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| Deutschen
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XXI. Band.
1870.
B Berlin, 1870. |
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behren-Strasse No. 7.
Pa haäarlt.
A. Aufsätze.
Ts. Kıertır. Ueber die Terrassen in Norwegen und deren
E}
Bedeutung für eine Zeitberechnung bis zur Eiszeit zurück
Detesse. Lithologie der Meere der alten Welt .
A. Kuntu. Beiträge zur Kenntniss fossiler Korallen. (Hierzu
Tafel I.)
Runge. Anstehende Tnrasesteine) im n Beperunpsbinifk Brömbere.
(Mit einer Karte auf Tafel II.) RW
Asıcak. Der Ararat, in genetischer Beziehung bettachtei.
(Hierzu Tafel III.) .
Wesskv. Ueber die chemische Consiituklon 2: Ursnophens
Fern. Roener. Nekrolog von Friedrich AvdonpH RorMEr
EmsnueL Kayser. Ueber die en der Be
Diabase im Harz :
G. Berenot. Geologie des Knrischen Haffes al seiner Umpe:
IE RU Ra RE Re
J. Rote. Mar. Grassı, Ueber die Ausbrüche des Aetna im
November und December 1868 . EN SL
Hermann CreDneR. Die Kreide von New Jersey. er Ta-
seh IV.) -.
J. Rorts. Ueber die Gleichzeitigkeit dei Valkanı von aan
und des Menschen und über die paläoethnologischen Funde
in der römischen Campagna überhaupt .
Zeuschner. Beschreibung neuer Arten oder eigonkhämlichin aus-
gebildeter Versteinerungen. (Hierzu Tafel V., VI. VII.)
Ben K. Emerson. Die Liasmulde von Markoldendorf bei Ein-
beck. (Hierzu Tafel VIIL, IX., X.). ER
J. Lempers. Ueber einige Ummendlüngen Felandreher Feld-
spathe Se ER LT
ZEUSCHNER. Einige Bemerkungen über die geognostische Karte
von Oberschlesien, bearbeitet von Herrn Fernınann RoEMER
Paur GroTs. Ueber den Topas einiger Zinnerzlagerstätten, be-
sonders von Altenberg und Schlaggenwalde, sein Vor-
kommen und seine Krystallformen. (Hierzu Tafel XI.)
Dausr£&e. Synthetische Versuche bezüglich der Meteoriten, Ver-
Seite
92
103
173
189
191
252
271
335
379
381
IV
Seite
gleiche und Schlussfolgerungen, zu welchen diese Versuche
führen. . N RE 3 Mes ER
Franz JosEpu Were Die Tertiärformation im Klett-
gau.' (Hierzu Tafel XI.). . . . 471
Fern. Rormer. Ueber Python Eiboiu eine nl
schlange aus tertiärem Kalkschiefer von Kumi auf der
Insel Euboea. (Hierzu Tafel XIH.) . . ... . . 582
G vom Rats. Geognostisch-mineralogische Fragmente aus Ita-
lien. III. Theil. (Hierzu Tafel XIV. und XV.)
H. Laspeyres. Das fossile Phyllopoden-Genus Leaia R. Jones.
(eiterzar Date xVE) 222 ö a
Kenncort. Ueber den Palatinit von Norheimn. in der Pfalz 2,
G. Rose. Ueber ein Vorkommen von Zirkon in dem Hyper-
sthenit des Radauthales bei Harzburg . . . 794
A. Kunte. Ueber wenig bekannte Orustaceen von Solenhaterr
(Hierzu Tafel XVII. und XVIL). . . . 771
J. Lemserg. Chemisch-geologische Untersuchung einiger ‚Kalk-
lager auf der finnischen Schäreninsel Kimito. (Hierzu
Tafel XIX nr se Se
Enmanver Kayser. Studien aus dem Gebiete des rheinischen
Devon nn. 1m. Na Pr en
E. Weiss. Studien über Dh (Hierzu Tafel XX.,
XRT und XXla) 30. 337.806
Rammatsßers. Ueber den Meteoıs Sie von ann ....889
Raumstspeng. Ueber das Schwefeleisen des Meteoreisens . 893
RammELspers. Ueber die Zusammensetzung des Lievrits . 897
Rımmetsgerg. Ueber den Anorthitfels von der Baste. . . 8%
. Berenport. Das Auftreten von Kreide und von Tertiär bei
Grodno am Niemen. (Hierzu Tafel XXIL, XXIII, XXiV.) 903
B. Briefliche Mittheilungen
Baaan
des Herrn Orımer . . x Nr.
der Herren SAnDBERGERA, De und A .::198
der Herren Heymann, Knop und ZERRENNER . . ... 98
C. Verhandlungen der Gesellschaft . . . 181. 455. 762. 925
Del ET Sala er ee EEE
N ed ed FRE Don v En n
Zıeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
1. Heft (November, December 1869, Januar 1870).
A. Aufsätze,
I. Ueber die Terrassen in Norwegen und deren Bedeu-
tung für eine Zeitberechnung bis zur Biszeit zurück.
Von Herrn Ta. Kırrurr ın Christianıa.
(Vortrag, gehalten in der mineralogisch - geologischen Section der Ver-
sammlung der nordischen Naturforscher zu Christiania am 9. Juli 1568.
Auszugsweise mitgetheilt von Herın A. Kuxru in Berlin.)
Wenn man durch die Thäler Norwegens emporsteigt, so
wird die Aufmerksamkeit des Wanderers durch gewisse eigen-
thümliche Terrassen in Anspruch genommen. Die in den
Felsenkörper eingewaschene Thalsohle nämlich, die mit Thon,
Sand, Grus und Steinen erfüllt ist, bildet nicht eine schiefe
Ebene vom oberen Anfang des Thales bis zu seiner Mün-
dung in’s Meer, sondern sie erhebt sich in Stufen. Wenn
man nicht gerade dem Rinnsal, welches der Bach auswäscht,
folgt, sondern wenn man auf dem angeschwemmten Thalboden
hinaufwandert, so kommt man plötzlich einen Steilhang hinan,
von einer tiefer gelegenen zu einer hoheren Ebene. Auf die-
ser bleibt der Wanderer ein Stück Weges, um dann wieder _
eine Stufe höher zu kommen u. Ss. w.
Diese Ebenen mit scheinbar horizontaler, in Wirklichkeit
etwas geneigter Oberfläche und mit einem bedeutenden Absturz
(30 ° gegen den Horizont) gegen die Thalmündung bezeichnen
wir mit dem Worte Terrassen.
Zeits.d. D. geol.Ges. XXIIJ, 1. 1
Es liegt nahe anzunehmen, dass eine ehemals mit der
Terrasse gleich hochstehende Wasserfläche die Bildung der
Terrassen bewirkt habe. Will man nun das Meer als Ursache
aller Terrassen von der obersten bis zur untersten annehmen,
so muss man in allen Terrassen Seewasserfossilien nach-
weisen und zugleich eine gleichmässige Bildung an allen diesen
Stufen zeigen. — Indessen kennt man fossile Seethiere nur bis
500 - 600° Meereshöhe, und auch die Bildung des Thalbodens
wird an diesem Punkte deutlich eine andere, wie man das auf
einer geologischen Karte sehen kann. So oft man „Muschel-
mergel* aus höherem Niveau gebracht hat, so oft erwiesen
sich die Muscheln als Süsswasserbewohner, und für höher ge-
legene Seethiere ist niemals ein Gewährsmann aufgetreten,
Auch die ganze Natur des Thalbodens ändert sich in vielen
Thälern in dieser Höhe sehr deutlich. Ueber dieser Grenze
werden thonige Schichten selten und der Boden ist nur mit
Sand (Flomsand), Geröllen und Steinen bedeckt; unterhalb
derselben findet man oft grosse thonige Ebenen, über welche
der vom Inland hergeführte Sand noch oft ein Stuck weit
ausgebreitet ist, so dass man in einem Einschnitt unten Thon,
oben Sand sieht. Es ist also bei 500—600’ die höchste alte
Meeresterrasse, die oberste Marke eines fruher bıs hierher
stehenden Meeres. Die Terrassen unterhalb derselben können
Marken eines späteren niedrigeren Wasserstandes sein, für die
Bildung höher gelegener Terrassen muss man aber andere Ur-
sachen nachweisen.
Es ist ziemlich einfach, die Terrassen nach ihrer Lage in
zwei grosse Gruppen einzutheilen:
1) Terrassen in freier Lage (aaben Situation).
2) Terrassen in geschlossener oder begrenzter Lage (lukket
Situation).
Die letzteren sind solche, welche sich an irgend eine das
Thal durchziehende Barriere anlehnen, während die ersteren
nie mit einer solchen in Verbindung stehen. Die eigentlich
marinen Terrassen liegen sämmtlich frei, die Inlandsterrassen
sind fast alle deutlich begrenzt.
Schon 1858 hat Herr KjeruLr nachgewiesen, dass dreierlei
Umstände die Bildung einer Terrasse veranlassen können:
1) der alte Seestand, etwa 600’ über dem heutigen;
2) alte Grundmoränen, welche das Thal während einer
3
bestimmten Periode nach der Eiszeit sperrten, so dass sich
‚hinter ihnen ein Bassin bilden konnte;
3) Sperrung durch anstehendes Gestein mit derselben Wir-
kung wie bei 2.
In allen Fällen ist die Endursache der Terassenbildung
dieselbe; es musste nämlich eine Wasserfläche vorhanden sein,
welche bewirkte, dass das Material, welches die Gewässer mit
sich schleppten, an einer Stelle bis zu der bestimmten Höhe
aufgehäuft werden konnte.
Wo nämlich das Meer die Gewässer aufnahm, da konnte
das herabgeschwemmte Material sich ablagern bis unter die
Meeresoberfläche, so wie wir es heute noch an dem „Seestock*®
oder dem „Öre“ sehen, welche an den Mündungen so vieler
Thäler liegen. Wo aber eine Grundmoräne im Wege lag, bil-
dete sich ein Bassin, was in gleicher Weise eine Aufhäufung
des Materials bis zur Höhe des Walles zuliess, und dasselbe
fand bei Sperrung durch anstehendes Gebirge statt.
Stellt man sich nun vor, dass der Meeresspiegel sinkt,
oder dass die Morane oder Gebirgssperrung durchgewaschen
wird, so wird in jedem Falle ein Theil des abgelagerten Ma-
terials liegen bleiben, während sich die Wasser eine Rinne
graben, d. h. es wird eine Terrasse zum Vorschein kommen,
deren Oberfläche dem alten Wasserstande entspricht.
Im südlichen und östlichen Norwegen sind die Haupt-
thäler lang und münden zum Theil in grosse Ebenen, in denen
eine Uebersicht nicht leicht zu erlangen ist. Aber doch kann
man die höchste alte Seeterrasse an verschiedenen Verhält-
nissen erkennen, und zwar mitunter recht sicher.
Im nördlichen und westlichen Theile des Landes, wo die
Thaler kürzer sind und schnell emporsteigen, sind die Terrassen
viel leichter zu erkennen; sie folgen hier rasch hinter einander
bis zu gewisser Höhe und verschwinden dann oft völlig.
_ Wie nun die höchste Terrasse, welche wir rund bei 600
über dem jetzigen Meeresspiegel setzen können, nicht als Ter-
'rasse vor uns liegen wurde, wenn nicht die Veränderungen
zwischen dem gegenseitigen Stande des Meeres und trockenen
- Landes vor sich gegangen wären, die man bis jetzt am besten
_ und kürzesten mit dem Worte „Hebung des Bodens“ erklä-
i ren zu können glaubte, so ist es klar, dass auch die unteren
1*
TR
Terrassen in einem gewissen Verhältnisse zu dieser Hebung
des Bodens stehen.
Man hat den Satz ausgesprochen: Skandinavien steigt,
oder der feste Felsgrund der Halbinsel hebt sich aus dem
Meere empor. Dass das Land gestiegen ist, erhellt aus
den Seethierresten, welche in den Thon- und Sandschichten
oder als ganze Muschelbänke gefunden werden. Aber man
beruft sich auch auf Thatsachen, welche beweisen sollen, dass
eine solche Steigung auch heut zu Tage noch vor sich
geht. Die Sunde, heisst es, werden seichter; die Häfen hat
man weiter hinaus rucken mussen; die Inseln werden allmälig
höher; Schären kommen zum Vorschein an Stellen, wo man
früher die See nur selten schäumen sah; Marken, die in alter
Zeit an der Seekante eingehauen wurden, scheinen jetzt höher
über der See zu stehen als früher. Schon lange haben schwe-
dische Forscher zu beweisen versucht, dass die schwedische
Küste längs des botuischen Busens sich hebt, und dass die
Hebung je weiter nördlich in der Bucht um so stärker sein
sollte, während sie südlich von Stockholm schwach oder nicht
vorhanden wäre.
Ueber die norwegische Küste sind so bestimmte Behaup-
tungen nicht aufgestellt worden. Immerhin ist durch die Be-
hauptungen über die Ostküste Skandinaviens das Missverständ-
niss hervorgegangen, als ob es bewiesen sei, dass die
Hebung am stärksten am Nordkap sei, und dies wandert in
ausländischen Werken von einem Verfasser zum andern. Am
Nordkap, heisst es, macht die Hebung 5’ aus pro Jahrhun-
dert. Die Hebung am Nordkap legt man zu Grunde, wenn
man sagt: 5’ am Nordkap und O0 weiter südlich, also im Mittel
21’ im Jahrhundert, ist das Maass für die Hebung Skandina-
viens. Nun hat aber Professor KEıLHAU weder am Nordkap,
noch an irgend einem Punkte der nördlichen norwegischen
Küste irgend einen Beweis gefunden, dass eine Hebung noch
jetzt vor sich gehe, und nebenbei sei bemerkt, dass es für
uns Nordländer nicht gerade sehr gut klingt, wenn man das
Nordkap als Stützpunkt für eine Zahl anfuhrt, mit der man
den Gruud zu einer ungeheueren Zeitrechnung gelegt hat.
An die Hebung des Landes hat man Fragen über die
Eiszeit geknüpft. Da man glaubte wahrgenommen zu haben,
dass die im Eismeere treibenden Eisberge, bevor sie stranden,
7 ce ee
re
Me es fe. Gehe ah ar a ee hr a nen
re
5
. auf dem Grunde scheuern und pressen, und da man sie Blöcke
auf ihrem Rücken tragen sah, so hat Sir CHARLES LYELL vor
Zeiten die Ansicht aufgestellt, dass die Scheuermarken auf
unseren Fjelden von Eisbergen herrührten und die erratischen
Blöcke von ihnen ausgestreut worden wären. Diese Theorie ge-
wann eine Zeit lang allgemeine Zustimmung, wird aber nun mehr
und mehr verlassen, aber die Zeitrechnung prangt noch heute
mit der ungewöhnlich grossen Zahl.
Ich habe schon vor mehreren Jahren, gestützt auf Beob-
achtung der Scheuermarken und Wanderblöcke, auf Betrach-
tung der alten Moränen und der Verbreitung des marinen und
Inlandthones , zu beweisen versucht (indem ich die Theorie
einer Inlandsvergletscherung adoptirte, hauptsächlich mit Herrn
Dr. Rınk’s Beschreibung von Grönland vor Augen), dass nur
ein verhältnissmässig kleiner Theil von Norwegen unter der
kalten Meeresbedeckung während der Eiszeit lag. Marine Ab-
lagerungen verschwinden gänzlich bei 500—600’ Höhe, d.h.
genau da, wo wir die deutlichste Terrasse getroffen haben.
Diese Behauptung stand in bestimmtem Gegensatze zu der von
Herrn Lysıt entwickelten Theorie, welche bei weitem grössere
auf- und niedergehende Bewegungen voraussetzte, und auch
Herr LyeuLL hat später in Folge von dieser Behauptung an-
erkannt, dass wahrscheinlich der grössere Theil des Landes
über Wasser lag. Hierbei komme ich auf die Zeitrechnung.
Sobald mit Bestimmtheit gesagt werden kann, dass ganz Skan-
dinavien oder ein Theil des Landes langsam aus dem Meere
sich hebt, ist es ganz in der Ordnung, dass man die Zahl
oder das Zeitmaass, welches man heutzutage für die Hebung
nachweisen kann, auch anwende, um die frühere Hebung zu
messen. Diese Hebung fuhrt uns bis zur Eiszeit zurück, und
da es mehr und mehr wahrscheinlich wird, dass Spuren von
der Existenz des Menschen bis zur Eiszeit verfolgt werden
können, so wird diese Zeitrechnung auch für Nichtgeologen
von besonderem Interesse.
LyEıLL hat, gestützt auf die angenommene Hebung am
Nordkap, angenommen, dass im Mittel 2}' (eigentlich englisch)
Hebung einer Zeit von hundert Jahren entsprechen. Mit dieser
Zahl würde man für den oft erwähnten nachweisbaren See-
stand von 600° (eigentlich norwegisch) über dem jetzigen
24,000 Jahre erhalten, und man sollte glauben, dass dies
/
schon eine recht ansehnliche Zahl für die moderne ‚Geologie #
sei; allein sie reicht bei weitem nicht aus! Denn indem
Lyeın die sichere Hebung Skandinaviens an die Spitze sei-
ner Betrachtung auch anderer Länder stellt, gelangt er dazu,
diese Zahl auch auf England und Wales anzuwenden. Und
wie die Theorie der schwimmenden Eisberge es fordert, ver-
doppelt er hierbei die Bewegung, indem er ein totales Unter-
sinken und Auftauchen annimmt; er erhält so 244,000 Jahre,
welche der Höhe entsprechen würden, bis wohin in jenen
Ländern Terrassen (stratified drift) gefunden werden. — Aber
es giebt einen Punkt im Anfange dieser Schlussweise, auf den
man sich als korrekt und fest verlässt, aber welcher in der
ganzen Berechnung der schwächste und wenigst gestutzte ist.
Das ist die Voraussetzung, dass die Bewegung gleichförmig
gewesen sei. Alle Thäler und Küsten an Thalmündungen lie-
gen voll von Zeugnissen, dass die Bewegung nicht gleichformig
gewesen ist, und diese Zeugnisse sind gerade die Terrassen.
Es’ ist offenbar, dass, sobald wir in einer grossen Anzahl
Wasserläufe, sowohl im Süden, Norden als Westen, und auch
sowohl in längeren als kürzeren Thälern mit schwacher oder
auch mit starker Neigung, nachweisen konnen eine bestimmte
Terrasse, eine Staffel, welche sich etwa überall gleichbleibt,
und sobald wir aus verschiedenen Gründen nachweisen können,
dass diese Terrasse die alte höchste Seestandsmarke ist oder.
die marine Grenze, wie sich der Geologe ausdrücken wird, so
ist es zugleich bewiesen, dass die Bildung dieser Terrasse
abhängt von der Oberfläche des alten Wasserstandes.
Eine solche Terrasse aber ist wirklich in einer grossen
Menge unserer Thäler nachgewiesen. Wir haben also hier
einen sicheren Ausgangspunkt und können uns nun umsehen
nach einer Erklärung fur alle Terrassen, welche über und un-
ter dieser Terrasse liegen.
Es muss Jedem klar sein, dass wir nicht einen Meeres-
spiegel brauchen, um alle Terrassen zu erklären. Wir haben
nicht einmal das mindeste Recht oder irgend eine Veranlassung,
an einen Seespiegel zu denken, als Erklärung für die obersten
Terrassen, so lange wir andere Ursachen nachweisen können.
Ich habe schon angeführt, dass für die Terrassen, welche
über der deutlichsten liegen, eine Erklärung sich sehr oft
gerades Weges darbietet in einer Dämmung und Sperrung. im
Wege des Wasserlaufes. Eine andere Sache ist es mit den
Terrassen unterhalb der bemerkenswerthesten. Hier können
wir meistens keine andere Ursache beibringen als den sinken-
den Meeresspiegel selbst; denn diese Terrassen liegen immer
offen hinaus gegen die Mündung des Thales und stützen sich
nicht an irgend eine Dämmung oder Sperrung.
Eine breite Terrasse scheint wirklich selbst für die Be-
trachtung jedes einzelnen Falles den Stand für einen ehemali-
gen Meeresspiegel anzugeben. Auf andere Weise als in einem
Bassin, welches ein Inlandssee oder eine Meeresbucht wäre,
kann Material nicht in einer breiten Ebene abgelagert werden.
Man hat zeitig die Aufmerksamkeit auf verschiedene Terrassen
in Finmarken gerichtet, und man hat sie mit gewissen Ero-
sionsmarken an den Klippen verbunden und behandelte diese
zusammen als alte Strandlinien oder als Terrassen, „‚parallel
laufend mit dem Strande‘“ u. s. w. Hierzu ist die unrichtige
Vorstellung gekommen, dass die Terrassen dem Meere ihre
ganze Entstehung verdanken sollten, und, indem man die Ar-
beit des Flusses ausser Acht liess, hat man auch die verschie-
denen, an der Küste sichtbaren Terrassen mit einer gedachten
Verbindungslinie verbunden. Die wesentlichste Arbeit des Mee-
res am Strande ist die Zerstörung. Das Meer allein würde
keineswegs Terrassen bilden, was deutlich genug von dem ge-
sehen werden kann, welcher um Norwegens Küste segelt,
denn der sieht nicht Terrassen unsere ganze Küste umgurten,
er sieht sie’'nur an einzelnen Stellen — nämlich da, wo ein
Wasserlauf ausmundet. Des Wasserlaufes wesentlichste Arbeit
ist: Steine und Grus, Sand und Lehmschlamm — kurz gesagt
Material — zum nächsten Wasserbehälter herabzuschleppen.
Die Terrasse ist eine Bildung der vereinigten Arbeit des
Merres und Wasserlaufes (Bach, Fluss, Strom). Ä
Wenn eine solche Fläche, wie die neugebildete Terrasse,
trocken gelegt wird, schneidet das rinnende Wasser tiefer ein.
Der Bach wandert mit der Zeit vor- und rückwärts in Schlin-
gen, die er verändert, sobald nicht Menschenhand eine Schutz-
wehr in den Weg legt. Er gräbt sich eine breite Rinne durch
die Terrasse, ebenet sein Bett zu einer schiefen Ebene und
von der Terrasse bleibt vielleicht nur eine Spur zurück längs
der Seiten des Thales oder da, wo ein Seitenthal hinzustösst,
welches neues Material zu dem des Hauptthales brachte.
Sobald nun der Meeresstand gleichförmig und langsam
abnimmt, ist in keiner Weise eine Ursache vorhanden, in
Folge deren mehrere hohe und deutliche, regelmässige, in
offener Situation liegende Terrassen sich bilden sollten, die
eine unter der anderen. Denn zur Bildung mehrerer Terrassen
ist es erforderlich, dass der Meeresstand eine Zeit lang con-
stant bleibe und darauf schnell verändert werde: — also nicht
eine gleichförmige, sondern eine ungleichformige Bewegung.
NV D
Sinkt der Wasserstand V D schnell mit einem Male nach
vd und tritt darauf ein Zustand der Ruhe ein, so wird die
Terrasse 7’ trocken gelegt und die Terrasse t ‚beginne in dem
tieferen Wasserstande sich zu bilden.
Sinkt dagegen der Wasserstand VD gleichmässig und
langsam nach vd und darauf weiter herunter, so wird das
Material des Wasserlaufes in dieser ganzen Zeit unter dem
Wasserstande jedes Jahres abgelagert und es wird sich eine
schiefe Ebene bilden von VD —- vd, aber nicht zwei Terrassen.
Da wir nun nicht finden, dass der Boden unserer Thäler
eine schiefe Ebene darbietet von der höchsten marinen Ter-
rasse bis zu dem jetzigen Seespiegel oder bis zu den „Ören“,
sondern da er mehrere Terrassen zwischen diesen beiden Gren-
zen zeigt, so können wir wohl auch mit einiger Sicherheit
schliessen, dass die Hebung des Bodens, welche die Verän-
derung des Wasserstandes verursachte, nicht gleichförmig war,
sondern dass sie im Gegentheil ungleichformig war und in
mehreren Absätzen vor sich ging.
Die Thatsache, dass sich mehrere offene Terrassen in
unseren Thälern unter jener höchsten alten Seeterasse finden,
scheint somit uns zu zeigen, dass die Bewegung in mehreren
Stössen, mit dazwischen eintretender, verhältnissmässig lang-
samer Bewegung, wenn nicht Ruhe, vor sich ging. Da die
Beweguug bei jedem Rucke höchst wahrscheinlich verhältniss-
mässig rasch war, so folgt daraus, dass man hier zur Zeit
noch keine Zeitrechnung ausführen kann, welche irgend welches
Vertrauen verdiente.
Wenn man die gewöhnliche Natur und Beschaffenheit des
Seestockes im Verhältnisse zu den Terrassen in unseren mit
Sand und Lehm erfüllten Thälern betrachtet, drängt sich
schnell die Ueberzeugung auf, dass die marinen Terrassen die
Seestöcke des Baches sind. Der Bach schleppt das Material
herab, das Meer breitet es aus. Die Oberfläche der Terrasse
entspricht der Oberfläche oder dem Rücken des Seestockes,
und diese letzte richtet sich nach dem Stande des Meeres,
Die schiefe Seite der Terrasse (mit 30° Neigung) entspricht
dem schiefen Abfall des Seestockes, dem „Maalbakken.“
Bei Laerdalsören, Sundalsören, Lurendalsören, Örke-
dalsören, Stordalsöoren, Vaerdalsören u. s. w. haben wir den
Seestock draussen im Wasser, weiter innen im Thale erhebt
sich die erste Terrasse. Wenn der Meerespiegel plötzlich
50—100’ tiefer sänke, so würde auch bei diesen Ören eine
neue Terrasse zum Vorschein kommen, nämlich der jetzige
Seestock. Der Bach würde demnächst Sand und Thon herbei-
schleppen und dieses neue Material auf’s Neue 50—100’ tiefer
zu einem neuen Seestock aufhäufen. Ferner würde der Bach
wegen der durch diese angenommene Veränderung vermehrten
Fallhöhe anfangen, seine Windungen tiefer in die neue, ent-
blösste Terrasse zu graben — kurz, das ganze Verhalten würde
hier dasselbe werden, wie wir es nun in den verschiedenen
marinen Terrassen aufwärts im Thale vor uns liegen sehen.
Hier könnte man auch anführen, dass mit einem ruhige-
ren Strome vorzugsweise Sand und Schlamm gebracht wird,
mit dem stärkeren dagegen werden auch Rollsteine in Menge
herabgeführt, sobald der Bach Gelegenheit hat, solche zum
Rollen geeignete Materialien längs seines Laufes zu finden.
Eine Lage Rollsteine ist also ein. Beweis fur die Arbeit eines
reissenden Stromes.
Aber jedesmal, wenn der Seespiegel unter der angenom-
menen Veränderung sinkt, vermehrt sich die ausgrabende Kraft
10
des Baches, indem der Bach einen gleich grossen Zuwachs in
seiner Fallhöhe erfährt, als die senkrechte Höhe der Verände-
rung beträgt.
Rollsteine zuoberst auf solchen kleinen
Terrassen zu finden erwarten, welche
die Windungen des Baches in die grösse-
ren, breiteren Meerterrassen eingraben.
Nichts ist aber gewöhnlicher, als auf
der Spitze und an der Kante dieser klei-
neren Terrassen oft schwere Lagen von
Rollsteinen anzutreffen.
Ich habe versucht, in einer Zeich-
nung die allgemeinen Verhältnisse wie-
derzugeben. Ganz links liegt der See-
stock, ganz rechts die oberste Terrasse
des alten Seestandes oder, wie wir sag-
ten, die marine Grenze. Dazwischen lie-
gen mehrere Terrassen. An einer Stelle
ist die Gebirgslinie unterbrochen; hier
mündet ein Seitenthal in’s Hauptthal, und
hier findet man wieder eine hohe Ter-
rasse, welche eine Folge der aus dem
Seitenthale herabgeführten Materialien,
während eines früheren höheren See-
standes, ist. Die schiefe Linie vom See-
stock bis zur marinen Grenze bedeutet
das Bachbett, welches immer eine schiefe
Ebene zu bilden anstrebt.
Um Raum zu gewinnen, sind die
Terrassen dicht an einander gezeichnet,
und der Deutlichkeit wegen ist ihre Höhe
im Verhältniss zur Länge vergrössert.
Die Oberfläche der Terrassen ist ausser-
dem in Wirklichkeit nicht völlig horizon-
tal, wie es in der Zeichnung den An-
schein hat, sondern sie neigt sich sehr
schwiıch von innen nach aussen, eben
so wie die letzte aller Terrassen (der
Als Folge hiervon sollten wir also
eine Lage
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Seestock) eine sehr wenig geneigte Ebene bildet, bevor sie
ganz draussen zum Maalbakken hinabstürzt.
Als der Bach
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11
sein Material herabführte zu dem Seespiegel 1, musste dieses
Material weiter und weiter geführt werden zu einer schwach
sich senkenden schiefen Ebene (Öberfläche der Terrasse). Wenn
der Bach lange Zeit und mit viel Material während eines con-
stanten oder sehr langsam sich ändernden Seestandes ar-
beitete, so wurde eine lange schiefe Ebene hier gebildet.
Die Oberfläche konnte in Folge ihrer Bildungsweise nicht
völlig horizontal sein. Die oberen Flächen der Terrassen,
welche eigentlich schiefe Ebenen sind, geben daher nicht ab-
solut das alte Niveau des Meeresspiegels an; die eigentliche
Maximumsgrenze wird an der obersten Kante der Terrasse
angegeben.
Nach dieser Auseinandersetzung bezeichnet also das steile
Ende jeder einzelnen Terrasse eine schnelle Hebung; die
schiefe obere Fläche dagegen konnte sich während einer
langsamen Hebung, wie man sie etwa für Skandinavien an-
nimmt, bilden. Bei der Berechnung der Zeitdauer müssen diese
steilen Terrassen von der Gesammthöhe abgezogen werden,
und wir können nur so viel von der Höhe in Rechnung zie-
hen, als die schwach geneigten Oberflächen angeben. Wie
viel muss da nicht von 24,000 Jahren abgezogen werden!
Würde man jetzt eine Zeitrechnung versuchen wollen, welche
ein etwas grösseres Zutrauen verdiente, so müssten zuerst alle
Maasse ganz aussen und innen am Fusse jeder Terrasse be-
stimmt werden. Aber in der Natur widersetzen sich so ge-
nauen Messungen eine Reihe von Verhältnissen und die Be-
rechnung lässt sich nicht ausführen. So viel lässt sich mit
einem Blicke sehen, dass die ungeheuere Zeit sich verkürzt
zu einer begreiflichen Zahl von einigen tausend Jahren, wenn
überhaupt in unserer Auffassung, wie sie im Vorhergehenden
entwickelt wurde, einige Wahrheit ist.
In unserem Bilde vom Unterlaufe des Thales liegen diese
Terrassen alle offen, sie stützen sich nicht an hervorragende
Felsen oder an quer über das Thal gehende Dämme. Man
könnte zu diesem Bilde ein anderes hinzufügen, welches den
Oberlauf des Thales anschaulich machen wurde. Wir müssten
da auch in einem solchen Bilde einige Terrassen zeichnen,
aber zugleich vor jeder Terrasse eine besondere Ursache an-
bringen, wie einen aus Steinen und Geröll zusammengesetzten
Wall, eine Moräne, oder die in einem Engpass emporragenden
Klippen u.s. w. Aber eine Wanderung in der Natur wird die
Sache anschaulicher machen als jedes Bild.
Die Terrassen sind nicht die einzigen Marken von Still-
standen in der Hebung des Landes, welche Fremde bisher
meist für gleichförmig hielten. Ich habe vor mehreren Jahren
(1860) bei einer anderen Veranlassung auf zwei andere Punkte,
welche dasselbe bezeugen, aufmerksam gemacht. Die Ueberein-
‘stimmung zwischen diesen ganz verschiedenen und aus ver-
schiedenen Beobachtungsreihen entliehenen Thatsachen in Be-
zug auf die Frage einer gleichförmigen oder ungleichförmigen
Hebung ist so bemerkenswerth, dass ich hier kurz auch diese
anderen Punkte besprechen muss.
Die Seethiere, welche man bei uns in Lehm- und Sand-
schichten fand, kommen von sehr verschiedenen Fundstellen, und
es war mehreren Forschern, namentlich Herrn Lov£n, auffallend,
dass viele von diesen Schnecken und Muscheln Arten an-
gehören, welche in einem nördlichen Meere und unter weit
kälteren Verhältnissen, als den unsrigen, wohnen; aber da-
neben war es bekannt, dass andere Muscheln nicht abwichen
in Form und Grösse von solchen, welche die naheliegenden
Küsten noch heute aufweisen.
Die Regel für dieses scheinbar ungeordnete Vorkommen,
bald hoch, bald tief, bald von diesen, bald von jenen See-
thieren, wurde mir klar, als ich die Hauptglieder der losen
Bedeckung kennen gelernt hatte. Denn hier ist Alles in Ord-
nung und Gesetzmässigkeit. Die Fossilien kommen auf zwei
Weisen vor, könnte man sagen, theils aufgehäuft in grossen
Mengen zu Muschelbäanken — sogenannter Muschelmergel —,
theils hier und da bald reichlich, bald sparsam in Lehm- und
Sandschichten. Schon von früheren Forschern (Herrn KrınHAu
und Herrn C. BoEck) war gesagt worden, wie es später durch
Herrn Prof. Sars’s weitergehende Untersuchungen auf’s Voll-
ständigste bewiesen wurde, dass jene ersten Fundstellen, die
Muschelbänke, Kustenbildungen sind. |
Es ist klar, dass Alles hier abhing von der Höhe über
dem Meere, und dass jede von den Arten des Vorkommens
abhing von dem besonderen Maasse der Höbe.
Die Skizze möge einen Theil von Norwegens Klippen-
grund während des kälteren Zustandes, von dem einige Fossi-
lien zeugen, darstellen. Z—H ist der Meeresspiegel, welcher
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13
600’ höher als jetzt reichte. Es ist klar, so: war meine Schluss-
folgerung, dass Seethiere während dieses Wasserstandes theils
abgesetzt werden mussten an bequemen Stellen (wie $) zu
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Muschelbänken an den Küsten, also in einer bestimmten
Tiefe unter dem Spiegel, theils mussten sie hier und da be-
graben werden mit Lehm und Sand, welcher sich gleichzeitig
absetzte, also in ganz verschiedenen Tiefen in Schichten 1,
aber doch immer unter H—AH.
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Es möge nun der Wasserstand nach h—h sinken. Alle
glacialen Muschelbänke und ein Theil der Lehm- und Sand-
bänke des früheren Zustandes liegen nun im Trockenen. Die
Seethiere mussten nun abgesetzt werden theils in einer Höhe,
die in bestimmtem Verhältniss steht zu dem neuen Seespiegel,
nämlich als Muschelbänke (bei s), theils in Lehm und Sand
begraben werden in Schichten 2, welche über den vorigen
Schichten abgesetzt werden, aber immer unter A—h.
Das ist das Gesetz in dem scheinbar regellosen Vorkom-
men, bald hoch, bald tief, bald von diesen, bald von jenen
Resten.
(Im norwegischen Text folgen hier zahlreiche Höhen-
angaben für das Vorkommen glacialer und postglacialer Con-
chylien, sowie der höchsten marinen Terrasse.)
Als Resultate des Ganzen werden schliesslich angeführt:
1) Die offenliegenden Terrassen, durch die vereinte Ar-
beit des Baches und Meeres gebildet, sind in allen unseren
Thälern vorhanden, und sie zeugen von Pausen in der Hebung
des Landes.
2) Die Niveauveränderung begann in der Eiszeit bei der
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höchsten Terrasse, welche etwas hoher als 600’ uber dem
heutigen Meeresspiegel liegt.
3) Der glaciale Zustand, welcher bei dem Niveau von
600° herrschte, war noch vorhanden bis zu dem von 400”.
Während dieser Zeit bildeten sich die glacialen Kustenmuschel-
bänke und alle die älteren Schichten.
4) Hierauf folgte unter dem letzterwähnten Niveau der
mildere Zustand, innerhalb dessen der Muschellehm abgesetzt
zu werden anfıng. Kuüstenmuschelbänke von gemischtem Cha-
rakter werden wohl diesem Niveau angehören.
5) Die Abschmelzung des Inlandseises begann schon zur
Zeit des Niveaus von 600.
6) Bei dem Niveau von 150--120° und vielleicht wieder
bei 50° trat Stillstand oder sehr langsame Veränderung ein,
da wir in den entsprechenden Höhen wieder Kustenmuschel-
bänke finden.
7) Die hier gesammelten Beobachtungen, verbunden mit
denen von KEILHAU und Bravaıs, enthalten einen Protest gegen
die unendliche Zeitrechnung, welche man auf die „gleichför-
mige Hebung“ gebaut hat.
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2. Lithologie der Meere der alten Welt.
Von Herrn Dkwrsse ın Parıs.
(Uebersetzt von Herrn Haucnecorne in Berlin.)
Das Studium der Ablagerungen, welche sich auf dem
Grunde der heutigen Meere bilden, ist für die Geologie von
grossem Interesse; denn es gestattet, die Meere früherer Pe-
rioden in Gedanken wieder herzustellen, und lasst aus der Ge-
genwart die Vergangenheit unseres Erdkörpers erkennen.
Die Mehrzahl der Meere der alten Welt ist durch zahl-
reiche Sondirungen untersucht worden, welche die Meerestiefe
und die Beschaffenheit des Meeresbodens angeben. Es war
deshalb möglich, bezüglich dieser Meere die lithologischen
Forschungen fortzuführen , welche ich anfangs in Betreff der
die Küsten Frankreichs bespülenden Meere unternommen hatte*).
Die angewendete Methode ist die frühere, und die erlangten
Resultate sind in einer Karte dargestellt, welche ich der
Deutschen geologischen Gesellschaft hiermit vorlege**).
Auf Grund der durch die Ingenieur-Hydrographen gelie-
ferten Ergebnisse der Sondirungen ist zunächst die unter-
seeische Bodengestalt durch Horizontalkurven nach der Me-
thode von BuwaAcHE dargestellt worden. Sodann ist versucht
worden, die Gesteine der gegenwärtigen Periode von denjeni-
gen der vorhergehenden so viel als möglich zu trennen. Die
ersteren bestehen fast ausschliesslich aus beweglichen Absätzen,
während die schon fest gewordenen Gesteine, auf welche keine
Niederschläge sich absetzen, der zweiten Kategorie angehören.
Obne Rücksicht auf das Alter der verschiedenen Gesteine ha-
ben alle diejenigen, welche einen gleichen lithologischen Cha-
rakter besitzen, in der Karte eine und dieselbe Farbe erhalten.
*) Comptes rendus: Mers de France, 1867.
**) Diese Karte ist einem Werke entlehnt, welches bei Euckne
Lacroıx in Paris erscheint.
16
Dadurch lässt sich ihre Verbreitung über die weiten Flächen,
welche sie auf dem Meeresgrunde einnehmen, leicht über-
blicken und das Gesetz ihrer Vertheilung erkennen. Man ge-
langt sogar zur Erkenntniss der geologischen Beziehungen der
gegenwärtigen Absätze und submarinen Gesteine zu den Ge-
steinsschichten, welche in ihrer Nähe über dem Meere zu Tage
treten. i
Der Aral-See bietet ein besonderes Interesse, weil er
durch . die russische Marine sorgfältig untersucht ist und ein
Beispiel eines grossen geschlossenen Salzwasserbeckens der
Gegenwart darstellt. Seine Tiefe ist gering; denn seine Ufer
sind die Fortsetzung der ebenen Steppen, welche ihn um-
geben. Sie bleibt namentlich erheblich zurück hinter derjeni-
gen der kleinen Seen, welche von Gebirgen umschlossen sind,
wie beispielsweise der Alpenseen. Der Sand bildet eine Ein-
fassung längs der ganzen Küste, welche auf der niedrigen
und die Hauptzuflüsse empfangenden Ostseite besonders breit
wird. Zwei Drittel der Fläche des Aral-Sees jedoch werden
von Schlick (Vase) eingenommen; er erfulit die tiefsten Stellen,
wo die Bewegung des Wassers natürlich geringer werden
muss. — Mollusken haben sich nur in dem östlichen Theile
und auf weniger als 25 Meter tief unter Wasser liegenden
Sandgründen einigermaassen reichlich entwickelt. Der Aral-
See zeigt sehr deutlich, wie unregelmässig sie vertheilt sein
können. Ä
Das Kaspische Meer stellt einen wenig salzigen Binnen-
see dar. Wie der Aral-See, ist es durch die russische Marine
sehr sorgfältig untersucht worden. Seine Tiefe steht im Ver-
hältniss zu der Oberflächengestaltung seiner Küsten. So ist
sie auf der Nordseite auffallend gering wegen der umliegenden
Steppen und der mächtigen Ströme, wie die Wolga, welche
den Meeresgrund fortwährend zu erhöhen streben. Diese Strome
fliessen über vorwiegend sandige Gesteine, wie die der permi-
schen Formation und der Trias, so dass sie diese ganze nörd-
liche Seite versanden ; ja, man kann annehmen, dass etwa die
Hälfte des Grundes des Kaspischen Meeres von Sand bedeckt
ist. Was den Schlick (Vase) betrifft, so schlägt er sich im
südlichen Theile nieder, welcher der tiefste ist. Die Mollusken
des Kaspischen Meeres entwickeln sich in Zonen, welche sich
vor den Flussmündungen zurückziehen oder bei denselben unter-
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17
» brochen sind. Sie gedeihen vorzüglich auf den Sandgründen
und gehen kaum tiefer als bis zu 50 Meter Wassertiefe nieder.
Das Schwarze Meer ist noch wenig bekannt. Hin-
sichtlich seiner Bodengestalt kann man sagen, dass es die
Gestalt eines Trichters besitzt und dass seine Sudseite die
steilste und tiefste ist. Der Sand bedeckt hier nur einen klei-
nen Theil des Grundes; auf der Nordwestseite jedoch, bei
den Mündungen der Donau und anderer grosser Flüsse, ist der
Sand längs der Küste in einem Gürtel angehäuft, welcher bis
zu 60 Kilometer Breite erlangt. Conchylienreiche Ablagerun-
gen sind nur in unbedeutender Ausdehnung vorhanden; man
muss dies dem Umstande zuschreiben, dass das Wasser wenig
salzig ist und die Küsten im Allgemeinen steil sind. Diese
Ablagerungen bleiben übrigens den Flussmündungen fern und
finden sich vorzugsweise auf sandigem Grunde.
Das Mittelmeer stellt zwei grosse Regionen dar, welche
durch Italien, Sicilien und die letzteres mit Tunis verbinden-
den Untiefen getrennt sind. Die östliche Region ist die aus-
sedehnteste und tiefstee Wie bei den vorerwähnten Meeren
ist auch hier die Tiefe gegen Suden die bedeutendste, während
sie im Adriatischen Meere im Gegentheil sehr gering ist. Der
Schlick (Vase) erlangt im Mittelmeere eine besonders grosse
Ausdehnung, was sich dadurch leicht erklärt, dass dieses Meer
frei von Ebbe und Fluth und von bedeutender Beckentiefe ist.
Der Sand bildet im Allgemeinen einen Saum längs den Küsten,
verschwindet aber oder findet sich nur noch stellenweise am
Fusse der gebirgigen Küsten. An der Mündung des Ebro, der
- Rhone, des Po und des Nils dagegen bedecken die Sand-
ablagerungen ziemlich ausgedehnte Flächen. Sie umgeben die
Inseln, besonders Corsica, Sardinien, Cypern, die Balearen.
Eine ausnahmsweise grosse Entwickelung erlangen sie an den
Küsten von Tunis und Tripolis, welche sich in Gestalt einer
sehr ausgedehnten, mit Sand bedeckten Terrasse langsam unter
das Meer einsenken. In dem Golf von Gabes namentlich er-
streckt sich der Sand bis auf mehr als 200 Kilometer Abstand
von der Küste,
Im Mittelmeere finden sich unter dem Meere feste “e-
steine in der Nähe der Küsten, besonders da, wo diese ge-
birgig sind. Was den Thon betrifft, so verbreitet derselbe sich
über grosse Flächen im Archipel, in dem Golf der grossen
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Syrte, im Suden und Westen von Malta, im Adriatischen
Meere, im Umkreise von Italien, den Balearen und östlich von
Spanien. |
Obgleich das Mittelmeer von zahlreichen Mollusken be-
wohnt ist, nehmen doch die an Muschelresten reichen Absätze
keine grossen Räume in demselben ein, was wahrscheinlich
daran liegt, dass die Küsten im Allgemeinen steil sind.
Das Baltische Meer ist ein im Vergleich zu den Mee-
ren im Suden von Europa sehr wenig tiefes Binnenmeer. Feste
Gesteine bilden einen ansehnlichen Theil des Meeresgrundes,
besonders längs Schweden und Finnland, sowie in dem Riga’-
schen Meerbusen. In der Umgebung der Alandsinseln deuten
dieselben sogar den Zusammenhang der primitiven Gesteine
der Halbinseln von Stockholm und Finnland an. — Thon findet
sich fast in dem ganzen westlichen Theile des Baltischen Mee-
res, wo er selbst grosse Flächenräume bedeckt. Seine Bil-
dung ist unzweifelhaft auf die unter dem Meere ausstreichen-
den thonigen und schieferigen Schichten der silurischen For-
mation zurückzuführen, welche an den benachbarten Küsten,
besonders in Schweden und Russland, sehr entwickelt ist.
Gerölle-Ablagerungen bilden ebenfalls vereinzelte Zonen, welche
annähernd parallel der Küste von Schweden angeordnet sind.
Ihre mittlere Tiefe beträgt etwa 50 Meter und gegen Norden
wird sie sogar weit bedeutender, so dass das Meer sie gegen-
wärtig nicht mehr zu verlegen im Stande sein wird. Sie deu-
ten demnach eine der gegenwärtigen Periode vorhergegangene
bewegliche Ablagerung und wahrscheinlich eine ehemalige Küste
des Baltischen Meeres an.
Der Schlick (Vase) erfüllt mehrere getrennte Becken, er
folgt den Einschnitten der Kusten in gewissem Abstande, im
Umkreise der Inseln sich zurückziehend. Er bedeckt die Mitte
des Baltischen Meeres und Bottnischen Meerbusens, jedoch
nicht immer deren tiefste Partien.
Der Sand bildet breite Säume längs den Küsten des Bal-
tischen Meeres, bedeckt auch weite Flächen auf dem Meeres-
grunde, besonders an den Küsten Pommerns und Kurlands,
in dem Riga’schen und Finnischen Meerbusen, in dem Archipel
von Aland und im Bottnischen Meerbusen. Das massenhafte
Auftreten des Sandes in dem Baltischen Meere kann dadurch
erklärt werden, dass dieses Meer wenig tief ist, dass es zahl-
nt.
19
reiche, rasch fliessende Gewässer aufnimmt, weiche häufig
durch Schneeschmelzen anschwellen und aus Finnland oder den
skandinavischen Alpen herabkommen, nachdem sie über gra-
nitische Gesteine gestromt sind; es erklärt sich vor Allem
dadurch, dass die dem Baltischen Meere zugehenden Flüsse
Skandinaviens, Russlands und Norddeutschlands Stromgebiete
durchfliessen, welche durch das vorherrschend sandige nord-
europäische Diluvium bedeckt sind. —— Mollusken sind in dem
Baltischen Meere, des sehr geringen Salzgehalts desselben we-
gen, selten.
Gehen wir jetzt zum grossen Ocean über, die bereits
früher untersuchten französischen Meere bei Seite lassend.
Der Ocean besitzt eine bedeutende Tiefe längs der Küste
der iberischen Halbinsel und in geringer Entfernung von der-
selben. Feste Gesteine bilden auf dem Meeresgrunde die Fort-
setzung der die Küste zusammensetzenden Gesteine. Die Halb-
insel ist im Uebrigen umgeben von einem Sandkustensaume
von geringer Breite, auf welcher Schlick (Vase) folgt, der bei
den bedeutenden Tiefen sehr kalkreich wird. Der Boden der
britischen Meere zeigt vorherrschend Sand, Schlick, welcher
mit Sand mehr oder weniger gemischt sein kann, und feste
Gesteine.
Wir wollen zunächst diese letzteren Gesteine betrachten.
Sie nehmen grosse Räume ein nordwestlich von Schottland,
den Orkaden und den Hebriden, ebenso an der Mündung des
Shannon und nordwestlich von Irland. Südlich dieser Insel
_ und im Irländischen Meere findet man sie wieder. Im Canal
- deuten sie den Zusammenhang zwischen Cornwall und der
' Bretagne an. Sie verbinden auch die Inseln Portland und
_ Wight mit dem Festlande. Oestlich von England zeigen sich
feste Gesteine erst wieder bei der Mündung des Tees und in
der Fortsetzung des Kaps Flamborough. An den Ostküsten
_ der britischen Inseln sind sie weit weniger verbreitet als an
den Westküsten, ohne Zweifel, weil letztere der Wirkung von
Ebbe und Fluth directer ausgesetzt sind.
Man sieht, dass die festen Gesteine gewöhnlich einen
Saum um die britischen Inseln bilden, deren Küsten und be-
sonders deren Vorgebirge sie fortsetzen. Es ist natürlich, dass
sie sich vorzugsweise da finden, wo die Gewässer des Meeres
am meisten bewegt sind und ununterbrochen ihre Umgebung
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20
zerstören. Andererseits bilden sie auch den Grund der Meer-
engen und der Mecresarme, welche von heftigen Strömungen
gefegt werden. Man beobachtet dies in der That in dem Irlän-
dischen Meere, in dem St. Georgs- Kanal und in dem Kanal
la Manche.
Unter den beweglichen Absätzen der britischen Meere ist
an erster Stelle der Sand zu nennen; denn er ist bei Weitem
vorherrschend und bedeckt ungemein grosse Flächen im Atlan-
tischen Ocean, im Kanal, in der Nordsee. Abgesehen davon,
dass er die Küsten einfasst, erstreckt er sich auch weit hinaus
bis zu Tiefen von mehr als 200 Meter.
Der Kies tritt in einzelnen, ziemlich regellos vertheilten
Flachkustenpartien von geringer Ausdehnung auf. Er zeigt sich
westlich der britischen Inseln, sudlich von Cork, im Bristol-
Kanal, zwischen der Spitze von Cornwall und den Seilly-
Inseln, sowie im Kanal la Manche; einige Kiesstreifen finden
sich auch im Westen von England. Dieser Kies ist gewöhn-
lich mit feineren Niederschlägen gemischt. Uebrigens giebt
die beträchtliche Tiefe, bis zu welcher er niedergeht, zu der
Vermuthung Anlass, dass derselbe in den meisten Fällen nicht
der gegenwärtigen Periode angehört. Nach der geologischen
Karte von Grossbritannien scheint im Bristol-Kanal der Kies
von einer unter dem Meere ausstreichenden Schicht des alten
rotben Sandsteins herzustammen, welche an beiden Ufern ent-
wickelt ist. Auf der Sudseite von Irland hat er sichtlich den-
selben Ursprung. Im östlichen Theile des Kanals la Manche
bedeckt der Kies eine grosse Fläche und scheint den Grun-
sand der oberen Normandie mit demjenigen Englands zu ver-
binden. Südlich von Exmuth und von Star-Point, im Westen
des Kanals, findet sich der Kies in der Verlängerung der san-
digen Schichten der Trias.
Kieselgerölle umgeben die steilen Kreideküsten Englands,
längs deren man sie sich bilden sieht. Es kommen solche
aber auch im Kanal la Manche vor, welche das Meer gegen-
wärtig nicht mehr verlegen kann, und welche älter als die
gegenwärtige Periode sind. Selbst bis gegen die Mitte der
Nordsee finden sich dieselben, in der Breite der Orkaden.
Der Schlick (Vase), im reinen Zustande oder mit Sand
gemischt, zeigt unregelmässig zerschnittene und weder mit den
Strömungen, noch mit der untermeerischen Oberflächengestalt
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21
in Beziehung stehende Formen. Oft steigt er bis zur Küste
hinan und ist in diesem Falle das Produkt der Zerstörung
unter dem Meere ausstreichender thoniger Schichten. Man kann
diese Schichten sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit ermitteln,
wenn man die geologische Karte von England zu Rathe zieht.
So steht beispielsweise der Schlick an den Mündungen der
Themse und des Flusses Southhampton mit dem Londonthon
in Verbindung. In der Bucht von Ter und nördlich derselben
rühren die dort lagernden Schlickpartien ohne Zweifel von der
Zerstörung der Keupermergel her, welche sich an der benach-
barten Küste zu Sidmouth finden.
Der Schlick, welcher sich im Irländischen Meere und in
dem St. Georgs-Kanal verbreitet findet, scheint als von den
silurischen Schiefern abstammend angesehen werden zu mussen,
welche an den gegenüberliegenden Küsten des zwischen Wales,
Schottland und Irland eingeschlossenen Meeresbeckens so ent-
wickelt sind. Es ist sogar wahrscheinlich, dass die grossen
Flachküsten- Ablagerungen von Schlick, welche sich südlich
von Irland finden, von der Fortsetzung der paläozoischen
Schiefer herrühren, welche südöstlich dieser Insel in Wales
"und Cornwall über dem Meere zu Tage treten.
Nordwestlich von Grossbritannien treten die Faroer und
die Klippe von Rockall aus dem Ocean hervor, und der diese
Inseln tragende Meeresgrund ist von einer grossen Menge von
Mollusken bewohnt, welche ihn mit ihren Kalkschalenresten
bedecken. Im Grossen und Ganzen schlagen sich auf dem
untermeerischen Plateau, welches die britischen Inseln trägt,
-reichliche Absätze nieder, welche durch seine Zerstörung, so-
wie durch die Einwirkung des Meeres und der Atmosphäre
auf die Küsten erzeugt werden. Der Sand ist bei Weitem
vorherrschend und bedeckt die grössten Flächen. Die briti-
schen Meere zeigen aber auch weite Strecken, welche von
Absätzen frei bleiben, und der Meeresgrund wird dann durch
Gesteine gebildet, welche älter sind als unsere Periode. Diese
Gesteine sind bald anstehend, bald beweglich. Unter den
letzteren sind die Gerölle und Kiese zu erwähnen, welche
sich in zu grossen Tiefen befinden, als dass sie durch die
heutigen Meere dorthin geführt sein könnten. Ebenso sind die
Schlickküsten zu erwähnen, welche sich im Gegensatz dazu
in sehr bewegten Gewässern finden. Diese beweglichen Ab-
sätze zeigen übrigens Formen, welche von der Gewalt-und
Richtung der Strömungen, sowie von der Obenflächengestalt
des Meeresbodens ganz unabhängig sind. Aelter als die gegen-
wärtige Periode, sind sie von dem Meere nur abgetragen und
an Ort und Stelle umgelagert worden, und man kann oft
ihren Ursprungsort auffinden, wenn man die Geologie der bri-
tischen Inseln studirt. |
In der Nordsee wie in dem nördlichen Eismeer
umsäumen submarine Gesteine die Fjorde und Archipele Nor-
wegens und Lapplands. Sehr ausgedehnte Thonzonen er-
strecken sich längs eines Theiles von Norwegen und mussen
ohne Zweifel von dem Ausgehenden der paläozoischen Schiefer
hergeleitet werden. Uebrigeus zeigt der Theil des ÖOceans,
welcher die skandinavische Halbinsel bespult, wie gewöhnlich
vorherrschend Sand. Schlick findet sich vorzugsweise in der
Nähe anstehender thoniger Gesteine und kann dann von deren
Zerstörung herrühren.
Das Weisse Meer bietet uns noch ein Binnenmeer,
welches durch eine breite Meerenge mit dem nördlichen Eis-
meer in Verbindung steht. Die am meisten hervortretende
Eigenthüumlichkeit seiner Bodengestalt ist eine bedeutend grössere
Tiefe in dem nordwestlichen Theile und in dem Busen von
Kandalakscha als in der Mitte und in dem nach dem Ocean
hin liegenden Theile. Die langgestreckten Meerbusen der
Dwina und von Kandalakscha liegen übrigens einer in der Ver-
längerung des anderen und entsprechen einer untermeerischen
Depression, welche durch ihr deutliches Hervortreten und ihren
Parallelismus mit der Dwina sowie mit den wichtigsten Flüssen
dieser Gegend bemerkenswerth ist.
Die Sondirungen haben an den Kusten des Weissen Mee-
res, besonders an der Ausmündung der Golfe von Mezen und
des Onega, feste Gesteine erkennen lassen. Dieselben deuten
sogar einen Zusammenhang der lappländischen Halbinsel mit
dem Festlande an. |
Der Sand nimmt bedeutende Flächenräume am Eingang
in den Ocean ein; im Weissen Meere selbst aber umsäumt er
bloss die Küste, wäbrend fast der ganze Grund des Meeres-
beckens von Schlick bedeckt wird. Die weite Verbreitung des
letzteren hangt ohne Zweifel damit zusammen, dass das Weisse
Meer vermöge seiner Bodengestalt die Rolle eines Klärungs-
behälters für die traben Gewässer spielt, welche es in grosser
Fülle aufnimmt, besonders zur Zeit der Schneeschmelzen; sie
hängt weiter damit zusammen, dass das Eis, welches das
Weisse Meer während eines Theiles des Jahres bedeckt, dazu
beiträgt, den Niederschlag des Schlicks zu befördern. Die
muschelführenden Ablagerungen sind im Weissen Meere sehr
beschränkt, wahrscheinlich wegen der süssen und schlammigen
Gewässer, welche sich in dasselbe ergiessen; sie werden je-
doch sehr reichlich auf dem Sandgrunde beim Ausgang in das
Eismeer. Man sieht daraus, dass die Mollusken noch in sehr
nördlichen Breiten und selbst bis jenseits des Polarkreises le-
ben und sich in Masse entwickeln können.
Das Studium der Binnenmeere der alten Welt offenbart
allgemeine und sehr hervortretende Charaktere sowohl hinsicht-
lich der Bodengestalt als der Lithologie derselben. Zunächst
ist ihre Tiefe gegen Norden schwach und nimmt gegen Süden
zu; ausserdem kommen die Hauptflüsse, welche sich in diesel-
ben ergiessen, vorwiegend von Norden. Diese Charaktere
finden sich sehr deutlich im Kaspischen Meere, im Persischen
Meerbusen, im Asowschen, im Schwarzen, im Baltischen, im
Adriatischen und im Mittelländischen Meere.
Das Baltische, Kaspische und Adriatische Meer nun zei-
gen überraschende Analogien. Denn alle drei haben einen
geringeren Salzgehalt als der Ocean; sie empfangen zahlreiche
Flüsse und Ströme, welche massenhafte Trümmer fortbewegen
und die Meeresbecken auszufüllen streben; sie sind namentlich
bemerkenswerth durch die grosse Masse des in ihnen abgela-
gerten Sandes. Das Schwarze, das Mittelländische und das
Weisse Meer dagegen zeigen ganz andere lithologische Cha-
raktere; in ihnen herrscht der Schlick (Vase) bei Weitem vor
und die sandigen Absätze beschränken sich auf kleine Aus-
dehnungen.
3. Beiträge zur Kenntniss fossiler Korallen.
Von Herrn A. Kunta ın Berlin.
Hierzu Tafel 1.
3. Ueber Analoga des Deckels der Zoantharia rugosa bei lebenden
Korallen.
Taf. I. Fig. 1.
In der letzten Nummer meiner Beiträge hatte ich in Ueber-
einstimmung mit Herrn Lınpström darauf aufmerksam gemacht,
dass einige Zoantharia rugosa eine deckelartige Vorrichtung be-
sitzen. Schon Herr Lınpstrom hat in seiner Arbeit (Stockhol-
mer Academie 1868) versucht, Analoga dieses Deckels bei
lebenden Korallen zu entdecken; allein das, was er anführt,
ist nach seinem eigenen Urtheile weit entfernt von unseren
Gebilden, und ich erwähne es daher nicht näher.
Herrn Prof. LrurARr, dem ich von meinen Beobachtungen
erzählte, verdanke ich nun die Notiz, dass bereits Herr EDwArDsS
eine dem Deckel analoge Bildung an lebenden Korallen beob-
achtet zu haben scheine, und dass Herr Epwarps die be-
treffende Koralle mit dem Namen pudica bezeichnet habe. Die
Art, um die es sich handelt, ist Orypthelia pudica (Annales
des sciences naturelles, serie III, tome 13, 1850, p. 98, t.5,
f. 1. Die hier eitirte Beschreibung findet sich auch in der
Hist. nat. des corall.).
Die von Herrn EpwaArps gegebene Beschreibung lasst
allerdings kaum errathen, dass das Organ eine Art Deckel
vorstelle. Dagegen sprechen die Abbildungen um so deutlicher
für die Sache. Die Koralle, aus der Gruppe der Oculiniden,
stellt einen baumförmigen Stock dar. Alle Polypenmündungen
stehen nach einer Richtung. Der Kelch trägt an der einen
Seite einen Hautlappen, welcher sich über die Mundung lest.
Im Inneren des Kelches finden sich 16 bis 18 Sternleisten:
RE RE CREN
Be. I
2
Im
’
25
„Ces rayons s’arretent & une petite distance du bord exterieur,
et ’on n’en distingue pas en dedans de la partie repliee (des
Deckels), laquelle est &galement lisse en dehors.* — Lebend
bei den Philippinen.
Dass dieser Deckel bei Crypthelia keine Kalkabsonderun-
gen enthält, ist natürlich für die Analogie ganz gleichgültig.
Derselbe zeigt sich hier durchaus in der Weise gebildet, wie
ich es mir für Calceola und die anderen deckeltragenden Ru-
gosen denke, und wieich das Band XXI. p. 679 ausgesprochen
habe. Da die Annales des sciences naturelles vielleicht vie-
len Paläontologen schwer zugänglich sind, so habe ich die
Figuren von Herrn Epwarps kopiren lassen.
4. Neue paläozeische Zoantharia perforata.
w °
1. Prisciturben densiiexium n. sp.
Taf. I, Fig. 2.
Auf einem Stück silurischen Kalksteins von Oeland”), in
welchem man die Reste einer baumförmigen, ‚.engzelligen Ca-
lamopore noch erkennen kann, sitzt ein Korallenstock von
etwa 50 Mm, Länge und 25 Mm. Breite. Derselbe ist ganz
und gar auf seiner Unterlage festgewachsen; er besteht aus
einem reichlichen Coenenchym und 9 grösseren, sowie 6 klei-
nen Zellen, welche sammtlich sich mit ungefähr kreisförmiger
Mundung aus dem Coenenchym erheben, aber gegen die Unter-
lage derartig geneigt stehen, dass die Mündungen nach einer
Richtung sehen.
Das Coenenchym ist sehr dicht und man erkennt es mit
der Lupe nur schwer als ein sehr feinporiges, schwammiges
Gewebe, welches an manchen Stellen sammetartis schimmert.
An einem mikroskopischen Dünnschliff wird die Structur deut-
lich; man sieht unter der Lupe und bei schwacher Vergrösse-
rung unter dem Mikroskop viele feine, haarförmige Kanäle das
*) Das Stück ist vor Zeiten mit einer Suite von gotländer und
oeländer Silursachen durch den Mineralienhändler Schumann in die Samm-
lung der hiesigen Universität gelangt.
Ganze unregelmässig durchziehen und dazwischen eine fein-
körnige Grundmasse. — Die Kanäle haben einen Durchmesser
von -- Mm. im Mittel. Die Kelche sind seicht becherförmig;
der Durchmesser der grössten ist 4 Mm., der der kleinsten
etwa einen; die Tiefe schwankt zwischen 2,5 Mm. bei den
grössten und kaum 0,5 bei den kleinsten. Man erkennt in
den grösseren 36 Septen, welche zwar schmal, aber doch sehr
deutlich sind; stärkere alterniren mit schwächeren. In der
Mitte des besterhaltenen Kelches erhebt sich ein flacher Buckel —
Columella — welcher eine feine poröse Beschaffenheit hat; an
ihn reichen die Septen heran. — Weun das Ooenenchym etwas
verwittert, so kann man den Verlauf der Septen an der Aussen-
seite der Becher ziemlich weit verfolgen (an einer Stelle 7 Mm.).
Behufs genauerer Untersuchung wurde ein Kelch abgeschnit-
ten und in der Nähe des Kelchbodens durchsichtig geschliffen;
der Schnitt ging ein wenig schief gegen die Axe und es kommen
in Folge dessen an der einen Seite die Septen in Verbindung
mit der Columella zum Vorschein, an der anderen Seite endi-
sen sie frei. (Taf. 1, Fig. 2b.)
Man kann auf dem Querschnitt deutlich drei Regionen
unterscheiden: die Kelchwand, Region der Septa und die Re-
gion der Columella.
Die Kelchwand bildet einen Ring, dessen äusserer Durch-
messer 4,5 Mm. ist, und welcher eine Dicke von 2 Mm. besitzt.
Sie ist von dem Üoenenchym-Gewebe scharf abgegrenzt und
unterscheidet sich durch ihre ganz dichte, nicht schwammige
Beschaffenheit von diesem. In der äusseren Zone des Ringes
bemerkt man die Lumina von Kanälen; diese variiren ın Be-
zug auf die Grösse ihres Durchmessers sehr und scheinen in
ganz seltenen Fällen auch zu fehlen; wo sie indessen sich
zeigen, stehen sie stets in den Interseptalräumen — alterniren
mit den Septen — und sind also der Anlage nach mit den
Septen in gleicher Anzahl vorhanden. Bis zu diesen Lumina
reichen gewöhnlich von der Innenseite der Kelchwand dunkele
Linien, welche dadurch entstehen, dass sich hier die Basen
zweier benachbarten Septen begrenzen; an zwei oder drei Stel-
len sieht man indessen auch dies Lumen durch einen sehr fei-
nen Kanal mit dem Kelchinneren in Verbindung. Die Septen
werden als sehr dünne Fäden an der Kelchwand frei; sie ha-
ben eine Dicke von -'-Mm. und lassen etwas mehr als doppelt
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so breite Räume zwischen sich, Die Seitenwände der Septen
sind nicht glatt, sondern von kleinen Erhabenheiten rauh.
Dass die Septen abwechselnd grösser und kleiner sind, ist hier
nieht deutlich zu sehen, da auch die, welche weiter oben im
Kelche kleiner sind, bis an die Columella heranreichen. Die
Columella nimmt einen Kreis von ungefähr 1,5 Mm. Durch-
messer ein und zeigt genau dieselbe Structur, wie das Coe-
nenchym.
Einen Längsschnitt anzufertigen erlaubte das wenige Ma-
terial_nicht.
Aus dem Vorhergesagten geht zunächst hervor, dass wir
es mit einer Koralle aus der Abtheilung der Zoantharia perfo-
rata zu thun haben. Das feinporige Coenenchym und die Be-
schaffenheit der Kelchwände machen dies gewiss. Sucht man
nach der näheren Verwandtschaft, so weist uns der ausgebil-
dete Sternleistenapparat in die Familie der Madreporiden und
schliesst die Poritiden aus. In dieser Familie kommen nun
die Eupsamminae, welchen ein Coenenchym fehlt, und die
Madreporinae, bei denen zwei Primärsepten den Kelch hal-
biren, nicht in Betracht, und es handelt sich nur um die Un-
terfamilie der Turbinarinae. In dieser wiederum gehört Priscitur-
ben wegen seiner schwammigen Columella in die Verwandtschaft
von Turbinarina selbst, und diese Verwandtschaft erweist sich
in erstaunlich hohem Grade nahe. Denn wenn man z. B.
Turbinaria ceupula mit unseren Stücken vergleicht, so wird man
sich über die grosse Aehnlichkeit wundern. Sucht man nach
Unterschieden zwischen beiden Gattungen, so bleibt schliess-
lich nichts Anderes übrig als die von Turbinaria abweichende
Wachsthumsweise und die Feinheit des Coenenchyms, welches
bei Turbinaria stets grössere Maschen hat als hier. Obwohl
nun diese beiden Merkmale unbedeutend sein mögen, so wage
ich es doch nicht, unser Stück mit Turbinaria in eine Gattung
zu stellen, da- der Unterschied in der Zeit zwischen dieser
silurisechen und den echten Turbinarinen, welche, nicht älter
als miocan, wesentlich der Jetztwelt angehören, zu bedeutend
zu sein scheint. Vielleicht finden sich noch andere, von mir
nicht erkannte Merkmale; jedenfalls aber ist unser Stück da-
durch besonders bemerkenswerth, dass es zeigt, wie gering
mitunter die Variationen sein können, denen ein Formen-
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typus im Laufe der Zeit unterworfen wird. — Demnach er-
richte ich bei Turbinaria die Untergattung:
Priseiturben.
Korallenstock mit der ganzen Unterfläche festgewachsen,
Coenenchym reichlich, steinartig dicht. Septen abwechselnd
dick und dünn. Kelche vorragend, Columella von gleichem
Gefüge wie das Coenenchym.
Einzige Art. P. densitextum. Obige Beschreibung.
v 2. Protaraea microcalyzn. sp.
Taf. I. Fig. 3.
Herr Lossen theilte mir zwei Stücke dieser Koralle aus
unterdevonischen Eisensteinen der Grube Braut bei Walderbach
zwischen Bingen und Stromberg mit, welche von ihm Herrn Sanp-
BERGER in Würzburg zugeschickt worden waren und die derselbe an
Herrn Lossen unter obigem Namen zurückgesandt hat. Beide bil-
den krustenförmige Ueberzüge, das eine auf einer Bivalvenschale,
das andere auf einem nicht näher erkennbaren Körper. Die
Stücke sind in einer eigenthumlichen Weise versteinert; es
bildet nämlich eine grünliche thonige Masse das Versteine-
rungsmaterial, welches zu Schliffen wegen seiner geringen
Härte ungeeignet ist. :
Es sind dicht gedrängte, polygonale Kelche, welche im
Maximum einen Durchmesser von ] Mm. erreichen, meist
aber viel kleiner bleiben und um + Mm. schwanken. Die
Grösse ist also sehr- wechselnd. Jeder Kelch bildet einen
Trichter, dessen Tiefe dem Durchmesser gleichkommt. Von
einer Columella keine Spur. Die Septen, in der Anzahl von
6 oder 12 (oder 24 in den grössten), ragen nur wenig in den
Kelch hinein; sie sind ein wenig gekörnelt am inneren Rande
(so wie es die Figur bei Epwarps und Haınz, Pol. pal., t. 14,
f. 6a, sehr deutlich zeigt). Sie schieben sich nach dem Gesetze
von Epwarns und Haımz ein, Die Kelche sind durch höchstens
halb so breite Mauern von einander getrennt; diese sind auf
der Oberfläche gekörnelt; mitunter ist aber auch nur ein schar-
fer Grat zwischen zwei Kelchen. Von Zacken in den Kelch-
ecken ist an unserem Stücke nichts zu sehen. |
Was die Gattungsbestimmung anlangt, so findet man zwar,
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dass EpwArps und Haıne bei Protaraea sogenannte Prolonge-
ments columniformes in den Kelchecken als wesentlich an-
geben; allein bei P. vetusta sagen sie nur, dass sie haufig vorkom-
men, und die Abbildung v. SeeBach’s Zeitschr. d. geol. Ges. 1866,
t. 4, f.1 zeigt nichts davon. Da unser Exemplar nun in allen
übrigen Eigenschaften mit der erwähnten Gatiung überein-
stimmt, so halte ich es nicht für rathsam, des Fehlens der
Zacken wegen unser Stück aus dieser Gattung auszuschliessen
und für dasselbe eine neue “attung zu errichten. Hieran
knüpft sich aber eine weitere Betrachtung. Lässt man die
Prolongements eolumniformes aus der Gattungsdiagnose weg,
so fallt damit die Unterscheidung der paläozoischen Gattungen
Protaraea und der lebenden Litharaea; und in der That, es
besteht zwischen diesen beiden Gattungen perforater Korallen
eine ebenso grosse Analogie, wie ich sie so eben fur Turbi-
naria und Prisciturben nachgewiesen habe. Jedenfalls ist dies
eine sehr beachtenswerthe Thatsache: während die anderen
paläozoischen Korallen mit den lebenden nähere Verwandt-
schaftsbeziehungen nicht haben, ist die Verwandtschaft einiger
Perforaten mit lebenden so gross, dass es der Zukunft über-
lassen bleiben muss, scharfe Gattungsgrenzen zwischen ihnen
aufzufinden.
Ich habe geglaubt, diese beiden neuen Perforaten publi-
ciren zu sollen, da ich dadurch die Anzahl der bekannten pa-
läzoischen Arten von 7 auf 9 bringe, sie also immerhin um
ein Viertel vermehre und gleichzeitig die erste devonische Art
hiuzufuge. Die bekannten Arten sind:
1) Protaraea vetusta Hauı sp. 1847. Epwarps u. Haıne,
Pol. pal. p. 208. Silar.
2) S Verneuili Epwarps u. Haımze 1851. EpwaArDs
| u. Haımme p. 209. Silur.
SEE microcalye Kunta 1870. Devon.
4) Stylaraea Roemeri v. Sees. 1866. Zeitschr. d. geol.
Ges. p. 306. Silur.
5) Palaeacis cuneiformis Enwarns u. Hans (cuneata) 1860.
Hist. nat. des cor. Ill. p. 171. Koblenkalk.
6) ee cymba MEER u. WORTHEN (umbonata, obtusa,
enormis, compressa) 1861. Zeitschr. d. geol.
Ges. 1866. p. 307. Koblenkalk.
7) Palaeacis laxa Lupwıs sp. 1866. Palaeontogr. P-2817 =
Kobhlenkalk.
8) Calostylis cribraria LınpsTtr. 1868. Stockh. Acad. p. 419.
Obersilur.
9) Prisciturben densiteetum Kuxtu 1870. Silur.
5. Devonische Korallen von Ebersdorf (Grafschaft Glatz) im Schlesien
und über die Gattungen Phillipsastraea (Smithia) und Petraia.
Das Material zu den vorliegenden Beobachtungen findet‘
sich theils in dem mineralogischen Museum, theils in der Samm-
lung der Bergakademie zu Berlin; einige Stücke wurden mir
auch von Herrn TiırtzE geliehen.
Phillipsastraea Hennahi Lonsp. sp.
Taf. I. Fig. 4.
Die Koralle bildet mächtige Massen; es liegen mir Hand-
stucke von 15 Om. Länge, 10 Cm. Breite und 10 Cm. Dicke vor,
welche nur Bruchstücke von grösseren Stücken sind. Die Ober-
flache des ganzen Stockes ist im Allgemeinen eben; auf ihr
erheben sich die einzelnen Kelche, welche niedrige, abgestumpfte
Kegel bilden. Die Centra der einzelnen Kelche sind etwa
8 Mm. von einander entfernt; zuweilen ist diese Entfernung
etwas geringer, sehr selten aber bedeutender, Die Kelche sind
unregelmässig angeordnet, mitunter kann man sich dieselben
in etwas regelmässigere Reihen gruppirt denken. Der ab-
gestumpfte Kegel, den jeder Kelch darstellt, hat eine Basis
von etwa 6 Mm. Durchmesser, eine Höhe von 2 Mm. und der
Durchmesser des oberen Kreises beträgt etwa 4 Mm. In die-
sem oberen Kreise findet sich eine schüsselförmige Vertiefung
von etwa 0,6 Mm. Tiefe; sie wird von einem +—: Mm. dicken
Walle umgeben und trägt in der Mitte eine kleine Hervor-
ragung (columellarian tubercle), welche in der Richtung eines
Durchmessers etwas verlängert zu sein scheint. Der Durch-
messer der Vertiefung ist also am oberen Rande etwa 3 Mm.
An dem centralen Tuberkel zeigen sich 11—13 Sternleisten;
sie durchlaufen die Vertiefung und steigen auf die Höhe des
Walles. Hier schiebt sich zwischen je zweien fast immer eine
neue ein, und nun laufen sie, zu sogenannten Rippen gewor-
den, in der Anzahl von 22 bis 26 an der Aussenseite des
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Kegels herab, um sich entweder in gerader Linie oder in
einer knieförmigen Biegung mit denen der benachbarten Kelche
zu vereinigen. Nur sehr selten sieht man in den flachen Zwi-
schenräumen, welche die Kelche ubrig lassen, die Spur einer
Begrenzung der Zelle; gewöhnlich fliessen die Rippen ganz
und gar in einander über. Von einer Kelchwand ist bei gut
erhaltenen Kelchen nichts zu sehen, sie wird von Sternleisten
und Rippen versteckt. Die Rippen scheinen an manchen Stel-
len etwas gekörnelt zu sein; sobald sie beim Herablaufen auf
der äusseren Kegelseite sich etwas ausbreiten können, finden
sich flache Thaler zwischen ihnen ein, welche etwa 0,5 Mm.
breit sind. In diesen Thälern werden die Rippen verbunden
durch unregelmässige, undeutliche Erhebungen, welche quer
durch die Thäler laufen und denselben ein etwas grubiges
Ansehen verleihen.
Querschnitt. Zur Untersuchung der Structur sind an
mehreren Stücken Querschliffe gemacht; ausserdem ist ein
Querschnitt, welcher acht Kelche umfasst, durchsichtig dunn
geschliffen. Die Querschnitte der Zellen erscheinen als Kreise
mit 2:2—3 Mm. Durchmesser. Die Kelchwand ist als scharfe
Linie erkennbar; von ihr strahlen 11—13 Sternlamellen aus,
welche nach dem Centrum zu sich etwas unregelmässig mit
einander vereinigen. Sie stossen namlich nicht sämmtlich am
Centrum zusammen, sondern schliessen sich in der Regel nahe
dem Centrum an einen durch zwei gegenüberstehende Septen
angedeuteten Durchmesser an, der schon in der Oberfläche des
Kelches sich zeigte. Von einer eigentlichen Columella ist
nichts bemerkbar. Zwischen den grossen Sternleisten stehen
am Rande gleich viel sehr kleine, nur als kurze Spitzen er-
kennbare; in manchen Kelchen fehlt hin und wieder ein
solches kleines Septum. Ausserdem sieht man im Kelche
concentrisch angeordnet Querschnitte von Blasen; 0O—3 siehen
auf einem Radius; am Rande sind sie häufiger als in der
Mitte. Alle Septen durchbrechen die Kelchwand und nehmen
ausserhalb des Kelches denselben Verlauf, der sich schon auf
‚der Oberfläche zeigte. Die Rippen sind verbunden durch gebogene
Querstäbchen, welche etwa + Mm. von einander entfernt stehen.
In der unmittelbaren Nähe der Kelche stehen zwei oder drei
etwas dichter, dann eine Strecke etwas weiter, und dann tritt
das normale Verhalten ein. Diese Querstäbchen stehen aber
32
nicht immer regellos, sondern iudem sich die der benachbarten
Thäler an der Rippe vereinigen, bilden sie oft auf weite
Strecken gebogene Linien, welche die Rippen durchschneiden.
Längsschnitt. Die Längsschnitte der Zellen sind wie
immer sehr verschieden, je nachdem man den Schnitt central
oder nicht central legt. Geht die Schnittebene nicht durch den
Mittelpunkt, so sieht man zunächst die Kelchwände als zwei
deutlich parallele Linien; zwischen ihnen, und ihnen ebenfalls
parallel, liegen die haarfeinen Linien der Septen. Diese sind
durch ebenfalls sehr feine Querfäden mit einander verbunden,
welche meist so regelmässig über einander stehen, dass zwei
Septen mit den dazwischen liegenden Querfäden einer Leiter
gleichen. In den Räumen, welche von den Kelchwänden und
den nächstliegenden Septen begrenzt werden, stehen die Quer-
fäden unregelmässig. Ist der Schnitt dagegen central und
trifft zwei gegenuberliegende Intersepten, so ist im Allgemei-
nen von Septen nichts zu sehen. Am Rande der Kelchwand
liegen einige unregelmässige Blasen, von weichen ein Faden
ausgeht, welcher sich etwas nach oben biegt und nahe der
Mitte der Zelle gewöhnlich plötzlich auflört, ohne sich mit
einem von der gegenüberliegenden Seite zu verbinden; das
letztere kommt, wiewohl selten, doch vor. An der Stelle,
wo die Fäden aufhören, sieht man meist die Andeutung eines
Septums. Dass nämlich diese Querfäden, welche natürlich
Querschnitte von interseptalen Blasen sind, nicht bis an’s
Centrum reichen, kommt daher, dass ja die Septen sich gleich-
falls im Allgemeinen nicht im Centrum vereinigen. Es ist dem-
nach die Zelle eine Röhre, welche von den Septen in gewohn-
licher Weise in Intersepten getheilt wird. Diese Intersepten
besitzen ziemlich regelmässig ubereinanderstehende Scheide-
wände, welche am Oentrum beginnen und, sich nach unten und
aussen biegend, an der Kelchwand endigen; in der Nähe der
letzteren finden sich gleichzeitig noch einige Blasen ein. In
den benachbarten Intersepten stehen die Scheidewände im All-
gemeinen nicht auf gleicher Höhe; wäre dies der Fall, so wür-
den sie Böden in der Zelle bilden.
Sehr mannichfaltig ist die Erscheinungsweise des exothe-
kalen Gewebes zwischen den einzelnen Kelchen im Längs-
schnitt. Um von dem einfachsten Falle auszugehen, so zeigen
sich häufig die Rippen von der Schnittfläche senkrecht ge-
N,
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33
troffen als dünne Linien und zwischen ihnen horizontale Quer-
fäden, ganz ähnliche Leitern bildend, wie oben die endothe-
kalen Gebilde. Häufig bemerkt man dann auch, dass die
Querfäden in den benachbarten intercostalen Räumen auf glei-
cher Höhe stehen. Es bildet dann das Ganze ein Muster von
kleinen Rechtecken. Mitunter aber ändert sich dicht daneben
das Bild, indem sich statt des rechteckigen: ein aus kleinen
Rauten gebildetes zeigt; die Rauten sind in der Horizontal-
richtung sehr lang gezogen und werden von den Rippen in
verticaler Richtung an den verschiedensten Stellen durchschnit-
ten. Dann sieht man an manchen Stellen die Rauten, aber
gar keine Rippen mehr, In allen Fällen sind die Begrenzungs-
linien der Rauten und Rechtecke, soweit sie intercostalen Bla-
sen angehören, keine geraden, sondern gebogene Linien.
Die Erklärung für die Verschiedenartigkeit dieser Bilder
lag etwas versteckt, und obwohl ich die Dinge jetzt vollstän-
dig verstehe, ist eine Beschreibung doch ziemlich schwierig. —
Zur Erklärung muss ich mit einem Vergleich ziemlich weit aus-
holen. In manchen Gegenden baut man aus hohlen halbeylin-
drischen Ziegeln durchsichtige Mauern in der Art, wie es
der beigefügte Holzschnitt zeigt. Man denke sich nun eine
Anzahl solcher Mauern so hinter einander gesetzt, dass die
Ziegeln der folgenden genau die Fortsetzung von denen der ersten
Zeits.d. D. geol. Ges. XXL. 1. 3
34
seien, und zwischen je zwei durchsichtigen Mauern eine senk-
rechte solide. (Im Holzschnitt duzch schwarze Linien bezeichnet.)
Legt man nun |
lstens einen verticalen Schnitt senkrecht gegen die soli-
den Mauern durch das Ganze, so werden die soliden Mauern
auf der Schnittäche als parallele senkrechte Linien erscheinen,
welche durch wagerechte Linien mit einander verbunden sind;
die wagerechten Linien stehen in allen Räumen zwischen je
2 soliden Mauern gleich hoch.
2tens, macht man einen beliebigen verticalen Schnitt durch
das Ganze, so werden die soliden Mauern wieder als parallele
Linien auf der Schnittflächen erscheinen, die Querschnitte der
halbeylindrischen Hohlziegeln gestalten sich aber anders. Den-
ken wir uns einen Augenblick die soliden Mauern weg, so
sieht man leicht, dass die Schnittfigur der Vorderansicht der
Mauer ähnlich ist, nur dass die Kreisbogen flachere Ellipsen-
bogen sind; denken wir uns nun die soliden Mauern wieder
dazu, so schneiden dieselben dieses Bild so, dass im Allgemei-
nen die Stücke eines Ellipsenbogens zu zwei durchsichtigen
Mauern gehören.
ötens, legt man den Schnitt einer soliden Mauer parallel,
so erhält man im Bilde keinen Schnitt mit einer solchen und
die Schnittfigur weicht von der Vorderansicht nicht ab.
Man wird bereits gesehen haben, dass die 3 unterschiede-
nen Fälle den oben erwähnten dreien homolog sind. In der
That, die soliden Mauern sind die Rippen, die Hohlziegeln das
Blasengewebe. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass von
einer solchen mathematischen Regelmässigkeit, wie sie das
Beispiel zeigt, in der Natur absolut nicht die Rede ist. Wer
aber das Beispiel verstanden hat, wird sich jeden einzelnen
Fall erklären können. In allen von der Natur durch Biegung
der Rippen etc. hervorgebrachten Variationen ist aber das
Constante, dass die Blasen eines Intercostalraumes die Fort-
setzung derer des benachbarten sind; in dem rautenförmigen
Muster gehört eine Raute zwei intercostalen Räumen an,
und das ist nur möglich, wenn die Blasen des einen Inter-
costalraumes in den benachbarten fortsetzen.
Um eine Ansicht über die Gattungsverschiedenheit von
Smithia und Phillipsastraea zu gewinnen, ist es zunächst von
Interesse, die Entstehung dieser Gattungen historisch zu ver-
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folgen. In der Einleitung zu den Brit. fos. cor. 1850 ist erst
die Gattung Phillipsastraea aufgestellt, die Gattung Smithia
existirt noch nicht. Bei der Diagnose von Phillipsastraea heisst
es: The centre of the tabulae presenting a columellarian tu-
bercle und, worauf ich besonders aufmerksam mache, als Ty-
pus der Gattung ist Astrea Hennahi Lonsn., Geol. trans., 2. se-
ries, vol. V, tab. 58, fig. 3 genannt, — dieselbe Species, die
ein Jahr später Typus der Gattung Smithia wird. Im
Jahre 1851 findet sich in der Einleitung zu den Pol. pal.
p. 171 die Gattung Smithia aufgestellt und pag. 173 ist Phil-
lipsastraea mit den Worten charakterisirt: Polypier presen-
tant la me&me structure que les Smithia, mais ayant une colu-
melle styliforme. — Als Typus wird nun erwahnt: Phillipsastraea
radiata. |
Liest man nun die Beschreibung von Ph. radiata, die also
Typus columellentragender Formen sein soll, so wird man
überrascht durch die Worte: Columella mince et comprimee,
en general peu distincte, und betrachtet man die Abbildung Brit.
fa cor. t. a1, !. 2 u. 2a und M’Coy, Brit. pal. fos. t. TIIB.
f. 9 wird man noch mehr überrascht, da man von einer Üo-
lumella gar nichts sieht.
Betrachtet man nun die Abbildung von Ph. tuberosa bei
M’Coy tab. IIIB. fig. 8, so zeigt sich auch hier weder im
Querschnitt noch auf der Oberfläche eine Spur einer Columella,
und sowohl Epwarps’ als auch M’Cor’s Beschreibung erwäh-
nen nichts von einer Säule.
Nur bei der einzigen üubrigbleibenden Art Ph. Verneuili
sagt die Beschreibung kurz: Columelle saillante, und die Ab-
bildung Pol. pal. t. X. f. 5 zeigt dieselbe deutlich, — aber
nur auf der Oberfläche; ein Querschnitt findet sich nicht.
Bedenkt man nun, dass bei unserem Stücke die Kelche
eine falsche Columella zeigen, wie sie bei den Oyathophylliden
ja so oft dadurch entsteht, dass die Septen bis an’s Centrum
der etwas in die Höhe gebogenen Böden reichen und sich hier
etwas zusammendrehen, und dass unsere Querschnitte keine
Columella zeigen, so wird man, wie ich glaube, mit Recht
Zweifel daran hegen dürfen, ob die Gattungen Phillipsastraea
und Smithia sich durch die Columella unterscheiden; denn auch
'Smithia hat nach Epwarps und Hame auf den Böden einen
'columellarian tubercle, und bei zweien der 4 Arten dieser Gat-
Z*#
36.
tung ist von lobes paliformes die Rede, welche im Kelche sehr
leicht ganz ähnliche Gebilde hervorrufen können, wie die Ab-
bildung von Ph. Verneuili sie zeigt.
Da nun die Säule als Gattungsunterschied fällt, da sie
im günstigsten Falle nur bei Ph. Verneuili vorkommen könnte,
hier aber erst durch einen Querschnitt nachgewiesen werden
müsste, so muss der Name Phillipsastraea den 4 Arten, welche
Epwarps als Smithia abtrennt, verbleiben; der Name Smithia
wird gegenstandslos.
Ja zu dieser Gattung Phillipsastraea scheinen sogar noch
2 Arten zu gehören, welche bisher unter dem Namen en
gophyllum versteckt waren.
F. Rormer (Fossile Fauna von Sadewitz, p. 20) weist
bereits darauf hin, dass Syringophyllum ? Cantabricum und Tor-
reanum „nach Beschreibung und Abbildung sicher nicht zu Sy-
ringophyllum gehören, sondern in die nahe Verwandtschaft
von Phillipsastraea,* wohin sie ja auch die ersten Beschreiber
DE VERNEUIL und JuLes Haıme gleich anfangs richtig gestellt
haben.
Mithin besteht die Gattung Phillipsastraea (welche ich in
demselben Sinne nehme, wie Epwarps und Harz die Gattung
Smithia (Pol. fos. d. ter. pal. p. 421), nur dass ich am Ende
noch hinzufügen würde: Eine eigentliche Säule fehlt, doch fin-
det sich häufig eine scheinbare) aus folgenden Arten:
. Ph. Hennahi Lonsp. sp. Devon.
. Ph. Pengillyi Enwarps u. Hame sp. Devon.
Ph. Boloniensis EDwArDs u. Hame sp. Devon,
Ph. Bowerbanki EpwArns u. HAımmz sp. Devon.
Ph. Cantabrica DE VERN. u. J. Hame. Devon.
Ph. Torreana DE VERN. u. J. Hame. Devon.
Ph. Verneuili Epwarps u. HAmE. Devon.
Ph. radiata S. Woopw. sp. Kohlenkalk.
Ph. tuberosa M’OoyY sp. Kohlenkalk.
von Ppww-
(Unter anderem zeigen meine Abbildungen das Zusam-
menstossen der Septa gegen die Mitte hin; ich mache darauf
besonders aufmerksam, weil sämmtliche Bilder anderer Auto-
ren ein solches Zusammenstossen nicht zeigen. Auch meine
gewöhnlichen Schliffe zeigen dies Zusammenstossen nicht deut-
lich, dagegen treten in den Düunschliffen die feinen Septa
ECBERTTE TER FT ET A RR NE
ee R g'
=
37
auf das Deutlichste hervor und anastomosiren in der gezeich-
neten Weise.)
Zu einer Kritik der Arten, deren Zahl sich noch verein-
fachen dürfte, reicht das vorliegende Material nicht aus.
In dem oben erwähnten Umfange scheint nun diese leicht
erkennbare Gattung und speciell die Art Ph. Hennahi eine geo-
logisch nicht unbedeutende Rolle zu spielen.
Ohne alle nähere Verwandte im Silur und Unterdevon,
wird die Gattung sogar in den typisch entwickelten, korallen-
reichen Schichten des eifeler Mitteldevons noch durchaus ver-
misst. SANDBERGER erwähnt sie nun zwar aus seinem „Strin-
gocephalenkalke“*, aber. nicht aus den eigentlichen Kalken, son-
dern aus den Schalsteinconglomeraten, welche etwas höher als
die Kalke zu liegen scheinen.
Am Harze kommt die Gattung im Iberger Kalle vor, von
welchem Herr BEYrıc# (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XX.,
S. 659) nachgewiesen hat, dass er den Stringocephalenkalk über-
lagert. In Schlesien bei Ebersdorf findet sie sich in Herrn
Tırrze’s Hauptkalk (Ueber die devonischen Schichten von
Ebersdorf. Breslau, 1869), welcher als das unmittelbare Lie-
gende des Olymenienkalkes und ohne typische mitteldevonische
Versteinerungen dem Niveau des Iberger Kalkes gewiss sehr
nahe stehen wird. Es tritt mithin die Gattung Phillipsastraea
in ganz Deutschland von Schlesien bis an den Rhein an der
Grenze von Mittel- und Ober-Devon auf mit der Art Hennahi,
und die Präcision, mit der dies an drei Hauptlocalitäten de-
vonischer Entwickelung geschieht, verleiht der Gattung eine
nicht geringe geologische Bedeutung.
In England treten nach Herrn ErHErıneEe (Quart. Journ.
of Geol. soc. London. 1867. Bd. 23) Arachnophyllum Hennahi,
Smithia mit drei Arten und Syringophyllum cantabricum im
Mitteldevon auf; leider aberist eine genauere Bestimmung
des Niveaus nicht versucht. Es wird für jene Gegenden einer
späteren Zeit die Untersuchung vorbehalten sein, ob die Gat-
tung Phillipsastraea auch hier so genau an der oberen Grenze
des Mitteldevons erscheint, wie dies in Deutschland der Fall ist.
Petraia. Taf. I. Fig. 5.
Graf Münster hat in seinen Beiträgen zur Petrefacten-
kunde I. p. 42 ff. eine Anzahl Fossilien aus oberdevonischen
38
Schichten der Gegend des Fichtelgebirges unter, obigem Gat-
tungsnamen beschrieben und abgebildet, welche er zu den Ga-
stropoden (in die Nähe von Capulus und Patella) stellte, in-
dem er indessen gleichzeitig darauf aufmerksam machte, dass
jene Fossilien möglicherweise Verwandte der Gattung Cyatho-
phyllum sein könnten. Dass dies der Fall sei, wurde bald
allseitig bekannt; da aber die Beschreibungen und Abbildungen
MünsTter’s viel zu wünschen übrig liessen, so kam es, dass
der Name Petraia, welcher von Prıtwnıps, M’Coy, Kıng, Lons-
DALE, ROEMER u, A. angenommen wurde, sehr verschiedenen
Dingen ertheilt wurde, welche in der Regel schlecht erhaltene
Steinkerne von einzelligen rugosen Korallen aus der engeren
oder weiteren Verwandtschaft von Cyathophyllum waren. Da-
durch kam dieser Name Petraia so sehr in Misskredit, dass
Epwarns und Hame ihn einfach aufhoben, indem sie die Müx-
ster’schen Arten als zu ungenau beschrieben in den Anhang
der Gattung Cyathophyllum stellten. Die beiden Autoren müs-
sen zufälliger Weise nie eine grössere Menge guter Stücke vor
Augen gehabt haben; denn sonst würde ihnen der eigenthum-
liche Charakter dieser Korallen nicht entgangen sein. Nach
einer guten Abbildung sucht man bei ausserdeutschen Schrift-
stellern vergebens, und man könnte fast auf die Vermuthung
kommen, dass Petraia in England nicht vorkäme, obwohl
selbst die neuesten englischen Schriften nach PaıLips’ Vor-
gange den Namen haben. In Deutschland sind sie neuerdings
von Herrn Lupwıe (Palaeontogr. 14. t. 48) unter verschiede-
nen Namen abgebildet und auch die Species beschrieben wor-
den; dass die fraglichen Korallen zu den Rugosen gehören,
davon kann man sich zunächst überzeugen, wenn man an einer
derselben, wie sie am Ertkeberge bei Brilon in Unmassen vor-
kommen, die Oberfläche reinigt. Man erkennt dann sehr bald
die charakteristische Rugosenstreifung und sieht, dass die Ke-
gel trotz ihres auffällig regulären Aussehens bilateral symme-
trisch gebaut sind.
Unter den Rugosen nehmen nun diese Korallen einen aus-
gezeichneten Platz ein durch die minimale Entwickelung
aller endothekalen Gebilde, wie sie in ähnlicher Weise
bei keiner anderen Gattung. der Rugosen bekannt ist. Denn
die Septen sind am oberen Rande der Zelle nicht breiter, als
die der Hauptquadranten bei Calceola, und obwohl sie nach un-
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88: .
ten an Breite etwas zunehmen, so laufen sie doch immerhin
nur als äusserst zarte Leisten bis in die Spitze.
Da mir von Ebersdorf nur 3 Exemplare und aus dem
Fichtelgebirge nur einige Originale von MÜNSTER vorliegen, so
sind die genaueren Untersuchungen an Stücken vom Enkeberge
gemacht. — Ausser zahlreichen gewöhnlichen Querschnitten
liegen 2 dünngeschliffene Quer- und 6 ebensolehe Längsschnitte
der Untersuchung zu Grunde.
Die äussere Gestalt ist sehr regelmässig kegelförmig, in
der Regel mässig hoch; zuweilen aber auch sehr flach, mehr
schüsselförmig; das untere Ende ist an irgend einen fremden
Körper befestigt, am Eukeberge fast immer an einige Crinoi-
denglieder. — Die Oberfläche lässt mehr oder minder deutlich
die Septa durch die dünne Epithek erkennen; die letztere bil-
det dem Wachsthum entsprechende feine Runzeln und Ringe.
Das Innere des Kelches, welches ich nur aus Steinkernen
kenne, ist bis tief hinab in die Spitze hohl; die Septen treten
nur als ganz schmale Leistchen auf. Bei guten Steinkernen
der Art sieht man im Interseptum die anderweitig (s. diese
Zeitschr. XXI. S. 665) beschriebene Art der Punktirung sehr
deutlich. |
Die Stücke vom Enkeberge haben in der Regel eine Höhe
von 25—30 Mm. bei 20—25 Mm. oberem Kelchdurchmesser.
An einem Längsschnitt sieht man, dass diese Kelche bis etwa
3 Mm. von der .Spitze völlig leer sind. Hat man den Schnitt
central gelegt, so bemerkt man am festgewachsenen Ende in
der Regel den kreisförmigen Querschnitt des ‚Crinoidengliedes.
An dieses hat das Thier dann eine etwa 1 Mm. dicke Schicht
abgelagert, welche das Glied meist halb umfasst und nach oben
zu die Epithek der Zelle bildet. Diese Epithek wird dann
immer dünner, so dass sie am Kelchrande zwischen * und
——; Mm. schwankt. Von Septen oder anderen endothecalen
Gebilden ist nichts zu sehen; nur in seltenen Fällen zeigen
sich in der Nähe der Anwachsstelle einige blasenartige Hohl-
raume. Legt man den Verticalschnitt etwas excentrisch , so
bleibt das Bild dem geschilderten ähnlich, nur dass sich sehr
nahe der Epithek einige Schnitte der Septen zeigen, welche
gegen das untere Ende etwas mehr an’s Centrum heranreichen.
Querschnitt. Macht man an der Spitze einen Quer-
schnitt, dessen Durchmesser 4 Mm. nicht übersteigt, so sieht
man von der dünnen Epithek etwa 16 Septa ausgehen, welche
gegen das Oentrum noch einen Raum von mehr als einen Milli-
meter Durchmesser freilassen und also selbst nur wenig mehr
als einen Millimeter in das Innere des Kelches hineinragen.
Diese Septa zeigen eine sehr deutlich bilateral symmetrische
Anordnung. Die sehr dünnen Septa schwellen nämlich gegen
die Spitze zu etwas keulenförmig an und die dicken Spitzen
der einem und demselben Quadranter angehörigen Septa legen
sich an einander. Nur das Haupt- und Gegenseptum bleiben
frei, und das erstere überwiegt bedeutend an Grösse. — Kein
Blasengewebe oder derartige endothekale Gebilde.
Legt man den Schnitt etwas höher, so verschwindet so-
fort das bilaterale Bild, da die Septen nun nicht mehr in je-
dem Quadranten ihre Spitze aneinanderlegen, sondern freiblei-
ben; sie nehmen auch nicht an Breite zu, sondern hören einen
reichlichen Millimeter von der Epithek auf. Bei 6 Millimeter
Durchmesser zähle ich 24 Septa, bei 19 Millimeter Durch-
messer 55 Septa.
Die angegebenen Merkmale werden bewiesen haben, dass
die Gattung Petraia eine sehr eigenthümliche Entwickelungs-
form der rugosen Korallen darstellt, und dass unter den be-
kannten Gattungen eine nahe Verwandte sich nicht findet.
Will man die Gattung in das Epwarps und Harue’sche System
einordnen, so muss sie in die Familie der Cyathaxonidae kom-
men, deren wesentliches Merkmal der Mangel von Blasenge-
webe oder Böden ist. Von der einzigen dieser Familie an-
gehörigen Gattung unterscheidet sich aber Petraia noch so
‘entschieden, dass man sich versucht fühlen konnte, diese Gat-
tung zum Typus einer eigenen Familie zu machen. Vorläufig
will ich die Merkmale zu einer Diagnose der Gattung noch
einmal zusammenfassen. |
Petraia.
Korallenstock einfach, festgewachsen. Regelmässig, krei-
sel- oder trichterförmig, zuweilen auch schusselförmig. Kelch
bis fast in die Spitze ohne alle endothekalen Gebilde. Epi-
thek meist dunn, Septa sehr feine schmale Leisten bildend,
welche gegen das Embryonalende etwas breiter werden und
sich hier quadrantenweise mit einander verbinden. Keine Bö-
den, kein Blasengewebe.
41
Was die Arten anlangt, welche die in dieser Weise ge-
fasste Gattung enthält, so gehören zunächst dahin:
Petraia radiata Musst. Beitr. I. 1839. p. 42. t. 3. f. 4a. b.
— decussata ., er PA 0, aba. e
— ‚semistriata „ ” ER c SEE 2.
— tenuicostata „, >. p. 44 Dar
— Kockiü = # = Re Aare
Ausserdem scheinen dahin zu gehören:
Patella disciformis MünstT. Beitr. II. 1840. p. 81. t. 14. f. 23.
— subradieta 5 = 01%
Von letzterer möchte ich die Zugehörigkeit zu Petraia fast
mit Sicherheit behaupten.
Ferner:
Lioeyathus tenuis (?) Lupw. Palaeont. XIV. p. 192. 1. 48. f. 2.
Orthocerenschiefer.
Taeniocyathus trochiformis Lupw. r P-499: 7.2102
Von diesen würde ich P. radiata, decussata, Kochü und
Taeniocyathus trochiformis zu einer Species vereinen. Ebenso
P. semistriata und tenuicostata. Schliesslich Patella disciformis
und subradiata, so dass ich folgende Species unterscheiden
wurde:
1) Petraia radiata Musst.
2) P. tenuicostata Musst.
3) P. disciformis MünsT. sp.
4) P. tenuis (?) Lupw. sp.
Man hat in Deutschland die in dem rheinischen Unter-
devon häufig vorkommenden Steinkerne einzelliger Rugosen zu
Petraia gestellt. Diese Steinkerne haben allerdings (Lupwıe
l. e. t. 40. f. 1 u. 2) mit Petraia gemein die geringe Entwicke-
lung der Septa und die Tiefe des Bechers; allein sie haben,
wenn man den Lupwıge’schen Zeichnungen glauben darf, keine
regelmässig kreiselförmige, sondern eine etwas hornförmige
Gestalt und man kennt die Bildungsweise der Spitze nicht.
Endlich muss man bedenken, dass diese unterdevonischen
Stücke durch Verdrückung ihre ursprüngliche Form meist ein-
‚gebüsst haben. Wollte man diese Steinkerne in die Gattung
mit aufnehmen, so müsste man bei der Gestaltbeschreibung
wohl das Wort „hornförmig“ hinzufügen, und es würde sich
dann diese Gruppe unterdevonischer Petraien wesent-
lich von den echten oberdevonischen unterscheiden. Vor-
läufig möchte es sich empfehlen, diese Kerne nur anhangsweise
zu der Gattung zu bringen.
Was die geologische Verbreitung dieser Gattung anbetrifft,
so ist das Hauptlager jedenfalls im Oberdevon. Mitteldevo-
nisch kennt man keine Art, und die oben fraglich angeführte
Species wäre die einzige des Unterdevon.
Von Ebersdorf liegen mir drei Stücke, von Herrn TirrtzE
gesammelt, vor, welche ich der Gattung Petraia zurechne. Das
eine davon aus dem echten Clymenienkalk würde ich unbe-
denklich der gewöhnlichen Form vom Enkeberge an die Seite
stellen; das zweite ist sehr schlecht erhalten, gehört aber
wohl auch dahin. Das dritte Stück indessen dürfte einer eige-
nen Art zuzuzählen sein. Es besitzt das Stuck die Form eines
Trichters, dessen Wände nach innen gebogen sind; gleichzeitig
sind die Septen stärker entwickelt als bei der Art vom Enke-
berge und scheinen etwas höher in den Kelch hinaufzureichen.
Das untere Ende fehlt übrigens.
Syringopora reticulata GOLDF.
Es liegen eine Reihe ansehnlicher Stücke einer Syringo-
pora von Ebersdorf vor, bei deren Speciesbestimmung zu den
an anderer Stelle erwähnten erschwerenden Umständen hier
noch der hinzutritt, dass die Zellen von weissem Kalkspath
erfullt sind, welcher die Deutlichkeit der inneren Theile sehr
beeinträchtigt. Unter den aus Europa beschriebenen echt de-
vonischen Arten der Gattung Syringopora (caespitosa von
Paffrath und addita von Nehou) findet sich keine nahe: Ver-
wandte. Dagegen ist die $. reticulata aus dem Kohlenkalk
von Olne im Limburgischen und von Trogenau im. Fichtelge-.
birge unseren Stücken so ähnlich, dass ich dieselben mit je-
nem Namen belegen möchte. Auf die Aehnlichkeit mit Stücken
von Trogenau hat übrigens L. v. Buch schon aufmerksam ge-
macht. Trotz dieser äusseren Aehnlichkeit würde ich aber bei
einer Altersbestimmung der betreffenden Schichten die vorlie-
genden Stücke so lange ausser Acht lassen, bis man genauere
Merkmale für die Speciesbestimmung der Syringoporen besitzt.
Im Hauptkalke von Ebersdorf.
Erklärung der Mhhildaneen auf Tafel L
Crypihelia pudica Eow. Copie nach Epwanps.
a. Natürliche: Grösse.
. Vergrössert von der Vorderseite.
. Ein Kelch von der Seite,
+ a Prisciturbea densitexium. _ Oeland.
i a. Ansicht des Stockes. Natürliche Grösse.
b. Sussehrite eines Kelches. Vergrössert.
Walderbach bei Bingen.
a. Ansicht des Stockes Natürliche Grösse.
Sf: : Mehrere Kelche vergrössert.
© me 4 Plällipsastraea Hennahi. Ebersdorf.
a. Oberfläche. Natürliche Grösse.
Er Ein Kelch vergrössert. 7
ce. Querschnitt t:; ei UBER?
a Längsschnitt 5 2, Links ein Kelch central, rechts excentrisch
getroffen. RT
Pirrkin radiata. Enkeberg bei Brilon.
a. Ansicht einer Zelle vom Seitenseptum her,
.b. Ansicht einer Zelle von der Spitze.
ce. Längsschnitt vergrössert.
d. Querschnitt vergrössert, nahe der Spitze.
_ e, Querschnitt vergrössert, weiter oben.
Anstehende Juragesteine im Regierungsbezirk Bromberg,
Von Herrn Runer ın Breslau.
Mit einer Karte auf Taf. II.
Schon seit dem Jahre 1847 ist das Vorkommen des obe-
ren Juras in dem Bohrloch von Oiechocinek, drei Meilen östlich
von Thorn, bekannt (cf. Zeuschner, Neues Jahrbuch f. Min.,
Bd. 1847, S. 156, und Girarnp, Norddeutsche Ebene, Berlin,
1855, S. 50). Herr Gırarp betrachtete diese Gesteine, welche
nach den zahlreich eingeschlossenen Petrefakten unzweifelhaft
dem Niveau des Koralrag von Franken und Württemberg an-
gehören, als eine Insel oder einen vorgestreckten Arm der
südlich verbreiteten polnischen Jurabildungen, welche mit dem
oolithischen Jurakalk in Pommern nicht zu vereinigen
seien. Von dem östlichsten Beobachtungspunkte in Pommern,
dem im Jahre 1853 als solchen durch Herrn RIBBENTROP be-
kannt gewordenen Dorfe Bart'n, 2} Stunden südöstlich von
Colberg (cf. Zeitschrift d. Deutsch. geol. Gesellschaft, Bd. V,
S. 618 u. 666), lag dieser Punkt circa 35 Meilen entfernt.
Nach Herrn Zeuschner waren die in Ciechocinek von 93° an
bis zu 1409° Tiefe durchbohrten Juraschichten zum Theil
oolithisch, zum Theil auch dolomitisch. Von Petrefakten
waren durch Herrn ZEUSCHNER bestimmt Ceriopora clavata
GoLDF., Cnemidium rimulosum, Pentacrinus angulatus, Cidaris
communis, C. Blumenbachi, Terebratula pectunculus, pectuncu-
loides, substriata, loricata, ornithocephala.
Dagegen sind nach Herrn WesseL (Zeitschr. d. Deutsch.
geol. Gesellsch., Bd. VI, 1854) im oberen Jura Pommerns
eine nördliche und südliche Gruppe von Gesteinen zu unter-
scheiden. Die nördliche umfasst die hellgefärbten Kalke und
Mergel, die an beiden Seiten des von der Karpine durch-
flossenen Moores in den Feldmarken. der Dörfer Fritzow,
Tribsow, Schwerz, Friedensfelde und Schwirsen auftreten.
Zuoberst liegt hier, nur 1’ mächtig, ein lichter, bläulicher
RE NN BRETTEN NR BIN NE MAUER AR N N RE
nr x a EREN .. N x ZT TEN ? / »
45
oder bräunlicher, sehr harter, feinkörniger Kalkstein mit splitte-
rigem Bruch und vielen grösseren und kleineren, von ver-
schwundenen Muschelschalen herrührenden Höhlungen; darun-
ter folgen 5’ hellgefärbte Mergel, dann wieder 1’ Kalk und
dann wieder 15° Mergel, übergehend in einen gelblichen Kalk-
stein. Die Schichten fallen nach Herrn WesseL im Allgemei-
nen unter 10 bis 15° gegen Nordwesten ein, und an Petre-
fakten sind bestimmt Nerita jurensis und hemisphaerica, Natica
. globosa und macrostoma, Bulla suprajurensis, Pholadomya orbi-
culata, complanata, paucicosta,: Lima proboscidea , Trigonia co-
stata, clavellata, Avicula modiolaris, Terebratula biplicata, He-
mieidaris, Clypeaster, jene länglichen, ei-, aber auch kugel- und
birnformigen Körper, deren Oberfläche ganz mit regelmässigen
kleinen Sechsecken bedeckt ist (Chama nn A. RoEMER),
und Ichthyosaurus-Zähne.
Bei Klemmen, + Stunde von Gulzow entfernt, stehen lichte
Kalksteine von dlithiehen Structur an, und ebenso sind die
Kalksteine von Bartin oolithisch.
Die im vergangenen Frühjahre in der Gegend von Inow-
raclaw zur Aufsuchung von Steinsalz ausgeführten Bohrversuche
gaben mir Gelegenheit, in der Gegend von Inowraclaw zwei
neue Beobachtungspuukte festzustellen, an welchen unzweifel-
haft versteinerungsführende Kalksteine des oberen Juras an-
stehen. Die Entfernung derselben von den pommerschen Beob-
‚achtungspunkten wird hierdurch auf ca. 25 Meilen vermindert.
Diese Gesteinspunkte dürften deshalb ein besonderes Interesse
haben, weil die Beobachtungspunkte für anstehende ältere
Schiehten in der norddeutschen Ebene so ausserordentlich spar-
sam sind; und wir werden sogleich sehen, welche wichtige
Schlüsse sich aus dem Auftreten des oberen Juras im Be
rungsbezirk Bromberg ziehen lassen.
Schon wiederholt waren mir Notizen über in der Gegend
von Bromberg anstehende, zusammenhängende Kalklager zu-
gegangen; alle Punkte, die ich besuchte, und alle Gesteins-
proben, die ich sah, zeigten indess entweder den alluvialen
Kalktuff oder silurische Geschiebekalke; letztere zuweilen
in so grosser Anhäufung und so grossen Blöcken, dass man
Marmorbrüche darauf eröffnen wollte. Bei Inowraclaw aber
wurde ich zu einem Punkte geführt, an welchem aus 10—12’
Tiefe einige Klafter eines Kalksteins gebrochen waren, den
46
ich sofort für anstehend halten musste. Das Gestein zeigte
theils einen weissen, gelben und grauen, von feinen Kalkspath-
adern durchzogenen, aber sehr festen und dichten Kalkstein,
welcher im Aeusseren anderweit bekannten Jurakalken glich;
theils einen eisenschüssigen, sehr durchlöcherten und mit
Drusenräumen erfüllten Dolomit, dessen Magnesiagehalt schon
in den Jahren 1861 und 1862 durch Herrn SonnEnscHEin be-
stimmt worden war. Die Versuche, diesen Kalkstein zur
‘ Herstellung eines brauchbaren Mörtels zu verwenden, waren
missglückt, weil man es unterlassen hatte, den reinen Kalk-
stein von den dolomitischen, eisenschüssigen Gesteinen zu son-
dern. Nach Angabe des Herrn Kaufmann. Lewy in Inowraclaw
waren in diesem Kalkstein auch Muscheln vorgekommen; es
war aber keine derselben aufbewahrt, und ich konnte trotz
wiederholten, stundenlangen Klopfens nichts entdecken, was
einem Petrefact ähnlich sah, bis ich ein tief geripptes Schaalen-
bruchstuck fand, welches ich sogleich Herrn BEYrIcH einsandte.
Derselbe glaubte, „dass es von einer Lima oder einem Pecten
herruhren könne; dass es schon für sich den Gedanken an
einen alten Kalkstein ausschliesse, der oberjurassischen Natur
desselben aber nicht widerspräche.‘‘ Ausserdem ging mir noch
ein einzelnes Stuck desselben weissen dichten Kalksteins mit
einer deutlichen Muschel zu, die Herr Ferv. Roemkr hierselbst
sofort als Terebratella loricata bestimmen konnte. Das Stück
sollte aus der Gegend von Woycin und Jadownik bei Barein,
ca. drei Meilen nordwestlich von Inowraclaw, herstammen; es
blieb aber zweifelhaft, ob das Gestein dort wirklich anstehe,
oder ob das Stück nur als Geschiebe gefunden sei.
Davon nun, dass der obere Jura bei Inowraclaw wirklich
anstehe und in geringer Tiefe unter dem Diluvium verbreitet
sei, überzeugte ich mich durch folgende Beobachtungen:
1. Bei der auf Inowraclawer Stadtterrain, ungefähr } Meile
sudöstlich von der Stadt, belegenen Ziegelei waren, wie schon
erwähnt, aus 10—12’ Tiefe einige Klafter Kalkstein gewonnen
worden; ich fand zwar noch die einige Quadratruthen grosse
Grube, welcher dieses Gestein entnommen war, konnte in der-
selben aber nichts mehr beobachten. Der Punkt ist auf dem
die Umgegend von Inowraclaw darstellenden Kärtchen mit d
bezeichnet; in dem dicht neben jener Grube stehenden 19%
tiefen Brunnen war derselbe Kalkstein ebenfalls erreicht wor-
47
den; einige Steinhaufen lagen noch da und zeigten ein Gestein,
welches in seinem äusseren Ansehen durchaus von den leicht
kenntlichen Geschiebekalken des Diluviums abwich.
2. Demnächst erfuhr ich, dass dieser Kalkstein auch in
dem Brunnen des Ühaussee-Aufsehers Fuchs an der sogenann-
ten polnischen Chaussee, auf der Karte mit f bezeichnet, an-
stehe. Ich liess diesen Brunnen ausschöpfen und hieb aus
12° Tiefe denselben Kalkstein heraus. Dieser Punkt liegt
etwa . Meile nördlich von der Ziegelei.
3. Ebenso sollte dieser Kalkstein in dem Brunnen und
Keller des dem Guts- und Ziegeleibesitzer GÖRNIEWICZ gehö-
rigen Grundstücks (e der Karte) angetroffen sein. Die Stücke,
welche mir als jenem Brunnen in 11’ Tiefe entnommen be-
zeichnet wurden, zeigten genau dasselbe Gestein; in der Keller-
sohle liess ich aber aufgraben und fand dasselbe bei ca. 4’
Tiefe.
4, Ferner ist nach der Mittheilung des Bürgermeisters
NEUBERT zu Inowraclaw an der Thorner Chaussee 3—400 Schritt
von der Stadt entfernt (Punkt h der Karte) derselbe Kalkstein
in 20’ Tiefe erbohrt und
5. endlich nach anderweit mir zugegangenen Mittheilun-
gen bei Punkt g in einem Brunnen bei 40’ Tiefe erreicht
worden.
Da bei Inowraclaw nur zweierlei einheimische feste Ge-
steine unter der Diluvialdecke vorkommen, welche von jedem
Laien sowohl unter sich, als von den, übrigens bei Inowraclaw
- selbst sehr sparsamen und nicht grossen nordischen Geschie-
ben leicht unterschieden werden, nämlich Gyps und dieser
harte Kalkstein, so halte ich auch die Pnnkte 4 und 5
(g und Ah der Karte) für ganz sicher und habe hiernach das
Vorkommen des Jurakalkes bei Inowraclaw auf dem Kärtchen
vorläufig abgegrenzt. Ich bemerke nur noch, dass Herr Dox-
DORFF, welcher in den letzten Jahren die polnischen Jura-
gesteine behufs Herstellung einer. geognostischen Karte von
Oberschlesien näher untersucht hat, den Inowraclawer Kalk-
stein in petrographischer Beziehung für identisch hält mit den
bei Pilica (siche Section Königshütte der Roemer’schen Karte
in der nordöstlichen Ecke) anstehenden Gesteinen, welche zwar
sehr arm an Petrefakten sind , aber unzweifelhaft dem oberen
Jura angehören.
48
Das mir aus der Gegend von Barcin zugekommene, die
Terebratella loricata einschliessende Kalkstuck erweckte indess-
in mir den Wunsch, auch die Umgegend von Barcin näher zu
untersuchen und wo, möglich eine westliche Fortsetzung des
Inowraclawer Kalklagers bis in dieselbe zu constatiren. Als
Punkte, an denen ausgedehntere Kalklager anstehen sollten,
waren mir bezeichnet die Dörfer Bröniewice, Dobiesze-
wice, Jankowo und Krotoszyn. Die ersteren drei Dör-
fer liegen an dem westlichen Ufer des 2: Meilen langen
Trlonger Sees, welcher durch eine Erweiterung des Netze-
thales gebildet wird. Den Bröniewicer Kalk hatte ich bereits
vor mehreren Jahren an Ort und Stelle kennen gelernt; es
war Kalktuff, wie er sich heute noch bildet. Ebenso zeigten
die mir von Dobieszewice vorgelegten Gesteinsproben deut-
lichen Kalktuff; und endlich fand ich auch bei Jankowo, ca.
4 Meile südlich von dem Städtchen Pakosc nur sehr deut-
lichen, theils weissen und gelben, theils braunen eisenschüssi-
gen, zelligen Kalktuff, welcher dort in mehrere Fuss mächtigen
festen Bänken ansteht und zeitweise gewonnen wird; die bis
30’ Tiefe niedergehenden Brunnen haben bei Jankowo ein
anderes festes Gestein nicht aufgeschlossen.
In dem Dorfe Krotoszyn dagegen, + Meile südöstlich von
Barcin, fand ich ca. 2000 Schritt östlich von dem einladenden
und sauberen Herrnhause des Herrn v. Brzeskı im Kiefern-
walde mehrere Klafter schönen, dichten, weissen Jurakalks
aufgestellt. Der Punkt liegt ziemlich in der Mitte zwischen
den beiden von Barein nach Inowraclaw und Mogilno führen-
den Chausseen, von jeder derselben ca. 2000 Schritt. entferut
in einer flachen Einsenkung, welche gegen Nordwest, d. h. nach
Barcin und der Netze zu, abfällt. Hier ist der erwähnte Kalk-
stein, nach der Mittheilung des Besitzers, auf einer Fläche von
ca. 7 Morgen Ausdehnung 10—12’ unter Tage zu finden; seit
zehn Jahren sind von ihm selbst mehrere hundert Schacht-
rutheu dieses Kalksteins gewonnen, in einem kleinen Kalk-
ofen gebrannt und zur Herstellung eines guten Mörtelkalks
verwendet worden. In der Sohle einer dieser Gruben konnte
ich mich von dem Vorhandensein des Kalksteins überzeugen,
und fand nur die dichte, reine und weisse Varietät des Inow-
raclawer Vorkommens, frei von Eisenfärbung, ohne dolomiti-
sches Aussehen und keine Spuren oolithischer Absonde-
49
rung; dagegen war Stylolithenbildung sehr deutlich zu erkennen.
Herr KLEiert in Bromberg hat diesen Kalkstein zu unter-
suchen die Güte gehabt und denselben ausserordentlich rein
gefunden; er enthält ausser der Kohlensäure und Kalkerde
nur noch etwas Thonerde und Eisenoxyd und eine verschwin-
dend kleine Spur Magnesia; die Reactionen auf Kali, Natron
und Chlor hatten ein negatives Resultat; — ebenso ist in der
Menzei’schen Apotheke zu Bromberg dieser Kalk auf Magnesia
untersucht und davon frei gefunden worden.
In diesem Krotoszyner oder, wie ich ihn zur Vermei-
dung von Verwechselungen lieber nennen will, Barciner
Kalkstein fanden nun Herr Kaufmann Lewy aus Inowraclaw,
der mich sehr freundlich auf meinen Excursionen mit seiner
Lokalkenntniss unterstützte, und ich in kurzer Zeit an Ort und
Stelle einige deutliche Petrefakten,, welche ich sogleich Herrn
Beryrıch einsandte. Derselbe schrieb mir bald, dass die ober-
Jurassische Natur dieses Kalksteins einem Zweifel nicht mehr
unterliegen könne. Einer späteren Mittheilung entnehme ich,
dass ausser glatten Terebrateln, Peceten und anderen ihrer
unvollständigen Erhaltung wegen nicht genauer zu bestimmen-
den Formen ein deutliches Exemplar der Terebratula trigo-
nella zu diesem Schluss berechtige. Offenbar ist dieser Kalk-
stein, der, nach dem petrographischen Ansehen zu urtheilen,
mit dem Kalkstein von Inowraclaw zusammenhängen muss,
viel weiter verbreitet, als man in der Gegend annimmt. Die
Annahme, dass er auf jene flache Thaleinsenkung von ca.
7 Morgen Ausdehnung beschränkt sei, in welcher man ihn bei
10—12’ Tiefe findet, ist in keiner Weise zu begründen; es
ist vielmehr zu vermuthen, dass er sich weiter gegen Nord-
west und gegen Südost ausdehne, nur ist er ausserhalb jener
Niederung von mächtigeren Diluvialschichten bedeckt, zu deren
Durchsinkung man bis jetzt eine Veranlassung nicht hatte. In
_ der That ist denn auch derselbe Kalkstein eine halbe Meile
südöstlich in dem Brunnen des Dominiums Bielawke bei
30° Tiefe erreicht worden. Hierauf gründen sich die Angaben
der Karte. Ueber Streichen, Fallen und Mächtigkeit des Kalk-
steins konnte ich gar keine Beobachtungen machen, hoffe aber,
dass die Wichtigkeit anstehenden, festen, reinen Jurakalkes in
einer Gegend, in welcher die Tonne Kalk gegenwärtig 3 Thlr.
kostet, und welche jedes Stückchen Kalk entweder von Ruders-
Zeits. d. D. geol.Ges. XXL, ı. 4
dorf oder Gogolin in Oberschlesien, also aus Entfernungen
von mehr als 50 Meilen beziehen muss, — ich hoffe, dass die
Wichtigkeit dieses Kalkvorkommens erkannt werden und zu
einer rationellen Ausbeutung desselben führen wird. Aller-
dings erfordert letztere, mit Rücksicht auf die Wasserbaltung,
unbedingt die Aufstellung einer Dampfmaschine; das geringe
Anlagekapital muss sich aber sehr: gut verzinsen, und dann
werden wir hoffentlich auch vollständige Petrefaktensuiten und
nähere Aufschlüsse uber die Mächtigkeit, das Streichen und
Fallen und die Schichtenfolge erhalten. Bis dahin ist nur con-
statirt, dass in der Richtung von Inowraclaw gegen Nordwest,
also nach Colberg zu, die Mächtigkeit des Diluviums verhält-
nissmässig sehr gering ist und dass die Schichten der Jura-
formation hier bis nahe an die Tagesoberfläche treten.
Es blieb mir nun nur nock übrig, die Punkte Woyein,
- Meilen südwestlich, und Jadownik, 1 Meile westlich von
Barein, zu besuchen, von welchen das Kalkstuck mit der Te-
rebratella loricata herrühren sollte. Ich fand in Woyein am
rechten Ufer des Ptureker Sees nur Kalktuff und constatirte,
dass bis zur Tiefe von 38’, bis zu welcher der tiefste Brunnen
niedergegangen war, auf Woyciner Terrain kein festes. Gestein
bekannt geworden sei; ebenso war das Resultat; der Excursion
nach Jadownik ein negatives; es war dort bis zu 65’ Tiefe
nur unzweifelhaftes Diluvium angetroffen. |
Diesen thatsächlichen Mittheilungen erlaube ich mir nun
noch einige allgemeine Bemerkungen über die geognostischen.
Verhältnisse dieser noch sehr wenig bekannten Gegenden an-
zuschliessen.
Zunächst dürfte aus dem Auftreten des oberen Jurakalkes.
bei Barein und Inowraclaw folgen, dass die bei Ciechocinek.
in 93’ Tiefe erbohrten und bei 1409’ Tiefe noch nicht durch-
bohrten Kalk- und Dolomitschichten des oberen Jura nicht als
eine Insel und ein vorgestreckter Arm des polnischen Juras zu
betrachten seien, wie GiRARD im Jahre 1855 annahm , als er
mit Recht. auf die grosse Wichtigkeit des interessanten Ciecho-
cineker Aufschlusses aufmerksam machte; der vorgestreckte
Arm würde wenigstens eine Breite von neun Meilen besitzen;
— es muss vielmehr gefolgert werden, dass die polnischen
Jurabildungen, deren nördlichste Ausläufer bei Kalisch und
Kolo in Polen an der Prosna und Warthe zu Tage. treten,
unzweifelhaft bis in die Gegend von Inowraclaw und Ciecho-
cinek sich ausdehnen, und dass sie in dieser Gegend — ab-
gesehen von den Braunkohlenbildungen —— in grösserer Ver-
breitung die unmittelbare Unterlage des Diluviums bilden. —
Es ist daher gar nicht unwahrscheinlich, dass in dem ganzen
westlichen und nördlichen Theile der Provinz Posen der obere
Jura unter dem Diluvium zu finden sei, und wenn Jemand
genaue Erkundigungen über die Brunnen dieser Gegend ein-
ziehen könnte, so würde er gewiss auch hier Punkte consta-
tiren können, an welchen die Diluvialablagerungen weniger
mächtig sind und resp. die Jurabildungen bis nahe an die Ta-
sesoberfläche treten. In einem Erlasse des Herrn Handels-
ministers vom 19. Mai 1864, in welchem die Königlichen Re-
gierungen auf das wahrscheinliche Auftreten des oberen Juras
‚in den westlichen Theilen der Provinz Posen aufmerksam ge-
macht und zu weiteren Nachforschungen angeregt werden, ist
denn auch schon die Notiz enthalten, dass weisser Kalk bei
Ortrzescewo, unweit Grabow im Schildberger Kreise, anstehe,
an anderen Punkten eben dieses Kreises aber erbohrt sei.
Man wird ihn jetzt mit Aussicht auf Erfolg auch suchen kön-
nen in den Kreisen Adelnau, Pleschen , Inowraclaw, Mogilno,
Schubin und Wirsitz.
Im Brückenkopf von Thorn dagegen sind durchbohrt 63°
Diluvium, 17’ Tertiärformation; dann von 80—137’ zweifel-
hafte, aber wahrscheinlich schon der Kreideformation angehö-
rige Schichten; endlich von 157—442;’ weisse Kreide, Kreide-
n- mergel und Grünsand (cf. Schumann, geologische Wanderun-
gen in Altpreussen, Königsberg, 1869, S. 140). Bis nach
Thorn reichte also das nördliche Kreidemeer, dessen Absätze
wir bei Grodno und Kowno in Kurland, auf Bornholm, See-
land, im südlichen Schweden, im westlichen Theil von Pom-
mern, in Mecklenburg und in den Elbherzogthümern kennen,
gegen Süden, während in der ganzen Provinz Posen, sowie im
nördlichen Theile von Schlesien und endlich auch im östlichen
Theile der Provinz Pommern bis jetzt Kreidebildungen nicht
bekannt geworden sind, vielmehr bei Inowraclaw, Ciechocinek,
Barcin und Bartin bei Colberg das Diluvium oder die Tertiär-
schichten unmittelbar auf den Schichten des oberen Juras ruhen.
Die Ablagerungen des Kreidemeeres sind also entweder hier
4*
Be
E x ah: ve ; Y
4 MET,
S
l
52
später zerstört und entfernt, oder es sind solche Absätze in
diesen Gegenden überhaupt nicht gebildet worden.
Wenn ich nun auch die pommerschen Juragesteine von
Colberg, Fritzow u. s. w. ebensowenig kenne als die polni-
schen und die dem Bohrloche von Ciechocinek entnommenen
Bohrproben, so scheint mir doch eine nahe Beziehung der
polnischen und pommerschen Jurabildungen zu einander noth-
wendig. Die oolithische Natur des Bartiner Kalkes kann wohl
allein die Trennung und die Annahme zweier ganz verschie-
dener Bildungen nicht rechtfertigen und begründen; es können
ja dieselben Schichten lokal oolithisch abgesondert und an an-
deren Stellen dicht erscheinen; es können ferner in Inowraclaw
und Barcin sehr wohl noch oolithische Schichten in der Tiefe
vorhanden sein, und es können endlich unbeschadet des Zu-
sammenhanges der ganzen Schichtenbildung die oolithischen
Schichten sich stellenweise auskeilen und ganz fehlen. Herr
ZEUSCHNER erwähnt von Üiechocinek bestimmt der oolithischen
Bildungen, und die Punkte Barein und Inowraclaw liegen zwi-
schen Ciechocinek und Üolberg. Entscheidend wird. die ge-
naue Vergleichung der beiderseitigen Petrefaktensuiten sein,
und dass diese einst möglich sein werde, lässt mich die Aus-
beute eines kaum einhalbstundigen Klopfens in Barein hoffen;
ich muss allerdings zugeben, dass zur Zeit die von Herrn
Wessen für den oberen Jura Pommerns und die von Herrn
ZEUSCHNER aus den Bohrproben von Ciechocinek aufgeführten
Petrefaktenreihen eine Identificirung der beiderseitig bekannt
gewordenen einzelnen Schichten nicht erlauben.
Immerhin scheint mir aber bis jetzt doch mehr für den
Zusammenhang der pommerschen und polnischen Jurabildun-
gen im grossen Ganzen zu sprechen, als dagegen; denn es
sind in dem Zwischenraum irgend welche andere ältere Schich-
ten, welche die Ablagerungen der Juraperiode lokal unter-
brochen haben könnten, nicht bekannt, und die Schichten-
folge ist, wovon man sich durch einen Blick auf die neue
v. Decuen’sche Karte von Mitteleuropa überzeugen kann, im
Osten (Oberschlesien und Polen) und im Westen genau die-
selbe, nämlich Trias, brauner Jura, weisser Jura, Kreide. Ich
ziehe natürlich das westliche Profil bis in die Gegend von
Rüdersdorf, Kalbe und Lüneburg, an welchen Punkten die
Triasformation , ebenso wie in Oberschlesien und Polen, in
53
ihrer vollständigen Entwickelung mit Buntem Sandstein, Muschel-
kalk und Keuperschichten bekannt geworden ist. Auch bei
Segeberg und an der unteren Elbe (Stade, Elmshorn) sollen
Muschelkalk und Keuper, ja nach einer mir kürzlich zugegan-
genen Mittheilung sogar Zechsteinschichten nachgewiesen sein;
ich weiss aber nicht, worauf sich diese Bestimmungen grün-
den und ob das Niveau der dort bekannt gewordenen und bis-
her der Trias zugerechneten Mergel und Dolomite wirklich
nunmehr zweifellos feststeht.
Ein anderes‘ sehr wichtiges Moment spricht aber meiner
Ansicht nach noch bestimmter für die Identität und den Zu-
sammenhang der beiderseitigen Schichtensysteme im Osten und
im Westen, ich meine den Gyps und den Salzgehalt der-
selben. Es sei mir gestattet, hierauf noch etwas näher einzu-
gehen.
Es ist seit langer Zeit bekannt das Vorkommen des Gypses
in der norddeutschen Ebene bei Segeberg, Lüneburg, Lübtheen,
Rüdersdorf, Sperenberg, und, wie ich kürzlich erst erfuhr,
findet sich massiger Gyps auch an der unteren Elbe in der
Gegend von Stade. Ganz ähnlicher Gyps von entschieden kör-
n nigem und feinschuppigem Gefüge findet sich nun auch im
Osten bei Wapno und Inowraclaw.
Bei Wapno tritt der Gyps unmittelbar zu Tage und wird
in ausgedehnten Brüchen gewonnen, welche jährlich gegen
100,000 Centner Düngergyps liefern. Ich besuchte im ver-
flossenen Frühjahre die Wapnoer Gypsbrüche, und zwar gerade
- zu einer Zeit, als eben einige 20 Morgen des von Diluvium
und alten Abraumsmassen bedeckten Gypses abgeräumt waren.
Die Fläche, auf welcher der Gyps bei Wapno nahe unter Tage
bekannt geworden ist, beträgt augenblicklich 60 Morgen, und
_ es scheint der Gyps in der Richtung von Nord nach Sud (h.1)
_ sich auszubreiten, in welcher Richtung sich auch eine
flache Terraiuerhebung bemerklich macht. Die unverritzte
Oberfläche des neu aufgedeckten Gypses zeigte sehr schön
_ ausgeprägt eine Menge geschlossener kesselartiger Vertiefun-
gen, deren Durchmesser von wenigen Fussen bis zu 12’
wechselte, und welche sich mit steilen, glatten Rändern voll-
ständig geschlossen bis zu 6’ Tiefe in die Oberfläche des
Gypses einsenkten. Offenbar sind diese Vertiefungen :durch
die Meereswogen ausgespült, und zwar scheinen die letzteren
34
sich grösserer nordischer Geschiebe von hartem Gestein zur
Aushöhlung des weichen Gypses bedient zu haben; denn es
wurden in einigen dieser Kessel noch nordische Geschiebe
gefunden, deren Durchmesser natürlich stets etwas kleiner
war als der des Kessels, die ich mir also von den Wogen in
dem Kessel wie eine Reibkeule umhergeworfen denke, zu einer
Zeit, wo die Wogen des Diluvialmeeres noch hoch uber diese
Gypsklippe fortschlugen,
Der Gyps von Wapno ist zwar entschieden geschichtet,
und es ist auch eine Wechsellagerung von Gyps und Letten
stellenweise sehr deutlich, so dass uber die neptunische Bil-
dung desselben ein Zweifel nicht obwalten kann, aber die
Schichtung ist so unregelmässig, dass Streichen und Fallen an
jedem Punkte verschieden sind. Das Hauptstreichen scheint
mir in hora 1, das grösstentheils steile Fallen von 70—90°
im Ganzen mehr nach Nordwesten als nach Südosten gerichtet
zu sein.
Bedeckt ist der Gyps in Wapno von 10-20’ Sand und
Lehm; an einigen neu aufgedeckten Stellen fand ich indess
auch reinen weissen Quarzsand und dunkelschwarzen Letten,
Bildungen, welche gewiss nicht dem Diluvium angehören. Pe-
trefakten konnte ich bis jetzt in beiden Schichten leider nicht
entdecken; die Grenze gegen den Gyps setzte zuweilen senk-
recht in die Tiefe. Unwillkurlich musste ich mich daran er-
innern, dass auch bei Lüneburg und Segeberg schwarze Letten
über dem Gyps vorkommen, die an ersterem Punkte nach den
eingeschlossenen Petrefakten als oberoligocän bestimmt wur-
den. Den weissen Quarzsand hat Herr Wrssky hierselbst nä-
her zu untersuchen die Güte gehabt. Er schreibt mir, „dass
der Sand keinen Feldspath, Granat oder Hyacinth enthält,
dass derselbe nur aus klarem und halbklaren, zuweilen röth-
lich gefärbten Quarz, vielleicht mit etwas Kieselschiefer und
Hornstein gemengt, besteht; und auch die dem sehr gleich-
mässigen Korn beigemengten 6 bis 8 pCt. feinen Mehls be-
stehen nach WEBskY nur aus feinen Quarzsplittern mit sehr
wenig Thon.“ Ebenso fand Herr Kıeiwert in Bromberg bei
einer chemischen Untersuchung dieses Sandes nichts als Kiesel-
erde mit etwas Thonerde und Eisenoxyd. In diesem Sande
fand ich endlich ein Stück verkieselten Holzes mit gewundenen
Jahresringen, welches nach Herrn GöPpERT einer Conifere,
aber keiner Araucarie angehört und den verkieselten Hölzern
gleicht, welche in der norddeutschen Ebene so häufig als Di-
luvialgeschiebe, zuweilen aber doch auch in Braunkohlenlagern
vorkommen; es würde also dieses einzige Petrefakt, welches
ich hier sammeln konnte, dem tertiären Alter dieser Sande
und Letten nicht geradezu widersprechen. Ich erwähne endlich
noch eines, dem äusseren Ansehen nach zu urtheilen , stein-
markartigen Minerals, welches den Wapnoer Gyps in Klüften
durchsetzt; dasselbe ist aber nach WEBSKY ebenfalls reiner,
erdiger Gyps, offenbar also ein Reibungsprodukt.
In der Bromberger Zeitung vom 15. April 1869 hat Herr
KLEINERT eine sehr interessante Beschreibung der Wapnoer
Gypsbrüche veröffentlicht, welcher ich noch folgende Notizen
entnehme. Der Betrieb der Brüche ist mehrere Jahrhunderte
alt; schon beim Bau des Posener Rathhauses und der Marien-
kirche daselbst hat der Wapnoer Gyps Verwendung gefunden.
Herr KLEINER? beobachtete uber jenem reinen, weissen Quarz-
sand 8—10” Humus und dann 6-—-10’ Kalkmergel mit Kalk
und Granitgeschieben; ich habe selbst hier nordische Geschiebe
und silurische Versteinerungen fruher gefunden. Die Mergel-
schicht schneidet nach Herrn KLEINnErRT in sanft gebogenen Li-
nien sehr entschieden gegen jenen scharfen Quarzsand ab, der
nur in Seinen oberen Theilen, da, wo er an den Mergel grenzt,
einige ziemlich parallel verlaufende eisenschüssige Bänder zeigt,
im Uebrigen aber von schöner weisser Farbe ist. Obgleich
kein Bindemittel die Sandkörner zu einer Art Sandstein ver-
kittet, so bildet dieser Sand doch bis 20’ hohe, senkrechte
Wände; er lässt sich nur mit der Spitzhacke vortheilhaft bear-
beiten, und man kann an Ort und Stelle grosse Stufen von
ihm schlagen, die allerdings auf dem Transport zerfallen. Unter
der Sandschicht breitet sich der compacte Gyps mit unebener
Oberfläche aus, von welcher sich an mehreren Stellen zucker-
hutähnliche Gypskegel bis zur Höhe der Mergelschicht erheben.
Der grobschuppige, marmorartige, weisse und graue Gyps er-
gab bei der chemischen Untersuchung stellenweise die normale
Gypszusammensetzung; Herr Kısınert fand 20,5. Wasser,
46,13 Schwefelsäure und 32,34 Kalkerde (theoretisch soll der
Gyps enthalten: 20,93 Wasser, 46,51 Schwefelsäure und 32,55
Kalkerde); an anderen Stellen aber zeigte er eine dem An-
_ hydrit ganz nahestehende Zusammensetzung mit 57,00 Schwefel-
säure und 38,64 Kalkerde (theoretisch enthält der Anbydrit
58,82 Schwefelsäure und 41,17 Kalkerde). Nach Herrn Krer-
nerT’s Ansicht ist auch der Wapnoer Gyps durch Aufuahme
von Wasser aus Anhydrit hervorgegangen. Ausserdem fand
Herr Kıeinert in dem Wapnoer Gyps stellenweise bis zu
2,4 pCt. Kochsalz, und auch eine in Breslau auf meine Veran-
lassung ausgeführte Untersuchung ergab 1,9 pCt. Kochsalz-
gehalt; da indess andere Stücke des Gypses nur Spuren von
Kochsalz zeigten, stellenweise gar kein Kochsalzgehalt nach-
gewiesen werden konnte, so scheint letzterer in dem Wapnoer
Gyps ganz unregelmässig vertheilt zu ‘sein. Ein zur Auf-
suchung von Steinsalz von dem Besitzer in dem Gypsbruche
angesetztes Bohrloch steht bei 226’ Tiefe noch im Gyps mit
geringem Kochsalzgehalt; die Bohrlochswasser reichern sich nach
Stillständen bis zu 3 pCt. Salzgehalt an.
Bei Inowraclaw war bisher der Gyps nur in grösserer
Tiefe bekannt geworden, und zwar in einem schon im Jahre
1838 auf dem Marktplatze bis zu 371’ Tiefe niedergestossenen
Bohrloch (Punkt « der Karte), in einem Brunnen des Ka-
sernenhofes (5b) bei 40’ Tiefe, und in einem Brunnen eines
Nachbargrundstückes bei 52’ Tiefe. Die Tiefe, in welcher der
Gyps auf dem Marktplatze erbohrt ist, lässt sich nicht genau
ermitteln, da das aufbewahrte Bohrregister nicht genau und in
dieser Beziehung nicht ganz verständlich ist. Dasselbe lautet:
54° Dammerde,
101— 5’ blauer Thon,
30°— 195° grauer Lehm mit eisenhaltenden Sandadern.
86 — 6’ schwarzer thoniger Sand,
44 — 8’ fester Letten,
80 — 36’ blauer, mit gelben Gypstheilen gemeng-
ter Thon,
86 — 6’ schwarzer, stark mit Gyps gemengter
Boden,
100 — 14’ blauer Thon mit vielen Gypstheilen,
114 — 14’ unbekannte Siraten,
238 —124’ Mergel mit vielem Gyps von rother Farbe,
272 — 34’ weisser Gyps,
303 — 31’ weiche Massen von grünlicher Farbe, mit
Gyps gemengt,
57
307—4’ grüner und bunter Gyps,
3714—64+’ milder Gyps mit einer Salzquelle von 4 bis
5 pCt. Kochsalzgehalt.
Es scheint hiernach der feste Gyps in oberen Teufen mit
Gypsletten zu wechseln. Die Vermuthung von OEYNHAUSEN’S,
dass sich im Südwesten der Stadt der Gyps sehr nahe unter
der Ackerkrume finden werde, weil der Acker nach ihm viele
Gypsstücke zeigte, hat sich nicht bestätigt; denn ein bei dem
Punkte / der Karte in der Nähe des jüdischen Kirchhofes an-
gesetztes Bohrloch hat bis zu 40° Tiefe den Gyps nicht er-
reicht, stand hier vielmehr in grauen Diluvialletten mit Kalk-
geschieben. Ich selbst habe übrigens auf diesem Acker trotz
aufmerksamen Suchens keinen Gyps gefunden; alle Stücke,
die ich sammelte, brausten stark bei der Behandlung mit Salz-
säure. Dagegen liess ich in Folge einer mir zugegangenen
Nachricht den im östlichen Theile der Stadt belegenen Maria-
Brunnen (Punkt ce der Karte) ausschöpfen und fand bei 28’
Tiefe desselben schönen, festen Gyps, der eine mehr faserige
als körnige und schuppige Zusammensetzung, zeigte, im Uebri-
gen aber dem Wapnoer Gyps sehr ähnlich war. Die Be-
deckung des Inowraclawer Gypses bildet im Osten und Sud-
osten der Stadt Jurakalk, im Norden und Westen Sand und
Lehm des Diluviums. Während, wie schon erwähnt, die Mäch-
tigkeit des Diluviums im Osten der Stadt über dem Jurakalk
nur 10-40’ beträgt, steigt dieselbe im Westen bis auf 131;
denn ein beim Purkte m der Karte an der Pakoscer Chaussee
niedergestossenes Bohrloch stand bei 131’ noch in einem fei-
nen, schwimmenden Diluvialsande, welcher, von grauem und
gelben Lehm bedeckt, bei 27’ erreicht war, in den oberen
Lagen gröbere nordische Geschiebe zeigte, in der Tiefe in
seiner feinkörnigen Beschaffenheit jedoch immer noch den
rothen Feldspath sehr deutlich erkennen liess. Auf dem Bahn-
hofsterrain endlich wurden bei i und %& schon bei 25 und resp.
28° blaugraue und darunter bunte und lebhaft roth gefärbte
Thone erreicht, welche bis zu 40 und resp. 44’ anhielten.
Diese letzteren Thone gleichen nicht mehr den mir bekannten
Diluvialthonen, sondern dürften, wenn sie nicht älter sind, der
* Braunkohlenbildung angehören.
Alle Brunnen in der Stadt Inowraclaw zeigen einen
schwachen Kochsalzgehalt, der bis zu 1 pCt. steigt; einige
aber, und besonders der Brunnen bei der nördlich von der
Stadt in der Nähe der Windmühlen belegenen Abdeckerei, ver-
rathen auf der Zunge einen sehr merklichen Gehalt von Bitter-
salz, welcher auch in anderen Brunnen der Stadt bemerkt wor-
den ist und die Wasser derselben ungeniessbar macht. Un-
gefähr eine Meile östlich von der Stadt befindet sich endlich
das ausgedehnte Parchanie- Bruch, welches ebenso wie das
Bruch von Slonawy, unweit Schubin, von Salzpflanzen (Sali-
cornia herbacea) bedeckt ist. In den Jahren 1847 und 1848
wurde bei Baranow (unweit Slonawy) von v. OEYNHAUSEN ein
Bohrloch zur Aufsuchung von Steinsalz oder siedewürdiger
Salzsoole angesetzt; die damaligen politischen Zeitverhältnisse
veranlassten seine Einstellung bei 557’ Tiefe. Bei dieser Tiefe
stand das Bohrloch in Mergelschichten, welche Thoneisenstein
führten und damals für Kreide- oder Juraschichten gehalten
wurden. Herr Zappach in Königsberg, welcher die Bohr-
proben kürzlich von Neuem untersucht hat, erklärt indess auch
die tiefsten Schichten dieses Bohrlochs für oligocan. Die Ter-
tiärformation war bei 95’ erreicht; bei 102’ Tiefe waren 6”, bei
173 Fuss 88”, bei 201 Fuss 1#, bei 321 Fuss 6 Zoll 2’ Braun-
kohle durchbohrt worden, so dass die Braunkohlenbildung an die
sem Punkte mindestens 462’ Mächtigkeit besitzen muss. Die
Bohrlochswasser hielten bis zu 1} pCt. Kochsalz,
Dies sind, abgesehen von den Braunkohlenbildungen, die
noch an vielen anderen, auf der Karte angegebenen Punkten
auftreten, abgesehen von den Diluvialablagerungen mit den
interessanten Eisensandsteinen (bei Rordon, Thorn, Polnisch
Crone) und abgesehen von den ausgedehnten Raseneisenerz-,
Torf- und Kalktufflagern des Alluviums, die ich hier ausser
Acht lasse, die wenigen mir bekannt gewordenen geognosti-
schen Aufschlusse in dieser Gegend, und es sei mir, bevor ich
zu meinen Schlüssen übergehe, noch gestattet, kurz einige
Niveauverhältnisse des Terrains zu bezeichnen.
Wenn man die Strasse von Bromberg nach Inowraclaw
verfolgt, so tritt etwa drei Meilen südlich von Bromberg unter
der Decke losen Dünensandes der fruchtbare schwarze cuja-
wische Weizenboden hervor. Die Unterlage desselben bildet
ein gelber Lehm, welche nur ia den oberen Lagen kalkfrei
ist, tiefer herab jedoch wegen seines Kalkgehaltes zum Mer-
geln der Felder gewonnen und benutzt wird. Seine Frucht-
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59
barkeit verleiht dem eujawischen Boden eine 9 bis 15” starke,
lockere, schwarze, humusreiche Decke, welche weit nach Polen
hinein sich findet, im Allgemeinen aber auf eine Hochebene
beschränkt zu sein scheint und mit dem fruchtbaren schwar-
zen Boden der Magdeburger Börde auffallende Aehnlichkeit hat.
Auf einem sanft ansteigenden Hügel, dem höchsten und
etwa auch dem Mittelpunkte dieses fruchtbaren Ackerbau-
distriktes liegt die Stadt Inowraclaw. Zwei Meilen südlich
von Inowraclaw liegt der in der Richtung Nordsud über vier -
Meilen lange und in seiner grössten Ausdehnung 7 Meilen
breite Goplosee. An seinen Ufern in der ehemals berühmten
Stadt Kruswie war die Residenz der alten polnischen Piasten,
Ihm ähnlich an Gestalt und Grösse ist der noch südlicher be-
legene, 14 Meilen lange Powidzer See, an dessen westlichem
Ufer der Schlossberg, bei der Stadt Powidz, eine erfreuende
Aussicht fernhin über die östlichen, schon zum Königreich
Polen gehörenden Ufer darbietet. Viele ähnliche Seen finden
sich weiter westlich im südlichen Theil des Regierungsbezirks
Bromberg, und es ist bei den meisten derselben eine Längs-
erstreckung in der Richtung Nordsud nicht zu verkennen.
In dem Goplosee entspringt aus verborgenen Quellen die
Netze (polnisch: Netec, Notec). Sie tritt am nördlichen Rande
des Sees hervor, fliesst zuerst in nördlicher Richtung durch
den Scharleyer See, dann nordwestlich in vielen Krummungen
nach dem See von Pietrkowice und von diesem ganz südlich
durch den Ludziskoer See nach dem schon oben erwähnten
über zwei Meilen langen Trlonger See. Bis hierher führt sie
auch den Namen Montwey. Den Trlonger See dnrchfliesst die
Netze auf etwa l+ Meilen Länge und verlässt ihn in der Nähe
der Stadt Pakosc, lauft westlich nach kurzen Zwischenräumen
durch den Lonsker, Sadlagoscer und Ptureker See und wendet
sich dann noch einmal auf eine kurze Strecke nördlich und
nordwestlich. Von Nakel ab aber fliesst sie ca. 25 Meilen
weit langsamen Stromes zwischen ausgedehnten Torfwiesen,
in einem stellenweise meilenbreiten, deutlich erkennbaren alten
Flussthale, an dessen Nordrande die Ostbahn entlang geführt
ist, gegen Westen, bis sie in der Nähe von Landsberg in die
Warthe fällt. Bis Nakel ist die Netze nur flössbar, und es
ist sehr zu bedaueru , dass die vor einigen Jahren angeregte
Schiffbarmachung des oberen Netzelaufes unausgeführt geblie-
ben, das fruchtbare Cujawien würde dadurch eine wichtige
Wasserstrasse erhalten haben. Von Nakel gegen Westen nimmt
sie dagegen mehrere kleine Flüusschen auf; die bedeutendsten
treten von Norden her am rechten Ufer ein und sind ca. zwei
Meilen westlich von Nakel die Rakitka und die wildströmende
Lobsonka, ca. fünf Meilen weiter nach Westen bei dem Städtchen
Uszez die Küddow, und gegen acht Meilen weiter westlich an
der Grenze der Mark Brandenburg die Drage. Noch im 13.
und 14. Säculum scheint die Netze bis zum Goplosee hinauf
einen so hohen Wasserstand gehabt zu haben, dass sie ent-
weder immer oder doch im Frühjahr das ganze Bett, welches
jetzt innerhalb der zu beiden Seiten befindlichen Höhen liegt
und das Netzbruch genannt wird, mit schiffbarem Wasser ge-
füllt hat; es finden sich wenigstens im Netzebruch hin und
wieder Ueberbleibsel grösserer Fahrzeuge, welche aus jener
Zeit herzurühren scheinen. Früher führten auch die bei Lands-
berg zusammentretenden beiden Flüsse von der Vereinigung an
bis zum Eingang in die Oder den Namen der Netze, als des
Hauptflusses. Nach und nach musste indessen die Netze der
Warthe nicht allein den Vorrang, sondern auch im vereinigten
Lauf den Namen abtreten, weil sie einen grossen Theil ihres
Wasserreichthums verlor und immer mehr in ihr jetziges enges,
nur bei hohem Wasserstande uberschrittenes Bett zurücktrat.
Das Flussbett der Netze kennzeichnet sich in dieser Gegend
als ein Haupt- und Querthal; es setzt sich weiter gegen Osten
bis zur Weichsel und in dieser bis über Thorn hinaus fort.
Auf die Strecke von Bromberg bis Nakel ist dasselbe unter
der Regierung Friedrich’s des Grossen und auf dessen persön-
lichen, sehr energischen Antrieb zur Anlegung des Bromberger
Kanals*) benutzt, welcher die Brahe und Netze und somit
das Flussgebiet der Weichsel mit denen der Oder und Elbe
verbindet. Von Bromberg gegen Osten bis nach Czesk hat
dasselbe endlich die von Norden aus den hinterpommerschen
Seen herzutretende Brahe aufgenommen, um deren Wasser der
Weichsel zuzuführen. Der Scheitelpunkt dieses grossen Netze-
*) Unmittelbar nach der Besitznahme des Netzedistriktes am 1. März
1773 begann der Bau und im Monat September 1774 schon fuhren die
Schiffe aus der damals an mehreren Punkten schiffbar gemachten Netze
in die Weichsel.
61
Querthales, welches sich auf ca. 43 Meilen von Thorn bis
nach Cüstrin verfolgen lässt, liegt bei Schleuse No. 8, eine
starke Meile westlich von Bromberg, und'zwar 179’ über dem
mittleren Stand der Ostsee bei Neufahrwasser, 99’ über dem
Einfluss der Brahe in die Weichsel und 15’ über dem Spiegel
der Netze bei Nakel. Es liegen also:
Weichselspiegel beim Einfluss der Brahe auf + 80’
Netzespiegel bei Nakel. . . 2.2.2... 164°
über dem mittleren Spiegel der Ostsee bei Neufahrwasser.
Das Niveau des Goplosees liegt nach der in den letzten
Jahren ausgeführten Senkung des Wasserspiegels noch 240’
über dem mittleren Stande der Ostsee; der Marktplatz von
Inowraclaw aber erhebt sich 88° uber den Goplosee und so-
mit 328’ über den Ostseespiegel.
Der Wasserspiegel der Brahe endlich liegt bei Polnisch
Crone, drei Meilen nördlich von Bromberg, 219’ und der der
Küddow bei Schneidemühl 192% über der Ostsee. Die Gyps-
brüche von Wapno liegen 348” und die Chaussee in Exin
A447’ über dem Meere.
Unter dem Ansatzpunkte a des Bohrloches auf dem Inow-
raclawer Marktplatz liegen nun ferner:
Punkt? 60° 7:
sr
et Tune
a A BR Le
„ce. — 21 —
h REN 29’ 1°
uf 2 ra 8
eg A re
Diese Zahlen werden genügen, um ein ungefähres Bild
von dem Relief der Gegend zu geben. Sie lassen wenigstens
erkennen, dass wir es mit einer auf ca. 200’ Seehöhe liegen-
den Hochebene zu thun haben, in welche das von Westen nach
Osten sich erstreckende Netze- Brahe-Weichsel- Thal ca. 100°
tief eingeschnitten ist, und welche sich sehr flach gegen Westen
einsenkt; die beiden Gypsberge von Wapno und Inowraclaw
_ erheben sich ca. 100° über diese Ebene.
Aus dem 25 Meilen langen, von Südost nach Nordwest
sich fortziehenden polnisch-norddeutschen Soolquellenzuge, so-
wie aus dem Auftreten des Gypses bei Wapno und Inowraclaw
schlossen nun der berühmte Bohringenieur Rost, der schon im
Jahre 1843 bei Thorn eine Saline anlegen wollte, ebenso wie
v. OEYNHAUSEN auf die Anwesenheit einer weit und lager-
artig verbreiteten Salzformation; letzterer meinte jedoch schon
damals, dass diese Salzformation nichts mit den salzführenden
tertiären Schichten am Nordrande der Karpathen zu thun haben
könne, dass die geognostischen Verhältnisse vielmehr auf die
schwäbischen und lothringischen Salzvorkommen hinweisen. - Die
einzelnen Punkte, an welchen in Polen Soolquellen zu Tage
treten, giebt PuscH in seiner geognostischeu Beschreibung von
Polen, Th. II, S. 263, an; er theilt dort auch die Analysen
mehrerer der durchgängig schwachen (bis 3,8 pCt.) Soolen
mit und erwähnt, dass die Punkte uber Tage sich durch das
Auftreten verschiedener Salzpflanzen (Salicornia herbacea, Plan-
tago dentata und maritima und Poa salina), sowie durch den
nach schwachem Regen und darauf folgendem Sonnenschein
sich bildenden schwachen Salzbeschlag kenntlich machten. Diese
Soolquellen scheinen ungefähr dem Laufe der Weichsel von
Sudost nach Nordwest zu folgen, liegen jedoch keinesweges in
einer geraden Linie, sondern finden sich vielmehr auf einem
Terrain von beträchtlicher Ausdehnung zwischen Weichsel und
Warthe, von den Ufern des Ner und der Brzura bei Leczyce
an bis in die Gegend von Nakel. Die Soolquelle bei Sliwnik
wurde früher unter der Regierung des Königs Stanislaus August,
die Quelle von Slonsk oder Ciechocinek, drei Meilen östlich
von Thorn, wird noch heute zur Darstellung von Kochsalz
benutzt.
Die v. OEYNHAUSEN sche Annahme einer in der Tiefe vor-
handenen weitverbreiteten Salzformation ist daher vollkommen
begründet und hat heute umsomehr Wahrscheinlichkeit für sich,
als inzwischen an mehreren Punkten, namentlich Stassfurt,
Schönebeck, Segeberg und Sperenberg das Steinsalz erbohrt
worden ist auf Grund von Anzeichen, welche sich sammtlich
und ganz in derselben Weise auch bei Wapno und Inowraclaw
wiederfinden, nämlich das Vorkommen von Gyps, Anhydrit,
Salzpflanzen und Soolquellen. Allerdings lässt sich gegen-
wärtig noch nicht bestimmen, welcher Formation der Gyps
von Wapno und Inowraclaw und diejenigen salzführenden Ge-
birgsschichten angehören, die den polnischen Soolquellenzug
63
speisen. An eine ältere Formation als der Zechstein ist
nicht zu denken; Herr v. Decuen hat den Gyps von Wapno und
Inowraclaw auf der neuen Ausgabe seiner geognostischen
Karte von Mitteleuropa ebenso wie den Gyps von Segeberg,
Sperenberg und Lubtheen zum Zechstein gerechnet, während
er ihn auf der früheren Ausgabe mit STEFFENS und PuschH als
zur Kreideformation gehörig betrachtete. Heute wissen wir
nun, dass der Wapnoer Gyps älter als die Schichten des obe-
ren Juras bei Oiechocinek, Inowraclaw und Oolberg sein muss;
denn er wird bei Inowraclaw augenscheinlich von diesen Jura-
schichten bedeckt, und in Ciechocinek ist 1316’ im oberen
Jura gebohrt worden, ohne den Gyps zu erreichen, und ohne
‚dass der Salzgehalt der Bohrlochswasser zugenommen hätte.
Dass aber endlich der Salzgehalt des polnischen Soolquellen-
zuges nicht mit dem oberen Jura, wie Pusch annahm, sondern
vielmehr mit älteren, tieferen Schichten und namentlich mit
dem Gyps in Verbindung steht, folgt aus den beiden Bohr-
löchern zu Wapno und auf dem Marktplatze zu Inowraclaw,
welehe mehrprocentige Salzsoole an Punkten erschlossen ha-
ben, an welchen die Juraformation überhaupt nicht vorhanden
ist; es folgt dies ferner aus dem Salzgehalt, welchen Herr
KLEmerT im Wapnoer Gyps selbst gefunden, und es folgt dies
endlich aus dem ungewöhnlich hohen Gypsgehalt des aus der
Baranower Salzsoole dargestellten Rohsalzes, welchen Herr
Karsten im Jahre 1848 zu 6,68 pCt. ermittelte und aus wel-
chem er schon damals schloss, dass diese Soole nothwendig
ihren Ursprung unter dem Gyps haben müsse. — Es sind
ferner durch das Auftreten des Juras bei Inowraclaw widerlegt
die Annahme Gumprzchr’s, dass der Gyps jener Gegenden ter-
tiär sein könnte, und die Annahme des Herrn ZEUSCHNER,
dass der Salzgehalt des Soolquellenzuges der Tertiärformation
entstamme; es bleibt nur zweifelhaft, ob Gyps und Salzschich-
ten dem Zechstein oder der Triasformation angehören. Wahr-
scheinlich ist der Gyps von Wapno und Inowraclaw doch
gleichen Alters mit dem Gyps von Sperenberg, Lüneburg,
Segeberg und Lübtheen; gehören diese Gypse wirklich zur
Zechsteinformation, dann wird auch der Gyps von Wapno und
Inowraclaw zur Zechsteinformation zu rechnen sein, und dem
würde das äussere Ansehen dieses Gypses, dessen auffallende
Aehnlichkeit mit dem Mansfelder Zechsteingyps schon v. OEYN-
HAUSEN auffiel, durchaus nicht widersprechen; es. ist mir jedoch
unbekannt, welche Grunde Herrn v. DecHuezs veranlasst haben, den.
Gyps von Sperenberg, Segeberg und Lubtheen als Zechstein
zu bezeichnen, da meines Wissens an diesen drei Punkten bis
jetzt entscheidende Zechsteinpetrefakten nicht aufgefunden sind.
Gehört ferner der Gyps von Inowraclaw und Wapno dem
Zechstein an, so würde hier zwischen Jura und Zechstein die
Triasformation vollständig fehlen, deren Schichten den Gyps
bei Segeberg und Lüneburg und auch bei Rüdersdorf be-
decken. Ich kann nicht leugnen, dass mir die auf dem
Inowraclawer Bahnbhofsterrain erbohrten bunten Thone sehr
verdächtig vorkommen, zumal die Braunkohlenformation, der
sie angehören könnten, in der ganzen Umgegend von Inow-
raclaw, sowie auf der cujawischen Hochebene bis jetzt nicht
bekannt ist; sollten dies vielleicht doch Keuperthone sein?
Es bleibt nun aber ferner zweifelhaft, ob der Salzgehalt
der Tage- und Bohrlochswasser einem Steinsalzlager oder nur
salzhaltigen Gebirgsschichten entstammt. Für die Anwesen-
heit eines Steinsalzlagers scheinen mir folgende Momente zu
sprechen:
1) Ueberall, wo der Gyps der norddeutschen Ebene ener-
gisch durchbohrt wurde, also bei Stassfurt, Schönebeck, Spe-
renberg, Segeberg, ist das Steinsalz gefunden worden.
2) Der Gyps von Wapno geht, ebenso wie in Segeberg
und Sperenberg, nach der Tiefe zu in Anhydrit uber und zeigt
selbst einen Salzgehalt.
3) Die grosse Ausdehnung des polnisch-norddeutschen
Soolquellenzuges ist eine so auffallende Erscheinung, dass sich
dieselbe schwer durch einen schwachen Ba un
Gebirgsschichten erklären lässt.
4) Es sind bis jetzt dem alpinen Haselgebirge oder der
württembergischen Hallerde ähnliche Gebirgsschichten in jener
Gegend nicht bekannt. |
Gegen das Vorhandensein eines Steinsalzlagers sprechen
nur die beiden Momente:
1) Das Fehlen reicher Salzquellen (cf. Huyssen geol.
Zeitschr. Bd. VII, S. 643).
.2) Das Nichtvorhandensein des Steinsalzes in dem west-
phälischen Soolquellenzuge.
mn
Kr en De a ee N BT ae A TEE le a Fe
EUER ER De ae N BE RIB EN. Ar AP EM NE
N I P n g s , .
65
Die in der Gegend von Sperenberg und Segeberg zu Tage
tretenden Salzquellen waren indess auch sehr arm und durch
wilde Wasser geschwächt, und in dem westphälischen Sool-
quellenzuge fehlten doch die beträchtlichen und mächtigen Gyps-
massen, welche in Norddeutschland überall als Begleiter von
Steinsalz erscheinen. Der Gyps findet sich dort nur knollen-
föormig in einigen bestimmten Bänken der bunten Keuper-
mergel von geringer Mächtigkeit bei Neuenheerse, wo übrigens
salzige Quellen nicht bekannt sind (cf. Huyssen, geol. Zeitschr.
Bd. VII. S. 601).
Es scheint nach allem Dem die grössere Wahrscheinlichkeit
für das Vorhandensein eines Steinsalzlagers zu sprechen, und
ebenso wie Hans GüLpEnzopr’s (zwischen 1572 und 77) und
Kıöpen’s (1828) Prophezeihung des Sperenberger Steinsalz-
lagers (cf. Kıöpen, Programm der Berliner Gewerbeschule,
Stück I, 1828, S. 70) im Jahre 1868 sich erfüllt hat, so wird
sich hoffentlich das Steinsalz auch bei Wapno und Inowraclaw
finden, sobald es nur energisch gesucht wird. — Welcher For-
mation dies Steinsalz angehören könnte, ist zur Zeit eine
müssige Frage; vermuthlich nicht dem Muschelkalk, weil der-
selbe nur in Mittel- und Süddeutschland Steinsalzlager ein-
schliesst, in Oberschlesien aber ebensowohl wie am Nord-
abhange des Riesengebirges und in Rüdersdorf kein Steinsalz
führt. Wir werden also mit unseren Gedanken an die untere
Region des Keupers, den Bunten Sandstein und den Zechstein
verwiesen. Keine dieser drei Formationen ist bis jetzt in der
Gegend von Wapno und Inowraclaw nachgewiesen; der Gyps
gehört indess jedenfalls einer derselben an.
Ferner ergiebt sich nun aber aus den angeführten Auf-
schlüssen eine ausgedehnte Erhebung der Juraformation und
aller etwa unterhalb derselben vorhandenen Formationen auf
der ca. 40 Meilen langen Linie Inowraclaw-Cammin, d. i. in
derselben Richtung von Südost nach Nordwest, welche nach
den klassischen Ausführungen FRIEDRICH HoFFMAnNs eine
so wichtige Rolle in den Gebirgs- und Oberflächenverhält-
nissen der norddeutschen Ebene spielt. Die Linie Inowraclaw-
Cammin weist in ihrer nordwestlichen Fortsetzung auf die
Hervorragungen der Kreidebildungen auf Rügen und Mo£n hin;
‚möglich daher, wenn auch zur Zeit noch nicht nachgewiesen,
dass diese Erhebung die Kreideformation noch mit betroffen
Zeits. d.D.geol,Ges. XAXII. ı. 5
66
hat. Dass eine ausgedehnte Gebirgserhebung hier wirklich
vorliegt, folgt daraus, dass die durchschnittliche Mächtigkeit
des Diluviums in der Provinz Preussen 200 bis 250’ beträgt
(cf. Schumann, Geologische Wanderungen durch Altpreussen,
1869, S. 129), in der Mark Brandenburg aber, abgesehen
von den wenigen Punkten, wo die Tertiärformation unmittel-
bar zu Tage tritt, wenn auch etwas geringer, doch mindestens
auf 159’ angenommen werden muss. Auf unserer Erhebungs-
linie finden wir im Südosten der Stadt Inowraclaw nur 12’,
bei Bielawke nur 30‘, bei Krotoszyn nur 12’, bei Wapno und
Bartin, unweit Colberg, stellenweise gar kein Diluvium.
Herr v. OpYsHausen schloss schon im Jahre 1843, d.h.
zu einer Zeit, wo er von dem Juragesteine bei Inowraclaw,
Barcin und Bartin noch nichts wusste, aus dem Auftreten des
Juras im Bohrloch von Ciechocinek, des Gypses bei Inow-
raclaw und Wapno und des Juras bei Fritzow unweit Cammin
auf eine ausgedehnte Heraushebung der älteren Schichten auf
der Linie Inowraclaw-Cammin und sah in den Gypsbergen
von Inowraclaw und Wapno wieder zwei lokale Erhebungs-
punkte auf dieser grossen Gebirgsfalte. Er nalım aber an,
dass der Jura bei Inowraclaw fehle und hielt deshalb damals
schon Inowraclaw in Betracht der geognostischen Verhältnisse
für eine zur Aufsuchung von Steinsalz besonders geeignete
Lokalität, wenn ihn auch die damalige Entwickelung des. Ver-
kehrsstrassennetzes und die hohen Holzpreise in der Gegend
von Inowraclaw bestimmten, das Bohrloch in die Gegend von
Schubin und Nakel zu rücken. Jetzt haben wir auf dieser
ÖEynHausen’schen Gebirgsfalte die sechs Beobachtungspunkte
Inowraclaw, Bielawke, Krotoszyn, Wapno, Bartin und Fritzow,
und ich wünschte, dass in der Gegend von Krojanke und
Flatow, wo die neue Eisenbahnstrecke Schneidemuhl-Dirschau
diese Gebirgsfalte durchschneidet und gewiss unmittelbar und
mittelbar eine Menge Bauten veranlassen wird, — dass hier
bei Fundament- und Brunnengrabungen sorgfältig auf die
geognostischen Aufschlüusse, auf Geschmack, chemische Be-
schaffenheit und Temperatur der Brunnenwasser u. s. w. ge-
achtet würde. Vielleicht lässt sich auch dort der Jurakalk-
oder Gyps oder überhaupt älteres Gestein nahe unter Tage
nachweisen, vielleicht zeigt auch dort die eine oder die andere
Quelle Gyps- oder Salzgehalt oder dergleichen. Für die Her-
stellung eines übersichtlichen Bildes von den Reliefverhält-
nissen dieser Gegenden wäre es aber endlich sehr wichtig,
wenn das reiche Material, welches in den Nivellements der
Chausseen und Eisenbahnen enthalten ist, zusammengestellt
würde. Meines Wissens ist dies bisher nur fur den Regie-
rungsbezirk Frankfurt a. O. geschehen, für welchen vor meh-
reren Jahren nach den Chausseelinien eine 'hypsometrische
Karte entworfen wurde; für die übrigen Regierungsbezirke steht
diese Arbeit meines Wissens noch zurück; sie wurde aber die
wichtigsten Fingerzeige für die so schwierige geognostische
‘ Untersuchung der norddeutschen Ebene geben, welcher wir
uns nicht mehr lange werden entziehen können.
Der polnisch-norddeutsche Soolquellenzug liegt endlich
auf der Nordostseite dieser Gebirgsfalte; mir ist wenigstens
keine einzige Soolquelle, kein durch Salzpflanzen ausgezeich-
neter Punkt südwestlich von der Linie Inowraclaw - Cammin
bekannt. Wollen wir also Steinsalz oder Salzgebirge suchen,
so sprechen wenigstens zur Zeit die geognostischen Verhält-
nisse dafür, dass man dasselbe auf der Nordostseite sucht.
Tiefbohrungen in rein wissenschaftlichem Interesse würden auf
der Erhebungslinie selbst anzusetzen sein, weil man auf dieser
hoffen kann, ältere Gesteine am schnellsten zu erreichen.
Die Bildung der erwähnten Gebirgsfalte scheint in die Zeit
vor der Ablagerung der Tertiär- resp. Braunkohlenschichten
zu fallen. Bei der geringen Anzabl der Beobachtungspunkte
Scheint es mir zulässig und gerechtfertigt, alle Verhältnisse in
Betracht zu ziehen, welche geeignet sind, Combinationen und
Schlüsse zu begründen, wenn man sich nur der hypothetischen
Natur dieser Combinationen bewusst bleibt. In dieser Be-
‚ziehung fällt es mir auf, dass die so weit verbreitete Braun-
kohlenformation auf dieser Erhebungslinie bis jetzt nicht be-
kannt geworden zu sein scheint. Da dieselbe in Baranowo,
also nur zwei Meilen nordöstlich von Wapno, wie wir gesehen
haben, 462’ mächtig ist, so ist es unwahrscheinlich, dass sie
in Wapno später fortgewaschen sein sollte.
In welchem Zusammenhange oder Verhältnisse die Gypse
von Sperenberg, Rüdersdorf, Lübtheen, Lüneburg und Sege-
berg einerseits und die Gypse von Wapno und Inowraclaw
_ andererseits stehen, ist noch ganz dunkel. Die Punkte Speren-
berg, Rüdersdorf, Kalbe, Lüneburg, Lübtheen und Segeberg
5:
68
scheinen, wie schon FRrırprıch HorFMmAnN annahm, eine
ähnliche, von Südost nach Nordwest gerichtete, also der Inow-
raclaw-Camminer Linie parallel laufende Gebirgsfalte oder Er-
hebungslinie zu bezeichnen. Möglich, dass diese beiden Falten
gegen Nordwesten sich einander nähern oder gar vereinigen
und so ein Becken abschliessen. Die Lage von Segeberg und
die nordöstlich von dort bei Stipsdorf beobachteten älteren
Gesteine deuten vielleicht hierauf hin.
Gehören endlich alle diese Gypsmassen, wie Herr v. DECHEN
annimmt, dem Zechstein an, dann wäre die Hoffnung nicht auf-
zugeben, in der norddeutschen Ebene noch einst die alte
Steinkohlenformation in einer für den Bergbau erreich-
baren Tiefe aufzuschliessen. Bekanntlich fehlt dieselbe, so
viel bis jetzt bekannt, auf der skandinavischen Halbinsel und
in Nordrussland, wo der Zechstein und die permische Forma-
tion unmittelbar auf devonischen Schichten ruhen. Die Auf-
findung alter Steinkohlen mit den charakteristischen Sigilla-
rien, Stigmarien, Lepidodendren und Oalamiten auf Spitzbergen
hat indess diese Hoffnung in sehr beachtenswerther Weise auf's
Neue belebt; es ist nur bisher in der ganzen norddeutschen
Ebene noch kein einziger energischer Bohrversuch ausgeführt
worden. Gerade Inowraclaw, wo weder Muschelkalk noch
Jura zu durchbohren sind, wo wegen der grossen Entfernung
von den schlesischen Steinkohlenrevieren die englische Stein-
kohle mit der schlesischen concurrirt, eignet sich wegen seiner
Lage an drei Schienenwegen, die zu den wichtigen Wasser-
strassen der Weichsel und des Bromberger Kanals führen,
mehr wie jeder andere Punkt zu einer solchen energischen
Tiefbohrung. Ich schliesse daher diesen Aufsatz mit dem in-
nigen Wunsche, dass diese Tiefbohrung bald zur Ausführung
gelangen möchte. Man wird sich allerdings von vornherein
auf eine Tiefe von 3000’ einrichten müssen, und es kann ein
solches Bohrloch leicht 60 — 80,000 Thaler kosten. Die
Chancen sind aber ausserordentlich günstig; es sind von
nutzbaren Mineralien bereits nachgewiesen: Kalk und Gyps;
es sind zu erwarten: Steinsalz, die Kalisalze und viel-
leicht auch Steinkohlen. Solche Funde würden in einer
Gegend, die von den Centralpunkten der Mineralindustrie weit
entfernt ist, an der Ostgrenze Deutschlands, in der Nähe
Polens, welches sein immenses Absatzgebiet dem deutschen
Gewerbfleiss über lang oder kurz doch einmal wird öffnen
müssen, doppelten Werth haben.
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69
5. Der Ararat, in genetischer Beziehung betrachtet.
Von Herrn Asıcak ın Tiflis.
Hierzu Taf. III.
Das Doppelsystem des Ararat ist als das östliche Endglied
einer von Ost nach West sich erstreckenden Reihe von dicht
an einander geschlossenen trachytischen Bergsystemen zu defi-
niren, deren gemeinsame Basis der breiten Abdachung an-
heimfällt, durch welche der Uebergang von der 4500 par. Fuss
über dem Meere liegenden Plateaustufe zwischen Bajazid und
dem Alpensee Baluggöll in 6886 par. .Fuss Meereshöhe zu der
um nahe 2000 Fuss tiefer liegenden Araxes-Ebene vermittelt
sein wurde. Diese Reihe beginnt westlich mit dem am Rande
des Sinah-Plateau aufragenden Parly-dag. An die domförmig
abgerundeten Flügel dieses gewaltigen Eruptivsystems von
9910 par. Fuss Meereshöhe schliessen sich gegen Osten der
Reihe nach die umfangreichen Gebirgsgruppen des Aslanly-
dag, des Sordag und des Pambuk, der mit seiner unteren
Bergregion bereits in diejenige des grossen Ararat übergeht.
Die genannten, als integrirende Theile der südlichen Gebirgs-
umwallung der Araxes-Ebene aufzufassenden Bergsysteme sind
so zu sagen nach ein und demselben geotektonischen Plane
ausgebildet. Allen gemeinsam ist eine gewisse Abgeschlossen-
heit des Baues, der sich durch den Mangel nach dem Inneren
führender Thäler gegen Süden kundgiebt, nach welcher Seite
im Allgemeinen eine steilere, kaum halb so breite Abdachung
stattfindet wie auf dem Nordabhange. In ein jedes der ge-
nannten Systeme dringen von dieser Seite tiefe Thäler, Ist
nur ein Thal vorhanden, so endigt es in einen centralen cir-
eusartigen Raum , dessen Mitte von mitunter, wie im Sordag,
pieförmig aufsteigenden pyramidalen Felsmassen eingenommen
wird, die mit den, steil nach innen zu absinkenden Thalwän-
den durch einen schmalen Grat in Verbindung stehen. Diese
Felsmassen bestehen theils aus dunkelfarbigem Andesit, theils
70
aus hellen Trachyten. Sie treten mit klastischen Trachytpor-
phyren in Verbindung, die gewissermaassen den innersten Kern
des ganzen Bergsystems darstellen. Durch gelbliche oder licht-
bräunliche Farbe der Oberfläche ausgezeichnet, sind diese
Massen auf frischem Bruche weiss oder weissgrau und meistens
von Eisenoxydadern und Punkten bunt gezeichnet. Die dich-
ten, mitunter aber auch feinporigen Glieder dieser Gesteins-
gruppen zeigen in der Regel verstecktes Brecciengefüge; stets
aber sind sie reich an Quarz, der auf Spalten und Drusen-
räumen, von Eisenoxyd oft geröthet, auskrystallisirt erscheint,
auch wird in ihnen häufig fein eingesprengter Schwefelkies
wahrgenommen. Solche Gesteinsmodificationen erinnern sehr
an die hellen Trachytporphyre oder lithoidischen Rhyolithe von
Ponza und Zanone, auch sind sie wie diese durch Uebergänge
in Felsmassen, die dem Kaolin oder der Porzellanerde nahe
stehen, gekennzeichnet. Solche pseudoklastischen , oft aus.
Felsblöcken von enormer Grösse zusammengesetzten Gebilde,
wo sie an den höchsten Rucken und Thalkanten, auf dem
Grunde des Hauptthales oder im Inneren des Circus mit den
Andesiten zusammentreten, sind sie von diesen Gesteinen scharf
getrennt oder ihnen unbestimmt an- und aufgelagert. Stets
waren es jüngeren Entwickelungsphasen jener grossen Berg-
systeme angehörige Phänomene, wenn Lavaausströmungen
an ihnen stattfanden. Mit wenigen Ausnahmen erfolgten die-
selben immer auf der Nordseite. Alle Laven, welche in ter-
rassenförmigen Abstufungen über einander, gleich vorgeschobe-
nen Wällen, zur Araxes-Ebene hinabdrangen,, sind Dolerite;
sie nahmen ihren Ursprung nur aus sekundären Eruptions-
kegeln, die dem Inneren des Systems fremd bleiben. Man
beurtheilt diese Laven in ihrer Gesammtheit am besten an den
Wänden der Erosionsschluchten, wo sie in massigen, unbe-
stimmt gefüugten colossalen Lagern, mit allen Kennzeichen
wirklicher Strombildung, porös nach oben, compact und nor-
mal krystallinisch in der Mitte, durch schlackenförmige Zwi-
schenlager häufig getrennt vorkommen.
So breiteten sich Dolerite auf der Nordseite des trachyti-
schen Parly-dag über die flachen Abhänge des von tertiären
Grünsteinen durchbrochenen Takjaltu - Gebirges gleich basalti-
schen Strömen aus und drangen weit in die Araxes-Ebene vor,
wo sie unterhalb des tafelförmig hervorragenden Salzberges
von Kulpi vom Araxes in tiefer Thalschlucht durchschnitten
werden. Wenn sich auch in der Mitte des vier Werst langen,
aus abgerundeten Gewölbrucken zusammengesetzten Parly-dag,
von zwar ähnlichem, aber doch specifisch bedeutend modifi-
cirtem Grundbaue, wie der Sordag, ein neutraler Eruptions-
kegel erhebt, der die beiden Hauptthäler (Barancos) des Systems
von einander scheidet, so waren die Ausbrüche der eigent-
lichen trachydoleritischen und doleritischen Laven doch immer
nur einzelne Spaltenergüsse, die radienartig vom Mittelpunkte
des Systems ausgehend, zersprengte Gebirgsmassen älterer
Ordnungen durchsetzten, vorgefundene Vertiefungen ausfüllten
und rasch erstarrende Gesteinsmassen zu Hügeln und Wallebe-
nen gestalteten. Auf den oberen Stufen. des Gebirgsabhanges
entblössen vier- bis fünfhundert Fuss tiefe Thäler nur die
Schichten dunkler Laven und verschlackter Gesteine, die für
viele Werst lange wiesenreiche Gründe den beinahe söhligen
Untergrund darbieten. Aber in den Thälern der unteren, der
Ebene schon mehr genäherten Stufen kommen die umfang-
reichen sedimentären Ablagerungen der älteren trachytischen
Bildungen übergreifend auf steil geneigten Schichten turoni-
scher und nummulitenführender eocäner Bildungen zum Vor-
schein, die ein mittleres Streichen von O 30° S zeigen.
In dem östlich vom Sordag eintretenden Pambuk kommt
das Bildungsstadium der geschlossenen domartigen Bergform
mit kraterartiger Einsenkung zum vorherrschenden Ausdruck.
Seitliche Spaltenausbrüuche, mit bedeutender parasitischer Kegel-
bildung auf dem Nord- und Sudabhange, traten hinzu. Auch
hier sind die älteren Sordag-Gesteine das trachytporphyrische
Grundelement, aus dem in dem ersten Stadium die Kegelform
hervorging, auf welche später wiederholt eintretende Laven-
durchbrüche keinen wesentlich umgestaltenden Einfluss weiter
ausübten.
Nach diesen Vorbemerkungen zu dem östlichsten Gliede
der Reihe, dem Ararat, übergehend, halte ich eine etwas ein-
gehende Betrachtung der morphologischen Verhältnisse zu-
nächst für nöthig, um der Entwickelung meiner Ansicht über
die Natur und Entstehung dieses merkwürdigen Doppelberges
das Gewicht der Inductionen zuzuführen, die auf dem tiefen
Zusammenhange beruhen, in dem sich jede selbstständige oro-
72
graphische Grundform mit einem durch Vulcanität bedingten,
aus dem terrestrischen Inneren emporwirkenden Dynamismus
befindet. |
Fur diesen Zweck habe ich auf die beigegebene Tafel zu
verweisen, welche die Copieen einiger Aufnahmen enthält,
welche als vervollständigende landschaftliche Profil-Darstellun-
gen der geologischen Karte des armenischen Hochlandes bei-
zugeben sind, deren Abschluss mich beschäftigt. Die Figur 1
zeigt nur den auf den Ararat bezüglichen Theil einer Rundan-
sicht, die, auf Grundlage horizontaler und vertikaler auf den
Horizont bezogener Winkelmessungen vermittelst des Septanten
construirt, von dem Hochrücken des Dsynserlydag*) in 7643
par. Fuss Meereshöhe (49 Werst vom grossen Ararat entfernt
und 0° 35’ östlich vom Meridian desselben) aufgenommen wurde.
Die Figur 2 stellt den Ararat dar, wie er in 0° 6 westlicher
Abweichung vom Meridian seines Gipfels vom Alagez, aus ab-
soluter Gipfelhöhe von 2150 Toisen, in gerader Entfernung
von 85 Werst, gesehen wird. Beide, in allen Theilen ihrer
Projection mit gleicher Sorgfaltbehandelten Ansichten dürfen
deshalb einen nicht gewöhnlichen Grad von Genauigkeit be-
anspruchen.
Die Deutlichkeit und seltene Klarheit, womit von den
beiden Standpunkten aus Hauptgrundzuge in dem Baue des
Ararat- Systems zu erkennen sind, in welchen das Bildungs-
gesetz desselben, den Folgerungen entsprechend, zum plasti-
schen Ausdruck gelangt, wie sie sich aus den Gesammtbeob-
achtungen als nothwendig ergeben, waren die Veranlassung zu
diesen Aufnahmen.
Wenn man sich von dem Standpunkte auf dem Dsynserly-
dag, Fig. 1, etwa 50 Werst gegen Südost entfernt, wird auf
der Strasse von Erivan nach Nachitschevan die Linie über-
schritten, auf welcher die Gipfel beider Ararate genau hinter
einander zu liegen kommen. Hier überrascht die durch eine
beinahe vollständig zu nennende Uebereinstimmung aller Con-
*) Ueber den Dsynserlydag, der den stehengebliebenen Flügel einer
nach der Araxes- Ebene hin einseitig abgesunkenen paläozoischen Ge-
wölbkette darstellt, finden sich nähere, durch Profile erläuterte Angaben
in meiner Abhandlung. Vergl. Chem. Unters. der Wasser des caspischen
Meeres, des Urmiasees etc. Mem. de l’Acad. Imp, des sciences de St.-
Petersb. Six. Ser. Tom. VII.
73
tourtheile bedingte Aehnlichkeit beider Berge. Vermöge der
reinen und durchsichtigen Luft erscheinen von hier aus die
Linien in voller Schärfe, die das Formendetail beider Berge
hervortreten lassen. Eine bedeutende, in der Mitte klaffend
erscheinende Längenfurche tritt am kleinen Ararat sehr mar-
kirt und bezeichnend dem Beschauer entgegen. Sie beginnt
mit spitzem Winkel bald unterhalb des Gipfels und mit diver-
sirenden Rändern in der Mitte des Abhangs klaffend ausein-
andertretend schliesst sie sich nach unten wieder. Deutlich
verräth sich hier die auf der Figur 1 mit x bezeichnete Aus-
bruchsstelle der grossen Lavamassen, die auf der rechten
Araxes-Seite bis in die Mitte des flachen Bassins von Nachit-
schevan vorgedrungen sind. Ein ganz ähnliches Verhältniss
wiederholt sich an dem hinterwärts hervorragenden Gipfel des
grossen Ararat. Eine gleiche, aber viel breitere Einsenkung
zieht mit stärkerer Divergenz ihrer Ränder in derselben Rich-
tungslinie an demselben herunter. Es ist die mit 6 bezeich-
nete Stelle auf der Fig. 1. Die grössten Spaltenausbrüche am
grossen Ararat nach der südöstlichen Seite hin haben hier
stattgefunden; sie sind nach: einer Darstellung des‘ grossen
‚Ararat, wie er vom Gipfel des kleinen Ararat gesehen wird,
am besten zu beurtheilen, die ich im Bullet. de la Soc. geol.
de France, 2°®® ser., Tome VIII. Pl. V. gegeben habe. Die
Spaltenergusse der am südöstlichen Abhange des grossen Ke-
gels hervorgebrochenen Laven treten weit aus einander und
umschliessen, wie Fig. 1 zeigt, den kleinen Ararat zu beiden
Seiten. Die Bedeutsamkeit dieser Projection des Ararat-
Systems liegt in dem geographisch-geologischen Verhalten der
Theile desselben, insofern eine die Gipfel beider Berge mit
einander verbindende Linie der Richtung Ausdruck giebt, in
welcher die Bodenbewegungen und Dislokationen stattgefunden
haben, durch welche die orographisch-physikalische Gestaltung
des armenischen Hochlandes in ihren wichtigsten Grundzugen
bestimmt worden ist. Das nördliche Randgebirge des Gor-
tschai-Seebeckens, der Längendurchmesser des letzteren, mit
seiner als Axenlinie des vulkanischen Centralplateau von Ka-
rabag ausgeprägten südöstlichen Verlängerung, sind unter an-
deren die sehr genäherten Parallelen dieser beide Ararat-Gipfel
verbindenden Linie, mit dem geodätischen Ausdrucke der Rich-
BEN A RE SER EEE ET
\ h, ed] r
74
tung von O. 35° 41’ S.*) — Die Vorstellung, zu welcher die
Thatsache von der übereinstimmenden spitz kegelförmigen Ge-
stalt beider Ararate von jenem Standpunkte aus gewährt, ge-
winnt ein neues physiognomisches Moment, wenn sich die Be-
trachtung auf jenen, dem grossen Ararat gerade nördlich gegen-
überliegenden Standpunkt (Fig. 1) begiebt. Von der Aehnlichkeit
beider Berge ist hier schon viel verloren gegangen; denn der
grosse Ararat zeigt sich nun in der Gestalt eines Längenge-
birges, die sich durch die gedehnte, gegen Nordwesten abge-
stufte Gipfelreihe und mehr noch durch die colossale, flach
kegelförmige Bergmasse kundgiebt, die sich dem Gentralkegel
auf dieser Seite anschliesst und die ganze Berggestalt langge-
dehnt erscheinen lässt. Auch in der physikalischen Natur der
Nordseite beider Berge zeigen sich gleich starke Abweichun-
gen; der geschlossenen Gestalt des kleinen Ararat, der sich
jetzt mit weniger steilen Neigungswinkeln seiner Abhänge zeigt
als von der Sudostseite, steht die breite geöffnete, aus einem
stetigen Zusammenhang ihrer Theile getretene, Kraterförmig
modificirte Form des grossen Ararat entgegen. Eine annähernde
Vorstellung von dem Totaleindrucke des Ararat-Systems, wie
es sich auf seiner Axenlinie von Nordwesten aus gesehen
zeigen würde, vermittelt die Figur 2.*) Die Kegelform des
Berges erscheint in ihrer grössten Regelmässigkeit und Voll-
endung wieder, ganz ähnlich wie sie sich in der Projection
aus Südosten, von Nachitschevan ab, ausprägt. Der von dem
Standpunkt auf der Nordseite, Fig. 1, wahrgenommene Hoch-
rucken wird durch Verkürzung innerhalb der Längenaxenlinie
des Systems absorbirt und der runde Vorbau des Berges, der
flache, kegelförmige Kipgöll, wird von dem Araratgipfel in
gleicher Weise überragt, wie von dem südöstlichen Standpunkte
*) Die Elemente für die nach der bekannten Formel angestellte Be-
rechnung sind: gr. Ararat lat. = 39° 49 11’, longit. 61° 57’ 43” und
kl. Ararat lat. = 39° 39’ 0”, long. 62° 4’ 39°’. Hierbei ist zu bemer-
ken, dass für den Ausdruck der Richtungslinie der Werth von
14
A+B z
Winkel nl angenommen ist (genau = O. 35° 41’ 30” S.).
**) Einen Anblick dieses Formenverhältnisses, wie es sich auf dem
Wege von Kulpi nach Erivan auf der rechten Araxes-Seite realisirt,
gewährt die Tafel V. meiner vergleichenden geolog. Grundzüge etc. in
Mem. de l’Acad. des sciences de St.-Petersbourg. Serie VI Tome VII,
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BERLINER IN) Era MET
DE NO Th
75
aus der kleine Ararat von demselben umschlossen er-
scheint.
Schon die Wahrnehmung dieser rein physiognomischen
Verhältnisse führt zu der Vorstellung einer Zusammengehörig-
keit und nothwendigen Wechselbeziehung zwischen sämmtlichen
Theilen des Ararat als Glieder eines systematischen Ganzen,
und sie deutet auf eine Entstehungsweise, die von derjenigen
abweicht, welche für analoge Typen erloschener Vulkane mit
‘ Vorliebe angenommen zu werden pflegt. Diese Voraussetzung
findet in der näheren geologischen Untersuchung vollkommene
Bestätigung.
Der Ararat, als östliches Endglied in der zuvor erwähnten
ostwestlichen Reihe erloschener vulkanischer Berge, theilt in
seiner Grundanlage dieselben lithologischen Verhältnisse, wie
sie den zuvor besprochenen Bau des Sordag z. B. regeln, aber
es bedurfte zur Heranbildung des aus eigenthümlich modificir-
ten T'heilen bestehenden Ararat-Systems noch des Hinzutritts
eines besonderen Entwickelungsstadiums, welches den übrigen
Gliedern der Reihe fremd blieb. Der kleine Ararat erhielt die
Grundzuge seiner schlanken Kegelgestalt allein durch die Art
und Weise, wie die Ränder einer Längenspaltung, welche eine
fiach kegelförmige, aus Andesit von tafel- und pfeilerförmiger
Structur zusammengescetzte Bergform durchsetzte, emporge-
drängt wurden. Die von der Hand eines mich begleitenden
_ Topographen gemachte Aufnahme des kleinen Ararat stellte
dieses Verhältniss und die damit in Verbindung getretene
schwache Windung der Spaltenränder im Gipfel mit voller
Klarheit dar, noch bevor sich dasselbe als Schlussfolge aus
meinen Beobachtungen ergab.
Die physikalische Natur des Gipfels, die auf beiden ent-
gegengesetzten Abhangsseiten hinabziehenden tiefen, einer dia-
metralen Spaltung entsprechenden Furchen, durch welche die
Lavaergüsse in mittlerer Bergeshöhe ihren Ausgang nahmen,
sprechen dafür, dass eine wahrscheinlich geschlossen vorhan-
dene Andesitwölbung durch eruptive Gewalt in der Richtung
von Nordwesten nach Südosten geöffnet wurde. Unter dem
mitwirkenden Drucke einen Ausgang erzwingender gewaltiger
Lavamassen unterlagen die an einander emporgedrängten Spal-
- tenränder partieller Berstung. Die Hauptergüsse der Dolerit-
- Laven, von welchen keine Spur dem Gipfel entfloss, erfolgten
in der Richtung dieser den Berg durchsetzenden Spalten; klei-
nere Ausbrüche an intermediären, aber stets der Basis mehr
als dem Gipfel genäherten Stellen wirkten mit und trugen
wesentlich dazu bei, dem Kegel die breite Basis zu verleihen,
die ihn auszeichnet.
Die Verwitterung und das Zerfallen der Andesit-Gesteine,
die dem eigentlichen Hauptkörper des Berges angehören, haben
im Laufe der Zeit die Wirkung gehabt, dass die Unebenheiten
des Abhangs ausgeglichen worden sind und die regelmässige
Kegelgestalt herbeigeführt werden konnte, die so ganz an die
Typen moderner vulkanischer Eruptionskegel erinnert. Einen
solchen stellt der parasitische umfangreiche Dawaboini dar.*)
Genau auf der Hauptspaltungslinie des Systems unterbricht
dieser parasitische Schlackenkegel in 6 Werst Entfernung vom
Gipfel des kleinen Ararat die Regelmässigkeit der Abhangs-
linie am Fusse des Berges.
In dem Vorstehenden sind nun die Grundzuge für die
Entstehungsgeschichte des grossen Ararat mitgegeben; denn
an die zuvor berücksichtigte Aehnlichkeit in der äusseren Ge-
staltung beider Berge schliesst sich, wie sogleich zu zeigen,
auch ein entsprechendes inneres und zwar für beide gleichzeitig
wirkendes Entwickelungsgesetz. Dass auch die Fundamental-
bildung des grossen Ararat mit einer obsidian- und bimsstein-
bildungsfähigen Formation begonnen hat, ist geognostisch be-
wiesene Thatsache. Unverkennbar hat die eruptive oder exo-
. gene Bildungsthätigkeit bei der allmäligen Heranbildung des
grossen Ararat eine der Grösse, der absoluten Höhe und den
colossalen Dimensionen des ganzen Systems entsprechende
Mitwirkung gehabt, und lässt sich aus dem lithologischen Ver-
halten der den Berg zusammensetzenden Massen ein statige-
fundenes allmäliges petrographisches Uebergehen älterer Laven
von trachytischer und trachydoleritischer Zusammensetzung in
die jüngeren normal doleritischen Laven erkennen. Dennoch
aber haben die letzteren bei allem Umfang ihrer emittirten
Massen auf die Ausbildung und Gestaltung des eigentlichen
neutralen Bergkörpers kaum einen grösseren Einfluss ausge-
übt als bei dem kleinen Ararat. Viel bedeutender ist dagegen
*) Nach meiner barometrischen Bestimmung ist die absolute Höhe
des Dawaboini-Gipfels 7017 par. Fuss.
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der Antheil, den pechsteinartig modificirte rhyolithische Gesteine
von versteckter Brecciennatur auf Volumenvermehrung des
Berges gehabt haben, die in der Centralregion desselben stock-
und pfeilerformig bis zu der Niveaulinie des perennirenden
Schnees aufragen. Unregelmässig geschichtete, dunkelgraue
und schwefelkiesreiche Andesite, welche in vielfach gestörter
Lagerung mit trachytischen Conglomeraten und Tuffen, von
mächtigen Trachydolerit-Laven bedeckt, jenen ungeschichteten
Centralmassen an- und auflagern, sieht man Haupttheile der
nördlichen Abhangsseite des Bergkörpers bilden, von denen es
ersichtlich ist, dass ihre jetzige Lage und Stellung zum Gan-
zen nicht mehr die ursprünglichen sind, indem sie grossen
Massenbewegungen und Verschiebungen unterlagen, welchen
das Bergsystem innerhalb der Richtung der grossen, vorhin
hervorgehobenen Störungs- und Verwerfungslinie von O 35° S
in ähnlieher Weise unterworfen war, wie das benachbarte nicht
vulkanische Gebirge. Der colossalen Eruptionsphänomene auf
der Südostseite des grossen Ararat ist in ihrer Beziehung zu
der Spaltenerhebung des ganzen Systems bereits nach Anlei-
tung der Ansicht Fig. 1 gedacht worden. Die Art und Weise,
wie sich das Ararat- System auf seiner nordwestlichen Seite
jener Vorstellung entsprechend in seiner jetzigen Plastik über-
wiegend eruptiv ausgebildet hat, wird am vollständigsten durch
den Ueberblick erläutert, den der Standpunkt auf dem Alagez-
_ Gipfel, Fig. 2, gewährt.
Den- mit seiner nordwestlichen Spaltungsfurche daselbst
deutlich hervortretenden, kleinen Ararat nicht berücksichtigend,
erblickt man den grossen Ararat von hier aus gewissermaassen
in einer dreifachen Gliederung. Der mit I. bezeichnete
Bergtheil ist der eigentliche Centralkörper; er kann jedoch nur
als Bergruine betrachtet werden, denn der Bergtheil II., das
nothwendige Complement des früher geschlossen gewesenen
Bergganzen befindet sich, durch das Arguri-Thal in zwei Hälf-
ten zerlegt, von dem Hauptkörper abgetrennt in einem tieferen
Niveau. Für diese Auffassung, wonach der längliche, gegen
Nordwesten mehrfach abgestufte Gipfelrücken des .grossen
Ararat den gehobenen und II. den halbgesunkenen oder ganz
i zurückgebliebenen Rand einer einseitigen Spaltenaufrichtung
: darstellen, haben alle in den Höhen- und Tiefenregionen der
Bergtheile I. und II. angestellten stratigraphischen Untersuchun-
78
gen entschieden. Demzufolge ist die nordwestliche Hälfte des
zum grösseren Theile aus dem klastischen Materiale eruptiver
Trachytmassen gebildeten und von Trachydolerit-Laven terras-
senförmig überlagerten Bergtheils II. auch in der That von
dem Hauptkörper durch tiefe Einschnitte getrennt. Auf der
Ostseite ist diese Trennung durch die stufenförmigen Steilab-
stürze nach dem Argari-Thale, gegen Osten durch ein minder
schroffes Absinken von Il. nach dem Dalytschai - Thale und
gegen Suden durch hochliegende gewaltige Schluchten vermit-
telt, deren scharfe Südränder steil gegen den Centralkörper 1.
aufgerichtet sind. Die correspondirenden Bildungen finden sich
in der Höhe am Westeude des Gipfelruckens von I. unter der
Schneebedeckung wieder; sie bilden den scharfen Rand der
enormen Steilabsturze, welche zu der 5 — 6000 Fuss tief un-
ter der Gipfelregion des Ararat einsinkenden Gletscherschlucht
(Caldera) des Arguri- oder St. Jakob-Thals hinabführen. An
diesen Abstürzen erkennt man unter den rothbraunen verschlack-
ten Laven bald die Fragmente massiger, unregelmässig gela-
gerter Etagen von Tuff- und Conglomeratschichten in hellen
und bunten Farbentönen, deren Aequivalente der tieferen Berg-
region eigen sind. Ihrerseits werden diese einer genaueren
Erforschung kaum zugänglichen, klastischen Bildungen einer
anderen Ordnung von den bereits erwähnten stockförmigen,
tausende von Fussen emporragenden Gängen von amorphen
Pechstein-Trachyten gestützt und getragen.
Auf Fig. 1 ist zu erkennen, dass die Laven, welche, wie
gezeigt, die westliche Hälfte des Bergtheils II. bedecken, auch
auf die rechte Arguri- Thalseite übergehen und sich über den
Abhang der östlichen Hälfte von II. ausbreiten. Sehr bedeut-
sam kommt, wie auf Fig. 1 sichtbar, von dem rechten Rande
des daselbst über 2000 Fuss tiefen Jakob-Thales ein sehr be-
deutender jüngerer doleritischer Lavastrom E, Fig. 1, über jene
in östlicher Richtung herab. Sein Ursprung führt in die Leere
der Thalweitung und scheint einer Zeit angehörig, wo die
Thalspaltung noch nicht vorhanden war. Das eigenthümlichste
und bedeutendste Resultat eruptiver Bildungsthätigkeit am
Araratsystem erscheint in dem grossen Bruchtheil III. Es ist
der schon angeführte Kipgöl. Es darf vermuthet werden, dass
dieser Kegelberg in seinem Grundbau gleichfalls die Bestand-
theile einer älteren trachytischen Bergform einschliesst, aber
79
es ist Thatsache, dass in demselben der vollendete Typus
einer domförmigen Wölbung vorliegt, von der mit dem vollen
Rechte der Wahrscheinlichkeit zu behaupten ist, dass ihre
«regelmässige Form das alleinige Resultat successiver Auf-
-schüttung und Ausbreitung auf eruptivem Wege an die Öber-
fläche gedrungener Massen ist. Ein besonderes Interesse
knüpft sich an die Felsarten dieses Berges, weil die für das
ganze Araratsystem gültige Reihenfolge in den vulkanischen
Gesteinen, von den Trachyten und Andesiten an, durch inter-
mediäre Typen bis zu den der jüngsten Entwickelungsperiode
angehörigen Dolerit-Laven während der Ausbildung des Berges
successive zur Darstellung gekommen zu sein scheint.
Der Kipgöl, auf das Engste mit. der Basis des grossen
Ararat verbunden, bildet für denselben eine Vorstufe von
10,600 Fuss abs. H., von der man in stufenförmigen Absätzen
zu dem 5 Werst entfernten Gipfel gelangt, ohne sich von der
geraden Verlängerung der beide Ararate verbindenden Linie be-
deutend zu entfernen. Nordwestlich führt diese Linie uber
zwei, genau auf der Mitte der Kipgöl-Wölbung befindliche,
kraterförmige, dicht neben einander liegende Einsenkungen hin-
weg. Der Umfang dieser Vertiefungen beträgt 2600 Fuss und
ihre Tiefe 250 bis 300 Fuss. An den senkrecht abstürzenden
Wänden derselben lassen sieh 18 bis 20 Lavaschichten mit
_ ihren zwischenliegenden schlackenförmigen Lagern zählen. Auf
dem Boden hört man das schwache Rauschen in der Tiefe
fliessender Wasser, ohne dasselbe irgendwo wahrzunehmen.
In weiterer nordwestlicher Richtung trifft man am Abhange
des Kipgöl noch einmal zwei sehr umfangreiche halbtrichter-
förmige Einsenkungen im lockeren, zum Theil aufgeschütteten
- Terrain des Abhangs an, die sich, gleich grossen und breiten
Nischen von einigen 1000 Fuss Spannung bis zur Basis des
Kipgöl abwärts senken. Ganz in der Nähe dieser vertieften
Abhangsräume entwickelt sich ein kleines, durch polyedrische
Zerkluftung seiner Massen sehr zerstüuckeltes, mit dichtem
Buschwerk bewachsenes Felsengebirge von 600 Fuss Höhe,
Es besteht aus normalem Trachyt und ist durch ansehnliche,
in dem Abhange des Kipgöl sich verlierende Ausläufer sehr
deutlich, von der Abhangshöhe des Letzteren gesehen, als ein
lateraler Trachyt-Durchbruch des Kipgöl selbst zu erkennen.
Ein trachydoleritischer Lavastrom, der mit gigantischen Dimen-
80
sionen am nördlichen Rande der flachen Plateauwölbung aus-
brach, blieb in sackförmiger Anschwellung mit der Breite von
einigen tausend Fuss auf der Mitte des Abhangs hängen, wo
ihn das unbewafinete Auge bei hellem Wetter von Erivan 'aus
leicht erkennt. Auch die in seiner Nähe auf der Mitte des
Plateaus liegenden beiden kraterförmigen Einsenkungen werden
zugleich als zwei dunkele Streifen auf dem Letzteren unter-
schieden. In ähnlicher Weise wie an den südöstlichen Abhän-
gen der beiden Ararate die eruptive Thätigkeit ihre grösste
Energie in dem Aufbau von Eruptionskegelreihen und Lava-
ausstromungen am Fusse des grossen Araratkegels wie des
kleinen Ararat entfaltete,.war dies auch auf der nordwestlichen
Seite der Kipgöl-Wölbung der Fall.
Der Blick vom Alagez herab, Fig. 2, lässt die Grosse
des quantitativen Verhaltens dieser am weitesten gegen Nord-
westen vorgedrungenen jüngsten Dolerit-Laven des Ararat-Sy-
stems wohl erkennen. Von der Basis der Kipgöl- Wölbung,
nach meinen Messungen in 7260 par. Fuss abs. H. am Fusse
des Gorgan, dehnt sich die Dolerit- Lava- Anschwellung im
Mittel 13 Werst bis zu den Dörfern Argatschi und Taschburun
aus. Die absolute Hohe der Araxes-Ebene fand ich hier etwa
2500 par. Fuss; es ergiebt sich somit für den vom Kipgöl
beginnenden, allein durch jüngere doleritische Laven gebildeten
nordwestlichen Fussgebirgstheil des Ararat-Systems ein Höhen-
maximum am Gorgan von 4700 Fuss über das Niveau der
Ebene bei einer Breite desselben von 10 Werst in dieser sei-
ner Anfangsregion und von 18 bis ZO Werst an seinem nord-
westlichen Ende. In der Längenrichtung dieses mit einem Nei-
gungswinkel von 8° bis 7° sich verflächenden Gebirgsfusses
erheben sich vom Gorgan ab, in unregelmässigen Intervallen
auf zehn Werst vertheilt, auf demselben fünf ansehnliche kegel-
förmige Doleritberge, grösstentheils von zah verschlackter Lava
gebildet. Sie bezeichnen augenscheinlich die Lage der haupt-
sächlichsten Emissionsstellen der Laven auf der allgemeinen
Eruptionsspalte. Ein kleines, Kissiljeri genanntes Felsenge-
birge oligocäner Sandsteine bei dem Dorfe Argatschi wurde
von diesen Laven in ähnlicher Weise umfluthet und umschlossen,
wie dies von den Ausläufern des dem Ararat-System in Süd-
ost vorliegenden paläozoischen Kalkgebirges seitens der Laven
beider Ararate der Fall ist. Der durch das Vorhergegangene
81
vorgeschriebenen Auffassungsweise gemäss kann dem nach
Fig. 2 so deutlich als ein dritter Haupttheil des grossen Ara-
rat heraustretenden Kipgöl kaum ein anderer Werth als der
eines secundären Eruptionskegels beigelegt werden, der nur
das am stärksten hervorragende Glied einer Reihe analoger
Bildungen darstellt, die sich diesseits und jenseits des Haupt-
körpers des Systems linear fortsetzen. Diese Auffassung be-
statigend, hat die geognostische Untersuchung gezeigt, dass,
unmittelbar vom Kipgöl südöstlich ausgehend, noch mehrere
durch den normalen Habitus rothbraun verschlackter Lava-
massen ausgezeichnete über einander aufsteigende Eruptions-
kegel an der Geotektonik des in mächtigen Absatzenden em-
porführenden Gipfelrüuckens des grossen Ararat betheiligt sind.
In dem bereits zuvor erwähnten, in den Abbildungen Fig. 1
und 2 mit & bezeichneten, altanartigen Vorsprunge erhebt sich
der nächste Repräsentant der gegen Südost fortsetzenden Reihe
Die, von dunkelem vulkanischen Gestein eingefasste, den frü-
heren Abzugscanal eines Lavastroms bezeichnende Einsenkung
am Abhange des grossen Kegels wird jetzt durch einen Glet-
scher zweiter Ordnung eingenommen, der mit breiter Stirn am
Rande des Kipgöl-Plateaus aufragt. Er lässt an seinen schrof-
fen Absätzen die Natur seiner zahlreich gebänderten Eismassen
schon wahrnehmen. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass eine
noch höhere, auf der Abbildung Fig. 2 mit ß bezeichnete Ab-
stufung ebenso durch einen hervorspringenden Eruptionskege]
hervorgebracht ist, der jetzt gänzlich unter der Eisbedeckung
3 der Gipfelregion verborgen liegt. Ich halte an dieser zwar
nicht direct bewiesenen, aber durch physiognomische Gründe
auf das Stärkste unterstützten Vorstellung um so mehr fest,
als ich Gelegenheit hatte, in gleicher Höhe auf der Südost-
seite des grossen Ararat vorkommende Eruptionskegel-Bildun-
gen zu untersuchen. Ein besonderes Interesse nimmt hier der
Tschat in Anspruch als eine scharf markirte kegelförmige
Eruptionsstelle in nahe 13,000 Fuss absoluter Hohe, von der
Schneegrenze (auf dieser Bergseite im August) wenig entfernt.
Ein enormer Lavastrom ging von hier aus; er zeigt die Form
eines steil abwärts ziehenden, hohen, verhältnissmässig schma-
len Dammes mit canalartiger Einsenkung. Aus der Ferne ge-
sehen erscheint er als einer jener colossalen Strebepfeiler, die,
mit breiter Basis von der flachen Wölbung des Fussgebirges
Zeits. d. D.geol.Ges. XXIL, 1°
des oberen Araratkegels aufsteigend, den Letzteren zu stützen
scheinen. Eine Versinnlichung dieser Verhältnisse gewährt
eine Ansicht des grossen Ararat-Gipfels, die ich im Bullet. de
la Soc. geol.,. 2Zime ser, T. VIH., Pl. V. gegeben habe. Der
weiten Entfernung wegen, aus welcher die Ansicht Fig. 2 auf-
genommen, können diese Züge am Araratkegel daselbst nicht
deutlich hervortreten. Im Uebrigen kann es keinem Zweifel
unterliegen, dass eruptive Vorgänge, wie die angegebenen, sich
selbst bis in die höchste Gipfelregion des Ararat erstreckt ha-
ben; denn ich fand bei der Besteigung desselben, in geringer
Entfernung von der obersten Plattform, aus der Schneebedeckung
hervorragende, zusammenhängende Klippen von dunkelbrauner,
verschlackter, trachydoleritischer Lava, der tiefer unten am
Kegel vorkommenden sehr ähnlich. Indessen liess sich aus
der Natur durch Zersetzung umgewandelter anderweitiger Ge-
steinstrummer, die an einem schneefrei gefundenen Theil des
höchsten Kegelabhanges zum Vorschein kamen, erkennen, dass
Gesteine von trachytischer Zusammensetzung dem Inneren des
Gipfelkörpers nicht fremd sind. Zu gleichem Schlusse berech-
tigt auch das lithologische Verhalten der Gesteinsfragmente,
die in den nahe unter dem Gipfel beginnenden Spaltenein-
senkungen der Südost- wie der Südseite des Berges herab-
rollen.
Eine systematische Beschreibung der -äusseren und inneren
Natur des Ararat an dieser Stelle nicht beabsichtigend, war
es mein Zweck, auf gewisse charakteristische, mit besonderer
Reinheit und Schärfe aus der Ferne sichtbare Formenverhält-
nisse aufmerksam zu machen, welche in den verschiedenen
Entwickelungsstadien des Araratsystems sich successiv heraus-
gebildet haben, und die gewissermaassen der physikalischen
Geschichte desselben die Abschnittspunkte vorzeichnen könn-
ten. Nicht unerwähnt will ich noch die eigenthumlichen
Wechselbeziehungen lassen, die zwischen der gebirgsartigen
Ausbildung des Araratsystems, wie der Grösse seiner verticalen
Dimensionen und dem Umstande stattfinden, dass der grosse
Ararat sich genau in dem Durchkreuzungspunkte der beiden
Hauptdirectionslinien für die Schichtenstörungen und Massen-
verschiebungen emporgearbeitet hat, die einen wesentlichen
Einfluss auf die orographische Ausbildung des armenischen
Hochlandes gehabt haben und in den Grundzügen der orogra-
EL et % Be fe; Lug
re. vr DT
ha ee er
es TEN
=
phischen Gestaltung des ganzen zwischen ‚dem Mittelländischen
dem Schwarzen und Caspischen Meere, wie dem Persischen
Meerbusen gelegenen Continents zu erkennen sind.
Ohne die Absicht, etwa theoretische Vorstellungen aus-
beuten zu wollen, die mit dem Fortschritte der Wissenschaft
sehr viel von ibrer ursprünglichen Bedeutung verloren haben,
"will ich nur noch einige der Thatsachen hervorheben, welche
zu dem in Betrachtung gezogenen Gegenstande in unverkenn-
bar wissenschaftlicher Beziehung stehen. Auf Grundlage der
orographischen Positionen des grossen Ararat und des schon
mehrfach berührten Sordag (lat. 39° 43° 28”, long. 61° 36’ 53”)
findet man, dass die erloschenen vulkanischen Systeme, deren
östlichstes Glied der Ararat bildet, durch eine Linie von 4,80
‚geogr. Meilen und geodätischer Orientirung von O 4° 34 S
verbunden sind, mithin eine der ostwestlichen Directionslinie
des kleinasiatischen Taurus conform laufende Reihe darstellen.
Wie bereits gezeigt, tritt in der Verbindungslinie zwischen
beiden Ararat-Gipfeln eine Parallele von 5234,9 Toisen Länge
der zweiten Directionslinie in orographisch geologische Wirk-
samkeit, welche die vorherrschenden Gebirgszüge , Schichten-
aufriehtungen und Dislocationen zwischen den eben genannten
Meeren von Nordwest nach Sudost beherrscht. Der dem grossen
Ararat nordwestlich angefügte, oben als dritter Bergtheil be-
trachtete Kipgöl entfernt sich von dieser südöstlichen Axen-
linie bemerkenswerth etwas nach Süden. Es durchschneiden
‚sich somit die beiden Hauptdirectionslinien, deren Parallelen
* mit den angegebenen von O 4° 34° S sehr genäherten Werthen
so häufig in den Streichungsrichtungen dislocirter Gebirgs-
schichten und plutonischer Ganggesteine auf dem armenischen
Hochlande wie überhaupt im Araxes-Flussgebiet von mir be-
_ obachtet worden sind, am Gipfel des Ararat unter einen Win-
- kel von 30° 31”.
Das Empordringen flüssiger Gesteinsmassen, welches alle
Bildungsstadien des Araratsystems so augenscheinlich charakte-
_ risirte, hat sich nun auf den soeben näher angedeuteten Spal-
tenlinien aus einer vorvulkanischen Zeit hauptsächlich an drei,
_ durch ungleiche Intervalle von einander getrennten Stellen
- dauernd centralisirt, die den Mittelpunkten des grossen, des klei-
3 nen Ararat, wie des von dem Gipfel des ersteren etwa 17,000
Fuss entfernten Kipgöl entsprechen. Ebensowenig wie diese
6*
eruptiven Processe auf den drei Centralpunkten immer gleich-
zeitig eintraten, waren sie in qualitativer und quantitativer Be-
ziehung gleichwerthig; auch waren sie für dieselben keines-
weges mit gleicher hebender Wirkung und entsprechender
Volumenvermehrung der betreffenden Bergkörper verbunden.
Am Kipgol wurde eine solche Vermehrung vorzugsweise
durch vielfach sich wiederholende Aufschüttung bewirkt, ver-
möge welcher sich die sehr regelmässige, flach kegelförmige
Berggestalt zu der absoluten Höhe von 10,600 Fuss allmälig
heranbildete. _Ein anderer Dynamismus beherrschte dagegen
die Bildungsstadien der benachbarten Araratkegel. Beide be-
standen in der frühesten Periode wahrscheinlich als gesonderte
selbstständige Hervorragungen von ungleicher Grösse auf ge-
meinsamer flacher Terrainwölbung von etwa 9000 Fuss abso-
luter Höhe. Sehr wahrscheinlich sind in den oben berührten
Gliedern der westlichen Kegelreihe zwischen dem Parlijdag
und Pambuk die annähernden Typen für jene Beschaffenheit
der beiden Ararate zu finden. Es ist unverkennbar, dass in
der geologischen Periode, wo das flüssige Erdinnere mit un-
gewöhnlicher Energie im ganzen armenischen Hochlande im
Taurus wie im Kaukasus gegen die Oberfläche zu reagiren
begann, und mit dem Eintritte der eigentlichen Lavenergüsse
den schon vorhandenen trachytischen Centralsystemen neue
Vergrösserungs-Elemente hinzugefügt wurden, beide Ararate aus-
schliesslich Spalteneruptionen unterlagen, die sich in der Rich-
tung der allgemeinen südöstlichen Streichungslinie von O0 35° S
wiederholten. Niemals ist aber, weder am grossen noch am
kleinen Ararat, ein centraler Eruptionskrater thätig gewesen,
der durch Aufschuttung volumvermehrend hätte wirken können.
Der grösste Theil der Wirkung, der in dieser vergrössernden
Beziehung überhaupt au beiden Bergen stattgefunden hat, muss
der Erstarrung der in den Spaltungen empordrängenden Laven,
wie einer allmäligen Erhebung des gesammten Fussgebirges
des Systems zugeschrieben werden. Von den an die Ober-
fläche dringenden flüssigen Laven blieben an den Abhängen
zur Vergrösserung selbst höherer Bergtheile allerdings nicht
unbedeutend beitragende Massen zurück, allein wie immer ge-
wann die Hauptmenge der Lava in rasch abwärts fliessenden
Strömen an der Basis des Berges bald ihre grosse Aus-
breitung.
s
r
85
Nachdem mit der Intensität der Periode trachydoleritischer
Ausbrüche und deren Uebergang in das Stadium der mächtigen
Doleritlaven - Ausströmungen der Widerstand der allmälig em-
porgedrängten und vielfach aus ihrer ursprünglichen Lage ge-
brachten Theile des älteren Bergkörpers immer schwächer ge-
worden war, wurde, entweder in Folge paroxismatischer erup-
tiver Kraftäusserung oder einer langsam wirkenden Empor-
treibung der durch Spaltung aus einander getretenen Gipfeltheile
des trachytischen Berges, die südliche Gipfelhälfte des grossen
Ararat in ein um mehr als 5000 Fuss höheres Niveau geführt.
Wie schon früher bemerkt, scheint die andere nördliche Hälfte
nur wenig mitgehoben und gleich in die frühere Lage zurück-
gesunken zu sein. Dem Verlaufe dieses letzten Bildungssta-
diums muss die Entstehung der zuvor erwähnten lateralen
Eruptionskegel zugeschrieben werden, die sich über den Mün-
dungen der Spaltenkanäle ausbildeten, in welchen die Laven
bis zur Region des Gipfelruckens empordrangen. Auch darf
angenommen werden, dass die Spaltung des ältereu Bergkör-
pers des kleinen Ararat, der dem trachytischen Bildungsstadium
angehört, und die Aufrichtung der Spaltenränder zur Darstel-
lung der heutigen Kegelform im engen Zusammenhange mit
dem Aufsteigen der Doleritlaven standen, deren Ergüsse der
Berstung des Berges folgten und gleichzeitig mit den analogen
Hergängen am grossen Ararat waren. Nicht minder gewiss
scheint es, dass eine mit dem Einsinken der nördlichen Hälfte
' des grossen Ararat in Verbindung getretene Querspaltung die
_ erste Veranlassung zu der Entstehung des Thales von Arguri
gegeben hat, an dessen oberen Ende sich jetzt ein imposanter
Gletscher erster Ordnung aus der Gipfelregion bis zur absolu-
ten Höhe von 9172 Fuss herabsenkt. Dass dieses Thal seine
jetzige Weite und Ausbildung späteren Erosionen verdankt,
geht aus dem Volumen des Aufschüttungs-Talus hervor, der
sich der 3000 Fuss über der Araxes-Ebene beginnenden Mün-
dung des Thales vorgelagert hat und mit seiner breiten Basis
bis iu die Mitte der Araxes-Ebene gedrungen ist. Es fehlen
alle Anzeichen von stattgehabter Mitwirkung noch anderer
Kräfte an diesem Hergange als diejenigen, welche noch gegen-
/ wärtig fortfahren, theils langsam zerstörend, theils durch perio-
diseh eintretende paroxismatische Einsturzphänomene, an der
Erweiterung des Thales und insbesondere der eircusartigen
Gletscherschlucht zu wirken.
Wenn ich bei dem Versache einer Interpretation der mor-
phologischen Eigenthümlichkeit des Ararat in Bezug auf das
dem Letzteren zum Grunde liegende Bildungsgesetz zu Schluss-
folgen gelangt bin, die nicht mit den Ansichten der Anhänger
einer allgemein anerkannten Schule übereinstimmen, welche
den Glauben an die Mitwirkung von Erhebungen an der Ent-
stehung erloschener wie thätiger Vulkane als einen beseitigten
Standpunkt betrachtet, so kann dieser Umstand meine Ueber-
zeugung von der Nothwendigkeit nur vermehren, jedes geolo-
gische Phänomen unbeeinflusst von irgend welcher herrschen-
den theoretischen Ansicht, rein als vorhandene Thatsache zu
fixiren, dasselbe vorurtheilsfrei, wie es eben da ist, zu studiren
und demselben keinen anderen Ausdruck zu geben als den,
welchen die Natur der Erscheinungen categorisch fordert.
So wenig auch von einer directen Anwendung der Vor-
stellung, welche L. v. Buch mit dem von ihm zuerst gebrauch-
ten, oft missverstandenen Worte Erhebungskrater verband, in
Bezug auf den grossen Ararat die Rede sein kann, so hat seit
meinem ersten Besuche am Ararat und seit der vergleichenden
Kenntnissnahme der zahlreichen und vielfach modificirten er-
loschenen vulkanischen Bergformen sich bei mir doch immer be-
stimmter der Eindruck befestigt, dass die Auffassung, aus
welcher die Lehren v. Buc#’s von der Vertheilung der Vul-
kane nach Central- und Reihen-Systemen .bervorging, und die
dem naturgemässen Wortbegriffe des Erhebungsthales sich an-
schliessende Vorstellung von dem Erhebungskrater sich ent-
wickelte, auf der Erkenntniss einer wirklichen Naturwahrheit
beruht.
Es scheinen mir diese theoretischen Distinetionen zu tief
in dem Boden der Wissenschaft zu wurzeln, als dass nach.
dem heutigen Standpunkte unseres geologischen Wissens die
Acten über den Werth auch dieses wichtigen Vermächtnisses
schon als geschlossen angesehen werden dürften, welches
L. v. Buch der Wissenschaft hinterlassen hat.
Mit Rücksicht auf die geologische Bedeutung, welche in
dem Vorhergegangenen für den Ararat von Seiten seiner geo-
graphischen Stellung im Durchkreuzungspunkte der taurischen
und kaukasischen Erhebungsparallelen in Anspruch genommen
ist, verdient es noch der Erwähnung, dass der grosse Ararat
auch in Bezug auf eine dritte Directionslinie der Schichten-
störungen eine wichtige Stellung einnimmt, welche innerhalb
der Meridianrichtung einen bedeutenden Einfluss auf die oro-
graphische Ausbildung des armenischen Hochlandes ausgeübt
hat. Wenn der Ararat sich auch in keiner directen Verbin-
dung mit einem orographischen Vertreter dieser von Norden
nach Suden orientirten Directionslinie befindet, so ist doch
eine dergleichen indirect mit dem grossen vulkanischen Meri-
diangebirge vorbanden, welches den Ostrand des Hochlandes
zwischen Akalkalaki und Gumri (das heutige Alexandropol)
bildet und von den beiden ostwestlichen Gebirgszugen, den
Ardjewan- und Besobdal-Ketten, in Norden und Süden begrenzt
wird. Die achtzig Werst lange Axe dieser Längengruppe
grosser trachytischer Eruptiv-Systeme berührt in ihrer süd-
lichen Verlängerung den Alagiz und 6,86 geogr. Meilen weiter
den Gipfel des grossen Ararat. Der geodätische Ausdruck
dieser meridianen Erhebungsrichtung für das armenische Hoch-
land wird durch die geographischen Positionen des Ararat und
- eines der höchsten nördlichen, Tschüsch Tapa oder Emlekli
genannten Gipfel jener Meridianreihe (lat. 41° 15° 50”, long.
61° 35° 16”), als eine N 10° 20° W streichende Linie von
167 Werst Länge bestimmbar.*) Demzufolge würde man im
Mittelpunkte des grossen Ararat eine Durchkreuzung der Di-
rectionslinie für die latitudinalen (taurischen) und die meridia-
nen Spaltenerhebungen in einem Winkel von 75° 5’ erhalten.
Die Gefahr des Vorwurfs, mich in ein Gebiet rein theoretischer
und deshalb muüssiger Speculationen zu vertiefen, kann mich
nicht abhalten, hier noch der Beziehungen zu gedenken, in
welchen sich das Ararat-System ungezwungen zu einer vier-
ten Directionslinie für Schichtenstörungen und Massendisloca-
i *) Ueber die physikalisch-geographische Bedeutung dieser meridianen
Erhebungslinie in ihrer südlichen Verlängerung vom Ararat ab als Wasser-
scheide zwischen dem caspischen Meerbusen und dem persischen Meer-
busen siehe meine vergl. Grundzüge 1. e. p. 387,
88
tionen von Sudwest nach Nordost bringen lässt, deren Paralle-
len in der Teerraingestaltung des armenischen Hochlandes ver-
steckt liegen und orographisch weniger als durch Messung
der Streichungsrichtungen gewisser Schichten erkennbar her-
vortreten. Nur einmal, wie ich bereits an einem anderen Orte
nachgewiesen habe, gewinnt die Directionslinie von Sudwesten
nach Nordosten einen physikalisch - geographisch bedeutsamen
plastischen Ausdruck in der siebengliedrigen Reihe domförmi-
ger vulkanischer Berge von 24 geogr. Meilen Länge, deren
willkürliche Zusammenfassung als Reihen-Vulkane dadurch ab-
gewiesen wird, dass durch die Aneinanderreihung dieser sammt-
lich zu absoluten Höhen von 8000 bis 10,000 Fuss aufstei-
senden Berge die Wasserscheide zwischen dem oberen Laufe
des Kur und Araxes scharf ausgeprägt wird. Das geodätisch
gesuchte Streichen dieser Wasserscheide ergab sich zu N32°O,
eine Richtung, bemerkenswerth wegen ihres Parallelismus mit
dem auf krystallinischem Fundament von hohem geologischen
Alter entwickelten meskischen Gebirgszuge, dem einzigen oro-
graphischen Verbindungsgliede zwischen den georgisch-armeni-
schen Gebirgen und dem Kaukasus.
Insofern diese Störungs- und Streichungslinie von Süd-
westen nach Nordosten eine für die paläozoische Formation
ursprüngliche und, als solche von mir auch in Armenien er-
kannt, daselbst die älteste war, zeigt sich dieselbe erwartungs-
mässig den Störungen auf das Stärkste unterworfen, welche
später nach den vorerwähnten anderen drei Richtungen ein-
traten. In besonderem Grade ist dies auf der Nordseite des
Ararat, zumal auf dem Theile der Araxes- Ebene der Fall,
die dem Ararat-Systeme in seiner ganzen Längenausdehnung
vorliegt. Inselartig tauchen auf diesem von Alluvialablagerun-
gen zur wassergleichen Fläche nivellirten Raume zahlreiche
kleine Felsgebirge, von devonischen Kalken und Bergkalk-
schichten zusammengesetzt, hervor. In auffallender Weise wird
dieser paläozoische Archipel mit einem dem Araxes - Laufe
conformen Längendurchmesser von 40 Werst und nahe der-
selben Breite gegen Nordost, Ost und Süd von einem beinahe
geschlossenen Kranze paläozoischer Felsgebirge umschlossen,
den der Araxes in bedeutend verengtem Thale innerhalb der
devonischen und Bergkalk-Gruppe von Degma Danga (Fig. 2)
dreissig Werst östlich vom kleinen Ararat durchschneidet. Ge-
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> gen Südwest setzt sich dieses paläozoische Randgebirge in den
Makuschen vielgegliederten Felszugen von ausschliesslich pa-
läozoischer Natur unter beiden Araraten fort. Der nordwest-
liche Theil desselben Randgebirges, welches in der Gewölb-
kette des Dsynserlydag seine grösste Höhe erreicht, zeigt an
seinen der Araxes-Ebene zugewendeten Steilabstüurzen in der
Höhe eine korallenreiche Bergkalk-Etage in concordanter La-
gerung auf devonischem Terraiu, im Durchschnitt ihrer nach
Norden einfallenden Schichten. Der abgebrochene und abge-
sunkene Flügel dieser Gewölbkette verschwindet mit seinen
steil zur Ebene geneigten Schichtenabstufungen bald unter der
alluvialen Bedeckung derselben.
Am Dsynserlydag und überall, wo das paläozoische Ge-
birge überhaupt auf der linken Araratseite in weiterer südöst-
licher Richtung noch zum Vorschein kommt, findet sich das-
selbe entweder von oberen Gliedern der Kreideformation mit
auflagernden Nummulitenkalken oder nur von einer der beiden
Formationen bedeckt. Sehr beachtenswerth ist nun der Um-
stand, dass weder die auf der Araxes-Ebene hervorragenden
fragmentarischen Repräsentanten der paläozoischen Formation,
noch die das Ararat- System südlich und südöstlich umgeben-
den Gebirgszüuge der devonischen und Bergkalkbildungen —
mit Ausnahme stattfindender Anlagerung am Fusse der Süd-
abhänge der letzteren im Flussgebiet des Makutschai — irgend
eine Spur von diesen Auflagerungen aus mesozoischer und
cänozoischer Zeit wahrnehmen lassen.
Dieses auffallende Verhältniss berechtigt zu dem Schluss,
dass das paläozoische Grundterrain, welches an der Stelle und
im weiteren Umkreise des heutigen Ararat-Systems sich ab-
gelagert hatte, mit dem Beginne der oberen Bergkalkperiode
durch Continental-Hebung in die Form einer von Südwest nach
Nordost sich erstreckenden, einen bedeutenden Theil von Ar-
menien und Aderbidjan mit umfassenden, flachen Wölbung ge-
bracht, über das Meeresniveau geführt wurde, bis eine Boden-
senkung bei Weitem den grösseren Theil dieses paläozoischen
Continents erst im Laufe der Kreideperiode wieder unter den
Einfluss der Meeresbedeckung stellte, wobei ein Theil des
heutigen Ararat-Landes als eine nach den oben angedeuteten
Daten in ihrer beschränkten Grösse zu beurtheilende paläo-
zoische Insel verblieb. Dieses Verhältniss dauerte bis zum
90
Schlusse der oligocänen Zeit, wo dann das gesammte paläo-
zoische Grundterrain in Folge einer neuen allgemeinen Conti-
nentalhebung von langer Dauer und begleitet von mannichfal-
tigen partiellen Continuitäts- Störungen des Terrains über-
haupt, zu einer sehr bedeutenden Höhe über den Bereich der
tertiären Meeresniederschläge gebracht worden sein muss. Das
Ende dieser Hebungsperiode bezeichnete ein in weitester Aus-
dehnung wirksam gewesenes Eingreifen endogener commotori-
scher Kräfte auf das bestehende Oberflächen - Verhältniss des
gehobenen Continents, welches, nach der Hauptstörungsrichtung
zwischen den obengenannten Meeren von Südosten nach Nord-
westen erfolgend, die Veranlassung zu partiellem Zusammen-
sinken des paläozoischen Fundamental-Terrains vorherrschend
nach Längendimensionen in der angegebenen Richtung wurde.
Eine solche Senkung betraf nun auch einen grossen Theil der
seit der paläozoischen Zeit von keinem Meere bedeckt gewese-
nen Gewölbinsel an der Stelle der heutigen mittleren Araxes-
Ebene. Alle Erscheinungen, von denen die Rede gewesen,
treten in dieser Vorstellung in einen befriedigenden Zusammen-
hang. Das Makusche Gebirge, das unter den Doleritlaven bei-
der Ararate an vielen Stellen unmittelbar zu Tage gehende
devonische und Bergkalk - Terrain, das Verhältniss der abge-
sunkenen Lagerung derselben Formationsglieder in der Scheitel.
region und am Fussgebirge des Dsynserlydag, vorzüglich aber
das so ganz abnorme stratigraphische Verhalten der nach ver-
schiedenen Richtungen gefalteten, geknickten und an einander
emporgedrängten paläozoischen Schichten der sporadischen
Felsinseln der Araxes-Ebene sind Thatsachen, die namentlich
in Bezug auf das Fehlen der Niederschläge aus der Kreide-
und Tertiär-Periode keine andere Deutung zulassen, als dass
hier die fragmentarischen Theile aus der Scheitelregion der
eingesunkenen Wölbung mit ihren Bruchrändern vorliegen.
Die Geotektonik der vom Araxes bespülten devonischen
Felsinsel von Corvirab*) giebt in dieser Beziehung einen be-
*) In befriedigender Lösung der bisher immer noch bestandenen
Controverse in Betreff der wahren Lage von Artaxata finde ich, ab-
‘ weichend von Dusoıs De Montpereux, die Annahme den Zeugnissen
Tacitus’ und Strabo’s ganz gemäss, dass das noch heute Spuren einer
Akropole tragende kleine Felsgebirge von Corvirab und nicht Ardaschir,
am Garnilschai, die Lage der alten Hannibals-Feste bezeichnet.
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9
sonders klaren Aufschluss. In der 350 Fuss über das Araxes-
Niveau aufsteigenden Felsengruppe zeigt sich die Wirkung
stratigraphischer Umgestaltung durch Bodensenkung in lehr-
reicher Weise, wie sie auch im hiesigen Lande, ich möchte
sagen auf jeder Wanderung, dem Beobachter in grossen, den
jedesmaligen Gebirgsverhältnissen entsprechenden Dimensionen
entgegentreten. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass auf die-
ses einem allgemeinen geologischen Entwickelungsstadium von
universeller Tragweite angehörende Senkungs-Ereigniss, wo-
durch das gesammte Oberflächen-Relief des armenischen Hoch-
landes eine Umgestaltung erlitt, die durch ein allgemeines Auf-
steigen des flüssigen Erdinneren gekennzeichnete eruptive „Vul-
kan-Periode“* unmittelbar gefolgt ist. Für den Isthmus
zwischen dem Caspischen und dem Schwarzen Meere, wo in-
tensive Reactionen der Vulkanität schon seit der mesozoischen
Zeit eine. bedeutende und eigenthümliche Mitwirkung an der
Gestaltung und Zusammensetzung des Bodens gehabt haben,
darf in jener eminent eruptiven Vulkan-Periode auch ein be-
sonders intensives Zuströmen des Lavamaterials nach den
alten Verbindungskanälen, wie sie in den vorhandenen, an die
Gebirgszuge geknüpften Spaltungen bestanden, ganz besonders
aber nach den Regionen der Senkungen hin angenommen wer-
den. Auch scheint es wissenschaftlich geboten. durch pluto-
nische Bewegungen von universeller Tragweite eingeleitete, so
gewaltig empordrängende, eruptive Reactionen des Vulcanis-
mus, welche Bergeolosse wie Ararat und Alagez längs der
Grenzen wie im Inneren der Senkungsfelder aufzuführen ver-
mochten, auch mit ausnahmsweise gesteigerten Localerhebun-
gen verbunden gewesen zu denken.
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EN
92
6. Ueber die chemische Constitution des Uranophans.
Von Herrn Wessky ın Breslau.
Der Deutschen geologischen Gesellschaft berichtete ich
1853 (Bd. V., S. 427) und 1859 (Bd. XI., S. 334) über die
von Herrn GRrUNDMANN in Tarnowitz und mir ausgeführten Un-
tersuchungen über den Uranophan, welchen ich in Kupferberg
in Niederschlesien aufgefunden hatte; die damals aus den
Analysen Herrn Grunpmann’s abgeleitete Constitutionsformel
3R, Si +5R, Si + 36H
befriedigte indessen nicht besonders.
Es schien mir der Mühe zu lohnen, da meines Wissens
dieses Mineral das einzige analysirte wesentlich Uran hal-
tende Silicat ist, zu prüfen, ob die von Herrn RAmMELSBERG
vertretene Auffassung der Silicate zu einem besseren Ergebniss
führe, was sich auch bestätigte.
Nach Maassgabe der hier folgenden Erörterung ist der
Uranophan ein Thomsonit, in welchem 2 des Aluminiums
durch Uran vertreten wird, jedoch so, dass diesem substituirten
Uran ein gleiches Aequivalent Uran als Uranoxydhydrat an-
gelagert ist, ganz so, wie wir das Uran in der Verbindung
1I
U,RO,H,O
gegenüber der analogen Verbindung der Thonerde
II
Al, RO,,H,O
begegnen.
In der folgenden Tabelle enthält die
I. Colonne: die Zahlen, welche Herr GrUnDMAnN als Re-
sultat der an Uranpecherz freiem Material ausgeführten Ana-
lyse angegeben hat; die i
Il. Colonne: die Bestandtheile, welche als Chalkolith, den
man mikroskopisch nachgewiesen, in Abzug gebracht werden
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Pt a A ET RT A NER: a Se de 1 0 52 3 Sp
94
müssen, und für welche die Phosphorsäure zum Ausgang
dient; die SEE
Ill. Colonne: die Bestandtheile, welche, nach den Vor-
untersuchungen als in geschwefelten Erzen bestehend, gleich-
falls abgerechnet werden mussen; die
IV. Colonne: den alsdann verbleibenden Rest = 92,56p Ct.
der analysirten Substanz, in reinem Uranophan bestehend,
und in der
_ V. Colonne: diese Bestandtheile auf 100 pCt. berechnet.
Wegen des eigenthumlichen Verhaltens des Urans ist es zweck-
mässig, das Verhältniss dieser Bestandtheile nach Molekülen:
II I
SD. 0,U0,R0r20
zu berechnen und sind daher in der
VI. Colonne: die benützten Molekülgewichte, und in der
VII. Colonne: die Quotienten der letzteren in die in
Colonne V. angegebenen Bestandtheilmengen angegeben, und
in der
VII. Colonne, der bequemeren Uebersicht halber, diese
II
‚auf das Verhältniss R = 1 reducirt.
Da das Verhältniss der Molekule
1
8.8, (AR 07.005): RO: H.0
1.94 1,04 : 1 : 5,75 ist, wofur wir
2 : 1 : 1 : 5,6 setzen wollen,
da ferner die Zahl der Moleküle Al,O,:U,O, sich nahe wie
2:3 verhält, so kann man den Uranophan auffasseu als
1
RR. Re, 81,,.0,0 1 a
oder als eine Vereinigung von |
1
RB. Al, Sı, 0, MRH,O &
II
1 8.0, Di 2
B, O0 210 |
oder als
en. a kei
a
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Reaper Kr en ne n n Ve "
Sa BR ES Sr Die Se eher Sl ar az IE TER
a Arte. Z SE SO A DB ge 2 rue er re FE ee Zi a Sr ren ea
RER
e: ur £
ruhe RAEREN,
’
> RETTET UM
N
II
E (RAISi, 0, + 5H,0) \
II ‘
E iR es, 0. u
le. oeerH,0|
Die erste Zeile dieses Ausdrucks ist die Constitutions-
formel des Thomsonits, die zweite Zeile ihre Analogie unter
- Substitution des Aluminiums durch Uran, und das dritte Glied
die gleiche Menge Uran wie in der zweiten Zeile, als Uran-
oxydhydrat, welche als dem Uran im Silicat angelagert zu be-
trachten ist.
Diese Constitutionsformel erfordert:
Molekülgewicht. Gefunden.
10 SiO, (60) 600,00 = 18,05 17,08
2 Al,O, 102,0) 72er 610
620,0, (288) 1128.00° 531.99 9253.98
1
5 R — 3.08. .02.0: (96) 112,48 == ,..,5,19 9,07
1,23 M&O (40) 49,20, = E48 de
0,69 K,O (94) 64,86. += -;.:1;,95 1,85
23 H, O (18) 904:00, 13316. 19.
3323,74, 100,00. 100,00
Die Uebereinstimmung der berechneten Zusammensetzung
mit der gefundenen dürfte mit Rücksicht auf die Schwierig-
keiten der Analyse hinreichen, um die im Vorstehenden aus-
gesprochene Ansicht über die chemische Constitution des Ura-
nophans annehmbar erscheinen zu lassen.
Die einzige krystallographische Beobachtung, welche ich
am Uranophan ermöglicht habe, war die Messung des Winkels
zwischen der blätterigen — weil perlmutterglänzenden Längs-
fläche mit der anliegenden Säulenfläche = 107 °, an mikrosko-
pischen Krystallen nach dem Lichtschimmer gemessen; da das
Prisma des Thomsonits vorn = 90° 40’ misst, so würde —
Isomorphie vorausgesetzt — die am Uranophan beobachtete
Säule das Symbol (3a:5:ooc) besitzen, was, auf Thomsonit
‚bezogen, einen Winkel von 108° 14’ erfordert.
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7. Nekrolog von Friedrich Adolph Roemer.
3
Von Herrn F. Rornmer ın Breslau.
Am 25. November starb mein theurer Bruder AnoLpH, und
vorgestern haben wir drei überlebenden Brüder ihn unter dem
Geleite zahlreicher Freunde auf dem Kirchhofe in Clausthal
bestattet. Nachdem schon seit einer Reihe von Jahren seine
Gesundheit durch wiederholte Gichtanfälle erschüttert war, bil-
dete sich vor etwa drei Wochen ein wassersüchtiger Zustand
aus, der ein baldiges Ende voraussehen liess. Mit Festigkeit
und Ergebung sah er dem Tode entgegen, der glücklicherweise
nach nicht zu langem und schmerzlichen Kampfe eintrat.
Da meinem Bruder durch seine Arbeiten immerhin eine
gewisse Stelle in der Geschichte der Geognosie gesichert ist,
so werden die folgenden wenigen Notizen über sein Leben
und seine Schriften hier wohl am Orte sein. Wenn dieselben
von dem Bruder ynd nicht von einem unparteiischen Dritten
gegeben werden, so soll dieser Umstand doch, wie ich hoffe,
die Gerechtigkeit des Urtheils nicht zu sehr vermissen lassen.
Am 14. April 1809 in Hildesheim geboren und anf dem
dortigen Gymnasium Andreanum gebildet, widmete er sich dem
Studium der JJurisprudenz und wurde, nachdem er von 1828
bis 1831 diesem auf den Universitäten Göttingen und Berlin
obgelegen hatte, als juristischer Beamter in Hildesheim ange-
stellt. Er verblieb hier bis zu seiner im Jahre 1840 erfolgten
Versetzung an das Amt Bovenden bei Göttingen. Von dort
wurde er nach dreijährigem Aufenthalte im Jahre 1843 an das
Bergamt zu Clausthal versetzt. Einige Jahre später wurde ihm
das Lehramt für Geognosie und Mineralogie an der dortigen
Bergakademie übertragen. In dieser Thätigkeit ist er bis zum
Jahre 1867 verblieben, in welchem er seiner geschwächten
Gesundheit halber die Entlassung aus dem Staatsdienst nahm,
nachdem er im Jahre 1862 zum Vorstande der Bergschule er-
nannt war.
Schon früh hatte sich bei meinem Bruder die Neigung für
97
naturhistorische Studien entwickelt. Auf der Schule und wäh-
rend seiner Studienzeit auf der Universität war dieselbe jedoch
noch nicht auf das Fach gerichtet, in welchem er später so
erfolgreich gearbeitet hat, sondern damals war es die Botanik,
welche ihn anzog. Unter der Leitung von Professor BARTLING
in Göttingen, dem er seitdem in Dankbarkeit und in gemein-
samem feinen Verständniss für die Schönheit der Pflanzenwelt
bis an seinen Tod freundschaftlich verbunden blieb, widmete
er sich mit dem Feuereifer der Jugend botanischen Studien
und brachte es zu einer nicht gewöhnlichen Kenntniss der
deutschen Flora und der Pflanzenkunde überhaupt.
Erst nach seiner Anstellung in Hildesheim fing er an,
sich mit Geognosie und Paläontologie zu beschäftigen. Wohl
gaben die bemerkenswerthen geognostischen Verhältnisse
der Umgebung von Hildesheim hierzu den Anstoss. Mit
sicherem Blick erkannte er, dass deren Erforschung eine
reiche wissenschaftliche Ausbeute versprach. Namentlich die
jurassischen Ablagerungen , welche einen dicht bei der Stadt
sich erhebenden Höhenzug zusammensetzen und dann auch in
der weiteren Umgebung verbreitet sind, zogen ihn durch ihren
Reichthum von wohl erhaltenen Versteinerungen an. Seitdem
der Hildesheimer Arzt Frirprıch LAcHnuxp in seiner 1669 in
Hildesheim erschienenen Oryctographia Hildesheimensis ein-
zelne derselben beschrieben und kenntlich abgebildet hatte, war
für deren Kenntniss nichts mehr geschehen. FRIEDRICH Horr-
MANN hatte wohl auf seiner 1829 erschienenen, besonders als
Werk eines Einzelnen bewundernswerthen geognostischen Karte
des nordwestlichen Deutschlands den geognostischen Bau des
nordwestdeutschen Hügellandes schon in den allgemeinen
Zugen richtig angegeben und hatte auch die jurassischen Bil- .
dungen schon richtig als solche erkannt und in ihrer Ver-
breitung auf der Karte verzeichnet. Allein die Kenntniss
ihrer organischen Einschlüsse und der auf dieselben zu grün-
denden specielleren Gliederung der Formation wurde durch
ihn nicht gefördert. Diese Aufgabe stellte sich mein Bruder
und löste sie in einer für seine Zeit und seine Hülfsmittel
rühmlichen Weise. Ohne jede persönliche Anleitung durch
einen erfahrenen Forscher und ohne literarische Hülfsmittel
begann er seine Studien des norddeutschen Jura. Den Mangel
der ersteren wusste er bald durch eine jeder Anstrengung
Zeits. d. D. geol.Ges. XXI. 1, 7
spottende Hingabe an den Gegenstand und durch angeborenen
Scharfblick zu überwinden. Die nöthigen paläontologischen
Werke wurden aus den Bibliotheken von Göttingen und Han-
nover herbeigeschafft und sammt den Abbildungen mit eigener
Hand copirt. So: machte er sich namentlich die Werke von
SowWERBY, ZIRTEN und GoLpruss zugänglich. Im Jahre 1836
gab er bereits das umfangreiche Werk: „Die Versteinerungen
des norddeutschen Oolithen - Gebirges“ heraus. Diese Schrift,
welche noch heute die Hauptquelle für die Kenntniss der Jura-
bildungen des nordwestlichen Deutschlands bildet, eröffnete den
ersten Einblick in den Petrefakten-Reichthum und in die Glie-
derung dieser Ablagerungen und gewährte zum ersten Male
die Möglichkeit, durch Vergleichung mit dem süddeutschen
und dem englischen Jura ihre Eigenthümlichkeiten festzu-
stellen. Als ein bemerkenswerthes, ganz neues Glied des nord-
deutschen Flötzgebirges wurde der Hilsthon eingeführt, der
zwar erst später seine richtige Stellung in der unteren Abthei-
lung der Kreide-Formation erhielt, aber schon jetzt über den
Portland-Kalk gestellt wurde. Erwägt man, dass für die Ab-
fassung dieser Schrift nur die Mussestunden benutzt: werden
konnten, welche dem Verfasser sein juristischer Beruf ubrig
liess, und dass die Herausgabe derselben nur dadurch ermög-
licht wurde, ‘dass er sammtliche Zeichnungen von Versteine-
rungen auf den dem Werke beigegebenen Tafeln selbst aus-
führte, so tritt die Thatkraft und die Begabung des Autors um
so sichtlicher hervor.
Ein drei Jahre später erschienener „Nachtrag* zu dem
Hauptwerke vervollständigte die Kenntniss der Versteinerungen
und brachte wichtige neue Beobachtungen uber die Gliederung
der jurassischen Ablagerungen. Als ein ganz neues Forma-
tionsglied wurde der Serpulit eingeführt, und nach der richtig
erkannten Lagerung zwischen „Portland“ und „Wälderthon ®
ein Aequivalent des englischen Purbeckkalksteins in demselben
mit Recht vermuthet. Der Hilsthon wurde nun bereits uber
den „Wälderthon“ gestellt und, was sich besonders folgereich
erwies, gewisse kalkige Schichten bei Schandelahe und
Schöppenstedt im Braunschweigischen wurden auf Grund der
scharfsinnig erkannten paläontologischen Uebereinstimmung
ihm gleichgestellt. Auch wurde der englische Speetonclay
schon jetzt als eine mit dem Hilsthon gleichalterige Ablagerung
bezeichnet.
In der Vorrede zu diesem „Nachtrage* kündigte der Ver-
fasser bereits die Bearbeitung des norddeutschen Kreidegebir-
ges und seiner Versteinerungen an. Im Jahre 1841 erschien
dieselbe unter dem Titel: „Die Versteinerungen des norddeut-
schen Kreidegebirges; mit 16 lithograph. Tafeln. Hannover
1841.* Nach seinem wissenschaftlichen Werthe ist dieses
zweite Hauptwerk dem ersten wohl mindestens gleichzustellen.
Man muss sich die Unkenntniss und die Verwirrung, welche
vor dem Erscheinen desselben in Betreff der betreffenden Kreide-
bildungen herrschte, vergegenwärtigen, um die Bedeutung der
Leistung richtig zu würdigen. Einer unserer einsichtsvollsten
deutschen Geognosten, den kein Vorwurf weniger als derjenige
einer schwächlichen Neigung zu ungerechtfertigtem Lobe trifft,
hat schon vor Jahren mit nachstehenden Worten sein Urtheil
über das Werk abgegeben *):
„Nach Horrmans wurden zuerst durch AnDoLPH RoEMER’S
wichtige und einflussreiche Arbeiten die in neuester Zeit so
umfangreich gewordenen Untersuchungen über die paläontolo-
gische Gliederung der Kreideformation in Norddeutschland
angeregt. Mit bewundernswerthem Tacte lehrte RoEMER zu-
erst, nur im Einzelnen noch irrend, das wesentlich Geschiedene
von dem Unwesentlichen trennen; er zuerst lehrte den nord-
deutschen Hils, eine früher ganz unbekannt gebliebene oder
ganz verkannt gewesene Bildung, als ein dem Neocom ent-
sprechendes unteres Glied der Kreideformation kennen, er deu-
tete zuerst die verkiesten Petrefakten Helgolands, er gab zu-
erst dem Pläner seine richtige Stellung und verwarf die schon
von HorFMann aufgestellte irrige Meinung, dass der Pläner
dem englischen Gault, der ihn bedeckende obere Quadersand-
stein dem oberen Greensand, der unterliegende dem unteren
Greensand correspondire, er sprach es zuerst aus, dass viele
in Deutschland schlechtweg Grünsandstein genannte Sandstein-
bildungen der Kreideformation schon ihrer organischen Ein-
#) Bernich: Ueber die Zusammensetzung und Lagerung der Kreide-
formation in der Gegend zwischen Halberstadt, Blankenburg und Qued-
linburg. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. I., 1849, S. 2%.
Tr
100
schlusse wegen eine viel höhere Stellung im Niveau der weissen
Kreide einnehmen müssen.“ -
Inzwischen hatten die wichtigen Untersuchungeu von Mur-
cHISON und Sep@wick über die Gliederung der älteren, bis da-
hin von den deutschen Geologen unter der Benennung des
Uebergangsgebirges begriffenen Ablagerungen die Aufmerksam-
keit meines Bruders erregt und ihn veranlasst, sich mit dem
Harze zu beschäftigen. Die in einer längeren Reihe von Jah-
ren nach einander erscheinenden Arbeiten uber dieses durch
die Mannichfaltiskeit der geologischen Verhältnisse so merk-
würdige deutsche Gebirge bilden die dritte Haupt - Leistung
seiner wissenschaftlichen Thätigkeit. In der ersten Schrift:
„Die Versteinerungen des Harzgebirges. Hannover, 1843“ be-
ging er zwar noch verschiedene Fehlgriffe, indem er ohne
genugende paläontologische Beweismittel einzelne Schichten-
reihen des Harzes mit bestimmten Gliedern des Silurischen
Systems in England zu parallelisiren versuchte, allein in den
späteren, in den Palaeontographica von DUNKER und H. v. MEYER
erschienenen Arbeiten *) hat er diese Irrthünser mit Hulfe einer
grösseren Anzahl von organischen Einschlüssen berichtigt und
wenigstens in dem nordwestlichen Theile des Gebirges eine
Anzahl von einzelnen Gliedern ihrem Alter nach fest bestimmt,
sowie in ihrer Verbreitung begrenzt. Die Auffindung der zahl-
reichen neuen fossilen Organismen ist nicht das geringste
Verdienst bei diesen Arbeiten, denn in den aus älteren, vor-
herrschend schieferigen Gesteinsschichten zusammengesetzten
Gebirgsmassen wie dem Harze, dem Rheinischen Schieferge-
birge, den Sudeten u. s. w. wird sich bei der meistens sehr
gestörten und verwirrten Lagerung der Schichten ein wesent-
licher Fortschritt in der Kenntniss ihres Alters und ihrer Glie-
derung fast immer nur an die Entdeckung neuer Fundpunkte
von Versteinerungen knüpfen. Wenn man nun erwägt, dass
zur Zeit, als ADOLPH ROEMER seine Untersuchungen am Harze
begann, nur einige wenige und meistens falsch gedeutete Fossil-
*) Beiträge zur geologischen Kenntniss des nordwestlichen Harz-
gebirges, mit 10 Tafeln und einer geognostischen Uebersichtskarte. Cassel,
1850. Zweite Abtheilung, mit 5 Tafeln. Cessel, 1852. Dritte Abthei-
' lung, mit 8 Tafeln und einer geognostischen Karte. Cassel, 1855. Vierte
Abtheilung, mit 12 Tafeln. Cassel 1860. Fünfte Abtheilung, mit 3 Ta-
feln. Cassel, 18006.
i 101
reste von drei oder vier Fundstellen bekannt waren und.durch
ihn gegen 500 Arten von zahlreichen ‚Fundstellen und aus
Schichten. sehr verschiedenen Alters beschrieben wurden, so
erscheint schon in dieser Beziehung der Werth des für die
Kenntniss des Harzes von ihm Geleisteten sehr bedeutend.
Ausser den vorstehend aufgeführten Schriften, welche das
bleibende wissenschaftliche Verdienst meines Bruders vorzugs-
weise begründen, liegen verschiedene andere Arbeiten von
ihm vor. In Folge einer Aufforderung seines vieljährigen
Freundes und Landsmannes Lrunıs schrieb er 1853 den die
Mineralogie und Geognosie umfassenden dritten Theil von
dessen weit verbreiteter und rühmlichst bekannter -Synopsis
der drei Naturreiche. Namentlich die geognostische Abthei-
lung dieses Bandes hat durch knappe und übersichtliche Be-
handlung des Gegenstandes nicht wenig zur Verbreitung geo-
gnostischer Kenntnisse in weiteren Kreisen beigetragen.
Zu dieser literarischen Thätigkeit kommt nun noch die
vierundzwanzigjährige Lehrthätigkeit an der Bergschule in
Clausthal. Die grosse Frequenz und Bluthe, deren sich diese
Anstalt während einer Reihe von Jahren erfreute, ist jeden-
falls zu einem grossen Theile auf A. Rormer’s Thätigkeit an
derselben zurückzuführen; die schöne und wohlgeordnete Mi-
neräalien-Sammlung der Bergschule, eine der werthvollsten in
Deutschland, ist sein Werk. Zahlreiche, in Deutschland und
im Auslande zerstreute ehemalige Schuler erinnern sich in
Dankbarkeit der von ihm empfangenen Belehrung und Anregung.
Als endlich in den letzten Lebensjahren die Kraft zu
eigener Thätigkeit nicht mehr ausreichte, da wusste er seiner
Liebe für die Naturwissenschaften noch in anderer Weise
Ausdruck zu geben. Durch mehrere Schenkungen, im Gesammt-
betrage von zwanzigtausend Thalern, gründete er in seiner
"Vaterstadt Hildesheim, für welche er bis zu seinem Tode die
treueste Anhänglichkeit bewahrte, eine Stiftung, welche in
Verbindung mit dem dort schon bestehenden und vorzugsweise
durch die letztwilligen Zuwendungen seines schon früher ver-
storbenen Verwandten LÜUnTzEL fundirten städtischen Museum
der Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu dienen
bestimmt ist. Auch seine werthvollen Sammlungen von Mine-
ralien und Petrefakten schenkte er schon einige Jahre vor sei-
nem Tode dem Museum seiner Vaterstadt.
rung an are zeinnÄitee Hettärkeit seiner ante |
keit: seiner Gesinnung und die Humanität seines
’
sens noelı lange erhalten. ER A
Breslau, den = December, 1869.
103
8. Ueber die Contactmetamorphose der körnigen
Diabase im Harz.
Von Herrn Emanver Kayser ın Berlin.
Unter der grossen Mannichfaltigkeit von Eruptivgesteinen,
die den Harz auszeichnet, bietet kaum ein anderes so viel In-
teresse, als die sogenannten Grünsteine des alten Grauwacken-
Schiefergebirges, die Diabase. Spielen dieselben auch nicht
die gewichtige Rolle, die Hausmann ihnen zutheilte, der
sie als hebendes Element des ganzen Gebirges betrachtete, so
sind sie doch schon wegen ihrer ausserordentlichen horizon-
talen und verticalen Verbreitung, welche letztere vom Vordevon
bis in die carbonische Periode hineinreicht, für den Harz von
grosser Bedeutung. Nur wenige andere Harzer Gesteine treten
in so grossen Massen auf, keines in solcher Mannichfaltigkeit
der petrographischen Ausbildungsweise. Was aber diese Ge-
steine ganz besonders auszeichnet, das sind die auffälligen und
weitverbreiteten Veränderungen, welche sie im Nebengesteine
hervorgebracht haben. Fast überall, wo Diabase im alten
Schiefergebirge auftreten, da zeigen die mit ihnen in Berüh-
rung kommenden Gesteine 'einen vom gewöhnlichen durchaus
abweichenden Habitus und tragen alle Merkmale einer tief-
gehenden Metamorphose an sich, einer Metamorphose, die —
“ wie das enge Gebundensein solcher Gesteine an die Diabase
zeigt — nur von diesen letzteren ausgegangen sein kann. Die
weite Verbreitung dieser veränderten Gesteine, die im Folgen-
den kurz als Contactgesteine bezeichnet werden sollen, ihre
geringe Mächtigkeit bei sehr ausgeprägter petrographischer
Eigenthümlichkeit, die zahlreich zu beobachtenden Uebergänge
in unverändertes Gestein und endlich die vielen guten Auf-
schlüsse in tief eingeschnittenen Thälern und auf vegetations-
armen Plateaus, das Alles lässt wenig andere Beispiele meta-
morpher Vorgänge für ein eingehenderes Studium in gleichem
Grade geeignet und lohnend erscheinen, als die in Rede ste-
104
hende Contactmetamorphose. Dazu kommt, dass die merk-
würdigen, sich als das Product dieser Metamorphose darstel-
lenden Gesteine bis auf die allerneueste Zeit so gut wie vollig
unbekannt geblieben oder, wo ihrer in früherer Zeit Erwähnung
geschehen, fast immer missdeutet worden sind. Von den frü-
heren Autoren über den Harz sind 'es Lasıus (Beobacht. ub.
d. Harzgebirge, 1789), Zıscken (Oestl. Harz, 1825, und: Ueber
die Granitränder der Gruppe d. Rambergs u. d. Rosstrappe,
Karsten’s u. v. DecHen’s Arch. V. 345, 1825, u. XIX. 583,
1845) und Hausmann (Ueb. d. Bildung d. Harzgebirges,' 1842),
die allein in Betracht kommen, wenn es sich darum ‚handelt,
anzuführen, was aus der älteren Literatur über die Harzer
Diabas-Contactgesteine bekannt ist. Doch sind die Notizen der
genannten Autoren über jenen Gegenstand überaus spärlich
und zerstreut und überhaupt nur in dem Falle brauchbar, wenn
man. Charakter und Vorkommen. der Gesteine selbst an Ort
und Stelle studirt hat. Denn mit alleiniger Ausnahme eines
Gesteins, das ZINCKEN zuerst von der Heinrichsburg be-
schrieb und später in ähnlicher Ausbildung auch an ande-
ren Punkten des östlichen Harzes wiederfand, und welches
er mit richtigem Blick als ein durch Oontactmetamorphose ver-
ändertes Gestein erkannte, sind die fraglichen COontactgesteine
bisher sowohl ihrer Natur, wie ihrem Ursprunge nach ver-
kannt worden. Jene erstere betreffend, so ist ein grosser
Theil der Contactgebilde speciell der körnigen Diabase mit
kieseligen Gesteinen verwechselt worden, mit denen sie höch-
stens Ausserlich einige Aehnlichkeit besitzen. _ Ein. anderer
Theil ist als Hornfels beschrieben, eine Bezeichnung, die man
heutzutage nur auf gewisse Granitcontactgesteine anwendet,
von denen unsere Gesteine durchaus zu trennen sind. Der
grösste Theil der Harzer Diabascontactgesteine — und das
gerade die interessantesten — ist gänzlich übersehen worden.
Den Ursprung der Oontactgesteine betreffend, so mögen die-
selben in vielen Fällen als ursprüngliche Bildungen angesehen
worden sein, oder wenn man sie als verändertes Gestein er-
kannt, so ist man sich doch kaum mit Bestimmtheit: über. die
Beziehungen klar geworden , die diese‘ Gesteine mit den Dia-
basen in der Weise verknüpfen, dass dieselben. nur auf jenes
Eruptivgestein als Ursache bezogen werden können.‘ Die Ver-
kennung der Contactgesteine verschuldet manche. fast in alle
105
Lehrbücher übergegangene Irrthümer. So die Angaben Haus-
MANN’s über die Association von Diabas und Kieselschiefer im
Harz, und ein Gleiches gilt wahrscheinlich in grösserer All-
gemeinheit in Betreff der meisten Angaben über ein ähnliches
Zusammenvorkommen von eruptiven Gesteinen mit Jaspis,
Hornsiein und anderen Kieselgesteinen. Auf die Angaben
Zıncken’s und besonders Hausuann’s über häufige „Ueber-
gänge und Verschmelzungen stratificirter Gebirgsarten in Py-
roxengesteine*, die durch eine Verwechselung anderer Art ver-
anlasst wurden, werden wir weiter unten zuruckzukommen
Veranlassung haben. Erst in allerneuester Zeit sind die Har-
zer Diabascontactgesteine im Allgemeinen durch Herrn Lossen,
der. sie in seiner schönen Abhandlung über metamorphische
Schichten aus der paläozoischen Schichtenfolge des östlichen
Harzes (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch., Bd. XXL, 281 ff.)
kurz beschrieb, zur Kenntniss gebracht und ihrer Bedeutung
nach gewürdigt worden.
Vorliegende Arbeit nun hat zum Zwecke, einmal, den aus-
gezeichnetsten Theil dieser Gesteine, die Oontactgebilde der
körnigen Diabase (uber welche letztere selbst sogleich weiter
unten die Rede sein wird), genauer kennen zu lehren, und
dann, die metamorphischen Processe, die bei ihrer Bildung
aus den ursprünglichen Gesteinen thätig gewesen, namentlich
ihrer ‚chemischen Seite nach zu verfolgen. Zu dem Zwecke
ist folgender Gang eingeschlagen: Nach einigen allgemeinen
Bemerkungen über die Harzer Diabase und ihre Contactgesteine
überhaupt ist zunächst eine Uebersicht über die Verbreitung
der körnigen Diabase und ihrer Contactgebilde gegeben, dann
das Vorkommen der Contactgesteine, ihre Lagerungsverhält-
nisse und geognöstischen Beziehungen zu den Diabasen: erläu-
tert. Darauf folgt eine Beschreibung der physikalischen und
chemischen Eigenschaften der Contactgesteine, die den grössten
- Theil der Arbeit ausmacht. Weiter schliesst sich eine Uhnter-
suchung der stofflichen bei der Contactmetamorphose statt-
gehabten Veränderungen an und, darauf basirend, der Versuch
einer genetischen Deutung der Metamorphose. Den Schluss
bildet eine kurze Uebersicht. der Contacterscheinungen der Dia-
base und verwandter Gesteine ausserhalb des Harzes und eine
Vergleichung der Diäbascontactmetamorphose mit derjenigen
anderer alteruptiver Gesteine.
106
Die Gelegenheit, die in Rede stehende Contactmetamor-
phose kennen zu lernen, bot sich mir im Sommer vergangenen
Jahres, wo ich, veranlasst durch die gutige Erlaubniss des
Herrn Prof. BerricH, denselben auf eine längere, zum Zwecke
geognostischer ‚Kartenaufnahmen veranstaltete Excursion in
den Harz begleiten zu dürfen, fast ein Vierteljahr in diesem
Gebirge verweilte.e Für das mir sowohl in jener Zeit, als
auch während Ausführung dieser Arbeit bewiesene gütige
Wohlwollen fühle ich mich dem Herrn Prof. Beyrıca in ho-
hem Maasse verpflichtet. Ebenso bin ich meinem verehrten
Freunde Herrn Dr. Lossen, der mich im Harz überall mit
Rath und That unterstützt, und dessen Lokalkenntniss in die-
sem Gebirge mir vielfach zu Statten gekommen ist, ausser-
ordentlich erkenntlich. Beiden Herren spreche ich für ihre
Güte meinen aufrichtigsten Dank aus.
Die Harzer Diabase und ihre Contactgesteine im Allgemeinen.
Verbreitung und Vorkommen der körnigen Diabase und ihrer
Contactgesteine im Besonderen.
Es ist wohl möglich, dass eingehende petrographisch-
chemische Untersuchungen die grosse Mannichfaltigkeit der ge-
wöhnlich mit dem Collectivnamen Grünstein bezeichneten Ge-
steine des Harzes in verschiedene Gesteine, wie Diabas, Gabbro,
Hyperit, Labradorporphyr etc. trennen werden. ‘Für die speciell
im ältesten Harzer Grauwackenschiefergebirge weit verbreiteten
Grünsteine jedoch ist es die allgemeine, sehr wahrscheinliche
Annahme, dass diese Gesteine als Glieder der Diabasfamilie
anzusehen sind; Gesteine, deren wesentliche Bestandtheile La-
brador und Diallag ausmachen. Die bis jetzt vorhandenen
Analysen hierher gehöriger Gesteine, eine ältere von Herrn
KEIBEL und eine neuerdings von mir ausgeführte (ef. 8. 46),
lassen wenigstens die körnige Abänderung der betreffenden
Gesteine als ächte Diabase erscheinen. Unter allen Umstän-
den aber bilden: diese ältesten eruptiven Gesteine des Harzes,
als einer grossen Eruptionsperiode angehörig und unter we-
sentlich gleichen Umständen auftretend, ein geognostisches
Ganze und sollten von diesem Gesichtspunkte aus eine ein-
107
heitliche Bezeichnung erhalten, auch in dem Falle, dass man
unter ihnen Gesteine finden sollte, die vom rein petrographi-
schen Standpunkte aus von den ächten Diabasen zu trennen
sind. Mit Rücksicht hierauf sei es entschuldigt, wenn : wir,
obwohl die Sache noch nicht streng erwiesen ist, die frag-
lichen Gesteine als Diabase bezeichnen.”*)
Die Harzer Diabase treten kaum irgendwo in deutlichen
Gängen auf. Auch kuppenartige Formen fehlen. Wo Herr
HaAUSMAnN Solche in seinem Werke uber die Bildung des Har-
zes beschreibt, da sind das nur lokale linsenförmige Anschwel-
lungen, wie solche auch bei Kalk- und Grauwackenlagern im
Schiefergebirge häufig’ vorzukommen pflegen, die, durch Erosion
blossgelegt, sich kuppenartig aus den umgebenden Schichten
erheben. ‘Die herrschende Lagerungsform der Harzer Diabase
ist vielmehr die in Lagern, welche, in verschiedener Mächtig-
keit den Sedimentärgesteinen eingebettet, alle Windungen und
Knickungen derselben mitmachen und, von lokalen Anschwel-
lungen, von Auskeilungen und einem oftmals raschen Wechsel
der Mächtigkeit abgesehen, eine den Sedimentschichten durch-
aus conforme Lagerung zeigen. _
Es ist eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung, dass die
Diabase innerhalb der in neuester Zeit für die alten Forma-
tionen des Harzes festgestellten Schichtenfolge ihre ganz be-
stimmten Niveaus innehalten, ausserhalb derer sie nur ganz
ausnahmsweise angetroffen werden. Ebenso beachtenswerth ist
der Umstand, dass bei der grossen petrographischen Mannich-
faltigkeit in der Ausbildungsweise der Diabase im Allgemeinen
in einem jeden dieser Niveaus doch immer nur eine einzige
Ausbildungsweise, und zwar entweder die dichte oder die gra-
nitisch körnige, wenn auch nicht allein vorkommt, so doch
durchaus vorherrscht. In Folge davon kann man eine Reihe
von Diabasniveaus über einander und zwar ihrer Ausbil-
dungsweise gemäss entweder als körnige oder als dichte
unterscheiden. Vor allen sind es nun zwei derartige Niveaus,
die durch die grosse Zahl und Mächtigkeit der ihnen an-
*) Dass die Gesteine in der That ächte Diabase sind, hat die jüngst
erschienene verdienstliche Arbeit des Herrn O. ScuıtLzing (Ueber die Con-
stitution der Grünstein genannten Gesteine des Südharzes, Göttingen 18069)
für eine grosse Zahl körniger und dichter Grünsteine bestätigt.
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108
gehörenden Diabaslager die übrigen weitaus übertreffen. Beide
gehören der mächtigen „Wieder Thonschieferzone“ an, deren
geognostische Stellung sogleich angegeben werden wird; das
eine, das der kornigen Diabase, dem liegenden, das andere,
das der diehten Diabase, dem hangenden Theile derselben.
Die dichten Diabase kommen meist in sehr mächtigen, ausge-
dehnten, deckenartig ausgebreiteten Massen vor; die körnigen
treten in viel weniger bedeutenden Lagern auf und stellen sich
meistens als ein grosser, aus einer Unzahl dicht an einander
gedrängter Lager bestehender Zug dar. Beide Diabasgesteine
haben ihre eigenthümlichen,, ganz verschiedenartigen Contact-
gesteine. Mit den dichten Diabasen innig verbunden und ihre
Lager in ansehnlichen Massen umgebend, treten Grüne Schiefer
auf, mit mannichfachen Ausscheidungen von Kalkspath, Quarz,
Epidot, ete. Daneben kommen untergeordnet auch verschiedene
kieselige, meist eisenreiche Gebilde vor. Ganz anderer Art sind
die Contactgesteine der körnigen Diabase. Im Allgemeinen
wenig mächtig, umgeben sie die Lager der letzteren meist nur
als schmale Bänder und stellen theils sehr harte und dichte
hälleflint- und felsitähnliche, zur massigen Structur neigende,
theils weichere, mehr oder weniger schieferige, gleichzeitig eine
Tendenz zu krystallinischer Ausbildung zeigende Gesteine dar.
Diese letzteren, die Contactgesteine der körnigen Diabase, spe-
ziell der liegenden Schieferzone sind es, die uns in dieser
Arbeit beschäftigen sollen. Ueber die Contactgebilde der kör-
nigen Diabase aus höheren Niveaus — die übrigens, wo. sie
entwickelt sind, mit denen der ältesten körnigen Diabase durch-
aus übereinstimmen — wird nur anhangsweise die, Rede sein.
Wir beginnen mit einer Uebersicht über die Verbreitung
der körnigen Diabase der Wieder Schiefer und ihrer Contaet-
gesteine durch den Harz. Die in den letzten Jahren für die
Landesuntersuchung ausgeführten Detailuntersuchungen haben
ergeben, dass mitten durch den Ost-Harz eine Grauwackenzone
läuft, die das älteste Glied der für das alte Grauwacken-Schie-
fergebirge aufgestellten Schichtenfolge ausmacht (conf. Zeit-
schrift d. deutsch. geol. Ges. XX, 217.) Ueber dieser ältesten,
der sogenannten Tanner oder Axen-Grauwacke, folgen nun die
jüngeren Schichten und zwar zunächst die Wieder Thonschiefer-
zone, aber in der Weise, dass die Grauwacke eine Centralaxe
darstellt, an welche die jüngeren Formationsglieder sich auf
109
zwei Seiten, im Norden wie im Süden, in symmetrischer Reihen-
folge anschliessen. Auf diese Weise erscheinen sämmtliche
Schichten über der Tanner Grauwacke zweimal, im Norden
und im Süden der Axe; mithin auch die körnigen Diabase mit
ihren Contactgesteinen in zwei, durchschnittlich +—* Meilen
von einander entfernten Zugen. Verfolgen wir nun den Ver-
lauf zuvörderst des nördlichen Zuges.
Der westlichste Punkt, wo ich Diabase dieses Zuges beob-
achtet, ist die Gegend von Andreasberg. Dieselben sind hier
bedeutend entwickelt und in den tiefen Thälern sowie durch
Bergbau vielfach aufgeschlossen. Allein die Contactgesteine
werden so gut wie gänzlich vermisst. Auch CREDNER in seiner
Arbeit über den Andreasberger Bergwerksdistriet (Zeitschr. d.
Deutsch. geol. Ges. XVI, 163 ff.) thut ihrer keine Erwähnung.
Im: weiteren Fortstreichen des Zuges in östlicher Richtung
durch das Oderthal bei Oderhaus und weiter in der Gegend
von Braunlage und Tanne sind Contactgesteine zwar vorhanden,
aber lange nicht so deutlich aufgeschlossen, als in der weite-
ren Fortsetzung des Zuges nördlich von Trautenstein und
Hasselfelde an der Rapbode und zwischen den Chausseen
von Hasselfelde nach Rübeland und Wendefurt am Mittelkopf
und Dornkopf. Weiter ziehen Diabase und Contactgesteine in
trefflicher Entwickelung südlich Altenbrak durch das grosse
Muüuhlenthal und dann dem Laufe der Hauptbode entlang bis
zur Lupbode, zwischen Allrode und Treseburg. Hier, wo die
tiefen Thäler der Lupbode, des Raben- und Tiefenbachs den
Diabaszug mehrfach durchbrechen, kann man an den steilen
Abhängen Vorkommen und Natur der Contactgesteine trefflich
'studiren. Weiter nach Osten habe ich den Diabaszug in seiner
Fortsetzung nach Friedrichsbrunn, wo derselbe in die Hornfels-
zone des Rambergs eintritt, nicht verfolgt. Nur ein Punkt
dieser östlichen Fortsetzung ist mir bekannt, die Heinrichsburg
bei Mägdesprung, wo sich die Contactgesteine in ausgezeich-
neter Weise entwickelt finden.
Der westlichste Punkt, von dem ich Diabase und Contact-
gesteine des südlichen Zuges kenne, ist die Gegend westlich
Trautenstein. Bei Hasselfelde sind die Contactgesteine aus-
gezeichnet entwickelt; namentlich bietet der Rabenstein dicht
bei diesem Orte ein ausgezeichnetes Beispiel ihres Vorkommens.
Weiter nach Osten zu findet man in der Gegend von Allrode
110
zahlreiche, sehr schöne, aber auf dem nur selten und dann
von flachen Einschnitten durchfurchten Plateau meist weniger
gut aufgeschlossene Vorkommen. Noch weiter nach Osten
lassen sich Diabase und Contactgesteine auf dem mit Wald
bestandenen und Acker- und Wiesenland tragenden Plateau
schlecht verfolgen. Erst viel weiter östlich, an der Selke unter-
halb Mägdesprung, sowie ın der Gegend von Neudorf, Könige-
rode und Tilkerode sind mir wieder Contactgesteine in Beglei-
tung der grossen dort auftretenden, sehr wahrscheinlich dem
südlichen Zuge angehörigen körnigen Diabasmassen bekannt.
Wir gehen nun zur Erläuterung des Vorkommens der Con-
tactgesteine und ihrer geognostischen Beziehungen zu den Dia-
basen über. Was die Contactgesteine ganz besonders als solche
auszeichnet und den Beweis liefert, dass wir es nicht mit ur-
sprünglichen, sondern durch: die Diabase veränderten ‚Gesteinen
zu thun haben, das ist das enge Gebundensein der Oontactgesteine
an das Eruptivgestein. Das gilt vornehmlich vom südlichen
Zuge, wo ich unter den vielen Dutzenden untersuchter-
Vorkommnisse von Üontactgesteinen keine Ausnahme vou
diesem Verhalten kennen lernte. Die Contactgesteine des
nördlichen Zuges zeigen nicht in allen Fällen eine gleich innige
Verknüpfung mit den Diabasen. Es kommt nämlich auch vor,
dass. deutlich veränderte Gesteine scheinbar unabhängig vom
Eruptivgestein — da durch unveränderte oder doch kaum ver-
änderte Gesteine von diesem getrennt — auftreten. Da aber
die Charaktere solcher veränderten Gesteine mit denjenigen der
den Diabas unmittelbar begränzenden Contactgesteine völlig
übereinstimmen und das Eruptivgestein stets in allernächster
Nähe ist, so beweisen derärtige Fälle nur, dass die vom Dia-
bas ausgegangene Metamorphose gewisse Schichten verändern
und andere dazwischen liegende unverändert lassen konnte.
Sie zeigen jedoch, dass man den Begriff Contactgestein nicht
zu eng fassen darf und nicht auf die in unmittelbarem Contact
mit Diabasen auftretenden veränderten Gesteine einschränken,
sondern auch auf die solchen Gesteinen ähnlichen, wenn auch
nicht so unmittelbar mit Diabas verbundenen ausdehnen muss.
Dass aber weiter die Contactgesteine wirklich durch die Dia-
base, metamorphesirte Gesteine darstellen und nicht etwa als
eigenthümliche Randbildungen der Diabase betrachtet werden
können, das beweist die verschiedene Natur beider Gesteine,
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11
Wollte man auch noch so weit gehende Differenzirungen des
ursprünglichen Grünsteinmagmas annehmen, Gesteine von so
durchaus verschiedenem mineralogischem und chemischem Cha-
rakter hätten sich nie bilden können. Aber schon mit Ruck-
sicht auf die meist überaus bestimmt ausgeprägte Grenze
zwischen beiden Gesteinen scheint eine derartige Annahme un-
möglich. Namentlich im Süden der Axe pflegt die Gesteins-
scheide förmlich schneidend scharf zu sein. Im Norden ist sie
zuweilen weniger bestimmt. Aber der Grund liegt allein darin,
dass die Contactgesteine des nördlichen Zuges ihres schiefrigen
Gefüges halber leichter verwittern und die durch Verwitterung
gebräunten Gesteine den oft ebenfalls stark verwitterten Dia-
basen oftmals ähnlich werden können; besonders in den sel-
tenen Fällen, wo die Diabase flasrig entwickelt sind und in
ganz dünnen Lagern zwischen schiefrig-krystallinischen Contact-
gesteinen liegen. Bei einiger Uebung wird man jedoch auch
in solcheu: Fällen Eruptiv- und Contactgestein auseinander-
halten können. Von eigentlichen Uebergängen beider Ge-
steine aber kann nicht die Rede sein, sie existiren nicht. —
Während so die Contactgesteine von den Diabasen überall
scharf getrennt erscheinen, sind Uebergänge in unverändertes
Gestein allenthalben zu finden. Dieses letztere stellt in allen
Fällen dunkele Thenschiefer dar, das herrschende Gestein
der liegenden Schieferzone, die gerade in dem Theile, wo die
körnigen Diabase auftreten, besonders rein und namentlich von
Kalkknauern sowie von Quarzit- und Grauwackeneinlagerungen
frei zu sein pflegt.
Was nun die Lagerungsform der COontactgesteine angeht,
so bringt der Umstand, dass die Diabase ganz überwiegend in
Lagern zwischen den Schichten auftreten, es mit sich, dass die
Metamorphose immer nur vom Liegenden zum Hangenden oder
umgekehrt, also nur rechtwinklig gegen das Streichen, nicht
aber an ein und derselben Schicht im Fortstreichen beobachtet
wird.. Nur eine einzige Ausnahme von diesem Verhalten ist
mir durch die Güte des Herrn Lossen bekannt geworden. Sie
betrifit ein deutlich gangformiges Diabasvorkommen vom Kahle-
berg bei Hasselfelde. Zu beiden Seiten dieses Ganges treten
Contactgesteine auf; ihr Habitus ist jedoch vom gewöhnlichen
in keiner Hinsicht verschieden. Diesen einzigen Fall ausgenom-
men kommen nach meinen Beobachtungen die Contactgesteine
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112
immer nur im Liegenden oder im Hangenden der Diabaslager
vor. Zuweilen erscheinen sie gleichzeitig im Liegenden wie
im Hangenden; in anderen Fällen nur im Liegenden oder nur
im Hangenden. Manchmal fehlen sie auch ganz, d. h. die den
Diabas begränzenden Gesteine sind kaum oder nicht verändert,
In dieser Beziehung zeigt sich durchaus keine Gesetzmässig-
keit. Ebenso wenig ist ein Zusammenhang zwischen der Mäch-
tigkeit und dem Grade der Ausbildung der Üontactgesteine
einerseits und der Mächtigkeit der Diabase andererseits zu er-
kennen. Sehr mächtige Diabaslager haben manchmal nur un-
bedeutende, wenig entwickelte Contactbänder, oder solche feh-
len gänzlich. Und umgekehrt zeigen ein ander Mal ganz
schmale Diabaslager Oontactzonen , welche das Bm
an Mächtigkeit weit übertreffen.
Die Metamorphose selbst pflegt nun in der Weise ent-
wickelt zu sein, dass die gewöhnlichen Schiefer mit Annähe-
rung an den Diabas allmälig an Härte und Consistenz gewin-
nen und gleichzeitig die Deutlichkeit der Schieferung und
Schichtung einbussen, statt deren eine dickplattige, der Schich-
tung parallele Absonderung sich entwickelt. Daneben beginnt,
anfangs undeutlich, eine parallelepipedische Absonderung sich
einzustellen, die zuweilen die sogenannten Griffelschiefer er-
zeugt. Mit weiterer Annährung an den Diabas nimmt die Här-
tung mehr und mehr zu, und die plattige Absonderung macht
gleichzeitig einer mehr in’s Massige übergehenden Structur Platz.
So erfolgt der Uebergang in die eigentlichen Oontactgesteine.
In unmittelbarem Contact mit dem Diabase pflegt nur noch
eine Absonderung in dicke, der ursprünglichen Schichtung pa-
rallele Bänke wahrzunehmen zu sein. Dagegen sind die Ge-
steine hier von zahlreichen Nebenabsonderungen durchsetzt. Es
sei hier noch erwähnt, dass die Thonschiefer in der Umgebung
der Diabase in vielen Fällen, noch ehe eine Härtung einge-
treten, eine namentlich auf der Schieferungsfläche oft sehr deut-
liche, einen seidigen Glanz bedingende Feinfältelung zeigen.
Diese Erscheinung nimmt man oftmals auf ziemlich weite Ent-
fernung von den Diabasen wahr. Auch die bereits etwas ge-
härteten und grifielformig zerklüfteten Schiefer lassen eine
ähnliche Fältelung, wenn auch weniger deutlich, wahrnehmen.
Mit derartigen Schiefern hängen in vielen Fällen auch ‘ge-
bleichte Schiefer zusammen, die beim leisesten Schlage in eine
113
Menge dünner Blätter mit ausgezeichneten Verwitterungserschei-
nungen zerfallen, zahlreiche hellere und dunklere concentrische
kreis- oder ellipsenformige Ringe, einen dunklen Kern um-
gebend, zuweilen auch einen hellen. Namentlich in der All-
roder Gegend sind derartige Schiefer sehr verbreitet, und wo
sie auftreten, da kann man fast jedes Mal die Nähe des Dia-
bases mit Sicherheit vorhersagen.
Nach diesen Bemerkungen gehen wir zur Betrachtung der
physikalischen und chemischen Eigenschaften der Contactgesteine
über, die uns längere Zeit beschäftigen werden. Vorher mussen
wir aber noch ein wichtiges Verhalten zur Sprache bringen,
welches bis jetzt ganz unberücksichtigt blieb. Bei der Unter-
suchung der Contactgesteiue des südlichen und des nördlichen
Zuges macht sich namlich sogleich eine auffällige Verschieden-
heit dıeser Gesteine im Süden und im Norden der Grauwacken-
axe bemerkbar, während der Charakter der Diabase beider
Zuge durchaus derselbe bleibt. Herr Lossen hat diese Ver-
schiedenheit in seiner schon erwähnten Abhandlung (S. 293)
nachdrücklich hervorgehoben. Im Süden treten fast allein dichte,
sehr harte Gesteine mit einer dem Massigen sich nähernden
Structur auf. Im Norden fehlen solche nicht ganz, sie treten
aber fast gänzlich zurück gegenüber der weiten Verbreitung
viel weniger gehärteter, mehr oder weniger schiefriger und da-
bei phanerokrystallinisch werdender Gesteine. Geringe Ver-
schiedenheiten finden sich auch im Vorkommen der Contact-
gesteine im Suden und im Norden der Axe. Diese werden
_ weiter unten betreffenden Orts ausgeführt werden. Was nun
im Allgemeinen diese Unterschiede zwischen Sud und Nord
betrifft, so wird sich zwar im Verlaufe der Arbeit herausstellen,
dass sie nur quantitativer Art sind, dass qualitative, d. h. che-
_ mische Differenzen zwischen den Gesteinen beider Zuge nicht
in der Weise bestehen, dass man vom chemischen Gesichts-
punkte aus die Contactgesteine in solche des südlichen und
solche des nördlichen Zuges trennen könnte. In einer geogno-
stischen Arbeit jedoch ist in erster Linie das geognostische
Verhalten zu berücksichtigen, und da dieses die räumlich ge-
geschiedenen Zuge als etwas in vielen Beziehungen wesentlich
‘ Verschiedenes erscheinen lässt, so sollen im Folgenden die
Gesteine des südlichen und des nördlichen Zuges getrennt ab-
gehandelt werden.
Zeits.d. D. geol.Ges. XXL, ı, 8
2 -
114
Physikalische und chemische Eigenschaften der Contact-
Gesteine. |
A. Contactgesteine des südlichen Zuges.
Die hier auftretenden Gesteine trifft man in der älteren
Literatur unter mannichfachen Bezeichnungen. Lasıus beschreibt
einen Theil dieser Gesteine als Jaspis, ein Name, den er je-
doch auch von ächten Kieselschiefern, wie z. B. des Bruch-
berges, gebraucht. Andere führt er als Quarzfels auf (l. ce.
S. 107, 124 ete.). Ebenso finden wir bei ZinckEn und Havs-
MANN in ibren genannten Werken die hierher gehörigen Ge-
steine als Quarzfels, Jaspis, Hornstein und namentlich als
Kieselschiefer bezeichnet. In der That werden manche dunkel
gefärbte Abänderungen der Contactgesteine zuweilen kiesel-
schieferähnlich, und eine Verwechselung beider verschuldet —
wie bereits Eingangs bemerkt — die häufigen Angaben Haus-
MANN’S über die Association von Grünstein und Kiesel-
schiefer.*)
Auf die gerade im Süden der Axe meist überaus scharfe
Gesteinsscheide zwischen Diabas und Contactgestein wurde be-
reits hingewiesen. Bei einer meist nur geringen, im Durch-
schnitt 8—12 Fuss betragenden, 20 Fuss kaum übersteigenden
Mächtigkeit umgeben die Contactgesteine wie schmale, scharfe
Bänder den Diabas. Dabei pflegt die Umwandlung meist sehr
rasch sich zu entwickeln und wenige Schritte zu genügen, um
aus den unveränderten Schiefern in ganz verändertes Gestein
zu gelangen. Die Metamorphose beginnt sehr oft mit dem Er-
scheinen der oben genannten feingefältelten und aufblätternden
Schiefer. Mit Annäherung an den Diabas nimmt die Festig-
keit der Schiefer etwas zu. Dann pflegen sehr rasch und nur
ausnahmsweise durch halbgehärtete, dickschiefrige Zwischen-
gesteine vermittelt ganz harte, fast massige Gesteine aufzu-
*) Allerdings kommen unter den grossen im Harz auftretenden Massen
von Kieselschiefer manchmal ächte Kieselschiefer in nächster Nachbar-
schaft der Diabase vor. Aber diese Association ist eine zufällige, ein
directes Abhängigkeitsverhältniss der Kieselschiefer von den Diabasen we- f
nigstens nicht nachweisbar. In den allermeisten Fällen aber, wo Haus-
Mann Kieselschiefer im Contact mit Diabasen angiebt, sind das ächte Con-
tactgesteine. |
115
treten. Der ursprünglichen Schichtfläche entspricht bei diesen
letzten nur eine undeutliche Absonderung. Deutlicher sind an-
dere, zum Theil rechtwinklig zu jener stehenden Absonderun-
gen, welche sich im Zerspringen in polytome und polyedrische
Stucke äussern, jedoch lange nicht so entwickelt sind, wie bei
den Kieselschiefern.
Die Contactgesteine des südlichen Zuges sind
vorherrschend sehr harte, am Stahlefunkengebende,
diehte und spröde Gesteine. Von allen ihnen zuweilen
mehr oder weniger ähnlich werdenden Gesteinen, wie Kiesel-
schiefern, Jaspis, Hornstein ete., unterscheiden sie sich durch
ihre Schmelzbarkeit vor dem Löthrohre. In dünnen Split-
tern und bei starker Flamme schmelzen auch die härtesten zu
einem weissen oder dunklen, blasigen Email.
Ein Theil dieser Gesteine — und zwar sind das die aller-
härtesten — hat ein kryptokrystallinisch - dichtes Gefüge, in
frischem Zustande hellgraue bis bläulichgraue Farben und er-
innert im Aussehen an gewisse dichte Quarzite und Hornsteine.
Der Bruch ist kleinsplitterig, in’s Muschlige, die Bruchfläche
matt; dünne Splitter an den Kanten schwach durchscheinend.
Bei der Verwitterung bleichen die Gesteine aus und erscheinen
gelblich- oder graulichweiss. Kleine der Einwirkung der At-
mosphärilien lange ausgesetzt gewesene Stücke zeigen oftmals
jene eigenthümliche, wie gefirnisst oder moirirt erscheinende
Oberfläche, die man bei sehr kieselsäurereichen Gesteinen, na-
mentlich krystallinischen Quarzsandsteinen häufig beobachtet,
und die wahrscheinlich von gelöster und oberflächlich in kry-
stallinischer Form wieder abgesetzter Kieselsäure herrührt.
Uebrigens widerstehen diese Gesteine der Verwitterung in ho-
hem Grade, weshalb sie zuweilen an Thalgehängen allein in
nicht unbedeutenden Klippen erhalten geblieben sind. Analysen
solcher Gesteine No. I und IV.
Ein anderer Theil dieser Gesteine — ebenfalls sehr hart
und schwer zersprengbar — erscheint durchaus homogen, von
dunkel blauschwarzer bis schwarzer Farbe, fein splittrigem bis
schön muschlisem Bruch und kieselschiefer- bis jaspisähnlichem
‚Aussehen. Splitter sind deutlich durchscheinend an den Kan-
‚ten, Gebänderte Abänderungen entstehen durch Wechsel heller
und dunkler Lagen und sind nicht selten. Manchmal zeigen
sich in der dunklen Gesteinsmasse noch dunklere kleine Knöt-
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116
chen, die auf der verwitterten Oberfläche deutlich als läng-
liche, dunkle Flecken hervortreten. Die dunkle Färbung dieser
Gesteine rührt theils von einer sehr geringen Beimengung or-
ganischer Substanz, theils von einer kleinen Quantität Eisen-
oxydulsilikat her. Durch Gluhen werden die Gesteine geröthet.
Von der Verwitterung werden auch sie nur in geringem Maasse
angegriffen; sie überziehen sich dabei äusserlich mit einer
weissen, nur wenige Linien dicken Rinde, die das weitere Ein-
dringen der Verwitterung abzuhalten scheint. Analysen No. II
und V.
Sowohl in den zuerst, wie in den zuletzt genannten Ge-
steinen sind kleine das Gestein nach allen Richtungen durch-
ziehende, weisse Quarzadern, ganz ähnlich wie in den Kiesel-
schiefern, ausserordentlich häufig. Grössere Quarzausscheidun-
gen pflegen auf Spaltflächen und Klüften vorzukommen. Sonst
ist von fremdartigen Beimengungen nur Schwefelkies zu nen-
nen, der in kleinen Körnern fast nirgends fehlt und für die
harten Gesteine förmlich charakteristisch ist. Kalkspath und
Zeolithe kommen nicht vor.
Gegenuber der Verbreitung und Auffälligkeit
der harten Gesteine verschwinden die weniger ge-
härteten, halbschiefrigen Gesteine, die sich als Mit-
telglieder der Umwandlung zwischen jenen und den unveränder-
ten Schiefern darstellen, fast gänzlich. Ikre Farben schwanken
zwischen dunkelgraublau einerseits und grau bis gelblichgrün an-
dererseits. Die dunkle Färbung stammt hier von einer oftmals
nicht unansehnlichen Beimengung organischer Materie.*) Die
Schieferung und Schichtung ist bei diesen Gesteinen mehr oder
weniger deutlich erhalten geblieben; am häufigsten sind dick-
schiefrige Abänderungen, die parallelepipedische oder polyedri-
sche Absonderung zeigen. Die Gesteine sind ganz dicht, auf
der Bruchfläche mattschimmernd; der Bruch ist uneben. Der
Strich ist mehr oder weniger leicht mit dem Messer darstellbar.
und von weisslicher Farbe. Alle hierher gehörigen Gesteine
zeichnen sich den harten gegenuber durch höheres Volum-
(spezifisches) Gewicht, leichtere Schmelzbarkeit und grössere
Angreifbarkeit durch Säuren aus. Während die harten Gesteine
*) Es sei hier erwähnt, dass sich in derartigem halbschiefrigen, grau- $
grünen Gesteine ein deutlicher kleiner Orthoceras gefunden hat,
117
“
von Säuren nur sehr wenig angegriffen werden, lösen sich von
den in Rede stehenden meist ansehnliche Gewichtsmengen.
Auch der Verwitterung widerstehen diese Gesteine viel weniger
als die harten; sie werden durch dieselbe gebleicht und über-
ziehen sich mit Eisen-Oxyd und Hydroxyd. Quarzausscheidun-
gen und Eisenkies-Beimengungen kommen auch hier vor, haben
aber nicht die Bedeutung wie bei den harten Gesteinen. Car-
bonate fehlen auch hier.
Besondere Beachtung verdienen die mir nur von einem
einzigen Punkte, dem. Rabenstein bei Hasselfelde, bekannten
und auch hier ganz local entwickelten Gesteine, die in einer
grünen Grundmasse zahlreiche linsen- bis fast erbsgrosse
kuglige Coneretionen enthalten, die im frischen Gestein als
dunkelgrüne, im verwitterten als hellgrüne Flecken erscheinen.
Diese Gesteine sind insofern interessant, als sie Aequivalente
ähnlicher weit verbreiteter Gesteine des nördlichen Zuges dar-
stellen. Analysen der halbharten Gesteine No. VI. VII. VII.
Das Material zu den Analysen der Contactgesteine des
südlichen Zuges lieferten die Gegenden von Allrode und Hassel-
felde. Die Analysen wurden im Herbst und Winter 1868 und
darauf folgenden Frühjahr im Laboratorium der hiesigen Berg-
akademie ausgeführt. Ich benutze diese Gelegenheit, dem Di-
rector desselben, Herrn Prof. FInKENER für seine vielfache gü-
tige Unterstützung meinen Dank auszusprechen.*)
#) Ueber die Ausführung der Analysen bemerke ich Folgendes: Um
ein der Durchschnittszusammensetzung der zu untersuchenden Gesteine
möglichst nahe kommendes Material zu erhalten, wurde jedesmal zuerst
eine grössere Menge, Stücke von zusammen c. 500 gr., zwischen Fliess-
papier zu kleinen Stückchen zerschlagen. Aus diesen wurden sodann
alle, welche unter der Lupe Spuren von Verwitterung oder fremde Bei-
mengungen zeigten, sorgfältig ausgeschieden. Von den dann zurückblei-
benden wurden darauf ce. 50 gr. der weiteren Zerkleinerung unterworfen.
Diese erfolgte in einem Stahlmörser und wurde so lange fortgesetzt, bis
die ganze Menge des Pulvers durch ein sehr feines Leinwandsieb hin-
durchgetrieben war. Aus dem so erhaltenen Pulver mussten dann noch
die durch das Stossen im Mörser hineingelangten Eisentheilchen mit einem
Magneten ausgezogen werden; dann konnte dasselbe, bei 100° ge-
trocknet, zur Analyse verwandt werden. Für die Analyse wurden jedes-
mal 4 Portionen angewandt. Eine von ce. 1,0 gr. wurde zur Bestimmung
der Kieselsäure und sämmtlicher Metalle, die Alkalien ausgenommen, mit
kohlensaurem Natronkali aufgeschlossen. Die Kieselsäure wurde jedes-
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Kr
118
a. Contactgesteine von Allrode.,
Die Localität, der das Material zu nachstehenden Analysen
entnommen ist, liegt etwa 20 Minuten südwestlich von Allrode
in einem der kleinen Thaleinschnitte, welche die Quellbäche
der Lupbode im Plateau gebildet haben. Es treten hier zahl-
reiche Diabaslager und mit ihnen ziemlich mächtige, zum Theil
in Klippen aufragende, harte Contactgesteine auf. Halbharte
Gesteine sind nicht entwickelt. An die harten schliessen sich
unmittelbar unveränderte feingefältelte Thonschiefer an, die hier
ausnahmsweise frisch erscheinen. Beistehende Skizze soll ein
Bild von der Art des Vorkommens der Diabase und Conutact-
gesteine dieser Localität geben. Sie zeigt deutlich das Auf-
mal auf ihre Reinheit geprüft, indem sie mit Flusssäure verflüchtigt und
der etwaige meist aus etwas Thonerde und Spuren Eisen bestehende Rück-
stand für sich analysirt wurde. Eisen und Thonerde wurden durch Am-
moniak gefällt und durch Natron getrennt. Mangan wurde als Sul-
phuret gefällt und als Sulphür gewogen. Kalk und Magnesia wurden
als oxalsaurer Kalk und phosphorsaure Ammoniak - Magnesia gefällt
und als Aetzkalk und pyrophosphorsaure Magnesia gewogen. Fine
zweite Portion von ec. 0,8S—1,0 gr. wurde zur Bestimmung der Al-
kalien mit destillirter Flusssäure aufgeschlossen. Diese Bestimmung wurde
nach der trefflichen, in Hzına. Ross’s analytischer Chemie (6. Aufl. S. 15,
460) angegebenen Methode ausgeführt. Es wurde die Summe der schwefel-
sauren Alkalien bestimmt, darauf das Kali direkt als Kaliumplatinchlorid
gefällt, dieses im Wasserstoffstrome zu Platin redueirt und daraus die Ge-
wichtsmenge Kali berechnet. Aus derselben ergiebt sich mit Berücksich-
tigung der bekannten Summe der schwefelsauren Alkalien die Menge des
Natrons. Zur Bestimmung des Eisenoxyduls wurden c. 1,5—2,0 gr. des
Gesteinspulvers nach Miıtscuz£rLicn’s Vorschlag in einer zugeschmolzenen
Glasröhre mit verdünnter Schwefelsäure bei hoher Temperatur aufge-
schlossen und dann mit übermangansaurem Rali titrit. Der Wassergehalt
wurde in allen Fällen direkt, durch Absorption der Dämpfe mittelst Chlor-
calcium in einer vierten Portion bestimmt; ebenso etwaig vorhandene
Kohlensäure direct durch Absorption in Kalilauge.
119
treten der Contactgesteine bald im Liegenden, bald im Hangen-
den, bald zu beiden Seiten der Diabaslager.”) i
Die Analysen sind hier, und eben so weiter unten, wo es
nicht ausdrücklich anders bemerkt, immer in der Reihenfolge
aufgeführt, die ihrem Vorkommen vom Diabas gegen das un-
veränderte Gestein hin entspricht.
I. Sehr hartes, hellgraues, hornsteinähnliches Gestein mit
halbmuschligem Bruch. Volumgewicht 2,653.
II. Hartes, dunkelblaues Gestein mit splittrigem bis klein-
muschligem Bruch. Enthält zahlreiche schwarze Knötchen in
der Grundmasse. Volumgewicht 2,658.
III. Weicher, dunkelblauer, feingefältelter Thonschiefer;
mit äusserst kleinen weissen Glimmerblättchen in der Grund-
masse. Volumgewicht 2,698.
I. 1. III.
S1..0: 75,29 13,74 69,27
Al 0° 11,80 14,81 135,12
Fe O?’ Spur 0,02 0,62
Fe OÖ 1,76 1501 9,24
Mn O E= OsEE 0,09
Ca O 0,32 0,61 0,12
MgO 1,97 1,29 1,36
Na? © 7,54 9,47 2,25
K’O 0,61 1,51 4,31
H? O 0,81 0,70 3,36
C 0° — — 0,04
Sr 0,49 0,84 0,62
Org. Subst. — Spur vorh.
100,15 100,41 100,40
b. Contactgesteine vom Rabenstein bei Hasselfelde.
Der schon mehrfach erwähnte Rabenstein ist einer der
am leichtesten zugänglichen Punkte, durch Steinbruchsbetrieb
gut aufgeschlossen und deshalb zum Studium der Contact-
*) Die Diabase sind in der Skizze durch Punkte, die Contactgesteine
durch dunkle Schraffirung, die unveränderten Schiefer durch ein-
fache Striche bezeichnet.
120
gesteine des südlichen Zuges besonders geeignet. Er liegt am
Östende des Ortes und bildet eine kleine Anhöhe, die im Nor-
den und im Süden von zwei an seinem Westabfall sich ver-
einigenden Bächen umgeben ist. Die Lagerungsverhältnisse
der Schichten sind ziemlich complicirt. Es sei darüber nur so
viel bemerkt, dass das Ganze einen grossen Sattel mit west-
östlicher Axe darstellt, dessen Südflügel aber zum grössten
Theil durch das auf dieser Seite verlaufende Thälchen zerstört
ist. An diesen Sattel schliesst sich im Norden eine steile
Mulde und, wie es scheint, noch ein zweiter kleinerer Sattel
an. Im liegendsten Theil des grossen Sattels erscheint ein
ziemlich grosskörniger Diabas, in welchem am Westende des
Huügels ein grösserer Steinbruch angelegt ist. Ueber diesem
Diabase liegt ein sich nach Südwest vollständig auskeilendes
Lager sehr barter, hornsteinähnlicher Contactgesteine. Dar-
über folgt ein zweites Diabaslager; über diesem wieder Con-
tactgesteine, und zuoberst ganz zersplitterte Schiefer. Auf der
Höhe liegen die Schichten nahezu horizontal, während sie im
Steinbruche am Westende gegen Norden und Suden einfallen,
wie beistehende Figur erläutert, welche den allein erhaltenen
Nordflügel des grossen Sattels mit der sich daran anschlies-
senden Mulde darstellt, wie sie sich in dem erwähnten Stein-
bruche zeigen. Am Nordabhang des Hugels sind die har-
ten, auf der Höhe die halbgehärteten Oontactgesteine durch
mehrere kleine Steinbrüuche erschlossen. Beiderlei Gesteine
sind vortrefflich entwickelt. Die harten treten dem Diabas zu-
nächst auf, in weiterer Entfernung von demselben die halbhar-
ven
121
ten und ganz lokal innerhalb derselben die coneretionenfüh-
renden Gesteine. Die ungebärteten Schiefer waren nicht frisch
genug, um für die Analyse tauglich zu erscheinen:
Analysirt wurden folgende Gesteine:
IV. Sehr hartes hell blaugraues, hornsteinähnliches Ge-
stein. Volumgewicht 2,672.
V. Sehr hartes, dunkelblaues, jaspisähnliches Gestein mit
schön muschligem Bruch. Volumgewicht 2,650.
VI. Ziemlich hartes, halbschiefriges, graublaues Gestein
mit unvollkommen muschligem Bruch. Volumgewicht 2,675.
VU. Weniger hartes, dickschiefriges, olivengrünes Gestein
mit splitterigem bis unebenem Bruch. Volumgewicht 2,682.
VII. Halbgehärtetes, grobschiefriges, dunkelgrünes Ge-
stein mit zahlreichen, linsengrossen, dunklen Üoncretionen.
Volumgewicht 2,703.
IV. N, VI. vn. vn.
a. b.
SiO? 73,34 75,02 63,24 61,58 59,23 59,34
AIO’ 13,61 14,48 13,72 13,67 14,20 14,23
Fe0’ 007. — 4.053, 551:83, 7: 2 33ER) -
an 15.50 0.02.
MnO Spur Spur Spur Spur Spur Spur
er 7026 :,:0,31,,.,:0,96;;:.,1,07r: 10,84: 0,84
21207,0,98. 0,87. .3,834 4,16: 3,80. .3,81
Bar .4,66,: 5,80 1.441 ,,.05,52:,:-5,53
Berl :5,31::1,71.,::1,99 ;,:1,9& 1,94
2707 2084, 0,81. ‚2,68.:.:,2,88. 4,46 . 4,47
FeS®_ 063 048. — 0,39. — —
Or2. Sb. — Spur Spur vorh. vorh. vorh.
99,55 100,69 100,80 99,08 99,82 100,00.
Wie man aus obigen Analysen ersieht, variirt die Zusam- -
mensetzung der Contactgesteine des südlichen Zuges ausser-
ordentlich. Die Verschiedenheiten treten am deutlichsten im
Kieselsäuregehalt hervor, welcher von 59 bis 75 Proc. steigt.
Aber auch in den übrigen Bestandtheilen geben sie sich zu er-
kennen. So zeigen sich im Gehalt an Eisenoxyd- und oxydul
Schwankungen von 1; bis fast 10 Proc.; in den alkalischen
L; we Ei SR a Net a a
N AR un: a Hr PER AP At { . '
R
y 2.
2; . L
< £ \ En
a q au u u bar, u a er as
U N E
+ 0
Erden von 1 bis 4}, im Wassergehalt von & bis 4! Procent,
Ziemlich .constant bleibt dagegen die Thonerde; die hier vor-
kommenden Differenzen sind nicht viel grösser, als sie bei
derartigen Bauschanalysen überhaupt stattzufinden pflegen.
Ziemlich gleich bleibt sich ausserdem noch der Alkaligehalt.
Sehr bemerkenswerth ist bei allen diesen Gesteinen der hohe
Natrongehalt, neben sehr wenig Kali. Während dies letztere
nur 1! bis 2 Proc. beträgt, steigt jener bis über 7 Procent.
Dem hohen Alkaligehalt verdanken die Gesteine ihre Schmelz-
barkeit, dem Natongehalt speziell den Umstand, dass Splitter
der sauersten der Löthrohrflamme eine intensiv gelbe Färbung
ertheilen. Wir können die oben analysirten Gesteine in zwei
Reihen trennen:
1) eine saure, deren Kieselsäuregehalt über 70 Proc,
beträgt,
2) eine mehrbasige, deren Kieselsäuregehalt weit nie-
driger ist, in obigen Analysen um 60 Proc. herum schwankt.
Die saure Reihe ist ausserdem durch die geringe Menge
ı
Oxyde zweiwerthiger Metalle (RO) und Wasser, die basische
durch die weit grössere Menge derselben Stoffe ausgezeichnet.
Der Alkaligehalt ist bei den sauren Gesteinen durchschnittlich
fast 1 Proc. höher als bei den basischen.
Die Zusammensetzung der sauren Gesteine, zu
denen Nr. I, II, IV und V gehören, kommt der Mischung vie-
ler Quarzporphyre und Trachyte sehr nahe. Liesse man den
hohen Natrongehalt ausser Acht, so könnte man obige Ana-
lysen sehr wohl für die solcher Gesteine nehmen. Und in
der That steht nichts dem im Wege, die sauren Contactgesteine
als Gemenge von Quarz und Feldspath zu betrachten. Nur
muss der Feldspath Albit sein. Physikalisch lassen sich zwar
diese Mineralien als Gemengtheile der sauren Gesteine kaum
nachweisen. Das verhindert ihre mikrokrystallinische Structur,
die sie selbst bei hundertfacher Vergrösserung wesentlich ho-
mogen erscheinen lässt. Nur ein einziges Mal ist es mir ge-
lungen, bei einem analogen Gestein des nördlichen Zuges Al-
bitausscheidungen in bis + Zoll starken Adern zu finden.*) In
*) Bei einem neuerlich ausgeführten Besuche des Rabensteines haben
die Herren Eck und Lossen wohlausgebildete, mehrere Millimeter grosse
u .
PP
123
_ der Grundmasse ausgeschiedene Quarzkörner dagegen habe
ich in den sauren Gesteinen niemals beobachtet. Die Zusam-
mensetzung aus Albit und Quarz wird daher wesentlich nur
durch die chemische Zusammensetzung erwiesen. Berechnet
man in obigen Gesteinen die Alkalien und Thonerde auf Al-
bit, so bleibt ein ansehnlicher Ueberschuss von Kieselsäure,
der, wie das Volumgewicht der sauren Gesteine zu beweisen
scheint, wohl nur als Quarz vorhanden sein kann. Berechnet
man z. B. in No. IV. die Gesammtmenge Alkali nach der
Formel Na’ AlSi® O'° auf Albit, so erhält man:
5,3803 Na + 6,295 Al + 19,367 Si -- 29,512 O = 60,477 Albit.”)
Der Rest besteht aus Kieselsäure und nicht ganz 2 pCt. Thon-
erde und gegen 4} pCt. zweiwerthiger Metall-Oxyde und Was-
ser, welche mit einem kleinen Theile der Kieselsäure zu einem
besonderen, dem Gestein in geringer Quantität beigemengten
Silikate verbunden sind. Kleine Mengen dieses Silikats sind
in allen sauren Oontactgesteinen vorhanden. Da es in Säuren
löslich ist, so hängt von dem Grade seiner Beimengung der
Grad der Löslichkeit der Gesteine ab. So lösen sich von
No. V. 8,48, von No. II. 5,07 pCt., wenn man das Gesteins-
pulver 4 Stunden lang mit warmer verdünnter Salzsäure be-
handelt. In heisser Salzsäure zersetzt sich das Silikat in we-
nigen Stunden, in kalter in einigen Tagen. Ist die ganze
Menge desselben zersetzt, so lassen sich selbst durch anhaltende
Digestion mit Salzsäure nur noch Spuren von Kieselsäure,
Thonerde und Alkalien aus dem Gesteinspulver extrahiren.
Die salzsaure Lösung des Silikats hat eine gelbe Farbe und
enthält in allen Fällen hauptsächlich Eisenoxydul und Thon-
erde, etwas Magnesia und Spuren Kalkerde. Es ist somit ein
thonerdehaltiges Eisenoxydul -Magnesia-Silikat. Die That-
sache, dass mit Zunahme der Löslichkeit der Gesteine der
Kieselsäuregehalt derselben rasch abnimmt, dagegen eine Zu-
nahme des Eisenoxyduls, der Magnesia und des chemisch ge-
Albitkrystalle in Höhlungen in einem No. IV. ähnlichen Gesteine ge-
funden.
*%) Wenn in No. I. die Menge der Thonerde nicht ausreicht, um
mit der Gesammtmenge der Alkalien Feldspath bilden zu können, so ist
das ein ganz vereinzelter Fall, der gewiss nur einem Fehler der Analyse
zuzuschreiben ist,
2 Ic Aue ir re T 2 I FT, E ee RE Be ZE ,
H RIERE DE Re. a a v j P)" a
BIT SER as Kr ee. TE AH .
ek un Ne > Sa. 70 i hr I
124
bundenen Wassers erfolgt, zeigt, dass das lösliche Silikat ein
basisches, und dass es ein Hydro-Silikat ist.
Zu den Gesteinen der basischen Reihe gehören
No. VI., VI, VIII. Der hohe Natrongehalt verleiht auch
diesen Gesteinen einen eigenen Typus. Die bedeutenden Men-
gen des Eisens in beiden Oxydationsstufen, besonders als Oxy-
dul, der Magnesia und des Wassers lassen sogleich auf die
wichtige Rolle schliessen, welche dasselbe basische Silikat, das
wir eben in den sauren Gesteinen kennen lernten, in den Gestei-
nen dieser Reihe spielt. Seine starke Beimengung drückt den
Kieselsäuregehalt derselben herab und bedingt die viel grössere -
Löslichkeit. So lösen sich von No. VI. wiederum bei vier-
stündiger Digestion mit verdünnter Salzsäure 26,76, von No.
vl. 27,02, von No. VII. 31,77 pCt. Die salzsauren Lö-
sungen sind tief gelbroth gefärbt und enthalten dieselben Stoffe,
welche im gleichen Falle die salzsauren Auszuge der sauren
Gesteine enthielten. Behandelt man ganze Gesteinsstüucke mit
Salzsaure, so werden dieselben Bestandtseile extrahirt, und
die angewandten Stucke -oberflächlich ausgebleicht. Das
Gestein erscheint in diesem Zustande durchaus nicht mehr so
homogen wie vorher, sondern löst sich schon bei mässiger
Vergrösserung in ein sehr inniges, filzartig aussehendes Aggre-
gat hellfarbigen Feldspaths auf, in welchem man hin und wie-
der sehr kleine silberglänzende Glimmerblättchen wahrnimmt.
Behandelt man Stücke des Gesteins No VIII. mit Salz-
säure, so treten in der gebleichten Grundmasse die concretions-
ähnlichen Körper als noch hellere kugelförmige Aggregate rei-
ner Feldspathkörner hervor. In diesen Kugeln nimmt man
zahlreiche kleine Löcherchen wahr. Offenbar waren diese
vor der Behandlung des Gesteins mit Salzsaure von dem dun-
kelgrüunen basischen Silikat erfüllt, welches in den Concretio-
nen in besonders grosser Menge vorhanden ist und ihnen die
dunkele Farbe verleiht. Ebenso rührt das filzige, durch un-
zählige kleine Poren bedingte Ansehen der Grundmasse von
der Zerstörung des diese Poren vorher erfüllenden und die
Grundmasse als grünes Pigment imprägnirenden basischen Si-
likats her.
Es schien mir interessant, die chemische Natur dieser
Substanz kennen zu lernen. Zu diesem Zwecke wurde eine
mehrere Gramm betragende Portion des Gesteinspulvers No.
ey. IA TE Pauli Te BA U N, a ER We ui ie, de „ia, u
a Keane RR SER 3A, Sun 700 ASRLAN a JR EREE 11 AERE CONATLAERE RE Sr er
DA DEP Ai BEN a: r Yun) BUN Ar ) 5 ige
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N
125
VII. 4 Stunden lang bei 100° C. mit verdünnter Salzsäure
‚behandelt. Nachdem der bei dem Ungelösten zurückgebliebene
grösste Theil der Kieselsäure des zersetzten Silikats von jenem
mittelst verdünuter Natronlauge getrennt worden, betrug der
ungelöste Rückstand 68,23 pCt. des Gesammtgewichts. Mit-
hin hatten sich gelöst 31,77 pCt. No. VIII. 1) giebt die Zu-
sammensetzung des durch Salzsäure gelösten Theils; a. die
gefundene, b. die auf 100 berechnete. No. VIII. 2) stellt
die nicht mittelst Analyse, sondern durch Rechnung (Sub-
traction von 1) von der auf 100,0 berechneten Bauschanalyse,
S. 122) gefundene Zusammensetzung des in Salzsäure unlös-
lichen Theils, auf 100,0 berechnet.
No. VI.
EEE Dame SRIBRRI 2 u:
1; 2%
a. b.
SıO°’ 30,15 30,91 72,44
*&10° 15,48 15,87 13,55
Ee 0° = — _
Fe OÖ 29,74 30,49 0,12
CaoO 2,01 - 2,06 0,29
MO 610 62 2,72
Na’ O — — 8,05
K’O — — 2,89
H?O 14,07 14,42 er
97,55 100,00 100,00
No. VIH. 1) Da hier in Wirklichkeit nur 83,48 pCt.
gefunden wurden, so wurde die gesammte Wassermenge der
Bauschanalyse (4,47 pCt) als zu 1) gehörig angenommen. Der
trotzdem noch bleibende Verlust der Analyse rührt jedenfalls
hauptsächlich daher, dass alles Eisen auf Oxydul berechnet
wurde, während doch ein ansehnlicher Theil desselben als
Oxyd im löslichen Silikate vorhanden ist.
Die Zusammensetzung der Analyse lässt keinen Zweifel,
dass das dunkelgrüne, lösliche Silikat ein chloritisches Mineral
sei. Die Löslichkeit desselben in Salzsäure kann nicht hin-
dern, es als solches zu betrachten. Chlorit wird zwar für sich
von Salzsäure kaum angegrifien und erst durch anhaltende
126
Digestion mit Schwefelsäure zersetzi. Aber in so feiner Ver-
theilung wie in unseren Oontactgesteinen und in vielen Thon-
schiefern*) pflegt er in Salzsäure leicht zersetzbar zu sein.
Sehen wir nun, ob die Zusammensetzung des grünen Silikats
einem bestimmten Minerale der Chloritgruppe entspricht. Wir
berechnen zu diesem Zwecke aus den Daten der Analyse die
Mengen der Metalle und dividiren durch die betreffenden Atom-
gewichte. Auf diese Weise ergeben sich:
Si 14,43 14,43 Si 0,515 Si
Al 8,504 8,504 Al 0,155 Al
Fe 23,71 =
Ca 147 = 2,058 Fe | 34,52 Fe 0,616 R It
M 3,5=85Fe | 1,419 R
H 1,606 1,606 H 1,606 H
Dem Pennin kommen nach RAMMELSBERG folgende Atomen-
verhältnisse zu:
1.
Al:Si: RR | HB) 1:93:%
Legt man diesem Zahlenverhältnisse als Einheit 0,155 zu
Grunde, so erhält man:
I
A] :'81: R = 0,155 : 0,465: 1,898.
Gefunden wurde in unserem Falle:
0,155 : 0,515 : 1,419.
Die Uebereinstimmung ist eine so nahe, als man bei einer
Partialanalyse nur erwarten darf. Wir glauben uns daher be-
rechtigt, das den basischen Gesteinen beigemengte
grune Mineral als ein der Chloritgruppe angehöri-
ses und speciell im untersuchten Falle dem Pennin in sei-
ner Zusammensetzung nahekommendes anzusprechen.
No. VIII. 2) zeigt eine auffallende Aehnlichkeit mit der
Zusammensetzung der sauren Contactgesteine und muss daher
wie jene ein wesentlich aus Albit und Quarz bestehendes Ge-
*) Dass die den Thonschiefern häufig beigemengte Chloritsubstanz
in H Cl löslich ist, beweisen die Untersuchungen von Frick über Schie-
fer von Goslar und Coblenz, sowie von SauvacE über solche aus den
Ardennen, die bis 33 pCt. Chlorit enthielten (Ann. des mines, 4. S. VII-
4il).
127
menge darstellen. Ausserdem muss aber noch ein wenig Glim-
mer, wahrscheinlich Kali-Magnesia-Glimmer, der im gebleichten
Gestein deutlich hervortrat, vorhanden sein. Berechnet man
das Natron auf Albit, so erhält man 68 pCt. Es bleibt dann
nur sehr wenig Thonerde übrig; bei Weitem nicht ausreichend,
um sich mit dem Kali zu Kalifeldspath, geschweige denn Glim-
mer verbinden zu können. Ausserdem sind von Metalloxyden
noch ca. 3 pCt. Magnesia, Kalkerde und Eisenoxydul vor-
handen. Ist die Analyse No. VIII. 1) und die Bauschanalyse
No. VII. richtig, so müssen in dem unlöslichen Rückstande
ausser Albit, Quarz und Glimmer noch kleine Mengen ande-
rer in HCl unlöslicher Silikate vorhanden sein. Die Analogie
mit weiter unten zu besprechenden Gesteinen des nördlichen
Zuges lässt auf augitische (oder Hornblende-) Silikate schliessen
(vielleicht auch Grünerde?). Doch bietet die Analyse für be-
stimmtere Vermuthungen keinen Anhalt. Soviel kann man
jedoch als erwiesen betrachten, dass das Gestein No. VII.
im Ganzen zusammengesetzt ist aus ca. 32 pÖt.
Chlorit, 46 Albit, 22 Quarz mit geringen Mengen Glim-
mer und vielleicht anderer Silikate. Ä
Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass die in ihren
Bauschanalysen No, VIII. sehr ähnlichen Gesteine No. VI.
und VII. jedenfalls eine sehr ähnliche mineralische Zusam-
mensetzung besitzen, nur dass der Chlorit bei ihnen etwas
zurücktritt.
B. Contactgesteine des nördlichen Zuges.
Waren schon die Contactgesteine des südlichen Zuges
- wenig bekannt, so gilt dies in noch höherem Grade von denen
des nördlichen Zuges. Lasıus (1. c. 121) scheint einen Theil
dieser Gesteine, zugleich aber auch Granit- und zwar Grau-
_ wacken-Hornfelse als Trapp zu bezeichnen. ZINCKEN, wo er
braune und graue Hornfelse im Contact mit Diabas erwähnt,
und wahrscheinlich auch, wo er von feinschuppigen, dunkel-
_ grünen Schiefergesteinen und deren Uebergang in körnigen
Diabas spricht (Karst. Arch. V. 353) meint gewiss hierher
gehörige, krystallinisch werdende Gesteine. ’
Die an der Heinrichsburg auftretenden felsitischen und
_ feckschieferartigen Gesteine in Begleitung des dortigen Dia-
a a ee
ERLEBT
128
bases hatte, wie in der Einleitung erwähnt, ZIncKEn bereits
mit Bestimmtheit als Contactgebilde des letzteren erkannt und
als Desmosite und Spilosite beschrieben (östl. Harz 64). Bei
Hausmann finden wir keinen wesentlichen Fortschritt, wie iu
der Kenntniss der Diabas-Contactgesteine überhaupt, so zumal
der. hier auftretenden. Von Veränderungen der stratificirten
Gesteine durch die Grünsteine ist zwar vielfach die Rede, —
Veränderungen, die bald in einer Härtung der ersteren, bald
in einer Verschmelzung mit dem Eruptivgestein bestehen sollen ;
aber nirgends finden wir eine bestimmtere Charakteristik der-
selben, noch weniger den Versuch einer Trennung der Ge-
steine, wie wir sie in den späteren Arbeiten ZınckEn’s bereits
erkennen, wenn dieser einmal von kieselschieferartigen und
Felsit-Gesteinen, ein andermal von hornfelsähnlichen Gesteinen
und Fleckschiefern spricht. Eine solche Trennung ist aber
auch nicht zu erwarten, da die Vorbedingung fur dieselbe, eine
präcise Fassung des Begriffs Contactgesteine, nirgends erfullt
erscheint. Daher kommt es denn auch, dass p. 71 der „Bil-
dung des Harzes“ die mit den Diabasmandelsteinen verbunde-
nen Schalsteinschiefer, die in Begleitung der dichten Diabase
auftretenden grünen Schiefer, die Fleckschiefer der Heinrichs-
burg und noch Anderes mehr als in eine Kategorie gehörig
zusammengestellt wird. Dass bei einem so ausgedehnten Ge-
brauche des Begriffs der „durch das Eindringen der Pyroxenge-
steine veränderten stratificirten Gebirgsarten* oft von Verschmel-
zungen von Grünstein und Nebengestein die Rede ist, kann nicht
auffallen. Nur muss man sich hüten, derartige Angaben auf un-
sere körnigen Diabase und deren Üontactgesteine zu beziehen.
Es ist zwar oben darauf hingewiesen, dass die Gesteinsscheide
zwischen Diabas und Contactgestein im Norden der Axe meist
weniger scharf ist als im Süden; dennoch aber kann von Ueber-
gängen beider Gesteine in einander auch hier nirgends die
Rede sein.
Es ist eine Eigenthümlichkeit des nördlichen Zuges, dass
die Contactzonen hier meist viel mächtiger zu sein pflegen als
im Süden der Axe. Der grosse Diabaszug stellt sich meist
als aus einer Unzahl von Lagen von sehr wechselnder Mäch-
tigkeit bestehend dar. Man trifft solche von kaum 1 und
solche von mehreren 100 Fuss Mächtigkeit. Zwischen diesen
liegen nun Schieferzonen von eben so verschiedener Mächtig-
129
keit, meist gänzlich aus mehr oder minder verändertem Gestein
bestehend. Unveränderte, d. h. weiche, schiefrige, dunkelblaue
Thonschiefer sind in allen Fällen selten. Mit der grösseren
Mächtigkeit der Contactzone hängt eine allmäligere Entwicke-
lung der Metamorphose zusammen. Während im Suden sehr
verändertes und kaum verändertes Gestein oftmals wenig ver-
mittelt erscheinen, pflegen sich hier zahlreiche Uebergangsstufen
_ zwischen beiden zu finden, ja die Mittelglieder der Umwand-
lung spielen weitaus die bedeutendste Rolle. Die Metamor-
phose beginnt hier wie im Süden sehr oft mit dem Auftreten
gebleichter und fein gefältelter Schiefer. Gegen den Diabas
hin werden dieselben allmälig härter und bekommen einen
grünen Ton; es folgen Gesteine von dickschieferiger Structur
und mässiger Härte, zuweilen eine plattige Absonderung nach
der Schichtfläche zeigend. Solche Gesteine machen die Haupt-
masse der hier auftretenden Contactgebilde aus. Sie nehmen
bedeutende Räume ein und pflegen erst in nächster Nähe des
Diabases härteren und mehr massigen Gesteinen Platz zu
machen. Die Anordnung der Oontactgesteine vom Diabase aus
gegen das unveränderte Gestein ist also ganz dieselbe wie im
Süden der Axe. Aber während dieselbe dort als ein ganz be-
stimmtes Gesetz ausgebildet ist, kann man hier nur von einer
ähnlichen allgemeinen Regel sprechen, die im Einzelnen manche
Ausnahme erfährt. Die Fälle sind nicht selten, wo innerhalb
wenig veränderter Gesteine plötzlich wieder sehr veränderte
Gesteine erscheinen. Ja, die allerhärtesten und sauersten, gleich
zu charakterisirenden, flintähnlichen Gesteine kenne ich uber-
haupt nur als ganz schmale Bänder innerhalb viel weniger
gehärteter Schichten. Mit dieser Thatsache hängt die schon
oben betonte grössere Selbstständigkeit der Contactgesteine im
Norden zusammen, die sich darin zeigt, dass in weiterer Ent-
fernung vom Diabase und durch unverändertes Gestein von
demselben getrennt, zuweilen wieder charakteristische Con-
tactgesteine erscheinen. Solche Fälle stellen übrigens nur
eine weitere Potenzirung des oben angeführten Verhaltens dar,
bieten also nichts wesentlich Neues.
Die petrographische Mannichfaltigkeit der
Contactgesteine des nördlichen Zugesist ausser-
ordentlich gross, namentlich bei den halbschieferigen Ge-
Zeits. d.D.geol.Ges. XXIL. ı. 9
steinen. Eine anschauliche Beschreibung dieser letzteren zu
geben, ist nicht leicht. Ich will mich darauf beschränken, die
hauptsächlichsten Typen hervorzuheben. |
Wir beginnen wiederum mit den harten Gesteinen.
Dieselben sind zwar in ausgezeichneter Weise entwickelt, ver.
schwinden aber, ganz im Gegensatz zum Verhalten im Su-
den der Axe, gegenüber der Verbreitung der weiche-
ren Gesteine. Die hierhergehörigen Gesteine schliessen
sich vollständig an die harten des sudlicehen Zu-
ges an. Es sind schwer zersprengbare, durchaus dicht und
homogen erscheinende, äusserst harte Gesteine. Vor dem
Löthrohr ausnahmslos, wenn auch mitunter nur schwierig
schmelzbar.
Ein Theil dieser Gesteine ist durch aschgraue bis gelblich-
und bläulichweisse Farben, im Kleinen splitterigen, im Grossen
schön muscheligen Bruch und durchaus hälleflintähnliches An-
sehen ausgezeichnet. Sehr reine Varietäten pflegen eine ganz
helle Färbung zu besitzen, an den Kanten stark durchschei-
nend zu sein und ausgezeichnet muscheligen Bruch zu haben,
so dass sie gewissen reinen Feuersteinen und Chalcedonen täu-
schend ähnlich sehen. Die Gesteine verwittern ebenso schwer
wie die analogen des südlichen Zuges; die flintähnlichen über-
ziehen sich dabei mit einer äusserst dünnen, scharf abgesetzten
weissen Verwitterungskruste. Analysen dieser Gesteine No. IX,
und XIX.
An diese Gesteine schliessen sich andere ebenfalls sehr
harte an, die aber eine ausgezeichnete platlige Absonderung
besitzen. Auf dem Querbruch sind sie den vorigen hälleflint-
artigen durchaus ähnlich, nur dunkler gefärbt. Auf der Tren-
nungslläche dagegen haben sie ein mehr schieferiges Ansehen,
besonders dadurch bedingt, dass sie hier oftmals mit einer
feinflaserigen, meist glimmerigen Schiefermembran überzogen
sind. Solche Gesteine, die oftmals in gebänderten Abänderun-
gen erscheinen, kommen zumeist in Begleitung der vorigen
vor, treten aber zuweilen, so besonders im grossen Mühlen-
thale südlich Ludwigshütte auch selbstständig und in grösserer
Masse auf. Sie sind zuweilen als Hornschiefer beschrieben.
Ich möchte aber lieber die Naumann’sche Bezeichnung Felsit-
schiefer auf sie anwenden, da sie, wie weiter unten ersicht-
131
lich, wie die übrigen harten Gesteine wesentlich felsitischer
Natur sind. Analyse No. X.
Eine weitere Uebergangsstufe zu den Schie-
fern stellen Gesteine von einer viel geringeren,
die des Feldspaths kaum übertreffenden Härte und dem Schie-
fer näherkommenden Structur dar. Beim Anschlagen trennen
sich diese Gesteine in eine Menge dünner, klingender Platten.
Auf der Schichtfläche erscheinen sie ganz schieferähnlich, auf
dem Querbruche dagegen wesentlich homogen und den härte-
ren Gesteinen ähnlich‘? Einem ansehnlicheren Gehalt orga-
nischer Materie verdanken sie ihre dunkelgraue Farbe, einer
nieht unbedeuteuden Beimengung chloritischer Substanz den
gleichzeitig grünen Ton. Analyse No. XVI.
Im Zusammenhang mit diesen Gesteinen sind die hin und
wieder vorkommenden jaspisartigen Gesteine aufzuführen, die
durch lokales Zurücktreten der Schieferstructur entstehen. Sie
besitzen unvollkommen muscheligen Bruch und dunkele Far-
ben, weichen aber sonst in keiner Beziehung ab. Gebänderte
Varietäten sind nicht selten. Analyse No. XV.
In allen bisher beschriebenen Gesteinen, besonders den
härtesten, kommen Quarzausscheidungen in Adern im Gestein
selbst und namentlich auf Spalt- und Kluftflächen vor, wenn
auch lange nicht so häufig wie bei den analogen Gesteinen
des südlichen Zuges. In einem flintähnlichen Gestein habe ich
einmal auch zahlreiche, dasselbe nach allen Richtungen durch-
adernde, bis + Zoll starke Ausscheidungen von deutlich spalt-
barem Albit getroffen. Von fremdartigen Beimengungen ist
bloss Schwefelkies, in seltenen Fällen auch Magnetkies zu nen-
nen, welche in kleinen Körnern eingesprengt vorkommen.
Die zuletzt beschriebenen, mässig harten, durch dünnplat-
tige Absonderung den Schiefern sich nähernden, aber noch
_ durchaus dicht erscheinenden Gesteine führen nun zu der
grossen Reihe noch weniger harter Gesteine mit
mehr oder weniger auch im Kleinen überall deutlich vor-
tretender Schiefertextur über, die aber im Gegensatz zu
allen bisher genannten eine offenbare Tendenz nach In-
-dividualisirung zeigen. Dieselbe spricht sich in doppel-
ter Weise aus: einmal in der deutlich krystallinischen Ent-
wickelung der bisher scheinbar dichten Grundmasse, dann im
9%
Eee
132
Auftreten von concretionären Gebilden innerhalb der letzteren *),
Alle diese Gesteine stellen wesentlich Gemenge von Feldspath,
Glimmer und Chlorit dar, mit mehr oder minder deutlicher
schieferig - flaseriger Textur. : Diese letztere wird besonders
durch eine parallele Anordnung der Glimmerschüppchen be-
dingt, aber auch die von denselben umschlossenen Feldspath-
körner haben, wie man auf dem Querbruch erkennt, eine flache
linsenförmige Gestalt und liegen unter einander sowie mit den
Glimmerblättchen parallel. Die Ooncretionen, welche, wenn
sie deutlich ausgebildet sind, sich als dunkele, rundlich
erhabene Körper auf der Schichtfläche darstellen, bestehen
wesentlich aus einem innigen Aggregate weisser Feldspath-
körner, welches äusserlich von einer Chloritschale umgeben
wird, welche den Concretionen die dunkele Farbe verleiht.
Durch Einwirkung von Säuren wird dieselbe zerstört, und die
Kügelchen erscheinen dann als helle Flecke in einer dunke-
leren Grundmasse. Uebrigens wird auch diese durch Säuren
gebleicht, ganz ebenso wie bei den basischen Gesteinen des
südlichen Zuges. Chloritsubstanz spielt in allen hierhergehöri-
sen Gesteinen eine bedeutende Rolle; sie bedingt die im Ver-
hältniss zu den harten Gesteinen viel grössere Angreifbarkeit
durch Sauren und das höhere specifische Gewicht. Vor dem
Löthrohr schmelzen Partikelchen der Chloritsubstanz unschwer
an den Kanten zu einem braunen Glase, der Feldspath leich-
ter zu einem blasigen weissen Email. Fremdartige Beimen-
gungen kommen in den hierhergehörigen Gesteinen nur selten
vor; das gilt auch vom Schwefelkiese. Auf kleinen Spalten
und in Adern im Gestein treten zuweilen Quarz- und Feld-
spathausscheidungen auf.
Wir nennen zuerst schmutzig graue und bräunliche Ge-
steine, bei denen die Schiefertextur durch gleichmässig fein-
körnige Ausbildung der Grundmasse zurückgedrängt erscheint.
Auf den der ursprünglichen Schichtfläche entsprechenden Tren-
nungsflachen ist oftmals ein dünnes glimmeriges Häutchen er-
halten geblieben. Mit der Lupe kann man sich stets von der
krystallinischen Beschaffenheit der Grundmasse überzeugen,
die wesentlich aus bläulichweissem Feldspath besteht, dem
*) Denen ähnlich, die wir in No. VIII, der basischen Gesteine des
südlichen Zuges kennen lernten,
Dr
133
nur wenig Glimmer und Chlorit beigemengt sind. Deutliche
Concretionen fehlen; nur unbestimmte dunkele Knötchen treten
hier und da auf. Die Härte kommt der des Feldspaths kaum gleich.
Der Bruch ist uneben und erhält ein eigenthumliches Ansehen
durch zahlreiche sich auf demselben ablösende, dünne, durch-
scheinende Splitter, ähnlich wie bei manchen Grauwacken-
Hornfelsen. Diese Gesteine treten nur untergeordnet auf und
zwar meist in unmittelbarem Contact mit Grunstein, in eini-
gen Fuss mächtigen Schichten, die sich in plattige Stücke ab-
zusondern pflegen. Analyse No. XUl. XVU.
Diesen Gesteinen reihen sich solche an, bei denen die
schieferig-flasrige Textur deutlicher ausgebildet ist. Sehr innig
mit einander verwebte, glimmerige Thouschieferflasern oder
Glimmerschuppen umschliessen zahlreiche kleine, helle Feld-
spathkörner derart, dass letztere nur auf dem Querbruche deut-
lich erkannt werden, auf der Schichtlläche aber wesentlich nur
die Glimmerblättchen vortreten. Der Glimmer hat manchmal
die physikalischen Eigenschaften des ächten Glimmers; meist
aber besitzt er einen wachsartigen oder auch öligen Glanz,
gelbliche Farbe und ein talkiges Aussehen, nach Lossex Seri-
eit. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XXI. ]l. c.) Manchmal
kommt neben dem so veränderten, vorzugsweise flasrig ausge-
bildeten auch noch ächter Glimmer in weissen oder dunkel-
braunen Schüppchen vor. Meist treten nun in derartigen Ge-
steinen zahlreiche dunkele, längliche oder rundliche Korper
auf, selten deutlich von der Grundmasse und von einander ge-
trennt, sondern meist in einander verfliessend und als dunkele
kleine Flecke und Streifen erscheinend. In diesen Gebilden
erkennen wir die Vorläufer deutlicherer Concretionen, wie sie
oben beschrieben wurden. Durch Behandlung mit Säuren
verschwinden sie. Derartige Gesteine, durch Chlorit meist
mehr oder minder stark grün gefärbt, sind unter den Üon-
tactgesteinen des nördlichen Zuges sehr verbreitet. Analyse
No. X.
Die eben beschriebenen Gesteine bilden die Brücke zu den
sogenannten Fleckschiefern (Spilositen und Desmositen ZINCKEN’S),
meist deutlich schieferigen Gesteinen, in denen wohlentwickelte
Coneretionen eine wesentliche Rolle spielen. Die Grundmasse
hat ein schieferig-flasriges, demjenigen der zuletzt beschriebe-
134
nen Gesteine durchaus ähnliches Gefüge. Sie pflegt eine bläu-
lich- bis grünlichweisse Farbe zu besitzen, welche jedoch nicht
dem Feldspath, sondern der talkigen, denselben überziehenden
Glimmerflaser zukommt. Die Concretionen stellen sich als
innig mit der Grundmasse verwachsene, aus einer grüunlich-
schwarzen, feinschuppigen, mattschimmernden Chloritsubstanz
bestehende Kügelchen dar. Dass der Chlorit jedoch nur die
äussere Hülle eines aus Feldspath bestehenden Kernes bildet,
wurde schon erwähnt. In Fällen, wo die Coneretionen beson-
ders gross und deutlich entwickelt sind, nimmt man zuweilen
eine concentrisch-schalige, an die corsischen Napoleonite er-
erinnernde Structur wahr. Ein centraler Feldspathkern wird
von mehreren von einander scharf getrennten concentrischen
Chlorit- und Feldspathschalen umgeben. Die gegenseitige Ent-
fernung und Grösse der Coneretionen ist sehr verschieden.
Meist sind sie hirsekorngross, ich kenne sie aber auch bis
fast von Erbsengrösse. Je grösser die Anzahl der Coneretio-
nen, und je kleiner diese sind, desto dunkeler erscheint die
Gesteinsfarbe. Abänderungen, in denen Gruudmasse und Con-
ceretionen sich ziemlich das Gleichgewicht halten, naunte ZINCKEN
Spilosite. No. XVIU. XXI. Als Desmosite beschrieb er die
häufig vorkommenden, durch den Wechsel hellerer felsitischer
und dunkeler chloritischer Lagen (vielleicht auch durch Horn-
blende gefärbter) entstehenden Abänderungen. Analyse XX.”)
Hier fügt man endlich am passendsten die Gesteine an,
die eine vollkommen schieferige Textur haben, bei denen aber
die Deutlichkeit der krystallinischen Structur sehr zurücktritt,
überdies durch starke Beimengung von Chlorit auch auf dem
Querbruch verdeckt wird. Dieser Beimischung verdanken die
Gesteine eine lichtgrune Farbe, die sie dem in Begleitung der
dichten Diabase auftretenden grünen Schiefer sehr ähnlich er-
scheinen lässt. Concretionen kommen nicht vor; höchstens
undeutliche dunkelere Punkte, flammenförmige Streifen etc.
Diese grünen Schiefer sind zwischen Rubeland und Hasselfelde
*) ZinckEn giebt an, dass Desmosite da auftreten, wo die Schichtung
der Schiefer der Contactfläche des Diabases parallel läuft; Spilosite aber
da, wo das Streichen der Schiefer senkrecht zur Contactfläche ist. Meine
Beobachtungen haben diese Angaben nicht bestätigt. An der durch
ZincKen klassisch gewordenen Lokalität der Heinrichsburg, wie auch an-
derwärts, treten Desmosite wie Spilosite dem Diabaslager parallel auf.
135
ziemlich verbreitet. Sie bilden den Uebergang aus den schie-
ferigen Contactgesteinen in die gewöhnlichen Thonschiefer, von
denen sie sich hauptsächlich nur durch ihren hohen Gehalt an
Chloritsubstanz unterscheiden. Die Löslichkeit dieser Gesteine
in Säuren ist die grösste unter allen Contactgesteinen; ebenso
das Volumgewicht. Analyse No. XIV.
Das Material zu nachstehenden Analysen lieferten die Ge-
senden nördlich Hasselfelde, an der Lupbode und die Hein-
richsburg bei Mägdesprung. Wir müssen jedoch bemerken,
dass die Reihenfolge, in der die Analysen der Gesteine der
verschiedenen Localitäten aufgeführt sind, hier nicht mehr dem
an ein und demselben Diabaslager zu beobachtenden Fort-
schreiten der Metamorphose vom Diabas nach dem unver-
änderten Gestein hin entspricht. Die Metamorphose ist —
wie oben ausgeführt — im Norden der Axe in den seltensten
Fällen so normal entwickelt und die Oontactzone zu mächtig,
als dass es möglich erschienen wäre, mit der geringen Zahl
von Analysen, die jedesmal nur ausgeführt werden konnten,
die gesetzmässige Entwickelung der Metamorphose in ihren
einzelnen Phasen zu verfolgen. Weit wichtiger schien es, die
Haupttypen in der grossen Mannichfaltigkeit der hier auftre-
.tenden Gesteine kennen zu lernen. Diese möchten aber kaum
irgendwo alle zugleich an ein und demselben Diabaslager
auftreten. Die Gesteine sind vielmehr im Folgenden nach dem
Grade ihrer Härte geordnet, dem die Hohe des Kieselsäure-
gehaltes ungefähr parallel gelit, eine Anordnung, die nach dem
oben uber das allgemeine Vorkommen der Contactgesteine Mit-
getheilten als die durchaus natürliche erscheint.
a. Contactgesteine vom Mittelkopf, Dornkopf und Gitzhügel bei
Hasselfelde.
Der Mittelkopf und Dornkopf liegen im NN O von Has-
selfelde, in einem ‚südlichen Nebenthale der Rapbode. In
diesem Thale, welches den grossen Diabaszug fast unter rech-
tem Winkel schneidet, steigt die neue Rubeländer Chaussee vom
Hasselfelder Plateau zur Rapbode hinab und entblösst am rechten
Thalgehänge an den genannten Bergen Diabase und Contact-
‚gesteine in guten Profilen. Der Gitzhügel liegt eine kleine
Stunde weiter westlich, an der Vereinigung von Hassel und
Rapbode. Die petrographische Ausbildung der Diabase ist
136
überaus mannichfaltig. Mittelkörnige Gesteine herrschen zwar
vor, aber auch dichte, porphyrartige, mandelsteinähnliche und
flasrige Abänderungen, letztere namentlich an den Rändern
grösserer Diabaslager, kommen daneben vielfach vor. Ebenso
gross ist die Mannichfaltigkeit der Oontactgesteine. Wir treffen
sammtliche Haupttypen, zum Theil in trefflicher Entwickelung.
Das gilt namentlich von den flintartigen Contactgesteinen, die
besonders am Gitzhügel in ausserordentlicher Reinheit auf-
treten. Weniger schön sind die fleckschieferartigen Gesteine
ausgebildet, die durch dickschieferige, nur undeutliche Concre-
tionen enthaltende Gesteine vertreten werden. Von den vier.
analysirten Gesteinen vom Mittelkopf gehören die drei letzten
einer Contactzone an. XII. und XIII. liegen nahe neben ein-
ander, nur wenige Fuss vom Diabas entfernt, XIV. dagegen
etwa 60 Fuss von den beiden vorigen. Der unveränderte
Schiefer XI. stammt vom Nordwestabhange des Berges, wo
ich ihn leidlich frisch und von der Metamorphose ziemlich un-
berührt fand. Analysirt wurden folgende Gesteine:
IX. Aeusserst hartes, dichtes, weissliches, flintähnliches
Gestein mit flachmuscheligem Bruch. Volumgewicht 2,697.
Gitzhugel.
X. Sehr hartes, dichtes, aschgraues, hälleflintartiges Ge-
stein (Felsitschiefer) mit unvollkommen schieferiger Structur.
Volumgewicht 2,674. Dornkopf. |
XI. Unveränderter, dunkelblauer Thonschiefer; feingefäl-
telt; mit zahlreichen kleinen, silberglänzenden Glimmerblättchen
auf der Schichtfläche. Volumgewicht 2,698. Mittelkopf.
XII. Halbhartes, feinkörniges, schmutzigbraunes Gestein
mit dickplattiger Absonderung. Volumgewicht 2,687. Mittel-
kopf. ;
XIII. Mässig hartes, grobschieferiges, grunlichgraues Ge-
stein mit undeutlich flaserigem Gefüge und zahlreichen kleinen,
unbestimmt gestalteten Ooncretionen. Enthält hin und wieder
kleine weisse Glimmerblättchen. Volumgewicht 2,701. Mit-
telkopf.
XIV. Wenig harter grüner Schiefer. Volumgewicht 2,788.
Mittelkopf.
N a EL ru
137
IX, X. XI. ROH ERIR XV
en: 70650 : 74.33 01,98 ‚6182 ‚61,55. ‚53,70
AlO? 14.68. 13.20%° 10,42°16,46°.7183,98. 19,43
Fe 0° _ — 2,09 0,33 4,55 7,14
Fe OÖ Spur 1,83 4,55 5,22 4,33 6,86
Mn OÖ — Spur Spur 0,12 Spur Spur
Ca oO 0,18 0,39 L:34 1,82 1,70 1772
Mg O 0,02 2,19 3,30 4,90 8,63 9,48
Na’ © 1:17 5,170 3,91 4,81 5,00222:00
KO 0:53 1427 3,64 3,51 1,04 2,07
H’ O 0,48 1,16 2,81 1,90 3.47 5,06
Org. Subst. — = vorh. — vorh. vorh.
93,96 100.07 99,92 2109,39 2.9353 239346:
b, Contactgesteine von der Lupbode.
Die Localität liegt zwischen Allrode und Treseburg, einige
Minuten oberhalb der Einmündung des Rabenthals, am linken
Thalgehänge der Lupbode, uber der Fahrstrasse. Hier sind
die Fleckschiefer besonders schön entwickelte XV. und XVI.
gehören einem Diabaslager an, ebenso XVII. und XVIH.
XV. Ziemlich hartes dunkelblaues, jaspisähnliches Ge-
stein mit halbmuscheligem Bruch. Volumgewicht 2,704.
XVI. Mässig hartes, grünlichgraues, sich dunnplattig ab-
sonderndes Gestein. Auf der Schichtfläche viele kleine, weisse
Glimmerblättehen. Volumgewicht 2,749.
XVII. Halbhartes, feinkörniges, graues Gestein mit un-
vollkommener Schieferung. Volumgewicht 2,728.
XVIll. Fleckschieferr von grünlichgrauer Farbe, mit
deutlich schieferig flasriger Textur und vielen hirsekorngrossen
dunkelen Concretionen. Volumgewicht 2,746.
U BB XVvm.
| a. b.
Sı O° 60,48 56,16 : 54,34 55,56 55:42
A1O? 17,04 18,61 18,56 18,15 18,106
Fe O’ 14625°72,58 4,82 5,08: 5,067
Fe O 3,60 7,01 082% 7,04 7,022
Mn O 0-91 Spur +. 0:55 0,51 0,5007
Ca O 5,00 0,31 142 1,40 1,896
Mg OÖ 3: 4:4 2° 2,302 St 3402
Na’ oO 6,38 7,64 7,48 4.20 4,189
K’O 1,09 0,46 1,78 2,25 2,244
H°O 1,45 3,00.5.°.3,01 2,09 2,183
00 — — _. 0,10 0,100
Org. Subst. Spur Spur ‚Spur Spur Spur
100.54 100,84 99,80 100,25 100,000
ec. Contaetgesteine der Heinrichsburg bei Mägdesprung.
Die Heinrichsburg liegt gleich nördlich von Mipdiihiune ;
in einem Nebenthälchen der Selke. Die die Burgruinen tra-
senden Felsen gehören einem ansehnlichen stockförmigen Dia- ii
baslager an. Besonders an der Nordwestseite, d.h. im Liegen-
den des Lagers, obwohl sie auch im Hangenden vorkommen,
schliessen sich ausgezeichnet entwickelte Contactgesteine an
dasselbe an. Der Contactfäche zunächst treten graue bis
weisse hälleflintartige Gesteine auf, mit weiterer Entfernung
vom Diabase sehr deutlich entwickelte Fleckschiefer, die mehr
und mehr schieferig werden und endlich in gewöhnliche Schie-
fer verlaufen, welche letztere jedoch fur eine Analyse nicht
frisch genug erschienen. Eine Notiz über das Vorkommen aus-
gezeichneter, an der Contactfläche auftretender, von dort weit
in das veränderte Gestein eindringender Strahlsteinausschei-
dungen gab ich bereits vor einiger Zeit (Zeitschr. d. Deutsch.
geol. Ges. XXI. 248) Die Reihenfolge der drei nachstehenden
Analysen entspricht hier dem natürlichen Vorkommen vom
Grünstein nach dem unveränderten Gestein hin. #
XIX. Sehr hartes, dichtes, hellgraues, hälleflintähnliches E:
Gestein mit muscheligem Bruch. Volumgewicht 2,678. E
XX. Hartes, dichtes, gebändertes frestein (Desmosit Z.)
Volumgewicht 2,813.
XXI. Fleckschiefer, von weisslicher Farbe, mit deutlich
feinflaseriger Textur der Grundmasse und fast linsengrossen
Coneretionen, Volumgewieht 2,778.
KIN, XX. XXI.
Si O° 12,63 55,06 54,02
ALO? 15,81 19205 21,22
Fe O3 = 1,83 2,51
; Fe O0 0,74 Rya) 6,48
Mn O — — 1,74
Ca-O 1,02 ER) 1,64
MgoO 12! 2:21 3,01
Na’ © 8,39 1.91 3,96
K’O 0,75 0,84 5,71
H’ oO 0,61 | 1,83 1,97.
Org. Subst. — Spur vorh.
101,10 100,17 99,46.
P2
Obige Analysen beweisen, dass die Zusammensetzung
der Oontactgesteine des nördlichen Zuges innerhalb noch wei-
terer Grenzen schwankt, als dies schon bei den %esteinen des
südlichen Zuges der Fall war. ‚So varüirt der Kieselsäurege-
halt von 53 bis 76 pCt., der an Eisenoxyd und Oxydul von
O-bis 14, an alkalischen Erden von einigen Zehntel bis 8, der
Wassergehalt von 5 bis:5 pOt. Auch die Thonerde zeigt hier
grössere Schwankungen, zwischen 13 und 21 pCt. Im Ver-
gleich mit den Oontactgesteinen des südlichen Zuges ergeben
sich also hier fast: für jeden Bestandtheil um die Hälfte grös-
sere Differenzen. Diese grösseren Schwankungen thun jedoch
der chemischen Aehnlichkeit der &esteine beider Zuge keinen
Eintrag.
Auch die Gesteine des nördlichen Zuges zeichnen sich
dureh ihren hohen Natrongehalt aus, der in No. XIX sogar
über 8 Proc. steigt. Dem gegenüber tritt das Kali ganz zu-
xzück. Nur in den allerbasischsten Gesteinen, deren Alkali-
. gehalt überhaupt niedriger ist, übertrifft das Kali das Natron
ein wenig. Die bei den Gesteinen des südlichen Zuges durch-
geführte Trennung in eine saure und eine basische
140
Reihe erweist sich auch hier durchführbar. Zu
der sauren gehören die Gesteine mit über 70 pCt. Kieselsäure, zu
den basischen diejenigen mit viel niedrigerem Kieselsäuregehalt.
Bei den Gesteinen des sudlichen Zuges schwankte derselbe um
60 Proc. herum, hier beträgt er durchschnittlich noch weniger,
im Minimum 534 pCt. Und zwar sind gerade Gesteine mit
einem Kieselsäuregehalt von ca. 56 pCt. so vorwaltend zur Aus-
bildung gelangt, dass die Bezeichnung der zweiten Reihe der
ersten gegenüber als basische durchaus gerechtfertigt erscheint.
Zwischen beiden Gesteinsreihen bleibt eine auffallend grosse
Lücke, die durch Mittelglieder bis jetzt nicht ausgefüllt ist.
Denn in der sauren Reihe beträgt das Minimum des Kieselsäure-
gehalts 71, in der basischen das Maximum desselben 63 pCt.
Die Eigenthümlichkeiten beider Reihen, wie wir sie oben ken-
nen lernten, kehren auch hier und zwar in noch deutlicherer
Ausprägung wieder. So treten besonders die zweiwerthigen
‚Metalloxyde und das Wasser in der sauren Reihe sehr zurück,
in der basischen umgekehrt sehr vor. Die organische Sub-
stanz ist in den sauren Gesteinen höchstens in Spuren vorhan-
den, in den basischen in merklicher Menge.
Der sauren Reihe gehören No. IX, X und XIX
an. sie schliessen sich auf’s Engste an die sauren Gesteine
des südlichen Zuges an; ebenso wie diese stellen sie krypto-
krystallinische Gemenge wesentlich von Quarz und Albit dar,
welchen letzteren Bestandtheil ich, wie erwähnt, einmal in
deutlichen Ausscheidungen, die Grundmasse durchadernd, ange-
troffen. Berechnet man in No. IX die Gesammtmenge Alkali
auf Albit, so erhält man 68,66 Proc. Es bleiben ubrig 29,48
Kieselsäure für Quarz. Danach würde also das Gestein wesent-
lich aus 7 Theilen Albit und 3 Theilen Quarz bestehen. Dabei
haben wir aber die kleinen noch übrigen Mengen Thonerde,
alkalischer Erden und Wasser unberüucksichtigt gelassen, die
zusammen 2 Proc. betragen. Sie mögen ein ähnliches chlori-
tisches Silikat bilden, wie wir es bei den sauren Gesteinen
des südlichen Zuges kennen lernten. Noch albitreicher ist
No. XIX, welches aber auch einige Procente alkalischer Erden,
Eisenoxydul und Wasser enthält. Wir finden also auch im
Norden der Axe in allen sauren Gesteinen geringe Beimen-
gungen chloritischer Silikate; von der Grösse derselben hängt
auch hier das Löslichkeitsverhältniss der Gesteine ab. So lo-
141
sen sich von dem sauersten Gesteine No. IX (immer bei vier-
stündiger Digestion in Chlorwasserstoftsäure) 2,14 Proc., von
No. X dagegen 8,53 Procent. |
Der basischen Reihe gehören No. XIH, XUI,
XIV, XV, XVI, XVII, XVII, XX, XXI an. Diese Gesteine
schliessen sich gleichfalls eng an die basischen des südlichen
Zuges an. Der bedeutende Gehalt an Eisen in beiden Oxy-
dationsstufen, an Magnesia und Wasser, der diesen Gesteinen
im Allgemeinen zukommt, weist auf die ansehnliche Rolle, welche
Chloritsubstanz bier wieder spielt. Damit hängt wesentlich der
niedrige Kieselsäuregehalt und die starke Angreifbarkeit durch
Salzsäure zusammen. Dass diese letztere nur vom Chloritgehalt
herrührt, geht deutlich aus den Löslichkeitsverhältnissen einer-
seits und dem Gehalt an Eisen, Magnesia und Wasser anderer-
seits, beispielsweise der 3 Gesteine No. XV, XIII und XIV,
hervor. Es sind nämlich in XV: (SiO? = 60,48); FeO +
FeO° = 5,06; MeO = 3,13; H?O = 1,45 und Löslichkeit 25,86.
In XIII: (SiO’ = 61,55); FeO + FeO’ = 8,88; MgO = 3,63;
H°O = 3,47 und Löslichkeit 30,01. In XIV endlich (SiO?
= 93,1); FeO + FeO’ = 14,0; MgO = 5,48; H?O = 5,06 und
Löslichkeit 46,66. Eisen, besonders als Oxydul, Magnesia und
Thonerde finden sich in allen salzsauren Auszügen der Ge-
steine, und zwar in um so grösserer Menge, je basischer die
Gesteine sind, gerade wie bei den analogen Gesteinen des süd-
lichen Zuges. Der Nachweis von Quarz, Albit, Glimmer,
Chlorit und vielleicht Hornblende als constituirender Gemeng-
theile gelang bei den basischen Gesteinen des südlichen Zuges
nur auf dem Wege der Partialanalyse. Bei den Gesteinen des
nördlichen Zuges lassen sich diese Mineralien als Bestand-
theile der basischen Gesteine, Dank ihrer phanerokrystallini-
schen Entwicklung, schon physikalisch erkennen. Um Anbalts-
punkte für die Zusammensetzung und das ungefähre Mengen-
'verhältniss jener Mineralien, zunächst in den ausgezeichnetsten
Gesteinen, die hier auftreten, in den Fleckschiefern, zu erhal-
ten, wurde das frischeste derartige Gestein, der Fleckschiefer von
der Lupbode, No. XVIII zwei Partialanalysen unterworfen.
No. XVII 1) giebt die Zusammensetzung des durch verdünnte
Salzsäure nach vierstündiger Digestion bei 100 ° erhaltenen
Auszuges, a. die gefundene, b. die auf 100,0 berechnete. Ge-
löst hatten sich in Chlorwasserstoffsäure überhaupt 30, 52 „0
des Gesammtgewichts.
No. XVIH 2) stellt die Zusammensetzung des durch zwei-
stündige starke Digestion in verdünnter Schwefelsäure gelösten,
in Chlorwasserstoffsänre ungelöst gebliebenen Theils, a. wieder
die gefundene, b. die auf 100,0 berechnete dar. Gelöst hatten
sich in Schwefelsäure überhaupt 18,18 pCt. No. XVII 3) ent-
spricht der Zusammensetzung des 51,3 pOt. betragenden in Chlor-
wasserstofsaure und Schwefelsäure ungelösten Rückstandes,
wie derselbe durch Rechnung gefunden wurde. (Subtraetion
von 1) und 2) von der auf 100,00 berechneten Bauschanalyse
S. 188 auf 100,0 berechnet).
No. XVII :
— a ——
1% 2). 3).
a b. a . un
SsıO? 26,04 26,69 45,09 45,92 76,16
AIO° 17,40 17,83 82,16 82,19 12,86
FeO 34,81 85,17 9,02 9,11 1,54 FeO’
CaO 1,72 1,76 1,47 1,50 1,19
MsO 8,98 9,21 2,30 2,34 >
Na?0O 0,04 An 7,68 7,82 5,45
K°O 0,03 > 4,48 4,56 2,80
Ho 9,12 9,34 Se er nn
CacO° 0,74
98,38 100,00 98,20 100,00 100,00
No. XVII 1). Direct gefunden wurden, mit Zurechnung
der auf CaCO’ berechneten kleinen Menge (0,10 Proc.) CO?
der Bauschanalyse, in Wirklichkeit nur 89,26 Proc. Daher
wurde auch diesmal wieder der gesammte Wassergehalt der
Bauschanalyse (2,783 Proc.) als zu 1) gehörig angenommen.
‘ Der noch bleibende ansehnliche Verlust rührt jedenfalls wie-
derum daher, dass alles Eisen auf Oxydul berechnet wurde,
während ein bedeutender Theil desselben sich bereits im Zu-
stande des Oxyds in dem chloritischen Silikate befindet. Bei
der Berechnung auf 100,0 wurden die diesem Silikate fremden
Mengen Ca00° und Alkali fortgelassen. Aus der Analyse er-
giebt sich die chloritische Zusammensetzung des durch Salz-
säure zersetzbaren Theils der Fleckschiefer mit Bestimmtheit.
143
Berechnet man aus b. die Metalle und weiter die Atomverhält-
nisse, so ergeben sich:
Si 12,45 0,4445
Al 9,48 0,1236
Fe 21395
Ca 1.235, 41,0'Re 0,7320
Meg 5,98
H 1,04 1,0400
| u
Die Verhältnisse Al : Si und Si: R sind = 1 : 2,56
und 3 : 4,994 — 1 : 2,5 und 3:5 und stimmen soweit durch-
aus mit den von RAamnELsBerG für den Ripidolith aufgestell-
ten. Die Wassermenge aber ist viel geringer als sie der Ripi-
dolith verlangt. Es ist bei demselben Si: H = 3:11, in
unserem Falle nur 3 : 6,99 = 3 : 7, also auch weniger H, als
es die beiden anderen Mineralien der Chloritgruppe, Pennin
und Klinochlor, erfordern. Trotz der einfachen Atomverhalt-
nisse lässt sich für unser Mineral keine Formel aufstellen, die
den Stempel der Wahrscheinlichkeit trüge. Man muss sich dar-
auf beschränken, demselben seinen Platz in der grossen Chlorit-
gruppe, und zwar in der Nachbarschaft des Ripidoliths anzu-
weisen. — Wir ersehen aus der Analyse weiter noch, dass die
- Zusammensetzung des chloritischen Silikats durchaus nicht in
allen basischen Gesteinen die gleiche bleibt. Während sie sich
in No. VIII des südlichen Zuges der des Pennins näherte, ist
sie im letztuntersuchten Falle der des Ripidoliths zu verglei-
chen. Es fragst sich, ob die Zusammensetzung des chloritischen
- Silikats überhaupt eine solche nach festen chemischen Propor-
tionen, ob die Aehnlichkeit mit einem bestimmten Minerale in
den einzelnen Fällen nicht eine mehr zufällige ist. Diese
3 Frage würde nur durch zahlreiche Analysen auszumachen sein.
Das Wichtigste, durch die beiden Partialanalysen vollständig
-_ Erwiesene ist jedoch die chloritähnliche Zusammensetzung des
‚in Salzsäure löslichen Gemengtheils der basischen Gesteine im
Allgemeinen,
No. XVIII 2). Berechnet man die Metalle und deren
Atomverhältnisse, so erhält man: |
rn, 3 v KV RR "Er A u TE ar)’ a BE de TE ER %
BI RE rn N N aa az ie BB N ER TR
NEON DER ER RE EN LRAEN
A KT N ? RE IRRE BEN Ten L
G } } }
144
Si 21,43 1,65
A are 3,20
Ber, 9.91
Da BL 1n06 0 0a
Na 5,70
K 3,12
Die Analyse ergiebt eine glimmerähnliche Zusammen-
setzung. Das von RammELsBeR6 für die Glimmer aufgestellte
1
Atomverhältniss R: R : Si ist gleich 2: 1:2. Das ent-
sprechende Verhältniss in unserem Falle, 6,55 : 3,20 : 7,65
stimmt mit dem theoretischen wenigstens so weit überein, um
das Mineral als Glimmer ansprechen zu können. Auffallend
ist der hohe Natrongehalt, der dem des Paragonit, Damourit
und Margarit gleichkommt. Der Zusammensetzung des List'-
schen Serieit (der 52 Proc. SiO’, 23 AlO°’, 102 K’O und
nur wenig Na’ O erfordert) ist unser Glimmer wenig ähn-
lich. Aber wir legen zu wenig Gewicht auf die Resultate einer
einzigen Partialanalyse, um daraus weitergehende Schlüsse auf
die Natur des Glimmers in den Fleckschiefern und ähnlichen
Gesteinen zu wagen.
No. XVII 3) zeigt gerade wie No. VIII 2) (S. 125) eine
den sauren ÜOontactgesteinen sehr ähnliche Zusammensetzung.
Berechnet man die Gesammtmenge Alkali auf Albit, so erhält
man 65,93 Albit. Der Rest besteht aus Kieselsäure mit etwa
24 Proc. Thonerde und ungefähr ebensoviel Eisenoxyd und Kalk
Man könnte diese letzteren unter der Annahme, dass das Eisen
zum Theil als Fe (= 56) dem Aequivalente von Ca, zum Theil
als Fe (= 112) demjenigen von Al gleich sei, auf Kalkfeid-
spath berechnen, der in kleiner Menge dem Albit beigemengt
sein könnte. Der Analogie mit dem gleich zu besprechenden
Fleckschiefer von der Heinrichsburg halber möchte es jedoch
angemessener erscheinen, CaO, FeO°’ und AIO°® mit einem
entsprechenden Theile SiO?” auf thonerdehaltigen Amphibol zu
berechnen (nach der Formel CaSiO°’, AlO°’),. Nimmt man
hierbei das Eisen als Al äquivalent, so erhält man 6,48, führt
man es als Ca äquivalent in Rechnung, 7,14 Amphibol. Im
ersten Falle bleiben 31, im zweiten 29 Proc. Quarz. Der un-
4
lösliche Ruckstand besteht somit aus ca. 64 Proc. Albit, 30
Quarz, 6 Hornblende. Das ganze Gestein No. XVII
aber darf man als zusammengesetzt betrachten aus
ca. öl Chlorit, 33 Albit, 18 Glimmer, 15 Quarz und
3 Hornblende.
Sehr ähnlich ist im Allgemeinen die Zusammensetzung
des Fleckschiefers von der Heinrichsburg No. XXI. Der Gehalt
an Kieselsäure, an alkalischen Erden und Alkalien differirt nur
wenig. Dagegen ist der Gehalt an Eisen in beiden Oxydations-
stufen um ca. 3, der an Wasser um fast 1 Proc. niedriger,
was von vorn herein auf eine geringere Menge Ohlorit schliessen
lässt, womit auch die geringere Löslichkeit (27,68 Proc.) über-
einstimmt. Der höhere Thonerdegehalt scheint für etwas mehr
- Glimmer zu sprechen, der auch äusserlich im Gesteine mehr
hervortritt. Besonderen Nachdruck möchten wir auf den höhe-
ren Kalkerdegehalt dieser Analyse legen, zumal da derselbe
auch in den beiden anderen Analysen Heinrichsburger Gesteine,
dem Bandgestein No. XX und dem hälleflintähnlichen No.
XIX noch deutlicher wiederkehrt. Dieser ungewöhnlich hohe
Kalkerdegehalt scheint meine schon früher geäusserte Ver-
muthung, die Knötchenbildung und die Strahlsteinausscheidun-
gen an der Heinrichsburg möchten in einem nahen Zusam-
menhange stehen, zu bestätigen. Von der Contactfläche zwi-
_ schen Diabas und Contactgesteinen dringen an jener Lokalität
auf Schichtfugen und Kluftflächen zahlreiche Strahlsteinausschei-
dungen in das Contactgestein ein, sich zuletzt in zahllose feine
Aederchen zerschlagend. Daneben treten nun gleichzeitig un-
gewöhnlich grosse und deutlich ausgebildete Concretionen auf,
die zuweilen recht krystallinisch werden und dann aus der
namlichen oder einer ähnlichen Substanz zu bestehen scheinen
wie die feinen in’s Gestein verlaufenden Strahlsteinäderchen.
Obige 3 Analysen scheinen nun in der That dafür zu sprechen,
dass in den Gesteinen der Heinrichsburg Hornblende eine Rolle
spielt. In No. XX giebt sich dieselbe — wie es den An-
schein hat — schon im hohen Volumgewicht, dem höchsten
unter allen Contactgesteinen, zu erkennen. Hier, wie in No. XIX,
muss man die Hornblende in der Grundmasse annehmen. Im
Fleckschiefer No. XXI aber dürfte sie obigen Beobachtungen
zufolge wahrscheinlich besonders in den Concretionen vorhan-
den sein. Vielleicht kann man annehmen, dass sowohl die
Zeits. d. D.geol. Ges. XXI. ı. 10
146
Coneretionen wie die Strahlsteinausscheidungen ihre Bildung
demselben Processe verdanken, der auf den Schichtfugen Horn-
blende in deutlich krystallinischen Massen, in den Coneretionen
Chlorit und Hornblende in weniger deutlich krystallinischer
Form zur Ausbildung gelangen liess. — Ausnahmsweise viel
Kalkerde zeigt von den übrigen Analysen noch das schwarze
jaspisähnliche Gestein No. XV. Es übertrifft in dieser Be-
ziehung sämmtliche anderen Oontactgesteine. Dagegen ist im
Vergleich zu den übrigen Gesieinen von der Lupbode auffallend
wenig Eisen und Wasser vorhanden. Man fühlt sich fast zur
Annahme versucht, dass Chlorit- und Amphibol-Silikat sich in
den basischen Gesteinen vertreten können.
Werfen wir endlich noch einen Blick auf die Zusammen-
setzung der übrigen Analysen, so ergiebt sich eine im Allge-.
meinen grosse Aehnlichkeit mit den eben betrachteten. Sehr
nahe kommt der Zusammensetzung des Fleckschiefers von der
Lupbode No. XVII. Der um 2 pCt. geringere Eisenoxydul-
gehalt lässt jedoch auf eine geringere Menge Ohlorit schliessen,
wofür auch die geringere Löslichkeit spricht (26,93 Proc.);
der hohe Natrongehalt dagegen weist auf ansehnlichen Gehalt
an Albit hin, der mineralogischen Zusammensetzung des Ge-
steins entsprechend, welches, wie wir sahen, wesentlich aus
feinkörnigem Feldspath zu bestehen scheint. Sehr ähnlich ist
die Zusammensetzung von No. XVl. Die drei Gesteine vom
Mittelkopf, No. XII, XII, XIV zeichnen sich durch geringeren
T'honerdegehalt aus und schliessen sich in dieser Beziehung an
die basischen Gesteine des südlichen Zuges an. Besonders
arm an T'honerde ist No. XIII, was auf nur sehr wenig
Glimmer schliessen lässt. Der Chloritgehalt ist ziemlich an-
sehnlich (Löslichkeit 30,01 Proe.). Mehr Glimmer und beson-
ders Feldspath enthält No. XII im wesentlichen ein aus Feld-
spath bestehendes Gestein mit nur wenig Chlorit (Löslichkeit
27,02 Proc.), gerade wie No. XVII. Ausserordentlich reich
an Chlorit ist No. XIV (Löslichkeit 46,66 Proc.). Doeh ist
dieses Gestein kaum mehr zu den eigentlichen Contactgesteinen
zu rechnen, sondern stellt wesentlich einen ziemlich unveränder-
ten, nur sehr chloritreichen Thonschiefer dar.
147
Anhang: Contactgesteine eines gangförmigen Diabases und zweier
körnigen Diabase aus jüngeren Niveaus.
An dieser Stelle schalten wir die Analysen dreier Oontact-
gesteine ein, welche zwar auch an körnigen Diabasen, aber
nicht solchen der „Wiedaer Thonschiefer* vorkommen. No. XXI
stammt von dem in der Nähe von Hasselfelde auftretenden,
die Wiedaer Schiefer durchsetzenden Diabaspor-
phyrgange,*“) dessen oben bereits Erwähnung geschehen.
Ich verdanke das zur Analyse verwandte Stuck der Güte des
Herrn Lossen. No. XXIII und XXIV sind zwei alte, von
- SCHNEDERMANN ausgeführte und in Hausuann’s „Bildung des
Harzgebirges“ (S. 77 und 79) mitgetheilte Analysen. No. XXIU
hat Hausmann als dichten Feldstein oder Adinole bezeichnet.
Es ist, wie ich mich an Ort und Stelle überzeugt, ein ausge-
zeichnetes, unseren hälleflintähnlichen Gesteinen ganz analoges
Contactgestein des bekannten grossen Osterode - Harzburger
Diabaszuges. Ein Contactgestein desselben Zuges stellt nach
Beschreibung und Analyse auch No. XXIV ganz unzweifel-
haft dar. |
XXI. Hartes, dichtes, jaspisähnliches Gestein mit
splitterigem bis kleinmuschligem Bruch und bräunlicher Farbe.
Volumgewicht 2,667. Vom Diabasporpbyrgange des Kahle-
berges bei Hasselfelde.
XXIII. Sehr hartes, dichtes, fleichroth und graugrun ge-
"bändertes, jaspis- bis hälleflintähnliches Gestein (sogenannte
Adinole); — nach SCHNEDERMANN — Letbach bei Osterode.
XXIV. Hartes, schwarzes, jaspisähnliches Gestein (jJaspis-
artiger Kieselschiefer); — nach SCHNEDERMANN — Osterode.
#) Nach neuerlicher sorgfältiger Prüfung erscheint die Zugehörig-
keit dieses Gesteins zu den ächten Diabasen zweifelhaft, doch muss seine
- wahre Natur vor der Hand noch dahingestellt bleiben.
10*
BEN PN N ER UN EA Se AST RETTEN RE E RER
R Kl . DEN Rat I ERSTE SE PALMER RE ae Br n
N ; WE, n, ei A NS IR RER TEE De Me? hi ae S
148
XXI. XXI. xXXIV,
SiO? 69,87 71,60 61,24
AlO?’ 21,42 _ 14,75 18,75
FeO’ Spur
Fe O 1,41 1,41 1.17
Mn OÖ Spur Spur —
CaO Spur 1,06 0,05
Mg O 0,84 Spur 4,91
Na’ © 8,79 10,06 2,99
K’O 1,16 0,32 1,22
H° oO 0,92 — ==
Org. Subst. — — 0,49
100,41 99,20 100,95.
Stofflich bieten vorstehende Analysen wenig Neues. Aber
sie sind insofern von Interesse, als sie beweisen, dass die Con-
tactgesteine körniger Diabase, auch wo sie an gangförmigen
Diabasen und in höheren Niveaus auftreten, wie physikalisch,
so auch chemisch mit den unter gewöhnlichen Verhältnissen
in der Wiedaer Schieferzone vorkommenden Contactgesteinen
durchaus übereinstimmen. No. XXII nimmt insofern eine ex-
ceptionelle Stellung ein, als es dem äusseren Habitus, der
Härte und dem Volumgewicht nach zu den sauren Gesteinen
zu gehören scheint, während seine Zusammensetzung den ba-
sischen nahe kommt. Berechnet man die Alkalien auf Albit,
so erhält man 84,9 Proc. Die übrigen 15 Proc. bestehen aus
ca. 7 Proc. SiO?, 6 AlIO°, etwas FeO, MgO und H’O, die
wahrscheinlich ein chloritisches Silikat mit überschussigem
Quarz darstellen.
No. XXIII, welches XIX der sauren Reihe sehr nahe 3
kommt, deutete bereits Hausmann als ein Gemenge von Albit
und Quarz. Der Natrongehalt ist ausserordentlich hoch, so
dass das Gestein fast aus reinem Albit zu bestehen scheint
(der reine Albit enthält 69,09 SiO® und 11,82 Na°’O). Wasser '
ist nicht angegeben, aber in geringer Menge vorhanden.
No. XXIV zeigt, vom geringeren FeO gehalt abgesehen, &
viel Aehnlichkeit mit XV der basischen Reihe, dem es nach
der Beschreibung auch physikalisch ähnlich sein muss. Wasser
ist auch hier nicht angegeben, fehlt aber gewiss nicht.
u
149
Werfen wir einen Rückblick auf das bisher Gesagte, so
ergiebt sich, dass eine wesentliche Differenz zwischen den
Contactgesteinen des nördlichen und des südlichen Zuges nicht
besteht. Hier wie dort treten Gesteine der sauren und der
basischen Reihe auf; hier wie dort waltet innerhalb jeder der
beiden Reihen derselbe Typus, und der hohe Natrongehalt
macht eine bemerkenswerthe Eigenthumlichkeit der Diabas-
Contactgesteine ganz allgemein aus. Dieser chemischen Ueber-
einstimmung entspricht die physikalische. Im Norden wie im
Süden der Centralaxe gehören die harten, durch Neigung zu
massiger Structur ausgezeichneten Gesteine der sauren Reihe
an und stellen kryptokrystallinische Gemenge von Feldspath,
Quarz und geringen Mengen chloritischer Silikate dar; die wei-
cheren, durch mehr oder minder deutliche Schieferung und
Sehichtung ausgezeichneten Gesteine dagegen gehören der ba-
sischen Reihe an und bilden phanerokrystallinische Gemenge
von Feldspath, Quarz und basischen Silikaten, unter denen Chlo-
rit und Glimmer wesentlich und ausserdem manchmal noch
Hornblende vorhanden ist. Der Feldspath ist in allen Fällen
Albit. Br:
Trotz dieser qualitativen Uebereinstimmung bleibt jedoch
die grosse geognostische Differenz zwischen beiden Contact-
gesteinszugen bestehen. Das Vorherrschen saurer, kryptokry-
stallinisch-dichter Gesteine im Suden, das Vorwalten basischer,
phanero-krystallinischer Gesteine im Norden der Axe, das sind
bedeutsame Unterschiede. :
| Für das Vorkommen gelten im Süden wie im Norden die
nämlichen Gesetze. Die härtesten und sauersten Gesteine tre-
ten im Allgemeinen immer dem Diabas zunächst auf. Mit
wachsender Entfernung von der Üontactfläche schliessen sich
an dieselben immer weniger harte, basischere Gesteinsglieder.
Der Uebergang in unveränderte Schiefer erfolgt allemal aus
den basischsten Endgliedern. Dabei ist jedoch zu bemerken,
dass durchaus nicht bloss Gesteine vom höchsten Kieselsäure-
gehalt den Diabas begränzen. Vielmehr ist der Kieselsäure-
gehalt der an der Contactfläche auftretenden Gesteine ebenso-
wenig ein bestimmter als derjenige der basischsten Endglieder
in jedem einzelnen Falle.
Es sind überhaupt folgende 3 Fälle für das Vorkommen
der Contactgesteine möglich und beobachtet:
150
1) Es treten am Diabase nur Gesteine der sauren Reihe
auf (Allrode).
2) Es treten Gesteine der sauren und solche der basischen
Reihe auf (Rabenstein, Heinrichsburg).
3) Es sind nur Gesteine der basischen Reihe entwickelt.
(Mittelkopf, Lupbode).
Im ersten Falle gehen die sauren Gesteine direct in die
unveränderten Schiefer über. Im zweiten und häufigsten Falle
stellen die Gesteine beider Reihen gewissermaassen Comple-
mente dar. Hier wie im dritten und letzten Falle erfolgt der
Uebergang in das unveränderte Gestein durch mehr oder min-
der mit Chlorit imprägnirte, basische Schiefergesteine.
Wir lassen hier eine tabellarische Uebersicht sämmt-
licher im Obigen mitgetheilten Analysen folgen. Dieselben
sind nach ihrem Kieselsäuregehalte geordnet. Die Gesteine
der sauren Reihe machen den. Anfang; die basischen folgen.
| | &D
3
>| =) Ro) De
In A N ._ 7 eh
& © 2 S © 3 a 5 © =
2 = 5 = = 5 e = = e
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&) < ae} a Sa, _ < >=
IX; I. Vv X It, IV.) XIX, sau. IJI. xI. |XxI
Volumgewicht
Löslichkeit
72,63| 71,60
15,81| 14,75
76,30
14,68
69,27| 6753
13,12] 10,42
11,80| 14,48] 13,20) 14,81] 13,61
Ee 03 — | Spur — | 0,02) 0,071 °— — ii 0,02] 2,79
Fe 0 Spur| 1,7@ 1,75) 1,85] 1,31] 2,27) 0,74) 1,413 5,24| 4,59
Mn O —_ — | Spur| Spur| 0,11) Spur| — | Spur 4 0,09| Spur
Ca O 0,18| 0,32] 0,31) 0,39) 0,61) 0,26) 1,02) 1,06 5 0,12) 1,511
Ms O
Na? OÖ
0,02) 1,57) 0,87
B)
7,77| 7,54| 4,66
2,19| 1,29
5.70| 5,47
0,98| 1,21) Spur
6,37) 8,33] 10,06 5
1,36) 3,30
2,25) 3,37) 8.
KR: Oo 0,53 6,61| 3,31) 1,27) 1,511 1,181 0,75| 0,324 4,311 364 1
H2 O 0,481 0,81| 0,811 1,16] 0,70) 0,84] 0601| — i 336 as
C 0: a de —ı - Kos
Fe 82 1.084 00 —
Org. Substanz
0,65 — ih ae
Ren Spur — | ı vorh.| Vorh. : =
75,25| 75,02 a 73,34
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#73
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So
Re)
en
[rs
oe, 99,20 [100,0
151
Zwischen beiden stehen die unveränderten Schiefer und
das Gangeontactgestein No. XXIII. Jeder Analyse ist das
Volumgewicht des Gesteins und die Löslichkeit in Procenten
beigefügt, soweit diese letztere bestimmt wurde. Man ersieht
aus der Tabelle deutlich, dass mit Abnahme des Kieselsäure-
gehalts im Allgemeinen eine stetige Zunahme des Volumgewichts
und der Löslichkeit erfolgt, eine Thatsache die damit in Ver-
bindung steht, dass dem Sinken des Kieselsäuregehaltes ein
Steigen der zweiwerthigen Metalle und des chemisch gebunde-
nen Wassers, d. i. eine Zunahme an Chloritsubstanz parallel
geht. Der Thonerdegehalt nimmt mit Verminderung des Kiesel-
säuregehaltes im Allgemeinen etwas zu, die Alkalien ein we-
nig 'ab.
nee | | Be: 3
= Ebbe = Se 2 = =
ee 28|2|22 a
ee a a a
ee ee a ee
A = -) = es | u. 9 mia EB | 6
VI, | XI. va, zu, | xzIV. | XV. VIL| xVL XV | xx | XVILXXI. | XIV.
x ! ! |
2,675| 2,687| 2,682| 2,7011 — | 2,704| 2,703| 2,749| 2,746 | 2,813 2,728| 2,778| 2,788
26,76 27,02 28,05] 30,011 — | 2586| 31,77] 32,061 30,52 | — | 26,931 27,681 46,06
63,24 61,82) 61,58 13 61,24 eo. 59,23| 56,16| 55,56 | 55,06] 54,34| 54,02| 53,70
13.72) 16.46 13.67| 13.98| 1875 | 17.04| 1420| 18,61| 18,15 | 19,75! 18,56| 21,22) 15.43
3
8,1
2105| 0.83) 183 A551 — |-146| 3,111 °2,58| © 5,0
25,20) 5,22] , 7,10) 4,331 .::1,17°| -3,60).--6,72|. 7,01) -7,0
Spur| 0,12] Spur| Spur — 0,91) Spur | Spur 0,5
6056| 1,82) 1,07 1,70) 0,05 | 5,001 0,84 1,4
3.84] 4,90) 4,16) 3,631 4,91:| 3,13) 3,801 4,47) 3,1
580) As Ar 5001 259 | 68 5521 7,64 420 | 751 7,481 3,361 2,00
1711 3511 1.99 104 122 | 1.00] 194 046 225 | usa 178 371 2.07
2,681 1,901 2881 3,47) — | 1451 4,46) 360 270 13 3.01| 197| 5.06
Be. | | _ | 004 — 0 —
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100,80 10082] 29,06 99,85| 100,95 | 100,54 29,82 100,84 100,35 100,17 292) 29,66) 99,46
150
1) Es treten am Diabase nur Gesteine der sauren Reihe
auf (Allrode).
2) Es treten Gesteine der sauren und solehe der basischen
Reihe auf (Rabenstein, Hhhnrichsburg):
3) Es sind nur Gesteine der basischen Reihe entwickelt.
(Mittelkopf, Lupbode).
Im ersten Falle gehen die sauren Gesteine direct in die
151
Zwischen beiden stehen die unveränderten Schiefer und
das Gangeontactgestein No. XXII. Jeder Analyse ist das
Volumgewicht des Gesteins und die Löslichkeit in Procenten
beigefügt, soweit diese letztere bestimmt wurde. Man ersieht
aus der Tabelle deutlich, dass mit Abnahme des Kieselsäure-
gehalts im Allgemeinen eine stetige Zunahme des Volumgewichts
und der Löslichkeit erfolet, eine Thatsache die damit in Ver-
unveränderten Schiefer über. Im zweiten und häufigsten Falle
stellen die Gesteine beider Reihen gewissermaassen Comple-
Hier wie im dritten und letzten Falle erfolgt der
bindung steht, dass dem Sinken des Kieselsäuregehaltes ein
Steigen der zweiwerthigen Metalle und des chemisch gebunde-
nen Wassers, d. i. eine Zunahme an Chloritsubstanz parallel
geht. Der Thonerdegehalt nimmt mit Verminderung des Kiesel-
säuregehaltes im Allgemeinen etwas zu, die Alkalien ein we-
mente dar.
Uebergang in das unveränderte Gestein durch mehr oder min-
der mit Chlorit imprägnirte, basische Schiefergesteine.
Wir lassen hier eine tabellarische Uebersicht sämmt- nig ab.
licher im Obigen mitgetheilten Analysen folgen. Dieselben
sind nach ihrem Kieselsäuregehalte geordnet. Die Gesteine
der sauren Reihe machen den Anfang; die basischen folgen.
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Tl —
Si 0: 76,30) 75,25 75,02] 74,93] 73,74| 73,34| 72,63| 71,60 | 69,27| 67,53] 65,87) | 63,24] 61,82] 61,58] 61,55| 61,24 | 60,48| 59,23) 56,16) 55,56 | 55,06] 54,341 54,02] 53,70
Al 03 14,68] 11,50) 14,48| 13,20] 14,81] 13.61 15,81! 14,75 | 13,12] 10,4 18,72) 16,46| 13,67| 13,98| 18,75 | 17,04| 14,20] 18,61] 18,15 | 19,75) 18,56| 21,22] 15.43
Fe 03 — | Spur) — | — | 002] 0,07) = | 2: 0682| 279 405 0,33] 1,83) 455 0 — 1,46| 3,111 2,58) 5,08 | 1,83] 4,82] 2,511 7,14
Fe Oo Spur) 1,76 1,751 11,83| 1,311 227] 0,74 141 | 5,94) 455 Fi 5201 522] 7,10] 4,33) :1,17.| 3,601 .6,72)| 701 ‚7,04 | 7,551 5,32] 6,48] 6,86
Mn OÖ — | — | Spur| Spur| 0,11) Spur| — | Spur 0,09| Spur 1 Spur) 0,12] Spur | Spur — 0,91) Spur | Spur 0,51 — | 0,35] 1,74| Spur
Ca oO 0,181 0,32] 0,311 0,39] W611 0,261 1,02) 1,06 5 0,12] 1,51 FI 056] 1,82) 1,07) 1,700 0,05 | 5,001 0,84) 0,31] 1,40 | 3,591 1,12] 1,64) 1,72
AB! 0 802] 1,57) 0,87) 2,19] 1,291 0,98] 4,21 Spur | 1,36] 3,301 OA 384] 4,901 4,161 3,031 4,91.) 3,13] 3,80) 4,47) 3,17 | 221) 3,02] 3,01] 5,18
8 {0) 7,77 7,54 4,66) 5.70] 5,47) 6,37) 8,33] 10,06 1 2,251 3,37 gıp N 5,801 4,81] 4,41] 5,600 2,59 | 6,38] 5,52) 7,64 420 | 7,51] 7,481 3,36) 2,00
2 0 0,53] 0,611 3,31) 1,97) 151| 1,18] 0,75] 0,32 1 4,31l 3,64 url 3,51) 1,99) 1,04) 1,92 | 1,09] 1,94 0,465 225 | v,84| 1,78 3,71) 2,07
BER 0,481 0,81) 0,81) 1,16) 0,70) 0,84] 0.61l — 1 3,36) 2,81 268 1,901 288 37) 1.451 446 3,60) 2,79 | 1,83] 3,011 1,97) 5,06
GenD, = ee ae == lerne er —| =
To $? = | 0A 0,481 — | 0,84 069 — | — com - = -|) 089 — = a Be = BEN ZEN |
Org. Substanz = — | Spur| — | Spur) — | —_ — | vorh.| vorh. - Spur) — | vorh,| vorh.! 0,49 Spur| vorh,' Spur) Spur | Spur) Spur| Spur | vorh.
KT Te a Te ee Te ER RA VEN ERBE] ER BE - ee Be Fe U
99,96|100,151100,69 100,07|100,41| 99,55]101,10| 99,20 [80 > 1 [1% 100,591 99,08) 99,85) 100,95 1100,54) 99,82|100,84| 100,25 1100,17) 99,80) 99,66 99,46
152
Stoffliche, bei der Contactmetamorphose stattgehabte Veränderungen.
Versuch einer genetischen Deutung der Metamorphose.
Nachdem wir im Vorigen Eigenschaften und Vorkommen
der Oontactgesteine kennen gelernt, liegt uns die Beantwortung
zweier Fragen ob: einmal nach den stofflichen Veränderun-
gen, welche die ursprünglichen Gesteine bei der Umwandlung
in Contactgesteine erfahren; dann nach der Genesis der Meta-
morphose.
Die Lösung der ersten Frage kann nicht schwer fallen,
da wir bei ihrer Erörterung den Boden der Thatsachen nicht
zu verlassen brauchen. Denn da die Verbandverhältnisse der
Contactgesteine mit den Thonschiefern keinen Zweifel darüber
lassen, dass in allen Fällen diese letzteren das ursprüngliche
Gestein darstellen, so wird eine Vergleichung ihrer Zusammen-
setzung mit derjenigen der Contactgesteine uns über die Art
der Veränderungen, die das ursprüngliche Gestein betroffen,
Aufschluss geben. Dabei wollen wir noch einmal eine bereits
oben angeführte Thatsache erwähnen, um einem Einwande zu
begegnen, der hier möglicher Weise erhoben werden könnte.
Es wurde namlich bemerkt, dass derjenige Theil der „liegenden
Schieferzone,* innerhalb dessen die körnigen Diabase mit ihren
Contactgesteinen auftreten, ganz besonders rein und von fremd-
artigen Ausscheidungen frei ist. Die Schiefer besitzen überall
denselben Habitus und auch eine wesentlich gleiche Zusammen-
setzung, wie die Analysen zweier Proben (No. III und XT),
deren eine dem südlichen, die andere dem nördlichen Zuge ent-
nommen ist, offenbar zeigen.
Dieser Umstand ist von grosser Wichtigkeit für die Er-
möglichung einer richtigen Beurtheilung der Contactmetamor-
phose. Denn bei dem stets allein beobachtbaren Fortschreiten
der Metamorphose vom Diabas aus in einer rechtwinklig zur
Contact- und Schichtfläche stehenden Richtung könnte man
leicht zu der Annahme veranlasst werden, die Verschiedenheit
der Contactgesieine ein und desselben Diabaslagers, das Auf-
treten saurer und basischer Gesteine, könne vielleicht durch
eine Verschiedenheit nicht sowohl der metamorphischen Pro-
cesse, als der von der Metamorphose ergriffenen Sedimente be-
153
dingt sein. Eine derartige Annahme erweist sich aber als un-
haltbar, wenn die unveränderten Schiefer überall eine wesent-
lich gleiche Beschaffenheit zeigen. Sie erscheint aber auch
schon deshalb unzulässig, weil jene Verschiedenheiten in der-
selben Reihenfolge zu oft wiederkehren, als das man darin
nicht etwas Gesetzmässiges erkennen sollte. Die grossen
Differenzen aber der Gesteine des nördlichen und des südlichen
Zuges lassen sich ebensowenig durch Annahme einer ursprüng-
lichen Verschiedenheit der von der Umwandlung betroffenen
Sedimente erklären. Denn die Gesteine beider Züge liegen in
demselben geognostischen Niveau, beide stellen Theile dersel-
ben Schichten dar. Nehme man selbst an, die Zusammen-
setzung dieser Schichten sei auf die geringe Entfernung beider
Zuge hinlänglich verschieden gewesen, um daraus die Differenz
zwischen Nord und Süd ableiten zu können, so müsste es
doch geradezu unbegreiflich erscheinen, warum auf den beiden,
dem Verlauf der zwei Zuge entsprechenden Parallellinien die
geforderte Verschiedenartigkeit so überaus constant sich ent-
wickelt haben sollte. Man wird also wohl annehmen mussen,
dass der Grund für die Verschiedenheit der Üontactgesteine
wesentlich in der Verschiedenheit der metamorphischen Pro-
cesse zu suchen ist.
Vergleicht man nun die Zusammensetzung der unveränder-
ten Schiefer und der Contactgesteine, so ergiebt sich für erstere
eine Mittelstellung zwischen sauren und basischen Gesteinen.
Der Kieselsäuregehalt der unveränderten Schiefer ist niedriger als
der der sauren, höher als der der basischen Gesteine. Ebenso
steht der Gehalt an Thonerde, an zweiwerthigen Metallen,
an Wasser in der Mitte zwischen dem Gehalte der Gesteine
der sauren Reihe einerseits, der basischen andererseits an den-
selben Stoffen. Aehnlich verhält es sich mit der Löslichkeit
und dem Volumgewichte. Der Alkaligehalt jedoch ist um meh-
rere Procent geringer als in den Contactgesteinen überhaupt,
und zwar überwiegt das Kali uber das Natron.*) Dies ist der
*) Dies ist wenigstens bei dem am wenigsten veränderten Schie-
fer, No. III von Allrode, der Fall. No. XI enthält etwas mehr Natron
als Kali, ist aber auch, wie der höhere Fe OÖ und Mg O-Gehalt zeigt,
nicht mehr ganz unverändert, was übrigens in geringem Grade auch von
No. III gilt,
154
einzige, aber auch sehr wesentliche chemische Unterschied der
unveränderten Schiefer von den Contactgesteinen. Im Uebrigen
könnte man erstere ihren Analysen nach für Gesteine halten,
welche die Lücke zwischen sauren und basischen Contaect-
gesteinen ausfüllen. In gewissem Sinne darf man auch
No. XIV zu den unveränderten Schiefern stellen, welches sich
von diesen wesentlich nur durch den starken Ohloritgehalt unter-
scheidet, welcher den Gehalt an Kieselsäure beträchtlich herab-
drückt, dagegen ein bedeutendes Steigen des Eisenoxyduls, der
Magnesia und des Wassers bedingt. Die geringe Menge Alkali
(4 pCt.) und das Ueberwiegen des Kalis weist offenbar auf die im
Allgemeinen wenig veränderte Natur des fraglichen Schiefers hin.
Aus der Zusammensetzung der Thonschiefer ergiebt sich,
dass bei ihrer Umbildung in Gesteine der sauren Reihe ein
doppelter Process sich vollziehen musste. Auf der einen Seite
namlich musste die Menge der Kieselsäure und des Natrons zu-
nehmen, auf der anderen die der zweiwerthigen Metalle, des
Kalis und des chemisch gebundenen Wassers bis fast zum vol-
ligen Verschwinden abnehmen. Bildeten sich dagegen Gesteine
der basischen Reihe, so erfolgte ganz im Gegentheil eine Ab-
nahme der Kieselsäure und ein Steigen der zweiwerthigen Me-
talle. Das Natron hat jedoch auch in diesem Falle zugenom-
men und das Kali zum grossen Theile verdrängt. .Die orga-
nische Substanz der ursprünglichen Schiefer wurde bei Bildung
der sauren Gesteine zerstört, bei jener der basischen blieb sie
erhalten. Die Thonerde scheint bei diesen Umbildungsprocessen
wenig berührt worden zu sein. Doch bemerkt man eine ge-
ringe Zunahme derselben mit steigendem basischen Charakter
der Gesteine. Je saurer die Gesteine einerseits, je basischer
sie andererseits werden, um so deutlicher zeigt sich im Allge-
meinen der Verlauf des Umwandlungsprocesses nach den be-
zeichneten zwei Richtungen. Im ersteren Falle bilden sich Ge-
steine von geringerem, in letzterem solche von höherem Volum-
gewichte, als das der unveränderten Schiefer, Doch scheinen
in keinem Falle Volumveränderungen stattgehabt zu haben.
Da indessen einmal specifisch leichtere, das andere Mal spe-
cifisch schwerere Gesteine entstanden, so muss im ersten Falle
mehr Masse fort-, als zugeführt sein, im letzteren umgekehrt.
Der metamorphische Process ist somit nach zwei wesent-
lich entgegengesetzten Richtungen erfolgt. Nur darin blieb er
P : ha
e:
L
=
R
4
%r 5 > a Zi 3 ee r
155
sich stets gleich und von der Bildung saurer oder basischer
Gesteine unabhängig, dass die Menge des Natrons in allen Fällen
zugenommen hat.
Untersuchen wir nun, wie sich der Verlauf dieser Pro-
cesse in den verschiedenen Fällen gestalten musste, die wir
oben für das Vorkommen der Contactgesteine als möglich ken-
nen gelernt. Bildeten sich, wie im ersten Falle, bloss Gesteine
der sauren Reihe , so haben die chemischen Processe wesent-
lich in einer Zufuhr von Natronsilikat und Fortführung aller
übrigen Bestandtheile mit Ausnahme der Thonerde bestanden.
Je näher die Gesteine dem Diabase liegen, desto intensiver
sind die Wirkungen dieses Processes gewesen; daher findet
man dem Diabas zunächst wesentlich nur aus Kieselsäure,
Thonerde und Natron bestehende, von zweiwerthigen Metallen,
Kali, Wasser und organischer Substanz fast ganz freien Ge-
steine, während mit zunehmender Entfernung von der Contaet-
fläche der Kieselsäuregehalt abnimmt und die anderen Bestand-
theile in demselben Maasse steigen. Im zweiten Falle, wo sich
saure und gleichzeitig basische Gesteine bildeten, ist in erste-
ren der eben ausgeführte Process thätig gewesen. Was
aber die basischen Gesteine betrifft, so liegt, da sie gerade
an den Stoffen reich, an welchen die sauren arm sind, die
Annahme nahe, sie möchten hauptsächlich durch Aufnahme
der aus den sauren Gesteine fortgefuhrten Stoffe, besonders des
Eisenoxyduls, der M:gnesia und des Wassers gebildet sein. Zu-
geführt musste dann weiter nichts werden als Natronsilikat, fort-
geführt aber ein grosser Theil der Kalkerde, des Kalis und etwas
Kieselsäure, die sich unter Umständen in gewissen Schichten con-
centriren und so härtere und saurere Gesteinsbänder inmitten
weicherer Schichten bilden konnte. Der Annahme, dass die
den basischen Gesteinen zugeführten Metalle wesentlich aus
den sauren Gesteinen stammen, stellen sich in den vielen Fäl-
len, wo beiderlei Gesteine gleichzeitig auftreten, keine Schwie-
rigkeiten entgegen. Sie genügt aber nicht für den dritten Fall,
wo allein Gesteine der basischen Reihe gebildet sind. Hier
mussen nothwendiger Weise ansehnliche Mengen der Metalle
zugeführt worden sein, damit sich aus den verhältnissmässig
saueren Schiefern überwiegend basische Gesteine bilden konn-
ten. Wie bei den saueren, so nimmt auch bei den basischen
Gesteinen mit wachsender Entfernung vom Diabase der
156
Kieselsäuregehalt im Allgemeinen ab und der Metallgehalt in glei-
chem Verhältnisse zu. Doch entwickelt sich der Process nur
bis zu einem gewissen Punkte, von welchem aus mit noch
weiterer Entfernung vom Diabase die Menge der Metalle und
des Wassers wieder abnimmt; gleichzeitig tritt auch das Na-
tron zurück, und es erfolgt ein Uebergang in die gewöhnlichen
Schiefer.
Nachdem wir so die Art der stofflichen bei der Contact-
metamorphose stattgehabten Veränderungen kennen gelernt,
wollen wir untersuchen, welche Ansicht ‘uber den Ursprung
und Verlauf der bei der Metamorphose 'thätigen chemisch-phy-
sikalischen Processe sich den beobachteten Thatsachen am
einfachsten fügt.
Wir gehen dabei von der Ansicht als erwiesen aus, dass
die Contactgesteine ursprünglich sedimentäre, durch eine vom
Diabase ausgegangene Metamorphose zu ihrer jetzigen Be-
schaffenheit veränderte Gesteine sind, und kommen auf An-
sichten wie die, dass die Contactgesteine ursprüngliche Bil-
dungen oder Tnesenainineeh des eruptiven Diebasmonuı
darstellen könnten, nicht mehr zurück.
Es ist vielleicht kaum nöthig, sich heutigen Tages gegen
die Ansicht auszusprechen, die Contactgesteine seien Schmelz-
producte der Diabase. Schon die nichts weniger als glasartige
Natur der saueren Gesteine, die oftmals noch geringe Mengen
organischer Substanz zurückbehalten haben, widerspricht der-
selben auf’s Entschiedenste. Deutlich kaustische Wirkungen
der Diabase sind bekanntlich überhaupt sehr selten und
in ganz unzweideutiger Weise vielleicht niemals beobachtet
worden. Am allerwenigsten aber können die Phänomene der
Harzer Diabas-Contact- Metamorphose als solche gedeutet
werden.
Ebensowenig aber ist die in ähnlichen Fällen manchmal
versuchte Erklärungsweise hier anwendbar, nach der das mas-
sige Gestein — in unserem Falle also der Diabas — nichts
Anderes darstellen soll, als das zu deutlich krystallinischer
Ausbildung gelangte Endglied einer durch allgemeine wässerige
Agentien bewirkten Metamorphose des Sediment-Gesteins, das
Contactgestein aber ein je nach seiner Natur entweder dem
massigen Gestein oder dem ursprünglichen Sedimente näher-
kommendes intermediares Product des Umwandlungsprocesses.
| | 157
Auf solche Weise erklärte Fucas in seiner Arbeit über den
Harzer Granit und seine Nebengesteine (Neues Jahrb. 1862,
769 #.) die Hornfelse im Verhältniss zum Granit. Dort er-
schien eine derartige Deutung wenigstens in chemischer Bezie-
hung denkbar, da die den Granit unmittelbar begränzenden
Hornfelse, ganz ebenso wie die Contactgesteine des Diabas im
gleichen Falle, die sauersten Glieder des Umwandlungspro-
cesses darstellen und eine dem Granit in gewisser Hinsicht
ähnliche Zusammensetzung besitzen, der Hornfels somit ge-
wissermaassen eine Entwickelung des Sedimentes zum Granit
hin zu bilden scheint. Eine ähnliche Erklärungsweise für un-
sere Contactgesteine wäre aber ein Nonsens. Denn die saueren
Contactgesteine mit über 70 pCt. Kieselsäure können unmöglich
eine Entwickelung des Sedimentes zum basischen Diabas dar-
stellen, dessen Kieselsäuregehalt kaum 50 pCt beträgt. Die
Fucus’sche Erklärungsweise ist aber ebensowenig wie in un-
serem Falle auf die Hornfelsbildung anwendbar. Denn für
beide Contactmetamorphosen, die des Diabases wie die des
Granites , gelten dieselben Gesetze, beide erscheinen durchaus
als Parallelbildungen*) und was in dem einen Falle als un-
möglich erwiesen ist, muss es auch im anderen sein.
In gleicher Weise unzulässig ist im vorliegenden Falle
die Annahme, die Üontactgesteine möchten durch Aufnahme
der den Diabasen durch die Verwitterung entzogenen Stoffe
entstanden sein. Denn ganz abgesehen davon, dass zumal
die saueren Uontactgesteine nichts weniger als an denjenigen
Stoffen reich sind, welche die Diabase bei ihrer Zersetzung
verlieren, so zeigt sich niemals ein qualitatives oder quantita-
tives Abhängigkeitsverhältniss der Contactgesteine vom Grade
*) Hier wie dort erscheinen die sauersten Gesteine im Allgemeinen
in unmittelbarem Contact mit dem Eruptivgestein und die basischen
schliessen sich an jene mit zunehmender Entfernung von der Contactfläche
an. Die Abnahme der Kieselsäure mit Entfernung vom Eruptivgestein
ist in beiden Fällen bedingt durch die Abnahme der von jenem aus zu-
geführten Stoffe, in unserem Falle besonders Natronsilikat, bei der Horn-
felsbildung Kieselsäure. Hier wie dort steht mit der durchaus verschiedenen
Natur des krystallinischen Massen- und des Contactgesteins die Thatsache
im Zusammenhang, dass sich zwischen beiden niemals Uebergänge, viel-
mehr stets scharfe Grenzen finden. Uebergänge des Contactgesteins in
die unveränderten Gesteine dagegen sind hier wie dort stets zu beob-
achten.
158
der Verwitterung der angränzenden Diabase. Ob diese noch
ganz frisch“ oder durchaus zersetzt sind, ist für das Vorkom-
men der Contactgesteine ganz einerlei.
Doch könnte man vielleicht an ein materielles Abhängig-
keitsverhältniss der Contactgesteine von dem Diabas denken,
in der Art, dass den letzteren, ohne dass sie dabei zersetzt
worden, die für die Bildung der ersteren nöthigen Stoffe ent-
zogen wurden. Vielleicht könnte dabei ein gegenseitiger Stoff-
austausch zwischen Eruptiv- und Sedimentgestein stattgefunden
haben, wie ihn FourseT unter der „fusion r&eiproque“ ver-
steht und Deuesse ihn als „echange mutuelle* in einer gewis-
sen Tiefe der Erde, wo die Gesteine sich in erweichtem Zu-
stande befinden, für wahrscheinlich hält (Bull. de la soe. g£ol.
XV1I. 1859. 280).
Prüfen wir, ob derartige Annahmen für die Erklärung un-
serer Contactmetamorphose anwendbar erscheinen. Wie wir
uns erinnern, mussten besonders zweierlei Stoffe den Contaet-
gesteinen zugeführt werden, einmal Natronsilikat, dann Eisenoxy-
dul, Magnesia und Wasser. Stammten nun diese Stoffe wirklich aus
den angränzenden Diabasen, so hätten kleinere Diabaslager, um
ihren Contactgesteinen jene Stoffe zu liefern, gänzlich zersetzt,
grössere Diabasmassen wenigstens an ihren Rändern in merk-
licher Weise alterirt werden müssen. Aber in keinem Falle
entspricht die Beobachtung jenem Postulate. Diabase, die von
mächtigen Contactbändern begleitet werden, und solche, wo
Contaetbildungen gänzlich fehlen, zeigen keinerlei physikalische
Differenz.. Bedenkt man aber weiter, dass Diabaslager oft-
mals von so mächtigen Contacigesteinmassen begrenzt werden,
dass das gesammte Natronsilikat der ersteren kaum ausreichend
gewesen wäre, den Natrongehalt der letzteren auch nur um
1 pCt. zu erhöhen, so erscheint die Annahme, dass die Dia-
base den Contactgesteinen die zu ihrer Bildung erforderlichen
Stoffe geliefert, ganz einerlei, wie man sich den Vorgang selbst
denkt, ein Ding der Unmöglichkeit. |
Zu demselben Resultate führt die chemische Analyse. Um
zu entscheiden, ob der Diabas, wo er in wenig mächtigen La-
gern zwischen bedeutenden Contactmassen liegt, eine von der
normalen irgendwie verschiedene Zusammensetzung besitzt,
wurde ein unter solchen Umständen auftretender Diabas der
Analyse unterworfen. Das Gestein stammt von der Lupbode,
cr
159
und zwar von derselben Localität, der der Fleckschiefer No.
XVII. und das felsitische Gestein No. XVII. entnommen
sind, welche den in Rede stehenden Diabas in weit mächtige-
ren Contactbändern begleiten. Die Mächtigkeit des Diabas-
lagers beträgt kaum 10 Fuss. Das recht frische, mit Säuren
nur schwach brausende Gestein ist von dunkelblaugrüner Farbe
und bildet ein mittelkörniges Gemenge von Feldspath und
Diallag. Der Feldspath hat eine grünliche Farbe, lebhaften
Glanz und ist manchmal zu langen, dünnen, prismatischen Na-
deln mit feiner Zwillingsstreifung ausgebildet. Der augitische
Bestandtheil hat eine dunkelbraune Farbe, erscheint auf der
Bruchfläche gianzlos, auf der ziemlich deutlichen Spaltbarkeit
nach einer Richtung dagegen lebhaft glänzend. Dünne Blätt-
chen sind ziemlich durchsichtig. Als Diallag hat Herr P. GrotH
denselben mittelst einer optischen Prufung zu bestimmen die
Güte gehabt. An Masse tritt er wesentlich gegen den Feld-
spath zurück. Volumgewicht 3,081. Die Analyse ergab:
Si O0? 47,36 48,86
Ti oO? 0,51 —
AI O’ 16579 15,17
Feo’ 1,53 3,92
Fe O 7,95 6,71
Mn OÖ 0,44 0,35
Cao 10,08 11,34
Ms O 6,53 7,56
Na’ oO 2,89 3,11
K’O 0,84 1,65
H’O 3,05 2,46
r730° 0,26 vorh.
Cl Spumasil vorh.
Co: 0,48 _
Fe Ss?’ 1,96 Spur ($)
100,61 100,53.
Zur Vergleichung haben wir unserer Analyse die von
KeiBEL (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. IX. 571) ausgeführte
des von ihm als Hypersthenit*) bezeichneten, demselben geo-
*) Dass auch dies Gestein als augitischen Gemengtheil Diallag und
160
snostischen Niveau und zwar auch dem nördlichen Zuge an-
gehörigen Gesteins von der Heinrichsburg an die Seite ge-
stell. Das von KEiBEL analysirte Gestein stammt jedenfalls
aus dem grossen, jetzt nicht mehr betriebenen Bruche, wel-
cher inmitten der grossen Diabasmasse auf der Südseite der
Heinrichsburg angelegt ist. Hätten nun wirklich die Diabase
die für die Contactbildungen erforderlichen Stoffe geliefert, so
müsste die Analyse des von einem ganz unbedeutenden Lager
berrührenden Diabases von der Lupbode sicherlich eine merk-
liche Differenz im Vergleich mit dem einer mächtigen Diabas-
masse entnommenen Gesteine von der Heinrichsburg zeigen.
Eine derartige Differenz ist aber nicht vorhanden, am wenig-
sten in den Bestandtheilen, an denen das Gestein von der
‚Lupbode vorzugsweise ärmer hätte werden mussen, an Natron,
Magnesia, Eisenoxydul. Die Zusammensetzung entspricht viel-
mehr durchaus derjenigen der normalen Diabase.*)
Wie oben bemerkt, zeigen die Diabase und ihnen ver-
wandte Gesteine, so weit bekannt, kaum Einwirkungen un-
zweifelhaft kaustischer Art auf die Nebengesteine. (In Betreff Ä
der alten Angabe ZEuscHner’s über eine derartige Einwirkung
conf. BıscHor, Chem.-phys. Geol. 2. Aufl. III. 169). Die Ab-
wesenheit solcher Wirkungen ist übrigens durchaus kein
Grund gegen die eruptive Natur des Gesteins, da selbst un-
zweifelhaft eruptive und vulkanische Gesteine, wie Basalt und
Laven , sie nicht- in allen Fällen zeigen. Die Untersuchungen
der neueren Zeit über die Genesis der älteren Eruptivgesteine
führen immer mehr zu der Ansicht, dass bei ihrer Bildung
Wasser in noch viel höherem Grade, wie bei den heutigen
Laven, Antheil genommen habe; und zwar hat dasselbe wahr-
scheinlich eine um so wichtigere Rolle bei der Gesteinsgenese
gespielt, je höher im Allgemeinen das Alter des betreffenden
Eruptivgesteins ist. So hat sich denn wahrscheinlich auch das
Diabasmagma im Eruptionszustande in einem vom heissen
nicht Hypersthen enthält, ist schon von vornherein in Anbetracht des
hohen Kalkgehalts der Krıgrr’schen Analyse anzunehmen, ausserdem auch
durch eine optische Untersuchung des Herrn GroTk bestätigt worden.
*) Aus der schon citirten, mir nach Schluss meiner Arbeit zuge-
kommenen Abhandlung des Herrn SchiLLing ergiebt sich die wesentliche
chemische Uebereinstimmung des Grünsteins von der Lupbode mit den
dort analysirten körnigen und dichten Grünsteinen (Diabasen).
161
Schmelzflusse weit entfernten, stark durchwässerten Zustande
befunden. Unter solchen Umständen ist der Mangel plutoni-
scher Hitzwirkungen — lediglich ein Postulat der älteren
Geologie — nicht auffallend.
Die Annahme der sogenannten hydatopyrogenen Bildungs-
weise der Diabase scheint nun aber auch ganz geeignet, die
in Rede stehende Contactmetamorphose in befriedigender Weise
zu erklären. Drangen aus dem durchwässerten Magma heisse,
mit mannichfachen Stoffen, in unserem Falle besonders mit
dem chemisch so wirksamen Natronsilikat beladene Wasser
unter hohem Druck in die angrenzenden Sedimente ein, so
scheinen alle Bedingungen selbst zu viel tiefgreifenderen Ver-
änderungen, als sie in unseren Contactgesteinen vorliegen, ge-
geben zu sein. Denn die gewaltige umbildende Kraft des
warmen und überhitzten , mit Alkali-Carbonat oder Silikat im-
prägnirten Wassers ist aus Hunt’s und Dausker’s Ver-
suchen hinlänglich bekannt. Quellthätigkeit in Begleitung und
als Nachspiel der Diabaseruption hat vielleicht durch lange
Zeiträume hindurch gewirkt. Dabei war möglicherweise die
Temperatur dieser Quellen gar nicht einmal ungewöhnlich hoch.
Denn man braucht, wie es scheint, um so weniger ausserordent-
liche Kräfte zur Erklärung der Contacterscheinungen der Dia-
base in Anspruch zu nehmen, als chemische Neubildungen sehr
wahrscheinlich durch einen noch wesentlich plastischen Zu-
stand des Sediments erleichtert wurden. Die der Schichtung
überall conformen Lagerungsverhältnisse der Diabase nämlich,
welche alle Windungen und Knickungen der Schiefer mit-
machen, lassen darauf schliessen, dass die Diabase zu einer
Zeit in die Sedimente eindrangen, als diese noch plastisch ge-
nug waren, um ihnen kein grosses Hinderniss entgegenzusetzen,
somit auch keine wesentliche Störung in ihrem Baue zu er-
fahren. Noch wahrscheinlicher aber wird die Entstehung der
Diabase bald nach oder während des Absatzes der Sedimente,
jedenfalls aber vor der Aufrichtung derselben, durch die bereits
im Eingange betonte Thatsache, dass die Diabase nicht regel-
los im alten Gebirge zerstreut liegen, sondern ihre ganz festen
Niveaus mit ebenso bestimmten petrographischen Charakteren
einhalten. Befanden sich nun die ursprünglichen Sedimente
noch im Zustande plastischer Thone, als das Eindringen der
beits.d. D. geul.Ges. XXII, ı 11
162
Diabase erfolgte, so konnten unter den gemachten Voraus-
setzungen Umwandlungen um so leichter vor sich gehen.
Wie wir gesehen, musste den Contactgesteinen zur Bil-
dung des Natronfeldspaths, des Hauptbestandtheils der sauren
wie der basischen Gesteine, besonders Natronsilikat zugeführt
werden. Es ist bekannt, dass Alkalien, und zwar besonders
Natron, zu den allgemeinsten Bestandtheilen aller Gewässer
gehören. Namentlich reich sind daran die heissen Quellen
(so enthält z. B. nach Damour der Geissir 0,34 Na° O auf
0,01 K’ O, der Radstosa 0,25: 0,01, der Hougardin 0,32 : 0,0
etc. BiıscHor, Geol. II. 281). Aber auch in kalten Mineral-
quellen fehlt dies Alkali nicht leicht und pflegt beträchtlich
über das Kali zu überwiegen. Sein verbreitetes Vorkommen
beruht hier auf der leichteren Löslichkeit seines Silikats im Ver-
gleich zu demjenigen des Kalis, eine Thatsache, die sich deut-
lich darin ausspricht, dass, wo in einem Gestein gleichzeitig
Kali- und Natronfeldspath vorkommen, ersterer häufig noch
frisch ist, während letzterer bereits in Kaolin umgewandelt er-
scheint. Nach BiscHor ist nun sehr wahrscheinlich alles Na-
tron an Kieselsäure gebunden (Geol. I. 531, H. 281) und nach
Versuchen von Lupwie ist das in Gewässern gelöste Alkali
überhaupt nur als überkieselsaures Salz vorhanden (Arch. für
Pharm. LXXXIV., 129 f£.). Die Thone nun stellen wesent-
lich wasserhaltiges Thonerdesilikat dar. Aber auch die rein-
sten unter denselben pflegen immer noch kleine Mengen Al-
kalisilikat zu enthalten, von mechanisch beigemengten unzer-
setzten Feldspathkörnern herrührend. Die unreineren aber
entbalten oftmals noch recht ansehnliche Mengen Kalk, Magnesia,
Eisenoxyd. Treffen nun derartige Thonsedimente mit Natron-
silikat enthaltenden Gewässern zusammen, so konnte die Bil-
dung von Feldspath, Glimmer, Chlorit ete. ohne Weiteres er-
folgen. Denn DAUBREE hat gezeigt, dass, wenn man Kaolin mit
einer Lösung von Alkalisilikat bis auf 400° erhitzt, Feldspath-
krystalle gebildet werden. Er hat weiter gezeigt, dass unter
denselben Umständen aus minder reinen Thonen glimmerartige
Mineralien entstehen können, ein Beweis, dass Thonerdesilikat
sich mit Alkalisilikat direct zu zusammengesetzten Silikaten
verbinden kann. Es entsteht Feldspath, wenn die vorhandene
Menge Alkali dazu ausreicht; genügt sie nicht, so kann sich
daneben Glimmer bilden. Sind im Thone noch andere amorphe
163
Silikate vorhanden, so können ebensogut auch andere zusam-
mengesetzte Silikate krystallisiren. Denn es gelang DauBr£e
auch, Obsidian und künstliches Glas durch Behandlung mit
alkalischen Losungen in Feldspath, Quarz und Augit umzu-
bilden.
Die Möglichkeit der Bildung sämmtlicher constituirender
Mineralien unserer Contactgesteine durch die Wirkung über-
hitzten Wassers ist somit experimentell dargethan. Da aber
bei allen diesen Experimenten wesentlich die chemische Ver-
wandtschaft der zusammengebrachten Stoffe als Agens thätig
ist und die hohe Temperatur keine andere Bedeutung hat, als
dass sie die Wirkungen der Affinität unterstützt und beschleunigt,
so würden, wie es scheint, auch Gewässer von gewöhnlicher
Temperatur innerhalb langer Zeiträume dieselben Wirkungen
auszuuben im Stande sein, wie sie uberhitztes Wasser in sehr
viel kürzerer Zeit ausubt. Wenn wir fur unser Theil uns trotz-
dem für Vermittelung der Contactmetamorphose wesentlich durch
heisse Wasser entscheiden möchten, so liegt der Grund da-
für nicht sowohl darin, dass wir den Dausrer’schen Ver-
suchen ein allzu grosses Gewicht beilegten, als dass die Vor-
stellung, die wir uns vom ursprünglichen Zustande des erupti-
ven Diabasmagmas machen, heissen Wassern das Wort zu
reden scheint.
Sehen wir nunmehr, wie man sich etwa den Verlauf der
chemischen Processe in den verschiedenen, für das Vorkommen
der Diabase möglichen Fällen denken kann.
Die Analysen der unveränderten Schiefer ergeben neben
nicht unansehnlichen Mengen Alkali noch ziemlich viel Eisenoxy-
dul, Kalk und Magnesia. Es ist wahrscheinlich, dass die ursprüng-
lichen Thonsedimente weit weniger von diesen Stoffen ent-
hielten als die jetzigen Thonschiefer, da Thone mit so viel
fremden Silikaten nur ganz ausnahmsweise vorkommen. Aber
nehmen wir an, die Zusammensetzung der ursprünglichen Se-
dimente sei derjenigen der heutigen Thonschiefer wesentlich
ähnlich gewesen. Unter dieser Voraussetzung muss man, um
das Vorkommen von saueren Gesteinen, wie in Fall 1 und 2
im unmittelbaren Contact mit Diabas, zu erklären, annehmen,
dass die wässerigen Lösungen ausser Natronsilikat noch Koh-
lensäure in freiem Zustande enthielten. In diesem Falle muss-
Ir *
164
ten die im Sedimente wahrscheinlich als Silikate vorhandenen
Mengen Eisenoxydul, Magnesia, Kalk als Bicarbonate fortgeführt,
die dabei frei gewordene Kieselsäure aber, soweit sie nicht gelöst
und auch mit fortgeführt wurde, ausgeschieden werden. Wirkte
der chemische Process in dieser Weise, so ist es begreiflich,
dass man an seinem Ausgangspunkte, der Conrtactfläche des
Diabases, Gesteine antrifft, die fast allein aus Natronfeldspath
mit etwas Quarz bestehen und von anderen Stoffen, namentlich
Eisen, Calcium, Magnesium bis fast auf Spuren frei sind. Mit
zunehmender Entfernung vom Diabase sättigte sich die Kohlensäure
immer mehr mit Metallbasen, und es trat, wenn die vom Wasser
zugeführten Mengen jener Säuren nicht sehr bedeutend waren,
bald der Punkt ein, wo von jenen Metallen nichts mehr ge-
löst werden konnte. Daher die Erscheinung, dass mit wachsen-
der Entfernung von der Üontactfläche die Menge jener Stoffe
stetig zunimmt. — Wo, wie im 2ten Falle, an die saueren sich
basische Gesteine anschliessen, da kann man annehmen, dass
bei der Bildung der letzteren von den präexistirenden Eisen-,
Kalk- und Magnesia-Silikaten nicht nur nichts mehr gelöst, sondern
im Gegentheil neue Mengen dieser Verbindungen gebildet wur-
den; die nunmehr auf das Sediment wirkenden Lösungen ent-
hielten ausser Natronsilikat noch ansehnliche, den saueren
Gesteinen entzogene Quantitäten Eisen, Kalk, Magnesia als
Bicarbonate, weshalb sich ausser Natronfeldspath besonders Eisen-
oxydul- und Magnesia- Silikate bildeten, welche sich mit dem
grössten Theil des noch übrigen wasserhaltigen Thonerdesilikats
zu Ohlorit verbanden. Da dieser unter den gegebenen Umständen
die schwerlöslichste Verbindung darstellt, so kann die bedeutende
Rolle, die er in allen basischen Gesteinen spielt, nicht auf-
fallen. Wurden gleichzeitig auch Kalksilikate gebildet, so muss-
ten sie doch ihrer leichten Löslichkeit halber durch die bei der
Chloritbildung frei werdende Kohlensäure zuerst wieder gelöst
werden. Nur im Glimmer und in der Hornblende sind sie in
kleinen Mengen enthalten. Mit wachsender Entfernung vom
Diabas nahm die Menge des Natronsilikats allmälig ab. Es
bildete sich weniger Feldspath, dagegen mehr Glimmer und so
entstanden immer basischere Gesteine. In den grünen Schie-
fern endlich, die an vielen Orten den Uebergang in die unver-
änderten Schiefer vermitteln, ist kein Natronsilikat mehr zu-
geführt worden. — Im dritten Falle endlich, wo gleich an der
165
Contactfläche Gesteine der basischen Reihe auftreten, darf
keine überschussige Kohlensäure vorhanden gewesen sein, son-
dern nur halbgebundene in Form von Bicarbonat, besonders
als Magnesiabicarbonat. Dieses ist auch dasjenige unter den
Masnesiasalzen, welches einen ganz gewöhnlichen Bestandtheil
aller Quellen ausmacht. Ein wesentliches Moment bei allen
diesen Processen spielte die in den Thonschiefern und zum
Theil auch in den basischen Gesteinen noch erhalten geblie-
bene organische Substanz der ursprünglichen Sedimente, die
wir bisher unberücksichtigt liessen. Durch ihre reducirende
Wirkung wurde das in den Sedimenten vorhandene Eisenoxyd in
Eisenoxydul umgewandelt und damit der Chloritbildung Vorschub
geleistet. Weiter ist ihr auch durch Reduction der etwa vor-
handenen Eisensulphate die Bildung des namentlich in den
saueren Gesteinen so verbreiteten Eisenkieses zuzuschreiben.
Waren solche Sulphate nicht ursprünglich vorhanden, so ge-
nugte die Gegenwart von Alkalisulphat neben Eisenoxyd oder
kohlensaurem Eisenoxydul zu ihrer Bildung.
Noch machen wir auf die merkwürdige Thatsache auf-
merksam, dass überall in unseren COontactgesteinen das Kali
der unveränderten Schiefer durch das Natron verdrängt er-
scheint. Nicht als Erklärung, sondern lediglich als auf ein
Analogon möchten wir auf die durch VoLgER bekannt gewor-
dene Pseudomorphosen von Albit nach Adular hinweisen
(BıscHor, Geol. II. 411).
Bei der Annahme einer Ausbildung der Contactmetamor-
phose wesentlich unter Mitwirkung des Wassers erscheint es
begreiflicher, warum dieseibe trotz ihrer allgemeinen Verbrei-
tung durch den Harz nicht gleichmässig an jedem Diabaslager
_ und, wo sie vorhanden, oft nur im Liegenden oder im Han-
genden zur Ausbildung gelangt ist. Derartige Ungleichheiten
können nicht mehr befremden als ähnliche in der Verwitterung
der Gesteine, wie sie sich oftmals nicht nur in ganz nahe lie-
‚genden Gesteinspartien, wie desselben Steinbruchs, sondern
an ein und demselben Handstüucke äussern. Die Ursache liegt
in beiden Fällen in der verschiedenen, durch unmerkliche phy-
sikalische Differenzen bedingten Durchdringbarkeit verschiede-
ner Gesteinspartien für das Wasser, welches in beiden Fällen,
bei der Umbildung wie bei der Zersetzung Träger der den
Gesteinen zu- und fortgeführten Stoffe ist. Nicht überall mögen
7
166
die Thonsedimente zur Zeit, als die Contactmetamorphose er-
folgte, gleich unverändert gewesen sein. An manchen Stellen
mögen innerhalb derselben durch locale chemische Processe
partielle Umwandlungen und Verfestigungen vor sich gegangen
und das Gestein dadurch zu einer weiteren Stoffaufnahme we-
niger geeignet gewesen sein. In gleicher Weise ist unter den
gemachten Voraussetzungen auch die Unabhängigkeit des Grades
der Ausbildung der Oontactgesteine von der Masse des angren-
zenden Diabases erklärlich.
Dass auch mechanische Kräfte durch das Eindringen der
Diabase in Thätigkeit gesetzt worden, lässt sich von vorn
herein annehmen. Auf ihre Rechnung sind, wie es scheint,
die oben beschriebenen, auf grösseren Umkreis um die Diabase
zu beobachtenden , feingefältelten und plattig uns griffelartig
abgesonderten Schiefer zu setzen.
Kurze Uebersicht der Centacterscheinungen der Diabase und ver-
wandter Gesteine ausserhalb des Harzes. Vergleichung der Diabas-
Contact - Metamorphose mit derjenigen anderer alteruptiver Gesteine.
Schlussbemerkungen.
Man findet in der Literatur zahlreiche Notizen über Con-
tactbildungen sowohl ächter Diabase, als ihnen nahe stehender
Gesteine, wie Gabbro, Hyperit, Euphotid etc. zerstreut. Sie
zeigen, dass die Contactmetamorphose dieser Gesteine auch
ausserhalb des Harzes eine weite Verbreitung besitzt. Was
die Charaktere der Contactproducte betrifft, so schliessen sich
diese, ‘wie es scheint, an die Harzer Diabascontactgesteine
durchaus an. Zum Theil sind es jaspis-, kieselschiefer- und
hornsteinähnliche, dichte, harte oder feinkörnig felsitische Ge-
steine, unseren saueren Üontactgesteinen nahestehend; zum
Theil weichere, mehr oder weniger schieferige, unseren
Fleckschiefern und. Bandgesteinen sich anschliessende Ge-
bilde. Doch werden Gesteine der letzteren Art viel seltener
genannt; sie scheinen sich nur in Fällen einer besonders
intensiven Metamorphose entwickelt zu haben. Ganz unzwei-
felhaft gehört sowohl der Beschreibung als der Analyse
nach das Gestein, welches im Burdenbachthale bei Boppard
am Rhein im Contact von Thonschiefern mit Diabas
BRITEN EP le ar, M a Re
We ee gabe, BB
nn
: | 167
auftritt und das Huco Branck (De lapidibus quwibusd. viridib.
Dissertat. Bonn, 1865) beschrieben und analysirt, zu unseren
Fleckschiefern. Auf dem Mineraliencabinette der hiesigen Berg-
akademie befindet sich eine Suite von Diabasen und Contact-
gesteinen von jener Lokalität, die den Harzern so ähnlich sind,
dass man sie damit verwechseln könnte. Auch die BrLanck’sche
Analyse schliesst sich der Zusammensetzung unserer Fleckschiefer
an. Auch hier ein Präponderiren des Natrons über das Kali, der
Magnesia über die Kalkerde. (4,80 Na’ O, 0,34 K?O, 3,14
Ms0, 0,40 Ca0, 86,14 SiO? ete.). Sonst sind mir unseren
basischen Gesteinen ähnliche Gebilde aus der Literatur nur von
Elba bekannt, woher sie Krantz im Contact mit Gabbro be-
schreibt und mit den Fleckschiefern der Heinrichsburg ver-
gleicht (Karsr. u. v. DecH. Archiv, XV. 1841. 395). Viel häu-
figer werden Gesteine, die unseren sauren ähnlich sind, ge-
nannt. Sie scheinen im ÜOontact mit diabasartigen Gesteinen
recht häufig zu sein, aber nicht immer wesentlich Feldspath-
gesteine darzustellen, wie die ähnlichen Harzer Gesteine, son-
dern oftmals kieseliger Natur zu sein. Das gilt z. B. von dem
bekannten uralischen Bandjaspis, der im Contact mit Hyperit
auftritt und nach einer Analyse von AvYDEJEFF ein ächter, kiesel-
säurereicher, alkaliarmer Jaspis ist. Dasselbe gilt im Allgemeinen
von den im Contact mit den freilich viel jüngeren Serpentinen
und Gabbros Liguriens und des toskanischen Appennins er-
scheinenden jaspisähnlichen Gesteinen, die als diaspro und gab-
bro rosso bekannt sind. Dieselben treten in Verbindung mit
den bezeichneten Gebirgsarten in solcher Constanz auf, dass
Al. Bronsniart (An. d. mines, VI, 1821. 177 ff.) sie als we-
sentliches Glied seiner Ophiolithformation ansah. Die Zusam-
mensetzung aber entfernt sich weit‘ von derjenigen unserer
Contactgesteine, wie die Analysen von DELESSE (An. d. mines,
XII, 1857. 507) beweisen, denen zufolge der Alkaligehalt die-
ser Gesteine ganz unbeträchtlich ist. Ob die von englischen
und amerikanischen Geologen im Contact mit älteren Grun-
steinen beschriebenen und als chert, jasper, flinty slate etc. auf-
geführten Gesteine (so z. B. von Hırcacock, Report on the
geology of Massachusets 1841. 657, im Contact mit den Dia-
basen des ÜOonecticutthales) mehr dem eigentlichen Jaspis oder
unseren Harzer Contactgesteinen sich nähern, erscheint frag-
lich. Andere Grünstein-Contactgesteine scheinen dagegen gleich
168
denen des Harzes wesentlich felsitischer Natur zu sein. Die in den
oberen Lahngegenden auftretenden Diabase werden haufig von
harten Contactgesteinen begleitet. Ein derartiges Vorkommen
erwähnt v. KLırsteis (Zeitschr. der D. geol. Ges. V. 530) aus
dieser Gegend. Handstücke von Diabascontactgesteinen von
Dillenburg zeigen vollkommen den Habitus des sogenannten
Adinolgesteins von Lerbach (No. XXIII) und Gesteine, die
ich jüngst bei Weilburg im Nassau’schen geschlagen, wo die-
selben dem Schlossberge vis-a-vis im Contact mit Diabas auf-
treten, sind dem hälleflintähnlichen Contactgesteine vom Gitz-
hugel bei Hasselfelde (No. IX) zum Verwechseln ähnlich.
Felsitischer Natur sind auch die dichten röthlichweissen
und oft grün punktirten oder gefleckten Gesteine, welche NAv-
MANN im Contact mit Serpentin im Gebiete des Siebenlehner
Grünsteins angiebt (Erläuter. z. geogn. Karte, Heft V. 71).
Endlich gehören hierher sehr wahrscheinlich auch die geschich-
teten dichten petrosilexartigen Gesteine, welche St. Hunt von
Orford und St. Henri beschreibt (Sıruım. Am. Journ. XXVII
1859. 339), wo dieselben zusammen mit grosskrystallinischen, aus
Albit und Augit bestehenden Gesteinen (welche letztere Hunr als
Diorite (?) ansieht), ansehnliche Lager zwischen den silurischen
Ophiolithen OCanadas bilden. Hunt hält zwar die dichten Ge-
steine für nichts Anderes als mikrokrystallinische Abänderungen
der grosskörnigen. Allein die Analysen beider Gesteine ergeben
eine so verschiedenartige Zusammensetzung, dass ihre Ver-
einigung unzulässig erscheint (Diorit: 63,4 Si O?, 12,7 Al O?,
7,5 Ca 0,3,37 Mg O, 4,23 Fe 0, 7,95 Na’ O, 0,13 K’ O, Glühv.
0,40 (Summe 99,68); Petrosilex 78,4 SiO?, 11,81 Al O°,
0,84 Ca 0, 0,77 Mg 0, 0,72 Fe O, 4,42 Na? O, 1,93 K? O,
Glühv. 0,90 (Summe 99,79). Vielmehr stimmt die Zusammen-
setzung und nach der Beschreibung auch der Habitus der dich-
ten Gesteine mit unseren hälleflintähnlichen Contactgesteinen
so überein, dass es in Anbetracht des geognostischen Vor-
kommens nicht zu gewagt erscheinen dürfte, in diesen Gestei-
nen wirkliche Analoga der letzteren zu sehen.
Die Contacterscheinungen aller altkrystallinischen Gesteine
haben im Allgemeinen viele Aehnlichkeit. Harte Gesteine von
kieselschiefer- bis jaspisartigem Aussehen, denen ähnlich, welche
wir unter den Diabascontactgesteinen kennen lernten, und
ebenso in selteneren Fällen felsitische Gesteine pflegen ebenso-
169
wohl im Contact mit Granit, wie mit Porphyr und Melaphyr
vorzukommen, namentlich wo diese Gesteine von Thonschiefern
begrenzt werden. In gleicher Weise sind fleckschieferähnliche
Gesteine, zu denen auch Garben-, Knoten- und Fruchtschiefer zu
stellen sind, im Gebiete des Thonschiefers, da wo dieser an
grössere Granit- und Syenitmassen angrenzt, eine häufige Er-
scheinung. Manchmal treten mit ihnen zugleich auch glimmer-
schiefer- und gneissartige Gebilde auf, ein deutlicher Beweis,
dass die Stellung, die Naumann und ZIiRKEL diesen (resteinen
in nachster Nachbarschaft der krystallinischen Schiefer anwei-
sen, eine durchaus passende ist. ‘In physikalischer Hinsicht
findet somit zwischen den Contactprodukten sehr verschieden-
artiger altkrystallinischer Gesteine viel Aehnlichkeit Statt. In
wie weit dieselbe auch in chemischer Beziehung besteht, dar-
über zu entscheiden reicht das zur Zeit vorhandene analytische
Material noch nicht aus. Silicificationen und zuweilen auch Feld-
spathisationen scheinen vielfach die bei der Contactmetamor-
phose hauptsächlich thätigen chemischen Processe darzustellen.
So ist erste von Fuchs (loc. eit.) für die Hornfelsbildung als
wesentlich erwiesen; in anderen Fällen ist daneben oder auch
ganz allein die zweite mit grosser Wahrscheinlichkeit anzu-
nehmen. So nach DurocHEr in der Nachbarschaft der grossen
Prophyrmassen Norwegens, z. B. von Ringerige (Sur le metam.,
Bullet. soc. geol. III. 1846. 595), so vielleicht bei der viel be-
sprochenen „grauwacke metamorphique“ der Vogesen. Doch sind
Gesteine mit so hohem Alkaligehalte überhaupt und Natron-
gehalte insbesondere wie unsere Harzer Diabascontactgesteine
unter den Contactgebilden von Eruptivgesteinen meines Wissens
bis jetzt nicht zur Kenntniss gelangt. Auch unter den me-
tamorphischen Gesteinen im Allgemeinen sind sie nur selten.
Unter den von List analysirten Sericitschiefern des Taunus
treten mitunter Gesteine mit ähnlich hohem Natrongehalte auf
(Annal. d. Chem. u. Pharm. 1852. 198). Ebenso können in
dieser Hinsicht vielleicht manche Gneisse und Glimmerschiefer,
die Albitgneisse und die Paragonitschiefer Scharnäurn’s (mit
8,5 Proc. Na’ O, ohne K’ O, Annal. d. Chem. u. Pharm. 1843,
335) und gewisse natronreiche und kaliarme Abänderungen der
skandinavischen Hälleflinta — soweit alle diese Gesteine me-
tamorphischen Ursprungs sind — verglichen werden. Doch ist
namentlich bei den letzteren der Alkaligehalt im Allgemeinen
170
viel niedriger, das gegenseitige Verhältniss beider Alkalien
ausserordentlichen Schwankungen unterworfen, und das Ueber-
wiegen des Natrons immer nur etwas mehr Zufälliges, wie die
neuerdings in den Berichten der schwedischen Landesunter-
suchung mitgetheilten Analysen zeigen (AXEL ERDMANN, ‚Sveriges
Geologisca Undersökning, Heft 26, „Sala“, S. 43). Dem gegen-
über erscheint die grosse Constanz des hohen . Natrongehaltes,
welcher die Harzer Diabascontacigesteine zu förmlichen Natron-
gesteinen stempelt, sehr bemerkenswerth. Interessant würde
es sein, zu verfolgen, ob dieser Natrongehalt auch anderweitig
wiederkehrt, wo Oontaetbildungen von Diabasen vorhanden sind,
wie das bei der einzigen Analyse eines unzweifelhaften, Dia-
bascontactgesteins ausserhalb, des Harzes, von Boppard, der
Fall ist, ;
Es ist eines der vielen Verdienste von Det&sse, die spe-
zielle oder Contaetmetamorphose von der allgemeinen oder nor-
malen getrennt zu. haben. (Ann. d. mines, XI. 1857. 89 £.).
Die erstere findet, wie schon der Name andeutet, im Contact
von sedimentären mit Eruptivgesteinen Statt. Die zweite um-
fasst alle die Veränderungen, die sich unabhängig von. Eruptiv-
gesteinen durch allgemeine chemische und physikalische Pro-
cesse innerhalb der Gesteine vollziehen. Sind diese durch uns
noch unbekannte Ursachen irgendwo mit besonderer Intensität
erfolgt, so äussert sich dieselbe in so grossartiger Weise, wie
in der in vielen Fällen ausser Zweifel gestellten Umbildung
sedimentärer Schichteneomplexe in krystallinische Schiefer.
Es ist ein bezeichnender Unterschied beider Metamorphosen,
dass die Wirkungen der letzteren sich auf grosse Erstreckungen
hin bemerklich machen, während die Contactmetamorphose im
Allgemeinen auf enge Grenzen beschränkt erscheint. Bei jener
haben vorwiegend chemische Wirkungen von grösster Allge-
meinheit, bei der letzteren daneben auch solche stattgefunden,
die auf Rechnung der besonderen chemischen Natur des Erup-
tivgesteins zu setzen sind. Und zwar sollen im Allgemeinen
mit steigendem Alter dieses letzteren chemische Processe der
letzten Art immer mehr gegen solche der ersten zurücktreten.
Molekulare Umwandlungen pflegen bei der allgemeinen Meta-
morphose eine viel bedeutendere Rolle zu spielen als bei der
Contactmetamorphose. Diese Thatsachen erscheinen als noth-
wendige Consequenz der Ansicht über die Genesis: der alterup-
171
tiven Gesteine, die immer mehr Anhänger gewinnt, dass nam-
lich mit steigendem Alter dieser Gesteine dem Wasser eine im-
mer wesentlichere genetische Rolle zufällt. Denn da bei der
allgemeinen Metamorphose der gewöhnlichen Ansicht gemäss
hauptsächlich auch nur Durchwässerungsprocesse, wahrschein-
lieh unter Mitwirkung, von Druck und erhöhter Tempera-
tur, thätig waren, so erklärt sich die oftmals sehr grosse
Aehnlichkeit der Contactwirkungen alteruptiver Gesteine mit
den Phänomenen der allgemeinen Metamorphose auf ungezwun-
gene. Weise. So sind die Oontacterscheinungen der im Allge-
meinen ältesten Gesteine, der Granite, — ausser wo Horn-
felse gebildet sind, die mehr ein Product eigentlicher Contact-
metamorphose darzustellen scheinen — den Wirkungen der all-
gemeinen Metamorphose am meisten ähnlich. Sie lassen sich
oftmals auf sehr weite Entfernungen hin verfolgen. So reichen
nach KrıLaau (Naumann, Geogn., I. 745) die verschiedenen Ab-
stufungen der Metamorphose der Thonschiefer in der Gegend
von ÜOhristiania bis auf eine englische Meile, nach BREITHAUPT
(Paragenesis, 36) in den Schneeberger Gruben bis auf 800’
von der Granitgrenze und die Contactzonen mancher Granit-
partien im Erzgebirge, Cornwall, in der Bretagne und den Pyre-
näen haben eine noch bedeutendere Mächtigkeit. Die Producte
der Granitmetamorphose, wo diese recht ausgezeichnet ent-
wickelt ist, zeigen meist eine deutlich krystallinische Beschaffen-
heit, ja stellen oft wirkliche, sehr feldspathreiche Gneisse dar,
wie nach Naumann ein treffliches Beispiel derart nördlich von
Oschatz zu beobachten ist (Geogn. Beschreib. d. Königr. Sachs.
II, 194). Mit Recht sagt daher Derzsse (Ann. d. mines, XII,
1857, 772): „les metamorphoses qui s’observent dans les roches
contigues & des roches granitiques r&sultent beaucoup moins
d’un metamorphisme de contact que d’un me&tamorphisme nor-
mal. Et quant on tient compte de la superposition ‚habituelle
de ces deux metamorphismes, l’on est surpris du peu d’impor-
tance des efiets produits par les roches granitiques.* Etwas
ganz Aehnliches gilt nun auch, wie es scheint, von der Diabas-
contactmetamorphose. Denn auch die Wirkungen dieser sind,
wenn auch nicht in dem Grade wie bei dem Granit, denjenigen
der allgemeinen Metamorphose zum Theil recht ähnlich. Na-
mentlich gilt das in Betreff der Fleckschiefer und der ihnen
nahe stehenden Gesteine. Die schiefrig-flasrige Ausbildungs-
weise, die bedeutsame Rolle, welche in ihnen concretionäre
Bildungen spielen (die gewissermaassen den Sphärolithen der
Quarzporphyre, Trachyte und Obsidiane zu vergleichen und als
Vorläufer deutlicherer Krystallausscheidungen zu betrachten
sind), die Verbreitung des Chlorits, eines Minerals, dessen
Vorkommen sich wesentlich auf metamorphische krystallinische
172
Schiefer beschränkt, endlich die oftmals ansehnliche Breite der
Contactzonen, das Alles lässt unsere basischen Gesteine den
Producten der allgemeinen Metamorphose wesentlich ähnlich
erscheinen. In viel geringerem Maasse gilt das von den sauren
Diabascontactgesteinen, die vielmehr, den Hornfelsen analog,
weit mehr als Producte eigentlicher Contactmetamorphose er-
scheinen.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die fast ausschliessliche
Beschränkung der fleckschieferartigen Gesteine auf den nörd-
lichen Zug in Beziehung zu bringen ist mit der grösseren Inten-
sität der metamorphischen Phänomene überhaupt im Norden
der Grauwackenaxe. Die weite Verbreitung feingefältelter und
in Thonglimmerschiefer umgewandelter Thonschiefer, das häu-
fige Auftreten sericitischer Gesteine und endlich metamor-
phischer Porphyre mit deutlichen Quarz- und Feldspath-
krystallen in einer den hälleflintähnlichen Diabascontactgestei-
nen ähnlichen Grundmasse — Gesteine, die Lossen (loc. cit.)
als Porphyroide beschrieben hat —, das Alles sind Erschei-
nungen, die den Aquivalenten Schichten im Süden der Axe
fehlen und auf die bedeutsame Rolle hinweisen, welche die
allgemeine Metamorphose im Norden der Axe gespielt. Im
Lichte dieser Thatsachen erscheint die Verschiedenartigkeit in der
Ausbildung der Contactgesteine des nördlichen und des süd-
lichen körnigen Diabaszuges weniger befremdlich.,. Denn da
die Metamorphosirung der Contactgesteine unserer Annahme
nach vor Aufrichtung der Schichten erfolgte, d. h. zu einer
Zeit, wo die Trennung derselben in eine Nord- und eine Sud-
hälfte noch nicht stattgefunden hatte, so wäre die grosse Diffe-
renz beider Gesteinszuge unerklärlich, wenn man nicht an-
nehmen durfte, dass nach Aufrichtung der Schichten und Aus-
bildung der Centralaxe — vielleicht in Folge des Auftretens
des Granits — noch bedeutende metamorphische Vorgänge all-
gemeiner Art Statt hatten, die aber nur einseitig im Norden
der Axe thätig waren. Auf Rechnung solcher Vorgänge, die
eine weitere Umbildung der Contactgesteine des nördlichen
Zuges zur Folge haben konnten, möchte vielleicht die ab-
weichende Ausbildungsweise der hier vorherrschenden Gesteine
zu setzen sein, die den Stempel einer intensiveren Umwandlung,
verbunden mit Charakteren der allgemeinen Metamorphose, an
sich tragen. Die Contactgesteine des südlichen Zuges blieben
von einer ‘derartigen späteren Metamorphose unberührt und
haben daher den Typus der eigentlichen Diabas - Contactmeta-
morphose, wie er sich besonders in dem hohen Natrongehalte
zu zeigen Scheint, bis auf den heutigen Tag deutlicher be-
wahrt.
9. Geologie des Kurischen Hafles und seiner Umgebung.
Von Herrn G. Berexor ın Königsberg ı. Pr.
Die vor Kurzem im Verlage der Königl. physik. okonom.
Gesellschaft in Commissiou bei W. Kock in Königsberg er-
schienene „Geologie des kurischen Haffes und sei-
ner Umgebung“ giebt in ihrem 50 Seiten Quart umfassen-
den ersten Theile nach einem oro-hydrographischen Ueberblick
der Gegend eine geognostische Beschreibung dieses in sich ab-
geschlossenen grossen Alluvial-Gebietes und dient zugleich als
Erläuteruug der betrefienden Sectionen 2, 3 und 4 der geolo-
gischen Karte von Preussen.
Nach den Formations - Abtheilungen geordnet, beginnen in
der geognostischen Beschreibung die Salzwasser- und die Flug-
Bildungen, und wird gleichzeitig die 14 Meilen lange aus ihnen
gebildete Kurische Nehrung eingehend besprochen. Fig. 1 der
in den Text gedruckten Holzschnitte giebt ein charakteristisches
Profil durch die ganze Breite der Nehrung und zwei chromo-
lithographirte Tafeln in vier nach der Natur skizzirten Ansichten
ein getreues Bild des bisher wenig gekannten grossartigen
Charakters dieser schmalen Landzunge. Beobachtungen und
Versuche, den gefährlichen Triebsand der hohen Dünen be-
treffend, schliessen sich an.
Die gleichfalls durch Profile erläuterten-Susswasserbildun-
gen, welche in der kurzen Petrographie nun folgen, gehören
_ der Hauptmasse nach dem grossen weiten Memeldelta aus der
direeten Umränderung des Kurischen Haffes an. Es schliessen -
sich daran die Bildungen eines älteren Alluviums, die als
schmale ganz niedrige Hugelzuge die meilenweite ebene Fläche
des Deltas durchziehen. Sie steigen aber auch bereits hinauf
auf die Höhe der Plateauumränderung, welche der Hauptsache
nach nur aus Diluvialbildungen besteht, so dass sich eine kurze
petrographische, durch Profile unterstützte Schilderung auch
dieser, nach oberem und unterem Diluvium gegliedert, anschliesst.
174
Eine kleine geognostische Uebersichtskarte vollendet und unter-
stützt endlich die gegebene geognostische Beschreibung.
Der zweite 60 Quartseiten umfassende Theil enthält den
Versuch einer Geogenie oder Entstehungs- und
Fortbildungsgeschichte des Kurischen Haffes, soweit die-
selbe auf positive Beobachtungen gestützt möglich.
Die ganze Umgebung des Haffes deutet darauf hin, dass
die Grenzen der Wasserbedeckung noch innerhalb der Periode
der Alluvialzeit um ein Bedeutendes weiter landeinwärts ge-
legen haben, ja der deutliche, ziemlich plötzlich abfallende
Rand der ausserhalb der heutigen Deltabildungen und der flach
abgespülten Vorebene aufsteigenden Plateaus lässt noch ziem-
lich sicher diese alten Grenzen der früheren Wasserbedeckung
erkennen. Andererseits beweist aber auch ein noch heute
unter dem Wasserspiegel nachweisbarer alter Uferrand und
mehrfache andere näher besprochene Umstände, dass der Bo-
den des heutigen Haffes früher bereits zum Theil trocken ge-
legen, seit der hierzu erforderlichen Hebung des Landes also
schon wieder eine Senkung stattgefunden hat.
Es ist natürlich, dass Bodenschwankungen der Jetztzeit,
vornehmlich die äusserst langsamen, säcularen Hebungen und
Senkungen, mit denen wir es erwiesener Maassen in unseren
d. h. den Östseegegenden überhaupt, soweit bis jetzt bekannt,
allein zu thun haben, am ehesten und sichersten in unmittel-
baren Küstengegenden zu beobachten sind. So kommt schon
der verstorbene Prof. SCHUHMANN in einem kleinen Aufsatze
„Ueber Hebung und Senkung der südlichen Küste des balti-
schen Meeres“ zu dem Ergebniss, dass die Formen- und Lage-
rungs - Verhältnisse der preussischen Kuste,, insbesondere auch
des Kurischen Haffes, eine Hebung derselben in zwei Absätzen
und eine darauf folgende Senkung erkennen lassen. Die zum
Beweise angeführten Beobachtungen finden sich auch heute
vollständig bestätigt, nur zwingen fortgesetzte und bei Gelegen-
heit der Karten-Aufnahmen gemachte eingehendere Beobachtun-
gen zu einer wesentlichen Erweiterung der daraus gezogenen
Schlusse. Sie zwingen, wenigstens im Bereiche des Kurischen
Haffes, auf das sich die Arbeit, um gründlich sein zu können,
absichtlich beschränkt, zum Erkennen noch einer, die erste
und zweite Hebung trennenden früheren Senkung, so dass sich
in Folge dessen ein zweimaliges Auf und Nieder ergiebt.
Die ersten 4 Kapitel versuchen in Folge dessen neben
den nöthigen Beweisen ein ungefähres Bild des Landes resp.
Haffes innerhalb jener 4 Zeitperioden zu geben, das durch
Fig. 1—5 auf einer besonderen Tafel wesentlich unterstutzt
wird. Fig. 6 auf selbiger Tafel zeigt eine Parallele dieser Bil-
dung mit der der Niederlande resp. des Zuider-Sees.
Das 5. Kapitel weisst sodann die Existenz des Menschen
während der Periode der zweiten Senkung nach, welche letz-
tere sich bis in die Neuzeit verfolgen lässt, wie mehrfache
_ historische Beweise ausser Zweifel stellen.
Das 6. Kapitel behandelt, auf die Gegenwart übergehend,
die Frage: Senkt oder hebt sich das Land noch jetzt?
Es folgt nun im 7. Kapitel die Besprechung eines anderen
in seinen Folgen höchst grossartigen Phänomens der Gegen-
wart, des Wanderns der 100 bis fast 200 Fuss hohen Dünen
von See zu Haff. Schon ein Blick auf die alte Scurörrer’sche
Karte gegenüber den heutigen Generalstabsblättern, lässt Nie-
mand in Zweifel, dass eine merkliche Dünenwanderung inner-
halb der zwischen beiden Aufnahmen liegenden ca. 60 Jahre
stattgefunden; jedoch die Ungenauigkeit der zwar für damalige
Zeit unubertroffen dastehenden ScHRöTTEr’'schen Karte macht
jeden eingehenderen Vergleich zwischen beiden Aufnahmen und
darauf gründenden Schluss über Richtung und Maass der Wan-
derung zur Unmöglichkeit. Die Zeit zwischen den 1841 publi-
eirten Kustenkarten und den letzten Aufnahmen des General-
stabes schien aber zu kurz,*) die Uebereinstimmung in Form
und Zahl der Berge sowie in deren Stellung zu einander dem
angemessen zu auffallend, als dass hiervon ein Erfolg zu er-
warten gewesen. Um so überraschender war das Ergebniss
eines mit möglichster Genauigkeit dennoch ausgeführten Ver-
gleiches, wie ihn ein besonderes der Abhandlung beigefügtes
Kärtchen ergiebt, wonach allerdings fast jede Hauptbiegung
des Dünenkammes, fast jeder Berg auch in annähernd der-
*) Die topographische Aufnahme zu der im Jahre 1841 vom Mini-
sterium publicirten Küstenkarte wurde auf Grund der 1836 unter Leitung
des damaligen Oberst Bawver stattgefundenen Gradmessung in den Jahren
1857, 38 und 39 von Offizieren des Generalstabes ausgeführt. Die jetzi-
gen Generalstabskarten dieser Gegend wurden im Laufe der Jahre 1859
— 1861 aufgenommen, so dass der äusserste Termin der Zwischenzeit nur
24 Jahre beträgt.
176
selben Form in beiden Aufnahmen zu finden ist und somit ge-
rade die Genauigkeit der Aufnahme beweist, aber in merklich
grösserer Entfernung von der See, in sichtbar geringerer vom
Haffufer. Die zu ganz anderen Zwecken und also völlig un-
befangen ausgeführten beiden topographischen Aufnahmen er-
geben somit unbewusst das deutlichste und zugleich sicherste
Bild dieser Dünenwanderung innerhalb noch nicht 25 Jahren
und sprechen somit von Neuem für den grossen Nutzen ge-
nauer topographischer Karten einer Gegend.
Betrachten wir nun die Resultate der genannten kritischen
Kartenzusammenstellung genauer, so zeigt die damalige und
die jetzige Lage des Dünenkammes 1) eine messbare bedeu-
tende Wanderung desselben; 2) die genauere Richtung dieser
Wanderung; 3) lokale Abweichungen von der allgemeinen Rich-
tung. Gleichzeitig ergiebt auch ein Vergleich der Uferlinien
4) das Wachsen der Nehrung nach dem Haffe zu. Die Ta-
belle A giebt nun die Messung dieses Dünenvorrückens für 22
Punkte der Nehrung an und darnach eine durchschnittliche
jährliche Wanderung um 17,94 also fast genau 18 Fuss rheinl.
Tabelle B berechnet auf ähnliche Weise das Wachsthum der
sogenannten Haken des Haffufers. Drei Profile der Gegend
des ehemaligen Kunzen zeigen den Untergang dieses mit sei-
nen Hausstellen und seinem Kirchhof zum Theil jetzt bereits
wieder hinter der Düne zum Vorschein kommenden Dorfes.
Das 8. Kapitel giebt endlich einen Ueberblick über die
seither in Anwendung gekommenen Schutzmittel und Düunen-
befestigungen und beweist die völlige Unzulänglichkeit der jahr-
lich bisher darauf gewandten Geldmittel. Wenn nicht die für
eine beträchtliche Reihe von Jahrzehnten in Aussicht stehenden
bisherigen Kosten etwa auf ebenso viele Jahre zusammen-
gezogen werden können, so wird der angestrebte Endzweck,
die Erhaltung der bedrohten Ortschaften, nie und nimmer er-
reicht werden, wird man nur dahin kommen, auch einst die
Stätten dieser dann verschwundenen Dörfer als trauriges Denk-
mal mit hoffnungsvollen Kiefernschösslingen bepflanzen zu
können. i
Da solches aber von den drei seit 1829, mithin seit bald
40 Jahren zu schützen versuchten Stellen bei Rossitten, Nid-
den und Schwarzorth gilt, welche Aussichten bleiben dann für
i 177
die gesammte übrige Erstreckung des 11 Meilen langen hohen
Dünenkammes der Nehrung!
Es folgt somit aus dem Gesagten, dass, da es unausführ-
bar ist, eine ausreichende Dünenbefestigung mit allen ihren
Vorarbeiten auf der ganzen Länge des 100 bis 200 Fuss ho-
hen Dünenkammes zu Stande zu bringen, die Wanderung
der Dünen hier als unaufhaltsam bezeichnet werden
muss. Und weil dem so ist, ist man zugleich in den Stand
gesetzt, einige, wenn auch wenige, aber bedeutsame Schlüsse
auf die Zukunft jener Gegend zu machen, wie es in dem neun-
ten und letzten Kapitel versucht ist.
Es dürfte leicht unbedingt misslich erscheinen, bei einer
wissenschaftlichen Untersuchung sogar das Bereich der Zu-
kunft zu betreten. Sind wir aber berechtigt, aus den unter
unsern Augen stattfindenden Vorgängen der Gegenwart, aus
der Erkenntniss gewisser Naturgesetze, wie es ja die Aufgabe
der Naturwissenschaften und namentlich der Geologie ist,
Schlüsse auf die Vergangenheit zu thun, auf eine Vergangen-
heit, die zum grössten Theil keines Menschen Auge je erblickt
hat, so dürfte es nicht minder gerechtfertigt erscheinen, die-
selben Schlüsse auch auf die Zukunft zu machen.
Oder wäre ein solches Thun unbedingt zwecklos und
müssige Neugier? — Für Erkenntniss und Verständniss der
Naturgesstze und Vorgänge scheint vielmehr mehr Aussicht
auf diesem Wege als bei Schlüssen zurück auf die Vergangen-
heit, bei denen ein Trugschluss nicht so leicht zu erkennen ist,
Trifft die Vorausbestimmung ein, so ist in den meisten Fällen
der Beweis der Richtigkeit gewisser Annahmen dadurch ge-
führt. Trifft sie nicht zu, so ist vielfach inzwischen, schon
durch mehrseitige Beobachtung der Vorgänge, auf die aller
Blicke hingerichtet wurden, nachgewiesen, wo der Fehler be-
gangen ist, oder welcher zur Zeit unberechenbare Umstand störend
in die Entwickelung eingegriffen hat. Manches bisher unlösbar ge-
bliebene Räthsel findet so vielfach am ersten seine Erklärung.
Dürfen wir uns durch Vorausbestimmung terrestrischer Zu-
stände nicht mit Recht ebensoviel und — weil näher und
greifbar — noch mehr Erfolg für die Geologie versprechen,
als sich durch Vorausbestimmung tellurischer Vorgänge für
die Astronomie bereits erwiesen? —
Hierzu kommt ferner der praktische Nutzen. Wie manche
Zeits.d. D.geol.Ges. XXIL. 1. 12
178
Vorkehr zur Verhinderung oder auch Nutzung dieser oder jener
künftigen Zustände kann getroffen werden, falls überhaupt
Menschenkraft direet durch Lenkung derselben oder mit Hülfe
Verwerthung anderer Naturkräfte dazu im Stande ist! Wie
manche Maassregel ist ausführbar zur anderweitigen Sicherung
oder Ausgleichung der Folgen, wenn letzteres nicht möglich,
das Naturereigniss unabweisbar ist!
Von diesem ‘Gesichtspunkte aus ist zum Schluss die Zu-
kunft der Nehrungsdörfer in etwa beleuchtet, aber auch getrost
noch ein Schritt weiter gewagt, bei dem man nicht zu be-
fürchten hat, den Boden positiver Forschung unter den Füssen
zu. verlieren. Die Dünenberge, welche in längstens hundert
Jahren wieder eine Reihe Dörfer unter sich begraben haben
werden und mit ihrem nackten Fusse -—— zwei Stellen ihres
noch eine Zeit lang schützenden Waldes halber ausgenommen
— auf der ganzen Länge der Nehrung hart auf dem heutigen
Haffufer stehen werden, wie es zum Theil bereits der Fall ist,
sie müssen nothwendig weiter auf ihrer Wande-
rung, sie müssen mit allen ihrea Sandmassen hinein in’s Haft.
Die Bildung weit in’s Haff hinein reichender Sandflächen,
sogenannter Haken, wurde bereits erwähnt. Sie zeigen, in
welcher Art die Weitergestaltung des Landes hier stattfinden
wird. Aber wird das seiner Flachheit halber bekannte Haff,
wenn es erst alle die Sandmassen, die augenblicklich im Wan-
dern begriffen, in sich aufgenomnien hat, wird es nur grosse, weit
hineinragende Haken und flache Sandbänke aus ihnen bilden?
Wird es sodann überhaupt noch bestehen? 5
Die beigefügte Taf. VI giebt in Cavalier-Perspektive eine
Reihe von 36 auf Messungen des Königl. Generalstabes basiren-
den Profilen durch die nördliche Hälfte des Kurischen Haffes
und der Nehrung, d. h. auf 7 Meilen geradliniger Entfernung
von dem Nordende derselben bei Memel, und die aus dieser
Profilkarte sich ergebenden in Tabelle C zusammengestellten
Resultate sind die Antwort auf diese Frage. Unter den 86 Profilen
zeigen nur 8 ein und zwar nicht bedeutendes Ueberwiegen des
im Haffbecken vorhandenen Raumes gegenüber der auf der
Nehrung angehäuften wandernden Sandmasse. In den übrigen
28 überwiegt letztere so bedeutend,*) dass schon auf den
*) Das arithmetische Mittel des Verhältnisses aus sämmtlichen
36 Profilen beträgt 1 : 2,163.
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179
ersten Blick Niemand anstehen wird, der Behauptung beizu-
pflichten, dass, wenu die Sandmassen der heutigen hohen Wan-
derdünen vom Winde erst völlig über die Nehrung hinüber in’s
Haff gejagt sein werden, der ganze nördliche Theil des
Haffes festes Land geworden sein muss, durch wel-
ches die Memel in mannichfachen Windungen sich dem Meme-
ler Tief zuschlängeln wird, falls es ihr bis dahin nicht etwa
gelungen, sich einen näheren Abfluss in die See zu erzwingen.
Könnte man nun aber vielleicht noch glauben, dass die in
groben Umrissen soeben entworfene Perspective in die Zu-
kunft sich in weit hinausliegende Zeiträume verliere, vielleicht
Jahrtausende über ihre Verwirklichung hingehen könnten, so
folgt in Tabelle D auch hierüber noch eine ungefähre Berech-
nung, nach welcher die Sandmassen der Dünen in dem nörd-
lichen Theile durchschnittlich in 213 Jahren, in dem südlichen
Theile durchschnittlich in 217 Jahren im Haffe liegen mussen.
Da aber dieser Zeitpunkt bei der eigenthümlichen Art des
Vorrückens der sogenannten Sturzdünen noch keinesweges
überall gleichbedeutend ist mit der Ausfüllung des flachen Haff-
beckens, die hohe Düne das Haff vielmehr meist wie eine im-
mer niedriger werdende Welle durchwandert und allmälig aus-
füllt, so berechnet von diesem Gesichtspunkte aus Tabelle E
das Maximum der Zeitdauer, binnen welcher der nördliche Theil
des Haffes ausgefüllt sein muss.
Den Schluss endlich macht ein Hinweis auf die für die
ganze Zukunft des Haffes nicht minder bedeutsamen Uferab-
bruche der See bei dem von Königsberg aus vielbesuchten
Badeorte Cranz.
Ein Durchbruch ist nämlich die nothwendige einstige
Folge. Zum Beweise dürfte anzuführen genügen, dass dem
thatsächlichen, nun schon seit einem halben Jahrhundert stetig
beobachteten Vorrüucken der See bei Cranz von jährlich 6 bis
. 7 Fuss, also ca. + Ruthe, nur gegenüber steht ein Maximum
der Landbreite von 300 Ruthen. In dieser Entfernung (west-
lich und südlich von Cranz sogar in kaum 100 Ruthen Ent-
fernung) würde die See, wenn sie erst soweit gelangt, überall
die alljährlich vom Haff überstauten Alluvialbildungen erreicht
haben. Die Bildung eines neuen Haffausflusses, eines Tief,
würde dann nicht mehr zu hindern sein, wenn man bedenkt,
dass der mittlere Haffspiegel hier nach den bisherigen Nivelle-
En 12°
180
ments stark 2 Fuss höher als der der See liegt, dass aber zu-
dem bei starkem Landwinde noch stets eine merkliche Er-
höhung desselben und gleichzeitiges Zurücktreten der See
stattfindet.
Will man einen Durchbruch zwischen Haff und See hier
verhindern, so tbut es Noth, bei Zeiten durch Messungen
sammtliche Stellen der Küste festzustellen, wo ein Vordringen
der See hier wirklich stattfindet, damit auch bei Zeiten am
rechten Ort und in der rechten Weise der Kampf mit der Na-
tur begonnen werden kann, ein Kampf, bei dem man sich nie
schnellen Erfolg versprechen kann.
RR HI 140 ae DOSE N LER
Er
A g. a Fe SA a ER 2 RT ae N ST,
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NDR
181
B. Verhandlungen der Geselischaft.
l. Protokoll der November - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 3. November 1869,
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der August-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Als Mitglieder traten der Gesellschaft bei:
Herr Spırıpon von SIMonowitsch aus Tiflis, zur Zeit
in Bonn,
vorgeschlagen von den Herren BEYRıicH, SCHLÜTER
und Eck.
Herr Dr. phil. E. Weiss in Bonn,
vorgeschlagen von den Herren HAUCHECORNE, BEYRICH
und Eck.
Der Vorsitzende gab der Gesellschaft Kenntniss von einer
seitens der naturforschenden Gesellschaft Graubündens einge-
sendeten Anzeige von dem am 15. September erfolgten Ab-
leben des Professors GoTTFRIED TaEoBALD in Chur und von
einer seitens der Academie of Science in St. Louis gemachten
Mittheilung über den am 14. April erfolgten Tod des Dr. Bens.
FRANKLIN SHUMARD daselbst.
Derselbe erstattete Bericht über die Verhandlungen der
Gesellschaft bei der allgemeinen Versammlung in Heidelberg.
Derselbe bemerkte ferner, dass mit der heutigen Sitzung
ein neues Geschäftsjahr beginne und forderte unter Abstattung
des Dankes für das dem Vorstande von der Gesellschaft ge-
schenkte Vertrauen zur Neuwahl desselben auf. Auf Vorschlag
eines Mitgliedes erwählte die Gesellschaft durch Accelamation
den früheren Vorstand wieder. Derselbe besteht aus den
Herren:
182
G. Rose, Vorsitzender,
EwALp und RAMMELSBERG, Stellvertreter desselben,
Beyrıcah, Weoping, Eck, Kuntu, Schriftführer,
Tamnav, Schatzmeister,
HAUCHECORNE, Archivar.
Herr Rora legte die Carte lithologique des mers de
’Europe von DELESSE zur Ansicht vor und besprach dieselbe.
Der Vorsitzende gab der Gesellschaft Kenntniss von einem
Briefe des Herrn ZEUSCHNER (vergl. diese Zeitschr, XXI., S. 817).
Herr RAMMELSBERG sprach über die chemische Constitution
des Gadolinits, Datoliths und Euklases (s. diese Zeitschr. XXTI.,
Ss. 807).
Herr HaAucHEcoRNE legte ein von Herrn v. DückEr einge-
sendetes Stück bituminösen Schiefers aus dem Rothliegenden
der Gegend von Neurode in der Grafschaft Glatz vor, welcher
eine grosse Menge Partieen eines schwarzen, glänzenden,
muschelig brechenden Stoffes eingesprengt enthält, der reinem
Asphalt am ähnlichsten sieht. Beim Erwärmen entwickelt der-
selbe jedoch wenig Gas und brennt erst bei sehr starker Er-
hitzung unter Bildung von vieler Asche. Der Schiefer findet
sich im Hangenden eines kalkigen Lagers, welches 1 Meile
südwestlich von Neurode am Wege von Rathen nach Alben-
dorf in einem jetzt verlassenen Kalksteinbruch in 1,5 — 2 Me-
ter Mächtigkeit aufgeschlossen wurde, sanft nach Westen ein-
fallt und im Liegenden in thonige, kieselige und bituminose
Schiefer übergeht, welche einen besonderen Reichthum an
Thierfährten zeigten.
Herr Bryrıcı sprach über den Inhalt einer von Herrn
Runge in Breslau eingesendeten Abhandlung über anstehende
Juragesteine im Regierungsbezirk Bromberg (s. diese Zeitschr.
XXH., S. 44).
Herr Kayser sprach über die chemische Constitution und
die Krystallform des Chrysoberylis. Betrachtet man, was jetzt 4
so gut wie gewiss erscheint, das Beryllium als zweiwerthbiges
Element und berechnet danach die Formel des Chrysoberylis,
indem man zugleich die kleinen Mengen Eisenoxydul und
Chromoxyd der Analysen, ersteres in sein Aequivalent Beryli-
erde, letzteres in sein Aequivaleıt Thonerde verwandelt, so
ergiebt sich, dass das Mineral ein Atom Beryllium auf ein
Doppelatom Aluminium enthält. Danach ist also die allge-
A ge en Zn ir m
N
BE ha
a ee hl Me eh
ET EN E
+ | 183
u vI ıl
meine Formel des Chrysoberylis RRO', worin R = Be, Fe,
vI
R=Al, €r. Es giebt noch drei andere rhombisch kry-
u vI
stallisirende Mineralien von der allgemeinen Formel RRO',
nämlich Göthit, Manganit und Diaspor, mit den speciellen For-
meln H*’ Ee O!, H’Mn OÖ‘ und H’ Al O‘!. Vergleicht man
nun die Krystallform des Chrysoberylis mit derjenigen der drei
letztgenannten, wie bekannt, isomorphen Mineralien, so zeigt
sich, dass die vier Mineralien wie in chemischer, so auch in
krystallographischer Beziehung eng verbunden sind. Unter
den Flächen der bei allen vier Mineralien sehr entwickelten
verticalen Prismenzone herrscht bei dreien ein Prisma von ca.
130° vor, dessen scharfe Kante durch einen blätterigen (der
Axenebene a/c parallel gehenden) Bruch abgestumpft wird,
der einzigen deutlichen Spaltbarkeit dieser Mineralien. Das
für die Zwillingsbildung wichtige Längsprisma (b:c: 00a) beim
Chrysoberyll bildet in der Axe ce 119’ 46’, ein analoges Prisma
beim Göthit 117° 30°. Geht man von den bezeichneten ver-
ticalen und Längs-Prismen aus, so ergiebt sich als Axenver-
hältniss:
ag: Fre
Chrysoberyli 0,810 : 1,709 : 1
Göthit 0,757 : 1.648: 1
Somit wäre also der isomorphen Gruppe des Göthit, Man-
‘ganit, Diaspor als viertes Glied der Chrysoberyll zuzufügen,
eine Isomorphie, die, falls es dessen noch bedarf, einen neuen
Beweis für die Zweiwerthigkeit des Berylliums liefert, da das-
selbe, wie aus den obigen Formeln ersichtlich, zwei Atomen
Wasserstoff der drei anderen Mineralien entspricht.
Schliesslich weist der Vortragende auf die ausser der eben
besprochenen rhombischen existirende zweite, aber regulär
krystallisirende Gruppe von Mineralien hin, deren Constitution
I vi
der allgemeinen Formel RR O* entspricht. Ihr gehören Spi-
nell, Magneteisen, Chromeisen und andere seltnere Verbindun-
gen au, Mineralien die, wie ihre Zwillinge hinlänglich darthun,
gleichfalls eine isomorphe Gruppe bilden. Sonach wäre die
aut FR 2
rd N
#7
i 184
II vI
Atomgruppe RR O° dimorph, einmal rhombisch (Göthitgruppe),
dann regulär (Spinellgruppe).
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beykıch. Eck.
2. Protokoll der December - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 1. December 1869.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der November - Sitzung wurde verlesen und
genehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr Hüttenmeister ULrıcH in Ockerhütte bei Goslar,
vorgeschlagen von den Herren RAMMELSBERG, GROTH
und G. Rose.
Der Vorsitzende widmete dem am 25. November gestor-
benen Mitgliede der Gesellschaft Frızpdrıchn ApoLpHu RoEMER in
Clausthal einen Nachruf.
Derselbe gab der Gesellschaft Kenntniss von der folgen-
den Antwort des Herrn NAuMmAnN in Leipzig auf das ihm von
der Gesellschaft bei der allgemeinen Versammlung in Heidel-
berg zugesendete Beglückwüunschungstelegramm zu seinem
50 jährigen Doctorjubiläum:
An die 18. allgemeine Versammlung der Deutschen
geologischen Gesellschaft in Heidelberg.
Die diesjährige Versammlung der Deutschen geologischen
Gesellschaft hat geruhet, mich durch Telegramm vom 13. Sep-
tember, welches mich, wegen meiner damaligen Abwesenheit
von hier, erst einige Tage später erreichte, zu meinem d0 jah-
rigen Doctor-Jubiläum mit einer höchst ehrenvollen Beglück-
wünschung zu erfreuen. Je weniger ich erwarten konnte, dass
ein, zwar mich persönlich interessirendes, an und für sich
aber ganz unbedeutendes Ereigniss eine so vielseitige Theil-
185
nahme finden würde, desto freudiger hat mich auch dieser,
von einer so hoch verehrten Corporation vaterländischer Fach.
genossen mir gewidmete Glückwunsch überracht, für welchen
ich hiermit meinen herzlichen und ehrerbietigen Dank aus-
spreche.
Leipzig, den 19. September 1869.
CARL NAUMANN.
Herr Weppine theilte mit, dass sich unter dem Vorsitz
des Sir Roperick MurcHisön in London ein Comite gebildet
habe behufs Ueberreichung eines Ehrengeschenkes an den Geo-
logen, Professor der Londoner Universität Herrn Morrıs, und
dass er bereit sei, Beiträge, welche deutsche Gelehrte, nament-
lich Mitglieder der Gesellschaft, zu diesem Zwecke zeichnen
wollten, bis zum 25. Januar 1870 in Empfang zu nehmen und
nach England zu befördern.
Herr RAMMELSBERG berichtete uber den Inhalt einer in
den Schriften der Stockholmer Akademie enthaltenen Abhand-
lung Paıkurs über die Geognosie Islands.
Derselbe theilte ferner die Resultate seiner Untersuchun-
gen über die chemische Zusammensetzung des Labradors aus
dem Närödal in Norwegen mit, über welche derselbe eine
Abhandlung in PoGGENnDorFF’s Annalen bekannt machen wird.
Herr Kusta sprach über Analoga des Deckels der Zoan-
tharia rugosa bei lebenden Korallen (s. diese Zeitschr. XXII,
S. 24). ®
Herr G. Ross legte eine Quarzdruse von Olomuezan in
Mähren vor, die ihm Herr Prof. F. SınpBERGER zur Ansicht
gütigst mitgetheilt, und die derselbe schon früher in LEONHARD’S
Jahrbuch von 1867, S. 835 beschrieben hatte. Bei den in
Rhomboödern krystallisirten Quarzkrystallen hatte sich durch
Verwitterung an der Oberfläche eine dünne Schicht einer
weissen erdigen Substanz gebildet, und eine gleiche Umände-
rung hatte eine die Quarzkrystalle stellenweise bedeckende
dieke nierenförmige Masse, die wahrscheinlich Chalcedon ge-
wesen ist, erlitten. Herr SanDBErGEr hatte die erdige Sub-
stanz für Opal erklärt, was Dr. Sırvers durch eine Analyse
bestätigt hatte, da sie nach seiner Untersuchung 98,25 bis
98,66 pCt. Kieselsäure enthält und durch zehnstündiges Dige-
riren mit concentrirter Kalilauge 32,1 pCt. von ihr aufgelöst
x
186
wurden. Leider sind keine Versuche über das specifische Ge-
wicht angestellt, so dass dadurch das Verhältniss zu JENZscH’s
amorpher Kieselsäure mit hohem specifischen Gewichte und
auch zum Tridymit nicht aufgeklärt ist.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beyrich. Eck.
3. Protokoll der Januar - Sıtzung.
Verhandelt Berlin. den 5. Januar 1870.
Vorsitzender: Herr G. Ross.
Das Protokoll der December-Sitzung wurde verlesen und
genehmigt.
Als Mitglied trat der Gesellschaft bei:
Herr Stud. phil. J. H. BramweEun aus New York, z. Z.
in Berlin,
vorgeschlagen von den Herren G. Ross, WEDDING
und SADEBECK.
Der Vorsitzende gab der Gesellschaft Kenntniss von einer
durch Frau CHARLOTTE ERDMANN eingesendeten Anzeige von
dem am 1. December 1869 erfolgten Tode des Professors
AXEL JOACHIM ERDMANN in Stockholm.
Derselbe machte ferner Mittheilung von einer durch die
Direction der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft
in Frankfurt a. M. eingesendeten Anzeige, dass von der durch
Herrn SCHMIDT von DER Lausitz angefertigten Gypsbuste HER-
MANN VON MEYER’s noch Exemplare vorräthig und zu dem Preise
von 10 Thalern zu beziehen seien.
Herr Beyrıch legte einige von Herrn SAars in Christiania
an Herrn Dr. KuntHu in Berlin gesendete Exemplare des
Rhizocrinus lofotensis vor, erläuterte den Bau desselben und
machte darauf aufmerksam, dass derselbe durch die Ver-
wachsung der unteren Kronentheile der Gattung Eugeniacrinus
näher stehe als Apiocrinus und Bourgeticrinus.
Herr Orrta legte eine von ihm verfasste Abhandlung über
die geologischen Verhältnisse des Schwemmlandes und die An-
fertigung geognostisch agronomischer Karten sowie die dazu-
187
gehörigen Aufnahmen iu der Feldmark Friedrichsfelde und
Carlshorst bei Berlin vor.
Herr K. A. Lossen zeigt Lepidodendreen-Reste
ausGrauwackeneinlagerungen des vordevonischen
bercynischen Schiefergebirges vor, welche zum Theil
noch einem älteren Niveau angehören als die Graptolithen-
schiefer von Harzgerode. Sie stammen aus dem Lindenberger
Steinbruche gegenuber Strassberg an der Selke und aus einem
Bruche von Wolfsberg. Die Ansicht F. A. Rormer’s, der auf
Grund dieser Pflanzenreste jene Grauwacken für Kulmgrau-
'wacke (Flötzleeren Sandstein) ansprach”), widerlegt sich
durch die getreue Beobachtung der Lagerungsverhältnisse.
Während die Rormer’sche Colorirung der kleinen Karte Pre-
DIGER's von Lindenberg - Strassberg bis nach Wolfsberg eine
schmal fortstreichende Zone von Kulmgrauwacke angiebt, ver-
läuft die Streichlinie des Schiefergebirges nahezu unter einem
rechten Winkel gegen diese Zone, welche zwei Grauwacken-
lager verbindet, die um zwei Stunden Abstand vom Liegenden
zum Hangenden im Thonschiefer auseinanderliegen. Beide
Vorkommen gehören dem „liegenden Thonschiefersystem “ **)
an, welches neben jenen Grauwackeneinlagerungen in ‘seinen
Kalkeinlagerungen die Fauna der obersten silurischen Etagen
F G Barsranpe’s birgt. Das Strassberger Grauwackenlager
liegt noch im Liegenden der Kalke vom Schneckenberg und
Scheerenstieg bei Harzgerode und Mägdesprung (2b.), in de-
ren Hangendem erst die Graptolithenschiefer auftreten, über-
lagert von der Hauptquarzitzone (2c.). Das Wolfsberger Grau-
wackenlager tritt erst im Hangenden des Hauptquarzits auf und
gehört zu der flaserig -schieferigen Grauwacke, welche jenen
oberen Theil der liegenden Schiefer (2d.) auszeichnet.
Ferner legte der Vortragende die Ventralklappe einer
2 Zoll von der Stirn bis zum Schnabel messenden Megan-
teris aus dem Kalksteinbruche des Schnecken-
berges bei Harzgerode vor. Meganteris (Suess), ein
Vorläufer des jüngeren Subgenus Waldheimia der Gattung
*) Conf. die Widerlegung dieser Ansicht durch K. A. Lossen, diese .
Zeitschr. Bd. XX., S. 217 bis 218.
*%) Conf. die Gliederung des hercynischen Schiefergebirges durch
K. A. Lossen, diese Zeitschr. Bd. XX., S. 217, Bd. XXI, S. 284.
188
Terebratula, ist in Europa bis jetzt nur aus dem Unterdevon
(zumal der Eifel und Spaniens) *) durch die von DE VERNEUIL
als Terebratula Archiaci beschriebene Species vertreten. Eine
specifische Bestimmung erlaubt der vereinzelte Fund bei Harz-
gerode nicht; indem er aber die Altersgrenze des Genus Me-
ganteris unter das Devon hinabrückt in jene Schichten, welche
den Uebergang des Silur nach dem Devon vermitteln, lehrt er
den ältesten Repräsentanten der Familie der Terebratuliden in
Europa kennen, während in Amerika die Subgattung Rensse-
laeria (Haut) (Meganteris sehr verwandt und in Europa mit
ihr zugleich im Unterdevon durch die Species Rensselaeria
stringiceps F. ROEMER vertreten) in den obersilurischen Da
ten die gleiche Rolle trägt.
Herr RotH berichtete über den Inhalt einer Abhandlung
von Herrn v. HELmeRsen über die Wanderblöcke und die Di-
luvialgebilde Russlands.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. Beyrich. Eck.
*, Von der Grube Braut im Liegenden des mitteldevonischen Kalkes
von Walderbach legte der Vortragende dergleichen Steinkerne im körni-
gen Eisensteine (F. oligiste oolithique) vor; cf. diese Zeitschr. Bd. XIX,
S. 642.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
ae Er a Sal
s N ER an T
Zieitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
2. Heft (Februar, März und April 1870).
A. Aufsätze,
>»
l. Ueber die Ausbrüche des Aetna im November und
December 1868.
Von Herrn Mar. Grassı ın Acıreale.
(Aus Il nuovo Cıimento, Ser. 2., Tomo 1., 186 — 191.,
1869, mitgetheilt von Herrn J. Rora ın Berlin.)
Am 5. September 1868 stiegen aus dem Krater des Aetna
Flammenstreifen auf, und es fand ein heftiger Erdstoss statt, Vor-
läufer der grossen Explosion.
Am 26. November 1868 erhob sich eine grosse Rauch-
pinie aus dem Aetna; in der Morgeudämmerung am 27. furchte
ein ungeheures Meteor den Himmel von Ost nach West und
barst endlich mit starker Detonation in 6 leuchtende Bruch-
stucke. Als es dann Nacht wurde, hatte der Krater eine wun-
derbare, grossartige Explosion. Ihr ging nicht, wie gewöhn-
lieb, Donner voraus, nur ein dumpfer metallischer Krach be-
gleitete sie. Eine immense Feuersäule erhob sich bei der
Windstille zu ausserordentlich grosser Höhe und schleuderte
aus ihrer Spitze und ihren Seiten einen Regen glühender Ge-
steinstrummer , die zum Theil in den grossen Krater zurück-,
zum Theil auf die Schneemassen des Gipfels fielen. Die Feuer-
saule, welche ganz Sicilien erleuchtete, erreichte zur Zeit ihrer
grössten Höhe fast 2000 Meter. Ringsum kräuselten sich
schwärzliche Wolken von Rauch, Schlacken und Sand; sie bil-
.deten schliesslich über der Feuersäule und dem Aetna ein
Zeits. d.D.geol. Ges. XX11. 2. 13
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ungeheures Zeltdach, aus dem fortwährend leuchtende Blitze
zuckten. Seine grösste Stärke erreichte der Ausbruch zwischen
81 und 94 Uhr Abends, nahm dann ab und erlosch ganz am
folgenden Frühroth, zu welcher Zeit nur noch schwacher Rauch
aufstieg. Auf den schneebedeckten Abfällen lagen Haufen
von Blöcken und Schlacken.
Am 7. December liess der Aetna Getöse hören, Abends
sah man Flammen, die aber kaum uber den Kraterrand hin-
ausgingen. Am 8. December Abends 6, Uhr stieg wiederum
unter unaufhörlichem Donnergetöse, furchtbaren Detonationen
und fortdauerndem Blitzen eine Feuersäule ähnlich der am
27. November auf, deren Höhe man gegen 900 — 1000 Meter
schätzte. Sie sandte zu noch grösserer Höhe glühende Massen
hinauf, die, meist Parabeln beschreibend, erst nach 15 — 20
Sekunden auf den Gipfel des Aetna niederfielen. Die schwar-
zen Wolken bildeten am Himmel einen langen dunkelen Bo-
gen, aus dem bis nach Giarre und Riposto Bimssteine von
Nuss- bis Birnengrösse und reichlicher Sandregen herabfiel. Die
Erdstösse waren auch in den unteren Theilen des Aetna be-
merkbar, namentlich die um 8 Uhr 18 Minuten in Puntalazzo,
S. Alfio, S. Giovanni, Dagala (s. Bd. XI. t. 6). Nachdem
um 10 Uhr Abends das erhabene Schauspiel seinen Höhepunkt
erreicht hatte, nahm es ab und hörte um 11 Uhr auf. Früh
am Morgen des 9. December sah man nur noch leichten Rauch
aufsteigen. Die ausgeworfenen Massen sollen den grossen
Krater ausgefüllt haben.
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191
-
2. Die Kreide von New Jersey.
Von Herrn Hermann Creoxer ın Leipzig.
Hierzu Taf. IV.
Literatur und einleitende Bemerkungen. Die
Kreide von New Jersey ist bereits mehrfach der Gegenstand
geognostisch -palaontologischer Untersuchungen sowohl von
Seiten amerikanischer, wie europäischer Geologen gewesen.
VAnuxEem wies im Anfange der dreissiger Jahre zuerst auf
die Zugehörigkeit der Grünsande von New Jersey zur Kreide-
formation hin. Say, HarLAan und ConrAD beschrieben bald
darauf im Americ. Journal of Science und im Journal of the
Academy of Natural Sciences of Philadelphia einzelne dorther
stammende organische Reste, wodurch VAnuxems Annahme
bestätigt wurde. Morton gab 1834 in seiner Synopsis of the
organic remains of the cretaceous group of the United States“)
die erste vollständigere Zusammenstellung der damals bekann-
ten amerikanischen und unter ihnen auch der new-jerseyer
Kreidefossilien. Im Jahre 1840 veröffentlichte RoGERS in sei-
nem Final Report on the Geology of New Jersey eine geo-
gnostische Beschreibung der Grünsandformation dieses Staates.
Lyeın legte 1845 die Resultate seiner 1841 erfolgten Berei-
sung jener Gegenden mit besonderem Bezuge auf eine Pa-
rallelisirung mit der europäischen Kreide in einem Aufsatze
im Quart. Journ. of the geolog. Society of London, Vol. I.,
p- 39 — 60 nieder, welchem FoRBES und LoNsDALE die paläon-
tologische Beschreibung der von LYELL dort gesammelten Fo-
raminiferen und Bryozoen beigefügt haben. Bei Gelegenheit
*) Die Möglichkeit der Benutzung dieses bereits vor 25 Jahren selbst
in Amerika äusserst seltenen, jetzt kaum zugänglichen Werkes verdanke
ich der Güte meines verehrten Lehrers Herrn F. Rorner in Breslau,
welcher mir das in seinem Besitze befindliche, sehr werthvolle Exemplar
zum Gebrauche nach Leipzig übersandte.
13*
192
seiner Arbeit über „die Kreidebildungen von Texas und ihre
organischen Einschlüsse“ stellte F. Rosmer 1852 Vergleichun-
gen dieser mit denen von New Jersey und beider mit solchen
Europas an. Die Annual Reports of the geolog. Survey of
New Jersey 1855 und 1856 von Kıremern enthalten Schilde-
rungen der Kreide jenes Staates, welche jedoch hinter denen
seiner amerikanischen Vorgänger zuruckbleiben. 1857 gab
J. Harn (Am. Journ. XXIV. S. 72) eine auf Cook’s Unter-
suchungen basirte Gliederung der Kreide von New Jersey, zu
welcher er jedoch irrthumlicher Weise tertiäre Schichten zieht.
In den folgenden Jahren erschienen wiederholt Beiträge zur
Kenntniss der organischen Reste jener Formation von CoNRAD,
GasBB und Horn, sowie Versuche einer Parallelisirung der letzt-
genannten Schichtenreihe mit solchen in den westlichen Staaten
von MEER und Haypen, ferner Beschreibungen und Abbildun-
gen der Kreide-Reptilien Nord-Amerikas und somit auch New
Jerseys von Lemr in den Smithsonian Contributions 1865.
Die genaueste Schilderung der petrographischen und stratigra-
phischen Verhältnisse, sowie der Verbreitung und Mächtigkeit
der Kreidebildungen von New Jersey findet sich in dem eben
publicirten Werke: The Geology of New Jersey von ÜooK.
Diese neueste geognostische Untersuchung des genannten Staa-
tes hatte hauptsächlich die Aufsuchung, Verfolgung und Be-
schreibung der Vorkommen technisch nutzbarer Gesteine und
Mineralien behufs deren Zugutemachung zum Zwecke. Diese
Aufgabe ist von Cook und seinen Assistenten vollkommen ge-
löst, wobei freilich die Mehrzahl von Erscheinungen, die allein
-wissenschaftliches Interesse besitzen, unbeachtet geblieben sind.
Dahin gehören auch die paläontologischen Verhältnisse der
im Staate New Jersey vertretenen Sedimentärformationen und
somit auch der Kreide, Letztere wurde vielmehr eben nur als
eine verwerthbare Grünsande enthaltende Schichtenreihe auf-
gefasst, andere Gesichtspunkte aber wurden fern gehalten.
In den meisten der genannten geologischen Arbeiten sind
Versuche angestellt worden, die Kreidebildungen von New
Jersey mit solchen von Europa zu parallelisiren, denselben
mit anderen Worten ein bestimmtes Niveau der cretaceischen
Schichtenreihe anzuweisen. Diese Vergleichungen, welche na-
türlich auf der paläontologischen Aehnlichkeit cis- und trans-
atlantischer Kreidebildungen basiren, hatten weit auseinander-
193
gehende Resultate zur Folge, auf die ich später zurückkommen
werde. Es sei hier nur erwähnt, dass MorTon, Rogers, LYELL,
Meer, Haypen und Cook in der Kreide von New Jersey Re-
präsentanten der sämmtlichen europäischen Kreideetagen vom
Gault, ja vom Wealden aufwärts erblicken, während F. Ror-
MER dieselben als ausschliesslich senon anspricht.
Nicht ‚nur, dass keine ubereinstimmenden Resultate uber
das Alter der new-jerseyer Kreide vorliegen, es giebt auch
keine einzige der erwähnten Abhandlungen ein einigermaassen
vollständiges Bild des paläontologischen und geognostischen
Gesammthabitus und der Gliederung jener interessanten For-
mation. Diese Lücken auszufüllen, soll in der vorliegenden
Abhandlung versucht werden.
Die in derselben niedergelegten Beobachtungen stellte ich
in den Jahren 1867 und 1868 an. Im Laufe dieser Zeit be-
reiste ich die Kreidezone von New Jersey zu verschiedenen
Malen, untersuchte dieselbe zuerst in ihrer nordöstlichen, dann
in ihrer sudwestlichen Erstreckung und kreuzte das Ausgehende
sammtlicher Kreideschichten wiederholt, und zwar stets an an-
deren Stellen. Später benutzte ich die in den Museen der
Academy of Natural Sciences in Philadelphia und der geogno-
stischen Landesuntersuchung von New Jersey in New Brunswick
aufgestellten Sammlungen von new -jerseyer Kreideversteine-
rungen.
Den Staats-Geologen Herren Cook und Smock, welche,
wie alle amerikanischen Fachgenossen, meine Pläne durch
Rath und That zu fördern bestrebt waren, meinen aufrichtig-
sten Dank,
Die Hauptaufgabe bei einer Schilderung der Kreide von
New Jersey musste nach meiner Rückkehr nach Deutschland
die Feststellung des Verwandtschaftsverhältnisses ihrer Fauna
zu der der europäischen Kreide sein; auf ihr beruhte ja die
Möglichkeit, ersterer einen bestimmten Hor’zont in der in
Europa erkannten Schichtenfolge anzuweisen. Schon früher
hatte man einige wenige amerikanische Kreidereste mit euro-
päischen identifieirt, die Zahl derselben betrug freilich nur sechs,
mit anderen Worten 7 pCt. der bekannten Formen; andere
eis- und transatlantische Species sollten nahe verwandt sein
und endlich noch andere nur entfernte Aehnlichkeit mit ein-
ander besitzen.
194
Zu ganz abweichenden, fast überraschenden Resultaten
über das Verwandtschaftsverhältniss der Kreidefauna von New
Jersey und Nord-Deutschland gab das Studium der von mir
in Amerika gesammelten organischen Reste Veranlassung. In
dem Folgenden soll nämlich gezeigt werden, dass 42 Arten
der letzteren mit europäischen identisch, und ein Theil der
übrigen sehr nahe mit solchen verwandt sind. Die blosse
Benutzung der paläontologischen Literatur hätte derartige
Schlusse nicht erlaubt, im Gegentheil wurden sie nur durch
Vergleichungen mit ganzen Suiten nordeuropäischer Versteine-
rungen der Sammlung meines Vaters, des Leipziger, des Dres-
dener, namentlich aber des Berliner geognostisch -paläontolo-
gischen Museums ermöglicht. Durch sie wurde ich in den
Stand gesetzt, die Identität mancher Form festzustellen, auf
welche aus der blossen Abbildung und Beschreibung nie zu
schliessen gewesen ware.
Herrn Professor Beyrıca in Berlin bin ich nicht nur für
die Erlaubniss zum Studium der Berliner Sammlung, sondern
auch für den Rath, mit welchem er mich freundlichst unter-
stützte, meinen besonderen Dank schuldig.
In dem paläontologischen Theile dieser Abhandlung habe
ich nur solche organische Reste berücksichtigt, welche ich selbst
an Ort und Stelle gesammelt habe, deren geognostischer Ho-
rizont mir somit unbedingt sicher erschien, während ich andere,
von früheren Autoren aus der Kreide von New Jersey aufge-
zahlte und beschriebene, sowie in den Museen von Philadel-
phia und New Brunswick angesammelte Formen, von deren
Vorkommen ich nicht durch eigene Funde überzeugt wurde,
als unzuverlässig unerwähnt gelassen habe. Zu. dieser Ver-
nachlässigung zwang mich der Umstand, dass fast sammtliche
oben erwähnte Autoren die Feststellung des Horizontes der
einzelnen Reste, sowie die Angabe des Fundortes derselben
versäumten, und dass Andere gewisse versteinerungsreiche ter-
tiäre Grünsande der Kreideformation zugerechnet lıaben. In
den genannten Museen aber sind die Etiquetten nur allein,
und sogar dieses nicht immer, oder nicht immer mit Recht
mit der Bezeichnung „cretaceous formation of New Jersey“
versehen, so dass ibr Studium zu keinem Bilde der Gliederung
der Kreideformation verhilft. Ich habe daher von ihrer Be-
nutzung fast vollständig abstrahiren müssen.
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RAS
195
Die Bearbeitung der aus New Jersey vorliegenden cre-
taceen Korallen hatte Herr Wırn. BöLScHE in Braunschweig
die Gefälligkeit zu übernehmen.
I. Skizze der allgemeinen geognostischen Verhältnisse New Jerseys.
Ich schicke eine kurze Schilderung der Gesammtheit der
Formationen, welche an dem geognostischen Baue des Staates
New Jersey theilnehmen,, der specielleren Beschreibung einer
einzigen derselben voraus, um den Leser in eine Gegend zu
versetzen, deren geognostische Verhältnisse nicht als allgemein
bekannt vorauszusetzen sind.*) Zur Verdeutlichung derselben
mag das auf Taf. IV. gegebene Kärtchen und beigedrucktes
Profil dienen.
Trenton
Ocean
ANETTE KL ——— / ME
mesoz. Sandstein- Gneiss-
Formation mit Forma-
Dioriten tion
so.
laurent. Gneiss-
Kreide Tertiär und
Formation ;
Quartär
Durchkreuzt man den Staat New Jersey von der Küste
des atlantischen Oceanes aus in nordwestlicher Richtung, so
überschreitet man in rechtem Winkel auf ihre Längserstreckung
fünf parallele Zonen von verschiedenartigen Gebirgsformatio-
nen, welchen sämmtlich eine Richtung von Südwesten nach
Nordosten und eine durcehschnittliche Breite von 5 bis 6 deut-
schen Meilen gemein ist, während sie in ihren übrigen Ver-
hältnissen weit auseinandergehen.:
*) Ausser in verschiedenen älteren amerikanischen Arbeiten ist die
Geognosie New Jerseys specieller abgehandelt worden in dem bereits er-
wähnten Report on the Geology of New Jersey, 1868 (publ. 18069),
900 S. gr. 80%. mit vielen geognostischen Karten und Profilen von Cook
und Smock. — Einige auf dasselbe Thema bezügliche Skizzen sind von
mir gegeben worden: Die Erzlagerstätten New Jerseys, Berg-
und Hüttenmänn. Zeit. 1866. No, I, 3 u. 4 Die Gliederung der
eozoischen Formationen Nord-Amerikas. Zeitschr. gesammt.
Naturwissensch. 1868. p. 371.
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196
Tertiäre und quartäre Mergel, Thone, namentlich
aber lose Sande nehmen von allen das grösste Areal ein, in-
dem sie fast allein die flache ausgedehnte Halbinsel zwischen
dem Oceane und der Delaware-Bay, also die nur wenig über
den Meeresspiegel erhabenen Kuüstenstriche und somit die süd-
östlichste geognostische Zone von New Jersey bilden. Reich
an organischen Resten sind nur ihre tiefsten Horizonte, welche
direet und gleichförmig die Glauconitmergel der Kreidefor-
mation überlagern, und von welchen später die Rede sein wird.
Letztere nimmt einen durchschnittlich vier deutsche Mei-
len breiten Strich Landes ein, welcher sich von der südlichen
Nachbarschaft New Yorks aus bis zum Delaware- Fluss nahe
dessen Mündung erstreckt. Ihre Schichten fallen sehr flach
unter das Tertiär, also nach Südosten ein. Lose Sande, plasti-
sche Thone, Glauconit- und Kalkmergel bilden ihr hauptsäch-
liches Material.
In nordwestlicher Richtung wird die Kreidezone von den
rothbraunen Sandsteinen, Conglomeraten und Schieferthonen
der mesozoischen Roth-Sandstein- Formation be-
grenzt. Nur an einem Punkte, bei Trenton, tritt zwischen
Kreide und Sandstein der nördliche Auslänfer der laurentischen
Gneisszone von Pennsylvania auf, verschwindet aber bald,
nachdem er die Grenze von New Jersey überschritten hat,
unter dem Sandsteine und der Kreide, aus welchen sich jene
Gneisse erst in der Nähe von New-York wieder herausheben.
Die Schichten der Roth-Sandstein-Formation fallen flach gegen
Nordwesten, also nach gerade entgegengesetzter Himmelsgegend
wie die der Kreide ein. Letztere überlagert somit den Roth-
Sandstein, soweit ein Contact zwischen beiden stattfindet, dis-
cordant, während der Sandstein wiederum ungleichförmig dem
laurentischen Gneisse aufgelagert ist.
Eine wichtige Rolle als Gebirgsglieder der Roth-Sandstein-
Formation spielen körnige und aphanititsche Diorite und Me-
laphyre, und zwar gewöhnlich als der Schichtung conforme
Einlagerungen, seltener als durchgreifende Gänge. Da, wo
das Fallen des Roth-Sandsteines ein sehr flaches ist, erschei-
nen derartige Lager als weit ausgedehnte Decken über den
fast horizontalen Sedimentär-Gesteinen. Derartige Lagerungs-
verhältnisse sind in grosser Schönheit in der Schlucht des
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Pasaic-Falles bei Paterson aufgeschlossen. Dort ruht eine
über 200 Fuss mächtige Decke von zuunterst dick-, nach oben
dunnsäulenförmigem, aphanitischen Diorite, der ausserdem
auch weitläuftig horizontale Absonderungen zeigt, auf einem
im Contacte schwarzbraunen Sandsteine. Bei steilerem Ein-
fallen treten diese eruptiven Formationsglieder als schrofie,
pittoreske Felszuge an die Tagesoberfläche, besitzen aber auch
in diesem Falle fast stets eine ausgezeichnet säulenförmige
Structur. Den senkrechten‘, fast 500 Fuss hohen Abstürzen
des 10 Meilen langen Ausgehenden einer solchen, und zwar
über 400 Fuss mächtigen, Dioriteinlagerung und ihrer regel-
mässigen säulenförmigen Absonderung verdankt das unter dem
Namen der Pallisaden bekannte, zum Staate New Jersey ge-
hörige rechte Ufer des Hudson seine entzuckende Schönheit.
In der Nähe des Contactes mit den genannten Eruptiv-
Gesteinen ist der Sandstein häufig von Gediegen Kupfer, so-
wie von geschwefelten und oxydischen Kupfererzen imprägnirt.
Neben dem Gediegenen Kupfer tritt auch Gediegen Silber auf.
Diese Vergesellschaftung des in Aestuarien abgelagerten meso-
zoischen Roth-Sandsteines mit gewissen Eruptivgesteinen, welche
sich während der Bildung der ersteren auf diesen deckenartig
ausgebreitet zu haben scheinen, und beider mit Kupfererzen,
besonders aber Gediegenem Kupfer, ist eine höchst auffällige.
Auffällig deshalb, weil wir ihr überall auf dem nordamerika-
nischen Continente begegnen, wo überhaupt der Roth -Sand-
stein zur Ablagerung gelangte. Sie tritt uns in genau dersel-
ben Weise an den felsigen Gestaden der Fundy Bay in Nova
Seotia, in dem schönen Connecticutthale, im fruchtbaren New
Jersey und Pennsylvania, sowie in Virginia und Nord-Carolina
entgegen, also an isolirten Punkten, welche auf einer Linie
von 250 geographischen Meilen Länge zerstreut liegen.
Der flach nach Nordwest fallende Sandstein vou wahr-
scheinlich triassischem Alter wird von einer Zone, der vierten,
die wir kreuzen, von laurentischen Glimmer-, Hornblende- und
Graphit-Gneissen, Syeniten und krystallinischen Kalksteinen
mit weithin anhaltenden Flötzen und lenticulären Lagern von
Magneteisenstein, Franklinit, Rothzinkerz, sowie Graphit ab-
geschnitten, deren geognostisches Verhalten von mir in den
eitirten Abhandlungen ausführlicher beschrieben worden ist,
198
Die flach abfallenden Ränder dieser laurentischen Zone bildeten
den Untergrund, auf welchem sich nach Südost zu der Roth-
Sandstein, nach Nordwest zu die untersten Etagen des Silur,
namlich Potsdam-Sandstein und Trenton-Kalkstein ablagerten.
Dieselben ruhen auf den laurentischen Gneissen in discordan-
ter Ueberlagerung,, treten jedoch nicht nur an der nordwest-
lichen Flanke der Gneisszone als Ränder des weitausgedehn-
ten palaenzoischen Mississippi-Beckens, sondern auch in Form
isolirter steiler Mulden in Mitten des laurentischen Gneiss-
gebietes auf. Gerade solche Fälle bieten am häufigsten Ge-
legenheit zur Constatirung der discordanten Lagerung der pa-
laeozoischen Schichten auf den Gneissen und krystallinischen
Kalksteinen. Seit Veröffentlichung meines citirten Aufsatzes
„uber die Gliederung der vorsilurischen Formationsgruppe
Nord-Amerikas“ ist mir der bereits oben erwähnte „Report on
the geology of New Jersey“ von Cook und Smock durch die
Güte der Verfasser zugegangen. In ihnen finde ich zu meiner
Genugthuung durch die Wiedergabe zahlreicher Beobachtungen
und vieler Profile die früher von mir ausgesprochene Ansicht
über das vorsilurische Alter jener Gneisse auf das Entschie-
dendste bestätigt.*) Die von den beiden Staatsgeologen gege-
benen Beweise sind zu schlagend, als dass nicht die Frage
über die Stellung der appalachisehen Gneissformation zum
Silur endgültig beantwortet wäre.
Die nordwestlichste der fünf Formationszonen, in welche
New Jersey seinem geognostischen Baue nach zerfällt, ist, wie
vorher angedeutet, die palaeozoische, bestehend aus den
steil aufgerichteten Conglomeraten, Sandsteinen, Kalksteinen
‘und Dolomiten des Silur und Devon. Sie sind die directe
sudwestliche Fortsetzung der durch James Haın’s palaeontolo-
gische Arbeiten bekannt gewordenen new-yorker Schichten-
systeme, deren Gliederung jetzt als Norm für die sammtlichen
gleichalterigen Formationen Nordamerikas gilt. In New Jersey
sind mir jedoch keine versteinerungsreichen Fundstellen im Silur
bekannt geworden.
*) Im Gegensatze zu der Annahme einiger amerikanischer Geologen,
dass die appalachischen Gneiss- und krystallinischen Schieferformationen
nur metamorphosirte paläozoische Schichten seien.
199
II. Geognostische Beschreibung der Kreideformatien von New Jersey.
Die Kreideformation nimmt im Staate New Jersey einen
Streifen Landes ein, welcher sich von der New York- und Ra-
ritan-Bay aus in südwestlicher Richtung nach dem unteren
Laufe des Delaware zieht, jenseits dieses Stromes in dem
gleichnamigen Staate wieder auftaucht und sich bis an das
Nordende der Chesapeak-Bay erstreckt. Die Länge der Kreide-
zone, soweit diese innerhalb der Grenzen New Jerseys liegt,
beträgt 20 deutsche Meilen. Ihre Breite beläuft sich an der
Küste der Raritan-Bay auf fast 6 Meilen, verschmälert sich
jedoch nach Sudwess zu und übersteigt an den Ufern des De-
laware 2 Meilen nur um wenig; — es beträgt somit das Areal
‚der Kreideformation in New-Jersey etwa 80 deutsche [ ]Meilen,
ist also noch bedeutend grösser als z. B. das Herzogthun
Braunschweig.
Die Oberfläche dieses Kreideterrains ist flach, schwach
wellig; nur in seiner mittleren Längenerstreckung erhebt es
sich zu 300 Fuss hohen Hügelreihen, welche sich sudlich und
südöstlich langsam bis zum Spiegel des Oceanes verflachen, in
ihrer nordöstlichen Erstreckung aber plötzlich von der New
York-Bay abgeschnitten werden. Hier bilden sie in Gestalt
schroffer Abstürze die Highlands of Nevasink, welche vor de-
nen, die den Ocean kreuzen, zuerst vom amerikanischen Con-
tinente aus den Wogen auftauchen.
Die Stromsysteme des Kreideterrains von New Jersey
stehen in ihrem Verlaufe in keinem Abhängigkeits-Verhältnisse
zu dem geognostischen Baue jener Gegenden. In ihrem oberen
Laufe haben sich die Gewässer zum grossen Theile tiefe
Rinnsale mit schroffen Wänden, — ihrer Mündung näher aber
weite, flache Thäler ausgewaschen. Die Sohlen dieser letzteren
werden von Salzmarschen gebildet, welche periodisch durch
die sich weit landeinwärts fühlbar machende Fluth von Brak-
wasser bedeckt werden.
Die Lagerungsverhältnisse der Kreide von New Jersey
sind die ursprünglichen geblieben. Ihre Schichten liegen fast
horizontal und fallen nur sehr flach von dem einstigen Strande
des Kreidemeeres, welchem eine zwischen den Städten New-
York und Trenton gezogene Linie. ziemlich genau entspricht,
200
nach Sudost ein. Diese Uferlinie hat somit zugleich die Strei-
chungsrichtung der Kreideschichten bedingt, welche demnach
eine sudwestliche und nordöstliche ist; CooKk und Smock haben
sie genauer auf S. 55° W. bestimmt, indem sie die zwei
Punkte, an welchen ein und dieselbe Schicht den Spiegel der
Raritan- und Delaware- Bay schneidet, durch eine Linie ver-
banden, auf welcher vielerorts jene betreffende Schicht nach-
gewiesen wurde. Durch andere Messungen, an den Ufern von
Meeresbuchten angestellt, um das Niveau des Oceans als Ba-
sis benutzen zu können, bestimmten sie das Fallen der Kreide-
schichten auf durchschnittlich 7 Fuss für je 1000 Fuss Ent-
fernung in südöstlicher Richtung.
Es ist bereits erwähnt worden, dass Roth-Sandstein die
nordwestliche Begrenzung der new-jerseyer Kreide bildet.
Nicht aber besteht der Untergrund, auf welchem die letztere
abgelagert wurde, aus jenem Gesteine. Es erhob sich viel-
mehr während der mesozoischen Perioden ein Felsenriff von
laurentischen Gneissen genau unter der späteren Grenzlinie
der Kreide und des Roth-Sandsteines bis zum Niveau des
Meeresspiegels oder flach über dasselbe. Dieses Riff, welches
eine Verbindung herstellte zwischen der pennsylvanischen
Gneisszone, wie sie bei Trenton unter den jüngeren sedimen-
täaren Formationen verschwindet, und der Gneisszone der Um-
gegend von New York, schloss in süudöstlicher Richtung ein
langgezogenes Becken ab, innerhalb dessen sich die fluvio-
marine Roth-Sandstein-Formation ablagerte. Die südöstlichen
Ränder der letzteren bedeckten die nordwestliche Flanke und
die Firste der schmalen Gneisszone, wie man sich durch Auf-
schlüsse bei Trenton und Jersey -City überzeugt hat. Später
gelangte die Kreideformation an der anderen, namlich der
äusseren Flanke des Gneiss-Riffes zur Ausbildung, lagert also
auf laurentischem Gesteine und nur an ihrem äussersten nord-
westlichen Saume auf Roth- Sandstein auf. Der Contact von
Kreide und Gneiss ist bei Trenton ‘zu beobachten. In den
übrigen (renzbezirken, wo dies nicht möglich ist, lasst das
Material der tiefsten Kreideschichten auf den einstigen Unter-
grund des Kreidemeeres schliessen, indem dasselbe, wie gleich
gezeigt werden soll, aus den Verwitterungsproducten gneissiger
und granitischer Gesteine besteht.
Die Gesammtmächtigkeit der Kreideformation, wie sie im
201
Nordosten von New Jersey entwickelt ist, beträgt etwa 580 Fuss;
während sie im Sudwesten dieses Staates, wo sich die Dicke
der Schichten verringert, bedeutend kleiner ist. Diese Schich-
tenreihe zerfällt ihrem Gesteinsmateriale nach in drei
Etagen:
zuunterst lose Sande und plastische Thone,
daruber Glauconitmergel,
zuoberst Kalkmergel und Kreidetuff.
Wir werden finden, dass mit der petrographischen Ver-
schiedenheit dieser Unterabtheilungen ein Wechsel des palaeon-
tologischen Habitus Hand in Hand geht.
1. Untere Etage der Kreide von New Jersey, vor-
waltend aus losen Sanden und plastischen Thonen
bestehend.
Die untersten Schichten der Kreide von New Jersey be-
stehen aus den zum Theil zersetzten Gemengtheilen von ver-
wittertem Granite, namlich aus Quarzkörnern und Glimmer-
blättchen, welche von einem thonigen, weissen Kaolincämente
zusammen gehalten werden. An manchen Punkten z. B. bei
Woodbridge haben die Gewässer eine natürliche Aufbereitung
und Schlämmung dieser granitischen Bestandtheile vorgenom-
men, so dass die Quarzsande, Glimmerblättchen und Kaoline:
getrennt vorkommen und schichtenweise mit einander wechsel-
lagern, oder wenigstens in eine untere Lage von Quarzsand
und Glimmer und eine obere von Kaolin gesondert sind.
Auf diese gegen 25 Fuss mächtige, lose Gesteinschicht
folgen zähe, dunkelgraue bis schwärzliche Thone und etwa
60 Fuss mächtige, zum Theil schneeweisse, feine, lose Sande.
Erstere sind reich an verkohlten Pflanzenresten, welche sich
nesterweise zu Braunkohlen concentriren können. In ihnen
wurde nahe bei South Amboy ein 93 Fuss langer und 4 Fuss
dicker Coniferenstamm blossgelegt, auch haben CosrAp und
Core dort selbst Reste von Süsswasser -Mollusken, z. B. von
Unio, gefunden.
Auf die weissen Sande folgt eine gegen 350 Fuss mäch-
tige Schichtenreihe, deren Glieder im Allgemeinen zwar eben-
falls als Sande und Thone bezeichnet werden können, welcher
aber besonders in ihren unteren Horizonten ein überraschend
202
mannichfacher und rasch wechselnder Habitus eigen ist. Sie
sind zum Theil durch tiefe und ausgedehnte Thongruben nahe
den Ufern des Raritan-Flusses, in fast ihrer ganzen Mäch-
tigkeit aber und beinahe ohne Unterbrechung am Gestade der
Raritan-Bay aufgeschlossen, welches sich senkrecht 20 bis 30
und mehr Fuss hoch uber das Niveau der Fluth erhebt und
meist die Passage an seinem Fusse und somit einen ausge-
zeichneten Einblick in den geognostischen Bau der Gegend ge-
stattet. Die Schilderung einiger dieser Profile wird ein Bild
des Gesammt - Charakters der unteren Kreide von New Jersey
geben.
Die Wände einer Thongrube am Raritan -Flusse, etwas
westlich von South Amboy, lassen, von unten nach oben be-
trachtet, folgende Schichtenreihe erkennen:
6’ abwechselnde Lagen von weissem und grauem Thone,
3° bandartig abwechselnde weisse, graue und gelbliche
Sande,
+" fleischrother, lose zusammengebackener Sand,
1’ eisenschüssiger, rostbrauner, an der Luft zerfallender
Sandstein,
2’ grauer bis schwarzer, plastischer, zäher Thon,
3° weisser, plastischer Thon,
3 eisenschüssiger, dunkelbrauner Sand mit viel concentrisch-
schaligen Concretionen von kalkigem und thonigem
Eisenstein und schaligen, hohlen Geoden von Braun-
eisenerz, überzogen von Eisenocker. Die Thoneisenstein-
nieren mit sehr viel Abdrucken von Dicotyledonen-
Blättern.
20’ graue plastische Thone.
4’ intensiv purpurrother plastischer Thon,
daruber schneeweisse plastische Thone.
Im Hangenden dieser Thone und Sande ist etwa
eine viertel Meile westlich von Keyport am Meeresufer
folgende Schichtenreihe aufgeschlossen;
zuunterst hellgraue plastische Thone, 3
2’ dunkelbrauner, poröser, grober, sehr eisenschüssiger
Sandstein, stellenweise mit zahlreichen aber undeut-
lichen Abdrücken von Dicotyledonen-Blättern. Hier und
da in ein grobes Quarz-Conglomerat übergehend.
8’ dunkelgrauer, sehr zäher, plastischer Thon mit zahl-
Fa)
er
I Se Ace
203
reichen, verkohlten, kleineren Pflanzenfragmenten, so mit
Sequoia-Zweigen und Blättern, besonders aber mit viel
Ast- und Stammbruchstucken verschiedener Coniferen.
Letztere werden durchschwärmt von Teredo-Bohrgängen,
welche zum Theil vom Schwefelkies, zum Theil von
Thon ausgefüllt sind. Dieselbe Thouschicht ist ausser-
dem reich an Schwefelkiesconcretionen, welche die Ge-
stalt schlangenförmiger Wulste, oder auch an ihrer Ober-
fläche von Krystallflächen begrenzter Kugeln besitzen.
Neben den Holzfragmenten und Schwefelkiesconcretionen
finden sich bis nussgrosse Stücke von bernsteinähn-
lichen, fossilen Harzen.
5’ weisser, feiner Sand,
4’ dunkelbrauner, sehr eisenschüssiger Sandstein mit un-
deutlichen Blattabdrucken, nach oben in ein grobes
Conglomerat von Quarz-Rollstucken mit brauner, eisen-
schüussig-kieseliger Grundmasse übergehend,
8” weisser loser Sand mit unregelmässig flötzartigen Lagern
und Nestern von Stamm- und Astfragmenten von Coni-
feren, welche im untersten Niveau dieser Schicht ein bis
drei Fuss mächtiges Flötz von Braunkohle, bestehend aus
lose aufeinanderliegenden zusammengepressten Holz-
stücken bilden. Die Anordnung und Lage dieser sämmt-
lichen fossilen Hölzer in den verschiedenen Niveaus der
unteren Kreide von New Jersey, die zahlreichen Be-
weise der Thätigkeit von Bohrmuscheln scheinen darauf
hinzudeuten, dass die Pflanzenreste hier zusammenge-
schwemmt, nicht an Ort und Stelle gewachsen sind.
Es folgen noch etwa 200 Fuss mächtige thonige
Sande, plastische Thone und sandige Mergel.
Die unterste Etage der Kreide von New Jersey lässt sich
deshalb kurz charakterisiren als eine mehr als 400 Fuss
"mächtige Schichtenreihe von vorwaltenden losen Sanden und
plastischen Thonen mit zahlreichen Fragmenten von Üoniferen-
Stämmen und Abdrücken von Dicotyledonen-Blättern.
James Harn berichtet, gestützt auf ältere Mittheilungen von
Seiten Coor’s und Anderer (Americ. Journ. 1857, XXIV,
S. 72), das häufige Vorkommen von I/noceramus problematicus
in diesem Niveau der Kreidebildung New Jerseys. Die neueste
Durchforschung der letzteren durch Cook, GABB und SMmock,
204
sowie meine eigenen Beobachtungen lassen jene Angabe irrig
erscheinen. In der ganzen Schichtenreihe der Kreide von
New Jersey ist vielmehr bis jetzt noch keine einzige fraglos
zu Inoceramus gehörige Versteinerung gefunden worden. Da-
hin spricht sich auch GABB, Synopsis of the mollusca of the
Cret. format. S. 128, aus. Dieselbe Auskunft haben mir auf
mehrfache Anfragen die Staatsgeologen von New Jersey U00K
und Smock gegeben.
Hingegen treten im obersten Niveau der skizzirten, bis
auf Pflanzenreste und seltene Unionen versteinerungsleeren
Thone und Sande und in schroffem Gegensatze zu diesen, zwei
an marinen Resten ausserordentlich reiche Thonlagen auf. Da
dieselben an zwei fast in ihrer gegenseitigen Streichungsrich-
tung liegenden Punkten aufgeschlossen sind, scheint es trotz
. deren gegenseitiger Entfernung von fast 14 Meile doch zweifel-
los, dass beide nur durch eine sehr geringe Mächtigkeit von
Sanden und Thonen getrennt sind. Die untere derselben möge
behufs kürzerer Bezeichnung in dem paläontologischen Theile
dieser Abhandlung als Horizont der Trigonia limbata, der obere
als Horizont der Venus ovalis bezeichnet werden.
Die Thone mit Trig. limbata sind in einem Eisenbahn-
einschnitte unmittelbar vor Woodbury, einem Flecken 1} Meile
sudlich von Philadelphia aufgeschlossen. An dieser Localität
sieht man in etwa 20 Fuss Mächtigkeit dunkel blaugraue, ma-
gere, glimmerreiche Thone entblösst, welche von braungelben
Diluvialkiesen überlagert werden. Eine zwischen 2 bis 3 Fuss
mächtige Zone dieser thonigen Gesteine ist im strengsten Sinne
des Wortes angefüllt von organischen Resten, welche zum
Theil in ganz ausserordentlicher Vollständigkeit erhalten sind
und vorzüglich in den kleinen Wasserrissen jener Fundstelle
zu Hunderten gesammelt werden können. Ich gelangte dort
binnen wenigen Stunden in Besitz von zum Theil sehr zahl-
reichen Exemplaren von:
Gervillia solenoides Derr. Bei Berührung in papierdünne
Lagen zerfallende Schalenbruchstucke, welche höchst
wahrscheinlich dieser Species angehören, sind die
häufigsten organischen Reste jenes Fundplatzes.”)
*) Bei Aufzählung der organischen Reste jeder einzelnen Zone führe
ich dieselben in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit an, so dass die ın
’ 205
Exogyra auricularis WAHLENB., sehr häufig.
Trigonia limbata d’ORB., sehr häufig.
Parasmilia balanophylloides BÖLSCHE, häufig.
Astraea cretacew BÖLSCHE, häufig.
Exogyra planospirites GOLDF., ziemlich häufig.
Anomia semiglobosa GEIN., ziemlich häufig.
Anomia truncata GeEIn., seltener.
Exogyra laciniata GoLDF., ziemlich selten.
Östrea larva Lam., sehr kleine zierliche Exemplare,
selten.
Astarte caelata MvLL., selten.
Östrea acutirosiris NILs., selten.
Corbula striatula Sow., selten. =
- Die nächst höhere versteinerungsreiche Schicht im oberen
Niveau der Thone und Sande der unteren Kreideetage, also
der Horizont der Venus ovalis ist durch einige Thongruben
(Hopkın's Clay Pits) + Meile von Haddonfield, einem blühen-
den Quäkerstädtchen, ae 1l- Meile südöstlich von Phila-
delphia liegt, aufgeschlossen.
Unterhalb eines höchst eisenschussigen, dunkelbraunen, zer-
reiblichen Sandsteines und eines gelblichbraunen, losen Sandes
tritt dort ein fetter grauer Thon auf, welcher sehr zahlreiche,
aber zerbrechliche und an der Luft schnell zerfallende Mollus-
kenschalen umschliesst. Diese liegen zum Theil direct im
Thone, zum Theil sind sie mit unregelmässig gestalteten Schwe-
felkiesconcretionen verwachsen. Von dieser Localität stammt
das im Museum der Academy of natural science in Philadelphia
aufbewahrte Skelett von Hadrosaurus Foulkü Ley. Ich selbst
habe in den Thonen, welchen dieser Saurier SHo ist,
folgende bestimmbare Reste gefunden:
Venus ovalis Sow., häufig.
Exogyra auricularis WAHL., ziemlich häufig.
Gervillia solenoides Derr., ziemlich häufig in blätterigen
Schalenbruchstücken.
grösster Anzahl gefundenen, also den paläuntologischen Habitus der Zone
bedingenden Petrefakte voran, die selteneren hintenan stehen. Eine syste-
matische Uebersicht der organischen Reste der Kreide mit Bezugnahme
auf ihre vertikale Verbreitung ist im dritten und vierten Theile dieser
Abhandlung gegeben,
Zeits. d.D.geol,Ges. XXII. 2. 14
206
Dentalium polygonum Reuss, ziemlich häufig.
Asiraea cretacea BÖLSCHE, ziemlich häufig.
Anomia semiglobosa (GEIN., selten. |
Voluta, Natica, Fusus in specifisch unbestimmbaren
Steinkernen.
| Etwas oberhalb dieses Horizontes der Venus ovalis, also
im obersten Niveau der unteren Kreideetage sollen vor Jahren
die von Dekay und Morton beschriebenen Ammonites placenta,
Ammonites Delawarensis und ein Scaphites vorgekommen sein.
Bei den Exemplaren dieser Cephalopoden, welche ich in Phila-
delphia gesehen habe, war ihre Fundstelle und das Niveau,
welchem sie entnommen waren, nicht bemerkt. Ueber diese
wichtigen Punkte konnten mir auch die Herren Cook, GAaBB
und Smock keine sichere Auskunft geben. Aus diesen Grün-
den und weil weder von den Staatsgeologen, noch mir selbst
Ammonitenreste in New Jersey gefunden worden sind, wage
ich nicht, die Angaben Morton’s und Dekar’s bei dieser Ar-
beit einer weiteren Berücksichtigung zu unterziehen.
Nach den oben mitgetheilten Beobachtungen besteht die
untere Etage der Kreide von New Jersey vorwaltend aus
losen feinkörnigen Quarzsanden und plastischen
Thonen, in ihrem unteren Horizonte mit Stamm- und Ast-
fragmenten von Coniferen und Abdrücken von Dicotyledonen-
Blättern, sowie seltenen Susswassermollusken, — in ihrem
oberen Horizonte mit einigen Lagen angefüllt von Exogyra
auricularis, Trigonia limbata, Venus ovalis und anderen Resten
von Meeresbewohnern.
2) Mittlere Etage der Kreide, vorwaltend aus
Glauconitmergeln bestehend.
Die Schichtenreihe der mittleren Etage der Kreide von
New Jersey besitzt 80—90 Fuss Mächtigkeit und besteht aus
etwa 50 Fuss mächtigen Glauconitmergeln, während der Rest
von eisenschüssigen thonigen Sanden und grobkörnigen, brau-
nen Sandsteinen gebildet wird.
Die erstgenannten Gesteine bestehen aus einer hellgrauen,
feinerdigen Mergelgrundmasse mit runden, ovalen oder unregel-
mässig abgerundeten, hirsengrossen Glauconitkörnern von hell-
bis dunkelgruner Farbe. Durch zahlreiche Schlämmproben hat
Herr Cook festgestellt, dass die Grünsandmergel jenes Kreide-
207
terrains 25-——90 Procent, und zwar im Mittel 65 Procent Glau-
conitkörner enthalten, während der Rest grauer erdiger Mergel,
Quarzsand und Molluskenschalensubstanz ist. Der Glauconit
selbst führt nach zahlreichen, von der Landesuntersuchung an-
gestellten Analysen 6—7 Procent Kali. Die Analysen der
Glauconitmergel ergaben zugleich einen Gehalt derselben an
Phosphorsäure, welcher bis zu 4 Procent betrug. Dieselbe ist
theils au Kalkerde, theils an Eisenoxydul gebunden. Der
phosphorsaure Kalk ist dem Grünsande in nadelkopfgrossen
Körnchen von hellgruner Farbe beigemengt, während der Vi-
vianit in bis haselnussgrossen, radialstrahligen Partien oder
staubartig in jenen Gesteinen eingesprengt vorkommt. Am
'Telegraph Hill (südlich von Keyport) finden sich die Schalen
von Gastropoden und Conchiferen in erdigen, bei Mullica Hill
Belemniten in radialfaserigen Vivianit umgewandelt.
Die Glauconitmergel des Staates New Jersey, deren Aus-
gehendes des flachen Fallens der Schichten wegen ein Areal
von etwa 30 [ jMeilen einnimmt, werden zur Düngung benutzt
und zu diesem Zwecke in grossartigem Maassstabe abgebaut
und versandt. Ihr Verbrauch belief sich im Jahre 1867 auf
20 Millionen Centner im Werthe von 2 Millionen Dollar.
Ihrem paläontologischen Charakter nach zerfällt diese
Schiehtengruppe von vorwaltenden Glauconitmergeln in ver-
schiedene Zonen und Horizonte, denen jedoch allen die Füh-
rung von Belemnites mucronatus gemein ist. Zuunterst liegt
1) dieZone der Squaliden. Gelblichbrauner oder grau-
brauner Sandmergel, viel erbsen- bis nussgrosse, fremdartige
- Rollstucke conglomeratartig umschliessend, mit zahlreichen scher-
benföormigen Ge .den von Brauneisenstein, überzogen von Eisen-
ocker. Ist in einer Mächtigkeit von 4 Fuss direct westlich von
Middletown aufgeschlossen und fuhrt dort folgende organische
Reste:
Lamna texana RoEm., sehr häufig.
Ozyrhina Mantelli Ac., sehr häufig.
Callianassa antiqua OTTO, sehr häufig.
Belemnites mucronatus Buaın., nur als Alveolen - Stein-
kerne, ziemlich haufig.
Pecten quadricostatus Sow., nicht haufig.
Otodus appendiculatus Ac., seltener.
Baculites Faujasiü Lan., selten.
14 *
208
Corax heterodon Reuss, selten.
Coprolithus Mantelli Ac., selten.
Steinkerne von Exogyra, Turritella und Fusus.
Aller kohlensaure Kalk der organischen Reste in dieser
Schicht ist vollkommen aufgelöst und weggeführt worden; so
sind selbst die Scheiden von Bel. mucronatus vollständig ver-
schwunden, für deren frühere Häufigkeit allein die ausgezeich-
net erhaltenen Steinkerne der Alveoleuhöhlen Zeugniss ablegen.
Die chitinhaltige Schalensubstanz der Callianassa - Fussglieder
und Scheeren hingegen hat sich conservirt.
2) Zone der Exoyyra plicata.
a) Glauconitmergel, 6 Fuss mächtig, mit
Ostrea vesicularis Lam. in ausserordentlich grossen
Exemplaren und in grosser Häufigkeit.
Esxogyra plicata GOLDF. |
Östrea larva Lam.
Belemnites mucronatus BLAINvV.,sammtlich ziemlich häufig.
Mosasaurus Mütchelli DEray.
b) grünlichgrauer, braungeflammter und gestreifter Kalk-
mergel, 10 Fuss mächtig, mit viel verwitterten Exemplaren von
Exogyra plicata GOLDF.
Östrea vesicularis Lam.
c) Glauconitmergel, etwa 10 Fuss mächtig, ausserordeut-
lich reich an organischen Resten von vortrefflicher Erhaltung,
nämlich:
Belemnites mucronatus Buain., stellenweise sehr häufig.
Exogyra plicata GOLDF., sehr häufig.
Östrea vesicularis Lam.
Ostrea larva Lanm., beide sehr häufig.
Exogyra ponderosa Rorm., seltener.
Terebratella plicata Say, häufig.
Terebratella Vanuxemiana LYELL und FoRrBES, in sehr
seltenen Exemplaren. |
Sämmtliche drei Niveaus sind aufgeschlossen z. B. bei
Middletown, Nut-Swamp, Marlborough, Hohndel, Swedes-
borough.
d) Eisenschüssiger, brauner, thoniger Mergelsand mit vielen
kleinen Kieselrollstüuckchen, sowie mit in schalige Scherben
zerfallenden Brauneisenstein-Geoden. Aufgeschlossen zwischen
209
Middletown und Nut-Swamp, etwas nördlich von Blackwood-
town, etwa 30 Fuss mächtig, mit:
Ostrea und Exogyra-Steinkernen, ohne Zweifel solche
von Exogyra plicata GOLDF. und ÖOstrea vesicularis Lam.
Callianassa antigqua OrTTo. Scheeren und Fussglieder
sehr haufig.
Belemnites mucronatus Braısv. als Steinkern der Al-
veolenhohlen.
Luecina lenticularis GoLpF. als Steinkern,
Terebratella plicata Say, ebenfalls nur als Steinkern,
seltener.
e) local: eisenschüssiger, rothbrauner Sandstein in 1 Zoll
mächtigen Platten, anscheinend ohne organische Reste. In
5 Fuss Mächtigkeit aufgeschlossen + Stunde nördlich von Black-
woodtown.
3) Zone der Arcaceen.
a) Glauconitmergel, dunkel arsengrun bis dunkel lauchgrün
etwa 10 Fuss mächtig, aufgeschlossen z. B. bei Tinton Falls
und Blackwoodtown; mit:
Arca glabra Sow.
Arca ligeriensis d’Org., beide häufig.
Arca exaltata Nıus., seltener.
Baculites Faujasi Lam., selten; sämmtlich als Stein-
kerne.
Mosasaurus Mitchelli an, Wirbel und Zähne ziem-
lich häufig.
Hyposaurus Rogersiü Owen, nicht selten. Panzerbruch-
stucke von Schildkröten, namentlicb von Emys
(Adocus) beatus Lzipy sind häufiger.
Local überlagert von einem einige Fuss mächtigen eisen-
schüssigen Sandsteine.
b) Grauer erdiger Kalkmergel mit ziemlich viel Glauconit-
körnern; aufgeschlossen in 3 Fuss Mächtigkeit, z. B. zwischen
Eatontown und Shrewsbury mit Steinkernen trefflicher Erhal-
tung von:
Ostrea lunata NıLs.
Arca glabra Sow., häufig.
Arca ligeriensis d’OrB. seltener.
Baculites Faujasü Lam., seltener.
210
Voluta, Turritella, Rostellaria und Fusus; Species un-
bestimmbar.
ce) dunkelgraublaue Mergelthone, aufgeschlossen in 7 Fuss’
Mächtigkeit direct östlich von Eatontown, feruer bei New-
Egypt, mit:
Ostrea vesicularis Lam. Kleinere Varietät, an manchen
Stellen fast die Hälfte des Schichtenmateriales bil-
dend.
Belemnites mucronatus BLAINV.
Ostrea lateralis Nıus. seltener.
3. Obere Etage der Kreide.
Diese etwa 27 Fuss mächtige Schichtenreihe wird zusam-
mengesetzt von hellgelben Kalkmergeln , mergeligen Kalkstei-
nen und Kreidetuff, welcher letztere den obersten Horizont der
Kreide von New Jersey bildet und namentlich aus Bruch-
stücken der Kalktheile von Organismen besteht. Belemnites
mucronatus habe ich in dieser sonst ausserordentlich petrefakten-
reichen Etage nicht angetroffen. Dieselbe erhält durch Tere-
bratula Harlani und zahlreiche Bryozoen einen ausgeprägten
. paläontologischen Charakter. Was die Mächtigkeit der einzel-
nen Glieder dieser Etage betrifft, so wechselt dieselbe an jeder
Localität, während ihre (resammt-Mächtigkeit ziemlich constant
bleibt. Der folgenden Beschreibung liegt die Schichtenreihe,
wie sie am Timber Creek etwa 2 Meilen südlich von Phila-
delphia ausgezeichnet zu beobachten ist, zu Grunde. Diese
beginnt mit:
a) hellgrauen Mergeln mit ziemlich viel grellgrünen Glau-
conitkörnern, angefüllt von Ostrea vesicularis Lam., besonders
aber Terebratula Harlani Morr., so dass mehr als die Hälfte
des Gesteines aus grösstentheils erhaltenen Schalen, nament-
lich der letztgenannten Terebratula, besteht. Aufgeschlossen bei
Brownville am Timber Creek, also im sudwestlichen New
Jersey. Im Nordosten von New Jersey, z. B. bei Turtle Mill
unweit Batontown ist diese Schicht als ein hell strohgelber
Kreidetuff entwickelt, der an der Luft zu kleinen Schalen-
bruchstüuckchen zerfällt. Diese 2 Fuss mächtige Lage besteht
fast allein aus mehr oder weniger vollständig erhaltenen oder
zerkleinerten Resten von Terebratula Harlani Morr. Ne-
ben dieser wurden noch gefunden:
211
Eschara dichotoma GoLDF., sehr häufig.
Ostrea vesicularis Lan., kleinste Varietät, häufig.
Cellepora pusilla NıLs. 5
Nodosaria sulcata Nıus., beide häufig.
Serpula triangularis Münsr., ziemlich selten.
Pollicipes mazximus Sow., selten.
| b) hell gelblichbraune, erdige Kalkmergel, an der Luft zer-
fallend, 6 Fuss mächtig mit:
Eschara dichotoma GoLDF., sehr häufig.
Cidaris clavigera Koen.
Cidaris sceptrifera Man.
Serpula rotula MoRrr.
Arca trapezoidea GEIN.
Nodosaria sulcata NıLs., sammtlich häufig.
e) strobgelber Mergelkalk, 1 Fuss mächtige Bank mit:
Gastrochaena tibialis MoRT., in ihrer ausserordentlichen
Häufigkeit das mergelige Gesteinsmaterial oft ganz
verdrängend.
Eschara dichotoma GOoLDF., häufig.
Serpula rotula Morr., häufig.
Cidaris clavigera KoEn.
Cidaris sceptrifera ManT.
Arca trapezoidea Gzin., sammtlich haufig.
Östrea vesicularis Lam., kleinste Varietät, ziemlich
häufig.
Östrea lateralis Nils., ziemlich häufig.
Coelosmilia? atlantica Morr., ziemlich häufig.
Nodosaria sulcata NıLs., seltener.
Nucleolites crucifer MOoRT., selten.
Holaster cinctus MoRT., selten.
d) Hell graugelber Kreidetuff, 15 bis 16 Fuss mächtig, fast
allein bestehend aus kleinen, zum Theil abgerundeten Bruch-
stucken von Bryozoen, Foraminiferen, Echiniden-Stacheln und
Asseln, Conchiferen - Schalen. Ausserdem mit zahlreichen
wohlerhaltenen Exemplaren von:
Eschara dichotoma GoLDF., gewisse Lagen dieser Schicht
ganz erfüullend, so dass man dieselbe mit Recht eine
Bryozoenbank nennen kann.
Serpula rotula Morr., sehr häufig.
Cidaris clavigera KoEn.
212
Cidaris sceptrifera MAnT.
Nucleolites crucifer MORT.
Nodosaria sulcata NiLs.
Cellepora pusilla Hac.
Ceriopora sessilis Hac., alle häufig.
Exogyra lateralis Nırs., ziemlich haufig.
Holaster cinctus MoRrT., seltener.
Cavaria pustulosa Hac., selten.
Ditaxia compressa GOLDF., selten.
Flabellaria cordata REuss, selten.
Aulopora Sp.
Dieser bryozovenreiche Kreidetuff ist die jüngste Kreide-
schicht von New Jersey. Es ist dieselbe in ihrer ganzen Mäch-
tigkeit und in grösserer Ausdehnung entblösst in den HYper’-
schen Brüchen bei Brownville.
Verknüpfung mit der Tertiärformation, Die auf
den letzten Seiten beschriebene Schichtenreihe wird gleichfor-
mig von losem, gelben Quarzsand überlagert, dessen unterem
Horizonte ein local, z. B. südlich von Eatontown, entwickelter
harter, brauner Quarzsandstein mit eisenschussigem Üämente
und hier und da grösseren weissen Quarzkieseln angehört.
Diese Sande und Sandsteine sind in ihrer nordöstlichen Er-
streckung bis 50 Fuss, in ihrer nordöstlichen nur 10 bis 20
Fuss mächtig. Mit dem Kreidetuff sind dieselben in der Weise
verknüpft, dass dessen oberste Lagen mehr und mehr sandig
werden, bis alle Kalksubstanz verschwunden ist; statt ihrer
erscheinen Glauconitkörner in jenem Sande. Ueber ihm lagern
87 Fuss mächtige, dunkelarsengrüne Glauconitmergel, sind in
den ausgedehnten Mergelgruben von Squankum sehr gut auf-
geschlossen und führen Lamna elegans Ac., Carcharodon angus-
tidens Ag., Cardita planicosta Desn., Astarte Conradi Dana,
Aturia Vanuxemi Conr., (Aturia ziczac Sow. sehr nahe stehend)
und Turbinolia inauris MorT. in grosser Häufigkeit. Es gehört
demnach dieser Glauconitmergel der Tertiärformation an und
ist augenscheinlich eocän, während man die gelben Sande un-
terhalb des Grunsandes als neutrale Grenzschicht zwischen der
Kreide und dem Tertiär von New Jersey betrachten muss,
Die letztgenannten tertiaren Glauconitmergel sind von man-.
chen amerikanischen Geognosten der Kreide zugerechnet und
die darin aufgefundenen organischen Reste als eretaceisch be-
N EEE N A A
LE a ea k h
A ar aa
e W
A er
213
schrieben worden. So bezeichnet z. B. der Staatsgeologe Üook
in seinem eitirten Werke die betreffenden obersten Grünsand-
schichten zwar wiederholt als eocan, beschreibt dieselben aber
dennoch an anderen Stellen ausführlich als zur Kreide gehörig
(Geology of New Jersey, S. 36, 241, 243, 275 u. a.) und hat
sie auf seinen geognostischen Karten ebenfalls als cretaceisch
angegeben. So sind ferner von Leipy und Harnan Reste zweier
Cetaceen, sowie eines Seehundes und einer Schnepfe aus dem
Mucronaten- Grünsand von New Jersey beschrieben worden.
Andere Geologen Deutschlands, Englands und Amerikas haben
diese Mittheilungen in ihre Lehrbücher der Geognosie aufge-
nommen und dadurch in weiteren Kreisen verbreitet. Wie jetzt
Leipy selbst bekannt macht (Foss. Rept. $. 1), stammen diese
fossilen Reste nicht aus der Kreide, sondern sind recenten
Ursprungs. Auf derartigen Ungenauigkeiten und Irrthümern
beruht der anscheinende Reichthum der Kreide von New Jersey
an organischen Resten, vorzüglich Gastropoden und Oonchiferen.
Im Museum der geognostischen Landesuntersuchung zu New
Brunswick habe ich ausser Saurier- und Schildkrötenknochen,
sowie Abdrücken von Blättern aus der untersten Kreide wenig
mehr als die aufgezählten Kreidefossilien vorgefunden, so dass
die von mir selbst gesammelten Reste die Mehrzahl der wesent-
lichen Formen der Kreide von New Jersey zu repräsentiren
scheinen.
II. Die organischen Einschlüsse der Kreide von New Jersey.*)
Pflanzen.
In vielen Niveaus der unteren Kreideetage finden sich,
wie im geognostischen Theile dieser Abhandlung bereits be-
schrieben, zahlreiche verkoblte Stamm- und Astfragmente von
Coniferen, welche bisweilen selbst Lignitflötze von wechselnder
Mächtigkeit bilden können. Die Zugehörigkeit dieser Hölzer .
zur Familie der Ooniferen ist sicher, ihr Erhaltungszustand ist
jedoch nicht genügend gut, um zu erkennen, ob es Reste von
*) Vollständige Zusammenstellungen der Synonyma der aus New
Jersey bekannten Species würden bei der Beschreibung einer Localfauna,
wie der vorliegenden, zu weit führen und müssen allgemeineren, systema-
tischen Arbeiten überlassen bleiben.
214 =
Araucarien, Abieten, Piniten oder einer anderen Coniferen-
gruppe sind, da sich die Tüpfel nicht mehr beobachten lassen.
Noch weniger Bestimmtes lässt sich über die Blattabdrücke
sagen, welche in so grosser Anzahl in den Sphärosideriten
und feinkörnigen, thonigen Sandsteinen derselben Etage vor-
kommen. Es steht nur fest, dass sie von Angiospermen ab-
stammen. Nach ihren äusseren Umrissen zu schliessen, mögen
es Blätter von Betula, Salix und Sassafras sein.
Neben diesen Vorkommen erkannte Herr Prof. Schenk
jüngere Zweige und Blätter einer Sequoia.
Die Pflanzen, deren Reste die untere Kreide von New
Jersey birgt, sind nicht an Ort und Stelle gewachsen, sondern
an den Strand getrieben worden. Die regellose Lage der Frag-
mente, ihr oft ganz vereinzeltes Vorkommen in Mitten reiner
rate der einstigen Ufer, die zahlreichen Bohrmuschel-
gange in den Hölzern liefern dafür Beweise.
Thiere.
Amorphozoa.
Flabellina cordata Reuss.
Reuss, Böhm. Kr. IL, S. 32, t. 8, f. 39,
Frondicularia ovata Rormer, Kr. S. 96, t. 15, £. 9.
Langoval, dünn zusammengedrückt, gegen 15 Kammern
mit bogenförmigen Scheidewänden, 2 erste, kleinste Kammer
schwach knotig gewölbt.
Selten in den Bryozoen-Schichten von Brownville.
Nodosaria sulcata NiLs.
Roenmen, Kr. S. 9.
Nod. Zippei Reuss, Böhm. Kr. 1., S. 25, t. 8, £. 1.
Diese zierliche, pfriemenförmige, durchschnittlich 12 mal
tief eingeschnüurte, längsgefurchte Foraminifere liegt in 18 Mm.
langen Exemplaren vor. Die kleine, centrale, schnabelförmige
Verlängerung der obersten Kammer und die in ihr befindliche
ÖOefinung zum Austritt der Sarkode ist nicht selten erhalten.
Häufig in der Bryozoen- Schicht von Brownville und
Turtle Mill.
215
Polypi (bearbeitet von Herrn Wilh. Bölsche).
Trochosmilia ? inauris Morr.
Turbinolia inauris Morton, Syn. of the org. rem, of the cret. group.
eat. 19, 11... 1894.
Trochosmilia ? inauris M. Eow. u. H. Pol. foss. des terr. paläoz. 8. 47.
1851.
Polypenstock verlängert kegelförmig, in der grösseren Axe
mehr oder weniger stark gebogen, mit nur sehr kleiner An-
heftungsstelle an der unteren Spitze. Rippen von der Basis
an sichtbar, gleich breit, abgerundet; die Rippe, welche sich
an der äusseren convexen Krümmungs-Seite befindet, springt
scharf hervor, so dass auf diese Weise dort die Seitenflächen
des Polypenstockes winkelig begrenzt erscheinen. Kelch ellip-
tisch. 36 Septen, von denen 18 grössere und 18 kleinere (auf
3 Mm. kommen 4—5).
Vorkommen. Die vorliegenden Exemplare stammen
aus den Bryozoen-Schichten von Brownville; nach F. RoEmER
findet sich diese Species in grosser Menge auch zu Squankum
in New Jersey, nach Morrox in der Kreide von Alabama,
Bemerkungen.
Leider war das Innere der Kelche bei den Exemplaren,
die mir bei der Untersuchung zu Gebote standen, so mit frem-
der Gesteinsmasse angefüllt, dass es unmöglich war, Genaueres
über die Columella, Querleisten u. s. w. feststellen zu können.
Nach dem Vorgange von MırLne Epwarps u. Haıne habe
ich die Species vorläufig bei Trochosmilia gelassen. Charakte-
ristisch ist für Tr. inauris schon die eigenthümliche Gestalt
des Polypenstockes.
Parasmilia balanophylloides BOÖLSCHE.
Polypenstock fast cylindrisch und mit sehr breiter Basis
festgewachsen. Die von der Basis an sichtbaren, ungefähr
gleich breiten, abgerundeten Rippen fein gekörnelt. Kelch
kreisformig. Columella papillös, wenig breit. 4 Cyclen von
dicht gedrängt stehenden Septen (auf 2 Mm. kommen 6—7)
in 6 Systemen vollständig entwickelt. Septen des ersten und
zweiten Cyclus gerade, bis zur Columella reichend. Die Sep-
216
ten des ersten Oyclus bleiben allein frei; die anderen Oyclen
sind durch ihre inneren Kanten in allen Systemen auf gleich-
mässige Weise vereinigt; die Septen des dritten Oyclus ver-
einigen sich mit denen des zweiten Oyclus nicht weit von der
Columella. Die den vierten Cyclus bildenden Septen der vier-
ten und fünften Ordnung krümmen sich gegen den dritten
Cyclus hin und vereinigen sich mit ihm ungefähr in der Mitte
zwischen dem Centrum und dem Rande des Kelches. Seiten-
flächen der Septen stark gekörnelt; die Höckerchen sind oft
so stark entwickelt, dass sie sich mit denen der benachbarten
Septen verbinden und auf diese Weise falsche Synaptikeln
bilden. Querleisten selten. Kelchdurchmesser 5 Mm.; Höhe
des Polypenstockes 5 Mm.
Vorkommen: sehr häufig in dem plastischen Thone
(Zone der Trig. limbata) von Woodbury, auf den Schalenbruch-
stucken von Gervillia solenoides aufgewachsen.
Bemerkungen.
Die vorliegende Species unterscheidet sich leicht von den
bekannten Parasmilien der Kreide und des Tertiärs durch die
regelmässige Vereinigung der Septen der verschiedenen Cyclen
unter einander. Die Anordnung der Septen erinnert an die
schönen Kelchzeichnungen, die man bei verschiedenen Gattun-
gen der Fungiden und Eupsammiden findet.
Astraea eretacea BÖLSCHE.
Der kleine, halbkugelförmige, aus verhältnissmässig weni-
gen Individuen zusammengesetzte Polypenstock ist mit sehr
breiter Basis festgewachsen; die jüngeren Kelche entstehen
durch extracaliculäre Sprossung zwischen den Rändern der
älteren; die 4— 5 Mm. grossen, polygonalen Kelche sind durch
scharf hervortretende Mauerränder vollständig von einander ge-
schieden. Kelchgrube tief. Columella ziemlich stark ent-
wickelt, spongiös, an der Oberfläche papillös. 3 Cyclen von
Septgen, die nicht den Kelchrand überragen, in 6 Systemen
ausgebildet (auf 2 Mm. kommen 3—4). Die Septen des
ersten und zweiten Oyclus gleich gross, die des dritten Cyelus
vereinigen sich nicht weit von der Columella mit ihrer inneren
Kante mit den Septen des zweiten Cyclus. Die dünnen Septen
sind dicht bedeckt mit Höckerchen, die mehr oder weniger in
|
AM
E'
217
Reihen geordnet sind. In manchen Kelchen sind die Tuber-
keln ein- und derselben Seitenfläche namentlich in der Nähe
der Mauer und der Columella so stark entwickelt und so un-
ter einander vereinigt, dass die auf diese Weise verdickten
Septen fast ein schwammiges Ansehen erhalten.
Querleisten nicht selten, dunn.
Vorkommen: im plastischen Thone (Zone der Exo-
gyra auricularis) von Woodbury und Haddonfield.
Bemerkungen.
Die vorliegende Species ist, soweit mir bekannt, die erste
aus der Kreide beschriebene. Sie unterscheidet sich von den
meisten in dem Tertiär oder den jetzigen Meeren vorkommen-
den Arten der Gattung Astraea durch das Vorhandensein von
nur 3 Cyclen von Septen. Die lebende Astraea expansa, die
eine gleiche Anzahl besitzt, ist nach der kurzen von MiıLNE
Epwarps und Hamme gegebenen Diagnose von ihr zu unter-
scheiden durch die Art der Kelchbegrenzung.
Coelosmilia? atlantica MoRrr.
Anthophyllum atlanticum Moer., Synopsis S. 80, t. 1, f. 9 und 1.
Montlivaltia atlantica LonspaLe, Quart. Journ. Vol. I. S. 69.
Coelosmilia ? atlantica Eow. u. H., Hist. nat. d. cor, foss. T. II. S. 179.
Ebenso wie die den Morrox’schen und LonspaLe'schen
Beschreibungen und Abbildungen zu Grunde liegenden sind
auch unsere Exemplare nur innere Steinkerne des oberen
Theiles des Kelches. Dieselben lassen sich nicht bestimmen.
Nach Epwarps und Hame gehören sie vielleicht zu Coelo-
smilia.
Ziemlich häufig in dem bryozoenreichen Mergelkalke von
Brownville.
Echinodermata.
Nucleolites crucifer Morr.
Morrox, Synopsis rem. cret group. 8.94, t. 3, f. 15.
Desor, Synop. d. echin. foss. S. 262.
In Bruchstücken ziemlich häufig, gut erhalten seltener in
den bryozoenreichen Mergeln von Brownville.. Nach Morron’s
Abbildung von Exemplaren von derselben Localität ist deren
Identität mit unseren Exemplaren sicher. Seines schrägen
218
Peristomes wegen rechnet D’ORBIGNY diesen Seeigel zu seiner
Gattung Trematopygus.
Holaster cinctus MoRrT. sp.
Ananchytes cinctus Morton, Synops. S. 78, t. 3, £. 19.
Cardiaster cinctus Desor, Synopsis d. echin. foss. S. 346.
Ein kleiner herzförmiger Hoelaster mit ziemlich stark ge-
wölbter Oberseite und auf dieser hinter dem Scheitel eine
breite, vom Scheitel bis über den Rand laufende Rinne.
Von Dssor wurde diese Species nach Morron’s Abbildung,
trotzdem, dass diese keine Fasciole zeigt, zu Cardiaster ge-
stell. Die Fasciole fehlt aber in der That, nicht nur in MoRr-
tuns Zeichnung, wie DssoR voraussetzte. Der betreffende
Seeigel gehört deshalb zu Holaster, nicht Cardiaster. Nach
den vorliegenden, mangelhaft erhaltenen Exemplaren eine Iden-
tification mit europäischen vorzunehmen, würde zu gewagt sein.
Selten in der obersten Kreideetage, z. B. bei Brownville.
Cidaris clavigera Korn. und (. sceptrifera Man.
Roemen, Kr. S. 28.
Cidaris diatrelum Morton, Synops. S. 75, t. 10, f. 10 und t. 3, f. 7.
Bruchstucke walzenförmiger Cidariten - Stacheln, die ent-
weder mit schmalen gekörnten oder mit sägezahnähnliche Zacken
tragenden Längsreifen versehen sind, also (id. clavigera und
sceptrifera anzugehören scheinen, sind ziemlich häufig in der
ganzen bryozoenreichen Kreide. Seltener sind die hierzu ge-
hörigen Asseln.
Von Morton wurden diese Asseln und Stacheln als Cid.
diatretum beschrieben.
Bryozoa. -
Eschara dichotoma GOLDF.
E. dichotoma Hacznow, Bryoz. Mastr. S. 79, t. 9, f. 18 u. 19.
E. digitata Morton, Synops. S. 79, t. 13, f. 8.
E. digitata LonspaLe, Quart. Journ. I, S. 73.
Pliophtaea sagena Morton.
Cook, Geol. of New Jersey S. 376.
Breite, plattgedrüuckte, verästelte Stämmchen, aus zwei
Zellenschichten bestehend, die im @uerbruch deutlichst zu
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219
beobachten sind. Ihre Oberfläche besteht aus regelmässigen
sechseckigen, flach vertieften Zellen, welche in abwechselnden
Längsreihen, also im Quincunx liegen und durch zarte Furchen
geschieden werden, wodurch sechsseitige Felder mit erhöhten
Rändern gebildet werden. Die centralen Zellenmündungen sind
halbkreisförmig zart umrandet.
Loxspaue hielt 1845 Morton’s Species E. digifata neben
dichotoma aufrecht. Die specifischen Unterschiede, die er für
sie geltend macht, beruhen jedoch auf der nicht ganz gelunge-
nen Abbildung von GOoLDFUSS.
Sehr häufig in der obersten Etage der new-jerseyer Kreide,
besonders im Kreidetuif bei Brownville, der von ihr ganz an-
gefüllt ist, so dass man sie in den Wasserrissen zusammen-
fegen könnte.
Cellepora pusilla Hac.
Bryoz. v. Mastr. S. 88, t. 10, f. 9.
Als Ueberzug auf Ter. Harlani und Ostr. vesicularis, wobei
die sack- oder tulpenförmigen Zellen in nach allen Richtun-
- gen radial ausstrahlenden Reihen angeordnet sind. Bei sehr
gut erhaltenen Exemplaren sind die kleinen ringförmigen Neben-
poren an jeder Seite der Mündung deutlich sichtbar. Gewohn-
lich ist die gewölbte Zellendecke abgerieben und dann nur die
gegenseitige Zellenbegrenzung in Form sechsseitiger, abgerun-
det vierseitiger oder ovaler Zellenwände erhalten, welche dann
wie ein weitmaschiges Netz die Unterlage überziehen.
Dieselbe Bryozoen- Species kommt auch frei in lappig
ausgebreiteten, liniendicken Wänden vor, deren Querbruch eine
Ueberlagerung vieler Celleporen - Schichten zeigt, von denen
allmälig eine die andere überzogen hat.
Häufig im Kreidetuff bei Brownville und Turtle Mill.
Cellepora granulosa Hac.
Hagenow, Neues Jahrb. 1839, S. 270.
Napfförmiger, Lunulites-ähnlicher Bryozoenstock von sack-
formigen, sich gegenseitig am Fusse bedeckenden und scharf
gekörnelten Zellen. Die grosse, halbkreisförmige, auf der Höhe
der Zelle gelegene Mündung ist auf ihrer bogigen Seite von
einem zarten Rande umgeben, welcher sich zu jeder Seite, also
220
links und rechts von der Mündung, etwas ausbreitet und eine
ausserordentlich kleine Pore umfasst, welche nur unter sehr
scharfem Glase sichtbar wird.
Selten in den Bryozoen-Schichteu am Timber Creek.
Ceriopora sessilis Hac.
Hacznow, Bryoz. v. Mastr. S. 53, t. 5, f, 7.
Mit runden, dicht an einander stehenden Zellenmundungen
bedeckte, kräftige Stämmchen. Die Zellen liegen radial aus-
strahlend in geneigter Richtung. |
Sehr häufig in den Bryozoen-Schichten von Brownville.
Ditaxia compressa ÜGOLDF. sp.
Hasenow, Bryoz. v. Mastr. S. 50, t. 4, f. 10.
Rindenförmige Incrustationen auf z.B. Eschara dichotoma.
Häufig am Timber Creek.
Aulopora spec.
3 bis 5 aufgebläht- ovale Zellen mit sehr kleinen Mün-
dungen liegen perlschnurähnlich angeordnet vor einander, meist
auf Esch. dichotoma.
Häufig in der Bryozoenschicht am Timber Creek.
Cavaria pustulosa Hac.
Hasczenow, Bryoz. v. Mastr. S. 54, t. 6, £. 2.
Sich gabelig theilende, kurze, hohle, cylindrische Stamm-
chen mit dünnen Wandungen. Diese bestehen, wie bei den
von Hagenow beschriebenen Exemplaren aus lauter den Wan-
dungen fast parallelen Röhrchen, welche am oberen Ende der
Stäammchen dicht neben einander münden. Die äussere Ober-
fläche der Seitenwandungen des Stockes mit unregelmässig
zerstreuten, ringförmig umrandeten Zellenmündungen.
Selten in der Bryozoenbank von Brownville.
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221
Brachiopoda.
Terebratula Harlani MoRrtr.
Morton, Synopsis 8.70, t. 3, f.1 und t. 9, £.8 u. 9.
Quenstept, Brachiop. S. 378, t. 48, f. 47.
Ter. fragilis Morr., Synops. S. 70, t. 4, £. 2.
Morton sowohl, wie neuerdings QuEnsTEDT haben |. c.
diese eiförmige bis abgerundet cylindrische, bis zu 75 Mm.
lange und dann 45 Mm. breite Terebratel, QuEsstEepDT auch ihr
Inneres beschrieben. Ich beschränke mich deshalb auf einige
Bemerkungen über die Schalenstructur, die verticale Verbrei-
tung und die europäische Verwandtschaft der Ter. Harlani.
Schalenstrucetur. Die Schale der Ter. Harlani besitzt
eine ausserordentlich fein- und sehr langfaserige Structur, und
zwar durchsetzen diese Fasern oder Prismen die Schale in
sehr spitzem Winkel und liegen Linien parallel, die man vom
Schnabel nach dem Schalenrande ziehen kann, sind also radial
strahlig angeordnet. Manche der vorliegenden Schalen lösen
sich unter dem leichtesten Drucke des Fingers in dünne Fä-
serchen auf. Auch der Brachialapparat besteht aus solchen
Prismen. Dergleichen Kalkfasern besitzen Seidenglanz und
erscheinen unter dem Mikroskope aus noch zarteren plattge-
druckten Fäserchen zusammengesetzt.
Die Canäle, deren Mündungen das chagrinartige Aussehen
der Schalenoberfläche bewirken, stehen ziemlich dicht neben
einander und setzen durch die faserige Schalensubstanz senk-
recht hindurch, wenigstens zeigen sammtliche einander deckende
Lagen von Faserbundeln, in welche die Schale zerlegbar ist,
dieselbe Chagrinirung, mit anderen Worten Durchschnitte durch
die Röhrchen. An manchen Schalenbruchstücken sind die
Canäle in ihrem ganzen Verlaufe von der Aussenfläche bis zur
Innenflächke der Schale mit der Lupe deutlichst wahrzu-
nehmen,
Innerhalb dieser auf die beschriebene Weise zusammen-
gesetzten, verhältnissmässig sehr dünnen Schale befindet sich
eine partielle kalkige Auskleidung, ein Callus. Diese ist be-
schränkt auf die Ventral- (Schnabel-) Schale, und zwar auf die
Zeits. d. D. geol. Ges. XXIJ, 2. 15
222
Innenseite des Schnabels und auf die Schlosspartien der
Schale. Hier bildet sie 3 bis 8 Mm. dicke Anschwellungen
unterhalb des Articulations - Apparates und auf beiden Seiten
der Cardinalmuskeleindrucke, fullt oft den Haftmuskelcanal fast
vollständig aus, beengt denselben wenigstens sehr bedeutend
und verleiht der ganzen in der Nähe des Schnabels und des
Schlosses gelegenen Schalenpartie Halt und Festigkeit. Diese
partielle Kalkauskleidung fehlt bei jüngeren Individuen stets,
bei ausgewachsenen selten, aber doch manchmal, und ist bei
gleichgrossen Exemplaren sehr verschieden stark entwickelt.
Es ist dieselbe eine Secretion späterer Lebensperioden des
Thieres, ist von der äusseren faserigen und von sehr deutlich
sichtbaren Canälen durchbohrten Schale durch eine ausge-
prägte Absonderungsfläche getrennt und unterscheidet sich von
derselben augenblicklich und scharf durch die Verschiedenheit
in Farbe und Structur, in dem sie nicht faserig, sondern fein-
körnig bis dicht ist und anscheinend von den Canälchen
nicht durchbohrt wird. Letzere enden vielmehr scheinbar auf
der Trennungsfläche der beiden Schalenlagen. Bei günstiger
Beleuchtung und schärferer Vergrösserung ist jedoch auch die
Fortsetzung der Canälchen in die innere Schalensubstanz zu
beobachten; diese Röhrchen sind jedoch ausserordentlich fein.
Eine auf dem Querbruche des Oallus wahrnehmbare, schwache
hellere und dunklere Streifung zeigt, dass die Absonderung am
Schnabel begonnen und sich in der Weise lagenförmig weiter
ausgebreitet hat, dass jede einzelne Lage sich etwas weiter
ausdehnte, als die unter ihr. Das Auftreten einer derartigen,
die eigentliche Schalen auskleidenden Kalksubstanz von solcher
Dicke ist eine aussergewöhnliche Erscheinung.
Varietäten. Die äussere Gestalt der Ter. Harlani ist
mannichfachen Schwankungen unterworfen. So dehnt sich zu-
weilen die typische, abgerundet-cylindrische Gestalt mehr in
die Breite aus, rundet sich zu und kann selbst fast scheiben-
förmig werden. Auch nimmt sie durch stärkere Ausbildung
ihrer gewöhnlich flachen und kurzen Buchten und Falten einen
biplicaten Charakter an und repräsentirt dann die Form, welche
Morro8 |]. c. als Ter. fragilis beschrieben und abgebildet hat.
Auch F. Rormer hält die von ihm in Amerika gesammelte
Ter. fragilis MorT. für nichts als eine Varietät von Ter. Har-
223
lani, wie eine Notiz auf der Etiquette betreffender Exemplare
im Berliner Museum besagt. Die Mehrzahl der von F. RoEMER
aus New Jersey mit nach Europa gebrachten Exemplare von
Ter. Harlani gehören der biplicaten Varietät an, während ich
bei meinem Aufenthalt dortselbst nicht ein einziges derartiges
Exemplar fand. Die beiden Modificationen mögen auf be-
stimmte Localitäten oder Horizonte beschränkt sein, von denen
nieht immer beide zugleich Aufschlüsse bieten mögen.
Die Schwankungen in der Stärke und Ausdehnung des
Callus bei den einzelnen Exemplaren sind bereits hervorgehoben
worden, ebenso das häufige Fehlen dieser Kalksecretion.
Verticale Verbreitung und Häufigkeit. Das
Vorkommen von Ter. Harlani ist beschränkt auf eine nur
wenige Fuss mächtige Schicht in der obersten Kreideetage von
New Jersey, füllt diese aber vollständig an, so dass deren
Material wenigstens zur Hälfte aus Terebratula-Schalen be-
steht. Man kennt das Ausgehende dieser Terebratelzone in
New Jersey in einer Länge von mehr als 20 deutschen Meilen,
hat es ausserdem aber noch in den benachbarten Staat Dela-
ware hinein verfolgt. Die Häufigkeit der Terebratula Harlani
in dem Meere, dessen Niederschläge jene Terebratula - Bank
repräsentirt, muss demnach ganz ausserordentlich gewesen sein,
während sie aus den Schichten oberhalb und unterhalb der
beschriebenen Zone nicht bekannt ist.
Verwandte europäische Species. QUENSTEDT nennt
‚Ter. Harlani „höchst verwandt mit Ter. carnea,“ was ich durch-
aus nicht finden kann, indem beide weiter keine als die gene-
rischen Charakteristica gemein haben, in den übrigen aber weit
auseinandergehen. Mir ist nur eine Terebratel der Kreide-
formation bekannt, welche in ihrem allgemeinen Habitus und
in ihren Dimensionen mit Ter. Harlani grössere Aehnlichkeit
besitzt, nämlich Ter. Sowerbyi Has. (Jahrb. 1842, S. 541, nicht
Ter. Sowerbyi Nyst. Belg. 642, welche identisch mit Ter. gran-
dis ist) aus dem Senon von Rügen und Belgien. Die Aehn-
lichkeit dieser Form mit Ter. Harlani ist so bedeutend, dass
man sie mit Recht als geographischen Repräsentanten ein und
derselben Grundform betrachten darf.
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224
Terebratella plicata Say sp.
Americ. Journ. Vol. II, S. 43.
Terebratula Sayı Morr. Synops. 71, t. 3, f 3-4.
Ter. Sayi Quensteot. Brachiop. S. 265, t. 44, f. 94 und 9.
Terebratulina plicata Dana. Geology, S. 474, f. 751.
Nachdem Quessteot diese Terebratella so gut abgebildet
hat, sind nur noch einige Ergänzungen mit Bezug auf das
Brachialgerüst und die Schalenstructur derselben erforderlich.
Im Inneren der kleineren Schale fällt zuerst der kräftige
Schlossfortsatz auf, auf dessen oberem Ende sich zwei durch
einen scharfen Steg geschiedene Grubchen befinden, in welchen
die Cardinalmuskeln ihre Haftstellen fanden. Beiderseitig lehnt
sich an den Schlossfortsatz eine kleine Schlossplatte, hinter
welcher die Articulationsgruben liegen. Das Septum reicht bis
unter die Mitte der Schalenlänge, auf seinen beiden Seiten lie- B:
gen die langelliptischen Adductormuskelmale. Die Brachial-
schleife, welche an einer Anzahl Präparaten in fast ihrem gan-
zen Verlaufe verfolgt wurde, ist in der Mitte der Schale durch
Querleistchen mit dem Septum verbunden. Sie erstreckt sich
bis in die Nähe des Stirnrandes und biegt sich dann bis jen-
seits der Querleistehen zurück. Die vorliegende Terebratulide
gehört somit dem Genus Terebratella an, nicht aber Terebra- E
tulina, wie Dana wiederholt angiebt.
Die Dorsalschale selbst ist ziemlich stark und enthält
tiefe, in ihrem Verlaufe sich geweihähnlich verästelnde Gefäss-
eindrüucke.
Der innere Bau der Ventralschale bietet nichts von den
allgemeinen Eigenschaften anderer Terebratellen Abweichendes, 2
bis auf ein kräftiges, hohes mittleres Septum, welches sich E
zwischen den oberen Malen der Cardinalmuskel erhebt und mit
zur Anheftung dieser letzteren gedient haben mag, keinenfalles
aber als „innerer Ausdruck des Sinus am oberen Ende der B.
Schale“ (Quensteor Brachiop. S. 263) gedeutet werden darf.
Die Schalenstructur ist in der Weise feinfaserig, dass
die zarten Prismen in sehr spitzem Winkel zur Schalenober-
fläche stehen. Auf dem Querbruche sind die Perforationen,
deren Mündungen ein chagrinartiges Aussehen der Oberfläche
veranlassen, mit der Lupe in ihrem ganzen Verlaufe zu beob-
achten.
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225
Mir ist keine mit Ter. plicata identische oder nahe ver-
wandte europäische Species bekannt, vielmehr ist dieselbe eine
der wenigen specifisch amerikanischen Kreideversteinerungen.
Ter. Vanuxemiana LyELL und ForgBes (Quart. Journ.
‚Vol. I, S. 63) ist in wenigen, sehr seltenen Exemplaren mit
Ter. plicata zusammen gefunden worden. Herr Smock theilt
mir mit, dass er während seiner mehrjährigen Untersuchungen
der Kreide von New Jersey nur 1 oder 2 Exemplare dieser
Species zu Gesicht bekommen habe. Jedoch scheint sie nur
eine Modification von Ter. plicata zu sein, an welcher zwei
seitliche Radialrippen besonders deutlich hervortreten.
Ter. plicata ist in schön erhaltenen Exemplaren häufig in
dem mittleren Horizonte der Zone der Exogyra plicata, z. B.
bei Marlborough und Nut Swamp. In den etwas höher liegen-
den Schichten von eisenschüssigem Mergelsande ist sie seltener
und nur als Steinkern erhalten.
Pelecypoda.
OÖstrea vesicularis Lam.
Gryphaea convexa Say. Morton. Synops, S. 53, t. 4, f. 1 und 2.
Gryphaea mutabilis Morton, Synops. 8. 53, t. 4, f. 3.
Pycnodonta vesicularis Cook, Geol. of N J., S. 375.
Die Kreide von New Jersey besitzt drei ausgeprägte
Spielarten der Ostr. vesicularis.
Die erste Varietät mit stark bauchiger, schief eiför-
miger Unterschale. An dieser wird durch eine meist scharf
ausgeprägte Furche ein vorderer, kräftig entwickelter Flügel ab-
geschnitten. Auf ihrer Oberfläche haben sich an manchen
Exemplaren dunkelbraun gefärbte, radialstrahlige Bänder er-
halten, von denen sich ein breiteres genau in der erwähnten
Furche hinzieht, während drei schmälere auf der kielartigen
Wölbung und zwei noch feinere ganz in der Nähe des seitlichen
Randes der Schale hinlaufen.
Auf der oberen, flachen Schale tritt die radialstrahlige
Furchung sehr deutlich hervor. Die Individuen erreichen mehr
als 150 Mm. Länge und besitzen bis 25 Mm. dicke Schalen.
Diese scharf fixirte Varietät ist in New Jersey auf die Zone
der Exogyra plicata beschränkt, kommt aber in dieser in
grosser Häufigkeit vor. Say und Morton beschrieben sie als
226
Gryph. convexa. Sie stimmt genau mit der grossen dickschali-
gen Varietät der Ostr. vesicularis von Rügen, Ahlten, Haldem
und Meudon, sowie d’OrBıcnY'’s Abbildung in Pal. frane. ter.
eret. Vol. III, t. 487, f. 1 und 2 und Goupruss t. 81, f. 2,
d und f.
Die zweite Varietät ist dunnschaliger, kleiner (höch-
stens 70 Mm. lang) regelmässiger oval als die vorige Varietät,
deren stark entwickelter Flügel ihr ausserdem fehlt, an ihr
vielmehr nur schwach angedeutet ist, wodurch ihre Gestalt
gleichseitiger wird. Ferner weist keine einzige der vorliegen-
den flachen Deckelschalen die für die vorige Varietät so cha-
rakteristische Radialfurchung auf. Diese Spielart, von MoRTON
Gryph. mutabilis genannt, kommt allein, aber sehr zahlreich in
der Zone der Arca glabra, also ca. 50 Fuss oberhalb des Ho-
rizontes der vorhin beschriebenen Varietät vor.
Die dritte Varietät ist sehr dünnschalig, noch kleiner
als die vorige und gleicht vorliegenden Exemplaren aus dem
Mastrichter und Gehrdener Senone, sowie d’Orsıcny’s Abbil-
dung t. 487, f. 4 und 9, — Goupruss t. 81, . 2eund , —
Reuss böhm. Kr. t. 39, f. 21 und t. 30, f. 2 bis 8. Sie ge-
hört ausschliesslich der Zone der Ter. Harlani, also einem der
obersten Horizonte der Kreide von New Jersey an.
Diese drei Spielarten der Ostrea vesicularis liefern ein Bei-
spiel seltener Deutlichkeit von der allmäligen Verkummerung
einer Species. In einer Schichtenreihe von etwa 100 Fuss
Mächtigkeit sinkt die als erste Varietät beschriebene massive,
dickschalige Ostrea von ihren colossalen Dimensionen herab
zu einer kleinen zerbrechlichen Form, und selbst diese ver-
schwindet während der spätesten Kreidezeit.
Ostrea larva Lam.
Dana, Man. of Geol. S. 475, f. 753. ?
Coox, Geol. of N. J. 8. 375. fer
Ostr. falcata Morton Synops. S. 50, t. 30. f. 9 an t. 9, 1,6. und
Sichel- oder hufeisenförmig in der Ebene des flachen
Ruckens gebogen, der aussere Rand mit 6 bis 8 tiefen, scharf
zickzackförmigen Falten, der innere Rand mit ebensoviel klei-
neren zahnartigen Falten. Auf beiden Seiten der dreieckigen
Ligamentgrube mit Aügelformigen Ausbreitungen, und diese mit
4 bis 5 kleineren Falten.
227
In ihrer Jugend ist diese Östrea nur schwach sichelförmig
gekrümmt und besitzt wenigere und flachere Falten.
Auch an manchen ausgewachsenen Exemplaren sind die
Falten weniger scharf ziekzackförmig, sondern flacher gerundet,
— an noch anderen sind sie mehr randlich, laufen nicht bis
auf den Rücken der Schale, sind daher kurzer als bei den
gewöhnlichsten Formen, während der Rücken breiter und ebe-
ner wird. Diese beiden Spielarten nennt MorTon O. nasuta
und O. mesenterica.
Vorkommen: Selten in dem Horizonte der Triyonia lim-
bata in der unteren Kreideetage z. B. bei Woodbury. Die hier
vorkommenden Exemplare sind alle klein, zart und zierlich
und erreichen kaum ein Drittel der Durchschnittsgrösse der
typischen Formen. Letztere sind sehr häufig in der Zone der
Exogyra plicata z. B. bei Nut Swamp, Marlborough u. a. Lo-
ealitäten. |
Ostrea lunata NiLs.
Goupruss. Petr. Germ. II, S. 11, t. 75, f. 2.
Flach, sichelförmig; der äussere Rand mit 2 bis 3 abge-
rundeten, bogigen Falten, der innere Rand glatt. Zwar O. larva
in ihrer allgemeinen Gestalt ähnlich, aber durch Zahl, Grösse
und Rundung der bogigen Falten von ©. Zarva mit ihren scharf-
zackigen, zahlreicheren, kürzeren Falten unterschieden.
Häufig im “rünsande der Arcaceen-Zone.bei Eatontown.
Ostrea acutirostris NıLs.
Goıpruss. Petr. Germ, II, S. 25, t. 82, f. 3.
Der Wirbel der unteren Schale ist lang und gerade aus-
gezogen, wodurch diese eine schräg trichterförmige Gestalt er-
hält. Die untere Fläche des Wirbels wird von einer hohen
dreieckigen Ligamentgrube gebildet, welche auf jeder Seite von
einem schmalen, scharfen Wulste eingefasst ist.
Die Oberfläche der Schale mit vom Wirbel ausstrahlenden,
runzeligen Falten und starken Anwachsstreifen. |
Vorkommen: selten in der Zone der Trigonia limbata bei
Woodbury.
228
Ostrea lateralis Nıus. sp.
Exogyra lateralis Reuss, böhm. Kr. Vol. II, S. 42, t. 27, f. 39—49.
Ostr. lateralis GoLpr. Petr. Germ, Il, S. 24, t. 82, f. 1.
Die gewölbte Schale ist stark aufgebläht, dünn, langoval
und 15—20 Mm. lang. Der Wirbel ist bei manchen Exem-
plaren gerade, bei anderen seitlich eingerollt und dann Exogyra
ähnlich; stets mit seitlich gelegenem Anwachsmal. Unterhalb
des Wirbels auf dessen linker Seite ist die Schale mit einer
schmalen flügelartigen Ausbreitung versehen. Die Deckelklappe
ist flach, schmal, langoval, auf der Aussenseite mit 6 bis 8
hervorstehenden concentrischen Falten.
Mit Reuss u. A. halte ich Gryphaea vomer MoRToN, Synops.
S. 54, t. 9, f. 5, für hierher gehörig. Tertiär, wofür GEINITZ
(Quad. Deut. S. 202) diese amerikanische Species MOoRToN’s
anspricht, ist sie jedenfalls nicht.
Im höchsten Niveau der Arcaceen-Zone bei Eatontown,
sowie in den Bryozoen -Schichten am Timber Creek ziemlich
häufig.
Exogyra plicata GoLDF.
Gorpr. Petr. Germ. II, S. 37, t. 87, £. 5 a—f.
Exogyra costata Say. MorrTon, Synops. S. 55, t. 6, f. 1—4.
Exogyra costata RoEMER, Kr. v. Texas S. 72.
Exogyra costata Cook, Geol. of N. J. S. 374.
Diese von Say, MorTox, LYELL, ROEMER, Cook u. A. als
Exogyra costata beschriebene oder angeführte Bivalve darf von
Exog. plicata GoLDF. nicht getrennt werden. Vergleiche von
mir gesammelter amerikanischer mit mastrichter Exemplaren
des Berliner Museums machen diese Identität unzweifelhaft.
Aus den Abbildungen von GoLpruss, t. 87, f. 5, hätte letztere
nicht geschlossen werden können, da die vorliegenden Exem-
plare beider Fundorte von der citirten Abbildung in verschie-
denen Punkten abweichen. Die grössere Klappe der vorliegen-
den Exog. plicata von Mastricht und New Jersey ist hochge-
wölbt mit einem stumpfen Rückenkiel und abgerundeten, aus-
strahlenden, dicht an einander stehenden Falten versehen, welche
auf dem Kiel entspringen und in ihrem Verlaufe dichotomiren,
wodurch ihre Zahl 30 bis 40 erreicht. Die kleinere Klappe
229
ist oval, flach, mit concentrischen, abstehenden Anwachslamellen
versehen.
Bei GoLpruss ist die Form der Exog. plicata eine mehr
in die Länge gezogene, die Berippung weitläuftiger und die
obere kleine Klappe ausser mit concentrischen Anwachslamel-
len mit einem, wenn auch flachen Kiel und von diesem aus-
laufenden Rippen versehen, — Alles Abweichungen von der
amerikanischen Form, welche auch die erwähnten Mastrichter
Exemplare nicht erkennen liessen.
Vorkommen: In ihrer Häufigkeit bezeichnend für die nach
ihr benarnte Zone der Schichtengruppe des Bel. mucronatus
und auf diese beschränkt. Bei Middletown, Nut Swamp, Marl-
borough. Manche der dort gefundenen Exemplare erreichen
eine riesenhafte Grosse und 6 bis 9 Pfund Gewicht.
Exogyra ponderosa RoEMER.
RoeEner, Kr. v. Texas S. 71, t. 9, £. 2.
Die vorliegenden Exemplare von Nut Swamp, wo sie mit
Exog. plicata vorkommen, stimmen mit der texanischen Art
auf's Vollkommenste überein.
Exogyra laciniata GOLDF.
Goıpr. Petr. Germ. II, S. 35. t. 86, f. 12.
Wie bei Exog. plicata ist auf die Zugehörigkeit der ameri-
kanischen Form zu Exog. laciniata nicht so sehr aus GoLDFUSS’
Abbildungen wie aus Vergleichen mit Aachener Exemplaren
des Berliner Museums, welche als Exog. laciniata bestimmt
waren, geschlossen worden. Die Beschreibung, welche MÜLLER
(Petref. der Aach. Kr. S. 41) von Exemplaren vom Lusberge
und Vaels giebt, stimmt mehr wie die von GoLDFuss mit den
amerikanischen Formen.
Vorkommen: Ziemlich selten in der Zone der Trig. lim-
bata z. B. bei Woodbury.
Legt man eine Anzahl von Exemplaren der zuletzt aufge-
zählten drei Exogyren, also von plicata, ponderosa und laciniata
neben einander, so kann man sich unmöglich dem Eindrucke
entziehen, dass dieselben eng verwandt, vielleicht nur Modifika-
tionen einer Grundform seien. Denkt man sich ihre Ober-
fläche glatt, fasst also nur die allgemeine Form in’s Auge, so
230 ER
ist diese bei allen Dreien genau dieselbe. Die grössere Klappe
ist hochgewölbt, aufgebläht, mit einem stumpfen, gerundeten
Kiel versehen, der Wirbel ist seitlich spiral eingerollt. Die
kleinere Klappe ist oval diekschalig, flach mit horizontal ein-
gerolltem Wirbel, unter diesem auf der Innenseite mit einer
länglichen, zahnähnlichen Schwiele.
Aber auch in ihrer Oberflächenbeschaffenheit gleichen sich
die flachen Klappen der drei genannten Formen vollkommen,
indem sie mit concentrischen, blätterig abstehenden Anwachs-
lamellen versehen sind. Das der Sculptur der grösseren auf-
geblahten Schale zu Grunde liegende Dessin ist ebenfalls bei
allen dasselbe und besteht aus hohen, abgerundeten, ausstrah-
lenden Rippen, welche gekreuzt werden von schuppigen , ab-
stehenden Anwachsstreifen und concentrischen Lamellen. Die
drei Arten unterscheiden sich nur durch das Ueberwiegen einer
der beiden Structurverhältnisse. Bei p/icata überwiegt die enge,
radiale Berippung, — bei ponderosa die concentrische Strei-
fung, zeigt aber doch deutlichst eine unterbrochene Radialfal-
tung; — Exog. laciniata hingegen repräsentirt das der plicata
gegenüber stehende Extrem, ist also mit concentrischen, schup-
pigen Lamellen bedeckt, während nur noch die schwache
Andeutung einer weitläuftigen, unterbrochenen Längsfaltung
auftritt. |
Es liegt mir jedoch fern, die Zulässigkeit dieser Trennung
und der dadurch bedingten Namen anzufechten, besonders da
letztere auffälligen Formeu von ausgeprägtem Habitus gegeben
sind, — es war vielmehr nur meine Absicht, auf das verwandt-
schaftliche Verhältniss der drei erwähnten Formen hinzu-
weisen.
Exogyra auricularis WAHLENB.
Goupruss, Petr. Germ. II, 8. 39, t. 88, f. 2 (nebst E. haliotoidea vieler
Autoren).
Ich habe diese mit schönster Erhaltung der kleinsten De-
tails beider Schalen sehr häufige Exogyra als auricularis auf-
geführt, könnte jedoch mit demselben Rechte, wenn nur die
Deckelschalen in Betracht gezogen würden, auf einen Theil
derselben den Namen E. haliotoidea anwenden. Sammtliche |
mir vorliegende Beschreibungen geben die nahe Verwandtschaft
und grosse Aehnlichkeit beider Arten zu und finden einen
Sr
TIRNIEE
231
Unterschied in den beiderseitigen Deckelschalen nur in der
Grösse des Wirbels im Vergleich zu der der übrigen Schale.
Diese soll bei E. haliotoidews nur bis zu einem Drittel, bei
auricularis aber mehr als ein Drittel der Schalenlänge betragen.
. Bei den vorliegenden amerikanischen Exemplaren, deren An-
zahl über Hundert beträgt, sind beide Verhältnisse vertreten.
Auf eben dieser Schwierigkeit ihrer Trennung, wenn nur die
Deckelschalen vorliegen, beruht es, dass E. haliotoidea, welche
doch eigentlich nicht höher als bis in das Oenoman steigen soll,
aus den Aachener, Mastrichter, schwedischen und belgischen
senonen Schichten angeführt wird.
Ueber die Zugehorigkeit der vorliegenden new -jerseyer
Exogyra zu auricularis kann jedoch kein Zweifel herrschen,
da ihre ohrförmige Unterschale mit partiellem, hohen, welli-
gen Rande genau dieselbe ist wie die von GoLprFuss, t. 88,
f. 2a als charakteristisch für E. auricularis abgebildete. Ebenso
ist durch Vergleiche mit Balsberger, Ignaberger und Morby’er
Exemplaren ihre Identität mit den europäischen Formen fest-
gestellt.
Vorkommen: In sehr grosser Häufigkeit in der Zone der
Trigonia limbata bei Woodbury.
Nur eine Varietät der E. auricularis durfte sein:
Exogyra planospirites GOLDF.
Gorpruss, Petr. Germ. II, S. 39, t. 88, f. 3.
Die vorliegenden flachen Deckelschalen besitzen ähnlich
wie die vorige Art und ganz übereinstimmend mit GoLprFuss’
Abbildung einen hohen Saum am rechten Schalenrande, wäh-
rend der linke scharf und flach ist. Die Spirale ist plump
und winkelig und beträgt mehr als die Hälfte der Schalen-
länge.
Die gewölbte, angeheftete Schale ist nicht bekannt, ist
also wahrscheinlich nicht von der der Exog. uuricularis unter-
schieden, mit welcher sie zusammen vorkommt, und von wel-
cher sie augenscheinlich, und wie Gzinıtz (Quadersandst. S. 204)
bereits anfuhrt, nichts als eine Varietät ist.
Anomiasemiglobosa Gem.
Quad. Deutschl, t. 11, f. 6—9.
Die flache untere Schale ist kreisrund, oval oder abge-
Are
a
a.
es a F . a L
et in,
232
_
rundet vierseitig, ist dünn, durchscheinend, mit feinen, concen-
trischen, blätterigen Anwachsstreifen bedeckt und in der Nähe
des Schlossrandes unterhalb eines flachen, etwas zuruckliegen-
den, dem der Lingula ähnlichen Wirbels durchbohrt. In Folge
der Zerbrechlichkeit der Schale erweitert sich die kleine Durch-
bohrung zu einer Oeffnung von schwankender Grösse.
Die obere Schale ist stark gewölbt, am Wirbel aufgebläht,
dünn, fein concentrisch gestreift und noch feiner radial gerippt.
Unter scharfer Lupe zeigt auch die flache Schale auf ihrer
Oberfläche eine zarte Radialstreifung. Diese istjedoch an bei-
den Schalen nur bei ausserordentlich gut erhaltenen Exem-
plaren wahrnehmbar, welche dann wohl als A. radiata Sow.
angeführt worden sein mögen. Die Innenseite der vorliegenden
Anomia ist stark perlmutterglänzend.
Morton hat dieser Form die Namen Anomia argentaria
und tellinoides (Synops. S. 61, t. 5, f. 10 und 11) gegeben.
Vorkommen: Ziemlich häufig in der Gruppe der Trig.
limbata bei Woodbury und Haddonfield.
Anomia truncala GEIn.
Reuss, böhm, Kr. II, S. 45, t. 31, f. 12—14.
Mit A. semiglobosa kommen flache Anomienschalen vor,
welche einen geraden, nicht wie die vorige Art einen abgerun-
deten Schlossrand besitzen. Sie stimmen mit den Abbildungen,
welche Reuss von An. truncata giebt, vollständig, wesshalb sie
‚unter diesem Speciesnamen aufgeführt werden, obwohl sie kaum
von semiglobosa specifisch zu trennen sind.
Pecten quadricostatus Sow.
Die vorliegenden Steinkerne stimmen mit gleichgrossen
Exemplaren aus den senonen Mergeln des Gehrdener Berges
durchaus überein.
Nicht selten in der Zone der Squaliden bei Middletown.
Gervillia solenoides DErRr.
Geinırz, Quadersandst. Deutschl. S. 172.
Die an Trig. limbata so reichen grauen Thone, wie sie
durch den Eisenbahneinschnitt nahe Woodbury aufgeschlossen
sind, sind ausserdem angefullt von blätterigen, perlmutter-
A
Y
Am
N
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”
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233
glänzenden, dicken, bis zu 50 Mm. langen Schalenbruchstücken,
welche höchst wahrscheinlich von Gerv. solenoides abstammen.
Sie sind auf der Oberfläche glatt, flach concentrisch gestreift
und verrathen durch diese Streifung die Umrisse der einstigen
vollständigen Schale. Bruchstücke mit einem Theile der Band-
fläche zeigen drei tiefe, quere Bandgruben und zwischen und
unter diesen schmale, schräge Zahnleisten.
Auf der Oberfläche dieser Gervillia ist sehr gewöhnlich
Parasmilia balanophylloides aufgewachsen.
Lithodomus spec.
Durch die diekeren Schalenpartien der ebenerwähnten @erv.
solenoides ziehen sich in grosser Anzahl von Schwefelkies aus-
gefüllte, ziemlich lange, gewundene Bohrgänge von Lithodomus.
Diese Gänge enden zuweilen in den ebenfalls verkiesten Stein-
kernen der Bohrmuschel selbst, welche jedoch eben nur deut-
lich genug sind, um ihre Zugehörigkeit zu Lithodomus nach-
zuweisen.
Arca eraltata Nıirs.
Nırsson, Petr. Suec,, t. V., f. 1. ?
Goupruss, Petr. Germ. IH., S. 143, t. 122, f. 1.
Dieser über 80 Mm. lange und hohe, sowie mehr als 50
Mm. dicke, mit der schwedischen und norddeutschen Art über-
einstimmende Steinkern kommt zusammen mit Arca glabra und
ligeriensis im nordöstlichen New Jersey vor.
Arca glabra Sow.
Geıinırz, Quadersandst. Deutsch. S. 162.
Als Steinkern nicht selten im Glauconitmergel bei Tinton
Fall und Blockwoodtown.
Arca ligeriensis D’ORB.
D’Orp., Pal. fr. ter. cret. III. t. 317.
Cucullaea antrosa Morton, Synops. S. 65, t. 13, f. 6.
Den unter diesem Namen beschriebenen Formen stehen
Steinkerne aus dem Glauconitmergel von Tinton Falls, Eaton-
town, Blackwoodtown nahe, welche gewölbtere und spitzer
endende Winkel besitzen als die vorige Art. Auch stehen die
234
Wirbelspitzen weiter aus einander, ferner tritt die hintere un-
tere Ecke, sowie die vordere Kante der Abstumpfungsfläche
und die radiale Streifung oberhalb des Manteleindruckes stär-
ker hervor.
Arca trapezoidea GEN.
Arca undulata Reuss, Böhm, Kr. II, S. 12, t. 34, f. 39.
Der gewölbte, nach vorn steil abfallende Rücken der vor-
liegenden Steinkerne geht nach hinten über eine gerundete
Kante in eine dachförmige, hintere Fläche uber und ist mit
ca. 20 sehr flachen, abgerundeten Radialrippen bedeckt.
Häufig in der Bryozoen-Zone bei Brownville.
Trigonia limbata D’ORB.
p’Orsıeny, Pal. fr. III. S. 156, t. 298.
(Trig. aliformis vieler Autoren.)
Zum grössten Theile, namlich bis auf die unteren Rand-
partien, in ausgezeichneter Schönheit, auch mit dem Schloss-
apparat erhaltene, rechte und linke Klappen liegen gegen
30 vor.
Ihre hohen Seitenrippeu sind stark vorwärts gebogen,
glatt und durch. weite Zwischenräume getrennt, welche fein
quergefältelt sind. Die ersten laufen vorn unter einem stumpfen
Winkel zusammen. Eine oben abgeplattete, fein quergestreifte
Kante, welche sich nach hinten verflacht und der Länge nach
durch eine Furche getheilt ist, trennt das quergerippte After-
feld von den Seiten. Jener Furche entspricht auf der Innen-
seite der Schale ein Kiel, welcher auf europäischen Steinker-
nen durch eine Rinne angedeutet ist. £
Die Möglichkeit der Identificirung der beschriebenen ame-
rikanischen Trigonia mit solchen aus der norddeutschen Kreide
wird durch unsere geringe Kenntniss der letzteren erschwert.
So repräsentirt namentlich die Trigonia, welche gewöhnlich
als Trig. aliformis aufgeführt wird, zweifelsohne verschiedene
Formen, welche sich ihres schlechten Erhaltungszustandes we-
gen — man kennt sie von den meisten Fundplätzen nur als
Steinkerne — nur schwer trennen und sicher specifieiren lassen
werden.
Von den verschiedenen als aliformis bezeichneten Trigo-
nien stimmen mit Schale erhaltene Exemplare aus dem Senon
235
des Salzberges bei Quedlinburg auf’s Vollständigste mit der
vorliegenden amerikanischen Trigonia überein. Man hat die-
selbe ausser für aliformis, für limbata, fur Fittoni oder auch
wohl für eine neue Species angesprochen. Spätere Bearbei-
tungen mögen Aufklärung über die specifische Stellung der-
selben bringen , bis dahin genügt es für unseren Zweck, her-
vorzuheben, dass die in der unteren Kreideetage von New Jer-
sey so häufige Trigonia mit einer Form des norddeutschen Senon
übereinstimmt, welche, wohl mit Recht, für Trig. /imbata gilt.
Es scheint, nach den nicht sehr deutlichen Abbildungen
und Beschreibungen MorTon’s zu schliessen, dass die vorlie-
genden amerikanischen Exemplare zu MorTon’s Trig. thoracica
(Synops. S. 65, t. 15, f. 15) gehören, deren Identität mit ali-
formis von Brons, GEinıtz und Reuss angenommen, von FERD,
RoEMER hingegen nach texanischen Arten bestritten wird, wäh-
rend Lyerz und Forzes (Quart. Journ. I., S. 61) in Trig.
thoracica von New Jersey einen geographischen Vertreter und
nahen Verwandten von aliformis erkennen. Texanische For-
men liegen mir nicht vor und mögen überhaupt mit solchen
von New Jersey gar nicht identisch sein. Letztere aber lassen
sich keineswegs von der früher als aliformis , jetzt als limbata
bezeichneten Trigonia aus dem norddeutschen Senon trennen.
Vorkommen: sehr häufig in der nach ihr benannten Zone
in der untersten Kreide bei Woodbury.
Venus ovalis Sow.
Gorpr., Petr. Germ. II., S. 247, t. 151, f. 5.
Müırer, Aach. Kr. I., p. 24.
Besonders in der Schlossgegend erhaltene Schalen mit
tief eingeschnittener Bandgrube und drei divergirenden Zähnen.
Auf der Oberfläche dicht, zart und äusserst regelmässig con-
centrisch gerippt oder gefurcht.
Ziemlich häufig in der unteren Kreide bei Haddonfield.
Lueina lenticularis GOoLDF.
Geınırz, Quadersandst. Deutsch. S. 158.
Als kreisrunder Steinkern mit kleinen mittelständigen
Buckeln in der Zone der Exog. plicata von Middletown.
236
Corbula striatula Sow.
Müırer, Aach. Kr. IL, S. 25, t. 2, f. 8.
Diese etwa 6 Mm. grosse, zierliche Corbula stimmt mit
MovLLer’s Abbildung und Beschreibung soweit überein, dass
über ihre Identität kein Zweifel obwalten kann. Jedoch ist
die hintere schnabelförmige Verlängerung der grösseren linken
Schale nicht erhalten, sondern augenscheinlich abgebrochen.
Dahingegen ist der lange aufwärts gebogene Zahn und die tiefe
Zahngrube trefflich conservirt. ä
Selten in den Thonen mit Trig. limbata bei Woodbury.
Astarte caelata MÜLLER.
Mütter, Aach. Kr. S. 22, t. 2, f. 3.
Sehr flach gewölbt, der Buckel mittelständig, die beiden
fast geraden Schlossränder bilden ungefähr einen rechten Win-
kel, während der untere Rand stark bogenföormig ist. Die
Lunula ist tief lancettförmig und hat scharfe Ränder. Die Ober-
fläche mit 6 hohen, rundlichen, concentrischen Falten. Grösse
3 bis 4 Mm.
Stimmt genau mit der von Vaels und Mastricht be-
schriebenen Art, im Allgemeinen auch mit 4A. acuta Russ
(Böhm. Kr. II., S. 3, t. 30, f. 17 und t. 37, f. 14), deren
unterer Rand jedoch fein gekerbt ist.
Vorkommen: Selten in der Zone der Trig. limbata bei
Woodbury.
Teredo spec.
Die fossilen Hölzer der plastischen Thone im unteren
Horizonte der Kreide von New Jersey sind haufig von einer
grossen Anzahl der Bohrlöcher von Teredo durchschwärmt.
Diese sind meist von verhärtetem Thone, manchmal auch von
Schwefelkies ausgefüllt und enden an dem dem einstigen Sitze
der Muschel entsprechenden Punkte aufgebläht keulenförmig.
Gastrochaena tibialis MoRT. sp.
Teredo tibialis Morr., S. 68, t. 9, f. 2.
Glatte, im Querschnitte runde Röhren, bis 50 Mm. lang
und 8 Mm. im Durchmesser, unten dunn, nach ober zu dicker
237
werdend, dadurch schwach keulenförmig. Sie sind meist ge-
rade, manchmal schlangenförmig gewunden, oft knieförmig um-
sebogen. Ihr oberes Ende ist abgerundet und endet halbkuge-
lig; ihre Oberfläche ist in regelmässigen Abständen gering ein-
geschnürt.
Diese Röhren bestehen ursprünglich aus einer sehr düun-
nen kalkigen Schale, welche später durch faserigen Kalksinter
ausgekleidet wurde. Dieser mag zwar manchmal die Röhren
ganz ausfüllen, meist aber lässt er die centrale Axe offen und
ist nach diesem Hohlraume zu als Kalkspath in kleinen Rhom-
bo@dern auskrystallisirt. Die unteren dunneren Theile vieler
der Röhren sind zuweilen, aber nicht immer, durch in der
Mitte durchbohrte Querscheidewände in uhrglasähnliche Kam-
mern getheilt, eine bei manchen Teredo häufigere Erscheinung,
welche veranlassen könnte, diesen Geschlechtsnamen dem an-
gewandten vorzuziehen, wenn diese Röhren nicht augenschein-
lich zu Tausenden im Schlamme zusammen lebenden Mollusken
angehört hätten, während Teredo in Holz bohrt.
MorTos will auch Steinkerne des Thieres in jenen Röhren
gefunden haben, giebt aber weder Abbildung, noch. Beschrei-
bung, derselben.
Gasteroch. tibialis MorT. ist mit Gasteroch. amphisbaena
GoLpDF. sehr nahe verwandt, so dass ich in Zweifel war, ob
überhaupt eine specifische Trennung vorzunehmen sei. Zu
letzterer veranlasste mich die Verschiedenheit in der Grösse
der amerikanischen und europäischen Form und die bei @. ü-
bialis zuweilen auftretenden Querscheidewände, wie sie bei
G. amphisbaena noch nicht beobachtet wurden.
Die beschriebenen Röhren der @. tibialis stehen in der
Mergelkalkbank der Bryozoenschicht senkrecht oder fast senk-
recht so dicht neben einander, dass sich zwischen ihnen fast
keine Gesteinsmasse befindet.
Gastropoda.
Voluta, Rostellaria, Fusus, Turritella, Cerithium.
Zum Theil sehr scharf ausgeprägte Steinkerne dieser Ge-
nera, wie sie von LYELL und Morton abgebildet worden sind,
kommen in allen Horizonten der oberen Kreideetage von New
Zeits.d. D.geol.Ges. XXI, 2 16
238
Jersey vor. Eine specifische Vergleichung derselben mit euro-
päischen Kreide-Gastropoden würde zu gewagt sein.
Vom Telegraph Hill stammende, bis 80 Mm. hohe Stein-
kerne von Cerithium, aus 6 hochgewölbten Windungen bestehend,
waren zum Theil noch von Schale umhullt, welche jedoch in
erdigen Vivianit von ultramarinblauer Farbe umgewandelt war.
Dentalium polygonum Reuss.
Reuss, Böhm, Kr. I, S. 41, t. 11, £. 5.
Schlank, drehrund, schwachgebogen, mit 12 — 16 hohen,
schmalen Längsrippen und feinen concentrischen, also ring-
formig verlaufenden Linien. Hat bis 35 Mm. Länge erreicht.
Vorkommen: Ziemlich häufig in den Thonen mit Venus
ovalis bei Haddontield.
Gephalopoda.
Belemnites mucronatus Buaımmv.
Bel. americanus Morrt. Synops. S. 34, t. 1, £. 1,2 u. 3, und t. 17, f. 2.
Da das Vorkommen dieses in der norddeutschen Kreide
einen so bestimmten Horizont, nämlich das obere Senon, be-
zeichnenden Belemniten in New Jersey einen wichtigen An-
haltspunkt für eine Parallelisirung der betreffenden amerika-
nischen und europäischen Kreidebildung abgiebt, musste auf
die Feststellung der Identität des new-jerseyer Belemniten und
des europäischen z. B. hannoverschen Del. mucronatus , von
welchem ebenfalls zahlreiche Exemplare vorliegen, besonderes
Gewicht gelegt werden.
Besitzen auch manche Exemplare des Bel. mucronatus
von New Jersey eine cylindrische, schwach keulenförmige Ge-
stalt, wie der europäische Typus, und ist bei diesen auch die
Abnahme des Durchmessers kurz vor der Spitze eine plötz-
liche, so ist doch bei den meisten Exemplaren dieses Belemni-
ten aus New Jersey der Durchmesser der Scheide am Alveo-
lar-Ende am grössten und nimmt gegen die Spitze stetig und
sehr langsam ab, hat also die typische keulenförmige Ge-
stalt verloren.
Ein Durchschnitt solcher Scheiden am Alveolar-Ende ist
herzförmig, so dass der grösste Durchmesser von der Spalte
239
nach der Rinne läuft; ein Durchschnitt an der Alveolen-
spitze ist abgerundet dreieckig, ein solcher unterhalb der Mitte
breiter als hoch, also quer oval.
Die flachen Dorsolateralfurchen und Rinnen auf der Ober-
fläche der vorliegenden amerikanischen Belemniten lassen sich
bis in die Nähe der Scheidenspitze deuclich verfolgen.
- Die Alveolar-Hohle hat eine bedeutende Tiefe, nämlich
über ein Drittel der Scheidenlänge. Ihr Durchschnitt ist be-
sonders am oberen Ende schwach herzförmig.
Die tief hinabreichende Alveolar-Spalte endet nach unten
schräg. Die ihr gegenuber liegende Rinne ist bei den ameri-
kanischen Exemplaren aussergewöhnlich scharf ausgeprägt und
tritt bei den Steinkernen der Alveolenhöhlungen als rundliche
Leiste hervor.
Bei manchen sehr wohlerhaltenen und aus honiggelbem,
radialfaserigen Kalkspath bestehenden Exemplaren ist die Al-
veolarhöhlung ausgekleidet durch eine Lage von weisser, wei-
cher, schuppiger,concentrisch-blätteriger Kalksubstanz (Pro-ostra-
cum), welche in ihrer Structur, Farbe und Weichheitan die Schulpe
der lebenden Sepien erinnert, den Phragmoconus umhullt hat
und oberhalb dieses die Eingeweidekammer gebildet zu haben
scheint.
Die charakteristischen Eigenthumlichkeiten des europäischen
Bel. mucronatus, also die fast bis zur Scheidenspitze verlau-
fenden Dorsolateralfurchen, die mit diesen zusammenhängen-
den, sich verzweigenden feinen Rinnen, die schräg endende
Alveolarspalte, die ihr gegenüuberliegende Alveolarrinne sind,
wie aus Obigem hervorgeht, auch für den new-jerseyer Be-
lemniten bezeichnend. Nur in ihrer äusseren Gestalt weichen
beide etwas von einander ab, indem der amerikanische Be-
lemnit mehr spitz, der deutsche mehr keulenförmig gestaltet
ist. Neben den typischen, keulenförmigen Exemplaren kom-
men jedoch z. B. in der Umgegend von Hannover auch den
amerikanischen ähnliche spitze Formen vor. Kennt man aber
neben der spitzen amerikanischen Gestalt auch eine keulen-
formige Varietät und neben dem keulenförmigen hannoverschen
Typus auch eine spitze Varietät, so verliert bei sonstiger Ueber-
einstimmung der wichtigeren, weil von der inneren Organisation
des einstigen Thieres abhängigen Merkmale eine so gering-
fügige Abweichung in der äusseren Gestalt jeden Einfluss bei
16*
240
Entscheidung der Frage, ob Bel. mucronatus und der betreffende
amerikanische Belemnitspecifisch eins sind oder nicht. Ueber
die Identität beider kann deshalb kein Zweifel obwalten.
Vorkommen: Häufig in den Grünsandmergeln zwischen
den plastischen 'Thonen mit Trig. limbata und den Kalkmergeln
mit Ter. Harlani. In manchen Schichten, so in der Zone der
Squaliden, ferner im oberen Niveau der Exog. plicata - Zone
ist die Kalksubstanz, also die Scheide des Bel. mucronatus,
vollständig verschwunden, so dass nur noch die Steinkerne der
Alveolenhöhlen als einzige Ueberbleibsel dieses Cephalopoden
dessen einstige Häufigkeit andeuten. An ihnen tritt, wie er-
wähnt, die Alveolar-Rinne in Form einer bis zur Spitze reichen-
den, rundlichen, die Spalte aber als eine etwas kürzere,
schärfere, höhere und der Alveolar-Rinne diametral gegenüber-
liegende Leiste auf.
Bei Mullica-Hill im südwestlichen Theile von New Jersey
kommt Bel. mucronatus in radial -strahligen Vivianit verwan-
delt vor.
Baculites Faujasi Lam.
Bac. ovatus Say, Am. Journ. Vol. 18, 1830, t. 1, f. 6, 7,8.
Morron, Synopsis, S. 42, t. 1, f. 6, 7, 8.
Der von Say und Morron als 2. ovatus beschriebene, voll-
kommen glatte Baculit gleicht sowohl in seiner allgemeinen
Gestalt und seinem elliptischen Querschnitte, wie im Verlaufe
der Lobenzeichnung Exemplaren des B. Faujasi Lam. aus
dem oberen Senon von Ahlten bei Hannover, Rouen in Frank-
reich und anderen Orten so vollständig, dass über ihre Iden-
tität kein Zweifel herrscht.
Vorkommen: Nicht selten in den Grunsanden mit Bel.
mucronalus.
Vermes.
Serpula triangularis Münsrt.
Gorpruss, Petr. Germ. I., S. 236, t. 70, f. 4.
Eine im Querschnitte dreiseitige, scharfrückige Serpula,
welche auf Schalen von 7er. Harlani in der Bryozoen -Zone
vorkommt, ist augenscheinlich identisch mit der deutschen .
S. triangularis.
241
Serpula rotula Morr. sp., non GOLDF.
Vermetus rotula Morr., Synops. S. 81, t. 1, f. 14.
Röhre vierseitig, jedoch mit rundem Canale.. An den
Kanten scharf und hochgekielt; fast genau in einer Ebene auf-
gewickelt, mit der innersten Windung aufgewachsen und da-
dureh sehr flach genabelt.
Sehr ähnlich S. quadricarinata Münst.; nach GoLDFUss’
Abbildung (Goupr. S. 237, t. 70, f. 8) von ihr nur Wurch
schärfere Kiele unterschieden, vielleicht stellt sich jedoch bei
Vergleichung mit GoLpruss’ und Munster’s Originalexemplaren
ihre Zusammengehörigkeit heraus. Ich habe diese Serpula,
da ihre Vereinigung mit quadricarinata nicht unmöglich, aber
doch noch nicht sicher ist, provisorisch unter dem ihr von
Morton verliehenen Speciesnamen angeführt, trotzdem dieser
seitdem bereits anderweitig vergeben ist. |
Sehr häufig in besonders den obersten Bryozoenschichten
am Timber Creek.
Crustacea.
Pollicipes mazimus Sow.
- Roemer, Kr. S, 104, t. 16, £. 9.
Nur die lancetförmigen , gewölbten, vorwärts gebogenen
Rückenschalen liegen vor. Sie stammen aus den Kreidemer-
geln mit Bryozoen und Ter. Harlani von Turtle Mill.
Callianassa antiqua OTTO.
Geisıtz, Quad. Deutschl. t. 2, f. 2, 4, 5.
RoEmer, Kr. 106, t. 16, f. 25.
Die in grosser Anzahl vorliegenden Scheeren und Fuss-
glieder stimmen mit den ]l. ec. beschriebenen Formen aus den
oberen Kreidemergeln von Kieslingswalde überein und unter-
scheiden sich von CO. Faujasi Desm., welche so häufig z. B.
im hannoverschen Senon ist, dadurch, dass die Scheeren letz-
terer Species flacher gebaut sind, stärker gezähnelte Ränder
besitzen und auf der convexen Seite gröber gekörnelt sind.
Mit Geıinıtz bezweifle ich jedoch, dass diese geringfügigen
Unterschiede genugen, um beide Formen specifisch zu trennen.
242
Vorkommen: Häufig in den unteren Niveaus der Belemnites
mucronatus- führenden Schichten, z. B. bei Middletown.
Pisces.
Otodusappendiculatus Ac.
Rormer, Kr. v. Texas, S. 30, t. 1, f. 9.
Corax heterodon Russ.
Rornmer, Kr. v. Texas, S. 30, t. 1, £ 8.
Reuss, Böhm. Kr. I,, S. 3, t. 3, f. 55, 56, 63.
Oxyrhina Mantelli Ac.
Reuss, Böhm. Kr. 1, S.5,t.3, f1—6.
Rornmes, Kr, v. Texas, S. 29, t. 1, f. 6a. und b.
Lamnatexzana RoEn.
Rormer, Kr. v. Texas, S. 29, t. 1, f. 7a. und b.
Die scharfen Reifen auf der gewölbten Aussenfläche, ge-
sen 24 an der Zahl, treten deutlichst hervor, enden wie bei
Rormer’s Exemplaren in der Nähe der Krone und lassen
ebenso jederseits nach den scharfschneidigen Kanten zu einen
schmalen Raum frei.
Die vier genannten Fischzahne stammen sämmtlich aus
der Zone der Squaliden, wo sie zum Theil sehr häufig sind.
Sie stimmen alle mit den eitirten Abbildungen und Beschrei-
bungen genau überein.
Coprolithus Mantelli Ac.
Macropoma Mantelli Ac.
Dieser lerchenzapfenähnliche, in der Regel etwa 25 Mm.
lange Koprolith kommt in der Zone der Squaliden bei Middle-
town vor. Eines der vorliegenden Exemplare zeigt die duten-
formig in einander sitzenden Spiralwindungen sowie die ober-
flächlichen Gefässeindrucke, welche sich auch auf der Innen-
seite der Windungen wiederholen, in besonderer Deutlichkeit.
In der genannten Zone sind bis zu 80 Mm. lange derartige
Koprolithen gefunden worden. Sie enthalten nach den von der
geologischen Landesuntersuchung angestellten Analysen bis
32 pCt. Phosphorsäure.
en 7 Fe RT FEN a RA TE
EEK "u ar ı a RI! rer
243
Amphipbia.
Hyposaurus Rogersii Owen.
Owen, Quart. Journ. V., 1849, S. 380, t. 11, f. 7—10.
Leıpy, Extinct reptiles of the cret, form. (Smirus. Contrib. 1864) S. 21,
Lu, fAu5,
Von diesem Saurier, dem letzten mit biconcaven Wirbeln,
liegt eine Anzahl solcher in grosser Schönheit erhaltener
Rückenwirbel, sowie von Metatarsal-Knochen vor.
In der Zone der Arcaceen, z. B. bei Tinton Falls.
Hadrosaurus Foulkii Leipy.
Leıpy, Extinet reptiles, S. 76 — 97, t. 12 u. 19.
Dieser pflanzenfressende Saurier war nach Leipr Iguano-
don am nächsten verwandt, erreichte 28 Fuss Länge, hatte
unverhältnissmässig lange Hinterbeine, sehr kurze Vorderbeine
und einen langen Schwanz mit etwa 40 Wirbeln. Seine Füsse
waren nicht zum Schwimmen eingerichtet, Hadrosaurus war
deshalb ein Bewohner des trockenen Landes oder der Marschen.
Leipy und Copz glauben annehmen zu dürfen, dass dies Reptil
in aufrechter Stellung, auf seinen Hinterbeinen sitzend und
auf seinen Schwanz gestützt, die Baumzweige abgeweidet habe,
die es mit seinen schwächeren Vorderfüssen an sich gezogen.
Vorkommen: In den Thonen mit Venus ovalis, Exogyra
auricularis, Astraea cretacea bei Haddonfield.
Mosasaurus Mitchelli Deray sp.
Leipy, Extinet reptiles, S. 30.
Bronx’s Lethaea geog. II, S. 406.
Zähne, einzeln und lose, oder zu mehreren in Kinnladen-
bruchstüucken innesitzend, Wirbel, Bein- und Fussknochenbruch-
stucke sind in den Glauconitmergeln mit Bel. mucronatus ziem-_
lich haufig. Die meisten der zur Kenntniss gekommenen, von
Leipy ]. c. ausführlich beschriebenen Reste stammen aus den
Mergelgruben von Holmdale, Mount Holly, Freehold, Mullica
Hill, Tinton Falls.
M. Mitchelli unterscheidet sich von dem Mastrichter M.
Hofmanni ManT. nur durch seine geringere Grösse.
244
IV. Verticale Verbreitung der organischen Reste in der Kreideformation
von New Jersey und darauf basirte Gliederung der letzteren.
Die verticale Verbreitung der eben beschriebenen organi-
schen Reste in den drei, ursprünglich allein ihrer petrographi-
schen Verschiedenheit wegen getrennten Etagen der Kreidefor-
mation von New Jersey lässt sich tabellarisch wie folgt aus-
drücken:
Mittlere} Obere
Untere Etage Etage Etage
Organische Reste. der der der
Grün- | Kalk-
Sande u.Thone, ande de
Stamm- und Astfragmente von sa
näher bestimmbaren Coniferen 7
Sequoia-Zweige und Blätter FR
Angiospermen-Blätter =
Flabellina cordata REUSS =
Nodosaria sulcata NILs. =
Trochosmilia inauris MoRT.
Parasmilia balanophylloides BöL.
Astraea cretacea BöL.
? Coelosmilia atlantica MoRT.
Nucleolites erucifer MoRT.
Holaster cinctus MoRr.
Cidaris sceptrifera MAnT.
Cidaris clavigera Koen.
Eschara dichotoma GOLDF.
Cellepora pusüla Hac.
Cellepora granulosa Hac.
Ditaxia compressa GOLDF.
Aulopora Sp.
Cavaria pustulosa Hac.
Ceriopora sessilis Hac.
Terebratula Harlani MoRrr.
Terebratella plicata Say.
Östrea vesicularis Lam.
Östrea larva Lam.
Ostrea lunata NILs.
ÖOstrea acutirostris NILS.
Östrea lateralis NiLs.
Esxogyra plicata GOLDF.
|
ee ee ee see ee na ee u in m nn
I+|I| I Ii+ | HH | | te ||
ee ee
sat ezee
nn
a
245
Mittlere} Obere
Etage | Etage
Organische Reste. der der der
Grün- | Kalk-
Sande u.Thone. sande. | mergel.
Untere Etage
Exogyra laciniata GOLDF.
Exogyra ponderosa RoEM.
Exogyra auricularis SOw.
Exogyra planospirites GOLDF.
Anomia semiglobosa GEIN.
Anomia truncata GEIn.
Pecten quadricostatus Sow.
Gervillia solenoides DErr.
Lithodomus sp.
Arca exaltata NıLs.
Arca trapezoidea GeEIn.
Arca glabra Sow.
Arca ligeriensis D’ ORB.
Trigonia limbata D ORB.
Venus ovalis Sow.
Lueina lenticularis GOLDF.
Corbula siriatula Sow.
Astarte caelata MvLL.
Teredo sp.
a a a a 2 Ba a
Gastrochaena tibialis MORT.
Fusus sp.
Voluta sp.
Rostellaria sp.
Turritella sp.
Cerithium sp.
Dentalium polygonum Reuss
Belemnites mucronatus BLAINV.
Baculites Faujasi Lan.
Serpula triangularis MUünsT.
Serpula rotula MoRrr.
Pollicipes maximus Sow.
Callianassa antiqua OTTO.
Otodus appendiculatus Ac.
Dorax heterodon REUSS
Oxyrhina Moantelli Ac.
Lamna terana RoEn.
Coprolithus Mantelli Ac.
Hyposaurus Rogersü Ow.
Mosasaurus Mitchelli Dex.
Hadrosaurus Foulkiü Leıpy.
|| I##+-|-+-+-| | I I++ | +++ | +
t
r
Feel ee
Ar ee ee ke
| +++ + | | [++ | ++ || I I I |
246
‚Aus dieser tabellarischen Zusammenstellung ergiebt sich,
dass den drei petrographisch geschiedenen Etagen der Kreide
von New Jersey eine paläontologische Dreitheilung genau ent-
spricht, und dass die cretaceische Schichtenreihe jenes Staates
in folgende drei Unterabtheilungen zerfällt:
a) zuoberst Kreidetuff und Kalkmergel mit Ter.
Harlani, Holaster cinetus, Arca trapezoidea, Turbinolia
inauris und zahlreichen Bryozoen, vor Allem
Esch. dichotoma.
b) Glauconitmergel mit Bel. mucronatus, Ba-
culites Faujasi, Ostr. vesicularis, Ostr. larva,
Östr. lunata, Exogyra plicata, Pect. quadricosta-
tus, Terebratella plicata sowie Mosasaurus und
Hyposaurus.
c) Sande und Thone, zuoberst mit Trig. limbata,
Exog. auricularis, Exog. laciniata, Gerv. solenoides,
Venus ovalis, Parasmilia balanophylloide.. In den un-
teren Niveaus mit eingeschwemmten Pflanzen-
resten.
V. Vergleichung und Parallelisirung der Kreide von New Jersey
mit Kreidebildungen anderer Localitäten.
Bei einem Versuche der Parallelisirung der Kreide von
New Jersey mit den Kreidebildungen anderer Gegenden liegt
ein Vergleich mit den Entwickelungsreihen der übrigen Kreide-
terrains Nordamerikas am nächsten. Jedoch sind die betreflen-
den Formationen der südlichen und westlichen Staaten paläon-
tologisch nicht genau genug bekannt, um eingehende Vergleiche
zu gestatten. Die texanische Kreide allein ist uns durch
Fern. Rormer’s Monographie: „Die Kreidebildungen von Texas
und ihre organischen Einschlüsse* in Wort und Bild trefilich
geschildert worden. In dieser Arbeit stellt der Verfasser auch
Vergleiche mit der new-jerseyer Kreide an und constatirt be-
reits, dass beide Kreidebildungen nur wenige Species, namlich
Ostrea vwesicularis, Pecten quadricostatus und Esxoyyra plicata
gemein, also mit einander nur geringe paläontologische Aehn-
lichkeit haben. Diesen gemeinschaftlichen Arten gesellen sich
nach oben gegebener Uebersicht noch Exogyra ponderosa, (Co-
247
rax heterodon, Oxyrhina Mantelli und Lamna texana zu. Von
allen diesen Species gehen die drei letzten oder ihre Vertreter
und ÖOstr. vesicularis durch verschiedene Etagen der europä-
ischen Kreide hindurch. Pect. quadricostatus ist so allgemein
in der oberen Kreide verbreitet, dass sein Vorkommen keinen
Beweis besonderer Uebereinstimmung zweier Faunen liefert,
welehen man auch nicht in der gemeinsamen Führung von
Exog. ponderosa und plicata finden kann. Im Gegentheil ver-
leiht das Vorkommen zahlreicher Hippuriten-, Inoceramen- und
Nerineen-Species der texanischen Kreide einen ganz abweichen-
den organischen Habitus. Im paläontologischen Gesammtcha-
rakter der Kreide von Texas und New Jersey herrscht somit
keine Uebereinstimmung. RoEuMERr’s Untersuchungen haben
vielmehr festgestellt, dass die kalkigen, festen, felsbildenden
Kreidegesteine von Texas organische Reste neben einander
führen, welche in Europa der turouen und senonen Formation,
und zwar deren alpiner Facies angehören, dass sie somit die
oberen Horizonte des Turon repräsentiren, — während dieses
Geognosten sicherer Blick in den Kreidemergeln von New
Jersey ausschliesslich senone Bildungen erkannte, ähnlich wie
sie namentlich in Norddeutschland entwickelt sind. Die Be-
weisführung dieser auffälligen Identität des organischen
Charakters gewisser europäischer Kreidebildungen und derer
von New Jersey, bei vollständiger Verschiedenheit der letzte-
ren und der näher gelegenen texanischen Schichtenreihe lag
bei einer Beschreibung der Kreide von Texas und deren orga-
nischer Reste abseits des von F. RornmEr verfolgten Zieles
und musste deshalb bei jener Gelegenheit ausgeschlossen
bleiben.
Die sämmtlichen übrigen Geognosten, welche über die
new-jerseyer Kreideformation geschrieben haben, sprachen de-
ren tiefere Horizonte, im Gegensatz zur Ansicht Roeuer’s, für
untere Kreide an.
MorrTox hielt nur eine einzige amerikanische Species,
nämlich Pecten quadricostatus, für identisch mit einer euro-
päischen. Stimmten nach ihm die übrigen organischen Reste
auch nicht überein, so glaubte er doch nach der allgemeinen
Aehnlichkeit derselben die unteren Schichten der amerikani-
schen Kreide dem unteren Grünsande Englands und deren
obere Etage der weissen Kreide Europas gleichstellen zu können.
u ee SE h RA, ae. TE > ne Ba en NE a
Funels. RE Ru RN ee
IN L a N ie la a Me a
248
Zu ganz ähnlichem Schlusse gelangte 8 Jahre später
LyELL, nur erkannte er, wie RoGERS schon kurz vor ihm, be-
reits 5 beiden Weltiheilen gemeinsame Species, nämlich Ostr.
vesicularis, O. larva, Exogyra plicata, Pecten quadricostatus und
Bel. mucronatus, während 16 andere Formen zum Theil aus
dem Gault und Oenoman Europas in New Jersey geographi-
sche Vertreter haben sollten. Er schloss daraus auf die Aequi-
valenz der Kreideschichten von New Jersey mit dem euro-
päischen Gault, Cenoman, Turon und Senon. Auch MEER und
Haypen halten die untere Etage, die Sande und Thone der
Kreide von New Jersey für ein Glied der ältesten Kreide, also
für Neocom oder Gault (Proc. Acad. Nat. Sc. 1857, S. 127
und 1861, S. 426). Dieser Ansicht schliessen sich Cook und
Smock an (Report on New Jersey, 1868, S. 248). Nach der
von ihnen auf $. 34 und 36 gegebenen tabellarischen Ueber-
sicht über die sedimentäre Schichtenreihe von New Jersey und
deren europäische Aequivalenzgebilde sollen die dortigen Sande,
Thone und Mergel sammtliche Abtheilungen der Kreide Euro-
pas repräsentiren.
Durch meine Beobachtungen in der Kreide von New Jer-
sey erhalten die Ansichten der letztgenannten Geognosten
keine Unterstützung. Im Gegentheile bestätigen sie F. Ror-
MER’ Ss Annahme des durchaus senonen Alters jener Ablagerun-
gen und der grossen Aehnlichkeit ihres paläontologischen Ge-
sammthabitus mit dem der senonen Entwickelungsreihe Nord-
Europas, namentlich des nordwestlichen Deutschlands, im
Gegensatze zu der alpinen Kreidefacies. Aus dem paläonto-
logischen Theile dieser vorliegenden Abhandlung ergeben sich
aber mit Bezug auf die Vergleichung europäischer und new-
‘ jerseyer Kreidereste ausserdem noch folgende überraschende
Resultate:
Von der fossilen Fauna der Kreide von New Jersey sind:
1) identisch mit Formen des norddeutschen Senons:
Flabellina cordata, Nodosaria sulcata, Cidaris sceptrifera,
Cid. clavigera, Eschara dicholoma, Cellepora pusilla, Cell. granu-
losa, Ditaxia compressa, Cavaria pustulosa, ÜCeriop. sessilis, Ostr.
vesicularis, O. larva, O. lunata, ©. acutirostris, O. lateralis,
Exog. plicata, E. laciniata, E. auricularis, E. planospirites,
Anom. semiglobosa, A. truncata; Pect. quadricostatus, Gervillia
& | 249
solenoides ‚„ Arca exaltata, Arca trapezoidea, Arca glabra, Arca
ligeriensis, Trig. limbata, Venus ovalis, Lucina lenticularis, Cor-
bula striatula, Astarte caelata, Dentalium polygonum, Bel. mu-
cronatus, Baculites Faujasi, Serpula triangularis, Pollicipes maxi-
mus, Callianassa antiqua, Otodus appendiculatus, Cora. heterodon,
O.ryrhina Mantelli, Coprolithus Mantelli.
2) haben nahverwandte geographische Ver-
treter im europäischen Senone: F
Ter. Harlani Morr. in Ter. Sowerbyi Hac.
Lamna terana Rorm. in L. plicatella ReEuss.
Mosasaurus Mitschelli Dex. in M. Hofmanni Manr.
Serpula rotula MoRrT. in S. quadricarinata Münst.
Gastrochaena tibialis MoRT. in @. amphisbaena GOLDF.
3) sind specifisch amerikanisch:
Trochosmilia inauris, Parasmilia balanophylloides, Astr. ere-
tacea, Coelosmilia atlantica, Nucleolites erucifer, Holaster cinctus,
Terebratella plicata, Exogyra ponderosa, Hyposaurus Rogersü,
Hadrosaurus Foulkü.
Es stimmen also mit Arten des europäischen Senon
überein 42 der von mir in New Jersey gesammelten 57 Spe-
cies*) oder etwa 73 pCt.
Es sind im europäischen Senon durch nahe Verwandte
vertreten 5 der von mir in New Jersey gesammelten 57 Spe-
cies oder etwa 9 pCt.
Es sind endlich specifisch amerikanisch 10 der be-
_ treffenden 57 Species oder etwa 18 pCt.
In diesen Zahlen liegt der definitive Beweis der
_ wollkommenen Aequivalenz des nordeuropäischen
5
Senons und der Kreide von New Jersey.
Wir können jedoch noch weiter gehen: Aus der geognosti-
schen und paläontologischen Beschreibung der Kreide von New
Jersey ergiebt sich ferner, dass sich letztere in ihrer petro-
x graphischen und paläontologischen Ausbildung, sowie in ihrer
durch diese bedingte Gliederung der senonen Schichtenreihe,
wie sie bei Aachen und Mastricht sowie in Belgien
_ entwickelt und von BinkHORST, DEWALQUE, GemıTz, ROEMER
bestimmbaren Formen nicht in Betracht gezogen,
g
250
Gliederung der senonen Schichtenreihe von
New Jersey.
Kalkmergel und
Kreidetuff von
Timber Creek, in
ihrem oberen Hori-
zonte sehr reich an
Bryozoen.
Grünsand mit
Bel. mucronaitus,
Bacul. Faujasi,
Östr. vesicularis, O.
larva, 0. lateralıs,
Pect. quadricostatus,
Arca glabra, A. li-
geriensis, Squaliden -
Zähnen, Mosasau-
rus u. Hyposaurus.
Lose Sande
Aachen u. Mastricht
nach BINKHORST,
nach DEWALQUE.
GeEINITZ, ROEMER. o
Kreidetuff von|Systeme maestrich-
MastrichtundAachen |tien. Kreidetuff
in seinem oberen |mit Bryozoen und
Horizonte mit viel|grober Mergelkalk
Bryozoen. mit Hemipneustes
striato - radiatus, Ca-
topygus pyriformis.
Kreidemergel |Systeme senonien
von Vaels mit Ter.| (Dumont,nonD’ORB.)
weisse Kreide mit
oder ohne Feuer-
steine.. Mi. Brel.
mucronatus, Bac.
Faujasi, ÖOstr. ve-
sicularis, O. lateralis,
Pect. quadricostatus,
Ter.. carnea, Ter.
Sowerbyi, Magas pu-
milus, Crania anti-
qua, Squaliden-Zäh-
carnea, Magas pumi-
lus, Crania parisien-
sis, Teer. »chrysals,
Ostr,. vesicularis,
Bel. mucronatus.
Grüunsand mit
Bel. mucronatus,
ausserdem Bacul.
Faujasi, Ostr. ve-
sicularis, 0. larva,
O.lateralis, Arca gla-
bra, 4A. ligeriensis,
> Squaliden - Zähne,
Mosasaurus.
mit Lose Sande des Systeme Aach£enien:
eingelagerten Sand- "Aachener Waldesund Lose Sande 5
steinen und dunklen
und weissen Thonen.
Im unteren und mitt-
leren Niveau mit
zahlreichen einge-
schwemmten
Pflanzenresten,
in den Hölzern Te-
redo. Selten mit
Unio. Im oberen Ni-
veau mit muschel-
reichen Thonlagen,
in diesen T'rig. lim-
bata, Gerv. solenoi-
des, Venus ovalis,
Astarte caelata.
Ohne Bel. mucro-
natus.
Lousberges mit ein- Sandstein
gelagerten Sandstei- | hend, mit zwischen-
nen und Thonen. Im gelagerten
unteren und mittle- | Letztere reich an
ren Niveau mit zahl-|Baumfragmen-
reichen einge- |ten. Im oberen Ni-
schwemmten |veau thonige Sande,
Pflanzenresten, | Mergel und glauko-
in den Hölzern Te- nitischer Sandstein
redo. Mit muschel- mit Trig. limbata,
nen, Mosasaurus.
NT EN TEEN TEN ER SEE 2 RE DRETENSE EIN FT RER RER
. überge-
Belgisch Limburg 4
ir
Thonen.
reichen an Gerv. solenoides, Ast.
|
in diesen Trig. ali-
Jormis
Gerv. solenoides, Ve- | steme Hervien).
Astarte |
caelata, Bel. quadra-
nus ovalis, |
caelata.
Ohne Bel. mucro-
natus. -
(limbata), | tus (Dewangqur’s Sy-
ag ET a er re 1
Be Ft IR ne j ee! . rn a Bi
251
In einer tabellarischen Zusammenstellung wie der neben-
stehenden tritt die analoge Ausbildung der Kreideformation bei-
der Gegenden am schärfsten hervor.
Eine so grosse Uebereinstimmung in petrographischer
und paläontologischer Hinsicht ist zwischen Entwickelungs-
gebieten, welche durch mehr als 1200 Meilen Entfernung ge-
trennt sind, äusserst auffällig und muss umsomehr überraschen,
als zwischen den Faunen der Kreide von New Jersey und den
südwestlichen amerikanischen Staaten nicht die geringste Aehn-
lichkeit herrscht. Die natürlichen Verhältnisse, welche eine
derartige zwiefache nördliche und südliche Facies der Kreide-
bildung, und zwar wie in Amerika so in Europa, bedingten,
sind, wie Rosmer (Kr. v. Texas, S. 22) nachgewiesen hat,
klimatische Verschiedenheiten gewesen, welche sich somit be-
‚reits während der Kreideperiode geltend gemacht haben.
Inhalt.
Literatur und einleitende Bemerkungen . . . RER 191
Skizze der allgemeinen geognostischen Verhältnisse des Staates
New Jersey . . .. 195
Geognostische A eröikenn. de Kreideformnition von Ne de, „199
Beschreibung der organischen Einschlüsse derselben. . . 213
Verticale Verbreitung der organischen Einschlüsse und en Be
sirte Gliederung der Kreide von New Jersey. N
Parallelisirung der letzteren mit anderen Kreidgbildungen . . . . 246
3. Ueber die Gleichzeitigkeit der Vulkane von Latium
und des Menschen und über die paläoethnologischen
Funde in der römischen Campagna überhaupt.
Aus dem Bericht des Herrn de Rossı ım Instituto di
corrispondenza archeologica vom 14. December 1866
(Ann. dell'instituto dı corrıspondenza archeologica. Vol.
29, p. 5—72. Roma 1867) und aus den Aufsätzen des
Herrn Ponzı mitgetheilt von Herrn J. Rorn ın Berlin.
Te
Bekanntlich nimmt man in der Geschichte des vorhistori-
schen Menschen drei grosse Epochen an: die Steinzeit, die
Kupfer- und Broncezeit und die Eisenzeit. Hatte schon MERCATI
(Metallotheca vaticana 1717), und er zuerst, die geschärften Feuer-
steine, die man früher als Produkte des Blitzes (lapis fulminis)
oder als lusus naturae bezeichnet hatte, als Waffen des vor-
historischen Menschen erkannt, so hat man später die Stein-
zeit, je nach der schlechteren oder besseren Bearbeitung und
Politur der Geräthe, in die ältere (archäolithische) und neuere
(neolithische) getrennt.
Die Unterabtheilungen der drei grossen Epochen Se
mehr den einzelnen Ländern angepasst als für alle gültig zu
sein. Demnach sind in dem Folgenden nur die zwei Steinzeiten
unterschieden, Kupfer- und Broncezeit nicht getrennt, wel-
cher die Eisenzeit folgt.
Aeltere (archäollithische) Steinzeit.
Die Spuren und Erzeugnisse des Menschen finden sich,
wie bekannt, überall in den Ablagerungen der Quartärflüsse zu-
sammen mit den Resten der damaligen Thiere und Pflanzen.
Meist folgten die damaligen Gewässer den heutigen Wasser-
läufen, aber sie bildeten, da sie stärker waren als die heuti-
gen Gewässer, Absätze in 20— 40 Meter Höhe über dem
heutigen Rinnsal. Ausserdem liefern die Knochenhöhlen unter-
halb ihrer mächtigen Kalkdecke reiche Ausbeute für die Ge- 4
schichte des vorhistorischen Menschen, =
A ke
RN a > WEN Ei DE
“7 nn a Ce .
‘ oa g-r k
X =
253
Die ersten Funde*), denen bald andere folgten, von Pro
dukten des quartären Menschen in Italien geschahen im Kies
(ghiaja) von Ponte Molle, der nach Poxzı (Atti dell’Accad. dei
nuovi lincei Sess. IV. 8. Marzo 1866) mit den Travertinen
gleichzeitig ist. Die untere Lage des Kieses besteht aus grö-
berem, die obere aus feinerem Material; zwischen beiden liegen
Mergel mit Süusswasserconchylien und Susswasserpflanzen und
Flusssande mit Augit, Leucit und Glimmer, zuoberst Tuffe
mit Bimstein gemischt. Aus dieser Lagerung geht hervor, dass
die Masse und die Geschwindigkeit der Diluvialgewässer der
Tiber zwei Mal gewechselt haben. Zuerst floss sie reissend,
ruhiger und schwächer als sie die Mergel und Sande absetzte.
In beiden Kieslagern liegen Feuersteinwaffen. Im unteren Kies
fand sich unter anderen eine etwas gerollte Pfeilspitze aus
gelblichem Feuerstein, 15 Meter unter der Oberfläche, eine an-
dere aus rothem Feuerstein. Ein im oberen feineren Kies
gefundenes Messer aus weisslichem Feuerstein scheint nach
seiner vortrefflichen Arbeit dem Uebergang zur neueren Stein-
zeit anzugehören. Da sich die Waffen der älteren Steinzeit
immer in den Flussbetten der von den Bergen herabkommenden
Wässer und nie in der Ebene finden, so lässt sich daraus
schliessen, dass die Menschen der Quartärzeit auf den Bergen
oder an ihrem Fuss, aber nicht in der Ebene wohnten. In
den mittleren Mergeln und Sanden, die von der langsamen
und schwachen Erosion der Ebene herruhren, sind keine Waf-
fen gefunden. |
Bei Monticelli westlich von Tivoli (s. Taf. XII Bd. 18)
bestand zur Quartärzeit ein Fluss (der jetzige Fosso di Cupo),
der seine Gewässer ebenso wenig als heute von den hohen
Bergen empfing, sondern nur die der nächsten Gegenden ver-
einigte. So konnte sich ein grosses, ruhiges, fast seeähnliches
Bassin bilden, das eine Insel umschloss. Nach Poxzı (Atti
dell’Accad. dei nuovi lincei. Tom. XX, Sess. I del 2 Di-
cembre 1866) sieht man am linken Ufer des Fosso del Cupo
zuunterst und 9,45 Meter mächtig Pozzolan, dunkelrothe, leu-
eitfreie, vulkanische Erde; darüber folgt 8,30 Meter mächtig
halbfester submariner vulkanischer Tuff, ein graugelbliches,
*) An den Caprinen unterhalb Monticelli fand Rusconı MER
(S. diese Zeitschrift Ba. 18, S. 505.)
Zeits.d. D. geol Ges. XX1.2. E2
En
254
viele mehlige Leueite führendes Gemenge von feiner Asche und
Lapilli. Beide Lagen sind frei von Feuerstein und Fossilien.
Darüber folgt kalkiger, mit Säuren sehr schwach brausender,
weisslicher, unten etwas thoniger, lockerem Travertin ähnlicher, _
grober Flusssand, entstanden aus der Zersetzung der Tuffe
und des gelblichen pliocänen Sandes. Hier, im Niveau der
Diluvialwasser und 19,4 Meter oberhalb des jetzigen Rinnsales
in dem für die heutige Wassermasse viel zu weiten Thal,
fanden sich neben zahlreichen zersetzten Pflanzen und
Resten namentlich von Cervus elaphus, ferner von Bos primi-
genius, Elephas, Rhinoceros tichorhinus und zahlreichen Feuer-
steinen Feuersteinwaffen, welche keine Spur von Abnutzung
durch den Transport zeigen. Die Feuersteine der nächsten
Berge finden sich im Lias, Jura und Neocom als rundliche
Massen; hätte das Wasser diese herabgeführt, so wären sie
weder zerbrochen noch ohne Kalkstücke herabgelangt, von
welchen letzteren nichts vorhanden ist. Nur die Menschen-
hand kann dem Feuersteine die Form gegeben und ihn dahin
geschafft haben, wo er sich jetzt findet. Hier, am Fuss der
Berge von Oorniculum, bestand zur Quartärzeit eine Ansiede-
lung von Menschen auf einer von den Quartärwassern umgebenen
Insel. Da sich in der nächsten Nähe auch Feuersteingeräthe
der neueren Steinzeit finden, so hat die Ansiedelung wohl
bis dahin fortgedauert.
Wie Ponzı (Storia naturale del Lazio 1859) gezeigt hat,
entstand nach dem Rückzug des Pliocänmeeres der Vulkan
von Latium, dessen ganze Thätigkeit, im Gegensatze zu den
älteren Vulkanen Mittelitaliens, nicht mehr submarin verläuft.
In seiner ersten Periode, während welcher die Quartärwasser
mit ihrem hohen Niveau hinströmten und mit dem Detritus der
Berge auch die vulkanischen Producte des latinischen Kraters
schichteten, entstand der weite Kranz der Berge von Tuscu-
lum, Rocca Priora, Monte Algido, Monte Artemisio und der
Hugel von Genzano, Ariccia, Albano, Marino und Grotta-
ferrata. Nach grosser Pause und bei Abnahme der vulkani-
schen Thätigkeit bildete sich inmitten des grossen alten Kra-
ters in der zweiten Periode *) der innere Bergkranz des Monte
*) Nach Poxzı gehört der grosse, bei Capo di bove endigende Lava-
strom dem Ende der zweiten Periode an. Man fand unter demselben
einen von der Hitze gebräunten Zahn eines Hirsches.
255
Cavo, Pila und der übrigen das Campo d’Annibale umgebenden
Berge, ähnlich wie in der Somma der Vesuv entstand. Wie-
der nach einer Pause und bei weiterer Abnahme der vulka-
nischen Thätigkeit bildete sich in Jer dritten und letzten Pe-
riode der See von Albano (Lago di Castello), dessen Krater
als Hauptprodukt den Peperin (Lapis albanus) lieferte.
Alle diese Erscheinungen wurden von Menschen gesehen.
Während der latinische Vulkan brannte, flossen die Quartär-
wasser, welche uns die Gegenwart des Menschen durch die
Funde bei Ponte molle und den ÖOaprinen enthüllt haben. Es
kann erwiesen werden, dass der Mensch während der ersten vul-
_ kanischen Periode auf den Aussenabhängen des grossen Kra-
ters sich niederliess. In der Reihe der Schichten findet sich,
überall von derselben Beschaffenheit und Mächtigkeit, eine
durchgehende, Reste von Pflanzen enthaltende Schicht, welche
zeigt, dass während einer relativen Ruhezeit eine Vegetation
an den Abhängen des Kraters entstanden war. Während die-
ser Ruhezeit konnte auch der Mensch sich dort niederlassen,
und in der That findet man in derselben Schicht bei den Fra-
toecchie an der Costa rotonda Feuersteinwaffen. Der rothe
Feuerstein derselben gehört dem Ammoniten führenden Lias
an, und nie konnten die Gewässer ihn vom Appennin auf die
Höhe des latinischen Kraters bringen.
Die zwar vorhandenen, aber nur wenig untersuchten Knochen-
höhlen der römischen Campagna haben bisher keine sicheren
Spuren des Menschen gezeigt.
Neuere Steinzeit.
Im altrömischen Ritus sind Spuren des Gebrauchs von
Steinwaffen vorhanden. Das Jus feciale bei dem Foedus fe-
rire schrieb vor, das Opferthier mit einem saxo silice zu
tödten. Dieses Recht hatten die Römer überkommen von der
alten und rohen Volkerschaft der Equicoli, wie die alten
Schriftsteller sagen und eine kürzlich am Palatin gefundene,
von MomMmsEn (Corpus inscript. latinar., T. I., 564) bekannt
gemachte Inschrift beweiset. Die folgenden Funde von Grab-
stätten mit Feuersteinwaffen, sehr rohen Vasen und Skeleten
in der von den Equicoli bewohnten Landschaft erlangen da-
durch eine noch grössere Bedeutung.
In dem Thal zwischen Vicovaro und Cantalupo (nördlich
LI”
von Tivoli) liegt da, wo der Bach von Licenza in den Anio
einmündet, ein Feld S. Cosimato. Die Quartärwasser dieser
Flüsse hatten dort eine grosse seeartige Ausweitung, so dass
Susswasserabsätze auf den unteren Abhängen der nahen Berge
vorhanden sind. Die Oberhand hat eine mächtige Bank sehr
weichen, Sponga genannten Travertins. Er liegt einem Hügel
an, der den heutigen Zusammenfluss beherrscht, und dieser
musste, seiner Höhe zufolge, eine Insel und dann eine Halb-
insel in dem See bilden, sobald das Niveau des Wassers sich
senkte. Man fand hier zwei Grabstätten, eine 1,1 Meter unter-
halb der Oberfläche, eine zweite 1,75 Meter tiefer und etwa
7 Meter über dem Thalboden. Die obere enthielt zwei Ske-
lete, ein fast ausgestrecktes und ein etwas zusammengeboge-
nes. Zur Linken des ersteren stand eine grosse sehr rohe
Vase, die mit einer schwärzlichen Erde gefullt gewesen sein
soll. Das Material der Vase ist ein Thon aus den vulkani-
schen Gebilden des Thales, die das Subappenninmeer dort
abgesetzt hat. Man erkennt die Augite, die Leucite und die
verwitterten Feldspathe des pliocänen Tuffes mit blossem Auge.
Die rohe Form, die Nichtanwendung der Scheibe, der schlechte
Brand — Alles gleicht den Funden der Steinzeit aus anderen
Orten, die Vase ist ein locales Product eines primitiven Vol-
kes. Nahe der Herzgegend des Skeletes lagen gegen 20
Feuersteinwaffen, Pfeil- und Lanzenspitzen, Messer, die ur-
sprünglich wohl in einer quer über die Schulter gehängten
Jagdtasche enthalten waren. Unter dem Kopf des zweiten
Skeletes lagen zwei Pfeilspitzen, die naclı ihrer vortrefflichen
Bearbeitung der jüngeren Steinzeit angehören. Die beiden
Schädel sind ausgezeichnete Beispiele des brachycephalen Ty-
pus. Das untere Grab enthielt drei neben einander liegende
Skelete und zu ihren Füssen einen Haufen von Thierknochen.
Darunter liessen sich Reste von Sus scropha, Cervus elaphus, Bos
primigenius (oder brachyceros?), Equus caballus, Canis familia-
ris sicher, vom Renthier (Cervus tarandus) mit Wahrschein-
lichkeit bestimmen. Die 3 Schädel waren entschieden doli-
chocephal.*) Weder Waffen noch Urnen fanden sich mit die-
sen Skeleten, deren eines einem sehr alten Manne, deren
*) Eingehende Mittheilungen über die Skelete und die Thierknochen
hat Ponzı Ann, d’inst. di corresp. archeol. $. 54 u. figd. gegeben. =
257
zweites einem Manne von mittleren Jahren, deren drittes einem
kleinen Kinde in der zweiten Zahnperiode angehörte. In bei-
den Gräbern hatten Menschen- und Thierknochen einen von
dem Travertin herrührenden Ueberzug von Kalk.
Ist die Verschiedenheit der beiden Racen und der mit
den Skeleten gefundenen Gegenstände beweisend für eine Ver-
schiedenheit in der Zeit der beiden Gräber? Mit Sicherheit
lasst sich, so lange nicht weitere Funde gemacht sind, die
Frage nicht lösen, allein eine Zeit, wie sie für die Aufeinan-
derfolge zweier Racen nöthig ist, _ scheint, auch nach Poxzr’s
Ansicht, nicht zwischen den beiden Grabstätten zu liegen, da
diese sich an derselben Stelle nahe bei einander befinden,
ausserdem gleiche Gestalt haben. Das Zusammenvorkommen
des brachy- und dolichocephalen Typus in derselben Grab-
stätte ist keine neue Thatsache, so dass man als wahrschein-
lich das Nebeneinander zweier Racen, einer einheimischen und
einer fremden, annehmen kann. Für die ältere Race wird man
nach NıcoLvcct *) die dolichocephale des unteren Grabes hal-
ten mussen; die brachycephale Race wird der ligurischen In-
vasion zugehören, welche nach den geltenden Ansichten in
das Ende der neueren Steinzeit und den Anfang der Bronce-
zeit fallt. Stammen die in dem unteren Grabe gefundenen
Reste wirklich vom Ren, so hätte dieses in der 'römischen
Campagna bis zum Ende der neueren Steinzeit gelebt.
Sind auch bis jetzt nur zwei Gräber gefunden, so sind
sie sicher nur ein Theil eines ausgedehnten Grabfeldes. Es
finden sich nämlich Trümmer von Vasen mit ähnlicher Be-
schaffenheit wie die des oberen Grabes in derselben Gegend
häufig. Steinwaffen und Menschenknochen sollen oft in dem
Felde gefunden sein.
Das feste Grabfeld setzt eine feste Ansiedelung voraus.
Die Form des Thales und die Anordnung der Schichten ist
durch eine ruhige Erweiterung des Wassers bedingt, eine Er-
weiterung, welche auch nach der Quartärzeit fortgedauert ha-
ben kann. Nicht weit von dem Grabfelde liegt eine Lage
zersetzter organischer Stoffe, deren Niveau lehrt, dass der die
Gräber enthaltende Hügel entweder als Insel oder als breite
‚Halbinsel hervortrat auch nach dem Abfluss der Quartärwasser,
*) La stirpe ligure in Italia. Napoli 1865,
258
also eher als das Wasser sich sein jetziges tiefes und enges
Bett grub. Die von den Wassern abgesetzten organischen
Substanzen, die breite Insel im ruhigen Wasser und das Grab-
feld lassen hoffen, dass spätere Forschungen dort auch die
Wohnungen der Menschen nachweisen werden, von denen man
bis jetzt nur die Gräber kennt.
Nach den häufigen Funden polirter, aus Feuerstein, aus
latinischer Lava, aus grünem Basalt bestehender Waffen der
neueren Steinzeit in der römischen Campagna muss diese damals
sehr bevölkert gewesen sein. Besonders reiche Ausbeute lie-
fert die Gegend des oben genannten Fosso del Cupo, der
zweite latinische Kegel und der Küstenstrich zwischen Porto
:d’Anzo und Ardea. An diesen Punkten liegen die Waffen nur
im Humus; nicht in den vulkanischen Gebilden des Monte
Cavo, nicht in den Sedimenten der gehobenen Küste. Daraus
lässt sich schliessen, dass während der neueren Steinzeit der
zweite latinische Kegel seine Thätigkeit einstellte und der
Mensch sich dort ansiedelte, ferner dass der zweite latinische
Kegel zwischen der älteren und neueren Steinzeit thätig war,
denn die älteren Steinwaffen finden sich nur auf dem ersten,
nicht auf dem zweiten Kegel, die Waffen der neueren Zeit da-
gegen sowohl auf dem ersten als dem zweiten Kegel.
Ist die grosse Häufigkeit und Schönheit der neueren Stein-
waffen an der Küste zwischen Porto d’Anzo und Ardea ein
leiser Fingerzeig, dass dort die aus Asien kommende, brachy-
cephale ligurische Race zur Zeit der Blüuthe der neueren Stein-
zeit landete ?
Broncezeit.
Alle nach ihrer Form dieser Zeit zuzurechnenden Waffen
der römischen Campagna sind aus Bronce, nie aus reinem
Kupfer. Sie scheinen von eingewanderten Völkerschaften ein-
geführt, nicht Producte der einheimischen Industrie, vielleicht
nach ihren Inschriften phönizischen Ursprungs zu sein. Sie
gleichen den Broncewaffen der Schweiz und der Pfahlbauten
der Emilia. Mit Sicherheit kennt man von keinem Funde (nur
von einem Beilmesser [coltello aseia] weiss man, dass es in
Segni, also ausserhalb der etrurischen Wohnsitze, gefunden ist)
weder die näheren Umstände noch die Herkunft. In den Mu-
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259
seen sind sie unter die etruskischen Sachen eingereiht und
der Angabe nach aus etrurischen Gräbern stammend.
Man weiss, dass Eisen bei allen heiligen Dingen und Ge-
brauchen allen heiligen Personen untersagt, dagegen Bronce
geboten war (Macrobius Saturn. libr. V), dass die Etrusker
den Umfang der Stadt durch eine eherne Pflugschaar (aeneo
vomere) bestimmten, dass die sabinischen Priester und der
flamen dialis in Rom mit ehernen Messern geschoren wurden.
Am geheiligten Pons sublicius war kein Eisen. Eine Inschrift
aus dem Jahre Roms 696 gestattet ausdrücklich, dass bei dem
Wiederaufbau eines Tempels Eiseu angewendet werden durfte
(ferro uti liceat, Momnsen Corp. inseript. lat. Tom. I. S. 176).
Die Sühnopfer, welche die Arvalen anstellten, so oft sie
Eisen in den heiligen Hain und den Tempel gebracht hatten,
beruhten auf uraltem heiligem Gebrauch. Daraus ergiebt
sich, dass die religiosen (Gebräuche der Römer und der
nächsten Völker ihren Ursprung aus einer Zeit hatten, in
welcher Eisen nicht angewendet wurde. Hier wurde also nicht,
wie es anderswo geschah, Kupfer, Bronce und Eisen zur
selben Zeit eingeführt.
Eisenzeit.
Sehon 1817 fand Auzssanpro Vıscontı am Monte Cucco
und Monte Crescenzio nahe am Albaner See in einer von we-
nig Palmen Humus und etwa + Meter mächtigem Peperin be-
. deekten, gelblichen, sandigen Schicht vulkanischer Asche, welche
wiederum auf Peperin lagert, zahlreiche schlecht gebrannte,
mehr als drei Palmen hohe Thhongefässe auf, welche eine rohe
thönerne Nachbildung einer Hütte und in dieser verbrannte
Menschenknochen, broncene Heftnadeln und Bernsteinarbeiten
enthielten. Rings um die Hütten lagen noch allerlei thönerne
Utensilien, kleine Vasen, Lampen, Trinkgeschirre. Alle
diese Gegenstände gleichen den in anderen Gegenden gefunde-
nen Arbeiten der Eisenzeit. Sie gehören nach den 1867 aus-
geführten Untersuchungen von DE Rossı, bei welchen noch-
ähnliche zahlreiche, z. Th. zertrümmerte Thongefässe und
Broncearbeiten aufgefunden wurden, einem grossen, von den
vulkanischen Producten bedeckten Grabfelde an, wie schon
Vıscontı behauptet hatte. Die Mächtigkeit der weithin ausge-
dehnten Aschenschicht, welche das Grabfeld birgt, wechselt
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zwischen 1 und 1,5 Meter, ein Beweis für die Stärke der
Eruption. Die compacte und homogene Asche, der Mangel
aller Spalten und senkrecht niedergehender Höhlungen schliesst
jeden Zweifel aus, der glühende Aschenregen hat die grossen
- Gefässe umhullt, zum Theil zertrummert. Die auf der Unter-
seite ganz mit einer alten Vegetation von Lolium perenne ge-
mischte Peperindecke lehrt, dass sich auf der vulkanischen
Asche eine von dem viel späteren Peperinausbruch bedeckte
und vernichtete Vegetation entwickelt hatte, dass ferner mit
diesem Ausbruch die vulkanische Thätigkeit aufhörte.
Schon Vıscontı hatte von Funden eiserner Nägel im Pe-
perin berichtet; DE Rossı fand auch eiserne Lanzenspitzen,
aber nur in der Peperindecke oder auf der Oberfläche der
Asche, nie in den Thongefässen, wenn auch an demselben
Berge und denselben Orten. Eine Vase zeigt Färbung durch
Eisenrost, demnach wagt pe Rossı’eine Theilung der genann-
ten Funde in zwei Epochen nicht. |
Bei den beiden Vignen der Valle Marciana am Ufer des
alten, jetzt ausgetrockneten Sees fand Vısconti unter dem Pe-
perin Vasen, denen von Monte Ürescentio ähnlich; pe Rossı
sah in dem ganzen Strich zwar viele Fragmente alter Thon-
gefasse, aber weiter nichts. Am gegenüberliegenden Ufer sollen
unter dem Peperin und der vulkanischen Asche Haufen ver-
brannter Kohlen, Andeutungen von Feuerstellen, gefunden sein.
In der Ebene (Prato della Corte) zwischen Marino und
Rocca di Papa entspringt eine Quelle, jetzt Fonte del capo .
d’acqua genannt, das berühmte caput aquae ferentinae, die Ding-
stätte des latinischen Bundes. Hier, wo wieder Peperin und
vulkanische Asche übereinander und im Humus zahlreiche Ge-
schirrscherben liegen, fand man 1860, auf einer Fläche von
1125 Quadratmeter, unter dem Peperin in der Asche zahl-
reiche Thongeräthe, namentlich Lampen. Ein Gefäss enthielt
vier Heftnadeln und ein Armband von Bronce. Hervorzuheben
ist, die Gegenstände, z. Th. etruskischen Ursprungs, z. Th.
aus latinischer vulkanischer Masse bestehend, standen in Rei-
hen von 5, 8, 10, und jede Gruppe stand wiederum gleichsam
auf einem Teppich schwärzlicher Erde, welchen ein viereckiger,
etwa 4 Palmen hoher Abschnitt (incastro) begrenzte. Ist diese
schwärzliche Erde, sind diese Abschnitte nicht ebensoviel An-
zeichen früherer Wohnstätten? Hier waren Wohnstätten, nicht
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261
Grabstätten! Die Nähe des Wassers, die von der der Grab-
stätten verschiedene Anordnung der Gefässe, der Mangel aller
Menschenknochen in den Urnen, die Auffindung eines ganzen
Skeletes — Alles das spricht für eine Wohnung, gegen eine
Grabstätte. Der steile Schädel des Skeletes lässt vermuthen,
dass er einem alten Manne angehörte, dem die Flucht bei der
Eruption nicht gelang. Während die Thongefässe der Grab-
stätten sehr schlecht gebrannt und nicht mit der Scheibe ge-
formt sind, aus latinischer vulkanischer Asche bestehen, in
welcher man mit blossem Auge Glimmer, Augit und Leucite
erkennt, ihre Verzierung ausserordentlich roh ist, die dor-
tigen Broncen dagegen von erfahrener Kunstfertigkeit zeugen,
finden sich in den Wohnungen neben den rohen Gefässen sorg-
faltiger gearbeitete und aus nicht latinischer Masse bestehende.
Sie sind mit der Scheibe geformt und vortrefflich gebrannt,
eines hat sogar gemalte Streifen; sie sind offenbar etruskisch.
Die den Ausbrüchen des latinischen Vulkans (Vulcano laziale)
gleichzeitige Bevölkerung trieb also schon Handel mit Etrurien.
Der Vulkan hatte, wie man aus dem Wechsel von Asche und
Peperin sieht, zahlreiche Ausbrüche. Die drei obersten Schich-
ten sind die Producte der jüngsten und überhaupt letzten. Die
Schicht, auf welcher der Mensch so nahe dem Vulkan wohnte,
ist ein Beweis für eine lange, lange Ruhezeit; der Aschenregen,
welcher die Vasen begrub, überraschte die Anwohner und
tödtete Alles, was nicht floh. Dieselbe Pause wird durch die
auf der Asche befindliche Vegetation bewiesen; dann folgte der
Peperinausbruch, und nun erst konnten sich im Krater die
Wasser zum See von Albano ansammeln.
Livius sagt öfter: in monte Albano lapidibus pluit, ein
Mal sogar biduum continenter lapidibus pluit; er spricht von
einer vox ingens e luco et e summo montis cacumine; offen-
bar von dem unterirdischen, die Eruptionen begleitenden Ge-
töse. Er berichtet, dass so oft idem prodigium in monte Al-
bano nunciaretur, feriae per novem dies agerentur. Diese re-
ligiose Institution setzt eine Reihe von Ausbrüchen zur Zeit
der Römer voraus, und man kann sie, diesen Angaben gegen-
über, nicht auf den Fall von Aerolithen beziehen.
Ob diese Ausbruche der altrömischen Zeit dieselben sind
wie die, welche die Vasen begruben, lässt sich bis jetzt weder
bejahen noch verneinen. Das bleibt weiterer Forschung über=
lassen. Aber es ist doch sehr wichtig und kaum ein zufälli-
ges Zusammentreffen, dass ein latinisches Pompeji gerade da
aufgefunden ist, wohin die Alten übereinstimmend den ersten
Aufenthalt des latinischen Volkes verlegen.
Nachtrag.
Die römischen Katakomben und der Tuff.
Die Katakomben, nach pe Rossı (Roma sotterranea 1864)
mit verschwindend kleinen Ausnahmen ganz das Werk der
Ohristen, liegen in der allergrössten Mehrzahl in den submari-
nen pliocänen vulkanischen Tuffen, welche den Untergrund der
römischen Campagna bilden. Sie bestehen aus 3, 4, ja 9 über-
einander liegenden Stockwerken und reichen bis etwa 25 Me-
ter unter die Oberfläche hinab. Die römischen Gesetze ver-
boten das Begräbniss innerhalb der Stadtmauern , die unterir-
dischen Grabstätten mussten also ausserhalb der Stadt angelegt
werden. Das Ohristenthum forderte öfteren Besuch der Grä-
ber, daher liegen sie nicht weit von der Stadt. Ihre Erstreekung
geht nicht über 4 Kilometer von den Stadtmauern hinaus. Der
vor dem Absatz der vulkanischen Tuffe von Spalten und ‘Ver-
werfungen vielfach durchsetzte Grund des pliocänen Meeres
und später die grossartige Wirkung der Quartärwasser der Ti-
ber, des Almone und der übrigen Wasserläufe, welche sich in
dem Bassin von Rom vereinigen, hat grossen Wechsel und
grosse Unregelmässigkeit in der Lagerung und Beschaffenheit,
namentlich in der Festigkeit der Schichten hervorgebracht. Die
Terrainformen und die Beschaffenheit der Absätze erklären die
Ortslage und die Ausdehnung der Katakomben. Sie liegen
nicht in den durch die grossen (@uartärwasser entstandenen
Erosionsthälern, nicht in den schlammigen und lockeren Ab- 2
sätzen, welche diese Rinnsale seitlich begrenzen, darin hätte
man keine Ausgrabungen herstellen können; die Katakomben
liegen auf den Höhen und da, wo die vulkanischen Tuffe un-
berührt blieben. Sie sind im festen Gestein ausgehöhlt, ohne
Anwendung von Bindemitteln und Puzzolan. Die seltenen
Ausnahmen von diesen Regeln haben historische oder archi-
tectonische Gründe. Die bei weitem grösste Mehrzahl der
christlichen Katakomben hat nie als Steinbruch oder Puzzolan-
grube gedient, und wenn die Katakombe bisweilen in diesen
beginnt, so lenkt sie sogleich ab von allen Stellen, denen man
brauchbare Baumaterialien entnehmen konnte, und wendet sich
denen zu, welche zum Zweck der Katakomben passen, Der
zu Ziegeln gesuchte Thon, der lockere, als Mörtel gesuchte
Puzzolan, der als Baustein gesuchte feste Travertin, der Sand,
Kies und Mergel haben nicht die für die Katakombe nöthigen
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Eigenschaften, sie finden sich fast nur im vulkanischen Tuff.*)
Und auch von diesen eignen sich für die Katakomben nur
wenige Abänderungen: nicht der sehr feste, steinige (lapis
ruber, saxum quadratum, so genannt nach seiner herrschenden
Färbung und der gewöhnlichen Bearbeitung in cubische Massen),
Wasser nicht durchlassende, ebenso wenig der sandige, zer-
reibliche. Es bleiben daher nur wenige Lagen und wenige
Punkte für die christlichen Grabstätten übrig und diese liegen
- zunächst in den Lagen, welche technische Verwendung nicht
finden. In den Etudes geologico-archöologiques sur le sol
romain (Bull. soc. geol. (2) 24. 589) theilt pe Rossı die vul-
kanischen Tuffe in 5, nicht sehr scharf begrenzte Abtheilungen:
1) Submarine pliocäne feldspathhaltige Tuffe, die je nach
Zusammensetzung und Festigkeit in verschiedene Unterabthei-
lungen zerfallen.
2) Zersetzte und umgelagerte Tuffe (tufs remanies). Die
Umlagerung erfolgte durch das Pliocänmeer zwischen der Ter-
tiär- und Quartärzeit, als sich über die Wasser die subappennine
Ebene erhob.
3) Zusammengeschwemmte Tuffe Broccar’s (tufs recom-
poses), entstanden aus dem Detritus und der Zersetzung der
umgelagerten Tuffe. Zum Theil bestehen sie nur aus Detri-
tus der pliocänen Tuffe, zum Theil enthalten sie anderen De-
tritus, nämlich Sand, Geschiebe oder vulkanische , aus Latium
stammende Massen. Sie gehören der Quartärzeit an.
4) Tuffe entstanden aus dem Aschenregen der atmosphä-
rischen Vulkane Latinms, ohne Feldspath.
5) Tuffe entstanden aus den Aschen der latinischen Erup-
tionen, welche in die Quartärwasser fielen oder in diese als
Schlammströme geriethen. Die schwereren Theile liegen unten,
‘die leichteren oben.
*) Nur wo der Sand einzelne festere, aber Wasser durchlassende
Schichten enthält wie am Janiculus, war er zu Grabstätten brauchbar.
Die Ponzianische an der Via portuensis liegt grösstentheils in einer
solchen Schicht Die jetzt sehr wenig zugängliche Grabstätte des S. Va-
lentinus an der Via flaminia zeigt oben Tuff, darunter eine bunte Mischung
von Sand, Geschieben und einzelnen grossen Blöcken. Da sehr bald
weiter nördlich Travertin folgt, so hören in dieser Richtung schon nach
der ersten Miglie von der Stadt die Grabstätten auf. Sie liegen fast
alle auf dem linken Tiberufer. Das Aniothal begrenzt sie etwa 2 Miglien
von der Mauer ab auf der Via salaria und momentana. Südlich der
Via Appia gehen sie bis an das Grab der Caecilia Metella (Capo di
bove),
4. Beschreibung neuer Arten oder eigenthümlich aus- 2
gebildeter Versteinerungen. |
Von Herrn Zeuschser ın Warschau.
Hierzu Tafel V., VL, VII.
Spirifer punctatus .n. Sp.
Taf. V., Fig. 1, 2, 3.
Die Schale ist ein längliches Dreieck, dessen unteres Ende
fast einen gedehnten Bogen bildet; die Schlosskante ist zu-
gleich die Länge der Schale; wenig gewölbt. Die nicht per-
forirte Klappe hat in der Mitte einen starken bogenförmig ge-
krummten Buckel, mit einer in der Mitte gespaltenen Falte;
die länglichen, schmalen Flugel bedecken 4—5 abgerundete,
in der Mitte gespaltene Falten. Die perforirte Klappe hat in
der Mitte einen tiefen, glatten, stark umgebogenen Sinus;
die Flügel sind mit gespaltenen Falten bedeckt. Die Area
ist bedeutend, etwas gebogen; das Deltidium schmal und hoch.
Die Schale bedecken sehr feine, etwas hohe Punkte mit
quineuncialer Vertheilung; die Punkte sind am Schlossrande der
nicht perforirten Klappe sehr deutlich, bedecken die Rippen
sowohl, wie die dazwischenliegenden Vertiefungen. Bei jun-
gen Individuen sind die Falten nur theilweise gespalten.
Aehnliche Punktirungen finden sich bei liasinischen Spi-
riferen, wie Sp. rostratus, Walcotti; bei Retzia Salteri Da-
vıpson, Silurian Brachiopoda, t. XII., f. 21, 22 sind sie be-
deutend grösser. | |
Länge 48 Mm., Breite 16, Dicke 0 = 100:33,
Länge 32 Mm., Breite 14, Dicke 12 = 100:42:38.
Vorkommen: Sehr selten in der oberen Abtheilung des
grauen devonischen Kalksteins des Berges Kadzielnagöra bei 3
Kielce mit Atrypa reticularis, Rhynchonella acuminata, Terebra-
A A an Ne ya) Bang ara Die hr RAD NN Ze SE Er
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tula? amphitoma PuscH, Pentamerus galeatus, Stromatopora poly-
morpha, Favosites cervicornis etc.
Fig. 1. Nicht perforirte Klappe eines ausgewachsenen
‚Spirifer. Fig. 2. Perforirte Klappe eines jungen Individuums.
Fig. 3. Punkte, vergrössert.
Terebratula Pasinianan. sp.
Taf. V, Fig. 4, 5, 6.
Länge 48 Mm., Breite 38, Dicke 30 = 100:79 : 62.
Eiförmig, läanglich fünfeckig, stark convex, die Schloss-
und Randkanten bilden einen regelmässigen, ovaleu Bogen;
die Schlosskanten sind die längsten, bilden einen Winkel von
beiläufig 80°; Stirnkante fast gerade und kurz. Die perforirte
Klappe wird im oberen Theile sehr schmal; die grösste Breite
ist unterhalb der Mitte; der kräftige, stark gebogene Schnabel
hat ein grosses rundes Loch; das Deltidium verdeckt; von
der Mitte des unteren Theiles zieht sich eine wenig entwickelte
Wulst von zwei etwas vertieften Sinus umgeben. Die nicht
perforirte Klappe ist wie eine Art von Deckel der perforirten ;
in der Mitte erhebt sie sich am meisten und fällt auf den Sei-
ten sanft herab; von der Mitte zieht sich gegen die Stirn ein
ziemlich breiter, nicht sehr vertiefter Sinus herab zwischen
zwei deutlichen Rippen. Wo die Epidermis von den fast glatten
Schalen entfernt wird, da kommen sehr feine, quincuncial
vertheilte Punkte zum Vorschein.
Bemerkungen. Diese Art zeigt viele Aehnlichkeit mit
Ter. bisuffarcinata ZIETEN, ist aber kürzer und bedeutender con-
vex. Ter. subcanaliculata OPPEL, DESLONGCHAMPS, Notes sur
le terrain Callovien, Bull. soc. Linn. Norm., Bd. 4, S. 29,
t. 4, f. 11, ist ebenfalls etwas länger, die Mitte der nicht per-
forirten Klappe bedeutend ausgebreitet und hat in dem unteren
Theile scharfe Kanten, was bei T. Pasiniana nicht der Fall ist.
Vorkommen: Selten im Nerineenkalke von Inwald.
Fig. 4. Ansicht der perforirten Klappe. Fig. 5. Ansicht
der nicht perforirten Klappe. Fig. 6. Seitenansicht.
266
Pholadomya Bieskidensis ZEUSCH.
Taf. V., Fig. 7,8, 9.
Die Steinkerne sind verkehrt länglich viereckig, ziemlich
bauchig; die vordere, etwas hervorgeschobene Seite ist herz-
förmig, die hintere hebt sich stark in die Höhe, ist sehr zu-
sammengedrückt und wird fast scharf; hinten und vorn etwas
klaffend; der untere Theil wird scharf und gerade, fast parallel
dem oberen. Die vornliegenden, kräftigen Wirbel sind umge-
bogen, sehr genähert, berühren sich aber nicht; keine Lunula;
eine ausgezeichnet deutliche Area ist länglich, lanzettförmig,
mit scharfen Kanten umgeben, reicht aber nicht bis zum hin-
teren Ende. Der vordere Theil ist sehr aufgebläht, der hin-
tere sehr zusammengedrückt. Die Schalen bedecken 12 strah-
lenformige, lineare Rippen, die vorderen sind etwas deutlicher
als die hinteren; den hinteren Theil bedecken deutliche con-
centrische Runzeln, vorn sind aber deren kaum bemerkbar;
beim Kreuzen der Runzeln mit den Rippen entstehen feine
Knötchen. ae
Bemerkungen. Die Ph. Bieskidensis hat viele Aehn-
lichkeit mit einer nicht beschriebenen Species aus dem brau-
nen Sandstein des Braunen Jura von Zajaczki bei Krzepice;
beide Arten sind länglich; nur ist die /’h. Bieskidensis weniger
bauchig und hat eine kürzere Area. Ph. concatenata Ac. ist
viel kürzer, stärker aufgebläht und zeigt nicht eine länglich
viereckige Form.
Länge 44 Mm., Höhe 23 Mm., Dicke 20 Mm. = 100: 68:45.
Jüngere Individuen: Länge 31 Mm., Höhe 19 Mm., Dicke
14 Mm. = 100: 62:42.
Vorkommen: Selten im Nerineenkalke von Inwald bei
Wadowice. |
Fig. 7. Seitenansicht eines ausgewachsenen Individuums.
Fig. 8. Ansicht des oberen Theiles.. Fig. 9. Ansicht von
vorne.
Nerinea Meneghiniana n. sp.
Taf. VIL, Fig. 1 —4, |
Ausgewachsenes Individuum : Länge 50 Mm., Dicke 28 Mn,
= 100 : 56. 2 |
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Jüngeres Individuum: Länge 28 Mm., Dicke 12,5 Mm.
= 100: 44.
Länglich eiföormig, sehr dickschalig; das vorstehende
Gewinde kürzer als die letzte Windung, von 55° — 56°; die
letzte Windung ist fach convex, cylinderförmig, glatt; die Su-
turkante bedecken 10 kräftige, runde Knötchen; bei jüngeren
Individuen ziehen sich die Knötchen auf die Windung herab
und bilden den Anfang von undeutlichen Rippen. Die Mund-
öffnung schmal, endet mit einem umgebogenenen Canal. Auf
der Spindel sind 2 Falten, auf der Mundlippe nur eine sehr
breite.
Bemerkungen. Diese Art ist sehr ähnlich der Chem-
nitzia inflata D’OrBıcnY, Paleontologie frangaise, Terrains cre-
taces, B. 2, S. 71, t. 156, f.2, welche aber ein längeres, trep-
penartiges Gewinde und eine viel breitere Mundöffnung hat.
Tornatella -conica GoLpruss, 8. 48, t. 156, f. 2, hat keine
Knötchen auf dem oberen Theile des Gewindes und auf der
Spindel 3 Falten, keine auf der Mundöffnung.
Vorkommen: Selten im Nerineenkalke von Inwald.
Fig. 1. Seitenansicht eines ausgewachsenen Individuums.
Fig. 2. Durchschnitt desselben. Fig. 3. Ansicht eines jün-
geren Individuums. Fig. 4. Desselben Mundöffnung.
Am. Staszyi n. Sp.
Taf. VL, Fe. 1—6.
1 2 1 2
Durchmesser 50:Mm;: ::51 = 100: 100,
Höhe der letzten Windung 26 Mm. 31 = 52: 63,
Breite 19Mm...-20°= 28257
Nabel 8. Mn 27. — lasst.
Diese im rothen Klippenkalke von Rogoznik sehr häufige
Art ist scheibenförmig, comprimirt, sehr involut, mit einem
kleinen, ziemlich vertieften Nabel; mit abgerundetem Rücken.
Die flachgewölbten oder fast flachen Umgänge sind auf den
Seiten ganz glatt, auf der Nabelkante und dem Rücken mit
ziemlich entfernten Linien bedeckt. Die Umgänge, von denen
jeder drei Viertheile des früheren umfasst, haben abgerundete
Nabelkanten, die senkrecht gegen den Nabel abfallen, seltener
etwas geneig: sind. Die Mundöffnung hoch, zusammengedrückt,
268
in der oberen Hälfte am breitesten; unten tief eingeschnitten,
oben gewölbt. An einem Exemplare ist auf dem Rücken ein
flacher Kiel vorgekommen, der gewöhnlich nicht wahrgenom-
men wird, jedoch auf den Steinkernen angedeutet zu sein
scheint. Die Kammerwände sind sehr an einander ‚gedrängt
und stark zertheilt. Der Rückenlobus ist sehr hoch und schmal,
verhält sich wie 5:1; der mittlere kleine Sattel, durch dessen
"Mitte sich der Sipho zieht, ist ziemlich hoch und schräg ein-
geschnitten. Der Rückensattel ist etwas kürzer als der obere
Seitensattel, in der Mitte tief eingeschnitten, wird in zwei stark
ausgebreitete Aeste getheilt. Der obere Seitenlobus ist am be-
deutendsten entwickelt; bei ausgewachsenen Individuen besteht
er deutlich aus zwei Theilen; der obere Theil ist ziemlich
breit, der untere auffallend schmal, aus dem 3 oder 5 lange,
schmale Aeste fächerartig auseinandergehen. In der Jugend
findet diese untere Verschmälerung nicht statt, die Breite des
oberen und unteren Theiles des Lobus ist ziemlich gleich.
Der obere Seitensattel ist am bedeutendsten entwickelt, etwas
höher und viel entwickelter als der Ruckensattel; er ist in
der Mitte tief eingeschnitten und zerfällt in zwei sehr grosse
Aeste. Der untere Seitenlobus ist fast um die Hälfte niedriger
und schmäler als der obere Seitenlobus; ebenso verhält sich
der untere Seitensattel. Zwei Nebenloben und Nebensättel be-
finden sich an der Nabelkante.
Bemerkungen. Am. Staszyü hat den allgemeinen Ha-
bitus des Am. Beudanti BRONGNIART, Environs de Paris, S. 95,
t. 7, f. 2. Auf den glatten Seiten finden sich sichelartige,
ziemlich entfernte Rippen; der Rücken ist schmäler, die Loben
und Sättel sind bei Weitem weniger tief eingeschnitten. Ein
Stuck des Am. Beudanti aus Escragnolles, das ich von SAE-
MANN erhalten, hat fast ähnliche Lobenzertheilung, nur befinden
sich mehrere Nebensättel auf den Seiten; die Scheidewände
sind ebenfalls sehr genähert, wie bei Am. Staszyü; aber der
allgemeine Habitus ist ganz verschieden. Am. Beudanti ist
stark comprimirt, die Umgänge sind höher, der Rücken ist
sehr ‚schmal; bei Am. Staszyü sind die Umgänge flach gewölbt,
und der Rücken ist ziemlich breit.
Vorkommen: Sehr häufig im rothen Klippenkalke in Ro-
goznik und Babieczowskie Skalki mit Terebratula ee, di-
phoros, Bouei, Am. biplex, diphyllus.
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Fig. 1. Seitenansicht eines Steinkerns mit Lobenzeich-
nung. Fig. 2. Rückenansicht desselben Individuums. Fig. 3.
Rückenansicht eines sehr grossen Individuums mit Lobenzeich-
nung. Fig. 4. Seitenansicht eines Individuums mit zum Theil
erhaltener Schale am Nabel. Fig. 5. Ruckenansicht mit er-
haltener Schale. Fig. 6. Rücken eines Individuums mit Kiel.
Am. retroflexus n. sp.
Taf. VL, Fig. 7—9.
Das kreiselförmige, ziemlich comprimirte Gehäuse hat einen
deutlichen, ziemlich vertieften Nabel und abgerundeten Rücken.
Die (3 — 4) flachgewölbten Umgänge umfassen sich kaum in
der Hälfte, sind glatt und gehen unmerklich in den gewölbten
Rücken über, den kräftige kurze Rippen bedecken, die an der
Wölbung anfangen und in der Mitte einen Bogen bilden, der
nach hinten zurückgeschlagen ist. Die Mundöffnung rundlich
“oval, mit wenig vertiefter Bauchseite, oben rund. Deutliche
Lobeneinschnitte sind wenig zertheilt und stehen ziemlich ent-
fernt von einander. Der Rückenlobus zweimal so hoch wie
breit. Der Ruckensattel ist der bedeutendste, der höchste und
breiteste, etwas im oberen Theile seitlich eingeschnitten. Der
obere Seitenlobus hat fast die Länge des Rückenlobus, ist bei-
nahe zweimal so breit. Der obere Seitensattel ist um die
Hälfte niedriger und schmäler als der Rückensattel. Der un-
tere Seitenlobus sehr klein, um die Hälfte kurzer und schmaler
als der obere. Der untere Seitensattel sehr klein; die Neben-
loben liegen auf der Neigung zum Nabel.
Durchmesser 21 Mm., Höhe der letzten Windung 9 Mm.,
Breite 8 Mm., Durchmesser des Nabels 6 Mm. Verhältniss
0:43 :38.: 29.
Vorkommen: Ziemlich selten im Klippenkalke, in den
Hugeln, Babieczowskie Skalki genannt, bei Rogoznik.
“ Fig. 7. Seitenansicht mit den Loben. Fig. 8. Rücken-
ansicht mit den zurückgeschlagenen Rippen. Fig. 9. Mund-
öffnung.
Terebratula triangulus LAMARk.
Taf. VIL, Fig. 5, 6, 7.
Im rothen Klippenkalke von Rogoznik und der Umgebung,
welcher reich an Terebratula diphya und nahverwandten Arten
Zeits. d.D.geol. Ges. XX11. 2. 18
ten, die ich näher beschreiben werde. Der allgemeine Um-
riss entspricht ganz der bekannten 7. triangulus, nur hat die
nicht perforirte Klappe den langen Sinus nicht, der sich vom
Wirbel zur Stirn zieht. Dieser Charakter scheint jedoch nicht
wesentlich zu sein; eine Reihe von Exemplaren dieser Art
1 Po
von Ala Laste bei Trient, die vor mir liegen, zeigen diesen
Charakter nicht constant; der Sinus ist bei einigen nur in der
Stirngegend oder theilweise entwickelt. An unserem Vorkom-
men bilden die beiden Schalen deutliche Schlosskanten. In
dem Vorkommen der T. iriangulus von Trient und in den nah-
verwandten Species, wie 7. euganensis Pıcrer, Melanges pa-
leontologiques, t. 84, f. 5—10, T.:erbensis PıcTEr, 1. c., t. 3,
f. 8, verbinden sich die beiden Schalen in einer vertieften
Rinne; es ist keine Kante vorhanden. Es scheint auch dies
kein wesentlicher Charakter zu sein.
Naturgemäss hat L. v. Buch ZT. triangulus bei T. diphya
aufgeführt; einen interessanten Beweis dafür zeigt das Indi-
viduum von Kijow. Die perforirte Klappe ist nicht vollkom-
men glatt, wie bei der gewöhnlichen T. triangulus, sondern auf
der oberen Hälfte zeigt sich der Anfang eines Loches, von
dem sich ein schmaler Sinus zur Stirn herabzieht. Dies Loch
hat das Ansehen, wie bei 7. dilatata Pıcrer, Mel. paleont.
t. 32, f. 3a., durchbohrt jedoch nicht beide Klappen und ist
kaum 4 Millimeter tief. Auf der nicht perforirten Klappe .
ist in entsprechender Lage nur eine unbedeutende Vene
umgeben von mehreren kleinen Eindrücken. ;
Ein Schwanken ist deutlich wahrzunehmen, ein a
zu T. dilatata, diphya ist sehr klar ausgesprochen.
Länge 37 Mm., Breite 31 Mm., Dicke 20 Mm. = 100: 83:54.
Fig. d. Perforirte Klappe. Fig. 6. Nicht perforirte Klappe.
Fig. 7. Seitenansicht.
ist, ist 7. triangulus nicht vorgekommen. Vor einigen Jahren
fand ich fast am südlichen Abhange der Tatra im Dorfe Ki-
jow in der Zips diese Species mit gewissen Eigenthüumlichkei-
5
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TR 4 }
271
5 Die Liasmulde von Markoldendorf bei Einbeck.
Von Herrn Ben K. Emerson aus Nashua, N. Hampsh. U. S.
Hierzu‘ Tafel VIH, IX, X.
Schon seit längerer Zeit sind „die Eisensteine am Stein-
berge bei Markoldendorf“ als reicher Fundort für Petrefacten
aus dem mittleren Lias bekannt gewesen.
Hausmans*) beschrieb die „Mergeleisensteine* zuerst und
rechnete sie als eine „ausgezeichnete untergeordnete Masse“
seiner Formation des bunten Mergels zu. „Sie kommen im
oberen Theile der Formation und unter solchen Verhältnissen
vor, dass es zweifelhaft erscheinen könnte, ob man sie dem
bunten Mergel oder vielleicht passender dem Gryphitenkalk zu-
zuzählen habe.“ (S. 309.) „‚Ausser der Haupteisensteinmasse
am Steinberge kommen ähnliche, kleinere bei Amelsen und bei
Hullersen vor.* (S. 298.) Seine Beschreibung des Steinbergs
- ist in petrographischer Hinsicht sehr genau. Die ganze Mäch-
tigkeit des Eisensteins mag etwa 5—6 Lachter betragen. Die
obere Masse ist besonders körnig (Schichten des Am. centaurus).
Im Inneren ist ihre vom beigemengten, erdigen Eisenblau her-
ruhrende Farbe ein schmutziges Blaugrau.”*) In der untersten
Lage bildet der Eisenstein Massen mit schaliger Absonderung.
(S. 298.) (Schichten der Ter. subovoides. Rom.) Folgende
Versteinerungen sind daraus genannt, die sich aber meistens
- nicht mehr mit Sicherheit deuten lassen: Belemnites paxillosus,
Ammonites angulatus, capricornus, bipunctatus, Terebratulites la-
cunosus, bicanaliculatus, vulgaris, Gryphites arcuatus, LAM., Stiel-
stücke von Pentacrinus.
#) Uebersicht der jüngeren Flötzgebirge im Flussgebiete der Weser,
Göttingen. 1824. Dasselbe in Stud. Berg. Freunde, Band 1. 2. 1828.
Ich eitire von Band 2. der Studien,
**) Später wies er einen Gehalt von 4 pCt. Chromoxyd in dem Eisen-
steine nach und leitete die Farbe von diesem ab, Stud. Berg. Freunde,
Band 4. 1841.
18°
In dem Jahrgunge 1828 der von KERERSTEIN herausgege-
benen Zeitschrift „Teutschland“ (S. 582.) findet sich ein Aufsatz
von Fr. Horrmann, worin dieser die Hausmann’schen Angaben
einer scharfen Kritik unterwirft und bei dieser Gelegenheit die
Eisensteine bei Markoldendorf zum Lias rechnet, eine Ansicht,
die für andere Liasbildungen Norddeutschlands schon früher von x
SCHÜBLER *) und Kererstein**) ausgesprochen wurde. Hier
sowie auch in seiner zwei Jahre später erschienenen „Uebersicht
‘“ der orographischen und geognostischen Verhältnisse vom nord-
westlichen Deutschland ist die Verwechselung der Eisensteine
des unteren und mittleren Lias noch nicht beseitigt.
Mit dem Erscheinen von A. RoEuer’s „Versteinerungen des
Norddeutschen Oolitengebirges* (Han. 1836.) wurde der Belem-
nitenlias von Markoldendorf nunmehr von Bedeutung für die
Paläontologie. Unter etwa 75 aus dem mittleren Lias be-
schriebenen Species citirt Roemer deren 23 aus dieser Gegend.
Aus dem unteren Lias führt er nur Ammonites angulatus an.
Auf der geognostischen Karte von HErM. RoEMER ist die
‚ganze Mulde als Lias angegeben. Die Grenzen sind indessen
viel zu weit nach Westen und Nordosten gezogen. In den
dazu gegebenen Erläuterungen ***) wurde eine Anzahl neuer Auf-
schlusspunkte angeführt, doch sind die verschiedenen Lias-
schichten im Text wie auch auf der Karte nicht specieller
unterschieden.
Es durften hier noch drei Aufsätze Erwähnung finden, in
welchen Liasablagerungen beschrieben sind, die in naher Be-
ziehung zu der Markoldendorfer Mulde stehen, obgleich letztere
keine besondere Berücksichtigung darin finde. Es sind: 1)
eine „Monographie der jurassischen Weserkette*?7) von Fer».
RoEMER, dem es gelang, viele der von schwäbischen Autoren
festgestellten Horizonte in seinem Gebiet analog nachzuweisen.
2) Die Liasschichten der Thalmulde von Falkenhagen im Lip-
peschen von WAGENERtf). Das Gebiet, welches diese Arbeit
behandelt, zeichnet sich durch die leichte Unterscheidbarkeit
*) Teutschland. 1824. S. 164. ff.
*=) Teutschland. 1824. S. 319. ff.
***) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. Bd. II.
7) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1857. Bd. IX.
++) Verh. der naturhist. Vereins d. preuss. Rheinlande u. Westphalens.
"Jahrgang 17. 1860. S. 154. ff.
Er
273
vieler paläontologischer „Horizonte“, besonders im unteren Lias,
die bis jetzt in keiner anderen Gegend Norddeutschlands nach-
gewiesen waren, in sehr eigenthumlicher Weise aus. 3) Die
Stratigraphie und Paläontographie des südöstlichen Theiles der
Hilsmulde*) von D. Brauss. In diesem Terrain sind die
Schichten des Am. angulatus und die Arietenschichten ‚sehr
schön entwickelt und haben einige Fossilien geliefert wie Nau-
tilus striatus Sow., Pleurotomaria anglica Sow. sp. aus den
Schichten des Am. angulatus. — Ammonites Sauzeanus D’ORB.
und siriaries QuEnst. aus den Arietenschichten, die ich in der
von mir untersuchten Gegend vergeblich gesucht habe. Indessen
sind die übrigen Schichten des unteren Lias, wie auch die
Numismalis-Mergel fast allein durch ihre Lagerungsverhältnisse
nachzuweisen, da ausser Am. planicosta Sow. und Am. fim-
briatus Sow. keine Versteinerungen aus ihnen citirt sind.
In der neueren Zeit sind es zwei, fast gleichzeitig erschie-
nene Werke, in denen die Liasschichten bei Markoldendorf
ausführlicher besprochen sind: „Ueber den Eisenstein des.
mittleren Lias im nordwestlichen Deutschland, mit Berücksich-
tigung der älteren und jüngeren Liasschichten* von U. SCHLöN-
BACH in der Zeit. d. d. geol. Ges. Band XV. 1863. (aber erst
etwa ein Jahr später erschienen) und „Der Hannoversche Jura
von K. v. SersAcH“ (Berlin. 1864.)
In nachstehender Tabelle sind die Angaben dieser Werke,
soweit sie unsere Gegend betreffen, zusammengestellt und mit
einander verglichen.
#) Paläontographica. 1865. Bd. XIIL p. 75-147,
SCHLÖNBACH. S VON SEEBACH.
Unterer Lias.
1. Psilonoten - Schichten.
(Deitersen.)
a) Sch. des Am. angulatus. | 2. Angulaten-Schichten. .
(Wellersen,) (Wellersen. Deitersen. je:
b) Sch. mit Am. Bucklandi (Sch.
Ss mit Gr. arcuata und unbestimmten 3 Aricten- Sohn 4
Arieten bei Amelsen, wahrscheinlich ”
Se ß (Amelsen. “)
hierher zu rechnen). eo
c) Sch. des Am. geometricus (Wel- | 4
lersen). Zwischen Hullersen und | Me, mi Cony- h
Einbeck unweit des ersteren Ortes eari. = ‚Am, ‚geomeiman In |
mit A. geometricus. | 4
d) Schichten des Am. planicosta. a
(Steinberg. [richtiger Lohberg. S. | 4. Sch.d. Am. planicosta.
Prof. I.], Klapperthurm. Nur Am. | (Stein- oder Lohberg.*)
| ziphus gefunden.) 2
Mittlerer Lias. | 4
e) Sch. des A. Jamesoni. (Stein-
berg mit Ausschluss der oberen
Schichten.)
s f) Untere Sch. des A. jimbriatus.
A Sehr schiefriger Kalkmergel von | Be
Er grünlich-brauner Farbe, der auf der | ee ie
a Höhe des Steinberges ansteht, mit | 2
5. Sch.des Am. brevispina g
(Steinberg).
Pentacrinus basaltiformis, nudus, Am.
Loscombi. A
6. Sch. d. A. capricornus
nn. Ä „In der Markoldendorfer Ä
ee | Mulde gehört hierher wahr-
scheinlich eine Kalkbank,
die im N.O. des Steinbergs
e in einem Tagebau aufge-
= schlossen wurde (doch feh-
= len noch die charakteristi-
schen Petrefacten), und die
belemnitenreichen Thone
bei Hummersen. **)‘
*) Citirt nach SCHLÖNBACH.
**) Die betreffende Kalkbank liegt im N.W. statt N.O. des Steiı
berges und ist im Folgenden unter dem Namen ‚‚Kleeberg “ beschriebe
auch durch Versehen steht Hummersen statt Hullersen.
PÜEN e BR ET E T T
van ae a a ge ® ya a
”
275
Da diese Angaben, wie man sieht, noch ziemlich weit
auseinandergehen, da auch für die Erforschung der oberen
Hälfte des unteren Lias — die „oberen versteinerungsleeren
Thone* von StrouBEck’s — nur wenig geschehen ist, unter-
nahm ich es, angeregt von Herrn Prof. v. SEEBACH, dem es
mir erlaubt sein möge, auch an dieser Stelle für die mir ge-
währte Unterstützung meinen verbindlichsten Dank auszu-
sprechen, die betreffende Gegend einer erneuten eingehenden
Prüfung zu unterwerfen und dabe! die verticale und horizontale
Entwickelung der vorhandenen Schichten möglichst genau fest-
zustellen.
Bei der Aufnahme der beigegebenen kleinen Uebersichts-
karte, deren Grundlage die Parzn’sche Generalstabskarte
(Maassstab 1: 100000) bildet, habe ich es vorgezogen, von jüun-
geren Bildungen,*) die hier in ansehnlicher Mächtigkeit ent-
wickelt sind, ganz abzusehen und ein möglichst treues Bild
von den Liasschichten für sich zu geben. Dieses war indessen
mit grossen Schwierigkeiten verbunden, und an mehreren Stellen
konnte ich die Grenzen der einzelnen Etagen nur annähernd
ermitteln, einerseits, weil die Aufschlusse zu schlecht waren,
andererseits, weil ein in petrographischer Hinsicht unmerklicher
Uebergang manchmal zwischen Zonen stattfindet, die paläonto-
logisch gut begründet sind. Ich habe deshalb bei der Be-
schreibung der einzelnen Etagen alle wichtigen Aufschlusspunkte
wie auch die Punkte, wo die Grenzbestimmung zweifelhaft ist,
besonders hervorgehoben.
Es durfte hier an der Stelle sein, eine Reihe von Auf-
schlusspunkten in der Trias, die für die Abgrenzung des Lias
gegen unten von Wichtigkeit sind, etwas näher zu besprechen.
Bei Deitersen, an dem von Herrn v. SersıcH (Han.
Jura, S. 14.) angeführten und von Herrn PFrLücker Y Rico
*) Diese Jungbildungen bestehen aus: 1) einer i Meter mächtigen
Schicht von Buntsandsteinschotter, der sich im östlichen Theile der
Mulde auskeilt; in dieser habe ich sehr schöne Exemplare von Gervillia
Murchisoni Geis. gefunden. Darauf 2) eine 1—5 Meter mächtige Löss-
schickt, die südlich von Einbeck Süsswasser-Conchylien, verkohltes Holz
und Knochen führt, weiter nach Westen ganz versteinerungsleer wird.
Sie bedecken die älteren Schichten überall südlich von der Ilme, sind
aber von Bächen und Fahrwegen mehrfach durchschnitten,
Br;
Ey
zwischen Rhät und Lias gut aufgeschlosseu, was bei keinem -
andern Aufschlusse in der ganzen Mulde der Fall ist. Hier
beobachtet man als lokale Erscheinung einen in petrographi-
scher Hinsicht unmerklichen Uebergang des Rhäts zum Lias.
In dem Bonebed an dieser Lokalität sind neulich sehr schon
erhaltene Stacheln von Hybodus cloacinus (Quesst. Jura, t. 2.
f. 14.) vorgekommen. **) nn
Von hier aus nach Norden findet man den Keuper aufge--
schlossen bis in die Nähe der auf der Karte angedeuteten
Verwerfungslinie, deren näherer Beschreibung eine Feststel-
lung der einzelnen Etagen im unteren Lias vorangehen muss.
Auch am Bachufer nördlich von Deitersen und bis in die
Nähe von Lüthorst ist Keuper mehrfach aufgeschlossen, was
auf das Bestimmteste beweist, dass die Liaspartie bei dem B
letzten Dorfe unmöglich im Zusammenhange mit der Haupt- ‚
partie bei Markoldendorf stehen kann, wie es auf der RoemeR-
schen Karte angegeben ist. 4
Auch bei Amelsen tritt das Rhät am linken Bachufer un- |
mittelbar unter den Psilonotenschichten auf und übertrifft, ob-
gleich es für eine Bestimmung der Schichtenfolge weniger
günstig aufgeschlossen ist, dennoch in Betreff der Häufigkeit
und des Erhaltungszustandes der Versteinerungen bei Weitem die
besser bekannte Lokalität bei Deitersen. Cardium cloaci- En
num Quenst., Protocardia Ewaldi Born. sp., Cardinia Göttin
gensis PFLÜcK. und andere für diese Schichten charakteristische A
Versteinerungen kommen vor. ee 9
Interessant ist auch ein Vorkommen von Keuper and
Lettenkohle, das einen langen Hügel zwischen Kolmsen und 4
Vardeilsen bildet, an welchem die Schichten überall schön auf-
geschlossen sind, und wo die grauen Sandsteinplatten der
Lettenkohle auf einigen Spaltungsflächen ganz von Estheria
minuta GOLDF. sp., auf anderen hingegen von Myophoria trans-
SE
*) Das Rhät (die räthische Gruppe) in der Umgegend von Göttingen,
Zeitschr. d. d. geol. Ges., Bd. XX., 1868., und briefliche Mittheilung,
ein Profil und eine Skizze des Rhäts bei Deitersen enthaltend, a. a. O., i
Bd. XXI. S, 239. Se
**) Von Interesse dürfte es noch sein, dass neuerdings auch Stacheln Br
von Desmacanthus cloacinus Quenst, Jura, t. 2. f. 13. in dem Göttinger
Bonebed vorgekommen sind.
277
versa und Myacites sp. indet. bedeckt sind. -Diese letzteren
Platten stimmen mit anderen Stücken aus der unmittelbaren
Umgebung von Weimar, welche im hiesigen geologischen
Museum niedergelegt sind, so vollkommen überein, dass man
die Handstücke von beiden Lokalitäten kaum zu unterscheiden
vermag. |
Westlich von der „Walkmühle bei Einbeck* (wo der Müh-
lengraben eine Biegung nach Süden macht) steht ein eisen-
schüssiger, rauber Sandstein in ansehnlicher Mächtigkeit an
mit Streichen N. 37° W. und Fallen 20° nach Südwesten.
Derselbe führt unbestimmbare Pflanzenabdruücke und gehört
wahrscheinlich der Leitenkohle an,
Von einem Punkte an der Chaussee südlich von dem
„Reinserthurme* bis in der Nähe von Immensen ist Keuper
aufgeschlossen mit Streichen N. 20° W. und Fallen 20° nach
Südwesten. Hier fehlt das Rhät gänzlich, und die Am. angulatus-
Schichten liegen gleich auf den unteren Mergeln des Keupers.
Die drei eben angeführten Aufschlusspunkte liegen in einer
Linie und haben im Allgemeinen dasselbe Streichen (N. 20—
30° W.) und Fallen (10—20° nach Südwesten). Man kann
daher annehmen, dass die Liasschichten sich nicht weiter nach
Nordosten erstrecken, und falls die Stadt Einbeck — wie es
auf der Rormer’schen Karte angegeben ist — auf Lias steht,
(was mir sehr zweifelhaft scheint), muss sich hier eine dritte
Liaspartie befinden.
Auf der Südseite der Mulde ist Keuper bei Dassensen,
Wellersen und Hoppensen mächtig aufgeschlossen. Das Rhät
_ war auch hier nirgends nachzuweisen.
Wenn man so die Liasschichten bei Deitersen und Amel-
sen von den Keupermergeln durch die mächtigen Schichten
des Rhäts getrennt gefunden hat, fallen die Verhältnisse auf
der Sud- und Ostseite der Mulde, wo das Rhät zu fehlen
scheint, sehr auf. Denn bei Wellersen geht man mit wenigen
Schritten aus den Schichten des Am. angulatus in die Keuper-
mergel; bei Odagsen aber habe ich 2—3 M. über dem Keu-
per A. planicosta Sow. gefunden. Die Zwischenschichten
sind indessen schlecht aufgeschlossen, und ich habe daraus nur
Am. angulatus erhalten.
_ Nachstehende Tabelle enthält die in den folgenden Seiten
angeführten Unterabtheilungen im Lias dieser Gegend, und um
den Werth derselben anschaulich zu machen, sind sie mit
eh ‚von v. SEEBACH und SCHLöNBACH angenommenen Etagen pa-
Be: rallelisirt. Br
| Mittlerer Lias. ;
' Bn
; S | R | Markoldendorfer
EEBACH. | CHLÖNBACH. | Mulde. “
+
Zone des Am. spi- |Schichten des Am. :
natus. spinatus. Lüthorst. :
Amaltheenthone. ee —
Obere Zone des A. Fehlt. ;
5 | margaritatus. | \
| Obere Zone des A. E
Schichten des Am. |/imbriatus oder un- Fehlt i
capricornus. tere des A. margari- DE
tatus. a
2
Untere Zone des =
fimbriatus. | centaurus.
Schichten des Am. | | Schichten des os Am.
ispi brevispina.
para, Zone des A. Jame- | Be: BE
EN | | I Schichten d. Tere-
|
bratula subovoides.
Unterer Lias.
| BEE
Schichten des Am. |Zone des A. plani- Sa de As bifer..
planicosta. costa. | Sch Planicosta. 4
| Zone d.A.geometricus. | Sch. d. A.geometricus.
8 Arietenschichten. SER E:
Zoned. A. Bucklandi. | Fehlt.
Sch. d. A. angulatus. | Zone d. A. angulatus. | Sch. d. 4. angulatus..
ee RE | E
Psilonotenschichten. | Zone d. A. Johnstoni. | Psilonotenschichten. |
Rohät. | Zone d, Avicula con- | Rhar
torta,
Unterer Lias.
In der ganzen Gegend nörd-
lich von der Chaussee zwischen
Markoldendorf und dem Klap-
perthurm sind die Schichten des
unteren Lias, besonders in ihrer
“oberen Hälfte, gut aufgeschlos-
sen und von mächligen ver-
steinerungsführenden sandigen
Kalkbänken durchzogen, die
einen so in die Augen fallen-
den Einfluss auf die Niveawver-
hältnisse der Gegend ausgeübt
haben, dass man sich überall
leicht orientiren kann. Es dürfte
daher diese Gegend am geeig-
netsten sein, den Ausgangspunkt
bei der Betrachtung des unteren
Lias der Mulde zu bilden.
Geht man also aus dem Rhät
am Bachufer oberhalb Amelsen
nach Süden, so trifft man zuerst
Psilonoten - Schichten, darauf
mächtige Thone, von einer Sand-
steinbank durchzogen, die un-
zählige Gryphaeen führt (Schich-
ten des Am. angulatus), und an
der Stelle, wo der Bach in das
Dorf hineinfliesst, schwarze
Kalke mit A. geometricus OPpP.
Die Schichten sind am Bach-
ufer nicht weiter aufgeschlossen;
etwas weiter nach Osten aber
befinden sich dieselben schwar-
zen Kalke mit A. geomelricus
(an einem Punkte am Wege
zwischen Amelsen und Vardeil-
sen, wo der Weg nach Markoldendorf abgeht).
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Fr
nr
d. Schichten des
c. Schichten des A. geometricus.
f Rhät
Profil.
lanicosta.
Psilonoten-Schichten.
e,
b. Schichten des A. p
A. angulalus.
u
a Schichten des A. bifer.
Auf dem letz-
ten Wege nun zwischen Amelsen und dem mittleren Lias des
ü
Steinbergs sind die Schichten des A. planicosta (v. SEEBACH
und ScHLönBacH) schön entwickelt und bilden die zwei Rücken
des Lohberges. Folgendes Profil ist an dieser Linie aufgenommen.
Profil+l4(8..279.)
Mittlerer Lias.
Schichten
d. Am. cen- | 1. Fehlt auf diesem Durchschnitt des Steinberges. E
taurus.
Sch. d. Am. | 2. Eisenschussiger Mergelschiefer, Am. brevispina,
brevispina. | Jamesoni. 4—5 Meter.
. Versteinerungsleere Thone. 1—2 Meter.
Schicht. d.
3
T) erebratula | 4. Chocoladenbrauner Oolith. A. armatus Sow.
subovoides. | Pholadomya Hausmanni.
Unterer Lias.
10—12 Meter.
5. Thone mit sm. muticus, bifer, nudicosta.
6. Sandstein mit Nestern von Thoneisenstein.
Schichten Bel. acutus, Am. bifer, muticus, Gervillia oli-
des Jfex, Pecten Lohbergensis n. sp., Modiola oxy-
Am. bifer. noti, Rhyn. plicatissima, Pentacrinus scalaris.
2 Meter.
7. Thone mit grossen Geoden. Am. muticus.
15—16 Meter.
IR, Blaugrauer Kalk (verwittert rostbraun). Bel.
a | acutus, Gryphaea obliqua, Modiola. 1,15 M.
es Am.
planicosta. 9. Thone mit Am. planicosta, ziphus, Leda Ro-
mani, Avicula oxynoti. 20-21 Meter.
10. Schwarzer Kalk. Am. geometricus, Avicula
sinemuriensis, Grryphaea arcuata. 1 Meter.
—
eralisl 11. 12. Nicht aufgeschlossen (Fahrweg nach
des Am. : E e
S Vardeilsen). |
geomeiricus. | ____
| 13. Glimmerreiche Thonschiefer mit A. geome-
metricus. 3 Meter.
Am Amelser Bache.
Sch.des Am.
|
| 9!, Schwarzer Schieferthon. 5 Meter.
planicosta. :
10'. Mit 10 (oben) übereinstimmend. 1 Meter.
a
richten 1l'!. Schwarzer Thon. 1 Meter.
des 4m. 12'. Schwarzer Kalk. Gryphaea arcuata, Cardi-
Bomairzcus. nia Listeri, Pleuromya liasina.. 0,4 Meter.
| 13'. Nicht aufgeschlossen. 6—7 Meter.
Schichten | 14. Graue Thone mit einer festen Sandstein-
des 4m. bank. Ammonites angulatus, Gryphaea ar-
angulatus. cuata, Ostrea sublamellosa. 10—12 Meter.
Psilonoten- | Schwarze bituminöse Kalkplatten. A. Johnstoni,
schichten. Ostrea sublamellosa, Pecten Trigeri, Fischüberreste,
Psilonoten-Schichten.
Paläontologische Einschlüsse:
Fischüberreste (Gyrolepis- , Pecten sp. indet.
schuppen, Knochen, Kopf- Ostrea sublamellosa.
platten, Coprolithen). Equesitum Gümbeli
Ammonites Johnstoni Sow. Equesitum sp. indet.
Avicula Kurri_OPpr.
Pecten Trigeri Op.
Gesteinsbeschaffenheit. Da das Profil I. (15) kei-
nen Aufschluss über die Mächtigkeit und die Lagerungsverhält-
nisse der betreffenden Schichten giebt, lasse ich der Schilde-
rung dieser Schichten ein Profil vorangehen, das der schon
häufig erwähnten Localität Deitersen entnommen ist und die
Fortsetzung des von Herrn PFLücker*) angeführten Profils
bildet.
*) Zeitschr. der Deutsch. geol. Ges. Bd. XXI., S. 239.
282 -
Profil.
Angulaten- | a. Mächtige eisenschwarze Schieferthone. A
schichten. | angulatus.
| b. Dünne feste Kieselplatten. 4: Johnstoni, O.
| sublamellosa. 0,4 Meter.
c. Glimmerhaltige bituminöse Schiefer. Haupt-
lager des A. Johnstoni. Equisetum Gümbeli.
Pelonötehl Dee 0,3 Meter.
schichten. | q, Sandiger Schiefer, .4. Johnstoni, O. sublamel-
losa, Pecten sp. Nach unten werden die
| Fossilien immer kleiner. 4 Meter.
e. Eisenschwarze, durch Verwitterung hell wer-
dende T'hone. 8,5 Meter.
= | f. Dunkle, blätterige Schieferthone. Modiola
Rhät. S
| minima Sow. 2 Meter.
Die Schichten streichen N 35° O und fallen 15° in Sud-
osten.
Es dürfte vielleicht von Interesse sein, eine Eigenthüm-
lichkeit in dem Auftreten der für diese Schichten charakte-
ristischen Weichthiere, Am. Johnstoni und O. sublamellosa, etwas
näher zu betrachten. Gleich über der Schicht e) tritt Am.
Johnstoni zum ersten Male auf, und zwar in Gestalt winziger,
glatter, in weissen Kalkspath umgewandelter Scheibchen, die
man nur mit Hülfe der Lupe erkennt. Nach obeu werden sie
immer grösser. Es stellt sich O. sublamellosa bald ein, jedoch
zuerst nur in kleinen Exemplaren; beide nehmen dann immer
an Grösse und Häufigkeit zu, bis man in die Schicht d) ge-
langt. Hier kommen in ungeheuerer Anzahl Ammoniten bis zu
135 Mm. Durchmesser und Östreen von 60 Mm. Länge vor,
in Gesellschaft von Pflanzenresten, die auf diese Schicht be-
schränkt sind. Spaltet man nämlich diese 0,03 M. dicke
Schicht an einer Stelle durch, so findet man die Spaltungs-
fläche ganz mit grossen Equiseten bedeckt, und auf diesen wie-
der liegen zu Hunderten die flachgedrückten Ammoniten und.
Ostreen. Leider ist das Gestein äusserst zerbrechlich, und es
gelingt fast nie, brauchbare Stücke daraus zu bekommen. Nach
283
oben werden die Petrefacten in den Kieselplatten seltener, be-
halten aber ihre Grösse bei.
Sehr bemerkenswerth ist nun die grosse Verschiedenheit
der Gesteinsbeschaffenheit zwischen den zwei erwähnten Vor-
kommnissen der Psilonotenschichten. Anstatt weicher glim-
merführender Thonschiefer oder harter Kieselplatten hat man
am Amelser Bache feste bituminöse Kalkplatten, die angeschla-
gen einen stinkenden Geruch geben. Üonchylien sind darin
selten, hingegen erreichen die Ueberreste von Fischen eine
solche Häufigkeit, dass man die Bildung mit vollem Rechte
ein Bonebed nennen könnte, und in der That stimmen die
Gyrolepisschuppen und die mit runden Höckern bedeckten
Kopfplatten genau mit den gleichen Vorkommnissen des Rhäts
überein.
tung auftritt und ausserdem nur an diesen zwei Localitäten
nachzuweisen ist, habe ich sie auf der Karte nicht berück-
sichtigt.
Da diese Zone in nur geringer horizontaler Verbrei-
Angulatenschichten.
Da die einförmigen Schieferthone der Angulatenschichten
in der ganzen Gegend sehr arm an Versteinerungen sind,
schliesse ich zur Ergänzung ein Profil an, welches ich in den
Liasschichten des Götzenberges bei Göttingen aufgenommen
habe, die mit denen bei Markoldendorf in sehr naher Beziehung
stehen. Die an diesem Punkte allein aufgefundenen Arten
sind mit einem Sternchen bezeichnet.
Paläontologische Einschlüsse:
Ammonites angulatus SCHLOTH.
Pleuromya liasica SCHÜB. Sp.
*Pleuromya galathea Acass.
* Pholadomya glabra AGAss.
*Cardinia Listeri Sow. sp.
*Cardium sp.
* Protocardia Philippiana Dunk.
sp.
Unicardium cardioide PmLL.
sp.
Gervillia sp. indet.
Lima gigantea Sow. sp.
Lima punctata Sow. sp.
"Lima succineta SCHLOTH.
Lima pectinoides Sow. sp.
Pecien testorius SCHLOTH.
Pecten Hehli D’Ors.
Pecten disparilis Quanst.
Modiola nitidula Dune.
Gryphaea arcuata Lam.
Ostrea sublamellosa Dune.
* Rhynchonella costellata PıETTE.
*Pentacrinus angulatus Op.
*Cidaritenstacheln.
*Fischstacheln.
Serpula sp. indet.
*Fossiles Holz,
Petrographische Beschaffenheit. Bei Amelsen
(Profil I., 14) treten die Angulatenschichten in Gestalt grauer
versteinerungsleerer Thone auf, die durch ihre Stellung zwi-
schen den Schichten des Am. geometricus und den Psilonoten-
schichten ziemlich genau abgegrenzt sind. Sie sind in mehre-
ren Einschnitten nördlich von dem Dorfe, jedoch nirgends in
ihrer ganzen Mächtigkeit aufgeschlossen. Es ist mir deshalb
unmöglich gewesen, die Stellung der grossen eisenschussigen
Sandsteinplatten, die überall am Ufer des Baches liegen und
sehr häufig Abdrücke von Gryphaea arcuata enthalten, zu er-
mitteln. Die Häufigkeit von Sandsteinplatten in der Umgegend
von Amelsen, die hin und wieder Belemnites acutus führen,
setzt zuerst in Verwirrung, bis man endlich entdeckt, dass sie
aus ganz verschiedenen gryphaeenreichen Schichten stammen
und erst durch Verwitterung eine so grosse Aehnlichkeit ge-
winnen. Es sind hauptsächlich drei Bänke, die diese Platten
liefern: die eben besprochene aus den Angulatenschichten, die
Bank 10 (Profil I.) aus den Schichten des fm. geometricus und
7 (Profil I.) aus den Schichten des m. planicosta. Letztere
Bank befindet sich auf der Höhe des Lohberges, von wo das
Gestein zur Ausbesserung der Wege heruntergeschafft wird.
In der Richtung nach Osten findet maı die Schichten nur
schlecht aufgeschlossen. Trotzdem wird die Grenzlinie gegen
unten mit ziemlicher Sicherheit durch das häufige Auftreten
von Rhät und Keuper festgestellt, bis man bei Odagsen die
Angulatenschichten wiederfindet. Hier sind Keupermergel von
den Schichten des 4m. planicosta nur durch eine wenig mäch-
tige Thonschicht getrennt, die A. angulatus in runden Geoden
führt.
Auf der Südseite der Mulde ist Alles von einer mächtigen
Lehmplatte bedeckt, und man findet nur wenige Aufschlüsse
bis in die Gegend von Wellersen. An dieser Stelle biegen sich
die Schichten um einen aus Keuper bestehenden Vorsprung
nach Süden zu, und da sie fast in der Richtung des Streichens
aufgeschlossen sind, hat man ihnen wohl eine viel grössere
Mächtigkeit zugeschrieben, als denselben in Wirklichkeit zu-
kommt. In den eisenschwarzen, an der Luft grau werdenden
Schieferthonen, sowie in Knollen eingebacken, kommt A. an-
gulatus in grosser Häufigkeit vor. In einer den Thonen ein-
gelagerten Kalkbank befinden sich ausserdem Gryphaea ar-
fr
*
1.
77,
W
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ß
Br era a ae IE See
a 2 a g K TE ne !
are Pr
cuata, Pecten Hehli, Lima pectinoides, punctata, Gervillia sp.
indet. Folgt man dem Streichen weiter nach Westen, so trifft
man jenseits der Verwerfungslinie überall Keuper.
Auch bei Deitersen finden sich die Am. angulatus-Schich-
ten. Es sind hier die mächtigen Schieferthone (a. Profil II.),
welche die Kieselplatten der Pilonotenschichten bedecken und ge-
nau dieselbe Entwickelung wie bei Amelsen zeigen. Nach
Norden zu folgt man der schon oben besprochenen Sandstein-
bank auf den Feldern bis in die Nähe der Verwerfungslinie.
Ausser den bei Wellersen gefundenen Versteinerungen findet
man hier: Unicardium cardioides, Pecten textorius, disparilis,
Modiola nitidula, Pleuromya liasina.
Profil II.
Profil der 4m. angulatus- Schichten am Götzenberge bei
Göttingen.
1) Thone, nach oben nicht aufgeschlossen.
.2) Eine die Böschung bildende Sandsteinbank,
Am. angulatus, Protocardia Philippiana, Lima
gigantea, succincta, Pholadomya glabra, Pen-
tacrinus angulatus, Fischstacheln, fossiles
Holz.
3) Versteinerungsleere Thone. 4 Meter.
4) Dunkle sandige Kalke, zu rothem, eisen-
schüssigen Sandsteine verwitternd; Schwe-
felkies; Am. angulatus, Pecten Hehli, Lima
pectinoides, gigantea, Gryphaea arcuata. 0,2954
5) Dunkle Schieferthone, Gryphaea arcuata. 4,9
6) Gelbrother eisenschüssiger Sandstein. Am.
angulatus, Cardinia Listeri, Peeten Hehli,
Gryphaea arcuata, ÖOstrea sublamellosa. (2
7) Dunkle Schieferthone mit kleinen Geoden. 20 5
8) Rothgelber mürber Sandstein; A. angula-
tus, Cardium sp., Pleuromya Galathea, Pecten
Hehli, Gryphaea arcuata, Ost. sublamellosa,
Fischstacheln. 03
9) Graue Thone, die nach unten schieferiger
werden. 5 5
10) Weisser Sand. 0:19:85
Zeits. d. D.geol,Ges. X XII. 2. 118,
a
a N a N N;
% deln. TAN
256
11) Dieke Sandsteinbanke. /m. angulatus,
Cardium sp., Pleuromya Galathea, Pecten
Hehli, Lima punctata, pectinoides, G’ryphaea
arcuata, Ostrea sublamellosa, Rhynchonella
costellata, Pentacrinus angulatus. 1,1 Meter.
12) Mächtige graue, versteinerungsleere Schie-
ferthone, mit denen der Aufschluss ab-
schliesst.
Schichten des Am. geometricus.
Ich wähle den vorangehenden Namen für diese Etage, ohne
auf die Frage einzugehen, ob die Schichten des Am. Bucklandi,
wie sie von OPPEL in seiner „Jura-Formation* abgegrenzt sind,
eine weitere Theilung (wie von ÖOPrPEL angedeutet und von
SCHLÖNBACH wieder hervorgehoben) allgemein zulassen.
Indessen darf ich bemerken, dass ich hier keinen Beweis
für eine solche Eintheilung habe finden können. SCHLÖNBACH
führt folgende Aufschlusspunkte an, „die wegen der Entschei-,
dung dieser Frage von grossem Interesse sein dürften:“ „das
nördliche Ufer der Ilme unterhalb Hullersen bei Einbeck“ und
„der Abhang neben der Muhle bei Wellersen“ (Aulsberg). Der
erste dieser Punkte ist derselbe, an welchem H. v. SEEBACH die
„belemnitenreichen Thone bei Hullersen“ eitirt, die er als den
Schichten des Am. capricornus angehörig betrachte. Im Fol-
genden werde ich beweisen, dass hier die Schichten der Tere-
bratula subovoides und die des Am. brevispina vertreten sind.
Ich kann daher die Angabe ScHLONBACH’s, sowie das Citat „Am.
geometricus zwischen Hullersen und Einbeck unweit des ersteren
Ortes“ (siehe oben Tabelle I.) nicht verstehen, noch’ deuten.
Da nun auch an dem zweiten von ihm angeführten Punkte die
Grenzschichten nirgends aufgeschlossen sind, so durften diese
Punkte nur wenig geeignet sein, die Entwickelung der Am.
geometricus- Schichten als eine besondere, von den übrigen
Arietenschichten zu trennende Zone zu beweisen.
Palaontologische Einschlüsse:
Belemnites acutus MILL. Cardinia Listeri Sow. Sp.
Ammonites geometricus OPP. Lima pectinoides Sow. Sp.
Turbo sp. indet. Avicula sinemuriensis D’ORB.
Pleuromya liasina, ScHuüB. sp. Pecten Hehli D’Ore.
Leda Renevieri Orr. Gryphaea arcuata Lam.
? Rhynchonella ranina Süss.
287
Petrographische Beschaffenheit. Die Entwicke-
lungsweise der betreffenden Schichten bei Amelsen geht schön
aus Profil I. (10—13, 10°—13) hervor. Nur zu beiden Seiten
des Vardeilser Weges, und hier als grosse Seltenheit, habe ich
‚Am. geometricus gefunden, hingegen durften die „nicht näher zu
bestimmenden Ammoniten aus der Familie der Arieten“ aus
Schichten, die im „Bache oberhalb Amelsen gut aufgeschlossen
sind,‘* (ScHuön. 1. c. eit. S. 495.), da dieses Citat nur auf
Schicht 10. Prof. I. bezogen werden kann, 4m. geometricus
zugehören. Endlich möchte ich die Bank 12’ Prof. I. sowie die
gleich darunter liegenden Thone wegen der in ihnen in unge-
heurer Anzahl und vorzüglicher Erhaltung vorkommenden Exem-
plare von Gryphaea arcuata. besonders hervorheben. Ueber-
haupt kann das häufige Auftreten der echten @. arcuata lose
in den Thonen als leitend für die 4m# geometricus - Schichten
in der ganzen Mulde angesehen werden.
Einen auffallenden Gegensatz zu der kalkigschiefrigen
Entwickelung der Etage bei Amelsen bildend, treten die
Schichten des Jm. geometricus im Süden der Mulde am Auls-
berge bei Wellersen in einer rein thonigen Facies auf. Sie
umschliessen eine Unzahl grosser Geoden, die theilweise sehr
reich an Petrefacten sind. Am. geometricus und Avicula sine-
muriensis finden sich sehr häufig und in guter Erhaltung, wäh-
rend ich Leda Renevieri, Pecten Hehli, Turbo sp. iudet. seltener
gefunden habe. Gryphaea arcuata kommt nie in den Geoden
vor, hingegen häufig lose in den Thonen circa 8 Meter unter
der Geoden-Bank, sowie in mehreren Wasserrissen weiter nach
oben, wo die Geoden schon versteinerungsleer geworden sind.
Sehr interessant als ein Uebergang zwischen der thonigen
geodenreichen und der kalkigen Facies dieser Schichtengruppe,
sowie auch von grosser Wichtigkeit wegen seiner Beziehungen
zu der schon mehrfach erwähnten Verwerfung, ist ein Auf-
schlusspunkt am linken Ufer des Baches zwischen Deitersen
und Markoldendorf, da wo der Bach eine scharfe Biegung nach
Süden macht. Hier kann man über dem Wasserniveau folgendes
Profil beobachten.
19#
288 ee
Profil IV.
a) Mächtige hellgraue Schieferthone.
b) Geodenbank. 4m. geometricus, Turbo sp.
indet. | 0,1 Meter.
c) Schieferthone. Gryphaea arcuata 0,32 25,
d) Sehr fester graublauer Mergelkalk, 0.2 Re
der sich in grossen Blöcken spaltet, die,
halb verwittert, ganz das Ansehen von
grossen Geoden bekommen. Gryphaea
arcuata, Avicula sinemuriensis, Bel. acutus,
Rhynchonella ranina Süss.
e) Thone mit Gryphaea arcuata I:
Wasserniveau.
Von dem Aulsberge oder dem Amelser Bache ausgehend,
kann man die betreffenden Schichten nur in einer kurzen Ent-
fernung verfolgen. Bald wird Alles von Lehm bedeckt, und
wo im Osten der Mulde die Schichtenfolge wieder deutlich
bobachtet werden kann, ist der Lias « QUENSTEDT’s auf circa
38 Meter zusammengeschrumpft, die Zone des ./m. geometricus
hingegen gänzlich verschwunden.
Schichten des Am. planicosta.
Paläontologische Einschlusse:
Belemnites acutus MıLL. Leda Romani Opr.
Ammonites planicosta Sow. Lima pectinoides Sow. Sp.
Ammonites ziphus ZIET. Avicula sinemuriensis D’ORB.
Ammon. tamariscinus SCHLÖN. Gryphaea obligua GOoLDF.
Dentalium Andleri OPPpkL. Spirifer Walcotti Sow.
Pecten textorius SCHLOTH. Pentacrinus scalaris GOLDEF.
Pecten Hehli D’ORrß.
Modiola sp.
Avicula oxynoti QUENST.
Petrographische Beschaffenheit. Diese Etage
(siehe Prof. I. 8—9.) besteht aus mächtigen Schieferthonen,
die nach unten in die Am. geometricus-, bez. Am. angulatus--
Schichten ohne scharfe Grenze übergehen, nach oben hingegen
durch die 2 Meter mächtige sandige Kalkbank 9. Prof. I. auf
289
das Schärfste abgegrenzt sind. Die Thone zeichnen sich durch
einen ansehnlichen Eisengehalt aus. Kleine, glatte, chocoladen-
braune Eisensteinknollen, flache, etwa faustgross werdende
Geoden und selten Knauer von fast reinem Kalkspath kommen
darin vor. Die flachen Geoden sind durchweg versteinerungs-
leer, sowie meistens die Eisensteinknollen; einzelne der letzten
aber, bis zu einer bestimmten Grösse, führen 4m. planicosta,
ziphus und kleine Zweischaler. Reichhaltiger, aber sehr selten
sind die Kalkknauern. In einem solchen von Odagsen fand
ich dreizehn Stuck Am. planicosta und vier -/m. ziphus.
Diese Thone sind aufgeschlossen: 1) an mehreren Punk-
ten am Nordabhauge des Lohberges (siehe ‚Skizze zu Prof. I.),
an denen ich überall die zwei genannten Ammoniten fand. 2)
Südlich von Holtensen am Wege von Wellersen nach dem
Pinkler. 3) Auf der Ostseite der Mulde an einem Punkt an
der Chaussee nördlich von Odagsen bis in die Nähe von
Edemissen. In letzterer Gegend sind die Schichten weniger
von Lehm bedeckt und durch einen neuen Strassenbau gut
aufgeschlossen. Am. planicosta und ziphus sind nicht selten
und sind hier wie überall an ein Niveau unter der Bank (8)
gebunden,
Diese Bank, die ich als ausgezeichneten Horizont benutzt
habe, um die obere Hälfte des unteren Lias in zwei Zonen
einzutheilen, besteht aus blauschwarzen, eisenreichen Sand-
kalken, im verwitterten Zustande aber aus rostbraunen, mürben
Sandsteinen, die sich in petrographischer Hinsicht durch einen
bedeutenden Eisengehalt von allen tiefer liegenden Bänken
unterscheiden. Belemnites acutus und Gryphaea obliqua sind
haufig.
Dieselbe ist auf der Karte als Grenze zwischen den _/m.
planicosta- und /m. bifer-Schichten angegeben. Hervorheben
will ich nur den Antheil, den sie an den Niveauverhältnissen
der Mulde nimmt; denn gerade diese Bank ist es, die den
nördlichen Rücken des Lohberges (siehe Prof. I.) bildet. Man
folgt ihr mit Leichtigkeit bis an die Verwerfungslinie, wo sie
scharf abgeschnitten wird, und in östlicher Richtung bis südlich
von Kohnsen, wo sie unter einer grossen Lehmplatte ver-
schwindet. Erst bei Odagsen wird sie wieder aufgeschlossen,
und in dieser Gegend findet man keine andere feste Bank im
unteren Lias. Hier stellt sich eine Schicht in der Bank ein,
BER
ee
die in ihrer Masse überwiegend aus Brut von Gryphaea obliqua
zusammengesetzt ist.
Schichten des .Zm. bifer.
Paläontologische Einschlüsse:
Belemnites acutus MILL. Pecten textorius SCHLOTH.
Ammonites bifer (QUENST. Pecten Hehli w’Or®:
Am. globosus. Pecten Lohbergensis n. Sp.
Am. muticus D’ORB. Protocardia oxynoti QUENST. sp.
A. bifer var. nudicosta QUENST. Ärca Münsteri GOoLDF. :
Am. Lohbergensis nov. Sp. Gryphaea obligqua GoLDEF.
Am. sp. indet. . Terebraiula cor Lam.
Am. raricostatus ZIET. Rhynchonella plicatissima QUEN.
Turbo conf. raricostatus Zıen. _ Pentacrinus scalaris GoLDF.
Paludina Kraussiana Dunk.
Phasianella phasianoidesP IETTE.
Dentalium Andleri OP.
Actaeonina Dewalquei Opr.
Chemnitzia undulata Benz.
Pleuromya liasina ScHÜB. sp.
Modiola oxynoti QUENST.
Perna sp. indet.
Gervillia olifex QUENST.
Avicula sinemuriensis D’ORB.
Lima pectinoides Sow. Sp.
Lima conf. punctata Sow.
Petrographische Beschaffenheit. Diese Zone ist
aus drei Bildungen zusammengesetzt. (Siehe 5—7. Prof. I.)
Unten befinden sich mächtige Thone, die — mit Aus-
nahme einer einzigen Lokalität von Eisenoolith, auf den ich
gleich zuruckkomme — durch grosse Armuth an Petrefacten,
sowie in petrographischer Hinsicht durch Häufigkeit von rie-
sigen Geoden, die öfter als prachtvolle Septarien ausgebildet
sind. Wo diese Septarienbildung eintritt, sind die Geoden ganz
versteinerungsleer, in anderen Gegenden hingegen findet man,
etwas über der Mitte der Thonschicht, Am. bifer und: Am.
muticus, jedoch als äusserste Seltenheit. Fundorte sind allein
der in dem Prof. I. angeführte Amelser Weg und eine Stelle
dicht hinter der „Odags-Mühle.* Vom letzten Punkte an bis E
BEER
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BR ER EUER ehe gu a a N a Tr ET N a a Tri
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291
in die Nähe von Edemissen sind die Thone am rechten Bach-
ufer mächtig aufgeschlossen, indessen finden sich hier Ver-
steinerungen nicht vor.
Sehr bemerkenswerth in diesen einföormigen Thonen ist
die oben erwähnte Lokalität mit versteinerungsreichem Eisen-
oolith, die sich eirca 5 Meter über den ./m. planicosta-Schichten
auf dem südlichen Abhange des zweiten Hügels an dem Fahr-
wege befindet, der von der Markoldendorfer Chaussde nach
Vardeilsen abgeht. Das Gestein ist inwendig dunkelroth, auf
der Oberfläche chocoladenbraun und in Bruchstüucken von der
untersten Schicht des mittleren Lias (4. Prof. I.) nicht zu
unterscheiden. Ausser den Ammoniten kommen alle oben an-
geführten Versteinerungen schon in dieser Schicht vor. Tere-
bratula cor, -{rca Münsteri, Chemnitzia undulata und Ammonites
globosus sind mir allein aus derselben bekannt.
Beinahe eben so wichtig für die Orientirung. in dieser
Gegend wie die Bank 10 in den Schichten des Am. planicosta
ist nun die 1—2 Meter mächtige Bank (6), die den mittleren
Bergrücken zwischen dem Loh- und Steinberge bildet und
überall auf der nördlichen Seite der Chaussee zwischen dem
„Klapperthurm“ und der „Julius-Mühle* aufgeschlossen ist.
Das Gestein ist ein glimmerreicher, stellenweise sehr schief-
riger Sandkalk, charakterisirt durch das häufige Auftreten
gelber eisenreicher Partien, welche die eigentliche Fund-
stelle der Petrefaeten dieser Etage sind. Auf der südlichen
Seite der Mulde ist die Bank nirgends zu beobachten. Eine
sanfte Anhöhe aber, die, südlich von Markoldendorf beginnend)
sich nach Südosten zieht, dürfte wohl von derselben gebildet
sein.
Die obere Thonschicht (5. Prof. I.) nimmt in der Mitte
der Mulde einen grossen Raum ein, wird aber meistens von
mittlerem Lias und Lehm bedeckt. Sie bildet das Thal
zwischen dem Stein- und Lohberge. In ihr habe ich verein-
zelte, schlecht erhaltene Exemplare von Am. muticus bis fast
an ihre obere Grenze beobachtet.
In der Partie des mittleren Lias bei Hullersen ist allein
die Zone der Terebratula subovoides in geringer Mächtigkeit ver-
treten. Auf einer kleinen verlassenen Halde an dieser Stelle
habe ich ein Bruchstück eines Ammoniten gefunden, der zu
Am. raricostatus gehören dürfte, ohne aber ermitteln zu können,
[77
"yonaquregg
.
aus welcher Schicht derselbe stammte,
Westen, am Abhange neben ‘dem Bache,
befinden sich fünfMeter über dem Wasser-
niveau zwei je 0,2 Meter mächtige Bänke,
die von einer 1 Meter mächtigen Thon-
schicht getrennt sind. Die untere Bank
besteht aus grossen Geoden mit Ausschei-
dungen von Zinkblende. Die obere führt
ausser Arten von grosser vertikaler Ver-
breitung Rh. fureillata, Buchi und Trochus
conf. selectus, auch stimmt sie petrogra-
phisch mit Bruchstücken, die überall auf
der Oberfläche liegen und die Leitfossilien
der Schichten der 7. subovoides enthalten,
vollkommen uberein. Der unteren Geoden-
bank folgt man leicht am Bachufer durch
das Dorf Hullersen und unter dem mitt-
leren Lias am Butterberg. An der letzten
Stelle fand ich in einer Geode aus dieser
Bank ein kleines wohl erhaltenes Exem-
plar von Am. raricostatus.
Verwerfung. Da auf der west-
lichen Seite der Verwerfungslinie nur
noch die Schichten des unteren Lias —
bis zu den Schichten des Am. bifer in-
clusive — vorhanden sind, so dürfte es
an der Stelle sein, dieselbe hier näher zu
betrachten. An der südlichen Wand des
grossen Steinbruches am „Kleeberge* —-
durch ein kleines Viereck auf der Karte
angedeutet — habe ich folgendes sehr
interessante Profil aufgenommen.
Etwa zweihundert Schritt weiter nach
Bi
B.3
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293
Brotil.V, ' Profil VI.
7. Thone mitriesigen Septa-
rienu.schmalen eisenreichen
Zwischenschichten. (8 M.)
3. Thone ohne Geoden. |
(3,5 M.)
4. Eisenreicher Oolith in
dicken Bänken. Terebratula
subovoides, numismalis, Pho-
ladomya ambigua, Hausmanni,
Am. armatus, ./m. sp. indet.
(7 >M.)
8. Kalkbank von blau-
schwarzer Farbe. Gryphaea
obligua, (haufig) Bel. acutus,
Spirifer Waleotti. (1 M.)
Spalt mit Thon gefüllt.
SeltenMuschelkalk-Geschiebe.
ren 9. Thone, wenig aufge-
5. Thone des unteren Lias. schlossen.
In dem Bruche selbst sieht man die Schicht (4) mit den
darauf lagernden Thonen (3) durch eine scharf markirte
Verwerfungsspalte von mächtigen, mit prachtvollen Septarien
gefüllten Thonen getrennt, die nach unten nicht aufgeschlossen
sind. Weiter nach Westen, aber am Abhange des Berges fin-
det man die Bank (8) anstehend, und nach Angaben des Steigers
Hase trifft dieselbe die Verwerfungsspalte 4,6 Meter unter der
Schicht (4).
Die Schicht (4) ist die unterste Schicht des mittleren Lias
und bildet die Basis der Eisensteine des Steinberges, wie es
in der Skizze (Seite 296) angedeutet ist. Ein Blick auf die
Karte macht es einleuchtend, dass die Bank (8) mit einer der
schon festgestellten Bänke aus dem unteren Lias zu paralleli-
siren sei. In der That stimmt dieselbe auf das Schärfste mit
der Bank 8 (Prof. I.) aus den Am. planicosta-Schichten über-
ein, und zwar stratigraphisch durch ihre Stellung als die erste
feste Bank uber den Am. geometricus-Schichten, in paläontolo-
gischer Hinsicht durch das Auftreten von zahlreicher Gryphaeen-
brut, sowie von Gryphaea obliqua in grossen Exemplaren,
Belemnites acutus etc. Endlich ist das Gestein in frischem
Zustande sowohl, als in allen Stadien der Verwitterung ganz
ununterscheidbar von dem der betreffenden Bank am Lohberge
und bei Odagsen.
Ich nehme also keinen Anstand, die Bank (8) im Prof. VI.
für die Bank 8. Prof. I. zu halten, trotzdem dass ich einige
Abweichungen zwischen den zwei Vorkommnissen beobachtet
habe. In den Thonen (7) Prof. VI nämlich, bei sonstiger ge-
294
nauer Uebereinstimmung, besitzen die Geoden eine vollkom-
menere Septarienausbildung als die der Thonschicht 7. Prof. 1.
bei Odagsen. Da sie aber am letzten Fundorte eben so häufig
und gross sind und allein in dieser Schicht eine solche Grösse
erreichen (0,4—0,5 Meter Durchmesser), und da die Septarien-
bildung sich hier auch hin und wieder einstellt, wenn auch
nicht so ausgezeichnet, muss ich dieselbe als lokale Ausbildungs-
weise ansehen ; zweitens ist Spirifer. Walcotti, den ich in zwei
Exemplaren aus der Bank (8) erhalten habe, sonst nicht in
den Am. planicosta-Schichten vorgekommen. Indessen ist er
bekanntlich im ganzen unteren Lias anderer Gegenden zu Hause.
Da nun die Bank 8 unter normalen Verhältnissen 25 bis
30 Meter unter der Schicht 4, hier
{tje} . ® ®
a hingegen nur 4,6 Meter tiefer liegt,
& .. . 4
Er beträgt die Verwerfung 20--25
=
22 Meter.
©
che
E58 Mittlerer Lias.
==
om .
en Abgesehen von den .4m. spina-
[<] . = .. .
En tus-Schichten bei Luthorst ist nur
Se noch die untere Hälfte des mittle-
ee . . .
8 ren Lias, die Schichten des Am.
= . [3 .
ei brevispina v. SEEBACH’s, in der Linie
= = . ®
ga des Muldentiefsten in 4 getrennten
= 5
SS ae) Partien vorhanden, und zwar in
= ® “ .
8:2 o zwei petrographisch ganz abwei-
Ex er . . .
Ye =D chenden Facies. Das eine Mal sind
0Q en
Bros < es hellgefärbte Mergelthone, das
=. er So 5
598: andere Mal oolithische, meistens
a eisenreiche Kalksteine und Mergel-
© .
er schiefer.
25 Da nun, wie es sich von selbst
S Io E :
= = versteht, die Parallelisirung die-
=} B . D
= F ser Schichten von dem Eisensteine
== am Steinberge ausgehen muss, lasse
an 5 ® . . . ® 2
ao ich hier, um auch gleichzeitig meh-
REN = . ® [3
DE rere Schwierigkeiten und Unregel-
©
der os mässigkeiten der Lagerungsver-
u: hältnisse dieser Localität zu be-
o® | seitigen, eine kurze Auseinander-
7,
a a 2 a
Te Zu Er a ie”
BP pw BT re a a Ar
{ Fr e
Ri
A
iR
=
=.
g
E
295
setzung ihrer Entwickelungsweise als Ganzes der Beschrei-
bung der einzelnen Etagen vorangehen und führe zu dem
Zwecke zwei Profile an.
Bei dem ersten Anblicke der an Profil VII. aufgeschlosse-
nen Schichten meint man ein zusammenhängendes Profil des
mittleren Lias in einer Mächtigkeit von nahezu 25 Meter vor
sich zu haben. Eine nähere Betrachtung der einzelnen Bänke
_ lehrt aber sogleich, dass hier die Schichtenfolge sich so wie-
derholt, wie ich in der beigegebenen Skizze angedeutet habe.
Hier liegt eine, wohl durch den vorbeifliessenden Bach verur-
sachte Verrutschung vor, in Folge deren der Steinmergel (3) im
Bruche 6 Meter tiefer steht als oben am Abhange des Berges,
und das richtige Protil des mittleren Lias an dieser Stelle, so
weit er aufgeschlossen ist, wäre hiernach folgendes:
Sch. d. Am. | Eisenoolith in dieken Bänken mit 4m. fimbriatus,
cenlaurus. | centaurus, striatus, viele Gastropoden. 3—4M.
| Eisenreicher Mergelschiefer mit -J/m. brevispina,
| | Am. Jamesoni, Pentacrinitenbank. 3 M.
se d. Am. wi
zen | Eisenarmer Mergelschiefer. Am. brevispina. (In
| dem „Klef* und am Abhange des Berges.) 7 M.
Sch. d. Ter. | Dunkle violette Steinmergel. Am. armatus. (Am
subovoides. Abhange 0,4 M. aufgeschlossen.) 2,75 M.
- Der Steinmergel (3) nimmt dieselbe Stellung unmittelbar unter
dem Mergelschiefer mit Am. brevispina ein, wo sonst überall die
Thone (3, Profil I. und V.) vorkommen. Da aber keine Am-
moniten aus der Verwandtschaft des Am. brevispina hinunter-
reichen, dagegen Am. armatus in ihm vorkommt, kann er nur
auf den Thonen (3) liegen oder, was mir wahrscheinlicher
scheint, eine eisenreiche Ausbildung derselben sein,
RER NEEN
"u99s9aM YDeU U2ISQ UOA ZIagaafy pun -UrsIg usp ysınp Yagasyaınd
IIA TO 14
Kleeberg
Linden
Amelser Weg
Wir haben im vorigen Profil
die Mächtigkeit des mittleren
Lias am östlichen Ende des
Berges zu ca. 17.M. festge-
stellt. Man durfte daher in
der Mitte, etwa an dem Amel-
ser Wege, da ja diese im
Muldentiefsten abgelagerten
Schichten keinen Antheil mehr
an dem südlichen Einfalleu
der älteren Schichten neh-
‘ men können, vielmehr ziem-
lich genau horizontal liegen
müssen, eine Mächtigkeit des
Eisensteins von 16— 17 M.
erwarten. Dem ist aber nicht
so; denn an dem oben er-
wähnten Wege findet man an
beiden Abhängen des Berges,
und zwar ganz oben, die
Punkte, wo die Thone des
unteren Lias sich unter den
Eisenstein schieben (auf der
Südseite mit einem Einfallen
von 2— 59° in Norden) un-
ter Verhältnissen, die eine
Mächtigkeit des Eisensteins
von mehr als 5—6 M. ganz
unzulässig erscheinen lassen.
Weiter nach Westen werden
die Schichten wieder mächti-
ger, da in der Mitte zwischen
dem Wege und den Linden
die Mächtigkeit des Eisen-
steins durch einen Schacht
nach Angabe des Steigers
Hase zu 10 Meter festgestellt
wurde, und hiermit uberein-
stimmend hat die Bank 4),
die noch weiter westlich am
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% Ta
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297
‚Kleeberge aufgeschlossen ist (siehe Skizze, S. 292), ein Ein-
fallen von 5° in Westen und eine Stellung von etwa 12 —14
Meter unter den höchsten Schichten bei den Linden. In dem
Profil habe ich versucht, diese Verhältnisse wiederzugeben. Man
sieht, wie von einem Punkte in der Nähe des Fahrweges
die Schichten in Osten und Westen sattelförmig abfallen, und
dass die jüngsten Schichten nicht etwa an dem höchsten Theile
des Berges bei den Linden, sondern vielmehr weiter nach
Osten über dem Klef zu suchen sind.
Mit Bezug auf das sclion Gesagte können wir nun folgen-
des Profil des mittleren Lias am Steinberge zusammenstellen.
Profil IX.
1. Ein stark oolithisches, eisenreiches Gestein in
dicken Bänken, das im frischen Zustande bläu-
Sehichten | liche Oolithen in lauchgrüner Grundmasse
des Am. | zeigt, verwittert aber rostbraun mit helleren
centaurus. gelben Körnern erscheint; _/mmonites centau-
| rus, striatus, fimbriatus, Heberti; Hauptlager
| von Gastropoden. 3— 4 Meter.
2. Mehr oder weniger eisenreicher, dagegen nur
Schichten wenig oolithischer Mergelschiefer , Ammonites
des Am. brevispina, Jamesoni, Valdani, ibex arietiformis.
brevispina. Hauptlager von Pentacrinus basaltiformis, nu-
dus und punctiferus. 10 Meter.
3. Tlione. 3 Meter. | Oolith. Steinmergel.2,75M.
(am es | Am. armatus (In dem Kleff).
Schicht. d. | 4: Ein im frischen Zustande grüner, verwittert
Terebratula aber chocoladenbrauner Eisenoolith. Am. ar-
subovoides. matus, Ammonites sp. indet., Pholadomya am-
bigua, Hausmanni, Terebratula subovoides, Rhyn-
chonella tetraedra, Rhynchonella conf. furcillata.
1 Meter.
| 9. Unterer Lias.
Schichten der Terebratula subovoides.
OrrzL (Juraformation, S. 117) unterscheidet ein „Ar-
matusbett“ unter dem „Jamesonibett.* Ersteres wird durch
Am. armatus Sow. (Am. nodogigas Quenst.), Pholadomya de-
N
en
298
corata, Bhynchonella tetraedra Quenst. und Spirifer Münsteri
charakterisirt. Bei der Parallisirung mit anderen Ländern hat
er aber diese Theilung nicbt weiter berücksichtigt. SCHLOöR-
BACH (l. c. S. 512) behauptet mit Bestimmtheit, dass Am. ar-
matus an eine besondere, von der des Am. Jamesoni. verschie-
dene Zone nicht gebunden sei, indem er ein Exemplar des-
selben in den oberen Lagern des Eisensteins bei Oldershausen
fand. Bei der Beschreibung von Pholadomya decorata sagt er:
„Das Lager dieser Art in Norddeutschland stimmt vollständig
mit den Angaben aus Schwaben überein.“ Da nun die Iden-
tität von Am. nodogigas QUENST. und Am. armatus Sow. nicht
sicher bewiesen ist, und auch nach ScHLÖNBACH derselbe mit
Am. Jamesoni zusammen vorkommt, benenne ich die Zone un-
ter der des Am. brevispina (= Zone des Am. Jamesoni von
OrrErL) nach der in ihr am häufigsten vorkommenden Art Te-
rebratula subovoides.
Diese Zone ist durch das gänzliche Fehlen von allen Am-
moniten aus der Formenreihe des fm. Jamesoni charakterisirt.
Bezeichnend fur dieselbe sind ferner: Terebratula subovoides,
Rhynchonella tetraedra rufimontana (QJUENST., Spirifer Münsteri,
Pholadomya ambigua, Hausmanni, Beyrichi SCHLÖNB. und Am-
monites armatus. Letzterer ist hier in seiner typischen Form
entschieden an diese Etage gebunden.
Paläontologische Einschlusse:
Belemnites clavatus SCHLOTH. Gryphaea obligqua GoLDF.
Bel. elongatus MıLL Terebratula subovoides RoEm.
Ammonites armatus Sow. Ter. cornuta Sow.
Ammon. sp. indet. Ter. punctata Sow.
Trochus conf. selectus CHAP. u. Ter. numismalis Lam.
Dew. Spirifer rostratus SCHLOTH.
Turbo n. sp. Sp. Münsteri Dav.
Pholadomya ambigua Sow. Rhynchonella furecillata THEoD.
Phol. Hausmanni Hart.
Phol. Beyrichi SCHLÖNB.
Rhynch. curviceps QUENST.
Rhynch. n.sp. conf. furcillata.
Pleuromya ovata Rom. Sp. Rhynch. Buchi RoEn.
Avicula sinemuriensis D’ORB. Rhynch. tetraedra rufimontana
Lima pectinoides Sow. Sp. QUENST.
Pecten textorius SCHLOTH. Crania liasina n. Sp.
Pecten Hehli D’Ore. .Millericrinus Hausmanni RoeEn.
sp.
Serpula sp. indet.
EEE
299
Gesteinsbeschaffenheit. Der Eisenoolith (4) ist in
dem Steinbruche am Kleeberge am besten aufgeschlossen und
hier allein in frischem Zustande zu beobachten. Er ist ein
hellgrüner, sehr eisenreicher Mergelkalk von bedeutender Festig-
keit, der sich in grossen, mit dicker Verwitterungsrinde über-
zogenen Blöcken absondert. An allen oben angeführten Auf-
schlusspunkten ist der Oolith von 1—3 Meter mächtigen Tho-
nen bedeckt, die ausser einem schlechterhaltenen Belemniten
nichts geliefert haben.
Der Steinmergel in dem „Klef* ist ein dunkelvioletter,
versteckt oolithischer, kalkreicher Eisenstein, der ausser Be-
lemnites clavatus, Spirifer rostratus und Terebratula. punctata
grosse Exemplare von Am. armatus enthält. Die Schwierigkeit
seiner genaueren Parallelisirung habe ich schon (S. 297) ange-
deutet. Stellt man ihn dem Thone (35) parallel, so haben die
Schichten der Terebratula subovoides am Steinberge eine Mäch-
tigkeit von etwa 4 Meter, liegt er hingegen auf dem Thone,
so kommt ihnen eine Mächtigkeit von 7 Meter zu.
Bei Hullersen ist allein die Zone der Terebratula subovoides
vertreten, und zwar in einer Ausbildungsweise, die den Ueber-
gang zu der Entwickelungsweise am sogenannten Butterberg
bildet. Sie besteht aus T'honen, die von schmalen Zwischen-
lagern von eisenreichem Oolith durchzogen sind. Südlich von
dem Klapperthurme nämlich, am Abhange neben dem Bache,
finden sich im verwitterten Zustande Bruchstücke dieses Ooliths,
die mit der untersten Oolithenbank des Steinberges uberein-
stimmen. Siehe auch Seite 291.
Am. armatus (nodogigas), Brut von Am. armatus, Am. sp.
indet., Belemnites elongatus, clavatus, Trochus conf. selectus,
Turbo nov. sp., Pholadomya obscura, Terebratula subovoides,
numismalis, Rhynchonella furcillata, Rhynch. Buchi kommen in
ihnen vor. |
An einem parallel dem Mühlgraben laufenden Wege am.
Butterberge, etwa in der Mitte, kommen Bruchstücke eines
rothbraunen, wenig oolithischen Gesteins vor, in welchem ich
Am.-sp. indet., Terebratula subovoides, numismalis, Rhynchonella
Buchi, Gryphaeca obliqua, Pecten textorius, Belemnites clavatus
Inoceramus ventricosus gefnnden habe. Dasselbe ist auf Thonen
des unteren Lias abgelagert und bildet ohne Zweifel die Basis
von dem etwas weiter nach oben auftretenden, hellen Thonen,
300
die zu den Schichten des Am. brevispina gehören. Bemerkens-
werth war ein grosses Bruchstuck von sehr reinem, schwar-
zen Kalke, der ganz von Gryphaea obliqua, Millerierinus Haus-
manni, Bel. clavatus, Terebratula punctata und Rh. Buchi wim-
melte und vielleicht auf eine eisenarme, dagegen kalkreiche
Ausbildung der Zone in dieser Gegend gedeutet werden kann.
Das Gestein war indessen nicht anstehend zu treffen.
Bei dem Pinkler sind die Schichten der Terebratula sub-
ovoides nirgends aufgeschlossen.
Schichten des Am. brevispina Sow.
Paläontologische Einschlüsse:
Belemnites clavatus SCH. Plicatula spinosa Sow.
Bel. elongatus MıLL. Pecten velatus GOLD. Sp.
Bel. umbilicatus BLaın. P. priscus SCHLOTH.
Bel. breviformis ZIET. P. texrtorius SCHLOTH.
Nautilus intermedius Sow. P. Hehli D’Ore.
Ammonites brevispina Sow. Gryphaea obligqua GOLD.
Am. Jamesoni SoWw. Gr. gigas SCHLOTH.
Am. Valdani D’ORB. Ä Ostrea arietis QUENST.
Am. Maugenesti D’ORB. Rhynchonella furcillata TuEo».
Am. Arietiformis OPr. Rhynch. rimosa RoEM.
Am. ibexr QUENST. Rhynch. calcicosta (JUENST. .
Am. Loscombi Sow. Rhynch. parvirostris ROEM.
Am. sp. conf. submuticus Opr. Rhynch. subserrata MUNST.
Trochus laevis SCH. Rhynch. Buchi RoEn.
Chemnitzia undulata Benz. Rhynch. subserrata var. obsoleta
Pleuromya ovata RoEn. Sp. Born.
Inoceramus ventricosus Sow.sp. sSpirifer rostratus SCHLOTH.
Asiarte sq. indet. Terebratula numismalis Lam.
Arca elongata Sow. Terebr. Heyseana Dunk.
Myoconcha. Terebr. punctata SoW.
Avicula sinemuriensis D’ORB. Terebr. Sarthacensis D’ORB.
Lime acuticosta GOLD. Sp. Terebr. Waterhausi Dav.
Lima acuticosta var. nodosa Pentacrinus basaltiformis MILL.
QUENST. Pent. nudus SCHLON.
Lima punctatissima SCHLÖN. Peni. punctiferus QUENST.
Millericrinus Hausmanni RoEM.
sp.
Öidarites numismalis OPP.
Foraminiferen,
Fossiles Holz.
301
" Gesteinsbeschaffenheit. Da der Eisengehalt dieser
Schichten in kurzer Entfernung sehr variirt, so weichen sie
besonders in verwittertem Zustande sehr von einander ab. Da
nun auch die Schichten mehrere kleine Unregelmässigkeiten
zeigen und an den meisten Stellen die verschiedenartigsten
Gesteine durch einen langjährigen l'agebau zusammengeworfen
sind, so ist leicht einzusehen, dass man bei der Parallelisirung
der Schichten von den meisten Erfunden ganz absehen muss
und sich nur an diejenigen Merkmale halten kann, die sich
bei jedem Aufschlusse leicht wieder auffinden lassen. Hiernach
sind es folgende Eigenthümlichkeiten, die diese Gruppe am
Steinberge von jüngeren wie von älteren Schichten scharf ab-
trennen. Das schiefrige, wenig oolithische Gefüge des Gesteins,
das im frischen Bruche häufig glänzende Kalkstückchen zeigt, und
das häufige Vorkommen von Pentacrinus-Stielgliedern in dessen
oberer Hälfte in Gesellschaft mit Ammoniten aus der Formen-
reihe des 4m. brevispina. Bei der Schilderung dieser Zone
halte ich an drei Lokalitäten — in der Mitte und zu beiden
Enden des Berges — fest, wo die Parallelisirung unzweifelhaft
und die durch den wechselnden Eisengehalt verursachte petro-
sraphische Verschiedenheit am deutlichsten wahrzunehmen ist.
In dem „Klef““ (Prof. VI. 2.) ist das Gestein ein wenig
oolithischer eisenarmer Mergelschiefer, weiter oben wird er
eisenreicher und von eigenthümlicher oliven- bis schwarzgrüner
Farbe. Ganz unten sind nur Belemniten häufig, dann stellen
sich Pentacrinus basaltiformis und Pentacrinus nudus in Gesell-
schaft mit Jm. brevispina ein, und alle drei werden nach oben
häufiger.
Am Amelser Wege ist die untere Hälfte der Zone mit
Im. brevispina und Am. Jamesoni aufgeschlossen, nach oben
stellen sich Pentacrinus punctiferus und P. nudus ein. Das
Gestein weicht nur durch seinen bedeutenden Eisengehalt von
dem eben besprochenen Vorkommnisse ab.
Weiter nach Westen, wo die Lindenbäume stehen, ist te
Oberregion dieser Schichten schön aufgeschlossen. Hier ist
Am. iber QuEnsT. in einem Exemplar von Herrn v. SEEBACH
gefunden worden, und zwar in einer Schicht, in der ich mehr-
mals Am. brevispina und Am. Jamesoni getroffen habe. Am.
ibex liegt daher hier in demselben Niveau oder doch wenigstens
tiefer als 4m. Jamesoni Sow.
Zeits. d. D. geol. Ges. XXL, 2. 20
302
In der obersten Schicht bilden die Pentacrinus-Stielglieder
eine ausgezeichnete Pentacrinitenbank. Letztere Schichten
liegen ganz auf der Höhe des Steinberges und sind dieselben,
die von SCHLÖNBACH zu der unteren Zone des sm. fimbriatus
gestellt wurden. Da aber _4m. brevispina und Am. Jamesoni
hier vorkommen, gehören sie tiefer, in die Schichten des 4m.
brevipsina.
Auf den schon beschriebenen Ter. subovoides - Schichten
am Butterberge sind etwa 6—8 Meier hellgrauer, sehr weicher
Mergelschiefer, die durch Verwitterung blendend weiss werden,
abgelagert. Dieselben sind unter dem Namen ‚‚die belemniten-
reichen Thone‘‘ bei Hullersen von v. StEBACH mit den Capri-
cornus-Schichten verglichen. (Siehe Tabelle 6.) In ihnen kom-
men folgende Versteinerungen vor: Belemnites elongalus, clava-
tus, Leda Galathea, Avicula sinemuriensis, Pecten priscus, Ostrea
arietis, Astarte sp., und in mehreren Exemplaren ein flachge-
drückter, nicht näher bestimmbarer Ammonit. Wegen der
Uebereinstimmung der Belemnitenformen dieser Schichten mit
denen des Mergelschiefers des Steinberges hatte ich sie lange
Zeit den Schichten des “m. brevispina eingereiht und war.
endlich durch Auffinden einer neuen Lokalität an dem Wege
von Einbeck nach dem Pinkler in den Stand gesetzt, dieses zu
beweisen. Hier sind zu beiden Seiten des Weges dieselben
weissen Mergelschiefer, die hier nicht ganz so weich sind, wie
am Butterberge, aufgeschlossen. Sie enthalten genau dieselben
Formen, wie die Schichten am Butterberge und haben ausser-
dem Am. brevispina in mehreren Exemplaren, Pentacrinus punc-
tiferus und besser erhaltene Exemplare von dem flachen Am-
monit, der am Butterberge vorkommt, und der zu Am. Iynx
gehören dürfte, geliefert. |
Schichten des Am. centaurus.
Paläontologische Einschlüsse:
Belemnites elongatus MILL. Am. Heberti Op.
Bel. clavatus SCHLOTH. Trochus laevis SCHLOTH.
Nautilus intermedius Sow. Tr. Retbergi SCHLÖN.
Ammonites fimbriatus Sow. Tr. Thetis GoLDF.
Äm. striatus Rein. Pleurotomaria multicinetaSCHÜB.
Am. centaurus D’ORB. Pl. tuberculato-costata Mün.
Am. Loscombi Sow. Pl. granosa SCHLOTH. Sp.
303
Pl. solarium Koch. Leda subovalis GOoLDF.
Turbo Itys D’ORB. L. Galathea D’ORe.
T. nudus Münst. Inoceramus ventricosus SOW. Sp.
T. Socconensis D’ORB. Lima acuticosta GOLDF. sp.
T. Kochi GoLDF. Pecten velatus GOLDF. sp.
Phasianella phasianoidesp’ORB. Spirifer rostratus SCHLOTH.
Cemoria costata nov. SP. Pentacrinus basaltiformis M.
Cem. punctata nov. Sp. Pent. nudus SCHLON.
Opis Carusensis D’ORB.
Isocardia cingulata GOLDF. Sp.
Unicardium Janthe D’ORB.
Nucula cordata GOLDF.
Gesteinsbeschaffenheit. Zu dem Profil IX. und den
Bemerkungen auf Seite 296 ff. möchte ich an dieser Ställe nur
noch hinzufügen, dass diese Schicht es ist, die den reichsten
Eisenstein liefert und allein eine derartig vollkommene ooli-
thische Ausbildung besitzt, dass die Grundmasse sehr gegen
die Oolithenkörner zurucktritt. Diese Schicht, die sich übrigeus
durch eine ausserordentliche Häufigkeit von Gastropoden aus-
zeichnet, bedeckt die Am. brevispina - Schichten von einem
Punkte in der Nähe des Amelser Weges bis oberhalb des
„Rlefs.“ Auch auf der westlichen Seite des Amelser Weges
scheinen die Am. brevispina-Schichten theilweise von jüngeren
Schichten und zwar unter nicht ganz normalen Verhältnissen
bedeckt zu sein. Ich habe deshalb bei der Beschreibung
der vorigen Etage zwei Aufschlusspunkte zu beiden Seiten der
betreffenden Stelle hervorgehoben, wo es unzweifelhaft ist, dass
nur die Schichten des Am. brevispina vertreten sind. Endlich
befindet sich am Abbange südlich von den Linden eine 25 Meter
mächtige Geröllschicht von sehr eisenschüssigem Oolith mit
vielen Gastropoden, die unzweifelhaft zu dieser Etage gehört.
Schichten des Am. spinatus.
Paläontologische Einschlüsse:
Belemnites clavatus MiıLL.
Ammonites spinatus BRUG.
Turbo paludinaeformis SCHÜB.
Gesteinsbeschaffenheit. Unter ganz eigenthum-
lichen Verhältnissen, wie es scheint genau an der Grenze
20°
zwischen Keuper und Muschelkalk, treten . ‘m. spinatus-Schichten
bei Luthorst auf, und zwar sind dieselben an beiden Bach-
ufern südlich von dem Dorfe aufgeschlossen, wo ich die oben
genannten Petrefacten in dem weichen, grauen Schieferthoa
fand. Der Erhaltungszustand der Fossilien stimmt genau mit
dem bekannten Vorkommen bei Nordheim. Auch nördlich von
dem Dorfe kommen ähnliche Thone, jedoch ohne Versteinerungen,
vor. Von Interesse durfte die Angabe des Steigers Hase in
Markoldendorf sein, dass er vor einer Reihe von Jahren einen
ammonitenreichen Eisenstein an einer in der Mitte zwischen
Luthorst und Hünnesruck gelegenen Stelle gewonnen habe.*)
Grenzen hier zu ziehen, war nicht möglich, da ausser am Bach-
ufer Alles bedeckt ist. Ich habe deshalb auf der Karte die
angegebenen Punkte durch eine Linie verbunden.
Hiermit schliesst die Reihenfolge der Liasschichten bei
Markoldendorf, und es folgt nun eine Uebersicht sammtlicher
aus der Mulde bekannten Versteinerungen mit Angabe der Ab-
bildungen und Beschreibungen, nach denen bestimmt wurde.
Arten, denen kein solches Citat folgt, sind im Folgenden näher
besprochen.
Das bei Gelegenheit dieser Arbeit gesammelte Material
ist in der Universitätssammlung zu Göttingen niedergelegt.
*) Auf der Rormer’schen Karte ist dieser Punkt als eine Fundstelle
für Versteinerungen bezeichnet.
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1. ? Equisetum Gümbeli ScCHENK Sp.
15867. Calamites Gümbeli Scuenk. Flora d. Grenzschichten, S. 10. t. 1.
f. 8-10.
1869, Equisetum Gümbelı Scawmeer. Traite de Pal. veg. S. 269. No. 28.
Der Stengel gegliedert, erhaben gerippt. Die Rippen
1 Mm. breit, einfach. Die bedeutende Grösse unterscheidet
diese Species von E. Gümbeli, sonst stimmt sie sehr gut mit
den Abbildungen bei ScHERSK.
Mit dieser kommt eine ungerippte Form vor, deren Ober-
fläche mit markirten Linien bedeckt ist, die sehr häufig ana-
stomosiren.
In den Psilonotenschichten bei Deitersen sehr häufig, je-
doch immer schlecht erhalten.
4. Foraminiferen.
In den eisenreichen Schichten, mit welchen die Zone
des Am. brevispina nach oben schliesst, kommt eine sehr reich-
haltige Foraminiferenfauna vor. Der beste Fundort ist am
östlichen Ende des Steinbergs.
5. Montlivaltia liasina nov. sp.
Taf. IX, Fig. 1. Ansicht von aussen nach einem Abdrucke in Thon,
— Fig. 1a. Ansicht eines Abdruckes des Kelchinneren von der Seite.
_ Fig. 1b. Dasselbe von unten.
— Fig. 1e. Natürliche Grösse.
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Polypenstock becherförmig, höher als breit, mit flacher
Basis festgewachsen. Epithek dünn, stark quergerunzelt, bis
an den Kelchrand reichend. Kelch kreisrund, sehr tief, Kelch-
wand und Septen dünn. Letztere haben eine glatte Oberfläche.
Septalrand nicht zu beobachten. 21 starke Septen wechseln
mit eben so vielen rudimentären ab, scheinen jedoch nach
der Grundzahl 6 geordnet zu sein, und zwar nach dem oben
angeführten Schema. In einem Systeme und in der Hälfte des.
Nachbarsystems sind die Septen, die zum dritten Oyelus gehören,
rudimentär, die des vierten Cyclus fehlen. Die ersten 6 Septen
sind gleich gross und reichen bis zum Mittelpunkte des Kelches.
Die des zweiten Cyclus sind nur wenig kleiner. Im dritten
Cyclus sind die 9 ausgebildeten Septen etwa halb so gross
als die vorigen, die 3 rudimentären Septen, die zu diesem
Cyclus gehören, sind etwas stärker als die übrigen 18. In der
Abbildung Taf. IX. Fig. 1b. sind die drei abgebrochenen Spitzen
(unten rechts) von Septen erster Ordnung begrenzt, und in diesem
Systeme ist das linke Septum des dritten Cyclus rudimentär.
Das nächste Septum links, das zur Mitte reicht, ist das nächste
Septum erster Ordnung, und in diesem Septem ist Alles rudi-
mentär. Die anderen vier Systeme zeigen 3 Cyclen regelmässig
entwickelt. |
Das einzige Exemplar ist ein scharfer Abdruck von der
Aussen- und Innenseite aus den Schichten des Am. centaurus
am Steinberge.
ll. Pentacrinus punctiferus QUENST.
1852. Pentacrinus punctiferus. Hand. Petref. t: 92. f. 41-2.
Ich folge SCHLÖNBACH und ceitire Pentacrinus basaltiformis
und Pentacrinus nudus ScHLön. (= basaltiformis nudus QUER.)
aus den Schichten des Am. brevispina. Dieselben werden in-
dessen nie halb so gross, sind jedoch bei dieser Grösse dicker
als die typischen Formen aus den Amaltheenthonen.
Weit häufiger ist eine Form mit gerundeten Kanten und
einer medianen Knotenreihe, die sich meistens zu einer form-
lichen Leiste entwickelt und ununterbrochen rings um das
Säulenglied geht.
In den Am. Jamesoni-Schichten am Steinberge sehr häufig,
bei dem Pinkler selten.
In den Am. centaurus-Schichten am Steinberge selten.
12. Cidarites numismalis Ope.
Cidarites numismalis Oppeı. S. 127.
Die etwa 50 Mm. langen und 13 Mm. dicken Stacheln sind
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sehr fein und regelmässig gestreift. Die Knoten sind in
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# Reihen geordnet und nicht so gedrängt wie bei C, amalthei
- -QUENST.
8: In den Am. brevispina-Schichten am Steinberge selten.
Brachiopoda.
13. Terebratula (Waldheimia) cor Van. in Lam.
1S50. Terebratula ans B’ORE, Prod. 7.197:
- 1856. Ter. conf. numismalis Orr., Juraform. S. 107. No, 117.
1567. Ter. (Wald.) cor Desı., Pal, fran. Brach. t. 10. 11.
Die einzige Terebratula aus dem unteren Lias dieser
Gegend. ° |
Selten in den Schichten des Am. bifer in dem Oolith sud-
lich von Vardeilsen.
14. Terebratula (Waldheimia) Waterhousei Dav.
‚1851. Terebratula Waterhousei Dav., Mon. II. t. 3. fig. 12. 13.
1867. Ter. Waterh. Desı., Pal. fran. Brach. t. 21. fig. 1—0.
=
In der Fortsetzung der ,‚Pal&ontologie frangaise‘“ fuhrt
DESLONGCcHANPsS an, dass das innere Gerust von 7. Waterhousei
unbekannt sei. In einem mir vorliegenden Exemplar ist das-
selbe, von Kalkspath-Krystallen bekleidet, gut erhalten und gleicht
den Abbildungen von 7. cornuta bei Davınson und DEsLonG-
CHAMPsS vollkommen.
Häufig und gut erhalten in den Schichten des Am. brevis-
pina am Steinberge.
20. Terebratula (Epithyris) subovoides Rom.
4880. Terebratula subovoides Roru., Ooth. Geb. t. 2. fig. 9.
1847, Ter. lampas v’Ore., Prodr. 7. 231.
1853. Ter. subovordes Opr., Mittl. Lias. t. 4. fig. 1.
1856. Ter. subov. Juraform. S. 186. 115.
1856. Ter. numismalis lagenalis Qusn, Jura. S. 149. t. 18. fig. 34.
1863. Ter. resupinata (non Sow.) Quex, Loc. eit. t. 22. fig. 22. 23,
1863. Ter. punctata (pars) Scauön., Le. eit. S. 549.
1867. Ter. subovoides Dest, Pal. fran. Brach. t. 37. 4—9. t. 38.
Durch Untersuchung des Roemer’schen Original-Exemplars
von T. subovoides kam SCHLÖNBACH zu der Ueberzeugung, dass
diese Art von T. punctata Sow. nicht verschieden sei.
Durch die neueren Untersuchungen von DESLONGCHAMPS hat es
sich indessen herausgestellt, dass 7. subovoides Roem., obgleich
316
äusserlich der T. punctata Sow. sehr ähnlich, jedoch in ihrem.
inneren Bau so sehr von dieser Art abweicht, dass sie zum
Typus einer besonderen Abtheilung der Gattung gemacht wer-
den muss. Das beste Unterscheidungsmerkmal ist das fast
gänzliche Fehlen des Septums in der Dorsalklappe im Gegen-
satz zu T. punctata Sow., wo dasselbe stark entwickelt ist.
Häufig an allen angeführten Aufschlusspunkten früher in den
nach ihr benannten Schichten, besonders in dem grossen Stein-
bruche am Kleeberge.
25. Rhychonella ranina Susss.
1861, Rhynchonella ranina Suess. Wien. Sitz. Ber. S. 549.
1862. Rhynch. ranina Opp., Zeit. d. d. geol. Ges. 13. S. 536.
1869. Terebratula oxynoti Quen., Brach. t. 37. fig. 66.
Breite 12 Mm., Höhe 10, Dicke 6.
Die grosse Klappe nur wenig, die kleine mässig gewölbt..
Schnabel spitz, ziemlich stark hervorragend, nicht übergebogen.
Zu beiden Seiten des Sinus 3—4 Falten. Etwas unter der
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Mitte biegt sich die grosse Klappe beinahe rechtwinklig zu
einem breiten tiefen Sinus, welchem ein auffallend kurzer,
aber scharf abgesetzter Wulst correspondirt. Wulst und Sinus
haben 4 Falten.
Diese Art stimmt ziemlich genau mit den oben eitirten
Abbildungen überein, kommt aber in den 4m. geometricus-
Schichten am westlichen Abhange des Steinberges vor.
28. Rhynchonella conf. furcillata Turon.
Taf. IX. Fig. 2. Ansicht von vorn, etwas vergrössert.
— Fig. 2a. Dasselbe von der Seite,
— Fig. 2b. Ansicht eines zweiten Exemplars in natürlicher Grösse.
Länge 12: Mm., Breite 14, Dicke 11.
Schnabel spitz und übergebogen. Die Dorsalschale wächst
sehr in die Höhe, und der Wulst knickt sich an der höchsten
Stelle rechtwinklig um, um zur Stirn hinabzusinken. Hierdurch
wird ein breites dreieckiges Feld gebildet, das ganz flach bleibt
und der Muschel das Ansehen giebt, als wäre sie unten mit
einem Messer abgeschnitten. Die Form gewinnt dadurch
Aehnlichkeit mit Rh. acuta Sow., dass der Wulst von der
Wirbelgegend an bis in der Mitte der Schale einfaltig bleibt,
dann gabelt er sich, und die zwei Rippen laufen, durch eine
f
317
flache Furche getrennt, bloss zu dem Punkte, wo der Wulst
sich nach dem Stirnrande biegt. Dieser Gabelung entprechend
stellt sich erst in der Mitte des Sinus eine Rippe ein. Selten
in den Ter. subovoides-Schichten an dem Fahrwege nordöstlich
von dem „‚Klef.‘‘
37. Crania liasina nov. Sp.
Taf. IX. Fig. 3. Ansicht der Dorsalschale, vergrössert.
Länge 6—8 Mm., Breite 4—51.
Dorsalschale von tetragonalem Umriss mit gerundeten
Ecken. Spitze subcentral. Oberfläche mit feinen Wärzchen
bedeckt, die sich zu radialen und concentrischen Rippen ord-
nen. Letztere werden nach dem Rande zu markirter. An
einigen Exemplaren werden die vier nach den Ecken aus-
strahlenden Rippen etwas stärker als die anderen. Ventrale
Schale nur in einem schlecht erhaltenen Exemplare bekannt.
Fünf gute und mehrere schlechte Exemplare der Dorsalschale
sind auf einem. grossen Am. armatus aus dem „Klef“ am
Steinberge gefunden.
88. Ostrea sublamellosa Dunk.
1846. Ostrea sublamellosa Dun«., Pal. 1. t. 6. fig. 27— 30.
Die Auster der Psilonotenschichten, verglichen mit Exem-
plaren von O. sublamellosa aus den 4Am.- angulatus - Schichten
von Halberstadt, weicht von dieser in mehreren Charakteren
ab. Sie ist über zweimal so gross (Länge 50— 60 Mm.) und
ist mehr regelmässig eiförmig mit lang ausgezogenem Wirbel.
Diese Varietät ist sehr häufig in den Psilonotenschichten bei
Deitersen. Eine mit dem Halberstädter Vorkommnisse genau
übereinstimmnnde Form ist selten in den Am. angulatus-Schich-
ten bei Markoldendorf, hingegen ziemlich häufig bei Göttingen.
39. Ostrea arietis QUeEn.
1852. Ostrea arietis Quen., Handb, S. 498.
1563. ©. arietis Scuuön., 1. cit. 8. 545.
In dem weissen Mergelschiefer am Bntterberg kommt sehr
häufig eine kleine, am Rand gefaltete Auster vor, die am besten
mit der Abbildung bei GoLpruss t. 72. fig. 7. (O. semiplicata
Moüssr.) übereinstimmt. Dieselbe wird nie so gross und regel-
Zeits. d,D, geol. Ges. XX1]. 2. 31
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mässig gefaltet als O. arietis, Jura t. 10. fig. 10. ScHLönBAcH
vereinigt unter dem Qurnstepr’sche Namen mehrere, unter
verschiedenen Namen beschriebene ÖOstreen und besonders
die bei Calefeld im Eisenstein vorkommende Form, mit welcher
die hier besprochene wohl identisch ist.
In den Schichten des Am. brevispina sehr häufig.
49. Pecten Lohbergensis nov. sp.
Taf, IX, Fig. 4. Ansicht der linken Schale von aussen.
— Fig. 4a. Ein Stück von derselben, vergrössert.
— Fig. 4b. Beide Schalen von innen.
Sämmtliche Figuren gehören einem Exemplar an und sind
nach sehr scharfen Abdrücken gemacht.
Linke Schale kreisrund, ziemlich hoch gewölbt, ungerippt
mit stark hervortretendem Wirbel. Von der kleinen dreieckigen,
unter dem Wirbel verborgenen Ligamentgrube gehen zwei
Furchen nach vorn und hinten aus. Noch vorn erreichen sie
nicht ganz den Vorderrand des Ohres. Auf dem scharfen
Ahdrucke des Innern kann man schwache breite, concentrische
Furchen durch ihre dunklere Farbe wahrnehmen.
Rechte Schale sehr wenig gewölbt mit einem breiten
Byssuseinschnitt, unter welchem Spuren von 2—8 Zähnen zu
sehen sind. Auf dem Byssusohr geht schräg nach unten eine
löffelförmige Furche, die durch eine flache Leiste getheilt wird.
Die senkrechten Ligamentgruben werden am Byssuschr all-
mälig breiter (noch breiter als in der Abbildung angegeben)
und sind im Grunde horizontal gestreift.
Die Ligamentfurchen beider Schalen passen genau zu
einander. Das vordere Ohr der linken Schale ist also etwas
weiter nach vorn verlängert als das Byssusohr. Die Ober-
fläche der Schalen ist mit concentrischen Reihen von tiefen,
wie von einer Stecknadel gemachten Pünktchen bedeckt, die
auf dem Wirbel nur mit Hülfe der Lupe zu sehen sind, nach
unten aber bald grösser werden. Zwischen diesen Reihen
laufen feine Zuwachsstreifen und beide gehen gedrängt über
die Ohren weg.
Unterscheidet sich von Pecten Hehli n’OrB. durch seine
punktirte Oberfläche, durch die tiefe Furche auf dem Byssus-
ohr und die stark gewölbte linke Schale. Bei Pecten Hehli
ist der Byssusausschnitt tief und schmal.
319
Bei Pecten lens sind beide Schalen gleichmässig flach ge-
wölbt und die Punktreiben radial geordnet.
Nicht häufig in Bank 6) am Amelser Wege, Schichten
des Am. bifer.
54. Pecten sp. indet.
In den Psilonotenschichten bei Deitersen kommen kleine
runde, stark gewölbte Schalen vor, die einen Durchmesser von
5 Mm. nie erreichen. Zwischen je 2 Hauptrippen stellen sich
2—3 Nebenrippen ein. Durch einen gedrängten Zuwachsstreifen
sind erstere stark geschuppt, letztere bloss durchschnitten.
55. Lima nov. sp. conf. punctata Sow.
Länge 17 Mm., Höhe 13 Mm., Dicke 5 Mm.
Die vorderen und hinteren Theile der Schale sind ausge-
zeichnet punktirt nach Art der Lima punctata. In der Nähe
des Aussenrandes eine zarte Zuwachsstreifung. Unterscheidet
sich von Lima punctata dadurch, dass, statt fast kreisrund zu
sein und einen Schlosswinkel von etwa 90° zu haben, die
Schale sich schräg nach unten und vorn erstreckt und einen
sehr stumpfen Schlosswinkel besitzt. Selten in der Bank 6)
der Schichten des Am. bifer am Lohberg,
52. Lima punctata Sow.
In den Schichten des Am. brevispina am Steinberg habe
ich mehrere Exemplare von einer Lima gefunden, die ich für
identisch mit Lima punctata aus dem untersten Lias halten zu
müssen glaube. Sie unterscheidet sich jedoch von der Art des
untersten Lias durch etwas stärkere Punktirung am vorderen
und hinteren Theile, besitzt auch ein grösseres vorderes Feld-
chen. Eigenthümlich ist, dass Lima punctata im ganzen unteren.
Lias oberhalb der Schichten des Am. angulatus vermisst wird.
Exemplare aus dem mittleren Lias von Rottorf am Klei, die
mit der hier besprochenen Form genau übereinstimmen und aus
demselben Niveau stammen, liegen in der Sammlung zu Göt-
tingen unter dem Sammlungsuamen Lima punctatissima (U.
SCHLÖNBACH). :
21"
320
62. Gervillia olifex Quen.
Gervillia olhfex Quen., Jura. t. 11. fig. 4—9.
Ein nicht ganz vollständiges Exemplar von einer lang-
gestreckten Gervillia hat sich in demselben Stücke mit dem
oben beschriebenen Pecten n. sp. gefunden. Dasselbe stimmt
sehr gut mit den Abbildungen bei QuEnstEpT überein, ist aber
etwas grösser. Die von dem Wirbel nach hinten sich hin-
ziehende Kante ist auf der linken Schale schärfer ausgeprägt
als in den Abbildungen, und das hintere Feldchen ist an dieser
Schale concav. Rechte Schale flach und regelmässig gewölbt.
Schichten des Am. bifer, selten.
64. Perna Pellati DunmorTiEr.
1869. Perna Pellati Dum., Etudes pal. S. 69. pl. 18. £. 2.
Ein Bruchstück von dem Schlosse einer grossen Perna
hat sich in den Schichten des Am. bifer bei dem Klapper-
thurme gefunden. Dasselbe stimmt gut mit der Abbildung bei
DUMORTIER.
61. Avicula oxynmoti Quen.
1858. Avicula oxynoti Quen., Jura, S. 109. t. 13. f. 29.
Rechte Seite fast flach, linke sanft gewölbt. Innenseite
glatt. Auf der Aussenseite 3 schneidendscharfe, hohe, concen-
trische Rippen, die in gleicher Entfernung von einander stehen.
Steinkerne stimmen genau mit der Abbildung bei QUENSTEDT
überein, in Knollen mit A. planicosta am Nordabhange des
Lohberges. >
68. Modiola sp.
Elliptisch, wenig verlängert, sehr stark gewölbt. Schloss-
rand das Drittheil der Länge einnehmend, in sanftem Bogen
in den Hinterrand verlaufend. Vorderrand stark eingebogen.
Oberfläche stark concentrisch gerunzelt.
Länge 12 Mm., Breite 8.
Unterscheidet sich von M. ozxynoti QuEn., die auch hier
ausgezeichnet vorkommt und zwar in demselben Niveau wie
in Süddeutschland, durch die starke Runzelung und den kürzeren
Schlossrand. Letzterer macht mit der Längsrichtung der
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321
Schale einen viel grösseren Winkel, als es bei M. oxynoti der
Fall ist. Ferner ist der Wirbel spitzer und weiter nach vorn
gelegen und der Vorsprung vor demselben kleiner als bei
letzterer Art. In der Sandsteinbank 8) am Loh- und Kleeberge.
Schichten des Am. planicosta, selten.
68. Myoconcha Jauberti DuMmorTIER.
1869. Myoconcha Jauberti Dum., Etudes pal. S. 282. pl. 34, f. 12.
Länge 40 Mm., Breite 23, Dicke 20.
Eine fast cylindrische Modiola-ähnliche Gestalt. Wirbel
ganz vorn liegend, eingebogen, unter demselben ein langer,
schräg stehender Zahn. Ligamentleiste lang, etwas gebogen.
Vorderer Muskeleindruck unter dem Wirbel herzförmig und
sehr tief. Hinterer nicht deutlich zu beobachten, scheint aber
aus zwei kleineren Abdrüucken zu bestehen und liegt hinter
dem Wirbel, nahe an die Ligamentleiste gerückt.
Eine rohe concentrische Runzelung und feine schwache,
von dem Wirbel ausstrahlende Rippen sind an dem Steinkerne
zu beobachten.
Steinberg, Schichten des Am. brevispina, selten.
13. Leda Renevieri Opr.
1856. Leda Renevieri Opr., Juraform. Seite 95. No. 69.
Höhe 6: Mm., Länge 20 Mm. (Vordere Verlängerung
nicht ganz erhalten. )
Hinten oval, vorn stark verlängert. Wirbel eingebogen,
schwach nach vorn geneigt. Von denselben ziehen sich auf
beiden Schalen nach vorn sehr scharf ausgeprägte Kanten, die
ein vertieftes, vorderes Feldchen begrenzen. Ihre Schale ist
ziemlich dick und mit mässig starken concentrischen Linien
geziert, die nach vorn der Kante fast parallel laufen, endlich
rechtwinklig über dieselben weggeheu und auf dem Feldchen
zurück nach dem Wirbel zu laufen. Unterhalb der Kante be-
findet sich auf der Schale eine sanfte Querrunzelung.
Diese Art ist von Leda Romani Orr. aus den Am. plani-
costa-Schichten sehr wohl zu unterscheiden. Letztere ist etwa
zweimal so gross, viel flacher und hat sehr feine Zuwachs-
streifen. Die vordere Kante ist weniger ausgeprägt und das
Feldchen dachförmig hervorragend, statt wie bei Leda Rene-
vieri concav ZU sein.
322
Ich brauche den Orpzr’schen Namen, obgleich er ohne
Beschreibung steht und sich auf eine Form bezieht, die „aus-
schliesslich den Sichten des Am. angulatus angehört,“ da die
hier besprochene Art viel besser mit der Form der unteren
Schichten übereinstimmt, als mit der der Am. planicosta-
Schichten.
Zwei Exemplare mit erhaltener Schale sind in der Wohn-
kammer eines grossen Am. geometricus bei Wellersen gefunden.
Brut von dieser Art mit Schale und Steinkernen sind nicht
selten in den Geoden an einer Stelle oben auf dem Aulsberge;
bei diesen fehlt aber der lange Schnabel.
83. Protocardia oxynoti QUEN. sp.
1858. Protocardia oxynoti Quen., Jura S. 110. t. 13. f. 48
Gleichklappig, rundlich, sehr hoch gewolbt. |
Länge 3—10 Mm., Breite 22—9. Die Wirbel liegen in
der Mitte, sind eingebogen und schwach nach vorn geneigt.
Kante sehr schwach oder nicht vorhanden. 12 —14 Radial-
rippen, die hintere Hälfte derselben sehr fein. Hinten und
vorn ein querstehender, etwas leistenförmiger Seitenzahn, wie
bei Protocardia Ewaldi Born. sp. Von tiefer liegenden Species
leicht zu unterscheiden durch ihre sehr starke Wölbung und
fast kreisrunde Gestalt. In der Oolithenschicht bei Vardeilsen
ist die Art selten, erreicht aber eine Grösse von 8— 10 Mm.
In der Schicht 6) häufig, aber klein. Schichten des Am. bifer.
84. Cardium sp.
Conf. Quen., Jura. t. 5. f. 14. (13a. b.)
QuEnstepr bildet ein kleines Oardium aus dem Vaihinger
Nest ab, ohne es zu benennen, vergleicht es aber mit Cardium
multicostatum PhiLL., (= Isocardia cingulata GoLDF.) aus
dem mittleren Lias. Exemplare aus den Am. angulatus-Schichten
des Götzenberges bei Göttingen stimmen genau mit seinen
Abbildungen überein. Selten. i
323
91. Pleuromya liasina SCHÜB. Sp.
1830. Unio liasinus Zıer. t. 61, f. 2.
1850. Panopaea liasina »’Ors., Prodr. 7. 72,
1856. Pan. liasina Opr., Juraform. S. 93. 56.
1858. Myaeites liasinus Quen., Jura, t. 10. f. 3. 4.
In jeder festen Bank des unteren Lias oberhalb der
Psilonotenschichten kommen selten Exemplare von Pleuromya
vor, die eine Länge von 90 Mm. erreichen. Ich halte Pl.
Galathea Acass. aus den m. angulatus-Schichten bei Göttingen
und Pl. oxynoti Quaxs. sp. aus den Am. bifer-Schichten für
selbstständige Species. Alle anderen sind unter dem Namen
Pl. liasina angeführt.
Schichten des Am. angulatus bis an die untere Grenze des
mittleren Lias. i
114. Turbo sp. indet.
Eine etwa 4 Mm. lange Form, die in ihren Umrissen der
Abbildung bei Quessteot, Jura. t. 19. f. 27. gleicht. Die
Windungen sind bauchig gewölbt, und über die ganze Ober-
fläche verläuft, von oben nach unten etwas nach hinten, eine
mikroskopisch feine, regelmässige Streifung; auch eine feine
Spiralstreifung, von der man mit blossem Auge kaum eine
Spur sieht, wird mit der Lupe bemerkbar.
Am Aulsberge und am Bachufer zwischen Deitersen und
= Markoldendorf,
Schichten des 4m. geometricus selten.
99. Phasianella conf. cerithiifor mis PIETTE.
Bull. Soc, geol, II. Tom. 13. S. 204. f. 11. 11a.
Kleine, etwa 4 Mm. lange, mit den oben eitirten Abbil-
dungen genau übereinstimmende Formen sind sehr häufig in
den Schichten des Am. bifer am Lohberg und bei dem Klapper-
thurme und kommen auch tiefer in dem Oolith bei Vardeilsen vor.
Mit dieser Art kommt eine Reihe kleiner Gastropoden
vor, von welchen man bloss Abdrucke und Steinkerne findet.
Es sind unter anderen ein kleiner Turbo, der Paludina Kraus-
siana Dunk. aus den Am. angulatus-Schichten von Halberstadt
ähnlich, #cteonina Dewalquei Orr, und sehr häufig in der
ganzen oberen Hälfte des unteren Lias ein glattes Dentalium
324
(Länge 20 Mm., Dicke 1 Mm.), das man unter dem Namen
Dentalium Andleri Opp. Juraform. S. 93. eitiren kann.
101. ? Trochus selectus Cuar. und Dew.
Das einzige mir vorliegende Exemplar dieser schönen Art,
welches aus einem inneren Steinkerne und dem sehr scharfen
ausseren Abdrucke besteht, zeigt grosse Aehnlichkeit mit der
oben citirten Abbildung. Ich konnte mich jedoch von der
Identität beider Arten nicht überzeugen.
Das Exemplar besitzt bei 4—5 Windungen eine she
von 11 Mm.; ;Windungswinkel etwa 55°. Die Windungen
tragen einen scharfen, aus einer Knotenreihe gebildeten Kiel,
sind breit und wenig concav. Die Sculptur der Windungen
besteht aus drei Reihen ziemlich starker, dieht stehender
Knötchen oberhalb des Kiels. Diese Reihen sind unter einander
und von dem Kiel ungefähr gleich weit entfernt. Auf der
letzten Wiudung stellt sich zwischen der zweiten und
dritten Knotenreihe (von unten gezahlt) eine, vierte Reihe sehr
feiner Knötchen ein. Von jedem Knötchen in einer Reihe
gehen zwei Leisten hinauf, ‚die dasselbe mit dem zunächst
daruber stehenden Knötchen verbinden. Auf der stark ge-
wölbten Unterseite stehen 10—12 Knotenreihen, von welchen
die zunachst unter dem Kiele stehenden stärker und weiter von
einander entfernt sind, als die übrigen. Auch geht auf der
Unterseite eine sehr feine Streifung quer über die Knotenreihe
weg.
Am Abhange südlich von dem Klapperthurme. Schichten
mit Terebratula subovoides.
115. Turbo nov. sp.
Das Exemplar hat bei 4 Windungen eine Höhe von 7 Mm.,
eine Breite von 8 Mm. Windungen hoch gewölbt, gerundet.
Auf dem Rücken derselben eine einzige Rippe, die eine Reihe
entfernt von einander stehender Knoten trägt. Auf der Unter-
seite 6 scharfe Rippen ohne Knoten, von welchen die äusserste
hoch vorspringt und sich in der Tiefe der, Na nach oben
fortsetzt.
Auf der ganzen Schalenoberfläche sieht man mit der Lupe
zart gedrängte Zuwachsstreifen. Stark genabelt.
Mit der vorigen Art, selten.
325
116. Turbo heliciformis Zıer.
1832. Turbo heliciformis Zıet, t. 33. f. 3,
1836. Trochus Thetis Goupr., t. 179. £, 10,
1852. Turbo Midas n’Ore., Pal, fran. t, 327. f. 14—16.
1856. T. heliciformis Orr., Juraform. S. 170.
1858. T. hel. Quen., Jura t. 19. f. 23—26.
’
Die starken querstehenden Rippen ein wenig S-förmig,
unten in Knoten endigend, Kante 'hervorstehend gekörnelt.
Auf der Basis 3—4 markirte Linien.
Höhe bei 4 Windungen 7 Mm.
Schichten des Am. centaurus, Steinberg.
Cemoria LEACH.
Die Gattung Cemoria (conf. H. und A. Anaus, The genera
of recent shells und Sowergy, Thesaurus Conch. 1866. vol.
3. S. 207. t. 10. f. 1—16.) vereinigt den unten beschriebenen
trichterförmigen Vorsprung im Inneren der Schale mit dem
schmalen, nach unten geschlossenen Loch von Rimula. In
den Liasformen ist der Vorsprung noch stärker ausgebildet und
mit der offenen Spalte von Emarginula verbunden. Da aber,
wie ich mich in dem Kön. zoologischen Museum zu Berlin
überzeugen konnte, bei allen lebenden Arten der Gattung Ce-
moria das Loch sich als Furche auf der Innenseite und durch .
Eigenthumlichkeiten der Zeichnung auf der Aussenseite nach
unten bis zu dem Rande fortsetzt, meine ich mehr Gewicht auf
das Vorhandensein eines inneren Vorsprungs, als auf das Zu-
sammenwachsen oder Offenbleiben der Spalte legen zu müssen.
95. Cemoria costata nov. sp.
Taf. IX. Fig. 5, Ansicht der Schale in natürlicher Grösse.
— Fig. 5a. Dieselbe vergrössert, etwas von hinten gesehen.
— Fig. 5b. Eine zweite Schale von innen. Rand der Schale und des
Vorsprungs nicht ganz erhalten.
— Fig. 7. Idealer Durchschnitt,
‚Sammtliche Abbildungen nach scharfen Abdrücken in Thon
gezeichnet.
Schale tief napfförmig, mit nach hinten gebogener, wenig
eingerollter Spitze. Mundöffnung oval. 24 starke schneidende
Rippen, zwischen denselben 1—2 sehr feine Nebenrippen.
Die feinen gedrängten Zuwachsstreifen gehen ununterbrochen
326
um die Schale herum. Der schmale Einschnitt am Vorderrand
reicht etwas über die Mitte der Schale hinauf.
Im Inneren der Schale, etwas über dem Punkte, wo dr
Einschnitt aufhört, befindet sich ein starker, halbmondförmiger
Vorsprung, durch welchen ein kegelförmiger, nach unten offener
Raum abgegrenzt wird. Diese Eigenthümlichkeit der Schalen-
bildung scheint dadurch hervorgebracht zu sein, dass die
Furche, die in Semparia die Fortsetzung des Einschnitts auf der
Oberfläche bildet, so tief wird, dass sie in’s Innere der Schale
selbst eindringt und den Vorsprnng bildet, und dass dann auf der
Aussenseite diese Furchevon oben herunter überwachsen wird.
3 Exemplare zeigen die Innen- und 6 die Aussenseite,
Schichten des Am. centaurus. Steinberg.
96. Cemoria punctata nov. Sp.
Taf. IX. Fig. 6. Ansicht in natürlicher Grösse.
== Fig. ba. Dasselbe vergrössert, von der Seite gesehen.
Nach Abdrücken in Thon gezeichnet.
In Gestalt und Grösse der vorigen Art ähnlich, unter-
scheidet sich jedoch leicht dadurch, dass auf der sonst glatten
Schalenoberfläche eirca 14 Reihen tiefer Gruben von der Spitze
ausgehen.
Von der Spitze nach vorn zu beiden Seiten des Einschnitts
laufen flache Kanten. Auf einem Abdrucke von innen beob-
achtet man flache Furchen an der Stelle der Grubenreihen, so-
wie auch den Vorsprung wie bei der vorigeu Art. Es wurden
2 Exemplare von aussen und 2 von innen untersucht.
Schichten des Am. centaurus. Steinberg.
117. bite Johnstoni Sow.
Die grossen flachgedruckten Exemplare bei Deitersen
gleichen ganz dem bekannten Ammonit von Watchet. Man
findet sogar Spuren von Farbenspiel. Bei Amelsen liegen sie
in Kalk, sind seltener und nicht flach gedrückt.
Den Am. laqueolus ScaLön. habe ich hier nicht finden
können.
rg
327
119. Ammonites geometricus Orr. (non Phi.)
1856. Ammonites geomelricus Opr., Juraform. S. 79. 16.
1865. Am. geom. Scuuon., Beitr. Pal. Bd. 13. S. 195. t. 1. (26.) f. 3.
Zu der ausführlichen Beschreibung von SCHLÖNBACH füge
ich einige Messungen hinzu, die ich an einem sehr grossen
Exemplare von Wellersen gemacht habe. Bemerkenswerth ist
die Höhe des Kiels an der ausgewachsenen Schale.
Bei 7 Windungen misst das Exemplar:
Durchmesser 106 Mm.
Höhe des letzten Umgangs 28 Mm.
Dicke desselben 20 Mm.
Höhe des Kiels 5 Mm.
Häufig am Aulsberge bei Wellersen. Selten bei Amelsen
und am Bachufer zwischen Deitersen und Markoldendorf.
122. Ammonites tamariscinus SCHLÖN.
1865. Ammoniles tamarıscinus Scnuön., Beitr. Pal. Bd. 13. S. 159. t. 2.
(77.) 8.1.
Ein grosses Bruchstück (Höhe 78 Mm.) von einer Win-
dung dieser seltenen Species hat sich bei Odagsen in den
Schichten des Am. planicosta gefunden.
Die Schichten des Am. bifer enthalten eine kleine Am-
monitenfauna, in welcher fast alle die Arten vertreten sind,
die QuUENSTEDT unter dem Namen Am. bifer, nudicosta, armatus
densinodus u. Ss. w. zusammenfasst, ohne dass vielleicht eine
einzige Form mit der süddeutschen genau übereinstimmt. Diese
Fauna beginnt in den Geoden in der Öberregion der Thon-
schicht 7), findet ihre Hauptentwickelung in der Bank 6) und
geht in die Thonschicht 5) hinauf bis fast an die Grenze des
mittleren Lias. Nachdem ich wohl über hundert Exemplare
aus dieser Zone gesammelt habe, kann ich mit ziemlicher
Sicherheit folgende fünf Formen von einander getrennt halten.
123. Ammonites bifer nudicosta (QuENST.
Taf. X. Fig. 1. Ansicht von der Seite.
— Fig, 1a. Ansicht von dem Rücken.
1842. Turrilites Coynarti v’Ons., t. 42, f. 4—7.
1858. Am. bifer nudicosta Quenx., Jura. t. 13. f, 14.
Bei 6 Windungen ist der
328
Durchmesser 28 Mm.
Höhe der letzten Windung 5 Mm.
Breite derselben ö5+ Mm.
Rippen auf der fünften Windung: 25.
Erste 3 Windungen glatt, Mundöffnung rundlich viereckig.
Die Rippen beginnen an der Naht schwach und nach hinten
gewendet, treten aber dann allmälig schärfer hervor und gehen
rechtwinklig über die Seite, bis sie nach oben in schneidend
hervorspringenden Kanten auslaufen, die nach hinten gewendet
sind. Diese Kanten sind auf dem Rücken durch Rippen ver-
bunden, die eine regelmässige Biegung nach vorn machen und
sich ein wenig verdicken. Der schneidende Theil der Rippen
liegt nicht, wie es bei den süddeutschen Exemplaren der Fall
ist, in der Mitte der Seite, sondern genau in der Rückenkante.
Bei anderen Exemplaren fehlt der schneidende Vorsprung an
der Ruckenkante, und die Rippen an beiden Seiten treffen in
der Mitte des Rückens in einem Winkel mit der Spitze nach
vorn zusammen. Die bei Ammoniten dieser Familie so häufige
excentrische Missbildung habe ich mehrmals beobachtet. Diese
Art stimmt ziemlich gut mit den Abbildungen und der Beschrei-
bung bei QuENSTEDT, sowie auch mit den Abbildungen von
Turrilites Coynarti D’OrB. überein. ÖOPPpEL ecitirt letztere wohl
mit Unrecht als Synonym für Am. planicosta Sow.
Sehr häufig. Schichten des Am. bifer, überall,
124. Ammonites muticus D ÖRB.
Taf. X, Fig. 2. Ansicht von der Seite.
1S42. Ammonites muticus D’Ors., t. &U.
1846. Am. armatus deusinodus Quen., Ceph. t. 4, f. 18, Jura. t. 19. f. 9.
Rippen auf der fünften Windung 29, auf der achten 22.
Bei 8 Windungen ist der Durchmesser 90 Mm.
Höhe der letzten Windung 18 Mm.
Breite derselben ? | 11 Mm.
In der Jugend kaum von der vorigen Art zu unterscheiden.
Die Mundöffnung ist dann nur wenig höher als breit, die Rippen
einfach, etwas gedrängter als bei der vorigen. Sie treten aber
beim Wachsen immer weiter aus einander und werden dann
auf der Seite schwächer. Auf dem Rücken löst sich Alles in
Streifen auf. Kräftige Stacheln stellen sich sehr früh ein, sind
rund oder zuweilen in der Richtung der Rückenkante etwas in
die Breite gezogen.
i
;
|
Mlenita Be. 6,
329
Bei 5 Windungen besitzen sie einen Durchmesser von 50
—60 Mm. und stimmen ganz genau mit Exemplaren von Am.
armatus densinodus (Jurn., die ich in dem Kön. Museum zu
Berlin zu sehen die Gelegenheit hatte, überein.
Sehr häufig. Schichten des Am. bifer überall.
125. Ammonites Lohbergensis nov. sp.
Taf. X, Fig. 3. Ansicht in natürlicher Grösse.
— Fig. 3a. Dasselbe von dem Rücken,
Bei 6 Windungen Durchmesser 35 Mm.
Höhe des letzten Umgangs 7- Mm.
Breite desselben 9 Mm.
Windungen wenig involut. Mundöffnung breit viereckig,
unten abgerundet. Rippen stärker und nicht so scharf als bei
Am. bifer nudicosta. Sie beginnen gleich an der Naht mit
einer kaum merklichen Wendung nach hinten, tragen an der
Rückenkante stumpfe Knoten und gehen gerade und ohne Ver-
diekung über den flachen Rücken weg. Wird zweimal so gross
als das abgebildete Exemplar. Die geraden Rippen, der breite
flache Rücken, sowie auch der kräftige Habitus unterscheiden
diese Art leicht von allen anderen aus dem unteren Lias.
Das abgebildete Exemplar wurde schon vor Jahren von
Herrn v. SErEBACH am Klapperthurm bei Markoldendorf gefunden
und stammt unzweifelhaft aus der Bank 6), wo ich selbst
mehrere Exemplare gefunden habe.
- Schichten des Am. bifer, selten.
126. (?) Ammonites bifer Quen.
Bei 4 Windungen Durchmesser 10 Mm.
Bei 2 Windungen Höhe des Uebergangs 2 Mm.
ee» A Breite desselben 4 Mm.
Die Exemplare besitzen eine ziemlich starke Involubilität
und eine sehr breite Mundöffnung. Rücken flach gewölbt ohne.
Rippen. Auf der Seite sind die Rippen stark hervortretend,
nicht schneidend. Dieselben endigen nach oben in stumpfen
Knoten. Selten in der Schicht 6) bei dem Klapperthurm und
der Julius-Mühle.
Schichten des Am. bifer.
4 a A a
Y 3 I ud Nahe “
2 ze 33 Be HR,
a nn 1 INT ER
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Br i fı D f .
N
330
127. Ammonites sp. indet.
Höhe einer Windung 6 Mm.
Breite derselben 7 Mm.
Diese Form, die ich nur in einigen Bruchstücken kenne,
besitzt sehr geringe Involubilität. Mundöffnung zwischen den
Rippen oval, höher als breit, durch die Rippen viereckig mit
unten abgerundeten Ecken und breiter als hoch. Oberhalb der
Naht eine breite concave Furche, die fast die Hälfte der Seite
einnimmt; die Rippen sind in derselben schwach, treten aber
dann sogleich auf der Seite oberhalb derselben ausserordentlich
stark hervor und gehen wenig abgerundet und mit schwacher
Biegung nach vorn über den Rücken weg. Gleich oberhalb der
Furche und auf dem Rücken zeigen die Rippen Andeutungen
von Knoten. Man kann diese Form mit _4m. bifer bispinosus
Quen. vergleichen. Sie weicht aber durch die breite Naht-
furche und die Höhe der Rippen von ihm ab. Sehr selten in
Bank 6) am Lohberge.
Schichten des Am. bifer.
129. Ammonites armatus Sow.
Taf. X, Fig. 4. Ein junges Exemplar von der Seite.
— Fig. 4a. Dasselbe von dem Rücken.
1815. Ammonites armatus Sow., Min. con. t. 95.
1544. Am. arm. v’Ons., Pal. fran. t. 78.
1853. Am. arm. Oprer, Mittl. Lias. Schw. t. 1, f. 4.
1858. Am. nodogigas Quen., Jura, t. 14, f. 8.
Durchmesser 400 Mm.
Höhe der letzten Windung 60 Mm.
Breite derselben 45 Mm.
Ich gebe hier Messungen des grössten mir bekannten
Exemplars des 4m. armatus Sow., OPPEL (= nodogigas
QUENSTEDT), welches aus dem Steinmergel in dem „‚Klef“ am
Steinberge stammt. Diese grossen Exemplare sind in den
Schichten der Terebratula subovoides sehr selten; ziemlich häufig
hingegen an jedem Aufschlusspunkte in der Bank 5) am Stein-
berg und südlich von dem Klapperthurm ist ein kleiner Am-
monit, den ich für Brut von 4m. armatus halte. Derselbe
zeigt bei 13 Mm. Durchmesser 4 Windungen und 18 lange
Stacheln auf dem letzten Umgange. Die Mundöffnung ist ab-
gerundet und ein wenig breiter als hoch, Es gehen von den
“2%
ee
#
331
Stacheln aus eine Anzahl schwacher Streifen sowohl über den
Rücken, als hinab nach der Naht.
Etwas verschieden ist nun eine zierliche Form, die ich
Taf. 2, Fig. 4, 4a. abgebildet habe. Hier ist die Mundöffnung
kreisrund, und ausser den feinen Streifen gehen breite Rippen
von den Stacheln hinab nach der Naht. Es sind auf dem ab-
_ gebildeten Stück zu beiden Seiten 5 Stacheln, von denen drei
stumpfe Knoten mit convexer polirter Fläche, zwei lange spitze
Stacheln sind. Mit dem Auftreten der letzten beginnt unzwei-
felhaft die Wohnkammer; denn ein feiner Kiel, zu dessen bei-
den Seiten zwei Furchen liegen, hört an diesem Punkte auf,
und der Verlauf der Streifen ändert sich auch gleichzeitig.
Auf der Windung vor der Wohnkammer nämlich laufen zwischen
je zwei gegenüberstehenden Knoten 9—10 Streifen, von wel-
chen die drei ersteren gerade sind oder eine sanfte Biegung
nach hinten machen, die folgenden biegen sich immer schärfer
nach vorn, bis sie zuletzt die Mitte des Rückens in einem
Punkte treffen, der nur wenig hinter dem vorangehenden
Knotenpaare liest. Es wird so ein schildförmiges Feldchen
gebildet, ausserhalb dessen die Schale glatt bleibt. Auf der
Wohnkammer hingegen laufen nur ein Theil der Streifen
zwischen den Stacheln, die Mehrzahl gehen auf den Seiten
hinab und bedecken so die ganze Oberfläche.
Dieses Exemplar stammt aus Bank 4) in dem ee
Steinbruche am Kleeberge.
Neulich gab DuuorTIEr*) eine Abbildung von Am. armatus,
die genau mit den Formen, die ich als Brut von Am. armatus
beschrieben habe, sowie mit dem von mir abgebildeten Exem-
plare übereinstimmt; zugleich rechnet er die grossen hochmun-
digen Formen, sowie auch die Abbildung OPrrer’s, Mittlere
Jura Schwabens t. 1, f. 4., zu Am. submuticus OPPEL (conf.
auch Quessteor, Jura. S. 124.) Dwmortier führt au, dass
Am. armatus eines der charakteristischsten Fossilien des unter-
sten Lagers des mittleren Lias sei; eine Thatsache, die ich für
die von mir untersuchte Gegend nur bestätigen kann.
*) Etudes pal. s. les Depöis Jur. d. Bassin du Rhöne, III. S. 59.
t. 8, f. 1—2.
332 i
130. Ammonites sp. indet.
Bei 4 Windungen Durchmesser 14 Mm.
Höhe der letzten Windung 44 Mm.
Breite derselben 3 Mm.
Diese Art ist deutlich, aber nicht stark involut. Die Mund-
öffnung ist langlich eiförmig, mit ziemlich breiter Basis. Grösste
Breite unterhalb der Mitte. Die Windungen fallen nach der
Naht zu steil, aber abgerundet ab. Der Rücken ist rund ohne
Andeutung von Kiel oder Furche. Auf der Schalenoberfläche
bemerkt man mit der Lupe dicht stehende, etwas sichelförmige
Streifen ; Steinkerne sind ganz glatt. Diese Form ist mir nur
im Jugendzustande bekannt; dieselbe ist der stete Begleiter
von Am. armatus in der Bank 4), und diese zwei sind die ein-
'zigen Ammoniten, die in den Schichten der Terebratula sub-
ovoides vorkommen.
138. Ammonites conf. submuticus ÖPPEL.
Taf. X. Fig. 5. Ansicht von der Seite (etwas verdrückt).
Mundöffnung sehr hoch. Grösste Breite zwischen den
Knoten. Nach unten verengt sie sich zuerst sehr allmälig,
in der Nähe der Naht etwas schneller. Rücken gekielt. Bei ’
4 Windungen 25 Rippen; dieselben beginnen an der Naht mit
einer Wendung nach hinten, biegen sich aber dann stark nach
vorn und treffen in der Mitte des Rückens in einem stumpfen
Winkel zusammen. Zwischen je 2 Rippen 6—7 feine scharfe
Streifen, die den Rippen genau parallel von der Naht hinauf
über den Rücken laufen. Abdrücke des Inneren sind indessen
ganz glatt. Von dem Rücken gesehen gleicht diese Art dem
Jmmonites Valdani DV’Ors. Es fehlt aber die zweite Knoten-
reihe. Auch sind die Rippen stark gebogen, feiner und zahl-
reicher als bei 4m. Valdani.
An dem Amelser Wege am Steinberge. Schichten des
Am. brevispina. Ein Exemplar bekannt.
139. Ämmonites Lynx D’ORB.
1844. Ammonites Lynz »’Ors., Pal. fran. t. 87, f. 1—4.
Die Formen, die ich unter diesem Namen eitirt habe, stim-
men in ihren Umrissen genau mit den Abbildungen von D’OR-
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333
BIGNY und QUENSTEDT, zeigen aber nur undeutliche Spuren von
dem gekerbten Keil des Am. Lynx, woran die Erhaltung Schuld
sein mag. Die feinen sichelföormigen Rippen, von welchen
_ einige etwas stärker werden als die anderen, kann man deutlich
beobachten.
Am Butterberge und bei dem Pinkler (Schichten des Am.
brevispina) ziemlich häufig.
142. Ammonites Heberti Opr.
1844. Ammonites brevispina v’Ons., Pal. fran. t. 79 (non Sow).
1856. Am. Heberti Opr,, Juraform. S. 158.
Bei 7—6 Windungen Durchmesser 135 Mm.
Höhe der letzten Windung 35 Mm.
Am. brevispina D’ORB. unterscheidet sich von Am. brevi-
spina Sow. dadurch, dass beim Wachsen die Rippen des ersten
sich verflachen und endlich ganz aufhören. Es liegt mir ein
Exemplar mit theilweise erhaltener Wohnkammer vor, das diese
Eigenthüumlichkeit zeig. Da nun auch die sehr verwickelte
Lobenzeichnung genau mit der Abbildung bei D’ORBIGNY über-
einstimmt, ist diese Art wohl mit der französischen identisch.
Auf den inneren Windungen steht die untere Knotenreihe fast
in der Mitte der Seite, also höher als bei Am. brevispina Sow.
Schichten des Am. centaurus (nach der Gesteinsbeschaffenheit
zu urtheilen). Das einzige Exemplar habe ich von den Arbeitern
bekommen.
Erklärung der Tafeln VII—X.
Tafel VII.
Uebersichtskarte derLiasschichten bei Markoldendorf(Maassstab 1: 100000).
Im mittleren Lias sind die Schichten der Terebratula subovoides, des
Am. brevispina und des Am. ceniaurus, im unteren Lias die Schichten
des Am. angulalus und die Psilonotenschichten miteiner Farbe angegeben.
Bafel IX,
Fig. 1. ia. 1b. Montlivaltia liasina nov. sp. ... "Seile
1. von aussen. 1a. Steinkern von unten.
ib, Dasselbe von der Seite,
Schichten des Am. centaurus . »- . . 2 2.0.0.0. 888
Zeits.d.D. geol. Ges. XXL. 2. 22
>
A
22
x
Sn - Cronia, Tiasina mov. ;
4, Binke von aussen.
Suse Ein Stück von ‚derselben vergrössert. ;
Ab. Beide Klappen von innen.
Sch. d. Am. bifen ec
da. öb. Cemoria costata nov. Sp-
5. in natürlicher Grösse. ‚da. vergrössert.
5b. Dasselbe von innen.
Sch. d. Am. centaurus . .
ba. Cemoria punctata nov. sp.
Sch. d. Am. centaurus N
Durchschnitt ‚von Comoria costata (ideal)
“ Tafel X.
ia, Ammonites bifer var. nudicosta Quest.
2 Am. muticus.
Schichten des Am. bifer . . .
3a. Ammonites Lohbergensis nov. sp.
Sch, (d. Am. bifenntäide sah:
Aa. _Ammonites armalus SOwW.
Schichten d. T. subovoides . .
Annie conf. submuticus Or.
Schichten d. Am. brevispina
De he 1 ee ae Sat 2 Lu ee a ee ee
A a en N ER RN ee an ET, »
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335 -
6. Ueber einige Umwandlungen finländischer Feldspathe,
Von Herrn J. Lempere in Dorpat.
Auf zwei geognostischen Sommerreisen in Finland hatte
ich Gelegenheit, den Granit in der Stadt Helsingfors zu unter-
suchen, und zwar den Observatoriumshügel sowie den Felsen,
auf dem die neue russische Kirche erbaut ist. Im Sommer
1868 fand ich an genanuten Stellen Sprengungen vor, durch
welche interessante und zum Theil mir unbekannte Gesteins-
umwandlungen blossgelegt waren. Da indess die chemische
Untersuchung nicht abgeschlossene Resultate ergab, beschloss
ich die Localuntersuchung im folgenden Jahre zu vervollstän-
digen. Leider waren die gesprengten Stellen zum grössten
Theil mit Kehricht und Gesteinstrümmern verschuttet oder, wie
bei der russischen Kirche, mit Rasen belegt worden, und wie
ich vernahm, ist es die Absicht, alle die nackten Felsen unter
einer Vegetationshulle verschwinden zu lassen. Die nachträg-
liche Untersuchung konnte daher zum Theil gar nicht, zum
Theil nur sehr unzulänglich, oft an losen abgesprengten Stucken
ausgeführt werden, und für die chemische Untersuchung ergab
sich noch der besondere Nachtheil, dass nicht immer zur Ana-
lyse ausreichendes Material gewonnen werden konnte. Trotz-
dem beschloss ich, die Arbeit fortzuführen, einerseits, da schon
viele Analysen vorlagen, deren Resultat kein ganz uninter-
essantes war, andererseits, da man nicht annehmen konnte,
alle hier beobachteten Verhältnisse hätten bloss lokale Bedeu-
tung und könnten anderswo nicht näher untersucht oder con-
trolirt werden. Im Gegentheil habe ich ähnliche Verhältnisse
recht oft beobachtet; es scheint aber, dass man ihnen bisher
keine nähere Aufmerksamkeit zugewandt hat. Soweit analy-
tisches Material verschafft werden konnte, sind auch anderwei-
tige Vorkommnisse berücksichtigt.
Die Methode der Analyse anlangend, wurden die Silikate
mit Flusssäure und Schwefelsäure aufgeschlossen, T'honerde
und Eisenoxyd durch essigsaures Ammon in der Siedhitze ge-
22 *
336
fallt, Kalk durch oxalsaures Ammon abgeschieden. Nach Ab-
rauchung der Ammonsalze trennte man die Magnesia von den
Alkalien durch Barytwasser, das Kali vom Natron durch Platin-
chlorid. Bei der Analyse des bloss durch Schwefelsäure zer-
setzten Silikatantheils wurde die abgeschiedene Kieselsäure
dem unzersetzten Ruckstande durch Kochen mit verdunnter
Natronlauge entzogen.
I. Oestlich von der deutschen Kirche, unmittelbar hinter
derselben, besteht der Granit des Observatoriumshugels aus
Quarz, Orthoklas, Oligoklas und rothen eingesprengten Gra-
naten, die bisweilen mit Beibehaltung der Form in Chlorit und
Glimmer umgewandelt werden. Der hellrothe, feinkörnige
Granit enthält stellenweise ader- und nesterartige Einlagerungen,
die eine braunrothe Farbe zeigen und wesentlich aus Quarz
und Oligoklas mit sehr wenig ÖOrthoklas zusammengesetzt
sind. Im Folgenden sollen die Zersetzungsproducte des in den
Einlagerungen vorkommenden Oligoklases untersucht werden.
Völlig unverändert, indessen nur selten sich so vorfindend,
zeigt das Mineral eine beinahe weisse Farbe, die bei der Zer-
setzung durch verschiedene Nuancen von Roth in Rothbraun
übergeht. Dabei nimmt der Glanz stark ab, während die Spal- _
tungsrichtung selbst bei weit vorgeschrittener Umwandlung bei-
behalten wird. Die rothe Färbung erstreckt sich nicht immer
gleichmässig auf einen ganzen Krystall; man beobachtet sehr
oft hell- und dunkelrothe Partien neben einander, ja sogar
völlig unveränderte neben rothbraunen ohne irgend einen Ueber-
gang, ein Beweis, dass selbst bei so kleinen Dimensionen das
Vermögen des Krystalls, Wasser durchzulassen, ein sehr un-
gleiches ist. Bei weiter fortgeschrittener Zersetzung verwan-
delt sich der Oligoklas in eine bröckliche, poröse, rothbraune
oder gelbliche Masse, die noch hier und da Spaltbarkeit und
sehr schwachen Glanz erkennen lässt. |
1) Wenig veränderter Oligoklas, hellroth, etwas quarz-
haltig.*)
*) Kleine Mengen von Quarz in Mineralien wnd krystallinischen Ge-
steinen, die mit der Lupe nicht mehr wahrgenommen werden können,
lassen sich nachweisen, wenn man die zu prüfende Substanz mit einem
geringen Ueberschuss verdünnter Flusssäure übergiesst und bei ca. 40°
zur Trockne verdampft. Nach dem Behandeln des Rückstandes mit
SFR ge Sa A a RE rn Se
?
337
2) und 3) Rothbraune Oligoklase von schwachem Glanz;
. eine mechanische Sonderung des beigemengten Quarzes konnte
nicht bewerkstelligt werden.
4) Rothbrauner Oligoklas; brüchig und stellenweise von
gelblicher thoniger Masse durchsetzt; zeigte oberflächlich hier
und da einen Anflug von silberweissen Glimmerschuppchen,
sowie von einem rothen, in Säulchen krystallisirenden Mine-
ral, von dem später die Rede sein wird. Auch diese Probe
enthielt etwas Quarz.
9) Bröcklicher, blassgelber, matter Oligoklas, von braunrothen
Pünktchen durchsetzt und schwache Spaltungsrichtung zeigend.
1. 0*) 2. ) 3. 0.
E20. 1,12 1,43 1,85
Be 61,53. 323,81 7221 70,75
H :0 2,92 4,44
Si 0° 60,44 32,23 5830 31,18
a0 ..22,12.. 10,30. 23.15... 10578
Fe’ O’ 3,82 1,14 4,09 1,22
Ca © 1,30 0,37 1,65 0,47
KO 2,72 046 252 042
; Na O 614 158 526 1,35
Me O 054 021 059 0,23
100 100
Schwefelsäure und Chlorwasserstoffsäure bleibt ein beträchtlicher Theil
des Quarzes unangegriffen zurück, selbst wenn seine ursprüngliche Menge
sehr gering ist,
*) Sauerstoffgehalt,
a =
2 z
» EB TER: LE BE RAN 2 ei a TFT ER Da RL Kahl Ser ip ehe a wa
Dre ? F 8 x vi $ \r , [a 7 X
VDE a en RE en rd
N Acer I BAR AN Ve a RR FR,
I $ BIETET NE A A EN ee 2
er
RR
338
Das Sauerstoffverhältniss der Thonerde zu den Monoxyden
und zur Kieselsäure ist, wenn die Sauerstoffmenge der Thon- _
erde = 3 gesetzt wird:
ins No, 1. 2. 2 4. d.
für R O 1,01-::0,918: 0,861: 0,762: 0,6887
für Si ‚0? 10,02 9,36 8,676
Bei fortschreitender Zersetzung nehmen die Monoxyde im
Vergleich zur Thonerde ab; letztere leistet also den grössten
Widerstand, und ohne weit von der Wirklichkeit abzuweichen,
wollen wir sie als stabil annehmen und im Folgenden die Men-
gen der Monoxyde in den veränderten Oligoklasen auf gleichen
Thonerdegehalt des unzersetzten Feldspaths No. ] reduciren.
A’ O® CaO KO NaO MgO
1. 0108 2997 800 zen
2. -- 2.03 307° 03 058
No. 3. — 208 IM 9 05
4 a 1,23 2358 50% 08
5) zur 1,49: 2,28 370 0,9
Es ergiebt sich, dass Kalk und Natron fortgeführt, Magne-
sia etwas zugenommen, Kali dagegen unverändert geblieben,
ja eher vermehrt als vermindert ist. BReducirt man uberall die
Natronmenge auf gleichen Kalkgehalt mit No. 1, so gelangt
man zu folgenden Zahlen. Für CaO = 2,97 ist die Natron-
menge
in No. ik; 2. 3. 4. 5.
189=8210,69 9,59 21407 330
Der Kalk ist demnach unverhältnissmässig stärker ausge-
schieden worden als das Natron. Ausserdem lehren die Ana-
Iysen, dass bei fortschreitender Zersetzung constant Wasser
und Eisenoxyd aufgenommen, die Kieselsäure*) dagegen ver-
mindert wird.
”) Nach No. 4 und 5; 2 und 3 lassen wegen des beigemengten,
präformirten Quarzes eine Kieselsäureverminderung nicht erkennen.
339
In einer früheren Arbeit*) von mir sind Analysen von drei
frischen und zersetzten Graniten mitgetheilt, die aus Quarz und
Oligoklas bestehen. Uebereinstimmend mit vorliegender Unter-
suchung ergab sich auch dort, dass unter Aufnahme von Wasser,
Eisenoxyd und Magnesia der Kalk stärker ausgeschieden wird
als das Natron; das Kalı ist vermehrt worden.
Der Zersetzungsprocess des Oligoklases verläuft folgender-
maassen: Kalk, Natron, Kieselsäure werden aus-
geschieden und zwar Kalk unverhältnissmässig
mehr als Natron; Wasser, Eisenoxyd, Magnesia
werden aufgenommen, letztere jedoch in sehr ge-
ringer Menge. Kali widersteht der Zersetzung am
meisten und ist sehr oft vermehrt, sei es durch
direete Addition eines Kalisilikats, sei es, was
wahrscheinlicher ist, durch Austausch gegen Na-
tron oder Kalk.
In einem Kalkbruch bei Ilo, auf der Insel Kimito, **)
kommt eine Ader vor, die aus Quarz und Labrador besteht.
An der Grenze zum Kalkstein ist der Labrador in eine gelb-
liche, mehr oder weniger weiche, thonige Masse umgewandelt.
l. Feinkörniges Gemenge von Quarz und weissem La-
brador.
2. Unzersetzter Labrador aus No. 1].
8. Grenzpartie von No. 1 zum Kalk zu; der Labrador
ist matt und gelblich.
4. Feinkörniges Gemenge von Quarz und Labrador von
einer anderen Stelle der Ader.
d. Unmittelbar dem Kalke anliegende Partie von No. 4;
der Labrador ist in eine gelbliche, weiche Masse umgewandelt.
*) Die Gebirgsarten der Insel Hochland, zweite Abhandlung 1868,
im Archiv für die Naturkunde Liv-, Est- und Kurlands, Serie I, Bd. IV,
S- 881; auch besonders abgedruckt.
#*) Grösste Schäreninsel westlich von Cap Gangend; eine Beschrei-
bung der dortigen Kalklager wird demnächst veröffentlicht werden; da
der Labrador dem Oligoklas nahe steht und seine Zersetzung sich durch-
aus nicht in einem Zusammenhange mit der Bildung des Kalklagers be-
findet, sollen die Analysen schon hier eingerückt werden.
340
ih 2 3. 4.
H 0 07.08 231 ıa
Si,0°. . 1610: 3046, 1159. Ba
Al: 0%. 1980.258. 4 Don a
Fe? O?° 0,45. 097 0,79 0,41 0,86 |
Ca O 4.20 8,00 4,45 4,00 1,69
KO 0,71 1,40 0,63 0,81 1,53
Na O 2,86 6,02 9322. .343 1,28
Ms O 020 ..014 037..2036 0,44
Ca0, CO: 0,75 3.50:.20.01 3,79
99,98 100 100,03 100 99,75.
6. Das Sauerstoffverhältniss im Labrador No. 2 von
RR: 07:3 R0.4S:Q0%= 3::10427.58.
Setzt man den Sauerstoffgehalt der Thonerde und des
Eisenoxyds = 3, so ist die Sauerstoffsumme der Monoxyde
in No. l. 3. 4. 9.
gleich: 1,03 0,90 0,90 0,53.
Uebereinstimmend mit dem Oligoklas nimmt auch bei
der Zersetzung des Labradors das Verhältniss der Monoxyde
zu den Sesquioxyden ab. Wasser und Eisen werden aufge-
nommen, Kalk und Natron ausgeschieden, während Magnesia
und Kali sehr stabil bleiben. Allein das Verhältniss des ausge-
schiedenen Kalks zum fortgeführten Natron ist ein anderes
als beim Oligoklas.
In No. 1 ist das Verhältniss
von CaO : NaO
wie 4.2. 2,86
in No:3 42.211
in No. 4 4,0 : 3,43
in =N0.:5.4,0:23. 11:
Natron ist demnach mehr ausgetreten als Kalk. Diese
Anomalie erklärt sich aber leicht dadurch, dass das athmo-
sphärische Wasser den den Labradorgranit berührenden Kalk-
stein gelöst und sich mit kohlensaurem Kalk beinahe gesättigt
hatte; es konnte daher nicht mehr auf den Kalk im Labrador
eine so energische Wirkung ausüben. Wie die Analyse lehrt,
34l
sind die bei der Zersetzung entstandenen Poren durch kohlen-
sauren Kalk ausgefüllt.
II. Auf dem Gipfel des Observatoriumshugels, östlich von
der Sternwarte, kommen im Granit ähnliche oligoklasreiche
Einlagerungen vor, wie die oben erwähnten. Die Umwandlung
des unveränderten, blassrosa gefärbten Oligoklases beginnt da-
mit, dass die Krystalle von braunrothen, amorphen Pünktchen
durchsetzt werden, wodurch sie ein zerfressenes Aussehen er-
langen. Indem diese Pünktchen sich vergrössern, werden die
Krystalle in ein regelloses Gemenge amorpher Massen und
glänzender Kıystallfragmente verwandelt, welche letztere bei
fortschreitender Zersetzung immer mehr zurücktreten, aber noch
sehr lange starken Glanz, ja Zwillingsstreifung erkennen lassen.
In anderen Fällen beginnt die Umwandlung damit, dass die
Krystalle in ihrer ganzen Masse, wenn auch nicht überall in
gleicher Intensität, roth gefärbt werden, die Zwillingsstreifung
nicht mehr erkennen lassen und Fettglanz annehmen. Die
Contouren der Krystalle verschwimmen immer mehr, die braun-
rothen amorphen Partien walten vor, und nur an einem schwa-
chen Schimmer können die weniger veränderten Oligoklase er-
kannt werden.
Das Endprodukt der Umwandlung ist meist braunroth,
aber auch stellenweise gelblichgrün gefärbt; kleine Quarzpünkt-
chen, sowie recht oft Oligoklasfragmente durchsetzen das-
selbe. Seine Härte ist geringer als die des Feldspaths, sein
specifisches Gewicht = 2,627 — 2,591.
Die weniger veränderten Oligoklase (in der Tabelle durch
ein der Nummer beigefüugtes « bezeichnet) sind den stark um-
_ gewandelten (5) aus unmittelbarer Nähe entnommen. Leider
liess sich kein völlig unzersetzter Oligoklas in zur Analyse
ausreichender Menge gewinnen.
la. Hellrother, etwas veränderter Oligoklas.
lb. Braunrothe Masse mit stark glänzenden Oligoklas-
fragmenten; der präformirte Quarz konnte nicht vollständig
entfernt werden.
2a. Oligoklaskrystalle, von rothbraunen Punkten durch-
setzt.
2b. Braunrothe, stellenweise gelblichgrün gefärbte Masse
mit stark glänzenden Oligoklastrümmern.
3a. Etwas rothbraun gefärbte Oligoklaskrystalle.
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RT. Me
+
342
3b. Wie 2b, nur ohne gelblichgrüne Partien.
4a. Stark veränderte, braunrothe Oligoklaskrystalle; zei-
gen Fettglanz.
4b. Braunrothe, stellenweise gelblichgrüne Masse; Oligo-
klasfragmente nur an einem schwachen Schimmer zu erkennen.
da. Rothe Oligoklaskrystalle, stellenweise von rothbraunen
Pünktchen durchsetzt.
5b. Braunrothe Masse mit sehr wenig Oligoklasfrag-
menten.
la. oO bb. is O
HO 1,10 2,41
SiO? 65,82 35,10 71,19
AN2O2 1319; 74: 30i!(9,198} ‚10/67 1,90
EefiiQ® 1,94: :°)) 0,58 160128,5 1° 07,05
630.039 50,1] rn, 00
Ko 2,40% 0,401: Hi9,8 PER 20164
Na0 8,184 62,09 nt. 3,1 Ba
MO 04 019 3,04 1,21
100 100
2a. (0) 2b. Ö
HO 1,50 1,71
: S:.0%,3.62,97.. 1:98: B8.ı. 80.
A120, -.18.04 3,40 Hl |
Fe’O® 2,88 0,86 3.903780 ;
Ca oO 0,77 0,22 2,93.4.90.68
- Ko 6,99 1,18 8,48 1,44
Na © 4,71 221 1;69 0,43
MgO 2,14 0,85 2,84 15, 0085
100 100 r
3a. (6) >b. (6)
HO 1,44 2,48
SO: 6121. 324.4 038 2
10 277,69 ae. e
Pe70°° 3,0] 0,90 4.06 1 4
CaO 0,73 0,20 0,37:5>230)10% e
KO 4,09 0,69 5,9722. 12.08 E
Na 0 7,14 1,84 AT 2
MgO 1,76 0,70 341. 1 $
100 100 &
Ed ar AR Se rat Be a a Bes a a RZ A
a Be re Fe Ela
= 343 .
4a. Ö ‘4b. OÖ c%
HO 2,79 6,40 a
Sio® 61,08 32,57 53,08 28,30
AR O° 15,04 700: 18,4 94,8,78
Fe?O°: 5,60 1,68 4.31-. 1,29
CaO 0,53 0,15 2,54 0,72
KO 8,28 1,40 466 0,79
Na0 2,66 0,68 1,14 0,29
Mg O 4,02 1,60 WIEN 318
100 98.85
IR. Ö ab. (6)
HO 2,16 9,42
SiO° .62,61 33,39 58,99 81,44
Al 0° 19,02 8,86 15,42 7,18
Be 0° 2,39 07 6,23 1,86
CaO 0,78 0,22 0,98 0,27
KO 2,70 0,45 4,59 0,76
NaO at 1,99 1.79 0,45
Ms0O 2,63 1,05 6,692, 2.01
100 100
Im Folgenden sind die Sauerstoffmengen der Sesqui-, der
Mon-Oxyde und der Kieselsäure angegeben.
B20° ..R0 .:...810°
las! 9,77 2,19 39710: 181:50,856 710,77
1.h:::56,95 2,12 =23:=215173
223.7 9,26 8,46 99538. = 3.22.12 ° 10.97
2b : 8,98 3,43 33.92 3. 1.14 211.19
39 3,43 DD 122
ab. 9,90 3,54 33:26, 58: 1,89: 10.84
4a. 8,68 3,88 ENDE EN
4b. 10,02 4,98 283,30: =::3:111549 8,47
58. 1519,57 3,71 33,39 = 18u ı1,16>::710,46
5.6.4 9:08 4,15 3 a el
Es ergiebt sich zunächst, dass bei fortschreitender Um-
_ wandlung die Monoxyde im Verhältniss zu den Sesquioxyden
344
zunehmen. Eisenoxyd und Wasser wird aufgenommen, Natron
gegen Kali und Magnesia*) ausgetauscht. Mit einer Zunahme
von Eisenoxyd ist in der Regel eine Thonerdeverminderung
verbunden, und es fragt sich: ist ihre Menge unverändert ge-
blieben und ihre Verminderung nur eine relative, durch Auf-
nahme anderer Stoffe bedingte, oder hat neben letzterem Vor-
gange auch eine Thonerde-Ausscheidung stattgefunden? Bei so
geringen Schwankungen ist die Frage schwer zu entscheiden,
indess theilt Bıschor einen Versuch **) mit, der eine Verdrän-
gung von Thonerde durch Eisenoxyd wahrscheinlich macht, und
im Folgenden soll ein Umwandlungsproduct des Labradors
dieser Ansicht eine Stütze bieten. Nimmt man vorläufig an,
dass Thonerde durch Eisenoxyd ersetzt sei, so lehrt die Ta-
belle***), in der die Sauerstoffmengen der Basen und Kiesel-
säure zusammengestellt sind, dass der absolute Sauerstoffgehalt
von R’O°, RO und SiOÖ* in den einzelnen Proben ziemlich
gleich ist, und dass das Sauerstoffverhältniss von R’O°:RO
:SiO°” sich weit mehr dem ursprünglichen 3:1:10 nähert,
als wenn man die Thonerde stabil annimmt und für R’ O°
bloss letztere ohne Eisenoxyd in Betracht zieht. Diese Ueber-
einstimmung bedeutet aber, dass das Natron im Oligoklas
durch annähernd äquivalente Mengen Kali und Magnesia
ersetzt sei; die Wahrscheinlichkeit einer Verdrängung der Thon-
erde durch Eisenoxyd wird somit eine grosse, es sei denn,
dass man das Gesetz der äquivalenten Vertretung bei Umwand-
lungsprocessen von Silicaten nicht gelten lassen wollte, eine
Ansicht, die jeder wissenschaftlichen Forschung den Boden
entzieht. Die Tabellen für No. 4a., 4b. und 5b lehren, dass
1
$
|
E
NR Pr we Sn EEE
a Ze N en ER
|
mit einem grösseren Magnesiagehalt auch das Sauerstofiver-
* In die Proben 2b. und 4b. ist auch Kalk eingetreten; in beiden
Fällen lassen sich aber in der braunrothen Masse grün-gelbliche Partien
erkennen. und es dürfte wohl ein Gemenge mehrerer Silicate vorliegen;
vielleicht sind diese Partien ähnlich zusammengesetzt wie ein kalkreiches,
epidotartiges Umwandlungsproduct der Porphyre der Insel Hochland, de-
ren Bildungsweise von mir untersucht ist. Siehe Archiv für Naturkunde
Liv-, Est-, Kurlands, Serie I., Bd. IV., S. 189 u. 352.
**) Lehrbuch der chem. Geologie, 2te Aufl., Bd. I., 84.
*»**) Wenn man ib. von der Betrachtung ausschliesst, da die grosse
Menge beigemengten, praeformirten Quarzes einen Vergleich unstatthaft
macht.
345
hältniss von R’O°: RO sich immer mehr von dem ursprüng-
lichen 3:1 entfernt; man kann demnach annehmen, dass das
Natron durch etwas mehr als die äquivalente Menge Magnesia
ersetzt ist. Diese Voraussetzung hat durchaus nichts Bedenk-
liches, wenn man erwägt, dass die Magnesia die einzige starke
Basis ist, die in der Natur als Oxyd (Periklas), als Hydrat
(Brueit) und als basisches Carbonat (Hydromagnesit, Predazzit)
vorkommt, und dass sie gern basische Silicate (Serpentin) bil-
det, mit anderen Worten, dass sie ein verhältnissmässig gerin-
geres Bestreben besitzt, sich mit&Kohlen- und Kieselsäure zu
sättigen, als andere starke Monoxyde. Nimmt man an, dass
das auf Oligoklas wirkende Wasser eine hydromagnesitartige
oder ähnliche Verbindung gelöst enthielt, so lässt sich gegen
folgende Umsetzung a priori nichts einwenden:
4Mg0,3C0° +4 4HO + 3(Na0,nSi0?)
—=83Na0,C0’ + 4Ms80O, 3nSiO° + 4HO*)
Das Gesetz der äquivalenten Vertretung bleibt gewahrt,
aber es wird scheinbar verdeckt, wenn neben dem basischen
Magnesiacarbonat auch ein neutrales oder saures sich umsetzte,
oder wenn ein Gemenge verschiedener basischer Magnesiacar-
bonate sich mit dem Natronsilicat umsetzte.**)
Das Vorkommen kleiner Quarzpüunktchen in den veränder-
ten Oligoklasen sowie die Analysen No. 4b. und 5b. lehren,
dass Kieselsäure ausgeschieden wird, zugleich zeigt der in allen
Analysen nur wenig schwankende Kieselsäuregehalt, dass die
*) Bıscuor führt an, dass Mg O, 2C0O? sich mit KO, n Si O? um-
setzt. Bd. 1., 78.
=#) Will man ein häufiges Vorkommen basisch kohlensaurer Magnesia
in Gewässern nicht annehmen, so ist die Voraussetzung immer noch
möglich, dass die einfach oder doppelt kohlensaure Magnesia die Alkalien
bald im gleichen, bald im grösseren Aequivalentverhältniss ersetzte. Der
letztere Process, bei deım Kohlensäure frei werden musste, ist der Um-
setzung von halbphosphorsaurem Natron und salpetersaurem Silberoxyd
in 384As0, POS und freie Salpetersäure, sowie der von a PO
mit überschüssigem essigsaurem Eisenoxyd in basisch phosphorsaures
Eisenoxyd und Essigsäure durchaus analog. Wennschon die starke Sal-
peter- und Essigsäure abgeschieden wird, so hat die Annahme eines Koh-
lensäureaustritts viel weniger Bedenkliches, zumal die Magnesia eine
ebenso grosse Neigung hat, basische Verbindungen zu bilden, als die
Phosphorsäure, .
346
abgeschiedene Säure meist an Ort und Stelle als Quarz nieder- i
geschlagen wurde. Der ganze Vorgang ist folgender: treffen
eisen-, kali- und magnesiahaltige Gewässer mit
Oligoklas zusammen, so wird Natron ausgeschie-
den und durch beinahe äquivalente Mengen Kali
und Magnesia ersetzt; Wasser und Eisenoxyd wer-
den aufgenommen, wobei Thonerdeaustritt statt- !
findet, Kieselsäure wird theilweise abgeschieden.
Ill. Im mineralogischen Museum zu Dorpat befindet sich
ein Labrador von Helsingfors, der eine ähnliche Umwandlung
erleidet, wie der eben untersuchte Oligoklas. Das fleischfar-
bige, ein schönes Farbenspiel zeigende Mineral wird von braun-
rothen Pünktchen durchsetzt, durch deren Vermehrung der gan-
zen Masse dieselbe Farbe ertheilt wird. Auch bei weit vorge-
schrittener Umwandlung behält der Labrador die ursprüngliche
Spaltungsrichtung bei und zeigt einen starken Glanz (Glas-
Fettglanz). Iudem die Spaltbarkeit immer mehr abnimmt, ent-
steht eine rothbraun mit einem Stich in’s Grüne gefärbte Masse,
die schwachen Fettglanz zeigt und dem Serpentin sehr ähn-
lich ist. Leider war von diesem Endproduct zu wenig vor-
handen, um analysirt zu werden.
1. Fleischfarbiger Labrador, sehr wenig Quarz enthaltend.
2. Labrador, braunroth gefleckt, in unzersetzten Labrador
allmälig übergehend; zeigt starken Glanz und Zwillingsstreifung
auf den Spaltungsflächen ; unter den braunrothen Partien kom-
men hier und da Stellen vor, die noch in Farben spielen.
3. Rothbrauner Labrador mit starkem Glanz auf den Spal-
tungsflächen ; etwas quarzhaltig.
4. Wie 3.
5. Rothbrauner Labrador mit starkem Glanz und Zwillings-
streifung auf den Spaltflächen; geht in unveränderteu all-
mälig. über.
6. Rothbrauner Labrador; auf den ziemlich gut erhalte-
nen Spaltungsflächen Fettglanz; etwas quarzhaltig.
56. 12 29,92
26, 39.2 .12,99
9,14 2,60
0,92. 0,15
5,43 1,40
0,25 0,01
100
3. (0)
PIEROb. ı: 02,28
SiOo? 56,83 30,29
A1?.0° 19,00 8,89
2081 4,89 1,46
" Qa0ır 2142499 0,85
Kıdiın.8,02 1,35
"NaO 1,86 0,47
100
te
1,59 4,17
58,93 31,42 55,22
79.98 9,10 16,11
an
ee
a
Dar 0A OS
2,46 0,98 7,39**) 2,95
100 =. _
%: ) Etwas manganhaltig.
Manganhaltig.
R?O0°: RO: SiO? |
12,74 : 4,16 : 29,92 :- 3: 0,97 : 7,04
10,97 4,61 29,68 = 3 1,26 8,10
10,31 4,32 30,29 =3 1,95 881
9,51. 3,94 31,15 =3 1,24 9%
10.25.3,71.531 2902 3 108 90
9,43 4,97 29.43 = 3 1,58 9,36.
Puppw-
Bei der Umwandlung sind Eisenoxyd und Wasser aufge-
nommen, Kalk und Natron ausgeschieden, aber durch Magne-
sia und Kali ersetzt worden. Mit einer Zunahme von Eisen-
oxyd ist eine Thonerdeverminderung verbunden. Ist die Thon-
erde stabil geblieben und ihre Verminderung bloss eine
relative? Nimmt man das an, so mussten in den Proben 5),
4), 5) 40 pCt., 60 pCt. und 37 pCt. Substanz aufgenommen
sein, eine Voraussetzung, die mit der gut erhaltenen Spaltungs-
richtung und dem starken Glanz genannter Proben unverein-
bar ist. Da der Kieselsäuregehalt nur wenig variirt, und man
sowohl mit der Lupe sehr wenig Quarz wahrnimmt, der zum
Theil schon praeformirt enthalten ist, als auch beim Behan-
deln mit verdüunnter Flusssäure ein sehr geringer Rückstand
unangegriffen hinterbleibt, so dürfte wohl die Kieselsäure der
stabilste Stoff gewesen sein. Nun lehrt die Tabelle der Sauer-
stoffmengen, dass der Sauerstoffgehalt der Monoxyde und der
Kieselsäure in allen Proben nicht sehr bedeutende Schwankun-
gen zeigt, oder mit anderen Worten, dass die Monoxyde des
Labradors durch beinahe äquivalente Mengen Kali und Magne-
sia ersetzt sind. _ Der äquivalente Ersatz, sowie die grosse
Stabilität der Kieselsaure führen aber nothwendig zur Annahme
einer Thonerdeausscheidung. Durch folgende Betrachtung soll
diese Annahme noch wahrscheinlicher gemacht werden. Geht
man von der Voraussetzung aus, dass das Plus an Wasser
und Eisenoxyd in den veränderten Proben fruher von Thon-
erde eingenommen wurde, und addirt man zu der Thonerde-
menge jeder einzelnen Probe soviel Thonerde hinzu, als der
Wasser- und Eisenoxydüberschuss beträgt, so gelangt man zu
folgenden Ergebnissen. Zieht man die Wasser- und Eisenoxyd-
menge in No. 1.*) von der Wasser- und Eisenmenge in No. 2,
*) Es wurde unterlassen, alle Analysen auf gleichen Kieselsäuregehalt
349
ab, so ist: Fe’ O° (2—1) =: 2,95 pCt., HO (2—1) = 1,74 ptCt.,
die Summe — 4,69; so viel Thonerde wäre ausgetreten und
durch Wasser und Eisenoxyd ersetzt. Addirt man 4,69 pCt.
Thonerde zu 21,22 pCt., so ergiebt sich 25,91 pCt. Ver-
gleicht man die folgenden Analysen in gleicher Weise mit
No. 1., so gelangt man zu nachstehenden Zablen.
N 8-1), 8 DA Ey
Fe? 0° -— En 5.132 Ba 9.95
HO = 17 1:63: »05:2508,630%:7,74
a ai 6,76 02184 773 569
19,00 16,65 19,53 : 16,11 21,22
AR 024,99: 93,41: 193, 702>25548 25,91: .26,89-
Ist es bloss Zufall, dass die so berechnete Thonerdemenge
sich sehr dem Thonerdegehalt in No. 1 nähert, und dass bei
Ersatz des Wasser- und Eisenüuberschusses durch Thonerde
in jeder Probe das Sauerstoffverhältniss vonR’O’:RO:SiO?’
immer weniger von dem normalen 3:1:7 abweicht? Schwer-
lich dürfte man bei so complicirten Processen, wie sie bei der
Umwandlung des Labradors stattgefunden haben, eine grössere
Uebereinstimmung erwarten, und es ist wohl zweifellos, dass
Thonerde ausgetreten und durch Eisenoxyd und Wasser er-
setzt ist. |
Mit welchen von den Monoxyden des unzersetzten Labra-
dors haben sich nun Kali und Magnesia umgesetzt? Nach den
Versuchen Biscaor’s*) können Natron- und Kalksilicate beide
in Magnesia- und Kalisilicate umgewandelt werden. Die Ana-
lysen 4 und 5 thun dar, dass ein Theil des Kalks durch Kali
ersetzt sein muss, da bei der Berechnung der dem Natronde-
fieit**) aquivalenten Menge Kali: eine viel kleinere Zahl er-
halten wird, als der Ueberschuss an Kali in No. 4 und 5. über
0,92 beträgt.
Subtrahirt man die Magnesia- und Kalimenge in No. 1
zu berechnen, da bei so kleinen Schwankungen die durch Reduction er-
zielte grössere Genauigkeit doch nur illusorisch ist,
2) Bd, 8. Ada. 75.
**) Natron von No.1 (5,43) minus Natron von No. 4 (0,95) = 4,48 NaO
äquivalent: 6,80 Kali; Ueberschuss des Kalis in No, 4 über No. 1
= 10,80 — 0,92 = 9,88 Kali.
Zeits.d. D.geol.Ges. XAI1l. 2, 3
350
von dem Gehalt derselben Stoffe in No. 2, so sind
4,16 — 0,25 = 3,91 pCt. Magnesia und 5,81 — 0,92 = 4,89 pCt.
Kali in No. 2 aufgenommen; zieht man die Kalk- und Natron-
menge in No. 2 von dem Procentgehalt derselben Elemente in
No. 1 ab, so sind 5,43 — 2,74 = 2,69 pCt. NaO und
9,14 — 4,46 = 4,68 pCt. CaO aus No.2 ausgetreten. Diese
Stoffe sind nun durch Magnesia und Kali ersetzt worden. Die
4,68 pCt. Kalk äquivalente Magnesiamenge ist 3,34; nach der
Subtraction müssen 3,91 pCt. MgO aufgenommen sein. Die
2,69 pCt. Natron äquivalente Kalimenge ist 4,08; die Sub-
traction ergab 4,89. Die Uebereinstiimmung ist eine sehr
grosse.*) Die Analysen No. 2, 3 und .6 zeigen, dass mit
einem grösseren Magnesiagehalt auch die Sauerstoffmenge der
Monoxyde zunimmt, was auch im vorigen Abschnitt beim Oli-
goklas beobachtet wurde. Die Magnesia dürfte demnach’ etwas
mehr als in äquivalenter Menge des verdrängten Stoffes aufge-
nommen sein.
Eisen-, magnesia- und kalihaltige Gewässer haben den
Labrador in folgender Weise umgewandelt. Thonerde ist
theilweise ausgetreten und durch Eisenoxyd und
Wasser ersetzt, Kieselsäure nur sehr wenig abge-
spalten; Natron und Kalk haben sich beide gegen
Kali und Magnesia ausgetauscht. Durch völligen Aus-
tritt der Thonerde und gänzlichen Austausch der Alkalien und
des Kalkes gegen Magnesia wurde sich Serpentin bilden. Viel-
leicht dass in der oben erwähnten dunnen, Feitglanz zeigenden
Schicht der Umwandlungsprocess in dieser Weise seinen Ab-
schluss gefunden. N
In einer früheren Arbeit“*) von mir ist eine ähnliche Um-
wandlung des Orthoklases untersucht worden. Der Orthoklas
wird in eine braunrothe, amorphe Masse umgewandelt unter
Aufnahme von Wasser und Eisenoxyd, theilweiser Kieselsäure-
ausscheidung, Austritt des grössten Theils der Alkalien und
Ersatz derselben durch Magnesia. Eine ähnlich angestellte
Berechnung ergab, dass auch dort Alkali durch etwas mehr als
die äquivalente Menge Magnesia ersetzt worden.
*) Nimmt man an, dass CaO durch KO, und NaO durch MgO
ersetzt sei, so gelangt man zu völlig-differirenden Zahlen.
**) Gebirgsarten der Insel Hochland, im Archiv für Naturkunde Liv-
Est-, Kurlands, Serie I., Bd, IV., S. 385.
DELL TRA
REN,
f
” 6, r
Eh a Be hä ande a ar en un
351
Fassen wir Alles zusammen, so ergiebt sich, dass magne-
sia-, eisen- und kalihaltiges Wasser alle Feldspathe in folgen-
der Weise umwandelt. Wasser und Eisenoxyd wer-
den aufgenommen, wobei theilweiser Thonerde-
austritt stattfinden kann; immer wird Kieselsäure
ausgeschieden, besonders stark bei den säure-
reichen Feldspathen Orthoklas und Oligoklas.
Alkälien und Kalk werden durch Magnesia, Na-
tron und Kalk durch Kali ersetzt, wobei es scheint,
dass Magnesia in etwas grösserer alsäquivalenter
Menge einen anderen Stoff verdrängt.
Ein vollständig umgewandelter Oligoklas unweit der Probe
5b. im Abschnitt Il., sowie ein umgewandelter Labrador neben
No. 6 wurden mit Schwefelsäure und Salzsäure behandelt, und
die Lösung wie der Ruckstand der Analyse unterworfen.
A. Durch Schwefel- und Salzsäure zerlegbarer Antheil
des umgewandelten Oligoklases.
B. In den Säuren unlöslicher Ruckstand.
C. Veränderter Labrador durch Säuren zerlegt.
D. In Säuren unlöslicher Antheil des Labradors.
A. B. O. C. D. ®.
HO 6,93 3,97
SiO° 26,13 28,39 15,13 14,29 40,56 21,62
Al?O° 12,48 5,23 2,43 3,19 10,59 4,93
Be? 0f..1,5;99 0,20 0,06 6,71 0,21 0,06
CaoO 1,05 0,25 0,30 0,08
KO 1,24 4,09 0,69 0,20 9,51 1,61
NaoO 0,71 0,15 0,03 0,17
Mg O 6,88 8,27
*)R 38,06 ee
98,97 38,06 98,74 61,17
Durch Säuren spalten sich die Umwandlungsproducte bei-
der Feldspathe in ein Eisen -Magnesia- und in ein Thonerde-
Kali-Silicat. In dem unlöslichen Rückstande des Labradors
ist das Sauerstoffverhältniss von R?’O°:RO:SiO? = 3:1,01
:12,99 genau mit dem des Orthoklases übereinstimmend, im
*) In Schwefel- und Chlorwasserstoffsäure unlöslicher Rückstand.
25 *
352
Rückstande des Oligoklases (R’O0°:RO :SiO? - 3:0,86: 18,66)
weicht es nicht viel ab und würde noch mehr übereinstimmen,
wenn man den beigemengten Quarz in Abzug bringen könnte.
Kann man aus den Ergebnissen der Analyse auf die Coexistenz
zweier Silicate schliessen, ist der Oligoklas und Labrador in
ein inniges Gemenge von Eisen-Magnesia-Silicat und Orthoklas
umgewandelt, oder liegen hier nur durch die Säuren bewirkte
Spaltungsproducte eines Silicats vor? Wegen Mangel an Sub-
stanz konnten die weniger veränderten Oligoklase und Labra-
dore in ihrem Verhalten gegen Schwefel- und Salzsäure nicht
untersucht werden. Indess sind derartige Spaltungen auch
anderweitig beobachtet worden, ohne dass ein Gemenge zweier
praeformirter Silikate sich hätte nachweisen lassen. Die
schwarze, dichte Grundmasse des Labradoritporphyrs auf Hoch-
land*) spaltet sich durch Salzsäure in ein lösliches Eisen-
Thonerde-Kalk- und unlösliches Thonerde-Kali-Silicat; im letz-
teren ist das Sauerstofiverhältniss von R’O°:RO = 3:09.
Die unterdevonischen Thone bei Dorpat”*) zerlegen sich durch
Schwefelsäure in ein Al’ O°, Fe? 0°, KO, MgO enthalten-
des Silicat und in einen unlöslichen Ruckstand, in dem Thonerde
und Kali zu annähernd gleichen Aequivalenten vorkommen,
In keinem Falle konnte die gebundene Kieselsäure des Rück-
standes vom beigemengten Quarze getrennt werden, ebenso-
wenig liess sich Orthoklas durch das Mikroskop nachweisen.
Die eben mitgetheilten Umwandlungen des Oligoklases und
Labradors veranlassten mich, eine Reihe experimenteller Un-
tersuchungen vorzunehmen, um so viel wie möglich die Pro-
cesse in der Natur durch den Versuch zu erläutern. Wie schon
erwähnt, stimmen die von BiIscHor in seinem bahnbrechenden
Werke mitgetheilten geologisch-chemischen Experimente mit
den Resultaten der Analyse überein. Die sehr muhevollen
Versuche BıscHor’s sind aber fast alle an künstlichen Silica-
ten und qualitativ angestellt, und ich beschloss daher, den
Austausch der Stoffe durch das Gewicht festzustellen.
Die Bedingungen, unter denen die Natur operirt, sind uns
gänzlich unbekannt, und da die Constitution der chemischen
—
*) 1.c. 8. 342.
**) Von mir analysirt im Archiv f. Naturkunde, Serie I., Bd. IV.,
S. 85.
De
[7 DE a a AT ER Fre Te
Er ui Ah K ER, a le EEE a a Br N
TR AT a Hanke LER A j AX
aan 2
Verbindungen von den Umständen abhängt, unter denen sie
sich bilden, so ist es klar, dass die Ergebnisse derartiger Ver-
suche nicht ohne Weiteres auf natürliche Verhältnisse über-
tragen werden können. Sie thun eben nur dar, dass unter
den und den Bedingungen sich das und das bildet. Aber die
Versuche erlangen beweisende Kraft, wenn sie mit den Ergeb-
nissen der Analyse der umgewandelten natürlichen Silicate
übereinstimmen.
Die bekannte, von WOÖHLER ermittelte Thatsache, dass
Apophyllit bei einer Temperatur von 180 --190° sich als
solcher in Wasser löst und beim Erkalten wieder herauskry-
stallisirt, bewog mich, das feingepulverte Mineral in zuge-
schmolzenen Glasröhren*) mit einer Lösung von schwefel-
saurer Magnesia bei oben genannter Temperatur zu erhitzen.
Nach dem Erkalten hatten sich in der Röhre zierliche Gyps-
krystalle abgesetzt, und das Apophyllitpulver hatte eine schlei-
mige Beschaffenheit, etwa wie Thonerdehydrat.
1. Apophyllit von der Seisser Alp.
2. °”) Apophyllitpulver, 41 Stunden mit schwefelsaurer
Magnesia bei 180° erhitzt (bei 100° zur Analyse getrocknet).
3. Apophyllitpulver, 15 Stunden mit schwefelsaurer
Magnesia bei 180° erhitzt (bei 100° zur Analyse getrocknet),
4. Apophyllitpulver, 18 Tage mit schwefelsaurer Magne-
sia auf dem Dampfbade bei 90° behandelt.
% 2. 3. 4.
HO 16,20 13,78 12,31 18,81
SiO® 53,13 97,04 58,99 99,09
CaO 25,23 15,41 4,49 15,47
KO 9,44 2,41 0,80 3,30
Mg 0 — 13,36 23,41 9,33
100 100 100 100
Grössere, dürchsichtige Apophyllitkrystalle wurden 1;
Monate auf dem Dampfbade mit sehwefelsaurer Magnesialösung
*) Metallröhren wären besser, da manche Glassorten bei hoher Tem-
peratur durch schwefelsaure Magnesia angegriffen werden.
**) Das umgewandelte Pulver wurde durch Behandeln mit sehr viel
Wasser vom Gyps befreit,
Be.
ee Be >
BR TER
ke " 3 R % u > = - ER IREe 4
IR RE
ET 6 RS L
354
digerirt; es war etwas Kalk in Lösung gegangen, und die
Krystalle hatten sich mit einer sehr dünnen, matten, weissen
Schicht bedeckt. In allen Versuchen hat die höhere Tempe-
ratur die Umsetzung bloss beschleunigt; es ist kein Zweifel,
dass sie auch bei gewöhnlicher Temperatur stattfinden wird.
Von thonerdehaltigen Zeolithen ergaben Versuche mit
Analcim und Skolecit keine Resultate*); es wurde deshalb
Chabasit gewählt, in der Voraussetzung, dass sehr wasser-
reiche Zeolithe auch leichter angegriffen werden. Leider stan-
den sehr geringe Mengen seiner Substanz zu Gebote, so dass.
die Alkalien in dem umgewandelten Chabasit nicht bestimmt
werden konnten. In der zugeschmolzenen Röhre fanden sich
spärliche Gypskrystalle abgesetzt, und das Pulver war theil-
weise schleimig.
1. Chabasit von Aussig.
2. u. 3. Chabasitpulver, 12 Stunden bei 180° mit schwe-
felsaurer Magnesialösung erhitzt. 2
1: 3. 3.
HO' 91,19: 93,43 29698
SiIO? 4961 4934 48,02
AO’ 1811 19,36 18,00
CaO 9,46 4,20 4,00
KO 1,18 2. ar
NaO 0,45 —
Mg O Spur 3,67 3,70
100 100 100
Es wurde noch eine Versuchsreihe von einem künstlichen
Thonerde-Kalk- Silicat vorgenommen, welches in folgender
Weise dargestellt war.“*) Thonerde, in einer Lauge gelöst, die
Natron und Kali zu gleichen Aequivalenten enthielt, wurde
mit einer Wasserglaslösung (zweifach kieselsaure), die eben-
*) Vielleicht deshalb nicht, weil die Temperatur wegen zu schwacher
Wandstärke der mir zu Gebote stehenden Glasröhren nicht über 190°,
ohne Zerspringen herbeizuführen, gesteigert werden konnte.
**) Das Silicat wurde bei Gelegenheit einer anderen Untersuchung
dargestellt, um die Frage zu entscheiden, ob der Kalk, wenn er mit
Kieselsäure, Thonerde und den beiden Alkalien zusammentritt, zu dem
Kali oder Natron eine grössere Verwandtschaft besitze.
TER ER I a a a
n af Er
a
" u
355
falls Kali und Natron zu gleichen Aequivalenten enthielt, zu-
sammengebracht; in das klare Gemisch wurde Chlorcaleium-
lösung gegossen, wodurch ein. flockiger, wesentlich aus Thon-
erde, Kalk und Kieselsäure bestehender Niederschlag entstand.
Alle drei Lösungen wurden in ganz bestimmten Verhältnissen
zusammengebracht, und zwar so, dass auf 2 Aequivalente
1 1
Ag: en : Sa 2SiO° und 5 Aequiv. CaCl
kamen; nimmt man weniger Kalk, so ist die gebildete Verbin-
dung zu leicht löslich in Wasser. Der voluminöse Nieder-
schlag, der übrigens leicht Wasser durchlässt, wurde bei An-
wendung von Saugfiltern mit grossen Wassermengen ausge-
waschen, so lange, bis der durch Eindampfen einer Probe
Waschwasser erhaltene und schwach erhitzte Ruckstand beim
Uebergiessen mit Wasser keine alkalische Reaction zeigte;
letztere trat erst nach längerer Zeit ein, nachdem das Silicat
sich wieder in Wasser gelöst hatte. Der feuchte Niederschlag
wurde mit Salzsäure zersetzt und das Verhältniss der fixen Be-
standtheile ermittelt. Für 2 besonders dargestellte Proben er-
gab die Analyse folgende Zahlen.
Br) AL O: Ca Oo KO
1. 58,48 18,61 20,69 2,21
2. 60,93 17,59 he, 2,36
8 Aeguiv.
Es wurden nun zwei Proben dieses Silicats mit schwefel-
saurer Magnesia auf dem Dampfbade digerirt; es war viel
Kalk in Lösung gegangen, und das Silicat war in Wasser viel
weniger löslich; eine Eigenschaft, wodurch sich alle Magnesia-
silicate von den Kalksilicaten unterscheiden.
Fo Neo: ’00. 0: mo
7 61.10 2039 30 1492 066
s0 »07 2065 502 05
Beide Proben waren 18 Tage auf dem Dampfbade.
Durchaus übereinstimmend mit den Versuchen BıscHor’s
und der oben untersuchten Umwandlung des Oligoklases und
Labradors lehren die Versuche, dass Kalk und Alkalien
*) In der wässerigen Lösung war etwas Thonerde als Oxyd enthalten.
er EN
BR CE
RS
in Silicaten durch Magnesia ersetzt werden
können.
BiscHor theilt einen Versuch mit*), wonach NaO, SiO?
sich mit KO, CO’ zu KO, SiO°’ und NaO,CO° umsetzt;
die folgenden Versuche wurden in ähnlicher Weise angestellt,
und zwar folgendermaassen. Eine cirea 14 procentige Natron-
wasserglaslösung (Na O, 28i0°) wurde mit einer circa 7 pro-
centigen Lösung von kohlensaurem Kali zusammengebracht,
und zwar immer in äquivalenten Verhältnissen. Zu dem Ge-
misch wurde das gleiche Volumen 80 procentigen Alkohols zu-
gesetzt, wodurch ein starker Niederschlag entstand, der beim
Schütteln zu einer käsigen, zahen Masse zusammenballte,. Durch
Vorversuche war ermittelt, dass bei obiger Concentration kein
Alkalicarbonat mitgefällt wurde. Da der zähe, gerbsaurem
Leim ähnliche Niederschlag sich nicht auf dem Filter aus-
waschen liess, wurde er so lange wiederholt mit Alkohol von
40 pCt. durchgeknetet, bis man annehmen konnte, alle Carbo-
nate entfernt zu haben. Der Niederschlag wurde dann sofort
durch Salzsäure zerlegt, um jede nachträgliche Kohlensäure-
absorption zu verhindern und so jede Spur anhaftender Car-
bonate zu erkennen. :
In der folgenden Tabelle sind die unmittelbar bei der
Wägung erhaltenen Zahlen mitgetheilt.
I. 1 Aequiv. NaO, 2Si0° — 1 KO, CO?
““)], 2.
Sio? 0,3540 0,3650
KO 0,0952 0,0902
Na0O 0,0622 0,0657
Aequivalentverhältniss von
Na0:K0:8Si0?
I a ea os
22.1...:.0,9,099.15
*). Bd. 1,79.
*%*) Sehr schwaches Brausen bemerkbar.
| 357
I. 1 Na0, 2810? 4 2K0, CO?
AT. 2.
Sio® 0,3638 0,3522
- KO 0,0946 0,0883
Na oO 0,0291 0,0289
Aequivalentverhältniss von
Na0::;KO ;,8i.0°
1.291..5:2,.13 912193
a N
II. 1 Na0, 2SiO® + 3K0, CO?
IV. 1 N20,28Si0° 1 1K0, C0°?*®)
II. IV.
Si0* 0,3900 0,3680
KO 0,1047 0,0807
NaO 0,0217 0,1155
Aequivalentverhältniss von
NaO.: KO: Si0°
IR 1 9;20: :7°189
IV. - | 2046 %,3.28
Die Versuche lehren, dass das kohlensaure Kali
_ sieh mit einem Theil des kieselsauren Natrons um-
gesetzt hat. Der durch Alkohol erzeugte Niederschlag ent-
hält Kali und Natron in demselben Verhältnisse, in welchem
sie jedesmal zusammengebracht wurden. Je mehr kohlensau-
res Kali sich umsetzte, ein desto saureres Silicat wird durch
- Alkohol gefälli; es muss daher freies Alkali abgetrennt und _
vom Alkohol aufgenommen sein, Die Doppelsilicate I. und IV.
lösen sich in Wasser, II. und III. aber nicht.
*) Beim Alkoholzusatz entstand kein käsiger Niederschlag wie bei
den anderen Proben, sondern die Flüssigkeit trübte sich stark, ähnlich
wie eine alkoholische Harzlösung auf Wasserzusatz. Nach längerem Stehen
En war die Trübung verschwunden, und das ausgefällte Silicat hatte sich am
Boden des Gefässes als syrupartige, klare Schicht abgesetzt.
a LE Wa a RR %
en u a Alk Wr WE PER THR FHR h?
PN BR ER a a a
INA a A 2 „
ent, als das Filtrat auf Eokahe reagirte. |
des Rückstandes und der Lösung en folgende Zahlen:
Rückstand: siO° 0,1400
Alkali Spur | a 2;
“vr Löser, 0 0
KO 0,1053 : Re.
Nd08:1.003%6 0. ii
Aequivalentverhältniss von
NaO : KO: SiO’
li! 2,12% 6,33;
Der durch Alkohol erzeugte Niederschlag besteht demnach ni
aus einem Gemenge von Kieselsäure und zweifach kieselsauren 2
Alkalien. =}
In der Meinung, dass NaO, CO? sich nicht
K 0, 2 Si O0’ umsetze, wurde eine ca. 16 procentige Kaliwasser-
glaslösung mit einer ca. 6 procentigen Lösung von Na0, 00? 4
immer in äquivalenten Verhältnissen gemischt und ein gleiche 3
Volum Alkohol von 80 pCt. zugesetzt. In keinem Falle fiel
ein käsiger Niederschlag heraus, sondern aus der milchigen :
Flüssigkeit schied sich nach längerem Stehen eine syrupartige \
Schicht ab, genau wie bei No. IV. in der vorigen Reihe. Die |
Analysen derselben ergaben folgende Zahlen.
l. 1 K0, 2810%°4 7 N.000 ii
ee 2:
SiO? 0,3720 0,3670
KO 0,1208 01205
Na0O 0,0842 0,0842
Aequivalentverhältniss von
KO: Na0:SiO’
are 21.09°:0 80
2.41. 1.06: 94,79
359
I: 1 KO, 2Si0° + 2Na0, CO?
IN. 1 KO0,2Si0°: 4 3Na0, CO:
II. II.
siO® 0,3436 0,3411
KO 0,0704 0,0571
NaO 0,0969 0,1083
Aequivalentverhältniss von
KO: NaO0 : 8Si0°
IT. eb 9.2882 7,0)
FIT. 1 7222.92 2005,26
Das kohlensaure Natron setzt sich also auch mit kiesel-
saurem Kali um, doch ist die Kieselsäureausscheidung nicht
entfernt so beträchtlich wie bei der ersten Reihe. Diese Ver-
suche beweisen, dass beide Alkalicarbonate sich mit den Al-
kalisilicaten umsetzen; der Austausch von Kalicarbonat gegen
Natronsilicat ist aber der in der Natur häufiger vorkommende
Process. Die Versuche liefern zugleich eine Bestätigung des
-BERTHOLLET’schen Gesetzes, dass bei der Einwirkung zweier
Salze auf einander 4 Verbindungen gebildet werden, und zwar
bei gleicher Affinität proportional der Masse nach folgender
- Gleichung:
Na0)
KO) Na0O
Na0f 2009 =
g! 200°.
Die Trennung eines Theils von Alkalisilicat in freie Kiesel-
saure und freies Alkali modificirt den Process nur unwesent-
_ lieh; sie rührt von der Wirkung des Alkohols her.
IV. In der Stadt Abo hatte man im Sommer 1868 be-
hufs einer Strasse nach Bjerneborg einen Durchhau durch einen
Granitfelsen getrieben, welcher von zahlreichen, von oben nach
unten gehenden Rissen durchsetzt ist. Der rothe feinkörnige
Granit besteht aus Quarz und Feldspath mit sehr wenig Glim-
mer und Hornblende; hier und da sind Granaten eingesprengt.
"Wegen der Feinheit des Korns konnte neben Orthoklas nur
sehr wenig Oligoklas erkannt werden, er muss aber nach den
4 SiO?
‚360
Ergebnissen der Analyse in sehr bedeutender Menge vorhan-
den sein. Auf den Rissflächen des Granits sieht man den
Feldspa.h in eine graugrüne oder gelbliche, amorphe, weiche
Masse umgewandelt, die manchen devonischen und silurischen
Thonen der Ostseeprovinzen sehr ähnlich sieht. Meist tritt
dieses Zersetzungsproduct als dünner Anflug auf, erreicht aber
auch die Dicke von 3—4 Mm., in welchem Falle es meist
von oberflächlich matten, im Inneren aber glänzenden Feld-
spathtrummern und von Kalkspath durchsetzt ist. Nicht selten
ist der Feldspath in den den Spalten naheliegenden Partien
gleichfalls mit einem dünnen, graugrünen Anflug bedeckt.
1. Granit, aus Quarz, Orthoklas und Oligoklas bestehend ;
etwas Hornblende und Glimmer enthaltend.
2. Granit, dessen Feldspath mit graugrünem Anflug be-
deckt ist.
3. Durch Schwefel- und Salzsaure zersetzbarer Antheil
der 3—4 Mm. dicken graugrünen Partien mit eingesprengten
Feldspathtrümmern, Kalkspath und Quarz.
4. In Säuren unlöslicher Rückstand von No. 3.
1» D; d. 4.
HO 1,20*) 2,36 6,40 —
Si0o? 72,54 68,35 24.9 2807
AO 14,16 15,55 12,42 5,50
Fe’ O’ 193% 24315 3,12 0,28
CaO 0,84 0,12 0,10 0,09
KO 9,59 6,41 1,60 4,35
Na OÖ 3.12 2,67 0,18 0,39
Mg O 0,68 1,07 2,94 =
Ca0, CO? — 1,21 1,13 =
Ruückst. — _— 38,98 re
99,63 99,71 99,04 38,98.
In dem Rückstande 4, in dem man Feldspath erkennen
konnte, ist das Sauerstoffverhältniss von R’O°:RO = 3: 0,965,
also Orthoklas. Der Natrongehalt in ihm beträgt —; des Ka-
lis, und da die Analyse 1. Kali und Natron in beinahe glei-
chen Aequivalenten enthält, so muss der Granit auch in bei-
*) HO + etwas C O2.
361
_ nahe denselben Verhältnissen Orthoklas und Oligoklas führen.
Das Fehlen von Oligoklas in der stark veränderten Probe 3,
sowie die Abnahme von Natron gegen Kali in No. 2 thun dar,
dass es wesentlich der ÖOligoklas ist, der die Umwandlung er-
leidet. Berechnen wir den durch Säure zerlegten Antheil auf
-- 100, so ergiebt sich:
HO SiO AlO? FeO? a0 KO NaO MgO
12,23 47,72 23,73 710 019 306 0,34 5,61
0 10,87 25,45 11,08 2,13 0,05 0,51 0,08 2,24
Sauerstoff von
TOERTOFFRON 570?
10,8%: 13,21% 2,38::25,45
346: ;3 509%.
Aus dem Öligoklas ist der grösste Theil der Alkalien fort-
geführt und nur zum Theil durch Magnesia ersetzt; Wasser
und Eisenoxyd sind aufgenommen, Kieselsäure ist zum Theil
abgeschieden worden.
V. Etwa 2 Werst nördlich von Helsingfors, hart am Wege
nach Gammelstaden, zeigt der grosskrystallinische, aus Quarz,
Öligoklas und Orthoklas bestehende Granit auf seinen Kluft-
flächen ein ähnliches Zersetzungsproduct wie der Granit in
Abo. Beide Feldspathe werden oberflächlich, aber nur in
äusserst dünner, nicht continuirlicher Schicht, in eine gelbliche
oder grünliche ‘Masse umgewandelt, letztere von specksteinarti-
gem Habitus. Indem dieser Process auch im Inneren vor sich
geht, werden die Feldspathe in schlecht ceontourirte Krystall-
fragmente zerlegt, die. von gelben und grünen Partien durch-
setzt sind. Gleichzeitig treten dunkelgrüne, chloritartige Stellen
auf. Es bilden sich jedenfalls verschiedene Zersetzungspro-
duete, die aber nicht isolirt werden konnten.
1. Fleischfarbiger Orthoklas.
2. Oligoklas, stellenweise gelblich und matt.
3. Granit, dessen Feldspath von hellgrüner Substanz und
"dunkelgrünem chloritartigen Mineral durchsetzt wird; in Schwe-
fel- und Chlorwasserstoffsäure löslicher Antheil.
4. In Säuren unlöslicher Rückstand von 3,
DATE wre ch DE Pe. sr Ip
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RT tun Kiolickeh °
- RA NE EN
-
362
E: WO a, 4.
HO 0,26... 4.1598 1.47 .
SiO’ 65,69 63,95 8,84 64,34
-Al* 0° 18,48 20,93 3,88 10,54
Fe? O0? 0,31 1:23 1,37 0,21
Ca OÖ 0,20 1,24 0,13 =
KO 12,41 2,86 1.23 3,94
Na0O 2,60 7,89 0,16 3,14
MgO 0,09 0,54 0,58 0,04
Ruückst. — 82.2] ser
100 100 99,87 82.21
Sauerstoffverhältniss im Ruückstande 4:
REO?!5# RO 2: 08897
Eisenoxyd, Wasser und Magnesia sind aufgenommen, Kie-
selsäure und Alkalien theilweise ausgeschieden.
VI. Der Granitfelsen, auf dem die neue russische Kirche
in Helsingfors erbaut ist, besteht aus Quarz, Orthoklas und
Oligoklas. Er wird von aufrechten Chloritgängen durchsetzt,
denen wechselnde Mengen Glimmer, stellenweise Epidot und
vielleicht auch Serpentin*) beigemengt sind. Diese Gänge, in
denen die Chlorit- und Glimmerblättchen unter einander und
der Längen- und Tiefenrichtung der Gänge mehr oder weniger
parallel sind, grenzen gegen den Granit bald scharf ab, bald
zeigen sie Uebergänge, bald sind sie selbst von schmalen Gra-
nitgängen durchsetzt. In den Uebergangspartien, in denen die
Glimmer- und Chloritblättchen ebenfalls Parallelismus zeigen,
ist der Feldspath kleiner als im Granit und wird es noch
mehr, selbst bis zur Grösse feiner Sandkörner, je mehr der
Chlorit an Menge zunimmt. In letzterem Falle ist der Feld-
spath matt und zeigt nicht mehr regelmässige Contouren. Er
hat den Habitus von Fragmenten, wie dies im Abschnitte I.
bei der Umwandlung des Oligoklases beobachtet wurde. Auch
in beinahe reinen Chloritgängen haben sich die Feldspathtrum-
mer **) erhalten. Stellenweise ist der Chlorit striemig, und
*) Es konnte zur Analyse keine hinreichende Menge seiner Substanz
gewonnen werden.
”*) Man beobachtet auch stellenweise Kalkspath.
363
zwar fallen die Striemen mit der Richtung der Falllinie der
Gangfläche zusammen.
Die zuerst von BiıscHor aufgestellte und mit ‘grossem
Scharfsinn verfochtene Ansicht, dass aller Glimmer und Chlo-
rit auf nassem Wege durch Umwandelung anderer Mineralien
entstanden sei, hat in einer Menge von Pseudomorphosen eine
Stutze erhalten. Die Möglichkeit einer derartigen Umwandelung
ist ganz zweifellos, und es handelt sich bloss darum, die Me-
tamorphose im vorliegenden Falle nachzuweisen.
Wie schon erwähnt, nimmt der Feidspath mit der Chlorit-
vermehrung ab, und zwar erhält er einen breccienartigen Ha-
bitus. Es ist nicht einzusehen, weshalb bei gleichzeitiger Ent-
stehung von Glimmer, Chlorit und -Feldspath letzterer sich
nicht in gleicher Grösse : und Krystallentwickelung gebildet
haben sollte wie im umgebenden Granit. Eine nachträgliche
Umwandelung erklärt das aber. Indem das Wasser in den
Feldspath eindrang und die Metamorphose begann, wurde durch
den gebildeten Glimmer und Chlorit der continuirliche Zusam-
menhbang aufgehoben, und da das Vermögen Wasser durchzu-
lassen nicht überall ein gleiches ist, ging die Umwandelung an
einer Stelle rascher, an einer anderen langsamer vor sich. Es
ist klar, dass hierbei der Krystall in ein unregelmässiges Durch-
einander von veränderter und. unveränderter Substanz zersetzt
werden muss. Es konnten ferner keine Uebergangsproducte
von Feldspath zu Glimmer und Chlorit beobachtet‘ werden;
beide Mineralien grenzen gegen den Feldspath scharf ab. Das
Fehlen von Uebergängen spricht aber durchaus nicht gegen die
Metamorphose auf nassem Wege, da man recht oft in völlig
umgewandelten Mineralien Fragmente von unveränderter Sub-
stanz antrifft.“) Es scheint, dass die Oberfläche eines Krystalls,
die etwas angegriffen ist, dadurch für weitere Umwandelung,
so zu sagen, empfindlicher gemacht ist, ähnlich wie angeätzte
Metalle von Säuren leichter angegriffen werden. Das mit ver-
schiedenen Stoffen beladene Wasser scheint auf eine etwas
veränderte Oberfläche eines Krystalls eine bedeutend ener-
gischere Einwirkung auszuüben, als auf die unveränderten dar-
unter oder daneben liegenden Partien. Erst wenn die verän-
derten Stellen stark oder völlig umgewandelt sind, kommen
*) Siehe den Abschnitt II.
364
die frischen an die Reihe. Dieser Verlauf des Processes scheint
bei der Glimmer- und Chloritbildung ganz besonders stattzu-
finden. Feldspathkrystalle von verschiedenen Localitäten,, die
oberflächlich mit Glimmer bedeckt waren, zeigten kaum Spu-
ren von Uebergängen beider Mineralien. Im ersten Stadium
ist die Öberfläche von einem dünnen, continuirlichen Anflug
zahlloser kleiner Glimmerblättchen bedeckt, die bei fortschrei-
tendem Process an Grösse zunehmen und die Krystalloberfläche
dem Auge entziehen. Die grösseren Blättchen sind scharf ab-
gegrenzt, und nur bei den tiefer liegenden, kleinen, isolirten
Schuppchen hat man bisweilen den Eindruck, Uebergänge zum
Feldspath wahrzunehmen. Da indessen die Isolation derartiger
Uebergangspartien ganz ausserordentlich schwierig ist, so durfte
es fraglich sein, ob bei den bis jetzt mitgetheilten Analysen
halbiertiger Glimmer wirklich ein solches intermediäres Pro-
duct vorlag oder ein Gemenge von fertigem Glimmer und Feld-
spath. Jedenfalls ergiebt sich, dass bei dem Glimmer- und
Chloritbildungsprocess ein grosses Bestreben herrscht, auch in
kleinsten Partien die fertigen Endproducte hervorzubringen und
intermediäre Producte nur in äusserst geringer Menge zu bil-
den. Vielleicht lässt sich das Auftreten von Chlorit und be-
sonders von Glimmer in Aggregaten äusserst dünner Lamellen
aus dieser Eigenschaft erklären. Wird Hornblende in Serpen-
tin*) oder Feldspath in Epidot oder kaolinartige Producte um-
gewandelt, so erstreckt sich die Metamorphose in der Regel
auf einen grösseren Theil eines Krystalls, ja auf ganze Kry-
stalle, und man beobachtet sehr ausgeprägte Uebergangspar-
tien. ‘Es ist klar, dass wenn der Krystall successive die in-
termediären Umwandlungen in einem grösseren Theil seiner
Masse erleidet, seine Cohäsion nicht sehr schroff geändert
wird, sondern gleichfalls Uebergänge zeigt. Anders beim
*) Auf der Insel Hochland lässt sich die Umwandelung von Horn-
blende in bastitartige Verbindungen, d. h. Zwischenstufen von Horn-
blende und Serpentin, sehr gut verfolgen. Im mineralogischen Museum
zu Dorpat befindet sich in der Geschiebesammlung ein grosskrystallini-
scher Porphyr, dessen rother Orthoklas in Epidot umgewandelt wird.
Manche Orthoklase haben in ihrer ganzen Masse die grüne Farbe des
Epidots angenommen, unterscheiden sich aber nach der Analyse durch
einen äusserst geringen Ueberschuss an Kalk und Eisenoxyd, sowie durch
einen unbedeutenden Mindergehalt an Alkali vom unveränderten Orthoklas.
365
Chlorit und Glimmer. Mit geringer Neigung zu Uebergangs-
producten begabt, werden beide Mineralien schon in äusserst
dünner Schicht völlig fertig gebildet, und ist dadurch der Zu-
sammenhang mit dem Mutterkrystall sehr stark gelockert. Wird
die unter dem Glimmerblättchen liegende Krystalloberfläche in
eine neue dünne Glimmerschuppe umgewandelt, so ist der Zu-
sammenhang beider Lamellen ebenfalls ein geringer. BıscHor
führt an, dass manche Glimmer beim Erhitzen einen empyreu-
matischen Geruch entwickeln, also organische Substanz ent-
halten. Mit den organischen Stoffen konnten sich auch an-
dere zwischen dem Glimmerblättchen und dem Mutterkrystall
ablagern, zum Beispiel Eisen als Oxydhydrat oder die bei der
Glimmerbildung ausgeschiedene Kieselsäure als Quarz, aller-
dings in unendlich geringer Menge, die aber ausreichte, den
Zusammenhang noch mehr zu lockern. Man weiss, mit wel-
cher Sorgfalt die Photographen die Negativplatte reinigen
mussen, und dass ein schwaches Ueberfahren mit dem Finger
über dieselbe das Anbaften der Collodiumschicht beeinträchtigt.
Der Chlorit zeigt stellenweise Striemen, deren Richtung
mit der Falllinie des Ganges übereinstimmt. Diese Erschei-
nung lässt sich nur durch Umwandelung auf nassem Wege er-
klären. Konnte das Wasser uber eine Kluftfläche nur an ein-
zelnen Stellen hinubersickern, oder enthielt es nur an einzelnen
Stellen die zur Chloritbildung nöthigen Stoffe*), so fand die
Umwandelung nur da statt, wo das mit. verschiedenen Stoffen
beladene Wasser hinuberwegging, also in der Richtung der
Falllinie der schiefen Ebene. Begann später die Umwandelung
auf den unveränderten Partien, so war die Kluftfläche bereits
von dunnen, isolirten Chloritstriemen bedeckt. Durch Wieder-
holung dieses Vorganges an verschiedenen Stellen erhielt die
ganze Chloritschicht ein striemiges Aussehen. Aehnliches kann
an der Tropfsteinbildung auf senkrechten oder geneigten Wän-
den oder bei der Entstehung von Eiszapfenbüundeln unter
Wasserrinnen beobachtet werden.
1. Granit, aus Quarz, Orthoklas und Oligoklas bestehend.
2. Orthoklas aus dem Granit No. 1.
3. Durch Schwefel- und Salzsäure zersetzbarer Antheil
*) Es konnte auch an verschiedenen Stellen ungleiche Mengen ge-
löster Stoffe enthalten.
Zeits.d. D. geol.Ges. XXI. 2. 24
366
einer Uebergangspartie eines Chloritganges in Granit; enthält
Chlorit, Quarz und Feldspath. Letzterer ist feinkörniger als
in No. 1 und meist oberflächlich roth gefärbt.
4. Durch Säuren unzersetzbarer Rückstand von No. 3,
aus Quarz und Feldspath bestehend. |
5. Chloritgang, aus Quarz, Chlorit, Glimmer und Feld-
spathtrümmern bestehend; die oft sandkorngrossen Feldspath-
fragmente sind oberflächlich matt und roth oder rosa gefärbt.
6. Durch Schwefel- und Salzsäure zersetzbarer Antheil
von No. 5.; der Rückstand besteht aus Quarz und Feldspath.
ii 2. 3. 4. 5. 6.
Doro oe a 3,52 3,52
sio® 73,26 6457 1043 60,23 67,46 16,10
al 0% 141.05 0719,09 rer nee
ro: ter rettr Teı
BOT Por are
a ee nn.
NO ar a ar a Pe
MO: 0,399 0,107 39 He
Rückst. 0,44 *) 71,36 59,46
99,68 100 99,98 ., .(1,36...98,b5 903
Ein Vergleich der Analysen 5 und 6 mit 1 und 2 zeigt,
dass der Process folgendermaassen vor sich gegangen ist.
Wasser und Eisenoxyd sind aufgenommen, Kieselsäure stark
ausgeschieden, vielleicht auch etwas Thonerde; die Alkalien
sind ausgetreten und durch Magnesia ersetzt. Die Analysen
stimmen mit der von BiscHor**) angeführten Erklärung über-
ein, und der chemische Vorgang erhält seine Bestätigung durch
die in den früheren Abschnitten mitgetheilten Mineralumwan-
delungen und Experimente. Denn die Chlorit- und Glimmer-
bildung stimmt, so weit es die chemische Untersuchung be-
trifft, vollkommen mit der Umwandelung von Oligoklas und
Labrador in ein Eisen-Magnesia-Kalisilicat überein. Ä
Zieht man die Menge der Basen in No. 6 von der in
No. 5 ab, so ergiebt sich, dass 3,76 pCt. Al? O°, 3,11 pCt.
*) Kohlensaurer Kalk.
*»*) Bd. II, 415.
a;
RR! Rn MM. um.
'
367
KO und 0,24 pCt. Na O durch Säuren unzersetzt geblieben;
das Sauerstoffverhältniss in diesem Rückstande von R’O0°:RO
— 3:0,94, also gleichfalls mit dem normalen 3:1 überein-
stimmend. Es ergiebt sich, dass in der am stärksten verän-
derten Probe 5 der Oligoklas vollständig in Glimmer und
Chlorit umgewandelt worden, während der Orthoklas theilweise
unverändert geblieben ist; ebenso lehrt die Analyse des Ruück-
standes 4, dass der Oligoklas unverhältnissmässig mehr meta-
morphosirt ist als der Orthoklas; denn die Kalimenge ist auf
die Hälfte, der Natrongehalt auf ein Drittel derselben Stoffe
in No. 1 gesunken. Der Öligoklas wird demnach weit leichter
umgewandelt als der Örthoklas, was auch durch die Analyse
des veränderten Granits von Abo (IV.) bestätigt wird. Die
geringe Variation der Thonerdemenge in den Bauschanalysen
1,3 -+ 4 und 5 thut dar, dass nur wenig Thonerde ausge-
treten ist; man kann also ohne weitere Reduction die Ana-
lysen ganz gut mit einander vergleichen. Es ergiebt sich dann,
dass auch hier die Alkalien durch etwas mehr als die äqui-
valente Menge Magnesia ersetzt sind. Bei der Umwandelung
des Feldspaths in Magnesiaglimmer ist ein Theil des Kalis
zurückgehalten worden, daher die beträchtliche Menge dieses
Stoffes in No. 6.
Der Granit des Observationshugels ist von zahlreichen,
mehr oder weniger senkrechten Glimmergängen durchsetzt, de-
ren Blättchen meist Parallelismus zeigen. Es ist kein Zweifel,
dass sie alle später durch Umwandelung des Feldspaths ent-
standen sind. In einer früheren Arbeit *) sind schon die Be-
denken auseinandergesetzt, die sich bei Annahme pyrogener
Bildung gegen den Parallelismus der Glimmerblättchen und
deren aufrechte Lage aufdrängen. Durch neptunische Umwan-
delung eines Gesteins in der Richtung vorhandener Rissflächen
erklärt sich die eigenthümliche Stellung der Glimmerblättchen
vollständig. Ja vielleicht dürfte der Glimmer selbst die mehr
oder weniger senkrechten Risse hervorgebracht haben. Indem
er sich an und in den Feldspathkrystallen, in der Richtung, in
welcher das Wasser eindringt, als scharf abgesetzte, dünne
Sehicht bildet, wird die oberflächliche Partie des Gesteins
von zwar nicht parallelen, aber doch mehr oder weniger auf-
*) Gebirgsarten der Insel Hochland, Archiv $. 209.
24°
368
rechten Glimmerblättehen durchsetzt, die dem Wasser ein leich-
teres Eindringen ermöglichen. Geht an einigen Stellen der Glim-
merbildungsprocess schneller vor sich als an anderen, so_wird
bei den stärker umgewandelten Partien das Wasser noch leich-
ter hindurchsickern; der Weg ist jetzt für das eindringende
Wasser, so zu sagen, tracirt worden. Die Hauptrichtung die-
ser glimmerreichen Stellen würde die Streichlinie des sich bil-
denden Glimmerganges bestimmen. Es ist klar, dass der so
bewirkte Parallelismus der Glimmerblättchen sich nicht weit
erstrecken kann; es werden sich in den verschiedensten Rich-
tungen gewundene und geschnörkelte Glimmergänge bilden.
Ein Parallelismus der Blättchen auf grösserer Ausdehnung setzt
entweder präformirte Spalten voraus, oder die Gesteinsstructur
gestattete in einer Richtung dem Wasser einen ganz beson-
ders leichten Durchgang.
Auch das unregelmässige, schmitzenartige Vorkommen der
aufrechten Glimmergänge lässt sich aus der nicht überall statt-
gefundenen Zufuhr glimmerbildender Stoffe, sowie aus der ver-
schiedenen Zusammensetzung des Granits erklären. Da einer-
seits der Oligoklas viel leichter umgewandelt wird als der
Orthoklas, andererseits der Granit aber stellenweise Oligoklas-
einlagerungen enthält, so ist wohl kein Zweifel, dass viele der
scharf abgegrenzten Glimmergänge ursprünglich von Oligoklas
eingenommen wurden.
V1I. Der Granit östlich von der deutschen Kirche, wo
die im Abschnitte I. untersuchten Oligoklaseinlagerungen vor-
kommen, ist von westöstlich gehenden, senkrechten Rissen
durchsetzt, deren Flächen von einem hell- bis braunrothen,
in kleinen, oft stark glänzenden Säulen krystallisirenden Mi-
neral bedeckt sind. Unter der Lupe beobachtet man auch
farblose Krystalle, die bisweilen oberflächlich roth gefärbt sind.
Diesem Mineral sind bisweilen braunrothe oder gelbliche,
amorphe Producte beigemengt, sowie etwas Chlorit und Glim-
mer.*) Die Krystalle bedecken die Rissfläche meist als dünner
Anflug und sind gegen den Orthoklas und Oligoklas recht
scharf abgegrenzt. Indem sie an Zahl zunehmen, wird der
Granit in einen Complex mehr oder weniger senkrechter, ab-
wechselnder Quarz- und Krystallschichten umgewandelt. In
*) Eine mechanische Sonderung dieser Producte war nicht ausführbar.
ERW EZ N N a SE LE Pr aung, 5200 1 ZBRI Ze BET Y.. 5 03 pe 7 ash Pneae ME TERE DE ED Br har a u Zr 3% re
ae br A A Te ee aa Ba a
Ten MOHN Rn BT 3 ET le RL Hl x . h, "ai
SR BLAUEN Ä Ka ö Di
369
diesen Partien, die indessen selten grössere Ausdehnung er-
langen, haben sich die Granaten des Granits meist unverän-
dert erhalten.
l und 2. Verschiedenen Stellen entnommenes, rothes, in
Säulchen krystallisirendes Mineral; konnte nicht von dem in
grosser Menge anhaftenden Quarze befreit werden.
38. Granit, aus Quarz, Oligoklas und Orthoklas bestehend;
ist von Granaten durchsetzt.
4. Den Granit No. 3 durchsetzender und gegen ihn scharf
abgesetzter Gang, der aus Quarz und braunrothen, sehr klei-
nen Säulchen besteht.
9. Durch Schwefel- und Salzsäure zerlegbarer Antheil von
No. 4.*)
6. Durch Säuren zersetzbarer Antheil eines aus hellrothen
Krystallen und sehr viel Quarz bestehenden Ganges, der den
Granit No. 3 durchsetzt.
7. Durch Säuren unzersetzbarer Ruckstand von No. 6.
1. 2. 8. 4. 5. 6. T.
HO 10,19 9,43 0,56 3,34 3,34 3,14 —
SiO? 57,94 50,03 73,43 76,20 14,386 12,10 74,28
072408 29718 13,67 12,39 8,62 769 2.0,84
Fe’O° 5,92 6198 14l 54 ..300. 120.012
CaO 0,26 0,42 0,50 0.29 0,06. 0,10. —
Ber 1,19 2.41 - 6,27 1.79. 1,04. 0853,
N0 7 — O2 7327 0,73 019 03 —
M5s0 0,42**) 0,48**) 0,20 0,38**) — = ==
Rückst, — — — — 6858 79,24 —
100 100 99,31 100,22 99,95 100,20 75,24
Der hohe Wassergehalt des rothen Minerals, sowie sein
Vorkommen auf Spaltenflächen lassen gegen seine neptunische
Entstehung keinen Zweifel aufkommen, und es ist höchst wahr-
scheinlich, dass es durch Umwandelung des Feldspaths her-
*) Durch Behandlung des Minerals mit kochender Schwefelsäure ver-
schwindet die rothe Farbe nicht, sondern erst durch nachträgliche Di-
gestion mit HCl. Dasselbe habe ich auch an anderen Silicaten beob-
achtet, ein Beweis, wie fest in manchen Silicaten das Eisen gebunden ist-
8. Bıscnor’s Geologie II., 583.
*») Mn O haltig.
370
vorgegangen ist. Die Analysen bestätigen, was schon das
Auge lchrt, dass die Zusammensetzung keine gleiche ist, oder
genauer gesagt, dass ein Gemenge verschiedener Verbindungen
vorliegt, die sich indessen sehr nahe stehen, Es sind wasser-
haltige Thonerde-Eisensilicate. Bei der Umwandelung der Feld-
spathe müssen Wasser und Eisenoxyd aufgenommen, die Al-
kalien bis auf einen kleinen‘ Theil ausgeschieden , die Kiesel-
saure sehr stark vermindert worden sein. Es ergiebt sich ferner,
dass das aufgenommene Eisenoxyd und Wasser nicht die ab-
geschiedenen Alkalien und die Kieselsäure compensirt, selbst
wenn letztere an Ort und Stelle als Quarz sich niedergeschlagen
hätte. Der umgewandelte Granit wäre demnach locker ge-
worden, wenn nicht Kieselsäure, von anderen Stellen herbei-
geführt, die Poren ausgefüllt hätte. In der That weist der
blosse Anblick sowie die Analysen 4 und 6 eine starke Quarz-
vermehrung nach. Es ist schwer zu entscheiden, ob die be-
deutende T'honerdeverminderung in der allerdings sehr quarz-
reichen Probe 6 eine relative oder absolute ist; wenigstens
zeigt ein Vergleich der Proben 3 und 4, dass die Thonerde-
ausscheidung eine geringe ist. Es werden bei der Probe 6
wohl beide Momente den Thonerdegehalt herabgedruckt haben.
VII. Wie schon erwähnt, enthält der Granit östlich von
der deutschen Kirche oligoklasreiche Partien. In diesen kommt
schwarzer und rother Pyrargillit vor, der von viel Quarz, sel-
tener von Glimmer durchsetzt ist. Uebergänge in Qligoklas
konnten nicht beobachtet werden. Einige Pyrargillite zeigen
parallelepipedische Gestalt, woraus jedoch nicht die Form des
ursprünglichen Krystalls erkannt werden konnte. Auf das
Vorhandensein von Pseudomorphosen gestützt, nimmt man an,
dass aller Pyrargillit aus Cordierit hervorgegangen sei. Einer-
seits ist es auffallend, dass bei diesem Process der Cordierit
spurlos verschwunden ist, andererseits legt das Vorkommen
von Pyrargillit in orthoklasreichen Partien den Gedanken nahe,
dass- der Oligoklas in Pyrargillit umgewandelt sei. Vergleicht
man die Zusammensetzung beider Mineralien mit einander, so
ergiebt sich, dass Eisenoxyd und Wasser aufgenommen, die
Alkalien vollständig, die Kieselsäure theilweise ausgeschieden
sein müssten, eine Umwandlung, die der Oligoklas wirklich
erleidet. Aber selbst bei Annahme der Stabilität der Thon-
erde würde die Menge der ausgetretenen Stoffe die der aufge-
: 371
nommenen überwiegen, und der gebildete Pyrargillit müsste
poroös sein, was er nicht ist. Eine bedeutende Volumenver-
grösserung findet ebenfalls nicht statt, es bleibt somit die An-
nahme übrig, dass die Poren durch Quarz ausgefüllt wurden.
Allerdings ist der Pyrargillitquarzreich, allein da der Quarz
meist in grösseren Körnern vorkommt, ist es schwer zu sagen,
ob er nicht schon vor der Pyrargillitbildung da war.
1. Oligoklas.
2. Von Quarz möglichst befreiter, rother Pyrargillit; hin-
terliess nach der Zerlegung durch 5 O° und HCl 18,05 pCt.
beinahe reinen Quarz.
3. Durch Säuren zersetzter Antheil von No. 2, auf 100
berechnet.
4. Rother Pyrargillit, von schwarzem Glimmer durchsetzt;
binterliess beim Aufschliessen mit SO° und HCl 8,93 pCt.
grösstentheils aus Quarz bestehenden Rückstand, in dem man
noch einige silberweisse Glimmerblättchen wahrnehmen konnte.
5. Leberfarbiger Pyrargillit von Helsingfors, im mineralo-
gischen Oabinet zu Dorpat befindlich. Im Oligoklasgranit ein-
gebettet; zeigt parallelepipedische Form und ist von Quarz
umgeben. Das dritte Mineral hinterlässt nach dem Aufschliessen
mit Säuren bloss 1,80 pCt. Quarz. Spec. Gew. = 2,396.
Nähere Angabe uber den Fundort fehlt. Dieser Pyrargillit
dürfte wohl ein umgewandelter Cordierit sein.
1; 2. 3. 4. 3.
HO 1,12 13,28 16,02 13,46 19,64
SiO’ 61,53 31,66 37,81 34,88 36,61
Al’O° 21,03 27,12 32,75 29,29 34,80
Pe?O°? 1,63 7,44 9,33 8,27 3,07
CaO 2,97 0,20 0,24 0,18 0,75
KO 2,00 0,80 0,96 2,18 0,45
EG 789....049 059 = 0,78
MO 0,31 1,91 2.30,.,.214.,. 39
Be be 8,93 1,80
98,48 100,95 100 99,33 100,68
Wenngleich eine Umwandelung von Oligoklas in Pyrar-
gillit nicht nachgewiesen werden konnte, so dürfte doch die
372
Möglichkeit dieser Entstehungsweise bei künftigen Untersuchun-
gen berücksichtigt werden.
Fasst man die Umwandelungsprocesse der Feldehathe in
den Abschnitten I.— VII. zusammen, so lassen sich zwei
Hauptarten unterscheiden. 1) Die Feldspathe verlieren die
Monoxyde fast vollständig, die Kieselsäure zum Theil, nehmen
dagegen Wasser und Eisenoxyd auf. 2) Sie tauschen ihre
Monoxyde gegen andere aus, und zwar Kalk und Alkali gegen
Magnesia, Natron und Kalk gegen Kali; Kieselsäure und Thon-
erde werden theilweise ausgeschieden, Wasser und Eisenoxyd
aufgenommen. In fast allen Fällen sind KO, Mg0, HO und
Fe’ O° in grösserer oder kleinerer Menge beisammen; nie
wird Na®O und nur in zwei Fällen Ca O aufgenommen. Es
scheint, dass die vier ersten Elemente eine grosse Neigung
haben, bei Zersetzung und Umwandelung von Silicaten zu-
sammenzutreten, daher man sie nicht nur in sehr vielen Arten
von Zersetzungsproducten zusammen vorfindet, sondern auch
in Verbindungen, die eine ausserordentlich grosse Verbreitung
haben, wie Glimmer, Glaukonit und Grunerde, die silurischen
und devonischen Thone Russlands.
7. Einige Bemerkungen über die geognostische Karte
von Oberschlesien , bearbeitet von Herrn Ferdinand
Roemer.
Von Herrn Zeuschner ın Warschau.
Den an Oberschlesien grenzenden Länderstrich von Polen,
Krakauer Gebiet und Galizien, oder die Gegend zwischen
Wielun und Zywiec hat Herr RormEr zur Vervollständigung
der Karte von Oberschlesien beigefügt. Diese Bemerkungen
beziehen sich nur auf einen kleinen Theil von Polen, zwischen
Wielun und Olkusz, den ich seit einigen Jahren specieller zu
untersuchen Gelegenheit hatte. Die Entwickelung der Jura-
formation fasse ich anders auf als Herr RoEMER, worauf ich
früher schon aufmerksam gemacht. Die meiste Schwierigkeit
bietet die richtige Eintheilung des Braunen Jura oder Dogger.
Besondere Verhältnisse haben dieses verursacht. Die einzel-
nen Gruppen sondern sich zum Theil und verschwimmen un-
ter einander, und die Eintheilungen von England, Frankreich,
der Schweiz und Deutschland lassen sich nicht auf den pol-
nischen Jura übertragen. Von Lias findet sich in Polen keine
Spur, nur im Tatra- Gebirge ist diese Schicht mächtig abge-
setzt; Schichten des Braunen Jura, und zwar die obere Etage
des Inferior Oolite, hat sich zum grössten Theil auf blutrothen
Keuperthon niedergeschlagen als grauer Thon oder Mergel mit
untergeordneten Lagern von thonigem Sphärosiderit. Darauf
folgen die braunen Niederschläge, die in drei Gruppen zer-
fallen und durch besondere Faunen charakterisirt sind.
Folgende Glieder setzen den Braunen Jura in Polen zu-
sammen.
1. Unterer Oolith. Besteht aus einem mächtigen
Absatz von grauem Thon, ausnahmsweise aus hellgrauem Mer-
- gel, der 100— 150’ erreicht. Als untergeordnete Schichten sondert
sich hellgrauer, feinkörniger Sandstein aus, mit dünnen Lagern
von thonigem Sphärosiderit. Eine reiche Fauna charakterisirt
die obere Etage dieser Gruppe. Folgende Species sind die
häufigsten: ./mmonites Parkinsoni, Garantianus, linguiferus, sub-
coronatus, oolithicus, Thracia Eimensis, Trochus biarmatus.
2. Grossoolith. Es findet sich nur die unterste Etage
dieser Gruppe, die der Fullers earth ziemlich genau entspricht
und aus bräunlichgrauem oder braunem Sandstein besteht mit
untergeordneten Lagen von stark verwittertem thonigen Sphä-
rosiderit, der gewöhnlich in erdigen Brauneisenstein umgewan-
delt ist. Dieses Lager beschränkt sich auf die Gegend zwi-
schen Zajaczki und Pierzchno, ist beiläufig 2 Meilen lang. Es
charakterisiren hauptsächlich Pholadomyen diese Schicht, sel-
tener Ammoniten. Folgende Species sind die häufigsten:
Pholadomya Murchisoni, nuda, concatenata, Ammonites funatus.
Alle diese Species kommen schon im unteren Oolith vor, sind
aber sehr vereinzelt; hier sind sie reich entwickelt und bilden
eine eigenthümliche Zone.
Wahrscheinlich gehören zu dieser Schicht die stark ver-
witterten thonigen Sphärosiderite, die zum Theil in Brauneisen-
stein umgewändelt sind und unmittelbar die grauen Thone des
Unteren Volith bedecken von Krzyworzeka bei Wielun und
Parkuszowice bei Wlodowice. * So weit die Fauna bekannt
ist, ıst sie identisch mit der von Zajaczki.
8. Kelloway Gruppe. Zu dieser Gruppe gehören die
braunen Sandsteine, die in Quarzfels übergehen, und braune,
undeutliche Eisenoolithe (Pierzchno, Wrzosowa). In braunem
Sandstein von Klobutzko findet sich Am. macrocephalus, Pleu-
rotomaria Cypris. Im erdigen Eisenoolithe von Pierzchno,
Wrzosowa, der auf ähnlichem braunen Sandstein ruht wie der
von Klobutzko, findet sich eine ziemlich entwickelte Fauna
mit dm. macrocephalus, Jason. |
4. Eisenoolithe und brauner, etwas krystalli-
nischer Kalk, mit Species aus den drei Gruppen des
Braunen Jura, des Inferior- und Gross-Öolith und der Kello-
way- Gruppe. Diese in West- Europa getrennten, mächtigen
Gruppen verschwimmen in Polen zu einer sehr dünnen Schicht,
die 6— 8’ dick ist, wie in Pomorzany, Wlodowice, Sanka
u. s. w. Mit im. Herveyi, aspidoides finden sich zusammen
Pleurotomaria culminata, Patella rugosa, Terebratula dorsopli-
cata var., Perieri, hypocirta, emarginata, pala, umbonella, Phil-
lipsi, Rhynchonella Ferryi, varians etc. Die Untersuchung des
Be ?
375
Eisenoolithes von Balin von den Herren Reuss und LaAusE
hat zu ähnlichen Resultaten geführt. Es muss bemerkt wer-
den, dass die Eisenoolithe in manchen Localitäten uberwie-
gend Species des Kelloway einschliessen, wie Am. macroce-
phalus, Jason; aber viel seltener finden sich zusammen die
Formen der unteren Gruppen, wie dies der Fall ist bei Cig-
gowice, wo Am. linguiferus mit den beiden Species des Kello-
way vorkommt,
Eine ähnliche Mengung von Species zweier Formationen
befindet sich in dem rothen Klippenkalke, der sich entlang des
nördlichen Abhanges des Tatra-Gebirges zieht und von ÜOPPEL
tithonische Gruppe benannt wurde. In diesem schönen Kalk-
steine findet eine Mengung von Versteinerungen zweier Formatio-
nen statt, nämlich des Jura und der Kreide; mit Am. biplex, tri-
plieatus, auricularis, Calypso, Aptychus lamellosus finden sich
Species des Neocomien, wie Am. Juilleti, Morelianus, picturatus.
Die Jura-Ammoniten gehören verschiedenen Abtheilungen des
weissen Juras an.
Nachdem ich mich über die Sonderung der verschiedenen
Schichten des Braunen Juras erklärt, werde ich mir erlauben,
einige Bemerkungen über die Ausführung der Karte zu machen.
Pierzchno. Auf der Karte von Oberschlesien sind die
graubraunen Sandsteine mit Lagern von Brauneisenstein, die
viele Pholadomyen charakterisiren, und die ich als die untere
Etage des Gross-Oolith betrachte, eingetragen. Derselbe
Rücken, 500 Schritte gegen die Wirthschaftsgebäude dieses
Ortes, hat noch jüngere Schichten, die ein Steinbruch gut auf-
gedeckt hat. In folgender Ordnung, von unten angefangen,
liegen auf einander:
1. Brauner feinkörniger Sandstein, der in Quarzfels über-
ir
2 BR le A Shape ET SHE Anin Zucht
I u k 5 Ky ne RT
2
geht, ist.ganz ähnlich dem Sandsteine von Klobudzko mit
Am. macrocephalus, und darum betrachte ich diese Schicht als
jünger wie die mit Pholadomyen, als eine Schicht des Kello-
way. Darauf ruht
2. Schwärzlichbrauner Eisenoolith mit vielen Versteine-
rungen des Kelloway, wie Am. macrocephalus, Jason, lunula.
. 8. Weisser, erdiger Mergel mit untergeordneten Schichten
von bläulichgrauem Kalkstein. Die reiche Fauna charakterisirt
genau den Weissen Jura « QuENSTEDT, wie Am. Eugenü D’ÜRE.
376
sehr vorwaltend, dann Am. flexuosus, cordatus klein , Renggeri,
Terebratula bisuffarcinata, Rhynchonella lacunosa var.
4. Weisser geschichteter Kalkstein bildet die Unterlage
der Wirthschaftsgebäude von Pierzchno und des Ortes selbst;
man findet ihn weit verbreitet auf den Feldern. Planulaten
bestimmen seine Stellung als Weisser Jura 2. Diese vier
Schichten sind nicht angedeutet.
Czestochowa. Der Hügel, auf dem die Kirche des be-
ruhmten Wallfahrtsortes erbaut ist, ist zusammengesetzt aus
weissen geschichteten Kalksteinen des Weissen Juras, B wegen
der herrschenden Planulaten. Dasselbe wiederholt sich in
Zawodzie, wo sehr grosse Steinbrüche in Betrieb sind. Herr
RoEMER betrachtet diesen Kalkstein als die unterste Zone des
Weissen Juras j’, die Fauna ist diesem entgegen. Den
westlichen Abhang bilden braune Sandsteine, nicht oolithische
Eisenkalke und dann folgen graue Thone des Unteren Ooliths,
die ja doch in Verbindung stehen mit diesen Thonen, die hin-
ter der Barbara-Kirche das Material der Ziegelei hergeben.
Bleszno. Auf der Höhe dieses Ortes herrscht brauner
Sandstein vor; alle Hofgebäude stehen auf dieser Zone des
Callovien. Dieser Sandstein zieht sich als ein langer Strich
gegen Wrzosow hin. Etwas mehr nördlich erscheint Weisser
Jura 9 und zieht sich ebenfalls gegen Wrzosow. Eine Ein-
saumung des Weissen Juras vom braunen Sandstein ist wohl
nicht ausführbar, da auf dem Plateau keine Entblössungen vor-
handen sind, und die Bestimmung des Vorkommens dieser
Schichten ist nur gegründet auf die grosse Menge von Blöcken
in der Ackerkrume. Auf dem Abhange der Blesznoer Höhe
und im Thale erscheint brauner, dann grauer Thon des In-
ferior-Ooliths, der bei Weitem nicht so vorherrschend ist, wie
die Karte angiebt. Auf den Höhen von Wrzosow, südlich
von Bleszno, haben Steinbrüche die Verhältnisse dieser Gegend
ziemlich klar aufgeschlossen. Zuoberst im Steinbruche ist aus-
gezeichneter weisser Kalkmergel (Weisser Jura &) mit einer
charakteristischen reichen Fauna, die aus denselben Species
besteht, die in Pierzchno angeführt sind: Am. Eugenü sehr
haufig, dann Am. fleruosus, cordatus, convolutus impressae, Te-
rebrat. bisufarcinata, Rh. lacunosa und häufige Schwamme, be-
sonders Cnemidium rimulosum. Auf dem weissen Mergel ruht
geschichteter weisser Kalkstein mit Planulaten, also 8. Unter
377
dem Mergel findet sich thoniger schwarzer Eisenoolith mit
Am. macrocephalus, Jason, der kaum 4 - 5’ dick ist und brau-
nen petrefactenleeren Sandstein bedeckt.
Jaworznik. An die grösseren Hofgebäude grenzt
die bedeutende Ziegelei, die ihr Material im grauen Thone sich
verschafft, der viele Kugeln von thonigem Sphärosiderit, Schwe-
felkies und schöne Schalen von Muscheln einschliesst. Die-
ser Thon des Unteren Oolithes wird nicht von einer braunen
Schicht vom Weissen Jura 3 getrennt. Es ist unmöglich, die-
selbe zu beobachten.
Wlodowice. Dass die weissen geschichteten Kalksteine
von Wlodowice, Skaly, Rudniki, auf der Karte mit j? bezeich-
net, der untersten Juraschicht angehören, muss ich entschieden
bezweifeln; diese Kalksteine sind durch eine reich entwickelte
Fauna charakterisirt, die dem Weissen Jura 9% QUENSTEDT's
entspricht, wie Am. biplex, polyplocus, Eucharis, Henrici, Lam-
berti, Pecten textorius, Lima substriata, Isoarca transversa U.S.Ww.
Fast alle Species gehören einer höheren Schicht an. Eine
Trennung ist jedenfalls richtig, da die Mergel - Species nicht
vorkommen, ausser vielen Schwämmen. Es muss bemerkt
werden, dass der Kalkstein von Wlodowice-Rudniki einen
eigenthumlichen petrographischen Charakter hat; kleine, braune
Stücke, 1—3 Millimeter lang, von braunem Kalkstein, por-
phyrartig in der weissen Kalksteinmasse verschwimmend, un-
terscheiden diese Kalksteine sehr leicht.
Sowohl in Wlodowice wie in Rudniki findet sich auch die
unterste Schicht des Weissen Juras, oder «, mit einem eigen-
thümlichen Charakter. In Wlodowice in den Hofräumen ist
‚dieser Horizont aufgeschlossen und besteht aus dunnen Schich-
ten von dünnblätterigem Mergel, mit bläulichgrauem Kalkstein
wechsellagernd. Seine reiche Fauna besteht aus denselben
Ammoniten, die von Wrzosow, Pierzchno angeführt sind;
ausserdem Nautilus aganiticus, Terebratula nucleata, Terebratella
reticulata, Scyphia fusca QuEnst. An einigen Orten sind hier
Andeutungen dieser Schicht, aber ein sorgfältiger Ackerbau
erlaubt nicht, diese Schicht genauer zu beobachten. |
In Rudniki findet sich auch diese Schicht mit ähnlicher
Fauna, sie wird aber nur durch Graben von Teichen, Kellern
aufgeschlossen.
In der Nähe von Wlodowice, östlich gegen Morske, er-
sich ein höherer, ziemlich charakteristischer Berg, Grden be-
nannt, dessen Kalkstein einer höheren Zone angehört. Die
dicken Kalkstein -Schichten schliessen viele Kalksteinkugeln 3
ein. Seine ganze Physiognomie und die Fauna ist ganz ähn-
lich den Kalksteinen von Przegorzaly, Bielany, Podgörze bei
Krakau; 4m. biplex, polyplocus sind sehr selten, häufig aber
Rhynchon. trilobata, lacunosa, Terebratula bisufarcinata, viele
Schwämme, wie Onemidium rimulosum, striatopunctatum. — Die-
ser Kalkstein fehlt auf der Karte.
Zwischen Wlodowice und Rudniki findet sich eine Art
von Meerbusen, an dessen östlichem Ende Parkuszowice liegt;
die umschliessenden Höhen sind aus weissem geschichteten
Kalkstein zusammengesetzt. Nach der Karte soll ein schmaler
Saum j* den grauen Thon des Unteren Ooliths einfassen; die-
ses ist in der Wirklichkeit nicht der Fall; nur unmittelbar bei
Wlodowice findet sich Eisenoolith ziemlich entwickelt, die
Kirche steht darauf, im Orte finden sich an mehreren Punkten
Felsen davon, etwas weiter nur unbedeutende Spuren. Der
Strich nach Parkuszowice ist mir nicht bekannt; in Rudniki
auf der entgegengesetzten Lehne ist keine Spur der braunen
Schicht; die stark aufgerichteten Jurakalke 5 berühren den
grauen Thon des Inferior- Ooliths, der die ganze Vertiefung
ausfüllt; eine Auflagerung findet sich nicht.
Auf dem südlichen Abhange des Rudniker Rückens kommt
der Eisenoolith an mehreren Punkten zum Vorschein und ist
erwiesen in der Gegend der Hofgebäude und des Dorfes.
Nierada. Dicht an der Eisenbahn, fast gegenuber der
Allee, die nach Rudniki fuhrt, wurde 1865 auf Kohle geschürft,
und damit wurden die grauen Thone als “lied des Keupers
erwiesen. Im 'grauen Thon mit dunnen Schichten von blut-
rothem Thon wurden dünne Lager der eigenthumlichen Keu-
per-Kohle gefunden. Auf einer grösseren Strecke sind diese
. Thone vorhanden, hier und damit aufgeschwemmten Sande bedeckt.
Bzow. Dem Hofe gegenüber, bei der reichen Quelle,
welche die Einwohner der Ortschaft mit gesundem Wasser ver-
sorgt, findet sich eine deutliche Schicht von weissem Mergel
a, die sehr reich an thierischen Ueberresten ist, und bedeckt
braunen Thon mit unzusammenhängenden Schichten von Eisen-
oolith und grauen Thon des Inferior-Oolith. Diese Thone sind
im Thale ziemlich verbreitet.
i ce
ae
379
Eine ähnliche Aufreissung des Gebirges ist in Blanowice
beobachtet, in Bzow muss sie nachgetragen werden.
Wysoka Pilicka und Ciegowice. Diese beiden
Dörfer liegen auf 2 parallelen Rücken, die aus geschichtetem
Weissen Jura ß bestehen; ein tiefes Thal trennt dieselben.
Fast in der Mitte der Abhänge findet sich eine braune, nicht
sehr dicke Thonschicht mit nicht zusammenhängenden Lagern
von Eisenoolith. Darunter folgt grauer Thon des Unteren
Oolith mit einigen Schichten von grauem feinkörnigen Sand-
stein, der Cardium Striklandi MORRIS u. LYCHTT einschliesst. Auf
dem verlassenen Wege, der von Wysoka nach Ciengowice
führt, folgt unter der grauen Schicht weisser grobkörniger
Sand, hier und da mit beigemengten Blättchen von silber-
weissem Glimmer. Bei dem Graben dieses schönen Sandes
hat man Knauern von schwarzem dichten Brauneisenstein ge-
funden; öfters sind die Sande mit Brauneisenstein verkittet
und bilden einen ziemlich festen Sandstein. Diese weissen
Sande ziehen sich am Rücken von Wysoka hin und bedecken
rothe und bunte Keuper-Thone. Auf der Rormer’schen Karte
soll dieser Sand zum aufgeschwemmten Gebirge gehören.
Schon in meinem Aufsatz über die Unterlagen des Jura wurde
die Aufmerksamkeit auf diesen Sand gelenkt.
Grabowa. Am langen Rücken, der aus Weissem Jura
9. und ß besteht und von Westen nach Osten zieht und nörd-
lich das Sandmeer von Olkusz abgrenzt, zeigt sich eine schmale
Masse von ausgezeichnetem Löss, ein abgerissenes Stück von
mächtig abgesetztem Löss, der bei dem Örte Pilica anfängt
und dann nach Miechau, Sandomierz, Krakau u. s. w. hinzieht.
Dieser Theil des Lösses, an den Fuss des Jurarückens ange-
lehnt, ist 20— 25° mächtig, 100’ breit und 600° lang. Er
ist ein interessanter Ueberbleibsel; rund herum ist Löss weg-
gewaschen; nur aufgeschwemmter Sand ist in der ganzen Um-
gebung vorwaltend und deutet an, was für gewaltige Umände-
rungen in dieser Gegend nach dem Absatze des Lösses statt-
fanden. Westlich in Niegowice ist ebenfalls ein ähnlicher Löss
Absatz viel bedeutender entwickelt.
Pomorzany. Mitten im Dorfe Pomorzany zieht sich ein
langer Strich von blutrothen Keuperthonen hin; die Aecker
zeigen sogleich einen merklichen Unterschied vom Sandboden,
der hier vorherrscht. Die blutrothe Schicht ist von der dünnen
380
Schicht des Eisenoolithes bedeckt, die so reich an thierischen
Ueberresten ist und öfters Knollen von rothem Thon ein-
schliesst; die Knollen sind zum Theil verändert, werden grau,
und nur inwendig bleibt ein rother Kern. Auf der Karte wird
ein Punkt bezeichnet als Lettenkohlen-Gruppe. Petrogra-
phisch ist dieser Letten nicht unterscheidbar vom Keuper-
thone; und wenn dieser zur Lettenkohlen-Gruppe gehört, so
ist sie viel länger.
Herr RoEmER hat den weissen Jura von Polen ähnlich
eingetheilt, wie ich es gethan, und diese Eintheilung entspricht
der QUENSTEDT' schen, nur werden die Schichten anders be-
nannt. Das unterste Glied sollen Kalke mit Am. cordatus be-
zeichnen; aber zumeist ist diese Abtheilung ein ausgezeichne-
ter mächtiger Kalkmergel; dem schwäbischen ist diese Zone
bei Pomorzany, Rodaki, Grabowa vollkommen ähnlich, weiter
nördlich wird diese Schicht dunner und besteht aus wechsel-
lagernden Schichten von Kalkmergel und bläulichgrauem Kalk-
stein. Eine ausgezeichnete Ammoniten - Fauna charakterisirt
diese Abtheilung, nur fehlt die so häufige Terebratula impressa.
Um also auf die grosse Aehnlichkeit mit Württemberg hinzu-
deuten, glaube ich, dass es zweckmässig wäre, die Bezeich-
nung Weisser Jura « zu behalten.
Auf den Kalkmergel hat sich weisser oder gelblichweisser
reiner Kalkstein niedergeschlagen,, der durch eine ausgezeich-
nete Planulaten- Fauna charakterisirt wird; selten findet sich
hier ein ausgewachsener Am. cordatus mit mehreren anderen,
die in der ersten Zone im polnischen Jura nicht erscheinen,
wie Am. Henrici, Eucharis, perarmatus, Isoarca transversa, Lima
giganten, Rhynchonella lacunosa. Es ist dies Weisser Jura P,
von ROEMER mit j” bezeichnet.
Die folgende Zone besteht aus ähnlichem Kalkstein, der ge-
wöhnlich in sehr dicke Schichten abgesondert ist und viele
Feuerstein - Knollen enthalt, mit einer ähnlichen Ammoniten-
Fauna, in welcher aber Planulaten seltener werden. Hier
kommt die Rhyn. trilobata zum Vorschein mit R. lacunosa und
Tereb. bisuffarcinata. In dieser Zone sind Spongiten verbreitet,
jedoch finden sich dieselben in Polen schon in viel tieferen Schich-
ten, in dem braunen Eisenoolithe mit 4m. macrocephalus; sehr
häufig in der untersten Zone des weissen Jura o, und sie en-
digen mit der oberen Zone 6. Weder im Corallien (Inwald,
Korzecko), noch im Kimmeridgien habe ich eine Spur von
Schwämmen gefunden.
381
8. Ueber den Topas einiger Zinnerzlagerstätten, beson-
ders von Altenberg und Schlaggenwalde, sein Vorkommen
und seine Krystallformen.
aa Von Herrn Pıvr Grora ın Berlın.
Hierzu: Taf; XE
Von den zahlreichen Varietäten des Topas, welcher zu
den an Krystalllächen reichsten Mineralien gehört, hat bisher
nur eine Gruppe besonders eingehende Untersuchung erfahren,
nämlich die russischen Topase, durch die Arbeiten des Herrn
von KOKSCHAROFF. Unter allen übrigen sind verhältniss-
mässig am wenigsten genau untersucht diejenigen der Zinnerz-
lagerstätten, auf welchen der Topas zu den für die Formation
besonders bezeichnenden Mineralien zu zählen ist. Nament-
lich gilt dies von den zahlreichen Fundorten desselben im
sächsischen Erzgebirge und den angrenzenden Theilen von
Böhmen. Der Umstand, dass sich in Berlin eine Sammlung
von Handstucken dieser Vorkommen (welche zum grössten
Theil jetzt keine Ausbeute mehr liefern) befindet, wie sie wohl
kaum zum zweiten Male existiren dürfte, nämlich in der rei-
chen Privatsammluug des Herrn Taunau, — die Freundlichkeit
desselben, welcher mir die Untersuchung dieses vorzüglichen
Materials in eingehendster Weise gestattete und mich dadurch
zum grössten Danke verpflichtete, veranlasste die vorliegende
monographische Bearbeitung. Dadurch, dass sich von den hier
in Betracht kommenden Localitäten in der Taunau’schen Samm-
lung mehrere hundert sorgsam ausgewählte Handstücke befin-
den, war es möglich, auch für die Paragenesis der Mineralien
sichere Daten zu gewinnen, da für jedes Altersverhältniss un-
ter den zahlreichen Stufen sich immer solche befanden, welche
über das relative Alter keinen Zweifel übrig liessen. Ich
widme daher im Folgenden dem Vorkommen um so lieber
einige Zeilen, als ich, durch eigene Anschauung mit allen er-
wähnten Localitäten bekannt, demselben zum Theil ein ein-
Zeits. d.D.geol.Ges. XXII. 2. 25
382
gehenderes Studium gewidmet habe, in der Hoffnung, dass die
erlangten Resultate auch für die Kenntniss der Zinnerzlager-
stätten im Allgemeinen von einigem Interesse sein dürften.
Ausser dem Material aus der Taunau’schen Sammlung
konnte ich mit der gefälligen Erlaubniss des Herrn G. Rose
dasjenige benutzen, welches das hiesige königliche Mineralien-
cabinet enthält; ferner überliess mir freundlichst Herr ZscHAU
in Dresden eine Anzahl Krystalle aus Altenberg, welche mir
zum Theil als wichtige Stücke für die Messungen dienten,
endlich war Herr STELZNER in Freiberg so gütig, mir eine An-
zahl für die Paragenesis interessanter Specimina aus den Frei-
berger Sammlungen zur Ansicht zu schicken. Durch die freund-
liche Gefälligkeit der betreffenden Sammlungsvorstände war es
mir ferner möglich, die in Freiberg und Dresden vorhandenen
Exemplare einer genauen Durchsicht zu unterwerfen. Allen
den genannten Herren sage ich hiermit meinen verbindlichsten
Dank.
Die Krystallmessungen sind im hiesigen physikalischen
Universitätslaboratorium des Herrn G. Masnus angestellt, und
zwar mit einem von OERTLING gebauten MITSCHERLICH’schen
Reflexionsgoniometer, dessen Kreis eine Ablesung auf 0,5 ge-
stattete; bei der Messung wurde das zweite Fernrohr abge-
nommen und als Object eine sehr kleine Gasflamme in ge-
nugender Entfernung benutzt. Diese Methode gestattet, wenn
ein dunkles Zimmer zur Verfügung steht, so genaue Resultate,
als nur bei der Beschaffenheit der Krystallflächen möglich ist;
sie liefert die empfindlichste Controlle dafür, dass eine Fläche
vollkommen eben ist, da bei der geringsten Abweichung von
der Ebene, wobei immer noch ein deutliches Bild des
Fadenkreuzes des zweiten Fernrohrs erhalten wurde, die Flamme
doppelt oder in die Länge gezogen erscheint. Die optischen
Untersuchungen sind in demselben Laboratorium ausgeführt.
Die gewählten Bezeichnungen sind die Naumann’schen,
nur mit dem Unterschiede, dass mit a die Brachydiagonale,
mit c die Verticalaxe bezeichnet ist.
383
I. Topas von Altenberg.
A. Vorkommen.
Das Altenberger Zinnstockwerk wird bekanntlich von einer
Anzahl zinnführender Netzgänge von meist geringer Mächtig-
keit durchsetzt, auf welchen mannichfache gut krystallisirende
Mineralien einbrechen. Zu diesen gehört die zu beschreibende
Varietät des Topases.*) Die Grundlage derjenigen Gangstücke,
welche denselben besonders reichlich enthalten, besteht also
aus dem bekannten dunkelgrauen, mit Zinnerz imprägnirten
Zwittergestein des Stockwerkes; auf diesem findet sich
zuerst eine Quarzlage, welche innig mit dem Nebengestein
verflösst erscheint. Dieser folgt ein unregelmässiges, oft von
Rotheisenerz gefärbtes Gemenge von Topas mit Quarz, von
welchen beiden Mineralien der Topas das ältere ist, da
deutliche Krystalle desselben in Quarz steckend und Eindrücke
in demselben zurucklassend zu beobachten sind. Es hat also,
wahrscheinlich nahezu gleichzeitig mit der Topasbildung, aber
etwas später, eine zweite mächtige Quarzbildung auf diesen
Gängen stattgefunden; das Aussehen dieses Quarzes ist indess
ganz übereinstimmend mit dem des älteren, welcher die Saal-
bänder des Ganges bildet. In jenem Gemenge finden sich noch
untergeordnet Wolframit und Molybdänglanz; während der
Quarz nicht immer in isolirten Krystallen erscheint, tritt
der Topas stets in vorzüglich scharfkantigen glänzenden
Krystallen auf, welche, gewöhnlich nur mit einem Ende
ausgebildet, in dem ebenfalls noch Topas haltigen Ge-
menge regellos zerstreut liegen und sich glatt davon ablösen.
Als jüngere Gebilde treten dann krystallisirtes Zinnerz, Stein-
mark und Flussspath hinzu, von denen wieder Zinnerz das älteste
Glied ist. Dasselbe ist gewöhnlich jünger als der Topas; denn
es findet sich zuweilen der letztere in die Kıystalle desselben
eingewachsen; selten ist es älter als jener. Wenn das Stein-
mark vorwaltet, scheint der Quarz, wenigstens die grösseren
*) Auffallenderweise wird derselbe in den älteren Beschreibungen von
GöruE (s. Nösgzratu in Lzonuarp’s Tasehenb. 1825, I., 558) und Kuır-
stein (Geogn. Bemerk a. e, Reise d. Sachsen u. Böhmen, 1830, und
Jahrb. f. Min. 1830, 256 f.) nirgends erwähnt. Ebensowenig führen
ihn Breırtuaupt, Paragenesis, und Cotta, Erzlagerstättenlehre, an.
25°
ee
a 1
3
384
Krystalle, zurückzutreten. An vielen Stücken findet sich eine
weiche, violettgraue, Steinmark-ähnliche Substanz , jedenfalls
ein Flussspath - haltiges Gemenge, welche den Gang zuletzt er-
füllt und glatte glänzende Eindrücke der Topas- und Quarz-
krystalle angenommen hat.
B. Krystallform.
Die Topaskrystalle von Altenberg gehören zu den flächen-
reichsten dieses Minerals überhaupt. Sämmtliche Formen,
welche ich an denselben beobachtet habe, sind in der folgen-
den Tabelle angeführt, wobei diejenigen, welche neu aufge-
funden, d. h. am Topas überhaupt bisher noch nicht
bekannt, mit einem T bezeichnet sind. Vor das Zeichen
sind die von Herrn v. KoKSCHAROFF gewählten Buchstabenbe-
zeichnungen, mit Hinzufügung neuer für die noch nicht be-
nannten Flächen, gesetzt, und dieselben Buchstaben sind auch
auf den Figuren (Tafel XI.) zur Anwendung gekommen:
1) M=noP
2) m = ooP2
3) {= ooP:
4) led
5) ge on
or oo P5
{0 G— Be
SA oo Poo
9) PD ı Po
10%, ia De
11) u — 2 Poo
12) d= Po
13) 2 — 1Poo
14) h= i1Po
15) De, DB
16) u=.4#P
385
l
17) i=1P
18) P=0P
I
Ausserdem: 19) ein Brachydoma, welches nur wenig gegen
f geneigt ist, und dessen Messung auf das Zeichen 2 Po
führen würde; 20) ein ebensolches als Abstumpfung der Kante
f:y, deren mehrere bekannt sind; 21) ein sehr flaches
er (Rhombenoktaöder der Hauptreihe), die Kante zwischen
2
P. Die übrigen vorkommenden Gestal-
ten erscheinen nur an einzelnen Krystallen und immer von ge-
ringer Ausdehnung der Flächen. Der erste Habitus geht durch
Grösserwerden der Flächen der Oktaöderzonen allmälig in den
zweiten über.
Was den Topas von Altenberg krystallographisch beson-
ders auszeichnet, ist neben seinem Flächenreichthum das vor-.
herrschende Auftreten der steilen Grundpyramide, welche,
ausser denen von Miask, eine nicht häufig auftretende Fläche
387
ist.*) Mit letzteren, die Herr v. KoKSCHAROFF (Mater. z. Mi-
neral. Russl. Il. Bd.) so ausführlich beschrieben und durch
zahlreiche Abbildungen erläutert hat, und welche in ihrem Ha-
bitus von den übrigen sibirischen ziemlich abweichen, haben
die Altenberger Krystalle in jeder Beziehung die grösste Aehn-
lichkeit. Namentlich Ceilt dies von denen des zweiten Habitus
(dem bei Weitem die Mehrzahl angehört), deren Flächen fast
sämmtlich die namlichen sind und in derselben relativen Aus-
dehnung, wie an den Miasker Krystallen, combinirt erscheinen.
Unter anderen ist auch die sonst beim Topas so seltene Fläche
e = coPco, welche für die Krystalle vom Ilmensee charakte-
ristisch ist, an jedem Krystall von Altenberg, wenn auch meist
sehr schmal, nachzuweisen.
Die Beschaffenheit der Flächen ist die folgende:
Das Grundprisma M, immer gross ausgedehnt, ist zwar öfters
ganz eben und von vorzüglichem Glasglanz, viel häufiger aber
vertical gestreift, besonders der nach der Combinationskante
mit m hin liegende Theil der Fläche; ebenfalls vertical, also
parallel mit ihren Combinationskanten, erscheint auch die Strei-
fung auf den anderen Prismen m, l etc. Selten tritt auf den
Mtlächen eine horizontale Streifung auf, wie an dem Fig, 5,
Taf. XI. abgebildeten und unten näher beschriebenen Krystall.
Das Prisma g erscheint zuweilen auch ganz matt. Das Doma
/ ist meist eben und glänzend, zuweilen mit zahlreichen feinen,
warzigen Unebenheiten bedeckt, die indess so klein sind, dass
die Fläche noch immer hell glasglänzend erscheint; Streifung
parallel der Kante mit o kommt vor, besonders im oberen
Theile der Fläche, seltener horizontale (parallel der Combinations-
kante f:y) Fracturen und Streifen; eine sehr eigenthumliche
Form derselben zeigt der Fig. 5 abgebildete Krystall (siehe
unten); nur an vereinzelten Krystallen ist / ganz rauh. 2 Po,
meist glänzend, oft auch etwas gekrümmt, ist gewöhnlich klein,
*) Die beiden an den übrigen Fundorten gewöhnlich vorkommenden
Pyramiden der Hauptreihe sind bekanntlich flacher als P, nämlich 1 P
und „P. Die Fläche P? findet sich gross ausgedehnt noch an den Kıy-
stallen von Mourne Mountains bei Belfast in Irland und von Rio San
Francisco in Brasilien, welche auch im Uebrigen den Altenbergern sehr
ähnlich sind.
BEN ee
doch kommt es vor, dass eine Fläche desselben gross ausge-
dehnt erscheint; zuweilen findet sich eine horizontale Streifung
parallel der Kante y:f. Sobald zu f und y noch ein flache-
res Brächydoma ;hinzutritt (an einigen Krystallen > Poc, wie
sich aus dem Parallelismus der Combinationskante desselben
mit 4 P ergab), so erscheint dieses stets wenigstens ganz matt,
wobei es mit f noch eine deutliche geradlinige Combinations-
kante bildet, öfter aber rauh und warzig, und geht dann ge-
wöhnlich gerundet in die Fläche von Poo über. In letzterem
Falle entsteht es meist dadurch, dass eine Menge kleiner Kry-
stallendigungen, von der f-Fläche ausgehend, in deren oberen
Theile sich dachziegelförmig nach oben über einander schie-
ben (vergl. Fig. 5, Taf. XI.); die dadurch entstehende rauhe
Fläche hat man wohl nur als eine Scheinfläche zu betrachten,
da sich aus ihren Combinationskanten mit den Oktaödern ihre
Lage nicht bestimmen liess. Ueberhaupt erscheint die obere
Kante f:f, welche die Endigung des Krystalls bildet, immer
abgerundet und rauh, zuweilen deutlich aus zahlreichen kleinen
Krystallenden zusammengesetzt. Dehnt sich dies auch auf
einen grossen Theil der Flächen von f aus, so finden sich
diese, und besonders die obere Kante, oft mit Eisenrahm und
anderen fremdartigen Substanzen überzogen, während die an-
deren Krystallflächen sich glatt und rein von den umgebenden
Mineralien ablösen. — Die basische Endfläche, welche nur hier
und da und immer klein auftritt, ist stets matt. Die steile
Pyramide o erscheint von allen vorkommenden fast immer als
die bei weitem grösste, sie ist meist glatt und glänzend, zu-
weilen stark gestreift parallel der Kante o: M, und in diesem
Falle kann man deutlich beobachten, dass die horizontale Strei-
fung durch das Alterniren mit einer steileren Pyramide der
Hauptreihe entsteht; an anderen Krystallen ist dieselbe Fläche
aber anch, und zwar sehr stark an dem oben erwähnten gröss-
ten Krystall der Tamnau’schen Sammlung, parallel o:d ge-
streift. Die Abstumpfung d = Po erscheint meist matt und
parallel o:d gestreift, zuweilen aber auch glänzend und mit
Streifung parallel d: M. Die beiden flachen Pyramiden « und
i, sowie auch c, sind zwar glänzend, aber meist nur sehr klein.
389
Die Abstumpfungsfläche p*) ist gewöhnlich rauh, A glänzend
und deutlich nach den Kanten Ah:i gestreift.
Diese soeben ausführlich mitgetheilten Beobachtungen zei-
gen, dass bei einer grossen Anzahl von Flächen des Topas
von Altenberg sich Streifung in verschiedenen Rich-
tungen zeigen kann. Man hat wohl früher angenommen
(und es waren bisher als Ausnahmen davon nur bekannt
Kupferlasur und Eisenkies), dass eine und dieselbe
Krystallfläche auch nur eine und dieselbe Strei-
fung trage, an welcher man sie stets sicher zu erkennen ver-
möge. Wenn sich auch hierdurch zeigt, dass dies keineswegs
der Fall ist, so lässt sich doch leicht erkennen, dass auf jeder
Krystallfläche eine Art von Streifung nicht nur bei Weitem
die häufigste, sondern auch in den meisten Fällen die regel-
mässigste ist, so dass diese als die charakteristische
Streifung der Fläche bezeichnet werden könnte. So ist
bei den in Rede stehenden Krystallen die charakteristische
Streifung der Prismenflächen die verticale, der Brachydomen
und der Hauptpyramide die horizontale u. s. w., -was wahr-
scheinlich für alle Varietäten des Topas gilt.
Zur Veranschaulichung der Combinationen dienen die in
den Figuren 3 und 4, Tafel XI., nach der Natur gezeichneten
Krystalle, welche mit Rücksicht darauf ausgewählt sind, dass
es die flächenreichsten und auf denselben die Mehrzahl der
oben angeführten schmalen Abstumpfungen (die abgeleiteten
Pyramiden) ihrer Lage nach zu ersehen sind.
Fig. 3, Taf. XI., ist ein Krystall meiner Sammlung, den
ich von Herrn ZscHau in Dresden erhalten habe. Derselbe
Dr] u De] I
zeigt in der Prismenzone © P, » P2, & P2, © P3, © P5;
1
Bıner I, Pos, ,L, 1 px und die Abstumpfungen d: u, u: f,
d:o und d: M.
Fig. 4, im Besitz des Herrn TaunAv, ist die Combination
ooP,ooPi, oP2, P, Po, iP,4P, 4Po, 2 op,
*) Dieses Doma wurde an einem Mursinsker Krystall der Sammlung
des russ. Bergeorps von Herın Breırnaurt angegeben (s. KoKsSCHAROFF,
Mat., Ill. Bd.), aber von Herrn v. KokscHArorr nicht benannt. Ich
habe es am Altenberger Topas öfters beobachtet.
» Ber r
390
ra, ; UP oo und eın noch flacheres Brachydoma; endlich die
Ab om pfängen da, dEM, ur. dei.
Fig. 5 stellt ein Individuum dar, welches durch seine
Zusammensetzung, ein lehrreiches Beispiel für die schichten-
weise Bildung dieser Krystalle liefert. Auf der einen der gross
ausgedehnten M-Flächen ist nämlich die Krystallbildung, wie
dies bei anderen Substanzen, namentlich bei künstlich krystalli-
sirten Salzen, so häufig der Fall, nicht bis zur Ausfüllung der
ganzen Fläche gelangt, und die zurückgebliebene Vertiefung
zeigt in zahlreichen treppenformig nach innen gehenden Ab-
sätzen die Grenzen der nach und nach entstandenen Schichten
des Krystalls. Diese Grenzen sind nun, wie die Figur zeigt,
immer parallel bestimmten Kanten am Krystall, nämlich den
Combinationskanten f: M, M:o (horizontal), M (links) : o
(rechts) und M (links) : w (rechts). Ganz dieselben Richtun-
gen, und nur diese, zeigen sich auch als Streifung auf den
M-Flächen selbst, von denen namentlich die linke, mit einer
starken Lupe betrachtet, ein Bild von solcher Mannichfaltigkeit
der Figuren darbietet, dass es auch durch die sorgfaltigste
Zeichnung nicht hätte zur Anschauung gebracht werden kön-
nen. Trotz dieser Mannichfaltigkeit, welche durch das Ab-
setzen der Streifen an den sie durchschneidenden und verwer-
fenden, anders gerichteten entsteht, herrscht in denselben die
grösste Regelmässigkeit; sie lassen sich sammtlich auf die vier
oben genannten Richtungen zurückführen. Eine seltene Aus-
nahme bildet dieser Krystall noch dadurch, dass die dichteste
und auffallendste Streifung auf M die horizontale ist, während
M an den meisten Krystallen nur vertical gestreift erscheint, _
wie dies auch auf den beiden hinteren Prismenflächen dessel-
ben Individuums in ganz normaler Weise der Fall ist. Auf
den Combinationskanten von M und f (rechts) befindet sich
eine Reihe treppenförmig abgesetzter kleiner Flächen, welche
mit o zugleich einspiegeln. Die f-Flächen zeigen eine von der
gewöhnlichen ganz verschiedene Art von Streifung, welche,
gegen die rauhe obere Kante hin am stärksten, nach unten
immer feiner werdend, aus lobenartigen Zickzacklinien besteht,
wobei die Längsausdehnung der einzelnen Spitzen parallel der
Kante o.::f liegt.
Hemimorphe Krystalle. Die sehr seltenen an bei-
391
den Enden ausgebildeten Krystalle des Topas zeigen bekannt-
lich oft eine Art von Hemimorphie dadurch, dass besonders
die Flächen / und d nur an einem Pol auftreten. Unter zahl-
reichen Krystallen von Altenberg findet man ebenfalls nur we-
nige oben und unten frei entwickelte; diese zeigen aber die
erwähnte Erscheinung fast nur durch verschiedenartige Aus-
bildung der Flächen angedeutet. Ich habe in der Taunau’schen
Sammlung die im Folgenden: beschriebenen vier Krystalle ge-
funden:
1) An einem Pol f gross, y klein, die obere Kante f:f
etwas abgerundet, o und d ziemlich klein; am entgegengesetz-
ten Ende o und d ebenso, deutliche Abstumpfung von d:o,
ferner u und i, nach oben gerundet gegen das rauhe o P, end-
lich /f, wegen der Ausbildung der Pyramiden schmaler, als am
anderen Ende, und y.
2) Abgebildet in Fig. 6. Taf. XI. An einem Pol: P vor-
herrschend, Po, I, sp, Po, oP klein und matt, Pos:
2 Po (nur an einer Seite) glasglänzend, 1 Poo matt. Am
anderen Pol: vorherrschend o P (matt); +? und Pc eine
flache sechsseitige Zuspitzung bildend, alle ziemlich matt; als
schmale Abstumpfungen zwischen co ? und $ 7? erscheinen ?
und + ? glänzend.
3) An einem Pole eine Fläche von 4 P so gross ausge-
dehnt, dass die anderen nur als schmale Abstumpfungen er-
scheinen; übrigens an beiden Enden ?w, P, LP, 1 Po.
4) Der in Figur 7 abgebildete Krystall zeigt einen ganz
abweichenden Habitus durch Vorherrschen zweier gegenüber
liegender M- und zweier f-Flächen. Dadurch erscheinen alle
übrigen in sehr verschiedener Ausdehnung; die Flächen sind
folgende: &P, & P2, co Pw, Pw, 4Pco rauh, Po, oP
am unteren Pol, Pcv, P, +P, +P, Abstumpfung d:u sehr
deutlich, :f schwach. Die Hemimorphie zeigt sich wieder
nur in einem verschiedenen Ansehen der beiden Pole; während
am oberen (vergl. Fig. 7) f: J eine ziemlich ausgedehnte Kante,
schmal zugeschärft durch ! ! Po bildet, läuft das andere Ende
wegen der grösseren Ksbildung der Pyramidenflächen von
392
allen Seiten spitz zu und wird durch die kleine End-
fläche abgestumpft.
Ein vollständiger Gegensatz in Bezug auf die auftretenden
Flächen zwischen den beiden Polen ist also hier nicht zu be-
obachten; vielmehr sind gewöhnlich dieselben Flächen an bei-
den Enden vorhanden, und nur die Art ihrer Ausbildung deu-
tet auf die Hemimorphbie hin. Auch befindet sich in dem
mineralogischen Museum zu Dresden ein Krystall des ersten
Habitus, welcher an beiden Enden ganz gleich ausgebildet ist.
Die prismatische Zone wird bei allen eben beschriebenen Kry-
stallen durch co P (vorherrschend), ® P?2 und 8 P2 gebildet.
C. Resultate der Messungen.
Die Topaskrystalle von Altenberg setzen, obgleich von
so ausgezeichnetem glänzenden Ansehen, der genaueren Erfor-
schung ihrer Kantenwinkel doch einige Schwierigkeiten ent-
gegen. Diese liegen in der Zusammensetzung der Mehrzahl
aus mehreren, nicht streng parallelen Individuen, daher die
scheinbar noch so ebenen Krystallfllächen zwei, ja oft eine
ganze, über 1° lange Reihe reflectirter Bilder des leuchtenden
Objects*) geben. Da die Wahl des hellsten derselben nicht
immer die richtige sein durfte, da ferner zuweilen mehrere der-
selben gleich hell sind, so sind solche Flächen zur genauen
Bestimmung von Krystallwinkeln völlig unzulässig, Unter
diesen Unregelmässigkeiten findet sich besonders eine häufig,
dass nämlich die verschiedenen nicht parallelen Theile eines
Krystalls um die verticale Hauptaxe um einen kleinen Winkel
gedreht sind. Diese unregelmässige Ausbildung überträgt sich
dann auch auf die am Ende befindlichen domatischen Flächen,
wie weiter unten aus den Messungen von Pco zu ersehen ist,
Zu solchen Messungen, welche der Rechnung zu Grunde ge-
legt werden sollen, können natürlich nur ganz regelmässig
ausgebildete Krystalle gewählt werden, daher ich 24 Kry-
stalle, 10 meiner Sammlung und 14 der Tamnau’schen,
gemessen habe, um sichere und genaue Resultate zu erhalten.
*) Wie Eingangs erwähnt, war dies eine sehr kleine Gasflamme in
genügender Entfernung,
an un tr " + r
393
Zur Bestimmung des Axenverhältnisses a: b diente das verti-
cale Prisma M = &P. Um einen sicheren Werth fur das-
selbe zu finden, war es also nöthig, es an solchen Krystallen
zu messen, an welchen alle vier Fliachen so ausgebildet waren,
dass sie mit einander sehr nahe gleiche und resp. supplemen-
täre Winkel lieferten, also völlig regelmässig gegen einander
gelegen waren, und von diesen mindestens drei, wo möglich
alle vier, sehr scharfe Bilder reflectirten. Diese Bedingung
erfüllten von allen nur fünf Krystalle, an denen als Mittelwerthe
aus mehrmaligem Messen aller brauchbaren M-Flächen gefun-
den wurde:
1) MM. =: 18241:15 9
2) een
3) =3150
4). 1549
5) ER.
Die genaue Uebereinstimmung .dreier dieser Werthe, so-
wie der Umstand, dass von den beiden anderen Kıystallen der
erstere einen eben so viel darunter liegenden Werth liefert, als
der des zweiten darüber, zeigt, dass der wahre Winkelwerth
zwischen 124° 15’ und 16 liegt. Das Mittel jener 5 Zahlen
giebt, mit Rücksicht auf ihr nicht bei allen Ar&lgichen Gewicht
genommen, den Werth
M:M =:124° 15 30”.
' Dass dieser Fundamentalwerth sich der Wahrheit ausser-
ordentlich nähert, zeigt die Vorzüglichkeit der Uebereinstim-
mung der daraus berechneten Werthe mit def besten beob-
achteten für andere Kantenwinkel an den Krystallen (s. unten
die Tabelle der Winkel). An sechs anderen Krystallen waren
nur je zwei benachbarte Flächen von M gut messbar, weshalb
die daraus erhaltenen Resultate, nicht durch die regelmässige
Lage der anderen Flächen controllirt, keine genügende Sicher-
heit bieten können. Indess dienen sie in ausgezeichneter
Weise zur Bestätigung obigen Werthes; denn das Mittel der 6
gefundenen Winkel, die übrigens auch nur wenige Minuten von
einander abweichen, ist 124° 15,6.
Für die Bestimmung der relativen Grösse der verticalen
Hauptaxe, also des Verhältnisses ce; 5, bietet sich als gross
394
ausgedehnt und meist sehr eben das Doma f= Pco dar, Nun
erscheinen aber an den Krystallen, weil sie mit dem einen
Ende aufgewachsen sind, nur zwei Flächen desselben, die des
oberen Pols (die wenigen ringsum ausgebildeten eigneten sich
nicht für genaue Messungen); jene beiden Flächen bieten also
durch ihre Messung keine Controlle für ihre regelmässige Lage
zu einander und zu den übrigen Flächen. Ferner waren gerade
solche Krystalle, an denen f: f sehr genau bestimmt werden
konnte, wie die prismatischen Flächen zeigten, unregelmässig
ausgebildet, und es war daher sehr wahrscheinlich, dass diese
Unregelmässigkeit sich auch auf die domatischen Flächen aus-
gedehnt habe, und dadurch ihre Lage, obgleich sie selbst ganz
eben und nicht zusammengesetzt waren, alterirt worden sei.
Dies bestätigte sich vollkommen durch die Messung, welche
an verschiedenen Krystallen für f: f äusserst abweichende Re-
sultate ergab: von 92° 35’,5 bis 92° 51‘. Unter den fünf
Krystallen, an welchen die prismatische Zone so regelmässig
ausgebildet war, dass sıe zur Bestimmung des Fundamental-
werthes von M: M dienen konnte (s. oben), zeigte nur einer
so glänzende f-Flächen an seinem Ende, dass deren Neigungs-
winkel ganz genau gemessen werden konnte; hier stand also
zu erwarten, dass auch das Ende des Krystalls so regelmässig
gebildet sei, als die am grössten ausgedehnte prismatische Zone,
und somit der gefundene Winkel f: f der Wahrheit entspreche.
Um dies jedoch uber jeden Zweifel zu erheben, wurde die
regelmässige Lage beider Flächen von Pcoo dadurch untersucht,
dass die Neigung einer jeden von ihnen gegen diesel-
ben zwei Prismenflächen M, welche die vorzüglichsten Re-
flexbilder lieferten, bestimmt wurde. Ich fand, dass die eine
f-Fläche gegen M 108° 482, die andere gegen dieselbe
M-Fläche 108° 48,0 (Mittel mehrerer Messungen) geneigt
sei. Damit ist bewiesen, dass sie völlig regelmässig liegen,
der Winkel, den sie mit einander bilden, und welcher gefunden
wurde zu
92° 44 15”
als Mittel mehrerer Messungen, genügend nahe dem richtigen
Werth für die Neigung f:f ist. An einem anderen Krystall
mit guten f-Flächen waren zwei gegenüber liegende Flächen
E
E
&
2
De.
en
395
von M ebenfalls gut ausgebildet, und es wurde durch eine ganz
gleiche Messung gefunden, dass die ersteren ziemlich ebenso
regelmässig gelegen waren, als in dem soeben besprochenen
Krystall; ihre Neigung gegen einander war 92° 44°,5. Dem-
nach ist obiger Werth als sehr genau. anzusehen. Die Winkel,
welche an zwölf anderen Kıystallen für f: f gefunden wurden,
weichen aus den oben dargelegten Gründen bedeutend von
einander ab; — dass jedoch diese Abweichungen völlig regel-
lose Schwankungen sind, von zufälliger Unregelmässigkeit und
Zusammengesetztheit der Krystalle herrührend, und nichts Ge-
setzmässiges darin liegt, wird dadurch bewiesen, dass das
Mittel derselben, 92° 43, 3, nur 0',9 von dem oben gefunde-
nen wahren Werthe abweicht. Bei einer grösseren Anzahl
von Krystallen würde es sich also wohl demselben noch mehr
genähert haben.
Die beiden in dieser Weise mit grösstmöglichster Sorgfalt
bestimmten Werthe von M: M und f: f wurden der Rechnung
zu Grunde gelegt, und die gute Uebereinstimmung derjenigen
anderen Winkel, welche genau bestimmt werden konnten, mit
den aus jenen berechneten, wie sie sich in der weiterhin fol-
genden Tabelle zeigt, ist ein fernerer Beweis für ihre Genauig-
keit. Es ergab sich aus
M:M
et
das Axenverhältniss:
a:b:c = 0,52882:1:0,95330.
124° 15° 30”
92° 44° 15”
Demnach sind die krystallographischen Constanten dieser To-
pasvarietät nur wenig verschieden von denen der sibirischen
Topase, deren Axenverhältniss a:b:c = 0,52854 :1: 0,95395
v. KoxscH. (M : M= 124° 17’, f:f= 92° 42), und von denen
Herr v. KokscHAROFF gezeigt hat (Mat. z. Min. Russl.), dass
sie unter einander sehr genau übereinstimmen. Doch ist die
Verschiedenheit beider immerhin gross genug, um die Behaup-
tung zu rechtfertigen, dass der Altenberger Topas ein anderes
Axenverhältniss habe, als jene.
Die wichtigeren Kantenwinkel des ersteren sind in der
folgenden Tabelle aus dem Axenverhältniss berechnet und zur
Vergleichung neben diejenigen, welche zugleich beobachtet
396
worden sind, die durch Messung gefundenen Resultate gesetzt.
Da die meisten vorkommenden Winkel an mehreren Krystallen
gemessen wurden, diese aber von sehr verschiedener Beschaffen-
heit in Hinsicht der Flächen, also die Beobachtungen nicht
von gleicher Brauchbarkeit sind, so wurde für diese Tabelle
nur derjenige gefundene Werth ausgewählt, welcher an und für
sich wegen der besseren Beschaffenheit der dazu benutzten
Flächen die Wahrscheinlichkeit darbietet, dass er sich der
Wahrheit am meisten nähere, — ohne Rücksicht darauf, ob
es zugleich derjenige ist, welcher dem berechneten Winkel am
nächsten kommt (die Resultate der übrigen Messungen folgen
nach der Tabelle). Die in ( ) geschlossenen unter den beob-
achteten Winkeln sind durch Messung ganz schmaler oder ge-
krummter Flächen gewonnen und daher nur ungenaue Approxi-
mationen, welche lediglich dazu dienen können, das Zeichen
der betreffenden Gestalt zu bestimmen. Von den übrigen Win-
keln sind die genau und zuverlässig ermittelten mit (a), die
weniger genauen Messungen mit (b), die beiden Fundamental-
werthe, welche der Rechnung zu Grunde liegen, mit * be-
zeichnet.
Berechnet: Beobachtet:
M:Mana= #194 155
M:M and = 55°.44,5
M:ce —, 110: 52:3
m. m ana = 108 34
m:m and = 16 50,6
m: M — 169 27,0 169 23,5 (b)
NER N ee Le)
A:M 241097 9,4 (164. 54)
.rl = 4.16: °1056 (17619)
Des) Jana 86 VALA 86 AT,5 (o)
Lat “an d =2935°1 256
l:M =116° 1959 167 15,000
9 98 amt =°62. 27,0
ige gan BE 1193350
GM — 1580 97
gr 1 — 168 50,0 168 53,5 (b)
v-yw'an @= 47'26,0
vw: p an db = 138 34,0
397
- Berechnet Beobachtet
vw: M 1330332» (1399.19
Fa’fr anıc == *92 444
Hs, fand u a
EM —= 108 49,1 108 48,4 (a)
yıy an c = 55 21,2
y:y anb = 124 38,8
nf —= 161 18,4 161 21 (5)
d:deana —. 191.328
d:danc EHRE
p:pana =: 184 5.70,6
mn an = % 56,4
h:h ana =3#02.5.,02
h:hanc = L,P7 x.59,8
o:o(Kante X) = 130 21,9 130 29,5 (b)
9:0 (Kante; Y)-' :=:;:74.. 56,0 |
0:0 (Basisk. Z) = 127 45,3
o:M — 153.921 155 56 (b)
02.d — 155.110 155 11,5 (a)
0 f — 127 28,0
Zur Erläuterung dieser Tabelle mögen die folgenden Be-
merkungen über die Resultate der Messungen bei den einzelnen
Winkeln dienen:
Das Prisma m ist zwar fast an jedem Krystall vorhanden,
aber stets so gestreift, dass die Messungen nur dazu dienen
konnten, sich zu vergewissern, dass es in der That 8 P2
sei. A ist nur an einem Krystall als schmale Abstumpfung be-
obachtet worden, aber sein Co£@fficient durch die Messung sicher
gegeben. Für !:! und !:M sind die in der Tabelle mitge-
theilten Werthe an demselben regelmässig ausgebildeten Kıy-
stall erhalten, welcher den genauesten Werth von M: M und
den Fundamentalwerth für /: f geliefert hat; an einem ande-
ren Krystall, dessen co # ebenfalls regelmässig ausgebildet,
war nur eine /-Fläche gut zu messen, es wurde beobachtet
!:M = 161° 16 (also noch genauere Uebereinstimmung); an
den übrigen Krystallen war / auch bei gut messbarem M nicht
zu genauen Beobachtungen brauchbar. g tritt nur an einigen
Krystallen auf und immer ziemlich matt; u = &/P5 zwar an
Zeits.d. D.geol. Ges. XXIJ, 2. 236
398
sehr vielen, aber so schmal, dass nur an einem eine unge-
fähre Messung von w: M vorgenommen werden konnte, welche
indess das Zeichen dieses Prisma unzweifelhaft bestimmte (Hr.
v. KoKScHAROFF „ Mater. z. Min. Russl., III. Bd., hat bereits
ein unbestimmbares oo Pn angegeben, wo n<4, also wahr-
scheinlich dasselbe). Der für f: M in der Tabelle gegebene
Werth ist das Mittel der bei Gelegenheit der Bestimmung von
f:f bereits angeführten Winkel. y:f wurde nur einmal ge-
nauer gemessen, da aber die andere y-Fläche zu klein war,
bietet diese Beobachtung keine Sicherheit für die richtige Lage
der benutzten Fläche. Die Kante X von o wurde nur einmal
gemessen, ebenso 0: M, also ist von diesen Zahlen keine so
genaue Uebereinstimmung zu erwarten, als von einem Mittel
der Winkel aller zu einer Gestalt gehörigen Flächen. Dagegen
ist die in der Tabelle aufgeführte Zahl für o:d durch Messung
aller vier Kanten an dem ausgebildeten Ende, deren Mittel sie
ist, gefunden.
D. Optische Untersuchung.
Die Ebene der optischen Axen ist, wie bei den übrigen
Varietäten des Topas, das Brachypinakoid, die Verticale die
erste Mittellinie, der Charakter der Doppelbrechung positiv.
Wegen der leichten Spaltbarkeit nach der Basis erhält
man ohne Mühe Spaltungsplatten, genügend eben für die Mes-
sung des optischen Axenwinkels. Zu dieser Messung wurde
ein Des OroiszAaux’scher Apparat, welcher dem physikalischen
Cabinet der hiesigen Universität gehört, benutzt. Untersucht
wurden acht solcher Platten und theils direct der Axenwin-
kel in Luft, theils derjenige in Oel für verschiedene Farben ge-
messen und aus letzgferem der in Luft berechnet (bei bekann-
tem Brechungsexponent des Oels). Es ergab sich der Axen-
winkel in Luft, 2E:
Für Roth*): 121° 25 bis 122° 50‘, i. Mittel 2E = 121° 58
Für Gelb: 120 20 „ 122 36 2 = 10
Für Blau: 10 4 „ 121 53 — 120 56
Ferner wurden mit Hülfe natürlicher Prismen zwei von
den drei Hauptbrechungsquotienten a, B, y gemessen, indem
*) Für Roth wurde rothes Glas, für Gelb eine Natronflamme, für
Blau endlich schwefelsaure Kupfer - Ammonlösung verwendet,
399
von den beiden gebrochenen Lichtstrahlen das eine Mal der
ordentliche, das andere Mal der ausserordentliche durch ein
Nıcor’sches Prisma ausgelöscht und nur die Ablenkung des an-
deren bestimmt wurde. Hierzu diente ein kleines, zum Des
CroisEaux schen Apparat gehöriges, sogenanntes Pisant’sches
Goniometer, dessen Kreis eine auf 1— 2’ genaue Ablesung ge-
stattet. Als Lichtquelle benutzte man die Leuchtgasflamme
eines ArGanD schen Brenners, und stellte den Faden jedesmal
auf die Mitte der unten genannten Farben. Dadurch erhält
man für Roth, Gelb und Blau Werthe der Ablenkung, welche
den Farben der oben bei Bestimmung des Axenwinkels ver-
wendeten Mittel (rothes Glas, Natronflamme, schwefelsaures
Kupfer-Ammon) sehr angenähert entsprechen, wie sich weiter-
'hin zeigen wird; ferner erhält man durch verschiedene Pris-
men Brechungsguotienten, welche selten um 2 Einheiten der
öten Decimale differiren, gegenüber der Kleinheit der ange-
wandten Krystalle gewiss eine genugende Genauigkeit.
Mit Hülfe eines sehr vollkommen ausgebildeten Krystalls,
wobei sämmtliche Flächen von M zu je zweien als brechende
Prismen dienten, ergab sich:
Brechender Winkel = 55° 45.
Für den extraordinären Strahl (Elastieität || Axe 5)
waren die beobachteten Minimalablenkungen:
&
Erstes Flächenpaar: Zweites Flächenpaar:
Rotb:, 41° 53. Al? 97T
Eeoiy:* AD. 19 42 11
Grun: 42 34 42 26
Blau: 42 46 42 40
Die entsprechenden Brechungsexponenten:
Mittel:
BR, —- 1,6097) 8, =:1,6105 B-=.5;6108
- Gelb: 1,6150 1,6134 1,6142
Grün: 1,6181 1,6164 1,6172
Blau: 1,6205 1,6195 1,6199
Für den ordentlichen Strahl (Elastieität || ec) gaben die
beiden besten M-Flächen desselben Krystalls:
26*
Minimalablenkung Brechungsexponent
Roth: 42° 25 1,0102
Gelb: — 46 1,6205
Grün: — 57 1,6227
Blau: 43 12 1,6258
Die beiden anderen M -Flächen gaben ein, durch andere innen
reflectirte, gestörtes Spectrum, weshalb für die Bestimmung
dieses Index noch eine Messungsreihe mit einem anderen Kry-
stall (No. 2 bez.) vorgenommen wurde. Es wurde gefunden:
Minimalablenkung:
bei No. 1 bei No. 2
Roth: 42° 32 42° 22
— 5) — 4
43 6 43 9
— 18 — 26
Brechungsindices:
bei No. 1 bei No. 2 Mittel
Reith; 7, — L,oltı le 1,6159 . (y) = 1,6168 e..
Gelb: 1.6222 1,6197 1,6209 %
Grün: 1,6246 1,6254 1,6250 ;
Blau: 1,6270 1,6289 1,6279
Da auch der letztere Krystall kein reines Spectrum lieferte, so
wurde für die Berechnung des Mittels von y den beiden letz-
ten Bestimmungen nur das haibe Gewicht der ersten beige-
legt und so folgender Mittelwerth erhalten:
Roth: yvy= 1,6165
Gelb: 1,6207
Grün: 1,6238
Blau: 1,6268
Aus dem nunmehr bekannten mittleren Brechungsindex ß
und dem scheinbaren Axenwinkel in Luft, 2 E, lässt sich be-
kanntlich der wahre innere Winkel der optischenAxen
2 V, berechnen nach der Formel:
FT
401
sinV = 1 sin E.
ß
Diese Rechnung ergiebt:
Roth: 2V7 = 65° 48
Gelb: — 18
Blau: . 64 58
Da man nach einer bekannten Gleichung aus den 3 Haupt-
brechungsquotienten a, B, y den Axenwinkel berechnen kann,
in diesem Falle aber letzterer, sowie ß und y bekannt sind,
so lasst sich leicht umgekehrt einer der Indices, nämlich 0,
aus 9, y und V finden durch die Formel:
A202
E en
a? ++ cos?’ V
Auf diese Weise wurde nah
Rothitvb gi 116075
Gelb: 1,6115
Blau: 1,6171
Somit sind sämmtliche optische Constanten des Topas von
Altenberg ermittelt und in der folgenden Tabelle zusammen-
gestellt:
a“ Differ. Bu Di Y Auen 2V
Roth: 1,6075 „, 1,6101 1,6165 u 48’
Gelb: 1,6115 161 1.6207 0 0.2 18
En 187° 1,6199. 9° © oa 5
Die als ein Maass der Dispersion dienenden Differenzen
der Indices für verschiedene Farben, in Einheiten der 4ten
Decimale angegeben, müssen für die grösseren um eine geringe
Grösse wachsen; die Uebereinstimmung der Verhältnisse
40:56, 41:57, 42:61 zeigt, dass die Exponenten selbst fast
auf 4 Decimalen zuverlässig sind.
Durch die Wärme wird der Winkel der Axen nur wenig
geändert; bei 100° zeigt er eine Zunahme von einigen Minu-
ten, wie dies für Topas von Brasilien bereits Herr Des Cror-
SEAUX (Man. d. min. I., 476) gefunden hat.
402
il. Topas von Schlaggenwalde.
A. Vorkommen.
Das Auftreten von Topas, welcher an diesem Orte in
grösserer Menge gefunden worden ist als in Altenberg, wird
angegeben sowohl in den regelmässigen in Gneiss aufsetzenden
Zinnerzgängen, als auch im Greisen, der an der Grenze von
Granit und Gneiss auftritt und die Erze in Nestern enthält.
Da die Gruben, bevor ich die Gegend besuchte, zum Erliegen
gekommen waren, so muss ich mich darauf beschränken, über
das Auftreten des Minerals dasjenige mitzutheilen, was ich an
einer grossen Reihe Gangstücke, namentlich der Tamnav’schen
Sammlung, beobachten konnte. Diese Stücke sind von zweier-
lei Art:
a) Dunkeler flaseriger Gneiss als Neben zuweilen
auch so feinkörnig und wenig flaserig, dass er dem Altenber-
ger Stockwerksgestein ähnlich wird, an der Grenze gegen den
Gang hin Topas und Kupferkies deutlich, wahrscheinlich auch
Zinnerz und Wolfram enthaltend. Mit dem Nebengestein fest
verbunden bildet fast das ganze Saalband des Ganges milch-
weisser oder öfter grünlich gefärbter, meist nur durchscheinen-
der Topas, der nach innen in dicken Prismen auskrystallisirt
erscheint. Diese Krystalle sind oft von ziemlich beträchtlicher
Grösse und gebildet von den Flächen: ®P2 und 2 Po vor-
herrschend, ferner ®&P, ®& P2, +P u.s. w. — In dem Pyro-
physalith-ähnlichen, strahligen und dichten Topas, welcher die
Unterlage dieser Prismen bildet, findet sich besonders Wolfram
eingeschlossen, dessen gestreifte prismatische Krystalle sich
scharf im Topas abdrücken. Dieselben werden zum Theil di-
rect vom Nebengestein getragen, sind also jedenfalls älter als
der Topas. Neben diesen findet sich ferner Zinnerz, welches
zuweilen vor dem Topas vorwaltet, und Molybdäanglanz. Das
Zinnerz ist zum Theil älter als Topas; an solchen Stucken
fand ich folgende Successionsreihe:
1. und 2. Wolfram und Zinnerz, deren Altersverhält-
niss nicht sicher entschieden werden konnte; 3. Topas;
4. Quarz, nicht auskrystallisirt.
Andererseits findet sich Zinnerz mit deutlichen Eindrleken
EEE ERSNER EN
a TR EEE EEE
er
en
a g 7%
ae a Te Su a
103
der Topaskrystalle, und ergiebt sich in diesen Fällen die
Altersreihe:
1. Topas; 2. Zinnerz; 3. Kupferkies.
Wir haben es also hier jedenfalls mit mindestens zwei,
durch ihr Alter verschiedenen, Bildungen des Zinnerzes zu
thun. Ferner zeigen die hierher gehörigen Successionsreihen
2. und 3. in Breıthaupr’s Paragenesis, S.143, dass auch Quarz
älter als Zinnerz, Wolfram und Topas, vorkommt.
b) Die zweite Kategorie von Topas führenden Handstucken
von Schiaggenwalde stellen ein greisenartiges Gemenge dar
entweder von Quarz mit Topas und Glimmer, oder von Topas
und Zinnerz. Ausser dem Glimmer, welcher nur kleine haar-
braune Blättchen bildet, erscheinen die genannten und einige
andere Mineralien sämmitlich in ausgebildeten Krystallen. Un-
ter diesen sind Quarz, Topas und Glimmer die ältesten, und
zwar wird der letztere von den beiden ersteren umschlossen
gefunden, so dass jener wohl der frühesten Entstehung ist.
Der Topas ist theils jünger als der Quarz, und man findet
dann kleine Quarzkrystalle theilweise in denselben eingewachsen,
beim Ausbrechen einen Eindruck hinterlassend, öfter aber älter,
so dass besonders die grösseren Quarzkrystalle jenes Gemen-
ges zahlreiche ausgebildete Topasindividuen ganz oder zum
- Theil einschliessen. Jedenfalls hat also hier, wie auf den
Altenberger Gängen, eine gleichzeitige Bildung grosser Massen
beider Mineralien stattgefunden, wobei diejenige des Quarzes
_ früher begonnen und später aufgehört hat, als die Periode
dauerte, während welcher der Topas zum Absatz gelangte.
Die schönen Zinnerzzwillinge, welche in diesem Gemenge, be-
sonders mit Topas verbunden, auftreten, sind sämmtlich jünger
als dieser. Es mögen hier einige der an einzelnen Stücken
beobachteten Altersreihen folgen:
1. Topas; 2. Zinnerz; 3. Kupferkies; 4. Steinmark.
1. Topas; 2. Zinnerz; 3. Flussspath. >
1. Quarz; 2. Topas; 3. Zinnerz; 4. Flussspath; 5. Stein-
1. Glimmer; 2. Topas; 3. Quarz; 4. Flussspath.
1. Glimmer; 2. Quarz; 3. Topas; 4. Quarz; 5. Fluss-
1. Topas; 2. Apatit.
404
Im Allgemeinen ergiebt sich, dass die Mineralien dieses
Gemenges sich wohl in folgender Ordnung gebildet haben:
Glimmer. Quarz. Topas. Quarz. Zinnerz,. — Zuletzt:
Apatit, Flussspath, Kupferkies und Steinmark, die zum Theil
secundärer Entstehung sind.
B. Krystallform.
Die im Folgenden mitgetheilten Beobachtungen über die
Krystalle des Topas von Schlaggenwalde beziehen sich auf
diejenigen der zweiten Art des Vorkommens. Die an demselben
beobachteten Krystallflächen sind die folgenden:
l. M ap
2. m = op%
3 I=wP2
4. a P3 |
9. d— coP3
en
: u Po
8. = 2Poo
9. C.— SE
10. tb= 1Po
11. h= 4Po
12. }ö= 2Po®
13 pP*r)= !Po
14. d= Po
5. +p= 2Po
16. De R
17. — ı1Pp
18. ji= :P
*) Von Herrn v. KoxscHArorF nur selten beobachtet und nicht be-
nannt.
19. SE
Wr apa
2ER Di P3
22. 00
DI P= oP
Ferner finden sich noch einige nicht näher bestimmbare
schmale Abstumpfungen, so der Kante von i:x, der von 0:M
(wahrscheinlich e = 2 P), von M:r, l:y, M: M (jedenfalls
co Poo) und d:o. Man ersieht hieraus, dass der Topas von
Schlaggenwalde dem von Altenberg an Flächenreichthum kei-
neswegs nachsteht.
Der Habitus der meist nur kleinen Krystalle wird bedingt
durch das Vorherrschen des nahe rechtwinkeligen Prisma oc P2
und des Doma 2 Po, wodurch die gewöhnlich ringsum aus-
gebildeten Individuen, in der Richtung der Makrodiagonale ge-
sehen, ein briefeouvertartiges Ansehen erhalten; unter den Py-
ramiden ist — £ die gewöhnlichste. Eine solche einfache Oom-
bination zeigt Fig. 8, Taf. XI. Alle anderen oben aufgeführten
Flächen sind meist nur klein. Während die grösseren Kry-
stalle der ersten Art des Vorkommens (s. oben „Vorkommen“),
welche im Allgemeinen dieselben Flächen, wenigstens die häufi-
geren derselben, zeigen, denen mancher anderer Zinnerzgänge
sehr ähneln, stehen die hier beschriebenen, in dem greisen-
artigen Gemenge liegenden, in Bezug auf ihr Ansehen keinen
eines anderen Fundortes so nahe, dass sie nicht leicht davon
unterschieden werden könnten.
Die beiden Enden sind immer ganz gleich aus-
. gebildet. 2
Die in der obigen Tabelle angeführten Prismen sind, ausser
rz, sämmtlich fast an allen Krystallen zu finden; sie tragen
oft, besonders stark das vorherrschende /, die für die prisma-
tischen Formen beim Topas überhaupt charakteristische verti-
cale Streifung. 2Pco, meist von den Brachydomen allein
*) Herr v. KoxscharorF nennt eine flache, aber nicht bestimmbare
Pyramide dieser Zone <, welche wahrscheinlich mit dieser identisch ist,
dagegen wird z3P von Brasilien bereits von Herrn Naumann, Beine - und
angew. Krystallogr. II, 43, erwähnt.
406
auftretend, hat zuweilen vereinzelte horizontale Streifen. SB
ist sehr häufig, meist aber klein. Die Makrodomen sind saämmt-
lich untergeordnet und nnr an denjenigen Krystallen mit Sicher-
heit zu bestimmen, an welchen die Pyramidenflächen etwas
grösser ausgedehnt sind; 4 Foo ist gewöhnlich glänzend, Px
aber matt. Unter den Oktaädern herrscht stets % relativ vor,
o tritt am seltensten auf und nur sehr klein. oP ist häufig
vorhanden und stets ganz matt.
Die Art des Auftretens der einzelnen Flächen zeigen die
Figuren 9 und 10, Tafel XI., welche mit Berücksichtigung der
verschiedenen relativen Ausdehnung der Flächen, wie sie sich
an bestimmten Krystallen vorfand, gezeichnet sind:
Fig. 9 zeigt die Combination: ® P, 2 2P®, 1Po,
“Po, 2 Po, Po, P,+P,=P,4#P, 2 pP, oP und die Ab-
empfusen 0o:M, Od en Bis und M:M.
Fig. 10 enthält folgende Flächen: SR, op}, oP2,
2Po, Po, Po, P,+P,+4P, : P9, P3, 2P3, oP und
die oncen 7. M und 0: M.
C. Resultate der Messungen.
Der Topas von Schlaggenwalde eignet sich weit weniger,
als der von Altenberg, zur Ermittelung genauer Werthe seiner
Kantenwinkel. Die Krystalle sind durch eingeschlossenen Glim-
mer und zuweilen Quarz in ihrer regelmässigen Entwickelung
gestört und daher die Winkel Schwankungen unterworfen,
welehe nicht unbeträchtlich sind. Um einigermaassen genaue
Resultate zu erhalten, hätte eine sehr grosse Anzahl gemessen
werden mussen. Darauf verzichtend, habe ich mich mit einer
annähernden Feststellung der Winkel begnügt.
Für das Grundprisma M wurde an zwei Krystallen ge-
funden:
M:M = 124° 9,5
9’
Für die Form DS an dreien:
7:4 — 99° 80
— 532
— 34
Die Mittelwerthe von diesen, also respective 124° 9’ und
Tr
j
D
E
a ae Tut En dur. bZn ntuung
ga Bat SE Tal 7 ne nd hier
4 cher Min gt nieht a LE Nenn ar
Sr FE
;
407
55° 32’ wurden zur Ermittelung des Axenverhältnisses benutzt.
Daraus folgt:
a:b:c = 0,5300 :1 : 0,9497.
Die übrigen Flächen wurden nur da gemessen, wo es zur
Verificirung ihres Zeichens nothwendig war, ohne Rücksicht
auf ihre Brauchbarkeit und ohne durch Vervielfältigung der
Messungen an verschiedenen Krystallen mittlere Werthe auf-
zusuchen. Daher stellt sich bei Vergleichung der aus jenem
Axenverhältniss berechneten und der beobachteten Winkel nur
eine mittelmässige Uebereinstimmung heraus, wie die folgende
Tabelle zeigt. Diejenigen Winkel, welche in ( ) geschlossen
sind, betreffen so kleine oder so unvollkommene Flächen, dass
diese kein refleetirtes Bild des Objects mehr lieferten; sie
wurden so gemessen, dass man auf das Eintreten des Licht-
schimmers auf den Flächen bei vorgeschlagener Mikroskoplinse
einstellte, eine Art der Messung, welche im Mittel nur auf
1° genaue Resultate giebt.
Die berechneten und gemessenen Winkel sind nun folgende:
Berechnet Beobachtet
M:Mana _ 2I2AST %
M:Manb DEE 55 = 51
m: m ana = 103 2 103 20
m: m an b si Ni58 76 40
m: M —10690.2.96 169 55
Il: lana — 86.40 86.7.4353
l:lanb =.993:.%-20 938 217
I: M =NL617 269 161° 17
l: m —O UWE 141.%,47
T:mana =, 74 5 74 28
R:ranb — a Ey:
mrl la, Ad 173 46
u y, ma a 0 ©
A
en
—]
na
=]
ar\
=]
an
or
:yanc — *59 3
Bo aa. et ss oo et
ee
Anmerkung: Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass die
yanb
p
c
dance
o (Basiskante)
o (stumpfe Polk.)
Met
: u (Basisk.)
u (stumpfe Polk.)
Ku
o (Zone M, o, u)
i (Basisk.)
i (stumpfe Polk.)
: M
: u (Zone M, o, u, i)
in, )
: e (Basisk.)
e (stumpfe Polk.)
i (Zone 0, u,i, E)
x (Basisk.)
x (stumpfe Polk.)
SR
v (Basisk.)
: v (stumpfe Polk.)
u
and
Abe
: r (Basisk.)
: r (stumpie Polk.)
2
v (Zone |, r, v)
Berechnet Beobachtet R
—
=
—_—
124°
143
152
58
127
130
153
90
141
135
161
68
149
124
168
143
53
155
12
82
122
131
105
109
164
142
168
138
94
159
163
28°
10
14
20
30
20
124°
(145)
152
153°
141
135
161
68
124
168
143
(925)
(172)
151
109
164
142
168
(158,)
(1635)
2
a
15.
<
x
e
vier gewöhnlichsten und stets in den Combinationen vorherr-
schenden Formen des Topas paarweise sehr ähnliche Winkel
haben:
*) c rechts: v links, wenn die stumpfe Polkante dem Beobachter zu- “
gekehrt ist,
A
*
Pag
. Kenn at ar BE AT RLRTE Bann 2 AS ne BAR TEIT E RR E EEERE a EDER a) ARE
a? vE RR ee yon ee BE # s Ir Ka N AT: Wr NETT
A ER FREE be r e y
ur # % | . % « m u }
"2 "
409
== 1 e Mal p Be
==4.93.2°20. (Schlagg,)
RE ne ®
M:M = 124° 16 (Alt.)
y:y
Auf die Uebereinstimmung der ersten beiden Winkel hat
schon Herr BreitHAvpt, Handb.d. Min. III, 728, aufmerksam
gemacht.
D. Optische Untersuchung.
Lage der Axenebene und Mittellinie wie bei dem Alten-
berger Topas. In ganz derselben Weise wie jener untersucht,
ergab sich der Winkel der optischen Axen in Oel:
Roth: 2H = 71° 0
Gelb: 69:,55
Blau: 67 11
Daraus folgt der scheinbare Axenwinkel in Luft:
Roth >. 2E =44182.10°
Gelb: 113 56
Blau: I 28
Demnach weicht dieser Topas hinsichtlich des Axenwinkels
nur wenig von dem Altenberger ab; der Sinn der Dispersion
ist ebenfalls der gleiche, die letztere ist indess bei demselben
weit grösser, Für eingehendere Untersuchung waren die
Krystalle zu klein und unvollkommen.
II. Andere Fundorte.
Im sächsischen Erzgebirge findet sich noch an verschie-
denen Orten Topas auf Zinnerzlagerstätten. Ohne voll-
ständige Beschreibungen derselben liefern zu wollen, mögen
im Folgenden einige Beobachtungen über jene, nach den Fund-
orten geordnet, ihren Platz finden:
Pobershau bei Marienberg. Auf den im Gneiss
aufsetzenden Zinnerzgängen tritt, zusammen mit Zinnerz, Gil-
bertit, Quarz, Arsenkies, Topas in ziemlich grossen Kry-
stallen auf. An einem Stück der Freiberger Sammlung beob-
. achtete ich die Combination: oo P, oo P}, oo P2, 00 Poo gross,
’ Pre
a
oP, 4P, 4P, Poo gross, 2Poo, endlich eine Abstumpfung der B
Kante +P: Po. }
Sauberg bei Ehrenfriedersdorf. Gänge im Glim-
merschiefer, reich an mannichfachen Mineralien. Successionen,
in welchen Topas erscheint, wurden zuerst von Herrn Bk&ir-
HAupT folgende beobachtet (Paragenesis d. Min. p. 141.):
(No. 1.) Quarz. Zinnerz. Arsenkies. Topas. Flussspath.
(No. 5.) Quarz. Zinnerz. Topas. Apatit. Flussspath.
(No. 20.) Quarz. Topas.- Herderit. Apatit. Flussspath.
(No. 21.) Quarz. Topas. Molybdanglanz. Oligonspath.
Gilbertit.
Zu diesen fügte Herr STELZNER in seiner verdienstvollen
Arbeit über Geyer und Ehrenfriedersdorf (Beitr. z. geogn. Kenntn.
d. Erzgeb. I. Die Granite von Geyer und Ehrenfriedersdorf,
sowie die Zinnerzlagerstätten von Geyer, von A. STELZNER, S.
52 f.) noch folgende:
(No. 4.) Zinnerz. Arsenkies. Topas. Flussspath.
(No. 5.) Wolfram. Topas. Molybdänglanz.
Aus seinen und Hrn. Brermuaupr’s Beobachtungen schliesst
Herr STELZNER a. a. O., dass die Mineralien der Zinnerzfor-
mation sich in einer ganz bestimmten Reihenfolge gebildet
haben, welche ausnahmslos von Quarz eröffnet werde. Indess
beobachtete ich mehrmals Stücke, wie bei den ausführlich be-
schriebenen des ersten Typus von Schlaggenwalde, wo die
Reihe mit Topas beginnt. Andererseits konnte ich mich aber
auch von der Richtigkeit der Beobachtungen des Herrn STELZNER
überzeugen, da derselbe die grosse Gefälligkeit hatte, eine
Reihe interessanter Exemplare aus den Freiberger Sammlungen,
theils desselben, theils anderer Fundorte, mir zur Vergleichung zu
übersenden. Es fanden sich dabei noch folgende Successions-
reihen:
1. Quarz. Arsenkies. Zinnerz. Topas.
2. Topas. Quarz.
3. Quarz. Topas (von fast gleichzeitiger Entstehung).
Zinnerz.
Der Quarz kann an diesem Fundorte also auch jünger
sein als der Topas, wenn man nicht verschiedene Bildungen
des letzteren annehmen will. Während Hr. Srerzs£r in allen
anderen Fällen beobachtete, dass Arsenkies jünger als Zinnerz
TR NT A a et a" a Pe PIE. IE A Te ET
ar LEE 2 oh ee ae te
DVS BE Ye RB de EZ GE Re TR FEN n
N gr,n 1 N 7%
1%
all
sei, fanden wir es übereinstimmend bei 1. umgekehrt. Ebenso
verhält es sich mit Zinnerz und Topas, indem ich an dem zu-
letzt erwähnten Stuck (3.) deutlich beobachten konnte, dass
ersteres junger sei als der Topas, während in den von Herrn
STELZNER beobachteten Successionsreihen dieselben beiden Mine-
ralien in umgekehrter Ordnung auf einander folgen, wie ich
es ebenfalls mehrfach gefunden habe. Es liegen auf diesen
Gängen also mindestens zwei zu verschiedenen Zeiten erfolgte
Bildungen des Zinnerzes (oder des Topases) vor.
Die ausgebildeten Krystalle des Topases von Ehrenfrieders-
dorf zeigen folgende Flächen: o&P, oP}, oP2, oP, :P,
-+P, Poo, zuweilen auch P, Po, 2Poo; die letztgenannte
Fläche ist oft, zugleich mit oo P2, derart vorherrschend, dass
die Krystalle den Schlaggenwaldern der ersten Art vollkommen
gleichen.
Geyer. Eine den Topas betreffende paragenetische Notiz
giebt Hr. STELZNER (a. a. O.):
(No. 7.) Quarz. Topas. Molybdänglanz.
Andererseits findet sich für die ersten beiden Mineralien
auch die umgekehrte Reihenfolge, wie ich an Stücken der Frei-
berger Mineralienniederlage beobachtete. Im Uebrigen kann
in Bezug auf das Vorkommen auf die bereits mehrfach er-
wähnte Arbeit des Herrn STELZNER verwiesen werden, welche
dasselbe eingehend bespricht.
| Zinnwald. Neben der bekannten, im Ansehen von den
übrigen so sehr abweichenden, Varietät, dem Pyknit, findet
sich zusammen mit Quarz und Glimmer, und älter als diese
beiden, farbloser Topas, welcher sich von dem Altenberger in
seiner Form nur dadurch unterscheidet, dass unter den Pris-
men das fast rechtwinklige oo P2 vorherrscht, © P dagegen
zurücktritt. Im Uebrigen zeigt er dieselben Flächen, welche
bei dem Altenberger die gewöhnlichsten sind.
Versuchen wir nach diesen Beobachtungen eine Ver-
gleichung der verschiedenen Varietäten des Topas auf den
erwähnten Lagerstätten, in Bezug auf sein Vorkommen und
seine krystallographischen und sonstigen Eigenschaften, so ist
ET at
ye
412 5 “.
wohl bereits ersichtlich, dass dieselbe kein einfaches Bild
>“ pr: DR le ENT TR I 7 An Sr “ ST EEE
N N EN RR EEE EN
NN RN N ERENELR
liefern kann. Was zunächst das relative Alter des Topas
gegenüber dem der andern Mineralien betrifft, so ist dieses
nicht nur auf verschiedenen Lagerstätten, sondern sogar auf
einer und derselben ein verschiedenes, trotzdem dass es über-
all genau dieselben Mineralien sind, mit denen er ver-
gesellschaftet auftritt. In Altenberg sehen wir die Bildung
des Hauptbestandtheils der Gänge, des Quarzes, unterbrochen
werden von der des Topas. Da sich zuweilen unter den jüng-
sten Gebilden des Ganges noch einmal Quarz zeigt, so giebt,
damit vollkommen übereinstimmend, bereits Herr BREITHAUPT
in seiner „Paragenesis,‘‘ p. 145, an, dass hier drei Genera-
tionen des Quarzes existiren. Zinnerz trat theils während der
Bildung des älteren Quarzes, theils später hinzu. Die gleichen
Verschiedenheiten und Wiederholungen der Bildung eines und
desselben Minerals wurden an den von Schlaggenwalde her-
ruhrenden Stücken beobachtet. Auf die Analogie zwischen
diesen beiden Fundorten in Bezug auf die fast völlige Gleich-
zeitigkeit des älteren Quarzes und des Topas ist bereits an
der betreffenden Stelle hingewiesen worden. Die Annahme,
dass die Entstehung des Quarzes, welcher in den meisten, aber
nicht allen Fällen, das erste Mineral auf den Zinnerzgängen
war, eine lange Periode hindurch anbielt und von der Bildung
anderer Mineralien, Wolframit, Topas, Zinnerz, unterbrochen
wurde, durfte in einfachster Weise die zahlreichen Widerspruche
in den Altersreihen aller dieser Vorkommnisse erklären. Die-
selben zeigen zur Evidenz, dass Wiederholungen der Bildung
desselben Minerals nicht selten erfolgt sind, bei der grossen
Zeit und den complicirten chemischen Processen, welche die
Entstehung dieser Mineralien erforderten, gewiss nichts beson-
ders Auffallendes. Wollte man also eine für die Zinnerzlager-
stätten im Allgemeinen geltende Altersfolge, wozu indess die
vorliegenden Beobachtungen noch viel zu unvollständig sind,
der Mineralien aufstellen, welche in der That mit wunderbarer
Constanz sich auf allen derselben wiederfinden, so müsste man
einen Theil von ihnen in mehrfacher Wiederholung aufführen.
Nähme man dann an, dass beliebig viele der Glieder in jedem
einzelnen Falle fehlen könnten, so wäre man im Stande, alle
angeführten Beispiele als solche specielle Fälle daraus abzu-
leiten. Im Allgemeinen zeigen die Beobachtungen indess nur,
Te
N‘ Ne °
LET ER N
413
dass Quarz, Wolfram, Topas, Zinnerz die ältesten und ur-
sprünglichsten Gebilde aller Zinnerzlagerstätten sind, unter
einander aber ein verschiedenes relatives Alter haben können.
Ohne Ausnahme scheint nur die Altersfolge „Wolfram, Topas‘‘
za sein, da bis jetzt wenigstens ersterer stets älter als letzte-
rer beobachtet worden ist.
In krystallographischer Hinsicht lässt sich bemerken, dass
die Krystalle eines Fundortes im Allgemeinen sehr uberein-
stimmen, sowohl was das Auftreten gewisser Flächen, noch
mehr aber die relative Ausdehnung derselben betrifft. So ist
Altenberg, durchweg charakterisirt durch das Vorherrschen der
Formen 00 P und Pas. die Schlaggenwalder Krystalle ver-
danken ihren völlig abweichenden Habitus der Präponderanz
der Flächen oo P2 und 2 Po. Im übrigen Ansehen weichen
indess die Krystalle eines Vorkommens, und besonders gilt dies
für Schlaggenwalde und Ehrenfriedersdorf, nicht unbeträchtlich
von einander ab und ähneln theilweise so sehr denen anderer
Fundorte, dass es bei manchen Handstucken schwer sein durfte,
den Ort ihrer Herkunft zu bestimmen. Die Krystallwinkel sind
bei den Varietäten verschiedener Orte um mehr verschieden
als die Unsicherheit der Messung beträgt, während anderer-
seits das Axenverhältniss des Topas von Altenberg dem sibi-
rischen ausserordentlich nahe steht. Die Uebereinstimmung
des optischen Axenwinkels bei Altenberg und Schlaggenwalde
(während im Uebrigen verschiedene Topasvarietäten sehr ver-
schiedene Axenwinkel haben) muss als zufällig betrachtet
werden, da dieses Element bei vielen Mineralien selbst an
demselben Fundort grossen Schwankungen unterworfen ist.
‚Aus alle dem folgt, dass sich kein völlig gemeinsames,
die Topase der Zinnerzlagerstätten von denen anderer Vor-
kommen unterscheidendes Merkmal auffinden lässt. Trotz ihrer
gleichartigen Entstehung zeigen dieselben Verschiedenheiten,
welchen jedenfalls Abweichungen der chemischen Zusammen-
setzung zu Grunde liegen, die zn erforschen weiteren Unter-
suchungen vorbehalten bleiben muss.
Zeits.d. D.geol.Ges. XXII. 2. 27
414
Die Resultate der vorliegenden Arbeit sind, kurz zusam-
mengefasst, folgende:
.--Topas von Altenberg: Das sehr N zu Hose
mende Axenverhältniss, &: db: c = 0,52882 : 1 : 0,95330,
weicht wenig von dem des che wie es m v. Kok-
ww
SCHAROFF fand, ab. Als neue Flächen wurden erkannt: coPZ,
coP5, ©Pc und mehrere nicht genau zu bestimmende. Die
sehr flächenreichen Krystalle sind besonders charakterisirt durch
das Auftreten der sonst seltenen Pyramide 0. Manche der
Flächen zeigen eine mehrfache Streifung, daher man eine
charakteristische Streifung von den anders gerich-
teten, seltneren, unterscheiden muss. Die Hemimorphie zeigt
sich fast nur durch verschiedene Ausbildung derselben Flächen
am oberen und am unteren Ende der Krystalle. Die einzelnen
Messungen ergeben Schwankungen der Winkel, welche sich
durch Unregelmässigkeit der Ausbildung erklären lassen. Die
Beschaffenheit der Krystalle gestattet eine vollständige optische
Untersuchung, d. h. die Bestimmung der Brechungsexponenten
und der Axenwinkel.
Topas von Schlaggenwalde in Böhmen: Das
Vorkommen ist zweierlei, entweder grössere aufsitzende Kry-
stalle, oder kleinere, in einem greisenartigen, quarzreichen
Gemenge liegend. Letztere wurden gemessen und zeigten fol-
gende neue Formen: 5 = 1 Po, 0 2 Poo, p = 28 efc.
Das Axenverhältniss, a: :5b:ce = 0,5300 : 1: 0,9497, liess
sich weniger genau feststellen, als bei den vorigen.
Andere Fundorte: Das Vorkommen und die Krystall-
formen des Topas von Pobershau bei Marienberg, Ehrenfrie-
dersdorf, Geyer und Zinnwald sind z. Th. den obigen ähnlich.
Die Beobachtungen über das Altersverhältniss der mit
Topas auf den erwähnten Zinnerzlagerstätten zusammen vor-
kommenden Mineralien zeigen, dass dieselben nicht in einer
bestimmten Reihenfolge entstanden, sondern Wiederholungen
der Bildung eines und desselben Minerals vorgekommen sind.
Im Allgemeinen gehören Quarz, Topas, Zinnerz und Wolfram
zu den ältesten Gliedern dieser Lagerstätten.
9. Synthetische Versuche bezüglich der Meteoriten,
Vergleiche und Schlussfolgerungen, zu welchen diese
Versuche führen.
Von Herrn Dausr£e ın Parıs.
(Uebersetzt von Herrn Haucaecorne in Berlin.)
Inhalt.
Seite.
I. Constitution der Meteoriten; le welche unterschieden wer-
den können. . . ne era NER
II. Künstliche usarenesung Ye Mekorfien LE Re er ERS
Eisen. Schmelzung und Nachbildung . . . 2.....418
Steine. Einfache Schmelzung . . f FEN
Künstliche Nachbildung der nen ae ebandeiiinuhen
DECHCLUF 1:27. RB 7. 428
III, Folgerungen bezüglich der Batstelung de osreche Körper,
von welchen die Meteoriten abstammen . . 2. 2 2 2..2.2..490
Chemische Constitution und Bildungsweises . . . . . .. 480
Temperatur . . ae
IV. Schlussfolgerungen über = Eildans En Endkötpers ui ya
Wichtigkeit des Peridöts in den tiefen Regionen. . . . 4936
Umwandlung des Serpentins in Lherzolith oder in Peridot 439
Charaktere, welche die Peridot-Gesteine auszeichnen . . 444
Vergleich der Dichtigkeiten der Meteoriten und derjenigen
der wichtigsten Gesteine der Erde . . . . 2445
Unterschiede, durch welche die Peridot-Massen der Kirde von
den Meteoriten getrennt werden . . 2 22.2.2. 446
Peridot als alleememe ‚Schlacke - .. „ „=. 27.02. 2..r447
Elipememe- Bemerkung... 4... Farao no ern
' Die Meteoriten bieten ein lebhaftes Interesse dar, da sie die
einzigen Proben der ausser-irdischen oder kosmischen Körper
sind, welche in unsere Hände gelangen können; sie gewähren
uns Aufschlüsse über die Zusammensetzung der in den Him-
melsräumen vertheilten Massen.
Ueberdies gelangt man, je tiefer man in das Studium der
_ Meteoriten eindringt, um so mehr zu der Erkenntniss der Trag-
weite, welche dasselbe für mehrere Zweige unseres Wissens be-
sitzt, besonders: für die Geschichte unseres Planeten, indem
27*
auf
416
es uns über seinen Ursprung sowie über die Beschaffenheit
solcher Regionen desselben aufklärt, welche durch ihre Tiefe
der directen Erforschung stets verschlossen bleiben werden.
Gerade in letzterer Beziehung wünsche ich der Gesell-
schaft die Resultate von Versuchen vorzulegen, welche ich in
Betreff der Meteoriten angestellt habe, und deren Zweck es
war, über die Art der Bildung dieser Körper und damit zu-
gleich über diejenige des Erdkörpers selbst Aufklärung zu
erlangen,
I. Zusammensetzung. Typen, welche man hin-
sichtlich derselben unterscheiden kann.
Wenn man die Meteoriten hinsichtlich ihrer Zusammen-
setzung untersucht, so ergiebt sich, dass die einen aus fast
reinem Eisen bestehen, während die anderen ausschliesslich
aus steinigen Massen zusammengesetzt sind. Trotz der Ver-
schiedenartigkeit, welche diese beiden äussersten Typen trennt,
findet man Stücke, welche als eine Reihe von Bindegliedern
zwischen beiden stehen. Man kann jedoch immerhin mehrere
Hauptgruppen aufstellen, welche ich ganz in der Kürze er-
wähnen will.
l. Die metallischen Massen, bei welchen das Eisen vor-
herrscht und gar keine steinigen Bestandtheile wahrzunehmen
sind. (Holosideres.) Die eigentlichen Meteoreisen von
Caille und von Charcus und vielen anderen Fundpunkten sind
bekannte_ Beispiele derselben.
2. Die Massen, wo sich das Eisen mit steinigen Bestand- _
theilen zusammen findet.
Die Structur dieser Massen zeigt zwei sehr wohl unter-
scheidbare Anordnungen, wovon jede eine vollkommen abge-
schlossene Gruppe charakterisirt. :
Die erste Anordnung ist die einer zusammenhängenden
metallischen Substanz, welche steinige Partieen einge-
sprengt und indem metallischen Teige gewissermaassen
wie in einem Schwamme eingebettet enthält. (Syssideres.)
Der erdige Körper besteht aus Magnesia-Silicaten, worunter
Peridotam häufigsten, zuweilen auch von Pyroxen begleitet ist.
Der berühmte Meteorit von Krasnojarsk in Sibirien (der
Pırzas’sche genannt), diejenigen von Atacama in Chili und von
Rittersgrun in Sachsen liefern Beispiele davon.
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47
Bei der zweiten Anordnung, welche die Mehrzahl der
Meteoriten umfasst, ist die Structur so zu sagen umgekehrt;
hier ist das Eisen, anstatt zusammenhängend zu sein, in einem
seinerseits zusammenhängenden steinigen Teige in
Körnern eingesprengt. (Sporadosideres.)
Die Körner besitzen übrigens die charakteristische Zu-
sammensetzung und Structur des Meteoreisens. Die Grund-
masse besteht, wie bei den Syssideren , vorzugsweise aus
Magnesia-Silicaten. Der Peridot fehlt kaum; daneben andere
dem Pyroxen verwandte Silicate, mitunter gemischt mit Thon-
erde-Silicaten. Letztere bilden fast immer nur einen sehr ge-
ringen Theil der Masse.
Die der Menge nach sehr ungleichmässig vorhandenen
Eisenkörner sind auch ihrer Grösse nach sehr verschieden,
von Haselnussgrösse und mehr bis herab zu kaum sichtbaren
oder sogar nur mikroskopisch wahrnehmbaren Körnchen. Ihre
Form ist sehr unregelmässig und oft zackig.
Innerhalb dieser Reihe, deren Endtypen sehr weit von
einander liegen und durch eine Menge von Zwischengliedern
verknupft sind, kann man drei Unterabtheilungen unterscheiden:
a) Zunächst die eisenreichste wird durch Massen gebildet,
welche vermöge ihrer gemischten Zusammensetzung ebensowohl
zu den Stein- als zu den Eisen -Meteoriten gezählt werden
können. (Polysideres.) Von den Meteoriten dieser Unter-
abtheilung ist besonders derjenige zu erwähnen, welcher in der
Sierra de Chaco in Chili gefunden worden ist.
b) Bei den weitaus zahlreichsten Meteoriten tritt das Eisen
in viel schwächerem Verhältniss auf, als in der vorhergehenden
Unterabtheilung; daher der Name Oligosideres. Unter
10 Meteorfällen gehören wenigstens 9 dieser Familie an;
man kann sie deshalb auch als gewöhnlichen Typus be-
zeichnen.
Es ist die Gruppe, welche Gustav Rose der kugligkör-
nigen Structur wegen, welche die steinige Masse zeigt, Chon-
drite genannt hat. Die ganz neuerlich bei Pultusk zu Tau-
senden gefallenen Steine gehören dieser Gruppe an.
ec) Das Eisen ist mitunter so sparsam und in so feinen
Körnern vorhanden, dass es übersehen werden kann. Der
Name Kryptosideren bezeichnet diese Beschaffenheit.
Hier ist vorzüglich die Gruppe der thonerdereichen
RL
418
Meteoriten zu erwähnen, wozu die zu Juvenas er und
zu Stannern gefallenen Steine gehören.
Eine zweite Gruppe der Kryptosideren, welche vorzugs-
weise aus Magnesia-Silicaten besteht, wird durch den zu
Chassigny in der Haute Marne am 3. October 1815 gefallenen
Meteoriten vertreten. Das bei den vorhergehenden Gruppen als
vorhanden angegebene Magnesia-Silicat bildet hier fast die ganze
Masse. Es ist identisch mit demjenigen, welches man auf der
Erde findet und enthält eingesprengte Körnchen von Chrom-
eisenstein.
ö8. Die Meteoriten, bei welchen man das Eisen im me-
tallischen Zustande eingesprengt nicht hat erkennen können,
sind sehr selten. Je mehr die Meteoriten mit Sorgfalt auf die
Anwesenheit metallischen Eisens untersucht werden, desto ge-
ringer wird die Zahl der Stücke, welche dasselbe nicht ent-
halten. Diese letzte Gruppe beschränkt sich heute fast aus-
schliesslich auf die kohligen Meteoriten. (Asideres.)
I. Künstliche Zusammensetzung der Meteoriten.
Es schien mir der Zeitpunkt gekommen, durch synthe-
thische Versuche die zahlreichen Aufschlusse zu ergänzen,
welche die Analyse bezüglich der Zusammensetzung der Me-
teoriten geliefert hat. Es war in der That die Hoffnung ge-
stattet, der synthetische Versuch werde bei diesem Studium
nicht mindere Dienste leisten, als bei demjenigen der Mine-
ralien und Gebirgsarten der Erde. z
Eisen. Schmelzung und Nachbildung. Die
Schmelzung der Eisenmeteoriten von Caille (See-Alpen) und
von Charcas (Mexico) in einem mit Thon gefütterten Tiegel
und unter Ausschluss der Berührung mit dem Kohlenstoff,
welcher allenfalls in letzterem enthalten sein möchte, hat nur
eine Masse geliefert, welche nicht mehr die charakteristische
Structur des natürlichen Eisens zeigt.
Umgekehrt dagegen gelingt es, in nicht meteorischem E
Eisen künstlich eine Structur zu erzeugen, welche eine gewisse
Analogie mit den WIDMAnnsSTÄTTEN’schen Figuren zeigt.
So hat man weichem Eisen nach einander und gleichzeitig
Nickel, Einfachschwefeleisen, Silicium und Phosphoreisen zu-
gesetzt. Dieser letztere Körper hat bei einem Zusatz, der von
2. bis 5 pCt. gesteigert worden ist, dendritische Zeichnungen
EIER
+
”
419
hervorgerufen, welche eine sehr merkwürdige Regelmässigkeit
"zeigen und nach den Formen des Rhombendodeka@ders ange-
ordnet zu sein scheinen. Der glänzende Körper ist ausge-
schieden und erscheint netzförmig wie in die Zwischenräume
zurückgedrängt.
Steine. Einfache Schmelzung. Da die Meteor-
steine stets von einer schwarzen, glasigen Kruste umhüllt zu
uns gelangen, welche die Folge einer bei dem Durchgang
durch die Atmosphäre stattfindenden oberflächlichen Schmelzung
ist, so konnte man annehmen, dass man bei ihrer Schmelzung
im Tiegel nichts Anderes als eben dieselbe glasige Masse er-
halten wurde. Nun hat die Erfahrung uns gelehrt, dass die
Sache sich ganz ‘anders verhält, und dass diese Körper im
Gegentheil eine sehr ausgesprochene Neigung zur Krystallisa-
tion besitzen. So habe ich bei der Schmelzung von Meteoriten
von mehr als 30 verschiedenen Fällen stets Massen von eminent
krystallinischer Beschaffenheit erhalten.
Wenn man Meteoriten vom gewöhnlichen Typus einer
hinreichend hohen Temperatur aussetzt, so ist die Masse nach
der Schmelzung zusammengesetzt aus metallischen Körnern, ein-
gesprengt in einer silicatischen Gangart von steinigem Ansehen.
Dieser steinige Theil selbst setzt sich im Allgemeinen aus
2 krystallinischen Substanzen zusammen, welche durch ihre
Form deutlich verschieden sind.
Die eine zeigt sehr niedrige rektanguläre Oktaäder,
welche die Form und Stellung besitzen, die den Peridot charak-
terisiren, besonders denjenigen, welcher sich in Schlacken
bildet. Dieselbe Substanz hat sich in den Producten der
Schmelzung noch in 2 anderen Formen gezeigt. *)
Die zweite Substanz zeigt gewöhnlich Prismen von recht-
winkligem Querschnitt, häufig parallel angeordnet und mit
einem fasrig-blättrigen Bruch, welcher sehr an den des Bron-
zits erinnert. Ihre Undurchsichtigkeit gestattet gewöhnlich
*) Nach der Untersuchung, welehe Herr nes CrLoiıseaux auszuführen
die Gefälligkeit gehabt hat, ist eine dieser Formen die sechsseitiger
Tafeln, zusammengesetzt aus der Basis P, dem Prisma g? und der Ab-
Stumpfung g'; die andere ist zusammengesetzt aus der Basis P und
2 Zuschärfungen, die eine auf die stumpfen Kanten des Haupt-Prismas
von 119° 13’ aufgesetzt und in ihren Winkeln der Form a angehörend,
die andere auf die scharfen Kanten aufgesetzt.
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nicht zu entscheiden, ob sie dem rhombischen oder dem klino-
rhombischen System angehören. Da sie indessen meist frei
von Eisen sind und fast nur noch Magnesia enthalten, so muss
man sie als nicht zum Pyroxen, sondern zur Species Enstatit
gehörig betrachten. Ueberdies beobachtet man an dem Pro-
duct der Schmelzung des neuerlich zu Tadjera in Algier ge-
fallenen Meteoriten zahlreiche farblose Nadeln, welche unter
dem Mikroskop recht scharf ausgebildete Winkel von nahezu
87 Grad zeigen, entsprechend den Spaltungsflächen des En-
statits.*)
Die chemische Untersuchung dieser beiden Substanzen be-
stätigt die Bestimmung, zu welcher die krystallographische
Beobachtung führt.
Man weiss, dass die Analyse der meisten Meteoriten des
gewöhnlichen Typus das Vorhandensein von mindestens 2 Si-
licaten in denselben nachweist, wovon das eine durch Säuren
angegriffen wird, das andere nicht.
Bei den eben besprochenen Versuchen findet eine Schei-
dung dieser beiden Silicate statt, welche ursprünglich sich in
einem so innigen Gemisch befanden, dass man sie nicht unter-
scheiden konnte. Sie trennen sich durch eine Art von Seige-
rung (liquation) und zwar viel schärfer als in dem natürlichen
Meteoriten; so dass man die Magnesia-Silicate, den Peridot
(Mg? Si) und den Enstatit (Mg Si), unter verschiedenen Formen
hervortreten sieht.
Das Antheilsverhältniss des Peridots und des Enstatits
in dem Schmelzungsproduct wechselt bedeutend bei verschie-
denen Meteoriten. Im Allgemeinen herrscht der Enstatit
vor, und in einigen Fällen ist der Peridot überhaupt nicht in
deutlichen Krystallen zum Vorschein gekommen. (Chantonnay,
Ensisheim, Agen, Chäteau-Renard und Vouille.) Andererseits
kann der Peridot in vorwiegender Menge sich zeigen, wie bei
dem Meteoriten von New Concord. Die Reduction des Eisens,
welches sich im Zustande des Silicats befand, scheint keine
andere Wirkung gehabt zu haben als die, das Verhältniss des
Enstatits auf Kosten desjenigen des Peridots zu vermehren,
ohne andere Veränderungen in der Beschaffenheit der Gemeng-
theile zu veranlassen.
*) Comptes rendus. 1868. t. LXVI. p. 517.
421
Die gegenseitige Lage dieser beiden Körper in der durch
die Schmelzung erhaltenen Masse ist bemerkenswerth., Der
Peridot bildet, wenn er vorhanden, im Allgemeinen ein dunnes
und krystallisirtes Häutchen auf der Oberfläche, während
das Innere aus langen durchgehenden Enstatitkrystallen besteht;
die beiden Körper haben sich so ihren Schmelzbarkeitsgraden
entsprechend gruppirt. Sehr häufig erstrecken sich die Enstatit-
Nadeln auch auf die Oberfläche der Masse in einer Anordnung,
welche ganz und gar an diejenige des strahligen Glimmers er-
innert, den gewisse Pegmatite der Pyrenäen und des Limousin
enthalten. — Diese dendritische Ausbildung des Enstatits hat
eine sehr ausgesprochene Neigung zur Anordnung unter einem
constanten Winkel.
Man bemerkt auch bei diesen beiden Magnesia- Silicaten
eine auffallende Neigung zu regelmässiger Verwachsung, ähn-
lich derjenigen, welche man bei Staurolith und Disthen beob-
achtet, und manche Krystalle von der Form des Peridots dienen
gewissermaassen nur zahlreichen Enstatitnadeln als Vereini-
gungspunkt, so an die Structur mancher Pseudomorphosen er-
innernd. |
Diese durch das unbewaffnete Auge wohl erkennbaren
Gemenge gehen in andere, nicht mehr erkennbare, anscheinend
homogene über, bei welchen, wie bei gewissen natürlichen
_ Meteoriten, es sich nur durch die Scheidung bei Gegenwart
von Säuren verräth, dass sie zusammengesetzt sind.
Man wird bemerken, dass die Meteoriten noch gewisse
Bestandtheile enthalten, wie - z. B. Thonerdesilicat, welche
nieht wesentlich zur Zusammensetzung weder des Peridots noch
des Enstatits gehören, welche aber in den Krystallen dieser
beiden Mineralspecies versteckt sind, ohne Zweifel in Folge
derjenigen Affinität, welche Herr ÜHEYREUIL die capillare ge-
nannt hat. |
Der Meteorit von Chassigny giebt eine gut krystal-
lisirte Peridotmasse.
Der Meteorit von Bishopville liefert Enstatitsäulen
von vollkommener Weisse, nur hier und da von einigen Peri-
dotlamellen bedeckt.
Nach diesem Verhalten stehen diese beiden Meteoriten,
welche man als getrennte Species unterschieden hat, dem ge-
wöhnlichen Typus sehr nahe; sie bilden nur gewissermaassen
422
°
die beiden Endglieder der Reihe desselben; der eine das ba-
sischste, der andere das sauerste bei geringem Eisengehalt.
Die kohlehaltigen Meteoriten von Alais und
Orgueil liefern ganz übereinstimmende Massen von oliven-
grüner Farbe, sehr fäsriger Structur und grosser Aehnlichkeit
mit Bronzit. Daraus geht hervor, dass sie, abgesehen von der
kohligen Substanz, sich sehr den gewöhnlichen Meteoriten
nähern.
Derjenige gleicher Beschaffenheit von Cold Bokkeweld auf
dem Cap der guten Hoffnung, wovon wir ein grosses Stuck
der freigebigen Gefälligkeit des Sir Jomn HErscHEL verdanken,
liefert wie die Meteoriten des gewöhnlichen Typus eine asch-
graue Masse, in welcher Enstatit-Nadeln zu erkennen sind.
Die thonerdehaltigen Meteoriten, von welchen
die von Juvenas, Jonzac und Stannern die bekanntesten Bei-
spiele sind, geben ein Product, das von demjenigen aller der
eben besprochenen magnesiahaltigen Meteoriten gänzlich ver-
schieden ist, nämlich eine glasige Masse, manchmal gebändert
durch beginnende Entglasung, aber ganz ohne Krystalle von
Peridot oder Enstatit.
Bei diesen Versuchen ist auch die Gegenwart eines Kör-
pers constatirt worden, welcher bisher in ‚den magnesiahal-
tigen Meteoriten nicht wahrgenommen worden war, des Titans
nämlich, erkennbar durch seine charakteristische Farbe und
durch seine Unveränderlichkeit bei Berührung mit Säuren
(carbo-azoture), welches so in den geschmolzenen Meteoriten
von Montrejeau und Aumale gefunden worden ist. *)
Was den von den zahlreichen steinigen Meteoriten, deren
Schmelzung ich bewerkstelligt habe, erhaltenen Regulus von
Metallkörnern betrifft, so enthält dieser nicht nur das metallische
Eisen, welches sich ursprünglich darin vorfand, sondern auch
durch Reduction aus den Silicaten ausgeschiedenes Eisen.
Dieses Metall hatte nothwendiger Weise Kohle aus dem Tiegel,
vielleicht auch Silicium aus den Silicaten aufgenommen.
Es verdient erwähnt zu werden, dass darin zuweilen nach
*) Dasselbe Metall, welches von Herrn RaımmeLsgerg in den Pyroxen-
Meteoriten von Juvenas erwähnt ist, hat sich auch bei den durch die
Schmelzung dieser Meteoriten erhaltenen Eisenkügelchen sehr deutlich
gezeigt.
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423
der Politur und der Einwirkung von Säuren ein stark glän-
zender Körper unterschieden worden ist, welcher auf dem
“matten Grunde sich lebhaft abhebt und ein dendritisches Ge-
füge zeigt, das ganz an die sogenannte gestrickte Structur des
gediegenen Wismuths erinnert. (Beispiel? Eisen des polysi-
deren Meteoriten der Sierra de Ohaco.)
Naehahmung der Meteoriten des gewöhnlichen
Typus durch Reduction von Silicaten. Die Schmel-
zung der Meteoriten des gewöhnlichen Typus giebt, wie wir
eben gesehen haben, zwei Haupt-Mineralien, den Peridot und
den Enstatit. Zunächst mussten deshalb diejenigen Gesteine
unserer Erde, fur welche die Anwesenheit dieser Mineralien
charakteristisch ist, zu den Versuchen dienen.
Sie sind in irdenen Tiegeln ohne Reductionsmittel ge-
schmolzen worden.
Durch einfache Schmelzung im irdenen Tiegel verwandelt
sich der Peridot in eine grüne, durchscheinende Masse, welche
von Peridotkrystallen bedeckt und im Inneren ganz und gar
krystallinisch ist, wie sich aus ihrem Verhalten zum polari-
sirten Lichte ergiebt. Ihr Gefüge ist zuweilen blättrig, wie
dasjenige des in Schlacken vorkommenden Peridots.*) Der
geschmolzene Peridot unterscheidet sich demnach hinsichtlich
seines Gefüges wesentlich von dem körnigen und wenig Zu-
sammenhalt besitzenden, welchen die basaltischen Gesteine ge-
wöhnlich einschliessen.**)
Der Lherzolith, ein Gemenge von Peridot, Enstatit und
Pyroxen, ist noch leichter schmelzbar als der Peridot und giebt
eine Masse, welche dem natürlichen Gestein zum Verwechseln
ahnlich sieht, mit dem Unterschiede jedoch, dass man an der
*) Der Peridot, mit welchem die meisten der hier angeführten Ver-
suche angestellt worden sind, kommt aus dem Basalt der Gegend von
Langeac (Haute-Loire), wo er reichlich vorhanden ist. Ein Peridot die-
ses Fundpunktes ist durch Berruıer analysirt worden, welcher darin 16 pCt.
Eisenoxydul gefunden hat. (Ann. d. mines, f&re serie, t. XX, p. 269.)
. *#) Der Basalt scheint, wenigstens in der Regel, nicht eine hin-
reichend hohe Temperatur besessen zu haben, um die eingeschlossenen
grossen Stücke Peridot zu schmelzen. Vielleicht hat er indessen doch
einen Theil desselben auflösen und so die Bildung der scharfen aber
‚kleinen Krystalle veranlassen können, welche zuweilen in ihm zerstreut
sich vorfinden.
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424
Oberfläche und im Inneren Enstatit- Nadeln bemerkt, welche &
man vor der Schmelzung nicht unterscheiden konnte (Lherzo-
lith von Viedessos und Prades in den Pyrenäen).
Durch Hinzufügung einer gewissen Menge Kieselsäure
kann man das Antheilsverhältniss des Bisilicats oder Enstatits
beliebig vermehren und die Mischungen erzeugen, welche den
Uebergang vom Peridot zum Lherzolith bilden. Dasselbe Bisi-
licat bildet sich auch längs den Wänden des Tiegels, Anden
diesen Kieselsäaure entnommen wird.
Ich will hier bemerken, dass aus dem Peridot durch Hin-
zufügung von 15 pCt. Kieselsäure, der zur Umwandlung in
Enstatit erforderlichen Menge, und demnächstige Schmelzung
mitten in der Kohle eine Masse erhalten worden ist, welche
an der Oberfläche über und über von flachen reetangulären
Oktaödern von der dem Peridot angehörigen Form bedeckt ist,
während das Innere aus einer faserigen, durch Säuren unan-
greifbaren Masse mit den Charakteren des Enstatits besteht.
Eine gleiche Erscheinung tritt bei der Schmelzung gewisser
Meteoriten ein. |
Die Mineralien, welche zuerst, wie wir eben sahen, einer
einfachen Schmelzung unterzogen wurden, sind demnächst
demselben Verfahren unter Einwirkung von Reductionsmitteln
unterworfen worden. Hierzu ist zunächst ein mit gepulverter Kohle
gefütterter Tiegel gewählt worden. Man gelangt hierbei zu dem-
selben Resultate wie vorher, mit dem Unterschiede, dass das
in dem Silicat enthalten gewesene Eisen sich zu Metall redu-
eirt. Es scheidet sich in einem Regulus und in Körnern aus
oder bleibt in mikroskopischen, durch den Magnetstab aus-
ziehbaren Körnchen in dem nicht zersetzten Silicat vertheilt.
Gleichzeitig trägt die diesem Eisen entsprechende Menge Kie-
selsäure dazu bei, das Verhältniss des Bisilicats zu ver-
grössern.
Nicht alles Eisen jedoch wird in den metallischen Zustand
übergeführt; ein Theil bleibt in Verbindung mit dem Silicat,
und es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass die
grüne Färbung, welche für den Peridot oder Olivin so cha-
rakteristisch ist, einer allgemeinen grauen Farbe Platz macht,
welche derjenigen der Meteoriten des gewöhnlichen Typus ent-
spricht.
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Dieses Product der Reduction und Schmelzung peridoti-
scher Gesteine gleicht demnach sehr demjenigen der ebenso
behandelten Meteoriten. Die Analogie besteht in auffallender
Weise für den steinigen Bestandtheil; sie besteht aber auch für
den metallischen. In der That enthält das metallische Eisen,
welches durch die Reduction des Peridots von Langeac er-
zeugt ist, 0,6 pCt. oder 0,006 Nickel. Dasjenige, welches
der Lherzolith von Lherz geliefert hat, enthält ebenfalls Nickel
und ausserdem Phosphoreisen.
Ich habe neuerdings noch schärfere und charakteristischere
Resultate bei der Behandlung von grösseren Mengen von Pe-
ridot und Lherzolith bis zu 12 Kilogrammes erhalten.
Solche Mengen haben verhältnissmässig grosse Stucke
Eisen ergeben, welche man dem WIDMAnsSTÄTTEN’schen Versuch
unterwerfen konnte. Es wurde dabei eine vollkommen scharfe
Scheidung und das Sichtbarwerden einer regelmässigen Zeich-
nung erlangt, welche von der unangreifbaren Substanz darge-
stellt wird.
Man konnte ausserdem eine bei den kleineren Körnchen
unbemerkt gebliebene Thatsache beobachten, deren Wichtigkeit
Keinem entgehen wird, der Gelegenheit gehabt hat, die äussere
Oberfläche meteorischer Eisenmassen zu untersuchen. Ich
meine jene eckigen Formen, wie sie unter anderen die
Meteoreisen von Charcas*) und von San Franeisco del Mes-
quital**), und weiter jene räthselhaften Höhlungen, welche
unter anderen die erste jener Meteormassen und noch deut-
licher die von Juncal zeigt.***) Einzelne jener Eisenstücke
nun zeigen jene eckigen Formen, und ihre künstliche Ober-
fläche trägt überdies hier und da Eindrücke, Erscheinungen,
welche den eben erwähnten ganz analog sind. Die Eindrücke
sind offenbar bei der Abkühlung entstanden, durch eine Art
von Abformung der steinigen Substanz in dem Eisen, welche
teigig, wo nicht fest geworden war, als das Eisen noch seinen
Zustand der Flussigkeit besass,
Diesem Resultat gegenüber möchte man auf die Hypothese
zurückkommen, welche bezüglich der breccienförmigen Structur
*) Comptes rendus, t. LXIV, seance du 25 mars 1867.
”*) Ibid. t. LXVI p. 573, 1868,
*»**) Ibid. t. LXVI p, 701, 1868,
426 Bo
des Eisens von Toula und der so eckigen Formen der Me-
teoriten von Charcas und San Francisco del Mesquital ausge-
sprochen worden ist*), nach welcher die Meteoreisenmassen
in Mitten von Silicatmassen entstanden wären, zwischen wel-
chen sie in flüssigem Zustande sich geformt, und von geh
sie spater sich abgelöst hätten.
Die Meteoriten sind vorhin in den allgemeinen Zugen
ihrer Zusammensetzung künstlich erzeugt worden; wir werden
sehen, dass es sogar gelungen ist, manche innere Eigenthum-
lichkeiten ihrer Structur nachzubilden.
Wenn man ein dünnes Blättchen Peridot oder Uherzulieh
nach der Schmelzung unter dem Mikroskop betrachtet, so fin-
det man, wie bei den meisten Meteoriten des gewöhnlichen
Typus, jene bekannteu Reihen paralleler gerader Linien, ähn-
lich dem Zahnmeisselhieb und auffallend durch ihre Regel-
mässigkeit, mitten zwischen Ritzungen von unregelmässiger
Gestalt. Diese Linien sind die Folge des Vorhandenseins von
Spaltungsebenen. Ueberdies erinnern feine Enstatitnadeln, pa-
rallel und in ziemlich gleichen Abständen, auch wohl in Bün-
deln auftretend, an Eigenthumlichkeiten der Textur, welche bei
der mikroskopischen Untersuchung vieler Meteoriten beobachtet
werden.**) |
Die kugelige Structur ist bei den Meteoriten des gewöhn-
lichen Typus so häufig, dass sie für diese ganze Gruppe den
Namen Chondrit begründet hat. Wir sehen nun ähnliche Kör-
ner oder Kügelchen bei mehreren der Versuche über die Schmel-
zung von Magnesia-Silicaten entstehen. Unter diesen Kügel-
chen zeigen einige eine glatte, andere eine drusige oder von
mikroskopisch kleinen Krystallen starrende Oberfläche. Diese
letzteren gleichen ganz den Kuügelchen des Meteoriten von Si-
sena (17. November 1773), und zwar der zerreiblichen Varie-
tät. Die Kügelchen werden von Säuren eben so wenig ange-
griffen, wie diejenigen der Meteoriten. Die Analyse eines
*) Comptes rendus, t. LXVI p. 573.
#*) Ausser dem Beispiel des Meteoriten von Aumale (Comptes ren-
dus t. LXII, p. 72) verweise ich auf diejenigen, welche in dem wichtigen
Werke meines gelehrten Freundes Gustav Rose über die Meteoriten von
Krasnoi-Ugol, Stauropol und den Peridot des Parras-Eisens abgebildet
sind (Taf. L,, Fig. 10 und Taf, IV., Fig. 7, 8, 9.)
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427
Stückes hat ergeben, dass sie mehr Kieselsäure enthalten, als
dem Bisilicat entspricht.
Endlich lassen sich die Reibungsflächen mit einem Ueber-
zug von graphitischem Ansehen, welche manche Meteoriten im
Innern zeigen (u. a. derjenige von Alexandria vom 2. Februar
1860), sehr gut bei geschmolzenen Silicaten nachahmen, welche
reducirtes Eisen in sehr feinen Körnchen enthalten, wenn man
zwei Stücke davon an einander reibt.
Bei einer anderen Reihe von Versuchen ist als Reduc-
tionsmittel nicht Kohle, sondern Wasserstoff angewendet wor-
den, und die Resultate waren übereinstimmend; so geben Lher-
zolith und Pyroxen unter der Einwirkung eines Wasserstoff-
stromes das Eisen, welches in ihnen als Oxydulsilicat ent-
halten ist, in metallischem Zustande ab. Die Reduction kann
bei einer Temperatur stattfinden, welche die Rothgluth nicht
übersteigt. Unter denselben Bedingungen werden die Phos-
phate, sowohl für sich als bei Anwesenheit von Silicaten zu
Phosphorverbindungen reducirt, so dass das Endproduct der Ein-
wirkung des Wasserstoffs eine grosse chemische Aehnlichkeit
mit den Meteoriten zeigt.
Nachahmung der Meteoriten des gewöhnlichen
Typus durch theilweise Oxydation der Silicium-
verbindungen. Eine der obigen entgegengesetzte Methode hat
ebenfalls die Nachbildung der Meteoriten erlaubt. Sie besteht
darin, die in den Meteoriten des gewöhnlichen Typus vorherr-
schenden Körper, mit Ausnahme des Sauerstoffs, also das Eisen,
das Silicium und das Magnesium, in einer unvollkommen oxy-
direnden Atmosphäre zu erhitzen und nicht bloss die Oxydation,
sondern auch die Schmelzung, d. h. die Verschlackung der-
selben zu bewirken.
Wenn man Silicium-Eisen, in einem mit Magnesia gefüt-
terten Tiegel der hohen Temperatur des Gaslöthrohrs aussetzt,
so erhält man eine vollkommene Nachbildung der Meteoriten des
gewöhnlichen Typus in den wesentlichsten Merkmalen. Das
Eisen scheidet sich theils in metallischem Zustand, theils als
Oxydulsilicat aus, und es bildet sich Peridot, zum Theil in
krystallisirttem Zustande. Dieser Peridot zeigt verschiedene
Färbungen, unter anderen die olivengrüne, welche seine ge-
- wöhnliche in der Natur ist.
428
Das eben angegebene Resultat, zu welchem man nur nach
ziemlich schwierigen Versuchen gelangt, zeigt naheliegende
Analogieen mit denjenigen, welche gewisse metallurgische Pro-
cesse ergeben.
Es ist bekannt, dass bei der Umwandlung des Roheisens
in Schmiedeeisen durch den Frischprocess der Sauerstoff der
Luft nicht nur den Kohlenstoff verbrennt, sondern auch ‘das
in dem Eisen enthaltene Silieium und einen Theil des Eisens
selbst. Die schwarze Schlacke, deren Bildung man hierbei
beobachtet, besteht, wie MITSCHERLICH und HAUSMAnN festge-
stellt haben, aus Eisen-Peridot von gleicher chemischer Formel
und gleicher Krystallform, wie der Magnesia - Peridot; man
hat ihr den Namen Fayalit gegeben. Auch eisenreicher Pyroxen
kann sich bilden, wenn Kieselsäure in Ueberschuss vorhan-
den ist.
Wenn man bei dem Versuche, anstatt einfach Silieiumeisen
in die Magnesia zu bringen, nickelhaltiges Eisen, Phosphoreisen
und Einfachschwefeleisen anwendet, so gelingt es, die Meteo-
riten in ihren wichtigsten Eigenthümlichkeiten «noch vollstän-
diger nachzubilden. Ebenso wie bei den Meteoriten enthält
alsdann der metallische Theil, Regulus und Körner, alles
Nickel, während der Peridot keine wahrnehmbare Spur des-
selben mehr enthält. Ausserdem sieht man in dem künst-
lichen Product die bei den Meteoriten erwähnten Phosphor-
verbindungen des Eisens und Nickels mit Magnesium erscheinen.
Künstliche Nachbildung der kugligen oder
chondritischen Structur. Wir sahen vorhin, dass Mag-
nesiasilicate von ähnlicher Zusammensetzung wie diejenigen
der Meteoriten häufig die kuglige Gestalt unter der Einwir-
kung einfacher Abkühlung annehmen. Man kann aber diese
Form noch vollkommener nachbilden, besonders im Vergleich
zu demjenigen Meteoriten, welcher diese Structur in der cha-
rakteristischsten Weise zeigt, nämlich des zu Ornans (Doubs)
gefallenen. Dieser hat so wenig Zusammenhalt, dass er unter
dem blossen Druck der Hand zerfällt; man kann sogar nicht
einmal die Bruchlläche berühren, ohne dass Staub davon an
den Fingern hängen bleibt. Es ist dies ein äusserst seltenes
Verhalten, welches genügen würde, um diesen Meteoriten von
denjenigen des gewöhnlichen Typus zu trennen und ihn be-
züglich der Textur an die kohligen Meteoriten anzuschliessen.
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429
Bei der Untersuchung der sich von demselben ablösenden
Substanz erkennt man mit blossem Auge und noch besser mit
der Lupe, dass sie aus zahllosen kleinen Kuügelchen besteht,
theils von sphäroidaler Form, theils in verschiedenen anderen
Gestalten, stets jedoch gerundet. Diese Kügelchen haben einen
Durchmesser von weniger als } Millimeter. Es sind sogar
viele darunter, deren Durchmesser höchstens 0,20 bis 0,10 mm.
beträgt. Andere endlich sind noch kleiner. Auch die zartesten
Theile erscheinen unter dem Mikroskop zum grössten Theil,
wenn nicht ganz und gar, kuglig.
Wenn man nun Peridot nach vorgängiger Mengung mit
Kohle, um ihn hinreichend zu zertheilen, der Einschmelzung
unterwirft, so zertheilt sich bei der Abkühlung die Silicat-Masse
in kleine Kügelchen, die einen sphäroidal, die anderen in ab-
weichenden Gestalten, welche mit denjenigen des Meteoriten
von Ornans vollständig übereinstimmen.
Die Aehnlichkeit ist noch genauer, als der erste Anblick
es zeigt; denn die so erhaltenen Kügelchen bestehen nicht aus-
schliesslich aus Peridot, sondern sind innig gemengt mit fein
zertheiltem metallischen Eisen, welches offenbar aus der theil-
weisen Reduction des ursprünglichen Silicats entstanden ist,
das bekanntlich Magnesia und Eisenoxydul als Basen enthalt.
Ausserdem entsteht, wie auch bei den früheren Versuchen
angeführt ist, in Folge dieser theilweisen Reduction des Sin-
gulosilicats (Peridot) ein Bisilicat (Enstatit oder Pyroxen), wie
es auch der Meteorit enthält, mit welchem wir uns beschäf-
tigen. |
Endlich verhalten sich diese künstlichen Kügelchen bei
der Untersuchung sehr dünner Plättchen im polarisirten Lichte
genau so wie die Kügelchen der Meteoriten von Ornans.
Man sieht, dass sie sich überhaupt von letzteren nur durch
einen durchschnittlich grösseren Durchmesser unterscheiden.
Es genügt, dem Peridot # seines Gewichtes an Kohle zu-
zusetzen, um eine ganz scharfe Granulation zu erlangen.
Auch andere Substanzen als Kohle können, wenn man sie
der Silicatmasse im Augenblick der Erstarrung zusetzt, zu dem-
selben Resultat führen,
Es ist übrigens nicht nöthig, dass diese Substanzen, welche
die Vereinigung der Masse zu einem Ganzen verhindern, fest
sind; sie können auch flüssig oder gasförmig sein; wie ja das
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Oel durch Wasser in Kügelchen zertheilt wird, oder das ge-
schmolzene Blei und das Quecksilber durch Schleudern oder
Rühren in der Luft. Das Wasser bietet hierfür noch bekanu-
tere Beläge, indem es sich an den Wasserfällen oder in einem
kleinen medieinischen ‚Apparat, dem sog. Pulverisateur, in
Staub verwandelt.
In dem Falle des Meteoriten von Ornans erinuert der Zu-
stand der Zertheilung des Eisens mitten in den Silicaten, welche
den Teig bilden, an das, was bei einer Peridotmasse eintreten
würde, welche in einer Wasserstoffatmosphäre in wirbelnder
Bewegung wäre, dadurch gleichzeitig granulirt und theilweise
reducirt wurde und so eine verwirrte Krystallisation erführe.
III. Schlussfolgerungen bezüglich des Ursprunges
der kosmischen Körper, von welchen die Meteori-
ten herruhren.
Die beiden erwähnten Verfahren zur Nachbildung der Me-
teoriten führen dazu, sich die Bedingungen zu vergegenwärtigen,
unter welchen diese Körper und die Massen selbst, welchen
sie entstammen, sich bilden konnten. Diese Bedingungen be-
treffen die chemische Zusammensetzung der Massen, mit. wel-
chen wir uns. beschäftigen, sowie die Temperatur, bei welcher
ihre Bildung stattgefunden hat.
Chemische Zusammensetzung und Bildungs-
weise. Wir haben gesehen, dass durch Schmelzung von
Silicatgesteinen die Charaktere der Meteoriten bis zu den. in-
nersten Eigenthumlichkeiten der Structurverhältnisse hin nach-
gebildet werden können. Wir folgern indessen daraus nicht,
dass, wie bei den meisten unserer Versuche, so in der Natur
der Kohlenstoff das Reductionsmittel gewesen sei; denn wenn
dies der Fall wäre, so musste das Eisen gekohlt und in Stahl
oder Roheisen verwandelt sein, was keineswegs gewöhnlich der
Fall ist.
Es scheint vielmehr den Resultaten unserer Versuche
selbst mehr zu entsprechen, die Reduction einer Wasserstoff-
atmosphäre zuzuschreiben. *)
*) Wenn dies die Bildungsweise der Meteoriten ist, so musste sich
auf der Oberfläche der Körper, von welchen sie Theile waren, Wasser
bilden. Diese Körper könnten aber sehr wohl dieses Wasser ihrer ge-
ringen Dimensionen wegen nicht bei sich erhalten haben.
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431
Uebrigens wäre die Reduction, wenn sie stattgefunden
hat, nur eine theilweise gewesen. Denn das Eisen ist im All-
gemeinen nur zu einem Antheile reducirt, theils in den metalli-
schen Zustand, theils zu Schwefel- oder Phosphorverbindungen;
ein anderer Antheil dieses Metalls findet sich gewöhnlich als
Oxydul in der Zusammensetzung eines Silicats und auch wohl
in Verbindung mit Chrom (chromsaures Eisenoxydul).
Der schöne Versuch, durch welchen GRAHAM die Gegen-
wart von Wasserstoff in dem Meteoreisen von Lenarto .nach-
gewiesen hat, bestätigt diesen Gedanken, welcher früher als
die Entdeckung des ausgezeichneten englischen Chemikers be-
kannt gemacht worden ist, *)
Diese Folgerung steht auch im Einklang mit den Resul-
taten der Spectral-Analyse, durch welche die Zusammensetzung
der Sterne neuerlichst in so unerwarteter Weise aufgehellt
worden ist. Die charakteristischen Linien des Wasserstoffs
sind in der That in der Atmosphäre des Hauptkörpers unseres
Systems, der Sonne, sowie in einer zahlreichen Reihe von
Sternen erkannt worden.
Trotz dieses Zusammentreffens von Thatsachen, welche
auf eine Reduction von Silicatgesteinen hinweisen, kann man
doch auf den Gedanken einer theilweisen Oxydation, ähnlich
der, welche wir künstlich bewirkt haben, zuruckkommen. Neh-
men wir an, wie man es. für unsern Erdkörper gethan hat,
dass das Silicium und die Metalle der Meteoriten nicht immer
mit Sauerstoff verbunden gewesen seien, wie sie es heute
meistens sind, und zwar vielleicht deshalb, weil die anfäng-
liche Temperatur dieser Körper hoch genug war, um sie von
dem Zusammentreten zu Verbindungen abzuhalten, oder auch
weil sie, von Anfang an entfernt, einander nicht nahe gekom-
men waren.
Wenn, in Folge einer Abkuhlung oder einer anderen Ur-
sache, wie einer Annäherung der Korper, der Sauerstoff zu
plötzlicher Wirkung gelangt, so wird er sich mit den leichtest
oxydirbaren Elementen verbinden. Das Silicium und das
Magnesium werden vor dem Eisen und dem Nickel verbrennen,
und wenn das verbrennende Gas nicht in hinreichender Menge
—
*) Comptes rendus, t. LXII v. 19. Februar 18066.
28°
2 Sr
vorhanden ist, um Alles zu oxydiren, oder wenn es nicht hin-
reichend lange einwirken kann, so wird es einen aus den
wenigst oxydationsfahigen Metallen bestehenden Rückstand
übrig lassen.
Diese Metalle, das Eisen und das Nickel, werden in einer
silicatischen Gangart zerstreut bleiben, ihren metallischen Zu-
stand beibehaltend, gerade wie man es bei den Meteoriten be-
obachtet.
Ausserdem wird sich auf diese Weise ein an Eisenoxydul
mehr oder weniger reiches Magnesiasilicat von der Zusammen-
setzung des Peridots bilden.
Man sieht, dass die oben erwähnten Versuche, wenn man
die Oxydation nach und nach bis zu den verschiedenen Stufen
voranschreitend annimmt, nicht allein die Bildung der Meteori-
ten des gewöhnlichen Typus erklären, sondern auch diejenige
der Syssideren und der Polysideren. Diese Körper sind da-
nach den Producten des trockenen Weges und der Schlacken-
bildung gleichzustellen.
Dieselbe Bildungsweise scheint nicht ebenso gut für die
zu der Gruppe der Kryptosideren gehörigen Meteoriten voraus-
gesetzt werden zu dürfen, speciell nicht für diejenigen von
Juvenas, Stannern und Jonzac. Wir haben gesehen, eine wie
enge Analogie dieselben mit gewissen thonerdehaltigen Laven
verbindet, welche aus Pyroxen und Anorthit bestehen. Auch
möchte das Wasser, in dessen Gegenwart die letzteren sich
gebildet haben, ihrer Krystallisation möglicher Weise nicht
fremd gewesen sein.
Jedenfalls krystallisiren diese Gesteine nicht unter den
Bedingungen der trockenen Schmelzung, wie die Magnesia-Si-
lieate es so leicht thun. Die Schmelzung verwandelt sie viel-
mehr in glasige und amorphe Massen. So scheinen denn die
Meteoriten dieses letzteren Typus vielmehr die Producte eines
gemischten Prozesses zu sein, welchen man vielleicht am
besten nachahmen wird, indem man in uüberhitztem Wasser
operirt.
Was die kohligen Meteoriten betrifft, so unterscheiden sie
sich von allen übrigen dadurch, dass ohne Zweifel mehrere
der Bestandtheile, welche sie zusammensetzen, bei wenig hoher
Temperatur gebildet worden sind. Auf den ersten Anblick
möchte man versucht sein, sie als planetarische vegetabilische
433.
Erde anzusehen. Aber es ist möglich, und diese Voraus-
setzung ist sogar wahrscheinlich, dass diese kohlehaltigen Ge-
menge ohne Mitwirkung des Lebens gebildet sind und die
‚letzten Stadien gewisser Reactionen darstellen.
Temperatur. Ist es möglich, sich eine Vorstellung von
der Temperatur zu machen, bei welcher diese kosmischen Kör-
_ per sich gebildet haben ?
Die obigen Versuche scheinen die Annahme einer gewissen
Grenze fur dieselbe zu gestatten.
Diese Temperatur war ohne Zweifel hoch, weil wasser-
freie Silicate, wie Peridot und Pyroxen, sich gebildet haben.
- Sie scheint indessen im Augenblick der Erstarrung und Kıy-
stallisation niedriger gewesen zu sein als diejenige, bei wel-
cher die erwähnten Versuche stattgefunden haben. Zwei That-
sachen führen zu dieser Vermuthung. Die im Laboratorium
hervorgehrachte hohe Temperatur hat die Bildung von Silicaten
in scharfen und grossen Krystallen veranlasst, wie man ihnen
in den Meteoriten nie begegnet. Es istin der That sehr merk-
würdig, dass die Silicate, welche die Meteoriten des gewöhn-
lichen Typus zusammensetzen, darin immer in sehr kleinen und
wesentlich verwirrten Krystallen auftreten, trotz ihrer sehr aus-
sprochenen Neigung zur Krystallisation.
Wenn es gestattet wäre, etwas Analoges aus unserer ER
gebung aufzusuchen, so würden wir sagen, dass die bei der
Schmelzung der Meteoriten erzeugten Krystalle an die langen
Eisnadeln erinnern, welche flüssiges Wasser beim Gefrieren
- bildet, während die feinkörnige Structur der natürlichen Me-
teoriten vielmehr dem Rauhreif oder demjenigen Schnee gleicht,
welcher sich bekanntlich durch den unmittelbaren Uebergang
' des atmosphärischen Wasserdampfes in den festen Zustand
bildet, oder auch der Schwefelblume, welche sich unter ana-
Per
logen Bedingungen gestaltet.
In dem Augenblick der Krystallisation selbst trat dä
jene so charakteristische Neigung zur Annahme der kugligen
Struetur hervor, deren mögliche Entstehungsursache weiter
oben experimentell zu erläutern versucht worden ist.
Ausserdem ist bei den Meteoriten die Form der Eisen-
_ körner ganz unregelmässig und wie höckrig (tubereuleuse).
(Sierra de Chaco.) Nun hat aber die bei den Versuchen in’s Werk
gesetzte Temperatur die Metallkörner vermocht, eine im allge-
434
meinen sphärische Form anzunehmen, was man ebenfalls bei
den Meteoriten nie wahrnimmt.
Ich habe versucht, die Art der Einsprengung des metalli-
schen Eisens in den Silicaten, wie sie die gewöhnlichen Me-
teoriten zeigen, dadurch nachzubilden, dass ich ein inniges
Gemenge von reducirtem Eisen und Lherzolith einer hohen
Temperatur aussetztee Nach der Schmelzung des Ganzen
sammelte sich das Eisen zu noch sehr kleinen Körnchen;
die kuglige Form derselben jedoch, welche besonders nach
erfolgtem Schliff des Stückes leicht erkennbar wurde, ist sehr
abweichend von derjenigen der höckrigen Körner, welche in
den Meteoriten eingesprengt auftreten.
Jedenfalls verdient es hervorgehoben zu werden, dass
jene ursprüngliche Hitze nicht mehr vorhanden ist, wenn die
Massen in unsere Atmosphäre eindringen. Der kohlehaltige
Meteorit von Orgueil besteht aus einer steinigen Masse, welche
bis zu ihren innersten Theilen mit Wasser und flüchtigen Sub-
stanzen verbunden oder innig gemengt ist. Derselbe ist ver-
möge dieser so leicht veränderlichen Zusammensetzung ein
wahres Maximum - Thermometer, welches uns anzeigt, dass
diese Körper nur kalt sein konnten, als sie aus dem Welt-
raum zu uns gelangten; denn in unserer Atmosphäre scheinen
sie jene flüchtigen Bestandtheile nicht in sich aufgenommen zu
haben.
u
IV. Folgerungen bezüglich der Bildung des Erd-
körpers. |
Die Meteoriten enthalten keine anderen einfachen Körper
als solche, welche sich auf unserem Erdkörper finden. Zudem
sind diejenigen drei Körper, welche bei den Meteoriten im
Ganzen vorherrschen, das Eisen, das Silicium und der Sauer-
stoff, dieselben, welche auf unserem Erdkörper, vorherrschend
sind. Ueberdies finden sich in denselben ganz gewöhnliche
Mineralspecies, und zwar in gleichem Zusammenvorkommen,
Eine genaue Feststellung der Analogieen sowohl, wie nicht
minder der Verschiedenheiten wird sich indessen am besten
durch eine allgemeine Vergleichung der Reihe der Meteoriten
einerseits mit den Gesteinen unserer Erde andererseits ergeben.
Es fällt zunächst in die Augen, dass die Mehrzahl der
435
die Erdrinde bildenden Gesteine wesentlich von den Meteoriten
verschieden sind. Der auffälligste Unterschied ist der, dass
man in den Meteoriten nichts gefunden hat, was mit dem Ma-
terial unserer geschichteten Gebirgsarten übereinstimmte; keinen
Kalkstein, keine sandigen oder Fossilien enthaltenden Ge-
steine; keine also, welche auf die Thätigkeit eines Oceans
oder auf das Vorhandensein des Lebens zurückführten.
Selbst wenn man die Meteoriten mit den nicht geschich-
teten Gebirgsarten der Erdrinde vergleicht, welche die allge-
meine Unterlage der geschichteten Gesteine bilden, stellt sich
eine grosse Verschiedenheit heraus.
Man hat in der That in den Meteoriten niemals Granit,
noch Gneiss, noch irgend ein anderes Gestein dieser Familie ge-
funden. Nicht einmal die die granitischen Gebirgsarten zusam-
mensetzenden Mineralien hat man beobachtet, weder Orthoklas,
noch Glimmer, noch Quarz, ebenso wenig Turmalin, noch die
übrigen Silicate, welche diese Gebirgsarten zu begleiten pflegen.
So fehlen also unter den Meteoriten diejenigen Silicatge-
steine, welche die Rinde unseres Erdkörpers bis zu bedeuten-
der Dicke zusammensetzen. Nur in den tiefen Regionen un-
terhalb des Granits, welche man infragranitische zu nennen
pflegt, darf man die den Meteoriten entsprechenden Gesteine
suchen; das heisst unter jenen basischen Silicatgesteinen, welche
“auf ihrer ursprünglichen Lagerstätte mindestens mehrere Kilo-
meter unter der Erdoberfläche liegen. Vertreter dieser Ge-
steine können daher nicht anders zu uns gelangen, als indem
sie durch kräftige Pressungen und Eruptionen in die Spalten
der überdeckenden Gebirgsschichten hinaufgedräugt werden.
Die Abwesenheit der ganzen Folge von Gesteinen, welche
unseren Erdkörper zu einem so grossen Theile zusammensetzen,
unter den Meteoriten ist jedenfalls eine überaus merkwürdige
Thatsache, welches immer ihre Ursache sein möge.
Diese Abwesenheit kann in verschiedener Weise erklärt
werden; man kann annehmen, dass die Meteoritenausbruche,
welche zu uns gelangen, entweder nur aus dem Innern von
Planetenkörpern gleicher Zusammensetzung mit unserer Erde
herrühren, oder dass auf diesen Planetenkörpern überhaupt
weder quarzführende oder saure Silicatgesteine, noch geschich-
tete Gebirgsarten vorkommen,
In letzterem Falle, dem wahrscheinlicheren, würden die-
- 02 A
selben eine weniger vollständige Folge von Wandlungen er-
fahren haben, als der Planet, welchen wir bewohnen, und die
‘Erde würde: nur der Mitwirkung des ÖOceans in ihrer ersten
Zeit die granitischen Gebirgsbildungen verdanken, wie sie ihr
später ihre geschichteten Gebirgsglieder zu verdanken gehabt
hat. E |
WichtigkeitdesPeridotsindentiefen Regionen.
Es ist besonders ein Mineral, welches, wie wir sehen, sich mit
auffallender Beständigkeit in fast allen Meteoriten, von den
Eisenmeteoriten bis zu den eigentlichen Steinen findet, der
Peridot nämlich. In letzteren tritt er selten allein auf (Chas-
signy); gewöhnlich ist er mit saureren Silicaten gemischt, zu-
weilen so, dass die Theile nicht zu unterscheiden sind.
Hier ist nun eine fundamentale Thatsache hervorzuheben ;
die nämlich, dass dieses Silicat, das charakteristischste der
Meteoriten, in den geschichteten Gebirgsarten, wie wir gesehen
haben, nicht vorhanden ist.*) Ebenso fehlt es in den grani-
tischen Gesteinen. **)
Dagegen ist es wohlbekannt, wie sehr verbreitet der Pe-
ridot in den Eruptivgesteinen ist, wie in dem Basalt und
manchen Laven, deren Sitz, wie eben erwähnt wurde, unter-
halb der Granitregion zu liegen scheint.
Die Basalte aller Gegenden der Erde enthalten Peridot
nicht allein in eingesprengten Körnern, sondern auch in der
Gestalt von Bruchstücken, welche häufig eckig geblieben sind,
und die man als von einer tiefer liegenden Masse losgerissen
ansehen möchte.
Man kennt jene Peridot-Bomben, welche sich in Fülle in
verschiedenen vulkanischen Gebieten Frankreichs (Langeae,
Haute-Loire, Montferrier, Herault***), der Rheinufer,‘ des
Laacher See’st) und in vielen anderen Gegenden finden. |
Der Peridot ist ferner in anderen Pyroxen-Gesteinen in
*) Selbstverständlich kommen solche geschichteten Gesteine nicht in
Betracht, in welche es durch eruptive Gesteine gelangt ist, wie gewisse
von Basalt begleitete tertiäre Schichten.
**) Wir lassen hier ebenso gewisse Varietäten des Peridots bei
Seite, wie den Fayalit, den Glinkit, welche auf besonderen Lagerstätten
gefunden worden sind.
***) Bull. Soc. G&ol. de France, 2. XXVI.
+) Deutsche geol. Gesellsch, XIX. 465. 1867.
-
437
Menge vorhauden, wie z. B. in den Doleriten der Gegend von
Montarvil und von Montreal in Canada, wo er nach Mr.
STERRY Hunt fast die Hälfte des ganzen Gewichtes jener Ge-
steine bildet. *)
Auch sind an Peridot reiche Gesteine, die Kreide durch-
brechend, in der Gegend von Teschen gefunden und von
Herrn TscHErmaX beschrieben worden, welcher kürzlich eine
Notiz über das Vorkommen des Olivins in den Gesteinen ver-
‚öffentlicht hat. **)
Andererseits bildet der Peridot die Grundmasse des Lher-
zoliths, welcher an mehreren Punkten in den Pyrenäen, u.a. an
dem See von Lherz, hervorgebrochen ist. Der Lherzolith findet
sich auch in anderen Gegenden wieder. Nach der Unter-
suchung desselben durch Herrn Damour**‘) besteht das Ge-
stein aus Peridot, zu welchem sich Enstatit, Pyroxen und zu-
weilen Spinell (Picotit) gesellen. Dieses Gestein, welches aus
Tyrol bereits bekannt war, ist vor einigen Jahren auch in Neu-
Seeland durch Herrn v. HocHSTETTER, eine ganze Gebirgskette
bildend, wiedergefunden worden, welcher. ihm den Namen
Dunit gegeben hat}); noch später durch Herrn F. SANDBERGER
in Nassau bei Trigensteinff) und im Fichtelgebirge. |
Herr KJEruLr hat erkannt, dass ein sehr verbreitetes Ge-
stein der Gegend von Bergen in Norwegen,+rfr) welches Herr
KeırHav. früher als einen metamorphischen Sandstein ange-
sehen hatte, zum Theil aus nickelhaltigem Peridot besteht, mit
welchem Chromeisenstein und Talk verbunden sind.
Man kann auch noch daran erinnern, dass Herr G. Rose,
nachdem er früher den Peridot in dem Gestein von Elfdalen
in Schweden entdeckt hatte, ihn auch in dem Diallaggestein
von Neurode in Schlesien wiedergefunden hat.
Alle diese Thatsachen, deren Zahl durch die Entdeckung
bis dahin nicht erkannter, Peridot-Gesteine täglich wächst, zu-
sammengenommen fuhren zu der Erkenntniss, dass der Peri- -
*) Geology of Canada. S. 464.
**) Verhandl. d. Ak. d. Wissensch. in Wien v. 11. Juli 1867.
*%*) Bull. de la Soc. G&ol. de France, 2. 3. t. VII. p. 88.
+) Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. Jahrg. 1804. S. 341.
+7) Leonnarp’s Jahrb. 1865. p. 449. u. 1867. p. 172. Herr Sanp-
BERGER nennt es Olivinfels.
trr) Leona. Jahrb. 1867. p. 180. Deutsche geol. Ges. 1867.
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re 2
al
438
”
dot, der an der Oberfläche der Erde so selten ist*), bei einer
gewissen Tiefe eine vorherrschende Rolle spielt. Seine Wich-
tigkeit erstreckt sich nicht nur auf unseren Erdkörper, sondern
ebenso über die übrigen in dem Weltraum verbreiteten Kör-
per, deren Natur zu bestimmen die Meteoriten uns in den
Stand setzen.
Fügen wir noch hinzu, dass die vermittelst des Spectroskops
erfolgte Erkennung des Magnesiums nicht nur auf der Sonne,
sondern auf einer grossen Anzahl von Sternen mit der all-
gemeinen Wichtigkeit in Verbindung zu bringen ist, welche
wir der Magnesia als der Basis des Peridots beizulegen ver-
anlasst sind.
Es ist richtig, dass man sich daruber wundern könnte,
dass der Peridot sich auf der Oberfläche der Erde nicht in
grösserer Menge findet.
Indessen wenn er nicht häufiger in grösseren Massen auf-
tritt, so liegt dies daran, dass aussergewöhnliche Umstände
dazu gehören, ihn die höherliegenden Gesteine durchbrechen
zu lassen, ohne sich zu verändern. Er ist ja in der That das
basischste Silicat, welches man kennt, und hat eine grosse
Neigung, Kieselsäure aufzunehmen und sich so in ein saureres
Silicat, wie Eustatit oder Pyroxen, zu verwandeln, wie es die
vorhin besprochenen Versuche beweisen.
Er musste nun, um von seiner ursprünglichen Lagerstätte
an die Oberflache zu gelangen, saurere Gesteine von mehre-
ren Kilometern Dicke durchbrechen. Nothwendig musste er
auf diese einwirken und konnte so Veranlassung zur Bildung
der so zahlreichen Pyroxen- und Amphibol- Gesteine geben,
welche eine Art von Uebergangsreihe zwischen dem reinen
Peridot und dem Pyroxen bilden. |
Vielleicht muss man derartigen Einwirkungen die stufen-
weisen Uebergänge des Lherzoliths zu Pyroxen- oder Amphibol-
gesteinen zuschreiben, welche die Pyrenäen an verschiedenen
Punkten zeigen.“*)
*, Es ist bekannt, dass der Peridot in der Mehrzahl der Classifica-
tionen der Felsarten nicht einmal als eins der constituirenden Elemente
aufgeführt wird.
**) Von Cuarpentier; Essai sur la constitution geognostigue des
Pyrenees.
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REN. RT ae He 1 N RR BL rg r MeRT a a ee A POT Re REN
na EAN, N
439
Umwandlung desSerpeutins in Lherzolith oder
in Peridot. Theoretische Folgerungen daraus. Es
giebt noch ein anderes Magnesia-Gestein, welches mit dem Peridot
und dem Lherzolith in nahe Beziehung gebracht werden muss,
ungeachtet gewisser Unterschiede, welche es von denselben zu
entfernen scheinen.
Der Serpentin zeigt in der Reihe der eruptiven Ge-
steine ausnahmsweise Eigenschaften, indem er zugleich wasser-
haltig, unschmelzbar und ohne deutliche Krystallisation ist.
Die Geologen nehmen allgemein an, dass der Serpentin durch
Umbildung eines anderen Gesteines entstanden und zwar von
dem Peridot herzuleiten ist, wenigstens in gewissen Fällen, in
welchen er die charakteristische Krystallform dieses Körpers
beibehalten hat.
Bis dahin, wo es gelingen möchte, von dem Peridot aus-
gehend zu dem Serpentin zu gelangen, habe ich den umge-
kehrten Weg zu verfolgen, nämlich den Serpentin in Peridot
umzuwandeln versucht. |
Die Beziehung der chemischen Zusammensetzung beider
Mineralien deutete das einzuschlagende Verfahren an; der Ser-
pentin unterscheidet sich von dem Peridot nur dadurch, dass
er Wasser und mehr Kieselsäure oder weniger Magnesia ent-
hält. Der Serpentin musste demnach unter Zusatz von Ma-
gnesia geschmolzen werden, um zu der Zusammensetzung des
Peridots zu gelangen.
Indem die Serpentine von Snarum in Norwegen, von
Monte Ferrato in Toscana, von Sainte - Sabine in den Vogesen
und von Gaito im Isere-Departement so behandelt wurden,
ergaben sich nach der Schmelzung verwirrt krystallinische
Massen, welche an vielen Stellen alle Merkmale des Peridots
zeigen. Enstatit-Nadeln sind darin in Menge enthalten oder
bedecken die Oberfläche. Die Gegenwart dieses Silicats er-
klärt sich dadurch, dass die zum Versuch angewendeten Stücke
etwas mehr Kieselsaure enthalten mochten als der Typus der
Formel Me? Sit, von welchem ausgegangen wurde.
Diese Resultate haben mich dazu geführt, zu untersuchen,
welches Resultat die einfache Schmelzung der Serpentine er-
giebt. Der mit Proben von verschiedenen Fundpunkten (Sna-
tum in Norwegen, Zöblitz in Sachsen, Favero in Piemont)
440
im irdenen Schmelztiegel ausgeführte Versuch hat ebenfalls
Gemenge von Peridot und Enstatit ergeben, in welchen jedoch
das erstere Mineral sich in geringerem Maasse zeigt, als bei
. den unter Gegenwart von Magnesia erfolgten Schmelzungen.
Der Serpentin von Baldissero in Piemont, bekannt durch
Adern von Magnesia und Opal, welche in ihm ausgeschieden
sind, hat das charakteristischste Resultat geliefert: Enstatit-
Nadeln, welche mit auffallender Regelmässigkeit sich in pa-
ralleler Anordnung und zu Büscheln gruppirt mitten im kry-
stallinischen Peridot abheben; es ist dies genau dasselbe Re-
sultat, welches der Lherzolith ergiebt.
Es ist indessen zu bemerken, dass selbst dann, wenn der
Serpentin ohne irgend welchen Zusatz im Tiegel geschmolzen
wird, er den Wänden desselben einen Theil ihrer Substanz,
und zwar besonders Kieselsäure, entnehmen muss.
Bei diesen Schmelzungen, wie bei denjenigen der Meteo-
riten, bringt die Neigung des Peridots und des Enstatits zur
Krystallisation dieselben in recht deutlich erkennbaren Kry-
stallen zur Erscheinung; das erhaltene Product besteht aber
ausserdem noch aus anderen Thonerde- oder sonstigen Silica-
ten, welche innig gemischt und gleichsam im Innern der erste-
ren aufgelöst bleiben.
Diese verschiedenen Resultate, besonders die letzteren, zei-
gen, dass der Serpentin häufig eine entschiedene Neigung be-
sitzt, sich in Peridot zu verwandeln, als ob er erst dadurch in
seinen normalen Zustand zurückkehrte. Dies ist ein Grund
mehr dafür, den Serpentin, wenigstens bezüglich einiger seiner
Vorkommnisse, als einen Peridot oder Lherzolith zu betrachten,
welcher eine gewisse Menge seiner Magnesia verloren und
durch einen Vorgang, welcher an denjenigen der Verwandlung
des Feldspaths in Kaolin erinnert, Wasser in sich aufgenom-
men hat.
Die unmittelbare Beobachtung der Gesteine bestätigt diese
Schlussfolgerung. Einestheils giebt es Lherzolithe, welche
gradatim in Serpentin übergehen, wie dies an einigen Locali-
täten in den Pyrenäen*), zu Brezouars in den Vogesen**), zu
*) Von CuarPpenTier, Essai sur la constitution geognostique des Ly
renees, p. 256.
**) Fournet, Bull soc. geol. de France, 2 serie, t. IV, p. 227.
ie er
4
441
Neurode in Schlesien und in gewissen, unter dem Namen
Schillerfels oder Bastit bekannten Gesteinen in Transylva-
nien*), in Nassau **) und anderwärts sich findet. Anderer-
seits giebt es Serpentine, welche ebenso klar ihren Zusammen-
hang mit Peridotgesteinen an den Tag legen. Man kann kein
lehrreicheres Beispiel letzterer Thatsache sehen, als das des
eben besprochenen Serpentins von Baldissero. Eine der Va-
rietäten dieses Serpentins, in der Sammlung des Museums und
durch Herrn CorpiEr gesammelt, erinnert in ihren äusseren
Kennzeichen durchaus an den Lherzolith der Pyrenäen. Ich
habe überdies erkannt, dass sie, wie der letztere, von Enstatit-
Krystallen von der Varietät des Bronzites***), von smaragdgrü-
nem, chromhaltigen Diopsid, sowie von schwarzem chromhalti-
gen Spinell, zuweilen in regelmässigen Oktaödern (Varietät
des Piecotit) durchwachsen ist. Diese drei Mineralspecies zeigen
bei diesem wie bei jenem Gestein ganz den gleichen Habitus.
Dieser Analogieen ungeachtet unterscheidet sich indessen der
Serpentin von Baldissero von dem Lherzolith durch seine ge-
‚ringe Härte und seinen Wassergehalt; er bildet gewissermaassen
einen Uebergangszustand des ersteren Gesteins in das letztere.
Die Mineralien, welche der Wasseraufnahme widerstanden
haben, bleiben gewissermaassen die Zeugen des ursprünglichen
Zustandes, so dass die Beziehung des Kaolins zum Feldspath
nicht klarer erwiesen ist, als die Umwandlung, mit welcher
wir uns hier beschäftigen.
Uebrigens wird durch nichts bewiesen, dass die Wasser-
aufnahme, welche bei der Umwandlung der Peridotgesteine in
Serpentin stattgefunden hat, durch den Einfluss der Agentien
der Erdoberfläche bewirkt worden wäre.
*) Tscuermak, Sitzungsber. der Wiener Akad., loe. cit.
**) Bei dem neuen Lherzolith-Vorkommen, welches Herr F. SanpBERGER
in Nassau aufgefunden hat, erwähnt dieser ausgezeichnete Geologe alle
Uebergänge dieses Peridotgesteins in Serpentin. Lioxuann’s Jahrb. 1865, -
S. 449.
*=*#) Herr Des Cröiseaux, welcher die Güte gehabt hat, die optische
Untersuchung dieses Enstatits auszuführen, hat bei demselben zwei weit
aus einander gehende Axen in einer dem deutlichen und bronzirenden
Blätterbruch parallelen Ebene erkannt; die negative Mittellinie senkrecht
zum undeutlichen Blätterbruch, 2H (roth) = 124° 46,
442
Der eruptive Serpentin der Appenninen, der Alpen und so
vieler anderer Gegenden kann aus den Tiefen hervorgetrieben
worden sein, nachdem er bereits das heute in ihm enthaltene
Wasser aufgenommen hatte.
' Die Art und Weise, wie das Glas sich iu uüberhitz-
tem Wasser zersetzt und in ein wasserhaltiges Silicat verwan-
delt, wie ich es bei früheren Versuchen erkannt habe *), scheint
nicht ohne Analogie zu sein mit dem chemischen : Vorgang,
welcher den Serpentin auf Kosten vorher bestandener wasser-
freier Silicate erzeugen konnte.
Ich behaupte indessen nicht, dass alle Serpentin - Massen
von der Umwandlung der Peridot-Gesteine herrühren; es giebt
deren in. der That, welche man von Pyroxen- und anderen
Gesteinen hergeleitet hat. Es wird bei dieser Gelegenheit
passend darauf aufmerksam gemacht, dass der Versuch, durch
welchen ich weiter oben nachgewiesen habe, mit welcher Leich-
tigkeit der Peridot sich in weniger basische Silicate umwan-
delt, im Allgemeinen auch die zahlreichen Uebergänge des
Serpentins in andere Gesteine erklärt, zunächst in Euphotid,
welcher gewöhnlich mit ihm zusammen vorkommt, sodann in
Diorite und pyroxenische, prasophyrische Gesteine u. s. f.,
welche ihn in Toscana “*), in verschiedenen Theilen der Al-
pen und in vielen anderen Gegenden begleiten.
Die Analogien, welche den Serpentin den Peridotgesteinen
nahe bringen, veranlassten mich, auch dieses Gestein mit Be-
zug auf die Zusammensetzung der Meteoriten zu untersuchen.
Wenn man den Serpentin in einem mit Kohle gefütterten
Tiegel schmilzt, so enthalten die sich ausscheidenden Guss-
eisen- und Schmiedeeisenkörner häufig Nickel, bis zu beträcht-
licher Menge, wie es bei der gleichen Behandlung beim Peri-
dot der Fall ist. Das Eisen z. B., welches aus dem Serpentin
von Sainte-Sabine in den Vogesen ausgeschieden wird, enthält
0,67 pCt. Nickel. Das eines Serpentins des Mont - Genevre
hat ebenfalls Nickel ergeben, aber in zu geringer Menge, als
dass sie hätte bestimmt werden können.***)
*%) Synthetische Versuche über den Metamorphismus (Ann. des mi-
nes, d® serie, t. XVI, p. 425) Ueber die Bildung der Zeolithe (Bull. Soc.
geol. de France, 2e serie, t. XVI, p. 588).
**) Pıur Savı, Delle Rocco ofiolitiche della Toscana. 1838. p. 11.
***) Es ist hier daran zu erinnern, dass das Nickel, welches zuerst
443
Zu diesen Aehnlichkeiten in der Zusammensetzung der
Serpentine und der Meteoriten kommt noch die Gegenwart von
Chrom. Einestheils findet sich das Chrom bei den ‚meisten
Serpentinen nicht nur als Ursache der grünen Färbung*), son-
- dern auch als Chromeisenstein, wie man in sehr verschiedenen
Gegenden nachgewiesen hat.**) Andererseits hat die von
Lausier schon 1806 ***) gemachte wichtige Beobachtung, dass
das Chrom in den Meteoriten nur selten fehlt, sich seitdem
nur bestätigt. Es giebt in der That wenig steinige Meteoriten,
welche nicht, wenn auch nur in geringer Menge, Chromit oder
Chromeisenstein in ihrer Mischung enthielten.
Der Serpentin kann demnach, abgesehen von seinem
Wassergehalt, den Meteoriten des gewöhnlichen Typus fast
mit gleichem Rechte nahe gestellt werden, wie der Feridot
und der Lherzolith.
“Es ist noch zu erwähnen, dass die kohligen Meteoriten
(Cap der guten Hoffnung, Kaba und Orgueil) ein wasserhalti-
ges Magnesia-Silicat enthalten, welches Herr WöhHLER dem Ser-
pentin nahe gestellt hat.
Ich will noch eine Bemerkung uber die Bildung des Spi-
nells beifügen, welcher zuweilen im Peridot eingesprengt vor-
kommt, wie man dies an einigen Localitäten der Haute-Loire,
in dem. Lherzolith der Pyrenäen und in dem serpentinführen-
den Lherzolith von Baldissero bemerkt. Da der Peridot. das
basischste Magnesia-Silicat ist, welches die Gebirgsarten uns
darbieten, so scheint dieses Vorkommen von Spinell einfach
erklärt werden zu können. Da sich Thonerde in einem sehr
basischen Silicat vertheilt fand, welchem sie die Kieselsäure
von STROMEyER in gewissen Serpentinen und. zugleich im Peridot nach-
gewiesen worden, seitdem in Serpentinen sehr von einander entfernter
Vorkommen, in Sachsen, in Schlesien, in Nordamerika, in Texas, in
Pensylvanien sich wieder gefunden hat; nach der Analyse von STeRRY
Hesrt fehlt dieses Metall auch nicht in den Serpentinen von Canada.
(Geology of Canada, p. 471.)
*) Seit langer Zeit von Varentin Rose und KLaprortu angegeben.
**) Das Departement Du Var, Sachsen, das Grossherzogthunı Ba-
den, der Rhein, die österreichischen Alpen, Mähren, Schottland, Nor-
wegen, Griechenland, der Ural, zahlreiche Vorkommen in den vereinigten
Staaten, in Canada etc.
*%*) Annales du museum, t. VII, p. 392, 1806,
444
nicht mehr entziehen konnte, so musste sie sich mit basischen
Körpern, Magnesia und Eisenoxydul, verbinden. |
Ich habe diese Vermuthung durch einen synthetischen
Versuch bestätigt. Wenn man natürlichen Peridot bei sehr
hoher Temperatur mit Thonerde (10 pCt.) schmilzt, so bemerkt
man nach der Schmelzung in der krystallinischen Peridotmasse
kleine schwarze Punkte, welche unschmelzbar sind, durch Säu-
ren nicht angegriffen werden und zugleich Thonerde, Magnesia
und Eisenoxydul enthalten. Einige zeigen die Form regulärer
Oktaöder. Diese Krystalle, welche alle Kennzeichen des Pleo-
nast-Spinells an sich tragen, geben demnach vollständigen Auf-
schluss über die Bildung dieses Minerals in den Peridoten und
Lherzolithen.
Charaktere, welche die Peridot-Gesteine aus-
zeichnen. Wir sehen unter den charakteristischen Eigen-
schaften ‘der Peridot-Gesteine drei, welche dieselben von allen
übrigen Silicatgesteinen scharf unterscheiden, und welche die
Aufmerksamkeit zu fesseln verdienen:
1. Der Peridot ist der basischste Typus unter den Sili-
caten, welchen man kennt; sowohl unter den Meteoriten, als
unter den eruptiven Gebirgsarten. In dieser Reihe, deren
erstes Glied er bildet, und welche mit dem Granit schliesst,
bildet er zugleich die am einfachsten zusammengesetzte und
die am besten bestimmte Art. '
2. Hinsichtlich der Art und Weise der Krystallisation
unterscheidet sich der Peridot sowie das Bisilicat der Magne-
sia, der Enstatit, welcher sein häufiger Begleiter ist, von den
Thonerde-Silicaten, besonders denjenigen der Feldspathgruppe,
durch die Leichtigkeit der Bildung und Krystallisation auf
trockenem Wege, in Folge einfacher Schmelzung. Niemals hat
man dagegen etwas dem Feldspath oder Granit auch nur ent-
fernt Aehnliches unter denselben Bedingungen künstlich kry-
stallisiren lassen können.
3. Die Peridot- Gesteine sind weiter durch ihre grosse
Dichtigkeit sehr ausgezeichnet, welche diejenige aller übrigen
eruptiven Gesteine und selbst der Basalte übersteigt, wie aus
folgender Uebersicht hervorgeht:
445
Granit 2,64 bis 2,76
Trachyt 2,62: 2,88
Porphyrit 2,76
Diabas 2,66% 14 72588
Basalt 2, Is il
Lherzolith 325 „3,33
» 3835
Peridot 3,33
Diese verschiedenen Gesteine mussten sich von Anfang
an in einer der zunehmenden Dichtigkeit entsprechenden Reihen-
folge über einander lagern. Die.grosse Dichtigkeit der Peri-
dot-Gesteine erklärt die normale Lage unter der Granitdecke,
Ja selbst unter den basischen Thonerdegesteinen, welche sie
in der Erdrinde einzunehmen scheinen.
Vergleich der Dichtigkeiten der Meteoriten
und derjenigen der wichtigsten Gesteine der Erde
Wenn man die kohligen Meteoriten bei Seite lässt, welche
man als ausserhalb der Reihe stehend ansehen muss, so konnte
man sich die Meteoriten in concentrischen sphärischen Schich-
ten, eine ideale Kugel bildend, vorstellen, deren Dichtigkeit
von der Oberfläche nach dem Mittelpunkte zunahme, Zu äusserst
befanden sich die thonerdehaltigen Steine, dann folgten die
peridotischen Steine, diejenigen des gewöhnlichen Typus, dann
die Polysideren,, die Syssideren und schliesslich die Holosi-
deren. Ä
Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass dieser theo-
retische Durchsehnitt einige Analogie besitzt mit einem idealen
Durehschnitt des Erdballs, wenn man die sedimentären Schich-
tenfolgen von den Granit- Gneiss- Niederlagen abscheidet. In
diesem Durchschnitt würden die Laven den Thonerde - Meteo-
riten entsprechen; darunter würde der Peridot dem Meteoriten
von Chassigny entsprechen; der Lherzolith und die übrigen zu
ihm gehörigen Gesteine nähern sich sehr den Meteoriten des
gewöhnlichen Typus. |
Allerdings gehen die Analogieen, welche man direct zu
beobachten vermag, nicht weiter; weiter reicht aber auch die
Kenntniss nicht, welche wir von den tiefsten Regionen unse-
rer Erde besitzen. Es widerstrebt nicht dem Gedanken, an-
zunehmen, dass die tiefsten Theile der Erde Aehnlichkeit be-
eitzen mit denjenigen des idealen Körpers, welchen wir soeben
Zeits.d.D. geol. Ges. XXI. 2. 29
446
durch die Uebereinanderlagerung der verschiedenen Typen der
Meteoriten construirt haben. Nichts beweist, mit einem Worte,
dass nicht einer dieser beiden Körper den andern ergänzt.
Man wird diesen vielleicht kühnen Vergleich besser durch
die folgende Tabelle verstehen, deren erste Colonne die wich-
tigssten Typen der Meteoriten und deren Dichtigkeiten zeigt,
während die zweite die wichtigsten Gebirgsarten der Erde
enthält.
I. Dichtig- 11. Dichtig-
keiten. keiten.
® Geschichtete Gesteine 2,6
Ir Granit und Gneiss 2,7
_ Pyroxen-Laven 2:9
Thonerde-Meteoriten 9,0 —
nn Peridot | 3,9
Peridotische Meteoriten 3,5 —
— Eherzolith | 3,8
Meteoriten des gewöhn-
lichen Typus 3,9— 9,8 _
Polysideren (Sierra de
Chaco) 097,0 —
Syssideren (ParLnas) 7,1— 7,8 ur
Holosideren (Charcas) 7,0 —8,0 | —
Unterschiede,durch welchediePeridotgesteine
der Erde von den Meteoriten getrennt werden. Es
geht schliesslich aus allen diesen Thatsachen hervor, dass die
Tiefen der Erde Massen enthalten, welche grosse Aehnlichkeit
mit den Meteoriten besitzen.
Neben den Aehnlichkeiten indessen, welche die Peridotmassen
unserer Erde mit den Meteoriten in Uebereinstimmung setzen,
sind auch Unterschiede vorhanden, welche nicht minder der
Beachtung werth sind. |
Diese Unterschiede beziehen sich wesentlich auf die Oxy-
dationsstufe des Eisens. Die Meteoriten, wie die Gebirgsarten
der Erde, enthalten Eisenoxydul verbunden mit Kieselsäure
(Silieat) und mit Chromoxyd (Chromeisenstein). Dem gegen-
über fehlt der in unseren basischen Silicatgesteinen so häufige
Magneteisenstein im Allgemeinen in den Meteoriten. Er wird
447
in denselben gewissermaassen durch gediegenes Eisen vertre-
ten, welches seinerseits in unseren Gebirgsarten fehlt.*)
Es giebt noch einen zweiten Unterschied ähnlicher Art,
wie der vorige: die Phosphorverbindung des Eisens und des
Nickels, zuerst von PBkrzELıus erkannt, findet sich fast
immer bei dem Meteoreisen. Ebenso wie das gediegene
Eisen fehlen sie dagegen gänzlich in unseren Gesteinen, wo
sie durch Phosphate vertreten sind, welche besonders in den
basischen Silicat-Gesteinen häufig sind.**)
Ohne weiter bei einigen anderen Gegensätzen ähnlicher
Art zu verweilen, erkennen wir als wesentlichen Unterschied
zwischen diesen Meteoriten und den entsprechenden Gebirgs-
arten der Erde den, dass die ersteren gewisse Körper im re-
dueirten Zustande enthalten, welche in den anderen im oxy-
dirten Zustande enthalten sind. Alles deutet darauf hin, dass
die Massen, zwischen welchen eine so grosse Aehnlichkeit der
Zusammensetzung besteht, identisch gewesen sein würden, un-
geachtet ihrer ungeheuren Entfernung von einander, wenn sie
nicht verschiedene Einwirkungen erlitten hätten.
Wenn das in den Meteoriten ganz gewöhnliche metallische
Eisen in den Gesteinen der Erde fehlt, so kann dies dadurch
veranlasst sein, dass auf unserer Erde, wo die Atmosphäre
Sauerstoff im Ueberschuss enthält, die Oxydation eine voll-
ständige gewesen ist, d. h. keine Körper im metallischen Zu-
stande ubrig gelassen hat. Alles spricht dafür, dass dieser
Unterschied nicht vorhanden sein wurde, wenn beide Körper
sich nicht verschiedenen Mengen von Sauerstoff gegenüber be-
funden hätten. Denn es genügt, wie die angeführten Versuche
beweisen, eine theilweise Reduction der Peridot- Gesteine der
Erde, um sie den meteoritischen Gesteinen ähnlich, wenn nicht
denselben ganz gleich zu machen.
Peridot als allgemeine Schlacke. Die Auffassung,
*) Es ist wahr, dass man in den kohligen Meteoriten, wie in dem-
jenigen von Orgueil, Eisenoxydul gefunden hat. Diese bilden aber eine
seltene und besondere Kategorie.
*#) Der Stein von Juvenas, in welchem Herr Ramnmetsseng das Eisen
im Zustande der phosphorsauren Verbindung angegeben hat, bestätigt
_ nur diese Regel;-denn er enthält metallisches Eisen nur in sehr geringer
Quantität. Es konnte sich deshalb nur schwer die Phosphorverbindung
dieses Metalls bilden.
29”
448
zu welcher wir so eben geführt worden sind, um den Ursprung
der planetarischen Körper zu erklären, von welchen die Me-
teoriten abstammen, erläutert auch die Bildungsweise jener
mächtigen Masse von Silicaten, welche die äussere Rinde des
Erdkörpers zusammensetzt.
Schon im Anfange dieses Jahrhunderts hat DavyY, nach-
dem er die Resultate seiner bewundernswürdigen Entdeckung
der Zusammensetzung der Alkalien und der Erden bekannt ge-
macht hatte, vorausgesetzt, dass die Metalle dieser Oxyde im
Innern der Erde in freiem Zustande vorhanden sein Könnten
und sah er in ihrer Oxydation durch den Zutritt von Wasser
und Luft die Ursache der Hitze und der Eruptionen der
Vulkane. |
Später ist diese Theorie erweitert worden, indem man sie
auf den Ursprung der Erdrinde selbst ausdehnte, welche die
mit der grössten Begierde die Verbindung mit Sauerstoff ein-
gehenden Metalle, Kali, Natron, Calcium, Magnesium, Alumi-
nium gerade im Zustand von Silicaten enthält, und indem man
selbst die Gewässer der Meere als das Resultat der Oxy-
dation des Wasserstoffs bei dieser allgemeinen Oxydation oder
Verbrennung ansah. Sir Henry DE LA BücHE, dessen Geist
alle grossen Fragen der Geologie zu umfassen wusste, war
einer der ersten, welche diesen Gedanken aussprachen *), den
die wichtigen Beobachtungen über die Hütten -Schlacken von
HAUSMANN, MITSCHERLICH und BERTHIER so gut vorbereitet
hatten“*) und den Herr E. pe BEAumont mit grosser Schärfe
durch den Ausdruck : „natürliche Coupellation* wiedergegeben
hat.***)
Man erkennt ohne weitere Erläuterung, wie sehr diese
theoretische Anschauung durch die Resultate bestätigt und
%) Researches in Theoretical geology, 1834. Die französische Ueber-
setzung ist im Jahre 1838 von M. pe Cortesxo publieirt worden.
**) Unter den zahlreichen Beobachtungen von Hausmann, welche bis
1816 zurückgehen, muss ich seine Arbeit: De usu experientiarum me-
tallurgicarum ad disquisitiones geologicas adjuvandas (Göttinger gelehrte
Anzeigen 1837) hervorheben. Auch ist es billig, daran zu erinnern,
dass Mıtrscherrich bereits 1823 die Formen des Peridots und des Pyroxens
in Krystallen metallurgiscker Schlacken erkannt hat. (Abhandl. der Kön.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1823, p. 25.)
»*) Bulletin Soc. geol. 2® serie, t. IV, p. 1326. 1847.
449
schärfer begrenzt wird, welche ich bei der Synthese der Me-
teoriten erhalten habe.
Nach obigen Erörterungen wird die Annahme natürlich
erscheinen, dass die Peridotgesteine, deren Wichtigkeit für die
Zusammensetzung der tiefen Regionen unseres Erdkörpers wir
erkannt haben, den gleichen Ursprung haben, wie dieselben
Silicate, welche Bestandtheile der Meteoriten bilden.
Diese Peridotgesteine wurden auch auf unserem Planeten
das directeste Product einer Verschlackung sein, welche sich
zu einer äusserst fern liegenden Zeit vollzogen hat.
Es ist wesentlich, sich über das Wort Verschlackung richtig
zu verstehen.
Wenn man ein Bad geschmolzenen unreinen Gusseisens
bei Berührung mit der Luft in Fluss erhält, so oxydirt sich
das Eisen sowie gewisse mit ihm verbundene Körper, worunter
Silicium der wichtigste ist. Diese Oxydation erzeugt ein Eisen-
Silicat, welches die obere Decke des Metallbades bildet. Es
ist eine echte flüssige Schlacke. Durch Abkühlung wird sie
teigig, demnächst fest werden und alsdann eine dichte, steinige,
krystallinische Structur annehmen, eine solche mit einem Wort,
welche ganz verschieden ist von jenen aufgeblähten, schwam-
migen Körpern, welche man vulkanische Schlacken genannt
hat. Eine jener metallurgischen Verschlackung ähnliche also
ist es, welche wir meinen, wenn wir von einer Verschlackung
des Erdkörpers reden. Diese Erklärung erstreckt sich selbstver-
ständlich nicht auf die Bildungsweise der Feldspath-Gesteine, wie
Z. B. des Granits, welche, wie wir oben sahen, die Magnesia-
Gesteine uberlagern. Erstere unterscheiden sich von den Pe-
ridotgesteinen durch drei wesentliche Charaktere und haben
sich nicht nur mit einer bedeutend grösseren Menge Kiesel-
saure und anderer Basen, sondern auch sicherlich unter ver-
schiedenen Verhältnissen gebildet.
Viele Geologen nehmen in der That an, dass diese Feld-
spathgesteine sich nicht einfach auf trockenem Wege gebildet
haben, was wir als die wahrscheinliche Entstehungsweise der
tief liegenden peridotischen Gesteine nachgewiesen haben, son-
dern dass sie unter Mitwirkung besonderer Agentien, wie u.a.
des Wassers, entstanden sind. Wie dem auch sei, so könnte
man in denselben, namentlich in den Trachyten, jedenfalls das
entgegengesetzte Endglied der Reihe der bei der allgemeinen
450
Verschlackung gebildeten Silicatgesteine erblicken. Der Gegen-
satz dieser beiden verschiedensten und am besten charakteri-
sirten Typen liegt nicht allein in der mineralogischen Zusam-
mensetzung und den Verhältnissen der Krystallisation, sondern
auch in der Dichtigkeit der Massen und ihrer Lage in noth-
wendiger Weise sehr verschiedenen Tiefen.
Wenn wir sagen, dass die Gesteine der Erde kein gedie-
genes Eisen enthalten, so kann dabei offenbar nur von denje-
nigen Massen die Rede sein, welche durch Eruptionen unserer
Forschung zugänglich geworden sind, Massen, welche gegen-
über der grossen Dimension unseres Planeten gewissermaassen
nur einen Mantel desselben bilden. Nichts beweist, dass un-
terhalb jener thonerdehaltigen Massen, welche beispielsweise
in Island Laven von so grosser Aebnlichkeit mit den Meteori-
ten des Typus von Juvenas geliefert haben, dass unterhalb un-
serer Peridotgesteine, welehen der Meteorit von Chassigny so
nahe steht, sich nicht Iherzolithische Massen finden sollten. in
welchen gediegenes Eisen sich zu zeigen begänne, solche
Massen also, welche mit den Meteoriten des gewöhnlichen
Typus übereinkommen würden; darunter alsdann eisenreichere
Typen, wie die Meteoriten uns deren eine Reihe mit wachsen-
der Dichtigkeit zeigen, von denjenigen an, bei welchen das
Eisen etwa die Hälfte des Gewichts des Gesteins beträgt, bis
zum gediegenen Eisen.
Einige Thatsachen möchten diese Anschauungsweise un-
terstutzen. So hat sich das Platin, welches durch seine grosse
Dichtigkeit wahrscheinlich von Anfang an in die tiefsten Re-
gionen versetzt worden ist, nach Herrn ENGELHARDT mit ge-
diegenem Eisen zusammen gefunden. Jedenfalls ist dies Me-.
tali mit Eisen in einer 10 pCt. übersteigenden Menge des
letzteren legirt, was genügt, um es stark magnetisch zu machen.
Man kann hinzufügen, dass, wenn im Ural das Platin niemals
auf seiner Ursprungs-Lagerstätte gefunden worden ist, es sich
doch häufig in Chromeisenstein eingewachsen und selbst noch
mit Bruchstucken von Serpentin verwachsen gefunden hat. *)
Durch letzteres Zusammenvorkommen scheint dieses Metall
uns einen neuen Beweis dafur zu liefern, dass in bedeutender
*) G. Rose, Reise nach dem Ural, Bd. II., S. 390. Lr Pıar,
Comptes rendus de l’Acad&emie des sciences, 1546.
451
Tiefe Magnesia-Gesteine von der Familie des Peridots vorhan-
den sind.
Allgemeine Bemerkung. Das Privilegium der All-
gegenwart des Peridots sowohl in den Gesteinen der
Tiefe, als in den Meteoriten erklärt sich nach den obigen Ver-
suchen dadurch, dass er gewissermaassen die allgemeine
Schlacke ist.
Man könnte aus dem Vorhergehenden schliessen, dass der
Sauerstoff, welcher für die organische Natur so wesentlich ist,
auch bei der Bildung der Planetenkörper eine wichtige Rolle
gespielt hat. Fugen wir noch hinzu, dass ohne ihn kein Ocean
gedacht werden kann, keine jener grossen Wirkungen an der
Oberfläche und in der Tiefe, deren Ursache das Wasser ist.
So gelangen wir dazu, die Grundlagen der Geschichte un-
seres Erdballs zu berühren und die bereits durch die Aehn-
lichkeit der Zusammensetzung enthullten Bande der Verwandt-
schaft unter den Theilen des Weltalls, deren Natur zu kennen
uns vergönnt ist, noch enger zu knüpfen.
ia. W LFy
FE en
452
B. Briefliche Mittheilung.
Herr Orrmer an Herrn Eck.
Braunschweig, den 25. April 1870.
Nachdem die Erdarbeiten an der Bahn Braunschweig-
Helmstedt in der näheren Umgebung unserer Stadt inzwischen
soweit vorgeschritten sind, dass wesentlich Neues nicht mehr
zu erwarten ist, erlaube ich mir Ihnen eine kurze Mittheilung
über einen durch jene Arbeiten entstandenen Aufschlusspunkt
zu machen.
In dem Ihnen aus einem Briefe des Herrn Brauns (diese
Zeitschr. XXI., S. 700) bekannten Einschnitte unterhalb der
Mückenburg gelangt man, von Braunschweig kommend, ehe
man die Thone mit Am. Parkinsoni erreicht, zu einer Reihe
von Thonen von wesentlich anderer Beschaffenheit als jene.
Dieselben, auf einer Strecke von 40 Ruthen aufgeschlossen,
fallen nach West unter diluvialen Thonen und Sanden ein,
sind oben hellgrau und führen hier häufig Kalkconcretionen,
die eine, wenn auch nur geringe, schalige Absonderung zeigen,
wie meist von einer anstehend bisher unbekannten Serpula-Art
durchzogen werden. Nach unten werden die Thone dunkler,
bleiben aber, wenn auch die Concretionen verschwinden, kalk-
haltig, wodurch eine gewisse Magerkeit bedingt wird, welche
sie auch petrographisch leicht von den nun folgenden ietten,
dunkelblauen Thonen mit Am. Parkinsoni, an die sie sich an-
lehnen, unterscheiden lässt.
Die von anderen Localitäten schon bekannten, in diesen
Thonen beobachteten und sicher bestimmbaren Petrefacten
sind:
Ammonites noricus SCHL. w
Terebratulina Martiniana D’ORB. in einer feinrippigen Varietät.
453
Pecten crassitesta RoEm.
Östrea Couloni D’ORB.
Avicula macroptera RoEM.
Arca ef. securis Leym. sp., sonst bekannt aus:
Speetonthon — Moorhuütte,
Ob. Hils — Achim,
» n.. — Theerlöcher bei Kl. Schöppenstedt.
Nucula Mariae D’ORB.
Panopaeu neocomiensis LEYM. Sp.
Aus diesen Petrefacten ergiebt sich, dass die Thone dem
oberen Hils angehören, indem das gänzliche Fehlen typischer
und sonst häufiger Leitmuscheln des Speetonclay (ich erinnere
an Belemniins Brunsvicensis, Serpula Phillipsi etc.) maassgeben-
der sein dürfte, als dass von obigen Petrefacten die Hälfte
sich noch im Speetonthon findet, und stelle ich die Schichten
unter diejenigen mit Crioceras Emmerici (s. v. STROMBECK, diese
Zeitschr. XIII., S. 22).
Ueber die genauere Begrenzung nach unten liess sich lei-
der nichts feststellen, ebenso wie es späteren Nachforschungen
vorbehalten bleiben muss, aufzuhellen, ob die Schichten mit
der Gaultmulde des nicht sehr entfernten Mastbruches in nähe-
rer Verbindung stehen.
Auch über einen anderen Punkt im Gebiete der hiesigen
Kreide kann ich nicht umhin Ihnen eine kurze Notiz zu ge-
ben, das Weitere mir vorbehaltend. Die Localität ist dicht
bei Braunschweig, zwischen dem August- und Steinthore, am
rechten Ufer des Umfluthgraben auf einem Grundstücke des
Herrn Dr. med. L. Schuipt, welchem ich auch die erste Kunde
von dem Auftreten fester Schichten daselbst verdanke. Es
sind dieses hellgraue, äusserst kalkreiche Thone, die sehr
sparsam organische Reste einschliessen. Von diesen ist mir
bis jetzt bekannt geworden:
Pecten laewis Nıus., Petr. Suecana p. 24, t. 9., f. 17. Ger
Nı0Z, Charact, p. 83, t. 21, f. 9.
Inoceramus lobatus Munst. Goupr. II., p. 113, t. 110, £. 3.
sowie eine Nummulina sp. und die Reste einer Alge (?), von
der aber noch keine deutliche Exemplare vorliegen. Von Ce-
454
phalopoden, insbesondere Belemniten gelang es nicht Spuren
aufzufinden.
So möchte sich bis heute nur sagen lassen, dass die frag-
lichen Thone der oberen Kreide zuzuzählen sind, während es
vorläufig dahin gestellt bleiben muss, welchem genaueren Ni-
veau dieselben angehören.
BE ne Ma NIEREN. eu e SUREL Eee Du
EN Tr x \
455
G. Verhandlungen der Gesellschaft.
l. Protokoll der Februar - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 2. Februar 1870,
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der Januar-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Als Mitglieder traten der Gesellschaft bei:
Herr Hrım aus Zurich, zur Zeit in Berlin,
vorgeschlagen von den Herren Roru, KustH und
BAUER,
Herr Bergrath Dr. StacHe in Wien,
Herr Dr. E. v. Mossısovics in Wien,
Herr Dr. Fr. Kreutz in Wien,
sämmtlich vorgeschlagen von den Herren v. HAuEr,
U. SCHLÖNBACH und NEUMAYR.
Herr Lossen legte ein neues Vorkommen des bisher nur
von Schlaggenwald in Böhmen bekanntenKarpholith vor. Das-
selbe stammt aus der Umgegend von Wippra im südöstlichen
Harz (Mansfelder Gebirgskreis), und hatte es bereits F. A. Ror-
MER*) von daselbst als in Quarz eingewachsen namhaft ge-
macht, ohne dass Weiteres darüber bekannt geworden wäre.
Auf den ersten Anblick scheint das Wippraer Mineral von dem
Schlaggenwalder gänzlich verschieden, es erinnert an Strahl-
steinasbest oder Chrysotil oder auch an die faserigen Minera-
lien der Cyanit- Andalusitgruppe, wie Bucholzit, Sillimanit
u. Ss. w. Von Farbe ist es keineswegs strohgelb, vielmehr
lebhaft gelbgrün bis grüngelb. Gleich dem Schlaggenwalder
Mineral ist es stänglich- faserig, aber es zeigt nie die radial-
*) Synopsis der Mineralogie und Geognosie, S. 185,
456 “
strahlige Gruppirung zu eckig-körnigen Stücken, wie jenes, ist
vielmehr parallelfaserig dem Quarz eingewachsen, wie der
Strahlstein in den sogenannten Katzenaugen. Meist zeigen die
faserigen Aggregate einen welligen oder geknickten Verlauf.
Das Mineral-Aggregat besitzt ausgezeichneten Seidenglanz, der
in den einzelnen breiteren Stängeln sich dem Glasglanze nä-
hert; Härte = 5. Strich gelblichweiss. Vor dem Löthrohr iu
der Platinpincette schmilzt es unschwer zum bräunlichen Email,
das sich mit einem eisengrauen Manganoxydhäutchen beschlägt,
mit Flüssen erregt es intensive Manganreaction. Im Kölbchen
giebt es Wasser. In dem unter der Direction des Herrn Pro-
fessor FINKENER stehenden Laboratorium der König]. Bergaka-
demie wurde das Mineral von Herrn BüLowıus untersucht. Es
verliert bei etwa 400° 0,96 pÜt., bei 500° 1,19 pCt. Wasser,
von welchem es in feuchter Luft 0,54 pCt. wieder aufnimmt.
Bei Rothglühhitze entweichen 10,17 pOt. Wasser, und das ge-
glühte Mineral nimmt in feuchter Luft kein Wasser wieder
auf. Es ist demnach das Wasser nicht als Krystallisations-
wasser, sondern als Constitutionswasser zu betrachten. Der
Gehalt an Eisenoxydul wurde bestimmt durch Titriren mit
übermangansaurem Kali in der Lösung des Minerals in Fluor-
wasserstoffsaure (vorher durch einige Tropfen übermangansau-
res Kali gefärbt) und verdünnter Schwefelsäure. Da die in-
nige Verwachsung des Minerals mit Quarz trotz der sorgfäl-
tigsten Scheidung eine Beimengung von etwas Quarz erwarten
liess, so wurde zur annähernden Ermittelung des Quarzgehal-
tes die Probe durch Erhitzen mit verdüunnter Schwefelsäure in
einer zugeschmolzenen Glasröhre zersetzt und der ausgewaschene
Ruckstand mit einer Lösung von kohlensaurem Natron und
etwas Natronhydrat gekocht. Der sandige Rückstand liess sich
unter dem Mikroskop als Quarz erkeunen. Die ubrigen Be-
standtheile des Minerals wurden auf die gebräuchliche Weise
bestimmt. Zur Vergleichung wurde auch der Karpholith von
Schlaggenwalde untersucht auf sein Verhalten bei erhöhter
Temperatur und auf einen Gehalt an Eisenoxydul. Derselbe
verliert bei 500° 0,69 pCt. an Gewicht und nimmt an feuch-
ter Luft wieder zu um (0,39 pCt. Beim Rothglühen entweichen
11,535 pCt. Wasser, welches in feuchter Luft nicht wieder auf-
genommen wird. Die Auflösung des Minerals in Fluorwasser-
‚stoffsäure und verdünnter Schwefelsäure enthält das Eisen vor-
457
wiegend als Oxydul. Die durch die Analyse des Karpholiths
von Biesenrode bei Wippra (lebhaft gelbgrüne Varietät) ge-
fundene Zusammensetzung ist:
Ovarz 1,17 Sauerstoff:
510°. 38.02 mit 20.28 20,28 4 Sp. Gew. 2,9
A1O° 29.40 18.75
FeO° 2,89 se ESS
ey 0.91 \
MnO 11,78 2.66
.M&0 1,80 0,72
K:O 045 I ee ee
Na:0 0,01 0.003
mo 1017 9.04
99,76
Danach ist der Karpholith ein Drittelsilicat, das u Hälfte
nach der Formel RSiO°’, zur Te a aus R; Si 0°
zusammengesetzt ist, in welcher 3R IR vertritt. In der
ersteren Haube ist R wesentlich Aluminium, in der letz-
u
- teren R'= OR: wesentlich Mangan und Wasserstoff. Die be-
sondere Foiniel lasst sich also geben:
Karpholith = [H” (K? Na), Mn (Fe, Mg)]’ Si)
Si/
19
Al (Fe) K
Auch die mineralogischen Eigenschaften stellen den Kar-
pholith der Cyanit-Andalusit-Gruppe zunächst, besonders deren
faserigen Species oder Varietäten. — Der Karpholith von
Wippra ist in Quarzknauern eingewachsen, welche Schnüre und
Adern in halbkrystallinischen, chloritischen und eisenerzreichen,
grünen oder violettrothen Schiefern zusammensetzen. Diese
Schiefer lassen sich in 'einer ein paar Hundert Schritte brei-
ten Zone auf mehrere Meilen Erstreckung von Questenberg
bis Vatterode bei Leimbach verfolgen. Sie sind ein Theil des
meiamorphischen Schichtensystems an dem Südostrande des
Harzes im oberen Niveau der hercynischen Schiefer mit der
Kalkfauna von Harzgerode.
Herr Rork legte zur Ansicht vor und besprach die „Un-
tersuchungen über die mikroskopische Zusammen-
setzung und Structur der Basaltgesteine von Dr. FF.
458
ZirkeL, Bonn 1870.* Wenn die Erkenntniss, dass die dichten
plutonischen Gesteine nur durch die Combination der chemischen
und mikroskopischen Analyse eine richtige Deutung erfahren
können, noch eines Beweises bedurft hätte, so würde ein solcher
durch die vorliegenden Untersuchungen geliefert sein. Nach
den 305 untersuchten Dünnschliffen von Basalten gruppirt ZIRKEL
dieselben in 3 Abtheilungen: Feldspath-, Leucit- und Nephelin-
Basalte. Die erste verbreitetste Gruppe entspricht dichten Dole-
riten und Pyroxenandesiten, wenn man unter ersteren labrador-
führende Augitgesteine, unter letzteren Augitgesteine versteht,
deren trikliner Feldspath kieselsäurereicher ist als Labrador.
Auch das Mikroskop kann die Entscheidung, ob der Feldspath
Andesin, Oligoklas oder vielleicht gar Albit sei, nicht liefern.
Ebenso wenig lassen sich bis jetzt über die Häufigkeit des in
einzelnen Fällen sicher beobachteten Sanidines bestimmte An-
gaben machen. Nephelin ist nicht selten vorhanden, Leucit,
Hauyn und Mellilith fehlen dagegen fast ganz in den unter-
suchten Dunnschliffen. Die Gesteine der zweiten Abtheilung,
Leueit und Nephelin-Basalt, stehen einander viel näher als dem
Feldspathbasalt, wenngleich in ihnen bisweilen -Feldspath,
sicher trikliner, monokliner fraglich vorkommt. Während ne-
phelinfreie Leueitbasalte bis jetzt nicht gefunden wurden, tritt
in den Nephelinbasalten nur bisweilen Leueit auf. Mellilith
und die Mineralien der Sodalithgruppe kommen in beiden
Gruppen vor. Die wenigen vorhandenen Analysen von mikros-
kopisch untersuchten Leucitbasalten (Stolpen, Niedermendig,
Roderberg, Kammerbuhl) gestatten keine genauen. Schlüsse; nur
aus dem topographischen Nebeneinander und dem geognosti-
schen Verhalten, verbunden mit der bekannten Ungleichheit der
Handstucke desselben Fundpunktes, entsprechend der auch unter
dem Mikroskop hervortretenden Ungleichheit in der Quantität
der Gemengtheile, so dass z. B. an demselben mikroskopischen
Präparat an einem Ende Feldspath, am andern Nephelin ent-
schieden vorwaltet, darf man vielleicht dahin gelangen, die
meisten Leueitbasalte Zırkeu's als leucitreiche Nephelinbasalte
aufzufassen. So wird man es vermeiden können, die Basalte
des Scheibenberges und Pöhlberges, die Laven der Eifel, die
Gesteine von Niedermendig und vom Herrchenberg, die Basalte
der Stoffelskuppe und der Pflasterkaute in verschiedene Ab-
theilungen zu bringen. Aus dem reichen Inhalt soll hier noch )
459
hervorgehoben werden, dass Mellilith ausser an den bekannten
-Fundpunkten, in Leueitbasalt des Difelin-Steins bei Wehr, des
Pöhlberges, der Geisinger Kuppe, in Nephelinbasalt des War-
teberges, Eifel, der Hannebacher Ley, des Scheibenberges be-
obachtet wurde. Schrieb man früher das bei Behandlung der
Basalte mit Säure eintretende Gelatiniren einzig dem Nephelin
zu, so geht aus ZIRKEL’s Untersuchungen hervor, wie die häu-
fige Glasmasse daran wesentlichen Antheil hat, so dass ne-
phelinfreie, an Glasmasse reiche Dolerite schon in der Kälte
. mit Säure gelatiniren. Auf das Gelatiniren lässt sich also
keine Scheidung zwischen Doleritbasalten (Feldspathbasalten)
und Basalt (Leueit- und Nephelinbasalt) begründen.
ZirkeEL hebt hervor, wie verbreitet Doleritbasalt ist in
Schottland, den Hebriden, Faröern, Island, in der vulkanischen
_ Region Centralfrankreichs, dass ferner in allen diesen Gegen-
den nie ein Körnchen Leueit gefunden ist. Der Hinweis mag
gestattet sein; die Fortsetzung dieser Linie über Agde, Strom-
boli, Aetna, Aden nach St. Paul, führt in Gebiete, deren
jüngste Eruptiv-Gesteine sammtlich Dolerite, resp. Pyroxen-
Andesite sind.
Nach gütigst von Herrn G. Rose mitgetheilten Schliffen
gehören der Basalt des Bremberges bei Jauer und der von
Schönberg, Sachsen, zu den Doleriten.
Herr HaAucHEcorRnE gab der Gesellschaft Kenntniss von
dem nachfolgenden Bericht des Herrn Mxyn in Uetersen über
das anstehende Gebirge bei Stade und Lieth in
Holstein, unter Vorlage der betreffenden Belegstücke.
Stade liegt auf der Grenze von Marsch und Geest. Die
Geest tritt aus der Marschebene mit ziemlich bedeutenden Hügeln,
welche nur aufwärts eine zusammenhängende Uferwand gegen
die Ebene bilden, abwärts dagegen kuppenförmig gestaltet und
von wagerechten Alluvionen umzingelt sind.
Ausgezeichnet unter diesen Hügeln ist im Südwesten der
Stadt ein von Osten nach Westen streichender Kamm, genannt
die Horst, vorspringend gegen das Thal der Schwiuge wie ein
kleines Vorgebirge, nördlich flankirt durch das Schwingethal
selbst, sudlich durch ein Nebenthal, jenseit dessen höhere Di-
luvialhugel beginnen, aber bald durch schroffe und eigenthum-
‚Jiehe Haldenformen am Garten des Medicinalraths SANDER,
Schanzen genannt, abgelöst werden.
460
In dem nördlichen Abfall der Horst hat eine Ziegelei
ein rothes Thonlager aufgeschlossen, während der südliche
Abfall von Stinkstein verschiedenen Ansehens in Halden
und frischen Anbruchen gebildet wird, der auch noch in einer
breiten Feldleiste das südlich vorliegende Thal durchsetzt und
_ in unverkennbarem Zusammenhange mit den Haldenformen bei
SAanDER’s Garten steht, wo Rauchsteine verschiedener Art um-
hergestreut liegen und graue Gypsmassen in unbeträchtlicher
Tiefe angebohrt und mehr als 100 Fuss mächtig sondirt sind-
Obgleich unverkennbar ein geschichtetes Gebirge vorliegt, -
so ist doch das Streichen nur unsicher und das Fallen nirgends
beobachtbar, es ist selbst nicht einmal wahrzunehmen, welche
von den genannten Schichten im Hangenden, welche im Lie-
genden sich befinde, und nur die Analogie lässt hier mit einiger
Sicherheit schliessen.
Da die petrographische Aehnlichkeit sowohl der schiefrigen
Stinksteine mit ihren Kalkspathadern und der wechsellagern-
den Asche, als auch der Rauchsteine, Trummergesteine und
schlackenähnlichen Dolomitbildungen mit den gleichen Gesteinen
der Zechsteinformation am Rande des Harzes und Thüringer
Waldes in hohem Grade auffallend ist, — da ferner der ange-
bohrte Gyps, obgleich sehr weich und nicht anhydritisch, doch
in keinem Charakter der Parallele mit den Zechsteingypsen
widerspricht, und da ein Kranz von Erdfällen unverkennbar ,
einen äusseren Gurtel um die Kalksteine bildet, so darf man
bei der vollkommenen Identität aller grossen Charaktere, und
da keine andere Gebirgsformation etwas Aehnliches zeigt, nicht
daran zweifeln, dass die Zechsteinformation normal und völlig
übereinstimmend mit den klassischen Vorbildern Thüringens
bei Stade entwickelt sei, und wird man deshalb den rothen
Thon für das Hangende halten und das Streichen beider Ge-
birge in der Richtung von Südosten nach Nordwesten ohne
speziellere Bestimmung der Stunde annehmen müssen.
Das ist die Richtung des Elblaufes, das ist gleich ober-
halb Stade die Richtung des scharfen Abfalles der Geest, das
ist im Wesentlichen die Richtung einer Verbindungslinie durch
die Erdfälle, das ist die Richtung des Stinksteinlagers aus der
Horst über die Leiste des südlichen Nebenthales
nach Sınper’s Anlagen, das endlich ist die Richtung zwischen
den beiden Entblössungen des rothen Thones in der Ziegelei
461
des Dorfes Campe und der Ziegelei jenseit der Schwinge,
während die Mächtigkeit, in welcher das rothe Gebirge zu Tage
ausstreicht, sonst unter Diluvium verhüllt, nur durch die Ziegel-
grube auf der Horst constatirt wird, vou welcher man eine
Normale auf die Verbindungslinie der beiden anderen Ziegeleien
als die Breite des Ausstreichens bezeichnen musste.
Es ist jedoch bei dem Maasse der Willkür in der Deu-
tung, welches die nur karg sich darbietenden Erscheinungen,
ohne eine einzige sicher ruhende, nach Streichen und Fallen
erkennbare Schicht, dem Beobachter gestatten, keineswegs aus-
geschlossen, dass nicht etwa die Streichungslinie von der Horst
nach Campe, also fast genau von Osten nach Westen gehen
könnte, allein unter Berücksichtigung der durch das Elbthal
ausgeprägten Oberfiächenverhältnisse und der damit coineidi-
renden deutlichen Leiste des Stinksteinschiefers durch das
südliche Nebenthal bei der Horst möchte ich jetzt der oben
zuerst construirten Streichungslinie den entschiedensten Vorzug
geben.
Es käme nun darauf an, das Alter des rothen Thones
naher zu präcisiren.
Derselbe ist 6—8 Fuss tief von Tage herein übermengt
mit Feuersteinen, Graniten und anderem Diluvialgeröll, ist also
tief hinab erweicht gewesen. Von da an beginnt, etwa 10 Fuss
mächtig, brauchbarer Ziegelthon, immer die Mächtigkeit nicht
nach Schichten, sondern nach Parallelen zur Erdoberfläche ge-
rechnet. Weiter unten übermengt sich der Thon mit Gesteins-
brocken, in denen man, da sie scharfkantig sind, seine eigene
frühere Construction, die wirklichen Felscharaktere des Ge-
birges erkennen kann.
Diese Stücke sind meistentheils ein sehr feinkörniger
Sandstein, etwas brauner von Farbe als der völlig ziegelrothe,
zuweilen grünstreifige Thon selbst und reich an seinen silber-
weissen Glimmerblättchen, welche die Schichtung deutlich er-
kennen lassen.
Der gauze Habitus dieses Gesteins erinnert sehr an die
unteren Schichten der Insel Helgoland, welche man, abweichend
_ von den oberen, mit Buntem Sandstein parallelisirt hat.
In der Gegend der Ziegelei von Campe enthält der rothe
Thon auch Bruckstücke eines bunten Mergels und zahlreiche
Zeits. d. D.geol.Ges. XXII. 2. 30
462
Gypsknauern, so dass, wenn etwa ein sehr steiles Aufrichten
der Schichten vorausgesetzt werden kann, bei Annahme der
zuerst entwickelten Streichungslinie die Schichten des rothen
Thones auf der Camper Ziegelei den oberen Schichten von
Helgoland entsprechen wurden, bei denen man noch zweifel-
haft ist, ob sie dem Bunten Sandstein oder dem Keuper ange-
hören. Zweifel über die Stellung des rothen Gebirges bleiben
jedoch bei der geringen Tragweite der über dasselbe beobach- .
teten Thatsachen nicht abzuweisen. —
Die Gegend von Lieth an der Altona - Kieler Eisenbahn
zwischen den Stationen Tornesch und Elmshorn ist seit län-
gerer Zeit schon als Beobachtungspunkt für ähnliche Erschei-
nungen bekannt. Geognostisch wichtig gilt sie seit 1846,
während Stade 1853 zuerst geognostisch bedeutsam bezeichnet
wurde, da man eine absolute Identität der Erscheinungen mit
Lieth positiv behauptete.
Diese absolute Identität ist neuerdings durch eine in Ge-
meinschaft mit den Herren Berg-Hauptmann OTTILIAE und Ober-
bergrath SIEMENS vorgenommene Untersuchung anerkannt
worden. Dieselbe ist so sicher festgestellt, wie nur irgend eine
Thatsache in der keognosie sein kann, und die Lage auf bei-
den Seite der Elbe einander gegenüber lässt kaum noch einen
Zweifel aufkommen, dass man es hier nicht mit den Flügeln einer
zusammenhängenden Mulde zu thun hat. Es wird der Vorwurf
fernerer Untersuchungen sein mussen, festzustellen, wie weit
etwa Helgoland oder gar auch Schobull bei Husum als Bestand-
theile derselben Mulde anzusehen sind, in deren Innerem die
4 Kreidepunkte Hemmoor, Lägerdorf, Hemmingstedt und Wit-
tekliff (Helgoländer Düneninsel) liegen würden.
Der T'hon, welcher auch zu Lieth in zweien Ziegeleien
aufgeschlossen ist, trägt alle dieselben Charaktere, das Ein-
dringen der Diluvialgeschiebe, das Eintreten der Bruchstücke
des ursprünglichen Gesteins in gewisser Tiefe, das Vorhanden-
sein des Gypses, der hier mehr strahlig und faserig erscheint.
Alles zusammen genommen lässt Handstücke von beiden Fund-
orten nicht unterscheiden.
Der Stinkstein mit Asche und Rauhkalken ist in viel hö-
herem Grade aufgeschlossen, und’ kaum dürfte eine Form dieses
proteusartigen Gesteines an den Harzrändern erscheinen, welche
ne A
Fer x
a Zah 5 se Fe a ee
* RR ae 7 3 77 ” >
463
‚hier unvertreten wäre. Die Handstüucke sind von Harzer
Stücken und noch bestimmter von Stader Stücken absolut nicht
zu unterscheiden. |
Als Seltenheit ist auf Klüften des Stinksteins violblauer
Flussspath, in Hohlungen des Rauhsteins Kupferkies und
strahliger Malachit beobachtet. Die Gypse von grauer Farbe
sind zwar hier nicht gefunden, allein es hat hier auch noch
keine Tiefbohrung stattgehabt. Dagegen sind Erdfälle in li-
nearer Ausbreitung vorhanden, wenn auch flach, wie es die
sehr flache Sandebene von Lieth, in der sonst weit und breit
dergleichen Vertiefungen nicht vorkommen, mit sich bringt.
Auch an dieser Stelle ist ein Streichen mit Sicherheit nicht
festzustellen; wenn man aber die gleichartigen Punkte des
Ausgehenden mit einander verbindet, so ergiebt sich ein fast
- genau von Suden nach Norden gehendes Streichen. Indessen
dürften hierüber noch bedenkliche Zweifel zulässig sein, da in
dem östlich von. der beobachteten Lagerstätte befindlichen
Torfmoor am Boden der Torfgruben sowohl der rothe Thon,
als der Stinksteinschiefer beobachtet sind, für deren Einschal-
tung eine neue Falte angenommen werden müsste.
Sind die aufgestellten Streichungslinien richtig und ist,
was wohl kaum bezweifelt werden kann, der rothe Thon das
Hangende, so fällt die construirte Mulde mit der Hauptein-
senkung des Elbthales zusammen.
Aus früherer und auch jetzt von mir allein wiederholter
Beobachtung muss ich hier hinzufügen, dass etwa 1000 Schritt
von dem Ausgehenden des Stinksteinschiefers gegen Südosten
— also im vorausgesetzten Liegenden — im Graben der Eisen-
bahn eine starke Schwefelquelle fliesst, welche aus feinkörni-
sem Sande des Diluviums hervortretend und seit Anlage der
Eisenbahn 1844 unverändert schwefelhaltig, ohne Analogie in
unseren sonstigen Diluvialgebilden, ebenfalls den Gyps im Lie-
genden zu verkündigen scheint.
Bemerkenswerth dürfte es sein, dass südwestlich von Stade
das Diluvium theilweise roth gefärbt ist und kleine und grosse
Rollstücke des zerstörten rothen Gesteins im groben Sande
zahlreich enthält, während ebenfalls südwestlich von Lieth der
Lehm des Diluviums von Theilen jenes Gesteins roth gefärbt
wurde.
30 *
464
Da nach anderen Richtungen hin die gleiche Beobachtung
bisher fehlt, so ist zu vermuthen, dass die Diluvialbewegung
hier südwestlich gerichtet war, und dass man das Anstehende
von seltenen und auffallend localen Beimengungen des gemeinen
nordischen Diluviums in nächster Nähe immer nordöstlich wird
suchen müssen, was für die weitere Erforschung dieser Gegen-
den von Wichtigkeit werden kann.
Ferner scheint mir für Ermunterung zu künftigen praktischen
Folgen dieser Beobachtungen nicht unwichtig zu sein, dass so-
wohl der mürbe Sandstein und sein sehr magerer Thon, als
auch der bruchige und wunderbar leicht zersetzte Stinkstein
mit Asche gegen Diluvialfluthen nur sehr geringen Widerstand
leisten konnten, man also, wenn sie dennoch an der Oberfläche
erscheinen, erwarten darf, dass weit umher auch anderes
Gestein der festen Erdkruste nicht sehr tief mit Diluvium
wird verschüttet sein können; denn weder konnte die Vorzeit
einen Berg mit solcher Spitze haben, noch konnte bei einem
gewaltsamen Rasiren der Oberfläche durch Eis oder audere
mechanische Kraft dieses Gebirge einen solchen Widerstand
leisten, wie die sonst allein der norddeutschen Ebene erhaltenen
nackten Gypsstöcke.
Vielleicht hat einen gewissen Schutz der zähe schwarze
Tertiärthon gewährt, welcher in Stade östlich bei Medicinalrath
SANDER und in Lieth ebenfalls östlich von der Lagerstätte be-
kannt geworden. In Stade enthält derselbe Cementstein-
knollen, in Lieth dagegen Sphärosideritknollen. Hier
aber ist sein Alter als miocan durch zahlreiche Petrefacten
mit Sicherheit festgestellt.
Herr G. Rose machte Mittheilung von einem neuen Fund-
orte von Diamanten, der, wenn man den Westabhang des
Urals nicht zu Europa rechnet, der erste bekannte in Europa
ist. Der Diamant ist jetzt namlich in den dem Grafen ScHon-
BORN gehörenden Granaten - Gruben bei dem Dorfe Dlaschko-
witz zwischen Bilin und Lobositz in Böhmen gefunden wor-
den. Die Granaten kommen hier in einem Gerölllager unter
der Dammerde vor und werden aus dem Gerölle ausgewaschen.
Mit ihnen finden sich in geringer Menge andere Edelsteine,
wie Zirkon, Saphir, Zeilanit u. s. w., und unter diesen fand
sich ein glänzendes Korn, das die Granatenschleifer mit ihren
465
Mitteln nicht schleifen konnten. Es wurde von dem Grafen
SCHÖNBORN nach Prag geschickt und hier von dem Professor
SCHAFARIK als Diamant erkannt und bestimmt. Es ist 57 Milli-
gramme schwer, hat die Form eines Hexaöders mit abgerun-
deten Kanten, ist weissgelb, stark glänzend, ritzt Saphir, hat
also die Härte des Diamanten und so auch sein specifisches
Gewicht, welches bei dem Korne 3,53 gefunden wurde, so dass
also kein Zweifel über die Aechtheit dieses Diamanten sStatt-
finden kann. Er ist von dem Grafen SCHÖNBORN dem bohmi-
schen National-Museum geschenkt worden.
Schliesslich theilte Herr Linpie mit, dass am Schluss des
Monat ‚Januar a. c. die Tiefe des Bohrlochs zu Sperenberg
= 2636 Fuss betrug. Das Steinsalz, in welchem bis dahin
von 283 Fuss ab ununterbrochen gebohrt worden ist, hat so-
mit bereits eine Mächtigkeit von 2353 Fuss erreicht. Die Tem-
peratur vor Ort ist bei 26380 Fuss Tiefe = 31,5° R. — In
neuester Zeit ist ein zweites Bohrloch in Angriff genommen,
um die Lagerungsverhältnisse des Salzlagers näher festzustellen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Ross. BryrıcHh. Eck.
2. Protokoll der März - Sıtzung.
Verhandelt Berlin, den 2. März 1870.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Das Protokoll der Februar -Sitzung wurde verlesen und
genehmigt.
Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten:
Herr- CHARLES JEWETT, Stud. phil., aus Bangor, Staat
Maine, N. Am., z. Z. in Göttingen,
vorgeschlagen von den Herren Beyrıcah, LossEn
und SCHILLING.
| Herr GrorTH sprach über eine beim Bessemerprocess auf
der Hörder Hütte gefallene krystallisirte Schlacke, deren Form
466
zwischen derjenigen des Babingtonits und des Paisbergits in
der Mitte steht.
Herr Roru berichtete über den Inhalt einer Arbeit von
Herrn Mozsta über das Vorkommen der Chlor-, Brom- und
Jodverbindungen des Silbers in der Natur und sprach ferner
über die Gleichzeitigkeit der Vulkane von Latium und des
Menschen nach dem Bericht des Herrn pe Rossı im Instituto
di corrispondenza archeologica vom 14. December 1866 und
den Aufsätzen des Herrn Ponzı. (Vergl. diese Zeitschr. XXIH.,
S. 292.)
Herr HAUCHECORNE legte 2 ausgezeichnet erhaltene Exem-
plare des Limulus Decheni Zınck. aus dem Braunkohlensand-
stein von Schortau bei Zeitz vor, welche Herr Fabrikdirector
GroTowskKY der Mineralien - Sammlung des Königl. Handels-
ministeriums zum Geschenk gemacht hatte. Weitere Mitthei-
lungen über die geognostischen Verhältnisse der Lagerstätte
behielt sich der Redner vor.
Herr OrtH legte einige Kalksteingeschiebe aus dem Dilu-
vium der Umgegend von Berlin und von Schebitz, 2 Meilen
nordwestlich von Breslau, vor, welche auf einer Seite gerad-
linige parallele Schrammen zeigen.
Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
v. w. 0.
G. Rose. BeyrıcH. Eck.
3. Protokoll der April - Sitzung.
Verhandelt Berlin, den 6. April 1870.
Vorsitzender: Herr G. Rose.
Der Vorsitzende widmete dem am 4ten April verstorbe-
nen Mitgliede der Gesellschaft, Geheimen Rath Magnus einen
Nachruf. Die Gesellschaft ehrte das Andenken des Verstor-
benen durch Erheben von den Plätzen.
Das Protokoll der März-Sitzung wurde verlesen und ge-
nehmigt.
Der Vorsitzende machte Mittheilung von einer an die Ge-
sellschaft eingegangenen Einladung zur Betheiligung an dem
467
im August d. J. in Antwerpen stattfindenden Congress zur Be-
förderung der geographischen, kosmographischen und commer-
eialen Wissenschaften; ferner von einer durch die Herren
F. Pıorer, A. Faver, E. Faver und E. Sarasın unterzeichne-
ten Aufforderung zur Theilnahme an einem Congress der Al-
pengeologen, welcher am 31. August, 1. und 2. September d.J.
in Genf stattfinden soll.
Herr Hrm gab Erläuterungen zu den in der vorigen
Sitzung von ihm der Gesellschaft übergebenen Panoramen vom
Pizzo centrale St. Gotthard, von der grossen Mythe und vom
Ruchen-Glärnisch.
Herr RANMELSBERG sprach uber die chemische Zusammen-
setzung eines bei Bohrversuchen unweit Lüneburg in Knollen
im Gypsmergel aufgefundenen Minerals. Dasselbe ist weiss,
hat das specifische Gewicht 2 und besteht nach einer von
Herrn NOLLNER ausgeführten Analyse aus 25,3 Magnesia, 30
Phosphorsäure, 12,7 Borsäure und 32 Wasser, entsprechend
2HMgsPO’|
der Formel MeB?0*| + Tag. Ausserdem ist eine Spur
Fluor vorhanden. Dem neuen Mineral wurde der Name Lüne-
burgit beigelegt. Mit demselben ist Magnesit in kleinen Par-
tien vorgekommen,
Derselbe legte ferner eine kupferhaltige und daher grün
gefärbte Varietät des Phosphorits aus Estremadura vor, welche
stark phosphorescirend sein soll.
Herr C. A. Lossen erläuterte die geognostischen Verhält-
nisse des hercynischen Schiefergebirges in der Umgegend von
Wippra (Mansfelder Gebirgskreis). Es gehört diese Gegend
der Zone metamorphischer Sedimente am Suüdostrande des
Harzes an, die sich von Herrmannsacker bei Stolberg bis gegen
Leimbach und Hettstädt erstreckt. Und zwar lassen sich die
im Mittel in b. 3. streichenden Schichten, die, gegen Südost ein-
fallend, im Hangenden der versteinerungsführenden Schichten von
Harzgerode-Mägdesprung auftreten, hinreichend genau bestimmen
‚als das metamorphische Aequivalent der hangenderen kalkfuhren-
den Schiefer des hereynischen Schiefersystems [Liegende (Wieder)
Schiefer, Stufen d, e, f.]. Ueber der Kalk und Grauwacken füh-
renden Zone (d) folgen schmale Quarzitlager (e), darüber end-
lieh eine Zone Grüner Schiefer (/) im Thonschiefer, dieselben
Schichten, welche auf Section Stolberg meistens und auf Sec-
468
tion Hasselfelde ganz als normale Sedimente ausgebildet sind.
Wie anderwärts im Harz steht auch hier die krystallinische
Ausbildung der Sedimente in geradem Verhältnisse zu den
physikalischen Störungen des Gebirges: zu der steilen und
überstürzten Aufrichtung der Schichten, zu der Stauchung Bie-
gung und Fältelung derselben im Grossen, wie im Kleinen,
Der mineralogisch-chemische Charakter der Metamorphose ist
ähnlich der Metamorphose am Sudrande des rheinischen Schie-
fergebirges im Taunus: Albit, Chlorit, Quarz, Epidot, Eisen-
oxyd, Karpholith und Sericit oder Glimmer sind als krystal-
linische Bildungen des metamorphischen Processes zu nennen,
Während dieselben im Taunus — wo der Karpholith noch
nicht aufgefunden ist — vorzugsweise den Gesteinskörper selbst
imprägniren, sind sie in der Wippraer Gegend des Harzes
meistens in derben, zum Theil grobkörnigen Ausscheidungen
(Schnüren, Knauern, Adern) zwischen den einzelnen Schiefer-
blättern und quer durch dieselben ausgebildet. Auch die Quar-
zit- und Grauwackenlager sind nicht frei von solchen Aus-
scheidungen. Diese Ausbildungsweise ermöglicht es, die Ent-
wicklung, der Metamorphose bis zu einem gewissen Grade zu
verfolgen. Die Vertheilung der einzelnen Mineralien im Klei-
nen lehrt, dass der Sericit und Glimmer (und zum Theil der
Chlorit), welche nicht im Innern der Ausscheidungen, sondern
‚nur denselben äusserlich anhaftend, sowie in ganzen Schichten
gefunden wurden, wesentlich die veränderte Thonschieferflaser
selbst darstellen, Albit, Chlorit und Quarz hingegen meistens
erst an Ort und Stelle zugeführt sind. Um zu erfahren, ob die
Verbreitung dieser auffälligen massenhaften Ausscheidungen
von derbem Milchquarz, grossblättrig-späthigem Albit und schup-
pigem Chlorit, die in zahllosen Schnüren und Adern die ganze
Gegend, gegen Norden an Zahl ganz allmälig abnehmend, durch-
schwärmen, irgend einer gesetzmässigen Vertheilung im Grossen
und Ganzen folge, wurden möglichst viele Albitvorkommen in
die Sections-Karte (1: 25000) eingetragen. Es ergab sich fol-
gendes Resultat. Von 366 Albitvorkommen fallen 201 in die
Hauptverbreitungszone von 72 Diabaslagern, 91 in die Umge-
bung der Zone Grüner Schiefer, die viel Diabaszersetzungspro-
ducte (Epidot, Eisenglimmer, Kalkspath u. s. w.) enthalten,
57 in das Liegende der Hauptzone der Diabaslager bis in die
Grauwacken (d) hinein, nur 17 dagegen in eine fast diabasfreie
En
Er
ar
a N A TE a A ni ve we
ER E EIS WERRN Ba r
sr E
* Zone (im Hangenden der erstgenannten und im Liegenden der
Zone der Grünen Schiefer), welche wohl Quarz, Chlorit und
_Karpholith in zahlreichen Ausscheidungen enthält, Albit dagegen
nur in der Nähe von 17 ganz sporadischen Diabaslagern. Kar-
pholith und Albit wurden niemals in einer Ausscheidung ge-
meinsam angetroffen. Es ist durchaus zu beachten, dass der
Albit, das charakteristischste Mineral für die Dia-
bascontactgesteine in der Gegend des Südostharz auch
in weiterer Verbreitung den Diabasmassen verbunden
scheint. Erwägt man, dass in derselben Gegend von Wippra
Albit, ganz im Gegensatze zu den anderweitigen Diabasvor-
kommen des Harz, neben Hornblendeasbest und auch ander-
wärts gefundenen Mineralien, Kalkspath, Chlorit, Eisenglanz und
Quarz, haufig auf den Klüften des meist sehr chloritreichen,
flaserig-körnigen Diabas selbst vorkommt, ferner dass die Con-
tactgesteine der Wippraer Diabase sehr hochkrystallinisch ent-
wickelt sind, dass hingegen andere Gegenden des Harz, wie
die von Hasselfelde und Allrode, trotz der weit zahlreicheren
Diabaslager und Contactbänder gleichwohl ganz frei sind von
jenen Albit-, Epidot- u. a. Ausscheidungen der unabhängigen,
ausser Oontact mit Eruptivgestein erfolgten Metamorphose, so
kommt man zum Schluss, dass die Schichten von Wippra im
Zusammenhange mit der physikalischen Störung chemisch-mi-
neralogische Veränderungen erlitten haben, die in der Umge-
bung der Diabase und Grünen Schiefer, wenigstens der Albit-
‘ und Epidot-Substauz nach, auf die zugleich erfolgte Verände-
rung dieser eingelagerten Eruptivgesteine und tuffartigen Sedi-
mente zuruckzuführen sein durften.
Herr Weiss zeigte ein Exemplar der Myophoria cardis-
soides aus den Schichten mit Ammonites nodosus der Umgegend
von Saarlouis vor, welches beweist, dass diese Muschel nicht,
_ wie man bisher geglaubt hat, auf den unteren Muschelkalk be-
_ schränkt sei. |
Herr Bryrıcn besprach eine der Gesellschaft zugegangene
Abhandlung des Herrn Leımsach über die permische Formation
bei Frankenberg in Kurhessen.
Herr Her theilte den Inhalt einer von ihm verfassten
Arbeit über die Gletscher mit.
Herr Kuntu legte einen Gypsabguss und Photographien
a
werde.
Hierauf antle die Sitzung geschlossen.
v w. 0.
.G. Rose. Berrıch. Eor.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
Fıeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft,
3. Heft (Mai, Juni und Juli) 1870.
A. Aufsätze
l. Die Tertiärformation im Klettgau.
Von Herrn Franz Josern WÜRTENBERGER ın Dettighofen.
&
Hierzu Tafel XI.
Einleitung.
Der Klettgau liegt am Nordrande des schweizerischen Mo-
lasselandes. Die tertiären Niederschläge sind hier zum Theil
eigenthumlich lokal ausgeprägt und gewinnen als Grenzschich-
ten, Strand- und Deltabildungen ein erhöhtes Interesse. Die
ganze Tertiärformation besteht im Klettgau aus zum Theil
sehr mächtigen Sand-, Mergel- und Geröllablagerungen, welche
theilweise durch kohlensauren Kalk zu mehr oder weniger
festen Gesteinen verkittet sind. Die Geschiebe der Conglo-
merate stammen nicht aus unserer Gegend; sie geben jedoch
ziemlich sichere Auskunft über ihre Heimath und die Richtung
der sie transportirenden Strömung. Im Allgemeinen erschei-
nen die Schichten sehr arm an organischen Ueberresten, was
in der That aber doch nicht der Fall ist und daher rührt, dass
‚die Petrefacten meistens in sehr vereinzelten Nestern ange-
‚häuft vorkommen, wodurch ihr Auffinden, das gewöhnlich vom
Zufalle abhängig ist, sehr erschwert wird. Darum gelang es
mir nur durch mühevolle und Jahre lang fortgesetzte, mit vie-
len Schürfversuchen unterstützte Beobachtungen in fast allen
Stufen ergiebige Fundstellen zu entdecken, die nun endlich ein
= für die Natur und Altersbestimmung der Niederschläge genü-
Zeits. d.D.geol. Ges. XXI. 3. 3l
472
sendes Material darbieten, welches aus einer ziemlich reichen
interessanten Flora und einer nicht minder wichtigen Fauna
besteht.
In drei nach Alter und Lagerung ganz verschiedenen Ho-
rizonten fand ich in der Kaltwangenkette typisch ausgeprägte
tertiäre Herbarien. Das reichste, welches mir bis heute 76
bestimmbare, meist subtropische Pflanzen und einige Thierspe-
cies geliefert hat, liegt in den unteren Susswasserbildungen bei
Baltersweil. Das andere befindet sich in einem wohl 300’
höher liegenden tertiären Schichtencomplex, in den brackischen
Schichten über der Austernagelfiuhe bei Dettighofen und hat
als Ausbeute 45 Arten Landpflanzen und daneben noch 32
Species Land-, Süsswasser- und Meeres-Conchylien, sowie
einige Insecten-, Fisch- und Säugethierreste ergeben. Das
dritte endlich liegt wieder in einem noch etwa 200° höheren
geognostischen Niveau, in der Juranagelfluhestufe bei Bühl,
wo ich aber bis jetzt nur 12 bestimmbare Pflanzenarten ge-
winnen konnte. Die anderen Fundstellen, die nur Thierreste
lieferten, liegen in den verschiedenen marinen Faciesbildun-
gen bei Dettighofen, Buhl, Berchenhof, Buchberg am Rhein
etc. Die Specieszahl ist aber überall eine ziemlich beschränkte ;
denn Berchenhof mit 27 Arten ist noch am reichsten. I
Bei Ausführung der vorliegenden Arbeit haben mir die
Herren O. Hzerr und K. Mayer in Zürich und RürımzYEr in
Basel durch freundliche Mittheilungen und durch das Bestim-
men eines Theils meiner Petrefacten wesentliche Dienste ge-
leistet, wofür ich diesen Herren hier meinen Dank ausspreche.
Die folgende Abhandlung zerfällt in vier Abtheilungen.
Der erste Theil enthält eine Anzahl der interessanteren Pro-
file unseres Tertiärgebirges. Der zweite giebt die Gruppirung
der Schichten. Der dritte Theil enthält die Altersbestimmung
der Stufen oder die Parallelisirung unserer Tertiarformation
mit den Ablagerungen anderer Länder, und im vierten Theile
finden sich als Anhang einige speziellere Notizen über die
Klettgauer Tertiärflora.
Für die im Verlaufe dieser Abhandlung folgenden Dar-
stellungen des Charakters unserer Klettgauer Tertärfiora, so-
wie fur ihre Altersbestimmung wurde im Wesentlichen das zu
Grunde gelegt, was Professor O. HEER in seinem reichhaltigen
Prachtwerke „Die tertiäre Flora der Schweiz“ über die Ver-
N | 473
wandtschaftsverhältnisse der einzelnen fossilen Arten mit jetzt
lebenden Pflanzen, sowie über ihre Verbreitung im Tertiär-
lande angiebt.
I. Profile der Klettgauer Tertiärformation.
No. I. Buhl — Kaltwangen.
Tafel XII, Fig. 1.
Das Dörfchen Buhl liegt 1523’ u. M. auf einer felsigen
Terrasse des oberen Weissen Jura, am östlichen Fusse des
tertiaren Kaltwangengebirges, welches in der Nähe bis zur
Höhenzahl 2245” ansteigt.
a. Die Jurakalke sind im Dorfe und dessen Umgebung
an vielen Stellen aufgeschlossen und gehören nach den darin
vorkommenden Leitfossilien zu den Nappberg-Schichten (Opper’s
Zone des Ammonites steraspis).
b. Darauf folgen gelbe, feste Thone mit eingesäeten Bohn-
erzen und Feuersteinknollen. Unten trifft man häufig auf
reiche conglomeratische Erzlager, die bis noch vor Kurzem
Gegenstand eines lebhaften Bergbaues waren. Die Maächtig-
keit ist sehr wechselnd, von Wenigem bis gegen 100’.
c. Unmittelbar darauf liegen gelblichgraue, mittelfeine,
lockere Sandmassen mit eingelagerten harten Knauern. Auf-
geschlossen in den Kellern des Mittelhofes und etwas höher in
einer Sandgrube an der Strasse.
d. Im Aufwärtssteigen trifft man in der Umgebung von
Oberhof, abgesehen von dem zuweilen auftauchenden Gletscher-
detritus, meistens auf geröllfreie, braune oder graue Boden-
arten, unter welchen buntfarbige Mergel, wechselnd mit hell-
grauem, losen Sande, versteckt liegen. In der Folge treten
diese Schichten an der nach Bergscheuen führenden Strasse
wiederholt deutlich zu Tage und setzen bis etwa zur halben
Höhe des Berges fort, wo dann am Fusse einer Bergterrasse
durch das Auftreten der folgenden Bildung ein plötzlicher
Wechsel eintritt. Die Mächtigkeit von c und d zusammen be-
_ trägt etwa 300”.
e. Ein Conglomerat, zusammengesetzt aus gerundeten Ge-
schieben von Gneiss, Granit, Porphyr,, Quarzit, Muschelkalk,
Liaskalk, Kalksandstein des Braunen Jura, Rogenstein, Weiss-
3l*
474
N
jurakalk, Quarzkalk des Terrain & chailles und Corallien, so-
wie noch einigen graublauen Kalk- und grauen Sandsteinen
von unbekannter Herkunft. Diese Geschiebe sind durch einen
gelblichgrauen Sand oder weichen Sandstein lose verbunden.
Grösse der Gerölle von etwa 2 Linien bis zu 2! Fuss im
Durchmesser variirend. Unten sind die kleinen, in der Mitte
die grossen und oben die mittelgrossen Rollsteine vorherrschend.
Im Cäment dieser Geröllmassen, besonders nach oben, findet
man nicht selten die Schalen von
Ostrea canadensis LAn.
O. undata Lan.
O. cochlear GOoLDF.
O. virginiana GM.
Diese Ablagerung ist hier in einigen grossen Kiesgruben vor-
trefllich aufgeschlossen. Mächtigkeit 35 — 40”.
f. Darauf folgt ein lockerer, mittelfeiner , gelblichgrauer,
eisenschüssiger Quarzsand, dem ziemlich viel gelblicher Glim-
mer beigemengt ist. Schieferige oder plattenförmige Gesteins-
absonderungen kommen darin öfters vor. Enthält, unten hau-
figer, oben sehr sparsam, die Schalen der nämlichen Austern-
arten, welchen wir schon in der vorigen Abtheilung (e) begegnet
sind. Die Mächtigkeit beträgt etwa 50‘. Diese Stufe und die
vorige zeichnen sich durch sehr steile Böschungen aus und
bilden deshalb in der Mitte der Kaltwangenprofile einen leicht
kenntlichen gürtelformigen Horizont mit zahlreichen Auf-
schlüssen.
8. Ueber dem Abhange tritt mit dem sanfteren Gehänge
auch ein verändertes Gebilde auf, bestehend aus ockergelben,
feinsandigen, oft zähen, dünn geschichteten Mergeln und gelben
Tbonsandsteinen in grossen Nestern, zuweilen mit schwachen
Geröllbändern aus Muschelkalk- und Jurakalk-Geschieben durch-
zogen. Diese Ablagerung setzt in einer Mächtigkeit von circa
300’ in trostloser Eintönigkeit und Sterilität bis gegen den
Bergscheitel hin fort. Etwa in der Mitte dieser Stufe liegt
rechts von der Strasse ein Steinbruch, in welchem ich fossile
Pflanzenreste auffand, die folgenden Arten angehören:
Nymphaea sp.
Populus attenuata A. Br.
P, balsamoides GöPpP.
>
era Ze u) Yale ne rer A ee
E N ae a RE 2 ns nv a .
475
Populus mutabilis ovalis HERR.
Quercus valdensis ? HEER.
Laurus Fürstenbergi A. BR.
Cinnamonum Rossmässleri ? Her.
Banksia Deikeana HEEr.
Rhus Pyrrhae Une.
Rhus Heufleri Heer.
Rhamnus acuminatifolius WEB.
Podogonium Knorrü ? A. Br. sp.
Der Erhaltungszustand dieser Pflanzen lässt zu wünschen
übrig; eine grosse Anzahl Blätter musste als unbestimmbar zur
Seite gelegt werden.
h. Auf der Höhe des Berges bildet eine gegen 50’ mäch-
tige Geröllablagerung den Schluss des Profils. Die Geschiebe
sind gut gerundet und bestehen aus Muschelkalk, Lias- und
Braunjuragesteinen, besonders häufig sind Rogensteine, Weiss-
jurakalke, auch solche aus dem Corallien. Plutonische Ge-
steinsarten fehlen gänzlich. Die Grösse der Geschiebe wechselt
von 2 Linien bis zu 1 Fuss Durchmesser; dieselben sind durch
einen gelben Thonsandstein zu einer sehr festen Nagelfluhe
verkittet.
‚Das Profil auf der sudwestlichen Seite des Kaltwangens,
bei Bergöschingen, zeigt genau dieselbe Schichtenfolge, welche
wir auf der Nordostseite bei Bühl kennen gelernt haben (ver-
gleiche Taf. XII., Fig. 1).
No. II. Weisswasserstelz am Rhein — Eichlebuck.
Taf. XIL, Fig 2.
Von der Burgruine Weisswasserstelz am Rhein, 1102’
u.M., bis zur Höhe des Eichlebucks bei den Reutehöfen, 2306
ü. M., ist ein ausgezeichnetes Tertiärbergprofil zu beobachten.
a. An den Ufern des Rheines ragen häufig isolirte zer-
nagte Kalkfelsen aus den Schutt- und Geröllhalden hervor und
tauchen selbst im Flussbette auf. Diese Kalke sind auch in
der Schlucht von der Guggenmühle zur Teufelsbrücke und höher
gut aufgeschlossen und gehören den obersten Schichten des
Kleitgauer Weissen Jura an.
b. In den Klüften und Spalten der obersten Kalkfelsen
trifft man gelbe, feste Thone, die wahrscheinlich der Bohnerz-
©
476
bildung angehören, deren Niveau hier überall durch Schutt ver
hüllt ist; dass übrigens auch diese Niederschläge in der Nähe,
im Rheinthal, vorhanden sind, beweisen die bauwürdigen Bohn-
erzlager bei Herdern. |
c. Etwas höher trifft man in guten Aufschlussen bei
Berchenhof und Thürmenhof auf gegen 400° mächtige, hell-
graue, lose Sandschichten mit oft riesigen Sandsteinknauern,
nach oben mit farbigen Mergelbändern wechselnd, zuweilen
undeutliche Pflanzenreste enthaltend.
d. Darauf folgt eine Nagelfluhe mit Austern ganz aus den
gleichen Gesteinsarten zusammengesetzt wie Abtheilung e) am
Ostrande des Kaltwangens bei Buhl; übrigens sind die Ge-
rölle hier viel kleiner, die Stufe weniger mächtig, und das
Bindemittel aus Sand ist mehr hervortretend als dort. Mächtig-
keit 20. Nördlich vom Berchenhof sind mehrere gute Auf-
schlusse; ich sammelte darin die Schalen von:
Östrea canadensis Lam.
O. virginiana GM.
O. undata Lam.
e. Auf einer kleinen Terrasse nördlich vom Berchenhof
liegt direct auf der Austernagelfluhe ein breccienartiger Kalk-
sandstein, gebildet aus Muschelschalen, Steinkernen, feinem
thonigen bis grobkörnigen Sande, selbst kleinen Quarzgeröllen,
verbunden durch kohlensauren Kalk. Die Petrefacten sind
häufig, jedoch nicht gut erhalten. Was ich bis jetzt Bestimm-
bares fand, ist Folgendes:
Oxyrhina hastalis Ac. Ostrea caudata Münsrt.
Balanus Holgeri GEINITZ. OÖ. undata Lam.
Balanus spec. nov. O. molassicola MAYER.
Turritella turris BAsT. Pecten Burdigalensis Lam.
T. Orbignyana MAYER. P. palmatus Lam.
Natica intricata ? Don. P. cypris D’ORB.
N. tigrina DErR.
Buceinum serratum ? Broc.
Trochus patulus Broc.
Fissurella italica DErR.
Trivia europaea MonT.
Conus antediluvianus BRUG.
Fusus allemanicus MAYER.
Östrea Meriani MAYER.
Arca allemanica MAYER.
A. rudis Desn.
A. suleicosta NYST..
Cardium abundantissimum
MAYER.
C. hispidum EıcH.
Cardita crassicosta LAM.
Venus sp.
477
Diese Bildung ist hier auf einer Fläche von mehreren
Morgen und zwar nur in Gesteinsbrocken, die der Pflug auf-
reisst, beobachtet worden. Die Mächtigkeit ist noch nicht er-
mittelt, wird aber wahrscheinlich kaum einige Fuss betragen.
f. Auf dieser interessanten Localbildung liegen gelbgraue,
lockere, glimmerreiche Sandschichten mit schieferigen Gesteins-
ausscheidungen, die sparsam eingesäet die Schalen von
Ostrea virginiana Gm.
OÖ. undata Lam.
O. caudata MUsST.,
sowie Spuren von Pflanzen enthalten und vollkommen überein-
stimmen mit den Schichten f., die am Kaltwangen bei Buhl
‚direct der Austernagelfluhe aufgelagert sind. Mächtigkeit 40
bis 50. Fuss.
g. In der Fortsetzung des Profils trifft man auf die fein-
sandigen, gelben NMergel mit den häufig eingebetteten, hier un-
deutliche Pflanzenreste und Kohlenspuren enthaltenden Thon-
sandsteinen, die wir auch schon vom Kaltwangen her als Ab-
theilung g. kennen und die sich hier einzig nur durch eine
bedeutendere, über 500° betragende Mächtigkeit unterscheiden
und auszeichnen.
h. Auch bildet die Juranagelfluhe in ihrer bekannten Zu-
sammensetzung (vergl. Profil I., h.) aus Muschelkalk- und
Jurakalk-Geschieben hier auf den Höhen des Eichlebucks den
Bergscheitel und zugleich den höchsten Punkt (2306’ ü. M.)
des Klettgaues.
Steist man von da auf der anderen Bergseite hinunter zu
den Reutehöfen , so sind unter der Juranagelfluhe zuerst die
gelben Mergel und Sandsteine g., dann die glimmerreiche Sand-
stufe f. mit ihren Austernestern , ferner die Austernagelfluhe,
die Bohnerze und der Weisse Jura zu beobachten. Die petre-
factenreiche Breccie e. ist, trotzdem dass ihr Niveau gut auf-
geschlossen, nicht zu finden. Ebenso fehlt die in den frühe-
ren Profilen so mächtige untere Molasse (vergl. Taf. XII.,
Fig. 2) hier gänzlich, indem die Austernagelfluhe direct den
Bohnerzen oder, wo auch diese fehlen, dem Weissen Jura auf-
gesetzt ist, was zwar nicht nur hier, sondern am ganzen Nord-
abhang, vom Kaltwangen bis zum Geisbucke, der Fall ist.
Den folgenden zwei Profilen aus der Umgebung von Bal- 5
tersweil und Dettighofen fehlen die jungsten tertiären Nieder-
schläge; dagegen zeichnen sie sich durch einige reiche Fund-
stellen interessanter Fossilien und durch Deutlichkeit in den
unteren und mittleren Stufen aus. Der Gebirgsdurchschnitt,
Taf. XH., Fig. 3, soll neben der herrschenden Lagerung be-
sonders die Verhältnisse der Stufenfolge und der räumlichen
Entfernung meiner drei vornehmsten Pflanzenfundstellen an-
schaulich machen.
No. HI. Baltersweil — Bergkapelle.
a. Nördlich vom Dorfe Baltersweil trifft man überall auf
die Weissjuraformation. Bei der Mühle sind die oberen Stu-
fen mit Ammonites mutabilis Sow., Eudoxus D’OrB., Klettgovia-
nus WÜRT., steraspis Opp. etc. aufgeschlossen.)
b. Ockergelbe, zuweilen hellgrau oder violett gefärbte,
feste Thone mit Bohnerzen und Feuersteinknollen sind zu bei-
den Seiten des oberen Muhlethälchens in bevorzugter Ent-
wickelung dem Jura aufgelagert und in seine Klüfte einge-
drungen. Mächtigkeit bis 100. Alte Erzgruben sind hier
häufig.
c. Ueber den Bohnerzen stösst man hier, wie bei Bühl
auf eine gegen 300° mächtige, hell gelblichgraue, lockere Sand-
ablagerung — bestehend aus mittelfeinem Quarzsande, dem
sparsam silberfarbiger Glimmer beigemengt ist —, welche häufig
feste Sandsteinknauern und zuweilen geschichtete Sandsteine
in grossen Nestern einschliesst. Diese Bildung, welche die
Umgebung des Dorfes beherrscht und sich bis nahe zur Höhe
des Kapellenberges erstreckt, ist fast überall durch Dammerde
oder Gletscherdetritus**), jedoch gewöhnlich nur leicht ver-
hüllt, wird aber durch landwirthschaftliche Arbeiten sehr häufig
entblösst. Gute Aufschlüsse findet man in dem Hohlwege
nördlich vom Dorfe, bei der Ziegelhütte und an mehreren
Stellen an der Strasse nach Jestetten.
*) Vergl. F. J. u. L, WÜRTENBERGER, Der Weisse Jura im Klettgau
etc. Verhandl. d. naturwiss. Vereins in Karlsrube 1866, Heft IL, S. 16.
**) Gelber Lehm mit polirten und geritzten Geschieben und eckigen
Brocken, oft auch grösseren Blöcken alpiner Felsarten,
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7
In dieser Molasse entdeckten wir (mein Bruder Tmomas 33
und ich) am östlichen Gehänge des oberen Mühlethälchens
einen feinsandigen, 4—5° mächtigen Horizont, welcher so- |
wohl in den festen Knauern, als in dem lockeren Sande eine 5
grosse Menge gut erhaltener fossiler Pflanzenreste , meistens |
Baumblätter, auch Früchte und vereinzelte Thiere einschliesst.
Bis jetzt sind mir von da 76 Pflanzen- und 3 Thierspecies be-
kannt geworden, von welchen etwa folgende als die häufigsten
und interessantesten hier im Profile genannt zu werden ver-
dienen:
Sabal major Une. sp. Dryandroides hakeaefolia Une.
Myrica salicina Use. D. laevigata HERR. >
Carpinus grandis Une. D. lignitum Une. sp.
Quercus Haidingeri ETT. Diospyros brachysepala A. BR.
"Qu. chlorophylla Use. Rhamnus deletus HEeEr.
Qu. lonchitis Une. Rhus prisca ETT.
Planera Ungeri ETT. Tuglans acuminata A. Br.
Ficus Brauni HEEr. Robinia constricta HER.
Laurus primigenia Uns. Cassia Berenices Une. ;
L. Agathophyllum Une. Acacia sotzkiana Une.
Cinnamomum Buchi Hxer. Helix moguntina ? DesuH.
C. polymorphum A. Br. sp. Ourculionites Würtenbergeri
Persoonia laurina H&Er. HEer sp. nov.
Banksia Morloti HEer. Chrysomela sp. etc.
Die horizontale Ausdehnung dieser Blätterschichten ist
zwar noch nicht genau erforscht, scheint aber eine eng be-
grenzte zu sein; denn bei meinen Schürfarbeiten in der Um-
gebung bin ich im gleichen Niveau immer auf petrographisch
ähnliche, jedoch petrefactenleere Schichten gestossen.
d. Im Aufwärtssteigen von Baltersweil über die „neue
Welt“ zu der kleinen Hochebene, auf deren südöstlichem Rande
eine weithin gesehene Kapelle steht, trifft man, nicht mehr
fern von der Höhe, unmittelbar auf der unteren Molasse eine
Geröllablagerung von etwa 30’ Mächtigkeit, gebildet aus gut
gerundeten, 2” bis 1’ grossen Geröllen von Gneiss, Granit,
Porphyr, Quarzit, Muschelkalk, Lias-, Braun- und Weissjura-
kalk, darunter haufig Rogenstein, Terrain & chailles- und Ko-
rallenkalk, verbunden durch einen gelbgrauen lockeren Sand
oder weichen Sandstein. Die Kalkgeschiebe zeigen oft cha-
480
rakteristische Eindrücke, auch sind solche, deren Oberfläche
von Fistulanen angebohrt, ja buchstäblich zerfressen sind, gar
nicht selten. Im Cäment fand ich hier häufig
Ostrea undata Lam.
O. canadensis Lam.
O. virginiana GM.
OÖ. cochlear GOLDF.
OÖ. sp. (ahnlich O. Collini MER.)
Vorzügliche Aufschlüusse findet man am Hügelrande, bei
der Kapelle in grossen Kiesgruben und an Wegen. Dieses
Conglomerat stimmt in der Zusammensetzung genau mit der
Nagelfluhe e. im Profil No. I. am Kaltwangen und mit d.,
Profil II. bei Berchenhof, steht aber in Bezug auf die Mäch-
tigkeit und die Grösse der Rollsteine zwischen diesen beiden.
c. Den Schluss des Profils bildet über der Nagelfluhe eine
etwa 12° mächtige Sandablagerung, bestehend aus einem mittel-
feinen, lockeren, gelblichgrauen Quarzsande, dem sehr viel
gelblicher Glimmer beigemengt ist. Nach unten machen sich
Knollen, mehr noch plattenformige Gesteinsabsonderungen be-
merklich. Häufig sind unten einige Austernspecies, dagegen
sehr selten etliche Gastropoden. Meine Ausbeute besteht in
Östrea virginiana GM.
OÖ. canadensis Lam.
OÖ. undata Lam.
Melania Escheri BRONGN.
Melanopsis callosa BBonn.
Auch diese Bildung stimmt sonst mit den ihrem Niveau
entsprechenden Schichten f. am Kaltwangen vollkommen überein,
nur in der Mächtigkeit herrscht eine Differenz, die wahrschein-
lich darch Degradation hier, wo diese Schichten den Berg-
scheitel bilden, entstanden ist. |
No. IV. Dettighofen — Albführen.
In der Umgebung des Dorfes Dettighofen und in dem
nördlich ansteigenden Gelände bis zum Rande des Waldes
„Egg“ trifft man überall entweder direkt unter der Ackererde
oder einer bis zu 20 Mächtigkeit anschwellenden, diluvialen
Lehmdecke auf die
481
a. hellgrauen Sandmassen mit Knauern und die farbigen
Mergel der unteren Molasse. Aufgeschlossen südlich vom
Dorfe in einem kleinen Steinbruch, wo graue Sandsteine in
unregelmässigen Bänken, Platten oder Knauern mit hellgrauem
Sande wechsellagern und sich darin ausbreiten. Etwas höher
ist loser Sand mit Knauern anstehend, ebenso in dem Hohlweg
gegen Berwangen und in dem Brunnenschachte bei dem letzten
Hause an der Landstrasse nach Jestetten. Noch höher in den
Feldern begegnet man häufig an Wegen und Wasserleitungen
etc. sowohl den Sand-, als auch den bunten Mergelschichten.
b. Darauf folgt am Waldrande „Egg* eine durch hohe
steile Böschung sich bemerkbar machende Geröllablagerung; es
ist dies die uns schon bekannte „Austernagellluhe,* gerade so
wie bei der Baltersweiler Kapelle zusammengesetzt und
entwickelt und auch die gleichen Austernspecies enthaltend.
Kiesgruben und Wege bieten zu beiden Seiten des bewaldeten
Bergrückens zahlreiche gute Aufschlüsse.
c. Auf dem Bergscheitel wird die Nagelfluhe von einem
Niederschlage bedeckt, welchen wir gewohnt sind, fast allent-
halben im Klettgau in diesem geognostischen Niveau zu finden.
Es sind dies nämlich die gelblichgrauen, eisenschussigen, glim-
merreichen, lockern Sandschichten mit sparsam eingesäeten
Austernschalen, welche hier eine Mächtigkeit von 10—25 er-
reichen und in Waldwegen, Sandgruben etc. häufig der Beob-
achtung zugänglich sind. In Bezug auf die in dieser Stufe
sonst herrschende Petrefactenarmuth macht eine Stelle, die,
etwa eine Viertelstunde vom ‚Dorfe Dettighofen entfernt, auf
der Höhe im Walde rechts an dem Fusswege von Berwangen
nach Albführen liegt, eine bemerkenswerthe rüuhmliche Aus-
nahme. Ich fand da bei meinen Schürfarbeiten unmittelbar
über der Austernagelfluhe den Sand theilweis in harte Sand-
steinplatten oder Knollen umgewandelt und in diesen selbst
eine gut erhaltene, interessante fossile Flora und Fauna, welche
heute in 43 Pflanzen- und 37 Thierspecies vorliegen. Als häau-
figste und wichtigste Arten verdienen hier etwa folgende auf-
geführt zu werden:
Pflanzen.
Equisetum limosellum Heer.
Smila.xc sagittifera HEER.
Sabal major Un. Sp.
Populus balsamoides GoEPpP.
Myrica Ungeri HEER.
Quercus Köchlini HERR.
Cinnamomum Scheuchzeri HEEr.
C. Rossmässleri HERR.
. polymorphum A. Br.
. lanceolatum Une.
subrotundum A. Br.
. retusum FıscH.
. Buchi HE&Er.
. spectabile HRER.
transversum HEER.
Dryandroides banksiaefolia
Une.
Acer Rüminianum Her.
Cassia phaseolites Une.
II IND
#
Thiere.
Palaeomerix Scheuchzeri MEYER.
Microtherium Renggeri MEYER.
Lamna cuspidata Ac.
Qurculionites Deitighofensis
HERR.
Melania Escheri BRONGN.
Melanopsis Kleini KURR.
Cerithium papaveraceum BasT.
Nerita Grateloupana Fer.
Murex subclavatus Bast.
Limneus pachygaster THom.
Planorbis solidus 'THonm.
Helix inflewa MARr.
H. rugulosa MART.
H. Ramondi Broncn.
HA. Kleini Krauss.
Östrea undata Lam.
O. sacellus DuJ.
Unio undata Hune.
Auf der Höhe zwischen Dettighofen und Albführen bildet,
wie bei der Kapelle, die glimmerreiche Austernsandstufe, ab-
gesehen von den da und dort auftauchenden Gletscherlehminseln,
das oberste Glied des Profils. Auf der anderen Bergseite, bei
Albführen und Hauserhof, findet man, zwar nicht ohne Mühe,
da ansehnliche diluviale Schuttmassen störend in den Weg
treten, doch an mehreren Stellen unter dem austernführenden '
Sande die Austernagelfluhe, dann die untere Molasse, letztere
in geringer Entwickelung, ferner und zwar gut aufgeschlossen
die Bohnerzbildung und den Weissen Jura.
No. V. Jestetten — Balm am Rhein.
Je weiter man im Klettgau nach Osten vordringt, desto
ärmer an Gliedern wird die Tertiärformation, indem die jun-
gern Niederschläge schon vom Centralpunkte her einer nach
dem andern zurückbleiben. Von Baltersweil bis Jestetten blei-
ben zwischen dem Jura und Diluvium nur noch die Bohnerze
und die untere Molasse, von letzterem Orte bis gegen Schaft-
hausen hin nur noch die Bohnerzbildung übrig.
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483
a. Auf den bewaldeten Höhen nördlich von Jestetten ist
der obere Weisse Jura herrschend; darauf findet man ansehn-
lich grosse
b. Bohnerzreviere mit unzähligen, in den Wäldern zer-
streut liegenden alten Erzgruben. Stellenweis bilden diluviale
Inseln das Hangende; im Westen und Süden oben folgt dar-
auf die
c. untere Molasse, welche an der Strasse nach Volkenbach
und von da bis zu den Ufern des Rheines bei Balm in grossen,
lehrreichen Aufschlüssen zu beobachten ist. An der etwa 60’
hohen und 500’ langen, vertikalen Molassenwand des linken
Rheinufers bei Balm zeigt sich, einige Fuss über dem Wasser-
spiegel, eine Lignitbildung. Es ist dies ein 3—-5’ mächtiger,
graublauer Sand und Mergelhorizont, gespickt mit einer glän-
zenden Pechkohle, die in zahlreichen Bändern von 1 Linie bis
zu 2 Zoll Dicke das Gestein allseitig unregelmässig durchsetzt.
Am Fuss dieser Wand trifft man auf zahlreiche herabgestürzte
Sandsteinblöcke und Knauern, die aus dem Dache der Lignit-
bildung stammen; in diesen fanden mein Bruder Tnomas und
ich, zwar nur sehr vereinzelt, nachstehende Fossilien:
Ficus Brauni HlzEr.
Cinnamomum spectabile HERR.
O. Scheuchzeri HEER.
C. polymorphum A. Ba.
Dryandroides hakeaefolia Une.
Dr. banksiaefolia Une.
Acacia cyclosperma HEEr. (Schoten.)
Auf den Schichtenflächen der Molasse bei Volkenbach sind
kleine Schwefelkieskrystalle oft sehr zahlreich vorhanden.
No. VI. Lienheim — Kussaburg.
Wie schon früher angedeutet, trifft man nur im Centrum
der Kaltwangenkette die reich gegliederten Profile wie No. 1.
und IJ. Versetzen wir uns von der Ostgrenze des Klettgaues,
wo schliesslich nur noch eine und zwar die älteste tertiäre
Stufe vorhanden, nach dem Westen, so ist auch da ein ähn-
liches allmäliges Verschwinden der tertiären Niederschläge zu
beobachten. Nur verhält sich hier die Sache umgekehrt: die
älteren Stufen keilen aus, indem die jüngernen in übergreifen-
AA “ EsgE
der Lagerung auftreten, so dass uns am Ende auch nur noch
eine und zwar die jüngste Stufe, die Juranagelfluhe, ubrig
bleibt.
Lienheim liegt an der südwestlichen Grenze, etwas von
der nordwestlich streichenden Auskeillinie zurück; daher ist es
nicht zu verwundern, wenn hier noch ein fast vollständiges
Klettgauer tertiäres Profil zu beobachten ist. Im Eschengraben
trifft man anstehend:
a. den oberen Weissen Jura,
b. Bohnerzthone nur in Spuren,
C. lichtgelben Sand und sandigen Mergel, die untere Mo-
lasse in verkümmerter Entwickelung vertretend,
d. die Austernagelfluhe,
e. die gelbgrauen Sande mit Austernschalen,
f. ockergelbe, sandige Mergel,
g. Juranagelflube (auf den Höhen).
Auf der andern Bergseite, in der Schlucht hinter Kuüssnach,
ist die untere Molasse nicht mehr vorhanden und die Auster-
nagelfluhe zwar regelmässig gebildet, doch nur schwach ent-
wickelt, den Bohnerzen, meist aber direkt dem Weissen Jura
aufgelagert. Eine kleine Strecke westlich von da, an der oben
im Dorfe Küssnach auf den Schlossberg führenden Strasse ist
auch die Bohnerzbildung verschwunden und die Austernagel-
fluhe nur noch durch eine wenige Zoll dicke, fest auf dem
Jura sitzende Austern-Breccie vertreten. Noch etwas weiter
vorwärts, in der Nähe der Kuüssaburg, sind unsere jungsten
Tertiärschichten, die gelben Sandmergel und die Juranagelfluhe,
unmittelbar dem Weissen Jura und zwar der Zone des Ammo-
nites bimammatus aufgelagert; denn hier fehlt auch selbst der
obere und mittlere Weisse Jura.
Den beschreibenden Bergprofilen folgen nun noch einige
mehr in das Detail gehende, für welche die Tafelform gewählt
wurde.
i vor
ee Wa, Er ap T,
EM 143 , r 2
Ta un e > A un r =
4 485
! f
No. VOII. Eichberg.
Schiehtenfolge an dem tertiären Hügel „Wolfszalten*
östlich von Eichberg.
Auf-
schlüsse.
Gruppen.
Gelbe, sandige Mergel, dünn geschichtet, mit schiefrig
plattigen Thonsandsteinen.
Höhe des
Wolfs-
Juranagel-
fluhe
Graugelbe, sandige Mergel.
Eisenschussiger, mit Glimmer uüberfüllter, brauner
Sand und Sandsteinschiefer mit undeutlichen
Pflanzenresten.
Blaugrauer Sand und Sandschiefer.
Gelblichgrauer, weicher Sandsteinschiefer mit viel
Glimmer und spärlich eingesäeten Austernschalen.
Hellgrauer grobkörniger Sand mit grossen weissen
Glimmer-Blättchen. Enthält häufig Ostrea undata
Lam., O. canadensis Lam., O. virginiana Gm.
Dettighofen.
Melaniensand.
. Umgebung) Hohlweg im Walde von der Wolfszaltenhöhe nach
v. Eichberg.
Eine Geröllablagerung, bestehend aus Granit-,Gneiss-,
Porphyr-, Quarz-, Muschelkalk- und Jurakalkge-
schieben und Sand, mit den Schalen von Östrea ca-
nadensis Lau., O. virginiana G=m., O. undata Lan.
O. cochlear GOoLDF.
Austernagelfluhe.
Ein hellgrauer, lockerer, feiner Sand mit Knauern
wechselt mit bunten, meist rothen, sandigen
Mergeln.
Graue, lockere Sandmassen und geschichtete Sand-
steine in grossen Nestern mit Spuren fossiler
Pflanzen.
| Untere Molasse.
Roth-|Felder d
Buck.
Ockergelbe, feste Thone mit Bohnerzen.
|
[PFEENEENEENEELEEAEEE GE EBENEREEERERREIFSERREEN, VEEHBREE dan en an
Oberer Weisser Jura,
486
No. VIII. Mooswies.
ne - Ä 5 Ö
5 8 5 | Schichtenfolge an der Nordseite des Kaltwangens, « E
- an Ö . x
A|IS3ES von der Hohe bis zum Mooswies. <=
En S
1 40 | Ein festes Conglomerat, zusammengesetzt aus Geröl- :
len, die ausschliesslich der Trias- und Jurafor-
mation entnommen, und einem gelben Thonsand-
Scheitel des
Kaltwangen.!
stein-Bindemittel. SEE
2) 120 | Gelbe, zähe, sandige Mergel, dünn geschichtet mit | 28 =
plattigen Thonsandsteinen in grossen Nestern. Eee
3, 1-2 | Geröllband, gebildet wie No. 1. s38| 8
A| 100 | Feinsandige gelbe Mergel mit plattigen Thonsand- | 373 >
| steinen, enthalten oben fossile Pflanzen (Vergl. | Z3£
| Profil I., g.). Ze
A 18 | Hellgrauer, feiner, loser Sand mit viel Glimmer, u
| enthält, zwar selten, zertrümmerte Austernschalen. =
6| 3 | Braunrother, glimmeriger, eisenschüssiger Sand. ©
7. 3 | Graue, unregelmässige, weiche Sandsteinbänke. 2
g 4 | Gelbrother Sand mit Ostrea undata Lau. etc. = Be
9 8 | Gelblichgrauer, schiefriger Sandstein und loser Sand, | ., =
enthält nicht selten Ostrea undata Lam., O. canaden- | '= S
sis Lam. etc. s E
10 1; Hellgrauer, loser, grober Sand mit Austern. ? ©:
11 2 | Sandsteinschiefer und Knollen. Sr a
12 10 | Grobkörniger, gelblichgrauer, lockerer Sand mit =:
vereinzelten Granit- und Quarz- geschieben, enthält 5:
Östrea canadensis Lam., O. undata Lam., O. vir- | S#
giniana GM., O. cochlear (0LDF. ER?
13 32 | Ein Conglomerat. Gneiss-, Granit-, Porphyr-, Quarz-, we 0 8
Muchelkalk- und Jurakalk-Gerolle sind durch einen | 3 2 =e
weichen gelblich grauen Sandstein verbunden. | = za
Enthält die gleichen Austernarten wie No. 12. z ä
14 8 | Gelbrothe, feinsandige Mergel. 8 |
15 2# | Graue Mergel. = |
16 3 | Dunkelrothe Mergel. & Ö
17 5 | Gelbrothe Mergel. = 8 |
18 2 | Blaugraue, thonige Sandschiefer. = Sı
19 - | Rothe, feinsandige Mergel. en eo.
20 10 | Bläulichgrauer, feiner, thoniger Sand. a =
321 100 | Graue, lockere Sandmassen wechseln zuweilen mit |828:|D
bunten Mergeln. | ER |
22| 30 | Grauer, loser Sand mit Sandsteinknauern. 3202
23|5—50 | Gelbe, feste Thone mit Bohnerzen und Feuerstein- | 2& ER
knollen. | Sr |äa
Oberer Weisser Jura. | |
rn SE
ee
Te. 3
Dr 487
No. IX. Reutehöfe.
Schichtenfolge der Tertiärformation an der Nord-
seite des Birbers, Strasse von Geissen nach den
Reutehöfen. |
nenn nam «nme na nmmasan un ersmm
Fussen.
keit in
No, a |
Mächtig-
Ser
schlüsse.
Gruppen
1! 4O |Eine feste Nagelfluhe, bestehend aus Geröllen von
Haselnuss- bis Kopfgrösse aus Muschelkalk, Lias,
Braun- und Weissjurakalk, auch Hauptrogenstein
und Korallenkalk, verkittet durch einen gelben
I Thonsandstein.
2 200 | Gelbliche, zähe, sandige Mergel und Thonsandsteine
£ mit schmalen Geröllbändern, welche zusammen-
gesetzt sind wie No. 1.
den Reutehöfen.
Juranagelfluhe.
Bohn- H
Ei Austernagelfluhe.
Gehänge und Höhen bei
3 20 |Bräunlichgrauer, glimmerreicher, loser Sand oder
Sandstein.
4 1—1!| Ein Geröllband, gebildet aus kleinen Geschieben von
| Granit, Gneiss, Porphyr, Quarzit, Muschelkalk
| und Jurakalk und einem reichen glimmerigen Sand-
| Bindemittel. Enthält sehr spärlich die Bruchstücke
von Austernschalen.
5l 14 |Gelblichgrauer, weicher, glimmeriger Sandstein und
loser Sand mit Austernschalen.
Melaniensand,
„Birbers‘' bei Geissen.
Ein Conglomerat, zusammengesetzt aus gut gerun-
deten Geschieben von rothem Granit, Gneiss, Por-
phyr, Quarz, Muschelkalk, Lias-, Braun- und
Weissjurakalk, darunter häufig Hauptrogenstein,
Terrain 4 chailles- und Korallenkalk, verkittet
durch ein reiches Sandsteinbindemittel; enthält
Östrea undata Lanm., O. canadensis Lam., O. coch-
lear GoLDF., OÖ. virginiana Gm. Die Gerölle sind
hier zum Theil auffallend gross (bis 2).
6 3 |Ein loser röthlicher Sand mit eingesäeten wachsgel-
ben, selten roth oder bläulich gefärbten Quarzge-
röllen von Erbsen- bis Haselnussgrösse.
7 41!Wie No. 6., nur noch grössere Muschelkalk- und
Jurakalkgeschiebe enthaltend und das Ganze zu
R einem festen Conglomerate verbunden.
8 3 Wie No. 7., doch nur lose verbunden.
——.
%
Strasse am nordöstlichen Abhange des
mu 0002000000 mm 0 mi m mi nn nn 11111 [1m
9 80 | Bohnerzbildung. Hier sind viele alte Erzgruben.
—
Weisser Jura.
S Zeits.d. D. geol. Ges. XXL, 3.
[S)
DD
BEN RER RENNER CU RE OR ER
es, RN BR FRA AR x
488
Profil vom Südabhange Kaltwangens, im Hohlweg |
ob dem Dorfe Masterkingen.
>
Feste Nagelfluhe aus Jurakalk- und Muschelkalk-
Helle, gelbliche, sandige Mergel mit plattigen Mer-
Ockergelbe, zähe, feinsandige Mergel-Gelände, sehr
Dunkelviolette, graubraune, sandige Thone.
Bläulichgraue weiche Sandsteinschiefer.
Graue, thonige, schiefrige, weiche Sandsteine.
Eisenschussiger, feiner Sand mit kleinen Thongeoden.
Heller, feinkörniger, loser Sand mit eingebetteten |
unregelmässigen Sandsteinschichten, enthält spär- |
lich Austernschalen und vereinzelte Quarz- und
Schmutzig gelber, grober, glimmeriger, loser Sand,
enthält nicht selten gut erhaltene Schalen von
Ostrea canadensis Laum., O. virginiana Gm., O. un-
Unregelmässige Sandsteinbänke mit Austernschalen
und sehr vereinzelten Geschieben.
Bläulichgrauer, glimmerreicher, lockerer Sandstein-
schiefer mit sparsam eingestreuten Granit- und
Quarz-Geröllen, enthält Austernreste.
Gelblichgrauer, grobkörniger loser Sand mit gros-
sen, weissen Glimmerblättchen, enthält grosse, gut
erhaltene Schalen von Ostrea canadensis LAm. etc.
} EICH
Sıse
zZ 332
1 30
Geschieben.
2 50
gelsandsteinen.
3 100
steril.
4 3
5 5
6 10
7 4
8 9
Granit-Geschiebe.
9 B)
data Lam.
10! 2
11 4
De |
13 18
Die Austernagelfluhe in der bekannten Zusammen-
setzung. Die Gerölle sind verhältnissmässig klein,
was übrigens an der ganzen südlichen Abdachung
der Fall ist. Ist unten durch Diluvium verhullt.
Ein Bergmantel aus diluvialen Lehm- und Geröll-
massen verhindert die Fortsetzung des Profils.
en |
schlüsse.
Weg auf der
Höhe.
Ein Hohlweg ziemlich hoch am Berge nördlich von Wasterkingen.
Melaniensand.
EEE ET ET Eee a ee ee ee ER 2 za
De
Austernagel-
* No. XI. Profil der schweizerischen Tertiärbil-
dungen an der Grenze desKlettgaues bei Buchberg
und Eglisau am Rhein.
Taf. XIL, Fig. 4.
Es ist von ganz besonderem Interesse, dass schon + bis
1 Stunde von der Kaltwangenkette entfernt in der jenseits des
Rheines hinziehenden Irchelkette, die Tertiärformation in einem
fast gänzlich veränderten Schichtenbilde auftritt, in welchem
namentlich das Fehlen der Conglomerate, die im Klettgau eine
so grosse Rolle spielen, sehr auffällt. Die Beschreibung des
Fig. 4, Taf. XII. gezeichneten Profils wird diese Verhältnisse
näher beleuchten.
Von Rüdlingen bis Eglisau fliesst der Rhein zwischen dem
Irchel und dem Buchberge (Haarbuck) in einer engen, tief in
die Molasse eingefressenen Schlucht. Die sehr steilen Gehänge
der beiderseitigen Ufer bieten dem Beobachter grossartige, lehr-
reiche Aufschlusse, welche von unten nach oben folgendes
Schichtenbild zeigen:
a. Bunte, meist roth und braunroth gefärbte, geschichtete
Mergel wechseln mit einem grauen, lockeren Sandsteine, dem
harte Knauer eingebettet sind. Unten sind die Mergel, oben
der Sandstein vorherrschend. Die Mächtigkeit vom Rheinspiegel
aufwärts beträgt etwa 450’, abwärts (bei Eglisau durch den
‚Bohrer constatirt) 750’, also zusammen 1200 Fuss.
In der Fortsetzung nach Osten liegen in dieser Stufe die
im Profil V, c aufgeführten Pflanzenreste und Lignite bei Balm
am Rhein.
Dieser untere Süsswassermolasse ist am Irchel und Buch-
berg eine
b. Meeresbildung aufgelagert, bestehend aus fein- bis grob-
körnigen, grünlich blaugrauen, festen Sandsteinbänken, welche
öfters mit dunkelgraugrünem losen Sande wechsellagern und
sich darin auskeilen. Haifischzähne, Conchylien-Schalen und
deren Trümmer finden sich häufig. Nach oben wird das Ge-
stein heller, lockerer und petrefactenärmer, so dass man zu
oberst nur noch sehr vereinzelte Austernreste antrifft, mit welchen
sich schon einige Susswasserconchylien (Helix und Unio) der
nächst höhern Stufe mischen. Die Mächtigkeit beträgt 200’ und
32”
darüber. In der untern Region ist es ein typisch ausgeprägter
Muschelsandstein.
An bestimmbaren Petrefaeten sammelte ich in dieser Stufe,
und zwar das Meiste auf der rechten (klettgauer) Rheinseite,
in dem Steinbruche am Nordabhang des Haarbuckes, folgende :
Crocodilus sp. (Zähne).
?
Delphinus sp. (Zahn und Gehörknochen).
Notidanus primigenius Ac. 3
Oxyrhina hastalis Ac.
OÖ. leptodon Ace.
©. Desori Ac.
Lamna elegans Ac.
L. cuspidata Ac.
L. contortidens Ac.
Galeocerdo aduncus Ac.
@. minor ? Ac.
Hemipristis serra Ac.
Carcharodon megalodon
Myliobates sp.
Östrea undata Lam.
©. virginiana Gm.
O. tegulata Münst.
Pecten opercularis Lin.
Lima Lafoni MAYER.
c. Auf dieser Meeresbildung
mächtige Süsswassermolasse, bestehend aus feinen, hell gelblich-
As,
liegt eine etwa 500°—600'
grauen, lockeren Sandsteinen und losen Sandmassen, die zu-
weilen mit lichten, meist gelblichgrauen Mergeln wechseln.
Am Irchel sind in verschiedenen Höhen schwache Kalkbänder
sichtbar, welche Land- und Schlammschnecken enthalten. Im
Sandstein hat man auch die Reste von folgenden Pflanzen ge-
funden:
Populus balsamoides erenulata GöPpP.
Salix angusta A. Br.
Betula Dryadum Bronen.
Cinnamomum lanceolatum Ung. sp.
C. polymorphum A. Br.
Podogonium Knorrü A. Br. sp.
491
Daphnogene Ungeri Heer.
Andromeda revoluta A. Br.
Leguminosites Brunneri HEer.
d. Die Decke der Molasse und die Hochebene des Irchels
bildet ein 150°—200° mächtiges Conglomerat, gebildet aus gut
gerundeten Geschieben alpiner Felsarten und grobem Sande,
verbunden durch Kalksinter. Diese Ablagerung stimmt mit
den auf den klettgauer Höhen verbreiteten Quartärbildungen
überein und ist denselben parallel zu stellen.
il. G6ruppirung der klettgauer Tertiärschichten.
Es soll nun versucht werden, die in den Profilen im De-
tail aufgezählten Schichten, deren natürliche Gruppirung zwar
auch dort schon angedeutet, nach ihren Verwandtschaftsverhält-
nissen in grössere Abtheilungen zusammenzufassen und deren
Charakter genauer zu definiren. Bei dieser Arbeit sind neben
den paläontologischen Merkmalen, welche bei der vorherrschend
nesterweisen Anhäufung der Fossilien allein nicht ausreichen,
besonders noch die Lagerungsverhältnisse und die Gesteinsbe-
schaffenheit in’s Auge zu fassen. Gestützt hierauf kann man
in der Kaltwangenkette von oben nach unten folgende gut aus-
_ geprägte Stufen unterscheiden:
1. Juranagelfluhe.
2. Melaniensand.
3. Turritellenkalk.
4. Austernagelfluhe.
5. Untere Molasse.
6. Bohnerzbildung.
Diese Formationsglieder sind hier, wie aus den Profilen
hervorgeht, in direkter sichtbarer Lagerungsfolge über einander
vorhanden, was neben anderen Vortheilen namentlich auch den
gewährt, über die Altersverhältnisse der einzelnen Stufen, gegen-
über den andern dieses Complexes, definitiven Aufschluss zu
geben.
1. Bohnerzbildung.
Dem kletigauer Weissen Jura ist eine Bohnerz führende
Lehmbildung auf- und eingelagert, deren nähere Kenntniss wir
einem auf diese Erze bis noch vor Kurzem lebhaft betriebenen
Bergbaue verdanken. Bei diesen Grubenarbeiten fand man auf
unsern Jurahöhen viele kessel- und trichterförmige Vertiefungen,
zuweilen ein plötzliches Indiehöhegehen von zerfressenen, wun-
derlich geformten Kalkfelsen, daneben tiefe Mulden und Zer-
klüftungsspalten. Alle diese Unregelmässigkeiten der Jura-
plateaus, die wohl einer sehr lange andauernden Verwitterung
des Gebirges ihre Entstehung verdanken , wurden durch die
Bohnerzbildung ausgefüllt und der Kalk oft auf weite Strecken
damit bedeckt. Durch die Unebenheiten bedingt, haben daher
die Bohnerzthone eine sehr variable Mächtigkeit, deren Maximum
etwa 100° beträgt. Die Farbe dieser Thone ist ockergelb bis
dunkel schmutzig gelb, zuweilen auch roth, violett, braun und
hellgrau bunt schattirt.
Oben sind diesen Lettenmassen nur spärlich kleine runde
Bohnerzkügelchen eingestreut, welche nach unten an Häufigkeit
und Grösse zunehmen, so dass oft in der Tiefe der Thon fast
ganz verdrängt wird und einem dichten, festen Conglomerate
von Erzbohnen Platz macht. Diese Erzbohnen haben eine
concentrisch schalige Structur; ihre Grösse wechselt von einer
halben Linie bis zu zwei Zoll im Durchmesser; jedoch sind die
unter einem Zoll! weitaus die häufigsten. Die kleinen, bis
zur Grösse von einigen Linien, bilden gewöhnlich regel-
mässig runde Kügelchen, während die grösseren bei ihrer rund-
lichen Knollengestalt vielfach von der Kugelform abweichen.
Wenn die Erze rein gewaschen sind, ist ihre Oberfläche glänzend
schwärzlich braun; zerklopft haben sie eine dunkelblau-schwarze,
schmutzige Eisenfarbe.
Die Bohnerzthone enthalten stellenweis, besonders in der
Nähe von bauwuürdigen Erzlagern, auch in diesen selbst, Feuer-
steinknollen oft in grosser Menge. Es sind dies hellgraue
oder gelbliche, zuweilen auch rothe Kugeljaspise von etwa 1”
!
bis 5” Durchmesser, welche in der Regel mit einer weissen 2 _
bis 2 Linien dicken Kalkrinde umgeben sind. Beim Zerschlagen
von vielen Hunderten dieser Kieselknollen fand ich darin als
grosse Seltenheiten folgende oberjurassische Petrefakten:
Serpula sp., Aptychus lamellosus PARk., Ihynchonella la-
cunosa ScH., Rh. triloboides Quansm., Rh. sparsicosta Opp., Eh.
tribolata ? Zıer., Terebratula bisufarcinata ScH., T. Orbis QUENST.,
N % a
1: na 37 5
Me - 5: £ 7
eg 7% 5 = z
a EIER EN ee
ER
493
' Pecten textorius albus QuEnsT., P. cingulatus QUENST., Hinnites
velatus GOLDF., Cidaris sp.
Aus der klettgauer Bohnerzbildung sind bis jetzt ausser
sehr vereinzelt vorkommenden oberjurassischen Ammoniten,
Terebrateln, Rhynchonellen etc. keine Versteinerungen bekannt
geworden. Diese wenigen organischen Reste, sowie die Feuer-
steine sind wahrscheinlich bei der Zersetzung der oberen Jura-
schichten der Zerstörung entgangen und so in die Bohnerzthone
eingewickelt worden. Denn dass auch die Jaspisknollen aus
dem Jura stammen, sagen nicht nur ihre Petrefakten, sondern
auch ihr häufiges Vorkommen in den oberen Jurakalkfelsen
der Gegend selbst. 8
Von der Küssaburg bis zum hohen Randen sind auf den
klettgauer Weissjurabergen fast uberall Bohnerzablagerungen
mehr oder weniger entwickelt zu finden. (Vergl. die Profile.)
Ein grosser Theil dieses Hügelzuges ist zwar mit jüngeren
Niederschlägen bedeckt, und die Erze sind nur an den Gebirgs-
rändern in schmalen Streifen sichtbar, wie bei Kussnach, den
Reutehöfen, bei Bühl, Eichberg und Baltersweil. Wo aber die
jüngeren Bildungen fehlen, wie bei Albführen und auf den
Höhen zwischen dem Wangenthal und der Enge bei Schaff-
hausen, trifft man ausgedehnte Bobhnerzlager. Es ist sehr be-
achtenswerth, dass auf denjenigen Jurahöhen, welche uber
2000 u. M. und gewöhnlich dem Steilrande nahe liegen, wo
in der Regel die Schichten des oberen Weissen Jura fehlen,
auch keine Bohnerze vorhanden sind, wie bei der Küssaburg,
auf dem Rossberg,. Wannenberg und Randen. Mit Ausnahme
eines vereinzelten Falles sind Bohnerze im Klettgau nur den
oberen d. h. jüngsten Niederschlägen des Weissen Jura, unseren
Wirbelberg-, Nappberg- und Mutabilisschichten (OrpPpeu’s Zone
des Ammonites steraspis) auf- und eingelagert. Aus dieser
Thatsache dürfte zu folgern sein, dass hier zur Zeit der Bohn-
erzbildung nur diese Schichten zu Tage gingen und der mitt-
lere und untere Weisse Jura noch unter dem Niveau der tiefsten
Aufrisse.d. h. noch im Schoosse der Erde verborgen waren,
und die Landschaft der Bohnerzzeit den Charakter eines nie-
drigen Flachlandes gehabt haben müsse. Denn wäre das Jura-
Relief von damals dem heutigen ähnlich gewesen, so ist nicht
einzusehen, warum die sedimentäre Bohnerzbildung sich nicht
auch hätte auf die mittleren und unteren Jura-Etagen ablagern
müssen, wenn dieselben wie heute entblösst gewesen wären.
Die im Eingange erwähnten Unebenheiten des Jura zur Bohn-
erzzeit bilden doch gegenuber dem heutigen Relief nur ver-
schwindende Grössen, indem sich dieselben nur auf die wenig
mächtigen obersten Schichten beschränken, deshalb von dama-
ligen Schluchten und Thalbildungen keine Rede sein kann.
Unsere Ansicht, dass der klettgauer Jura zur Zeit der
Bohnerzbildung ein niedriges Flachland gewesen sein müsse,
wird durch keine der herrschenden Hypothesen uber die
Entstehung der Erze entkräfte. Denn es kann für dieselbe
gleichgültig sein, ob die Erze als Niederschläge heisser, eisen-
haltiger Sprudelquellen, oder als Verwitterungs- resp. Aus-
laugungs-Produkte der obersten eisenreichen Kalkschichten
oder als beides zugleich betrachtet werden.
Als nächst höhere Stufe ist der Erzbildung bei Bühl,
'Eichberg, Hauserhof, und Baltersweil die untere Susswasser-
molasse direkt aufgelagert. (Profil I., III. und VIL) Wo aber
diese fehlt, können auch jungere tertiäre, selbst quartäre
Niederschläge die unmittelbare Decke der Erze bilden: so die
Austernagelfluhe bei Kussnach und den Reutehöfen (Profil VI.
und IX.), die Juranageilfluhe auf dem Kätzler bei Geissen und
das Diluvium bei Herdern und Jestetten (Profil V.).
Unzählige, in den Wäldern zerstreute, alte, verfallene
Erzgruben, worunter sehr viele sogenannte Tagebaue, sowie das
Auffinden von noch sehr eisenhaltigen Schlackenhaufen in der
Nähe der Gruben, welche darauf hinweisen, dass die: Erze
früher an Ort und Stelle, wo sie gegraben, auch sogleich nach
primitiven Methoden geschmolzen wurden, lassen auf ein sehr
hohes Alter des klettgauischen Bergbaues schliessen. Noch
bis vor etwa 15 Jahren wurde dieser Bergbau sehr lebhaft
betrieben. Die Hochöfen von Albbruck und Laufen am Rhein-
fall waren fast beständig in vollster Thätigkeit, die hier ge-
wonnenen Erze zu schmelzen, welche als thonige Brauneisen-
steine eirca 36 pCt. ausgezeichnetes Roheisen lieferten, das
seiner Feinheit und Zähigkeit wegen zur Fabrikation von
Draht, Blech, Stab- und Walzeisen aller Art besonders gesucht
und geschätzt wurde. Da die bauwuüurdigen Erzlager in der
Regel an der Basis der Thonbildung getroffen werden, so sind
zu deren Abbau 30°—90’ tiefe Schächte mit Seitengängen noth-
wendig, Das Ansammeln von Horizontalwasser in diesen
495
Gruben ist aber ein grosser Uebelstand ; deshalb wurden, wo
grössere Erzkessel constatirt und das Terrain geeignet, zu-
- weilen mehrere hundert Fuss lange Stolln durch das leere
Gebirge bis zum Erzlager getrieben.
Trotz der langjährigen Ausbeute der klettgauer Bohnerz-
felder könnte auch jetzt bei einem rationellen Bergbaue von
einem Mangel an Erzen keine Rede sein, und der Ertrag könnte
besonders dadurch recht gesteigert werden, wenn man, was
bisher wenig geschah, die Erze auch da aufsuchen würde, wo
sie nur durch eine dünne Decke jüuugerer Bildungen verhullt
sind.
Schon seit einer Reihe von Jahren machte es sich be-
merklich, dass die suddeutsche Eisenindustrie, besonders wegen
Mangel an wohlfeilen Brennmaterialien und der verhältniss-
mässig theuren Gewinnung der Bohnerze, von dem Norden
überflügelt. und dauernd dessen Concurrenz nicht werde aus-
halten können. Darum wurde am Rheinfall die Production
von Roheisen schon vor etwa 12 Jahren eingestellt und in
Albbruck in den letzten Jahren auf ein Minimum reducirt,
jetzt endlich ganz aufgegeben, was das Eingehen des klett-
gauischen Bergbaues zur Folge hatte.
Am Schlusse möchte ich noch eine lokale Erzbildung er-
wähnen, welche sich durch völlig isolirtes Auftreten, sowie
durch interessante Eigenthumlichkeiten auszeichnet. Im Osten
des Dorfes Kussnach, auf der Höhe der rechten Thalseite sind
dem oberen Weissen Jura gewöhnliche Bohnerze unter den
bekannten Verhältnissen aufgelagert. In diesem Reviere fand
man aber am Bergrande noch eine von allem Bisherigen we-
sentlich abweichende Bildung. Ein Erzkessel von über 200
Tiefe und etwa 60° Weite senkte sich durch den mittleren
(Oppzr’s Zone des Ammonites bimammatus), zum Theil noch
unteren Weissen Jura hinab.
Dieser Kessel, jetzt grösstentheils abgebaut, war ausge-
füllt mit runden Erzkugeln von mindestens Faust- bis Kopf-
grösse (3 — 5° Durchmesser), zwischen denen sich etwas
gelber Thon befand. Diese Erze bestehen aus einer feinen,
dichten, homogenen, schwarzblauen Masse ohne schalige Structur
und zerfallen unter dem Hammer unter muscheligem Bruche
zu schneidend scharfen Stücken. Diese dichten Brauneisen-
steine zeigen im ÜOentrum gewöhnlich einen unregelmässigen
Hohlraum von !”—-1” Durchmesser, dessen Wände mit zier-
2 2) x
lichen Schwefelkies- und kleinen Quarzkryställchen überzogen
sind. Durch grössere Bohnen, vielmehr Kugeln, ein grösseres
specifisches Gewicht, mehr Eisengehalt (uber 50 pCt.), andere
Structur und tieferes Lager zeichnen sich diese Erze von den
gewöhnlichen Bohnerzen der Gegend aus.
In einem tiefen Schachte und durch zwei in verschiedenen
Höhen in den Berg getriebene Stolln wurde dieser Erzkessel
im Laufe der Zeit fast ganz ausgebeutet. Die Huttenverwal-
tung Albbruck hat trotz mühevoller Schürf- und Bohrversuche
in der Gegend nichts Aehnliches mehr auffinden können.
2. Untere Molasse.
Wie uns die Profile lehren, ist den Boherzfeldern der
sanft nach Südosten geneigten Jurahöhen der Kaltwangenkette
eine mächtig entwickelte Sand-, Sandstein- und Mergelbildung
aufgelagert. |
Es sind helle, gelblich- bis grünlichgraue, massige, weiche
Sandsteine oder loser Sand, bestehend aus feinem, selten grob-
körnigen Quarzsande, weissem Glimmer und einem kaum be-
merklichen feinen Mergelcamente.e. Eingelagert sind harte,
aussen braungrau, innen gewöhnlich hellbläulich gefärbte Sand-
steinknauern von verschiedener Form und Grösse, die entweder
unregelmässig vertheilt oder zur Schichtung angeordnet aus den
verwitterten Molassewänden hervorragen. Von gleicher mine-
ralogischer Beschaffenheit treten harte, geschichtete Sandsteine
in Nestern auf.
Der „Knauermolasse* eingelagert und mit derselben wech-
selnd trifft man häufig bunte gebänderte Mergel, die in den
verschiedensten Schattirungen von Roth, Violett und Braun, zu-
weilen auch noch Gelb, Grün und Grau, bald lebhaft, bald
schmutzig gefärbt sind und aus Thon, fein zerriebenem Sande
und Glimmer bestehen. Diese Mergel pflegen erst in der
Mitte und oben in der Molasse aufzutreten; an der Basis über
den Bohnerzen ist, wo das Gebirge aufgeschlossen, nur die
Sandablagerung vorhanden (Profil I., II., III. ete.).. Auch in
dem 750 Fuss tiefen Bohrloche am Rhein bei Eglisau hat
man dieses Verhältniss beobachtet. *)
*) Vergl. B. Srtuper, Monographie der Molasse, p. 104.
Ar
[a]
A
497
Die Lagerungsweise und Mächtigkeit der unteren Molasse
ist im Klettgau ganz abhängig von den Lagerungsverhältnissen
des Weissen Jura; dieser bildet namlich mit seinen Bohnerz-
feldern eine schiefe Ebene, welche von einer mittleren Erhebung
der Streichungslinie von 2000’ nach SSO. gegen den Rhein
hin in einem Winkel von 6°—9° abfällt. Es scheint, dass
der Jura zur Bildungszeit der unteren Molasse, bei einer im
Allgemeinen viel tieferen Lage, doch schon in ähnlicher Weise
wie heute geneigt war. Auf dieser schiefen Fläche hat die
Molasse von unten her Platz gegriffen, ohne ihre Höhe zu er-
reichen, indem sie sich schon auf der Höhenzone von 1700
—1800’ ausspitzt d. h. verliert; alles höher gelegene Jura-
terrain ist frei von derselben und wird deshalb als Ufersaum
des schweizerischen Molassebeckens damaliger Zeit zu be-
trachten sein. Die untere Molasse wurde in der Folge mit
Jüngeren Tertiärbildungen, welche auch dem Jura auf grösseren
Höhen folgten, in übergreifender Lagerung bedeckt, was ihr
Auskeilen am Nordrande zur Folge hatte. (Vergl. Taf. XII.,
202: Brofil 11... V1., IX.)
Die heutigen tiefen Jurathäler von Riedern, Weisweil,
Wangenthal, Klettgauthal etc. und die vielen Seitenschluchten
fehlten zur Molassezeit unserer Landschaft; denn bei
ihrem Vorhandensein hätte doch die Molasse in diese Thaler,
deren Höhe sie meistens beiderseits krönt, eindringen mussen,
was aber nirgends der Fall ist.
Die Mächtigkeit der unteren Molasse steht im Verhältniss
zur Entfernung von ihrer Auskeillinie auf dem Jura und ist
daher sehr variabel. Während dieselbe bei Baltersweil, Buhl,
Berchenhof etc. von wenigen bis auf 300° anwächst, beträgt
sie schon bei Eglisau 1200’, wovon gegen 500’ an den Ufern
des Rheines sichtbar und 750’ vom Rheinspiegel abwärts durch
den Bohrer constatirt wurden, in welcher Tiefe man auf das
Liegende der Molasse, die Bohnerze und den oberen Weissen
Jura, gestossen sein soll. |
Die untere Molasse hat im Klettgau eine ansehnliche Ver-
breitung, ist aber trotzdem als grössere Fläche nirgends auf-
geschlossen; denn wo auch jüngere tertiäre Niederschläge auf
grösseren Bezirken fehlen, haben quartäre Lehm-, Schutt- und
Geröllmassen als mehr oder weniger mächtige Decke Platz
gegriffen. Dessenungeachtet sind vortreffliche Aufschlüsse zahl-
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reich vorhanden, die an Ufern, Hugelrändern, in Bachrunsen,
Hohlwegen, Sandgruben etc. zu finden sind. Von Lienheim,
dem äussersten Punkte im Westen der klettgauer Tertiärbil-
dungen, kann man die untere Molasse an den gegen den Rhein
und das Rafzenfeld abfallenden Gehängen nach Osten bis Lott-
stetten und Jestetten verfolgen. Auf dieser etwa 5 Stunden
langen Linie trifft man gute Aufschlüsse bei Thurmhof, Ber-
chenhof, Bergöschingen und Stetten, ausgezeichnete bei Hünt-
wangen, Wyl, Rafz und den schon fruher genannten Orten
(Profil I., IL, V., VI.). Auf der etwa 2 Stunden langen und
gegen 1 Stunde breiten wellenföormigen Hochebene zwischen
Jestetten und Buhl ist die untere Molasse herrschend, jedoch
fast überall durch Gletscherdetritus der Diluvialzeit verschleiert.
Dieser nicht sehr dicke Schleier ist aber an vielen Stellen
durchlöchert und die Molasse in den Umgebungen von Balters-
weil, Berwangen, Buchenloh, Dettighofen, Eichberg und Buhl
sichtbar (Profil I., IHI., IV., VIL, VII). Die zahlreichsten
und grossartigsten Aufschlüusse der Knauer- und Mergelmolasse
trifft man auf der klettgauer Grenze, an den Ufern des Rheines
von Schaffhausen bis Hohenthengen.*)
Durch das Auftauchen der unteren Molasse aus dem
Gerölllande mitten im Rheinthale bei Sulgen und Nack, sowie
durch die sichtbare Fortsetzung der Molasse von Jestetten an
die Ufer des Rheines (Profil V.), wird der Beweis geliefert,
dass die untere Molasse der Kaltwangenkette unmittelbar mit
derjenigen der Irchelkette zusammenhänge und auch unter der
Gerölldecke des oberen Rheinthales (Rafzenfeldes) vorhanden sei.
Nach einer mehrjährigen sorgfältigen Durchsuchung der
klettgauer Tertiärformation glaubte ich die untere Molasse als
äusserst petrefaktenarm bezeichnen zu müssen; denn sie hatte
mir in dieser Zeit nichts als einige wenige und zudem noch
sehr undeutliche Schnecken- und Pflanzenreste („fossile Streu“)
geliefert. Dessenungeachtet wurde die Untersuchung weiter
fortgesetzt, und bald sollten wir, mein Bruder THonmas und ich,
die Freude haben, in der unteren Molasse von Baltersweil eine
reichhaltige Fundstelle sehr interessanter fossiler Pflanzen zu ent-
decken, worüber wirseiner Zeit eine kurze Mittheilung machten.**)
*) Vergl. auch B. Stuper, Monographie der Molasse, p. 103u. 104.
**) Neues Jahrbuch für Mineralogie etc., 1862, p. 719—722.
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499
Das Pflanzenverzeichniss hat sich seitdem um 27 Arten ver-
mehrt und ist von 49 auf 76 gestiegen, dem sich nun auch
noch einige Thierspecies anschliessen. Kurze Zeit nachher
fanden wir in dieser Etage am Rheinufer bei Balm eine zweite,
jedoch weniger ergiebige Pflanzenfundstelle (Profil V).
Die Baltersweiler Fundstelle liegt in der Nähe. des Dor-
fes, auf der östlichen wellenförmigen Anhöhe des oberen Mühle-
thälchens, etwa in der Mitte zwischen der Landstrasse und
der Lochmühle. Der nur 4—5’ mächtige pflanzenführende
Horizont tritt in der Molasse etwa 80’ über den Bohnerzen
auf (Profil III., c.).. In der Mitte desselben sind die Blätter
am meisten angehäuft und das Gestein fast überfüllt; nach
unten ist eine allmälige Abnahme zu beobachten, bis sie mit
dem Auftreten eines gröberen, gelblichbraunen Sandes plötz-
lieh verschwinden. Nach oben ist die Abnahme weniger
merklich und an ihrem Ausgange, welcher ebenfalls plötzlich
eintritt, sind die Pflanzenreste noch sehr häufig. Auch der die
Blätterschichten deckende Sand ist gewöhnlich braun und grob-
körnig.
Die Pflanzenblätter haben eine hell- bis dunkelbraune
Farbe und treten deshalb auf dem hellgrauen Sandstein deut-
lich hervor. Wo zuweilen das Gestein innen hellbläulich ge-
_ färbt ist, haben die Pflanzen eine schwarze Farbe. Die Blät-
AuN
ter liegen im Gestein in verschiedenen Richtungen durch ein-
ander, oft sind sie umgebogen oder aufgerollt, jedoch ist die
horizontale Lage weitaus vorherrschend.
Von den bei Baltersweil gesammelten: Pflanzen und Thie-
ren sind die folgenden näher untersucht, bestimmt und in mei-
ner Sammlung aufgestellt worden *):
Pflanzen.
Pinus Hampeana ÜUNGER sp. S
Phragmites oeningensis A. BRAUN
Oyperites Custeri HEBER
Oyp. Rechsleineri HERR
Cyp. alternans HEER
Oyp. Deucalionis HEER
mn Mm Mm UM MM m
*) hh sehr häufig, h häufig, ns weder häufig noch selten, s selten,
58 sehr selten,
Cyperites paucinervis HEER
Yuccites Cartieri HEER
Sabal major Un. sp. ns
| Ne Typha latissima A. Br.
Myrica salicina Une.
ey Carpinus grandis Une.
Quercus elaena Une.
Qu. chlorophylla Une.
Qu. lonchitis Une.
Qu. myrtilloides Une.
Qu. mediterranea Une.
Qu. Haidingeri ETTINGH.
Qu. Gmelini A. Br.
Planera Ungeri Er.
Ficus lanceolata HEER
F. Brauni H&ER
Ficus sp. (ähnlich F. multinervis H.)
Laurus primigenia Un.
L. Agathophylium Une.
| L. ocoteaefolia ETT.
BR Oinnamomum Scheuchzeri HEER
©. lanceolatum Un. sp.
C. polymorphum A. Br. sp-
©. Buchi HEerR
er Persoonia laurina HEErR
en Grevillea haeringiana ETT.
= Gr. lancifolia ? HER
Banksia Morloti HEER
B. Deickeana Hrer
Dryandroides hakeaefolia Une.
D. laevigata EIEER
D. lignitum Une. sp.
e D. linearis HEER
AR Andromeda protogaea Une.
Vaceinium acheronticum Une.
Diospyros brachysepala A. Br.
D. anceps ? HEEr
Echitonium Sophiae WE».
ne E. cuspidatum H&Er
Cornus orbifera HEER
ER)
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u BR ER Ra,
Cornus Studeri HEER % ns
Eugenia Aizoon Une. h
Acer opuloides HRER ss“
; Sapindus falcifolius ? A. Br. S
Koelreuteria vetusta HBER s
Koelreuteria sp. Ss.
Br; Celastrus Bruckmanni A. Br. Arms
# Be Jlex stenophylla ? Une. s
-. Berchemia multinervis A. BR. sp. N)
Be .- Rhamnus brevifolius A. Br. ons
Eis. Rh. deletus HEER h
R sis. Rh. Gaudini HEER ns
D Rh. rectinervis HEER s
Be Rhus prisca Err. ns
“ Rh. Brunneri Fisch. ss
mM. Zanthoxylon juglandinum A. Br... 8
“a Juglans acuminata A. BR. s
Be: J. bilinica Uxc. s
Carya elaenoides Une. sp. ns
©. Heeri Ert. sp. hh
Robinia Regeli HEEr ns
R. constricta HEER h
Dalbergia nostratum Kov. sp. s
Gleditschia celtica Une. s
Cassia Berenices Une. ns
C. hyperborea Uns. ns
x C. Fischeri HrEr S
C. phaseolites Une. ns
C. ambigua Unc. ns
Acacia Sotzkiana Une. Ss
Thiere.
Ourculionites Würtenbergeri HEEr ns
Chrysomela sp. Ss
Helix moguntina ? Desn. ss
E Diese 76 Pflanzenarten, die alle zu den Phanerogamen
gehören, vertheilen sich auf 28 Familien. Es fallen auf die
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502
apetalen, 6 auf die gamopetalen und 31 auf die polypetalen
Pflanzen. Als die wichtigsten Familien, die sich sowohl durch
die grösste Anzahl der Arten, als auch durch die beträchtlichste
Individuenzahl einzelner Arten auszeichnen, verdienen in ab-
steigender Linie genannt zu werden: ]) Proteaceen, 2) Pa-
pilionaceen, 3) Cupuliferen, 4) Laurineen, 5) Rhamneen,
6) Juglandeen. Diese sechs Familien enthalten 42 Species,
also mehr als die Hälfte der gesammten Artenzahl; denn für
die anderen 22 Familien bleiben ja nur noch 34 Species übrig.
In Bezug auf die Häufigkeit des Vorkommens einzelner Arten
behauptet Dryandroides hakeaefolia Ung. weitaus den Vorrang,
dann folgen Carya Heeri Err., Quercus Haidingeri Err., Dryan-
droides laevigata HEER, D. lignitum Une. sp., Robinia constrieta
Heer (Schoten), Myrica salicina Une., Carpinus grandis Ung.,
Rhamnus deletus HsEr, Quercus Gmelini A. Br., Diospyros
brachysepala A. Br. etc. Ä
Die Holzgewächse sind in der überwiegenden Zahl von
90 pCt. vorhanden, wovon etwa 2 zu den Bäumen und ? zu
den Sträuchern gehören. Die Mehrzahl trägt den Typus der
immergrunen Bäume und Busche, welche auf die warme, selbst
heisse Zone hinweisen und nur etwa ; erinnert an heutige
Pflanzenformen der gemässigten Klimate. Wir haben in. der
Baltersweiler Flora eine sehr mannichfaltige urkräftige Wald-
vegetation vor uns, wie wir sie heute in unseren Breiten ver-
geblich suchen und nur einigermaassen ähnlichen Verhältnissen
in der warmen und heissen Zone begegnen.
Die Lage der Blätter im Gesteine spricht für einen
Transport durch fliessendes Wasser; ihre gute Erhaltung aber
lässt schliessen, dass sie nicht weit hergebracht sein können.
Es ist anzunehmen, was in der Folge zu begründen sein
wird, dass ein tertiärer Fluss jene Sand- und Mergelmassen
zum Aufbau der unteren Molasse in unsere Gegend geführt
habe, und dass seine Ufer mit der Baltersweiler Flora beklei-
det waren, folglich ihre Blätter und Früchte leicht durch Wind
und Waldbäche in den Strom gelangen konnten, da in den
Detritus (Schlamm und Sand) eingewickelt und an ruhiger
Stelle abgesetzt wurden. In Bezug auf den aus der Natur der
Pflanzen abzuleitenden Standort zerfallen diese Gewächse in
drei charakteristische, ungleich grosse Abtheilungen. Es sind
zwei extreme, kleinere Gruppen, wovon die eine auf Sumpf-
503
und Morastland, die andere auf trockene Hügel hinweist und
eine grössere mittlere, welche auf eine feuchte Niederung
schliessen lässt.
Aus dem häufigen Vorkommen der langen, sehlualen Fie-
derblätter der Carya Heeri Err., welche mit der heutigen, die
Moräste von Neugeorgien und Carolina bewohnenden Sumpf-
Hikory (Carya aquatica Mıca.) nahe verwandt ist, und der sich
noch mit ähnlichem Charakter die Carya elaenoides UngG. bei-
gesellt, lässt sich folgern, dass die Gewässer zunächst von
niedrigen sumpfigen Uferbändern umsäumt wurden, welche die-
sen Juglandeen (Hikorynussbäumen) zum Standorte dienten.
Als Unterholz dieser morastigen Nussbaumwälder werden wir
Jlex stenophylla Une., Rhus prisca Ert., Rh. Brunneri Fisch.
und die schöne häufige Myrica salicina Une. zu bezeichnen
haben. Ausser den hier noch auftretenden Kosmopoliten:
Typha latissima A. Br., Phragmites oeningensis A. Br. und eini-
gen Cyperaceen trägt alles — Hochwald wie Buschwerk —
entschieden eine amerikanische Tracht und erinnert lebhaft an
den Süden der vereinigten Staaten.
In viel grösserem Artenreichthum und Mannichfaltigkeit
‚als die Sumpfgewächse begegnen uns jene Baum- und Strauch-
formen, welche ganz bestimmt auf den feuchten Waldboden
einer vielleicht wellenföormigen Niederung als ihren Standort
hinweisen, so dass angenommen werden muss, dass hinter dem
Sumpfgürtel sich eine solche Landschaft ausgebreitet habe.
Hier fesseln unsere Aufmerksamkeit zuerst die edlen hohen
Gestalten mit dem Stempel der tropischen Sonne, wie die
prächtigen Jambosbaume (Eugenia Aizoon Uxe.), der Seifen-
baum (Sapindus faleifolius A. Br.), die Feigenbäume (Ficus
. lanceolata Hexer, F. Brauni Hzer, F,. cf. multinervis HzEr), die
Dalbergia nostratum Kov., vor Allem aber die schöne Palme,
Sabal major Une., welche nicht nur durch ihre ausgeprägte
Tropennatur und weite Verbreitung im mitteleuropäischen Ter-
tiärland sich auszeichnet, sondern auch noch als Leitpflanze für
die untere Susswassermolasse ein erhöhtes Interesse gewinnt.
Ihre heutige Verwandte, die Sabal umbraculifera Jag., ist in
auffallendem Gegensatze auf das kleine Areal der Antillen be-
schränkt. Die Verwandten der anderen Bäume sind theils in
Ostindien, theils im tropischen Amerika zu suchen. Eine an-
dere Baumgruppe dieses Waldes, welche auf die subtropische
Zeits.d. D.geol.Ges. XXIL. 3. 88
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Zone hindeutet, wetteifert mit der vorigen an Bedeutung; denn
es sind fast lauter interessante fremdländische Gestalten, die
uns hier entgegentreten. Der erste Rang gebührt den Zimmt-
und Kampherbäumen (Cinnamomum Scheuchzeri Her, C. poly-
morphum A. Br., C. lanceolatum Ung., C. Buchi Hzer), deren
heutige Repräsentanten, hohe stattliche Bäume, merkwürdiger
Weise auf die Niederungen der Kuüstenländer Ostasiens be-
schränkt sind. Dann folgen die Lorbeerbäume (Laurus primi-
genia Ung., L. Agathophyllum Une., L. ocoteaefolia Err.), welche
durch ihre Verwandtschaftsverhältnisse auf Madagaskar und die
Canarien hinweisen. Ferner die Ebenholzbäume: Diospyros
brachysepala A. Br. und D. anceps HEEr, deren Verwandte die
Mittelmeerländer und Virginien bewohnen. Eine weitere, nur
kleine Baumgruppe trägt zwar den Charakter der gemässigten
Zone, ist aber dennoch aus mehr oder weniger fremden Ele-
menten zusammengesetzt. Es sind dies zwei Nussbäume (Ju-
glans acuminata A. Br., J. bilinica Une.), eine Ulme (Planera
Ungeri Err.), ein Nadelholzbaum (Pinus Hampeana Une.), welche
heute theils dnrch asiatische, theils durch amerikanische Arten
vertreten werden, und ein Aborn (Acer opuloides HEEr), der
auf das sudöstliche Europa hindeutet. Unter diese vielen bis
jetzt betrachteten Fremdlinge mischt sich nun eine einzige ganz
heimische Gestalt, es ist die Hainbuche Carpinus grandis Ung.,
welche nahe verwandt ist mit Carpinus Betulus L. unserer Wäl-
der. Nicht minder als die Bäume dieses Waldgurtels ist das
Unterholz aus fremdartigen zierlichen Formen gebildet. Strauch-
arten wie die zwei Koelreuterien als chinesische Typen, im
Vereine mit Celastrus Bruckmanni A. Br., Zanthoxylon juglan-
dinum A. Br., Andromeda protogaea Ung. und Berchemia multi-
nervis A. Br., welche am Cap und in der warmen, ja selbst
heissen Zone Amerikas ihre Verwandten haben, geben diesem
Theile der Flora ebenfalls eine fremde, südländische Färbung.
Mehr an die Heimath erinnern uns die Kreuzdornarten, ob-
gleich ihre nächsten Verwandten theils in Africa (für RKhamnus
brevifolius A. Br.), theils in Asien (für Rh. deletus Her, Rh.
Gaudini HEer und Rh. rectinervis HEER) zu suchen sind; ihnen
schliessen sich noch Cornus orbifera Heer und (. Studeri HEEr
und ein kleines Heidelbeersträuchlein, Vaccinium acheronticum
Ung., an. Weiter werden noch als Bewohner dieses Waldes
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505
Echitonium Sophiae WzB., Ech. cuspidatum HEer, Gleditschia
celtica Use. und Yuceites Cartieri Heer aufzuführen sein.
- Gleichwie wir zur Erklärung des Standortes der betrachteten
Pflanzen, abgeleitet aus der Vergleichung mit ihren heutigen
Verwandten, zu der Annahme einer Sumpfregion und einer
- feuchten Niederung gelangen mussten, so zwingt uns die fol
gende Pflanzenreihe, welche entschieden auf einen trockenen
Standort hinweist, ebenfalls zur Annahme eines erhöhten trocke-
nen Terrains. Eine Hugelkette mit diesem Charakter hat höchst
wahrscheinlich der hier am Saume der Molasse auftretende
obere Jura gebildet. Zu diesem Theil unserer Waldflora haben
drei interessante Familien: die Cupuliferen, Proteaceen und
Papilionaceen fast ausschliesslich das Contingent, und zwar in
einer beträchtlichen Anzahl von Arten und Individuen, geliefert.
Die Eichen treten in 7 Arten auf. Sehr häufig sind die Blät-
ter von Quercus Haidingeri Ett., dann folgen Quercus Gmelini
A. Br., Q. mediterranea Une., Q. chlorophylla Use., Q. elaena
Une., Q. myrtilloides Une. und Q. lonchitis Uns. Alle haben
kleine, steife, lederartige Blätter, entsprechen daher den heu-
tigen immergrünen Eichen der warmen Zone. Die drei ersten
finden ihre Verwandten im südlichen Europa und dem warmen
Asien, die anderen vier in Mexiko und Texas. Nach der An-
zahl der Blätter zu schliessen, dürften diese Quercus einen
bestimmten Gürtel dominirend eingenommen haben, so dass
man von einer „Region der immergrünen Eichen“ sprechen
könnte.
Die Proteaceen, die ebenfalls einen trockenen Standort
beanspruchen, kommen in 9 Arten vor. Auffallend häufig sind
die Blätter einiger Dryandroides-Arten. Es ist dies zwar eine
noch nicht genugsam bekannte Gattung, welche von den einen
Autoren *) zu den Proteaceen, von anderen**) dagegen zu den
Myriceen gestellt wird. Die Dryandroides hakeaefolia Une. ist
weitaus die zahlreichste von allen in Baltersweil zum Vorschein
gekommenen Pflanzen. Von ihren schönen, langen, schmalen
Blättern ist das Gestein erfullt, ja oft überfüllt, so dass sie
kaum auf einem Handstucke neben den anderen Blättern fehlen.
*) v. Ertineuausen, Die Proteaceen der Vorwelt, p. 31 u. d. f. und
O. Heer, Flora tert. Helvet. Band IL, p. 100.
*##=) Ap. Bronsntart im Jahrb. f. Mineralogie etc., Jahrg. 1862, p. 903.
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Etwas weniger häufig ist die Dryandroides acuminata HEEr.
Beide sind zugleich ausgezeichnete Leitpflanzen für die untere
Molasse.*) Sparsamer begegnet uns Dryandroides lignitum Une.
und sehr selten D. linearis Hrer. Wenn diese Pflanzen bei
den Proteaceen zu verbleiben haben, so bringen sie im Verein
mit den anderen Familiengenossen — FPersoonia laurina HEeEr,
Grevillea haeringiana ErT., @. lancifoia? Hrer — ein sehr
interessantes überwiegend australisches Element in unsere
Flora. Auch die Papilionaceen sind in sieben bedeutungsvollen
Arten nicht nur durch Blätter, sondern zum Theil auch noch
durch Früchte vertreten. Nicht selten sind die schönen, vor-
trefflich entwickelten Schoten von Robinia constrieta HER; die
Robinia Regeli Hrer hat dagegen bis heute nur Blätter gelie-
fert. Beide entsprechen amerikanischen Typen. Ebenso tra-
gen die Straucharten: Cassia Berenices Unc., C. hyperborea Unc.,
C. Fischeri HEER, C. phaseolites Une. und C. ambigua Une.
einen amerikanisch tropischen Charakter, denen sich mit glei-
cher Eigenschaft noch die Acacia sotzkiana Une. anschliesst.
Wie aus dieser Betrachtung hervorgeht, sind die lebenden
heutigen Repräsentanten der Baltersweiler Tertiärfllora merk-
würdiger Weise über die ganze Erde zerstreut, und die noch
am meisten auffallende Thatsache ist diese, dass nur der aller-
kleinste Theil auf unserem Continente selbst zu finden ist.
Den ersten Rang, mit mehr als einem Drittheil der Pflanzen,
nimmt Amerika ein; dann folgen der Reihe nach Asien, Austra-
lien, Afrika und erst zuletzt Europa. Nach Zonen vertheilt,
kommen etwa 17 pCt. auf die Tropen, 70 pCt. auf die war-
men und nur 13 pÜt. auf die gemässigten Himmelsstriche.
Die Baltersweiler Pflanzen lassen demnach keinen Zwei-
fel darüber, dass der Klettgau zur Bildungszeit der unteren
Molasse ein gänzlich von dem heutigen verschiedenes, ungleich
wärmeres Klima hatte, etwa so, wie wir es gegenwärtig in
den Tiefländern von Ostasien, Nordafrika, besonders aber an
den nördlichen Gestaden des Golfes von Mexiko antreffen,
welche unter den Isothermen von 20° Cels. liegen. Auch die
wenigen bei Balm gefundenen Pflanzen (vergl. Profil V., e.)
helfen diese Schlüsse bestätigen. |
*) O. Heer, Elora tert. Helvet., Bd. II, p. 237 und 359.
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507
Aus den besprochenen Thatsachen lassen sich ferner noch
etwa folgende Schlüsse ziehen:
1) Zur Bildungszeit der unteren Susswassermolasse kam,
wahrscheinlich durch Senkung des Bodens im südlichen Theile
des Klettgaus, der obere Jura mit seinen Bobnerzfeldern in
das Strömungs-, resp. Ablagerungsgebiet jener Flüsse und
Bäche, welche in der grossen Mulde zwischen den heutigen
Alpen und dem Jura enorme Massen zertrummerter Gesteine:
Schlamm, Sand etc. absetzten.
2) Da wir diese Niederschläge, wie früher schon gezeigt,
nur im Suden unseres Bezirkes antreffen, so ist zu schliessen,
dass der nördliche, dem Schwarzwald anlehnende Theil eine
etwas höhere Lage hatte und deswegen frei blieb.
3) Pflanzenkleid, folglich auch das Klima tragen den
Charakter eines subtropischen feuchten Tieflandes, ohne jedoch
mit einem heutigen ganz übereinzustimmen. Noch am meisten
— Aehnlichkeit dürften, wie schon erwähnt, die Gegenden am
Unterlaufe des Mississippi und dessen Delta haben.
3. Austernagelfluhe.
Ueber die untere Susswassermolasse der Kaltwangenkette
ist eine 30— 45’ mächtige Geröllablagerung ausgebreitet, welche
am Nordrande auf Höhen, wo die Molasse fehlt, selbst direct
‚ auf den Bohnerzen oder dem Weissen Jura liegt. Diese Nagel-
fluhe besteht aus gut gerundeten Rollsteinen plutonischer und
neptunischer Felsarten, welche grösstentheils den nahen Ge-
birgsketten fremd sind. Nur eine kleine Anzahl von Geröllen
scheint mit in der Gegend vorkommenden Felsarten überein-
zustimmen. Die vermeintlichen Stammfelsen stehen aber hier
durchweg mehrere hundert Fuss tiefer an als die Nagelfluhe
selbst, und der Transport auf diese Höhen ist kaum denkbar.
Darum werden wir sämmtliche Gerölle der Austernagelfluhe
als Fremdlinge zu betrachten haben, was in der Folge näher
zu begründen versucht werden wird.
Die Geschiebe krystallinischer Felsarten sind wohl der
Zahl, nicht aber der Masse nach, vorherrschend; denn sie er-
reichen vom Sandkorne aufwärts höchstens die Grösse von
Fuss, während die neptunischen Gesteine in Geröllen von
Zoll bis 22 Fuss im Durchmesser auftreten und deshalb do-
miniren. Die Gerölle sind nicht so dicht zusammen- oder in-
ve vj»
einandergepresst wie bei den meisten anderen tertiären Con-
glomeraten, daher kommt dem Cämente, einem gelblichgrauen,
feinen, thonigen Sande oder weichen Sandstein, der alle
Zwischenräume gut ausfüllt, noch ein ansehnlicher Massenan-
theil zu, da derselbe überdies noch häufig als geröllfreie, L—
1 Fuss starke Bänder selbstständig in der Nagelfluhe auftritt.
Wie es scheint, ist dieses Cäment aus der Zertrümmerung und
Abschleifung der gleichen Gesteinsarten entstanden, die das
Conglomerat zusammensetzen. Die Geröllmassen sind gewöhn-
lich nur lose cämentirt, und fest verkittete Nagelfluhepartieen
von untergeordneter Bedeutung, und dennoch sind Rollsteine
mit charakteristischen Eindrücken, wie solche in der dichten
subalpinen Nagelflube vorkommen, hier keine Seltenheit.
Zuweilen trifft man mitten in der Nagelfluhe auf grössere
Kalksteingerölle, die nur zum Theil oder selbst auf der ganzen
Oberfläche von bohrenden Meeresthieren zerfressen sind. Man
kann zweierlei Bohrlöcher unterscheiden. Die einen sind nach
innen birnförmig erweitert und haben bei einem Durchmesser von
1—5 Linien eine Tiefe von etwa 3—15 Linien; es stecken öfter
noch Schalenreste darin, zuweilen sind sie auch mit feinem
Sand oder Kalkspath ausgefüllt, meistens aber ganz leer. Sie
werden wohl von Fistulauen herrühren. Die anderen Bohrlöcher
1 Ü
haben nur einen Durchmesser von +—, Linie und verlaufen,
ohne sich zu erweitern, etwas unregelmässig bis uber 1 Zoll.
tief in das Gestein und werden ihr Entstehen einem anderen
Bohrer zu verdanken habeu. Zwischen den Gerollen, im Ü3-
mente zerstreut, findet man unten selten, oben häufiger theils
zerbrochene und abgerollte, theils aber auch noch sehr gut er-
haltene, jedoch immer getrennt liegende Schalen von Austern.
Ich habe davon ein Material von einigen Hundert Exemplaren
gesammelt, und doch konnten bis jetzt nur folgende fünf Arten
unterschieden werden:
OÖstrea canadensis Lam. h:
O. virginiana Gm. h.
O. undata Lam. hh.
O. cochlear GoLDF. S.
OÖ. sp. S.
Die letztere Species habe ich bis jetzt nur in abgeriebenen
Stucken gefunden, die keine nähere Bestimmung zuliessen:
BER, we.
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ne a a Va a8 EN De %,
Na K a UERT Bne) 4
5 4% Kan Kar: y Ei - .
& Er 7
509.
Die Schalen — rechte und linke — haben trotz Abschleifung
oft noch eine Dicke von 1 Zoll und daruber und deuten auf
eine grosse Muschel, vielleicht Ostrea Collini Mer. (O. callifera
Lam.) hin. Es ist zu verwundern, dass nicht sämmtliche
Muschelreste bei ihrer Einwickelung im Contacte mit den
grossen Rollsteinen zu Grunde gegangen. sind.
Diese nur aus wenigen Bohrmuscheln und Austernarten
bestehende, jedoch an Individuen reiche Fauna, wird unter
den obwaltenden Umständen doch wohl hinreichen, die Auster-
nagelfluhe für eine Meeresbildung zu erklären. Wenn man die
unruhige, der Entwickelung von Organismen, sowie der Er-
haltung ihrer Ueberreste jedenfalls sehr feindliche Bildungs-
weise der Nagelfluhe in’s Auge fasst, so kann die Eintönigkeit
dieser Fauna nicht mehr auffallen.
Die Austernagelfluhe ist in ihrer Flächenausdehnung über-
all von jüngeren Bildungen bedeckt, dagegen ihr Steilrand
meistens auf grosse Strecken der Beobachtung zugänglich.
Dieselbe steigt nicht hinab in die Thäler; ihr Horizont schwankt
an den Gehängen zwischen den Höhenzahlen 1600’— 2000 u.
d. M. Auf die Karte gezeichnet, erscheint sie deshalb nur als
ein schmales Band.
Die östliche Grenze der Austernagelfluhe im Klettgau, wo
sie durch das Fallen des Terrains plötzlich abschneidet, liegt
auf der Höhe nahe bei der Baltersweiler Kapelle (Profil III.,
d.). Von da ist sie westlich bis Eichberg an beiden Gehängen
des bewaldeten Bergrückens über der unteren Molasse auf dem
Maximum ihres Höhenhorizontes, beinahe 2000’ u. d. M., zu
beobachten (Profil IV. und VII). Zwischen Eichberg und
Bübl ist der Zusammenhang der Austernagelluhe durch den
Thaleinschnitt von Riedern unterbrochen. Auf der anderen
Thalseite tritt dieselbe am Kaltwangen in ziemlich gleichem
Niveau wieder auf (Profil I. und VIII.) und setzt in südöstlicher
Richtung, stellenweis durch Berg- und Gletscherschutt verhuüllt
— doch in vier Kiesgruben: am Kaltwangen, auf der Ebene und
dem „Tisch“ aufgeschlossen — fort bis auf die Höhe nördlich ;
Hüntwangen, biegt dann am „Tisch,“ in der Nähe der Land-
strasse, durch das Fallen des Terrains bedingt nach Süden
um und setzt etwa in der mittleren Höhe an den Gehängen
‚oberhalb Wasterkingen in westlicher Richtung bis an den Quer-
rücken des Allenberg bei Stetten fort, ist aber auf dieser Linie
nur in etlichen Hohlwegen, Bachrunsen und in einer Kiesgrube
an der alten Strasse von Stetten nach Geirssen sichtbar, sonst
grösstentheils unter Bergschutt und Dammerde versteckt (Pro-
fil X.). Der schmale Allenberg, sowie der Hintergrund des
Thalkessels von Bergöschingen und des Einschnittes bei Weiler-
hof werden von der Austernagelfluhe in bogenförmigen Win-
dungen umsäumt. Zahlreiche natürliche Aufschlüsse an den
steilen Böschungen, mehrere Kiesgruben, besonders jene im
Walde zwischen Stetten und Bergöschingen, sind geeignet, die
Lagerungsverhältnisse in ein klares Licht zu stellen. In der
Umgebung von Berchenhof sind wir schon im Profil II. mit
der Austernagelfluhe bekannt geworden. Hier ist ihr Horizont
auf seinem Minimum, der Höhe von 1600’ u. d.M., angelangt.
Von da ist dieselbe bis Lienheim sehr oft am Fusse einer
hohen Bergterrasse sichtbar, verschwindet aber westlich von
letzterem Orte und räumt dem Diluvium ihren Platz ein. Auf
dem ganzen nun betrachteten Gebiete ist die Austernagelfluhe
direkt der unteren Molasse aufgelagert; mehr nördlich, am
Kussenberg ändert sich dieses Verhältniss. Schon in der Thal-
mulde hinter Kussnach fehlt die untere Molasse (Profil VI.),
und die Austernagelfluhe liegt unmittelbar auf den Bolınerzen
und dem Weissen Jura. Gegen die Burg hin keilt sich die
Nagelfluhe aus (Profil V.), erscheint aber wieder am Nordab-
hang bei den Reutehöfen, auf dem Lindenbuck und Tannen-
buck, setzt nach Osten am Birber fort (Profil IX.), erlangt hier
eine bevorzugte Entwickelung, tritt als festes Oonglomerat auf
und hilft den Steilrand des Berges bilden, umsaumt in der Fort-
setzung, jedoch mehr versteckt, die Höhen des Kätzlerbuckes
bis zum Kaltwangen, überall auf dieser nördlichen Linie den
Bohnerzen und dem Weissen Jura direkt aufgelagert.
Die Austernagelfluhe hat im Norden und Osten unseres
Gebietes eine durchweg um mehrere hundert Fuss höhere Lage
als im Süden, was der in der Gegend herrschenden schwachen
südöstlichen Schichtenneigung entspricht, die zwar bei den
mittleren und oberen Tertiärstufen etwas geringer ist, als bei
dem Jura, indem die untere Molasse sich einkeilt (vergl. Fig.
2.). Auch ist noch zu bemerken, dass die Austernagelfluhe
der nördlichen Linie, gegenuber der südlichen, sich durch
grössere Mächtigkeit, durchweg grössere, oft blockähnliche
Gerölle und weniger Sand auszeichnet, was auf verschiedene
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Intensität der Strömung bei der Ablagerung hindeutet und uns
sagt, dass die Nordzone wahrscheinlich mehr in des Stromes
Mitte lag.
Auf die interessanten Fragen nach der Heimath der Ge-
steinsfragmente und deren Transportweise, die gewöhnlich bei
‚Untersuchung von Conglomeraten den Forscher am lebhaftesten
beschäftigen, haben wir noch näher einzugehen. Da aber nur
ein specielles Studium der Geröllarten Aussicht für die Beant-
wortung dieser Fragen verspricht, so mögen hier meine in
dieser Richtung gemachten, jedoch noch mangelhaften und noch
nieht zum Abschluss gebrachten Beobachtungen folgen.
Rollsteine der Austernagelfluhe.
1. Rothe Granite. Fleischrother Feldspath mit Ueber-
gängen in’s Braunrothe. Wasserheller oder grauer, fettglän-
zender Quarz. Sehr wenig gräulichschwarzer Glimmer. Eine
Varietät hat gelben Glimmer. Das Korn mittel bis fein. Die
Verwitterungszustände -sehr verschieden; doch ist das Gestein
meistens von frischem Ansehen. Häufig. Diese Granite haben
eine auffallende Aehnlichkeit mit denjenigen des südlichen
Schwarzwaldes.
2. Grünliche Granite. Grünlichweisser und schmutzig
srünlichbrauner Feldspath. Heller Quarz. Wenig tombak-
brauner Glimmer. Korn mittel bis grob. Feldspath sehr vor-
herrschend, gewöhnlich stark zersetzt und in Kaolin umge-
wandelt; daher die Geschiebe meistens sehr mürbe und hinfällig.
Häufig.
3. Hellgrauer, kleinkörniger Granit. Gräulichweisser oder
hell fleischröthlicher Feldspath. Hellgrauer Quarz. Schwarz-
brauner Glimmer. Gewöhnlich stark verwittert. Nicht selten.
4. Rother Granitporphyr. Dem gelblich fleischrothen, dich-
ten Feldspathe sind zuweilen grüne Feldspathkryställchen ein-
gestreut. Kleine gräulichgrüne, glänzende Quarzkörner zahl-
reich. Nicht häufig. Eine seltene Varietät schliesst- Feldspath-
zwillinge und schwarzen Glimmer ein. Erinnert lebhaft an
Felsarten des südlichen Schwarzwaldes.
5. Granitporphyr. Gräulichvioletter, dichter Feldspath
mit hellgrünen Schüppchen. Hell kirschrothe glänzende Feld-
spathprismen. Sehr wenig helle Quarzkörner. Selten,
N
512
6. Granitporphyr. Dunkel kirschrother dichter Feldspath.
Weisser und fleischrother, blättriger Feldspath. Grauer Quarz;
sehr wenig gelblicher Glimmer. Selten. Dieser und der vorige
gleichen Schwarzwaldgesteinen.
7. Granitartiger Gneiss. Die körnigen hellgrünlichen
Granite No. 2. gehen allmälig, unter Beibehaltung ihrer mine-
ralogischen und physikalischen Eigenschaften zur sehiefrigen
Structur über. Häufig.
8. Gneiss. Grünlichgelber Feldspath; silberfarbiger
Glimmer; sehr viel milchweisser körniger Quarz. Gewöhnlich
durch Verwitterung murbe. Nicht häufig. Eine Varietät
schliesst statt weissen sehr viel dunklen, grünlichschwarzen
Glimmer ein. :
9. Gneiss mit ausgezeichneter Schieferstructur. Der
Quarz körnig, schmutzig grau, vorherrschend. Feldspath grün-
lich; Glimmer gelblichweiss. Nicht selten.
10. Rother Porphyr. Dunkel violettrother, dichter Feld-
spath als Grundmasse; kleine fleischrothe Feldspathkystalle,
selten Quarzköner. Nicht selten.
ll. Porphyr mit grünlichviolettem, dichten, splittrigen
Feldspath als Grundmasse; häufig fleischrothe Feldspatbprismen
und glänzende Quarzkörner eingesäet. Nicht selten. Ist viel-
leicht mit dem vorigen zu vereinigen. Beide deuten auf den
Schwarzwald als Stammort hin.
12. Milchweisser, glänzender, dichter Quarz; durchschei-
nend, Neigung zum an gemengt mit - Kalk-
spath; häufig.
13. Quarz wie No. 12., nur statt Kalkspath Spatheisen-
stein in Nestern und Adern einschliessend. Ebenfalls häufig.
14. Quarz. Milchweiss, wachsgelb, grau, bläulich oder
röthlich; sehr dicht, homogen, feinsplitterig, glänzend, durch-
scheinend. Sehr häufig, besonders in kleinen Gerollen.
15. Körniger Quarz. Weiss, gelb und grau, glänzend.
Grob- bis feinkörnig; in die homogenen Quarze No, 14. über-
gehend. Sehr haufig. %
16. Dichter Kalk, rauchgrau, oft mit gelben Flecken;
Bruch splittrig; spathig glänzend. Enthält: Encrinus lilüformis 2
Lam. (Stielglieder), Gervillia socialis ScHL. sp., Lima striata
SCHL. sp. Waldheimia vulgaris ScHL. sp., Pecten sp. Auf der
Oberfläche sind häufig Muschelschalenreste durch Verwitterung
513
' blossgelegt. Gerölleindrucke und Anbohrungen von Fistulanen
nicht selten. Kommt häufig und gewöhnlich in Geschieben von
Faust- bis Kopfgrösse vor.
-16. Hellgrauer Kalk mit glänzenden Bruchflächen; be-
steht grösstentheils aus den Stielgliedern von Enecrinus lilü-
formis. Zuweilen stark zersetzt und die Bruchflächen matt.
Ist selten. (No. 15. und 16. Hauptmuschelkalk.)
‚17. Dichter, fester Kalk. Am Rande gelblichbraun, im
Kerne dunkel bläulichgrau. Bruchfläche uneben, splittrig, spathig
schimmernd. Ich fand darin: Ammonites Bucklandi Sow., A.
spiratissimus QuENST., Lima gigantea Sow., Avicula inaequivalvis
ZiET., Pecten textorius SchH., P. glaber HruL., P. aequalis ?
Quenst., Spirifer Waleotti Sow., Sp. verrucosus BucH., Rhyn-
chonella variabilis Sch. Gerölle nicht selten und meistens gross.
(Unterer Lias.) |
18. Kalk dem vorigen ähnlich, nur weniger fest und die
Steinkerne der Petrefakten oft aus weissem, mürben Kalke
bestehend. Die Gerölle enthalten bald Ammonites raricostatus
Zıer., bald A. spinatus Bruc., Pleurotomaria sp., Lima con-
strieta GoLpr., Lima sp. Nicht selten. (Mittlerer und unterer
Lias.)
19. Hellgrauer, spröder Kalk; Structur schiefrig; auf den
Spaltfiächen schöne Denditen‘ starker Bitumengeruch; Spuren
von Fischschuppen. Sehr selten. (Stinksteine aus dem Posi-
donienschiefer des oberen Lias.)
20. Dichter, feiner, thoniger Kalk, au der Oberfläche der
Gerölle gelblichbraun, im Innern grünlich blaugrau. Bruch un-
eben, spathig. Theils leer, theils folgende Versteinerungen
häufig einschliessend: Ammonites Murchisonae Sow., Pecten per-
sonatus ZIET., P. demissus GoLDF., P. textorius SCHL., Inoceramus
amygdaloides GOoLDF., Astarte elegans Sow., Ast. excavata ?
Sow., Avicula elegans Mvusst., Anomia Kurri ? Opp., Ostrea
calceola ZiET. Geschiebe bei guter Rundung meistens sehr zu
Häufig (Zone des Ammonites Mur chisonae).
21. Dunkelbrauner, dem vorigen sehr ähnlicher Kalk mit
Ammonites Sowerbyi MırLL. und Lima sulcata ? GoLDF.; sehr
selten. (Zone des Ammonites Sowerbyi.)
22. Dichter, gelblichgrauer Kalk mit Panopaea Jurassi
Agass. sp., Lima semicircularis Münst., Belemnites canaliculatus
ScaL.; selten. (Zone des Amm. Humphriesianus.)
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514
23. Gelber bis grünlichgrauer, thoniger Kalk, sehr ge-
drängt voll Avicula tegulata GoLpr., daneben noch Belemnites
sp., ein glatter Pecten, ähulich dem P. Saturnus D’Ore. Es
ist dies ein wahres Muschelconglomerat. Gerölle nicht selten
und gewöhnlich nicht über faustgross. Ist den nahen Ketten
völlig fremd und stammt wohl aus dem Canton Aargau, wo in
der Betznau eine analoge Schicht als Lokalbildung ansteht. *)
24. Gelblichgrauer, dichter Mergelkalk mit Terebratula glo-
bata Sow. Selten. (No. 23. und 24. Zone des Amm. Parkinsoni.)
25. Ein ausgezeichneter Oolith. Dicht, sehr fest, fein-
bis grobkörnig, hellgelblich bis grau, im Innern oft graublau.
Gewöhnlich petrefaktenarm und nur zuweilen Spuren-von Zwei-
schalern, Cidariten, Corallen etc. Zwar trifft man auch ver-
einzelte Gerölle, die überfullt sind mit Ostrea acuminata Sow.
und daneben noch Avicula tegulata GoLDF. enthalten. Geschiebe
haselnuss- bis kopfgross, sehr häufig.
Diese Oolithe stimmen in allen Beziehungen vollkommen
überein mit dem westschweizerischen Hauptrogensteine der
Cantone Aargau, Basel, Solothurn, Bern ete. und können ganz
bestimmt nur von dort herstammen.
26. Graubrauner Mergelkalk mit Rhynchonella spinosa ScH.
sp. und Pecten lens? Sow. In einem ähnlichen Kalke Ammo-
nites cf. deltafalcatus Quenst. Nicht selten.
27. Röthlichbrauner oder gelber, dichter, thoniger Kalk,
Rhynchonella varians ScH. sp. in grosser Häufigkeit einschlies-
send. Nicht selten. (Zone des Ammonites aspidoides.)
28. Gelber, feinsandiger, dichter, fester Kalk mit Ammo-
nites macrocephalus SCHL. in vortreffllicher Erhaltung. Hat die
grösste Aehnlichkeit mit der Aargauer Facies der Macrocephalus-
Schichten**). Selten.
29. Grünlichgrauer, röthlich gefleckter Kalk mit rostfar-
bigem Ammonites Arolicus Oppr. Selten. Stammt aus den
Schichten des Amm. Oegir Opp. (Zone des Ammonites trans-
versarius).
30. Hell gelblich- oder bläulichweisser, fetter, spröder
Kalk; zerspaltet bei leichtem Hammerschlag in grossmuschlige
*) Vergl. Waacen, der Jura in Franken, Schwaben u. der Schweiz.
Württembergische naturw. Jahreshefte, 1863, pag. 192—193,
%=) Ebendaselbst p. 220.
515
3 Formen, gewöhnlich petrefaktenleer, doch fand ich in sehr ver-
einzelten Geschieben: Ammonites Hebelianus Würr., Lima Aro-
lica MöscH, Mytilus tenuistriatus MÜsST., Ostrea rastellaris MÜNST.,
Pecten textorius albus QuEnst., Astarte sp., Nulliporites Hechin-
gensis Quesst. sp. Diese Kalkgeschiebe zeigen öfter Geröll-
eindrucke und sind häufig von Bohrmuscheln zerfressen, ge-
hören auch in Bezug auf Grösse zu den bevorzugten; denn
_ ellipsoidische Blöcke von über 2 Fuss Durchmesser sind keine
Seltenheit; treten übrigens in sehr verschiedener Grösse auf
und sind häufig, (Zone des Ammonites bimammatus.)
3l. Helle bis dunkelgraue, harte, sehr kieselreiche Kalke,
entweder innig gemengt oder der Quarz in Adern und Knollen
ausgeschieden; Petrefakten verkieselt. Ich fand darin: Glyptieus
hieroglyphieus GoLDF. sp., Cidaris cervicalis Ac., Echinobrissus
scutatus Lam. (sehr häufig), Terebratulina substriata ? ScH. Sp.,
Östrea gregaria Sow., Panopaea varians?, Pecten sp., Serpula
sp. Geschiebe faust- bis kopfgross; nicht selten; meistens
aber petrefaktenarm.
Diese Roilsteine stimmen petrographisch und paläontolo-
gisch vollkommen überein mit den Niederschlägen des Terrain
a chailles der westschweizerischen Cantone Basel, Solothurn
und Bern, wo ohne Zweifel ihre Heimath ist.
32. Helle,-innen oft gelblich gefleckte Kalke mit Am-
monites Achilles D’ORB., Terebratula bisuffarcinata ScH., Rhyn-
chonella lacunosa ScH. sp., Rh. triloboides QUENST. sp., Pecten
subtextorius Müunst., Spongites texturatus GoLpr. Selten. (Zone
des Ammonites tenuilobatus.)
33. Gelblicher, eckigbröckelnder, eisenhaltiger Kalk mit
Tragos acetabulum GOoLDF. dürfte aus der Zone des Ammonites
steraspis stammen; ist selten.
34. Helle, gelblichweisse Kalkgeschiebe. Die Oberfläche
etwas verwittert, feinsandig; überall die deutlichsten Durch-
schnitte von Sternkorallen. Im Innern spathig, schuppig, kie-
selig; durchschwärmt von Kalkspathadern und Drusen. Das
gleiche Gestein, oft frei von Korallen, enthält in Menge Pecten
articulatus GoLDF., subtextorius GoLDF., P. sp. (glatt), Trochus
sp. Terebratula sp. und Durchschnitte von Cidariten - Stacheln.
Zuweilen ist die Farbe dunkler und gelber, und es erscheinen
neben den Pelecypoden etc. auch wieder Sternkorallen. Diese
Kalke sind den nahen Ketten völlig fremd und weisen wieder
TE
Wal URN h a RE Nr N Ne 5 u ea win En ri:
BEN a N a a aa ae rn R ta rin el ET
EN EN N a a
TR a" Er»
516
auf die Westschweiz: die Cantone Bern, Neuenburg und Waadt
als ihre Heimath hin, indem sie mit den dortigen oberen
Schichten des Korallenkalkes vollkommen übereinstimmen. *)
85. Dunkel graublaue, harte, zuweilen kieselige Kalke,
oft in allen Richtungen von dünnen Kalkspathadern durchzogen.
Ich konnte bis jetzt keine Fossilien darin entdecken. Hat
grosse Aehnlichkeit mit alpinen Kalken. Nicht selten.
36. Mittelfeiner, bräunlicher Sandstein mit Glimmer.
Selten. Vielleicht Keuper.
37. Grobkörniger, grauer, fester Sandstein; enthält spar-
sam grosse Glimmerblättchen. Selten. Buntsandstein ?
Für die Beantwortung der Frage nach der Heimath der
sedimentären Austernagelfluhe-Gerölle ist dies ein glücklicher
Umstand, dass in grosser Zahl solche Rollsteine vorhanden
sind, welche mit bekannten, typisch ausgeprägten Lokalbil-
dungen sowohl petrographisch, als paläontologisch auf das
Vollkommenste übereinstimmen, und zwar so, dass keine Ver-
wechselung möglich ist. Diese Geschiebe, die so zu sagen
ihre Heimathscheine bei sich tragen, weisen auf den Westen
und Sudwesten von Klettgau, auf die Ketten des Schweizerjura,
der Cantone Aargau, Basel, Solothurn und Bern als ihre
Heimath hin. In erster Linie wären die häufigen so charak-
teristischen Haupirogensteingerölle, No. 25., zu nennen, dann
folgen die ausgezeichneten Terrain-a-chailles-Geschiebe No. 31.,
und die eben so interessanten Sternkorallenkalke No. 34.,
denen sich noch die Faciesbildungen No. 23. und 28. an-
schliessen, die alle entschieden aus dem westlichen Schweizer-
jura stammen. Es ist auch mehr als wahrscheinlich, dass dort
ebenfalls die anderen, der Trias und dem Jura entnommenen
Geröllarten ihre Heimath haben; denn es ist absolut unmöglich,
‚dass irgend ein Vorgang nur die genannten verschiedenen Facies-
bildungen hätte abtragen und hierher führen können, ohne den
anderen zwischen- und übergelagerten Schichten nicht auch
das gleiche Schicksal zu bereiten. Und dass die theilweise
Uebereinstimmung von Geröllen mit klettgauischen Felsarten
nur scheinbar und zufällig sei und ihr Transport von unserem
Muschelkalk und Jura auf das viel höhere Niveau der Nagel-
fluhe sehr problematisch wäre, wurde schon früher erwähnt.
*) Vergl. B. Stuper, Geologie der: Schweiz, Band II, p. 26 ff.
517
Ungleich schwieriger ist die Heimath der krystallinischen
Nagelfluhegerölle zu ermitteln; denn auf dem ‚ganzen Terrain,
von welchem die neptunischen Gesteinsarten herstammen, sind
weder Granit, Gneiss und Porphyr, noch farbige Quarzite an-
stehend zu finden. Die Frage nach deren Herkunft ist man,
bevor ausgedehntere Beobachtungen vorliegen, ebensowenig
im Stande definitiv zu beantworten, als die mit ihr im Zu-
sammenhange stehende nach den Stammfelsen analoger Ge-
schiebe in der „bunten Nagelfluhe* der Schweiz. Für Letztere
suchte man das Muttergestein bald in den Alpen, bald im
Schwarzwalde und den Vogesen, bald in versunkenen Bergen *),
ohne zu einer genügenden Erklärung zu gelangen.
Daher über diesen Gegenstand hier nur einige vorläufige,
zwar auf Thatsachen gegründete Andeutungen. Bei der Unter-
suchung der (3eröllarten haben wir gefunden, dass mehere
Granite und Porphyre, so die No. 1, 4, 5, 6, 10 und 11 mit
Felsarten des südlichen Schwarzwaldes nahezu übereinstimmen.
Wenn man nun bedenkt, dass der Schwarzwald — ein uraltes
Festland — heute noch in zahlreichen, tief eingefressenen, alten
Rinnsalen seine Meteorwasser nach Suden sendet, welche unter
unseren Augen Sand und Geröllmassen in das Rheinthal trans-
portiren, und wenn man am Unterlaufe der Wutach, Steina,
Schlücht, Alb, Murg und Wiese auf ansehnlich mächtige, aus
Schwarzwaldgesteinen zusammengesetzte Conglomerate stösst,
die nachweisbar in der Diluvialzeit gebildet wurden , so wird,
wenn man einen Schritt weiter geht, mit grösster Wahrschein-
lichkeit zu folgern sein, dass durch die gleichen Mittel und
Wege wie heute und zur Diluvialzeit auch zur Tertiärperiode
Trümmergesteine des Schwarzwaldes in das an seinem Fuss
gelegene Gebiet transportirt worden und vermöge der dama-
ligen Niveau-Verhältnisse sich weiter als heute ausbreiteten, da-
her auch in den Bereich der die Austernagelfluhe bildenden
Strömung gelangen mussten. Werfen wir einen Blick auf die
damalige Gestalt des Landes südlich vom Schwarzwald, so
treffen wir auf Tiefland oder Meer; denn dass selbst die heu-
tigen hohen Juraberge zur Tertiärperiode zeitweis ein sehr
*) Vergl. B. Stuper, Monographie der Molasse, Einl. p. XXXIV. u.
p. 175. B. Stuper, Geologie der Schweiz, Band Il., p, 358 — 361. O.
Heer, die Urwelt der Schweiz, p. 272. 286. 287.
ng u
N 518
tiefes Niveau hatten, sagen uns die Süsswasserniederschläge
auf ihren Höhen, ja dass sie selbst theilweis unter den Spiegel
des Meeres hinabsanken, beurkunden die tertiären marinen
Ablagerungen auf den hohen Gebirgsrücken und Plateaus im
Baseler, Berner, Solothurner, aargauer und klettgauer Jura
und dem hohen Randen. Es müsste daher wirklich sehr auf-
fallen, wenn von den alten Hochländern des Schwarzwaldes
und der Vogesen keine Trümmergesteine in die damaligen
Tiefländer des heutigen schweizerischen Jura- und Molasse-
terrains oder Meeres gelangt wären. 2
Deswegen scheint mir gegründete Hoffnung vorhanden,
die von berülimten Geologen schon lange und wiederholt aus-
gesprochene Vermuthung müsse bei umfassenden Studien bald
zur Gewissheit werden: dass nämlich die in den verschiedenen
tertiaren Conglomeraten des schweizerischen Molassebeckens —
&
WS, PETER ie
TITTEN ET
zu dem, wie schon früher erwähnt, auch der Klettgau gehört
— häufig vorkommenden bunten Granite, Gneisse, Porphyre
und Quarze wirklich aus dem Schwarzwalde und den Vogesen
herstammen. |
Die Resultate, welche sich aus der Beobachtung der
Austernagelfluhebildungen ergeben, sind schliesslich etwa fol-
gende: R
l. Die klettgauer Austernagelfluhe verdankt ihre Bildung
einer von Westen nach Osten gerichteten, sehr intensiven
Meeresströmung, welche im Schweizerjura Felsen zerstört (ab-
getragen), deren Trümmer fortgeführt und im Klettgau wieder
abgesetzt hat,
2. Diesen Geschieben aus der Trias und dem Jura wur-
den auf ihrer Wanderung Schutt und Gerölle eruptiver Fels-
arten beigemengt, die höchst wahrscheinlich vom Schwarzwalde
stammen und durch Flüsse und Bäche in den Meeresstrom ge-
führt wurden.
3. Die ausgezeichnete Rundung und Glättung, besonders
aber die geringe Grösse der krystallinischen Gerölle spricht
dafür, dass sie einen viel weiteren Weg zurückgelegt haben
müssen als die durchweg viel grösseren, oft blockähnlichen Roll-
steine sedimentärer Felsarten.
4. Der Wechsel von groben mit feinen Geröll- und
Sandstraten und das häufige Auftreten der von Fistulanen etc.
angebohrten Gerölle lassen auf eine wechselnde Energie der
ER
hrs
"R
519
Strömung und auf Perioden gänzlicher Ruhe schliessen. Dass
übrigens die Strömung zeitweis eine ungewöhnliche Heftigkeit
erlangte, bezeugen die nicht seltenen 1— 2} Fuss im Durch-
messer haltenden, gut abgerundeten Rollsteine, die 5 — 50
Meilen weit aus dem Schweizerjura hierher transportirt wurden.
4. Turritellenkalk.
Am südlichen Gehänge des Kussabergzuges, nördlich vom
_ Berchenhof (Profil II., e.) ist der Austernagelfluhe direkt auf-
gelagert, selbst mit ihr fest verwachsen, eine poröse, hell- bis
schmutzig rostgelbe Breccie, bestehend aus vielen Schalen und
Steinkernen von Conchylien, gerundeten Quarzsandkörnern, die
theils in feinen Sand, anderntheils in kleine, helle Kieselge-
rölle übergehen, cämentirt durch kohlensauren Kalk.
Diese Bildung ist durch Ackererde verhüllt und mir nur
aus herumliegenden Gesteinsbrocken und solchen, die der Pflug
zeitweis zu Tage fördert, bekannt geworden. Nicht selten trifft
man Gesteinsfragmente, welche nur zum Theil aus dieser
Breceie, anderntheils aber aus typisch ausgeprägter Auster-
nagelfluhe bestehen. Die Mächtigkeit dieser grobkalkähnlichen
Schichte ist jedenfalls eine geringe und wäre nur durch Schür-
fungen genau zu ermitteln, wird aber, nach den Lagerungsver-
hältnissen zu urtheilen, wohl nur wenige Fuss betragen, Ebenso
scheint die horizontale Verbreitung sehr beschränkt zu sein.
In der nächsten Umgebung stört zwar Gebirgsschutt die Beob-
achtung, allein schon - Stunde weiter östlich, bei Bergöschin-
gen, und andrerseits westlich, gegen Lienheim, ist auf dem
entsprechenden Niveau in sehr gnten Aufschlüssen keine Spur
mehr von dieser Bildung vorhanden. Das Gleiche ist im Klett-
gau an allen anderen mir bekannten, zahlreichen Stellen der Fall,
wo die Austernagelfluhe und ihr Hangendes entblösst sind.
Diese wenn gleich nur als engbegrenzte Lokalbildung bei
Berchenhof gekannte Ablagerung gewinnt doch durch ihre
charakteristischen Fossilreste ein erhöhtes Interesse. Meine
Sammlung enthält von dorther:
Ozxyrhina hastalis Ac. Ö)
Balanus Holgeri GEINITZ hh
Bal. sp. nov. h
Zeits. d. D. geol. Ges. XXL, 3. 34
“ErRt Me AN Ken "gs a Pl wi
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Turritella turris BASsT. hh
Turr. Orbignyana MAYER ns
Natica intricata ? Dos. 8
Nat. tigrina Dürr. | TR
Buccinum serratum ? Broc. ns
Trochus patulus Broc. S
Fissurella italica DerRr. s
Trivia europaea Mont. S)
Conus antediluvianus Bruce. ns
Fusus allemanicus MAYER ss
Östrea Meriani MAYER s
O. caudata Münst. s
OÖ. undata Lam. ns
O. molassicola MAYER h
Peeten Burdigalensis Lam. ns
P. palmatus Lam. s
P. cypris D’ORB. I:
Arca allemanica MAYER ns
A. rudis DssH. 8
A. suleicosta NYsT ns
Cardium abundantissimum MAYER h
Ü. hispidum Eıcaw. nh
Cardita erassicosta LAm. s
Venus sp. s
Es ist dies eine ausgeprägte Meeresfauna, die über die
Natur der Schichten keinen Zweifel übrig lässt. Die zahl-
reichen Rankenfüsser (Balanus), die nur an den Küsten in
der Spritzwasserzone leben, sowie das beträchtliche Material
zerbrochener und zerriebener Muschelschalen sprechen für eine
Strandbildung.
Die Fauna und besonders die Laseriingsvenlichi a be-
rechtigen zu folgenden Annahmen:
1. Die Turritellenkalke bei Berchenhof sind höchst wahr-
scheinlich nur eine Faciesbildung des Austernagelfluhemeeres,
welche sich gegen das Ende der Nagelfiuheperiode hier ent-
wickelte.
2. Da der die Austernagelfluhe bildende Strom in der
Sudzone bei Berchenhof die geringste Energie im Klettgau
hatte (Vergl. Profil IL, d.), was uns die auffallend kleinen
921
Gerölle, das Vorwalten von Sand und die geringe Entwicke-
lung der Nagelfluhe selbst auf das Klarste beweisen, so wer-
den sich wohl da auch zuerst die Bedingungen zur Ansiedelung
einer Fauna dargeboten haben.
5. Melaniensand.
Diese Stufe besteht aus einem glimmerreichen, mittel-
feinen, gelblichgrauen Quarzsande, welcher theils zu weichen,
plattigen Sandsteinen, grösstentheils aber nur zu ziemlich locke-
ren Sandschichten verbunden ist. Unten ist der meistens
lose, hellgraue Sand etwas grobkörniger als höher und mit
vereinzelten kleinen Granit-, Gneiss-, Porphyr- und Quarz-
Geröllen gespickt, die vollkommen mit den Geschieben der
entsprechenden Felsarten in der Austernagelfluhe übereinstim-
men. Am Birber bei Geirssen erscheint sogar mitten in dieser
Stufe ein Geröllband, in welchem alle wichtigen Rollsteinarten
der Austernagelfluhe vorkommen (Profil IX., 4.). Dieser Fall
steht zwar bis heute vereinzelt da; öfter trifft man sonst in
dieser Mittelregion auf bräunliche, eisenschüssige, weiche Sand-
steinschichten, die bei Aufnahme von sehr viel gelhlichem
Glimmer eine dünnschiefrige Struktur annehmen. In allen un-
seren Profilen, mit Ausnahme V., ist diese Bildung vorhanden
und besonders gut aufgeschlossen und in detaillirter Schichten-
folge zu beobachten in Profil VII, 3—6.; Prof. VIII., 5—12.;
Prof. X., 4—12.
Die Verbreitung der Melaniensandstufe, die mit Ausnahme
von Berchenhof, wo sie dem Turritellenkalke aufsitzt, sonst
überall der Austernagelfluhe direkt aufgelagert erscheint, ist
die gleiche wie bei dieser selbst. Von der Baltersweiler Ka-
pelle bis Küssnach und Lienheim findet sich sowohl am nörd-
lichen, wie am südlichen Gebirgsabhange überall, wo die Auster-
nagelfluhe deutlich oder selbst nur in Spuren zu Tage tritt,
ihr stets als constante Decke diese Austernsandbildung aufge-
setzt, die oft den Steilrand einer schwach geneigten Bergter-
rasse bildet, daher ihr Horizont schon von der Ferne in die
Augen fällt.
Die Mächtigkeit schwankt zwischen 40 und 70 Fuss und
ist nur da geringer, wo die normale Decke fehlt und wahr-
scheinlich Degradationen stattgefunden haben. Der ganzen
34*
Ablagerung sind, von unten nach oben an Häufigkeit sehr ab- |
nehmend, die Schalenreste von Austern eingesäet, die den
gleichen Arten angehören, welche wie in der Austernagelfluhe
kennen gelernt haben. Ausserdem entdeckten mein Bruder
Tmomas und ich noch an den Höhen nördlich von Dettighofen
unmittelbar über der Austernagelfluhe einen etwa 10 Fuss
mächtigen petrefaktenreichen Horizont (vergl. Profil IV., ce),
über den wir früher schon einige Notizen mittheilten *).
Diese unteren Schichten in der Melaniensandstufe bestehen hier
wie, anderwärts aus hellgrauem, lockeren Sande, in welchem
aber noch harte, unregelmässige, meist plattige Sandsteinknauer
ausgeschieden sind. Nur diese enthalten Petrefakten, der neben-
und dazwischenliegende lose Sand ist gänzlich leer.
Diese Fundstelle lag unter Gestrüpp, Moos und Pflanzen-
erde versteckt im Walde. Darauf aufmerksam wurde mein
Bruder TaomAs durch das Auffinden von einigen, zwar nur-un-
deutliche Pflanzenreste einschliessenden Gesteinsbrocken, die
etwas entfernt davon, weiter unten am Abhange lagen. Erst
nach vielen mühevollen Schürfversuchen gelang es uns, die
Lagerstätte einer interessanten Flora und Fauna aufzufinden,
die bis heute meiner Sammlung in gut erhaltenen Exemplaren
geliefert hat: |
a. Pflanzen.
Equisetum limosellum HEER ss
Phragmites oeningensis HEER ns
Pinus sp. (Samen) ns
Cyperites plicatus Fisch. s
Cyp. Zollikoferi ? HEER s
Smilax sagittifera HEER s
Yuceites Cartieri HEER u:
Sabal major Une. sp. s
Populus balsamoides GöPpP. ns
Pop. Gaudini Fıscn. ns
Salix angusta A. BR. ns
Myrica Ungeri Heer S
Quercus Schimperi S
Qu. Köchlini HER s
*) Neues Jahrbuch für Mineralogie etc., 1862,, pag. 719—722.
f
Cinnamomum Rossmässleri HEER
Scheuchzeri HEER
lanceolatum Une. sp.
. subrotundum A. Br. sp.
‘ retusum FISCH. sp.
polymorphum A. Br. sp.
Buchi HEer.
spectabile HEEr.
. transversum HEER
Daphnogene Ungeri HEER
Banksia helvetica HEER
aan
m
aan
Dryandroides banksiaefolia Une. sp.
Porana Ungeri ? HER
Eucalyptus oceanica ? Unc.
Vaccinium acheronticum Une.
Acer decipiens A. Br.
A. Rüminianum Heer.
Celastrus crassifolius A. Br.
Rhamnus deletus HEER
Rh. rectinervis HEER
Rh. acuminatifolius WEB.
Carya Heeri ETT.
Amygdalus pereger Une.
Colutea Salteri HEER.
Dalbergia nostratum Kov. sp
Cassia Berenices Une.
C. phaseolites Une.
- C. ambiguo Une.
C. lignitum ? Une.
Acacia sotzkiana Une.
Mimosites haeringiana ETT.
b. Thiere.
Palaeomerix Scheuchzeri MEYER
Microtherium Renygeri MEYER
Lamna cuspidata Ac.
Curculionites Dettighofensis HEER
Melania Escheri BRONGn.
Melanopsis callosa SANDB.
M. Kleini Kurr |
ns
hh
ns
ns
Cerithium papaveraceum Bast. Ba
Nerita Grateloupana FRRr. | a,
Murex subelavatus BAST. s
Limnaeus pachygaster Taom. ; hh
i Valvata multiformis BucH ss
Clausilia dolosa MAYER ss
Planorbis solidus Tnmom. hh
Helix infleca Marr. | hh
H. oxystoma Taom. s -
HA. orbicularis KLEIN ns
H. euglypha Reuss S)
H. osculum Taom. ns
H. rugulosa MaRr. s
H. subsulcosa Tmon. 3.
H. Ramondi BRroncn. s
H. Kleini Krauss ns
H. subvillosa SANDB. S
: H. leptoloma Br. | 's
H. moguntina Desn. hh
H. punctigera ? THonm. ss
H. deplanata Tmom. ns
H. sp. (ähnl. H. multicostata Tuom.) s
H. subverticillus SANDB. en
- H. lunula Tom. ns
Ostrea sacellus DuJ. s
; O. undata Lam. ns
. O. Virginiana Gm. ns
O. Canadensis Lam. S
x Unio undata Huns. | h
Aus dieser Liste geht hervor, dass hier neben einer ty-
pisch ausgeprägten subtropischen Landilora eine gemischte
Fauna, aus Landbewohnern, Süsswasser-, Brakwasser-, Meeres-
thieren bestehend, vorliegt. Diese so verschiedenartigen Fossi-
e = lien sind nicht etwa auf verschiedene Schichten vertheilt, son- B
dern liegen durch- und nebeneinander und sogar auf einem
Handstücke trifft man Ostrea, Nerita, Murex, Melania, Mela-
ern: nopsis, Limnaeus, Planorbis, Helix etc. neben Blattresten an. =
u) Dieses Alles weist entschieden auf eine Deltabildung hin. Es
en : ist nicht daran zu zweifeln, dass wir uns hier an einer Stelle
r
«
925
befinden, wohin ein tertiärer Fluss nebst. seinen eigenen Be-
er
wohnern auch zahlreiche Thiere und Pflanzen seiner Ufer
transportirte d. h. bei der Mündung in das Meer absetzte und
mit der Fauna des letzteren mischte. Aus der guten Erhaltung
der Baumblätter und den zahlreichen, sehr zerbrechlichen Land-
schnecken ist zu schliessen, dass diese Dinge nicht weit her-
geschwemmt, sondern aus dem Küstenlande stammen müssen.
In dem Deltabezirk, wo Salzwasser mit sussem sich mischte,
werden wohl die Cerithien, die zahlreichen Melanien, auch die
Limnaeen und Planorben etc. selbst gelebt haben. Die rein
marinen Formen wie Östrea, Nerita, Lamna ete. sind entweder
durch eine Meeresströmung oder den Wellenschlag dorthin ge-
langt. Palaeomeryx mag am Strande verunglückt sein.
Werfen wir einen Blick auf das Pflanzenkleid der Meeres-
küste bei Dettighofen, so begegnet uns eine urkräftige Wald-
flora, in welcher die immergrünen Baum- und Straucharten weit-
aus vorherrschen. Der grösste Antheil an der Bildung dieses
Waldes fällt auf die Zimmet- und Kampher-Bäume (Cinna-
momen), welche sowohl der Art, als Individuenzahl nach do-
miniren. Alle Species (neun) dieser interessanten Gattung,
welche überhaupt bis jetzt im europäischen Tertiärland auf-
tauchten sind hier vereinigt und durch eine hinlängliche
Anzahl gut erhaltener, typisch ausgeprägter Blätter, theils auch
Früchte, constatirt, was von keiner andern bekannten Lokalitat
zu ruhmen wäre,
Am häufigsten ist Cinnamomum polymorphum A. Br. sp.,
dann folgen €. Scheuchzeri Hrer (mit Blättern und Früchten),
€. lanceolatum Une. sp., C. spectabile HEER*), weniger haufig
sind C. Buchi Hxer, €. Rossmässleri Heer, €. subrotundum
A. Br., ©. retusum Fısch., selten Ü. transversum Hzer. Die
schr nalıen Verwandten zu diesen im europäischen Tertiärlande
so häufigen und weit verbreiteten Bäumen haben wir heute
auffallender Weise in weiter Ferne, an den Ostküsten Asiens,
in den japanischen Zimmet- und Kampherbäumen zu suchen.
Io dem Cinnamomen-Walde bei Dettighofen kam den
übrigen Baum- und Straucharten, nach dem vereinzelten Vor-
kommen ihrer Blätter zu schliessen, nur eine untergeordnete
er
*) Leitpflanze für die untere Süsswassermolasse; vergl. O. Heer,
Flora tert. Helv., Band III, p. 237.
AH,
2
ww
ar
Rolle zu. Am häufigsten ist noch Dryandroides banksiaefolia
Une. sp., welche mit Banksia helvetica HEEr*) und Eucalyptus
oceanica Uns. ein australisches Element in diese Florula bringen,
Andere grösstentheils immergrüne Bäume und Sträucher wie
Myrica Ungeri HEER, Daphnogene UngeriHEer, Celastrus crassifolius
A. Br., Porona Ungeri HEER, Amygdalus pereger Une., Colutea
Salteri Hner, Dalbergia nostratum Kov. und Yuceites Cartieri HEER
tragen entweder den afrikanischen oder asiatischen Charakter und
deuten auf die subtropische Zone dieser Welttheile hin. Eine an-
dere Gruppe, an deren Spitze die ausgezeichnete Palme des Tertiär-
landes, Sabal major Une.*), steht, der sich die Cassia Berenices
Unc., ©. ambigua Une., ©. lignitum Une. und -cacia sotzkiana Une.
anreihen, findet ihre heutigen Verwandten auf den Antillen und
im tropischen Amerika. Den Typus der warmen Zone dieses
Welttheils tragen die immergrunen Eichen (Quercus Köchlini
Heer und Qu. Schimperi HEER) und ein Nussbaum (Carya
Heeri Err.). Unter diese Fremdlinge mischen sich auch einige
heimische Formen. Nicht selten sind die Blätter von Populus
balsamoides Göpp., P. Gaudini Fısca., Salix angusta A. Br.,
Rhamnus deletus Hrer, Rh. rectinervis Hser, Rh. acuminatifolius
WER. und die Samen vou Pinus sp., dagegen sehr selten die
Kosmopoliten: Phragmites oeningensis Her, Equisetum limo- -
sellum, einige Cyperaceen und die Schlingpflanze Smilax sagitti-
Jera Hser, letztere mit südeuropäischem Typus.
Aus dem Vorherrschen der immergrünen tropischen und
subtropischen Baumformen im Tertiärwalde von Dettighofen
geht hervor, dass hier zu dieser Zeit entschieden ein von dem
heutigen abweichendes, viel wärmeres Klima geherrscht haben
müsse, welches den Charakter der warmen Zone getragen habe.
Die Floren von Dettighofen und Baltersweil, räumlich so
nahe beisammen, liegen jedenfalls zeitlich sehr weit auseinan-
der. Denn über dem Horizonte der letzteren folgen mehrere
hundert Fuss mächtige Süsswasserniederschläge, dann die ma-
rine Austernagelfluhe und erst auf dieser die Dettighofer Pflan-
zen. Trotz des jedenfalls sehr langen Zeitraumes, den die
Bildung dieser Zwischenschichten beanspruchte, und der in-
*) Leitpflanze für die untere.Süsswassermolasse; O. Heer, Flora tert.
Helv. Band IIL, p. 237,
S Na SER ST LA EE N 2 0 A EA Ace BE Ze
Be RR er
527
zwischen eingetretenen grossen physikalischen Veränderung in
der Landschaft — da der Boden sich senkte und das Meer
hereinbrach — hat sich doch das Klima nicht verändert; denn
die Dettishofer und Baltersweiler Floren stimmen nicht nur in
ihren Hauptzüugen mit einander überein, sondern haben auch
folgende 16 Arten gemeinschaftlich: Phragmites oeningensis A.
Br., Yuceites Cartieri Hrer, Sabal major Unc. sp., Cinnamomum
Scheuchzeri HzER, ©. lanceolatum Une. sp., €. polymorphum A.
Br., ©. Buchi Hzer, Vaccinium acheronticum Ung., Rhamnus de-
letus HEeEr, Rh. rectinervis HEER, Carya Heeri Ert., Dalbergia
nostratum Kov., Cassia Berenices Une., C. phaseolites Une., €.
ambigua Ung., Acacia sotzkiana Une.
Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die Fauna
des Melaniensandes, so finden wir auch hier folgende interes-
sante Thatsachen, welche für ein warmes Klima sprechen und
geeignet sind, die aus der Flora gezogenen Schlüsse zu bestä-
tigen. Nämlich die so häufige Melania Escheri Broxcn. ist nahe
verwandt mit der heutigen Melania pulchra Busca. des tropischen
Asiens. Limnaeus pachygaster Tuom. gleicht dem im Ganges
lebenden L. amygdalus TroscH.. Helir Ramondi BronGN. und
Helix inflexra MaArr. finden ihre lebenden Verwandten auf den
Canarischen Inseln, Zelix rugulosa Mart. in Westindien, Helix
osculum Tuom. in Texas und Planorbis solidus Tuom. in Mexiko.
Ostrea Virginiana Lam. lebt heute noch an den Küsten von
Florida.
Als wohlbegründete Schlussfolgerungen werden wir ferner
noch etwa Nachstehendes behaupten dürfen:
1. Der Melaniensand ist ein meerischer Niederschlag,
was uns die durch die ganze Stufe zerstreuten Austernreste
lehren, hat jedoch stellenweis einen brakischen Anflug.
2. Diese Austern, noch mehr aber das Vorkommen von
Austernagelfluhe-Geschieben , welche sogar mitten in dieser
Stufe als selbstständiges Geröllband auftreten (Profil IX., 4.),
sagen uns, dass die Melanienschichten das Produkt der an In-
tensitat abgenommenen Strömung des Austernagelfluhemeeres
seien.
3, Die bei Dettighofen neben den Meeresthieren auftre-
tende Flora, Land- und Süsswasserfauna ist als von einem
tertiaren Flusse in das Meer eingeschwemmt zu betrachten.
4. Aus dem Bisherigen geht hervor, dass die Auster-
528
nagelfluhe, der Turritellenkalk und der Melaniensand aufein-
anderfolgende Meeresbildungen sind, diein einem geologischen
Zeitraume entstanden und zusammengehören.
6. Juranagelfluhe.
Mit diesem Namen bezeichnen wir einen gegen 600 Fuss
mächtigen Niederschlag, von dem zwar nur oben etwa 50” auf
die eigentliche Nagelfluhe, die anderen 500’ dagegen auf eine nur
sparsam von Geröllen durchschwärmte Mergelbildung kommen.
Ockergelbe, feinsandige, zahe Thonmergelmassen erheben
sich über der Melaniensandstufe (vergl. die Profile IL, II. und
VL.—X.), welche bei frischem Anbruche meistens regelmässig
dunngeschichtet erscheinen und zweilen auch ein etwas buntes
Ansehen gewinnen, da in dem gelben Grundton sich auch Roth
und Violett bemerklich machen. Dem Mergel sind, besonders
in der Unterregion, häufig kleine, harte. heilgraue, kalkreiche
Geoden eingesäet. Die sandigen Partieen sind öfters zu festen,
gelblichen Mergelsandsteinen erhärtet, die nesterweise in ver-
schiedenen Höhen im weichen Thone, zwar nur untergeordnet,
auftreten. Diese Steine (Bergstein der Arbeiter) sind ihrer
Dauerhaftigkeit wegen als Baumaterial sehr geschätzt und wer-
den vielfach ausgebeutet. Die Schichtung ist regelmässig und
wechselt von dünnschieferigen Platten bis zu 4 Fuss dicken
Bänken. Auf den Schichtenflächen siud regelmässige wellen-
formige Unebenheiten, wie man sie auf den Steinplatten der
Meeresmolasse findet, gar nicht selten. Die Sandsteinnester
sind gewöhnlich vertical stark zerklüftet, und nicht selten sind
Unregelmässigkeiten in der Lagerung, durch Senkungen und
Verrutschungen entstanden, zu beobachten. Sonst befolgen die
Schichten der ganzen Abtheilung das in der Gegend herrschende
schwache sudöstliche Einfallen. |
In dem festen Gesteine sowohl als in den lockeren Mer-
geln findet man gerundete Geschiebe aus der Muschelkalk- und
Juraformation, die entweder sporadisch zerstreut oder zu klei-
nen Geröllbändern entwickelt sind. Nach oben häufen sich
diese Gerölle zu einem selbstständigen, bis an 50 Fuss mäch-
tigen Conglomerate an, in welchem die Sandmergel nur noch
das, zwar zu Stein verhärtete, Cäment bilden. Die Grösse
der Geschiebe wechselt vom Sandkorne aufwärts bis zu 5 Zoll
ee N Ne
er Se
5 De En 2
RN 529
Durchmesser und darüber; doch bleiben selbst die grössten weit
hinter jenen blockähnlichen Geschieben der Austernagelfluhe
zurück. Eruptive und alte sedimentäre Felsarten sind gänzlich
ausgeschlossen. Rollsteine mit deutlichen Eindrücken sind
keine Seltenheit, dagegen fehlen hier alle Spuren von bohren-
den Meerthieren. Die Gerölle enthalten auch häufig Petre-
facten und stimmen petrographisch und paläontologisch auf das
Vollkommenste mit den Felsarten der Muschelkalk- und Jura-
formation überein, welche wir schon früher in der Austernagel-
flube kennen gelernt haben. Noch häufiger sind hier oben die
interessanten Hauptrogensteine und Korallenkalke der West-
schweiz.
Um diese Verhältnisse anschaulicher zu machen, wird
hier wohl eine kurze Beschreibung jeder einzelnen Geröllart
am Platze sein.
Rollsteine der Juranagelfluhe.
l. Grauer, dichter bis späthiger Kalk mit splitterigem
Bruche. An der Oberfläche sind die Gerölle gewöhnlich ver-
wittert, wodurch zahlreiche Trummer von Fossilien hervor-
treten. Ich fand darin: Lima striata ScHL. sp., Pecten sp.,
Gervillia socialis ScuL. sp., Waldheimia vulgaris SCHL. Sp.,
Enerinus hlüformis Lam. (Stielglieder häufig). Daher Haupt-
muschelkalk. Nicht selten.
2. Rauchgraue, petrefactenleere Kalkgeschiebe, welche
petrographisch vollkommen .mit den vorigen übereinstimmen,
werden wohl auch aus der Muschelkalkformation stammen.
Häufig.
8. Gelblichbrauner, fester, auf der unebenen Bruchfläche
späthig glänzender Kalk mit Ammonites Bucklandi Sow., 4.
multicostatus Sow., Lima gigantea Sow., Pecten glaber HEuL,
P. textorius ScHL., Avicula inaequivalvis ? Ziet., Terebratula
ovatissima QUENST., Gryphaea arcuata Lam., Ostrea arietis
QUENST., Trochus sp. Unterer Lias. Häufig.
4. Gelbliche, dem Gesteine No. 3 ähnliche Kalkgerölle;
sie enthalten bald Ammonites raricostatus Zıer., bald A. spina-
tus Brug., auch zeigten sich in diesen Geschieben: Lima acu-
ticosta GOLDF., Avicula interlaevigata QUENST. sp., Rhynchonella
variabilis ScHL. sp., Plicatula oxynoti Quenst. Mittlerer, z. Th,
unterer Lias. Nicht selten.
5. Gelblicher, fester, thoniger Kalk, enthält meistens
häufig Ammonites Murchisonae Sow., Imoceramus amygdaloides
GoLDFr., FPecten personatus ZIET., P. demissus GoLDF., Astarte
sp. ete. (Zone des Ammonites Murchisonae). Nicht selten.
6. Dem vorigen ähnlicher, nur etwas dunklerer Kalk mit
Terebratula perovalis Sow., Serpula socialis GoLDF., Lima sul-
cata GoLDF. (Zone des Ammonites Sowerbyi). Selten.
7. Gelblicher Mergelkalk mit Gryphaea calceola QuENST.,
Ostrea sp. (Zone des Ammonites Sauzei). Selten.
8. Heller, gelblicher, dichter, thoniger Kalk mit Ostrea
flabelloides ? Lam., Panopaea Jurassi D’OrB., Gressiya gregaria
Rorm. sp. Nicht selten. (Zone des Ammonites Humphrie-
sianus.) |
9. Gelblichgrauer, thoniger, fester Kalk, enthält in grosser
Menge Avicula tegulata GoLDF.; erinnert lebhaft an eine Aar-
gauer Localbildung*) Nicht selten. (Zone des Ammonites
Parkinsoni.)
10. Ockergelber, feiner, dichter Mergelkalk mit Ammo-
nites Parkinsoni Sow., A. Tessonianus D’ORB., Rhynchonella spi-
nosa ScH., Pecien Saturnus ? nD’OrB. Häufig. (Zone wie
No. 9.)
ll. Fein- bis grobkörnige, dichte, gelbliche Oolithe, ganz
übereinstimmend mit dem Hauptrogensteine der Westschweiz,
enthält sehr häufig Avicula tegulata GoLpr., Ostrea acuminata
Sow., dagegen weniger zahlreich Pecten cf. textorius ScH., Di-
saster ellipticus ? Lam., Ostrea sp., Terebratula sp. _ Sehr
häufig. |
12. Dunkel ockergelber, thonig oolithischer Kalk, ange-
füllt mit Crinoidenresten, daneben Ammonites ferrugineus OPP.,
A. subradiatus Sow., kleine Belemniten, Pecten und Pinna sp.
Andere gelbe, nicht oolithische Kalke enthalten Pholadomya
rugata QuEnst., Ostrea Marshi Sow., Lima, Avicula und Nu-
cula sp. Selten. (Zone des Ammonites aspidoides.)
13. Heller, bläulichgrauer, spröder Kalk, petrefactenarm,
nur selten Terebratula bisufarcinata ScuL. enthaltend. Dem
Gesteine nach aus der Zone des Ammonites bimammatus. Häufig.
14. Hellgelblicher, fester Kalk mit Rhynchonella lacunosa
Sch. sp., Rhynch. triloboides QueExst. sp. und Crinoidenresten.
*) Vergl. No. 23 der Austernagelfluhe.
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531
Wahrscheinlich aus der Zone des Ammonites tenuilobatus. Nicht
‚selten.
15. Gelblichweisse, späthige Kalke. An der Oberfläche
durch Verwitterung rauhsandig und eine Menge Durchschnitte
von Sternkorallen blossgelegt, von welchen ich 2 Arten: Astraea
microconus GoLDF. und T’hamnastraea heteromorpha QUENST. un-
terscheiden zu können glaube. Auch zeigten sich noch Pecten
ef. tertorius albus Quesst., Pecten sp. (glatt). Diese Geschiebe
deuten, wie No. 34 der Austernagelfluhe, mit denen sie über-
einstimmen, auf die Korallenkalke der Westschweiz als ihre
Stammfelsen hin. Nicht selten.
16. Graue Kugeljaspisse, ‚wie sie im oberen Jura aufzu-
treten pflegen, jedoch ohne Kalkrinde und abgerollt, trifft man
nicht selten.
Wennschon die Juranagelfluhe nach diesem Verzeichnisse
durch ihre Zusammensetzung aus den nämlichen sedimentären
Felsarten, welche schon in der gegen 600’ tiefer liegenden
Austernagelluhe vorkommen, mit derselben eine auffallende
Aehnlichkeit gewinnt und die betreffenden Gesteinsfragmente
beider Conglomerate jedenfalls aus den gleichen westschweize-
rischen Jurakeiten stammen, ist doch der Unterschied ein we-
sentlicher und bedeutender. Denn während die Austernagel-
fluhe fast zur Hälfte aus krystallinischen Rollsteinen besteht,
und ein Theil ihrer Kalkgeschiebe von bohrenden Meeresthie-
ren zerfressen ist und überdies noch in ihrem Cämente zahl-
reiche Austernschalen vorkommen, ist von diesem Allem in
der Juranagelfluhe keine Spur vorhanden.
Die ausgebildeten Conglomerate der Juranagelfluhestufe
finden sich, wie schon früher erwähnt wurde, nur oben im
Dache der Mergel und Sandsteinbildung, und zwar auf den
höchsten Punkten der Gegend von Kaltwangen bei Bühl bis
zur Küssaburg und den Lienheimer Bergen. Diese Gebirgs-
decke ist zwar vielfach zerrissen und abgetragen‘ und ihre
Trümmer als lose Schuttmassen, häufiger noch als mächtige
feste Nagelfluheblöcke weithin an den Gebirgsabhängen zer-
streuf. Letztere findet man selbst noch an solchen Abdachun-
gen, deren Kämme von keiner Nagelfluhe mehr gekrönt sind, son-
dern nur aus der Mergelbildung bestehen. In den Umgebungen
von Bühl, Bergöschingen, Lienheim und Küssnach trifft man
oft auf grosse Juranagelfluheblöcke in ansehnlichen Entfernun-
gen von ihren ursprünglichen Lagerstätten und in Gesellschaft
alpiner erratischer Blöcke, und zum Theil auch wie letztere in
Moränenschutt eingewickelt, so dass nicht daran zu zweifeln
ist, dass der Transport beider Blockarten in innigem Zusam-
menhange stehe, worüber ausführlicher bei Beschreibung der
Quartärformation zu sprechen sein wird.
Die Juranagelfluhe-Gebilde beherrschen westlich von Det-
tighofen bis in die Gegend von Küssnach im Zusammenhange
alle Höhen und treten bei Eichberg und Bolhof noch insel-
formig auf. Ihr Scheitel — die Nagelfluhe — erhebt sich im
Kaltwangenzuge 1000— 1200 über den Spiegel des den Fuss
dieser Berge bespülenden Rheines und 800 — 1000’ über das
anderseits liegende nahe Klettgauthal und erreicht die abso-
luten Höhenzahlen von 2243’ (Bühl) bis 2306’ (Reutehöfe).
Fast in ihrem ganzen Verbreitungsbezirke liegt die Juranagel-
fluhebildung direct auf der Melaniensandsteinstufe; nur am
westlichen Ende ob Lienheim und bei der Küssaburg, sowie
auf der Bohlhofinsel findet eine Ausnahme statt, indem da der
Weisse Jura als ihr Liegeudes auftritt.
Die Juranagelfluhestufe, besonders ihre untere Mergelzone,
zeichnet sich durch eine auffallende Unfruchtbarkeit aus. Denn
während man gewohnt ist, auf den anderen Formationsstufen
eine kräftige Vegetation, besonders schöne Wälder anzutreffen,
findet man sich mit dem Auftreten dieser Mergel plötzlich in
eine ode, sterile, oft fast kahle Gegend versetzt, in welcher
die wenigen Pflanzen — mit Ausnahme der schön entwickel-
ten Orchideen —— meist sehr verkümmert sind. Die sonst so
stattlichen Kiefern sind hier vereinzelt und bis zur Unkennt-
lichkeit verkrüppelt, so dass sie in der Regel bei einer Höhe
von nur 3—4’ und einem Durchmesser des Stammes von 1
bis 2” etwa 50 Jahresringe aufzuweisen haben. Nach oben „
gegen die Conglomerate hin und auf diesen selbst gewinnt die
Vegetation wieder an Mannichfaltigkeit und Lebensfrische. Aus-
gezeichnete Grenzlocalitäten, wo an der Basis dieser Stufe mit
dem Auftreten des Melaniensandes und der Austernagelfluhe wie
mit einem Zauberschlag die armselige Mergelflora einem aus-
gezeichneten Hochwalde Platz macht, sind zu finden auf der
Wolfszalterhöhe nördlich Dettighofen, auf den Höhen zwischen
Buhl und Wasterkingen, am südlichen Ende des Allenberges
bei Stetten, in der Umgebung der Reutehöfe, sowie an meh-
Kae
KEN EEM | 533
reren Stellen ob Küssnach und Lienheim. Die Unfruchtbarkeit
dieser Zone scheint ihren Grund hauptsächlich in den physi-
kalischen Verhältnissen des Bodens zu haben. Die Mergel
sind fein und compact und wenig geeignet, Wasser aufzusau-
gen und durchzulassen, daher die grosse Nässe im Winter und
die ausserordentliche Dürre im Sommer und die Quellenarmuth
des ganzen Terrains.
An bestimmbaren organischen Resten ist die Juranagel-
fluhebildung, abgesehen von den in Geröllen vorkommenden
Petrefacten, ausserordentlich arm, und erst in der neuesten
Zeit ist es mir und meinem Sohne LEoPoLD gelungen, am
Kaltwangen folgende ziemlich gut erhaltene, aus Baumblättern
bestehende Fossilien aufzufinden (vergl. Profil I., g.):
un
Nymphaea sp.
Populus attenuata A. Br.
P. balsamoides GöPpP.
P. mutabilis ovalis HEER
Quercus valdensis ? HEER
Laurus Fürstenbergi A. Br.
Cinnamomum Rossmässleri ? Her
Banksia Deikeana HEER
Rhus Pyrrhae Unc.
Rh. Heufleri HEER
Rhamnus acuminatifolius WEB. ns
Podogonium Knorrü ? ? A. Br. sp. hh
=) B"
no one ober.
un
Eine grössere Anzahl Blätter, darunter besonders viele
kleine mit undeutlichem Rande und verwischter oder nur schlecht
erhaltener Nervation mussten leider als unbestimmbare zur
Seite gelegt werden. Aus diesen Gründen ist auch die Be-
stimmung der als Podogonium Knorrü A. Br. aufgeführten
Blättehen eine unsichere. Die Populus-Blättchen sind nebst
diesen die zahlreichsten; sie sind auch noch am besten erhal-
ten; die anderen Species kommen nur vereinzelt vor, |
Vor Kurzem habe ich auf der anderen Seite des Kaltwan-
gens, an der Strasse vom Bergscheuer- zum Fallerhof, im
Mergelsandsteine der Juranagelfluhe deutliche Pflanzenblätter
aufgefunden, die den schon aufgezählten Arten angehören.
Aus der Betrachtung dieser Stufe ergeben sich etwa fol-
gende Resultate:
ERBE -
a I.
534
-
1. Das Material der Juranagelfluhestufe stammt ebenfalls
aus der Westschweiz, was durch das sehr häufige Vorkommen
der Hauptrogenstein- und Korallenkalk - Geschiebe hinlänglich
bewiesen wird.
2. Die interessante, von Westen nach Osten gerichtete
Strömung, welche wir bei Betrachtung der Austernagelfluhe als
eine marine kennen gelernt, hat demnach bis zum Schlusse
unserer Tertiärbildungen ununterbrochen angedauert und von
der unteren Süsswassermolasse aufwärts alle unsere Schichten
aufgebaut.
8. Nach oben hat dieser Strom seinen ausgeprägten ma-
rinen Charakter verloren, ohne dafür den des sussen Wassers
zu zeigen. Seine jüngsten Absätze, die Juranagelfluhe-Gebilde,
lassen wegen Mangel an charakteristischen Fossilien über ihre
Natur, ob Suüsswasser- oder Meeresbildungen, keine sichere
Schlusse ziehen. |
4. Durch das Auftreten von dicotyledonen Pflanzen und
das gänzliche Fehlen mariner Petrefacten gewinnt die Ansicht,
dass die Juranagelfluhe eine Süsswasserbildung sei, sehr an
Wahrscheinlichkeit. |
II. Parallelisirung der klettgauer Tertiärbildungen.
Horizont der Bohnerze.
In unserer Bohnerzbildung hat man ausser einigen ober-
jurassischen Petrefacten, die als eingeschwemmt zu betrachten
sind, noch keine Spur von organischen Resten entdecken kön-
nen. Darum werden wir uns bei der Einreihung dieser Stufe
in das geognostische System nur auf die Lagerungsverhältnisse
und die Vergleichung mit den benachbarten, in demselben Ni-
veau auftretenden, schweizerischen und schwäbischen Bohnerz-
ablagerungen zu stützen haben. | |
Der Horizont unserer Bohnerze befindet sich, wie wir bei
den Profilen gesehen, zwischen der unteren Molasse und dem
oberen Weissen Jura; daher bleiben uns für ihre Entstehung
die langen Zeiträume der Kreide- und der älteren Tertiärbil-
dung übrig.
Verfolgen wir die Bohnerzbildung nach Westen, so finden
wir sie unter ganz gleichen Lagerungsverhältnissen und von
. 535
gleicher mineralogischer Beschaffenheit zunächst an unserer
Grenze über dem Rhein im Aargauer Jura bei Kuüttigen , Rie-
den, Degenfelden, Baden etc. wieder.*) Dieselbe ist aber nicht
auf den Aargauer Jura beschränkt, sondern tritt überall unter
denselben Verhältnissen in den. zerrissenen Ketten des Solo-
thurner, Berner und Baseler Jura sporadisch auf und wird an
mehreren Punkten, in den Thälern von Delsberg und Laufen,
mit Erfolg ausgebeutet. Der wichtigste Umstand ist aber der,
dass man in der schweizerischen Bohnerzablagerung bei Sa-
sarraz, Saint Loup, Delsberg, Egerkingen und Obergösgen zahl-
reiche Reste von Säugethieren und Reptilien aufgefunden hat,
welche der obereocänen Periode angehören.**)
Auch nach Osten können wir unsere Bohnerze über den
Randen hin bis auf die schwäbische Alb verfolgen, wo in den
bekannten Erzlagern bei Frohnstetten eine noch reichere Wir-
belthierfauna als in der Schweiz, aber genau mit demselben
Charakter uns entgegentritt, die folglich auch dem gleichen
Horizonte angehört. -
Darum werden wir, gestützt auf diese Analogieen, die
Bohnerzbildung des Klettgaues ebenfalls als obereocän anzu-
sehen und mit Delsberg, Frohnstetten, Auggen im Breisgau etc.
zu parallelisiren haben.
Horizont der unteren Molasse.
Bei der Untersuchung über das Alter dieser Stufe sind
wir auf die Lagerungsverhältnisse und die Flora von Balters-
weil angewiesen. Letztere bietet jedoch so viele Anhaltspuukte
zur Vergleichung mit berühmten geognostisch- festgestellten
Localitäten dar, dass wir in den Stand gesetzt sind, den Ho-
rizont der Klettgauer unteren Molasse ziemlich genau zu be-
stimmen.
Vergleichen wir die Baltersweiler Flora zunächst mit der-
jenigen der schweizerischen Molasse und gehen dann zu den
anderen classischen Localitäten des europäischen Tertiärlandes
über, wozu uns die Angaben O. Heer’s in seinem Werke: Die
tertiäre Flora der Schweiz, reichlichen Stoff darbieten.
*) A. Mousson, Geolog. Skizze v. Baden, p. 5% und B. Stuper, Geo-
logie der Schweiz II., p. 275.
*%#) O, Heer, Die Urwelt der Schweiz, p. 259.
Zeits. d, D. geol. Ges. XXI, 3. 35
536
Gemeinschaftlich hat Baltersweil mit
I. der unteren Braunkohlenbildung der Schweiz 57 Arten
II. der grauen Süsswassermolasse 53 Arten
III. der Meeresmolasse 26 Arten
IV. der oberen Susswassermolasse 43 Arten
Die höchste Zahl spricht für die nächste Verwandtschaft
mit der unteren Braunkohlenbildung, wobei noch besonders
hervorzuheben ist, dass unter den 57 gemeinsamen Arten die
folgenden 11 als charakteristische Leitpflanzen anzusehen sind,
indem sie in der Schweiz ausschliesslich auf diese Stufe be-
schränkt und anderwärts zwar wohl auch tiefer, jedoch nicht
höher getroffen werden. Es sind: Laurus ocoteaefolia Emr.,
Grevillea haeringiana ErTr., @. lancifolia Herr, Banksia Morloti
Heer, Dryandroides hakeaefolia Unec., D. laevigata
Heer, D. linearis Hser, Acer opuloides HEER, Rhamnus recti-
nervis HEER, Rhus prisca Err., Gleditschia celtico Une.
Die wichtigste unter diesen Pflanzen ist unstreitig Dryan-
droides hakeaefolia. Denn erstens ist dieselbe in Baltersweil
weitaus vorherrschend und zweitens in der Schweiz nur in der
ältesten Molasse von Monod, vom hohen Rhonen etc. zu finden
und ist auch anderwärts nicht höher beobachtet worden. Drit-
tens erscheint sie in der berühmten Braunkohlenflora von Hä-
ring in Tyrol, Sotzka in Steiermark und Novale in Italien,
welche ein viel höheres Alter haben als» diejenige der ältesten
Schweizermolasse. Aehnlich verhält sich Dryandroides laevi-
gata, und es besteht nur der Unterschied, dass diese in Balters-
weil weniger häufig und ausserhalb der Schweiz nur noch in
Italien (Cadibona) gefunden wurde.
Mit der grauen Molasse theilt Baltersweil nur 4 Arten
weniger als mit der unteren Braunkohle, und dennoch ist die
Analogie eine viel geringere. Denn unter den 53 gemeinsamen
Arten sind nur 4 und zudem sehr minderwichtige Pflanzen
(Cyperites Custeri HEErR, €. Rechsteineri Hrsr, Yuccites Car-
tieri Hzer, Robinia constricta HrEr), welche dieser Stufe eigen-
thumlich, folglich als Leitpflanzen dienen könnten. Fassen
wir dagegen die beiden Stufen, untere Braunkohle und graue
Molasse, unter der gebräuchlichen Bezeichnung „untere Suss-
wassermolasse“ zusammen, so erhalten wir für diese letzteren
zu den schon genannten noch folgende interessante Leitpflan-
zen, die nicht höher, wohl aber zum Theil ausserhalb der
937
Schweiz auch tiefer hinabgehen: Sabal major Une., Carpinus
_ grandis Ung., Ficus ef. multinervis Heer, Laurus primigenia
Une., Z. Agathophyllum Une., Rhamnus Gaudini Hzer, Rhus
‚Brunneri Hrzr, Carya Heeri Er.
Setzt man in dieser Richtung die Vergleichung nach oben
fort, so ist unter den 26 Arten, welche Baltersweil mit der
Meeresmolasse theilt, nur eine einzige dieser Stufe eigenthum-
liche Leitpflanze (Banksia Deikeana HEER) zu finden. Auch
unter den 43 mit der oberen Süsswassermolasse gemeinschaft-
lichen Pflanzen trifft man nur 5 wenig charakteristische Arten
(Dyospyros anceps Hzer, Echitonium cuspidatum HEEr, Koel-
reuteria vetusta HRER, Zanthoxylon juglandinum A. Br., Daul-
bergia nosiratum Kov.), die man bisher als auf diese obere
Stufe beschränkt ansah.
Es kann demnach kein Zweifel darüber entstehen, dass
die Flora von Baltersweil, verglichen mit der Schweiz, nicht
nur mit derjenigen der unteren Süsswassermolasse überhaupt,
sondern noch speciell mit ihrer ältesten Abtheilung, der unte-
ren Braunkohle von Monod, Poudeze und dem hohen Rhonen
am nächsten, ja sogar sehr nahe verwandt sei.
Aus diesem folgt aber noch keineswegs, dass wir Bal-
tersweil mit dem Horizonte von Monod zu parallelisiren haben.
- Denn bei den bisherigen Untersuchungen hat es sich gezeigt,
dass unsere Flora gewichtige Elemente enthält, die stets nach
unten verwiesen und uns schliesslich an den untersten Rand
der pflanzenführenden Tertiärschichten der Schweiz geführt
haben. Dieser Ariadnefaden erlaubt uns aber nicht, hier ste-
hen zu bleiben, sondern ihm auch zu den anderen beruhmten
europäischen Tertiärfloren , besonders zu jenen, die anerkannt
älter sind als die schweizerische, zu folgen.
Es kann freilich, wie angedeutet, nicht unsere Absicht sein,
bei allen Fundstellen, an welchen Baltersweiler Pflanzen zum
Vorschein kamen, zu verweilen, denn solche giebt es in Europa
mehr als hundert, sondern es wird genügen, nur die interes-
santeren, die wirklich Stoff zum Vergleichen darbieten, zu be-
rücksichtigen.
Eine solche Localität ist unstreitig das ziemlich weit ent-
fernte Sotzka in Steiermark, dessen Braunkohlenflora von den
Fachmännern für eine der ältesten Europas erklärt wird, ohne
jedoch über ihre Stellung im System einig zu sein. Die Her-
35"
538
ren F. Unger, K. v. ETTinGsyausen und Dr. RoLLe paralleli-
siren dieselbe mit dem Pariser Grobkalke, während sie E. Guün-
BEL zum Gyps von Montmartre und ©. HEER zum Sande von
Fontainebleau stellt. Nur darin stimmen diese Autoren dem-
nach mit einander überein, dass diese Flora einer älteren Pe-
riode angehöre, als diejenige der unteren schweizer Braunkohle,
da die letztere mit dem weissen Thon und Süsswässerkalk von
Saucats und der Faluus von Merignac ete. parallelisirt wird.*)
Baltersweil hat mit Sotzka folgende 20 zum Theil sehr
charakteristische Arten gemeinschaftlich: Phragmites oeningen-
sis A. Br., Quercus lonchitis Ung., Planera Ungeri Ert., Lau -
rus primigenia Ung., L. Agathophyllum Une., Cinnamomum
Scheuchzeri HEer, (. lanceolatum Uxe., €. polymorphum A. Br.,
Dryandroides hakeaefolia Une., D. lignitum Ung., An-
dromeda protogaea Ung., Vaccinium acheronticum Ung., Eugenia
Aizoon Ung., Juglans bilinica Une., Carya elaenoides Ung., Gle-
ditschia celtica Unc., Üassia Berenices Ung., €. hyperborea
Une., ©. phaseolites Une., Acacia Sotzkiana Ung. Von diesen
Arten sind die beiden Dryandroides und Laurus, sowie die
Gleditschia als Charakterpflanzen der unteren europäischen
Braunkohle hervorzuheben , wobei noeh zu bemerken ist, dass
die übrigen zu jener Abtheilung von Pflanzen gehören, welche
durch die ganze mitteltertiäre Reihe hindurchgehen.
Nach diesem Verzeichniss enthält die Flora von a
weil mehr als ein Viertel (30; pCt.) Sotzkapflanzen, während
diejenige von Monod bei ihrem grossen Artenreichthum kaum
mehr als 4 (173 pCt.) derselben aufzuweisen hat. Aus diesem
ist zu folgern, dass Baltersweil mit Sotzka viel näher verwandt
sei als Monod, daher wahrscheinlich auch ein höheres Alter
habe als dieses. Die grosse Annäherung der Klettgauer Flora
an die räumlich so entfernte steiermärkische von Sotzka bildet
unstreitig bei der Altersbestimmung der ersteren ein nicht zu
unterschätzendes wichtiges Element.
Auch mit der im Horizonte von Sotzka stehenden vo
von Mt. Promina in Dalmatien hat Baltersweil einige beach-
tenswerthe Arten, wie Cinnamomum lanceolatum Uxe., €. poly-
morphum A. Br., Dryandroides hakeaefolia Une., An-
dromeda protogaea Ung., Cassia phaseolites Ung., C. ambigua
*) ©. Heen, Flora tert. Helv, III., p. 325.
539
'Ung. gemeinschaftlich. Desgleichen mit Kumi in Griechenland:
Myrica salicina Ung., Quereus elaena Ung., Planera Ungeri Err.,
Cinnamomum Scheuchzeri H£ER, Dryandroides hakeaefolia
Une., D. laevigata Hrer.
Fast eben so wichtig wie die Flora von Sotzka ist für
uns diejenige von Häring in Tyrol. Was wir über das Alter
der ersteren bemerkt haben, gilt auch buchstäblich von der
letzteren, da sie einstimmig einander parallel gestellt werden.
Baltersweil theilt mit Häring 14 Arten: Sabal major Unc.,
Typha latissima A. Bar., /lanera Ungeri Err., Cinnamomum lan-
ceolatum Une., Dryandroides hakeaefolia Unc., D. ligni-
tum Une., Andromeda protogaea Ung., Vaccinium acheronticum
Ung., Eugenia Aizoon Unc., Rhus prisca Ert., Cassia hyper-
borea Ung., Cassia phaseolites Une. , CE. ambigua Une., Acacia
sotzkiana Une.
‚Auch hier begegnen wir unter diesen überhaupt nicht un- -
wichtigen gemeinschaftlichen Pflanzen einigen für die untere
Abtheilung des mitteltertiaren Schichtencomplexes sehr bezeich-
nenden Arten, wie ‚Sabal major Une. ‚ Rhus prisca Ent. und
der so ausgezeichneten, in Baltersweil so häufigen Dryandroi-
des hakeaefolia Une., so dass die Analogie beider Floren als
eine feststehende Thatsache zu betrachten sein wird.
Mit dem Häring so nahe verwandten Sieblos in der Rhön
hat Baltersweil 11 Arten gemeinschaftlich. Es sind: Phragmi-
tes oeningensis A. BrR., Quercus lonchitis Uxg., Cinnamomum
Scheuchzeri Hrer, (. lanceolatum Ung., Andromeda protogaea
_ Une., Vaccinium acheronticum Ung., Sapindus falcifolius A. Br.,
Celastrus Bruckmani A. Br., Ilex stenophylla Unc., Acacia sotz-
kiana UnG., Mimosites haeringiana Ert. Diese Pflanzen sind,
mit Ausnahme der letzteren, welche auf die untere Braunkohle
beschränkt ist, an keine einzelnen Unterabtheilungen gebunden.
Die Florula der Blättermolasse von Sperbach im Elsass
hat auch etliche Pflanzen: Quercus lonchitis Une., Laurus pri-
migenia Ung., Dryandroides lignitum Ung., Diospyros brachyse-
pala A. Br. und Echitonium Sophiae Weg. mit Baltersweil ge-
meinschaftlich, unter welchen Zaurus primigenia als oligocäne
Leitpflanze hervorzuheben ist.
Es ist auch sehr beachtenswerth, dass die Baltersweiler
Flora mit der unteren Braunkohle der Wetterau die folgenden
12 Arten, dagegen mit der dortigen mittleren und oberen Ab-
540
theilung keine einzige Pflanze gemeinsam hat: Sabal major
Ung., Myrica salicina Ung., Carpinus grandis Ung., Quercus
chlorophylla Ung., Q. lonchitis Ung., Planera Ungeri Err., Cinna-
momum Scheuchzeri H»er, €. lanceolatum Unc., C. polymorphum
A. Br., Cornus orbifera Hrer, €. Studeri Hser, Juglans acumi-
nata A. Br.
Von grossem Interesse für uns ist, wie zu zeigen sein
wird, die nahe Verwandtschaft von Baltersweil mit der. unter-
oligocänen Flora Italiens. Wir meinen diejenige der Braun-
kohlenmergel von Novale, wozu noch das nahe Salcedo und
Chiavone zu zählen ist, die von den Paläontologen dem Niveau
von Sotzka und Häring parallel gestellt wird.
Novale hat 20 Arten mit Baltersweil gemeinschaftlich:
Sabal major Une., Myrica salicina Ung., Quercus elaena Ung.,
Qu. chlorophylia Une., Planera Ungeri Err., Ficus cf. mul-
tinervis Hser, Laurus primigenia Une. , Cinnamomum
Scheuchzeri HEER, Ü. lanceolatum Ung., Dryandroides hakeaefo-
lia Une., D. lignitum Une., Andromeda protogaea Une., Vacei-
nium acheronticum Uxe., Diospyros brachysepala A. Br., Juylahs
bilinica Une., Carya elaenoides Une., Cassia Berenices Une., C.
hyperborea Ung., €. phaseolites Une., €. ambigua Ung. Auch
hier fehlen die so charakteristischen Leitpflanzen Dryandroides
hakeaefolia, Sabal major und Laurus primigenia nicht, und die
Uebereinstimmung dieses Verzeichnisses mit den fruheren, S.
538— 540, spricht nicht nur für die Analogie von Novale
mit Baltersweil, sondern auch mit Sotzka und Häring.
Von Novale - Pflanzen hat Baltersweil, gleichwie von
Sotzka, 334 pCt., dagegen das viel näher an Italien liegende
waadtländische Monod nur 11 pCt. (4). Dieses spricht noch
augenfälliger als bei Sotzka dafür, dass Baltersweil nicht dem
Horizonte der unteren schweizer Braunkohle, sondern einem
tieferen — dem von Novale -- angehören müsse.
Mit der Florula der interessanten Oadibona-Schichten (Ita-
lien) hat Baltersweil Laurus primigenia Ung., Cinnamomum
Scheuchzeri HsER, (. lanceolatum Ung., Dryandroides laevigata
Une., D. lignitum Uns. und Juglans bilinica gemeinschaftlich.
Wir könnten die Vergleichung von Baltersweil mit tertia-
ren Specialfloren noch weiter verfolgen, was uns aber, ohne
etwas zu gewinnen, zu sehr von dem vorgesteckten Ziele ab-
lenken würde. Es ist zwar nicht in Abrede zu stellen-, ‚dass
; ‚541 ®
unsere Localität noch mit mancher anderen interessante Pflan-
zen oft in beträchtlicher Anzahl theilt, so z. B. mit den
Niederrheinischen Braunkohlen bei Bonn 21 Arten
Gypsen von Senigaglia (Italien) 20
Kalkmergeln von Radoboj (Kroatien) 15
Braunkohlen von Parschlug (Steiermark) 16
Schichten von Tokay (Ungarn) 14
Kalkmergeln von Turin (Superga-Hugel) 13
rothen und blauen Mergeln v. Val d’Arno 11
oberen Braunkohlen der Rhön 10
weissgrauen Mergeln von Günzburg )
Schichten von Sagor (Krain) 7
Braunkohlen von Bilin (Böhmen) 7
Schichten von Menat (Frankreich) 6
Sandsteinen von Montajone (Italien) - 5
weissen Thonen der Insel Wight 2
NS PREIS HaRmeenn N BIT BE an Ben ara. Yan Das Pa BES el 1
Da aber Baltersweil ausser Dalbergia nostratum, die jedoch
noch etwas zweifelhaft ist, keine für die jüngere Braunkohle
bezeichnenden Leitpflanzen, wie z.B. die so charakteristischen
Podogonien oder einige bezeichnende Populus, Salıx oder
Nadelhölzer , aufweisen kann, so führt uns die Vergleichung
mit den obigen und noch anderen, namentlich auch den schwei-
zerischen Specialfloren, entweder zu der Bestätigung der schon
gewonnenen Resultate, oder bleibt häufig resultatlos, wenn
sich nämlich für die Altersbestimmung. der Schichten keine
geeigneten Pflanzen zeigten. Da wir auch das Verhältniss von
Baltersweil: zur schweizerischen Molasse, unter welcher auch
die reiche badische Flora von Oeningen und Schrotzburg be-
griffen, kennen, so kann eine Vergleichung mit den einzelnen
Localitäten des Molasselandes keine anderen neuen Resultate
liefern, muss folglich hier wegbleiben.
Beiläufig mag noch erwähnt werden, dass es auffallen
könnte, wenn man erfährt, dass die Baltersweiler Flora, auf
deren hohes Alter bisher immer aufmerksam gemacht wurde,
mit derjenigen des um enorme Zeiträume jüngeren Oeningens
noch 32 Arten theile. Allein, wenn wir die Nähe und den
Artenreichthum (465) dieser Flora berücksichtigen und zudem
noch finden, dass von den fraglichen gemeinsamen Pflanzen
542
die meisten an keine bestimmten Stufen gebunden, auch viel
tiefer, eine beträchtliche Anzahl sogar bis in die älteste Braun-
kohle hinabgehen, und dass die vermeintlich für die Oeningen-
stufe sprechenden Arten zu den selteneren und minder wich-
tigen gehören, so muss mit der Analogie zugleich auch das
Befremden schwinden.
Bei diesen Untersuchungen haben wir nun gefunden, dass
die Flora von Baltersweil sehr nahe verwandt ist mit jenen
der untersten Schweizermolasse von Monod, Pandeze und dem
hohen Rhonen, sich aber jedoch noch enger an diejenige des noch
älteren Braunkohlenhorizontes von Sotzka, Häring und Novale
anschliesst. Sie theilt mit dem letzteren nicht nur die wieh-
tigsten unteroligocänen Leitpflanzen, sondern in 33 Arten
ihre vornehmste dominirende Baum- und Strauchflora. Ich
möchte nur an die immergrünen Eichen, die Feigen-, Lorbeer-,
Zimmet- und Kampher-Bäume, an die Palmen, die Seifen- und
Jambosbäume, die Ebenhulz- und Nussbäume, sowie an die
Myrica, Dryandroides, Cassien und Acazien erinnern.
Da aber die beiden Stufen, Monod und Sotzka, die unter-
oligocänen Leitpflanzen mit einander theilen und solche, die
für ihre Trennung massgebend wären, überhaupt nicht existiren,
so ist man bei der Trennung und Eirreihung dieser Horizonte
in das System und beim Parallelisiren mit denselben etwa auf
folgende Momente angewiesen: 1) auf die Lagerungverhältnisse,
2) auf die etwa die Flora begleitende Fauna und 3) auf den
in jeder Stufe etwas eigenthümlich ausgeprägten Gesammtcha-
rakter der Flora, welcher Unterschied darin besteht, dass sich
die ältere mehr einer tropischen als die jüngere nähert. Wir
sind bei der Einreihung von Baltersweil vor der Hand auf die
Merkmale No. 3. beschränkt, werden aber weiter unten. beim
Parallelisiren des Hangenden auch von No. 1. und 2. Gebrauch
für diese Stufe machen können, daher später wieder auf diesen
Gegenstand zurückkommen.
Baltersweil hat 46 Baum- und Straucharten, von denen
die heutigen analogen Arten bekannt sind und sich Folgen
massen auf die Zonen vertheilen:
a) Tropen 14 Arten oder 30 pCt.
b) Warme Zone Ze a cr
c) Gemässigte Zone 5 „ „eben
er EORE E
RE
543
Gestützt auf die jetztlebenden analogen Arten hat Pro-
fessor O. Heer für die Schweiz folgende Resultate gefunden:
1) Die obere Braunkohle (Oeninger Stufe) hat 7 pOt.
Pflanzen, die der tropischen, 33 pCt., die der warmen, und
18 pCt., die der gemässigten Zone entsprechen.
2) Die untere Braunkohle (Monod-Stufe) hat 15 pCt. tro-
pische, 36 pCt. subtropische und 15 pCt. Pflanzen temperirter
Klimate aufzuweisen. '
Wenn aber in der Tertiärformation, wie beruhmte Autoren
schon längst nachgewiesen, die Zunahme der tropischen Pflan-
zentypen und die Abnahme derjenigen gemässigter Klimate von
oben nach unten Gesetz ist, so muss nothwendig Baltersweil
viel älter sein als die Monod-Stufe; denn es hat ja (in Pro-
centen ausgedrückt), wie wir gesehen, noch einmal so viel
tropische, bedeutend mehr subtropische und weniger Typen
temperirter Klimate als diese Stufe, gehört also nicht zu der-
selben, wie wir fruher bei geringerem Material angenommen
hatten. *)
Die grösste Aehnlichkeit hat dagegen die Baltersweiler
Flora, wie wir gesehen, in ihrem Gesammt- und klimatischen
Charakter sowohl, als in den Leitpflanzen mit denjenigen von
Sotzka, Häring und Novale, ist daher mit diesem Horizonte
zu parallelisiren, welcher von GÜMNBEL und SANDBERGER neuer-
dings als das Aquivalent des Gypses von Montmartre betrach-
tet wird. |
Horizont der Austernagelfluhe und des Turritellenkalkes.
Es wurde schon bei Beschreibung der Stufen gezeigt, dass
diese beiden marinen Niederschläge einer Periode angehören
und nur als Faciesbildungen zu betrachten sind. Daher haben
wir dieselben hier bei dem Versuche, ihr Alter zu ermitteln,
unter der gemeinschaftlichen Bezeichnung Austernagelfluhebil-
dung zusammengezogen,
Die kleine Fauna dieser Schichten entbehrt aber der
leitenden Säugethierreste, und die anderen Thierspecies geben -
Zeugniss von einer mitteltertiären Bildung, ohne jedoch genu-
gendes Material zur Feststellung des engeren Horizontes darzu-
bieten. Deswegen sind wir bei der Einreihung in das System
*) Neues Jahrbuch für Mineralogie, Jahrg. 1862, p. 719 u. d, £.
544
hauptsächlich auf die Lagerungsverhältnisse, das Hangende und
Liegende, angewiesen, welche beide sich durch interessante
Floren auszeichnen, die für ihre Parallelisirung mit classischen
Lokalitäten genügenden Stoff lieferten. |
Doch versuchen wir zuerst, in unserem Grenzgebiete selbst
Analogien für die Austernagelflubebildungen aufzufinden.
Im Osten des Klettgaus treffen wir schon auf dem nahen
Randen, bei Epfenhofen, Wiechs und Zollhaus, tertiäre mee-
rische Niederschläge, welche paläontologisch und petrographisch
auf das Genaueste mit unserem Turritellenkalke von Berchen-
hof übereinstimmen. Der Grobkalkcharakter, das sehr häufige
Vorkommen von Turritella turris Basr., Pecten Burdigalensis
Lam., P. palmatus Law., Ostrea caudata Münst., O. undata Lam.,
Ozxyrhina hastalis Ac. und Balanus-Arten sind wichtige gemein-
same Merkmale.
Diese marinen Ablagerungen, deren nähere Kenntniss wir
Prof. P. Merıan und Dr. J. SchiLL verdanken, sind auf dem
Jura des nördlichen Höhgaus und der oberen Donaugegend,
wenngleich nur sporadisch vorhanden, doch häufig anzutreffen.
So bei Thengen, Altdorf, Klausenhof, Blumenfeld, Schopfloch,
Zimmerholz, Bachzimmern .etc.*) Besonders gut entwickelt
trifft man diese Schiehten in der Umgebung von Zimmerholz
bei Engen, wo sie in mehreren grossen Steinbrüchen . aufge-
schlossen sind. Bei meinem letzten Dortsein, in Begleitung
meines Bruders Thomas und meines Sohnes, konnten wir in
dem Steinbruche auf der Thalseite von unten nach oben fol-
gendes Profil beobachten :
a) Ein Conglomerat, zusammengesetzt aus gerundeten
Muschelkalk- und Jurakalkgeschieben,
b) Harte, poröse, gelbliche Kalksteine mit Pecten palmatus
Lam., P. Burdigalensis Lam., Ostreen, Balanen, Haifischzähnen.
8— 10’ mächtig. :
c) Thonig-sandige, arme Schicht, 2.
d) Weicher, schmutzig gelber Kalkstein mit Pecten, Austern
etc. 10%.
e) Sandiger Thon, mit Geröllen durchschwärmt, 4.
*) Vergl. Dr. J. Scaturt, die Tertiär- und Quartärbildungen am Boden-
see und im Höhgau, p. 33 u. d. f.
545
f) Conglomerat, aus Jurakalk- und Muschelkalk - Geröllen
bestehend, 4.
Ueber dem Steinbruche besteht der ;jHügel aus gelben,
sandigen, mit zahlreichen Kalkgeröllen durchschwärmten Thonen.
Aufden Bergen beiderseits des oberen Donauthales, zwischen
Geisingen und Möhringen, trafen wir, und zwar auf Höhen bis
zu 2750 ü. d. M., häufig auf diese tertiären meerischen Schich-
ten, die gewöhnlich nur als kleine Inseln auf dem Jura er-
scheinen, welche öfter von einer thonig sandigen Geröllabla-
gerung bedeckt sind oder auch selbst die Oberfläche bilden.
In ähnlicbem sporadischen Auftreten kann man diese
Meeresbildung durch ganz Württemberg bis Nördlingen verfol-
gen *), wodurch eine Verbindung mit dem bairischen Tertiär-
becken der oberen Donaugegend hergestellt ist.
Machen wir vom Klettgau aus in entgegengesetzter Richtung
eine Wanderung nach Westen, so treffen wir auf dem Schweizer-
jura ähnliche Meeresbildungen häufig an. Es sind theils mit
Austern gespickte Conglomerate, petrefaktenreiche poröse Kalke,
Mergelsandsteine und sandige Mergel.**) Schon nahe an un-
serer Grenze sind bei Endringen im Aargau Conglomerate mit
Austernschalen anstehend, auf die schon Prof. Mousson auf-
merksam machte.*”*). Es ist dies eine auf dem Aargauer Jura
ziemlich verbreitetey), vom Muschelsandstein abweichende
Bildung, zu welcher auch die sporadischen rothen Meereskalke
von Wölfliswyl und Urken etc. zu rechnen sind.
Unsere beiden Faciesbildungen mit noch einigen Abände-
rungen sind ebenfalls über den Solothurner, Baseler und Berner
Jura verbreitet. Ich möchte hierbei nur an die roth cämen-
tirten Geröllconglomerate, welche häufig in Muschelconglomerate
übergehen und die schon vom Randen und dem Klettgau
her bekannten Haifischzähne, Balanen, Turritellen, Austern,
Pecten etc. einschliessen, erinnern, die bei Sissach, Diegeten,
Känerkinden, Rüneburg, Tenikerfluhe etc. getroffen werden.
Ferner an die marinen Mergel von Lauffen, Neucal und Prun-
traut, die Nagelfluhe und den Meereskalk von Delsberg, Dornach,
*) Vergl. ©. Hexi, Flora tert. Helv. III, p. 209.
*”*) B. Stuper, Geologie der Schweiz, II, p. 396 u d. £.
=) A. Movsson, geologische Skizze von Baden, p, 66.
+) ©. Mösch, das Flötzgebirge im Ct. Aargau, p. 68,
546
Aesch, Rädersdorf und Ettingen. Die nähere Kenntniss dieser u
Schichten verdankt man besonders Prof. Prrer MERIAN und
Dr. J. B. GrepPpin.
Von Basel nordwärts kann man ähnliche marine Nieder-
schläge am Fusse des Schwarzwaldes und der Vogesen bis
nach Bingen im Mainzerbecken verfolgen. Auf der rechten
(badischen) Rheinseite sind besonders die marinen Kalksand-
steine von Schloss Rötteln und Stetten bei Lörrach. die Con-
glomerate und Sandsteine von Oberweiler, Britzingen und
Lauffen, von Müuhlenbach und Oos bei Baden hervorzuheben,
die F. SANDBERGER alle dem Meeressande von Alzei und Wein-
heim im Mainzerbecken parallel stellt.*) Auch auf der anderen
Seite des Rheines trifft man bei Mühlhausen, Sperbach, Strass-
burg, Lobsann etc. auf diese Schichten. **)
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Klettgauer Auster-
nagelfluhe ein nicht unwichtiges Glied in dem Gürtel tertiärer
meerischer Niederschläge bildet, der von Bingen im Mainzer-
becken aus sich durch das obere Rheinthal bis Basel hinzieht
und da sich auf dem Baseler, Berner und Solothurner Jura aus-
breitet, dann in schmalen Streifen über den Aargauer und
Klettgauer Jura und den Randen bis zur Donau fortsetzt, fer-
ner, deren Lauf durch Württemberg so ziemlich folgend, das
bairische Tertiärland des oberen Donaubeckens erreicht und.
sich da mit der ältesten Meeresmolasse verbindet, die E. W.
GUnBEL auch dem Meeressande von Alzei und Weinheim pa-
rallel stellt, dem nun auch dieser ganze Gürtel beizuordnen
wäre.
Die Geognosten sind zwar über das Alter und die Zusam-
mengehörigkeit dieser Bildungen noch getheilter Meinung; den-
noch aber sind sie in einem der wichtigsten Punkte einig,
namlich in dem, dass sämmtliche marinen Niederschläge dieses
Gürtels älteren Perioden angehören als der Muschelsandstein
des schweizerischen Mittellandes.***)
*) F. Sınpsersen, geolog. Beschreib. von Badenweiler. p. 2, 3, 19.
*) B. Stenpen, Geologie der Schweiz, II, p. 403 und P. Menmıun,
die geol. Verhältnisse des Rheinthales bei Basel, Verhandl. der Schwei- _
zerischen Naturforsch. Gesellschaft, 1856, p. 17 u.d f.
%%**) Man vergleiche hierüber die Schriften von F. SanpBercer, P.
Merian, B. Stuver, A. MürLten, O. Heer, K. Mayer, J. Scuicı, E, W.
GünseL etc.
547
Der Analogie resp. Verbindung und Gleichaltrigkeit der
subjurassischen tertiären Niederschläge mit denjenigen im
Mainzerbecken reden zwar die gründlichsten Kenner dieser
Lokalitäten und Bildungen, die Herren P. Merıan, F. Sanp-
BERGER und B. Stuper, das Wort. Ich erlaube mir Einiges
hierauf bezügliche anzuführen.
Nachdem F. SANDBERGER in der geologischen Beschreibung
von Badenweiler, Beiträge zur Statistik der inneren Verwaltung
des Grossh. Baden, Heft 7., die Identität der dortigen tertiären
Schichten mit denen im Mainzerbecken nachgewiesen, sagt er
pag. 19.: |
„In Bezug auf ihre mineralogische Beschaffenheit stimmen
die Breisgauer Tertiärschichten am meisten mit ihrer südlichen
Fortsetzung in den Cantonen Basel, Solothurn und dem Berner
Jura, wo sich von den Bohnerzlagern aufwärts ungefähr die
namliche Schichtenfolge, aus ähnlichem Material gebildet und
dieselben Petrefakten einschliessend, wiederholt.*
In den Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden
Gesellschaft von 1856., pag. 22. sagt P. Merıan:
„Die genaue Vergleichung der Petrefakten beweist, dass
unsere (die Basler) marinische Tertiärformation im Alter über-
einstimmt mit den marinischen Schichten des Mainzerbeckens,
dass sie folglich dem untersten Miocängebirge oder dem soge-
nannten Oligocangebirge beizuordnen ist.*
B. Srtuper’ bespricht in der „,Geologie der Schweiz“ an
verschiedenen Stellen dieses Verhältniss. So heisst es Band
Il., pag. 403.: Ä
„Eine auffallende Analogie, die beinahe Identität heissen
kann, zeigt sich zwischen den nordjurassischen marinen Ter-
tiarbildungen und derjenigen des Mainzerbeckens, mit welchem
ohnehin die um Basel und Muhlhausen herum verbreiteten
Massen durch die unter dem Rheinschutt auftauchenden ma-
rinen Bildungen von Strassburg, Lobsann u. a. Orten in Ver-
bindung stehen mögen. Der jurassische Grobkalk ist sowohl
nach den Charakteren der Steinart,; als nach Beschaffenheit
der organischen Ueberreste, demjenigen des Mainzerbeckens
täuschend ähnlich.“
Seite 444, steht:
„— auch setzt MerıAn ohne Bedenken die Gruppe von
Fiezen (am Randen) in Verbindung mit Muschelconglomeraten,
548
die im Klettgau vorkommen sollen, und mit den marinen Ter-
tiärbildungen bei Wölfliswyl und im Basler Jura.“ |
- Wenn nun aus dem Besprochenen auf das Unzweideu-
tigste hervorgeht, dass die Klettgauer Austernagelfluhe und der
Turritellenkalk dem Horizonte des Meeressandes von Alzei
und Weinheim einzuordnen sei, so gewinnt diese Folgerung
doch erst bei der speziellen Betrachtung der Lagerungsverbhält-
nisse unserer meerischen Niederschläge ihre vollkommenste
Bestätigung. |
Wie wir früher, Seite 113—115, gefunden, so stehen die
Blätterschichten von Baltersweil — das Liegende der Auster-
nagelflubebildung — dem Horizonte von Sotzka, Häring und
Novale, beziehungsweise dem Gyps von Montmartre parallel.
Das Hangende dagegen, der Melaniensand von Dettighofen, ist,
was weiter unten erörtert wird, dem Niveau der schweize-
rischen unteren Susswassermolasse, dem Cyrenenmergel von
Hochheim und Hakenbeim, dem Kalke von Beauce, dem Mer-
gel und Süsswasserkalke von Saucats aequivalent. Die Lücke
zwischen diesen zwei Horizonten füllt im System diejenige des
Sandes von Fontainebleau, Alzei etc. aus. Bei uns im Klett-
gau wird diese Lucke durch die Austernagelfluhebildung aus-
gefüllt, die daher als gleichalterig mit dem Meeressande von
Alzei und Funtainebleau zu erklären ist.
Die Annahme einer Verbindung des Mainzer Meeres mit
dem bairischen durch eime lange Meerenge in den oberrheini-
schen’ und Donaugegenden erklärt auf eine ungezwungene Weise
die so räthselhaften, nach den Lokalitäten petrographisch so
verschiedenen und sporadisch auftauchenden meerischen Abla-
gerungen dieses Gürtels. Eben so natürlich erklärt sich dann
die ausserordentliche Energie der die Austernagelfluhe bildenden
Strömung, da ja auch in heutigen Meerengen ähnliche Bewe-
gungen der Gewässer zu beobachten sind.
Schon oben wurde der. Beweis geliefert, dass diese
Meeresstromung uber den Baseler und Aargauer Jura und durch
den Klettgau die Richtung von Westen nach Osten hatte,
woraus zu folgern ist, dass die Wasser des Mainzer Meeres
(mittel- und oberrheinischen Meeres) in dasjenige der Donau-
länder (Baiern) abflossen.
549
Horizont des Melaniensandes.
Das Alter der Klettgauer Melaniensandstufe wird mit Be-
rüucksichtigung der Lagerungsverhältnisse vorzüglich aus der
Flora und Fauna von Dettighofen abzuleiten sein. Die Flora
zählt zwar nur 45 Arten; darunter sind aber eine Anzahl cha-
rakteristischer Pflanzen, die uns doch sicherer zu leiten im
Stande sind als die auch nur aus 36 Species bestehende
Fauna, obgleich diese auch einige nicht unwichtige Anhalts-
punkte darbietet.
Dettighofen hat mit dem nahen Baltersweil 16, zum Theil
sehr interessante Pflanzenarten gemeinschaftlich, die schon
früher mit Namen aufgeführt wurden. |
‚Mit der schweizerischen Molasse verglichen, theilt Dettig-
hofen mit der*)
I unteren Braunkohle 29 Pflanzenspecies.
II. grauen Molasse 29 a
III. Meeresmolasse 13 n
IV. oberen Süsswassermolasse 27 5
Unter den mit der unteren Braunkohle gemeinschaftlichen
Arten sind als auf diese Stufe beschränkte Leitpflanzen zu
nennen: Myrica Unyeri HEER, (innamomum transversum HEER,
Porana Ungeri HEEr, Rhamnus rectinervis HrErR, und als solche,
die nur in der grauen Molasse beobachtet wurden: ('yperites
plicatus Hrzer, ©. Zollikoferi HEER, Yuccites Cartieri Hrer, Es
leuchtet ein, dass die letzteren eine geringere Bedeutung haben
als die ersteren, folglich die Flora von Dettighofen, obgleich
sie mit beiden Stufen gleichviel (29) Arten theilt, doch mit
der unteren Braunkohle näher verwandt zu sein scheint.
Mit der Meeresmolasse theilt Deitighofen am wenigsten
(13) Arten; auch sind dabei keine Leitpflanzen. Dagegen fin-
den sich unter den 27 mit der oberen Molasse gemeinschaft-
lieben Arten: Smilax sagittifera Hzer, Celastrus crassifolius A.
Br., Colutea Salteri Hzer und Dalberyia nostratum Kov., die
bisher nur in dieser Stufe getroffen wurden.
Wenn wir die unteren beiden Stufen, untere ee
und graue Molasse, vereinigen, die bekanntlich als „untere
*) Wir benutzten bei den folgenden Vergleichungen hauptsächlich
wieder O. Heer’s tertiäre Flora der Schweiz,
550
Süsswasser-Molasse“ begriffen werden, so treten als Leit-
pflanzen für letztere zu den schon bei den Stufen genannten
7 Arten noch folgende 6 neue sehr interessante hinzu: Sabal
major Une., Fopulus Gaudini Fısch., Cinnamomum specta-
bile Hrer, Dryandroides banksiaefolia Uxe., Eucalyptus
oceanica ? Ung., Carya Heeri Ert.
Nach diesem theilt Dettighofen mit der unteren Susswasser-
molasse nicht nur die grösste Anzahl Arten (35), sondera
auch weitaus die meisten — nämlich 13 — Leitpflanzen und
hat bei der Analogie mit dieser Abtheilung in ihr, wie oben
gezeigt, mit der unteren Braunkohle von Monod die meiste
Aehnlichkeit. Hierbei ist noch zu bemerken, dass die Flora
und Fauna von Dettighofen zu unterst in der Melanienstufe
gleich über der Austernagelfluhe vorkommt, und dass der mitt-
lere und obere Melaniensand, der nur sparsam von abgerie-
benen Austernschalen darchschwärmt wird, wohl auch jungeren
Stufen als Monod parallel sein kann.
Werfen wir auch hier, wie bei Baltersweil, die Blicke
nach auswärts, so ist überall eine grössere Verwandtschaft der
Dettighofer Florula mit der unteren als oberen Braunkohle zu
beobachten. So theilt nämlich Dettighofen mit der unteroli-
gocänen Braunkohle von Sotzka (S.), Häring (H.) und Novale
(N.) folgende, zum Theil sehr interessante Arten:
Phragmites oeningensis A. Br.
Sabal major Use. (H. N.)
Myrica Ungeri Hzer. (S. H.)
Cinnamomum Rossmässleri Heer (H. N.)
C. Scheuchzeri HEEr. (8. N.)
C. lanceolatum Un. (S. H. N.)
C. polymorphum A. Br. (S.)
Daphnogene Ungeri HEer. (S. N.)
Dryandroides banksiaefolia Une. (S.H.N.)
Vaccinium acheronticum Une. (S. H. N.)
Porana Ungeri ? HEER. (S.)
Eucalyptus oceanica ? Une. ($. H.)
Amygdalus pereger Une. (S. N.)
Cassia Berenices Une. (S. N.)
C. phaseolites Une. (S. H. N.)
5öl
Cassia ambigua Une. (H. N.)
©. lignitum ? Une. (S. H. N.)
Acacia sotzkiana Ung. (8. H.)
Aus diesem Verzeichnisse geht hervor, dass Dettighofen
mit Sotzka in Steiermark 15 (5 seiner Pflanzen), mit Häring in
Tyrol 11 und mit Novale in Italien 12 Pflanzenspecies gemein-
sam hat, folglich auch mit diesem Horizonte in naher Bezie-
hung steht.
Auch ist noch besonders auf die Verwandtschaft von Dettig-
hofen mit Speebach im Elsass aufmerksam zu machen, die
zwar nur wenige, aber wichtige Arten mit einander theilen:
Quercus Schimperi HEER, Quercus Köchlini Hrer, Eucalyptus
oceanica Ung., Mimosites haeringiana Ert. Die beiden Eichen
sind nämlich bis jetzt nur an diesen zwei Lokalitäten getroffen
worden.
Ausser mit den schon genannten tertiären Floren theilt
Dettighofen noch mit vielen anderen europäischen Fundstellen
Pflanzen, die nach Zahl und Wichtigkeit sehr verschieden ver-
theilt sind. Wir beschränken uns hier, wie bei Baltersweil,
nur auf die wichtigeren Angaben.
Dettighofen hat gemeinschaftlich mit den
Braunkohlen am Niederrhein bei Bonn 17 Arten,
Gypsen von Senigaglia 12
Braunkohlen von Parschlug 10
Kalkmergeln von Radoboj 13
Braunkohlen, unteren der Wetterau
Schichten von Tokay
Kalkmergeln der Superga bei Turin
Braunkohlen, oberen der Rhön
Mergeln von Günzburg
Braunkohlen von Sieblos (unt. Braunkohle d. Rhon)
Mergeln des Val d’Arno
Braunkohlen des Mt. Promina
Schichten von Menat
Braunkohlen von Oadibona
Schichten von Sagor
Sandsteinen von Montajone
Susswasserkalken von Kumi
Braunkohlen von Bilin
Zeits. d. D.geol.Ges. XXIL 3.
SS De RN Pre BES BE EN JEDER LER Ben BR Pur Duden Hrn SESERLn }
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552
Das Ergebniss der Vergleichung von Dettighofen mit den
genannten Lokalitäten, gestützt auf die Zahl und Wichtigkeit
anerkannter Leitpflanzen, dient uns zur Bestätigung der schon
gewonnenen Resultate, indem wir auch hier immer nach unten
gewiesen wurden.
Aus dem Bisherigen geht hervor, dass die Flora von
Dettishofen sehr nahe, ja am nächsten verwandt sei mit der-
jenigen des Horizontes von Monod und des hohen Rhonen,
sowie mit der von Sotzka, Häring und Novale. Es bleibt uns
daher nur noch zu ermitteln, welchem von diesen beiden Ho-
rizonten sie sich am engsten anschliesse. Es wurde schon
früher gezeigt, dass die Flora von Dettighofen, nach den
Lagerungsverhältnissen zu urtheilen, gar viel jünger sein.
müsse als diejenige von Baltersweil; denn beide sind ja durch
etwa 300 Fuss mächtige, aus Süsswasser- und Meeresnieder-
schlagen gebildete Zwischenschichten getrennt. Wenn sie aber
dessenungeachtet doch in einem nahen Verwandschaftsverhält-
nisse zu einander stehen, so kommen eben doch einige wesent-
liche Verschiedenheiten vor. In Dettighofen tritt namlich das
tropische Element, gegenüber von Baltersweil, um etwas zurück,
und zugleich erscheinen Typen, wie die Pappeln und Weiden,
die dort fehlen, und’ welche für eine Annäherung an temperirte
Klimate sprechen. Darum werden wir, gestützt auf die in Be-
zug auf klimatischen Charakter schon bei Baltersweil ge-
machten Erörterungen, nach welchen eine tertiare Lokalflora
desto älter ist, je mehr sie sich einer tropischen nähert, Dettig-
hofen für jünger als Baltersweil erklären müssen, was ja auch
mit den Lagerungsverhältnissen übereinstimmt. Auch ist noch
auf das Fehlen der für Baltersweil so wichtigen Leitpflanzen
Dryandroides hakeaefolia Une. und D. laevigata einiges Gewicht
zu legen. {
Die Flora von Dettighofen schliesst sich demnach sowohl
durch ihren klimatischen Charakter, als auch durch die Leit-
pflanzen nicht so enge wie Baltersweil an die Braunkohlen von
Sotzka, Häring und Novale an, sondern entspricht viel mehr
dem Horizonte von Monod, Paudeze und hohen Rhonen, ist
daher mit letzterem, beziehungsweise mit den Cyrenenmergeln
des Mainzerbeckens, dem Susswasserkalke von Saucats und den -
Faluns von Merignae zu parallisiren.
Die aus Meeres-, Süsswasser- und Landthieren zusammen-
gesetzte Fauna der Melanienschichten von Dettighofen trägt
einen mitteltertiären (oligocänen) Charakter, und ohne dass sie
zur Unterscheidung einer bestimmten Unterabtheilung das Ma-
terial darbietet, deutet sie doch mehr auf die unteren als oberen
Ablagerungen dieser Periode hin.
993
Schon früher wurde nachgewiesen, dass die brackischen
Melanienschichten gleich wie die Austernagelfluhe einer
von Westen nach Osten gerichteten Strömung ihre Entstehung
verdanken, woraus folgt, dass auch zu dieser Zeit der Rhein-
Donau-Kanal noch existirte, dass aber die Aussüussung des
Mainzerbecken schon begonnen und wir die Gebilde aus der
brackischen Periode der Cyrenenmergel vor uns haben.
Auch kommen alle Thiere unseres Melaniensandes entweder
im Mainzerbecken selbst, oder in den entsprechenden Nieder-
schlagen auf dem Verbindungsstreifen mit den Donaugegenden:
am Oberrhein, in der Schweiz und Württemberg vor. So trifft
man im Mainzerbecken in den Schichten der Meeresbildung fol-
sende, auch im Klettgauer Melaniensande vorkommende Petre-
fakten: Palaeomerix Scheuchzeri MEYER, Microtherium Benggeri
MEYER, Ölanorbis solidus Tumoun., Lymnaeus pachygaster Tmom.,
Helix Ramondi Br., H. ozystoma Tmom., H. osculum Tuoxm.,
H. subsulcosa Tuonu., H. punctigera Tom. etc.
Weiter oben im Rheinthale ist, neben anderen mit dem
Klettgau gemeinschaftlichen Muscheln, auch die bei uns häufige
Melania Escheri Broxg. stellenweis zahlreich vorhanden. Auch
im Thale von Delsberg ist diese Muschel, nebst noch einer an-
sehnlichen Zahl Klettgauer Petrefakten, so auch Palaeomerix
Scheuchzeri, anzutreffen. Aehnliche Verhältnisse bieten, wie schon
früher gezeigt, die tertiären Plateaus des Baseler, Solothurner
und Aargauer Jura.
Horizont der Juranagelfiuhe.
Die wenigen fossilen Pflanzenreste, die wir aus dieser
Stufe vom Kaltwangen bei Bühl kennen, geben wohl einige
praktische Winke, aber keine genügenden Anhaltspunkte zu
einer sicheren Altersbestimmung.
Anderwärts hat diese Bildung im schweizerischen Jura *),
im Höhgau und der oberen Donaugegend eine weite Verbrei-
tung**), ist aber überall äusserst petrefaktenarm, und nur aus
den Lagerungsverhältnissen folgerten die Geognosten, dass die-
selbe der oberen Susswassermolasse parallel sei. Die Lage-
rungsverhältnisse der Juranagelfluhe im Klettgau und das Vor-
herrschen der Populus-Blätter in ihrer Florula sprechen ebenfalls
für diese Ansicht, und so hätten wir bis auf Weiteres dieselbe
dem Horizonte von Oeningen einzuordnen.
*) B. Stuper, Geologie der Schweiz, II, p. 366 u. d. f.
**) J. Scaucr, die Tertiär- und Quartärbildungen am Bodensee etc.
Pal: d. f.
36 *
954
Einreihung des Klettgaues in das Fachwerk des
|
: | Nord- und Mainzer Schweizer |
Frankreich. Mittel- | Rlettgau.
Deutschland. Becken. Jura. |
|
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= Bois de Raube, '
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Oberste |Obere ee Juranagelfluhe Juranagel-
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955.
Systems der mitteleuropäischen Tertiärbildungen.
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Deutschen geologischen Gesellschaft.
Zeitschrift
der
XXI. Band.
1. Heft.
November und December 1869 und Januar 1870.
(Hierzu Tafel I — III.)
Berlin, 1870.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behrenstrasse No. 7
Inhalt des I. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite,
{. Ueber die Terrassen in Norwegen und deren Bedeutung für
eine Zeitberechnung bis zur Eiszeit zurück. Von Herrn
EB KRarnnıck; in: Christianid 2 o era er 1
2. Lithologie der Meere der alten Welt. Von Herrn Detessr
ERBE LI ee a ee ne er
3. Beiträge zur Kenntniss fossiler Korallen. Von Herrn A. Kınta
a Berlin. (Hierzu Tafe-Tyr>.n.2 0... ee ed
4. Anstehende Juragesteine im Regierungsbezirk Be Von
Herrn Ruxer in Breslau. (Mit einer Karte auf TafelIl) 44
9. Der Ararat, in genetischer Beziehung betrachtet. Von Herrn
Benene in Ballis- (Fiierzu- Tafel-IIE). .. -2, rt NS
6. Ueber die chemische Constitution des Uranophans. Von Herrn
DersRrsin Breslau... See ae te 0
7. Nekrolog von Friepdrich Anorıpn Rormer. Von Herrn Fran.
Bermen sn» Breslau. 2..0..7 0,20 08,80% BEN an ei 9h
8. Ueber die Contactmetamorphose der are Diabase im
Harz. Von Herrn EmanteLr Kayser in Berlin . . . ... 108
9. Geologie des Kurischen Haffes und seiner Umgebung. Von
Herren G. Berespr in Königsberg 1. Pr... -. 2%... 49
B. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der November-Sitzung, vom 3. November 1509 . 181
2. Protokoll der December-Sitzung, vom 1. December 18509 . 154
3. Protokoll der Januar-Sitzung, vom 5. Januar 1870 °. . . 18
Beiträge für die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die
Versendung der Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte,
sowie Anzeigen etwaiger Veränder ungen des Wohnortes sind an Dr Eck
(Lustgarten No. b.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando an die
Bessersche Buchhandlung (Behrenstrasse 7.) einzureichen Die
Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht auf buch-
händlerischem Wege, sondern Bach direcie Üchersendung an
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Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
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| die Bessersehe Buchhandlung zu bewirken.
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Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
XXI. Band.
2. Heft.
Februar, März und April 1870.
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(Hierzu Tafel IV — XI.)
Berlin, 1870.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behrenstrasse No. 7
Inhalt des II. Heftes,
A. Aufsätze.
Seite,
1. Ueber die Ausbrüche des Aetna im November und December
1868. Von Herrn Mar. Grassı in Acireale. (Mitgetheilt
von Herrn J. Roru in Berlin.) . . . Be Ee
2. Die.Kreide von New Jersey. Von Herrn Eiern ÜREDNER
in Leipzig... (Hierzu Tafel IV.) 7. 0.220,00 De
3. Ueber die Gleichzeitigkeit der Vulkane von Latium und Er;
Menschen und über die paläoethnologischen Funde in der
römischen Campagna überhaupt EN von Herrn
Sr BRose m Berlin, u... 2u0%: : a ray
4. Beschreibung neuer Arten oder dena aiiewehitieen
Versteinerungen. Von Herrn Zeuschner in Warschau.
(Hierzu Tafel V., VL, VIL). ea 2 265
5. Die Liasmulde von Mia Koller seit bei Einbeck. Von Herrn
Ben K. Emerson aus N. Bu: BS. en;
Wale V IN. IX; X). :% 271
6. Ueber einige Umwandlungen Anländischer Teliahe Von
ElerrnJ. -GEMBERG in Dorpat: 1". Sr 2er
7. Einige Bemerkungen über die geognostische Karte von Ober-
schlesien, bearbeitet von Herrn Ferpınaxsp Rorwer. Von
Herrn Zevsennen in Warschau... ee
8. Ueber den Topas einiger Zinnerzlagerstätten, besonders von
Altenberg und Schlaggenwalde, sein Vorkommen und seine
Krystallformen. Von Hrn. Pau: Grorta in Berlin. on
Paeb xt. 381
9. Synthetische Versuche bezeckch ee Meere Vergleicht
und Schlussfolgerungen, zu welchen diese Versuche führen.
kon Heren, Datpkke. in Paris 0.080 en. rein
B. Briefliche Mittheilung
BESSERE EHSÖTIMER 00.0000 ee ee ee EEE
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Februar-Sitzung, vom 2. Februar 1570. . . 455
2. Protokoll der März-Sitzung, vom 2. März 1870 . . . . . 462.
3
Protokoll der April-Sitzung, vom 6. April 1570 °. .. . .. 463
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Beiträge für
die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendung der
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie Anzei-
gen etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr Eck (Lust-
garten No. 6.) zu richten. Die- Beiträge sind pränumerando an die
Bessersche Buchhandlung (Behrenstrasse 7.) einzureichen Die
Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht auf buch-
händlerischem Wege, sondern durch direete Uebersendung an
die Besserscehe Buchhandlung zu bewirken.
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Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
xx Band.
3. Heft.
Mai, Juni und Juli 1870.
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(Hierzu Tafel XII—XVI)
Berlin, 1870.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behrenstrasse No. 7
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Inhalt des III. Heftes.
A. Aufsätze.
Seite,
1. Die Tertiärformation im Klettgau. Von Herrn Franz JoserH
Würrensereer in Dettighofen. (Hierzu Tafel XI). . . 471
2. Ueber Python Euboicus, eine fossile Riesenschlange aus ter-
tiärem Kalkschiefer von Kumi auf der Insel Euboea. Von
Herrn Ferov. Rorser in Breslau. (Hierzu Tafel XIII.) ° 982
3. Geognostisch- mineralogische Fragmente aus Italien. Von
Herrn G. von Rırn in Bonn. III. Theil. (Hierzu Tafel
IV und XV. it. a ee
4. Das fossile Phyllopoden- Genus Leaia R. Jones. Von Herrn
H. Laspeyres in Aachen. (Hierzu TafelXVI). . . . 788
9. Ueber den Palatinit von Norrheim in ser Pfalz. Von Hrn.
BSENNEOTTAIN- Zurich En rare Ben ern
6. Ueber ein Vorkommen von Zirkon in dem Hypersthenit des
Radauthals bei Harzburg. Von Herrn G. Rose in Berlin 754
B. Briefliche Mittheilung
der Herren F. Sınpserger, Laspeyres und GIEBELHAUSEN . . . 798
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
1. Protokoll der Mai-Sitzung, vom 4. Mai 1970 . .. .... .. 762
2. Protokoll der Juni-Sitzung, vom 1. Juni 1870 . . . . . 766
Protokoll der Juli-Sitzung, vom 6. Juli 1870... .. .....769
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Beiträge für
die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendung der
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie Anzei-
gen etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr Eck (Lust-
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando an die
Bessersche Buchhandlung (Behrenstrasse 7.) einzureichen Die
Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht auf buch-
händlerischem Wege, sondern Hnich direete UVehersendung an
die Bessersche Buchhandlung zu bewirken.
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Zeitschrift
der
Deutschen geologischen Gesellschaft.
XXI. Band.
4. Heft.
August, September und October 1870.
(Hierzu Tafel XVIT—XXIV.)
Berlin, 1870.
Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung).
Behrenstrasse No. 7
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2
Inhalt des IV. Heftes.
A. Aufsätze.
1. Ueber wenig bekannte Crustaceen von Solenhofen. Von
Herrn A. Kuxt# in Berlin. (Hierzu Tafel XVII. u. XVIIL) 771
Chemisch - geologische Untersuchung einiger Kalklager der
finnischen Schäreninsel Kimito. Von Herrn J. LEmBEre
189)
.
2u Dorpat.: (Hierzu Tafel XIX}. 1.2... "ones er
3. Studien aus dem Gebiete des rheinischen Devon. Von
Herrn Emanver Kayser, in Berlin . 2. 2... 20.0. 84
4. Studien über Odontopteriden. Von Herrn E. Weıss in Bonn.
(Hieran: Pafel X, XXI und XXI.) „=. 2.27 2276088
9. Ueber den Meteorstein von Chantonnay. Von Herrn C. Ran-
BERSBERE In Berlin =. 00.2.0008 A a
Ueber das Schwefeleisen des Meteoreisens.. Von Demselben 89
Ueber die Zusammensetzung des Lievrits. Von Demselben 897
Ueber den Anorthitfels von der Baste. Von Demselben . . 899
Das Auftreten von Kreide und von Tertiär bei Grodno am
Niemen. Von Herrn G. Berexpr in Königsberg. (Hierzu
BEREERSCH DIEPEXIV 2 a I
a le 1)
B. Briefliche Mittheilung
der Herren Heymann, Knop und ZERRENNER . . 2 2... 0.918
C. Verhandlungen der Gesellschaft.
Protokoll der August-Sitzung, vom 27. Juli 1870 . . . . 925
Die Autoren sind allein verantwortlich für den Inhalt ihrer Abhandlungen.
Einsendungen für die Bibliothek der Gesellschaft, Beiträge für
“die Zeitschrift, Briefe und Anfragen, betreffend die Versendung der
Zeitschrift, Reclamationen nicht eingegangener Hefte, sowie Anzei-
gen etwaiger Veränderungen des Wohnortes sind an Dr. Lossen (Lust-
garten No. 6.) zu richten. Die Beiträge sind pränumerando an die
Bessersche Buchhandlung (Behrenstrasse 7.) einzureichen. Die
Herren Mitglieder werden ersucht, diese Einzahlung nicht auf buch-
händlerischem Wege, sondern durch direete Uebersendung an
die Bessersehe Buchhandlung zu bewirken.
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N INSTITUTION LIBRARIES
UNMIINNNN
8 01357 0726
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