütter übernehmen die Sorge für ein Jungtier, dessen Mutter vorübergehend abwesend ist. Eine Mutter im Kampf mit einem Bullen zur Verteidigung ihres Jungen findet Unterstützung durch andere Mütter. Bei jeder Herde 2—6 adulte Bullen, jeder mit eigenem Ruheplatz. Unter adulten Bullen Rangkämpfe, zuweilen mit tödlichem Ausgang. Intraspezifische Kampf- lust groß, halbwüchsige Bullen sind von der Fortpflanzung ausgeschlossen, einzelne können sich mit ranghöheren Bullen zu festen Paaren zusammentun. Eine Gemeinschaft von Nilpferden kann bei Ruhe durch Absonderung des Kindergarteus, der halbwüchsigen Bullen usw. weit zerstreut sein, vereinigt sich aber sofort bei Alarm. Vorhandensein von Nilpferden steht in positiver

Buchbesprechungen 215

Korrelation zum Fischreichtum des Gewässers. Für kaum einen europäi- schen Säuger liegt eine ähnlich gute Darstellung des Gesamtverhaltens vor. K. Zimmermann

Ferdinant von Raesfeld Das Rehwild. Naturgeschichte, Hege und Jagd. 4., völlig umgearbeitete Auflage, herausgegeben von Gerd von Let- tow-Vorbeck und Dr. Walter Rieck. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin 1956, 3258 S. mit 186 Abb., 4 farb. Bildtafeln. Gin. DM 32,—.

Monographien über das jagdbare Wild, die nicht nur Jäger, sondern auch Naturwissenschaftler ansprechen und. befriedigen können, sind nicht gerade häufig. Das alte Handbuch von Raesfeld hat immer im jagdlichen Schrifttum eine beachtliche Stellung eingenommen. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, wenn es nun nach langer Pause völlig umgearbeitet und den ge- genwärtigen Verhältnissen Rechnung tragend wieder zur Verfügung steht. Den naturwissenschaftlichen Teil verfaßte W. Rieck vom Institut für Jagd- kunde in Hann.-Münden. Neben den äußeren Kennzeichen des Rehes werden begreiflicherweise Form und Entwicklung des Geweihs mit seinen Regel- widrigkeiten eingehend beschrieben. Es folgt ein etwas lehrhaft abgefaßtes Kapitel über die Großanatomie. Besondere Beachtung verdient hier jedoch die kritische Darstellung der ‚„Altersabschätzung nach dem Gebiß“. Aus dem Abschnitt „Lebensweise und Verhalten‘ sind vor allem die Darstellungen über Fortpflanzung und Feinde hervorzuheben. Im übrigen wird aber auch klar, wie sehr es noch an systematischen Beobachtungen mit verhaltens- physiologischer Fragestellung mangelt. Die Jägerschaft könnte hier dankbare Probleme aufgreifen und einer Lösung näher führen. Sehr zu bedauern ist, daß im Text genannte Autoren nicht mit ihren Arbeiten zitiert sind. Der Benutzbarkeit dieses Teiles sind dadurch leider Schranken gesetzt. Man sollte doch nicht vergessen, daß ein übersichtlich geordnetes zuverlässiges Litera- turverzeichnis mit vollständigen (!) Zitaten für viele Leser eine Quelle der Anregung sein kann. Hervorragend und auch für den Biologen mit großem Gewinn zu lesen ist der von G. von Lettow-Vorbeck verfaßte Bei- trag über die Hege des Rehwildes. Verf. schöpft hier aus einem reichen Quell persönlicher Erfahrung, diskutiert seinen Standpunkt mit soviel Um- sicht, greift über auf gut belegte Erfahrungen aus anderen Revieren (hier mit Quellenangaben), daß seine Lektüre ungemein anregend wirkt, die auch dann lohnt, wenn kein ummittelbarer Bedarf vorliegt. Zudem bietet er eine willkommene Ergänzung hinsichtlich Körpergewichte, Altersschätzung, Er- nährung und manchem mehr zu dem vorherigen Abschnitt „Naturgeschichte“ des Rehes. Der dritte Teil des Buches befaßt sich mit der Jagd. Auch hier zeichnet von Lettow-Vorbeck verantwortlich. Eine Unzahl wertvoll-

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ster Anregungen werden in einprägsamer Form dem Jagdausübenden nahe gebracht. Die Ausstattung des Buches ist der Tradition des Verlages entspre- chend vorzüglich. K. Becker

Lutz Heck Der Rothirsch. Ein Lebensbild. 2. neubearb. Aufl., 160 S. mit ca. 110 Abb. nach Aufnahmen aus freier Wildbahn, Kunstdruck. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin 1956. Gln. DM 24,—.

Ein gutes Buch in der Reihe der populärwissenschaftlichen Literatur.

Der Verf. hatte als langjähriger Zoo-Direktor, sowie vor allem in seiner beratenden Stellung seit 1933 die Möglichkeit, sich eingehend mit dem deut-

schen Rothirsch zu beschäftigen. in Bayern und Mecklenburg, vor allen Dingen aber in den besten, ehem. kaiserlichen Rothirschrevieren Ostelbiens (Rominten, Schorfheide). Das Buch bringt in den ersten vier Kapiteln

in übersichtlicher und belehrender Form alles für den interessierten Laien Wichtige über die Biologie und den Jagdbetrieb, und man kann nur wün- schen, daß diese Dinge in den weitesten Kreisen bekannt werden. Vielleicht ist auf das „Problem Nr. 1“, das Schälen des Rotwildes, das heute im Vor- dergrund aller Diskussionen steht, etwas zu wenig eingegangen, die aller- jüngsten Erfahrungen (Beifuttermittel nach Fm. Lindner) waren wohl auch noch nicht bekannt. Kapitel fünf bringt eine für den Jäger sehr in- teressante Zusammenstellung der hundert besten rezenten Rothirschgeweihe nach der Punktzahl geordnet. Kapitel sechs schließlich gibt einen Über- blick über die „Hirscharten der Erde“. Diesem Kapitel hätte man eine mehr konzentrierte Darstellung gewünscht: Während primitive Hirschformen, wie Muntjak und Wasserreh, eine ausführliche Darstellung erfahren (warum wurde dann übrigens das Moschustier überhaupt nicht erwähnt?), werden sämtliche innerasiatischen Verwandten unseres Rothirsches, außer dem Wa- piti, gar nicht angeführt. Es fehlen also so interessante und wichtige Formen wie Hangul, Shou, Turkestan-, Yarkand- und Gelbsteißhirsch, ferner der „weiße“ Macneills’ Hirsch und der Weißlippenhirsch. Und gerade hier haben wir ursprüngliche Formen mit wenig Enden bis zu solchen, die bei guter Er- nährung sogar Becherkronen ausbilden können! Viele wichtige verwandt- schaftliche Zusammenhänge hätte das reiche Bildmaterial des Verf. auf- decken können, zeigt doch z.B. das schöne Foto S.88 ein ganz typisches helles Stirndreieck, wie es bisher nur für den Buchara-Hirsch bekanat war, bei einem deutschen Rothirsch. Bezügl. des Rehes hat Ref. in eigener Sache einzuwenden, daß es sich bei diesem in seinen rezenten Formen nicht ein- fach um „durch das Klima und die besonderen örtlichen Lebensbedingun- gen hervorgerufene Spielarten, welche durch Übergänge miteinander ver- bunden sind“, handelt, sondern um geographische Formen mit sehr langer, getrennter historischer Entwicklung, die sekundär wieder in Kontakt ge-

Buchbesprechungen 217

kommen sind. Die prachtvollen Abbildungen aus Gatterrevieren und freier Wildbahn geben dem Buch eine einzigartige Note und seinen besonderen Wert. E. von Lehmann

Paul Leyhausen Derhaltensstudien an Katzen. Beiheft 2 zur Zschrft. f. Tierphysiologie. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1956. 120 S., 76 Abb., auf Kunstdruckpapier, kart. DM 23,80.

In jahrelanger, unendlich geduldiger mühsamer Kleinarbeit hat Ley- hausen zusammengetragen, was sich an Katzen aller Art, zumeist Haus- katzen, an verhaltensmäßigen Beobachtungen bisher ermitteln ließ. Es er- brachte das keineswegs schon vollständige Verhaltensinventar der Hauskatze oder gar der Feliden. Das Hauptgewicht wurde auf das Verhalten zur Beute und auf das Sozialverhalten gelegt, und hier wiederum mehr auf die ver- schiedenen Bewegungstypen, als auf die stimmliche Betätigung, wenn diese auch überall mit gestreift ist.

Überlisten, Fangen, Töten, Rupfen, Anschneiden und Fressen der Beute werden genau analysiert. Die Verhaltensweisen des Fangens, Tötens und Ver- zehrens der Beute werden durch mindestens sieben Schlüsselreize ausgelöst, die nach der augenblicklichen Auffassung als angeboren gelten müssen, und die erfahrungsunabhängig reifen, abgesehen vom Totbeißen, zu dessen erst- maliger voller Auslösung es einer zusätzlichen unspezifischen Erregung bedarf.

Leyhausen drückt sich bei allen Formulierungen bewußt vorsichtig aus und bietet dadurch auch an solchen Stellen wenig Angriffsflächen, wo man gelegentlich widersprechen möchte. Mit Absicht nennt er seine Arbeit „Verhaltensstudien“ und deutet mit diesem bescheidenen Titel bereits an, daß er sich von einem vollständigen Verhaltensinventar noch ziemlich ent- fernt weiß. Aber wir dürfen überzeugt sein, daß er es bei der liebevollen Versenkung in diese Dinge und bei seiner fast monomanen Beschäftigung mit ihnen in absehbarer Zeit dazu bringen wird. Das gut lesbare und in jeder Beziehung gut ausgestattete Heft ist eine erfreuliche, empfehlenswerte Lek- türe, die hoffentlich dazu anregt, auch andere Säugetiere einer ähnlichen Bearbeitung teilhaftig werden zu lassen. Erna Mohr

F. H. van den Brink Die Säugetiere Europas. Ein Taschenbuch für Zoo- logen und Naturfreunde. Übersetzt und bearbeitet von Dr. Theodor Haltenorth. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin 1956, 225. mit 470 Abb., davon 163 farbig. Taschenformat. Geb. DM 19,80.

Es ist ein Wagnis und eine Tat zugleich, in gegenwärtigem Zeitpunkt ein Taschenbuch über die Säugetiere Europas im Stile des bereits in weiten Kreisen bestens eingeführten Taschenbuches über „Die Vögel Europas“ von Peterson Mountfort Hollom zu schreiben, sind doch trotz der geringe-

218 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

ren Artenzahl die im Gebiet vorkommenden Säuger bei weitem nicht so ein- gehend erforscht als die Vögel, so daß es an Vorarbeiten für viele Fragen noch wesentlich mangelt. Trotzdem kann man dem Verf. zum Gelingen sei- nes Werkes beglückwünschen. Das Buch ist für den Liebhaber wie für den Fachmann ein in gleicher Weise mit größtem Nutzen verwendbarer Feld- führer. Er bringt für die mehr als 180 in Europa heimischen Arten in stich- wortartiger knapper Darstellung Auskunft über Kennzeichen, Lebensraum, Aufenthalt, Fortpflanzung, Entwicklung und andere Lebensäußerung. Dazu werden charakteristische Unterschiede zu ähnlichen Arten hervorgehoben. Für die Lebensräume und Lebensweisen sind die deutschen Verhältnisse vom Original abweichend etwas stärker hervorgehoben. Ergänzende Angaben über Altersstufen der Stirnwaffen und eine Gebißformel- und Lebensdaten-Ta- belle wurde in besonderen Kapiteln von Th. Haltenorth beigesteuert. Wie schon im Vorwort des Verf. betont wird, konnten nicht für „jede Säuge- tierart lückenlose und ganz richtige Tatsachen“ gebracht werden. Dies tut der Brauchbarkeit des Führers keinen Abbruch; regen doch die offenen bzw. strittigen Fragen jeden Beobachter dazu an, genau hinzusehen und seine Be- funde auch anderen mitzuteilen. Besondere Hinweise dazu finden sich in einer am Schluß des Buches angefügten Zusammenstellung über „Wissen- schaftliche Erläuterungen‘, die nach Ansicht des Ref. noch mehr ausgebaut werden sollten, schon um das Interesse der Liebhaberzoologen in fruchtbare Bahnen zu lenken. Ein wesentlicher Vorzug des Buches sind die 138 ein- gestreuten Verbreitungskarten, welche mit einem Blick über das Vorkom- men der einzelnen Säugerarten orientieren. Sie machen nicht in allen Fällen den Anspruch auf absolute Zuverlässigkeit. Auch hier kann jeder Feldzoologe, noch dazu in einer so reisefreudigen Zeit wie der unsrigen, ergänzende Bei- träge liefern, um die Grenzgebiete der Verbreitung genauer festzulegen. Das Erkennen der einzelnen Säuger wird ganz hervorragend unterstützt durch 163 farbige Abbildungen, die in ausgezeichneter Weise von einem der besten Tiermaler, Paul Barruel, angefertigt wurden. Auf die unterschei- denden Merkmale wird auch hier besonders hingewiesen. Wir wünschen dem äußerst nützlichen und anregenden Buch weiteste Verbreitung. Für eine hoffentlich bald notwendig werdende zweite Auflage wünscht sich Ref. dün- neres Papier und einen biegsameren Einband, um das Buch auf Exkursionen und Reisen noch bereitwilliger in der Tasche griffbereit bei sich haben zu können. K. Becker

Hermann Wurmbach Lehrbuch der Zoologie. Band I: Allgemeine Zoologie und Okologie. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1956. XI + 535 Seiten, 379 Abbildungen im Text. Preis geb. DM 42,—. Seit über 20 Jahren hatte die zoologische Wissenschaft in Deutschland den Mangel an Lehrbüchern beklagen müssen, und diese Lücke konnte auch

Buchbesprechungen 219

ein Meisterwerk wie der immer wieder aufgelegte Grundriß von A. Kühn nicht ausfüllen. Aber jetzt erschien neben dem außerordentlichen, in 3 Liefe- rungen bereits auf über 650 Seiten gediehenen „Lehrbuch der Speziellen Zoologie“ von A. Kaestner der 1. Band eines Lehrbuches der Zoologie von H. Wurmbach, der der „Allgemeinen Zoologie und Okologie‘ gewidmet ist.

In 9 Kapiteln (I. Einleitung; Il. Die Zelle; III. Entwicklung; IV. Ver- erbungslehre; V. Abstammungslehre; VI. Stoffwechselphysiologie; VII. Be- wegungs- und Reizphysiologie; VIII. Das Verhalten der Tiere; IX. Okologie) führt dieser Band seine Gegenstände in flüssiger, sicherlich gedrängter Dar- stellung vor. In dem Rahmen, den das Buch sich setzen mußte, sind Umfang und Vollständigkeit der vermittelten Informationen höchst eindrucksvoll; es ist dem Verfasser gelungen, seinen Leser bis an die neuesten Erkenntnisse der allgemeinen Zoologie heranzuführen und sie seinem Verständnis zu er- schließen. Mit Beifall wird man den Bemühungen um neue und instruktive, schematische und diagrammatische Darstellungen der verschiedenartigsten Sachverhalte folgen, und glücklich erscheint die jedem Kapitel vorange- schickte Zusammenstellung des einschlägigen, hand- und lehrbuchmäßigen oder sonst zusammenfassenden Schrifttums.

Deutlich ist überall die Absicht, durch intensivere Behandlung wirtschaft- lich wichtiger Gesichtspunkte und Fragen gerade auch dem praktischen Zoo- logen in Land-, Forst- und Vorratswirtschaft entgegenzukommen, und hierin liegen besondere Vorzüge und Stärken dieses Lehrbuches. Vor allem das ökologische Kapitel erscheint fast ganz für solche Bedürfnisse angelegt, und einige darüber hinausgreifende kurze Abschnitte (Steppe, Wüste) wollen nicht durchweg als gelungen, gelegentlich sogar unbedacht anmuten, und sie schmälern damit ein wenig das Verdienst, das die in einem Lehrbuch der allgemeinen Zoologie vielleicht erstmals so breite Berücksichtigung der Oko- logie zweifellos darstellt. Aber es ist klar, daß in einem Werk mit der Auf- gabe einer lehrbuchmäßigen Bewältigung seines heute so reich und vielseitig gewordenen Stoffes nicht alle Passagen gleichmäßig glücklich geraten und auch gelegentliche Versehen (die Formeln S. 193) nicht ausbleiben können.

Zweifellos ein Lehrbuch konservativen, in Deutschland herkömmlichen Typs, das sein Hauptgewicht auf die Stoffvermittlung legt. Man kann sich daneben aber eben doch wohl nur neben einem solchen Lehrbuch ein anderes vorstellen und wünschen, das ganz auf die gedankliche Durchdrin- gung und Entwicklung des Gesamtphänomens tierischen Lebens gestellt wäre. Wir freuen uns, daß zunächst H. Wurmbach uns dies hier vorgelegt hat; vom Verlage vorzüglich ausgestattet, gehört es würdig in die Hände aller Zoologiestudenten und -lehrer. | K. Günther

220 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Erna Mohr Ungarische Hirtenhunde. Die Neue Brehmbücherei, Heft 176. A. Ziemsen-Verlag, Wittenberg Lutherstadt 1956. 108 p., 96 Abb.., DM 5,20.

In der Einleitung wird die Bedeutung der Ungarischen Hirtenhunde in ihrer Heimat als Gebrauchshunde geschildert. Es folgt eine Beschreibung der vier Rassen Kuvasz, Komondor, Puli und Pumi, sowie ein Überblick über ihre Zucht, Haltung und Verwendung in Deutschland. Der international aner- kannte Standard wird in deutscher und als Anhang in englischer und franzö- sischer Sprache gegeben. Von den verwandten Rassen sind u. a. Liptaki und Pyrenäen-Hirtenhund aufgeführt. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit dem Haarkleid, der Geschlechtsreife, dem Zuchtalter, Größe und Gewicht, Gang- werk und Bewegungsweisen, sowie Gesichtsschädel, Gebiß und Bißformen.

Verf. verwirft mit Recht die zahlreichen unklaren Züchterbegriffe, wie Überbiß, Reibebiß u. a., sollte jedoch auch den Ausdruck „Uberzüchtung“ hierin einbeziehen, der selbst in dem zweibändigen Lexikon der Hunde- freunde von Zimmermann keine Erklärung findet. Grundsätzlich sollten auch die Standards nach wissenschaftlich-systematischen und -tierpsychologi- schen Methoden neu bearbeitet werden. ‚Augen mit treuem Ausdruck“ kön- nen nicht als besonderes „Rassenkennzeichen“ der Ungarischen Hirtenhunde angesprochen werden. Auf diesen allgemeinen Übelstand in den Rassenstan- dards wird an anderer Stelle deutlich hingewiesen.

Mit Recht wird auch vor einer Überbewertung des Prämolarenschwundes gewarnt. Die Forderung jedoch, ohne Einschränkung Zahl, Größe und Stel- lung der Prämolaren als „ziemlich belanglos“ völlig unbewertet zu lassen, dürfte zu weit gehen und weder bei Züchtern noch bei Zuchtrichtern auf Verständnis stoßen.

Die Unterbißschere kann dagegen keinesfalls als Abnormität angesehen werden (zit. nach Agduhr und Weber). Sie findet sich bei Wölfen und Schakalen gegenüber dem Zangenbiß häufiger als eine Prämolaren- reduktion und ist beim Fuchs die Regel.

Ein verbogener Penisknochen ist auch nicht unbedingt ein Zeichen dafür, daß der Rüde gedeckt hat, ehe er völlig ausgereift war. Es gibt viele Rüden (auch unter den wildlebenden Verwandten), die vor dem zuchtamtlich fest- gelegten Alter decken, ohne sich dabei ihren Penis zu verbiegen. Die Ursache hierfür dürfte vielmehr in rhachitisch u. a. bedingten Knochenveränderungen zu suchen sein.

Abgesehen von diesen geringfügigen Einwänden bietet das Heft eine sehr klare und anschauliche Darstellung einer Hundegruppe, die der Verf. seit Jahrzehnten besonders am Herzen liegt. Es gewinnt durch seine grundlegen- den Ausführungen über diesen engen Rahmen hinaus Allgemeinbedeutung für alle Hundefreunde. Die reiche Ausstattung mit guten Fotografien und Zeich- nungen ist vorbildlich. G. Gaffrey

Buchbesprechungen 221

W. Herre Rentiere. Neue Brehmbücherei, Heft 180. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt 1956. DM 3,—.

Im wesentlichen stellt das Heft einen Auszug aus der umfangreichen Ren-Monographie des Verfassers dar, die bereits im Heft 1/2 des 21. Bandes dieser Zeitschrift eingehend besprochen wurde. Wer sich nur schnell über das in so vielfacher Hinsicht besonders interessante Rentier informieren möchte, findet jedoch auch in dieser Kurzfassung alles, was er wissen muß.

Unter Verarbeitung vielen Tatsachenmaterials werden Verbreitung und Formenkreis, Körper- und Geweihgestalt, Lebensweise sowie die Bedeutung als Jagd- und Haustier geschildert. Da der Verfasser bei seiner Darstellung von den verschiedensten Gesichtspunkten der Biologie und Okologie ausgeht, ergibt sich ein gleichmäßig abgerundetes Bild, das dem Leser auch einen guten Eindruck vom Lebensraum des Tieres und den dort herrschenden Be- dingungen vermittelt. Viel tragen dazu die schönen und instruktiven Abbil- dungen bei. Das von Sdobdnikov übernommene Schema der wechsel- seitigen Beziehungen zwischen Ren und Tundratierwelt scheint Ref. allerdings wenig bedeutungsvoll: durch „Beziehungen“ dieser Art lassen sich bei einiger Konsequenz schließlich alle Tiere des Erdballs miteinander verknüpfen.

W. Gewalt

Marca Burns The Genetics of the Dog. Commonwealth Agricultural Bureaux, Farnham Royal, Bucks (England) 1952, 122 p., 44 Fotografien, 17 Strichzeichnungen. Geb. 12s, 6.d.

Über das Erbgut des Hundes ist eine große Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen durchgeführt worden. Die Ergebnisse dieser Forschungen haben jedoch für die praktische Hundezucht bisher keine wesentliche Bedeu- tung erlangt. Das liegt einmal daran, daß sie in Fachzeitschriften veröffent- licht wurden, die dem Züchter in der Regel nur schwer zugänglich sind, z. a. an der ihm meist ungeläufigen Fachsprache.

Verf. hat es unternommen, die wissenschaftlichen Kenntnisse über die Vererbung des Hundes das Literaturverz. zählt 240 Titel in einer all- gemeinverständlichen Form darzustellen und praktische Nutzanwendungen zu geben. Das ist im wesentlichen gelungen. Wenn trotz der großen Zahl der Arbeiten bisher kein einheitliches und ausreichendes Bild über die Vererbung des Hundes gegeben ist, so dürfte der Grund vorwiegend darin zu suchen sein, daß bis auf wenige Ausnahmen zu denen auch Verf. gehört die Wissenschaftler keine Hundezüchter und die Hundezüchter keine Wissen- schaftler sind, woraus eine Scheidung zwischen Theorie und Praxis resultiert.

Darüber hinaus gibt das Buch aber auch dem Wissenschaftler eine gute Übersicht über den derzeitigen Stand der genetischen Erforschung des Hun- des und viele Anregungen, die zahlreichen Lücken durch Zusammenarbeit mit dem Züchter schließen zu helfen.

222 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

Das 1. Kap. bringt eine allgemeine Einführung in die Vererbungslehre, insbesondere Erklärung der Mendelschen Regeln und ihren Wert für die Hundezucht. Im 2. Kap. wird die Fortpflanzung Brunstperioden, Ge- schlechtsreife, Fruchtbarkeit, Wurfgröße usw. und ihre Störungen behandelt.

Den deutschen Züchter überrascht die Angabe, daß dem Kryptocchis- mus und dem Monorchismus Fehler, die auf deutschen Hundeausstellun- gen unweigerlich zur Disqualifikation führen keinerlei züchterische Be- deutung beigemessen wird. Das 3. Kap. behandelt Körperbau, Typ und Ge- stalt, deren Abhängigkeit von Erbfaktoren und Umwelteinflüssen. Im 4. Kap. wird die Vererbung anormaler physiologischer Konstitutionen (Rhachitis- und Staupeanfälligkeit, Hämophilie, Taubheit, Katarakt u. a.) und einiger anato- mischer Besonderheiten beschrieben und in einer Liste zusammengestellt. Der 5. Abschn. beschäftigt sich mit dem angeborenen ‚Wesen‘ des Hundes und seiner exakten Bewertung durch Testung mittels bedingter Reflexe. Im 6. und 7. Kap. werden Fellstruktur, Hautbildungen und insbesondere die Haarfarbe auf ihre Erblichkeit untersucht und Beispiele gegeben für die Züchtung be- stimmter Pelzfärbungen durch Verdrängungszucht. Anschließend gibt das 8. und 9. Kapitel eine Gegenüberstellung der wissenschaftlich-theoretischen Ar- beiten und der praktischen Zuchtmethoden, eine Auswertung der verschiede- nen Vererbungstheorien (Mendel, Lyssenko) für die Hundezucht sowie An- weisungen, wie bestimmte Zuchtziele jeweils durch Inzucht, Linienzucht und Fremdbluteinkreuzung, gegebenenfalls im Zuchtkollektiv, erreicht werden können. In einem Anhang werden Anleitungen zur Anlage einer Ahnenkartei gegeben und ein Sach- und Rassenregister. Den Abschluß bildet ein Verzeich- nis mit ausreichenden Erklärungen der gebrauchten Fachausdrücke.

Es wäre wünschenswert, wenn das Buch durch eine Übersetzung einem breiten Kreis deutscher Hundezüchter zugänglich gemacht würde.

G. Gaffrey

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Wissenschaftliche Sitzungen 223

Wissenschaftliche Sitzungen der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde ın den Jahren 1955 und 1956

1955

. 26. Januar: Gemeinsam mit der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft im

Hörsaal des Zoologischen Instituts der Freien Universität, Berlin-Dahlem. N. Tinbergen-Oxford: Vergleichende Verhaltensstudien an Möwen

(mit Lichtbildern und Film).

7. Februar: Gemeinsam mit der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in der „Landesbildstelie“, Berlin NW 87. H. Heberer- Göttingen: Das moderne Bild der Abstammungsgeschichte des Menschen (mit Lichtbildern).

. 28. Februar: Hörsaal des Zoologischen Instituts der Freien Universität,

Berlin-Dahlem. K. Herter-Berlin: Die säugetierkundlichen Arbeiten im Zoologischen Institut der Freien Universität (mit Lichtbildern und Demonstrationen).

25. April: Lichtbildraum der Schiller-Schule, Berlin-Charlottenburg. J. Dobberstein-Berlin: Domestikation und Krankheitsgeschehen bei Tieren.

12. und 13. Juni: Erweiterte Mai/Juni-Sitzung.

a) V.Wendland-Berlin: Kleinsäuger des Grunewaldes und ihre Lebens- räume (Führung durch den Grunewald mit Demonstrationen).

b) Rundfahrt durch Berlin im Reiseautobus.

ec) W. Schroeder-Berlin: Führung durch das Aquarium.

d) K. Heinroth-Berlin: Führung durch den Zoologischen Garten.

1. wissenschaftliche Sitzung im Lichtbildraum der Schiller-Schule, Berlin-

Charlottenburg.

e) G. Gaffrey-Dresden: Diskussion über die deutschsprachige Nomen- klatur der Säugetiere, insbesondere der deutschen Arten.

f) E. Curio-Berlin: Über den Jungentransport bei einer Gelbhalsmaus.

2. wissenschaftliche Sitzung im Zoologischen Institut der Freien Univer-

sıtät, Berlin-Dahlem.

8) K. Zimmermann -Berlin: Die Feldmaus der Orkney-Inseln und die moderne Feldmaus (mit Demonstrationen).

h) W.Gewalt-Berlin: Beobachtungen an Hörnchen (mit Demonstrationen).

i) Kuhn-Berlin: Vergleichende Beobachtungen über Aktivitätsrhythmen

einiger Winterschläfer.

224 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956

k)K. Heinroth-Berlin: Zoologische Beobachtungen in Indonesien (mit Lichtbildern).

6. 31. Oktober: Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie, Ber- lin-Dahlem. H. J. Arnold-Berlin: Beobachtungen an markierten Rötelmäusen aus dem Grunewald.

7. 28. November: Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie, Ber- lin-Dahlem. a)H. Dathe-Berlin: Beobachtungen zur Fortpflanzungsbiologie des Braunbären. b)K. Zimmermann-Berlin: Referat über neuere Bärenliteratur.

1956

1. 9. Januar: Gemeinsam mit der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in der „Landesbildstelle“, Berlin NW 87. H. Heberer-Göttingen: 100 Jahre Neandertaler-Forschung.

2. 27.Februar: Gemeinsam mit der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft im Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie, Berlin-Dahlem. M. Eisentraut-Stuttgart: Die Verbreitung der Säugetiere in den ein- zelnen Höhenstufen des Kamerungebirges (mit Lichtbildern).

3. 9. April: Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie, Bln.-Dahlem. K. Zimmermann-Berlin: Die Variabilität von Hermelin und Maus- wiesel (mit Demonstrationen).

4. 28.Mai: Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie, Bln.-Dahlem. W. Herold-Berlin: Die Variabilität der Zahnalveolen bei Langschwanz-

mäusen.

5. 28. Oktober: Berlin-Friedrichsfelde. H. Dathe- Berlin: Führung durch den Berliner Tierpark.

6. 26. November: Gemeinsam mit der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft im Hörsaal des Zoologischen Instituts der Freien Universität, Bln.-Dahlem. F. Peus-Berlin: Zoologische Reise nach Griechenland 1956 (mit Licht- bildern).

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel VI.

Abb. 2: 39. (oben) und 88. (unten) Nuß eines 94 bzw. 121 Tage alten Männchens. Es handelt sich um dasselbe Tier, das die in la gezeigte Nuß öffnete. Blick auf die Nußspitze:; vollendete Sprengtechnik.

88

Abb. 1. Oben: 14. Haselnuß eines 76 Tage alten Männchens, das mit 60 Tagen seine erste Nuß öffnete. Ein Lernfortschritt ist bereits abzulesen: das Tier nagte bevor- zugt an der Breitseite und Spitze der Nuß, doch sind noch viele überflüssige Nagespuren zu sehen. Bemerkenswert sind die tiefen Furchen in der Mitte der Breitseiten. Hier fanden die Zähne in der vorgebildeten Rinne (s. Abb. 5) guten Halt.

Unten: 11. Haselnuß eines jungen Weibchens.

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Abb. 3. Mit Sprengtechnik geöffnete Haselnuß von beiden Seiten gesehen.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel VII.

Abb. 5. Unversehrte Hasel- nüsse: lınks oben Blick auf die Spitze, untere Reihe in Seitenansicht. Man beachte die seichte Kerbe in der Mitte der Breitseite.

Abb. 4. Lochsprengtechnik eines 130 Tage alten Weibchens: 80. und 84. Nuß. Blick auf die Nußspitze. Die Nagefurchen stehen senkrecht aufeinander.

Zu R. Ortmann: Über die Musterbildung von Duftdrüsen in der Sohlenhaut der weißen Hausmaus (Mus musculus alba).

Abb. 1: Fußsohlenhaut der Maus (rechts) in der Reaktion auf Succinodehydrogenase

mit anschließender Aufhellung in konzentrierter Zucker-Fornol-Lösung. Man be-

achte die intensiv schwarz sich darstellenden Drüsen in den Sohlenballen, sowie

die reihenförmig an den Zehen angeordneten Gruppen. Die blasser dargestellten Komplexe stellen Talgdrüsen dar.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel VIII.

Abb. 1: ‚.Waschen‘* auf dem Trocknen; Abb. 2: Suchtasten; die Finger sind weit die Nase untersucht zwischendurch die gespreizt. Benter (tire ix pro maltra))

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Abb. 3: Procyon starrt beim Suchtasten Abb. 4: Greifen nach dem Wasserstrahl. in die Luft.

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Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel IX.

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Abb. 2: Erwachsene Zwerghamster. a) 5); etwa 5 Monate alt. b und c) 9. etwa 1 Jahr alt. Aufnahmen von H.-G.Rauch.

Abb. 3: Der Beobachtungsbau vor Ein- setzen der Zwerghamster. Vordere Hart- faserplatte abgenommen. Aufnahme von

K.

Herter.

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Abb. 4: Der Beobachtungsbau nach Einbau der Zwi- schendecke, von einem Zwerghamsterpärchen bewohnt. Das 5' sitzt in seinem Wohnkessel, das © in dem „oberirdischen‘‘ Teil seines Reviers. Rechts von sei- nem Wohnkessel hat es einen ,‚Abort‘‘ in den Gips-

gang genagt. Aufnahme von H.-G. Rauch.

Abb. 7: Ein etwa 1 Jahr altes Zwerghamsterweibchen,

das nach einer Störung seine 4 Tage alten Jungen aus dem Nest trägt. Aufnahme von H.-G. Rauch.

Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 21, 1956 Tafel X.

Abb. 8: Zwerghamster am Tage seiner Ge- Abb. 9: 4 Tage alter Zwerghamster mit wei- burt. Aufnahme von H.-G. Rauch. ßen Haaren an den Flankenorganen. Auf-

nahme von H.-G. Rauch.

S ER : u at Be: = 2 SE

Abb. 10: Noch blinder 13 Tage alter Zwerghanmster, an einer Mohrrübe fressend. Aufnahme vonHH.-G. Rauch.

Zu B. Grzimek: Maße und Gewichte von Flachland-Gorillas.

Ah, 3: 5-Gorilla Nr. 4, Gewicht 63 kg. fot.: Sabater Lassaletta.

Abb. 2: 5'-Gorilla Nr.1, Gewicht 169 kg. fot.: Sabater Lassaletta.

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