1 PIOH, x ER ai ne a N ö ! Aare a : In : ER : ” ee DETER Be Pe BEE En el are EUR rinen, H et. En an UT LTE I u ce, 2 = 5 j - “ { ae EEE TH 2 je: Syn 2 Eee } Fr : = | Enns full we a as u . H ar e } j . .r b f a s 2 5 x . y E x 23 acer 2 - 5 = ee w BE = i Y 7 m . ER Di; R k = Er 2 ac = ae En ? x - 2 e 5 : x cr 40 N va Ten EORSTIIETBEOBTE BOR-EDVCATION?| EOR-SCIENEE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY A Zeitschrift Deutschen geologischen Gesellschaft, Mit sechzehn Tafeln. Berlin, 1853. Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). Behrenstrasse No. 44, A. B. Inhalt. Seite. Verhandlungen der Gesellschaft . . .1. 241. 485. 617 Briefliche Mittheilungen der Herren v. GrÜNEWALDT, v. HigEnow . . . EEE NAUSTHER RUN. 14 V. SCHAUROTH, OTTO ebadusegg: v. Heyoes HÄNDE kan us 264 F. Rorumer, LyeıL . . » ; RE 494 RIBBENTROP, V. SCHAUROTH, Sn onsach, a: VON Nina Nev- BERAREN EWR ie 666 Aufsätze. A. v. HumsorLpr.. Schichtung der Gebirgsarten am südlichen Abfall der Küstenkette von Venezuela gegen das grosse Becken der Ebenen (Llanos). 18 Scaccnı und PaArnmierl. Ueber die alkanische Gorend den Vultur und das dortige Erdbeben vom 14. August 1851. 21 v. Franzıus. Fossile Ueberreste von Anthracotherium ai mum und einer Antilopenart aus Dalmatien 79 v. STROMBECK. Der obere Lias und braune Jura bei Beaurschnig oJ SONNENSCHEIN. Ueber das Carolathin. . © i 223 E. E. Scumin. Ueber die basaltischen Gesteine der Khönd. 227 Beyrıcn. Die Conchylien des norddeutschen a Erstes Stück. rare Rorn. Beiträge zur geognostischen Kenniniay von Treuen 399 Wessky. Ueber die geognostischen Verhältnisse der Erzlager- stätten von Kupferberg und Rudelstadt in Schlesien. 373 Rıcater. Thüringische Graptolithen. 439 Gemitz. Conularia Hollebeni Gen. aus dem en Zechstein von Ilmenau. . . 465 v. MiELEcCzKI. Enzende Bemeskuneen na Beiehtirungen zu dem Aufsatze des Herrn Pıerttxer über die Braunkoh- lenformation in der Mark Brandenburg. . . 467 NöcgeratH. Die Erdbeben in der ee vom 18. Fe. bruar 1859. . 5 479 V. STROMBECK. Ueber den Gault im Vennnere iinchen. Quader. gebirge. v01 IV v. Kuıpsteiıs. Geognostische Schilderung des westlichen Theils des im Königlich Preussischen Kreise Wetzlar gelegenen Gebirgsdistriktes zwischen der Dill und der Lahn. v. Liseckı. Die Braunkohlen- und Salz-Ablagerungen in den miocänen Schichten im Königreich Polen. . . - Deresse. Ueber die Menge des dem Kalkspath von omiame- bleau beigemengten Sandes.. . . . di 5.6 GUTBERLET. Ueber Senat unse im ach der EHOney er BEN oc Mey. Miocänschichten des nördlichen ae Es Bıscuor. Mägdesprunger Hohofenschlacken . . . . . C. Rınwmeisseng. Bericht über Herrn Saınte-Cräıre DevILLe's Arbeiten, die Vulkane der Canarischen und Capverdischen Inseln und der Antillen betreffend. . C. v. Scuauroru. Uebersicht der geognostischen Verhältnisse des Herzogthums Coburg und der angrenzenden Länder- theile, als Erläuterung zur geognostischen Karte. . . . ZIMMERMANN. Der Grasbrook bei Hamburg. . » » 2... Seite. 516 591 600 603 606 609 678 695 743 Zieitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 1. Heft (November, December 1852, Januar 1853.) A. Verhandlungen der Gesellschaft. 1. Protokoll der November - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 3. November 1852. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. CarnarL, wird das Protokoll der August - Sitzung verle- sen und angenommen. Als neue Niiglieder der Gesellschaft werden ange- meldet: Herr Heer, Markscheider zu Aybnick, vorgeschlagen durch die Herren GLocker, Kun und DEGENHARDT; Herr Srroun, Justizrath in Berlin, u durch die Herren Jacor, KARSTEN und . CARNALL; Bi: ReD1EL, en in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren SKALLEY, JAcoB und v. CARNALL; Herr Epvarn Süss, Dr., Assistent am k. k. Hof-Mine- ralienkabinet in Wien, vorgeschlagen durch die Herren v. HAurr, IT und Beyrıca; Herr Marrını, Hütten-Inspektor zu Schreckendorf, . vorgeschlagen durch die Herren v. Oarnaut, BEYRICH und Rorn. An Briefen waren eingegangen: Von Herrn Gumo SAnDBERGER in Wiesbaden mit den Zeits. d. d. geol. Ges, V. 1. 1 2 letzten Nummern des Tagesblattes der Wiesbadener Ver- sammlung. Von Herrn F. Rormer, das (bereits erschienene) Werk über die Kreidebildungen in Texas betreffend. Von Herrn GLocker in Breslau vom 23. October 1852, das Vorkommen von Basalt und Süsswasserquarz in Schle- sien betreffend. An Schriften für die Bibliothek der Gesell- schaft waren eingegangen als Geschenke der Verfasser: Von Herrn F. Rormer: Die Kreidebildungen von Texas und ihre organischen Einschlüsse. Bonn 1852. 2 Exemplare. Von Herrn MurcnHisonx: Adress at the anniversary meeting of the Royal geogra- phical Society 24. May 1852. Von Herrn ve Koninck: Discours sur les progres de la Paleontologie en Belgique. Annuaire de la Societe d’Encouragement a Paris. 1852. Von Herrn J. TuurMmann: Lettres ecrites du Jura a la Societe d’histoire naturelle de Berne No. 250 et 251. Von Herrn Amı Bove: Ueber das Erdbeben, welches Mittel- Albanien im Octo- ber 1851 betrofien hat. Ueber die Nothwendigkeit, die Erdbeben und vulkani- schen Erscheinungen genauer als bis jetzt beobachten zu lassen. Ueber die Karten der Gebirge und Thäler-Richtungen. Erläuterungen über die im Löss des Rheinthals 1825 aufgefundenen Menschenknochen. Ueber die wissenschaftliche und praktische Wichtigkeit einer genauen geognostischen Aufnahme aller geognostischen Durchbrüche so wie aller Becken- und Länder-Theilungen. Vortrag in der Sitzung der mathematisch-naturwissen- schaftlichen Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien am 30. Januar 1851. 3 (Separatabdrücke aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien 1851 und 1852.) Ueber die ewigen Gesetze der Natur, die Einfachheit, die Einheit und das allmälige Uebergehen, besonders in der Mineralogie, Geologie und Palaeontologie mit Berücksichti- gung des jetzigen Standes dieser Wissenschaften. (Aus dem III. Bande der Denkschriften der mathem.- naturwiss. Klasse der Kaiserl. Akademie der Wissensch. in Wien. 1851.) Der ganze Zweck und der hohe Nutzen der Geologie in allgemeiner und spezieller Rücksicht auf die Oesterrei- chischen Staaten und ihre Völker. Wien 1851. Sur VEtablissement de bonnes routes et surtout de che- mins de fer dans la Turquie d’ Europe. Vienne 1852. Von Herrn Franz v. Haver: Der Goldbergbau von Vöröspatak in Siebenbürgen. (Aus dem Jahrbuche der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrgang II. Wien 1851.) Ueber die geologische Beschaffenheit des Körösthales im östlichen Theile des Biharer Comitates in Ungarn. (Aus dem Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrg. III. 1852. Ueber den gegenwärtigen Zustand des Museums der k. k. geolog. Reichsanstalt. (Aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. 1851.) Von Herrn Zıppe: Ueber den Rittingerit, eine neue Species des Mineral- reichs. (Ebendaher 1852.) Von Herrn Constantın v. ETTINnGSHAUSEN: Ueber fossile Pandaneen. (Aus den Sitzungsber. der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien 1852.) Ueber die Proteaceen der Vorwelt. (Ebendaher 1851:) Notiz über die fossile Flora von Wien. (Aus dem Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Wien 1851.) Begründung einiger neuen oder nicht genau gekannten Arten der Lias- und Oolith-Flora. (Aus den Abhandlun- gen der k. k. geolog. Reichsanstalt. Wien 1852.) 4 * 4 Beitrag; zur Flora der Wealdenperiode. (Ebend. 1852.) Ueber Palaeobromelia, ein neues fossiles Pflanzenge- schlecht. (Ebendaher 1852.) Von Herrn K. C. v. LEoxHaRrD: Hüttenerzeugnisse als Stützpunkte geologischer Hypo- thesen. Stuttgart 1852. Von Herrn ZIMMERMANN: Mittheilungen aus den Verhandlungen der naturwissen- schaftlichen Gesellschaft in Jamburg vom Jahre 1846. Ham- burg 1846. Von Herrn ZERENNER: Erdkunde des Gouvernements Perm. Abtheilung I. Leipzig 1852. Von Herrn GUIDO SANDBERGER: Wesen und Bedeutung der Palaeontologie. Wiesbaden 1852. Von Herrn Günser: Die fünf Würfelschnitte. Ein Versuch, die verschiede- nen Krystallgestalten in einen innigen Zusammenhang zu bringen. Landau 1852. Zum Austausche gegen die Zeitschrift der Gesellschaft: Annales des Mines. Jahrgang 1848, 49, 50, 51, 52. Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. XI. Heft 3 u. 4. Berlin 1852. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. Heft 6. Neubrandenburg 1852. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzog- thum Nassau. Heft S. 2 Abtheilungen. Wiesbaden 1852. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. Jahrgang 4. 1851 und Jahrgang 5. 1852 zweites Heft. Ferner legte der Vorsitzende vor: Die von Herrn FRIıDoLIN SANDBERGER übergebene geognostische Ueber- sichtskarte des Taunus, eine Ansicht des Gebäudes der geologischen Reichsanstalt in Wien, mitgetheilt von Herrn 5 Haıpinser und Ansichten des Altenberger Galmeibergwer- kes von Herrn Max Braun, sämmtlich als Geschenke für die Gesellschafts-Sammlung. Herr v. Carnart berichtete über die Verhandlungen der allgemeinen Versammlung in Wiesbaden, deren Proto- kolle in der Zeitschrift abgedruckt werden. Den Statuten gemäss erfolgt die Neuwahl des Vorstan- des für das nächste Geschäftsjahr. Stimmzettel von aus- wärts waren nicht eingegangen. Auf den Antrag eines Mit- gliedes wird der hisherige Vorstand unter Zustimmung der Versammlung wieder gewählt. Dem Vorstande wird für seine Mühwaltung ein Dank votirt. Herr A. Braun sprach über die tertiären Goniopteris- arten und ihre Analoge unter den lebenden Farnen. *) Der Vorsitzende, Herr v. Carnauı, gab eine Beschrei- bung des vor einigen Jahren entdeckten Vorkommens von Galmei bei Wiesloch ohnweit Heidelberg, welches besonders darum von grossem geologischen Interesse ist, weil es sich von anderen Galmei-Ablagerungen wesentlich unterscheidet, namentlich auch von denjenigen in Oberschlesien, obwohl der Galmei hier wie dort der Formation des Muschelkalksteins angehört. Bei Wiesloch liegt das Gestein auf buntem Sand- sein, bildet einen Zug flacher Höhen und wird an deren Rändern von jüngerem Gebirge bedeckt. Auf jenen Höhen steht dasselbe fast überall unmittelbar unter der Dammerde an, ist darum vielfach sichtbar und in Steinbrüchen bis zu 20 Fuss Tiefe entblösst. Man findet dort eine grosse An- zahl von Pingen und Halden eines sehr alten Bergbaues, welcher auf silberhaltigen Bleiglanz, vielleicht aber zum Theil auch schon auf Galmei geführt worden ist. Die gegenwär- tigen Aufschlüsse sind am vollständigsten auf einem reich- lich 80 Fuss tiefen Schachte erfolgt, aus welchem man in verschiedenen Sohlen und nach allen Richtungen hin durch Strecken und Gesenke den Galmei verfolgt hat. Es zeigt *) Siehe Band IV. S. 549. 6 sich hier, dass das Gestein durch senkrechte Klüfte zerspal- ten ist, in welchen der Galmei dergestalt vorkommt, dass er sich von jenen Klüften aus in den horizontalen Schichten des Gesteins seitlich ausbreitet, jedoch mit abnehmender Mäch- tigkeit, die nur da wieder wächst, wo man sich einer zwei- ten senkrechten Spalte nähert, während an vielen anderen Stellen der Galmei gänzlich aufhört. Der Redner erläuterte dies Verhalten durch ein Profil und zeigte, dass es gewisse Bänke des Kalksteins sind, welche, vermöge leichterer An- greifbarkeit durch säurehaltige Quellen, in Nähe der senk- rechten Spalten in Galmei umgewandelt wurden; namentlich sind es versteinerungsführende Schichten, und es kommen Muschelkerne und Enkriniten- Stengel sehr häufig ın dem Galmei vor. Dagegen haben die festen Bänke des Kalk- steins dem Angriffe so widerstanden, dass die gedachten Spalten in diesen Bänken sich nur als Gesteinsscheide dar- stellen. Bemerkenswerth ist noch, dass überall, wo Galmei bricht, Aushöhlungen der verschiedensten Form gefunden werden, welche theils von alten Bauten, theils von Auswa- schungen herrühren, und in ihren Wänden oft mit herrlichen Tropfsteinen bedeckt sind. Auf den übrigen Schichten so- wie in den Steinbrüchen sind bis jetzt keine reichen Auf- schlüsse gemacht. Im Allgemeinen ist Redner der Ansicht, dass der dargestellte Fund zwar eine mehrjährige Zinkdar- stellung gestatten werde, indessen nicht die grosse Bedeutung habe, welche ihm bisher beigelegt worden sei, indem der grosse Zinkmarkt davon wenig berührt werden dürfte; ein Markt, bei dem es sich um einen Absatz von jährlich etwa einer Million Centner Robzink handelt und dem Schlesien allein jetzt mehr als die Hälfte zuführt. Herr Beyrıc# trug einen Brief des Herrn Dr. BEinerr in Charlottenbrunn vor, betreffend den Fund eines Polypty- chodon-Zahnes im Quadersandstein von Ztaspezau in Schle- sien. Die Vergleichung dieses Zahnes mit einem anderen der Königl. Sammlung aus schlesischem @Quadersandstein, wahrscheinlich von Löwenberg, führte zu dem Resultat, 7 dass beide Zähne dem Polyptychodon contiguus Owen an- gehören. *) Derselbe legte ein Stück von einem charakteristischen sogenannten Sternberger Kuchen vor, welches Herr Prediger Kıeiser zu #eipzig bei Frankfurt a. 0. im Oderbett bei Cunitz aufgefunden und eingesendet hatte. Redner be- merkte, dass ihm bei seinen Beobachtungen in der Gegend von Berlin nie dieses Gestein vorgekommen sei, und der Fund in beträchtlicher östlicher Entfernung von hier von In- teresse erscheinen müsse, weil daraus ein, wenn auch selten erfolgtes Verspülen von Gesteinen durch die Diluvial-Flu- then in nordwest-südöstlicher Richtung angezeigt werde. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. v. Carnauı. DBEYRIcH. Rorn. 2. Protokoll der December - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 1. December 1852. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. Carnaıı, wird das Protokoll der November-Sitzung verlesen und angenommen. Als neue Mitglieder der Gesellschaft werden ange- meldet: Herr v. Vırsaun, Geh. Ober-Finanzrath zu Berlin, vorgeschlagen durch die Herren v. CarnaLL, JAcoB und MiırTscHERLIiCH; Herr Freih, v. TuterLmans, Rittmeister a. D.in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren v. Carnaıı, G. Rose und Tamnar. . Als Geschenk für die Bibliothek ist eingegangen: Von Herrn Görrerr: Beiträge zur Tertiärflora Schie- siens. Cassel 1852. (Abdruck aus den Palaeontographica.) *) Vergl. Band IV. S. 330. 8 Zum Austausch gegen die Zeitschrift der Ge- sellschaft: Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Ver- eins in Regensburg. Jahrgang 5. 1851. Briefe sind eingegangen: Von Herrn v. Krirstein in Giessen vom 31. Oktober 1852 mit dem Anerbieten, sich an der Colorirung der geolo- gischen Uebersichtskarte von Deutschland zu betheiligen. Von Herrn Emmrichn an Herrn Weıss, weitere geolo- gische Untersuchungen der bairischen Alpen enthaltend. Herr Ewarp sprach über das Vorkommen von Posido- niıen in Schichten, welche der oberen Abtheilung des brau- nen Jura und zwar den Oxford-Bildungen angehören. Kom- men auch allerdings diese Posidonien in Beziehung auf ihre geographische Verbreitung denen des Lias nicht gleich, so finden sie sich doch in verschiedenen weit von einander ent- fernten Juradistrikten wieder, und an manchen Punkten ın so grossen Anhäufungen, dass sie förmliche Posidonienge- steine zusammensetzen. Im Rhonebecken, zwischen Lyon und dem Mittelmeere, sind diese Gesteine von den ebenfalls daselbst einheimischen Posidonienschiefern des Lias wohl zu unterscheiden. Dort kommen sie im Dröme-Departement mit den Schichten des Ammonites Lamberti eng verbunden, im Ardeche-Departement über den Eisenerzen von La Voulte und Privas vor, welche den dem braunen Jura angehörenden Macrocephalen-Schichten Deutschlands entsprechen. In glei- cher Lagerung sind, wie aus QuEnstepr’s Angaben hervor- geht, auch in Würtemberg Posidonien vorhanden. Endlich aber finden sich mit Posidonien erfüllte Gesteine auch an der Porta Westphalica über den daselbst in Steinbrüchen gewonnenen eisenreichen Sandsteinen, also auch hier über den Macrocephalenschichten, denen jene Sandsteine angehö- ren. Es wurde das Posidoniengestein von der Porta vorge- zeigt, und die Stelle, welche es daselbst einnimmt, an dem von Ferv. RoEmEr veröffentlichten Profil der dortigen Jura- schichten erörtert, schlieslich aber auf die Uebereinstimmung 9 hingewiesen, welche sich in der speciellen Ausbildung der besprochenen Schichten gerade an den beiden am weitesten auseinanderliegenden der angegebenen Punkte, nämlich an der Porta und im Ardeche-Departement herausstellt. Herr Ewarn machte ferner Mittheilungen über eine von TuroLuiere in Zyon publicirte Schrift, aus welcher hervor- geht, dass ein Theil der eigenthümlichen bisher nur aus den lithographischen Schiefern Baierns bekannt gewesenen Sau- rier- und Fischformen auch an einem Punkte des französi- schen Jura unfern Bellay im Ain-Departement, und zwar in ei- nem dem Solenhofener ähnlichen Gesteine, aufgefunden worden. Herr Bryrıc# legte von Herrn OswALp in Oels einge- sendete Versteinerungen aus den untersilurischen Kalkge- schieben von Sadewitz bei Oels mit der zugehörigen Be- schreibung vor und begleitete sie mit einigen Erläuterungen. Herr G. Rose sprach über das Vorkommen von Gold- amalgam in den Goldseifen von Ualifornien nach einem Briefe des Bergdirektors Scumrrz aus San Francisco*), und legte sodann ein schönes Stück Bromsilber aus Mexiko vor, welches ihm Herr STAELKNECHT in Bremen zur Änsichtgeschickt hatte. Das Brom- silber bildet an diesem Stücke eine krystallinische Kruste auf ei- ner Unterlage von gelbem oder braunem Thhone oder erdigem Brauneisenstein, die mit kleinen Krystallen von Weissbleierz überall gemengt ist. Die Form der kleinen Krystalle in der Kruste ist oft ganz deutlich zu erkennen, und besteht in der Combination des Hexaöders mit dem Öctaöder. Das Brom- silber hat eine lichte spargelgrüne Farbe, ist nur durchschei- nend, von Demantglanz, geschmeidig und von der Härte wie Hornerz. Nach den Mittheilungen von Herrn SrtAuLKnechr ist es auf einem Gange zu Parilla, 20 Leguas südlich von Durango und eben so weit nördlich von Somburete vorge- kommen. Der Gang wurde von einem Herrn Francısco CHArEZ bearbeitet und bis zu einer Tiefe von 110-115 Varas niedergebracht, wo er denn wegen zu starken Wasser- *) Vergl. Band IV. S. 712, 10 andranges verlassen werden musste. Die Gangart ist angeb- lich ein mit vielem Sande gemengtes Bleioxyd (Weissbleierz?), das vor dem Schmelzen durch Waschen concentrirt werden musste. Das Bromsilber wurde in einer Tiefe von 100 Va- ras (300 spanischen Fussen) aufgefunden, und alle davon ge- sammelten Stufen sind in den Besitz von Herrn Sraur- KNECHT gekommen, in dem sie sich auch noch bis aufeinige, die davon verschenkt sind, befinden. Herr SrauLknEcHhTt hatte dem Redner auch einige Proben zu einer chemischen Analyse geschickt, mit welcher Herr H. Rose jetzt beschäf- tigt ist. Nach einer vorläufigen Mittheilung enthält dies Bromsilber auch etwas Chlor. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. v. w. 0. v. Carnarı. BEyYRIcH. RoTH. 3. Protokoll der Januar - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 5. Januar 1859. Der Vorsitzende, Herr v. CArnaLL, eröffnet die Sitzung, das Protokoll der December- Sitzung wird verlesen und an- genommen. Als neue Mitglieder der Gesellschaft werden ange- meldet: Herr pe Konınck ın Lüttich, vorgeschlagen durch die Herren v. Bucu, Beyrıc# und v. CARNALL; Herr Sırsmunn JEnıscH, Lieutenant in Dresden, vorgeschlagen durch die Herren B. Corra, Reıch und SCHERER. Als Geschenke für die Bibliothek sind eingegangen: Von Herrn G. v. HELMERSEN: Versuche die relative Wärmeleitungsfähigkeit einiger Felsarten auszumitteln. Von Herrn Reuss: Geologische Untersuchungen im Gosauthal 1851. e 11 Bericht über geologische Untersuchungen in der Umge- gend von Franzensbad und Eger. Ueber den Kupfergehalt des Rothliegenden in der Um- gegend von Zöhmischbrod. (Gleich den vorigen aus dem Jahr- buche der k. k. geologischen Reichsanstalt.) Geognostische Verhältnisse des Egerer- Bezirkes und des Aschergebietes in Böhmen. (Aus den Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt.) Durch Herrn SPLITTGERBER: Essai sur les lerrains superficiels de la vallee du Po aux environs de Turin compares a ceux du bassin helvetique par Mrs. Martins et Gastaldi. Zum Austausch gegen die Zeitschrift: Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Heft 8. 1852. Archiv für wissenschaftliche Kunde Russlands. Bd. XII. Heft 1. 1852. Jahrbuch des naturhistorischen Landes - Museums von Kärnthen. Herausgegeben von J. L. Canavar. Klagenfurt 1852, mit einem Schreiben des naturhistorischen Museums in Klagenfurt. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrg. III. 1852. Heft 2. Wien. Herr v. Buch legte von dem Preussischen Consul in San Louis, Herrn AnGELkorH, eingesendete Kreide-V erstei- nerungen von den Black Hills am oberen Missouri vor. An dem darunter befindlichen Scaphites Nicolletii zeigt sich, wie bei allen gezeichneten Scaphiten, dass die innern Windungen bis zur Wohnkammer fast ungezähnt sind, dass dagegen starke Zähne auf dem geraden Theil der Wohnkammer ein- treten, die gegen die Mündung hin mehr oder weniger wie- der verschwinden. Mit dem Scaphiten zusammen findet sich unter andern ein Ammonit von der Form derer, die D’ORBIGNY als CJypeiformes bezeichnet hat, der sich am nächsten an den Requienianus anschliesst. Herr Beyrıcu theilte einen Brief des Herrn Reuss, 12 Beobachtungen in der Gosau betreffend, mit, und legte ein von Herrn MeEyn in Ävel eingesendetes polarisch - magneti- sches Geschiebe von Magneteisen vor, das bei Kiel gefun- den wurde. Derselbe berichtete über einige neue Beobachtungen H:rmann RoEMmERS, betreffend den unter dem Plänerkalk liegenden Quadersandstein in der Gegend von Goslar gegen Hildesheim hin. Ein zur Ansicht gesendeter Ammonit von Lutter am Bahrenberge aus dem fraglichen Sandstein wurde für ident erklärt mit einem an der Ems bei /theine vorkom- menden Ammoniten, welcher mehrfach bisher mit dem A. De- cheni verwechselt wurde. Dieseibe Art, noch nicht benannt, kömmt in Frankreich nach Ewarp’s Beobachtungen im un- teren Gault (terrain aptien D’ORB.) zu St. Paul-trois-Chäteaux vor. Da jener Sandstein bei Goslar über den charakte- ristisch entwickelten Hilsbildungen ‘gelagert ist, sprechen so- wohl Lagerung wie organische Einschlüsse für die von HEr- MANN ROEMER ausgesprochene Ansicht, dass der Sandstein nicht dem Hils- oder Neocom- Quadersandstein des Teuto- burger-Waldes ident, sondern als ein etwas jüngeres Glied des unteren Kreidegebirges mit den deutschen Aequivalenten des Gault zu verbinden sei. Zu Quedlinburg wurden in neuerer Zeit in dem gleichaltrigen Sandstein einige Verstei- nerungen aufgefunden, welche zwar .nicht sehr bezeichnend sind, doch auch nicht gegen die vorgeschlagene Deutung sprechen. Herr Bornemann legte das von ihm im Oktober 1852 in der Lettenkohle der Keuperformation bei Mühlhausen in Thüringen aufgefundene Gediegen-Eisen vor. Es befindet sich in einem gegen 40 Grm. schweren Knollen von sehr unre- gelmässiger Gestalt, dessen äussere Kruste aus schwarzem magnetischen Eisenoxyduloxyd besteht, welches nach den zackigen Formen des eingeschlossenen Eisens abgesondert ist und an einigen Stellen metallische Eisentheile eingeschlos- sen enthält; umgekehrt schliesst das Eisen wiederum einzelne Partien von Eisenoxyduloxyd ein. Der chemischen Untersu- 13 chung zufolge enthält das Eisen weder Nickel, noch Schwe- fel, noch Phosphor , noch wesentliche Mengen chemisch ge- bundener Kohle; es scheint vielmehr ein fast chemisch rei- nes Eisen zu sein. In der Kruste des Knollens wurden ausser dem Oxyduloxyd 3,7 pC. Kieselerde und äusserst geringe Spuren von Mangan, Thonerde, Talkerde nebst etwas Wasser gefunden. Das spec. Gew. des Ganzen ist 5,24, das der Kruste 5,16, doch mag das erstere wegen eingeschlosse- ner hohler Räume und aussen anhängenden Eisenoxydhydrats und anderer spezifisch leichterer Substanzen etwas zu gering, dagegen das letztere wegen eingeschlossener Theile metalli- schen Eisens etwas zu hoch ausgefallen sein. Der Knollen mit dem metallischen Eisen fand sich in Gesellschaft von Schwefelkiesknollen und einer schwefelkieshaltigen schwarzen Kalksteinschicht mit verkiesten Myaciten. In Beziehungen zu dem gediegenen Eisen und den Schwefelkiesen stehen höchst wahrscheinlich die zahlreichen Eisenoxydknollen, welche durch die untere und mittlere Keuperformation, besonders aber in den bunten Thonen und Mergeln verbreitet sind. Der Vorsitzende, Herr v. CArnauı, theilte einen Brief des Herrn CAastenpyX an Herrn v. DEcHEn mit, betreffend die geognostischen Verhältnisse des Piesberges bei Osnu- brück und legte die dazu gehörigen Gesteinsproben vor. Derselbe legte eine Revierkarte der Gegend von Stol- berg bei dachen vor und erläuterte die Erzvorkommnisse je- ner Gegend nach ihren Lagerungsverhältnissen. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. v. w. 0. v. Carnarz. Beyrıch. Rorn. 14 B. Briefiiche Wittheilungen. i. Herr v. GrünewaLpr an Herrn Bryricn. St. Petersburg, den ??/,, März 1859. Es wird Sie interessiren, dass PAnper bereits seit vier Jahren in Curland eine Zechsteinablagerung kennt, die sich von der Windau nach Osten gegen das Wilnasche Gouvernement hin und in dasselbe hinein erstreckt. Dadurch dass ich ihm das Buch von Geinırz brachte, das er nicht kannte, kam? die Sache zur Entscheidung, indem er seine Vermuthungen be- stätigt fand. Es sind den alten rothen Sandsteinen aufgela- gerte Kalksteine, die denen des deutschen Zechsteins, auch abgesehen von ihren organischen Resten, sehr gleichen. Wir fanden darin zahlreiche und charakteristische Individuen der mir so bekannten Myophoria (Schizodus) obscura, Pleuro- phorus costatus (Mytilus Pallasi) und Avicula antiqua. Auch zeigten sich durch den langen spitzen Wirbel unverkennbare Abdrücke von Mytilus Hausmanni, den wir, wie Sie sich erinnern werden, noch mit GEinttz und v. STROMBECK ZU- sammen am Harze auflasen. Endlich ist noch ein Steinkern eines ziemlich grossen Zweischalers da, vielleicht der Unio umbonatus FiscHEr aus dem permischen System. Der Pro- ductus horridus ist, wie Sie sehen, noch nicht gefunden. 2. Herr v. Hacenow an Herrn Berrıch. Greifswald, im April 1853. Dr. Wesser und ich durchzogen im August vorigen Jah- res die Insel Wollin und einen Theil des Caminer Kreises und haben interessante Funde gemacht. Zuerst fanden wir den braunen und unteren Jura mit vielen Petrefakten, worunter namentlich grosse Belemniten, wahrscheinlich giganteus, Fisch- 15 zähne, Saurierwirbel, 60 bis 70 Fuss über dem Wasser im Lebbiner Ufer anstehend. Grosse Massen waren herabgerollt, doch der Fuss durch Diluvialschutt, Sand, Thon u. s. w. verschüttet. Mehrere Ammonites tumidus waren schon früher herabgerollt am Ufer gefunden und kamen in meine Samm- lung. Desgleichen wurde dort ein deutlicher, schöner Am- monites radians gefunden und Freund BorcHArpD nahm einen anderen mit, welcher mir entweder costatus oder Jamesoni zu sein schien.*) Diese deuten sogar auf Lias und ich zweifle jetzt nicht mehr daran, dass auch dieser gefunden werde. Schon früher erhielt ich Ammonites communis und Cardinia elongata Dunk. (unverkennbar) und genau wie bei Halberstadt im mürben, gelben Liassandstein. — Ich zer- hämmerte einen grossen Stein am dortigen (Lebbiner) Ufer, woraus sich die von Gumprecn#r vielerwähnte Avicula Braam- buriensis vollständig schön und zahlreich frei herausschälte; sie ist nichts anderes — d. h. unsere pommerschen Exem- plare — als eine neue Monotis-Art, die ich anomala ge- nannt habe, und steht der Monotis decussata v. Münsr. am nächsten. Ausser dieser, dıe mich besonders interessirte, weil sie so häufig und namentlich bei So/tin vorkommt, von wo ich sie vor 8 oder 9 Jahren zuerst mit nach Berlin brachte, ist der ganze Stein mit allerlei Bivalven erfüllt, die ich noch nicht näher untersucht habe. Ferner fanden wir den braunen Jura anstehend auf Gristow und aus einer an- deren Schichte, die etwas tiefer zu sein schien, eine grosse Belemniten-Alveole wie SoweErey’s Orthoceras conicum. In diesen anstehenden Gesteinen war sonst nichts zu finden, in den herahgerollten fand ich aber früher schon Ammonites Parkinsoni, Jason und convolutus u. s. w. — In der Mergel- grube bei Nemitz, Kreis Camin, gehen grosse Massen des braunen Jura theils als festes Gestein, theils als schwarzer Thon, mit gleichen Petrefakten zu Tage, überlagert von *) Ich habe ihn jetzt in Händen; es ist solaris Pnırr. genau wie meine Original-Exemplare aus Frankreich. 16 Kreide, worin ich indess nichts finden konnte. Der Jura steckt dagegen voll von schönen Sachen; namentlich fanden sich Tere- bratula varians, Ceromya n. sp., Astarte vulgaris, semiundata, Chemnitzia nitidula nob., Pecten fibrosus, kleine Belemniten und ein; prachtvoller Ammonit mit vollständigen Ohren, der entweder neu ist oder eine sehr abweichende Varietät von hecticus. — Beiläufig steht die Stadt Camin, — wie ich längst dem Namen nach vermuthet hatte, von Camen d. h. Stein, — in alten Urkunden: „de Steenborg” genannt, — auf braunem, versteinerungsleeren Jurasandstein, der ziemlich mürbe ist und sich weit in die Vorstädte und Felder hinein erstreckt. In einer Vorstadt ist auch ein Kreidelager beim Brunnen- graben gefunden und mit 16 Fuss nicht durchteuft worden. Es ist untere, harte, weisse Kreide wie auf Gröstow. — In den Lebbiner Bergen auf Wollin scheint ebenso das Zwischen- glied — der Portlandkalk — zwischen braunem Jura und weisser Kreide zu fehlen, wie zu Nemitz. Regelrechte Schichtung ist überhaupt nirgends zu finden; Alles ist ver- worfen und liegt in grösster Unordnung. — Auf Insel Use- dom sind am Golmberge zwei — wie es scheint — bedeu- tende Lager einer sehr bröcklichen weissen Kreide, worin Petrefakten nur spärlich vorzukommen scheinen. Was ich darin gefunden, gehört Alles auch der rügenschen Kreide an. Nach Untersuchung der Juralager kehrte ich nach Stez- tin zurück. Von dort machte ich mehrere Excursionen in die Umgegend und suchte vorzugsweise nach Tertiärschichten, die ich denn auch in Gesellschaft unseres Mitgliedes RıcaTrer, Kaufmann und Fabrikherr zu Bollincken, in sehr grosser Ausdehnung fand und daraus eine grosse Zahl von festen, denselben angehörenden Gesteinen — an 200 Stück — mit- brachte mit vielen schönen Petrefakten. Sie bilden dort eine durchgehende schwache Schichte von wenigen Zollen bis kaum 1 Fuss Mächtigkeit, fast an der oberen Grenze mächtiger noch niemals durchteufter Sandschichten. welche ein fetter, bröcklicher. grauer (? plastischer) Thon überlagert. abwech- selnd 10 bis 30 Fuss und darüber mächtig, worauf dann die 17 obere Humusschichte ruht. Das feste Gestein liegt entweder in vereinzelten Klumpen im Sande, welche in diesem Falle mehr als 1 Fuss Durchmesser erreichen; oder es findet sich in Knollen von der Grösse einer Faust und kleiner als Kartoffeln, welche in diesem Falle geschichtet lose neben einander liegen oder durch Eisenoxyd zu Tafeln fest verbun- den sind. Nicht alle enthalten Petrefakten ; diese liegen viel- mehr nicht selten lose zwischen den Kugeln im Sande ein- gebettet. Eine Bestimmung dieser Einschlüsse habe ich we- gen anderer Beschäftigungen noch aufschieben müssen. Es sei nur erwähnt, dass sich als Seltenheit ein Lunulit, viel- leicht L. urceolata, und Spatangus Hoffmanni darin finden; Pecten- und Peetunculus-Arten sind besonders zahlreich und schön, und nicht minder ein Fusus, der dem multisulcatus Nysr sehr ähnlich, aber neu ist. Zeits, d.d. geol. Ges. V.1. 3 15 €. Aufsätze. 1. Schichtung der Gebirgsarten am südlıchen Abfall der Küstenkeite von Venezuela gegen das grosse Becken der Ebenen (Llanos). Aus einem Briefe des Herrn ALEXANDER Vv. HUMBOLDT an & Herrn Ewaıp. (Hierzu Taf. II.) Es wird mir angenehm sein, wenn Sie es übernehmen wollten, unserer Societät ein Blatt vorzulegen, das vor mehr als dreiundfunfzig Jahren gezeichnet ist. Die verdienstvollen Bemühungen von Hermann Karsten und der combinirende Scharfsinn unseres grossen dahingeschiedenen Geognosten, des theuern Leororp v. Buch, haben ganz neuerlichst die Aufmerksamkeit auf die Sedimentformationen, besonders auf die Kreideformation von Venezuela und Neu-Granada geleitet. Vielleicht hat es einiges Interesse, die periodisch wechseln- den älteren Formationen von grünen Schiefern, Serpentin und Grünstein, wie die plutonischen Eruptivmassen (Mandelstein und Porphyrschiefer) ins Auge zu fassen, die das ehemalige Ufer des neptunischen grossen Seebodens (der Zlanos de Caracas) bilden. Die Ränder solcher Becken konnten leichter zu Ausbrüchen Anlass geben. Diese Verhältnisse sind von mir sehr sorgfältig im Voyage aux regions equinoxiales (kleine Ausgabe Vol. VI. p. 30 bis 38, Vol. X. p. 261 bis 275 und 305) beschrieben, aber in Deutschland wenig beachtet, wahr- scheinlich wegen der Schlechtigkeit der deutschen Ueber- setzung, die mir übrigens ganz unbekannt geblieben ist. Es wäre sehr zu wünschen, dass das Alter des Kalksteins der Morros von Sar Juan, die ich nicht habe besuchen können, genauer bestimmt würde. Nach meinen astronomischen Orts- bestimmungen und barometrischen Höhenmessungen liegen 19 die Küste bei dem Hafen Puerto Cabello Breite 10° 28’ 22”, Länge 70° 37° 37; Nueva Valencia in den Vaulles de Ara- gua Breite 10° 9 56”, Höhe 234 Toisen; Villa de Cura Breite 10° 2’ 47”, Höhe 266 Toisen; das Dorf San Juar Breite 9° 55’ 4”, Höhe 194 Toisen. In Betreff der vorliegenden, im Jahre 1800 ausgeführten, jedoch hier zum ersten Male publicirten Profilzeichnung, in welcher die erste geo- gnostische Kunde der Küstengebirge von Venezuela und die schon da- mals vollkommen erkannte Struktur derselben sich vergegenwärtigt, mö- gen aus den im obigen Briefe des Herrn v. HumsoLpr eitirten Stellen des Voyage aux regions equinoziales folgende Daten, die sich auf die Gesteine sowie auf die horizontalen und vertikalen Dimensionen jenes Gebirges beziehen, angeführt werden: Die Gneiss- und Glimmerschieferzone , welche den nördlichen Theil des Küstengebirges von Venezuela einnimmt, hat vom Meere bis zu der Villa de Cura eine Breite von zehn Stunden, Sie besteht da, wo das Profil hindurchgelegt ist, nämlich nnter 70° 5 westlicher Länge von Paris, aus zwei Parallelketten, von denen die südliche ausschliesslich von Gneiss und Glimmerschiefer gebildet wird, während in der nördli- chen ausserdem auch noch Granit zu Tage tritt. Zwischen beiden Ket- ten bilden die Hochebenen von Aragua ein Längenthal, in welchem Nueva Valencia 234 und der See von Tacarigua 222 Toisen über dem Meere liegen. Der südliche Abfall des Küstengebirges, vom Plateau von Cura (266 Toisen über dem Meere) bis zu den Llanos, hat noch eine Breite von acht Stunden, In diesem Theile des Profils ist es, wo jener Wechsel von grünen Schiefern, Grünsteinen und Serpentinen eintritt, der immer bestimmter sich als eine an den entferntesten Punkten der Erde wiederkehrende Gesteins- Association zu erkennen giebt. Schwärzlichgrüne, kleinkörnige, quarzfreie Grünsteine bilden in diesem Theile des Profils die Hauptmasse der Gesteine; dunkelolivengrüne Serpentine von unebenem Bruche treten untergeordnet dazwischen auf; die grünen Schiefer sind stellenweise aus- gezeichnet talkig und enthalten Hornblende, jedoch weder Glimmer noch Quarz. Südlich von Malpasso, wo der grüne Schiefer seine Hornblende verliert, geht er in die blauschwarzen Schiefer von Piedras azules über. Mitten aus diesem Wechsel von Gesteinen erheben sich wie Schloss- ruinen die Kalkfelsen, welche die Morros von S. Juan bilden. Der Kalk der Morros ist krystallinisch, theils sehr dicht, theils löcherig und von grünlichgrauer Farbe; einzelne Glimmerblättchen sind darin eingemengt; er enthält Bänke eines dunkeln schiefrigen Gesteius, worin man eine Annäherung an Uebergangsthonschiefer oder Kieselschiefer erkennt; er bildet vielleicht ein untergeordnetes Lager innerhalb der aus grünen Schiefern, Grünsteinen und Serpentinen bestehenden Gesteinsreihe und 2* 20 gehört ohne Zweifel einer der alten paläozoischen Formationen an. Alle diese Gesteine haben ein ziemlich regelmässiges Einfallen gegen die Küste hin. An den Kalk der Morros sind andere versteinerungsführende Kalke von offenbar jüngerem Ursprunge angelehnt. Wenn man südlich gegen die Llanos fortschreitet, so ist es zwischen Parapara, Ortiz und dem Cerro de Flores, wo man auf augithaltige Mandelsteine und auf Phonolithe gelangt. Letztere stimmen genau mit den bekannten des böhmischen Mittelgebirges überein und sind durch eingestreute Krystalle von glasigem Feldspath porphyrartig. Sie liefern den sichersten Beweis, dass es Gesteine von evident eruptiver Natur und verhältnissmässig neuer Entstehung sind, welche am Rande der Llanos, an der Grenze zwischen diesen und dem Küstengebirge hervortreten. Die Mandelsteine haben eine bläulichgraue Farbe, sind blasig, enthalten geborstene Augitkrystalle und Mesotyp, und sondern sich zu concentrisch schaligen Kugeln ab. Sie schliessen sich eng an die Phonolithe an und greifen zwischen die Grünsteine so hindurch, dass sie mit denselben in Wechsellagerung angetroffen werden. Diese Phonolithe und Mandelsteine bilden kegelförmige Berge, die sich nur 30 bis 40 Toisen über die Llanos erheben. Die Llanos selbst liegen hier in der Regel nur 40 bis 90 Toisen über dem Meere, in ihrer Mitte die kleine Stadt Calabozo (Breite 8° 56 8”, Länge 70° 10’ 40”) in einer Höhe von 94 Toisen. Ewa». 21 2. Ueber die vulkanısche Gegend des Vultur und das dortige Erdbeben vom 14. August 1851. Bericht der Herren Luiıcı PALmIERT und ARCANGELO ScAccHI an die k. Akademie der Wissenschaften in Neapel. Im Auszuge bearbeitet von Herrn J. Ror# in Berlin. (Hierzu Taf. I.) Von der Akademie beauftragt die vom Erdbeben des 14. August betroffenen Orte zu untersuchen, sind wir am 16. September über Salerno und Valva nach Melfi abgereist. Da man den Vultur als einen alten erloschenen Vulkan und den Hügel, auf dem Melfi steht, als einen sekundären Kra- ter dieses Berges kennt, so hat man das Erdbeben für Zei- chen eines nahen Ansbruches der alten Vulkane genommen, aber kein dort beobachtetes Faktum rechtfertigt auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit diese Meinung, die wir selbst bei der Abreise von Neapel einigermaassen theilten. Alle Quellen zeigten nie eine höhere Temperatur als 12 Grad C.; das Wasser des kleinen Sees von Monticchio zeigte am 22. September an der Oberfläche 17,6 Grad, in achtzehn Meter Tiefe 9,6 Grad, während die Temperatur der Luft 18 Grad betrug. Nirgend war die Erde warm, von Fumarolen keine Spur, von offnen Schlünden, entstanden durch den innern Stoss vulkanischen Stoffes, der nach aussen drängte, nichts zu sehen. Der Vultur als Vulkan ist also dem Erdbeben fremd geblieben. Die Thatsache, dass der Vesuv und die phlegräischen Felder mit den nahen Inseln auch bei ihren langen Ruhezei- ten immer Fumarolen und heisse Quellen zeigten, scheint diese zu Maassstäben für die Nähe oder Ferne der Aus- brüche zu machen. Wir wollen darum nicht mit Bestimmt- heit schliessen, dass der Vultur und die Roccamonfina, die kein Zeichen innerer Hitze geben, die seit 20 Jahrhunderten ruhen, von denen die Geschichte keine Ausbrüche berichtet, 22 nicht wieder zu neuer Thätigkeit erwachen könnten, aber wir halten es für sehr wenig wahrscheinlich. Die Angaben von Veränderungen der beiden Seen von Montiechio und von Vorzeichen des ersten und stärksten Erdstosses sind, nach Aussage des Pächters der Seen, der beim Fischen auf dem kleinen See vom Erdbeben überrascht wurde, falsch; die Capuziner des Klosters St. Michael wur- den im Schlafe vom Erdbeben überrascht. Wir haben die Seen mehre Male besucht und keine Veränderung ihres ge- wöhnlichen Standes gefunden. Kein Vorzeichen ist auf den Seen sichtbar gewesen, nur eine vorübergehende Unruhe der Wellen hat sich gezeigt. Der Abbe Tata *) zeigte zuerst, dass der Vultur ein erloschener Vulkan sei, später untersuchten ihn Broccaı und Pırra; der erstere entdeckte den Hauyn in der Lava von Melfi ;**) Daußeny ***) und Agıcn +) machten Beobachtun- gen über den Vultur bekannt; die Botaniker TenorE und GussonE (Memorie sulle peregrinazioni eseguite nel 1834— 1835. Napoli 1842) und Fonszeca (Una peregrinazione geo- logica fatta nella Lucanıa 1843. Napoli 1844 und Osserva- zioni geognostiche sul Vulture. Napoli 1846) veröffentlichten ihre Untersuchungen über den Vultur. Besonders nützlich war uns der topographische Theil der Asıc#’schen Karte, der einzigen guten bis jetzt vorhandenen. In Betreff der übrigen sonst bekannt gemachten Beobachtungen erwähnen wir noch, dass mit den Beobachtungen des Herrn Tenmar- CHEFF +7) die unsern fast nie übereinstimmen. Wir bemerken noch, dass dieselben Gegenden oft von den Umwohnern verschieden benannt werden. *) Lettera sul monte Vulture. Napoli 1778. **) Bibliotheca italiana t. 17. 261. Milano 1820. ***) Narrative of an excursion to the Lake Amsanctus et to mount Vultur in Apulia in 1834. Oxford 1839. +) Geolog. Beob. ete. in Unter- und Mittelitalien. Braunschweig 1841. Tr) Coup doeil sur la constitution geologique des provinces meri- dionales du Royaume de Naples. Berlin 1542. 23 Erster Theil. Veber den Vultur. Erstes Kapitel. Ueber die neptunischen Gesteine, durch welche die Vulkane der Vulturgegend hervorbrechen. Für uns, die wir nur die sedimentären Schichten des Königreichs Neapel kennen, war eine Vergleichung, dersel- ben mit den anderswo vorkommenden nicht leicht. Wir wollen unsere Sedimentschichten in 3 Abtheilungen bringen. Den Kalk mit Nummuliten, Nerineen und Rudisten, der den grössten Theil unseres Apennins bildet, wollen wir Apenni- nenkalk nennen; die deutlich geschichteten, mineralogisch von einander sehr verschiedenen Gesteine der zweiten Reihe fast ganz ohne thierische Reste, bisweilen mit vielen Fucoi- den, Fucoidengesteine. Die letzte Reihe enthält die Mergel, Kalke und Sandsteine der Subapenninenformation; sie sind reich an marinen Resten, deren Spezies meistens mit den noch in unseren Meeren lebenden übereinstimmen. Während dıe Ausbrüche des Epomeo*) älter sind als einige dieser Mersel, sind die Ausbrüche des Vultur entschieden Jünger als die Subapenninenformation. Die in der Gegend des Vultur häufigen und ausgedehnten Süsswasserabsätze sind erst nach den Ausbrüchen erfolgt. Der Apenninenkalk, das älteste Sedimentgestein Neapels, von dem sich viele Varietäten unterscheiden lassen, ist meistens compakt, von muschligem Bruch, weiss oder hellgrau; etwas weniger häufig ist die mehr oder minder deutlich körnige Varietät, in der die kleinen Höhlungen häu- figer als in der ersten mit kleinen Kalkspathkrystallen be- setzt sind. Ausser vielen andern, weniger wichtigen Va- rietäten kommt noch eine breccienartige, sehr politurfähige, bunte und hellgefärbte vor, z. B. der Marmor von Vitulano und Mondragone in der Terra dı Lavoro; eine andere sehr weisse, *) Scaccnı Mem. geolog. sulla Campania. Napoli 1849. S, 19. 20. 24 die sich leicht ın ein feines, rauh anzufühlendes Pulver auf- löst, z. B. zwischen Piedimonte di Alife und S. Potito am Fuss des Matese; eine dritte, eigentliche Kreide, nur im Monte Gargano; eine vierte bituminöse, reich an fossilen Fi- schen, findet sich an vielen Orten. Feuerstein ist so häufig, dass man ihn für diesen Kalk charakteristisch nennen kann; krystallisirter Quarz kommt ebenfalls vor. Der immer vorhan- dene Magnesiagehalt des Kalkes wechselt sehr; wenn er sehr gross ist, scheint das Gestein leichter zu verwittern. Unser Apenninenkalk ist nicht so arm an Versteinerun- gen als man gewöhnlich annimmt, er ist vielmehr reich an Species und an Individuen, wie die reichen Sammlungen der Universität in Neapel bezeugen. Am häufigsten und reich- lichsten sind die Rudisten, von denen sich überall Spuren finden, aus denen bisweilen das Gestein ganz besteht. Der Monte Gargano, der Monte Lesule, der braune Kalk an der Brücke della consulare bei Lauria in der Basilicata sind reich an Rudisten. Die grossen Nummuliten kommen zu Myria- den zusammen vor, aber nicht an vielen Punkten. Ausser am Monte Gargano und den Tremitischen Inseln, die wegen ihrer Nummuliten berühmt sind, kommen sie vor bei Lama in den Abruzzen, bei Casalbore, nicht weit von Ariano ın der Provinz Avellino und im Gebiet von Benevent (Olivella di Pacca), wo sie im Feuerstein und im Kalke sich finden. Die Nerineen pflegen die Rudisten zu begleiten und sind an vielen Punkten vorhanden. Ausserdem erinnern wir noch an die Lumachelle von Montecasino und Vitulano, an die Diceras des Monte Licinio bei Cerreio und an naticaähnliche Reste vom Monte Lesule. Am Monte Gargano kommen noch Pflanzenabdrücke, wahrscheinlich von Coniferen, zwei grosse Spezies von Bulla, eine Pyrula und Ammonites rhotomagen- sis vor. Am Monte Gargano, bei Amalfi, bei Castelgrande im Distrikt von Melfi sind Corallen nicht selten. Fische sind häufig in den Bergen von Pietraroia, von Giffuni und Castellamare; bei Pietraroi«e kommen mit den Fischen auch Reptilien vor. 25 Nach diesem raschen Ueberblick der Fossilien gehören sie alle oder wenigstens meistens der Kreide an, deren Ab- theilungen sich freilich nicht bestimmen lassen, einige sind vielleicht älter. Rudisten und Fische kommen nicht zusam- men vor, und die letzteren gehören vielleicht dem Jura an; man hat nie, so viel uns bekannt, den Kalk mit den Fischen deutlich unter oder über dem Rudistenkalk lagern sehen. Keine unserer Fischspecies kommt anderswo in gut bestimm- ten Formationen vor, und einige Spezies finden sich nur in der Kreide des Gargano. Der topographische Charakter der Apenninenkalkberge lässt diese leicht selbst in grossen Entfernungen erkennen. Ihre weit von einander entfernten Gipfel sind spitz; von ihren Seiten gehen die kleineren Verzweigungen mit scharfen Rücken ab; ihr Abhang ist nicht selten von mächtigen Vor- sprüngen unterbrochen, an die sich wie senkrechte Mauern die unteren Abstürze zu lehnen scheinen; ihre Schichten sieht man oft allmäliıg sich erheben, so dass sie mit ihren Schichtenköpfen die hohen Abstürze und sogar die höchsten Gipfel zu erreichen scheinen. Alles dies gibt ihnen ein so charakteristisches Ansehen, dass man sie meistens schon daran von den nahen Bergen und Hügeln, die nicht aus Apenninenkalk bestehen, unterscheiden kann. Aber in den Provinzen Capitanata, Bari und Lecce zeigt der dort auf einer grossen Strecke zu Tage tretende Apenninenkalk ganz an- dere Formen. Dort giebt es nur niedrige, in Bari gewöhn- lich Murge genannte Hügel, die nach verschiedenen Rich- tungen verlängert und über die weite Ebene vertheilt sind, welche mit der bergigen Gegend eine gebogene, von N.W. ‘nach S.O. gehende, beinahe der Küste des Adriatischen Mee-. res zwischen Manfredonia und Brindisi parallele Linie bildet. "Während die Schichten in den bergigen Gegenden gehoben sind, sind sie in diesen niedrigen Hügeln im Allgemeinen horizontal oder wenig geneigt, und haben also hier noch ihre "ursprüngliche Lage. Ihre Schichtung tritt stärker hervor und sie enthalten häufig Hippuriten, gehören also noch zur Kreide 26 und sind nicht tertiär wie man angenommen hat.*) Für diese Verschiedenheit in der Lagerung der Schichten kann mar als Grund nur eine Hebung der bergigen Gegend an- nehmen, während die Ebene nicht mitgehoben wurde. Fucoidengestein oder Formation des Macigno. Schon die äussere Form unterscheidet die aus diesen Gesteinen bestehenden Berge von denen des Apenninenkalks und obgleich sie sehr häufig die höheren Gegenden des Apennins einnehmen, setzen sie doch nie grössere Bergket- ten zusammen. Meist bilden sie kleine Berge oder Hügel mit rundem abgestumpftem Gipfel und nur selten, wenn ihre mehr als gewöhnlich mächtigen Schichten stark gehoben sind, sehen sie Kalkbergen ähnlich, wie z. B. der hohe schlanke Berg. auf dem die Stadt Mozteverde steht, der aber doch nicht so hoch als die gewöhnlichen Kalkberge ist. Die Gesteine dieser Formation wechsellagern oft unter- einander und sind sehr deutlich geschichtet. Die gewöhn- liche Mächtigkeit der Schichten wechselt von —— bis + Meter, selten sind sie mächtiger und bisweilen sind sie noch weni- ger mächtig. Sie sind stark geneigt, was sich bei der deut- lichen Schichtung sehr genau bestimmen lässt, ohne dass sich jedoch eine allgemeine Fallrichtung oder ein constanter Fallwinkel angeben liesse. Die erste wechselt vielmehr häufig selbst in kurzen Entfernungen; der Fallwinkel ändert von 25 bis 50 Grad ab, und Neigungen von 70 Grad bis zur vertikalen kommen vor. Die grossen gleichförmigen He- bungen dieser Gesteine müssen durch plutonische Kräfte be- wirkt sein, wenn auch ein Theil der Einstürze von einge- drungenen Wassern herrührt, die durch Erweichung der Thone Bergstürze hervorriefen. In der Gegend des Vultur sind die Schichten vielleicht mehr als anderswo gehoben. Wir glauben aus der Grösse der Hebung und der Fallrich- *) Vergl. TcHtHAtcHerF 1. ec, und PhıLippı geognostische Skizze von Calabrien, Leon. u. Br. Jahrbuch 1540. S. 434. 27 tung schliessen zu müssen, dass der Ausbruch des Vultur nicht der Grund dieser Hebungen war, vielmehr waren die Schichten schon vorher gehoben. Am Ostabhange des Vul- tur fallen die Schichten westlich, also unter den Vultur ein; im Bach, N.W. von Barile, fällt das rechte Ufer nach O., das linke nach S.W. ein. Die bis 4 Meter mächtigen Maeignoschichten des Berges von Monteverde, 4 Miglien N.W. vom See von Monticchio, fallen dagegen nach N.O.; eben so an der Sierra della Croce, S. von Monteverde u. s. w. Für diese Ansicht spricht auch die Art der Verbindung der vulkanischen Gesteine mit den neptunischen. Die vul- kanischen Explosionen wirken vielmehr nur auf sehr kleine Strecken hebend oder störend ein. Die Auflagerung des Fucoidensandsteins auf den Apen- ninenkalk ist nicht häufig zu beobachten; sehr schön sieht man sie an der Strasse von Valva, von Oliveto an bis kurz vor Atella. Der Apenninenkalk und die Fucoidengesteine haben ein verschiedenes Streichen und Fallen, sind also zu verschiedenen Zeiten gehoben. In den nördlichen Provinzen treten alle diese Verhältnisse weniger klar hervor. In der hügeligen Ebene der Provinzen Bari, Lecce und Capitanata, in der Ebene der Murge, ist kein Fucoidenge- stein vorhanden. Die mineralogische Zusammensetzung der Fucoidenge- steine ist sehr verschieden, sie bestehen aus Kalk, Mergel, Sandstein, Limonit und Gyps. Der Kalk ist meistens mer- gelig, bunt, bisweilen an den Ruinenmarmor erinnernd (Ge- swaldo und Frigento in der Provinz Avellino). Weniger häufig ist eine Kalkbreccie aus sehr kleinen Fragmenten mit rothem Bindemittel, dem rothen Porphyr ähnlich (Melfi.). Der oft sehr kleinblättrige Mergel ist meist blaugrau, bisweilen in Lucanien roth und geht sowohl in Kalk als durch beige- mengte kleine Glimmerblättchen und Sandkörner allmälig in Sandstein über. Der Sandstein selbst bietet viele Varietä- ten dar, je nach der Grösse und Menge der Quarzkörner; meist ist er wahrer Macigno, bisweilen ist er als Schleifstein 28 zu gebrauchen oder zu feuerfesten Steinen und Tiegeln. Der Limonit ist selten rein, zu spärlich um als Eisenerz verbraucht zu werden; sehr oft ist er zusammen mit kohlen- saurem Eisenoxydul dem Sandstein und Mergel, weniger dem Kalke beigemengt. Die eisenschüssigen Sandsteine und der Li- monit sind nicht selten in der Umgebung des Vultur. Ad- lersteine sind im eisenschüssigen Mergel häufig (@Gerace, Fucina bei Pietraroia). Im Sandstein finden sich neben den ihn hauptsächlich zusammensetzenden Quarzkörnern und run- den Quarzstückchen oft viele Brocken krystallinischer Fels- arten eingeschlossen, meistens Granit, Quarzit und Porphyr; die Grösse dieser Einschlüsse wechselt von Haselnussgrösse bis zum Durchmesser von + Meter. Grössere Einschlüsse, die wie die kleineren gerundete Oberfläche haben, sind seltener. Am Montevergine bei Avellino fand sich einer von mehr als + Meter Durchmesser; ein anderer bei der Fontana delle Rose nicht weit von Muro, dessen grösserer Durchmesser 63 Centimeter betrug. Diese letztere Gegend ist wie die von Pietraroia (N. von Benevent) überhaupt reich an grossen Granitgeschieben, die wahrscheinlich alle aus dem Sand- stein stammen. Nahe an der Strasse von Zaviano nach Atella sind sie noch von Sandstein umgeben vorhanden. Auch längs des Olivento und um den Vultur herum finden sich viele Geschiebe von Granit und andern krystallinischen Ge- steinen. Auf dem Vulkan selbst (am varco di gaudianella) liegt ein Granitblock. Früher betrachteten wir (Scaccnı Le- zioni di Geologia. Napoli 1842. p. 131) die Granitmassen von Montevergine und Pietraroia als erratische Blöcke; jetzt glauben wir, dass sie nicht verschiedenen Ursprung mit den Quarzstückchen, die den Macigno zusammensetzen, haben. Diese sind wie die Glimmerblättchen des Thones aus zer- trümmerten Graniten oder anderen krystallinischen Gesteinen abzuleiten. Die meisten wenn nicht alle Varietäten des Gra- nits in den Sedimentschichten des neapolitanischen Apennins entsprechen in den kleinsten Einzelheiten den in Calabrien an- stehenden Graniten, aus deren Elementen die Fucoidenge- 29 steine überhaupt meistens gebildet wurden. Die dünnen, parallelen, regelmässig abgesetzten Schichten dieser Gesteine mit häufiger Wechsellagerung von Kalk, Sandstein und Thon sprechen für einen langdauernden ruhigen Absatz, während die in ihnen enthaltenen grossen Geschiebe für das Gegen- theil sprechen. Künftige Forschungen müssen über diese Dinge entscheiden. Der Gips ist seltener als die übrigen Bildungen; bis- weilen ist er geschichtet oder seine grossen Krystalle sind im Thon zerstreut; bisweilen ist in den mächtigen Massen keine Schichtung bemerkbar und dann ist er sehr krystalli- nisch; so findet er sich z. B. zwei Miglien westlich von Melfi in der Masseria del gesso und noch mächtiger bei Marcerinaro bei Cantanzaro in Ualabria ult. I. Bei der Sa- line von Altomonte (Calabr. citerior) findet sich der Gyps mit grossen Steinsalzmassen, die, wie uns scheint, den Fu- coidengesteinen angehören. In der Maeignoformation kommen fast nur Pflanzenreste, an einzelnen Orten sehr reichlich, vor; z. B. im Kalkmergel bei Albeona in der Capitanata, im rothen Mergel am Ufer des kleinen Baches, der N.W. am Fuss des Hügels von Melfi fliesst und bei Lama in Abruzzo citra Kleine Braunkohlenmassen finden sich z. B. bei Pagliara (5. von Benevent). Thierreste sind selten; es kommen nur in den Sandsteinen bei Gaöta, die wahrscheinlich zum Macigno ge- hören, einige Abdrücke von Pecten vor, die nicht mit leben- den Species übereinzustimmen scheinen und bei Madonna di Macera (N. von Melfi) im Kalk unbestimmbare Seemu- schelreste. Die Fucoidengesteine haben eine von der der Subapen- ninengesteine verschiedene Lagerung. Subapenninenformation. Sie besteht grössten Theils aus mergeligen Thonen, Sandstein, Kalk und einem eigenthümlichen Conglomerat von oft sehr grossen Bruchstücken. Die Schichtung ist nicht so 30 deutlich wie beim Maecigno und die Neigung ist entweder null oder nur unbedeutend, so dass diese Gesteine nicht gehoben zu sein scheinen. Wegen der geringen oberflächlichen Mäch- tigkeit zeigen die aus ihnen gebildeten Landstriche keinen eigenthümlichen Habitus; so z. B. ändern die Murge, wo sie von der Apenninenformation bedeckt werden, ihren Habitus nur so weit, dass die Ebene noch gleichförmiger und noch weniger ungleich wird. Mitten im Apennin oder am Fuss der Berge bildet diese Formation Hügel mit sanftem Abhang und rundem Gipfel. In den seltnen Fällen, wo sie höhere und schlankere Formen bildet, (z. B. den Berg, auf dem die Stadt Arriano (O. von Zenevent) steht), scheinen die alten topographischen Verhältnisse verändert zu sein. Der Subapenninenkalk ist meist tuffähnlich, sehr zer- reiblich und fast ganz aus Korallen- und Muschelfragmenten oder ganzen Schalen gebildet. Sehr häufig ist dieser tuff- artige Kalk in der Provinz Bari; mitten in den Apenninen scheint er zu fehlen. Bisweilen ist er fester und weniger reich an fossilen Resten. Auch der Sandstein ist im Allgemeinen zerreiblich, mehr sandähnlich; durch Aufnahme von Gesteins- bruchstücken, die allmälig grösser und häufiger werden, geht er in ein Conglomerat von grossen Bruchstücken über, das oft erstaunlich grosse Ablagerungen bildet. Die Bruchstücke bestehen meist aus mergeligem Kalk, aus Feuerstein, der bisweilen in Jaspis übergeht und sehr festem Sandstein; seltener kommen offenbar aus dem Maeigno stammende Geschiebe von Granit und andern krystallinischen Gestei- nen vor. Die Sandablagerungen, mit und ohne kleine Bruchstücke, finden sich überall zerstreut, das grobe Conglomerat dagegen findet sich nur in der Bergregion oder in ihrer Nähe, wäh- rend der Kalktuff an die Ebene gebunden scheint. Der meist bläulichgraue merglige Thon ist plastischer als der Fucoiden- thon. In Calabrien, wo krystallinische Gesteine in grosser Menge anstehen, gehen ihre Elemente in die Zusammen- setzung der Subapenninengesteine ein. Die muschelführen- 31 den Breccien in der Nähe von Cosenza enthalten Granit- fragmente und viel Glimmer. Gewöhnlich bildet der Kalk die unteren Schichten, Thon und Sand meist die höheren, wenn sie mit dem Kalk zusam- men vorkommen; das grobe Conglomerat scheint das jüngste Glied der Subapenninenformation zu sein. Oft liegt es un- mittelbar auf den Fucoidengesteinen wie östlich vom Vultur in Ripacandida und Lavello. Auch die Südabhänge des Vultur bestehen aus sehr mächtigen Ablagerungen dieses Conglomerats. Venosa und Carbonara stehen auf demselben, aber darunter liegt Subapenninenthon. Die ausserordentliche Menge der Gesteinsbruchstücke, die sich so häufig mitten im neapolitanischen Apennin finden, sind ein evidenter Be- weis für Alluvionen nach Ablagerung der Subapenninenfor- mation, die wahrscheinlich auf dem schon aus dem Meere hervorgetretenen Festlande stattfanden, da sich nie marine Fossilien in dem Conglomerat finden. Das mineralogische Museum der Universität Neapel besitzt ein Paar bei Chiaro- monte (Basilicata) gefundene Elephanten - Stosszähne und eine obere Kinnlade mit Mahlzähnen von Chieti, an denen einige Gerölle sich finden, die den Ursprung dieser Knochen aus dem groben Conglomerat wahrscheinlich machen. Die Subapenninenformation führt unter ihren fossilen Species viele noch im Mittelmeere lebende. Zweites Kapitel, Der Hauptvulkan der Vulturgegend. An den Fuss des Vultur legen sich an der Nord- und Ostseite weit hin laufende Hügelreihen; an der Westseite sind nur wenige, niedrige, vulkanische Erhabenheiten vorhan- den; die Südseite des Vulturs, der Montiechio, verbindet sich unmittelbar mit den neptunischen Hügeln. Der Vultur selbst besteht aus vulkanischen Gesteinen, die Hügel rings um ihn aus denselben vulkanischen Gesteinen, die auf neptunischen lagern, und zum Theil aus ihnen eigenthümlichen Laven, an 32 die sich nach unten Tuffschichten anschliessen, die vom Vul- tur selbst herstammen. Von Osten gesehen erhebt sich der Vultur über seiner weiten Basis sanft und fast gleichmässig mit einem Abhang von etwa 26 Grad und endet oben in sieben etwas unglei- chen Spitzen, deren äusserste zugleich die höchsten sind. Sie sind nach der Richtung von N. nach S.S.W. aneinander gereihet; die nördlichste heisst Pizzuto dı Melfi, die süd- lichste Pizzuto di S. Michele oder Montagna di Atella. Die erstere fast kahle ist die höchste; sie erhebt sich 1328 Me- ter über dem Meer und 755 Meter über Ztonero,; die übri- gen sind bewaldet. Als lange, gerundete Rücken verlängern sie sich nach unten, und schliessen sonnige Thäler ein, die an ihren Ausgangspunkten schöne, durch die von oben herab- kommenden Sturzbäche eingeschnittene Entblössungen zeigen. Längs der Nordseite folgen auf den Pizzuto di Melfi allmälıg niedriger werdende Höhen, von denen man mit sanftem Abfall die Westseite bis an die Ufer des Ofanto herabsteigen sieht. An ihrer Nordseite sind die Abhänge des Vultur sehr viel höher und enden unten mit steilem Abfall; sie schliessen enge, wasserreiche Thäler ein. Von Carbonara aus sieht man, dass der grosse Krater nördlich und östlich von hohen Bergen eingefasst ist, während er westlich sich in ein sehr weites Thal öffnet; dass ferner nach Süden ein waldiger Hügel, eine südliche Verlängerung des Pizzuto di S. Michele, eine kurze Strecke den Krater um- giebt; dass endlich im Krater sich noch kleinere Erhaben- heiten finden. Die Höhen an der Südseite des Kraters brei- ten sich bis zur Atella aus und bestehen nach diesem Fluss zu aus dem hier sehr mächtigen, groben Conglomerat, das auf Thon lagert und nach dem Krater zu aus vulkanischen Gesteinen, ohne dass ein topographischer Unterschied die Grenze bezeichnet. Noch komplicirter ist der Krater selbst. Tief im Grunde, von nicht niedrigen Höhen umgeben, deren höchste die Serra alta ist, liegt ein See. Ein tiefes und en- ges Thal trennt diese Höhen von dem hohen nördlichen Hö- 33 henzuge, der sich westlich vom Pizzuto di Melfi erstreckt. Die Innenseite dieses Höhenzuges ist etwas steiler als die Aussenseite, welche, zum rechten Ufer des Ofanto abfallend, sich etwas nach Süden wendet und mit ihren letzten nie- drigsten Abfällen die Westseite des Kraters schliessen zu wollen scheint. Hinter einem kurzen Vorsprung der Innen- seite des anderen östlichen Höhenzuges (des zwischen den beiden Pizzuto’s befindlichen) liegt ein kleinerer See; vom Pizzuto di S. Michele geht ein waldiger Hügel, der Mon- ticchio, ab, derselbe, den man von Carbonara aus sieht, und zieht sich auch noch hinter dem grösseren See fort. Der grösste Durchmesser des Kraters von den niedrigen Abhängen am ÖOfanto bis zum Pizzuto di Melfi beträgt et- was über 3 Miglien und der kleinste von dem nördlichsten Höhenzuge bis zum Monticchio 12 Miglien. Die beiden Seen und das neben dem kleinen See befindliche Kloster werden von einem fast kreisrunden, eine Miglie weiten Kra- ter umschlossen, einem Hügelkreise, dessen höchste Spitze dem östlich gelegenen Pizzuto dı S. Michele entspricht. Von letzterem geht der Abhang so steil hinab, dass keine Bäume darauf wachsen und herabfallende Steine oft das Kloster be- drohen. An diesen höchsten Punkt lehnt sich links der Vor- sprung, hinter dem der kleine See liegt, rechts die grünen Höhen des Montiechio, welche die ganze Südseite einnehmen. Ihnen folgt die kahle Serra alta, getrennt von ihnen durch ein enges Thal, durch welches das Wasser der Seen in den Ofanto abfliesst. Der Gipfel der Serra alta liegt N.W. und ist nach dem Pizzuto di S. Michele der höchste Punkt des Kraters der Seen, der sich im und umgeben vom grossen Vulturkrater findet. Die Nordseite des kleinen Kraters wird durch einen niedrigeren Hügel geschlossen, auf dessen Abfall nach innen eine grosse schlanke Felsmasse, Pietra della Si- mia, sich erhebt. Die Seen liegen nach Arıcn 680 Meter über dem Meer; der kleine hat + Miglie grössten Durch- . messer, der grosse + Miglie. Die Tiefe des kleinen Sees beträgt in der Mitte 37 Me- Zeits. d. d, geol, Ges. V. 1, 3 34 ter, die des grossen 16 Meter; 1777 fand Abbe Tara den kleinen 45, den grossen 39 Meter tief; wahrscheinlich haben die Wasser den Grund erhöhet. Die Seen erinnern sehr an die 1850 entstandenen Krater des Vesuvs. Der Vultur hatte also zwei Eruptionscentren, die nicht weit von einander lagen; das ältere umfasst den eigentlichen Vultur, den Pizzuto dı Melfi mit den beiden grossen, westlich und südlich hinlaufenden Höhen bis zum Pizzuto di San Michele, und das, was von ihm übrig ist, ist nach Süden und Westen hin offen. Das zweite Eruptionscentrum ist die Mitte des kleinen Kraters von Monticchio oder der Seen, der sich an das Süd- ende des östlichen Arms des Vulturkraters anschliesst, so dass der Pizzuto di S. Michele beiden Kratern angehört. Der kleine Krater. in dem die beiden Seen zwei sekundäre Eruptionscentren gewesen sein können, ist ringsum ge- schlossen. Westlich muss man den Vulturkrater bis eine Miglie vom Ofanto begrenzen und die niedrigen, aus vulkanischem Gestein bestehenden Hügel am Nordabhang nicht dazu rech- nen. Vielleicht sind diese das Resultat besonderer Ausbrüche von der Nordwestseite des Kraters. Es ist auffallend, dass die vulkanischen Conglomerate grade an den offnen Seiten des grossen Kraters nach Westen und Süden so wenig verbreitet sind, während sie sich nördlich und besonders östlich weithin finden. Stets lagern die Lapilli und die andern vulkanischen Fragmentgesteine in der Ge- gend des Vultur über den neptunischen Schichten, oft auf deren jüngstem Gliede, dem groben Conglomerate und bilden stets die obersten Schichten, die Rücken der Hügel; im Ge- gensatze zu dem vulkanischen Tuffe der Campanischen Ebene, der im Grunde der Thäler, den Bergschluchten oder doch nur auf den niedrigen Hügeln liegt. Vielleicht liegt der Grund darin, dass die pulverigen Substanzen und Lapilli der Vulkane der Campi flegraei sehr leicht durch Druck und Wasser an einander haften und so eine Schicht bilden, die 35 der Wirkung der Sturzbäche widersteht, während die La- pilli des Vultur und die aus ihnen gebildeten Conglomerate diese Eigenschaften sehr wenig haben und leicht vom klein- sten Bache fortgeschafft werden. Als die ersten Regen die pulverigen Substanzen und Lapilli der phlegräischen Felder in Campanien von den Bergen herabgespült hatten, blieben sie unten liegen wie wir sie sehen, während in der schwach wellenförmigen Gegend östlich vom Vultur die Bäche leicht sich Wege in den lockern neptunischen Gesteinen einschnit- ten und alles fortführten,, was sie erreichen konnten, da es ihnen keinen Widerstand bot, so dassaur die höchsten Punkte mit vulkanischem Conglomerat bedeckt blieben. Der Vultur bildet ungefähr ein Dreieck, dessen längste Seite, von N.W. nach S.O. gerichtet, 6 Miglien lang ist, dessen von W. nach O. gerichtete 3 Miglien und dessen dritte Seite von N. nach S. etwas mehr als 4 Miglien lang ist, so dass die Ausdehnung des Fusses etwa 8 Quadrat- miglien beträgt; die Laven bedecken etwa 12 Quadratmiglien ; vulkanische Produkte finden sich auf einem viel grösseren Raume. Hydrographie. Der Vultur ist sehr quellenreich, aber ohne Thermen; die Quellen zeigen nie mehr als die Tempe- ratur der Luft. Mineralquellen, meist etwas rothen Bodensatz absetzend und Gase unter Geräusch entwickelnd, sind nicht blos im Umfang der beiden Krater, sondern auch noch über die von Laven bedeckten Gegenden hinaus häufig. Bei Rendina brechen aus den Kalken Schwefelwässer, die aber zu dem Vulkan in keiner Beziehung stehen. Im Allgemei- nen heissen alle Mineralquellen der vulkanischen Vultur- Region Agua santa, vorzugsweise aber eine an der Aussen- seite des westlichen Abhangs des Montiechio-Kraters ent- springende, in der in schmutzigen, in der Erde ausgehöhlten Badewannen die Landleute der Umgegend im Sommer zu baden pflegen. | An den Abfällen des nördlichen Höhenzuges des Vul- tur sind die Quellen häufiger als an denen der östlichen 3* 36 und an der Innenseite der beiden Krater bei der viel grös- seren Ausdehnung der äusseren Abhänge relativ vielleicht etwas häufirer als an der Aussenseite; die ersteren, z.B. die Fontana dei xiumentari und Fontana dei piloni, fliessen stets an höheren Punkten aus als letztere. Nach der Theorie der Eruptionskrater wird die äussere wie die innere Seite der Krater von Auswürfen gebildet, de- ren Schichtenneigung durch den vorhandenen Abhang be- stimmt wird, und nur aussen wird man mitten in diesen Schichten die flüssig hervorgetretenen Laven finden, während innen andere Verhältnisse vorhanden sind. die sich aus den vulkanischen Erscheinungen erklären lassen. Der Krater wird mit flüssiger Lava gefüllt, die endlich am tiefsten Punkte des Randes überfliesst. Nach dem Abfluss und der Eruption entsteht aus dem Rückzug der Laven ein Krater gewöhnlich von der Form eines umgekehrten Kegels. Von dieser Zeit her rühren zwei wichtige Modifikationen der inneren Krater- wände. Zuerst schmelzen oder fritten die flüssigen Laven die während der früheren Ausbrüche dort niedergefallenen fragmentarischen Massen. Zweitens bleibt an der inneren Kraterwand ein grosser Theil der festen Kruste von diesen geschmolzenen Massen zurück. In diesem einfachsten Falle ist die innere Vertheilung der vulkanischen Gesteine an der Innen- und Aussenseite gleich, nur dass nach der Innenseite die Schichten etwas mehr Festigkeit haben. Aber hei dem häufigen Wechsel der Eruptionsphänomene bleiben die Dinge nicht so. Oft infiltriren sich die aufsteigenden geschmolze- nen Laven in die Wände und bilden beim Festwerden gleich- sam ein inneres Gerüst in Form von Gängen; oder sie durch- brechen die Wand und treten an der Aussenseite als Lava- ströme hervor. Nicht selten sprengen heftige Ausbrüche den Boden des Kraters in die Höhe oder mässige Ausbrüche füllen den Krater mit fast horizontalen Lavaschichten, die mit Sand- oder Schlacken-Schichten wechseln, und dann wird bei einem äusserst heftigen Ausbruche dies alles wieder zerstört. Dann wird die innere Kraterwand in Stücke zer- 37 trümmert über den Rand hinausgeschleudert, die Höhlung des Kraters wird erweitert, seine Ränder werden niedriger und an seiner neuen innern Oberfläche treten die Gänge und die Schichtenköpfe der nach aussen fallenden Schichten zu Tage. In diesem Zustande ist die Somma an der dem Atrio del Cavallo zugekehrten Seite, und in sehr ähnlichem der dem kleinen See von Monticchio zugekehrte Abhang unter dem Pizzuto di S. Michele, und daher können dann die Ge- wässer fast ebenso leicht nach innen als nach aussen austre- ten. Da aber nach der Innenseite die Wasserläufe mehr Hin- dernisse finden, treten die Quellen an höher gelegenen Punkten hervor. Alles dies zeigt sich am Vultur. Wenn durch einen äusserst heftigen Ausbruch die früheren inneren Wände des Kraters zerstört sind, können an seiner Innenseite keine bedeutenden Quellen vorhanden sein, wie die Somma und der innere östliche Abhang des Kraters von Monticchio zeigt. Nach der Erhebungstheorie, die uns auch mit unseren übrigen Beobachtungen nicht in Einklang zu stehen scheint, müssten die gehobenen, früher horizontalen Schichten der La- ven und Conglomerate stets nach aussen geneigt sein und im Innern des Kraters nur die Schichtenköpfe derselben Schichten, die den innern Abhang bilden, wieder sichtbar sein. Wenn nun auch ein äusserst heftiger Ausbruch erfolst, der die innern Wände des Kraters zerstört, so bleibt stets die Neigung der Schichten nach aussen und Quellen könn- ten im Innern des Kraters nicht hervortreten; das aber steht im Widerspruch mit den Beobachtungen am Vultur. Der kleinere See von Monticchio kann angesehen wer- den als gebildet aus Quellen, süssen und mineralischen, die an seinem Grunde entspringen. Er ergiesst sein Wasser in den grossen See. An seiner Nordwestseite, grade neben der Hütte des Fischers, drei Meter vom Ufer aus 11,4 Meter Tiefe kommen aus dem Wasser viele Gasblasen, die etwas nach Schwefelwasserstoff riechen, der aber wahrscheinlich nur von zersetzten organischen Substanzen (Wasserpflanzen) her- rührt. Man sagt, dass bisweilen ein Wasserstrahl aus dem 38 kleinen See hervorgetrieben werde, der 1820 sogar über 5 Meter hoch gewesen sein soll. Wahrscheinlich eine sehr übertriebene Angabe; das Phänomen findet darin vielleicht seine Erklärung, dass vom Regenwasser herabgeführte Steine, welche die Quellenmündungen verschlossen, plötzlich fortgestossen werden. Ob der grosse See eigne Quellen hat, ist unge- wiss; sein Wasser ergiesst sich westlich in den Ofanto. Das Wasser der Fontana dei piloni fliesst in dem Thale zwischen dem nördlichen Bergzuge des Vulturkraters und den Hügeln des Kraters von Monticchio hin, nimmt von beiden Seiten die von den Kraterwänden herabkommenden Wässer auf und fliesst westlich in den ÖOfanto durch die weite westliche Oeffnung des Vulturkraters. Ueber eine sehr weite, wenig über dem Fusse des Vul- tur erhabene Zone sind seine vielen äusseren Quellen ver-. theilt, welche Melfi, Rapolla, Barile, Rionero und Atella an der Ostseite des Berges reichlich mit sehr frischem Wasser versehen. Die von der Aussenseite der nördlichen Berge des grossen Vulturkraters abfliessenden Wässer bilden mit den von N.O. abfliessenden die Melfia, die sich in den Olivento ergiesst. In die Melfia ergiessen sich auch die Quellen aus der Gegend bei Zapolla; die aus der Gegend von Barile ergiessen sich für sich in den Olivento. Die Wässer aus der Gegend von Ztiozero nehmen eine südliche Richtung und bilden mit den Wässern aus der Gegend von Atella das Flüsschen Atella, das am Süd- und Südwestabhange des Vultur hinströmend einige Wasserfäden des Montiechio auf- nimmt und sich dann in den Ofanto ergiesst. Der Geschmack der chemisch einander sehr ähnlichen Mineralquellen ist stechend, etwas styptisch wie der aller Eisenwässer; sie reagiren wie die Gasblasen, die sie ent- wickeln, sehr schwach auf Lackmus und enthalten schwefel- saure, salzsaure und kohlensaure Salze von Magnesia, Kalk und Natron, sowie kleine Mengen Eisenoxyd (?), das hie und da auch in den Vulturconglomeraten Absätze von Eisen- oxydhydrat bildet. 39 Die bedeutendsten Mineralquellen sind die drei am äus- sern westlichen Abhang des Montiechio und die drei am östlichen Abfall des Vultur hervortretenden, sowie die im kleinen See von Monticchio erwähnten, Die oben erwähnte zu den ersteren gehörige Aqua santa tritt zwischen Augito- phyr und vulkanischem Üonglomerat hervor; sie scheint nicht immer so reichlich zu fliessen als wir sie fanden. Nicht weit S.W. von ihr tritt in dem varco della creta die zweite hervor und die dritte N.O. von der ersten am varco di gau- dianella, die schon zum innern Abfall des Vulturkraters ge- hören kann. Dort ist vulkanisches Conglomerat vorhanden, auf dem sich der an den Westabfällen des Vultur so mächtige Tra- vertin zu zeigen beginnt. Von den östlichen Mineralquellen entspringt eineim Thal N. von /tapolla ; sie scheint die reichste an Gasen zu sein und giebt mit Baryt den reichlichsten Nie- derschlag. Die zweite, acqua della francesa, entspringt ne- ben der Mühle zwischen Aionero und Atella aus vulkani- schem Conglomerat, das auf Macigno liest. Das Conglo- merat ist an vielen Stellen mit Eisenoxydhydrat überzogen, vielleicht floss die Quelle früher stärker. Die letzte Gruppe der Mineralquellen, fontana dell’ arso, entspringt in einem tiefen Thale bei Azella auch aus vulkanischem Conglomerat, in dessen Nähe Travertin und Lava liegen. N.W. von der Aqua santa finden sich in dem terzo di Paduli einige fast kreisrunde, ganz baumleere Stellen, alte Mofetten. Früher waren die jetzt in enge Betten eingeschlossenen Gewässer in grossen Becken vorhanden, wo sie grosse Tra- vertinabsätze hinterlassen haben; jetzt bilden sich nur an einigen Stellen wie in dem oben erwähnten Thale N. von Za- polla schwache Kalkabsätze. Auch schwache Kieselabsätze bilden die Wässer biswei- len, wenn sie durch die Laven durchsickern z. B. im San- tuarium des heiligen Michael in Monticchio. Diese Grotte befindet sich im Augitophyr, der den jähen, inneren, östlichen 40 Absturz des Monticchiokraters bildet. Herr Gracomo p’Ar- DES, Apotheker in Aapolla, hat uns ein in der Gegend von San Canio gefundenes Stück Augitophyr mitgetheilt, das auf der einen Fläche mit vielen agatähnlichen Kieselknötchen und Limonitconcretionen bedeckt ist. Verhalten der vulkanischen Gesteine zu den neptunischen. Schon früher ist erwähnt, dass in der Bergregion die neptunischen Gesteine von plutonischen Er- hebungen zerrüttet sind, während sie in der Ebene noch ihre ursprüngliche Ablagerung zeigen; dass ferner die beiden Re- gionen sich in einer leicht gebogenen Linie begrenzen. Sehr nahe dieser Linie liegt der Vultur und zwar noch in der Bergregion ; diese seine Lage in den sedimentären Schichten scheint auf eine Verbindung zu deuten zwischen den pluto- nischen Hebungen des Apennins und seinen Ausbrüchen, so dass etwa die Hebung und Verrückung der sedimentären Schichten den Weg für die späteren vulkanischen Ausbrüche bahnte. In einem Umkreise von etwa 10 Miglien vom Vul- tur ist kein Apenninenkalk vorhanden; er erhebt sich mitten aus weit ausgedehnten Hügeln von Fucoidengesteinen, auf die häufig die Subapenninenformation und besonders das grobe Conglomerat aufgelagert ist. Die Zerrüttung dieser Schichten rührt nicht, wie schon angegeben, vom Vultur her und es fragt sich nur, ob die Fucoidengesteine unmittelbar auf die krystallinischen Gesteine abgelagert sind, so dass der Apenninenkalk fehlt. Diese Frage muss unentschieden bleiben; gewiss ist nur, dass die Kucoidengesteine stets unter den vulkanischen Produkten liegen, dass der Vulkan also erst nach Absatz und Zerrüttung derselben aufgebrochen ist. Auch ist das Fallen und Streichen der Tuffe von dem der Mergel und Kalke verschieden. Man sieht das deutlich von der Foggiana an bis nach Melfi und an der Ostseite von Melfi bis Riozero, besonders im Valle del salice. Längs der neuen Strasse bei Melf, die westlich an dem kleinen Hügel der Capuziner hinläuft und an der Porta del bagno beginnt, sieht man Schichten, die aus Lapilli und 41 Sand des Vultur bestehen, auf Macigno lagern. An der Brücke di Santa Venere und sonst an der Nordseite des Vultur sieht man die vulkanischen Gesteine von Sandstein und in der Foggiana, an der Meierei von Corora, von Thon unterteuft. Weiter entfernt vom Fusse des Vulkans lassen sich ähnliche Beobachtungen nicht mehr im Kleinen anstel- len, aber die ganzen Hügel, besonders am linken Olivento- ufer, bestehen unten aus geschichtetem Sandstein, Mergel oder Kalk, während die oberen Partieen aus vielen Schichten von vulkanischem Conglomerat gebildet werden; namentlich das Piano della eroce ist durch diese Decke sehr fruchtbar. Die Süd- und Südwestseite des Vultur wird von dem groben Alluvialconglomerat, dem jüngsten Gliede der Sub- apenninenformation, begrenzt. Dort sind die Lagerungsver- hältnisse weniger klar, die Grenzen liegen nicht am Fuss des Berges, sondern hoch oben, wo ausserdem der Wald von Monticchio sie bedeckt. An den baumfreien Stellen (den alten Mofetten) der Hochebene des Terzo di Paduli sieht man unter der dünnen Humusdecke viele grosse Geschiebe und Blöcke von Kalk, Sandstein und Limonit, die nicht gerollt zu sein scheinen, mit denen einzelne Stücke von vulkanischen Gesteinen vorhanden sind. Einige Schritte weiter sind Blöcke von vulkanischem Gestein sichtbar, die, soviel man sehen kann, die oberen Partien ausgedehnterer Massen sind, die tiefer liegen als sie ursprünglich lagen. Ohne Zweifel liegen diese baumfreien Stellen, die Mo- fetten, da, wo die vulkanischen Gesteine mit dem Alluvial- conglomerat zusammengrenzen, und es ist leicht zu begrei- fen, dass unter dem groben Conglomerat die Fucoidengesteine an einigen dieser Stellen sichtbar sind; ob aber die vulkani- schen Gesteine hier über oder unter dem groben Conglome- rat liegen, ist nicht bestimmt anzugeben. In westlicher Richtung von Atella aus an der Atella ent- lang bedeckt etwa eine Miglie lang Travertin den vulkani- schen Tuff, dann tritt der Tuff zu Tage, dann treten mäch- tige Thone und grobe Conglomerate auf, aber auch dort ist 42 über die Lagerungsverhältnisse zwischen Tuff und grobem Conglomerat nicht zu entscheiden. Etwa 24 Miglien von ‚4tella ergiesst sich die vom Monticchio herabkommende Au- fita in die Atella. Das Bett des Baches liegt im Alluvial- Conglomerat, das dort wenigstens 10 Meter tief eingeschnit- ten ıst; darunter sieht man an manchen Stellen nicht sehr deutlich geschichteten Thon lagern, der deshalb wahrschein- lich zur Subapenninenformation gehört. Verfolgt man etwas über + Miglie aufwärts das Bachbett, geht dann etwas öst- lich und steigt dann nördlich die waldigen Hügel des Mon- ticchio hinan, so bleibt man immer auf demselben groben Conglomerate. Von dieser Höhe sieht man östlich den äus- seren Abfall des langen Hügels, der südlich den Krater des Monticchio schliesst; steigt man dann an diesem etwas ab- wärts, so ändert sich die Gestalt des Bodens und er hebt sich leicht nach einer der früheren entgegengesetzten Rich- tung. Da nun, wo die beiden gegenüberstehenden Abhänge zusammentreffen, ist die Grenze zwischen vulkanischem Ge- stein und dem Alluvialconglomerat. Steigt man östlich herab, so findet man, wie am Terzo di Paduli, Kalk- und Sand- steingeschiebe gemischt mit Augitophyrstücken und ist dann plötzlich auf fester Augitophyrlava und vulkanischem Tuff. Das scheint entscheidend zu sein, da sich in der Nähe in einem tiefem Thale, das anfing sich zu vertiefen, eine ober- flächliche Geröllschicht über der Lava findet, so dass die mächtige Ablagerung der grossen Gerölle also vom Uter der Atella bis an den Südabhang des Kraters von Monticchio hinanreichte und durch ihn an ihrer weiteren Ausbreitung nach Norden gehindert wäre. Untersucht man aber das über der Lava befindliche Conglomerat näher, so sieht man, dass es nur ein frisches Aggregat von Geröllen aus dem nahen Con- glomerat ist, das mit Humus und vulkanischen Gesteins- stücken gemischt ist. Die Frage über die Lagerung bleibt also auch hier unentschieden. Der oben erwähnte Granitblock an dem varco di gaudia- nella (der wie die übrigen Granitblöcke des groben Conglo- 43 merates aus dem Macigno stammt und in das Öonglomerat über- gegangen ist) findet sich mit einigen Sandstein- und Mergel- geschieben auf dem Travertin, der das vulkanische Gestein bedeckt ; er ist wahrscheinlich nichts als ein aus dem Allu- vialeonglomerat stammender Block, der durch die Sturzbäche in den grossen Krater des Vultur geführt ist, ähnlich wie das auf der Lava gefundene Geschiebe- Aggregat. Aus vulkanischem Gesteine gebildete Schichten sieht man deutlich auf dem Alluvialconglomerat oder dem Sub- apenninenthon aufgelagert in der Gegend von Venosa. An der fontana de’ trenta angeli bei Venosa, 10 Miglien vom Vultur, sind mächtige vulkanische Conglomerate vorhanden, die, in zwei oder mehr sehr mächtige Schichten abgetheilt sind und aus Vultur-Lapilli verbunden mit grossen Stücken Augitophyr bestehen. Eins von diesen hatte 14 Meter Durch- messer, wog also ungefähr 4000 Kilogramme; sie sind nicht vom Vultur dahin geschleudert, sondern durch Wasser dort- hin geführt worden, zumal da die Blöcke mehr oder weniger gerundete Fläche zeigen. Uebrigens finden sich in dem vul- kanischen Conglomerat bei Venosa keine Gerölle aus dem darunterliegenden Alluvialconglomerat. Mit Sicherheit ist das Alter des groben, im Apennin so verbreiteten Conglo- merates nicht zu bestimmen, wahrscheinlich ist es älter als die Ausbrüche des Vultur: Der Vultur war kein submariner Vulkan. Der Vultur liegt von der Mündung des Ofanto ins Meer, wo dieses ihm am nächsten kommt, 34 Miglien entfernt. Diese seine Lage macht es nur wahrscheinlich , dass zur Zeit der Ausbrüche das Meer ihm vielleicht einige Miglien näher war, dass es jedoch immer noch beträchtlich weit lag, so dass seine Ausbrüche nicht unter dem Meere erfolgt sind. An den äusseren Abhängen der Somma finden sich oft tertiäre Gresteine mit marinen Resten und die Art, wie sie sich finden, scheint unzweifelhaft darauf hinzuweisen, dass sie bei den Ausbrüchen des alten Vesuvs ausgeworfen sind und aus den vom Vesuv durchbrochenen, neptunischen Schichten 44 herstammen. Man hat bisweilen an der Somma ganze Gesteins- schichten mit marinen Resten angenommen und geschlossen, dass sie noch an den Stellen, wo sie ursprünglich abgelagert wurden, vorhanden seien, so dass der alte Vesuv ein sub- mariner Vulkan gewesen sei. Aber diese muschelführenden Schichten finden sich nicht, sondern nur einzelne Kalk- und Mergelstücke mit Seemuscheln, und damit fällt auch der obige Schluss zusammen. Durk£novY*) will in der Samm- lung des Grafen Lamarmora in Turin und des Professor Pırra in Neapel Kalkblöcke von der Somma, bedeckt mit kleinen, den noch jetzt im Meere bei Neapel lebenden völlig analogen Serpeln gesehen haben. Ich habe nur den von Duüurkenxov in Pırva’s Sammlung beobachteten Kalk mit Ser- peln (Vermetus triqueter) gesehen und die Frische der Ser- peln beweiset mir, dass diese Kalkmassen vor nicht vielen Jahren aus dem Meer genommen waren, da die Kalkschalen der Serpeln doch nicht zwei Jahrtausende ihre volle Frische bewahrt haben können, mögen sie der Luft ausgesetzt oder unter der Erde begraben gewesen sein. Wir bezweifeln kei- nen Augenblick die doza fides von LamarmorA und PıLLa, die versichern diese Blöcke auf der Somma gefunden zu ha- ben; wir selbst haben im Krater des Gauro in den phlegräi- schen Feldern ein grosses Stück Leucitophyr mit einigen Vermeten gefunden, das offenbar dorthin verschleppt ist gleichgültig wie. Wenn aber der alte Vesuv ein submari- ner Vulkan gewesen wäre, so müssten sich Muscheln an sei- nen Gesteinen ebenso häufig finden als an den Klippen des nahen Meeresufers und damit stimmt die Beobachtung nicht überein. Der Theil der Somma, den wir jetzt über dem Meeresspiegel sehen, ist nie unter dem Meeresspiegel gewe- sen. Für den Vesuv machen es die topographischen Ver- hältnisse sehr wahrscheinlich, dass beim Anfang seiner Aus- ®) Sur les terrains volcaniques des environs de Naples p. 291. ##) ScaccHhı Mem. geologiche sulla campania p. 34. 45 brüche die Gegend seines jetzigen Fusses ein Meerbusen gewesen sei. Die Rocca monfina soll submarin gewesen sein, weil man auf ihren grossen Leueitkrystallen Serpeln aufsitzend gefun- den hat. In der That finden sich bisweilen auf den Leuci- ten undin den kleinen Höhlungen der Lava sehr zarte gewun- dene Röhren, die der zarten Serpula filigrana gleichen; wir selbst haben viele solche Exemplare dort gesammelt, aber diese Röhren bestehen aus Kieselerde, und nicht aus Kalk, sind also keine Serpeln. Wäre die Rocca monfina vom Was- ser bedeckt gewesen, so wären gewiss nicht blos einige Ser- peln an den Gesteinen hängen geblieben. Die vulkanischen Klippen des Golfes von Neapel bedecken sich, wenn sie sich auch nur einige Monate im Meer befinden, mehr oder weni- ger mit Balanen, Austern, Spondylen und andern Muscheln und Zoophyten. Auf dem Vultur findet sıch, so viel uns bekannt, nie ein Meeresprodukt oder Kalk mit Seemuscheln , wie am alten Vesuv. Weder die Zusammensetzung noch die Lagerung der Gesteine des Vultur lässt nach genauer Untersuchung auf irgend eine Bedeckung vom Meere schliessen. Auch die schon angegebenen Lagerungsverhältnisse zu den neptuni- schen Gesteinen beweisen, dass vor dem ersten Erscheinen des Vulkans seine Umgebung schon aus dem Subapenninen- meere hervorgetaucht war, selbst das grobe Conglomerat war sehr wahrscheinlich schon abgesetzt. Da übrigens noch der Fuss der Vultur mehr als 500 Meter über dem Meeresspie- gel erhaben ist, so haben schon seine ersten Ausbrüche sehr wahrscheinlich an freier Luft stattgefunden. Die Vulturlaven. Wie bei allen Vulkanen finden sich am Vultur ausser den eigentlichen geflossenen Laven noch Sandmassen, Lapilli und grosse ausgeworfene Blöcke; diese Materien sind zusammen entweder zu einer mehr oder weniger compakten Masse erhärtet oder sie sind ohne Zu- sammenhang geblieben. Diese lose Verbindung der fragmen- tarischen Substanzen werden wir, ohne zu unterscheiden, 46 Tuffe, Aggregate, Conglomerate nenuen. Von beiden Arten kommen viele Varietäten vor. In der Augitophyrlava des Vultur findet sich als cha- rakteristisch neben sehr häufigen, schwarzen Augitkrystallen mehr oder weniger Hauyn, bis zu einem Fünftel der ganzen Lava (z. B. an der Schlucht, die vom Krater aus in den Fussweg nach Ztionero führt). Die Hauynkrystalle sind sehr klein, nicht oft so gross, dass man das Rhombendodekaeder, die blaue Farbe und ihren Glasglanz erkennen kann; die Verwitterung wandelt sie in eine weisse, erdige Masse um. Nicht zersetzte Krystalle fanden sich auf dem Gipfel und am S.O.-Fuss des Pizzuto di Melfi, auf dem Pizzuto di S. Mi- chele, in der Foggiana und bei Zarzle; wahrscheinlich sind in allen Vulturlaven einzelne Krystalle vorhanden. Ausserdem kommen Olivin und Glimmer vor und selt- ner Leuceit; letzterer z. B. in den Laven der cave del mo- linello bei Akonero; zersetzter Leucit ist sehr schwer von zersetztem Hauyn zu unterscheiden. Die Laven sind steinartig, oft von erdigem Ansehen, dunkelgrauschwarz, bisweilen compakt, meist mehr oder we- niger zellig. Von abweichenden Varietäten finden sich, als Ströme: 1. Dichte, schwärzliche, zähe, körnig krystallinische Laven ohne deutliche Krystalle; sehr selten mit einigen un- deutlichen Augitkrystallen. Pietra della scimia. 2. Braune zellige Lava, das Mittel haltend zwischen steinartiger und erdiger. Häufige Augite mit weissen Kü- gelchen von Hauyn sind in ihrer Masse zerstreut; an den Zellwänden kleine glasglänzende Krystalle von Gismondin. An der Nordseite des Fusses der Pizzuto di S. Michele. 3. Graue, zellige, halberdige Lava mit vielen Augit- krystallen und seltenen Krystallen von glasigem Feldspath. An den Zellwänden viele weisse erdige Kügelchen von strah- lig fasriger Textur. Fontana dell’ Arso bei 4tiella. 4. Schwärzliche, zellige, steinartige Lava mit vielen schlecht ausgebildeten Krystallen von Augit und seltenen 47 Leuciten. An den Zellwänden viele kleine, weisse, erdige Krystalle in sechsseitigen Prismen. Cave del molinello bei Rionero. 5. Röthliche, körmig krystallinische, zellige Lava mit vielen Augitkrystallen und vielen weissen Flecken. Neue Strasse von Ztapolla nach Melfi. Dort sind zwei Lavaschich- ten durch einige Schichten gelblicher Lapilli getrennt; die untere ist gewöhnlicher Augitophyr, die obere die eben be- schriebene. Unter den losen Blöcken finden sich folgende Varietäten: 6. Dichte, sehr zähe, schwärzliche Lava mit vielen Augitkrystallen, vielen grossen Olivinkrystallen und vielem Glimmer findet sich häufig im Conglomerat, mit Zeichen von Metamorphismus, an der Fontana dei giumentari im Krater des Vultur. 7. Dichte, zähe, schwärzliche Lava mit sehr vielen Augitkrystallen und kleinen Zellen mit weisser glasiger Sub- stanz, die hie und da prismatische Krystalle bildet. Erra- tisch und selten im Thal hinter dem Camposanto von Ztionero. 8. Poröse, etwas erdige, zerbrechliche Lava mit wenig krystallisirtem Augit, vielen Hauynkrystallen und grossen zersetzten Leucitkrystallen. Die Hauyne haben + bis 5 Milli- meter im Durchmesser, sind innen grau und glänzend, aussen erdig und weiss. Die Leucite haben 8 bis 20 Millimeter im Durchmesser, sind ganz rund, weiss und erdig. Abhang des Vultür bei der Strasse von /tionero. 9, Dichte, wenig zähe, zellige, schwärzliche Lava mit vielen grossen Augiten, die Zellen mit einer weissen, bald durchscheinenden, bald erdigen Masse angefüllt. Ausserdem in den Zellen sehr kleine, weisse, sechsseitige Prismen. Viele und grosse Blöcke von dem Ponte del passo bei Ztendinu. Aus diesen vielen Varietäten, die jedoch alle in dem grossen Reichthum an Augitkrystallen übereinstimmen, folgt die Annahme vieler und verschiedener Ausbrüche. Uebri- gens findet sich fast immer titanhaltiges Eisenoxydul in Krystallen oder Körnern, das die Laven magnetisch macht, 48 so dass TEnoRE und Gussone*) 1838 auf dem Pizzuto di Melfi eine Ablenkung von 36 Grad, am Pizzuto di S. Mi- chele von 185 Grad vom magnetischen Meridian beobachteten; wir fanden am ersten eine Ablenkung von circa 20 Grad, am zweiten gar keine. Die Varietät No. 2. der Laven und eine sehr zähe, dichte, sehr feinkörnige, krystallinische, augitreiche Lava, 40 Meter unter dem Gipfel an der Südseite des Pizzuto di Melfi zeigen magnetische Polarität. Sie enthalten nicht mehr als 4 pCt. titanhaltiges Eisenoxydul. Conglomerat. Rings um den Fuss des Vultur sind grosse Conglomeratmassen vorhanden, von denen einige sich durch lose Krystalle von glasigem Feldspath und Aielanit auszeichnen; dies sind wahre Trachyttuffe, die wahrscheinlich von einem älteren Vulkan herrühren. dessen Krater durch die Vulturgesteine verdeckt ist. Unter dem Conglomerat des Vultur und Monticchio sind vier Hauptvarietäten vorhanden. Die erste besteht aus kleinen, gelblichen, bimsteinartigen Schlacken mit kleinen Augitophyrstücken und enthält kie und da einige mittelgrosse lose Augitkrystalle. Die zweite enthält viele Fragmente krystallinischer Gesteine von granitischer Struktur und viele, oft sehr grosse Augite. Die dritte ist ausgezeichnet durch viele grosse, mehr oder weniger abge- rundete Augitophyrblöcke und scheint durch sehr heftige Alluvionen abgesetzt, ähnlich denen, die viel früher das grobe neptunische Conglomerat bildeten. Die vierte besteht aus sehr kleinen, schwarzen, nicht zusammenhängenden, sandarti- gen Lapilli; sie führt nur einzelne Stücke von krystallini- schen Gesteinen und oft viele Olivinbruchstücke. Die zweite Varietät scheint das überwiegende Produkt der ersten Ausbrüche zu sein; sie findet sich am häufigsten auf der Höhe und am Saume der den Vultur umgebenden Berge. Die erste Varietät ist die häufigste; sie findet sich auf der Höhe des Vultur wie in der umliegenden Ebene. *) 1. ec. p. 110 und 127. 49 Zu ihr gehören grösstentheils die Conglomerate der innern Abhänge des grossen Vulturkraters und alle Conglomerate, welche die Seen von Montiechio umgeben. Am Hügel, auf dem Melfi steht, liegt sie unter den Gesteinen eines sekundären Kraters. An dem östlichen Fusse dieses Hügels fanden sich in diesem Oonglomerate zwei Knochenstücke eines grossen Säugethieres, das wahrscheinlich etwas grösser als ein Pferd war. Eins ist ohne Zweifel das Ende eines Gelenkknochens, das andere wissen wir nicht unterzubringen; beide waren ver- bunden und an ihnen hafteten sehr fest die Lapilli des Tuffes mittelst einer braunen, bituminösen Substanz ; diese Knochen- stücke müssen schon zur Zeit der ältesten Auswürfe in das Gestein eingehüllt worden sein. Die beiden anderen Varietäten sind im Allgemeinen jünger; der schwarze sandartige Tuff liegt nur am Fusse des Berges, besonders bei Ztionero und Darile. Der Tuff mit den grossen gerundeten Augitophyrblöcken tritt zuerst auf der halben Höhe des Berges auf und erstreckt sich von da etwa 10 Miglien östlich; auf der Westseite liegt er nur auf den Abhängen des Monticchio. Die Blöcke haben ge- wöhnlich einen Durchmesser von 3 bis $ Decimeter, seltener kommen grössere vor. Ihre Winkel und Ecken sind immer stumpf und die Blöcke sind häufig mehr oder weniger deut- lich rund. An einigen Punkten zerblättern sie in dicke, runde, concentrische Schalen, z. B. an der neuen Strasse nahe bei /apolla nach Melfi und Barüle hin. Dort lagert dies Conglomerat unter anderen Schichten, die aus der ersten Varietät mit gelblichen Lapilli und verschiedenen gewiss jüngeren Laven bestehen. In der Gegend des Vultur kommt das grobe neptuni- sche Conglomerat in nächster Nähe des Conglomerates vor, das die Augitophyrblöcke enthält; bisweilen lagert das letz- tere unmittelbar auf ersterem, aber nie findet sich ein Ge- schiebe von neptunischem Ursprung im vulkanischen und nie ein Stück Augitophyr im neptunischen Conglomerat. Es scheint, dass die drei ersten Varietäten sich zu Zeits. d. d. geol. Ges. V. 1° 4 50 wiederholten Malen während der Ausbrüche gebildet haben, denn sie befolgen nicht ein Gesetz bestimmter Lagerung. Da der Krater von Monticchio excentrisch im Krater des Vultur steht, (der Vesuv steht centrisch in der Somma), so sind die Ausbrüche des Montiechio später als die des Vul- tur. Während die Produkte des Vesuvs merklich von de- nen der Somma verschieden sind, findet bei denen des Mon- ticchio und Vultur diese Verschiedenheit nicht statt. Da- her begreift es sich, dass einige Tuffe, z. B. die mit den Blöcken von granitischer Struktur, die gewöhnlich unter den andern lagern und also älter scheinen, an einigen Stellen auf dem Tuff mit den grossen Augitophyrblöcken lagern oder auf dem mit den gelblichen Bimssteinen. Die Deutung die- ser Lagerungsverhältnisse wird dadurch sehr erschwert, dass die fragmentarischen vulkanischen Materien oft durch flies- sende Wasser fortgeschaftt in Form von Schichten an sehr entfernten Orten vorkommen und diese Erscheinung wieder- holt sich noch jetzt oft in kleinem Maassstabe. Man findet dann ältere Produkte auf denen jüngerer Ausbrüche lagernd, da die Cohärenz der Conglomerate des Vultur, wie schon erwähnt, sehr schwach oder null ist. Am sichersten erkennt man diese Absätze auf sekundärer Lagerstätte (depositi rim- pastuti) daran, dass die Augitkrystalle abgerieben und die Gesteinsfragmente gerundet sind. Deshalb sind auch die auf dem linken Ufer des Olivento sich findenden oberflächli- chen Schichten mit Geschieben krystallinischer Gesteine auf sekundärer Lagerstätte nicht mit den sehr ähnlichen auf den Abhängen des Vultur befindlichen zusammengeworfen. Lagen und Geoden von Limonit. In den Tuft- massen des Vultur, vor allen in den an pulverigen Sub- stanzen reichen, findet sich Limonit in verschiedenen Weisen. Besonders häufig ist er an der Nordseite des Vulturfusses, um den Hügel von Melfi und an dem Wege zum Campo santo von Melfi,; er findet sich entweder als Geoden oder in Form kleiner höchstens 4 Centimeter mächtiger Zwischen- lager im Tuff. Die Grösse der Geoden wechselt von. einem 51 Durchmesser von 6 bis 20 Centimeter. Sie bestehen aus con- eentrischen Schichten, die oft Zwischenräume enthalten und ihre innere unregelmässige Höhlung ist uneben. Sie sind sehr zerbrechlich, so dass man keine unverletzt aus dem umgebenden Gestein herausbringen kann. Sehr häufig finden sich Geoden in den Limonitadern. Sie rühren höchst wahr- scheinlich von der Infiltration eisenhaltiger Wässer her. Erratische krystallinische Blöcke des Vul- tur. Diese Blöcke von granitischer Struktur sind in der einen Varietät des Tuffes sehr häufig und bestehen meist aus Augit, Glimmer und Olivin; oft aus aschgrauem oder blauem Hauyn, Augit und titanhaltigem Eisenoxydul. Kalk- blöcke, so häufig an der Somma, fehlen ganz; Apatit dage gen ist in den Blöcken sehr häufig vorhanden, wie schon FonsecA angegeben hat, und zwar finden sich seine Krystalle im Innern der Augite oder zwischen den Blättchen des Glim- mers. Auch die losen Augitkrystalle, die so häufig sich im Tuff finden, schliessen oft noch vollständige Apatitkrystalle ein. Glasiger Feldspath ist selten, während er in den Pro- dukten der sekundären Krater des Vultur wie anderer Vul- kane so häufig ist. Das Fehlen der Kalke spricht für ein Fehlen des Apenninenkaikes in der Tiefe. Lagerung des Augitophyrs zu den Tuffen des Vultur. In einem tiefen Thale, südwestlich von Aiella, an der Fontana del Arso ist die Lava (Varietät 3) von Tuff be- deckt, unter ihr liegen an einigen Stellen noch lose Massen. Der Lavastrom scheint vom Vultur zu stammen, nicht von einer besonderen Bocca. An der neuen Strasse von #ionero nach Melfi, etwa 1 Miglie nördlich von Zarile liegen bei der Kirche der Ma- donna di Constantinopoli mächtige Lapillimassen, bedeckt von zwei etwas mehr als 1 Meter mächtigen Augitophyrströmen, die durch eine Schicht gelblicher Lapilli getrennt sind. Das- selbe sieht man ununterbrochen bis etwa 1 Miglie vor Melk, obwohl man nicht schliessen darf, es seien dieselben Ströme, da sie mineralogisch sehr verschieden sind. Bisweilen wird A* 52 ein Strom sehr mächtig, bisweilen wird der obere Strom so dünn, dass nur schwache Schlackenschichten von ihm übrig bleiben. Sie setzen bis nach Ztendina östlich fort; Darde und /#tapolla stehen auf Armen dieser Ströme. Im oberen Theile eines Thales an einer Brücke etwa 1 Miglie von Melfi sind zwei durch Lapillischichten getrennte Lavaströme vorhanden; der untere 4 Meter mächtige ruht auf Conglo- merat wie gewöhnlich, das an seiner Oberfläche durch die Hitze des Augitophyrs geröthet ist, und ist nach Osten 53 Grad geneigt; der obere Lavastrom ist etwas weniger geneigt, jenseit des Thales aber fällt er sehr steil herab und wird zu gleicher Zeit viel höher. In der Nähe der Kirche dell’ Incoronata, etwa + Miglie von Melfi, ist die Lava im Grossen sehr deutlich kugelför- mig abgesondert und liegt zwischen verschiedenen Conglo- meraten, unter denen das mit den grossen Augitophyrblöcken das häufigste ist. Weiter westlich, halbwegs zwischen Melfi und Foggiana, beginnt eine Reihe länglicher Hügel von weissem 'Trachyttuff, die bis an die Meierei von Corona fort- gehen, aber nicht der Vulturformation angehören. Am Wohn- haus der Meierei ist eine andere kugelig abgesonderte Lava vorhanden, die nicht vom Vultur herabgeflossen sein kann; sie ist über Fucoidenmergel und Macigno geflossen. An den östlichen Abhängen des Vultur findet ein fort- währender Wechsel von Laven und Conglomeraten statt. Selten sieht man den Augitophyr wirklich auf den Oonglo- meraten lagern und wenn diese sich auf den Laven finden, sind sie fast immer nicht zusammenhängend und abgerundet, sie sind durch das Wasser von oben herabgeschafft worden; oft haben die Wasser die ın den Thälern befindlichen Lava- ströme in zwei Theile zertheilt. An den nördlichen bewal- deten Abhängen herrschen dieselben Verhältnisse. Der Gipfel des nackten Pizzuto di Melfi besteht in sei- nen obersten 50 Metern nur aus Augitophyr; man sieht an seiner innern dem Krater zugekehrten West- und an der den niedrigeren Höhen des Kraterrandes zugewendeten Süd- 53 seite einige Vorsprünge, die man als Schichtenköpfe ver- schiedener Lavaströme betrachten könnte. Ausser diesen und einiger scheinbaren Verschiedenheit der Gesteine dieser gros- sen Augitophyrmasse ist kein bestimmter Beweis vorhanden, dass diese Masse aus verschiedenen Lavaschichten besteht. Am Fusse des Pizzuto besonders an der Südseite wechsel- lagern viele Laven mit Conglomeraten, deren einzelne Theile gewöhnlich so mit einander verbunden sind, dass man in Zweifel bleibt, ob man sie als schwammige zerbrechliche La- ven oder als Aggregate betrachten soll. Die deutlich aus La- pilli und Schlacken gebildeten Schichten gehen allmälig über in diese Conglomerate, deren Aehnlichkeit mit porösen Laven daher rührt, dass die Gluth der Lavaströme sie einigermaassen zusammengeschmolzen hat. Die Vertheilung der Gesteine an der Südseite stimmt genau mit der überein, die man an der Innenseite der Krater voraussetzen muss. Wenn man auch annimmt, dass dort die Gesteine, die ursprünglich den Pizzuto mit dem nächsten Gipfel verbanden, zerstört sind, bleiben bessere Erläuterungen wünschenswerth. Die grosse Masse von Augitophyr, welche die Spitze des Pizzuto di Melfi bildet, setzt offenbar eine andere Beschaffen- heit des Vultur als die jetzige voraus, da sie bei der jetzigen nicht so hoch steigen konnte. Die am Fusse des Berges befindlichen Conglomeratschichten zeigen, dass der Fuss des Berges auf ihnen steht und also nicht als die Spitze einer grossen, im festen Zustande in seiner jetzigen Gestalt her- vorgestossenen Augitophyrmasse betrachtet werden kann. Man muss also voraussetzen, dass der Rand des Vulturkra- ters zur Zeit seiner Ausbrüche höher als die jetzigen höch- sten Punkte des Vultur gewesen sei; dass, wo jetzt der Piz- zuto dı Melfi sich befindet, einer der niedrigeren Punkte ge- wesen sei, der den Laven leicht einen Austritt verstattete; dass sich endlich dort grosse Lavenmassen angehäuft haben, deren Festigkeit einer nachfolgenden Zertrümmerung dieser Partien grösseren Widerstand entgegensetzte, so dass sich jetzt dort die höchste Spitze findet. Die übrigen kleineren 54 Höhen östlich und westlich vom Pizzuto dı Melfi sind so üppig bewachsen, dass ihr Gestein nur wenig zu Tage tritt; wahrscheinlich sind die Lagerungsverhältnisse ähnlich wie am östlichen Abhang des Vultur. Im Innern des grossen Vulturkraters sieht man nur Wechsel von Laven mit verschiedenen Conglomeraten, die alle mehr oder weniger Spuren von späterer Erhitzung zei- sen. An einigen Stellen, z.B. an der Fontana dei giumen- tarı, scheint der Augitophyr kleine Gänge in dem Conglo- merat zu bilden, aber sie sind weder deutlich noch mit den mächtigen Leucitophyrgängen der Somma zu vergleichen. Nahe dabei erhebt sich wie ein Obelisk eine Masse festen Ausitophyrs, Pietra di Orlando, und eine nock grössere, Pie- tra della scimia, thront auf den Hügeln, die nördlich den Krater von Montiechio begrenzen. Ausser diesen finden sich noch kleinere ähnliche Massen; sıe alle verdanken ihren Ur- sprung den Laven, die einst den Krater erfüllten und sich dann über den Rand ergossen. Die den Krater von Montiechio umschliessenden Hügel, bis auf den vom Pizzuto di S. Michele herabkommenden stei- len Absturz, bestehen aus vielen Schichten fast unzusammen- hängender Lapilli; aus diesem Krater scheint nie Lava aus- geflossen zu sein. Der Augitophyr der Pietra della scimia und des jähen östlichen Abhangs, auf dem das Kloster steht, gehören höchst wahrscheinlich dem Vultur an. Der bis zum Kloster steil herablaufende Fels erscheint anfänglich als eine ungeheure Masse von Augitophyr, aber er besteht aus mehren Lavaströmen, zwischen denen Conglomeratschichten liegen, die durch die erlittene Umwandlung den Laven ähn- lich geworden sind. Drittes Kapitel. Die sekundären Krater des Vultur. Ausser dem sehr excentrisch im grossen Krater befind- lichen kleinen Krater von Monticchio finden sich ausserhalb der Basis des Vultur kleinere Krater, die mineralogisch ganz 5) verschiedene Laven und Lapilli seliefert haben, Der nie- drige Hügel, auf dem Mel/f steht, und der etwas weiter öst- lich gelegene le Braidi sind solche sekundäre Krater, die jeder nur + Quadratmiglie einnehmen und auch niedriger als die umgebenden Hügel sind, so dass sie, wären sie nicht Jünger als die Ausbrüche des Hauptkraters, gewiss von des- sen Auswürfen bedeckt wären. Daher können auch noch andere vom Vultur überschüttete sekundäre Krater vorhan- den sein. Der fast kreisrunde oben abgeflachte Vulkan von Melfi nordöstlich vom Vultur nahe an seinem Fusse trägt auf sei- ner Höhe keine Vertiefung, die als Krater gelten könnte, vielleicht -weil seine Lava sehr zähflüssig war und sehr schnell erhärtete und also den sehr flachen Krater leicht ausfüllen konnte. Zu unterst am Hügel liegen viele Tuffschichten, die denen des Vultur so gleichen, dass man an ihrem Ursprung vom Vultur nicht zweifeln kann. Darüber folgt die sehr hauynreiche, von Arıch Hauynophyr genannte Lava. Zwi- schen beiden liegen an einigen Stellen, z. B. an der Südseite unter der Porta caleinara und an der Nordseite, einige wenige Schlacken mit viel Hauyn und bimssteinartige Lapilli mit losen Hauynkrystallen. Die in den Schlacken enthaltenen Hauynkrystalle sind stets an der Oberfläche angegriffen; sie sind weiss, erdig, wie kalzinirt, oft bis ins Innere hinein, wahrscheinlich durch saure Gase, zersetzt. Die Seltenheit der hauynhaltigen Schlacken und Bimssteine beweiset, dass der Vulkan nur wenig lose Massen ausgeworfen hat, dass der von ihnen gebildete Krater nicht sehr tief gewesen ist. Seine Explosionen waren nicht sehr heftig, da die Auswürfe nicht über den Umfang des Hügels hinausgehen. Nur an der Westseite ist blos Hauynophyr uchösıderl sonst ist überall der unterlagernde Vulturtuff aufgeschlossen, in dem der Vulkan von Melfi herausgebrochen ist, vielleicht nachdem der Vultur schon im Zustande der Ruhe war. Die Tuffschichten fallen sanft nach N.O., wie dem Abhang des 36 Vultur entspricht; sie sind nicht aufgerichtet und nicht ver- bogen, es ist kein Erhebungskrater vorhanden, im Gegen- theil sie haben noch die Lage, in der sie abgesetzt wurden. Sehr schön sieht man an der Südwestseite, von der Porta del bagno bis zum Castell die Tuffschichten in den Hügel eindringen. Wo sich ein Vulkan öffnet, wird die Neigung und Lage der Schichten nur wenig und nur auf kurze Strecken verändert. Der Hauynophyr bildet nur Einen 1 bis 3 Meter mäch- tigen Strom mit einem sehr hohen Buckel, der vom Fuss des Hügels an bis an dessen höchsten Punkt reicht. Der fast horizontale, nur wenig nach Süden geneigte Strom be- deckt den Hügel und auf ihm steht die Stadt Melfi. Man sieht ihn mit geringen Unterbrechungen längs der Stadt- mauer, an der Nordseite vom trojanischen T'hore an, an der ganzen Ost- und Südseite, und oft tritt er in den nicht ge- pflasterten Strassen der Stadt zu Tage. Unter der Porta calcinara an der Westseite wird er höher, aber man sieht noch die unter ihm liegenden Tufischichten, dann steigt er in nordwestlicher Richtung bis an den Fuss des Hügels hinab und erhebt sich zu gleicher Zeit zu dem Buckel, auf dem das Castell steht. Dort würde man ihn kaum mehr für einen Lavastrom halten, eher für eine in ihrer jetzigen Gestalt aus der Erde hervorgetretene Masse; aber sein Zusammen- hang mit dem übrigen Strome, der auf Tuff ruht, setzt es ausser Zweifel, dass er auch hier auf Tuff lagere. Der kleine Vulkan von Melfi gleicht in seinem Aeusseren ganz dem Monte Olibano bei Puzzwoli. Aus der Zähflüssigkeit und dem schnellen Erhärten der Lava, die es sehr schwer machen in - fliessende Lava einen Stock hineinzustossen, erklärt sich die Erscheinung des Buckels hinreichend. Auch die spärli- chen Schlacken des Lavastromes von Melfi sprechen für seine grosse Zähflüssigkeit. Der Strom ist meist prismatisch zerklüftet, besonders unter dem Castell; seine Farbe ist bald schwarz, bald gelb- lichbraun und auch die Färbung der Hauynkrystalle ist sehr 57 verschieden. Bald ist die Lava so zäh, dass sie kaum den Schlägen des Hammers nachgiebt, bald ist sie leicht zu zer- trümmern, aber sie stammt doch nur von Einem Ausbruche her. Die unter dem Tuff‘ befindlichen, fast den ganzen Hügel umgebenden, geschichteten Kalke und Thone sind sehr zer- rissen und verbogen, aber diese Erscheinungen gehören nicht dem Vulkan von Melfi an, da die Vulturtuffe selbst in ihrer Lagerung nicht gestört sind. Unter den vom Vulkan von Melfi ausgeworfenen Lapilli und Schlacken finden sich einige deutlich veränderte Mergel- und Kalkfragmente, aber isolirte lose Blöcke wie am Vultur kommen nicht vor. Vulkan von le Braidi. Oestlich vom Vulkan von Melfi finden sich zunächst den vulkanischen Gesteinen Kalke und Thone, dann Vulturconglomerate, weiter östlich am rech- ten Melfitaufer sehr mächtige undeutlich geschichtete Tuffe mit vielen Krystallen von glasigem Feldspath, die dadurch, durch ihre Textur und ihre gelbliche Farbe sehr an den Tuff der phlegräischen Felder erinnern. Dann sieht man am linken Melfitaufer + Miglie lang und an 200 Meter hohen Punkten einen Lavastrom von hellaschgrauer Farbe, dessen dichte wenig zähe Masse einige wenige kleine Krystalle von glasigem Feldspath und viele kleine Krystalle von trübem, weissem oder blaugrünem, glasglänzendem Hauyn enthält. Dies Gestein, das die Mitte zwischen Trachyt und Hauynophyr hält, könnte man als Hauyntrachyt bezeichnen. Der Strom bil- det den le Braidi genannten Hügel, der seinen höchsten Punkt nicht in der Mitte, sondern an der Südwestseite hat, nach dem aber dieser sekundäre Vulkan Vulkan von le Braidi heissen mag. Von ihm scheint jedoch der Trachyttuff am rechten Melfitaufer nicht herzustammen, von dem südlich und südöstlich der Hauyntrachyt liegt, während sich an den letz- teren östlich und westlich einige vom Trachyttuff sehr ver- schiedene, sicher in der Nähe ausgeworfene Bimssteincon- glomeratschichten anlegen; ferner kommt auch anderswo am Vultur Trachyttuff vor, wo er gewiss nicht von dem kleinen Vulkan von le Braidi abstammt. Beim ersten Anblick möchte 58 man den weissen, steil abfallenden, undeutlich geschiehteten Hauyntrachytstrom für einen aus Apenninenkalk bestehenden Hügel halten. Man findet zwar keinen gut erhaltenen Kra- ter, aber doch einige Andeutungen von Oeffnungen, aus de- nen die Lava hervordrang; an der Östseite drängt sich die Lava zwischen die Conglomerate ein wenig ein. Die Lava war offenbar sehr zähflüssig und konnte deshalb, wie der Strom von Melfi am Castell, einen Buckel bilden. Der trachytische Monte di Cuma in den phlegräischen Feldern giebt ein gu- tes Bild von der Form des Hügels le Braidi. Die Braidilava war noch zähflüssiger als die Lava von Me/fi, deren Buckel daher noch weiter von dem Ursprungsorte der Lava entfernt liest. Auch hier sind die dem Hauyntrachyt zunächstliegen- den Conglomeratschichten, durch die der Vulkan aufbrach, nicht in ihrer Lagerung gestört. Während in Melf die La- pilli unter der Lava liegen, sind sie in /e Draidi nur am östlichen und westlichen Ende des Stromes vorhanden. Sie bilden kleine nicht zusammenhängende Ablagerungen mit fast horizontaler Schichtung und enthalten ausser den Bims- steinen viele kleine Stücke von veränderten Sedimentgestei- nen. Die Kalke sind mehr oder weniger kalzinirt, erdig und leicht zerreiblich; die Mergel haben eine vielspaltige Rinde, die sich leicht von dem weniger harten rundlichen Kern ab- löset. Es kommen viele Stücke von rothem Termantid vor, in denen man leicht den durch die Lava veränderten Fucoi- denthon erkennt. Sie pflegen Adern von Arragonit zu ent- halten, der bisweilen auch als Bindemittel für Fragmente von Hauyntrachyt und von Termantid dient. An den durch die Erdbeben vom 14. August 1851 her- vorgebrachten Spalten, die sich gerade da befinden, wo sich die Conglomerate an den Hauynophyr anlegen, sieht man in letzterem ein grosses Stück Termantid eingeschlossen. Es scheint übrigens als habe der zähflüssige Hauynophyr die schon vorhandenen Bimssteinconglomerate an die Stelle hin- geschoben, wo sie sich jetzt finden. Dass die treibende Kraft der Vulkane, der Wasser- 39 dampf, der auch auf die Menge der Schlacken und die Schnelligkeit des Stromes von so grossem Einfluss ist, sehr gering gewesen sei, sieht man allen Erscheinungen der Vul- kane von Melfi und le Braidi. Nach Recarıro und SORREN- Tino füllte sich bei dem grossen Ausbruch des Vesuvs vom 16. December 1631 erst langsam und ohne Geräusch der Krater mit Lava und dann erst folgten die fürchterlichen Ausbrüche. Trachyttuffe. An der Nord- wie an der Ostseite des Vultur liegen viele Trachyttuffe von unbekanntem Ur- sprung. Nie überlagern diese Tuffe die übrigen vulkanischen Aggregatgesteine, nie findet man einen anstehenden Trachyt- strom, nie einen aus Trachyttuff gebildeten Krater. Alle älteren Trachyte scheinen von den jüngeren Augitophyren bedeckt zu sein; vielleicht sind in den zwischen der Foggiana und Melfi befindlichen Trachyttuffhügeln noch Reste des ältesten Kraters, der die Trachyte lieferte, übrig. Asıch hat auf seiner Karte viele kleine trachytische Lager angegeben und auch den Vulkan von /e Braidi, wenn dieser überhaupt seinem Monte S. Paulo entspricht, zur Trachytformation ge- rechnet. Ausser einer wechselnden Menge loser Krystalle von glasigem Feldspath enthalten die Trachyttuffe lose, kleine, gewöhnlich nur 2 Millimeter im Durchmesser haltende Kry- stalle von Melanit, die sich nie in den Produkten des Vultur und der Nebenkrater finden. Ausserdem kommen in diesem Tuffe einzelne Stücke krystallinischer Gesteine vor, unter denen Trachyt mit sehr viel krystallisirtem glasigen Feld- spath bemerkenswerth ist. Die Gesteinsstücke enthalten mei- stens viele kleine Massen zersetzten Hauyns, der also in den Gesteinen aller Epochen des Vultur vorkommt. In ‘den Trachyttuffen an der Fontana della Camerlenga bei dem Flüss- chen Macera und nahe bei Je Brardi finden sich sehr grosse Trachytblöcke, bei Ze Braidi einer von 21 Meter Durchmes- ser. Im Tuffe nahe bei /e Braidi liegt auch ein Block von blättrigem durchscheinenden Kalk mit vielen grossen Glim- 60 merblättchen, wie sie an der Somma so häufig sind. Die Hauptvarietäten des Tuffes, der offenbar mehren verschiede- nen Ausbrüchen angehört, sind: 1. Gelbbrauner zäher Tuff mit vielen von einer gelben erdigen Substanz erfüllten Zellen, mit nicht viel glasigem Feldspath und Melanit und seltenen sehr kleinen Ausgiten. Spärliche quarzige Brocken lassen noch ihren Ursprung aus dem Macigno erkennen und das Gestein brauset an vielen Stellen mit Säuren. Es führt bisweilen vollständig verkohlte Pflanzenreste, deren Spalten mit blättrigem Kalk ausgefüllt sind; sie gehören nach dem Urtheil des Professor GAsParR- rını grossen dikotylen Wasserpflanzen an. Oestlich von Rionero, am Azzuppaturo. 2. Gelbgrüner, mürber, grobkörniger Tuff mit weissem mürben Bimsstein und wenig Feldspath, Melanit und Augit. Fontana di Barile an der neuen Strasse nach Melk. 3. Hellgrüner ziemlich zäher Tuff mit viel glasigem Feldspath und Melanit. Enthält auch viele Brocken von Kalk, Sandstein und Quarz aus dem Macigno. Rechtes Melfitaufer. 4. Gelber, zäher, zelliger Tuff mit nicht viel Feldspath und Melanit. Die Zellen scheinen von zerstörtem Bimsstein herzurühren. Längs der Strasse am Tufo del Macario, N.O. von ZAapolla. 5. Gelblicher mittelmässig zäher Tuff mit sehr vielen, kleinen, sehr zerreiblichen Bimssteinstücken und vielem glasigen Feldspath, Melanit und Augit; die Augite sind sehr klein und weniger häufig; alle drei Species finden sich auch im Bimsstein eingeschlossen. Bisweilen werden die Bims- steinstücke grösser nnd das Gestein zertheilt sich sehr leicht in unregelmässige Stücke. Zusammen mit der vorigen Varietät. 6. Gelblicher, fester, zäher Tuff, mit Säuren brausend, mit vielem, weissem, zerreiblichem Bimsstein, mit Augit, Melanit und Feldspath und einigen Sandstein- und Quarz- brocken. Halbwegs zwischen Me/fi und dem ÖOfanto am Nordabhang des Vultur. 61 7. Fester weisslicher Tuff mit kleinen weissen Bims- steinen, nicht mit Säuren brausend. Mit sehr wenigem Feld- spath und Melanit und etwas Glimmer. An der Foggiana. Viertes Kapitel. Mineralogie des Vultur. Es ist sehr bemerkenswerth, dass sich keine von Fuma- rolen gebildete Mineralien wie Schwefel, Gyps, Eisenglanz am Vultur fanden, wenigstens haben wir deren nicht beobachtet. Augit kommt in den Laven, in den krystallinischen Blöcken sowie auch in losen Krystallen unter den Auswür- fen des Vultur vor. Diese letzteren haben bisweilen wohl 60 Millimeter Durchmesser, irisiren an den Bruchflächen und zeigen, wie schon FonsecAa*) angiebt, verschiedene Modifikationen. Die seltenen Augitkrystalle des Hauyno- phyrs von Melf sind braun, sehr lang gestreckt, schmal und oft zusammen gruppirt. Hornblende findet sich in ziemlich grossen, seltenen, losen Krystallen zusammen mit dem Augit. Durch das Go- niometer wurde die Verschiedenheit ihrer Winkel von denen des sehr ähnlichen Augits nachgewiesen. Peridot. Nur Olivin kommt von seinen Varietäten vor und zwar sehr häufig in den krystallinischen Blöcken des Vultur oder in losen Fragmenten, die dieselbe Krystall- form wie am Vesuv haben. In der Lava ist er seltener. Glimmer, brauner oder schwarzer, ist häufig in den krystallinischen Blöcken des Vultur vorhanden; in den La- ven oder dem Trachyttuff ıst er selten. Die grüne Varietät findet sich nur in einem Blocke, der aus Glimmer und Kalk besteht. Hauyn ist in allen Laven der Vulturregion und in den losen Blöcken sehr gemein. In der Lava von Me/fi findet er sich verschieden gefärbt, schwarz, grün, roth und blau. Am Fusse des Castells sind blaue, innen rothe Hauyne sehr *) Observat. geogn. sul Vulture p. 9 u. 10. 62 häufis. Von der schwarzen Varietät finden sich bisweilen sehr grosse, 50 Millimeter dicke Krystalle, die in der Rich- tung von zwei gegenüberliegenden dreiflächigen Winkeln ver- längert sind; bisweilen kommen grosse Körner vor, die ganz aus Hunderten 3 bis 4 Millimeter dicker Krystalle beste- hen. Das einfache Rhombendodekaäder ist die allein vor- kommende Form, wie schon Brocenı*) angegeben hat; sie sind glasglänzend bis emailglänzend, mit Salzsäure geben sie etwas Schwefelwasserstoff. Das spec. Gewicht des ın den Laven von Melfi vorkommenden schwarzen Hauyns ist 2,449, das des innen rothen, aussen blauen 2,466. Es scheint also Spinellan (Nosean) zu sein, der ja eben nicht wesentlich vom eigentlichen Hauyn verschieden ist. Leucit kommt in den Laven des Vultur sowie im Hauynophyr von Melfi bisweilen vor. Oft bestehen die gros- sen rundlichen Krystalle aus einer weissen erdigen Sub- stanz, in der sich bisweilen einige glänzende Partien von Leuceit befinden. Glasiger Feldspath findet sich selten in den krystal- linischen Blöcken des Vultur und in den vom Vulkan von Melfi ausgeworfenen Schlacken; noch seltener ist er in einigen Laven des Vultur wie z. B. in der bei der Fontana dell’ arso bei Atella. Er bildet einen Theil des Hauyntrachyts und ist häufig im Trachyttuff. Er findet sich immer in Krystallen. Melanit findet sich nur in kleinen Rhombendodekaädern mit stumpfen Ecken im Trachyttuff zerstreut oder in den Bimssteinen des Trachyttuffes eingeschlossen. Idokras geben Texore und GussonE**) unter den Bestandtheilen der krystallinischen Blöcke des Vultur an; wir haben ihn nicht gefunden. Sphen. Von ihm sind ein Mal kleine gelbe Krystalle, eigentlicher Semelin, in einem Stücke glasigen Feldspathes aus dem Trachyttufte bei Ze Braidi vorgekommen. *) Bibliotheca italiana. t. 17. p. 261. Pl. ie. pP: L0B. 63 Phillipsit wird unter den weniger häufigen Vorkomni- nissen des Vultur aufgeführt. Wir glauben ihn als kleine, glasige rectanguläre Prismen gefunden zu haben, die aber an ihrem Ende eine unentwickelbare Verwirrung zeigen. An einigen entdeckt man ein- und ausspringende Winkel wie bei dem sehr verwandten Harmatom. Sie finden sich in den erratischen Augitophyrblöcken No. 7. Seite 47. Hierher scheinen auch andere zu kleinen Körnern mit faserigstrahli- ger Textur verbundene kleine Krystalle zu gehören, die sich in grosser Menge in den Höhlungen des polarmagnetischen Gesteins am Fuss des Pizzuto di S. Michele finden, sowie auch die weissen kleinen und opaken Körner der Lava bei der Fontana dell’ arso (No. 3. Seite 46). Halloysit. In den Zellen der grossen Augitophyr- blöcke an dem Ponte del passo (No. 9. Seite 47) findet sich eine weisse amorphe Substanz von 2,21 spec. Gewicht, die schwer an dünnen Rändern vor dem Löthrohr schmilzt und sich langsam mit Säuren unter Hinterlassung vieler Kiesel- flocken zersetzt. Ihre Zusammensetzung entspricht nahe der Formel At Si? + 3H; die Analyse ergab 53,69% Kiesel- erde, 28,81 2 Thonerde mit etwas Eisen und 17,02% Wasser. Hieher gehören wohl auch die weissen Flecke in einigen Vulturlaven, besonders in denen zwischen /tapolla uud Melfi (No. 5. Seite 47). Nephelin? An den Zellenwänden der Lava des Moli- nello bei /tionero und in losen Augitophyrblöcken am Ponte di Passo (No. 4 u. 9. Seite 47) finden sich einige sehr kleine sechsseitige Säulen, die wir für Nephelin halten. Die gröss- ten Krystalle sind nur + Millimeter lang und noch weniger breit; sie sind weiss, opak und sehr leicht zu zerbröckeln. Ihre Kleinheit erlaubte keine Analyse. Quarz. Die kleinen auf der Lava von San Canio und in der Grotte von Monticchio gefundenen Kieselkonkretionen sehen wie Geiserit (Opal) aus; aber sie erleiden beim Glü- hen keinen Gewichtsverlust. Titanhaltiges Eisenoxydul findet sich in sehr 64 kleinen Körnern und in verschiedenen Mengen in einigen Laven, auch ist es in einigen aus Hauyn und Augit beste- henden Blöcken häufig; manche Wildbäche enthalten in ihrem Sande grosse Mengen davon. Wenn es krystallisirt vor- kommt, zeigt es nur Rhombendodekaöder. Limonit ist häufig in einigen Conglomeraten des Vultur. Apatit findet sich ausser in den losen Blöcken des Vultur, wie schon oben angegeben, auch noch in der Melfi- lava. Dort sind seine langen, schmalen, schwarz- oder roth- braunen, sechsseitigen Säulen gewöhnlich in Hauynkrystalle eingeschlossen. Kalkspath ist unter den Produkten der Vulturregion sehr selten und nur im Trachyttuff kommt blättriger Kalk mit grünem Glimmer verbunden vor. Arragonit findet sich in den in Termantid umge- wandelten Thonen des Hauyntrachyts von Ze Zraidi und fer- ner in den Spalten der Lava zwischen /tapolla und Barile als dünner, weisser Ueberzug. Undeutliche Krystalle kom- men vor in den umgewandelten Oonglomeraten im Innern des grossen Vulturkraters. Fünftes Kapitel. Parallele zwischen den Vulkanenin der Vultur- region und in Campanien. In dem kleinen Campanien lassen sich drei vulkanische Re- gionen unterscheiden *): die der Roccamonfina, die des Vesuvs und der Somma und die der phlegräischen Felder mit Ischia und Procida. Die beiden letzteren, gleichzeitigen und einander so nahe gelegenen zeigen so grosse Verschiedenheiten, dass man nicht einen und denselben Heerd für sie voraussetzen kann. Die Region des Vultur gleicht eher der der Roccamonfina als den beiden anderen ; beide zeigen keine Spur von unterirdi- schem Feuer mehr, beide seit undenklicher Zeit keine Aus- brüche mehr; beide besitzen)ausser dem Hauptkrater kleinere *) Sceacchi mem. geolog. sulla Campania, 65 Eruptionskanäle, deren Ausflüsse von denen des Hauptkra- ters verschieden sind. Der Hauptvulkan der Roccamonfina besteht aus dem leucitophyrischen Monte Cortinella, der den Jüngeren aus Trachytporphyr bestehenden Monte S. Uroce am- phitheatralisch umgiebt. Man kann also sagen, dass hier auf demselben unterirdischen Wege verschiedene Gesteine an die Oberfläche gelangt sind. Wenn sich besser beweisen liesse, dass die Augitophyre des Vultur einen älteren trachytischen Krater bedecken, so wäre das eine Aehnlichkeit mehr. Der Vesuv bildet nur ein Eruptionscentrum und die phlegräische Region zeigt ohne ein solches viele einander nahe liegende, weithin regellos vertheilte Krater. Am Vesuv ist nur Leu- citophyr vorhanden, der in Augitophyr übergeht, in den phlegräischen Feldern nur Trachyt. Die losen Blöcke des Vultur und der Roccamonfina un- terscheiden sich nur durch das Vorkommen einzelner Mine- ralien, die den ersteren eigenthümlich sind. Die Somma da- gegen zeigt eine wunderbar grosse Menge loser Blöcke der verschiedensten Art und zugleich tertiäre fossilienführende Gesteine; in der phlegräischen Region fehlen diese losen Blöcke ganz. Die Qualität der Lapilli in den Conglomeraten des Vul- tur und der Roccamonfina ist höchst ähnlich. Aber die Tra- chyttuffe des Vultur fehlen 'in der Roccamonfina, da, nach unserer Meinung, die auf den vulkanischen Gesteinen der Roccamonfina liegenden Tuffe mit losen Feldspathkrystallen aus den phlegräischen Feldern stammen. Die Fragmentgesteine der Somma und des Vesuv glei- chen denen des Vultur nicht; die der phlegräischen Region sind überaus reichlich vorhanden und werden gewöhnlich zum Trachytconglomerat gerechnet. Lose Augitkrystalle sind so- wohl vom Vesuy als vom Vultur ausgeworfen. Wie der Vultur liegt die Roccamonfina vorn Meere ent- fernt (etwas über 10 Miglien); sie wird umgeben von hohen *) Scaccuı sulla Campania p. 37. Zeits, d. d. geol. Ges. V. 1. Sr 66 Apenninkalkbergen, in denen aber nur spärlich Macigno vor- kommt, während er den Vultur ganz umgiebt. Mineralogisch sind die Laven des Vultur vor den übri- gen campanischen ausgezeichnet durch den oft sehr häufigen, nie ganz fehlenden Hauyn. Die Augite sind in den Vesuv- und Vulturlaven gleich häufig; weniger häufig sind sie in den Laven der Roccamonfina und fehlen ganz in denen der pblegräischen Region. Nur beiläufig finden sich in den Vul- turlaven Leucitkrystalle, welche die Laven des Vesuvs und der Roccamonfina ‚so sehr auszeichnen. Glasiger Feldspath, der in den Laven der phlegräischen Felder und in einigen Laven der Roceamonfina reichlich vorhanden ist, findet sich nur spar- sam, so zu sagen nur angedeutet, in dem Hauyntrachyt von le Braidi. Die Verlängerung der Linie vom Epomeo auf Ischia durch die phlegräischen Felder über den Vesuv trifft auf den Vultur und gerade die drei letzteren zeigen die grössten Verschieden- heiten. Sechstes Kapitel. Veränderungen der Gegend des Vultur nach sei- nem Erlöschen. : Aufbruch durch Maeigno und Subapenninenformation nach Absatz der letzteren, Trachytausbrüche, eine lange Reihe von Augitophyrausbrüchen, bei oder nach dem Erlö- schen des Vultur die Bildung der beiden Nebenkrater von Melfi und le Braidi am Fusse des Berges — das ist in Kurzem die Geschichte des Vultur. Der späteren Zeit nach dem Erlöschen dieser Vulkane gehören die Süsswasserkalke, die Travertine an. Ein von Osten nach Westen 14 Miglien langer und von Norden nach Süden + Miglie breiter Travertin- Absatz liegt zwischen der Innenseite des Vultur- und der Aussenseite des Montiechiokraters; ein zweiter 14 Quadrat- miglie bedeckender liegt am Südostfuss des Hügels von Melfi, auf dem dritten 1 Quadratmiglie grossen steht 4diella. Die mittlere Mächtigkeit der Travertinschichten ist etwa 4 Me- ter; Sumpfpflanzen sind darin sehr häufig, Limnaeen und 67 Planorben weniger häufig. Die Planorben des Travertins von Melfi scheinen von unseren lebenden verschieden zu sein. Auf den Travertinen liegen nie vulkanische Gesteine mehr, während sie selbst stets auf den vulkanischen Gestei- nen lagern. Aber sie müssen. doch sehr alten Zeiten an- gehören, nicht nur weil die etwa 2000 Jahre alte Stadt Atella auf ihnen steht, sondern weil die topographischen Verhält- nisse nach ihrem Absatz Veränderungen erlitten haben, die sich nicht im Verlaufe weniger Jahrhunderte ereignen kön- nen. Die Bäche, deren Lauf neben oder auf dem Travertin hingeht, haben die Travertine so ganz fortgeführt, dass sie auf den unterliesenden vulkanischen Gesteinen hinströmen und zwar in einem Niveau, das wenigstens 40 Meter unter dem Ni- veau des alten Wasserlaufes liegt. Denkt man sich den Traver- tin mit Wasser bedeckt, so sucht man vergebens nach den Bar- rieren, die es zurückhalten konnten, und man muss schliessen, dass, wo jetzt tiefe Thäler sind, einst Ebene oder Erhebung war. Aehnliche Beweise für grosse Veränderungen, die später als die Ausbrüche eintraten, geben viele der Macignohügel, auf denen die vulkanischen Tuffe liegen. Oft sieht man an der Zusammensetzung und der Neigung der Tuffschichten, dass die Hügel früher zusammenhingen, obwohl sie jetzt durch ein tiefes Thal getrennt sind, in dem der Macigno noch blossgelest ist. Die Absätze des Travertins stehen wahrscheinlich ın Zusammenhang mit alten Kohlensäure-Exhalationen. Zweiter Theil. Gesehichte des Erdbebens. Vom Sommer 1851 bis zum Februar 1852 (Zeitpunkt der Abfassung des Berichtes) sind verschiedene Gegenden von Europa mehrfach durch Erdbeben erschüttert worden, die alle verschiedene Mittelpunkte, Stärke und Ausdehnung hatten.*) Hier handelt es sich nur um das Erdbeben von *) Das Erdbeben vou Melfi war das Signal vieler anderer. Es fan- den in Ungarn, Frankreich, Albanien, Calabrien Erdbeben statt. In 5* 68 Melfi, das mit Recht so genannt wird, nicht allein weil hier mehr Menschen getödtet und Gebäude zertrümmert sind, sondern weil wirklich von dieser alten Hauptstadt des Ducato di Puglia das Erdbeben ausging. Wenn man von Neapel nach Melfi über Salerzo und die Strasse von Valva geht, braucht man fast zwei Tage um durch den Apennin zu gehen, und nach langem lästigem Steigen erreicht man endlich seinen Kamm, von dem aus der Blick über die Puglische Ebene hinaus schweift. Am äussersten Fuss des Apennins thürmt sich dann als einzelner Berg der Vultur, dessen Form schon seinen von den anderen Höhen verschiedenen Ursprung verräth. Zuerst erreicht man an seinem Fusse das an historischen Erinnerungen reiche, aber jetzt wegen seiner ungesunden Luft nur schwach (mit 1000 Seelen) bevölkerte Atella, dann Rionero eine neue volk- reiche Stadt, die vielleicht durch die Einwanderung von Atella aus gewachsen ist; .weiter Östlich am Fuss des Berges liegt Barile mit 5000 Seelen, ein grosser Flecken von Albanesischem Ursprung; dann Zlapolla mit 3200 Seelen, alter Bischofssitz bis zur Zeit der Normannen, und dann etwas N.W. Melfi, eine Stadt von 9- bis 10,000 Seelen, auf einem mässigen Hügel von wenig festem Tuff, der von wenig compakter fast schlackiger Lava bedeckt wird. Rechts von dem beschrie- benen Wege sieht man die letzten Abfälle des Apennins sich in wenig hohe, z. Th. aus Fucoidenthon bestehende Hügel ver- wandeln, auf deren Abhängen oder Höhen Ginestra und Ripacandida, und weiter östlich Venosa, Lavello, Maschito liegen. Nördlich von diesen Hügeln fliesst der Ofanto weiter und östlich stösst die Apulische Ebene daran. Westlich vom Vultur zieht die Apenninenkette fort, zunächst mit etwas höheren Hügeln, auf denen Monteverde, Carbonara, Candela u. 8. w. stehen. Calabrien waren sie Januar 1852 nicht von der gewöhnlichen Stärke, aber sie dauerten viele Tage und waren sehr häufig, so dass die Leute nicht in den Häusern schlafen konnten. Die Erdstösse von Calabrien korrespondirten nicht mit denen in Melfi, welche letztere noch fortdauern. 69 Das Erdreich war dürre wegen langer Seltenheit des Regens, die Jahreszeit heiss, die Sonne schien bleich, wie mit Nebel bedeckt, der Himmel war wolkenlos und wurde gegen Mittag klarer, als um 2 Uhr 20 Minuten Nachmittags am 44. August 1851 plötzlich die Erde erbebte; auf dem Felde machte sich ein Windstoss bemerklich, und einige Leute sahen auch eine kleine Wolke oder leichten Dampf, der schnell nach Melfi sich bewegt und mit fürchterlichem Geprassel und dumpfem unterirdischem Getöse niederfällt, das noch deutlicher bei den vielen späteren Erdstössen zu bemerken ist. Der erste Stoss war nach oben gerichtet (sussultorio), dann in allen beschädigten Gegenden welleniörmig; die Be- wegung theilte sich auf grosse Entfernungen mit, aber immer schwächer und nur als undulatorische, wie sie auch in Nea- pel 10 Sekunden lang von Nord nach Süd beobachtet wurde. Bei dem ersten Schwanken der Gebäude wurden viele Men- schen von den Trümmern getödtet (in Melfi über 700) und verwundet, und viele, die sich schon bis auf die Strasse gerettet hatten, wurden von den einstürzenden Mauern er- schlagen. Manche wurden gerettet unter Thüren oder Mauern, während die Gewölbe einstürzten. Alles Lebende floh. Eine halbe Stunde später von neuem unterirdischer Donner, neue kaum weniger heftige Erdstösse, die den Rest der Gebäude zerstörten, so dass in Melfi, Rapolla und Barile Alles ohne Dach, ohne Speise, ohne Kleider und Hausrath war. Erst Abends kam ein dritter Stoss, und in der Nacht noch elf Stösse. An den folgenden Tagen kamen noch täglich zwei bis drei Erdstösse, dann wurden sie seltener, wie wir sie dort im September 1851 fanden und wie sie jetzt (im Februar 1852) noch zu bemerken sind, ohne übrigens den Gebäuden zu schaden. Beim ersten Stoss achteten die Einwohner dieser Ge- genden auf kein Vorzeichen, aber bei den späteren hatten die Thiere ein Vorgefühl; vor allen die Esel schrieen über- all ungewöhnlich und viel, dann kamen die Hunde mit ihrem 70 Bellen, dann die Schweine und Hühner u. s. w. In Aoggia und an einigen Orten stieg während des Stosses die Tem- peratur und das Barometer, das dann zitternd auf 28” 2” fiel. Die letztere Erscheinung könnte man vielleicht dem nach oben gerichteten Stosse zuschreiben; andere Beobachtungen ın Melfi oder näher bei Melfi fehlen. An einigen Orten waren die Brunnen ohne ae an anderen flossen die Quellen stärker, verschwanden dann und traten erst später wieder hervor; ‘die Wässer sollen trübe gewesen sein, aber in Melfi, wo eine sehr reichliche Quelle einen in der Ebene sich versumpfenden Bach bildet, hat man nichts derartiges bemerkt. Am 22. September be- suchten wir die fontana de’ piloni auf dem Vultur, die aus zwei sehr nahen, aber etwas verschieden warmen Quellen entsteht und am 3. October sahen wir die eine nur halb, die andere nur zu einem Fünftel mit Wasser gefüllt; die Hirten versicherten, diese Abnahme sei erst seit 6 bis 7 Tagen ein getreten und früher nie von ihnen beobachtet worden. Am 16. August kam: ein Wetter mit häufigen Blitzen, grossem Hagel und heftigem Regen, so dass die Weinerndte und die Waizenerndte bis auf den Halm zerstört wurde. Im September und den ersten Tagen des Octobers blitzte es oft und im November blitzte und regnete es noch mehr. Melfi, Barüe und Aapolla sind fast ganz, Alonero zu einem Drittel zerstört und der Rest mehr oder weniger be- schädigt; Atella, Venosa, Lavello, Ascoli, Canosa, Candela haben weniger gelitten, die übrigen Städte noch weniger. In Melfi ist nicht Ein Haus ganz geblieben. Auch die besseren Grebäude haben gelitten, wie der Palast des Bischofs, ein festes grosses Gebäude, in dem Nicolaus II. ein Coneil hielt und das Castell mit den schönen Thürmen, der berühmte Normannensitz, Der Thurm der Cathedrale, der den Erd- beben von 1348, 1456 und besonders von 1694 widerstanden hatte, verlor seine Spitze. Der Dom, der nach dem Erd- beben von 1694, das ihn zertrümmerte, wieder aufgebaut war, ist beschädigt. Das Seminar, die andern 16 Kirchen, die 71 Klöster sind zerstört. Das seiner Natur nach wenig zusam- menhaltende Gestein, auf dem die Stadt steht, ist verschoben und gespalten; an der Porta caleinara öffneten sich 1,5 Me- ter weite Spalten, und die nahen Mauern spalteten und senkten sich. Südlich vom Hügel sieht man Stücke von den Häuserfundamenten, die mit dem Tuff zusammen vom Hügel herabgerollt sind. Aehnliche Risse in Tuff und Lava sieht man in und um Melfi, z. B. bei der zerstörten Kirche der Madonna di Macera 3 Miglien nördlich von Melfi und am Ponte del passo N.O. von der Stadt. Die Ueberreste des zerstörten Melfi beweisen deutlich, dass die Stösse nach oben gerichtet waren, z.B. die Säulen sind an der Basis oder in den Steinfugen abgebrochen ohne aus der senkrech- ten Stellung zu kommen; die Spitzen der Schornsteine sind in die Höhe geworfen und auf ihren Untersatz in einer et- was anderen Lage zurückgefallen, was Einige mit Unrecht für ein Zeichen von wirbelnder Bewegung (moto vorticoso) genommen haben, von dem wir keine Spur gesehen haben.*) Die stärkeren Zerstörungen in Melfi, die deutlicheren Zeichen von stossender Bewegung, die Spalten und Verwerfungen des Bodens, der unterirdische Donner, der auch bei den leichtesten Stössen immer vorher oder während derselben ge- hört wurde, zeigen, dass /Melfi der Mittelpunkt des schreck- lichen Phänomens war, und Alle, die im Augenblick des Erdbebens auf freiem Felde waren, sagen einstimmig, dass sie die Häuser auf dem Lande eines nach dem andern je nach ihrer Entfernung von Melfi haben fallen sehen. Wenn Melfi auch das Centrum der Bewegungen des Bodens war, so ist es doch nicht der Mittelpunkt der überhaupt betroffenen Gegend. Es scheint, dass auf vulkanischem Boden das Erd- beben sich stärker fühlbar machte, so dass Genestra und Aipa- candida unverhältnissmässig weniger Schaden gelitten haben *) Herr Francesco GranaTA von Rionero, der am 14. August mit dem Bischof am Tisch war, sah die Tabaksdose des Bischofs mehrere Male in die Höhe springen und mit grosser Gewalt wieder auf den Tisch zu- rückfallen. 72 als Barile und Rionero, während Aionero weiter von Melfi entfernt ist als Gönestra. Die Stärke des Erdbebens nahm schnell ab, wenn es die Berge des Apenninenkaikes erreichte und dehnte sich mehr über die Hügel der Subapenninenfor- mation und des Macigno und die apulische Ebene aus, so dass die Gebäude der auf dem compakten Apenninenkalk gelegenen Städte und Flecken unbeschädigt sind. Auvo und S. Fele sind eben so weit oder noch weniger weit von Melfi als Ascoli, und doch ist letzteres sehr beschädigt, während die ersteren keinen Schaden erlitten; und doch liegt S. Fele am Fusse eines so jähen Felsens, dass man glauben sollte, er müsse bei der leichtesten Bewegung in die Tiefe stürzen. So sind die ähnlich liegenden Städte Caditri, Bisaccia, Ma- schito, Fiorenza, Avigliano und Muro ganz oder fast ganz unbeschädigt, während Ascoli, Candela und Canosa sehr viel gelitten haben. Die folgende Reihe giebt die Stärke der Erdbeben in den verschiedenen Städten an, man vergleiche damit die Entfernungen von Melfi. 1) Melfi. 2) Barile,. Rapolla. 3) Jtionero. | 4A) Atella, Ginestra, Ripacandida, Venosa, Monteverde. 5) Lavello, Ascoli, Canosa, Candela, Carbonara. 6) Schwer zu graduirende Städte wie: Trani, Bar- letta, Cerignola, Lacedogna, Bisaccia. 7) Alle übrigen Städte der Umgegend sind kaum be- schädigt und in einigen ist nur das Erdbeben bemerkt wor- den, ohne dass es Schaden verursacht hat. Es scheint demnach, dass die Stösse vom 14. August (die allein allen Schaden verursachten, da die andern weniger stark waren) sich stärker auf der Linie von Ofanto ver- breitet haben, da sie das weit von Melfi entfernte Canosa getroffen haben, und da sie noch am Ufer des adrıatischen Meeres stark waren, wo sie Barletta und Trani beschädig- ten; aber man muss sich erinnern, dass andere in der Terra d’Otranto im September und October wahrgenommene Erd- 73 stösse sich in die Terra di Barı verbreiteten und von da in die Gegenden, die schon von dem Erdbeben von Melfi ge- litten hatten. Canosa litt in der Nacht vom 6. zum 7. September von einem Erdbeben, das in Melfi, Barile, Rapolla, Rionero u. s. w. nicht bemerkt wurde. Das Erdbeben, das am Mor- gen des 12. Octobers Valona und andere Städte zerstörte und 2000 Menschen tödtete, wurde stark ın der Terra d’O- tranto gefühlt und verbreitete sich auch, wenn auch schwächer, in die Terra di Bari. Uebrigens wollen wir dies gesagt haben, ohne entschieden die Möglichkeit leugnen zu wollen, dass sich das Erdbeben mehr auf die eine als auf die andere Weise auch in eine Ebene wie die Puglische fortpflanze, deren geologische Formation die Fortpflanzung wenigstens stärker zeigte. Aber die stärkere Fortpflanzung nach dem adriatischen Meer hin schwächt nicht die Beobachtung, dass die Kraft nach der Apenninenkette hin abnahm, eine That- sache, die mit anderen von Humsorpr an anderen Orten beobachteten ähnlichen Thatsachen übereinstimmt. In Melfi hat das Erdbeben nicht mehr auf die höher gelegenen als auf die tieferen Stellen gewirkt; nur scheint es, dass die Häuser des Abhangs bei gleichen Bedingungen vorzugsweise eingestürzt sind. Sie sind immer an der dem Hügel zugekehrten Seite beschädigt. Uebrigens bauen die Einwohner der Gegend des Vultur ihre Mauern aus den hinreichend porösen Laven, die mit dem Mörtel eine gute und zähe Verbindung eingehen kön- nen. Sie behauen die Steine nicht, sondern verbrauchen sie wie sie kommen, und da der Mörtel nicht sehr gut ist, weil sie die Puzzolane nicht auslesen oder weil sie zu wenig Kalk zusetzen, so wird er mit der Zeit nicht fest und zerfällt in Pulver; die Mauern leisten daher den Erdstössen keinen ‘grossen Widerstand. Alle Zimmer haben aus denselben Lavabrocken bestehende Gewölbe und fallen leicht bei den Schwingungen der Mauern ein. In Melfi versteht man diese Brocken sehr schlecht zusammenzufügen, so dass die innere 74 Seite einer Mauer stehen geblieben war, während die andere Seite zusammenfiel. Weniger besser als in Melfi steht es in Rapolla und Barile; es sind zwar mehr Häuser stehen geblieben, aber sie sind nicht bewohnbar. Zarile steht wie Melfi auf vul- kanischem Tuff, dessen Höhlen, die ersten Wohnungen die- ser albanesischen Colonie, jetzt wieder den Bewohnern von barie als Wohnung dienen. Beide Städte stehen halb auf der Höhe, halb auf dem Abhang; die Häuser auf der Höhe haben mehr gelitten, auch weil sie meistens älter waren. Auch hier war das Erdbeben erst nach oben gerichtet und dann wellenförmig; man fand eine Henne mit beiden Füssen eingeklemmt in dem Pflaster, das sich erst geöffnet und dann wieder geschlossen hatte. Barde zählte 120, Rapolla etwa 70 Todte. Rionero, etwa 4 Miglien in gerader Linie von Melf, an einem sanften Abhang des Vultursaumes hat ein Drittel sei- ner Gebäude verloren, die übrigen sind mehr oder weniger beschädigt. Im niedrigen Theil der Stadt scheint die Zer- störung stärker zu sein. Auch hier war die Bewegung erst vertikal, dann wellenförmig, und man zählte bis zum Morgen des 15. August 11 Stösse wie in Melfi. Der dritte Stoss am 14. August wurde ın Zlipacandida nur von Wenigen bemerkt, in der Nacht zählte man nur 5 Stösse. In Ginestra verglich man die wellenförmige Be- wegung mit einem sich Oeffnen und Schliessen der Erde. In Monteverde begann nach einstimmiger Aussage das Erdbeben mit einem starken nordwestlichen Getöse, dem unmittelbar die vertikale und dann die wellenförmige Bewegung des Bodens folgte. Ein Hügel nördlich von Monteverde, die Lavagna, aus grobem neptunischem Conglomerat bestehend, ist stark an der Ostseite gespalten. 75 3. Fossile Ueberreste von Anthracotherıum mınımum und einer Antılopenart aus Dalmatıen. Von Herrn Dr. v. Franzıus aus Breslau. Hierzu Tafel III In der Sammlung des Berliner mineralogischen Kabinets befinden sich zwei Unterkieferfragmente eines fossilen Säuge- thiers vom Monte Promina in Dalmatien, welche durch Herrn Oberbergrath ErsrEıcn von dort mitgebracht worden sind. Herr Professor Beyrien hatte die Güte mir dieselben. be- hufs einer genaueren Untersuchung: und Bestimmung anzu- vertrauen, deren Resultate ich hiermit der Oeffentlichkeit übergebe. Die erste Frage, ob die in jenen Fragmenten befind- lichen Zähne dem Ober- oder Unterkiefer und ob sie der rechten oder der linken Seite angehören, liess sich leicht beantwerten, da das bei beiden Fragmenten vorhandene Stück des horizontalen Astes des Unterkiefers, ın welchem die Zähne steckten, hierüber keinen Zweifel lässt, und bei dem einen Fragmente sich auch noch eine Spur des entsprechen- den der andern Seite angehörigen Unterkieferastes findet; hieraus ging sogleich mit Bestimmtheit hervor, was vorn, was hinten und was rechts, was links ist. Bei demselben Frag- mente zeigte ferner der dicht hinter dem einen Zahne sich erhebende Ast des Unterkiefers, dass dieser der hinterste Backzahn des rechten Unterkieferastes sei. Nachdem es so fest- gestellt war, mit welchen Theilen wir es zu thun haben, war die nächste Frage die, vom zoologischen Standpunkte aus zu be- stimmen, welcher Säugethierordnung dieselben angehören. Von vornherein konnten diejenigen Ordnungen ausgeschlossen werden, bei denen die Backzähne eine prismatische Gestalt besitzen; dies wären also die Ordnungen der Wiederkäuer, Einhufer, Nager, sowie die der Edentaten; auch die Ord- 76 nung der Ferae musste ausgeschlossen werden, weil die Backzähne derselben nicht eine doppelte Reihe von Höckern besitzen, wie es bei unsern Fragmenten der Fall ist. Das- selbe gilt von der Ordnung der Pinnipeden. Ganz ab- weichend ist ferner auch der Zahnbau bei den Üetaceen. Chiropteren und Insectivoren sind niemals von solcher Grösse gefunden worden und auch die Zähne der Quadrumanen zeigen keine Aehnlichkeit. Demnach bliebe nur die Ordnung der Pachydermen übrig, in welcher Zähne von ähnlicher Form wie in jenen beiden Fragmenten vorkommen. Gerade in dieser Ordnung finden sich bei mehreren Familien Zähne, deren Zahnkronen aus zwei Reihen mehr oder weniger spitzer konischer Höcker bestehen und die überhaupt den fraglichen Zähnen sehr nahe stehen. Die spezielle Bestimmung, mit welcher Familie, Gattung und Art wir es zu thun haben, wurde mir nıcht schwer, da ich bald unter den mir vorliegenden Abbildungen fossiler Pachydermenzähne in Cuvier’s Ossemens fossiles auf Taf. 80 Fig. 5 des dritten Bandes eine Abbildung fand, die dem einen unserer Stücke so ähnlich ist, dass man glauben könnte, es sei das Original zu jener Abbildung gewesen. Diese Abbildung von Cvvier stellt ein Unterkieferfragment von Anthracotherium minimum dar. Meine Aufgabe war nun zu sehen, inwieweit die von diesem Thiere gegebenen Beschreibungen auf unser Exemplar passen. Charakterisirt sind die untern Mahlzähne von Anthra- cotherium dadurch, dass sie aus zwei Paaren kegelförmiger Höcker bestehen, von denen ein jeder eine unregelmässige, bisweilen zweitheilige Kante in den Mittelpunht der Zahn- krone sendet. Der letzte Mahlzahn hat noch einen hin- teren unpaaren, aber oben getheilten Höcker, der an dem einen unserer Stücke, welches einem jungen Thiere angehörte und bei dem auch die Zahnkronen noch nicht abgeschliffen sind, sehr schön und deutlich zu sehen ıst; während das andere Stück, welches überdies ein wenig grösser ist und sehr stark abgenutzte Zahnkronen besitzt, mithin einem 17 alten T'hiere angehört, diese Verhältnisse weniger deutlich zeigt. Ueber die Bestimmung der Art entscheidet das Grössenverhältniss, welches bei den verschiedenen Arten ein sehr verschiedenes ist. Die Gattung Anthracotherium gehört zur Familie der typischen Pachydermen, zu welcher auch Tapirus, Hippopota- mus, Rhinoceros, Palaeotherium und Lophiodon gehören. Den beiden letzten Gattungen steht Anthracotherium am nächsten und ist namentlich mit Lophiodon leicht zu verwechseln. Bis jetzt sind nur sechs dieser Gattung angehörige Arten be- kannt, von denen einige sich nicht selten finden und durch vollständige Skelette, die man von ihnen besitzt, ein sehr genaues Bild von ihrem ganzen Bau geben. Leider sind gerade von unserer Species Anthracotherium minimum bis jetzt nur wenig Ueberreste gefunden und be- schrieben worden. Meistens waren es nur Kieferfragmente; vom Skelett sind nur wenige Theile bekannt, weshalb wir über den ganzen Bau und die Natur dieser Art sehr wenig wissen. Ausser einigen Zahnfragmenten kennen wir nämlich nur vondem übrigen Skelette durch BrAınviLte (Osteographie, Paris, 1846, p. 133) einen Rückenwirbel und eine Phalanx, welche beide Theile auf eine grosse Aehnlichkeit mit den Wiederkäuern oder den den Wiederkäuern nahestehenden, zur Ordnung der Pachydermen gehörigen Anoplotherien hin- weisen. Gervaıs (Zoologie et Paleontologie francaises, Tome U Paris, 1848—1852, pag. 96) lässt es demnach sogar untent- schieden, ob die Species A. minimum innerhalb dieser Gat- tang seine richtige Stellung einnimmt, indem er sagt: 0 ne peut encore afflrmer, que ce soit reellement une espece d’An- thracotherium. Die zur Gattung Anthracotherium gehörigen Arten, welche man bisher unterschieden hat sind folgende: 1. Anthr. magnum, welches mit Anthr. alsaticum identisch ist. Nach Bsavarn, der ein vollständiges Skelett bei Zausac fand, ist j# 78 diese Art dem Rhinoceros sehr ähnlich; 2. Anthr. minimum, ist identisch mit Anthr. minus; 3. Anthr. Gergovianum, eine von BLAINVILLE neu aufgestellte Art; 4. Anthr. minutum; 5. Anthr. Silistrense Pentr.; 6. Anthr. Velaunum. Sämmt- liche genannte Ärten fanden sich in älteren Tertiärschichten und auch die in Dalmatien gefundenen beiden Stücke sind in solchen Schichten gefunden worden; das eine vollständigere Stück nämlich. den hintersten Backzahn, den vorletzten und ein Fragment des dicht vor diesem stehenden enthaltend, stammt, wie die schwarze Farbe anzeigt, aus der am Monte Promina vorkommenden Braunkohle, das andere aus einem eigenthümlichen Conglomerate, welches aus Rollstücken von Kalkstein zusammengesetzt ist. Eine Anzahl mehr oder weniger grosser Stücke von Kno- chenbreccie wurde gleichzeitig mit den oben besprochenen Kno- chenfragmenten aus Dalmatien mitgebracht. Diese Knochen- breccie scheint in Dalmatien unter denselben Verhältnissen vor- zukommen, wie an den übrigen bekannten Orten der Küsten des Mittelmeeres. Diejenigen Stücke aus Dalmatien, die ich zu sehen Gelegenheit hatte. enthielten nur kleine zur Bestimmung nicht mehr geeignete Knochensplitter und bin und wieder einzelne Zähne oder Kieferfragmente einer Reihe von Zähnen, die zur Gattung Cervus gehören, die aber bei dem Mangel an anderweitigen Unterscheidung pr ee eine genauere Bestimmung der Art nicht zuliessen. Nurein durch seine Grösse ausgezeichnetes Stück, welches sich im Besitz des Herrn Oberbergrath ErsreıcH befindet, erregte sogleich meine Aufmerksamkeit, indem an einer Stelle ein Stück Unterkiefer mit schön erhaltenen Zähnen aus der Breecienmasse hervorragte. Dies veranlasste mich das ganze Knochenfragment möglichst von der umhüllenden Masse zu befreien, und es gelang mir so die zwei in der beifolgenden Abbildung (Taf. Ill.) dargestellten Unterkieferäste bloszu- legen, welche offenbar einem und demselben Individuum an- 79 gehört haben, die sich aber, nachdem die vordere Verbindung sich gelöst hatte, seitlich verschoben haben und zwar in der Art, dass man bei der einen Hälfte die innere Seite der Zähne, bei der andern die äussere sehen kann. Die verhält- nissmässig gut erhaltenen Zähne liessen keinen Zweifel übrig, dass dieselben einem Wiederkäuer angehörten; es kam also darauf an die Gattung und Species ausfindig zu machen. Die nicht unbedeutende Grösse liess auf ein Thier von der Grösse eines Pferdes schliessen. Eine genaue Vergleichung zeigte aber bald, dass die Zähne durchaus keine Aehnlich- keit mit denen von Rindern und Hirschen hatten. Dagegen zeigte sich abgesehen von den Grössenverhältnissen eine auf- fallende Aehnlichkeit mit dem Gebiss unserer Hausziege. Da aber das Gebiss der Gattung Capra von dem von Ovis und Antilope kaum zu unterscheiden ist, so kam es darauf an zu entscheiden, welcher von diesen drei Gattungen das fragliche Thier angehört hat. Die bisher gefundenen fossilen Capra-Arten sind nicht grösser als unsere Hausziege und die jetzt noch lebenden Steinböcke. Nur Capra Rozeti soll ungefähr die Grösse eines Pferdes gehabt haben. Pomer,*) der diese Art auf- gestellt hat, scheint mir aber nicht mit hinreichender Sicher- heit bewiesen zu haben, dass die von ihm beschriebenen Ober- kieferzähne nicht auch einer Antilope angehört haben kön- nen. Da nun auch unter den fossilen Schaafen bis jetzt keine Art von solcher Grösse existirt, dass der Unterkiefer dem unsrigen entspricht, wohl aber unter den Antilopen und selbst auch unter den jetzt lebenden einige Arten von der Grösse eines Pferdes vorkommen, wie z. B. Antilope Addax und Leucoryx, auch in der Knochenbreccie schon öfter un- zweifelhafte Ueberreste von Antilopen gefunden worden sind, die sich namentlich durch die Knochenzapfen des Stirnbeins als solche charakterisiren, so scheint es mir am natürlichsten zu sein, bis weitere Funde diesen Gegenstand aufklären *) S. Leonuarn und Bronx Jahrbuch für Mineralogie, 1844, p. 873. s0 werden, den fraglichen Unterkiefer als einer Antilopenart angehörig zu betrachten; wobei ich nochmals hervorhebe, dass ich die Zweifel nicht unterdrücken kann, dass auch Capra Rozeti eine ächte Capra-Art sei; vielmehr möchte ich vermuthen, dass sie eine Antilope ist. Die Frage, ob unsere Antilope eine schon bekannte fos- sile Art oder eine neue Species ist, lässt sich nach dem allein zur Untersuchung vorliegenden Unterkiefer schwer beantworten. Die von GErvaıs*) gegebene Abbildung von Antilopenzähnen beziehen sich auf eine Art, A. recticornis, von weit geringerer Grösse als die unsrige und die von JAEGER beschriebene Art (S. dessen fossile Säugethiere Tab. V. Fig. 46—54) übertrifft die unsrige ein wenig an Grösse; auch weichen die Backzähne in ihrer Form etwas ab. Demnach wird es erst möglich sein durch neue voll- ständigere Funde hierüber genaueren Aufschluss zu erhalten. =) A. a. O0. PLVIL Fig. 6-8. Erklärung der Abbildungen (Taf. III.) A Der linke Unterkieferast der fossilen Antilopenart von der innern Seite gesehen. B Der rechte Unterkieferast von der äussern Seite gesehen. C Ein einzelner Zahn und zwar der vorletzte Backzahn, demselben Thiere angehörig. D Anthracotherium minimum aus der Braunkohle am Monte Promina. Rechter Unterkieferast, a. von der äusseren Seite, b. von oben ge- sehen. An dem hintersten Backzahn fehlt der hintere unpaare Höcker. Der vorletzte Backzahn ist vollständig, der darauf fol- gende nur zur Hälfte vorhanden. E Hinterster Backzahn derselben Seite vollständig, aus dem Kalkcon- glomerat des Monte Promina, \ 8 4. Der obere Lias und braune Jura beı Braunschweig. Von Herrn v. StromgEck in Braunschweig. In dem Landstriche, der zunächst im Norden des Harzes liegt, ist zur Orientirung in dem Lias aufwärts bis zur Belemnitenschicht, über den wir schon früher berichtet ha- ben, keine grosse Aufmerksamkeit erforderlich. Besondere Gesteine und eine reiche Fauna mit hervorstechenden For- men lassen nur in seltenen Fällen Zweifel bestehen. Schwie- riger dagegen ist in der obigen Gegend die Deutung der jüngeren Schichten bis zum Coralrag. Es rührt dies von dem Zusammentreffen mehrerer Umstände her, die den geo- gnostischen Untersuchungen hindernd entgegentreten: dass das höhere Niveau, namentlich der braune Jura, vorwaltend aus mächtigen Massen von einförmigen und versteinerungs- leeren Thonen besteht, in denen wenig erkennbare Horizonte stattfinden, — dass in Folge der den Atmosphärilien keinen erheblichen Widerstand leistenden Schichten die Höhenzüge meist sanfte Abhänge, ohne Entblössung des Grundgebirges, bilden, — und dass endlich das übergreifend abgelagerte norddeutsche Diluvium zum Theil schon weite Strecken be- deckt. So bleibt hinsichtlich jener jüngeren Bildungen nichts übrig als den Mangel an Aufschlüssen durch wiederholte Beobachtungen und durch sorgfältige Combination der müh- sam ermittelten T'hatsachen zu ersetzen. Wie wir auf diese Weise und mit den trefilichsten Hülfsmitteln in An. Ror- mer’s Werken über die organischen Reste des norddeutschen Oolithengebirges, auch geleitet von den Arbeiten L. v. Bucn’s und QueEnstepr’s, durch welche die Kenntniss vom Jura Würtembergs zu einem Höhengrade gediehen ist, dessen sich kein anderes Land, selbst das an Aufschlüssen so reiche England nicht ausgenommen, erfreut, — die Lagerungsver- hältnisse vom oberen Lias ab bis zum Coralrag der Gegend Zeits. d. d. geol, Ges. V,1. 6 82 nördlich vom Harze aufgefasst haben, soll in den nachfolgen- den Zeilen dargethan werden. Es schliessen sich diese letz- teren an das an, was in der Abhandlung über den oberen Keuper Bd. 4. S.54 ff. der Zeitschrift in Betreff des unteren und mittleren Lias vorgetragen ist.’ Zuförderst muss jedoch nachträglich hinsichtlich der dort mit 4 bezeichneten Belemnitenschicht des mittleren Lias bemerkt werden, dass in dieser seitdem am Schma- lenberge zwischen den Ortschaften Gardessen und Schandelah nordwärts der Strasse von Praunschweig nach Königslutter mehrere kleine Steinbrüche zur Instandsetzung eines Weges hergestellt sind, die einige Beachtung verdienen. Das Ge- stein, das h. 3 bis 4 streicht und mit 15 bis 20 Grad in N.W. einfällt, wird durch versteinerungsleeren Thon (g — l. ce. S. 65.) von den unterliegenden Bucklandibänken (/ — ib. S. 63.) getrennt, besteht in einem braunen eisenschüssi- sen Thonmergel, der zunächst der Oberfläche sehr verwittert ist, und viele Belemnites paxillosus, Ammonites capricornus, Inoceramus pernoides, Gryphaea cymbium, auch Am. fim- briatus, Bechei und Loscombi*), selten eine Terebratula nu- mismalis und rimosa umschliesst. Sowohl der Lagerung als auch den organischen Einschlüssen nach liegt hier somit in der T'hat unsere Belemnitenschicht des mittleren Lias (Nu- mismalismergel QuENSTEDT’s) vor. Das Bemerkenswerthe nun ist, dass an dieser Stelle mit jenen Versteinerungen zu- sammen und häufiger als irgend eine derselben sich Am- *=) Dieser Ammonit, den wir erst neuerdings erkannt haben, zeigt sich im Belemnitenlias der Gegend von Braunschweig ziemlich verbreitet, und erwähnen wir ihn um so mehr, als er sich in demselben Niveau auch in Würtemberg und in Frankreich findet. Im Uebrigen ist der Nabel an hiesigen Exemplaren und solchen von Nancy (bei 2 bis 3 Zoll Durchmesser) unerheblich weiter als am wahren Ammonites heterophyl- lus (Quensteor’s Cephal. Tab. 6, 1), daher sich die Ansicht von Quen- STEDT, dass beide nicht speeifisch verschieden seien, zu bestätigen scheint. Immerhin lässt jedoch ersterer, auch an Steinkernen, auf dem Rücken und nächst ihm stark nach vorn geneigte Andeutungen von Rippen, wie ib. Tab. 0, 5c, wahrnehmen. Vielleicht liegt hierin ein specifischer Un- terschied. Einschnürungen sind nicht bemerkt. 83 monites amaltheus Scar. ündet. Da die Vergesell- schaftung von einigem Interesse sein dürfte, so wollen wir zu deren Constatirung die mannigfachen Varietäten, in denen Am. amaltheus daselbst auftritt, etwas näher betrachten. Es lassen sich dieselben in drei Gruppen zusammenfassen. Bei weitem vorwaltend ist die typische Form von 4 bis 6 Zoll Durchmesser, wobei jedoch die äussere Wohn- kammer nicht oder nur zu geringem Theile erhalten und mit- gerechnet ist. Die Individuen haben mithin eine ansehnliche Grösse. Sie sind hochmündig, zur Hälfte und noch etwas darüber involut. Die Seitenflächen flach, von der ziemlich scharfen Nahtkante an bis etwa 3 der Höhe parallel, dann convergirend einen scharfen Rücken bildend. Die letzte Windung doppelt so hoch und mehr als die vorhergehende. Grösste Breite etwa + der Höhe. Die flachen rippenartigen Verzierungen ohne Zerspaltung, bei der gewöhnlichen Grösse auf dem letzten Umgange zu 36 bis 40 an der Zahl, auf der wohlerhaltenen Schale aus feinen Streifen zusammenge- setzt, sind nicht sichelförmig, wie bei den Falciferen, sondern bis über * der Windungshöhe fast grade, neigen sich dann aber mit allmäliger Verschmälerung stark nach vorn. Der Kiel ist nicht so stark abgesetzt als meist an fremden Exem- plaren und sowie Zıeten Tab. 4, 1 und die Lethaea Tab. 22, 13 darstellen, noch etwas weniger als in der schönen Abbildung in QuEnstEpdT’s Cephal. Tab. 6, 4. Die Anzahl der Knoten auf dem Kiele, die sehr nach vorn hinneigen und völlig symme- trisch von beiden Seiten zusammentreffen, ist mindestens dop- pelt so gross als die der Rippen. Soweit die Windungen involut sind, zeigt sich vorzugsweise bei dieser Varietät Spi- ralstreifung. Dieselbe ist stets auf die jüngste Schalenschicht der Bauchseite beschränkt, verwischt die unterliegenden Rip- pen des vorhergehenden Umgangs, und kann nicht, wie D’OrBIENY Jur. Tab. 66 und 67. zeichnet, die Seitenflächen bis zur Nahtkante bedecken. Letzteres würde, wie QuEn- sStTepr hervorhebt, der Natur des hervorbringenden Organs entgegen sein. — Die grössten Exemplare dieser flachen 6 * 84 hochmündigen Varietät von 10 bis i2 Zoll Durchmesser las- sen die rippenartigen Verzierungen zwar noch bemerken, je- doch in sehr vermindertem Grade. Der vorstehende Kiel ist ganz verschwunden, und die Kerben nehmen am zugeschärf- ten Rücken an Deutlichkeit gegen die früheren Umgänge ab, bleiben aber noch immer sichtbar. Gänzliches Verschwinden der Rippen und Kerben ist an dieser Varietät nicht wahr- genommen. — Die Ergiebigkeit des Fundorts hat vielfach gestattet von Individuen dieser Varietät den Jugendzustand zu erkennen. Der erste und zweite deutliche Umgang, bis etwa + Zoll Durchmesser, sind fast gar nicht involut. Die Seiten sind stark gewölbt. Mundöffnung eiförmig. Auf dem glatten Rücken fehlt jede Andeutung von Kiel mit Kerben. Dieser stellt sich allmälig bei mehrerer Grösse ein. Die Mitte der Seiten jener ersten Umgänge ist mit 10 bis 16 fla- chen Rippen besetzt. Der Jugendzustand hat hiernach eine sehr abweichende Form, in der sich nicht einmal der Fami- liencharakter ausspricht. Die zweite Varietät, viel seltener als jene, über- steigt einen Durchmesser von 2 bis 3 Zoll nicht, ist weniger involut, kaum 4, und nicht hochmündig, die Höhe der letz- ten Windung nur wenig grösser als ihre Breite. Starke Rippen, bis zu 30 auf dem letzten Umgange, bedecken die Seitenflächen. Von Zeit zu Zeit schwellen sie in der Mitte, stets symmetrisch auf beiden Seiten, zu dornenartigen Erhö- hungen an. Zahlreiche Uebergänge verbinden diese Varietät mit der vorhergehenden. Die dritte Varietät Bist gewöhnlich 12 bis 14 Zoll Durchmesser ohne die nicht bekannte Wohnkammer, und ist 2 und noch etwas mehr involut. Die letzte Windung dop- pelt so hoch, auch noch ein wenig mehr, als die vorherge- hende. Ihre Breite zwischen + und + der Höhe. Die Sei- tenflächen der letzten beiden Umgänge völlig glatt und flach gewölbt, der Rücken abgerundet und ohne Kiel. Man be- merkt darauf schwache Andeutung von Kerben. Die con- vexe Nabelfläche geht ziemlich allmälig ohne Kante in die 85 Seitenfläche über. Die Mundöffnung ist hiernach länglich oval. So hat der Ammonit fast die Gestalt eines grossen heterophyllus, wie diesen Quensreor Cephal. Tab. 6,1 ab- bildet. Untersucht man aber die inneren Windungen, so fin- den sich, bei gleicher Involubilität, von 4 Zoll Durchmesser abwärts deutliche Seitenrippen, 20 bis 25 auf einen Um- gang, der Rücken schärft sich zu und nimmt einen Kiel an, welcher sich noch mehr als in der ersten und zweiten Varietät absondert. Hiermit stellen sich auch Kerbungen ein, immer zwar schwach bleibend, aber von grösserer Anzahl als bei der ersten Varietät, so dass ın dem Raum zwischen zwei Rippen 3 bis 5 Einkerbungen liegen. Im jüngsten Zustande ist der Rücken auch hier wieder abgerundet und ohne Kiel. Spiralstreifung scheint nicht 'statt zu finden. Die Loben- zeichnungen auf den äusseren Umgängen, — die der inneren haben nicht genügend erkannt werden können, — stehen zwar gedrängt, aber doch nicht so sehr als erwartet werden könnte, sind sehr zerschnitten und zeigen nicht den blattartigen Cha- rakter der Heterophyllen. Die beiden Arme des Dorsallobus divergiren stark. Der breite Oberlateral etwas tiefer als jener. Die Wand des Dorsallobus zum Dorsalsattel durch einen schiefen Sekundärlobus weit eingeschnitten. Zwischen dem Unterlateral, der minder breit und tief als der Ober- lateral, und der Naht noch etwa 4 kleine Auxiliarloben, de- nen auf der Bauchseite eine gleiche Anzahl gegenüber steht. — Diese dritte Varietät kennen wir seit längerer Zeit vom Rau- tenberge bei Schöppenstedt, wo sie ziemlich häufig, die erste Varietät aber selten ist, während das umgekehrte Verhältniss am Schmalenberge stattfindet, und waren wir zweifelhaft, wel- cher Species sie zuzurechnen sei, bis sich an letzterer Lo- kalität der typische amaltheus in grosser Menge zeigte. Wir glauben nunmehr nicht zu irren, die dritte Varietät für Quenstepr’s Am. amaltheus gigas (Oephal. Tab. 5, 4.) zu halten, obgleich sie sich von dieser Abbildung und nach Exemplaren, die vom Breitenbach bei Aeutlingen vorliegen; namentlich durch bedeutendere Involubilität, die Form des 86 Dorsallobus und mehrere Hülfsloben unterscheidet. Doch möchte die mehrere Anzahl der Hülfsloben Folge der grösse- ren Involubilität sein, und letztere, da hierbei schon in der _ ersten und zweiten Varietät eine ansehnliche Verschiedenheit gefunden wurde, keine specifische Absonderung bedingen. Immerhin muss noch bemerkt werden, dass ein wirklicher Uebergang zwischen der ersten und zweiten Varietät einer- seits und der dritten Varietät andererseits aus unserem Ver- rathe nicht zu entnehmen ist, Vielleicht hängen die Ab- weichungen mit sexualer Verschiedenheit zusammen. Jedenfalls stimmen die erste und zweite Varietät mit Quenstepr’s Am. amaltheus nudus, gibbosus und spinosus überein. Am Sehmalenberge sind somit in der Belemniten- (Numismalis-) Schicht des mittleren Lias die hauptsäch- lichsten Abänderungen des Am. amaltheus vorhanden, die QueEnstenr schön beschreibt, die in Würtemberg, die höher liegenden Thone, die Almatheenthone, so sehr bezeichnen, und dort noch nie in einem tieferen Niveau gesehen wurden. Am Schmalenberge tritt die Species nicht in einzelnen Exem- plaren, wie wir früher von anderen Lokalitäten der Um- gegend angaben, auf, sondern in grosser Menge, die übrigen Vorkommnisse der Anzahl nach übertreffend, auch in einem wohlgenährten Zustande, so dass hier die Lebensbedingungen für die Art recht eigentlich vorhanden sein mussten. Und dass die Lagerstätte nur in der Belemnitenschicht, nicht aber aus mehreren verschiedenen Schichten besteht, geht aus der Gleichartigkeit an und für sich, dann aber auch daraus hervor, dass aus der Gesteinsmasse ohne Mühe Handstücke zu erlangen sind, die den amaltheus zusammen mit einem capricornus und dergleichen einschliessen. — Unterhalb der Belemnitenschicht ist Am. amaltheus auch in dem Landstriche nördlich vom Harze noch nicht gesehen. Im Allgemeinen bezeichnet derselbe daher den mittleren Lias, nicht nur das obere, sondern anch das untere Glied. Im Gegensatze zu Würtemberg scheint eine ähnliche Vergesellschaftung, wie bei Braunschweig, auch in Frankreich statt zu finden, da 87 hier nach d’Orsıeny (Jur. S. 244 und 250) Am. capricornus und amaltheus zusammen, und zwar über Gryphaea arcuata und mit oder unter Gryphaea cymbium vorkommen sollen. Wie dem aber auch sei, so folgt aus dem Verhalten am Schmalenberge recht entschieden, dass organische Reste, die in der einen Gegend auf eine bestimmte Schicht streng be- schränkt sind, in einer andern nicht allem einzeln, sondern massenhaft in ein etwas verschiedenes Niveau übergehen. Hier treten im Belemnitenlias Am. amaltheus und Am. capri- cornus zusammen auf, während in Würtemberg ersterer den nächst höheren, letzterer den tieferen Lagern zusteht. Für die Beschreibung der bei Braunschweig über dem Belemnitenlias folgenden Schichten gewährt die Gegend zwischen Gardessen und Schandelah, wo so eben Am. amaltheus erkannt wurde, einen guten Ausgangs- punkt. Einen Durchschnitt derselben von N.W. nach 8.0. giebt die nachstehende Figur. R NS on —i = = ® S © E en > 3 © 3 E>| 3 E E = < = S Da 14 = E S e © © > 5 = 2 rn re ES I = SS 5 om Sn = . S x sH N S = 3 N S 2 2 2 7) © “ f & Dieser Durchschnitt umfasst die östlichen Ausgehenden einer geognostischen Mulde, die sich aus der Nähe von Cremmlingen an der Braunschweig-Königslutterschen Chaus- see, über den Lehrer Wohld bis zum Schunterthale bei Hat- torf im Hannoverschen durchzieht, und in ©. durch eine von dem gewöhnlichen Streichen um fast 90 Grad ab- weichende Erhebungslinie längs des Rieseberges begrenzt wird. Die einzelnen Höhenzüge, die der Durchschnitt an- 88 giebt, können ziemlich ausdauernd in der Mulde verfolgt werden. Alle Jurabildungen befinden sich in gleichförmiger Lagerung, und fallen die älteren mit mehr, die jüngeren mit weniger Neigung in N.W. ein. Die Buchstaben a bis h bezeichnen dieselben Schichten, wie in dem Aufsatze Bd. 4 Seite 54 dieser Zeitschrift, nämlich a = bunte Mergel des Keupers, b — obersten Keuper-Sandstein, c — versteinerungsleeren Thon, d — Uardinien-Bänke, e — versteinerungsleeren Thon, f = Bucklandi-Bänke, g = versteinerungsleeren Thon, h = Belemniten-Schichten. Unmittelbar über dem Belemnitenlias % liegt ein blau- grauer Thon ;, der die östlich vom Schmalenberge be- grenzte Niederung einnimmt, und westwärts bis zu der Höhe anhält, welche mit dem Schandelaher Holze bedeckt ist. Der Thon wird theils an der Beschaffenheit der dortigen Aecker und Wiesen, theils auch in mehrfachen Gräben, die neuerdings an- gelegt sind, und zwar der Art erkannt, dass darin feste Bänke nicht auftreten, und sein Andauern nicht unterbrochen ist, allein ausser häufigen schichtweise angehäuften Thoneisensteinsgeo- den, die fast alle verschiedenen Thone derhiesigen Gegend um- schliessen, findet sich an der Stelle des Durchschnitts darin nichts Besonderes, namentlich nichts von Versteinerungen. So mangeln die bestimmenden Merkmale. Verfolgt man aber diesen Thon im Streichen nach S.W. der Art, dass der Höhenzug des Belemnitenlias, durch den rechtwinklichen Einschnitt eines Baches, der Sandbeecke, unterbrochen, in gleicher Entfernung ostwärts bleibt, so gelangt man nach einer viertel Stunde Weges unweit des Uremmlinger Horns Lias. zu den Thongruben der dortigen Ziegelei. Dass man sich hier noch auf denselben Thonschichten befindet, davon wird die Ueberzeugung direct auch dadurch gewonnen, dass wenig im Liegenden, in den Gräben am Forstorte Bastau, die Be- 89 lemnitenschicht, wenn auch nicht mächtig, doch mit vielen Bel. paxillosus und Am. capricornus ansteht. Durch die Aufschlüsse, die jene Thongruben geben, werden die Mittel für die Parallelisirung des Thons gewonnen. Es finden sich darin nämlich, immerhin jedoch sparsam, Am. amaltheus und Am. costatus. Die organischen Reste würden sich häufiger zeigen, wenn sie nicht aus einer grauen sehr tho- nigen Mergelmasse beständen, die wenig fest ist und leicht zerfällt. Die milde weisse Kalkschale löst sich leicht ab. Deshalb ist auch fast alles nur in Bruchstücken zu erhalten. Von Schwefelkies wird hier nichts angetroffen. — Die Amal- theen, hochmündige und dicke von den obigen beiden ersten Varietäten, haben einen Durchmesser von 1+ bis 3 Zoll. — Minder sparsam, wohl nur wegen der besseren Erhaltungsfä- higkeit, jedoch für die Vergleichung der Schichten mit entfern- ten Gegenden weniger geeignet, ist ein kurzscheidiger Be- lemnit von 1 bis 14 Zoll Länge, dessen Alveole bis über die Hälfte heraufreicht. Die Scheide behält fast gleiche Dicke bis zu Dreiviertel der Länge, erst dann verdünnt sie sich zur scharfen Spitze. Zwei flache Dorsalfurchen compri- miren die Seiten in etwas. Die grössten Exemplare lassen deutliche Falten an der Spitze weniger bemerken als die jüngeren. Letztere variiren in der Gestalt ungemein; mit allen Zwischenstufen verdünnen sie sich zum Theil ganz allmälig bis zur scharfen Spitze, zum Theil sind sie den älteren gleich. Wir zweifeln nicht, hier QuEnstepr’s wirk- lichen Belemnites breviformis amalthei ( Üephal. Tab. 24, 21 bis 23) vor uns zu haben, obwohl nicht zu verken- nen ist, dass dabei eine Hinneigung zu der Form seines Bel. breviformis Tab. 27, 22 aus dem untern braunen Jura stattfindet. — Bel. clavatus scheint ganz zu fehlen, während sich vom Belemnites paxillosus einige Exemplare gezeigt haben. — An fossilem Treibholz, das sich durch Einwir- kung der Atmosphärilien auf der Oberfläche in dünne Fäser- chen zertheilt, sind die Thongruben hin und wieder ziem- lich reich. 90 Eine andere Stelle, wo dieser Thon gut aufgeschlossen ist, findet sich bei Gross-Vahlberg an dem nördlichen Ab- hange der Asse, Ostwärts vom Dorfe befindet sich eine grosse Grube im Thone, der wenige Schritte entfernt vom Belemnitenlias unterteuft wird, und in einem tiefen Seiten- graben längs des Weges von da zum Windmühlenberge hin- auf bis in die Nähe der Windmühle ohne Unterbrechung zu verfolgen steht. Hier legt sich Hilsconglomerat (unteres Neocom), das daselbst in mehreren. Steinbrüchen gewonnen wird, darüber. Zwischen dem Hilsconglomerate und dem Thone ist nur eine Strecke von 8 bis 10 Fuss Mächtigkeit durch Dammerde verdeckt, so dass sehr wahrscheinlich die- ser von jenem unmittelbar überlagert wird. Der graublaue Thon umschliesst viele Thoneisensteinsgeoden, meist bank- artig abgesondert, so viele auch zerschlagen sind immer ohne Versteinerungen. Letztere zeigen sich, wiewohl selten, nur im Thone selbst und bestehen vorzugsweise in dem oben be- zeichneten Belem. breviformis, auch paxillosus und einzelnen Am. amaltheus, zwar nur bis 1- Zoll Durchmesser, jedoch stets die typische Form, so dass hier sicher dieselbe Thon- Ablagerung vorhanden ist, als in den Thongruben der Cremmlinger Ziegelei. — Aus dem gleichen Thone sind nächst @ross-Vahlberg bei der Anlage eines tiefen Grabens vor einigen Jahren mehrfach hand- bis kopfgrosse Thonmer- gelknauern gewonnen, die eine Anzahl von Petrefakten in dem wohlerhaltensten Zustande, sämmtlich mit weisser Kalk- schale, die mit den schönsten Farben opalisirt, enthalten. Vorwaltend sind zwei Species, nämlich 1) vor allen Am. costatus, 2 bis 2} Zoll im Durchmesser, mit starken Rippen und fast quadratischer Mundöffnung;; einzelne Windungsstücke haben eine Höhe und Dicke von 1 Zoll und gehören mithin sehr viel grösseren Individuen an. 2) Am. amaltheus, meist jedoch nur die jüngste Brut bis zu 1% Zoll Durchmesser. Es besitzt diese einen abgerundeten Rücken ohne allen Kiel, und sind die Seiten nicht mit Rippen, wie sie im Jugend- zustande am Schmalenberge bei @ardessen bemerkt wurden, 91 sondern mit den feinsten, völlig gleichförmig; vertheilten und am Rücken sich stark nach vorn biegenden Streifen bedeckt. Niemand würde allein in solchen Exemplaren den Am. amal- theus erkennen. Mit zunehmender Grösse gruppiren sich indessen die dünnen Streifen mehr und mehr zusammen, und gleichzeitig schärft sich mit Flacherwerden der Seiten der Rücken zum Kiele zu. Erst bei 14 Zoll Durchmesser tritt der typische Am. amaltheus mit Seitenrippen und gekerbtem Kiele auf. An jedem dergleichen Stücke, das auseinander genommen wird, lässt sich die Formveränderung beobachten. Exemplare von mehrerem Durchmesser sind selten; das grösste hat 3 Zoll. Es scheint, dass die eigentlichen Le- bensbedingungen des amaltheus hier nicht vorhanden waren, daher vorzugsweise junge Brut. Im Allgemeinen möchten sich beide Species, Am. costatus und amaltheus, obgleich demselben Niveau angehörig, doch horizontal ziemlich ge- trennt halten. — Mit diesen Ammoniten zusammen finden sich in den Mergelknauern noch Stücke von Flössholz, ein- zelne Belem. paxillosus und mannigfache kleine Univalven und Bivalven, darunter Turbo cyclostoma Zier. (Zıer. Tab. 33,4 und Gorpr. Tab. 193,7), mehrerlei Nucula und ein 15 Zoll langer Inoceramus mit concentrischer Runzelung, dem dubius ähnlich, jedoch dicker, substriatus GoLpr. (QuEnst. Petrefkd. S. 515 Tab. 42, s und Gorvr. Tab. 115, 1). Von Brachiopoden wird keine Spur bemerkt. — Diese Zusam- menhäufungen von Versteinerungen, von denen wir eine an- sehnliche Folge besitzen, haben seit jener Grabenanlage nicht weiter aufgefunden werden können. Von der Thongrube bei G@ross-Vahlberg zieht sich am Bergabhange längs des Gutsgartens ein neuhergestellter Weg ins Liegende. Es ist damit die Grenze zwischen dem Thone und dem Belemnitenlias überschritten, allein die Schichten sind daselbst in einer zu wenig zusammenhängenden Weise vorhanden als dass daraus sichere Folgerungen zu ziehen wären. Es scheint jedoch, dass eine scharfe Grenze zwischen dem Thone und dem Belemnitenlias nicht besteht, vielmehr 92 beide Glieder auf einige Fuss Mächtigkeit durch dünne Wech- sellager mit einander in Verbindung treten. Ausser den Lokalitäten nächst der Cremmlinger Ziegelei und bei Gross-Vahlberg wissen wir in der hiesigen Gegend keine namhaft zu machen, wo die in Rede stehende Thon- schicht durch ihre Fauna zu erkennen wäre. Demohngeachtet ist anzunehmen, dass dieseibe den Belemnitenlias, wo dieser auf den beiden Sektionen Schöppenstedt und Fallersleben der Paprn’schen Karte von Hannover und Braunschweig *) auftritt, wenn auch mit verschiedener Mächtigkeit, doch andauernd begleitet; so am südlichen Abhange des Elms, zu beiden Seiten der Asse und des Heeseberges, wie auch am nördli- chen Abfalle des Fallsteins.. Ferner nimmt die Thonablage- rung eine nicht unbedeutende Oberfläche ein: im Streichen des Vorkommens zwischen Gardessen und Schandelah, näm- lich längs des ganzen östlichen Theils des Lehrer Wohlds, so vorzüglich an der ostwärts der Lucke belegenen Strasse von Lehre nach Boimsdorf, dann auch am Forstorte Schaf- risch; — ım westlichen Wohlde, und zwar östlich von Hor- dorf ab, über den Neuen Teich bei Zeire bis vor Amt Cam- pen, — westlich von Hattorf; — am Vordernberge bei Wendhausen; — an der südlichen Seite des Clieversberges unweit Fallersleben, wıe auch auf den Feldmarken von Vo/k- marsdorf und Querenhorst. Dass alle diese Vorkommnisse, obgleich darin bis jetzt keine Versteinerungen entdeckt sind, der Thonschicht © des Durchschnitts zugehören, wird aus der wahrzunehmenden Lagerung über dem Belemnitenlias und unter der sogleich zu beschreibenden Schicht gefolgert. Diese letztere Schicht besteht in graublauem bitu- minösem Schiefermergel, der sich in die dünnsten Blättchen spalten lässt, leicht verwittert, und wegen dieser Eigenschaft und weil er hinreichenden Kalkgehalt führt, ein *) Beide Blätter werden geognostisch kolorirt nächstens erscheinen. Der Belemnitenlias und der Thon i sind darauf mit gleicher Farbe be- zeichnet. Eine Trennung war der geringen Verbreitung wegen, die er- sterer an der Oberfläche einzunehmen pflegt, nicht füglich durchzuführen. 93 äusserst gesuchtes Material für Mergelung der Aecker ab- giebt. Derselbe ist deshalb vielfach durch Mergelgruben aufgeschlossen, auch wo dies nicht der Fall, wenn nur nicht durch Diluvium bedeckt, durch einen eigenthümlichen braun- gelben, höchst fruchtbaren Thonboden, der gewöhnlich kleine Stückchen des Schiefers, die der Verwitterung durch Umhül- lung mit Thon bis dahin entzogen sind, umschliesst, dem einigermaassen geübten Auge leicht erkennbar. So bietet dieser Schiefer, gleichwie für den Landwirth ein werthvoller Mergel, dem Geognosten in den petrefaktenarmen Thonen einen unschätzbaren Horizont. Im obigen Durchschnitte mit k bezeichnet, steht derselbe mit westlichem Einfallen in den Lehmgruben am Schandelaher Holze deutlich zu Tage. Er ist ganz voll von Fischschuppen, Zähnchen und anderen nicht sicher bestimmbaren Theilen von Wirbelthieren, dann auch von unzähligen platt gedrückten Mollusken. Unter den letz- teren sind die gewöhnlichsten: Ammonites serpentinus Rein. (mit Waleotti Sow.), capellinus Scar. (Cephal. Tab. 7, 2), fimbriatus Sow., radians var. compressa (Uephal. Tab. 7, 3), communis Sow. (annulatus Sow., aequistriatus Zıer.); Ino- ceramus gryphoides Scar. und Posidonia Bronni Gorpr.; Belemnites paxillosus Schr. zeigt sich in den unteren Lagen in einzelnen Exemplaren, in den oberen dagegen stellenweise Belem. digitalis Schr. Fast in keiner Mergelgrube fehlen Bänke von 1 bis 2 Fuss Mächtigkeit, die minder schiefrig, aber kalkreicher, dieselben Versteinerungen, jedoch nicht so flach, enthalten. Es ist dies Stinkstein, der durch Einwir- kung der Atmoshpäre nicht so leicht zerfällt als der Schiefer, und daher zur Mergelung nicht verwendet wird. Ferner finden sich meist gleichfalls nicht zur Mergelung brauchbar ohne bestimmtes Niveau bis 2 Fuss mächtige ziemlich feste Bänke, die fast ganz aus Avicula (Monotis) substriata GoLpr. bestehen. In allen Schichten, vorzugsweise jedoch in der dünnschiefrigen Abänderung, steigt der Bitumengehalt so hoch, dass in der Weingeistflamme glühend gemachte Stück- chen mit Verbreitung von schwarzem Russ fortbrennen. 94 Schwefelkies kommt selten in Kugeln bis ! Zoli Durchmes- ser vor; fein zertheilt scheint derselbe nicht vorhanden zu sein. Phosphorsäure, gleichwie das Bitumen eine Folge der Anhäufung von organischen Resten, wird kaum fehlen, und er- höht den Werth in der Landwirthschaft. — Die ganze Ab- lagerung dürfte durchschnittlich eine Mächtigkeit von 50 Fuss haben. In der Schicht 4 muss hiernach der Posidonien- schiefer, so schön wie er im südlichen Deutschland vor- kommt, erkannt werden. Ein wirklicher Unterschied ist kaum aufzufinden, wenn man als einen solchen nicht ansehen will, dass das Braunschweiger Gestein etwas mehr Kalk enthält, und dass darin Belemnites acuarıus Schr., nebst Pentacriniten zu fehlen scheint. In der Umgegend von Draunschweig findet sich der Posidonienschiefer, der auf den beiden Karten-Sektionen Schöppenstedt und Fallersleben, schon seiner technischen Wich- tigkeit wegen, mit einer besonderen Farbe bezeichnet ist, hauptsächlich an folgenden Stellen: 1. Lehrer Wohld u. s. w. In S.W. von der Linie des obigen Durchschnitts steht der Schiefer im Streichen nicht weit zu erkennen. Schon bei dem Dorfe Schandelah hat er sich ausgekeilt. Dagegen ist derselbe in N.O. Schritt für Schritt über den ganzen Wohld und noch bedeutend darüber hinaus zu verfolgen. In fast schnurgerader Rich- tung setzt er am Schandelaher Teiche vorbei, über den Ro- thenberg und dann durch den tiefsten Theil der Lucke, ne- ben dem Stalle zwischen den Forstorten Suzdern und Schaf- risch vorbei, bis an die westliche Ecke von Beyenrode. Auf dieser langen Erstreckung findet eine Gewinnung als Mergel nicht weiter als auf der Feldmark von Zeyenrode statt; sein Vorhandensein längs der Mitte des Wohldes, der jetzt noch zum erheblichsten Theile als Weide benutzt wird, bietet ei- nen wahren Schatz für dessen Umwandelung in Acker. Hin- ter Beyenrode ist der Posidonienschiefer im Schunter-Thale auf eine kurze Strecke durch Alluvium verdeckt, kömmt 95 dann aber, ein nordwestliches Streichen annehmend, auf han- noverschem Gebiete von Hattorf ab wieder zu Tage. Hier wird er fleissig in mehreren schon umfangreich gewordenen Gruben ausgebeutet. Von da tritt er ins Braunschweigsche zurück, wo ihn endlich im westlichen Theile des Flechtorfer Gemeindeholzes Diluvium bedeckt. Diese Erstreckung ist in der Gegend von Zraunschweig die längste, auf der der Posidonienschiefer dauernd zu verfolgen steht. 2. Zwischen Flechtorf und Flechtorfer Ge- meindeholze zeigt sich das Ausgehende auf einer nicht gar langen Linie bis zum Bärenwinkel. Es gehört dies ei- ner anderen Mulde als No. 1. zu, die mehr in S. den west- lichen Theil des Wohldes einnimmt. 3. Zwischen Mörse und Fallersleben. Hier bildet derselbe drei verschiedene Zonen, die fast von N. nach S. streichen. Die östliche nimmt am meisten Oberfläche ein und wird in mehreren Mergelgruben ausgebeutet. 4. Feldmarken von Wendhausen und Honde- lage. Der Schiefer ist mn N. von Wendhausen längs dem Holzrande auf dem Wege von Wendhausen nach Essenrode bis zum Forstorte Langelohden gut aufgeschlossen. Zunächst bei Wendhausen im Braunen Hope wird vom Gute eine Mergelgrabe betrieben. Derselbe bildet eine grosse Mulde, die in ihrer Mitte, im sogenannten Ziegelofen u. s. w., von jüngeren Schichten bedeckt ist; das entgegengesetzte Aus- gehende streicht durch die herrschaftliche Forst, das hohe Feld, auf die Hondelager Feldmark und verliert sich da- selbst am Opferholze in W. vom Dorfe. 5. Im Erhebungsthale von Fallersleben bis Walbeck, mehrere abgerissene Partien mit nordwestlichem Streichen und verschiedenem Einfallen, und zwar von N. nach S.: a) auf den Feldmarken von #eisslingen und Neuhaus mit einigen grossen Mergelgruben ; b) auf den Feldmarken von Volkmarsdorf und Klein-Sisbeck, desgleichen; 96 c) auf der Feldmark von @ross-Sisbeck mit einer Mergelgrube am Bunten Teiche; d) bei Querenhorst mit mehreren Mergelgruben in OÖ. und W. des Dorfes; e) am Steilen Berge in S.W. von Weferlingen im Preussischen; f) in S.W. von Walbeck an der Strasse von da nach Helmstedt. 6. Zwischen Nieder-Sickte und Salzdahlum. Zwischen dem Elm, Rieseberg und Dorm, — Elm, Asse und Heeseberg, — sowie von hier bis in die Nähe des Harz- randes ist keine Spur vom Posidonienschiefer vorhanden. Dass derselbe in den Flächen, welche durch Verbindung der obigen Lokalitäten gebildet werden, einstens abgesetzt ist, kann zwar erklärt werden, wenn man erwägt, dass da- selbst zum Theil Bedeckungen durch jüngere Schichten statt- finden, und man annimmt, dass an den Stellen, wo die unter- und überliegenden Schichten, frei von übergreifendem Dilu- vium, ohne den Posidonienschiefer wahrgenommen werden, dieser von späteren Fluthen zerstört ist; allein da nach allen Vorkommnissen den vorweltlichen Gewässern in der hiesigen Gegend wenig zerstörende Wirkung beigemessen werden muss, so scheint es wahrscheinlicher, dass sich der Absatz der Posidonienschiefer lediglich auf einen schmalen, vielfach gebogenen Saum ursprünglich beschränkt hat. Ein solcher Saum würde sich von Hondelage mit einem nordwärts ge- krümmten Bogen auf Wendhausen erstrecken, dann durch Diluvium bedeckt, und von Schandelah über den östlichen Wohld, Beyenrode, Hattorf, Flechtorf, Mörse nach Fallersle- ben, von hier endlich ziemlich grade auf Walbeck zu laufen. Diesen Falls bezeichnete der Posidonienschiefer das Ufer des- jenigen nach W. und N. offenen Meeres, aus dem sich einst der obere Lias absetzte. Das Vorkommen der organischen Reste in dem Posidonienschiefer, wenn auch zum Theil Be- wohner des hohen Meeres, lässt in ihm eine Uferbildung er- kennen, und harmonirt dies mit der Annahme, die ursprüng- 3 liche Ablagerung auf einen schmalen Saum einzuengen. Es ist zu wünschen, dass bezügliche Beobachtungen an anderen Orten wiederholt werden, zumal sie nicht lediglich von wis- senschaftlichem Interesse sind, sondern sofort in die Praxis übergehen. So würde es z. B., wenn sich die Annahme be- stätigt, ein völlig vergebliches Bemühen sein, den als Mergel werthvollen Posidonienschiefer beiderseits längs der Erhe- bungslinie von Essehof-Lehre, wo wir ihn bis jetzt nicht er kannt haben, aufzusuchen, weil der Ufersaum zu weit süd- wärts liest, um bei seiner geringen Breite bis dahin zu reichen. Ist aber der Posidonienschiefer eine schmale Littoralbil- dung, so entsteht die Frage: welche Schichten haben sich während seiner Ablagerung entfernt vom Ufer abgesetzt? Es müsste diese Frage aus der hiesigen Gegend zu beant- worten sein, wo nicht weit von jenem Ufersaume Erhebungs- linien auftreten, die ältere und jüngere Gesteine, an der Essehof-Lehrer Erhebungslinie z. B. bis zu den bunten Keupermergeln, an die Oberfläche bringen. Allein eine ge- nügende Entscheidung ist wegen Mangels an zureichenden Entblössungen nicht gelungen. Es scheint, dass ein marines oder submarines Aequivalent der littoralen Posidonienschiefer hier entweder überhaupt gar nicht vorhanden ist, dass eine synchronistische Schicht ganz fehlt, oder dass dasselbe in versteinerungsleeren Thonen besteht, die von den nächstlie- senden für die Abgrenzung wenig unterscheidende Merkmale bieten. Letzteres dürfte am Wahrscheinlichsten sein. Denn vorzugsweise an Stellen, wo die Posidonienschiefer nicht stark entwickelt sind, schiebt sich zwischen sie und die nächstfol- gende Bank ein bis gegen 30 Fuss mächtiger zum Theil schiefriger Thon ein, in welchen letztern jene durch Auf- nahme von Thon allmälig übergehen. So hängt dieser Thon mit den Posidonienschiefern innig zusammen. Derselbe ist in wenig Abstand vom Schiefer schon nicht mehr bituminös, schliesst keinerlei Organismen ein und zeichnet sich dadurch aus, dass er ziemlich frei von Eisensteinsgeoden bleibt. Zeits, d.d, geol. Ges. V.1. 7 95 Fundstätten sind: nächst dem Guts-Kalkofen und am Bun- ten Teiche bei @r0ss-Sisbeck, am Spritzenhause bei Volkmars- dorf und an der Faliersleben-Mörser Strasse. Im Uebrigen wird noch bemerkt, dass ostwärts an den Höhenzügen Asse, Elm, u. s. w. der Belemnitenlias viel weiter und noch weiter der Bucklandi- und Cardinienlias fortsetzt als die Posidonienschiefer. Es geben sich hierdurch die Abschnitte der verschiedenen Etagen zu erkennen. Schreiten wir nun zu den jüngeren Schichten, so findet sich hart über den Posidonienschiefern oder den damit ver- bundenen Thonen eine überall sehr wenig aufgeschlossene, graue, sehr thonige Mergelbank, die durch die meist hellgraue Farbe von häufig umherliegenden Steinkernen ver- schiedener Petrefakten auffällt. Im obigen Durchschnitte ist dieselbe mit Z/ bezeichnet. Sie ist dort unmittelbar über dem Posidonienschiefer wegen der Rasendecke nicht zu beob- achten, zeigt sich aber einige Schritte seitwärts in den Grä- ben entblösst, die einen Angerfleck umgeben, der früher mit Holz bewachsen war und das Schandelaher Kirchenholz heisst. Die thonige Schicht ist von gleicher Beschaffenheit noch an einigen anderen Lokalitäten aufgeschlossen. Folgende davon, wo die Lagerung deutlich ist, verdienen namhaft ge- macht zu werden: in S.O. von Amt Campen an dem Holz- rande des Forstorts Gross-Sundern dem Pferdestalle daselbst gegenüber, und von hier mit wenigen Unterbrechungen längs der Posidonienschiefer bis an die westliche Seite des Forst- orts Stabenstette zu verfolgen; — in den Gräben des Ackers am sogenannten Ziegelofen bei Wendhausen; — am Guts- Kalkofen unweit @ross-Sisbeck; — nächst Fallersleben in den älteren Thongruben der dortigen Ziegelei. — Die Bank muss überall äusserst wenig Mächtigkeit, vielleicht von keinem Fuss, haben, weil sich nur genau in ihrem Streichen die Versteinerungen zeigen. Diese meist in Bruchstücken und stets ohne Schale bestehen an jenen Stellen ganz gleichmäs- sig vorzugsweise in Ammonites radians Scar. und zwar in ebenso mannigfachen Abänderungen als Am. amalthbeus 99 in dem tieferen Niveau. Der Durchmesser ist auf 4 bis 5 Umgänge 14 bis 2 Zoll, doch haben nach Bruchstücken zu urtheilen einzelne Individuen einen dreimal so grossen Durchmesser erlangt. Vorwaltend ist die typische Form mit mehr oder weniger gedrängt stehenden ungetheilten Rippen, die sich am Rücken weit nach vorn biegen, QUENSTEDT’s Cephal. Tab. 7,45u.6. Sie wird dort Am. radians depres- sus genannt. Häufig schwillt die Dicke an, so dass diese und die Höhe gleich sind, Am. undulatus Zıer. Tab. 10,5. Die Rippen nehmen an Anzahl ab, während die Dicke entweder normal bleibt, Am. costula Zıer. Tab. 7, 7 und Cephal. Tab. 7, 11, oder mindestens so stark ist als die Höhe. Auch spalten sich hin und wieder die Rippen nächst der Naht oder etwas höher, Am. Aalensis Zwer. Tab. 28,3 und ÜCephal. Tab. 7. Tritt die Sichel sehr gekrümmt mit kurzer Hand- habe auf, so pflegt eine hochmündige Varietät mit grosser Involubilität und ziemlich scharfer Suturkante, Am. radıans compressus Cephal. Tab. 7, 9, Zıer. Tab. 7, 4, die wie QuEn- STEDT bemerkt dem Am. Murchisonae nahe kömmt, zu ent- stehen. Letztere Form, welche die Bank mit den Posidonien- schiefern gemeinsam führt, hat den Bruchstücken nach den bedeutendsten Durchmesser erlangt. Die grössten Exem- plare zeigen die schwächsten Falten. Ihre Seiten sind ziem- lich flach und divergiren in der Nähe des Rückens allmälig zum scharfen Kiel. — Bei allen diesen Abänderungen blei- ben die wenig zerschnittenen Loben mit senkrechten Wänden überaus gleich, nur an den sehr involuten Formen scheinen unter dem kleinen Unterlateral die sonst durch 2 bis 3 Zähne angedeuteten Hülfsloben regelmässig tiefer und breiter zu sein. — Ausser diesen Ammoniten zeigen sich stellenweise häufig sehr conische Alveolen von Belemniten, ohne dass die Scheide vorhanden ist. Nur bei dem Guts-Kalkofen un- weit Gross-Sisbeck haben sich unter einer Mehrzahl von der- gleichen Alveolen einige jedoch sehr corrodirte Scheiden ge- funden, die auf Belemnites digitalis schliessen lassen. Da an den obigen Lokalitäten die Bank nur Steinkerne führt, 7* 100 so muss man annehmen, dass die Schale gleichzeitig mit den Belemnitenscheiden resorbirt ist. Noch ein anderer Punkt, wo die Bank / sich gut auf- geschlossen zeigt, den wir jedoch von den obigen getrennt halten, weil die Fauna mannigfaltiger ist, befindet sich etwa 2 Stunden in N.O. von DZraunschweig, neben der Ziegelei von Grassel. Der ringsum vom Diluvium umgebene Hügel, auf dem diese Ziegelei liegt, besteht aus dunklem Thon mit viel Eisensteinsgeoden, aber ohne alle Versteinerungen. Es ist nicht ganz deutlich, ob der Thon unsere Bank von # bis 4 Fuss Mächtigkeit überlagert oder unterteuft. Aufder Karte haben wir ersteres angenommen, doch könnte es auch der Fall sein, dass der Thon älter ist. Dann gehört er der Schicht 2 an, und es fehlen zwischen ihm und / die Posi- donienschiefer. Neuerdings hat man sich mit der Thonge- winnung für die Grasselsche Ziegelei auf solche Stellen be- schränkt, wo die Bank / nicht vorhanden ist, weil es bei der sorgfältigsten Abräumung nicht verhindert werden konnte, dass damit der Ziegelthon unangenehm verunreinigt ward. Die Bank besteht nämlich fast ganz aus Bruchstücken eines milden Kalkmergels von Ammonites radians und Be- lemnites digitalis. Jener Ammonit tritt in allen den Ab- änderungen auf, die oben bezeichnet wurden. Letzterer, von der Gestalt eines flachgedrückten Fingers und 2 bis 3 Zoll lang, lässt in gut erhaltenen Exemplaren den warzenförmi- gen Stachel an der Spitze wahrnehmen, meistens findet sich statt dessen aber ein kleines Grübchen. — Ausserdem zeigt sich seltener, im Ganzen jedoch immerhin häufig, Ammo- nites Jurensis ZıEr., nie aber in vollständigen Exempla- ren. Die Windungsstücke desselben von ovaler etwas herz- förmiger Mundöffnung, die auf etwa + Involubilität schliessen lassen, haben bis 3 Zoll Höhe. Die Loben können gewöhn- lich gut erkannt werden. Sie sind breit mit senkrechten Wänden; die Sättel ziemlich eben. Wohlerhaltene Stücke haben stets sekundäre Zähnchen, und verwischen damit die Neigung zur heterophyllenartigen Blattform. Der breite Dor- 101 sallobus ist wenig tief. Der Dorsal- und obere Lateralsattel gleich breit und hoch. Viel weniger breit und hoch ist der untere Lateral. Jene beiden in ihrer Mitte tief gespalten. Der tiefe obere Laterallobus ausgezeichnet paarig getheilt und in der Mitte mit einem hohen Sekundärsattel versehen, der minder tiefe und etwas schmälere untere Lateral unpaa- rig. Zwei kurze, aber breite Hülfsloben. Die Seiten der Steinkerne sind völlig glatt. Auf Streifen oder Rippen deu- tet nichts hin. So dürfte eine Verwechselung nicht unter- gelaufen sein. Die Form steht vom Am. fimbriatus, dessen Loben tief eingeschnitten, an der Basis breit und oben eng, ohne Hülfsloben und dessen Mundöffnung stets kreisrund, zu weit entfernt, selbst wenn man von der Involubilität und den Rippen absehen wollte. — Die Loben, sowie sie D’ORB. Jur. Tab. 100 zeichnet, stimmen im Allgemeinen mit denen von hiesigen Jurensis überein. Es scheint, dass sie nicht von dem abgebildeten Petrefakt, das QuEnstepr für seinen Am. lineatus opalinus (fimbriatus) anspricht, entnommen sind. — Auch haben sich einige Exemplare von Ammoni- tes hircinus Scart. (Cephal. Tab. 6, 10), jedoch nicht grösser als 1 Zoll im Durchmesser, mit 6 bis 12 Einschnü- rungen auf dem letzten Umgange, gefunden. — Unter dem Heere von Belemniten fallen noch kurzscheidige auf, von etwa 14 Zoll Länge und. hochaufsteigender Alveole. Die einen, fast rund, laufen gleichmässig in eine lange dünne Spitze zu, und gleichen vollständig Exemplaren aus dem schwäbischen schwarzen Jura [ von Balingen. Sie sind dort Belemnites tripartitus genannt, und kommen den For- men, die Quenstepr in Cephal. Tab. 26, 26 u. 27 abbildet, nahe. Andere, etwas platt gedrückt, spitzen sich nicht so allmälıg zu wie jene, sondern es setzt sich die Spitze -mit zwei Dorsal- und einer Ventralfurche von der übrigen Scheide fast ab. Letztere dürften besondere Alterszustände vom digitalis sein. Sie pflegen mit einer weissen Kalkepi- dermis überzogen zu sein. Ferner sind mehrerlei Univalven und Bivalven nicht selten. 102 Dass die Bank bei Grassel mit diesen Einschlüssen wirk- lich identisch mit der Schicht / des Durchschnitts ist, leidet keinen Zweifel. Wegen des überall so ungemein häufigen Am. radıans könnte man sie, von hiesiger Gegend allein re- dend, die Radiansbank nennen. — Im Uebrigen zeigen die Vorkommnisse bei @rassel einerseits, dass in Z Belem. digi- talis, an anderen Orten nur durch die Alveolen angedeutet, ausserordentlich verbreitet war, und andererseits bieten sie durch das Auffinden des Am. jurensis, für Süddeutschland und sonst so überaus leitend. ein wichtiges Merkmal für Parallelisirungen. Ueber der Radiansbank / liegt eine 200 bis 300 Fuss mächtigeMasse dunklen Thons (s. im Profile die Schicht 7»), der sich durch häufige Ausscheidungen von Thoneisensteins- Geoden auszeichnet. Stellenweise sind diese in solcher Masse vorhanden, dass dadurch die Oberfläche ganz bedeckt wird. Versteinerungen sind darin bis jetzt nirgend gefunden. Der Thon gleicht mineralogisch vollkommen der tieferen Schicht 2, der gleichfalls Geoden, jedoch in nicht so hohem Grade, ei- genthümlich sind. Fehlen auch in dieser letzten Schicht © die Versteinerungen und ist der Posidonienschiefer oder die Radıansbank nicht zu erkennen, so wird es schwer 2 von 2 zu unterscheiden. Der mehre oder mindere Anschluss an den Belemnitenlias oder an höhere Lagen giebt dann das einzige, aber trügerische Anhalten. Mit Sicherheit ist der versteinerungsleere Thon m, der in unseren Karten mit der nächstfolgenden Schicht 2 durch gleiche Farbe bezeichnet wird, in einiger Verbreitung an fol- senden Stellen erkannt: in S.W. des Punktes im Profile bis vor Cremmlingen, und in N. davon über den ganzen östli- chen Wohld, immer in W. der Posidonienschiefer, bis Beyen- rode; — zwischen Flechtorf und Hattorf; — in der Mul- denmitte des westlichen Wohldes, vom Neuen Teiche bei Lehre bis Amt Campen; — am Schäferberge bei Hordorf. — zwischen Hordorf, Dibbesdorf und Volkmarode; — am Zaegelofen bei Wendhausen und bei Gross-Brunsrode; — Zie- 103 geleigruben bei Fallersleben u. s. w.; bei Volkmarsdorf und Querenhorst; — ın 8. von Hötzum. Mit einigen Zweifeln wird der Thon im Mastbruche und im östlichen Theile der Buchhorst unweit Zraunschweig als damit übereinstimmend angesprochen. Im obigen Durchschnitte mögen noch jüngere Schich- ten des braunen Jura als m, — erst in einiger Entfernung liest darüber Rormer’s Hilsconglomerat (unteres Neocom), das früher am Rothenberge unweit Schandelah gewonnen wurde und damals schöne Versteinerungen lieferte, — vorhan- den sein. doch sind diese daselbst und in der Nähe nicht entblösst. Fassen wir zur Erkennung dieser jüngeren Schich- ten die Umgebungen des Glieversberges unweit Fuallers- leben ins Auge und zwar zunächst die Lokalität von Koibe- hof,, wo durch vielfältige Thongruben, welche die dortige Zie- gelei versorgen, u. s. w. das Grundgebirge gut aufgeschlos- sen ist. Der ganze Bergabhang von da bis nahe an den Schillerteich besteht aus blaugrauem Thon mit vielen Eisen- steinsgeoden. Die untere Hälfte von etwa 200 Fuss Mäch- tigkeit, in der dermalen keine Thongruben betrieben werden, zeigt überall keine Petrefakten. Dies ist offenbar der Thon 7a, über den Posidonienschiefern liegend. Die obere Hälfte des Thones, von jenem indessen durch keine wahrnehmbare be- stimmte Grenze abgesondert, theilen wir, obgleich ebenfalls durch keine bestimmte Grenze unterschieden, in zwei Ab- theilungen, und wollen wir die untere davon, zu etwa 5 der Mächtigkeit, mit », die obere mit o bezeichnen. Was zuvörderst die Thonablagerung » betrifft, so finden sich darin gleich unten, da wo die neuen Thongru- ben beginnen, zuerst einzelne, dann der Anzahl nach mit der Höhe zu und wieder abnehmend, doch bis oben hin andauernd, Bruchstücke von Belemnites giganteus ScuL., an der Alveole bis zu 2 Zoll im Durchmesser. Im unteren und obe- ren Niveau von z beschränken sich hierauf, einige kleine Belemniten von unbestimmter Form ausgenommen, die orga- nischen Reste. In der Mitte, wo im Allgemeinen die Or- 104 ganismen am sparsamsten sind, haben sich indessen auch einige Individuen von Ammonites Parkinsoni Sow. gefunden, und zwar 3 bis 4 Zoll im Durchmesser mit 5 bis 6 Um- gängen, die Mundöffnung etwas höher als breit, die Rippen meist abwechselnd gespalten und einfach, ohne dass sich an den Theilpunkten und am Rücken Knötchen bildeten. Die für dieses Niveau, wie es scheint, constante Form stimmt mit derjenigen überein, die Quenstepr Am. Parkinsoni pla- nulatus nennt und Cephal. Tab. 11,2 abbildet. Der obere Thon o, mineralogisch nicht verschieden von z, zeichnet sich vornehmlich durch den gänzlichen Man- gel von Belem. giganteus aus. Etwa in seiner Mitte sind stellenweise Versteinerungen in solcher Menge vereint, so 2. B. nächst der Ziegelei, dass die Thongewinnung bei der- gleichen Vorkommnissen verlegt wird. Vorzugsweise finden sich in diesem Niveau von o folgende Formen: Ammonites anceps Reın. (sehr häufig) von Gestalt und Grösse wie Quenstepr’s Cephal. Tab. 14,2, doch sind weder Einschnürungen noch wie bei Zıeren’s Am. dubius Rinnen auf dem Rücken bemerkt. Deshalb auch keine Spur eines Kiels, von dem QuENSTEDT spricht. Ammonites Parkinsoni Sow., kleine bis 1 Zoll im Durchmesser haltende Exemplare, Quesstepr’s var. pla- nulata und depressa ohne Knötchen. Belemnites canaliculatus Scar. (Quenst. Ceph. Tab. 29, 126) häufig. Schlank zugespitzt, die Furche bis an oder bis in die Nähe der Spitze reichend, hin und wie- der in der Mitte zur Verdünnung hinneigend, doch nie in dem Maasse, dass die keulenförmige Form Belem. semihasta- tus Quensrt. Cephal. Tab. 29, 1:19 (Leth. Tab. 21, 19), die auf höhere Schichten, den braunen Jura {, beschränkt zu sein scheint, erreicht wird. Im Niveau des giganteus ist der canaliculatus hier noch nicht gesehen. — Unter den vielen undeutlichen Bruchstücken hat ein kurzscheidiger Belemnit fast die Form des breviformis. 105 Pleuromya Brongniartiana Bronn (s. wegen der Form weiter unten). Gresslya latirostris Ac. (desgl.). Östrea explanata Gorpr. (eduliformis Schr.) Zwar auch so flach, wie sie im Würtembergischen brau- nen Jura ö gefunden wird und die Abbildungen bei GoLp- russ und ZIETEN angeben, doch pflegt hier ihre Unterschale weit tiefer, die ganze Form auch länglicher zu sein. Häufig. Cidarites maximus Gorpr. in einzelnen Stachel- stücken. In N.W. von Rothehof, im Streichen der Schichten, bleiben am Clieversberge die Schichten m und z von völlig gleicher Beschaffenheit. Dagegen tritt o etwas verändert auf. Während nämlich in S.O. von Zothehof die Schichten o ganz aus Thon bestehen, stellt sich in N.W., und zwar schon un- mittelbar bei Rothehof, darin eine Bank festen Gesteins ein. Die Bank, die mit 0’ bezeichnet werden mag und ge- nau im Niveau der Versteinerungs-Anhäufungen von o liegt, ist andauernd im Streichen zu verfolgen und zuvörderst gut aufgeschlossen da, wo am nördlichen Abhange des Clievers- berges von der Mörse-Wolfsburger Strasse der Weg vom Kalkofen nach Zothekof abgeht. Dieselbe besteht hier aus einem etwa 4 Fuss mächtigen Lager von gelblich- oder rothbraunem, sehr thonigem, etwas oolithischem Thoneisenstein mit dem blaugrauen Thone im Hangenden und Liegenden, durch einen tiefen Einschnitt der Strasse entblösst. Das Eisensteinslager 0° umschliesst mannigfache Versteinerungen mit leicht abfallender Kalkschale. Bezeichnend sind darunter folgende: Ammonites Parkinsoni Sow., die obigen Varietä- ten, dann auch die sehr hochmündige, QueEnstepr’s Parkin- soni compressus, Uephal. Tab. 11,4. Häufig. Gefurehte Belemniten, sehr corrodirt und nicht sicher erkennbar, jedoch allem Anscheinen nach Belemnites ca- naliculatus. 106 Pleuromya Brongniartiana Bronx und Gresslya latirostris Ac., wie oben. Trigonia costata Sow. (s. weiter unten.) Pholadomya Murchisoni Sow. (s. weiter unten.) Terebratula varians Scart. v. Buch, die ächte ha- selnussgrosse Form mit stark aufgeworfener Ventralschale, stellenweise sehr häufig und dicht neben einander liegend. und eine über 1 Zoll lange glatte Terebratel, nämlich Terebratula perovalis Sow., Formen, die mit Zieren’s Terebr. ornithocephala Tab. 39, 2, intermedia Tab. 39,3 und bullata Tab. 40, 6 übereinstimmen und dazwischen liegen. Seltener ist Terebratula resupinata Sow. mit scharfer Areal- kante. Wendet man sich noch weiter nach N.W. immer im Streichen auf o’ bleibend, so gelangt man an der nordwest- lichen Spitze des Ulieversberges oberhalb des Dorfes Sand- kamp nach der Fehrenhorst. Hier gehen an einem steilen Abhange die Schichtenköpfe von o’ mit einer Mächtigkeit von 10 bis 12 Fuss zu Tage, bestehen indessen aus einem gelbbraunen, thonigsandigen, eisenschüssigen Kalkgesteine von milder bis ziemlich fester Beschaffenheit. Vorzugsweise in der Mitte sind diese Bänke fast gänzlich hier mit der hasel- nussgrossen Terebratula varians Schar. v. Bucu, dort aus Avicula echinata Sow. (Monotis decussata Msrr., s. weiter unten) zusammengesetzt. Halten sich beide Species zwar ziemlich getrennt, so ist keiner doch ein besonderer Hori- zont innerhalb des Gesteins eigen. Nur drängen sie fast alle anderen Organismen zurück. Sie bilden keine Bänke von an- haltender Verbreitung, sondern lediglich grosse nierenartige Massen. Darüber und darunter finden sich auch andere Ver- steinerungen. So ziemlich häufig Ammonites Parkin- soni in den Varietäten planulata, depressa und die hoch- mündige complanata. Auch besitzen wir von hier ein Win- dungsstück von Quenstepr’s Am. Parkinsoni gigas ÜCephal. Tab. 11,1. Die Rippen auf dem Rücken sind zwar nicht 107 ganz verschwunden, jedoch nicht scharf, sondern flach und abgerundet. Eine Rinne auf dem Rücken ist nicht vorhan- den, doch bleibt die Andeutung derselben dadurch, dass die Rippen von beiden Seiten her alterniren und absetzen. Hin und wieder ist die kleine Ostrea costata Sow. s. Knorri Vorrz angehäuft. Ferner Astarte depressa GoLDrF. von 1 bis + Zoll Länge, deren unten weiter gedacht werden wird. Gefurchte Belemniten und Myen sind selten. Die organischen Einschlüsse der Bank o’ an der Wolfs- burger Strasse und an der Fehrenhorst bleiben hiernach zwar nicht ganz dieselben; denn an der letzteren Stelle sind die glatten Terebrateln, Pholadomya Murchisoni und Trigonia costata nicht gefunden, während sich dafür Anhäufungen von Avicula echinata und Ostrea costata eingestellt haben, doch stechen gleichmässig Am. Parkinsoni und Terebratula varians hervor. Da ferner bei der Verfolgung der Schicht Schritt für Schritt kein Zweifel darüber stattfinden kann, dass in beiden Lokalitäten dasselbe Niveau vorliegt, so werden im Nachstehenden die Vorkommnisse von beiden als Fauna von o’ nicht weiter getrennt werden. Am Ülieversberge zeigt sich somit über dem Lias ein System von Thonschichten, die eine continuirliche Ablagerung bilden: unten (») versteinerungsleer, — in der Mitte (z) durch Belem. giganteus, — und oben (o und 0’) durch den Mangel von Belem. giganteus, wie auch in der Mitte durch eine Bank voll von Versteinerungen ausgezeichnet, welche letztere Bank entweder aus Thon oder aus festem Gesteine, Eisenstein oder thonigsandigem eisenschüssigen Kalke be- steht. Das feste Gestein kann nur als eine lokale Erschei- nung betrachtet werden, die sich innerhalb des oberen Thons aus dem Versteinerungen-führenden Theile desselben ent- wickelt. Entschieden tritt diese Entwickelung in demselben Niveau auf und kann deshalb von einer Ueberlagerung des versteinerungsreichen Theils von o durch 0’ oder umgekehrt nicht die Rede sein. Es sind also o und 0’ synchronistisch. Ist zwar die Fauna in beiden nur ähnlich, nicht identisch, — 108 in der Hauptsache umschliesst der Thon: Am. Parkinsoni und anceps, gefurchte Belemniten, Ostrea explanata; das feste Gestein: Am. Parkinsoni, gefurchte Belemniten, Terebratula varians und perovalis, Ostrea costata, — so wird der Grund davon doch theils in den Lebensbedingungen zu suchen sein, die da, wo sich lediglich Thon absetzte, andere waren als wie da, wo sich Eisen, Sand und Kalk niederschlugen, theils aber auch steht zu erwarten, dass weitere Erfunde eine meh- rere Annäherung bewirken. Unten wird sich ergeben, dass in einer mit o parallelen Thonablagerung noch mehrere der in o’ gefundenen Petrefakten nicht fehlen, sich auch noch andere hinzugesellen. — Als eine continuirliche Bildung er- scheinen am Clieversberge die Schichten 2, z und o nebst o’ ohngeachtet der guten Aufschlüsse, weil sie in der Haupt- sache aus mineralogisch gleichem Thon bestehen, und grün- den sich die angenommenen Grenzen lediglich auf die orga- nischen Einschlüsse. Da aber der untere Theil =» durch deren Fehlen charakterisirt wurde und z» mit o und o’ den Am. Parkinsoni gemeinsam führt, so könnte die Ansicht ent- stehen, das Ganze gehöre in der That einer einzigen Etage zu. Träfe dies nun auch speciell für den Olieversberg zu, so können wir eine solche Ansicht nach anderen Verhältnis- sen der Umgegend doch nicht für durchgreifend halten, und zwar namentlich deshalb nicht, weil an andern Orten die drei Abtheilungen , 2» und o nebst o’ jede auch für sich ein- zeln auftreten. und einzeln eine wesentliche Verbreitung an der Oberfläche einnehmen. Die Abtheilung 2 findet sich ohne die beiden jüngeren auf dem gesammten Wohlde, bei Brunsrode, Wendhausen und‘Hordorf u. s. w., während m und z, ohne o und o’, die Umgegend von Amt Campen und Flechtorf constituiren. Unter solchen Umständen dürfte aus der Vereinigung der stratigraphischen und paläontologischen Thatsachen zu folgern sein, dass die Schichten =, z und o nebst o’ als drei verschiedene Etagen von ein und derselben Periode zu betrachten sind, die sich am Clieversberge ohne Einwirkung von trennenden Störungen absetzten. 109 Zur Uebersicht mag das nachstehende Verzeichniss der Petrefakten dienen, in dem auch angegeben ist, in welchen Schichten des braunen Jura von Würtemberg dieselben nach QuEssTEpTr hauptsächlich vorkommen. (us> A "ep pun) (as> A 'ıep\ pun) o “ So (ısnaad) ypeu) 9 yone © 'g pun ("I '[Fnz.10A) 'g pun I 63 [3 & er) ° 6 a .8 0 .q 0 ss ‘o 8° :s co — u) 022 = Sum 70 — . ‘qq © ‘Ss ‘o — EU 0 ==> Sue 70 E = :s %o !ygq‘o —E FSU 0 ‘oO UL SIG yone °T “s wanp aouneig !y %o :y ‘o -H0MTN = 'W pun -Ttuosumıed (‘3 uoA yuegp-uapeyd ‘Syney ays = Uy -uODUunIaursJsI9 A UOUSPUNJOD . . . ‘AATON) SNWIXEWL SOJLIEPIN) ° "aaTon) vssa1dep Ueısy ° * Mog TuostyoInp] BAwopejoyuT ° NNONCT Burnaeruduoig BÄwoAINILT NNOACT SIA}SOANEL BÄIssHIH) * "MOG %IBISOD BIUOSLLL, "MOG Breuryd9 BINOTAY "MOgS 2IRIS0d - . . . . . . . . . . . . . . ° "aaIoxr) veyeuejdx3 BANSOQ "Mog veyeuidnssr - “I. 22 og Biekode =- “ " HONg 'A "IHOS SUeLIWA "ıqaıa], "LSNIAQ) "IHIS Snyepndıpeurd "wojogT nıayp sdooue - "MOS TuosumyıeT "u “Zyney = y ‘unps = s :yoynapaq SA) 919qSI9A O1 we ‚oO 93][ey wesIssnyosuasıd pun ouldjsuoasıT WOp UL pun 0 Ouou wsp ur IOp SSELTUY9IITAZIO NA 110 Das Gestein der Schichten 0’ tritt ferner in einer Mäch- tigkeit von etwa 8’ an dem von Ad. RoEMmER oft eitirten Hügel, der Mückenburg, unweit Arddagshausen, + Stunde östlich von Zraunschweig, auf. Einige Steinbrüche, die da- selbst zur Gewinnung von Wegebaumaterial angelegt sind, zeigen von dem Hangenden und Liegenden nur soviel, dass beides aus versteinerungsleerem blauem Thone besteht. Dilu- vialsand, der den Hügel ringsum umgiebt, verhindert die weitere Untersuchung. Der überliegende Thon kann dem oberen Theile von o am Olieversberge entsprechen, oder, was wahrscheinlicher, es ist derselbe das Rudiment des in der Nähe verbreiteten Hilsthons (Neocom). Ueber das Alter des unterliegenden Thons lässt sich mit einiger Wahrscheinlich- keit noch weniger etwas Bestimmtes sagen. Bohrversuche haben ergeben, dass er ohne Unterbrechung in einiger Mäch- tigkeit anhält. Das Gestein selbst ist ein thonig-feinsandi- ger eisenschüssiger Kalk. Aus der Tiefe entnommen meist sehr fest und von grauer Farbe, verliert derselbe, der Atmos- phäre ausgesetzt, einen Theil des Kalkgehalts, wird dann mürbe und gelbbraun und gleicht so dem Gesteine an der Fehrenhorst. Stellenweise, es mag dies vorzüglich der Ver- witterung zuzuschreiben sein, lösen sich die Schichten in einen gelbgrauen, thonigen, höchst feinen Sand auf, in dem mit mehr oder weniger Regelmässigkeit rundliche und eckige Brocken des noch unzerstörten Gesteins liegen. Neuerdings hat man die Gewinnung der leichteren Arbeit wegen auf Stellen dieser letzten Art beschränkt. Seit Kurzem ruht sie indessen ganz. Giebt nun die Lagerung über das Alter des Mückenburger Gesteins keinen Aufschluss, so bieten um so mehr die darin vorkommenden mannigfachen organischen Reste bessere Merkmale zur Örientirung. Wir wollen die bemerkenswertheren Petrefakten, welche sich daselbst gefunden haben, einer etwas nähern Betrachtung unterwerfen. Es sind dies von 'neuen Formen, die zur Vergleichung nicht dienen können, die folgenden. Ammonites Parkinsoniı Sow. (häufig), die Varie- - 111 täten planulata, depressa und complanata von QUENSTENT, und von mittlerer Grösse, wie sie am Olieversberge (Wolfs- burger Strasse und Fehrenhorst) gefunden wurden. Die letz- tere Abänderung hat sich hier vor anderen Fundorten schön gezeigt. Ammonites triplicatus Sow. (Königii und muta- bilis Sow., — letzterer non d’Ore.) häufig. Bis noch etwas über einen Fuss im Durchmesser; dann 6 bis 7 Umgänge. Mit zunehmendem Alter wird die Höhe der Mundöffnung verhältnissmässig gross, bei jenem grössten Durchmesser bis 12 der Breite, bei gewöhnlichem Durchmesser von 6 Zoll dagegen nur ein wenig höher als breit. Grösste Breite nahe über der Naht. Die Spaltung der Rippen, deren Stärke mit dem Alter nicht abzunehmen pflegt. geht in der Mitte der Seiten vor sich. Die gewöhnliche Grösse stimmt vollkom- men mit der Abbildung in Quenstenr’s Cephal. Tab. 13, 7. — Kleinere Exemplare von 1 bis 14 Zoll Durchmesser, deren Mundöffnung so breit als hoch, ja noch breiter, haben hin und wieder Einschnürungen, und sind von dem Würtem- bergischen A. convolutus (Cephal. Tab. 13, ı) kaum zu unter- scheiden, doch scheinen sie die inneren Windungen grösse- ser Individuen zu sein. Ammonites macrocephalus Scur. (tumidus Reın., Herveyi Sow.) häufig. 2 bis 3 Zoll im Durchmesser, kugel- förmig, nie kompress. Der Nabel sehr eng und die Sutur- kante abgerundet, nie so scharf wie Cephal. Tab. 15. ı. Auf letzterer auch im Jugendzustand keine Andeutung von Kno- ten. Mundöffnung halbmondförmig. Die Rippen, die sich auf dem Rücken etwas nach vorn biegen und sich meist nur einmal spalten, sind flacher und in geringerer Anzahl vor- handen als an den gewöhnlichen Exemplaren aus Würtem- berg und von der Porta Westphalica, etwa wie bei d’Or». Jur. Tab. 171. Sie lösen sich im Alter und bei gut er- haltener Schale, ohne jedoch ganz zu verschwinden, in dünne Streifen auf, ziemlich so wie dort gezeichnet. Die Form 112 tritt dem Am. platystomus bei Quessvepr (Cephal. S. 184 Tab. 15, 3) nahe, zeigt aber nie die Evolution des letztern. Ammonites sublaevis Sow. häufig. So gross und noch etwas grösser als der vorige, mit tiefem Nabel, der ein wenig enger als Üephal. Tab. 14, s, jedoch nicht wie bei d’Ore. Tab. 170. Mundöffnung trapezoidal, nie wie ZiETEN’s Tab. 28,5. Bei 3 Zoli Durchmesser führen Steinkerne am äussern Umgange auf der nicht sehr scharfen Suturkante keine Knötchen, auch Seiten und Rücken keine Rippen. Ist die Schale aber erhalten, so zeigen sich davon deutliche Spuren, welche letztere mit abnehmender Grösse mehr und mehr hervortreten. Die inneren Windungen bis 14 Zoll Durchmesser haben jederzeit, auch an Steinkernen, Knöt- chen, aus denen 2 bis 3 flache Rippen entspringen. Dieser Jugendzustand hat ganz ein coronatenartiges Ansehn, und versetzt deshalb QuEnSTEDT, zumal die Loben, die an Mük- kenburger Exemplarer nicht entschieden wahrgenommen wer- den, damit harmoniren, die Species in die Familie der Co- ronaten. Ammonites Humphresianus Sow. von fast planu- latenartiger Form, wie sie QuEnSTEDT in Cephal. Tab. 14, 7 zeichnet, bis etwa 3 Zoll im Durchmesser. — Zıer. Tab. 67. — Weiter treppenartiger Nabel; die Mundöffnung etwas breiter als hoch. Aus den länglichen Knoten auf der ab- gerundeten Nabelkante entspringen je 3, hin und wieder auch 4 Rippen, die mit gleichbleibender Stärke über den stark gewölbten Rücken laufen. Anzahl der Knoten auf dem letz- ten Umgange 35 bis 40. Belemnites canaliculatus ScuL. bei QUENST., hin und wieder auch ein wenig keulenförmig, gleichwie in der Schicht o am Clieversberge. Vorzüglich häufig zeigt sich eine spindelartige Form, rund, in der Mitte wenig oder gar nicht verdünnt, die Furche viel kürzer als bei jener, nicht bis zur Hälfte heraufreichend, dem Bel. fusiformis, wie ihn Vorz und Quexstepr abbilden, nahe stehend, doch weit länger bis zu 6 bis 8 Zoll. An der Alveole vielfach 113 zu Actinocamax verstümmelt. Uebereinstimmende Exemplare haben wir von Oeschingen unweit Tübingen mit der Bezeich- nung B. fusiformis erhalten und zweifeln wir nicht, dass die Gestalt dieser Species zugehört. Pleurotomaria granulata Sow. (nicht selten) bei 6 Umgängen unten etwa 2 Zoll im Durchmesser. Stimmt ganz gut mit der Abbildung bei Ziwren Tab. 65, 5, nur sind die beiden Rückenkanten etwas gedrängter und pflegt die obere auf dem letzten Umgange etwas höckerig zu sein. Längs- und Querlinien ziemlich stark. Gewöhnlich finden sich nur die Steinkerne, etwa wie Zieren’s Cirrus depressus Tab.'33, z. Terebratula varians Scnaı. v. Buch, stets von der Grösse einer kleinen Haselnuss, setzt hier wie am Clievers- berge 1 bis 14 Fuss mächtige, im Streichen nicht regel- mässig ausdauernde Massen ohne constantes Niveau, mit wenig Gestein verbunden, zusammen, doch schliesst sie sich hier nicht so wie dort ab, sondern es nehmen jene Massen auch andere Species auf. Ist das Gestein vorwaltend von sandiger Beschaffenheit, so pflegt die Muschel minder ku- gelig, doch nur in Folge von mechanischer Zusammendrük- kung, zu sein und liegt dann Terebr. flabellulaeformis Rorm. (Ool. S. 44 Tab. 2,14 und Nachtr. S. 19 Tab. 18, 6) vor. Nach der scharfen Feststellung der Species Terebr. va- rians ScaL., wie wir sie L. v. Buch (Terebr. S. 36) verdan- ken, beschränkt sich ihr Vorkommen auf den braunen Jura und zwar anf Quenstepr’s 6 und = und die damit synchro- nistischen Schichten, die grösseren Exemplare, wie es scheint, dem unteren Niveau eigen. Vorzugsweise bezeichnet sie die Macrocephalenbank. Die Muschel ist so eine schöne Leitmuschel, zumal sie in grosser Anhäufung aufzutreten pflegt. Auch bleibt ihre Gestalt überaus constant. Doch kommen der ächten Bucn’schen varians einige andere mehr variable Species nahe. Liegen dann nicht viele und gute In- dividuen vor, so wird es entsprechend sein, vom Niveau auf die Species zu schliessen. — In mehreren Werken wird als Zeits. d. d. geol. Ges. V. 1. 8 114 Fundort von Terebr. varıans auch der Elligserbrink unweit Alfeld angegeben. Die ursprüngliche Angabe rührt aus einer Zeit her, wo der geognostische Horizont daselbst noch nicht völlig bestimmt war. Am Ellisserbrinke kömmt nur A. Ror- MmeEr’s Hilsconglomerat vor, das mit dem unteren Neocom ande- rer Gegenden identisch ist, und das in der Nähe von Braun- schweig mit gleicher Fauna vielfach ausgebeutet bei Scköppen- stedt, Gross-Vahlberg, Berklingen u. s. w. gut aufgeschlossen zu beobachten steht. Im bezeichneten Niveau findet sich an Terebrateln aus der Familie der Plicosen nur eine einzige Species und zwar in ausserordentlicher Menge, nämlich dieje- nige, die v. Buch als Terebr. depressa Sow. (l. ec. S. 38) beschreibt und ihm folgend auch GEmitz und D’ÖRBIENY so benennen, während dieselbe Broxn im Nomenel. zu Terebr. sulcata Park. (? = suleata D’ORr». Cret. Tab. 495, 1 vis 7), die wir nicht hinlänglich kennen, stellt. Ihre Form ist höchst variabel. Wie sie an jenen Orten am häufigsten auftritt, charakterisirt sie sich etwa durch Folgendes. Terebr. depressa gehört zu den Pugnaceen, jedoch an (die äusserste Grenze nächst den Coneinneen. Der Rand an der Stirn der Ventralschale steht zwar höher als ihre Mitte, jedoch nur wenig merkbar, und an nicht seltenen Stücken liegt diese, ähnlich wie auch bei Terebr. rimosa, selbst höher. Die Ventralschale steigt vom Schlosse ab schnell auf bis fast zur Mitte, steigt dann weiter in flachem Bogen, nicht gerad- linig, bis zur Stirn. Entschiedene Dreilappigkeit pflegt nicht vorhanden zu sein. Dann besteht das Profil von der Stirn in einem mehr oder weniger flachen Gewölbe, das sich bei wohlgenährten Individuen selbst zum Halbkreise bildet. Ist eine Wulst da, die 3 bis 9, in der Regel 5 Falten führt, so setzt diese nicht scharf ab, sondern geht in die herunterhän- genden Flügel allmälig über. Die Schlosskanten, in der Mitte nach einwärts gebogen, sind viel länger als die abge- rundeten Randkanten. Schlosskantenwinkel ungefähr = 90°. Der Schnabel steht weit ab und ist gerade oder an seiner äussersten Spitze sehr wenig gebogen. Zwischen der Area 115 und dem Rücken keine scharfe Kante. Die Area, ausge- zeichnet hoch und flach, greift mit einem Ohr in die Ven- tralklappe. Die grosse Perforation hat stark umgeschlagene Ränder. Die Dorsalschale ist nicht eben, sondern flach ge- wölbt. Ihr Sinus entspricht an Bestimmtheit der Wulst und führt, wenn vorhanden, eine Falte weniger als letztere. Die Falten, scharfkantig und in der Gesammtzahl zwischen 25 und 40, sehr allmälig und gleichmässig an Stärke bis zu den Rändern zunehmend, sind bis zum Schnabel und Buckel zu verfolgen. Selten findet sich ein Exemplar, an dem eine oder mehrere Falten dichotomiren. Gewöhnliche Breite = # bis 1 Zoll, Länge meist etwas geringer, doch auch gleich. Hin und wieder unsymmetrisch. A. Roemer führt diese Terebratel 1836 in seinem Oolith auf als Terebr. rostriformis Rorm. 8. 40 Tab. 2, 32; Terebr. inconstans Sow. S. 41 und Terebr. plicatella Sow. ib., vereinigt darauf 1839 in den Nachtr. S. 19 und mit neuer Abbildung Tab. 18,83 alle drei Formen unter der gemein- schaftlichen Benennung Terebr. multiformis Rosen. und stellt ferner für diejenige mit den meisten Falten ib. S.20 Tab. 18,7 die besondere Species Terebr. rostralina Ron. auf. 1841 endlich spricht Herr RoEMmER in seiner Kreide 8.38 die letzte Form als Terebr. depressa Sow. an, und behält daneben S.37 die frühere Species Terebr. multiformis Roem. bei. } Schon aus dieser Verschiedenheit in der Begrenzung der Species geht eine ungewöhnliche Mannigfaltigkeit der Formen hervor, die jedoch sämmtlich wegen der entschieden- sten Uebergänge vereinigt werden müssen und sehr passend durch den Namen Terebr. multiformis Rorm. bezeichnet werden würden, wenn nicht schon früher L. v. Buc# der 8* 116 Terebr. depressa Sow. eine bestimmte Bedeutung untergelegt hätte. Eine Abänderung der typischen Form dieser Terebr. de- pressa aus dem unteren Neocom des Braunschweigschen, und nichts weiter, ist die daraus als Terebr. varıans Schr. an- geführte Muschel. Sie tritt allerdings aus der Normalform heraus in die Nähe der ächten varians, und zwar dadurch, dass sich die Mitte der Ventralschale zu einer ungewöhn- lich hohen Wulst mit 3 bis 7 Falten erhebt, allein es bleiben ihr die wesentlichen Merkmale der depressa eigen, während sie sich scharf und bestimmt von der varians trennt. Die vermeintliche Neocom - varıans hat nämlich immer über 25, meist 30, aber auch bis 40 Falten; die wirkliche varıans da- gegen stets merklich weniger als 25, meist nur 18. Die meh- reren Falten bei jener gehören den Seitenlappen an, daher diese breiter. Die Wulst ist an der Neocomform nie so be- stimmt von den Seitenlappen geschieden als bei varians in der Regel. Bei letzterer pflegen sich die Falten der Wulst nächst der Stirn auffallend zu verdicken; das ist bei der andern nie der Fall. Die ächte varians hat in gut conservir- ten Exemplaren eine scharfe Arealkante, der Schnabel ist kurz und die kleine Area nicht flach; an der Neocomform ist jene Kante abgerundet, der Schnabel länger, wenn auch in der Regel kürzer als in der typischen Gestalt, die Area breiter und flacher. Gewöhnlich liegt die grösste Breite bei der ächten varians etwas tiefer. Der Schlosskantenwinkel ist in beiden nicht merklich verschieden. — Die Breite der Neocomform überschreitet niemals einen schwachen halben Zoll, wenn noch breiter, so schliesst sie sich schon sehr der typischen Form an. Immerhin bleibt sie im Verhältniss zur typischen Form selten. Am Elligserbrink findet sich etwa unter 100 Exemplaren eine; bei Schöppenstedt, Gross-Vahl- berg und Berklingen noch ungleich weniger, dagegen in den gleichen Schichten von Äalme, Wetzleben u. s. w. wieder mehr. -- Im Uebrigen ist eine durchgreifende Beständigkeit in der vermeintlichen varians nicht vorhanden, so dass sich 117 nicht einmal der Charakter einer bestimmten Varietät fest- halten lässt, daher sie vielmehr lediglich als Abnormität, vielleicht durch einen Krankheitszustand begründet, be- trachtet werden muss. Die Uebergänge zur typischen Ge- stalt treten in mehrfachen Richtungen hin auf; so bei varians- ähnlicher Gestalt durch starkes Hervortreten des Schnabels, oder durch Abnahme der Wulst, oder dadurch, dass bei vor- handener Wulst deren Falten von der Mitte der Ventralschale bis zur Stirn nicht in gerader, sondern in mehr oder we- niger bogenförmiger Linie ansteigen. — Die für Terebr. varıans ScHaı. (siehe Bucu’s Terebr. S. 37 und RoEmer’s Kreide Seite 37) gehaltene Muschel des Braun- schweigschen unteren Neocoms gehört hiernach entschieden zu der Bucn’schen Terebr. depressa Sow. und ist somit in der Fauna dieser Schichten die ächte Terebr. varians ScuL. zu streichen. Zur Vergleichung der obigen Terebratel aus dem untern Neocom Braunschweigs haben wir uns die ähnlichen Formen aus verschiedenen Gegenden verschafft. Wir fügen darnach Folgendes hinzu. Die Terebr. depressa aus den Marnes d’Hauterive bei Neuchätel, die der Bucn’schen Beschreibung zum Grunde liegt, ist ganz entschieden mit der aus dem Braunschweig- schen eine und dieselbe Species. Es finden sich an beiden Lokalitäten Formen, die völlig identisch sind, während jedoch im Allgemeinen da und hier eine besondere Gestaltung vor- herrscht, so dass beide als Varietäten einer Species zu be- trachten sein werden. Die von Neuchatel ist minder wohl- genährt; wenn gleich fast ebenso gross und hochgewölbt, treten Ventral- und Dorsalschale viel näher zusammen, dem Thiere wenig Raum lassend.. Der Pugnaceen - Charakter, grösste Höhe der Ventralschale an der Stirn, tritt hier be- stimmt und unzweifelhaft auf, zumal eine entschiedene Wulst selten fehlt. Diese meist scharf gesondert von den weit her- abhängenden Flügeln. Die Flügel der Dorsalschale ziem- lich eben. Dadurch ist denn der Sinus auch sehr auffällig. 118 Die Kante zwischen Area und Rücken erscheint hin und wieder scharf, doch dürfte diese Schärfe nicht wesentlich und constant, sondern lediglich Folge des nahen Zusammentretens beider Schalen sein. Anzahl der Falten in der Regel dem Minimum genähert. — Von einer Absonderung in zwei Spe- cies kann unter solchen Umständen keine Rede sein. Am meisten entfernt sich die Neuchateler Varietät von der Braun- schweiger in Formen vom Mont Saleve bei @en/ aus einem sehr thonigen Mergel. Bei ihnen blieb dem Thiere der ge- ringste Raum. Eine dritte Varietät, die in England ziemlich constant bleibt, ist die in Fırron (Te strata between the chalk and oxford, — Transact. of the gcol. Soc. U ser. Vol. IV.) von Sowergy Tab. 14,13 abgebildete Terebr. parvirostris. Unter einer Mehrzahl von Exemplaren aus dem grünen Sande des Lower Greensand von Shanklin auf der Insel Wigkt, dem- selben Fundorte, von dem das Original herstammt, kommen die meisten mit der Abbildung, so gut zu erwarten steht, überein, nur ist in der Wirklichkeit der Schnabel weit län- ger und damit auch die Area breiter, etwa wiel.c. Tab. 14, 1 (Terebr. elegans) angiebt. Die Form zeichnet sich durch fast kugelige Gestalt aus, die dadurch hervorgebracht wird, dass die Mitte der Ventralschale mit hoher Wölbung, fast ım Halbkreise, vom Buckel zum Rande tortläuft, — so den Charakter der Pugnaceen verleugnend, — und die Wulst zwar sehr hoch aber nicht scharf abgeschieden ist von den tief herabsinkenden Flügeln der Ventralschale, während die Flügel der Dorsalschale, wie bei der Schweizer Varietät, eben bleiben. Gerz (Quader S. 206) hat sie mit der vermeintlichen varıans vom Elligserbrink zusammengestellt. — Andere damit vergesellschaftete Exemplare, die sämmtlich durch Mittelstufen aufs Innigste verbunden sind, kommen mit der bei Araunschweig vorherrschenden Form völlig über- ein, so dass kein Zweifel darüber stattfinden kann, dass Te- rebr. parvirostris Sow. bei Fırr. und Terebr. depressa Sow. zusammenfallen, 119 Die Mannigfaltigkeit der Gestalten innerhalb der Species Terebr. depressa, die, abgesehen von den Zwischenstufen, in den obigen drei Varietäten, der Braunschweiger, Schwei- zer und Englischen, dargestellt werden, dürfte eine Folge der Verschiedenheit in den Liebensbedingungen sein, die zur Zeit des Absatzes der umschliessenden Schichten, des unte- ren Neocoms, stattfanden. Dass in der That eine solche Verschiedenheit im Spiele ist, geht daraus hervor, dass die Braunschweiger Varietät aus eisenhaltigem Kalk, die Schwei- zer aus thonigem Mergel und Thon und die Englische aus glauconitischem Sande herrührt. Auch zeist die Umgegend von Braunschweig, wo die mineralogische Beschaffenheit des unteren Neocoms höchst variabel ist, (siehe diese Zeitschrift Band I Seite 462) dass die wohlgenährte erste Varietät den kalkigen und die zweite Varietät, die den Pugnaceen-Cha- rakter am auffälligsten führt, den thonigen Gesteinen vor- zugsweise angehört. Eine strenge Sonderung darf in dieser Beziehung jedoch nicht erwartet werden, allem Anscheine nach wieder aus dem Grunde, weil die mineralogische Be- schaffenheit schon auf kurze Distanzen wechselt. Die Ermittelung der Synonymen, soweit sie nicht schon an- gegeben, hat seine Schwierigkeiten. Die Zeichnungen und Be- schreibungen vor dem Erscheinen von v. Buc#’s Terebrateln pflegen das Wesentliche von dem Unwesentlichen nicht zu tren- nen. Aber auch wenn dies der Fall wäre, so ist die Bestimmung bei veränderlichen Gestalten nach einem oder wenigen Stücken misslich. Dann giebt die Lagerstätte das beste Anhalten. SoweErßByY in der M. C. führt aus dem Lower Green- sand an ähnlichen Formen, ausser der Terebr. depressa selbst, noch Terebr. nuciformis Tab 502, 3 an. Der Zeich- nung, nach ist sie von jener kaum zu trennen, auch stellt sie v. Buch damit zusammen. Als Fundort beider ist von So- WERBY Farringdon, von wo Original- Exemplare nicht vor- liegen, angegeben. Gehört das dortige Gestein wirklich dem Lower Greensand zu, wie die englischen Geognosten be- haupten, so dürfte die Identität sehr wahrscheinlich sein. 120 Doch’könnte es nach damit vorkommenden glatten punktirten Terebrateln, die nicht Terebr. tamarındus Sow. Fırr. aus dem Neocom, sondern Terebr. arenacea d’Arcu. zu sein scheinen, den Scyphien u. s. w. wohl sein, dass die Lager- stätte, der Tourtia von Zssen u. s. w. nahe, dem Englischen Upper-Greensand zugehörte, aus welchem letztern auch Te- rebr. latissima Sow. M.C. Tab. 502, ı, unter andern gleich- falls von Farringdon eitirt, — sicher keine Neocom-Form — herrühren soll. Diesen Falls stellt sich die Sache anders. Es dürfte dann nämlich anzunehmen sein, dass Sowrkpy’s de- pressa und nuciformis nur Abänderungen von seiner latissima und alle drei aus dem Upper-Greensand herrührten. Hier- mit würde auch die Uebertragung der Benennung depressa Sow. auf die obigen drei Neocom- Varietäten angegriffen werden können. Wie dem auch sei, so wird die von v. Buch für diese letzteren angenommene Benennung Terebr. depressa ein Recht auf Fortbestand haben, da zuerst von ıhm die Species als solche charakterisirt und von anderen durch Unter- scheidungs-Merkmale gesondert ist. Eine öftere Veränderung der Namen, namentlich von eingebürgerten für Leitmuscheln, kann der Wissenschaft nur schaden. Sow. beı Fırron bildet Tab. 14, 11 u.ı2 als Teerebr. ele- gans und convexa zwei Formen ab, die aus Lower Greensand herrühren sollen. Beide haben so viel Uebereinstimmendes unter einander und mit Terebr. dilatata ib. Tab. 18, 2 und Terebr. latissima Sow. M. C. Tab. 502, ı, dass alle diese Gestalten zusammen, und d’Arcuıac’s Terebr. Scaldisensis (Mem. de la Soc. geol. de France. 2. Ser. 11. Tab. 21,11 u.s. w.), zu einer Species vereinigt, den Upper-Greensand bezeichnen möchten. Formen, die mit Terebr. elegans und convexa übereinstimmen, besitzen wir aus dem Englischen Upper- Greensand vorzüglich von Warminster, Wiltshire. — Auch wird dazu Terebr. nuciformis Sow. in Rormer’s Kreide S. 38 Tab. 7,5 aus der Tourtia von Zssen sehören. — Die bei Fırron im Texte öfter aus dem Lower Greensand von Kent und der Insel Wight angeführte Terebr. Gibbsiana Sow. 121 (non Sow. M.C.) unterscheidet sich nach vorliegenden Exem- plaren nicht wesentlich von Terebr. parvirostris und gehört zu depressa. In n’Orsıeny’s Abbildungen der); Terebr. depressa (Cret. Tab. 491, 1) ist nur derjenige Theil der Braunschweiger Varietät wiedergegeben, der den Pugnaceen - Charakter am Mindesten zeigt. Zwar scheint es, dass in Frankreich hauptsächlich die erste Varietät auftritt, doch lassen eine Mehrzahl von Stücken von Auxerre und Escragnoles aus unserer Sammlung die Familien-Merkmale besser wahrneh- men. Da übrigens die Schweizer Varietät auch auf Fran- zösischem Gebiete z. B. bei Cezseau, von wo sie uns durch die Güte des Herrn O. Fraas mitgetheilt wurde, vorkommt, so hätte erwartet werden können, dass auch diese von D’OR- BIGNY abgebildet wäre. — Die Formen ib. Fig. 8 bis 16, Rhynchonella lata, die mit der depressa fast stets vergesell- schaftet sein sollen, kennen wir aus dem unteren Neocom nicht. Im Uebrigen unterscheidet sich Terebr. depressa Sow. von der ihr zunächst stehenden Terebr. latissima Sow. da- durch, dass letztere entschieden zu der Familie der Concin- neen gehört, nie in die Pugnaceen überspielt, mehr Falten, in der Regel verhältnissmässig kleinere Schlosskanten und gewöhnlich einen mehr eingebogenen Schnabel hat. Terebr. depressa ist Leitmuschel für das untere Neocom, und pflegt, wo sie vorkommt, sich in zahlreichen Exemplaren zu finden. Ob dieselbe bis in den Gault heraufsteigt, bleibt noch zu ermitteln. In den Bildungen über dem Gault scheint sie gänzlich zu fehlen und da durch Terebr. latissima ersetzt zu werden, welche letztere Geintrz u. A. von der noch jün- geren Terebr. alata Bronen. nicht trennen und als Terebr. compressa Lam. bezeichnen. (Als die vorstehenden Zeilen zum Abdrucke befördert werden sollten, erhalten wir die Kreide-Abtheilung der dritten Auflage der Lethaea und ist es nicht mehr thunlich, daraus die werthvollen Untersuchungen über ‚die obigen Kreide- 122 Terebrateln zu benutzen. Wir machen indessen darauf auf- merksam, dass wir in Hauptsachen zu demselben Resultate gelangt sind wie Broxn, und dass dies für die Zuverlässig- keit unserer Beobachtungen sprechen dürfte. Bronx verbin- det zwar Terebr. elegans und convexa mit Terebr. latissima (compressa), lässt jedoch diese letztere abwärts. bis ins un- tere Neocom vorkommen.) Kehren wir nach dieser Abschweifung in die Kreide zur Aufzählung der Versteinerungen aus dem Gesteine an der Mückenburg zurück, so haben sich hierin ferner gefunden: Glatte Terebrateln, mit Ausnahme der resupinata dieselben wie am Clieversberge, (siehe Seite 106) Terebr. bul- lata jedoch selten, dagegen andere Formen, die schon der Terebr. biplicata nahe treten. Östrea explanata Gowrpr. (eduliformis Sear.) Rund- liche Massen von einem Fuss und mehr Durchmesser be- stehen ganz aus so fest verwachsenen, dicken, blättrigen Schalen dieser Muschel, dass die Species kaum zu erkennen sein würde, wenn es nicht hin und wieder gelänge, die Um- risse eines Individuums frei zu legen oder ein solches ander- weit einzeln zu finden. Auch hier ist, gleichwie am Clie- versberge, die Form mehr länglich als rund, und die Unter- schale meist ungewöhnlich tief, doch auch, wiewohl selten, fast so flach als die Oberschale. Im Uebrigen sind die Schalen in der Regel wellenförmig verbogen und von der Grösse einer Hand. Anheftstelle, wie es scheint, klein. Ostrea costata Sow. (Knorrii Vorrz), sehr häufig, mehr im oberen als unteren Niveau. Pecten demissus Pıir.? (Rorm. Ool. Nachtr. S.26). Feine, gleichmässig dicht stehende, concentrische Zuwachs- streifen auf den flachen fast kreisrunden Schalen und der Mangel des einspringenden Winkels, den beide Ohren an der Spitze bilden, scheinen ihn von den sonst gleichen For- men aus dem Würtembergschen unteren und mittleren braunen Jura zu unterscheiden. Avicula echinata Sow, Diese von GoLpruss Tab. 123 120, s als Monotis decussata Msre. abgebildete Muschel setzt in dem oberen Bruche, etwa in der Mitte der Mächtigkeit, eine über 1 Fuss starke Bank so zusammen, dass Schale an Schale, mit wenig Gestein verbunden, über und neben ein- ander liegen. Das Gestein dieser Bank ist aus der Tiefe entnommen vorzugsweise fest und von blaugrauer Farbe, ein thonigkieseliger Kalk, doch verwittert dasselbe gleichwie das übrige zu einer gelbbraunen Kalkmasse. Schon in jenem Bruche gesellt sich zu der Avicula echinata die ächte Tere- bratula varians, so dass beide in gleicher Anzahl vorhanden sind. Im nächst tieferen Bruche dagegen waltet letztere vor, ja es hält zum Theil schwer eine Avicula aufzufinden. Im Uebrigen sind der Bank einzelne andere Versteinerungen nicht fremd. Das Vorkommen der Avicula echinata in gros- sen nierenartigen Massen ist daher hier, ebenso wie das der Terebr. varians, bis auf geringere Absonderung, dem am Clieversberge ähnlich. — Die beiden Schalen der Avicula echinata sind an der Mückenburg meist zwar gut erhalten, jedoch stets von einander getrennt. Die rechte minder ge- wölbte Klappe ist zwar entschieden kleiner als die linke, doch dürfte sich der Unterschied auf höchstens + der Höhe belaufen. Der Umriss beider Schalen, auch das kleine Ohr an der rechten, stimmt genau mit GoLpruss’s Zeichnung, je- doch bemerken wir, selbst an den wohlerhaltensten Stücken und bei starker Vergrösserung, die von GoLpruss auf der linken angegebenen radialen Streifen zwischen den Rippen nicht. Auch an Exemplaren von Hausbergen an der Porta Westphalica (nach dergleichen ist GoLpruss’s Abbildung an- gefertigt), von Weitbergen bei Hannover, vom Ülieversberge u. a., die sämmtlich identisch sind, vermögen wir keine schwachen Zwischenstreifen zu erkennen. RoEMER (Oolith S. 72) erwähnt deren gleichfalls nicht. Sie mögen deshalb, wenn überhaupt vorhanden, lokal sein. Die Rippen auf der linken gewölbteren Klappe, die scharf, nicht dachförmig, son- dern etwas abgerundet eben sind, finden sich zu 35 bis 40 an der Zahl. 2 bis 4, ja noch mehr, hin und wieder aber 124 gar keine, dichotomiren meist schon vor der halben Höhe oder es legen sich soviel andere zwischen. Die neuen Rip- pen nehmen gar bald die Stärke der übrigen an und ent- fernen sich von diesen der Art, dass am Rande kein Unter- schied in den Zwischenräumen stattzufinden pflegt. Der flache Zwischenraum zwischen den Rippen, der drei bis vier- mal so breit als sie selbst, ist in ziemlich gleichen Abstän- den’ durch concentrische Zuwachsstreifen bezeichnet. Letztere laufen auch über die Rippen weg und werfen diese hoch auf. Dadurch haben die Rippen ein dachziegelartiges Ansehen, wenn die Schale wohl erhalten und das umschliessende Ge- stein etwas milde, wie vorzugsweise bei Wettbergen, ist. In dichtem festem Gestein erscheinen die Rippen gekörnelt. Die rechte Klappe zeigt die Rippen in weit minderem Grade, ja es hält selbst schwer, sie an guten Exemplaren bei Ver- grösserung zu erkennen. Neue Rippen scheinen sich an ihr nicht zu bilden. Hinten haben wir an ihr niemals einen so spitzen Flügel gesehen, wie ihn QuEnsreor (Petrefaktenk. Tab. 42,22) darstellt. — Bei dem Grade der Genauigkeit, der den SowErgy’schen Figuren zusteht, möchte eine Ver- schiedenheit zwischen Avicula echinata Sow. (M.C. Vol. II. S. 75 Tab. 243,1) und decussata Gorpr. Tab. 120, s nicht zu erkennen sein. Da sie ausserdem in ihrem massenhaften Zusammensein und dem geognostischen Niveau übereinstim- men, so nehmen wir keide für identisch an. Da ferner der Unterschied, den Gorpruss 1]. S. 132 zwischen seiner A. tegulata und der A. echinata Sow. angiebt, wenig stichhal- tig, auch das mehr oder weniger geschuppte Ansehen der Rippen nach Obigem Folge von Zufälligkeiten ist, so dürfte A. tegulata ebenso wenig als Species bestehen können. Der ältere Name A.echinata wird deshalb für alle drei zu adopti- ren sein. Quenstepr hat diese Ansicht der Identität schon lange ausgesprochen, während Bronn derselben nicht zu hul- digen scheint, da von ihm weder im Nomenclator noch in der 3. Auflage der Lethaea bei seiner A. pectiniformis die tegulata als synonym erwähnt ist. — A. echinata ist uns nach 125 eigener Anschauung aus Würtemberg nicht bekannt, doch führt sie Quensreptr (Petrefkd. S. 515) aus dem dortigen braunen Jura ö an. — Sehr verschieden ist jedenfalls Avicula Münsteriı Bronx bei Gorpruss Tab. 118,3 dadurch, dass diese schiefeiförmig, ihre linke Klappe weit höher gewölbt, deren eingekrümmter Wirbel merklich über den Schlossrand vorragt, zwischen den wenigen starken Rippen mehrere schwächere sich einlegen, die jenen nie an Stärke gleich wer- den, und der hintere Flügel einen tiefen Ausschnitt hat. Diese Species, die im Würtembergschen braunen Jura & (Oeschingen) nicht selten zu sein scheint, kennen wir aus Norddeutschland nicht. — Etwas näher steht die kleine A. elesans Gorpr. Tab. 117,s und Flözgeb. S. 311 aus dem braunen Jura 3 mit Pecten personatus von Wasseralfingen, doch fehlt uns genügendes Material zur Vergleichung. Eine grössere Form von ebendaselbst, die linke stark gewölbte Klappe mit feinen dichten radialen Streifen ist sehr schief eiförmig. — p’Örgıeny zählt im Prodrome als verschiedene Species auf im Bajocien: A. Münsteri Bronn (als digitata Destoxe.), tegulata GoLpr. und decussata Msrr.; und im Bathonien: echinata Sow. und die folgende Form. Avicula costata Sow. (M. C. Tab. 244, ı aus Brad- fordel.) mit 8 [?] Rippen und der Gestalt der inaequivalvis Sow., die Rormer (Oolithen S. 87) von der Mückenburg anführt, kennen wir nicht von da. Trigonia costata Sow. (ziemlich häufig) meist von der Grösse und Form, wie sie Lethaea Tab. 20, 4 und bei Gorvruss Tab. 137,30 dargestellt ist, also Varietät ß von Bronn. Die Basis nimmt indessen an Länge ab, und es entsteht mit Uebergang durch Varietät « die Varietät /, in welcher letzteren die Höhe die Basis übertrifft. Die Varie- tät y wird am grössten, 6 Zoll hoch. Ihre concentrischen Rippen pflegen schon im Jugendzustande am entferntesten von einander zu liegen, und haben nächst der hohen Kante zwischen Seite und Schild nie den Grad der Biegung als in Varietät ß. In der Regel, jedoch nicht immer, sind die grös- 126 seren Exemplare flacher als die kleineren. Parallel mit jener hohen, höckrigen, etwas gebogenen Kante laufen in allen Va- rietäten auf dem Schilde vom Scheitel nach unten und hin- ten noch zwei Rippen und zwar der Art, dass die oberste in + bis & der Höhe von der hinteren Ecke ab an den Rand stösst. Von den drei Feldern, in die hierdurch das Schild getheilt wird, hat somit das oberste die mindeste Länge. Das mittlere pflegt die grösste Breite zu haben, jedoch ist dies nicht immer der Fall. Beide Rippen sind gekörnelt, bald die eine, bald die andere stärker. Auf den drei Fel- dern liegen noch andere, jedoch schwächere Längsrippen, von denen die eine oder andere wohl dichotomirt, und zwar auf dem untersten die stärksten, 4 bis 6, auf dem mittleren 2 bis 3 mehr. Auf dem obersten Felde dagegen pflegen sie nur schwach angedeutet zu sein. Hier, wo das Ligament lag, tritt die Anwachsstreifung so stark auf, dass der beste Grad der Erhaltung dazu‘ gehört um die Längsrippen zu erkennen, ohne auch dann ihre indessen nicht geringe Anzahl angeben zu können. Die Anwachsstreifung verbreitet sich in verschiedenem Maasse der Stärke ferner über die beiden unteren Felder und giebt diesen ein gegittertes Ansehen. Die drei Felder auf deren Grösse und Skulptur Acassız einen so grossen Werth legt, sind daher sehr veränderlich, ohne dass das eine oder andere dieser oder jener V arietät eigenthümlich bliebe. Die gedachten Veränderlichkeiten dürfen somit keine Veran- lassung zu Speciesabscheidungen abgeben. Ja in einem vorlie- genden Exemplare aus dem Würtembergscben braunen Jura © (Parkinsonibank) von Eningen bei #teutlingen. in dem beide Klappen noch zusammenhaften, sind die Schildfelder der rechten Klappe erheblich schmäler als an der linken. Das untere Feld zeigt rechts 5, links 6, das mittlere rechts 6, links 9 Längsrippen. Sehr beachtungswerth ist dagegen die Beobachtung von Quenstepr (Petrefkd. S. 523), dass näm- lich auf der linken Klappe die concentrischen Rippen nicht hart an den Grat zwischen Seite und Schild herangehen. Wir können dies nach den Exemplaren von der Mückenburg, 127 deren uns im Augenblicke einige und 50, jedoch beide Schalen stets getrennt, vorliegen, bestätigen. An Exempla- ren mit gedrängt liegenden concentrischen Rippen, meist klei- nen von etwa 2 Zoll Höhe, ist deren Begrenzung im kurzen Abstande vom Grat so scharf, ja sie endigen auch in Knöt- chen, dass längs des Grats eine schmale ebene Fläche rin- nenartig vorhanden ist. Liegen die Rippen entfernter, wie meist in Individuen, die die grösste Taille angenommen ha- ben, so ist die ebene Fläche wohl so breit wie sie GOLDEUSS Tab. 137 Fig. 3d (irrthümlich mit b bezeichnet) angiebt. Dann pflegen die Endknötchen zu fehlen, sind aber auch hin und wieder vorhanden. An unseren Stücken fehlt diese rin- nenartige mehr oder weniger breite Fläche niemals. An der rechten Klappe legen sich die concentrischen Rippen an den Grat an; nur bei 2 Exemplaren derselben findet sich ein ähn- liches Verhältniss wie bei der linken, jedoch auf die jüngere Hälfte der Klappe beschränkt, während in der älteren Hälfte die Fläche fehlt. Trigonia costata hat somit eine geringe Neigung zur Ungleichschaligkeit, vielleicht nur durch die übermässige Gewichtsanhäufung nächst dem Schlosse und die damit entstehende Schwierigkeit, die aufrechte Stellung zu behaupten, bewirkt. Der Formwechsel, der bei der Mückenburg stattfindet, thut, wenn es dafür noch eines weiteren Beweises bedürfte, entschieden dar, dass mit Bronn SowErgy’s Trigonia costata (Tab. 85), elongata (Tab. 431) und pulla (Tab. 508) zu ver- einigen sind. Ebenso müssen wir auch auf die Autorität von Bronn hin dafür halten, dass Acassız seine Familie der Trig. costatae nach unwesentlichen, nicht beständig bleibenden Merkmalen zerspalten hat. Offenbar hat zu diesen Zerspal- tungen die Absicht verleitet, für die verschiedenen Forma- tionsglieder Species zu erhalten, die diese nicht überschrei- ten. Es dürfte aber ganz unwissenschaftlich sein, Formen, die durch Uebergänge mit einander verbunden sind und die durch keine specifische Merkmale erkennbar verschieden sind, lediglich deshalb in mehrere Species zu sondern, weil sie in 128 verschiedenen Gebirgsschichten gefunden werden. Wir kön- nen bei Gestalten, die in mehrere Etagen übergreifen, eine Verschiedenheit vermuthen und müssen uns bemühen letz- tere zu erkennen, bis dahin aber, dass sie erkannt ist, wird es nothwendig sein die Formen vereinigt zu lassen. So müssen wir einstweilen folgende von Asassız in Etudes crit. aufgestellte Species: Trigonia costellata, lineolata, denticulata, reticulata, papillata, monilifera, parvula, Meriani, suprajuren- sis und cardissa, welche auf Grund der mehreren oder min- deren Stärke und Körnelung der Längsrippen des Schildes, des gegitterten Ansehens dieses letzteren, der grösseren oder geringeren Höhe der Schale, deren Grad der Aufblähung, der rinnenartigen Fläche längs des Grats und anderer ver- änderlicher Merkmale formirt sind, als identisch mit Trigonia costata oder doch durch die gegebene Charakteristik nicht unterscheidbar betrachten. Alle jene Namen werden, da sie nicht einmal regelmässig oder oft wiederkehrende Varietäten bezeichnen, ohne grossen Nachtheil der völligen Vergessen- heit übergeben werden können. Hat doch selbst D’ORrBIGNY, der demselben Grundsatze wie Acassız huldigt, im Prodrome fast keine der obigen Species aus der Familie der Costatae angenommen. Bronn’s Species Trigonia similis, deren Gestalt man- ches Eigenthümliche zu haben scheint, findet sich an der Mückenburg nicht. Trigonia clavellata Sow. So mögen 4 zum Theil nicht wohlerhaltene Stücke bezeichnet werden, die zwar er- geben, dass sie dazu im weiteren Sinne gehören, von denen jedoch zweifelhaft ist, ob sie der beschränkten Species an- gehören, die Acassız unter jener Benennung begreift, und die nach ihm und »’Oreısny allein im Oxfordien vorkommen soll. In der That sind die Stücke von der Mückenburg von mittlerer Grösse, nicht viel länger als hoch und führen auf den Seitenflächen Perlreihen, die gedrängter liegen und aus kleineren und mehreren Perlen bestehen als bei Exemplaren aus der Argile de Dives. Auch beginnen die Perlreihen 129 nächst dem Grat zwischen Seite und Schild in starken Bogen nach unten und laufen dann mit sanfter Krümmung, also ohne Winkel, ziemlich horizontal nach dem andern Rande, Der Grat und die beiden Schild-Längsrippen sind mit etwa gleichen Knötchen besetzt. Das Schild ist anstatt der An- wachsstreifen mit nahe liegenden, feinen, jedoch deutlichen Falten versehen. Ob und welche dieser Merkmale an der Mückenburger Form beständig sind, bleibt bei der geringen Ausbeute unentschieden. Will man sie in Acassız’s Species einreihen, so würden Trigonia Bronni (Tab. 5, 19, Leth. 20, 3und Gotpr. 136, 6, a. u.».) und namentlich Trigonia tuber- eulata (As. Tab. 9, 65is8), — welche letztere nach p’Ore. Prodrome I. S. 278 von Trigonia striata Sow. Tab. 237, 1bis3 und Gorpr. Tab. 137, 2 ohne gekörnelte Längsrippen auf dem Schilde, nicht verschieden sein soll und dem Bajocien zugetheilt wird, — zunächst stehen. Myaciten. Der besseren Uebersicht wegen sollen im Folgenden die ungerippten Myen Ac. des schwarzen und braunen Jura der hiesigen Gegend im Zusammenhange be- zeichnet werden. Es umschliessen dergleichen, von seltenen Vorkommnissen abgesehen, nachstehende Gesteine: a) der Bucklandilias (Bd. 4 S. 68 mit / bezeich- net): Ohrsleben, Htoclum u. 8. w., 1 Species; ' b) der Belemnitenlias (ib. mit 4 bezeichnet): ARau- tenberg und Olla bei Schöppenstedt u. s. w., 3 Species; e) der Opalinusthon (s. unten): Ocker, 2 Species; d) die Schichten der Mückenburg und die von gleichem Niveau o und o’ am Clieversberge, im Lindenbru- che unweit Harzburg, 'Thongruben von Lechstädt bei Hildes- heim (3. unten), Geerzen u. s. w., 2 Species; e) die Heersumer Schichten (s. unten), 1 Species. Zu.a. Die Muschel von der Gestalt einer zusammen- gedrückten Arca ist beiderseits klaffend, hinten etwas mehr als vorn. Ihre Buckel liegen noch etwas hinter 4 der Länge von vorn. Radiale Rippen fehlen, vielmehr ist die dünne Schale un- regelmässig mit kaum merkbaren concentrischen Furchen und Zeits, d.d. geol, Ges. V.1. 9 130 dazwischen dicht mit feinen Anwachsstreifen bedeckt. Jene Furchen auf den Steinkernen deutlicher. Eine abgerundete Kante zieht sich vom Buckel nach hinten und unten und sondert ein breites Schlossfeld ab. Auf den Kernen ist längs dem Schlossrande an keiner Seite ein rinnenartiger Eindruck (Sillon cardinal Ac.) vorhanden. Allem Anschein nach gleich- klappig, doch lässt die fast immer verschobene Lage beider Klap- pen hierüber kein ganz sicheres Urtheil zu. Muskeleindrücke und Mantelsinus nicht wahrgenommen. Die Muschel ist so- mit eine Arcomya Ac. Von den bekannten Arten hat sie die meiste Aehnlichkeit mit Panopaea elongata Rorm. Ool. S. 126 Tab. 8, ı (Arcomya elongata bei Asassız S. 179 Tab. 10', 2vis5 und Leth. 3. Aufl. S. 252 Tab. 20°, u) aus dem höheren Belemnitenlias von Willershausen unweit Git- telde, unterscheidet sich davon indessen hauptsächlich dadurch, dass bei jener älteren Form der vor den Buckeln liegende Theil noch etwas länger, dass der Schlossrand ohne sich zu erheben horizontal grade aus läuft, der untere Rand mehr bogenförmig ist, auch die Dicke der Muschel, diese von oben gesehen, von den Wirbeln ab nach hinten gleichmässig ab- nimmt. Wir selbst sind nicht so glücklich gewesen die Form bei Willershausen oder im gleichen Niveau an andern Orten zu finden, und scheint RoEmEr’s Exemplar, das uns von demselben gütigst mitgetheilt wurde und unzweifelhaft von der bezeichneten Fundstätte herrührt, für jetzt ein Uni- cum zu sein. Die Abbildungen sind zwar völlig treu, da indessen ein einzelnes Stück über die Gestalt leicht täuschen kann und wir eine Abneigung haben ohne Noth neue Spe- cies zu formiren, so mag bis auf Weiteres die Form aus den älteren Schichten, die sich namentlich bei OArsleben südwärts von ‚Schöningen mit Gryphaea arcuata und Ammonites Buck- landi ziemlich häufig findet, als Varietät von der jüngeren Panopaea (Arcomya) elongata Rorm. gelten. Die gewöhn- liche Grösse unserer Varietät ist geringer als die Abbildung. Dieselbe ist ferner, wiewohl selten, in den Cardinienschich- ten des Lias (d, Bd. 4 S. 68) bei der Steinmühle am Ludgeri- 131 Kloster vor Zelmstädt, sowie in minder deutlichen Stücken am Kanonenberge bei Halberstadt gefunden. — Im Uebrigen besitzen wir zwei kleine Stücke von 1 bis 14 Zoll Länge aus dem Würtembergschen Lias «. von Plattenhardt zwi- schen Stuttgart und Tübingen, die mit unserer Varietät gut übereinstimmen. Die damit vorkommende Unio liasinus bei ZuEetEn Tab. 61,2, die Acassız zu seiner Pleuromya unioi- des zieht, ist damit nicht zu verwechseln. Zu b. Eine sehr häufig in dem Belemnitenlias sich findende und darauf beschränkte glatte Mye ist diejenige, welche Roemer Ool. Nachtr. S. 41 Tab. 19,27 als Lutraria ovata RoEM. treu darstellt. Derselben fehlt die abgerundete Kante der vorigen, die sich vom Buckel nach hinten zieht, wie auch jede Spur von radialen Rippen. Ooncentrische Fur- chen treten in unregelmässigen Abständen auf den Steinker- nen deutlich hervor; minder erkennbar, hin und wieder aber auch hervorstechend, pflegen sie auf der dünnen Schale zu sein, welche letztere stets mit feinen Anwachsstreifen dicht bedeckt ist. Allem Anschein nach völlig gleichklappig. Vorn und hinten ziemlich gleich klaffend. An Steinkernen sieht man auf beiden Klappen, hart am Schlossrande und damit parallel, zwar eine rinnenartige Vertiefung (Sillon marginal), aber nicht den Sillon cardinal auf der rechten Seite bei Gresslya. Der Sinus des Mantels, der an einem Exemplar zu sehen ist, liegt etwas unter der halben Höhe und reicht bis zur Hälfte der Länge. Die Muschel gehört daher zu Pleuromya Ag. und wird ihr, da Roemer’s Bestimmung jeden- falls die Priorität hat, die Benennung Pleuromya ovata Rorm. zustehen. Specifisch zeichnet sie sich, namentlich von den Formen unten bei c, durch grosse Höhe, den bogen- förmigen Unterrand, den Mangel von aller Andeutung einer Depression auf der Vorderseite und auch dadurch aus, dass die Vorderseite weit vorgreifend, noch etwas mehr als in der Zeichnung, und nichts weniger als abgestutzt ist. Es stim- men mit ihr ziemlich gut die Abbildungen bei Acassız von Pleuromya glabra Tab. 26, 3»is 14 aus Laas des Elsass, und 9* 1532 mag; es sein, dass beide nur einer Species zugehören. Lu- traria recurva GoLpr. Tab. 152, 15, eine Pleuromya aus ? brau- nem Jura von Amberg, scheint, wenn nicht völlig gleich, sehr nahe zu stehen. Unzweifelhaft sind indessen Muscheln iden- tisch, die wir aus dem Lias moyen der Franzosen von Nancy wit der Bezeichnung Panopaea liasina Desn. erhalten haben. Während so mit RoEMER die typische Gestalt der Pleu- romya ovata aufgefasst wird, finden sich andere Formen, un- ter 3 bis 4 Stück am Rautenberge etwa eins, deren vor dem Buckel liegender Theil wenig oder gar nicht klafft, überhaupt kürzer, abgestutzt und aufgeblähter ist. Die concentrischen Furchen sind neben den Anwachsstreifen auch auf der Schale bemerkbarer und wenn sie auch nicht ganz regelmässig wiederkehren, so ist dazu doch Neigung vorhanden. Der Unterrand bleibt nicht mehr bogenförmig. Ihre Grösse er- reicht nie die der typischen ovata. Manche Exemplare stim- men aufs Vollständigste mit Pleuromya tenuistria Ae. Tab. 24,10 u.13, windestens wissen wir sie von dieser Muschel, die wir als PleuromyaBrongniartiana in jüngeren Schich- ten erkennen werden, in keiner Weise zu unterscheiden. Wir nehmen daher keinen Anstand, Pleuromya Brongniartiana als im Belemnitenlias vorkommend anzunehmen. — Nun finden sich vermengt damit einzelne Zwischenformen, die mehr oder weniger von den Merkmalen der Pleur. ovata oder der Pleur. Brongniartiana gemeinsam zeigen und von denen man zwei- felhaft bleibt, ob sie hierhin oder dahin zu rechnen sind. Beide Species, wenn auch noch so entfernt in den häufige- ren Formen, werden damit anscheinend verbunden, und wür- den wir, unseren Grundsätzen gemäss, beide, Pleur. ovata und Brongniartiana, in eine Species vereinigen, wenn nicht der verbindende Uebergang in der That nur scheinbar sein dürfte. Der Erhaltungszustand dieser dünnschaligen Mu- scheln lässt gar leicht Täuschungen zu. Zudem bietet Acas- sız’s Gruppe der Myen ihrer Natur nach so wenig hervor- stechende Merkmale, und ist die Kenntniss davon, welche 133 ihrer Eigenschaften innerhalb einer Species variabel sind oder nicht, für jetzt noch zu wenig vorgeschritten, um unter einer Mehrzahl auf einige Exemplare grosses Gewicht legen zu können. Mögen deshalb die Zwischenformen einstweilen unberücksichtigt bleiben. — Punktirung der Schale wird we- der an der einen noch an der anderen bemerkt. Die dritte Species des Belemnitenlias ist die schon er- wähnte, wie es scheint jedoch nur einmal bei Willershausen gefundene Arcomya (Panopaea) elongata Rorm. Zu e. Die eine in dem Opalinusthon bei Ocker früher zahlreich angetroffene Mye ist schon mehrfach untersucht. Zuerst stellt sie Rormer in Ool. S. 109 Tab. 8,6 als Venus unioides dar, dann Gorpruss II. S. 256 Tab. 152, 6 als Lu- trarıa unioides und darauf Acassız S. 236 Tab. 27, 9 vis 13 als Pleuromya unioides. Das Neueste darüber findet sich in der 3. Aufi. der Lethaea S. 271. Auch im letzten Werke ist die Muschel zu Acassız’s Pleuromya gestellt, und bestä- tigen vorliegende Steinkerne diese Bestimmung. Denn es findet sich daran parallel mit dem Schlossrande an beiden Klappen zwar der Sillon marginal, indessen keine Andeu- tung vom Sillon cardinal. Alle gut erhaltenen Exemplare haben hinter den Buckeln ein starkes äusseres Ligament. — Nicht sehr gelungen ist die Abbildung bei Acassız, dem schlechte Exemplare vorgelegen haben müssen. Am Besten ist noch diejenige bei GoLpruss, doch ist es unmöglich ihre Gestalt mit einer Figur zu geben, da mehrfache Varietäten vorkommen. So sind grosse Exemplare oft hinten etwas ver- längert, der Unterrand grade, und pflegt sich damit vorn eine Depression zu zeigen. Sie nähern sich der Form Tab. 28, 12 bei Asassız (Pleur. striatula), bleiben jedoch vorn mehr ab- gestutzt als diese. Zum Theil deutet sich auch vom Buckel nach hinten eine abgerundete Kante an. Im Uebrigen liegen die concentrischen Furchen, die die dünne, zerreibliche, weisse Kalkschale bezeichnen und die auf den Steinkernen deutli- cher hervortreten, in ungleichen Abständen. Der Mantelsinus befindet sich unter der Mitte der Höhe und reicht weit über 134 die Mitte der Länge nach vorn zu. — Ascassız vereinigt mit diesen Formen von Ocker die Würtemberger Unio liasi- nus, die ZıETEN Tab. 61,2 aus dem Arietenkalke abbildet. Hätte Acassız gewusst, dass beide ziemlich weit von einan- der entfernten geognostischen Niveaus zugehören, so würde er sie unstreitig specifisch gesondert haben. Und dass dies ohnedies bei seiner Neigung nach unerheblichen Abweichun- gen Trennungen zu begründen nicht geschehen ist, daran mag der schlechte Zustand der ihm vorgelegenen Ockerschen Exemplare Schuld sein. Zıieren’s Abbildung stimmt aller- dings recht gut mit Ockerschen Stücken, nur sind dort die concentrischen Furchen weit gedrängter und regelmässiger, und würden, da dies kaum einen specifischen Unterschied bedingen dürfte, beide Formen, wenn sonst die Abbildung getreu, in einer Art zusammen bleiben müssen. Zwei vor- liegende Unio liasinus von Balingen indessen zeigen einen ganz anderen Umriss, der sich der Zeichnung, in der Leth. Tab. 19, ı7 nähert. Sie sind, nach diesem geringen Vor- rathe zu urtheilen, von Pleur. unioides verschieden. Kann so zwar die Angelegenheit nicht endgültig festgestellt werden, so dürfte doch darauf Gewicht zu legen sein, dass in der neuesten Lethaea die Unio liasina mit Pleuromya unioides nur zweifelhaft zusammengestellt wird, und dies genugsame Veranlassung geben, die beiderlei Gestalten einer weiteren Vergleichung zu unterwerfen. Unsererseits trennen wir vorläufig die Ockersche Pleur. unioides von der Würtem- berger Pleur. liasiana. Im Uebrigen sind bei Ocker zusammen mit Pleur. unioi- des, jedoch minder häufig, noch andere Myen vorgekommen, die RoEmEr Ool. S. 122 als Amphidesma rotundatum Phır. mit Verweisung auf Zıeren Tab. 72,2 (nach QuENSTEDT aus dem braunen Jura «, nicht zu verwechseln mit Lutraria ro- tundata GoLpr. Tab. 152, 14, welche letztere, wie auch Acas- sız S. 233 sagt, eine Pleuromya) aufführt. Lutraria (Am- phidesma Pur.) donaciformis GoLor. Tab. 152, 13 von Ocker ist, da dort nichts Aehnliches weiter vorkömmt, unstreitig 135 die in Rede stehende Muschel. Jene ZietEn’sche Zeichnung ist entweder nicht genau oder etwas anderes, die von GoLD- russ aber giebt ein gutes Bild, nur sind unsere Exemplare im Allgemeinen flacher, also minder dick, doch mag das Folge von Zusammendrückung sein. Da die Muschel an der rechten Klappe einen deutlichen Sillon cardinal führt, so ge- hört dieselbe zu Gresslya Ac.. und scheint sie mit Acassız’s Gresslya pinguis Tab. 13 c., 1»is 6, erycina Tab. 14, ı vis 9 und striata Tab. 13 c., 7 bis 9 übereinzustimmen, doch lassen die Formen von Ocker auf den Steinkernen ziemlich starke con- centrische Furchen, etwa 15, in fast gleichen Abständen wahr- nehmen. Muskeleindrücke und Mantelsinus sind nicht er- kannt. Die Muschel wird im Nachstehenden als Gresslya donaciformis Pnır. bezeichnet werden, jedoch befürworten wir, dass der Speciesname auf GoLpruss’s Autorität hin an- genommen ist. — Pleuromya Alduini, die nach GoLpruss (II. S. 255) bei Ocker vorkommen soll, kennen wir von dort nicht. Zu d. Das Schichtensystem (0, 0’) zunächst über dem Giganteenthon (z) ist ein Hauptlager für glatte Myen und zwar einer Gresslya und einer Pleuromya. Beide kom- men an den oben genannten Orten in ziemlich gleicher An- zahl vor, vorzüglich häufig an der Mückenburg. Die erstere ist Lutraria gregaria Mer., bei RoemeEr. In der 3. Aufl. der Lethaea wird diese Muschel, — sehr verschieden von der wirklichen Lutr. gregaria Mer., — mit Acassız’s Species Gresslya latirostris, lunata und ovata vereinigt und, gewohnt die Bestimmungen in der Lethaea als leitend anzunehmen, wissen wir dagegen auch im vorliegenden Falle nichts zu erinnern. Die hiesige Form schliesst sich dadurch, dass ihr bogenförmiger Oberrand hinten etwas abfällt, weniger an die Varietät latirostris als vielmehr an die Varietäten lunata und ovata, mit welchen beiden letzteren sie nach der Zeichnung bei Acassız Tab. 13, 4 bis 10 vollständig übereinstimmt. Die äusserst dünrie Schale ist ganz mit feinen Anwachsstreifen bedeckt, hin und wieder tritt unregelmässig eine flache con- 136 centrische Furche auf. Letztere sind auch an den Steinker- nen bemerkbar, doch haben sich mehrere dergleichen ganz glatt gefunden. Der Sillon cardinal setzt weit nach hinten bis zum Muskeleindrucke fort. Der Mantelsinus, der an einem Exemplar sich durch die dünne Schale gedrückt hat, der Art, dass diese ihn auf der äusseren Oberfläche sehen lässt, hat die in den Figuren bei Acassız und Bronx dargestellte Lage und Gestalt. — Diese Species, - die Bronx unter der Benennung Gresslya latirostris zusammenfasst, kann, da sie von auffälliger Form und in besonderer Häufigkeit auf- tritt, für die Mückenburger Schichten als Leitmuschel die- nen. Bei Braunschweig ıst dieselbe weder ın älteren noch in jüngeren Gesteinen gesehen. Wichtiger wird Gresslya lati- rostris noch dadurch, dass sie eine ansehnliche horizontale Verbreitung hat. Nach Acassız ist dieselbe häufig im mitt- lern braunen Jura mit Ostrea acuminata der Schweiz; nach Marcou (Mem. de la Soc. Geol. de France, 2 Ser. T. II pag. 79) findet sie sich in derselben Bildung des französischen Jura. Gorpruss citirt seine Lutraria gregarıa Tab. 152, 10 auch aus Franken und Würtemherg. Ist diese, wie wahr- scheinlich, mit Gress. latirostris synonym, so würde sie auch dort nicht fehlen. In der That besitzen wir einige Exem- plare aus dem braunen Juraö von STAUFEN und aus der darin vorkommenden Korallenbank des Hohenzollern, welche uns sämmtlich mit der Bezeichnung Myacites Alduini zugesendet sind, aber unzweifelhaft mit Gr. latirostris übereinstimmen. Es scheint, dass QuEnstEpr unter Myacites Alduini in der Petrkd. Seite 562 Tab. 47, 37, da daran der den Gresslyen eigenthümliche Sillon cardinal an der rechten Klappe unver- kennbar, dieselbe Versteinerung begreift. — ZiETHEN’s Unio abductus Tab. 61,3, in der Lethaea zu Pleuromya Brongni- artiana gezogen, erinnert nach dem Umrisse an die gleiche Form. Die andere in den Mückenburger Schichten häufige un- gerippte Mya, Rormer’s Lutraria donaeina, ist, da sie wohl an beiden Klappen längs dem Schlossrande den Sillon mar- 137 ginal, aber keine Andeutung des Sillon cardınal zeigt, eine Pleuromya As. Grösse und Umriss stimmen vollständig mit Pleuromya tenuistria Ac. S. 243 Tab. 24 und auch GoLpr. Tab. 153, 2. Ihr Schlossrand ist weit nach hinten horizontal, ja in einigen Exemplaren etwas ansteigend. Vorn abgestutzt. Geringe Andeutung einer Depression von den Buckeln zum Unterrande herab. Die Schale ist in regelmässigen Abstän- den mit concentrischen Furchen, 15 bis 20 an der Zahl, die die Steinkerne gleichfalls wahrnehmen lassen, und ausserdem mit feinen Anwachsstreifen, die dicht auf einander folgen, bedeckt. Mikroskopische radiale Linien, die GoLDFUss zeich- net, haben wir, gleichwie Acassız, nie bemerkt. Die Dicke, welche am stärksten unterhalb der Buckel ist, beträgt bei hiesigen Formen im Allgemeinen etwas mehr als bei Acas- sız und GoLpruss. Sie neigen sich so zu Pleur. Alduini Ae., die sich von jener nur durch mehrere Dicke und Grösse unterscheiden soll. Allein beide Unterschiede sind zum Theil ın Acassız’s eignen Zeichnungen, z. B. Tab. 22,18 u. 19 und Tab. 24, 22u.23 sounerheblich, dass wir keinen Anstand nehmen, Pleur. tenuistria und Pleur. Alduini zu vereinigen. — Wir folgen Bronn, der in der 3. Aufl. der Leth. Seite 272 von dieser Species die ähnliche, aber doch verschiedene des weissen Jura, Pleur. donacına Ae., (letztere ist vorn noch mehr abgestutzt; ihr Schlossrand steigt hinten stets merk- lich an; die Depression unter den Buckeln fehlt bei guter Erhaltung nie; verhältnissmässig mehrere Höhe und gerin- gere Länge) abtrennt. Dann muss, wie diess D’ORBIGNY gethan, die ursprüngliche Bestimmung von ALrx. BronG- wıart Donacites Alduini auf die Species des weissen Jura beschränkt, Acassız’s Pleuromya donacina Pleuromya Al- duini Brongt. benannt und jener Species des braunen Jura eine andere Bezeichnung gegeben werden. Unter den ob- waltenden Umständen dürfte nur zu billigen sein, dass Bronn für die Species des braunen Jura den D’OrBıcny’schen Namen wählt und sie Pleuromya Brongniartiana heisst. Wir fassen somit in der Species Pleuromya Brongniar- 138 tiana zusammen 1) Rormer’s Lutraria donacina, mit der synonym ist Pleur. tenuistria As. und Lutraria tenuistria Gorpr.; 2) Pleur. Alduini Ae. und 3) nach Bronn die wirkliche Lutraria gregaria Mer. in litt,, — non ZIETEN, Goıpruss, RoEmER. Es ist zu wünschen, dass der fast grenzenlosen Verwirrung, die hinsichtlich der Pleur. Brongni- artiana bestanden hat, nun endlich ein Ende gemacht und diese Species im Bronn’schen Sinne, sei es mit oder ohne tenuistria, aufgefasst wird. Die neueste Auflage der Lethaea würde mit ihrer scharfen und klaren Darstellung um so eher durchdringen, wenn der Verfasser anstatt der älteren Abbil- dung Tab. 20, 17, die sehr an Üressiya erinnert, eine neue gegeben hätte oder noch nachfolgen liesse. — Eine Ver- wechselung mit andern Formen wird nicht leicht statt finden. Am ersten könnte eine solche mit der sonst gewöhnlichen, in hiesiger Gegend jedoch noch nicht gefundenen, Myopsis Jurassi Ac. unterlaufen. Die radialen mikroskopischen'Punkte dieser letztern, sowie deren hervorstechende Gestalt: Buckel weit nach vorn, die hintere Seite verlängert, starke Depres- sion unterhalb der Buckel, Schlossrand hinten hoch anstei- - gend, Unterrand stark bogenförmig, und kaum Andeutungen von unregelmässigen, flachen, concentrischen Furchen auf den Seiten, — werden bei einigermaassen gutem Erhaltungszu- stande die Abscheidung ermöglichen. — Im braunen Jura der hiesigen Gegend ist Pleuromya Brongniartiana auf die Mückenburger Schichten 0’ (Mückenburg, Clieversberg, Feh- renhorst, Lindenbruch bei Harzburg, Geerzen u. s. w.) und die damit gleichzeitigen Thone 0 (/tothehof am Clieversberge, Lechstädt bei Hildesheim u. s. w.) beschränkt. Die nächst tieferen Schichten mit Belem. giganteus erreicht sie nicht, erscheint jedoch im Belemnitenlias (siehe Seite 132) wieder. Aus dem Opalinusthone haben wir sie nie gesehen. — In Würtemberg kommt Pleur. Brongniartiana hauptsächlich im mittleren braunen Jura vor und zwar wie es scheint vor- zugsweise im © von Quensteor. Wir besitzen sie aus die- ser Schicht von Balingen, Neuffen und Spaichingen, wie auch 139 aus der Korallenbank des Hohenzollern. Die Formen von Kandern ın Baden, die Bronn dazu rechnet, bilden durch Annäherung an Myopsisgestalt, wenn nicht eine besondere Species, doch eine Varietät. Marcou und Acassız führen sie aus dem braunen Jura aus etwas tieferen Schichten, der Oolite ferrug. und den Marnes Vesuliennes an. D’ÖRBIGNY im Prodrome setzt seine Brongniartiana ins Callovien und die tenuistria ins Bajocien. Zu e) ist nur zu bemerken, dass in den Heersumer Schichten ziemlich häufig RoEmer’s Lutraria sinuosa vor- kömmt, Steinkerne von indifferentem Ansehen, deren zarte Merkmale wiederzugeben das Muttergestein nicht geeignet ist. Die Figur bei Rormer Tab. 19, 24 gewährt ein treues Bild des Umrisses. Die concentrischen Furchen liegen oft noch etwas gedrängter. Bronnw setzt die Muschel in der 3. Aufl. der Lethaea Seite 272 fraglich zu seiner Pleuromya Brongniartiana (= Pl. Alduini Ac.). Der völlig grade Vor- derrand und die erheblichere Höhe dürften indessen beide Formen von einander abscheiden. Eine mehrere Aehnlich- keit findet mit Asassız’s Tab. 23, 12 statt, doch unterscheidet sie sich von dieser Pleur. Alduini Broxnenıart bei Bronn und p’OrBıcny (= Pl. donacina Ace.) durch das Vorhanden- sein deutlicher concentrischer Furchen. — p’ÖrBIENY im Pro- drome führt die Heersumer Muschel einmal Tom. II. S. 13 als Panopaea sinuosa D’ORB. und synonym mit Pleuromya donaeina As. im ÜCorallien, und ein anderes Mal ib. Seite 46 als synonym mit Pleuromya Gresslyi Ace. im Kimmeridgien auf. Ueber die erste Zusammenstellung ist so eben schon ge- redet, was die letztere aber anbetrifft, so scheint es sehr ge- wagt, Steinkerne von wenig hervorstehenden Merkmalen aus verschiedenen geognostischen Niveaus mit einander zu ver- einigen, Es dürfte daher, bis Bestimmtes ermittelt ist, am gerathensten sein, mit RoEmer die Heersumer Form als be- sondere Species bestehen zu lassen, und sie, da ihr Zu- gehören zu Acassız’s Genus Pleuromya nicht zweifelhaft 140 sein möchte, mit der anfänglichen Species- Deuomerr als Pleuromya sinuata Rorm. zu bezeichnen. Herr Av. Rormer hat somit schon vor langer Zeit mit seinem gewohnten Scharfblicke die so eben unter a bise er- wähnten ungerippten Myen der hiesigen Gegend gehörig getrennt und in dem Öolithenwerke aufgeführt. Es blieb uns nur übrig, sie in die späterhin gebildeten Genera einzu- reihen, und haben wir in letzterer Beziehung kaum etwas Neues hinzufügen, vielmehr lediglich das, was darüber Bronn in der neuesten Auflage der vortrefllichen Lethaea mittheilt, bestätigen können. — In Betreff von Asassız’s Genera ım Allgemeinen beschränken wir uns auf die Lethaea zu verweisen. Wenn dieselben oben streng beibehalten sind, so hat damit keineswegs behauptet werden sollen, dass sie als der Beurtheilung überhoben betrachtet werden. An glatten Myen finden sich also an der Mückenburg: Pleuromya Brogniartiana Bronx und Gresslya latirostris Ae. Fahren wir nun in der Aufzählung der dortigen Vorkomm- nisse weiter fort, so haben sich aus dem Genus Goniomya an der Mückenburg nur einige Exemplare, darunter eine Dublette von vorzüglicher Erhaltung, gezeigt. Da zur Vergleichung wenig Material aus andern Gegenden vorliegt, so können wir die Bestimmung nur nach Beschrei- bungen und Abbildungen vornehmen. Halten wir uns dabei an Asassız, so gehören jene Formen, da sie von ovaler Ge- stalt, mit ziemlich überstehenden Buckeln und ohne Depres- sion unter diesen letztern sind, zu seiner Gruppe der Ovales. Schwerer hält es aber sie in eine Species von Asassız ein- zureihen. Ihre Buckel liegen vor der Mitte, noch etwas hinter + der Länge. DBeiderseits stark klaffend. Länge etwas mehr als die doppelte Höhe. Der Rand vorn und hinten abgerundet, unten fast grade, wenig convex. Schlossrand grade, vorn und hinten gleich abfallend, durch letzteres sich von Goniomya Dubois As. unterscheidend. Hinter den Buckeln wird durch eine abgerundete Kante, die ziemlich parallel dem Schlossrande läuft, ein lancettliches vertieftes Schildchen 141 abgesondert. Die vordere und hintere Seite zusammen ge- drückt, in der Mitte gewölbt. Auf der vordern Seite sind die abwärts laufenden Falten stets deutlich und durch Zwi- schenräume getrennt, die etwas breiter als sie selbst. Hin- ten sind sie nicht ebenso deutlich, zum Theil sogar verwischt. Die vorderen haben 45 Grad Neigung, die hinten stehen fast senkrecht. Die Winkelspitzen bilden eine Linie, die nicht senkrecht, sondern etwas nach hinten gerichtet ist. Rhom- ben oben am Buckel sind an keinem Stücke vorhanden. Nächst dem untern Rande und bis zur Hälfte der Höhe tre- ten unregelmässig concentrische Furchen auf. Punktirung auf der Oberfläche der Schalen ist nicht bemerkbar, doch mag dies daher kommen, dass sie durch feine Sandkörner, die das Muttergestein enthält, verwischt wird. So unter- scheidet sich die Goniomya der Mückenburg von G. Knorri As. durch die spitzeren Winkel, die die Falten der letztern bilden. Die Lage der Falten und der Umriss der Muschel stimmt dagegen mit Formen, die Acassız Tab. 1b, 13 vis 16 G. litterata, — Tab. fc, 11513 G. proboscidea, und Tab. 1, 12bis24 nebst Tab. 1c, 15 G. marginata nennt. Die Unter- schiede zwischen ersteren und letzteren sind, wie Acassız selbst sagt, sehr gering, und bestehen darin, dass letztere vorn und hinten schmäler sein soll. Demohngeachtet spricht Acassız die Abbildung bei GoLpruss Tab. 154, s, die ganz die Form der G. marginata hat, für G. litterata an. Die Unterschiede möchten wohl Zufälligkeiten beizumessen und deshalb nicht specifisch sein. Uebrigens stehen die Mücken- burger Muscheln im Umriss der G. marginata am nächsten. Gr. proboscidea soll in der Hauptsache mehr gewölbt sein, gerade wie dies die Form der Mückenburg ist. Diese bildet daher eine Verbindung zwischen den dreierlei Darstellungen bei Acassız, die wie es scheint zu ein- und derselben Spe- cies gehören. Verhält sich dies so, so werden die drei Ge- stalten bei Acassız und die der Mückenburg unter der äl- teren Benennung Goniomya litterata Sow. zusammen zu fassen sein. Ob aber die Muscheln, welche Acassız und 142 Sowerßy (M. C. Tab. 224, 1) als G. litterata darstellen, wirklich identisch sind, und die bei Ace. nicht vielmehr mit G. v seripta Sow. (M. C. Tab. 224, 2vis5) oder mit @. an- gulifera Sow. (ib. Tab. 224, 6, 7) zusammenzustellen sind, wagen wir nach den unvollkommnen Abbildungen bei So- WERBY nicht zu entscheiden. — Die G. v scripta bei Acassız Tab. fe, irsis19 hat mehr Höhe und einen stärker gerundeten Unterrand als die der Mückenburg. — Ein Exemplar, das aus dem Würtembergschen braunen Jura ö von Neufen vor- liegt, hat viel Aehnlichkeit mit der Mückenburger Form. Pholadomya Murchisoni Sow. Diese Muschel ist, sowie sie häufig an der Mückenburg und damit übereinstim- mend am Clieversberge (siehe S. 106) vorkömmt, von ROEMER in Ool. S. 128 Tab. 15, 7 völlig getreu dargestellt. Auf den Seiten liegen 5 oder 6 gleichweit von einander entfernte Rippen, von denen die vorderste am stärksten zu sein pflegt. Sie trennt die Seiten von der fast ebenen herzförmigen Vor- derfläche. Diese führt stets noch eine Rippe, die von jener stärkeren doppelt soweit entfernt ist als die übrigen. Auf einigen Exemplaren zeigt sich noch weiter nach vorn auf der Vorderfläche eine zweite Rippe, jedoch minder deutlich. Hinter den 5 bis 6 Rippen der Seiten sind hin und wieder noch eine, ja selbst zwei, schwach angedeutet. Die Gesammt- zahl der radialen Rippen wechselt daher zwischen 6 und 9 bis 10. Starke concentrische Runzeln und Zuwachsstreifen bedecken die ganze Schale und machen die Rippen höckerig. Es ist keine Andeutung einer Kante vorhanden, die ein Schildehen von den Seiten absonderte, daher die Muschel zu Asassız’s Division sans aire cardinale circonscrile gehört. Die dünne Schale ist nur selten rudimentär vorhanden, doch zeigt sich von Muskeleindrücken und Mantelsinus keine Spur. Gewöhnlich sind beide Klappen gegen einander verschoben und vorzugsweise hinten zusammengedrückt. Ist letzteres nicht der Fall, so klaffen sie hinten und oben am stärksten, und setzt der Spalt dem Schlossrande entlang, sich allmälig verengend, bis nahe an die Buckel fort. Am Vorderrande 143 findet geringeres Klaften, aus der Nähe der Buckel bis zur ersten Seitenrippe, statt; am Unterrande gar nicht. So stim- men diese gewöhnlichen Formen in Gestalt und Grösse voll- ständig mit denen aus QuEnsteor’s braunem Jura 5 und = von Wasseralfingen, Eningen und dem Lochen bei Balingen. Die schönen Abbildungen bei Acassız Tab. 4c,5 vis sind grösser. Wachsen die der Mückenburg über ihre gewöhn- liche Grösse an, so varliren sie vorzugsweise. Einmal ver- längern sie sich nach hinten, und verliert sich die kugelartige Gestalt noch mehr dadurch, dass zum Theil gleichzeitig die herzförmige Vorderfläche, obgleich immer durch eine Haupt- rippe abgesondert, sich durch mehrere Zurundung der Seite anzuschliessen pflegt. So liegt die von Goupruss Tab. 155, 2«. dargestellte Gestalt vor. Andererseits findet gerade das Ge- gentheil statt. Die Muschel nimmt an Höhe zu, so dass diese die Länge übertrifft. Bei dergleichen Gestalten pflegt die Vorderfläche ziemlich eben und von den Seiten fast im rechten Winkel getrennt zu sein, während sich die Buckel hoch erheben und der concave Oberrand steil nach hinten abfällt, Phol. ventricosa Gorpr. Tab. 155, 5. Die letzteren Formen sind an der Mückenburg selten, walten dagegen in Thonschichten vom gleichen Alter bei Goslar vor. Eine Ab- grenzung in diesen Varietäten vorzunehmen ist nicht thun- lich, daher sie auch specifisch nicht zu trennen sein werden. Deshalb sind wir mit Brown der Ansicht, dass GoLDEUSs’s Pholad. Murchisoni Tab. 155, 2, die Acassız zu seiner Spe- eies exaltata S. 72, Tab. 4, 7 unas und Tab. 4a macht, nicht abgesondert werden darf. Ph. triquetra Ag. S.78 Tab. 6e ist nach Darstellung und Fundort eine recht ausgezeichnete, jedoch etwas verdrückte, typische Ph. Murchisoni. Ausserdem aber möchte eine grosse Menge anderer Species von Acassız damit zu vereinigen sein, als Ph. parcicosta, texta, bucardium u. s. w., deren Unterschiede vorzüglich auf den Umriss, die Muschel von oben gesehen, gegründet sind. Dergleichen Unterschiede bleiben eines Theils nicht ganz beständig, anderen Theils sind sie offenbar Folge von Verdrückungen. Dem wird 144 AGASSIız um so weniger widersprechen können, als er selbst dadurch, dass er Gorpruss’s Phol. ambigua Tab. 156, 1, welche die ächte englische gewiss nicht ist, mit GoLpFuss’s ventricosa Tab. 155, 5 vereint Seite 97 zu seiner pareicosta setzt, während er Seite 42 GoLpruss’s ambigua theilweise (wahrscheinlich Tab. 156, 12) zu Ph. Roemeri stellt, welche letztere in der That specifisch verschieden ist. Von So- WERBY's Ph. obtusa und producta, die aus den mangelhaften Abbildungen nicht wohl zu erkennen sind, liegen Exemplare aus England nicht vor. Ein Stück mit der ersteren Be- zeichnung von Dajeuxz wird von Ph. Murchisoni nicht ver- schieden sein. — Die Species Fh. Murchisoni in jenem wei- teren Sinne genommen scheint in einem bedeutenden Niveau des braunen Juras, von den untersten Schichten an bis zum Oxfordien, dieses ausgeschlossen, aufzutreten, und scheinen die verschiedenen Varietäten weniger bestimmten Horizonten als vielmehr den Lokalitäten eigen zu sein. In Würtemberg kommt die typische Form vorzüglich in QuEnsteor’s brau- nem Jura ©, aber auch im = vor. Hier am Harze finden sich die obigen Abänderungen zum Theil gemeinsam, doch auf das Niveau der Mückenburger Schichten o und 0’ be- schränkt. Noch nie ist davon eine Spur in dem tieferen Thone mit Belem. giganteus oder in den höheren Lagen mit Gry- phaea dilatata gesehen. Pholadomya ovalis Sow. Die ziemlich seltene Muschel von ovaler Form gehört zu Acassız’s 2e Div. avec une aire cardinele circonscrite. Wie umschliessenden Kan- ten sind an vorliegenden Exemplaren zwar deutlich vorhan- den, jedoch nicht überaus scharf. Sie scheinen hinten nicht zu convergiren. Das Schildchen schmal. Der Umriss und die Grösse harmoniren mit Ph. ovulum Ac. Seite 119 Tab. 3, 7bis9 und 3b, 42is6, nur ist bei den hiesigen Stücken, an denen die beiden Klappen stets gegen einander verschoben sind, der Schlossrand fast gerade und nach hinten etwas ab- fallend. 10 bis 11 wenig hervortretende Rippen strahlen mit gleichen Abständen vom Buckel aus, so dass vorn ein 145 Theil davon frei bleibt, während sie hinten bis nahe an den Schlossrand treten. — Die Muschel ist Ph. ovalis genannt, weil sie mit der Zeichnung bei Sow. Tab. 226, 1, obwohl diese hinten zu wenig hoch, doch soweit stimmt, wie dies zu erwarten steht, und Sowersy’s Original, nicht das Fig. 2, aus Cornbrask, ähnlichen Schichten, herstammt. Die Form der Ph. ovalis bei Zıeren Tab. 65,3, nach QUENSTEDT’s Flötzgb. Seite 557 aus dem braunen Jura © und =, schliesst sich jener bei Acassız so sehr an, dass ein specifischer Un- terschied, mindestens nach den Darstellungen, nicht vorhan- den ist. Wer mit der Annahme von Sowrkrey’s Benennung nicht einverstanden ist, wird die Mückenburger Formen Ph. ovulum Ac. heissen müssen. Asassız’s Species fabacea, deren Vorderrand nach vorn etwas mehr hervortritt, und siliqua, die ausserdem hinten etwas verlängerter und zusammenge- drückter ist, stehen sehr nahe. Bei dieser Gelegenheit mag eingeschaltet werden, dass in der Gegend von Braunschweig ausser in dem obigen Ni- veau von Pholadomya noch zwei verschiedene Species, die eine in den Bucklandibänken (Schicht /) namentlich bei OArs- leben und die andere im Belemnitenlias (Schicht 4) vorzüg- lich am Rautenberge bei Schöppenstedt gefunden werden. Die ersteren sind nicht gar häufig und stimmen mit den Pholadomyen aus demselben Horizonte in Würtemberg von Balingen, Waihingen u. s. w., die wohl allgemein als die ächte Sowergy’sche ambigua betrachtet werden. An den hiesigen Exemplaren wird die Area durch äusserst scharfe Falten begrenzt, die nicht convergiren und etwas vor der hinteren Ecke an den Schlossrand stossen. Hinten klafft die Muschel stark, doch pflegt dieselbe daselbst zusammen- gedrückt zu sein und erscheint dann verdünnt. Die Vorder- fläche ist nicht wie bei Ph. Murchisoni von don Seiten ab- gesondert, sondern es geht jene in diese in sanfter Wölbung über. Der Unterrand läuft zuvörderst ziemlich parallel dem Schlossrande und erhebt sich dann plötzlich mit grossem Bogen zum Hinterrande. Die Seiten sind vorn bis zur gröss- Zeits. d. d. geol. Ges. V.1. 10 146 ten Dicke der Muschel ganz frei von radialen Rippen. Dann folgen etwa 5 bis 6 dergleichen wenig stark, jedoch vom Buckel bis zum Unterrande gleichmässig zu verfolgen, die letzte da an den Unterrand stossend, wo dessen Biegung nach oben beginnt. Noch weiter hinten fehlen die Rippen zwar nicht, sind jedoch hier so verwischt, dass die Anzahl nicht anzugeben ist. Üoncentrische wellige Runzeln und Anwachsstreifen bedecken die ganze Schale. An Steinkernen, wo letztere nicht vorhanden sind, haben die Runzeln ein sehr welliges Ansehn. Die Länge verhält sich zur Höhe etwa wie 4:3. Die bedeutende Dicke unter den Wirbeln, die etwa + der Länge beträgt, dauert ziemlich weit nach hinten an und vermindert sich dann rasch. So findet zwischen den hiesigen und Würtemberger Exemplaren nur der Unterschied statt, dass bei letztern die Rippen stärker auftreten, auch weiter hinten noch erkennbar sind; doch möchte hierin um so weniger eine Veranlassung zur specifischen Absonderung liegen, als der Unterschied durch Zwischenformen abge- schwächt wird, und das beiderseitige Vorkommen mit Am. Bucklandi und Gryphaea arcuata vollkommen gleich ist. — Wird in solcher Weise die Form der Phol. ambigua Sow. festgehalten, so ist deren Abbildung bei Zıeren Tab. 65, 1, die eine grössere Länge, den Unterrand weiter nach hinten parallel dem Schlossrande laufend, die Aufbiegung des Unter- randes nicht steil genug und die radialen Rippen entschiede- ner, namentlich hinten zeigt, eine andere Muschel, und in der That setzt Brown im Nomencl. die Zieren’sche Figur nicht zu Ph. ambigua Sow., sondern zu Ph. Roemeri Ac. — In dem Lias unter den Bucklandibänken, in den Cardi- nien-Schichten d fehlt in hiesiger Gegend die Ph. ambigua. Die andere Pholadomya, die in dem Belemnitenlias un- gemein häufig ist, hat RoEMER im Ool. Seite 137, Tab. 15, ı unter dem Namen Phol. ambigua Sow. dargestellt. Später hat Asassız (Myes Seite 42) diese Formen von Ph. ambigua getrennt und Ph. Roemeri genannt. Die Rormer’sche Abbildung giebt allerdings gewisse Abänderungen, der Cha- rakter der Mehrzahl indessen wird noch besser durch Ph. 147 Hausmanni Goupr. ı1. Seite 266, Tab. 155,4 von Äalefeld bei Nordheim, demselben geognostischen Niveau, gezeigt. Das Schild wird durch hervorstechende Kanten, die indessen nur durch hintere Zusammendrückung convergirend, wie sie Gorpruss zeichnet, erscheinen, in der That parallel laufen, begrenzt. Die Ansicht von der Seite quer eiförmig. Die Pholadomya gehört mithin in Asassız’s zweiter Abtheilung zu der Gruppe der Ovales. Speciell wird die gewöhnliche Form noch durch Folgendes bezeichnet. Der Schlossrand ist gerade und läuft horizontal bis hinten Der Unterrand da- mit parallel, wenig concav. Der Hinterrand schliesst sich mit Abrundung an beide an. Die stark aufgeblähten Buckel liegen nicht ganz vorn und ragen hoch über den Schloss- rand empor. Die Vorderfläche ist von der Seite durch keine Kante getrennt, beide gehen vielmehr in sanfter Wölbung in einander über. Die grösste Dicke der Muschel liegt in der Mitte ihrer Länge und hat die Ansicht von oben mehr die Form Tab. 155, 4» bei Gorpr. als Tab. 15, ı» bei Roemer. Oberhalb einer Linie von den Buckeln zur hinteren unteren Ecke ist sie etwas zusammengedrückt, so dass in jener Linie eine jedoch sehr abgerundete Kante liegt. Die Seiten sind bis dahin mit 7 radialen Rippen bedeckt, die vorderste fast senkrecht zum Unterrande laufend. Der Raum davor ist frei von Rippen. Die vordersten beiden Rippen pflegen doppelt so weit von einander entfernt zu sein als die übrigen schief nach hinten laufenden. Die Stärke der Rippen variırt an den verschiedenen Individuen. In der Regel sind sie etwa so wie in GoLpruss’s Abbildung, doch auch noch kräftiger und, ohne dass der Erhaltungszustand mangelhaft, fast verwischt. Nach hinten nehmen sie an Stärke ab. Auch werden hin und wieder über jener Kante noch ein bis zwei Rippen schwach angedeutet, so dass deren Gesammtzahl zu 8 bis 9 anzunehmen. Concentrische wel- lige Falten, und, wo die Schale erhalten, auf den Falten und zwischen ihnen mehr oder minder starke Anwachsstreifen bedecken das Ganze. Die Falten werfen die radialen Rippen 10 * 148 zu länglichen Knoten auf. Die Muschel klafft vorn von etwas vor den Buckeln an bis fast zur ersten Rippe, jedoch nicht stark. Hinten ist dies ungleich mehr der Fall, vorzüg- lich an der oberen Ecke. Der Spalt verengt sich nach vorn zu aber rasch und endigt etwa in der Mitte des Schildes. Der hintere Muskeleindruck ist gross und rund und liegt vor der Stelle, wo die Arealfalten an den Schlossrand stossen. Die Mantelbucht liegt, wenn wir an einem Stücke recht sehen, unter der Mitte der Höhe, reicht nicht weiter als bis = der Muschellänge von vorn, ist hoch und der Unter- und Oberrand fast parallel. Der Muschel Länge : Höhe : Dicke = 3:2:2. Ein gutes Bild dieser Form erhält man, wenn die Gorpruss’sche Zeichnung seiner Ph. Hausmannı Tab. 155,4 kinten gehörig klaffend und der Schlossrand nach hin- ten noch etwas verlängert gedacht wird. — Von der Ph. ambigua aus den tieferen Schichten unterscheidet sich diese Form dadurch, dass letztere länger ist, ihre Buckel höher über den Schlossrand treten, die untere Ecke des Unterran- des weiter nach aussen liegt und die radialen Rippen stärker zu sein pflegen. Einzelne Individuen aber treten durch den theilweisen Wegfall dieser unterscheidenden Merkmale der älteren Ph. ambigua äussert nahe, ohne jedoch deren Ge- stalt ganz anzunehmen. Es muss indessen bemerkt werden, dass zur Vergleichung ein geringer Vorrath der älteren Form, dagegen eine Mehrzahl der jüngeren vorliegt, dass vielleicht die Abänderungen der älteren nicht sämmtlich erkannt sind. Wir vermuthen, dass beide Formen einer Species zugehören, die jedoch in verschiedenen Varietäten in dem älteren und jüngeren Lias auftritt, zumal Quenstepr eine solche An- sicht in seiner Petrefaktenkunde aufstellt. Auf Grund eige- ner Beobachtungen müssen wir indessen für jetzt beide For- men noch getrennt halten und wollen wir die ältere als Ph. ambigua Sow. und die jüngere als Ph. Roemeri Ac. bezeichnen. Gehört in der That, wie Bronx dafür hält, die Ph. ambigua Sow. bei Zıeren Tab. 65,1 zur letztern, so ist dies um so beachtungswerther als das Original nach Quen- 149 stenr’s Flötzgeb. S. 557 aus dem Lias « herrührt und dann die Form Ph. Roemeri in Würtemberg nicht so wie hier auf den Lias y, die Numismalenschicht, beschränkt wäre. Auch Ph. glabra Aec. Seite 69 Tab. 3’, 12 vis 14, die gewiss mit Ph. Roemeri synonym ist, soll im Lias « von Waihingen gefunden sein. Das Original muss indessen einen schlechten Erhaltungszustand haben, da von Acassız daran nicht ein- mal die scharfen Arealkanten bemerkt sind. Ph. Voltzii Ac. Seite 122 Tab. 3c, ı5is 9 aus dem braunen Jura « steht nach der Abbildung sehr nahe, nur sind ihre Buckel über dem Schlossrande minder erhaben, etwa wie an der älteren am- bigua, mit der QuEnstEpr sie zu vereinigen geneigt ist. Ph. ovalis Sow. bei Goupr. Il. S. 269 Tab. 156, 6, angeb- lich aus dem oberen Jura von Nordhausen, jedoch, — dort am südlichen Harzrande trıtt keinerlei Jura auf, — wahr- scheinlich aus dem Belemnitenlias von Kalefeld oder Wällers- hausen unfern Nordheim, stimmt der Seitenansicht nach mit Ph. Roemeri. — Aus p’OrBısny’s Prodrome ist das Vor- kommen der in Rede stehenden Pholadomyen nicht abzu- nehmen. Derselbe setzt daselbst I. S. 216 Ph. Idea p’Ore. (Ph. ambigua Zıer. non Sow.) in sein Sinemurien, und ib. Seite 233 Ph. ambigua Sow. mit Verweisung auf ZIiETEN in sein Liasien, mithin die Zıeren’sche Form unter ver- schiedener Benennung in zweierlei Etagen! — Ph. Roemeri findet sich in hiesiger Gegend, ausser am Rautenberge bei Schöppenstedt, auch häufig am Ollaberge in N.W. von da, und ferner bei Hattorf und Aottorf am Kleie. Sie über- schreitet hieselbst nach oben den Belemnitenlias nicht. Bd. 4 Seite 65 der Zeitschr. ist dieselbe unter Ph. ambigua begriffen. In der Aufzählung der organischen Reste aus dem Ge- steine an der Mückenburg fortfahrend, bleiben noch zu er- wähnen: Astarte, 2 Species. Die eine grössere, meist nur auf den Absonderungs- flächen der Gresteinsschichten, die sie hin und wieder in nicht unerheblicher Anzahl bedeckt, dem Aeussern nach gut wahr- 159 zunehmen, ist flach zusammengedrückt, von quer ovaler bis kreisförmiger Form und führt mittelständige Buckel. Die Schale wird von concentrischen Rippen bedeckt, die sich sehr verschieden zeigen. Entweder sind dieselben von den Buk- keln ab bis zum Unterrand ziemlich gleich, dann dachförmig, scharf und hoch, wie auch in gleichen Abständen liegend, je nach der Grösse zu 15 bis 25, bei guter Erhaltung auch concentrisch fein gestreift, — oder es sind die Rippen un- gleich, bald nur oben an den Buckeln, bald nur am Unter- rande von jener Art, im Uebrigen aber in mehr oder weni- ger feine concentrische Streifen aufgelöst, zum Theil auch verwischt. Die Muschel ist + bis 1 Zoll lang, während ihre Höhe + bis + geringer oder ganz gleich ist. — Die Extreme des Umrisses sind schön bei Dunker und Kock dargestellt, die ovale Form Seite 28 Tab. 2,2 als A, exarata und die mehr kreisförmige als A. Münster. Da beide mit denen der Mückenburg auch sonst ühereinstimmen und hier die Uebergänge entschieden sind, alle auch dem gleichen geo- gnostischen Niveau zugehören, so dürfte in ihnen ein- und dieselbe Species vorliegen. Nicht wesentlich abweichend sind ferner A. depressa Goor. Tab. 134, 14 von ovalem Um- riss und gleichen Rippen und A. striato-costata GoLpr. Tab. 134, ıs von rundem Umriss mit ungleichen Rippen. Wir be- zeichnen die Muschel mit dem älteren Namen Astarte de- pressa GoLpr. — Vorliegende Formen aus den Würtemberg- schen Parkinsoni-Schichten des braunen Jura = von Ahningen und vom Lochen bei Balingen stimmen in Umriss und Rip- pen mit denen der Mückenburg vollständig überein. (ef. Quenstepr’s Petrfkt. Seite 543.) Die zweite Species ist die kleine und stark aufgeblähte Astarte pulla Rorm. (auch Leth. uud Gorpruss) vor- züglich in der Varietät pisum Dunk. et Koca Seite 29 Tab. 2,3. An der Mückenburg kommt sie selten vor, während sie bei @eerzen häufiger gefunden ist. Modiola pulchra Phır. Goror. Tab. 131,8. Diese an der Mückenburg seltene Muschel hat ungefähr die Gestalt 151 der M. pulcherrima Rorm. aus dem Hilsconglomerate, ist jedoch etwas schmaler und erreicht nach den wenigen vor- liegenden Exemplaren nicht über + Zoll Länge, bleibt also kleiner. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, dass M. pulchra vorn und überhaupt unterhalb der diagona- len Rückenkante keine Andeutung von radialer Streifung zeigt. Die concentrischen Anwachsstreifen sind daselbst in- dessen vorzugsweise hervorstechend. Die radiale Streifung über jener Kante scheint feiner und zarter zu bleiben als bei M. pulcherrima. Gorvruss’s Zeichnung stimmt gut; die Mückenburger Stücke sind indessen etwas kürzer, auch klei- ner. — Da bei M. pulcherrima die radiale Streifung unter der Rückenkante viel feiner als über derselben, ja dort ganz vorn an kleinen Exemplaren dem unbewaffneten Auge nicht immer sichtbar ist, so kann zwischen ihr und M. pulchra, wenn der Erhaltungszustand nicht gut, leicht eine Verwech- selung unterlaufen. So, möchten wir annehmen, kömmt es, dass von Duxker et K. S.53 die M. pulcherrima auch in den Geerzenschen Schichten, die gleiches Niveau mit denen der Mückenburg haben, citirt wird. Wir haben die M. pul- cherrima in der hiesigen Gegend nicht aus dem Hilsconglo- merate heraustreten sehen. Nahe steht M. lineata Sow. bei Fırr. (= M. angustata Rorm.) aus dem Hilsconglomerate, ist jedoch weit höher gewölbt. — Gorpruss führt M. pul- chra von Aurweiler an, D’OÖRBIGNY ım Prodr. aus dem Callo- vien von Scarborough. Der besseren Uebersicht wegen sind die vorstehend aus dem Gesteine an der Mückenburg erwähnten Petrefakten sammt den Schichten, in denen dieselben Formen in anderen Gegenden, namentlich in Würtemberg, nach den zuverlässig- sten Angaben von (JUENSTEDT wie auch nach vorliegenden Exemplaren vorzugsweise gefunden werden, in dem Folgen- den zusammengestellt. 152 Verzeichniss der vorzüglichsten Versteinerungen aus dem Gesteine an der Mückenburg (Die Abkürzungen haben dieselbe Bedeutung wie S. 109.) Am, Parkinsoni Sow.. — triplieatus Sow.. 2... — macrocephalus Schr. sublaevis Sow. . .» — Humphresianus Sow. Belem. canalieulatus Scur. QUENST. fusiformis Mırt. Quenst. . Pleurotomaria granulata Sow. Terebr. varians Scur. v. Buch perovalis Sow. . . . .» Ostrea explanata GoLDF. costata-Sowi ı Zum Pecten ? demissus Pnir. Avicula echinata Sow. ... » Trigonia costata Sow. . . . . clavellata Sow.. . . . Gresslya latirostris Bronn . . Pleuromya Brongniartiana BronNn Goniomya litterata Sow.. . - » Pholadomya Murchisoni Sow.. ovalis Sow. . Astarte depressa GoLDFr.. pulla Rorm. Modiola pulchra Phi, h, Würtemberg, brauner Jura e, hh, - - - &, hh, - - - E, h, - - - &, S, - - - 0. h, - - - ö hh, - - - £&, h, - - - ö. hh, - - - € h, - - - d. h, - - - Ö. hh, - - - & h, - - - Y hh, - - - Ö h, - - - E 5, - - - & h, - - - Ö h, - - - ö 8, - - - d. h, = = - E S, - - - 3 h, ® = & &, s, mittlerer brauner S P.; auch bis in ©. M.; auch e, P und ©. M. M. und & B: (vorzüglich M.) und ®. auch ö nach Quunst. und $. und Y- und ®. und d und y. und Mar. Vesul. und Mar. Vesul. und ®. und ®. 12% Jura (Buxweiler). mjenigen t de gen der Schich- isses mı Eine Vergleichung dieses Verzeichn ınerun Verste ie ten o und o’ am Qlieversberge bis auf die 3 Species: Am- bt zuvörderst, dass dı ie oO oO S.109 er monites anceps, Terebratula resupinata und Cidarites maxi- thalten ıne en dem Mückenburger Geste e fehlenden ist im Allgemeinen und insofern ın . sämmtlich Auf d kein grosses Gewicht zu legen, als davon 2 Species: Am- mus . * 1 sind. 1EVEerSs- s selbst am Cl ıtes maxımu tes anceps und Cidar monı 153 berge auf die Thonfacies o beschränkt und noch nicht in dem festen Gesteine o’ gesehen sind und als die dritte Spe- cies Terebratula resupinata auch dort zu den seltenen Vor- kommnissen gehört. Es dürfte daher anzunehmen sein, dass die organischen Reste der gedachten Olieversberger Schich- ten und mehr noch die des festen Gesteins o’ als die des Thons o in dem Mückenburger Gesteine sich wiederfinden. Wird aber erwogen, dass an beiden Lokalitäten die wich- tigsten Petrefakten, Am. Parkinsoni, Belem. canaliculatus, Terebr. varians, Ostrea costata, Avicula echinata u. s. w. gleich häufig, ja dass da, wie hier, Terebr. varians und Avi- eula echinata grosse Massen fast ganz erfüllen, dass endlich auch die petrographische Beschaffenheit des Gesteins, die im Uebrigen nicht ganz gewöhnlich ist, übereinstimmt; so dürfte der Schluss völlig gerechtfertigt sein, dass das geo- gnostische Niveau der Clieversberger Schichten o’ und be- ziehungsweise o auch an der Mückenburg vorhanden ist. Es fragt sich aber ferner, ob der Satz streng genommen auch dahin umgekehrt werden darf, dass das geognostische Niveau der Mückenburger Schichten in jenen des Clieversberges ent- halten sei und damit die Identität beider zu behaupten ist? Das Verzeichniss der Mückenburger Versteinerungen zeigt nachfolgende Species, die am Ulieversberge fehlen: Am. tri- plicatus, macrocephalus, sublaevis und Humphresianus, Belem. fusiformis, Pleurotomaria granulata, Pecten demissus ?, Trigonia clavellata, Goniomya litterata, Pholadomya ovalis, Astarte pulla und Modiola pulchra. Dieses Mehr von Spe- cies zerfällt (von einigen von grösserer vertikaler Verbreitung abstrahirt) in zwei verschiedene Theile: 1) in solche, die man in andern Gegenden gewohnt ist in einem tieferen Ni- veau zu sehen, als der Mückenburger Fauna in der Haüpt- sache zusteht, und 2) in solche aus einem dergleichen höhe- ren Niveau. Zu 1) gehören Am. Humphresianus, Pleuroto- maria granulata, Pecten demissus ?. Goniomya litterata und schliessen sich diese andern gemeinschaftlichen Species (Te- rebratula perovalis, Ostrea explanata u. s. w.) an, denen etwa 154 das gleiche Alter zugeschrieben wird. Nicht minder wichtig ist der zweite Theil: Am. macrocephalus und sublaevis wie auch triplicatus, von denen die beiden ersten und der Haupt- lagerstätte nach auch die letztere Species, mindestens in Würtemberg, einen so scharf abgegrenzten höheren Horizont bilden, dass bei der Mückenburg ihre Vergesellschaftung mit den übrigen Formen mit Recht auffällt. So muss der Ge- danke kommen, in dem Mückenburger Gesteine lägen zweier- lei verschiedene Schichten vor, eine untere so ziemlich paral- lel mit denen am Ülieversberge und eine obere, die mit Am. macrocephalus u. s. w., am Clieversberge ganz fehlend. Wir haben uns vielfach mit einer solchen Auffassung des Sach- verhältnisses beschäftigt, es hat aber nicht gelingen wollen, irgendwo eine Grenze in dem Gesteine zu ziehen, die eine Abscheidung dieser und jener Petrefakten bewirkte. Viel- mehr kommen in der That die drei zuletzt gedachten Ver- steinerungen in den Schichten an der Mückenburg sowohl zu oberst als auch zu unterst vor. Zudem spricht auch die petrographische Gleichartigkeit des wenig mächtigen Gesteins gegen eine Trennung. Immerhin verdient aber beachtet zu werden, dass an der Mückenburg Am. macrocephalus im oberen Niveau häufiger zu sein scheint als im untern. Steht nun hiernach fest, dass die Mückenburger Schichten als ein untrennbares Ganzes zu betrachten sind, so dürfte die aufge- worfene Frage dahin zu beantworten sein, dass die Qlievers- berger und Mückenburger Schichten im Allgemeinen zwar von gleichem Alter, jedoch insofern nicht völlig identisch er- scheinen, als letztere lokal noch einige jüngere Formen ent- halten. Doch vielleicht finden sich dereinst bei grösseren Aufschlüssen auch diese jüngeren Formen an dem Ülievers- berge. Das feste Gestein der Schicht o’ ist im Bezirke beider Karten-Sektionen Schöppenstedt und Fallersleben, auf denen dasselbe mit o dieselbe Farbe bezeichnet, an keiner andern Stelle als am Clieversberge und bei der Mückenburg erkannt. Auch dürfte solches dort und bis zum Harzrande aller Wahr- 3 155 scheinlichkeit nach nicht weiter vorkommen, da kaum anzu- nehmen, dass selbst Spuren davon der vielfachen Durchfor- schung entgangen sind. Es muss daher als eine lokale, nur durch das Zusammentreffen besonderer Umstände bedingte Ablagerung betrachtet werden. Kehren wir nun nochmals zu dem Ülieversberge zurück, so zeigt sich dort über den Schichten o oder o’ und unmit- telbar unter dem weissen Jura (Roemer’s Coralrag und Port- land) als jüngstes Glied des braunen Jura der Um- gegend von Braunschweig ein blauer Thon von etwas dunkle- rer Farbe als die tieferen Thone, und keine oder nur selten Eisensteingeoden führend, statt deren aber Nieren von grau- gelbem thonigem Kalk enthaltend. Dieser Thon, der durch p bezeichnet werden soll und der sich petrographisch vor allen übrigen auszeichnet, kömmt als ein dünner Streif von 10 bis 30 Fuss Mächtigkeit zu beiden Seiten unter dem weissen Jura des Ülieversberges vor und ferner unter dem- selben Gesteine von Süllfeld und Ehmen in W. und: S.W. von Fallersleben, wird jedoch an den Abhängen meist durch Schutt oder, wo dergleichen nicht stattfindet, durch Acker- cultur bedeckt. Am Besten ist derselbe und mit grösserer Mächtigkeit bei ZAmen unmittelbar am Orte da, wo diesen der Weg nach Fallersleben verlässt, aufgeschlossen. Es haben sich darin folgende Versteinerungen gefunden: Gryphaea dilatata Sow. (controversa Roem.) ziem- lich häufig, jedoch sind wohl erhaltene Stücke selten. Gefurchte Belemniten in vielen Bruchstücken, und soweit erkennbar, nur Belem. canaliculatus Scur. Quensr., nicht auch dem semihastatus, angehörig. Ammonites Lamberti Sow. Nicht selten. Immer verkiest, 1 bis 14 Zoll im Durchmesser. Sehr verschieden in der Dicke der Windungen. Meist die typische Gestalt, so und noch etwas minder dick als die Zeichnung bei Quex- srepr Cephal. Tab. 5,5. Dann pflegen die Rippen sich we- niger zu gabeln, als dass sich dergleichen neue zwischenlegen. Nie sind dieselben so weit nach vorn gebogen als in Am. 156 cordatus Sow. und in jener Abbildung. Andere Formen schwellen so an, dass Dicke und Höhe gleich, (omphaloides und Leachi Sow., wie auch Sutherlandiae und Mariae p’ORe.) dann die Rippen in der Regel von etwas geringerer Zahl als in der typischen Form, sich hauptsächlich gabelnd und ohne dass sich auch nur die Andeutung von einem abgesetzten Kiele zeigte, von beiden Seiten her auf dem Rücken unter einem mehr oder weniger spitzen bis rechten Winkel zu- sammentreffend. Ammonites Galloviensis Sow. Zwar ist nur ein Exemplar, westlich vom Ülieversberger Kalkofen, aber fast vollständig und mit der Schale gefunden. Dasselbe hat 22 Zoll im Durchmesser. Höhe der letzten Windung = 1 Zoll. Ueber die flachen Seiten setzen von der abgerunde- ten Nabelkante ab bis nicht ganz zu + der Höhe 24 abge- rundete, etwas wellig ungerade, dicke Rippen, jener Kante zunächst am deutlichsten, zu oberst zum Theil verwischt, sich dann büschelartig und unbestimmt in 3, 4 und 5 dün- nere Rippen zertheilend, welche letztere ziemlich gerade ra- dial und mit besonderer Schärfe, jedoch nicht dachförmig, das obere + bis # der Seiten bedecken. Jede dergleichen Rippe setzt in Stärke und Schärfe gleichbleibend und ohne Verdickung über die ziemlich scharfe Rückenkante und den ebenen Rücken weg. — Mit dem Ülieversberger Stücke stimmen Steinkerne aus dem oberen braunen Jura von Thur- nau überein, nur sind die Rippen minder scharf. Ein 3 Zoll grosses Exemplar aus dem Kellowayrock von Scarborough zeigt dagegen an der Nabelkante auf dem letzten Umgange 40 starke Rippen, deren jede sich in 3 bis 5 schwächere zertheilt. Von diesen letztern vereinigen sich theilweise zwei und zwei nächst der Rückenkante. cf. Leth. 3. Aufl. S. 369 und Tab. 15, 14. In der Abbildung bei p’Ors. Jur. Tab. 162, 10 u. 11 ist die Höhenzunahme geringer und die Dicke bedeutender als an den Exemplaren vom Ülieversberge und von Thurnau. Jedenfalls steht diesen der Am. Jason bei Quensr. Cephal. Tab. 10, 4 sehr nahe. 157 Vom wirklichen Ammonites Jason Reın. haben sich ebendaselbst einige Fragmente gefunden. Die fast ebene Seite an der Nabelkante und in + der Höhe mit Knötchen und an der scharfen Rückenkante mit Zähnen versehen; der schmale ebene Rücken nicht quer gerippt, sondern glatt. AmmonitesDunkani Sow. (ornatus Schr.) hat sich am Clieversberge und bei ZAmen bis jetzt nicht gezeigt. Es ist indessen zu erwarten, dass die organischen Reste von dort, sobald auf irgend eine Weise weitere Aufschlüsse ent- stehen, mannigfacher werden. Nach dem aber, was vorliegt, sondert sich die Schicht » von der nächst älteren o und o' nicht nur in petrographischer Hinsicht, sondern auch in Be- treff der organischen Einschlüsse überaus scharf ab. Die gemeinsamen Versteinerungen beschränken sich auf Belem. canaliculatus. Das Heer der Parkinsonen, die Macrocephalen u.8.w. von o und o’ sind gänzlich verschwunden und stellt sich dafür in » eine ganz veränderte Fauna mit Gryphaea dilatata, Am. Lamberti, Dentaten u. s. w. ein. Der Abschnitt ist nach dem Befunde bei Aallersleben so hervorstechend, dass daselbst in der Aufeinanderfolge der Schichten zwischen o und » ein Sprung, das Fehlen von Bildungen des allgemei- nen Systems, vermuthet werden könnte. Bestätigt sich zwar dieses Fehlen nicht und wird auch der Abschnitt durch die Vorkommnisse von anderen Lokalitäten am Harze in etwas vermittelt, so findet immerhin zwischen o nebst o’ und p doch nur wenig Anschluss statt. Am ÜUlieversberge und bei Zhmen liegt sofort über dem Thone p, wie an vielen Stellen zu beobachten, der weisse Jura, Rormer’s Öoralrag (wahrer und oberer) und Portland. Es fehlen dort die Zwischenlagen mit Am. cordatus, die wir nächst dem Harzrande und an anderen Orten antreffen. ‘In jener Gegend endigt sonach der braune Jura oben mit dem Thone p. Letzterer ist im Uebrigen im Bezirke der beiden Sektionen Schöppenstedt und Kallersleben der Paren’schen Karte, auf denen wir ıhn mit einer besonderen Farbe be- zeichnet haben, nicht weiter bekannt. Unter den abgerisse- 158 nen Partien von weissem Jura bei Vord-Steimke, Gross-Sisbeck, Querenhorst und Grassleben, sämmtlick im Erhebungsthale von Fallersleben- Walbeck belegen, und unter dem bei Gross- Brunsrode und Flechtorf zwischen Fallersleben und Braun- schweig, hat keine Spur von p ermittelt werden können. Noch ist durch eine bergmännische Arbeit die Kenntniss von einer besonderen Schicht gewonnen, die als an der Ober- fläche in der Umgegend von Braunschweig bis jetzt nicht ermittelt, im Vorhergehenden übergangen ist, der Vollstän- digkeit wegen jedoch der Erwähnung bedarf. Zu Anfang dieses Jahrhunderts wurde nämlich neben den Erdöl- Quellen bei Älein-Schöppenstedt an der Strasse von Braunschweig: nach Königslutter, von einem Privaten, Namens Koch, wahrscheinlich in der Hoffnung Steinkohlen zu finden, ein Schacht bis zur Tiefe von etwa 150 Fuss abgeteuft. Durch die Gefälligkeit des Bergmeisters Eıcnuorz in Zraun- schweig sind wir in den Besitz einer erheblichen Quantität Proben gelangt, welche zum Theil Versteinerungen um- schlossen und hierdurch, da die Tiefe, aus denen sie gewon- nen wurden, angemerkt war, über die getroffenen Schichten Auskunft geben. Ist nun auch der Schacht selbst verstürzt, so zeigt doch die noch vorhandene Halde Bruchstücke der- selben organischen Reste. Nur Thone, jedoch verschiedener Art, sind mit dem Schachte durchsunken, und zwar ist der- selbe im Hilsthon (unterer Neocom) von graublauer Farbe und etwas schiefrig, der auch an der Oberfläche der näch- sten Umgebung zu erkennen ist, angesetzt. Aus diesem obersten Niveau liegen aus dem Schachte vor: Terebratula depressa Sow. v. Buch, biplicata acuta v. Buch, oblonga Sow.; Exogyra spiralis GoLpr. und einige Korallen, die Rormer als Manon Peziza Gorpr. und Scyphia tetragona Gourpr. bezeichnet. Zunächst hierunter liegt den Proben nach ein etwas sandiger Thon von grauschwarzer Farbe, von dem der Vorrath zwar keine Versteinerungen führte, dem indessen allem Anscheine nach einige Pholadomya Murchisoni Sow. und Gresslya latirostris Ae. zugehören, die den: No- 159 tizen nach aus weit tieferen Lagen herrühren sollen. Ist die Deutung richtig, so liegt hiermit das Niveau der Schichten o nnd o’ vor, und fehlt dann, wie auch nach den Verhält- nissen der Umgegend wahrscheinlich, die Schicht p mit Ammonites Lamberti. Weiter unten bis nahe zum Tiefsten des Schachts folgt graublauer Thon mit Belemnites gigan- teus Scat., von dem sich Bruchstücke in der Halde vorzugs- weise erhalten haben. Dies ist offenbar der oben mit z be- zeichnete Thon. Ob aber der versteinerungsleere Thon im Schachte gleichfalls ansteht, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden; es scheint indessen fast, als wäre dies nicht der Fall, oder es müsste die Mächtigkeit ungewöhnlich gering sein. Nächst dem Tiefsten endlich ist die neue Schicht durch- sunken. Es besteht dieselbe aus einem dunkelblauen Thone, der voll ist von milden weissen und opalisirenden Muschel- schalen, zertrümmert und ganz. Nichts daran besteht aus Schwefelkies, obgleich Schnürchen des letzteren einzelne Thon- proben durchsetzen. Folgende deutlich erkennbare Verstei- nerungen liegen aus der Schicht vor. Ammonites opalinus Reı. in Windungsstücken bis zu 2 Zoll Höhe, dann auch ein überaus schönes wohlerhal- tenes ganzes Exemplar, bei 4 Umgängen von 3 Zoll Durch- messer. Die letzte Windung, von 14 Zoll Höhe und schwach halb so starker Dicke an der Sutur, umschliesst die vorher- gehenden zuetwa +. Der Rücken ist nicht breit, vielmehr laufen die Seiten von der scharfen Nahtkante bis zu fast der halben Höhe ziemlich parallel, dann mit sanfter Wölbung conver- girend zu einem scharfen undeutlich abgesetzten Kiele. Auf den Seitenflächen liegen, wie bei Am. Murchisonae Sow., ziemlich starke und breite abgerundete Falten (15) von sichel- förmiger Gestalt, die Handhabe bis über + der Höhe rei- chend, die Sichel selbst stark nach vorn gebogen und mit allmäliger Verschwächung bis zum Kiele zu verfolgen. Diese Hauptfalten gabeln sich in + der Höhe oder es schalten sich daselbst dergleichen neue ein, deren Handhabe nicht bis zur Nabelkante hinreicht, so dass zu einer Hauptfalte noch zwei 160 Nebenfalten zu gehören pflegen. Alle diese Falten bestehen aus Büscheln von naheliegenden feinen Streifen. Auf dem letzten halben Umgange des ganzen Exemplars, der indessen die Wohnkammer noch nicht gewesen zu sein scheint, sind die Falten gänzlich verwischt und zeigen sich daselbst nur noch dünne fadenförmige Sichel-Radien. Dasselbe ist auch an allen Windungsstücken von erheblich mehr als 1 Zoll Höhe der Fall. — Es liegt hier somit, der starken Falten wegen, nicht der eigentliche typische opalinus, so wie er bei ZierEn Tab. 4,4 und Quenst. Cephal. Tab. 7, 10 abgebildet ist, vor, sondern mehr der Uebergang zum Am. Murchiso- nae acutus Quenst. (ZiETEN Tab. 6, 3). Dass übrigens opa- linus und Murchisonae specifisch nicht von einander ver- schieden sind, darüber dürfte kein Zweifel mehr sein, jedoch scheint es Regel, dass die erstere Form etwas älter als die letztere. Trigonia navis Lam. zwar nur ein Steinkern, jedoch nach Form und Grösse ziemlich wahrscheinlich dazu gehörig. Das Stück ist frei von Muttergestein an uns gelangt, mit der Bezeichnung der Schicht, aus der jener Ammonit her- rührt. Auch dürfte an dieser Lagerstätte, der irisirenden Oberfläche zufolge, kein Zweifel sein. Modiola Hillana Sow. häufig und noch mit der dünnen glatten Schale, jedoch nicht von der milden Beschaf- fenheit wie die übrigen organischen Reste, bedeckt. Wir lassen der Muschel jenen Speciesnamen, der von RoEMER und Gorpruss ebensolchen Formen, die sich in gleicher Vergesellschaftung fanden, gegeben ist, ohne damit die Ver- schiedenheit anders benannter Formen aus dem Eisenstein von Wasseralfingen, dem braunen Jura ö u. s. w. behaupten zu wollen. cf. Quenstepr..S. 521. Inoceramus dubius Sow. Grosse concentrisch ge- runzelte Schalen von mildem weissem Kalke, darunter hin und wieder eine dünne Schicht von Schwefelkies, liegen ge- drängt zusammen. Ob sie specifisch verschieden von den platt gedrückten ähnlichen Gestalten aus den Posidonien- 161 schiefern, die Inoceramus gryphoides Schu. genannt zu wer- den pflegen, lassen wir dahin gestellt sein. Unter dem Thone mit diesen Versteinerungen liegen im Tiefsten des Schachts nach den Proben graue sandige Thone mit vielem Glimmer und nach den Notizen auch ein dunkler Thon, der Erdöl enthalten soll. Letzteres scheint uns nicht ganz wahrscheinlich, da das Erdöl daselbst aus jüngeren Schichten hervorquillt. Organische Reste haben wir daraus nicht erlangt. Es kann der Fall sein, dass im Tiefsten ein Aequivalent der bituminösen Posidonienschiefer erreicht ist, obwohl dann auffällt, dass sich nichts von der Radiansbank / findet. Soviel ist indessen gewiss, dass wirkliche Posido- nicnschiefer oder noch ältere Liasgesteine nicht durchsunken wurden, weil sich davon weder eine Spur in der Halde noch unter den Proben befindet. Giebt nun zwar der Schacht sicher nur die Auskunft, dass die Schicht mit den aufge- zählten Versteinerungen unter dem Giganteenthon » liegt und steht bei dem Stande der Wissenschaft im Allgemeinen anzunehmen, dass die Bank Z/ mit Am. radians dieselbe un- terteuft, so fragt sich hinsichtlich ihres Alters nur noch wei- ter, wie sich die neue Schicht zu dem versteinerungsleeren Thone »2 verhält. Da indessen der Thon 2 überall, wo der- selbe oben, zum Giganteenthone 2 hin, aufgeschlossen ist, nichts von der neuen Schicht wahrnehmen lässt, so dürfte schon nach den zeitherigen Ermittelungen eine grosse Wahr- scheinlichkeit dafür sprechen, dass letztere ein Niveau unter m, also zwischen m und Z einnimmt. Es wird sich diese Schlussfolge an einer weiter unten zu erwähnenden Lokalität (Ocker) bestätigen. — Führt nun auch die Schicht nach dem Wenigen, was vorliegt, nicht lauter unzweifelhaft eigenthüm- liche Versteinerungen, ja mag sich die Zahl der gemeinsa- men bei besseren Aufschlüssen noch vermehren, so ist doch der Charakter ihrer Fauna ein eigenthümlicher, der minde- stens nach oben hin eine scharfe Absonderung bedingt. — Dass im Uebrigen die ganze Bildung an der Oberfläche weder bei Klein-Schöppenstedt noch sonst wo in der Umge- Zeits. d.d. geol. Ges. V. 1. 11 162 send von Braunschweig: hat ermittelt werden können, wird einestheils in ihrem beschränkten Vorkommen, anderntheils auch in ihren durch nichts hervorstechenden mineralogischen Merkmalen und in der leichten Zerstörbarkeit der organi- schen Einschlüsse begründet sein. So ist die Beschaffenheit und das Vorkommen der ver- schiedenen Glieder des oberen Lias und des braunen Jura auf den beiden Sektionen Schöppenstedt und Fallersleben. der Parzn’schen Karte. Von da ab südlich bis zum Harzrande treten die erwähnten Bildungen nur noch zunächst dem letz- teren auf. Ihre Verbreitung daselbst von @oslar bis Harz- burg hat Herr Beyrıcn auf der schönen Karte angegeben, die Bd. 3 dieser Zeitschrift als Taf. 15 beiliegt. Da sich indes- sen Herr BryrıcH im Texte dazu nicht über den Lias und braunen Jura ausgesprochen hat, so wollen wir, obwohl mit einer der nachsichtigen Beurtheilung mehr bedürftigen Fe- der, den Mangel nachzuholen suchen, um das gesammte Vor- kommen der fraglichen Schichten im Norden des Harzes zu- sammenzufassen. Wir sind auf manche unserer dortigen Beobachtungen nächst Beyrıcn, den in dortiger Gegend mehrfach zu begleiten uns vergönnt war, durch einen tüch- tigen jungen Geognosten, den Hütteneleven Herrn ULrıcn, aufmerksam gemacht. Die beste Uebersicht der Gliederung am Harzrande ge- währt die Lokalität zunächst bei Goslar, vom Cramer- schen Teiche bis auf das Österfeld längs einem nach Ocker führenden Fusswege. Wo daselbst Aufschlüsse vor- handen sind, giebt der nachstehende Durchschnitt an. Die Schichten, etwa h. 6 bis 7 streichend, fallen, gleichwie am ganzen nördlichen Harzrande, senkrecht, ja widersinnig, dem Harze zu, ein. 163 = EL ER —N \ S —n > T I % S 5 = = = Petersberg. N ‚a Sandgrube. 2 =) >) &0 Zi , © 1 e) Osterfeld. Se a > © — > 1 89 «© as o© 1 Kal 38:15? 8 8 = Sl S fat Ei ao N Ko) { ‚oO NZ ı } Auf der Höhe des Osterfeldes gehen die bunten Mer- sel des Keupers z zu Tage. Südwärts streicht der Mu- schelkalk durch, der am Österfelde selbst zwar nicht zu beobachten, doch im Streichen näher nach der Stadt zu gut entblösst ist. Der Muschelkalk wird von dem älteren Schiefer- gebirge des Harzes durch eine nicht sehr mächtige Lage von buntem Sandsteine getrennt. — An den bunten Keuper- mergel lehnt sich der lose gelbe Sandstein z von ge- ringer Mächtigkeit, im Stübchen-Thale nächst Harzburg mehr entwickelt und unserm obersten Keupersandstein zu- gehörig. Vom Cardinien- und Arcuatenlias scheint am Österfelde nichts vorhanden zu sein, vielmehr folgt im Alter auf dem Sandstein zunächst der blaue Thon r, mit Eisen- steinsgeoden, jedoch keine Versteinerungen enthaltend. In ihm befinden sich die obersten Thongruben der Goslarschen Ziegelei. Derselbe wird dem untern Lias, den Schichten g, e oder c, (Bd. 4 S.68 dieser Zeitschrift) zugehören, oder hier den ganzen unteren Lias vertreten. Ueber (von dem wi- dersinnigen Einfalien abgesehen) ihm liegt der petrogra- phisch gleiche Thon s, nicht selten Versteinerungen mit weisser zerreiblicher Kalkschale führend, der früher gleich- falls jetzt aber nicht mehr zur Ziegelfabrikation verwendet ale 164 wurde. Unter dem Vorrathe, den Herr Urrıca von dieser Stelle gesammelt hat, zeichnen sich Am. costatus und Amal- theus aus, ferner Steinkerne wie Turbo cyclostoma, Belem. breviformis, Nuculen und kleine Cucullaeen. Es ist dies die obige Schicht @ (s. S. 88). Der eigentliche Belemnitenlias (h, Bd.4 S. 68) fehlt hier mithin, oder wird noch mit durch den Thon r vertreten. — Etwas weiter abwärts bei 2 sind die bituminösen Posidonienschiefer (oben S. 93 mit bezeichnet) mit ihren charakteristischen Versteinerungen gut aufgeschlossen und bei # die Bank mit vielen Bruchstücken von Ammonites radians (oben S. 98 mit Z bezeichnet) und von Belem. tripartitus, jedoch ohne Belem. digitalis. Hiernächst folgt eine ziemlich ebene Fläche v, die, obzwar nicht durch Gruben aufgeschlossen, jedoch unter der gerin- gen Rasendecke vielfach einen blauen versteinerungs- leeren Thon mit vielen Eisensteinsgeoden wahrnehmen lässt. Es ist dies sicher die oben S. 102 durch x bezeichnete Schicht, zumal in den Thongruben bei » unweit des Teiches auch die Schichten o erkannt werden. — Bei nämlich, so wie in dem tiefen Wasserrisse, der längs dem Streichen in denselben Thonschichten, diese schön entblössend, durch das in den Cramerschen Teich fliessende Wässerchen (Theil der Gelmecke) entstanden ist, zeigen sich folgende Verstei- nerungen, von denen es nicht schwer hält, sie ohne Ausnahme aus dem Anstehenden zu entnehmen: Gefurchte Belemniten, und zwar Belemnites cana- liculatus Scar. Quensr. (häufig) und fusiformis Miırr. Quenst. (häufig), gleichwie an der Mückenburg. Ammonites Parkinsoni Sow. von geringster bis mittlerer Grösse, die Varietäten planulata (häufig) und de- pressa von (JUENSTEDT. Ammonites triplicatus Sow. Windungsstücke von der Höhe bis zu einem starken Zoll. Terebratula varians Scur. v. Buc# (selten). Ostrea explanata Gorpr. (häufig) nur diesen, nicht den nächst jüngeren Schichten, aus denen sie öfter citirt wird, 165 zugehörig. Sehr flach. Die Form mit tieferer Unterklappe, wie sie am Olieversberge und an der Mückenburg gefunden wird, ist hier selten. Östrea costata Sow. (häufig). Trigonia costata Sow. Ganze Exemplare sind nicht gefunden, die Bruchstücke lassen indessen auf ansehnliche Grösse schliessen. Gresslya latirostris Bronn. Pleuromya Brongniartiana Bronn. Pholadomya Murchisoni Sow., vorzüglich die Form Ph. ventricosa GoLpr. in Exemplaren mit Schale bis zu 3 Zoll Höhe. Astarte depressa Gorpr. (häufig). Graue thonige Kalkknauern, die der Thon umschliesst, enthalten ausserdem eine Menge kleiner Univalven und Bi- valven. Der Thon w kann seinen organischen Einschlüssen zufolge nichts anderes sein als das Aequivalent der oben mit o und o’ bezeichneten Thon- und Eisenkalk - Schichten am Clieversberge und der Mückenburg. Derselbe verbindet beide noch inniger dadurch, dass er mehrere Versteinerungen führt, die dort nicht in o, wohl aber in 0’ vorgefunden werden, als Am. triplicatus, Terebr. varians, Ostrea costata, Trigonia costata und Astarte depressa, zu noch mehrerem Beweise, dass o und o’ in der That ein und demselben geognostischen Niveau zugehören. Im Uebrigen ist uns daraus keine Spur weder von Am. macrocephalus und sublaevis noch von Co- ronaten bekannt. Auch zeigt sich keine Andeutung des festen Gesteins 0’. Nicht weit von w an dem anderen nach der Goslarschen Sandgrube hin liegenden Ufer des Cramerschen Teiches steht, jedoch ohne deutliche Grenze bei x ein dunkeler Thon an, der keine Eisensteinsgeoden, dagegen Belemnites canalıculatus, Gryphaea dilatata, letztere ziemlich häufig, enthält. Zwischen x (= obigen Schichten p) und den untersten, hier noch eben wahrzuneh- 166 menden Bänken des weissen Jura z treten ferner, jedoch nicht deutlich aufgeschlossen, sandige Schichten % auf. Diese letzteren Bänke, die am Clieversberge und bei Zhmen fehlen, und deren weiter unten ausführlicher erwähnt werden wird, sind um so mehr zu beachten als Herr Urxıck daraus einen Am. cordatus aufbewahrt. — Zur mehreren Orientirung ist in den Durchschnitt auch der nicht ganz in der Fallungs- richtung liegende Petersberg, nebst der Goslarschen Sand- grube aufgenommen. Daselbst sind vorzüglich schön auf- geschlossen: Coralrag xz, Quader, Flammenmergel und Pläner. Dagegen ist der braune Jura bedeckt. Mit einigen Abweichungen bleibt der Bestand und die Gliederung des Lias und braunen Jura in der ganzen Er- streckung bis Harzburg der Lokalität am Osterfelde gleich. Geht ein Anderes aus dem für den damaligen Stand der Geo- snosie klassischen Aufsatze des Herrn Scuuster in LEoN- HARD und Bronn’s Jahrb. 1835. S. 141 ff. hervor, so ist dies nur anscheinend. Der hier gemachte Unterschied zwischen gelbem und blauem Liasthon ist allerdings vorhanden, die nach- her entstandenen Aufschlüsse lassen aber (vid. Sckuster ıb. S. 328) erkennen, dass dieser Unterschied nicht auf dem Alter der Schichten beruht, sondern dass der gelbe Thon der Einwirkung der Atmosphäre in grösserem Maasse unterlegen hat als der minder angegriffene und reinere blaue. So kommt es, dass dort unter dem gelben Thone die im Durchschnitte am Österfelde mit 7, s, v, w bezeichneten Schichten und noch eine andere zwischen z und » liegende Bank, und unter dem blauen Thone grösstentheils zwar nur diese letztere Bank, aber auch einiges nicht Zugehörige zusammengefasst ist. Mit Berücksichtigung dieses klärt sich die Vermengung von Petrefakten aus verschiedenen Schichten auf. — Ebenso er- kennt man in der vom Oberbergmeister Aurenn (Bericht des naturwissenschaftlichen Vereins des Harzes 1840) gelie- ferten Uebersicht der Schichten, die mit dem unterirdisch nach der Ockerhütte getriebenen Wasserlaufe überfahren sind, von denen aber, da derselbe durch Mauerung und Zim- 167 merung ausgebaut ist, jetzt nichts mehr wahrzunehmen ist, nicht nur die Schichten am Osterfelde, sondern auch die Rudimente des unteren und mittleren Lias, nebst einer zwi- schen z und v am Osterfelde fehlenden. mindestens noch nicht beobachteten Thonschicht. Die letztere Schicht, in der früher zunächst der Ocker- schen Hütte Thon gewonnen wurde, und aus der vieles, jedoch vermengt mit Sachen aus anderen nahe liegenden Thonen, in die Sammlungen übergegangen ist, hat, mit Be- stimmtheit aus ihr herrührend, nicht nur die sämmtlichen Versteinerungen, welche in der besonderen Schicht im Koch- schen Schachte bei Alein-Schöppenstedt unweit Braunschweig: (s. 8.159) erkannt wurden, nämlich Ammonites opalinus, Trigonia navis (ein sehr schönes Exemplar mit der Schale befindet sich in der Sammlung des Herrn Aurenn zu Gos- Jar), Modiola Hillana und Inoceramus dubius, son- dern auch noch die S. 133 beschriebenen Pleuromya unioides und Gresslya donaciformis und endlich Nuceula Hammeri Derr. (Nucula Hausmanni Roem. vorn aufgebläht und senkrecht abgestutzt, die Wirbel ganz vorn) geliefert; Alles, gleichwie die organischen Reste aus den älte- ren und jüngeren 'Thonbänken, und deshalb nach dem Aeus- sern davon nicht zu unterscheiden, mit weisser zerreiblicher Kalkschale, die Steinkerne aus milder Thonmasse bestehend. Der Am. opalinus ist von hier nicht so gross als der aus dem Klein-Schöppenstedter Schachte, meist nur bis 2 Zoll im Durchmesser, und pflegen selbst die kleinsten mit keinen starken Rippen, sondern lediglich mit fadenförmigen Linien verziert zu sein. Hier also die typische Form, QUENSTEDT Cephal. Tab. 7,10. Dann aber auch einzelne Stücke, auf denen sich die fadenförmigen Linien zu Büscheln zusammen- ziehen, ja Steinkerne, die lediglich die dicken Rippen des Am. Murchisonae führen. Die Bank ist daher nach ihrer Fauna identisch mit derjenigen, die in dem alten Schachte bei Alein- Schöppenstedt erkannt wurde. Sie liegt bei Ocker, wie auch SCHUSTER in seiner Abhandlung S. 144 erwähnt, über den 168 Posidonienschiefern,, unstreitig auch über dem dort nicht zu beobachtenden Radiansthone #, Z, und steht daselbst ferner mit Entschiedenheit wahrzunehinen, dass sie unter dem ver- steinerungsleeren Thone v, »n folgt. Aus dem Verhalten bei Ocker wird somit das gegenseitige Alter des Opalinusthons und des letzteren Thons v, m, das oben S. 161 nur aus den Umständen geschlossen wurde, thatsächlich festgestellt. Da an beiden Orten die Ablagerung durch Versteinerungen an der Oberfläche nicht wahrzunehmen ist und ;der Grund hiervon lediglich in der ungemein leichten Zerstörbarkeit der Petrefakten liegt, so kann sie füglich eine grosse Verbreitung haben, auch am Österfelde u. s. w. unter günstigen Ver- hältnissen weiter aufgeschlossen werden. Eine andere Bank, die am Österfelde gleichfalls nicht beobachtet wird, hat sich bereits im Ockerschen Wasserlaufe gefunden und ist durch vor Kurzem ausgeführte Bergbau- Versuche bis in das Lindenbruch in Westen von Harz- burg mit einer Mächtigkeit von 2 bis 6 Fuss verfolgt, noch weiter in Osten aber nicht aufgefunden. Sie besteht aus einem milden, rothen, oolithischen Thoneisensteine, der Thon zum Hangenden und Liegenden hat, dem zufolge des Strei- chens und der übrigen Verhältnisse genau die Lage von w am Österfelde zusteht. Aus diesem Eisensteine haben wir bei den Versuchen im Lindenbruche folgende Versteinerun- gen, sämmtlich ohne Schale und aus einer Masse, dem Mut- tergesteine ziemlich gleich, bestehend, gesammelt: Zuvörderst ungemein häufig, doch meist nur in Win- dungsstücken, die besondere Varietät des Am. Parkinsoni, die Quenstepr (Cephal. S. 148 und Tab. 11, 1) als Parkin- soni bifurcatus beschreibt und schön abbildet. Durch- messer in der Regel 1 bis 14 Zoll. Die Mundöffnung so breit wie hoch oder die Höhe noch etwas grösser, so wie bei QuEn- stepr. Dabei Neigung zur Sechsseitigkeit. Involubilität noch etwas geringer als bei Quenstepr. Von den äusserst scharfen Rippen (30 auf dem letzten Umgange) theilen sich einzelne, je die dritte oder vierte, doch auch häufiger und seltener, und zwar 169 etwa in der halben Höhe. Jede Rippe, sowohl die sich theilenden als auch die einfachen, schwillt hier und an ihrem Endpunkte auf dem Rücken zu breiten Stacheln, namentlich auf dem Rücken mit bedeutender Höhe an. Auf dem Rücken wer- den die Stacheln der beiden Seiten durch eine tiefe breite Furche getrennt. Nicht selten finden sich andere Stücke, an denen die die Rückenfurche begrenzenden Stacheln an Höhe abnehmen, ja ganz verschwinden. Im letzteren Falle liegen die Formen bei Quensrepr ib. Tab. 11, 3 wa9, Am. Par- kinsoni dubius und Parkinsoni coronatus vor, je nachdem die Mundöffnung an Breite zunimmt. Bei der grössten Breite, die etwa + mehr beträgt als die Höhe, und bei dem Mangel an Rückenstacheln ist der zwischen den beiderseitigen Gabelpunkten der Rippen belegene Theil der Windung, der Rücken, halbkreisförmig abgerundet. Zugleich spalten sich die Rippen ohne Ausnahme und laufen ohne Biegung nach vorn radial. Die grössten Windungsstücke von 1 Zoll Breite haben immer einen abgerundeten Rücken. An ihnen verflachen sich die Rippen, es verschwinden auch die Seitenstacheln, und stellt sich nicht selten zwischen den Gabeln noch eine einfache, von der Rückenfurche bis zur Linie der Gabelpunkte herabreichende Rippe ein. DBliebe solchen Fragmenten nicht stets die überaus deutliche, jedoch im Verhältniss zu den jüngeren Windungen schmale Rücken- furche, so könnte man sie leicht für grosse Am. convolutus halten. Das Verdienst, alle die Formen, die einerseits an an- ceps, andererseits fast an ornatus erinnern, als Varietäten des Parkinsoni zuerst erkannt und damit in dieser Species eine seltene Mannigfaltigkeit hervorgehoben zu haben, ge- bührt Quensteptr. Schon im Flötzgebirge Würtembergs ist auf die Anschwellung der Rippen zu Stacheln u. s. w.. auf- merksam gemacht, wie auch ZıEren’s freilich nicht sehr gelungenen Abbildungen vom Am. bifurcatus und subfurcatus Tab. 3,3 und 7,6 die gehörige Stellung angewiesen. Es muss daher auffällig sein, dass in der Paleont. Fran. Terr. Jur. ohne Rücksicht hierauf die gestachelten Varietäten 170 nochmals als neue Species: Am. Niortensis Tab. 1214, 7 vis 16, Garantianus Tab. 123 und nochmals als contrarius Tab. 145, Ibis4 (mit am Rücken widernatürlich nach rückwärts laufen- den Rippen) und als Julii Tab. 145, 5 vis 6 dargestellt werden. Die letztere Form würde zwar, wenn getreu gezeichnet und constant bleibend, durch ihre dritte Stachelreihe und durch den Mangel an Unterbrechnng der Rippen durch die Rücken- furche als etwas besonderes charakterisirt werden. Wir haben jedoch nach unseren Erfunden bei Lechstädt unweit Hildesheim eine andere Meinuug. — Von dem typischen Am. Parkinsoni ohne Stacheln hat sich ım Lindenbruche nichts gefunden, doch dürfte dies nur local und hierauf kein Ge- wicht zu legen sein, da an anderen Stellen, z. B. bei Brun- kensen, in N.W. von Alefeld und bei Lechstädt gestachelte und ungestachelte Varietäten vergesellschaftet sind. Im Uebri- gen kommen nach QuExstepr die gestachelten Am. Parkin- soni nicht nur in dem Parkinsonithone des braunen Jura g, sondern auch noch etwas tiefer bis in © herab vor. »’OR- BIGNY stellt im Prodrome Am. Niortensis und Garantianus mit dem Parkinsoni (interruptus) zusammen ins Bajocien, — Julii und contrarius ins Bathonien, doch kann mit QuEnstepr auf D’Orzıcny’s Angaben wenig Vertrauen gelegt werden, da offenbar eine Zerspaltung der Species, lediglich dem ver- meintlich verschiedenen Niveau zum Gefallen, vorgenom- men ist. Im Eisensteinsflötze des Lindenbruches haben sich fer- ner folgende Versteinernngen gefunden: Terebratula varıans Scart. v. Buch, haselnuss- gross und auch noch etwas grösser, nicht häufig. Terebratula perovalis Sow. sehr häufig, dieselben Formen, wie am Ülieversberge u. s. w. zum Theil von an- sehnlicher Grösse. Pleuromya Brongniartiana BDronn (var. tenui- stria Ag.) häufig, wie an der Mückenburg u. s. w. Goniomya litterata Sow. selten, etwas kleiner als an der Mückenburg. 171 Astarte depressa Gorpr. und pulla Rorm., ziem- lich häufig. Cueullaea in zwei Formen häufig, die grösseren von 14 Zoll Länge vielleicht oblonga Sow., die kleinen hinten mit sehr scharfem Kiel wahrschemlich concinna Phnır. Endlich eine Menge verschiedener, jedoch nicht mit Sicherheit zu bestimmender Steinkerne von Pleurotomarien, Turritellen und Trochus. Von Belemniten, Austern, Trigo- nien, Aviculen und Pholadomyen hat sich nichts gezeigt. Mineralogisch hat das Lindenbrucher Eisensteinsflötz eine ungemeine Aehnlichkeit mit der Schicht 0” am Ulievers- berge, da wo am nördlichen Abhange von der Mörse-W olfs- burger Strasse der Weg nach Zothehof abgeht, führt hier nur einen geringeren Eisengehalt. Doch könnte es, minde- stens nach dem was vorliegt, scheinen, dass die beiderseitigen Faunen nicht als ganz identisch zu betrachten wären. Denn es sind zwar beiden Lokalitäten Am. Parkinsoni, Terebratula varians und perovalis und Pleuromya Brongniartiana gemein- sam, doch tritt Am. Parkinsoni dort in ganz andern Varie- täten als hier auf; es zeigt sich ferner Terebratula varians am bezeichneten Punkte des Ulieversberges sehr häufig, während dies im Lindenbruche nicht der Fall ist, und finden sich endlich gefurchte Belemniten, Gresslya latirostris, Tri- gonia costata und Pholadomya Murchisoni lediglich dort, und Goniomya litterata, Astarte depressa und pulla lediglich hier. Allein da alle diese Versteinerungen, wie sich hinsichtlich der besonderen Varietäten des Am. Parkinsoni noch ergeben wird, und in Betreff der übrigen Species sich schon ergeben hat, einem und demselben Niveau, den Schichten o, o’ und w zugsehören, so dürfte die paläontologische Verschiedenheit nur local sein und das Eisensteinsflötz des Lindenbruchs in der That geognostisch mit den letzt gedachten Schichten gleich stehen. Mithin tritt gleichwie am Clieversberge auch am Harzrande die 'Thatsache auf, dass sich in dem gedach- ten Niveau mineralogisch sehr verschiedene Gesteine mit Faunen einstellen, die zwar manche Versteinerungen gemein- 172 sam haben, zu denen aber andere local hinzukommen cder fehlen. Wenn nun in der gesammten Gegend von Goslar bis zum Lindenbruche unweit Harzburg an keiner Stelle im Lias und braunen Jura eine Vermengung von Petre- fakten stattfindet, die sonst getrennt auftreten, und dort, abgesehen von dem widersinnigen Einfallen, alles in re- gelrechter Aufeinanderfolge liegt, wie wir, was auch Ent- gegenstehendes in die Wissenschaft übergegangen sein sollte, um so mehr mit Bestimmtheit behaupten als die obwalten- den Verhältnisse, wie sie so eben dargestellt sind, mit Hülfe der Beyrıcn’schen Karte leicht aufzufinden und wahrzuneh- men stehen; so ist in der That doch eine Lokalität vorhan- den, wo eine solche Vermengung mit Entschiedenheit obwal- tet. Es sind dies die anfänglichen, jetzt nicht mehr stark benutzten Thongruben der Ziegelei von Bündheim unweit Harzburg, die hart neben den südlichen Häusern des Orts liegen. Die Thongruben haben keine erhebliche Ausdehnung, etwa 20 Fuss in der Falllinie und werden nur bis zur Tiefe von höchstens 6 Fuss betrieben. Von Schichtung ist nichts wahrzunehmen. Eben so wenig ist in irgend einer Rich- tung eine Abgrenzung von verschiedenen Thonarten zu be- merken. Das Ganze besteht vielmehr aus gleichförmigem blaugrauem Thon ohne alle Schieferung. In ihm liegen nun die verschiedenartigsten Versteinerungen, zwar nicht häufig, doch so, dass man sich bei einiger Aufmerksamkeit von dem Vorhandensein mehrerer Species bald überzeugt, — bis auf wenige Ausnahmen mit weisser zerreiblicher Kalkschale, auch sonst nach mineralogischen Merkmalen durchaus nicht unter- scheidbar, und zwar keine derselben, dem Niveau oder der Himmelsrichtung nach an eine bestimmte Stelle vorzugsweise gebunden, sondern ohne jede Regel vermengt. Folgendes sind die Arten, welche wir seit einigen Jahren an Ort und Stelle selbst aufgenommen haben, oder die wir von dort in solcher Weise erhielten. dass wir ihr Herkommen von der 173 fraglichen Lokalität zu verbürgen vermögen. Die häufigeren sind mit (h.) bezeichnet. Abtheilung 1. Ammonites costatus Sow. (h.) Die typische Form ohne Rippenstacheln, mit fast quadratischer Mundöffnung. An einzelnen Windungsstücken hat diese letztere 1 Zoll Höhe und Breite. Junge Exemplare von 14 bis 14 Zoll Durch- messer zeigen hier vielfach eine verhältnissmässig geringere Breite, und ähneln dem Am. amaltheus, dessen stärkere Zu- nahme in der Windungshöhe sie indessen nicht theilen. Das ist die Varietät, die RoEmEr in Oolith. Seite 189 als Am. Reineckü v. Msrr. erwähnt. Mannigfache Uebergänge ver- binden sie mit der typischen ‚Form. Ammonites amaltheus Scur., die typische Form und, jedoch selten, die mit langen Dornen (Quenst. Cephal. Tab. 5, 4») Abtheilung 2. Modiola Hillana Sow., wie von Älein-Schöppenstedt und Ocker. Nucula Hammeri Derr. (h.), wie bei Ocker. Nucula (Leda) rostralis Lawm., seu claviformis Sovwr., (h.), ziemlich klein. Abtheilung 3. Ammonites Blagdeni Sow. (coronatus ScaL.) (h.); im Allgemeinen sowie derselbe bei Sow. Tab. 201, Quensr. Cephal. Tab. 14, ı und Zıer. Tab. 1,1 abgebildet wird, bei wenig Höhe überwiegend in der Breite zunehmend, so dass der Durch- messer die Breite nicht viel übertrifft, daher kugelförmig. Von der geringsten Grösse bis, den Fragmenten zufolge, 1 Fuss Durchmesser, meist 2 bis 3 Zoll; die von den grösseren Di- mensionen verdrückt und nur in Bruchstücken. Mit 4 Fuss Durchmesser muss die äusserste Grenze noch nicht er- reicht sein, da dergleichen Stücke hin und wieder noch Spuren von Loben wahrnehmen lassen. Die gewöhnlichen Exemplare von 2 bis 3 Zoll Durchmesser haben eine trape- zoidale Mundöffnung, die 4- bis 5 mal so breit wie hoch; 174 der Rücken wenig gewölbt, die ihn begrenzenden Nabel- kanten mit 15 bis 16 hohen Stacheln versehen. Aus jedem Stachel läuft eine starke abgerundete, nie scharfe Rippe zur Naht, und drei eben solche über den Rücken, in der Mitte des letzteren oft etwas nach vorn gebogen. Die hinteren Rückenrippen der Stacheln der einen Seite sind gewöhnlich die vorderen der Stacheln der anderen Seite, wodurch es kommt, dass die beiderseitigen Stacheln nicht ganz einander gegenüber liegen. Die letzte Windung doppelt so breit als die vorhergehende. Die äussern Umgänge umschliessen die inneren bis zur Nabelkante, so dass der tiefe Nabel lediglich die Nahtrippen sehen lässt. Es bleibt diese Form in ver- schiedenen Alterszuständen ziemlich gleich, nur ist die Brei- tenzunahme an den jüngsten Exemplaren etwas geringer, letzteres wie es scheint auch im höchsten Alter. Ausserdem verfiachen sich mit zunehmendem Alter Stacheln und Rip- pen, und schieben sich auf dem Rücken noch eine, zwei bis drei Rippen ein, so dass dann jedem Stachel so viel mehr als drei entsprechen. Die Anzahl der Stacheln und Nabel- rippen mag in den grössten Individuen bis auf 20, ja viel- leicht auf 25 steigen. — Während von dem ansehnlichen Vorrathe der vorliegenden Exemplare etwa die eine Hälfte aus dieser Form des coronatus besteht, die der eigentliche SowerßyY'sche Blagdeni sein dürfte, zeigt die andere Hälite, die jener durch Uebergänge vollständig angeschlossen ist, eine gar mannigfach abwechselnde Verschiedenheit. Die Breitenzunahme ist nämlich unter sonst ziemlich gleichblei- benden Eigenschaften nicht so erheblich als bei dem Blag- deni, und es entsteht das Bild von Am. anceps ornati bei Quensr. Cephal. Tab. 14,5, oder es vereinigt sich mit der- selben geringen Breitezunahme eine starke Wölbung des Rückens und Abrundung der Nabelkante, so dass die Ge- stalt wie von Am. Humphresianus wird, ohne jedoch dessen grössere Anzahl der Stacheln und dessen schärfere aber minder breite Rippen anzunehmen. Dann stimmt die Form mit QUENSTEDT’s weitnabliger Varietät durch Uebergang von 175 Am. Banksii Sow. Tab. 200 zum Am. Braikenridgii Sowr., wie ihn p’Ore. Jur. Tab. 135, 3 u.a abbildet, und zum Am. Sauzei D’Ore. ib. Tab. 139. — Noch andere Formen ohne Nabelkante haben statt der Stacheln verdickte längliche An- schwellungen, von denen aus 2, 3 und 4 starke Rippen über den einen Halbkreis bildenden Rücken laufen, in dessen Mitte sie ungewöhnlich weit nach vorn gebogen, die hinte- ren Rippen der einen Anschwellung fast immer die vorderen der anderseitigen Anschwellung bildend, bis 3 Zoll im Durch- messer. Sie gleichen Am. Gervillii Sow. Tab.184a, 3, Quensr. Cephal. Tab. 15, 11 und n’Org. Tab. 137, 3 (wie QuEnstEDT bemerkt, hier irrthümlich Am. Brongniarti Sow. genannt). Der letzteren Form zunächst stehend finden sich end- lich noch andere, die an Planulaten grenzen. Bei beschränk- ter Involubilität biegt sich die schmale Nabelfläche ohne Kante > zu der bis etwa $ der Höhe fast ebenen Seite um, und geht diese dann allmälig in den halb kreisförmigen Rücken über. Die Mundöffnung etwas höher als breit. Höhe der vorletzten Windung + von der der letzten. Ueber der Naht entspringen auf dem äusseren Umgange 20 bis 22 breite wulstartige Rippen, die sich unregelmässig unter und über der Mitte der Seiten in 2 oder auch 3 andere mindere dicke Rippen ohne Stacheln und Anschwellung in den Theilpunk- ten gabeln. Auch schalten sich in unbestimmter Höhe an- dere Rippen ohne Stiel ein, die einfach bleiben oder sich über der Mitte der Höhe, ja selbst noch nächst der Mitte des Rückens gabeln. Alle Rippen haben eine bedeutende Neigung nach vorn und zwar gleich von ihrem Beginne bei der Naht an. Auch bei dieser Form bilden die hintern Rippen der Stiele auf der einen Seite fast ohne Ausnahme die vorderen Rippen der anderseitigen Stiele. und tritt vor- zugsweise bei ihr, namentlich wo noch Einschaltungen statt- finden, eine Verschiebung der beiderseitigen Stiele und ein merklich unsymmetrisches Schieflaufen der Rippen ein. Bis 3 Zoll Durchmesser. Am. caprinus Schr., so wie bei Quensrm. Cephal. Seite 190 Tab. 16,5 und in der 3. Aufl. der Leth. 176 Seite 351 Tab. 23, 6 dargestellt, hat einen ähnlichen Habitus, Ja es scheint keine specifische Verschiedenheit da zu sein, jedoch hat caprinus eine mehr kreisförmige Mundöffnung, und tritt die Gabelung der Rippen ungleich seltener ein. Bei p’Or- BIGNY ist die Abänderung vielleicht unter dem Am. dimor- phus, Tab. 141 begriffen, doch findet sich bei Zündheim nie Evolution oder Einschnürung. Sträubt man sich auch noch so sehr Formen dieser letz-- tern Art, die eben so sehr in die Armaten als in die Ma- crocephalen überspielen, dem Am. coronatus ScHL. zuzuge- sellen, so wissen wir doch nach den bezeichneten Erfunden bei Bündheim keine der obigen Varietäten davon specifisch abzugrenzen. Die Uebergänge sind so innig, dass die Ab- sonderung in mehrere Species einem künstlichen Zerreissen von in der Natur Verbundenem gleich sein würde. In der That sticht aber auch der gemeinsame Typns in allen jenen Formen hervor. Es bilden sich die einzelnen Varietäten hauptsächlich durch den mannigfachen Wechsel des Verhält- nisses der Höhe zur Breite und durch das Verflachen, ja gänzliche Verschwinden der Nabelkante. Doch ist das Fehlen dieser letztern vielleicht der Natur entsprechender in der Weise zu begründen, dass die Nabelfläche (derjenige Windungstheil, der zwischen der Nath und der Nabelkante liegt,) an Höhe nach und nach abnimmt. Die Loben, die aber leider an den Bündheimer Ammoniten nur selten zu beobachten sind, würden entscheiden, ob das eine oder an- dere der Fall ist. So entsteht die extremste Form, die ca- prinusartige aus dem Blagdeni in der Weise, dass bei über- mässig zunehmender Mundhöhe und Verflachen der Stacheln, die Nabelkante verschwindet oder bei Schmälerwerden der Nabelfläche sich abrundet. Alle die obigen Formen sind für uns nichts weiter als Varietäten des Am. coronatus ScHL. Ihr untrennbarer Zusammenhang lehrt aber noch mehr wie Am.Parkinsoni, dass die Natur innerhalb einer und derselben Species unter lokalen Umständen eine grosse Mannigfaltig- keit hervorbringt, und wie sehr man sich hüten muss, auf 177 ein einzelnes Individuum hin neue Species zu formiren. Im- merhin ist bei coronatus von Bündheim bemerkenswerth, dass die Varietäten in verschiedenen Alterszuständen ziemlich eonstant zu bleiben scheinen, mindestens die inneren Win- dungen von den äusseren nicht so abweichen, wie z. B. bei Am. amaltheus. Doch könnte diese Constanz auch auf Täu- schung beruhen, da allerdings aus dieser, Abtheilung der Bündheimer Ammoniten wenig vollständige Exemplare, haupt- sächlich nur die äusseren Windungen, die Wohnkammern, vorliegen. Dies ist auch der Grund, weshalb Loben selten beobachtet werden. Im Uebrigen haben sorgfältige Beob- achter wie Bronn und QuEnstepr, die den Vortheil hatten eine Mehrzahl von Individuen zu untersuchen, schon längst auf die erheblichen Modifikationen innerhalb der Species Am. coronatus aufmerksam gemacht. Im Interesse für die Sache haben wir aber für gut erachtet, auf die Ermittelungen die- ser Autoritäten in Obigem nicht lediglich zu verweisen. Was das Vorkommen des Am. coronatus in anderen Gegenden nach zuverlässigen Untersuchungen anbetrifft, so steht fest, dass die Varietät Blagdeni Sow. in England und Würtemberg auf den mittleren braunen Jura beschränkt ist, hauptsächlich in QuEnstepr’s & auftritt. In demselben Ni- veau zeigt sich ferner (ob darauf beschränkt?) QuEnstEpr’s weitnablige Varietät. Die Abänderung Am. Gervillii hat QuEnstepr ebendaselbst gefunden, sie kommt vorzüglich bei Moutiers mit Am. Humphresianus u. s. w. vor. Da- gegen schreiben QuEnstEDt und BRoNnN den anceps ornati und den eigentlichen caprinus einem viel höheren Niveau, dem: oberen braunen Jura {, zu. In Frankreich kommen die Bündheimer Varietäten des coronatus, wie es scheint, sämmt- lich bei Moutiers, Bayeux etc. in der Oolithe inf. vor, und setzt sie D’ORBIGNYy im Prodrome in das Bajocien. Herr FrAAs erörtert aber, dass diese Schichten verschiedene geo- gnostische Niveaus bis zum oberen braunen Jura herauf ver- eint umfassen, und bleibt es noch unentschieden, welchem speciellen Niveau die obigen Muscheln daselbst zugehören. Zeits. d.d. geol. Ges. V.1. 12 178 Gewiss möchte aber sein, dass auch in Frankreieh Am. co- ronatus im unvermischten oberen braunen Jura vorkommt, (cfr. coronatus P’Orsieny Tab. 168 und 169 aus Cadlowien.) Auch am Tönnjesberge bei Hannover ist dies der Fall. Abtheilung 4. Ammonites Lamberti Sow. (h.) meist die typische, doch auch die aufgeblähte dicke Form (omphaloides u. s. w.), - von 4 bis 2 Zoll Durchmesser. Im Gegensatze zu fast allen übrigen Versteinerungen von Dündheim besteht das Innere dieses Ammoniten nicht aus reinem T'hone, sondern aus einem Gemenge davon mit Schwefelkies. Auch sind die Exemplare meist vollständig erhalten. Die Schale ist jedoch wie sonst weisser zerreiblicher Kalk. Durch diese Beschaffenheit treten die Loben sehr deutlich hervor. Der tiefe und breite, drei- spitzige Oberlateral liegt fast in der Mitte der Seite. Die Hülfsloben äusserst klein. Ammonites hecticus Rein. (h.) Die Form lunula, Leth. Tab. 22, 9 u. 10, Cephal. Tab. 8. 1, 2u.4 und Zıer. 10, 1. Die dicken Rippenstiele mit starker Neigung nach vorn thei- len sich in + der Höhe in 2 oder 3 Rippen, welche hiernächst etwas nach hinten gerichtet sind und sich erst am Rücken nach vorn umbiegen. In den Theilpunkten sind die Rippen oftmals zu ‘unförmlichen Knoten aufgeworfen. Die Mund- breite sehr variabel, + der Höhe bis dieser gleich. Andeu- tung eines Canals auf den Seitenflächen sehr selten. ‘Die Species bleibt in dieser Weise constant, hat indessen grössere Dimensionen als die Würtembergsche, bis zu 34 Durch- messer. Auch bei dem grössten Durchmesser sind die Rip- pen noch 'eben so stark wie im frühen Alter. Eine Verflächung derselben oder gar glatte Seiten, wie sie D’OrBIENY Tab. 157, ı zeichnet, haben wir nicht bemerkt. Vorkommen in Würtemberg vorzüglich im Ornatenthone (brauner Jura £), aber auch tiefer in <, in Frankreich und England im Callovien und Oxfordien. Ammonites convolutus Scur. var. gigas QuEnsT. Cephal. 17: Tab. 13,6. Hiermit übereinstimmend, nur dass die Mundöffnung eben so hoch, ja noch etwas höher wie breit ist, finden sich nicht selten Windungsstücke von 4 bis 1 Zoll-Höhe, ohne dass uns die jüngeren Altersstufen bekannt sind. Der Verschiedenheit ohngeachtet dürfte die specifische Identität um so mehr unzweifelhaft sein, als wir mit denen von Bündheim völlig gleiche, aber besser erhaltene Exemplare aus dem Würtembergschen braunen Jura © von Gammels- hausen besitzen, an denen die Mundöffnung der inneren Win- dungen noch etwas breiter wie hoch ist. Ein vollständiger Umgang von Zündheim von 3} Zoll Durchmesser, allem An- scheine nach die Wohnkammer, hat 13 Linien Höhe und 9 Linien Breite. Einschnürungen werden nicht bemerkt, da- gegen pflest die Dorsalrinne nicht zu fehlen. Die Seiten sind nach Abschätzungen mit 22 bis 30 starken Rippen ver- sehen, die von der Naht ab bis zur Mitte der Höhe an Stärke etwas abnehmen und sich hier oder noch etwas höher in 2 bis 5, meist 3 andere schwächere Rippen theilen, und so über den Rücken laufen. Die dickeren Rippen haben eine radiale Stellung, nur bei der grössten Zertheilung sind sie ‚nach vorn gerichtet. Zwischen den Rippengabeln liegen auf dem Rücken nur bis fast zur Mitte der Höhe herab noch 2 bis 3 radiale Rippen. - Nach Würtemberger Exemplaren zweifeln wir nicht, dass die vorliegende Form zum eigent- lichen convolutus gehört. p’Orgıcnys Am. Backeriae (Sow.) Tab. 148 und Tab. 149,2 ist ohnstreitig dasselbe. — QUEN- STEDT eitirt den convulutus gigas Würtembergs aus dem braunen Jura (; p’Orzıeny im Prodrome seine Zeichnungen Jur. Tab. 148 als subbackeriae aus Bathonien und diejenigen ib. Tab. 149 als Backeriae aus Oallovien. cfr. hinsichtlich der irrthümlichen Benennung bei D’OrB. Cephal. Seite 554. Ammonites caprinus ScaL, so wie ihn Bronn in der 3. Auflage der Leth. Seite 351, Tab. 23, 6 und Quensr. Cephal. Seite 190, Tab. 16, 5 darstellen, jedoch nicht über 1 Zoll Durchmesser. Die Mundöflnung kreisrund. Von den scharfen Rippen theilt sich etwa die Hälfte in unbestimmter Höhe auf der Seite ohne Stacheln oder Anschwellung in den Theilpunkten, während der Rest einfach bleibt. Sie sämmt- 12* 1850 lich laufen in gleicher Stärke von der Naht ab über. die Sei- ten und den Rücken. Im Uebrigen ist diese bei Zündheim seltene Form, die dem Am. annularıs Reıx. sehr nahe steht, wahrscheinlich nichts weiter als der Jugendzustand von der bei Am. coronatus Seite 175 erwähnten Varietät. Sie ist hier aufgeführt, weil Am. caprinus dem braunen Jura £ zu- geschrieben wird. Ammonites ornatus Scur., (Dunkani Sow.) selten, nur ın Bruchstücken, die jedoch allem Anscheine nach bei der Gewinnung entstanden sind, sowohl von inneren als auch äusseren Windungen, alles wie Am. Lamberti in Schwefel- kies, vorliegend. Sie lassen auf einen Durchmesser nicht über * Zoll schliessen und gehören der Varietät rotundata bei Quenstepr an. Vorkommen: in Würtemberg im brau- nen Jura {; in Frankreich und England nach Broax im Ox- Fordien, hauptsächlich im Callovien. Ammonites athleta Puı. So mögen Bruchstücke bezeichnet werden, die auf einen Durchmesser von 2 bis 24 Zoli schliessen lassen, die Mundöffnung der fast nicht invo- luten Windungen abgerundet quadratisch, vorn etwa * Zoll hoch, und zwei Reihen hoher Stacheln, (ohngefähr 20 pro Umgang) haben, von denen die äussere auf der Kante zwi- schen Rücken und Seite, die innere auf der Kante zum Nabel liegt. Die äusseren meist höheren Stacheln und die inneren sind auf den Seitenflächen durch starke, abgerundete, radiale Rippen verbunden. Ueber den wenig convexen fast flachen Rücken laufen etwas nach vorn gebogene, abgerundete, schwächere Rippen, die sich meist zu je drei in den äusseren Stacheln vereinigen. Bei erhaltener Schale sind die Rippen auf den Seiten und dem Rücken, wie auch die zwischenlie- genden Flächen, radial mit dünnen fadenförmigen Streifen ziemlich regelmässig bedeckt, sowie dies die Zeichnungen bei Dunker et Koch Tab. 2, ı6 (perarmatus) und bei D’/ORBIGNY Jur. lab. 205 (Rupellensis) angeben. Aeltere Windungs- stücke von dieser Beschaffenheit, an denen innere Umgänge haften, liegen zwar vor, jedoch nicht solche, wo letztere 181 einen geringeren Durchmesser als 1 Zoll haben. Bis zu die- ser Grösse herab zeigt der Jugendzustand noch beide Stachel- reihen. Da hauptsächlich die inneren Windungen zur Unter- scheidung des Am. athleta und perarmatus maassgebend sein sollen, so könnte es allerdings zweifelhaft sein, ob die Bünd- heimer Form zu der einen oder anderen Species gehört. Exemplare des wirklichen Am. athleta, die bis zu dem Alter wie sie D’ORBIGNY Tab. 163, 5 darstellt noch keine Stachel- reihen zeigen, sind uns nicht bekannt. Der nicht rippen- freie Rücken hat zu der obigen Bestimmung geleitet. Doch sind vielleicht beide Arten, zumal ihre Loben dem Anscheine nach übereinstimmen, specifisch nicht verschieden. — »’Or- Bieny würde den oben aufgeführten Am. caprinus als Jugend- zustand des athleta bestimmen. — Am. athleta ist nach Quensteprt eine Hauptleitmuschel für den oberen braunen Jura . »’Orsıcny setzt ihn ins Callovien. Der perarma- tus nebst Backeriae bezeichnet nach QuEnstenr und Bronn gleichfalls den braunen Jura /, greift jedoch auch in den weissen Jura über. D’ORBIGNY setzt letzteren in sein Oxfordien. Ammonites Jason Reın. Ziemlich selten, jedoch bis zu 2% Zoll im Durchmesser. Bei mehr als 1 Zoll Grösse verschwindet die dritte Knotenreihe unter der Seitenmitte. Dagegen bleiben die über der Naht und die Zähne am Rük- ken (dritte Reihe) mit aller Schärfe. Der Rücken stets ohne Querrippen. Die vorliegenden Exemplare sind sämmtlich wohl conservirt. Das Innere von einigen besteht aus Schwe- felkies, von andern dagegen wie gewöhnlich aus verhärtetem Thon. Brauner Jura £. (Callovien und Oxfordien.) Noch kommen bei Zündheim Bruchstücke von Ammo- niten, namentlich die Wohnkammern, ziemlich häufig vor, die auf einen Durchmesser von 1+ bis 3 Zoll schliessen lassen, bei dieser Grössen-Verschiedenheit ziemlich eonstant bleiben und den Figuren 3 und 4 Tab. 160 bei p’Orkıcay, die dort zum Am. Jason gezogen sind, nahe stehen. Drei Reihen hoher Stacheln, von denen die des Rückens meist am längsten eine entschiedene Neigung nach rückwärts haben, 182 verbinden die Form allerdings mit Jason, während die ge- ringe Windungszunahme und schwache Involubilität, dann auch die Loben sie dem Am. ornatus zuweisen. Bestimmt zugehörige jüngste Windungen kennen wir noch nicht. Wir behalten uns über diesen Ammoniten, der vielleicht eine be- sondere Species bildet, die weitere Beschreibung noch vor. Belemnites canaliculatus und auch keulenförmige semihastatus, wie sie QuEnstEenr darstellt und wie sie im oberen braunen Jura vorkommen, namentlich erstere, gehö- ren zu den häufigsten Versteinerungen. Die Versteinerungen der Bündheimer Thongruben sind im Vorstehenden in 4 Abtheilungen so gesondert, wie man sie nach allgemeinen paläontologischen Erfahrungen in verschie- denen Schichten getrennt zu sehen gewohnt ist. Diejenigen der ersten Abtheilung sind Leitmuscheln des oberen Theils von dem mittleren Lias, die der zweiten Abtheilung, nament- lich was Nucula Hammeri anbetrifft, der Opalinusthone des unteren braunen Jura. Aus der dritten Abtheilung beschränkt sich die Varietät Blagdeni von Am. coronatus auf‘ den mitt- leren braunen Jura 6 und die Schichten von gleichem Niveau, während andere als Am, coronatus var. anceps ornati auch im höheren Niveau des braunen Jura, dem £ von QUENSTEDT, vorkommen. Die vierte Abtheilung endlich umfasst lauter Muscheln, die den obersten braunen Jura, Callovien und Oxfordien p’Oregıeny’s, unzweifelhaft charakterisiren. Mit dieser Vertheilung stimmen die speciellen Lagerungsverhält- nisse und die Befunde in der nächsten Umgegend in so weit vollkommen, als von den oben erwähnten Schichten entspricht: erste Abtheilung = 2 und s; zweite Abtheilung = Bank bei Klein-Schöppenstedt und Ocker, zwischen Z/ und , und x und v,; die vierte Abtheilung hat den allgemeinen Charakter von p und x, nur dass in p und .x wegen Mangel an Aufschlüs- sen eine geringere Mannigfaltigkeit wahrgenommen ist. Da- gegen hat sich von der Fauna der dritten Abtheilung in der Umgegend nur allein der an die weitnablige Varietät des Am. coronatus grenzende Am. Humphresianus, und zwar an 183 . der Mückenburg gefunden, während alles Uebrige fehlt. Auf- fällig ist es endlich, dass bei Zündheim aus der Schichten- folge in der Nähe nicht nur die sämmtlichen festen Gesteine, die Posidonienschiefer 4 und ?, die Mückenburger Schichten o’ und das Eisensteinflöz des Lindenbruchs mit den ihnen eigenen Versteinerungen fehlen, sondern auch dass daselbst alle Andeutungen von Am. Parkinsoni mangeln und mit der Nuecula Hammeri u. s. w. der Am. opalinus nicht vergesell- schaftet ist. Letzteres möchte eine Zufälligkeit oder ein lo- kales Verhältniss sein. Im Uebrigen nehmen wir an, dass die Fauna der dritten Abtheilung eine andere, aber ziemlich parallele Entwickelung der in den Bänken o, 0’ und « ist. Durch die Häufigkeit von Am. Blagdeni wird ihr Alter eini- germaassen vermehrt, während die Formen wie anceps ornatı und caprinus dasselbe wieder verjüngen; die Form Gervillii tritt dem Am. microstoma nahe und ist vielleicht, so möch- ten wir einstweilen dafür halten, vom Alter des macrocepha- lus. Dann stände eine Schicht mit der Fauna der dritten Ab- theilung in einiger geognostischen Harmonie mit der Umge- gend. In mineralogischer Hinsicht haben die sämmtlichen Bündheimer Versteinerungen wie schon bemerkt, eine völlig gleiche Beschafienheit: Steinkerne aus verhärtetem T’hon mit weisser zerreiblicher Kalkschale. Nur die Belemniten sind wie gewöhnlich. Ferner ‚besteht bei allen Am. Lamberti und ornatus, wie auch bei einem paläontologisch nicht abzu- grenzenden Theile von Am. Jason das Innere aus Schwefelkies oder aus einem Gemenge von Schwefelkies und Thon. Aus- serdem hat uns Herr Ewaıp auf ein weiteres sehr beach- tungswerthes Unterscheidungsmerkmal aufmerksam gemacht. Ein Theil der Ammoniten zeigt nämlich, wenn nicht bei der Gewinnung zerbrochen, stets innere und äussere Windungen zusammenhaftend bis auf die Wohnkammer erhalten. So sind die Vorkommnisse der ersten Abtheilung und jene Schwefelkieskerne der vierten Abtheilung. Von den übrigen Aınmoniten dieser letztern und denen der dritten Abtheilung findet sich meist (nicht ganz ohne Ausnahme) nur die Wohn- 184 kammer, wodurch angedeutet wird, dass der Thon, in dem die Thiere einst abgelagert wurden, nicht der Art war, auch in den gekammerten Theil einzudringen und so diesen vor der Zerstörung zu schützen. Wollte man sich von diesen beiden Merkmalen, dem mineralogischen und dem Erhaltungs- zustande, leiten lassen, so würden sich die Abtheilungen, wie sie aufgestellt sind, etwas ändern und etwa folgendermaassen gestalten: Erste Abtheilung, wie früher: Am. costatus, - Amaltheus. Zweite Abtheilung, desgleichen: Modiola Hillana, Nucula Hammeri und rostralis. Dritte Abtheilung: Am. coronatus mit der Varietät Blagdeni, anceps ornati, Banksii, Gervillii und caprinusartig ; - hecticus, - convolutus gigas, - ceaprinus, - athleta, - Jason, - 5Ps Canaliculirte Belemniten. Vierte Abtheilung: Am. Lamberti, - ornatus, ui Jason, Canaliculirte Belemniten. Diese Sonderung hat für sich, dass die dritte Abthei- lung sich ganz gut an die Vorkommnisse im nördlichen Frankreich und in England anschliesst, wenn man sich dort das Callovien und den Kellowayrock noch etwas tiefer ent- wickelt denkt; dagegen sprechen indessen die Verhältnisse der näheren Gegend von Zündheim, die doch im vorliegenden Falle ein mehreres Anhalten gewähren sollten. Hier sind 185 nämlich die Lambertischichten (>, x) von den nächst älteren Mückenburger Schichten (0, 0’, w) stets entschieden getrennt. Am. Jason und 'athleta namentlich gehören ganz dem oberen Niveau an, während sie tiefer noch nicht gesehen sind. Dies und der Umstand, dass Schwefelkies als Versteinerungs- Material nicht durchgreifend schichtweise stattfindet, (nicht weit entfernt, bei HJunnover, liegen in einer und derselben Thonlage, den Lambertischichten, Steinkerne von Schwefel- kies und andere von verhärtetem Thon) veranlassen uns, der Klassifikation der Bündheimer Versteinerungen, wie solche anfänglich aufgestellt ist, vor der letztern einstweilen den Vorzug zu geben. Wie dem aber sei, so steht so viel fest, dass in den Bündheimer Thongruben Versteinerungen vermischt vorkom- men, die bezeichnend sind für verschiedene Bildungen vom . mittleren Lias an aufwärts bis zum obersten braunen Jura _ und die nicht nur an entfernten Orten, sondern auch in der nächsten Nähe von Zündheim in vier im Alter von einander zum Theil weit abstehenden Bänken angetroffen werden. Ist nun zwar nicht auszuschliessen, dass im geognosti- schen Systeme, das gegenwärtig erst auf die Beobachtungen aus einem geringen Theile der Erdoberfläche gegründet ist, nahe stehende Schichten, die hier scharf getrennt auftreten, dort wegen Mangels der störenden Unterbrechungen u. s. w. ver- eint bleiben und sonst nicht zusammengehörige Faunen um- schliessen, ja hat erst kürzlich Herr Oscar FrAAs mit Klar- heit dargethan, dass die 3 bis 4 Fuss mächtige Obolite infe- rieure von Moutiers in der Normandie die Faunen der Murchisonaeschicht bis zur Macrocephalenbank Schwabens aufwärts, also von einem grossen Theile des braunen Jura, ungetrennt und ohne dass dies der Zerstörung früherer Ab- sätze zuzuschreiben steht, führt; so muss es doch von vorn herein sehr unwahrscheinlich sein, dass bei Bündheim ein sehr viel weiter, nach oben und unten hin, greifendes Zu- sammenfallen ursprünglich vorhanden war, zumal ein halbes Stündchen entfernt bei Ocker die betreffenden Bildungen, 186 geschieden wie sonst, mit mehreren hundert Fuss Mächtig- keit entwickelt sind, ja schon bei ein Paar hundert Schritte Entfernung, im Lindenbruche, die Andeutung der Sonderung wahrgenommen wird. Erwägt man ferner, dass die Bünd- heimer Thongruben in einem Längsthale liegen, das einer- seits von der stabilen Trias, andererseits von dem festen, mächtige Bänke bildenden, weissen Jura begrenzt wird; dass dazwischen, also im Thale selbst, lediglich Thonabsätze vor- handen sind, da hier die weiter ın Westen beobachteten festen Schichten, die Posidonienschiefer und der Eisenstein des Lindenbruchs, cessirt haben; erwägt man endlich, dass zunächst in Osten der T'hongruben jenes Längsthal in. ein tiefes Querthal, das der Radau, einmündet, — und dass alle Gesteinsmassen sich in übergekippter Lage, der Muschel- kalk mit 70 bis 80 Grad widersinnigem Einfallen und der weisse Jura mit 50 bis 60 Grad widersinnigem Einfallen befinden: so dürfte die Annahme sehr nahe liegen, dass die verschiedenen Versteinerungen der Bündheimer Thongruben, die soeben in vier Abtheilungen aufgezählt sind, nicht ur- sprünglich vermengt abgesetzt wurden, die Thiere nicht gleichzeitig mit einander lebten, sondern dass die Vermen- gung darin begründet ist, dass bei der Aufrichtung und Umkippung der Schichten die zwischen den beiden stabilen Massen, der Trias und dem weissen Jura, eingeschlossenen Thone des mittleren Lias und braunen Jura von minderer Widerstandsfähigkeit ungetrennt in ihrer Aufeinanderfolge nicht verblieben. Dass in der That einem solchen Umstande die Vereinigung der verschiedenartigen Faunen in der Bünd- heimer Thongrube beigemessen werden muss, wird aber: bis zur Evidenz dadurch dargethan, dass der Thon derselben ohne das sonst zu beobachtende, mehr oder weniger schiefer- artige Gefüge ist und dass die umschliessenden Eisensteinsgeo- den nicht bankartig, nicht mit den Schichtabsonderungen parallel erscheinen. Eine solche Vorstellungsweise gestattet jedoch, die Vermengung der Thone nicht bis zu einer übermässigen Tiefe, sondern lediglich auf die Oberfläche beschränkt. fest- 187 zuhalten. Das Auftreten von festen Bänken innerhalb ‘der Thone des Lias und braunen Jura weiter in Westen wird allein bewirkt haben, dass nicht auch da gleiche scheinbare Anomalien stattfinden. Nach dieser Darstellung der Verhältnisse bei Zündheim dürfte es gerechtfertigt sein, die dortigen Faunen bei Ver- gleichung der Schichten in ihre vier Abtheilungen zerlegt sich zu denken. Dann aber findet hinsichtlich der Zusam- mensetzung des Lias und braunen Jura zwischen @oslar und Harzburg einerseits und mehr in der Nähe von Zraunschweig andererseits eine fast gänzliche Uebereinstimmung statt. Die Unterschiede beschränken sich darauf, dass in ersterer Ge- send der Thon z mit Belemnites giganteus fehlt, dagegen über x (= p) die sandigen Schichten y mit Ammonites cor- datus vorkommen und den braunen Jura schliessen, und dass endlich ebendaselbst (in den Bündheimer Thongruben) Thon mit Am. coronatus u. s. w. auftritt. Von letzteren beiden Bildungen wird in der Nähe von Zraunschweig die erstere nicht, die andere mit einer abweichenden Fauna beobachtet. Die Cordatenbank entwickelt sich in der Gegend von Han- nover und Hildesheim in bedeutender Mächtigkeit, und es ist etwas ganz in der Natur der Sache Begründetes, dass diese jüngste Schicht des braunen Jura, — da in dem ganzen Golfe von Braunschweig je mehr nach Westen je mehr jüngere Ge- steine auftreten, — erst bei Goslar beginnt. Sie wird daher im Bereiche eines Golfes als etwas Selbstständiges, wenn auch im grossen geognostischen Systeme als nur lokal, zu betrachten sein. Als Resultat der bisherigen Erörterungen ergiebt sich für den Landstrich im Norden des Harzes in Betreff des braunen Jura und oberen Lias die nachstehende Ueber- sicht von der Gliederung der Schichten und de- ren Charakteristik. Die Vorkommnisse in den Bünd- heimer Thongruben sind zwar eingereiht, jedoch als nicht ganz unzweifelhaft durch Parenthesen abgesondert. 188 Weisser Jura bei vollständiger Entwickelung desselben, Rormer’s wahrer Korallenkalk. Ia. Andeutungen von mildem thonigen Sandstein mit Am. cordatus. — y. Ib. Dunkler Thon mit thonigen Kalkknauern und we- nigen oder keinen Eisensteinsgeoden, 10 bis 30 Fuss mächtig. Am. Lamberti, Üalloviensis, Jason (hecticus, convolu- tus gigas, caprinus, ornatus, athleta); Belem. canalieula- tus, (semihastatus), Gryphaea dilatata. — p, &. II. Graublauer Thon mit Eisensteinsgeoden, etwa 50 Fuss mächtig. Vorzugsweise in seiner Mitte sind angehäuft: Am. anceps var. Parkinsoni; Am. Parkinsoni var. planulata und depressa; Am. triplicatus; Belem., canaliculatus und fusi- formis; Terebr. varians; Ostrea explanata und costata; Trigonia costata; Gresslya latirostris; Pleuromya Brongniar- tiana; Pholadomya Murchisoni; Astarte depressa; (Am. coronatus var. Blagdeni, anceps ornati, Banksii, Geryillii, die caprinusartige Form u. s. w.). — 0, w. Anstatt des mittleren versteinerungsreichen Thons entwe- der: thonig feinsandiger eisenschüssiger Kalk von grauer und (angewittert) gelblicher Farbe mit: Am. Parkinsoni var. planulata, depressa und complanata; Am. triplicatus, ma- crocephalus, sublaevis, Humphresianus; Belem. canali- culatus und fusiformis; Pleurotomaria granulata; Terebr. varıans, perovalis, resupinata; Ostrea explanata und costata; Pecten demissus?, Avıcula echinata; Trigonia costata und clavellata; Gresslya latiro- stris; Pleuromya Brongniartiana; Goniomya litterata; Pholadomya Murchisoni und ovalis; Astarte de- pressa und pulla; Modiola pulchra. — 0’. Oder: ooli- thischer Thoneisenstein mit: Am. Parkinsoni var. bi- furcata, dubia und coronata; Terebr. varıans und perovalis; Pleuromya Brongniartiana; Goniomya litterata; Astarte de- pressa; Cucullaea oblonga? und coneinna?; Univalven. — Lindenbruch bei Harzburg. III. Blaugrauer Thon mit Eisensteinsgeoden. 150 bis 189 200 Fuss mächtig. Belem. giganteus, in der Mitte sel- ten Am, Parkinsoni var. planulata. — z. IV. Blauer Thon mit häufigen Geoden von Thoneisen- stein, meist bankartig vertheilt. 200 bis 300 Fuss mächtig. Gänzlicher Mangel an organischen Resten. — m, v. V. Blauer Thon, anscheinend von geringer Mächtigkeit. Am. opalinus; Trigonia navis; Modiola hillana; Inoceramus dubius; Nucula Hammeri (und rostralis); Pleuromya unioi- des; Gresslya donaciformis. — Ocker, Klein-Schöppenstedt. Vla. Grauer mergeliser Thon von 1 bis 2 Fuss Mäch- tigkeit, voll von Versteinerungen, nämlich: Am. radians, Jurensis, hireinus; Belem. digitalis und tripartitus; aus- serdem Steinkerne von Univalven und Bivalven. — /, x. VIb. Bituminöse Mergelschiefer, bis 50 Fuss mächtig. Am. serpentinus (mit Walkotti), capellinus, fimbria- tus, radıans compressus, communis; Belemnites digitalis (oben) und paxillosus (unten); Posidonomya Bronni; Inoceramus gryphaeoides; Monotis substriata; Fisch- und Saurierreste. — &, 1. VlIla. Blaugrauer Thon mit schichtweise angehäuften Thoneisensteinsgeoden. Am. amaltheus, costatus; Belem. breviformis und paxillosus; Turbo cyclostoma; Inoceramus substriatus u. s. w.; Treibholz. — ;, s. VILb. Belemnitenschicht — Numismalismergel. Vid. 8.68 Bd.4 dieser Zeitschr. Schicht 4, und ist zu den dort aufgezählten Versteinerungen noch Am. amaltheus hinzuzu- fügen. Die Gliederung der tieferen Schichten des Lias ist ebendaselbst zu ersehen. — Bei @osl«r scheinen diese und VIIb. durch versteinerungsleeren blauen Thon ersetzt zu werden. j Fasst man das Ganze mit Einschluss des weissen Jura als eine geognostische Periode, die Jura- oder Oolithen- Periode, zusammen, so können diejenigen Schichten, welche unter gleicher römischer Ziffer begriffen sind, als Etagen und 196 die weiteren Unterabtheilungen als deren Glieder betrachtet werden. Was die Verbreitung der obigen Gesteins- Schichten im gegenseitigen Verhältniss zu einander anbe- trifft, so scheint das Glied VIla., der Thon mit Am. amal- theus und costatus, überall und genau an das Glied VIIb., den Belemnitenlias, sich anzuschliessen. Ist zunächst über letz- terem zwar jene Schicht nicht fortwährend durch ihre orga- nischen Reste zu erkennen, so steht doch, wo Aufschlüsse vorhanden sind, ihre mineralogische Beschaffenheit wahrzu- nehmen. So ist das Vorkommen beider Glieder in dem vormaligen Golfe von Braunschweig ziemlich gleichmässig. Der Thon Vlla. tritt dann am meisten nach Osten zu auf: zwischen Elm und Asse bis Älein-Dahlum, — zwischen Asse und Fallstein nebst Huy bis etwas über Pabsidorf hinaus, — in dem grossen Fallersleben- Walbecker Erhe- bungsthale bis in die Gegend von @rasleben, — und zunächst dem Harzrande bis Harzburg. Im Allgemeinen beschränkt sich daher sein Vorkommen auf den Landstrich in Westen von einer Linie zwischen Harzburg und Grasleben. Jedoch müssen gleichwie während der Ablagerung des Belemniten- Lias so auch während der des Thons VIla. die beiden Gebiete, welche liegen das eine zwischen dem Fallsteine, dem Harlyberge unweit Vienenburg und Harzburg und das andere zwischen dem Elme, Rieseberge und Dorm, zwei inselartige Erhöhungen gebildet haben; denn die beiden in Rede stehenden Glieder fehlen daselbst nicht nur, sondern es deutet auch nichts an, dass sie nach dem Absatze durch spätere Ereignisse, Abschwemmungen oder dergleichen, be- seitigt wären. — Anders gestaltet sich dagegen die Grenze der Posidonienschiefer (YIb.). Sie schliessen sich keines- wegs an die nächst älteren Bildungen an. Vor ihrer Abla- gerung hatten sich die beiden so eben erwähnten inselartigen Erhöhungen nicht nur mit einander vereinigt, sondern in Norden und Süden an Umfang zugenommen. Denn wie schon bei dem speciellen Vorkommen der Posidonienschiefer 191 angeführt wurde, findet sich von ihnen am Fallstein, — zwi- schen diesem, dem Oesel und der Asse, — zwischen Asse und Elm, — und noch viel weniger zwischen dem Elm, Rieseberg und Dorm, nirgend eine Spur. Am Harzrande sind sie im Osten nicht ganz soweit wie der Amaltheenthon Vlla., bis Harzburg, zu verfolgen, sondern endigen etwa in der Mitte zwischen Ocker und Harzburg. In dem Fallers- leben-Walbecker Erhebungsthale dagegen findet die auffällige Erscheinung statt, dass hier die Posidonienschiefer, die noch etwas in Westen von Walbeck, an der Strasse nach Helm- stedt, vorhanden sind, weiter nach Osten hin sich erstrecken als der: Belemnitenlias und Amaltheenthon. Das ist eine Ausnahme von der Regel. Es zogen sich, wie übrigens der Natur der Sache völlig entspricht, die Gewässer des einsti- gen Golfs von Zraunschweig nicht ganz regelmässig, fort- schreitend von den älteren zu den neuen Epochen, nach Westen hin zurück. Was über das Niveau des Wassers erhoben war, erlitt hiernächst partiell wieder eine Senkung. Abgesehen von geringen Biegungen und Bedeckungen durch jJüngeres Gebirge, dürfte anzunehmen sein, dass das schmale Band cer Posidonienschieferr am Harzrande in Osten von Ocker beginnend und daran fortlaufend sich über Goslar, westlich vom Harlyberge, una etwa zwischen Wolfenbüttel und der Asse durch, auf die Feldmark von Neder-Sickte ex- streckt, dann mit einem grossen Bogen über Hondelage und Wendhausen zurück nach Schandelah, über den Lehrer Wohld nach Zlechtorf und Fallersleben sich zieht, und endlich von hier nördlich vom Ülieversberge mit ziemlich grader Rich- tung in dem grossen Erhebungsthale bis nach Walbeck vor- dringt. — Die Schicht Vla., der Radiansthon, folgt da, wo er erkannt ist, stets sehr nahe den Posidonienschiefern. Nir- gend wird derselbe landeinwärts von der angegebenen Grenze dieser letzteren gesehen. Zwischen und während der Abla- gerung beider können deshalb keine erhebliche Veränderun- gen in Vertheilung der Gewässer stattgefunden haben. — Der Thon V. mit Am. opalinus ist an zu wenig Stellen er- 192 kannt, als dass sich über dessen Verbreitung etwas Allge- meines sagen liesse. — Was endlich die höheren Etagen I. bis IV. anbetrifft, so sind deren Verbreitungsgrenzen nach Östen hin nicht gar weit von einander entfernt und treffen im Allgemeinen so ziemlich mit dem Bande der Posidonien- schiefer zusammen. Die Abweichung besteht lediglich in einigen partiellen Uebergriffen, so dass schon vor ihrem Absatze der Golf lokal sich um etwas wieder vergrössert haben musste. Nächst dem Harzrande erstrecken sich nach Osten zu die Schichten I. bis IV. über die Posidonienschie- fer hinaus bis Harzburg. Weiter in Norden nähern sie sich der nordwestlichen Spitze des Elms, meiden zwar den Raum zwischen Elm, Rieseberg und Dorm vollständig, treten aber bis an die nördlichen Abhänge der letzten beiden Hügel. Späterhin hat hier eine erhebliche Depression stattgefunden; denn es drängen sich daselbst die jüngsten Kreideglieder ein. In dem Fallersleben-Walbecker Erhebungsthale dagegen endigt der braune Jura südlich unweit Querenhorst, steht mithin ge- gen die Posidonienschiefer zurück. Westwärts ist der braune Jura des Golfs von Zraunschweig durch übergreifend abge- lagerte Diluvialbildungen bedeckt, dürfte aber mit dem von Hannover und Hildesheim in ununterbrochenem Zusammen- hange sein. — Untersucht man die Verbreitungsgrenzen der verschiedenen Glieder des braunen Jura, sc ist, von Einzelnheiten abgesehen, auch in ihnen das immer mehr nach Osten zu zunehmende Fehlen der Schichten, je nach- dem sie jünger sind, nicht zu verkennen. So tritt das Glied La. lediglich bei Goslar auf, wird aber weiter in Osten nicht gefunden. Ib. reicht am Harzrande bis Harzburg, fehlt in der gesammten Erstreckung von da bis Fallersleben, und greift in dem Fallersleben-Walbecker Erhebungsthale bis an die südöstliche Spitze des ÜOlieversberges vor. Die Etage II. stellt sich nun auch schon unweit Draunschweig an der Mückenburg ein. Noch weiter nach Osten liegt die Grenze der Etage III, und am weitesten endlich ist IV. verbreitet. Im Speciellen bestätigen sich somit die Anführungen auf 193 3.79 Bd. 4 dieser Zeitschrift über den allmäligen Rückzug der Gewässer des einstigen Golfs von Braunschweig in jün- geren Zeitabschnitten immer mehr nach Westen oder, was damit gleich ist, die allmälige von Osten nach Westen fort- schreitende Erhebung des Untergrundes dieses Golfes über das Wasser. Ruckweise kann diese Erhebung nicht erfolgt sein; denn es würde ein schwer zu erklärendes Ereigniss sein, wie die oft wiederholten Rucke ihre Wirkung, der spä- tere stets längs des früheren, hervorgebracht hätten. Eine langsame scandinavische Hebung, andauernd fortwirkend bis zum Eintritt der plötzlichen Runzelung zwischen der Kreide- und Tertiärperiode, gewährt allein eine genügende Verbin- bindung aller bekannten Thatsachen. Bevor eine Parallele der vorstehend im Norden des Har- zes erkannten Ablagerungen mit entfernteren gezogen wird, möge es gestattet sein, einen flüchtigen Blick auf diejenigen Schichten zu werfen, die sich gleichzeitig in mehrerer Nähe in der durch die umfassenden Untersuchungen der Gebrüder RoEMER geognostisch klassisch gewordenen Gegend von Hildesheim, Hannover u. s. w. gebildet haben. Zeigt sich hier der petrefaktenreiche untere und mittlere Lias nur sparsam oder als einförmiger Thon ohne organische Ein- schlüsse, so kommt dem oberen Lias und dem braunen Jura, nach der schönen Karte von H. Rosmer und der zugehörigen Abhandlung Bd.3 S.495 ff. dieser Zeitschrift, eine grössere nicht unbedeutende Oberflächenverbreitung zu. Wir heben zur Vergleichung der Gliederung von da einige Lokalitäten hervor, im Uebrigen auf jene Arbeiten verweisend. Was zuvörderst die ältesten der in Frage stehenden Schichten, den oberen Lias, anbetriftt, so ist solcher sehr schön in den Zwerglöchern am rechten Ufer der Innerste zwi- schen Hildesheim und Marienburg: aufgeschlossen. Der nach- stehende Durchschnitt giebt die dortigen Lagerungsverhält- nisse an. Zeits. d.d.geol. Ges. IVISAR 13 194 Zwerglöcher. Ziegeleigruben. = Er un - © = 5) @) Innerste. Gallberg. o. ist unser oberster Keupersandstein, der un- mittelbar die bunten Keupermergel bedeckt und im Streichen zu beiden Seiten vielfältig durch Steinbrüche oder durch Zutageausgehen der Schichtenköpfe offen vorliegt. Er fällt mit etwa 45 Grad in Ost ein. Zuoberst wechselt er ın dünnen Schichten mit von Sand mehr oder weniger freien gleichfalls dünnen Lagen von mildem schiefrigem Thon mit Glimmer. — Hierüber ruht der blaugraue Thon £, ohne organische Reste, dessen ältester Theil bei 7’rillecke unfern Hildesheim gut zu beobachten und hier eine Schicht Tuten- mergel nebst einer Bank festen Kalkmergel, letzterer wie es scheint petrefaktenleer, umschliesst. Der Thon dürfte das ganze Thal ausfüllen, obgleich die direkte Beobachtung durch Alluvium u. s. w. theilweise behindert wird. Wären indes- sen innerhalb des Thals feste Schichten vorhanden, so wür- den sich diese durch rückenartige Erhöhungen oder minde- stens durch umherliesende Gesteinsbruchstücke andeuten. Der Thon ß dürite mit dem 'Thone r nächst Goslar identisch sein, doch bleibt es hier wie dort unentschieden, ob einer bestimmten Schicht im Norden des Harzes, etwa dem Thone, mit dem der untere Lias unten beginnt, entsprechend, oder ob derselbe den gesammten unteren Lias nebst dem Belem- nitenlias ersetzt. — Die nächsten festen Schichten 7 bilden in den Zwerglöchern einen steilen Abfall nach dem Flusse hin. Es sind dieselben bituminösen Posidonienschiefer mit Faleciferen, Posidonomya Bronni, Inoceramus gryphaeoi- 195 des und nierenartigen Massen, voll von Monotis substriata, die oben unter VIb. (X, 7) erkannt wurden. Sie sondern sich zum Theil in die dünnsten Schiefer und liegen mit der bedeutenden, in dortiger Gegend jedoch nicht ungewöhnlichen Mächtigkeit von etwa 100 Fuss im wahren Sinne des Worts offen wie ein aufgeschlagenes Buch vor. Ihr Kalkgehalt soll indessen nicht erheblich genug sein, dass eine Ver- wendung als Mergel, gleichwie im Norden des Harzes, statt- fände. Stellenweise sind die Schichten, immer mit gleichen organischen Resten, gebleicht oder röthlich gefärbt. Es er- streckt sich dies nicht dauernd auf ein constantes Niveau, sondern mehr in vertikaler Richtung und ist offenbar, wie auch Herr H. Rormer anführt, eine Folge der Zersetzung von darin enthaltenem Schwefelkies. Auf keinen Fall wird durch die gebleichten Schiefer, die lediglich eine lokale Erscheinung sind, eine Abgrenzung innerhalb der ganzen Bildung be- dingt. — Ueberall längs der Zwerglöcher sichtbar werden die Posidonienschiefer von der dünnen Thonschicht ö be- deckt, die viel Versteinerungen enthält. Eine reiche Aus- beute, wenn auch nicht an verschiedenen Species, doch von Individuen, gewährt ein kleiner Wasserriss, der die Schich- ten vom Weghause bei Marienburg bis an die Innerste recht- winklig durchschneidet. Da finden sich in unzähliger Masse vorzugsweise Belemnites digitalis, [sparsam auch in die ober- sten Lagen der Posidonienschiefer sich herunterziehend,] und ferner alle möglichen Formen von Ammonites radians, letz- tere indessen meist nur in Fragmenten. Die Auflagerung dieser [oben mit Vla. = /, # bezeichneten] Bank an den Zwerglöchern unmittelbar auf die Posidonienschiefer ist eine unzweifelhafte, auf lange Erstreckung hin deutlich zu beob- achtende Thatsache. i Die Strecke im Durchschnitte zwischen der Radians- bank 6 und dem weissen Jura des Gallberges wird überwie- gend durch den Thon g, das Niveau von Rormer’s Dogger, eingenommen, doch ist derselbe dort ohne wesentliche Be- deckung von Dammerde, nur in seiner unteren Hälfte gut 13* 196 zu erkennen. In dieser führt er viel Eisensteinsgeoden, doch keine Versteinerungen; die dermalisen Thongruben der dorti- gen Ziegelei werden in ihr betrieben. Es liegt hier unstreitig der nördlich vom Harze unter IV. (m und v) aufgeführte Thon vor. — Früher ist die Thongewinnung in jetzt ein- geebneten Gruben in jüngeren Schichten, die Versteinerun- gen geliefert haben, betrieben. Von Herrn H. Rormer sind diese jüngeren Schichten in nicht grosser Entfernung östlich, nämlich bei der Lechstedter Ziegelei, wieder aufgefun- den. In dem Thone daselbst [seine Lage ist im Durch- schnitte mit 7 bezeichnet,] der sich in richtiger Entfernung über dem Posidonienschiefer und unter dem weissen Jura befindet und durch seine Ausbeutung gut aufgeschlossen ist, zeigen sich folgende Versteinerungen: Ammonites macrocephalus Scar. (4) bis 1 Fuss im Durchmesser. Die Nabelkante mehr oder weniger ab- gerundet. Die der Zahl nach nicht bestimmten Rippen meist schärfer als bei der Mückenburg. Vollständig stimmen die Exemplare mit denen aus der Porta Westphalica und vom Lochen bei Zahlingen. Die Abbildung in QuEnstenr’s Cephbal. Tab. 15,1 giebt bis auf die Nabelkante dieselbe Form. Ammonites sublaevis Sow. und zwar Gestalten bis zu 2 Zoll Durchmesser, die etwa ın der Mitte stehen zwi- schen Quenstepr’s Cephal. Tab. 14,4 (coronatus oolithieus von Moutiers) und ib. Tab. 14,5 (anceps ornati). Die obige Bestimmung dürfte nicht unrichtig sein, so dass dann diese Stücke die inneren Windungen vom grossen Amm. sublae- vis wären, doch haben wir vom letzteren die gewöhnlichen Formen bei Lechstedt nicht gesehen. cf. Cephal. S. 177. Ammonites triplicatus Sow. Windungsstücke bis zu einem starken ZollHöhe und etwa + geringerer Breite sind sehr häufig und zeigen die Loben sehr schön, so wie sie Quenstepr Cephal. Tab. 13,7. darstellt. Fragmente von minderer Grösse, an denen die Mundöffnung ziemlich gleiche Höhe und Breite hat, mit übrigens völlig gleichen Loben, 197 treten dem convolutus gigas (QuEnstenpr’s Cephal. Tab. 13, 6) von Bündheim sehr nahe, zum Unterschiede von der Bünd- heimer Form aber hin und wieder Einschnürungen führend. Es sind dies indessen wahrscheinlich nur die inneren Um- gänge vom triplicatus. Cf. Ammonites Backeriae p’Ore. Jur. Tab. 148. Ammonites Parkınsoni Sow. var. depressa Quenst. Cephal. Tab. 11,5. Dann auch Ammonites Parkinsoni Sow. var. bifurcata ib. Tab. 11, 1 jedoch nicht grösser als 1 Zoll im Durchmesser. Derselbe stimmt mit der betreffenden Form des Lindenbruchs bei Harzburg [ohne dass indessen die anderen dortigen Va- rietäten gefunden wären], hat jedoch nächst der Naht 4 bis 8 Rippen per Umgang weniger, während sie sich, mit Aus- nahme von je etwa der vierten, also häufiger theilen. An einem Exemplare haben sich die Rückenstacheln der Quere nach so verlängert, dass sie von beiden Seiten zusammen- treffen, doch bleibt immer eine, wenn auch nur geringe, An- deutung der Rückenfurche. Es hat uns dies S. 90 veran.. lasst, damit Am. Julii D’Ore. [Jur. Tab. 145, 5 vis 6], obgleich die dritte Stachelreihe fehlt, für synonym zu halten. Stellenweise finden sich ziemlich hänfig sehr zierliche bis 6 Linien grosse Ammoniten von goldgelber Farbe. Bei 4 Linien Durchmesser haben sie 3 bis 4 Umgänge ohne Nabelkante mit ovaler auch ans Sechsseitige grenzender Mund- öffnunge, etwas breiter wıe hoch. Zunahme der Breite am fo) letzten Umgange gegen den vorletzten etwa wie 3:2. Hö- henzunahme ebenso. Involubilität gering. Daher weiter offe-- ner Nabel. An der Naht entspringen scharfe, stark nach vorn gerichtete Rippen, die sich in der mehr oder minder her- vorstechenden Kante zwischen Seiten und Rücken meist ın zwei, hin und wieder auch in drei andere theilen, welche mit gleich bleibender Stärke und gerade über den abgerundeten Rücken laufen, hier jedoch durch eine scharfe Rinne unterbrochen werden. Die Theilpunkte sind mit Knötchen besetzt. Ein- schnürungen zeigen sich nicht. Ganz ähnliche Formen be- 198 sitzen wir aus der Parkinsonischicht des braunen Jura = der Achalm bei Zeuflingen. Sie kommen dort mit dem kleinen Am. anceps Parkinsoni vor und sollen Jugendzustand und Spielarten davon sein. Das möchte auch für dort zutreffen, namentlich wenn daran auch Einschnürungen, die die vorlie- genden Exemplare nicht sehen lassen, vorhanden sind. Für Lechstädt aber, wo sich diese Stücke den aus der Familie der Coronaten allein vorkommenden oben erwähnten Am, ? sublaevis nicht anschliessen, scheinen sie vielmehr die jüng- ste Brut des Am. Parkinsoni bifurcatus zu sein. Wir ver- mögen indessen nicht, dies durch innere Windungen des letzteren zu bestätigen. Belemnites canaliculatus Scar. sehr häufig. Pleuromya Brongniartiana Bronn, wie an der Mückenburg u. s. w. Pholadomya Murchisoni Sow. wie an der Mücken- burg. Häufig. Flössholzstücke. Der Thon der Lechstädter Ziegelei umschliesst hiernach nur Versteinerungen, die in der Etage II. im Norden vom Harze auftreten, und steht von den dortigen Thonen der Schicht w am nächsten. Mehr noch wie an letztere schliesst sich derselbe durch seine Führung von häufigen Am. macro- cephalus den kalkigen Bänken 0’ an und verbindet damit auch durch die besondere Varietät bifurcata des Am. Par- kinsoni das Eisensteinslager im Lindenbruche unweit Harz- burg. Wären noch Zweifel darüber vorhanden, dass letzteres, die Schichten o’ und o nebst w in der That ein und dasselbe geognostische Alter haben, so würde dies durch die Vereini- gung der Petrefakten in dem Lechstädter Thone dargethan. Von dem Kalkgesteine o', den Mückenburger Schichten, zeigt sich im Uebrigen, wie im Voraus erwartet werden durfte, weder bei Lechstädt noch in der Linie des Durch- schnitts eine Spur. Auch fehlt daselbst, gleichwie in der Nähe von Goslar, die Etage Ill., der Thon mit Belem. gigan- teus. Dagegen dürfte auch im Durchschnitte, obgleich noch 199 nicht wahrgenommen, die Etage V., der Thon mit Am. opa- linus u. s. w., vorhanden sein, da Herr A. Rosner Trigonia navis in dem Oolithen-Werke aus der Umgegend von Hil- desheim anführt, und später Herr H. Rormer am Kuhlager, einer Lokalität zwischen Hildesheim und den Zwerglöchern, Am. opalinus, Nucula Hammeri und Astarte tetragona Rorm. gefunden hat uud in seiner Sammlung aufbewahrt. Der Thon mit diesen Versteinerungen liegt dem Streichen nach sehr nahe über der Schicht ö, dem Radiansthone, und unter <, der Etage IV. Schliesslich muss hinsichtlich des Durchschnitts über die ‚Zwerglöcher noch erwähnt werden, dass der weisse Jura y, wo die Schichtenköpfe zu Tage treten, überall einen ziemlich steilen Abfall bildet, dessen Fuss in der Regel mit Schuttan- häufungen bedeckt ist, und deshalb das Grundgebirge nicht sehen lässt. So auch am Gallberge. Am Wege von der Lech- städter Ziegelei nach Wendhausen sind indessen unmittelbar un- ter dem weissen Jura » und über dem Thone 7 ein dunkeler Thon % ohne Eisensteinsgeoden und sandige Schichten X wahr- zunehmen. Nach Fragmenten von Versteinerungen, namentlich von Gryphaea dilatata zu schliessen, stehen hier die obigen Glie- der Ib und Ia an, die in der Umgegend und am Hilse zu- nächst unter dem weissen Jura nirgend zu fehlen scheinen. Während nun bei Hildesheim der Thon mit Belemnites giganteus fehlt und die Bänke mit Gryphaea dilatata nur undeutlich aufgeschlossen sind, steht der erstere mehr in Westen an, und werden die letzteren bei Hannover deutlicher erkannt. Der Gigantheenthon findet sich dort nämlich ohne wesentliche Bedeckung weit verbreitet, immer über den Po- sidonienschiefern, von diesen durch eine mächtige "Thonablage- rung ohne Versteinerungen getrennt, und unter Schichten mit den Lechstädter Versteinerungen, also in dem Niveau, das im obigen Durchschnitte mit { bezeichnet ist. Zum Theil führt der Thon sehr häufig den Belemnites giganteus. Eine lehrreiche Lokalität ist der Kieserling bei Zrunkensen 1 Stunde in Nordwest von Alfeld. 200 Die vom weissen Jura unmittelbar bedeckten Schichten sind überaus schön bei Hannover am Lindener Berge und am Tönjesberge aufgeschlossen. Die Lagerungs- Verhältnisse daselbst gestalten sich etwa wie nachstehender Durchschnitt zeigt. ; 5 3 S 2 3 1 Lindener Berg. jan) N ya \ AR : II Q % N R, 7, Tönjesberg. Die näheren Details verdanken wir dem Herrn Ober- Finanzrath WırrE zu Hannover, in dessen lehrreicher Ge- sellschaft wir die dortige Gegend kürzlich nochmals besuch- ten und der mit grosser Sorgfalt die reichen Vorkommnisse namentlich des weissen Jura sammelt. Möge es demselben gefallen, recht bald über die geognostischen Verhältnisse der Umgegend von Hannover, mit Benutzung der paläontologi- schen Schätze des Herrn Ober-Bergrath Jusrer daselbst, ein Mehreres zu veröffentlichen. Der mit Ackerkrume bedeckte Hügelrücken zwischen dem Tönjesberge und dem Dorfe Zornum dürfte die Fort- setzung des unweit von da, bei Wettbergen aufgeschlossenen Gesteins mit Am. Parkinsoni und Bänken ganz aus Avicula echinata (Monotis decussata) bestehend (RoEmeEr’s Eisen- kalk, unser oben mit 0’ bezeichnetes Mückenburger Gestein der Etage II) sein. — Hierüber folgt der dunkle Thon % ohne Thoneisensteinsgeoden, der in dem alten Steinbruche auf dem Tönjesberge und in einem grossen Steinbruche am südwestlichen Abhange des Lindener Berges, in der sogenann- ten Alten Kuh, als Tiefstes erreicht ist. In ihm finden sich meist verkiest, doch auch als verhärteter Thon, vorzüglich nachfolgende Versteinerungen. Ammonites Lamberti Sow. Die typische Form 201 ungemein häufig, dann aber auch die aufgeblähten Varietäten omphaloides Sow. u. s. w., wie bei Zhmen und Bündheim. Ammonites Jason Reın. Die typische Form bis 1 Zoll Durchmesser und etwas darüber. Ammonites ornatus Schr. Die var. rotundata bei Quenstepr bis 4 Zoll Durchmesser, ziemlich häufig. Dann auch nach einzelnen Windungsstücken zu urtheilen die Var. compressa Cephal. Tab. 9, 1s, bis zu 14 Zoll Mundhöhe. Bei letzteren Formen sind die Knoten der Rückenkante nicht mehr vorhanden, dafür laufen aber die gedrängt liegenden scharfen Rippen ohne Unterbrechung über den flachen Rücken. Ammonites athleta Pu. Bruchstücke, die auf 2 bis 3 Zoll Durchmesser schliessen lassen. Da uns indes- sen dergleichen mit anhaftenden inneren Windungstheilen nicht bekannt geworden sind, so könnte hier auch Am. per- armatus Sow. vorliegen. A mmonites coronatus ScHrL. (Var. anceps ornati Quenstepr’s Oephal. Tab. 14,5). Selten. Ammonites convolutus Scnr. Die typische Form ib. Tab. 13,4 bis i Zoll Durchmesser, selten. Was von den drei zuletzt gedachten Species gefunden ist, besteht nicht aus Schwefelkies, sondern aus verhärtetem Thone. Belemnites canaliculatus Scar. Quenst. Sehr häufig. Gryphaea dilatata Sow. Sehr selten. Nucula ovalis Gorpr.? Diesen Thon bedeckt, so dass in den Steinbrüchen die Grenze zu beobachten ist, eine 6 bis 10 Fuss mächtige Lage milden kalkig thonigen Sandsteins A von graugelber Farbe, der sich in mehr oder minder starke Bänke absondert und Versteinerungen in grosser Menge umschliesst. Fol- gendes sind die bemerkenswerthesten derselben. Ammonites cordatus Sow., in ausserordentlicher Menge und zwar vorzüglich in den untersten Lagen, die den Thon 3 zunächst bedecken , meist 1+ bis 2 Zoll im Durchmesser, auch bis zu 8 Zoll, gewöhnlich aber flach zu- sammengedrückt. Die Beschreibung in der Lethaea 3. Aufl. 202 Seite 336 passt auf sie vollkommen. In der Hauptsache könnte man 2 Varietäten trennen, die den sexuellen Unter- schied anzudeuten scheinen, nämlich: 1) eine grobrippige Varietät, die pD’Ore. Jur. Tab. 194,2 gut abbildet, mit 20 bis 24 Rippen nächst der Naht, die sich in der Mitte der Seite in 2 bis 3 andere gleich starke spalten und hier in den Theilpunkten zu hohen Knoten aufgebläht sind, und 2) eine feinrippige Varietät, die nächst der Naht weit mehr Rip- pen bis 40 zeigt, die sich ohne ganz bestimmte Stelle, je- doch nächst der Mitte der Seiten, ohne Knoten in meist 3 feine Rippen auflösen, während sich am Kiele ausserdem eine Anzahl einzuschalten pflegt. Vom Am. Lamberti unterschei- det sich die Species durch den stets (auch in den grössten Exemplaren,) abgesetzten und stark vorspringenden gekerb- ten Kiel und auch dadurch, dass nächst diesem alle Rippen sich ziemlich rechtwinklig umbiegen und eine nicht kurze Strecke in dieser Richtung fortlaufen. Ob der Am. cordatus sich ebenso aufbläht wie Am. Lamberti in der var. ompha- loides u. s. w. scheint zweifelhaft. Der Erhaltungszustand der vorliegenden Exemplare, die meist zusammengedrückt sind, entscheidet darüber nicht. Bronn führt als Seltenheit Mundöffnungen an von quadratischem Querschnitt (vid. auch Sow. M. C. Tab. 17, 2 is 4, cordatus und quadratus.) Ammonites polygyratus Reın. und biplex Sow. kommen, so wie sie QUENSTEDT, ZIETEN u. s. w. darstellen, in den Schichten A am Tönjesberge und Lindenerberge ziem- lich selten, hier mehr in dem darüber liegenden wahren Coralrag RoEMER’s, sehr häufig aber am Vorholze bei Heer- sum vor. Meist 4 kis 6 Zoll im Durchmesser, doch auch sehr viel grösser. Einzelne Stücke scheinen auch mit Am. polyplocus Reın. übereinzustimmen. Wir vermögen alle diese Formen von denen, so wie sie der süddeutsche ‚Jura enthält, nicht zu unterscheiden, lassen aber dahin gestellt sein, ob ein Theil davon nicht mit Species des obern Lias und des braunen Jura zu vereinigen ist. Ammonites perarmatus Sow. (selten). So nennen 203 wir mit Dunker et Kocn und A. Rormer die Formen aus diesem Niveau, obgleich sie der Zustand der Erhaltung vom Am. athleta aus dem tieferen Thone nicht unterscheiden lässt. Sie erreichen eine Grösse bis zu 1 Fuss im Durchmesser. Die ungewöhnliche Hochmündigkeit, die wie von Dunker et Kocn Tab. 2, 16» gezeichnet vorherrscht, scheint lediglich eine Folge von Zusammendrückung, die in diesen Schichten Regel ist, zu sein. Belemnites inaequalis Rorm. Ool. S. 166 Tab. 12, 1, selten. Belemn. excentricus Braım. p’ÖrBıcnY Tab. 17 aus Oxford der Vaches noires scheint dieselbe Form zu sein. Belemnites planohastatus Rorm. ib Tab. 12, 3, der von uns nicht gefunden ist, dürfte wohl mit QuEnsSTEDT’s Belem. hastatus BraAın. aus dem süddeutschen weissen Jura übereinstimmen. Belemnites laevis Rorm. (sehr häufig) ib. S. 165 scheint eine eigenthümliche Form zu sein, die durch den Mangel von Furchen an der Spitze und Basis, durch schlanke estalt, den rundlichen im Alter etwas viereckigen Quer- schnitt, kurze Alveole, die Apiciallinie der Bauchseite ge- nähert sich auszeichnet. Grösse 4 bis 6 Zoll. Pleurotomaria Münsteri Rorm. Ool. Nachtr. S. 44 Tab. 20, 12, bei Hannover noch nicht gefunden, dagegen häu- fig in den gleichen Schichten von Aeersum. (Dives.) Gervillia aviculoides Sow. M.C. Tab. 511 (sel- ten), mit den Formen von Dives übereinstimmend. Pecten fibrosus Sow. Goupor. Tab: 90, 6 (subfi- brosus D’ORE.) wie von Dives, überaus häufig. Trigonia clavellata Sow. und costata Sow. nicht häufig, gleichfalls mit den Formen von Dives übereinstim- mend. Gryphaea dilatata Sow. (bei Rorm. Ool. S. 63 Tab. 4,1 Gr. controversa.) Sehr häufig. Pleuromya (Lutraria) sinuosa Rorm. (wie oben Seite 139), selten. 204 Pholadomya canaliculata Rorm. Ool.S.129 Tab. 15, 3, selten. Noch verdient bemerkt zu werden, dass Herr Rormer (Ool. S. 55) in den gleichen Schichten von Heersum auch Terebratula impressa Bronn gefunden hat. Die Exem- plare, welche derselbe in seiner Sammlung aufbewahrt, sind einen starken halben Zoll lang, zwar ein wenig länger als breit, stimmen im übrigen aber mit der süddeutschen Form aus dem unteren weissen Jura «, wie sie in der Lethaea Tab. 18,12 u. a. O. abgebildet ist. Terebratula impressa kommt nach Marcovu und Voız (siehe Leth. 3. Aufl. S. 177) im eigentlichen Oxfordthone unter dem Argovien (Terrain a chailles) vor. Dass sie p’Ors. Prodr. I. S. 288 ins Ba- Jocien versetzt, wird ganz irrthümlich sein. — Ferner be- wahrt Herr RoemeEr ein Exemplar eines canaliculirten Belem- niten aus dem gleichen Nivean von Heersum auf. Die Form muss indessen äusserst selten sein, da es uns nicht gelungen ist, dort oder an andern Orten davon zu finden. In dem Steinbruche am Tönjesberge, in West neben der Chaussee, sind diese Schichten X die höchsten, (der Stein- bruch ist so angelegt, dass jüngere Schichten nicht erreicht werden konnten), in dem der Alten Kuh am Lindenerberge dagegen folgt darüber noch ein 8 bis 10 Fuss mächtiges kalkigthoniges Gestein A’, das die Arbeiter von seiner gelben Farbe die gelbe Bank nennen und das an entfernteren Orten, z.B. bei Heersum, fehlt. Das Gestein enthält gleich- falls zwar viel Versteinerungen meist in wohlgenährten gros- sen Formen, jedoch keine solche Mannigfaltigkeit als die tieferen Schichten A. Am. cordatus und perarmatus scheinen ganz zu fehlen, von den Planulaten kommen nur einzelne Exemplare vor, und beschränkt sich die Fauna vorzugsweise auf häufige Gryphaea dilatata, Trigonia clavellata, Belem. inaequalis und laevis, alles Species, die sich auch ın den tiefern Schichten X finden. Dazu gesellt sich noch Galerites (Holectypus) depressus (Ag.’s Ech. Suis. Tab. 13 bis 72is13), 205 der wie es scheint der tieferen Schicht fehlt oder doch darin sehr selten ist. Wir schliessen mit dieser Schicht X den hiesigen brau- nen Jura; denn es folgt im Steinbruche der Alten Kuh (am Tönjesberge in Ost der Chaussee aufgeschlossen) unmittelbar darüber Rormer’s wahrer Korallenkalk u, etwa 10 Fuss mächtig, der Gryphaea dilatata nicht mehr enthält, dagegen fast ganz aus Korallen, namentlich Astraea helianthoides, mit einigen Echinodermen, Pecten und Planulaten Ammoni- ten besteht. Als noch jüngere Schichten des weissen Jura entblössen andere Steinbrüche des Lindenerberges den ooli- thischen Kalk w, der vorzugsweise Melania Heddingtonensis und striata, Nerinaea fasciata und Visurgis nebst vielen Resten von Wirbelthieren enthält, und den dichten Kalk w” mit Pteroceras Oceani und einer Unzahl anderer Schalthiere. Offenbar liegen hier in dem Thone ) und den beiden nicht zu trennenden Bänken X und X’ die für den Norden des Harzes als die Glieder 5 und a der Etage I mit >, x und Yy bezeichneten Schichten, jedoch mehr entwickelt und besser aufgeschlossen, vor. Alle drei, d und A nebst X’, werden zwar durch die gemeinschaftliche Führung von Gryphaea dilatata, so wie Am. perarmatus und athleta (sofern die darunter be- griffenen Gestalten identisch) verbunden, jedoch auch wieder durch vielfache andere organische Einschlüsse, die nicht von der einen in die andere übergehen, getrennt. Vor allem ver- dient in letzterer Beziehung hervorgehoben zu werden, dass Am. Lamberti, so häufig in den unteren Schichten d, nie in die obere A und A übergeht, und dass Am. cordatus, in so grosser Menge in X, nie in dö gesehen wird, dass ferner die massenhaft in ) auftretenden canaliculirten Belemniten in A und X’ äusserst zurückgedrängt sind ja, vielleicht ganz feh- len und hier durch glatte Formen ersetzt werden. Eine so entschiedene Sonderung des Am. cordatus vom Am. Lam- berti ist von anderen Gegenden noch nicht hervorgehoben; es wird aber zu beachten sein, ob sie nicht mindestens da, wo eine erhebliche verticale Entwickelung statt findet, regel- 206 mässig eintritt. Der Umstand, dass Am. cordatus im süd- lichen Deutschland fehlt oder fast fehlt, mag daher rühren, dass dort nur die unteren, nicht auch die oberen Schichten abgesetzt sind. Fasst man die Verhältnisse in Norden des Harzes und diejenigen von Hannover zusammen, so wird unsere Etage I von oben nach unten ausführlicher wie S. 188 folgender- maassen charakterisirt: Ia. Milder thoniger Kalkstein, zu unterst mehr oder we- niger sandig, von grauer und gelber Farbe, 16 bis 20 Fuss mäch- tig. Darin häufige organische Reste, in der unteren Hälfte am mannigfachsten. Am. cordatus, perarmatus, polygyratus und biplex; Bel. inaequalis (excentricus), planohastatus (hasta- tus), Jaevıs und höchst selten ?canalieulatus; Pleurotomaria Münsteri; Gervillia avieuloides; Pecten fibrosus (subfibro- sus); Gryphaea dilatata; Trigonia clavellata und costata; Pleuromya sinuosa; Pholadomya canaliculata; Terebratula im- pressa; Holectypus depressus. — y. A, X. Ib. Dunkler Thon mit thonigen Kalkknauern und wenig oder keinen Thoneisensteinsgeoden. Nach Abschätzung bis etwa 50 Fuss mächtig. Darin: Am. Lamberti, Jason, Calloviensis, ornatus, athleta, convolutus (typ. Form), coro- natus (anceps ornati); Belemnites canaliculatus; Gryphaea dilatata;? Nucula ovalis. (Ausserdem aus den Bündheimer Thongruben als zweifelhaft: Am. hecticus, convolutus gi- gas, caprinus; Belemnites semihastatus). — p, x und ). Herr A. RoemeEr verbindet im Oolithen- Werke die Cor- datusschichten (Ia) nicht mit dem Lambertithon (Ib), son- dern mit seinem Üoralrag, rechnet sie also schon zum wei- ssen Jura. Die hauptsächlichste Veranlassung hierzu mag der grosse Steinbruch im Vorholze am Ausgange der Hildesheimer Chaussee nach Heersum gegeben haben, wo ausser den Cordatusschichten noch höhere Bil- dungen theils anstehen, theils in losen grossen Massen über- liegen. Es bietet dieser Steinbruch eine reiche Fundgrube von Petrefakten, doch pflegen diese, weil Betrieb daselbst nicht 207 mehr stattfindet, ans den grossartigen Halden entnommen zu werden. Da nun die Gesteine aus den verschiedenen Lagen viel Aehnlichkeit haben, so wird man hier leicht verführt die so gesammelten Versteinerungen nicht gehörig zu tren- nen. In den Bänken, die sich durch häufige Am. cordatus und Gryphaea dilatata auszeichnen, finden sich nie Korallen, während die Melania Heddingtonensis und striata aus Lagen herrühren, die noch jünger als die Korallen sind. Es lässt sich indessen nicht leugnen, dass die Cordatusschichten die Ammoniten aus der Familie der Planulaten und vielleicht noch einiges Andere mit dem überliegenden weissen Jura der hiesigen Gegend gemeinsam führen und dass die Form der Belemniten jene mehr nach oben als nach unten zieht; dem- ohngeachtet dürfte die wesentliche Aenderung in der Fauna die Rechtfertigung dafür enthalten, die Grenze zwischen dem braunen und weissen Jura unmittelbar über das Glied Ia. die Cordatenbank, zu legen. So findet also in der Umgegend von Hildesheim und Hannover hinsichtlich der Etagen I, IH, IV, V und VI vom jüngsten braunen Jura bis zum mittleren Lias eine völlige Uebereinstimmung der Gliederung mit den im Nor- den des Harzes abgelagerten Bildungen statt. Dasselbe ist innerhalb der Etage II. an den oben bezeichneten und einigen anderen Lokalitäten der Fall. Herr A. Rormer scheint je- doch neuerdings im Niveau von II. im Hildesheimschen und der Umgegend, gestützt auf genauere Kenntniss der dortigen Verhältnisse als wie wir sie besitzen, zwei selbstständige Bildungen zu unterscheiden, nämlich eine jüngere, den Thon von Lechstädt u. s. w. und eine ältere, den Eisenkalk von Wettbergen und vom Stemmerberg (zwischen Hannover und Nenndorf), von denen sich die erstere durch Am. sublaevis und macrocephalus und die andere durch Östrea costata und Avicula echinata (Monotis decussata) auszeichnen würde. Wird zwar ein solcher Unterschied durch eine grosse Menge gemeinsamer Petrefakten fast verwischt, ja wird man — da eine Ueberlagerung beider bei Hildesheim und Hannover nicht 208 nachzuweisen ist, da die nahen Schichten von Geerzen (der von hier von Roemer angeführte Am. Jason dürfte nach dessen mündlicher Mittheilung aus fremden Schichten her- rühren,) den Am. sublaevis und Östrea costata gemeinsam umschliessen, und da beiden Bildungen ähnliche Schichten im Norden vom Harze entschieden ein und dasselbe Niveau einnehmen, — leicht veranlasst, den Unterschied als local fal- len zu lassen, so wird solcher doch um so mehr als erheblich zu betrachten sein, als in der That in der Porta Westphalica bei Minden, von der Herr F. Rormer in Leons. Jahrbuch 4845 Tab. II. und Seite 183 einen schönen Durchschnitt ge- geben und erläutert hat, zunächst unter dem sandigen Thone mit Gryphaea dilatata zwei mächtig entwickelte Bildungen scharf getrennt sind: die unteren dunklen Thonmergel mit Am. Parkinsoni, Ostrea costata und Monotis decussata (diese im höheren Theile eine Bank anfüllend), und die obern brau- nen eisenschüssigen Sandsteine mit Am. macrocephalus, tri- plicatus, Parkinsoni. Hiernach scheint es, dass sich die Etage II. westwärts bei grösserer Mächtigkeit in zwei in paläontologischer Beziehung nahe verwandte Glieder abson- dert, von denen allein das jüngere Am. sublaevis, macro- cephalus und triplicatus, und allein das ältere Avicula echi- nata und Östrea costata, beide aber Am. Parkinsoni u. s. w. führen. Diese Sonderung, die in der Porta entschieden auf- tritt, findet ebenso entschieden in Norden des Harzes nicht statt, indem hier beide Glieder zu einem einzigen verschmol- zen sind. Im Hildesheimschen, das mitten zwischen beiden Lokalitäten liegt, findet vielleicht der Uebergang zwischen den zweierlei Verhältnissen statt. Zur Vergleichung der nach Obigem nördlich vom Harze vorhandenen Gebirgsschichten mit den gleichzeitigen Bildun- gen in andern Ländern wählen wir nicht, wie früher ge- wöhnlich Gebrauch war, England, sondern. sowie dies hin- sichtlich des unteren Lias Seite 68 Bd. 4 dieser Zeitschrift Zu Seite 209. Zusammenstg ım Norden vom Harze mit den gleich- nen nach QuENSTEDT, D’ORBIGNY. alke [weisser Jura e.] Corallien. Ia. Milder polygyr. gyratu! Argovien des Schweizer und rotomzhtete franz. Jura. Lower Cal- tata; - careous grit Englands. [e) ke. 2B I Se 2 Ib. Dunklaatenthon: Am. Lamberti, ornatus, Ja- = ornatuscus; Belem. semihastatus. 3 canalic A Belem. Il. Thon ı Q Eisenk!toolithe. = Am. P; sublaevis; Belem. canaliculatus; Tere- = cephalı 3 nus; Erkinsoni, anceps, hochmünd. hecticus; Pleuroıt&; Astarte depressa. peroval nata, « Avicul: vellata, zu Eisenoolith: romy@', Park. bifurcatus; Belem. giganteus, Phol.M crista galli, pectiniformis, explanata; sa, pull , Pholad. Murch., Terebr. resup., per- III. Thon n Belc"®- Ir — Blaue Kalke: Myacites depressus; Amzcheln. clavel.; Avicula echinata; Pecten de- us]. "uoIuowIugg pun uorofege IV. Thon n Braune Sandsteine mit Eisenerzen. O’ecten personatus, demissus; Gryphaea V. Thon Dpalinusthon; oben: Am. opalinus, Tri- dubius; petrefaktenarm,. — Unten: torulosus; formis. | Ss. W. VIa. Mergeli Jurensismergel: Am. Jurensis, radians, = titus uj]jjs, acuarius. E 2 ee = VIb. Bitumin, Posidonienschiefer : S_ Am;, serpentinus, Walkotti, fimbriatus, an- 5 sus, COleramus gryphoides; Posidonia Bronni ; gryphoi subangularis. Reste. - VIla. Thon m $, Amaltheenthon. Am.srophyllus; Belem. paxillosus, brevifor- stoma; - rostratus; Pentacrinus scalaris. licatula spinosa]. VIIb. Thonme E (Bel „, Numismalismergel. =. ten Veltatus, Davoei; Belem. paxillosus. — uk, ]Jaticosta, Jamesoni; Belem. paxillo- ; Gryphaea cymbium; Pentacrinus ba- Zu Seite 209. Zusammenstellung des oberen Lias wie auch des braunen Jura aufwärts bis zum Coralrag im Norden vom Harze mit den gleich- zeitigen Bildungen in Würtemberg. mm ll —— —————— — — — [ [ __ — _.sygpchHh HH Gegend im Norden vom Harze, Würtemberg nach Quensrteor, D’ORBIGNY. m Wahrer Coralrag Roruer’s. Plumpe Felsenkalke [weisser Jura e.] Corallien. Ia. Milder thonigkalkiger Sandstein. Am. cordatus, perarmatus, biplex, poly- | Weisser Jura y. Am. biplex, polygyr. gyratus; Belem. inaequalis (excent.), planohastatus (hastatus), laevis; Pleu- u.8W Argovien des Schweizer und rotomaria Münsteri; Gervillia aviculoides; Pecten fibrosus; Gryphaea dila- = = Wohlgeschichtete franz. Jura. Lower Cal- tata; Trigonia clavellata, costata; Terebr. impressa u. s. w. Kalkbänke. careous grit Englands. (e) Andeutungen. — y, \, X. _ — a. Impressakalke. 5 a Ib. Dunkler Thon mit Mergelknauern. Am. Lamberti, Jason, Calloviensis, | Oberer brauner Jura £. Ornatenthon: Am. Lamberti, ornatus, Ja- & ornatus, athleta, convolutus (typ. F.), coronatus (anceps ornati); Belem. son, caprinus, convolutus, hecticus; Belem. semihastatus. D canaliculatus; Gryphaea dilatata; Nucula ? ovalis. — p, z, Ausserdem von Bündheim: Am. hecticus, convolutus gigas, caprinus; Belem. semihastatus. Il. Thon mit Geoden. In der Mitte Oberer brauner Jura E. { Q Eisenkalk “oder Eisenstein mit: des Thons angehäuft: 1) Macrocephalenbank, Bisenoolithe. e . = Am. Parkinsoni, triplicatus, macro- || Am. anceps Park., Parkinsoni, tripli- Am. macrocephalus, triplicatus, sublaevis; Belem. canaliculatus; Tere- Sb cephalus, sublaevis, Humphresia- || catus [macrocephalus und ? sublae- bratula varians. 3 vis, Lechstädt]; Belem. canaliculatus, fusiformis; Terebr. varians; Ostrea explanata, costata; Trigonia costata ; Gresslya latirostris; Pleuromya Bron- gniartiana; Pholadomya Murchisoni ; Astarte depressa. — 0, w, 7]. Ausserdem von Bündheim: Am. co- ronatus var. Blagdeni, anceps ornati, Banksii, Gervillii u. s. w. nus; Belem. canal. und fusiformis ; Pleurot. granulata; Terebr. varians, perovalis, resupinata; Ostrea expla- nata, costata; Pecten ? demissus; Avicula echinata ; Trig. costata, ela- vellata; Gresslya latirostris; Pleu- romya Brongt. ; Goniomya litterata; Phol.Murch., ovalis ; Astarte depres- sa, pulla; Modiola pulchra. — o'. III. Thon mit Geoden, Belemnites giganteus [von oben bis unten]. In der Mitte selten: Am, Parkinsoni var. planulata. n, [8]. IV. Thon mit häufigen Geoden von Thoneisenstein. Organische Reste nicht bemerkt. m, vd, E 2) Parkinsonithon: Am. Parkinsoni, anceps, hochmünd. hectieus; Belem. fusiformis; Ostrea costata; Astarto depressa. Mittlerer brauner Jura Ö. 1) Graue Mergel mit Neigung zu Eisenoolith: Am. Blagdeni, Humphresianus, Park. bifurcatus; Belem. giganteus, eanal,; Pleur. ornata; Ostrea cerista galli, pectiniformis, explanata ; Trig. costata, clayel.; Myaciten; Pholad. Murch., Terebr. resup., per- ovalis. 2) Thone mit Belem, giganteus. Mittlerer brauner Jura y. — Blaue Kalke: Myacites depressus; Goniom. y. seripta; Cidaritenstacheln. Harte blaue Kalke: Trigon. clavel.; Avicula echinata; Pecten de- missus; Belem. giganteus [gladius]. Unterer brauner Jura ß. Braune Sandsteine mit Eisenerzen. Am. Murchisonae, discus; Pecten personatus, Jemissus; Gryphaea calceola. V. Thon mit Am. opalinus; Trigonia navis; Modiola Hillana; Inoceramus dubius; Nucula Hammeri, rostralis; Pleuromya unioides; Gresslya donaci- Unterer brauner Jura «, Opalinusthon; oben: Am. opalinus, Tri- gonia navis u. s. w. — Mitte: petrefaktenarm. — Unten: torulosus; -uoruoygegg pun uaroofegt formis. Nucula Hammeri, claviformis u. s. w. VIa. Mergeliger Thon: Am. radians, Jurensis, hireinus; Belem. digitalis, tripar- | Oberer schwarzer Jura £, Jurensismergel: Am. Jurensis, radians, = titus u. 8. w. — Lu 8. insignis, hircinus; Belem. digitalis, acuarius. : E ©, VIb. Bituminöse Mergelschiefer. Oberer schwarzer Jura e, Posidonienschiefer:: 5 Am. serpentinus [mit Walkotti], capellinus, fimbriatus, radians compres- Ichthyosaurus; Am depressus, serpentinus, Walkotti, fimbriatus, an- 5 sus, communis; Belem. digitalis (oben), paxillosus (unten); Inoceramus nulatus; Belem. acuarius; Inoceramus gryphoides; Posidonia Bronni ; gryphoides; Posidonomya Bronni; Avicula substriata; Fisch- und Saurier- Monotis substriata; Pentacrinus subangularis. Reste. — kt, y. Va. Thon mit Geoden. Mittlerer schwarzer Jura ö, Amaltheenthon. Am. amaltheus, costatus; Belem. paxillosus, breviformis; Turbo eyclo- Am. amaltheus, costatus, heterophyllus; Belem. paxillosus, brevifor- stoma; Inoceramus substriatus u. s. w. Treibholz. mis; Turbo cyclostoma; Spirifer rostratus ; Pentacrinus scalaris. 4. Thon ärmer an Muscheln [Plicatula spinosa]. m FRE: : er : = = Et VIIb. Thonmergel mit Eisenoolithen, zum Theil Thoneisenstein. - BD (Belemnitenlias). Vid. 8.68 Bd. 4 d. Zeitschr. Zu den dort aufgezühl- | Mittlerer schwarzer Jura 7, Numismalismergel. Be B ten Versteinerungen ist Am, amaltheus hinzuzufügen. [Zunächst dem Harzrande durch versteinerungsleeren Thon ersetzt?] — h. Harte Steinmergel: Am. costatus, Dayoei; Belem. paxillosus.. — Lichtgraue Mergel: Am, natrix, laticosta, Jamesoni ; Belem. paxillo- sus; Terebr. numismalis, rimosa; Gryphaea cymbium; Pentacrinus ba- saltiformis, subangularis. 210 in die Belemnitenschicht VIIb. übergreift, während derselbe in Würtemberg nicht ausserhalb der Amaltheenthone gesehen wird. — Die scharfe Grenze zwischen dem mittleren und oberen Lias QueEnsrepr’s wird in: den beiderseitigen Bildun- gen, abgesehen von der petrographischen Verschiedenheit und den Thieren höherer Organisation, durch das gänzliche Ver- schwinden von Ammoniten aus den Familien der Capricornen und Amaltheen, so häufig im mittleren Lias, und dadurch bedingt, dass anstatt dieser in dem oberen Lias mannigfache Faleiferen wud besondere Zweischaler, Posidonomya Bronni, Avicula (Monotis) substriata, Inoceramus gryphoides u.s. w. die in älteren Schichten noch nicht gesehen wurden, sich einstellen. Dagegen bringen namentlich Am. fimbriatus und Belemnites paxillosus, in Würtemberg wie bei Braunschweig beiden Etagen gemeinsam, wiederum einige Verbindung her- vor, so dass sie schon deshalb von dem grossen Ganzen, dem schwarzen Jura, nicht getrennt werden dürfen. — In- nerhalb des oberen Lias finden gleich wie in Würtemberg zwei specifisch verschiedene Faunen statt, aber es lässt sich deren grosse Aehnlichkeit in dem gleichmässigen Vorwalten der Faleiferen und dem gemeinschaftlichen Belemnites digi- talis, der die Grenzen beider Glieder weder nach unten noch nach oben überschreitet, nicht verkennen. In keiner Etage findet zwischen Braunschweig und Würtemberg eine so voll- kommene Identität statt. Das untere Glied besteht hier wie da aus einer littoralen Bildung, den bituminösen Posidonien- schiefern, beiderseits mineralogisch, bis auf den local mehre- ren Kalkgehalt bei Braunschweig, und paläontologisch ganz gleich. Nur sind bei Braunschweig Belemnites acuarius und Pentacriniten noch nicht gefunden. Dass von da nicht auch die schönen Wirbelthiere der Umgegend von Boll aufgewie- sen werden können, mag theils darin begründet sein, dass sie vor ihrer Bedeckung mit Schlamm verwesten, und so nur die minder zerstörbaren Theile, die sich auch bei Braun- schweig finden, erhalten blieben, dann aber theils auch darin, dass hier die Arbeiter den Werth von dergleichen Vorkomm- 211 nissen noch nicht kennen und darauf nicht Acht haben. In dem oberen Gliede, Quenstepr’s Jurensis-Mergel, die auch in andern Ländern erkannt sind, dürfte überall keine Ab- weichung vorhanden sein, wenn man eine solche nicht darin erkennen will, dass am Harze der Radians so überaus vor- waltet und der in Würtemberg so häufige Jurensis dort im Allgemeinen eine Seltenheit ist. Was den Opalinusthon betrifft, so hat dieser nordwärts des Harzes wegen Mangel an Aufschlüssen, wozu noch die leichte Zerstörbarkeit seiner organischen. Einschlüsse hinzu- kommt, zwar keiner durchgreifenden Untersuchung unter- worfen werden können, und mag es auch daher kommen, dass bis jetzt keine Spur von Am. torulosus gefunden ist, doch dürfte bei jenes Thones unzweifelhafter Lage und bei dem Vorhandensein von Am. opalinus und Trigonia navis, zwei Leitmuscheln, dessen nahe Beziehung zu dem Wür- temberger feststehen. Die ganze Bildung dürfte indessen hierselbst gegen Würtemberg wenig entwickelt sein, da die dortigen, in ihrer Mitte mächtig auftretenden, petrefaktenarmen Thone mit vielen Thoneisensteinsgeoden entweder fehlen oder sehr zusammengedrückt sind. Jedenfalls wird die Annahme mindestens einer Gliedesgrenze zwischen dem Opalinusthone und dem oberen Lias, lediglich die Verhältnisse bei Zraun- schweig betrachtet, theils wegen des stratigraphischen Ver- haltens des ersteren, — da er in einem grossen Landstriche, dem Lehrer Wohlde und dem ausgezeichneten Erhebungs- thale von Weferlingen und Walbeck im Allerthale bis zum Clieversberge bei Fallersleben, den hier vorhandenen Posido- nienschiefer entschieden nicht begleitet, — theils aus paläon- tologischen Gründen gerechtfertigt sein; ob aber nach dem Vorgang L. v. Bucu’s die Trennung vom Lias und die Zu- rechnung zum braunen Jura, also eine weiter greifende Ab- grenzung naturgemäss ist, könnte nach den hiesigen Verhält- nissen zweifelhaft bleiben. Zwar scheint vorzugsweise bei Braunschweig ein scharfer Abschnitt über dem Opalinusthone statt zu finden, und wird die Schicht durch die Familien- 14 * 212 Aehnlichkeit des Am. opalinus zum radians und noch mehr, wenn der darin bei Alein-Schöppenstedt und Oker häufig ge- fundene Inoceramus dubius etwa nicht verschieden vom Ino- ceramus gryphoides der Posidonienschiefer sein sollte, eini- germaassen dem oberen Lias genähert; es muss indessen auch erwogen werden, dass jener Abschnitt insbesondere durch das Fehlen der nächst Jüngeren Schicht mit dem eigentlichen Am. Murchisonae hervorsticht. Das Urtheil darf, so scheint uns, nicht auf Lokalitäten, wo eine unvollständige Entwick- lung statt findet, begründet werden. In der obigen verglei- chenden Tabelle ist gegen die Ansicht der französischen (eognosten u. A., die Grenze des Lias nicht oberhalb, son- dern unterhalb des Opalinusthons gezogen. Nicht die hiesi- gen Lokalverhältnisse, sondern allgemeine Gründe, namentlich aber, dass es nicht naturgemäss sein möchte, ohne erheblich Dafürsprechendes, das unserer Meinung nach nicht vorhanden, eine Hauptgrenze innerhalb Schichten zu legen, die durch das häufige Auftreten oben von Am. Murchisonae und unten von Am. opalinus, zweier Formen die nicht einmal specifisch verschieden sind, charakterisirt werden, haben dazu veran- lasst. — So findet sich also bei Draunschweig die von QUEN- STEDT mit Umsicht und Scharfsinn aufgestellte Gliederung im Würtembergschen nicht nur was den mittleren und oberen Lias, sondern auch den Opalinusthon anbetrifft, wieder. Ein Gleiches hat in den überliegenden Schichten des brau- nen Jura nicht ebenmässig statt. Sind in diesem schon im Würtembergschen die Grenzen zum Theil nicht ganz scharf, so ist dies noch viel weniger bei Braunschweig der Fall, wo vor- waltend alles aus Thon besteht. Kalkhaltige Schichten be- schränken sich auf die Etagen I. und II., sind aber auch hier nicht durchgehends vorhanden. Von Sandsteinen zeigen sich lediglich Andeutungen in la. So fehlt zuförderst über dem Opalinusthone der braune Sandstein mit Eisensteinslagern, QuEnstepr’s brauner Jura ß mit Am. Murchisonae und Pee- ten personatus. Diese und die übrigen der Schicht eigen- thümliche Versteinerungen sind nördlich vom Harze noch nicht gesehen. Es enthalten aber die ganz versteinerungs- 213 leeren Thone, unsere Etage IV, eine solche Masse von Eisen in den von ihnen umschlossenen Geoden, dass hier- durch einige Beziehung zu Qurnstepr’s braunem Jura ß entsteht, und dies so wie der innige Anschluss an die nächst jüngere Etage III. hat uns veranlasst, bei dem anschei- nend gleichen Niveau die beiderseitigen Schichten für syn- chronistisch zu halten. Zwar treten im Würtembergschen innerhalb der Opalinusschichten mächtige versteinerungsarme Thone reich an Eisensteinsgeoden auf, und könnten diese Thone mit der Etage IV. in Parallele gestellt werden; doch dürfte eine solche Parallele nicht zutreffen, theils weil auch in jenen Würtembergschen Thonen die leitenden Versteine- rungen wenn auch nur selten auftreten, während die hiesigen davon ganz frei sind, theils weil die letzteren sich so innig an die höheren Schichten anschliessen, dass die Grenze nach oben mehr oder weniger künstlich ist. Ausserdem spricht insbesondere dagegen, die Etage IV. für die petrefaktenarmen Thone des braunen Jura 8 zu halten, dass die eigentlichen Opalinusbänke, in denen das bezeichnende Petrefakt häufig ist und sich zu Trigonia navis gesellt, jene unterteufen, während sie diese überlagern. Auch dürfte es nicht natur- gemäss sein, dem Opalinusthon, da er im Norden von Frank- reich und in England fehlt, in unserer Gegend eine über- mässige Entwickelung, wie solche mit Zuziehung der EtagelV. vorhanden sein würde, beizumessen. Ueber dem braunen Sandstein mit Eisenerzen folgen in Würtemberg zunächst Sandmergel und blaue Kalke, QuEn- stEpr’s y, dann Thone mit Belemnites giganteus und endlich petrefaktenreiche Kalkmergel mit Coronaten und Ostrea crista- galli (Marshi), Quenstepr’s ©, die, zusammen Glieder einer Etage, den mittleren braunen Jura bilden. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass in den mitten inne liegenden Thonen, die sich durch Belemnites giganteus auszeichnen, unsere Etage III., die dasselbe Petrefakt in Masse umschliesst , er- kannt werden muss. Dieses festgestellt, liegt es sehr nahe, den in Würtemberg die Giganteus-Thone bedeckenden Cri- 214 stagalli-Mergel und die nächst älteren blauen Kalke , da in beiden Belemnites giganteus noch vorhanden, für synchroni- stisch mit dem obern und unteren Theile unserer Etage III. zu halten. Hierbei ist jedoch nicht zu leugnen, dass die Entfernung von der Identität allerdings bedeutend erscheint, da in beiden Niveaus die reiche Würtemberger Fauna bei Braunschweig mangelt. Nur einzelne Rudimente davon sind in den nächst jüngeren Schichten vorhanden. Ostrea Marshi dagegen, so häufig in Franken, Schwaben, dem Jura u. s. w., ist am Harze weder von RoEMER noch von uns jemals ge- sehen. Das Fehlen der Faunen von y und der Cristagalli- schicht wird lediglich lokalen Lebensbedingungen zuzuschrei- ben sein, die hier, wo nur Thon-Niederschläge erfolgten, andere sein mussten als in Würtemberg, wo sich dem Thone auch Kalk zugesellte, mithin verschiedene Facies vor- liegen. Hiernach wird in unserer Etage III. der gesammte mittlere braune Jura y und & repräsentirt sein, bei Zraun- schweig sich durch Species-Armuth, in Würtemberg sich durch Species-Reichthum auszeichnend, beiderseits aber durch Belemnites giganteus charakterisirt. In der Etage II., wo nördlich vom Harze mehrerlei Fa- cies, eine rein thonige und eine thonige in der Mitte mit ei- senreichen Gesteinen — theils kalkig (RoEmer’s Eisenkalk), theils reiner oolithischer Thoneisenstein, — auftreten, sind offenbar zwei verschiedene Würtemberger Glieder, Quex- stepr’s Macrocephalen- und Parkinsoni-Bank, beide seinen braunen Jura & ausmachend, verschmolzen. Während ın Würtemberg Am. macrocephalus, sublaevis, triplicatus nebst Terebratula varians der jüngeren Schicht, und Am. Par- kinsoni, Trigonia costata u. s. w. der älteren zugehören, liegen diese Versteinerungen bei Braunschweig ungetrennt und ohne dass die eine vor der anderen im Allgemeinen einen besonderen Horizont bezeichnete; ja es scheint sogar nach den Verhältnissen bei Bündheim, denen man indessen bei den dort stattfindenden Unregelmässigkeiten kein grosses Gewicht beilegen darf, und nach dem Vorkommen von Am. 215 Humphresianus, Ostrea explanata, Terebratula perovalis, re- supinata u. 8. w. bei der Mückenburg und an anderen Orten, dass auch.die Cristagallibank, bereits zu ö gehörig, damit wenn auch nur zum Theil zusammenfällt. In dieser letzteren Hinsicht haben wir in der obigen Tabelle den brau- nen Jura 5 etwas in die Etage II. übergreifend gestellt. Das ist ein besonderes, übrigens nicht einzeln stehendes Ver- hältniss. Erstreckt sich dieses Verschmelzen auch auf dem gesammten Landstrich in Nord des Harzes, ja findet sich solches ferner im Hildesheimschen, wenn auch nur stellen- weise, wieder, so verliert damit die von QuEnsteptr hervor- gehobene Thatsache, dass der Zeitfolge nach unter den Am- moniten znerst die Coronaten, dann die Parkinsoni und endlich die Macrocephalen entstanden sind, keineswegs an Wichtigkeit. Sie wird immer zur Örientirung wesentlich beitragen und muss deshalb unter allen Umständen als lei- tendes Merkmal festgehalten werden. Auch stellt sich die Absonderung der Macrocephalen auf die höheren Schichten und der Parkinsoni auf die nächst tieferen schon in einiger Entfernung, an der Porta Westphalica, entschieden wieder her, und ist ferner eine Einneigung dazu auch an der Mük- kenburg nicht zu verkennen. Die Ursache der in Rede stehenden Verschmelzung wird theils in der minderen Ent- wickelung der betreffenden Schichten zunächt dem Harze, theils und vorzüglich darin begründet sein, dass bis hierher die störenden Umstände, die in Würtemberg und an der Porta Westphalica scharfe Abschnitte hervorbrachten, nicht im gleichen Maasse wirkten. Beispielsweise kann eine ähn- liche Verschmelzung nach Herrn ©. Fraas von Moutiers in der Normandie angeführt werden, da tiefer, nördlich vom Harze höher reichend. — Eine weitere Abweichung inner- halb der Etage Il. gegen Würtemberg ist die, dass nahe lie- gende Punkte einen Mangel an Uebereinstimmung zeigen. Lediglich und streng nach paläontologischen Grundsätzen könnte man dahin geführt werden, mehrere jüngere und äl- tere Schichten aus der Harzer Etage Il. zu formiren. Hält 216 man mit QuEnsTEpTr die Altersfolge der betreffenden Am- moniten der Art fest, dass von oben nach unten folgen: 1) macrocephalus, sublaevis, (Gervillii?), triplicatus (zum Theil), Parkinsoni compressus, — brauner Jura s, oben; 2) Parkinsoni depressus, planulatus (zum Theil) und dubius, anceps Park. — brauner Jura e, unten; 3) Parkinsoni bifurcatus — brauner Jura ö, Grenze zus; 4) Humphresianus, Blagdeni — brauner Jura ö; so könnte man danach und nach den sonstigen Einschlüssen die Schichten in nachstehender Weise von oben nach unten sich denken: 1 1® a. Lechstedt. S. 196. b. Mückenburg. S. 152. c. Cramer’scher Teich bei Goslar. S. 164. 4 £ di; Rothehof.S. 10@ 0“ aalulagiast ‚len | she e» Lindenbruch»S11682K 1 D0. 2. ball. (f>Bündheim» SAT) am. ah. ine Saoaak ku |.) Mögen immerhin die aus den Faunen zu entnehmenden Schlüsse auf das Alter nicht ohne Beachtung bleiben, so steht doch nach dem Obigen fest, dass sie in Schichten von völlig gleichem Alter liegen und dass Ueberlagerungen nir- gend statt finden. Im Uebrigen zeigen auch schon die ver- schiedenartigen, keineswegs beständig bleibenden Uebergriffe, dass hier von einer bestimmten Wiederkehr paläontologisch völlig gleicher Schichten nicht die Rede sein kann. Gerade diese Mannigfaltigkeit der Bildungen in der Etage II., die jedoch durch einen durchgreifenden Haupttypus verbunden werden, gehört zu den Eigenthümlichkeiten der Gegend. — Ungeachtet der berührten Abweichungen zwischen Würtem- berg und Braunschweig in Betreff der Etage II. ist doch wieder eine wunderbare Uebereinstimmung vorhanden. Denn es finden sich in derselben nicht nur die hauptsächlichen Ver- steinerungen, die in den beiden Gliedern von QuEnSTEDT’s getrennt sind, ungetrennt fast sämmtlich wieder, sondern es Al ı= [0 II I NEN 217 zeigen sich ferner manche Eigenthümlichkeiten, das Vor- handensein von Eisenoolithen, eisenreichem Kalkgestein, stel- lenweise massige Anhäufungen der ächten Terebr. varians v. Buca u.s. w., gemeinsam, — ein Beweis dafür, dass die beiderseitigen Ablagerungen im geologischen Sinne gleich- zeitig waren, zum Theil auch gleiche Lebensbedingungen statt hatten. Der für das mittlere Europa so überaus bezeich- nende geognostische Horizont des Callovien, in seiner rein- sten Form im Würtembergschen als die obere Hälfte des braunen Jura e auftretend, findet sich bei Zraunschweig: gleichfalls, jedoch verschmolzen mit tieferen Bildungen, wäh- rend in Frankreich und England sich darin eine Anzahl Versteinerungen aus höheren Schichten (Gryphaea dilatata, Am. Jason, athleta, ornatus u. s. w.) den Angaben nach herabzuziehen pflegt. — Als etwas Besonderes muss noch hervorgehoben werden, dass das massenhafte Erscheinen von Avicula echinata (Monotis decussata), die weiter südlich ent- weder ganz fehlt, oder doch seltener auftritt, für das nördliche Deutschland sehr charakteristisch ist. Kann der Horizont, den die Anhäufung dieser Muschel innerhalb der Etage II. einnimmt, aus nächster Umgebung des Harzes bei der dor- tigen Verschmelzung mehrerer Glieder nicht genau bezeichnet werden, so ist die Aufmerksamkeit darauf um so mehr in weiterer Entfernung zu richten. Nach den Lagerungsver- hältnissen in der Porta Westphalica unterteuft sie, wenn ung recht erinnerlich, die Parkinsonischicht, und dürfte weiter aus dem Anschlusse daran zu folgern sein, dass sie jünger als die dort nicht vorhandene Coronatusschicht ist. Schreiten wir nun in der Ziehung der Parallele zu den nächst jüngeren Bildungen, der Etage I., und fassen, wegen des beschränkten Auftretens der darunter begriffenen Abla- gerungen im Norden des Harzes, damit die gleichen Schich- ten bei Hannover und im Hildesheimschen zusammen, so fällt sofort die Achnlichkeit des Gliedes Ib. mit Quansteor’s braunem Jura (, dem Ornatenthon, in die Augen. Beider- seits dunkel gefärbte Thone mit ziemlich gleicher Fauna. 218 Bei genauer Untersuchung stellen sich aber auch Unterschiede heraus. So walten am Harze darin Am. Lamberti nebst Gryphaea dilatata vor, während dies in Würtemberg mit dem Am. ornatus der Fall ist. In letzterem wird ferner zwischen e und { durch mehrere gemeinsame Versteinerun- gen, die gewöhnlichen Formen von Am. convolutus, hecticus und andern, eine Annäherung vermittelt; am Harze besteht dagegen zwischen II. und Ib. eine so scharfe Absonderung, — bedingt durch paläontologische Verschiedenheit, indem ge- meinsame Petrefakten ausser den canaliculirten Belemniten überall nicht vorhanden sind, — dass die dazwischen ange- nommene Etagengrenze gerechtferiigt sein wird. Diese scharfe Grenze ist der Gegend am Harze und überhaupt dem nörd- lichen Deutschland eigenthümlich. Noch nie hat sich hier, wie in England und Frankreich stellenweise der Fall sein soll, in II. Am. Jason, athleta oder perarmatus, Gryphaea dilatata, und noch nie in Ib. Am. sublaevis und macroce- phalus gezeigt. Es muss hiernach dem Gliede Ib. [Lam- bertithone] und dem Würtembergschen braunen Jura £ [Or- natenthone! im Allgemeinen zwar ein gleiches Alter beige- messen werden, doch dürfte die untere Grenze von Ib. etwas höher liegen als von {, so dass zwischen II. und Ib. ein Abschnitt der Ruhe, wenn auch von noch so geringer Dauer stattgefunden haben wird, während { auf = ohne solche Zwi- schenzeit folgte. Auch scheint das {, da darin Gryphaea dilatata fehlt und Am. Lamberti sehr sparsam ist, nicht ganz so hoch heraufzureichen als Ib. Stellte sich nun in den bis jetzt verglichenen Ablagerungen von Würtemberg und bei Zraunschweig Identität oder doch Aehnlichkeit heraus, so findet dagegen über dem Lamberti- thone (Ib.), wo in Würtemberg und überhaupt in Süd- deutschland der weisse Jura beginnt, eine völlig verschiedene Gliederung statt. Steht zunächst fest, dass Roemrr’s wahrer Korallenkalk oder der Coralrag der Engländer (Corallien D’Ore.) mit den plumpen Felsenkalken QuEnSTEDT’s (weisser Jura e) einen gleichen geognostischen Horizont bildet, so müssen zwar 219 die mehrere Hundert Fuss mächtigen Bänke Würtembergs, die Impressakalke, die wohlgeschichteten Kalkbänke mit Planu- laten, die Lacunosaschichten und daneben die Spongitenlager, überhaupt Alles, was QuEnstEpr als weisser Jura a, ß, und © bezeichnet, mit dem dünnen Gliede Ia. am Harze synchronistisch sein, und in der That entsteht einige Annähe- rung durch beiderseits gemeinsame Petrefakten, Am. biplex, polygyratus, Belem. ? hastatus und Terebr. impressa, eine weitere Aehnlichkeit ist jedoch nicht erkennbar. Im südli- chen Deutschland liegt in diesem Niveau eine besondere Fa- cies, namentlich die der Korallen, vor, die noch ziemlich ver- einzelt da steht. Dagegen scheint sich im schweizer und französischen Jura und in England, wo nicht nur das Corallien, sondern auch das Kimmeridgien und Portlandien ziemlich so wie nächst dem Harze entwickelt sind, gleichzeitig mit dem Gliede Ia. etwas Aehnliches in dem Argovien [Terrain & chailles] und dem Lower Calcareous grit gebildet zu haben. Beide liegen wie la. unmittelbar unter dem Corallien und über dem eigentlichen Oxfordthone. Das Argovien, wovon Herr Marcou in den Memoires de la soc. geol. de France, 2de Ser. Tom. III. neuerdings eine treffliche Beschreibung gegeben hat, besteht nach ihm bei einer Mächtigkeit von etwa 90 Fuss aus Abwechselungen von Mergel, mergeligem Kalk und sandigen Schichten, die ausser Scyphien, Spon- gien u. 8. w. vorzugsweise Am. polyplocus und biplex, Gry- phaea dilatata, Pecten octocostatus, Terebr. insignis, globata und plicatella, Pholadomya pareicostata, exaltata, cardissoi- des, Trigonia clavellata, Gresslya sulcosa, Dysaster propin- quus u. s. w., dann aber auch Am. cordatus, Pecten fibrosus enthalten. Zwar ist hiernach eine Identität zwischen dem Ar- govien Marcou’s und Ia. nicht vorhanden, immerhin jedoch eine erhebliche Aehnlichkeit, und scheint es, dass diese in Beziehung zum Lower Calcareous grit dadurch, dass hier die Korallenfacies ganz unterdrückt ist, noch mehr hervor- sticht. Marcou sowohl als Tuurmann verbinden das Ar- govien mit dem unterliegenden Oxfordelay. Dasselbe muss 220 jedenfalls hinsichtlich der beiden Glieder Ia. und Ib. am Harze, von denen man das erstere als die Cordatus- und das letztere als die Lambertischichten bezeichnen könnte, der ‚pa- läontologischen Annäherung wegen in so weit geschehen, dass sie zu einer und derselben Etage gehörig betrachtet werden. Dann aber liegt die grosse Grenze, welche für das südliche Deutschland zwischen dem braunen und weissen Jura und nach dortigen Verhältnissen mit Recht gezogen wird, in der Mitte von Schichten, die im übrigen Mittel- europa zu einer Etage gehören. Es dürfte deshalb jene starke Grenze als lokal im grossen geognostischen Systeme zu beseitigen und in eine Gliedesgrenze umzuändern sein. Aus der vorstehenden Vergleichung der Juraschichten in Norden des Harzes mit denjenigen von Würtemberg er- giebt sich im Zusammenhange mit dem, was S. 69 Bd. 4 d. Zeitschr. berichtet wurde: 4) dass die Gliederung des beiderseitigen Lias im We- sentlichen identisch ist; die Faunen der Etagen stimmen überein, ja selbst die von einzelnen Gliedern, doch finden hinsichtlich der letzteren einige lokale Abweichungen statt; 2) dass dagegen die Gliederung in dem beiderseitigen braunen Jura nicht ebenso gleichmässig, solche in dem jüng- sten, in Würtemberg schon zum weissen Jura gerechneten Theile sogar völlig abweichend ist. Der braune Jura besteht am Harze vorwaltend aus Thon. Derselbe bildet aufwärts bis zu dem Lamberti- oder Ornaten- thone ein zusammenhängendes an Mächtigkeit den Lias über- wiegendes Ganzes, in dem die gezogenen Grenzen, die in Würtemberg durch Abwechslung des Thons mit kalkigen Schichten voll von Versteinerungen hervorstechen, zum Theil künstlich erscheinen. Auffällige Horizonte darin werden durch Belem. giganteus; — die Parkinsoni und Macrocephalen, Avi- eula echinata und Ostrea costata; — die Lamberten; — die Cordaten, letztere beiden begleitet von Gryphaea dilatata, be- zeichnet. Die süddeutsche Entwickelung der Cristagallı- Bank fehlt. Die dort so scharf geschiedenen beiden Glie- 221 der, das eine mit Macrocephalen und das andere mit Par- kinsoni, sind nördlich vom Harze zu einer sehr veränderlichen Schicht verschmolzen , welche vereinte Schicht in einzelnen Coronaten u. s. w. auch Rudimente der Cristagallıbank in sich aufgenommen hat. Wird die Vergleichung noch auf andere Gegenden aus- gedehnt, so ergiebt sich, dass in der Schweiz, Frankreich und England die Gliederung des Lias auffallend gleichmässig ist und mit der in Würtemberg und bei Braunschweig über- einstimmt; dass im unteren und mittleren braunen Jura aber vielfache Verschmelzungen auftreten, durch welche die Grenzen selbst der Etagen, den Lokalitäten nach, einen verschiedenen Horizont einnehmen, und dass erst in dem nächst jüngeren Niveau mit der Macrocephalen - Entwickelung im Callovien und im gesammten Oxfordien eine ziemlich allgemeine und gleiche Gestaltung wieder vorherrscht. Wesentliche Abwei- chungen sind hauptsächlich im südlichen Deutschland, was den oberen Theil des Oxfordien anbetrifft, durch das Auf- treten einer besonderen Facies vorhanden. In diesem Niveau schliesst sich die Umgebung des Har- zes an den schweizer und französischen Jura und an England an, wo auch die noch jüngeren Schichten, Corallien, Kimme- ridgien und Portlandien in näherer Beziehung stehen. Es scheinen hiernach die Umstände, welche im mittleren Europa im Lias die Abschnitte zwischen den Etagen und deren Gliederung hervorgebracht haben, von erheblicherer Intensität und verbreiteterer Einwirkung gewesen zu sein als im brau- nen Jura. Innerhalb des letzteren sind sie weniger durch- greifend, als lokal geblieben. Ungeachtet dessen ist aber allgemein im braunen Jura ein gesetzmässiges Auftreten und Verschwinden der organischen Formen nicht zu verkennen, wenn auch die eine oder andere hier etwas früher erscheint oder erlischt, dort erst etwas später auftritt oder ausstirbt und so stellenweise in abweichender Vergesellschaftung sich zeigt. Nach solchen der Natur der Sache entnommenen Ver- hältnissen dürfte die von verschiedenen Schriftstellern aufge- 222 stellte Abtheilung des Lias und braunen Jura in verschie- dene Etagen, die zur Bezeichnung der verschiedenen Niveaus mit besonderen Faunen selbst im, inniger zusammenhängen- den braunen Jura nothwendig ist, zu beurtheilen sein. Die D’OrBıcnY’schen Benennungen der Etagen Sinemurien, Lia- sien und Toarcien für den Lias und Bajocien, Bathonien, Callovien und Oxfordien für den braunen Jura empfehlen sich ihres Wohlklanges wegen. Es wird ihnen indess nicht ge- nau die im Cours element. und Prodrome angenommene. Be- deutung; untergelegt werden können, auch bedarf jede Epoche einer erheblichen Sichtung, namentlich das Bajocien als auf entschieden verschmolzene Schichten begründet eine gänzliche Umgestaltung. Im Uebrigen verweisen wir hinsichtlich der weiteren Vergleichung der Juraschichten am Harze mit denen in an- deren Ländern, nachdem die Parallele jener Bildungen mit Würtemberg erörtert ist, um so mehr auf die 3. Auflage von Bronn’s Lethaea, 3. Periode S. 12 ff. als dieses treffliche Werk sich in jedes Geognosten Händen befinden wird. Zei- gen sich danach in verschiedenen Gegenden in einem und demselben Niveau zum Theil erhebliche Abweichungen, so mögen diese einerseits in lokalen Eigenthümlichkeiten, an- dererseits aber in der individuellen Auffassung der Beobach- ter begründet sein. Beides zu sichten, wird erst dann thun- lich sein, wenn aus neuerer Zeit, — seitdem die Mittel zur sorgfältigen Bestimmung; der organischen Reste zu Gebote stehen und man nicht mehr damit zufrieden ist, diese oder. jene Versteinerung an einer gewissen Lokalität gefunden zu haben, sondern es weiter ermittelt, welcher Schicht sie zu- gehört, — mehr Lokalbeschreibungen von den Anwohnern selbst, denen sich die Gelegenheit zur öfteren Wiederholung ihrer Beobachtungen darbietet, vorliegen. Sollten wir in die- ser Beziehung. im Vorstehenden einen Beitrag in Betreff der Gegend nordwärts vom Harze geliefert haben, so würde da- mit unsere Absicht erreicht sein. 223 5. Ueber das Carolathın. Von Herrn SonnEnscHEIn ın Berlin. Ein in den Steinkohlen vom Pochhammerflöz der Kö- nigin Louise Grube zu Zabrze bei Gleiwitz in Oberschlesien aufgefundenes und von dem Königlichen Bergmeister Prin- zen v. SchönascH-CaroLaru dem hiesigen mineralogischen Museum eingesandtes, äusserlich dem Honigstein ähnliches neues Fossil wurde mir von dem Herrn Geheimen Oberberg- rath Professor Dr. Weıss zur Untersuchung übergeben. Dasselbe kommt in einzelnen Trümern oder als Ueber- zug von Kluftflächen vor, theils derb mit einem muschligen Bruch, theils kugelig zusammengehäuft, bald erdig mul- mig, von honiggelber bis schmuzig weingelber Farbe, an den Kanten durchscheinend, mit geringem Fettglanz. Es ist sehr spröde, härter als Gyps, unter Kalkspath-Härte, dieselbe jedoch fast erreichend. Krystalle sind nicht beobachtet wor- den. Specifisches Gewicht nach einer vorläufigen Bestim- mung = 1,515. Im Glaskölbchen erhitzt giebt es bedeutende Mengen Wasser ab, zuweilen mit einer Dekrepitation begleitet; bei erhöhter Temperatur färbt sich der Rückstand dunkler und hinterlässt eine schwarze, glänzende, zerreibliche Masse, welche auch beim stärksten Gebläse-Feuer nicht zusammensintert. Das condensirte Wasser reagirt neutral und ist, wenn die Substanz vollständig frei von beigemengten Kohlentheilchen war, vollständig geruch- und farblos ohne brenzliche Bei- mengungen. Vor dem Löthrohr verglimmt dasselbe ohne Flamme und zeigt die Reaktionen auf Thonerde und Kieselsäure. In ätzendem Natron ist dasselbe löslich, durch Chlorwasserstoff- säure wird es zersetzt unter Abscheidung von Kieselsäure und Bildung einer gelblichen Lösung. Dieselbe enthielt ausser Thonerde und einer Kohlenverbindung, welche die Färbung 224 bedingte, geringe Menge von Eisenoxyd, sonst war sie frei von andern Bestandtheilen mit Ausnahme von Spuren Phos- phorsäure, die durch molybdänsaures Ammoniak angezeigt wurde. Hieraus ergaben sich als wesentliche Bestandtheile T'honerde Kieselsäure Wasser und eine Kohlenstoff haltende Substanz. Letztere zu isoliren wurde auf verschiedene Weise, aber bis Jetzt ohne Erfolg versucht. Ammoniak, kohlensaures Am- moniak, kohlensaures Natron, Alkohol, Aether, ätherische Oele so wie Schwefelkohlenstoff waren nicht im Stande, die- selbe abzuscheiden. Sie scheint sehr innig mit der Thon- erde verbunden zn sein; denn wenn das Fossil durch Chlor- wasserstoffsäure zersetzt worden ist, so ist die Thonerde mit dem organischen Körper in der Lösung, beim Neutralisiren schlägt sich derselbe in Verbindung mit der Thonerde aber wieder nieder. Durch Kochen mit conc. Schwefelsäure zeigt sich weder eine Schwärzung noch ist eine Zersetzung be- merkbar, ebenso wenig wirkt conc. Salpetersäure darauf ein. Bei erhöhter Temperatur wird derselbe ebenfalls sehr schwer zersetzt, indem die Masse beim längern Glühen im Platin- tiegel, im Sauerstoffgas oder bei dem Schmelzen mit Sal- peter oder chlorsaurem Kalı noch immer geschwärzt bleibt. Es gelang nur denselben zu zerstören, wenn die Masse zu- erst durch Chlorwasserstoffsäure zersetzt und dann stark ge- glüht wurde. Die quantitative Analyse ergab an fixen Bestandtheilen: 76,87 und diese bestehen aus: 47,25 At 29,62 Si. Beim Erhitzen, welches zuletzt bis 290 Grad gesteigert werden konnte, ohne eine Zersetzung herbeizuführen, ent- wichen 15,10 Wasser 225 jedoch war hierdurch noch nicht alles Hydratwasser ausge- trieben. Der Gehalt an Kohlenstoff wurde durch die Elementar- analyse ermittelt. Diese war in sofern mit Schwierigkeiten ver- bunden, als mit Kupferoxyd die Verbrennung nicht gelang, sondern, hierzu die Substanz mit chromsaurem Bleioxyd ge- mengt im Sauerstoff geglüht werden musste. Der Kohlenstoffgehalt beträgt: 1,33 C. Der Wasserstoff: 2,41,.H. Bleibt Sauerstoff: 19,39 O. Demnach ist die procentische Zusammensetzung des Fossils: Ät 47,25 Si 29,62 H. 2,41 h 76,87 fixe Bestandtheile. Theils als Wasser, theils in Verbindung 23,13 flüchtige Bestand- mit Kohlenstoff? [9-1939F theile. ass Da nun der Sauerstoff der Kieselsäure sich zu dem der Thonerde verhält wie 1 : 1,436 oder annäherungsweise wie 2:3, so könnte man folgende Formel für die Zusammen- setzung der fixen Bestandtheile aufstellen : 3 Ät — 1925,40 28i = 1155,56. Ät, Si, = 3080,96. Hiernach die Zusammensetzung der fixen Bestandtheile berechnet ergiebt: berechnet: gefunden: Al 48,00 47,25 SI 28,87. 29,62. „ welches mit den gefundenen Mengen nahe übereinstimmt. Die flüchtigen Bestandtheile auf eine auch nur annähernd rationelle Formel zurückzuführen, scheiterte bisjetzt an dem Zeits. d. d. geol. Ges. V. 1. 45 226 Umstande, dass es nicht möglich war festzustellen, wie viel Wasser als solches und wie viel mit dem Kohlenstoff ver- bunden angenommen werden müsse, da, wie oben schon an- gedeutet, bei fortgesetztem Erhitzen noch immer ein Verlust an Wasser ohne Zersetzung wahrgenommen wurde. Betrachtet man die Mengen des Sauerstofis und des Wasserstoffs, so findet man, dass von dem erstern 0,12 pCt. mehr vorhanden sind als nöthig, um mit dem Wasserstoff Wasser zu bilden. Lässt man diesen unbedeutenden Ueberschuss ausser Acht, so findet man, dass ausser dem Hydrat-Wasser eine Kohlenstoffverbindung mit Wasserstoff und Sauerstoff im Verhältniss zu Wasser vorhanden ist, eine Annahme, die da- durch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, dass viele huminartige Substanzen, welche mit der Braunkohle im engsten Zusam- menhang stehen, ähnliche Zusammensetzung haben. Nach dem Vorschlage des Herrn Geheimen Raths Weiss werden wir dieses neue, durch die Sorgfalt des Prinzen von Carotaru bekannt gewordene Fossil mit dem Namen Ca- rolathin bezeichnen. 227 6. Ueber die basaltıschen Gesteine der Rhön. Von Herrn E. E. Scumivd ın Jena. Die Rhön wird mit Ausnahme ihres südlichen Endes, des Kreutzbergs, von Fremden überhaupt so selten besucht, dass sich auch die Geognosten nur wenig darum bekümmert haben. Fast allein der westliche Abhang ist genauer be- schrieben. Dies geschah zuerst und am umfassensten von dem bekannten Sachsen - Weimarischen Bergrath Vorer *) und zwar in Auftrag des Fürstbischofs HrınrıcH, deshalb mit Beschränkung auf das Hochstift Fulda. v. LeownAarn **) widmete dem Kesselthale zwischen Zube und Pferdekopf, einem vermeintlichen Vulkane, eine genauere Untersuchung. GUuTBERLET ***) gab eine Abhandlung über die Phonolithe und Trachyte der Rhön. Und doch ist die Rhön ein recht an- sehnlicher, + Meile breiter, über 4 Meilen langer Bergrücken, bedeutend nicht allein als Basaltmassiv, sondern auch als Wasserscheide zwischen Nord- und Westdeutschland; sie bietet auch gar mannigfaltige Reize dar, die in SCHNEIDERr’s +) anmuthiger Schilderung durchaus nicht übertrieben sind. Für das Grossherzosthum Sachsen-Weimar hat sie noch ein be- sonders wichtiges, allerdings trauriges Interesse; die Dürf- tigkeit ihrer Bewohner steigert sich häufig zur bittersten Noth. Das Material zu der Untersuchung, deren erste Resul- tate ich gegenwärtig mittheile, habe ich selbst gesammelt. Schon früher mit der Rhön bekannt, bereiste ich sie zu Pfingsten 1851 in der Absicht, einen Ueberblick für eine *) Mineralogische Beschreibung des Hochstifts Fulda 1783. Die in diesem Buche niedergelesten Beobachtungen sind so naturgetreu, dass man sie noch jetzt recht gut benutzen kann. **) v. Leonn. Zeitschr. f. Min. Jahrg. 1827. S. 97. **#) v, Leonu. Jahrb. f. Min. Jahrg. 1845. S. 128. +) Naturbhistorisch-topographisch-statistische Beschreibung des ho- hen Rhöngebirges 2. Aufl. 1540. 15% 228 monographische Beschreibung zu gewinnen. Allein man muss diesem atmosphärischen Dampfcondensator näher sein, um die zum Besuche günstigen Zeiten zu benutzen; corre- spondirende Barometerbeobachtungen auf der Rhön und zu Jena führen nur unter den günstigsten Bedingungen zu ge- nauen Höhenbestimmungen; und — wie ich erst nachher erfuhr — Herr GurBERLET in Fulda hat sich seit geraumer Zeit eine ähnliche Aufgabe gestellt. Ich beschränkte mich deshalb auf die chemische Untersuchung der basaltischen Ge- steine der Rhön, und veröffentliche trotz ihrer Unvollständig- keit die erhaltenen Resultate in der Meinung, dass sich un- sere Arbeiten, GUTBERLET’s und die meinigen, gegenseitig fördern und ergänzen werden. Die basaltischen Gesteine der Rhön brechen bekanntlich aus der unteren Trias hervor. Den Boden der benachbarten Thäler nimmt der bunte Sandstein ein, über dem an den Ab- hängen bunter Mergel folgt. Den zwischen ihnen so häufig eingeschlossenen Gyps kenne ich vom Horn bei Dermbach. An den westlichen und nördlichen Abhängen der hohen Rhön findet sich nur der unterste Muschelkalk, Wellenkalk *) ; seine Beschaffenheit ist ganz die in Thüringen gewöhnliche, auch ist er keineswegs ärmer an Versteinerungen. Südöstlich feh- len auch höhere Glieder nicht. Im gewöhnlichen Baustein von Ostheim, dem sogenannten Eichstein, erkennt man unsern thüringischen Terebratulitenkalix wieder; nur ist er, soweit ihn die wenigen Steinbrüche auf dem Plateau des Heidel- bergs aufdecken, minder mächtig. Noch höhere Glieder tre- ten am Rande der hohen Rhön selbst auf. So findet sich auf dem Hundsrücken zwischen Ober-Elsbach und Urspringen ein fester Kalk mit Avicula Alberti GEiserz, am Bauersberge bei Dischof'sheim ein Kalk mit Lima striata, Avieula soecialis, *) Ueber die Gliederung der thüringischen Trias und ihre organi- chen Einschlüsse. Siehe v. Lroxs. Jahrb. f. Min. Jahrg. 1853. S. 9. 229 Terebratula vulgaris und Entrochiten; ich halte sie für Striatakalk. Die Grenze zwischen der Trias und den Basalten fand ich am östlichen Abhang nirgends entblösst; auf die interes- santen Contacterscheinungen an der Westseite, namentlich zwischen Gersfeld und Poppenhausen, hat schon Voısr auf- merksam gemacht. Unter den basaltischen Gesteinen herrscht bekanntlich der Basalt überwiegend vor, Phonolith ist nur am nordwest- lichen Rande verbreitet, Trachyt ist noch seltener. Die Basalte der hohen Rhön sind alle sehr dicht, die meisten unregelmässig abgesondert; säulenförmig abgesondert sah ich sie in der Nähe des Marienhofs bei Aaltennordheim, am Streiffelsberg bei fteichenhausen, am Gangolfsberg — hier ausgezeichnet schön —, und am Steinernen Haus; im Nord- westen kommen sie auch ausgezeichnet schiefrig vor, so zwi- schen dem Pferdekopf und der Abtsroder Kuppe und a.a. 0. Doch für meine gegenwärtige Aufgabe darf ich mich auf.die Beschreibung der untersuchten Proben beschränken. Die Phonolithe treten in den grossartigsten und eigen- thümlichsten Formen auf. Der dachförmig steil abfallende Rücken der Milzeburg erhebt sich, eine weithin sichtbare Marke, mehr als 1000 Fuss über das angrenzende Sandstein- plateau. An der Steinwand ‚streben die Säulen des paralleli- pipedisch abgesonderten Gesteins senkrecht an bis zu einer Höhe von 90°. An den meisten Stellen ist er schiefrig abgesondert und wurde deshalb von Voıcr als Hornstein- schiefer bezeichnet. Indem ich nun die Resultate der chemischen Analysen mittheile, kann ich alle rein chemischen Beziehungen um so eher ausscheiden, als ich diese in einer Abhandlung zusam- mengefasst habe, welche in PogsEnnorrr’s Annalen der Phy- sik und Chemie eben abgedruckt werden wird. Auf diese Abhandlung muss ich verweisen zur Rechtfertigung der ge- gebenen Zahlen. 230 I. Basalte. Der Beier, Ellnbogen, das Steinerne Haus und der Kreutzberg liegen in nordsüdlicher Richtung ziemlich gleich- weit von einander ab. Der Beier ist der höchste unter den nördlichen Vorber- gen der hohen Rhön; er erhebt sich als ein isolirter Kegel mit einer Meereshöhe von 2264: Fuss etwa 1300 Fuss über den Spiegel der seinen östlichen Fuss im weiten Bogen um- fliessenden Felda, Basalt steht nur an der Kuppe an. Der Kreutzberg bildet das südliche Ende der Rhön. Seine Meereshöhe wird verschieden angegeben zwischen 2835 und 2976 Fuss. Auch seine untern Abhänge werden von Muschelkalk und buntem Sandstein eingenommen. Der Ellnbogen liest zwischen Hilders und Reichenhau- sen auf dem Rücken der hohen Rhön; er steigt zwar flach _ an, bildet aber doch mit einer Meereshöhe von 2534 Fuss einen die ganze Nordhälfte des Plateaus beherrschenden Knoten. Alle drei Basalte zeigen eine regellose Zerklüftung. Das Steinerne Haus ist ein dicht und hoch mit kurzen Säulenstücken überschütteter Abhang der hohen Rhön gegen Ostheim und Melrichstadt zu; wo man diesen Schutt abge- räumt hat, steht säulenförmig abgesonderter Basalt an. Die Säulen sind geneigt. Die Höhe des Steinernen Hauses über dem Meere beträgt etwa 2000 Fuss. Um nun die verschiedenen Absonderungsformen alle ver- treten zu sehen, fügte ich noch einen der schiefrigen Basalte hinzu; die untersuchte Probe stammt von einer Kuppe, die sich über den östlichen, sehr sanften Abhang des Pferde- kopfes erhebt und namentlich von der Eube aus deutlich sichtbar ist. Alle untersuchten Basalte sind schwarzgrau, schimmernd. I. Der Basalt des Kreutzbergs hat einen musch- lig unebenen bis splittrigen Bruch. Seine Dichte ist 3,127. Ausser kleinen Olivinpartieen sind krystallinische Einschlüsse nicht bemerkbar. 231 II. Der Basalt von der Felskuppe am Pferde- kopf zeichnet sich durch eine dunklere Farbe aus, und durch das Vorkommen von Blasenräumen, die mit einem weissen krystallinischen Silikat ausgekleidet sind; diese sind jedoch weder häufig noch gross. Der Bruch ist uneben muschlig; die Dichte 2,861. III. Der Basalt vom Steinernen Hause hat das- selbe Aussehn wie der vom Kreutzberge. Seine Dichte ist 3,042. IV. Der Basalt vom Beier unterscheidet sich von dem des Kreutzbergs und des Steinernen Hauses durch un- ebneren Bruch und grösseren Olivingehalt. Seine Dichte ist 2,958. V. Der Basalt von Ellnbogen zeigt eine Annä- herung zum Knotigen; die Knoten sind von äusserst dünnen Lagen eines blauen Silikates eingehüllt. Deutlich ist diese Struktur am Basalte der Sachsenburg bei Dermbach, der Altmark bei Zteichenhausen u. A. Die auf dem Gipfel des Ellnbogens freiliegenden Blöcke waren stark verwittert, und dem reichlich eingestreuten Olivin selbst der untersuchten Probe fehlte das frische Aussehn. Die Dichte dieses Basal- tes war 3,029. Zur Untersuchung waren möglichst homogene Stücke ausgesucht. Die römischen Zahlen entsprechen den Fund- orten nach der vorstehenden Aufzählung. Die Resultate der Untersuchung sind die folgenden: Zusammensetzung der Basalte im Ganzen. I. II. III. IV. V. Wasser . . 0,00 1,67 0,84 1,70 2,16 Kieselsäure . 36,68 43,11 47,06 39,42 42,50 Thonerde . 14,34 13,41 13,87 411,25 11,84 Bisehoxyd.u. \.22,30.116;5140U16,254 217, 37/19, 13 Kalkerde . . 15,59 14,33 10,49 16,08 10,88 Talkerde . . 9,18 9,05 7,33: 0 9,37 Bela 00,77 2,3 resorts otmanslalis\.ar. (3393420213 10y0.18108, ruhe Aaasdl 2,82 102,79 101,77 100,24 100,66 100,54 232 Die Ueberschüsse dieser Analysen über 100 rühren da- von her, dass das Eisen in die Berechnung als Oxyd ein- geführt worden ist, während es im Gestein zu einem grös- seren oder geringeren Theile als Oxydul enthalten war. Zusammensetzung des durch Salzsäure zer- setzten Theils vom Basalt. I: II. III. IV. EV‘; Wasser‘ . 20,00: 04,67.) 0,84 4,70.000.2,16 Kieselsäure . 26,88 24,50 20,95 23,56 23T Thonerde . . 7,098 729 07,15 0646 6,19 Eisenoxyd . 21,04 - 15,60 16,03 9,2641. 40502 Kalkerde . . 41,28: 8,72... 6,87 ..645, a063z Talkerde . . 9,09 5,29 6,26 6,78 5,91 Alkalien . . Bei5ß 3,65 3,95 2,37 1,80 79,88 66,72 62,05 56,58 56,02 EEE des durch Salzsäure nicht zersetzten Theils vom Basalt. T: II. IiI. IV. V. Kieselsäure . 9,50 18,61 26,11 15,86 na 13 Thonerde . . 7,31 0,12 6,72 4,19 9,65 Eisenoxyd . 1,26 0,94 0,22 s,11 8,41 Kalkerde . „7 4,31 5,61 3,62 9,63 4,51 Talkerde i4:0160;09 ol T6uadndi07a sis Alkalien :-. .. 0,14 0,04 0,45 1438 2,56 22,91 35,05. 38,19 44,08. 44,02 Uebersichtlicher stellen sich diese Resultate in der fol- genden Weise dar: Verhältniss zwischen dem EN Salzsäure zer- setzten Theile (a) und dem nicht zersetzten (b). a 5b Basalt des Kreutzbergs . . . „bksoh Basalt der Felskuppe am Pferdekopf Alt Basalt vom Steinernen Hause . . . 3:2 Basalt.(des Betersunehikr. . TREE Basalt vom Ellnbogen .. . » 1.2 .....5 :4 233 Gemengtheile des durch Salzsäure zersetzten Theils. nicht zersetzten Theils. | Magneteisen. (viel) RB, Si+3RSi | Olivin PER PR \ R, S; +&8i a: 3R, S; asa es Kreutzbergs. 7- R,Si, Olivin [Rı.8i, he 3RSsi —ı Basalt der Felskuppe R. ‚Sit RSi (R, Si+ 3RSi) + 3(R,S am Pferdekopf. EN BSH ES, Basalt des Steinernen Olivin Hauses. R. ‚SI+RSi Magneteisen (wenig) [R; S,+RSi=] Olivin (R, S+KSi)+ (R, Si) Basalt vom Beier. 3R,Si+ R,Si, SEEN, ebay basis Dr ml Basalt vom Ellnbogen. 3R ‚„S+B,Si, (R Si +KSI)+(R, Si) des Anorthits, RSi -—- #Sides Labradors, und RSi+ &Si® des Albits ist, bedarf nicht der Erinnerung. Und dass in den letzten Angaben die Behauptung liege, die eben ge- nannten Mineralien seien Gemengtheile der Basalte, dagegen mich ausdrücklich zu verwahren, habe ich wohl nicht nöthig. Durch Combination lassen sich noch andere Möglichkeiten aufstellen. Die Aufgabe der Berechnung ist ja überhaupt eine sehr unbestimmte, ihre Lösung namentlich für den durch Salzsäure zersetzten Theil eine höchst missliche.e Olivin ist der einzige Gemengtheil, den man mineralogisch darin nachweisen kann, ihm ist bei der Berechnung der ganze Talkerdegehalt zugetheilt worden; jedenfalls gehört auch ein Theil des Eisenoxyduls dazu. Magneteisen ist ein sehr wahrscheinlicher Gemengtheil; von ihm steht um so mehr zu erwarten, je beträchtlicher die Dichte des Basaltes ist; der 234 Basalt des Kreutzbergs musste danach am meisten enthalten. Der Rest besteht aus einem zeolithischen d.h. leicht zersetzbaren Sılicat, er kann aber auch aus mehreren gemengt sein. Da sich dies nicht feststellen lässt, so liess ich den Wassergehalt einstweilen unberücksichtigt. Die Rechnung führt jedoch dafür und für den nicht zersetzten Theil auf so einfache Zahlen, dass sich die aufgestellten For- meln sehr einfach und sicher daraus ableiten liessen. Die Verschiedenheit der rhönischen Basalte, deren pe- trographischer Charakter so geringfügige Unterschiede darbie- tet, ist bereits durch ihre Gesammtzusammensetzung entschieden. Für geologische Betrachtungen ist gerade auf diesen Umstand ein grosses Gewicht zu legen, da er auf eine Verschiedenheit der plutonischen Quelle führen muss. Der jetzt für die Rhön gewonnene Ueberblick ist jedoch noch zu beschränkt, um mit Sicherheit so weit greifende Folge- rungen ziehen zu können. Auf die Annahme mehrerer Erup- tionsperioden ist aber auch schon GuUTBERLEr durch seine besonders auf Lagerungsverhältnisse begründeten Untersuchun- gen geführt worden. Die Verschiedenheit der untersuchten Basalte zeigt sich aber noch um Vieles entschiedener und zugleich klarer in den durch anhaltende Digestion mit concentrirter Salzsäure bewirkten Zersetzungen oder Spaltungen. Schon das Gewichtsverhältniss der Spaltungs- produkte stellt sich sehr verschieden heraus; es schwankt innerhalb der weiten Grenzen 1:4 und 5:4. Basalte, wie die vom Kreutzberge und vom Steinernen Hause, deren Aussehn sehr ähnlich ist, oder solche, deren Gesammt- zusammensetzung nahe übereinstimmt, wie die von der Fels- kuppe am Pferdekopf und vom Ellnbogen, bieten ein sehr verschiedenes Verhältniss; und wiederum Basalte von un- gleichem Ausschn, wie die vom Ellnbogen und vom Beier, bieten dasselbe Verhältniss. Aber auch die Zusammensetzung der Spaltungs- 235 predukte giebt ein wichtiges Unterscheidungsmoment; sie ist für die durch Salzsäure zersetzten Theile unter sich, und ebenso für die dadurch nicht zersetzten wesentlich ver- schieden. Der durch Salzsäure zersetzte Theil der untersuchten Basalte besteht nur aus Drittel- und Halb-Silicaten. Dahin gehören viele Zeolithe, zu 47H —, zu den Halb- Silicaten namentlich Skolezit und Natrolith, wenn man ihre Formeln so gestaltet, dass die Ba- sen R und & in gleichem Maasse mit Kieselsäure gesättigt schreibt — R? Si+ R? Si’ +2nH —. Man wird aber auch bei der Geringfügigkeit des Wassergehaltes erinnert an die wasserleeren Mineralien Vesuvian, Wernerit, Epidot, Ne- phelin, auch Anorthit und Labrador, welche bekanntlich alle von heisser Salzsäure angegriffen werden. Den durch Salzsäure nicht zersetzten Theil der Basalte pflegt man als ein Gemenge von Labrador und Augit anzu- sehen. Im vorliegenden Falle schwanken seine Verhältnisse zwischenDrittel-Silicaten und neu- tralen. So liefert die vorliegende Untersuchung wieder einen Beitrag zu der Ueberzeugung, dass in der Gesteins- lehre noch Vieles zu thun übrig ist. Il. Phonolithe. Zur Untersuchung erschien mir der Phonolith des Ebers- bergs seiner Homogeneität wegen vorzüglich geeignet. Der Ebersberg ist ein regelmässiger Kegel, dessen Spitze von den Ruinen einer Burg gekrönt wird; seine Höhe vom Fusse von Poppenhausen aus gemessen, beträgt 300 Fuss; nur der obere Theil besteht aus sehr vollkommen schiefrigem Phonolith, am untern Abhang streicht bunter Sandstein in regelmässiger Schichtung aus. Die untersuchte Probe war von einem der Blöcke losgeschlagen, die den Raum um die Ruinen bedecken. Sie war frei von allen krystallinischen 236 Einschlüssen, selbst unter der Loupe erkannte ich keine Feld- späthe darin, die den übrigen rhörischen Phonolithen so gewöhnlich eingesprengt sind und namentlich dem der Milze- burg, der Steinwand*) und des Teufelsteins ein porphyr- artiges Aussehen geben. Ihre Dichte betrug 2,504. Der Bruch ist uneben-splittrig. Frische Bruchflächen sind licht blaulich-grau schimmernd; das Pulver ist graulich - weiss, nach dem Glühen hat es einen röthlichen Schein. Als Resultat der Analyse ergab sich: Zusammensetzung des Phonolithes vom Ebersberg: 1. im Ganzen, II. durch Salzsäure zersetzter Theil, Ill. durch Salzsäure nicht zersetzter Theil. L. IT. III. Wasser... 1,49 1,49 0.00 Kieselsäure 60,02 11,03 48,99 Thonerde . 21,46 3,86 17,60 Eisenoxyd. 4,73 1,92 2,81 Kalkerde . 1,58 0,61 0,97 Talkerde . 0,61 0,27 0,34 Kaliaj.tr. ybrl88 0.26 1,62 Natrongess..1,8:86 1,12 TA 100,63 19,07. ‚80,87 *) In Bezug auf die schwarzen Brocken, die dieser Phonolith ein- schliesst, hat sich zwischen Herrn GurBErLET und mir ein Missverständ- niss ergeben, welches ich als bedeutungslos unberührt lassen würde, wenn es nicht von Herrn GurTBErLET selbst angeregt worden wäre. Er sagt in seiner neuesten Abhandlung: Einschlüsse in vulkanoidischen Gesteinen Fulda. 1855, Seite 10. „Herr Dr. Scunmirrt aus Jena hat diese Einschlüsse für Basalt gehalten, wie aus einem Vortrage auf der Versammlung der Naturforscher zu Jena hervorgeht.“ Nun heisse ich nicht Scan, son- dern Scnmip, habe nicht auf der Naturforscherversammlung zu Jena, son- dern auf der zu Golka darüber gesprochen, und dort auch nur gelegent- lich beim Vorzeigen von Handstücken eine Bemerkung gemacht, die nicht in die Protokolle übergegangen ist. Herr GurserrLer hält diese Ein- schlüsse für Hornblendeschiefer. Ich werde mich durch ihn, der die Lo- calität häufiger und länger untersucht haben wird und wahrscheinlich vjel deutlichere Handstücke besitzt, gern überzeugen lassen. 237 Die Berechnung der Gesammtzusammensetzung ergiebt, wenn man das Eisen zum Theil als Oxydul, zum Theil als Oxyd annimmt, das Verhältniss des Sauerstoffgehaltes der Basen RO, R, O, und der Kieselsäure 1u:80249 mit einer Schärfe, wie man sie bei Untersuchung eines krystalli- sirten Fossils nur wünschen kann. Dieses Resultat ist allerdings nicht neu. Es ist bereits von Agıch*) aus dem Mittel von 6 Analysen Srruve’s, ©. Gmeuin’s, Mever’s und Revres- BACHER’sS abgeleitet worden. .‚Bei dem Phonolith, als Ganzes betrachtet — sagt Apıcu — verhält sich der Sauerstoff‘ der Ba- sen zu dem der Kieselerde wie 1:2, und der der Alkalien zur Thonerde wie 1 : 3. Die einfachste Formel wäre also: wenn ein Theil des vorhandenen Eisens als Magneteisen be- trachtet und aus der Kieselverbindung eliminirt wird. Wäh- rend wir nun den Normaltrachyt vom Drachenfels unter dem chemischen Bilde des Orthoklas oder glasigen Feldspaths als Ganzes aufzufassen berechtigt sind, erscheint der Phonolith in der Formel des Oligoklases.“ Allein aus dem vorliegen- den Falle springt dasselbe Resultat viel unmittelbarer und bestimmter heraus. Aber nicht allein in seiner Gesammtzusam- mensetzung entspricht der Phonolith des Ebers- bergs dem Schema der Zusammensetzung des Oligoklases, auch der durch Salzsäure zer- setzte Theil und ebenso der nicht zersetzte bieten dieselben Verhältnisse. Der zersetzte Theil steht des Wassergehal- tes wegen jedenfalls dem Harmatom sehr nähe; seine Zusammensetzung entspricht der Formel: PLTIERLL ”) Ueber die Natur und den Zusammenhang der’ vulkanischen Bil- dungen. 1841. S. 36. 238 Am wahrscheinlichsten ist aber offenbar die Annahme, dass dieser Theil aus zersetztem Natron-Kalk-Harmotom: besteht, und aus angegriffenem Oligoklas, als dem nicht zersetzten Gemengtheil; davon nämlich habe ich mich durch einen vergleichenden Versuch überzeugt, dass der Oligoklas von Salzsäure in der Hitze stark angegriffen wird. Von den rhönischen Phonolithen sind durch C. Gmerin *) schon zwei untersucht, der vom Pferdekopf und der von der Abtsroder Kuppe. Beide Punkte hängen mit dem Plateau der hohen Rhön unmittelbar zusammen; sie sind Erhebun- gen am Rande. Der Fuss des Pferdekopfes berührt Poppen- hausen, erhebt sich aber darüber mehr als 1600 Fuss; die Abtsroder Kuppe liegt östlich nicht weit davon und hat bei- nahe dieselbe Höhe. C. GmeLin zieht aus seinen Unter- suchungen den Schluss, dass der durch Salzsäure zersetzbare Antheil Mesotyp, der nicht zersetzbare Feldspath sei. Ich hielt es nicht für überflüssig, diese Annahme durch genaue Rechnung zu prüfen. Für den nicht zersetzbaren Theil fand ich sie vollständig gerechtfertigt; dieser entspricht sehr gut der Formel: Für den zersetzbaren erhielt ich andere Resultate. Das Schema der Zusammensetzung des Mesotyps ist bekanntlich dem Silicat im zersetzbaren Theile des Phonoliths vom Pferde- kopf aber kommt die Formel zu: eine Formel, welche zwischen denen des Glottalits — R,S, +#S5i4+9H — und des Breviecits — R, Si, Dem zersetzbaren Theil im Phonolith von Abtsrode entspricht die Formel: R,Si+3RSi- 53H, °) Pocsenporrr’s Annalen der Physik und Chemie. Bd. XIV. S. 357. 239 welche sich von der des Thomsonits nur durch einen um 4 Aequivalente geringern Wassergehalt unterscheidet. Leider ist am angeführten Orte GmeLın’s Untersuchung sehr kurz mitgetheilt, ohne genaue Angabe des Fundorts und ohne petrographische Beschreibung der untersuchten Ge- steine. Dies ist um so mehr zu bedauern, als gerade am Pferdekopf und an der Abtsroder Kuppe verschiedene Ge- steinsvarietäten, nach GUTBERLET ältere und jüngere, einander berühren. Vom chemischen Gesichtspunkt aus würden die drei Phonolithe vom Ebersberge, vom Pferdekopf nnd von Abts- rode auf eine Quelle zurückzuführen sein, da trotz der ver- schiedenen Zersetzbarkeit die Gesammtmischung wesentlich dieselbe ist. Druck von J. F. Starcke in Berlin. 5 F + BRENNER NKERNESN, mern a Wied ee ih sinhlsk Insekt ee. ni u Tr ‘ "eh LICH: lese he ort enler ‚legt wor N. "7 0 va ER es wich le ah nr re y ehr sed, Sinne Salz bessere ® Ber NR aykäknie iR) KAUR! 9 NET" N TRHAN % Aatheil Moanty 1 Keeimung Erin Pe er rich . e a ya a Ya va ec ee a Br Ayo F ERLENE N AR EN h R „Sie Seüh Rh aaa pl uber man lie. Keira Ri Si; 2 ie ER Wr wimal, B wudshe: ae 1$ Sl, j un + N? ae und N PN va steht. ; Ks ıt6: Be aba Bu En ; a re | al PETE a Ra won < Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 2. Heft (Februar, März, Aprıl 1853.) A. Verhandlungen der Gesellschaft. 1. Protokoll der Februar - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 2. Februar 1853. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. CARNALL, wird das Protokoll der Januar-Sitzung verlesen und angenommen. Briefe sind eingegangen: Von Herrn NögsEraru in Bonn mit einem Aufsatze des Herrn Jursus Scumipr über eine Torfinsel im Beeler See in Holstein. Von Herrn Giesen in Halle, die Hallesche Zeitschrift für allgemeine Naturwissenschaft betreffend. Von Herrn C. Harrmann in Weimar, mit dem Aner- bieten des Austausches der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung gegen die Zeitschrift der Gesellschaft. Für die Bibliothek sind eingegangen als Geschenke der Verfasser: Von Herrn GiEBEL: Deutschlands Petrefakten. Leipzig 1852. Von Herrn LyEır: The tertiary strata of Belgium and french Flanders. Lon- don 1852. ! (Aus dem Quarterly Journal of the geolog. Soc. of Lon- don for Aug. 1852, Vol. VIII.) Vom geognostisch - montanistischen Verein für Tyrol und Vorarlberg: Zeits. d.d. geol. Ges. V.2, 16 242 Drei Blätter Gebirgs-Durchschnitte durch Tyrol, Fort- setzung der früher geschenkten geognostischen Karten von Tyrol und Voralberg. Von Herrn ZERRENNER: Erdkunde des Gouvernements Perm. Dritte Abtheilung. Leipzig 1853. Zum Austausch gegen die Zeitschrift der Gesellschaft : Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der-preus- sischen Rheinlande und Westphalens. Jahrg. 9. Hft. 3. u. 4. Bonn 1552. 2 Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Ver- eins in Alegensburg. Jahrg. 6. 1852. Jahresbericht der schlesischen Gesellschait für vaterlän- dische Cultur für 1851. Breslau 1852. Von Herrn L. pe Koninck in Züttich: Description des animaux fossies qui se trouvent dans le terrain carbonifere de Belgique. Liege 1844, et Supplement 1851. Recherches sur les «nimaux fossile. Premiere partie: Monographie des genres Produetus et Chonetes. Liege 1847. Notice sur deux especes de Erachiopodes dw terrain pa- leozoöque de la Chine. Memoire sur les crustaces fosseles de Belgique. (Extr. des memoires de U Academie royale de Bruxelles.) Notices sur le genre Davidsonia et sur le genre Hypo- dema. Liege 1852. Nouvelle Notice sur les fossiles du Spitzberg. (Extr. du Tom XVI. du Bulletin de Ü Acad. roy. de Bru.elles.) und kleinere Abhandlungen aus Bd. X bis XVII. der Bulletins der Brüsseler Academie. Der Vorsitzende sprach unter Vorlegung einiger Hand- stücke über das Vorkommen des Bleierzes am Bleiberge bei Commern in der preussischen Rheinprovinz, welches in neuerer Zeit durch angelegte Tagebaue vollständiger auf- geschlossen und darum in seinem ausserordentlichen Reich- thume besser zu beurtheilen sei, als dies bei den bisher s 243 nur unterirdisch und dabei meistens sehr unregelmässig geführten Bauen möglich war. Der Redner zeigte in einem Profile, wie in jener Gegend die das Bleierz einschliessende Formation des bunten Sand- steins in ihrem unteren, unmittelbar auf Grauwacke ruhen- den Theile aus mächtigen Ablagernngen von grobem Con- glomerat bestehe, dessen vollkommen abgerundete Trüm- mer nur Grauwacken zeigen, welche durch ein dunkelgraues kieseliges Bindemittel verkittet sind. Der obere Theil der Formation, die Höhenzüge bei Commern bildend, besteht dagegen ganz vorherrschend aus feinkörnigem Sandstein von in der Regel weisser oder gelblich-weisser Farbe und locke- rer Verbindung der Körner in mächtigen söhligen oder we- nig geneigten Schichten mit nördlichem Einfallen. Es kom- men jedoch auch in diesem Sandstein noch Einlagerungen von jenem grobkörnigen Uonglomerat vor, nicht sowohl als regelmässige Schichten, sondern mit wechselnder Stärke sich anlegend und wieder auskeilend, auch in anderer Lage als die Schichten, bald einzeln, bald in mehrfacher Wiederholung über- und nebeneinander. Man nennt diese Conglomerat- einlagerungen innerhalb der Erzführung „Wackendeckel.“ Die Erzführung erstreckt sich über eine Stunde weit, und zwar gegen die Enden hin mit abnehmendem Reichthum ; sie beginnt nahe unter Tage und geht mit den Schichten in eine noch unbekannte Tiefe nieder; es mag Stellen geben, wo sie mehr als 40 Lachter saigere Mächtigkeit hat. Diese Erzführung besteht darin, dass der Sandstein in seiner ganzen Masse mit Körnern von Bleiglanz erfüllt ist, vorherrschend von Lin- sen- bis Erbsengrösse und mit überraschender Gleichmässig- keit darin vertheilt; selten sind einzelne grössere Körner, häufiger gehen sie bis zu sehr feinen Punkten herab. Diese Körner heissen, wenn sie ausgewaschen sind, Knotten, auch Knottenerz und das Gestein Knottensandstein. Untersucht man das Innere der Körner, so findet man auch in ihnen noch feinen Sand, welcher darin durch den Bleiglanz fest verkittet erscheint. 16,7 244 Auch in den Wackendeckeln kommt, wiewohl in meist geringer Menge, in schwachen Trümchen, Schnüren und eingesprengt, Erz vor, hier aber ohne die Sandein- mengung als reiner Bleiglanz; unverkennbar daselbst reiner ausgeschieden, weil kleine Risse, Sprünge oder andere Höh- lungen zum Absatz vorhanden waren. Merkwürdig sind die Rutschflächen und blanken Har- nische, welche in dem Knottensandstein beobachtet werden und welche an Handstücken vorgezeigt wurden; die Er- scheinung ist um so auffallender, als das Gestein dabei oft nur eine geringe Festigkeit zeigt und als die Glättung bei einer bloss kurzen Fortbewegung des einen Massenstückes an dem anderen erfolgen musste. Schliesslich sprach der Redner noch von der Gewinnung und Verarbeitung des Erzes und bemerkte, wie der enorme Reichthum der Ablagerung eine fast unbegrenzte Bleipro- duktion gestatte, und dass mit dieser eine ansehnliche Silber- gewinnung verbunden sei. v. w. 0. v. Carnarz. Beyrıca. Rorn. 2. Protokoll der März - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 2. März 1853. Nachdem das Protokoll der Februar - Sitzung verlesen und genehmigt ist, werden als der Gesellschaft neu zugetre- ten die folgenden Mitglieder angemeldet: Herr Bornemann zu Mühlhausen in Thüringen, vorgeschlagen durch die Herren Beyricu, RorHu und v. CARNALL; Herr Oberbergamtsreferendar MEHnErR zu Derlin, vorgeschlagen durch die Herren KArsTEn, JAcoB und v. CARNALL; Herr Dr. SCHARENBERG zu Dreslau, vorgeschlagen durch die Herren GöPPERT, ErBREICH und Beyrıch. 245 Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: 1. Rapport sur les recherches geologiques, executces par ordre du gouvernement pendant l’annee 1552 dans la Neer- lande. (Extrait du premier volume des Memoires, publies par la Commission generale). 2. Abhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. In drei Abtheilungen. I. Band. Wien 1852. 3. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. 3. Jahrgang, Nr. 3. 4. Die Mineral- Regionen der oberen Halbinsel Michi- gan’s (N. A.) am Zake superior und die Isle royal. Von Dr. C. L. Kocu. — Im Auftrage des verstorbenen Verfas- sers eingesendet durch Herrn Hausmann in Göttingen. 5. Uebersicht des obern silurischen Schichtensystems Liv- und Ehstlands, vornämlich ihrer Inselgruppe. Erster Theil. Geognostisch-geologische Skizze. Von ALEXANDER Gustav Scurenk. Dorpat 1852. — Geschenk des Ver- fassers. 6. Geognostische Beobachtungen in der Gegend zwi- schen Giessen, Fulda, Frankfurt a. M. und Hammelburg. Gesammelt von R. Lunwıs. Nebst 2 Karten. Darmstadt : 1852. — Geschenk des Verfassers. 7. Einschlüsse in vulkanoidischen Gesteinen. Abhand- lung von Wirs. Cart JuLius GUTBERLET. Fulda 1853: -— Geschenk des Verfassers. 8. Würtembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Neunter Jahrgang. Heft 1. 9. Catalog der Bibliothek der Ministerial - Abtheilung für Bergwerke, Hütten und Salinen. Berlin 1852. — Ge- schenk des Herrn v. CArnALL. 40. Schluss der Herausgabe der ‚,Naturwissenschaft- lichen Abhandlungen u. s. w.“ und: Der erste Band der Abhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. Von W. Haıpineer. (Separat-Abdrücke aus dem Jahrbuche der K.K. geologischen Reichsanstalt. 3. Jahrgang Nr. 4.) Der Vorsitzende, Herr v. Carnauı, legte der Gesell- 246 schaft die von Herrn v. DecHenx bearbeitete geologische Karte des Siebengebirges zur Ansicht vor. Derselbe gab Nachricht von dem gefassten Beschluss der Herausgabe einer geologischen Karte der preussischen Provinzen der Rheinlande und Westphalens im Maassstabe von 1:80000. Die Karte wird aus 30 Sektionen bestehen, deren jede 14 mal so lang und breit wird als die Sektionen der vom Generalstabe publicirten topographischen Karte der- selben Provinzen in gleichem Maassstabe. Es werden 3 bis 4 Sektionen in jedem Jahre erscheinen, so dass in 10 Jahren die Karte vollendet werden soll. Für die Herausgabe dersel- ben ist durch den Minister für Handel, Gewerbe und öffent- liche Arbeiten, Herrn v. np. Hrvor, eine Beihülfe aus Staats- fonds bewilligt, um dadurch einen mässigen Verkaufspreis zu ermöglichen; das Königliche lithographische Institut hat die Ausführung der Karte in Farbendruck übernommen mit der Verpflichtung, demnächst den Ladenpreis pro Sektion nicht höher als 1 Thaler zu stellen. Ferner machte Herr v. Carnarz die Mittheilung, dass der Herr Handels-Minister eine Unterstützung von 300 Tha- ern bewilligt habe zur Herstellung von Kupfertafeln zu einer von Herrn Beyrıca übernommenen monographischen Bearbeitung der in Nord-Deutschland vorkommenden Tertiär- Konchylien. Die Arbeit wird in die Zeitschrift der Gesell- schaft aufgenommen, es sollen aber auch Separatabdrücke derselben zu buchhändlerischem Vertriebe hergestellt werden. Der sich hieraus ergebende Ueberschuss soll, nach Er- schöpfung der Unterstützung, auf die weiteren Tafeln ver- wendet werden. Herr Beyrıca legte ein neues schlesisches Mineralvor- kommen zur Ansicht vor, über welches Herr Ave. Prinz Scuönaich-CARoLATH brieflich berichtet hatte. *) Derselbe trug den Inhalt eines abschriftlich an Herrn Weıss gesandten amtlichen Berichtes des Syndikus v. Cörzx *) Vergl. Bd IV. S. 714 und Heft 1. d. B. S. 223 fg. 247 an die Regierung zu Detmold, d. d. Lage, den 15. Fe- bruar 1853, vor, in welchem eine ausführliche Berichtigung irriger über einen vermeintlich bei Detmold am 6. Januar d. J. erfolgten Meteorsteinfall verbreiteter Nachrichten ge- geben wird. Es bleibt nach den mitgetheilten Daten un- sicher, ob überhaupt und wo ein Meteor an jenem Tage in jener Gegend niedergefallen sei. Vor dem Schlusse der Sitzung nahm der Vorsitzende Veranlassung, dem Andenken des Dr. Overwee die nach- folgenden Worte zu widmen: „Es wird Ihnen, meine Herren, zwar schon aus den Zeitungen die betrübende Nachricht bekannt geworden sein, dass der Dr. Overwee auf seiner Reise in Altica das Opfer einer climatischen Krankheit geworden ist. Ich halte es für eine obwohl schmerzliche, doch unabweisbare Pflicht, hier seinem Andenken einige Worte zu widmen. — Schon von früher Jugend an sich geologischen Forschungen widmend, ebenso beharrlich als bescheiden seine Bestrebungen verfol- Band, Mitglied unserer Gesellschaft, auch eine Zeit lang an den Vorstandsgeschäften Theil nehmend, hat er uns hier nahe gestanden. Als er im Eifer für die Wissenschaft, welche wir pflegen, dem Rufe folgte, mit Rıc#Arnsox und BArru an der Expedition nach Ruck Theil zu nehmen, nicht achtend, dass aus jenen Landen noch keiner zurück- kehrte, da folgten ihm unsere Blicke mit Besorgniss. Je mehr aber mit jeder günstigen Nachricht unsere Hoffnung stieg, ihn glücklich zurückkehren zu sehen, jemehr wir uns darauf freuten, von ıhm dann hier ım Keee Mittheilun- gen aus Ländern zu vernehmen, welche noch keines Geologen Forscherblick erreicht hat, je sicherer wir allmälig dieser unserer Erwartung g geworden waren, um so schmerz- licher muss uns die MT ranrkunde berühren — von dem Ver- luste, welcher die Wissenschaft, welcher uns seine Freunde betroffen hat. — Was können wir thun? — Den Verlust betrauern, und dem Verewigten ein treues Andenken be- wahren!“ Hierauf ward die Sitzung geschlossen. N v. w. 0. Carnarı. Beyrıcnh. Rorn. 248 3. Protokoll der April - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 6. April 1853. Zu der heutigen Versammlung — der ersten nach dem Tode LEopoLnp v. Bucn’s — hatten sich sowohl die hiesigen Mitglieder der Gesellschaft als auch andere Personen zahl- reich eingefunden. Die Rückwand des Saales war mit schwar- zem Tuch bekleidet, in der Mitte hing das Bildniss des Verewigten mit umflortem Rahmen und über ihm ein fri- scher Lorbeerkranz, auf der einen Seite die geognosti- sche Karte von Deutschland, auf der andern Seite Teneriffa und darunter die der Gesellschaft als ein werth- volles Andenken zugehörige Originalzeichnung von der geognostischen Karte des Karlsbader Gebirges. Um das Bildniss und die Karten schlangen sich Streifen von schwarzem Flor. Vor Eröffnung der Sitzung trug Herr v. CArnatr die nachfolgende Rede *) vor: „Meine Herren! Als wir ın letzter Sitzung hier zusam- menkamen, da suchten unsere Blicke vergebens den verehrten Meister und ängstlich ging die Frage nach ihm von Freund zu Freund im Kreise umher. Wir hatten ihn stets als den Ersten hier gefunden; wir waren gewohnt, uns um ihn, als der Gesellschaft festen Mittelpunkt, zu vereinigen, wir waren gewohnt, dass er an unsern Verhandlungen, an unsern Ar- beiten den lebhaftesten Antheil nahm. Er war es ja, der uns der Forschung Wege gezeigt hatte, und sein Beifall war unsrer Bestrebungen schönster Lohn. Wohl konnten wir in unseren Herzen bisweilen die bange Besorgniss nicht unterdrücken, dass dieses glänzende Licht, das mehr als ein halbes Jahrhundert hindurch das Feld unserer Wissenschaft mit der fruchtbarsten Wärme be- leuchtete, sich — wie die Sonne im unbewölkten Westen — dem Horizonte nahe. Wenn wir aber wieder die Frische seines hellen Geistes, wenn wir das noch jugendliche Feuer sahen, mit dem er das ganze Gebiet der Forschung umfasste, gaben wir uns so gern der Hoffnung hin, dass dies Licht, diese Wärme noch lange unseren Kreis beleben werde. *) Den Mitgliedern der Gesellschaft ist ein Abdruck dieser Ge- dächnissrede nebst einem, besonders dazu lithographirten Bildniss LeopoLn v. Buca’s zugesandt worden. 249 Ach! nur zu bald hat Dämmerung den Himmel unse- rer Hoffnung umzogen; das herrliche Gestirn hat seine Lauf- bahn vollendet und ist erloschen. Trauernd standen wir am Sarkophage, der des grossen Geistes Hülle barg und brachten in einer warmen T'hräne dem theuern Meister der Liebe und Treue letzte Huldi- gung dar. Mit Craupivs können wir sagen: „sie haben einen ed- len Mann begraben, und uns war er mehr!” — Wenn aber der stumme Schmerz allmälig sanfteren Ge- fühlen weicht, dann tritt der Freund zum Freunde und in dem Austausch gegenseitiger Mittheilungen tauchen der Er- innerung Bilder herauf; Bilder, die der unvergessliche Meister mit den Strahlen seines Geistes erhellt. Die beengte Brust erleichtert sich in den Schilderungen seines unermüdlichen Strebens, seines allgewaltigen Einflusses auf das ganze Ge- biet unserer Lehre, für die ja sein Leben nur eine ununter- brochene Beobachtung war. Die Reihe seiner Forschungen ist die Entwickelungs- Geschichte unserer heutigen Geologie. Jeder grosse Fort- schritt, den sie gemacht hat, ist eine Wahrnehmung, eine Entdeckung, ein Werk unseres verewigten Meisters. Seine Werke, seine. unsterblichen Schöpfungen in ihrem vollen Umfange zu schildern, bin ich nicht im Stande. Allein des Verewigten Wunsch und Ihre Wahl, meine Herren, hat mich auf die Stelle, an der ich hier stehe, berufen und auf dieser Stelle liest mir die, wenn auch schwere, doch unabweisbare Verpflichtung ob, nicht nur den Gefühlen des Schmerzes über den unersetzlichen Verlust, der uns alle betroffen hat, sondern auch der Erinnerung an des Verewigten Schöpfun- gen Worte zu geben. ; In einem Kreise, welcher sich die Förderung der Geo- logie zur Aufgabe stellt, bedarf es einer Darstellung dessen, was LEopoLp v. Bucu geschaffen hat, nicht. Nur ein- zelne Momente will ich versuchen daraus hervorzuheben, vorher aber einiger Umstände gedenken, welche für seine Laufbahn bestimmend waren, die vielleicht weniger bekannt sind, weil sie vor dem Glanze der mit wunderbarer Schnelle auf einander folgenden Schöpfungen des Meisters in den Hin- tergrund traten. — l Reich begabte Naturen, welche berufen sind, in dem Felde ihres Wirkens sich selbst die Bahn zu brechen und eine Höhe zu erklimmen, von der sie dann das ganze Feld frei und selbstständig beherrschen, . pflegen schon früh den Stempel solchsn Berufes zu tragen. So auch LeoroLn v. Bucn. 250 Geboren zu Sio/pe in der Uckermark am 26. April 1774, finden wir ihn in den ersten 90er Jahren als preussischen Bergeleven auf der Akademie zu Freiberg, dem damaligen Mittelpunkte für die wissenschaftliche Bearbeitung der Berg- baukunde, Mineralogie und Geognosie. Werner’s Ruf zog nicht nur aus allen Gauen Deutschlands, sondern auch von allen gebildeten Nationen junge Männer dahin. Leororn v. Buch wohnte in WErneEr’s Hause und dies zu einer Zeit, wo WERNER so eben seine Geognosie zu einem vollständigen Systeme ausgebildet, wo er seine Theorie der Gänge heraus- gegeben hatte. Eine solche Schule und der nahe Umgang mit dem hochverehrten Lehrer musste auf den jungen Buc# von mächtigem Einfluss sein. Als erstes Schriftstück von seiner Hand*) findet sich in den Akten des damaligen Allgemeinen Bergwerks-Depar- tements das Journal einer kleinen Reise nach Seren im oberen Erzgebirge im August 1792. Der achtzehnjährige Jüngling schrieb — aus MeEısiEr’s neuen schweizerischen Spaziergängen (S. 146) — als Motto darauf: „Das Neue erweitert, das Grosse erhöht unsern „Gesichtskreis, das eine wie das andere verstärkt das „Gefühl des eigenen Selbst, das Gefühl der inne- „ren Triebkraft und Vollkommenheit.” In diesem Motto liegt das Bewusstsein eines hohen Be- rufes und das Ziel, welches der Jüngling sich steckte, es ward in des Mannes rascher Laufbahn ruhmvoll erreicht. Jenes Journal, so wie ein zweites von einem Ausfluge nach Waldheim, Nossen und Rosswein aus dem September desselben Jahres hatte LeororLn v. Bucn nebst einem Gru- benberichte von Christbescherung Erbstolln bei @rossworgts- berg persönlich in Berlin eingereicht und erhielt darauf ein belobigendes Rescript von dem Minister v. Heınırz, welches von dem nachherigen Staatsrath Karsten eigenhändig con- eipirt ist. Um dieselbe Zeit erschien seine erste Publikation in dem Bergm. Journal**), nämlich die „, Beiträge zur mineralogi- schen Beschreibung der Umgegend von Carlsbad.” Schon in diesen frühesten Arbeiten bewundern wir jene scharfe Beobachtung, jene gründliche Auffassung der That- sachen, jene Aufmerksamkeit auf alle selbst die kleinsten Nebendinge, jenes stets glückliche Bestreben, die Erschei- *) Dieses Schriftstück se wie die weiterhin erwähnten Schreiben wurden von dem Herrn v. Carnarı der Versammlung zur .Ansicht vor- gelegt. »*) Band 2. Heft 11. 1792. 251 nungen in einen systematischen Einklang zu bringen; ganz besonders aber, sowohl in der Sprache als in meisterhaften bildlichen Abrissen, jene überaus klare Darstellung, welche alle Arbeiten LeoroLp v. Buc#’s in so hohem Grade aus- zeichnet und seine Schriften für einen Jeden zur anziehen- den Lectüre macht. Von Freiberg ging Leororn v. Bucu zum Verfolge seiner Studien nach Halle. Won dort sandte er an den Mi- nister v. Heınırz seine bekannte Abhandlung über den Kreuzstein. Die Eingabe ist vom 10. März 1795 und lautet: „Euer Excellenz werden mir die Freiheit gnädigst „verzeihen, dass ich es wage, Denenselben einige „Beobachtungen zu überreichen, die ich an einem son- „derbaren Fossile zu machen Gelegenheit hatte, So „sehr ich es fühle, dass sie zum Drucke nicht reif, „noch weniger also Euer Excellenz Aufmerksamkeit „werth sind, so verleitet mich doch hierzu die Pflicht, „die aus Euer Excellenz Gnade für mich entspringt, „Denenselben von meinen Fortschritten in einer Wis- „senschalt Rechnung abzulegen, die so nahe in Ver- „bindung mit derjenigen steht, in der ich einst suchen „möchte, dem Staate zu dienen. „Dürfte ich hoien, in dem kleinen Versuche gezeigt „zu haben, dass es möglich sei, bei den Kıystallen „beständige Gesetze zu finden, die sie bei ihrer Bil „dung verfolgen, so würde ich ebenfalls wagen, die „Betrachtung zu meiner Entschuldigung anzuführen, „dass mehrere Untersuchung dieser Materie auch „sogar für technische Künste von Nutzen sein könnte.” „Mit der grössten Ehrfurcht etc. Am 15. März 1796 kam Leoporp v. Buch mit der Bitte ein, ihm durch eine Anstellung beim praktischen Berg- kau Gelegenheit zu geben, „um’” — wie er sich ausdrückt — „dem Vaterlande nützlich zu werden”, und gleichzeitig: schrieb er an den damals an der Spitze der Partie stehenden Gra- fen v. Repen: „Ich würde Euer Hochgeboren Befehle in Schlesien „besser ausführen können, wenn ich für eine in Dien- „sten stehende Person angesehen wäre. Mein eigner „Ehrgeiz geht nur dahin, eine nützliche Unterneh- „mung zu Euer Hochgeboren Zufriedenheit ausge- „führt zu haben. Ich stelle daher jenen Punkt ganz „Ihrer Willkür anheim und verharre etc.” Durch Erlass vom 24. März 1796 erfolgte hierauf seine Ernennung zum Referendar bei dem schlesischen Ober- Bergamte und letzteres wurde angewiesen, ihm die Bearbei- 252 tung ‚der in die Gebirgskunde und mineralogische Unter- suchung einschlagenden Gegenstände und bei vorfallender Gelegenheit dessfalsige Local-Commissionen” zu übertragen. Leororn v. Bucu lieferte hierauf in getrennten Berich- ten: „Geognostische Bemerkungen von Niederschlesien’ mit einer zugleich die Grafschaft Glatz umfassenden Karte, „Geognostische Bemerkungen über Oberschlesien” (mit Karte), so wie über die damals preussischen Theile von dem König- reich Polen. Diese seine Untersuchungen, welche er schon in den Jahren 1796 und 1797 vollendete, und deren wesentlichste Ergebnisse er theils in seiner noch heute für ein Muster der Darstellung geltenden ‚‚mineralogischen Beschreibung von Landeck” (Breslau 1797), theils erst später in dem „Entwurfe einer geognostischen Beschreibung von Schle- sien”’*) veröffentlichte, sind für die damals kaum erst be- gonnene Aufschliessung reicher Erz- und Steinkohlenlager, und somit für die ganze Entwickelung der schlesischen Bergwerks-Industrie von der grössten Wichtigkeit gewesen. Bei ihnen hatte sich aber auch der Beruf und die künf- tige Laufbahn LeopoLp v. Bucu’s entschieden. Mit dem ganzen Eifer seines feurigen Geistes hatte er sich der geo- logischen Forschung bemächtigt und in der Erkenntniss, dass nur die ausgedehntesten Beobachtungen zu einer Erklärung der Erscheinungen führen könnten, trieb es ihn unaufhaltsam nach den Alpen, nach Italien, nach den ‚Stätten, wo gewalt- same Erschütterungen die Rinde der Erde gespalten und in schroffen Felswänden oder tiefen Kratern dem Forscherauge erschlossen haben. Einem Geiste wie Buch konnten die Fesseln, welche in den Formen des Staatsdienstes liegen, nicht zusagen. Von einem Eintritt in die Bergwerks-Verwaltung ist nicht weiter die Rede gewesen, indessen eine förmliche Entlassung auch nicht erfolgt, und er pflegte im Kreise seiner Freunde bisweilen scherzend zu äussern, dass er der älteste Referen- dar der preussischen Bergwerks-Partie sei. — Salzburg, Tyrol, Rom und Neapel waren der Boden, wo seine Beobachtungen zu Ergebnissen führten, welche die Grundpfeiler der Werner’schen Geognosie erschütterten. Aber noch am 16. November 1800 **) schrieb er aus Neuchatel an WERNER: „wie” — sagt er — „könnte der Schüler seine „Dankbarkeit lebhafter äussern als durch das Bestreben, den *) Geognostische Beobachtungen auf Reisen durch Deutschland und Italien. Band I. 1802. %*) Geognostische Beobachtungen ete. Band I. Widmung an WERNER. 253 „Schöpfungen des Lehrers weitere Verbreitung, neue Aus- „dehnung, neue Festigkeit zu verschaffen.” Selbst noch als er vor den Basalten am Montdor steht, als sich ihm die schlagenden Beweise der Vulkanität dieser Massen aufdrängen, als er im Zweifel an der bestehenden Lehre zugesteht, „wie schwer es sei, nach völlig beendigter Progression „von den älteren Urgesteinen, vom krystallisirten Gra- „nit bis an die angeschwemmten neueren Kalksteine „und Sandsteine, an eine, nur auf einen Augen- „blick zurückkehrende, allgemeine Bildung krystalli- „sirter Gesteine zu glauben!” selbst da noch nimmt er Anstand, das Resultat als ein allge- meines, auch auf deutsche Basalte anwendbares hinzustellen, und schliesst seine herrlichen Briefe aus der Auvergne *) mit den Worten: „Stehen die Meinungen im Widerspruch, so müssen „neue Beobachtungen den Widerspruch lösen!” Man hat behauptet, LeopoLp v. Buch habe aus Rück- sicht auf Werner Anstand genommen, schon damals mit seiner vollen Ueberzeugung hervorzutreten. Eine einmal erkannte Wahrheit zu unterdrücken oder auch nur zurückzu- halten, hätte seiner Natur widerstrebt, wäre nicht mit jener geistigen Freiheit in Einklang zu bringen, welche alle seine Schöpfungen charakterisirt. Aber ebenso fern war es ihm, aus vereinzelten Erscheinungen vorschnelle Schlüsse zu zie- hen, die das System des hochgeachteten Lehrers unhaltbar machen konnten, ohne dafür etwas Neues, Besseres, Natur- getreueres zu bringen. Dazu bedurfte es jener Summe von Thatsachen, welche seine rastlose Forschung in den Gebir- gen aufgesucht und — gefunden hat. Dies Bestreben. führte ihn nach dem damals noch un- bekannten Norden Europas. In Skandinaviens Bergen war es, wo er den Granit, den Urgebirgskern WERNER’s, in den Schichten und Spalten junger, Versteinerungen führender Ge- steine fand; — dann wieder in den hohen Alpen den Bil- dungsgang der Gebirgsmassen verfolgend, bahnte sich sein Forschergeist nun eine eigne Bahn und auf den Canarischen Eilanden, an Teneriffas hohem Pic war sein Urtheil über die gewaltigen Bildungen der Vulkane, über die weit grei- fenden Einwirkungen derselben auf die ganze urweltliche Schöpfung entschieden. Mit gleicher Meisterschaft ergriff er die Beobachtung der Einschlüsse in den neptunischen Ablagerungen, jener *) a. a. 0. Bd. II. S. 311. 254 Reste organischer Wesen, deren Aufleben und Aussterben die grossen Abschnitte in den Erdumwälzungen bezeichnet, und durch deren Auffindung und Bestimmung die Erkennt- niss der Gleichzeitigkeit der entferntesten Gebilde möglich wurde. Sein klarer Blick fand auch hier der Forschung sichern Faden, wusste aus der Formen zahlloser Menge das Wesentliche zu eriassen, Geschlechter und Gattungen der urweltlichen Geschöpfe zu bestimmen und daraus für das Alter der Schichten feste Regeln abzuleiten. Wie der rüstige Gebirgswanderer am alpinischen Kamme hinanstrebt und mit jedem Schritt einen weiteren Gesichts- kreis gewinnt, so sehen wir Lrorotn v. Buch im freien und kühnen Aufschwunge die Höhe der Wissenschaft errei- chen. Und nicht genug, dass er das Selbstgesehene mit meisterhafter Klarheit schilderte: sein heller Geist umfasste auch aller Zeitgenossen Arbeiten, brachte Licht und Zusam- menhang in ihre vereinzelten Beobachtungen. Ueberraschend war es, wie sein scharfer Blick selbst aus Mittheilungen unbedeutender Beobachter die wichtigsten That- sachen zu entwickeln vermochte. Wer jemals Zeuge gewesen, wenn er die Kabinette gewöhnlicher Sammler in Augenschein nahm, wird mit Bewunderung gesehen haben, wie er oft so- gleich Neues und Wichtiges herausgriff, wie manche unschein- bare Stufen, manche kaum beachteten Petrefakten in seiner Hand zu Schätzen der Wissenschaft wurden. — Wo aber aus der unendlichen Mamnigfaltigkeit der Na- tur, wo aus tausend der allerverschiedensten, sich widerspre- chenden Wahrnehmungen die grossen Regeln der Schöpfung abgeleitet werden sollen; wo immer neue Beobachtungen das mühsam Verbundene wieder zu lösen drohen, ja wo oft eine einzelne Erscheinung das ganze Lehrgebäude zu erschüttern vermag: da kann auch der vollendete Meister irren. - Woll- ten wir uns des Sonnenlichtes darum weniger erfreuen, weil wir durch gefärbte Gläser Flecken darin bemerken können ? Wollten wir den grossen Meister darum weniger ehren, weil er das Loos aller Erdenpilger theilte, deren Pfad nur durch Schatten zum Lichte führt? — Mögen beschränkte Naturen, die aus ihrer niederen Sphäre das Grosse nicht zu überschauen vermögen, sich darin gefäl- len, an kleinlichen Nebendingen zu splitterrichtern. Hat uns LsoporLn v. Bucu gezeigt, dass aufgestiegene krystallinische Massen die schroffen Alpenketten gewaltsam emportrieben, so ist es gegen diese grosse unumstössliche Thatsache fürwahr! von keinem Gewicht, ob es Melaphyre, ob es rothe Porphyre oder noch andere plutonische Gebilde waren. — Die Frage, ob die vulkanische Thätigkeit durch 255 Aufbiesung söhliger Schichten den Krater bildete, oder ob sie die Tdnrehbrachene Masse, sie ın kleine Theile zerreissend, umändernd oder schmelzend, zu einem Kegel zusammen warf, tritt weit in den Hintergrund gegen LeoPoLn v. Buch’s unbestrittene Entdeckung. dass jene Krater, diese Kegel bis auf ihre Basıs, bis auf den Boden des Urmeeres hinab, vul- kanische Bildungen sind. Als der Verewigte die merkwürdigen Beziehungen zwi- schen den Melaphyren und den Dolomiten des Fassa-Thales entwickelte, als er andere, noch ausgebreitetere Metamorpho- sen fester Massen nachgewiesen hatte, da wollten die Che- miker ihm ihre Schmelztiegel vorhalten, als wenn die Ursa- chen so gewaltiger "Katastrophen i in den Laboratorien zu er- gründen wären. Mag das Wie? noch unerklärt sein, die Umwandlung selbst ist, als unzweifelhaite Thatsache, ein ge- sichertes Eigenthum der Wissenschait geworden. Doch genug hiervon! — ich will hier nicht Betrachtun- gen verfolgen, nicht auf Theorien eingeben, welche als offene Fragen von weiteren Forschungen ihre Lösung erwarten. "Wohl wird die Wissenschaft in ihrem steten Fortschritt zu neuen Entdeckungen führen; es werden sich aus neuen Thatsachen neue Ansichten, neue Lehren entwickeln ; zuletzt wird vielleicht auch Leopoı» v. Bucu’s schöne Schöpfung dem Lcose alles irdischen anheimfallen. Doch der gewaltige Fortschritt, den die Geologie durch ihn gemacht hat, wird für alle Zeiten eine geschichtliche Thatsache bleiben, und ob auch jene geistreichen Schlüsse, die er auf seine Wahrneh- mungen gründete. nicht mehr gelten sollten, seine Beobach- tungen, seine unübertrefilichen Schilderungen der Natur wer- den ihren Werth behalten, und noch bei den spätesten Nach- kommen das Studium der Geologie in immer grösseren Krei- sen wecken und verbreiten! — Fragen wird man, wie es möglich war, dass ein einzel- ner Mann so Vieles und Grosses vollbrachte? — Wahrlich! das seltenste Genie, und eine allen körperlichen und geisti- gen Anstrengungen gewachsene Thatkraft hätten allein das nicht vermocht; es gehörte dazu auch jene Selbstverläuenung, mit welcher sich Leopown v. Buck über die tausend kleinen Wünsche, Neigungen und Bedürfnisse gewöhnlicher Men- schen erhob. ; Dies aber, und der geringe Werth, welchen er auf äus- sere Förmlichkeiten legte, sowie die, zuweilen wohl mehr als nöthige, Schärfe, mit der er Dünkel, Anmaassung oder Zu- dringlichkeit zurückzuweisen pflegte, mitunter vielleicht auch unverdient verletzte, hat in manchen Kreisen, wo der äussere Schein mehr gilt als der innere Werth, Misfällen erregt. 256 Doch wer dem seltenen Manne näher gestanden, wer neben den glänzenden Schöpfungen in der Wissenschaft sein stil- les Wirken gesehen hat, der weiss, dass in seiner Brust ein warmes Herz schlug, ein an Menschenliebe und Wohlwol- len reiches, für alle edlen Gefühle empfängliches Herz. Viele von Ihnen, meine Herren, haben ihm nahe gestan- den. Viele von Ihnen werden sich sagen können, dass der Verewigte durch seine anziehenden Schriften, durch sein geistiges Wirken, durch die ganze Macht seiner Persönlich- keit, auf Ihre Bestrebungen in der Wissenschaft, auf die Richtung und den Verfolg Ihrer Arbeiten, ja selbst auf Ihre äussere Stellung von bestimmendem Einflusse war. Mag dies bei dem Einen mehr, bei dem Andern minder der Fall gewesen sein, in dem Gefühle der Verehrung, wie in dem Schmerze über den unersetzlichen Verlust ‘stehen wir Alle gleich. War es nicht unser Stolz, war es nicht der Stolz eines jeden Deutschen, den grossen Meister auf der Höhe der Wissenschaft zu erblicken? — zu sehen, wie die Geologen aller Nationen ihm die unbestrittene Krone der Meisterschaft zuerkannten? — Da war Keiner, der es gewagt hätte, sich auch nur neben Leoporp v. Buch zu stellen. — Und wir, meine Herren, die wir uns hier für die För- derung der Geologie verbanden, wir hatten das hohe Glück, ihn unsern Meister zu nennen. Die sich am Abende unseres Stiftungstages Im engeren Kreise um den Verewigten versammelten, werden sich die Erinnerung an jene schöne Feierstunden bewahrt haben. Dort war es, wo der lebhafte Wunsch laut wurde, ihn an der Spitze des jungen Vereines zu sehen. Gestatten Sie mir, meine Herren, aus dem damaligen Vortrage*) hier ein paar Strophen hervorzuheben. Wer unternahm’s, in tiefen Alpenschlünden, Am Meeresstrand, auf schroffem Pie Den Bildungsgang der Massen zn ergründen? — Kennt ihr den Mann, vor dessen Blick Das Chaos schwand, der uns, was Fluth, was Feuer Am Erdbau that, entwirrte, der den Schleier Der Täuschung und der Finsterniss Mit sichrer Meisterhand zerriss ? Wir sehn Ihn hier — den Meister, der ein Leben, Voll Mühe, Opfer und Gefahr, Für der Erkenntniss Fülle hingegeben, Bringt, Freunde! euern Dank Ihm dar! *) Eröffnungs- Worte bei der ersten Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft. Berlin, den 28. December 1848. (Als Ma- nuseript gedruckt). S. 6. 257 Er ist's, der unsre Wissenschaft verklärte, Er ist’s, der anschau’n uns und prüfen lehrte, Er ist’s, den „euern Buch” ihr nennnt, Als „seinen Buch” ganz Deutschland kennt! Und dann heisst es am Schlusse, im Hinblick auf die schöne Karte, welche wir auch hier entfaltet sehen: — wer gab uns von den deutschen Reichen Zuerst ein petrographisch Bild? — Buch’s trefflieh Bild! — Es sei das Bundeszeichen! Ein Banner uns, sei es enthüllt, Wo immer wir in Deutschlands Gauen tagen! An Ihn, der’s schuf, lasst uns die Bitte wagen: Den heut’ geschlossenen Verein Als erster Meister einzuweih’n! Und der junge Bund hatte die Weihe des Meisters empfangen. Wir waren stark in seiner Kraft, stark in uns durch seine Führung, stark auch Denen gegenüber, die un- serem Vereine sich nicht angeschlossen haben. Sie wissen, meine Herren, wie gern er hier an unseren Arbeiten sich betheiligte; Sie wissen, wie er eine jede unse- rer allgemeinen Versammlungen besuchte, wie sein Erschei- nen diese Versammlungen zu Anziehungspunkten für alle Forscher machte. Sie wissen es auch, wie er für unsere Zwecke, für unsere Zeitschrift gewirkt hat — nicht mit glänzendem Aussenprunk, sondern im stillen Handeln, wie er es liebte; nicht ın formeller Leitung der Verhandlungen, sondern durch die Macht seines Geistes. Wir fühlten uns glücklich in seinem Beifall, gehoben durch seine Anerken- nung und stolz auf seinen Namen an der Spitze der Ge- sellschaft. — Unsre Freude, unser Stolz; — alle jene freundlichen Beziehungen, jene von Jahr zu Jahr festeren Bande — des Todes kalte Hand hat sie zerrissen; geschieden ist der grosse Meister in das unerforschliche Jenseits, eingegangen zum ewigen Lichte der Erkenntniss. Trauer wohnt in unserer Halle, tiefe Trauer in den Herzen der Jünger. — Möge die Thräne der Wehmuth fliessen; dann aber die beengte Brust wieder freier aufath- men und sich mit frommer Ergebung in die göttliche Fü- gung den sanften Gefühlen des Trostes erschliessen! — _ So unersetzlich unser Verlust, so gross unser Schmerz, wir müssen ihn mit männlicher Kraft überwinden, und wir können, wir werden es in der Hoffnung, in dem erhebenden Gedanken, dass sein Geist unter uns weilen wird. Der verklärte Meister hat uns ja ein reiches geistiges Vermächtniss hinterlassen, nicht allein in seinen herrlichen Zeits. d. d. geol, Ges. V. 2. 47, 258 Schriften, sondern auch in dem herrlichen Vorbilde seiner rastlosen Forschung, seines ganzen ruhmgekrönten Lebens. Können wir:nicht die Höhe erklimmen, welche ein LEOPoLD v. Bucu erreichte, so können wir ıhm doch nachstreben, im fieissigen Sammeln von Thatsachen, in treuer Darstellung des Beobachteten, in emsiger Verbreitung der Erkenntniss und Wahrheit. Was aber der Einzelne nicht vermag, das vermögen der Gleichgesinnten vereinigte Kräfte. Stark durch gemeinsames Streben nach einem grossen Ziele, wollen wir im Geiste des unsterblichen Meisters rüstig fortarbeiten an dem Gebäude unserer Lehre, damit, wenn auch wir dereinst von der Bau- stätte abgerufen werden, unsere Nachfolger am Werke von uns sagen mögen: „sie sind ihres Meisters nicht unwürdig gewesen!” — Mit einer sich an den Schluss der Rede anreihenden Bemerkung eröffnete nunmehr Herr v. CarnArL die heutige Sitzung und zeigt zunächst den Eintritt neuer Mitglieder an. Es sind dies: Herr Srentz, Hüttenmeister zu Vielz bei Cüstrin, vorgeschlagen durch die Herren Karsten, Kuven und v. CARNALL; Herr Berinevier, Partikulier in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren v. Carnauı, G. Rose und Beyriıcn; Herr Borsr, Direktor der Gewerbeschule, Dr. phil., in Bochum, vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, Ewarp und Rorn. An Geschenken für die Gesellschafts - Bibliothek sind eingesandt: Von Herrn Rıcurer: Gaea von Saalfeld, Schulpro- gramm, Saalfeld 1853. Von Herrn A. SchLacınrweır: Karte des Monte Rosa von demselben. An brieflichen Mittheilungen wurden vorgetragen: Herr Sturz giebt der Gesellschaft Nachricht über das Vor- haben der brasilianischen Regierung, die geognostische Beschaf- fenheit des dortigen Landes gründlich untersuchen zu lassen. 259 Herr CorrA zeigt in einem Schreiben vom 20. März d. J. die zu Freiberg stattgefundene Gedächtnissfeier für Lerororp v. Buch in den nachfolgenden Worten an: „Gestern haben wir hier für LEopoLp v. Buch eine bergmännische Todtenfeier begangen. Sie mögen daraus ent- nehmen, wie tief auch wir seinen Verlust empfinden. Um 7 Uhr Abends versammelten sich sämmtliche Berg- behörden, die . Professoren und die Studirenden der jetzt gerade ungemein zahlreich auch aus dem fernsten Auslande besuchten Akademie in den Räumen der Bergakademie, die leider zu beschränkt sind, um eine ganz allgemeine Theil- nahme zu gestatten. Das Bild des Verewigten war in einem geologisch ver- zierten Tabernakel aufgestellt, dessen einzelne Bestandtheile sich meist auf seine wissenschaftlichen Arbeiten bezogen. Herr Professor BREıTHAUPT begrüste als ältester Lehrer die Ver- sammelten mit einigen einleitenden Worten. Darauf habe ich es versucht das Leben und das bedeutungsvolle Wirken des hochgeehrten Mannes zu schildern, der einst auch ein Schüler unserer Akademie war. Herr GErLAcH sprach dann noch im Namen der gegenwärtig hier Studirenden. Nach seinen letzten Worten fiel ein in der Entfernung aufgestell- tes Musikcorps mit dem Trauermarsch aus Anacker’s Berg- mannsgruss ein. Damit endete die Feier.” Wahrscheinlich in Veranlassung des Herrn Murcnıson zu London ist dem Gesellschafts- Vorstande No. 1886 der Literary Gazette vom 12. März d. J. zugegapgen mit einem „Death of Leopold von Buch” überschriebenen Artikel, der als Beilage zu gegenwärtigem Protokolle abgedruckt wer- den wird. Herr Ewarn zeigte ein ihm von Herrn v. HumsoLpr mitgetheiltes Profil durch einen Theil von Venezuela vor und erläuterte dasselbe. ‚Herr Beyrıcu legte eine von Herrn An. RoEMmeEr ein- gesendete geognostische Karte des Oberharzes und eine Uebersichtskarte des ganzen Harzes vor und sprach über die in neuerer Zeit in der Kenntniss dieses Gebirges ge- machten Fortschritte. Herr v. Mırrecrı aus Rüdersdorf legte einen grossen Nautilus mit ungebogenen Kammerrändern aus tertiären hehe: 260 Schichten des Maschinenschachtes der Grube Charlotte bei Kalbe a. d. S. zur Ansicht vor. Die Schichtenfolge in dem Maschinenschachte der bezeichneten Grube ist die folgende: 1. Dammerde. 2, SPetter/Dehm "san ee 3:u@rober: Kies ı,:..-. 17. .. ein le a uachter. 4. Schwarzer alaunhaltiger Ron .. 2.2 44 Lachter. 5. Bläulicher, fetter, ganz reiner, von allen Beimengungen freier Thon. . . . 5 Lachter. 6. Grünlicher sandiger Thon mit Conchylien 5bis6 Lachter. 7. 1.EEl0Z9. KIam3. ee rn F0RE use 8. Weisser fester Thon TIER, VER eRBer 9 1 0Hloza.% 00.38 Ä 18 Fuss. Das Liegende des zweiten Flözesi ist Ken bekannt. Die Conchylien, unter denen der vorgelegte Nautilus Auszeichnung verdiente, liegen regelmässig + Lachter über dem I. Flöz, ohne von Septarien begleitet zu sein. In der Schichtenfolge sind 2 und 3 als Diluvium, 4 und 5 als zur Formation des Septarienthons von Hermsdorf gehörig, 6 als dem Magdebur- ger Sand parallelstehend, 7 bis 9 als Theile der Braunkohlen- formation zu deuten. Von Interesse erscheint das deutliche Zugehören des schwarzen alaunhaltigen Thones zur Forma- tion des Septarienthones. Herr RAammELsBERG berichtete über das Werk von Cn. SAINTE-CLAIRE DEVILLE Voyage geblogique aux Antilles et aux iles de Teneriffe et de Fogo Paris 1848. Herr GirarD theilte mit, dass die Kurhessische Regie- rung eine geologische Landesarstal* errichtet habe, deren Direktorium dem Redner übertragen sei. Der grosse Maas- stab (1:50000) der Generalstabskarte von Hessen werde erlauben ein sehr deutliches Bild der geognostischen Be- schaffenheit zu geben; zugleich werden chemische Untersu- chungen der vorkommenden Gesteine beabsichtigt. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. varaN SUB! v. CArNALL. BeyrıcH. Rorn. 261 Beilage zum Protokoll der April-Sitzung. (Auszug aus Nr. 1886 der Literary Gazette. London. Saturday. March 12, 1853.) Death of Leopold von Buch. 16, Belgrave Square, March 9. Having received a letter last night from Baron v. Hun- BOLDT, giving an account of the decease of my eminent friend LeoroL» v. Buch, I enclose you a copy of it, in the hope that this brief but touching sketch of the relations which sub- sisted, during sixty three years, between the great geologist we have lost, and the illustrious veteran who survives, will find a place in your columns. RopeErıck MurcHison. „Berlin, le 4 Mars. „Suis-je destind, moi vieillard de 83 ans, de vous annoncer, cher chevalier, la plus afligeante des nouvelles que je pour- rais vous donner — & vous pour lequel M. pe Buch profes- sait une si tendre amitie, & ce grand nombre d’admirateurs de son genie, de ses immenses travaux, de son noble carac- tere! LEoPoLD DE Buch nous a te enlev@ ce matin par un fievre typhoide, d’un acces si violent, que la maladie n’a paru gräve que pendant deux jours. Il avait encore et& chez moi le 26, venant & pied malgre les neiges et malgre la di- stance qui nous separe, causant geologie avec le plus vif interet. Le soir il avait frequente la societe, et le dimanche et lundi (27 et 28) il se plaignait de sa sante. Ü’etoit d’un acces fievreux, quwil croyait cause par une grosse tumeur d’engelure, qui le faisait souffrir depuis plusieurs anndes. L’inflammation exigeait Papplication de sangsues, les douleurs et la fievre augmentaient. Il a perdu la parole depuis 36 heures, de fortes suffocations l’ont acheve, Il est mort entour& de ses amis, dont le plus grand nombre n’a. pas m6me connu le danger de sa position que depuis mercredi soir 2 de Mars. Une amitie de 63 ans nous a lies; amitie qui na jamais et& troublee. Je lai trouve en 1791 dans la maison de Werner & Freiberg, lorsque j’entrais dans l’Ecole de Mines. Nous avons ete ensemble en Italie, en Suisse, en France, quatre mois dans le Salzbourg. Ce n’etait pas seule- ment une des grandes illustrations de notre Epoque, c’etait aussi une äme noble et belle!! Il a laiss& une trace lumi- neuse partout ou ıl & passe. Lui pourrait se vanter d’avoir 262 le plus etendu les limites de la science geologique, toujours en contact avec la nature m&me. Ma douleur est profonde. Sans lui je me crois bien isol&; je le consultai comme un maitre, et son affection (comme celle de Gay Lussac et p’A- RAGO, qui etoient ses amis aussi) m’a soutenu dans mes travaux. Il avait quatre ans de moins que moi et rien nous annongait ce malheur. Üe n’est pas quelques heures apres une telle perte que je puis vous en dire d’ayantage. Plaignez moi, et agreez, mon excellent amı, ’hommage de mon profond respect et de mon devouement le plus affectueux.” Aı. Humsoıpr.” Baron LeoroLp v. Buc#, whose death is so feelingly announced in the above letter from the illustrious HumBoLpr, was one ofthe most eminent men of science ofthe age. His name, however, great thoush it must ever stand in the re- cords of science, and honoured as it was and is by all inves- tigators of nature, was probably not popularly known in Eng- land. Of eminent social position, very ancient and distinguis- hed lineage, and holding a hish office at the Court of the King of Prussia, he was enabled through his influence to render numerous services to science and scientifie men. He expended large sums in the same good cause, and was in the habit of printing and illustrating his original memoirs for private gratuitous distribution. This he did from the purest motives, and with no taint of ostentation, from which, indeed, he was singulariy free. A remarkable instance was the publi- cation of his large geological map of Germany and the neigh- bouring regions, at great cost and labour, without any indi- cation of the name ofthe author. He was a great traveller, even to his latest years, and explored on foot a considerable portion of Europe. As a geologist he held the very highest rank, and, beyond any other, was universal in his geological knowledge. His appreciation of the physical and natural hi- story departments of geology was equal, and his labours in both equally remarkable.e One of his most celebrated works is his „Physical Description of the Canary Islands”, published in 1825. In this valuable volume, he gave to the world his views respecting the volcanic phenomena of all parts of the earth. One of his favourite subjeets was the investigation of the phenomena of the metamorphism of rocks. Not until the latter half of his life did he take up the palzontological in- quiries that have conferred as brilliant a lustre on his name as his physical researches did. Directing his attention to the relations of the forms of fossils to their sequence in time, he discovered and developed the laws of the conformation of the 263 sutures of Ammonites, and demonstrated within that ex- tensive and important genus the existence of a series of typi- cal groups, each characteristic of a certain range of strata. Following up these views, he proved the manifestation of similar phenomena by the numerous forms of Brachiopoda. His memeir on the Cystidea, also, is a model of philoso- phical treatment. In all, he published nearly ahundred works and memoirs, every one of which had the merit of being an advance in knowledge. He wrote with singular clearness and coneiseness. In person Baron v. Buch was rather short; his countenance beamed with intelligence, and his manners and address, whilst occasionally marked by slisht eccentricities, were kind and considerate in the highest degree wherever he perceived merit. We believe that he was never married. He was a member of almost every learned society in the world. 264 B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr v. Scnaurorn an Herrn Beryrich. Coburg, den 9. Juli 1853. Einen grösseren längst beabsichtigten Ausflug habe ich auf den Zechstein von Neustadt a. d. Orla bis Ilmenau aus- geführt und dabei manche interessante und neue Punkte be- sucht. Hierbei hatte ich den Vortheil, in Pösszeck Herrn Rector ScHuUBARTR und in Äudolstadt Herrn Landjägermei- ster v. Horızgen als kundige und gefällige Führer zu haben. Der untere Zechstein, welcher überhaupt nur wenig mächtig entwickelt und selten zu Tage zu beobachten ist, verdient besonders bei Moderwitz, Bucha, Königsee und Ilmenau be- sucht zu werden. Am ersteren der genannten Orte zeichnet sich derselbe durch die Mannigfaltigkeit und den Reichthum seiner Petrefakten aus. Man findet hier viele und anderwärts seltenere Arten. Derselbe besteht hier aus einem ziemlich dichten, festen, zähen Kalkstein mit splitterigem Bruche und von dunkel-rauchgrauer bis fast schwarzer Farbe. Die or- ganischen Ueberreste sind oft fest mit dem Nebengesteine verwachsen und können nur selten, ohne verletzt zu werden, aus dem Gestein herausgeschlagen werden. Sehr häufig fin- det man hier Productus horridus Sow., und zwar von ver- schiedenen Formen, von den hohen, schmalen, seicht gefurch- ten, wie sie von Glücksbrunn und Whitley bekannt sind, bis zu den breiten, niedergedrückten, mit tieferer Median- furche versehenen Individuen, wie sie bei Gera, Kamsdorf und andern deutschen Orten und in Humbleton und Derby- shire gefunden worden; die Exemplare ersterer Varietät sind hier jedoch selten. Einzelne versteinerungsreiche Partieen des Gesteines wimmeln von der kleinen Serpula (?) pusilla Geın. und zeigen den kleinen Zuomphalus pusillus Kına auf 265 fast jeder Bruchfläche, von welchen die letztere für Deutsch- land neue Art an der ziemlich niedergedrückten, glatten und etwas weit genabelten Schale leicht zu erkennen ist. Häufig noch machen sich Pleurophorus costatus Kıne (Cardita Murckhisoni Geın.) mit seinen Rippen auf dem hinteren Ende und Ortkothrix lamellosa Gen. (von Kıng zu Strophalosia Morrisana gerechnet) durch ihre Wellen und den eingedrückten Wirbel bemerkbar. Seltener sind Schixodus, Dentalium Sorbyi Kıne (D. Speyeri Geın.), Loxonema Geinitzana Kıne, Sole- nomya (Solemya Lx.) biarmica DE VERN., Bakewellia (— von Kıne als Zweimuskler von der einmuskeligen Gervillia ge- trennt —) antigua und ceratophaga v. ScuL. Von der gleich- falls für die deutsche Zechsteinfauna neuen Pleurotomaria nodulosa Kınag, Arca tumida Sow., Avicula speluncaria v. Scuora. bin ich bei dem freilich nur flüchtigen Besuche nur einzigen Exemplaren begegnet, und ein Muschelbruch- stück kann ich in Ermangelung allen Materials zum Ver- gleichen nur muthmaasslich für den von GEınıTZ in seinen Versteinerungen etc. pag. 8 beschriebenen Solen (?) pinnae- Formis ansprechen. Unter ähnlichen Verhältnissen erscheint der untere Zech- stein bei Zucha wieder, zeigt sich aber dann nur selten und wird erst bei Allendorf, Lichte, Königsee und Ilmenau durch Bergbau oder durch sein Ausgehendes dem Geognosten zu- gänglich. Herr Landjägermeister v. HoLLegen hatte mich auf einige Punkte im Zechsteingebirge bei Zmenau aufmerk- sam und mit den dort vorkommenden Versteinerungen be- reits in Rudolstadt in seiner mit grossem Fleisse zusammen- gebrachten und mit Sachkenntniss geordneten Sammlung der thüringer Zechsteinpetrefakten bekannt gemacht. Ich suchte hier einen Fundort im untern Zechstein südlich vor Umenau am Ilmufer auf und fand hier mehre der von Zmenau' be- kannten Versteinerungen. Unter denselben zog eine Tere- bratel meine Aufmerksamkeit an, welche ich schon bei v. Hor- LEBEN für Camarophoria multiplicata ansprach, und welche Ansicht sich auch bei späterem Vergleichen mit den Kınc’ 266 schen Abbildungen und Beschreibungen bestätigte. Diese Terebratel ist bei GEmitz unter Terebratula Schlotheimi in den Figuren 48 und 49 der dritten Tafel abgebildet und in der Gäa von Sachsen pag. 46. als Terebratula lacunosa v. Buch aufgeführt. Kıne selbst erkennt in seiner Mono- graphie die schlagende Aehnlichkeit dieser beiden Arten an, welche besonders dann hervortritt, wenn die fast dreiseitige Form der C. multiplicata sich der etwas fünfseitigen der C. Schlotheimi nähert, wo dann die erstere leicht für ein erwachsenes Individuum der letzteren gehalten werden kann. Gleichwie in England, wo diese Camarophoria ein sehr lo- kales und spärliches Vorkommen im Shell-Limestone von Humbleton Quorry behauptet, scheint dieser Charakter sich auch für Deutschland geltend zu machen, indem Ilmenau die einzige Lokalität ist, wo dieselbe bis jetzt nachgewiesen ist; doch möchte ich deren Anwesenheit auch in dem Serpula planorbites führenden Gesteine bei Eisenach und Kabartz ver- muthen, da dasselbe petrographisch und paläontologisch jenem von Ilmenau ausserordentlich nahe steht. Von selten vorkom- menden Zechsteinpetrefakten findet man hier noch Nautilus Freieslebeni Gein., Petraia (Cyathophyllum) profunda Gern. und Serpula planorbites. Letztere halte ich für identisch mit Spirorbis Permiaenus Kıne. Im Kupferschiefer der grossen Halde von //merau habe ich Lingula Credneri ziemlich häufig, Discina speluncaria v. ScHLoTH. (Orbicula Konincki Ge:n.) aber nur sehr selten finden können. Der obere Zechstein, welcher an Masse gegen den un- tern bei Weitem überwiegend ist, und welcher fast ununter- örochen, von Neustadt a. d. O. herkommend, einen schmalen iber Z/menau fortsetzenden Saum bildet, bot mir auch manche für mich neue Fundorte dar. So fand ich mehre Productus horridus in einem verwitterten Dolomit bei Moderweiz; am Ottenbiel bei Watzdorf und zwischen Leubnitz und Fröbitz, im sogenannten Ebersgraben, hat Herr v. HoLLEBEN einige ver- steinerungsreiche Schichten entdeckt, welche ihm schon viele Arten geliefert haben. Von diesen beiden Fundorten zeich- 267 net sich das Gestein des letzteren durch seine Aehnlichkeit mit gewissen Schichten von Glüöcksbrunn aus; dort findet man nämlich eine Schicht, welche fast nur aus Bakewellia antiqua v. ScarorH. und Mytilus sguamosus v. ScuLorn. (M. Haus- manni EIN.) besteht, zwischen welchen nicht gar selten ein Turbo helicinus v. SCHLOTH. hervorschaut. Die reichste Fund- stätte im oberen Zechsteine bleibt immer bei Pössneck; ich übergehe sie aber hier, da ich mehre interessante Vorkomm- nisse von dort in einem besonderen Aufsatze weitläufiger be- sprochen habe. 2. Herr Orro Neunauss an Herrn v. HumsoLdr. Melbourne, den 1. Januar 1859. Als General-Bevollmächtigter des angesehenen Rhederhauses J. ©. Goverrrov & Sohn in Hamburg: habe ich während der letzten zwei Jahre alle verschiedenen Australi- schen Colonieen besucht. Im Interesse des Hauses, das jähr- lich 8 bis 10 grosse Fahrzeuge von Hamburg: nach hier di- rigirt, habe ich mich in Melbourne, dem Mittelpunkt aller Australischer Colonieen, niedergelassen, das ausserdem durch die Goldentdeckungen einer der wichtigsten Handelsplätze der Erde geworden. — Meine ausgedehnten Goldankäufe für Rechnung obiger Herrn brachten mich mit den verschiede- nen Goldgruben in New South Wales und Victoria in Berüh- rung, bei welcher Gelegenheit ich nicht versäumte, Muster aus den verschiedenen Fundgruben zu sammeln. Leider be- sitze ich nicht Fähigkeit und Zeit genug, um die Muster mit einer guten Beschreibung über die Umgebung und einzelne Gewinnungsweise begleiten zu können. Beide sind jedoch hinlänglich von erfahrenen Verfassern geschildert und Ihnen sicher über England zugeschickt worden. Die einzelnen Proben lassen einen grossen Unterschied erkennen. Der Werth des verschiedenen Goldes ist Ihnen sicher aus den 268 englischen Assays bekannt geworden. Ich nehme mir die Freiheit nachstehende Muster zu überreichen, deren Origi- nalität ich verbürgen kann. 1) Californisches Gold von der am meisten vorkommen- den Beschaffenheit und etwas unter Standard-Werth. 2) New South Wales Gold am Turon in solchen For- mationen gefunden, die Mr. HArsraveEs bei Vergleichung mit denen in Californien veranlassten, mit Bestimmtheit auf die Anwesenheit von Gold in Australien zu schliessen. Ge- stalt und Werth dieses Goldes sind ähnlich Nr. 1.; es wird ganz in ähnlicher Weise wie in Californien gewonnen, (meist in 149—150 ° östlicher Länge und 33 ° südlicher Breite.) 3) New South Wales Gold im Ophir-Distriet in der Nähe von Bathurst gefunden. Meist in früheren Flussbetten und nahe der Oberfläche gefunden. Die ergiebigste Stelle ist unter dem Namen Dirthole bekannt. Das Gold ist etwas über Standard. — 4) New South Wales Gold am Hanging Rock in der Nähe des Peelriver unter 31° 30° südlicher Breite und ca. 151° öst- licher Länge meist in Verbindung mit Quarz nahe der Ober- fläche gefunden, hat etwa Standard Werth. 5) New South Wales Gold im Wentworth- Distriet ge- funden, und nur durch Ausscheiden mittelst Quecksilber zu gewinnen; hat von allem Australischem Gold das ge- ringste Assay ergeben. Die Fundgruben sind im S.W. von Sydney. 6) New South Wales Gold im Braidwood - Distriet süd- westlich von Sydney, im 34 bis 35° südlicher Breite und 149° östlicher Länge, meistentheils in Flussbetten nahe der Ober- fläche gefunden; ist wenig über Standard Werth. 7) Victoria Gold vom Ovens River in ca. 36° 30° süd- licher Breite und 146° 30’ östlicher Länge in Flussbetten gefunden, jedoch muss oft 50 bis 80 Fuss tief gegraben wer- den. Soll 224 Karat enthalten. 8) Vietoria-Gold vom Bendigo, nordwestlich von Mount Alexander in grossen Mengen nahe der Oberfläche gefunden. 269 Das Gold kommt in Schichten vor, seine Fundstätten sind jedoch unabhängig von Wasserläufen. Nahe an 23 Karat Feingehalt. 9) Vietoria-Gold vom Mount Alexander Forest Creek fast ganz an der Oberfläche im ganzen Distrikt gefunden, meistentheils in Nuggets von verschiedener Grösse und etwa 23 Karat Feingehalt. 10) Victoria-Gold vom Ballarat-Distrikt, kommt meist in weissen Thonschichten auf Quarzlagen in mehr oder weniger grosser Tiefe vor. Dies Gold ist von allem bis jetzt bekannten das werthvollste, und sind viele Assays von 231 Karat und darüber bekannt geworden. Ich nehme mir hiermit die Freiheit Ihnen die Proben vorzulegen. Sollten Sie dieselben würdig finden in der Samm- lung des Königlichen Mineralogischen Museums in Berlin aufgenommen zu werden, so wird es mir ein grosses Ver- gnügen und zur besonderen Ehre gereichen, die Proben durch Sie überreicht zu sehen. Sollten noch neue Fundgruben entdeckt werden, so werde ich nicht unterlassen diese kleine Sammlung zu ergänzen. 3. Herr v. Heypen an Herrn Bryrıcn. Carpano in Istrien, den 7. Juli 1859. Mein Beruf hat mich, was ich mir vor einem Jahre nicht hätte träumen lassen, in ein wildes einsames Thal von Istrien geworfen, wo ich mit der Leitung einer gewiss zu grosser Bedeutung heranwachsenden, jetzt schon beträchtlichen Stein- kohlen-, wohl eigentlich Braunkohlen-Grube der adriatischen Steinkohlengewerkschaft (Rothschild - Metternich - Erzherzog Johann) betraut bin, welche schon jetzt nicht mehr klein ge- nannt werden kann, weil sie in den über 300 Lachter in jeder Richtung ausgehenden Bauen 200 Bergleute beschäftigt. Sämmtliche hier auftretende Schichten sind entweder mit 270 Entschiedenheit dem Kreidegebirge angehörig, so der von Morror und Cornarıa Hippuritenkalk bezeichnete Kalk, eine Bezeichnung, welche darum ungenügend ist, weil sie zu speziell das Vorkommen angiebt. Die Umgegend von Albona hat z.B. gar keinen Hippuriten, sondern nur Radio- liten und Caprinen; ich nenne daher lieber den Kalk Ru- distenkalk, welche Bezeichnung auch auf die an Hipp. Cor- nu vaccinum reichen Schichten von Duino, Montefalcone und Pirano, Pola passen (ich habe letztere noch nicht gesehen, Morror giebt diesen Rudisten dort an.) Eine zweite ru- distenleere Schicht, ganz aus Foraminiferen bestehend, tritt an einigen Orten zwischen dem Rudistenkalke und dem kohlen- führenden an Cerithien und, wie ich glaube, auch an Plan- orbis (sehr klein) reichen Kalke auf, welcker die Kohlenflöze von Carpano und Paradese führt. Die Kohle selbst dürfte wohl animalen Ursprungs sein, weil sich keine Spur einer Pflanze in der Ablagerung, soweit sie braune Farbe und der Cerithienreichthum charakterisirt, zu finden ist; vielmehr häu- fen sich in der Nähe der Kohlenlager und namentlich in den die Flöze durchsetzenden Bergmitteln die zerbrochenen und zerquetschten, durch ein kohlig-kalkiges Bindemittel ver- kitteten Schalen in ungeheurer Masse, und bilden oft 1+ bis 2 Fuss starke Bänke, die nur aus diesen Schalen bestehen. Ich habe im Flöze die Kerne von Planorben als Kohle gefun- den. Leider haben die Herren Cornarıa und Cuvozza (Cenni geologiei dell’ Istria, Giornale del! J. R. Instituto Lombardo Nuova serie XIII— XIV. Miüano 1852.) den Stick- stoffgehalt der Kohle nicht abgesondert vom Sauerstoff be- stimmt, er beträgt mit Sauerstoff I. 14,46. II. 13,69 Ueber den Kohlenkalkschichten lagern zuweilen Schichten mit einem grossen, runden, oft 1 bis 14 Zoll Durchmesser habenden Orbituliten, einem eben so grossen elliptischen und einem eine Linie Durchmesser habenden dritten Orbituliten mit oft riesenhaften oft 14 Zoll langen Exemplaren von Alveolina longa und der kleineren Alveolina melo (Melonia). Erst über einer sehr constanten Bank von Pernen und Gervillien, (bei Car- 271 pano scheint Gervillia vorzuherrschen) treten Nummuliten auf, zuerst Numm. laevigatus, dann auch complanatus und planulatus, Numm. complanatus oft 2 Zoll Durchmesser er- haltend. Die Alveolina longa und melo bleiben, die drei früheren Orbituliten verschwinden, und Orbitulites compla- natus (Bronn Leth. Tab. 33, Fig. 22) tritt an ihre Stelle. Ein grüner mit Eisenoxydulkörnern erfüllter Kalk mit Pen- tacrinitenstielen (CornaLıa in dem oberen Werke bestimmt P. cretaceus und P. lanceolatus) führt in eine Schicht, die oft sehr mächtig und in Istrien sehr entwickelt ist — den Tassello (Mergelschiefer). Er ist grüneisenreich und macht bei Triest die berühmten Schichtenbiegungen; er führt Bänke von kleineren Nummuliten mit tuberculirter Oberfläche, dem N. laevigatus ähnlich, ist aber vor’allem reich an N. com- planatus, von dem man Säcke sammeln könnte, weil er frei im Mersgelschiefer liegt. Zahlreiche Echinodermen sind leitend eben so wie Gasteropoden, Conus, Pleurotomaria, Dolium etc.; vor allem aber merkwürdig ist das gesellschaftliche Vorkom- men von Tertiärversteinerungen mit solchen, welche verbrei- teten Arten der Kreide sehr ähnlich sind, so namentlich Dis- coides, albogalera, Micraster cor testudinarium und, was ich nicht glauben würde, wenn nicht OornaLıa eben so wie UA- TULLO dies selbe Vorkommen gefunden hätten, Gryphaea co- lumba. Auf dieses merkwürdige Vorkommen werfen die Mailänder Geognosten die Schuld der unentschiedenen Stel- lung des Nummulitenkalkes und schlagen vor ein zwi- schen Kreide und Molasse liegendes ferreno epicretaceo anzu- nehmen. Ueber diesen von Herrn Mortor unbegreiflicher Weise als Auflösungsprodukt eines Tassello, den er dem Keuper zurechnet, betrachteten Schichten, tritt der ebenfalls von ihm geleugnete jüngere .‚Nummulit auf, dessen Unterscheidung mehr eine negative ist; es fehlen ihm nämlich gänzlich Orbituliten und Alveolinen, doch ist er ziemlich reich an Spongien. Er nimmt fast überall die höchsten Punkte Istriens ein. . 272 Die Lagerungsverhältnisse Istriens sınd im Ganzen mit wenig Worten geschildert. Die Kreide bildet Mulden, welche sich rechtwinklig kreuzen und entweder von Nord nach Süden oder von West nach Osten streichen; in ihnen sind die Tertiär- oder die Ueberkreideschichten abgelagert. Die- ses Verhalten tritt bei Albona, bei Tiarona so klar zu Tage, dass sich jedermann davon überzeugen kann, und es mir unbegreiflich ist, wie man für manche Verhältnisse so un- gemein verwickelter Theorien bedurfte. 273 e. Aufsätze. l. Die Conchylien des norddeutschen Tertiär- gebirges. Erstes Stück: Conus, Oliva, Ancillaria, Terebellum, Cypraea, Marginella, Ringicula, Voluta. Von Herrn BeyrıcH in Berlin. Hierzu Taf. IV. bis VIII. (1 bis 5). Einleitung. Die vorhandenen Arbeiten über die Conchylien - Faunen des norddeutschen Tertiärgebirges sind entweder Verzeichnisse von Namen, in welchen unter Hinweisung auf diese oder jene Abbil- dung eines ausländischen Werkes die für übereinstimmend gehal- tenen Arten aufgeführt sind mit Zufügung der Angabe des Vor- kommens neuer Arten ohne Beschreibung und ohne Abbildung, oder es sind Verzeichnisse, in welchen ausser der blossen Auf- führung von anderwärts schon beobachteten die neu hinzutreten- den Arten genauer durch Beschreibung und Abbildung bekannt gemacht wurden. So werthvoll auch insbesondere die Arbeiten der letzteren Art sind, zu welchen die Untersuchungen PnıLippr’s über die Tertiärconchylien von Cassel, Freden, Luithorst und über die der Gegend von Magdeburg gehören, so gewähren sie doch dem nachfolgenden Beobachter nur einen sehr schwankenden Anhaltspunkt, an welchem sich stützend derselbe auf dem geleg- ten Grunde weiter zu bauen im Stande wäre. Denn es sind zuletzt doch nur die zugleich sorgfältig beschriebenen und abge- bildeten Arten, bei welchen wir, sobald wir Vorkommnisse aus anderen Gegenden mit uns unzugänglichem früher schon bear- beitetem Material vergleichen wollen, zu einem sichern und selbst- ständigen Urtheil über Gleichheit oder Verschiedenheit gelangen. Wo uns nur Namen gegeben wurden, sollen wir uns auf ein unerläutertes Urtheil verlassen, welches als Schlussresultat einer oft langwierigen Untersuchung auszusprechen, wie jedem in Ar- beiten dieser Art Erfahrenen 'bekannt ist, oft so schwierig und nur unter so vielen Zweifeln möglich ist, dass die blosse Nen- nung eines Namens in nicht wenigen Fällen schon Zweifel an Zeits. dd. geol. Ges. V, 2. 18 274 . der Richtigkeit der gegebenen Bestimmung hervorruft. Wir müs- sen überdies, wenn wir die gegebenen Namen anwenden und darauf Schlüsse bauen wollen, zuvor überzeugt sein, dass unsere Ansichten über den Begriff der einzelnen Art und über den Um- fang derselben mit denen des früheren Beobachters übereinstim- men, und nur zu leicht werden wir dahin geführt, wo wir dem gegebenen Namen Aehnliches, nach unserer Ansicht aber doch zu Unterscheidendes wahrnehmen, eine zu schnell und ungenau gegebene Bestimmung vorauszusetzen. Ohne Zweifel ist dieser mangelhafte Zustand unserer einhei- mischen Litteratur der Hauptgrund, weshalb die Kenntniss des norddeutschen Tertiärgebirges nur langsam vorschritt, und nur wenige durch ihre Stellung besonders Begünstigte an der För- derung derselben mit Erfolg sich betheiligen konnten. Der an einem neuen Ort mit neuen Materialien Arbeitende musste zuvor mit dem: ganzen kostspieligen litterarischen Apparat, auf welchen die früher gegebenen Anführungen hinweisen, umgeben sein, um auch nur vergleichend berichten zu können, ob das neu Gesehene dem früher Beobachteten gleich oder von ihm verschieden sei. Die Gelehrten anderer Länder waren nicht in den Stand gesetzt mit Kritik ein vergleichendes Urtheil über unsre deutschen Ver- hältnisse auszusprechen, und durch Vergleichung des dureh Be- schreibung und Abbildung ihnen kenntlich Gewordenen mit den ihnen zugänglichen einheimischen Materialien Irrthümer zu be- richtigen, in welche wir bei ausschliesslich litterarischen Verglei- chungen nur zu leicht verfallen. Wie gross die mit einem so unvollkommenen Zustande der Litteratur verbundenen Uebelstände sind, wie sehr sie hemmend die schnellere Ausbildung unserer Kenntniss zurückhalten, dies erkannte die Direktion des für den österreichischen Staat gegrün- deten geologischen Instituts, als sie die Ausarbeitung eines be- sonderen Werkes über die Conchylien des Wiener Tertiärbeckens durch Hörnes veranlasste. Dieses Werk wird deshalb, weil es nicht Namen, sondern genaue Beschreibungen und vortrefliiche Abbildungen des Beobachteten giebt, nicht allein die Grundlage abgeben für die Entwicklung einer reichen Litteratur über die Tertiärbildungen Oesterreichs; es wird vielmehr auch Licht ver- breiten über das Vorkommen und die Grenzen gleich alter Ab- lagerungen in westlicheren Gegenden des südlichen Deutschlands, es wird die Eigenthümlichkeiten der letzteren schärfer aufzufassen 275 ermöglichen, und es wird noch viel weiter hin belehrend wirken zum Verständniss dessen, was bei Bordeaux, wie bei Turin oder in südrussischen Ländern beobachtet wurde. Indem ich es unternehme die norddeutschen Tertiärconchy- lien zu, bearbeiten, ist mein Wunsch dahin gerichtet, für einen anderen Theil von Deutschland, so weit ich es werde erreichen können, in gleicher Weise den erkannten Uebelständen unserer Litteratur zu. begegnen, wie es für das Becken von Wien durch das Werk von HörnEs geschieht. Es sollen sämmtliche theils früher schon vorhanden gewesenen theils in den letzten Jahren durch eigene Bemühungen in die hiesigen Königlichen Samm- lungen gelangten Tertiärconchylien von norddeutschen Fundorten beschrieben und abgebildet werden; es wird Alles aufgenommen werden, was mir. von. Freunden schon jetzt in weitem Umfange zur Benutzung anvertraut ist, und was mir von Solchen, die für die Ausführung meiner Arbeit während ihres Erscheinens noch Interesse gewinnen werden, ferner noch mitgetheilt werden sollte. Von der grösseren oder geringeren Theilnahme an meiner Arbeit durch Mittheilung mir unbekannter Vorkommnisse wird der Grad von Vollständigkeit abhängen, welchen meine Arbeit erlangen wird, und eben so der Grad von Sicherheit, welchen die aus dersel- ben sich ergebenden geognostischen Folgerungen besitzen werden. Meine Absicht ist die Bearbeitung über alle tertiären Vor- kommen auszudehnen, welche von den Grenzen Belgiens und Hollands, in östlicher Richtung durch Norddeutschland hindurch bis zur Oder hin bekannt geworden sind. Alle diese Bildungen gehören ohne Zweifel einer Reihe von innig mit einander verbun- denen Ablagerungen an, deren Faunen durch mamnigfaltige Ab- stufungen so eng mit einander verknüpft sind, dass das Heraus- greifen oder Ausscheiden eines einzelnen Gliedes aus der Kette die, Uebersicht des Zusammenhanges des Ganzen stören würde. Es ist nöthig die Vorkommnisse der Gegend von Düsseldorf, von Osnabrück und Bünde, die von Hildesheim und von Cassel, die von Lüneburg und von der Insel Sylt wie die der Gegend von Magde- burg und die der Mark Brandenburg gleichzeitig und verglei- chend zu betrachten, um eine klare Einsicht in die gegenseitigen Beziehungen der an so zerstreuten Punkten zu Tage tretenden Ablagerungen zu erlangen. Es ist überdies erforderlich, die ver- schwemmt. auf sekundärer Lagerstätte in Diluvialgebilden vor- kommenden Tertiärconchylien in den Kreis der Untersuchungen 18 * 276 einzuschliessen, um ein vollständiges Bild von der Molluskenwelt der norddeutschen Tertiärmeere zu erhalten. Nur durch eine in solcher Ausdehnung ausgeführte Arbeit werden wir in den Stand gesetzt werden, mit Sicherheit unseren zahlreichen isolirten Vor- kommnissen das ihnen zukommende relative Alter anzuweisen, und mit einiger Wahrscheinlichkeit die Grenzen zu construiren, bis wohin unter der sie verhüllenden Diluvialdecke die Tertiär- bildungen verschiedenen Alters sich erstrecken. Die östliche Grenze, welche ich dem Gebiet, worüber sich die Arbeit ausdehnen soll, gezogen habe, ist eine künstliche und ist bedingt durch den gegenwärtigen Stand unsrer Kenntniss des norddeutschen Tertiärgebirges. Während sich in den letzteren Jahren die Beobachtungen über Auftreten tertiärer mariner Ge- bilde an der Tagesoberfläche in dem Lande zwischen Elbe und Oder in überraschender Weise vermehrt haben, ist uns auch nicht eine einzige Thatsache über die weitere, ohne Zweifel doch stattfin- dende, östliche Erstreckung unsers conchylienführenden Tertiär- gebirges jenseits der Oder bekannt geworden, und erst in weiter Ferne an der Ostseeküste jenseits Königsberg ist wieder ein Punkt gekannt, wo einige wenige organische Formen gleich einer Leuchte sichtbar wurden. Gegen Süden sind uns natürlichere Grenzen durch die geo- gnostischen Verhältnisse unsres Landes gezogen. Wir sehen an keiner Stelle die norddeutschen marinen Tertiärbildungen mit Süsswasserbildungen wechseln, noch treffen wir darin eine Ver- bindung von organischen Formen, welche auf ein Gemisch von süssen und salzigen Wassern hinweisen. Das norddeutsche ter- tiäre Meeresbecken blieb, wie hieraus zu folgern ist, dauernd ge- schieden von den Süsswasserbecken, welche in Mitteldeutschland, wahrscheinlich gleichzeitig, ausgedehnte Ablagerungen hinterlies- sen. Die marinen Tertiärbildungen, welche im Flussgebiete der Weser aufwärts bis Göttingen und Cassel hin vorkommen, gehö- ren als eine südliche Verzweigung dem norddeutschen Tertiär- gebirge an; sie bleiben noch weit entfernt von den letzten nord- östlichen Ausläufern des Mainzer Beckens, welches durch eigen- thümliche Zusammensetzung wie durch eine abweichende Ent- wickelung seiner Fauna von dem norddeutschen Becken unter- schieden ist und, wie uns versprochen worden, in nicht so ferner Zeit eine besondere Bearbeitung durch die erfahrene Hand Frıp. SANDBERGER’S erhalten wird. AM 277 Ein weiter Raum, in welchem noch kein Conchyl gefunden wurde, trennt im Osten das marine Tertiärgebirge der Mark von demjenigen, welches jenseits des oberschlesischen Muschelkalkzu- ges zum Fuss der Karpathen hin sich ausbreitet. Nur das con- chylienleere Braunkohlengebirge, welches die Unterlage des Septa- rienthones der Mark bildet, erstreckt sich weiter in südöstlicher Richtung nach Schlesien hinein, tritt aber nicht in Berührung mit dem oberschlesischen Tertiärbecken, welches seiner Zusammen- setzung wie seiner Fauna nach dem süddeutschen Wiener Ter- tiärgebirge zugezählt werden muss. Auch nach dieser Richtung hin ist hierdurch eine natürliche Grenze für unsere Untersu- chungen gezogen. Eine Hauptaufgabe, welche sich bei dem Studium des nord- deutschen Tertiärgebirges darbietet, ist die specielle Vergleichung desselben mit den so mannigfaltig gegliederten belgischen Ter- tiärbildungen, deren Entzifferung zu den grössten Verdiensten gehört, welche sich ANDRE DumonT um die geologische Kennt- niss seines Vaterlandes erwarb. Es ist hier nicht der Ort eine Parallele zu entwickeln, deren definitive Feststellung für alle Punkte in Norddeutschland das Ergebniss der unternommenen Arbeit sein soll; doch wird es zweckmässig sein, einige allge- meinere Gesichtspunkte hier schon hinzustellen, welche bei der vergleichenden Betrachtung der bei uns wie in Belgien vorkom- menden Arten werden festgehalten werden. Das belgische Tertiärgebirge beginnt mit Ablagerungen, welche den tiefsten Schichten der Becken von Paris und London entsprechen. DumonT unterscheidet d Systeme, die von Landen, Ypern, des Panisel-Berges, von Brüssel und Laeken (systeme Landenien, Ypresien, Paniselien, Bruxellien, Laekenien), wel- che zusammengefasst den Pariser Eocänbildungen aufwärts bis zum Sande von Beauchamp und den südenglischen aufwärts bis einschliesslich des Barton-Thones parallelstehen. Wir haben bis jetzt aus Norddeutschland von keinem Punkte Versteinerungen kennen gelernt, welche positiv die Existenz von tertiären Abla- gerungen so hohen Alters erwiesen. Vielmehr entspricht die älteste norddeutsche Tertiärfauna, die des von mir sogenannten Magdeburger Sandes, der von Lethen in Belgien, welche dem unteren Theil des über dem Laekener System folgenden Systems von Tongern (systeme Tongrien) angehört. Das Vorkommen dieser Fauna beschränkt sich bis jetzt in Norddeutschland auf 278 die Gegend westlich des Elbthales zwischen Magdeburg, Calbe und Egeln. Neustadt-Magdeburg, Osterweddingen, Westeregeln und Biere sind die wichtigeren Fundstätten, welche uns nach und nach die sehr reiche Fauna kennen lehrten. Als nächst jüngere deutsche Fauna folgt die des Septarien- thones der Mark, dessen Vorkommen gegenwärtig mit seinen be- zeichnenden Versteinerungen bei Stettin, Freienwalde, Bukow, Hermsdorf und Lübars bei Berlin, Burg, Hohenwarthe an der Elbe unterhalb Magdeburg, und Görzig bei Köthen bekannt ist. Weiter westlich erscheint derselbe Thon, noch in jeder Beziehung dem märkischen gleich, ganz isolirt mitten in der Lüneburger Heide zu Walle bei Celle, dann nicht wieder bis nach Belgien hin, wo der Thon von Boom, Baesele und anderen Orten südlich von Antwerpen die vollkommen idente Ablagerung ist. Dieser belgische Thon bildet in Dumont’s Classifikation einen Theil des Systems von Rupelmonde (systeme Rtupelien). Demselben belgischen System müssen wir in Deutschland die Fauna des Sternberger Gesteins zuzählen, in welchem die Mehrzahl der den Septarienthon bezeichnenden Conchylien wie- derkehrt, begleitet von neuen, den älteren Tertiärlagern überall fremden Formen. Ohne Zweifel gehört jenes Gestein ursprüng- lich als concretionäre Bildung einer sandigen Ablagerung an, welche, wie ich glaube, anstehend jetzt von RiCHTER und Fr. v. HAGEnow bei Stettin beobachtet wurde; sie kann den Na- men des Stettiner Sandes erhalten. Ob wir an irgend einem Punkte in Norddeutschland eine Fauna besitzen, welche specieller die von DuMon'T, als zwischen- stehend im Alter zwischen dem Rupelmonder Thon und der Bil- dung von Lethen, theils dem Rupelmonder theils dem Tongri- schen System zugerechneten Ablagerungen von Kleyn-Spauwen und benachbarten Orten westlich von Mastricht vertritt, ist mir für jetzt noch zweifelhaft. Die Entscheidung der Frage ist von Interesse, weil es gerade diese belgischen Ablagerungen sind, mit welchen, wie L. DE Koninck es zuerst aussprach, dieFauna des Main- zer Beckens grössere Analogieen als mit irgend einer anderen, sei es belgischen sei es norddeutschen, Fauna zu besitzen scheint. Die Formen, welehe diese speciellere Analogie für das Mainzer Becken bedingen, fehlen den räumlich nächststehenden nord- deutschen Ablagerungen, mit deren conchyliologischem Inhalte PuıLippi sich beschäftigte. Dennoch halte ich dafür, dass schliess- 279 lich auch die von Puıtippi zu hoch gestellten Faunen von Cas- sel und Freden, an welche sich die von Bünde und Astrupp an- reihen, ihre Stellung noch innerhalb des Rupelmonder Systems erhalten werden. Ein entschieden höheres Niveau nehmen sämmtliche Tertiär- gebilde des unteren Elbgebietes ein: die zwischen Dömitz und Ludwigslust in Meklenburg, die von Lüneburg, im Sachsen- walde zwischen Boitzenburg und Hamburg, und bei Elmshorn im südlichen Holstein. Hieran reihen sich als von gleichem. Alter die Tertiärbildungen der Insel Sylt und in Schleswig, und eben dahin sind sämmtliche Vorkommen tertiärer Rollsteine und loser Tertiäreonchylien zu rechnen, welche in grosser Häufigkeit ver- schwemmt im Diluvium im östlichen Schleswig und Holstein und ebenso in den westlichsten Gegenden Meklenburgs vorkommen. Ferner sind von gleichem Alter der von F. ROEMER zuerst 'beob- achtete Thon von. Bersenbrück nördlich von Osnabrück, so wie die Ablagerungen von Bocholt und anderen Punkten Westphalens nächst der holländischen Grenze, die von Crefeld und die von Düsseldorf. Keine höhere Stellung indess darf allen diesen nord- deutschen Tertiärgebilden angewiesen werden als die der vorzugs- weise und zuerst miocän genannten Gebilde der Gegend von Bordeaux, der Touraine, von Turin und von Wien. In Norddeutschland fehlen durchaus Ablagerungen vom Al- ter des Orag in England und bei Antwerpen, den LyELz scharf- sinnig im europäischen Norden für das alleinige Aequivalent der pliocänen Gebilde südeuropäischer Länder erklärte, weil die Fauna des Crag allein für den Norden, in gleicher Weise wie die Sub- apenninenformation im Süden, in den lebenden ihr angehörenden Arten schon die noch gegenwärtig herrschenden Verschiedenhei- ten in der geographischen Verbreitung der europäischen. Faunen vollständig ausgesprochen zeigt. Hierin allein und nicht in den Procenten liegt der grosse und festzuhaltende Unterschied zwi- schen der pliocänen und der miocänen Tertiärzeit, welche letztere in der verschiedenen Entwicklung ihrer Faunen in verschiedenen Gegenden Europas kaum schon einige schwache Beziehungen zu den gegenwärtigen Verhältnissen der geographischen Vertheilung unserer Faunen wahrnehmen lässt. Die in Holstein bekannt gewordenen Ablagerungen, welche ausschliesslich nur lebende Conchylien- Arten der Nordsee ein- 280 schliessen, rechnen wir dem Tertiärgebirge nicht mehr zu; sie sind in die Periode des Quartär- oder Diluvialgebirges zu ver- setzen. Die jüngsten norddeutschen Tertiärbildunger entsprechen hiernach, verglichen mit den belgischen Eintheilungen, dem System des Bolderberges (systeme Bolderien), welches Dumont und LYELL übereinstimmend mit Recht den typisch miocänen Gebil- den in Frankreich und anderen Ländern parallel gestellt haben. Aber das wenig verbreitete System des Bolderberges mit seiner armen Fauna ist in Belgien nur ein sehr unvollkommener Re- präsentant dieser Tertiärzeit, über deren Geschichte in den nord- europäischen Meeren die norddeutschen Ablagerungen einen viel umfassenderen Aufschluss geben. Dennoch ist die Fauna der norddeutschen miocänen Tertiärbildungen nicht so reich als die des Wiener Beckens im südlichen Deutschland ; sie enthält zahl- reiche Arten, welche dort fehlen, und noch mehr andre werden vermisst, welche dort zu den gemeinsten und bezeichnendsten Erscheinungen gehören. Dabei zeigt sich, dass einzelne Gestal- ten aus den sehr eigenthümlichen Faunen der dem süddeutschen Miocänbecken ganz fremden Ablagerungen vom Alter des Ton- grischen und des Rupelmonder Systems sich aufwärts in die jün- geren Gebilde, welchen wir das gleiche Alter mit den süddeut- schen Miocänbildungen zuschreiben müssen, hinauf verbreiten, und dadurch vornehmlich dazu beitragen der nördlichen Mioeän- fauna eine nicht wenig von der süddeutschen verschiedene Phy- siognomie zu ertheilen. Wir sehen, dass unsere Miocän-Faunen, welche sich über einer anderen geologischen Basis als Nachfol- ger von südlich nicht vertretenen Faunen entwickelten, von dem eigenthümlichen Gepräge ihrer Vorgänger einzelne Züge be- wahrten; wir befinden uns in einem anderen grossen Tertiärbecken, welches in seinen Ablagerungen wie in seinen Faunen einen abweichenden Entwicklungsgang befolgte. Die Frage ist erhoben und in verschiedener Weise beant- wortet worden, wo in der Folge der belgischen Tertiärformatio- nen die Grenze zu ziehen sei zwischen dem, was Eocän und was Miccän zu nennen ist. Es fragt sich dabei um die Stel- lung des Tongrischen und des Rupelmonder Systems, welche sich zwischenschieben zwischen die typisch eocänen und die ty- pisch miocänen Gebilde. Während Dumont in seinen neueren 281 Classifikationen *) das Tongrische und das Laekener als enger mit einander verbundene Systeme unter der gemeinsamen Benen- nung Obereocän zusammenfasst und darüber das Rupelmonder als ein nach Belieben obereocän oder untermiocän zu nennendes System folgen lässt, hat LyELL**) eine grössere Scheide zwi- schen dem Laekener und dem Tongrischen System gezogen und vereinigt das letztere mit dem Rupelmonder System als Obereocän, indem er sogar für die beiden näher zusammengerückten Systeme noch einen besondern gemeinsamen Namen, Limburger Formation, in Anwendung bringt. Der LyvELL’schen Unterscheidung ent- spricht ungefähr die Anordnung D’ORBIGNY’s, welcher im dritten Bande des Prodrome die Versteinerungen des Tongrischen und des Rupelmonder Systems vereinigt lässt, wenn auch unter nicht scharfer Scheidung von der Fauna des Bolderberges; aber D’OR- BIGNY bringt die Faunen jener Systeme nicht in nähere Verbin- dung mit den älteren eocänen Grebilden als ein ihnen folgendes Jüngeres Glied, sondern er lässt sie den unteren Theil seiner 26. Formation, der Falun-Formation (efage falunien) bilden, deren oberer Theil die typisch miocänen Bildungen umfasst. Zugleich erklärt D’ORBIGNY von vornherein sämmtliche früher mit eocänen Arten identificirten Formen jener von ihm demnach als untermiocän gedeuteten Systeme für falsch benannt und giebt sich die undankbare Mühe, sie alle in theoretischem Spiel mit neuen, grossentheils schlechten und, weil unerläutert, der Beach- tung nicht werthen Namen zu belegen. Halten wir gegen diese verschiedenen Meinungen die Ver- hältnisse, wie sie sich in Norddeutschland gestalten, so ist nicht zu verkennen, dass das Auftreten der untersten Schichten des Tongrischen Systems als Basis des norddeutschen marinen Ter- tiärgebirges mit Ausschluss aller älteren Formationen eine sehr gewichtige geognostische Stütze wird für die Ansicht LyYELL’s, nach welcher zwischen dem Laekener und Tongrischen System eine stärkere Scheidelinie zu ziehen ist. Dem Scharfblick des englischen Geologen müssen wir unsere Anerkennung zollen, #) Note sur la position geologique de l’argile rupelienne etc. (lue a la seance de lAcad. royale de Belgique le 2 aoüt 1851). Und: Tableau des terrains, mineraux et roches de la Belgique. (Exirait du rapport decennal sur la situation administratwe du royaume). ”*) On the tertiary Strata of Belgium and French Flanders in Quart. Journ. of the geol. Soc, VIII. 1852. S. 277 ff. 282 wenn wir sehen, dass auch in Deutschland die Faunen der Aequi- valente des Tongrischen und des Rupelmonder Systems so innig mit einander verknüpft sind, dass eine Vereinigung derselben unter einer gemeinsamen Benennung uns natürlich, eine Verbin- dung des einen aber mit den uns fehlenden Schichten vom Alter des Barton-Thones uns unzweckmässig und unseren Verhältnis- sen nicht entsprechend erscheinen muss. Wir können aber das Verfahren nicht billigen, durch welches LyELL dahin gelangte, die fraglichen Gebilde lieber obereocän als untermiocän nennen zu wollen; denn er hob einseitig nur die Thatsachen hervor, durch welche sich dieselben dem tiefer Liegenden anschliessen, ohne gleichzeitig die Beweise des Anschlusses an die nachfolgen- den jüngeren Formationen als Gegengewicht in die andre Schale der Wage zu legen. Wir folgen in der Benennung, mit Berück- sichtigung zugleich des geognostischen Verhaltens, lieber dem umsichtigen Urtheil des französischen Paläontologen, welcher die fraglichen Faunen als die Vorläufer der miocänen Schöpfungen betrachtete, und werden im Verfolg unserer Untersuchungen unter dem Namen Untermiocän die Ablagerungen begreifen, welche in Belgien das Tongrische und das Rupelmonder System aus- machen. Indem sich die untermiocänen Formationen in ihrem paläon- tologischen Charakter ebenso wie in ihrer Lagerung zwischen- schieben zwischen die eocänen und die typisch miocänen, heben sie die scharfe Scheidung auf, welche in denjenigen Gegenden, wo sie nicht entwickelt sind, das eocäne vom miocänen Tertiär- gebirge entfernt. Dies ist in Belgien in dem Grade der Fall, dass DumonTr glaubte, man könne allgemeiner im Tertiärgebirge das Eocän und das Miocän als eine ältere Reihe verbinden, von welcher das Pliocän als eine jüngere Reihe mit bestimmterem Absatz sich scheide. Seine Ansicht ist darin eben so kurzsichtig und nur für lokale Verhältnisse passend, wie die auf anderem Boden entstandene Meinung, man solle Pliocän und Miocän als enger verknüpfte Bildungen unter der gemeinsamen Benennung Neogen von dem Eocän sondern. Die Namen Eocän, Miocän und Pliocän repräsentiren Zeitabschnitte, deren Mitten uns wohl bekannt sind, deren Anfang und Ende aber eben so ineinander verlaufen, wie dies bei allen geologischen zeitlichen Unterschei- dungen, je mehr sich unsere Kenntniss erweitert, immer mehr und mehr der Fall wird. Wenn wir in den Faunen keine schar- 283 fen Grenzen wahrnehmen, so ist dies kein Grund deshalb die zeitliche Unterscheidung fallen zu lassen. Die Fauna von Asti ist eine andere und eine jüngere als die von Turin, wenn auch viele Arten beiden Faunen gemein sind, und die Fauna des Wie- ner Beckens in allen dessen Theilen wird man stets leicht von der zu Castell’ Arquato als eine ältere unterscheiden. Die Pro- cente sind Nebensache und nur als ein rohes Hülfsmittel zur ersten Orientirung anwendbar, so lange die geognostische Verbindung eines uns neuen Lagers mit anderen, deren Stellung fest bestimmt ist, noch nicht erkannt wurde. Die Abstufung der Procent-Zah- len, welche PnıLıppı aus seinen Tabellen süditalienischer Faunen berechnete, wird uns nie abhalten, wenn wir weniger auf die Zahlen als auf den Inhalt der Faunen sehen, die von Sortino für eine miocäne, die von Buccheri oder aus dem Valle Lamati für pliocän und die von Ischia für quartär zu halten. Wollte man alle diese Faunen als einer und derselben Zeit angehörig ohne weitere zeitliche Trennung vereinen, so würde man, im Norden gleichartig verfahrend, zuletzt dahin gelangen die Muscheln von Grignon und noch ältere mit denen von Ischia in eine Reihe zu stellen. Es ist mir noch übrig einige Worte über die Anordnung und die Form zu sagen, in welcher die Beschreibung der nord- deutschen Tertiärconchylien wird gegeben werden. Die Univalven werden vorangehen, die Bivalven folgen. Dem Gange des schnell vorschreitenden Hörnes’schen Werkes mich anschliessend, werde ich mit den Gastropoden beginnen. Mir wird hierdurch der nicht hoch genug anzuschlagende Vor- theil, dass ich die gelehrten Forschungen meines Wiener Freun- des schon benutzen und Vergleichungen zwischen norddeutschen und süddeutschen Vorkommnissen anstellen kann, wozu das We- nige, was wir früher schon über die reiche Tertiär-Fauna von Wien erfuhren, keinen genügenden Anhalt gewährte. Der be- quemeren Vergleichung wegen werde ich die Gattungen in derselben Reihenfolge aufführen, in welcher sie von Hörnes behandelt sind, auch da, wo ich über die passende Stellung der einen oder anderen derselben verschiedener Ansicht sein sollte. Ueber die Geschichte und über die Begriffsbestimmung von Gattungsnamen, welche allgemein gekannt und gleichmässig in der Litteratur in Gebrauch sind, werde ich nicht sprechen, und eben so wenig in Erörterungen über die naturgemässe Verbindung der einzelnen 284 Gattungen zu Familien eingehen. Betrachtungen dieser Art sind, glaube ich, besser anderen Werken zu überlassen, welche als Hand- oder Lehrbücher die Verbreitung conchyliologischer Kennt- nisse und nicht die Begründung der speziellen Kenntniss einer Lokalfauna bezwecken. Der Beschreibung der einzelnen Arten eine lateinische Dia- gnose vorauszuschicken halte ich für überflüssig, indem ich finde, dass überall in Werken, sei es einheimischen sei es ausländischen, wo gleichzeitig lateinische Diagnosen und Beschreibungen in der Muttersprache gegeben sind, die letzteren eine klarere Vorstellung von der Natur des beschriebenen Gegenstandes geben und ge- wöhnlich das Lesen der Diagnose ganz entbehrlich machen, wäh- rend nie das Umgekehrte stattfindet. Die meisten sogenannten Diagnosen enthalten als Beschreibung zu wenig und als Diagnose zu viel. Diagnosen sind überflüssig neben der ausgeführten Be- schreibung und von Werth nur in encyclopädischen Zusammen- stellungen, wo die Angabe einiger der hervortretendsten Artmerk- male in der Diagnose zur Orientirung für die leichtere Auffindung einer Art dient, deren Kenntniss nicht durch die Diagnose, son- dern durch Benutzung der nachfolgenden litterarischen Anführun- gen erlangt werden soll. Bei den Anführungen, welche dem gewählten Namen der Art folgen, wird es mein Grundsatz sein nur das zum Verständ- niss Nothwendige oder was in näherer Beziehung zu dem Zweck der Arbeit steht, anzugeben. Ich werde mich nicht bemühen, bei lange gekannten und vielfach beobachteten Arten die lange Liste von Jahreszahlen und Autoren, welche als eine stereotyp gewordene Beigabe aus einem Buch in das andere wandern und mit jedem Jahre weiter anschwellen, wo möglich noch um ein paar Zeilen zu verlängern. Was hat es für einen Sinn und wozu nützt es, wenn in Schriften, deren Aufgabe es gar nicht ist, die Litteraturgeschichte jeder einzelnen Art zu liefern, aus Werken aller Länder die Bücherstellen zusammengetragen werden, wo einmal der Name derselben vorkam, wenn derselbe Autor drei- mal citirt wird, dem es gefiel an drei verschiedenen Orten das- selbe zu sagen, wenn alte vergessene und kaum zu entziflfernde Bilder aus Werken früherer Zeiten stets wieder aus ihrem Staub hervorgeholt werden, nachdem wir längst bessere und sichere Darstellungen des gemeinten Gegenstandes erhielten? Die Ar- beiten meiner Vorgänger, welche das gleiche Gebiet behandeln, 285 werde ich überall sorgfältig berücksichtigen, wo das Beobachtete durch Beschreibung oder Abbildung kenntlich gemacht ist; blosse Citate von Namen aber werden in der Regel nur da einen Platz in der Synonymik erhalten, wo ich durch unmittelbare An- schauung der Stücke selbst, auf welche der früher gegebene Name sich bezieht, zu urtheilen in den Stand gesetzt war. Die littera- rischen Anführungen, welche sich auf frühere Beobachtungen der- selben Art in Norddeutschland beziehen, werden getrennt aus- gezeichnet, und bei ihnen allein ausgeführter Seite, Figur und Jahreszahl der Publikation beigefügt werden. Von Vorkommen werde ich nur die selbst beobachteten der Beschreibung voran- stellen. Besondere Angaben über die Sammlungen, wo die beob- achteten Stücke aufbewahrt werden, oder der Name des Beob- achters, dessen Mittheilungen ich die Kenntniss des Vorkommens verdanke, werden im Allgemeinen nur da dem Fundorte folgen, wo die Art nicht, oder nicht gleich gut, von demselben Fundorte in einer der hiesigen Königlichen Sammlungen vorhanden ist. Bei allen Gattungen, welche in einer grossen Zahl von Ar- ten auftreten, ist es leicht, gewisse einander nahe stehende und nur durch geringe Abänderungen der Form oder der Skulptur sich unterscheidende Arten in eine natürliche Gruppe oder Ver- wandtschaft mit einander zu verbinden, während andere in iso- lirterer Stellung zurückbleiben oder als vermittelnde Glieder eben so gut der einen wie der anderen Verwandschaft zugestellt wer- den können. Die Unmöglichkeit, solche Gruppen scharf zu be- grenzen und der ungleiche Inhalt derselben in Betreff der ihnen zuzuweisenden Zahl von Arten darf nicht abhalten sie zu son- dern, weil nur durch eine naturgemässe Gruppirung der Arten in grösseren Gattungen die Gesetze ihrer geologischen Entwick- lung und geographischen Vertheilung zu einem wissenschaftlichen Ausdruck gelangen können. Der Mangel einer solchen Grup- pirung charakterisirt in der Conchyliologie die Arbeiten LAMARcK’s, DesuAayes’s und ihrer Schule; aus dem richtigen Erkenntniss des Bedürfnisses derselben gingen die im Gebiet der Paläontolo- gie so einflussreich gewordenen Arbeiten L. v. Buch’s hervor; dasselbe Bedürfniss erzeugte die zahllosen und in der Form viel- leicht, aber nicht im Prineip verwerflichen Gattungszerspaltungen eines SWAINSON, GRAY und anderer Bearbeiter lebender Mollus- ken. Ohne Zweifel werden auch die charakteristischen Eigen- thümlichkeiten und der Zusammenhang der verschiedenen Con- 286 chylienfaunen des europäischen Tertiärgebirges klarer hervortreten und das Wesentliche wird vom Unwesentlichen leichter zu schei- den sein, wenn überall, wozu bei wenigen Gattungen erst ein erster Anfang gemacht ist, in vergleichenden Bearbeitungen die Arten nach ihren nähern Verwandschaften werden geordnet sein. Ich werde in meiner Bearbeitung der norddeutschen Tertiär-Con- chylien diesen Gesichtspunkt nicht ausser Augen lassen, und mich bemühen, so wie dazu Veranlassung gegeben ist, für die Herstellung einer systematischen Anordnung der europäischen Tertiär-Conchylien in enger begrenzten Gruppen vorbereitende Daten zu liefern. Hierauf bezügliche Erörterungen werden die den einzelnen Arten beigefügten Bemerkungen enthalten. Berlin, im Mai 1853. Gastropoda. Die deutsche Terminologie, deren man sich bei Beschreibung der unsymmetrisch spiral aufgerollten Gastropodenschalen bedient, ist nicht nach allen Seiten hin genügend ausgebildet und es fehlt häufig an kurzen und bezeichnenden Ausdrücken, um ein- zelne für gewisse Formen bezeichnend werdende Verhältnisse scharf und jedem Lesenden verständlich anzuzeigen. Auch sind dieselben Ausdrücke häufig bei verschiedenen Autoren nicht gleiehmässig, oder nicht scharf genug begrenzt in Gebrauch. Ich schicke deshalb eine kurze Erläuterung einiger Benennungen vor- aus, deren ich mich in der Folge gleichmässig überall bedienen werde, wobei ich mich hier auf die allgemeineren Verhältnisse der Schalen beschränke. Specielleres wird, wo es mir nöthig scheint, bei einzelnen Gattungen zugefügt werden. Ein wichtiger Theil der Gastropoden - Schalen, auf dessen Vorhandensein oder Fehlen und auf dessen Form in den mei- sten Beschreibungen fossiler Arten zu wenig geachtet wurde, ist der erste Anfang der Schale, welcher den Embryo des Thieres bedeckte; ich werde diesen Theil das Embryonalende nen- nen. Nur wo es von ungewöhnlicher Grösse und sehr in die Augen fallend ist, wurde es schon von älteren Autoren ausge- zeiehnet und erhielt den Namen Kern oder 2uclews, welcher in den meisten Fällen in der Anwendung unpassend ist und we- nig in Gebrauch kam. Gewöhnlich vollkommen glatt, von hor- nigem, schmelzartigem oder glasigem Ansehn, doch nicht immer ganz skulpturlos, ist das Embryonalende mannichfaltigen Verän- derungen der Form unterworfen und liefert nicht selten für Gat- tungen und mehr noch für Gruppen von Arten in grösseren Gattungen einen vortrefllichen Charakter zur Bestimmung näherer Verwandschaft. Häufig beginnt die spätere Skulptur .der Schale an der Grenze des skulpturlosen Embryonalendes mit scharfem Absatz; in anderen Fällen findet sich, gewöhnlich auf weniger als einer Windung, noch eine Zwischenskulptur ein, welche zu der späteren Skulptur in gar keiner Beziehung steht. Bei grossen und ausgewachsenen, lebenden wie fossilen, Schalen 288 ist das Embryonalende in gewissen Gattungen nur selten erhal- ten, während es bei anderen nie fehlt. Wo dasselbe bei gut er- haltenen Schalen fehlt, erkennt man an der in einem solchen Fall zum Verschluss der Schale nachgebildeten Kalkplatte, dass das Thier selbst schon jenen meist dünnen und gebrechlichen Theil, den es später gänzlich verliess, abgeworfen hat; die Schale ist oben offen, wenn mechanisch erst bei Herausnahme derselben aus ihrem Gestein das Embryonalende abbrach. Häufig ist auch bei fossilen Schalen die Beschaffenheit des einschliessenden Gesteins, bei lebenden die Natur des Standortes, die Ursache, weshalb nur selten das seiner Substanz nach leichter zerstörbare Embryonal- ende unverletzt beobachtbar wird. Auf alle diese Verhältnisse ist besonders auch da sorgfältig zu achten, wo es darauf ankömmt zu bestimmen, ob kleine Schalen der Jugendzustand grösserer Arten sein können. Das Embryonalende bildet den oberen Theil des Gewindes, worunter der oberhalb der letztgebildeten Windung äusserlich sichtbar gebliebene Theil der Schale verstanden wird. Die letzte Windung werde ich von dem Gewinde unter dem Namen der Schlusswindung, die Umgänge des Gewindes von dem Em- bryonalende abwärts bis zur Schlusswindung als Mittelwin- dungen unterscheiden. Beim Zählen der Umgänge einer voll- ständigen Schale sind am Gewinde die zum Embryonalende ge- hörenden von den Mittelwindungen zu sondern, und es muss an- gegeben werden, wenn man bei abgeworfenem Embryonalende nur die Zahl der Mittelwindungen zu bestimmen im Stande ist. Die Schale wird in derselben Stellung beschrieben, in wel- cher sie abgebildet ist, das Gewinde nach oben und die Mün- dung nach unten gekehrt. Am unteren Ende der Schale befinden sich demnach Ausschnitt und Kanal, welche für die Be- stimmung der Gastropoden-Schalen so wichtige Merkmale werden. Ein Kanal entsteht, wenn der Aussenrand der Mündung sich gegen die Spindel hin einbiegt und auf kürzere oder längere Er- streckung hin dem unteren Ende des Spindelrandes parallel ver- läuft. Der Kanal endet stets mit einem Ausschnitt, so dass Aus- schnitt und Kanal nicht Merkmale sind, welche sich gegenseitig ausschliessen; jede Schale mit einem Kanal hat auch den Aus schnitt, aber der Ausschnitt ist oft ohne Kanal vorhanden. Wo ein Kanal ausgebildet ist, sieht man die Schlusswin- dung, von der Rückenseite betrachtet, je nach der verschiedenen 289 Länge des Kanals in eine kürzere oder längere, dickere oder dünnere Spitze ausgezogen. Dieses der Rückenseite des Kanals entsprechende untere Ende der Schlusswindung, auf welches nicht gut häufig auch der nur dem unteren Theil der Mündung zukommende Name des Kanals übertragen wird, werde ich den Stiel der Schale nennen, welcher Ausdruck mir weniger ge- schmacklos scheint, als die von Andren gebrauchten Nase oder Schwanz. Sowohl bei Schalen, welche einen Kanal besitzen, als bei anderen, wo nur ein Ausschnitt vorhanden ist, kömmt es häufig vor, dass die Ränder des Ausschnittes die Schale aus der Rich- tung ihrer Axe emporziehen, wodurch an dem unteren Ende eine mehr oder minder ausgezeichnete, wulstartige, dem spiralen Wachs- thum der Schale entsprechend gedrehte Erhebung entsteht, welche ich den Kamm nennen will. Dieser Theil ist meist zu wenig beachtet und oft falsch benannt worden, so bei Cassis und Cassi- daria, welchen Gattungen ein Kanal zugeschrieben wird, den sie nicht besitzen, und welche sich nur durch verschiedene Form des Kammes von einander unterscheiden. Der sogenannte Kanal bei Cassis ist derselbe Theil der Schale, welcher bei den meisten Buceinum- oder Nassa- Arten ganz ähnlich ausgebildet ist, dort aber nie den Namen Kanal erhalten hat. Ander Mündung der Schale zerfällt der Rand in Aussen- rand und Innen- oder Spindelrand. Aussen- und In- nenseite sind die vom Rande einwärts liegenden inneren Flächen der Mündung, auf welchen sich Streifen, Falten, Run- zeln oder Zähne entwickeln, welche den Ausgang der Mündung in so mannichfaltiger Weise verengen. In den meisten Fäl- len ist es bequem und kann keine Verwechselungen veranlassen, wenn statt Innen- oder Spindelseite kurzweg Spindel gesagt wird. Den Namen Axe kann man gebrauchen, wo es darauf ankömmt, die centrale Säule zu bezeichnen, in welcher die Win- dungen der Schale mit einander verwachsen sind. Von der Spindelseite unterscheide ich die Spindelplatte, um dadurch die Kalklage zu bezeichnen, von welcher erstere die Oberfläche ist. Häufig ist die Spindelplatte dünn und ihre Begrenzung kaum bemerkbar, während sie in anderen Fällen schwielig verdickt ist oder sich weit übergreifend auf der Bauchseite der Schlusswin- dung ausbreitet. Den Ausdruck Lippe werde ich bei der Be- schreibung von Mündungen vermeiden. Zeits. d.d. geul. Ges. Vr34. 19 290 Am wenigsten gleichmässig werden in der deutschen wie in der lateinischen Terminologie die Ausdrücke gebraucht, welche die verschiedenartigen Vertiefungen und Erhabenheiten der Skulp- turverzierungen auf der Schale bezeichnen sollen. Nur für Ver- tiefungen werde ich mich der Ausdrücke Linie und Furche, für Erhabenheiten der Ausdrücke Streifen und Rippen be- dienen. Andere Namen wie Rinne, Leiste, Reifen u. dergl. be- dürfen keiner besonderen Erläuterung. Tonus. Das norddeutsche miocäne Tertiärgebirge hat nur fünf Co- nusarten geliefert; eine geringe Zahl, wenn man die artenreiche Entwickelung der Gattung nicht nur im Wiener, sondern überhaupt in südlichen miocänen sowohl als pliocänen Tertiärbecken ver- gleichend betrachtet. Die Armuth ist vornehmlich dadurch be- dingt, dass unserem nördlichen Tertiärmeere die in den süd- lichen Conus-Faunen überall in der Zahl überwiegend auftretende Gruppe solcher Arten fremd blieb, welche in ihren Charakte- ren sich dem noch gegenwärtig im Mittelmeere lebenden 0, me- diterraneus nähern. Erwägt man, dass dieselbe Gruppe von Ar- ten in dem Pariser und in dem englischen eocänen Tertiärge- birge noch nicht vertreten ist, und dass die nordische Pliocänfor- mation, der englische und belgische Crag, überhaupt keinen Conus mehr einschliesst, so kann man nicht umhin, zu folgern, dass die Erscheinung der lebenden Art des Mittelmeeres in engem Zusammenhange steht mit der grossen Verbreitung verwandter Arten in den südlichen Meeren während der jüngeren Tertiär- zeiten. Die norddeutschen Conus- Arten, welche mit südlichen miocänen Arten übereinstimmen, stehen ausserhalb der Gruppe des ©. mediterraneus und gehören zu denjenigen jüngeren Arten der Gattung, welche in ihren Charakteren schon früher eocän vorhandene Formen fortführen. In diesem Fall befinden sich die beiden C. antediluvianus und C. Dujardini, welche auch in dem miocänen Wiener Becken zwischen den zahlreicheren Arten aus der Gruppe des C. mediterraneus auftreten und in Nord- Deutschland ausschliesslich den gleich alten jüngeren oder ty- pisch miocänen Ablagerungen angehören. Die drei anderen nord- deutschen Arten, mit keiner bei Wien gefundenen Art vergleichbar, sind untermiocän; die eine, nur in der untersten Magdeburger 291 Fauna gefunden, stimmt mit einer englischen und französischen eocänen Art, dem (, concinnus Sow., überein; eine zweite, auf dieselbe Fauna in ihrem Vorkommen beschränkt, ist neu; die dritte, gleichmässig verbreitet in unseren drei untermiocänen Faunen, habe ich einer italienischen Miocän-Art, dem (©. Allioni MicHEL., zugezogen. 1. Conus antediluvianus BRrUc. Taf. 1. Eie: 1.a.b: C. antediluvianus Brucuikres Enc. meth.; Lamarck Ann. du Mus,, Hist. nat.; Broccnr Conch. foss. subap.; Hörnes Moll. von Wien. €, Apen- ninicus Bronx Lethaea, ©. deperditus? und C. antedilwianus? Horrwmans 1828 in Pocc. Ann. Bd. 12. p. 119. C. antedilwianus Mevn Geogn. Beob. 1848 p. 31. Vorkommen. Häufig bei Spandetgaard in Schleswig, MeEyn; Sylt, nur ein von MEyn gefundenes Exemplar in der Kieler Sammlung; Lüneburg am Ziegeleiberge; Bokup in Meklenburg, Königliche Sammlung (Horrmann); Bersen- brück, FErD. und Ap. ROEMER. Zu Bokup fand sich die Art sicher bestimmbar als Abdruck und Kern in festem Gestein, an den übrigen Orten in Thon. Beschreibung. Das ausgezeichnetste der beobachteten Verkommen ist das von Spandetgaard, wo die Art von MEyn in Menge gefunden wurde. An einem schönen Exemplare dorther in. der Kieler Sammlung von 38,5 Mm. Länge und 16 Mm. Breite hat das Gewinde vom oberen Mündungswinkel bis zur Spitze, an welcher jedoch ein Theil des Embryonalendes fehlt, die Länge von 14 Mm., die Mündung die Länge von 27 Mm. An einem kleineren Stücke ebendaher sind die entsprechenden 4 Maasse: 28,6 Mm., 12 Mm., 11,3 Mm. und 19,5 Mm. Das hohe spitze Gewinde beginnt, wenn vollkommen er- halten, mit einem kegelförmigen glatten Embryonalende aus 3 Umgängen; es folgt darauf 5 bis - Windung, auf welcher Längs- falten von einer Naht zur anderen herablaufen; dann erst be- ginnt die Skulptur der Mittelwindungen, deren 6 bis 7 vorhanden sind. Diese sind treppenförmig, mit vertieftem Dache, hoch und scharf heraustretender Kante, und hoher, gewöhnlich dem Dache an Breite wenig nachstehender Seitenwand. Eine Reihe von 19% 292 Höckern, 25— 30 in den unteren Umgängen, umzieht die Seiten- wand an der Kante; sie erreichen meist abwärts nicht die untere Naht, und verschwinden nur an den grössten beobachteten Stücken auf der Schlusswindung. Ueber die Höcker laufen Quer- linien fort, welche mit dem Alter allmälig weniger zahlreich und regelmässig werden. Auf dem vertieften Dach treten die An- wachsstreifen bogenförmig hervor, stärker und regelmässiger in den oberen als in den unteren Windungen. Der untere Theil der Schlusswindung ist quer liniirt und zu unterst gefurcht. Die Abbildung Tafel 1 Figur 1 a stellt das grosse Exemplar von Spandetgaard in der Kieler Sammlung dar, Figur 1 b das stark vergrösserte Gewinde eines anderen kleineren Exemplars ebendaher, an welchem das Embryonalende vollständig erhalten ist. Man sieht in letzterer Figur zu oberst die 3 Windungen des glatten Embryonalendes, auf der folgenden Windung einen Theil der Zwischenskulptur und darunter noch 5 Mittelwin- dungen. Bemerkungen. Nachdem DESHAYES erklärte, dass BRU- GUIRRE’S Conus antediluvianus nur die subapennine von BRoccHI abgebildete Art sein könne, ist der Grund fortgefallen, welcher Bronn bestimmte, für letztere den Namen (. Apenninticus vor- zuschlagen. Die durch DESHAYES hervorgerufene, durch BRONN in der Lethaea zuerst aufgedeckte Verwirrung in Betreff des Namens ist gelöst, und weder für den jüngeren (. antediluvianus noch für die ältere eocäne, von DESHAYES früher unter diesem Namen beschriebene Art des Pariser Grobkalkes bedarf es eines neuen Namens, wenn gegen die, zuerst von BRONN vorgenom- mene Verbindung der eocänen Art von Paris mit dem 0. con- cinnus Sow. kein Einspruch erhoben wird. Der C. antedilu- vianus gehört gemeinschaftlich dem miocänen und pliocänen Ter- tiärgebirge an. Die norddeutschen Abänderungen sind in jeder Beziehung ununterscheidbar von dem Vorkommen im Tegel zu Baden bei Wien. Hier wie da zeigt sich die Art gewöhnlich nur in kleineren Stücken, wie Figur 2 a, b, c auf Tafel 5 in Hörnes’s Werk; von Bersenbrück, Bokup und Lüneburg kenne ich kein Exemplar, welches an Grösse dem hier abgebildeten von Spandetgaard gleich käme. Die oben angegebenen nord- deutschen Fundorte rechne ich sämmtlich zu den Ablagerungen, welche im Alter den typisch miocänen Bildungen des Wiener Beckens parallel stehen. — Was HoFFMANnN bestimmte, die von 293 ihm bei Bokup gefundenen und mit seinen Bestimmungen noch versehenen, in der Königlichen Sammlung aufbewahrten Stücke für zwei verschiedene Arten zu halten, ist nicht gut zu errathen; sie sind einander gleich mit Ausnahme der Grösse und gehören sicher dem (. antedilwvianus an. 2, Conus concinnus Sow. Bat. Bio- 2. Sowersy Min. Conch. Conus antediluvianus (non Bruc., Broc.) DesnAves Cogq. foss. de Paris. Conus concinnus PaıLıppı in Palaeontogr. I. p. 80, no. 189. Vorkommen. Angeblich von Westeregeln. Die Be- schaftenheit des Gesteins, aus welchem das einzige Stück der Königlichen Sammlung herstammt, lässt vermuthen, dass eine Verwechselung des Fundortes stattgefunden hat, und dass dieser Conus nicht zu Westeregeln, sondern zuWelsleben oder Biere gefunden wurde. Ohne Zweifel stammt er aus den marinen Ter- tiärlagern, welche im Magdeburgischen die Braunkohle bedecken. Beschreibung. Der untere Theil der Schlusswindung fehlt, das Gewinde ist vollständig erhalten mit Ausnahme des zer- störten Embryonalendes. Die vollständige Schale, welche einem ausgewachsenen Thiere angehört zu haben scheint, mag die Länge von ungefähr 20 Mm. gehabt haben. Das Gewinde ist hoch und spitz; 7 Mittelwindungen sind vorhanden. Die Kante, welche den kürzeren unteren Theil oder die Seitenwand der Umgänge ‚von dem breiteren oberen Theil oder dem Dach derselben scheidet, hebt sich nur wenig. hervor, weshalb das Gewinde nur ein schwach treppenförmiges Ansehn erhält. Die Seitenwand ist mit einer Reihe starker rundlicher Höcker (18 — 20 in einem Umgang) besetzt, welche auf der Schlusswindung verschwinden. Das Dach ist hoch, schräg ab- fallend, etwas vertieft, und mit starken, ziemlich regelmässigen, gebogenen Anwachsstreifen verziert. Die Schlusswindung ist in ihrem oberen Theile unterhalb des Daches glatt, im unteren nur theilweise erhaltenen Theile stark quergefurcht. Bemerkungen. Conus concinnus Sow. ist eine engli- sche eocäne Art, welche nach SowEr»ßY sowohl im London- Thon wie in dem jüngeren Barton-Thon vorkömmt. DesuAyEs (in Lam. hist. nat. 2 ed. XI. 136. not.) führt an, dass sie auch 294 bei Paris vorkomme, spricht sich aber nicht darüber aus, ‘ob er darunter die von ihm früher als (©. antediluvianus beschrie- bene Art begreife. BroNnN vereinigte schon in der Lethaea und später im Index den Pariser sogenannten 0. antediluwianus mit dem (©. concinnus Sow., und behielt im Index den letzteren Namen zweckmässig bei. Unsre deutsche Art stimmt sehr gut mit der Art des Pariser Grobkalkes überein nach Vergleichung mit Stücken, welche durch DESHAYES selbst als C. antediluvia- nus in die Königliche Sammlung gelangten. Ein leichter Un- terschied ist darin vorhanden, dass bei den Pariser Stücken, wie DESHAYES auch in der Beschreibung hervorhebt, die Anwachs- streifen des Daches zur oberen Naht hin stärker werden und der Schale nächst der Naht ein gefälteltes Ansehn geben, während bei unserem Conus die Erhebung jener Streifen gleichmässiger über die ganze Oberfläche des Daches sich verbreitet. Das wesentlich unterscheidende Merkmal für C. concinnus, vergli- chen mit dem jüngeren (©. antedilwianus ist das geringere Hervortreten der Kante des Daches, daher das minder treppen- förmige Ansehen der Umgänge des Gewindes. Die beiden ein- ander so nahestehenden Arten, der ältere C., corncinnus und der Jüngere Ü. antediluvianus sind durch das Vorkommen des erste- ren in der untersten miocänen Fauna in Norddeutschland zwar in ihren Lagern einander näher gerückt, als bisher bekannt war; doch bleiben sie noch immer von einander getrennt durch die Faunen des Rupelmonder Systems, in welchen sich bist jetzt in Deutschland so wenig wie in Belgien ein der einen oder der an- deren Art vergleichbarer Conus gezeigt hat. Der Conilites subsimilis der SCHLOTHEIM’ schen Petrefak- tenkunde aus dem Mainzer Becken, welchen BRonn fraglich im Index zu C. concinnus stellte, hat weder mit dieser noch mit einer anderen der nachfolgend beschriebenen norddeutschen Conus- Arten etwas gemein; das Wenige schon, was SCHLOTHEIM zur Erläuterung jenes Namens sagt, hätte von einer solchen Ver- bindung abhalten können. Was Conilites subsimilis genannt wurde, sind ein paar schlecht erhaltene Conen, die wahrschein- lich ein und dasselbe sind mit dem Conilites stromboideus, der mit dem Conus stromboides gar nicht, eher mit dem (. striatu- Zus, welchen SCHLOTHEM gleichzeitig zur Vergleichung heran- zog, verglichen werden könnte. 295 3. Conus Dujardini Desn. Taf. 1. Fie. 3. C. acutangulus Desuaves in LveLı app. C. antediluvianus Dusoıs Pod. C. Dujardini Desnaves in Law. Hist: nat. 2me €d.; Hörxgs Moll. von Wien. Vorkommen. Im Thone von Bersenbrück, Av. Ror- MER, als seltener Begleiter des 0. antedilwvianus. Im festen Gestein von Reinbeck, ein unvollkommenes Exemplar in der Königlichen Sammlung. Beschreibung. Das beobachtete Stück von Bersenbrück ist 21 Mm. lang, 8 Mm. breit; die Länge des Gewindes bis zum oberen Winkel der Mündung ist 9 Mm., die Länge der Mündung 13 Mm. Das hohe spitze Gewinde hat ein kegelförmiges, aus 3 Um- gängen bestehendes, glattes Embryonalende und 7 Mittelwindun- gen. Letztere sind treppenförmig, durch eine scharfe nach aus- sen vortretende Kante in ein breiteres, schräg abfallendes, kaum ein wenig vertieftes Dach und in eine schmalere Seitenwand ge- theilt. Nur die oberen Mittelwindungen haben an der Kante ganz schwache Knötchen, welche derselben ein leicht gekerbtes Ansehen ertheilen. Ein paar Querlinien laufen unterhalb der Kante ‘auf der Seitenwand entlang. Auf dem Dache treten die bogenförmigen Anwachsstreifen nur wenig und unregelmässig hervor; sie werden von sehr feinen, nur unter der Lupe zu se- henden Querstreifen durchschnitten. Die Schlusswindung ist re- gelmässig kegelförmig ohne eine bandartige Anschwellung oder Abplattung unter der Kante; ihr unteres Ende ist querliniirt. Die Abbildung stellt das beschriebene Exemplar von Ber- senbrück von der Rückenseite dar. Bemerkungen. Im Pariser eocänen Tertiärgebirge ste- hen (. deperditus, ©. diversiformis und C. turritus zum (. con- cinnus, C©. sulciferus und C©. crenulatus ungefähr in demselben Verhältniss, wie in den jüngeren Tertiärbildungen 0, Dwjardint und ©. Brocchä zum C. antediluvianus;, sie unterscheiden sich bei entschieden treppenförmigen und kantigen Umgängen des ho- hen Gewindes dadurch, dass statt starker, nur auf den letzten Umgängen der Schale bisweilen verschwindender Höcker hier nur an den obersten Mittelwindungen sehr viel kleinere und leicht zu übersehende, oder durch Zersetzung der äusseren Schal- 296 lage zerstörbare Höckerchen vorhanden sind. Obwohl den Arten aus der Verwandtschaft des ©. antediluvianus so nahe stehend, dass mehrfach selbst Verwechselungen stattfanden, sind die dem C. deperditus näher stehenden Arten doch nicht .dureh Ueber- gänge mit jenen verbunden und lassen sich als eine besondere natürliche Gruppe neben der des (. antediluvianus unterschei- den. Der ihr zugehörende 0. Dujardini ist durch seine grosse Verbreitung im miocänen Tertiärgebirge südlicher Gegenden von grossem Interesse, und den mannigfaltigen Abänderungen, wel- chen diese Art im Wiener Tertiärbecken unterliegt, ist in dem Werke von HörnEs eine grosse Reihe von Abbildungen gewid- met worden. Die Form von Bersenbrück entspricht ganz der- jenigen aus dem Tegel von Baden, welche in Hörnes’s Werk Taf. 5 Fig. 3 dargestellt ist, und welche in Verbindung mit der Abänderung der Fig. 8 a. a. O. als die typische überall vor- kommende Form der Art angesehen werden kann. Mit Recht weist Hörnes darauf hin, wie 0. Dujardini so vollständig in der Gestalt mit dem C, antediluvianus übereinstimmt, dass in der That nichts weiter als die starken Höcker an der Kante der Umgänge des Gewindes den letzteren unterscheiden. Dennoch wäre es nicht naturgemäss, beide Arten als zu einander gehörende Abänderungen einer einzigen grösseren Art zu verbinden; sie sind vielmehr als die einander correspondirenden Repräsentanten aus zwei verwandten Artengruppen sorgfältig getrennt zu halten. Auch wissen wir, dass nur die eine Art in das pliocäne Tertiär- gebirge hinaufgeht, während die andre, C. Dujardini, dem’ Miocän eigenthümlich angehört. 4. Conus Allioni MicHEL. Tat. 1. Pı0.282.,0,9, 0.8395: Mic#eELoTTı Terr. mioc. de !/’It. sept. 1847. p. 388. t. 17. f. 17. C. Brocchii (Brons) PaıLıppi Beitr. 1843. p. 62. C. diversiformis ? (Desn.) Beyrıca in Karst. Arch. Bd. 22. 1848. p.8. C. deperditus (Bruc.) Karsten Verz. 1849. p. 33. C. antedilwianus (Desu.) Karsten Verz. 1849. p. 3. Vorkommen: Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Im Septarienthon der Mark zu Hermsdorf; zu Freienwalde und Buckow, Mieteezkı. Zu Freden bei Alfeld, LEunıs. Verschwemmt im Sternberger Gestein in Meklenburg, Ro- stocker Sammlung. 297 Beschreibung. Die mittlere Grösse, in welcher sich die Art gewöhnlich zeigt, kann zu 25 bis 35 Mm. Länge angenom- men werden; Fragmente. von Hermsdorf von ungewöhnlichen Dimensionen lassen auf eine Länge von etwa 50 Mm. schlies- sen. An 4 gemessenen Stücken sind die Maasse in Millimetern (a Länge, b Breite, e Länge des Gewindes vom oberen Mün- dungswinkel zur Spitze, d Länge der Mündung): a0 lob- Cor d. Westeregeln . . 33 18 9 28,5 Westeregeln . . 28 145 8 23 Sternberg. w7..02142%41259: 43, 21;5 Hermsdorf ...7 24 11 05015 oder in Verhältnisszahlen, die Länge = 100 gesetzt: a. =lib. (6 d. Westeregeln . 100 545 27,3 86,4 Westeregeln . 100 51,3 283,6 82,1 Sternberg . . 100 46,3 27,8 79,6 Hermsdorf . . 100 45,8 31,2 81,2 Aus den Zahlen unter b ist zu ersehen, dass die Stücke aus dem Sternberger Gestein und von Hermsdorf etwas schlanker sind als die von Westeregeln, was auch dem Auge schon auf- fällt. Erstere haben zugleich ein höher ansteigendes Gewinde, was sich aus den Zahlen ergiebt, wenn man die Summen von eund d mit der Axenlänge a vergleicht. Die angezeigten Un- terschiede der zweierlei Vorkommen werden durch Uebergänge vermittel. Das Exemplar von Freden in LEunıs’s Sammlung, welches PnıLıppı in Händen: hatte, ist 23,7 Mm. lang, 11,5 Mm. breit (100: 50), nähert sich also in der Form mehr denen von Westeregeln als den schlankeren von Hermsdorf und aus dem Sternberger Gestein. Die Schale beginnt mit einem sehr hohen und spitz kegel- förmigen glatten Embryonalende, welches aus 3 bis 4 Windun- gen besteht; an den ausgewachsenen Stücken von Hermsdorf und Westeregeln ist es gewöhnlich zerstört oder abgeworfen, aber vortrefllich erhalten an ein paar kleinen den Jugendzustand der Schale darstellenden Stücken aus dem Sternberger Gesteine in der Rostocker Sammlung. Wie bei (. antediluvianus zeigt sich unter dem glatten Embrynalende zuerst eine Zwischenskulptur, ehe die Mittelwindungen die ihnen eigene Form sowohl wie Skulptur annehmen. Die ausgewachsene Schale hat 5 bis 6 Mit- 298 telwindungen, von welchen die obersten 2 bis 3 an der Kante des Daches eine Reihe zwar kleiner aber sehr deutlicher Höcker tra- gen. Die unteren werden fast ganz durch das Dach gebildet; doch hebt sich stets über der unteren Naht die Kante noch ein wenig hervor, so dass das Gewinde noch treppenförmig genannt werden kann. Je nachdem das Dach mehr oder weniger vertieft ist und zugleich mehr oder weniger sich flach legt, entsteht das niedrigere oder höhere Ansehen des Gewindes, durch welches sich die bezeichneten beiden Abänderungen im Ansehn von ein- ander unterscheiden. Auf der Fläche des Daches bemerkt man in der Regel schwache und unregelmässige, oft nur mit der Lupe sichtbare Querstreifen, und bogenförmige, erhabene, bald schwä- chere bald stärkere Anwachsstreifen; die einen wie die anderen können ganz fehlen. Die Schlusswindung ist bis zur Kante des Daches hinauf regelmässig kegelförmig, in ihrem oberen Theil gewöhnlich glatt, unten mehr oder weniger quer linüirt oder ge- furcht. Der Aussenrand der Mündung beschreibt einen regel- mässigen, mässig stark gekrümmten Bogen. Von den Abbildungen stellt Figur 4 a, b den frühesten Ju- gendzustand der Schale dar nach einem der Stücke in der Rostocker Sammlung, welche das Citat des C. antediluvianus in KARSTEN’S Verzeichniss veranlassten; man sieht zu oberst 4 glatte Embryonalwindungen, auf der fünften die Zwischen- skulptur, darauf die allein erst gebildeten ersten beiden Mittel- windungen. Figur 5 stellt die schlankere Form der Art dar nach einem Stück aus dem Septarienthon von Hermsdorf, Fi- gur 6a, b die breitere Abänderung von Westeregeln. Bemerkungen. Conus Allioni ist noch in dieselbe Ver- wandtschaft zu stellen, welcher C. Diyjardini angehört, also in die Nähe von C. deperditus, C. diversiformis, C. Dwjardini, C. Brocchii und andern diesen nächstverwandten Arten; er stimmt mit ihnen überein in der Form des Embryonalzustandes der Schale-und in den Charakteren der ersten Mittelwindungen, welche sich bei allen jenen Arten gleichen. Durch die geringe Erhebung der Kante über die untere Naht nähert er sich einer anderen Artengruppe, in welcher C. virginalis Broc. als Aus- gangsart gewählt werden könnte, und für welche bei dem Vor- handensein einer das Dach scharf begrenzenden Kante das Ver- schwinden der treppenförmigen Gestalt des Gewindes oder das Verhalten, dass das Gewinde ausschliesslich durch die aneinander 299 stossenden Dächer der Umgänge gebildet ist, das bezeichnende Merkmal wird. C. diversiformis, mit welchem ich früher unsre Art verglich, ist sehr ähnlich; doch scheint dieser nur eine Ne- benform des C. deperditus zu bilden, bei welcher das Gewinde weniger stark erhaben ist bei sonst gleichen Merkmalen. Die Pariser Stücke unsrer Sammlungen, welche ich der DESHAYES’ schen Art zurechne, sind, verglichen mit unserm deutschen Conus, durchschnittlich breiter und auf dem Dache stärker spiral gestreift; auch ist bei ihnen die Kante schärfer und immer noch höher hervortretend.. Was MıcHELoTTI zur Charakteristik seines C. Allioni sagt, passt ebenso wie seine Abbildung sehr gut auf unsern Conus. Die Art wurde aufgestellt für ein Vorkommen bei Turin, wo sich in ihrer Begleitung eben so wenig wie bei uns der C. Dujardini und C. antediluvianus finden, dagegen freilich eine Menge andrer Arten der Gattung, welche den nord- deutschen Miocän-Faunen fremd bleiben. Mit C. Zrocchii könnte unsre Art nicht leicht verwechselt werden. Von ihm entfernt sie sich, eben so wie von dem Ü. Dujardini, durch die Form des Gewindes; ©. Brocchü ist ausserdem noch durch den bandarti- gen Saum zu unterscheiden, welcher beständig bei ihm unter der Kante vorhanden ist. Bei der grossen Verbreitung , welche Ü. Allioni in Nord- deutschland besitzt, halte ich es für wahrscheinlich, dass ein Theil dessen, was in Belgien (von BosquEr nur fraglich) zu €. Brocchii gerechnet wurde, hierher gehört. In Deutschland dürf- ten sich auch wohl PuiLıppr’s Citate des Ü. Drocchä von Cas- sel und Luithorst, was ich bestimmt nur von dem Fredener Vor- kommen behaupten konnte, auf C. Allioni beziehen. 5. Conus procerus BEYR. Bar. 1. Rie.mwanb! Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. Von dem vollständig erhaltenen Stück, dessen Abbildung gegeben ist, sind die Maasse: Länge 44-Mm., Breite 18 Mm,, Länge des Gewindes vom oberen Mündungswin- kel bis zur Spitze 16 Mm., Länge der Mündung 31 Mm. Das Gewinde hat demnach nahe die halbe Länge der Schlusswindung und ist fast so lang wie die Schale breit. Das hohe spitze Gewinde besteht aus 6 bis 7 Mitteiwin- 300 dungen und einem (bei dem gezeichneten Exemplare abgewor- fenen) hochgewundenen, schlanken Embryonalende aus 3 Um- gängen. Die Mittelwindungen sind flach und zeigen oberhalb der Mitte eine rinnenartige Aushöhlung, welche in den unteren Windungen durch einen aufwärts allmälig sich verlierenden Rand begrenzt wird. Oben legt sich die Schale wie eine steile und platte bandartige Umsäumung an die vorhergehende Windung an, wodurch die Umgänge an der Naht einen deutlichen Absatz erhalten. Auf den obersten Mittelwindungen sind unterhalb der noch sehr schmalen Rinne eine oder mehrere Querlinien sichtbar, welche abwärts vollständig verschwinden; ein einzelner Quer- streifen zeichnet sich in den unteren Mittelwindungen innerhalb der Rinne nahe ihrem unteren Rande aus, wird jedoch wieder schwächer bis zum Verschwinden in der Schlusswindung. Die: auf der übrigen Schale schwachen und unregelmässigen Anwachs- streifen heben sich in der Rinne und auf dem darüber liegenden Raume zur Naht herauf etwas stärker hervor. Die Schlusswin- dung gleicht in ihrem oberen Theile den Mittelwindungen des Gewindes. Unterhalb des Randes der Rinne wölbt sich die Schale, so dass ihre grösste Breite sich nicht in, sondern unter dem Rande findet. Der untere Theil der Schale ist unre- gelmässig quergefurcht. Die Anwachsstreifen bilden, entspre- chend der Form des Mündungsrandes, einen ausnehmend weit vorspringenden, der ganzen Länge nach gerundeten Bogen, so: dass nach oben eine tief rückspringende breite Einbucht entsteht. Die Mündung ist schmal und eng, parallelwandig. Die Spindel: hat nach unten eine bogenförmig begrenzte vortretende Schwiele,, auf welcher eine schwache Streifung bemerkbar wird. Tafel 1 Figur 7a undb sind 2 Ansichten eines vollstän- dig erhaltenen Exemplars; Figur 7 b zeigt die starke Biegung des äussern Mündungsrandes. Bemerkungen. Conus procerus steht nicht nur den übri- gen norddeutschen, sondern auch den viel zahlreicheren miocänen Conus-Arten südlicher Gegenden fern. Er ist in seiner Form nur vergleichbar einer Gruppe kleinerer eocäner Arten, deren eigenthümlich ausgezeichnete Stellung SwAınson sehr richtig auffasste, indem er den C. dormitor Sor. als Typus einer, übri- gens nicht hinreichend von ihm charakterisirten — Conorbis ge- nannten — Untergattung von Conus hinstellte. Von anderen Ar- ten sind dahin ©. stromboides Lam. und (. scabriculus SoL. zu 301 rechnen. Das Auszeichnende der Gruppe besteht vornehmlich darin, dass in den Umgängen des hoch erhobenen Gewindes zwar ein unterer und ein oberer Theil, entsprechend der Seitenwand und dem Dache der Arten, welche wie Ü. antediluvianus und C. deperditus hohe treppenförmige Gewinde besitzen, zu unter- scheiden sind, ohne dass jedoch die Scheidung durch eine nach aussen oder oben vortretende Kante bestimmt wird; das Dach ist hoch und steil gestellt, so dass die Umgänge kein treppenförmi- ges Ansehn mehr erhalten. Die zu dieser Gruppe gehörenden Arten nähern sich von der Gattung Conus her am meisten den Pleurotomen, deren enge Verbindung mit Conus ihrerseits durch die Arten aus der Verwandschaft der Pleurotoma clavicularis Lam. vermittelt wird. Die kleinen eocänen Arten, in deren Nähe ich den grösseren C. procerus stelle, unterscheiden sich sämmtlich durch die zierliche ihnen zukommende Skulptur der Schale. Ein C\ strombordes, bei welchem die stumpfen höckrigen Anschwellungen unterhalb des Daches, wodurch diese Art sich auszeichnet, wenig entwickelt sind, würde noch am nächsten dem C. procerus in der Form vergleichbar werden. In der ausneh- mend starken Biegung des Mündungsrandes steht ihm allein C. dormitor gleich. Oliva. Die Gattung Oliva unterscheidet sich von der ihr zunächst verwandten Ancillaria durch die Rinne, welche von dem oberen Winkel der Mündung ausgeht und spiral um den oberen Theil der Schale herumläuf. Man pflegt dieselbe eine rinnenartig vertiefte Naht, und Gewinde den ganzen oberhalb derselben lie- genden Theil der Schale zu nennen; doch sind diese Bezeich- nungen ungenau, da die Rinne nicht, was der Begriff der Naht ist, die obere Grenze einer jeden Windung bildet, sondern stets noch von mehr oder weniger ausgedehnter Schalsubstanz über- ragt wird, welche dem unter der Rinne liegenden Umgang ange- hört. Bei vielen Oliven ist sehr deutlich oberhalb der Rinne die wahre Naht, die eigentliche Grenze der Umgänge des Gewindes, zu unterscheiden; bei anderen verlängert sich die Substanz der einzelnen Windungen aufwärts bis zur Spitze und bedeckt dann zugleich die spirale Rinne der früheren Umgänge, bald theil- weise, bald vollständig. Bei Oliven der letzteren Art ist es in 302 der That nur die Schlusswindung, welche den äusserlich sicht- baren Theil der Schale bildet; das Gewinde ist bei ihnen eben so vollständig bedeckt, wie bei den Cypraeen, und nur dadurch entsteht in der Form eine so grosse Verschiederheit, dass bei den Oliven die Mündung nicht die ganze Länge der Schale ein- nimmt. Die Spiralrinne der Oliven ist demnach nicht die Naht; 'sie lässt, wo sie unbedeckt bleibt, die Zahl der spiralen Umgänge, welche die Schale beim Wachsthum gemacht hat, er- kennen, aber sie begrenzt nicht Umgänge des Gewindes in dem Sinne, wie dieser Ausdruck bei andren Gastropoden-Schalen ge- braucht wird. Oliven, bei welchen die Spiralrinne in den oberen Umgängen vollständig bedeckt und nur in der Schlusswindung offen ist, scheinen unter den fossilen europäischen Arten nicht vorzukommen. Ein auszeichnender Charakter, welehen Oliva mit Ancillaria gemein hat, ist die schwielige, nach aussen gewunden vortretende und an dem inneren Rande des Ausschnittes auslaufende Ver- diekung des unteren Theiles der Spindelwand, welche passend den Namen der Spindelschwiele erhalten hat. Eine andere Eigenthümlichkeit, welche beiden Gattungen gemeinsam zukömmt, ist eine den unteren Theil der Schlusswindung bedeckende Kalk- schicht, welche durch einen scharfen, an der Spindel beginnen- den und oberhalb des Ausschnitts fort zum Aussenrande der Mündung hinlaufenden Rand nach oben begrenzt wird. Diese Kalkschicht werde ich die Basalplatte nennen; sie hat mit der Spindel nichts zu thun und ist unpassend mit dem Namen Spindelzone belegt worden. Die fossilen Oliven des europäischen Tertiärgebirges zerfal- len in zwei natürlich geschiedene Abtheilungen, welche ungefähr den von SWAINSoN getrennten kleineren Gattungen Aiatula und Oliva entsprechen. Bei den Arten der ersten Abtheilung ist die Innenseite der Mündung in der Gegend des oberen Endes der Spindelschwiele eingebogen; nur die Spindelschwiele ist ge- streift und der Rand der Basalplatte ist bis an den dünnen Aussenrand der Mündung verlängert. Dieser Abtheilung gehö- ren sämmtliche eocäne Oliven des Pariser und des südenglischen Tertiärbeckens an; sie wird miocän vertreten durch die O, plicaria Lam., welche sich von Bordeaux nicht weit ostwärts scheint ver- breitet zu haben. Bei der anderen Abtheilung ist die Innenseite der Mündung gerade oder gewölbt und hoch herauf gestreift, und der Rand der Basalplatte verliert sich bei ausgewachsenen Scha- len gewöhnlich nahe dem meist dieken und stumpfen Aussen- rande der Mündung, ohne diesen selbst zu erreichen. Die Ol- ven dieser zweiten Abtheilung entfernen sich durch den Charakter ihrer Mündung weit von den Ancillarien, von denen die erste- ren sich blos durch die Spiralrinne unterscheiden. 0. Dufresnei Basr. und O. e/avula Lam. stehen an der Spitze der zweiten im miocänen Tertiärgebirge vorherrschend verbreiteten Abthei- lung; beide finden sich bei Paris wie bei Bordeaux, und sind die einzigen Arten der Gattung, welche HörneEs aus dem Wie- ner Becken kennen gelehrt hat. O0. Dufresnei ist häufig in Süddeutschland, während O.c/avula nur an einer Stelle des Wie- ner Beckens als Seltenheit gefunden wurde; erstere allein ist in Norddeutschland vorhanden und ist zugleich die einzige Oliva, welche im belgischen Miocän von Nysr beschrieben wurde. 1. Oliva Dufresnei Basr. Taf:i2.sEig:lifia,ib,18} Basterot Foss. de Bord.; Nyst Terr. Tert. de la Belg. p. 601. t. 45. f. 11. Oliva fllammulata Hörnes Moll. von Wien p. 47. t. 6. a Br} - Oliva hiatula? Karstes Verzeichniss 1849. p. 33. Vorkommen. Am Grafenberge bei Düsseldorf, in der Königlichen Sammiung (GoLDFuss) und in der Bonner Samm- lung. Verschwemmt im Sternberger Gestein in Meklen- burg, in der Rostocker Sammlung (O. hiatula KARSTEN a. a. O.). Beschreibung. Ein Stück vom Grafenberge bei Düssel- dorf in der Königlichen Sammlung misst 21,4 Mm. Länge bei 9,4 Mm. grösster Breite; gleich gross ist ein anderes Stück der Sammlung in Bonn. Der obere Theil der Schale bei der Oliva von Düsseldorf ist spitz, kurz, von noch nicht - der gesammten Länge; man zählt, der Spiralrinne folgend, bis zum Beginn der Schlusswin- dung 5 Umgänge, von denen die ersten 1 bis 2 dem Embryo- nalende angehören mögen, und deren letzter den übrigen zusam- mengenommen an Höhe ungefähr gleichkömmt. Die Schlusswin- dung nimmt nach oben an Dicke nur wenig zu, daher die Form mehr walzig als ei- oder eichelförmig ist. Die Mündung ist oben 304 eng und schmal und nimmt nach unten allmälig an Weite zu; die Spindel ist gerade, oberhalb der Spindelschwiele nicht ein- gebogen, und bis hoch herauf mit feineren Streifen bedeckt, zwi- schen welchen sich auf der Spindelschwiele 2 stärkere Streifen herausheben. Die Basalplatte ist sehr schmal, so dass ihr oberer Rand nahe der unteren Ecke des Aussenrandes der Mündung zur Seite des Ausschnittes ausläuft. Die Oberfläche der Schale ist im Uebrigen schlecht erhalten und Specielleres nicht zu beob- achten. Das in Rostock aufbewahrte Stück aus dem Sternberger Gestein ist kleiner, 11,2 Mm. lang, 4,5 Mm. breit; das Gewinde ist verhältnissmässig länger, zwischen 5 und 4 der gesammten Länge; im Uebrigen gleicht die Form ganz der des Stückes von Düsseldorf. Die Mündung ist im Gestein versteckt. Tafel 2 Figur 7 a, b giebt ein Bild der Oliva ven Düssel- dorf, bei welchem die von einer theilweisen Zerstörung der äusse- ren Schale herrührenden Unebenheiten und Streifen nicht berück- sichtigt wurden. Figur 8 stellt die Oliva aus dem Sternberger Gestein in der Rostocker Sammlung dar. Bemerkungen. Die belgische O0. Dufresnei findet sich als eins der häufigsten Petrefakte in der Formation des Bolder- berges; die Exemplare, welche wir daher besitzen, sind klein, 16 Mm. lang bei 7 Mm. Breite.*) Sowohl der Form nach, als selbst in der Erhaltung stimmt unsre Oliva von Düsseldorf ganz mit der des Bolderberges überein, und ohne Zweifel gehören beide Vorkommen einer und derselben Art an. Gewöhnlich sind die grösseren Stücke von Bordeaux, gleich denen des Wiener Beckens, breiter und weniger walzig in der Form; doch lässt sich, wenn das Exemplar von Düsseldorf schlankeren und gleich grossen Stücken von Bordeaux zur Seite gelegt wird, kein unterschei- dendes Merkmal auffassen; ich theile daher nicht die Zweifel, welche BosqQuET und HÖRNES über die Zugehörigkeit der bel- gischen Oliva zu der Art von Bordeaux äusserten. An der klei- nen hierher gerechneten Oliva aus dem Sternberger Gestein ist nur so viel sicher zu bestimmen, dass sic, wenn nicht der ©. Du- ‚fresnei selbst, doch nur einer nächstverwandten Art, keinenfalls der O. plicaria oder der O. hiatula angehören kann. Fernere *) In Nysr’s Angabe der Maasse, 12 Mm. Länge bei 10 Mm. Breite, muss sich ein Druckfehler eingeschlichen haben. 305 Beobachtungen werden zeigen, ob sich überhaupt, wie es der Fall zu sein scheint, nur kleine und verkümmerte Abarten der O. Dufresnei in dem norddeutschen Miocän-Meere entwickelten. Den Namen ©. Dufresnei, mit welchem BASTEROT zuerst die fossile Art von Bordeaux belegte, habe ich dem Namen der lebenden Art O. fammulata, mit welcher DESHAYES und ihm folgend in Deutschland BRoOnn und HÖRNES die fossile Miocän- Form vereinigen wollen, vorgezogen, weil die Identificirung ter= tiärer Conchylien mit solchen, welche gegenwärtig den euro- päischen Meeren vollkommen fremd sind und nur in fernen Zonen lebend angetroffen werden, stets grossen Zweifeln und Anfechtun- gen unterliegen wird, so lange wir nicht durch das vergleichende Studium tertiärer Faunen anderer Erdtheile in grosser geographi- scher Erstreckung in den Stand gesetzt sind zu beweisen, dass die lebende Form trotz ihres Fehlens in den lebenden euro- päischen Faunen doch die wahren Nachkommen der fossil in älteren Tertiärschichten bei uns beobachteten Art einschliesst. Wir müssen hier dem bei einer anderen Art gegebenen weisen Beispiele LAmArcK’s folgen, welcher sehr wohl die Aehnlichkeit der fossilen O. plicaria mit der lebenden O. heatula kannte, und doch die erstere unter einem besonderen Namen unterschied ; das entgegengesetzte Verfahren kann nur zu trügerischen Schluss- folgen führen, welchen die erforderliche Beobachtungs-Basis abgeht. Ancillaria. Die Gattung Ancillaria zeichnet sich bei grosser Verwand- schaft mit O/va durch besondere Eigenheiten der Schale aus, welche in der Beschreibung eine besondere Terminologie erfor- dern. Der Gattung eigenthümlich ist das Herabhängen der das Gewinde bedeckenden Kalkauflagerung auf dem oberen Theil der Schlusswindung mit scharf gezogener Grenze. Hierdurch wird auf der äusseren Fläche der Schlusswindung, welche unten wie bei den Oliven mit einer Basalplatte bedeckt ist, ein mittlerer Raum abgesondert, welchen ich die Mittelzone nennen werde. Bei der meist vollständigen Bedeckung des Gewindes kann bei Ancillarien weniger noch als bei Oliven von einem Gewinde in dem üblichen Sinne gesprochen werden; ich werde deshalb hier den über dem oberen Ende der Mündung vorragenden, das be«- deckte Gewinde enthaltenden Theil der Schale ihren Obertheil Zeits. d.d. geol. Ges. V. 2. 20 306 nennen, im Gegensatz zu dem Untertheil, welcher die hier nicht durch eine Naht abgegrenzte Schlusswindung vertritt. Bei vielen Ancillarien ist die Basalplatte dreitheilig durch zwei er- habene Kanten, welche vom Rücken des Ausschnittes zur Spin- delschwiele hinlaufen; oft ist die untere Kante scharf, die obere breiter und stumpf gerundet; zuweilen fehlt die obere ganz, in welchem Falle die Basalplatte zweitheilig wird. Für manche Arten geben diese Abänderungen gute Charaktere zur Unter- scheidung ab. Wichtiger wird für die Gruppirung der fossilen Ancillarien das Vorhandensein oder Fehlen eines zahnartigen Vorsprunges oder wahren Zahnes am Aussenrande der Mün- dung. Der Zahn zieht die Anwachsstreifen nach vorn, wodurch sich in der unteren Hälfte der Mittelzone eine besondere Linie, die Zahnlinie, ausbildet, und eine besondere Zone zwischen dieser Linie und dem Rande der Basalplatte, die Zahnzone, ab- grenzt. Ein anderes wichtigeres Merkmal, durch welches einige Arten sich von den übrigen unterscheiden, ist das Vorhandensein einer vom oberen Mündungswinkel ausgehenden Einsenkung der Schale, welche in ihrer Lage zwar der Spiralrinne der Oliven entspricht, aber nicht deren scharfe Begrenzung und Tiefe erhält. Mit Benutzung der letzteren beiden Merkmale lassen sich die Ancillarien in drei, bei vergleichender Betrachtung der Arten zuerst getrennt zu haltende Abtheilungen sondern: 1) Die zahnlosen Ancillarien. Dahin gehören die eocä- nen durch DESHAYES beschriebenen A. /uccinoides, A. glandina und A. inflata. Aus dieser Abtheilung, welche im Wiener Becken nicht vertreten ist, fanden sich untermiocän in Nord- deutschland zwei Arten: die genannte, auch in Belgien in glei- chem Niveau vorhandene A. buccinoides, für die wir den Namen A. subulata vorziehen, und eine neue Art A. Karsteni. 2) Die gezähnten Ancillarien, wozu von Pariser Arten A. olivula und A. dubia gehören. In diese Abtheilung fallen die beiden grossen, miocän so sehr verbreiteten 4. obsoleta und A. glandiformis mit ihren verschiedenen Nebenformen. Beide sind auch in Norddeutschland vorhanden; ihnen reiht sich eine dritte neue Art an, A. unguiculata. 3) Die olivenähnlichen Ancillarien. Dahin gehört von europäischen nur die zugleich eocän und miocän weit verbreitete, norddeutsch aber noch nicht gefundene A. canalifera. Diese Art ist durch HÖrnES auch aus dem Wiener Becken bekannt ge- 307 worden; sie findet sich in Belgien nach Bosqurr’s Verzeichnis- sen *) untermiocän in Begleitung der A. subulata. 1. Ancillaria subulata Lam. Taf 2. Fig. 1 a,b, c Ancillaria subulata et buccinoides Lamanck Ann. du Mus. Ancilla subulata Sowersy Min. Conch. Ancillaria buceinoides DesuavEs Cog. foss. de Paris, Ancillaria subulata PuiLippı Beitr. 1843. p. 62. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Zu Freden bei Alfeld, H. ROEMER. Beschreibung. Die grössten Exemplare von Westere- geln in der Königlichen Sammlung sind 20 Mm. lang. Ein sehr vollständiges Stück von 18,8 Mm. Länge hat 7,3 Mm. grösste Breite; die Länge der Mtindung ist 10,5 Mm., die Länge des Obertheils vom oberen Mündungswinkel bis zur Spitze 8,6 Mm., die Höhe der Mittelzone am Mündungsrande 7,3 Mm., die Entfernung vom oberen Rande der Mittelzone bis zur Spitze 10,6 Mm. Ein ziemlich wohlerhaltenes Stück von Freden in H. RoEMERr’s Sammlung hat 20,7,Mm. Länge; die Breite ist nicht bestimmbar, die Länge der Mündung 11 Mm., die des Obertheils 41 Mm. Bei diesem ist demnach der Obertheil der Schale ver- hältnissmässig etwas länger als bei denen von Westeregeln. Das Gewinde ist bei den unversehrt erhaltenen Stücken von Westeregeln vollständig verdeckt, und die Zahl der Umgänge nicht bestimmbar; bei dem Stück von Freden ist ein Theil des Embryonalendes sichtbar geblieben. Der Öbertheil der Schale läuft mit fast vollkommen flachen Seiten zur Spitze aus. Die Anwachsstreifen auf der Mittelzone der Schlusswindung gehen in gerader Richtung senkrecht abwärts bis nahe dem Rande der Basalplatte, nach welchem hin sie sich allmälig ein wenig rück- wärts biegen, entsprechend der Rückbiegung des Aussenrandes der Schale gegen den Eingang des Ausschnittes hin. Die Ba- salplatte wird durch eine erhabene Kante, welche dem oberen Grenzrande an Schärfe wenig nachsteht und zur Mitte des Aus- schnittes hinläuft, in zwei Hälften getheilt. Die Spindelwand ist dünn, ihre obere Verlängerung nicht angeschwollen und *) Geol. Soc. Quart. Journ. London 1852, p. 372. no. 199, 20° 308 kaum etwas vorspringend erweitert. Die Basalschwiele hat 5 bis 6 ziemlich regelmässig gestellte scharfe Streifen. Tafel 2 Figur 1 a und b sind die Bauch- und Rückenan- sicht eines Exemplares von Westeregeln; Figur 1 e ist eine ver- grösserte Skizze zur Veranschaulichung des Verlaufs der Anwachs- streifen in der Mittelzone von ihrem oberen Rande ab bis zum Rande der Basalplatte. Bemerkungen. DESHAYES vereinigte unter dem Namen Ancillaria buccinoides zwei LAMARcK’sche Arten, A. buccinoi- des und A. subulata. Indem ich mich des von DESHAYES ver- worfenen Namens bediene, geschieht es nicht, um gegen die vor- genommene Vereinigung der beiden Arten einen Einspruch zu erheben, sondern weil es mir zweckmässiger scheint den besser gebildeten, durch SOwERBY auch in die englische Litteratur ein- geführten Namen statt des schlechteren beizubehalten. Die Ar- cillaria subulata ist gemein im Pariser Grobkalk und verbreitet sich aufwärts auch in die höheren eocänen Schichten sowohl in dem Pariser wie im südenglischen Becken; in Belgien ist sie eocän noch nicht gefunden. Das Fehlen des Zahnes am äus- seren Mündungsrande und in Folge davon der Zahnzone auf dem Rücken der Schlusswindung ist das hervortretendste Merk- mal, durch welches zunächst die Verwandtschaft angezeigt wird. Die Form und die relativen Verhältnisse der einzelnen Theile treten als das Bestimmende der Art hinzu. In Allem stimmen unsre kleinen deutschen Stücke mit gleich grossen französischen überein bis auf den kleinen Unterschied, dass bei letzteren der Obertheil etwas schärfer zugespitzt ist. Zur Vergleichung mit den oben gegebenen Maassen des einen Stückes von Westeregeln will ich die entsprechenden eines nahe gleich grossen Stückes aus Pariser Grobkalk zufügen. Bei diesem ist 1) Länge 18 Mm,; 2) grösste Breite 6,7 Mm.; 3) Länge der Mündung 9,7 Mm.; 4) Länge des Obertheils vom oberen Mündungswinkel bis zur Spitze 8,5 Mm.; 5) Höhe der Mitteleone am Mündungsrande 7,2 Mm.; 6) Entfernung vom oberen Rande der Mittelzone bis zur Spitze 10,4 Mm. Uebereinandergestellt verhalten sich die gegebenen 6 Zahlen an den beiden gemessenen Stücken, die Länge gleich 100 gesetzt, wie a "2 IR IA IR Ar Westeregeln: 100 : 37:54:49: Paris: 100":'39 :5 309 Eine Uebereinstimmung, wie sie kaum grösser bei zwei Schalen von entfernten Standorten und aus Lagern verschiedenen Alters erwartet werden kann. Bei den früher schon von PHıLıppı als A. subulata bestimm- ten Stücken von Freden und Westeregeln, welche ich nicht ge- sehen habe, wird darauf zu achten sein, ob darunter die an bei- den Orten daneben vorkommende ähnliche A. Karsteni mitbe- griffen ist. In Belgien kömmt 4. subulata nach BosquEr (Geol. Soe. Quart. Journ. London 1852. p. 317. no. 200. „A. bucci- noides LaM.”) in den untermiocänen Ablagerungen vor, welchen wir die Fauna von Westeregeln oder überhaupt die magdeburgi- sche Fauna parallel stellen. 2. Ancillaria Karsteni BEYR. Taf:22" Fig2 abe Anceillaria subulata (Lan.) Karsten Verz. 1849. p. 33. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Zu Freden bei Alfeld. Verschwemmt im Sternberger Ge- stein in Meklenburg, Rostocker Sammlung. Beschreibung. Die beiden Vorkommen von Westeregeln und aus dem Sternberger Gestein unterscheiden sich bei Ueber- einstimmung der übrigen Merkmale ein wenig dadurch, dass die Exemplare vom ersteren Ort etwas minder schlank sind. Die Maasse sind nebeneinander gestellt bei einem mir durch Herrn KARSTEN gesendeten Stück der Rostocker Sammlung aus dem Sternberger Gestein (a) und bei dem grössten Exemplar von Westeregeln (b) in Millimetern folgende: 1) Länge (a) 11,6, (b) 10,9; 2) grösste Breite (a) 4,1, (b) 4,3; 3) Länge der Mündung (a) 5,2, (b) 5,0; 4) Länge des Obertheils vom obe- ren Mündungswinkel bis znr Spitze (a) 6,6, (b) 6,1; 5) Höhe der Mittelzone auf dem Rücken der Schlusswindung gemessen (a2) 3,6, (b) 3,7; 6) Entfernung vom oberen Rande der Mittel- zone bis zur Spitze, entsprechend gemessen, (a) 6,8, (b) 5,8. In Verhältnisszahlen ausgedrückt, die Länge gleich 100 gesetzt, entsprechen sich diese Maasse wie folgt: 1.2 rg Reue Sternberg: 100 : 35 : 45 : 57 : 31 : 59 Westeregeln : 100 : 39 : 46 : 56 : 37 : 53. Die Zahlen 35 und 39 drücken das verschiedene Verhältniss 310 der Dicke bei den beiden Vorkommen aus. Die relative Höhe der Mittelzone und deren Entfernung von der Spitze, in den letzten beiden Zahlen ausgedrückt, sind auch bei anderen Arten beträchtlichen Schwankungen unterworfene Verhältnisse, Der Obertheil der Schale ist länger als die Mündung; er hat vollkommen flache Seiten und eine stumpf gerundete Spitze. Das Gewinde ist nicht vollständig bedeckt; man erkennt bei ei- niger Aufmerksamkeit deutlich, an den Stücken von Westeregeln besser noch als an dem Sternberger, die oberen Grenzen, d. h. die wahren Nähte, der an dem Öbertheil der Schale den einzel- nen Windungen zugehörenden Schalsubstanz; sie liegen ganz flach und verlaufen so, dass sie nahe über dem oberen Rande der Mittelzone an jeder vorhergehenden Windung entlang gehen. Bei dem Stück von Sternberg schimmert unterhalb der Naht durch die dünne aufliegende Decke als eine dunklere Farbenlinie der obere Rand der Mittelzone durch, indem, wie Herr KARSTEN a. a. OÖ, bemerkt hat, bei diesem, wie der Angabe nach auch bei den übrigen in der Rostocker Sammlung befindlichen Exempla- ren, die Mittelzone der Schlusswindung, und, wie jene Farben- linie zeigt, auch der vorhergehenden Windungen durch eine dun- kelbraune Färbung von der übrigen Schale sich unterscheidet. Man zählt, der wahren Nahtlinie folgend, 3 Mittelwindungen, welche von dem stumpf gerundeten nur reichlich eine Windung bildenden Embryonalende überragt werden. Die Anwachsstrei- fen auf der Mittelzone laufen nicht in gerader Richtung abwärts, sondern machen etwas unterhalb der Mitte eine zwar nur schwache, aber doch sehr wohl bemerkbare und constante Biegung nach vorn, um später erst am Rande der Basalplatte sich ein wenig einwärts zu biegen. Die Basalplatte und Spindelschwiele sind wie bei der vorigen Art gebildet. Das Citat des Vorkommens zu Freden gründet sich auf ein nur unvollkommen erhaltenes, jedoch die allgemeine Form und die charakteristische Biegung der Anwachsstreifen noch deutlich zei- gendes Stück, welches Orro in Breslau von Herrn LEunıs er- halten hatte. Die Abbildungen Tafel 2 Figur 2 a, b, e entsprechen de- nen der A. subulata Figur 1 a,b, c. Bemerkungen. Als das wichtigste Merkmal, welches mich vornehmlich veranlasst diese Art zu unterscheiden, be- trachte ich die Form des äusseren Mündungsrandes, welche durch ll den beschriebenen Verlauf der Anwachsstreifen auf der Mittelzone angezeigt wird. Ein Zahn war nicht vorhanden, daher auch eine Zahnzone nicht ausgebildet ist; vielmehr entspricht die Vorbie- gung der Anwachsstreifen ganz derjenigen, welche an der ent- sprechenden Stelle bei Olwa plicaria und andern verwandten Oliven vorhanden ist. Das hervorgehobene Merkmal bezieht sich auf Verhältnisse, welche bei diesen Gattungen überall constant bleiben und selbst zur Gruppirung der Arten nach ihrer natür- lichen Verwandtschaft benutzt werden müssen. Verglichen mit der Ancillaria subulata von Westeregeln unterscheidet sich un- sere Art ferner durch die kürzere Mündung und den längeren Obertheil der Schale, und durch die unvollständig gebliebene Be- deckung des Gewindes; diese beiden Merkmale könnten sich sehr wohl bei späterer Beobachtung zahlreicherer Exemplare bis zu näher zu bestimmenden Grenzen schwankend zeigen. 3. Ancillaria unguiculata Beyk. Mar 2. Kıoaa,b. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. Das einzige vorhandene Exemplar ist 14 Mm. lang, 5,5 Mm. breit. Die Länge der Mündung beträgt 7,6 Mm., die des Obertheils vom oberen Mündungswinkel bis zur Spitze 6,7 Mm. Der Obertheil der Schale ist von regelmässig kegelförmiger Gestalt mit gerundeter Spitze. Der Untertheil ist regelmässig gewölbt und erhebt sich an der Grenze des Obertheils mit be- stimmtem Absatz, jedoch ohne trennende Rinne. Das Gewinde ist vollständig bedeckt. Die Mittelzone zeigt unten eine deutliche Zahnlinie, welcher ein mässig starker Zahn am Mündungsrande entspricht; die Zahnzone ist verhältnissmässig breit, etwa von der Breite des oberen Drittheils der Basalplatte. Die Mündung ist in Folge der regelmässigen Wölbung des Untertheils in der Mitte am weitesten, und verschmälert sich allmälig zur Basis hin. Die Spindelschwiele, mit 5 regelmässig gestellten scharfen Streifen bedeckt, ist nur wenig verdickt und schwach gedreht, daher auch nur durch eine seichte Furche von der Basalplatte getrennt. Schwächere Streifen bedecken den oberen Theil der Spindel. Die Spindelplatte breitet sich aufwärts nur wenig aus und verliert sich allmälig in der Bedeckung des Obertheils. 312 Bemerkungen. Unsere Anzcillaria unguiculata hat einige Aehnlichkeit mit einer zu Barton von H. RoEMERr aufgefundenen Art, welche in der englischen Litteratur noch nicht beschrieben ist. Dieselbe hat bei übrigens ähnlicher Form eine beträchtlich längere Mündung und minder gewölbte Schlusswindung, auch ist ihre Zahnzone von geringerer Breite; die Länge des beobachte- ten Exemplars beträgt 21 Mm. bei 9 Mm. Breite. Durch ihren langen Obertheil erinnert unsre Art auch an die gezähnten mio- cänen Ancillarien, welche der A. odsoleta Broc. ähneln, und könnte mit der grossen zu Baden häufigen, bei HörneEs Taf. 6 Fig. 4 als 4. obsoleta dargestellten Art, insbesondere wegen der starken Wölbung des Untertheils verglichen werden. Letztere unterscheidet sich aber, abgesehen von der Grösse und der noch breiteren Zahnzone, besonders durch die stark vorspringende obere Ausbreitung der Spindelplatte und durch die starke Drehung der deshalb nach aussen durch eine tiefe Furche begrenzten Spin- delschwiele. Durch beide Charaktere nähern sich eben so wohl die vermeintliche A. obsoleta von Baden wie die nachfolgende unter diesem Namen beschriebene norddeutsche Art mehr der A. glandiformis, mit welcher A. ungwiculata weit geringere Ver- wandtschaft hat. 4. Ancillaria vubsoleta Broc. sp. Taf. 2. Fig. 4a, b und ?'5*. Buceinum obsoletum Broccuı Conch. foss, subap. Ancillaria obsoleia Nyst Terr. tert. de la Belg. ? Ancilla Horrmann in Pose. Ann, 1828. Bd. 12. p. 120. Vorkommen. Verschwemmt in festem Gestein am Brod- tener Ufer bei Travemünde, ebenso bei Segeberg in Hol- stein. Fraglich zu Bokup in Meklenburg, Königliche Samm- lung (HoFFMAnN). Beschreibung. Tafel2 Figur 4a, b stellt ein schön erhaltenes Exemplar dar, welches ich aus einem Block bei Trave- münde herausschlug. Seine Länge beträgt 26 Mm., die Breite 44 Mm., die Länge der Mündung 15 Mm., die des Obertheils von der Mündung bis zur Spitze 13 Mm. Die Schale des Travemünder Stückes ist von walziger Ge- stalt; der Untertheil ist nur wenig, jedoch regelmässig gewölbt, 313 erreicht seine grösste Breite erst beträchtlich unterhalb einer vom oberen Winkel der Mündung ausgehenden seichten Rinne, welche die Grenze des Obertheils bezeichnet. Das Gewinde ist voll- ständig durch eine sehr dicke Kalkauflagerung verdeckt, so dass der obere Theil der Schale nur die Fortsetzung des unteren zu bilden scheint. Die Mündung ist lang und schmal. Die Spin- delwand ist in ihrer oberen Verlängerung zu einer in weitem gerundeten Bogen vortretenden schwieligen Ausbreitung erwei- tert. Die Zahnzone ist sehr breit, von etwa gleicher Breite mit der oberen Hälfte der Basalplatte. Die Spindelschwiele ist stark gedreht und durch eine tiefe Rinne von der Basalplatte geschie- den; sie hat einen kantigen Rand, daneben eine breite flache Rinne, und darunter noch einige schwache, wie verwischte Strei- fen. Der obere Theil der Spindel ist glatt. Die äussere Fläche der Bedeckung des Obertheils der Schale zeigt sehr deutlich eigenthümliche, in unserer Zeichnung in ihrem Verlauf angezeigte, S-förmig geschwungene, farbige Streifen, welche nur ein Rest der ursprünglichen Färbung der Schale sein können. Ein kleines nur 7 Mm. langes Exemplar aus gleichem Ge- stein von Segeberg zeigt sich in jeder Beziehung mit dem be- schriebenen übereinstimmend, und beweist, dass die Charaktere der Art auch in jugendlicherem Zustande der Schale schon voll- kommen ausgeprägt waren. Tafel 2 Figur 5* stellt, im Umriss ergänzt, das von Horrmann zu Bokup gefundene, a. a. O. erwähnte Fragment einer sehr gros- sen Ancillaria dar, welches, wie ich fraglich annehme, einer grösseren und spitzeren Abänderung derselben Art angehören könnte. Deutlich ist in dem unteren Theil der oberen Kalkdecke eine analoge Farbenstreifung (siehe die Figur) wie bei der Trave- münder Ancillarıa zu sehen; eine seichte Rinne bildet wie dort die Scheidung zwischen dem Ober- und Untertheil der Schale, welcher letzterer ohne Absatz an den ersteren anstösst. Bemerkungen. Die Beschreibung und Abbildung des Brccinum obsoletum bei Broccuı gestatten nur im Allgemeinen das Erkennen einer grossen Verwandtschaft unserer Art mit-der seinen. Genauere Beschreibungen, welche sich sicher auf die Broccnr’sche Art beziehen, sind nieht weiter gegeben worden, und ich halte es nicht für unmöglich, dass eben so gut unsere Art schliesslich noch für verschieden erklärt werden könnte, wie ohne Zweifel vieles von andern Orten Ancillaria obsoleta ge- 314 nannt ist, was weder unter sich noch der Brocearschen Art gleich ist. Ein erkennbarer Unterschied zwischen Broccurs Buccinum obsoletum und unserer Art besteht darin, dass bei ersterem der Obertheil beträchtlich länger, die Mündung daher kürzer und zugleich weiter ist. Nyst’s Azcillaria obsoleta vom Bolderberg in Belgien hat, wie die Beschreibung (nicht die Ab- bildung) sagt, den Obertheil der Schale, wie die unsere, etwas kürzer als den unteren; leider kenne ich sie nicht, um die Ueber- einstimmung nach Vergleichung der Originalien bestimmt aus- sprechen zu können. Von den beiden zu A. obsoleta von Hör- NES gerechneten Formen des Wiener Beckens unterscheidet sich die zu Baden häufig vorkommende Art, a.a. ©. Taf.6 Fig. 4, von unserer durch den längeren Obertheil und besonders durch den starken Absatz, mit welchem der gewölbte Untertheil sich her- vorhebt; letzteres Merkmal ist beständig, und fehlt eben so wie unserer Art auch den Abbildungen bei BroccaHı und Nysr. Die andere Form, a.a. ©. Fig. 5, kann ich der Abbildung nach nicht von der ebendaselbst Fig. 9a und b dargestellten und zu 4. glan- diformis gezogenen Ancillaria unterscheiden; beide scheinen zu- sammenzugehören und dürften eine besondere Art bilden, welche sich durch ihre breite Zahnzone mehr der A. obsoleta, durch ihre Form mehr der A. glandiformis nähert. Hiernach möchte ich unsere norddeutsche Art mit keiner der Wiener Ancillarien iden- tifiziren, glaube jedoch, dass sie mit der des Bolderberges in Bel- gien übereinstimmt. Was die Lagerung der A. obsoleta betrifft, so ist es zwei- felhaft, ob diese Art in anderen als miocänen Ablagerungen vor- komme. Broccsı nämlich giebt nur allgemein Piemont als Fundort seines Buccinum obsoletum an, und MıcHELorri, wel- cher die Art übrigens nicht genauer kennen lehrte, nennt nur miocäne piemontische Fundorte, ohne dass, wie es sonst bei ihm geschieht, das pliocäne Vorkommen gleichzeitig erwähnt würde. PhıLıppi’s Arcillaria obsoleta von Sortino liegt in einem Ge- stein, welches dem der Superga von Turin sehr ähnlich ist, zu- sammen mit Voluta rarispina und anderen Versteinerungen, welche über das miocäne Alter jener Lokalität keinen Zweifel lassen; übrigens würde ich, was das Königliche Kabinet als A. obsoleta von Sortino durch PHıLıppr selbst erhielt, so weit es Ancillaria ist, nicht der A. obsoleta, sondern der typischen Form der A. glandiformis zustellen. 315 5. Ancillaria glandiformis Lam. Taf. 2. Fig.53,b. Lamarck Ann. du Mus., Hist. nat.; Hörnes Moll. von Wien p. 57. (pars) t.7. f. 13. excl. cet.; Bronx Lethaea t. 42 f. 11 a,b. (excel. f. 11 c.) Anolax inflata Bronsnart Vic. p. 69. t. 4. f. 12. Cylindrit. Scuröter Einl. 1784. T. IV. p. 402. t. 10. £.4. Volutites anomalus ScuLornuzım Petrefaktenk. 1820. p. 122. Ancillaria glandiformis PaıLıppı Beitr. 1843. p. 28, 62. Vorkommen. Bei Kassel, Königliche Sammlung (Volu- tites anomalus Scur.). Zu Freden bei Alfeld, H. Rormer und Levnis. Beschreibung. Die Stücke von Kassel, welche ScHLoT- HEIM durch SchrörEr’s Sammlung erhielt und als Volutites anomalus aufführte, sind nur Bruchstücke, welche jedoch sämmt- lich auf nahe gleiche Form und Dimensionen hinweisen, wie die Art zu Freden vorkömmt. Ein vollständiges Stück von Freden in Leunıs’s Sammlung ist 26,7 Mm. lang, 13,5 Mm. breit; ein anderes in H. RoEmEr’s Sammlung, nach welchem unsere Ab- bildung entworfen wurde, ist 23 Mm. lang, 11,5 Mm. breit; die Länge der Mündung ist am ersteren 15,7 Mm., am letzteren 14,3 Mm. Die Schale erhält das eichelförmige Ansehn, welches den ihr gegebenen Namen veranlasste, dadurch, dass ihre grösste Breite sich da befindet, wo Ober- und Untertheil zusammenstos- sen. Die Breite ist etwa der halben Länge gleich. Der Ober- theil ist spitz, kegelförmig, mit spitzwinkeligem Scheitel. Die Fläche des Untertheils ist nicht regelmässig gewölbt, sondern stets unterhalb der oben liegenden grössten Breite verflacht. Ober- und Untertheil stossen in einer gerundeten, sehr stumpfen Kante zusammen. Die Zahnzone ist schmal, bei den Stücken von Alfeld beträchtlich schmaler als das obere Drittheil der hier sehr deutlich dreitheiligen Basalplatte. Die Mündung hat einen tief eingebogenen Spindelrand; die Spindelschwiele ist wie: bei A. obsoleta stark gedreht, durch eine tiefe Rinne von der Basal- platte geschieden, und auf ihrer Fläche oben mit einer breiten flachen Rinne, unterhalb derselben mit deutlichen, jedoch nicht sehr starken Streifen versehen. Schwache Spuren von farbi- gen Streifen, in ihrem geschwungenen Verlauf entsprechend den 316 Farbenstreifen bei der A. odsoleta von Travemünde, sind bemerk- bar und in unserer Figur angegeben. Bemerkungen. Ich halte es nicht für gerathen, der A. glandiformis einen so grossen Umfang zu ertheilen, wie HörnEs für das Becken von Wien in Vorschlag brachte. Die Art würde so ein Sammelplatz sehr verschiedener Formen werden, deren Trennung für einzelne Stücke vielleicht schwierig sein mag, die aber doch nicht wohl als Umwandlungen ein- und derselben Grundform betrachtet werden können, und überdies auch nicht in dem Grade gleichmässig mit einander verbreitet und sich in einander verwischend vorkommen, dass es nicht nöthig bliebe, wo man nur diese oder jene Form antrifit, stets ausdrücklich hinzuzufügen, welche der unter einem und demselben Namen zu- sammengefassten Abänderungen man vor sich hat. Am wenig- sten freigebig war Hörnes bei seinen bildlichen Darstellungen für die typische Form der A. glandiformis, von welcher BRone- NIART zuerst a. a. OÖ. eine gute Abbildung lieferte; doch ist sie auch im Wiener Becken besonders häufig bei Nikolsburg in Mähren und nach Hörnes’s Sendungen zu Enzesfeld. Seine Abbildungen a.a.O. Taf. 6. Fig. S, 10, 11 und 12 sind zur Anezl- laria coniformis PuscH zu ziehen, welche durch grössere Breite (stets breiter als die halbe Länge), stärker vortretende und be- stimmtere Kante an der Grenze des Ober- und Untertheils, regel- mässiger kegelförmige Gestalt des Untertheils und stumpferen Scheitelwinkel, wie ich glaube als gute Art, von der A. glandi- formis sich unterscheidet. Diese fand ich nicht als Begleiter der A. glandiformis bei Nikolsburg, auch Hörnes führt sie daher nicht auf, sie fehlt in Norddeutschland. Die Form bei Hörnes Taf. 6 Fig. 9a,b (und c?) entfernt sich, wie oben schon erwähnt, durch die breite Zahnzone. Die eiförmigen Gestalten endlich a. a. O. Fig. 6 und 7 verdienen als eine weitere Art ge- schieden zu werden. Dass dies auch in jugendlichem Zu- stande nie die Form der A. glandiformis oder A. coniformis besass, zeigt sehr deutlich die Abbildung des aufgebrochenen Stückes bei Hörnes Taf.7 Fig. 2. Bei speciellerer Beurtheilung des Alters der Ablagerungen, aus welchen die norddeutsche 4. glan- diformis stammt, wird zu beachten sein, dass bei Bordeaux die Art oder nahe Verwandtes schon in den unteren Mioeänbil- dungen auftritt. Eine Kritik der GRATELoUuPp’schen Unterschei- dungen zu geben, liegt ausserhalb des Zweckes unsrer Arbeit. 317 Terebellum. Die Gattung Terebellum findet sich nicht selten in den eocänen Tertiärbildungen Englands und Frankreichs, wenn auch nur durch ein paar Arten vertreten; ausserdem tritt sie mit zwei Arten untermiocän in der Gegend von Bordeaux auf, und ist neu- lich in Belgien in Ablagerungen gleichen Alters aufgefunden worden. Auch in Norddeutschland hat sich die Gattung, welche überall den typisch miocänen und den noch jüngeren Tertiär- gebilden fremd bleibt, nur in der ältesten magdeburgischen Mio- cän-Fauna gezeigt. 1. Terebellum sp. ind. Taf. 2. Fig. 6a, b. Vorkommen. Als Steinkern bei Österweddingen im Magdeburgischen. Beschreibung. Die Abbildung stellt einen unvollkommen erhaltenen Steinkern dar, welcher nur die Gattung errathen lässt ohne bestimmtere Vergleichungen zu gestatten. Obwohl sich an diesem Kern über der Schlusswindung eine obere Windung her- aushebt, so darf daraus doch nicht der Schluss gezogen werden, dass auch die Schale, wie bei 7. /usiforme Lam., ein vortreten- des Gewinde besessen habe. Der Kern könnte vielmehr blos deshalb ein hoch aufgerolltes Gewinde zeigen, weil im oberen Theil der Schale, wie es bei dem ganz eingerollten 7. convolutum der Fall ist, die Windungen so dicht auf einander lagen, dass eine Ausfüllung des Zwischenraums nicht stattfinden konnte. Be- merkenswerth ist die einwärts gerichtete Krümmung der Spindel- seite, welche die Schale ohne Zweifel in gleicher Weise besass wie der Steinkern. Bemerkungen. Vermuthlich gehört unser Kern zu der- selben Art, welche Pnırıppı (Palaeontogr. I. p. 80.) als 7. /usi- J/orme Lam. aufgeführt hat; er beobachtete ausser den Kernen auch Schalen, welche mir nicht bekannt sind. Des eingebogenen Spindelrandes wegen kann unsere norddeutsche Art nicht dem T. fusiforme Lam. zugerechnet werden, welches eine flach ge- wölbt hervortretende Spindel besitzt. Vielleicht steht sie in näherer Verwandtschaft zu den untermiocänen Arten bei Bordeaux, welche GrarTELOUP bekannt gemacht hat; in der Folge wird sie mit dem noch nicht beschriebenen untermiocänen belgi- 318 schen Terebellum (,„7. fusiforme? Lam.” BosquEr in Geol. Soc. Quart. Journ., London 1852, p. 317. no. 198.) näher zu vergleichen sein. Cypraea. Den grossen Reichthum an Cypraeen, von welchen HöRNES nicht weniger als 10 Arten beschrieben hat, theilt das Wiener Tertiärbecken mit den Miocän-Bildungen des nördlichen Italiens und der Gegend von Bordeaux; der gleiche Reichthum pflanzt sich fort in die jüngeren Pliocän-Gebilde des südlichen Europas, dessen Meere noch gegenwärtig grössere Arten der Gattung einschliessen, welche dem Norden fremd sind. In Belgien kannte Nysrt keine miocäne Cypraea, in Norddeutschland finden wir die Gattung beschränkt auf das Untermiocän und ausgeschlossen auch hier in den typisch-miocänen Faunen, welche zunächst den Wiener Ablagerungen parallel stehen. Nicht zu verkennen ist, dass sich in dieser geographischen Vertheilung der Gatiung in den Tertiärmeeren die gegenwärtigen Verhältnisse schon vorberei- ten, wenn man vergleichend hinzufügt, dass in dem Crag in Eng- land und bei Antwerpen, welcher die nächsten Vorläufer der jetzigen nordeuropäischen Fauna einschliesst, nur kleine Cypraeen aus der Gruppe der Trivia gefunden werden, wie sie in den nordischen Meeren jetzt noch leben. Von norddeutschen Cypraeen hat PuıLıppi eine mir unbe- kannt gebliebene Art von Kassel und Luithorst als C. inflata Lam. aufgeführt. Derselbe beschrieb einen Steinkern von Oster- weddingen als eine neue Art unter dem Namen ©. sphaerica; über diese kann ich Genaueres berichten, da ich ein anderes, wie ich glaube, ihr zugehöriges Vorkommen von besserer Erhal- tung kennen lernte. In ihrer Begleitung kommen zu Österwed- dingen noch von mehreren andern Arten Steinkerne vor, deren Beschreibung ohne alles Interesse wäre, da sie keine Merkmale für schärfere Vergleichungen darbieten. Citate wie Cypraea avellana Sow.?? bei PuıLıppı, auf solche Steinkerne gegrün- det, haben keinen Werth, und stören nur in der Beurtheilung der Fauna. 319 1. Cypruea sphaerica Phi. Taf. 1. Fig.8a,b.c, 9a, b, c. Panırıprı 1847 in Palaeontogr. I. p. 79. t. 10a. f. 15. Cypraea spec. Bor in Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 1851. p. 459. Vorkommen. Als Steinkern bei Österweddingen im Magdeburgischen. Mit erhaltener Schale verschwemmt bei Neu- Brandenburg in Meklenburg-Strelitz in Begleitung anderer Conchylien, welche sämmtlich anderwärts im Septarienthon vor- kommende Arten sind, und auch in der Erhaltung den Conchy- lien dieses Thones gleichen; zwei Exemplare in L. BRücknERr’s Sammlung zu Neu-Brandenburg. Beschreibung. Von den beiden zu Neu-Brandenburg gefundenen Stücken ist das grössere 20 Mm. lang, 16 Mm. breit, 17,3 Mm. dick. Breite und Dicke betragen demnach mehr als der Länge. Von der Rückenseite betrachtet hat die Schale ein sphärisch gewölbtes Ansehn mit steilem Abfall nach dem oberen, sanfte- rem nach dem unteren Ende hin. Bei der Bauchansicht zeigt sich der Aussentheil viel schmaler als der Spindeltheil in Folge der regelmässigen Krümmung der parallel verlaufenden Ränder der Mündung. Der Spindeltheil der Bauchseite ist mit Ausnahme des unteren Kanalendes sphärisch gewölbt gleich dem Rücken, mit welchem er in vollständigster Rundung verbunden ist; der schmalere Aussentheil dagegen ist verflacht und seiner ganzen Länge nach durch eine bestimmte, (an dem gezeichneten Stücke nur theilweise erhaltene), etwas vortretende Kante von dem Rücken geschieden. Am oberen Ende der Schale verbindet sich die seit- liche Kante mit einem vortretenden Ring, welcher das obere Ende der Mündung umgiebt. Von dem verhüllten Gewinde ist äusser- lich keine Spur zu sehen, auch nicht ein Eindruck im Scheitel. Die Oberfläche der Schale ist zwar glänzend glatt, doch zeigt das eine Stück unter einer starken Lupe auf dem Rücken eine überaus feine und gedrängte, etwas wellige Querstreifung. Die skulpturlose von der Mündung ausgehende Schallage, welche wie bei allen Cypraeen die Bauchseite bedeckt, erreicht über den Aus- sentheil hinaus ihr Ende dicht über der seitlichen Kante; auf dem Spindeltheil verliert sie sich in unregelmässiger, aber deutlich wahrnehmbarer Begrenzung; die beiden Seiten vereinigen sich um den das obere Ende der Mündung umgebenden Ring herum. 320 Die Zähnelung der Mündungsränder war nur theilweise zu beob- achten; der Aussenrand hat scharfe, schmale, sehr regelmässig stehende Zähne (16 bis 20?), die des Innenrandes scheinen schwach gewesen zu sein, nach unten allmälig an Stärke und Schärfe zunehmend. An einem unserer Steinkerne von Osterweddingen beträgt die Länge 25,5 Mm., die Breite 25 Mm., die Dicke 24 Mm. Die Dicke ist hiernach minder beträchtlich als bei dem grossen Stück von Neu-Brandenburg. Die relative Differenz in der Länge erklärt sich durch das Fehlen der Schale, deren untere kanalartige Verlängerung dem Steinkern fehlen muss. Tafel 1 Figur 8 stellt das eine bei Neu-Brandenburg ge- fundene Stück dar, a die Rückenansicht, b die Bauchansicht, c die Ansicht von unten; Figur 9 ist der Steinkern von Oster- weddingen, dessen Maasse so eben gegeben sind, a und b Rücken- und Bauchansicht, e die Ansicht von oben. Bemerkungen. Unsere Art ist mit keiner Cypraea des Wiener Beckens näher vergleichbar. Verwandt ist sie der eocä- nen C. inflata Laum., bei welcher die Form jedoch weniger kuglig ist und der Rücken nicht so steil zum oberen Ende ab- fällt. In dieselbe Verwandtschaft gehört auch eine bei Alzey im Mainzer Becken vorkommende Cypraea, welche sich durch Abplattung der oberen Seite und durch minder gebogene, mehr die Mitte einnehmende Mündung von der (. sphaerica unter- scheidet. Sehr verschieden ist diese Cypraea von Mainz von der C. inflata, mit welcher sie mehrfach verwechselt wurde. Aehnlicher noch als C. inflata scheint der C. sphaerica die C. globosa Sow. jun. zu sein, welche von Bracklesham in Dıxon’s Werk über Sussex Tafel 8 Fig. 3 abgebildet ist. Marginella. Die Gattung Marginella findet sich lebend europäisch im Mittelmeere nur durch wenige kleine, zum Theil sehr häufige Arten vertreten, von welchen nur die kleinste, die Marginella clandestina, eine Marginella im Lamarck’schen Sinne sein würde. Die übrigen gehören zu den später erst in die Gattung versetz- ten von LAMARCcK zu Volvaria gestellten Formen, und keine ein- zige fällt in die ausgezeichnete von Sw-Aınson Glabella genannte Gruppe oder Untergattung, welche durch einen diek aufgewor- 321 fenen Saum am Aussenrande der Mündung und durch 4 gleich starke Falten auf der Spindel charakterisirt ist. Unter den eocä- nen Arten des Pariser Tertiärgebirges ist M. ovulata LAm., von welcher M.angystoma DESH. wenig verschieden ist, der älteste Repräsentant der Gruppe von Arten, der unter den lebenden des Mittelmeeres die überall gemeine M. miliacea und die kleine M. minuta PFEıir. angehören; gewöhnlich mehr als 4 nach oben allmälig an Stärke abnehmende und hoch an der Spindel sich heraufziehende Falten nebst einem nur verdickten, nicht umsäum- ten, oder höchstens mit ganz schmalem linienförmigem Saum ver- sehenen, äusseren Mündungsrande bezeichnen diese Gruppe. Die Pariser Arten M. eburnea, mit welcher wir M. hordeola ver- binden, M. nitidula, vielleicht auch M. dentifera — (M. am- pulla DEsH. ist augenscheinlich eine Erato) —, gehören zu der europäisch lebend nicht vertretenen Gruppe der Glabellen, wel- che sich in grösseren und schöneren Arten noch, als eocän bei Paris und in England, in den miocänen und pliocänen Tertiär- bildungen Italiens weiter verbreitet (M. marginata Bon., M. Deshayesii MıcHEL., M. Taurinensis Mıcu., M. auris- leporis Broe. sp.), aber in den gleichzeitigen nördlicheren Tertiärbildun- gen schon ganz verschwunden ist. Schon im Wiener Tertiär- becken fehlt diese Gruppe, und die ganze Gattung vermisst man im belgischen Miocän und ebenso im belgischen und englischen Crag. Bei diesem Verhalten hat das Auftreten von 3 Margi- nellen, welche sämmtlich mit Pariser Arten übereinstimmen, aus- schliesslich in der ältesten untermiocänen norddeutschen Tertiär- fauna eine besondere Bedeutung, indem wir bis zu diesem Niveau herauf noch die älteren Formen fortleben, aber keine neuen hin- zutreten sehen, welche den mannigfaltigen jüngeren Marginellen des südeuropäischen Tertiärgebirges vergleichbar wären. 1. Marginella ovulata Lam. Bars 2 R1022107a, 6: Lawmarck Ann. du Mus., Hist. nat. Desuavzs Cog. foss. de Paris. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. Bei zwei sehr wohlerhaltenen Exempla- ren von nahe gleicher Grösse sind die Maasse: Länge 8,7 Mm., Breite 4,3 Mm.; und: Länge 7,9 Mm., Breite 4,9 Mm. Die Breite erreicht kiernach nicht zwei Drittheile der Länge. Zeits. did, geol. Ges. V.2, 21 322 Die Schale ist von eiförmiger Gestalt. Das kleine, sehr kurze und nur wenig die Mündung überragende Gewinde besteht ausser einem kleinen centralen Embryonalende von schmelzartigem Ansehn nur aus 2 Mittelwindungen. Auf der Schlusswindung ist unterhalb der Naht mittelst der Lupe eine vom oberen Mün- dungswinkel ausgehende schwach vertiefte Linie zu sehen, wel- che der Spiralrinne der Oliven in ihrem Verlauf entspricht; sie darf nicht für die wenig bemerkbare höher liegende Naht selbst gehalten werden. Auf der glänzend glatten Oberfläche sind nur sehr schwache, undeutliche und unregelmässige Anwachsstreifen sichtbar, welche sich oben gegen die Spirallinie hin, conform ei- ner entsprechenden Krümmung des Mündungsrandes, beträchtlich zurückbiegen. Zur Mündung hin schwillt die Schale ein wenig an und erhält am Rande eine schmale, linienförmige, aussen von einer seichten Furche begrenzte Leiste. Die Mündung ist in ihrem oberen Theil sehr eng und erweitert sich allmälig nach unten, ihre Aussenwand ist mit zahlreichen (15 bis 20), kurzen und ziemlich starken Streifen besetzt; die Spindel hat 6 bis 7 nach oben allmälig an Stärke abnehmende Falten. Ueber dem Ausschnitte liest, nach Art der Oliven und Ancillarien, eine nach oben ziemlich scharf begrenzte Basalplatte, welche sich am Eingange des Ausschnittes mit der Leiste des äusseren Mün- dungsrandes verbindet und zur Spindel hin gegen die dritte Falte heraufzieht. Bemerkungen. Marginella ovulata ist gemein im Pa- riser Grobkalk und findet sich darin gewöhnlich beträchtlich grösser als die bis jetzt gekannten Stücke von Westeregeln; doch kommen zwischen den grösseren französischen auch kleinere un- seren deutschen ganz gleiche Exemplare vor, weshalb ich keinen Zweifel an der Zugehörigkeit unserer Form zu der älteren eocä- nen Art hege. DESHAYES giebt die Dimensionen der grösseren Pariser Stücke zu 13 Mm. Länge bei S Mm. Breite an. Durch GERVILLE erhielt die Königliche Sammlung ein Exemplar aus dem Cotentin, welches 15,7 Mm. lang, 9,4 Mm. breit ist. An Pariser Exemplaren messe ich: 12,7 Mm. L. bei 7,3 Mm. Br.; 40,3 Mm. L. bei 6 Mm. Br.; 9,6 Mm. L. bei 6 Mm. Br.; 7,2 Mm. L. bei 4 Mm. Br. Nie erreicht die Breite zwei Drit- theile der Länge. Besonders hervorzuheben sind die Unterschiede zwischen der M. ovulata und der zwar stets viel kleineren, im Uebrigen 323 aber der fossilen Art sehr nahe stehenden, lebenden M. miliacea des Mittelmeeres, welche LAMmArcK sonderbar genug als Volva- ria miliacea in eine andere Gattung versetzte. Mehrfach sind sogar schon Zweifel erhoben, ob kleine in miocänen Tertiärbil- dungen gefundene Marginellen der einen oder der anderen Art zugezählt werden sollen, während man nie beide Arten als ne- beneinander vorkommend aufgeführt hat. GRATELOUP führt Mar- ginella ovulata aus dem jüngeren Miocän von Bordeaux auf und stellt fraglich die Volvardia miliacea unter die Synonyme. Mı- CHELOTTI bestimmt M. ovulata aus dem Miocän von Turin, ohne an der Uebereinstimmung zu zweifeln und an die lebende Art zu denken. HÖörNES dagegen entschloss sich eine Wiener Marginella, welche früher als M. ovulata aufgeführt war, zur lebenden Art zu rechnen, und PuıLıppı hat wahrscheinlich un- sere Marginella ovulata von Westeregeln als Volvaria milia- cea aufgeführt (in Palaeontogr. I. p. 79. no. 177). Ueber die Charaktere der lebenden Marginella miliacea urtheile ich nach zahlreichen Stücken, welche ich selbst an verschiedenen Punkten der französischen Küste des Mittelmeeres sammelte. Die Grösse derselben überschreitet nicht oder nur sehr wenig die Länge von 6 Mm.; die Breite ist gleich zwei Drittheilen der Länge (4 Mm. Breite auf 6 Mm. Länge), wodurch bei dem stets sehr flachen Gewinde die Form ein etwas kegelförmiges Ansehn erhält; eine Spirallnie wie bei M. ovulata ist nicht vorhanden, oder ausnahmsweise nur eine Spur davon sichtbar; auf der glänzend glatten Schlusswindung sind keine Anwachs- streifen unterscheidbar. Der Aussenrand der Mündung biegt sich oben zur Naht hin weniger zurück und erhält nur selten eine schwache Andeutung von der leistenartigen Einfassung, welche bei ausgebildeten Schalen der Marginella ovulata nie fehlt; die Basalplatte ist weniger scharf begrenzt und erhebt sich in der Regel nicht über die zweite Spindelfalte; in der Strei- fung des Aussenrandes und der Faltung der Spindel ist die le- bende Art der fossilen gleich. In allen angegebenen Charakteren unterscheidet sich die lebende Marginella miliacea in gleicher. Weise von der norddeutschen M. ovulata, wie von der des Pariser Grobkalkes. Mir fehlt es an Materialien zu bestimmterer Beantwortung der Fragen, wie weit in anderen Gegenden die Marginella ovu- lata in jüngere Tertiärbildungen hinauf sich verbreite, wo zu- a 324 erst die lebende Art auftrete, und ob beide Arten in der That durch Zwischenformen mit einander verbunden werden. Die grosse von Hörnes (Moll. von Wien Taf. 9 Fig. 1) als Marginella miliacea abgebildete Form von Gainfahren hat ganz die Gestalt und Maassverhältnisse der M. ovulata, kann jedoch, wenn, wie angegeben, der äussere Mundrand innen nicht gestreift ist, we- der die eine noch die andere Art sein; bei der kleinen Form, a. a. O. Fig. 2, wäre die lebende, fossil auch sonst verbreitetere Marginella elandestina zu vergleichen. Zu beachten ist, dass die lebende Marginella miliacea in jüngeren Tertiärbildungen keinesweges eine gewöhnliche Erscheinung ist; sie fehlt im Nor- den der Fauna des Crag ebenso wie dem jüngeren Miocän in Norddeutschland, und in Italien steht PuırLıppı’s Beobachtung des Vorkommens zu Gravina in einer Ablagerung, welche ober- pliocänes Alter zu haben scheint, sehr isolirt. 2. Marginella eburnea Lam. Taf. 2. Fig. 9a, b. Lawarck Ann. du Mus., Hist. nat. Marginella eburnea et hor- deola Desnuayes Coq. foss. de Paris. Marginella eburnea PniıLıppı in Palaeontogr. I. 1847. p. 79. no. 174. Vorkommen. Bei Osterweddingen im Magdeburgi- schen. Beschreibung. Das einzige Exemplar, welches wir be- sitzen, ist 7 Mm. lang, 3,3 Mm. breit. Das hoch hervortretende, in einer stumpfen Spitze auslaufende Gewinde hat etwa * der gan- zen Länge. Es besteht aus 4 fast ganz ebenen Umgängen, von welchen der oberste dem Embryonalende angehört. Die ganze Oberfläche ist glänzend glatt. Die Nähte des Gewindes sind kaum noch durchscheinend zu bemerken unter dem schmelzartigen das Gewinde bedeckenden Ueberzug. Die Schlusswindung ist bis zur Höhe des oberen Endes der Mündung, wo sie ihre grösste Breite erreicht, von unregelmässig kegelförmiger Gestalt, unten schwach ausgerandet. Die Mündung ist eng, mit parallelen Rändern; der Aussenrand ist zu einem ziemlich starken ver- dickten Saum aufgeworfen, innen glatt; die Spindel hat 4 starke Falten, welche nach oben nicht an Stärke abnehmen, und deren oberste ungefähr auf der halben Spindelhöhe steht. Eine Basal- platte ist nicht vorhanden. 325 Bemerkungen. DESHAYES selbst sagt, dass seine Mar- ginella hordeola nur eine Abart der M. eburnea Lam. sein könne. Eine sorgfältige Vergleichung der von ihm gegebenen Beschreibungen mit den Originalen aus dem Pariser Grobkalk in unseren Sammlungen bestimmt mich beide Arten zu verbin- den. In der That umfasst DESHAYES’s M. hordeola nur kleine Individuen der gewöhnlich grösser vorkommenden Art, welchen nicht einmal die Bedeutung einer Varietät beigelegt werden kann. Wir besitzen die M. eburnea ausgewachsen in allen Abstufun- gen der Länge von 12 Mm. abwärts bis 7,5 Mm.; dann folgen kleinere, welche zu DESHAYES’s M. hordeola gerechnet werden müssten, von d und 4 Mm. Länge; dazwischen steht das von DESHAYES selbst gegebene Maass der M. hordeola von 6 Mm. Was DESHAYES sonst noch als unterscheidend anführt, sind schwankende Merkmale, oder ist bedingt durch die verschiedene Grösse. Schwankend ist das Verhältniss der Länge des Gewin- des, welches bald der Mündung an Länge gleichkommt, bald bis zur halben Länge derselben herabsinkt, ferner die stärkere oder geringere Bedeckung des Gewindes und ebenso die etwas grös- sere oder geringere Weite der Mündung. Auch in DESHAYES’s Figuren sucht man vergeblich nach unterscheidenden Merkmalen. Wo hat PnıLıprpı die Grenzen zwischen beiden Arten gezogen, als er unser kleines nur 7 Mm. langes Exemplar von Osterwed- dingen, das in seinen Händen war, zu M. eburnea stellte, und gleichzeitig (a. a. O. no. 175) auch M. hordeola aufführte? Darüber hätte es wohl eines erläuternden Wortes bedurft. Dem Grundsatze folgend, früher aufgeführte Namen nur da in der Synonymik anzugeben, wo ich das darunter Verstandene selbst beobachten konnte, habe ich oben auch hier nur PhıLippi’s Citat der M. eburnea aufgenommen. Marginella eburnea ist eben so wie M. ovulata mehr- fach schon anderwärts in jüngeren Tertiärbildungen angeführt worden; doch bleibt es fraglich, ob mit Recht. GRATELoOUP’s M, eburnea aus dem Unter-Miocän von Bordeaux kann, wenn der gegebenen Abbildung zu trauen ist, der Spindelfalten wegen nicht hierher gehören. Eine früher zu M. eburnea gerechnete- Form aus dem Miocän von Turin ist von MicHErLorrı mit gu- tem Grunde als besondere Art, M. Taurinensis, geschieden. Noch führt PuscHh die Art von Korytnica an, doch giebt er nichts als den Namen. 326 3. Marginella nitidula Desn. Taf. 2. Fig. 11a,b. DesHavEs Cog. foss, de Paris. Vorkommen. Bei Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. An allen unseren Exemplaren, welche von fast gleicher Grösse sind (Länge 14,3 Mm., Breite 8,7 Mm.), ist der Aussenrand der Mündung abgebrochen. Die obere Seite des Gehäuses, durch das kleine Gewinde und den umgebogenen oberen Theil der Schlusswindung gebildet, ist fach kegelförmig. An dem Gewinde ist in der Mitte ein kleines, flaches, aus einer Windung bestehendes, schmelzartiges Embryonalende zu unter- scheiden; dann folgen 2 schmale ebene Mittelwindungen, welche mit dem oberen Theil der Schlusswindung in einer Fläche lie- gen. Die ganze Oberfläche ist glänzend glatt; Anwachsstreifen auf der Schlusswindung sind kaum bemerkbar. Die Mündung ist sehr schmal, der Aussenrand, wie bemerkt, nicht erhalten, die Spindel mit 4 scharfen, schmalen, gleich starken Falten be- setzt, deren oberste etwa in halber Spindelhöhe, deren unterste am Rande des Ausschnittes steht. Zwischen der zweiten und dritten Falte beginnt eine schmale und dünne, oben durch einen Rand begrenzte Basalplatte. Bemerkungen. Wahrscheinlich ist die gleiche Art auch von Psurıppı (Palaeont. I. p. 79. n0.176) als M. nitidula auf- geführt. DESHAYES’s Art gehört dem Pariser Grobkalk an; wir besitzen sie nicht, doch stimmen Beschreibung und Abbildung sehr gut überein; vollständige Sicherheit wird erst die Beobach- tung vollkommener Stücke mit unversehrter Mündung gewähren. Die Art zeichnet sich von anderen verwandten sehr durch die platte Form ihres Obertheils und durch das Vorhandensein einer Basalplatte aus. Von Marginella ovulata, mit welcher sie DES- HAYES nicht passend vergleicht, entfernen sie weit die Falten der Spindel und die Mündung, welche nach DESHAYES’s eigner Beschreibung einen sehr dicken, aussen scharfrandigen Saum be- sitzen soll. Bingicula. Gattungen, deren Stellung durch die Kenntniss des Thieres noch nicht sicher fixirt ist, müssen da untergebracht werden, wo 327 in den Charakteren der Schale die meisten Anknüpfungspunkte gegeben sind. Für die Gattung Ringieula, welche sich in die- sem Falle befindet, fragt es sich, ob sie richtiger bei Marginella, mit welcher sie zum Theil früher unpassend verbunden wurde, stehen solle, oder ob sie, wie D’ÖRBIGNY will, näher zu Torna- tella zu stellen sei. Für die Natürlichkeit der letzteren Ansicht, welcher auch BRONn in der Anordnung des Enumerator gefolgt ist, spricht der Umstand, dass neuerlich abweichende Meinungen darüber ausgesprochen wurden, ob gewisse in den Charakteren der Schale ein Mittel zwischen Tornatella und Ringicula hal- tende Arten der einen oder der anderen Gattung zugerechnet werden sollen; so führte PnıLıppı die in Norddeutschland vor- kommende Tornatella simulata SoL. sp. als tingiceula simu- lata auf, während früher Zweifel über die Zugehörigkeit dieser Art zu den Tornatellen nicht ausgesprochen waren und auch Bronw nachher dieselbe bei Tornatella liess. Indem ich im Folgenden die Gattung Ringicula auf solche Formen beschränkt lasse, welche DESHAYES ihr zustellte, und die Tornatella simu- lata mit einer anderen, früher von mir als Ztingicula? globosa aufgeführten verwandten Art später bei den Tornatellen beschrei- ben werde, mit welchen sie näher als mit Ringicula verbunden scheint, lasse ich hier die letztere Gattung nur deshalb folgen, weil ich die von HÖRNES gewählte Reihenfolge unverändert bei- behalten wollte. 1. Ringicula striata Phi. Tafs2. Pig. 012)a,ıbye: Paırıppı Beiträge 1843. p. 28, 61, 706. t. 4. f. 28. Karsten Verzeichniss 1849. p. 32. Vorkommen. Zu Freden bei Alfeld in Hannover, H. RoEMER und Lrunıs. Im verschwemmten Sternberger Ge- stein in Meklenburg, Königliche und Rostocker Sammlung; des- gleichen in festem dem Sternberger ähnlichen Gestein bei Se- geberg, Mryn, und am Brodtener Ufer bei Travemünde. Beschreibung. Zahlreiche Exemplare aus dem Stern- berger Gestein, welches die Art bisweilen in Menge einschliesst. halten sich in der Grösse und Form sehr beständig; ihre Länge erreicht höchstens 4 Mm. und beträgt als mittleres Maass bei ausgewachsenen Stücken 35 Mm. bei 2} Mm. Breite. Im Ge- 328 stein des Brodtener Ufers findet sich die Art etwas grösser, reichlich 5 Mm. lang und über 3 Mm. breit. Die Stücke von Freden gleichen in der Grösse denen des Sternberger Gesteins. Von Segeberg kenne ich nur ein kleines, zwar deutliches, jedoch nur unvollständiges Exemplar. Die Schale ist von länglich eiförmiger Gestalt. Das Ge- winde ist spitz und ungefähr von der Länge der Schlusswindung; es besteht aus 4 bis 5 Umgängen, von welchen der erste das sehr kleine Embryonalende bildet. Bei den Stücken des Stern- berger Gesteins hat das Gewinde nur 4, bei denen vom Brodte- ner Ufer und von Freden 5 Windungen. Die Mittelwindungen sind flach gewölbt und haben feine, scharf eingeschnittene Quer- linien, welche auf der Schlusswindung nicht verschwinden. Bei den Stücken von Travemünde sind die Linien scheinbar schwä- cher bis zum Undeutlichen, weil die äusserste Schallage zerstört ist, was auch anderwärts im Thon häufig bei Ringieula-Schalen vorkömmt. Die Zahl der Linien schwankt auf der letzten Mittel- windung von 5 bis 7, auf der Schlusswindung von 12 bis 16. Die Ränder der Mündung sind, je nach den Individuen, mehr oder minder stark verdickt, der äussere Saum des Aussenrandes mehr oder minder breit. Die beiden unteren Falten der Spindel treten stets scharf hervor, die dritte obere wird für das Auge verdeckt, wenn die Spindelplatte darüber stärker anschwillt. Der Aussenrand der Mündung ist glatt. Die Abbildung Tafel 2 Figur 12 ist nach Stücken des Sternberger Gesteins entworfen, bei welchen das nur aus 4 Win- dungen bestehende Gewinde in der Regel etwas kürzer bleibt als die Schlusswindung; Figur 12 a ist die natürliche Grösse, b und c sind die vergrösserten Ansichten von der Rücken- und Bauchseite. Bemerkungen. Ztingicula striata ist unter allen jüngeren Arten der’ Gattung diejenige, welche am meisten der eocänen Ät, ringens des Pariser Grobkalkes gleicht. In der That besteht der einzige Unterschied der letzteren in den Kerben des Aussen- randes der Mündung; was sonst noch in der Stellung der Falten als unterscheidend angegeben wurde, bin ich nicht im Stande bei Vergleichung der Originale aufzufassen. Wir besitzen die Pari- ser Art ausgewachsen von 3; bis 54 Mm. Länge; in der Form ist sie nicht verschieden von At. striata,; die Zahl der Linien wird bei ihr etwas grösser, bis 22 in der Schlusswindung. 329 Von den deutschen Vorkommen der AR. striata dürfte das des Sternberger Gesteins das älteste sein; darauf folgen die von Phırıppı angegebenen Vorkommen von Cassel, Luithorst und Freden, von welchen ich nur das letztere aus eigner Anschauung kenne; jünger, den typischen Miocänbildungen zugehörig, sind die von Segeberg und Travemünde. An allen Orten tritt die Art für sich allein auf und fehlt an den norddeutschen Lokali- täten, wo die Ät. auriculata sich gezeigt hat. Aehnlich scheint das Vorkommen der beiden Arten im Miocän anderer Gegenden zu sein. Sehr häufig findet sich Zt. striata bei Bordeaux, von wo sie GRATELOUP als Zt. buccinea (Conch. foss. Univ. t. 11. f. 8, 9) abbildete; diese ist ganz dieselbe wie PhıLippi’s deut- sche A. striata und kann ihrer Form und Grösse nach nicht den gestreiften Varietäten der A. auriculata zugestellt werden, wel- che letztere Art unter GRATELoOUPp’s Abbildungen nicht darge- stellt ist. Im Tegel von Baden bei. Wien findet sich wie bei Bersenbrück und Reinbeck häufig die R.auriculata, aber keine R. striata. Dennoch ist letztere im Wiener Becken vorhanden, wie die Figur bei Hörnes Taf.9 Fig. 4 (von Steinabrunn) zeigt; diese hat die schlanke Form, Liniirung, und Grösse der AR. striata und kann, weil ausgewachsen, nicht für ein unausgebil- detes Stück der A. auriculata gehalten werden, deren kleine Individuen in der Form den grossen gleichen und auch nicht so scharf und regelmässig linürt sind. Dagegen kenne ich die R, striata nicht aus den pliocänen Subapenninbildungen Ita- liens, eben so wenig wie sie im englischen Crag vorhanden ist. Mit der Aingicula ventricosa Sow., welche eine gute und von Woop (Crag Moll. Univ. p. 22. t. 4. f. 1) gut beschriebene Art ist, hat Zt. szriata die scharf liniirte Skulptur gemein. A. ven- tricosa hat aber die bauchige Gestalt der Zt. auriculata und zeichnet sich noch besonders, wie auch Woonp hervorhebt, durch die etwas höhere Stellung der oberen Spindelfalte aus; sie findet sich miocän und pliocän als Seltenheit in Begleitung der R. auriculata, so zu Castell’ Arquato und auch im Tegel von Baden bei Wien (ein Exemplar in der Königlichen Samm- lung zwischen zahlreichen At. auriculata); wahrscheinlich mit Recht bezieht WooD auf sie GRATELOUP’s Rt, ringens von Bor- deaux (Conch. foss. Univ. t. 11, f. 6, 7). 330 2. Ringicula auriculata Men. sp. Taf. 2. Fig. 13a, b, ce. Marginella auriculata M£narn 1811 in Ann. du Mus. Voluta buc- cinea Bsoccuı Conch. foss. subap. Ringicula auriculata et buccinea Desuaves in Lam. Hist. nat. 2me Ed. Ringicula auriculata PaıLıppı En. moll. Sie. II. Ringicula buccines Nyst Terr. tert. de la Belg.. Woo» Crag Moll. Univ. Hörses Moll. von Wien (pars, excel, t. 9. f. 4.) Ringicula buccinea F. RoEmeEr in Zeitschr. d. d. geol. G. II. p. 230. Vorkommen. Im Thon zu Bersenbrück bei Osna- brück, F. ROEMER und im festen Gestein bei Reinbeck. Beschreibung. Die Stücke von Bersenbrück erreichen nur die Grösse von 4 Mm. Länge bei 3 Mm. Breite. Eins der grösseren unserer Stücke von Reinbeck ist 4,5 Mm. lang, 3,7 Mm. breit. Die Schale ist von bauchig-eiförmiger Gestalt. Das Ge- winde, beträchtlich kürzer als die Schlusswindung, besteht aus 4 Umgängen, von welchen der erste das Embryonalende bildet. Die Mittelwindungen sind sehr fein und unregelmässig linirt, die Schlusswindung glatt. Die Ränder der Mündung sind stark verdickt; von besonderer Stärke ist die Anschwellung über der oberen Spindelfaltee Durch die innere, glatt bleibende An- schwellung der Mitte des Aussenrandes erhält die Mündung un- ten einen eckigen Umriss. Die Abbildung Tafel 2 Figur 13 stellt ein Exemplar von Bersenbrück dar, a in natürlicher Grösse, b und c vergrössert. Bemerkungen. Den Namen der lebenden Art des Mit- telmeeres, welcher früher gegeben wurde, ehe Broccmi die fossile Subapenninform als Voluta buccinea bekannt machte, habe ich beibehalten, weil ich nicht im Stande bin irgend ein unter- scheidendes Merkmal zwischen beiden aufzufinden. Auch ist es nicht möglich aus den Beschreibungen von DESHAYES, welcher beide Arten als nebeneinander bestehend unterschied, etwas her- auszulesen, was ein unterscheidender Artcharakter sein könnte; DESHAYES beschreibt nur, ohne zu vergleichen, und lässt des- halb hier, wie häufig, in Zweifel über seine Ansicht, Auffallend jedoch hat auch keiner der Autoren, welche, DEsHAYESs’s Auto- rität folgend, später die Zlngieula buccinea als eine ausgestor- bene Art aufführten, Unterschiede von der lebenden Art hervor- gehoben, vielleicht nur, weil ihnen allen die letztere unbekannt war. Die lebende Ringieula des Mittelmeeres kannte PHıLıPPI 331 von 3,4 bis 6 Mm. („14 bis nahe 23 Linien”) Länge; ich habe sie lebend von Palermo bei 3,7 Mm. Länge vollkommen ausge- wachsen; genau so gross, auch in der Erhaltung ganz wie lebend, besitzen wir sie durch PnHıLıppı von Pozzuoli, wo nur lebende Arten vorkommen. Klein, noch nicht 5 Mm. erreichend, bleiben die Stücke von Cefali bei Catania. Durchschnittlich grösser ist die Art in dem blauen italienischen Subapenninthon; bis 7 Mm. lang kenne ich sie aus dem Thon von Castell-Arquato, welche Grösse sie ebendort nie in dem aufliegenden Sande erreicht. Denen aus dem Thon von Castell-Arquato gleich sind die von Puırıppı beobachteten Vorkommen von Buccheri und Militello, welche beide zu den der Subapenninformation zuzurechnenden Pnırippi’schen Fundorten gehören. Dem pliocänen italienischen gleich ist das miocäne Vorkommen von Baden bei Wien; ver- hältnissmässig klein sind unsre norddeutschen Stücke von Bersen- brück und Reinbeck. Im Allgemeinen scheint Zt. auriculata miocän viel weniger verbreitet zu sein als Z}. striata; doch be- sitzen wir sie auch von Turin, wo sie MICHELOTTI nicht kannte. In Belgien ist sie nur aus dem pliocänen Crag bei Antwerpen von Nysr aufgeführt; die Gattung fehlt bis jetzt in den belgi- schen Miocänbildungen. Voluta. Voluta gehört zu den europäisch nicht mehr vorhandenen Gattungen, deren artenreiches Auftreten die älteren von den jün- geren Tertiärbildungen unterscheidet. Die meisten tertiären Vo- luten sind eocän, die Artenzahl nimmt allmälig im Miocän ab, und in südlichen Pliocän-Bildungen ist die Gattung schon fast verschwunden, während im Norden noch die grosse V. Lamberti im Crag in Menge verbreitet ist. Im Folgenden werden 10 norddeutsche Voluta-Arten beschrieben werden, von welchen die Mehrzahl unserer ältesten Miocän-Fauna im Magdeburgischen ei- genthümlich ist und wesentlich dazu beiträgt, dieser Fauna ein relativ altes Gepräge zu ertheilen; nur eine Art, der V. Lam- berti sehr nahestehend, verbreitet sich aufwärts in die jüngeren Miocän-Lager. Keine derselben ist im Wiener Becken vorhanden, 3 sind auch in dem entsprechenden Niveau in Belgien gekannt, nur 2 zeigten sich mit eocänen Arten übereinstimmend. Die meisten tertiären Voluten stehen mit den lebenden Ar- 332 ten wärmerer Meerein so geringem Zusammenhange, dass Swaın- son bei einer weiteren Zerspaltung der Gattung sie unter dem besonderen Namen Volutilithes zusammenfasste, der seiner schlech- ten Bildung wegen auch nicht einmal emendirt angenommen werden könnte. Sie haben nämlich, wie es z. B. bei der V. spi- nosa des Pariser Grobkalkes leicht zu sehen ist, ein spitzes, ge- wöhnlich sehr kleines, regelmässig gewundenes Embryonalende, während dasselbe bei den lebenden Voluten so sehr als Regel die Form einer stumpfen Warze oder eines undeutlich gewunde- nen Knopfes hat, dass dieser Charakter selbst in die Diagnose der Gattung aufgenommen wurde. Obwohl sich Uebergänge von dem spitzen kegelförmigen zu dem stumpfen warzenförmigen Embryonalende ausbilden, so bleibt der Charakter doch einer der wichtigsten für eine natürliche Gruppirung der fossilen Voluten. Von unseren norddeutschen Arten zeigen V. parca und F. ‚Siemssenü, welche sich nahe an V. Lamberti anschliessen, das bei lebenden Voluten gewöhnliche stumpfe Embryonalende; alle übrigen Arten haben das kleine kegelförmige Embryonalende nach Art der V, spinosa. Es ist leicht, die zahlreichen tertiären Voluten in kleinere Gruppen zu vertheilen, innerlhalb welcher die einer jeden ange- hörenden Arten, gleichsam nach derselben Grundform gebaut, nur durch geringe Abänderungen der Form, der Dimensionen oder der Skulptur sich von einander unterscheiden. In den Be- merkungen zu den Beschreibungen unserer norddeutschen Arten sind ausführlicher, unter besonderer Berücksichtigung der engli- schen und französischen eocänen Arten, Charaktere und Inhalt derjenigen Gruppen angezeigt, in welche sie gehören. Drei aus- gezeichnete Gruppen haben im norddeutschen Tertiärgebirge noch keine Repräsentanten gefunden. Es fehlt die Gruppe der V. Ci- thara, zu welcher‘ von den französischen eocänen Arten noch die V. ventricosa, V. mutata, V. lyra, V. bulbula, V. lineo- lata und V. plicatella zu rechnen sind. Diese zeichnen sich durch birnförmige Gestalt und durch schwache, im Alter biswei- len ganz verschwindende Längsrippen aus, welche oben nur kleine, wie zu Dornen verlängerte Spitzen erhalten. Ferner fehlt die in südlicheren miocänen Tertiärbildungen durch die weit ver- breitete V. rarispina vertretene Gruppe, zu welcher ich von äl- teren Arten V. Zabrella und V. depressa, von anderen jüngeren die norddeutsch bis jetzt noch nicht gefundene, in Belgien und bei Mainz untermiocän vorkommende V. Rathieri und die V. Haueri des Wiener Beckens rechnen würde. Endlich fehlt uns eine Voluta aus der Verwandschaft der V. musicalis und V. mi- frata, welche sich durch Stärke und Anordnung ihrer Spindel- falten von allen andern in der Form vergleichbaren fossilen Voluten unterscheiden und durch dieselben Merkmale zugleich gewissen lebenden Arten der Gattung näher rücken. 1. Voluta devexa BEyR. TashjRıe.bra,b, 73,0, 8 a,b. Voluta nodosa juv. Sowergy jun. Min. Conch. cont. t. 613. f. 1.; in Dixon Sussex p. 107. t. 9. f. 23. ? Voluta suturalis Borı in Zeitschr. d. d. geol. G. 1551. p. 450. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Fraglich verschwemmt in-Meklenburg in BoLL’s sogenanntem aschgrauem Tertiärgestein, in dessen Sammlung. Beschreibung. Von Westeregeln kenne ich nur die bei- den auf Tafel 3 Figur 6 und 7 abgebildeten Stücke. Das grössere ist 41 Mm. lang bei nicht genau bestimmbarer Breite; es ist unvollständig, jedoch anscheinend von einem ausgewachse- nen Thiere. Das kleinere ist eine unausgewachsene Schale, 23 Mm. lang, 11 Mm. breit; es zeigt die Form, welche das grös- sere Stück um 1 Windung früher gehabt haben müsste, Figur 8 stellt das kleine, von mir nur fraglich der Art zugerechnete meklenburgische Stück dar, dessen Vorkommen von BOLL a. a. O. bemerkt ist; es ist der erste Anfang einer Schale, mit nur 3 Um- gängen ausser dem Embryonalende. Das Gewinde bei den Stücken von Westeregeln ist kegel- förmig mit spitzem Scheitelwinkel; es besteht aus 6 bis 7 Um- gängen, von welchen 2 bis 3 dem nur unvollkommen erhaltenen Embryonalende angehören dürften. Die Schlusswindung verengt sich nach unten mit schwachem und allmäligem Abfall zu einem breiten stielartigen Ende. Den oberen Theil der Mittelwindun- gen und ebenso der Schlusswindung bildet eine vertiefte, an ih- rem unteren Rande durch eine Spitzenreihe begrenzte Fläche, welche sich ähnlich wie bei den Conen als ein Dach von der übrigen Schale sondert. Das längere, steil herabhängende Dach und die kürzere Wand stossen in den Mittelwindungen unter so 334 stumpfem Winkel zusammen, dass das Ansehn des Gewindes mehr eben kegelförmig als treppenförmig wird. An der Naht bildet sich ein etwas verdickter Saum aus, der nach und nach eine Reihe kleiner Spitzchen erhält, von gleicher Zahl mit den stärkeren Spitzen am unteren Rande des Daches und durch schwache unregelmässige Fältchen mit diesen verbunden. Die unteren Spitzen nehmen beim Fortwachsen der Schale allmälig an Höhe und Schärfe zu und erhalten in der Schlusswindung des grösseren Stückes die Form von kurzen, etwas abstehen- den Dornen. Von den Spitzen laufen Längsrippen abwärts; schmal, etwas gebogen und bis zur stielartigen Verengung herab verlän- gert bei der jüngeren Schale (Figur 7); breit, stumpf und schon in der Mitte der Weitung sich verlierend bei der älteren (Figur 6). Die ganze Schale ist überdies mit unregelmässigen Anwachs- streifen bedeckt. Die Querskulptur besteht bei dem jüngeren Stück (Figur 7) in der Schlusswindung von der Kante des Daches abwärts in regelmässigen entfernten Querstreifen, bei dem älteren (Figur 6) in Querlinien, welche sich nach unten all- mälig in Furchen verwandeln; die Art und Weise des Ueber- gangs der einen Skulptur in die andere ist nicht zu beobachten. Vom Rande der Mündung aus breitet sich eine grosse Spindel- platte in weitem Bogen über die ganze Bauchseite der Schluss- windung aus und verlängert sich aufwärts am Gewinde noch über die Spitzen hinaus, so dass diese obere Fortsetzung als eine Bedeckung der Schale am Gewinde sichtbar bleibt. Die Spindel hat bei dem jüngeren Stück 2, bei dem älteren 4 Falten, welche nach unten allmälig an Stärke zunehmen. Das kleine meklenburgische Stück (Figur 8 a in natürlicher Grösse, b vergrössert) zeigt in vortrefllicher Erhaltung das un- verletzte Embryonalende, welches glatt, kegelförmig und aus 3 Windungen zusammengesetzt ist. Darunter folgen noch 3 Win- dungen, auf deren erster die Skulptur mit feinen, schmalen, durch viel breitere Zwischenräume getrennten Längsrippchen beginnt, welche sich allmälig weiter von einander entfernen. Auf den Rippen erheben sich nach und nach zwei Reihen kleinerer Spitzen, deren obere dicht an der Naht steht. Erst auf der letzten vor- handenen Windung senkt sich die Schale zwischen den beiden Spitzenreihen, wodurch der Anfang eines vertieften Daches ent- steht. Ein ähnlicher erster Anfang der Schale, der beschriebenen klei- 335 nen meklenburgischen Voluta gleichend, zeigt sich bei verschiedenen der V. devexa verwandten Arten. Für sich allein sind solche ersten Anfänge von Schalen nnr selten auf bestimmte Arten be- ziehbar; sie werden sicher erst bestimmbar, wenn die ausge- wachsenen Schalen in demselben Lager bekannt sind. Nur des- halb habe ich jene kleine Voluta hier beschrieben, weil V. devexa die einzige grössere norddeutsche Art ist, welcher sie als erster Anfang der Schale angehören könnte. Bemerkungen. Die Voluta devexa von Westeregeln halte ich für übereinstimmend mit einer englischen eocänen zu Barton vorkommenden Art, welche der ältere SOWERBY nicht beschrieben hat. Ein vollkommen ausgewachsenes Stück, welches wir von diesem Vorkommen besitzen, hat den äusseren Rand der Mündung verdickt und gestreift; es ist nahe gleich gross dem grösseren Stück von Westeregeln und unterscheidet sich bei grosser Uebereinstimmung in allen übrigen Merkmalen nur durch geringere Höhe und Stärke der am Rande des Daches stehen- den Spitzen, worauf ich kein Gewicht lege, da an anderen engli- schen Stücken derselben Art auch stärkere Spitzen vorkommen. Volle Sicherheit über die Uebereinstimmung wird erst die Beob- achtung vollständiger Stücke von Westeregeln mit erhaltener Mündung gewähren. Auf keinen Fall kann unsre Art der Ju- gendzustand einer V. z0dosa sein, wofür in England die frag- liche Art von Barton gehalten zu werden scheint. Der jün- gere SOWERBY nämlich bildet in der Fortsetzung der Mineral- Conchologie, Tafel 613 Figur 1, eine uns auch daher bekannte Voluta von Hishgate als junge V. nodosa ab, welche in der That der F. devexra von Barton gleicht, und ebenso erklärt er für V. nodosa eine gleichfalls der Abbildung nach kaum unter- scheidbare Voluta von Bracklesham, welche in Dıxon’s Werk über Sussex Tafel d Figur 23 dargestellt ist. Wahrscheinlich sind es diese kleinen von mir zu V. devexa gezogenen Formen, welche die Angabe des Vorkommens der V. nodosa in allen drei Abtheilungen des englischen eocänen Tertiärgebirges in PREsT- wıch’s Verzeichniss veranlasst haben. Durch die Verdickung und Streifung des äusseren Randes der Mündung bleibt die Voluta devexa von Barton fern von allen eine natürliche Gruppe bildenden Arten, welche bei ähnli- cher Form und Skulptur in jedem Alter, wie die V. spinosa des Pariser Grobkalkes, eine glatte Mündung behalten. Sie fällt in 336 eine andere in ihren Formen sich mannigfaltiger entwickelnde Gruppe, an deren Spitze ich die V. ambigua SoL. sp.*) stelle. V. Luctatrix, welche nach SOWERBY sehr merkwürdig nur in der kleineren, von SOLANDER als Art (Strombus dubius) ge- trennten Abänderung den verdickten Rand hat und ihn im reife- - ren Alter wieder verliert, dann V.z0odosa und unsre V. devexa sind ausser der V. ambigua die englischen anscheinend sämmt- lich dem Pariser Tertiärgebirge fremd bleibenden und alle im obereocänen Thon von Barton nebeneinander liegenden Arten dieser Gruppe, der ich als eine weitere Entwickelung ihres Ty- pus noch die nachfolgende deutsche, in England nicht gekannte V. lahrosa zuzähle. Bei der V. ambigua, welche SOLANDER schon für eng verbunden mit seinem Sirombus dubius erklärte, reduciren sich die Dornen oder Höcker am Rande des Daches, durch welche V. Luctatrix, V. nodosa und V. devexa den Ar- ten aus der Gruppe der V. spinosa ähnlich werden, zu kurzen Spitzen und verschwinden zugleich mit den Längsrippen ganz bei der V. labrosa. Wollte man für die V. devexa von Westeregeln unter den Arten aus der Gruppe der V. spinosa nach Aehnlichem suchen, so wären nur die V. spinosa selbst und mehr noch die dieser nahestehende V. depauperata vergleichbar. Erstere hat stets eine breiter kegelförmige Gestalt und schärfere, etwas längere und mehr aufwärts gerichtete Dornen; ihr Gewinde ist bestimm- ter treppenförmig, Indem das Dach schon in den unteren Mittel- windungen unter stärkerem Winkel absteht; sie hat stets in ei- niger Entfernung von der Naht eine der V. devexa fehlende Kante, auf welcher eine obere Reihe von mehr oder weniger entwickelten kleineren Spitzen steht. Durch den letzten Charak- ter und das weniger steil herabhängende Dach unterscheidet sich eben so V. depauperata, welche in der Form und in der Grösse *) Die Voluta ambigua (Strombus ambiguus SoL.) ist eine zu Barton häufige Art, welche wie auch Sowersy (in Dıxox Sussex p. 188) bemerkt, sehr verschieden ist von der untereocänen französischen V. ambigua bei Desuaves. Der französischen V. ambigua, welche noch einen neuen Na- men erhalten muss, da V. recticosta Sow. nicht übereinstimmt, gehört die zu Ronca häufige Voluta an, welche BronsnIArt für V. crenulata Lam. hielt. Die französische Y. ambigua gehört in die Verwandschaft der V. digitalina. 337 der Dornen am Rande des Daches mehr als F. spenosa der V. devexa gleich ist. Es wäre möglich, dass unsre V. devera von PnıLıppı (Pa- laeontographica I. p. 78) als V. spinosa aufgeführt ist. 2. Voluta labrosa Ph. IE SAT ao 2a A09r Paırıppı in Palaeontogr. I. p. 78. t. 10. £. 16. Voluta Germari Puıippr 1]. c. t. 10. £. 18. Vorkommen. Zu Westeregeln, und in nicht ganz si- cher bestimmbaren Steinkernen zu Österweddingen im Mag- deburgischen. Beschreibung. Das vollkommen ausgewachsene Exem- plar, dessen Abbildung Tafel 3 Figur 1 a, b giebt, hat 55 Mm. Länge bei 25 Mm. Breite. Von nahe gleichen Dimensionen sind auch unsere übrigen Stücke, welche von ausgewachsenen Indivi- duen herrühren. Das Gewinde ist kegelförmig, mit spitzwinkligem Scheitel, von noch nicht 57 der gesammten Länge. Die Weitung der Schlusswindung ist bei jungen Schalen (Figur 5) bauchig gerun- det, verflacht sich aber bei alten Stücken, welche dadurch eine abweichende Form erhalten. Das Embryonalende ist an keinem unserer Stücke unversehrt erhalten. Im Ganzen dürften sich nicht mehr als 5 bis 6 Mittelwindungen ausbilden. Nahe der Naht erhalten die oberen Windungen eine Kante, daher eine sehr schmale Nahtstufe, welche abwärts nicht an Breite zunimmt, viel- mehr im Alter sich wieder verliert und in der Schlusswindung fast ganz verschwunden ist. Die ersten Mittelwindungen sind eben; erst weiter abwärts findet sich eine anfangs sehr schmale, aber regelmässig an Breite zunehmende, flach vertiefte Einsen- kung ein, welche in der Schlusswindung ein breites, schräg her- abhängendes Dach bildet. Junge Schalen haben schwache Längs- rippen, welche sich auf der Weitung der untersten Windung bald verlieren und aufwärts bis zur Grenze des Daches herauf- reichen, wo sie am stärksten sind, ohne sich zu Spitzen zu erhe- ben; ihre oberen Enden bleiben auf den Umgängen des Gewin- des unter dem Dache sichtbar. Auf den ersten Mittelwindungen, ehe das Dach sich gebildet hat, verlängern sich die Rippen auf- wärts bis zum Rande der Nahtstufe, wo sie spitz enden; auf äl- Zeits. d. d. geol. Ges. V. 2. 22 338 teren und ausgewachsenen Schalen sind sie ganz verschwunden, und die Oberfläche ist nur mit unregelmässigen und schwachen Anwachsstreifen bedeckt. Beim Auswachsen erhält die Schluss- windung eigenthümliche, sehr unregelmässig sich ausbildende, rippenartige Erhebungen, welche PuirLippı in seiner Beschreibung der V. Zabrosa hervorhob, und welche nichts anderes sind, als der ganzen Länge nach herablaufende, stehengebliebene Ränder des etwas erweiterten und verdickten Aussenrandes der Mündung. Auf dem Dache der Windungen sieht man bei jüngeren Schalen, zuweilen auch noch bei alten, schwache unregelmässige Quer- streifen; bei jungen ist der bauchige Theil der untersten Win- dung quer linürt, das untere Ende stark gestreift; bei alten ist .nur der untere Theil, bald schwach bald sehr stark, linirt oder gefurcht. An der Mündung hat die Spindel bei jüngeren Stücken (Fi- sur d) anfangs nur 2 Falten, deren Zahl sich nach und nach (Figur 4) bis auf 5 vermehrt. Im ausgewachsenen Zustande bekömmt die Spindel ein ganz verschiedenes Ansehn. Sie erhält in der Mitte einen breiten, verdickten und tief in die Höhlung der Schale hineinragenden schwieligen Vorsprung, dessen innerer Rand mit dicken unregelmässigen Falten besetzt ist. In Figur 1b zeigt sich dieser Vorsprung, wie er vollständig ausgebildet in der aus- gewachsenen Schale bei vollkommen erhaltener Mündung sichtbar wird; Figur 2 stellt ein altes Stück dar, wo die äussere Wand der Mündung weit abgebrochen ist und dadurch der nach innen gekehrte schwielige Vorsprung in seiner sonderbaren Form blosgelegt wurde. Figur 3 stellt ein im Auswachsen begriffenes Stück dar, wo der äussere Rand der Mündung schon ausgebildet, der schwie- lige Vorsprung jedoch noch nicht vorhanden ist; die Falten sind aber schon vom Rande der Mündung zurückgetreten, so dass die Spindel, welche vorher wie in Figur 4 gebildet war, hier ganz faltenleer erscheint. Vom Rande der Mündung her breitet sich die Spindelplatte in weitem Bogen über die ganze Bauchseite der Schlusswindung aus, und erweitert sich zugleich so nach oben, dass auf den unteren Umgängen des Gewindes durch diese obere Ausbreitung der Spindelplatte die Skulptur verschleiert wird. Der Aussenrand der Mündung ist bei den unausgewachsenen Schalen dünn, bei den alten stark verdiekt und innen seiner ganzen Länge nach mit unregelmässigen, kurzen, starken Streifen besetzt. Der Rand selbst ist nach aussen etwas aufgeworfen, 339 wodurch die oben erwähnten rippenartigen Erhebungen auf der äusseren Seite der Schlusswindung entstehen. Bemerkungen. PhıLıppı unterschied den Jugendzustand der Voluta labrosa, welche er nur sehr unvollkommen erhalten kannte, als besondere Art unter dem Namen V. Germari; ich habe die Benennung beibehalten, welche von ihm der ausgewach- senen Form beigelegt wurde. Weder zur V. /yra noch zur V. bulbula, mit welchen PnHınıppr seine Arten verglich, hat die nord- deutsche Voluta auch nur entfernte Beziehungen; sie lässt sich, wie in den Bemerkungen zur V. devexa gesagt ist, ihrer Form und der Beschaffenheit der Mündung nach noch in die Verwand- schaft der V. ambiguwa stellen, in welcher sie sich von den übri- gen Arten durch das Verschwinden der Längsrippen im Alter unterscheidet: Ganz eigenthümlich und bei keiner anderen Vo- luta in gleicher Weise beobachtet ist die sonderbare Veränderung der Spindel bei den ausgewachsenen Schalen. 3. Voluta cingulata Nyst. Taf. 4. Fig. 1 a,b, c. Nyst Terr. tert. de la Belg. p: 59. t. 45. £. 7. V. suturalis (Nyst) Paıtıprı 1847 in Palaeontogr. I. p. 79. (pars, excl. & 10. f. 19): Vorkommen. Zu Westeregeln und Osterweddin- sen im Magdeburgischen. Beschreibung. Grössere, nicht ganz vollständig erhal- tene Stücke zeigen, dass die Art über 60 Mm. lang werden konnte. Ein vollständiges Exemplar hat bei 50 Mm. Länge und 23 Mm. Breite die Mündung schon vollkommen ausgebildet. Das Gewinde, von noch nicht 4 der gesammten Länge, be= steht, wenn vollständig erhalten, aus 7 bis 8 Umgängen, von denen 2 bis 3 das kleine kegelförmige Embryonalende bilden. Die Mittelwindungen erhalten sehr schnell eine ausgezeichnete Nahtstufe, welche abwärts allmälig an Breite zunimmt; sie geht unter nahe rechtem Winkel ab, und ist bald flach bald mehr oder minder vertieft, je nachdem der die Stufe begrenzende scharfe Rand mehr oder weniger aufwärts sich hervorhebt. Unterhalb der Stufe wird die Schale in den oberen Mittelwindungen durch eine schmale Furche eingeschnürt, welche sich abwärts zur Schluss= 2a" 340 windung hin allmälig in eine breitere flache Rinne verwandelt. Die Fläche der Stufe bleibt gewöhnlich vollkommen glatt und trägt nur selten schon die ersten Anfänge von Längsrippen, welche meist erst an dem scharfen, dadurch in breite stumpfe Zähne getheilten Rande der Stufe sich zu zeigen beginnen. Die Rippen laufen in gerader Richtung abwärts; sie sind von schwan- kender Form, bald breit und stumpf gerundet, breiter als die Zwischenräume, bald viel schmaler ohne jedoch ihre Rundung zu verlieren; 12 bis 15 im Umfange einer Windung. Zur Schlusswindung verändert sich ihre Form noch weiter in der Weise, dass ihr hinterer Abfall steiler als der vordere wird; in anderen Fällen verflachen sie sich, und wir besitzen Stücke, bei welchen die Rippen auf der Schlusswindung vollständig fehlen. Von Querstreifung zeigt die glänzend glatte Schale keine Spur auf dem Gewinde und auf dem oberen Theile der Schlusswin- dung; nur der untere verengte Theil der letzteren ist quer linüirt und gefurcht. Auf der Spindel fallen gewöhnlich nur 2 Falten deutlich in die Augen, eine untere stärkere und eine obere schwächere; bei alten Schalen sind noch 1 oder 2 sehr schwache Falten darüber unterscheidbar. Die Spindelplatte breitet sich er- weitert über die ganze Bauchseite der Schlusswindung aus; sie verlängert sich vom oberen Winkel der Mündung ein wenig auf- wärts der Art, dass ein schmaler Streifen über der Naht in den unteren Mittelwindungen sichtbar bleibt. Die Aussenseite der Mün- dung verdickt sich zum Rande hin beträchtlich, bleibt jedoch glatt. Unsere Abbildung Tafel 4 Figur 1 a, b stellt eine Abän- derung dar, bei welcher auf der Schlusswindung die Rippen von besonders schmaler Form sind; die Skizze ce zeigt das Gewinde schief gestellt, um die breite Nahtstufe anschaulich zu machen. Bemerkungen. Ueber die Identität der beschriebenen Voluta von Westeregeln und Osterweddingen mit der belgischen V. cingulata blieb mir kein Zweifel, nachdem ich ein gutes Exemplar der letzteren aus dem Sande von Lethen in H. Ror- MER’s Sammlung vergleichen konnte. Die Art scheint in Bel- gien nicht so gross zu werden wie bei uns; die äussere Wand der Mündung ist an dem beobachteten belgischen Stück noch stärker verdickt als bei unseren, und ein leichter anderer Unter- schied bei vollkommener Uebereinstimmung in allen übrigen Merkmalen besteht in einer, auch in Nysr’s Figur gut ausge- 341 drückten, etwas grösseren Zahl der Längsrippen in den oberen Mittelwindungen (bis 22 in einem Umgang). Einige unvollkom- mene Stücke dieser Art, die einzigen früher in unseren Sammlun- gen vorhandenen, rechnete PnıLıppi a. a. O. zu V. suturalis NNST. V. cingulata schliesst sich, wie auch Nys’r bemerkt hat, eng an eine ältere Gruppe von Voluten an, zu welcher ausser der von Nysr angeführten V. digitalina Lam. von Pariser Arten noch die V. bicorona, V. crenulata und die V. ambigua von Lamarck und DESHAYESs, von englischen die V. Lima Sow.*) und auch wohl die V. suspensa SoL. sp. gehören. Alle diese Arten, welche die natürliche Gruppe der Voluta dieitalina bil- den, haben wie V. cingulata eine Stufe an der Naht, unterhalb welcher die Schale durch eine gewöhnlich breite und wenig tiefe Furche eingeschnürt ist; sie haben meist die Aussenseite der Mündung am Rande stark verdickt und oft gekerbt oder gestreift; die Spindelplatte ist mehr oder minder stark erweitert; die Fal- ten auf der Spindel sind nur wenige, die unterste derselben ist die stärkste. V. cingulata entfernt sich von allen ihren Verwandten durch das gänzliche Fehien der Querskulptur im Gewinde und im oberen Theil der Schlusswindung, indem bei den übrigen Arten der Gruppe die Querskulptur meist so stark ausgebildet ist, dass die Rippen deutlich gekörnt und oben am Rande der Stufe und der Einschnürung mit kleinen Spitzen besetzt sind. 4. Voluta suturalis Nysi. Taf. 4. Fig. 6a, b. Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 592. t. 45. f. 6. V. suturalis (Nyst) PsıLıppr in Palaeontogr. I. p.79. (pars) t. 10. f. 19, Vorkommen. Im Magdeburgischen zu Osterweddin- gen (? Westeregeln). =) Den Namen Y. Lima gab Sowersy der Voluta des Barton-Tho- nes, welche SoLannper für das Buccinum scabriculum Lınn& hielt. Da SOLANDER der Art nicht einen ihr eigenthümlich zukommenden Namen gab, ist Sowerey’s Name ungeändert beizubehalten, und p’Orsıcny hatte Unrecht, im Prodrome den Artnamen scabriculum, der kein Prioritäts- recht besitzt, hervorzuheben. Die V. Lima, durch gebogene Längsrippen ausgezeichnet, ist eine andre Art als die V. digitalina Lam., mit welcher sie Desnayes unrichtig verband. Die französische Art muss den Namen V. digitalina, die englische den Namen V. Lima behalten. 342 Bemerkungen. Die Abbildung, welche ich hier beigefügt habe, ist eine Copie der von PnuLiıprı a. a. OÖ. ohne weitere Erläuterungen gegebenen Zeichnung. Das Original muss unter den daselbst zu V. suturalis gezogenen Stücken das eine in der Sack’schen oder Hrvse’schen Sammlung befindliche sein, und wird, wie ich vermuthe, nicht von Westeregeln sondern Oster- weddingen herstammen. PıLipri’s Zeichnung stimmt so gut mit Nysr’s Figur der V. suturalis überein, dass sie allerdings dieser Art angehören dürfte, deren Selbstständigkeit mir indess zweifelhaft ist. Vergleicht man nämlich die F. suturalis, welche Nysr in Belgien von Vliermael, Lethen, Hoesselt und Kleyn- Spauwen anführt, mit der V. cingulata, welcher sie in allen Fällen sehr nahe steht, so treten als Unterschiede hervor: eine mehr bauchig gerundete Form der Schlusswindung, dünnere und regelmässiger gestellte Längsrippen, und eine schmalere mehr rinnenartig ausgehöhlte Nahtstufe, Alle diese Verschiedenheiten könnten leicht nur den unausgewachsenen Zustand grösserer In- dividuen der V. cingulata bezeichnen. Für ein paar Stücke, welche H. Rormer als V. suturalis von Grimittingen aus Bel- gien erhielt, ist es mir nicht zweifelhaft, dass sie in dem be- zeichneten Verhältniss zu WV. swturalis stehen. Doch enthalte ich mich eines bestimmten Urtheils über die Frage, weil mir die Jüngeren Formen der V. cingulata von Westeregeln noch nicht in ausreichender Stufenfolge bekannt geworden sind, 5. Voluta eximia Bexr. Taf:'AP Fig. 2, 3 ab, Mlayb: Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen nicht selten, Beschreibung. Das grösste mir bekannte Stück (Taf, 4 Fig. 2) ist 61 Mm, lang. Figur 4 stellt ein ausgewachsenes Stück mittlerer Grösse dar von 49 Mm. Länge, 20,5 Mm. Breite; die Länge des Gewindes von der Spitze bis zum oberen Mün- dungswinkel ist 22,3 Mm., die Länge der Mündung 28,5 Mm. Die Schale ist demnach mehr als doppelt so lang als dick und das Gewinde etwas kürzer als die Mündung. Figur 3 ist das Bild einer jüngeren unausgewachsenen Schale. Das schlanke spitze Gewinde beginnt mit einem starken kegelförmigen, aus 3 bis 4 glatten Windungen bestehenden Em- 343 bryonalende (vergleiche Figur 3), worauf 4 bis 5 flache Mittel- windungen folgen. Auf den ersten Mittelwindungen zeigen sich gewöhnlich, wenn die Oberfläche gut erhalten ist, schwache, stumpfe und nicht sehr gedrängte.Längsrippen (Figur 3), welche meist auf den folgenden beiden Mittelwindungen vollständig wie- der verschwinden, und erst nahe der letzten wieder hervortreten. Abänderungen kommen vor, wo die Unterbrechung der Rippen weniger vollständig ist, und andre, wo die Berippung der oberen Windungen so schwach wird, dass die ganze Schale bis zur letzten Mittelwindung glatt bleibt. Durch diese Unregelmässig- keit in der Entwicklung der Längsskulptur erhalten die unaus- gewachsenen Schalen ein sehr ungleiches und zugleich von dem ausgewachsenen Zustande sehr verschiedenes Ansehn. Die auf der letzten oder den beiden letzten Mittelwindungen vorhandenen Längsrippen sind von stumpfer und runder Form, und stehen weit auseinander, durchschnittlich nur 8 im Umfang der Windung;; anfangs schwach beginnend, erheben sie sich bald stärker und zwar so, dass sie im untern Theil der Windung etwas anschwel- len, während sie sich nach oben hin verdünnen und zuweilen ganz verlieren, ohne die obere Naht zu erreichen. Die beschrie- bene Form der Längsrippen in den unteren Mittelwindungen ändert. sich allmälig zur Schlusswindung hin, indem sich in eini- ger Entfernung von der oberen Naht ein anfangs sehr schwacher Höcker einfindet, welcher sich bald höher und höher erhebt, und auf der Schlusswindung zu einem stumpfen Knoten ausbildet. Je stärker sich die Höcker in der Schlusswindung erheben, je mehr verflachen sich zugleich die Rippen unter denselben, und verschwinden zuletzt ganz in dem letzten Drittheil oder der letz- ten Hälfte der Schlusswindung. Es bleiben daher zuletzt nur die Knoten übrig, welche alsdann durch eine stumpfgerundete Aufbiegung der Schale verbunden werden, so dass ein schräges Dach unter der Naht entsteht. Mit der Ausbildung der Knoten und des Daches steht zugleich eine Umänderung der Form in Verbindung, welche die Schale in der Schlusswindung erleidet. Während nämlich jüngere Schalen die letzte vorhandene Win- dung regelmässig bauchig gewölbt zeigen, ist die Schlusswindung in ihrer oberen Hälfte abgeplattet und selbst etwas eingesenkt. Die Querskulptur besteht in den obersten Mittelwindungen in feinen unregelmässigen Linien, welche weiter abwärts zuerst in dem untern Theil der Umgänge und nachher ganz verschwinden. 344 Junge Schalen sind unten nach dem Kanal hin gestreift; bei äl- teren werden die unteren Streifen wieder undeutlich bis zum Ver- schwinden. Eine sehr feine, sparsame und unregelmässige Strei- fung ist bei alten Schalen hier und da noch auf der Oberfläche des Daches unter der Lupe zu erkennen. Die Mündung hat einen stumpfen, einfachen, innen glatten Aussenrand ohne äussere und innere Verdickung. An der Spindel stehen an den grossen aus- gewachsenen Schalen 4 bis 5 von oben nach unten an Stärke zunehmende Falten, zu welchen sich noch eine schwächere, mehr oder weniger deutlich ausgebildete, unterste Falte gesellt. An jungen oder kleineren Schalen sind nur drei obere Falten vor- handen. Bei den älteren Schalen (Figur 2 und 4) bildet sich unten allmälig ein ziemlich starker Kamm aus mit einer schar- fen, kantigen, oberen Begrenzung. An mehreren Stücken haben sich Farbenreste erhalten in der Form von schmalen, einfachen oder doppelten, ununterbrochenen und weit auseinanderstehenden, dunklen Querstreifen. Die Figuren 2 und 4 zeigen solche Far- benstreifen, welche ohne besondere Zubereitung der Schale auch im trockenen Zustande sichtbar sind. Bemerkungen. Voluta eximia ist einer natürlichen Gruppe eocäner Arten anzureihen, an deren Spitze LAMARcK’s V. muricina zu stellen ist; dieser schliessen sich an V. angusta DesH., V. costuria Lam., V. torulosa Dese. und von engli- schen noch die V. uniplicata Sow. (in Dıxon Sussex Taf. 7 Fig. 45, 46). Diese haben alle ein schlankes spitzes Gewinde mit verhältnissmässig starkem, meist schon etwas zitzenförmigem Embryonalende, weit auseinanderstehende, meist schmale und oben häufig zu einer Spitze sich erhebende Längsrippen, eine mit wenigen nach unten an Stärke zunehmenden Falten besetzte Spindel, einen einfachen unverdickten und innen glatten Aussen- rand der Mündung. F. eximia unterscheidet sich von allen ge- nannten ‚ihr vergleichbaren Arten durch die stumpfe Form der Längsrippen und besonders durch die eigenthümlichen stumpfen Knoten, welche die letzteren statt sonst vorkommender Spitzen in der Schlusswindung oben erhalten. Sie findet sich, wie ich nach einem zwar nicht vollständigen, doch gut vergleichbaren Stück in der Königlichen Sammlung urtheilen muss, auch eocän in Eng- land zu Barton, zunächst einer solchen Abänderung der V. eximia von Westeregeln gleich, wo in den oberen Windungen weniger, als es gewöhnlich der Fall ist, die Längsrippen sich verlieren. 345 Ich vermuthe, dass PHıLıppı die V. eximia von Westeregeln als V. torulosa (Palaeontogr. I. p. 79 no. 172) aufgeführt hat. 6. Voluta decora BENR. Taf. 4 Fig. 5a, b. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. Die Länge des einzigen vorhandenen Stückes beträgt 41,3 Mm., die Breite 20 Mm., die Länge des Ge- windes von der Spitze bis zum oberen Mündungswinkel 19,6 Mm., die Länge der Mündung 24,4 Mm. 'Die Schale besteht aus 8 Windungen. In der Umgebung der Spitze ist die äussere Schallage grossentheils zerstört, daher die Form des Embryonalendes und der Anfang der Skulptur nicht zu beobachten. Die Mittelwindungen sind flach gewölbt, fast eben; sie sind ihrer ganzen Länge nach mit dicken gerun- deten Längsrippen bedeckt, welche durch ungefähr gleich breite Zwischenräume getrennt sind; 16 Rippen sind im Umfang der letzten Mittelwindung, eine weniger in der Schlusswindung vor- handen. Die Rippen der Mittelwindungen erhalten schon dicht an der oberen Naht ihre volle Breite und Erhebung, wodurch die oberen Windungen sich etwas treppenförmig von einander ab- setzen. Auf der Schlusswindung nehmen die Rippen eine gegen die Mündung hin stärker werdende verkehrt Sförmige Biegung an, deren Anfang in einer leichten Krümmung schon auf der letzten Mittelwindung bemerkbar wird. Sie bleiben gleich stark bis zum Rande der Mündung, und verlieren sich abwärts erst in der Nähe des Ausschnitts. Eine äusserst schwache Querstrei- fung wird auf dem Gewinde nur unter der Lupe erkennbar. Die Schlusswindung hat nur in ihrer unteren Hälfte anfangs schwache, abwärts stärker werdende Querlinien, welche sich durch allmälige Erhebung und Sonderung des unteren Randes der vertieften Li- nien zuletzt in erhabene Streifen verwandeln. Die lange und schmale Mündung erhält aussen eine dicke wulstige Umsäumung, etwa doppelt so breit und hoch als eine der letzten Längsrippen. Zwei ältere stehengebliebene Säume in der Mitte und am An- fang der Schlusswindung beweisen, dass die Ausbildung der Mündung sich im Alter unregelmässig periodisch wiederholte, und zugleich, dass unsere Schale einem vollkommen ausgewachse- nen und alten Thiere angehörte. Der äusseren Umsäumung ent- 346 spricht eine innere glatte Verdickung des Randes. Von 10 Fal- ten, welche den Spindelrand seiner ganzen Länge nach bedecken, sind die untersten 3 stärker als die übrigen, welche unterein- ander von nahe gleicher Stärke sind; die mittlere der drei un- teren ist von allen die stärkste. Die Spindelplatte ist nicht erweitert, sondern endet mit bestimmter Begrenzung in etwa 2 Mm. Entfernung vom Ende der Falten. Ein Kamm ist nicht vorhanden. Bemerkungen. Mit der Voluta magorum von Broceui können einige andre Arten zu einer natürlichen Gruppe verbun- den.werden, in welcher unsre V. decora ihren Platz erhalten würde. Die gemeinsamen Charaktere sind folgende: eine ver- längert eiförmige ins Spindelförmige oder Eichelförmige gehende Gestalt, vielen Mitra-Arten ähnlich; ein hohes der Mündung an Länge nahe gleichkommendes Gewinde; ein kleines kegelför- miges Embryonalende; starke Längsrippen, welche sich an der oberen Naht oft erheben, so dass eine Nahtrinne entsteht; schwache, nur im untern Theil der Schlusswindung tiefer wer- dende, oder auch wohl ganz fehlende Querstreifen; und vornehm- lich eine mit zahlreichen Falten bis nahe zum oberen Mündungs- winkel herauf bedeckte Spindel mit kurzer, nicht übergreifend ausgebreiteter Spindelplatte. Hinzuzufügen ist vielleicht noch das Vorhandensein einer äusseren durch Anschwellen der letzten Rippe entstehenden Verdickung des äusseren Randes der Mün- dung, und in der Anordnung der Spindelfalten .das Verhalten, dass nicht die unterste, sondern die vorletzte Falte oder die mitt- lere von drei unteren mehr vortretenden Falten die stärkste ist. Durch das Hinaufgehen der zahlreichen Falten bis nahe zum oberen Winkel der Mündung unterscheidet sich die Gruppe von einer nächststehenden und durch Uebergänge mit ihr verbunde- nen anderen Gruppe, deren Ausgangsart SoLAnDEr’s Voluta costata ist; bei analoger Form und gleichem System der Skulptur finden sich bei dieser und anderen ihr ähnlichen nur wenige Falten am Grunde der Spindel. Unter den Voluten des Pariser Tertiärgebirges gehören zwei Arten, V. Aharpula Lam. und Y. Dranderi Dess. in die Gruppe der F. mugorum. Beide kann ich nach Pariser Exem- plaren genauer mit unsrer Art vergleichen. Die schmalen dün- nen Falten, die nur sehr schwache, fast ganz fehlende, innere Ver- dickung des äusseren Mündungsrandes und die Schwäche der oberen 347 Spindelfalten, welche erst sehr spät, nicht fern vom Mündungs- rande, sich einfinden und jungen unausgebildeten Schalen noch ganz fehlen, endlich die stets geringere Grösse unterscheiden die V. harpula. WVoluta Branderi ist der Art von Westeregeln viel ähnlicher, auch steht sie ihr im Alter näher; sie unterschei- det sich jedoch hinreichend durch stärkeres treppenförmiges Ab- setzen der Windungen, plattere Form der Schlusswindung, we- niger deutliche Biegung der Längsrippen und stärkeres Hervor- treten eines Kammes. Diese Art wurde von DESHAYES selbst früher unter dem Namen Voluta crassicosta nach Berlin gesen- det, welche Bemerkung ich beifüge, weil dieser von DESHAYES, wie es scheint, später vergessene Name in Bronn’s Index auf- genommen ist. In England hat SOWERBY aus dem Barton-Thon eine ähn- liche Voluta als V. magorum Broccnı aufgeführt. Beschreibung und Abbildung lassen nur die allgemeineren Verwandtschafts- Charaktere auflassen und gestatten keine schärfere Vergleichung. Es ist ganz zweifelhaft, ob diese Art der unseren und mehr noch, ob sie der von BRoccHi benannten gleich ist. Die Brocchı- sche V. magorum war zu Belmonte am Fuss der ligurischen Apenninen gefunden und gehört, nach den sie begleitenden For- men zu urtheilen, den eocänen südalpinischen Molluskenfaunen an. Broccurs Exemplar war unvollständig; seine Beschreibung ist sehr kurz, und überall blieben Zweifel, wo auf seine Art spä- ter beobachtete Formen anderer Gegenden bezogen sind. Solche ungenügend bestimmte Namen müssen in der Litteratur ruhen, bis mehr über dieselben bekannt wird. Was MıcHELorri (Terr. mioc. 1847. p. 319) über W. magorum Broccnı gesagt hat, fördert nicht die Kenntniss der ursprünglichen Art; denn er giebt eine andre Diagnose und hat augenscheinlich mit Broccur’s Art eine andre von Turin verwechselt, welche in die Verwandtschaft der WV. costata SoL. gehört. Aus den unteren Theilen der Bordeaux-Formation hat GRA- TELOUP drei verwandte Arten unterschieden, die #. mitraefor- mis |Lam.] (Atl. t. 39. f. 18, 19; excel. f. 21, 22), W. harpula [Lam.] (Atl. t. 39, £. 13, 14, 17) und P”. costata |Sow.] (Atl. t. 46. f. 14a, b). Vielleicht ist mit GrarELoup’s F. costata, welche nach der gegebenen Diagnose sicher nicht SOLANDER’S oder SOWwERBY’s V. costata ist, die F. incrassata von Wester- egeln am ehesten vergleichbar. 348 7. Voluta subgranulata SCHLOTH. sp. aA RIER 7a Nc. Muricites subgranulatus SCHLOTHEIM Petrefaktenk. 1820. p. 140. Cancellaria elegans Karsten Verz. 1849. p. 25. Voluta semiplicata (Nyst) BorL in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges- 1851 p. 458; ß multistriata ibid. Vorkommen. Im glaukonitischen Magdeburger Sande über der Grauwacke zu Neustadt-Magdeburg, FELDHAaus. *) Verschwemmt im Sternberger Gestein in Meklenburg, Kö- nigliche Sammlung (das in der Petrefaktenkunde von SCHLOT- HEIM benannte Stück), besser in der Rostocker und in BoLr's Sammlung; desgleichen in einem, von dem gewöhnlichen Stern- berger etwas abweichenden, bei Moltzow in Meklenburg ge- fundenen Gestein, BoLL. Beschreibung. Ein wohl erhaltenes Exemplar von Moltzow in Borr’s Sammlung ist 22,2 Mm. lang, 9,5 Mm. breit; fast gleiche Dimensionen hat das vollständigste Stück aus dem Sternberger Gestein in der Rostocker Sammlung. Das Ge- winde ist von nahe gleicher Länge mit der Mündung. Die ganze Schale besteht aus 2 bis 2; glatten, gerundeten Embryonal-Windungen, 4 bis 5 Mittelwindungen und der Schluss- windung. Das Gewinde ist hoch kegelförmig, die Mittelwindun- gen stark und regelmässig gewölbt, die Schlusswindung in der Mitte bauchig, nach unten allmälig sich verengend. An der oberen Naht der Mittelwindungen entspringen Längsrippen, wel- che sich abwärts zur unteren Naht hin in starken Bogen nach vorn kehren; sie erhalten daher in der Schlusswindung, wo sie *) Herr Consistorial-Sekretär Fernuaus zu Magdeburg hat mir eine reiche Sammlung von Versteinerungen des Magdeburger Sandes zur Be- nutzung anvertraut, in welcher die Fundorte Neustadt-Magdeburg und Westeregeln, deren Conchylien in der Erhaltung sich ununterscheidbar gleichen, nicht gesondert sind. Bei den wenigen Arten in dieser Samm- Jung, welche mir nicht auch von andern Seiten her sicher als dem einen oder anderen Fundort angehörig bekannt sind, habe ich, wie hier, an- genommen, dass Neustadt-Magdeburg der Fundort sei. Ein etwaiger Irrthum, der hierbei unterlaufen könnte, ist in sofern von geringer Be- deutung, als die beiden Faunen ihrem Alter nach ohne Zweifel einander zugehören, obwohl zu Neustadt-Magdeburg einige Arten mehr vorkommen, welche dem Septarienthone oder der Fauna des Sternberger Gesteins zu- kommen und sich zu Westeregeln noch nicht gezeigt haben. 349 erst auf dem unteren Theile der Weitung sich verlieren, eine ver- kehrt Sförmige Krümmung, und werden unter spitzen Winkeln von den feinen, unregelmässigen, gerade herablaufenden Anwachs- streifen durchschnitten; eben so stossen die letzt gebildeten Längs- rippen unter spitzem Winkel an den Rand der Mündung, dem sie nicht parallel laufen. Die Längsrippen beginnen schwach an der oberen Naht und erheben sich am stärksten auf der mittleren Wölbung der Mittelwindungen; sie sind gleich breit oder etwas schmaler als ihre Zwischenräume, 16 bis 20 in einer Windung. Die Querskulptur beginnt auf der obersten Mittelwindung mit starken, durch gleich breite Zwischenräume getrennten Streifen ; abwärts werden die Zwischenräume breiter und erhalten zugleich einen oder mehrere feinere Zwischenstreifen, in letzterem Fall zuerst einen einzelnen in der Mitte, nachher zu jeder Seite noch einen anderen, der schwächer bleibt. In dem unteren Theil der Schale unterscheiden sich demnach breitere Hauptstreifen, welche die Fortsetzung der anfangs allein vorhandenen Streifen sind, und schwächere Zwischenstreifen, welche oben den Raum von der Naht bis zu dem obersten Hauptstreifen und dann die Zwi- schenräume zwischen den Hauptstreifen ausfüllen, entweder nur ein einzelner oder gewöhnlich je 3, deren mittlerer etwas stärker ist als die seitlichen. Nur die Hauptstreifen verdicken sich ein wenig auf der Höhe der Längsrippen, welche dadurch ein schwach gekörneltes Ansehn erhalten; es sind deren gewöhnlich 4 auf den unteren Mittelwindungen, 8 bis 10 in der Schlusswindung vorhanden. Auf dem unteren Theil der Schlusswindung verliert sich die Körnelung allmälig mit dem Verschwinden der Längs- rippen. Stücke kommen vor, wo die Querskulptur weniger regel- mässig, als beschrieben, sich ausbildet, und wo namentlich auch noch die Hauptstreifen durch eine oder ein paar Linien in klei- nere Streifen zertheilt werden; eine Abänderung der letzteren Art ist das von BoLr als var. B multistriata ausgezeichnete Stück von Moltzow. Die Mündung zeigte nur an einem Stück der Rostocker Sammlung die Ränder vollkommen ausgebildet. Die Spindel hat unten nur zwei ziemlich starke, schräge Falten und eine nur wenig über den Rand der Mündung hinaus erweiterte Platte. Der Aussenrand ist innen verdickt und mit starken kurzen Strei- fen besetzt, welche bis dicht an den Rand reichen; aussen erhält er eine dicke wulstige Umsäumung, vor welcher der Rand noch 350 etwas vorspringt, und über welche die Querskulptur ungeändert bis an den Rand hin fortläuft. Der Ausschnitt an der Basis ist tief und so zurückgebogen, dass ein etwas gedrehter, jedoch nur wenig erhabener und nicht bestimmt begrenzter Kamm entsteht, dessen innere nabelartige Vertiefung durch den unteren Theil der Spindelplatte bedeckt wird. Von den Abbildungen stellt Tafel 4 Figur 7a ein Stück von Moltzow in Borr’s Sammlung dar, Figur 7b das Stück der Rostocker Sammlung, an welchem die Ränder der Mündung vollständig ausgebildet sind, Figur 7 ce vergrössert die Skulptur der letzten Mittelwindung an dem Stück von Moltzow, bei wel- chem die Hauptquerstreifen getheilt und die Zwischenstreifen we- niger regelmässig als gewöhnlich entwickelt sind. Bemerkungen. Unter den eocänen Pariser Voluten zeich- nen sich drei, mir sämmtlich nur aus den Beschreibungen be- kannte Arten, V. variculosa Lam., V. mitreola Lam. und V. multistriata DESE., durch ihre spindelförmige Gestalt, langes Gewinde und geringe Breite vor allen sie begleitenden Arten aus. Sie nehmen mehr als irgend andre Voluten die Form der Mitren an, und würden, wie DESHAYES sagt, auch dieser Gat- tung zugestellt sein, wenn nicht die Faiten der Spindel sie noch zu Voluta zögen. Dieselbe Betrachtung macht NysrT bei Be- schreibung seiner V. semiplicata und Voluta? semigranosa, an welche letztere sich unsre V. subgranulata nahe anschliesst; alle drei können mit den genannten älteren eocänen Arten zu einer nach V. variculosa zu benennden Gruppe vereinigt werden. Die eocänen Pariser Arten der Gruppe sind glatt oder fein querge- streift, die jüngeren belgischen unterscheiden sich durch das Hinzutreten von Längsrippen zur Querskulptur, wodurch eine Körnelung der Oberfläche entsteht, ohne dass sich Uebergänge zu den noch die meisten Vergleichungspunkte darbietenden Grup- pen der V. muricina, V. costata und V. Magorum ausbilden. Das Gewinde zeigt bei der Gruppe der V. variculosa nie eine Neigung zur Ausbildung einer Nahtrinne oder Nahtstufe, wie bei den Gruppen der V. Magorum und V. costata, welche sich ausserdem durch breitere Form, breitere stärkere Längsrippen - und wenig entwickelte Querskulptur unterscheiden; in der Form des Gewindes sind die langen: Arten in der Gruppe der V. mu- ricina ähnlicher, bleiben aber durch die sparsamen und schmalen Längsrippen, durch die Neigung derselben zur Spitzenbildung al 351 und auch durch die geringe Querskulptur verschieden. Die Fal- tung der Spindel ist nicht wesentlich anders wie bei den Grup- pen der F. muricina und V. costata; das Embryonalende ist klein und spitz wie bei allen bisher betrachteten Formen. Von den beiden belgischen Arten der Gruppe findet sich die nachfolgend beschriebene V. semigranosa auch in Nord- deutschland; der anderen, V. semiplicata, steht die V. subgranu- /ata anscheinend so nahe, dass BoLL sie für übereinstimmend hielt. Ich nehme Anstand beide Arten zu vereinigen, weil Nysr in der Beschreibung der jedenfalls sehr ähnlichen, nur in einem Exemplar ihm bekannt gewesenen V. semiplicata nichts von gebogenen Längsrippen sagt; diese sind ein so auffälliges Merk- mal der V. subgranulata, dass keine sorgfältige Beschreibung dasselbe unerwähnt lassen könnte; auch muss nach Nysr’s Be- schreibung die Querskulptur an der belgischen Art verschieden sein. Uebrigens ist das Niveau, in welchem in Belgien die V. semiplicata vorkömmt (Thon von Rupelmonde und Nucula- loam von Berg nach BosaueEr’s Verzeichniss) dasselbe, in wel- ches ich das die V. subgranulata enthaltende Sternberger Ge- stein versetze. Den ScuLoTHEiMm’schen Artnamen, über wel- chen das in der Königlichen Sammlung noch vorhandene in der Petrefaktenkunde beschriebene Stück Auskunft giebt, habe ich beibehalten, weil KArsten’s Name schon für eine Voluta verge- ben ist; ich würde ersterem kein Prioritätsrecht zuschreiben, da durch das von SCHLOTHEIM Gesagte die Art für niemand kennt- lich werden konnte. Ss. Voluta semigranosa NYNST. Taf. 4. Fig. 8a, b, c. Voluta? semigranosa Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 594. t. 44. f. 11. Vorkommen. Zu Westeregeln im Magdeburgischen. Beschreibung. Wir besitzen zwei Exemplare der Art von nahe gleicher Grösse. Das abgebildete Exemplar ist 21 Mm. lang, 8 Mm. breit; Länge des Gewindes bis zum oberen Win- kel der Mündung 11,5 Mm., Länge der Mündung 10 Mm. Bei dem anderen Exemplar ist die Mündung im Verhältniss zur ge- sammten Länge noch etwas kürzer. | Das lange, fast thurmförmige Gewinde zeigt 8 erhaltene Windungen; zur Spitze hin ist die äussere Lage der Schale zerstört, 352 ein oder zwei Embryonalwindungen könnten fehlen. Die Mittel- windungen sind sehr flach gewölbt. Sie haben schwach gebo- gene, fast gerade, gerundete Längsrippen, etwa gleich breit mit den Zwischenräumen, in den oberen Windungen bis zur unteren Naht herabreichend, in den unteren allmälig abwärts verschwin- dend, 15 bis 20 in einer Windung. Schmale, ziemlich regelmässige, eng und tief eingeschnittene Querlinien von oben nach unten von 3 bis zu 6 in einer Windung sich vermehrend geben den Längs- rippen ein schwach gekörntes Ansehn, welches mit den Rippen zugleich sich abwärts verliert. In der Schlusswindung sind die Längsrippen nur zu oberst nahe der Naht noch sichtbar; sie ver- flachen sich zur Mündung bis zu fast gänzlichem Verschwinden. Auch die Querlinien verlieren in der Mitte der Schlusswindung an Breite und Tiefe und verschwinden ganz auf dem untersten Ende der Schale. Die Mündung ist in der Mitte am weitesten, nach unten allmälig kanalartig verengt. Die Spindel hat unten 3 Falten, deren mittlere die stärkste ist; die Spindelwand bedeckt in einer nicht unbeträchtlichen Ausbreitung einen Theil von der Bauchseite der Schlusswindung. Der Aussenrand der Mündung ist nur wenig, mehr aussen als innen, verdickt, und innen mit kurzen Streifen besetzt, welche bis an den Rand heranreichen und diesem eine leichte Kerbung ertheilen. Tafel 4 Figur 8 a, b stellt das gemessene Exemplar in na- türlicher Grösse dar, von der Bauch- und Rückenseite gesehen; Figur 8 e zeigt vergrössert die Skulptur der letzten Mittelwin- dung. Die Schale gehört einem vollkommen ausgewachsenen Thiere an, da sich schon eine halbe Windung früher, wie die zurückgebliebene äussere Verdickung anzeigt, die Mündung voll- ständig ausgebildet hatte. Bemerkungen. Durch die Skulptur und durch den Aus- senrand der Mündung unterscheidet sich V. semigranosa von V. subgranulata. Die Bemerkungen zu letzterer Art sind für die Stellung innerhalb der Gattung zu vergleichen. In Belgien gehört V. semigranosa der Fauna von Lethen an, welcher ich die Magdeburgische parallel stelle. Die geringen Abweichungen in Nysr’s Beschreibung und Abbildung erklären sich durch die Annahme, dass ihm nur jüngere Schalen der Art vorlagen; die von uns beschriebene Form würde eine Windung früher der bel- gischen gleich gewesen sein. 353 9, Voluta Siemssenii BoLL. Tar#).Rio. 23230495. V. Lamberti (Sow.) GrATELouUP Conch. foss. Univ. t. 39. £. 3, 4 et 97) V. Tarbelliana (pars) t. 39. f. 2. ? V. Lamberti (Sow.) Woon Crag Moll. Univ. (pars) t. 2. f. 3a. V. Lamberti (Sow.) Paıtıppr in Palaeontogr.I. 1847. p. 78. No. 168. V. Lamberti (Sow.) Meyx Geogn. Beob. 1848. p. 22. No. 8. Pyrula? Beyrıcn in Karsten’s Archiv. Bd. 22. 1848. p. 18. V. Siemssenü Born im Arch. der Ver. d. Fr. d. Naturgesch. in Meklenb. Heft 5. 1851. p. 194: Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 458. ”. spec. Born im Archiv etc. Heft 3. 1849. p. 214 und Heft 5 1551. p. 194; Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 462, Vorkommen. Zu Welsleben und als Steinkern zu Österweddingen im Magdeburgischen. Im Septarienthon der Mark bei Hermsdorf und Joachimsthal. In Meklenburg bei Bokup nordöstlich von Dömitz, BoLL; verschwemmt bei Pinnow und, beim Bau der Rostocker Eisenbahn gefunden, in festem (? Sternberger) Gestein, BoLL. Im Thon bei Lüneburg, WELLENKAMP. Auf der Insel Sylt, Kieler Sammlung, MEyn. Zu Bersenbrück bei Osnabrück, F. und A. ROEMER. Beschreibung. Obgleich die V. Stemssenü, wie die an- gegebenen Fundorte zeigen, in den norddeutschen Tertiärbildun- gen jeden Alters eine grosse Verbreitung besitzt, sind mir doch noch keine ausgewachsenen vollständig erhaltenen Stücke dersel- ben zu Gesicht gekommen. In kolossalen Dimensionen findet sich die Art auf der Insel Sylt und bei Lüneburg, von welchem letztern Fundort ich jedoch bis jetzt nur Bruchstücke der Spin- del kenne. Ein grosses Stück in der Kieler Sammlung ist in der Schlusswindung 65 Mm. breit und lässt auf eine Länge von 150 Mm. (5+ Zoll) schliessen; das sind etwa gleiche Dimensio- nen, wie sie den grössten Exemplaren der ähnlichen V. Lam- berti zugeschrieben werden. Die meklenburgischen und alle übri- gen Fundorte haben bis jetzt nur Stücke von viel kleineren In- dividuen geliefert. Die Beschreibung entwerfe ich nach Verglei- chung der zahlreichen der Art zugezogenen fragmentarischen Reste. Die Schale war in ihrer Form beträchtlichen Schwankun- gen in der Breite unterworfen, wie sich aus Vergleichung so- wohl der Fragmente von Gewinden verschiedener Fundorte, als der bald schlankeren bald breiteren auf Sylt nebeneinander vor- Zeits. d.d. geo .. Ges. V, 2, 23 354 kommenden Reste der grösseren Individuen ergiebt. Ein Ge- wicht für weitere Trennungen kann auf diese Abweichungen nicht gelegt werden. Von unsern Abbildungen stellt Fig. 3 ein sehr schlankes Gewinde, Figur 2 etwa die mittleren Verhältnisse und Figur 5 die am meisten in die Breite gehende Form dar, zu welcher auch das erwähnte sehr grosse Stück von Sylt in der Kieler Sammlung gehören würde. Das Embryonalende, nur aus einer Windung bestehend, hat die Form eines stumpfen und breiten Knopfes, der oben gerundet ist oder kurz zitzenförmig ausläuft; es schwankt in der Breite, wo ich es vollkommen er- halten sehe, von 3 bis 5 Mm. Das Gewinde mag auch bei den grössten Stücken nicht mehr als 5 Mittelwindungen gehabt ha- ben. Diese sind anfangs flach oder flach gewölbt, und erhalten erst weiter abwärts, bald früher bald später, in ihrem oberen Theil eine deutliche Einsenkung, welche sich bei den schlankeren Stücken weniger als bei den breiteren ausbildet. Unsre Stücke von Welsleben weichen von allen übrigen dadurch ein wenig ab, dass gleich vom Embryonalende an die Einsenkung schon an- fängt sich zu zeigen, und mehr noch dadurch, dass an der Naht eine leichte Anschwellung der Schale, daher ein bestimmtes Ab- setzen der Windungen von einander sich ausbildet. Ist die äusserste Schalschicht wohl erhalten, so zeigen die oberen Mit- telwindungen in der Regel sehr zierliche, zahlreiche, sehr feine Querstreifen, welche von noch feineren haarförmigen Anwachs- streifen gekreuzt werden. Abwärts werden in den älteren Scha- len die Querstreifen sowohl wie die Anwachsstreifen undeutlich bis zum Verschwinden, zuerst auf dem bauchigen Theil der Um- gänge, nachher auch in der oberen Einsenkung, in welcher sie auch bei ganz grossen Stücken von Sylt noch deutlich wahrge- nommen werden können. Die Spindel hat stets, bei allen beob- achteten Fundorten, nur 3 bestimmte, fast gleich starke Falten; sie sind schmal und scharf bei jungen Schalen, aber vollzählig und gleich stark ausgebildet auch im frühesten Alter schon vor- handen; bei den grossen Schalen von Sylt und Lüneburg sind sie dicker und stumpf. Eine schwache Anschwellung der Spin- del unterhalb der untersten Falte kömmt vor, bildet sich aber nie zu einer wahren vierten Falte aus. Von unseren Abbildungen stellt Figur 2 das grösste der verschwemmt zu Pinnow in Meklenburg gefundenen Stücke dar, dessen BoLL a. a. OÖ. im dritten Hefte des meklenburgischen Ar- ee 355 chivs gedenkt; die Schale ist sehr gerollt, die Streifung nicht sichtbar, die Einsenkung in dem oberen Theil der Windungen kaum angedeutet. Figur 3 ist das bei Malliss (oder Bokup) ge- fundene Stück, auf welches BoLL im fünften Heft des meklen- burgischen Archivs a.a.O. als verschieden von seiner V. Siemsse- ni hinweist; die Windungen sind gleichmässig flach gewölbt, oben nicht eingesenkt, die oberen Mittelwindungen sehr deutlich quergestreift. Figur 4 ist ein Stück aus dem Septarienthon von Hermsdorf, gleich allen dort gefundenen Bruchstücken sehr zier- lieh und regelmässig gestreift. Figur 5 stellt das beste der drei beim Bau der Eisenbahn nach Rostock in einem festen Gestein gefundenen Stücke dar, welche BoLL die auf sie zu eng be- beschränkte Art aufzustellen veranlassten, Das Gestein ist ent- weder das Sternberger Gestein oder das in Holstein und Schles- wig verbreitet vorkommende sehr ähnliche Tertiärgestein, welches auch im nordwestlichen Meklenburg auftritt und seiner Fauna nach der Tertiärformation von Sylt und Lünebnrg zugestellt wer- den muss. Die reiche Rostocker Sammlung enthält die Art nicht aus dem unzweifelhaften Sternberger Gestein. Die Unterschiede, welche BoLL bestimmten, die Voluten von Malliss und Pinnow noch für verschieden von seiner V. Siemssenii zu halten, erga- ben sich nach Obigem bei Vergleichung zahlreicher Stücke von anderen Fundorten als unwesentlich, und zum Theil nur durch die verschiedenen Alterszustände der beobachteten Schalen be- dinst. Bemerkungen. Voluta Siemssenü ist eine der Y. Lam- berti des englischen und belgischen Crag so nahe stehende Art, dass ich es selbst für zweifelhaft halte, ob sie in der Weise, wie ich sie hier zu trennen versuche, allgemeinere Anerkennung finden wird. Ich verstehe, indem ich sie mit der /. Lamberti ver- gleiche, unter diesem Namen zunächst nur die von SOWERBY und Nysr abgebildeten gewöhnlichen Formen, indem die zu der englischen V. Lamberti gegebenen Beschreibungen es zweifelhaft lassen, ob nicht in deren Begleitung auch noch als seltenes Vor- kommen die V. Siemssenii vorhanden ist. In der Form und in der Beschaffenheit der Skulptur ist kein festzuhaltender Unter- schied zwischen beiden Arten vorhanden. Die bei V. Siemssenüi beobachteten Schwankungen in der Form, die bald schmächtiger bald gedrungener ist, kommen auch der Y. Lamberti zu, und WooD hebt bei Beschreibung der letzteren ausdrücklich hervor Rare 336 dass die in England seltneren Stücke mit wohlerhaltener Ober- fläche die gleiche Querstreifung besitzen. welche an Stücken von Antwerpen sehr leicht zu sehen ist. Im Allgemeinen scheint die gewöhnliche Form der 7. Lamberti schlanker und mit einer schwächeren Einsenkung des oberen Theiles der Windungen ver- sehen zu sein, als die breiteren und anscheinend verbreiteteren Abänderungen der F. Sremssenü, wie unsre Figur 3 oder die Figuren bei GRATELOUP, a. a. O.t. 39 f.3 u. 4, sie darstellen. Das einzige in der Frage über die Zulassung der F”. Siemssenii entscheidende Merkmal liefert die Spindel, welche bei allen deut- schen Vorkommnissen nur 3 deutliche Falten hat, während die F. Lamberti des Crag bei Antwerpen, wie sie Nysr beschreibt und wie wir sie besitzen, stets 4 bestimmte Falten zeigt. In England gab SowERBY in der ersten Beschreibung der V. Lam- berti 3 bis 4 Spindelfalten an, bildete jedoch nur die vierfaltige Form ab, welche ich auch allein aus englischem Crag kenne. Woop sagt über die Zahl der Falten kein Wort, bildet aber a.a. O.t. 2 f. 3a als Varietät eine sehr breite Form ab, wel- che er selbst mit einer gleichgestalteten miocänen, der F/. Lam- berti ähnlichen Voluta der Touraine vergleicht, die ich zu ff. Semssenü rechne. Ich glaube nun, dass sich F. Siemssenii und V. Lamberti, wenn letzterer Name auf die vierfaltige, von So- WERBY allein abgebildete englische Form beschränkt ist, in ihrer Verbreitung so zu einander verhalten, dass die V/. Siemssenit allein miocän verbreitet ist und die F. Lamberti erst in dem “ pliocänen Crag hinzutritt; bei Antwerpen ist letztere allein vor- handen. So getrennt drücken die beiden Arten den Unterschied aus zwischen der miocänen und der jüngeren belgischen Voluta, auf dessen Vorhandensein Nysr bei Beschreibung der letzteren hinwies.. Von den beiden Arten, welche GRATELCUP bei Bor- deaux unterschied, #. Tarbelliana und V. Lamberti, entspricht die letztere mit einer „columella triplicata” ganz der ff. Siemssenii und die vierfaltige F. Lamberti ist bei Bordeaux so wenig wie in Norddeutschland miocän vorhanden. Die Tarbelliana, welche nur untermiocän auftritt, soll 4 Falten ha- ben; von den Abbildungen stellt die eine, a. a. O. t. 39 f. 1, eine Art dar, welche zwar 4 Falten hat, aber durch die stark gewölbten bauchigen Windungen von allen Abänderungen der vierfaltigen Yoluta Lamberti verschieden scheint. Diese Art ha- ben wir in Deutschland nicht; die andre Abbildung derf. Tar- 337 belliana dagegen, a. a. O. 1.39 f. 2, zeigt nur 3 Falten und könnte sehr wohl eine schlanke Abänderung der F. Siems- senii sein. Der Typus der 7. Lamberti wird in England schon in der untersten Eocän-Fauna durch die ausgezeichnete F. Wethe- rellii vertreten, welche durch ihre schlank gewundene Form auch von den schlankesten Abänderungen der später erscheinenden ver- wandten Arten geschieden bleibt. In dem eocänen Tertiärgebirge ist diese Y. Wetherellii eine sehr isolirte Erscheinung; nichts in Frankreich, nichts selbst in England in den mittleren und oberen Eocän-Faunen schliesst sich derselben an. Viel auffallen- der aber noch ist es bei der grossen Verbreitung, welche miocän in Deutschland wie in den atlantischen französischen Tertiär- beeken die F. Siemssenü besitzt, dass weder bei Turin noch bei Wien noch in Polen oder im südlichen Russland bis jetzt in den gleichalten Ablagerungen auch nur eine Spur derselben oder einer verwandten Voluta-Art gefunden ist. Auch in den ober- und mittelitalienischen Tertiärbildungen ist nichts der #. Lambertı Aehnliches gekannt. Dennoch ist die Form in südlichen Gegen- den nicht ganz ausgeschlossen. PuıLıppı fand an der für pliocän zu haltenden Lokalität von Buccheri das obere Ende einer Vo- luta, welche nur der Verwandtschait der #”. Lumberti angehö- ren kann; er erwähnt das Stück, welches in der Königlichen Sammlung aufbewahrt ist, im ersten Bande der Enum. moll. Sie. p- 230. 10. Voluta paerca BEYR. Taf. 5. Fig. 1 a,b. Vorkommen. Im glaukonitischen Magdeburger Sande über der Grauwacke zu Neustadt-Magdeburg, FELDHAUS und Königliche Sammlung durch Yxem. Beschreibung. Mir sind nur zwei Stücke der Art be- kannt, von denen das eine die folgenden Maasse hat: Länge 57 Mm., Breite 23 Mm., Länge des Gewindes bis zum oberen Mündungswinkel 25 Mm., Länge der Mündung 35 Mm. Die Gestalt ist spindelförmig; die Weitung der Schlusswin- dung verengt sich allmälig zu einem verhältnissmässig langen und dünnen Stiel. Das Gewinde besteht ausser dem Embryonal- ende, welches von gleicher Form ist wie bei #. Siemssenü und 358 V. Lamberti aus noch nicht 4 vollen Mittelwindungen. Diese sind in ihrem unteren Theil gewölbt, oben verflacht und ein we- nig eingesenkt. Die Skulptur besteht wie bei V. Siemssenii aus feinen und zahlreichen, von noch zarteren Längsstreifen gekreuz- ten Querstreifen, welche anfangs die ganze Fläche der Mittelwin- dungen bedecken, sich später in deren oberen etwas eingesenkten Theil zurückziehen und sich allmälig über die Wölbung der Schlusswindung herab zum Stiel hin verlieren. Die Spindel hat nur 2 Falten, eine obere sehr schwache und eine untere etwas stärkere, von denen auch die letztere stärkere noch viel schwä- cher bleibt als eine der 3 oder 4 hohen Falten, wie sie bei den Schalen der VW. Siemssenü oder V. Lamberti schon im frühe- sten Alter vorhanden sind. Die Spindel biegt sich nach unten sehr deutlich auswärts, wodurch der Spindelrand eine schwache Sförmige Krümmung und der Stiel der Schale eine schwache Drehung erhält. Der Aussenrand der Mündung ist nicht unver- letzt erhalten; er scheint dünn und innen glatt zu sein. Bemerkungen. Die geringe Zahl und zugleich die Schwä- che der Spindelfalten unterscheiden vornehmlich die Voluta parca von den nahe verwandten Arten, V. Siemssenü und V. Lam- berti. Die Sförmige Biegung der Spindel und die Drehung des verhältnissmässig dünnen Stiels können als weitere Unterschiede zugefügt werden. Anmerkung. Zu Bersenbrück fand F. ROEMER die Spindel einer Voluta mit nur 2 sehr starken und einander glei- chen Falten. Vielleicht ist durch diese das Vorhandensein von noch einer dritten Art aus der Verwandtschaft der V. Lamberti in Norddeutschland angezeigt. Die Beschreibung der Mitra-Arten, welche auf Tafel 5 dar- gestellt sind, wird im zweiten Stück nachfolgen. 359 2. Beiträge zur geognostischen Kenntniss von Lüneburg. Von Herrn J. Roth ın Berlın. Hierzu Tafel XI. Horrmann (GitLBErTS Annalen Bd. 76. 1824), VoLGER (in seinen Beiträgen zur geognostischen Kenntniss des nord- deutschen Tieflandes, Braunschweig 1846) und KARSTEN (in seinem Archiv Bd. 22. 1848) haben ein so vollständiges to- pographisches Bild von Lüneburg und seiner Umgebung ge- liefert, dass eine Wiederholung desselben unnöthig scheint. Neuere Bohrungen und eigne Anschauung enthalten zu der im Ganzen spärlichen Kenntniss der norddeutschen Ebene einige Beiträge, die freilich noch immer den speziellen Ge- genstand nicht erschöpfen. Im Norden der Stadt, am südlichen Abhange des lang- gezogenen Zeltberges an der sog. „„Schafweide” sind beim Ziehen eines Grabens die obersten Schichten des Muschel- kalkes zum Vorschein gekommen, deren Streichen ich über- einstimmend mit Karsten h. 7 bei einem Fallen von 68 Grad nach Norden fand. Sie fallen also von dem südlich gelegenen „Kalkberge” ab. Man hatte diese Schichten in der Richtung des Streichens etwa 100 Fuss verfolgt, aber in neuerer Zeit ist der Graben vollständig zugefüllt und alle Spur des Muschelkalks ist verschwunden. Das Gestein ist schmutzigweiss, bisweilen durch Bitumen grau gefärbt und so fest, dass man es zu Pflastersteinen anzuwenden versuchte. In den oberen Lagen sind grüne Partikeln in Menge eingesprengt; überall ist das Gestein voll von kleinen offnen Räumen, die von resorbirten Muschelschalen herrühren; Kno- chenfragmente und Fischschuppen sind in grosser Anzahl vorhanden. Die einzelnen Schichten sind etwas wellenförmig gebogen und enthalten schwache thonige Zwischenlagen. Nach #: 5 360 unten und oben werden die Schichten sandig, das krystalli- nische Gefüge verschwindet fast ganz und auf den Absonde- rungsflächen findet sich Glimmer; der sandige Kalk führt nur wenige organische Reste mehr. Von Petrefakten fand ich und zwar nur Steinkerne: Ammonites nodosus Bruc. Myophoria simplex ScHLora. 5 pes anseris Bronn. 55 vulgaris BRonn. Avicula Alberti GEm. Gervillia socialis Quest. Pecten laevigatus Br. Palaeobates angustissimus MEYER. Acrodus Gaillardoti Ac. Hybodus plicatilis Ace. Saurichthys apicalis Ag. Zähne. Gyrolepis tenuistriatus Ac. Colobodus varius GiEBEL Schuppen. , Unter ihnen sind Myophoria pes anseris (bis 6 Zoll gross) und M. simplex die gewöhnlichsten. Von Terebratula vul- garis, Nautilus bidorsatus und anderen sonst gewöhnlichen Petrefakten habe ich keine Spur gefunden. Nach Karsren’s Analyse ist das Gestein ein dolomiti- scher Kalk mit wechselndem Dolomitgehalt. Wie schon an- gegeben. besteht das Hangende wie das Liegende, so weit es aufgeschlossen war, aus sandigem Kalk; das Hangende geht dann in glimmerige blaue Schieferletten über, die an der Luft sehr leicht zerblättern, schwach mit Säuren brau- sen und an Wasser einen geringen Kochsalzgehalt abtreten. Dieser Schieferletten wird von blauem Thon bedeckt, der nach Osten hin in bunte, blaue und rothe, grünschweifige Mergel mit einzelnen Gypsstücken übergeht. In diesen Mer- geln, nicht in dem Schieferletten, finden sich bis 2 Zoll grosse Platten eines graugelben feinkörnigen Sandsteins und platte Stücke eines „wie gefrittet”” aussehenden kieseligen Sand- steins, die beide, oft auf’ ihren beiden welligen Flächen, mit en. 361 den bekannten Scheinkrystallen nach Kochsalz bedeckt sind. Die Grösse dieser Scheinkrystalle steigt bis auf 5 Linien. Aus den gefritteten Sandsteinen lässt sich mit Salzsäure ein wenig Kalk ausziehen, es bleibt nichtkrystallinischer Quarz zurück, der in seiner durchsichtigen Masse undurchsichtige Quarzplättchen mit verflossenem Umriss enthält. Die bun- ten Mergel, aus denen sich mit Wasser ein geringer Koch- salzgehalt ausziehen lässt, kann man mit Sicherheit östlich bis an die flache Senkung vor dem Kreidebruche verfolgen, wo mit ihnen die Röthung des Bodens verschwindet. Ob sie noch unter dem Kreidebruche vorhanden, ist nicht untersucht; eine Bohrung (h der Karte) erreichte in der Tiefe blauen und weissen Mergelthon, identisch mit dem ‚‚in der neuen Sülze” erbohrten. Die Lagerung zwischen Muschelkalk und Kreide, die krystallisirten Sandsteine, der Salzgehalt, die pe- trographische Aehnlichkeit mit andern norddeutschen Vor- kommnissen lassen in diesen bunten Mergeln die Keuper- mergel, aber nicht, wie ich früher annahm, die Lettenkohlen- gruppe, mit Sicherheit erkennen. Unmittelbar östlich ist die Kreide, weisse schreibende Kreide mit Feuersteinen, in 2 grossen Brüchen aufgeschlossen. Sie streicht h. 10- und fällt nach NO. unter 48 — 60 Grad. Eine Sonderung in zwei Abtheilungen nach den Petrefakten, wie VOoLGERr |]. c. p. 64. annimmt, scheint mir unstatthaft. Ausser den von VoLsEr angeführten Inoceramen, Belemnites mucronatus, Ananchytes ovata, Galeritesalbogalera, Micraster cor testudinarium fand ich noch Terebratula subundata Sow., Coeloptychium agaricoides GoLpr. und ein Östreafragment. Die untern Schichten fallen, wie schon KARSTEN und VoLsGER bemerken, steiler als die oberen. Oestlich von der Stadt, SO. von den Kreidebrüchen steht am Ziegeleiberge in der Nähe des Eisenbahnhofes in grosser Mächtigkeit ein schwarzgrauer, geschiebefreier, glım- meriger, zu Ziegeln verarbeiteter Thon an. In demselben liegen bis 1 Fuss mächtige Zwischenlagen eines mehr oder weniger glimmerreichen, gelbgrauen, feinkörnigen, kalkigen 362 Sandsteins, der mit Schwefelkies durchsprengt ist und we- nige nicht bestimmbare Petrefakten führt. Fein vertheilter Schwefelkies wandelt durch seine Verwitterung den schwar- zen Thon in ‚Alaunerde” um, die hin und wieder kleine Gypskrystalle einschliesst, hervorgegangen aus dem Kalkge- halt des Thones und der durch die Oxydirung des Kieses gebildeten Schwefelsäure. Ob dieser schwarze Thon zum Untermiocän oder noch zum Öbereocän gehört, werden spätere Untersuchungen leh- ren. Ausser den von VoLsEr p. 11. und von Paıtıppi *) angegebenen Versteinerungen finden sich in diesem Thone, über dessen Verbreitung unten ein Mehres folgt, noch: Pecten aff. adspersus Lk. Limopsis aurita Sassı. Cardita orbicularis Gpr. Murex (Typhis) fistulatus SchLorn. Murex spinicosta Br. Fusus spec. Pleurotoma carinata Bıv. Pleurotoma spec. Cassis Rondeleti Basr. Carcharodon megalodon Ac. Herr WELLEnKAMmP in Läüueburg, dem ich für manchen Nachweis in Bezug auf diese Untersuchung dankbar ver- pflichtet bin, bewahrt einen Theil der hier angeführten Petre- fakten als Unica in seiner Sammlung. Im Westen der Stadt liegen die Gypsmassen des Kalk- bergs und Schildsteins. Das sind mit wenigen Ausnahmen die sichtbar anstehenden Schichten in der Nähe der Stadt. Sie werden mehr oder weniger von den Diluvialschichten, Geschiebesand und Geschiebelehm, überlagert. Der Ge- schiebesand besteht aus rundlichen weissen Quarzkörnern mit wenig rothem Feldspath und noch sparsamerem weissem Glim- mer; hier und da wird er von einem eisenschüssigen Binde- *) Palaeontographica. Bd. I. S. 89. 1851. 363 mittel, das wahrscheinlich Quellen seinen Ursprung verdankt, zu einem braunen mürben Sandstein (,„‚Ahlsandstein”) ver- bunden. An einzelnen Stellen führt der Sand grüne durch- sichtige Körner, vielleicht Augit aus zersetzten Geschieben. Corallenbruchstücke, die jenseits der Elbe in Holstein im Diluvialsande so verbreitet sind, habe ich in der Gegend um Lüneburg niemals gefunden, Kreidegeschiebe sind jedoch nicht selten. Der Geschiebelehm ist meistens hellfarbig, und kommt sowohl unter als über dem Geschiebesande vor; bis- weilen fehlt der letztere ganz und der Geschiebelehm lagert unmittelbar auf dem schwarzen Thone. Von den nachstehenden Bohrungen waren nur selten Bohrproben vorhanden; ich gebe daher die Angaben mit denselben Worten wieder, in denen sie mir gemacht wurden. Die Schichten zwischen dem Muschelkalke der Schaf- weide und dem Gypse des Kalkberges sind westlich von der Bastion des Grahlwalles durch 5 Bohrlöcher ermittelt, die bis auf 76 Fuss Tiefe reichen. Man fand blauen und rothen Thon bis 69 Fuss mächtig, darunter Kalk wie auf der ‚‚Schaf- weide”, den man aber nicht durchbohrte. An der Chaussee nach Jem neuen Thore hin, südlich von diesen Bohrlöchern, steht ein sehr unreiner, gelber, thoniger, poröser Dolomit in Thon eingelagert an, der sich auch an der Bastion des Grahl- walls anstehend findet und zwar mit anstehendem Gyps, in dessen Nähe eine schwache Soolquelle entspringt. VoLsER giebt an, dass in dem Dolomit der Grahlwallbastion Kerne von Myophoria pes anseris gefunden sind, dass derselbe h. 10 streiche und 67 Grad nach NO. falle. Schürfe und Bohrungen am nördlichen Fusse der Grahl- wallbastion ergaben Bohrloch I. in einer Tiefe von 18 Fuss „‚gelben, porösen Dolomit”, » 22 ,„ „Kalk wie an der Schafweide”, » 26 ,„ Gyps, einen Fuss mächtig, »„ 30 , „Kalk wie an der Schafweide”, 3 Fuss, »„ 32 ,„ „bald Kalk, bald Gyps”, 364 von 37 Fuss Gyps, 3 Fuss mächtig, » 41, Wechsel von Kalk und Gyps, „ 48 „ Gyps, 3 Fuss mächtig. Bohrloch II. 40 Fuss nördlich von I. entfernt. 18 Fuss „‚gelben und grauen Kalk”, „ Gyps, 1 Wechsel von Kalk und Gyps, In N 285; 1 Kalk, bin. Gyp3; 2 4 ” . ”) „» „gelben und grauen Kalk”. Fuss. Bohrloch III. 120 Fuss von II. entfernt. { Fuss Dammerde, 36 ,„ gelben und grauen Kalk mit Gyps. 37 Fuss. 4 Bohrloch IV. 1 Fuss Dammerde, 26 ,,. gelben Dolomit, unten sehr fest, 232, Muschelkalk, wie auf der Schafweide. 5 In den obersten gelben Dolomiten finden sich Steinkerne von Myophoria pes anseris und einer unbestimmbaren Bi- valve.e. Nach Karsten’s Analyse ist das Gestein ein Do- lomit mit einem Thongehalt von resp. 13 — 20 pCt. Unmittelbar südlich von diesen Bohrlöchern sind in der Stadt (im Garten des Herrn Saromon) 3 Bohrungen veran- staltet, e der Karte. Bohrloch 1. 20 Fuss blauer Thon, Gyps und rother Thon, 3 5 „Salzschicht”, „grau und hart”, 83 ,, grauer Thon mit Salzkrystallen und Gyps. 106 Fuss. Von der Salzschicht war keine Bohrprobe vorhanden ; es scheint ein sehr harter salzreicher Thon gewesen zu sein, dem tiefer liegenden Salzthon, von dem ich eine Probe be- sitze, sehr ähnlich. 365 Bohrloch II. 30 Fuss von I. entfernt. 62 Fuss grauer Thon, bei 99 „ Gyps, 3 Fuss mächtig, tiefer rother Thon. Bei 120 Fuss Tiefe stieg eine Soole von 22 pCt. Salz- gehalt, nach Schwefelwasserstoff riechend, bis 90 Fuss unter Tage auf. Das dritte Bohrloch ergab 40 Fuss Triebsand und nur süsses Wasser. Südlich von diesen Bohrlöchern steht der Soolschacht der neuen Sülze (d der Karte) bei 42 Fuss Tiefe im blauen Thone und ist bis auf ein morsches Gypsflötz ab- geteuft. Ein 63 Fuss nördlich davon gelegenes Bohrloch (e der Karte) ergab 24 Fuss Grand und Diluvialsand mit Kreidebruchstücken, 5 ,, blauen und weissen Mergelthon mit Gyps. Tiefer durchbohrte man ein 6 Fuss mächtiges Gypslager und bei 40 Fuss Tiefe erhielt man 24löthige Soole. Westlich findet sich in Brunnen in der nächsten Nähe des Kalkberges blauer Thon; weiter südlich im Doppel- schachte (trocknem Graben) lagern (r der Karte) über dem Gypse blaue und rothe Thone. Auf der Saline steht die Graftquelle (1 der Karte) 52 Fuss in blauem Thone, in dem ein isolirter Gypsblock liegt; die Tischquelle (2) 58 Fuss tief in blauem Thon, unter dem eine Schicht von Gypsstück- chen folgt; die 80 Fuss tiefe Pfahlquelle (3) (50 Fuss Schacht, 30 Fuss Bohrloch) in blauem Thon, unter dem eine Lage von Gypsstückchen folgt, die auf festem Gyps liegt. Auch der Brockhusenschacht (4) steht ın blauem Thon. Westlich vom Doppelschacht (28 der Karte) traf man schon in 6 Fuss Tiefe blaue und rothe Thone und in der Nähe der Sülzwiese, einer mit Torf erfüllten Vertiefung, südlich vom Kalkberg findet sich weisser Mergelthon. Nordöstlich von der Grahlwallbastion ist im Garten des Herrn Leprien (l der Karte) gebohrt worden. Es ergab 366 Bohrloch 1. 7 Fuss Dammerde, 2 5 Triebsand, 4 ,„ blauen Thon, 104 ,, blaue und rothe Thone mit einer „Kalkader”, 21 , rothen, glimmerfreien, schwach mit Säure brau- senden Thon, 43 , dunkelgrauen Thon, 7 ,„ grüne, glimmerige, sandige, kalkfreie Partieen, 4 , braune sandige Schichten, 13 , graue sandige Schichten, darunter sandigen, glim- merigen, blauen Thon mit Kohle und Schwefelkies, 42 ,, grauen glimmerigen Sand. 120 Fuss. Bohrloch II., westlich von 1. 2 Fuss Dammerde und gelben Lehm, 2 12 9 blauen Thon mit Gyps, „weissen Kalk wie auf der Schafweide”, blauen Thon mit Gyps, dunkelblauen Thon, rothen und blauen Thon mit Gyps, Gyps, rothen und blauen Thon, Gyps, Thon, dunkeln Thon mit viel rothem Gyps, blauen und rothen Thon mit Gyps, grauen, sandigen Thon, schwach salzig mit etwas Gyps, Gyps, grauen sandigen Thon. 124 Fuss. Westlich von diesen Bohrlöchern fand man 20—30 Fuss rothen und blauen Thon mit einem Gypslager von 1—14 Fuss Mächtigkeit. Horrmann (l. c. S. 48) giebt an diesen Stellen fetten F 367 kirschrothen Thon mit verwaschen grünlich-grauen Streifen durchzogen an, der NW. fortsetzt. In den nordöstlich dieses Thonstreifens gelegenen Brunnen fand Horrmann in 12 Fuss Tiefe etwa zollstarke Platten eines röthlichen feinkörnigen Sandsteins, mit dem dünnschiefrige Schichten von bläulich- grauen verhärteten Letten sich finden, dessen Abiösungen mit feinen weissen Glimmerschüppchen bekleidet sind, also eine SOfortsetzung der an der Schafweide auf dem Muschel- kalk aufgelagerten Keuperschichten. SW. von diesen Punk- ten und innerhalb der Stadt hart am Walle giebt der ‚„Ver- waltungsbericht der zur Anlage artesischer Brunnen im Fürstenthum Lüneburg seit 1831 zusammengetrenen Gesell- schaft” in dem 221 Fuss tiefen, auf der Zuckerfabrik des Herrn Heyn 1832 getriebenem Bohrloch an: abwechselnd rothen Thon, Sand, Sandstein, grünen Thon mit Gyps, reinen Gyps, blauen Thon, kohlensauren Kalk, rothen Thon mit Gyps. Nach einer andern Angabe hat man eben da 50 Fuss Sand, 20 Fuss Kalk und 186 Fuss ‚blauen Thon durchbohrt (f der Karte). Südlich von diesem Punkt ergab (i der Karte) eine vor dem rothen Thore 1831 getriebene, 264 Fuss tiefe Bohrung nach demselben Verwaltungsberichte „feinen Sand, groben Kies, Kalk, Gyps, in der Tiefe festen blauen Thon mit Kalk- steinen und zuletzt festen dunkelgrünen Wasserthon.” Vor- GER ]. c. p. 64. 4. giebt dort, wohl irrthümlich, Kreide an. Es bleibt noch übrig über den Kalkberg und den Schild- stein ein paar Worte zu sagen. Wie schon Horrmann her- vorgehoben, fehlt im Kalkberg der Anhydrit, der in Verbin- dung mit dichtem Gypse das Gestein des Schildsteins bildet. Das weichere Gestein des Kalkbergs ist vielfach zerklüftet, mehr als das des Schildsteins. Die undeutlichen Schichten stehen in beiden Punkten fast senkrecht, wie die kalkigen Zwischenlager bezeugen, die beim Abbauen des Gypses in den verschiedenen Sohlen immer verfolgt sind. Sie sind an beiden Seiten mit dem Gypse innig verbunden, 5—6 Fuss mächtig, grau, dicht und bituminös. Das jetzt beobachtbare 368 Zwischenlager des Kalkberges streicht h. 14 und setzt senk- recht nieder (b der Karte), das des Schildsteins (a) streicht h. 1 und fällt 82 Grad nach Osten. Karsten giebtan, dass sich aus dem von ihm als Ausfüllungsmasse der Kluft am Schildstein bezeichneten Zwischenlager mit Essigsäure und selbst mit verdünnter Salzsäure in niedriger Temperatur der kohlensaure Kalk vollständig ausziehen lasse, so dass kohlen- saure Maonesia, ohne Spur von Kalk, zurückbleibe. Nach den von mir angestellten Versuchen (Bd. III. S. 568.) ver- hält sich das Gestein wie fast alle übrigen dolomitischen Kalke; es tritt an verdünnte Essigsäure bei mittlerer Tem- peratur nur Kalk mit sehr wenig Magnesia ab und der Rück- stand enthält den mit dem Kalke gemengten Dolomit. Auch in Segeberg und Lübtheen finden sich mit dem Gypse solche dolomitischen Kalke und zwar in Segeberg deutlich dem Gypse aufgelagert. Von dem Segeberger Gestein *) habe ich eine Analyse (Bd. III. S. 570.) gegeben, nach welcher das- selbe ein Gemenge von dolomitischem Kalk mit Magnesit ist. VoLsERr giebt in den Kalkschichten des Schildsteins, die er irrthümlich als Decke des Gypses bezeichnet, während sie deutlich an beiden Seiten mit dem Gypse verbunden sind, Myophoria pes anseris, LDepidoidenschuppen und Acrodus Gaillardoti an; ich selbst fand in den helleren Schichten or- ganische, freilich unbestimmbare Reste. Bekannt ist das Vorkommen der Boracite in dem Gypse des Kalkberges und des Schildsteins, so wie die Thatsache, dass die hemiedrischen Gestalten in den Boraciten des Schild- steins vorherrschen. Ein kleiner Theil ihrer Magnesia wird bisweilen durch Eisenoxydul ersetzt, das sich auch bei der *) Die von FoRrCHHAmNER und Meyx erwähnten räthselhaften Dolo- mitstücke, welche Dentalium striatum einschliessen und dadurch die Ent- stehung dieser Gesteine in sehr neue Zeit zu rücken scheinen, sind nichts als zerbröckelte und wiederverkittete Brocken des Dolomites, man kann diesen absolut ähnliche Stücke mit Schalen lebender Schnecken und mit Zie- gelsteinfragmenten finden. Der in den Spalten und Klüften des Gypses herabrinnende Diluvialsand hat auch den von Prarr erwähnten Bernstein in den Gyps von Segeberg eingeführt, 369 Verwitterung zu erkennen giebt. Nach Horrwmann fand L. Gmerın einzelne Steinsalzkörnchen im Innern der Bo- racitkrystalle. Im Gypse des Kalkberges kommen rundum ausgebildete, meist rauchgraue Quarzkrystalle vor; im Gypse des Schildsteins habe ich keine auffinden können. Bei dem Versuch einer Deutung dieser Lagerungsverhält- nisse bietet der Kalk der Schafweide einen sicheren Anhalts- punkt dar. Er ist analog den oberen Partieen des Friedrichs- haller Kalkes bei Arzerrı, Srromekeer’s oberer Abtheilung, parallel dem oberen Niveau der oberen Abtheilung Crepxer’s und Scamip’s. Von Srromsgeer’s mittlerer Abtheilung mit dem eigentlichen Trochitenkalk und Terebratula vulgaris ist nichts aufgefunden worden; eben so wenig der Wellenkalk. Die Aufschlüsse sind nicht hinreichend, um eine genaue Pa- rallele mit andern norddeutschen Vorkommnissen durchzu- führen, aber nach den vorhandenen Materialien muss die Hauptmasse des Gypses von Züneburg mit sehr grosser Wahr- scheinlichkeit der Anhydritgruppe, der mittleren Abtheilung des Muschelkalks, zugerechnet werden. So lange nicht der Gyps durchbohrt und seine Unterlage bekannt ist, bleiben freilich immer noch Zweifel übrig. Eben so wenig ist vor- läufig eine genaue Begrenzung der Keuper- und Muschel- kalkschichten ausführbar. Das Gestein des Krienbergs von Aüdersdorf, das nach CreEpner der Limabank in Thüringen entspricht, ist dem von der Schafweide zum Verwechseln ähnlich. Die bei Rüders- dorf nicht sehr entwickelte Anhydritgruppe hat demnach in Lüneburg eine grosse Ausdehnung, während dort besonders die untere Abtheilung, der Wellenkalk, sehr entwickelt ist. Ob die Soole nur ein Produkt der Auslaugung aus Salz- thonen ist oder einem Steinsalzlager ihren Ursprung verdankt, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden. Die Temperatur von 11,5 Grad R. spricht für letzteres; die Angabe, dass der Salzgehalt der Soole bei vielem Regen sich erniedrige, (um 1% pCt.) lässt auf eine nicht zu lange dauernde Berüh- rung mit dem Salz oder auf eine Mischung mit schwäche- Zeits. d. d. geol. Ges. V. 2. 24 370 rer Soole aus den Salzthonen schliessen. Dass wirklich Salzthone vorhanden sind, deren Auslaugung Soole geben kann, beweiset die Bohrung S. 364. Uebrigens deuten Erdfälle zwischen Mönchsgarten und dem alten Ziegelhofe und nördlich vom neuen Thore eine weitere Verbreitung des Gypses nach dieser Richtung hin an. Schon Horrmann erwähnt eines grossen Erdfalls in der Stadt in der Meerstrasse, der nach VoLger 1013 den Ein- sturz eines grossen Stadttheils herbeiführte. Auch in neue- ster Zeit sind noch Erdfälle beobachtet worden. Die Kreide lässt sich fast rings um die Stadt verfolgen. Auf dem Salinenhofe (27 der Karte) erreichte man sie der Angabe nach unter einer 3 Fuss mächtigen Dammerdedecke und setzte die Bohrung 11 Fuss fort ohne die Kreide zu durchbohren. SENF *) giebt an, dass die Kreide dort ein stei- les südwestliches Fallen habe. Westlich von der Saline ergab eine 129 Fuss tiefe Boh- rung im Weidegarten (Panningsgarten) (Bohrjournal No. 47.) 12 Fuss Dammerde und Thon, 414 ,„ Thon, 103: 53, Kalk: 129 Fuss. Man durchbohrte den „Kalk” nicht. Bohrproben waren nicht vorhanden; KARSTEN nimmt mit Gewissheit an, dass der erbohrte Kalk Kreide gewesen sei. VOLGER giebt an, dass an vielen Punkten südlich von der Stadt in der Feld- mark am rothen Thore nahe unter der Ackerdecke Kreide anstehe. Ich habe dort eine grosse Menge von Kalkstücken gesehen, aber keine Petrefakten gefunden. Nach VoLeer reisst das Wasser an der Rathsmühle (k) zahllose Kreidestücke aus dem Grunde los; am Lüner und Altenbrücker Thor, im Fundament der Kaufhäuser (g der Karte), in einem Brunnen unweit des St. Antoniuskirchhofes *) Schriften der Soc. für die gesammte Mineralogie zu Jena. Bd. III. 5. 171. Jena 1811. 371 (m) ist nach Voreer und Karsten Kreide vorhanden. Eine Bohrung von 120 Fuss Tiefe auf der Eisengiesserei stand immer noch in Kreide. Nördlich von der Giesserei ist keine Bohrung unternommen worden. Ob im Innern der Stadt (s), am wüstem Worth und am Berge, wie VOLGER angiebt, Kreide vorhanden sei, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Der schwarze Thon ist an vielen Punkten unter der Di- luvialdecke aufgefunden worden. Seine Mächtigkeit am Zie- geleiberge beträgt nach den Bohrungen wenigstens 150 Fuss. Ein Bohrloch ergab 2 Fuss Geschiebesand, 150 ,, schwarzen Thon, 14 , grauen Sand. 166 Fuss. Von dem „grauen Sande” war keine Probe vorhanden. In 40 Fuss Tiefe lag in dem Thon der oben erwähnte Sand- stein. Eine andere Bohrung, bei welcher man den schwar- zen Thon nicht durchbohrte, ergab 160 Fuss Mächtigkeit für denselben. Etwas östlicher ergab Bohrloch 14. unter 20 Fuss Sand, gelbem und blauem Lehm 150 Fuss schwar- zen Thon, den man aber nicht durchbohrte. Eine Reihe von Bohrlöchern westlich und südlich ergab unter einer wechselnd mächtigen Decke von Sand und Lehm überall den schwar- zen Thon. Weiter SO. nach Hagen hin erreichten die nur 38 Fuss tiefen Bohrungen nur Sand, aber nicht den schwar- zen Thon, der ohne Zweifel dahin fortsetzt. Bohrungen hart an der ZUmenau, W. von Wilschenbruch 52 Fuss tief, bei Göxze 61 Fuss tief, bei Deutsch Evern 55 Fuss tief trafen nur Lehm und Sand. Bei Brückenbauten nahe am Alten- brücker Thor und weiter nördlich bei Kloster Lüne hat man den schwarzen Thon gefunden. Bohrungen N. von Züne auf dem Pohlen und der breiten Wiese ergaben bei 20 Fuss Tiefe nur Sand. NW. von Adendorf in der Ziegelei steht dagegen in etwa 10 Fuss Tiefe der schwarze Thon an. Nördlich von Lüneburg ergaben Bohrungen SO. von RAr 372 Ochtmissen am nördlichen Fusse des Zeltberges unter einer 44—18 Fuss mächtigen Diluvialdecke eine Mächtigkeit des schwarzen Thones von 171 Fuss, ohne dass man ihn durch- bohrte (Bohrloch 48 und 49). NW. von Ochtmissen steht in der Ziegelei der schwarze Thon in 16—20 Fuss Tiefe an; ebenso NO. vom Dorfe am Teiche schon in 6 Fuss Tiefe unter einer Thondecke. Weiter gegen Norden sieht man in Zardowiek (zwischen dem Wohrd und dem Vresdorfer Kruge) in etwa 10 Fuss Tiefe den schwarzen T'hon anstehen, ebenso WNW. von Lüneburg bei Wienebüttel. Westlich von Lüneburg soll er sich noch auf der Baum- schule in 20 Fuss Tiefe, NO. von der Stadt in Nutzfelde, SO. von der Stadt in Zetfmer finden. VoLeEr führt ihn (l. e. p. 65.) am Fusse des Bockel- und Hasenburger Ber- ges im Süden der Stadt an; Bohrungen bis 36 Fuss Tiefe ergaben nur Sand. Auch an der „alten Ziegelei”, NW. vom Kalkberg, habe ich den schwarzen Thon nicht auffinden können. Am Südende des Schildsteins bedeckt der schwarze Thon den Gyps und wird selbst von Geschiebesand über- lagert. Er scheint durch die Wässer, die den Geschiebe- sand absetzten, aufgerührt zu sein, denn die Grenze zwischen beiden ist nicht scharf. Man möchte aus dem ganzen Ver- halten bei Lüneburg schliessen, dass die Emporstossung der Gypsmassen nach dem Absatz der noch mit gehobenen Kreide und vor dem Absatze des schwarzen Thones erfolgt sei. In der Stadt selbst soll in der Nähe der Lambertikirche, in der Salzstrasse, bei einer Brunnengrabung schon in 10 Fuss Tiefe der schwarze Thon gefunden sein. Ueber seine weitere Verbreitung will ich noch bemerken, dass man ihn auch zwischen Heitzacker und Neuhaus erbohrt haben will. Vergegenwärtigt man sich die Verhältnisse von Helgo- land, so möchte man Lüneburg als ein Helgoland im Meere des Diluvialsandes bezeichnen. 3. Ueber die geognostischen Verhältnisse der Erzlagerstätten von Aupferberg und Rudel- stadt in Schlesien. Von Herrn Websky ın Tarnowitz. Hierzu Taf. IX. und X. Vorwort. An dıe (deutsche geologische Gesellschaft zu Berlin. Bei Ueberreichung vorliegender Beschreibung der geo- gnostischen Verhältnisse der Erzlagerstätten in der Nachbar- schaft von Kupferberg in Schlesien fühlt sich der Verfasser veranlasst entschuldigend auf die Mängel derselben unter gleichzeitiger Angabe der Gründe aufmerksam zu machen. Sie ist die Arbeit eines Bergmanns, dessen Anschauungen durch die längere ausschliessliche Beschäftigung mit einem beschränkten Felde unwillkürlich eine gewisse Einseitigkeit erhalten baben. Wenn die erste Sichtung eines ziemlich weit- schichtigen und an sich schwer zugänglichen Materials, das aus einem Zeitraum von fast 80 Jahren und von sehr verschie- denen Persönlichkeiten herstammt, ohne Zweifel vom mine- ralogischen und chemischen Standpunkte noch Vieles zu wünschen lässt, so wolle man geneigtest berücksichtigen, dass die weitere Ausführung zum Theil ausserhalb der dem Ver- fasser zu Gebote stehenden Mittel liegt, vielmehr der Zweck dieser Schrift darin zu suchen ist, die Aufmerksamkeit geo- gnostischer Autoritäten dem schlesischen Gangbergbau zuzu- wenden, bevor er vollständig als Gewerbe verschwindet. In dieser Absicht empfiehlt der Verfasser diese Abhandlung der verehrten deutschen geologischen Gesellschaft mit der Bitte, dieselbe der Oeffentlichkeit zu übergeben. 314 Die Gänge von Äupferberg und Rudelstadt ın,Schlesien und ıhre geognostischen Verhältnisse. Situation des Ganggebirges. — Wenn im Gan- zen die Granitmasse des Riesengebirges in Schlesien in ih- ren Umrissen eine ovalgerundete Gestalt zeigt, so macht der nordöstliche Theil derselben einen auffallend spitzen Winkel, dessen nach Süden gerichteter Schenkel fast genau in hor. 12 des bergmännischen Compasses, dagegen der nach Westen gerichtete in hor. 6 fällt. An die Granite lehnt sich ein Gür- tel krystallinischer Schiefergesteine, welcher in östlicher Rich- tung nur auf eine Breite von 14000 Fuss entblösst ist, und dann von der Grauwacke von Landshut bedeckt wird; gegen Norden breiten sich die Schiefergesteine mehr aus und bilden das durch mehrere Flussthäler durchbrochene Gebirgsland, das von Hohenfriedberg sich erhebend bis in die Lausitz reicht. Die Grauwacke von Landshut ist das liegendste Gebilde der grossen Mulde von Waldenburg; die westliche Grenze dieser Sedimentärgesteine hat ungefähr die umgekehrt sym- metrische Gestalt von der Östgrenze der Granite. Die krystallinischen Schiefergesteine bestehen in gneiss- und glimmerschieferartigen Gebilden und den sogenannten grünen Schiefern; und zwar schliessen sich die letzteren unmittelbar in einer durch Uebergänge vermittelten Reihe an die erste- ren dem Granite näher liegenden an; dagegen besitzt die Grauwacke eine heterogene Ueberlagerung und erweiset sich auch durch zahlreiche Geschiebe-Einschlüsse als eine ent- schieden jüngere Formation. Der zwischen den beiden einander gegenüber stehenden Winkeln des Granits und der Grauwacke eingeklemmte Theil der krystallinischen Schiefer bildet das Erzterrain von Kupfer- berg und /tudelstadt. Auf der geognostischen Karte (Taf. IX.) ist dasselbe und seine nächste Umgebung dargestellt, und wird in der weiteren Folge darauf verwiesen werden. Die Gegend ist in der Richtung von Südost nach Nord- 3719 west von dem Bober-Fluss durchschnitten, der in seinem obe- ren, das weit geöffnete Thal von Landshut durchziehenden Laufe die Grauwacke grade in jenem äusserst westlichen Winkel verlässt, und in mehrfachen Windungen die Zone der krystallinischen Schiefer in einem tief eingeschnittenen Ero- sionsthale durchbricht, um genau in der äusserst östlichen Ecke in das Granitbecken von Hirschberg einzutreten. An den Gehängen dieses Thales hart an dem Stromufer liegen die Ortschaften Ziwdelstadt, Jannowitz nebst der zu Kupfer- berg gehörigen Colonie die Hammerhäuser. Der Nordrand ist von dem Äbhange des schroff aufsteigenden Bleiberges (2112 Fuss hoch nach WARENDoRF) gebildet, während das Südgehänge nach Ersteigung der steilen Erosionsränder all- mälıg sich zu dem die Gegend dominirenden Ochsenkopf (2725 Fuss hoch nach WARENDORF) erhebt; von diesem letz- teren zieht sich unfern der Granitgrenze ein gegen Westen steiler abfallender Grat herab, an dessen Ende das Städtchen Kupferberg in einer Seehöhe von 1567 Fuss (nach WAREN- DORF) gelegen ist. Das Boberthal liegt durchschnittlich 1000 Fuss hoch. Die Granitgrenze. — Geht man, um die Granit- grenze näher zu bestimmen, von einem etwa 2000 Schritt ober- halb des Schlosses von Jannowitz gelegenen Punkte am Bober aus, so wendet sich dieselbe gegen Norden am Gehänge des Bleiberges hinauf bis zur Felsklippe, Röhrichsberg genannt, und folgt von da in westlicher Richtung dem Fusse dessel- ben, so dass mit dem Aufsteigen des Berges aus dem Pla- teau auch gleichzeitig die Schiefergesteine wieder zum Vor- schein kommen. Gegen Süden überschreitet die Granitgrenze in einem nach Westen ausgeschweiften Bogen den Berg, auf welchem Kupferberg liegt, etwa 1000 Schritt westlich von der Stadt, steigt in das Thal des von Waltersdorf herabkom- menden Baches oberhalb der alten Schmelzhütte hinab, zieht sich dann ungefähr am Gehänge des Sandberges bis in die Mitte des Dorfes Waltersdorf hinauf, um dort steil wieder in die Schlucht des Schlackenbaches zu steigen, folgt dann 376 eine Zeitlang der Hauptwasserfurche des letzteren und hebt sich etwas nach Osten ablenkend auf das Westgehänge des Ochsenkopfes heraus. Grenze der Grauwacke. — Gehen wir in Betreff der Grauwackengrenze vom Bober aus, so finden wir dieselbe am steilen Südrande in der Wendung gegenüber dem Schlosse von Ztudelstadt, wo sie sich als eine kleine Schlucht markirt. Die Grauwacken legen sich hier als eine schmale Umsäu- mung von etwa 300 bis 500 Schritt Breite an die krystalli- nischen Schiefer an, und dehnen sich erst östlich des von Rohnau herabkommenden Czernitzbaches in klippigen Ber- gen weiter aus. Auf dem Nordrande des Bobers erscheinen dieselben erst jenseits des ziemlich breiten Thalschuttes, in- dem sie den Ostabhang des Bleiberges bedecken. Normale Folge der Schiefergesteine. — Die krystallinischen Schiefergesteine zwischen diesen so angege- benen Grenzen lassen sich im Allgemeinen in folgender Art bezeichnen und zwar in einer annähernden Altersfolge vom Granit aus: 1) Dichroit-Gneiss, unterer Dioritschiefer, unterer Dolomit, 3) Glimmerschiefer, 4) Quarzschiefer, 5) oberer Dioritschiefer, grüne Schiefer, 6) 2 Thonschiefer, oberer Dolomit und Kalkstein. Die Dioritschiefer werden hier gewöhnlich Hornblendeschie- fer genannt, eine Bezeichnung, welche auch wohl für die unteren Dioritschiefer beibehalten werden könnte. Von den aufgeführten Gesteinen sind es Dolomit, Thonschiefer und Kalkstein, welche nur sporadisch auftreten, wogegen die an- deren ziemlich regelmässig zu finden sind. Die normale Rei- henfolge findet sich jedoch nur in der Richtung vom Ochsen- kopf gegen Osten, welche in dem Profil I. ausgeführt ist. 377 Der Granit reicht nicht ganz bis auf die oberste Spitze des Ochsenkopfes herauf, welche bereits durch Dichroit-Gneiss gebildet wird. Ostwärts vom Gipfel senkt sich ein oben wei- tes, unten aber trichterförmiges Thal herab, in welchem sich oben die Colonie New-Atöhrsdorf befindet, und das durch eine enge Schlucht mit dem Thale von /osnau in Verbindung steht; auf der Mitte des Gehänges begegnet man Diorit- schiefer-Blöcken, welche der unteren Varietät angehören. Ueber einen Gürtel von Glimmerschiefer hinweg stösst man am oberen Eingange der Schlucht auf röthliche Quarzschiefer, dann folgt in rauhen Felsklippen eine Zone Dioritschiefer der oberen Varietät, und dann ein weisses, wohl auch zum Quarzschiefer gehöriges Gestein. Nach Ueberschreitung ei- nes Streifen Thalschuttes stösst man auf den inneren Kamm der grünen Schiefer, der sich schrofi über den Häusern von Ober-Rohnau erhebt. Der äussere Kamm ist durch eine et- was flachere Einsenkung getrennt, und führt an seinem Weest- abhange die conform einfallenden Kieslager von Aohnau. Die Neigung aller dieser Schichten ist gegen Osten ge- richtet; an der Granitgrenze nähert sie sich der senkrechten, weiter östlich wird sie etwas flacher; die noch weiter östlich aufgelagerten Grauwacken besitzen aber schon ein ziemlich flaches Einfallen. Abnormes Profil. — Weit complicirter ist die La- gerungsfolge in einer Richtung vom Öchsenkopf gegen Nor- den. Ausgehend von dem schief vom Granit abgeschnittenen Dichroit-Gneiss, stossen wir zuerst auf eine kleine Zone un- terer Dioritschiefer, welche nicht in das erst beschriebene Profil hineinrast, sondern sich bald in östlicher Richtung aus- keilt. Zunächst derselben tritt dann ein dem Dichroit-Gneiss sehr ähnlicher Glimmerschiefer auf, und es folgt begleitet von einem Dolomitlager die in das erste Profil hineinragende Zone derselben Varietät. Nach Ueberschreitung eines aber- malıgen Glimmerschiefer-Gürtels stossen wir auf einen Dio- ritschiefer, welcher vielleicht mehr nach seiner Lage als grade nach der Beschaffenheit der oberen Art zugehört, und mit 378 den Klippen im Thale von Ober-Rohnau correspondirt, auch sowohl im Hangenden als im Liegenden von sehr ausge- zeichneten Quarzschiefern begleitet wırd, welche in der Nähe des Granites besonders zu dominiren scheinen. Hieran schliesst sich mit fast 8000 Fuss Breite die Hauptmasse der Diorit- schiefer an, welche mit Hülfe einiger an den Seiten gelege- ner Beobachtungspunkte weiter zerlegt werden kann. Wen- den wir uns zuerst der Ostseite zu. In der Nähe der Strasse von Kupferberg nach Landshut, südlich von der Colonie Nez- stadt am oberen Rande des Kunstgrabens kann man zwei entblösste klippenreiche Abstürze bemerken, von denen der südliche der oberen Varietät, der nördliche der unteren an- gehört, und zwischen denen eine Einsenkung vielleicht einen Streifen Glimmerschiefer repräsentirt. Der sehr hervortre- tende Hügel nördlich von der Colonie Neustadt besteht wie- derum ganz aus der unteren Art, und folgen erst wieder im Boberthale selbst Wechsel mit Glimmerschiefern. Auf der Westseite südlich der Stadt ÄKupferberg sprechen zwei er- heblichere und ein ganz untergeordnetes Vorkommen von Dolomit, ähnlich dem, dessen wir oben im Beginn des Pro- fils gedachten, für das doppelte Vorhandensein der unteren Dioritschiefer. Das südlichste findet sich in dem sogenann- ten Kalkbusch, einem bewachsenen alten Steinbruche, und würde mit den Dolomitvorkommen in den Bauen der Grube Einigkeit correspondiren, welches das nördlichste, etwa 1000 Schritt entfernte ist. In der Mitte beider sind gneiss- artige Schichten auf kurze Distanz entblösst. Dem nördli- chen Vorkommen näher fand man auf einer alten Halde Do- lomite mit besonders interessanten Begleitern, auf die wir noch einmal zurückkommen werden. Gegen Osten hin kennt man nur Dolomit aus einem Vorkommen 86 Lachter unter Tage in den Bauen der verlassenen Grube Juliane. In dem weiteren Verfolg der gewählten Profillinte treten Glimmerschiefer in einem schmalen Streifen im Boberthale auf, worauf nicht besonders charakterisirte Dioritschiefer und daran anschliessend die grünen Schiefer folgen. 379 Hypothese der Sattelbildung. — Ich habe ver- sucht, dieser eigenthümlichen Gliederung der Dioritschiefer dadurch eine Erklärung zu geben, dass ich annehme, dass, während in der Richtung des ersten Profils die Schichten- folge eine normale ist, in der des zweiten ungefähr in der Mitte desselben, wo zweimal neben einander die oberen Dio- ritschiefer angegeben werden, eine Mulde, und in der Mitte der Hauptpartie der unteren ungefähr in der Richtung des Streichens eine Sattellinie vorhanden ist. Der Haupthebel einer solchen Hypothese, das Einfallen der Schichten, tritt bei der fast saigeren Stellung derselben sehr zurück, und wenn ich beobachtet zu haben glaube, dass in der Sattellinie eine etwas grössere Aufrichtung wirklich vorhanden ist, so will ich dies nur beiläufig erwähnen, ohne es als Stütze anzuführen. Für weit wichtiger halte ich die Verhältnisse, welche das Streichen der Schichten darbietet. In der Gegend des ersten Profils ist dasselbe durchweg hor. 12, und geht gegen Süden auf Schmiedeberg zu in hor. 2 bis 3 über; namentlich spricht sich dies in der oberen Dioritschieferzone von Ober-Roh- nau aus. Verfolgen wir diese letztere weiter nördlich, so bildet sie unterhalb Areuzwiese einen kleinen Busen, dessen nörd- licher Schenkel noch einmal die Richtung hor. 2 zeigt, dann aber in einem fast halbkreisförmigen Bogen, den Ochsen- kopf als Centrum nehmend, die Stunden hor. 12, 10 und schliesslich hor. 8 durchläuft, um am Granit abzuschneiden. Mit dieser Zone und den ihr zugehörigen Quarzschiefern schliesst die untere Etage der Schiefergesteine im normalen Profil gegen Osten hin ab, und es folgen dann unmittelbar die grünen Schiefer; nach Norden hin dagegen wiederholen sich die beiden unterschiedenen Dioritschieferzonen erst- in umgekehrter und dann in rechtsinniger Ordnung und zwar spricht sich bei dem zweiten Erscheinen der oberen Varietät die Bogenform durch das Streichen von hor. 10 am östlichen Ende beim Kunstgraben und hor. 8 am westlichen nördlich von der Windmühle von Waltersdorf aus; von da aber herrscht, 380 auf die erst jenseits des Bobers auftretenden grünen Schiefer zu, das Streichen hor.8 und 9, dem auch der ganze Tractus der letzteren am Bleiberge folgt. Anderseits behauptet der Zug der grünen Schiefer von /lohnau auf seine ganze Länge die Richtung hor. 12 mit Einschluss der in ihm sporadisch auftretenden Thonschiefer. Die Gleichstellung beider Partien der grünen Schiefer trotz ihres verschiedenen Streichens motivirt ganz besonders das Erscheinen von Dolomiten und Kalksteinen unweit der Grenze mit der unteren, die Dioritschiefer führenden Etage; sowohl am Buchwalde in der Nähe der Üolonie Prittwitz- dorf auf dem südöstlichen Flügel, als am Gehänge des Blei- berges sind dieselben ein Gegenstand der Gewinnung. Die Hauptbruchlinie. — Die Gegend, in welcher beide Partien der grünen Schiefer zusammenstossen müssten, ist zum Theil bedeckt durch die Grauwacken- Ablagerungen; in dem entblössten Theile aber treten die Schichten der obe- ren Etage, welche von AloAnau herkommen, in einer Linie vom Schlosse zu Audelstadt nach dem Buchwalde. an die nach hor. $ gerichteten Dioritschiefer der Hauptmasse der letzteren und sind durch eine hor. 3 streichende in den Gru- benbauen aufgeschlossene Lettenkluft getrennt, welche hier die Hauptbruchlinie heissen mag. Dieselbe scheint den oben bezeichneten Sattel der Dioritschiefer gegen Osten hin abzu- schneiden. Unklare Verhältnisse. — Uebrigens ist der Um- stand zu erwähnen, dass in der. Partie der Dioritschiefer, welche der Sattel enthält, bei Weitem nicht die Regelmässig- keit der Gliederung wie in der Umgebung des Ochsenkopfes zu finden ist. Namentlich ist es ein grosser Streifen Quarz- schiefer, welcher hart an der Granitgrenze am Bober sich heraushebt und nach Süden hin in die Gegend der uralten Baue hinter der Stadt Awpferberg reicht, und daher nicht in die Richtung der Streichungslinien fällt. Eine ähnliche, wenn auch nicht so auffällige Begrenzung hat die weiter Östlich am Bober bei der Kupferhütte gelegene Partie eines rauhen 38l Glimmerschiefers. Ausserdem kennt man in den Gruben- bauen noch mehrere bei Weitem kleinere ähnliche Wechsel der Gesteine, welche wegen ihrer geringen Dimensionen auf der beigegebenen Karte nicht berücksichtigt werden konnten. Es ist nach Maassgabe der durch die unterirdischen Aufschlüsse erzielten Kenntniss der Konstitution des Gebir- ges kein Grund zu der Annahme vorhanden, dass dieser Wechsel von Dioritschiefer mit anderen Gliedern der Glim- merschieferfamilie durch Dislokationen hervorgerufen wäre, vielmehr muss man annehmen, dass derselbe dem Einflusse irgend einer chemischen Thätigkeit seine Entstehung ver- danke; und wenn auch Quarz und Dioritschiefer in Bezug auf ihre Elemente einander sehr schroff gegenüber stehen, so werden wir doch in der Folge Verhältnisse berühren, welche sehr für den genetischen Zusammenhang sprechen. Beschreibung der Gesteine. — Nach dieser all- gemeinen Schilderung der architektonischen Verhältnisse will ich auf die Beschaffenheit der einzelnen Gebirgsarten einge- hen und im Anschluss auch die in geringen Dimensionen im Gebiete derselben auftretenden Massengesteine berühren. Wenn überhaupt die grosse Mannigfaltigkeit der Schiefer- gesteine ihre Bezeichnung durch die geltende Nomenclatur fast immer etwas misslich macht, so ist dies in dem vorlie- genden Terrain ganz besonders der Fall. Im Grossen und Ganzen würde man die beiden schon bezeichneten Etagen der krystallinischen Schiefer in die Abtheilungen : „‚Glimmer- schiefer und grüne Schiefer” bringen können. So sehr auch die Dioritschiefer zunächst Äzpferberg dominiren, so sind sie doch im Ganzen nur als lokale Modifikation des Glimmerschiefer-Gürtels anzusehen, welcher die Ostgrenze der Granite des Riesengebirges umgiebt. Die hier gewähl- ten specielleren Namen dienen daher nur um die Gliederung desselben zu unterscheiden. Dichroit-Gneiss. — Der Dichroit-Gneiss des Och- senkopfes bildet ein grob und verwachsen flasriges Gemenge ’ und besteht aus zwei mit einander netzförmig verstrickten 382 Arten der Zusammensetzung. Die einen mehr linsenförmig umgrenzten Partien von licht gelbbrauner Färbung sind fast lediglich aus grobkörnigem Quarz gebildet; der andere Theil ist ein wenig krystallinisches Gemenge, das fast dicht wird und einen schimmernden Bruch zeigt, bestehend aus einem schwarzen Glimmer, einem graugrünlich weissen Feldspath und einem Minerale, das ich für Dichroit halten muss. Der Glimmer ist nicht in seiner Spaltungsebene parallel den Fla- sern abgelagert, sondern es sind körnig gruppirte Trümchen, welche in ihrer netzförmigen Verbindung dem Gestein den Charakter des Gneisses verleihen; hin und wieder finden sich auch Blättchen eines weissen Glimmers. Die ganze Masse des Gesteins ist oft durch und durch mit fein eingesprengten Körnern von Magnetkies durchzogen. Im Ganzen erkennt man auf dem frischen Bruche und namentlich in gewissen Lagen gegen das Licht eine Mischung von Violett in der Färbung heraus, aber bedeutend geringer als in anderen Varietäten des Gesteins, z. B. von Mitweida bei Freiberg in Sachsen. Meine Vermuthung gründet sich vornehmlich auf.die Ver- gleichung einer anderen Lokalität, ebenso hart am Granit- rande wie der Ochsenkopf, und genau in der westlichen Fort- setzung seiner Schichten über die Granite hinweg, nämlich vom Schwarzen Berge bei Schreiberhau, wo dasselbe Gestein, ganz in der nämlichen Figuration der Oberfläche, aber etwas ausgezeichneter auftritt und wo dasselbe so kiesreich ist, dass einzelne Stellen zur bergmännischen Gewinnung Veranlas- sung gegeben haben. Aus diesen Grubenbauen sind einige Handstücke erhalten worden, welche sehr deutlich dieselben Bestandtheile von schwarzem und weissem Glimmer, Quarz und Feldspath erkennen lassen, mit denen blauer und grauer Dichroit vorkommt, so dass man noch einige Krystallumrisse beobachten kann; derselbe wurde für Sapphir gehalten und ist neben dem für Demantspath angesprochenen Feldspathe gewiss noch in alten schlesischen Sammlungen anzutreffen. Andere Glimmerschiefer. — Die im Ganzen sel- 383 tene Zusammensetzung der Gesteine des Ochsenkopfes nimmt aber nur einen kleinen Raum im Liegenden der ersten kur- zen Dioritschieferzone ein; der im Hangenden folgende Gür- tel besteht aus einem rauhen gneissartigen Glimmerschiefer ; ebenso scheint der Dichroit gegen Süden hin, nach Zothen- zechau zu, in dem dortigen Glimmerschiefer zu fehlen ; wahr- scheinlich rückt der Granit tiefer in die Schichtengesteine hinein und schneidet ebenso wie gegen Norden die liegend- sten Schichten ab. Die unteren Dioritschiefer. — Nach dem Vor- hergehenden kommen die unteren Dioritschiefer an zwei ganz getrennten Punkten vor. einmal in den Zonen bei Walters- dorf, Kreuzwiese und Zöhrsdorf, und dann als die Haupt- masse in der Nähe des Bobers. In frischen von Gangeinflüs- sen unberührten Partien bilden dieselben ein sehr festes, scharfkantiges, klötziges, im Bruche rauhes aber grossmusch- liges Gestein, dessen Schieferung, anfänglich nur durch die Färbung bezeichnet, erst durch Verwitterung deutlich her- vortritt. In den auffallendsten Abänderungen unterscheidet man als Bestandtheile: Hornblende in kurzen, feinkörnig mit einander verwachsenen Individuen von fast rabenschwarzer Farbe, und dichten hellolivengrünen Oligoklas (oder anderen Feldspath); indem nun lagenweis bald das eine, bald das andere Fossil vorherrscht, entsteht eine wechselnd hellere und dunklere, netzförmig ineinander geschobene Streifung. Ausserdem ist Glimmer in verschiedenen Varietäten ein bald zurücktretender, bald vorherrschender, den Uebergang zum Glimmerschiefer vermittelnder, häufig aber. auch gänzlich fehlender Begleiter. Feine Punkte von Schwefelkies, Kupfer- kies, seltener Magnetkies sind fast als constante Erscheinun- gen zu betrachten. In den glimmerfreien Varietäten erscheint im Innern der helleren Streifen, namentlich in der Nähe der zur Zeit ver- lassenen Grube Neuer Adler, ein zweites hellgrünes, etwas mehr ins Blaue nüaneirtes Mineral von dichter Beschaffen- 354 heit, das sehr wahrscheinlich Diopsid ist. in welchem als letzter Kern ein grünlicher derber Granat folgt. Den Schlüssel zu diesen mineralogischen Bestimmungen fand ich durch Vergleichung mit den in der Kupferberger Reviersammlung aufbewahrten Findlingen von den alten Ei- sensteinhalden von Schmiedeberg, woselbst die Dioritschiefer ihre mineralogisch ausgebildetsten Partien zu haben scheinen. Der dort vorgefundene Augit gleicht im Habitus dem von Dagerö, die Farbe ist aber gleichförmiger grün. Ausserdem gestattet das später zu erwähnende Vorkommen zu Alt- Kemnitz bei Hirschberg einige Vergleichungen. Nesterbildung der Dioritschiefer. — Eigen- thümlich für das Vorkommen der unteren Dioritschiefer ist eine Nesterbildung, welche in linsenförmigen Körpern von sehr grossblättrig individualisirtem, nicht selten von Quarz be- gleitetem Oligoklas sich ausspricht. Meistentheils sind die- selben in einer eigenthümlichen Umwandlung begriffen, wel- che durch mehrere Stadien verfolgt werden kann. Sie be- ginnt damit, dass die Oligoklas-Individuen durch feine grüne Linien durchzogen und begrenzt werden, welche sich bei grösserer Entwickelung als feinstrahlige Hornblende in bü- schelförmiger Gruppirung oder als schuppiger Chlorit heraus- stellen. Gleichzeitig erscheint dichter, brauner, zuweilen auch krystallisirter Granat, auf dem ein sehr hochgrüner, radial gruppirter Pistacit aufsitzt, der zuweilen dermaassen überhand nimmt, dass faustgrosse Nester davon zusammengesetzt sind. Seltener findet sich als jüngste Bildung blättriger Kalkspath oder ein unbestimmter, dem Stellit ähnlicher Zeolith. Hart am Boberrande, und zwar am nördlichen Ufer desselben zunächst der Granitgrenze, kommt ein Dioritschiefer vor, der nach seiner Lage der oberen Abtheilung angehört, aber mit Ausscheidungen von Pistacit und Granat so über- laden ist, dass er als ein Granatenlager beschrieben wurde; ausserdem findet sich hier auch mit Pistacit zusammen Preh- nit, der dann schliesslich mit Kalkspath überwachsen ist. 385 Uebergänge der unteren Dioritschiefer. -- Unter den vielfachen Varietäten von Glimmerschiefer, welche sich an diese Dioritschiefer anschliessen, erscheinen vornehm- lich zwei vorherrschend; die eine steht denselben gewiss sehr nahe, indem die Beschaffenheit des Gesteins in seinen äusser- lichen Bruchformer, so wie der nicht absolute Mangel an Hornblende dasselbe jenen so ähnlich macht, dass der Unter- schied nur mit Aufmerksamkeit erkannt werden kann; und doch ist der Feldspath darin fast vollständig durch einen sehr feinsplittrigen Quarz ersetzt, der von nahe auf einander fol- genden Lagen eines dunklen mit Hornbiende gemengten Glimmers durchzogen wird. In dem Maasse, wie der Glim- merbestandtheil hellere Farben annimmt, nähert sich das Ge- stein dem Quarzschiefer; diese Uebergänge finden sich auch da, wo der letztere aufzutreten beginnt, am häufigsten hin- ter der Stadt Azp/erberg. Sehr reich an weissem Glimmer ist das Gestein an der Lettenkluft an der Ostgrenze der Hauptpartie der Dioritschiefer, nördlich vom Buchwald. Da- gegen nähert sich der bei der Kupferhütte in die Diorit- schiefer eingeschobene Glimmerschieferkörper sehr dem ge- meinen Gneisse, indem grosse linsenförmige Nester von Quarz dem Gestein ein sehr rauhes wulstiges Ansehen geben. Die unteren Dolomite. — Die unteren Dolomite gehören ausschliesslich dem unteren Dioritschiefer an, und stehen wahrscheinlich mit diesem im engsten genetischen Zu- sammenhange. Sie bilden im Bereiche unserer Karte kaum eine einzige geschlossene, zur technischen Benutzung taug- liche Partie, sondern erscheinen vorherrschend mit den sie begleitenden Schiefergesteinen verwachsen als kleine stock- artige Vorkommen ohne grosse Lateralausdehnung. Erst bei ARothenzechau und Schmiedeberg treten grosse geschlossene Dolomitlager auf, welche in analogen Schiefergesteinen abge- lagert sind und zu erheblichen Gewinnungen Veranlassung geben. Diese liegen in der Fortsetzung der in dem oberen Theil des Dorfes Waltersdorf auf der Karte angegebenen Zeits. d. d. geol.Ges. V. 2. 25 386 Dolomitpartie. Die Vorkommen in der Nähe von Äupferberg sind bereits oben erwähnt worden. Das Gefüge dieser Dolomite ist durchaus krystallinisch, bald grobkörnig, bald feinkörnig, die Farbe fast immer blen- dend weiss; die grobkörnigen Varietäten sind ziemlich frei von eingeschlossenen Silikaten, aber in der Regel mit feinen Lagen des Nebengesteins durchzogen; in den feinkörnigen Varietäten tritt ölgrüner und lauchgrüner Serpentin in regel- losen verflossenen Streifen auf, der von schmalen Bändern von Chrysotil und Pikrelith begleitet wird. Aus eigenthümlichen Mineralien zusammengesetzte Scha- len auf der Grenze mit dem Nebengestein kennt man im Bereich der Karte anstehend nicht; das Auftreten derselben in be- nachbarten Lokalitäten wird in den letzten Abschnitten vor- getragen werden. Möglicher Weise rühren aus einer solchen Schalenbildung jene Findlinge her, welche auf einer alten, jetzt eingeebneten Halde südlich vom Kirchhofe von Kupfer- berg vorgekommen sind, und deren wir oben gedachten. Die Hauptmasse derselben ist ein Gemenge von strahligem seladon- grünem Diopsid, braunem Colophonit, etwas Glimmer und verwittertem Dolomit. Der Diopsid ist nur zum Theil noch in anscheinend frischem Zustande erhalten, und wie es scheint nur da, wo er als frei ausgebildeter Krystall in den Dolomit hineinragte. Die Form ist die sehr in die Breite gezogene, gestreifte Oblongsäule in Begleitung schmaler glänzender Flächen der primitiven Säule, geendet durch die rauhe End- fläche mit ungefähr 75 Grad Neigung; die Krystalle sind in der Regel zuZwillingen vereinigt; im Ganzen nähert sich der Habitus dem Vorkommen vom Zillerthal in Tyrol. Da wo dieses Fossil grössere, meist excentrisch strahlige Partien zusammensetzt, ist jedes Individuum in ein Aggregat von Strahlsteinnadeln verwandelt, welche zwar im Allgemeinen in ihrer Längsachse der Lage des ursprünglichen Krystalles folgen, aber innerhalb desselben wieder einen besonderen, excentrisch geformten, langgestreiften Büschel darstellen. Der Colophonit scheint seine völlige Frische behalten zu haben, 387 bildet grob- und feinkörnige Partien, und sitzt in einzelnen, scharf ausgebildeten Rhombendodekaödern sowohl auf frischem, als auf zersetztem Augit. Untergeordnete Begleiter sind neben Glimmer Magneteisenstein, Zinkblende, Schwefelkies, Kupferkies und Schwerspath. Die oberen Dioritschiefer. — Die oberen Diorit- schiefer gleichen in ihrem äusseren Habitus fast vollständig den unteren; bei der näheren Untersuchung finden sich je- doch erhebliche Unterschiede, welche dieses Gestein als ein Mittelglied zwischen jenen und den grünen Schiefern dar- stellen lassen. Das Gestein ist im Allgemeinen schiefriger und weniger deutlich krystallinisch abgesondert; es erscheint als ein schiefriger Diorit, aus kleinen mandelartigen Aggre- gaten von Oligoklas und feinstrahligem Amphibol zusammen- gesetzt, verbunden durch ein verworrenes Netz von schmutzig graugrünen asbestartigen Hornblendenadeln; auf der Grenze mit den grünen Schiefern am Bleiberge nähert es sich dem Chlorit- und Talkschiefer. Schwefelkies in kleinen Funken ist ein häufiger Begleiter; man vermisst aber durchweg die mannigfaltigen Nesterbildungen, welche den unteren Diorit- schiefer so sehr auszeichnen; hın und wieder findet sich etwas Pistaeit ausgeschieden, nie aber Granat. An der Granit- grenze bei Waltersdorf wurde der Schwefelkies bergmännisch gewonnen. Die Quarzschiefer. — Die Quarzschiefer bilden in ihren hervorstechendsten Abänderungen ein durch grade Bruch- flächen abgesondertes Gestein, welches in der Richtung der Schieferung nach zahlreichen ebenen Ablösungen spaltet, die durch sehr sparsam abgelagerten weissen Glimmer getrennt sind. Die Bestandtheile dieser Lamellen sind vorherrschend feinkörniger Quarz und nächstdem ein dichter, sehr feinkör- niger, röthlicher Feldspath. Man könnte manche Varietäten daher auch als eine eisenthümliche Modifikation des Gneisses betrachten, wenn nicht der Anschluss an ausgezeichnete Va- rietäten der Gegend von Strehlen und Nimptsch für letztere ‚Bezeichnung spräche. Zuweilen gewinnt der Feldspath- 25* 388 Bestandtheil völlig die Oberhand und erscheint alsdann das Gestein in den gewöhnlichen Feldfindlingen auf den ersten Blick rothen Porphyren sehr ähnlich, mit denen es auch frü- her häufig verwechselt zu sein scheint. Bei Ober-Rohnau, im Hangenden der oberen Diorit- schiefer, hat der sehr vorwaltende Feldspath-Bestandtheil eine weisse Farbe, ohne dass der Habitus des Gesteins sich än- dert. Sehr eigenthümlich sind einige Findlinge in der Nähe der Stadt Kupferberg, wo Dioritschiefer und Quarzschiefer in bandartigen Zeichnungen mit einander verbunden sind. Zuweilen findet man auch Quarzschiefer, in denen die Ab- sonderungsflächen mit einer dünnen Lage von Hornblende bedeckt sind, so dass das Gestein auf den Schieferungsflächen die dunkle Färbung der Dioritschiefer,, auf dem Querbruch die helle der Quarzschiefer zeigt. Diegrünen Schiefer. — Die grünen Schiefer schlies- sen sich in ihren liegendsten Schichten so innig an die oberen Dioritschiefer an, dass die Bezeichnung der Grenze am Blei- berge, wo dieselben nicht, wie bei /tolnau, durch ein mit Schutt ausgefülltes Thal getrennt sind, fast willkürlich ist. In dem normalen Typus bildet die Grundmasse ein sehr fein- splittriges zähes Gremenge von einem asbestartigen, grünlich blaugrauen Fossil, das ich, in Ermangelung einer anderen Bezeichnung, Tremolit nennen will, und einem Feldspath, wahrscheinlich Oligoklas, sehr häufig begleitet von Talk und feinschuppigem Chlorit; diese mineralogischen Bestimmungen sind aber noch gänzlich in Frage zu stellen. Die Tremolit- Fasern liegen in den Spaltungsebenen mit Beobachtung eines sehr deutlichen Linearparallelismus und geben dem Gestein einen seidenartigen Schimmer. Einschlüsse der grünen Schiefer. — Die zahl- reichen Einschlüsse der grünen Schiefer sind zweierlei Art; entweder sind es Einlagerungen, welche das Gefüge dersel- ben nicht stören, oder es sind Bildungen auf grösseren oder kleineren Spalten. Die ersteren sind theils mit einem bald feinkörnigen, bald grossblättrig individualisirten Dolomit aus- 389 gefüllt, theils Quarz- und Oligoklas-Nester mit chloritischen Umgrenzungen. Die Spaltenbildungen lassen ein progres- sirtes Fortschreiten der Ausfüllung beobachten. Die ersten hierher gehörigen Erscheinungen bilden kurze, an beiden Enden sich ausspitzende, und oft nur mit bewaffnetem Auge erkennbare Risse, welche oft auf ganzen Klippen in symme- trischer Lage auftreten; ihre Ausfüllung wird dadurch her- vorgebracht, dass die scharfabgeschnittenen Tremolit-Nadeln, unter einem kleinen Winkel gebrochen, sich in die Spalten hineinziehen und an der entgegengesetzten Seite unter der umgekehrten Knickung wieder fortsetzen; es erscheinen diese Trümer daher als Streifen, deren Seidenglanz unter einem anderen Winkel als auf der übrigen Fläche hervortritt. Bei der Erweiterung dieser Spalten lagern sich zwischen den Tremolit-Nadeln stänglige Absonderungen eines dichten, sel- ten krystallisirten Fettquarzes ab, welche bei verwitterten Stücken, mit einer eisengefärbten dünnen Rinde überzogen, besonders hervortreten, und an die Schillerquarze des Fich- telgebirges erinnern. Zuweilen liegen Büschel eines schwar- zen Glimmers und Blättchen von Eisenglanz zwichen den Quarznadeln. Bei noch weiterer Ausbildung der Spalten sind dieselben mit Kalk- (oder Dolomit-) spath gefüllt, und auf der Grenze des Quarzes mit diesem oder auch unmittel- bar auf dem Nebengestein liegt eine Lage zierlich ausgebil- deter Albit-Krystalle, sehr ähnlich manchen Vorkommen aus den Alpen, welche die Vermuthung rege werden lassen, dass der Feldspath des Gesteins selbst gleichfalls Albit ist. In anderen sonst ganz gleichen Trümern tritt stängliger, nicht excentrisch geordneter, schmutzig grüner Pistazit oft deutlich krystallisirt auf. Merkwürdig ist, dass Pistazit und Albit nicht gemeinschaftlich mit einander vorzukommen scheinen ; so findet man auch in den weiter nördlich bei Alt -Schönau vorkommenden und mit den grünen Schiefern innig verwach- senen Massen-Dioriten wohl sehr schöne Albite in den Trü- mern, nie aber Pistazit. Die vollständigste Abwesenheit von Granat dürfte als charakteristisches Unterscheidungsmerkmal 390 von den unteren Dioritschiefern aufzuführen sein. Inniger ist das. Verhältniss zu den oberen Dioritschiefern, so dass in der That einzelne Lagen in den grünen Schiefern auftreten, welche nach ihrer Beschaffenheit mit den ersteren zu iden- tifieiren sein würden. Namentlich tritt in dem innern Kamme der grünen Schiefer, in der Nähe des auf unserer Karte an- gegebenen Porphyrganges, ein nach dem Gipfel des Scharlach- berges zu weisender Strich auf, welcher an einzelnen Stellen, z. B. bei der Kirche in Rohnau, auf dem Gipfel des Schar- lachberges selbst, der Beschreibung der oberen Dioritschiefer entspricht, so dass lediglich die Wechsellagerung mit grünen Schiefern anstatt mit Glimmerschiefern die Vereinigung dersel- ben mit ersteren motivirt. — Um so auffallender muss es sein, wenn man eine Meile nördlich vom Bleiberge unweit der Grenzen der rothen Sandsteine von Leipe und Schönau am Martensteine einen granatführenden Dioritschiefer vom Charakter der unteren Art findet, nachdem man ausser grü- nen Schiefern auch noch ausgedehnte Zonen von Kalkstein und Thonschiefer überschritten hat. Die Kieslager von Roknau. — Ein interessantes Vorkommen in dem Gebiete der grünen Schiefer sind die Kieslager von Rohnau. Sie bilden eine hor. 12 streichende Divergenzzone einer Reihe unbestimmt begrenzter Talkschie- ferstöcke, welche aus dünnschiefrigem, bald glimmerartigem, bald specksteinähnlichem Talk mit eingelagerten, oft gewun- denen, flach linsenförmigen Quarzkörpern bestehen, eine bis 15 pCt. steigende Beimengung von rundlichen nadelknopf- grossen Schwefelkies-Krystallen besitzen, und zur Darstel- lung von Schwefel und Eisenvitriol abgebaut werden. Aehn- liche Talkschiefer, grösstentheils aber ohne Schwefelkies- (Gehalt trifft man auch in der nördlichen Partie der grünen Schiefer, aber jenseits der Grenze unserer Karte in einem Strich, der über Seitendorf, Jrodeland nach Flachenseifen zu in der Nähe der Kalkstein-Ablagerungen sich hinzieht. Die Thonschiefer. — Im Bereich unserer Karte bilden die Thonschiefer eigentlich nur lokale Modifikationen 391 der grünen Schiefer, von diesen verschieden durch den gänz- lichen Mangel an krystallinischen Silikaten und durch eine rein graue Farbe. Quarzbänder und dolomitisirter Kalkstein sind sehr häufige, fast constante Beimengungen. Die oberen Dolomite und Kalksteine. — Die Dolomite, welche am Bleiberge unweit der Grenze der Dio- ritschiefer aufsetzen, und welche sich in sehr ähnlicher Be- schaffenheit südlich vom Buchwalde in der Richtung nach Rohnau zu vorfinden, gleichen ziemlich den unteren Dolomi- ten; es kommen aber in ihnen weder Serpentin noch Diopsid, wohl aber hellegrüner Talk in schmalen Lagen und Spuren von Magneteisenstein vor. Das feine alabasterähnliche Ge- füge scheint stellenweis verloren zu gehen, indem sich der Habitus dem gemeinen Grauwackenkalk nähert, wo dann auch gleichzeitig Thonschiefer aufzutreten pflegt. Massengesteine im Gebiet der krystallini- schen Schiefer. — Lassen wir die Granite der Central- masse, welche .das Schiefergebirge gegen Westen hin be- grenzen, ausser Acht, so bleiben hier folgende Gesteine zu erwähnen: 1) Granit der Apophysen, 2) rother Porphyr, 3) grauer Porphyr, 4) Uralit-Gestein. Granit der Apophysen. — In der Nähe der Gra- nitgrenze finden sich im Dioritschiefer zahlreiche Apophysen von Granit; mehrere derselben sind in den Grubenbauen auf- geschlossen worden, über Tage kennt man sie nur in Find- lingen. Sie bestehen aus einem feinkörnigen, quarzreichen und darum wenig verwitternden Granit; sie zeigen keine Saalbandbildungen und sind fest mit dem Nebengestein ver- wachsen, auf das sie nicht den geringsten Einfluss gehabt zu haben scheinen; sie sind älter als die älteste ausgeprägte Erzgangformation. Ungewöhnliche Bestandtheile führen. sie nicht, wenn nicht etwa das Vorkommen von Selen-haltenden Uranerzen mit ihnen zusammenhängt, welche in der Nähe eines Kupferganges brachen. Oestlich und südlich von Kupferberg sind Apophysen nicht angetroffen worden; sie . beschränken sich also lediglich auf eine Breite von 1000 Schritt 392 östlich von der Granitgrenze. Mit diesen Apophysen sind nicht die Feldspathmassen der Dioritschiefer zu verwechseln, welche dem Schiefergestein selbst angehören, wie oben vorge- tragen, und die in der Nähe der Gänge häufig bei eintreten- der Zersetzung eine lichte apfelgrüne Färbung zeigen. Die Farbe des Apophysengranites ist blass fleischroth ins Rost- farbenrothe; in der Nähe der Uranerze ging dieselbe bei starker Zersetzung ins Gelbliche über. Die rothen Porphyre. — Die rothen Porphyre ha- ben eine grössere durch die ganze Zone der krystallinischen Schiefer sich ausdehnende Verbreitung, und sind die westli- chen Ausläufer der Porphyre von Waldenburg, mit deren älteren Varietäten sie grosse Aehnlichkeit haben. Sie durch- ziehen die Schiefer in riegelartig abgerissenen Gängen in der Richtung hor. 9 bis 10; in den Grenzen unserer Karte kennt man sie nur an den Ufern des Bobers und des Czer- nitzbaches bei Rohnau; in der Gegend des Ochsenkopfes scheinen sie zu fehlen. Sie besitzen eine schmutzig blass- rothe, zuweilen ins Lavendelblaue sich ziehende, völlig dichte Grundmasse, welche selten dunkler gefärbt erscheint, und im frischen Zustande einen etwas schimmernden, im Grossen muschligen Bruch zeigt. Quarzkörner sind weniger häufig als kleine, im Bruch glänzende, rothe und weisse Feldspath- Krystalle; am grössten fanden sich letztere in einem in 50 Lachter Teufe beim Neuen-Adler-Schachte angefahrenen Porphyr-Keile von dunkler Grundmasse. Vielleicht stehen mit diesen Feldspath-Ausscheidungen die weissen, rundlichen, 4 bis 1 Linie grossen Concretionen im Zusammenhange, wel- che sich in einigen Porphyren hart am Bober finden; hin und wieder kann man auch kleine sehr scharf ausgebildete Säulcken von weissem Glimmer im Porphyr eingewachsen beobachten. In oberen Teufen begleiten die Porphyre tho- nige Saalbänder, welche in grösserer Tiefe verschwinden, so dass dann der Porphyr unmittelbar sich an das Nebengestein anschliesst, und es ebensowenig wie der Granit der Apophy- sen alterirt zu haben scheint. 393 Im Grossen und Ganzen lassen sich sämmtliche abge- rissene Porphyrpartien in zwei Hauptlinien bringen. Die nördliche beginnt in zwei nur in der Tiefe bekannten Rie- seln in den Rudelstädter Bauen, erscheint dann unmittelbar über der Kupferhütte und dem Wege von da nach der Berg- mühle, taucht dann weiter nordwestlich aus dem Bober als + Lachter mächtiger Gang auf, den man fast bis an die Bergmühle verfolgen kann, gegenüber welcher jenseits des Bobers zwei ausgezeichnete Gänge entblösst sind; von hier- aus scheint der Porphyr sich zu zersplittern und in mehr- fachen Trümern in die grünen Schiefer hinein zu ziehen. Ganz in der Nähe des nördlichen Boberrandes durchörtert der nicht weit getriebene Dorothea - Stollen neben einem Kupfergange einen hierher gehörigen Porphyr- Riegel, in dessen Klüften etwas Malachit abgesetzt ist. Etwa 1000 Schritt weiter südlich tritt die zweite Linie auf; ihre Haupt- entwickelung findet sich unter der Stadt Kupferberg, wo mehrere parallele Riegel über Tage bekannt und in den Grubenbauen aufgeschlossen sind. Der bedeutendste der letzteren, welcher auf den Gängen Frohe Erwartung und Einigkeit durchfahren ist, besitzt 9 Lachter Mächtigkeit. Weiter östlich treten mehrere Riegel in den westlichen Feld- orten der Gänge Seegen Gottes und Felix, etwa in der Nähe der nach Landshut führenden Chaussee auf, an der auch östlich von der Colonie Neustadt über Tage die Fortsetzung derselben in der Nähe des Buchwaldes zu finden ist. Schliess- lich erscheint in der Nähe dioritschieferartiger Gesteine bei Rohnau im Gebiet der grünen Schiefer ein etwa 100 Lachter langer Porphyrgang von geringer Mächtigkeit, der mit un- serer zweiten Linie in Verbindung gebracht werden kann. Grauer Porphyr. — Ganz untergeordnet ist das Vorkommen eines grauen aufgelösten Porphyrs, welcher im Thonschiefer nördlich vom Buchwalde hart an der Lettenkluft der Hauptbruchlinie im Flügelort des Helener Stollen durch- fahren wurde, und einen etwa 8 Fuss mächtigen Gang bildet. Die im frischen Zustande licht seladongrüne, an der Luft 394 aber leberbraun werdende Grundmasse zeigt viele weisse Punkte, welche für eine Art von Feldspath gehalten werden können; eine sehr feine Beimengung von Schwefelkies ver- hindert dasselbe für einen erdigen Trachyt zu halten. Ana- loge Gesteine treten neben rothem erzführendem Porphyr im Hangenden der Lagerstätte des Arsenikwerkes Bergmanns- trost zu Alienberg auf; dort aber sind es deutliche Blättchen von schwarzem Glimmer, welche dasselbe begleiten. Uralit-Gestein. — Ebenso untergeordnet ist das Gestein, welches die an der nördlichen Granitgrenze anste- henden Klippen auf dem Köhrigsberge zusammensetzt. Die schwarze serpentinartige Grundmasse ist voll von unbestimmt begrenzten blättrigen Krystall-Individuen, die Herr Professor G. Rose als Uralite d. h. in Hornblende umgewandelte Au- gite bestimmt hat. Einzelne Körner von Magneteisenstein und breite Trümer eines groben Asbestes erinnern an die mannigfaltigen Abänderungen der mehr oder minder verän- derten Augitgesteine der Grafschaft Glatz. Contact der Granite mit den Schiefergestei- nen. — Schliesslich würde noch hervorzuheben sein, dass auf der Grenze der Üentralmasse des Granites und der Schiefergesteine UOontactbildungen beobachtet worden sind, die eine ziemliche Ausdehnung zu haben scheinen. Der Granit unterliegt einem eigenthümlichen Zersetzungsprocess, der Oligoklas geht in einen schmutzig lauchgrünen Talk, oft mit Beibehaltung seiner Form über, der Orthoklas er- scheint matt, ohne Glanz, gebranntem Thone ähnlich; zahl- reiche weisse Quarzgänge durchziehen das Gestein; schup- piger Eisenglanz tritt auf den Drusen zum Theil mit den Quarzen verwachsen auf und häuft sich oft zu derben Mas- sen an. Diese Gangtrümer scheinen auch in die krystalli- nischen Schiefer hineinzusetzen, wo dann der Eisenglanz oft sehr schöne Krystallformen zeigt. 395 Lage des erzführenden Feldes. — Die bebauten Erzlagerstätten von Kupferberg und /tudelstadt concentriren sich zu beiden Seiten der angenommenen Sattellinie, indem sie beide Flügel des Gebirgssattels einnehmen; die Axe selbst scheint durch eine taube Zone bezeichnet zu sein. Kennt- niss haben wir eigentlich nur von den Bauen auf dem nörd- lichen Flügel, welche bis in die grünen Schiefer des Bleiber- ges reichen. Von den Bauen des südlichen Flügels wissen wir kaum mehr als die Namen der alten Berggebäude: „Alter Friedrich, Hülfe Gottes, Victor” Somit ist das uns bekannte Erzterrain auf ziemlich enge Grenzen reducirt, nämlich auf den eine halbe Meile langen Strich von der Gra- nitgrenze bis zur Lettenkluft an der Grenze der Thonschiefer und grünen Schiefer; es setzen zwar noch östlich von der- selben Gänge auf, wir wissen aber so gut wie nichts von denselben. Die Breite des bezeichneten Striches beträgt etwa 2000 Schritt; vereinzelte Erzvorkommen finden sich zwar noch weiter südlich auf den Ochsenkopf zu, und längs der Grenze der Granite gegen Norden in der Fortsetzung des Bleiberges, sie lassen sich aber nicht in directen Zusammen- hang mit der hier behandelten Hauptgruppe bringen. Historische Uebersicht des Bergbaues. — Im Allsemeinen sind die Nachrichten, welche dem Studium des Kupferberger Gangsystems zur Basis dienen können, spärlich vorhanden. Der Brand der Stadt Kupferberg im Jahre 1824 zerstörte die ziemlich reichhaltigen Archive des hier residi- renden Jauerschen Bergamtes, in dem fast ausschliesslich die betrieblichen Resultate aufbewahrt wurden. Im zwölften Jahrhundert soll der Bergbau unter LAUREN- TıUS ANGEL seinen Anfang genommen und bis in die Zeit der Hussiten-Kriege geblüht haben, vornehmlich in der Ge- gend der heutigen Stadt Kupferberg. Sehr wahrscheinlich stammen aus dieser Zeit schon mehrere ausgedehnte Stollen- Anlagen. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts begann man viel- fache Versuche zu machen ‚‚die alten Gruben wieder zu er- öffnen”; aber erst im vorigen Jahrhundert scheint man auf 336 dem vielleicht damals noch unverritzten Felde östlich von der Stadt zunächst der alten Fürstenthums-Grenze zu er- heblichen Resultaten gekommen zu sein. Namentlich waren es die Gruben „@ute Hoffnung, Seegen Gottes und Felix”, welche bis zur Besitzergreifung des Landes durch Preussen von Be- deutung gewesen zu sein scheinen, später aber vom Staate übernommen werden mussten, um bis gegen das Ende des ersten Viertels dieses Jahrhunderts ihr Dasein zu fristen. Der östliche Theil des Bergbaues, auf dem Terrain von Rx- delstadt, wurde nach 1750 wieder, und zwar mit gutem Er- folge in Angriff genommen, ging dann durch schlechte Oeko- nomie zu Grunde. Der unverhoffte Fund der Nex- Adler-Gänge belebte den Bergbau aufs Neue, so dass er bis zum Jahre 4849 mit erheblichen Ueberschüssen fortgeführt, jedoch noch zu früh in diesem Felde aufgegeben wurde. Die noch jetzt im kalkhaltigen Thonschiefer umgehenden Versuche am Buch- walde sind der letzte Rest desselben. Ausserdem wird ge- genwärtig in dem westlichen Theile des Erzterrains in der Soole des alten Einigkeiter Stollns mit grosser Ausdauer eine Schurfarbeit betrieben, welche, ursprünglich auf die nicht in Erfüllung gegangenen Hoffnungen in den Bauen der zu An- fang dieses Jahrhunderts betriebenen Grube Zinigkeit noch anstehende Erzmittel zu finden gerichtet, zu sehr ausgedehn- ten Aufgewältigungen Veranlassung gegeben und so diese vorliegende Bearbeitung möglich gemacht hat. Eine solide umfassende Anlage, fähig den Bergbau des Erzterrains als ein grosses Ganzes in Angriff zu nehmen, ist bisher noch nicht zu Stande gekommen. Allgemeine Beschaffenheit der Gänge. — Die Kupferberger Gänge besitzen nicht jene präcise Ausbildung, welche manche Gangformationen auszeichnet, die, wie die von Freiberg in Sachsen, einen mächtigen Reiz ihre Gesetze zu erforschen ausüben. Die scharf gezogene Grenze von Ne- bengestein und Gangmasse fehlt ihnen, wenn nicht vollkom- men, doch vorherrschend; das erstere hat einen weit direk- teren Antheil an der Gangmasse, und nur die mittleren Theile 397 der letzteren liefern mineralogisch charakterisirte Bestand- theile. Ebenso tritt eine Zunahme in der Ausbildung selbst- ständiger Mineralien mit der Abnahme des Alters der Sy- steme auf. In diesem Sinne durchläuft die Formation in ihren verschiedenen Alters-Abtheilungen alle Stadien der In- tensität der Gangbildung. Die Mächtigkeit der Gänge ist durchschnittlich gering, die grössten Breiten sind 1 bis 14 Lachter gewesen; auch die Erzführung ist durchschnittlich schmal, 2 bis 3 Zoll breit, selten bis 15 Zoll und darüber aufgetreten, fast aber immer ausgezeichnet durch der concentrirten Gehalt an Erz. Eintheilung der Gänge. — Vom allgemeinen Stand- punkte aus lassen sich drei Formationen unterscheiden, welche auch wohl sämmtlich in den übrigen Theilen der Sudeten nachgewiesen werden können, nirgends aber in so innige Be- rührung zu einander treten wie hier. Es sind folgende: A. Die Kupferformation, B. Die Bleiformation, C. Die Schwerspathformation. Die Kupferformation schliesst sich unmittelbar an die Dicritschiefer an, um hier ihren Hauptsitz zu haben und nicht weit über dieselbe hinaus zu reichen; sie ist die aus- gebildetste von den hier erwähnten und zerfällt in mehrere Gangsysteme. Die Bleiformation scheint noch mit grösserer Harträckig- keit an einen Horizont der grünen Schiefer geknüpft zu sein, welcher ungefähr durch die oberen Dolomite bezeichnet wird. Die Schwerspathformation ist wahrscheinlich die jüngste Gang- bildung und erscheint theils in selbstständigen Gängen, theils sporadisch auf denen der anderen Formationen. In den Gren- zen unserer Betrachtung spielt sie nur eine untergeordnete Rolle, ist aber häufig der Träger interessanter Mineralien; erst die Vergleichung des Schwerspath-Vorkommens im Ge- biete des Steinkohlengebirges von Waldenburg und des Gneis- ses der Hohen Eule berechtigt dasselbe auch hier als eine besondere Formation anzusehen, auch geht aus dem dort sehr 398 ausgedehnten Auftreten hervor, dass diese Formation nicht an einen bestimmten Horizont gebunden ist, sondern bis zu den kohlenführenden Schichten von Waldenburg hinaufreicht. Der besseren Orientirung halber habe ich die Gangkarte der nächsten Umgebung von Kupferberg (Taf. X.) beigefügt. A. Kupfergänge. — Die Kupfergänge gestatten eine auf die Streichungslinien gegründete und auch im Ganzen durch mineralogische Eigenthümlichkeiten unterstützte Glie- derung in vier Systeme, welche ihrem Alter nach geordnet folgender Maassen zu bezeichnen sind. 1) Gänge von hor. 8 bis 9, 2) Gänge von hor. 12 bis 2, 3) Gänge von hor. 10 bis it, 4) Gänge von hor. 5 bis 64. Alle Gänge sind jünger als die Apophysen des Granites mit Ausnahme einiger Erscheinungen, welche vorläufig zu denen von hor. 8 bis 9 gezählt werden; letztere sind älter als die rothen Porphyre, welche nur von den jüngsten Gän- Nord. N) N > U Uranerze. Maassstab 1 :400. G — Granit; P — Porphyr; D — Glimmerreicher Dioritschiefer; a — Kluft hor. 6; b — Kupfergaug Frohe Erwartung hor. 8. 399 gen der Stunden 5 bis 64 durchschnitten werden. Die Gänge hor. 10 bis 11 sind jünger als die von hor. S bis 9 und hor. 12 bis 2, dagegen älter als die von hor. 5 bis 64; ihr Ver- hältniss zu den Porphyren ist nicht bekannt. In Bezug auf die Altersverhältnisse ist der vorstehende Horizontaldurchschnitt besonders interessant, welcher unter der nordwestlichen Häu- serreihe von Äupferberg in 17 Lachter Teufe im sogenann- ten Prellerschen Querschlage aufgeschlossen wurde. Ein tauber unbenannter Gang von hor. 6 (a) kreuzt einen Porphyrriegel (P), eine Granit-Apophyse (G), und schleppt sich auf einige Distanz mit dem Kupfergange Frohe Erwartung (ehemals Hangender Gang) (b), welcher zwar den Granit, aber nicht den Porphyr durchschneidet. Die Gänge hor. Sbis 9 im Allgemeinen. — Die Richtung der Gänge von hor. 8 bis 9 fällt bis auf eine kleine Differenz mit der des Nebengesteins zusammen, wo- segen das Einfallen der Mehrzahl ein entgegengesetztes süd- liches ist. Ihre Entwickelung beschränkt sich auf zwei Grup- pen, von denen die westliche unter der Stadt Kupferberg und nach der Granitgrenze hin ziemlich die ganze Breite der Dioritschiefer einnimmt. Die östliche Gruppe bildet den Hauptzug des Bergbaues von Ztudelstadt. Die Gänge selbst sind gegenwärtig im Ganzen fast blos ihrer Lage nach als in Rücksicht auf ihr sonstiges Verhalten bekannt. Im All- "gemeinen sind sie durch kein ihnen eigenthümliches Mineral charakterisirt; ein System paralleler Klüfte und Schalen be- zeichnet eine Richtung, in deren Verfolg man aneinander- gereihte Nester und Butzen von oft sehr reichen Erzen an- trifit, welche anderseits auch zu fest mit dem Nebengestein verwachsenen Erzschnüren sich vereinigen. Die Erze sind Kupferkies, Schwefelkies, Magnetkies, Arsenikkies, Bunt- kupfererz, Fahlerz und Kupferglanz. Die westliche Gruppe. — Beginnt man in der westlichen Gruppe von Süden an zu zählen, so sind folgende Gänge namhaft zu machen. 4006 Auf dem Südflügel des Sattels: 1) der alte Friedrich, auf dem Nordflügel: 2) Schwarz-Adler-Gang;, 3) Einigkeit-Gang, 4) Hangender Gang oder Frohe Erwartung, 5) KÄreuzer-Gang und Klingelschächter-Gang, welche beide vielleicht einen Gang ausmachen, der neuerdings den Namen Erwünschte Zukunft erhalten hat; 6) Antoinette-Gang oder Bergmanns-Hoffnung, und 7) Louise-Gang, und jenseits des Bobers, 8) Piastus-Stollen mit seinen in die östliche Gruppe reichenden Fortsetzungen. Der Schwarz-Adler-Gang. — Hervorzuheben von diesen Gängen ist zuerst der Schwarz-Adler-Gang:; der- selbe ist auf 150 Lachter Länge in der Sohle des Einiskeits- Stollens bekannt, aber durch den Einfluss von Kreuzungen, Verwürfen, namentlich aber wegen grosser Zersetzung nur ausnahmsweise in seiner muthmaasslich ursprünglichen Ge- stalt angetroffen. Sein eigentliches Fallen ist gegen Norden unter einer Neigung von 75 Grad gerichtet; in dem Be- reiche von Kreuzen mit Gängen (hor. 5 bis 64) von entgegen- gesetztem Fallen nimmt er eine senkrechte Lage an. Die Ausfüllungsmasse, welche gegenwärtig meistentheils ockergelb aussieht, ist wahrscheinlich im frischen Zustande durchweg ein dichtes, filziges, chloritisches oder amphibolisches Gestein, von hellseladongrüner Farbe gewesen; in ihr liegen einzelne compacte Knoten von Buntkupfererz und Kupfer- kies, grösstentheils in Zersetzungsproducte übergegangen. Am Liegenden folgt dem Gange ein sehr ausgeprägter Let- terschram als Saalband, und ein Trum eines splittrigen fast ganz zerbröckelten Quarzes mit Blättchen von Zisenglanz, welches sich gegen das Hangende hin vielfach verzweigt und verästet. Erze sind in diesem Quarz nicht vorgekommen. 401 Eine andere Art von Erzführung dominirt häufig auf den Schaarungskreuzen, welche sich mehr der den Verwer- fern eigenthümlichen nähert, doch kann man in der Regel die kreuzenden Gänge neben einander unterscheiden. Der ganze Habitus dieser Lagerstätte lässt in derselben nichts Anderes als einen Gang erkennen. Die übrigen Gänge. — Von den gegen Süden ein- fallenden Gängen dieser Gruppe sind in neuerer Zeit nur zwei in 14 bis 17 Lachter Teufe aufgeschlossen worden, nämlich der Gang Frohe Erwartung, von welchem ich vor- hin einen Grundriss mittheilte und der Gang Krwünschte Zukunft, und zwar beide nur auf kurze Erstreckung zum Theil im alten abgebauten Felde. Es lassen sich dieselben, abgesehen von lokalen Eigenthümlichkeiten, ziemlich auf den- selben Charakter, wie ihn der Schwarz-Adler-Gang: besitzt, zurückführen; doch ist die chloritische Ausfüllungsmasse sehr schmal, dunkler gefärbt und sehr fest; es erscheint ebenso neben den Erzen ein bröckliches Quarztrum mit Ei- senglanz, der zuweilen in ganze Nester von schuppigem Eisenrahm übergeht, die dann von einer Quarzdruse um- schlossen zu sein pflegen. Der Einigkeit-Gang. — Der merkwürdigste Gang dieser Gruppe ist jedoch der Gang Zinigkeit. Ursprüng- lich für einen Gang angesprochen, wurde er später für ein Lager gehalten; beide Ansichten scheinen gerechtfertigt, je nachdem man die eine oder die andere Eigenthümlichkeit ins Auge fasst. Das Einfallen stimmt mit dem des übrigens in dieser Gegend auf eine Mächtigkeit von fast 20 Lachter kaum geschichteten Nebengesteins. Ob eine Divergenz im Streichen vorhanden ist, muss unentschieden bleiben; jedenfalls ist sie sehr gering. Nimmt man Alles, was mit dem allgemeinen Charakter des Dioritschiefers nicht übereinstimmt als Aus- füllungsmasse, so kann man viererlei Habitus derselben un- terscheiden. Völlig constant erscheint ein nicht geschichte- tes Gestein, dessen wesentlicher Bestandtheil ein feinstrahli - „ges, in excentrisch geordneten Partien köruig gruppirtes Zeits. d. d. genl. Ges. V. 2. 26 402 Hornblendefossil ist, das Strahlstein oder Tremolit genannt wurde, vielleicht aber wegen seiner Begleiter nach Analogie anderer Fundorte zum Hedenbergit zu rechnen sein würde. Dasselbe ist gemengt mit dichtem oder krystallisirtem Prasem- Quarz, ferner mit einem dem Chlorit ähnlichen Mineral, das dem Thuringit von Brerruaupr gleicht, und mit theils dich- tem, theils in rundlich drusigen Octa@dern krystallisirtem Magneteisenstein. Einmengungen von Magnetkies, Schwefel- kies und Kupferkies, auch Buntkupfererz sind sehr häufig. Von diesen accessorischen Mineralien erscheint Maenetkies in einer hellfarbigen Varietät zu grossen und compakten Massen angehäuft, wahrscheinlich in Verbindung mit Schaa- rungskreuzen; dagegen findet sich Schwefelkies, ausschliess- lich in kleinen bis 2 Linien grossen rundum ausgebildeten Würfeln mit glatter Oberfläche, als porphyrartige Einlage- rung. Als die Grube Einigkeit zu Anfang dieses Jahrhun- derts bereits nicht mehr ım Betriebe war, entdeckte Herr Geheimrath Weiss auf der Halde des Wolf-Schachtes die bekannten Lievrit-Krystalle; genau konnte man den Fundort nicht mehr ermitteln, welcher wahrscheinlich in den Gesenk- bauen unter der Stollensohle zu suchen ist. Die Krystalle liegen, meist zu stängligen Massen zusammengehäuft, in ei- nem zurücktretenden Gemenge von Quarz und einem in die Lievrit-Masse sich 'einnistenden Glimmer. Uebergänge von rundlich und unbestimmt begrenzten Partien des Lievrites in die gewöhnliche Gangausfüllung machen es fast wahr- scheinlich, dass dieses ganze Tremolit-Gestein und die Aus- scheidungen von Magneteisenstein nichts Anderes als eine Metamorphose aus Lievrit sind; die Erhaltung der regel- mässigen Form ist aber noch nicht beobachtet worden. Mit dieser ersten Gangmasse erscheint eine zweite von ziemlich gleicher Stellung, welche aus einem dichten oder körnigen schweren dunklen Fossil besteht, in der einzelne kleine Par- tien von kiesigen Mineralien eingesprengt vorkommen, sehr ähnlich der Gangmasse der gegen Süden einfallenden Gänge dieser Gruppe. Scharf abgeschnitten von diesen Massen zieht 403 sich ein Trum von einem gelben Eisenkiesel, welches stel- lenweis in einen pechähnlichen braunen Körper übergeht, dann aber auch wieder eine Menge feiner Eisenglanz-Schup- pen enthält, die oft ganz compakt werden und sich in das Nebengestein verbreiten. Die vierte Varietät der Ausfüllung findet ausschliesslich auf Kreuzen mit übersetzenden, sonst kaum bekannten klei- nen Gangtrümern von hor. 5 bis 64 statt, welche aus mit mit dem Nebengestein verwachsenem krystallinischem Quarz besteht. Man wird in der zweiten und dritten Art der Aus- füllung offenbar analoge Glieder erkennen, welche wir als constantes Merkmal dieser Gruppe bezeichnet haben, und in dem Auftreten der vierten Gangart eine Erscheinung finden, welche wir bereits auch beim Schwarz-Adler-Gange andeute- ten; deshalb kann man nicht umhin, diese Lagerstätte mit zu den Gängen des Systems von hor. 8bis 9 zu ziehen. Anders verhält es sich mit der ersten Art der Ausfül- lung. Um nicht vorzugreifen, verweise ich auf die letzten Abschnitte dieser Abhandlung, worin auf das Vorkommen eines durch Hornblende ähnlicher Art charakterisirten Ge- steins in einem lagerartigen schmalen Streifen an dem Nord- rande der westlichen Hälfte des Riesengebirges Erwähnung geschehen wird, welches anscheinend den Kern einer durch Erzführung und einzelne Dolomitstöcke bezeichneten Zone von Glimmerschiefer bildet. Wenn dieses letztere Hornblende- gestein mit der ersten Art der Ausfüllungsmasse parallel zu stellen ist, wie ich behaupte, so würde man dasselbe als äl- ter als die Granite des Riesengebirges' selbst, und also auch älter als die Apophysen annehmen müssen, und wir hätten es hier wirklich mit einem lagerartigen Vorkommen zu thun; das Zusammenvorkommen mit. der Ausfüllung der zweiten, dritten und vierten Art, welche wir als Gang betrachten, wäre dann beziehungsweis ein zufälliges. Die östliche Gruppe der Gänge hor. 8 bis9. — Im Allgemeinen herrscht in der Ausbildung der Lager „stätten der östlichen Gruppe eine grössere Einheit, auch 26 * am4 fehlen durchaus alle Momente, welche ihren Charakter als Gänge in Frage gestellt haben. In ihnen spricht sich der eigenthümliche Typus der hiesigen Kupfergänge entschieden aus. Der Gangraum ist begrenzt durch zwei Klüfte, theils mit, theils ohne Lettenbesteg. Innerhalb derselben ist das Nebengestein mehr oder minder in thonschiefer- und serpen- tinartige, chloritische, selten strahlsteinartige Massen verwan- delt, welche durch zahlreiche, den Grenzen parallele Rutsch- flächen in flache Schalen getheilt sind, und zwischen denen sich in dichten verwachsenen Schnüren oder derben Knoten die Erze eindrängen; ausser dem demselben beigemensten Quarze ist keine weitere Gangart vorhanden. Zu den Erzen, welche in Kupferkies, Buntkupfererz, seltener Kupferglanz und Fahlerz bestehen, gesellt sich noch in ziemlicher Häu- fiskeit Arsenikkies, und zwar in der Form kurzer Säulen, ähnlich den als Glanzarsenikkies bezeichneten Krystallen von Breitenbrunn in Sachsen. Herr Professor G. Rose hatte die Güte die Rudelstädter Krystalle zu untersuchen und als Ar- senikkies zu bestimmen. Ihr Vorkommen ist in der Art, dass sie vorherrschend in einzelnen Krystallen porphyrartig im Nebengestein oder im Kupferkies liegen, seltener massive Gangtrümer wie andere Erze zusammensetzen; einige Ge- menge von Arsenikkies und Kupferkies oder Buntkupfererz sind als Weisserz bezeichnet worden. Das Einfallen dieser Gänge ist mit einer einzigen Ausnahme ein südliches. Die bekannten Gänge dieser Gruppe sind folgende: 4) der Neue Gang, 2) der Weisse Gang, im östlichen Felde unter dem Na- men Neuer Friedrich bekannt, der einzige der Gänge dieser Gruppe, welcher ein nördliches Einfallen besitzt. 3) der Pumpenschächter Gang, worunter jedoch nur der kleine Gesenkbau in dem so bezeichneten Ortsbetriebe zu verstehen ist, indem die übrigen Theile dem Zuuben Gange und anderen Gängen angehören; weiter östlich wahrschein- lich identisch mit dem Ohristine Gang. 4) der Julianer Gang ; seine Fortsetzung gegen Westen 405 ist in einem Uebersetzen bei dem Bremer Schachte und in dem Gange des Weintraubenschachtes zu suchen; im öst- lichen Felde wurde derselbe unter dem Namen Henriette im Helener Stollen ausgeschürft. 5) der Alt-Adler-Gang, weiter östlich Kerdinands Anden- ken genannt ; der Silberfürsten-Gang ist nicht die westliche Fortsetzung desselben, wohl aber gehört dem ersteren der Bau an, welcher zwischen 86 und 180 Lachter Teufe der Julianer Grube unter dem flachen Verwurfe geführt wurde, und den man bisher zum Julianer Gang rechnete. 6) Jushülfe- Gang. Schliesslich könnten noch hier die bloss erschürften Fortsetzungen des Piastus-Stollen-Ganges genannt werden, derer wir schon oben gedachten. Die Gänge hor. 12 bis 2. — Die Gänge hor. 12 bis 2 sind im Allgemeinen bisher wenig beachtet worden, weil ihre Kupfererzführung von geringer Bedeutung ist; nichts destoweniger verdienen sie die Aufmerksamkeit des Bergmanns, weil in ihnen neben derselben auch Kobalt und Nickelerze auftreten; für uns hat vorläufig das an sie wahr- scheirlich gebundene Vorkommen von Zeolithen das meiste Interesse. Bei ihrem fast rechtwinkligen Streichen gegen die Schichtung des Nebengesteins zeichnen sich dieselben durch die Schärfe ihrer Ausbildung vor den anderen Gängen der Kupferformation aus; am zahlreichsten sind sie im Be- reich der westlichen Gruppe der Gänge hor. 8 bis 9 vertre- ten, und hier zu mehreren Querschlagsörtern benutzt; leider reichen die Teufen ihres Aufschlusses nicht bis in die Re- gionen hinab, in welchen die Zersetzung der Ausfüllungs- masse aufhört, welche wir im frischen Zustande nur in den mehr vereinzelten Vorkommen gegen Osten kennen. Hier erscheint auf einer schmalen Rinde von Quarzkrystallen ein weisser und röthlicher eisenreicher Braunspath in derben den Gang völlig schliessenden Trümmern, und in ihm mehre minder gewöhnliche Mineralien, welche wir am besten bei der Aufzählung der Gänge namhaft machen. 406 Hierher zu rechnen sind folgende Gänge: 4) der unbenannte Gang, welcher westlich vom Reichen- trost-Schacht aufsetzt, mit dem Fröschglücker Feldort gegen West erreicht ist, und auf dem wahrscheinlich der Sonnen- stollen bis an den Antoinette-Gang gebracht wurde. Man kennt ihn nur zersetzt und ohne Spur von Erzführung. 2) der unbenannte Gang, auf welchem der Zinigkeit- Stollen gegen Norden auslenkt, und der vielleicht in dem letzten Theile des Preller’schen Querschlages eine Fortsetzung findet. Er erscheint im Allgemeinen gleichfalls nur aus einem System paralleler Klüfte bestehend, von denen die bedeutend- sten mit feinen Quarzdrusen überzogen und mit einem schwarzbraunen eisenhaltigen Mulm ausgefüllt sind, der wahrscheinlich der Rückstand eisenhaltiger Carbonate ist. In diesem Mulm fand man wiederholt kleine, sehr scharf ausgebildete Krystalle von Heulandit auf Quarz aufsitzend, etwas südlich von dem Uebersetzen des Schwarz - Adler- Ganges. 3) der unbenannte Gang im zweiten Einigkeiter Quer- schlage. 4) der Gang im Anton-Stollen und seine Fortsetzung im Schurfschachte auf dem Kupferberger Stollen östlich von der Stadt. Zahlreiche Findlinge auf der benachbarten Halde zeigen einen röthlichen Braunspath, eingeschlossen von schma- len Quarzdrusen. Kleine Einschlüsse von Kupferkies, Bunt- kupfererz und Bleiglanz sind häufig, ebenso ein Kobaltbeschlag auf der Oberfläche der Gangmassen; selten kann man nach- weisen, dass derselbe von einem kobalthaltisen Fahlerze oder einem dem Kobaltkies gleichenden Minerale herrührt, an welchem letzteren sich auch Nickelbeschlag zeigt. Sehr selten finden sich hier Spuren von gediegenem Wismuth. 5) der Neue Adler-Abendgang. so benannt, weil derselbe mit 80 Grad gegen Abend einfällt. Dieser Gang ist der einzige, welcher bis jetzt eine bergmännische Bedeutung ge- habt hat, indem auf ihm ein bis 40 Lachter unter dem 407 Bober reichendes Erzmittel abgebaut wurde, das merkwürdi- ger Weise den Charakter. der jüngeren Erzführung der Gänge hor. 5 bis 6% hatte, welche wir weiter unten beschrei- ben. Ausserdem fanden sich aber hier Braunspäthe in grosser Menge und neben Kupferkies auch Bleiglanz und Spuren kobalthaltigen Fahlerzes, das auf der Halde einen rothen Beschlag veranlasste. 6) der Stollengang, auf welchem der Helener Stollen von seinem Mundloch bis in die Nähe des Neu-Adler-Schach- tes herangetrieben worden ist. Ausgezeichnete Braunspäthe sind noch häufig am Mundloch zu finden; die auf ihm ver- hauenen Abbaue scheinen unbedeutend gewesen zu sein. Ausser den genannten Gängen, welche man als solche wirklich verfolgt hat, lässt sich die Existenz noch einiger anderer nach Haldenfindlingen vermuthen. So hat man auf den Halden des Yofnunger Ganges zunächst der Chaussee Gangstücke gefunden, welche auf drusigem Quarze Krystalle von Desmin und Spuren von dem sie einst bedeckenden Mulm zeigen. Ganz besonderes Interesse aber besitzen die Vorkommen aus dem Tiefbau der Grube Juliane, deren wir aber geeigneter bei der Beschreibung der Schwerspathforma- tion gedenken. Die Gänge hor. 10 bis 11. — Die Gänge hor. 10 bis 11 sind ebenso vereinzelt wie die vorigen über das ganze Terrain verbreitet; nur im westlichen Theile des Rudel- städter itevieres drängen sich dieselben etwas mehr zusam- men. Als Typus kann der Neu-Adler- Morgengang angenom- men werden, welcher seinen Namen wegen seines Einfallens gegen Morgen hat, das den Gängen dieses Streichens ge- meinsam zu sein scheint. Auf einer selten sehr entwickelten Rinde von stänglich-drusigem Quarz und auch ohne dieselbe tritt ein reiner, sehr compakter Kupferkies auf, zuweilen ver- wachsen mit Arsenikkies in der oben bei den Gängen hor. 8 bis 9 angedeuteten Form. Dann erscheint nicht selten ein weisser oder fleichrother Feldspath in der ganz einfachen Form der ersten Säule und der vorderen schiefen Eindfläche. 408 Den Beschluss macht Kalkspath, Flussspath und Braunspath, sehr oft netzförmig die älteren Gangausfüllungen umschlies- send. Die zwischen den Gangklüften sitzende fast ausschliess- lich chloritische Gangmasse zeigt sehr allgemein einen Ge- halt von kohlensaurem Kalk und ist reich an porphyrartig eingemengten Schwefelkies-Krystallen, welche an den Kanten und Ecken scharf ausgebildete Würfel mit einer Einsenkung in der Mitte der Flächen ohne alle Streifung nach der Pyritoderkante bilden, nach dem Spinellgesetz zu Zwillin- gen gruppirt sind, und nach dem Octaöder sehr deutlich spalten. Constant reihen sich diese Gruppen an kleine feine Kalkspath-Trümer an, welche dieselben in zwei Hälften theilen, die nicht mit den Begrenzungen der einzelnen Kry- stallkörper zusammenfallen. Der Hauptentwickelungs- Punkt dieser Gänge ist der Rudelstädter Gangzug, namentlich der westliche Theil des- selben; es scheint fast, als ob in der Nähe des Bobers ganz besonders die Ausbildung derselben begünstigt worden wäre. Eine zweite Gruppe bilden die Quergänge zunächst östlich von der Stadt Aupferberg; zahlreiche Haldenfindlinge auf dem Hofnunger Zuge beweisen, dass in der Nähe desselben die Entwickelung in ganz charakteristischer Weise weit be- deutender ist, als man nach den letzten Aufschlüssen ver- muthen sollte. In den weiter westlich gelegenen Theilen des Erzfeldes sind nur einzelne Beispiele dieses Systems vor- handen. Im Einzelnen sind folgende Gänge von Südosten be- ginnend hervorzuheben: 1) unbenannte Gänge, welche die Gangstücke Ferdi- nands-Andenken und Neuer Friedrich kreuzen; 2) unbenannter Gang, auf welchen der Fröhliche An- blicker Stollen auf der Nordseite des Bobers aufgefahren ist, und den man auf dem Hauptzuge des Rudelstädter Berg- baues nicht angetroften hat. 3) der Alt- Adler- Morgengang, welcher sonst als ein Theil des Alt-Adler-Ganges angesehen wurde. 409 4) der Julianer Morgengang, weicher sonst mit dem Julianer Gange vereinigt wurde; namentlich steht anf dem- selben der westliche Kupferkiesbau der Grube Juliane. 5) der Neue Adler - Morgengang, wit welchem als ab- geschnittene Stücke das Erzmittel des Bremer - Schachtes und der Fröhliche Anblicker-Gang zu vereinigen sind; 6, 7, 8) das rothe, gelbe und weisse Trum, welche in dem Felde zunächst östlich der Stadt Aupferberg auftreten, und von denen das weisse Trum wahrscheinlich mit 9) dem Sonnen-Gange oder Piast-Gang in Verbindung zu bringen ist, welcher nördlich von der Stadt bekannt ist; 10) unbenannter Gang, welcher westlich von der Stadt den Schwarz-Adler-Gang durchschneidet. Die Gänge hor. 5 bis 64. — Das ausgebildetste System ist das der Gänge hor. 5 bis 64; ihre Hauptentwick- lung erfüllt das Feld zwischen den beiden Gruppen der Gänge von hor. 8 bis 9 und reicht südlich von der Stadt bis an die Granitgrenze. Im Rudelstädter Felde, und nördlich von der Stadt kennt man dieses System nur in tauben Verwerfern. Zu nennen sind folgende Gänge, von Süden anhebend: 1) unbenannter Gang, welcher durch den Gang Ferdi- nands-Andenken setzt; 2) der Zaube Gung ; 3) unbenannter Gang, welcher das Bremer-Schachts-Erz- mittel von dem Fröhlichen Anblick-Gang trennt, mit 75 Grad gegen Süden einfallend, wie fast alle Gänge dieses Systems in mehr oder minder steiler Lage; 4) die Hauptverwerfungskluft. Sie trennt das Bremer- Schachts-Erzmittel vom Neuen Adler-Gange, besitzt ein fla- ches Einfallen von 40 Grad gegen Süden, und wird von dem sub 3. aufgeführten Gange in einer Lateral-V erschiebung verworfen. ' 5) Felix-Gang. 6) Weisser-Gang. 7) Seegen-Gottes-Gang, nebst dem denselben begleiten- den Deigange und dem Scharfen Gange. 410 5) Gute-Hofnung-Gang. 9) Neue-Trost-Gang. Der Zusammenhang dieses Gan- ges mit einem der folgenden ist zu vermuthen, aber noch nicht festgestellt. 10) Südgang: (eigentlich ohne Namen). 11) Zeiche-Trost-Gang. 12) Zwischengang. 13) Frischglück-Gang. 14) Bosenstiel-Gang. 15) Die Gänge, wslche durch den Zinigkeit-Gang setzen, von denen das Arestrum wahrscheinlich identisch ist mit einem Gange der Louise Grube (Mählbuschstollen-Gang.). 16) Unbenannte Gänge, nördlich von der Stadt. Man könnte diese Gänge vielleicht in zwei Abtheilungen bringen, wozu vornehmlich das Verhalten von No. 3 und 4 Veranlassung giebt, und das in der Ganggruppe des Seegen- Gottes-Ganges gewisse Anklänge findet; doch stehen diese Fälle vorläufig noch zu vereinzelt da. Auffallend ist eine konsequente Divergenz in den Streichungslinien von der Stadt gegen Osten hin. In Hinsicht auf die Ausfüllungsmassen charakterisirt diese Gänge das sehr entwickelte Auftreten von Quarz, wel- cher in verschiedenen Varietäten trümerartig und mit dem den Gangraum erfüllenden Nebengestein innig verwachsen vorkommt, dasselbe mehr oder minder durchdringt und in hornsteinartige Massen verwandelt, während bei mächtiger Entwickelung der Trümer ihm ein hoher Grad von Kıystal- linität eigen ist. Langstrahlige, in allen Richtungen durch- einander geworfene Säulen von halbdurchsichtiger bis was- serheller Beschaffenheit sind vorherrschend ; seltener finden sich treppenartig abgesetzte sogenannte Zepterkrystalle. Kalk- spath erscheint als Seltenheit in den Quarzdrusen. Von den Erzen sind zwei Bildungen zu unterscheiden; die älteren Erze, Kupierglanz, Buntkupfererz, Kupferkies und Zinkblende, liegen in Nestern und Bruchstücken völlig derb in Quarz und Hornstein eingeschlossen ; die Jjüngern Erze dagegen, Fahlerz 411 und Kupferkies, liegen in den Drusen der Quarze, und fül- len dieselben meistentheils ganz aus, sind im entgegengesetz- ten Falle aber mitunter ausgezeichnet krystallisirt vorgekom- men, wie z. B. auf dem Felix-Gange, von wo die zu einer Art von Berühmtheit gelangten plattenförmigen, aus aneinan- dergereihten Krystallen von Kupferkies bestehenden Stufen herstammen. Die Haupterzführung scheint die jüngere ge- wesen zu sein, wenigstens zu den grössten Erzfällen Ver- anlassung gegeben zu haben. Arsenikkies ist wohl auch vor- gekommen, vermuthlich aber unter dem Einfluss der Gänge hor. 10 bis 11. B. Die Bleiformation. — Der grösste Theil des Bergbaues in der Bleiformation fällt in uralte Zeit. Zu An- fang; dieses Jahrhunderts ging ein Versuchbau am Bleiberge um, und gegenwärtig wird der Helener Stollen gegen Süden nach Kohzau hin in der Richtung eines zu dieser Formation gehörigen Pingenzuges fortgebracht. Ueber die Beschaffen- heit der Lagerstätten bieten uns fast nur die Ueberreste des ehemaligen Betriebes einige Aufschlüsse. In den nördlichen grünen Schiefern ziehen sich an dem Südabhange des Blei- berges zwei Pingenzüge hin. Der südlichere beginnt bei dem Dolomit-Bruch zu /tudelstadt, und zwar im Liegenden desselben, wie es scheint, in einer nicht mächtigen Zone ei- nes kohligen Schiefers, und zieht sich nach Westen hin bis an die Granite. - Weiter nördlich parallel dem westlichen Theile desselben, ın einer in der Mitte des Südabfalles auf- tretenden Senkung, bildet die alte Grube Dorothea den nörd- licheren Pingenzug von bedeutend kürzerer Ausdehnung. Diese Gegend zeichnen häufige Porphyrkeile aus, auf‘ deren Klüften man auch die Zersetzungs-Produkte der Erze abge- lagert gefunden hat. Kohlige und quarzige Schiefer schei- nen das Nebengestein, und drusiger Quarz die einzige Gang- art gebildet zu haben. In letzterem sitzen Nester von sehr grossblättrigem Bleiglanz und derbem Kupferkies nebst ihren Zersetzungs-Produkten; auch ganz feinkörniger Bleiglanz ist vorgekommen. Streichen und Fallen scheinen diese Lager- 412 stätten mit den Schiefern conform gehabt zu haben, doch sind sie stets als Gänge angesehen worden. Auf dem Südflügel der grünen Schiefer treten fast ge- nau in derselben Entfernung vom Dioritschiefer im Buch- walde zu Ztudelstadt zwei Pingenzüge auf, die jetzt zu den vorhin erwähnten Untersuchungen Veranlassung gegeben ha- ben. Erhebliche Resultate sind noch nicht erreicht worden. Das Nebengestein ist der schon oben beschriebene Thon- schiefer, der vielleicht trotz seiner grösseren Ausdehnung dieselbe Rolle spielt, wie die schwarzen Schiefer am Blei- berge; ebenso liegt, wie dort, ein Dolomitlager (der oberen Art, mit Kalkstein gemengt) zwischen den beiden Pingen- zügen; dieses letztere ist in 30 Lachter 'Teufe jetzt durch- örtert und namentlich auf den Grenzen mit dem Thonschiefer sehr reich mit Schwefelkies imprägnirt angetroffen worden. Von den überfahrenen Gängen ist der bedeutendste der be- liehene Gang „Versuchung”, indessen hindern grosse und sich mehrfach kreuzende taube Verwerfer die Entwickelung des Bergbaues. Der Gang Versuchung streicht fast genau hor. 12, fällt mit 50 bis 60 Grad gegen Westen ein, und ist bezeichnet durch nicht ganz regelmässiges wulstiges Ab- lösen im Liegenden, auf welchem die gegen Osten einfallen- den 'Thonschiefer sich schweifartig umlegen. Körnige, bis 2 Loth Silber im Centner haltende Schwefelkiese sind die constanten Erze, welche theils eingesprengt, theils in derben bis mehrere Zoll mächtigen Trumen dem Gange folgen. Auf den reicheren Erzpunkten trifft man noch derben Bleiglanz mit einem Gehalt bis zu 13 Loth Silber im Centner, Zink- blende und Arsenikkies; erst bei grosser Entwickelung der Erzführung bis zur Mächtigkeit von 6 bis 8 Zoll erscheinen sporadisch, der nächsten Formation angehörig, Schwerspath, mehrere Arten von Kalkspath, Braunspath und rothe Zink- blende. Man kann deutlich beobachten, wie die Bleiglanze und Schwefelkiese in abgerissenen Brocken im Schwerspath inneliegen, und in Drusen erst olivengrüner Braunspath, 413 dann röthlicher Kalkspath und weisser Kalkspath auf einan- der folgen. C. Die Schwerspathformation. — Die Schwer- spathformation tritt fast ausschliesslich im Rudelstädter Zuge auf. Die einzelnen Punkte, wo Schwerspath als Gangmasse angetroffen wurde, sind folgende: 1) der Sülberfirsten-Gang. 2) der Gang, auf welchem der östliche Theil des He- lener Stollen aufgefahren ist, vom Julianer Schacht bis zum nächsten Lichtloch gegen Osten. 3) der Schwerspathgang nördlich vom Neuen Friedrich, und schliesslich 4) im Gebiete des Thonschiefers ein Schwerspathgang südlich von dem letztgenannten Gange. Alle diese Gänge bieten eben ausser dem mit (Juarz, Flussspath und einer geringen Erzführung von Bleiglanz und Kupferkies verbundenen Vorkommen von Schwerspath nichts Bemerkenswerthes dar; auf dem Sülberfirsten-Gange sind in früheren Zeiten in der Gegend des Kreuzes mit dem Julia- ner- Morgengange allerdings Silbererze gewonnen worden, von denen man aber nichts Näheres weiss; ebenso scheint das Durchsetzen desselben durch den New-Adler-Abendgang zu einigen Anbrüchen von gediegen Silber geführt zu haben. Dagegen lieferte das Vorkommen von Schwerspath in 106 Lachter Teufe in dem früher zum Julianer Gange ge- zogenen Gesenkbau auf dem Alt-Adler-Gange einen ungewöhn- lichen Reichthum. schöner Mineralspecies. So viel aus den Nachrichten und Sammlungen geschöpft werden kann, bilde- ten die hier chloritischen und fast thonschieferartigen Gang- massen und die eingelagerten compakten Buntkupfer- und Fahlerze Breccien, welche durch Schwerspath teigartig ver- einigt waren. Der Schwerspath ist weiss, seltener grau und röthlich, ausgezeichnet krummschalig und wenig durchsichtig- Diese Schwerspäthe, denen eigentlich kein gleichaltriges Fossil angehört, erscheinen wieder gemeinsam mit den von ihnen umgebenen Einschlüssen zerborsten durch feine, selte- 414 ner bis zu mehreren Zollen ausgedehnte Trümer eines ausserordentlich schön und mannigfaltig krystallisirten Kalk- spathes von grosser Pellueidität. HerrProfessor BREITHAUPT bestimmte denselben als Carbonites diamesus polymorphus mit einem specifischen Gewicht von 2,714 und einem Pol- kantenwinkel von 105° 8’. Unter diese Kalkspäthe mischen sich einzelne klare Schwerspath-Krystalle, welche als Fort- setzungen der weniger klaren begrenzenden Hauptmassen erscheinen. Feine Blättchen bis handgrosse Lamellen von gediegenem Silber breiten sich in den kleinen Kalkspath- trümern und in das Ganggestein aus, namentlich auf der Grenze mit Buntkupfererz, das auch drathförmig von dem- selben durchzogen wird, so dass es den Anschein gewinnt, als ob letzteres das Reduktionsmittel aus irgend einer Lö- sung gewesen wäre. Andere gleichzeitige Bildungen sind Krystalle von Kupferkies und Buntkupfererz, Silberglanz, Kupfersilberglanz und silberreichem Kupferglanz, Fahlerz und Polybasit. Anderseits findet sich, dem Vorkommen von Schneeberg täuschend ähnlich, Speisskobalt in baumförmigen Krystallgruppen, auf welchem lichtes Rothgültigerz, Silber- glanz und rothe Krystalle von Barytkreuzstein sitzen; Nickelspeisskobalt (Oloanthit) mit feinen Kernen von Roth- nickelkies imprägniren häufig grössere Schwerspath- und Nebengesteinsmassen. In erzleeren Kalkspathdrusen unter- scheidet man auch ganz weisse Krystalle von Barytkreuz- stein. Ein einziges Mal habe ich auf’ der Halde des Frie- derich-Julianer Schachtes, auf welchem diese Erze gefördert wurden, kleine Krystalle von Heulandit zusammen mit silber- reichem Kupferglanz und Kalkspath gefunden, und zwar auf einer Unterlage von Braunspath und Quarz. Einen ganz anderen Habitus haben derbe, grobkörnige, röthliche Braun- späthe, welche gleichzeitig mit jenen Erzvorkommen auf der Halde der Juliane gefunden werden, und in denen feinkörnig, anscheinend kuglig gruppirte Partien von Speisskobalt, Roth- nickelkies und etwas Kupferkies und Silber einbrechen. Sie erinnern lebhaft an die Braunspäthe, welche die Hauptaus- 415 füllung des Siollen-Ganges (System hor, 12 bis 2) bildeten, und auch auf dem Neu-Adler-Abendgange häufig vorkommen. Im Allgemeinen hat man dem Vorkommen von Silber- erzen in den Zeiten, wo die Juliane im Betrieb stand, wenig Aufmerksamkeit zugewendet; die Grubenrisse weisen aus, dass das oben beschriebene Vorkommen hart an der Grenze der Störungen liegt, welche der Tuube Gang: verursacht, des- sen Verwurf nicht auszurichten gelang; so scheint man auch für jene Anbrüche die Fährte verloren zu haben. Wahr- scheinlich gehörte zu diesem abnormen Vorkommen das gleich- zeitige Zusammentreffen eines Schwerspathganges mit dem Alt-Adler-Gange und einem nach unbekannten des Systems von hor. 12 bis 2. Schliesslich dürfte auch noch zu erwäh- nen sein, dass ein ähnlicher klarer Kalkspath aber ohne Erz- begleitung auf einem Uebersetzen in den Tiefbauen des Neuen-Adler-Morgenganges bekannt geworden ist, dass also möglicher Weise ein viertes bedingendes Kreuzungselement obwalten kann. Was die Streichungslinien der Schwerspathgänge anbe- langt, so haben dieselben im Gebiet der Dioritschiefer eine Richtung von hor. 9 bis hor. 10, welche dieselbe der Por- phyr-Riegel ist, wie dies auch bei den Schwerspathgängen bei Waldenburg nachgewiesen werden kann. Ein Verwurf eines Ganges anderer Formation durch einen Schwerspath- gang oder umgekehrt ist nirgends recht deutlich zum Auf- schluss gelangt. Die allgemeinen geometrischen Gangverhält- nisse. — Wir wenden uns nun den allgemeinen geometri- schen Gangverhältnissen zu. Vielleicht ist die Unsicherheit, welche über denselben bisher geschwebt hat und noch schwebt, das bedeutendste Hinderniss, welches dem Kupferberger Berg- bau trotz einzelner Blüthe-Perioden eine grössere Nachhaltis- keit bisher verwehrt hat. Einfach waren allerdings die Verhältnisse in den Bauen, wo die Erzführung in den Gängen hor. 5 bis 64 vorherrschte, welche das jüngste System bilden; so bot die richtige Ver- 416 folgung der Lagerstätten auf dem fiskalischen Bergbau Felix und Segen-Gottes keine grosse Schwierigkeiten dar. Anders verhielt es sich aber in dem Rudelstädter Bergbau, welcher in seiner Blüthe-Periode zu Anfang dieses Jahrhunderts von dem Standpunkt der Ober-Harzer Bleigänge aufgefasst wurde, wo man gewohnt war, die wiederkehrenden Schwankungen im Streichen und Fallen als lokale Modifikationen eines gros- sen sogenannten Zuges zu betrachten und die abgehenden und anschaarenden Trümer als Adnexe eines einzigen Gangphänomens zu beanspruchen. So knüpfte sich der Besitzstand des ganzen Revieres von Audelstadt an zwei Vermessungslinien, unter welche man alle Gänge zu bringen bemüht war. Nur langsam und nicht im Mindesten durch- greifend, wagte man es von der Geognosie des Rechtes ab- zugehen und die Existenz anderer Gänge anzunehmen. Jetzt, wo der Bergbau des Revieres zum Erliegen gekom- men, dürften keine Bedenken mehr obwalten, andere An- schauungen geltend zu machen. Es bilden aber grade die Nachrichten, welche von dem Rudelstädter Revier uns überliefert worden sind, das einzige zusammenhängende Material, um die geometrischen Gesetze der ganzen Formation ableiten zu können, indem man hier ausser dem sehr durchgreifenden Anschluss des Helener- Stollens auch in 50 und 100 Lachter Teufe unter demselben einige Feldörter getrieben hat. Das geometrische Hauptgesetz. — Ich glaube das darin vorhandene Material ziemlich bis zur Erschöpfung benutzt zu haben, übergehe aber die Specialien dieser Un- tersuchungen, welche ein allgemeines Interesse nicht zu be- sitzen scheinen. Das Resultat derselben ist die dieser Ab- handlung angehängte Gangkarte. Man kann mit Sicherheit annehmen, dass in der Kupferformation jede Veränderung im Strei- chen und Einfallen jedesmal mit einer scheinba- ren Gabelung des Ganges zusammenfällt, jede Gabelung aber als der Ausspruch zweier durch 417 die ganze Formation hindurch gehender Spalten- phänomene anzusehen ist, und nicht in Abhängig- keit von einem einzigen oder wenigen dominiren- den Hauptgängen schliesslich wieder auf diese zurückführt. Die Feststellung dieses den früheren Anschauungen grade zuwiderlaufenden Gesetzes ist für den Bergbau von der grössten Tragweite; die früheren auf kleinere Aufschlüsse angewiesenen Techniker täuschte der Augenschein, indem diese ganz besondere Eigenthümlichkeit der Kupferberger Gangformation nur aus der Anschauung im Grossen und Ganzen richtig erkannt werden konnte. Die Schaarungskreuze. — Die Erscheinungen, welche auf den sehr zahlreichen Kreuzungspunkten auftreten, lassen mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass, wenn auch das Auftreten des Spaltungsphänomens eines Systems in einer bestimmten Zeitperiode erfolgte, doch die Ausfüllung dersel- ben das Werk eines längeren, über mehrere dergleichen Perioden hinausreichenden Zeitraums gewesen ist. Nament- lich sind die Gänge von hor. S bis 9 und hor. 10 bis 11 im Rudelstädter Reviere förmlich mit einander verwachsen, wäh- rend die Gänge von hor. 5 bis 64 bei Weitem mehr ihren selbstständigen Charakter behaupten. Der stumpfe Winkel, mit denen sich jene ersteren treffen, erzeugte lange Schlep- pungskreuze, welche unter dem Einfluss der weiteren Gang- massenbildung das Bild eines Ganges von mittlerem Strei- chen gewähren, der sich an beiden Enden des Kreuzes ga- belt. Erst der weitere Aufschluss und die Vergleichung der Ausfüllungsmassen motivirt dann die Selbstständigkeit der beiden Gänge. Die Art des Verwurfes. — Reducirt man diese Abrundungen der Streichungslinie auf geradlinig begrenzte Winkel oder mit anderen Worten: construirt man das Kreuz- phänomen in der Art wie es erschienen wäre, wenn keine so beschriebene Vermischung beider Gänge stattgefunden hätte, - so erhält man das geometrische Verhältniss des Verwurfes. Zeits. d. d, geol. Ges. V, 2, Di, 418 Will man die Bezeichnung eines recht- und widersinni- gen Verwurfes gelten lassen, so erweisen sich fast alle auf- gefundenen Verwürfe als widersinnig; in den meisten Fällen dürfte aber bei der steilen Lage der Gänge und den oft sehr bedeutenden Verwurfs- Weiten auch Lateralverschiebung im Spiel gewesen sein. Dieser Umstand macht es unmöglich, die mathematischen Verhältnisse des Verwurfs, durch eine Beobachtung zu bestimmen, in dem hierzu entweder zwei Aufschlüsse nach zwei verschiedenen Flächen - Richtungen oder die Kreuzung mit zwei verschiedenen Gangsystemen in derselben Ebene nothwendig sind. Die Verwürfe der beiden, so zu sagen, mit einander verwachsenen Systeme von hor. 8 bis 9 und hor. 10 bis 11 gestatten auch eine andere Deutung, welche in dem vorlie- genden Falle Einiges für sich hat. Indem nämlich beide bei ihrer geringen Divergenz im Streichen, ihrem durch- schnittlich aber entgegengesetzten Einfallen, und bei der mehrfachen Vertretung jedes Systems das zwischen ihnen liegende Gebirge in spitzwinklige Keile zerschneiden, er- scheinen ihre Verwürfe so, als ob diese Keile aus der Teufe herausgehoben worden wären. Es ist vielleicht möglich, dass, wenn die steil aufgerichteten Schiefergesteine des Erzterrains ein Produkt einer grossen chemischen Reaction sind, und wenn diese Reaction eine Volumenvermehrung bei schon ge- nügender Üonsistenz erzeugt hat, diese Vermehrung die alleinige Ursache der hier vorliegenden Gangbildung oder genauer zunächst des Spaltungsphänomens gewesen ist, und dass die ganze Höhe des Verwurfes nicht in einem Augen- blick erzielt wurde, sondern ein Werk längerer Zeitdauer war, und dies findet wieder eine anderweitige Begründung in der vorhin erwähnten Erscheinung, dass auf jenen spiess- eckigen Kreuzen häufig eine mittlere Richtung herrscht. Selbst die Gänge des Systems von hor. 8 bis 9 allein, welche als erste Gangbildung dieser Gegend auftreten, machen eine Entstehung durch laterale Pressung möglich, in- dem bei ihrem durchschnittlich südlichen Einfallen in jeder 419 ihrer beiden Gruppen doch ein oder zwei Gänge von nörd- lichem Einfallen vorhanden sind, das Gebirge also durch sie schon allein in keilförmige Stücke zertheilt wird. Ein Durch- schneiden zweier Gänge dieses Systems ist noch nicht zum Aufschluss gelangt. Im Rudelstädter Revier müssten zwar zunächst unter Tage der Neue Gang und der Weisse Gang zusammen treffen; Schurfarbeiten daselbst geben aber keine deutlichen Resultate; in tieferen Sohlen steht die Kreuzung des Julianer-Ganges mit dem Weissen Gange in etwa 100 Lach- ter Teufe in Aussicht. Schliesslich motivirt auch noch das auffallende Verschwin- den der Gänge von hor. 8 bis 9 in dem mittleren Felde des Erzterrains grade diese Anschauung des Spaltenphänomens. Der Adel der Gänge. — Die Gänge von Kupfer- berg besitzen bei Weitem nicht auf ihrer ganzen Länge und Ausdehnung erzführende Ausfüllungen, im Gegentheil bilden die bauwürdigen Partien nur einen kleinen Theil der Gang- flächen, die relative Ausdehnung des Adels ist also für den Bergbau nicht grade günstig, und hat zur Vereinzelung der Betriebsanlagen Veranlassung gegeben; um so wichtiger wäre es daher die Gesetze desselben mit Sicherheit entwickeln zu können, da Anzahl und Concentration der Gänge andere günstige Elemente für die Ausführung einer grossen Anlage des Bergbaues darbieten. Betrachtet man jedes Gang-System für sich, so findet man ganz entschieden das Gesetz ausgeprägt, dass die äus- seren Vertreter desselben erzarın sind, und die Erzführung sich in den der Mitte des Systems näher liegenden concen- trirt. In den Gängen hor. 8 bis 9 bilden einerseits die Gänge Einigkeit, Frohe Erwartung, Erwünschte Zukunft und Berg- mannshoffnung den versprechendsten Theil des neuangegrif- fenen Feldes, anderseits lieferten bei Audelstadt der Alte Ad- ler und Juliane die bedeutendsten Erzfälle. Die Gänge des Systems von hor. 5 bis 6. sind am reichsten in den Bauen des Helix-Seegen-Gottes und Hofnunger -Gang ausgebildet. 218 420 Von dem System der Morgengänge ist in dieser Beziehung der Neue Adler-Morgengang zu nennen. Was man von dem Einfluss des Nebengesteins weiss, beschränkt sich darauf, dass man in dem Bereich des Quarz- schiefers von Kupferberg und des Glimmerschiefers von Atu- delstadt bei der Schmelzhütte kein erzführendes Vorkommen eines Ganges kennt. Was die Berührung der Gangsysteme unter einander anbelangt, so treffen unter der Stadt Kupfer- berg und zunächst östlich von derselben die erzführenden Gänge der westlichen Gruppe des Systems hor. 8 bis 9 und der Gänge hor. 5 bis 65 zusammen, und hat sich hier ganz entschieden eine Concentration der Erzführung auf dem Kreuzungspunkte herausgestellt; es ordnen sich daher die einzelnen erzführenden Punkte der Gänge des letzteren Sy- stemes bei dem durchschnittlich der Schichtung entsprechen- den Streichen der alten Gänge in zonenartige Richtungen. In dem Streichen des Schwarzen Adlers kennt man in direk- tem Aufschluss das erzführende Kreuz mit dem Rosenstiel- Gange und in der Fortsetzung seiner Richtung Erzmittel des Felix-Ganges und der Seegen-Gottes-Gänge. Die mächtigen Erzvorkommen auf dem Gange Einigkeit stehen auf Kreu- zen mit übersetzenden Gängen und fallen die bedeutenden Pingen des Ztosenstiel-Ganges, ebenso wie die Hauptbaue des Gute Hofnung-Ganges in die Fortsetzung dieser Richtung. Der Reichthum des Rudelstädter Reviers beruht offenbar auf der Berührung der östlichen Gruppe der Gänge hor. 8 bis 9 mit den Morgengängen, obgleich eine auffallende Anhäufung der Erze auf den Kreuzen selbst hier nicht stattgefunden hat. Welchen Einfluss die Morgengänge auf die des Systems hor. 5 bis 64 zunächst östlich von der Stadt gehabt haben, ist aus Mangel an Beobachtungen nicht zu entscheiden, ver- muthlich haben dieselben aber gleichfalls zu dem Reichthum der Erzführung beigetragen; deshalb müsste jenseits des Bobers auf dem flachen Abhange des Bleiberges, dem soge- nannten ‚„Neumann’schen” Gute, die noch unaufgeschlossene Gruppe von Kreuzpunkten derselben Art ein unverritztes [2 421 Erzfeld versprechen. In Betreff der Gänge hor. 12 bis 2 habe ich meine Vermuthungen bereits oben bei der Beschrei- bung der Schwerspathgänge ausgesprochen; zu erwähnen würde nur sein, dass der New-Adler-Abendgang erzführend von dem gleichfalls erzführenden Morgengange durchschnitten wurde, und dass allerdings hier eine sehr grosse Ausbildung der Erzführung im Allgemeinen, aber keine auf das Kreuz beschränkte Anhäufung beobachtet worden ist. Aehnliche Kreuzungs- Verhältnisse müssen in dem Felde der alten Grube Hülfe Gottes auf dem Südflügel des Sattels obgewal- tet haben. Als besondere Eigenthümlichkeit der Kupferber- ger Schaarkreuze muss die sehr häufige Erscheinung erwähnt werden, dass die Erzführung auf denselben das System wechselt, also auf dem taub herankommenden Gange fort- geht, während der anfänglich erzführende erzleer wird. Die Erzteufen. — Was die Verbreitung der Erz- führung in die Tiefe anbetrifft, so haben wir nur wenig Beobachtungen. Ausser dem ziemlich ausgedehnten Auf- schluss in den Stollensohlen, welche alle durchschnittlich 10 bis 20 Lachter über dem Ansatzpunkt des tiefsten Stollens am Bober bei der Brücke von Jannowitz liegen und auf den höchsten Punkten des Bergbaues40 Lachter eingebracht haben, ist eigentlich keine einzige tiefere Sohle durchgreifend aus- geführt worden. Die Schwierigkeit den schon sehr ausge- beuteten Boberfluss für den Bergbau zu verwenden, oder aus höheren Bergregionen genügende Quantitäten Betriebs-W as- ser zusammen zu leiten, hat bisher grössere Wasserhal- tungs-Anlagen nicht zu Stande kommen lassen; vielleicht gewährt jetzt der bequemer werdende Transport der Stein- kohlen von Waldenburg und die Vervollkommnung der Dampf- maschinen bessere Aussichten; bis jetzt endeten alle Tief- bauanlagen mit der Unmöglichkeit die zusetzenden Wasser, so gering sie auch waren, zu halten. Auf den Gängen hor. 5 bis 6% wurde der Felix-Gang in 20 Lackter Teufe unter dem Boberspiegel imEinfallen sei- nes Haupterzmittels taub, aber vollständig entwickelt auf 422 kurze Länge verfolgt und darauf verlassen; auf dem ebenso tief niederreichenden Bau auf dem Haupterzmittel des @zfen Hoffnung-Ganges fehlen uns sichere Nachrichten, dagegen hat man in demselben Niveau auf den ‚Seegen-Gottes-Gängen noch Erze verlassen. In dem Bereich der Morgengänge hat man den Neu- Adler-Morgengang bis 60 Lachter Teufe unter dem Boberstollen aufgeschlossen, und bis dahin das von Tage niedergehende Erzmittel in reichen Anbrüchen verfolst, ist aber von hieraus streichend kaum über die Grenzen des Erzmittels selbst hinausgegangen ; dieselbe Teufe erreichen die Abbaue auf dem die Stollensohle nur eben berührenden Erzmittel des Julianer Morgenganges; ob diese beiden Baue zu früh verlassen wurden, ist eine technische Streitfrage, welche noch nicht beantwortet ist. Die Gänge hor. S bis 9 sind gleichfalls nur im Rudel- städter Revier in erhebliche Teufe verfolgt worden, und zwar der Weisse Gang, so wie der Julianer Gang von Tage nie- der bis auf die flache Verwurfskluft, welche dieselben in 20 bis 40 Lachter unter dem Boberspiegel erreichten ; unter derselben baute man den Alt-Adlergang, nachdem man ihn als vermeintliche Fortsetzung des Julianer Ganges aufge- schlossen, in einem einzigen Gesenkbau bis 186 Lachter Teufe unter Tage, welcher bei sehr mächtigen Anbrüchen die glän- zendste Periode des neueren Bergbaues dieser Gegend be- gründete. Wenn dieses Resultat als normgebend angenom- men wird, würde die Ertragsfähigkeit einer grossen umfas- senden Tiefbauanlage unbedingt anzunehmen sein; jedenfalls geht aus dem Gesagten hervor, dass in der Teufen-Richtung erst ein kleiner Theil der vom Bergbau überhaupt erreich- baren Gangflächen untersucht und abgebaut worden ist, eine Folge des bisher hartnäckig verfolgten Princips, nur den in den Stollen bekannten Erzmitteln in die Teufe nachzugehen. Es muss auffallen, dass die von dem Bergbau erreich- ten Teufen in der Gegend von Kupferberg die geringsten sind, im Bereich des Kupferberger Stollen alle bis 20 Lachter Teufe niedergehen, und weiter Östlich im Felde des Helener . 423 Stollen bis 60 und 150 Lachter unter den Bober reichen. Ist dies wirklich der Fall in Folge eines lokalen Gesetzes ge- schehen, nach welchem in den berührten Tiefen eine taube Gangteufe durchgreifend auftritt, dann bieten die viel ver- sprechenden Erzmittel hart an der Granitgrenze des Zeichen Trost-Ganges und wohl auch des Frisch-@lück-Ganges gleich- zeitig die Hoffnung auf eine unter derselben wieder auftre- tende Veredelung der Gänge, was mit den reichen Anbrüchen jenes sehr tiefen Gesenkbaues auf dem Alt-Adler-Gange in Einklang gebracht werden kann. Rückblick auf die geometrischen Verhält- nisse. — Ich habe mehrfach versucht, in der dieser Abhand- lung beigefügten Gangkarte- von den gegebenen Aufschlüssen der Stollensohlen auszugehen und die weitere Verbreitung des Gangnetzes zu construiren. Dazu ist aber das vorhan- dene Material noch zu unvollständig; die Gangkarte enthält daher nur das, was aus den vorhandenen markscheiderischen Arbeiten entnommen werden konnte. Im Grossen und Ganzen ordnet sich der Bergbau von Kupferberg und ARudelstadt in drei Gruppen, welche auch von je her als Reviere bezeichnet wurden. Zwischen der Granitgrenze und den (Quarzschiefern von Kupferberg liegt das westliche, von da bis zu dem Bache, welcher von der Colonie Neustadt dem Bober zufliesst, das östliche Kupferberger Revier. Wenn auch im Einzelnen der Zusammenhang der in ihnen beiden aufsetzenden Gänge noch nicht genau ermittelt ist, so finden sich doch hinreichend Uebereinstimmungen der Streichungslinien, um annehmen zu können, dass es nur eben eines Ortsbetriebes bedarf, um einen genügenden Anschluss zu bewerkstelligen. Minder klar ist der Zusammenhang zwischen dem .öst- lichen Kupferberger Reviere und dem von jenem Bache bis nach dem Buchwalde reichenden Rudelstädter Revier. Die Vereinigung gelingt aber, wenn man in einer hor. 2 ge- richteten Linie von dem nördlichen Ende der Colonie NVew- stadt dem Bache folgend, über die Kupferhütte weg dem 424 Laufe des Boberthales nach, einen alle Gänge durchsetzen- den Verwurf annimmt, welcher das ganze Rudelstädter Re- vier um 50 Lachter südlicher rückt. Dann findet die flache Verwerfungskluft (No. 4, hor. 5 bis 64) in dem Sarepta-Stol- len und in dem sogenannten Felixer Beigange, einen gleich- falls sehr flach gegen Süden einfallenden und in seinem Stollenaufschluss auf unserer Karte angegebenen Gange, eine Fortsetzung. Der unbenannte Gang No. 3 hor. 5 bis 64 er- scheint als der Anfang des Üharlotten Stollens und als der am äussersten Südende erschrotene Gang des Kupferberger Stollens. Der Silberfirstengang fällt mit dem Gange, der oberhalb der Hütte durchsetzt, dann im Joseph-Stollen gegen Osten aufgefahren und im Anton-Stollen erschroten wurde, schliesslich auch mit dem Schwerspathausbeissen jenseits des Bobers am Westende des Piastusstollens zusammen. Dagegen scheinen aber die Gänge hor. 8 bis 9 in dem Bereich des Kupferberger östlichen Reviers verschwunden zu sein, wenn ihr Aufschluss nicht noch der Zukunft vorbehal- ten ist. ; Einfluss der Atmosphärilien auf die Ge- steine. — Im Allgemeinen ist das Gebiet der Dioritschiefer mit Vegetation bedeckt; hervorstehende Klippen treten spar- sam auf. Letztere sind dagegen in der Region der Grünen Schiefer bei weitem häufiger, wo fast jede sich markirende Erhebung mit einem Klippengrath im Gipfel endet. Analog hiermit sind in den Grünen Schiefern die Ausgänge der Schluchten mit ausgedehnten Schutthalden umlagert, welche fast ausschliesslich aus wenig veränderten Bruchstücken des Gesteins bestehen. Offenbar war hier die mechanische Zer- störung die vorherrschende. Die Dioritschiefer dagegen zei- gen die bei den Graniten so auffallend vorkommende Erschei- nung, dass die Zersetzungsresiduen Lage und Zeichnung des frischen Gesteins bewahren, wenn sie auch nur noch aus einem rauhen Thone bestehen. Ebenso liegen zahlreiche et- was abgerundete, äusserlich gebleichte, im Innern aber ganz frische Blöcke in den Zersetzungsresiduen der Dioritschiefer 425 mitten innen. oder, wo letztere weggespühlt wurden, frei an der Oberfläche; sie müssen in Ermangelung anstehender Klippen häufig zur Bestimmung der Gesteine dienen. Grosse Anhäufungen solcher Blöcke finden sich namentlich in den Durchbrüchen der oberen Dioritschiefer unterhalb Kreuzwiese und bei Ober-Rohnau. Die Grenze, bis zu welcher die Zer- setzung in den Dioritschiefern niedergeht, ist ausserordent- lich verschieden, und wohl vornehmlich von der chemischen Beschaffenheit des Gesteins abhängig. Zersetzung der Ausfüllung der Kupfer- gänge. — Die Einwirkung der Atmosphärilien auf die Gangmassen der Kupfergänge steht jedenfalls in einem engen Zusammenhange mit der auf das Nebengestein. Wenn im frischen Zustande die chloritischen, serpentinartigen oder am- phibolischen Ausfüllungsmassen durch ihre vorherrschend dunkelgrünen Farben Eisenoxydulsilikat als färbenden Be- standtheil vermuthen lassen, so zeigen die von den Tagewas- sern angegriffenen Theile derselben mehr oder minder die Färbung des Eisenoxydhydrates, und gehen zuletzt in tho- nige Lettenmassen über. Dieser Prozess scheint mit der Fortführung von Kieselerde verbunden zu sein, indem sich ın den Rückständen der ursprünglich geschwefelten Erze eine Tendenz zur Bildung wasserhaltiger amorpher Silicate aus- spricht, welche eine gewisse Reihenfolge zu beobachten scheint Zersetzung der Kupfererze. — Noch unterhalb der Region, in welcher die chloritischen Gangmassen gelb erscheinen, zeigen Kupferkies und Buntkupfererz feine Klüfte und Risse, welche mit Brauneisenstein ausgefüllt erscheinen, aber mit Salzsäure gereinigt, dünne krystallinische Häutchen von Kupferglanz und Kupferindig zeigen; selten finden sich dieselben frei von Eisenoxydhydrat schon in dem anstehenden Gange. — In diesem Stadium finden sich häufig dünne Blätt- chen oder moosartige Concretionen von gediegenem Kupfer in dem Nebengestein abgelagert; Schwefelkies und Arsenik- kies scheinen noch nicht angegriffen zu werden. Die ober- * flächliche Ausscheidung jener beiden eisenfreien Schwefel- 426 kupfer scheint nicht eben lange Zeit zu bedürfen, indem man auf den alten Schächten, z. B. dem alten Schachte der Juliane Grube, aus etwa 100 Jahr alten Förderungen, dem Anschein nach ganz frisch gebrochene Kupferkiese findet, welche mit einer ockrigen Lage bedeckt sind, die ebenso deutliche Häutchen Kupferglanz enthält. — Die Kupferkiese von den Morgengängen scheinen hiervon eine Ausnahme zu machen; ebenso alte Bruchstücke von dem Haldenzuge des Gute Hofnung-Ganges zeigen theils eine matte Broncefarbe wie angelaufenes Messing oder einen dichten grünen Schim- mel, der unter Brausen von Salzsäure weggenommen werden kann, worauf die etwas angenagte, aber reine Oberfläche des Kupferkieses hervortritt. Zersetzungen sind auf den Morgen- gängen selbst zur Zeit nicht beobachtet worden, da man sie in neuerer Zeit nicht in den hierzu geeigneten Sohlen erz- führend aufgeschlossen hat. Was die anderen Gangsysteme aber anbelangt, so kann man die Zersetzung der Erze in weitere Stadien verfolgen; und zwar geht der Kupferkies in erdiges braunes Ziegelerz, Buntkupfererz in mit Ocker verunreinigtes Rothkupfererz über, das mitunter Spuren von Blätterdurchgängen zeigt; reines Rothkupfererz fand sich nur in kleinen Nestern in den Uran- erzen, wahrscheinlich aus Kupferglanz entstanden. Von diesem Stadium an beginnt die Verkieselung, und merkwürdiger Weise fast immer mit dem Verluste des Eisen- gehaltes der Ziegelerze; nur aus den derben Buntkupfererz- knoten des Schwarz-Adler-Ganges ‚und aus einzelnen Kupfer- kies-Krystallen der jüngeren Erzführung auf den Gängen hor. 5 bis 6+ entstand Kupferpecherz, das wohl eigentlich nur als ein mit Eisenoxydhydrat verunreinigtes Kieselkupfer anzusehen ist. Sonst geht Kupferkies in ein dichtes, grünes, nicht sehr glänzendes, splittriges Kieselkupfer über, welches wahrschein- lich unter Beimengung von Kupferindig oft mit steigendem Kupfergehalt schwarzblau gefärbt erscheint. Kupferglanz verändert sich in ein durch Rothkupfererz scharlachroth ge- färbtes Kieselkupfer, das, anfangs von starkem Pechglanze, «. 427 allmälix sich dunklerfärbend, in erdige Massen übergeht. Alle diese Residuen zeigen deutlich, dass sie noch genau den Platz einnehmen, welchen die ursprünglichen Erze be- sessen haben, und unterscheiden sich daher von denjenigen Kieselkupfern, welche translocirtes Kupfer enthalten. Es sind dies himmelblaue, mehr durchscheinende, dem Allophan näher stehende, traubige Rinden, welche allmälig an der Oberfläche erdig werden und in einen fast nur aus Kieselerde bestehenden Guhr übergehen, wie er sich fortwährend noch aus manchen Grubenwassern niederschlägt; im frischen Zustande ist der- selbe weich und butterartig, trocknet aber zu erdigen wenig cohärenten Massen zusammen. An diese Fossilien schliesst sich auch das am Eingange bei Erwähnung der Granitapophysen angedeutete Uranerz. Es bildet im reinen Zustande zeisiggrüne, amorphe, schwere Massen von unebnem flachmuschlichem Bruch; dunkel aus- gefüllte rundliche Conturen deuten auf eine Entstehung aus Uranpecherz ; Kieselerde, Wasser, Thonerde und Uranoxyd scheinen die normalen Bestandtheile zu sein; ausserdem fin- den sich noch Eisen, Kupfer und Selen vornehmlich in den dunklen Partien, in denen man feine, stahlgraue, metallisch schimmernde Aederchen wahrnehmen kann. Ich erlaube mir für dieses Fossil den Namen Uranophan vorzuschlagen. Andere Kupfersalze. — Von den wasserhaltigen Carbonaten des Kupfers erscheint nicht selten Malachit, ge- wöhnlich als junge Bildung in Form kugliger Gestalten in Quarzdrusen und augenscheinlich mit translocirtem Kupfer- gehalt; zuweilen wechselt er mit Schalen von Kieselkupfer, welches theils jünger, theils älter ist. Kupferlasur ist nur in ganz untergeordneten Spuren in der Nähe der Dolomite ge- funden worden. - Von den Phosphaten erscheint eine dem Phosphorochal- zit ähnliche Varietät auf den oberen Halden des Seegen- Gottes-Pingenzuges, und fand sich auch in neuster Zeit in einem Abbau des Ganges Frohe Erwartung. Seltener sind Kupferglimmer, welcher in kleinen Partien 428 im Ziegelerze von dem Frisch-Glück-Gange gefunden wurde und Olivenit, welcher ein einziges Mal auf einer Halde des Rosenstiel-Ganges vorkam. Ebenso wurde auch einmal auf dem Frisch-Glück-Gange eine Spur vanadinsaures Kupferoxyd (Volborthit) beobachtet. Brochantit fand sich in mikroskopischen Krystallen auf Ma- lachit aufsitzend und von Kieselkupfer bedeckt auf einem Haldenfindling des Hofnunger Haldenzuges. Auch Bleisalze sind hin und wieder vorgekommen, nämlich Weissbleierz und Molybdänbleispath, meistentheils von Kieselkupfer bedeckt; ob die mit demselben vorkommen- den, in die Länge gezogenen, quadratischen Krystalle dem letzteren zugehören, oder Scheelbleispath, oder ein Chlorblei sind, ist noch ‚nicht ermittelt worden. Einfluss der Zersetzungen auf die geome- trischen Erscheinungen. — Der Einfluss der Atmo- sphärilien auf die Gangmassen und das Nebengestein modifi- zirt mehr oder minder die Erscheinungen, aus denen man die geometrischen Verhältnisse der Gänge abzuleiten hat, indem die in oberen Teufen auftretenden Lettenbestege auf den verschiedenen Gängen stets als die jüngsten Trennun- gen der Gangmassen erscheinen, gleichviel welcher Systems- Richtung sie folgen. Die grossen Quantitäten freier Kiesel- erde, welche die niedergehenden Tagewasser fortführen, und welche zum Theil schon bei der unmittelbaren Berührung mit der Luft wieder abgesetzt werden, können nirgends an- ders als aus den Gangmassen und dem Nebengestein extra- hirt werden, und müssen daher im Laufe der Zeit eine Vo- lumenverminderung derselben im Bereiche ihrer Wirksamkeit hervorrufen, welche die durch die Gangspalten getrennten Gebirgskörper nach den Gesetzen der Gravitation in eine langsame Bewegung versetzen muss. Da nun die älteren Gangsysteme die am meisten verwitterbaren Ausfüllungs- massen enthalten, so folgen die eben erwähnten Lettenbestege vornehmlich denselben und geben häufig Configurationen, welche den in den früheren Abschnitten aufgestellten Gesetzen zuwider zu laufen scheinen. 429 Aus diesen Thatsachen muss man folgern, dass die Ni- veau-Verhältnisse der Oberfläche, abgesehen von der direkten Zerstörung der Oberfläche durch Zersetzung, noch ausserdem einer langsamen Undulation durch die Bewegung der Massen auf den jedenfalls noch in Bildung begriffenen Lettenklüften unterliegen. Die Veränderungen des Strombettes des Bo- bers, welche man sehr deutlich beobachten kann, bieten einen direkten Fingerzeig für diese Vermuthung. Zersetzungsprodukte der Bleigänge. — Im Gegensatz zu den gesäuerten Erzen der Kupferformation fehlen auf den Bleigängen die Silicatbildungen gänzlich; am Bleiberge, auf den Halden der Grube Dorothea kann man noch oft Weissbleierz, theils weiss, theils grau und schwarz gefärbt finden. Malachit und Kupferlasur ist gleichfalls ziem- lich häufig gewesen und scheint namentlich letztere ausge- zeichnet schön vorgekommen zu sein. Spuren von Grün- bleierz finden sich am Ausgehenden ziemlich constant. Aus einem Versuchbaue am Buchwald stammt ein Stück, an dem sich aus Kupferkies umgewandelter Kupferindig befindet. Eisensilicate in den Grauwacken-Schich- ten. — In einem eigenthümlichen Zusammenhange mit den Silifieirungen in den Gängen dürfte das Auftreten von neuen Verbindungen in den Conglomerat-Schichten stehen, welche unmittelbar auf die krystallinischen Schiefer aufgelagert sind. Zusammengesetzt aus wenig abgerundeten Geröllen von allen bis zum Inhalt von mehreren Cubikfussen steigenden Grössen, bilden sie mächtige Bänke, die um so mächtiger werden, je grösser die Geschiebe; die Zwischenräume füllen kleinere Stücke bis zur Sandkorn-Grösse herab, so dass eigentliches Bindemittel durchschnittlich nur in geringem Maasse vorhan- den ist; in den Geröllen sind fast ausschliesslich die Glim- merschiefer-Varietäten vertreten, während die Dioritschiefer das Bindemittel geliefert zu haben scheinen. Dieses tritt in den dünneren von groben Geschieben freien Lagen, welche auf ihren Ablösungsflächen Pflanzenabdrücke enthalten, mehr 430 hervor, und bildet eine harte feinkörnige Masse von dunkel- grünschwarzer Farbe. Eine Untersuchung derselben ergab, dass sie ein Gemenge von 40 bis 50 pCt. freiem Quarz in Sandform und einem wasserhaltigen 'Thonerdeeisenoxydul- Silicat ist, das etwa mit dem Chamoisit gleichzustellen wäre. Wenn wir uns mit unseren bisherigen Betrachtungen ab- sichtlich in dem eigentlichen Erzfelde möglichst nahen Gren- zen bewegt haben, so gewähren doch die Aequivalente der erzführenden Schiefergesteine in ihrem südlichen und west- lichen Fortstreichen noch manche Thatsachen ‚. welche einer- seits als Ergänzungen, dann aber auch als weitere Beweise dienen können. Die südliche Fortsetzung. — Wendet man sich gegen Süden, so bietet die Reihe der Kalksteine und Dolo- mite einen Wegweiser, indem wir dieselben als Begleiter der unteren Dioritschiefer bei Xupferberg kennen lernten; in der Fortsetzung der schmalen Zone, welche von Waltersdorf nach Kreuzwiese und Aöhrsdorf verfolgt werden kann, stos- sen wir zunächst auf Findlinge, welche vorherrschend aus braunem Granat und einem dichten Fossil bestehen, in dem man Augit, vielleicht gemengt mit irgend einem Feldspath, vermuthen kann; dasselbe Gestein bildet das Liegende der Dolomite von Aothenzechau, wo auch stängligem Vesuvian ähnelnde Partien vorkommen. In der Nähe der Erzmittel der Grube Zvelinens-Glück, welche auf kurzen aber mächti- gen Arsenikkies-führenden Gangtrümern baut, geht dasselbe in kalkschieferartige, regellos zerklüftete Glimmerschiefer über. Die Ausfüllungsmasse derselben ist vornehmlich kry- stallinischer Quarz, gemengt mit oft grossen Partien eines feinschuppigen Chlorites, in welchem Arsenikkies in einzel- nen bis zollgrossen Krystallen in derselben Form wie auf den Gängen von Äupferberg, eingelagert ist. Ausserdem kommt noch Magnetkies, Kupferkies, zum Theil in Kupfer- indig verwandelt, Graueisenkies und, die Quarzdrusen aus- 431 füllend, Kalkspath vor, welcher dem von den Morgengängen von Kupferberg gleicht. Als Seltenheit sind mikroskopische Krystalle von der Form des englischen Zinnsteins, zuerst von Herrn Faktor Lupwıs zu Rohnau, gefunden worden; in den Zersetzungsprodukten tritt auf Kupfererzen neben Kie- selkupfer Kupferschaum auf. In der nördlichen Fortsetzung dieser Gänge hart an der Granitgrenze und in etwas liegen- deren Schichten, kamen im derben Quarz neben compakten feinkörnigen Arsenikkiesen Schnüre von Gilbertit ziemlich häufig vor. Von hier an schliessen sich in südwestlicher Richtung die stockartigen Vorkommen von Schmüedeberg an. Die oberen Dioritschiefer kann man gleichfalls, und zwar in ihrem oben beschriebenen weniger wandelnden Ha- bitus, weiter gegen Süden verfolgen. Die westliche Fortsetzung. — Bei Weitem inter- essanter sind Erscheinungen, welche westlich jenseits des Granites in der weiten Fläche der krystallinischen Schiefer zwischen Hirschberg und Lauban auftreten. Im Hangenden des Dichroit-Gneisses von Schreiberhau folgt die mehr als 4 Meile breite Zone des grobflaserigen Gneisses, an welche sich weiter nördlich der von Bolkenhain bis nach Zauban sich erstreckende Zug der Grünen Schiefer wieder anschliesst. Mehrere, bald mehr, bald minder mächtige Gürtel durchzie- hen diesen Gneiss in dem: Streichen von Ost nach West. Der interessanteste derselben ist der unweit Hirschberg an den Graniten wieder auftretende und über Alt- Kemnitz, Querbach, Ullersdorf nach Böhmisch-Neustadtel fortsetzende Glimmerschiefergürtel, welcher mit seiner verbreiteten, wenn auch geringen Erzführung als der Repräsentant der Kupfer- berger Gangbildungen angesehen werden muss; er würde etwa der bei Waltersdorf zunächst am Ochsenkopf auftre- tenden Dioritschiefer-Zone entsprechen. Der Kalkstein von Alt-Kemnitz. — Bei Alt-Kem- nitz befindet sich an der Stelle, wo das Thal nach dem Bergrücken zu sich gabelt, am Östgehänge ein kleiner schon “vor längerer Zeit bis auf die Tihalsohle abgebauter Dolomit- 452 stock, der als merkwürdige Ausnahme von dem gewöhnlichen Charakter der schlesischen Mineral-Vorkommen eine hohe Entwickelung krystallinischer Formen zeigt. Der Dolomit ist weiss, feinkörnig, ähnlich dem von Rothenzechau, das Nebengestein ein weisser, sehr feinschiefriger glimmerfreier Quarzschiefer, der dem Itakolumit fast vollkommen gleicht. Auf der Grenze beider, an der Nordseite der Steinbruchs- Pinge, (die Südseite ist verstürzt), tritt eine etwa 2 Lachter mächtige Saalbandbildung auf, die der bei den Dolomiten von Rothenzechau beschriebenen ähnlich ist, aber weit deut- lichere Charaktere zeigt. Die undeutlich körnige seladon- grüne Grundmasse zeigt in kleinen mit Kalkspath ausgefüll- ten Nestern deutliche Krystalle, welche dieselbe als aus Salit bestehend erweisen, in Farbe, Form und Habitus ähnlich dem von Arendal; die kurze Säule und die schiefe Endfläche von 74 Grad herrschen vor. Hin und wieder ist dieser Augit mit einem blutrothen Granat verwachsen, der in kleinen Leucitoödern neben den Augiten auskrystallisirt. Ausser die- sen ganz regellosen Kalkspathnestern treten aber noch mit demselben Kalkspath gefüllte kleine Gänge auf, an deren Randflächen, nur wenig mit dem Nebengestein verwachsen, Krystalle von hellgefärbtem Kaneel-Granat, Ripidolith und Vesuvian erscheinen, zum Theil in bis zollgrossen Individuen. In der Mitte dieses augitischen Saalbandes unterscheidet man eine 1 bis 2 Zoll starke Lage eines Ölgrünen durchscheinen- den Serpentins, an den Rändern übergehend in die gewöhn- licheren Varietäten dieses Gresteins, wogegen sich in der Mitte einige Schnüre von Chrysotil und fein eingesprengte Arsenikkies-Krystalle zeigen. Beziehung zu den Dioritschiefern. — Offenbar entstand das augitische Saalband durch die Berührung des Dolomites mit dem vorherrschend aus Quarz bestehenden Nebengestein auf dem Wege langdauernder chemischer Action; verbinden wir mit dieser hier so klar vor Augen liegenden Thatsache die beobachteten Uebergänge von Diopsid in Strahl- stein bei Kupferberg, und die gleichzeitige Anwesenheit von 433 Granat, so erscheint die Hypothese nicht eben gewagt, wenn wir annehmen, dass die Dioritschiefer von Kupferberg nichts weiter sind, als die durch zwei Stadien hindurch gegangene Verbindung der Elemente von grossen Dolomitlagern mit den vorherrschend aus Quarz bestehenden Quarz- und Glimmer- schiefern, so dass erst ein Augitgestein und dann erst ein Hornblendegestein daraus entstanden ist. — Es erklären sich dann auch die Uebergänge in Glimmerschiefer und die gang- leeren Partien der letzteren Gesteine und des Quarzschiefers als die unveränderten Reste der ursprünglichen Schieferge- steine. Wir können daher auch mit Recht die Glimmer- schiefer-Zonen im Gneisse des Riesengebirges überhaupt als Aequivalente des Kupferberger Erzfeldes annehmen. Das Auftreten des Serpentins und seiner Begleiter berechtigt uns schliesslich alle die Bildungen, welche den bekannten Rei- chensteiner Vorkommen als Normaltypus gleichen, für Aequi- valente des Kupferberger Erzterrains im Grossen und Gan- zen anzunehmen. Die Glimmerschiefer von Querbach und Gie- hern. — Fast unmittelbar an diesen interessanten Punkt schliessen sich bei Höndorf die Glimmerschiefer an, welche wegen ihres geringen Kobalt-Gehaltes der Gegenstand berg- männischer Thätigkeit waren. Aber erst jenseits des massi- gen Basaltberges, der Kahle Berg genannt, entwickeln sich dieselben bei @uerbach zu dem Erzlager der verlassenen Grube Marianna. Ich habe diese Lagerstätte nicht mehr aus eigener Anschauung kennen gelernt, habe auch nie Gelegen- heit gefunden klare mineralogische Anschauungen von Augen- zeugen darüber zu hören; es bieten aber die Ueberbleibsel dieses Bergbaues noch mannigfaches Interessantes dar. Unbestritten findet sich die Fortsetzung der Formation in dem ehemals von Göehern bis Krobsdorf und von Strass- berg bis Neustadtel auf Zinn betriebenen Bauen. Der Glim- merschiefer besteht aus weissem und grauem Glimmer und grauen Lagen von dichtem gemeinem Quarz, welcher sich häufig mit weisser Farbe in linsenförmige Nester concentrirt; [Z Zeits. d.d. geol. Ges. V. 2. 28 434 ein gewisser Erzgehalt scheint fast allenthalben durch die rostigen Ueberzüge angedeutet zu sein. Hin und wieder finden sich feine, oft körnig gruppirte Nadeln von Turmalin, wie unterhalb des Kesselberges bei Giehern. Bei den Versuchen, welche vor vierzig Jahren bei Krobs- dorf auf dem Leopold-Stollen umgingen, vermuthete man, nachdem man mehrere Granaten- und Arsenikkies-führende schmale Lager überfahren, den Zinngehalt in einem lediglich durch auffallende Schwere ausgezeichneten Glimmerschiefer in unsichtbarer Vertheilung. Einzelne röthlich-pflaumenblaue Körner in den wenigen erhaltenen frischen Handstücken las- sen es zweifelhaft, ob sie Granat oder Zinnstein sind. Uebri- gens hat man wirklich einige Centner Zinnstein in den Schliechen aus einer sehr grossen Menge Glimmerschiefer dargestellt, und Zinn daraus verschmolzen. Auf der Grube Marianna zu Querbach soll sich die Erzführung an das Vorhan- densein einer oder mehrerer neben einander liegender Lagen von Chloritschiefer, voll von ziemlich deutlichen Krystallen eines Thoneisengranates geknüpft haben, die für das beste Material zur Darstellung von kobaltischem Schliech angese- hen wurden; ich habe nur Kupferkies, Schwefelkies, am häu- figsten aber Arsenikkies in ganz kleinen weissen glänzenden Krystallen darin gefunden. Der aus ihnen dargestellte Schliech scheint wenigstens in den letzten Zeiten nie mehr als 1 bis 2 Proc. Kobaltmetall enthalten zu haben. Mit einem ähnli- chen Granat-führenden Schiefergestein sind die Halden bei Giehern und Krobsdorf wie besäet. In der Nähe der bergmännisch untersuchten Glimmer- schiefer soll man regelmässig ein 1 bis 3 Lachter mächtiges Strahlsteinlager gefunden heben; und es finden sich auch in der That nicht blos bei Querbuch, sondern auch weiter gegen Westen bis Krobsdorf hin, Bruchstücke eines massigen Diorites, wel- cher auffallend an die uns schon bekannten Vorkommen von der Lagerstätte Zinigkeit zu Kupferberg erinnert. Die dem sogenannten Granaten-Lager zunächst liegenden erzfüh- renden Glimmerschiefer zeigen durchschnittlich einen höheren e Gehalt an Metall, wenngleich sie weniger geschätzt wurden. Man unterscheidet Schwefelkies, Kupferkies, Bleiglanz, Mag- netkies in feinkörnigen bis grossblättrigen, oft regelmässige Krystallumrisse zeigenden Partien, Zinkblende in dichten feinkörnigen bis grossblättrigen Varietäten von dunkelbrauner Farbe und Arsenikkies, sämmtlich in unregelmässigen Kon- figurationen in dichten linsenförmig geformten Quarz einge- wachsen, und an einzelne Linien gereiht, ausgezeichnete Krystalle von Automolit, begleitet von weissem Glimmer und pflaumenblauen granatartigen Körnern. Häufig bedeckt eine kleine Rinde feinkörniger und dichter Zinkblende die Ober- fläche der Automolit-Krystalle, und, wie es scheint, vorzüglich bei Berührung mit Magnetkies; anch habe ich von dem Schichtmeister Herrn HELLER zu Querbach ein Stück erhal- ten, an welchem nur noch der innere Theil der Krystalle er- halten war, während der grösste Theil mit Beibehaltung der Form in dichte Zinkblende umgewandelt erscheint, Ausser- dem verdienen noch besondere Aufmerksamkeit einige Glim- 435 mer-Varietäten, welche dieses Erzvorkommen begleiten, und abweichend zusammengesetzt sein dürften; sie gleichen dem Ottrelit und Masonit. Neben Quarz, welcher der herrschende Träger der Erz- führung ausserhalb der Chloritschiefer ist, kommt mitunter Oligoklas als Hauptbestandtheil der Glimmerschiefer in ei- ner dichten, zuweilen excentrisch strahlig individualisirten Varietät vor. In Kalkspathnestern bilden sich diese langen Säulen als Krystalle aus, und wurden anfänglich von mir für Pistacit gehalten, bis mich die Güte des Herrn Professor G. Rose eines Bessern belehrte. Diese Verbindung von Oligoklas-führenden und Quarz-haltenden Glimmerschiefern bietet ein neues Motiv für die Vereinigung dieser > mit den Dioritschiefern von Aupferberg. Die parallelen Glimmerschieferzonen. — Ziem- lich parallel oder genauer ein wenig gegen Westen divergi- rend, zieht sich ein zweiter, minder erheblicher Glimmer- schieferzug, oft nur von ein paar schmalen Lagen gebildet, 2 Das 436 durch den grobflaserigen Gneiss, der hinter Airschberg auf Greiffenberg zu bei der sogenannten halben Meile beginnend, die Chaussee durch das Dorf ZAeibnitz begleitet und dann vor Bertelsdorf mit einer Grünsteinkuppe in Verbindung steht, welche sich durch das Vorkommen von Prehnit und eines dem Kluthalit ähnlichen Zeolithes auf schmalen Gängen aus- zeichnet. Als die westliche Fortsetzung muss das Glimmer- schieferlager von Goldentraum angesehen werden, auf wel- chem eine Spur von Erzführung vorhanden ist, die ehemals auf Gold benutzt gewesen sein soll. Verlängert man die beiden Streichungslinien gegen Osten, so schneiden sich dieselben in der Gegend von Kupferberg. Eine dritte Zone von Glimmerschiefer ist im Thale von Langenöls bei Greiffenberg bei dem Stollenbetriebe der dor- tigen Braunkohlen-Grube Heinrich nachgewiesen worden, welche in ihren Zersetzungsprodukten einen eigenthümlichen weissen Letten als Grundlage des Braunkohlen-Flözes bildet. Beziehung zur Lagerung der Dioritschiefer von Kupferberg.— Somit könnte man denn auch in den den Kupferberger Dioritschiefern gegenüberliegenden westli- chen Schiefergesteinen ein dreifaches Auftreten eigenthümli- cher Zonen wenigstens in ihren Aequivalenten nachweisen; und zwar müsste man die breite Fläche zwischen Ullersdorf und Greiffenberg am (Queis mit Friedeberg. in der Mitte als Mulde, und die Erhebung des Ramsenberges zwischen @o/- dentraum und Langenöls als Sattel annehmen. Freilich fin- det sich auch nicht hier ein entgegengesetztes Einfallen der Schichten, sondern ein fast vollständiger Parallelismus eines allgemeinen nördlichen Einschiebens. Am flachsten ist der erzführende Hauptzug mit etwa 60 Grad Neigung abgela- gert; es ist möglich, dass in der breiten Ebene von Frriedeberg eine noch geringere Neigung oder doch ein abermaliges Em- porheben vorhanden ist, indem die als ein Gemenge aus Quarz, Schörl und sehr sparsam eingemengtem weissem Glim- mer erscheinende Masse des Todtensteines bei Ariedeberg für nichts Anderes als eine Variation des Glimmerschiefer- 437 Vorkommens zu betrachten ist, wozu das analoge Auftreten des schwarzen Turmalins am Kesselberge den Beweis liefert. Schlussbemerkungen. — Die hier verfolgten Erz- vorkommen, ihre Aneinanderordnung in Zonen und die man- nigfaltigen geognostischen Formen derselben vereinigen eine grosse Anzahl von einzelnen Beobachtungen im Gneiss der Sudeten, welche bisher nur als lokale Erscheinungen betrach- tet worden sind; es steht zu vermuthen, dass sich dieselben ebenfalls in mehr oder minder geschlossene Linien vereinen lassen. Die in Aussicht stehenden grossen Arbeiten über die geognostischen Verhältnisse der Sudeten veranlassen mich diese Richtung hier nicht weiter zu verfolgen. Was die all- gemeinen Verhältnisse der krystallinischen Schiefergesteine anbelangt, so behaupte ich nach den hier vorgetragenen Un- tersuchungen, dass sie ebenso einer Gliederung vom Han- genden zum Liegenden fähig sind, wie die unzweifelhaft neptunischen Ablagerungen, und bemerke nur, dass dies im Allgemeinen dasselbe Resultat ist, welches der Herr Berg- Hauptmann v. OEYNHAUSEN in seiner Beschreibung von Ober- schlesien über die Bildung des Altvater-Gebirges ausspricht. Jedenfalls sind die in den Sudeten und ihren Abhängen ent- blössten Gneiss-Gebilde Theile einer einzigen grossen abge- schlossenen Formation, welche durch die eruptiven Granite und zum Theil auch Diorite und Hypersthen-Gesteine geho- ben und durchbrochen worden ist; gleich den rheinischen Schiefergebirgen erscheinen in der Richtung des Gebirgszu- ges faltenartige Biegungen, die in ihren grösseren Umrissen auch durch die Einlagerungen jüngerer neptunischer Gebilde bezeichnet werden. Selten bieten sich aber Verhältnisse dar, wo man unmittelbar an der Lageruug selbst diese Erschei- nung nachweisen kann, wie dies in dem zusammengedräng- ten Terrain von Äupferberg der Fall ist, und ich glaube da- her, dass dasselbe ganz vorzüglich eines allgemeineren In- teresses fähig ist. Was die Gangformation von Kupferberg und ihre be- - nachbarten und zugehörigen Erzvorkommen anbelangt, so 438 bildet sie ein vermittelndes Glied zwischen mehreren in. ihren Eigenthümlichkeiten bei Weitem ausgeprägteren Lokalitäten. Hat sich zwar mir noch wenig Gelegenheit geboten, mit den geognostischen Verhältnissen der Gangbildungen Englands so speciell in Berührung zu kommen, um mir ein compe- tentes Urtheil anzumaassen, so dürften doch die Gänge in den Killas von Cornwall in geometrischer wie in mineralo- gischer Beziehung mit denen von Kupferberg bis auf die räumliche etwa vierfach grössere Ausdehnung aller Dimen- sionen harmoniren; dahin gestellt muss bleiben, ob die Elvan- Gänge mit den rothen und grauen Porphyren zu parallelisi- ren sind oder nicht; das Verhalten der hiesigen Gänge zum Granit ist noch nicht bekannt, sie scheinen aber — und dies wäre ein Unterschied — nicht in die Hauptmasse hinein zu reichen, wohl aber die Apophysen zu durchschneiden. Ausser den Grenzen des Sattels nähert sich die Formation in man- cher Beziehung den Vorkommen des sächsischen Obergebir- ges, namentlich denen von Schwarzenberg. Die einzelnen Mineralvorkommen gleichen aber weit eher den schwedischen Formationen. Schliesslich muss ich noch darauf hinweisen, dass im Greebiet der Grünen Schiefer nördlich von Äupferberg endlich noch eine hier nicht mehr erwähnte Erzführung auftritt, wel- che eine bei Weitem grössere Ausdehnung zu haben scheint, als der vor der Hand noch ziemlich isolirt dastehende Auf- schluss des oben erwähnten Bergmannstroster Arsenikwerkes zu Altenberg vermuthen lässt. Ich habe mich aber mit den geognostischen Verhältnissen derselben noch zu wenig be- schäftigen können, um darüber bestimmte und sichere Mit- theilungen zu machen. 439 4. Thüringische Graptolithen. Von Herrn Richter ın Saalfeld. Hierzu Tafel XII. Während die tiefsten petrefaktenführenden Bildungen Thü- ringens, welche in der „Erläuterung zur geognostischen Ueber- sichtskarte des ostthüringischen Grauwackengebiets” (Zeitschr. d. d. geol. Ges. III. p.536) unter dem Namen der „grünen Grau- wacke” beschrieben worden sind, und insbesondere die ihnen bei Breitenbach, Sophienau u. s. w. (vergl. die Uebersichts- karte, Zeitschr. III. Tab. XX.) eingelagerten Alaunschiefer bis jetzt noch keine Spur von Graptolithen haben auffinden lassen, treten die ältesten Reste dieser Organismen in den a. a. O. zur „grauen Grauwacke” gezogenen Nereitenschichten auf, indem hier neben den Nereiten (Zeitschr. I. p. 456. Tab. VI. B.) und Lo- phoktenien (Zeitschr. II. p. 198. Tab. VIII. Fig. 1 bis 5) auch der einzige zweiarmige Graptolith Thüringens sich erhalten hat. Vermöge des Vorkommens der Nereiten bieten diese Schich- ten eine Analogie zu den Llandeilo Flags von Caermarthenshire und zu den nach Emmons ungefähr gleichalterigen Taconie Sla- tes Nordamerikas dar. Sie erscheinen innerhalb des Gebietes der „grauen Grauwacke” in mehreren südwest-nordöstlich einan- der parallel streichenden Zügen, deren nordwestlichster von Meura aus zwischen Döschnitz und Witchendorf bis in die Gegend zwischen Dietrichshütte und Birkenheide reicht. Ihm parallel erscheint ein kürzerer zwischen Witchen- dorf und Volkmannsdorf, während bei Saalfeld sechs ebenfalls parallele, aber kurz abgebrochene Partien des Gesteins (am Fusse des Spitzbergs, auf Eckartsanger, auf dem Geheg, in den Thälern, auf dem Steiger und zwischen dem Rothenbach und der Gissera) auftreten. Ein weiterer, aber durch „grüne Grau- wacke” unterbrochener Zug lässt sich von Taubenbach und Gebersdorf bis Lositz und Knobelsdorf, vielleicht bis zum Braun*) jenseits der Saale nachweisen. Die bedeutendste *) Die auf der Uebersichtskarte in dieser Richtung inmitten der „ro- then Grauwacke” als „grüne Grauwacke” bezeichnete Partie ist „graue Grauwacke.” 440 Erstreckung und den deutlichsten Zusammenhang lässt der fünfte Hauptzug erkennen, indem derselbe, bei Mengersgereuth be- ginnend, über Hämmern, Steinach, Haselbach, Ha- senthal, Spechtsbrunn, Buchbach, Gräfenthal, Limbach, Marktgölitz, Oberloquitz, Schoderthal, Döhlen und Laasen, endlich zwischen Fischersdorf und Tauschwitz den Rothen Berg erreicht. Abermals tritt das Gestein bei Toda, ferner von Ludwigstadt bis Steinbach, sodann oberhalb Ottendorf und zuletzt zwischen Heinrichs- grün und Schlegel am nördlichen Fusse des Kulm bei Lo- benstein auf. Auch noch weiter östlich bis zur Gneissgrenze erscheinen ähnliche Gesteine, doch fehlen ihnen bis jetzt die charakteristischen Versteinerungen. Ueberall haben diese Nereitenschichten Kieselschiefer, Alaun- schiefer und Kalk über sich und auch der letzte Zug am Fusse des Kulm bei Lobenstein würde in seiner Verlängerung das Liegende der Kiesel- und Alaunschiefer des Voigtlandes von Lobenstein bis Ronneburg ausmachen. Trotz dieser dem äusseren Anschein nach so engen Bezie- hung der Nereitenschichten zu den auf ihnen liegenden Kiesel- und Alaunschiefern und Kalken lässt sich dennoch kein innerer, d. h. paläontologischer Zusammenhang der beiden Formationen nachweisen, indem auch nicht ein einziges Petrefakt ihnen ge- meinschaftlich ist, sondern im Gegentheil die Versteinerungen der Nereitenschichten auf die altsilurische Zeit hinweisen, wäh- rend die Versteinerungen der ihnen aufgelagerten Kiesel- und Alaunschiefer und Kalke eine ausgezeichnete Analogie zu denen der Basis des obersilurischen Systems in Böhmen (BARRANDE’s Etage E) darbieten, Diese Petrefakten nämlich sind in den oberen Schichten der Kieselschiefer, in den Alaunschiefern und in den tiefsten Schich- ten der Kalklager fast alle jene Graptolithen, die von BARRANDE in der Basis seiner Etage E in Böhmen aufgefunden worden sind; in den Kalken neben Krinoideen mit fünflappigem Kanal Orthoceratiten, die sich nicht von O. bohemicus BARR. aus den Kalken der Etage E unterscheiden lassen, Die geographische Verbreitung dieser Kiesel- und Alaun- schiefer nebst Kalklagern ist ziemlich die nämliche wie jene der Nereitenschichten, die nur auf dem ausserthüringischen Zuge von Lobenstein bis Ronneburg zu fehlen scheinen, indem ihnen 441 ähnliche Gesteine bei Oschitz und in der Nähe von Tanna noch keine bezeichnenden Petrefakten geliefert haben. Merkwür- dig ist auf diesem Zuge die fast durchgängige Dislokation der Kalke von den Alaun- und Kieselschiefern, eine Trennung, die augenscheinlich durch die dazwischen geschobenen Grünsteine bewirkt worden ist. Die thüringischen Kiesel- und Alaunschiefer und Kalke er- lauben weder in Bezug auf die Gesteinsbeschaffenheit, noch in Bezug auf die organischen Reste eine merkliche Altersverschie- denheit der einzelnen Lager und Züge anzunehmen. Es sind demnach in Thüringen (und wahrscheinlich auch in dem angren- zenden Voigtlande) zwei Etagen graptolithenführender Bildungen zu unterscheiden, eine untere, durch das ausschliessliche Vor- kommen der Gattungen Cladograpsus GEınıTZ (die Graptolithen, ein monograph. Vers. u. s. w. Leipzig, ENGELMANN, 1852) und Nereograpsus GEINITZ charakterisirte und eine obere, welcher die Gattungen Retiolites BARRANDE (Graptolites de Boheme, Prague, 1850), Diplograpsus M’Coy und Monograpsus GEINITZ (a. a. O.) allein angehören. Der Erhaltungszustand, in welchem die Graptolithen ange- troffen werden, beschränkt sich in den Nereitenschichten fast ohne Ausnahme auf etwas vertiefte Abdrücke, welche immer nur auf den Schichtungsflächen liegen und auch bei der sorgfältigsten Trennung der beiden Platten, die den Abdruck umschliessen, keine Spur einer Ausfüllung zeigen. Am wenigsten scharf sind die Abdrücke, je schieferiger und weicher die Gesteinsplatten sind, am schärfsten, je kieseliger und härter das Gestein, und auf solchem haben sich auch die zwei bisher einzig beobachteten Steinkerne oder vielleicht auch wahren Petrefakten gefunden. Heterogene Ueberzüge der Abdrücke oder Verkiesungen kommen gar nicht vor, obgleich Eisenkiese und andere Eisenverbindungen nicht allzu selten sind. In den Kieselschiefern und Kalken sind bisher nur meist unvollkommen erhaltene Abdrücke vorgekommen. Am vollkom- mensten ist der Erhaltungszustand in den Alaunschiefern und namentlich in deren kieselreicheren tiefsten Lagen. Hier erschei- nen zunächst völlig platte Abdrücke mit einem Ueberzuge, der bald aus ausserordentlich dünnen Kohlen- oder Eisenkieshäutchen, 442 am häufigsten aber (wie auch bei Schleiz u. s. w.) aus einem weissen und matten Mineral besteht. Ihnen am nächsten steht jener Erhaltungszustand, in welchem der auf beiden Schiefer- blättern etwas vertiefte Abdruck mit einem faserigen silberweis- sen oder grünlichen Mineral (nach Geiwırz Talk; nach Dr. REIMANN’s qualitativer Untersuchung Si, Ms, Fe, Al und Spu- ren von Ca; nach Professor Dr. E. Scumip 61,21 Kieselsäure, 25,05 Thonerde, 3.18 Talkerde, 1,59 Eisenoxyd, 1,23 Kalkerde, 0,79 Kali und 6,95 Wasser) ausgefüllt ist. Vielleicht sind diese Zustände die Hinterlassenschaft von Schalen, die nach dem Tode der Bewohner und der Auflösung derselben noch längere oder kürzere Zeit im Gewässer suspendirt blieben, bevor sie entleert im Schlamm begraben wurden. Endlich finden sich in eine stär- kere oder schwächere Hülle des bezeichneten Minerals eingebet- tet wahre Versteinerungen, deren Inneres von Eisenkies ausge- füllt ist. Da die sehr dünne Schale meist entweder am Gestein sitzen bleibt oder abspringt, so bleibt in der Regel nur der ver- kieste Kern zurück. Dieser Erhaltungszustand findet sich vor- züglich in den häufigen Lagen unreinen Eisenkieses, deren Flä- chen durch unregelmässig-netzförmige Leisten uneben sind (wie austrocknender und zerberstender Schlamm), nach welchen sich die Lagen in entsprechende Bruchstücke absondern. Die Graptolithen oder vielmehr Graptolithinen, die ihren nunmehr wohl gesicherten Platz im Systeme der schon genann- ten ausgezeichneten Arbeit BARRANDE’s verdanken, scheinen sämmtlich von einer zwar sehr biegsamen — die nicht seltenen Zusammenknickungen ohne wahrnehmbare Zerbrechung*) zeigen es — aber, wie aus der Erhaltung der Formen geschlossen wer- den muss, festen Haut oder Schale umgeben gewesen zu sein. Sie ist nur selten in genügender Deutlichkeit erhalten und in solchem Falle bald ausserordentlich dünn und von hornigem An- sehen (Diplograpsus ovatus BARR., D. palmeus BARR.), bald aber auch, wenn aus der Stärke der Silikatlage, welche die Kerne umkleidet, ein Schluss gezogen werden darf, scheint sie von an- sehnlicherer Dicke, am meisten auf der Oberseite der Zelien *) Zeitschr. d. d. geol. Ges. III. p. 505, Z. 5. v. u. ist zu lesen: „keine Zerbrechung.” e 443 (Monograpsus priodon Bronn, | M. Becki BARR.) gewesen zu sein. In den meisten Fällen zeigt sie auf. der Längsrichtung des Kanals und der Zellen querliegende Runzeln von grösserer (Monogr. sagittarius Hıs., M. millipeda M’Coy, M. spina) oder geringerer (Nereogr. Sedgwicki MurRcH., Diplogr. ovatus BARR., D. folium Hıs., D. palmeus Barr., D. teretiusculus Hıs., D. birastrites, D. cometa GEın., Monogr. nuntius BARR., MM. Nüssoni. Barr., M.Becki, Barr., M.triangulatus. Harkn.) Breite mit gewölbtem Rücken und sehr engen und scharfen Ein- kerbungen. Die netzförmige Skulptur der Schale, welcher die Retioliten ihren Namen verdanken, scheint sich bei einigen ein- zeiligen Formen zu wiederholen, während andere nach den Ker- nen eine ganz glatte Schale gehabt haben dürften. Der eigentliche Körper des Polypenstockes, von BARRANDE (Graptolites de Boheme p.5) Kanal genannt, enthält eine Axe, die überall, wo sie beobachtet werden kann, eine dorsale Lage behauptet und sich namentlich bei den zweizeiligen Formen, sel- tener auch bei den einzeiligen (Monogr. colonus BARR., M. nuntius BARR.) über die obersten Zellen des Stammes hinaus verlängert. Das Jugendende oder Basalstück des Kanals ist auf kürzere oder längere Erstreckung von Zellen entblösst, aber meist mit Einschnürungen versehen, deren Abstände ungefähr den Ab- ständen der höher hinauf entwickelten Zellen entsprechen und scheint in seiner bald pfriemlichen, bald hakigen, bald riegelför- migen Gestalt (Tab. XII. Fig. 14, 16, 20, 21, 34; vgl. Zeitsch. II. p. 564. Fig. 1 bis 3) als Haftorgan oder Fuss zur Befestigung in irgend einem Medium gedient zu haben. Die Richtung des Kanals, der in den zweizeiligen For- men die ansehnlichste, in den einzeiligen Rastriten BARRANDE’s die geringste Stärke besitzt, scheint specifisch zu sein. Sie ist bald eine geradlinige oder nur wenig gebogene, bald eine spiral- gewundene und die Verkürzungen, in denen die Zellen erschei- nen, deuten darauf, hin, dass die Spiralen fast nie in derselben Ebene lagen, sondern meist eine konische Schraubenlinie beschrie- hen. Bei Monogr. testis BARR., M, millipeda M’Cox, M. pectinatus, DM, peregrinus BARrR., vielleicht auch M. Linnaei BARR. und M. spina besteht die Spirale nur aus kaum mehr als einem Umgange, worauf der Kanal in excentrischer Richtung nur noch eine leichte Krümmung beschreibt und oft sogar noch Siörmig. sich vorwärts neigt, wie es auch bei M. convolutus 444 Hıs. nach drei und mehreren Umgängen des Jugendendes ge- schieht. Die Excentrieität von M. triangulatus HArkn. über- schreitet die Grenze einer Ellipse nicht und M. wurceolus und M. turriculatus Barr. beharren durchgängig in der Spirale, während M. proteus BARR. in der Regel ein ziemlich geradli- niges Basalstück, darauf einen oder einige Umgänge zeigt, um sodann eine mehr oder minder excentrische Richtung anzunehmen. Abweichungen von diesen typischen Richtungen sind wohl nur zufällig entstanden und zwar meist durch Verdrückung; doch finden sich auch Abweichungen (wie Tab. XII. Fig. 31 b.), die nicht so erklärt werden können, sondern vielmehr auf eine ge- wisse, durch eigenthümliche Einflüsse erregbare, freie Beweglich- keit schliessen lassen. Die Zellen stehen in Vertikalreihen, deren jede in je einer und derselben Vertikalebene liegt. Ausnahmen finden nur statt, wenn der Kanal eine Verdrehung erleidet. Abgesehen von eini- gen noch nicht hinreichend erkannten Formen, an denen sich Andeutungen von mehreren Zellenreihen finden, erscheinen bei Nereograpsus, Retiolites, Diplograpsus, so wie mehrfach bei Cla- dograpsus zwei Zellenreihen, welche so angesetzt sind, dass die beiden Vertikalebenen, in denen sie liegen, unter einer stumpfen Kante zusammenstossen. Diese Kante tritt auf der Bauchseite hervor, so dass die Rückenseite etwas vertieft bleibt. Zu glei- cher Zeit stossen die Zellen beider Vertikalreihen mit ihren Ba- sen nicht aufeinander, sondern sie alterniren. Bei allen übrigen Graptolithinen ist nur eine Vertikalreihe von Zellen vorhanden, welche der dorsalen Axe des Kanals gegenübersteht. Die Abstände der Zellen von einander sind in den ver- schiedenen Arten äusserst mannigfaltig, in jeder Species aber sehr constant, was auch bei jenen der Fall ist, deren Jugendzellen noch zu dünn sind, als dass sie wie die späteren des erwachse- nen Zustandes aneinanderstossen könnten. Die geringsten Ab- stände zeigen die ihrer ganzen Länge nach aneinanderliegenden Zellen der Retioliten und mehrerer Diplograpsus-Arten (D. ova- tus Barr., D. palmeus BARR. u. s. w.), bei denen auch die Kerne der Zellen noch fast unmittelbar aneinanderliegen. Unter der Gattung Monograpsus finden sich noch einige Arten mit un- mittelbar anstossenden Zellen, bald aber werden die Zellenspitzen frei, bis endlich bei den von BARRANDE als Rastriten unter- schiedenen Arten die Zellen sich ganz von einander trennen 445 und völlig frei werden, was im höchsten Grade bei M. gemma- tus BARR. stattfindet. Vielfach ist von diesen Abständen auch die Form der Zellen abhängig. Wie sich an jungen Individuen erkennen lässt, ist in der Gattung Diplograpsus die Cylinderform der Zellen vorwaltend, geht aber später durch Druck, den die anliegenden Zellen gegenseitig üben, in die stumpfkantigen, bei den Retioliten selbst scharfkantigen Prismen über, während bei den freizelligen D. birastrites und D. cometa GEın. die Cylinderform unverän- dert bleibt. Aehnlich, aber mannigfaltiger sind die Verhältnisse bei den einzeiligen Formen mit ganz oder theilweise anstossen- den Zellen. Bei Monogr. Halli Barr. behält die Unterseite der Zellen, deren Wand hier fester zu sein scheint, die Wölbung des ursprünglichen Cylinders oder vielmehr Kegels bei, während die Wölbung der oberen Wand durch die darüberstehende Zelle in der Weise eingedrückt wird, dass die entstehende Concavität von zwei scharfen Rändern begrenzt ist; bei M. colonus BARR., M. nuntius BArr. und M. sagittarius Hıs. behalten die Zellen ihre Cylinderform, während bei M. Nilsson? Barr. in ähnlicher Weise wie bei M. Halli Barr. die obere Zellwand, aber nicht durch die darüberstehende Zelle, sondern durch den Kanal ein- gedrückt wird. Jemehr bei diesen einzeiligen Formen die Zellen frei werden, desto mehr tritt auch die Kegelform derselben her- vor, wie bei M. Sedgwicki PoRTL., M. pectinatus, M,. convo- lutus Hıs. und M. spina. Der lange schlanke Kegel der Zellen von M. Linnaei BARR. erweitert sich am Ende wieder trichter- förmig, während zuerst bei M. Heubneri GEın. eine Umbiegung der Spitze nach unten eintritt, welche durch die Formen M. millipeda M’Cox, M. turriculatus Barr., M. proteus BARrR., M. triangulatus Harkn. und M. priodon Bronn hindurch endlich in M. Becki Barr. und M. gemmatus BarRr. ihren Höhenpunkt erreicht, indem hier die Krümmung so stark wird, dass die Zellenspitze nicht blos in der Regel sich der Axe zu- wendet, sondern in einzelnen Fällen sogar fortwachsend wieder nach aussen tritt. Dieses findet namentlich bei M. Becki BARR. statt und ist manchmal bei besonders grossen Individuen (oder einer besonderen Species ?) mit einer schaufelförmigen Verbreiterung des spiralen Zellenendes verbunden. Dennoch scheinen die an den Kernen von M. Becki BARR. und auch von M. priodon BRONN nicht selten wahrnehmbaren seitlichen Verwendungen der 446 Zellenspitzen, so dass sie aus der Ebene, in welcher die Zellen- basis am Kanale befestigt ist, heraustreten, nicht immer. nur durch Verdrückungen bewirkt zu werden. Bei M. peregrinus BARrR. endlich sind die Zellen an der Basis verengt und nach vorn keulenförmig erweitert, wozu bei M. urceolus noch eine neue Verengerung vor der Spitze tritt und eine zierliche Krug- form herstellt. Zu gleicher Zeit ist der Unterrand der Zellen- mündungen dieser letzten Art in eine ziemlich lange und bieg- same Spitze ausgezogen, wie es auch bei M. colonus BARR., M. Halli Barr., M. convolutus Hıs. u. s. w. der Fall ist. Diese Spitzen sind übrigens nicht zu verwechseln mit den faden- förmigen Verlängerungen, die manchmal deutlich aus der Zellen- mündung (M. Becki Barr., s. Tab. XII. Fig. 23) hervortreten und namentlich bei MW. testis Barr. und M. turriculatus BAaRr. (Tab. XII. Fig. 25) schon längst die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Meist erscheinen sie als fadenförmige, manch- mal bandförmige Abdrücke, oft aber auch als sehr scharf um- schriebene concave und auf ihrem Grunde glatte und glänzende Eindrücke mit rundlich abgestumpftem Ende. Bedeutende Formverschiedenheiten der Zellen je nach den Alterszuständen zeigen sich bei M. millipeda M’Coy, M. pro- teus BARR., M. triangulatus Harn. und M.spina, deren Ju- gendzustände die grösste Aehnlichkeit untereinander darbieten. Bei ihnen allen nämlich sind die frühesten Zellen frei und spitz- kegelföormig und nehmen erst später die Gestalten des erwachse- Zustandes an. Namentlich M. millipeda M’Coy zeigt die gröss- ten Unterschiede, indem auf die rastritenartig freien und dünnen Jugendzellen, die ungefähr unter 45 Grad gegen den Kanal auf- gerichtet stehen, grössere und breitere Zellen mit umgebogener Spitze folgen, die mit dem Kanal (wohl auch in Folge von des- sen Krümmung) fast einen rechten Winkel machen, worauf die folgenden Zellen immer bauchiger werden mit Spitzen, die fast abwärts geknickt sind, wobei sie zugleich sich wieder steiler am Kanale aufrichten. Die Winkel der Zellen zum Kanal scheinen überhaupt nur bei den Arten mit anstossenden Zellen constant zu sein, indem bei allen freizelligen Formen (Rastrites BARR.) ausserordentlich häufige, wenn auch oft, doch wohl nicht immer, durch äussere Einwirkungen herbeigeführte Verschiedenheiten vorkommen. Deutet vielleicht die steilere Aufrichtung der Zel- 447 len zum Kanal, die dem Jugendzustand charakteristisch zu sein scheint, im erwachsenen Alter auf Ruhezustände? Die Form der inneren Höhlungen des Kanals und der Zel- len, vielleicht die Körper selbst sind in den verkiesten Steinker- nen erhalten. Sie zeigen meist die nämlichen Formen und auch Skulpturen, wie dieselben äusserlich erkannt werden können. Nur sind sie nothwendig immer von geringeren Dimensionen als die Abdrücke der Schalen. Die bedeutendsten Unterschiede fin- den sich bei Diplogr. birastrites, Monogr. Nilsson! BARR. und M. sagittarius Hıs., deren Kerne rastritenartig freie Zellenaus- füllungen zeigen, und bei M. nuntius Barr., dessen Zellenräume an der Mündung auffallend erweitert sind. Ueber ihre frühesten Entwickelungsstufen geben die Grapto- lithen in dem Zustande, in dem sie vorliegen, keinen Aufschluss, indem jede Species zwar in verschiedenen Grössen, immer aber in solchen, die unter eine gewisse Grenze nicht hinabsinken, er- scheinen und auch die oft mikroskopischen Körperchen von dünn- eylindrischer oder spitzkegelförmiger oder spindelförmiger Gestalt, die ihnen nicht selten beigesellt sind, eine nähere Erkennung nicht zulassen, obgleich es kaum zu bezweifeln ist, dass sie den Graptolithinen angehören. Die Fortentwickelung der Graptolithen durch das Wachs- ihum geschieht vorzugsweise in der Richtung der Länge, so dass zunächst der Kanal während seines Wachsthums in die Länge zwar auch (in seinem untersten Theile schnell, dann immer lang- samer und endlich fast unmerklich) an Umfang gewinnt, an kei- ner Stelle aber der einmal gewonnene Umfang später noch zu- nimmt. Oberhalb des Basaltheils (Fusses) sprossen in bestimm- ten und auf der ganzen Länge des Kanals sich gleichbleibenden Abständen die Zellen hervor, die sogleich bei ihrem Hervortre- ten den Umfang haben, der im bestimmten Verhältniss zur Stärke des Kanals an dieser Stelle stehend nun nicht mehr zunimmt, so dass sie fortan nur noch in die Länge wachsen und zwar'nur so weit, bis sie das für den gesammten Polypenstock normale Verhältniss zum Kanale erreicht haben. Daher sind die unteren, an dem noch dünnen Theile des Kanals sitzenden Zellen nur absolut kürzer als die oberen, ein Verhältniss, welches nur eine einzige Ausnahme erleidet, indem nämlich Diplogr. cometa GEın. 448 die merkwürdige Anomalie zeigt, dass seine untersten Zellen die bei weitem längsten sind. Da die Abstände der Zellen in der ganzen Länge des Kanals einander gleich bleiben, so stehen die kürzeren und dünneren Jugendzellen anscheinend weiter von ein- ander ab, als die späteren des erwachsenen Zustandes. Zugleich wird hierdurch bei den Formen, deren Zellen im erwachsenen Zustande anstossen, die Möglichkeit zu der gewöhnlich steileren Aufrichtung der Jugendzellen zum Kanal gegeben. Besonders deutlich lassen sich ‚diese Verhältnisse an den Kernen von D. palmeus BARR. beobachten, dessen dünne Jugendzellen steil aufgerichtet sind, während die des erwachsenen Zustandes in bedeutend weiterem Winkel vom Kanal abstehen. Zugleich sind die Zellen des oberen Endes je jünger desto kürzer, obgleich sie schon den vollen Umfang der unmittelbar unter ihnen stehenden völlig ausgewachsenen Zellen besitzen. Eben so verhält es sich bei D. ovatus BAarR. und bei den geraden einzeiligen Formen mit anstossenden Zellen, unter denen namentlich der Jugendzu- stand von M. priodon BronN wegen seiner noch steil aufge- richteten Zellen leicht mit einem weniger kräftig entwickelten M. Becki BARR. verwechselt werden kann. Die Dimensionen, vorzüglich die Längendimensionen, wel- che das Wachsthum der Graptolithinen erreicht, bewegen sich innerhalb ziemlich weiter Grenzen, indem Diplogr. ovatus BARR. (der die relativ grösste Breite besitzt) nur einige Millimeter Länge erreicht, während z. B. Monogr. convolutus Hıs. über 30 Centim. lang vorkommt und Nereiten gefunden werden, die bei 1 Centim. Breite eine Länge von 91 Centim. besitzen, ohne roch vollständig zu sein. Hiernach müssten die breitesten bis jetzt beobachteten Exemplare (34 Millim.) eine Länge von mehr als 300 Centim. besessen haben. Aus diesen Dimensionen scheint sich zu ergeben, dass die Lebensdauer wenigstens vieler Graptolithinen, auch wenn sie nur so lange lebten, als sie wuchsen, nicht allzu kurz gewesen sein könne und die oft im eigentlichsten Sinne unzählbare Menge, in der sie die Flächen auch der dünnsten Schieferblättchen bedecken, deutet demnach nicht sowohl auf ein ephemeres Leben, als viel- mehr auf eine so unermessliche Anzahl dieser Organismen, dass in jedem Augenblicke eine grosse Menge derselben ihr Lebens- ziel erreichte, da nicht anzunehmen ist, dass bei Bildung jeder einzelnen, heute durch papierdünne Schieferblättchen repräsentirten 449 Schlammschicht eine gewaltsame Störung der Lebensbedingungen für die jedesmalige gesammte Graptolithenbevölkerung der Ge- wässer eingetreten sei. Feindselige Einflüsse von Seiten an- derer Organismen sind nicht nachzuweisen, da Reste anderer Organismen sich unter den Graptolithen nicht vorfinden. Entweder von den Bedingungen, unter denen die Fortpflan- zung geschah, oder vielleicht mehr noch von der grösseren oder geringeren Fähigkeit zu spontaner Ortsbewegung, die ja schon früher den Graptolithinen zugeschrieben worden ist, scheint die verschiedene Vertheilung abhängig zu sein, nach welcher die Formen mit anstossenden Zellen fast immer zerstreut und mit andern Arten vergesellschaftet gefunden werden, während tast alle freizelligen Arten häufig in kleineren (Diplogr. cometa GEIN., D. birastrites m.) oder grösseren (Monogr. peregrinus BARR., M. urceolus m., M. Linnaei Barr.) Gruppen beisammen lie- gen. Ganz vorzüglich M. Linnaei Barr. bildet oft unentwirr- bare Knäuel von wohl Hunderten von Individuen. Die so häufige Verlängerung der Axe über das obere Ende der Graptolithen hinaus scheint in keiner Beziehung weder zum Wachsthum noch überhaupt zu irgend einer Lebensfunktion ge- standen zu haben. Sie findet sich bei der Gattung Diplograpsus und bei einigen Arten von Monograpsus (M. colonus BARR., M. nuntius Barr.), bei diesen aber nur in sehr seltenen Fällen. Dieser Umstand, dass ein solches Verhalten der Axe bei den einzeiligen Formen, die, soweit die Beobachtung reicht, eine durchgängig dünnere Axe haben als die zweizeiligen Formen, eine Seltenheit ist, dass ferner bei letzteren die verlängerte Axe so oft gespalten, gleichsam aufgeblättert ist und dass endlich eine solche Verlängerung nie in den Kieskernen, sondern fast ohne Ausnahme nur an den völlig platten Abdrücken (s. oben) vor- kommt, giebt jedenfalls der Vermuthung wenigstens einige Berech- tigung, dass diese Blosslegung der Axe die Folge der nach dem Absterben des Polypenstockes beginnenden Auflösung sei, wobei die zuletzt gebildeten Theile des Kanals und die jüngsten Zellen als die noch am wenigsten consolidirten Theile leichter den zer- störenden Einflüssen erlagen als die härteren älteren, die sich in den Abdrücken erhalten haben. Zeits. d. d. geol,&es. V. 2. 29 450 Das allgemeine Entwickelungsprineip der Graptolithinen scheint sich in der zunehmenden Individualisirung der Polypen- stöcke wie der einzelnen Zellen auszusprechen, so dass die Ent- wickelungs- und zugleich Altersreihe mit der mehraxigen Gattung Cladograpsus begönne und durch die zweizeiligen Formen und die einzeiligen mit anstossenden Zellen hin bis zu den freizelligen Rastriten — jenen „spärlichsten Graptolithen, welche den krän- kelnden Zustand der Gattung vor ihrem gänzlichen Erlöschen bezeichnen” (GEin!TZ, Graptol. p. 32.) — reichen würde. Hier- auf gründet sich die im Folgenden beobachtete Anordnung in Aufzählung der in Thüringen vorkommenden Graptolithinen. A, Mehraxige Graptolithinen: Cladograpsus GEInNITZ. A. Mehrzeilige, 1) (2) Cl. Nereitarum n. sp. Tab. XII. Fig. 1, 1a, Ib, 2. Der Kanal der beiden aus einem Punkte entspringenden und unter äusserst stumpfem Winkel divergirenden Arme ist dünn, mehr (Fig. 2.) oder minder gekrümmt und an der Basis manchmal (Fig. 1.) auf eine kurze Erstreckung von Zellen ent- blösst. Nach dem einzigen bis jetzt aufgefundenen Steinkerne, der beiderseits aus dem dünnen Schieferblatte hervorragt (Fig. 1a. und b.) sind die Zellen frei und bilden zwei- oder, wie es fast scheinen möchte, dreizählige Gruppen, deren einzelne Zellen in aufsteigender enger Spirale übereinander stehen. Sie sind unter einem Winkel von 45 Grad zum Kanal aufgerichtet, ver- kehrtkegelförmig, glatt, rechtwinklig zum Kanal abgestutzt und am Aussenrande der Mündung etwas zugespitzt. Die gewöhn- lich vorkommenden Abdrücke (Fig. 1 c.) zeigen die vertieften Ein- drücke zweier Zellenreihen und zwischen je einem Zellenpaar eine mehr oder minder deutliche Erhabenheit. In den Nereitenschichten, selten, manchmal in Gruppen. B. Einzeilige. ?) Lophoclenium comosum RicHTEr. Zeitschr. d. d. geol. Ges. II. pag. 199. Tab. VIII. Fig. 1 bis 5. Nach Geintrz (Graptol. p. 20,) zu den Sertulariden gehörig. B, Einaxige Graptolithinen. A. Mehrzeilige. a. Axe weich: Nereograpsus GEINITZ. Nereites, Myrianites, Nemertites Mur- CHISON, EmMmons und Nemapodia Em- MONS, Nereites RıcHTeEr. 451 Nachdem zuerst BEYRIcCH (Zeitschr. I. p. 399. u. II. p. 70.) die Nereiten für Verwandte der Graptolithen erklärt hatte, sind dieselben von GEinıTZz (Graptol. p. 19.) förmlich in die Familie der Graptolithinen unter dem Gattungsnamen Nereograpsus auf- genommen worden. Wenn auch die schon von Murcnıson ab- gebildete und beschriebene Ringelung des Kanals (Tab. XII. Fig. 4), sodann die äusserste Schwierigkeit Zellenmündungen zu sehen, und endlich die nicht selten deutlich unpaare „Endschuppe” im- mer noch einige Zweifel in Bezug auf die Verwandtschaft zu den Graptolithinen veranlassen, so sind doch wieder die Aehnlich- keiten der Nereiten mit den Graptolithen so gross, dass wenig- stens vorläufig ein besserer Platz als in dieser Familie nicht wohl gefunden werden konnte. Zunächst ist die Richtung des der Beobachtung allein vor- liegenden Kanals der Art, dass zuletzt alle die mäandrischen Windungen, die namentlich als eine in derselben Ebene liegende Spirale oder am häufigsten als eine (schon von MurcHısox und Emmons abgebildete) in ihren Dimensionen anwachsende Schlan- genlinie erscheinen, sich auf eine verkehrtkegelförmig sich er- weiternde Spirale zurückführen lassen. Im ersten Falle ist die Spirale in der Richtung der Höhe, im zweiten Falle von der Seite her zusammengedrückt, wie beides auch bei Monograpsus turriculatus BARR. vorkommt. Wie bei den übrigen zweizeili- gen Graptolithinen, so scheinen auch hier die beiden Zellenreihen nicht in derselben, sondern in zwei unter sehr stumpfer Kante zusammenstossenden Ebenen zu liegen. Die alternirende Stellung der Zellen lässt sich in den meisten Fällen nachweisen, und die unpaare „Endschuppe” kann füglich als die entwickelte letzte Zelle der einen Zellenreihe betrachtet werden, hinter der die noch unentwickelte letzte Zelle der anderen Reihe verborgen bleibt. Die Zellen scheinen sehr zart und deshalb leicht zerstörbar ge- wesen zu sein, woraus vielleicht das Vorkommen ganz zellenloser, blos aus dem gewundenen Abdrucke des Kanals bestehender End- stücke oder ganzer Exemplare (Nemertites Murcnıs. uud Myria- nites Murchisoni EmMoNns) zu erklären ist. Uebrigens werden die Zellen nur selten gänzlich vermisst, indem genaue Unter- suchung meist ihre nur verwischten Spuren noch nachweist. Die Zellen sind bald länger als die Breite des Kanals (Nereites Mur- cHıS.), bald gleichbreit (Myrianites Murcnis., Nemapodia Em- MONS) und nehmen bald (vielleicht im Zustande der Ruhe?) A 452 eine zum Kanal mehr aufgerichtete, bald eine bis rechtwinklig und mehr von ihm abstehende Stellung an. In diesem letzten Falle gehen von ihren Spitzen nicht selten fadenförmige, ver schiedentlich gebogene und bis 24 Mm. lange Eindrücke aus (Tab, XII. Fig. 3.), wie sie sich auch bei ‚Monogr. testis BARR., M. Becki Baer. und M. turriculatus Bar. finden. Die Grösse, bis zu welcher die Nereiten anwuchsen, ist eine beträchtliche, indem ein vorliegendes Exemplar von N. Sedgwicki Murcaıs., dessen oberes Ende nebst einigen Mittelstücken abgebrochen ist, bei einer Breite von 1 Centim. eine Länge von 91,5 Centim. mit mehr als 400 Zellenpaaren zeigt. Das Bruchstück eines andern Exemplars hat 34 Mm. Breite. Während die übrigen Graptolithinen so häufig ihre Jugend- zustände und den Uebergang aus denselben in den erwachsenen Zustand beobachten lassen, ist eine solche Beobachtung an den thüringischen Nereiten noch nicht gelungen. Von sämmtlichen Species kommen Exemplare in den verschiedensten Grössen vor, aber nirgends zeigen die Dimensionen eines und desselben Exem- plars ein Anwachsen oder Abnehmen, sondern bleiben im Gegen- theil für die gesammte Länge eines jeden Exemplars völlig gleich. Den einzigen Anhaltpunkt giebt N. (Nemapodia) tenuissima En- mons (Taconic Syst. Tab. II. Fig. 1.), indem die Abbildung in dem dünnen und fast nicht gewundenen Anfangsstücke einen Ju- gendzustand wiederzugeben scheint, der hinreichende Analogie zu jenen der übrigen Graptolithinen darbietet. 1) N. Sedgwickt. Tab. XII. Fig.3, 4, 4a u. Zeitschr. d. d. geol. Ges. I. p. 460. Tab. VII. B Fig. 1bis5. Nereites cambrensis Mvxcaıs. Sil. Syst. p. 700. Pl. 27. Fig. 1. Nereites Sedgwicki Muxcaıs. ib. p. 700. Pl. 27. Fig. 2. Nereites Deweyi Emmons, Tacon. Syst. Pl. IV. Fig. 2. Nereites pugnus Euwoxs, ib. Pl. III. Fig. 2. Pl. IV. Fig. 4. Nereites lanceolata Emwoxs, ib. Pl.IV. Fig. 6. Nereites Loomisi Emuons. ib. Pl. III. Fig. 3. z. Th. Nereites gracilis Emwons, ib. Pl. IV. Fig. 3. z. Th. Nemertites Ollivantii Murcnis. Sil. Syst. p. 701. Pl. 27. Fig. 4. z. Th. Myrianites Murchisoni Emwons, Tacon. Syst. Pl. IV. Fig. 1. z. Th. Nereograpsus cambrensis Geiwırz, Grapt. Tab. 5. Fig. 20 bis 27. Der Kanal beschreibt eine sehr schnel! zunehmende umgekehrt- kegelförmige Schraubenlinie, die auf den Abdrücken durch Zu- sammendrückung in der Richtung der Höhe als mehr oder min- der regelmässige Spirale, durch seitliche Zusammendrückung als [2 453 schnell anwachsende Schlangenlinie erscheint. Der nur in einem einzigen Exemplare erhaltene Kanal (Fig. 4.) ist breit, schief quergefurcht, unregelmässig längsgerunzelt und beiderseits von den Zellen durch eine Furche unterschieden. Die Zellen über- treffen an Länge die Breite des Kanals um ein Ansehnliches, haben bei mehr aufgerichteter und dem Kanale genäherter Stel- lung einen breitlanzettlichen (N. pugnus Emm. und N. lunceo- lata Emm.), bei senkrechter Stellung auf dem Kanale einen stumpf- rhomboidischen Umriss und eine Längsfurchung, die in der ersten Stellung etwas schief liegt, in der zweiten zur Querstreifung wird. So weit sie nach den Abdrücken (Fig. 3.) sich reconstruiren las- sen, müssen sie an der Unter- und Aussenseite eine cylindrische, erst vom Kanal ab-, dann aber demselben wieder zugewendete Röhre enthalten haben, dagegen auf der Ober- und Innenseite bedeutend zusammengedrückt gewesen sein. Die Mündungen — wenn anders Fig. 4a hierher gehört — befinden sich an der Spitze, etwas nach aussen gewendet. Die vollkommensten Exem- plare (Fig. 3,4; Sil. Syst. Pl. 27. Fig. 1; Zeitschr. I. Tab. VII. B. Fig. 1.) sind N. cambrensis Murcn.; weniger gut erhaltene (Sil. Syst. Pl. 27. Fig. 2; Tac. Syst. Pl. IV. Fig.2; Zeitschr. 1. Tab. VII B. Fig. 3.) sind N. Sedgwicki Murcn#. und N. Deweyi Emmons; Stücke mit aufgerichteten Zellen, deren Umrisse da- durch spitz geworden sind (Taec. Syst. Pl. III. Fig. 2. Pl. IV. Fig. 4, 6.; vergl. auch Zeitschr. I Tab. VII. B. Fig. 1. und Geintrz, Graptol. Tab. V. Fig.20, 22., wo die eine Seite solche spitzere Zellen zeigt), sind N. pugnus Emm. (die knotigen Verdickungen am Ende, um derentwillen der Name gewählt zu sein scheint, finden sich auch hier nicht selten, sind aber augenscheinlich zu- fällige, nicht zu dem Petrefakt gehörige Bildungen) und N. Zan- ceolata Emm., und endlich kommen zusammengeschobene Exem- plare vor, welche die unverkennbarste Aehnlichkeit mit N. Loo- misi Emm. und N. gracilis Emm. zeigen. In den Nereitenschichten von Saalfeld bis Hämmern und von Rohrbach bis zum Kulm bei Lobenstein. 2) N. Beyrichi n.sp. Tab. XII. Fig.5. Nereites Loomisi Emmons, Tac. Syst. Pl. III. Fig. 3. z. Th. Nereites gracilis Emmons, ib. Pl. IV. Fig.3. z. Th. Der Kanal beschreibt eine enge, langsam zunehmende, um- gekehrt-konische Schraubenlinie, die Zellen übertreffen an Länge 454 die Breite des Kanals, sind noch einmal so lang als breit, stumpf zungenförmig im Umrisse, glatt und fast ganz frei. In den Nereitenschichten, sehr selten. 3) N. Mac Leayi Mvrcnıs. Myrianites Mac Leayi Murcuis., Sil. Syst. p. 700. Pl. 27. Fig. 3. Myrianites Sillimani Eunoxs, Tac. Syst. Pl.IV. Fig.5. Nereites Mac Leayi Rıcuter, Zeitschr. I. p. 461. Tab. VII. B. Fig. 6, 7. Nemertites Ollivantit Murcaıs., Sil. Syst. p. 701. Pl. 27. Fig. 4. z. Th. Myrianites Murchisoni Emmoxs, Tae. Syst. Pl. IV. Fig. 1. z. Th. Der Kanal beschreibt eine enge, langsam zunehmende, um- gekehrt-konische Schraubenlinie oder verliert sich in unregel- mässige mäandrische Verschlingungen, die Länge der rundlichen und glatten Zellen ist der Breite des Kanals gleich. Ueberall mit NV. Sedgwicki, aber weniger häufig. *) b. Axe starr. ü. Schale netzartig: Retiolites BARRANDE. Gladiolites BARRANDE. 1) AR. rete ? n. sp. Tab. XI. Fig. 6.17. Länge bis 15 Mm., Gesammtbreite zur Länge wie 1:3. Schale von einer äusserst feinen, verworren-netzförmigen Skulptur be- deckt, deren Grundlinien ziemlich senkrecht auf der Zellenaxe zu stehen scheinen. Axe sehr fein, manchmal über beide Enden des Polypenstockes hinausragend, Kanal stark, fast 0,3 der Ge- sammtbreite einnehmend. Die alternirenden Zellen liegen in ih- rer ganzen Länge aneinander, machen mit dem Kanal einen Winkel von 45 bis 50 Grad, und sind am Ende abgerundet, 2,0 bis 2,5 mal länger als breit. Die bis jetzt allein aufgefun- *) Ausser diesen Arten enthält die Gattung noch zwei amerikani- sche Arten: 4) N. (Nemapodia) tenwissima Emmoxs (Tac. Syst. Pl. II. Fig. 1.), die aber wahrscheinlich mit N. Mac Leayi Murc#. vereinigt werden muss, und die völlig unklare Form 5) N. Jacksoni Emmons (Tac. Syst. Pl. III. Fig. 1.). Die höchst ähnlichen Nereiteiden aus devonischen Schichten bei Saalfeld scheinen Pflanzenreste zu sein. Oncophorus beskidensis und Platyrhynchus problematicus GLOCKER (Nov. Act. Ac. C.L. C. N. C. XXI, II. p. 937. Tab. 73, 1.2.) wage ich nicht hierher zu ziehen. 455 denen Abdrücke deuten auf einen Organismus von äusserster Zartheit. Im Alaunschiefer. 3. Schale voll: Diplograpsus MAc Coy. Diprion BARRANDE, Petalolithus Süss. oa. Zellen anstossend. Nach der tief- und scharfeingeschnittenen Rinne, welche die Axe auf den Kernen hinterlassen hat, scheint dieselbe bandförmig gewesen zu sein und quer zwischen den Zellenreihen gelegen zu haben. 1) D. ovatus BARRANDE. Graptolitkus (Diprion) ovatus Barr’ Grapt. d. Boh. p. 63. Pl. 3. Fig. 8, 9. Petalolithus ovatus Süss. Ueb, böhm. Grapt. p. 21. Tab. 8. Fig. 3. Diplograpsus ovatus Geixitz, Graptol. p. 20. Tab. 1. Fig. 1 bis 4. Nicht Jugendzustand des D. palmeus BarRRr. (vgl. Ztschr. III. p. 563), sondern, wie auch die Kerne beweisen, eine ausge- zeichnete Art. Schale geringelt. Im Alaunschiefer. 2) D. folium HisingEr. Prionotus folium Hıs. Leth. Suec. p. 44. Tab. 35. Fig. 8. Graptolithus folium Geisıtz, Grundr. der Verst. p. 312. Graptolithus folium SCHARENBERG, Ueb. Grapt. p. 16. Fig. 13 bis 16. Diplograpsus folium Geinıtz, Graptol. p. 20.*) Sehr selten, im Alaunschiefer. 3) D. palmeus Barr. Tab. XL. Fig. 8, 9, 10. Graptolithus (Diprion) palmeus Barr., Grapt. p.59. Pl. 3. Fig. 1 bis 7. Petalolithus palmeus und P. parallelecostatus Süss. böhm. Grapt. p. 20. Tab. 8. Fig. 1, 2.; vgl. Zeitschr. Ill. p. 564. Fig. 4, 5. Diplograpsus palmeus Geınırz, Graptol. p. 21. Tab. 1. Fig: 5 bis 19. Es kommt die breite und die schmale (bis 44 Millim. lang bei 2 Millim. Breite), so wie auch die nach oben verschmälerte Varietät vor. Schale ziemlich eng geringelt, Zellen etwas ge- drückte Cylinder, oberseits flacher als unterseits. Die Höhe des Querschnitts einer Zelle verhält sich zu dessen Breite wie 1:2, diese zur Länge der ganzen Zelle wie 1:3, zur Gesammtbreite des Petrefaktes wie 1:5. D. foliolum (Zeitschr. III. p. 564) ist *) Es sind bloss die dem Verf. zugänglichen literarischen Hülfsmittel eitirt worden. Die vollständige Literatur für diese und die übrigen Species findet sich in Geısırz Graptolithen u. s. w. 456 der Jugendzustand der schmalen Varietät mit noch steil aufge- richteten Zellen. Der Jugendzustand der breiten Varietät unter- scheidet sich von D. ovatus BARR. nur durch die geraden und cylindrischen Zellen. Im Alaunschiefer, überall. 4) D. pristis Hısıner. Prionotus pristis Hıs. Leth. Suec. Suppl. p. 114. Tab. 35. Fig. 5. Graptolithus pristis Geinıtz, Grundr. p. 312. Diplograpsus pristis Geinırz, Graptol. p. 22. Tab. 1. Fig. 20 bis 24. Im Alaunschiefer. 5) D. dentatus BRONGNIART. Fucoides dentatus Broxen. Hist. d. Veg. foss. T. I. Pl. 6. Fig. 9 bis 12. Graptolithus dentatus Geiwirz, Grundr. p. 312. Graptolithus sagittarius Rıcuter, Ztschr. II. p. 201. Tab.8. Fig. 9, 10, 11, 18. 19. Diplograpsus dentatus Geinıtz, Graptol. p. 23. Tab. I. Fig. 25 bis 27. Tab. IT. Fig. 1. Ebendaselbst. 6) D. teretiusculus Hıs. Tab. XII. Fig. 11, 12,13. Prionoius teretiusculus Hıs. L. S. Suppl. Il. p. 5. Tab. 38. Fig. 4, Graptohthus teretiusculus Geıin., Grundr. p. 312. Gr. teretiusculus und Gr. personatus SCHARENBERG , Ueb. Graptol. p. 15, 16. Tab. 1. Fig. 12. Tab. 2. Fig. 17 bis 32. Diplograpsus teretiusculus Gein., Grapt. p. 26. Abdrücke häufig und meist gesellig. Ebenso die einstweilen hierher gezogenen Kerne, welche die Abbildungen wiedergeben. Fig. 11 und 12 sind wohl zunächst mit SCHARENBER& Fig. 25, 26, 30 zu vergleichen. Wofern diese Kerne nur wenig aus dem Gestein hervorragen, stellen sie zwei parallele quergeringelte Schlangenlinien dar, die durch die Rinne geschieden werden, welche die dorsale Axe hinterlassen hat. Mehr aus dem Gestein hervortretend, erscheinen sie aus alternirenden krummstabförmi- gen Stücken zusammengesetzt, deren nach aussen gewendete Spitzen mehr oder weniger spiral eingerollt sind. Ein noch weiter (0,6) entblösstes Stück (Fig. 13) ist D. personatus ScHA- RENBERG (l. c. Fig. 12a) höchst ähnlich und stellt einen Cy- linder mit alternirenden concaven Einkerbungen dar, deren obere Kanten sich abwärts senken und in Gestalt eines spiral einge- rollten Blattes die Einkerbung fast ausfüllen. Im Alaunschiefer. 457 BP- Zellen frei. 7) D. birastrites n. sp. Tab. XII. Fig. 14, 15. Bis 31 Millim. lang, die Breite zur Länge wie 1 : 23,6. Schale quergeringelt, Axe in den Abdrücken über das obere Ende weit hinausragend, Kanal sehr stark und fast die Hälfte der Gesammtbreite einnehmend. Der Fuss scheint im normalen Zustande kurz-kegelförmig zu sein, doch erscheint er oft zwei- spitzig, was aber von Quetschungen und Zerreissungen herrüh- ren dürfte, deren Spuren auch an andern Theilen solcher Exem- plare sichtbar sind. Die Zellen, an deren Basis der Kanal etwas aufgetrieben ist, sind cylindrisch, oben kaum merklich auswärts gebogen, von der halben Stärke des Kanals, fast senkrecht an diesen angelehnt und so entfernt von einander, dass die Zellen der einen Seite mit ihren Spitzen die Höhe erreichen, in welcher sich die Ansatzpunkte für die Zellen der anderen Seite befinden. Gruppenweise im Alaunschiefer. 8) D. cometa Geinıtz. Tab. X. Fig. 16, 17. Diplograpsus cometa Gein., Grapt. p. 26. Tab. 1. Fig. 28. Länge 30 Millim. und darüber, grösste Breite zur Länge wie 1:40. Der Umriss dieser zierlichen Species ist äusserst gestreckt-keilförmig und erreicht seine grösste Breite an den Mündungen der untersten Zellen ungefähr in 0,75 der Gesammt- länge, worauf dieselbe schnell wieder abnimmt. Schale eng und scharf quergeringelt, Axe sehr dünn, Kanal von geringer Stärke und nur am Fussende etwas kolbig verdickt. Ungefähr in 0,3 der Gesammtlänge sind die untersten Zellen angesetzt, von wo sie bis zu 0,75 dieser Gesammtlänge hinaufreichen. Die Ansatz- punkte, die bei den unteren Zellen sehr entfernt von einander sind, rücken nach oben immer enger zusammen. Die Zellen sind sehr dünn, cylindrisch und anfangs dem Kanal, sodann den obe- ren Zellen, die sich immer mehr verkürzen, anliegend. Noch findet sich eine gedrungenere Varietät, deren grösste Breite sich zur Länge verhält wie 1 :5,75. Eigenthümlicher Weise erschei- nen die Kerne dieser Species manchmal wellig gekräuselt, -auch wenn die daneben liegenden Kerne anderer Arten sich in völlig normalem Zustande befinden. Gruppenweise im Alaunschiefer. 458 B. Einzeilige: Monograpsus GeEInITZ. a. Zellen anstossend: Monoprion BARRANDE. 1) M. testis BARRANDE. Graptolithus testis Barr. Grapt. p. 53. Pl. 3. Fig. 19 bis 21. Gr. testis Süss, Böhm. Grapt. p. 28. Tab. 8. Fig. 7. Monograpsus testis GEın., Grapt. p. 39. Sehr selten; im Alaunschiefer. 2) M. nuntius BaRRANDE. Tab. XII. Fig, 18. Graptolithus nuntius Barr., Grapt. p. 45. Pl. 2. Fig. 6 bis 8. Monograpsus nuntius GEIn., Grapt. p. 34. Tab. 2. Fig. 8, 9, 11, 12, 13, 15, 16, 22, 23, %, 27. Kommt manchmal mit Verlängerung der Axe über die ober- sten Zellen hinaus vor. Die Kerne der Zellen stossen nicht un- mittelbar aneinander, sind quergeringelt und am Mundende fast knopfförmig verdickt (Fig. 18). In den Alaunschiefern. 3) M. colonus BARRANDE. Gr. colonus Barr. Grapt. p. 42. Pl. 2. Fig. 1 bis 5. Gr. colonus Süss, Böhm. Grapt. p. 32. Tab. 8. Fig. 8. Monogr. colonus Grin. Grapt. p. 38. Tab. 2. Fig. 33 bis 36. In den Alaunschiefern, manchmal Gruppen bildend. Auch einzeln im Kieselschiefer. 4) M. sagittarius Hısınger. Tab. XIL Fig. 19. Prionotus sagittarius Hıs. L. S. p. 114. Tab. 35. Suppl. Fig. 6. Gr. sagittarius und Gr. scalaris Gein. Grundr. p. 313. Tab. 10 Fig. 19. Gr. sagittarius Rıcuter, Zeitschr. Il. p. 201. Tab. 8. Fig. 6, 7, 8, 12. Monogr. sagittarius Gein. Grapt. p. 32. Tab. 2. Fig. 2 bis 0. Nach der Breite des Saums, mit welchem der Abdruck den dünnen Kern umgiebt, muss die Schale ziemlich diek mit sehr engen inneren Räumen gewesen sein. Die dünnen Zellenkerne sind eylindrisch und wie der Kanal entfernt quergeringelt. In den Alaunschiefern. 5) M. Nilsson! BARRANDE. Tab. XU. Fig. 20, 21. Gr. Nilssoni Barr. Grapt. p. 51. Pl. 2. Fig. 16, 17. Gr. Nilssoni Süss, Böhm. Grapt. p. 39. Monogr. Nilssoni Gem. Grapt. p. 35. Tab. 2. Fig. 7, 18 bis 20, 24, 25, 28 bis 30. Schale eng geringelt, Kanal dünn, am Ausgangspunkte jeder Zelle trichterartig verdickt, die steil aufgerichteten Zellen auf 459 der Oberseite platt und so entfernt, dass die Spitze der unteren Zelle kaum die Basis der darüberstehenden erreicht. In den Alaunschiefern, oft gesellig. 6) M. Halli BARRANDE. Gr. Halli Barr. Grapt. p. 48. Pl. 2. Fig. 12 bis 15. Monogr. Halli Gin. Grapt. p. 41. Tab. 3. Fig. 5 bis 8. Die Zellen unterseits convex, oberseits concav. Kerne glatt. In den Alaunschiefern, manchmal gesellig. 7) M. Sedgwicki PorrLock. M. Sedgwicki Gen. Grapt. p. 40. Tab. 3. Fig. 1 bis 4. In den Alaunschiefern. 8) M. Heubneri GEıNVTZ. M, Heubneri Gein. Grapt. p. 40. Tab. 3. Fig. 11. Kern glatt. Im Alaunschiefer. 9) M. priodon Bronn. Tab. XII. Fig. 22. Lomatoceras priodon Bronn, Leth. geogn. 1. p.56. Tab. 1. Fig. 13. Gr. Iudensis Murcnıs. Sil. Syst. p. 694. Pl. 26. Fig. 1, 1a. Gr, priodon Gein. Grundr. p. 312. Tab. 10. Fig. 13. Gr. priodon Barr. Grapt. p. 38. Pl. 1. Fig. 1 bis 14. Gr. priodon Süss, Böhm. Grapt. p. 25. Tab. 8. Fig. 5. Monogr. priodon Gzin. Grapt. p. 42. Tab. 3. Fig, 20 bis 25, 28 bis 30, 34. Kern glatt. In den Kieselschiefern,*) Alaunschiefern und Kalken. 10) M. Becki BarRANDE. Tab. XII. Fig. 23 bis 25. Gr. Becki Barr. Grapt. p. 50. Pl. 3. Fig. 14 bis 18. Gr. Becki Süss, Böhm. Grapt. p. 34. Tab. 9. Fig. 4. M. Becki Gein. Grapt. p. 41. Tab. 3. Fig. 12 bis 19. Die Abdrücke zeigen manchmal aus den Zellenmündungen hervortretende kurze Fäden (Fig. 23). Die immer in schiefer Richtung geringelten Kerne erscheinen unter zwei verschiedenen Formen. Einmal nämlich sind die Zellen an der Basis ansehn- lich aufgetrieben (Fig. 25) und es scheinen diese Stücke, da sie meist von den geringsten Dimensionen und oft mit dem ringel- förmigen Fusse (Zeitschr. III. p. 564 Fig. 3) versehen sind, die *) Ein ausgezeichnetes Exemplar in wahrem Lydit besitzt das Grossherz. min. Museum zu Jena. 460 Kerne von Jugendzuständen zu sein. An den grösseren, also erwachseneren Stücken sind die Zellenkerne an der Basis nur noch wenig verdickt und lagern sich eine kurze Strecke an den Kanal an, bevor sie sich umbiegen (Fig. 24). Einzelne Exem- plare zeigen aus der Ventrodorsalebene der Zelle heraustretende Zellenspitzen, die bei den grössten Stücken sich sogar schaufel- förmig verbreitern. r In den Alaunschiefern. 11) M. convolutus HiSinGEr. Prionotus convolutus Hıs. L. S. p. 114. Suppl. Tab. 35. Fig. 7. Gr. convolutus Gein. Grundr. p. 314. Tab. 10. Fig. 15. Gr. spiralis Barr. Grapt. p. 54. Pl. 3. Fig. 10 bis 13. Gr. convolutus Süss, Böhm. Grapt. p. 36. Tab. 9. Fig. 8. M. convolutus Geis. Grapt. p. 45. Tab. 4. Fig. 24, 28, 30 bis 39. 30,5 Centim. lang, obgleich Basalstück und oberes Ende fehlen. In den Kieselschiefern und Alaunschiefern. 12) M. turriculatus BARRANDE. Tab. XII. Fig. 28. Gr. turriculatus Barr. Grapt. p. 56. Pl. 4. Fig. 7 bis 11. Gr. turriculatus Süss, Böhm. Grapt. p. 38. Tab. 9. Fig. 1. M. turrieulatus Gem. Grapt. p. 47. Fuss gerade, pfriemförmig, ziemlich robust und fast noch einmal so lang als die erste Windung breit ist. In den Kieselschiefern und Alaunschiefern. 13) M. proteus BARRANDE. Gr. proteus Barr. Grapt. p. 58. Pl. 4. Fig. 12 bis 14. Gr. proteus und Gr. armatus Süss, Böhm. Grapt. p. 39. Tab. 9. Fig. 2, 3. M. proteus Geis. Grapt. p. 44. Tab. 4. Fig. 4, 6, 8 bis 18, 23, 25, 26, 27. Die Jugendzellen sind spitz-kegeiförmig, die Spitzen aber fast immer vom Gestein verdeckt (GEın. Grapt. Tab. 4. Fig. 10 bis 12, 15 bis 18, 20). Die Figuren 6, 23, 25 auf Tab. 4 bei GEInITZz Grapt. geben auch hier häufig vorkommende Formen wieder, die sich von dem ächten M. proteus BARR. durch ihr kurzes und schnell zunehmendes Basalstück und auch durch die Art der Windung, die am besten als eine sförmige beschrieben wird, unterscheiden. In den Alaunschiefern. 461 14) M. millipeda Mac Coy. Gr. proteus var. plana Barr. Grapt. p. 58. Pl. 4. Fig. 15. Gr. fale Süss, Böhm. Grapt. p. 35. Tab. 9. Fig. 10. M. millipeda Gein. Grapt. p. 43. Tab. 3. Fig. 33. Tab. 4. Fig. 1 bis 3, 9, 21, 22. Ein vorliegendes Fragment ohne Basal- und Endstück hat 7,5 Centim. Länge. Schale entfernt geringelt. Basalstück dem von M. proteus ähnlich, aber sogleich gekrümmt, Vgl. oben. In den Alaunschiefern. 15) M. pectinatus ?n. sp. Tab. XII. Fig. 26, 27. Der Kanal nimmt nach etwa einem Umgange eine mehr oder minder excentrische Richtung an. Die Zellen, die sich an der Basis berühren, sind spitzkegelförmig, manchmal leicht ge- bogen und drei- bis viermal länger als breit, so breit als der Kanal. An ihrer Spitze zeigen sich oft unbestimmte Figuren. Die breitgedrückten Exemplare aus den glatten Schiefern des Rothenbachs haben meist stumpfe Zellen und das feine sie bedeckende Kieshäutchen zerfällt in langgezogene schiefe Rhom- ben, die durch Querlinien in der Richtung der kurzen Diagonale wieder getheilt werden. Die Zellen stehen bald rechtwinkelig vom Kanal ab, bald sind sie unter 35 Grad aufgerichtet. In den Alaunschiefern. b. Zellen frei: Rastrites BARRANDE. 16) M. triangulatus HArKNESS. M. triangulatus Grin. Grapt. p. 47. Tab. 5. Fig. 1 bis 4. Kommt in den thüringischen Alaunschiefern nur mit freien, an der Spitze etwas abwärts gebogenen Zellen sowohl in Ab- drücken als in Kernen vor, 17) M. peregrinus BARRANDE. Tab. XII. Fig. 31. Gr. convolutus Gzin. Grundr. p. 314. Tab. 10. Fig. 15. Rastrites peregrinus Barr. Grapt. p. 67. Pl. 4. Fig. 6. Gr. ... Rıcuter, Zeitschr. II. p. 202. Tab. 8. Fig. 13, 14. Gr. peregrinus Süss, Böhm. Grapt. p. 44. Tab. 9. Fig. 13. M. peregrinus Geıin. Grapt. p. 48. Tab. 5. Fig.7 bis 9, 11 bis 15. Kanal hakenförmig gekrümmt, Zellen nach vorn etwas ver- dickt. In den Kieselschiefern und Alaunschiefern fast immer in Gruppen. — Die Figur 31 a. abgebildete Form, die wohl am meisten mit Figur 11c. auf Tab. 5 von GEmITZz Grapt. über- einstimmt, unterscheidet sich von dem ächten M. peregrinus 462 BArR. sehr merklich durch den im Verhältniss zu den Zellen weit stärkeren Kanal, wonach auch die Abstände der Zellen so wie die Dimensionen der Zellen überhaupt in andere Verhältnisse treten als bei jenem. 18) M. urceolus ?n. sp. Tab. XII. Fig. 29, 30. Kanal eine elliptische Schraubenlinie beschreibend, sehr dünn, an den Austrittspunkten der Zellen etwas verdickt. Die auswärts gewendeten Zellen sind 0,16 ihrer Länge von einander entfernt, rechtwinkelig oder auch unter einem Winkel bis zu 50 Grad vom Kanal abstehend, sechsmal länger als breit, am Grunde etwas verengt, dann bauchig und vor der Mündung noch- mals verengt. Der Unterrand der Mündung in eine Spitze aus- gezogen. Gesellig im Kieselschiefer und Alaunschiefer. 19) M. Linnaei BARRANDE. Rastriles Linnaei Barr. Grapt. p. 65. Pl. 4. Fig. 2 bis 4. Gr. Linnaei Süss, Böhm. Grapt. p. 42. Tab. 9. Fig. 14. M. Linnaei Gein. Grapt. p. 48. Tab. 5. Fig. 10, 16 bis 19. Kern glatt. Gesellig. Im Alaunschiefer. 20) M. spina ?n. sp. Tab. XII. Fig. 32, 33. Aus dem einfachen nach auswärts umgeknickten Fusse ent- springt die sehr feine, von einem wenig stärkeren quergerunzel- ten Kanale umgebene Axe und beschreibt eine anscheinend in der nämlichen Ebene liegende Spirale. Von den auswärts ge- wendeten Zellen sind die untersten, unter einem Winkel von 40 Grad vom Kanal abstehend, um ihre ganze Länge von ein- ander entfernt, sehr spitz kegelförmig (Fig. 33 a.). Die erwach- seneren Zellen stehen rechtwinkelig zum Kanal, sind eylindrisch, an der Spitze etwas niedergezogen, in den Kernen dornförmig und aus einer verdickten Basis entspringend (Fig. 33 b.). Auch die Zellen sind geringelt. Im Alaunschiefer. 21) M. gemmatus BARRANDE. Tab. XD. Fig. 34. Rastrites gemmatus Barr. Grapt. p. 68. Pl. 4. Fig. 5. M. gemmatus Geix. Grapt. p. 41. Bis 6,5 Centim. lang. Im Alaunschiefer. [>11 No 14. 16. 26. 463 Erklärung der Figuren auf Tafel XI. Cladograpsus Nereitarum n. sp. aus den Nereitenschichten, Ab- druck in nat. Gr., an dem der linke Arm zum Theil wegge- brochen ist. Oberhalb desselben (c.) das Fragment noch eines Abdrucks. — 1a. Ders., Steinkern von der Bauchseite, vgr. — 1b. Dasselbe Petrefakt von der Rückenseite, mit Vertiefungen an der Stelle der vorderen Zellen, vgr. — 2. Derselbe, ein ge- krümmter Arm, n. Gr. — S. 450. Bruchstück eines Nereograpsus Sedgwicki Murcnıs. aus den Nereitenschichten, Abdruck mit fadenförmigen Verlängerungen an den Zellenspitzen; n. Gr. — 4. Ders., Steinkern, n. Gr. — 4 a. Ders., Skalariform, n. Gr. — S. 452. Nereograpsus Beyrichi n. sp. aus den Nereitenschichten, Abdruck inn. Gr. — S. 459. Retiolites rete ?n. sp. aus dem Alaunschiefer, Abdruck der Rückenseite in n. Gr. — 7. Ein Theil der rechten Seite, vgr. — 8. 454. Diplograpsus palmeus Barr. aus dem Alaunschiefer, Mittelstück des Kerns vom Rücken aus mit der von der Axe hinterlasse- ner Rinne, vgr. — 9. Dasselbe von der Bauchseite.. — 10. Querschnitt, a. Rinne der dorsalen Axe, b. der Kanal, zur Rechten durch die Basis einer Zelle erweitert, c. Zellen. — S. 459. Diplograpsus teretiusculus Hıs. aus dem Alaunschiefer, Kern, n. Gr. — 12. Derselbe von der Rückenseite, vgr. — 13. Ders., 0,6 vom Gestein entblösst, Rückenseite, vgr. — S. 456. Diplograpsus birastrites n. sp. aus dem Alaunschiefer, Abdruck der Rückenseite, n. G. — 15. Ders., Kern, von der Bauchseite, vgr. — S. 457. Diplograpsus cometa Grinıtz aus dem Alaunschiefer, Abdruck der Rückenseite, n. Gr. — 17. Ders., Kern von der Bauch- seite, vgr. — 8. 457, Monograpsus nunlius Barr. aus dem Alaunschiefer, Kern, vgr. — 8. 458. Monograpsus sagittarius Hıs. aus den Alaunschiefern, Kern vom Abdruck umsäumt, vgr. — S. 458. Monograpsus Nilssoni Barr. aus den Alaunschiefern, Kern, n. Gr. — 21. Ders. mit Fuss, vgr. — 8. 458. Monograpsus priodon Bros, aus den Alaunschiefern, Kern, vgr. — 8. 459. 3 Monograpsus Bechki Barr. aus den Alaunschiefern, Abdruck mit fädlichen Verlängerungen aus den Zellenmündungen, n.Gr. — 24. Ders., Kern, erwachsen, vgr. — 25. Ders., Kern, Jugend- zustand, vgr. — 8. 459. Monograpsus pectinatus ?n. sp. aus den Alaunschiefern, Abdruck, n. Gr. — 27. Ders., einige Zellen, vgr. — S. 461. 464 Fig.28. Monograpsus turriculatus Barr. aus den Alaunschiefern, Abdruck mit fädlichen Verlängerungen, n. Gr. — S. 460. - 29. Monograpsus urceolus ?n. sp. aus den Alaunschiefern, Abdruck, n. Gr. — 30. Ders., einige Zellen, vgr. — S. 49. - 3l a. Monograpsus peregrinus Barr. Var. (rastrum R.), aus den Alaunschiefern, Abdruck, n. Gr. -— b. und c. Ders., eingerollt, n. Gr. — 8. 461. - 32. Monograpsus spina ?n. sp. aus den Alaunschiefern, Abdruck, n. Gr. — 33. Ders., Kern, vgr. — 8. 462. - 34a. Monograpsus gemmatus Barr. aus den Alaunschiefern, Abdruck, n, Gr. — b. Ders., Kern, n. Gr. — S. 462. 465 5. Conularia Hollebeni Grin. aus dem un- teren Zechstein von Ilmenau. Von Herrn Geinitz ın Dresden. Diese Art, welche durch Herrn Landjägermeister von HoLtEBEN in nur zwei Exemplaren entdeckt worden ist, ver- dient schon desshalb Aufmerksamkeit, weil sie die erste Co- nularia ist, welche in dem Zechstein aufgefunden wurde. Sie ist Jang — pyramidal, wahrscheinlich ungleichseitig, längs der Mitte der ebenen Seiten mit einer erhöhten Linie, überall aber mit flachgebogenen, scharfen und feingekörnelten Querlinien versehen. Die flachen Zwischenräume derselben sind ungefähr viermal so breit. Das abgebildete Exemplar ist die Innenseite der Schale, wobei das Erhabene der Aussenfläche vertieft und das Ver- tiefte erhaben ist. Bei « treten daher die Furchen, mit welchen zwei Pyra- Zeits. d. d. geol. Ges. V. 2. 30 466 midenflächen an einander stossen, als Leisten hervor, bei b sieht man die erhöhte Längslinie als Furche, und sämmtliche Querlinien erscheinen als feinpunktirte Furchen. Bei ce ist ein Stück der Schale ausgebrochen und man nimmt an dieser Stelle feine wellenförmig gekrümmte Längs- streifen wahr, welche die Ursache zu der körnigen Beschaf- fenheit der äusseren Querlinien sind. Wahrscheinlich gehören die Figuren 4 und Z zu dem- selben Individuum. 467 6. Ergänzende Bemerkungen und Berich- tigungen zu dem Aufsatze des Herrn Plett- ner über die Braunkohlenformation in der Mark Brandenburg. Von Herrn v. Mieleczki ın Rüdersdorf. Herr Dr. Prervner hat durch die im vierten Bande dieser Zeitschrift Seite 249 ff. niedergelegten Beobachtungen über die Braunkohlenformation in der Mark Brandenburg einen schätzenswerthen Beitrag zur Monographie dieser ter- tiären Lager geliefert. Die Litteratur wird durch dieselben in der That wesentlich bereichert, und als die erste umfas- sendere Arbeit über die Lagerungs-Verhältnisse der Braun- kohlen und Alaunthone in diesem Theile des nordöstlichen Deutschlands wird dieselbe zur Autorität. Aber gerade des- halb halte ich eine Berichtigung der Irrthümer, welche sich in den bezeichneten Aufsatz eingeschlichen haben, so wie eine Ergänzung desselben für um so nothwendiger, und andererseits für eine durch meine amtliche Stellung mir auf- erlegte Pflicht. Zur historischen Einleitung habe ich wenig hinzuzufügen. Als eine Quelle für die Geschichte des Alaun- erzbergbaues in der Mark durfte v. Hasen’s Beschreibung von Freienwalde nicht übergangen werden. Bei den Aufschluss- arbeiten auf der Grube Johanna bei Zlumberg hat man meh- rere alte, von einem ehemaligen Brunnen aus in einen festen Formsand getriebene Strecken aufgefunden, an deren wohl- erhaltenen Stössen noch die Jahreszahlen 1754 und 1804 ersichtlich waren, In einem alten Grabe bei Neuhof im Kreise West-Priegnitz (+ Meile von der Braunkohlengrube Ottilie entfernt) ist von mir neben mehreren leider zerbro- chenen, mit Asche und Knochenresten gefüllten Urnen, ein aus einer sehr festen Braunkohle gefertigter Wurfkeil (Wurf- stein?) von 6 Zoll Länge, 31 Zoll Breite und 3 Zoll Stärke 30 * b) 468 am obern nicht durchlöcherten Ende aufgefunden worden. Es dürfte dies unzweifelhaft die älteste bekannt gewordene Anwendung der Braunkohle zu technischen Zwecken sein. Der Bergbau im schwarzen Loch bei Freienwalde hat nur in den Jahren 1818 bis 1820, in welchem Zeitraum dort 44591 Tonnen Braunkohlen gewonnen worden sind, einen ununterbrochenen Fortgang gehabt. Ein Versuch, welcher ım Jahr 1839 auf Anregung des Magistrats zu Freienwalde mit Anwendung der verwitterten auf Halde lagernden Kohle zu Braunkohlen - Schlammbädern gemacht wurde, hat nur momentan zu einer höchst unbedeutenden Förderung Ver- anlassung gegeben. Das Werk hatte schon damals die Con- kurrenz sowohl mit den Steinkohlen als mit den nahe ge- legenen Lieper Torfgräbereien zu bestehen, und erlag nur allein dieser; seit dem Jahr 1846 ist das Feld der frühern Grube „schwarze Loch”, nachmals ‚„Glückauf”, in das Gru- benfeld ‚„‚Stanislaus” mit eingeschlossen worden. Die Grube Praemium constantiae bei Sireganz ist erst im Januar 1845 gemuthet und im Juli 1846 verliehen wor- den; die früheren in den Jahren 1841 bis 1843 bei Sitreganz und Gross-Eichholz vorgenommenen bergmännischen Arbeiten haben sich nur auf Bohr- und Schurfversuche beschränkt. Zu der Seite 253 gegebenen statistischen Uebersicht dürften noch die Resultate des Braunkohlen-Bergbaus für die Jahre 1851 und 1852 hinzuzufügen sein; es betrug: Quantität der ge- Zahl der dabei be- Werth der geför- förderten Kohlen schäftigten Arbeiter derten Kohlen 1851 911083 Tonnen 715 Arbeiter 109717 Thaler. 1852 9829752 - 187 - 133841 - Die politische Eintheilung zur Bezeichnung des unter- suchten Terrains zu wählen, wie die hieraus entsprungene Gliederung in fünf Gruppen, scheint mir durch nichts ge- rechtfertigt. Wenn auch eine Gliederung der Braunkohlen- formation in der Mark Brandenburg nach den bis jetzt be- kannt gewordenen Lagerungs-Verhältnissen, bei dem grossen zur Zeit noch unerforschten Terrain, mit nicht unerheblichen 469 Schwierigkeiten verbunden sein mag, so erscheint mir die- selbe dennoch als die einzig naturgemässe, daher ich auch in den nachfolgenden Bemerkungen die von Dr. PL£errxeEr vor- gezeichnete Bahn im Allgemeinen verlassen habe und es später versuchen werde, ohne Rücksicht auf die Verbreitung der Gruben und auf die politischen Grenzen, allein auf die Glie- derung und die Lagerungsverhältnisse des Braunkohlenge- birges in der Mark und den angrenzenden Landestheilen eine anderweite Gruppirung zu basiren. Die letztere hier vorläufig noch ausser Betracht lassend und der von Dr. Prerr- NER beobachteten Reihenfolge der leichteren Uebersicht und Vergleichung wegen mich anschliessend, gehe ich nunmehr zu den einzelnen Gruben selbst, jedoch nur so weit mir die- selben aus eigner Anschauung bekannt sind, über. In dem ehemaligen und seit 1815 der Krone Preussen zugefallenen Markgrafenthum Nieder-Lausitz ist seit un- gefähr 4 Jahren ein nicht unbedeutender Bergbau auf Braun- kohlen rege geworden, welchen Dr. PLerrner in seinem Aufsatz nur ganz beiläufig berührt, dessen Wichtigkeit aber, wie die progressive Zunahme desselben aus nachstehender Zusammenstellung erhellen wird. Es sind nämlich, jedoch mit Ausschluss der Gruben bei Muskau und Guben, gefördert worden: im Jahr 1849 = 5430 Tonnen auf 2 Gruben = 3185002018872 - -nl2 a ==, 1851 0= 19623 - - 6 - = 0418524 32582; - - 8 - überhaupt also 66507 Tonnen, so weit die Angaben der zum grösseren Theile auf eigenem Grund uud Boden bauenden Unternehmer für richtig angenommen werden müssen. j Was die Braunkohlen- und Alaunthongruben bei AYus- kau betrifft, so scheint dem Dr. Prerrner die Analyse des Oberhüttenamts- Assessor KErsSTEn in Erpmann’s Journal für technische Chemie, Band 13. Leipzig 1832, so wie der in demselben Bande abgedruckte Aufsatz von Lampapivs: 470 Erfahrungen und Vorschläge betreffend die Vervollkommnuns der Alaunbereitung, vorzüglich aus braunkohligen Alaunerden, in welchem das Alaunerde- Vorkommen bei Siehda in’ der Oberlausitz mit dem Muskauer verglichen wird, ganz unbe- kannt geblieben zu sein. Kersten hat „braunkohliges Alaun- erz” vom Herrmannschacht mit überwiegendem Bitumenge- halt, „Alaunerz” von Glückanfang mit einem sehr bedeu- tenden Gehalt an Kieselerde, Eisenoxyd, Thonerde und Schwefel und endlich „Erz” vom Blücherschacht mit auf- fallend geringen Mengen von Eisenoxyd und Thonerde ana- lysirt. Bei dem Dorfe Schönborn, + Meile südwestlich von Dobrilugk, Kreis Luckau, ist schon vor fünf Jahren ein Berg- bau (Tagebau) auf einem 15 Fuss mächtigen Flöz umge- gangen, seit zwei Jahren aber bereits zum Erliegen gekom- men und soll erst jetzt wieder durch eine Aschersleber Ge- werkschaft von Neuem aufgenommen werden. Es tritt die Formation hier an dem westlichen sehr quellreichen Gehänge eines Plateaus auf, welches sich östlich des Dorfes Schönborn mit nur ungefähr 8 Grad Ansteigen erhebt, im Ganzen aber wohl kaum einen grössern Flächenraum als 500 Quadrat- Ruthen einnehmen dürfte, An dem gedachten West-Abhang entspringt ungefähr in 16 bis 20 Fuss Höhe über der Thal- schle eine Quelle, der Schönborn genannt, welche sich in geringer Entfernung von ihrem Ursprung mit andern auf demselben Plateau entspringenden Quellen vereinigt, und schon in unmittelbarer Nähe des Dorfes Schönborn als ein Bach mit starkem Gefälle mehrere Mühlen treibt. Es haben diese Quellen wohl sämmtlich ihren Ursprung in den Jüngern Sandschichten, welche von weisser, grauer, auch eisenschüssi- ger Färbung und mittlerem Korn, das unmittelbare Hangende des dort auftretenden Braunkohlen-Flözes bilden. Sehr häu- fig reisst die erstgedachte Quelle, — der Schönborn — ein- zelne Braunkohlenstücke mit sich fort, und führt sie in die Ebene, was hier zuerst zu den weitern bergmännischen For- schungen und Untersuchungen Veranlassung gegeben hat. — [2 471 Das nur einen Lachter mächtige, aus dem vorbezeichneten Di- luvialsand bestehende Dachgebirge hat die Anlegung eines Tagebaues gestattet. Die Kohle ist wenig stückreich, fast mild, besitzt aber vorzügliche Brennkraft. Die Lagerung ist fach muldenförmig, jedoch scheinen die einzelnen Mul- den nur von geringer Ausdehnung zu sein. Die Hauptquelle ward in ein Gefluder gefasst, und so durch den Tagebau nach einem oifnen und tiefen Röschengraben geleitet. Der Bau selbst wurde durch einfache Pumpen zu Sumpfe ge- halten. Unter einem Wiesenplan — Blotta genannt — unfern des Dorfes Gohra, 14 Meile von der Stadt Finsterwalde ent- fernt, Kreis Luckau, baut seit dem Jahr 1851 die Grube Louise auf einem 6 Fuss mächtigen Kohlenflöz unter einer Decke von nur 3 Fuss Diluvialsand von gelblicher Farbe und wenig Glimmergehalt, fast reinem aber grobkörnigem Quarzsand. Es hat demgemäss hier ein Tagebau etablirt werden können, welcher jedoch bei der niedrigen sumpfigen Lage des Ter- rains mit bedeutenden Wasserzuflüssen zu kämpfen hat. Das Flöz fällt mit 3 Grad gegen Osten ein, und wird durch einen sehr kalkhaltigen gelblich-grauen Thon unterteuft. Die Kohle ist stückreich, und enthält sehr viel bituminöses Holz als Einschluss. Am westlichen Fuss des sich von Costebreu nach Gohra in nordwestlicher Richtung erstreckenden Höhenzuges, circa 500 Lachter von der zuletzt erwähnten Georgischen Grube entfernt, baut ein gewisser Fr. Gıeno auf seinem in den Treza-Wiesen gelegenen Grundstück am Ausgehenden des- selben, hier jedoch nur 34 Fuss mächtigen Braunkohlenflözes. Die Kohle ist stückreich, enthält bedeutende Lagen bitumi- nösen Holzes, und hat bei fast ganz horizontaler Lagerung als Liegendes gleichfalls einen kalkhaltigen gelblich-grauen Thon, welcher in westlicher Richtung an Mächtigkeit zu- nimmt, und schon bei 25 Lachter Entfernung von gegenwär- tisem Tagebau das Flöz gänzlich veıdrückt. Das Hangende. besteht aus gelblichem grobkörnigem Diluvialsand (Quarzsand.) 472 In 200 Lachter südöstlicher Entfernung von der Seeliseh- Mühle unweit des Dorfes Costebrau, Kreis Kalau, an dem- selben vorstehend bezeichneten Höhenzuge tritt ein 6 Fuss mächtiges, mit nördlichem Einfallen in Stunde 2 streichendes Braunkohlenflöz zu Tage, auf welchem bereits seit dem Jahr 1849 Betrieb stattfindet. Hangendes und Liegendes wird durch einen fetten graublauen Thon gebildet, welcher jedoch im Hangenden bei 5 Lachter Mächtigkeit mehr sandig ist, und zuletzt fast unmerklich in einen jüngern sandigen Lehm übergeht. Die Koble ist fest und stückreich, und zeich- net sich durch den fast gänzlichen Mangel an bituminösem Holz aus. Im Grünhauser Forstrevier bei Coszebrau sollen bereits im zweiten Decennium dieses Jahrhunderts Versuche auf Braunkohle stattgefunden haben, ein regelmässiger Betrieb ist dort jedoch erst durch die Königliche Forstverwaltung, und zwar seit dem Jahr 185i eingerichtet. An der südlichen sehr quellreichen Abdachung eines von Nordost nach Südwest sich erstreckenden schmalen Höhen- zuges in einem behufs Speisung des Lauchhammer Hütten- teichs ziemlich stark abfallenden, künstlich erweiterten Thal- Einschnitt, im Jagen Nr. 30 des Königlich Grünhauser Forst- reviers wurde unternur 5 bis 6 Fuss Deckgebirge ein $bis 9 Fuss mächtiges Braunkohlenlager von vorzüglicher Beschaffenheit aufgefunden. Es streicht in Stunde 3 und fällt mit 20 bis 25 Grad gegen Südost ein. Unmittelbar über dem Flöz liegt eine 1 Fuss mächtige Schicht schr wasserreichen, braunen, sandigen Koh- lenlettens, welche nach dem Hangenden zu in einen jüngern dunkelgrauen Thon überzugehen scheint, anderseits aber wie- der durch ein 6 bis 7 Fuss mächtiges Lager scharfen grob- körnigen Sandes bedeckt wird. Letzterer enthält eine grosse Menge abgerundeter Kiesel von milchweisser Farbe und von Haselnussgrösse. Das Liegende des Flözes bildet ein sehr fetter quellender Thon von hellerauer Färbung. Die Kohle selbst ist stückreich, von vorzüglicher Brenn- kraft und fast ganz frei von bituminösemn Holz, dagegen findet [ 473 sich auf den Schichtungs- und Kluftflächen viel Schwefel- kies eingesprengt. Ein in eirca 20 Minuten nordwestlicher Entfernung von dem vorgedachten Tagebau ausgehendes, + bis 1 Lachter mächtiges Braunkohlenflöz von ganz milder Beschaffenheit unter 10 bis 15 Fuss Abraum zeichnet sich dagegen durch seinen Reichthum an bituminösen Hölzern aus. Die frühere Annahme, dass hier 3 verschiedene mulden- förmig abgelagerte Flöze von resp. 9 Fuss, 14 und 24 Lach- ter Mächtigkeit vorhanden seien, dessen drittes oder unter- stes Flöz, als ziemlich in der Mitte der Thalsohle auftretend, bei sehr steilem Einfallen des Südostflügels nur 2 bis 3 Fuss Dachgebirge über sich habe, dürfte durch die spätern Auf- schlüsse widerlegt und nur Folge der wellenförmigen Abla- gerung sein, deren flache Sättel oder Erhebungen wegge- waschen erscheinen. Während das Einfallen der Süd- und Südostflügel wie gesagt ein sehr steiles ist, und von 35 bis 50 Grad variüirt, senken sich die Nordflügel der kleinen partiel- len Mulden nur mit 5 bis 8 Grad ein. Der allgemeine Cha- rakter der Formation in dem Grünhauser Forst ist aber der eines mehrfach eingedrückten Sattels, dessen Sattellinie un- gefähr von Südwest nach Nordost streicht, also parallel mit dem Streichen des Thal-Einschnitts, während die Spitze des Sattels in dem Endpunkt des letzteren zu suchen sein würde. Im Jagen 23 desselben Forst-Reviers, circa 100 Lachter nördlich von Lerack’s Mühle, geht ein stückreiches Braun- kohlenflöz von vorzüglicher Beschaffenheit zu Tage, auf welchem ein Tagebau mit Vortheil etablirt werden kann; es ist dasselbe jedoch bis dahin noch nicht näher untersucht. Alles dies deutet aber auf eine weite Verbreitung der Braun- kohlenformation in dem Grünhauser Forst. f Der Braunkohlen-Bergbau des MıcnaeLıs bei Zauch- hammer auf dem Grundstück des Müller Pırem unfern der Kunschmühle ruht bereits seit längerer Zeit, und war dem- gemäss einer speciellern Untersuchung nicht zugänglich. Dasselbe gilt auch von dem seit Jahr und Tag sistirten 474 Betrieb bei Suerchen unfern Senftenberg, Kreis Kalau, wo ein Müller Ep. Lıeske kurze Zeit hindurch Braunkohlen gefördert hat. Die Grube Marie bei Zuchwäldchen, Kreis Kalau, baut aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem obern, 54 Fuss mäch- tigen Braunkohlenflöz einer hier circa 60 Lachter hrei- ten, zwischen den Schichten Minna und Olga flach abge- lagerten Flözmulde. Es streicht die letztere hor. 6, ist aber in ihrer Ausdehnung nach dieser Richtung noch nicht vollständig untersucht worden. Nimmt man an, dass der Schacht Olga im Muldentiefsten steht, so würde das in Rede stehende Flöz hier nur bis 27- Fuss Teufe unter Tage niedersetzen. Durch den Betrieb einer Rösche sind im Lie- genden des obern Flözes in querschlägiger Entfernung von resp. 6 und 15+ Fuss noch zwei schwache Kohlenflözchen von nur 1, resp. 2 Fuss Mächtigkeit überfahren worden, deren Zwischenmittel aus einem glimmerreichen aber scharfen grauen Sande besteht. Das Hangendste des obern Flözes wird durch einen sehr quellenden, daher auch adruckhaften blauen Thon gebildet, welcher viel Schwefelkies- Nieren in den mannigfachsten traubenförmig stalactitischen Gestalten enthält. Das Liegende ist ein sehr wasserreicher schwimmender Sand von hellgrauer Färbung. Die Kohle an sich ist fest und stückreich. In circa 20 Lachter westlicher Entfernung von der Stadt Spremberg, und nur 500 Lachter vom westlichen Spreeufer entfernt ward schon im Jahr 1844 ein Schacht am Aus- gehenden eines Braunkohlenflözes angesetzt, und durch drei Flöze mit 30 Fuss Tiefe bis auf das Liegende des dritten Flözes niedergebracht, hiermit aber auch der Wasserspiegel erreicht. Die Flöze fielen mit 45 Grad gegen Südost ein, und streichen in Stunde 8. Im ersten oder obersten Flöz ist 25 Lachter nach beiden Weltgegenden streichend aufge- fahren, und der hierdurch vorgerichtete Pfeiler vollständig abgebaut worden. Im Jahr 1849 ward durch den gegenwär- tigen Besitzer Bucnuuerz in 25 Lachter nordöstlichem Ab- 475 stande von dem vorerwähnten alten, inzwischen verbrochenen Schacht ein neuer Schacht bis auf den Wasserspiegel abge- teuft, das unterste Flöz jedoch nur erst bis auf 3 Fuss Mächtigkeit durchbrochen. Von der Sohle des Schachts aus hat man die beiden obern Flöze querschlägig untersucht, und das erste Flöz 4 Lachter mächtig, sehr stückreich, aber viel bituminöses Holz enthaltend, das zweite Flöz da- gegen 1 Lachter mächtig befunden. Jedoch ist dasselbe mild, sehr arm an Stücken, aber gleichfalls reich an bitumi- nösem Holz. Beide obern Flöze werden nur durch eine + Lachter mächtige Thonschicht getrennt. Eine gleiche Thon- schicht aber von 2; Lachter Mächtigkeit, bildet auch das Mittel zwischen dem zweiten und dritten Flöz. Die Mäch- tigkeit des dritten Flözes ist noch nicht bekannt; da die Kohle desselben gleichfalls nur mild ist, so hat sich der bis- herige Betrieb nur auf das erste Flöz beschränkt. Dicht hinter Zrahnitz im Cottbusser Kreise treten zu beiden Seiten der nach Muskau führenden Chaussee gelblich graue Thone und Diluvial-Lehm in grösserer Verbreitung und Ausdehnung auf; das Terrain nimmt gleichzeitig einen mehr wellenförmigen Charakter an, wird flachhügelig und geht endlich bei BoAsdorf und Klein-Kölzig in einen voll- ständig ausgebildeten Höhenzug über, welcher letztere die Kohlenlager birgt, die auf den Feldmarken von Bohsdorf, Klein-Kölzig, Döbern und Friedrichshayn seit längerer Zeit bebaut werden. Ganz besonders charakteristisch für diese Gegend sind die tiefen und schmalen, rinnenförmigen, fast stets mit Wasser gefüllten Thal-Einschnitte, welche als solche natürliche Reservoire für die dort seit Kurzem ins Leben serufenen Berieselungs-Arbeiten bilden. Die gedachte Chaussee durchschneidet diesen Höhenzug rechtwinklig. Zwischen Reuten, Bohsdorf und Döbern zeigen diese Parallel-Thäler constant die Richtung von Nord nach Süd, welche mit bogenförmiger Krümmung bei Krauschwitz fast vollständig in Stunde 6 übergeht; und indem diese Schluchten bei Muskau durch den Neissestrom gleichfalls fast rechtwinklig durchbrochen werden, verflächen sich endlich diese Rinnen in der Richtung nach Qwalsdorf, also von Süd- west nach Nordost ganz allmälig. Die Sohle dieser Thäler wird fast überall durch mächtige Thonlager von graublauer Farbe gebildet, welche dem Wasser keinen Durchlass gestat- ten. Ueberhaupt ist es eigenthümlich, dass mit der Grenze des Cottbusser Kreises, welcher letztere durch seine bedeu- tenden Raseneisenerz- Ablagerungen genugsam bekannt ist, das Auftreten der Braunkohlenformation aufhört; während im ganzen Cottbuser Kreise kein einziger der vielen zur Auf- suchung von Braunkohlen unternommenen Versuche zu einem günstigen Resultat geführt hat, tritt die bezeichnete Forma- tion unmittelbar an der Grenze zwischen den Kreisen Cott- bus, Spremberg und Sorau vollständig ausgebildet und ent- wickelt auf. Bei Bohsdorf nun ist auf einem durchschnittlich 8 Fuss mächtigen Braunkohlenflöz seit 3 Jahren ein bedeutender Bergbau rege geworden. Am nordwestlichen Abhang des gedachten Höhenzuges kommt eine Quelle zu Tage, welche auch hier, wie bei Costebrau, kleine Kohlenstückehen mit sich führte, und hierdurch die erste Veranlassung zu dem Auf- finden des bezeichneten Kohlenlagers wie zu den auf sel- bigem betriebenen Bauen gab. Die Gesammt-Mächtigkeit des Flözes kennt man noch nicht, da es nur erst bis auf den Wasserspiegel verfolgt und untersucht wurde, jedoch will man dasselbe in einem Bohr- loch 9 Lachter mächtig befunden haben. Es streicht dasselbe von Nordwest nach Südost, also der Hauptrichtung des Hö- henzuges folgend. Die Kohle ist äusserst stückreich, dürfte 75 pCt. Stücke geben, im Uebrigen von blättrigem Gefüge und reich an Einschlüssen bituminösen Holzes. Am Hangen- den und Liegenden ist die Kohle von grösserer Festigkeit als in der Mitte, wo ein Streifen milder Kohle das Flöz gleichsam in zwei Bänke theilt. Das Einfallen ist im All- gemeinen zwischen 25 bis 45 Grad, jedoch kommen sattel- förmige Erhebungen häufig vor, welche letztere wohl auch . 477 zu der gewiss irrigen Annahme geführt haben, dass hier zwei Flöze mit ppt. 80 bis 90 Lachter querschlägiger Ent- fernung von einander auftreten. Unmittelbar über dem Flöz befindet sich eine Lage eines ganz eigenthümlichen, eisenschüssigen, gelb und roth geflamm- ten Thones, welcher in der Grube vollständig den Charak- ter von Kohlenasche hat, und nur erst unter dem Einfluss der Atmosphärilien eine schmierige und fette Beschaffenheit annimmt. Es würde näher zu untersuchen sein, ob diese Masse eine Folge des Contakts zwischen Kohle und Letten, oder aber Folge partieller Entzündung der oberen Kohlen- schichten ist. Ueber dieser Schicht liegt 4 Fuss fetter blauer Thon, welcher bis zu Tage durch jüngeren Diluvialsand be- deckt wird, dessen Mächtigkeit von 2 bis 3 Lachter vartırt. Die Kohle brennt sehr hell, flüchtig, und erzeugt daher eine weniger intensive Hitze als die Kohle von den Fürstenwal- der und Frankfurter Gruben. Das Liegende des Flözes soll dem Bohrregister nach gleichfalls ein blaugrauer Thon sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach auf demselben Flözzuge und in nordwestlichem Fortstreichen des mehrbezeichneten Höhenzuges baut seit 1+ Jahren der Besitzer des Guts Xlein- Kölzig. Streichen, Fallwinkel und Mächtiskeit, so wie die begleitenden hangenden und liegenden Schichten sind durch- aus dieselben wie auf der Bohsdorfer Grube. Ebenso ist die Kohle von ganz gleicher mineralogischer Beschaffenheit, nur weniger stückreich und blos 12 bis 14 Fuss unter Tage auf- geschlossen. Hier scheint die Formation in ihrem nordwest- lichen Fortstreichen eine Störung oder Unterbrechung erlitten zu haben, da unfern davon bei Sarcken mit vielfältigen Bohrversuchen nur Kohlenletten und Formsand in geringer Mächtigkeit erbohrt, eine bauwürdige Kohlenlagerstätte bis jetzt aber nicht aufgefunden worden ist, und schneidet die Formation, wie schon bemerkt, gleichsam mit der Cottbuser Kreisgrenze ab. Auf demselben Höhenzuge und zwar im südöstlichen 478 streichen desselben in nur + Stunde südöstlicher Entfernung vom Dorfe Friedrichshayn findet Grubenbetrieb statt. Das Flöz ist, soweit dasselbe bis auf den Wasserspie- gel durchsunken, 3% Lachter mächtig befunden worden; als unmittelbares Hangendes findet sich blaugrauer Thon, darüber gelblich-weisser grobkörniger Diluvialsand. Die Gesammt- mächtigkeit des Flözes soll nach den Bohrregistern 9 Lach- ter betragen. Es füllt dasselbe mit 45 Grad gegen Osten und streicht hor. 12. Die Kohle ist von gleicher Beschaffenheit wie die von BoAsdorf und Klein-Kölzig, jedoch ist bei Fried- richskayn die liegendste Bank die festeste und stückreichste. Nordöstlich von der eben bezeichneten Grube, gleichfalls auf demselben Höhenzuge ist beim Dorfe Döbern ein Koh- lenlöz mit 7 Lachter Mächtigkeit durchbrochen worden. Es streicht dasselbe hor. 12 und fällt mit 60 Grad gegen Osten ein. Als unmittelbares Hangendes tritt ein grauer sandiger Thon auf. Am Hangenden wird die Kohle sehr mild, und ist gänzlich frei von Einschlüssen bituminösen Holzes. Es werden die Gruben bei Dödern und Friedrichs- hayn jedoch nur periodisch betrieben. Die Bohr- und Schürfversuche an der Strasse von Soraz nach Kunzendorf, welche beim Gasthof zum Rautenkranz im Jahr 1845 durch eine Waldenburger Gewerkschaft unter- nommen wurden, haben bis jetzt eben so wenig zu einem lohnenden Resultat geführt als die gleichen Versuche im Königlichen Sorauer Forst-Reviere im sogenannten Höllen- graben, und bei Göhren unfern Sommerfeld. Hiermit will ich über die Braunkohlengruben in der Nieder-Lausitz schliessen, und werde die den Uebergang zu der eigentlich märkischen Braunkohlenformation bildenden Gruben bei Guber, Germersdorf, Schöneiche und Neuzelle, so wie die Märkischen Gruben im Speciellen in einer späteren Fortsetzung dieser Bemerkungen behandeln, dann auch eine Vergleichung versuchen zwischen den Lagerungs- Verhält- nissen auf den Nieder-Lausitzer und den Märkischen Gru- ben, welche mir wesentlich verschieden erscheinen. 479 7. Die Erdbeben in der Rheingegend vom 18. Februar 1853. Von Herrn Nöggerath ın Bonn. Für die Geschichte unseres Planeten ist jede nähere Aufzeichnung eines Erdbebens mit der Angabe seines Er- schütterungskreises und der dabei vorgekommenen Phänomene von Interesse. Solche Bemerkungen können selbst oft erst später einen besonderen Werth erlangen, wenn sich aus er- neuerten Erscheinungen derselben Art herausstellt, dass ge- wisse Gebiete der Erdoberfläche von denselben Centralpunk- ten ausgehend in gleichen, grössern oder kleinern Erschütte- rungskreisen verhältnissmässig öfters von Erdbeben betroffen werden. Diese und ähnliche wissenschaftliche Rücksichten haben mich daher auch veranlasst, alle Erdbeben, welche die preussischen Provinzen vom Rhein und von Westphalen seit fast drei Decennien betroffen haben, in so weit näher zu be- schreiben, als ich darüber Nachrichten zu sammeln im Stande war. Meine Aufsätze und Notizen über solche Ereignisse sind niedergelegt in SCHWEIGGER’s und SCHWEIGGER-SEIDEL’S Journal für Chemie und Physik, vorzüglich aber in Kar- sten’s und v. Dzcuen’s Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde, und in einer von mir herausge- gebenen besonderen Schrift unter dem Titel: „Das Erdbeben vom 29. Juli 1846 im Rheingebiet und den benachbarten Ländern, beschrieben und in seinen physikalischen Verhält- nissen untersucht.” (Donz, 1847). Jene Aufzeichnungen haben unter Anderm schon früher das Resultat ergeben, dass am Laacher See und in seinen Umgebungen öfters in nahe zusammenfallenden Zeiten schwache Erdbeben vorkommen, deren Erschütterungskreise sich ziemlich decken. Auch jetzt habe ich Nachrichten von ebenfalls schwachen sehr lokalen ,„ Erdbeben zu geben, welche sich örtlich in einer interessanten 450 Weise an das Oentral-Gebiet des ausgedehnten Erdbebens vom 29. Juli 1846 anschliessen. Es sind dieses die Erdbeben vom 18. Februar 1853, welche sich über einen kleinen Theil der Rheingegend ver- breitet haben. Die Nachrichten darüber sind von der Kö- niglichen Regierung zu Coblenz und von den Herzoglich Nas- sauischen Lokal-Behörden gesammelt und vor Ersterer dem Königlichen Ober-Berg-Amte zu Borr auf Ersuchen mitge- theilt worden. Aus den Akten dieser Behörde entnehme ich dieselben. Es ist zu bedauern, dass sie in mancher Bezie- hung nicht vollständiger sind. Die Erdbeben vom 18. Februar 1853 sind vorzüglich in drei Intervallen in ‚S7. @oar beobachtet worden. Die Zei- ten sind nur ziemlich rund nach der dortigen Postuhr ange- geben: Die erste Bebung Morgens zwischen 5; und 55 Uhr, die zweite Vormittags 10% Uhr und die dritte Vormittags 5 Minuten vor 11 Uhr.*) Die Dauer wird angegeben von der ersten etwa 5, von der zweiten 2 und von der dritten 6 Sekunden. Ausserdem ist in Dacherach in der vorherge- gangenen Nacht vom 17. auf den 18. Februar bald vor 12 Uhr ein Stoss verspürt worden. Von den drei Bebungen am 18. Februar ist in SZ. Goar die erste die stärkste gewesen, die zweite war weniger hef- tig, aber mehr schwingend, und die dritte die unbedeutendste. Die Stösse haben sich durchgängig durch Fenstergeklirre und durch das Beben der Thüren bemerklich gemacht. Im Freien hat man ein Getöse, wie vom Uebereinanderschütten von Steingerölle, oder wie das Rasseln eines Wagens über das Pflaster zu hören geglaubt. Ein Schiffer, welcher mit dem Nachen auf dem Rheine war, will ebenfalls ein Getöse verspürt haben, so dass er Furcht bekommen, sein Schiffchen möge untergehen. Auch auf dem Rheine hat man die erste Bebung bei Aa- *) Eine von den beiden letzten so nahe zusammenfallenden Zeit- angaben dürfte unrichtig sein, da nach allen übrigen Nachrichten die dritte Bebung am Nachmittage um 2 oder 3 Uhr vorgekommen ist. 481 pellen (Kreis Coblenz) auf dem Dampfboote Hermann”, welches zu Berg fuhr, wahrgenommen. Niedergondershausen (Kreis St. Goar) ist auf der linken Rheinseite der letzte Ort nach Westen hin, wo man die Be- bung, angeblich nur des Morgens um 5; Uhr, bemerkt hat. Man hörte hier in einem Hause ein rollenartiges Donnern und verspürte ein Schwanken des Hauses. Nach Süden hin hat man die Bebungen besonders in Bacherach wahrgenommen, und zwar die erste des Morgens gegen 6 Uhr und die zweite 12 Minuten vor 11 Uhr; von einer dritten Bebung ist aus Zacherach nicht die Rede. Die Hausbewohner, besonders in den dem Rheine nahe liegenden Gebäuden, wähnten bei der zweiten Bebung ein Verrücken schwerer Möbel in den oberen Räumen oder das Einfallen von Schornsteinen zu hören und hielten sich unwillkürlich an den Stühlen fest. Die letzte Spur der Bebungen auf der linken Rheinseite nach Süden hin wird von Niederheimbach, ohne nähere Zeit- angabe, berichtet. Aus dem Herzogthum Nassau liegen folgende Nach- richten vor: Kreisamt Rüdesheim. In diesem sind die Bebungen an folgenden Orten bemerkt worden: Aurl (angeblich nur um 44 Uhr Vormittags), Bornig (drei Bebungen, angeblich Mor- gens 6 Uhr, dann und zwar am stärksten Vormittags zwischen 40 und 11 Uhr, endlich Nachmittags 3 Uhr), Caub (zwei Bebungen: 6 Uhr Morgens, 104 Uhr Vormittags, ‘auch in den bei Caub gelegenen unterirdischen Schiefergruben, na- mentlich in der ‚Josephine” und hier angeblich mit einem donnerähnlichen Getöse), Dorscheid (zwei Bebungen nur 30 Minuten von einander, aber ohne nähere Angabe), Zau- tert (um 10 Uhr Vormittags, angeblich einem heftigen Schlag gleich), Lipporn (zwei Bebungen: zwischen 5 und 6 Uhr Morgens und zwischen 44 und 12 Uhr Mittags; die zweite die stärkere), Niederwallmenach (angeblich 5 Uhr Morgens - und 10 Uhr Vormittags), Nochern (kaum merkliche Spur), Zeits. d.d. geol. Ges. V. 2. 31 482 Oberwallmenach (drei Erschütterungen ohne Zeitangaben), Reichenberg (zwei Bebungen angeblich 5 Uhr und 10 Uhr Morgens), Zfteizenhain (zwei Bebungen, 6 Uhr und 11 Uhr Morgens, die zweite die stärkste), Ztettershain (drei Bebun- gen, 55 Uhr und 10 Uhr Morgens, dann Nachmittags 2 Uhr, die zweite am stärksten), SZ. Goarshausen (undeutliche Wahr- nehmungen), Struth (zwei Bebungen, Morgens 5 Uhr und 4104 Uhr), Weisel (die Zeit ist nicht bestimmt), Weyer (des- gleichen). Wellmich (eine Bebung angegeben um 10 Uhr, und ist dabei ein donnerähnliches Getöse in dem Sachsen- hauser Bergwerk vernommen worden), Welterod (zwei Be- bungen, eine um 6 Uhr, die andere ohne nähere Zeitangabe Vormittags und von einem donnerähnlichen Getöse begleitet), Hallgarten und Mittelheim (ohne Stunde, in der Thoneisen- steingrube „Jägerhorn” hat man auch einen schwachen Erdstoss verspürt), Zspenschied (zwei Bebungen, 6 Uhr und 105 Uhr Morgens, der zweite so stark, dass Möbel in den Zimmern schwankten ), Zorch (ohne nähere Zeitangaben ), Lorchhausen (drei Bebungen, 6 und 10 Uhr Morgens und 2 Uhr Nachmittags; in dem Theile des Dorfs, welcher sich in ein Seitenthal erstreckt, wurden sie stärker wahrgenom- men als am Rheine). Kreisamt Wiesbaden. Ganz isolirt steht eine Wahr- nehmung des Herrn Schulrath Mütter, der in Wiesbaden eine Bebung bemerkt hat. Kreisamt Nassau. Aus diesem wird nur angeführt, dass der Verwalter der Blei-, Silber- und Kupfererzgrube „Fried- richseegen” einige Tage nach dem 18. Februar im obern Stollen eine Senkung von Gebirgsschichten an Lettenklüften wahrgenommen habe, wodurch zugleich der Letten hervor- gequetscht wäre. Der Causalzusammenhang mit dem Erd- beben ist indess problematisch, da in dem ganzen Kreisamte keine Erschütterungen verspürt worden sind. So viel geht aus diesen Mittheilungen hervor, dass die Bebungen dreimal am 18. Februar vorgekommen sein müs- sen. Die Zeitangaben stimmen allerdings wenig genau über- 483 ein, was aber auf dem platten Lande sehr erklärlich ist. Dass nicht überall drei Bebungen angegeben werden, dürfte theils durch die geringen Kraftäusserungen derselben, theils aber auch aus Mangel an Aufmerksamkeit zu erklären sein. Bei so unbestimmten Zeitangaben und bei der grossen Be- schränktheit des ganzen Erschütterungskreises kann natürlich nicht die Rede davon sein, die Art der Verbreitung der Be- bungen und die Geschwindigkeit ihrer Fortpflanzung berech- nen zu wollen. Trägt man aber die Punkte im Herzogthum Nassau und diejenigen im preussischen Gebiete auf der linken Rheinseite, an welchen die Bebungen bemerkt worden sind, auf eine Karte jener Gegenden auf, und berücksichtigt dabei, dass im Preussischen die Erschütterungen westlich bis nach Nie- dergondershausen und südlich bis JNiederheimbach ziemlich allgemein beobachtet worden sind, obgleich von den zwischen- liegenden Ortschaften die Beobachtungen nicht speciell vor- liegen, so findet man, dass die sämmtlichen erschütterten Punkte sich ziemlich enge zusammengruppiren; nur der nördlichste Punkt der Beobachtung, Kapellen, und der öst- lichste, Wiesbaden, liegen mehr isolirt und etwas weit von der übrigen erschütterten Gegend ab. Zieht man die beiden letz- ten Orte, an welchen die Bebungen nur ganz vereinzelt be- merkt worden sind, nicht in Betracht, so zeigt sich, dass die übrige von den Bebungen betroffene Gegend von Süden nach Norden eine grösste Länge von drei geogr. Meilen, von Westen nach Osten aber eine grösste Breite von 4 Meilen einnimmt; berücksichtigt man aber auch noch Kapellen und Wiesbaden, so ergiebt sich die grösste Länge von Süden nach Norden zu 42 Meile und die grösste Breite von Westen nach Osten zu nicht ganz 6 Meilen. Interessant ist es, dass jener kleinere und auch der grös- sere Erschütterungskreis ganz in die Centralgegend des viel ausgedehntern Erdbebens vom 29. Juli 1846 fällt, nämlich in diejenige Gegend, in welcher bei diesem Erdbeben die grössten Kraftäusserungen sich gezeigt haben. Nach mei- 484 ner oben näher angeführten Beschreibung dieses Erdbebens, dessen Erschütterungskreis einen Radius von 35 geogr. Mei- len hatte, lag nämlich das ÜUentrum der grössten Kraftäusse- rung bei S/. Goar und von dort aus dehnten sich seine ver- hältnissmässig starken Wirkungen auf einen Kreis von 6 Mei- len Radius aus. Der Erregungspunkt unserer schwachen Erdbeben vom 18. Februar 1853 muss also im Innern der Erde ganz oder ziemlich nahe unter derselben Stelle der Oberfläche gewesen sein, an welcher er auch bei dem Erdbeben vom 29. Juli 1846 lag. Es konnten nur die verhältnissmässig schwachen Er- schütterungswellen der Erdbeben vom 18. Februar 1853 sich nicht auf einen so grossen Kreis ausdehnen; ihre geringe Kraft wurde zu bald gelähmt und aufgehoben. Druck von J. F. Stärcke in Berlin. Aeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 3. Heft (Maı, Juni, Julı 1853). A. Verhandlungen der Gesellschaft, 1. Protokoll der Maı- Sitzung. Verhandelt Berlin, den 4. Mai 1853. Nachdem das Protokoll der April-Sitzung verlesen und ge- nehmigt ist, werden als neue der Gesellschaft beigetretene Mitglieder angezeigt: _ Heır Dr. E. Scumin, Professor in Jena, vorgeschlagen durch die Herren v. CarwaLı, Weıss und Bryrıch; Herr LourstAcH, Obereinfahrer in Bonn, vorgeschlagen durch die Herren Jacog, REDTEL und v. CARNALL; Herr Gurt, zur Zeit in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren v. CARNALL, BEYRICH und Jacog; Herr Mürrer, Hüttenbesitzer vom Neuglücker Alaunwerk, vorgeschlagen durch die Herren MırscHErLicH, G. Rose und v. CARNALL; Herr Wırre, Oberfinanzrath in Hannover, vorgeschlagen durch die Herren H. RoEMER, V. STROM- BECK und BEYRICH. Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: . Annales. des Mines. (ing. ser. Tome I. 3me livr. 1852 und Tome II. livr. 4 et 5. 1852. Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Bd. XH. Heft 2. 5 Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi- schen Rheinlande und Westphalens. BandIX. Heft 3 u. 4. Zeits, d.d, geol. Ges. V, 3. 32 486 Korrespondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Ver- eins in /tegensburg. Sechster Jahrgang, 1852. und: Abhand- lungen des Vereins. Drittes Heft, 1853. BER Berg- und Hüttenmännische Zeitung von HARTMANN. Jahrgang 12. No. 1— 15. JoacHım BARRANDE. Systeme silurien du centre de la Boheme. 4” Part. Recherches paleontologiques. Vol. I. Crusta- ces, Trilobites. Prague et Paris, 1852. — Geschenk des Ver- fassers. OÖ. Heer. Uebersicht der Tertiärfiora der Schweiz. Sendschreiben an Herrn Prof. STUDER in Bern. = Geschenk des Herrn STUDER. Meyn. Ueber die fossile Thierwelt des einfachen Mi- kroskopes und deren geognostische Bedeutung. Erster und zweiter Artikel. — Abdruck aus der Monatsschr. f. Wiss. u. Litt. Jan. u. Febr. 1853. — Geschenk des Verfassers. Dvuoxt. Note sur la division des terrains en trois classes d’apres leur mode de formation et sur lemploi du mot gey- serien pour designer la troisieme de ces classes. — Extr. du t. XIX. des Bull. de UAcad.. royale de Belgique. — Und: Note sur Üemploi des caracteres geometriques resultant des mouvements lents du sol, pour etablir le synchronisme des for- mations geologiques. — Geschenk des Verfassers. E. Scuui. Ueber den Saurier-Kalk von Jeza und Esperstädt. Und: Die organischen Reste des Muschelkalkes im Saalthale bei Jeza. Aus Leona, u. Bronx N. Jahrb. — Geschenk des Verfassers. G. SANDBERGER. Einige Beobachtungen über Clyme- nien, mit besonderer Rücksicht auf die westphälischen Arten. Aus den Jahrbüchern des Vereins für Naturkunde in Nassau. — Geschenk des Verfassers. L. WiNEBERGER. Versuch einer geognostischen Be- schreibung des Bayerischen Waldgebirges und Neuburger Waldes. Passau, 1851. -- Geschenk des Verfassers. Der Vorsitzende, Herr.v. CarnaLt, legte einen von Herrn Wessky für die Zeitschrift eingesendeten Aufsatz 487 über die geognostischen Verhältnisse der Erzlagerstätten von Kupferberg mit 2 zugehörigen Karten vor. Herr G. Rose legte eine Reihe von Goldproben aus Neu-Holland vor, welche durch Herrn NevsAus, General- Bevollmächtigten des Hauses GopeErroı in Hamburg an Herrn A. v. Humsorpr gesendet wurden. In dem beglei- tenden Briefe sind genau die Gruben bezeichnet, aus welchen die Proben stammen; die meisten derselben liegen südlich von Sydney, die andern in der Gegend von Melbourne. Herr Ewarn sprach über die bei Nattheim in Würtem- berg vorkommenden Korallenbildungen. Während man die Sternkorallen im weissen Jura zu- weilen noch unter der Form aufrechtstehender Riffe antrifft, finden sie sich bei Nattheim als Haufwerke von Bruchstücken. Aehnliche Haufwerke kommen auf und neben den Korallenbänken der jetzigen Schöpfung vor, und es wird hieraus wahrscheinlich, dass dıe Korallen von Natt- heim an dem Ort, wo sie gelebt haben, und neben den Rif- fen, aus deren partieller Zertrümmerung sie entstanden sind, liegen, nicht aber aus der Ferne hierher zusammengeschwemmt worden sind. | In diesen Haufwerken von Sternkorallen findet sich nun aber bei Nattheim eine srosse Menge anderer Fossilien, von denen es sich fragt, wie weit sie in den dortigen Korallen- bänken gelebt haben, wie weit sie von aussen in die Hauf- werke hineingeführt worden sind. Von den meisten lässt sich mit Bestimmtheit nachwei- sen, dass sie zur Facies der Sternkorallen gehören und or- ganisirt waren, zwischen den Korallen ausdauern zu können. Dies gilt von den zahlreichen sich festheftenden und den ebenfalls zahlreichen durch ihre Dickschaligkeit ausgezeich- neten Bivalven, von den durch Falten und Anwachswülste verstärkten Univalven, von sämmtlichen Crinoiden und von den Echinodermen mit Ausschluss der Spatangoiden. Hin- sichts der bei Nattheim im Ganzen selten vorkommenden * Spongien und Bryozoen ist es zweifelhaft, ob sie dort gelebt 32 * 488 haben, oder nicht; denn diese gehören zwar im Allgemeinen einer besonderen Facies an, können aber doch einzeln in Korallenriffen vorkommen. Gewiss haben aber nicht zwi- schen den Korallen gelebt die zerbrechlichen Spatangoiden und die wenigen bei Nattheim aufgefundenen Ammoniten. Diese sind sicher von aussen hineingeschwemmt und zeigen uns, welche Thiere während der Bildung der Sternkorallen ausserhalb der Korallenbänke gelebt haben. Unter den Am- moniten von Nattheim befinden sich nun aber sehr seltene Bruchstücke von Ammonites biplex, ‚bispinosus und lingulatus, dreien Arten, die in grosser Menge in den. Spongienschich- ten des weissen Jura vorkommen, in denen sich ihre Scha- len zwischen den weichen Spongien leicht erhalten konnten. Die Spongienschichten haben sich also während der Bildung der Korallenriffe ausserhalb dieser letzteren abgesetzt; sie sind nicht älter als die Korallenbänke, sondern mit die- sen von gleichem Alter und nur faciesweise von ihnen verschieden. Herr Hrrw. SchLacıntweın zeigte das von SCHWAERZ- LER angegebene Experiment mit befeuchtetem Sande. . Wird Sand in eine Glasröhre oder in ein nicht zu weites Glas fest eingedrückt und befeuchtet, so hebt sich eine nasse Schicht von der Unterlage ab, indem das Wasser, in die capillaren Zwischenräume des Sandes eindringend, die Luft vor sich herdrängt und comprimirt. Wenn der Sand sehr fest eingedrückt war, trat die Hebung noch in einem Glase von 7,5 Utm. Durchmesser ein. Bei grösseren Dimensionen scheint die Cohäsion des Sandes nicht hinzureichen, um das Heben einer zusammenhängenden Schicht hervorzubringen. Vielleicht dürfte ein ähnliches Hinabdrängen von Luft durch infiltrirendes Wasser auf die Hebung von solchen Decken von Einfluss sein, die mehr Konsistenz haben, wie z. B. die Torfdecke der Insel, die sich am 2. Oktober 1852 im Cleveezer See erhob,*) Wenn auch in den tieferen Schich- *) Vergl. Band IV. S. 584 folg. und S. 734 folg. 489 ten des Bodens immer etwas Wasser sich befindet, so ist doch, wie die Beobachtungen in Bergwerken zeigen, die Menge desselben veränderlich, und von äusseren Niederschlägen etc. nicht ganz unabhängig, wenn auch die Veränderung des Wassers in der Tiefe erst lange Zeit nach dem Eintreten der äusseren Ursachen bemerkbar wird. Darf man anneh- men, dass an einzelnen Lokalitäten durch Zusammenwirken günstiger Umstände die durch Vermehrung des Wassers verdrängte Luft verhindert wird allmälıg durch seitliche Kanäle auszuströmen, so liesse sich wohl entweder eine kleine Hebung der Unterlage erwarten, wenn diese dicht ist, oder ein heftiges Ausbrechen von Gasblasen, wenn sie weniger consistent ıst; auch das letztere ist nach Mey vielfach beobachtet worden. Die chemische Analyse, die aber bis jetzt von solchen Gasausbrüchen noch nicht gemacht wurde, wäre wohl für die Beurtheilung dieser Frage von grossem Interesse, indem sie darüber entscheiden könnte, ob die aus- strömenden Gase in ihrer Zusammensetzung mit jenen der im Sande enthaltenen Bodengase gleich sind, oder ob -ähn- liehen Phänomenen ein aus der Tiefe der Erde kommender Gasausbruch etwa von Kohlensäure zu Grunde liest. Herr Tamnau legte Datolithkrysialle von Toggiana im Modenesischen vor, welche durch ungewöhnliche Grösse von früher bekannt gewesenen Vorkommnissen sich unterscheiden, ohne jedoch etwas Neues von Krystallflächen darzubieten. Zur Ansicht war ein Exemplar der von Dumonr bear- beiteten geologischen Karte von Belgien vorgelegt, welches von der belgischen Regierung der Königlichen Akademie der Wissenschaften zugesendet worden. ‘Herr Beyrıca gab Er- läuterungen über die von Dumont eingeführten Unterschei- dungen im belgischen Tertiärgebirge und sprach über die Be- ziehungen derselben zu norddeutschen Tertiärbildungen. Hierauf ward die Sitzung, geschlossen. v. w. 0. v. Carnatı. Beyrıcn. Roru, 490 2. Protokoll der Junı - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 1. Juni 1853. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. Carnatı, wird das Protokoll der Mai-Sitzung ver- lesen und angenommen. Als Mitglied ist der Gesellschaft beigetreten: Herr Apotheker von DER Mark in Hamm, vorgeschlagen durch die Herren v. DEcHEn, BEYRICH und v. CARNALL. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi- schen Rheinlande und Westphalens. Jahrg. 10. Bg. 1 bis 8. Berg- und Hüttenmännische Zeitung. Jahrg. 12. No. 16 bis 21. Gedächtnissfeier für LEoroLp v. Buch, begangen in der Berg-Akademie zu Freiberg am 19. März 1853. ' Leipzig, 4853. (Abdruck aus der illustrirten Zeitung Nr. 510.) — Geschenk des Herrn B. Corra. G. F. v. Jarser. Ueber fossile Säugethiere aus dem Diluvium und älteren Alluvium des Donauthals und den Bohnerzablagerungen der schwäbischen Alb. Siuzigart, 1853. (Abdruck aus Band 9. der würtembergischen naturwissen- schaftlichen Jahreshefte.) — Geschenk des Verfassers. J. W. Scamirz. Ansicht der Natur, und: der kleine Kosmos. Köln, 1852. — Geschenke des Verfassers. Description geologique et mineralogique du departement du Bas-Rhin par Dausree. Strasbourg, 1852. — Geschenk des Verfassers. Coup doeil sur la constitution geologique de plusieurs provinces de ÜEspagne par MM. vE VERrNEUL et CoLoms, suivi d’une description de quelques ossements fossiles du terrain miocene par Mr. Pau Gervaıs. Paris 1853. (Extr. du Bulletin de la Soc. geol. de France t. X. 1853.) — Geschenk des Herrn DE VERNEUIL. Von Herrn Dumonxr ist seine geognostische Karte von 491 Belgien dem Vorsitzenden der Gresellschaft zugesandt und von diesem der Gesellschaft als Geschenk übergeben worden. Der Vorsitzende zeigte den Eingang eines Aufsatzes des Herrn v. Krırsreim über die geognostische Beschaffen- heit der Gegend von Wetzlar für die Zeitschrift an. Herr Sonnenscuein theilte die Resultate der von ihm ausgeführten chemischen Untersuchung des vom Prinzen ScuönaıcH-CaroLarH in der Steinkohlenformation bei Zabrze aufgefundenen Honigstein-ähnlichen Minerals mit. Herr Tuomas sprach über die geognostische Beschaffen- heit von Ostpreussen mit besonderer Beziehung auf das Vor- kommen des Bernsteins und seines Verhaltens zu den Braun- kohlen. Herr Beyrıcn berichtete über das Vorkommen des Stern- berger Gresteins in anstehenden Tertiärlagern bei Stettin nach Beobachtungen des Herrn v. HAcEnow und unter Vorlesung von Gesteinsproben, welche Herr Gumprecar in der dortigen Gegend gesammelt hat. Derselbe legte Petrefakten vom Alter des Sternberger Gesteins vor, die Herr GumrrEcHT von Söllingen im Braun- schweigschen südlich von Schöningen erhalten hatte. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. VE IOVWARRDNG: v. Carnarı,. BEYRICH. Rorn. 3. Protokoll der Juli - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 6. Juli 1859. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. CarnaLt, wird das Protokoll der Juni- Sitzung verlesen und angenommen. Der Gesellschaft sind als Mitglieder zugetreten: Herr Dr. Sonnenschein in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren v. UArnaL, Weıss und BEyrıchH; 492 Herr Bergamtssekretär ErDMENGER in Zisleben, vorgeschlagen durch die Herren v. Carnaız, G. Rose und BEyrıcn. Für die Bibliothek sind eingegangen: Die Probirkunst mit dem Löthrohr von C. F. Prarr- NER. Leipzig, 1853. — Geschenk des Verfassers. Lynenu. Official report of the United States’ expedition to explore the Dead Sea and the river Jordan. Baltimore, 1852. — Geschenk des Herrn Rırrer. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preussischen Staate, herausgegeben von R. v. CARNALL. Bd. 1. Lieferung 1. Berlin, 1853. — Geschenk des Herrn v. CARNALL. Detesse. Sur les variations des roches granitiques. (Aus dem Bulletin de la Soc. geol. de France. tom, 9.) — Ge- schenk des Verfassers. Zum Austausch gegen die Zeitschrift, der Gesellschaft: Zweiter ‘und dritter. Bericht der oberhessischen Gesell- schaft für Natur- und Heilkunde. Giessen, 1849 und 1853. Würtembergische naturwissenschaftl. Jahreshefte. Jahr- gang 9. Heft 2. Stuttgart, 1853. Erster und zweiter Jahresbericht des Wernervereins zur geologischen Durchforschung von Mähren und Schlesien. Wien, 1852 und 1853. Archiv für wissenschaftliche Kunde Russlands. Bd. XII. Heft.3. Berlin, 1853. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Jahr 3. Heft 4. Wien, 1852. Zur Ansicht wurden vorgelegt Hısınger’s geognostische Karte von einem Theile Schwedens. The ichnology of Annandale or illustrations of foot- marks impressed on the new red sandstone of Gorneoctele Muir by Sir WırLıam JARDINE. Zdinburgh, 1852. Der Vorsitzende theilte ein Schreiben des Herrn Tevr- MANN mit, die diesjährige Versammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Porrentruy betreffend. 493 Herr Agıc# berichtete über seine neuesten Untersuchun- gen in Transcaucasien und legte ein Profil jener Gegen- den vor. Herr Ewap sprach über ein neues. Vorkommen von Ammonites inflatus im Flammenmergel von Osterwyk und wies nach, dass die dort unter dem Flammenmergel liegen- den Sandsteine den unteren Gault repräsentiren, während die Flammenmergel selbst das obere Niveau des Gault dar- stellen. Herr v. Carnarı legte den Entwurf einer geognosti- schen Uebersichts- Karte der hohenzollernschen Lande von Herrn v. DecHuen vor und erläuterte denselben nach den diesfälligen Angaben des Herrn v. Decnen. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. Ve, 48, wel, #0% v. Carnaıt. Beyrıcn. Rorn. 494 B. Briefliche WHittheilungen ı. Herr F. Rosmer an Herrn Bryricn. Bonn, den 27. Oktober 1853. Bei einem kurzen Ausfluge nach Holland habe ich in diesem Herbste auch die Lokalität von Winterswyk in der Provinz Gelderland, von welcher schon Gorprvss einige Arten von Tertiär-Conchylien beschrieben hat, besucht. Auf der Höhe einer sanft wellenförmigen Erhebung in einer wei- ten Heidefläche an einer „de Giffel by Meddeho” genannten und 1 Stunde nördlich von Winterswyk gelegenen Stelle sind Thongruben für eine Ziegelbrennerei eröffnet und diese sind die Aufschlusspunkte der fraglichen Tertiärbildung. Dieselbe besteht aus einem dunkelbraunen sandigen Thon, der bis zu einer Tiefe von 15 Fuss, bis zu welcher die Aufschlüsse reichen, ganz gleichartig bleibt und oben von einer nur etwa 2 Fuss mächtigen Ablagerung von gelbem Diluvialkies be- deckt wird. Die Uebereinstimmung mit Dingden bei Bocholt und mit Bersenbrück ım Haase-Thale nördlich von Osnabrück ist schlagend. Noch mehr tritt sie hervor, wenn man auch die organischen Einschlüsse vergleicht. Limopsis aurita Sassı (Pectunculus auritus GoLDpF.) ist gerade so, wie bei Dingden und Bersenbrück das häufigste Fossil. Nächstdem folgt an Frequenz des Vorkommens das auch an den genannten beiden westphälischen Lokalitäten so häufige Flabellum (Flabellum avicula MıcHELin?) und eine eben so auch dort besonders häufige kleine Astarte. Seltener :fanden sich Bruchstücke von Isocardia cor, von einer concentrisch gereiften Venus und von mehreren Pleurotoma-Arten. In einer Sammlung zu Winterswyk, so wie auch in dem Museum der geologi- schen Untersuchungs-Kommission der Niederlande in Yarlem sah ich dann ferner noch von derselben Stelle grosse Zähne von Carcharodon, Wirbel von Cetaceen und viele von mir selbst in den (übrigens zur Zeit meines Besuches auch we- gen Wassers nur zum Theil zugänglichen) Thongruben nicht beobachtete Arten von Conchylien. Alle diese Dinge erfor- . 495 dern eine tiefgehende Untersuchung und Vergleichung, die hoffentlich bald einmal in Holland, wo das nöthige Ma- terial gesammelt ist, vorgenommen werden wird. Ich selbst wollte hier vorzugsweise nur die schon aus wenigen bezeich- nenden Resten sich ergebende vollständige Uebereinstimmung zwischen Winterswyk, Dingden und Bersenbrück, welche bei der bedeutenden räumlichen Entfernung der genannten Lo- kalitäten jedenfalls sehr bemerkenswerth ist und ohne einen bisher freilich nicht nachgewiesenen Zusammenhang in der Tiefe kaum erklärlich scheint, als eine für die Auffassung des Zusammenhangs deutscher Tertiär-Bildungen zu beach- tende Thatsache hervorheben. Da ich einmal von holländischen Tertiär-Bildungen rede, so will ich auch noch des in einer derselben neuerlichst ge- machten Fundes von grossem paläontologischen Interesse er- wähnen. Das Museum zu Harlem, welches die Belege zu den durch die geologische Untersuchungs - Kommission ge- machten Beobachtungen enthält und welches unter Professor vAn BrEDA’s Leitung besonders durch die Thätigkeit des Herrn Starıng, Sekretärs der Kommission, in raschem Wachsen begriffen ist, besitzt einen bei Zubergen, mehrere Meilen nördlich von Winterswyk, gefundenen Zahn der Gattung Zeuglodon. Dadurch wird die Verbreitung dieses merkwür- digen Cetaceen-Geschlechts, die bereits von Malta bis Ala- bama reicht, wiederum erweitert. Der Art nach schien mir übrigens der Zahn von Zibergen sowohl von denen aus Ame- rika wie von Malta verschieden zu sein. 2. Herr Lyeıı an Herrn Beyrıch. London, den 23. September 1853. Mit grossem Vergnügen habe ich die Einleitung in der ersten Lieferung Ihrer Conchylien des norddeutschen Tertiär- gebirges gelesen. Sie fand mich beschäftigt mit der Aus- arbeitung einer neuen oder fünften Auflage meines Handbuchs der Geologie, die vor Weihnachten fertig sein soll, und ich 496 hoffe den Winter auf den Canarischen Inseln zuzubringen, um einige der dortigen vulkanischen Erscheinungen (beson- ders auf Teneriffa und Palma) zu untersuchen und mir klar zu machen, und um, wenn ich kann, zu erfahren, von wel- chem Alter die auf Gran-Canaria gefundenen fossilen Mu- scheln sind. Ich werde hierbei an den Verlust L. v. Buc#’s erinnert, dessen letzte Abhandlungen über die Braunkohlen- becken in Deutschland, über die Kreide und mehrere andere zeigten, dass seine Geisteskraft bis zuletzt ungeschwächt war, und ich hatte gehofit ihn noch wiederzusehen, als ich ihn 1851 in Berlin verfehlte. Ihre Bemerkungen über Dumonr’s und meine Ulassifi- kation der belgischen Tertiärbildungen kamen an, als ich mein Kapitel über das Tertiärgebirge umarbeitete. Ich hatte mich bereits, nachdem ich Bronenıarr’s Bemerkungen über die „Miocän”-Floren von GöPrpERT und Unger studirt hatte, und nachdem ich gesehen und gehört hatte, was RaurLın im Bordeaux-Becken gethan hat, in nicht geringer Verlegenheit befunden, und ich hatte mich mehr als einmal gefragt, wenn ich nicht die Grenze zwischen Eocän und Miocän an der Stelle, wo p’Arcuıac und H£gerr es wünschen, ziehen wollte, wo ich dann anhalten sollte? Daher fiel mir Ihre Schluss- folgerung und Ihr Ausspruch, der Grobkalk und Ischia könn- ten Glieder einer und derselben Formation werden, sehr auf. Professor ForBes hat die Limburger Ablagerungen mit Cerithium plicatum, C. elegans, Corbula pisum, Cyrena semi- striata, Rissoa Chastelü und mehreren anderen mittel-limbur- ger Versteinerungen auf der Insel Wight in dem, was er die „Hempstead series’ zu nennen vorschlägt, aufgefunden. Sie ruhen gleichförmig auf dem Süsswasser-Kalk und Mergel, den er die „Bemöbridge series” nennt und der Palaeotherium magnum, Anoplotherium commune und verschiedene andere Arten des Pariser Gypses einschliesst. Indess haben beide so viele Muscheln mit einander gemein, dass er sie, Hemp- stead und Bembridge, als zwei Unterabtheilungen des „Upper Eocene” betrachtet. 497 Belgien. England. Frankreich. Limburg oder Ru-/ Hempstead (Insel ] Caleaire de la pelien und Tongrien. Wisht.) | Beauce und Gres me 1 man en | de Fontainebleau. Binstead-Lager. |gel und Gyps von Paris. | Bembridge- und Gypshaltiger Mer- Die Headen-Hill-Lager auf der Insel Wight liegen alle unter dem Bembridge und ruhen auf dem Barton-clay, mit welchem die Nummuliten-führenden Ablagerungen beginnen. Wenn ich p’Arcnıac, oder vielmehr der nahe 10 Jahre vor pD’Arcnsac’s Abhandlung colorirten Durr£noy- und E. DE Beaumontr’schen Karte von Frankreich folge, muss ich eine sehr willkürliche Grenze zwischen den Hempstead- und Bembridge-Lagern ziehen. Viele übereinstimmende Muschel- arten, wie Paludina lenta, Cyrena semistriata, Corbula pisum und andere, sınd häufig oberhalb wie unterhalb dieser Grenze. Ich war jedoch, ehe ich Ihre Einleitung las, zu dem Schluss gelangt, dass wir uns zwischen den Klippen eines Dilemma’s befinden, und ich glaube, dass Sie von den beiden Inconve- nienzen die kleinere gewählt haben. Dass die Limburger und Mainzer Becken aufwärts zu andern norddeutschen Ter- tiärbildungen vom Alter des Bolderberges hinführen würden, begann ich zu vermuthen, ehe Sie dies in Ihrem neuen Werk versicherten, aber ich hatte keinen hinreichenden Beweis dafür. Ich zweifle ferner nur wenig, dass der Hiatus zwischen dem Sandstein von Fontainebleau und den Faluns der Loire vornehmlich in dem Zwischentreten des Süsswasserkalkes der Beauce seinen Grund hat. Wären alle zwischenliegenden Ablagerungen marine gewesen, so würde eine solche Kluft nicht entstanden sein, und Alles aufwärts selbst bis zu den Faluns hinauf würde dann „Upper Eocene” von LyELL und FoRBES geworden sein. Professor FORBES ist geneigt anzunehmen, dass die 498 Hempstead-Lager das Aequivalent meines Ober- und Mittel- Limburg und dass das Unter- Limburg (oder Tongrien von Dunmoxr) das Aequivalent des Bembridge sei. Ich glaube das jedoch nicht. Alle Limburger Ablagerungen sind, wie ich nicht zweifle, vom Alter des Mainzer Beckens und an- derer von Ihnen aufgeführten Formationen und die Säuge- thiere des Mainzer Beckens, welche mit denen der Limagne in der Auvergne übereinstimmen, sind den Arten nach ver- schieden von denen des Bembridge und des Pariser Gypses. London, den 25. Oktober 1859. Ich schrieb Ihnen am 23. v.M. nach Empfang der ersten Lieferung Ihrer Conchylien des norddeutschen Tertiärgebir- ges, indem ich die von Ihnen und Anderen angenom- mene Wahl der Benennung Unter-Miocän an Stelle meines „Upper Eocene” in Betracht zog. Seitdem habe ich Sanp- BERGER’S Werk über das Mainzer Tertiärbecken und p’Ar- cnrac’s prächtige Monographie der Nummuliten erhalten. Ich bin auch nochmals die neue Abhandlung vom Professor E. Forges über die Tertiärbildungen der Insel Wight und seine umfangreiche Sammlung von Versteinerungen durch- gegangen. Diese letzte Abhandlung steht in direkter Be- ziehung zu der Streitfrage. Es scheint, dass wir auf der Insel Wight einen allmä- ligen Uebergang haben von den Bembridge-Lagern, welche von gleichem Alter mit dem Gyps des Montmartre sind, zu den Hempstead-Bildungen hin, welche mein Ober-Eocän sind. A. Hempstead a. b. B. Bembridge Upper Eocene E. Forges. e mo R C. St. Helens Lager } Middle Eocene. 499 -In Frankreich und Belgien fehlt wahrscheinlich die un- tere Abtheilung von A. Hempstead oder e und die obere von B. Bembridge oder d und deshalb haben wir früher keine Verbindung zwischen beiden entdeckt. Professor FoRBES zieht die Grenze zwischen Ober- und Mittel-Eocän zwischen B und Ü in der Meinung, dass die- selbe schärfer ist, als die zwischen A und B, wo Sie und Andere die Grenze zwischen Eocän und Mioeän ziehen wol- len. Die Schwierigkeit für die Annahme der letzteren An- sicht entsteht für mich aus der Gewalt, welche ich paläon- tologischen Prinzipien anthun müsste, wenn ich in eine und dieselbe Periode zwei so verschiedene Faunen wie die der Etampes-Bildungen in Frankreich und die der Faluns, wel- che nur 14 Meilen davon entfernt sind, vereinigen wollte. Die auf Ihren vortreflichen Tafeln dargestellten Voluten sind in ihrem Gesammt-Habitus Muscheln des Barton-clay so überaus ähnlich, dass sie einer sehr eng damit verbunde- nen Unter-Abtheilung derselben Eocän-Gruppe anzugehören scheinen. Die Barton - Lager gehören zu den Nummuliten- führenden Eocän-Bildungen. Deshalb rief jeder englische Paläontolog, dem ich Ihr Buch zeigte, aus: „Der wahre Eoeän-Typus ist bei Berlin gefunden.” Ich sah früher Prırıprer’s Sammlung der Muscheln von Hessen - Cassel, sie waren aber sehr unvollkommen und es fehlte zu sehr an zahlreicheren Individuen um die Art zu bestimmen. Im Ganzen jedoch schienen sie jünger als die Mainzer. Aus Dr. SanpBErger’s Abhandlung aber ist klar. dass mehr als eine Periode im Mainzer Becken repräsen- tirt ist. Zum Schluss bemerke ich, dass ich mich entschlossen habe, in der neuen Ausgabe meines Handbuchs (welche im Frühjahr erscheinen wird) die Limburger, Fontainebleau- und Hempstead-Lager wie früher Ober- Eccän zu nennen. Die Trennungslinie von E. Foreges, obwohl sie vielleicht auf der Insel Wight die natürlichste ist, nehme ich nicht an, weil ich wünsche, dass Ihr Unter-Miocän mit meinem Ober- 500 Eocän zusammenfällt. Bei dieser Anordnung wird das'ge- genseitige Verständniss leicht sein. Sie werden z. B. mit, v’Arcnıac sagen, dass Nummuliten das Eocän im Gegensatz gegen die Miocän-Formation charakterisiren, während Ich sage, dass die Nummuliten mein Mittel-Eocän im Gegensatz gegen mein Ober- und Unter-Eocän charakterisiren. Ich muss zugleich erklären, dass nichts gegen die Anwendung des Ausdrucks Miocän in der Weise, wie Sie ihn gebrau- chen, einzuwenden ist; denn im Jahre 1832 sagte ich vor- her, dass neue Gruppen würden entdeckt werden, die: sich mehr und mehr von den zuerst aufgestellten Normal-Typen (solchen, wie die Faluns) entfernen. Ich war auf einen sol- chen Uebergang vorbereitet, wie Sie ihn zwischen Eocän- und Falun-Formation anzeigen; nur wurde ich bis jetzt noch nicht überzeugt, dass ein solcher Uebergang dargethan ist, sei es ın Frankreich, Belgien oder Norddeutschland. . 501 $ ©. Aufsätze. l.. Ueber den Gault im subhercynischen Quadergebirge. Von Herrn A. v. Strombeck in Braunschweig. Von den verschiedenen Etagen der Kreideformation ist in Deutschland ausserhalb der Alpen der Gault oder das Terrain Albien von p’Orgıeny bis jetzt nur in geringen Spuren nachgewiesen. Zuerst hat Herr Beyrıcn (Lronn. Jahrb. 1850. S. 409.) Ammonites interruptus D’ORB. aus dem Bette der Ems bei /theine erkannt, und ganz kürzlich theilt.Herr Fern. RoemeEr (diese Zeitschr. Bd. IV. S. 728.) die Auffindung von Ammonites auritus Sow. bei Neuerheerse im Teutoburger Walde mit. Sind beide Fossile von den bezeichneten Stellen zwar nur in je einem Exemplare gese- hen, so wird damit das dortige Vorhandensein des Gaults, da jene Formen auf keine sonstigen Schichten schliessen las- sen, mehr wie wahrscheinlich. In den nachfolgenden Zeilen wollen wir von einem ferner ermittelten entschiedenen Vor- kommen des Gaults an einer anderen Lokalität berichten, das, innerhalb des subhereynischen Quadergebirges auftre- tend, um so mehr von Bedeutung ist, als danach auch Fol- gerungen auf das Alter einiger weit verbreiteter Kreidege- steine, deren Niveau im Systeme noch nicht feststand, zu ziehen sind. Die Lokalität befindet sich unweit Bodenstein im Braunschweigschen Amtsbezirke Lutter am Barenberge. Der Gault ist daselbst in den Thongruben am besten aufge- schlossen, die nahe bei Bodenstein, am Wege von da nach Neu-Wallmoden liegen, und in denen das Material für die Ziegelei des letzteren Orts gewonnen wird. Zum besseren Verständnisse der Lagerungs-Verhältnisse schicken wir einiges Allgemeine voraus. Nächst der Nord- Zeits. d. d« geol. Ges, V. 3. 33 502 westspitze des Harzes haben sich nämlich im bunten Sand- steine zwei Erhebungslinien gebildet, von denen die eine, ungefähr von Hahausen ab über Wohlenhausen, ein ziemlich‘ gleiches Streichen mit dem Harzgebirge beibehält, während die andere, gewiss gleichzeitig entstandene, unter rechtem Winkel von Hahausen nach Lutter am Barenberge streicht. Fassen wir den weiteren Verlauf dieser beiden Erhebungs- linien nicht näher ins Auge, so schliessen sie auf den be- zeichneten Längen, vom Harze abgewendet, eine Mulden- spitze ein, deren geognostisch Tiefstes eine Linie andeutet, die von den Österköpfen oberhalb Hahausen über den Schrecken- berg, durch die Mitte der Braunenheide nach Bodenstein, und von hier zwischen dem Laubberge und Höhlenberge durch in ziemlich grader Richtung auf SeAlde zuführt. Die Horr- MAnN’sche geognostische Karte giebt ein ganz gutes Bild der Gegend, doch muss der störende Streifen von Kreide, der von Mahlum ab bis Nienhagen angegeben ist, wie in dem späteren Uebersichtsblatte des Atlasses gänzlich wegfal- len. Auch hat westwärts der Quader, durch Uebersehen des obersten Keupersandsteins, Lias u. s. w., eine zu grosse Verbreitung. — Nur zwei Umstände können in der betreffen- den Gegend bei der Orientirung verwirrend entgegentreten. Einmal nämlich dass im geognostisch Tiefsten der Mulde ebenso erheblich ansteigende absolute Höhen als auf der Er- hebungslinie selbst bestehen, und ferner dass die Muldenlinie die Spitze der Mulde nicht in zwei gleiche Hälften theilt, sondern weit nach Osten liegt. Das erstere findet der am Harze beobachtende Geognost nicht auffällig. Es ist sogar Regel, die lediglich da, wo Mangel an Widerstandsfähigkeit der Jüngsten Gesteine gegen die Atmosphärilien u. s. w. statt- findet, alterirt wird, und die aus der Natur der Faltung oder Runzelung, entspringt. Der andere Umstand aber folgt dar- aus, dass Östlich von der Muldenlinie mächtige Bildungen fehlen, die im übrigen Theile der Mulde vorhanden sind. Auf dem Wege von Wilhelmshütte bei Bornum über Bocke- nem, Wolkersheim und von hier quer durch den Heinberg 503 nach ‚Sehlde durchschneidet man die eine, die westliche, Hälfte der Mulde, und trifft hier in den Ausgehenden hinter einander über dem bunten Sandstein an: den gesammten Mu- schelkalk, mächtig entwickelte bunte Mergel des Keupers, unseren obersten Keupersandstein (darin östlich von Volkers- heim am Vogelheerde, bei Wolenberg u. s. w. grosse Brü- che, — bei Horrmann Quader), von hier bis zur braun- schweig-hannoverschen Grenze im Heinberge mächtig ent- wickelte Thone, in denen verschiedene Etagen des Lias zu erkennen sind, und die auch braunen Jura und Hils, auf welchem letzteren in Osten von Ortshausen eine Eisensteins- Gewinnung stattfindet, repräsentiren, — dann unteren Qua- der, und nach Ueberschreitung eines Längsthales mit thoni- gem Grunde endlich Flammenmergel und Pläner, letzteren auf der ganzen östlichen Höhe des Heinbergs und bis vor Sehlde anstehend. In dem östlichen Theil der Mulde dage- gen fehlen auf der gesammten Linie vom Schreckenberge, der Pröbecken-Mühle gegenüber, an und längs des steilen eine Meile langen Muschelkalk- Rückens des Nauerbergs, bis zum Durchbruche der Neile zwischen der Teichmühle und Neu- Wallmoden, alle Bildungen zwischen dem Muschel- kalk und unteren Quader, so dass dieser aufjenem unmittel- bar aufliegt, wie am westlichen Rande des Gehölzes, das den Nauerberg einnimmt, namentlich in Norden und Süden der Lutter- Bodensteiner Chaussee, vielfach zu beobachten steht. Die zur Kreide gehörigen Schichten sind in beiden Theilen der Mulde ziemlich gleichmässig entwickelt, nur beschränkt sich der Hils allem Anscheine nach auf einige Stellen. — Der Quader reicht in der Muldenspitze bis zum Schrecken- berge, diesen noch zusammensetzend; alle jüngeren Kreide- Gesteine überschreiten südwärts den Ort Bodenstein nicht. — So gestaltet sich ein Schichtenprofil vom Nauerberge, da wo diesen die Luttersche Chaussee berührt, ab über die Gault-Thongruben und nördlich von Bodenstein durch, dann in etwas gekrümmter Linie bis Mahlum, wie etwa die nach- “ stehende Figur zeigt. 33 * 504 © | | s . :3 .& &0 [ SROER = = u 20 32 8 ss 88 . © a32= = Sr e R=} an m © = Q = sa 02 15) a5 = © 5,2 rt = = 3 Sso= Z 9 er S 58 RS ou E w 0. 2z AHA Ela = ! a = bunter Sandstein; &5 — Muschelkalk; ce = bunte Mergel des Keupers; d = oberster Keupersandstein; e — Thone, Numismalen-Lias, auch brauner Jura und Hils; f = unterer Quadersandsiein ; 2. —, Thon: h = Flammenmergel und S, — Pläner, entfernter von Bodenstein einen grösseren Raum einnehmend. In diesem Profile ist nun die Schicht g der Gault. Die- selbe besteht aus einem graublauen plastischen Thone, der nicht so fett ist, dass, um z. B. Ziegel daraus darzustellen, magere Zusätze nöthig wären. Auf eine grössere Tiefe als 6 Fuss sind keine Aufschlüsse vorhanden. Bis dahin zeigt er keine Andeutung von Schieferung. Geoden von Thon- eisenstein und Spuren von Schwefelkies fehlen ganz. Da- gegen stellen sich hin und wieder graue Mergelknauer ein, die indessen selten die Grösse einer Wallnuss überschreiten. Die Thonschicht ist ziemlich andauernd. Sie steht von den Ziegeleigruben ab einerseits zu verfolgen an der nördlichen Seite von Bodenstein, und gut aufgeschlossen in den Gräben längs des Weges nach den Quaderbrüchen im Forstorte 505 Steine. Von hier nordwärts giebt sie sich auf dem richtigen Streichen innerhalb des gesammten Heinbergs durch thonige Beschaffenheit des Terrains zu erkennen, scheint aber östlich vom Innerste-Thale, zwischen Aehne und Baddeckenstedt, zu fehlen. Von den Thongruben ab andererseits, nach Neu- Wallmoden zu, wird sie durch hohen Schutt der steilen Berg- abhänge bedeckt, tritt dagegen in Osten vom letztgedachten Orte am südlichen Abhange des Westerberges wieder an die Oberfläche, ohne jedoch bis zur Ziegelei von Alt- Wall- moden verfolgt werden zu können. Die Thongruben der letzteren Ziegelei, die zwischen ihr und Zutter am Baren- berge in Osten neben der Chaussee liegen, gehören älteren, nämlich Liasbildungen (im Profile = e) an. — Der Thon g dürfte die Mächtigkeit von 50 Fuss nicht ganz erreichen, doch gründet sich diese Angabe nur auf Abschätzungen, da Hangendes und Liegendes, nahe an derselben Faltungslinie, nicht beobachtet ist. Folgendes sind die organischen Reste, welche die Thon- gruben bei Bodenstein, alle mit Ausschluss der Belemniten aus verhärtetem "Thon oder T'honmergel bestehend, vorzugsweise geliefert haben: 1) Ammonites auritus Sow. häufig, jedoch nur in Windungsstücken, die meist die Wohnkammer darstellen. Der Thon mochte beim Niedersinken der Schalen in der Regel nicht in die übrigen Kammern eindringen, und schützte diese so nicht vor Zerstörung. Der erste Besuch der nicht umfangreichen Thongruben lieferte Stücke von 12 Individuen; im Augenblicke liegen dergleichen von etwa 30 vor. Danach stimmt die vorherrschende Form auf das Vollständigste mit den Abbildungen bei p’Orgıcny cret. Tab. 65. u. Tab. 64, 4 vis 5 (Am. lautus Sow.) und bei Quenstepr Oephal. Tab. 10, 14, wie auch mit Original-Exemplaren, namentlich von Folkstone. Der Durchmesser der reconstruirten Exemplare schwankt zwischen 2 und 3 Zoll. Die Mundöffnung 1+- bis 14mal so hoch als breit. Aus den Knoten an der Nabelkante entsprin- gen meist zwei starke Rippen, die sich zu zwei, gewöhnlich 506 die vordere des älteren mit der hinteren des nächstjüngeren Knotens, auf der Rückenkante in einem stark nach vorn ge- richteten Zahn vereinigen. Hin und wieder entspringen aus einem Nabelknoten 3 Rippen, oder es schiebt sich eine be- sonders ein. Dann bildet eine Rippe für sich einen Zahn. Der Rücken ist gewöhnlich hohlkehlenartig und tief ausge- höhlt; doch verflacht sich die Rinne hin und wieder. Zwi- schenstufen beweisen, dass hierin kein specifisches Merkmal zur Unterscheidung des Am. auritus und lautus liegt. Nach Quenstepr fällt damit Am. Guersantı p’Oreg. Tab. 67, 1vis4 und Pıcrer Tab. 5,7 ebenfalls zusammen ; im Prodrome ist derselbe mit Am. Raulinianus Tab. 68. vereinigt. — Mit den obigen Formen finden sich bei Bodenstein, gleichwie bei Folkstone, gemeinschaftlich andere, deren Mundöffnung eben so breit wie hoch, und deren Seitenknoten sämmtlich oder zum Theil zu hohen Stacheln aufgeworfen sind, die im Uebri- gen aber den Typus des Am.auritus nicht verleugnen. Das sind Formen, die Sowergy (M. C. IV. Tab. 310.) und p’ORr- BıGNnY (Tab. 66.) als Am. tuberculatus und proboscideus be- zeichnen, die aber mit Am. auritus durch Uebergänge ver- bunden, nichts als ungestaltene Abarten davon sein dürften. — Am. interruptus hat sich noch nicht gezeigt. 2) Hamites rotundus (maximus) Sow. (Dp’Ors. Tab. 132, 1554; Quenst. Oephal. Tab. 21, 6tis7). _ Einige, jedoch nur grade Stücke von ziemlich rundem Querschnitte und mit scharfen, ringsum fast gleichen, wenig, geneigten Rippen ohne alle Andeutung von Knoten. Ein Stück von 24 Zoll Länge hat beispielsweise oben 14 Linien und unten 42 Linien Durchmesser und führt dabei 14 Rippen. Diesen gleiche Fragmente liegen von Folkstone vor. 3) Hamites intermedius Sow. Grade und ge- krümmte Enden von elliptischem Querschnitte bis 8 Linien Durchmesser. Die Rippen stehen dichter als bei den vori- gen, sind sehr geneigt und einerseits fast verwischt. Die Form wird jedenfalls von H.rotundus verschieden sein, doch sind wir nicht ganz sicher, ob sie mit H. intermedius, wie 507 diesen SoweErey und Quenstepr darstellen, identisch ist. Wir haben sie wie vorstehend benannt, weil genau überein- stimmende Folkstoner Stücke in England so bezeichnet zu werden pflegen. ‚4) Belemnites minimus Lister. Stellenweise sehr häufig und so wie ihn p’Orsıcny Tab. 5, 3519 und Quen- steor Tab. 30, 21vis 25 vortrefflich abbilden. Bei Bodenstein übersteigt derselbe 14 Zoll Länge nicht. Die jungen Exem- plare sind stumpf keulenförmig, an der Alveole etwas ver- dünnt; die älteren laufen sehr allmälig in eine sehr scharfe Spitze aus. Zerbrochene dergleichen Exemplare zeigen, dass die Spitze, durch vorwaltendes Wachsthum in dieser Gegend, sich erst im Alter bildet. Die Bauchfurche reicht an der Alveole nie so hoch herauf als n’Orsıeny zeichnet. Bei guter Oberflächen - Erhaltung lassen sich die beiderseitigen Seitenlinien stets erkennen. 5) Corystes Stockesi Manr. Rauhe Üephalothorax, die mit vorliegenden Exemplaren dieser Art von Folkstone übereinstimmen, oder ihnen doch sehr nahe kommen. Unter den ziemlich seltenen Zweischalern haben sich zweifelhafte Stücke von Inoceramus concentricus gezeigt. Vom Inoceramus sulcatus ist noch nichts bemerkt. Turri- liten scheinen ganz zu fehlen. Die obigen fünf Species sind indessen sämmtlich ächte Gault- Formen, die dessen oberes Glied, sowie solches bei Folkstone, an der Perte du Rhöne, bei Zseragnoles u. s. w. auftritt, recht eigentlich bezeichnen, und die aus älteren oder jüngeren Etagen nicht bekannt sind. Die Schicht g des Profils ist mithin in der That typischer oberer Gault. Werfen wir nun, nachdem in der Schicht g ein bestimm- ter geognostischer Horizont innerhalb des subhereynischen Quadergebirges erkannt ist, einen Blick auf die sie einschlies- senden Kreide-Bildungen, so ergiebt sich zuvörderst, dass über ihr Flammenmergelliegt. Der aus diesem bestehende Laub- berg (s, das Profil) erhebt sich mit steilem Abhange unmit- 508 telbar über den Bodensteiner Gault- Thongruben. ° Wenige Fuss über dem Thone steht schon der feste Flammenmergel an. Die Schichten ven grünem Sand, mit denen derselbe unten abzuwechseln pflegt, sind hier sehr untergeordnet, wo- gegen das feste Gestein eine ungewöhnliche Mächtigkeit be- sitzt. Da der Flammenmergel oben vom Pläner durch mil- den Mergel getrennt und unten durch den Gault-Thon be- grenzt wird, so sondern ihn leicht verwitterbare Bildungen von stabilen ab. Daher kömmt es hauptsächlich, dass der Flammenmergel von Neu-Wallmoden bis Bodenstein und: von hier durch den ganzen Heinberg bis in die Gegend von Baddeckenstedt an der Innerste eine abgesonderte Hügelreihe bildet, die die Paren’sche Karte von Hannover und Braun- schweig vortrefflich angiebt. Kann zwar längs dieser ganzen Hügelreihe, bis auf die Stellen, wo das Grundgebirge durch Schutt bedeckt ist, die Ueberlagerung des Gault-Thons durch Flammenmergel wahrgenommen werden, so fragt sich doch, ob der Flammenmergel mit dem Gault in eine geognostische Etage zu vereinigen ist, oder ob er zu jüngeren Bildungen gehört? Könnte jene Vereinigung entsprechend erscheinen, nachdem Herr Fern. Roemer (Leone. Jahrb. 1851. S. 309 ff.) im Flammenmergel von Langelsheim am Harzrande Am. in- flatus und Majorianus, wie auch Solarium ornatum nachge- wiesen hat, so erhebt selbst unser verehrter Freund dagegen Bedenken, weil die drei genannten Species zwar im englischen und französischen Gault vorkommen, jedoch nicht darauf aus- schliesslich beschränkt sind, vielmehr auch in höhere Glieder der Kreide hinansteigen. Die Bedenken dürften durch die jetzt thatsächlich beobachtete Ueberlagerung des oberen Gaults durch den Flammenmergel noch vermehrt werden. Wir ha- ben ausserdem neuerdings noch mehrere organische Reste aus dem Flammenmergel gewonnen. von denen die Mehrzahl ihm zwar eigenthümlich ist, jedoch den Charakter des Gaults nicht zeigt, während einige mit denen des Pläners überein- stimmen. Da ferner das vorherrschende Fossil des Flammen- mergels, welches darin zu Millionen ganze Bänke zusammen- 509 setzt, nämlich die Avicula gryphaeoides Sow. bei Fırr. (Geol. Trans. II. Ser. IV. Tab. 11,3 und Rormer Kreide S. 64. Tab. 8, 16), eine Aucella, in England im Upper green- sand vorkömmt, und endlich der Flammenmergel in minera- logischer und stratographischer Hinsicht sich dem unteren Pläner ungemein anschliesst, so mag es immerhin sein, dass der Flammenmergel das Niveau der Gryphaea columba (Üe- nomanien D’OrB., Tourtia, in typischer Ausbildung am Harze fehlend,) oder noch etwas höhere Schichten ersetzt, auf kei- nen Fall aber wird derselbe mit dem Gault in eine Etage zu stellen sein. Wir behalten uns vor, hierauf bei anderer Gelegenheit zurückzukommen. Was das Liegende des Bodensteiner Gault-Thons anbe- trifft, so besteht solches aus unterem Quader. Letzterer ist im Profile mit / bezeichnet, und tritt zwischen Neu- Wallmoden und Bodenstein nur in einzelnen Partien an die Oberfläche, bildet aber dann im Heinberge, von Bodenstein bis Binder im Innerste-Thale, mächtig entwickelt, vielfach pittoreske Felsen und ist ausserdem durch mehrere umfang- reiche Steinbrüche zur Gewinnung von Bausteinen aufge- schlossen. Es ist dies ein dickschichtiger reiner Quarzsand- stein von weisser oder gelber Farbe, meist indessen mit häu- figen grünen Punkten durchsäet. Einzelne Bänke nehmen auch eine röthliche Färbung durch Oxydation der grünen Punkte an. Zwischen Bodenstein und Neu- Wallmoden hat derselbe geringe Festigkeit, ja so wenig Zusammenhalt, dass weisse Partien als Stubensand benutzt werden. Im Uebrigen steht dieser Quader mit geringer Unterbrechung zwischen Neu-Wallmoden und der Alt-Wallmodener Ziegelei, von hier ab über den Wullwinkel bei Zutier am Barenberge, Ostlut- ter, den Radberg bis nach Langelsheim Schritt vor Schritt zu verfolgen. Dies dürfte auch demjenigen die Ueberzeu- gung verschaffen, dass hier in der That der subhercynische Unter-Quader vorliegt, der aus der Lage des Gesteins unter Pläner und Flammenmergel noch nicht genugsam belehrt wäre, — Am Wege von Bodenstein nach den Steinbrüchen 510 im Forstorte Szeize sieht man den untern Quader ohne Zwi- schenschicht durch den Gault- Thon bedeckt. Steht somit freilich fest, dass der untere Quader älter ist, als der Gault- Thon, so entsteht doch die Frage, gehört der untere Quader zum Gault oder zum Neocom? Da das Hilseonglomerat und auch der Hilsthon ihn unterteufen, so kann von höherem Alter nicht die Rede sein. Auch darf der subhereynische Unter-Quader jetzt, wo dessen Ueberlagerung durch Gault Thatsache ist, nicht mehr mit dem sächsischen Quader, der Gryphaea columba einschliesst und somit ein jüngeres Alter hat, identificirt werden. Nachdem Herr Fern. RoEMmER in dem Sandsteine des Teutoburger Waldes (Leon#. Jahrbuch 1850. S. 389 f. und ib. 1852. S. 185 ff.), der gleichwie der subhercynische Unter-Quader unter Flammermergel legt, eine ausgezeichnete und reiche Hils-Fauna erkannt hat, kann man sich geneigt fühlen, beide Sandsteine in Parallele zu stellen, und damit den subhercynischen Unter- Quader als Zubehörung des Neocoms anzusprechen, zumai die Lage- rungsverhältnisse bei Bodenstein dem nicht entgegen sind. Auffällig bleibt aber zuvörderst, dass der subhercynische Unter-Quader, obgleich so manche grossartige Steinbrüche in ihm betrieben werden, noch keine einzige Hils-Versteine- rung geliefert hat. Es sind aus ihm, ungeachtet vieler Auf- merksamkeit, in der Hauptsache erst einige fragmentarische Stücke von Ammoniten, nämlich von Carlshütte bei Dellig- sen, vom Radberge zwischen Langelsheim und Ostlutter, vom Wullwinkel bei Zutier am Barenberge, und vom Mönche- berge zwischen Börsum und Tempelhof in Norden von Horn- burg, sämmtlich derselben Species angehörig, gefunden, die aber von Am. bidichotomus Leym. (Am. Decheni A. Rorm.), mit dem sie Herr Fern. RoeMER zusammenstellt. gewiss verschieden ist. Die Harzer Quader-Form hat nach jenen Stücken geringe Involubilität, die abgerundeten Rippen ste- hen völlig radial, und theilen sich in oder etwas unter der halben Höhe, während sich noch eine Rippe, die nicht weit unter die Mitte zu verfolgen, einzuschieben pflegt. Die cha- 511 rakteristische. Rippen - Spaltung des Am. bidichotomus, (der tief unter dem subhereynischen Unter-Quader auch am El- ligser Brink bei Delligsen und bei Gross-Vahlberg im eigent- lichen Hilsconglomerate nicht ganz selten sich zeigt,) an ein und derselben Rippe in unbestimmter Höhe mehrfach vor sich gehend, fehlt der Harzer (Juader-Form ganz. Zudem ist die Mundöffnung dieser letztern, wenn unverdrückt, nicht viel höher als breit, und erinnert in etwas an die Familie der Angulicostaten. Zu einer weiteren Bestimmung liegt für jetzt zu wenig Material vor. Soviel ist aber sicher, dass dieser Ammonit des subhercynischen Unter-Quaders keinen- falls Am. bidichotomus oder auch Astierianus ist. Es wird in- dessen derselbe sein, den Herr Ewa» (d. Zeitschr. Bd. V. S.12.) für identisch mit einer noch nicht beschriebenen Form des unteren Gaults von Frankreich hält. Wie dem aber sei, so fällt mit dem Mangel an Uebereinstimmung zwischen dem fraglichen Ammoniten und Am. bidichotomus aller Grund für die Parallele zwischen dem subhercynischen Unter-Qua- der und dem Teutoburger Hils-Quader weg. So bliebe das Alter des ersteren, da solches nach den Lagerungs-Verhält- nissen bei Bodenstein nur nach oben hin, nicht aber nach unten limitirt wird, noch immer zweifelhaft. Unter solchen Umständen möge es gestattet sein eines Vorkommens zu erwähnen, das die Angelegenheit, wenn auch nicht unzweifelhaft, doch mit einiger Wahrscheinlichkeit ent- scheidet. Faktisch ist nämlich, dass, wie oben erwähnt, der subhereynische Unter-Quader auf Hilsthon ruht. Das ist am Fallstein bei Hornburg, dann auch zwischen Harzburg und Ocker, wo der Hilsthon neuerdings erkannt wurde, zu con- statiren. Mehr landeinwärts vom Harze, vom Fallstein und anderen Erhebungen, die als Höhen, wenn auch geringer als nachmals, schon zur Zeit der Kreide-Ablagerung bestanden, ist der Hilsthon über dem Hilsconglomerate mächtiger ent- wickelt als am einstigen Ufer, und findet sich bei dieser mächtigeren Entwickelung an zwei Lokalitäten, in den Thon- gruben der Vıewee’schen Ziegelei vor dem Fäallers- 512 leber Thore von Braunschweig und in der Mergelgrube des Lehnshops unweit Üremmlingen an der Chaussee von Braunschweig nach Königslutter, in den obersten Schich- ten des Hilsthons ziemlich häufig Ammonites Nisus p’Ore. Innerhalb eines Jahres haben wir etwa 40 Exemplare, die frag- mentarischen einschliesslich, selbst aufgenommen. Die in Brauneisenstein verwandelten Ammoniten des Lehnshop von 1 bis 14 Zoll Durchmesser haben eine scheibenförmige Ge- stalt mit scharfem Rücken und kleinem Nabel; viel Auxiliar- loben; Rippen sind gleichwie in »’OrgBıeny’s Zeichnung Tab. 55, 7 nicht vorhanden, — und gleichen sie denen aus den Aptmergeln von Gargas bei Apt (Dept. Vaucluse) der- maassen, dass die beiderlei Exemplare nicht zu unterscheiden sind. Die gleichen Gestalten der Vırswee’schen Ziegelei- Thongruben bestehen dagegen in ihrem Inneren aus verhär- tetem Thon mit wenig Schwefelkies und führen noch weisse Kalkschale. Diese zeigt auf den Seiten ungemein feine, dicht liegende Sichelrippen, häufiger und lange nicht so hervortre- tend als z. B. an gleichgrossen solchen Exemplaren des Am, canaliculatus aus den Parkinsoni-Schichten des schwä- bischen braunen Jura, an denen die Rippen am schwächsten sind, — keine Rippe sich theilend, und die völlig radiale Handhabe bis zur halben Höhe reichend. Vergesellschaftet sind diese Ammoniten an beiden Stellen mit dem subfusi- formis-ähnlichen Belemniten, der im Hilsthon bis ın die tief- sten Schichten so überaus häufig ist. — Am Lehnshop hat sich ausserdem, jedoch selten, ein anderer kleiner Ammonit von + Zoll Durchmesser gefunden, der mit einer Form, die wir, ın dunkelgrauem Kalkmergel versteinert, vom Dr. Kranz als Ammonites Deshayesi LEeym. von Auxerre erhalten haben, völlig und mit der Zeichnung bei D’ORBIGNY Tab. 85, 1 is 2 (jedoch nicht mit Tab. 47, dem Am. conso- brinus, der im Prodrome mit Am. Deshayesi als Am. fissi- costatus Pnır. vereinigt wird,) so ziemlich übereinstimmt. - Eine Grenze zwischen diesem oberen Theile des Hilsthons und seinen tieferen Lagen, die, wenn auch meist sparsam, 513 doch entschiedene Formen des Hilsconglomerates umschlies- sen, wissen wir für jetzt nicht zu ziehen, vielmehr scheint der Hilsthon von oben bis unten ein Ganzes zu sein. Nun ist in Frankreich nach Herrn Ewa» der Am. Nisus auf die Aptmergel beschränkt, Am. Deshayesi aber für die Ancylo- ceras-Schichten bezeichnend (s. d. Zeitschr. Bd. II. S. 459 und 476), und versetzt derselbe beide Ablagerungen in den unteren Gault. Der Hilsthon enthält somit in seinem obersten Niveau entschiedene Formen des untersten Gaults, und muss angenommen werden, dass jener zu oberst den untersten Gault (Terrain Aptien p’ORrB.) repräsentirt. Un- terstützt wird diese Annahme noch dadurch, dass sich ım obersten Hilsthone an einer dritten Lokalität, nämlich in den Thongruben am Bohnencampe bei @uerum unweit Draun- schweig mehrfach der Ancyloceras (Hamites) gigas Sow., Stücke bis zu 4 Zoll Höhe, gefunden hat, und die Ancyloceras- Schichten direkt andeutet. Doch hat noch nicht ermittelt werden können, ob diese dritte Lokalität genau dasselbe Niveau einnimmt, als jene ersten beiden. Jedenfalls ist ein etwaiger Unterschied sehr unerheblich. Eine unmittelbare Ueberlagerung dieser jüngsten Schich- ten des Hilsthons durch den Quader steht nun freilich nicht zu beobachten, weil eine Bildung des letztern an den ge- dachten drei Stellen nicht stattgefunden hat; lässt man aber zu, dass innerhalb wie ausserhalb des Bereichs des Quader- gebirges, d. h. des wirklichen Quadersandstein- Absatzes, die obere Grenze des Hilsthons in einen gleichen Zeitab- schnitt fällt, so wird damit, in Erwägung, dass der sub- hercynische Unter- Quader auf Hilsthon ruht, die Schicht g des obigen Profils aber unterteuft, das Alter dieses Quaders der Art ermittelt, dass solches zwischen den Apt- (An- cyloceras-) Schichten und dem oberen Gault liest. — Die wunde Stelle in dieser Darstellung betrifft le- diglich den Umstand, dass, was durch spätere Beobachtun- gen vielleicht noch geschieht, für jetzt nicht erwiesen ist, ob der Hilsthon wirklich überall eine gleiche Zeitperiode um- . 514 fasst, namentlich ob nicht während der Zeit, wo innerhalb des Quadergebirges der untere Quader gebildet wurde, aus- serhalb der oberste Hilsthon sich absetzte. Es dürfte jedoch gerechtfertist sein für jetzt über einen solchen unerwiesenen Synehronismus hinweg zu gehen, und dem Hilsthone, min- destens bis zum Beweise des Gegentheils, durchweg dieselbe Entwickelung beizumessen. Wir glauben hiernach den sub- hereynischen Unter-Quader um so mehr in den unteren Gault verweisen zu müssen, als hiermit die oben erwähnte, durch Herrn Ewa ermittelte Altersbestim- mung des in jenem (Juader gefundenen Ammoniten *) völlig harmonirt. Somit wäre denn der subhereynische Unter-Quader dem Alter nach ebenso verschieden vom sächsischen u. s. w. Üe- noman-Quader, als vom Hils- oder Neocom-Quader des Teu- toburger Waldes. Kehren wir nochmals zum oberen Gault zurück, so scheint derselbe in der Gegend nordwärts vom Harze, wenn auch in etwas anderer Gestalt als bei Bodenstein, eine grosse Verbreitung zu haben. Dort findet sich zwischen dem Flam- menmergel und Hilsthone ein mächtiger grauer, stellenweise etwas sandiger Thon, der am Möncheberg in Norden von Hornburg vom unteren Quader, dem nördlichsten in dieser Gegend, unterteuft wird. Schon längst haben wir diesen Thon auf unseren geognostischen Karten abgegrenzt, doch wussten wir ihm ein bestimmtes Alter nicht beizulegen. Es haben sich darin zeither an organischen Resten nämlich nur *) Ausser diesem Ammoniten hat sich, jedoch noch seltener, im Harzer Unter-Quader der Fuhregge bei Delligsen eine andere Species gefunden, die Aehnlichkeit mit Am. tardefurcatus Levm. (Mem. de la Soc. geol. V. Tab. 18, 3; »’Orsıesy Tab. 71, 4 bis5 und Pıcrer Tab. 7, 4) hat, den Quessteort Cephal. S. 152. Tab. 10, 13 mit regularis p’OrsB. vereinigt und PıctzTt, als canteriatus Broncn. darstellt. Doch sind in der Quader- Form die Rippen auf dem Rücken, wie es scheint, nicht unterbrochen, mindestens findet eine rinnenartige Vertiefung daselbst nicht statt. Am. tardefurcatus u. s. w. wird (Prodr. I. S.123.) aus dem Gault aufgeführt. Bei erwiesener Uebereinstimmung würde dieses Vorkommen der obigen Altersbestimmung nicht entgegen stehen. 515 kleine Belemniten, an einigen Lokalitäten recht häufig, zum Theil schlank zugespitzt, zum Theil abgerundet und etwas keulenartig, gezeigt. und legten wir auf diese Formen kein grosses Gewicht. Seitdem aber entschiedener Gault bei Bo- denstein erkannt ist, nehmen wir keinen Anstand jene klei- nen Belemniten für den Belemnites minimus Liısr., mit dem sie in der That, wie die bei Zodenstein, nach weiterer Un- tersuchung völlig übereinstimmen, — auch die Rinne unten an der Alveole und die beiderseitigen Seitenlinien fehlen nicht, — anzusprechen und damit die gesammte Thonabla- gerung für Gault zu erklären. Besondere Aufschlüsse las- sen in der Folge darin vielleicht noch andere Gault-Formen aufiinden. Zusammenhängend ist dieser Thon in zwei grös- seren Partien zu verfolgen, nämlich am nördlichen Abhange des Fallsteins, von Aoclum ab, in Norden von Timmern und Kalme durch, über den Vorberg bei @ross-Biewende, dann westlich von Zornum und von hier über Börsum bis zum grossen Bruche bei Hornburg; — und ferner am südlichen Rande des Elms, von Sickte ab über Volzum, Hachum, Bi- lum, Bansleben und bis vor Schöppenstedt. Als Resultat der vorstehenden Erörterungen stellt sich also Folgendes heraus: 1) Im subhereynischen Quadergebirge tritt bei Boden- stein typischer oberer Gault auf. 2) Der Gault hat im Norden des Harzes, jedoch ohne Mannigfaltigkeit in organischen Resten, eine erhebliche Ver- breitung. 3) Der Flammenmergel liegt über oberem Gault und gehört zur oberen Kreide. 4) Der Hilsthon, unten entschieden Neocom, umschliesst oben organische Reste des unteren Gaults, der Aptmergel und Ancyloceras-Schichten. 5) Der subhercynische Unter-Quader liegt zwischen Hilsthon und oberem Gault, und ist mit dem unteren Gault zu vereinigen. [Z 516 2. Geognostische Schilderung des westlichen Theils des im Königlich Preussischen Kreise Wetzlar gelegenen Gebirgsdistriktes zwischen der Dill und der Lahn. Von Herrn v. Klıpstein ın Giessen. Hierzu Taf. XIII. und XIV. Aus einer speciellen Bearbeitung des Königlichen Krei- ses Wetzlar heben wir behufs einer besonderen vorläufigen Mittheilung um so mehr den äussersten westlichen Theil des- selben hervor, als derselbe eine eben so interessante und be- lehrende Reihe von, den Metamorphismus begleitenden Er- scheinungen bietet, wie er sich durch seltene Mannigfaltigkeit und Eigenthümlichkeit der vielfach wechselnden eruptiven, metamorphischen und normalen Gesteine auszeichnet. Die letzteren sind, abstrahirt man von dem im äussersten Nord- westen vorliegenden Grauwackenschiefergebirge, so zurück- gedrängt, dass sie im Bereiche des über den bei weitem grösseren südlichen Theil ausgebreiteten metamorphischen Gebirges nur sehr vereinzelt und meistens in einem von ihrer ursprünglichen Beschaffenheit sich schon mehr oder weniger entfernenden Zustande erscheinen. Die Gebirgspartie, um deren Darstellung es sich hier handelt, bildet auch die westliche Hälfte des Distriktes zwi- schen der Dill und der unteren Lahn, einer dem Plane unter- liegenden Gebirgsabtheilung, auf welchen wir unsere specielle geognostische Bearbeitung des Grossherzogthums Hessen und des Königlich Preussischen Kreises Wetzlar begründeten, und dessen ausführliche Darlegung wir uns an einem ande- ren Orte vorbehalten. Als östliche Begrenzung derselben wurden die Zhringshausen gegenüber mündende Mühlbach, eine Linie von ihren Quellen am östlichen Gehänge des . 517 Kesselberges, bis zu den Quellen des östlichen Seitenthäl- chens des Heiligenbachgrundes, und dieser bis zu seiner Mündung in das Lahnthal angenommen. Die ganze Gebirgs- fläche, welche westwärts derselben zwischen der Dill und der Lahn bis zur Nassauschen Grenze sich erstreckt, um- fasst das hier zu beschreibende Gebiet. Bei Weitem der grössere Theil desselben wurde versucht auf der beigegebe- nen Karte darzustellen. Nur der kleinere östliche Theil fällt den Sektionen Gladenbach und Wetzlar der grösseren geognostischen Karte noch zu, mit deren Herausgabe bereits begonnen wurde. Die niedrigste Partie oder den äussersten östlichen Theil des ganzen Gebirgsdistriktes zwischen der Dill und der Lahn bildet in sehr flachen Formen das Schalstein- und Dolomitkalkgebirge des Klosterwaldes und von Altenberg. Von ihr steigt das Gebirge, die flachen Formen zum Theil noch bis zu der oben eingeführten Begrenzung des Mühl- und Heilisenbaches beibehaltend und vorwaltend aus mannig- fachen Schalsteinbildungen mit isolirten Grünsteinen beste- hend, allmälig höher an bis zu dem unter den Basalten des Westerwaldes verschwindenden Grauwackenschiefer, dem Lie- senden der ganzen gegen die Dillspitze vorliegenden Schich- tenreihe, so dass wır es hiernach mit dem erhabensten Theile dieses Gebirgsdistriktes zu thun haben. Gleichzeitig aber verschwinden mit den mehr zusammenhängenden Schalstein- bildungen die fiacheren Formen. Die in dem hier zu be- handelnden westlichen Theile des Distriktes in grösserer Ausdehnung und mehr zusammenhängend verbreiteten Erup- tiybildungen haben eine wesentliche Aenderung des Gebirgs- reliefs zur Folge. Mit den steileren Umrissen findet sich zugleich mehr Regellosigkeit und Abwechslung in densel- ben ein. Bei Weitem der grössere südöstliche Theil unseres Ge- bietes besteht, wie bereits angedeutet, aus eruptiven und metamorphischen Bildungen. Eine mächtige und weit ver- zweigte, vorzugsweise Diabase und Hyperite umschliessende Zeits. d. d. geol, Ges. V, 3, 34 518 Grünsteinmasse constituirt hier die höheren Gebirgstheile. Man kann die hohen Rücken des Hauksteins, so wie die Plattform, über welche sich die Basaltkuppe des Kesselberges erhebt, als den Knoten dieser Grünsteinmassen betrachten. Von hier verbreiten sich die unmittelbar von demselben aus- gehenden und zusammenhängenden Grünsteinmassen nord- östlich über den Mühlbachskopf, den Hohenhauk, nach dem Dillthal abfallend und hier an den unteren flachen Abfällen auf der rechten Mühlbachseite in verschiedenen gangförmigen Ausläufern durch Schalsteine und Thonschiefer sich verzwei- gend. In ansehnlichen Massen noch auf die rechte Mühl- bachseite hinübersetzend, bilden sie hiernach den grössten Theil des Gebirges an der Abigenseite und des Himmels- berges. Ein nicht minder bedeutender Zug dieses Grünstein- gebirges erstreckt sich vom Haukstein aus in südlicher Rich- tung. Nachdem es auf dem niedrigen Passe zwischen dem Haukstein und dem breiten Rücken, welchen das Allendorfer Waldgebirge über den Lungerkopf hin bildet, beträchtlich eingeengt ist, gewinnt es plötzlich wieder eine sehr beträchtliche Ausdehnung, einerseits südwärts über den Lungerkopf, das Stockhäuser Waldgebirge, über den nördlichen Theil des Lohrberges und von diesem wieder östlich nach dem Schlag- müllerskopf bis zum unteren Heiligenbachthälchen sich aus- breitend, um auf dessen linker Seite noch die höchst ausge- zeichneten Hyperitmassen der Kreideweissseite zu bilden — andererseits südwestlich noch in miehreren Zügen nach der Ulmbach herabsetzend,. um hier an einem der ausgezeichnet- sten Gebirgsmassenprofile Theil zu nehmen, welche das von eruptiven Gesteinsbildungen durchsetzte Gebirge des ganzen östlichen rheinischen Uebergangsgebietes nur zu bieten vermag. Ausser diesem grösseren zusammenhängenden Grünstein- gebiete, welches grösstentheils von rothen Schiefern und von Schalsteinen umgeben ist, findet sich eine Reihe über Tage isolirter Grünsteinmassen ein, von welchen sich jedoch meistens ein sehr wahrscheinlicher Zusammenhang mit jenen annehmen 519 lässt. Zu den ansehnlicheren gehören die des Kernberges und des Daubhäuser hohen Waldes, von welchen die letzte- ren, so wie die meisten übrigen von dem oben erwähnten Profile des Ulmthales durchschnitten werden und hier wohl nur allein den interessanten Gebirgsmassenwechsel desselben hervorgerufen haben. Höchst mannigfache Schalsteine, me- tamorphische Schiefer und Kalkbildungen sind ihre treuen Begleiter und umschliessen sie, oder finden sich zwischen denselben in Massen von sehr abweichender Mächtigkeit ein. Auch sie treten im Ulmthale, so wie in einem kleineren Profile des Lahnthales zwischen Stockhausen und dem Heili- genbachgrunde am deutlichsten hervor. *) Im Liegenden der metamorphischen Gebirgsmassenfolge breitet sich im äussersten nordwestlichen Theile unseres Ge- bietes Grauwackenschiefer als Fortsetzung des auf der linken Dillseite gegenüberliegenden älteren Grauwackengebirges des rheinischen Systems aus und bildet bier in mehreren so ziem- lich den Hauptstreichen folgenden langen Rücken das zwi- schen der Ulm und dem Dillthal nach dem zusammenhän- senden Basaltgebiet des Westerwaldes höher aufsteigende Gebirge. Das letztere setzt in zwei durch das Ulmthal ge- trennten Partien über die Nassauische Grenze auf unser Ge- biet in der Art herüber, dass das Grauwackenschiefergebirge zum grösseren Theil von der nördlichen dieser Basaltpartien in der Richtung des Hauptstreichens, von der südlichen da- gegen der andere Theil in der Querlinie, — dass ferner der grössere Theil der eruptiven und metamorphischen Gebirgs- *) Diese beiden höchst instructiven Durchschnitte, so wie etwa auch noch das Mühlthal haben uns überhaupt die Basis für unsere Beobach- tıngen mehr im Innern des Gebirges geboten. Die hier gewonnenen Anhalte gestatteten nur allein die Auffassung eines klareren Bildes der horizontalen Massenausdehnung, wie wir dasselbe auf der Karte auszu- führen versucht haben. Ohne sie würde uns die zusammenhängende und meistens üppige Waldvegetation, welche sich über diese Gebirgs- gegend ausbreitet und nur sparsame Anhalte im Innern derselben bietet, kaum gestattet haben, die schwierigen und verwickelten Verhältnisse ih- rer geognostischen Constitution auch nur einigermaassen zu enträthseln. 34* 520 massen in der Querrichtung von der südlichen Basaltpartie begrenzt werden. Ausser dem zusammenhängenden Basaltgebiete treten theils mehr. in der Nähe desselben (wie der Greifenstein, einige die Grauwacke auf der linken Seite des Ulmthals und eine auf der rechten dicht bei Allendorf das metamorphische Gebirge durchsetzende) theils weiter von ihm entfernt (der Kesselberg, eine über Hyperiten befindliche Kuppe im Stock- häuser Wala und ein richt anstehend bestätigtes Vorkom- men am Doppelsberg bei Daubhausen) verschiedene isolirte basaltische Massen auf. Auch in der östlichen Hälite des Gebirgsdistriktes zwischen der Dill und Lahn wiederholen sie sich noch in den Basaltkuppen der Bieler und Leuner Burg und einem sehr unansehnlichen Hügel nordwestlich Oberbiel. Zuletzt verdient als vulkanische Bildung das von dem Bergverwalter GoLLEnsorsT aufgefundene noch nicht genau bestätigte Vorkommen von Bimssteinsand in der Nähe von Allendorf hier noch erwähnt zu werden. Nach diesem allgemeinen Ueberblick zur speciellen Be- trachtung unseres Gebirgsgebietes übergehend, lassen wir es für dieselbe in die nachfolgenden Unterabtheilungen zerfallen. 3 Gebirge zwischen dem Stockhäuser Grunde und dem Heiligenbach. Die in nicht sehr fiachem Bogen sich darstellende Linie, welche man sich von den Quellen des Stockhäuser Thales über die der südlichen Seitenrinne der Eidebach zwischen dem Haukstein und dem Kesselberg durch die diese Gebirgs- massen trennende Schlucht zwischen ihrem östlichen Abfalls- rücken herab nach den Quellen des Kaisersgrundes (östliche Seitenrinnen des Heiligenbaches) gezogen denkt, nehmen wir als nördliche Grenze der zwischen den genannten kleinen Seitenthälchen der Lahn liegenden Gebirgspartie. Hiernach bildet der Rücken des Hauksteins den nördlichen und zu- gleich den höchsten Theil derselben. Von diesem aus bildet »21 das Gebirge ziemlich steile Abfallsrücken südöstlich nach der hinteren Heiligenbachrinne, während der hohe Rücken des Hauksteins gegen Süden fast nicht minder steil einer flachen Mulde zufällt, aus welcher sich ein breiter Rücken erhebt, welcher‘ anfangs in einer mehrere flache Kuppen tragenden Plattform sich ausbreitend, unter nicht sehr steilen Abfällen nach den beiden Thälchen herab sich verzweigt. Weiter südwärts gegen den Lohrberg steigt das Gebirge mit zuneh- mend steileren Umrissen etwas höher an und bildet meh- rere unter regellosen Formen süd- und südostwärts sich er- streckende Verzweigungen, von welchen die bedeutendere mit dem unter steilen Abstürzen vom Lahnthal begrenzten Lohrberg endigt, die andere dagegen in einigen niedrigen Terrassen, von welchen der Schlagmüllerskopf zunächst dem Lohrberg sich anschliesst, in den unteren Heiligenbachgrund vorspringt. Dieser kleinen Gebirgsabtheilung fällt der südliche Theil des bereits erwähnten zusammenhängenden grösseren Grün- steingebietes zu, dessen Ausdehnung und Begrenzung vom Hauksteinüber den Lungerkopfnach dem Lohrberg aufder Karte am besten übersehen wird. Auf der westlichen und östlichen Seite der Grünsteinmasse des Hauksteins legen sich, die un- teren Gebirgsabfälle bildend, und von beiden Seiten her den Grünstein auf der Höhe des Gebirgspasses, über welchen die Strasse von Allendorf nach dem Heisterbergerhof führt, beträchtlich einengend, rothe Schiefer an, welche sowohl ge- gen den oberen Heiligenbach als wie auf der entgegenge- setzten Seite an dem mittleren fachen Gehänge gegen 4/- lendorf eine nicht unansehnliche Ausdehnung erlangen und im oberen Heiligenbache von einigen theils isolirten Grün- steinen durchsetzt werden. ] Auf der Südseite schliesst sich dem Grünsteingebiete oder vielmehr den Hyperitmassen des hinteren Lohrberges eine aus mannigfachen Schalstein-, Variolit-, und Kalkdia- basen bestehende Gesteinsfolge an, welche über den vorderen Lohrberg sich erstreckend ein sehr deutliches das Lahnthal 522 beinahe diagonal durchsetzendes Profil gewährt, mit dem wir die speciellere Darlegung unserer Beobachtungen über die- ses kleine Gebiet beginnen wollen. Schon auf der rechten Seite an der Mündung des Stock- häuser Gründchens in die Lahn treten dunkelgrüne Grau- wackenschiefer mit Schalstein wechselnd unter dem Lehm des Diluviallandes hervor. Mächtiger und entwickelter aber legt sich dieser Grauwackenschiefer auf der linken Seite des Thälchens an, zumal an der Stockhäuser Mühle Er ist hier weniger dunkel von Farbe, aber glimmerreicher und schiefriger. Ihm folgt von Neuem im Hangenden grünlich- grauer Schalstein, dann ein 2 bis 2% Lachter mächtiger lager- hafter, körniger, nicht sehr deutlich gemengter, grünlichgrauer Diabas. Im Hangenden desselben wiederholt sich der Grau- wackenschiefer, von der Diabasmasse durch eine mit Kalk- spath erfüllte Kluft von 4 bis 6 Zoll Dicke getrennt. Dieser Kalkspath besitzt das eigenthümliche schalige Blättergefüge und den Glanz, welche ihn als Schieferspath charakterisiren. Im Grünstein eingeschlossene Keile des Grauwackenschiefers sind zu Hornwacke umgebilde. Dann folgt im Hangenden des letzteren zuerst ein sehr ausgezeichneter an Kalkspath überaus reicher rothbrauner Schalstein, sehr häufig stark abgerundete nussgrosse Fragmente eines festen höchst fein- körnigen röthlichgrauen Kalkdiabases umschliessend, 15 bis 20 Lachter mächtig und übergehend nach der hangenden Seite in ein ganz eigenthümliches nur etwa halb so mächti- ges porphyrartiges Gestein, dessen Grundmasse durch Farbe und schiefrige Struktur dem gewöhnlichen Schalsteinschiefer sehr nahe steht, aber doch wohl mehr als ein schiefriger Grünstein angesprochen werden darf. Feldspathkrystalle (An- orthit?) von sehr verschiedener Grösse bis zu 5 Linien lang sind ihm in ziemlich gleichmässiger Vertheilung durch die ganze Masse eingemengt. Ihm lehnt sich dann eine unge- fähr gleich mächtige grünlichgraue Variolitmasse an. Diese Schichten erheben sich bis dahin mit abfallendem Niveau des Ausgehenden nach dem höheren Theil des vor- 523 deren Lohrberges, der aus einem meistens stark aufgelösten aphanitischen Mandelstein besteht, welcher .die grösste Breite unter den in diesem Profil wechselnden Schichten einnimmt. Ihm folgt nun am Nordost-Abhange des Lohrberges in das Heiligenbachthal eine Reihe meist feinschiefriger Eisenschal- steine, welche durch die Mulde zwischen dem vorderen und hinteren Lohrberg durchsetzen und gegen Nordwesten oder im Hangenden von der sehr ausgedehnten und mächtigen Grünsteinmasse des hinteren Lohrberges, auf dem Hyperit des Schlagmüllerskopfes am Austritt der Heiligenbach be- grenzt werden. In dieser Schalsteinpartie setzt ein ausnehmend reiches Eisensteinlager auf, dessen Mächtigkeit man aus Mangel an Aufschluss bis jetzt noch nicht kennen lernte. Am östlichen Abhange des Lohrberges, wo es unter hor. 2 mit ostsüdöstlichem Einfallen zu Tage erscheint, baut darauf . die Grube Bernhard und man gewinnt daselbst vorerst die Eisensteine durch eine auf dem Streichen aufgefahrene Ta- gesrösche am Ausgehenden des Lagers, welches hier ein eigenthümliches Verhalten zeigt. Die Lagermasse, welche am ÖOrtsstoss beinahe 4 Lachter mächtig ansteht, und im Liegenden den Mandelstein des vorderen Lohrbergkopfes hat, bis zum Hangenden jedoch noch nicht aufgeschlossen ist, ist am Ausgehenden gänzlich zertrümmert und verunreinigt mit tauben Gesteinsmitteln (Schalstein, wahrscheinlich vom Hangenden). Seinem grösseren Volumen nach besteht es jedoch aus einer rothen stark eisenhaltigen lettigen Masse, welche eine Menge Trümmer sehr reinen Rotheisensteins umschliesst. Man beobachtet in einiger Entfernung vom Hangenden allenthalben braunen Eisenschalstein. Der Con- takt desselben mit dem Lager ist jedoch nirgends bloss ge- lest, weshalb auf eine sehr beträchtliche Mächtigkeit der Lagermasse geschlossen werden kann. Auch ihr Aushalten ins Feld ist nicht unbeträchtlich. Bereits hat man sie durch Versuche verfolgt durch die Mulde zwischen den beiden Lohrbergen hindurch bis in den Stockhäuser Grund. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die eigenthümliche Zertrümme- 524 rung und Verunreinigung am Ausgehenden abwärts sich ver- liert und das Lager zuversichtlich noch über der Sohle eines vom Lahnthale herauf in der Querlirie zu führenden tiefen Stollens, mit welchem leicht 30 bis 40 Lachter Teufe einge- bracht werden können, ganz edel auszurichten wäre. Betrachten wir nun zunächst das nordwärts dieser im Lahnthale entblössten Schichtenfolge zwischen dem Stock- häuser Gründchen und dem Heiligenbachthale aufsteigende Gebirge nach seiner äusseren Gestaltung und seiner Zusam- mensetzung und beginnen mit seiner nördlichsten und höch- sten Partie des Hauksteins, so verfolgen wir dasselbe von diesem aus am Zweckmässigsten südwärts über seine mittlere Hauptmasse bis zu dem Lohrberg und reihen alsdann noch einige aus den Beobachtungen an dem östlichen Gehänge bis in das Heiligenbachthal so wie am westlichen in das Stockhäuser Thal herab sich ergebende Resultate an. Eine nicht sehr breite Mulde scheidet das Gebirge des Kesselberges von den südwestlich nahe gegenüberliegenden Grünsteinmassen des Hauksteins und Schneissenkopfes, wel- che jenes an Höhe zu übertreffen scheinen. Die letzteren selbst sind durch eine tiefe Schlucht getrennt, welche in die südwestliche Seitenrinne der Aidebach ausläuft. Der breite Höhenrücken des Hauksteins sendet einen Gebirgsarm süd- östlich gegen den Heisterbergerhof, einen zweiten südwärts über den Lungerberg nach dem Lohrberg und einen dritten über den Eichwaldskopf. Diese Massen hängen mit dem flachen hohen Rücken, welcher den Kesselberg trägt und südöstlich, nördlich und nordwestlich die Verzweigungen des nach der Leuner Kuppe abfallenden Gebirges, des Hohen- hauks, des Saustallkopfes und des Daubhäuser hohen Waldes entsendet, zusammen, oder laufen vielmehr zu einer theils in einem Plateau (östliche, nordöstliche und nördliche Partie des Grünsteingebirges um den Kesselberg)) theils in mehren Kuppen und hohen Rücken über dasselbe hervortretenden Centralmasse zusammen, in welcher sich die Hauptgrünstein- Bildungen des ganzen Gebirgsdistriktes vereinigen. 525 Ein massenhaftes Auftreten derselben findet nicht allein in den nahen Umgebungen des Kesselberges, sondern zumal südlich desselben über den Schneissenkopf nach dem Hauk- stein und von diesem über den Lungerkopf durch den Allen- dorfer und Stockhäuser Wald nach dem Lohrberg hin statt. Obwohl in der näheren südlichen und östlichen Umge- bung des Hauksteins die dichte und geschlossene Waldvege- tation nur wenig anstehendes Gestein hervortreten lässt, so verräth sich die geognostische Constitution dieses Gebirges doch durch die an der Oberfläche sich vorfindenden mannigfa- chen Diabasfragmente und die vielen Eisenkieselblöcke, welche von der Höhe des Gebirgspasses zwischen dem Haukstein und der Plattform des Kesselberges am Abhange des Phi- lippshauks herab bis in die das Gebirge des Hauksteins von dem des Kesselberges trennende oberste Rinne des Heili- genbachthälchens und in dieser wieder weit herunter liegen bis über die vom Haukstein herabkommende Seitenrinne hin- aus. Am letzteren dagegen, sowie am Schneissenkopf, tritt ein feinkörniges Diabasgestein mit stark vorwaltendem La- brador in niedrigen Felsen hervor und bedeckt, in zahllosen Blöcken sich zerstreuend, die obersten Abhänge. Da, wo das südliche Gehänge des Hauksteins in den ungleich niedri- geren über den Lungerkopf nach dem Lohrberg fortziehenden Rücken sich verflächt, treten plötzlich rothe Schiefer hervor und setzen, hier fast die ganze Breite des Rückens einneh- mend, auch an den Abhängen besonders aber in das Thal gegen den Heisterbergerhof herab, wo sie sich, durchsetzt von gangförmig sich verbreitenden Grünsteinbildungen, über das niedrige Terrain ausbreiten, welches von den verschiedenen Seitenthälchen der Heiligenbach durchschnitten wird. Die rothen Schiefer, öfters unterbrochen von grauen, sind zumal sehr deutlich anstehend auf der Höhe des Rückens im Hauptwege von Allendorf nach Heisterberg. Hier sieht man ihre Schieferung unter hor. 4 mit steilem südöstlichen Ein- fallen. Fast auf der Mitte der Höhe sind sie von einer wohl kaum 10 bis 16 Lachter breiten gangförmigen Grünstein- 526 masse durchsetzt, deren Streichen mit der Längenrichtung des Hauksteinrückens zusammenfällt und unzweifelhaft die hier sehr stark sich einengende Fortsetzung dieser mächtigen Diabasmasse bildet. Kaum einige 100 Schritt über den ge- gen Süden von neuem ansteigenden flachen Hauptrücken des Gebirges sie verfolgend, gewinnt sie sehr schnell wieder eine grössere Breitenausdehnung. In einer Reihe von Fels- küppeln hervortretend nimmt sie immer mehr den Charakter eines deutlichen Diabasgemenges an, in welchem die meist mittelkörnigen Gemengtheile ausgezeichnet scharf sich son- dern und der grösstentheils vorwaltende Labrador nicht sel- ten in seinen lamellenartigen Krystallen aus dem krystallini- schen Gremenge hervorglänzt. Weiter südwärts über den Lungerkopf hin gewinnt das Diabasgebirge stets mehr an Breite und nimmt hier fast den ganzen Gebirgsrücken zwischen dem Stockhäuser und Hei- ligenbachthale ein. Zugleich werden die Bestandtheile stel- lenweise noch grobkörniger und nehmen Hypersthen auf, wie zumal um den Lungerkopf, über welchen sehr ausge- zeichnete Hyperitgesteine, nicht allein südlich nach dem Lohrberg hin, sondern auch nach Osten und Westen in die mehrfach genannten kleinen Thäler herab beobachtet werden. Gegen den hinteren Lohrberg gehen diese Hyperite wieder in bald kleinkörnige bald mittelkörnige, jedoch stets fast sehr deutlich gemengte Diabasgesteine über. Am steilen Abhange gegen die Terrasse des Schlagmüllerkopfes jedoch sieht man an die Stelle der Augitkörnchen wieder Hypersthen treten. Hyperitgesteine kommen, wie schon erwähnt, stellenweise hier sehr ausgezeichnet vor, zumal aber der Kreideweissseite gegenüber und an dem südlichen Abhang gegen die Bucht, welche das Lahnthal zunächst der Mündung des Heiligen- baches bildet, wo er in vielen Blöcken herab biegt. Am Wege, welcher von der Grube Bernhard herab in das Lahn- thal führt, steht er in sehr aufgelöstem Zustande an. Auf der Ostseite fällt der auf der Höhe meist flache, nur durch einzelne sphärische Kuppen unterbrochene, vom Haukstein 527 und Kesselberg auslaufende Hauptseitenrücken meist steil in den Gebirgskessel des oberen Heiligenbachthales. Besonders steil aber sind die Abfälle des hinteren Lohrberges nach die- sen Seiten. Sie fallen jedoch nicht unmittelbar dem vorde- ren Heiligenbachthälchen zu, sondern bilden in dem noch aus Hyperit bestehenden Schlagmüllerskopf einen terrassen- artigen Vorsprung gegen dasselbe. Dieser verbindet sich mit den Hyperitmassen der Kreideweissseite auf der linken Seite des Heiligenbachthälchens und erreicht mit dieser die äusserste östliche Partie dieses ausgezeichneten Diabas- und Hyperitgebirges. Die südlichen Abfälle des hohen Rückens vom Kesselberg, so wie der nach der östlichen Seite abfal- lende Seitenrücken des Hauksteins, bestehen tief herab aus Grünstein. Obwohl die zusammenhängende Waldvegetation auch hier nur höchst sparsam Entblössungspunkte übrig ge- lassen hat, so verrathen doch häufige Trümmer das Vorhan- densein desselben. Bald sind es aphanitische Mandelsteine, besonders mehr nach dem Kesselberg herauf, bald Diabas- gesteine mit denen des Hauksteins und des Schneissenkopfes zum Theil übereinkommend. In den beiden hoch am Ge- birge herauf sich ziehenden Rinnen des östlichen Heiligen- bachthales, von welchen die eine nordwärts beinahe bis auf die Höhe des Kesselbergrückers, die andere nach dem Passe, welcher zwischen dem Haukstein und dem Schneissenkopf durchgeht, sich heraufzieht, sieht man diese Trümmer überall, und in ersterer mit zahlreichen Eisenkieselfragmen- ten vermengt. Diese Grünsteinmassen stehen in Verbindung mit den weiter südlich über die Bielerburg nach der Abig- seite hin sich forterstreckenden, und bilden so in ihrem Zu- sammenhange mit den nordöstlich einerseits nach dem Him- melsberg und andererseits über den Mühlbachkopf nach dem Hohenhauk und Kernberg, dann nördlich über den Saustalls- kopf nach dem Daubhäuser Hohenwald hinziehenden, und mit den südlich mit ihnen zusammenhängenden Hyperitmassen (wie wir bereits andeuteten) eine der ausgedehntesten Grün- steinpartien im östlichen Theile des rheinischen Uebergangs- 528 gebirges, die sich von der nassauischen Grenze aus, (über die sie sich übrigens noch weiter fort erstreckt) bis zu ihrem äussersten nordöstlichen Ende am Himmelsberg wohl bei- nahe 3 Stunden in die Länge erstreckt. Der Thonschiefer, welcher, abgesehen von den isolirt in ihm auftretenden meist wohl ihn gangförmig durchsetzenden Grünsteinbildungen, den grösseren Theil des Gebirgskessels um den Heisterberger Hof einnimmt, zieht sich zu beiden Sei- ten, besonders aber an der westlichen des mehrfach erwähn- ten flachen Gebirgspasses, welcher sich vom Haukstein süd- lich erstreckt, bis auf dessen Höhe, wo wir ihn bereits am Wege nach Allendorf als deutlich anstehend anführten, und bildet nach dieser Seite eine tiefe Bucht zwischen dem Grün- steingebirge; auch weiter südlich des Heisterberger Hofes breitet er sich über die niedrigen Höhen, welche hier zwi- schen den oberen Rinnen des Heiligenbachthälchens den er- wähnten Gebirgskessel bilden, bis zu dem steilen Gehänge des Grünsteingebirges aus. Der vordere Theil des Heiligenbachthälchens führt den Namen Thiergartengrund bis zur Theilung des Thälchens am Wiegertsberg, wo das rechts herabkommende Gründehen (der Kaisersgrund) und das links nach dem Heisterberger Hof hinaufgehende weiter oben noch in mehrere kleine Rinnen sich zertheilen und in ihrem unteren Theile bis zum Heister- berger Hof von niedrigen flachen Höhen umgeben sind, wel- che abwechselnd theils aus Schalstein und Schiefer, theils aus Grünstein bestehen und eine grössere Gebirgsvertiefung bilden, die nordwärts hinter dem Heisterberger Hofe ‘von dem schnell sich erhebenden hohen Gebirgsrücken umschlos- sen ist, der sich von der Leunerburg nach dem Kesselberg erstreckt. Gleich hinter dem Schlagmüllerskopf tritt auf der rech- ten Seite des Thiergartengrundes, da wo die vordere Schlucht desselben endet, unter dem Hyperit Schalstein hervor. Es ist ein meist stark aufgelöstes, bald feinschiefrigkörniges, bald mehr grobschiefriges Gestein mit unregelmässig flachen Wel- . 529 lenbiegungen zum Theil mit grossen helleren Flecken (zer- störte reinere Talkausscheidungen?) auf.dunklerem gelblich- braunen Grunde, “welches bis kurz vor dem Heisterberger Hof anhält, bis dahin aber von einigen isolirten Grünstein- massen durchsetzt wird. Die erste tritt am Wiegertsberge, oder vielmehr am äussersten Ende der niedrigen Grebirgs- zunge hervor, welche vom Kaisersgrund und dem hinteren Heiligenbach- (Heisterberger) Grund eingeschlossen ist. Sie ist auf der anderen Seite zunächst im Wege nach dem Heisterberger Hof wieder entblösst, aber hier nur gegen 2 Lachter mächtig und nicht weit in ihrer südwestlichen Richtung zu verfolgen. Den äusseren Verhältnissen zufolge scheint es, als wenn diese Masse die sie umgebenden Schie- fer und Schalsteine gangförmig durchsetzte. Sie besteht aus einem sehr feinkörnigen Kalkdiabas, welcher nicht allein den Kalkspath in sehr verschiedenem Umfang als Mandeln ausscheidet, sondern dessen Grundmasse auch stark von dem- selben imprägnirt ist. Die andere Grünsteinpartie tritt in kurzer Entfernung nördlich von dieser rechts vom Wege nach dem Hofe in einer niedrigen flachen Kuppe hervor. Das Gestein, obwohl stark aufgelöst, lässt ein grobkörniges krystallinisches Gemenge erkennen, welches jedoch von dem naheliegenden Hyperit des Schlagmüllerskopfes und der Kreide- weissseite verschieden zu sein scheint. Eine genaue Be- stimmung der Bestandtheile nach äusseren Merkmalen lässt der weit vorgerückte Zersetzungszustand nicht zu. Am gegenüberliegenden Abhange des Thälchens finden sich Fragmente desselben Gesteins und es scheint auch diese Masse lagerhaft den Schalstein und vielleicht auf der Nord- seite Thhonschiefer zu durchsetzen; denn dieser wird gleich oberhalb am ersten Heisterbacher Teich anstehend‘ ge- funden. Südlich vom Heisterberger Hof geht der graue Schiefer in diesen rothen Eisenthonschiefer über, welcher nördlich desselben zumal um den zweiten Teich herum sehr deutlich zu Tag geht und durch welchen grade dicht am Ufer dieses 530 Teiches ein kleiner Versuchsschacht wahrscheinlich nach Ei- sensteinen ausgeführt war. In geringer Entfernung nordöstlich Heisterberg tritt aus dem rothen Schiefer eine Grünsteinpartie von sehr kleinem Umfang wohl kaum 3 bis 4 Lachter im Durchmesser hervor und erhebt sich in einer niedrigen Felskuppe kaum 60 Fuss über den Wasserspiegel des nahen Teiches. Schreitet man von diesem aus auf dieselbe zu, so verändert sich schon ın wenigen Schritten die Beschaffenheit des rothen Schiefers merklich. Das Gestein wird dickschiefriger, compakter. Etwas weiter fort nimmt es grünlich- und gelblichgraue Streifen auf, büsst immer härter werdend seine schiefrige Struktur ganz ein, ‚bis man wenige Schritte von der Con- taktfläche des höchst feinkörnigen, anscheinend dichten, dun- kelgrünlichgrauen Grünsteins einen ausgezeichnet schönen bandstreifigen Jaspis *) hat, bei welchem die eisenrothe Farbe des Schiefers in eine lilarothe sich verändert hat. Bis zum Contakte nimmt er an Festigkeit noch zu und verfliesst durch ein sehr festes graues hornsteinähnliches Gestein mit dem Grünstein. Schade. dass nach den anderen Seiten hin zu- mal nordöstlich, wo der Grünstein in eine kleine Plattform des Thonschiefers sich verliert, das Innere nicht weiter blos- gelest ist, um diese denkwürdige Erscheinung in ihrem gan- zen Umfange um das eruptive Gestein herum übersehen zu können. Jedenfalls ist sie im höchsten Grade belehrend, und sind uns nur wenige bekannt geworden, welche den Contakteinfluss der Grünsteinbildungen so evident und klar darlegen. v. Decuen**) erwähnt ein sehr ausgezeichnetes *) Das Vorkommen wahrer Jaspise unter den Contaktprodukten der Grünsteine gehört zu den seltneren. Wir haben zwar in der geognosti- schen Darstellung des Distriktes vom südlichen Hinterländergebirge meh- rere dergleichen, wie zumal vom Fortwald (S. 22) bei Königsberg, vom Junkerwald am Adlerhorst (S. 93) u. s. w. angeführt; doch treten die- selben nicht unter dem ausgezeichneten Verhalten auf, wie das am Heister- berger Hofe. **) Vorkommen des Rotheisensteins und der damit verbundenen Ge- birgsarten in der Gegend von Brilon. Karsten u. v. DECHEN Archiv $.502, 531 Vorkommen dieser Art von Holleman bei Brilon, wo La- bradorporphyr mit Bandjaspis in Contakt tritt. Die um den Heisterberger Hof den Schiefer durch- setzenden Grünsteine fallen durch ihr feines Korn auf und scheinen auch hier zu bestätigen, dass jemehr dieselben in schmalen Räumen oder Gängen andere Gesteinsmassen durch- dringen, sie in demselben Grade einem feinkörnigeren, fast dichten Zustande mehr sich nähern, während diese eruptiven Gesteine in grösseren und freieren Räumen sich ausdehnend, zur Ausbildung eines deutlicheren krystallinischen Kornes hin- neigen. Dieser Unterschied ist grade bei einer Vergleichung dieser fast dichten Grünsteine mit den ausgezeichnet krystallini- schen Diabas- und Hyperitgesteinen, welche in ihrer Nach- barschaft in Kuppen und weit erstreckten Gebirgsrücken auf- treten, recht augenfällig. Die Abhängigkeit der Struktur- verhältnisse eruptiver Gangmassen von ihrer Mächtigkeit ist auch bei anderen Gesteinen mehrfach nachgewiesen und dürfte sich wohl ziemlich allgemein bestätigen lassen. So erwähnt z. B. Corra*) eine Reihe den Granit der Ober- Lausitz durchsetzender Dioritgänge, welche in dieser Beziehung je nach ihrer Mächtigkeit sehr verschieden sich verhalten. Obgleich an den Gebirgsabhängen gegen den Stockhäu- ser Grund hin nur sehr wenig Entblössungen geboten sind, so bestätigen die im unteren Theile desselben gewonnenen Anhalte doch wenigstens annähernd die Fortsetzung eines Theils der Gesteinsfolge, welche wir in dem oben betrachte- ten Profile des Lahnthales kennen lernten. Die dasselbe ober- halb Stockhausen begrenzenden dunkelgrauen Grauwacken- schiefer finden sich auch nach der Stockhäuser Mühle herauf wieder ein. Zunächst an derselben tritt eine das Thälchen stark einengende Grünsteinmasse hervor, theils als Aphanit- mandelstein, theils als sehr feinkörniges Diabasgestein, wel- che Lydite und verhärteten Schiefer in Nestern und Keilen e *) Geognostische Beschreibung des Königreichs Sachsen. Heft Il. S. 28. 532 umschliesst und mit diesen auf der linken Thalseite eine steile felsige Wand bildet. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sie mit dem gleichnamigen Gesteine im Profil des Lahnthals oberhalb Stockhausen in Verbindung steht. Wei- ter oben sieht man einen Labradorporphyr zu Tag gehen, mit deutlichen scharf begrenzten porphyrartig eingemengten Krystallen, welche in Folge des stark in der Auflösung vor- geschrittenen Zustandes der Masse die Merkmale des Labra- dors nicht mehr erkennen lassen. Abgesehen von der Schie- ferstruktur des porphyrartigen Grünsteins aus dem Profile des Lohrberges hat er Aehnlichkeit mit diesem und dürfte wohl auch mit ihm zusammenhängen. Es zeigen sich dann Spuren von verschiedenen Schalsteinen, welche auf eine Ver- bindung mit den Eisensteinschalsteinen im Hangenden und Liegenden des Bernhardszecher Eisensteinlagers deuten. Das starke Ansteigen und die stets flacheren Gehänge im oberen Theile des Thälchens gewähren hier noch weni- ger Beobachtungspunkte. Indessen unterliegt es keinem Zweifel, dass es hier abgesehen von einer aus dem Ulmthal heraufsetzenden schmalen Schiefer- und Schalsteinpartie, wel- che sich im Grünsteingebirge bald zu verlieren scheint, ganz in dem letzteren eingeschnitten sein wird. Wenigstens fan- den wir nur Diabas- und Hyperitgesteine, bald anstehend bald in Fragmenten und zwar in mannigfachen Gesteins- modifikationen. Grosse Blöcke eines ausgezeichneten deut- lich gemengten Hyperites liegen z. B. am Waldsaum unter- halb des vordersten Kopfes, während man oberhalb desselben wieder ein sehr feinkörniges Diabasgestein an den verbote- nen Hecken anstehen sieht. Ohne Zweifel setzen hiernach die Grünsteinbildungen des Stockhäuser und Allendorfer Waldgebirges an den westlichen Abhängen desselben herab bis in das Stockhäuser Thälchen und zertheilen sich hier in zwei breite, durch Schalstein und Schiefer getrennte Par- tien, welche wir im Profile des Ulmthales werden wieder er- scheinen sehen. Zum Schlusse gedenken wir noch der aus Hyperit her- 933 vortretenden isolirten Basaltmasse des vordersten Kopfes. Besteigt man denselben aus dem hinteren Stockhäuser Thäl- chen durch die verbotenen Hecken seinen Weg nehmend, so finden sich unter den Diabasblöcken Basaltfragmente ein, von welchen man sie aufwärts verfolgend bald die Bestäti- gung erhält, dass die flache Kuppe des vordersten Kopfes daraus besteht. Sie ist von beschränktem Umfange und lässt, obwohl eine grosse Menge kurzer Abschnitte unregel- mässiger Basaltprismen sie bedecken, kein anstehendes Ge- stein an ihrer Oberfläche erscheinen. Dieses besteht aus einem ungemein festen splittrigen Basalte mit reichlich ein- gemengtem Olivin und ist merkwürdig durch einzelne sehr deutliche Labradorkrystalle, welche an jene des ihn umgeben- den Hyperites erinnern; bedenkt man die Seltenheit dieser Er- scheinung, so könnte man fast glauben, als seien diese Krystalle durch den Hyperit dem Basalt mitgetheilte Einschlüsse. I. Gebirgsfolge zwischen dem Ulmbach und dem Stoekhäuser Grunde nördlich bis zur Wehrbach und dem Daubhäuser Hohenwalde., Für das Studium lokaler Gebirgsverhältnisse ist bei ei- nem so mannigfachen und ausgezeichneten Gesteinswechsel, wie ihn das mittlere Uebergangsgebirge zwischen der Dill und Lahn auf dem Gebiete des Kreises Wetzlar unter den ohnehin so höchst interessanten Verhältnissen, welche die be- ständig in die sedimentären Schichten eindringenden und sie verändernden abnormen Gesteine darlegen, keine Gelegenheit günstiger als ein tief ausgehöhltes Querthal, wie sie das der Ulm bietet. Nicht leicht dürfte ein schönerer und_be- lehrenderer Querdurchschnitt gefunden werden, als ihn die linke Seite dieses Thales giebt. Der bei kleineren Quer- thälern oft sich äussernde Gegensatz in den äusseren Ge- staltverhältnissen der Gebirgsmassen auf beiden Seiten des „ Ihales hat meist zur Folge, dass während auf einer Seite die Schichten unter deutlicher Entblössung steil aufsteigen, Zeits. d.d, geol. Ges. V. 3. 35 534 dieselben am entgegengesetzten Abhange unter flacheren Uimrissen, theilweise zumal am unteren Gehänge stark mit Gebirgsschutt bedeckt, nur sehr wenige der Beobachtung zugängliche Punkte gewähren. Dies entgegengesetzte Ver- halten findet sich im Thale der Ulmbach in sehr extremer Weise bestätigt. Während das linke Thalgehänge fast allent- halben mit schroffen und felsigen Abstürzen besetzt ist und mit wenigen Unterbrechungen ein zusammenhängendes schö- nes Bild der Schichtenfolge des Schalstein-Eisensteingebirges in seiner mannigfachen Abwechselung mit Kalk- und Schiefer- bildungen und der sie durchsetzenden Grünsteinbildungen bietet, hat man auf dem meistens sanft ansteigenden Gehänge auf der rechten Seite nur wenig Gelegenheit den Fortsatz oder vielmehr die Gegentrume der einzelnen Glieder dieser vielfach abwechselnden Schichtenkette zu bestätigen. Es sind nur einige mächtigere, oder vielmehr in dieser Querlinie eine grössere Breite gewinnende Massen abnormer Gesteine, die hiervon eine Ausnahme machend, auch unmittelbar an der rechten Thalseite höhere und steilere Hervorragungen bilden, von welchen zumal die ausgezeichnete Diabas- und Hyper- sthenfelspartie, welche gleich oberhalb des Bissenberger Thälchens beginnt und bis zum Jungfernberg unterhalb 4/- lendorf sich erstreckt, im voraus um so mehr erwähnt zu werden verdient, da ein [heil dieser Masse als einzige Aus- nahme einer schluchtenförmigen von felsigem Gehänge be- kleideten Verengung des Thales dasteht. Diese Abweichung vom Charakter der ganzen Thalbildung findet aber ihre Er- klärung nicht so wohl in der bedeutenden Mächtigkeit der Gesteinsmasse, sondern vorzugsweise in dem hohen Grade von Festigkeit und Unzerstörbarkeit, welchen dieselbe be- sitzt. Die steilen Wände, welche beinahe die ganze linke Thalseite bis zur Basaltgrenze bei Wallendorf einschliessen, das stete Anschmiegen des Flussbettes an dieselben, und die auffallend flachen rechten Thalgehänge lassen den Gedanken an eine diesem ‘Thale folgende Verwerfungsspalte leicht auf- 535 kommen, bei welcher die linke Thalseite das Liegende und die rechte das Hangende abgeben würde. Das auf Tafel XIV. entworfene Querprofil durch das Ulmbachthal dient zur Versinnlichung der im Nachfolgenden darzulegenden denkwürdigen Verhältnisse. Die niedrige flache Gebirgsterrasse, welche von Stock- hausen über Biskirchen herab bis zur nassauischen Grenze hinzieht, wird wohl zunächst am Tage aus der Diluvialpe- riode angehörenden Schwemmlandabsätzen bestehen. Kalki- ges Lehmland und Geröllmassen sieht man wenigstens nur in den sie durchziehenden Wasserschluchten. Diese scheinen hier bis auf die Ecke an der linken Seite des Stockhäuser Grundes (wo Grauwackenschiefer zu Tage geht) an der Lahn herab das Transitionsgebirge zu bedecken und auch im Ulm- bachthal von seiner Mündung bei Ziskirchen aufwärts in kur- zer Erstreckung die Thalausfüllung zu bilden. Zuerst hin- ter der Biskircher Mühle erhebt sich das Gebirge auf der linken Ulmbachseite zu einem höheren und steileren Absatze und man befindet sich auf einem sehr vollkommen ausgebil- deten Schalsteinmandelstein, welcher bald in einen sehr festen Aphanitmandelstein übergeht, in dem gleich oberhalb der Biskircher Mühle Steinbrüche angelest sind, und welcher unter mehrfachen Uebergängen zu einem sehr festen Grün- stein, in dem sich die Kalkspathmandeln vereinzeln und theil- weise ganz verlieren, anhält bis zum Homberg, der Pitz- mühle gegenüber. Hier treten plötzlich etwas unterhalb der letzteren dunkelgraue deutlich geschichtete Kalksteine wech- selnd mit dünnen Schieferstraten beinahe auf dem Kopfe stehend in hor. 6 unter dem Aphanitmandelsteine hervor. In einer Entfernung von kaum 50 bis 60 Schritten vom Con- takte desselben, bis zu welcher die von der Thalsohle auf- ragende Wand sich jedoch nicht mehr entblösst findet, ragen andere dieser Kalkschieferfolge angehörende Schichten her- vor, welche unter 28 Grad gegen Norden einfallen. Es sind „dies wenige Zoll dicke Lagen eines sehr feinkörnigen, wie es scheint, dolomitischen Kalkes, zum Theil ganz aufgelöst 397 536 mit fast gleich starken Schieferschichtchen alternirend. Die letzteren zeigen eine schiefwinklig auf den Schichtungsflä- chen der Kalkschichten stehende schiefrigstängliche Abson- derung, welche hier an die Täuschung erinnert, welche öfters bei solchen Absonderungsweisen, wenn sie in geschlossenen Schiefermassen sich einfinden, in Bezug auf die Verwechs- lung der Absonderungsklüfte mit denen der Schichtung statt- haben kann und zur Vorsicht mahnt bei Beobachtung und Feststellung der Schichtungsverhältnisse im Schiefergebirge. Ueber diese in so abweichender Schichtenstellung und so kurz hintereinander folgenden Kalkschieferpartien zieht sich, das obere Thalgebirge bildend, der bereits erwähnte Grünsteinmandelstein hinweg, bis über die Hälfte des Ge- hänges am Homberg hin, wo der Kalkschiefer mehrfach am oberen Theile desselben und zwar in noch abweichenderen Schichtenstellungen zum Vorschein kommt und allem An- scheine nach hier gegen die linke Seite der kleinen der Pitz- mühle gegenüber mündenden Schlucht das ganze Thalge- hänge von der Sohle bis zur Höhe bildet. Zu beklagen ist es, dass am nördlichen Theile des Homberges die Massen nicht deutlich genug zu Tage gehen und die abweichende Lage der Schichten nicht genauer ermittelt werden kann. Doch wird hier an einer. Zertrümmerung des Kalkschiefers so wie einem Uebereinandergestürztsein der getrennten Massen nie- mand zweifeln wollen. Diese Annahme bestätigt sich jedoch bis zur Gewissheit durch eine weitere Verkettung dieser Ge- birgsmassenstörungen mit auf der andern Seite der Schlucht sich anschliessenden Erscheinungen. Hier bildet unterhalb der Pitzmühle ein in zackigen Felsen unter dem Namen der Mühlhölle hervorspringender Kalkdiabas zunächst das Thal- gehänge. Die grünlichgraue Grundmasse dieses Gesteins ist fast bis zum Dichten feinkörnig, sehr fest und enthält häufig Schwefelkieswürfel eingemengt. Bei der Ueberfüllung der Grundmasse durch kleine rundliche Kalkspathkörner ist es merkwürdig, dass dieselbe gleichzeitig Labradorkrystalle ausscheidet. Die Kalkspath- 337 Körner verlieren sich indessen stellenweise und das Gestein, welches dann eine dunklere Farbe annımmt, wird nun zu einem reinen Labradorporphyr. Zuweilen nähert sich die Grundmasse des Kalkdiabases dem Schiefrigen und scheidet dann den Kalkspath in Mandeln von sehr ungleicher Form und Grösse aus, von welchen manche über einen Zoll lang sind. Der mit dem Bett der Ulm sich verbindende Fuss die- ser schönen Felspartie lässt beim ersten Blick Massen von räthselhafter Beschaffenheit hervortreten. Offenbar gehören sie nicht dem herrschenden Gesteine an, aus welchem bei weitem der grössere obere Theil des Felsens besteht. Eine dichte Masse von ausnehmender Festigkeit bald hell- bald dunkelgrau, 'weisslich, zum Theil auch eigenthümlich roth gefärbt, theils feinkörnig, theils dicht und ins Schiefrige, bildet hier Einschlüsse von mannigfach verändertem Kalk- stein ın dem Labradorporphyr und Kalkdiabas, und mag wohl zur Umbildung jenes in diesen die nächste Veranlas- sung geboten haben. Da, wo der Kalk mit dem Diabas in Berührung tritt, findet zum Theil ein eigenthümliches Ver- fliessen beider statt. Auch ist jener hier nicht allein am dichtesten und härtesten, sondern es finden sich darin vor- zugsweise die Ausscheidungen körnigen Kalkes. Merkwür- dig sind aber Einschichtungen nur von wenigen Zollen Stärke eines ausgezeichneten theils in den Kalk theils in den Dia- bas verfliessenden serpentinartigen Trümmergesteins, in wel- chem die grünlichschwarze dem Härtegrad des Serpentins entsprechende Hauptmasse von sehr feinen lamellenartigen Schnüren kohlensauren Kalkes durchzogen und theilweise wohl auch imprägnirt ist, wodurch dieses Gestein ein trüm- merähnliches Ansehen erhält. Die schmalen Streifen dieses Gesteins ziehen aus der Kalkmasse in den Diabas hinein. Sie sind am deutlichsten am nördlichen Theil des Felsens, da wo man mit genauer Noth an seinem Fusse das Bett der Ulm zu passiren hat, um auf der linken Seite derselben das lehrreiche Profil weiter zu verfolgen. Nachträglich verdient “noch das eigenthümliche wellenförmige Gebogensein der grös- 538 seren von Mandelstein umschlossenen Kalkmasse hervorgeho- ben zu werden, so wie die unverkennbaren Andeutungen von Schichtungsabtheilung. Auf Tafel XIV Figur 1 findet sich der Theil des Mühlhöllenfelsens im Durchschnitt abgebildet, in welchem die grössere Kalkpartie mit Diabas in Contakt kommt. Man sieht hier zugleich den letzteren in einem langen Keil zwischen dieselbe eindringen, während sie sowohl nach oben von ihm allenthalben eingeschlossen, als wie von unten und zwar vom unmittelbar sich anschliessenden Flussbette herauf theilweise begrenzt wird. Verfolgt man die ganze Erscheinung mit Aufmerksam- keit von den am Homberg anstehenden Kalkschiefern aus, so wird Keinem entgehen, dass der dort schon zwischen eruptive Massen eingeklemmte Kalkschiefer sein ursprüng- liches räumliches Verhalten bedeutend veränderte, dass aber wahrscheinlich eine ihn begleitende, in der Tiefe verborgen liegende reinere Kalkmasse beim Durchbrechen des Diabases zertrümmerte und von demselben in verschiedenen Fragmen- ten umschlossen und verändert und hierbei vielleicht in dem Grade erweicht wurde, dass sie die Biegungen anzunehmen vermochte, wie wir siein Tafel XIV. Figur 2 dargestellt finden. Das trümmerähnliche serpentinähnliche Gestein, welches übrigens auch kleine Fragmente eines dunkelgrünen Labra- dorporphyrs zu enthalten scheint, von dem Kalktrapp aber, wo es mit ihm in Berührung kommt, keine scharfe Tren- nung*) zeigt in Bezug auf das streifenweise Uebersetzen ”) Das Zusammenvorkommen und die verwandtschaftlichen Verhält- nisse von Serpentingesteinen mit Varioliten wurden durch Ar. BronsnIarr früher schon hervorgehoben, indem er eine Varietät dieses Gesteins von Pietra-Mala ,„Euphotide variolitique” nannte. In der neuesten Zeit ist durch die Untersuchungen von Druesse (Annales des Mines T., XVII. p. 116 etc.) die Aehnlichkeit der Zusammensetzung dieser Gesteine noch mehr bestätigt worden. Aber auch eine Verknüpfung des Serpentins mit wahren Diabasgesteinen ist durch G. Rose am Ural, wo derselbe mit letzteren erfüllte Gänge allmälig in jenen übergehen sah, bestätigt worden. 339 in den Kalk, erinnert an die Serpentintrümmer des körnigen Kalkes an der klassischen Fundstätte der Canzocolibrücke bei Predazzo. Gleich oberhalb des Mühlhöllenfelsens geht der Kalktrapp in einen Variolit über, aus welchem jedoch noch vor dem Bissenberger Thälchen die Kalkspatheonkretionen verschwin- den und hierdurch auf beiden Seiten desselben ein vollende- ter grauer Schalstein, wechselnd mit rothbraunen Eisenschal- steinen, sich hergestellt findet. Diesem folgt zunächst eine schmale Thonschieferpartie, hinter welcher man sich das Thal plötzlich durch aus der Form schon den Charaktsr eines ab- normen Gesteins von krystallinisch körniger Struktur verra- thende Felsgruppen einengen sieht. Die ausgezeichnet deutlich gemengten krystallinisch körnigen Gesteine bilden anfangs eine von beiden Seiten mit niedrigen, aber fast aller- wärts grotesken Felspartien besetzte Thalenge, Die Fels- massen gestalten sich theils in mehr oder weniger abgerun- deten noch anstehend übereinander aufragenden Blöcken von beträchlichem Umfange; zum Theil bilden sie auch etwas stärker zerklüftete an den Kanten weniger abgerundete Partien. Am Fuss der anstehenden Felsmassen finden sich hier und da isolirte Blöcke von beträchtlichem Umfange. Der petrographische Charakter der diese ausgezeichnete Felsen- reihe zusammensetzenden Gesteine schwankt zwischen Hy- periten und Diabasen. Doch tritt oft eine oder die andere Felsart entschiedener hervor.. Meist sind dieselben grob- oder mittelkörnig und von deutlichem Gemenge. Obwohl diese Gesteine einen hohen Grad von Festig- keit besitzen, so dringen doch theilweise die zerstörenden Kräfte tief ins Innere derselben ein, scheinen aber bei den grobkörnigeren Diabasen weit mehr auf eine Abrundung‘ der massiv abgesonderten Blöcke als auf eine schnell vorschrei- tende Auflösung des Zusammenhaltes der Massentheilchen und Zerstörung derselben bis tief ins Innere zu wirken, ob- wohl die anstehenden Felsen wie die losen Blöcke nach aussen “ hin in einem durch Auflösung herbeigeführten veränderten 540 Zustand sich befinden, welcher zumal durch eine in der Rich- tung einer schalenförmigen Ablösung versteckte Zerklüftung, so wie durch eine theilweise Einbüssung des Glanzes und der frischen Farbe der Bestandtheile sich äussert. Diese Vorboten der Zerstörung nehmen jedoch selbst bei den losen Blöcken gegen das Innere schnell ab. Auf der linken Seite des Thales ziehen sich die felsigen Abhänge der Hyperit- und Diabasmassen ungleich weiter herauf als auf der rechten, wo gleich oberhalb der beinahe 2 Stunde anhaltenden engen Thalschlucht das Hypersthen- gestein sich unter den hier wieder beginnenden sanften Ab- hängen ganz zu verlieren scheint, während dasselbe, auf der rechten Seite noch einige Hundert Schritte sich weiter hinaufziehend, durch 60 bis 80 Lachter mächtige, an den Abhängen des unteren Jungfernholzes mehrfach anstehende Massen feinkörnigen Aphanitgesteins ersetzt und dann am oberen Jungfernholze von Neuem anstehend gefunden wird. Obwohl nicht so deutlich und in so schönen Felsgrup- pen, wie oberhalb des Bissenberger Thälchens, scheint doch das ganze Gehänge des oberen Jungfernholzes, so wie der durch eine schmale Schlucht von diesem getrennte hin- tere Theil des Rappelberges daraus zu bestehen. Das hier mehr am oberen Gehänge anstehend vorkommende Gestein, welches übrigens einer etwas feinkörnigeren, weniger deutlich gemengten Modifikation angehört, wird häufiger am Fusse zunächst der Thalsohle in Blöcken gesehen. Einen sehr ausgezeichneten Antheil an dem Profil des Ulmthales nehmen die nun folgenden steilen Abfälle des Rappelsberges und des Schlagmühlsberges bis zur Mündung des Kernwiegartengründchens, Allendorf gegenüber. Zunächst legen sich an die Grünsteine des Jungfernholzes mit dunkel- grauem Thonschiefer wechselnde Schalsteinlagen, welche durch eine 6 bis 8 Lachter mächtige Grünsteinmasse abge- schnitten werden, die wieder im Hangenden und Liegenden von einem ungleich mächtigeren Schalsteinmandelstein be- grenzt wird, Ihr schliesst sich ein durch Uebergänge aus [4 541 ihr hervorgehender mandelsteinartiger Grünstein an, der un- gefähr in der Mitte des Rappelsberges in einer nicht sehr hohen, aber schroffen, freien Felspartie ansteht, welche ein zu interessantes Bild von Zertrümmerung von Thonschiefer in Grünstein darbietet, als dass wır es nicht versuchen soll- ten, durch eine besondere kleine Handzeichnung (Figur 2 Tafel XIV) dasselbe wiederzugeben. Auf der Nordseite schliesst sich dem Grünsteine Thonschiefer an, so dass er also zwischen diesem und Schalsteinmandelstein eingedrun- gen ist. Der Thonschiefer legt sich mit flach gegen Süden einfallenden Schichten dem Grünstein an und zertrümmert sich in diesen hinein auf eigenthümliche Weise, so dass an- fangs sich darin einzelne abgerissene Schiefermassen einfin- den, deren Schichten zum Theil in mehr oder weniger star- ken Curvenlinien sich krümmen. Merkwürdig ist zumal der grössere Schiefereinschluss zunächst der Schieferwand, wel- cher fast hufeisenförmig eine Grünsteinpartie einschliesst. Dieser folgen noch eine ganze Reihe solcher Einschlüsse aufrechtstehend und in beinahe parallelen sehr flachen Cur- venlinien sich biegend, von welchen die letzten stets kleiner werden und sich fast nur noch in schwachen Andeutungen in den Grünstein verlieren. Der so eingeschlossene, wie der zunächst dem Contakt des Grünsteins zertrümmerte Schie- fer ist stark verhärtet und theilweise in ein dem Hornschiefer sich näherndes Gestein umgewandelt. Der im Liegenden dieser wohl über 20 Lachter mächtig anstehenden Grünsteinpartie befindliche Thonschiefer wird durch eine weitere nur wenige Lachter mächtige lagerhafte Grünsteinmasse abgeschnitten und dieser folgen bis zu dem der unteren Allendorfer Mühle gegenüber mündenden Pfing- stenberger Thälchen mehrfach modificirte Schichten von Schal- steinmandelstein, Schalstein und Thonschiefer. Obgleich diese Folge nicht überall deutlich zu Tage liegt, so sind doch an einigen Punkten Uebergänge ihrer verschiedenen Gesteine unverkennbar. Nun beginnt aber mit dem Abfalle des Schlagmühlsber- 542 ges in dieses kleine Seitentkälchen der mannigfachste und für verwandtschaftliche Verhältnisse der herrschenden Ge- steine lehrreichste Schichtenwechsel des ganzen Thales, der am deutlichsten zunächst am Pfingstenbergthälehen zu be- obachten ist. Da der Schichtenwechsel auf zu kurze Distan- zen stattfindet, als dass er sich in das Profil des ganzen Thales deutlich genug einführen liesse, so haben wir densel- ben durch einen besonderen Durchschnitt in grösserem Maass- stabe, so weit als vom genannten Thälchen an die Folge deutlich im Ulmthale herauf entblösst ist, ergänzt.*) Ein ausgezeichneter Kalkdiabas mit sehr feinkörniger, bald dunkel- bald hellgrauer Grundmasse, nicht allein erfüllt mit rundli- chen Kalkspathconkretionen verschiedenen Umfanges, sondern auch stark imprägnirt mit kohlensaurem Kalke, eröffnet diese Schichtenreihe. Von einer rothen Kalkthonschieferlage begrenzt zertrüm- mert derselbe zunächst ihrem Contakte in ein nur wenige Schuhe mächtiges Conglomerat. Der rothe Schiefer geht in einen sehr kalkreichen Schalsteinmandelstein und dieser in eine zweite Grünsteinmandelsteinmasse über. Ihr folgt aber- mals ein aus dem Contakt zwischen ihr und rothem Kalk- thonschiefer hervorgegangenes seltsames Conglomerat. Die stark zertrümmerte und zerkleinte Kalkschiefermasse um- schliesst eine Menge kleinerer und grösserer Mandelsteinfrag- mente und schneidet sich hier schärfer ab von dem ihr fol- senden Kalkschiefer als am ÜUontakte zwischen der ersten Kalkschiefer- und Grünsteinpartie. Auch ist sie ungleich mächtiger als das zwischen den letzteren eingeschichtete Con- glomerat. In der ihr folgenden Schieferlage sind die Kalk- conkretionen stark vorwiegend, und ordnen sich schon zu Schichtenreihen. Sie nehmen jedoch gegen eine sie im Lie- genden durchsetzende dritte Grünsteinpartie von ungleich geringerer Mächtigkeit wieder bedeutend ab. Durch diesen =) S. Figur 4. Tafel XIV. Dieses Profil beginnt etwas aufwärts des genannten Thälchens und erreicht sein Ende unterhalb der unteren Allendorfer Mühle. 543 Grünstein scheint der rothe Schiefer kaum verändert, geht jedoch im Liegenden nur wenige Schuhe vom Hangenden des Grünsteins in einen rothbraunen Eisenschalstein über, der nur wenige Lachter anhält und dann von Neuem den rothen Kalkthonschiefer durch ausgezeichneten Uebergang aus sich hervortreten lässt. Von hier an lässt sich dieser vielfache Gesteinswechsel nicht mehr so deutlich weiter ver- folgen. soviel aber bestätigen, dass, obwohl der rothe Kalk- schiefer vorherrschend wird, derselbe am ganzen weiteren Abhange des Schlagmühlsberges hin noch mehrfach durch- setzt wird von Grünsteinmassen, und abwechselt mit grün- lichen und rothen Schalsteinen. Die Mächtigkeit der einzelnen Gesteinslagen der durch das eingeschaltete Profil dargestellten Schichtenreihe differirt bis auf die, für welche zum Theil auch nur eine sehr ge- ringe Mächtigkeit eingeführt ist, im Ganzen nicht viel. Ausser der ersten Grünsteinmandelsteinmasse, welche die mächtigste von allen ist, werden die meisten der übrigen zwi- schen 8 und 12 Lachter schwanken. Indessen kommt es hier weniger auf eine genaue Angabe der gegenseitigen Stärkeverhältnisse einzelner Gesteinslagen an, — die wir übri- gens in die Profile, so gut es unser Augenmaass gestattete, aufgenommen haben —, als auf eine richtige Auffassung der übrigen räumlichen Verhältnisse und der gegenseitigen Be- schaffenheit der Massen. Noch müssen wir des ausgezeich- neten Verhaltens des rothen Thonschiefers am Schlagmühls- berg in Bezug auf die Kalkeinschlüsse und ihrer Ausbildung zu Schichten gedenken. Man findet durch rothes Eisenoxyd gefärbten Thonschiefer hier zum grösseren Theile mit con- cretionären Kalkeinschlüssen und zwar in sehr abweichenden quantitativen Verhältnissen. Bald sind sie darin nur sehr vereinzelt, bald überfüllen sie ihn in grösserer Menge, wobei eine allmälige Zunahme derselben mehrfach nachzuweisen ist. Mit dieser Zunahme steht ein reihenförmiges Zusammen- gruppiren der von Haselnussgrösse bis etwas über Wallnuss- grösse meist in etwas platten Sphäroiden, zuweilen auch in 544 unregelmässigen Knollen sich gestaltenden Kalkeinschlüsse in geradem Verhältnisse. Aber auch die mehr vereinzelten zeigen schon die Neigung in Reihen sich zu gruppiren. Diese treten in dem Maasse geschlossener und deutlicher hervor, als sich! die Kalkknollen vermehren, bis sie in gegensei- tige Verbindung treten und zusammenhängende parallele Rei- hen bilden, so dass gleichsam die Keime zur Schichtenbildung in diesen concretionären Ausscheidungen enthalten sind. Es scheint nicht, als wenn dieselbe unbedingt von der Stratifi- kation des Schiefers abhänge, indem man sie bald dieser fol- gend bald sie durchsetzend findet, dabei jedoch immer die Neigung zur Ausbildung paralleler Reihen beibehaltend. Bald ist die Trennung von Schiefer sehr scharf, bald ver- fliesst die Kalkmasse mehr oder weniger mit ihm. Im erste- ren Falle findet, haben die Conkretionen sich zu Schichten verbunden, fast nie eine ebene Ablösung statt, sondern es bilden die Kalkconkretionen, — je nachdem sie entweder knollig oder mehr oder weniger regelmässige Sphäroide sind, in welchem letzteren Falle sie sich immer in der Richtung ihrer Querachse nebeneinander reihen —, entweder sehr unregel- mässig unebene oder wellenförmige Trennungsflächen. Kommt hierzu auch noch eine wellenförmige Biegung der Kalkknol- len oder Schichtenreihen, so gewähren sie einen eigenthüm- lichen Anblick, wie man durch denselben zumal gleich unter- halb Allendorf am Fusse des Schlagmühlberges an einer in Folge der Strassenerweiterung entblössten Wand überrascht ist. Die parallelen den Schiefer durchsetzenden Schichten- reihen der hier vereinigten Kalkconkretionen mit sehr schar- fen aber unebenen beinahe zackigen Ablösungsflächen biegen sich in bald flachen bald mehr erhabenen Curvenlinien nach den verschiedensten Richtungen und werden auf der nördli- chen Seite da abgeschnitten, wo der rothe Thonschiefer plötz- lich von Schalstein begrenzt ist. S. Figur 3 Tafel XIV. Allendorf gegenüber mündet das Kernwingergartengründ- chen in Grünsteinmandelstein, so dass der nördliche in das- selbe abfallende Theil des Schlagmüllerberges und das gegen- 545 überliegende Gehänge der Allendorfer Klippe so wie der ganze steile und felsige vordere Theil des Gehänges der Klippe in die Ulmbach daraus bestehen. Man sieht an einigen Stellen Kalkeinschichtungen darin. _ Das unregelmässige in ihrem Schichteneinfalle so wie in ihrem ganzen Auftreten lässt keinen Zweifel darüber, dass sie von den nachbarlichen Kalk- schiefermassen getrennte und in dem Grünstein eingekeilte Fragmente bilden. Letzterer geht weiter aufwärts am Ab- hange der Klippe bald in einen Schalsteinmandelstein über und wechselt mehrfach mit ihm ab bis zu dem niedrigen schmalen Gebirgsrücken zwischen der ersten Schlucht oberhalb der Allendorfer Klippe und der Müudung des Herbachthäl- chens. Hier steht wieder rother Thonschiefer an, welcher über den Oberg hinaus anhält und am Abhange desselben mehrere nur wenige Lachter mächtige Grünsteindurchsetzun- gen hervortreten lässt. An der Mündung der Eidebach ver- mehren sich dieselben und nehmen über dem Olpersberg ge- gen Ulm hin an Mächtigkeit dermaassen zu, dass hier das umgekehrte Verhältniss des Olpersberges eintritt, und der Thenschiefer so gegen den Grünstein zurückgedrängt ist, dass er stellenweise nur als demselben eingeschichtet erscheint. Auf beiden Seiten der zwischen dem Ölpersberg und der Kuppe des Lehnchens mündenden Schlucht ist der Schiefer ganz verdrängt und Mandelstein bildet hier das ganze Ge- hänge bis ungefähr in die Mitte des Lehnchens, Ulm gegen- über, wo unter dem südlich einfallenden Grünstein eine aus- gezeichnete Kalksteinschiefermasse zum Vorschein kommt. Im Anfang scheint es, als wenn dieselbe nur isolirt und ganz von Grünstein eingeschlossen hier auftrete. Doch er- giebt eine genauere Prüfung, dass sie am Abhange des Ber- ges gegen Süden sich heraufkrümmt und, den Grünstein zum Hangenden behaltend, mit Schalsteinmandelstein im Liegen- den zu einem gelblichgrünen Schalstein übergeht, welcher über das Wehrbacher Thälchen setzt. Auf der rechten Seite desselben ist alsdann ein höchst ausgezeichneter Kalkschal- stein durch Steinbrüche entblösst, der über die Hälfte seines 946 Volumens aus reinem Kalkspath besteht. Dieser trennt sich scharf von den feinblättrigen Partien einer kalkigen oder chlo- ritischen Schiefermasse und unterbricht dieselbe auf dem Län- genbruche, während sie auf dem Querbruche mehr Zusam- menhang und Parallelismus zeigt. Es besitzt dieses Gestein eine vollkommene Gneissstruktur, bei welcher der Kalkspath den Quarz und Feldspath und die chloritischen Schieferlagen den Glimmer vertreten. Der nahe Zusammenhang, in welchem dieses merkwür- dige Gestein mit den rothen Kalkthonschiefern steht, giebt hier ganz unwillkürlich dem Gedanken Raum, dass dasselbe aus diesen auf metamorphischem Wege sich erzeugt haben möchte, wobei unter Verflüchtigung des Eisenoxyds der unreine Kalk geläutert und zu Kalkspath und der Thon- schiefer in den chloritischen Schiefer umgewandelt wurde. Bemerkenswerth ist noch, dass in dem, dem Grünstein von dem Aidebach über den Ölpersberg eingeschichteten rothen Thonschiefer anfangs einzelne Kalkconkretionen sich einfinden, und nach und nach häufiger werden, bis in der Kalkschiefer- masse unter dem Grünstein des Lehnchens der rothe Thon- schiefer fast ganz verdrängt ist. Sie ist am Fuss des Berges deutlich geschichtet mit sehr fachem östlichem Einfallen, geht aber am Berge hinauf in einen ungeschichteten körnigen Kalk über, in welchem sich Eisenoxyd einfindet und sehr gleichmässig nesterweise beigemengt ist, wodurch das Ge- stein zu einem 25 bis 30 procentigen sehr brauchbaren Fluss- stein wird, auf welchen man auch auf der Höhe des Beiges mit Versuchen niedergegangen ist, wohl mehr um diesen Flussstein völlig edel auszurichten, als ihn in dreistündiger Entfernung von der Lahn in ansehnlichen Massen zu gewin- nen, da seit Schiffbarmachung derselben so weit entlegene ärmere Eisensteine mit den an reinem Eisenoxyd so reichen Gruben, welche an ihren beiden Ufern in grosser Anzahl in Betrieb genommen sind, nicht mehr konkurriren können; es müsste denn sein, dass man des Flusssteines als Zuschlag in grösserer Quantität bedürfe, 547 Die Darlegung der durch das Profil des Ulmthales ge- gebenen Verhältnisse hier abbrechend, um die Fortsetzung derselben vom Austritt der Herbach über Holzhausen weiter unten wieder anzuknüpfen, bliebe uns nun noch die Nach- weisung einer Fortsetzung der Gesteinsfolge nach dem Inne- ren des Gebirges, oder vielmehr über das kleine Gebiet zwi- schen der Ulm, dem Stockhäuser Gründehen und der Wehr- bach übrig, wie sie sich so entschieden und klar von der Thal- mündung bis hierher auf der linken Seite zu erkennen giebt. Da es hier vor Allem auf die Bestätigung und genaue Untersuchung sämmtlicher Ausgehenden und wenn sie auch noch so versteckt liegen, ankommt, um für das durch äussere Hindernisse, zumal aber durch Vegetation an der Oberfläche unterbrochene Fortstreichen der in so mannigfachem Wechsel und oft nur in sehr beschränkter Mächtigkeit auftretenden Massen, (die zuweilen wohl auch verdrückt und in der Rich- tung, in welcher man sie wieder zu finden glaubt, durch andere ersetzt sind), möglichst viele Anhalte zu gewinnen, so würde die Lösung dieser Aufgabe an und für sich auch selbst unter günstigen Verhältnissen schon als eine schwierige sich darstellen. Es ist aber kaum möglich auf der linken Seite der Wehrbach, so wie abwärts durch das Gebirge hin, welches die Verbindung mit dem hohen Rücken des Kesselberges und dem Haukstein nach dieser Seite bildet und nur zwi- schen der Ulmbach und dem Stockhäuser Grunde allmälıg in das Lahnthal sich verfacht, die für annähernde Resultate erforderlichen Aufschlüsse, noch viel weniger aber eine scharfe Begrenzung der so höchst mannigfachen Gebirgsschichten- folge in ihren Einzelnheiten zu gewinnen, wie sich dieselbe in dem so schönen und belehrenden Durchschnitte der Ulm- bach darstellen. Die nachfolgenden Ergebnisse unserer deshalb leider etwas vereinzelt dastehenden Beobachtungen veranlassten uns zur Auffassung des für dieses kleine Gebiet auf der Karte eingeführten Bildes der äusseren Gestaltung oder Be- 548 grenzung, wie wir dasselbe der Gesteinsfolge in dem Profil des Ulmthales angereiht haben. Folgt man der Aidebach von Ulm herauf, so durch- schneidet man hier zuerst mannigfache Schalsteinbildungen, dann rothe Schiefer und zwar beide durchsetzt von schmalen Grünsteinmassen. Diese Folge bestätigt sich zumal auf der linken Seite des Thälchens. Schalsteine und Variolite, dem Profile des Ulmthals unterhalb Un entsprechend, folgen dem Schiefer von Neuem aufwärts; dann kommt eine mächtige Grün- steinbildung, welche zwar im Zusammenhang fortsetzend nicht zu bestätigen ist, aber am Eichwaldskopf östlich von Ulm deutlich und mächtig hervortritt, genau der Richtung der Grünsteinmassen entsprechend, welche im Wechsel mit Eisen- thonschiefer bei Allendorf und etwas oberhalb dieses Ortes in das Profil der Ulm fallen. Eben so haben wir keinen Anstand genommen, auch die weiter abwärts bis zu der aus- gezeichneten Hyperitmasse, welche zwischen Zissenberg und Allendorf diese Schichtenfolge unterbricht, dieselbe, wie sie im Profil der Ulmbach erscheint, im nordöstlichen Haupt- streichen fortzuführen. Aus dem Verlauf der einzelnen Schichtenfolgen, so wie vor Allem aus der sattelförmigen Verbindung des Thonschiefers zunächst der hohen Grünstein- masse vom Haukstein nach dem Kesselberg, scheint unzwei- felhaft hervorzugehen, dass auch die übrigen Massen zu mehreren kleinen Sattelpartien sich gestalten, wie wir die- selben auch darzustellen versucht haben. Die nördliche bil- den der Grünstein am Eichwaldskopf und die ihn gegen Norden einschliessenden Schalsteine und Schalsteinmandel- steine, die südliche dagegen die mannigfach wechseln- den Schalsteine, Schalsteinmandelsteine, Grünsteine und Kalkschiefer , welche unterhalb Allendorf das Profil bilden. Beide sind mehrfach durchsetzt und unterbrochen durch die sie an ihrer äussersten Grenze einschliessenden Eisenthon- schiefermassen. In dem Thälchen von Zissenberg sieht man von diesem Orte aufwärts Schalsteine und rothe Schiefer. Letztere sind in der Mitte des sehr flachen zwischen der 549 Ulm und dem Stockhäuser Grunde in das Lahnthal abfal- landen Höhenzuges durchsetzt von einem stark aufgelösten aphanitischen Mandelsteine. Nach dem Stockhäuser Grunde hin verliert sich derselbe bald und an seine Stelle tritt nach der liegenden Seite des rothen Schiefers ein feinschiefriger schmutziggelber Schalstein, welcher nach dem genannten Thälchen herab zu einer fast lettigen Masse aufgelöst ist und viel Mangan ausscheidet. Oberhalb der Stockhäuser Mühle ist die Fortsetzung der Hyperit- und Diabasmassen, deren wir bereits oben er- wähnten, am Gehänge herauf über das Bissenberger Feld deutlich zu verfolgen und dann weiter, an Breite beträchtlich abnehmend, gegen das Ulmthal hin. Es erleidet kaum einen Zweifel, dass sie sich mit dem aphanitischen Gesteine und dem Labradorporphyr verbinden, welche im Liegenden des Bernhardszecher Eisensteinlagers am Lohrberg aufsetzen, und so, bis zur Ulm fortsetzend, die interessante Felspartie an der Mühlhölle bilden. Die Schichtenfolge zwischen der Ulmbach und dem Stockkäuser Thälchen von Zissenberg oder vielmehr von der Südgrenze der mächtigen Grünsteinmasse, welche zwischen Bissenberg und Allendorf ins Profil der Ulmbach fällt, herab bis zur Lahn gewährt für ihre Fortführung zwischen den beiden Thälern überhaupt nur sehr sparsame Anhalte. Auf dem sehr flach und allmälıg gegen das Lahnthal abfallenden niedrigen Gebirge lässt die beinahe ununterbrochene Damm- erdebedeckung sowie die Feldkultur kaum anstehendes Gestein zum Vorschein kommen. Indessen trifft man in Schluchten zumal um Zissenberg herum sowie auch an den beiden Thalgehängen herauf Gesteine, welche mit wenigen Ausnahmen mit der dem Profile der Ulmbach zufallenden Gesteinsfolge correspondiren. So findet man zumal den un- terhalb der Bissenberger Mühle anstehenden Kalkthonschiefer sowie die im Hangenden folgenden Mandelsteine im Bissenber- ger und Stockhäuser Feld an verschiedenen Stellen anste- hend. Im unteren Theile des Stockhäuser Thälchens ent- Zeits. d. d, geol, Ges, V, 3, 36 530 sprechen die hier anstehenden Grünstein- und Schalsteinbil- dungen so ziemlich der oberhalb der Bisskircher Mühle be- ginnenden Folge, so dass hier vorzugsweise eine unverkenn- bare Uebereinstimmung eintritt. Es lässt sich deshalb um so mehr die Schichtenfolge des Profils im Ulmthal über das Thälchen hin fortführen, als die Entfernung zwischen beiden Thälern nur eine sehr kurze ist. ZEN. Das Gebirge des Kesselberges und seine Ab- fälle zwischen der Mühlbach und Nerbach in das Bilithal. Diese kleine Gebirgsabtheilung umfasst die grössere nördliche Partie des zusammenhängenden grossen Grünstein- gebietes, von welchem wir die vom Haukstein aus südlich sich erstreckende bereits kennen lernten und als dessen Knoten wir den zu einer Plattform sich gestaltenden breiten hohen Rücken des Kesselberges in Verbindung mit dem Gebirge des Hauksteines bezeichneten. Von ihm aus er- streckt sich ein ansehnlicher Abfallsrücken südöstlich in der Richtung nach der Leuner Burg, ein zweiter nordöstlich über den hohen Hauk zwischen der oberen Mühlbach und ihrem westlichen Seitenthälchen bis zum alten Kirchhof herab. Eine dritte Verzweigung zieht sich nordwestlich nach dem Saustallskopfe und nördlich nach dem Kernberge, von welchem das Gebirge, welches hier grösstentheils aus Schiefer- bildungen besteht, allmälig unter sehr flachem Gehänge dem Dillthal zufäll. Fin Blick auf das Blatt Wetzlar (welchem beinahe dieses ganze Gebiet zufällt) der geognostischen Karte zeigt, wie schon in den höheren Theilen des Gebirges, zu- mal zwischen dem Kernberg, dem Hohenhauk und dem Ge- birge des Kesselberges, der Grünstein durch schmale Schiefer- massen unterbrochen wird. Weiter an den Abhängen gegen das Dillthal herab nehmen dieselben zu und sind hier zu- gleich durch einige ansehnliche Lyditpartien ersetzt. Das ganze flache untere Gehänge besteht vorwaltend aus Thon- 951 schiefer, theils auch aus Schalsteinen, welche beide von ver- schiedenen schmalen Grünsteinpartien durchsetzt und am Thalrande hin zum Theil von Lehmland bedeckt werden. Obwohl auf der hohen Plattform, welche das Gebirge des Kesselberges zumal nach der Nord- und Nordwestseite bildet, über die steilen südlichen Abfälle nach dem Heisterber- ger Thalkessel herab fast gar nicht und über den nordöstlichen Abfallsrücken der Mark nur sehr sparsam anstehendes Ge- stein gesehen wird, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass die Grünsteinmassen, welche hier unter einer dichtge- schlossenen Walddecke verborgen sind, diese hohe Gebirgspartie fast ohne Unterbrechung zusammensetzen. Während am nördlichen Theile, zumal über die Höhen hin, nur sehr spar- same Spuren aphanitischer Gesteine gesehen werden, zeigen sich dieselben häufiger in Felshaufwerken und einzelnen Fragmenten am Südgehänge und sind hier gemengt mit feinkörnigen Diabasgesteinen. Aus der hochliegenden flachen Mulde, welche das Ge- birge der Leuner Burg von dem des Kesselberges trennt, erhebt sich der zu letzterem in nordwestlicher Richtung auf- steigende und, den wenigen für seine Zusammensetzung zu gewinnenden Anhalten zufolge, auch aus feinkörnigen Aphanit- gesteinen bestehende, breite Abfallsrücken der Mark allmälıg bis zur Höhe des Kesselberges.. Am sogenannten Pfuhl, über denselben heraufsteigend, kommt man zuerst über ver- einzelte Haufwerke von Eisenkieselfragmenten, welche bald in verschiedenen kleinen Felspartien hervorragen, die in ein und demselben Streichen (hor. 10+) hintereinander wegliegen und deren Verbindung zu einer mächtigen Eisenkiesellager- stätte durch zwischen denselben fortliegende Blöcke nicht zu verkennen ist. Dieser Eisenkiesel ist von seltener Festig- keit und scheidet hier und da sehr kleine Trümchen reinen Eisenoxydes aus. Zugleich zeigt er an mehreren Stellen die seltsame Erscheinung einer schlackenähnlichen Aufblä- hung seiner Aussenfläche. Höher herauf vermengen sich “die Eisenkieselblöcke mit gleich grossen Basaltmassen, mit 36* 552 welchen sie bis zur Höhe des Kesselberges oder bis zum Fusse des denselben krönenden Basaltkegels heraufliegen. Der den Grünstein wahrscheinlich als mächtige Gangmasse durch- setzende Eisenkiesel schneidet hiernach am Basalt ab, ohne, wie es scheint, in der Richtung des Streichens auf der Nordwestseite der Basaltmasse fortzusetzen, indem wenig- stens hier keine Spur mehr von ihm gesehen wird. Der Kesselberg im engeren Sinne, auf dessen Spitze von dem Herrn Fürsten zu SoLms-BrRAUNFELS vor noch nicht langer Zeit der die schönste Fernsicht bietende Thurm der Dianenburg erbaut wurde, ist eine isolirte unzweifelhaft aus Grünstein hervorsteigende Basaltkuppe, deren Masse, obwohl der Kegelform mehr als die Basaltkuppe der nahe gegenüberliegenden Leuner Burg sich nähernd, sich nicht prismatisch, sondern massig abgesondert zeigt. Eine Menge aus dieser Absonderung sich ergebender abgerundeter un- förmlicher Blöcke liegen vom Gipfel bis zum Fusse des über dem flachen Gebirgsrücken kaum 450 Fuss ansteigenden fel- sigen Kegels herab. Jener schon erhebt sich über die Kuppe der Leuner Burg und bildet eine der höchsten Partien des Gebirgsdistriktes zwischen Lahn und Dill östlich von dem vulkanischen Gebiete des Westerwaldes; um so mehr be- herrscht die Spitze des Kesselberges mit ihrem schönen thurm- förmigen Jagdschlosse die ganze Gegend. Der grobsplittrige Basalt ist ausnehmend zähe und fest. Unter der Lupe erscheint er als eine der dem Dolerit genä- herten feinkörnigen Varietäten oder als Anamesit. Neben frischen kleinen Olivinkörnern umschliesst er einzelne Kör- ner sehr reinen Kalkspathes. Wir gedachten oben schon des fast gänzlichen Mangels an Gesteinentblössungen auf der diesen Basaltkegel auf der Nord- und Westseite umgebenden hohen Plattform. Erst in einiger Entfernung finden sich am Gebirge herab in nord- östlicher Richtung Fragmente eines mandelsteinartigen Grün- steins oder Kalktrapps, welcher auch bald anstehend gesehen wird. Ein am hohen Hauk in Felsen hervortretendes fein- 393 körniges Diabasgestein verfolgt man dann über + Stunde . durch den Wald am Gebirge 'herab bis zu einer grossen Menge mit Lyditgesteinen untermengter Eisenkieselfragmen- te, welchen sich Thonschiefer anschliesst. Noch weiter herab wird der letztere in Hohlwegen und kleinen Schluchten in sehr zersetztem Zustande anstehend gesehen und verfolgt bis zum alten Kirchhofe in der Gebirgsspitze zwischen den bei- den Seitenthälchen der Mühlbach, wo er plötzlich von einem stark aufgelösten feinkörnigen Diabasgesteine durchsetzt wird. Dieses Gestein lässt sich über die beiden schmalen Zungen zwi- schen den genannten Seitenthälchen bisin das Mühlbachthal ver- folgen, wo es jedoch durch eine am linken Thalgehänge deut- lich zu Tage gehende mächtige Mandelsteinmasse vertreten wird. Während die nordwärts diesem höchstwahrscheinlich den Schiefer gangförmig durchsetzenden Grünsteine vorlie- genden äussersten Spitzen zwischen der Mühlbach und ihren Seitenthälchen aus normalem Thonschiefer bestehen, so sieht man weiter im Mühlbachthale aufwärts auf der entgegenge- setzten Seite stark verhärtete Schiefer auftreten. Ihnen folgt am weissen Kirschbaum über die lange Hecke hin bis bei- nahe zum Mühlbachskopfe eine ausgezeichnete Lyditmasse, grösstentheils aus einem sehr ausgebildeten schwarzgrauen Kieselschiefer, zum Theil auch aus hellgrauen Iydischen Stei- nen bestehend. Ihre sehr deutlichen Schichten sind mannig- fach gebogen und gewunden und durch viele Querklüfte in mehr oder weniger regelmässige Prismen getheilt. Manche Schichten des schwarzen Kieselschiefers zeigen zunächst den Schichtungsebenen eine diesen parallele ganz deutliche Schie- ferung, welche gegen die Mitte hin in die compakte Masse des gewöhnlichen Kieselschiefers sich verliert. Bemerkens- werth ist dabei, dass die zahlreichen weissen Quarzschnüre, ohne irgend eine Aenderung oder Unterbrechung zu erleiden, auch den schiefrigen Theil der Schichten durchsetzen und auf den Schieferungsebenen ein Netz von über dieselben er- „babenen nach allen Richtungen sich durchkreuzenden Streifen bilden, Auf den Querablösungsflächen des Gesteins erscheint 554 in schwachen Efllorescenzen, Flecken und Dendriten bildend, Eisenoxydhydrat. Diese Lyditmasse bestätigt auch die ziem- lich allgemeine Erscheinung, dass je mehr der Kieselschiefer helle Farben annimmt und dem Iydischen Steine sich nä- hert, desto weniger zahlreich er von weissen Quarzschnüren durchsetzt wird, die in dem letzteren meistens ganz ver- schwinden. Gegen den Mühlbachskopf hin findet sich diese Lydit- masse durchsetzt von feinkörnigen Diabasgesteinen, welche sich auch weiter aufwärts im Thale demselben anschliessen, und die man im ganzen oberen Theile des Thälchens bei- behält. Man verfolgt sie aus demselben am ganzen Abhang herauf über das Winkeleisen nach dem hohen Hauk in sehr zersetztem Zustande. Erst mehr nach der Höhe des letz- teren hin finden sie sich wieder in ihrer ursprünglichen Frische und es lassen sich hier sowohl, als um die bereits oben er- wähnten Felsen des hohen Hauks herum, einige Gesteins- abänderungen unterscheiden. von welchen eine durch in hohem Grade vorwaltenden Feldspathgehalt (Labrador?) sich aus- zeichnet. Ueber die Höhe des Mühlbachskopfes in hor. 3 hinwegliegende Eisenkieselblöcke deuten auf ein gangförmi- ges Vorkommen derselben. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass dasselbe mit den obenerwähnten Eisenkieselmassen am nördlichen Gehänge des hohen Hauks nach dem alten Kirch- hofe in Verbindung steht. Hiernach besteht also die ganze Gebirgspartie vom Mühlbachskopf über den hohen Hauk mit ihren Abhängen gegen das obere Mühlbachgründchen vorwaltend aus Diabas- gesteinen, welche sowohl über die Quellen der Mühlbach hin mit dem Grünsteinrücken der Mark, wie über die vom hohen Hauk nach dem Kesselberg aufsteigenden flachen Gebirgsabfälle mit den Grünsteinmassen des letzteren sich vereinigen. Bringen wir mit dieser Gresteinsfolge, welche das Profil der linken Mühlbachseite von der Vereinigung ihrer Seiten- thälchen unterhalb des alten Kirchhofes bis zum hinteren 295 Mühlbachgrund unter dem hohen Hauk ergiebt, noch einige Beobachtungen aus dem Inneren des Gebirges oder den Abfällen desselben zwischen der Mühlbach und ihren Seiten- thälchen in Zusammenhang, so lässt sich eine Fortsetzung jener Gesteinsfolge über diese Abfälle, wie wir sie auf der Karte einführten, wenigstens annähernd bestätigen. Den Grünsteinmassen des hohen Hauks und Mühlbachskopfes schliessen sich nach der nordöstlichen Seite über die flachen Abfälle des Gebirges überall Lydite an, welche jedoch weiter herab in hornschieferartige Gesteine sowie auch in normale Thonschiefer übergehen. Die letzteren finden sich mehr nach der nordwestlichen Seite hin ausgehend und ver- lieren sich nach der entgegengesetzten, wo verhärtete Schiefer und dann von Neuem Lydite an ihre Stelle treten. Kaum hat man aber die letzteren betreten, so wiederholen sich feinkörnige Grünsteine und Kalktrapp, welche offenbar der zweiten isolirten, die Lydite im Mühlbachthal durch- setzenden Grünsteinmasse entsprechen. Zwischen ihr und dem Grünsteingebirge des hohen Hauks ist hiernach die Lyditmasse des Mühlbachthales durch zwischen ihr sich ein- schiebende mehr oder weniger veränderte Schiefer unterbro- chen. Diese sind zumal sehr deutlich in dem kleinen Seiten- thälehen der Mühlbach entblösst, welches sich über den Ni- kelhäuser Haag in der Richtung des Kesselberges heraufzieht. Ihr compakter Zustand und die grad- und feinschiefrige Struk- tur gab hier vor Zeiten Veranlassung zur Benutzung auf Dachschiefer, welcher ihre Eigenschaften jedoch nicht voll- kommen entsprechen. An der alten Schieferkaute fallen die- selben mit ihrer Schieferungsebene 22 Grad gegen Osten. Noch weiter im Thälchen herauf gehen sie in rothe Eisen- thonschiefer über. Unterhalb der alten Schieferkaute dJa- gegen sieht man in geringer Entfernung vom alten Kirchhofe auch hier in Begleitung von Lyditgesteinen einen sehr aus- gezeichneten Kalktrapp über dieses Thälchen setzen. In einer rothbraunen, etwas zum Schiefrigen neigenden, beinahe “ diehten Grundmasse sind unter sehr gleicher Vertheilung 556 etwas über hirsekorngrosse Kalkspathkörner scharf von der Grundmasse sich trennend in so bedeutender Menge ent- halten, dass sie nahezu + des Ganzen einnehmen. Manche Mineralogen sind der Meinung, dass wahre Mandelsteine gar nicht, oder doch höchst selten in Gesellschaft der Diabase sich finden; nicht leicht wird jedoch ein vollkommener aus- gebildeter nachzuweisen sein als der hier vorkommende: Obwohl seine Fortsetzung nach dem Inneren sich nicht un- bedingt nachweisen lässt, so ist es doch kaum zweifelhaft, dass er mit der oberen isolirten Diabasmasse des Mühlbach- thales in Verbindung steht. Das mehrfach schon berührte längere westliche Seiten- thälchen der Mühlbach zieht sich in einer flachen Mulde all- mälıg weit an den Abfällen des Gebirges gegen den Kessel- berg herauf. In dieser ganzen oberen Thalrinne trifft man auf rothe Thonschiefer, von welchen wir bereits erwähnten, dass sie oberhalb des alten Schieferbruches anstehen; doch sind dieselben nur auf die beiderseitigen unteren Gehänge beschränkt. Denn man mag dieselben auf der linken oder rechten Seite überschreiten, so hat man Grünstein, und zwar auf der Seite nach dem Gebirge des hohen Kernberges, wo der Schiefer theilweise höher am Abhange herauf zu verfol- gen ist, einen deutlich gemengten Hypersthen - führenden Diabas. Die rothen Schiefer ziehen sich, nachdem sie hoch an dem Gehänge in der Richtung des Kesselberges noch in deutlichen Spuren sich zu erkennen gaben und in das Grün- steingebirge desselben eine schmale Bucht hinein zu bilden schienen, plötzlich in nordwestlicher Richtung über die Platt- form zwischen dem höheren aus Grünstein bestehenden Rücken des hohen Kernberges und des Saustallkopfes, ge- winnen in dieser Richtung an Breite, und gehen am Gehänge gegen das Liohrbachthälchen wieder in normale Thonschiefer über. Hiernach ziehen sich die rothen Schiefer auf der West- und Südseite des hohen Kernbergs um diesen herum, oder sind vielmehr in einem schmalen Bande zwischen den Grün- steinmassen des letzteren und jenen des Kesselberges, des hohen 597 Hauks und des Saustallkopfes eingezwängt; sie umgeben dann, in gewöhnlichen Thonschiefer übergehend, die Masse des Kern- berges auch aufder Nord-und Ostseite, an den flachen Gehängen des Dillthales herab eine grössere Verbreitung gewinnend. Jndem hiernach die Grünsteinpartie des hohen Kernberges von Schiefern ganz umschlossen ist, so scheint es eine von denjenigen zu sein, die ganz in der Nähe von Grünstein- massen von beträchtlicherer Verbreitung immerhin von diesen ausgehend, das normale Schiefergebirge durchbrechen, räum- lich und materiell verändern und theilweise wohl auch zwischen sich und der Hauptmasse einklemmen. Auffallend erscheint es, dass sich die rothen Eisenthonschiefer auf das zwischen der isolirten Grünsteinpartie des Kernberges und der Haupt- masse des Kesselberges und des hohen Hauks eingeengte schmale Schieferband beschränken und auf der entgegengesetz- ten Seite wieder als normale 'Thonschiefer erscheinen. Unter den grösstentheils feinkörnigen Diabasgesteinen des hohen Kernberges kommen stellenweise solche mit deutlicher aus- geschiedenen Bestandtheilen vor, welchen Hypersthen in klei- neren und grösseren Partien beigemengt ist. So findet sich derselbe zumal am südöstlichen Abhang in solcher Menge, dass man die Masse hier als Hyperit ansprechen kann. Unterziehen wir nun noch das untere dem Dillthale zwischen dem Thälchen der Mühlbach und der Lehrbach folgende Gehänge, sowie das Gebirge des Dillheimer Kern- berges zwischen dem westlichen Seitenthälchen der Mühlbach und der Lehrbach einer kurzen Betrachtung, so findet sich dasselbe bei Weitem zum grösseren Theile aus Thonschiefer bestehend. Der Rand gegen das Dillthal wird von der Mün- dung des Mühlthals aufwärts durch eine niedrige sehr flache Terrasse eingenommen, deren vorderer und niedrigster Theil aus Diluviallehmland besteht, welches eine schmale Partie im Thale aufwärts bis ungefähr zur Hälfte der Entfernung zwischen der Mühlbach und der Lehrbach bildet. Zuerst in dem etwas höheren Theile dieses flachen Thalrandes gehen Schiefer und in der niedrigen Gebirgsspitze zwischen dem 558 Mühlbache und dem Dillthale höchst feinschiefrige dem Thon- schiefer sehr nahe stehende Schalsteine aus. Man verfolgt die letzteren über einen grossen Theil der flachen Gebirgs- partie des Nikelhäuser Haags. Weiter westlich wechseln sie mit Tihonschiefern ab und scheinen in dieselben überzu- gehen. Beide Gesteine sind jedoch hier überall in einem so stark von ihrer ursprünglichen Frischheit sich entfernenden Zustande, dass man fast kaum das eine von dem anderen zu unterscheiden vermag. Wir verweisen, was den minera- logischen Charakter dieser eigenthümlichen Schalsteinmodi- fikation betrifft, auf die früher schon beschriebenen Thonschie- ferschalsteine*) vom Vogelsang im Hermannsteiner Walde. An einigen Stellen, wo das Gestein am Nikelhäuser Haag weniger aufgelöst ist, erkennt man auch hier den feinkörnig- schiefrigen, zwischen Thonschiefer und Schalstein schwan- kenden Zustand. Im Bereiche dieses dem Mühlthale sich anlehnenden flachsten und niedrigsten Theils der unteren dem Dillthal folgenden Schiefergehänge, welche ihrem ganzen Umfange nach als Nikelhäuser Haag bezeichnet werden, trifft man auf verschiedene Ausgehende eines meist sehr stark aufgelösten feinkörnigen Grünsteines, welche jedoch, da sie die Oberfläche des Schiefers nicht überschreiten, über ihr räumliches Verhält- niss zu den letzteren keinen genügenden Aufschluss bieten. Indessen scheint es, als wenn der gegenseitigen Lage ihrer Ausgehenden zufolge diese Grünsteine das Schiefergebirge quer oder gangförmig in zwei besonderen Partien durch- setzten. Spuren derselben lassen sich am deutlichsten in südlicher Richtung verfolgen, wo die eine in der Nähe der Vereinigung der Mühlbach mit ihrem grösseren Seitenthäl- chen über das Thal zu setzen und mit der Grünsteinmasse des Himmelsberges sich zu verbinden scheint, während die andere weiter oberhalb, der Gebirgsspitze zwischen dem mitt- *) Topographische Geologie und Mineralogie des südlichen Hinter- länder Gebirges. S. 118. 559 leren und äusseren Seitenthälchen der Mühlbach gegenüber, über das Thal der letzteren setzt und auf einen Zusammen- hang mit dem Grünsteine deutet, welchen wir bereits als die schmalen Gebirgszungen zwischen diesen beiden Thälchen durchschneidend kennen lernten. *) Ueber das sanft nach dem Dillheimer Kernberg auf- steigende Gebirge der Heide, welches westwärts dem des Nikelhäuser Haages sich anschliesst, breitet sich das Schiefer- gebirge weiter gegen den Dillheimer Kernberg hin aus. Ein nicht unansehnlicher Theil scheint aus rothem Schiefer zu bestehen, den man überschreitet, ehe man die etwas stärker aufsteigenden Abhänge des Dillheimer Kernberges betritt. Auf diesen finden sich bald Fragmente eines stark von der Auflösung ergriffenen feinkörnigen Diabases, welcher auf der Höhe des Berges mehrfach zu Tage erscheint und den ganzen höheren Theil desselben einnimmt. Sehr deut- liche Spuren dieses Gesteines, welche zahlreich genug am Südgehänge in das äussere Seitenthälchen der Mühlbach ganz in der Richtung des vom alten Kirchhofe uns bekannt ge- wordenen Mandelsteins zu verfolgen sind und sich auch weiter herab mit einzelnen Trümmern von Kalktrapp ver- mengen, sprechen sehr entschieden für eine Verbindung mit *) Wir haben diese Verbindung auf der Karte angedeutet, obwohl wir für dieselbe, sowie überhaupt für einen Theil der grösstentheils nur an- nähernd bestimmten gegenseitigen Begrenzungslinien in diesem ganzen Ge- biete, wegen der fast durchgängig unter Waldvegetation verborgenen Ge- steinsmassen um so weniger einstehen können, als die Verhältnisse derselben ohnehin zu den verwickeltsten gehören. Es gehört schon nicht zu den ganz leichten Aufgaben, das geognostische Bild einer Gebirgsgegend mög- lichst genau und erschöpfend aufzufassen, welche bei einer weniger zu- sammengesetzten geognostischen Constitution durch günstigere Lokal- verhältnisse die Arbeit erleichtert. Sind diese jedoch erschwert, und treten bei einer nicht zureichenden Anzahl von Beobachtungspunkten die Felsbildungen unter abnormen Verhältnissen und in öfterer Abwech- selung auf, so gehört in der That eine gewisse Ausdauer dazu, um die Ge- duld des Beobachters für die dann auch mit um so grösseren Mühselig- keiten und einem grösseren Opfer an Zeit verbundenen Arbeiten nicht zu erschöpfen. 560 demselben, wie wir sie auch auf der Karte eingeführt haben. Schon auf der Höhe des Dillheimer Kernberges finden sich mit diesen Diabasen auch Lydittrümmer ein, welche sich in der oben angedeuteten Richtung zu beiden Seiten des Grün- steines gegen die Schiefergrenze so ansehnlich vermehren, dass wir in eine Fortsetzung der Lyditmassen, die auf der rechten Seite des genannten Seitenthälchens die Grünsteine begleiten, auf beiden Seiten längs der Grünsteinmasse des Dillheimer Kernberges nicht den geringsten Zweifel setzen. Die Gebirgsabfälle, welche sich nun noch von dem Dillheimer Kernberg nördlich und nordöstlich durch den Dillheimer Wald und westlich nach der Lehrbach herab ver- flächen, bestehen durchgehends aus Thonschiefer, welcher, von hier weiter an der Lehrbach heraufziehend und die unteren nordwestlichen Gehänge des hohen Kernberges und des Saustallkopfes nach dieser Seite bildend, mit den zwischen beiden hindurch ziehenden rothen Schiefern sich verbindet. Deutliche Entblössungen dieses Schiefergebietes finden sich fast nur an der Herbach, besonders zunächst des Ausgan- ges derselben, wo jedoch wegen unregelmässiger Zerklüftung der stark verhärteten Schiefer keine Schichtung zu erkennen ist. Am Schakrain, einem längs der rechten Seite des Thäl- chens steil gegen dasselbe abfallenden niedrigen Rücken, findet man die Schieferungsrichtung in hor. 3% mit 50 Grad südöstlichem Einfallen. Der frische und compakte Zustand dieses sehr feinschiefrigen Gesteins gab Veranlassung zur Anlage eines Steinbruches auf Dachschiefer am unteren Ende der schmalen Gebirgszunge. Die Eigenschaften, welche den Schiefer für diesen Gebrauch geschickt machen, sind jedoch auch hier nur scheinbar vorhanden. Wir haben derselben früher gelegentlich eines Vorkommens im Gebirge auf der linken Dill- seite*) gedacht und machen hier nur wiederholt darauf auf- merksam, dass einige Uebung dazu gehört sie richtig auf- *) Topographische Geologie und Mineralogie des südlichen Hinter- länder Gebirges. $S. 143 ff. 561 zufassen, und dass man deshalb gar häufig brauchbare Dach. schiefer gefunden zu haben glaubt, die es nicht sind. Der Thonschiefer ist übrigens in der Breite dieser Schie- ferpartie mehrmals im Bett der Dill anstehend, und bildet zumal an der grossen Krümmung unterhalb ZAringshausen unter dem Diluviallehm hervortretend auf kurze Erstreckung das hier etwas steile rechte Ufer des Flusses. Uebrigens liegt die Schiefermulde *), auf welcher sich auf der linken Dillseite die Grünsteinmassen des Dillheimer hohen Berges, des Birscheds und Wehreds erheben, diesem Schiefergebirge im Hauptstreichen genau gegenüber, und es bildet dasselbe mit dem noch weiter auf die linke Seite der Herbach hin- übersetzenden sowie mit jenem, welches die metamorphische Gesteinsfolge, die wir von der linken Seite der Herbach gleich unten näher kennen lernen werden, auf der Westseite be- grenzt, offenbar die südwestliche Fortsetzung dieser grossen Mulde. #V. Grünsteinbildungen und metamorphisches Ge- birge im Hangenden des Grauwackenschiefers zwi- schen der Dili und der Ulmbach. Zwischen den Rinnen der Lehrbach und der Wehrbach einerseits und der hangenden Seite des Grauwackenschiefer- gebirges, welches zwischen der Ulmbach und der Dill längs der Basaltgrenze des Westerwaldes sich ausbreitet, tritt in der Richtung des Hauptstreichens die Grünsteinmasse des Daubhäuser Hohenwaldes hervor, welche wir nach der des Kesselberges u. s. w. bereits als die beträchtlichste im Distrikte zwischen der Dill und der Lahn bezeichnet haben. Ihr schliesst sich zu beiden Seiten noch eine denkwürdige Folge metamor- phischer Gesteine an, welche, von noch anderen isolirten Grünsteinbildungen durchsetzt, im Ulmthale die Fortsetzung *) Topographische Geologie ete. des südlichen Hinterländer Gebir- ges. Cap. 18. 562 des bereits von seiner Mündung bis zur Herbach erläuterten Profils bilden und, auf dem nordöstlichen Abfalle des Daub- häuser Hohenwaldgebirges im Hangenden wie im Liegenden von Thonschiefermassen begrenzt, über dieses sich bis in das Dillthal herabziehen. Die genauesten Aufschlüsse werden uns auch hier durch eine Darlegung der aus den Querdurchschnitten im Dill- und Ulmthal sich ergebenden Beobachtungen geboten, deren Resul- tate wir mit denjenigen über den Höhenrücken des Daub- häuser hohen Waldes und die beiderseitigen Gebirgsabfälle erhaltenen am füglichsten auch hier wieder in Verbindung bringen. Wenden wir uns zuerst zum Dillthale, so sehen wir auf der linken Seite des Lehrbachthälchens einen dem Schalsteine genäherten gelblichgrauen Thonschiefer anstehen. Dieser hält jedoch nicht lange an, indem dem Dillheimer Kirchberg ge- genüber ein sehr fester poröser, dichter Grünstein beginnt und in verschiedenen, theils in Mandelstein übergehenden Modifikationen *) das ganze steile Gehänge des hinteren Mühlberges bildet bis zu einer kleinen Schlucht, welche wir als die Grenze des vorderen Mühlberges hier bezeichnen wollen. Hier schliesst sich diesem Grünsteine rother Thon- schiefer, sehr feinschiefrig, gerade und dünnstänglich sich ab- sondernd, durchzogen von schmalen Schalsteinlagern, an. Die letzteren verrathen sich durch die an der Oberfläche mit dem Streiehen (hor. 5 südsüdöstlich) zusammenfallenden Streifen. Eine nähere Untersuchung derselben ergiebt übri- gens, dass das in einem etwas zersetzten Zustande be- findliche Gestein von graulichgelber Farbe aus einem grünlichgrauen Schalsteinschiefer hervorgegangen ist. Dieser verändert durch zerstörende Einwirkung bald Farbe und *) Es stimmen diese Gesteine in ihrem mineralogischen Charakter ganz überein mit denen des auf der anderen Seite der Dill gegenüber- liegenden Dillheimer Kirchberges und Läusebuckels. (Siehe deren Be- schreibung in der topographischen Geologie etc. des südlichen Hinterlän- der Gebirges 8. 107.) 563 Glanz und geht so in das blassgelbe erdige Gestein über. Zunächst den Contaktflächen zeigt dieser Schalstein eigen- thümliche zu Uebergängen in Thonschiefer führende Schwan- kungen. Sie sind äusserlich wahrnehmbar durch allmälige Veränderung der Struktur und der Farbe des letzteren. Diese auch an anderen Stellen mehrfach beobachteten ver- wandtschaftlichen Verhältnisse beider Gesteine geben dem Gedanken an eine Metamorphose, durch welche Schalstein aus Thonschiefer entsteht, stets mehr Raum. Etwas weiter am Gehänge des vorderen Mühlberges herauf ist diese Umwandlung gänzlich hergestellt und der Thonschiefer durch Schalstein ganz verdrängt. Bald aber, ungefähr in der Mitte des vorderen Mühlberges, tritt aus diesem Schalstein eine Grünsteinmasse hervor, welche zu- nächst der Grenze jenes schiefrig ist, allmälıg aber in eine höchst feinkörnige Masse übergeht, welche sehr vereinzelte mit Kalkspath erfüllte Blasenräume enthält. Dieser Grünstein ist nicht sehr mächtig, denn er wird durch unterhalb vor- liegenden Schalsteinschiefer wieder verdrängt, der stellen- weise vielen kohlensauren Kalk aufnimmt und einem Kalk- schalstein deshalb stark sich annähert. Die steilen Abhänge des hinteren Mühlberges gegen das Dillthal und das Daub- häuser Thälchen mit ihren Felsvorsprüngen oder vielmehr die äusserste Gebirgsspitze zwischen beiden bestehen aus diesem Gesteine. Das steile Gehänge dem Mühlberg gegenüber auf der linken Seite des Daubhäuser Thälchens beginnt mit einem sehr belehrenden Wechsel und mannigfachen Uebergängen von Schalstein durch Variolite, Grünsteinmandelsteine (Kalk- diabase) in feinkörnige Aphanitgesteine. Die Schalsteine nehmen zuerst einzelne kleine Kalkspathmandeln auf, welche sich schnell vermehren und das Gestein überfüllen um einen vollendeten Variolit herzustellen. Auf der anderen Seite ver- lieren sich nach mehrfachem Wechsel dieser Gesteine die dichtgedrängten Kalkspathmandeln mit der schiefrigen Struk- tur. Das Gestein wird fester und geht unter Vereinzelung 564 der Kalkspathmandeln über in einen aphanitischen Mandel- stein, indem sich neben den Kalkspathmandeln Feldspath- krystalle einfinden. Zuletzt sind jene fast ganz verdrängt, selbst die letzteren vereinzeln sich mehr; das Gestein nimmt einen bedeutenden Grad von Festigkeit an und wird zu ei- ner der härtesten und dichtesten Grünsteinvarietäten, in welcher sich sparsam schmale Kalkspathadern ausscheiden. Aus dieser mannigfach modificirten Gesteinsfolge ent- wickeln sich vier Hauptglieder: Schalstein, Variolit, Labra- dorporphyr, Aphanit. Der Kalkschalstein, streifenweise von Eisenoxyd durch- drungen, enthält vereinzelte Einschlüsse eines krystallinischen Kalksteines, in welchem noch deutlich erkennbare Korallen- reste vorkommen, ohne jedoch Bestimmung zuzulassen. Die- ser Schalstein schwankt übrigens zwischen Schalsteinschiefer und Kalkschalstein und jener ist stellenweise gleich diesem vollkommen entwickelt. Eine sehr interessante Varietät des Variolites findet sich an der linken Seite des Daubhäuser Thälchens. In einer röthlichgrauen schiefrigen Grundmasse, welche fast schon mehr den Charakter aphanitischer Gesteine trägt, sind ne- ben den gleichgrossen kleinen runden Kalkspathkörnern des Variolites in noch grösserer Menge und scharf von der Grundmasse begrenzt, Einschlüsse meist von unregelmässiger Form und von verschiedener Grösse von + bis 4 Linien ei- ner feinkörnig-blättrigen Substanz vom Schmutziggelben ins Gelblichweisse eingemengt. Glanz und Härtegrad derselben deuten auf ein dem Talk sehr nahe stehendes Fossil. Bei genauer Untersuchung finden sich neben diesen Einmengun- gen regelmässige prismatische Formen, welche mit denen der Feldspathgruppe und nach den schmalen Mflächen dem La- brador am nächsten kommen. Diese Einschlüsse überfüllen mit den Kalkspatheonkretionen das Gestein so beträchtlich, dass für die Grundmasse kaum + des Volumens bleibt. Es kann dieses Gestein als eine Annäherung des Variolites zum Labradorporphyr betrachtet werden. 565 Sowohl der Labradorporphyr, als wie die aphanitischen Gesteine tragen das Gepräge vollkommener Entwickelung. In der sehr feinkörnigen grünlichgrauen Grundmasse jenes erscheinen die deutlichen Labradorkrystalle mehr oder weni- ger scharf getrennt. Merkwürdig ist das Umschlossensein sehr kleiner rundlicher Kalkspathkörnchen durch weniger scharf von der Grundmasse begrenzte Labradorkrystalle. Sebr spar- sam beigemengt findet sich ausserdem noch Eisenkies. Der ganze Dappelsberg, oder der steile Abfali zwischen dem Daubhäuser Thälchen und der Aatzfurth gegenüber mündenden »Schlucht, besteht aus dieser denkwürdigen Ge- steinsfolge, vorzugsweise aber die obere Partie desselben ge- gen diese Schlucht hin aus dem festen dichten Grünstein, welcher zunächst derselben noch einen kleinen, weit unter dem Höhenniveau des Dappelsberges liegenden Kegel bildet. Unterhalb desselben am Ausgange der in mehrere Wasser- schluchten sich zertheilenden flachen Mulde ist man plötz- lich durch theils aus dem Schutt hervorragende, theils an der Oberfläche liegende Basaltblöcke überrascht. Sie sind in nicht geringer Menge dicht zusammengedrängt, doch nur auf eine Fläche von höchstens einigen Hundert Schritten im Um- fange sich beschränkend. In den südlichen und südwestli- chen Schluchten lassen sie sich kaum hundert Schritte weit verfolgen und es unterliegt nicht dem entferntesten Zweifel, dass sie einer an dieser Stelle oder doch nur in geringer Entfernung anstehenden Masse angehören, welche sehr ver- steckt liest und mit Gebirgsschutt bedeckt ist. Obwohl das Gestein nicht anstehend gesehen wird, haben wir doch des eisenthümlichen Vorkommens wegen es auf der Karte an- zudeuten nicht unterlassen wollen. Das Gebirge vom Aus- tritte dieser Schlucht in das Dillthal bis zum Greifenthaler Thälchen hat noch einen mehrfachen Wechsel von Kalk- schalsteinen mit schwärzlichgrauem Thonschiefer aufzuweisen. An der linken Seite des letztgenannten Thälchens steht noch „ein sehr grob- und krummschiefriger, grünlichgrauer Schal- stein ‘mit grünlichweissen Talkausscheidungen an, welcher Zeits. d. d. geol. Ges. V.3. 37 366 nach der Katzenfurther Papiermühle hin stets feinschiefriger wird, dem Thonschiefer sich nähert, und in hor. 5 streicht mit 65 Grad südöstlichem Einfallen. Gleich oberhalb dieser Mühle verschwinden alle Spuren metamorphischer Gesteine. An ihre Stelle tritt zuerst am Abhang der Stöckenhölle rei- ner Thonschiefer, zum Grauwackenschiefer sich neigend, und bald in denselben übergehend. Am Abhange des Greifen- steiner Gebirges zwischen der Stöckenhölleschlucht und dem Thälchen von Kdingen wechselt derselbe mit einer feinkörni- gen festen, oft sehr glimmerreichen Grauwacke, deren Stelle, soweit das Gebirge zu Tage gelest ist, jenseits Zdingen ge- gen die nassauische Grenze hin wieder durch reinen Thon- schiefer, mit Grauwackenschiefer wechselnd, vertreten wird. Nehmen wir das Profil der Ulmbach da wieder auf, wo wir dasselbe am Austritte der Hehrbach unterhalb Um oben verliessen, und setzen dasselbe weiter fort bis zur Grau- wackenschiefergrenze bei Holzhausen, so lernen wir über diese kleine Strecke hin noch eine durch Grünsteinmassen und Grauwackenschiefer unterbrochene recht interessante Schal- steinfolge kennen. Sie beginnt mit dem ausgezeichneten Kalkschalsteine, dessen wir bereits oben gedachten. Dieser erstreckt sich in einer mannigfach modifieirten Gesteinsfolge von dem Hehrbach aus wohl über 100 Lachter im Ulmthal aufwärts. Man hat das Pfarrwäldehen noch nicht erreicht, so stehen schon rothbraune Eisenschalsteine an, welche sich über einen grossen Theil des Thalgehänges, so weit es die- sen Namen führt, ausbreiten. Es ist dies eines der charakte- ristischsten Gesteine dieser Art, welche uns aus dem meta- morphischen Theile des östlichen rheinischen Uebergangs- gebietes bekannt wurden. Die Reihe seiner Abänderungen ergänzt die von uns beschriebene Eisenschalsteinfolge aus den Prunkenschluchten zwischen Werdorf und Aslar.*) Sie unterscheidet sich von diesen durch einen höheren Grad von Frischheit und durch vorzugsweise braunrothe Grundmasse, ar 2,0. 8:160. “ 567 überfüllt mit trümmerartigen Ausscheidungen weissen oder grünlichweissen blättrigen Talkes. Diese häufen sich oft in so grosser Menge an, dass sie in wechselseitige Berührung kommen, und die Grundmasse dermaassen verdrängen, dass man sie für dieselbe halten könnte. Zuweilen nimmt diese, zumal bei erhöhetem Glanze, eine entschiedene Aehnlichkeit mit rothem Thonschiefer an. Dies rest auch hier wieder sehr lebhaft den Glauben an eine Metamorphose an, welche aus dem letzteren die Eisenschalsteine entstehen lässt. In dieser wohl über 100 Lachter nach der Kahlenseite hin fortsetzenden, das Eisen schon dem Laien verrathenden Gesteinsfolge hat man fast auf der Thalsohle das Ausge- hende mehrerer Eisensteinvorkommen angeschürft. Sie schei- nen jedoch Trumen, die von einer mächtigeren Lagerstätte ausgehen, anzugehören. Zuerst fand man sie erfüllt von Ei- senkalk (einem etwa 20 bis 25 pCt. haltenden schmelzwür- digen Flusssteine), welcher an Mächtigkeit und Gehalt zuzu- nehmen scheint.*) Im Hangenden dieses Eisenschalsteines findet sich eine, nicht die halbe Mächtigkeit erreichende La- bradorporphyrmasse ein, deren Grundmasse weniger fein- körnig ist, als die im Profil des Dillthals am Dappeisberg im Dillthal, welche Labradorkrystalle nicht allem in grösse- rer Menge, sondern auch zum Theil in beträchtlicherer Grösse ausscheidet. Ihr schliesst sich dann Grauwackenschiefer an, welcher den grösseren Theil des steilen Gehänges der unte- ren Kahlenseite um das Schnepfenthälchen einnimmt. Eine in dieser kurzen schluchtenförmigen Rinne entspringende =) Der wenige Fuss über der Thalsohle begonnene grössere Ver- suchsort war bei unserer Anwesenheit kaum einige Lachter vorgetrieben. Jedenfalls lohnt es sich der Mühe ihn mit Nachdruck weiter fortzuführen und in diesem so sehr höflichen Gebirge diese Versuche überhaupt mehr auszudehnen. ÖOhnehin lehrt die Erfahrung, dass mit solchen in den Schalsteinen aufsetzenden Kalklagern öfter schon die reichsten und ergiebigsten Rotheisenlager aufgeschlossen wurden. Wir erinnern hier nur an das später noch zu beschreibende bedeutende Vorkommen der Grube Philippswonne bei Wetzlar, an das von Adorf im Waldeckschen und einige reichen Lagerstätten dieser Art im Dillenburgschen. 34” 568 Quelle wirft viele erbsen- bis haselnussgrosse Grauwacken- trümmer aus, welche von einer erdigen, etwas abfärbenden dünnen Kalkrinde umhüllt sind. Ehe die Wasser in den Grauwackenschiefer eintreten, nehmen sie wohl ihren Weg durch Spalten des nahen Kalkschalsteins und führen aus die- sem kohlensauren Kalk mit herüber. Betritt man diesen Grauwackenschiefer vom Thale her- aufkommend, so glaubt man hier schon auf der Grenze des metamorphischen Gebirges zu sein. Bald überzeugt man sich jedoch, dass jener nur einen Theil des steilen Gehän- ges der Kahlenseite einnimmt, und dass metamorphische und eruptive Gesteine sich in noch weiterer Abwechselung wie- derholen. um den übrigen Theil des Thalgehänges bis nach Holzhausen zu bilden. Im Hangenden des Grauwacken- schiefers legt sich eine sehr ausgezeichnete Reihe von Va- riolitbildungen an, die unter öfteren Schwankungen zwischen Eisen- und Kalkschalsteinen dreimal von Aphanit- und Dia- basmassen unterbrochen wird und nach der äussersten han- senden Seite, oder dem Abfalle des Gebirges der Kahlen- seite gegen das Ulmthal, in einen nicht minder entwickelten Kalkschalstein übergeht, welcher das äusserste Hangende zunächst der Grenze des Grauwackenschiefers abgiebt. Die- ser bildet noch den unteren Theil des Abfalles der Kahlen- seite gegen die Gebirgsmulde, welche aus dem Ulmthale von Holzhausen herauf der Grenze des Grauwackenschiefers ent- lang; zieht. Obwohl längs dem Thalgehänge Mangel an Entblössung für diese liegende Partie des metamorphischen Gebirges im Ulmthale keine so genaue und entschiedene Aufschlüsse ge- währt, als uns diese grösstentheils für die mehr hangende Folge im Thale abwärts zu Theil wurden, so war es uns dennoch möglich, die einzelnen Lagen je nach den darin vorherrschenden Gesteinen gegenseitig zu bestimmen. und das Profil des Ulmthales*) weiter auszuführen bis zur Grau- *) S. Tafel XIV. 569 wackenschiefergrenze bei Holzhausen. Welchem mannigfachen Gesteinswechsel in der Nähe derselben jedoch das metamorphi- sche Gebirge auf ganz kurze Entfernungen unterliegt, oder wie vielmehr die Hauptbildungen desselben durch Uebergänge modifieirt sind, davon liefern uns ein lehrreiches Beispiel die Versuche nach Eisenstein, welche etwas weiter aufwärts an den Abfällen in das Ulmthal am Mukelberg südwestlich von der Hohenleiter ausgeführt wurden. Zwar wurden uns die räumlichen Verhältnisse der hier erschürft gewesenen Lager- stätte*) und ihre Beziehung zu den sie begrenzenden Ne- bengesteinen nicht näher bekannt; allein aus den Gesteinshauf- werken der Halde war zu entnehmen, dass die Nebengesteine, aus mannigfachen, aus wechselseitigen Uebergängen hervor- gehenden Eisenschalsteinen, Varioliten und rothen Kalkschie- fern bestehen. Diese Uebergänge sind zu verfolgen von einem dem Anschein nach herrschenden Variolit mit einer rothbrau- nen, auch hier wieder dem rothen Eisen- oder’Kalkthonschie- fer nicht unähnlichen Grundmasse, überfüllt mit zahllosen hirsekorngrossen Kalkkörnchen, einerseits durch allmäliges Verschwinden der letzteren in einen feinblättrigen, röthlich- grauen oder schmutziggrauen Schalstein, andererseits aber in rothen Kalkschiefer. Neben dem allmäligen Verflies- sen des einen Gesteins in das andere ist das Schwanken des einen zum anderen bemmerkenswerth. Oft sieht man meh- rere Linien bis einige Zolle dicke Streifen des einen zwischen dem anderen, wobei sich weisse Streifen und einzelne oft viel grössere runde Kalkspathkörner im Kalkschiefer einfin- den, und ihm das Ansehen geben, als wenn Theile des Va- riolites sich in dieselben zersprengt hätten; auch sieht man sie gegen den Contakt des vollkommen entwickelten Variolites häufiger werden. Dabei durchziehen den rothen Kalkschiefer kleine Schnüre eines sehr reinen krystallinisch-körnigen Kal- kes. Dieses Hervortreten der Schalsteine und Variolite aus *) Da dieselbe mit einem sehr rauhen fast an Eisenkiesel grenzen- den Eisenstein erfüllt war, so liess man die Schächte bald wieder zu- sammengehen, 570 dem Eisenkalkschiefer ist hier so evident und ausgezeichnet, dass die oben schon berührte Entstehung der Eisenschalsteine aus Eisenthonschiefer hier durch die noch näher liegende Umwandlung des Eisenkalkschiefers in einen Variolit, dessen Grundmasse fast kaum von jenem sich unterscheidet, ein um so beredteres Analogon findet. Wir haben gelegentlich der Beschreibung des Grünsteingebirges des Hohenberges und Birscheds und der dasselbe begrenzenden metamorphischen Bildungen sehr merkwürdiger Contaktverhältnisse zwischen Kalkdiabas und rothem Kalkschiefer gedacht*) und bei dieser Gelegenheit unsere Ansichten über ein Hervorgehen des ersteren aus diesem entwickelt. Aufeine ganz ähnliche Weise erklären wir uns auch die Entstehung der Variolite aus dem Kalkschiefer. Nur dürfte für dieselben ein geringerer Grad der Metamorphose, oder wohl eine modifieirte Kraftentwicke- lung (zumal von Temperatur und Druck), welche sie herbei- führten, vorauszusetzen sein. Uebrigens befand sich auf den Halden dieser Versuchs- schächte noch ein durch Zersetzung etwas verändertes Ge- stein mit gelblichbrauner schiefriger Grundmasse, in welcher wohl nur durch Auswitterung der Kalkspathkörnchen eine Menge kleiner gleichgrosser rundlicher Poren entstanden ist. Ausserdem enthält diese zwischen Schalstein und Variolit stehende Masse einzelne grössere Flitschen eines ausgeschie- denen, in erdigen Zustand übergegangenen gelblich- oder schmutzigweissen Fossils.. Dann beobachtet man noch eine ganz eigenthümliche Reihe von Varioliten mit einer Grund- masse, welche vom gewöhnlichen Thonschiefer nicht zu un- terscheiden ist. In einem starkverhärteten dem Hornschiefer etwas genäherten Zustande, kaum noch schiefrig mit grob- splittrigem Bruche, enthält die dunkelgraue Masse einzelne grössere Kalkspathmandeln von verschiedener Grösse und unregelmässiger Form. Das Gestein, so kaum noch das Ge- präge von Varioliten tragend, entfernt sich vielmehr bedeu- *) a. a. O. S. 165 und 169. u, 571 tend von demselben. Die Grundmasse entwickelt jedoch bald eine schiefrige Struktur, und je feinschiefriger und glänzender sie wird, desto mehr gleichgrosse und runde Körner reinen körnisen Kalkes nimmt sie auf, welche sie zuletzt der- maassen überfüllen, dass man nicht leicht einen charakteristi- scheren Variolit sehen kann. Uebrigens scheinen diese eigen- thümlichen Abänderungen in keinen verwandtschaiftlichen Beziehungen zu den rothen Kalkschiefervarioliten zu stehen. Am westlichen steilen Abhange des Daubhäuser hohen Waldes herab steigend, betritt man den ungleich niedriger liegenden breiten Rücken des hohen Leiten. Es ist hier an- fangs zwar kein Gestein anstehend; allein Fragmente eines kalkspathreichen schwärzlichen aphanitischen Gesteins deuten auf einen Zusammenhang desselben mit der Diabasmasse des Daubhäuser hohen Waldes. Bald sind dieselben auch entblösst sowohl an dem über die Höhe hinwegführenden Weg, als am nordwestlichen Abhange. Im südwestlichen Theile des hohen Leitens folgen dann graue und rothe kalk- reiche Schalsteinbildungen (Eisenschalsteine) mit einem ei- genthümlichen Conglomerate an der liegenden Seite zunächst dem Grauwackenschiefer. Diese Conglomerate stehen sehr deutlich in dem Fahrwege an, welcher über die Höhe des hohen Leiten wegführt. Auf der Südseite scheinen sie sich übri- gens auch dem Grünsteine anzulehnen und haben mit dem grauen Schalsteine ein gemeinschaftliches Einfallen. Dennoch aber scheinen sie mit demselben in keiner näheren Beziehung zu stehen, sondern vielmehr der Grauwacke anzugehören. Ein aus kleinen Quarz- und Feldspathkörnchen bestehender Kitt umschliesst grössere, theils abgerundete, theils noch kantige Trümmer von Quarz, Glimmerschiefer, einem dunkel- grauen stark glänzenden Thonschiefer und Feldspath. “Das isolirte Vorkommen dieser groben Conglomerate, welche ohne- hin so selten die alte Grauwacke des rheinischen Uebergangs- gebirges begleiten, gestattet hier um so weniger ein Urtheil über ihre Stellung. Obwohl in Folge des dichten Wald- wuchses eine südwestliche Fortsetzung des Grünsteines vom 572 hohen Leiten und des Daubhäuser hohen Waldes nicht nach- weisbar ist, so ist doch nicht daran zu zweifeln, dass er mit dem Labradorporphyr zusammenhängt, welcher% zwischen dem Pfarrwäldchen und der Kahlenseite Grauwackenschiefer und Schalstein durchsetzt; nur scheint er nach dieser Rich- tung hin allmälig an Breite bedeutend abzunehmen. Ebenso werden aber auch die sehr modificirten Schalsteinbildungen, welche auf der liegenden und hangenden Seite dieser Labra- dorporphyrmasse im Ulmthal unter so ausgezeichneten Ver- hältnissen vorkommen, demselben sich anschliessen und in nordöstlicher Richtung sich forterstrecken. Die durch ihre Va- riolite ausgezeichnete Partie auf der nordwestlichen Seite, welche am Gehänge des Mukeberges noch von mehreren schmalen Grünsteinmassen durchsetzt wird und hier sowohl wie auf der Höhe des Mukeberges unter so merkwürdi- gen Verhältnissen auftritt, wird vom Mukeberg nach dem westlichen Theile des hohen Leiten verfolgt und scheint hier an Ausdehnung zu gewinnen. In dem nach dem hohen Leiten sich heraufziehenden dicht geschlossenen Walde hat man indessen viele Mühe die Fortsetzung durch sparsames Ausgehen zu bestätigen, ebenso auch am südöstlichen Ab- hange desselben; dagegen findet man sie in ihren mannig- fachen Gesteinsabänderungen an dem nordwestlichen Gehänge des hohen Leiten vielfach anstehend und verfolgt sie bis zum Fusse der Grünsteinkuppe des Hointgens bei Greifen- thal. Diese umgeben sie und setzen wahrscheinlich auch auf der Ostseite zwischen ihr und dem Grünsteinrücken des hohen Waldes durch, um sich mit den der Stechenhölle öst- lich gegenüberliegenden und ins Dillthal in der Richtung nach Katzfurth fortziehenden Schalsteinbildungen zu verbinden. Diese hiernach im Zusammenhang zwischen der Ulmbach uud der Dill sich forterstreckende Schalsteinpartie bildet zu- gleich das äusserste Liegende gegen das Grauwackenschiefer- gebirge, von welchem sie sich durch äusseres Verhalten sehr scharf trennt, indem sie schon von Holzhausen an mit steilen Abfällen der tiefen Gebirgsmulde zufällt, welche hier auf der 573 Grenze beider Bildungen fortziehend einen breiten Pass nach dem Dillthal bildet. Auf der anderen Seite desselben erhebt sich weniger steil, aber ungleich höher ansteigend, das Grau- wackenschiefergebirge. Die Schalsteinmandelsteine und Kalkschalsteine, welche sich im Profil der Ulmbach den Eisenschalsteinen des Pfarr- wäldchens anschliessen, gewinnen mit den letzteren in nord- östlicher Richtung auf der rechten Seite der Aidebach hinauf noch eine nicht unansehnliche Ausdehnung. Man verfolgt sie hauptsächlich über das Ulmer Feld, wo sie an verschie- denen Stellen von schmalen gangförmig in sie aufdringen- den Grünsteinen durchsetzt zu sein scheinen, die strichweise in’vielen Trümmern die Oberfläche bedecken. Diese Schal- steine lassen sich verfolgen bis zum südlichen Abfall des Daubhäuser hohen Waldes, an dessen südlichem unteren Ge- hänge sie mit rothen Schiefern zusammentreffen. Das Gebirge des Daubhäuser hohen Waldes fällt auf der nordwestlichen Seite gegen das Thal von Greifenthal steil ab und bildet einen breiten in eine Plattform auslaufen- den Rücken, dessen Längenrichtung ungefähr in hor. 9 ist. Der ganze obere Theil des Rückens besteht aus einem sehr feinkörnigen, zuweilen dem Aphanite sich nähernden Diabas- sesteine, in welchem lauchgrüner Labrador bedeutend vor- waltet und hier und da in’ unscheinbaren Kırystallen auftritt, Theilweise ist die Gesteinsmasse mit kleinen Körnchen von Kalkspath durchsprengt und überdies mit kohlensaurem Kalk imprägnirt. Die Grenze der Grünsteinmasse bestimmt sich hier sehr genau durch das untere Ende ihrer fast nach allen Seiten sie umgebenden steilen Abfälle. Auf der nordwestlichen Seite erhebt sich noch eine iso- lirte flache Kuppe ‚‚das Hointgen” aus einem, fast mit dem des Daubhäuser hohen Waldes übereinkommenden Grünstein bestehend. Doch scheint es nicht, als wenn sie mit diesem zusammenhinge, indem Thonschiefer zwischen beiden mehr- fach nicht allein anstehend gesehen, sondern auch längs der westlichen Grünsteingrenze des hohen Waldes sowohl ge- 5374 gen den hohen Leiten hin als in entgegengesetzter Richtung weiter verfolgt werden. Während sie in dieser an Breiten- ausdehnung gewinnen und mit dem Schiefergebirge von Daubhausen sich verbinden, scheinen sie in jener bald sich auszukeilen. Auf der südöstlichen Seite tritt mit dem Grünstein des Hointgen eine mächtige Eisenkieselmasse in Verbindung, welche hier in einer niedrigen Felspartie zu Tage erscheint und nach dem nördlichen Theil der Grünsteinmasse des ho- hen Waldes hinüberstreicht. Trümmer und Blöcke von Ei- senkiesel, welche über dieselben hinwegliegen, gestatten eine gangförmige Durchsetzung anzunehmen. Den im Profil der Ulmbach eingeführten Kalkschalstein am Austritt der Wehrbach verfolgt man ziemlich weit auf- wärts auf der rechten Seite derselben oder auf der südlichen Seite der vom Daubhäuser hohen Wald sich herabziehenden Grünsteinmasse. Hier und da tritt rotker Schiefer aus ihm hervor. Weiter im Gebirge aufwärts entwickelt sich derselbe auf der liegenden Seite des Schalsteins zu grösserer Aus- dehnung und bildet hier die Fortsetzung des der Grünstein- masse des Hauksteinrückens südwärts folgenden gleichnami- gen Gesteins. Beide Bildungen setzen dann in nordöstli- cher Richtung nebeneinander fort und stehen mit den rothen Schiefer- und Schalsteinmassen in Verbindung, welche west- lich des Kesselberges und in der tiefen Gebirgsmulde zwi- schen diesem und dem Daubhäuser hohen Walde durchsetzen. Die oben bereits betrachteten Grünstein-, Variolit- und Schalsteinbildungen, welche in das Profil des Dillthals zwi- schen der Lehrbach und dem Greifenthaler Gründchen fallen und hier nur an den untersten Abfällen einige Ausdehnung gewinnen, werden am Gehänge des hohen Waldgebirges herauf durch Thonschiefer von beiden Seiten dermaassen ein- geengt, dass nur noch der Schalstein, auf der nordwestlichen Seite in einer schmäleren Partie fortsetzend, in der Richtung des Hauptstreichens mit den über das Hointgen fortsetzen- den Schalsteinen zusammenhängt und durch diese mit den 575 aus dem Ulmthal heraufsetzenden metamorphischen Bildun- gen in Verbindung tritt. Die kleinen Grünsteinpartien am Dappelsberg und Mühlberg u. s. w. im Dillthal sind offenbar isolirt. Weder für sie noch für die vom Dappelsberg abwärts bis zum vorderen Mühlberg noch vorkommenden metamor- phischen Massen lässt sich weiter im Gebirge herauf irgend eine Fortsetzung nachweisen, und es beschränken sich die- selben deshalb unzweifelhaft nur auf das untere Thalgehänge. Das Schiefergebirge, welches. wir auf der rechten Seite der Lehrbach kennen gelernt haben, setzt auf die linke her- über und bildet, über die flachen Gebirgsabfälle um Daub- hausen sich ausbreitend, die südliche Grenze dieses kleinen metamorphischen Gebietes. Es schliesst sich demselben, über die unteren Gehänge des hohen Waldes weiter sich er- streckend, weiter in seiner südlichen Fortsetzung an, indem es, wie wir bereits oben nachgewiesen haben, zwischen den Grünsteinmassen des Hointgens und hohen Waldes durch- gehend, sich auszukeilen scheint. Ebenso legt sich die schmale Schieferpartie, welche sich in dem Profile des Dill- thales zwischen dem Greifenthaler Gründchen und der Katz- further Papiermühle einfindet, auf der hangenden Seite des Schalsteinzuges an, und lässt sich längs der Grenze dessel- ben, den Uebergang zum Grauwackenschiefergebirge vermit- telnd, und auch hier in südwestlicher Richtung allmälig sich verlierend, beinahe bis zum Heringshäuser Hof verfolgen. So würde hiernach das Schiefergebirge von Daubhausen den über das Hointgen nach dem Ulmthale fortsetzenden Schalsteinzug auf beiden Seiten gabelförmig einschliessen. In der Umgebung von Daubhausen sieht man dieses Schiefergebirge am deutlichsten entblösst. In der Nähe des Ortes ist es meist in einem stark aufgelösten, dem Schiefer ähnlichen Zustande. Auf der ‚Westseite, nach dem hohen Walde herauf, hat man einen kurzklüftigen, theils auch stänglich abgesonderten Thonschiefer, welcher indessen kei- nen Aufschluss über das räumliche Verhalten gewährt. “ Weiter herauf gegen den hohen Wald gehen diese Schiefer 576 in einen stark verhärteten Zustand über, und bald sieht man sie durchsetzt von einer Masse von Lyditgesteinen, welche mit, dem Eisenkiesel sich nähernden, Quarziten abwechseln. Ehe man den Wald nach der Greifenthaler Seite hin erreicht, setzt ein Lager von einem sehr krystallinischen Kalkstein auf, welcher fast nur aus in Kalkspath übergegangenen Ra- diarienresten besteht. Die Masse desselben ist mehr oder weniger stark durchdrungen von schmalen Schieferstraten und neigt deshalb zum Kalkschiefer. Obwohl durch Stein- brüche schwach aufgedeckt, lässt sich doch ihre Mächtigkeit und Längenausdehnung nicht genau ermitteln. Das Strei- chen fällt mit südöstlichem Einfallen zwischen hor. 4 bis 5. Im Hangenden erscheint rother Schiefer, der jedoch über Tage nicht weiter zu verfolgen ist, wahrscheinlich aber mit dem des Mühlberges in Verbindung steht. Das in seiner nordöstlichen Fortsetzung den Schalsteinen und Varioliten des Dappelsberges und Mühlberges sich anschliessende Kalk- lager fällt übrigens in der Richtung des Hauptstreichens ge- nau mit dem auf der linken Dillseite gegenüberliegenden Kalkschiefer am Dillheimer hohen Berg und auf der rechten Seite des Daborner Thälchens*) zusammen. Ueberhaupt muss die nur durch das Dillthal von diesem metamorphischen Gebirgsgebiet getrennte kleine Schalstein- und Kalkschiefer- partie, welche östlich von Katzfurth der Grünsteingrenze des Birscheds und Dillheimer hohen Berges folgt, als Fort- setzung oder vielmehr als das nordöstliche Ende derselben gelten. | Zum Schlusse gedenken wir hier noch Kupfererze-füh- render Gänge, welche im Schiefergebirge von Daubhausen aufsetzen, und auf welchen im vorigen Jahrhundert Bergbau getrieben wurde. **) *) Topographische Geologie u. s. w. des südlichen Hinterländer Ge- birges. 8. 168. **) Die nachstehenden aus dem Hochfürstlichen Archive zu Braun- fels entnommenen geschichtlichen Daten über diesen Bergbau bieten wenig Aufmunterung für eine dereinstige Wiederaufnahme desselben. 577 Da jedoch die Spuren desselben fast gänzlich verschwun- den sind und auch die alten Nachrichten keine Aufschlüsse über das Verhalten dieser Lagerstätten bieten, so sind wir ausser Stand darüber etwas Näheres mittheilen zu können. Die ersten Ueberlieferungen fallen in das Jahr 1706; doch wurden die Arbeiten früher schon begonnen. Denn in der Belehnungsurkunde, welche in diesem Jahre von dem Grafen Moritz vox Sorms dem Ober- förster Metzger ertheilt wurde, ist der Bergmeister Justus Arsrechr als früherer Inhaber der Muthung der Grube Johann Ebert genannt, wel- chem sie, als sie ins Freie gefallen war, aufs Neue übertragen wurde. Die Baue sollen damals in der Nähe des Daubhäuser Kirchhofes begon- nen und über den Bergrücken zwischen Daubhausen und Greifenthal sich erstreckt haben. Es soll ein gangförmiges Vorkommen gewesen sein, auf welches in mehreren kleinen Feldern die Belehnung ertheilt wurde, Später wurde, nachdem die Baue abermals ins Freie gefallen wa- ren, und auch Spuren von Kupfer bei Berghausen sich gefunden hatten, im Jahre 1730 eine neue Belehnung den Bewohnern von Daubhausen und Berghausen auf 3 Jahre verwilligt, und zwar nicht allein auf Kupfer, sondern auch auf Gold, Silber, Blei, Alaun, Kobalt u. s. w., wie dies in der Urkunde eingeführt und den Inhabern derselben auf einen Umkreis von 1 Stunde an beiden Orten das alleinige Recht des Bergbanes auf diese nutzbaren Mineralien zugestanden wurde. Im Jahre 1750 war der Bau längst wieder ins Freie gefallen, indem um diese Zeit von Seiten eines Kaufmanns BassomriErre aus Frankfurt um Belehnung nachgesucht wurde. Bis zu dem Jahre 1754 scheint indessen die Fürstliche Regierung selbst durch einen Bergbeamten, Namens Rornu, mit Aufarbeitung des alten Stollens der Grube und mehrerer Strecken behufs einer weiteren Untersuchung des Ganges sich ohne besonderen Erfolg befasst zu haben. Aus den Berichten dieses Beamten geht übrigens, da er mehrfach eines reichen Vorkommens von Vitriol gedenkt, hervor, dass Schwefelkies in ansehnlicher Menge in den Gängen vorhanden war und wahrscheinlich den Kupferkies auf eine Weise verdrängte, dass die Gewinnung desselben sich nicht lohnte. Dieser Beamte giebt übrigens dem Daubhäuser Vor- kommen bei Weitem den Vorzug vor dem Berghäuser, welches den vor- handenen Nachrichten zufolge überhaupt nur sehr kurze Zeit ausgebeu- tet wurde. Etwas später, wohl noch vor dem Jahre 1760, bildete sich unter dem Präsidium des Stallmeisters Susewiınpr eine andere Gewerkschaft, um wie es scheint auf Vitriolbetrieb diesen Bau wieder aufzunehmen. Die Mitglieder derselben wurden jedoch uneinig und geriethen in einen langwierigen Process, dessen Verhandlungen den Akten nach sich bis in das Jahr 1787 hinauszogen. Während dieser ganzen Zeit aber scheinen nur sehr beschränkte Arbeiten zur Fortsetzung des Betriebes stattge- funden zu haben, 5785 V. Grauwackenschiefergebirge zwischen der Dill und Ulmbach. Die hohe Gebirgspartie, welche in der Gegend von Grei- /enstein zwischen der Dill und Ulm den äussersten nord- westlichen Theil des Distriktes zwischen der Lahn- und Dillspitze innerhalb der Grenzen des Königlich Preussischen Kreises Wetzlar bildet, besteht mit Ausnahme der kleinen Basaltpartie, welche von dem zusammenhängenden grossen vulkanischen Gebiet des Westerwaldes noch über die nas- sauische Grenze herübersetzt, aus einer Schichtenfolge von Grauwackenschiefer, Thonschiefer und feinkörniger Grau- wacke, von welchen der erstere bei Weitem vorwaltet. Im Querprofil vom Austritt des Greifenthaler Thälchens ins Dillthal bis zur nassauischen Grenze erreicht sie ihre grösste Breite. Nach der Ulmbach hin nähern sich die metamorphi- schen Schichten mehr dem dieses kleine Grauwackengebiet gegen Nordwesten begrenzenden Basalt des Westerwaldes und engen es etwas mehr ein, so dass es zwischen dem Austritt der Ulmbach aus dem Basaltgebiet oder zwischen der nassauischen Grenze, welche mit der Grenze jenes an diesem Punkte so ziemlich zusammenfällt, und der Grenze des letz- ten Schalsteinzuges im Hangenden des Grauwackenschiefers an der Ulmbach seine geringste Breite erreicht. Vom Dill- thal herauf steigt das Gebirge anfangs sanft an, erhebt sich aber gegen Greifenstein bald steiler und erreicht hier einen hohen unter dem Basalt sich verlierenden Sattel, welcher das ganze Königlich Preussische Gebirgsgebiet zwischen der Lahn und der Dill beherrscht. sowie überhaupt zu einer an- sehnlichen das zunächst umgebende Uebergangsgebirge über- ragenden Höhe sich erhebt. Einige langgestreckte schmale Höhenzüge erstrecken sich von der Sattelpartie aus südöst- lich, auf beiden Seiten des Greifenthaler Gründchens allmä- lig gegen das Dillthal abfallend. Südlich fällt dagegen das Gebirge ziemlich schnell ab nach der hangenden Seite. Die linke Seite desselben bietet durch ihre steilen Abfälle eine 579 Fortsetzung der günstigen Entblössungen, welche durch den ganzen unteren Theil des Thales die demselben folgende maunigfäche Reihe eruptiver und metamorphischer Gesteine in einem so schönen fast ununterbrochenen Zusammenhange darlegen. Zumal ist das untere Gehänge schroff und sehr felsig da, wo die festen Grauwackenschichten vorwalten und mit Grauwackenschiefer abwechseln. Stellenweise sind die Schichten in ganzen Wänden entblösst. Da unmittelbar am Fuss derselben die Ulmbach hinfliesst, und die etwas mehr zu- gänglichen Stellen meist sehr dicht bewachsen sind, so stel- len sich der Beobachtung der linken Gehänge der Ulmbach von der nassauischen Grenze bis beinahe nach Holzhausen dennoch manche Schwierigkeiten entgegen. Die Schichten des herrschenden Grauwackenschiefers wechseln hier bald mit einer sehr fein- und gleichkörnigen, bald weisslich- bald grünlichgrauen festen Grauwacke, bald mit Thonschiefer in sehr abwechselnder Mächtigkeit, und sind meist stark aufge- richtet, unter 50 bis 60 Grad gegen Südsüdost fallend, meist zwischen hor. 4 und 5, doch auch, zumal weiter unterhalb gegen Holzhausen, nach hor. 6 streichend. An einer Stelle mehr oberhalb fanden wir die Schichten von dieser Richtung stark abweichend, hor. 3 mit sehr flachem südöstlichen Ein- fallen. Zum Theil zeigen sie auch grosse flache Wellen- biegungen. Im Uebrigen scheinen die Schichten dieses kleinen, ohne Zweifel der älteren rheinischen Grauwacke angehörenden Gebietes in ihrem räumlichen Verhalten nicht besonders ab- zuweichen. Das Streichen ist meist zwischen hor. 4 und 5 mit mehr oder weniger starkem südöstlichen Einfallen. Da- mit stimmt auch das Verhalten der zwischen den metamor- phischen Massen der Kahlenseite unterhalb Holzhausen iso- lirten Grauwackenschieferpartie überein, welche wohl eine sattelförmige Erhebung zwischen jenen bildet, die im Haupt- streichen mit der zwischen den Grünsteinen des hohen Wal- des und des Hointgens durchsetzenden Schieferpartie über- einstimmt und mit ihr in Verbindung stehen dürfte. Von RE 580 ‚ einer näheren Darlegung der Zusaumensetzungsverhältnisse, sowie des petrographischen Charakters dieser Gesteine ab- strahiren wir und verweisen in dieser Beziehung auf die be: reits beschriebene nordöstliche Fortsetzung derselben auf der linken Dillseite.*) Indessen scheint es, als wenn im Gebirge auf der rechten Dillseite glimmerreiche Grauwackenschiefer bei Weitem mehr vorwaltend auftreten wollten, als wenig- stens in der unmittelbar gegenüberliegenden Partie des Katz- furter und des Herborner Waldes. Einige Hundert Schritte unter der Greifensteiner Ruine stehen sie, in hor. 4 streichend, beinahe auf dem Kopf. An den lichten Eichen zunächst dem Fusspfad, welcher vom Katzfurter Wege nach Greifenstein abgeht, wenden sich die Schichten nach hor. 7. An der Strasse von Katzfurth nach Greifenstein, ungefähr in der halben Höhe vom Dillthal herauf, wird der Grau- wackenschiefer von einem sehr schmalen Kalklager durch- setzt, welches nicht fern vom Wege ausgeht, aber nicht weit zu verfolgen ist. Am unteren Gehänge zwischen Katzfurth herrscht Grau- wackenschiefer vor; weiter herauf wechselt er mit feinkörni- ger Grauwacke, und diese nimmt beinahe auf der Höhe von Greifenstein Thonschieferschichten auf, nachdem sie am obe- ren Gehänge in kurzer Strecke vorwaltend sich zeigte. Die auffallenden Erscheinungen im Gebiete dieser Grau- wacke dicht an der Grenze des Basaltes erklären sich leicht aus dem Contakt mit letzterem. Man findet nämlich hier ein ausgezeichnet quarziges Gestein, welches zum Theil von dem sogenannten Braunkohlensandstein und den gefritteten bunten Sandsteinen am Vogelsgebirge nicht zu unterscheiden ist. Das ausgezeichnetste Vorkommen dieses Quarzites ist der sogenannte Hornstein, eine dicht an der Basaltgrenze am östlichen Gehänge des noch aus Basalt bestehenden Höhen- zuges des Buchschirmes und Rinnsteins plötzlich aus der sanft abfallenden Gebirgsoberfläche aufsteigende freie Fels- *) a. a. O. Cap. 19 und 20. 81 masse, welche beinahe 50 Schritte lang, 40 bis 50 Fuss durch- schnittlich hoch und 3 bis 4 Lachter mächtig ist. Die Schich- tungsklüfte treten zwischen hor. 3 und 4 noch deutlich‘ her- vor in der gegen Südsüdost stark einfallenden Felsmasse, die ausserdem durch beinahe in rechten Winkeln durchsetzende Querklüfte stark zerspalten ist und hierdurch in mehr oder weniger regelmässige Quadern sich theilt. Das Gestein, von Farbe weiss ins Graulichweisse, zuweilen durch Eisen etwas roth gefärbt, ist ein fast reiner feinkörniger Quarz, dessen Körnchen auch zum Theil in eine dichte Quarzmasse zer- fliessen. Es scheint, als wenn dieser Felsen weit am Ge- hänge herab sich in Trümmer zerschlagen hätte, welche sich wenigstens über das Feld hin bis in den gegenüberliegenden Wald der Steinkuppel in Menge vorfinden und sogar noch an der Basaltgrenze südlich am Abhange herab bis in das Ulmthal zu verfolgen sind. Das Ausgestreutsein dieser Blöcke längs der Basaltgrenze lässt eine Fortsetzung der anstehenden Felsmasse des Hornsteins unter Tag in dieser Richtung vermuthen. Merkwürdig ist nicht allein an und für sich die Zertrümmerung derselben, sondern auch das zum Theil in beträchtlicher Entfernung von der anstehenden Quarzitmasse oder der Basaltgrenze stattfindende Umherge- worfensein als eine Erscheinung, welche solche Quarzitbildun- gen, sie mögen Formationen angehören welchen sie wollen, vorzugsweise gemein haben, wenn sie durch Berührung mit Basalten erzeugt wurden. Wir zählen dahin zumal die nicht allein in anstehenden Massen, sondern auch oft genug in ge- waltigen Haufwerken von Blöcken dem Rande des vulkani- schen Vogelsgebirges folgenden Quarzite des bunten Sand- steins, so wie die meisten sogenannten Braunkohlensandsteine; wie sie wenigstens im westlichen Deutschland vorkommen. Wir werden bei anderen Gelegenheiten, wo diese Blöcke in noch viel grösserer Entfernung von ihren ursprünglichen La- gerstätten auftreten, auf eine Erklärung derselben durch Ur- sachen zurückkommen, welche lange nach der Entstehung wirkten. Zeits. d. d. genl. Ges, V, 3. 38 582 Für die Zertrümmerung und das Ausgebreitetsein der Quarzitblöcke am Hornstein glauben wir jedoch annehmen zu dürfen, dass die meisten Blöcke, vorzugsweise aber jene, welche in grösserer Menge mehr in der Nähe der: Basalt- grenze zusammengehäuft sind, während ihrer Entstehung, und zwar entweder durch Einsturz oder Zertrümmern in Folge zu steilen Emporhebens der am Basaltrande zu Quar- zit umgewandelten Grauwackenmassen, oder durch das Zer- trümmern der Saalbänder des umgewandelten Gesteins und durch Emporschleudern von Fragmenten desselben durch die aufsteigenden eruptiven Massen gebildet wurden. Vereinzelte Blöcke, wie man sie zumal gerade hier tief an den Stein- bergen und bis in das Ulmthal herab verfolgt, mögen wohl durch spätere Ursachen und zwar durch Eis oder heftige Gebirgsfluthen ihrer ursprünglichen Fundstätte entrückt wor- den sein, obwohl die Entfernung derselben nicht so beträcht- lich ist, dass sie nicht auch vulkanischen Gewalten zuge- schrieben werden könnte. In einer etwas grobkörnigen, meistens bis zum Zelligen porösen Abänderung dieses Quarzites, und zwar in nur we- nigen am Gehänge der Steinberge zerstreut vorgefundenen Blöcken, fanden sich die vielfach bekannt gewordenen Stein- kerne und Schalenabdrücke eines sehr seltenen Brachiopo- den,*) dessen Vorkommen in den englischen Silurschichten früher Sowersy zur Aufstellung der besonderen Gattung Pentamerus veranlasste. Sie erfüllen das Gestein in so grosser Menge, dass sie sich zum Theil in wahren Con- glomeraten aufhäufen. Zwischen den zum Theil mit einem Anflug von Mangan überzogenen Steinkernen und Schalen hat sich meistens eine ansehnliche Höhlung gebildet, welche zur Folge hat, dass hier und da Theile des inneren Gerip- pes deutlich zu beobachten sind, und dass auch die äusse- ren Merkmale dieses eigenthümlich gebauten Brachiopoden *) Unseres Wissens das zuerst bekannt gewordene Auftreten dieser Gattung in Deutschland. 583 deutlicher hervortreten. Lange Zeit hat man sie für den nur auf die englischen Silurschichten beschränkten Pen- tamerus Knightii Sow. gehalten. Spätere Untersuchungen, besonders die von F. RoEmeEr *), scheinen jedoch ergeben zu wollen, dass sie dem für das devonische System charakteristi- schen Pentamerus galeatus (Terebratula galeata v. Bucn oder Atrypa galeata Darman) angehören. Mit ihnen kommen ausserdem noch sparsame Reste anderer Brachiopoden, sowie von Zoophyten vor, die jedoch keine Bestimmung zulassen. Gleich merkwürdig wie das höchst isolirte Auftreten einer so seltenen Versteinerung in der alten Grauwacke des rheini- schen Systems, in welcher sie bis jetzt noch an keinem an- deren Punkte aufgefunden wurde, erscheint das Erhaltensein derselben in einem Gesteine, welches seine ursprüngliche Beschaffenheit durch spätere Einflüsse auf eine Weise ver- änderte, bei der man eine vollkommene Zerstörung der For- men organischer Wesen voraussetzen sollte. Dies trägt aber gerade wesentlich zur Erklärung des Ent- stehens der räthselhaften quarzigen Gesteine an dieser Stelle mit bei, welche man hier sowohl als an anderen Punkten, wo sie Grünsteinbildungen begleiten, für die Grauwacke durch- setzende Quarzlager oder Gänge gehalten hat. In diesen würden sich jedoch schwerlich Versteinerungen finden, wie sie nur in den ursprünglichen Schichten der Grauwacke ein- geschlossen waren, welche durch den Contakteinfluss des Basal- tes zu einer reinen, theils körnigen, theils fast homogenen Quarzmasse sich umbildete, ohne dass merkwürdigerweise die Formen der Versteinerungen auffallende Störungen und Veränderungen erlitten. VE. Grünsteinschalsteingebirge auf der rechten Ulmseite. Es wurde oben schon des im Allgemeinen flachen, sanft in das Ulmthal abfallenden Gebirgsgehänges auf dessen *) Das rheinische Uebergangsgebirge S. 76 und 77. 38* 584 rechter Seite gedacht. Das Grünsteinschalstein- oder Schal- steinmandelsteingebirge tritt hier unter dem zusammenhän- senden Basaltgebiet des hohen Westerwaldplateaus hervor und bildet einen Theil seines östlichen Abfalles, der seiner Oberflächenausdehnung nach zwischen der Ulmbach und der nassauischen Grenze sich nur noch auf einen mehrere Stun- den langen, sehr schmalen Streifen beschränkt. Im nördli- chen Theile desselben, oder in dem kleinen Gebirgsgebiete, welches die Ulm mit ihrer Krümmung zwischen Allendorf und Ulm umzieht, treten die Schalstein- und Grünsteinbildungen unter etwas steileren Umrissen auf und es sind hier schon eher Anhaltspunkte geboten, die correspondirenden Glieder aufzufinden für die unter so ausgezeichneten Verhältnissen am steilen Gehänge der linken Ulmseite beobachtete Gesteinstolge. Steigt man von Holzhausen südlich am Gebirge herauf nach der Höhe des Steimelskopfes, welcher sich schon vom Thale herauf durch sein plötzliches kuppenförmiges Hervor- treten, seine freie Lage und die steilen vegetationslosen Ab- hänge nach dieser Seite als der Grünsteinformation angehörig; verräth, so hat man, nachdem der das anfangs etwas flache Gehänge bedeckende Gebirgsschutt überschritten ist, kaum 600 Schritte von Holzhausen aufwärts, da wo das Gebirge etwas steiler ansteigt, schon reichliche Fragmente einer mannigfach modificirten Schalstein- und Variolitbildung. Bald finden sich dieselben in Wasserrissen und noch höher herauf unter der steilen Kuppe des Steimelskopfes noch deutlicher anste- hend, und durch Versuche auf Eisensteine in einer mannig- fachen Folge von rothbraunen feinschiefrigen und grobschie- frigen Eisensteinen mit sehr ausgezeichneten grauen Varioli- ten alternirend — das wahre Eisenschalsteingebirge, in wel- chem man die noch nicht vor langer Zeit begonnenen Ver- suche wohl auch nicht ohne Erfolg fortsetzen wird. Bereits waren einige nicht ungünstige Ausgehende von Rotheisenstein aufgeschlossen. Mit dem steilen Ansteigen des Steimelskopfes verliert sich diese Gesteinsfolge und wird durch einen grün- lichgrauen aphanitischen Mandelstein ersetzt, aus welchem 385 diese auf der rechten Seite des Ulmthales das höchste Niveau des Grünsteinschalsteingebirges erreichende Kuppe besteht. Die Fortsetzung dieses Grünsteins wird über den nach der Krümmung der Ulmbach abfallenden Gebirgskamm, welcher hier noch mehrere kleine kuppenförmige Hervorragungen, wie zumal die des Taubenthalkopfes, mit deutlicheren Gesteins- entblössungen bildet, nach Yin hin nordöstlich verfolgt, und es unterliegt keinem Zweifel, dass die im Gesteinscharakter auch übereinstimmenden Grünsteine, welche zwischen Ulm und Holzhausen durchsetzen, die Fortsetzung der auf der linken Thalseite zwischen Ulm und Holzhausen nach dem Daubhäuser hohen Wald sich heraufziehenden Grünsteinmasse sind. Ebenso wird dieser Grünstein mit den ihn begleiten- den Schalsteinen und Varioliten auf der Nordseite auch nach Südwesten bis zur ganz nahen Basaltgrenze verfolgt. Kaum hat man ihn jedoch von der Höhe des Steimelskopfes herab über den südlichen Abfall des Gebirges überschritten, so be- findet man sich auf einer neuen Folge von Schalsteinen. Zuerst folgt ein Schalsteinmandelstein, dessen Uebereinstim- mung mit dem nördlichen von Ulm an der Wehrbach durch- setzenden nicht zu verkennen ist. Weiter abwärts: scheint sich derselbe in eine ähnliche Schalsteinfolge verlieren zu wollen, wie man sie am jenseitigen oder nördlichen Gehänge des Steimelskopfes beobachtet. Doch sind hier zu wenig Entblössungen, um sie ihrer Ausdehnung nach bestätigen zu können. Sie werden in einigen nicht sehr tiefen Wasserris- sen und zwar meist schon in einem sehr aufgelösten Zu- stande nur schwach zu Tage gehend gefunden. Ueberhaupt ist der von hier an noch weiter unter dem Basaltplateau hervortretende sehr schmale Zug des Grünsteinschalsteinge- birges auf der rechten Seite der Ulm, welcher sich zwischen dieser und der nassauischen Grenze bis zur Lahn herab- zieht, fast nur noch auf den hier sehr flachen Gebirgsabfall des Ulmthals beschränkt, über welchen hın überdies fast sämmtliche zu Tage erscheinende Gesteine in einer sehr stark vorschreitenden Auflösung begriffen, oder mit Gebirgsschutt- 586 massen stark bedeckt sind. Dazu kommt noch ein beinahe ununterbrochen fortsetzender, der Beobachtung sehr ungünsti- ger Anbau seiner Oberfläche. Hiernach ist es sehr zu be- klagen, dass sich keine genaue und sichere Nachweisungen über die Fortsetzung der so sehr interessanten Schichtenfolge der linken Seite des Ulmthals gewinnen lassen, und wir haben es nur auf diese kurze Erstreckung bis zur nassauischen Grenze versuchen können, durch sehr sparsame aus der Beob- achtung gewonnene Anhaltspunkte dieselbe fortzuführen. Doch ist mit ziemlicher Sicherheit diese Fortsetzung, sowie auch eine gewisse Conformität derselben vorauszusetzen. Abwei- chungen in der Ausdehnung und Mächtiskeit, sowie in der Richtung des Streichens bis zu starken Wendungen oder Mulden und Sattelbiegungen, wie dieselben auch mehrfach an anderen Orten sich ergeben, werden wohl auch selbst auf diese geringe Entfernung hin nicht fehlen. In der That er- geben sich dieselben theilweise schon aus den wenigen An- halten, wie dies aus der Darstellung auf der Karte zu ent- nehmen ist. Zumal aber scheint die mehr nach der Lahn ° hin vorliegende Gesteinsfolge südwärts der auf beiden Thal- seiten mächtig hervortretenden Hypersthenfelsmassen einer Einbiegung derselben in westlicher Richtung folgen zu wollen. VIE Basalte auf Preussischem Gebiete zu beiden Seiten der Ulmbach. Das zusammenhängende Basaltgebiet des Westerwaldes nimmt zwischen der Ulmbach und der Dill nur noch eine Partie von sehr geringem Umfange auf Preussischem Gebiete ein. Kaum + Stunde nordöstlich von @Greifenstein setzt die Basaltgrenze auf dasselbe herüber und zieht nun unter einigen nicht bedeutenden Ausbauchungen (von welchen eine sich Greifenstein bedeutend nähert, so dass wohl der westliche Theil der Häuser dieses Ortes noch darauf liegt) südöstlich bis zur Ulmbach, um hier von neuem auf das Preussische Gebiet überzusetzen. Die zwischen ihr und der Dill von 587 ihm aufgenommene Basaltpartie bildet nur einen Theil der letzten Terrassen des Westerwaldes gegen Osten, welche hier vorzugsweise aus den wenige 100 Fuss über das Grau- wackengebiet sich erhebenden Höhenzügen des Rinnsteins, des Buchschirms, sowie einiger unbedeutenden Erhebungen südlich nach dem Ulmthale herab bestehen, und unter einer sanften Verflächung südöstlich auf dem unter ihm hervortre- tenden Grauwackengebirge ausgehen. Die grosse Menge lo- ser Blöcke und Trümmer, zum Theil weit an dem Gehänge des letzteren herabliegend, verkündet schon in einiger Ent- fernung die Nähe des vulkanischen Westerwaldgebietes. Ausser dieser zusammenhängenden grösseren Basaltpar- tie tritt diese Felsart auf der linken Ulmbachseite noch in mehreren isolirten kleinen Massen aus der Grauwacke her- vor. Eine derselben trägt die jetzt noch in ihren Ruinen grossartige Stammburg der Grafen und Fürsten von Sorms- BraunreLs. Es ist dies ein kaum 100 Fuss über die Ober- fläche der Grauwacke ansteigender Basaltfels, von dem nur einzelne Theile unter den alten Befestigungswerken und Grund- manern der Burg, sowie den beträchtlichen Schutthaufwerken derselben als natürliche Grundmauer hervorragen. Die Säu- len der prismatisirten Masse sind nach sehr verschiedenen Richtungen sruppirt, oder bilden vielmehr die Reste des wohl ursprünglich im Momente ihrer Erhebung eingestürz- ten äussersten 'Theiles der ganzen Masse, welche, wie man dies bei gar manchen solcher isolirt aufgestiegenen Basalte bestätigt findet, in der verschiedenartigsten Richtung über die Grundmasse her gruppirt liegen. Die wenigen Reste der Art, welche man hier nur deutlich vor Augen hat, sind aus sehr dünnen unregelmässigen Prismen zusammengesetzt, und scheinen deshalb der äussersten Spitze angehört zu haben. Uebrigens ist nicht zu verkennen, dass bei dem grossen Umfange der Burg, bei deren Erbauung man sich grössten- theils der Steine des Felsens bediente, der sie trägt, ein sehr beträchtlicher Theil desselben herabgebrochen und so dessen Höhe auch nicht unbedeutend vermindert wurde, was 588 auch schon der Raumgewinnung, wegen für den grossen Umfang der Burg nötkig war. Jedenfalls hat dieser Fels seine ursprüngliche Gestalt und seinen Umfang bedeutend verändert, so dass jene, welche jetzt kaum noch einer stark abgestumpften unregelmässigen Kegelform sich nähert, früher von einer regelmässigen Kegelform vielleicht nur wenig sich entfernte. Nähert man sich ihm von der Süd- oder Nordseite und sieht die grosse Menge basaltischer Blöcke des zusam- menhängenden Basaltgebietes bis zu seinem Fusse herabliegen, so wähnt man dasselbe mit ihm zusammenhängend. Wasser- risse und die tiefen Gräben der alten Umwallung im Grauwackenschiefer überzeugen trotz der sehr geringen Ent- fernung der Grenze des zusammenhängenden Basaltgebietes jedoch bald von der isolirten Lage des Basaltes der Burg Greifenstein, auf welcher man eine der entzückendsten Aus- sichten geniesst. Ä Zwei andere isolirte Basalte haben, gleichfalls nicht fern von der Grenze des Hauptgebietes, am Fuss des steilen linken Gehänges der Ulmbach eine sehr versteckte Lage. Einige Tausend Schritte unterhalb jener oder der beinahe damit zu- sammenfallenden nassauischen Grenze, mündet eine enge Schlucht an diesem Gehänge, welches auf dieser Seite fast allerwärts unmittelbar in die Ulm herabstürzt und theilweise mit undurchdringlicher Waldvegetation überzogen wird. Oberhalb der Mündung dieser kleinen Schlucht bildet der eine dieser Basalte einen niedrigen flachen Hügel von kaum 30 bis 40 Schritten im Umfang und etwa 20 bis 30 Fuss hoch. Er besteht aus einem zusammenhängenden Haufwerk von Blöcken, welche die aus Grauwackenschiefer hervorkom- mende anstehende Masse gänzlich verdecken. Etwas weiter unterhalb dieser Schlucht tritt eine andere Basaltmasse ihrem räumlichen Vorkommen nach lagerartig aus den Schichten der Grauwacke hervor. Am Fuss des Abhanges dicht am Ufer der Ulm ist dieser Basalt 4 bis 1- Lachter mächtig sehr deutlich entblösst, weiter hinauf am steilen Abhange verliert er sich unter Gebirgsschutt und der Vegetationsdecke. 589 An den Ablösungsflächen ist die Grauwacke zu einem Horn- quarze umgewandelt, welchen der Basalt auch nesterweise umschliesst. Ein drittes isolirtes Basaltvorkommen auf der linken Ulmseite liegt von der Grenze des zusammenhängenden Ba- saltgebietes etwas entfernter. Besteigt man von Daubhausen herauf den hohen Wald und wendet sich nordwestlich in der Richtung des Hointgen, so trifft man auf Basaltfragmente, welche sich weiter herauf vermehren und auf einen auf der Höhe des hohen Waldes versteckten Basalt hindeuten. Nach diesem herauf vermengen sie sich mit Fragmenten eines deut- lich gemengten Hyperites und verschwinden mit denselben auch bald. Wir vermochten nirgends die Spur von. einem Ausgehenden dieses Basaltes aufzufinden. Doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass er den Grünstein gangförmig durch- setzt. Sowohl diese isolirten Basalte, als wie auch die der zu- sammenhängenden Masse, haben in Bezug auf ihren petro- graphischen Charakter nichts Bemerkenswerthes aufzuweisen. Allerthalben, so weit wir Gelegenheit hatten sie zu beobach- ten, fand sich der gewöhnliche bläulichschwarze, zuweilen auch in helleren Modifikationen auftretende feste Basalt mit mehr oder weniger häufig beigemengten Olivinkörnern. — In der Nähe des durch Srirrr *) beschriebenen durch seine | schöne und regelmässige Säulengliederung bekannten Beil- steins setzt die Grenze des grossen vulkanischen Gebietes vom Westerwalde über die Ulmbach. Sie zieht sich hier mit einer kleinen Einbiegung in das nassauische Gebiet zu- rück, tritt aber, am Gebirgsabhange auf der rechten Seite der Ulmbach hinaufsteigend, bald wieder herüber auf Preus- sisches Gebiet, auf welchem man sie nun, abgesehen von verschiedenen sehr schwachen Ein- und Ausbiegungen, stets auf den dem linken Ulmufer zur Seite bleibenden etwa 1000 Fuss über dasselbe sich erhebenden Höhenzug fast in *) Geognostische Beschreibung des Herzogthums Nassau S. 265. 590 gerader Linie nach Südsüdosten ungefähr 2 Stunden bis zum Neuenstein im Allendorfer Walde verfolgt. Dieser, so wie etwas weiter nördlich der Altestein, bilden die letzten, und wohl auch die bedeutendsten Hervorragungen des langen schmalen Basaltstreifens, welcher auf der rechten Ulmseite noch auf Preussischem Gebiete liegt. Seine grösste Breite wird 2 Stunde kaum überschreiten, im Durchschnitte aber nur + Stunde betragen. Er bildet hier meist nur die sehr flache Abdachung der letzten Terrasse nach dieser Seite nach dem Ausgehenden hin, und scheint, so weit er dem Preussischen Gebiete an- gehört, nichts besonders Bemerkenswerthes weder in seinem äusseren Verhalten, noch im Gesteinscharakter aufweisen zu wollen. Besondere Erwähnung verdient jedoch noch eine isolirte Basaltpartie, die dicht bei Allendorf noch auf der linken Seite der Ulm vor der Allendorfer Brücke aus dem das Flussufer bildenden, kaum 30 bis 40 Fuss über dessen Bette sich er- hebenden Schalsteingebirge hervortritt, ohne dessen Oberflä- che zu überragen. Ihre Ausdehnung ist deshalb um so weniger genau auf die Karte zu bringen, als sie zum Theil unter den Häusern von Allendorf sich verbirgt. Indessen findet man auf allen Seiten des Ortes wieder Schalsteine und es scheint deshalb der Umfang ein sehr unbedeutender zu sein. Es ist gewöhnlicher Basalt, zum Theil stark auf- gelöst und in Kugeln sich ablösend. 591 3. Die Braunkohlen- und Salz-Ablagerungen in den miocänen Schichten im Königreich Polen. Von Herrn von Labecki ın Warschau. Dem herrlichen Aufsatze des uns in diesem Jahre ent- rissenen LeoroLn v. Buch über die Lagerung der Braun- kohlen in Europa (im XXV. Bande des Archivs von Karsten und v. Decuen Seite 143) erlaube ich mir einige Worte zu- zufügen. Die Ansichten L. v. Bucn’s über diesen wichtigen Ge- genstand sind vortrefllich, seine Ausführung aber ist nicht der Ueberschrift gemäss; über Braunkohlen von Europa wollte er schreiben, beschränkt sich aber auf deutsche Länder, von Basel, dem Schwarzwalde und dem Rhein bis zur Oder und den Sudeten. Von unseren polnischen Braunkohlen ist nichts erwähnt, obgleich die Verbreitung der Braunkohlenformation im Königreich Polen von nicht minderer Wichtigkeit ist. Allgemein bekannt sind die neuen Forschungen in den tertiären Gebilden, welche jetzt überall das wärmste Interesse erregen. Steinsalz und Braunkohlen sind die wichtigsten Gegenstände dieser Forschungen, und, wie es scheint, ist auch in keinem Lande glänzendere Aussicht für die Auf- findung dieser Mineralien vorhanden als in Polen, nament- lich wo die miocänen Schichten sich ausbreiten, oder wo sie aus dem aufgeschwemmten Lande deutlich hervorragen. Die Bohrversuche des Oberbergrath BEcKER vom Jahre 1818 bis 1836 in dem Nida-Thal, noch viel mehr aber die man- nigfaltigen geognostischen Reisen vom Bergrath Pusch zwi- schen 1816 und 1836, und einigermaassen die Salzversuche der Moser’schen Gesellschaft, die Aucust Rost geleitet hat yon 1836 bis 1840, geben manchen Aufschluss über diesen Gegenstand. 592 Bekannt sind die Braunkohlenlager beim Dorfe Winiarı bis Nowe-Miasto-Korczyn, wie auch unweit davon beim Städt- chen Opatowiec.*) An ersterwähntem Orte finden sich Spu- ren von Braunkohlen unter einer Bedeckung von mergeligem Lehm, der 10 bis 12 Lachter mächtig ist; bei Opatowiee ist auf einer Länge von ungefähr 100 Lachter ein Braunkohlen- flöz von 24 bis 60 Zoll Dicke in einer Teufe von 5 bis 7 Lachter unter Lehm und plastischem Thon vorhanden. Weiter abwärts am Strome der Weichsel finden wir lignitartige Braunkohlen nördlich von Plock zwischen Brwilno nnd Dobrzyn. Diese Lager waren schon im Anfange des vorigen Jahrhunderts bekannt. Der Jesuit Rzaczynskı hat sie schon in seiner Historia naturalis curiosa Regni Poloniae vom Jahre 1621 beschrieben; er sagt vonihnen (Seite 3), sie seien leicht, mürbe und brennbar: „carbones fossiles leves, fria- biles, non difficulter ignem recipientes” Zur Zeit als dieser Theil des Landes Preussen gehörte, wurden in den Jahren 1805 und 1806 Versuche gemacht, die ALEXANDER v. HUMBOLDT und der unlängst verstorbene Berghauptmann v. Mırreckı geleitet haben; sie fanden ein Braunkohlenlager auf, das 300 Lachter Länge hatte, 6 bis 12 Zoll stark war und in einem Orte sich sogar bis 50 Zoll stark zeigte. Im Jahre 1818 wurden bei Dodrzyrz neue Versuche an- gestellt, und dabei ein paar Tausend preussischer Scheftel dieser Kohlen gefördert; später im Jahre 1836 wurde wie- der die Grube in Angriff genommen und 5000 Scheffel her- ausgeholt; dann aber wurde die Grube auflässig wegen Man- gel an Absatz und wegen der achtmeiligen Entfernung von der Salzsiederei zu Ükechocinek, wo man die Kohlen zu ver- brauchen beabsichtigte. Ein lufttrockener preussischer Schef- fe] dieser Lignite wiegt 68 bis 70 berliner Pfund. Als Be- gleiter der Kohlen bemerkte man krystallisirten Gyps, Eisen- kies, lichtgrünen Eisenvitriol und schwefelsaures Haarsalz. Noch weiterhin an dem Strome der Weichsel sind *) Pusc#, Geognostische Beschreibung von Polen Bd. II, $. 429. 593 Spuren von Braunkohlen, auch jenseits der Weichel, bis zur preussischen Grenze bei 7’%orz vorhanden. Die Braunkohlen- lager zwischen Zirnbaum und Exin im Grossherzogthume Posen stehen wahrscheinlich im Zusammenhange mit denen im Königreiche Polen zwischen Konin und Kolo bis Lenezyca (Lentschic), Auch dürfte zu erwägen sein, dass die im Jahre 1841 durch Herrn NössErarH (Sohn) angestellten Versuche auf Braunkohlen im Grossherzogthume und die in Folge davon bald darauf in Betrieb gekommenen Gruben Gottesfügung bei Wronki (Samter Kreis) und Karlsfund bei Slanowo (Oborniker Kreis), wo auch als Begleiter der Braunkohlen Gyps und schwefelsaures Haarsalz zu finden sind, ebenfalls im Zusammenhange mit den erwähnten Ge- genden stehen können. Diesen Arbeiten zufolge sind ausser den von L. v. Buch meisterhaft beschriebenen Braunkohlenbecken Deutschlands noch wesentlich drei Braunkohlenmulden in den Tertiärge. bilden Polens nachzuweisen: 1) am Ufer der Warthe, östlich vom Brandenburger - Becken in der Richtung gegen die Weichsel ; 2) an der Weichsel zwischen Dobrzyrn und Plock (Plozk); 3) an der oberen Weichsel im Nida-Thal, zwischen dem Laufe der Flüsse Nida und Nidzica, nördlich der Städte Korczyn und Opatowiec streichend. Die fast parallele Erstreckung der Braunkohlenlager vom niederschlesischen Becken am Fusse der Sudeten und von den polnischen Braunkohlen weist auf einen Zusammenhang mit den miocänen Formationen hin, die sich so breit und lang an dem Fuss der Karpathen hinziehen. Dieses ist ein zuver- lässiger Beweis für die Richtigkeit der Meinung L. v. Bucn#’s über den Zusammenhang der Gebilde dieses Alters am nord- östlichen Abhange der Sudeten und der Karpathen. Die vom Professor GöppErT beschriebenen Petrefakten aus Ober- und Niederschlesien, in Vergleich gesetzt mit den Versteinerun- gen Galiziens, die Puscu angeführt hat und die jetzt der Professor ZEUSCHNER beschreibt, setzen es ausser Zweifel. 594 Wichtig sind hier auch die Worte L. v. Bucuw’s (a. a. O. S. 164): „Oberschlesische Braunkohlen führen unmittel- bar nach der Gegend von Ärakau zum Salzstock von Mieliczka, und was man vor 20 Jahren noch für Träumerei gehalten haben würde, Blätter, Muscheln und Infusorien beweisen auf glei- che Weise, dass sogar die Steinsalzmasse von Mieliezka nur der Braunkohlenmasse oder dem mittleren Tertiärgebirge zu- gerechnet werden kann (Unser in Haipınser’s Mittheilun- sen VI. Bd. 1850 S. 2)*). Herr FoErTERLE erzählt, dass tiefer in Galizien zu Zolkiew bei Glinsko (Lemberg)**) und an anderen Orten, die Braunkohlen des Salzthons von einer bis 2 Klafter mächtigen Schicht bedeckt werden, welche die Mu- scheln des Leithakalkes und des Tegels enthält: Trochus patulus, Natica epiglottina, Mitra scrobiculata, Cerithium La- treillii, Buccinum reticulatum, Pectunculus insubrieus (Geol. Reichsanstalt Bd. I. S. 88). Eine wichtige Beobachtung, durch welche die Lagerung der Braunkohlen völlig festge- stellt wird.” Es ist hier noch zu bemerken, dass man zu Wieliezka selbst in der Grube eine Art von Lignit mit sichtbarer Holz- struktur und starkem Trüffelgeruch findet, den die Bergleute dort Salzkohle (wagl solny) nennen. Hier also findet ohne Zweifel nicht nur Parallelismus, sondern auch ein unmittel- barer Zusammenhang der Salzformation mit der der Braun- kohlen statt, welche beide zu den Miocänschichten gerechnet werden müssen. Auch ist nicht minder wichtig, dass bei uns die Braun- *) Hier kann man hinweisen auf die wichtigen Arbeiten des Pro- fessors ZEUSCHNER zu Krakau, die Karpathen und die Salzgrube zu Wie- liczka betreffend. **) Posch, Geognostische Beschreibung von Polen II. Bd. Seite 441, führt an: Braunkohlen bei Rawa-Ruska, bei Mokratyn und Plinsko un- weit Zolkiew, ferner bei Lemberg selbst, dann wieder von Szezerzee bei Hueisko und Janow bis nach Mikolajew in der Nähe des Dniesters, und den Braunkohlensandstein im ganzen Zuge der galizischen Salzquellen von Solec an der Wiar bis nach Sambor, von wo er sich nach Pokutien und bis in die Bukowina zieht. 595 kohlen gewöhnlich in denjenigen Gegenden vorkommen, wo Spuren von Salzlagern und Soolen bekannt sind. Die Mio- cänformation zwischen Nowe-Miasto-Korczyn bis Wislica um- fasst die seit etlichen Jahrhunderten bekannten Salzquellen bei Zusko, Solec, Zborow u. s. w. Hier hat man Salz ge- sotten im sechszehnten Jahrhundert, wozu der Palatin Zeo- rowskı ein Bergprivilegium vom König Stephan Batory im Jahre 1578 erhielt. Ich übergehe die Zeiten des letzten Kö- nigs Stanislaus August, wo man zwischen 1780 und 1785 bald den Capitän v. Carosı bald den Freiherrn LroroLn v. Beust, Direktor der sächsischen und Mainzer Salinen, mit der Leitung der Aufsuchung von Salzquellen an eben diesen Orten beauftragte. Endlich wurden auch in dieser Gegend und im Thale der Nida die schon erwähnten Salz- versuche des Oberbergraths BECKER ausgeführt, nämlich bei Szezerbakow, Solec, Gadawa, Owezary, Nenkanowice, Zlotniki und Pobiednik. Es ist zu bemerken, dass Becker keineswegs der Mei- nung war, die galizische Salzformation sei den tertiären Ge- bilden zuzurechnen. Diese Meinung, die Beupanr zuerst in seiner Reise durch Ungarn vom Jahre 1818 aussprach, wurde lange nicht angenommen, sie wurde vielmehr noch von Becker und Puscn als ein Irrthum angesehen. Becker’s Streben war dahin gerichtet Salzlager dies- seits der Weichsel unter der Juraformation aufzufinden. Er glaubte nämlich, man würde wie in dem Thüringer Flöz- gebirge in der Teufe den triassischen Keuper erreichen und in diesem eigentliche Salzlager anbrechen. Deswegen hatte er seine Schächte und Bohrlöcher durch Schichten, die der Tertiär- und Kreideformation zuzurechnen waren, durchge- senkt und alle seine Hoffnungen darauf gestützt, dass er schon die dem Jura angehörigen Gyps- und Kalksteinlager erreicht hätte. Dieser Meinung hat man den kostspieligen Versuchsschacht zu ‚Szczerbakow zu verdanken, der schon im Jahre 1827 1474 Fuss tief war und in dessen Sumpfe noch “ein 200 Fuss tiefes Bohrloch niedergestossen wurde. 596 Pusc# hingegen stützte seine Meinung darauf, dass er die Gypse und durchbohrten Thone als parallel mit seiner problematischen Karpathensandstein - Formation betrachtete, die zwischen Jurakalk und Kreide ihre Lagerungsstelle fin- det, oder dass die Salzquellen aus dem gesalzenen Kreide- mergel und dem dazu gehörigen Gyps über dem Jurakalk abstammen (Geogn. Besch. II. Bd. S. 262.). Erst später um das Jahr 1844 oder 1845 hat Pusc# seine Meinung ge- ändert, wie er mir selbst mehrmals gestand; sogar hat er darüber geschrieben, was aber nach seinem Tode im Manu- scripte in den Händen seiner Kinder geblieben ist. Er hat sich deutlich in dem ungedruckten Werke ‚Neue Beiträge zur Geognosie von Polen (VII. Abhandlung)” dahin ausge- sprochen, dass Salz und Salzquellen ausschliesslich den mitt- leren Tertiärformationen Polens zuzurechnen und nur in die- sen aufzufinden sind. Leider sind diese letzten Schriften Pvsen’s nicht veröffentlicht worden, und ich selbst habe die- selben niemals wieder in meine Hände bekommen. Seit dieser Zeit ist im Gebiete der Paläontologie dieser Gegenden und unserer Tertiärgebirge nichts gearbeitet worden, und wir hat- ten eigentlich auch keine Gelegenheit dazu, da keine weiteren Versuche gemacht worden sind. Wir müssen uns deshalb hier allein auf petrographische Anzeichen beschränken, soweit diese als hinlängliche Andeutungen angesehen werden können. Wir wollen nun eine andere Gegend von Polen berüh- ren, die seit alter Zeit wegen ihrer Salzquellen bekannt ist. Der Geschichtsschreiber Diusosz giebt unter dem Jahre 1478 an, dass zu Zeiten des Königs Kasimir Jagello in Gross-Polen bei Pinek (apud Pincum) Salz gesotten worden ist. Im Königreiche erstreckt sich ein Zug Braunkohlen-füh- render Schichten und leichter Salzsoolen von Parzeczew, südlich von Zenezyca an der Bzura, über Dombrowica, Lu- braniec, Kowal, Wroclawek bis Raciaxz (Razionsch) an der Weichsel. In den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts, vom Jahre 1780 bis 1795, hat der Castellan JEZIERSKI im Dorfe [ 597 Sliwnik bei Lenezyca Salz gesiedet. Seine Schächte waren 30 Fuss tief, die Soole höchstens 1- bis 1$procenthaltig, und die ganze Produktion des Salzes in diesen Jahren hat sich auf ein paar Hundert Oentner Siedesalz beschränkt. Als die Preussen die Gegend von Lenczyca im Besitz hatten, versäumten sie nicht von 1793 bis ungefähr 1800 manche Bohrversuche anzustellen, und es wurde sogar Soole erbohrt; ihr geringer Salzgehalt, die Unreinheit und der Schwefelgeruch hielten sie vom weitern Fortarbeiten ab. Das Wichtigste, was man aus diesen Arbeiten erfahren hat, ist, dass man ım Bohrloche vom Jahre 1799 beim Dorfe Solec in einer Tiefe von 76 Fuss Braunkohlen angebohrt hat. Von Lenczyca an westlich gegen Ä0olo, Konin und Slupce scheint die Gegend derselben Formation anzugehören, und eben hier sollen sich bei X0o/o an der Warthe salzige Quellen zeigen; weiter sollen sich bei Koniz, obgleich nicht völlig erforschte, doch bekannte Braunkohlen befinden; endlich sol- len auch zwischen S/upce an der preussischen Grenze und dem Kapuziner Kloster Lend in dem Dorfe Pietrzykowo Spuren von Salzsoole vorhanden sein. Nun müssen wir noch einmal an die Ufer der Weichsel zurückkehren. In einem Vertrage vom Jahre 1235 zwischen Konrad Piast Herzog von Masovien und dem Hochmeister Hermann v. Balk ist die Rede von Salzsieden bei S/onsk unweit vom heutigen COiechocinek. Lange darauf wurde hier an Salz nicht gedacht. Unter der Regierung von Stanislaus August wurden bei ‚Slonsko Versuche durch REıcHarn angestellt ohne günstigen Erfolg. Die preussische Regierung hat im Jahre 1798 die Bohrversuche erneuert, und sowohl die vom Bergassessor Küstrr als die des Arex. v. Mıteckı haben erfreulicheren Erfolg gehabt; die Sache erlag aber seit 1807. Die preussische Regierung hat uns vier Bohrlöcher von 100 bis 200 Fuss Tiefe hinter- lassen, in denen Soole von 1 bis 3 Pfund Salzgehalt pro 1 Kubikfuss Soole vorhanden war; die Quellen waren aber Zeits. d. d. geol. Ges. V. 3, 39 598 nicht sehr wasserreich, und die Löcher haben sich bald ver- schlämmt. Neue Versuche wurden im Jahre 1824 angestellt zwi- schen S/onsk und Ciechocinek durch den Bergrath Grar; die alten Bohrlöcher wurden bis 500 Fuss und darüber nieder gebracht, und neue angesetzt. In den letzten Jahren (1845) hat man sogar einem Bohr- loche die Tiefe von 1409 polnischen Fuss gegeben, noch in der irrigen Meinung, dass in der Teufe Salz zu finden wäre. Der Professor ZEUSCHNER ist es, der die Bank von Polen, zu welcher die Salzsiederei zu Olechocinek gehört, von dieser falschen Unternehmung abgehalten hat, indem er erklärte, dass es völlig unrichtig wäre, sich unter das Niveau der eigentlichen Salzformation niederzulassen, und dass das Durch- bohren von der Kreide- und Juraformation angehörenden Schichten keinen Erfolg haben könne.*) Seit der Zeit sind keine weiteren Versuche gemacht, sondern man begnüst sich nur mit der Salzproduktion von der dortigen Soole. Das Vorhandensein von einer 3- bis 5 procenthaltigen Soole bei Ciechoeinek, die seit ungefähr 20 Jahren eine Saline daselbst anzulegen erlaubt hat, ist völlig bekannt. Man kann 400000 preussische Centner und darüber Siedesalz produci- ren, und diese Fabrikation könnte leicht verdoppelt werden, hätte man nur in dieser Gegend Dornen genug, um die Zahl der Gradirhäuser zu vermehren. Alles, was ich hier erwähnte, würde noch grösseres In- teresse haben, hätte ich nun auch für diese Gegend paläon- tologische Data anzugeben. Wir haben aber in dieser Ge- gend keine Bergwerke, — diese Saline ist ausser meinem Dienstkreise, sie gehört nämlich an die Bank von Polen und nicht zu den Regierungsbergwerken —, und sogar seit vielen Jahren habe ich nicht Gelegenheit gehabt sie zu besuchen, bin also, wie schon erwähnt, nur im Stande das anzuführen, *) Zu Vergleichen: Ueber den Jurakalk von Ciechocinek von L. ZEUSCHNER im Bulletin der naturforschenden Gesellschaft in Moskau Jahr- gang 1847. Bd. XX. 599 was mir die früheren Akten, die Besichtigung der Oerter vor 12 Jahren, und die sich in unserem Besitz befindenden Stufen anzeigen. Hier wäre ein schönes Feld zu neuen Forschungen, um so wichtiger, da es, wie richtig L. v. Buch gesagt hat, nur eine Braunkohlenformation in Europa giebt, zu welcher ohne Zweifel nicht nur die oben erwähnten drei Becken im Kö- nigreiche gehören sammt dem am nordwestlichen Abhange der Karpathen, welches sich bis nach Podolien erstreckt, son- dern auch alles Salz, welches denselben Mioeänschichten zu- zurechnen ist. Wenn das Salz nicht ein Begleiter der Braun- kohle ist, so ist es doch jedenfalls in der Nachbarschaft der Braunkohlen zu suchen. Das Vorhandensein der Braunkoh- len und der Spuren von Salz und Soole in den drei ange- führten Miocänbecken gewährt doppeltes Interesse und zeigt offenbar an, wie wichtig ihre genaue Erforschung für das Wohl des Landes und für die Wissenschaft wäre. 39 * 600 4. Ueber die Menge des dem Kalkspath von Fontainebleau beigemengten Sandes. Von Herrn Delesse ın Parıs. (Aus einem Briefe an Herrn G. Rosz vom 15. November 1853.) Als ich das letzte Mal das Vergnügen hatte Sie zu sehen, äusserten Sie den Wunsch die Menge des Sandes genau zu wissen, welcher dem Kalkspath von Fonteinebleau beigemengt ist; ich theile Ihnen daher die Resultate mit, die ich bei der Untersuchung einiger Krystalle erhalten habe, welche ich unlängst bei einer Ausflucht nach Fontainebleau sammelte. Sie wissen, dass die Kalkspathkrystalle von Fontaine- bleau in dem marinen sogenannten Sande von Fontainebleau gefunden werden, der von zwei Schichten von Süsswasser- kalk eingeschlossen wird. Gewöhnlich haben sich die Krystalle im Innern des Sandes in Höhlungen, die man Krystallgrot- ten nennt, gebildet; zuweilen aber sind sie auch in dem Sande selbst entstanden. Wenn sich die Krystalle nicht ausbilden konnten, so hat sich der kohlensaure Kalk ın Ku- geln zusammengezogen; man sieht häufig solche Kugeln, die sich mitten im Sande gebildet haben; auch können sie un- tereinander zu traubenförmigen Massen verwachsen. Die Untersuchung der Kalkspathkrystalle zeigte mir, dass sie keine Magnesia enthalten. Der durch die Krystal- lisation eingeschlossene Sand besteht fast gänzlich aus was- serhellem und glänzendem Quarz; ‚zufällig enthält er auch etwas rauchgrauen oder röthlichen Quarz, sowie auch etwas Feldspath und Glimmer. Die erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: 601 kohlensaure beigemeng- Kalkerde. ter Sand. 1) vier kleine mit einander verwach- sene Krystalle von der Form des ersten spitzeren Rhomboeders und einem Gewichte von 3,84 Gr. . . 43 57 2) ein Krystall von derselben Form wie die vorigen, der sich einzeln mitten im Sande fand; er wog 14,00 Gr.. 38 62 3) zwei mit einander verwachsene Kry- stalle von derselben Form wie die vorigen, sie wogen 2,53 Gr.. . . 37 63 4) eine ziemlich grosse warzige Kugel, mit welcher vier andere viel kleinere verwachsen waren, von einem Ge- wächte von 9,34.Gr. „u .e 00 1% 83 Diese Versuche zeigen, dass die Quarz-haltigen Kalk- spathkrystalle von Fontainebleau eine verschiedene Menge Sand enthalten. Die Menge desselben ist um so grösser, je zerreiblicher sie sind und je leichter sie sich zwischen den Fingern zerdrücken lassen. Die Kugeln sind besonders sehr zerreiblich, enthalten aber auch eine grosse Menge Sand. In den am besten ausgebildeten Krystallen beträgt die Menge des beigemengten Sandes 57 pCt. und erreicht selbst 63 pCt. In den Kugeln ist die Menge des beigemengten Sandes noch beträchtlicher und steigt bis auf 83 pCt. Diese letzte Menge ist sehr bedeutend und beweist eine grosse Krystallisationskraft des Kalkspaths. Es ist interessant die Kugeln von Kalkspath mit den Kugeln von Feldspath zu vergleichen, welche sich in den kugligen Gebirgsarten gebildet haben ;*) diese letzteren ent- halten in der That auch Kieselsäure, welche gewöhnlich nicht e *) Memoires de la societe geologique, 2e Serie, t. IV. Recherches sur les Roches globuleuses par DELESSE. 602 direkt zur Bildung der Kugel beigetragen hat, und die dem Feldspath im Augenblick der Krystallisation beigemengt war. Ich habe gezeigt, dass die Feldspathkugeln aus dem Py- romerid von Wuenheim 88,09 Gr. Kieselsäure einschliessen; *) man kann weiter annehmen, dass der Feldspath, welcher diese Kugeln gebildet hat, 64 pCt. Kieselsäure enthält; die Menge der diesem Feldspath beigemengten Kieselsäure ist also sehr gross, da sie 67 pCt. beträgt. In gewissen Kugeln scheint die Menge der nicht krystal- linischen und deshalb dem Feldspath bei seiner Krystallisa- tion beigemengten Kieselsäure noch beträchtlicher zu sein, und es ist selbst wahrscheinlich, dass sie bis zu der Menge des Sandes steigen kann, der den Kalkspathkugeln von Foz- tainebleau beigemengt ist. ”) Bulletin de la societe geologique, 2e Serie, t. IX., p. 176. 603 5. Ueber Schwarzbraunstein im Trachyt-- porphyr der Rhön. Von Herrn Gutberlet ın Fulda. Die Mittheilungen des Herrn v. Hüne in dem IV. Bande der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft S. 576 über ein Vorkommen des Psilomelanes in dem Trachyttuffe am Drachenfels erinnern mich an ein ganz ähnliches Auf- treten dieses Fossiles in dem Trachytporphyr an dem nord- westlichen Abhange des Stellberges auf der Rhön. In der Gemarkung von Kleinsassen und den anliegenden Aeckern des Hofes Zgenbach verbreitet sich ein leicht verwitternder Traehyt unter Dammerde und Rasen als ein lockerer Grus, und steht nur an wenigen Stellen namentlich in dem Fuss- wege von dem genannten Hofe nach Kleinsassen an; er ist fast immer sehr zersetzt. Ganz in der Nähe von Zgenbach hat man in früherer Zeit einen kleinen Versuch auf das Ge- stein gemacht, weil man es für Gyps hielt, stelite denselben aber bald wieder ein, als der Irrthum erkannt wurde. Jetzt ist diese Stelle wieder von Ackererde bedeckt. Hier kam das Gestein frischer als an anderen Orten dieses Terrains vor, die Grundmasse lichtgrau, zuweilen mit einem Stiche ins Vio- lette. Ausserdem liegt der Trachyt oberhalb des bezeichne- ten Weges in grossen von Osten gegen Westen verlaufenden Steinwällen unter den Trümmern, welche man von den Aeckern entfernt hat. In einem dieser Steinaufwürfe erschienen die Felsfrag- mente oft und zwar immer nur an einer Seite schwarz ge- färbt, nähere Untersuchung liess den färbenden Stoff als Schwarzbraunstein erkennen. An einzelnen Stücken bildet die Substanz einen derben beerenblauen Ueberzug, von der ‚Stärke von 1 oder 2Linien, welcher sehr fest an dem Trachyt- porphyr haftet; von ihm seitwärts verbreitet sich die Substanz 604 färbend in das Gestein, dessen Grundmasse hierdurch schein- bar gleichartig, kohlenschwarz und vollkommen matt erscheint, während die Schale der Sanidinkrystalle einen sehr lebhaften Glanz erhält, der sich jedoch dem weniger krystallinischen Kerne der letzteren nicht mittheilt. Auf kleinen Drusen in den Manganüberzügen und hier und da in dem schwarzge- färbten Gesteine, wo das Fossil sich in derben Partien ausschei- det, bildet der Schwarzbraunstein trauben- und nierenförmige Körper. Die Menge des derb vorhandenen Psilomelanes steht der durch den Trachyt verflössten sehr nach. Deutlich beobachtet man in der Grundmasse ein Aufhören der schwar- zen Farbe seitwärts in einer mit dem Saalbande parallelen Fläche; die aus letzterer in das ungefärbte Grundgemenge einragenden Sanidine sind noch ganz von Mangan durchflösst und schwarz, während die sie umschliessende Steinbasis nichts mehr davon aufnimmt. Auch kommt in einzelnen sehr locke- ren und verwitterten Stücken der Schwarzbraunstein nur in den Krystallen des glasigen Feldspathes vor, und folgt ihren Windungen durch die weisse Grundmasse, wenn sie sich aneinander anschliessen. An die Grenze des Mangans schliesst vielfach eine Fär- bung, nicht Massenausscheidung von Eisenoxydhydrat, wel- che im Gegensatz zu dem vorigen Stoffe oft Stellen in der Felsart ungefärbt lässt und in die Sanidine gar nicht ein- dringt, wodurch die gelbe Bruchfläche ein geflecktes Anse- hen erhält. Offenbar bildet das Fossil kleine gangförmige Körper auf den Absonderungen des Gesteins, von welchen aus es nur selten in einzelnen Trümchen auf zufälligen Rissen und Klüften transversal in die Umgebung verläuft. Ob die ein- zelnen Fragmente zu grösseren gangartigen Körpern verbun- den waren, kann man in Ermangelung von Schürfarbeiten nicht entscheiden. Wenn Schlüsse hinsichtlich der Entstehung desbeschriebe- nen Mangans erlaubt sind, so ist es zunächst kein Zufall, dass das Mineral nur in ganz zersetzten Stücken der Felsart 605 vorkommt, deren kaolinartige Grundmasse eine helle, weisse Farbe hat, während die frischeren Abänderungen mit der vorhin erwähnten lichtgrauen Farbe keine Ausscheidungen jenes Minerales aufweisen. Vielleicht ist der Grundmasse ein manganhaltiger Augit in Atomen beigemengt. Nur eine chemische Analyse kann über diese Ansicht entscheiden ; ob sie durch das Vorkommen einiger Spuren von Mangankiesel und einzelner Augitkrystalle in Trachyten anderer Rhönorte an Wahrscheinlichkeit gewinnt, lasse ich dahin gestellt sein. Die grösseren Massen der beiden Körper entstanden zu verschiedenen Zeiten, das Mangan war vor dem Gelbeisen- stein da. Ausserdem kommen in dem Trachytporphyı von Zgen- bach noch Spuren von Hyalith vor. An dem oberen Ziegenkopf bei Schackau sind einzelne Trachytblöcke durch den Psilomelan beinschwarz gefärbt, sie liegen dem Muschelkalk ganz nahe; ob diese Formation hier oder auch bei Zgenbach auf der Berührungsfläche mit jener Gebirgsart auf die Manganausscheidung gewirkt haben kann, bleibt unerörtert. 606 6. Miocänschichten des nördlichen Hannover. Von Herrn Meyn in Kiel. In dem zweiten Hefte des fünften Bandes der deutschen geologischen Zeitschrift wird durch Herrn Rorn’s Abhandlung über die Verhältnisse in Lüneburg darauf aufmerksam ge- macht, dass der schwarze Thon des Tertiärgebirges nicht blos in Lüneburg, sondern auch an mehreren benachbarten Punkten unter einer nur dünnen Decke von Diluvialschichten verborgen liege. Es dürfte wünschenswerth sein, dass für die von der geologischen Gesellschaft beabsichtigte Karte von Deutschland die Punkte des hannoverschen Flachlandes, in denen das Miocängebirge auftaucht, recht sorgfältig ge- sammelt und verzeichnet würden, da hierüber noch wenig bekannt gemacht worden ist. Ueber zwei Punkte kann ich Nachricht geben. Vor einiger Zeit machte in norddeutschen Tageblättern die Nachricht viel Aufsehen, dass in der Gegend von Har- burg Steinkohle gefunden sei, und zwar, wie ausdrücklich hervorgehoben wurde, wahre alte Steinkohle, keine Braun- kohle. So unwahrscheinlich die Nachricht klang, eben so schnell verstummten auch die Zeitungen. — Auffindung der Steinkohle ist in den Ebenen um die Elbmündung das Lo- sungswort Aller, welche den industriellen Werth derselben kennen, die geologischen Bedingungen ihres Vorkommens aber nicht zu beurtheilen wissen. Als ich im Jahre 1846 in der Nähe von Zimshorn den anstehenden schwarzen bitu- minösen Kalkstein auffand, und der Arbeiter, welcher den Schurf für mich machte, das erste solide Bruchstück dessel- ben zu Tage förderte, sagte er mit einem schlauen Augen- zwinkern: „Na, wenn dat nich Steenkahl is, denn is dat Steenkahl sin Broder.” Die Vermuthung, dass etwas Aehn- liches bei Harburg anstehen könne, oder dass die bituminö- sen Gesteine und die Wealdenformation, welche in anderen Theilen des hannoverschen Flachlandes z. B. bei Peine her- vortreten, bis hierher reichen möchten, machten mir die Ge- 607 gend von Harburg: interessant. Da ich nun diesen Herbst Gelegenheit hatte an Ort und Stelle nachzusehen, fand ich leider keine der genannten Schichten, aber doch das, was in ganz Niedersachsen am öftersten für Steinkohle gehalten wird, den schwarzen miocänen Thon, der um die Elbmün- dungen herum als Unterlage des Diluviums und Alluviums eine so bedeutende Rolle spielt. Er ist bedeckt von einem ausserordentlich compakten Geröllelager, welches voll von Thoneisensteinen ist, deren Oxydation das Lager zu einem festen Conglomerate verkittet hat. Darüber liegt der so cha- rakteristisch ockergelb gefärbte Sand und Grand der Lüne- burger Gegend, welcher ganz ebenso gelagert wie der Ko- rallensand des rechten Elbufers, mit denselben überall her- vortretenden falschen Schichtungen, ohne eine Spur von Kalk- steingerölle oder Kreidekorallen aber reich an Feuerstein und an allem harten kieseligen Gerölle, einen eigenthümlichen Typus des norddeutschen Diluvialsandes darstellt; er ist ein Mittelglied zwischen dem Korallensand und den märkischen Sandstrichen, zwischen denen er auch an Fruchtbarkeit und Mannisfaltiskeit der Oberflächenformen die wahre Mitte hält, und fängt so genau in diesen nördlichsten Strichen mit dem linken Elbufer an, so durchaus gar nicht auf das rechte hin- überreichend, als wenn der grosse Fluss auf der Scheide zweier Unterabtheilungen der Diluvialformation eingeschnitten wäre. An der bezeichneten Stelle, wo ursprünglich die Sand- und Grandlager angestochen wurden, und welche in halb- stündiger Entfernung von Harburg an der Chaussee nach Buxtehude liegt, bilden sie den Abhang gegen die Marsch, der hier durch die wildzerrissene malerische kleine Gebirgs- gruppe der schwarzen Berge hergestellt wird, deren westlichste Ausläufer den steilsten und höchsten isolirten Basaltkuppen gleichen. In diesem Abhange traf man den schwarzen Thon noch ungefähr 10 bis 20 Fuss über dem Niveau der Marsch und gegen das Innere des Hügellandes scheint seine Oberfläche sich zu heben. Wahrscheinlich bil- det er in wenig verschiedenem Niveau die Unterlage der 608 ganzen Hügelgruppe und erscheint nur deshalb nicht unmit- telbar am Abhange und bei oberflächlichen Anstichen, weil die darüber gelagerten und ehemals durch die Schurung des Elbstroms steil abgebrochenen lockeren Diluvialsandmassen allmälig das ursprüngliche Profil verschüttet haben. In der westlichen Fortsetzung von dieser Hügelgruppe aus wird das Geestland beträchtlich niedriger und geht zum Theil ohne steilen Abhang allmälıg in die Alluvialebene über. In diesem ziemlich öden und ganz flachhügeligen Landstri- che habe ich den schwarzen Thon nicht wieder aufüinden können; allein auf eine Entfernung von zwei Meilen bei Altkloster in der Nähe von Buxtehude fand ich ihn ebenfalls in der Erhebung des Terrains gegen die Marsch, welche auch hier noch minder schroff ist, aber doch langsam sehr beträchtliche Höhen erreicht. Hier beginnt, wie bei den schwarzen Bergen, nach der Monotonie einer halbbebauten Haide wieder ein reicherer Wechsel in der Landschaft, in den Hügelformen und der Vegetation, welcher sogar bei dem nahen Neukloster um einen Teich ein Landschaftsbild sam- melt, das an die Umgebungen von Zeinhardsbrunn erinnert, gleichsam als habe das höhere Aufragen desTer- tiärgebirges die Absätze der Diluvialzeit in ih- rem Materialbestande geändert und in den For- men ihrer Ablagerung wesentlich mitbestimmt. Hier bei Altkloster findet der schwarze Thon bereits eine technische Verwendung zur Herstellung des Portland-Cemen- tes auf der Fabrik von Brunkuorst in Buriehude. — Die Vortrefllichkeit des Produktes aus dem schwarzen Thon, der ja wesentlich die Bestandtheile des Londonthons wiedergiebt, welche den kieseligthonigen Gemengtheil der Septarien kon- stituiren, aus denen der Romancement bereitet wird, machen ihn zu einem werthvollen Gegenstande, wenn man erst lernt auch an anderen Orten ihn zu dem trefllichen Mörtel um- zugestalten, der für das feuchte nordwestliche Deutschland, dessen Häuser aus porösen Ziegelsteinen gebaut werden, ebenso unentbehrlich ist als für London und dessen Umgebungen. 609 7. Mägdesprunger Hohofenschlacken. Von Herrn Bischof ın Mägdesprung. Hüttenerzeugnisse als Stützpunkte geologischer Hypo- thesen haben seit längerer Zeit die Aufmerksamkeit des Geo- logen und des Hüttenmannes in Anspruch genemmen, und mit grossem Interesse wurde die neuere Arbeit des Herrn v. LEONHARD begrüsst.*) Manches lieferte bereits der Hohofen zu Mügdesprung, durch ausgezeichnete Erze begünstigt, und bei dem Ueber- schauen der gesammelten Belegstücke kann ich die nachste- hende Zusammenstellung nicht unterlassen, die vieles Be- kannte, vielleicht auch einiges Neue enthält. Mit kurzen Worten ist zunächst anzudeuten, dass die jetzt constant verschmolzene Beschickung von 56 Raumtheilen geröstetem Spatheisenstein, welcher häufig in Folge der Röstung Magneteisenstein- Octaeder zeigt, 20 a Tilkeröder Rotheisenstein, 10 Sr Gremeindewalder, Badeborner u. s. w. Braun- eisensteinen, 14 Pr Frischschlacken und 6 a Kalk, fast ununterbrochen krystallinische Schlacken und Exemplare von seltener Schönheit geliefert hat. Es ist dies bei hitzigem, gaarem Hohofengange sowohl, als auch bei übersetztem, kälterem Betriebe der Fall, doch theils bei ersterem vollständiger, zumal wenn man hitzigste Schlacke ziemlich langsam abkühlen lässt, theils ist fast bei jedem veränderten Gange eine andere Krystallform erkenn- bar, während sich bei nicht richtig gewählter Beschickung *) Künstlicher Augit. Stuttgart, 1853. 610 weder bei dem einen noch bei dem anderen Gange Krystalle zeigen. Unbedingt hat eine krystallisationsfähige, wissen- schaftlich zusammengesetzte Schlacke den Werth, dass die- selbe weniger Neigung hat Kieselerde von den Wandungen oder Eisenoxydul aus dem Erze aufzunehmen, also bei lan- ger Ofencampagne hohes Ausbringen geben wird, und so hat das Anstreben krystallinischer Schlacke zugleich prakti- schen Werth. Bei hitzigstem Hohofengange enthält die Schlacke einzig quadratische Säulen, nach Hausmann meistens bisher bei Coakshohöfen, z. B. in Wales, Dudley, auch in Oberschlesien beobachtet und als künstlicher Humboldtilit bezeichnet. *) Die quadratischen Tafeln sind oft an den Seitenkanten gleichwinkelig abgestumpft und die Farbe derselben ist hell- lauchgrün; die sie umgebende Glasmasse ist braungrün. Nach RAmmELSsBERG **) bestehen diese Krystalle aus 41,08 Kieselsäure, 10,88 Thonerde, 20,57 Manganoxydul, 1,69 Eisenoxydul, 23,76 Kalkerde, 0,58 Talkerde, 98,56, die genannte Glasmasse aus 41,41 Kieselsäure, 10,56 Thonerde, 20,66 Manganoxydul, 1,42 Eisenoxydul, 25,31 Kalkerde, 0,42 Talkerde, 99,76, und beide sind, unter Zuziehung der Thonerde zur Säure, als zweifachsaure Verbindungen zu betrachten. *) Beiträge zur metallurgischen Krystallkunde. Göttingen, 1850, *%*) PoGGEnDorrr’s Annalen, 1846, Bd. 74, S. 101, 611 Eine wesentliche Abweichung in den Bestandtheilen ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil die Krystalle bei eini- germaassen langsamer Abkühlung so überhand nehmen, dass die ganze Schlacke gleichartig steinig und von helllauchgrü- ner Farbe, bei rascherer Abkühlung aber als die bezeichnete braungrüne Glasmasse fällt. Ich besitze quadratische Prismen von # Zoll Seitenkante, und überhaupt treten dieselben in grosser Menge und Schärfe auf. Sticht man in günstigem Zeitpunkte mit einem feuch- ten Holze in die Schlacken, so bilden sich weite Höhlungen, in welchen die Krystalle völlig scharf und frei hervortreten; häufig ist hierbei auch die umgebende Masse weiss, bimsstein- artig geworden und die Krystalle liegen in derselben zer- streut; ein Zeichen, dass nach Bildung der Krystalle die umgebende Masse noch wasserflüssig war, denn nur in letz- terem Zustande ist beim Abschrecken mittelst Wasser die Umwandlung in weisse, mit den Fingern zerreibliche Bims- steinmasse möglich. Die quadratischen Prismen bilden, indessen sehr selten, Zwillinge, theils mit parallelen, theils mit rechtwinkelig auf- einander stehenden Hauptaxen. Bei ersterem zeigt der Quer- durchschnitt einen, durch acht rechte Winkelspitzen gebilde- ten, regelmässigen Stern. Bei gewöhnlich hitzigem Ofengange befinden sich in den Schlacken ausser den quadratischen noch geschobene, rhom- bische Prismen, letztere von lichtapfelgrüner Farbe, indessen von verschiedenen Winkeln, die ich erst jetzt nach dem Auffinden besonders scharf freistehender Exemplare zu mes- sen Gelegenheit hatte, und ich muss es nach diesen Messun- gen dahingestellt sein lassen, ob die eine Form der Krystalle der Hornblende entspricht, was man bisher sehr bezwei- felte. Ich fand nämlich bei diesen Säulen die Winkel von resp. 87 und 93 Grad (dem Augit entsprechend), ferner von resp. 108 und 72 Grad und endlich von resp. 124 und 56 Grad. Die beiden Abschärfungen der Endflächen sind auf den “ Winkeln von 87, 108 und 124 Grad aufgesetzt und die Kante 612 der beiden Abschärfungen bildet mit der Hauptaxe einen Winkel von etwa 98 Grad. Bei den durcheinander gewach- senen Zwillingskrystallen, die hiervon nicht selten vorkommen, habe ich, indessen nicht mit Sicherheit, einen Winkel der Hauptaxen beider Individuen von 105 Grad messen können. Es schien mir sehr interessant, dass sich ausser dem Augitwinkel von 87 Grad nicht nur der, der doppelten Quer- axe entsprechende Hornblendenwinkel von 124 Grad, sondern auch ein Winkel von 108 Grad vorfand, welcher sehr genau der anderthalbfachen Axe entspricht. Für das Vorhandensein der Hornblende, mindestens des künstlichen Strahlsteines, möchte noch Folgendes sprechen. Bei ein und derselben Schlacke eines guten Hohofenganges nahm ich fünferlei Abkühlungen vor. Die rascheste, durch kaltes Wasser, lieferte den weissen, leicht zerreiblichen Bims- stein unter bekannter Schwefelwasserstoffentwickelung. Eine Abkühlung über kaltem, etwas feuchtem Sande ergab härtere und noch farbige Bimssteinmasse. Noch langsamere Abküh- lung auf völlig trockner Unterlage ergab ein braungrünes, durchsichtiges Glas. Unter einer schützenden Decke von trocknem Sande zeigten sich die quadratischen Prismen in Menge und zwischen denselben lagen rundliche Absonderun- gen, aus regelmässig strahligen Fasern bestehend, welche von einem Mittelpunkte aus nach allen Richtungen gingen. Wurde endlich dieselbe Schlacke in einer, mit warmem Koh- lengestübbe ausgefütterten Grube einer höchst langsamen Abkühlung ausgesetzt, so zeigte sich im Bruche weder eine Spur der glasigen Masse noch der quadratischen Prismen, sondern das feine Strahlsteingefüge, von grüner Farbe, hatte sich durch die ganze Masse gleichförmig verbreitet. Die rhombischen Prismen sind in der Regel viel kleiner als die in derselben Schlacke auftretenden quadratischen Säu- len, auch sind dieselben meistens eher entstanden als letz- tere, denn sie befinden sich oft innerhalb der quadratischen Prismen und vollständig von letzteren umschlossen. Auf der anderen Seite liegen auch Beispiele vor, wo das quadratische 613 Prisma eher entstanden ist, indem sich theils rhombische Prismen, theils nur ein Saum derselben Masse um dasselbe lagerte. Die eher oder später stattfindende Bildung des einen oder des anderen Krystalles ist also weniger an die Tempe- ratur als vielmehr an einen vorherrschenden Schlackenbestand- theil gebunden. Je mehr sich der Gang des Hohofens dem spitzen, käl- teren nähert, desto vorherrschender ist das rhombische Prisma in der Schlacke, oft ist dasselbe auch nur allein darin ent- halten. Die lichtapfelgrünen Krystalle liegen dann in licht- kolofoniumbraunem, durchsichtigem Glase. Bei noch etwas übersetzterem Gange ändern die rhombischen Prismen die Farbe in das Gelblederbraune um und die glasige Masse ist dann ziemlich schwarz. Auch bei letzterer Schlacke ist nach RammELSBERG zwischen den krystallinischen und glasigen Theilen nur ein geringer Unterschied in den Bestandtheilen wahrzunehmen; es befinden sich im Vergleich zu den gaaren Schlacken einige Procente Mangan- und Eisenoxydul mehr darin. In der krystallinischen Schlacke fanden sich 39,03 Kieselsäure, 9,75 Thonerde, 21,97 Manganoxydul, 4,35 Eisenoxydul, 24,39 Kalkerde, 0,64 Talkerde, 100543 ©o8, und die glasige Masse bestand in 39,19 Kieselsäure, 9,52 'Thonerde, 23,88 Manganoxydul, 3,20 Eisenoxydul, 24,19 Kalkerde, 0,62 Talkerde, 100,60. Der Sauerstoffgehalt der Kiesel- und Thonerde verhält sich - hierbei zum Sauerstoffgehalt der Basen wie 1,8 zu 1. Zeits. d.d, geol. Ges. V. 3. 40 614 Im Allgemeinen ist noch zu bemerken, dass namentlich die grösseren, quadratischen Säulen häufig etwas verzerrte Formen und anstatt parallele, divergirende Kanten von der gerade angesetzten Endfläche aus zeigen. Durch die Art der Abkühlung lässt sich dies nicht erklären, wohl aber dürfte, nach Hanzer’s Versuchen, welche im weissglühenden Platin- tiegel einen Einfluss des elektrischen Stromes auf die Krystall- bildung nachwiesen, vielleicht auch hier ein elektrischer Ein- Huss möglich sein. Die genannten Krystalle sind in einer Schlacke entstanden, welche auf dem flüssigen Eisen schwamm, doch wage ich nicht zu entscheiden, inwiefern etwa durch die metallische Berührung bei der Schlackenerstarrung ein elektrischer Einfluss eintreten möchte. Auf elektrische Thä- tigkeit deutet übrigens wohl auch die vom Oberbergrath ZincKkEn gemachte Beobachtung, wonach nach dem Zerschla- gen dunkelrothglühender Schlackenstücke unter Umständen sich eine Menge Krystalle unter deutlichem Erglühen zeigen. Eine höchst eigenthümliche Erscheinung bietet ferner die sogenannte zerfallende Schlacke dar, welche zuweilen bei etwas grösserem Kalkgehalte der Beschickung gefallen ist. Ich habe solche nur einmal und bei folgender Veranlassung beobachten können. Bei sehr gaarem Hohofensange, wobei die Schlacke schön lauchgrüne, quadratische Prismen mit abgestumpften Seitenkanten zeigte, hatte ich behufs grösserer Krystallbildungen die Schlacke in eine Sandvertiefung, etwa 8 Zoll hoch, laufen lassen. Dieses Schlackenstück konnte so weit abgekühlt sein, dass dessen Temperatur zwischen der Braunroth- und Siedehitze lag, als auf seiner Aussenfläche eine sehr lebendige Staubbildung begann. Die Bewegung des Schlackenstaubes war der eines lebendigen Ameisenhau- fens nicht unähnlich. Nach dem Zerschlagen des Stückes war deutlich zu bemerken, dass die Glasmasse schneller Staub bildete, als die darin befindlichen Krystalle. Letztere fielen hierbei seitwärts ab, zerfielen aber sehr bald ebenfalls zu Staub. Ersterer Staub war sehr fein und von gelblichweis- ser, letzterer etwas gröber und von grünlicher Farbe. Nach 615 etwa 6 Stunden war das ganze Schlackenstück in feinen Staub zerfallen. In dem Rammersgere’schen Laboratorium wurde theils die Combination, theils das Pulver der Glas- masse und der Krystalle einzeln analysirt. Die Glasmasse enthielt 36,17 Kieselsäure, 8,17 Thonerde, 20,74 Manganoxydul, 2,33 Eisenoxydul, 31,73 Kalkerde, 0,53 Talkerde, 0,65 Schwefel, 100,32, die Krystallmasse 36,12 Kieselsäure, 6,15 Thonerde, 26,94 Manganoxydul, 1,60 Eisenoxydul, 28,22 Kalkerde, 0,92 Talkerde, 99,95 und das Sauerstoffverhältniss der Basen zur Säure stellt sich etwa wie 1 zu 1,5. Bei gaarem Hohofengange wird durch he Abräumung von der Rost leicht das normale Ver- hältnıss der Schlacken gestört, und es lässt sich die beson- dere Veranlassung zu wanchen dergleichen Erscheinungen schwer ermitteln. Bei solchen Schlacken, die in Folge ihrer Bestandtheile weniger zur Krystallbildung geneigt sind, lässt sich unter Umständen eine basaltisch-stängelige, ferner eine schieferig- spaltbare Textur beobachten; erstere, wenn die Schlacke auf ziemlich kalter Eisenplatte erstarrte, letztere, wenn die auf dem flüssigen Eisen schwimmende Schlacke einseitig von der oberen, kalten Luft abgekühlt wird. An warm zerschlagenen Schlacken treten häufig die le- bendigsten Anlauffarben, goldgelb, rothblau, grün hervor, AU) x 616 weit schöner als dies bei polirtem Stahl der Fall ist; nur die in der Bruchfläche sichtbaren Krystalle sind mitten im Glanze matt und dunkelgefärbt. Bei dem Krystallisiren oder Steinigwerden der Schlacken findet ferner einige Ausdehnung statt, und das specifische Gewicht der steinigen, gaaren Schlacke stellte sich auf 2,9877, das der dazugehörigen glasigen Schlacke auf 3,0195, und wenn bei grösseren, flüssigen Schlackenmassen die zuerst er- starrte Kruste oft durch Schwindung zum Zerspringen ge- nöthigt wird, selbst flüssige Theile in den Spaltungen in die Höhe presst, so giebt die dann folgende innere Krystallisa- tion der Stücke, welche in der Regel innerlich steinig, äusser- lich glasig sind, hauptsächlich Veranlassung zu gleichförmig vertheilten, weitklaffenden Spaltungen der äusseren Glas- kruste. Druck von J. F. Starcke in Berlin. Pr Jeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 4. Heft (August, September, Oktober 1852). A. Verhandlungen der Gesellschaft. 1. Protokoll der August - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 3. August 1853. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Herrn v. CArNaLL, wird das Protokoll der Juli-Sitzung verlesen und angenommen. Als Mitglied ist der Gesellschaft beigetreten: Herr Professor Dr. Lacumann zu Braunschweig, vorgeschlagen durch die Herren Karsten, Euren- BERG und V. CARNALL. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: Geognostische Karte der Schweiz von StupEr und ESCHER VON DER ListH. Winterthur 1853. Und: Erläute- rungen zur Karte der Schweiz von ZıEsLer. Zürich 1852. - Geschenk der Herren S’rupeEr, EscHErR und ZiEGLER. Geognostische Beschreibung der Eifel von J. StEınıx- ser. Trier 1853. — Geschenk des Verfassers. Physiographie des Herzogthums Braunschweig und des Harz-Gebirges von W. Lacumann. Braunschweig 1852. 2 Theile. — Geschenk des Verfassers. ; Zum Austausch gegen die Zeitschrift der Gesellschaft: Bulletin de la Societe imperiale des naturalistes de Mos- cou. Tome XXV. No. 1. u. 2. Moscow 1852. Uebersicht der Arbeiten der Schlesischen Gesellschaft “für vaterländische Kultur. Jahrgang 1848, 1849, 1850. Zeits. d. d.genl, Ges. V. 4, 41 618 Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahrg. 9. Heft 3. Stuttgart 1853. Herr v. Carwarn theilt ein Schreiben des Herrn Ober- Bergrath Rırgentror aus Colberg vom 24. Juli mit, in welchem über ein Vorkommen von oolithischem Kalkstein bei dem Dorfe Bartin, 2+ Stunden von Colberg, berichtet wird.*) Die dem Briefe beigefügten Gesteinsproben mit den darın enthaltenen Versteinerungen lassen keinen Zweifel dar- über, dass dieser Kalkstein der oberen Juraformation von Fritzow bei Cammin gleich steht. Derselbe trug eine Mittheilung des Herrn NöGGERATH zu Bonn vor über das am 18. Februar d. J. an mehreren Orten des Mittelrheins beobachtete Erdbeben. Herr Beyrıcn legte eine von Herrn WESssEL eingesendete geognostische Karte von der Umgebung der Odermündungen vor, auf welcher insbesondere die nach und nach in dieser Gegend durch die Herren v. HacEnow, GUMPRECHT und den Verfasser der Karte bekannt gewordenen Punkte anste- hender jurassischer Schichten aufgetragen sind. Es ist zu hoffen, dass Herr Wesser selbst eine ausgeführtere Erläu- terung zu seiner Karte für die Zeitschrift der Gesellschaft liefern werde. Redner hob hervor, dass die so eben von dem Vorsitzenden berichtete Thatsache des Auftretens von weis- sem Jurakalk, gleich dem von Cammin, weit östlich bei Col- berg von hohem Interesse sei, weil dadurch mit Bestimmtheit erwiesen werde, dass jurassische Bildungen in grosser Er- streckung östlich der Odermündungen die Unterlage der Diluvialformation bilden müssen. Man könne jetzt nicht mehr zweifeln, dass aus diesen Gegenden die zahlreichen, theils dem mittleren, theils dem oberen Jura angehörenden Ge- schiebe stammen, welche so häufig in den Geröllablagerun- gen des Diluviums der Mark angetroffen werden, und man könne aus einer weiteren östlichen Verbreitung des Vorkom- mens jurassischer Diluvialgerölle auch auf eine noch weitere *) Siehe die brieflichen Mittheilungen. 619 zusammenhängende anstehende Verbreitung der entspre- chenden jurassischen Schichten in östlicher Richtung der bis jetzt an der Ostseeküste bis COolberg bekannt gewordenen Punkte unterhalb des Diluviums zurückschliessen. Als in- teressante östliche Vorkommnisse jurassischer Geschiebe wa- ren mehre Blöcke aus der Gegend von Posen und Thorn vorgelegt, welche Herr General v. Prirrwırz vor Kurzem an das Königliche Mineralien- Kabinet geschenkt hat. Es sind dies theils mitteljurassische Gesteine vom Alter des Kelloway-rock mit Ammonites Jason und anderen Verstei- nerungen, wie sie, vollkommen gleich, häufig bei Berlin ge- funden werden, und wie sie übereinstimmend auf der Insel Gristow und an mehren Punkten der Gegend von Cammin anstehend vorhanden sind; zum Theil sind es Gesteine, wel- che als concretionäre Bildungen in einem Thon ausgeschieden scheinen, und charakteristische Versteinerungen des Oxford- Thones, Ammonites Lamberti und andere, einschliessen. Die Gesteine letzterer Art kommen in der Mark nur sehr selten vor, ohne jedoch ganz zu fehlen. Herr v. Carnaur legte eine von Herrn Prümiere bear- beitete und von Profilen begleitete Karte von dem Hrastnigger Kohlenbergwerke vor. Derselbe berichtete über den Inhalt einer von Herrn SPENGLER in Öamsdorf eingesendeten, von Handstücken be- gleiteten und durch ein Gebirgsprofil auschaulich gemachten Beschreibung von einem Vorkommen von Asphalt, welcher im Verein mit Kupfererzen dicht unter dem unteren Kupfer- schieferflöz liest und zwar ganz nahe an einer sehr hohen Verwerfungskluft im liegenden Gebirgsstück. Zur Ansicht war ein sehr langes Stück von Bastkohle vorgelegt, welches in dem Braunkohlenlager bei Zlumberg unweit Cüstrin ın grosser Menge einbricht und von Herrn STENTZ in Vietz eingesandt worden ist. Hierauf ward die Sitzung geschlossen. v. weil). o: v. CarnarL, Beyrıcnh. Rorn. Aue 620 2. Fünfte allgemeine Versammlung der deutschen geo- logischen Gesellschaft zu Tübingen. I. Sitzung. Verhandelt Tübingen, den 20. September 1853. Wie in den Vorjahren versammelte sich auch diesmal die geolögische Gesellschaft gleichzeitig und an demselben Orte mit den deutschen Naturforschern und Aerzten und man ist ebenso wie früher übereingekommen, alle wissen- schaftlichen Vorträge ausschliesslich in den Sitzungen der am gestrigen Tage hier gebildeten dritten Sektion (für Mi- neralogie, Geognosie und Geographie) zu halten, was in der Voraussetzung geschehen, dass die Sektions - Protokolle der geologischen Gesellschaft mitgetheilt werden, um daraus alles dasjenige, was für sie von Interesse ist, in ihre Zeitschrift aufnehmen zu können. Hiernach hatte man nur die gesellschaftlichen Angele- genheiten in besonderen Sitzungen zu verhandeln, deren erste auf heute verabredet war. Nachdem sich die hier anwesenden Mitglieder der Ge- sellschaft versammelt hatten, wurde aufden Antrag des Herrn Mersan aus Basel Herr v. Carnauu unter allgemeiner Zu- stimmung ersucht den Vorsitz zu übernehmen. Zum Schriftführer wurde Herr Jacor aus Berlin er- wählt. Der Vorsitzende vermeldete zunächst die der Gesellschaft seit der August-Sitzung zugetretenen Mitglieder, namentlich Herr v. Horzegen, Oberlandjägermeister zu Rudolstadt, vorgeschlagen durch die Herren GEıinırz, v. CARNALL und v. STROMBECK; Herr Ernst v. Orro, Gutsbesitzer auf Possendorf bei Dresden, vorgeschlagen durch dieselben Mitglieder; Herr Castrnpyck, Hüttenverwalter auf der Gräven- horster Eisenhütte bei /bbenbüren, 621 vorgeschlagen durch die Herren v. Carnatı, v.Srron- BECK und BEyrıch; Herr W. Geruarn, Legationsrath zu Leipzig, vorgeschlagen durch die Herren v. Carsärr, Merian und v. STROMBECK; Herr A. Opeer, Dr. phil. zu Tübingen, vorgeschlagen durch dieselben Mitglieder. Für die Bücher- und Karten-Sammlung der Gesellschaft sind eingegangen: Geologie der Schweiz von Herrn Sruper. II. Band, Bern. Zürich 1853. — Geschenk des Verfassers. Orthit bei Weinheim in Baden von Herrn G. v. Leonx- Harn. 1853. — Geschenk des Verfassers. Amtlicher Bericht über die 29. Versammlung der deut- schen Naturforscher und Aerzte zu Wiesbaden im Jahre 1552. Wiesbaden 1853. — Eingesendet von Herrn G. SANDBERGER. Ferner im Austausch gegen die Zeitschrift der Gesell- schaft: Naturwissenschaftliche Verhandlungen der holländischen Gesellschaft für Wissenschaften zu Zarlem. 8. Theil. Har- lem 1853. Extrait du Programme de la Societe hollandaise des Sciences a Harlem pour lannee 1853. Annales des Mines. D’me Serie Tome II. 6me Liv. de 1852 und Tome III. Are Liv. 1853, nebst Table des Matieres de la 4me Serie (1842 bis 1851). Der 30. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur (die Arbeiten im Jahre 1852 enthaltend). No. 22 bis 29 und No. 31 der berg- und hüttenmänni- schen Zeitung 12. Jahrgang 1853. (No. 30. soll nachfolgen.) Mit Bezug auf das Protokoll der März-Sitzung (V. Bd. 2. Heft S. 246 d. Zeitschr.) wurde angezeigt, dass die erste Lieferung von der Arbeit des Professors Dr. Beyrıcn über die Conchylien des norddeutschen Tertiärgebirges (Separat- Abdruck aus der Zeitschrift der deutschen Gesellschaft) er- “ schienen sei, und ein Exemplar zur Ansicht vorgelegt, worin 622 insbesondere die Sauberkeit der Abbildungen vielseitigen Beifall fand. Nunmehr legte der Vorsitzende den Rechenschafts- Bericht des Vorstandes zu Berlin vom 42.d.M. mit dem Bemerken vor, dass er im Einverständniss mit der Versammlung zu handeln glaube, wenn er von einer Verle- sung dieses Berichts (welcher ohnehin in der Zeitschrift ab- gedruckt wird) Abstand nehme und sich nur vorbehalte, ein- zelne der darin erwähnten Gegenstände hervorzuheben, inso- weit die gegenwärtigen Verhandlungen hierzu Anlass geben werden. Ferner legte derselbe, im Namen des Schatzmeisters der Gesellschaft, Herrn Tamnau zu Berlin vor: 4) die Rechnung von der Gesellschafts-Kasse für das vierte Geschäftsjahr (1832), 2) ein Heft mit den zu dieser Rechnung gehörigen Belegen, 3) einen Auszug aus dem Haupt-Kassenbuche von demselben Zeitraume, aus welchem insbesondere auch die Geldeinnahmeposten speciell ersichtlich sind, endlich noch 4) einen Kassen-Abschluss vom 15. Juli dieses Jahres, und bemerkte, dass diese Rechnungspapiere bereits in caleulo geprüft und richtig befunden wären, die Versammlung aber nunmehr eines der hier anwesenden Mitglieder zur materiel- len Prüfung erwählen möge. Mit allseitiger Zustimmung übernahm Herr v. SrromgEck dieses Geschäft und versprach in nächster Sitzung darüber Bericht zu erstatten. Bis dahin wurde ein näheres Eingehen auf die vorliegenden Rechfungs- Ergebnisse vorbehalten. Hierauf brachte der Vorsitzende eine ihm wünschens- werth scheinende Abänderung des Statuts der Ge- sellschaft zur Sprache. Es sei nämlich schon vor der Constituirung der Gesellschaft von einigen Seiten beantragt gewesen, den Mitgliedern frei zu stellen statt des alljährli- chen Beitrages eine Aversionalsumme ein für alle Mal zu 623 zahlen; da indessen ein solcher Vorschlag nicht in dem dem vorgängigen Rundschreiben vom Juli 1848 beigefügten Sta- tuts-Entwurfe enthalten war, habe man damals Anstand ge- nommen, denselben in der constituirenden Versammlung wei- ter zu erörtern und hierzu um so weniger Veranlassung ge- habt, als nur in Deutschland wohnende Personen zur Theil- nahme aufgefordert waren. Nachdem aber viele Ausländer der Gesellschaft beigetreten sind und es für diese mit Um- ständen und nicht unerheblichen Kosten verknüpft ist, ihre Beiträge regelmässig einzuzahlen, dieselben daher mehrfach mit der Zahlung im Rückstande bleiben und der Vorstand in die immer unangenehme Lage kommt, nach der Bestim- mung im zweiten Satze des 8.9 des Statuts die Zusendung der Zeitschrift einzustellen: so dürfte es sich empfehlen, die- sen Mitgliedern die Zahlung eines Aversionalbeitrages zu gestatten. Es scheint aber — fuhr der Vorsitzende fort — auch kein Grund vorzuliegen, dasselbe nicht zugleich allen anderen Mitgliedern freizustellen; denn das einzige, was sich gegen eine solche Anordnung einwenden liesse, könnte viel- leicht die Besorgniss sein, dass wenn dergleichen Einzahlun- gen im grossen Umfange stattfänden und die eingezahlten Summen durch die laufenden Ausgaben absorbirt würden, hinterher die verkürzten Jahres-Einnahmen nicht hinlangten, das Bedürfniss zu befriedigen. In Erwägung jedoch, dass nach Ausweis der bis jetzt abgelegten Rechnungen der 4 Jahre 1849 bis 1852 von der gesammten Ausgabe nahe 90 Procent allein auf die Zeit- schrift verwendet, also alle sonstigen Ausgaben unbedeutend sind, überdies letztere in keinem Falle steigen, mithin die durch die Aversionalbeiträge eingehenden Mehr-Einnahmen nur auf literarische Publikationen verwendet werden können, hierin aber nicht nur allen Mitgliedern zu Gute kommen, sondern auch bei dem Verkaufe der Zeitschrift. deren Preis in dem Maasse als sie mehr brächte zu steigern wäre, die diesfälligen Geld-Einnahmen erhöhen würde, sowie endlich “auch in Rücksicht darauf, dass es der jedesmaligen allge- 624 meinen Versammlung vorbehalten bleibt, sich die eingezahl- ten Aversionalsummen in den Rechnungen besonders nach- weisen zu lassen, und darüber durch das Budget den Um- ständen gemäss zu verfügen, dürfte jene Besorgniss kaum aufkommen können; dies aber um so weniger, als nicht zu erwarten ist, dass eine grosse Anzahl von Mitgliedern die Aversionalzahlungen belieben sollte. Hiernach stellte der Vorsitzende den Antrag, dem ersten Alinea vom $. 9 des Statuts (Jedes Mitglied zahlt einen jährlichen Beitrag von vier Thalern, welcher für die in Ber- lin ansässigen Mitglieder auf sechs Thaler erhöht wird) den nachfolgenden Satz hinzuzufügen: Es steht jedem Mitgliede frei, den zehnfa- chen Betrag von beziehungsweise vierzig und sechszig Thalern ein für alle Mal zu entrichten. Bei der hierauf eröffneten Discussion wurden gegen den Antrag weder materiell noch auch formell Einwendungen erhoben, derselbe vielmehr mit allgemeiner Zustimmung an- genommen, wonach er laut $. 11 des Statuts der nächstjäh- rigen allgemeinen Versammlung zur endgültigen Beschluss- nahme zu unterbreiten sein wird. Hierauf ging der Vorsitzende zu einem zweiten Vor- schlage auf Abänderung des Statutes über. Es sei ihm näm- lich von einigen Seiten bemerklich gemacht worden, dass es möglicherweise im Interesse der Gesellschaft liegen könne, sich einmal an einem anderen ale dem von den deutschen Naturforschern und Aerzten erwählten Versammlungsorte zu vereinigen, dass aber, wenn ein solcher Fall einträte, und die Wahl, wie sehr wahrscheinlich, auf einen Ort fiele, des- sen Umgebung zu geognostischen Ausflügen Gelegenheit gebe, einestheils der Monat September dazu wegen vor- gerückter Jahreszeit nicht mehr so geeignet, anderntheils zu wünschen wäre, dass die Zeit der Zusammenkunft nicht in- mitten, sondern zu Anfang der akademischen Herbstferien gewählt werden köune, da viele Mitglieder diese Ferien gern 625 zu weiteren Reisen benutzen und dadurch verhindert würden, einer etwa in der ersten Hälfte des Septembers stattfinden- den Versammlung beizuwohnen. Der Vorsitzende bemerkte, wie er seinerseits weit davon entfernt sei, eine Trennung der Gesellschaft von den Ver. sammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte das Wort zu reden, indem die bisherige Erfahrung hierzu keinen Anlass gebe, danach vielmehr zu erwarten sei, dass die Geo- logen wie zeither auch ferner immer stark genug vertreten sein würden, um es nicht zur Wahl eines Versammlungs- ortes kommen zu lassen, dessen Besuch für sie ohne Interesse sein sollte; aber allerdings lasse sich die Möglichkeit eines solchen Falles nicht in Abrede stellen und es möchte sich darum empfehlen, der geologischen Gesellschaft für die Wahl der Zeit zn ihrer allgemeinen Versammlung einen grösseren Spielraum zu gewähren, indem im $.4 des Statuts unter a. statt der Worte ‚im Mo- nate September jeden Jahres” gesagt wird: ‚im Mo- nate August oder September jeden Jahres”. Auch gegen diese Statuts-V eränderung erhob sich unter den Anwesenden kein Widerspruch, der Antrag wurde viel- mehr angenommen und wird in der nächstjährigen allgemei- nen Versammlung zur Entscheidung zu bringen sein. In Betreff der Arbeiten an der geologischen Ueber- sichtskarte von Deutschland berichtete der Vor- sitzende mit Bezug auf die diesfälligen Anführungen in dem Rechenschafts-Berichte, dass seit der vorjährigen Versamm- lung in Wiesbaden, wo die bis dahin eingegangenen Beiträge vorgelegt wurden, keine weiteren dergleichen eingesandt worden wären, er indessen Nachricht erhalten, dass an eini- gen umfassenden und besonders wichtigen Theilen der Karte fleissig gearbeitet werde, wie namentlich durch Herrn von Decuen (Rheinland und Westphalen) und Herrn Haıpıneer (der österreichische Kaiserstaat); ferner sei durch inzwischen publieirte grössere und kleinere geognostische Karten an be- ° nutzbarem Material gewonnen, auch zu erwähnen, dass man 626 in Preussen die geognostische Landesuntersuchung fleissig verfolgt und dadurch manche neue Aufschlüsse erlangt hat, welche für die in Rede stehende Karte zu benutzen sind. An diese allgemeine Bemerkungen knüpfte sich die An- zeige, dass Herr Dr. G. v. Leonnarn zu Heidelberg sich kürzlich erboten habe, den grossherzoglich Badenschen Theil der Karte zu coloriren, was um so erwünschter erscheint, als Herr Warcuner, von welchem dies übernommen wurde *), die Arbeit bis jetzt nicht eingereicht hat. Die Versammlung erklärte sich damit einverstanden, dass das Anerbieten des Herrn v. LEONHARD acceptirt und dem- selben hierzu das betreffende Blatt der Karte zugestellt werde. Als nunmehr noch die geognostische Colorirung der Schweiz zur Sprache kam und bemerkt wurde, dass hierzu zwar die neuerdings erschienene vortreflliche Karte dieses Landes von StupEr und ESCHER VON DER LintH, ein gu- tes Anhalten gewähre, jedoch zu wünschen sei, die Colori- rung in dem weit kleineren Maassstabe von denselben For- schern ausgeführt zu sehen, machte Herr Mrrıan den Vor- schlag, Herrn Escner um Uebernahme dieser Arbeit zu ersuchen. Der Vorschlag findet allgemeine Zustimmung und wird der Vorstand in Berlin ermächtigt, sich dieserhalb brieflich an Herrn Escher zu wenden. Hierauf wurde die heutige Sitzung geschlossen, vorher aber noch von dem Vorsitzenden bemerkt, wie sıch für die nächste Sitzung eine Zeit noch nicht bestimmen lasse, daher er sich vorbehalten müsse, die Mitglieder besonders zu be- nachrichtigen. v. w. 0. v. CARNALL. JAGOR. *) M. s. Band II. S. 341 u. 342 dieser Zeitschrift. 627 II. Sitzung. Verhandelt Tübingen, den 24. September 1853. Die Mitglieder der deutschen Gesellschaft versammelten sich an heutigem Tage zum zweiten Male unter dem Vor- sitze des Herrn v. Carat. Derselbe berichtete, dass als neue Mitglieder eingetreten: Herr Graf v. BERoLDIngEn zu Aatzenried (Ober - Amt Wangen), vorgeschlagen durch die Herren Graf v. MAnDELsLon, MERIAN und v. CARNALL; Herr Desor, Professor zu Newfchatel, vorgeschlagen durch die Herren MERIAN, v. STRoM- BECK und V. CARNALL; Herr Dr. CatLwer zu Stuttgart, vorgeschlagen durch die Herren FrAAs, JAcor und v. ÜARNALL. Der erste Gegenstand der Tagesordnung war der Be- richt des Herrn v. Srromßeck über Durchsicht und Prüfung der in der ersten Sitzung übernommenen Rechnungssachen. Ueber die 1852er Jahresrechnung und die dazu gehörigen Belege bemerkte derselbe, dass er die Ausgaben vollständig justifieirt, hierüber nichts zu erinnern, vielmehr alle diese Papiere in musterhafter Ordnung und Uebereinstimmung ge- funden habe, und trug darauf an, nicht nur dem Vorstande in Berlin die Decharge zu ertheilen, sondern auch noch dem Schatzmeister, Herrn Tamnav, für seine sorgfältige Kassen- und Buchfüh- rung einen besonderen Dank zu votiren; Anträge, welchen die Versammlung allseitig beistimmte. In Betreff der Geld-Einnahme äusserte der Berichter- statter, dass in dem Auszuge aus dem Hauptbuche zwar die einzelnen Beitragszahlungen der Mitglieder nachgewiesen, die rückständig gebliebenen Beträge aber daraus nicht zu ent- nehmen wären. Der Vorsitzende bemerkte hierauf, dass in “ dem Auszuge bei einem jeden Posten bemerkt sei, für wel- 628 ches Jahr, beziehungsweise Halbjahr, der Beitrag berichtigt wurde, sich also entnehmen lasse, in wieweit die aufge- führten Mitglieder gezahlt haben, dass aber allerdings Mit- glieder, welche im Jahre 1852 überhaupt eine Zahlung gar nicht leisteten, in dem vorliegenden Auszuge nicht namhaft gemacht sind, wonach dem Wunsche des Herrn Berichter- statters nur durch Aufstellung einer besonderen Resten-Nach- weisung zu entsprechen sein würde. Wenn sich indessen von der Mehrzahl der restirenden Mitglieder annehmen lässt, dass die Nichtzahlung wohl nur auf Unachtsamkeit, und nicht auf der Absicht beruht, aus der Gesellschaft zu scheiden, und wenn dies um so weniger vorausgesetzt werden kann, als diese Mitglieder bei einem solchen Vorhaben die Hefte der Zeitschrift nicht angenommen, sondern zurückgesandt haben würden: so hat der Vorstand in Berlin Anstand ge- nommen, die Restanten-Liste, welche übrigens von dem Schatzmeister genau geführt wird, der allgemeinen Versamm- lung vorzulegen. In Erwägung dieser Umstände wurde beschlossen, die Bemerkung des Berichterstatters auf sich beruhen zu lassen, jedoch den Vorstand zu berlin zu ermächtigen, die säumigen Mitglieder, von denen sich erwarten lässt, dass sie nicht aus- scheiden wollen, an die Zahlung durch besondere Schreiben zu erinnern, eventuell aber von denjenigen, welche ohne ihren Beitrag zu leisten, die Zeitschrift angenommen haben, die betreffenden Hefte zurückzufordern. In Betreff der Wahl des nächstjährigen Ver- sammlungsortes verlas zunächst der Vorsitzende ein an ihn gerichtetes, unterm 19. d. M. eingegangenes Schreiben des Herrn H. RoemEr zu Hildesheim vom 16. September d. J., also lautend: „Verhindert selbst an der jetzt in Tübingen zusammen- „tretenden allgemeinen Versammlung deutscher Naturforscher „und Aerzte Theil zu nehmen, sehe ich mich genöthigt, da- „selbst durch eines Anderen Mund einen Wunsch auszu- „sprechen, welcher mich schon lange beschäftigt hat und 629 „hoffe ich keine Fehlbitte zuthun, wenn ich mich dieserhalb „an Ew. Hochwohlgeboren wende. Für den Fall nämlich, „dass die in Tübingen versammelten Geologen beschliessen „sollten, im nächsten Jahre zu einer selbstständigen Ver- „sammlung zusammenzutreten, wird es sich auch um die Er- „mittlung eines geeigneten Orts für diese Zusammenkunft „bandeln und wünschte ich nun eben für diesen Fall die „Aufmerksamkeit der beschliessenden Herrn auf meine Vater- „stadt Hildesheim hingelenkt zu sehen. Zeldesheim in einer „für geologische Untersuchungen so interessanten Gegend „gelegen eignet sich, besonders als Ausgangspunkt für loh- „nende Ausflüge, welche auch die von hier nord- und süd- „wärts führenden Eisenbahnen unterstützen, wohl vorzugs- „weise zum Versammlungspunkte deutscher Geologen. „Nennenswerthe wissenschaftliche Mittel, leidliche Samm- „lungen vaterländischer Petrefakten ausgenommen, bietet die „Stadt freilich nicht und neben geeigneten Versammlungs- „Räumen vermag ich nur eine allseitig freundliche Aufnahme „in sichere Aussicht, so wie ein gemüthliches Zusammensein „für alle, die sich hier einfinden, ausser Zweifel zu stellen. „Nur in Hinblick auf die in geognostischer Beziehung „so interessanten Umgebungen der Stadt wage ich es daher, „Deutschlands Geologen hiermit einzuladen, zu der nächst- „jährigen Zusammenkunft die Stadt Zoldesheim zu erwählen „und erlaube ich mir Ew. Hochwohlgeboren zu ersuchen, „diese Einladung der verehrlichen Versammlung zur Kennt- „niss zu bringen und bei derselben thunlichst zu unter- „stützen. „Mit etc. H. RoEmer, Senator.” Nach dem Inhalte dieses Schreibens — bemerkte der Vorsitzende — würde er zunächst die Frage zur Erörterung zu bringen haben, ob die anwesenden Mitglieder überhaupt sich im nächsten Jahre an einem anderen Orte zu versam- - meln gemeint sein sollten, als an demjenigen, wo die deut- 630 schen Naturforscher und Aerzte zusammenkommen? Nach- dem aber von diesen am 21. d. M. in der zweiten allgemei- nen Sitzung bereits Göttingen mit grosser Majorität erwählt worden sei, und, wie er bemerkt habe, die stimmfähigen Mitglieder der Gesellschaft auf Seiten jener Majorität gewe- sen sind, glaube er annehmen zu können, dass es nicht in der Absicht liege, einen anderen Ort, und dann eine andere Zeit der Versammlung zu wählen, steile jedoch den Gegen- stand zur Discussion. Da niemand das Wort ergriff, wurde angenommen, dass man allseitig damit einverstanden sei, dass die Gesellschaft im Jahre 1854 gleichzeitig mit den Naturforschern und Aerz- ten, also vom 18. bis 24. September in Göttingen ihre allge- meine Versammlung abhalte. In Betracht des immer möglich gewesenen Falles, dass der Vorschlag eines anderen Ortes, welcher der geologischen Gesellschaft nicht zugesagt hätte, bei den Naturforschern und Aerzten die Stimmenmehrheit gefunden haben sollte, würde jedoch — bemerkte der Vorsitzende weiter — die Einladung des Herrn RoEmEr gewiss sehr willkommen gewesen sein, weshalb er darauf antrage, demselben den verbindlichsten Dank abzustatten. Dies fand allgemeine Zustimmung und soll dem Herrn Rormer Mittheilung gemacht werden. Hinsichtlich der Wahl eines Geschäftsführers für die nächstjährige allgemeine Versammlung zu Göttingen ($. 5 des Gesellschafts-Statutes) stellte Herr Me- RIAN den Antrag: den Herrn Hofrath Professor Dr. Hausmann zu @öt- fingen um Uebernahme dieses Amtes zu ersuchen. Einstimmig diesem Vorschlage beitretend, ermächtigte man den Vorsitzenden, Herrn Hausmann von seiner Wahl Nachricht zu geben. Nunmehr trug der Vorsitzende der Versammlung die Gründe vor, aus welchen der Vorstand in dem vorgelegten Rechenschafts- Berichte darauf angetragen hat, das Budget vom Jahre 1852, ebenso wie für 1853, auch für das nächst- 631 folgende Jahr zu verlängern. Da hiergegen von keiner Seite etwas zu erinnern gefunden wurde, beschloss man dasselbe Budget (Bd. III. S. 352 der Zeitschrift) auch für das Geschäftsjahr 1854 gelten zu lassen. Hiermit waren die diesmaligen gesellschaftlichen Ange- legenheiten erledigt; und nachdem Herr MerıAn, unter all- seitiger Zustimmung, dem Vorsitzenden einen Dank für seine Mühwaltung votirt hatte, wurde die Sitzung und mit ihr auch die fünfte allgemeine Versammlung der Gesellschaft geschlossen. v. weg, v. CARNALL. JAGoR. Rechenschafts-Bericht des Vorstandes in 2erlin über die Geschäftsführung im Jahre 1852. Berlin, den 12. September 1859. Den durch $. 10. des Gesellschafts-Statutes vorgeschrie- benen Rechenschafts-Bericht von dem mit der Sitzung vom 3. November 1852 besonnenen fünften Geschäftsjahre be- ehrt sich der Vorstand im Nachfolgenden zu erstatten. 4. In Betreff der regelmässig in Derlin abgehaltenen zehn besonderen Versammlungen kann hier auf die bezüglichen Sitzungs - Protokolle Bezug genommen werden. Die in diesen immer zahlreich besuchten Sitzungen vorge- tragenen brieflichen Mittheilungen sind, insoweit sie wissen- schaftlichen Inhalts waren, in der betreffenden Abtheilung der Zeitschrift theils schon veröffentlicht, theils soll dies noch geschehen. 2. Seit Erstattung des vorjährigen Rechenschafts-Be- richts sind der Gesellschaft 31 neue Mitglieder beigetre- ten, ohne diejenigen 3, welche seit der August-Sitzung vor- geschlagen und erst bei der bevorstehenden allgemeinen Versammlung zu vermelden sind. Ein Verzeichniss von den “ bis zum 4. Mai d. J. aufgenommenen Mitgliedern ist abge- 632 druckt und dem 4. Hefte des IV. Bandes angeschlossen worden. 3. Für die Bücher- und Karten-Sammlung der Gesellschaft sind, wie die Sitzungs-Protokolle nachweisen, theils als Geschenke, und zwar sowohl von Mitgliedern, als auch von anderen Personen, theils im Austausch gegen. die Zeitschrift, viel werthvolle Beiträge eingegangen. Der dem Mitglieder-Verzeichniss angehängte gedruckte Katalog weiset die Einsendungen bis zum {. März d. J. nach. 4. Das Erscheinen der Hefte der Zeitschrift ist in letzter Zeit hauptsächlich wegen Herstellung vieler Lithographien und Kupferstische etwas zurückgeblieben, in- dessen sind Anstalten getroffen, die Herausgabe zu beschleu- nigen. Von dem V. Bande ist das erste Heft erschienen und das zweite soll nächstens ausgegeben werden; für das dritte Heft liegen die Manuscripte druckfertig vor. 5. Das abzudruckende Material hat sehr zugenommen, wie schon der IV. Band zeigt, insbesondere auch die Zahl der bildlichen Anlagen. Die Kosten der letzteren haben sich daher sehr gesteigert und würden die Kräfte der Gesellschafts- Kasse überstiegen haben, wenn nicht ein Theil derselben an- derweitig gedeckt worden wäre, namentlich durch eine Bei- hülfe aus Königl. Bergwerksfonds zu dem Stich der Platten, welche der Arbeit des Professors Beryrıen über die Tertiär- Conchylien Norddeutschlands beigefügt werden, ferner da- durch, dass die Kosten der grossen Tafeln zu der Abhandlung des Herrn ScuLeuan (Beschreibung eines Theils der Nord- küste von Kleinasien, Band IV. S. 96 ff. Tafel I., I. und Ill.) mit 247 Thlrn. durch Leoror.n v. Buca berichtigt wor- den sind, und dass Herr Wessky zu dem Stich der Ta- feln IX. und X. bei dem zweiten Hefte des V. Bandes eine Beihülfe von 100 Thlrn. gegeben hat. 6. In dem Maasse, als die Zeitschrift in weiteren Krei- sen bekannt wird, und an innerem Werth sowie an Umfang zunimmt, steigert sich auch die Anzahl der auf dem Buch- händlerwege abzusetzenden Exemplare. Da der 633 Ladenpreis für den Jahrgang 6 Thlr. beträgt, so ist es für die Abnehmer vortheilhafter, Mitglied der Gesellschaft zu werden, dies aber auch für die Kasse erwünschter, indem sie bei dem Commissions - Verkauf nur 3 Thlr. pro Band bezieht. 7. Der dem gegenwärtigen Berichte beigefügten, von den justificirenden Belegen begleiteten Rechnung von der Gesellschafts-Kasse für das Geschäftsjahr 1852 hat der Schatzmeister die erforderlichen Erläuterungen bei- gefügt, auf welche hier Bezug genommen und mit dem Be- merken, dass die Rechnung und die Belege bereits durch einen rechnungskundigen Beamten (Herrn Fuscke hierselbst) in caleulo durchgelegt und richtig befunden sind, ergebenst darauf angetragen wird: die vorliegende Rechnung prüfen, abnehmen, und wenn sich gegen dieselbe nichts zu erinnern findet, dem Vorstande die Decharge ertheilen zu wollen. Im Anschluss an die Bemerkung des Schatzmeisters unter No. 2 ist anzuführen, dass sogar noch mehr als die im Bud- get angenommenen 50 Exemplare (Jahrgänge) der Zeitschrift buchhändlerisch vertrieben sind, die Geldbeträge dafür aber vertragsmässig erst im nächsten Jahre eingehen. Die Ueberschreitung in den Geld-Ausgaben liegt haupt- sächlich darin, dass statt vier Hefte, wie im Budget voraus- gesetzt, deren fünf zur Liquidation gekommen und dass diese Hefte von grösserem Umfange gewesen sind. 8. Der Kassenbestand betrug am Schlusse des ae PDEERTEIN IEISErFFAIPR Bndellspaldagegen WE.# „N 53ER 26, 6, hat sich also vermindert um . 125 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf. was lediglich in der vorerwähnten Mehr- Ausgabe seinen Grund hat. Letztere würde indessen mehr als gedeckt wor- den sein, wenn nicht eine Mehrzahl von Mitgliedern mit ihren Beitragszahlungen im Rückstande geblieben wäre. 9. In der Rechnung sind die Geld-Einnahmen nur e2 - Ei 5 . summarisch vorgeführt; es hat aber der Schatzmeister in dem Zeits. d. d. geolı Ges. V, 4, 42 634 hier angeschlossenen Auszuge aus dem Haupt-Kassenbuche dieselben speciell angegeben, imgleichen die einzelnen Aus- gabeposten, so dass daraus die Geldverhältnisse genau zu entnehmen sind. Der geehrten Versammlung wird anheim- gestellt, diesen Auszug zugleich mit der Rechnung einer Durchsicht zu unterwerfen; zum Abdruck in der Zeitschrift dürfte sich derselbe aber seines Umfanges wegen wohl nicht eignen. 10. Endlich ist von dem Schatzmeister auch noch der hier beifolgende Kassenabschluss vom 45. Julid.J. eingereicht worden. Danach betrug der aus dem Vorjahre übernommene Baarbesttand . . . 538 Thlr. 26 Sgr. 6 Pf. dazu neue Einnahme bis zum jo dr Dana Ina Alb, Far macht zusammen 953 Thlr. 26 Sgr. 6 Pf. Die Ausgaben betrugen in dersel- ben «Zeit.n spass 2n Habe enalins et 3:28 0 A Also am 1. Julil.J. Baarbestand 664 Thlr. 12 Sgr. 6 Pf. Hierbei ist noch zu bemerken, dass noch Liquidationen zu- rückstehen, und dass deren Betrag etwas höher sein dürfte, als der Betrag von solchen Einnahme-Resten, auf deren Eingang sich mit Sicherheit rechnen lässt. 14. In der Erwägung, dass in dem nächsten Geschäfts- jahre, soweit sich dies überhaupt voraussehen lässt, das Ver- hältniss der Einnahmen und Ausgaben keine wesentliche Veränderung erleiden wird, dass ferner, wenn in Folge Zu- nahme der Mitglieder, so wie ‚durch den steigenden buch- händlerischen Vertrieb der Zeitschrift die Einnahmen sich erhöhen, doch anderseits auch wegen stärkeren Umfanges des Textes und mehrer bildlichen Beilagen die Kosten stei- gen, besondere anderweite Verwendungen aber nicht abzuse- hen sind, glaubt der unterzeichnete Vorstand von Vorlesung eines Entwurfs zu einem neuen Budget absehen zu dürfen und erlaubt sich den Antrag zu stellen: die geehrte Versammlung wolle dasselbe Budget (Band III. S. 352), welches für das Jahr 1852 fest- 635 gestellt und für das Jahr 1853 prolongirt worden ist, auch für das Jahr 1854 gültig erklären. 12. Die Arbeiten an der geologischen Ueber- siehtskarte von Deutschland betreffend, kann der un- terzeichnete Vorstand nur mit Bedauern anzeigen, dass seit der vorjährigen allgemeinen Versammlung in Wiesbaden Bei- träge zu jener Karte nicht weiter eingegangen sind, muss indessen bemerken, wie ihm bekannt geworden ist, dass ei- nige Mitarbeiter, welche die wichtigsten und ausgedehntesten Theile der Karte zu behandeln übernommen haben, fleissig daran sind, wonach deren Arbeiten nächstens eingehen dürf- ten. Es steht zu hoffen, dass bis zur nächstjährigen allge- meinen Versammlung hinreichendes Material zusammenkommt, um wegen dessen Zusammenstellung und insbesondere auch wegen der zu wählenden Colorirung das Erforderliche be- stimmen zu können. Der Vorstand wird nicht verfehlen in seinem nächsten Rechenschafts-Berichte specielle Vorschläge abzugeben und dadurch unter Vorlegung alles Materiales die Beschlussnahme vorzubereiten. 13. Der in dem Budget ausgeworfene Betrag für Aus- gaben bei der allgemeinen Versammlung wird derselben in Tübingen zur Verfügung gestellt werden. 14. Mit Bezug auf No. f0 des vorjährigen Rechenschafts- Berichts ist hier nachrichtlich anzuführen. dass das Statut der Gesellschaft nebst der Geschäfts-Ordnung für die Verwaltung der Bücher- und Karten-Sammlung u. s. w. abgedruckt und mit dem 4. Hefte des IV. Bandes an die resp. Mitglieder versandt worden ist. Diese Verwaltung ist unter der Auf- sicht des Archivars, mit Genehmigung des Königl. Ministe- riums für Handel, Gewerbe und Öffentliche Arbeiten, dem Custos der hiesigen Bergwerks- Bibliothek, Geheimen "Se- kretär Cramanı übertragen worden. Bücher, Karten und Drucksachen der Gesellschaft befinden sich in dem Lokale dieser Bibliothek (Oranienstrasse No. 98). v. CARNALL Namens des Vorstandes. 636 Rechnung von der Haupt-Kasse der deutschen geologischen Gesellschaft für das vierte Ge- schäftsjahr oder pro 1852 =|s Binnahme. Bu =. Bo Thlr. Se. Pf. An Bestand aus dem Jahre 1851. . . . . } 66410 — An Einnahme-Resten, fehlen 1.} — | An vollen und theilweisen Beiträgen der Mitglieder, so weit deren im Laufe des Jahres 1852 zur Kasse eingegangen sind . . | SI4—|— II. ! — | Vom Verkauf der Zeitschrift durch die Besser’sche Buchhandlung . OyRE 99—|--- Vom Verkauf der Abhandlungen, fehlt. III. | — | An extraordinären Einnahmen: Gewinn an Geld und an verschiedenen kleinen Abzügen von Rechnungen, nach Abrechnung verschiedener kleiner Verluste an ausländischem Papier etc. und verschiedenen kleinen Ausla- | gen für Schreibmaterial ete. . 283] Summa aller Einnahmen j156s]21| | Ausgabe. An Vorschüssen fehl An Ausgabe-Resten| 1.|-— |Für Herausgabe der Schriften und Karten: Für die Zeitschrift; a. Druck, Papier, Buchbinder 695 Thl. 3 Sg. - Pf. b., Kupfertafeln. etc... ..,,..200, ,. 22,10 945|25| 6 2. Für den Druck von Abhandlungen, fehlt. 3: Für die Karte von Deutschland, fehlt. II. | — | Für Kosten der allgemeinen Versamm- lungen in Gotha und in Wiesbaden, fehlen noch. II. | — | Für Lokale in Berlin: ir Beleuchtung und Heizung des Lokals für die Sitzungen . Se Arsen 1528| -- 2. Ausgaben bei der Bibliothek, fehlt. IV.| — | An sonstigen Ausgaben: 15 Für Abschriften :. .........:4 Chlr, — Sgr. 2. Für Zeichnen-Arbeiten a ee 3 An Büreaukosten . . . ..47 „ 15 Rn An Portosete, p. 7... 34... .26 10,002 6 ale8 V.| — | An extraordinären Ausgaben: Für Inserate etc., fehlt. VL | — | An Deckungsfonds, fehlt. Summa aller Ausgaben 1029124] 6 637 Schluss - Balance. Die Einnahme beträgt . . .S. 2.0... 1968 Thlr. 21 Sgr. 6 Pf. DiegAnussaberdagesen . ne zenleni029 In OA, und es verbleibt mithin ein Bestand von 538 Thlr. 26 Sgr. 6 Pf. welcher in das Jahr 1853 übernommen wird. Anmerkungen. 1. Auch im Jahre 1852 sind die Einnahmen sub Tit. I. für die Beiträge der Herren Mitglieder um 236 Thlr. geringer gewesen, als sie in dem betreffenden Budget mit Hinzufügung der fehlenden Nachzahlungen veranschlagt waren. Der Grund davon liegt theils in der im Jahre 1852 zum ersten Mal eingetretenen Ermässigung der Beiträge, theils darin, dass viele der Herren Mitglieder mit der Einsendung ihrer rückständigen Einzahlungen säumen. Die Bitte um endliche baldige Berichtigung dieser Rückstände wird hiermit wiederholt. 2. Vom Verkauf der Zeitschrift sind nur 99 Thlr. für 33 Exemplare des III. Bandes zur Kasse eingegangen, während in dem betreffen- den Budget 150 Thlr. dafür veranschlagt wurden. 3. Eine namenswerthe Ueberschreitung der Ausgaben hat allein bei Tit. I. 1. a. — Druck der Zeitschrift etc. — stattgefunden, indem statt veranschlagter 450 Thlr. die Summe von 695 Thlr. 3 Sgr. da- für ausgegeben wurde. Es sind jedoch für diese Summe nicht vier, sondern fünf Hefte, nämlich die drei letzten aus dem Jahre 1851 und die beiden ersten aus dem Jahre 1852, bezahlt. Auch waren jene Hefte theilweise ungewöhnlich stark und umfangreich. 4. Auswärtige Mitglieder haben vielfach übersehen, dass die Beiträge für sie von 1852 ab von 6 Thlr. auf 4 Thlr. herabgesetzt sind und der Kasse statt der letzteren Summe die erstere eingesandt. Der- gleichen Ueberschüsse wurden den betreffenden Herren a Conto ihrer künftigen Beiträge gutgeschrieben. — Andererseits haben mehrere Mitglieder Beiträge pro 1852 und 1853 mit 4 Thlrn. eingesandt, während sie für frühere Jahre noch im Rückstande sind. Es er- geht wiederholt die Bitte an diese Herren, jene Rückstände baldigst ausgleichen zu wollen. Berlin, den 12. Juli 1859. Tamnau, Schatzmeister der Gesellschaft. Die vorstehende Rechnung nebst zugehörigen Belegen geprüft und in ealeulo richtig befunden. Berlin, den 20. August 1853. Funke. 638 Die Rechnung der deutschen geologischen Gesellschaft für das Jahr 1552 ist von mir nachgesehen und habe ich darin Fehler nicht aufgefunden Tübingen, den 23. September 1859. A. v. STROMBECK. Nach dem Beschlusse in der heutigen Sitzung der allgemeinen Ver- sammlung ist die 1852er Jahresrechnung nebst den dazu gehörigen Be- legen für richtig angenommen und darüber die Decharge ertheilt worden. Tübingen, den 24. September 1859. v. CARNALL. JAGOR. 3. Arbeiten der Sektion für Mineralogie, Geognosie und Geographıe während der dreissigsten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Tübingen. (Nach den dem Vorstande der deutschen geologischen Gesellschaft zur Veröffentlichung in der Zeitschrift mitgetheilten Protokollen.) Die Sektion wählte für ihre Sitzungen zum Präsidenten Herrn Perrer MeErıan aus Basel, zum Vice-Präsidenten Herrn A. v. StroMBEcK aus Braunschweig, zu Schriftführern die Herren O. Fraas aus Laufen, F. Krauss aus Stutigart und OrPpEn aus Stuttgart. I. Sitzung vom 20. September. 1. Herr A. v. Srromgeck aus Braunschweig hielt einen Vortrag über das Vorkommen des Gault im sub- hereynischen Quadergebirge.*) 2. Herr Grocker aus Dreslau sprach über die Lauka-Steine. Die Lauka-Steine, nach dem Fundorte benannt, finden sich bei Alansko in Mähren, und werden vom Redner zu den mineralogischen Kugelformen gerechnet, über deren Entstehung die Ansichten noch getheilt sind. Sie sind kugelrund, häufiger sphäroidisch, zuweilen mit Ein- buchtungen, wodurch verschiedene Gestalten entstehen, ferner dickeylindrisch, öfter mit concentrischen Streifen, seltener 2, *) Siehe S. 501 fgg. in diesem Bande. 639 3 und mehrere verbunden, manchmal knollig. Sie sind im- mer massig, nicht ausgehöhlt, bald krystallinisch, klein- und >’ feinblättrig, häufiger aber strahlig oder faserig, oft mit einem unkrystallinischen Kerne; die blättrigen haben die Kalkspath- struktur. Zuweilen zeigen diese Gebilde auch eine gerad- schalige Absonderung. Die Lauka-Steine sind gewöhnlich weniger hart als Kalkspath, haben im Durchschnitt ein spe- cifisches Gewicht von 2,6, sind theils roth, theils grau und bestehen aus mit Thon und Sandkörnchen innig gemengtem kohlensaurem Kalke. Sie liegen in einem horizontalgeschich- teten, ziemlich mächtigen Mergellager, welches auf Grau- wackenkalk unmittelbar aufliegt. Die Lauka- Steine sind durch eine Zusammenziehung des kohlensauren Kalkes um einen centralen Punkt entstanden. Der Redner vergleicht sie noch mit den ähnlichen Formen der Imatrasteine aus Finnland, der Marlekor aus Schweden, der Gebilde von Thalheim in Siebenbürgen, der sogenannten Morpholite aus Esypten. | Herr Quenstepr aus Tübingen bemerkte hierzu, dass man seiner Ansicht nach dergleichen äusserlichen Formen zu viel Aufmerksamkeit schenke, und dass manche kugel- ähnliche Formen durch zufällige Umstände, wie z. B. die Kugelformen um Versteinerungen herum oder um kleine Punkte von Schwefelkies und dergleichen, entstehen. 3. Herr Desor aus Newfchatel über jodführende Steine von Saxon. „Auf dem linken Ufer der Rhone ım Wallis wurde vori- ges Jahr eine sehr jodhaltige Quelle entdeckt, von der es hiess, dass selbst der Fels, dem sie entspringe, Jod halten solle. Anfangs wollte Niemand es glauben. Herr FENABERG untersuchte die Sache und fand in der That viel Jod, nach ihm Herr Morın aus Genf, und fand keines. Die Ursache des Streites, der sich erhob, war bald entdeckt, denn es er- gab sich, dass die Jodquelle intermittirend ist. Der Fels, dem die Quelle entspringt, ist ein 40 Fuss mächtiger Rauch- “wackenfels, der in zahlreichen Klüften und Höhlen eine gelb- 640 lichröthliche Substanz enthält, die aus Jodmagnesium und Jodcalecium besteht. Dieselbe riecht stark nach Jod, woher aber der Geruch des freien Jod? Nach ScHönßeın geht eine stetige Zersetzung des Jod vor sich. Die Frage wäre die, ob die Quelle ein Produkt des Felsens oder der Fels ein Produkt der thermalvulkanischen Quelle sei. Die Beob- achtung des Herın Brauns von Sitten ist sehr wichtig, wel- che ein enges Verhältniss zwischen der Jodquelle und der herrschenden Witterung gefunden hat. Im regnerischen Frühjahr fand er auffallend viel Jod, das mit dem trockenen Juni wieder ausblieb, seit den Herbstregen reagirt die Quelle wieder mit Jod. Es wäre wohl eine zu riskirte Annahme, immer neu sich ergänzende Jodgase als Grund der Erschei- nung aufzustellen und die wahrscheinlichste Erklärung ist die der Auslaugung, welche wohl nicht blos im 40 Fuss mächtigen Felsen, sondern auch tiefer im Gebirge vor sich geht.y 4. Herr OÖ. Fraas aus Laufen über den obersten weissen Jura von Schwaben. „Vor 14 Jahren hatte schon Quenstepr die Identität der schwäbischen Krebsscheerenplatten mit den Soinhofer Schiefern Baierns ausgesprochen, Dieser Satz, der lange Zeit nicht recht angenommen wurde, indem man unsere Plat- ten noch Portlandkalke nannte, sollte in diesem Jahre eine glänzende Rechtfertigung erhalten durch die Erfunde zu Nusplingen. Wenn sich auch die Industrie der dortigen Steinbrüche noch nicht bemächtigen kann, indem nur eine dreizöllige Kalkbank sich für lithographische Zwecke eignet, so hat doch die Paläontologie merkwürdige Bereicherung gefunden, so dass in dieser Beziehung Nusplingen gleich- berechtigt neben So/nhofen und Eichstädt steht. Der neue Fundort ist um so erfreulicher, als die bisherigen alten Er- funde durch die neuen ergänzt werden. Eben die seltensten Fossile Baierns, wie Knorpelfische, Krebse mit stachligen Scheerenfingern, nackte Cephalopoden -finden sich verhältniss- mässig viel häufiger, während die gewöhnlichen Vorkomm- 641 nisse von Leptolepis, Mecochirus und andere in Nusplingen zu den Seltenheiten gehören. Vor Allem mache ich auf einen prachtvollen Haifisch aufmerksam, der vom Kopf bis zum Schwanzende 5 Fuss lang ist und durch die Breite des Kopfes (8 Zoll), so wie die runden flügelförmigen Brust- und Bauchflossen zu den schönsten Erfunden gehört, die je in dieser Schicht gemacht worden sind. Nach seinen charakteristischen Merkmalen gehört der Fisch zwischen Squalus und Raja und tritt durch seine äussere Form dem lebenden Meerengel, Squatina vul- garis, ziemlich nahe. Seine Haut, die bis auf die feinsten Theile hinaus erhalten ist, steckt voll dreispitziger Dornen, so dass der Name Acanthodermus nach Analogie des Acassız’- schen Asterodermus nicht unpassend wäre. Unter den Krebsen nenne ich nächst den Scheeren des Pagurus suprajurensis, welche zu Tausenden gefunden wer- den und den Schichten den Namen der Krebsscheerenplatten gegeben haben, die grossen glänzenden Krebse, von Münster Atrimpus genannt, sicherlich aber von Penaeus nicht ver- schieden. Diese Art ist die zahlreichste und sind auch in der Regel die Füsse und Fühler so gut erhalten, dass sie zur näheren Kenntniss derselben einen schönen Beitrag liefern. Die Familie der Cephalopoden ist durch prachtvolle Se- pien und eine Reihe instruktiver Stücke von Ammoniten und Belemniten repräsentirt. Namentlich sind die inneren Theile der Ammoniten sehr gut erhalten: die Aptychus und Sipho’s. Dr. GiEsEL in Halle, der neuerdings die Aptychus als Tri- gonellites vom Ammoniten trennt und geschnürte Siphonen noch nie gesehen haben will, würde sich bald eines Bessern belehren lassen, wenn er die zahlreichen IEixemplare sähe, an welchen sich einestheils der mit jeder Kammer eingeschnürte Sipho, welcher aber nur bis in die letzte Kammer reicht und die Wohnkammer nie betritt, anderntheils der Aptychus in der Wohnkammer an Ort und Stelle beobachten lässt. Unter den Pflanzen gehören die Conferven, Caulerpiten und Farren zu den gewöhnlichen Erfunden, welche zum Theil 642 noch mit einer dünnen Lage verkohlten Pflanzenstoffes be- deckt sind. — Ausser den genannten Sachen warten noch eine Menge kleinerer Dinge, wie Insektenreste, nackte Ce- phalopoden, Samen und Früchte auf nähere Bestimmung.” Herr Quenstenr machte auf den Wechsel aufmerksam von rauhem unfruchtbarem Boden und grünen fruchtbaren Feldern, denen man auf der sogenannten rauhen Alb begeg- net. Die fruchtbaren Felder liegen auf den Plattenkalken, welche das Wasser halten, während die unfruchtbaren Fel- der mit den plumpen Felsmassen, dem = des weissen Jura, zusammenhängen. In der Regel leitet hier schon der äussere Anblick des Bodens und zeigt zugleich, wie selten eine re- gelmässige Ueberlagerung der Plattenkaike stattfindet, son- dern wie meistens die Felsen überall aus den Platten her- vorschauen und auch äusserlich einen Wechsel beider Schich- ten sehen lassen. Mit Portland” hat die Formation Schwa- bens auf keinen Fall eine Gemeinschaft, wenn auch hier wie dort ein Kampf des Meerwassers und des Süsswassers unverkennbar ist. Herr Meran aus Basel bemerkt zu vorstehendem Vor- trage, er gebe gern zu, dass die oberen Juraschichten Schwa- bens mit den Solnhofern identisch sind, bezweifelt jedoch, dass derselbe Fall auch in der Schweiz sei und weist auf die bei Cirin und Bugey im Lyonais aufgefundenen Schich- ten hin, welche als Solnhofer angesehen werden, aber noch von höhern Juraschichten überlagert werden, weshalb sie TuıorLızrE zum Korallenkalk zählt. Immerhin bleibt es aber gut, deutschen Schichten auch deutsche Namen zu geben. 5. Herr Quenstepr aus Tübingen bemerkte, dass er schon im Jahre 1835 unter den von Meyen nach Berlin ge- brachten Petrefakten von Chili Planulaten auf schwarzem Schiefer für ächt jurassisch erklärt habe, während L. v. Buca es nachmals für Kreide erklärte und auch p’Orgıenv diesel- ben als Kreide-Petrefakten abbildete.e Wie vorsichtig man vD’Orsgıcny’s Bestimmung aufnehmen müsse, zeigt die Terebr. lacunosa und incostans, die er als Kreide-Terebrateln beschreibt. 643 II. Sitzung vom 21. September. 4. Herr Fazer aus Gmünd lest der Versammlung eine Anzahl Lias-Petrefakten aus seiner Gegend vor und bemerkt dazu, wie dort über den Keuperletten sogleich die Sandsteine lagern, darüber Mergel, dann harte blaue Kalke mit Thalas- siten, welche weiterhin von den Arieten- und Gryphaeen- bänken durch eine zweite Mergelschicht getrennt sind. Herr Kurr aus Stuttgart nimmt hiervon Veranlassung über die lokale Vertheilung der Mollusken zu reden. Wie jeder Meerbusen seine besondern Bewohner hat, die dem an- deren fehlen, so war es auch im Lias-Meer der Fall. Dem Randen ist z. B. Ammonites rotiformis eigen, der Spaichin- ger Gegend der Am. liasicus, der Balinger Umgebung Am. Brookii und um Gmünd findet sich Am. Scipionianus. Bei Bestimmung der Ammoniten-Species hat man übrigens noch zu wenig auf geschlechtliche Verhältnisse Rücksicht genom- men; es ist wahrscheinlich, dass von jedem Ammoniten eine dickere und eine flächere Form existirt, die grossen Eierstöcke der Weiber erforderten auch eine grössere Kammer. So las- sen sich auch männliche und weibliche Unio an ihrer Dicke erkennen. 2. Herr Desor aus New/chatel legt eine Karte vor von dem Raume zwischen dem Erie- und Ontario-See mit er- läuterndem Profile. Die Schichten sind obersilurisch, die unterste die grosse rothe Sandsteinschicht, Medina-Gruppe genannt, nach oben (uarz, dann kommt die Clinton-Gruppe, bedeckt vom Niagara-Kalk mit Orthoceratiten. Das Zurück- treten des Niagara-Falles ist das Resultat der Unterwaschung der unteren weicheren Schicht. Brechen nun von Zeit zu Zeit Stücke herunter, so macht man hiervon grosses Aufse- hen und indem Backwert annahm, der Fall trete 3 Fuss im Jahre zurück, fand er übereinstimmend mit der Schrift, dass der Raum von 7 Meilen in den 6000 Jahren unserer bibli- „ schen Zeitrechnung nach und nach ausgebrochen sei. Lyeuı prüfte Backweır’s Ansicht und nahm, aber eben so wenig 644 aus genügenden Gründen, ein jährliches Zurücktreten von 1 Fuss und bekam somit eine Rechnung von 35000 Jahren. Während meines längeren Aufenthaltes fertigte ich nun einen Plan des Niagara-Falles und verglich ihn mit einem 1662 von den Jesuiten gefertigten Plan. Das Resultat war, dass der Fall innerhalb der 180 Jahre kaum um 1 Fuss, sondern höchstens um einige Zoll zurückgetreten ist. Dies wird noch durch die Diluvial-Anhäufungen bestätigt, welche den gros- sen Wirbel umgeben, den die stürzende Wassermasse bildet. Das Diluvium zieht sich nun nach links und man hat hier gewissermaassen den diluvialen Niagara. 3. Herr GErLACH aus Sierre spricht über die Nickel- erze im Val d’Anniviers, einem südlichen Nebenthal des Rhone- Thals im Wallis. Nachdem der Redner die geognostischen Verhältnisse vorausgeschickt hatte, führt er an, dass ein Nickel- und Kobalterzgang in den grünen metamorphischen Schiefern auftrete und dass die Erze, welche Roth- und Weissarseniknickel sind und 28 bis 30 pCt. Nickel und Kobalt enthalten, als derbe Massen im Braunspath liegen. Mit ihnen finden sich Schwefel-, Magnet- und Arsenik-Kiese, welche die Nester von Nickel- und Kobalterzen umgeben. 4. Herr Stocker aus Hasmersheim legt eine geognosti- sche Specialkarte des untern Neckarkreises von Heilbron bis Heidelberg vor und führt an, dass in dem sehr entwickelten Sandstein, welcher auch durch viele Brüche aufgeschlossen ist, gewisse baumartige Bildungen vorkommen, welche Herr QUENSTEDT für blosse Zapfen erklärt. Die rauchgrauen Kalke zeichnen sich durch das Vorkommen von Malachit aus. Fer- ner erwähnt er das ältere Vorkommen von faserigem Stein- salz und das Auftreten von Basalt. Von Diluvialablagerun- gen nennt er die Tuffe mit Scolopendrium, die Lösse über- füllt mit Succinea oblonga, die Bohnerzablagerungen des Odenwaldes und endlich die Gerölle. 5. Herr v. Bünter aus Stuttgart zeigt aus dem weis- sen Jura eine ungewöhnlich grosse Nerinea von Niederstotzin- 645 gen und Gryphaea polymorpha Münsr. von Blaubeuren in ausgezeichneten Exemplaren vor. 6. Herr Grocker aus Breslau spricht über Augitge- steine. Als neue Gebirgsarten führt er zuerst ein Staurolith- gestein von Schömberg in Mähren und ein Granatgestein mit Vesuvian aus Dlauda ın Mähren an, alsdann das Vorkom- men amphibolischer und augitischer Gesteine aus Mähren, worunter sich besonders ein feinkörniges schwarzes Ausit- gestein mit zum Theil ausgeschiedenen kleinen Augitkrystall- chen auszeichnet und in welchem auch Pikrolith vorkommt. Ferner führt er ein neues Vorkommen von Kerolith aus dem Uebergangsthonschiefer von Müglitz, dann vom Quarz von Lettowitz an und spricht über eine Umwandlung von Granat in Eisenoxydhydrat von Lissitz. Endlich zeigt er ein aus einem Eisenoxydulsilikat bestehendes schlackenartiges Gestein vor, welches an vielen Orten von Schlesien, Mähren und Böhmen zerstreut gefunden worden ist. Herr Asıcn aus Petersburg sagt, dass er auch ähnliche Gesteine in den preus- sischen Provinzen gefunden habe und führt namentlich an, dass gerade in jenen Gegenden sich Spuren uralter Schmelz- prozesse finden. III. Sitzung vom 22. September. Herr SchüßLer aus Stuttgart hielt die folgenden Vor- träge: 1. Ueber die Verbesserung der Mineralquel- len zu Kansladt. „Zunächst erlaube ich mir der Arbeiten zur Verbesse- rung der Mineralquellen von Kunstadt zu erwähnen, deren allgemeine Verhältnisse ich als bekannt voraussetze, da meh- rere werthvolle Schriften und Aufsätze darüber erschienen sind, wovon die Schrift vom Hofrath VEIEL von 1852 das Neueste bis zum Jahr 1852 enthält. Durch die Vermehrung der artesischen Brunnen. im 646 Becken von Kanstadt wurde schon vor 20 Jahren eine Ver- änderung in der Beschaffenheit der Heilquellen veranlasst, was ein Verbot weiterer Bohrarbeiten veranlasste. Dieses wurde auch bis zum Jahr 1848 eingehalten, der Sturm der Zeiten sollte aber auch in unsere friedliche Brunnen fahren, und so wurde von einem Müller das Verbot als den Grund- rechten widersprechend hintangesetzt und in einer Entfer- nung von 2000 Fuss und 15 Fuss tiefer als die Hauptquelle ein ausserordentlich reicher Brunnen erbohrt, welcher sogleich seinen Einfluss auf die Quelle von Sw/zerrain durch Vermin- derung der Ausflussmenge daselbst zu erkennen gab. Das Verstopfen der Quelle brachte die Wassermenge bald wieder auf den frühern Stand und man bemerkte auch keine we- sentliche Aenderung im Mineralgehalt. Die Hochgewässer im Spätjähr 1851 waren aber von auffallendem Einfluss auf die alte Quelle, in deren Folge der Ausfluss der Quelle sich auf das Doppelte erhöhte, während bedeutende Schlamm- auswürfe sich zeigten. Dieses blieb sich auch bis heute gleich und die chemische Analyse zeigte einen merklichen schwächern Gehalt der Quelle. Dieses veranlasste nun den Brunnenverein neue Bohr- arbeiten zu unternehmen, wozu auch die Stadt Aanstadt mit lobenswerther Bereitwilligkeit die Mittel verwilligte. Die Absicht lag dabei zu Grunde so tief zu bohren, dass mit Wahrscheinlichkeit eine wärmere Quelle aufgeschlos- sen werden könnte, wozu die Gutachten der sämmtlichen Ex- perten, namentlich der Herren Quexssepr und Kurr, auf- munterten. Die bisherigen Arbeiten sind auf einer Entfernung von 500 Fuss von dem alten Bohrbrunnen angesetzt und auf eine Tiefe von 180 Fuss nach Ueberwindung mancher Schwie- rigkeiten, welche hauptsächlich durch die obern Schichten des Diluviums veranlasst sind, niedergebracht. Das beabsich- tigte wärmere Mineralwasser ist zwar bis jetzt nicht erreicht, was bei dieser Tiefe auch gar nicht zu erwarten war, in Beziehung auf die geognostischen Verhältnisse sind aber 647 einige nicht uninteressante Erfahrungen gemacht worden, welche über das Kanstadter Becken einige Aufschlüsse geben. Aus einem Profil, welches Herr BRUCKMAnN, der die Ausführung der Arbeiten besorgt, an Ort und Stelle aufge- nommen hat, ist mit Zuverlässickeit zu ersehen, dass das Bohrloch nach Durchsinkung der Süsswasserbildung von 54 Fuss Mächtigkeit im Keupermergel bis 118 Fuss, und sodann in der Gruppe der Lettenkohle bis 181 Fuss nieder- gebracht worden ist, und dass die Mineralquelle in den Klüften des Muschelkalks aufsteist und durch die Schichten der Süss- wasserbildungen überlagert und abgeschlossen ist, was jedoch an vielen Stellen das Ausbrechen von Mineralquellen nicht hindert, welche seit undenklichen Zeiten hier bekannt sind, und wahrscheinlich noch als die Reste der früher in dem Bassın von Kanstadt mündenden reichen Mineralquellen an- zusehen sind, welchen die dortigen Niederschläge von Süss- wasserkalk ihre Entstehung verdanken. Bemerkenswerth ist, dass die neuerbohrte Quelle constant die Temperatur von 13 bis 434 Grad hat, während die Hauptquelle 14: Grad R. zeigt. Die neue Quelle ist durch eine Röhre so wasserdicht gefasst, dass kein Tropfen ausfliesst, wenn sie bis zum Niveau der Mündung der alten Quelle aufgestaucht wird. Das Auf- setzen einer Röhre auf die Teichel der alten Quelle bringt unmittelbar ein Ansteigen der neuen Quelle hervor. Es ist durch diese Erfahrung abermals bewiesen, dass die sämmtlichen Quellen in Kanstadt zwar durch Klüfte mit einander communiciren, dass aber die aus der Tiefe auf- steigenden Gasströme an sehr verschiedenen Stellen sich mit den Wassern verbinden und ihre auflösende Kraft auf die benachbarten Gesteine auf sehr verschiedene Weise ausüben. Für das Gelingen der Bohrarbeit ist es wesentlich dem Sitz der Gasströme näher zu kommen und die Erfahrungen von Bıschor über die Entstehung der Kohlensäure-Emanationen geben die Hoffnung, dass eine nicht sehr bedeutende Tiefe “ hierzu hinreichen könnte. Ich unterlasse die verschiedenen 648 Erklärungsweisen über die Kohlensäure-Exhalationen näher zu prüfen, worüber besonders von Biscnuor interessante Beob- achtungen gemacht worden sind, für unsern Zweck ist genug, dass sie existiren und aus der Tiefe aufsteigen. Würde der von Bıscuor aufgeführte Versuch, wonach Wasser in der Siedehitze in Berührung mit Quarz und Kalk Kohlensäure . entwickelt, zum Anhalten genommen, so könnte die Entste- hung der Kohlensäure ohne Vulkanismus erklärt werden. Nach dem gewöhnlich angenommenen Gesetz der Wärme- zunahme nach dem Innern, welches auch bei unsern Bohr- versuchen auf Steinkohlen am Schwarzwald sich bestätigt hat, wäre hiernach eine Kluft von 6000 bis 8000 Fuss Tiefe erforderlich, um Wasser mit Siedehitze in ihrem Tiefsten zu erzeugen, Kieselerde aufzulösen und Kohlensäure aus dem Kalk auszuscheiden. Diese Kohlensäure wird in der untern Tiefe nicht als Gas, sondern als Flüssigkeit sich zeigen, indem schon bei 30 Atmosphären oder bei einer Tiefe von 1000 Fuss die Kohlensäure zu einer tropfbaren Flüssigkeit sich condensirt. Die Bedingungen, welche der Entstehung der Mineralquellen bei Kunstadt zu Grunde zu legen wären, würden sich hier- nach ziemlich einfach gestalten, wenn wir uns eine Kluft bis auf die Schichten des Sandsteins oder Granits denken, in welcher die Flüssigkeit vermöge der Erwärmung aufsteigt und die atmosphärischen Wasser oder Flusswasser niederfal- len um dort erwärmt und mit Mineraltheilen geschwängert zu werden. Der grosse hydrostatische Druck, welcher durch die Kohlensäure ausgeübt wird, erklärt das Aufsteigen der mit Kohlensäure geschwängerten Mineralwasser hinreichend, und der grosse Reichthum an Mineralwassern im Kanstadter Becken darf nicht befremden, wenn der Neckar das Wasser hierzu liefert und in den aufsteigenden Mineralquellen Neckar- wasser mit Kohlensäure geschwängert erkannt werden. In welcher Tiefe der Prozess der Anschwängerung vor sich gehen mag, wird allerdings nicht zu bestimmen sein, ich glaube aber, dass das berechnete Maximum von 9- bis 649 10000 Fuss bei Weitem nicht erforderlich sein dürfte, wie die warmen Quellen bei Wildbad und Baden beweisen. Auf der andern Seite ist aber die Tiefe von 1000 Fuss, bei wel- cher die Kolilensäure tropfbar flüssig ist, eine für Bohr- arbeiten leicht zu erreichende und man wird daher in einem Bohrloch von dieser Tiefe bereits die Erscheinungen beob- achten können, welche die Kohlensäure beim Uebergang vom tropfbaren flüssigen in den gasförmigen Zustand hervorbrin- gen muss. Die auffallendste Wirkung, nämlich die Erschei- nung von Kälte kann auch hier nicht ausbleiben und es ist daher zu erwarten, dass die warmen Wasser der Tiefe eine sehr merkliche Erkältung erfahren, wenn der hydrostatische Druck in der obern Tiefe sich mindert und die Gasform ein- tritt. Mit dieser Erscheinung steht wohl im Zusammenhang die verhältnissmässig geringe Temperatur der sehr kohlen- säurereichen Quellen von Adssingen und Nauheim, von wel- chen erstere constant 13 Grad R., letztere 27 Grad R. zeigt. Die Erscheinung der intermittirenden kohlensäure- haltigen Quellen steht mit dem Uebergang der Kohlen- säure von der tropibar flüssigen Form in die Gasform gewiss im innigsten Zusammenhang, indem die unterirdischen Wasserreservoirs die Kohlensäure als Flüssigkeit aufnehmen bis sie gesättigt sind, durch den Uebergang in Gasform aber das Gewicht der drückenden Wassersäule eine Wechselwir- kung hervorkringt, welche ein Ausströmen der Quelle unter einem geringeren hydrostatischen Drucke veranlasst, als beim Zustand der Ruhe. Diese für Erbohrung einer warmen Quelle von hoher Temperatur bei Kohlensäure-Ausströmungen nicht günstigen Verhältnisse lassen jedoch immerhin der Hoffnung Raum, dass auch in Äanstadt eine wärmere Quelle erbohrt werden dürfte und es wäre von grosser Wichtigkeit über die erfor- derliche Tiefe einiges Anhalten zu erhalten. Würde die Hoffnung des Gelingens allein darauf beruhen die in einer senkrechten Kluft von unten aufsteigende Quelle mit dem -Bohrloeh zu treffen, so wäre allerdings die Hoffnung des Zeits, d. d. geol, Ges. V. 4. 43 650 Gelingens sehr entfernt, es wird jedoch das Verhältniss da- durch ein günstigeres, dass nach den Erfahrungen über die Lagerungsverhältnisse des Muschelkalks sich in demselben dolomitische Schichten finden, welche auf grosse horizontale Flächen sich erstrecken und ausgedehrte Wasserreservoirs bilden. Mündet eine senkrechte Kluft oder Spalte in eine solche Schicht, so wird beim Erbohren das Ausströmen der Gase erfolgen, wenn die tiefer liegende senkrechte Spalte auch diese horizontale Grenze nicht überschreitet. Nach den bei den Bohrversuchen auf Steinsalz gemach- ten Erfahrungen ist eine sehr weit verbreitete dolomitische Schicht mit reichen Wasserzuflüssen hauptsächlich auf der Grenze zwischen Muschelkalk und Gyps zu erwarten, und auf diese Tiefe wird daher zunächst eine wesentliche Aen- derung zu gewärtigen sein. Die Mächtigkeit des Muschel- kalks bis zum Gyps ist bei Äazstadt nicht bekannt. Der- selbe wird bei ZAoftweil von ALBerrı zu 116 bis 160 Fuss, bei Sulz zu 230 Fuss, bei Friedrichshall zu 300 Fuss an- gegeben, und bis zu den über dem Gyps gelagerten dolomi- tischen Mergeln von 50 bis 100 Fuss Mächtigkeit wäre da- her die zu durchbohrende Tiefe nicht beträchtlich, so dass eine Mineralquelle in der Tiefe von 500 bis 600 Fuss von wesentlich verschiedener Beschaffenheit sich erwarten lässt. Welchen Einfluss die Gyps- und Steinsalz-Gebilde in grösse- rer Tiefe auf die Mineralquellen bei Aazstadt zeigen werden, ist sehr schwer zu schätzen, da überhaupt nicht bekannt ist, ob Steinsalz hier vorhanden ist, was zwar in der Mineral- quelle sich vorwaltend findet, aber auch von gesalzenem Gyps herrühren könnte. Auch ist recht wohl möglich, dass die seit vielen Jahrtausenden ausströmende Quelle das Stein- salzgebirge auf eine grosse Erstreckung ausgelaugt haben könnte; es ist hiernach nicht gerade anzunehmen, dass beim Durchbohren des Gypses die Quelle sich in eine Soole ver- ändern dürfte, wenn ein höherer Salzgehalt auch wahrschein- lich sein möchte. In grösserer "Tiefe wird der Wellenkalk und der bunte Sandstein einen höhern Salzgehalt nicht er- 651 warten lassen, es wird aber die Wahrschemlichkeit wärmere Quellen aufzuschliessen mit der Tiefe zunehmen. ” *) *) Beilage zu dem Vortrage des Herrn ScnüsrLer über die Verbes- serung der Mineralquellen bei Kanstadt: Notizen über den Bohrversuch auf einen Thermal-Säuerling am Swlzerrain bei Kanstadt. Von Dr. A. E. Brucknann. Die ausgewählte Bohrstelle liegt 9 Fuss Württemb. über der Boden- fläche des bekannten Wilhelmsbrunnens (Vergl. die Mineralquellen in Kanstadt von Dr. Verıer. Kanstadt 1852.) und in südöstlicher Rich- tung 500 Fuss von demselben entfernt; diese erhöhete Lage — die höchste aller artesischen Brunnen der Umgegend — wurde gewählt, um den Ausguss der zu erbohrenden Quelle nach Belieben und so reguliren zu können, dass der Wilhelmsbrunnen nie alterirt werden kann. Das Alluvium reichte als mächtige gute Dammerde von Tag an 10 Fuss tief nieder; dann begann das Diluvium mit den in hiesiger Gegend verbreiteten Kalktuffbildungen, welche auf einer mächtigen Ge- röllmasse abgelagert waren und bei 06,2 Fuss Tiefe ihr Ende erreichten. Nun traten zähe bunte Keupermergel mit vielen härteren, meist geoden- förmigen Knollen auf, und dunkelrothe, bläuliche und grünliche Färbung ist vorberrschend gewesen; “dieser Keuper, bei 82,19 bis 83,11 Fuss Tiefe von einer harten und klüftigen Dolomitbank durchsetzt, ging 116,3 Fuss tief nieder, wo sich bis 1158 Fuss abwärts eine Grenzschicht vorfand, die aus Trümmergesteinen von Gyps, gypshaltigem Steinmergel, Dolomit und harten Kalkmergeln bestand, in welchen letzteren Myopho- ria Goldfussi gefunden worden ist. Hier, 115 Fuss tief, beginnt nun die Region der Lettenkohle in abwechselnden Schichten weicher und här- terer Mergel und Kalksteine, welche bei der gegenwärtigen Bohrtiefe von 181,3 Fuss ihr Ende noch nicht erreicht hat; — möglicher Weise kann jetzt bald auf den Muschelkalk-Dolomit gestossen werden. Bei der Schachtabteufung wurde eine Süsswasserquelle des besten Trinkwassers in beträchtlichem Quantum und von + 10 Grad R. Tem- peratur angehauen, deren Region in IS bis 20,3 Fuss Tiefe gelegen ist. Dieselbe, in der Nähe mittelst eines Steinschachtes besonders gefasst und mit einer Pumpe versehen, versieht den Sulzerrain mit Trinkwasser, wel- ches früher auf 4 Stunde Entfernung beigeführt werden musste. 116,3 bis 118 Fuss tief — Grenzschicht des Keupers und der Let- tenkohle — ist der erste Säuerling angebohrt worden; die Quellenregion desselben reicht aber auf 124 Fuss Tiefe hinab, das Wasser hatte An- fangs 10 Grad, bald darauf aber 12 Grad R. Wärme, und ist nach einer vorläufigen Analyse reicher an Kohlensäure und Salzen als das des Wilhelmsbrunnens. Durch Terrainnachstürze war diese Quelle kurze Zeit verschüttet, als sie aber wieder aufgedeckt und frei gemacht war, zeigte sie 13 Grad R. Wärme und so ziemlich dieselben Bestandtheile wie anfangs, namentlich Kohlensäure in Menge; — ihre höchste Steig- höhe betrug 3,5 Fuss unter Tag. 43* 652 2. Ueber neue Aufschlüsse im schwäbischen Steinsalzgebirge. „Ueber das schwäbische Steinsalzgebirge giebt die Ha- lurgie meines Freundes ALzerti die umfassendsten Nachwei- sungen und ich glaube diese Verhältnisse als bekannt voraus- setzen zu dürfen, indessen erlaube ich mir über die neue- sten Erfahrungen Einiges anzuführen, was nicht ohne In- teresse sein dürfte. Der gelungene Bohrversuch bei Haigerloch In der Tiefe von 143,17 bis 143,81 Fuss wurde in einem blassgelben dolomitischen Trümmergestein ein neuer Säuerling aufgeschlossen, wel- cher das Wasserquantum bedeutend, nicht aber die Steighöhe vermehrte, denn das Maximum der letzteren beträgt wie früher 3,5 Fuss unter Tag; da aber nach‘ dem angrenzenden Wiesenthale ein Gefälle von 14 Fuss vorhanden ist, so kann ein mächtiger Wasserstrom zum Abfluss gebracht werden. Diese Quelle zeigte + 181 Grad R. Temperatur, etwas weni- ger Kohlensäure und nahezu eben so viele Salze wie der höher liegende Säuerling, mit welchem sie vorläufig communicirt. Bei 176,59 Fuss Tiefe stürzte der Bohrer plötzlich 2 Fuss tief nie- der und machte demnach 178,59 Fuss tief Halt; dies war scheinbar, weil sich dadurch keine wahrnehmbare Vermehrung des ausströmenden Sauer- wassers zeigte, ein hohler Raum, der sich aber doch auf eine neue Sauer- quelle redueirt, welche dermalen mit den anderen communieciren und einen Rückdruck auf diese offenen Punkte ausüben kann; eine Temperatur- Erhöhung fand gleichfalls nicht statt, ebenso auch keine grössere Steig- höhe, denn das Maximum der letzteren beträgt vor wie nach 3,d Fuss unter Tag. Das Wasser dieser neuesten, also dritten Sauerquelle scheint in qualitativer Beziehung ebenfalls reichhaltiger als das des Wilhelms- brunnens zu sein, und communicirt nach kürzlich angestellten Versu- chen auch mit letzterem. Das ganze Diluvium wurde mit wasserdicht zusammengesetzten Röh- ren von Kiefer- oder Föhrenholz (Pinus sylvestris), welche einen inneren Durchmesser von 1,1 Fuss und einen äussern von 1,6 Fuss haben, durch- sunken, die noch eine Strecke weit im Keupermergel niedergetrieben worden sind, so dass sie jetzt gegen 70 Fuss unter Tag reichen. Da- durch wurden alle oberen süssen und sonstigen Seitenwässer abgehalten, in das Bohrloch zu dringen. Weil nun bei 1 Fuss Bohrlochsweite und bei erreichter Tiefe von 123 Fuss das Gebirge stark nachzustürzen be- gann, und die Nachfälle sich von Tag zu Tag vermehrten statt ver- minderten, so ist durch das Innere der Hauptröhren eine kleinere Röhre von Kieferholz eingesenkt und einstweilen 123 Fuss tief niedergebracht worden. Holzröhren verdienen bei dieser Ausführung vor metallenen den Vorzug, weil Metalle besonders Eisen, leicht und schnell vom Sauer- wasser zerstört werden. Sulzerrain bei Kanstadt, den 18. September 1859. 653 giebt einen neuen Beleg über die grosse Regelmässigkeit der Steinsalzablagerungen in dem schwäbischen Muschelkalk, in- dessen haben wir in den letzten Monaten Erfahrungen ge- macht, welche für die Unregelmässigkeit dieser Steinsalz- ablagerungen beim ersten Anblick zeugen würden, wenn nicht auch hier bei näherer Prüfung das Gesetz noch sich klar machen dürfte. Zum Zweck der Abteufung eines Steinsalzschachtes in Friedrichshall wurden über die Fortsetzung des Steinsalz- lagers im nordöstlichen Felde Bohrversuche angeordnet, wel- che bereits auf eine Entfernung von 1500 Fuss von dem äusser- sten Bohrloch, wo das Steinsalz noch 30 Fuss mächtig war, nur Spuren von Salz zeigten. Da auf einer Entfernung von 3000 Fuss das Steinsalz noch gegen 90 Fuss Mächtigkeit mit wenigen Zwischenmitteln sich gezeigt hatte, so ist diese Verschwächung allerdings nicht unerwartet und ich hatte schon vor dem Beginnen der Bohrarbeiten dieses Verhalten als wahrscheinlich ausgesprochen, indessen bleibt dieses Ver- halten in unserm Steinsalzgebirge immer von grossem In- teresse für seine Entstehungsgeschichte, worüber es nicht an Hypothesen fehlt. Da für die künftigen Schachtarbeiten Untersuchungen über die Ausdehnung des Steinsalzlagers im nordöstlichen Felde von besonderem Interesse sind, so wurden über die Wahrscheinlichkeit einer solchen Fortsetzung aus den bis- herigen Bohrarbeiten die Aufschlüsse zusammengestellt, und ich erlaube mir hierüber einige Skizzen vorzulegen. Es ergiebt sich hieraus die merkwürdige Thatsache, dass in der Richtung von Osten nach Westen auf eine Er- streckung von 25000 Fuss das Steinsalzlager bekannt ist, und dass die tiefsten Punkte des Daches in die Linie fallen, welche von Osten nach Westen streicht und daher senkrecht auf das Hauptstreichen des Schwarzwaldrückens steht. Von dem Bohrloch No. 3 in Friedrichshall an scheint das Dach nach allen Seiten anzusteigen und zwar sehr sanft ‘nach der Richtung von No. 3 nach No. 1 in Klemenshall 654 mit — Procent, stärker in der Richtung von Friedrichshall bis Rappenau mit 3 Procent. Senkrecht auf diese als Haupt- axe der Linse anzusehende Axe steigt das Dach ziemlich rasch an und zwar sowohl nach Süden als nach Norden und eine grosse Mulde ist somit nicht zu verkennen. Im südli- chen Flügel der Mulde liegen die Bohrlöcher von Wimpfen und /tappenau. Im nördlichen liegen die Bohrlöcher No. 5, 6, S, 9 und 10 von KFriedrichshall, welche sämmtlich eben- falls ein Ansteigen gegen das Bohrloch No. 3 zu erkennen geben. Bei der Ziegelhütte bei Ofenau wurde ein Bohrloch früher niedergebracht, welches ebenfalls 1600 Fuss nördlich vom Bohrloch No. 1 kein Steinsalz zeigte. Diese Verhält- nisse, welche eine grosse Erstreckung des Steinsalzes nach einer Richtung der Hauptaxe und eine sehr beschränkte nach den Querschnitten zeigen, sind nun für die Bildungsgeschichte des Steinsalzes gewiss von grossem Interesse. Auserri folgert daraus, dass eine Spalte für eine Schlamm- eruption aus der Tiefe nach dieser Richtung anzunehmen sei, und dass bei weitern Untersuchungen diese werde aufgefun- den werden. Ich gestehe, dass ich hinsichtlich der Spalten mit Schlammeruptionen etwas ungläubig bin, so lange eine solche in unserm Salzgebirge nicht wirklich nachgewiesen ist, und ich habe daher versucht, die Bildung des Steinsalzes mir nach der gewöhnlichen Muldentheorie zu erklären, wel- che mir für den fraglichen Fall auszureichen scheint. Wenn das Steinsalz urd der Gyps aus einer unserm Meer ähnli- chen Flüssigkeit durch Verdunsten und Kıystallisiren aus- geschieden worden sind, so darf man sich nicht wundern, wenn hier die Schichtung nicht wie bei sedimentären Nieder- schlägen sich scharf abschneidet, sondern die Krystallisation ihre Wirkung zeigt. Das Beispiel der Steppen - Salzseen wird für tiefere Seen im Hügellande sich mit wenigen Mo- difikationen anwenden lassen. Eine Solution von Meerwasser wird beim Verdunsten wie in den Salzpfannen zuerst An- hydrit absetzen, dann Kochsalz, wenn wir uns eine Meeres- bucht über das Niveau des Meeres gehoben und von Wasser- 655 zuflüssen abgeschnitten denken. Ist der Salzgehalt nieder- geschlagen und das Bassin kommt später nur mit atmosphä- richen Niederschlägen und Strömen in Verbindung, so wird auch der Steinsalzniederschlag aufhören und aus der Auflö- sung kann nur Gyps sich niederschlagen. Es bleiben natürlich viele Umstände räthselhaft,, aber alle für Schlamm- oder vulkanische Eruptionen angeführten Gründe scheinen bei dem Schwäbischen Steinsalzgebirge nicht beweisend, vielmehr ist hier die Regelmässigkeit und die Conformität mit den offenbar wässerigen Niederschlägen des Muschelkalks so augenscheinlich, dass wir offenbar keine Ursache haben, zu andern Erklärungsarten Zuflucht zu neh- men, wenn nicht die Lagerungsverhältnisse in andern Ge- genden dafür sprechen würden. Die Schwierigkeit die Entstehungsgeschichte der Stein- salzgebilde in den Alpen zu erklären wird wohl Niemand verkennen, wir dürfen aber auch hier offenbar noch ganz an- dere Elemente zu Hülfe nehmen, wenn wir den Bau der Alpen mit unserm schwäbischen Gebirge vergleichen. Mit Hebungen und Senkungen unter den verschiedensten Bedin- gungen unter den Meeressrund und über demselben dürfen wir nicht sparsam sein, wenn wir diese kolossalen Umände- rungen der sedimentären Ablagerungen uns nur einiger- maassen erklären wollen, ‘und die kühnste Phantasie des warmblütigsten Geognosten kann sich nicht alle Verhältnisse ausmalen, wenn er sich unter einer Meerestiefe von 10- bis 40000 Fuss die Gebilde der Trias denkt, wo sie sicher nicht fehlen werden, wenn dann eine Spalte auf einige 1000 Fuss Tiefe sich unter dem Meere öffnet und die hinabstürzenden Meeresfluthen mit dem vulkanischen Feuer in Berührung kommen und ihren Kampf auf Leben und Tod beginnen. Bei einem Druck von 500 bis 1500 Atmosphären hört alle vergleichende Untersuchung unserer Laboratorien auf und wir können daher auch eine Veränderung unserer regelmässig gelagerten Steinsalzgebirge Schwabens in Steinsalzgebirge der Alpenwelt uns recht wohl denken, wenn auch der Faden 656 der Erklärung durch die Gesetze unserer Physik und Che- mie uns verlässt, wobei ich nur an die gebogenen und ge- falteten Kalkbänke erinnern will, welche uns überall in der Alpenwelt begegnen. Ich bedaure sehr, dass mein Freund Argerrı nicht zu- gegen sein kann, es wäre aber von grossem Interesse, wenn über die von ihm aufgestellte Theorie der Schlammeruptio- nen die verschiedenen Ansichten kund gegeben würden. Seine Theorie erscheint als eine Vermittelung der vulkanischen und plutonischen Lehren gegenüber der neptunischen Theorie, lässt aber immerhin noch manche Räthsel zu lösen übrig. Besonders interessante Aufschlüsse wurden durch unsern Steinsalzbergbau hinsichtlich der Wasserzuflüsse im Muschel- kalk gemacht. Bei dem Schachtbau bei Zotiweil wurden ungewöhnlich grosse Wasserzuflüsse bis zu der Tiefe von 200 Fuss erschrotet, wobei sich die merkwürdige Erschei- nung zeigte, dass die Wasser auch bei dem Stillstand der Maschine 10 bis 15 Fuss unter dem nahen Neckarspiegel sich längere Zeit erhielten, und erst nach Verfluss eines hal- ben Jahres allmälig das Niveau des Neckars annehmen, was auf einen unterirdischen Abfluss durch die Klüfte des Ge- birges schliessen lässt, und eine sehr weit verbreitete un- terirdische Wasserkommunikation voraussetzt. Diese kann jedoch nur an den tiefern Stellen des Neckarthals selbst sich ausmünden, was auch, da das Donauthal 200 Fuss höher liegt, hier durch mehrere reiche a nicht unwahrschein- lich gemacht ist. Entsprechend dieser Erfahrung wurden in den neuesten Bohrlöchern in Friedrichshall in den dolomitischen Schichten über dem Gyps Wasserkommunikationen aufeeschlossen, welche sich dadurch charakterisirten, dass bei dem Erbohren dieser Schichten die Wasser rasch niedersanken und sich mit dem Niveau des Kochers gleichstellten, was auf eine Verbindung mit dem Kocherwasser durch senkrechte Klüfte schliessen lässt, welche auch in der Nähe an dem Kochergehänge durch 657 einige Rücken von 15 bis 18 Fuss Sprunghöhe sich zu er- kennen geben. : Ueber die Entstehungsgeschichte unterirdischer Klüfte sind besonders die Erscheinungen über die Verbreitung der Auflösung des Steinsalzes mittelst der Bohrlöcher von Wich- tigkeit, worüber in der letzten Zeit in Friedrichshall Erfah- rungen in der Art gemacht wurden, dass bei einem neuen Bohrloch auf 100 Fuss Entfernung von einem schon seit 30. Jahren betriebenen Bohrloch, aus welchem gegen 1 Mil- lion Centner Salz in Form von Soole gefördert worden sind, das Steinsalzgebirge kaum merkliche Spuren von Zerklüftung zeigte, während bei dem Steinsalzwerk Wilhelmsglück das Fundbohrloch, aus welchem nur Soole mit 10000 Centner Salzgehalt gefördert worden war, auf eine Entfernung von 123 Fuss ausgelaugte Räume an dem Dach des Steinsalz- lagers mit Gypskrystallen zeigte, jedoch nur auf kurze Er- streckung des Orts. Es ist hieraus der Schluss zu ziehen, dass die Auflösung in einzelnen Aesten sich auf grosse Er- streckungen verbreitet, grosse Massen aber dazwischen un- versehrt stehen bleiben, wobei beobachtet wurde, dass die Auflösung auf den mit Thon durchzogenen Haarklüften am schnellsten vorwärts schreitet und dass das reinste Steinsalz der Auflösung mehr widersteht, als das unreinere. Der in Friedrichshall angeordnete Steinsalzschacht wird darüber interessante Aufschlüsse geben.” 3. Ueber die Gänge im Schwarzwalde. „Ueber das Verhalten unserer Gänge im Granit des Schwarzwaldes wurden in der letzten Zeit ebenfalls einige interessante Beobachtungen gemacht. Es wurde nämlich durch mehrere Schürfe das Fortsetzen der im Granit aufsetzenden Gänge in den bunten Sandstein nachgewiesen, wobei die Gangmasse in der Regel nur als Schwerspath sich zeigt, und von der Gangmasse im Granit wesentlich verschieden ist. Besonders interessant ist die Grenze zwischen Granit “und buntem Sandstein. Man wird an vielen Stellen zweifel- 658 haft, ob nicht ein völliger Uebergang von Granit in Sand- stein oder umgekehrt stattfindet und die Hypothese, dass der Granit eine Umbildung des Sandsteines sei, gewinnt hier vielen Vorschub. Nicht minder interessant ist der Einfluss, welchen die Thalbildung auf das Verhalten der Gänge hier zeigt. Ein Ort, welches unter einem leichten Thaleinschnitt auf den Gang fortgetrieben wird, erleidet hier in der Regel eine wesentliche Veränderung, und man wird zu der Ansicht geführt, dass hier die Thalbildung älter als die Gangbildung sein dürfte, was sich auch dadurch bestätigt, dass die vielen Gänge nicht in die Tiefe setzen. Die Brauneisensteingänge bei Neuenburg zeigen das ähnliche Verhalten und die Eisen- steingänge in der Nähe von Freudenstadt werden daher als Rasenläufer von den Bergleuten behandelt. Ich erlaube mir die Herren Geognosten auf das Studium dieser Verhältnisse aufmerksam zu machen, vielleicht wird auch in dieser Beziehung das schwäbische Gebirge neue Aufschlüsse zu geben im Stande sein.” Herr v. Carnart machte zu vorstehendem Vortrage die Bemerkung, dass in manchen Gegenden bei Porphyr und Sandstein dasselbe Verhältniss stattfinde und doch sicher sei, dass der Porphyr den Sandstein durchbrochen und verändert habe. Thal und Gang haben in der Regel einerlei Ursache, womit auch Herr Merıan einverstanden ist. 4. Herr Scuüßter berichtete ferner über die von der württembergischen Regierung bisher. ausgeführten und beab- sichtigten Versuche nach Steinkohlen, so wie, dass eine Aktien-Gesellschaft in Begriff stehe neue Versuche zu machen. 5. Herr v. BüntLer aus Stuttgart sprach über Kalke im Keuper. Einen der schönsten Aufschlüsse dieser For- mation gewährt die Löwensteiner Staige auf dem Mainhard- ter Wald. In mächtigen Steinbrüchen hinter dem Löwen- steiner Schloss stehen im Keuper Kalke an, die zum Klein- beschlag der Chaussee benutzt werden und zugleich einen vorzüglichen hydraulischen Kalk liefern. Weiter oben im 659 grobkörnigen Sandstein findet sich ein Bonebed, verschieden vom Bonebed im gelben Keupersandstein, wenn auch mit ähnlichen Petrefakten, wie Fischreste, Schuppen, Pflanzen und dergleichen. 6. Herr Kurr aus Siutigart sprach über Formations- grenzen. Er ist der Meinung, jede Formation bestehe eigent- lich aus einer Trias und hält es für besser, dass die Letten- kohle nicht zum Muschelkalk, sondern zum Keuper gerech- net werde. 7. Herr Graf BEroLvıngeEn aus Stuttgart zeigte einige fossile Pflanzen aus der Tertiärformation Oberschwabens vor und knüpft daran Bemerkungen über die geognostischen Verhältnisse in der Gegend von Ztatzenried. 8. Herr GoLDENBERG aus Suarbrücken sprach über Wachsthumsverhältnisse der Sigillarien. Er be- merkt, dass die Wurzeln der Sigillarien stets eine sehr re- gelmässige dichotome Verästelung zeigen und folgert aus diesem Verhalten, dass diese Pflanzen nicht auf festem Grunde sich entwickeln konnten, sondern gleich den Isoeten, welchen der Redner nach seiner früher schon zu Wiesbaden entwickelten Ansicht die Sigillarien als baumartige Gestal- ten derselben Familie nächst verwandt glaubt, im Wasser aufgewachsen sind. Ein für vollständig gehaltener Stamm der Sigillaria reniformis aus dem Tunnel bei Ariedrichsthal, von welchem eine Abbildung vorgezeigt wurde, verschmälert sich nach dem Gipfel hin allmälig und endet dort kuppelför- mig ohne irgend eine Verästelung zu verrathen. Eine sol- che säulenförmige astlose Gestalt betrachtet der Redner als die normale Form des Stammes der Sigillaria, und versichert dieselbe auch bei vollständigen Stämmen anderer Arten wahr- genommen zu haben. Als eine Folge der Verjüngung des Sigillarienstammes müssen die Längsleisten, wo sie vorhan- den sind, nach dem Gipfel hin allmälig schmäler werden; dies Verhalten war beobachtet an einem Stamm von Neun- kirchen, an welchem die Breite der Längsleisten an der - Wurzel 14 Zoll, 6 Fuss höher nur 1 Zoll betrug. An dem 660 in der Abbildung vorgezeigten Stamm der Sigillaria renifor- mis zeigte sich auffallend vom Gipfel aus zwischen je vier von der Wurzel ausgehenden Reihen von Blattnarben eine neue Reihe eingeschoben, welche jedoch nur bis zur Mitte der Stammhöhe reicht, daher 20 Reihen von Blattnarben am Gipfel, während nur 16 am Fuss des Stammes vorhanden sind. Die Blätter der Sigillarien sind nach des Redners Beobachtungen zweierlei Art. Bei den Sigillarien mit zahl- reichen schmalen Längsleisten sind die Blätter in der Regel lang, schmal, linear und gekielt; viele sogenannte Poacites- Arten Bronxestarr’s dürften solche Sigillarienblätter sein. Bei den Sigillarien dagegen, welche keine Längsleisten ha- ben, sind die Blätter lanzettförmig und in der Regel von 3 genäherten Nerven durchzogen, welche den Narben der Gefässbündel auf den Blattmalen entsprechen; dies sind die sogenannten Lepidophyllen. Das Lepidophyllum majus Bronen. beobachtete Redner ansitzend an dem Stamm einer der Sigillaria Serlii Bronen. verwandten Art. Stets zeigten sich die noch ansitzenden Blätter der Sigillarienstämme in auf- stehender Richtung, nicht unter rechten Winkeln abstehend wie die blattartigen Gebilde der Stigmarien. Die Sigillarien waren gesellige Pflanzen; durch den Eisenbahnbau wurde bei Neunkirchen ein förmlicher Wald von Sigillarienbäumen aufgedeckt, in welchem Baum an Baum stand und zwar so, dass die Wurzelenden alle in einer und derselben Ebene lagen. An den Vortrag des Herrn GoLDENBERE knüpfte sich eine Diskussion, an welcher sich die Herren QUENSTEDT, Kurr und Desor betheiligten. Dieselben kamen in ihren Urtheilen zuletzt dahin überein, dass die von Herrn Gor- DENBERG für einen vollständigen Stamm gehaltene Sigillaria, deren Abbildung vorgelegt war, entweder der embryonale Zustand oder ein verdrücktes Exemplar der Pflanze sein werde. 9, Herr REvenkacHeEr aus Pappenheim legte der Ver- sammlung mehrere neu aufgefundene Versteinerungen aus 661 den lithographischen Schiefern Solzhofens vor. 1) Aus dem Steinbruche zu Solnhofen einen Nachtfalter zur Gattung Bombyx gehörig und mit Bombyx dispar in Grösse und ‚Habitus nächst vergleichbar. Der Name Bombyx dispa- roides wird deshalb vom Redner vorgeschlagen. Das Thier liegt auf dem Rücken. Vorn am Kopfe sind zwei Fühler zu erkennen, gegen 2 Linien lang, etwas gebogen und borstenförmig sich endigend. Die Form des Kopfes ist nicht zu bestimmen. Der Körper ist vom Ausgangspunkte der Fühler an bis zum Ende des Hinterleibes 11 Linien lang und ziemlich breit, dicht unterhalb des Bruststückes fast 3 Linien, in der Mitte des Hinterleibes, in seiner grössten Breite, gegen 4 Linien breit und dann schmaler zulaufend. Füsse sind am Bruststücke 6 bemerkbar. Von den 4 Flü- geln ist auf der rechten Seite nur einer sichtbar, von seinem Ansatzpunkte bis zum abgerundeten Ende 10+ Linien lang, am Ansatzpunkte 2 Linien breit, dann an Breite zunehmend bis etwas über.5 Linien und gegen sein Ende etwas weni- ger wieder schmaler werdend. Auf der linken Seite sind beide Flügel sichtbar, der äussere von gleicher Länge und Breite mit dem rechten, der innere nur etwas weniger kür- zer. In den äussern Flügeln sind 4 bis 5 grössere Längs- fasern zu sehen; ob sie sich gabeln oder nicht, ist nicht wahrzunehmen. Am Körper zeigen sich ziemlich viele, 412 bis 3 Linien lange schmale Erhabenheiten und Fur- chen, welche vielleicht von Wollhaaren herrühren mögen. — 2) Aus einem Steinbruche bei Zichstädt ein Insekt aus der Ordnung der Netzflügler, welchem der Name Ephemeri- tes Eichstaedtensis beigelegt wird. Für die Verwandt- schaft mit Ephemera sprechen der kleine Kopf, die Form der nach aufwärts stehenden zusammengefalteten Flügel und des etwas gewundenen Körpers und insbesondere der sehr lange, die Länge des übrigen Körpers überschreitende, faden- oder stachelförmige Fortsatz, in welchem der Hinterleib sich endigt,. — 3) Knochenreste eines Sauriers, welche dem 662 Aeolodon priscus Sömm. sp. zugerechnet werden. Erhalten sind die Tihia, Fibula, 5 Fusswurzelknochen, 4 Mittelfuss- knochen, der erste Phalanx und das Nagelglied der grossen Zehe, welches letztere kegelförmig zulaufend in einer stum-' pfen Spitze sich endigte, von den übrigen Fussknochen nur noch der erste Phalanx der zweiten Zehe. Die Dimensionen stimmen ganz mit denen der entsprechenden Knochen des Aeolodon priscus überein, von welchem Thier seit dem Jahre 1812 keine weiteren als die von Sömmerıng beschriebenen Reste vorgekommen sind. 10. Herr Graf ManversLou aus Stutigart sprach über das Vorkommen des Dolomites im weissen Jura der schwäbi- schen Alp. „Die in früheren Jahren aufgestellte Behauptung, dass der Dolomit keine Petrefakten einschliesse, dass derselbe im schwäbischen Jura untergeordnet vorkomme und nur zu den mineralogischen Ouriositäten gehöre, hat durch die indessen fortgesetzten Beobachtungen ihre Widerlegung erhalten. Im Allgemeinen wurden die Petrefakten bis jetzt übersehen, weil dieses Gestein erst in neuerer Zeit zu technischen Zwecken verwendet und hierdurch der Untersuchung aufge- schlossen wird. Ueberdies sind es immer nur Steinkerne, deren Schale und Gestalt sich bei der Bildung des Mutterge- steins ganz verändert hat, zuweilen ist das versteinerte Thier und seine Reste gar nicht mehr vorhanden, und lässt sich nur durch den Abdruck im hohlen Raum erkennen. Auf diese Weise kommen gewöhnlich Oidariten-Sta- cheln vor, und nur ein einziges Mal fand ich den Körper eines Cidariten ohne Schale. Im Ganzen sind diese Petre- fakten noch immer selten. Ausser ihnen kommt im Jura- Dolomit noch eine ziemlich erhaltene gefaltete Teerebratel vor, welche an die Lacunosa erinnert und zu dem Schlusse füh- ren möchte, dass dieses unzweifelhaft verwandelte Gestein zur Lacunosa- Schicht gehört. In einem Steinbruche bei Ehingen an der Donau wurde noch das vorliegende ausge- 663 zeichnete Petrefakt gefunden, dessen Classificirung mir nach den vorhandenen Schriften nicht gelingen will. *) Dass der Dolomit nur untergeordnet im schwäbischen Jura vorkomme, lässt sich wenigstens nach meinen Beob- achtungen widersprechen. In Begleitung der plutonischen Bildungen am Rande des nordwestlichen Abhangs kommt derselbe bekanntlich vor bei Ganadingen, Offenhausen am Jusiberge, bei BZöttingen u. s. w.; ohne basaltische Bildungen auf der Ebene von Holzelfingen, Kohlberg, Beuren, Erlenbrechtsweiler, Eybach, Kapfenburg u. s. w. Noch mehr verbreitet aber ist diese Gebirgsart am südöstlichen Abfall der Alp, in den Ober- Aemtern Tuttlingen, Ehingen, Blaubeuren und Ulm, wo er, wie z.B. bei Justingen die Ebene des Alp-Plateaus einnimmt, und bei Sontheim die schöne grosse Höhle bildet. Das merkwürdigste Vorkommen desselben findet sich im sogenannten Tiefenthale, welches in der Nähe von Dlau- beuren, vom Schmichthale aus oberhalb Weiler sich mehrere Stunden aufwärts bis auf die Höhe von Justingen hinzieht. Dieses durcnaus bewaldete Trockenthal ist auf beiden Seiten, wie bei Blaubeuren, von hohen thurmartigen, massenhaften Felsen begrenzt, zwischen welchen sich der Dolomit schein- bar einlagert, und sanft ansteigend, niemals senkrechte Wände bildet. Das Thal ist oft nur 1 bis 200 Fuss breit und cor- respondirt der Dolomit immer zu beiden Seiten gleichförmie. Es scheint, dass hier gleichzeitig Ausscheidungen stattge- funden haben, bei welchen auf der einen Seite sich der massenhafte Kalk, auf der andern der Dolomit zusammen- gezogen hat. Diese interessanten Vorkommnisse lassen sich noch an vielen andern Orten beobachten, sind aber weniger bekannt, weil sie in unwegsamen nicht besuchten Schluchten vorkom- men. Ich habe dieselben mit der Karte in der Hand an *) Herr Quenstepr bestimmte das vorgelegte Exemplar als innere Ausfüllung von Apiocrinites Milleri aus weissem Jura e. m 664 vielen Orten aufgesucht und in den topographischen Atlas- Blättern colorirt, in der Absicht dies später bekannt zu ma- chen. Durch meine Versetzung in einen andern Kreis ist mir dies nun unmöglich geworden, weil dergleichen nur durch längeren Aufenthalt an Ort und Stelle, und durch mehrfältige Untersuchung ermittelt werden kann. Die hierüber angefan- gene colorirte Karte steht Jedermann bei mir zur Einsicht bereit.” IV. Sitzung vom 24. September. Hierzu Tafel XVI. 1. Herr Quenstepr sprach über die Schichten des schwäbischen Jura, über deren Auftreten, über die darin vor- kommenden Leitmuscheln und zeigte hierzu ein von Herrn PrizenmavEr bis ins grösste Detail ausgeführtes Profil vor. Siehe Tafel XVI. 2. Herr v. Büsuter aus Stuttgart legte Profile der württembergischen Eisenbahn vor, deren ausgezeichnete Aus- führung die allgemeinste Anerkennung der Versammlung erhält. 3. Herr CaLwer aus Stuttgart legte einzelne der topo- graphischen Blätter der Karte von Württemberg, geognostisch illustrirt, vor. Herr Fraas erhob hierbei die Frage, ob eine geognostische Karte die Geschiebe, welche so oft die Schich- ten bedecken, darstellen solle, oder:ob eine ideelle Grenze der Schichten eingezeichnet werden solle. Ersteres hält er für richtiger, womit auch Herr QuENSTEDT einverstanden ist. An einer weiteren Besprechung dieser Frage betheiligten sich noch die Herren Kurr, v. Bünter und v. CARNALL. 4. Herr GLockEr aus Dreslau legte eine pseudo- morphe Schwefelkiesbildung von Malchow in Mähren vor, bestehend aus gedrängt aneinanderliegenden geraden, zart vertikal gestreiften, mit einander parallelen, hohlen cylin- drischen Röhren, deren Natur problematisch ist. Wegen 669 ihrer Gedrängtheit scheinen sie ihm eher von mineralischer als vegetabilischer Entstehung zu sein. Ferner sprach Derselbe über ein neues Vorkommen der sogenannten Bernerde aus den tertiären Braunkohlenlagern von Czeitsch in Mähren. Dieselbe ist nach seinen Beobach- tungen, wie Hausmann schon richtig vermuthet hatte, der erdige Zustand des Retinits. Redner fand bei Ozeitsch unter anderem festen, muschligen, glänzenden Retinit, welcher von einer Hülle der sogenannten Bernerde umgeben ist und in diese allmälig übergeht. Darauf legte Derselbe noch Abbildungen von Pflanzenab- drücken aus der Quadersandstein-Formation von Alt- Moletein in Mähren vor, worunter sich eine neue Art von Cupressites, von ihm C. acrophyllus genannt, und ein sehr seltenes, gros- ses, citrusähnliches Blatt mit Einbuchtungen an der Basis befindet. Noch erwähnte Derselbe eines neuen Vorkommens von Walkererde, welche ganz der englischen gleicht, als La- ser zwischen kohlenführendem Schieferthon der Quader- sandstein-Formation in der Nähe von Lettowitz. Endlich sprach Derselbe noch von dem Vorkommen von Erzen unter den skandinavischen Geschieben der Oderebene in Schlesien und zeigte ein Exemplar eines ausgezeichneten feinkörnigen und feinblättrigsen Antimonglanzes vor, welches als ein mit einer Quarzkruste umgebenes Geschiebe von 9 Par. Zoll im Durchmesser und 32 Pfund schwer un- ter den Urgebirgsgeschieben unweit Zreslau gefunden wor- den ist. Zeits. d. d. geol. Ges. V, 4. 44 666 B. Briefliche Mittheilungen. u — 1. Herr Rıssentror an Herrn v. CARnNALL. Colberg, den 24. Juli 1853. Auf einer kleinen Excursion erfuhr ich, dass in dem ungefähr 24 Stunden von hier aufwärts der Persante liegen- den Dorfe Zartin Kalk entdeckt sei und man damit umginge denselben zum Brennen zu benutzen. Bald darauf erschien in dem hiesigen Wochenblatte eine Ankündigung, wonach bei dem Schulzen Henke jenes Dorfes gebrannter Kalk zu haben sei. Bei näherer Erkundigung wurde mir die Nach- richt, dass der Kalk theils ın festen Stücken bestehe, theils aber auch vor dem Brennen zu Ziegeln gestrichen werde. Als mich Herr Dr. GumpreEcHhr vor ein Paar Jahren auf einer geognostischen Bereisung von Pommern besuchte und ich ihm von dem derzeit entdeckten Vorkommen von Kalkstein bei dem ungefähr 7 Meilen von hier entfernten, dem Bankier Herrn OrrEnrEeLD zugehörigen Gute Zeinfeld bei Polzin Mittheilung machte, schien er noch der in seiner Abhandlung über die geognostischen Verhältnisse von Pom- mern (Karsten Archiv Bd. XX. S. 409 und 459) angedeu- teten Ansicht zu sein, dass alle in der obern Teufe östlich von Fritzow bei Cammin in Hinterpommern vorkommenden Gesteinsbildungen sich noch über der Kreide befinden müss- ten, daher auch hierhin das Auftreten des Kalkes von Zeiz- feld zu rechnen sein dürfte. Diese Aeusserung liess mich jetzt für Bartin auch kein anderes Resultat erwarten. Auf einem jetzt dahin unternommenen Ausfluge fand ich daselbst einen Schurf, der, so klein und unregelmässig er war, so dass sich über Fallen und Streichen der Schichten keine zuverlässige Beobachtung anstellen liess, doch schon so viel zu erkennen gab, dass man ohne Zweifel mit einem fest an- stehenden Gesteine zu thun hat. Noch mehr wurde ich durch 667 die nähere Betrachtung der zum Brennen bereits aufgestell- ten Steinbestände überrascht, die theils aus dem Abraume aufgesammelt, theils durch Brechen gewonnen waren. Mei- ner Ansicht nach ist an dem Gestein, oryktognostisch be- trachtet, die oolithische Natur nicht zu verkennen, besonders bei bewaffnetem Auge. *) 2. Herr v. Scuaurors an Herrn Beyricn. Coburg, den 4. November 1853. In Betreff der Conularia Hollebeni, von welcher Geintrz im zweiten Hefte der Zeitschrift S. 465 eine Abbildung ge- geben hat und von welcher ich Ihnen bereits im Juli dieses Jahres einige Exemplare, als eine neue, besonders durch ihr höheres Vorkommen interessante Oonularia mitgetheilt habe, muss ich noch erwähnen, dass ich dieselbe bei meiner dies- jährigen Excursion auf dem Thüringer Zechsteine in mehren Exemplaren gefunden habe. Ihre Fundstätte liegt bei Umenau am Ufer der Ilm in dem Schiefer, welcher durch das ziem- lich häufige Vorkommen von Camarophoria multiplicata, Spir- orbis Permianus, Petraia profunda und Nautilus Freieslebeni ausgezeichnet ist. Meine Exemplare bilden eine ebenseitige Pyramide mit wahrscheinlich rhomboidalem Querschnitte, de- ren vier Kanten rechtwinklig, kaum einen Millimeter tief aus- geschnitten sind; aus der Tiefe dieses Ausschnittes heraus laufen, in kaum # Millimeter Entfernung von einander, erhöhte, oben mit einer Reihe zierlicher dichtstehender Körnchen be- setzte Leistchen, welche fast einen flachen Kreisbogen von einer Kante zur andern bilden, und die mit einem Radius von der Länge der Sehne, oder der Entfernung von einer Kante zur andern, beschrieben sind. Diese bogenförmigen Leistchen bestehen eigentlich aus zwei Theilen, welche sich f *) Vergl. S. 618. 44* 668 in der Mitte an einer von der Basis nach der Spitze der Pyramide laufenden, etwas erhöhten Naht treffen. Das Zu- sammentreffen der gekörnten Leistchen erfolgt meist regel- mässig, indem sie sowohl an den Ecken als der Naht meist gegenständig und nur selten alternirend erscheinen; immer findet aber eine unbedeutende Niederziehung derselben zu- nächst der Naht und ein geringes Ansteigen derselben gegen die vertiefte Kante hin statt. Die granulirten Querleistchen gehen, etwas der Mündung zugewendet, in die vertieften Kanten über und zwischen denselben ist eine schwache Zu- wachsstreifung bemerkbar. Die ganze Länge der Schale beträgt gegen 0,06, ihre grösste Breite 0,02 Meter. Diese Art steht der Con. deflexicosta SANDBERGER’s am nächsten. Bei derselben oben erwähnten Excursion habe ich unter den Kupferschieferknauern der grossen Halde in Zmenau noch einen Fisch gefunden, der als eine für das deutsche Zech- steingebirge neue Art besonderes Interesse gewährt, nämlich Platysomus striatus As. Diesen vereinigt Kıne mit Platy- somus parvus und bildet in seiner Monographie auf der Ta- fel 27 Fig. 1 a bis d, ein Exemplar aus dem Kupferschiefer von Ferry-Hill ab. Turbo Tayloranus findet sich auch im obern Zechstein von Thieschitz. Sie haben gewiss schon von dem grossen Ichthyosaurus gelesen, welcher in einem Steinbruche bei Coburg gefunden und in das hiesige herzogl. Naturalien-Kabinet aufgenommen worden sein soll; Sie haben sich: vielleicht auch schon ge- fragt, warum ich Ihnen noch gar nichts von dem Wunder- thiere mitgetheilt habe. Da dieser Ichthyosaurus — muth- maasslich an den vielen Zeitungsenten eine geeignete Kost findend — noch immer von Zeit zu Zeit, wie die grosse Seeschlange, erscheint, so will ich Ihnen mit wenigen Wor- ten eine Biographie dieses Wunderthieres entwerfen. In unserem Lias, welcher nur als eine Fortsetzung der unteren und mittleren Schichten des Banzer Lias zu betrach- ten ist, sehen wir die dortige Schichtenfolge bis zu den unter 669 den Posidonomyenschiefern liegenden Monotiskalken entwickelt. In diesem Niveau hat man die meisten Ichthyosaurenreste gefunden; ich war daher bemüht auch hier, auf unserem klei- nen Terrain solche Reste nachzuweisen. Ich suchte mehr- seitig die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand zu leiten, und da kam es, dass im verflossenen Sommer der Lehrer SOLLMANN von hier, während eines Ferienaufenthalts bei sei- nen Eltern zu Grossgarnsiadt, in der Nähe des Dorfes auf einem Acker, aus welchem einige Steine zum Strassenbau gebrochen worden waren, unter dem ausgeworfenen Schutte einige Knochen fand und mir dieselben für das herzogl. Naturalien-Kabinet mittheilte. Diese Reste sind Wirbel von 0,02 bis 0,08 Meter Durchmesser, einige Flossenknochen und Bruchstücke anderer Theile, welche sämmtlich einem Indi- viduum von Ichthyosaurus tenuirostris angehört haben, so dass die Vermuthung nahe liegt, es mögen an jener Stelle noch mehr solcher Reste verborgen liegen. Diese Begeben- heit ist hier in Coburg. viel besprochen worden, so dass irgend eine Feder, wahrscheinlich ein Correspondent des Gothaer Tageblatts, sich berufen gefühlt hat, dieselbe mit einiger Ausschmückung nach Gotha zu berichten. Nun hatte der junge Ichthyosaurus sein Element gefunden und entwickelt sich in erstaunlich kurzer Zeit zu „einem Riesenskelet, wie sie im benachbarten Zanz aufbewahrt werden.” 3. Herr Scurönsacn an Herrn Beykicn. Saline Liebenhalle bei Salzgitter, den 28. November 1859. Aufgemuntert durch den Umstand, dass Sie in Ihrer Arbeit über die Conchylien des norddeutschen Tertiärgebir- ges den Wunsch ausgesprochen haben, von bisher noch un- bekannten tertiären Vorkommnissen Mittheilung zu erhalten, erlaube ich mir Ihnen eine Probe von ganz kürzlich hier in der Nähe durch Bohrversuche aufgefundenen tertiären Thon- Ablagerungen zu übersenden, 670 Nachdem mir von den betreffenden Regierungen zur Aufsuchung nutzbarer Mineralien — insbesondere von Torf und Braunkohlen — die erbetenen Bewilligungen zugegan- gen, richtete ich zunächst mein Augenmerk auf ein ganz in der Nähe vor längerer Zeit aufgefundenes Thonlager, wel- ches in den hiesigen Salin-Acten damals als „wahrscheinlich Liasthon” angesprochen war. Das Thonlager scheint die Ausfüllung einer Spalte zu bilden, in welcher das Vorkom- men des Lias wohl nur einen geringen Grad von Wahr- scheinlichkeit haben möchte; ich traf dasselbe in einer Tiefe von 17+ Fuss unter einer Decke von anscheinend buntem Sandsteingerölle an. Das äussere Ansehn des Thons entspricht ganz dem von Ihnen geschilderten Septarienthon; jedoch haben sich, wenn auch der Kalkgehalt nicht unbeträchtlich ist, doch durch den Bohrer kalksteinartige Ausscheidungen nicht zu erkennen gegeben. Der Thon zeigte sich vielmehr bis zu der Tiefe von 69 Fuss durchaus gleichförmig; von da ab wurde nur der Sandgehalt beträchtlicher, so wie auch Schwefel- kies in grösserer Menge sich zeigte. Besondere Umstände nöthigten mich, dies Bohrloch in 84 Fuss Teufe zu verlas- sen, ohne das Liegende des Thons erreicht zu haben, ich werde jedoch die Bohrung an jenem Punkte im Frühjahr weiter verfolgen. Das Mikroskop gab mir bald die Gewissheit, dass ich es hier wirklich mit einem Tertiärthon zu thun hatte, später gaben sich auch schon dem blossen Auge grössere Bivalven zu erkennen, deren nähere Bestimmung (Nucula?) aber leider ihr trümmerhafter Zustand verhinderte. Die kleinen mikro- skopischen Exemplare sind aber zum Theil sehr wohl erhal- ten, und erlaube ich mir eine Partie des ausgewaschenen Rückstandes beizufügen, in welchem sich schon mittelst der Lupe zierliche Arten von Nodosaria, Dentalina, Marginulina, Cristellaria, Robulina, Nonionina, Rotalina, Globulina, Gut- tulina, Polymorphina, Bolivina (Beyrichi), Virgulina, Sphae- roidina u.s. w. erkennen lassen. Zur genauern Bestimmung, 671 ob dieser Thon als zum Miocän gehörig anzusehen ist, und ob er sich als etwa mit Ihrem Septarienthon gleichalterig herausstellen möchte, mangeln mir die erforderlichen Hülfs- mittel. Gegenwärtig bin ich damit beschäftigt, die Ausdehnung und Mächtigkeit der in dem hiesigen Thale vorkommenden Torflager zu untersuchen, und erhalte dabei manche interes- sante Aufschlüsse über die darunter befindlichen Diluvial- ablagerungen, in denen sich auch Vorkommnisse tertiärer Anschwemmungen von Bernstein und Insekten zu erkennen geben. 4. Herr Kruc von Nınpa an Herrn v. CarnaLı. Breslau, den 3. Februar 1854. Im Jahre 1837, also zu einer Zeit, wo eine Trennung der Grauwackenschichten in silurische, devonische und ältere Kohlenschichten noch nicht eingeführt war, besuchte ich das Thal. in welchem das Dorf Herzogswalde in der Nähe von Silberberg liegt, um ein vermeintliches Vorkommen von Stein- kohlen in Augenschein zu nehmen, welches Gegenstand berg- männischer Versuchsarbeiten geworden war. Dass Steinkoh- len nicht vorhanden sein würden, war im Voraus zu vermu- then; ich fand einen schwarzen, von kohliger Substanz durchdrungenen, kieseligen Schiefer, auf dessen Schichtungs- flächen zahlreiche Graptolithen wahrzunehmen. Den Unter- nehmern der Versuchsarbeiten rieth ich die Fortsetzung der- selben als völlig fruchtlos und vergeblich ab, und berichtete damals an das schlesische Ober-Bergamt über das Resultat meiner Besichtigung, wobei ich ein Stück des Graptolithen- Schiefers überreichte. Die Sache kam mir neuerdings in Erinnerung, als ich mich mit der Literatur über die schlesische Grauwacke spe- cieller bekannt machte, und Herrn Beyrıcn’s Aufsatz über “das sogenannte südliche oder Glätzer Uebergangsgebirge 672 (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft I. Band) zur Hand nahm. Herr Beyrıca, der nachgewiesen hat, dass der Kohlenkalk eine Mulde bildet, deren östlicher Flügel von Neudorf bis Süberberg sich erstreckt, während der west- liche Flügel durch das Vorkommen von Kohlenkalk oberhalb des Clymenienkalkes bei Zbersdorf und durch das Vorkom- men bei ZAotk- Waltersdorf bezeichnet ist, hält mit vollem Recht die Schichten, die in dieser Mulde und oberhalb des Kohlenkalkes liegen, für solche, welche dem Alter nach dem flözleeren Sandstein Westphalens entsprechen. Herr Beyrıch vermuthet ferner, dass die grosse Hauptmasse des Warthaer Grauwackengebirges die Fortsetzung der Muldenausfüllung sei, mithin zur unteren Steinkohlenformation gehöre. Dieser Vermuthung steht nun die Thatsache entgegen, dass an einem Punkte innerhalb dieser Hauptmasse Schichten vor- handen sind, die nicht nur älter als der Kohlenkalk, sondern auch älter als der Clymenienkalk sind, und durch ihre Ein- schlüsse von Graptolithen ganz unzweifelhaft als silurische sich zu erkennen geben. Das Stück Graptolithenschiefer, welches ich im Jahre 1837 dem Schlesischen Ober-Bergamt überreicht habe, ist von mir vor wenigen Tagen in der Ober-Bergamts-Samm- lung wieder aufgefunden. Herr Dr. SCHARENBERG, dem ich das Stück vorgelegt, erkennt den Graptolithus priodon. So- bald das Wetter geognostische Excursionen gestattet, werde ich die Graptolithenschiefer von Zerzogswalde wieder aufsu- chen und ermitteln, welche Stellung: sie in dem sogenannten südlichen oder Glätzer Uebergangsgebirge einnehmen. 5. Herr Neuscesoren an Herrn Beyrıcn. Hermannstadt, den 8. Februar 1854. In dem zweiten Hefte des V. Bandes der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft habe ich mit dem grössten Interesse die Einleitung zu Ihrem Aufsatze „die . 673 Conchylien des norddeutschen Tertiärgebirges’” gelesen. Diese Einleitung behandelt einige wichtige Differenzpunkte in den Ansichten einerseits über weitere Zergliederung gewisser geologischer Perioden aus der Tertiärzeit, andererseits über die vorgeschlagene und versuchte Vereinigung bisher stets getrennt abgehandelter Perioden. Es sind die Wiener Geo- logen, wenn ich nicht irre, welche durch die Vorkommnisse im Wiener Tertiär-Becken veranlasst worden sind, das Mio- eän und Pliocän unter dem Namen des Neogen zu vereini- gen. Zur endlichen Entscheidung des hierdurch entstande- nen wissenschaftlichen Streites hat Herr Professor Bronn Herrn Dr. Morrız Hörnes aufgefordert, schon gleich nach beendigter Bearbeitung der Gasteropoden, also der ersten Abtheilung seines Werkes über die Tertiär-Mollusken des Wiener Beckens, eine vergleichende Uebersichts-Tabelle der Vorkommnisse im Wiener und in andern Tertiär - Becken Europas, welche theils der Miocän-, theils der Pliocän-Periode angehörig erachtet werden, zu entwerfen. Ich bin von Herrn Dr. Hörnes aufgefordert worden, eine Vorarbeit zu seiner Tabelle, die erst am Schlusse des Werkes gegeben werden sollte, zu liefern, da ich Gelegenheit hatte durch wiederholte Besuche einen geologischen Punkt in meinem Vaterlande, der seines Gleichen im südlichen Europa vielleicht nirgends hat, in einem ziemlichen Grade auszubeuten. Es ist dies Ober-Lapugy ım Maroschthale am linken Ufer des Flusses unweit der banatischen Grenze. Von einem möglich klein- sten Terrain, das durch einige Wasserrinnen, die sämmtlich in den das Dorf durchfliessenden Bach und zwar in dem Dorfe selbst münden, aufgeschlossen ist, ist hier Unglaubli- ches zu Tage gefördert worden; ja, man kann sagen, kaum etliche 1000 Quadratklafter repräsentiren die Tertiär- Abla- gerung des viele Quadratmeilen umfassenden Wiener Beckens. Es findet hier eine Tegel-Ablagerung statt, deren Mächtig- keit ich von dem Niveau des kleinen Gebirgsbaches an, wo er durch das Dorf fliesst, auf 300 W. Fuss anschlage; die- ser Tegel ist von unten bis oben so ziemlich dieselbe Masse 674 und aschgrau gefärbt, entfärbt sich jedoch in seinem obern Theile etwas und wird durch Eisenoxydhydrat röthlich und gelblich; die Masse ist im Ganzen dicht, nur hin und wieder wird sie von dünnen sandigen Leisten oder Schnüren durch- zogen; in einer Höhe von etwa 50 W. Fuss über dem Ba- che befindet sich in einem der aufgeschlossenen Graben eine durchschnittlich 1 Schuh mächtige, sandige, gelbliche Schicht, die nach oben und unten in das Aschgraue übergeht und besonders reich an Conchylien sich zeigt, obwohl dieselben als in dem ganzen Tegel-Gebilde und allen Horizonten des- selben verbreitet angesehen werden müssen. Man kann sich bei Zapugy augenscheinlich davon über- zeugen, dass bei der Bildung dieser Ablagerung keine Periode der Unterbrechung, der Störung oder wohl gar der Zerstö- rung eingetreten sei; Alles hat sich allmälig und während einer langen Periode anhaltender Ruhe abgesetzt; es ist von unten bis oben so zu sagen derselbe Guss. Das Merkwür- digste sind nun die Einschlüsse dieses Tegel-Gebildes. Ich habe in demselben zuvörderst mit geringer Ausnahme alle Foraminiferen gefunden, welche Herr Vice-Präsident Jos. v. Hauer aus dem Wiener Becken erhalten und D’OrBıeny beschrieben hatte, ausser ihnen aber noch viele neue Formen, die ich weder irgend beschrieben gelesen noch abgebildet gesehen; ich habe eben so mit wenigen Ausnahmen sämmt- liche Polyparien aufgefunden, welche Dr. Reuss aus dem Wiener Becken beschrieben; ich besitze ferner aus diesen Schichten eine grosse Anzahl Conchyliengehäuse und unter diesen einerseits die besten und zuverlässigsten Miocän-Leit- muscheln, andererseits wieder solche, die für die Pliocän- Schichten bisher stets die bezeichnendsten gewesen. Dabei sind nun diese Conchylien in den meisten Fällen in so aus- gezeichnet gutem Zustande vorhanden, dass dieselben von Herrn Dr. Hörxes, dem ich meine ganze Suite zur Be- nutzung übersendet hatte, dazu benutzt werden konnten, die oft sehr abgeriebenen Wiener Exemplare bei der Ausführung der Zeichnungen zu ergänzen. In dem ausgezeichneten Werke 675 des Herrn Hörnes finden Sie namentlich von der dritten Lie- ferung an den Namen Zapugy öfter angeführt. Das unter- dessen in Zapugy noch gesammelte Material hat solche Er- gänzungen dazu geliefert, dass ich mich entschloss, das mir zur Kenntniss gekommene Material unter dem Titel: „‚Bei- träge zur Kenntniss der Tertiär-Mollusken aus dem Tegel- Gebilde bei Zapugy” monographisch kurz zu beschreiben, mich dabei immer auf die Abbildungen von Dr. Hörnes be- rufend. Die bis jetzt in den Verhandlungen und Mittheilun- gen des siebenbürgischen Vereines für Naturwissenschaften erschienenen Geschlechter sind: Conus, Olıva, Ancillaria, Cypraea, Erato, Marginella, Ringieula, Voluta, Mitra, Co- lumbella, Terebra, Buceinum, Purpura, Oniscia, Cassis und Cassidaria. Es stellt sich bis jetzt schon das Resultat her- aus, dass wir von manchen Geschlechtern die ganze, von den meisten die bei Weitem grössere und nur von einigen eine seringe Anzahl von den Arten haben, welche das Wiener Becken bei der grossartigsten und seit Jahrzehnten eifrigst betriebenen Ausbeutung bis heute zu liefern vermochte, — ja es hat Zapugy sogar schon Manches geliefert, was man aus dem Wiener Becken noch gar nicht hat, so z. B. Conus nocturnus LAmarck (der freilich erst dann aufgefunden wurde, als das Geschlecht Conus schon veröffentlicht war), Cypraea rugosa Grar., Oypraea Hörnesi NEUGEBOREN, Marginella Deshayesi Mıc#£Lorrı, Mitra striato-sulcata BELLARDI, Co- lumbella Dujardini Hörnes und andere. j Meine Monographie sollte dem ersten Plane zufolge nur ein kritisches Verzeichniss zunächst der Vorkommnisse von Lapugy sein, dem später ein zweites ähnliches auch über die Conchylien aus den Straten bei Bujtur unweit Vajda Hungad folgen sollte, da jenes Verzeichniss der Petrefakten- Sammlung des Hamersdorfer Pfarrers MicHAeL ARKNER, welches in dem ersten Bändchen der Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen Vereines für Naturwissen- schaften veröffentlicht worden ist, den Anforderungen nicht ” zu genügen schien, welche man bei dem jetzigen Stande der 676 Wissenschaft an ein solches zu machen berechtigt ist. Allein ich kam bald zu der Ueberzeugung, dass wohl mancher Zweifel gegen einzelne, wenn nicht sogar gegen viele Namen, die dasselbe aufführen müsste, sich erheben könnte; derselbe konnte aber gar nicht aufkommen, sobald an die Stelle des trockenen Namensverzeichnisses Beschreibungen der vorlie- genden Stücke traten, — Beschreibungen, die, wenn auch nicht in allen Stücken erschöpfend, doch genügen dürften die Aufmerksamkeit der Männer vom Fache auf unsere höchst interessante Vorkommnisse hinzuleiten. Nach Zapugy ist in meinem Vaterlande der wichtigste Punkt für jüngere als eocäne Versteinerungen das oben er- wähnte noch von EHrENREICH FicHTEL aufgefundene Lager bei Zujtur (bei FıcnreL heisst es das Lager von AZ Pestes) worüber in neuerer Zeit LeoxHuarvp’s und Bronn’s Jahrbuch, wenn ich nicht irre vom Jahre 1837, zum ersten Male wieder Bericht erstattete; auf dieses folgt das Sandlager von Korod etliche Stunden von KÄlausenburg entfernt, worin ausser Pectunculus polyodonta, und Pecten solarium ebenfalls schon von FicHTEL jenes grosse Cardium aufgefunden worden, welches Franz v. Hauer unter dem Namen Cardium Kü- beckii beschrieben und abgebildet hat. Ein anderes noch zu erwähnendes Lager, jedoch von sehr beschränktem Umfange, ist das von Szakadat am rechten Ufer des Altflusses, wo unter andern Melanopsis Martiniana, M. Bouei, Trochus co- niformis, Neritina fluviatilis, Murex subelavatus, etliche Ar- ten von Cerithium und mehreres Andre vorkommen. Für organische Ueberreste aus der Eocän-Periode ist in Siebenbürgen einer der wichtigsten Punkte die Grobkalk- Ablagerung bei Portsesd am linken Ufer des Altflusses, eine Stunde oberhalb des Roththürmer Passes, wo der Fluss sich quer durch das südliche Grenzgebirge gewaltsam einen Durch- Huss gebrochen. In diesem Grobkalk kommen ausser vielen Gasteropoden- und Bivalven-Steinkernen, unter anderm schöne Haifisch-Zähne vor, von welchen ich eine Beschreibung und 677 Abbildungen im vierten Bande des Archivs des Vereins für siebenbürgische Landeskunde geliefert habe. Bei Erwähnung von Ancillaria glandiformis Lam. äussern Sie sich dahin, dass Sie es nicht für gerathen halten, dieser Art einen so grossen Umfang zu geben, wie Dr. Hörnes für das Becken von Wien in Vorschlag gebracht. Da sich nun alle Formen, welche Dr. Hörnes zu Ancillaria glandi- formis zählt, mit der einzigen Ausnahme der eiförmigen Gestalten von Figur 6 und 7 im Tegel von Zapugy und noch dazu in dem am besten zugänglichen Graben, den ich im Vorhergehenden genannt habe, vorfinden und ausser ihnen auch noch gewisse Zwischenformen, die Dr. Hörnes gar nicht abgebildet hat, so dürfte das Verfahren des Wiener Con- chyliologen doch gerechtfertigt erscheinen. Denn wenn man eine Suite dieser Formen von einem und demselben Punkte vor sich hat, wie ich sie vor mir habe, so weiss man in der That nicht, ob man eine weitere Zertheilung in Arten wagen soll oder nicht. Die Betrachtung dieser Suite bestätigt es eben am meisten, was ich oben angeführt habe, dass Zupugy ein so klassischer Punkt für miocäne und pliocäne Conchy- lien sei, wie man nicht leicht einen zweiten finden wird. Von besonderem Interesse sind auch die Conen dieser Lokalität; was von ihnen bis jetzt aufgefunden ist, bietet einen so grossen Formenreichthum, dass man über sie allein die erfolgreichsten Studien machen könnte. Ich würde es sehr gern sehen, wenn es eine erfahrne Hand versuchen wollte diese Formen einer weitern Untersuchung zu unterwerfen. 678 €. Aufsätze. 1. Bericht über Herrn SAiTE-CrAmRE DE- VILLE’S Arbeiten, die Vulkane der Canarischen und Capverdischen Inseln und der Antillen betrefiend. Von Herrn C. Ranmeısgere ın Berlin. Unter den neueren Schriften über die Geognosie und die Geologie der Vulkane dürfte das Werk von Cu. Samte- CrAıre DeviLLE: Etudes geologiques sur les iles de Tenerife et de Fogo.etc. Paris 1848 besonders hervorzuheben ist. Sein Verfasser hat sich das Studium jener vulkanischen Inseln zur Aufgabe gestellt, und wir verdanken ihm auch über die Antillen werthvolle Beobachtungen. Bei dem Interesse, wel- ches eine Vergleichung sowohl der mineralogischen Natur vulkanischer Gesteine auf‘ den verschiedenen Punkten der Erde, als auch des Baues der vulkanischen Erhebungen selbst darbietet, wird es Entschuldigung finden, wenn ich im Nach- folgenden die Hauptresultate von Herrn Devırre’s Arbeiten zur Kenntniss derer zu bringen suche, denen das Werk bis jetzt nicht zu Gesicht gekommen ist. Es ist allbekannt, dass die Kenntniss der Vulkane und der ihre Thätigkeit bedingenden und begleitenden Erscheinungen vorzüglich in den klassischen Beobachtungen zweier berühm- ter deutscher Forscher wurzelt, von denen der eine uns jüngst entrissen wurde. Die „physikalische Beschreibung der Ca- narischen Inseln” hat nicht blos den geognostischen Bau die- ser interessanten Gruppe enthüllt, sie hat auch zur Folge gehabt, dass man das Phänomen der Erhebungskratere an anderen weit entfernten Punkten wiederfand, und die Ueber- zeugung gewann, dass überall, wo eine temporäre oder dau- ernde Verbindung des Innern mit der Oberfläche stattfindet, ' 679 nach einfachem Gesetze die Construktion der um die Mün- dung dieses Verbindungsweges aufgehäuften Massen erfolgt. So weit Herrn Devırre’s Forschungen Teneriffa betreffen, bestätigen sie nur L. v. Bucn#’s frühere Arbeiten, und wir werden nur weiterhin auf die mineralogisch-chemische Natur der dortigen Gesteine zurückkommen. Sehr wenig bekannt aber sind die Capverdischen Inseln, unter denen be- sonders Fogo von Herrn DeviıLLe näher untersucht werden konnte. Die Inseln des grünen Vorgebirges bilden gleichsam zwei Gruppen. Die nördliche, deren Glieder in einer Linie sich von Westnordwest nach Ostsüdost hinziehen, besteht aus den einzelnen Inseln Santo Antao, Sao Vicente, Santa Luzia, Sao Nicolao, Boavista, do Sal und einigen kleineren, die Inseln unter dem Winde; die südliche, von Westsüdwest nach "Ostnordost gerichtet, aus Ilha Brava, Fogo, Santiago und Majo, von denen Santiago bekanntlich die grösste der ganzen Gruppe ist, die Inseln des Windes. Sie wurden unter den Auspicien des berühmten Infanten HEınkıca von Portugal von einem Landsmann des UoLumsus, ANTONIO DE NoLLe entdeckt, da es jedoch an einer verbürgten Be- schreibung seiner Entdeckungsreise fehlt, so ist das Datum in etwas zweifelhaft, und man nimmt gewöhnlich an, dass auch dem Venetianer Capamosro gleichzeitig der Ruhm die- ser Entdeckung gebühre. Eine Vergleichung aller darauf be- züglichen Nachrichten macht es wahrscheinlich, dass sie nicht vor das Jahr 1456 fallen kann, und es ist ausgemacht, dass 1461 der erste Versuch, die Inseln zu kolonisiren, gemacht wurde. Viele Seefahrer, von Vasco DE Gama an, haben sie seitdem flüchtig besucht, wenige ihnen grössere Aufmerk- samkeit geschenkt. Zu den letzteren gehört BEAucHEsnE- Govm, welcher am 12. December 1698 mit 3 Schiffen /a Jochelle verliess, dessen Reisebericht jedoch nie gedruckt wurde. Eines dieser Schiffe, le Comte de Maurepas, unter dem Befehle von Durzgssıs, hielt sich vom 26. Januar bis “4. März 1699 auf den Capverdischen Inseln auf, und die 6850 Nachrichten, welche über diesen Aufenthalt hinterlassen sind, bieten noch jetzt grosses Interesse dar. Auch die Expedition des Engländers Rogerrs 1721 liefert werthvolle Beiträge. Zahlreicher sind in unserem Jahrhundert die Besuche gewe- sen; vom Schiffe Congo 1816, auf welchem sich der norwe- sche Botaniker Cnrıstian Smirs, der Freund und Gefährte L. v. Bucn’s auf den Kanarien befand, der bald darauf das Leben verlor; von Darwın auf dem Schiffe Beagle (1832 bis 1836), und zuletzt von dem Berner Naturforscher Dr. Brunner (1838), der vorzüglich die Flora der Inseln stu- dirt hat. Herr Deviırıe hat aus den im französischen Marinedepot aufbewahrten Schriften die zerstreuten thermo- und barome- trischen Beobachtungen der Reisenden ausgezogen, und sie den seinigen beigefügt. Hieraus scheint 24,6 Grad C. als mittlere Temperatur hervorzugehen, dieselbe Grösse, wie nach Herrn v. Humor für Sf. Lowis am Senegal, welches den Capverdischen Inseln gegenüber liegt. Die Minima und Maxima, 20,3 und 27,2 Grad, lassen den Einfluss des nahen Continents deutlich erkennen. Vom Juni bis September herrscht die Regenzeit, allein zuweilen bleiben die atmosphärischen Niederschläge mehrere Jahre aus (wie z. B. 1831 bis 1833); in Folge dessen tritt Hungersnoth ein, und Menschen und Thiere erliegen diesem Uebel (im Jahre 1832 sollen 30000 Bewohner umgekommen sein). Vom November bis April herrschen beständige N.O.- Winde, in der Regenzeit aber S.O.-Winde, die häufig zu starken Stürmen werden. Ausser Darwın hatte kein Geognost die Inseln besucht. Seine Beobachtungen betreffen Santiago, welches von 8.8.0. nach N.N.W. von einer vulkanischen Kette durchzogen wird, die im Pico da Antonia sich 4500 Fuss erhebt; ihr südlicher Theil verdankt vielleicht säulenförmigen Basalten den Namen Orgelgebirge (Serra dos Orgaos); ihr nördlicher ist ein scharfer ausgezackter Kamm, (dos Leitoös). In der Umge- bung von Praya herrscht ein dunkles basaltisches Gestein, 681 welches Krystalle von Augit, Hornblende, Olivin, Glimmer und zuweilen glasigem Feldspath einschliesst. Manche Ab- änderungen bestehen nur aus Augit und Olivin. Diese dich- ten Laven wechseln mit Tuffen, Mandelsteinen und groben Conglomeraten, und das Ganze wird von zahlreichen Gän- gen (dikes) eines sehr dichten Augitgesteins durchsetzt. Auf diesen Bildungenr, welche die Merkmale eines submari- nen vulkanischen Ursprungs an sich tragen, ruht ein Kalk- stein, der an den Küsten in einer horizontalen Linie durch seine blendende Weisse gegen jene Massen contrastirt, und etwa 20 Fuss mächtig ist. Er enthält neben einigen unbe- deutenden Einlagerungen von Tuffen, Conglomeraten und Rollsteinen einen grossen Reichthum organischer Reste, dar- unter mehrere neue, grösstentheils Fissurella, Perna, Ostrea, Patella, Turritella, Strombus, Pecten u. s. w., woraus hervor- gehen dürfte, dass diese Formation in einem seichten Meere in der Nähe einer alten Küste sich gebildet habe. An vielen Punkten, wo Lavenergüsse aus dem Innern der Insel sich über die sedimentären Massen ausgebreitet haben, ist der Kalkstein verändert, und in Kalkspath verwandelt. Diese Laven, von der Beschaffenheit des gewöhnlichen Basalts, stammen aus kleinen röthlichen Kegelbergen her, welche sich aus der Küstenebene steil erheben, und aus Basalt und Schlacken bestehen. Die Berge im Innern aber zeigen un- ter dem Basalt ein Gestein, welches Darwın trachytisch nennt, obwohl es sehr wenig bekannt ist. Im Gegensatze zu dem Erhebungskrater, welcher die Insel Fogo bildet, ist Santiago eine Erhebungskette, und so erscheint hier eine Struktur getrennt, die auf anderen Inseln, wie Teneriffa oder Guadeloupe, vereinigt vorkommt. - Die drei östlichen Inseln Majo, Boavista und Sal sind geognostisch sehr wenig bekannt; die beiden letzteren beste- hen aus basaltischen Kegeln, deren Basis von einem. sehr jungen sandigen und kalkigen Conglomerat umgeben ist. Nicolao wird von dem Monte gordo beherrscht, einem längst erloschenen Vulkane mit Laven und Bimssteinen, der nach Zeits. d. d. geol,Ges. V.4. 45 652 ForeEs’s Messung 4380 Fuss engl. sich erhebt. Santo Antao trägt gleichfalls einen erloschenen Vulkan (Caldeira), wäh- rend der Kulminationspunkt Pao d’assucar (Zuckerhut ) 8000 Fuss erreichen soll. Bimsstein ist hier ein Ausfuhr- artikel. Herr Devırre hat seine eigenen Forschungen auf die Insel Fogo beschränkt, deren Pik einen grossartigeren Anblick als der von Teneriffa gewährt, wenn man sich der Insel nähert, weil er, obgleich weniger hoch, von einer tieferen Ba- sis bis zu 9000 Fuss (2790 Metres) Höhe aufsteigt. Dieser Pik steht in der Mitte eines nach Osten geöffneten halb- kreisförmigen Walls, dessen höchster Punkt, Punta alta, fast dieselbe Höhe erreicht. An der Südwestseite der Insel fin- det sich der einzige Hafen und Hauptort {a Zux. Der Boden besteht grösstentheils aus Schlacken und Lapilli, de- ren dunkle Färbung und mineralogische Beschaffenheit leh- ren, dass sie den Augitgesteinen oder basaltischen Laven angehören. Der Boden ist von zahlreichen Schluchten oder barrancos durchschnitten, welche hier ribeiras heissen. Das Gestein derselben ist Basalt, wechselnd mit Lagern von Trümmergesteinen, die mehr oder minder schlackenähnlich aussehen, von Lapilli und brauner oder schwarzer Asche. Es ist bald sehr dicht, Augitkrystalle sind kaum sichtbar, Olivin ist fast gar nicht zu entdecken; bald treten jene häufig auf, ja es besteht wohl selbst aus einem blossen Aggregat derselben, so dass sie an vielen Stellen den Boden ganz be- decken. Der grosse Wall, welcher, in seiner westlichen Hälfte vollkommen erhalten, die Fläche umschliesst, aus welcher sich der centrale Pik erhebt, und der die Ursache ist, dass man, auf dieser Seite der Insel reisend, letzteren nicht erblicken kann, fällt mit entsetzlicher Steile nach innen zu ab, wäh- rend er nach aussen eine flachere Böschung bildet, die mit parasitischen Auswurfskegeln bedeckt ist, gerade wie sie am Aetna vorkommen. Auf der Ostseite aber ist der Rand des alten Erhebungskraters längst durchbrochen, und in eine 683 Reihe zackiger Felsen verwandelt, aber auch hier fehlt es nicht an Eruptionskegeln, und bei der Beschaffenheit des Bodens ist es erklärlich, dass gerade auf dieser Seite die zahlreichsten Lavaströme herabgeflossen sind, welche sämmt- lich das Meer erreichten, und hohe felsige Vorgebirge bilde- ten. Einer der letzten, vom Jahre 1785, und zugleich einer der grössten, ist dem südlich liegenden Kegel der Pedras Pretas entströmt. Die Ebene zwischen dem äusseren Wall und dem Cen- tralpık, welche mit der Canada von Teneriffa oder dem Atrio del cavallo des Vesuvs zu vergleichen ist, gewährt einen freien Blick auf die enorme Masse des Piks, der mit seltener Symmetrie sich in die blaue Luft erhebt, und in der That kaum ersteigbar scheint. Mehrere kleine Kegel unterbrechen ihre Einförmigkeit, und haben einigen Lavaströmen ihren Ursprung gegeben, die aus Mangel an Abfluss in der Ebene selbst stehen geblieben sind. Imposant erscheint die Masse des grossen Walls, die wie eine kolossale Mauer mit 3000 Fuss hohen senkrechten Abstürzen aus dieser Ebene auf- steigt, selbst der grössere Erhebungskrater Teneriffas ge- währt nicht diesen grossen Anblick, weil er weniger vollstän- dig erhalten ist, und durch zwei centrale Erhebungen, den Pico Teyde und den Chahorra, mehr von seiner Regelmässig- keit verloren hat. Die Steilwände des Walls bestehen aus zahlreichen Schichten basaltischer Lava, wechselnd mit Con- glomeraten, und durchsetzt von vertikalen oder geneigten Gesteinsgängen, in welchen flüssige Massen einst aufstiegen und sich dann in horizontaler Richtung ausbreiteten. Herr DevirLe versuchte die Ersteigung des Pik von der Nordseite, der zugänglichsten Stelle, und überzeugte sich, dass die Masse des Berges ganz und gar aus mächti- gen Bänken basaltischer Lava besteht, welche reich an Oli- vin ist, und mit Uonglomeraten abwechselt. Dieser Reich- thum an Olivin unterscheidet das Gestein des Piks von dem der Aussenseite der Insel. Die Ersteigung des höchsten Punkts ist wegen seiner Steilheit unmöglich, so dass es 457 De , I 684 wenigstens eines grösseren Zeitaufwandes bedürfte, den Kra- terrand ganz zu umgehen. Der Durchmesser des Kraters, welcher einem Kreise vollständig gleicht, beträgt etwa 500 Metres, seine Tiefe ungefähr 300, und seine inneren Wände fallen steil, oft senkrecht ab. Der Boden ist mit grossen Blöcken übersäet, welche chaotisch durcheinanderliegen, nir- gends aber sieht man hier Dämpfe aufsteigen, Auch ist kein Lavastrom jemals diesem Krater entströmt, denn die höchsten nehmen an den Aussenseiten in geringer Höhe über dem Boden der Hochebene ihren Ursprung. Etwas unterhalb des äusseren Kraterrandes dringt Wasserdampf von 50° C. aus einer weiten Oeffnung hervor, gleich den narines del Pico auf Teneriffa. Während der Gipfel des Pik, einer Barometermessung des Herrn DevırrE zufolge, 2790 Metres erreicht, liegt der Boden der Hochebene, des Atrio 1715 Metres hoch. Mithin ragt jener 1000 Metres über diesen letzteren empor, doppelt so viel als der Aschenkegel des Vesuvs über den Atrio del cavallo. Zur Zeit der Entdeckung und auch noch später scheint die Insel Fogo nicht der Schauplatz vulkanischer Thätigkeit gewesen zu sein. Sie hiess damals auch San Felipe. Die erste Eruption, deren Erwähnung geschieht, hat ums Jahr 1564 stattgehabt. Leider fehlt es an einem historischen Bericht über die späteren Thätiskeitsperioden ihres vulkani- schen Heerdes, und nur vereinzelte und zufällige Angaben von Seefahrern belehren uns, dass eine solche im 17. Jahr- hundert eintrat, und dass 1596, 1604, 1680, 1683, 1689, 1693, 1695, 1697 und 1699 Ausbrüche stattfanden, wie denn auch schon damals der Name Ilha do Fogo üblich geworden war. Auch die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts bezeichnet den weiteren Verlauf dieser Periode, (1713 und 1721 bis 1725), während gegen die Mitte hin eine Periode der Ruhe eintrat, wenn man nämlich aus dem vollständigen Mangel an Doku- menten über das Gegentheil zu diesem Schluss berechtigt ist. Erst über die Ausbrüche von 1785 und 1799 besitzen 685 wir sichere und werthvollere Angaben, welche sich in einer an die Akademie von Lissabon gerichteten Abhandlung von Sırva Fewo, und in einer 1818 publieirten Schrift des Dr. Casrıruo finden, wiewohl auch 1769 eine Eruption erfolgt sein muss, welche den südsüdwestlich gerichteten Lavastrom erzeugte. Die Eruption von 1785, welche Fewo als Augenzeuge beschreibt, begann mit Detonationen im Innern, worauf der Pik in einer senkrechten Spaltung: aufriss, welche Massen von Lapilli und Asche auswarf, und sich dann wieder schloss, während auf seiner Nordostseite in gewissen Entfernungen sich andere Spalten öffneten, welche grosse Lavamassen und Asche zu Tage förderten, so dass die Atmosphäre verdun- kelt wurde. Gleichzeitig entstanden gerade im Osten des Pik, dieht neben dem alten Krater Monte de Losna, Mün- dungen, welche die grösste Lavamasse lieferten, und die Entstehung von vier neuen in einer Richtung liegenden Ke- geln bedingten, die bald selbst wiederum der Heerd neuer Ergüsse wurden, so dass ein sich in zwei Arme theilender mächtiger Layastrom nach O.S.O. seinen Weg nahm, deren einer das grosse und tiefe Thal Ribeira da Antoninha aus- füllte, der andere aber die weite geneigte Ebene von Ztelva überfluthete, wo er mehrere Wohnungen und Wein- und Baumwollenpflanzungen vernichtete. Die mehr in nordöstli- cher Richtung fliessenden Ströme bedeckten gleichfalls einen weiten Raum, und ergossen sich zum Theil in das Meer, indem sie ein felsiges Vorgebirge bildeten. Diese Eruptio- nen dauerten vom 24. Januar bis zum 25. Februar. Die Eruption von 1799, welche der letzten des Chahorra auf Teneriffa einige Monate folgte, dauerte länger und war nicht minder heftig. Auch sie war von unterirdischen Deto- nationen und heftigen Sand- und Aschenregen begleitet, wel- che selbst bis Majo, mehr als 30 Lieues weit getrieben wur- den, was bei der östlichen Lage auch hier eine obere entgegen- gesetzte Luftströmung nachweist. Die Lava floss 27 Tage, . 686 füllte die Ribeira de Palha Carga aus und strömte, nachdem sie mehrere Kulturdistrikte zerstört hatte, ins Meer. Seitdem trat Ruhe ein, seit 1816 verschwanden die hef- tigen Dampfsäulen des Centralpiks, bis am 9. April 1847 ein neuer Ausbruch erfolgte, welcher gleich zerstörend wirkte, dessen Details aber noch nicht bekannt geworden sind. Der Vulkan von Fogo ist demnach ein Centralvulkan, aber er unterscheidet sich von dem von Teneriffa dadurch, dass er nur ein Gestein aufzuweisen hat, gleichwie der Aetna. Schon Darwın hat die Bemerkung gemacht, dass die Inseln der ganzen Gruppe in zwei Richtungen geordnet sind, welche fast unter einem rechten Winkel zusammen- stossen, während die Azoren sich in drei fast parallelen Rei- hen ordnen. Herr Devire fügt seinem Werke einen historischen, geographischen und statistischen Abriss der ganzen Gruppe der Capverdischen Inseln bei, den wir hier übergehen. Für unseren Zweck näher liegend sind Herrn Devırır’s mineralogisch-chemische Untersuchungen der Gesteine von Teneriffa und Fogo, deren Resultate wir hier mittheilen, in- dem wir gleichzeitig die Analysen vulkanischer Massen von den Antillen hinzufügen, welche gleichfalls von Herrn De- VILLE herrühren, und die wir seiner Mittheilung verdanken *), und sie sodann mit den vulkanischen Produkten anderer Ge- genden vergleichen. Herr Deresse hatte aus seinen Untersuchungen den Schluss gezogen: dass im Allgemeinen die ungeschichteten Gesteine gleichen Alters gleiche chemische und mineralogi- sche Zusammensetzung haben, und dass umgekehrt Gesteine von gleicher Zusammensetzung, aus denselben Mineralien bestehend, die auf dieselbe Weise gemengt sind, von glei- *) Auszug aus dem Bulletin de la societe geologique de France, 2e Serie, VIII. 423. 687 chem Alter seien. Der erste dieser Sätze scheint auf die jetzigen vulkanischen Bildungen nicht anwendbar zu sein, weil unzweifelhaft Eruptionen, welche nicht zwei Jahrhun- derte verschieden sind, wie die des Piks von 1798 und von Guimar auf Teneriffa von 1704, ganz andere Produkte ge- liefert haben. Aber diese Anomalie verschwindet nach Herrn DeviLLE, wenn man annimmt, dass die Unterschiede in der Zusammensetzung eruptiver Massen im Allgemeinen mit Differenzen in der Richtung der Spalten verknüpft sind, durch welche sie hervortraten. I. Gesteine von Teneriffa. Zurächst wurde der Feldspath dieser Gesteine näher untersucht. \ | 1. Aus dem Trachyt der Schlucht von Fu- ente Agria. Dieser Trachyt gehört zu den ältesten Ge- steinen der Insel. In der Feldspathmasse findet man nur selten nadelförmige Hornblendekrystalle oder Körner von Magneteisen. Die Feldspathkrystalle sind kaum 4 bis 5 Milli- meter lang; sie sind tafelartig durch Ausdehnung der zwei- ten Spaltungsfläche (M = b: o a : oc) und zeigen eine ganz feine Streifung deutlich genug, um sie als eingliedrig zu erkennen. Ihr spec. Gew. ist = 2,59. 2. Aus Auswürflingen des Piks. Poröse gelb- liche oder grüne Bruchstücke, ein Trachyt, der vor dem Aus- bruch gefrittet zu sein scheint. Ihr Zusammenhang ist ge- ring, die Feldspathkrystalle selbst zerbrechen leicht; spec. Gew. derselben = 2,594. 3. Aus glasiger Lava vom Pik. Diese Lava, de- ren Grundmasse ziemlich dunkelgrün gefärbt ist, bedeckt den grössten Theil der Wände des Piks gegen den Cha- horra hin. Die Feldspathkrystalle darin sind sehr zahlreich, und gleichen den übrigen. Spec. Gew. = 2,59. 688 4 24 3% Kieselsäure 61,55 63,81 62,54 Thonerde . 22,03 21,98 22,49 Kalkerde . 2,81 1,10 2,18 Talkerde . 0,47 0,66 0,41 Natronw.ionssn 7,74 9,46 7,84 Kalisio\l sb 3544 2,99 4,54 98,04 100. 108% Hieraus folgt, dass die Feldspathsubstanz aller dieser Gesteine Oligoklas ist. Herr DevirrE hat an der Varietät aus dem Gestein No. 2 einige Messungen angestellt, und fand die Neigung der schiefen Endfläche der ersten Spaltungsfläche gegen die eine und die andere Fläche des rhombischen Prismas = 411° 40’ und 117° 30’, und die gegen die zweite Spaltungs- fläche = 89° 15. Augit und Hornblende. Beide finden sich in wohl- ausgebildeten Krystallen gemengt auf dem Kamm (cuchillo), welcher von Yzaza nach la Cruz de Guimar führt, und stam- men wahrscheinlich von der Zertrümmerung eines und des- selben Gesteins her. Der Augit bildet achtseitige Prismen der gewöhnlichen Art, zuweilen Zwillinge. Spec. Gew. = 3,295. Die Hornblende zeigt das sechsseitige Prisma, ist an beiden Enden auskrystallisirt (Figur 317 und 319 des Atlas von Durr£noy), und hat ein spec. Gew. = 3,206. Beide sind schwarz. Augit. Hornblende. Kieselsäure. 48,05 46,23 Thonerde . 4,18 9,25 Eisenoxydul 23,41 29,34 Kalkerde . 14,96 9,37 Talkerde . 9,40 5,06 100. 99,25 Der Augit, welcher dem von Pico der Azoren ganz nahe steht, giebt die einfache Formel, besonders, wenn man 3 At. Thonerde = 2 At. Kieselsäure setzt, indem dann das 689 Sauerstoffverhältniss = 13,16 : 26,26 wird. Die Hornblende giebt in gleichem Falle ein Sauerstoffverhältniss = 11,27 : 26,90 mer 5:12,50 dass sie der Kormel age Tinten 2RSi + R’Si? entsprechen würde. Alsdann folgen Untersuchungen über die Gesteine selbst. 1. Trachyt von Chahorra. Er bildet in grossen regelmässigen Bänken die inneren Steilwände des Kraters von Chahorra, ist röthlichviolet gefärbt, und erscheint unter dem Mikroskop durchaus krystallinisch. Man unterscheidet dabei sehr kleine aber scharfe weisse Feldspathkrystalle, und eine beträchtliche Menge Magneteisen, welches vor der Ana- lyse mittelst des Magnets ausgezogen wurde. Spec. Gew. = 2,000: 2. Lava von Chahorra. ‚Das Gestein wurde an dem Punkte gesammelt, wo es den grossen Krater verlässt. Es ist grün gefärbt, mit gelblichen durch Oxydation von Eisenoxydul entstandenen Flecken bekleidet, ohne Zeichen von Krystallisation; spec. Gew. = 2,486. 3. Lava von Portillo. Diese Lava, welche von einem der Schlackenkegel herstammt, die sich am Eingange des Erhebungskraters aufgebaut haben, ist eine gemengte Substanz indem die Grundmasse die Dichtigkeit des Basalts besitzt, und dabei sehr kleine Feldspaththeile enthält. Man kann nur sehr wenig Magneteisen darin auffinden. Speec. Gew. = 2,671. 4. Obsidian vom Pik und den Piedras blan- cas. Der erstere ist in Masse dunkelbraun, aber grün durch- scheinend, und enthält einige stark glänzende sehr kleine Feldspathkrystalle. Das Pulver ist fast weiss. Das Gestein wirkt nicht auf den Magnet, und hat ein spec. Gew. = 2,481. Der letztere hat eine isabellgelbe Farbe mit einzelnen schwärz- lichen Partieen, und enthält gleichfülls stark glänzende Oli- goklaskrystalle. Sein spec. Gew. beträgt nur 2,369, und verändert sich durch Schmelzung nicht. 690 ir 2. 3. 4. Pik. Pied.bl. Kieselsäure . 52,80 59,26 57,88 59,710 700,26 Thonerde. .).. 16,79 21,04 19,09 19,23) 720,25 Eisenoxydul . hass 423 8,92 5,48 4,79 Manganoxydul 0,82 0,30,5531.0,78 Kalkerde . . 3,55 1,29 3,65 0,58 0,86 Talkerde . . Spur Spur Spur Spur 0,30 Natront. er .Hbazsts 8,49 5 Kali tslloduesı 22,95 4,67 h u 97,95 98,98 100. 100. 100. Was zunächst No. 1, den Trachyt von Chahorra betrifft, so sieht man offenbar, dass sein Hauptbestandtheil gleichfalls Oligoklas ist. Greht man zur Berechnung seiner Menge von der Thonerde aus, was bei dem Gehalt des Augits oder der Hornblende eigentlich nicht ganz richtig ist, bei der geringe- ren Menge beider aber nicht sonderlich in Betracht kommt, so erhält man: Kieselsäure . . 45,27 Kieselsäure. . . 7,53 Thonerde . . . 16,79 Kalkerde . . . 2,60 Kalkerde ... 270,95 Eisenoxydull . . 5,50 14,20 , 12,76 Natron. une 97,18 Aueitt—1.19,68 Kaliıa an 380. 02,95 Oligoklas = 73,14 Magneteisen = 9,87 Nimmt man statt des Augits Hornblende an, oder ein Gemenge beider, so hat dies natürlich nur einen geringen Einfluss auf die Rechnung. Was nun die Zusammensetzung der übrigen Gesteine (2, 3, 4) betrifft, so ist sie eigentlich dieselbe, nur herrscht der Oligoklas noch mehr vor. So lässt sich berechnen, dass die Lava von Chahorra (2) aus 91,76 pCt. Oligoklas, 6,3 pCt. Augit (oder Hornblende) und 1,27 pCt. Magneteisen besteht. Die von Portillo (3) enthält 72,72 pCt. Oligoklas *), 13,63 pCt. *) Wobei nach Anleitung der vorhergehenden Analysen 7,23 Na- tron und 2,41 Kali angenommen wurden. 691 Augit (Hornblende) und 3,92 pÜt. Magneteisen. Der Obsi- dian, wenn man das Mittel beider Analysen nimmt, ist ein Gemenge von 86,7 pCt. Oligoklas, 13,3 Augit- oder Horn- blendesubstanz. Entsprechend seinem Verhalten gegen den Magnet giebt auch die Rechnung keinen Gehalt von Magnet- eisen. Herr Devirıe führt bei dieser Gelegenheit zwei Analy- sen von Agıcn an, die eine von einem grünen Obsidian von Teneriffa, die andere von einem mit jenem zusammenvor- kommenden Bimsstein. Die Resultate stimmen unter sich und mit den oben mitgetheilten sehr nahe überein. Obsidian. Bimsstein. Kieselsäure . . . . 60,52 60,79 Kieselsäure, titanhaltig 0,66 1,46 Ahonerdei Bis. ».1%..0049505 16,53 Eisenoxyd Yen „u... 422 4,26 Manganoxyd . . . . 0,33 0,23 Kalkerde ANar.i. 20,59 0,62 balkerdein dt zam2sıg. im 900519 0,79 Natron, 12.22.h0.Dir3,0.140563 11,25 ala. ellenaiitie 8,50 2,97 Wasser una. . 0,04 Ehlorurloaid .noipan /70810,30 } 053 100,03 99,43 Es geht aus diesen Untersuchungen das einfache Resul- tat hervor, dass die vulkanischen Produkte Teneriffas älterer wie neuerer Zeit wesentlich aus Oligoklas und Augit- oder Hornblendesubstanz bestehen, dass in den rasch erkalteten, den Obsidianen und Bimssteinen, die nur durch den Zustand ihrer Masse sich von einander unterscheiden, das Magnet- eisen fehlt, die Menge des Feldspaths aber die grösste ist. *) Allein neben diesen Feldspathlaven (Trachyten) hat *) Herr Devırıe betrachtet sie als ein Gemenge von Oligoklas und einem unbestimmten Kalk- und Eisensilikat, was sich indessen, wie wir es immer gethan haben, leicht als Augit oder als Augit und Magnet- eisen darstellen lässt. 692 Teneriffa auch an einzelnen Punkten Repräsentanten der weitverbreiteten Klasse der Augitlaven (Dolerite) aufzu- weisen.‘ Dies ergiebt sich aus Herrn Drvırıe’s Analyse der Lava von los Majorquines, welche dunkelgrau und sehr blasig ist, und in welcher man unter dem Mikroskop einen weissen durchscheinenden und einen schwarzen Gemengtheil unterscheiden kann. Sie ist schwach magnetisch, und der Magnet zieht nur eine geringe Menge Eisenoxydoxydul aus. Ihr spec. Gew. ist = 2,945. Von Chlorwasserstoffsäure wird sie stark angegriffen. Kieselsäure . 52,46 T’honerder). '%.. 14,25 Eisenoxydul . 14,47 Kalkerde . . 9,87 Talkerde; ....2'004316 Natron) ..02= 283590 Kal 43:2. 0;68 99,78 Die Berechnung ergiebt mit grosser Präcision, dass diese Lava aus 48,3 pCt. Labrador und 51,5 pCt. Augit besteht. II. Gesteine von Fogo. Die Gesteine dieser Insel zeigen durchaus keine Man- nigfaltigkeit; die älteren wie die jüngsten gehören der Ab- theilung der Dolerite oder der basaltischen Massen an, und werden deshalb von Säuren theilweise zersetzt. Proben von dem älteren in regelmässigen Bänken gela- gerten Gestein enthalten in einer grauen Grundmasse Augit, Magnet- und Titaneisen, und nur unter dem Mikroskop be- merkt man das Dasein der weissen Feldspathsubstanz. Beim Glühen verloren sie 1,4 pÜt. Wasser, welches sie an der Luft allmälig wieder aufnahmen. Lava von dem südöstlichen Strom, der ohne Zi 1769 herabfloss, eine schwärzliche dichte Masse, worin neben den angeführten Mineralien auch sparsam Olivin vorkommt; spec. Gew. = 3,003. Sie enthält: 693 Kieselsäure . . . 483,45 Thonerde . . . . 15,40 Pitanoxyar usa INNEgG Eisenoxydoxydull . 4,98 Eisenoxydul . . . 8,80 Manganoxydul . . 3,00 Kalkerde ... . . 410,45 Falkerde PSP (NE 23150 Natron I art MU2)95 Kar tiagne rat, 280 Wasser + 12, »Sızmu0,96 98,20 Herr DevırLE berechnet daraus, dass dieses Gestein - aus etwa 54 pCt. Labrador, 19 pOt. Augit, 19 pCt. Olivin und 7 pCt. Magnet- und Titaneisen besteht. Der Olivin von Fogo ist dunkelbraun, mit grüner Farbe durchscheinend, giebt ein fast weisses Pulver, und hat ein spec. Gew. = 3,38. Er wird schon in der Kälte von Chlorwasserstoffsäure vollkommen zersetzt. Kieselsäure . 40,19 Thonerde . . 0,80 Eisenoxydul . 15,27 Manganoxydul 2,27 Talkerde . . 35,70 Kalkerde!im} 55,12 ee Auf ! At. Eisenoxydul (Manganoxydul) kommen 4 At. Talkerde, von denen —- durch Kalkerde vertreten ist. We- gen seines Eisen- und Kalkgehalts schmilzt er im Probir- ofen vollständig, und theilt die Schmelzbarkeit mit dem Ba- trachit, den schon Durr£xoy als einen kalkreichen Olivin bezeichnet hat. Die Produkte der vulkanischen Thätigkeit auf der Insel Fogo gehören also, soweit sie bekannt sind, zur Klasse der Ausitlaven oder Dolerite, wie sieam Aetna, aufden Liparen und an vielen anderen Punkten ganz gleich beschaffen vorkommen, 694 III. Gesteine der Antillen. Herr DevırrE hat von seinen Untersuchungen bis jetzt nur einen Theil bekannt gemacht, welcher die Gesteine der Soufriere auf Guadeloupe betrifft. Diese Insel repräsentirt zugleich die übrigen, da deren vulkanische Gesteine sich hier vereinigt finden. Der Gipfel der Soufriere besteht, gleichwie der Pik von Teneriffa, und wie die trachytischen Kegelberge der Auvergne, ganz und gar aus einer Masse fester Gesteine mit sehr stei- len Abhängen. Deshalb trifft man nur auf der kleinen Ebene, welche seinen Fuss umgiebt, die Ueberreste seiner Ausbrü- che, welche auf den Seiten sich nicht erhalten konnten. Der Kegel steht im Mittelpunkte einer mehr elliptischen Vertie- fung, welche von den Kämmen des Erhebungskraters um- schlossen wird. Das Gestein des Kegels und des Erhebungs- kraters sind sehr verschieden. Das erstere ist ein basalti- scher Dolerit von grauer oder schwärzlicher Farbe, die durch Verwitterung in roth übergeht. Sein mittleres spec. Gew. ist — 2,904. Man erkennt darin kleine Feldspathkrystalle mit Zwillingsstreifung, Augit, wenig Olivin, und eine ge- wisse Menge Magneteisen, die das Gestein sehr magnetisch macht. a. schwärzliche Abänderung vom Gipfel des morne P’E- chelle, dem höchsten Punkte des Walls vom Erhebungskra- ter; b. ähnliche, an der Oberfläche röthliche Varietät aus der Nähe. 2. b. Kieselsäure . 18,71 48,68 Thonerde 20,00 19,34 Eisenoxydul 14525 7,85 Manganoxydul. 2,94 3,24 Kalkerde 10,95 12,83 Talkerde 2,70 3:55 Natron 3,08 1 he 4,51 Kali 0,38 695 Vor dem Trocknen gab a. 0.89, b. 1,52 pCt. Wasser beim Glühen. Beide Gesteine haben gleiche Zusammen- setzung, denn aus b. waren vor der Analyse 3,5 pCt. Mag- neteisen entfernt worden. Sie bestehen aus Augit und Labrador, und sind mithin Augitlaven oder Dolerite. Dagegen reiht sich das Gestein des Centralkegels dem Trachydolerit von Agıcn an. Es ist hellgrau gefärbt, fühlt sich rauh an, enthält weisse Feldspathkrystalle, hat ein spec. Gew. — 2,75, und erscheint an manchen Stellen in der Gestalt von Bimsstein. Von Chlorwasserstoffsäure wird sein Feldspath ganz zersetzt. Der Feldspath: Das ganze Gestein: Kieselsäure . . . 54,25 57,95 Thonerde . . . .. 29,89 15,45 Eisenoxydul . . . — 9,45 Manganoxydul . . — 1,40 BKalkerde I. 3i=rnl. 1,12 8,30 Dalkerde naussiedien: 0,70 2,35 Natrenss aalseırlranss1313;63 3,03 Kalsselsanlsdhnsh. ed 0533 0,56 99,92 798,49 Der Feldspath ist Labrador. Dabei ist es seltsam, in dem Gestein mehr Kieselsäure zu finden, während doch Augit, Olivin, Magneteisen. u. s. w. den Gehalt darin noth- wendig vermindern müssen. Herr Devirre hat aber neben dem Labrador weisse durchscheinende Körner gefunden, welche nicht die Spaltbarkeit von jenem zeigten, vor dem Löthrohr unschmelzbar waren, und zu — aus Kieselsäure bestanden, so dass man sie für Quarz halten muss, wie denn auch in einigen Thälern von Guadeloupe und Marti- niqgue unter dem Geröll zahlreiche Quarzdihexaeder vor- kommen. Hieran reiht sich die Analyse des Bimssteins vom Fuss der Soufriere und des Obsidians aus einem benach- barten Thal: 696 Bimsstein. Obsidian. Kieselsäure . 69,66 74,11 Thonerde . . 9,69 10,44 Eisenoxydul . 8,39 6,25 Manganoxydul Spur 0,78 Kalkerde . . 3,32 2,12 Talkerdei =. .#18,18 0,44 Natron in: l3% 528,32 4,84 Kalitelo:aus ae 101,32 1,15 99,068 100,13 Das Gestein des inneren Kegels zeigt mithin eine dop- pelte Eigenthümlichkeit: einmal reiht es sich durch äussere Kennzeichen und das Vorkommen von Bimssteinen den Feldspathlaven (Trachyten) an, während sein Feldspath der charakteristische Gemengtheil der Augitlaven (Dolerite) ist; und dann enthält es neben diesem säureärmeren Feidspath noch Quarz. Indessen tritt dieser letztere Fall schon in allen Graniten ein, die Oligoklas enthalten. Man könnte annehmen, er stamme von einer tieferliegenden granitischen oder Porphyrmasse, deren Quarz bei der Schmelzung nicht ganz aufgelöst worden wäre. Herr Devirre neigt sich aber mehr zu der Ansicht, dass dieser amorphe Quarz in ei- nem jüngeren vulkanischen Gestein als ein Rückstand nach dem Krystallisiren der übrigen Gemengtheile zu betrachten sei, und dass man den Obsidian gleichsam als die säurerei- che Mutterlauge anzusehen habe, die nach der Constituirung des Gesteins übrig geblieben sei. In geringer Entfernung von der Soufriere, jedoch im Niveau des Meeres, findet sich eine neuere Lava, deren spec. Gew. — 2,96, und welche nur 45 pCt. Kieselsäure, eine merkliche Menge Talkerde und kein Kali enthält. Herr Devirre sieht darin eine Stütze der Ansicht, dass bei der Bildung der vulkanischen Massen der Ueberschuss des Auflösungsmittels nach oben gestiegen sei. Auch auf Teneriffa entsprechen die Thatsachen sehr gut die- ser Idee, denn die Bimssteine finden sich nicht unter dem Niveau der Piedras blancas (2650 Metres), und die Obsi- 697 diane, die weit oberhalb des Plateaus der Canadas hervorge- brochen sind, enthalten nach allen Versuchen etwa 60 pCt. Kieselsäure, und haben ein spec. Gew. von nur 2,48. Die Laven von Portillo, welche beträchtlich tiefer liegen, enthal- ten 57 pCt. Kieselsäure und haben ein spec. Gew. = 2,67, während die Lava von Guimar, 800 Metres über dem Meere ausgeflossen und bis zu ihm herabgeströmt, 3,009 wiegt, und 46,8 pCt. Kieselsäure enthält. Es giebt Vulkane, welche in allen Höhen gleichbleibende Produkte liefern. Dahin gehört der Aetna. Zwei Laven- proben, die eine von 1833, in einer Höhe von 3300 Metres genommen, die andere von 1669, in der Nähe des Meeres ge- wählt, gaben Herrn Devırre bei der Analyse ganz gleiche Resultate. | Obsidiane von Guadeloupe so wie von anderen Fund- orten verwandelten sich beim Erhitzen bis zum Punkt des Weichwerdens in Bimsstein, der in stärkerer Hitze wieder zu einem dunkel gefärbten Glase schmilzt. Herr DeviLLE verspricht die Resultate seiner Untersuchungen hierüber noch ausführlich mitzutheilen. Zeits. d. d.geol. Ges. V. 4. 46 698 2. Uebersicht der geognostischen Verhält- nisse des Herzogthums Coburg und der an- stossenden Ländertheile, als Erläuterung zur geognostischen Karte. Von Herrn €. v. ScHaurora zu Coburg. Hierzu Tafel XV. E. Morphologischer Ueberblick des Bandes. Das Herzogthum Sachsen-Coburg mit den anstossenden Ländertheilen bildet ein im Herzen von Deutschland, am südlichen Abhange des Thüringer Waldes gelegenes Hügel- land, dessen Reliefformen sich im Allgemeinen jenen des Thüringer Waldes anschliessen. Diese Reliefformen beur- kunden sich als die Wirkungen gleichzeitig eingetretener Ursachen, indem die Entstehung des Gebirges, die Hebungs- linie, welche die abyssodynamischen Kräfte sich ausgewählt hatten, eine in südöstlicher Richtung zu verfolgende, der Hauptrichtung des Thüringer Waldes gleichlaufende Anein- anderreihung unserer Hügel bedingte. Eine solche Hügelreihe lässt sich, zunächst dem Ge- birge, von Tossenthal an über Sonneberg und Burggrub zu- sammenstellen, eine zweite, weniger regelmässige, von Zis- ‚Feld bis Mönchröden, eine dritte, weitfortsetzende und mehr in die Augen fallende von Hildburghausen bis Rottenbach, Mönchröden und Fürth am Berg bis Mödlitz, eine vierte end- lich von Ztodach nach Coburg. Diese Hügelreihen sehen wir, bei der nahen Lage an dem, eine Hauptwasserscheide bildenden Thüringer Walde von Bächen durchschnitten, welche sich in den Gebieten der Rodach, der Itz und der Steinach sammeln und auf diesem Wege dem Main zueilen, indem sich die Steinach bei Markt 699 Zeula und die Itz, nachdem sie bei Gleusen die Rodach auf- genommen hat, bei Ztattelsdorf in den Main ergiessen. Die höchsten und tiefsten Punkte nehmen wir, da ge- naue Höhenmessungen noch fehlen, in runden Zahlen zu 1600 und 800 Par. Fuss über dem Meeresspiegel an; die grösste relative Berghöhe, die Höhe der Veste Coburg über dem Spiegel der Itz, beträgt gegen 550 Fuss, wobei wir die aus dem mittleren Barometerstande für Coburg berechnete Höhe von 847 Par. Fuss zu Grunde gelegt haben. Der Thüringer Wald, ein Kettengebirge mit einem mitt- leren Streichen von 40 Grad von Nordwesten nach Südosten, erstreckt sich von Zisenach bis Kronach und Lehesten, wo er sich dem Frankenwalde, welcher nur als eine Fortsetzung desselben zu betrachten ist, anschliesst. Seine ursprüngliche Reliefform verdankt er einer mehrfach emporhebenden Kraft- äusserung unseres Planeten, mit gleichzeitigem Emporpressen plutonischen Materials, welches jetzt im erstarrten Zustande einen grossen Theil seines wellengeformten Rückens consti- tuirt und hauptsächlich in seiner nordwestlichen Hälfte, dem Hauptangrifispunkt der hebenden Kräfte, dem Gebirge einen Kern gegeben und den Stempel seiner Entstehungsweise aufgeprägt hat, während im südöstlichen Theile des Gebir- ges die eruptiven Gesteine mehr zurücktreten und die abysso- dynamischen Kräfte nur hebend gewirkt und dadurch in der Folge ein Bloslegen der älteren sedimentären Bildungen be- dingt haben. Zu beiden Seiten des Gebirges, durchgängig im Strei- chen der-Hebungslinie, legen sich, den älteren sedimentären Bildungen normal aufgelagert, intermediäre und sekundäre Formationen an, welche bis zur Periode des Lias bei dem gewaltsamen Gebirgsbildungsprozesse mehr oder weniger zu leiden hatten. Es fällt demnach und zufolge des petrogra- phischen Charakters des Thüringer Waldes die Periode sei- ner Erhebung von der Bildung des Steinkohlengebirges bis in den Lias. Als die hebenden Kräfte, ähnlich dem schwellenden 46 * 700 Strome, welcher seine Eisdecke zertrümmert, zur Zeit der Entstehung des Thüringer Waldes die Erdkruste aufschlitz- ten und zur Rechten und Linken einzelne Schollen aufrich- teten und verschoben, da wurde auch schon der Grund zu unseren Bergformen gelegt und unseren Gewässern der Weg vorgeschrieben, indem gerade in unserem, dem Gebirge so nahe liegenden Terrain erwiesen werden kann, wie jede auf- gerichtete Scholle der zerborstenen Erdkruste einen Berg- rücken und die Klüfte, je nach der Lage der anstossenden Schollen die erste Anlage einer 'Thalsohle bedingt haben. Als weitere auf diese Thatsachen sich stützende Folge macht sich im Allgemeinen nicht nur ein, dem Gebirgsstrei- chen entsprechendes südwestliches Einfallen der Schichten, welches um so flacher wird, je weiter wir uns von dem Hauptgebirge entfernen, sondern auch der unsere Höhenzüge charakterisirende Umstand geltend, dass unsere Höhen einen auffallenden Steilabfall nach Nordosten und ein Verflachen nach Südwesten erkennen lassen. Ausser den oben besprochenen Formen bemerken wir noch auf unserem Terrain einige allseitig sich erhebende Protuberanzen, welche sich schon aus der Ferne durch ihre isolirt aufragende Stellung als Eruptionskegel legitimiren. BE, Allgemeines über Anwesenheit und Verbreitung der Formationen. Auf unserem, gegen 22 geographische Quadratmeilen umfassenden Kärtchen begegnen wir einer verhältnissmässig grossen Anzahl von Gebirgsformationen; von sedimentären Ge- bilden zeigt es uns die Formationen vom Grauwackengebirge bis zum Lias, das Diluvium und das Alluvium, von eruptiven 'Gebilden berührt es eine Basalt- und eine Phonolithformation. a. Sedimentäre Formationen. In unser Gebiet treten noch die den granitenen und porphyrenen Kern des Thüringer Waldes umlagernden Schich- 701 ten der silurischen Grauwacke und bilden die nörd- liche und nordöstliche Grenze der folgenden sekundären Formationen. Wir sehen die südliche Grenze des grossen thüringi- schen Grauwackengebietes, bei Tkeuern eintretend, sich über Raunstein, Mengersgereuth, Sonneberg durchschneidend, bis jen- seits Köppelsdorf sich erstrecken; südlich von dieser Linie tritt keine Grauwacke wieder auf, mit Ausnahme eines ein- zigen ausliegenden Vorkommens, eines Berges im Westen von Schalkau, welcher schon in seiner der Umgebung fremd- ‘ artigen Form, seinem steilen Ostabfalle, seinen Vegetations- verhältnissen, die ihm eigene und abweichende Constitution zur Schau trägt. Die im Thüringer Walde in zerstreuten Partien auf- tretende jüngere Steinkohlenformation, deren Vor- kommen bei sStockheim ihr südliches Ende erreicht, zeigt sich bei Neuhaus so nah an der östlichen Grenze unserer Karte, dass bei dem westlichen Einfallen der dortigen Schich- ten die aufgelagerte Formation des Rothliegenden von dersel- ben, wie es in unserem Profile angedeutet ist, unterteuft wird. Die Formation des Rothliesenden, sich dem eben ge- nannten Schichtencomplexe eng anschliessend, spielt in Be- ziehung auf Verbreitung nur eine untergeordnete Rolle und erreicht wie die Steinkohlenformation in der Gegend von Neuhaus ıhre südliche Endschaft. Beide bilden den südlich- sten Vorposten eines grösseren, im nordwestlichen Theile des Thüringer Waldes mehrfach verbreiteten Körpers. Nähern wir uns von Neuhaus herkommend um ein hal- bes Stündehen der Coburgschen Landesgrenze, so erheben wir uns wieder um eine Stufe in der geologischen Perioden- reihe und begegnen bei Burggrub einem schmalen, über eine Stunde lang sich erstreckenden Streifen der Formation des Zechsteins; gleichfalls der südlichste Fetzen des längs der Südseite des Thüringer Waldes vielfach unterbrochenen und von Schleusingen bis hierher vermissten Vorkommens dieser Formation. 792 Die Coburgsche Landesgrenze überschreiten wir, von Osten oder Norden herkommend, auf dem Boden der nächst jüngeren Formationsglieder der Trias. Die Trias mit den unteren Gliedern der Liasformation überzieht den grössten Theil unserer Karte und wird daher vorzugsweise Gegen- stand unserer Betrachtungen werden. Werfen wir einen Blick auf die Karte, so muss uns die sonderbare Vertheilung der die Trias repräsentirenden Far- ben auffallen, da wir, bei einer einseitigen Emporrichtung der Schichten auf den Seiten des Thüringer Waldes, in der Horizontalprojection eine gleichlaufende Aneinanderreihung unserer Farben erwarten müssen; allein diese Aufrichtung erfolgte nicht so regelmässig, vielfache Dislokationen und spätere Erosionen haben die Regelmässigkeit dieses Bildes bedeutend beeinträchtigt. Der bunte Sandstein nimmt im nordwestlichen Theile unseres Terrains den meisten Raum in Anspruch; er bildet die Basis der an vielen Orten aufgebauten Muschel- kalkpartien, die Grundfarbe, auf welche die Farbe des Mu- schelkalks aufgetragen werden muss. Da nun von der süd- lichsten Grenze des Muschelkalkterrains kein bunter Sand- stein wieder auftritt, so bestimmen wir mit der Lage dieser Muschelkalkpartien gleichzeitig die Grenzen des bunten Sandsteins. Die nördliche Grenze des südlich vom Thüringer Walde gelegenen Terrains des bunten Sandsteins zeichnet sich durch ihren regelmässigen Lauf aus und lässt sich von Zisenach über Schmalkalden, Suhl, Eisfeld, Sonneberg und Kronach bis in die Nähe von Baireuth, der Streichlinie des Gebirges parallel, in fast gerader Linie und ohne Unterbrechung ver- folgen. Ein ähnlicher Lauf kommt der südlichen Grenze zu, so dass ein dem Thüringer Walde entlang laufender Streifen bunten Sandsteins entsteht, welcher den nördlichsten Theil des Herzogthums mitbedeckt. Der Muschelkalk constituirt hier vorzugsweise die ersteren der oben erwähnten Hügelreihen und bietet in sei- 703 ner fast durchgängig steilen Schichtenstellung schlagende Beweise für die in erster Anlage durch Hebung entstande- nen Bergformen. Gleich dem bunten Sandsteine kommt der Muschelkalk- formation an der Südseite des Thüringer Waldes eine auf- fallende Längenerstreckung zu. Es treten daher, vom Nor- den herkommend, im abnormen Contacte mit der Grauwacke die Ausläufer eines Muschelkalkdepots in unser Gebiet, so dass die ganze von Alaunstein, Mengersgereuth, Grümpen und Weitesfeld, Katzfeld bis Eisfeld umschlossen werdende Flä- che von Muschelkalk bedeckt wird und Höhenzüge bildet, welche in südöstlicher Richtung in anstossenden Höhenzügen bis Mönchröden und von Katzberg bis Lauter ihre Fort- setzungen finden. Diesen Höhen gleichlaufend und gleich- falls durch bunten Sandstein von einander getrennt kommt ein dritter Höhenzug, einen breiteren Streifen Muschelkalks bildend, von Aeldburghausen herab, dessen Grenzen durch die Orte Wallraps, Veilsdorf, Harras, Rottenbach, Neukir- chen, Lauterburg, Oberlauter, Meeder, Graitstadt, Massen- hausen und Stressenhausen bezeichnet werden. Es ist dieses das verbreitetste Vorkommen des Muschelkalks. Die nörd- liche Grenze dieser Partie fällt zum Theil mit einer Erhe- bungslinie zusammen, welche bei Oberwohlsbach über die Itz setzt und jenseits sich in bedeutender Erstreckung verfolgen lässt und zu dem Erscheinen einer Reihe von Muschelkalk- bergen Veranlassung gegeben hat, welche auf der Karte von Oberwohlsbach bis Gestungshausen verzeichnet eine wahre Mauer zwischen den nördlich gelegenen bunten Sandstein und die südlich anstossenden Keuper- und Liasgebilde ein- schieben. Auf diese noch weiter fortsetzende Erhebungslinie stösst rechtwinklig, von Osten herkommend, bei Mödlitz eine zweite Verwerfungslinie, welche folgerecht auch unseren Mu- schelkalkbergen eine andere, und zwar rechtwinklige Wen- dung gab und die Entstehung der von Mödlitz über Beik- heim fortsetzenden Muschelkalkberge bedingte. Der noch übrig bleibende Theil unseres Terrains ist die 704 Eindschaft des mächtig entwickelten fränkischen Keupers, dessen auf unsere Karte fallende Theile wir uns als einen grossen Keuperspiegel vorstellen können, aus welchem ein grosses Liasplateau insularisch hervorragt, während ein zweites peninsularisch von Süden hereintritt. Die nördliche Grenze dieses Theiles wird durch die Lage weniger Ortschaften, von Stressenhausen, Oberwohlsbach, Fürth am Berg, Mödlitz und Schmölz mit Genauigkeit bestimmt. Die untersten Schichten des Keupers — sofern wir die Lettenkohle zu diesem rechnen — bilden auf die grösste Erstreckung, von Stressenhausen bis Kipfendorf und von Mödlitz bis Schmölz, durch ihre normale Auflagerung auf dem Muschelkalke, sowie im Contacte mit den erwähnten Lias- partien, durch ihre normal aufgelagerte Decke eine normale Grenze. Auf der Strecke von Welmersdorf bis Mödlitz aber begegnen wir mehrfachen Anomalier, da wir bei Aüpfen- dorf den Lias von unterem Keuper, und von Fachheim bis Mödlitz den Lias abwechselnd von Muschelkalk und bun- tem Sandstein begrenzt sehen, Verhältnisse, welche durch die bereits erwähnte Hebungslinie genügende Erklärung finden. i Die eine, oben erwähnte Partie der Liasformation breitet sich plateauartig zwischen den Ortschaften Arpfen- dorf, Fürth am Berg, Schneckenloh, Ebersdorf und Nershof aus, der zweiten hingegen können die Ortschaften Aöszten, Grossheirath, Hohnstein, Witzmannsberg, Neundorfund Schot- ienstein als Grenzpunkte dienen. Jüngere’ sekundäre und tertiäre Bildungen vermissen wir auf unserem Terrain. Die nächstjüngeren Schichten sind quartäre. Diluvialablagerungen sind mehrfach verbreitet auf dem nur wenig undulirten Flächenraume im Gebiete des bunten Sandsteins, welcher sich zwischen dem Zechstein- rücken bei Neuhaus und dem Muschelkalkrücken von Gestungs- hausen bis Mönchröden ausdehnt und in deren Mitte der Muppberg majestätisch emporsteigt, In diesem Bezirke fin- 705 det man solehe Ablagerung besonders zwischen Siegelreuth und Mupperg bis fast nach Oeslau fortsetzend, ferner zwischen Mupperg und Sonneberg, zwischen Neustadt und Meulschnitz. Eine andere bedeutende Diluvialablagerung bedeckt den Keu- per von der Rosenau bis zur Kaserne, bei Neuses und Unter- lauter; endlich begegnen wir dem Diluvium im Itzthale an den meisten in dasselbe vorgeschobenen Hügeln, bei Coburg, Ketschendorf, Untersiemau, Ziegelsdorf und Rossach. Als wichtigste Alluvialgebilde sind nur die Thal- sohlen zu betrachten, in welchen sich unsere Flüsse und Bäche hinwinden. Als postdiluvianische Gebilde führen wir nicht nur zwei Ablagerungen von jüngstem Süsswasserkalk an, deren eine von geringerer Ausdehnung sich südlich von Weitesfeld und deren andere, von ansehnlicher Mächtigkeit westlich von Weissenbrunn am Wald za suchen ist, sondern auch die Torfgebilde bei Schweighof, Mönchröden, Bodern- dorf, Ketschenbach, Mupperg, Glent und Frohnlach. b. Eruptive Formationen. Bei der, grösseren Eruptivformationen entrückten Lage und der verhältnissmässig unbedeutenden Erstreckung des in Betracht gezogenen Terrains muss uns die Anwesenheit eruptiver Gebilde als ein glücklicher Zufall erscheinen. Unsere Basaltvorkommnisse sind die entlegensten Glie- der der grösseren, im Nordwesten entwickelten Basaltfor- mation, zu welcher zunächst noch die Gleichberge bei Hildburghausen und der Dolmar gerechnet werden müssen. Bei einer solchen, an die Grenze gerückten Lage konnte das plutonische Material auch nur spärlich zur Eruption gelan- gen, und wir finden daher in unserem Terrain nur wenige und unbedeutende Kegelberge. Während bei den Gleich- bergen die Basaltmasse noch hinreichte kolossale Kegelberge aufzuwerfen, sehen wir dieselbe in geringer Entfernung im Rudelsdorfer Holze, bei Ztodach, südlich vom Steinhügel, am Fuchsberge und bei Streufdorf nur 2 bis 5 Fuss weite 706 Spalten erfüllen, oder, wie am Streufhain und am Höhberge, die Kuppen der Berge bilden. Aehnlich dem Basalte erscheint das Auftreten des Pho- noliths, nur mit dem Unterschiede, dass unsere Phonolith- formation sich auf den kleinen Kegel, auf welchem die Veste Heldburg erbaut ist, beschränkt. HAN. Speecielle Betraehtung der einzelnen Formationen. Nach diesem Ueberblick der Verbreitung der anwesen- den Formationen müssen wir noch einige Betrachtungen an- stellen über das Material, welches zum Bau unserer Berge verwendet worden ist. Wir werden auch hier nur einen ‚oberflächlichen Blick auf die Natur der die einzelnen Forma- tionen ausmachenden Glieder und deren gegenseitige Bezie- hungen werfen. 1. Das Grauwackengebirge. Die thüringische Grauwacke hat Rıicuter, dessen gründ- lichen Untersuchungen wir hauptsächlich eine genauere Kenntniss der Verhältnisse der thüringischen Grauwacken- formation verdanken, als eine grüne, graue und rothe unter- schieden. Auf dem kleinen Grauwackenstreifen, welcher un- serer Karte von dem grossen thüringischen Grauwackenge- birge zufällt, finden wir die grüne und die graue Grauwacke. Die grüne, der untersilurischen Abtheilung zuzurech- nende Grauwacke giebt sich als eine feingemengte, schmutzig- grüne Gesteinsmasse zu erkennen, welche noch durch split- terigen Bruch mit einiger Kantendurchscheinenheit und durch die Anwesenheit einzelner eingesprengter dunkierer Punkte näher charakterisirt wird. Diese Grauwacke nimmt vorzugs- weise den westlichen Theil des Thüringer Waldes in Anspruch, so dass wir auf unserer Karte nur die südlichste Spitze die- ses Grauwackengebietes finden, welche durch die Linien aus- geschnitten wird, die man von Tiheuern nach Aaunstein und von hier gegen Steinach hin ziehen mag. 707 Der grauen, der jüngeren oder obersilurischen Grau- wacke, welche nach den Untersuchungen Rıc#rer’s mit BAr- RANDE’s Etage e des böhmischen Silursystems zu paralleli- siren ist, muss alle Grauwacke unserer Karte von Raunstein bis Sonneberg zugerechnet werden. 2. Steinkohlengebirge. Obgleich die Steinkohlenformation unser Terrain nicht unmittelbar berührt, so glauben wir doch des nahen Vor- kommens wegen und zur Erlangung einer vollständigen Uebersicht der geognostischen Verhältnisse des südlichen Abfalls des Thüringer Waldes, derselben einige Worte schul- dig zu sein. In unserer Nähe zeigt sich das Kohlengebirge, durch zwischenliegende Formationen von einander getrennt, an zwei Punkten: einmal bei Crock und einmal bei Stockheim. Ob- gleich diese beiden Schichtensysteme in eine und dieselbe Bildungsperiode fallen und räumlich wenig von einander ent- fernt sind, so treten in Rücksicht auf den Bau und auf die Lage ihrer Schichten doch einige Verschiedenheiten hervor. Bei Crock bemerkt man im Allgemeinen eine weniger mäch- tige Entwickelung der Formation als bei ‚Stockheim; und während wir bei Crock eine muldenförmige Schichtenlage beobachten, macht sich in der Lage der Stockheimer Schich- ten eine partielle mantelförmige, Umlagerung geltend. Die Schichten der Crocker Kohlenmulde zeigen in der einzigen dort betrieben werdenden Grube ein Fallen von 22 Grad bei einem Streichen in Stunde 1. Bei Stockheim ist das Strei- chen dem Schichtenbau gemäss ein sehr verschiedenes, und das Fallen wechselt zwischen 20 und 70 Grad. Das Aus- gehende der Urocker Mulde kann im grössten Theile seines Verlaufes von der Crocker Kirche an im Bogen über rat- tendorf und Oberwind nachgewiesen werden. Nach einem im Schachte genommenen Profile ist bei Crock das unterste Glied der Schichtenfolge ein den unter- sten Schichten bei Szockheim entsprechendes ziemlich grob- 708 körniges Conglomerat, auf welches ein erst röthlicher, dann weiss und grobkörnig werdender Sandstein folgt, welcher mehr nach oben thonig und schieferig werdend, in Schiefer- thon und selbst durch Aufnahme von kohlensaurer Kalkerde in ein festes mergeliges Gestein übergeht, welches mit Säu- ren brauset und in Drusenräumen oft Ausscheidungen von Kalkspath zeigt; hierauf folgt ein feines Thonschieferconglo- merat mit aufliegender Schicht mergelisen Kalksteins, wel- cher erst vom eigentlichen Schieferthone, der das Liegende und Hangende des nun folgenden, nur höchstens 0,5 Meter mächtigen Kohlenflözes bildet, bedeckt wird. Der nun fol- sende Sandstein geht bis zu Tage. Auch bei Siockheim findet sich zu unterst auf dem Grau- wackengebirge ein conglomeratartiger, dann feinkörnig wer- dender Sandstein, welcher das in Schieferthon gebettete, hier aber bis auf eine Mächtigkeit von 10 Metern anschwellende Kohlenflöz trägt und dann wieder von einem in conglomerat- ähnlichen und feinkörnigen Schichten wechselnden Kohlen- sandstein bedeckt wird. Detaillirtere Nachrichten über die hier berührten Ver- hältnisse haben Voıer im ersten Theile seiner im Jahre 1799 in Weimar erschienenen „kleineren mineralogischen Schriften” und ZERRENNER im „Neuen Jahrbuche für Mine- ralogie u. s. w.” 1853, S. 1 gegeben. Indem wir auf diese Abhandlungen verweisen, gehen wir zur Betrachtung der im Nordosten unserer Uebersichtskarte verzeichneten permischen Formation über und beschäftigen uns zuvörderst mit dem Rothliegenden. 3. Das Rothliegende. Wie überall in Deutschland, so beurkundet der petro- graphische Charakter des Rothliegenden auch am Thüringer Walde dessen gleichzeitige Entstehung mit dem Erscheinen porphyrischer und melaphyrischer Gesteine. Je nach der grösseren oder geringeren Entfernung der eruptiven Massen und je nach der Beschaffenheit der in der 709 Nähe angrenzenden Gesteine wird die Uonstitution des Roth- liegenden modifieirt werden müssen. Deshalb sehen wir in unserem Terrain bei Neuhaus die Trümmer der angrenzen- den Grauwackengebilde in grösserer Menge und in grösseren Dimensionen vertreten als die entfernteren Porphyre, Mela- phyre und Granite. Wir können daher unser Rothliegendes im Allgemeinen als eine polygene Sandsteinbildung mit vor- waltend rothem Pigmente charakterisiren, welche ihr Material dem Thüringer Wald entnommen hat und deren einzelne, mehr oder minder mächtige Schichten wechselsweise eine mehr psephitische, psammitische oder pelitische Struktur zu erkennen geben, je nachdem in ihnen die Trümmer des Grau- wackengebirges oder der Grus und Schlamm der entfernte- ren plutonischen Massen den vorwaltenden Bestandtheil aus- machen. Dieser Strukturwechsel in den aufeinanderfolgen- den Schichten, dieser Causalzusammenhang zwischen Struk- tur und Bestandtheilen, sowie das westliche, mit der Ent- fernung vom Ausgangspunkte allmälig abnehmende Fallen der Schichten kann bequem auf dem Wege von Stockheim bis Zurggrub beobachtet werden. Hier lässt sich auch be- messen, dass wir die Gesammtmächtigkeit der Formation auf mindestens, 200 Meter anschlagen dürfen, während die der Steinkohlenformation eine Mächtigkeit von 40 Metern viel- leicht noch nicht erreicht. Früher war die Ansicht verbreitet, dass das bei Stock- heim abgebaut werdende Steinkohlenflöz ein untergeordnetes Lager im Rothliegenden bilde; mit dieser Ansicht steht je- doch, petrographischer und paläontologischer Gründe nicht zu gedenken, die zuerst von ÜREDNER an mehreren Orten Thüringens nachgewiesene discordante Lagerung des Roth- liegenden mit den das Kohlenflöz einschliessenden Schichten in Widerspruch. 4. Der Zechstein. Das ganz an die südöstlichste Ecke des Thüringer Waldes vorgeschobene Auftreten des Zechsteins, welches 710 sich auf den in unsere Karte fast vollständig fallenden Strei- fen von Mark bis Haig und auf ein isolirtes Vorkommen östlich von SZockheim beschränkt, zeigt das Gepräge der, diese Formationen charakterisirenden petrographischen und paläontologischen Merkmale bei Weitem nicht so vollständig, wie wir es an den übrigen Lokalitäten Thüringens zu sehen gewohnt sind. Die untere Abtheilung, der untere Zechstein lagert auf dem Sandsteine des Rothliegenden und ist hier als ein Wech- sel von gelblichgrauem, wenig bituminösem, durch viele höchst feine Glimmerschüppchen glänzend erscheinendem Mergel- schiefer mit etwas dunkler gefärbtem Zechsteine ausgebildet, in denen mit Sicherheit nur Productus horridus in seiner mehr verbreiterten Varietät erkannt werden kann, indem die ausserdem nur höchst selten erscheinenden Thier- und Pflan- zenversteinerungen so schlecht erhalten sind, dass sie eine weitere Aufmerksamkeit hier nicht verdienen. Als Beobach- tungsstelle für den unteren Zechstein ist der ziemlich tief eingeschnittene, westlich aus Burggrub führende Fahrweg, unmittelbar vor dem Dorfe, zu empfehlen. Die obere Abtheilung, der obere Zechstein besteht hier aus einem hellgelblichgrau gefärbten, festen, fein- bis klein- körnigen Dolomite mit einem Stinkstein. In beiden Gestei- nen haben wir noch keine der die thüringischen Zechstein- dolomite belebenden Versteinerungen finden können; hiermit wollen wir jedoch die Ueberzeugung einer gänzlichen Ab- wesenheit derselben in unserem Gesteine nicht ausgesprochen haben. Der obere Zechstein zeigt sich auf dem ganzen Berg- rücken von Mark bis Haig an vielen Punkten aufgeschlos- sen, wodurch er vielfach Gelegenheit zur Beobachtung der Neigungsverhältnisse seiner Schichten bietet, welche überall ein Einschiessen gegen Westen unter Winkeln von 30 bis 60 Grad zu erkennen geben. Die Gesammtmächtigkeit der hier entwickelten Zech- steinformation schätzen wir auf mindestens 40 Meter. 7ıı Die in der thüringischen Zechsteinformation oft mächtig entwickelten Gypse werden hier vermisst. 5. Der bunte Sandstein. Das die Formation des bunten Sandsteins in Thüringen eonstituirende Material besteht aus Sandsteinen, rothem Thon und grünlichgrauen Letten. Der Sandstein bildet der Masse nach den überwiegenden Bestandtheil und seine einzelnen Schichten werden durch Letten- und Thonlagen als meist mächtige Bänke von einander getrennt; die rothen Thone lernen wir als mächtige Ablagerungen kennen, welche eines- theils den Sandstein von den ihn unterteufenden Zechstein- gebilden, anderntheils von der ihn überlagernden Muschelkalk- formation trennen. Der erwähnte Sandstein ist als ein klastisches psam- mitisches Gestein zu betrachten, welches in seinen charakte- ristischen Varietäten lediglich aus Quarzkörnern besteht, die durch ein meist thoniges, roth gefärbtes, mit Kaolintheilchen vermengtes Cement mit einander verbunden sind. Die so einfach gemengten Psammite nehmen mehr eine mittlere oder untere Stellung ein, während gewisse Schichten der oberen oder unteren Region durch Zu- oder Abnahme des Binde- mittels, durch veränderte Farbe und durch vermehrte oder verminderte Dimensionen der Fragmente theils Uebergänge in die ihn einschliessenden rothen T'hone bilden, theils eine mehr oder minder psephitische oder pelitische Struktur an- nehmen. Seltener sind die, die untere Region einnehmenden conglomeratartigen Abänderungen; wir finden sie unter an- deren Orten bei Mönchröden, Waltersdorf und Tremersdorf; häufiger begegnen wir Varietäten, welche durch Herabsinken der Grösse des Korns und durch Vermehrung des thonigen Bindemittels, vermittelst thoniger Sandsteine und sandiger Thone einen Uebergang zu den oberen rothen Thonen her- stellen. Die Kieselfragmente, welche alle ein abgescheuertes Ansehen tragen, erreichen meistens kaum die Grösse eines Hirsekorns und überschreiten nur selten die Grösse einer 712 welschen Nuss. Je grobkörniger der Sandstein ist, um so ärmer ist er an Bindemittel, an beigemengten feldspathigen Theilen und Glimmerschuppen. Mit der Zunahme des Binde- mittels macht sich eine Abnahme der Festigkeit, des massi- gen Ansehens und der Mächtigkeit der Schichten bemerkbar. Grössere Feldspaththeile und Glimmerschuppen sind selten; häufiger erscheinen ausgeschiedene Partien des Bindemittels, sogenannte Thongallen, nierenförmige oder plattenförmige Coneretionen eines unreinen Psilomelans und eisenschüssige Partien; selten kommt auch Calcedon vor, z.B. bei Tarmbach. Die oberen Thone sind constant von dunkelrother Farbe mit nur selten eingesprengten weisslichgrünen Punkten oder Flecken; erst an der Grenze mit dem Muschelkalke stellen sich einige schwache Lagen eines unreinen Gypses und ein dolomitisches Gestein ein, welche im mehrmaligen Wechsel mit grünlichgrauem Thone die Basis der auflagernden Mu- schelkalkformation bilden. Für diese obere Abtheilung des bunten Sandsteins mit den unteren Lagen des Muschelkalks bieten die Nordabfälle unserer Muschelkalkberge von Hold- burghausen bis Tiefenlauter, von Weitesfeld bei Eisfeld über Grümpen bis Mengersgereuth und über Weissenbrunn bis @e- reuth und endlich von Mönchröden bis Gestungshausen viele bequeme Beobachtungspunkte dar. Die Gesammtmächtigkeit unseres bunten Sandsteins dürfe höchstens 200 Meter betragen. An organischen Ueberresten ist diese Formation, wie überhaupt, hier besonders arm. Myophoria Goldfussi in den oberen Sandsteinschichten dürfte bis jetzt die einzige hier beobachtete Versteinerung sein; selbst von den zwischen Hildburghausen und Gossmannsroda vielfach aufgefundenen Fährten des Chirotherium Barthi ist bis jetzt noch keine Spur vorgekommen. 6. Der Muschelkalk. Von dieser Formation, welche in ihrer normalen Aus- bildung in Thüringen in den drei Abtheilungen des Wellen- 713 kalks, des Anhydrits und des Kalksteins von Friedrichshall vertreten ist, finden wir in unserem Terrain, soweit unsere Beobachtungen reichen, nur die obere und untere Abtheilung vollzählig entwickelt, indem der Anhydrit oder Gyps noch nicht hat aufgefunden werden können. Während hier ge- rıngere Mächtiskeit dieser Formation für die Abwesenheit dieses Gliedes der mittlen Abtheilung, des Anhydrits oder Gypses, welcher durch seine Vergesellschaftung mit Stein- salz wie z. B. bei Stotternheim und Buffleben so grosses Interesse erlangt hat, spricht, so geben doch Einsenkungen in den oberen Regionen unseres Muschelkalkgebietes, Erd- fälle, welche ihrerseits auf eine unterirdische Entfernung leicht lösbarer Schichten schliessen lassen, der Vermuthung Raum, dass die Möglichkeit der Existenz einer Gypsbildung vorhanden sei oder zum Wenigsten solche Gebilde präexistirt haben. Durch die gründlichen Forschungen von ÜREDNER, Scumip und anderen Geologen haben wir in neuerer Zeit über die Lagerungsverhältnisse des Thüringer Muschelkalks so detaillirte Aufschlüsse erhalten, dass man aus den vielfa- chen Beobachtungen im Stande ist eine Normalschichtenfolge zu construiren, deren einzelne Glieder von einander sicher unterschieden werden können und deren Existenz an den meisten Lokalitäten constatirt oder zum Wenigsten mit Prä- cision parallelisirt werden kann. | Wenn wir in dem Folgenden eine Einsicht in den Schichtenbau der unseren Distrikt treffenden Muschelkalkpartie zu geben versuchen, so halten wir es für zweckmässig zuvör- derst ein ideales Profil des Thüringer Muschelkalks zu geben und an diesem unsere lokalen Verhältnisse und eventuellen Differenzen zu demonstriren. I. Untere Abtheilung. a. Die tiefsten Lagen bei Jena sind die von Scumip als Cölestinschichten bezeichneten, ebenen, nach unten häufig dick und fest erscheinenden, durch das Vorkommen von Zeits. d. d. geol, Ges. V, 4. 47 714 Ammonites Buchi und Pecten tenuistriatus charakterisirten Kalkschichten mit eingeschobenen Lagern von Cölestin. ÜREDNER bezeichnet in seinem Profile des Thüringer Mu- schelkalks die Trigonienbank als unterste Lage. In unserem Terrain sehen wir an manchen Orten, wie bei ARoitenbach und Tiefenlauter, den rothen Thon des bunten Sandsteins, den sogenannten Röth, von einer 4 Fuss mächtigen, bläulich- grauen, bisweilen mergeligen Thonschicht bedeckt, in wel- cher schwache Lagen stängelichen Kalkspaths auftreten; auf diesen Thon folgt ein nur wenig mächtigerer Thon von mehr gelber Färbung, der eine 0,3 bis 0,5 Meter mächtige, dünn- geschichtete, durch gelbe Färbung charakterisirte Kalklage trägt, welche selbst wieder durch eine schwache Thonschicht von der folgenden Trigonienbank getrennt erscheint. Diese Kalkschichten können im Niveau der Cölestinschichten ste- hend und als die untersten Glieder unseres Muschelkalks betrachtet werden. Auch bei uns charakterisiren diese Schich- ten Trigonia vulgaris, cardissoides, orbicularis und Modiola Credneri. Diesen untersten Schichten folst in Thüringen überall: b. der untere Wellenkalk, eine mächtige Ablagerung eines dünngeschichteten, welligen, knotigen und meist ver- steinerungsleeren Kalksteins, in welchem selten dichtere, festere und versteinerungsführende Lagen durch schieferige Thone getrennt erscheinen, c. die untere Terebratelbank, ausgezeichnet durch die in einer Schicht in grosser Menge vorkommenden Individuen von Terebratula vulgaris und von Bruchstücken des Encri- nus liliiformis. d. Der obere Wellenkalk, eine fast gleich mächtige Wiederholung der unteren meist versteinerungsarmen oder versteinerungsleeren, auf den Schichtungsfugen wellig ge- formten Kalksteine. e. Der Schaumkalk, ein hellgelb gefärbter, poröser, oft tuffähnlicher, ausserordentlich versteinerungsreicher Kalkstein. Die untere Abtheilung des Muschelkalks ist in unserem 715 Distrikte die vorzugsweise verbreitete. Dieses gegen die Gesteine der oberen Abtheilung überwiegende Erscheinen des unteren Muschelkalks hat seinen Grund in den schon erwähnten Dislokationen, durch welche die unteren Schichten in die Höhe gehoben und bloss gelegt, ja häufig auf den Kopf gestellt worden sind. Wir sehen daher von /taunstein bis Mengersgereuth und von Hildburghausen bis zur Lauter- burg die Schichten dieser unteren Abtheilung zu Tage ge- hen, so wie an den Bergen von Mönchröden bis Gestungs- hausen und an den bei Mödlitz beginnenden und östlich fort- setzenden Bergen das fast alleinige Material bilden. Zur geognostischen Beobachtnng, welche besonders im Territorium unseres Muschelkalks durch den gestörten Schichtenbau und die geognostischen Profilen feindliche Kultur des Bodens ausser- ordentlich erschwert wird, bietet sich für die untere Ab- theilung nördlich von Tiefenlauter am westlichen Gehänge, wo der Weg bergauf in den Wald führt, ein, wenn auch nicht sehr deutliches, doch vollständiges Profil dar. Hier sehen wir, wie auf dem Röth die bläulichen und gelblichen Thone mit dem gelben Kalke von der Trigonienbank über- lagert werden, über welchem der wellige Kalk erscheint, in welchem zuvörderst eine Bank mit Lima striata auftritt; auf einen mehrfachen Wechsel von mächtigen Wellenkalklagen mit dünnen Thonschichten begegnen wir zahlreichen Trüm- mern des Encrinus liliiformis, mit welchen sich die Tere- bratelbank mit ihren hinreichend bekannten Versteinerungen ankündigt und welche hier, den thüringischen Verhältnissen gemäss, vom oberen Wellenkalk bedeckt wird. In den festeren Lagen desselben begegnen wir einer Menge von Geryvillia socialis, Encrinitenstielgliedern, Myophorien und Terebratula vulgaris; selbst den Cidaris grandaevus treffen wir hier an. Sind wir auf unserem Wege auf der Höhe angelangt, so erkennen wir in zerstreut liegenden Gesteinsbrocken das obere Glied der unteren Abtheilung, den Schaumkalk. Die- ser zeichnet sich auch hier durch seinen Reichthum an Pe- 40: 716 trefakten aus, welche theils Steinkerne, theils wohlerhaltene, aber nur selten vollständig zu erlangende Individuen sind. Unter ihnen findet man vorzugsweise Myophoria laevigata, curvirostris und orbicularis, Pecten discites und laevigatus, Gervillia socialis, Dentalium torquatum sehr deutlich, Eneri- nus liliiformis und verschiedene Turbonillen; auch zeigen sich Stylolithen. I. Mittler Muschelkalk. Die mittle Abtheilung des Muschelkalks macht: sich in Thüringen als eine Anhydrit- oder Gypsbildung geltend, die durch das Vorkommen von Steinsalz besondere Wichtig- keit erlangt hat. In Thüringen folgt in der Regel auf den nach oben in Dolomit übergehenden Schaumkalk als unterstes Glied der mittleren Abtheilung ein ebenflächig geschichteter, hellgelb- lich gefärbter, mergeliser Kalkstein, auf welchem der Gyps mit dem ihn begleitenden Thon und Dolomit ruht und wel- cher wiederum von ebenflächigen, dünngeschichteten, merge- ligen, durch Hornsteinausscheidungen hinreichend charakte- risirten Kalksteinlagen bedeckt wird. Mit Ausnahme des Gypses und seiner Begleiter finden wir die Gesteine der mittlen Abtheilung auch in unseren Muschelkalkbergen; sie zeigen sich aber nur selten an Orten, welche eine bequeme Beobachtung gestatten, was bei .der Elision des Hauptgliedes dieser Abtheilung, der Gypsbil- dung, deren Anwesenheit uns sofort orientiren würde, lange die Ansicht unterstützt hat, dass die mittle Abtheilung am südlichen Abhange des Thüringer Waldes überhaupt nicht zur Ausbildung gelangt sei. Die unteren und besonders die oberen Schichten dieser Abtheilung finden wir auf der Höhe des Lauterberges in einigen Steinbrüchen aufgeschlossen und von der verbreiteten Anwesenheit dieser Schichten können wir uns auf den höheren Theilen unserer Muschelkalkberge durch die an vielen Orten, von Aeldburghausen über Mönch- röden bis Mödlitz zerstreut liegenden Kalkbrocken mit Horn- 717 steinausscheidungen hinreichend überzeugen. Bei der Ar- muth dieser Schichten an Versteinerungen verdient nur das Vorkommen von Turbonilla gregaria und einiger Saurier- reste in’ den plattenförmig geschichteten Kalksteinen eine Erwähnung. II. Oberer Muschelkalk. Die ganze obere Abtheilung charakterisirt sich als ein Wechsel von 0,05 bis höchstens 0,3 Meter mächtigen, plat- tenförmigen, festen, theils versteinerungsleeren, theils verstei- nerungsreichen Kalklagen, welche oft durch Schieferthon- schichten von einander getrennt erscheinen und welche man der leichteren Uebersicht wegen, naclı den einzelne Lagen auszeichnenden paläontologischen Merkmalen in einzelne Gruppen oder Glieder vereinigt hat. Das unterste Glied des oberen Muschelkalks oder des Muschelkalks von Friedrichshall bildet der Striata-Kalk Scenmip’s. Die unterste Schicht besteht aus einem wulsti- gen, mergeligen, an Lima striata, Encrinus hlüformis, Tere- bratula vulgaris und Myophoria vulgaris überaus reichen Kalksteine, welchen CrEpxer seiner Neigung zur oolithi- schen Struktur wegen als oolithischen Kalkstein an- führt; derselbe wird von Thon und thonigem Kalkstein be- deckt und trägt die Lima-Bank Crepner’s, eine zweite, durch das häufige Vorkommen von Lima striata, Enerinus liluformis, Pecten inaequistriatus und Pecten discites ausge- zeichnete Lage. Der Gervillia-Kalk (Avicula-Kalk Scumm’s) be- steht aus dicken, festen, meist hellgefärbten, versteinerungs- reichen, durch Thonlagen getrennten Kalkplatten und bildet das zweite Glied des oberen Muschelkalks. Die bezeich- nendsten Versteinerungen in demselben, welche zuweilen wie ein Basrelief auf den abgewaschenen Platten hervorstehen, sind Gervillia socialis und costata (Bronni), Myophoria vul- garis, Lima striata, Pecten laevigatus und selten Mytilus eduliformis, Den Enerinus liliiformis sehen wir hier ver- 718 schwunden und Üeratites nodosus mit Nautilus bidorsatus an seine Stelle treten. In diesem Wechsel von festem Kalkstein mit schieferi- gem Thon treffen wir bald auf die obere Terebratelbank, welche fast lediglich aus Individuen von Terebratula vulga- ris besteht, die jedoch die Grösse nicht erreichen, wie wir sie in den tieferen Schichten zu sehen gewohnt sind. Hierauf folgt Scumiw’s glaukonitischer Kalk aus mehreren den früheren ähnlich geschichteten Kalkplatten be- stehend, reich an Versteinerungen, besonders auch Fisch- und Saurierresten, deren obere Lage sich durch eingemengte Körner eines Eisenoxydulsilikats (die „grüne Schicht” Geı- NıTz’s) auszeichnet. Das letzte Glied bilden die Glasplatten, wechselnde Schichten von thonigen schiefrigen Kalksteinen mit schiefri- sen Thonen, reich an Üeratites nodosus und Nautilus bidor- satus, und mit zwei festeren, 6 bis 8 Zoll mächtigen, zwi- schengelagerten Kalkbänken (Glasplatten). Den Schluss dieser Abtheilung, eigentlich die Grenz- linie des Muschelkalks mit der aufgelagerten Lettenkohle macht eine schwache Schicht eines ockerfarbenen dolomitischen Kalksteines, welcher in die letzte Schieferthonschicht einge- bettet erscheint und dieselbe in einen Schieferthon des Mu- schelkalks und in einen Schieferthon der Lettenkohle trennt. Dieses hier gegebene Profil, für den thüringischen Mu- schelkalk im Allgemeinen, ist auch für unseren Muschelkalk gültig, indem wir auch in unserem Terrain alle angeführten Glieder und Schichten an mehren Orten nachzuweisen ver- mögen. So günstige Profile, wie sie der Muschelkalk jen- seits des Thüringer Waldes darbietet, finden wir in unserem Muschelkalke nirgend, so dass die Construction eines nur einigermaassen weitgreifenden und übersichtlichen Profils immer die Vereinigung der an mehren Orten gemachten Beobachtungen erfordert. Der obere Muschelkalk erscheint bei uns zunächst der südlichen Muschelkalkgrenze von Szeiz- feld bis zur Ludwigsburg. Zur Beobachtung der Grenze 719 zwischen Lettenkohle und Muschelkalk eignet sich mehr die nordwestliche Hälfte der angegebenen Linie, während die Schiehten des oberen Muschelkalks überhaupt mehr im süd- östlichen Theile des die genannte Linie begrenzenden Mu- schelkalkgebietes aufgeschlossen sind. Die obersten Lagen des Muschelkalks sehen wir bei Meeder in dem Graben oder Gründchen, der von Meeder nach Miersdorf führt, sowie in einem andern mehr nördlich sich richtenden Wasserrisse ziemlich vollständig; ein anderes unterrichtendes Profil finden wir in einem von Oberlauter gegen Westen allmälig den Lauterberg hinansteigenden Wasserrisse, wo wir auch die Schichten von oben nach unten ziemlich weit verfolgen kön- nen; noch weiteren Aufschluss geben uns die Steinbrüche am Lauterberg, auch der Weg nach der Zudwigsburg und der Weinberg bei Mönchröden. Die Gesammtmächtigkeit der Muschelkalkformation schätzen wir auf 80 Meter, von welchen wenigstens * dem 8 unteren und kaum + dem mittlen, der Rest dem oberen Muschelkalk zukommen. 7. Lettenkohle. Der unter dem Namen „Lettenkohle” bekannte Schich- tencomplex schliesst sich sowohl nach unten dem Muschel- kalk als nach oben dem Keuper gleich eng an. Dieser An- schluss an die nächstliegenden Schichtensysteme macht sich in Bezug auf paläontologische und petrographische Merkmale geltend. In ersterer Hinsicht sehen wir die charakteristisch- sten Muschelkalkversteinerungen nochmals in grosser Menge und meistens zum letzten Mal, aber die Repräsentanten der dem Keuper vorzugsweise angehörigen Flora zum ersten Mal erscheinen; in der anderen Hinsicht binden uns die noch vorherrschenden Thone und kalkigen Gesteine an den Mu- schelkalk, während uns die neu auftretenden Sandsteine in den Keuper überführen. Dieser doppelten gleich nahen Verwandtschaft zum Muschelkalk und Keuper ist es zuzu- schreiben, dass eine sichere Grenze zwischen beiden Forma- 720 tionen, eine Vertheilung oder Zutheilung dieser Schichten zur einen und anderen Formation noch nicht allgememe An- erkennung gefunden hat. Wir wollen hier diese Frage nicht weiter erörtern, sondern die Verhältnisse in der Weise dar- zustellen suchen, wie wir sie aufgefasst haben. Nicht nur um der Wahl in der Stellung der Lettenkohle überhoben zu sein, sondern auch, um eine gewisse Selbstständigkeit, — welche der Lettenkohle als einer Kohlenformation mit ihr eigenthümlichen Thierresten und der berührten Kombina- tion der paläontologischen und petrographischen Charaktere des Muschelkalks und des Keupers wegen nicht abgespro- chen werden kann — anzuerkennen, behandeln wir die Let- tenkohlenformation in einem besonderen Abschnitte und wid- men derselben auf der Karte eine eigene Farbe, ohne damit aber die Trias in eine Tetras umgestalten zu wollen. Da wir die der Lettenkohlenformation aufgelagerte Gyps- bildung beim Keuper betrachten werden, so finden wir, dass im Allgemeinen unsere Lettenkohlenformation aus Schichten von Thon, Dolomit, Sandstein und dem Kohlenflöz besteht. Von diesen Gesteiner sprechen wir den zuoberst liegenden Dolomit für den von ELiE pE BEaumont seiner Continuität wegen, welche er in Lothringen behauptet, als geognosti- schen Horizont bezeichneten Dolomit oder den Hauptdolomit des Keupers an und benutzen ihn als Grenzstein gegen den nach oben folgenden Keuper. Schon im Muschelkalk bemerken wir gegen seine obere Grenze hin eine Zunahme des Thongehaltes und des thoni- gen Ansehens seiner Kalkschichten, welche bald gänzlich unterdrückt werden, Mit dem Verschwinden der Kalkschich- ten tritt eigentlich die Periode der Lettenkohle ein. Wir sehen bald die Thone sandig werden und die sandigen Thone in Sandschiefer und Sandsteine mit thonigem Bindemittel übergehen. In diesen untersten Schichten erscheint Dolomit, in einer Ebene oft nur in zusammenhängende Knauern ver- theilt, welche immer als ein bequemes Mittel zur Orientirung in Betreff des nahe unterliegenden Muschelkalks dient. Eine 721 solche Dolomitlage von 0,1 bis 0,5 Meter Mächtiskeit und in einer vertikalen Entfernung von vielleicht 10 Metern über den höchsten Muschelkalkschichten zeichnet sich durch das häufige Vorkommen von Lingula tenuissima und Fischresten, besonders von Acrodus- und Saurichthys-Zähnen, sowie durch das Vorkommen einer der von Geınırz beschriebenen grünen Schicht des Muschelkalks ähnlichen Lage aus; die- selbe wird wieder von schieferigen Thonen bedeckt, welche bald Sand aufnehmen und auf den Schichtungsfugen biswei- len Posidonomya minuta in grosser Menge beisammen zei- gen; auch sind hier die Formen anzutreffen, welche Quen- STEDT in seinem Handbuche der Petrefaktenkunde als in den weichen Schieferthonen der Lettenkohlenformation ‘von Gaildorf vorkommend, mit Anodonta lettica bezeichnet. Die- ser Wechsel führt uns zu einem Sandstein, auf welchem das in thonige und sandige Schichten eingebettete Lettenkohlenflöz ruht, das selbst endlich von dem Hauptdolomit bedeckt und dadurch von der überliegenden unteren Keupergypsbildung getrennt wird. Die Lettenkohle ist in unserem Terrain mehrfach, aber nie in grosser vertikaler Erstreckung aufgeschlossen. Dieser Umstand, unterstützt durch den vielfachen Wechsel ähnlicher Schichten, erschwert uns auch hier wie beim Muschelkalk die Beobachtung und die Construction eines idealen Profis. Die untersten Lagen können wir bei Massenhausen, im Held- ritter Holze, bei Kleinwalbur, Meeder, Ludwigsburg und Kipfendorf beobachten; für die höheren Lagen bieten uns einige Steinbrüche, welche wegen eines zu Bausteinen an- wendbaren Sandsteins angelegt worden sind, gute Profile, besonders die Steinbrüche bei Aleinwalbur, Oettingshausen, Heldritt und Steinfeld. Da diese Profile in den Hauptschich- ten übereinstimmen und wir hier nur einen Ueberblick der geognostischen Verhältnisse zu geben beabsichtigen, so hal- ten wir es für hinreichend ein solches Profil aufzuführen und dabei den Charakter dieser oberen Lagen näher zu beleuchten. An dem Profile, welches uns in dem nordöstlich von 722 Heldritt gelegenen Steinbruche geboten wird, sehen wir zu- unterst, auf den erwähnten schieferigen Thonen mit thonigen und schieferigen Sandsteinen aufgelagert: 1) 3 Meter Lettenkohlensandstein. Derselbe bildet, wie es bei Sandalluvionen vorzukommen pflegt, keine stetig aus- gebildete Parallelmasse, sondern ist in seinen Mächtigkeits- verhältnissen mehrfachen Undulationen unterworfen. Dieser Sandstein, welcher an mehren Orten als brauchbarer Bau- stein gewonnen wird, ist durch horizontale Fugen und ver- tikale Klüfte in grosse polyedrische Blöcke getheilt; seine Farbe ist im Allgemeinen schmutzig gelblichgrau, gewöhn- lich mit rothen Flecken oder Flammen und mit ellipsoidisch geformten Concretionen von rothem Eisenoxyd versehen; er ist feinkörnig und führt kleine, durch Kohlentheilchen her- vorgebrachte schwarze Punkte und Glimmerschuppen, wel- che unregelmässig vertheilt, aber vorzugsweise auf den un- ebenen der Schichtung parallelen Bruchflächen angehäuft er- scheinen. Bezeichnend für diesen Sandstein ist das Vor- kommen von Equisetum columnare. 2) 0,5 Meter grauer Thon, nach oben mit kohligen Theilen, nach unten mit Sand und Glimmer gemengt und in Sandstein übergehend. 3) 0,5 Meter gelblichgrauer feinkörniger Sandstein, un- regelmässig dünngeschichtet und zerklüftet, mit weissen Glimmerschüppehen und feinen Kohlenschmitzen und mit gelblichen, festeren, eisenschüssigen Flecken. 4) 0,1 Meter grauer Thon mit kohligen Theilen, durch seinen Gehalt an Eisenkies, nach der Verwitterung meist eine gelbe Farbe annehmend. 5) 0,2 bis 0,3 Meter Lettenkohle. Diese bildet nur selten eine wahre Kohle mit schimmerndem Querbruche; meistens erscheint sie nur als eine schwarze, schieferige, kohlige Substanz mit erdigem Querbruche und spärlich ver- theilten Eisenkiesknollen. 6) 0,2 Meter grauer, unreiner Thon, wie der oben er- wähnte durch Verwitterung gelbwerdend. 723 7) 0,15 Meter grauer, feinkörniger Sandstein mit ein- gesprengten Kohlenkörnern, 8) 0,1 Meter schmutziggelber mergeliger Thon, mit der den Mergeln eigenthümlichen Absonderung und Zerklüftung; die Klüfte sind mit Kalkspath erfüllt oder die Kluftwände mit einem feinen schwärzlichen Ueberzug versehen. 9) 0,75 bis 1,0 Meter schmutziggelber Dolomit, meist durch die Atmosphärilien etwas zersetzt und daher auf dem Bruche von erdigem Ansehen, mit einzelnen festeren Par- tien. Dieses Gestein (BEaumonr’s Dolomit) wird noch durch 0,04 bis 0,05 Meter messende Cayitäten charakterisirt, deren Wände mit einem drusigen Ueberzug von Kalkspath über- kleidet sind. Dieser Ueberzug verdankt seine Ehtstehung dem Wasser, welches bei nasser Witterung das poröse Ge- stein tränkt und bis in die hohlen Räume eindringt; das Wasser verdunstet durch die Wärme allmälig wieder und lässt die beim Durchgang durch das Gestein aufgelöste Kalk- erde als Kalkspath in den Poren und Höhlungen des Ge- steins zurück; daher kommt es auch, dass man bei anhal- tend trockener Witterung diese Cavitäten beim Zerschlagen des Gesteins stets leer, nach nasser Witterung aber mit Wasser erfüllt findet, 410) 0,05 Meter bläulicher Thon. 41) 1,0 Meter domitischer Kalkstein, oft reich an Hohl- drücken von Myophorien und Gervillien, besonders Myopho- rıa Goldfussi. Dieser Kalk zeigt meistens in den unteren Tiefen oolithische Struktur. Diesem sehr ähnliche Profile finden wir in den Stein- brüchen von Kleinwalbur und Oettingshausen, indem wir auch dort zwischen dem unten liegenden Sandstein und dem oben liegenden Dolomite einen Wechsel von Sandsteinen und Tho- nen antreffen, in welchem überdies von den Sandsteinen eine Schicht durch vegetabilische Reste, welche den an ihrer ur- sprünglichen Stelle sich befindenden Wurzeln schilfartiger Gewächse gleichen, ausgezeichnet ist, und eine andere Schicht 724 durch das Vorkommen von Trigonien und Myaciten-ähnlichen Formen besonderes Interesse gewährt. Die Gesammtmächtigkeit der hier als Lettenkohle be- schriebenen Schichten schätzen wir auf mindestens 30 Meter. 8 Keuper. Unser Keupergebirge besteht aus Mergel, Sandstein, Thon, Gyps, Dolomit und Kalkstein. Die Mergel bilden das charakteristische Gestein, und wir beginnen unseren Keuper, sobald wir sehen, dass die Thonschichten diesen Charakter annehmen. Deshalb sind wir auch um so mehr geneigt die über der Lettenkohle, über dem Dolomite BEAumonr’s, auch in unserem Terrain entwickelte Gyps- und Thonbildung, welche die Lettenkohle von den eigentlichen Keupermergeln trennt, hierher zu rechnen. In Betreff der Bezeichnung der einzelnen Keuperschich- ten ist man, bei der ungleichmässigen Entwickelung in den verschiedenen Gegenden Deutschlands und Frankreichs und bei dem vielfachen Wechsel ähnlicher Schichten in verschie- denen Höhen, noch nicht zu der Uebereinstimmung gelangt, welche eine durchgängige Parallelisirung der Schichten ver- schiedener Lokalitäten erlaubte. Da bei uns die Keuper- formation in vollständiger Entwickelung auftritt, so suchen wir, ohne die Hauptstrasse aus dem Augen zu verlieren, unseren eigenen Weg, wie ihn die lokalen Verhältnisse er- fordern. Wir theilen, um eine bequemere Uebersicht zu erlangen und bekannte Bezeichnungen beizubehalten unseren Keuper in einen unteren, mittlen und oberen Keuper. I. Unterer Keuper. Die Thon -Gypsbildung über der Lettenkohle, welche wohl eine Mächtigkeit von 30 Metern erreicht, besteht aus grünen, seltener roth oder gelb gefärbten, thonigen Mergeln, zwischen welchen wenige feste und schwache Sandstein- schichten und dünne Lagen oder ellipsoidische Massen von 725 Gyps auftreten; sie bildet einen die Lettenkohle begleitenden Höhenzug von Streufdorf über Rodach und Bauerfeld bis nach Unterwohlstach, in welchem wir bei Strexfdorf und am Fuchsberge bei Grosswalbur den Gyps in grösseren Massen abgelagert sehen. Besonders bei ‚Sireu/dorf schwillt der Gyps zu grösseren stockförmigen Massen an, die aus unre- gelmässigen, sich auskeilenden, in einander verflochtenen Partien von Thon und Gyps bestehen. Der Gyps zeigt hier rauchgraue, röthliche und weisse Farben, welche mit der Struktur in bemerkenswerther Beziehung dadurch stehen, dass der graue Gyps meist körniges, der röthliche meist blätteri- ges und der weisse immer faseriges Gefüge hat, und dass ferner die beiden ersten Varietäten die Hauptmasse ausma- chen, während der weisse, mit senkrecht auf die Kluftwände gestellten Fasern, die ganze Masse in schwachen Trümern durchschwärmt und sich dadurch als ein sekundäres Gebilde zu erkennen giebt. Der röthliche Gyps führt auch hier die an anderen Orten beobachteten vollständig ausgebildeten Quarzkrystalle. Auf dieser Gypsbildung ruht ein Sandsteinflöz, welches in petrographischer Hinsicht dem oben beschriebenen Letten- kohlensandstein ausserordentlich nahe steht und in Hand- stücken von demselben oft nicht unterschieden werden kann. Dieses Sandsteinflöz bezeichnen wir zur Unterscheidung von den in höheren Regionen erscheinenden Sandsteinen als „unteren Keupersandstein”. Derselbe bildet einen feinkör- nigen, schmutzig gelblichgrau gefärbten Psammit mit einer zwischen 0,5 bis 4 Meter wechselnden Mächtigkeit; er ist meistens sehr dünnschichtig, doch tritt dieser Charakter bis- weilen so weit zurück, dass er als brauchbarer Baustein ver- wendet werden kann. Paläontologisch ist dieser Sandstein bei uns durch das fast ausschliessliche Vorkommen des Calamites arenaceus charakterisirt. Aufgeschlossen finden wir ihn in mehren Steinbrüchen, z. B. bei Streufdorf, Gauerstadt, Bertelsdorf und JNieder- 126 füllbach, natürlich entblösst nördlich bei der Kaserne und im Flussbette zwischen Kortendorf und der Frirprıcn’schen Fabrik bei Coburg. Unser unterer Keupersandstein wird gewöhnlich als mitt- ler angeführt, indem man den Lettenkohlensandstein als unteren bezeichnet und überhaupt den ersteren mit diesem häufig verwechselt hat. Aequivalert ist unser unterer Keupersandstein mit dem Stuttgarter oder Schilfsandstein. U. Mittler Keuper. Von nun an beginnen die ächten Keuper. Mit dem Worte „Keuper” bezeichnet der Üoburger Landmann vorzugsweise die nun in bedeutender Mächtigkeit erscheinenden buntfarbigen Mergel. Diese lokale Benennung hat L. v. Buc# zuerst zur Bezeichnung der ganzen Forma- tion benutzt und in die Wissenschaft eingeführt, durch wel- che dieselbe in alle Sprachen übergegangen ist. Die folgenden Keupergebilde betrachten wir als mittlen und oberen Keuper. Die Grenze zwischen beiden lassen wir uns, da die Keuper wegen ihrer Homogenität eine pas- sende Trennung nicht gestatten, von der Struktur der Sand- steine vorschreiben und beginnen unseren oberen Keuper da, wo wir eine auffallende Zunahme in den Dimensionsverhält- nissen der Bestandtheile der Sandsteine bemerken. Als Gesteine der mittlen Abtheilung lernen wir rothen und grünen Mergel, Sandstein, Gyps, Dolomit und Kalk- stein kennen. Die rothen Mergel sind besonders unten mäch- tig entwickelt, die Sandsteine treten mehr in oberen Regio- nen auf; der Gyps bildet einzelne Lentikularmassen, und der Dolomit, sowie ein thoniger oder dolomitischer Kalkstein und kalkiger Mergel durchzieht in einzelnen, constanten, schwachen Schichten die bunten Mergel. Als weitere Erläuterung setzen wir mit Angabe einiger der Beobachtung günstigen Lokalitäten unser beim unteren Keupersandstein abgebrochenes Profil fort. 727 Der untere Keupersandstein wird immer von einer Lage bläulichen Mergels bedeckt, auf welchem eine mächtige Ab- gerung rothen Mergels ruht. So sehen wir bei Niederfüllbach auf dem Sandsteine wenigstens 25 Meter rothe Mergel, welche in halber Höhe durch eine bis 0,3 Meter starke Dolomitschicht getrennt sind. Dieser Dolomit hat unverwittert ein rauchgraues Ansehen, verwittert erscheint er graulichgelb und sandsteinähnlich. Diesen Dolomit und die folgenden Schichten finden wir an dem Wege, der von dem an der Strasse nach Nieder füllbach gelegenen Steinbruch nördlich auf den Berg nach Hambach zu führt. Auf den rothen Mergel folgt eine 2 Meter starke Lage grünlichen Mergels, in seiner Mitte eine 0,07 Me- ter starke Schicht eines grünlichen thonigen Kalkes zwi- schen sich fassend. Nach einer Zwischenlage rothen Mer- gels von vielleicht 4 Metern folgt wieder eine der vori- sen ähnliche Kalkschicht von etwa 0,1 Meter Stärke, wie die vorige in eine 1,5 Meter mächtige Lage grünen Mergels eingebettet. Diese beiden Kalklagen sind durch ihre Conti- nuität bezeichnend und bilden einen wahren Horizont, der zur Orientirung in den unten mächtig entwickelten, homo- genen Keupermergeln ein bequemes Hülfsmittel an die Hand giebt. Aufgeschlossen finden wir sie bei Zludelsdorf, Her- bartsdorf, am Goldberge bei Neuses, am Fusse der Bausen- berge bei Kortendorf und bei Niederfüllbach. Besonders die obere dieser beiden Lagen ist noch durch eine poröse, bis- weilen cavernöse Struktur mit zerfressenem Ansehen und dadurch ausgezeichnet, dass sich in dem Gesteine Turbonil- lenkerne und einige Mineralspecies, unter anderen auch ein- gesprengte Körner von Bleiglanz, befinden. Auf diese grünen Keuper folgt eine neue, wenigstens 45 Meter mächtige Ablagerung rothen Keupers, welcher von dem vorigen petrographisch nicht verschieden ist. Die höhe- ren Keuperlagen, seien es rothe oder grüne, erreichen nie wieder eine solche Mächtigkeit; von jetzt an stellt sich Sand und Sandstein ein; mit ihnen zugleich beginnt ein bunter 728 Wechsel der rothen, grünen und weissen Farbe, wobei wir bemerken, dass die Mergellagen in der Nachbarschaft der Sandsteine und die mit viel Quarzkörnern untermengten oder sandigen Mergel stets die grünliche Farbe des ihnen beige- gebenen oder zu solchem reduzirten Eisenoxyduls tragen. Ueber den letzten rothen Mergeln wechseln zunächst rothe und grüne auf eine Mächtigkeit von 4 Metern; auf ihnen ruht die erste, gegen 0,25 Meter mächtige Bank des mittlen Keupersandsteins. Charakteristisch für den mittlen Keupersandstein er- scheint überhaupt Feinheit des Korns, grünlichweisse, selte- ner röthlichweisse Farbe und bisweilen eine Neigung zum sogenannten Thonquarz, der mit Feinkörnigkeit eine grosse Festigkeit und etwas verschmolzenes Ansehen verbindet. Sein Bindemittel ist meist thonig oder keuperig, besonders wenn er in mächtigen Bänken auftritt, während die schwa- chen Lagen in der Regel festeren Thonquarz bilden. Jener ersten oben genannten Sandsteinlage folgen wie- der bunte Mergel mit mehr Sandgehalt und einigen dünnen Sandsteinlagen bis zu 10 Meter Höhe, wo wir eine Sand- steinbank Platz nehmen sehen, welche bisweilen eine Mäch- tigkeit von 8 Metern erreicht und als ein brauchbarer Sand- stein, besonders in der Nähe von Coburg, in mehren Stein- brüchen aufgeschlossen worden ist. Wir wollen deshalb den- selben den „Bausandstein von Coburg” nennen. Wie wir schon angedeutet haben, erreicht derselbe nie die Härte der dünneren, in seiner Nähe vorkommenden Schichten; seine Kieseltheilchen sind durch ein thoniges Bindemittel zusam- mengekittet, welches ihm eine grünlichweisse Farbe ertheilt. In Bezug auf organische Ueberreste, welche dieser mittlen und der oberen Abtheilung so kärglich zugemessen sind, zeichnet er sich vor allen anderen aus durch das Vorkom- men des in seinem Liegenden bisweilen abgelagerten, von uns früher zum Theil als Voltzia Coburgensis beschriebenen Treibholzes, in Begleitung von Kohlenbrocken, sogenannter mineralischer Holzkohle und von Anflügen von Kupferlasur 729 und Kupfergrün; auch bildet er die Lagerstätte der Keuper- fische, einiger von Dr. BERGER bekanntgemachten Semiono- tusarten. Der Coburger Bausandstein entspricht den unteren La- gen des Württembergschen ‚‚weissen Sandsteins” von QuEn- srepr. Aufgeschlossen finden wir ihn in den Steinbrüchen von Neuses, Ketschendorf, Kreidlitz, Stöppach, Weissenbrunn am Forst, Grub am Forst und in den Kellern jenseits der Ketschenbrücke bei Coburg. Bedeckt wird dieser Sandstein von rothen und grünen thonigen Mergeln, in welchen, wie z. B. bei Newses, unter ähnlichen Verhältnissen wie über der Lettenkohle, nicht un- bedeutende Gypsstöcke bisweilen erscheinen. Ueber diesem Sandstein, in etwa 5 Meter Entfernung stellen sich auch wieder schwache Lagen eines festeren Sandsteins ein, die ein constantes Niveau behaupten und deren Oberfläche mit verschieden geformten Erhöhungen ver- sehen, wie durch Wellenschläge undulirt erscheint, so dass man an eine litorale Bildungsweise erinnert, wird. III. Oberer Keuper. In den begonnenen, noch hoch aufgebauten Wechsel grüner und rother Mergellagen, in welchem die Schichten nie die bedeutende Mächtigkeit wie in unteren Tiefen erlan- gen, schieben sich später weisse, sehr lockere und weiche Sandsteine ein, die bald theils zu mächtigen Flözen an- schwellen, theils auch nur fingerbreite Lagen von Sand und Mergel im bunten Wechsel zwischen sich fassen. Auffallend ist auch in den Schichten über dem Bausand- stein von Coburg das Wiedererscheinen grösserer Quantitäten von Kalkerde und Bittererde, die sich anfangs in mehren 0,01 bis 0,02 Meter dünnen, bestimmte Niveau’s behaupten- den Lagen eines festeren, kalkigen, zur Üementbereitung und Felddüngung brauchbaren Mergels oder als gelblich- graue, thonquarzähnliche, in ein schwaches Lager ausge- breitete Kalksteinknollen zu erkennen geben, später aber in Zeits. d. d.geol. Ges. V. 4. 48 730 reichlichem Maasse zugeführt wurden und bedeutende Modi- fikationen im petrographischen Habitus einzelner Schichten unserer Formation veranlassten und so auch mittelbar die sekundären Formen unserer Keuperberge bedingen helfen. Der zuletzt erwähnte lockere, weisse Sandstein besteht aus wenigstens hirsekorngrossen, abgeschliffenen Kieselkör- nern mit selten eingesprengten Körnern eines fleischrothen Feldspaths, welche durch ein kaoliniges weisses oder durch ein keuperiges grünliches Bindemittel locker verbunden sind, so dass das Gestein zwischen den Fingern ohne Anwendung eines bedeutenden Druckes zerrieben werden kann; seine Farbe ist daher, besonders im trockenen Zustande, leuchtend weiss mit einem Stich ins Grünliche. Wir parallelisiren die- sen Sandstein mit dem Württemberger „weissen Sandsteine” Quernstepr’s oder dem Stubensandsteine, wie er wegen sei- ner Verwendung in der Hauswirthschaft dort genannt wird. Wir kommen nun zu einigen, zunächst höherliegenden Schichten, die wir nicht gesondert betrachten dürfen, wenn wir genügende Aufklärung über den complicirten petrogra- phischen Habitus derselben erlangen wollen. Diese Schich- ten bestehen aus Stubensandstein, kieseligem Sandstein, Kalkstein, Dolomit und mehr oder minder dolomitischem Kalkstein, bisweilen mit breccienartigen Partien. Alle diese Gesteine bilden nicht immer regelmässige, übereinander ge- schichtete Parallelmassen, sondern wir sehen oft die einen oder die andern auf Kosten der übrigen zurücktreten oder verschwinden oder selbst in kurzen Distanzen regellos durch- einander liegen. Diese und ähnliche Abnormitäten lassen sich durch den mehr oder weniger reichlichen Zufluss von Kalkerde oder Bittererde erklären. Die in Rede stehenden Schichten bilden im Allgemeinen ein 1 bis 10 Meter mäch- tiges Lager eines in der Regel höchst festen Gesteins, auf welches die Atmosphärilien nur wenig zerstörend einwirken konnten und das daher eine schützende Decke für die unter- liegenden Schichten abgab. Die Folge hiervon war, dass die aufliegenden, der Zerstörung bei Weitem zugänglicheren 751 Schichten späteren Einflüssen unterliegen mussten und sich so Berge gestalteten, deren Kuppen und Plateaus wir aus den nun näher in Betracht zu ziehenden Gesteinen zusam- mengesetzt finden. Die oberen Lagen des Stubensandsteins zeigen sich ge- wöhnlich grobkörniger als die tieferen, und schliessen sich dadurch den nächsthöheren Schichten um so enger an. Als jene oberen Lagen abgesetzt wurden, mengte sich dem Ma- teriale allmälıg Kalkerde und Bittererde bei, was wir daraus entnehmen können, dass in dem lockeren zerreiblichen Stu- bensandsteine nach oben sich häufig festere Partien vorfinden, welche mit dem aufliegenden Gesteine homogen sind. In den nächsthöheren Lagen sehen wir das Korn unserer Stu- bensandsteine, mit Beibehaltung der Bestandtlieile derselben, meistens gröber, die Masse selbst aber immer fester werden; das Bindemittel, welches unten Keuper und Kaolin war, ist verschwunden und die einzelnen Kieselfragmente, die wie angeschmolzen erscheinen, sind durch ein kieseliges Binde- mittel zu einer festen, dichten, nur mit der grössten Anstren- gung zersprengbaren Masse verbunden, so dass hier gewiss eine gegenseitige Einwirkung der alkalischen Erden und der Kieselsäure oder die Bildung eines natürlichen Wasserglases stattgefunden hat. Festigkeit und mächtige Entwickelung kommt dem Gesteine hauptsächlich in unteren Teufen zu; höher zeigt es mehr kleinere oder grössere, meistens mit dem Gesteine verflossen erscheinende Partien von Kalkstein und Ausscheidungen von Kalkspath in Adern, kleinen Dru- sen oder seltner von grossen Rhomboedern in grösseren Ca- vitäten. Der unter ähnlichen Verhältnissen erscheinende Dolomit ist theils rauchgrau mit kleinen mit Bitterspath überzogenen Drusen und Klüften, theils feinkörnig und weiss wie feiner Zucker. Wie theilweise die kohlensaure Kalkerde vorherrschend auftritt, so hat sich an andern Orten krystal- linische Kieselerde in verschiedenen Varietäten in kleinen Partien concentrirt oder bildet als verschieden gefärbter Horn- stein ansehnliche Bestandmassen. Die obersten Lagen sind 48* 732 vorzugsweise kalkerdereich und bilden an vielen Orten einen massigen, bittererdehaltigen, zur Mörtelbereitung nutzbaren Kalkstein. Dieses Gebilde, welches wir als „Kieselsand- stein” und ‚‚dolomitischer Kalkstein” des Keupers bezeichnen wollen, bietet noch manche accessorische Bestandtheile, die wir aber hier nicht weiter besprechen wollen. Der Kieselsandstein ist ausserordentlich verbreitet und vielfach aufgeschlossen, da er die Kuppen und Plateau’s un- serer meisten Keuperberge bildet. Von den vielen Orten seines Vorkommens nennen wir die Veste Coburg, Jägersruh bei Rodach, den Judenberg und überhaupt das ganze Pla- teau, welches durch die Orte Ahorn, Scheuerfeld, Mähren- hausen und Tambach begrenzt wird; ebenso auf dem linken Ufer der Itz den Bausenberg, Siemau, Buch, Ebersdorf, Weidhausen, Markt Zeula, Schwirlitz und Schney. In tiefere Lagen disloeirt und meistens zwischen Glieder anderer For- mationen eingeklemmt, treffen wir ihn zwischen Oeslau und dem Mohnberge, bei Arpfendorf, zwischen Fachheim und Horb und bei Mödlitz. Diese mittle Abtheilung ist die mächtigste von allen. Ihre Gesammtmächtigkeit beträgt in runder Zahl 200 Meter, von welchen mindestens die Hälfte den über dem Coburger Bausandstein lagernden Schichten zufällt. Auf dem Keuperkalkstein ruhen zunächst sandige Ge- bilde, welche ihres lockeren Zusammenhalts wegen kaum Sandsteine genannt werden können; sie bilden eine Alluvion, aus den Bestandtheilen des Stubensandsteins zusammenge- setzt, aber nicht die weisse Farbe jener darbietend, sondern mehr schmutzig gelblich, grünlich oder bräunlich gefärbt er- scheinend. Von diesem aus Quarz, röthlichem Feldspath, grünlichen Keuperbrocken und Kaolın bestehenden Grus überschreiten nur selten die Quarz- und Keupertheile die Grösse einer Erbse; ebenso erreicht nur selten die Masse die Consistenz eines wirklichen Sandsteins. Mit diesen Sand- gebilden im Wechsel und immer denselben aufgelagert er- scheint endlich noch ein fetter Keuper, welcher durch eine 733 dunkle, intensiv rothe Färbung charakterisirt wird, nur we- nige schwache, fette, grüne Lagen zwischen sich fasst und als schliessliches Gebilde der Formation zu betrachten ist. Diese obersten Keuperlagen bilden in der Regel die Fläche einer Stufe, an welche sich die nächsthöheren Sand- steine, die wir als untere Liassandsteine kennen lernen wer- den, als die Stirn einer neuen Stufe anschliessen. Profile, welche sich bis in den nächsten Sandstein erheben, sind da- her selten. Von dem Charakter dieser Schichten können wir, den Grenzen des Lias entlang, bei Gneiles, Einberg, zwischen Oberfüllbach und Lützelbuch, bei Sonnefeld, am Eichberg bei Schneckenloh, bei Kösten, Schönsreuth, Ober- siemau, Scherneck, Hohnstein und Witzmannsberg uns hin- reichende Kenntniss erwerben. Ehe wir zu dem mächtig entwickelten, gelben Sand- stein, welcher fast allgemein noch zum Keuper gerechnet wird, übergehen, wollen wir noch einen flüchtigen Rückblick auf unsern Keuper werfen. Der untere Keuper erhebt sich über der Lettenkohle in der Thon- und Gypsbildung mit Mergeln und Sandsteinen, von welchen das oberste Flöz durch seinen Reichthum an Calamites arenaceus ausgezeichnet ist. Der mittle Keuper beginnt mit dem vorherrschenden Erscheinen der ächten, spröden, rothen Keupermergel und der weissen, feinkörnigen, bisweilen Thonquarz bildenden Sandsteine. In ihm sind die rothen Mergel in unteren Teu- fen vorherrschend; in oberen Teufen findet ein grösserer Wechsel der Schichten bei geringerer Mächtigkeit mit dün- nen zwischengelagerten Kalkmergellagen statt; in der Mitte bildet der Bausandstein von Coburg ein mächtiges Lager. Der Calamites arenaceus und andere die Sandsteine des un- tern Keupers und der Lettenkohle charakterisirende Pflanzen sind so gut wie verschwunden; die organischen Ueberreste beschränken sich fast lediglich auf Treibholz von Coniferen und einige Fischarten des Bausandsteins von Coburg. Den oberen Keuper charakterisirt das grobe Korn und 734 das kaolinige Bindemittel der Sandsteine, welche theils als blosse Sandalluvionen, theils, durch die Einwirkung hinzu- gekommener Kalkerde und Bittererde als feste Kieselsand- steine ausgebildet erscheinen; eine brennend rothe oder vio- lette Färbung der Mergel macht sich nur in den oberen Schichten geltend. Von organischen Ueberresten finden wir nur verkieselte Coniferenstämme in dem den Kieselsandstein überlagernden Sandsteine; Thierreste haben wir noch nicht sefunden. Der ganze Keuper dürfte bei uns eine Mächtigkeit von 300 Metern erreichen. 9, Lias. Bei der Inconsequenz, mit welcher die Sandsteine zu- nächst dem Niveau, bis zu welchem wir mit unserer Be- schreibung gelangt sind, bezeichnet worden sind und noch bezeichnet werden, glauben wir auch hier die nun folgenden Schichten etwas ausführlicher besprechen zu müssen, als es die Erläuterung zu einer yeognostischen Uebersichtskarte erfordern dürfte. Die Lagerungsverhältnisse unseres Lias lassen im All- gemeinen eine Uebereinstimmung mit denen des Lias im südwestlichen und nordwestlichen Deutschland erkennen. Wir sehen hier wie dort die rothe Lettenbildung von mächtigen Bänken eines gelben Sandsteins bedeckt. Mit dem Erschei- nen dieses Sandsteins treten aber mannigfache Veränderun- gen ein, welche hinreichende Gründe darbieten, denselben als das erste Gebilde der Liasperiode zu betrachten. Dieser untere Liassandstein bildet in seinen untersten Lagen einen meistens regelmässig grobkörnigen, an Binde- mittel armen, hellrothfarbenen Sandstein mit bisweilen ein- gesprengten Kohlenbrocken und knolligen Eisenkiesconcre- tionen, oder durch Eisenoxyd zu einer festen Masse ver- schmolzenen Partien; mehr nach oben wird sein Korn feiner, sein Gefüge dichter, so dass die obere Region, die Haupt- masse des Gesteins, als ein feinkörniger Sandstein bezeichnet 735 werden kann. Mit diesem Sandsteine kommen Thonflöze vor, welche sich sowohl zwischen seine durch Fugen ge- trennte Bänke einkeilen, als auch denselben bedecken. Dieser Sandstein, welcher zum Wenigsten in Deutsch- land überall vorhanden ist und welcher fast allgemein dem Keuper zugerechnet wird, ist QuEnstEepr’s „gelber Sand- stein” Württembergs, der Luxemburger Sandstein, v. Srron- BECK’S „oberster Keupersandstein” und Turopor!s Equise- tensandstein und Quarcitensandstein zum Theil. Schon im Jahre 1832 führte BERGER in seinem Schriftchen über die Versteinerungen der Coburger Sandsteine denselben als Lias- sandstein an, und auch wir haben kürzlich bei einer Bespre- chung der den Thonlagern dieses Sandsteins angehörigen Pflanzenversteinerungen von Veitlahm und der 'Theta die Ansicht, nach welcher derselbe dem Lias einverleibt werden muss, ausgesprochen. Dem damals Angedeuteten fügen wir noch Mehres hinzu. In unserer Gegend erhebt sich diese Sandsteinbildung mit den Liasschichten wallförmig über das angrenzende Keuperterrain und macht sich schon dadurch äusserlich als ein dem Lias engverbundes Glied bemerkbar. Ziehen wir die petrographischen Merkmale dieses Sandsteins und der Keupersandsteine in Betracht, so finden wir in seinem Kie- selbestandtheile noch einige Verwandtschaft mit den Keuper- sandsteinen, während uns sein Eisengehalt, die damit be- dingte gelbe Färbung, der gänzliche Mangel an blauen Keu- perbrocken und die Seltenheit kaoliniger Theile befremden. Hierzu kommen noch die ersten Strahlen einer aufgehenden neuen Fauna und Flora; schon in dem noch grobkörnig er- scheinenden gelben Sandsteine erscheint Ammonites raricosta- tus und ein dem Ammonites polymorphus am nächsten ste- hender Ammonit, welche man in den oberen feinkörnigen Lagen desselben, in welche man allmälig übergeführt wird, mit anderen dem Keuper fremden Thierresten wiederfindet; bezeichnende Pflanzen für die mehr oben gelegenen, fein- körnigen Sandsteine sind Clathropteris meniscioides und 736 Camptopteris Nilssoni. Dass die Lagerstätte der als liassisch anerkannten Flora von Veitlahm und der Theta diesem Sand- steingebilde angehört, haben wir selbst früher an einem an- deren Orte schon dargethan. Auf diesen Sandstein folgt ein dünnschichtiger oder wel- lenförmig schieferiger, glimmerreicher Sandstein, oder ein Wechsel dünner Thonschichten mit dünnen Sandsteinschich- ten. Der Thon ist meist stark mit Sand vermengt, die Sand- steine hingegen sind ziemlich rein und feinkörnig. Einige Lagen zeichnen sich durch viele, aber wenig gut erhaltene Versteinerungen aus, von welchen Cardinien, Ostrea irregu- larıs, ungula und auricularis, Lima Hausmanni, Asterias lumbricalis und Hohldrücke des Pentacrinus basaltiformis als die häufigeren angeführt werden können. Die obersten Sand- steinlagen machen sich durch braune, feste, blasige Eisen- concretionen kenntlich; bisweilen stellt sich auch schon Kalk- erde ein, wo wir dann ein höchst festes, Eisenkies-haltiges, bei der Verwitterung in einen ockerigen Staub und Kiesel- körner zerfallendes Gestein (bei Grossheirath) oder ein ähn- liches versteinerungsreiches Gestein ohne Kieselkörner (z.B. bei Krumbach) vor uns sehen; eine Schicht besteht fast ganz aus Berger’s Thalassites Coburgensis (Cardinia trigona Der.) und war schon von v. SCHLOTHEIM in seiner Sammlung als „die bekannte Muschelbank im Coburgschen” bezeichnet worden. Für die unteren Liasgebilde können die Thongruben bei Kipfendorf und Einberg, die Gegend von Blumenrod, Ober- füllbach, Sonnefeld, Schneckenloh, Grossheirath, Schönsreuth, Witzmannsberg und Krumbach als empfehlenswerthe Beob- achtungspunkte bezeichnet werden; die Thalassitenschicht fin- det sich am ausgezeichnetsten bei Blumenrod und Krumbach. Diese unteren Liasgebilde werden bei uns, ähnlich wie bei Banz, von den Gryphäenmergeln und Kalken bedeckt. Diese sind jedoch nirgends recht aufgeschlossen und fehlen überhaupt auf dem westlich von der Itz gelegenen Liaspla- teau. Diese und die folgenden in unserem Terrain noch 737 entwickelten Liasgebilde beschränken sich auf den kleinen Distrikt, in welchem die Orte Oberfüllbach , Grossgarnstadt, Fachheim und Blumenrod liegen. Wie bei Banz ruhen auf den Gryphäenmergeln und Gryphäenkalken Thone mit festeren Einlagen, welche bis- weilen Ammonites costatus führen und deren Anwesenheit bei uns oft durch zerstreut liegende Kalkknollen mit vor- stehenden Kalkspathleisten (Lusus Helmonti) verrathen wird; hierauf folgen noch die untern Lias- oder Belemnitenschiefer mit den Stinkkalken und den zuoberst liegenden Monotis- kalken, in deren Nachbarschaft kürzlich auch bei uns einige Reste von Ichthyosauren gefunden worden sind. Die nun folgenden Posidonomyenschiefer haben wir in dem Terrain, welches unsere Karte umfasst, noch nicht finden können; wir nehmen daher an, dass die Monotiskalke den Schluss unserer sekundären Bildungen machen. Die Gesammtmächtigkeit unserer Liasschichten dürfte 80 Meter erreichen. 10. Diluvium. Der im Lias bei uns unterbrochenen Formationsreihe folgen zunächst quartäre Bildungen. Da das Material der Diluvialablagerungen in der Regel den nächsten‘ Gebirgen entnommen ist, so lernen wir auch unser Diluvium als ein Haufwerk von Fragmenten kennen, welche zum grössten Theil ursprünglich den in unserem Terrain vorkommenden Formationen angehört haben, ja wir können nach dem Vor- walten des einer Formation entnommenen Materials ver- schieden modificirte Diluvialablagerungen unterscheiden. Die meisten Fragmente stammen aus dem Grauwackengebirge des südöstlichen Theils des Thüringer Waldes, doch begeg- nen wir auch Ablagerungen, zu welchen der bunte Sand- stein, der Muschelkalk, der Keuper und selbst der Lias das vorwaltende Material geliefert haben. Vorwaltend aus bun- tem Sandstein und Muschelkalk besteht die Ablagerung bei Oberlauter; Kieselgeschiebe und Sand des bunten Sandsteins 738 sind in dem Diluvium von Meulschnitz und Mupperg vor- herrschend; bei Dertelsdorf, Coburg und Kreidlitz finden sich Keupergesteine im Diluvium, und zwischen ZozA und Grub die festeren Gesteine des unteren Lias. Mit diesen Geschiebeablagerungen sind fast überall Lehmlager verbunden. Organische Ueberreste haben wir in unserem Diluvium noch nicht gefunden. Das Maximum der Mächtigkeit unserer quartären Schich- ten dürfte 6 Meter betragen. A SAlvsum. Die Bildungen, an welchen atmosphärische Niederschläge und unsere Flüsse continuirlich, und periodisch mit vermehr- ter Anstrengung arbeiten, bestehen theils aus gröberen Frag- menten, theils aus feinerem Schlamm. Beide erkennen wir als mehr oder minder veränderte Fragmente derjenigen For- mationen, welche die Regengüsse und unsere fliessenden Ge- wässer auf ihrem Wege berühren und welche durch den Stoss des Wassers und durch das Eis immer weiter abwärts geschafft werden. Zu den Bildungen neuester Zeit gehört noch der Kalk- tuff und der Torf. Wie an anderen Orten unter ähnlichen Umständen ver- dankt der Kalktuff' seine Entstehung der auflösenden Eigen- schaft des kohlensäurehaltigen Wassers, welches bei seinem Durchgang durch Kalkschichten, in unserem Falle durch die Schichten des Muschelkalkes, von dem Kalksteine auf- löset und beim Austritt des Wassers aus demselben einen Theil des aufgelösten Kalkes, durch Verlust eines Theils der Kohlensäure, als kohlensauren Kalk fallen lässt. Wir sehen daher bei uns nicht nur in unseren Quellen und Brun- nenstuben stalaktitische Formen sich bilden, sondern auch, wie bei Weissenbrunn und Weitesfeld, ganze Lager von Kalk- tuff entstehen. Bei der Bildung des Weissenbrunner Kalk- tuffes ist noch die Art der Zunahme des Lagers von grossem 739 Interesse; es erfolgt hier nämlich das Wachsen hauptsächlich in horizontaler Richtung, indem am Bergabhange, in der Schlucht, in welcher das Lager eingebettet ist, dadurch dass das kalkhaltige Wasser die Tufffelsen durchfliesst und über- wässert und beim Durchgang durch die, die Felsen beklei- dende Moosdecke einen Theil seines Kalkes an diese Moose und Grasstängel absetzt, dieselben erst inkrustirt, dann die durch Verwesung der organischen Körper entstandenen hoh- len Räume erfüllt und so eine Generation nach der andern in der Horizontale fortschreitend umbildet, so dass man von aussen nach innen, bis auf ziemliche Entfernung, wie an ei- nem Baume, den jährlichen Zuwachs deutlich erkennen kann. Die organischen Ueberreste beschränken sich auf Arten der gegenwärtigen Fauna und Flora; sie bestehen vorzugs- weise in Schnecken und Blättern. Stufen mit Kunstpro- dukten, versteinerte Vogelnester und dergleichen Gegenstände, welche angeblich hier gefunden werden sollen, sind das Machwerk von Betrügern. Der Torf ist bei uns ziemlich verbreitet; unsere Torflager sind aber, mit Ausnahme des bei Zeubisch gelegenen, ihrer geringen Mächtigkeit und ihres reichlichen Erdengehaltes wegen, nicht von erheblichem Werthe und können nirgends als Stechtorf gewonnen werden. 12. Basalt. Obgleich das gesammte Material unserer Basaltgänge einem und demselben Urquell entstiegen ist, so giebt sich an verschiedenen Lokalitäten doch eine verschiedene Modifikation des petrographischen Charakters zu erkennen. Wir sehen nämlich bei unseren 0,3 bis 1,5 Meter mächtigen Basaltgän- gen nicht nur die Verwitterung im Allgemeinen viel weiter vorgeschritten, als dies bei grösseren Eruptivmassen der Fall zu sein pflegt, sondern wir begegnen auch anderen Struktur- verhältnissen, welche ihrerseits wieder eine Zersetzung und theilweise Umbildung der Gesteinsmasse befördern halfen. Während wir daher am Straufhain und selbst noch an dem mäch- 740 tigsten unserer Basaltgänge, an dem Basalte im Rudelsdor- fer Holze, ein sehr schwer zersprengbares, graulichschwarzes Gestein mit einer Neigung zu eckigkörniger Absonderung und am Straufhain selbst zu säulenförmigen Gesteinsformen, als einen Basalt mit den gewöhnlichen accessorischen Bei- mengungen von Olivin und Hornblende kennen lernen, so erscheint uns die Gesteinsmasse der kleineren Basaltgänge als ein Haufwerk viel kleinerer Basaltbrocken mit meist poröser, an den Salbändern selbst blasiger Struktur, deren Poren und Blasenräume häufig mit Zeolith und Kalkspath erfüllt sind. 13. Phonolith. Der Phonolith, dessen Vorkommen in unserem Terrain auf das an der Veste bei Heldburg beschränkt ist, bildet ein festes dichtes Gestein von schmutzig grüner Farbe mit acces- sorischen Einmengungen von Hornblende,. Titanit, Magnet- eisenerz und Feldspath; bisweilen zeigt er ein geflecktes An- sehen, welches vorzugsweise bei angehender Verwitterung hervortritt und bei fortschreitender Zersetzung in eine klein- kugelige Absonderung übergeht. IV. Die geognostisehce Beschaffenheit in Bezug auf industrie und &ewerbe. Mehre Glieder der angeführten Formationen werden zwar zu technischen und öconomischen Zwecken benutzt, wir können aber nicht sagen, dass unsere geognostischen Verhältnisse viel Gelegenheit zur Hebung des Nationalreich- thums darbieten. Die Thüringer Grauwacke, soweit sie unserer Karte anheimfällt, liefert nur Material zum Strassenbau. Die Steinkohlenformation, welche den von uns in Be- tracht gezogenen Distrikt unterteuft, liegt bei dem steilen Fallen der Schichten bei uns schon so tief, dass Versuche das Kohlenflöz mit einigen im Rothliegenden angesetzten 741 Bohrlöchern zu erteufen noch zu keinem günstigen Resultate geführt haben. Der Zechstein wird zum Strassenbau und gebrannt zur Mörtelbereitung verwendet; Spuren von Kupfererzen in bi- tuminösen Schiefern und im Dolomite haben zu mehrfachen Schurfarbeiten Veranlassung gegeben und durch diese sich überall als unbauwürdig erwiesen. Der bunte Sandstein liefert einen guten festen Baustein und in seinen quarzreichen Varietäten ein sehr taugliches Material zu Wegplatten und Mühlsteinen. Der Muschelkalk wird zu Mauerbauten, zum Pflastern, zum Strassenbau und zur Mörtelbereitung benutzt; die tho- nigen Kalkschichten, besonders der mittlen Abtheilung, wer- den bei der Anfertigung der sogenannten Märbel verwendet. Aus der Lettenkohle benutzt man den Sandstein bei Bauten verschiedener Art, und der Dolomit der Lettenkohle liefert gutes Uement. Das Lettenkohlenflöz hat sich bei uns nirgend, weder zur Verwendung als Brennmaterial noch zur Vitriolbereitung, bauwürdig gezeigt. Aus dem Keuper benutzt man den untern Keupersand- stein und vorzugsweise den mittlen Keupersandstein als Werkstein bei Bauten; die reineren Lagen des oberen do- lomitischen Kalksteins finden in der Kalkbrennerei Anwen- dung und mehre die mittlen Keupermergel durchziehende Kalkmergellagen haben sich als ein vortreffliches Material zur Cementbereitung bewährt. Den Gyps gebraucht man noch zur Anfertigung von Kunstgegenständen und in der Landwirthschaft, gebrannt als Mörtel und zum Abgiessen von Modellen. Die grünlichgrauen thonigen Keuper verwendet man zum Walken der Tücher. Die in den unteren Lagen vorkommenden und gewöhnlich auf den Feldern lose herum- liegenden kleinen Knollen von Rotheisenstein sind zu selten, um hüttenmännisch verschmolzen werden zu können, ebenso hat das sporadische Auftreten von Steinkohlenbrocken in dem mittlen Keupersandstein und im untern Liassandstein zwar zu kostspieligen Versuchsarbeiten Veranlassung gegeben, 742 aber noch nie eine Aussicht auf ein günstiges Resultat ge- währt. Der Lias liefert vorzugsweise in den dichten Kalkstei- nen das Material zu den jetzt in grosser Menge bei uns be- reitet werdenden Märbelkugeln; in seinen festen Sandsteinen giebt er uns einen schätzenswerthen Baustein, während die lockeren Varietäten Sand für die Glasfabriken liefern. Die mit dem Sandstein vorkommenden Thone holen die Töpfer und Porzellanfabrikanten des Thüringer Waldes. Das Diluvium öffnet uns seine Lehmlager zu Bau- zwecken und bietet in seinen festen Grauwackengeschieben einen brauchbaren Strassenschotter. Der Kalktuff ist als leichter Baustein zu Gewölben und Giebelmauern beliebt und findet gebrannt Absatz in die Glasfabriken des Thüringer Waldes. Der Torf dient uns als ein, wenn auch nicht sehr be- liebtes Brennmaterial. Der Basalt und Phonolith werden als Aufschlag auf die Strassen und zum Pflastern benutzt. Die periodisch erfolgenden feinen Alluvialniederschläge geben den durch ihr frisches Grün bekannten Wiesen unse- rer Thalsohlen stets neue Nahrung und tragen wesentlich zu der im Lande mit Vortheil betriebenen Viehzucht bei. 743 3. Der Grasbrook bei Hambure. Von Herrn Zınwermann in Hamburg. In Folge umfangreicher Erdarbeiten ist der Boden des Grasbrooks jetzt bis zu einer beträchtlichen Tiefe aufgeschlos- sen, aber dadurch auch so umgewühlt worden, dass in we- nigen Jahren seine ursprüngliche Beschaffenheit nicht mehr zu erkennen sein wird; daher glaube ich, dass eine aus- führlichere Beschreibung desselben nicht ganz unpassend sein dürfte, obgleich ich bereits anderswo (v.- LEONHARD und Bronn’s N. Jahrbuch. 1852. H.2) eine kurze Notiz darüber mitgetheilt habe. Der Grasbrook bildet die südliche Grenze der Stadt Hamburg und ist die nördlichste der 17 oder 18 Inseln, wel- che nahe aneinander gedrängt, den hier eine Meile breiten Elbstrom in mehrere Arme spalten. Diese Insel erhebt sich aus dem nördlichen Hauptarme, der Norder-Elbe, in der Mitte 13 Fuss, im nördlichsten Theile 15 Fuss hoch über dem mittlern Wasserstande der Elbe, die längs des südlichen Ufers eine wechselnde Breite von 1000 bis 2000 Fuss hat. Die Länge dieser Insel beträgt 7000 Fuss; ihre grösste Breite, die nach Osten und Westen hin rasch abnimmt, da die Insel an beiden Enden spitz ausläuft, betrug ursprüng- lich 2700 Fuss. Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts ward nämlich der Grasbrook fast seiner ganzen Länge nach durch einen Wall und Graben getheilt, und daher beträgt die jetzige grösste Breite des südlichen Theiles desselben, von dem hier vorzugsweise die Rede sein soll, nur noch 1700 Fuss. Bis zum Jahre 1826 war dieser jetzt ausschliesslich Grasbrook benannte Theil nur mit Gras bewachsen, und ward daher bis dahin als Vienweide benutzt. In den ältesten Zei- ten diente das westliche Ende desselben zum Richtplatz der Seeräuber. Noch 1826 wurden am südlichen Ufer und im 744 westlichen Theile Fabriken, Holz- und Steinkohlenlager, und hart am Stadtgraben einige Gärten angelegt; die Mitte aber blieb bis jetzt Weideland. Er hat also bisher in seiner Bo- denbeschaffenheit keine grossen Veränderungen erlitten. Schon im Jahre 1840 ward das westliche Ende des Stadt- grabens ausgetieft, und von dem daran stossenden Theile des Grasbrooks ein Stück in der Länge von 1600 Fuss, circa 200 Fuss, breit abgeschnitten um dadurch den Hafen zu ver- grössern. Bei dieser Gelegenheit wurde unter diesem Theile des Grasbrooks und 5 Fuss unter dem Bodengrunde des Stadtgrabens ein mehrere Fuss mächtiges Lager von Hasel- nüssen mit vegetabilischer Moorerde vermengt, und unter diesem eine grosse Menge horizontal neben- und übereinan- der niedergelegter Baumstämme angetroffen, welche letztere fast durchgehends die Richtung von W.N.W. gegen O.S.O. einpahmen, und nach Herrn Dr. Scnacur’s Untersuchung meistens der Linde und Eiche angehörten. Solche Baum- stämme finden sich auch unter den Marschen des Hammer- brooks, Billwärders und Ochsenwärders bis nach dem Städt- chen Bergedorf hinauf. Auf dem dieses Bassin gegen Norden begrenzenden Wallabschnitte ward im Sommer 1852 bei einem hier vor- genommenen Siehlbau in der Tiefe von 18 Fuss und in einer Längsausdehnung von 300 Fuss eine 3 Fuss starke schwefelhaltige Erdschicht aufgeschlossen. Der darin ent- haltene Schwefel war aus Schwefelwasserstoff abgeschieden, der von verwesenden organischen Resten herstammte. Im Jahre 1851 erlangte man aber erst einige Aufklä- rung über die eigenthümliche Bodenbeschaffenheit des Gras- brooks, als im östlichen Theile desselben mit der Austiefung eines Bassins begonnen wurde. Umfangreichere Arbeiten wurden aber im Jahre 1853 vorgenommen, wodurch die Bodenbeschaffenheit dieser Insel in grösseren Tiefen aufge- schlossen ward. Es wurden hier nämlich drei Bassins zur Vergrösserung des Hafens aufgegraben, jedes 1000 Fuss lang, 300 Fuss breit und zwischen 20 und 23 Fuss tief, 745 von denen zwei im westlichen Theile, durch einen gleich tiefen Kanal verbunden, der durch die ganze Breite des Grasbrooks von der Elbe zum Stadtgraben läuft, ein drittes im östlichen Theile eröffnet worden sind. Ueberall, wo man die Rasendecke wegnahm, war der Boden mit einer zahllosen Menge Muscheln aufs innigste vermengt, die zwar zum Theil sehr verwittert und daher ihrer Farbe beraubt, sonst aber noch völlig gut erhalten sind. Dieses Muschellager breitet sich über den ganzen Grasbrook aus, und ward bei den ausgedehnten Aufgrabungen überall da angetroffen, wo der Boden nicht zufällig durch Bauten eine Aufwühlung oder sonstige Veränderung erlitten hatte. Indessen verhielt es sich im westlichen unteren Theile etwas anders als im östlichen. Hier nämlich am oberen Ende fan- den sich die Muscheln in mehrere ein bis anderthalb Fuss starke schichtförmige Bänke abgetheilt, die durch 8 Zoll dicke Zwischenlager von muschelfreier Marschklaye getrennt sind. In der Mitte des Grasbrooks keilen diese Muschel- schichten theils aus, theils fliessen sie zu einem 8 bis 10 Fuss mächtigen Muschellager zusammen, das bis zum westlichen Ende andauert. Da also die östliche von der westlichen Hälfte des Grasbrooks einige Verschiedenheit zeigt, so will ich von jener der oberen zuerst reden, Die oberste Muschelschicht dieser Abtheilung ist kaum 4 Fuss mächtig, ist aber so sehr mit Muscheln erfüllt, dass diese die Hauptmasse bilden, und nur wenig graugelbe kalkig- thonige Erde sie verbindet. Sie enthält nur Flussmuscheln, die sich noch gegenwärtig im Elbbette finden, nämlich Oy- clas rivalis und Paludina vivipara. Dazwischen aber finden sich zerstreut Trümmer von Mauersteinen und Topfgeschir- ren. Diese oberste Muschelschicht wird von der folgenden etwas stärkeren durch ein 8 Zoll mächtiges Zwischenlager von dunkelgrauer Marschklaye geschieden, worin sich nur wenige Muscheln, doch gleichfalls noch Trümmer von Kunst- produkten finden. Die zweite Schicht enthält ausser den genannten Conchylien noch einige Exemplare von Paludina Zeits. d. d. geol. Ges. V. 4. 49 746 impura und Limnaea stagnalis, aber es finden sich schon, wenn auch zerstreut, ziemlich viele Schalen einer Brackmu- schel, Mytilus edulis. Die Trümmer von Kunstprodukten verschwinden bereits. Die zweischaligen Muscheln kommen noch mit beiden meistens geschlossenen Schalen vor, und sämmtliche Muscheln liegen so dicht aufeinander, dass jeder Gedanke an Anschwemmung verschwindet, vielmehr beide Ablagerungen sich als wahre Muschelbänke ergeben, wie dies auch von der folgenden angenommen werden muss. Es folgt nämlich unter der zweiten Muschelschicht wieder ein Zwi- schenlager von 8 bis 10 Zoll Marschklaye, die eine anderthalb Fuss starke Muschelschicht bedeckt, welche dieselben Con- chylienarten der letztgenannten Schicht enthält. Es folgt bierunter wieder etwas Marschklaye, die einige Austerscha- len enthält, und die eine 1 Fuss starke Schicht von zer- trümmertem Eichen- und Fichtenholz bedeckt, unter welcher jetzt ein mächtiges nicht durchsunkenes Lager von blau- schwarzem Thon folgt. In diesem finden sich zu oberst viele kleine Exemplare von Paludina impura und Limnaea ovata ferner Tellina solidula, Mytilus edulis, Cardium edule und Ostrea edulis, auch habe ich hier einige Exemplare von Buceinum undatum gefunden. Letztere Seemuscheln nehmen aber mehr die untere Masse des Thones ein. Sämmtliche Schalen dieser Meeres-Conchylien sind mehr oder weniger blau gefärbt, liegen aber mehr zerstreut in dem blauen Thone, so dass man nicht wohl annehmen kann, dass sie sich hier angebaut hatten, sondern sie wurden sicher einst angeschwemmt, mit Ausnahme der Cardium-Schalen. Im westlichen Theile des Grasbrooks ist, wie gesagt, die schichtförmige Abtheilung des oberen Muschellagers we- niger deutlich, obwohl wiederholte Unterbrechungen des An- baues sich zu erkennen geben. Es finden sich hier aber gar keine Kunstprodukte oder Mauersteintrümmer, wenn dort nicht ein Haus stand, das der neuen Anlage wegen abge- brochen wurde. Die ganze obere 8 bis 10 Fuss mächtige Ablagerung besteht aus bald mehr bald weniger dicht zu- 747 sammengedrängten Muschelschalen, vermischt mit einer hell- grauen kalkigthonigen Erde (einer Art Mergel), und enthält dieselben Fluss-Conchylien, wie die oberen Schichten der östlichen Hälfte des Grasbrooks, nämlich vorzüglich Cyclas rivalis und Paludina vivipara; zwischen diesen zerstreut fin- den sich einige Exemplare von Limnaea stagnalis und Pa- ludina impura. Unter dieser Muschelablagerung folgt eine 1 Fuss starke Torfschicht aus Schilf und Sumpfpflanzen, insbesondere Salicornia herbacea, gebildet, die einige zer- trümmerte Baumstämme, oft mit erdigem Vivianit überzogen, und Haselnüsse enthält, von letzteren jedoch verhältnissmässig nur wenige. Unter dem Torfe folgt dann wieder ein fetter blauschwarzer Thon, zu oberst gleichfalls vermengt mit Pa- ludina impura, Limnaea ovata, Tellina solidula und Mytilus edulis. In grösserer Tiefe aber finden sich eine grosse Menge Schalen von Cardium edule und Ostrea edulis, die vom Thone gleichfalls blau gefärbt wurden. Die Austerschalen kommen mehr zerstreut, die Schalen der Cardium aber oft in dichten Haufen vor, und zwar in den verschiedensten Grössen, von der Breite von 1 Linie bis zu 1 Zoll; doch sind die grossen Schalen seltener. Nach diesem Vorkommen muss man also wohl schliessen, dass sich das Cardıum edule hier angebaut hatte. Je tiefer die Bassins ausgegraben wurden, desto spar- samer zeigten sich die Muschelschalen, und in der grössten Tiefe scheint der Thon ganz frei davon zu sein. Es ist schwer zu bestimmen, ob dieser Thon schon dem Braunkoh- lenthone angehört, in dessen vom Wasser aufgeweichter Oberfläche sich die Muscheln abgesetzt und angebaut hat- ten, oder ob die ganze Tihonmasse ein postdiluvialer Meeres- absatz ist. Dass aber das Meer einst darüber gestanden hat, geht aus dem gehäuften Vorkommen der Cardiumschalen, und der grossen Menge Austerschalen hervor, welche letz- tere jedoch wahrscheinlich nur angespült wurden. Viele Geschiebeblöcke von ausserordentlicher Grösse wurden noch ausgegraben; und ferner einige Gegenstände 49* 748 sefunden, die von Menschen herrühren, wie ein Kästchen mit alten völlig unkenntlich gewordenen Münzen, ein Schwert und einige unbedeutende Kunstgegenstände; jedoch habe ich nicht in Erfahrung bringen können, aus welcher Tiefe diese ausgegraben wurden. Zu vermuthen ist es, dass sie dort in Kriegszeiten eingescharrt und verloren wurden. Das beschriebene Vorkommen so vieler Seemuscheln in den untern Erdlagen am Grasbrook, während die oberen nur Fluss- und Brackmuscheln enthalten, sowie die Scheidung der Fluss- und Meeresbildung durch eine Torf- und Holz- schicht giebt uns Aufschluss darüber, welche Veränderungen sich in der Bodenbeschaffenheit dieser Gegend in der jüng- sten Erdperiode noch zugetragen haben, zumal wenn wir sie im Zusammenhang betrachten mit der Bildung der Umge- bungen dieser Insel. Die Elbe, welche zwischen Zamburg und Harburg ur- sprünglich die Breite einer Meile gehabt zu haben scheint, wird hier durch eine Menge dicht zusammengedrängt liegen- der Inseln in mehrere schmälere und breitere Arme gespal- ten, deren gegenseitige Lage die grösste Aehnlichkeit hat mit den Watten, die sich an der jetzigen Elbmündung be- finden, und dort das Einlaufen der Schiffe in den sonst so breiten und tiefen Strom oft so gefährlich machen. Von jenen Elbinseln dehnt sich gegen Osten bis in die Gegend von bleckede eine Marschniederung von 8 Meilen Länge aus, in demselben Niveau der Elbinseln und so eben wie ein Fuss- boden. Diese Niederung wird jetzt von der Elbe, Bille, Ilmenau, Netze und andern kleinen Flüssen durchströmt. Sie wird von Norden begrenzt durch die Meklenburg-Lauen- burgische Niederung, welche über den Schaalsee nach der Lübecker Bucht zieht, dann durch den Lauenburg-Holstein- schen Landrücken, dessen Abfall bei Schulau und Wedel plötzlich rechts nach Norden abbiest; von Süden durch die Lüneburger Haide, die über Lüneburg und Harburg hin ei- nen Halbkreis beschreibt, bei dieser Stadt, Hamburg gegen- über, sich dem Holsteinschen Landrücken nähert, dann aber 749 gegen Südwest fortstreicht. Zwischen Lüneburg und dem Lüneburgischen Höhenrücken hat diese Niederung eine Breite von fast 3 Meilen, und ıhre Bodenbeschaffenheit so- wohl wie ihre Begrenzung weisen deutlich darauf hin, dass die Elbe, welche sich darin ergiesst, hier einen beträchtlichen See bildete, der wahrscheinlich einst auch mit der Ostsee in Verbindung stand. Ob damals die Mündung in den Busen der Nordsee, der augenscheinlich durch die Gestaltung der Küstenlinien des Holsteinschen Landrückens und der Lüne- burger Haide unterhalb Zumburg und Harburg angedeutet wird, noch geschlossen war, ist jetzt nicht mehr zu erken- nen. Die grossen Geschiebe, welche im Grasbrook gefun- den wurden, lassen etwas der Art zwar vermuthen, während solche in der bezeichneten Niederung, sonst nirgends vorkom- men, Aber die Geschiebe können auch auf andere Weise dahin gelangt sein. Die Elbe musste, da sie vor ihrem Ausfluss ins Meer eine so grosse Breite einnahm, einen schwachen Strom gehabt haben, und da sie überdies mit der Fluth zu kämpfen hatte, die gegenwärtig noch bis zu den Vierlanden hinaufgeht, so musste hier nothwendig ein Ab- satz erdiger und sandiger Theile erfolgen, die von dem Strome in grosser Menge noch gegenwärtig mit fortgeführt werden. So entstand hier eine Wattenbildung, und endlich ein vollständiges Fluss-Delta. Die Watten und Sandbänke wurden unstreitig von dem Meere bespült, Cardiıum edule baute sich auf ihnen an, und Austerschalen und Buccinum undatum wurden hinaufgespült. Zwar wissen wir nicht, ob die andern Inseln eine gleiche Bodenbeschaffenheit besitzen; indessen kommt Mytilus edulis auf der Insel Steinwärder, wie auch in der Niederung bei Harburg vor. Wahrschein- lich ist es daher, dass wenigstens die westlicheren Inseln eine gleiche Bodenbeschaffenheit haben wie der Grasbrook. Nachdem dieser nun das Niveau des Stromes erreicht hatte, entwickelte sich ein Pflanzenwuchs, und im höheren Theile, der Küste näher, ein Baumwuchs auf demselben; und Treibholz ward bei höherem Wasserstande der Elbe auf 750 den östlichen Theil des Grasbrooks hinaufgespült. Es bil- deten sich die Torf- und Holzschichten. Jetzt aber muss eine Senkung von mindestens 12 bis 13 Fuss eingetreten sein, die wahrscheinlich gleichzeitig und zusammenhängend mit der allgemeinen Küstensenkung der Nordsee stattfand, welche sich deutlich genug durch die untermeerischen Wäl- der längs der Küsten Jütlands, Schleswigs, Holsteins, Ol- denburgs und Ostfrieslands zu erkennen giebt. FoRcHHAN- MER hat bereits Beweise angeführt, dass dieses Ereigniss sich zugetragen hat, als schon der Norden Deutschlands be- wohnt war. Bei Zusum nämlich wurden in Veranlassung des Hafenbaues vor 8 bis 10 Jahren mehrere Watten durch- stochen, die gewöhnlich mit 3 bis 34 Fuss Wasser bedeckt sind. Dadurch wurden zuoberst 3 Fuss Marschklaye (Schliek) abgetragen, dann folgten wie auf dem Grasbrook 35 Fuss Torferde, unter dieser eine 3+ Fuss starke Schicht von Stäm- men und Holztrümmern, die meistens der Birke angehörten und in der Richtung von N.W. nach 8.0. lagen, darunter Strandsand mit Muscheln, vorzüglich Cardium edule In dieser Tiefe durchschneidet der neu angelegte Kanal einen alten Grabhügel von Strandsand aufgeworfen, und bedeckt mit Granitblöcken; in diesem untermeerischen Hügel fand man Waffen und Messer und andere Kunstprodukte aus ge- branntem Feuerstein. Der ehemalige Strand, auf dem der Grabhügel angelegt war, hat sich also 13 bis 14 Fuss ge- senkt, und seine innere Beschaffenheit zeigt eine auffallende Aehnlichkeit mit derjenigen des Grasbrooks. Grosse Veränderungen und mitunter schwer zu erklä- rende Umwandlungen hat überhaupt zuweilen der Boden des norddeutschen Tieflandes erfahren. In Hamburg selbst, und zwar recht in der Mitte der ältesten Stadttheile, ward nach dem grossen Brande eine hierauf Bezug habende Beobach- tung gemacht, die mir der Mittheilung werth zu sein scheint. Die Niveauverhältnisse der Strassen waren früher sehr un- gleich, weil die Stadt theils auf Geesthöhen, theils auf Fluss- marschen erbaut ıst. Deshalb nahm man, nachdem der 751 Brandschutt fortgeschafft war, eine allgemeine Nivellirung der abgebrannten Stadttheile vor; Anhöhen wurden abgetra- gen und die Niederungen mit der dadurch gewonnenen Erde ausgefüllt. So ward auch eine 40 Fuss hohe Anhöhe, die sich von der Petri-Kirche sanft gegen das Flussbett der Alster abdachte, und aus geschichtetem Sand mit Geschieben bestand, auf welcher der Berg, die grosse und die kleine Johannisstrasse gestanden hatten, abgegraben. Tief unter den Grundmauern der Häuser, nachdem der Boden um 14 Fuss erniedrigt war, entblösste man 6 oder 7 Gehöfte, die vorher von Sand mit Geschieben und theilweise von Moorerde be- deckt waren. Es waren dort wahrscheinlich in sehr alter Zeit Gerbereien gewesen. Jedes Gehöfte war an drei Seiten von Planken, gegen Westen, also wohl gegen das ehemalige Alsterufer, von Buhnen eingeschlossen. Buhnen sind dichte und breite Flechtwerke von Weiden oder Dornzweigen, wel- che noch jetzt zum Schutz der Deiche verwendet werden. Innerhalb jedes Gehöftes fand sich in einem Winkel das rohe Ständerwerk eines Gebäudes, gegenüber ein mit Brettern ausgelegter Brunnen, auf der andern Seite ein Haufen Ei- chenlohe, ein Haufen Ochsenhörner und Knochen, ferner auch ein paar aufwärts stehende Baumstämme. Ausserdem wurden einige ziemlich kunstvoll verfertigte irdene Geschirre und metallene Werkzeuge gefunden. Hier haben also vor Jahrtausenden Menschen gewohnt, deren Wohnsitze später von Sand mit Geschieben und etwas tiefer thalabwärts von Moorerde oder Marschklaye bedeckt wurden. Es ist nicht wohl anzunehmen, dass die nachmaligen alten Bewohner die- ses ältesten Stadttheiles die Niederung, ausgefüllt haben, son- dern meteorische Gewässer haben wahrscheinlich den Sand herabgespült, die Moorerde musste aber von der Alster, die jetzt in einem viel tieferen Bette und ziemlich fern von die- ser Stelle fliesst, abgesetzt worden sein. Nach dieser Abschweifung kehre ich zum Grasbrook zurück. Schon vor der Torfbildung muss die Elbe durch Absatz von Watten zu beiden Seiten des Stromes, aus denen 132 später die holsteinschen und hannoverschen Marschen ent- standen, sich ihr Bette verlängert haben, weil der blaue Thon zunächst unter der Torfschicht mit Flussschnecken, besonders Paludina impura, erfüllt ist. Nach der Senkung des Torfs unter dem Wasserspiegel bauten sich nun andere Flussmu- scheln in dem fortdauernd sich erhöhenden Absatz von Sand und Schliek an. Dieser Anbau scheint im östlichen Theile periodisch durch stärkere Anschwellung des Stromes und damit verbundenen reichlicheren Absatz von Sand und Schliek gestört worden zu sein, während dieser zeitweilig stärkere Absatz vom westlichen Theile durch Meeresfuthen wieder entfernt wurde. Die Trümmer von Mauersteinen und irdenen Hausgeräthen, welche sich in der oberen Schicht fanden, sind aber wahrscheinlich absichtlich aufgeschüttet, als die Insel noch vom Wasser bedeckt war, entweder um diese Untiefe auszufüllen, oder weil man den Schutt nirgends besser fortzuschaffen wusste, der nach den wiederholten Zer- störungen der Stadt durch Dänen, Obotriten und Normannen oft genug beim Wiederaufbau hinderlich war. Die Schal- thiere liessen sich aber nicht dadurch stören, und vermehrten sich so lange als sie im Wasser noch Nahrung fanden. Jetzt liegt die oberste Muschelschicht mindestens 12 Fuss über dem mittleren Wasserstande der Elbe. Die Wasser- menge des Stromes hat sich also wohl sicher beträchtlich vermindert; denn die weiten von der Elbe einst abgesetzten Marschniederungen zwischen dem Lauenburg-Holsteinschen und Lüneburgschen Landrücken beweisen, dass die Elbe einst eine sehr viel grössere Breite und Höhe hatte, während sie jetzt auf mehrere mehr oder weniger enge Kanäle zu- sammengeschrumpft ist, von denen der grösste und mäch- tigste, die Norder-Elbe, beim Grasbrook nur eine mittlere Tiefe von 10 Fuss hat. Ich erfülle die angenehme Pflicht bei dieser Gelegenheit Herrn Professor Bıscnor meinen Dank auszudrücken für die freundliche Berichtigung eines Irrthums, dessen ich mich frü- her einmal (v. Leonsarn und Bronn’s N. Jahrbuch 1852 753 Heft 2) schuldig gemacht habe, indem ich die Meinung aus- sprach, dass das Elbbett tiefer geworden sei. Die weit aus- gedehnten Marschen an der Nieder-Elbe beweisen nicht we- niger wie die vielen Sandbänke, welche ungeheure Massen von Schlamm und Sand von dem Strome mitfortgeführt wer- den, und sich unausgesetzt abgelagert haben. Es ist also wohl nicht anzunehmen, dass die Elbe ihr Bett ausgetieft habe, sondern ihre Zuflüsse haben sich vermindert, und daher ihre Wassermenge abgenommen. Dadurch sind auch allmä- lie die Watten und Sandbänke zwischen Yamburg und Har- burg trocken gelest und als Inseln aus dem Wasser hervor- getreten, und so erreichte denn auch der Grasbrook seine nachmalige Höhe über dem Wasserspiegel der Elbe. n6) DE TER 2 f RER ELO) SEN ns Wi zu Ale Hozı 2 2 5 B b N I. Namenregister. Von den hinter den Titeln stehenden Buchstaben bedeutet A. Aufsatz, B. briefliche Mittheilung und P. Protokoll, Beienr. Polyptychodon aus Schlesien.‘ P. nm... me... 6 Beyrıca.. Sternberger Kuchen bei Cuniz. P 2... 2... 7 — Die Conchylien des norddeutschen Be A. ERRURDTS — Jurageschiebe der Mark. P. . ... DER OR NR Le) Biscnor. Mägdesprunger Hohofenschlacken. A EN DI BE SEN ON) Bornemann. Gediegen Eisen in der Lettenkoble. P. . 2... 22 Bruckmann. Bohrversuch am Sulzerrain bei Kanstadt. P. . . . 651 Buc#, L. v. Kreide am oberen Missouri. P. . . 2. 2.2.2... 1 Bunrensy. MKalkeiimi-RKeuper.iba.2 Mm me 2658 CArnauı, v. Galmeigruben bei Wiesloch. P. . . . 2. 2 2.2. b) — Bleierze bei Commern. P. . .. . EDER. SSR SDRIER DI0, — Rede dem Andenken L. v. Bucu’s ee Bis 1 OARNDAE Cörın, v. Angeblicher Meteorsteinfall bei Detmold. P. . . . 247 Derzsse. Ueber die Menge des dem Kalkspath von Fontäimebleui beigemengten Sandes. A. . . kr Na Aal IHREN ER 1 CON Desor. Jodführende Steine von Saxon. P. . 2. 2 2 2.2..639 — Niagarafall. P. . . . an Ban aa 64 Ewaın, J. Posidonien im Oxford. 2. RNHOH SNTONPER 0, (6) — Lithographische Schiefer im französischen Jura p. u A N 9 — Corallenbildungen bei Nattheim. Pe. . . 2.2 2 2.2..2..487 — Ammonites inflatus bei Osterwyk. Pe . . 2 2 2.2.2.2.4% Fuser. Lagerung des Lias bei @münd. P.. . 2... ..0.20202.643 Fraas. Oberster weisser Jura in Seben Era rl 640 Franzıus, v. Fossile Ueberreste von Anthracotherium minimum und einer Antilopenart aus Dalmatien. A. . .. . .. 0 vo... 78 av. Conularia Hollebent. A... ut ul mens. Ban. 465 GerracHh. Nickelerze des Val d’Amniviers. P . .. 22.0.6444 Ger Lauka-Steine.\ Pi sl sinsomill nes nme RNIGTE engesteinesybalsunieuni)i rn RNIT IN" 645 — Möhrische Mineralvorkommnisse. P.. . » » 2 222.2. 664 796 Seite. GOLDENBERG. Wachsthumverhältnisse der Sigillarien. P. . . . . 659 GrÜNEWALDT, v. Zechstein in Curland nach Pander. B. . . .. 14 GuTBerLET. Schwarzbraunstein im Trachytporphyr der Rhön. A... 605 Hacznow, v. Jura in Pommern und Tertiärschichten um Stettin. Be 14 Heyoven, v. Kreide, Tertiärschichten und Braunkohle in Istrien. B. 269 HvnsoLpt, v. Schichtung der Gebirgsarten am südlichen Abfall der Küstenkette von Venezuela. A. . . . . BR te) Kirsten, v. Geognostische Schilderung des esilichen Theils vom Kreise Wetzlar. A. . . 5 LO Kruc von Nıppa. Graptolithen Bei Hersogswalde, Bu... er LAgeckı, v. Braunkohlen- und Salzablagerungen in den miocänen Schiehten Bolens Ar oc. 2. 591 Lyeır. Parallelisirung der englischen, Hahzöäiichen, Vesischen und deutschen Tertiärbildungen. B. . oe 2202995 MAnDELSLon, v. Dolomit des schwähtsehen weissen Jake‘ > 0002 Meyn. Miocänschichten des nördlichen Hannover. A, . 2. . . . 606 MirLeEczx1, v. Schichtenfolge bei Calbe a. d.S. Pe ... 2.727.260 — Ergänzende Bemerkungen zu dem Aufsatz des Herrn Prerrner | über die Braunkohlenformation in Brandenburg. A. . . . ..467 NEUGEBOREN. Tertiärbildungen bei Ober-Lapugy. Be » . . . .. 672 Neunaus. Goldvorkommen in Australien. B. . . 267 Nösceraru. Die Erdbeben in den Rheingegenden vom "48. Fe- bruar 1893. . A... ar SR RO RAEN RAT. QUENSTEDT. Jurassische Plenalaten;, aus Chili, Pasaetuin 642 Rammersgerg. Bericht über Herrn Sr. Craıke - Devitte’s Arbeiten die Vulkane der Canarischen und Capverdischen Inseln und der Antillen betreffend. A... . . Na (one REDENBACHER. _ Neue Nerstshnenangen aus Solnhofen: PB. Bd 27 99.,660 Rıssentror. Oolithische Kalke bei Bartin. Be . 2 2....2.2...0666 Rıcater., Thüringischei.Graptolithen.1 Ar... Serra Roemer, F. Holländische Tertiärbildungen. B. . 494 Rorner, H. Gault bei Zulter am Bahrenberge und Ouedtinbung, P. 12 Rose, G. Goldamalgam in Californien. P.. . . INH Si. 9 — Bromsilber aus Mexico. P. EEG 2 ) Rorn. Beiträge zur geognostischen Kannbaike von 1 Dinebnie. A. 309 Scaccsı und PArnmierr. Ueber den Vultur und das Erdbeben vom 14., August 1851. Ar... 2.8. Sr ac WORLD SE I SCHAUROTH, v. Zechstein in irinen 2. Rena 5, 919% — Conularia Hollebeni, Platysomus striatus. BB . . .. . 667 — Uebersicht der geognostischen Verhältnisse von Coburg. a . 698 SCHLAGINTWEIT, H. Verhalten des befeuchteten Sandes in Glasröh- Ten... Deo. or. SELL RLL Rp Ara 3 Schrönsach. Tertiärer Thon bei Liebenhalle. BB . : 2... .669 Scunı. Ueber die basaltischen Gesteine der Rhön. A. . ...37 ScnüsLer. Verbesserung der Mineralquellen in Kanstadt. P. . . 645 — Neue Aufschlüsse im schwäbischen Steinsalzgebirge. P. . . . 602 — Gänge am ‚Schwarzwalde. DB... nee So Sonnenschein. Carolathin. A. EN: RI - Stocker. Spezialkarte des untern Nerkeensesl, Piss „m: 644 STROMBECK, v. Oberer Lias und brauner Jura bei Braunschweig. A Si — Ueber den Gault im subhereynischen Quadergebirge. A. . . 501 Wersky. Die Erzlagerstätten von Kupferberg und Rudelstadt. A.. 373 Zimmermann. Der Grasbrook bei Hamburg. A. 2». 2 2 2020. 743 ll. Acanthodermus . Aeolodon priscus Ammonites amaliheus 757 Sachregister. Seite. 641 662 83. 89. 90 — — typische Form . 83. 173 — — 2 u 3. Form 54 — anceps a 10 — athleta 180. 201 — auritus 505 — DBlagdeni . 173 — bidichotomus 510 — Calloviensis . 156 — caprinus . . 5 ale) — convolutus 178. 201 — cordatus . 201 — coronatus . 201 — costatus 90. 173 — Deshayei . » 512 — Duncan... 197 — hectieus 78 — heterophyllus 82 — hireinus . . 101 — Humphresianus . a — Jason . 157. 181 — jurensis 10) — WLamberti. . .155. 158. 209 — Loscombi Jets 82 — macrocephalus . 111. 196 — opalinus . AN loR) — ornatus 180. 201 — Parkinsoni 104. 105. 106. 110 Seite, Ammonites Park.bifurcatus 168. 179 — perarmatus ... .0.2.202 — polygyratus . „ 2. .20..202 — 2 Tadıans . 2... M98:A0D — sublaevis. . . . 112. 196 — trplieatus . . . 111.196 Ancillaria’ .ismsn) 10. 08121808 — glandiformis. . . 319. 077 > Karsteni Sohlunyaib .21.10809 =astohsoleta®.. . = 2. Meniold — subulata IR 10 1.0 001307 — unguieulata. . 2»... oll Antracotherium magnum = alsatieumiinnsesin . Aue 7277. — A ninimum. an er 129 — minimum = minus . . 78 — minutum.. ad. nr 818 — Silistrense . 2.0. .7 —: Velaunum sn... 0. 78 Antilopenart, fossile . . . 580 Antimonglanz in Geschiebe . 669 Antrimpus Han. ir 64 Antychust.... | „sakmeilt oe 1041 Armagonit «Maus... 64 Astarte depressa . . 107. 150 = pulla, Venen. =. 3150 Augit‘ . SBRaMmSDas at a WR61 a yonYzanan 0. la. 101675 Avicula echinata . . . . 12 N costata, . losisine unt 22 Bausandstein (Coburg) Baumstämme, fossile . Bartonclay. . . ode Basalt 992. — der Rhön — des Kreuzberges . » — vom Pferdekopf — vom Steinernen Hause . — von Elinbogen. . » — von Greifenstein Basalte des Ulmbachthales . Belemnites breviformis amal- thei — keletus enlaevisii. ie enerteiiie, — giganteus — minimus » — tripartitus . Belemnitenschicht des es R Bembridge-Lager . » Bernerde lo Bimsstein von Soufitre hd Binstead-Lager Bleierze von Commern » » Bolderberg-Schichten . , » Bombyx disparoids . » Boractoare 2 Braunkohlenformation (Mark Brandenburg) - Braunkohlengruben b. Bohsdorf 479 Buchwäldchen Carpano . » Costebrau . Döbern Freienwalde Friedrichshayn Gohra Klein-Kökig . Lauchhammer Muskau Schönborn . Spremberg Streganz . — in der Niederlausitz . Braunkohlen in miocänen Schichten (Polen) . » — im Salzthoon . .. — bei 104. 758 Seite. 729 744 497 739 229 230 251 231 231 987 956 89 112 203 105 907 101 82 497 665 695 497 242 497 661 368 467 474 269 472 478 468 478 471 477 473 469 470 479 468 469 991 594 Braunkohlen zu Ciechocinek. 598 — zu Nowe-Miasto-Korczyn 595 — zu Wieliceka . . . . 594 Braunkohlenlager am Ufer der Warte. ... 393 — zw. Brwilno u. Dosen 592 — von Winiary 592 Bromsilber!.‘. ... eraes 9 Camarophoria multiplicata 265 Capra Rozeti . 79. 80 Carolathin . . 2323 Chahorra . . » 683 Cladograpsus . 490 — Nereitarum ae A) Conularia Hollebeni 465. 667 Gonus Wk ..r. 0 oe ao — Allioni 6 298 Conus ahtediluvienee A 291 — coneinnus . 2... 98 — Dujardini. . 295 =) Procerus;. u 0 2 Corystes Stockesi 907 Cucullaea coneinna. 171 — oblonga . . : 171 Cupressites neropfsie . 665 Cypraea N: 318 Cypraea solaeniee RE OL) Datolith (Toggiana) I) Diabas . . . .522. 525. 539 Diabasi. Contact m. Kalkstein 538 Dichroit-Gneiss (Ochsenkopf) 381 Dioritschiefer. . » 385. 387 Diplograpsus ... 459 — birastrites 457 — cometa .... 457 — dentatus . . . 456 — folium 455 = .ovatusı oe 455 — palmeus . . 455 — pristis. \ 496 — teretiusculus ON ER. AS Dolomit . 985. 391. 731 — im weissen Jura . 663 Dolerit von morne l’Echelle 694 Eisen, gediegen v. Mühlhausen Eisenkiesel . . » » 0 Eisenoxydul, lanhaltigen Eisenoxydulsilikat . . . » Eisensilikate in Grauwacken- schichten Su EN: Eisenschalsteine . .523. 566. Eisensteinflöz(d. Lindenbruchs) Eisenthonschieferr . . . Ephemerites Eichstaedtensis . Erdbeben (14. August 1851) der Rheingegend . . . Erzlagerstätten von Kupfer- berg und Rudelstadt . Faluns der Loire . . . . Feldspath, glasiger . . » von Teneriffa . . » Flammenmergel . Galmei bei Wiesloch . . . Gault im subherceynischen Quadergebirge . . » Geoden von Limonit Gervillienkalk . . » Glimmersi Sue see ler. Glimmerschiefer von Giehern von Querbach . Goldamalgam (Californien) 9. Goldgruben (New-Süd-Wales, NTeioao))or on DR Goniomya litterata. . » Granit . » een ( H er iR walde) - -» 2... ,. Graptolithen, thüringische Grasbrook (Hamburg) Grauwacke, silurische . 701. Gres de Fontainebleau Gresslya latirostris . FE Grünstein (Haukstein) 521. — bei Heisterberg. . . .» Grünsteinmandelstein . 596. Grünsteinschalsteingebirge . Gryphaeenmergel . . . .» Gyps (Lüneburg) (Paris) Halloysit Hamites rotundus . . .» intermedius.. . 2...» Haukstein . Hauyn . . . Headen-Hill- Tagen © Hempstead-Lager Hiltthon . .. Hohofenschlacken (Mägde- SPRUNG) ke Hornblende "=... malt von Teneriffa . » . künstliicke . » . . Humboldtilit, künstlicher . Hyperitgestein'’. Idocras . . . PH RS Inoceramus drin 3 . Jura, brauner (Braunschweig) brauner, jüngstes Glied weisser... zus weisser, oberster (Nus- plngen) . . » (Wollin). . » d Jurakalk me . Kalkschalstein Kalkspath . zul: Kalktrappe. m Kalktulk sn 0 18 Keuper (Coburg) 598. Kieselsandstein . 2»... Kieselschiefer Knotenerz . . » An Korallen (Nattheim) . Kreide bei Lüneburg 361. Lagerung der a des Vultur . Laukasteine REED Lava von Chahorra . . . — — Fogo.. a — — los Majorguines — — Portiloe . Lepidophylinm majus . . . Lettenkohle nr 704. Hkeucitye.0 0% - m Seite. Liasformation (Coburg) 704. 734 Lias, oberer, Braunschweig. 81 Limonit. . . 0 Limburger Ablager ungen 496 Lophoctenium comosum . 490 Lydit 905 Mandelsteen 2.2 9 ..20.2..2.220 — aphanitischer 923 Marginella 320 — eburnea 324 =) nitidula . nase... 326 — ovulata . efktaielle Melanit „u... 62 Miocänschichten (Haknoyer) Modiola pulchra. . Monotis anomala . »... Monograpsus Becki 459 — colonus 458 — convolutus . . » 460 — gemmatus 462 — Halli 459 =# Heubneri.: . .. wa 409 —ı Linnaei.....etkalle 462 — Nilsoni 2.2... . 458 — Nuntius 458 — pectinatus? . 461 — peregrinus . - » 459 — priodon . « 459 — proteus ... 460 en sapittarius esradenk we 4a8 — Sedgwicki 459 a spinatnele. 462 — testis . 458 — turrieulatus . 460 — triangulatus 461 Muschelkalk 309. 702. 712 Nephelin ..... .. le Y .aalıı 69 Nereograpsus . 450 -— Beyrichi . 499 — Mac Leayi . 454 — Sedgwicki 452 Niagarafall, Zurickweithend; 643 Nickelerze . 644 Nucula Hammeri 167 Nueya Valencia. 2 -.. 2.0649 60 Obsidian von den Antillen . — von.dem Pic (Teneriffa) Oliva, Waassäträfreie abe — Dufresnei Olivin von Fogo . Orthothrix lamellosa Seite. 689 689 301 303 695 265 Ostrea explanata . 105. 122. 164 Panopaea(Arcomya) elongata 130 Pecten demissus. . . . 122 Pentamerus galeatus 983 Peridot . 61 Phillipsit 5 63 Pholadomya Mirehkeoet 169 — ovalis.. os 144 — Roemeri . 146 — ambigua . 145 Phonolith . e . 740. 20 — der Rhön... . 22.299 — vom Ebersberge . . . 2383 Bico Deyde . . 2,2 222083 Pic d. Ins. Fogo 682 Planulaten aus Chili ... 642 Plattenkalk 642 Platysomus striatus .. . . 668 Pleuromya Alduini la — DBrongniartiana 132. 137 — glabra . 131 —; OVALa 0 N 131 — ‚sinuata . 2... 0022,140 — tenuistriats.. . . . 132 — wnioides . . . » 133 Pleurophorus costatus. 265 Pleurotomaria granulata . 115 Polyptychodon contiguus . 7. Porphyr, rother. a 2322 — grauer x 399 Posidonienschichten. . - 8 Posidonienschiefer . .» 94 Productus horridus 264 Puerto Cabello 19 Quader, unterer. 509. 513 Quadersandstein (@oslar) 12 Quazzit . : 580 Quarzschieier. 2. es 397 Retiolites rete? . Ringieula . . . striata auriculata Rothliegendes Kenne). Rudistenkalk . ARE, San Juan . Sandstein, bunter Scaphites Nicolletii Sehalstein.. .. .. .522. Schalsteinmandelstein . Schaumkalk At Schiefer, grüne . „19. Schwarzbraunstein im. Tra- chytporphyr (Rhön) . Schwefelkiesbildungen, u morphe | Septarienthon der N Sigillarien, Wachsthumsver- hältnisse der Sphen Spong BR chichien ( N a) Steinsalzgebirge, schwäbisches Steinkohlenformation (Co- burg) . 701. Striatakalk Tegel von Lapugy . . . . Terebellum Se Terebratula depressa . impressa . . . multiformis . perovalis resupinata BEN: varians . 106. 113. Tertiärgebilde d. untern Elb- gebietes . . . . Tertiärschichten (Stettin) (Winterswyk) . 114. Zeits. d. d. geol. Ges. V. 4. 603 664 278 659 62 488 692 707 ok 672 317 116° 204 115 106 106 117 279 16 494 Seile. Thalassitenschichten 736 Thon schwarzer bei Lüneburg 371 — tertiärer zu Kalbe 260 — tertiärer zu Liebenhalle 669 Tongern, System von . 277 Torf . 739 Trachyttuffe 59, 60 Trachyt von Chahorra 659 Trigonia- clavellata 128 — costata 125 Untermiocän 252 Upper Eocene 497 Uralitgestein . 394 Uranophan 427 Valles de Aragua le) Variolit. . 564. 569. 584 Voluta . 3ol — cingulata. 399 — deorr .. 342 — devexa 339 —ENERUTTE are el I HRke 342 — labrosa 337 — parca . 397 — semigranosa. sl — Siemssenii 393 — subgranulata 348 — suturalis . 341 Vulkaned. Canarischen Taeh 675 Vulkan von le Braidi . 57 Vultur, erloschener Vulkan 21. 23 Vulturlaven . 45. 46. 47 Walkererde . . 270001669 Wellenkalk Keabeae) - 714 Zechstein (Coburg) 709 — von Neustadt a. d. Orla 264 — von Windau 14 Zeuglodon-Zahn von Eibergen 499 50 Druckfehler. Band 4. S.214 Z. 9 von unten lies Trıxker statt Trınmer. 227 ,„ 12 von oben lies Brzezie statt Brzezin. „227 „ 4 von unten lies Taschenbuche statt Tagebuche. „505 „ 2 ist den der Gesellschaft beigetretenen Mitgliedern zuzu- fügen: Sir Cuarıes Lvert in London, vorgeschlagen durch die Herren L. v. Buch, Karsten und v. CARNALE. „ 612 , 10 von oben ist zu lesen: Herr Max Braun, Bergwerks-Direktor in Moresnet bei Aachen, statt: Herr Dr. Dunker in Cassel, Band. S. 10 Z. 9 von unten lies JEnzscH statt JENISCH. „ 11 „ 9 von unten lies gezähnten statt gezeichneten. 520 , 10 von oben lies Dappelsberg statt Doppelsberg. 520 „ 16 von oben lies Hollenhorst statt Gollenhorst. 523 „ 9 von oben lies und statt auf. 528 , 16 von unten lies Wingertsberg statt Wiegertsberg. „929 .„ 5 von oben lies Wingertsberg statt Wiegertsberg. 535 „ 6 von unten lies Figur 1 statt Figur 2. „569 , 7 von oben lies Mukeberg statt Mukelberg. „ 569 ,„ 8 von oben lies Hohenleiten statt hohen Leiter. » 977 „17 (der Note) von oben lies Bergbaues statt Bergbanes. Druck von J. F. Starcke in Berlin. LAVELLO SE nu Trachyt -uffe. Hau cm ophijr des Vulcans von Mel fü. Hawyrtrachyt des Velcansvon Le Braidi. Ya . lravertin.. 2 D brobes ( onglomerat. e Macigno -Formatton.. heitschrift d:deutsch:geol: Gesellschaft 1858. a. Baxzuto di Ueli b_Razuto di SAichele c—sara alta dı_Retra della, seimia, e_Fantana) deu, pilanı) F-Fontana dei giumentari 1 g-- Fontana dell’ arso h._Varco di Gaudıandla, U. Iequa santa, k_dequa, della Francesca, l._Cave del molinello m_Foggiana n:_ Ponte del passo 0_(ollina, delle Braidv p-Toppo di $.Buolo g-lufo del macario _ Geolo £ische Karte a es VULTURS. hayen u.longlomerate des Vulturs. Trachyt - Tuff Hau! ynophör des Yulcans von Melfi'. Hrezuyretruuch yl des Valcans yon he Braidi. Travertin., brobes Cnglomerat. Macigno-Eormattion. Tal. 400 Ton FR Tedras azules Mg Bra NN, Be 7 ZH) “ a N; N Mn N 27] un ) + Nandelsten: Phonolith_. #0 Teisen, OT. VWOOT. Zeitschr. der deutsch, ‚geal: Ges WSDD, Taf. Il. Geognostischer Durchschnitt der Küstenkette von Venezuela unter dem Aleridian von TOT yestl. Länge: TIRTEH, EN | DESSEN TR DIARRN, RR NE VARTERÜRL AIDA, HD [R G DENE AM Vi HR 4 Wi DRIN 77, 2 x HL S Z 117, 7 ILL: Dh 7% N Z DIESER, WIEN S A: VEDIEKEEIEIEEHSSHHNEN WAGH 4) Hr 4; K Hegf DIEESEEIEHEN IH DIR Y EL, EEE D KARTEN NR; S S ZEIG VWNIRHIDDLIEN 7, - BEER N WILISPEL 07 WERBEN) RS Hlrth EN ENG NED 1 IE HEISE | N Z: VHRIEE Y FE nn IR: Um RR Mn. Da Z s Gezeichnet von Alexander von Iumboldt im Jahre 1800. SOITISSS SS | —_ —_ Graph: Greif und Seyentin: Orinstein. Grüne Schifer. Blausohwarze Vebergangskalk. Nandelstein: Lhonolitk, Olimmerschisfer. Schiefer. SISUFSPEDGELUT WEITERS Go0ny MIL 190 grob yazının 2 Yarpssnsr _ Ahr d deuseh veol. Ges SCI. A DNS Let Zebschr d deucsch coll C05. 1002. DEFVST 2 Wagerschicder al. € SC Zap WEIZ3) 7833 Pi Lehr d deelsch veol G05 Le eb se arenschreder Tr / VI VER 4) 2 LT. aLschr d destseh ocol Go SS53 E Fa agensohteber del el sc U ER a het PRUHINELLELESURNRERERES SALE EDER NURARE RE FEN Se lenere A Bee) AR ZoL WIR 5) BE Zerlschn d deulsch. veol. Ges I a N A iD And Hugo Troschel sc. Aaitsch.d.deutsch.geol.bes.1853. “ EMlllasson TEE gg, GeoSnostische Karte der Ge send m KUPFERBERG .. sau. Eutwfn. u.gez. vun Webskv inbach Vitriolok w R.Bolzenstein EEE vranie EEE Quarzschiefr | Va RER notont, naukstain EEE Iratit-Gestein Eine siziger [=] Dichroit -Oneus jez] Thonschiefer 1 > I! ” ) Olimmerschiefer FE Gimylommerat _ Überer- GoaLachter pr. 6 -Dioritschiefer ne Er Unterer- 3 ae ee 10000) Zweites Profil! (almermes) Siutlelnse | AEX. 1000 2008 Fussrh. Fuch (pp. 1- 10000.) | * m Hugo Troschel sc. Seluchler pr. Mae ‚Füssen, Neumannshalktruch I , 5 "ibesellen Stollen kas b AS os EN | me ‘. Adlersruh j Bergmühle > Schwerspuih Tazbeissen Friedöik- Iuliang „lie sihach Kuier % o - rk EU, Fröletüche And‘ 2 dry eig eu Miller EN Nunilloch EG no / - / Vebersichts -Charte ‚dneatzpuunet des \ / \ Hohenzollern Stollen! \ | 5 A = KUPFERBERG m RUDELSTADI jest -\ y%G N — — RIO der Gruben und buinge wi PB: Dr / | in Schlesien; : i Kupfergünge ip ZB —— or RA ir % 2 — bekannter Ortshetrich, a p \: ger.von Webskv sdorf \ 1855. Ben let. —— \ Moryenräthe rermuthetesbortstreichen: der bringe. —— lei und Schwerspathgänge: S 7 = G » * Hugolroschel sc. * Zu : id ” un UMGEGEND von LÜNEBURG. ‚Nach der Aufnahme des Königl. Hannoverschen Generalstabes vom Jahre 1542. Irchr. der deutsch. Geol.Gex 1855. Eu Ki TTRRHNUD n ADD Ne = 3 N N [—} 30.80 10 60.50. 90 50.20 70100 N RL = SEEHSTTTTIEIEETTEETTTTEERRETTT STATT > Zeitschr. d. deutsch „geol. 6Ges.1853.. Hugo Troschel sc. & \ hei r U “ ' : E e / s I 5% ) : \ ; i RER - een m Bin mn Keitschrifl der deutsch: geolog: besellschaft: 1833. > wu Geognostsche — Karte der WESTLICHEN PARTTE DES LAHN-U.DILLDISTRICTES m. bis zur Nassauschen Grenze. Mnasstab: Tr o an 50000der natürlichen Grösse . > Heringshäuserhof‘ Beilstein FR d. Diabas. a; [-* Bi 2 d, Labradorporphyr un ; ER / Aphanit pp. 5. ZI ER BE SEEN a h. nz Hyperit. yet Grünsteingebiet. Teränderte Grummecke. 19 Lungerkopf‘ Vordensterhopf a. Schaalsteinbildungen., Eisenstein bildungen. Graumwackenschie, \ fire \ Steinbachhof m enthonsch { fen x ff | | hatkschecfi: = 39 Diluvialbitdungen. Sehe N N \ \ r N N N S N R\ \ N S N \ S x N | N 5 F SEAN: > ll f 4 nut | r 7 x "y “| | WR der Lahrberz vor. Storkfarsen BLs zur MERdeRI Les Kertesernbeei£Rcdeherts. Mobzbausen- 1 AARESR GEOL- Des LOS, Ünerprofil I N nrch das Uhnbachtlal von Biskirchen über Allendorf, Dim nach Molzhansen. 8 x x x | Se R N ; N x S SR N VOR N N N IR x R R K 3 N N I: N x N } 3 3 S S 8 x \ SE N “s- Se we S. N Sa 3 | 3 S = N SOSE x N x S 3 SER 53 x N NEN RI x IR N S N & N N Ne Ss N Ss s x N BS- S S N & ® N See 5 \ | | RR R : SE x S vl Sl | | ST SR | | ! | | : \\ ae | | \ e RE i \ N Fir s: N ‘S “ ihershenf Mpeidenseissaite Sahara Haitigenömehtint => BIN > Z 2 ad - u = rehschnilt Card des Sahrderge Steckhansen Ip zur Mündung des MechizerbaAläslhrns, $ Vom Orinsteis Alossene und umgewandelt Baikschizermasson ober, Grinsteinfeben am Kappebsleg wnteriab Alendor Stree, Aalkstaten den Prsenthonschiger am Schlarmeällersberr bet Gestanjolge amı Hornsingartsprindehen Bei Altendorf uroksolnz MER Feyune zz 2 EZ uumschlussen 2 2 £ 7 res Aulb der Litmsihle 2 ör und Haster wer Sahizer umAtitlerd. Altendorf derchsekend. ar b eilscı hr.d deutsch ‚geol. Ges. 163. 3 Talea Hetschbach 4 ; Heldbure®\| 8 Höok/B Ummerstadt\t) ee - Merbach Erklärung der Farben | | itavium 7] Muschelkalk Kalktuff 7] Buntersandstein Torf, FT Zeehstein Dillachim Rotkliegendes TE] Grauwacke Phonalith Rottenbach. \\, Str Drossenhausen Jeheuerfeld ,,, chen WE Wüsten. Uhorni2 en SS EN Arsremadf, eh { j} ‚Neuhaus Schafh, HB Kicha/'z} er + 1 riefen Tautee\0 = Gereuth n Weimarnsdf ic ki 5 dos Pe nina HERZOGTHUMS COBURG und der anstossenden Ländertheile entworfen D' Baron Carl v. Schauroth. tr e Eine ie ‚geogr Meile 1 ,f Höhn Weydhausen” 7, h Fischbach ! 7 ber > lt. Tr, It a, teent Atmung ade u r w | fr | Waltersdf Tauterburg; © Ober. 8 In: e t Unter‘! 1 Mönchröden 1 En Werhhelderie VE Wellmeredf irkich z In 1ger=) S hof Bi 4 Mitten” te ahofsr 1% Pfand —— 5 Hd, ! X x Theissenstein/ | Waldoachsen) % BE, ] Te Cortendf. Jpidel leiten | N Neuhef” an x Porta (OBURG | Lützeltach z er Retschendf} | „Blersdorf: a Taidha e] Lanı Redita Övristfeld N = 7 } ‚Horb = ob = D e ullenstadt, NS 3 = —- dr me z a = ; <ı Ob Nauscs Alichtenfelsn.IGappenreuih 2 Nassanger | Hochstadt = RS = Hohenstein Ohulibes, 3 i 8 SQ EEE 3 er Neuhaus Schneckenloh —— N (eidlits 25 DIE > = >= I — ! | Sy j — | | / St K n Hie, dorf T d Rauenstein’ b \ un Imuth. 1 1.Walbıs ‚nsd q in Neukirch Al. Truckendorf” | Ka Straufha 2 Bil uthazsen Braitenau Wal ur En, Tremeradorf BR ih ä 3 - 37 F Pe ı — ey = Li —— ee E.S8 ER, 7 77 zus heterophyllus, Treibholz., (ycadeen., drar Logilinites ei Tafelfleins: Onychoteut: NS a s (schr gross /Terehr subovvides Posaune el« larites eh / m meer | schr bituminos, nicht zerfallend. aschgraue Schioferplatten.. dunkle Schieferplattn . Helle Stein mergel ‚ Wuscheln verkallt. blazuschwarze Thme. Nuscheln verktost., c % Hellblaue Thone, Muscheln: verkalkt: y Lias Sehwabens a) soxcosta IN. hus,Jamesoni, Masscanus, arı 1, Spirifor oetoplı reattus. facrınıtes scalarıs. bryphaca eymbium (zuerst Wi; 7 Pleurotomarta 1 2m banz KR AP an blaulichgrume Steinmergelbanke w. Thone «Huseheln verkalkt. belblichgrane Stamm ergelbanke mit es Lagern wechselnd... Wuscheln verkiest. brockl: Steinbinke «Huuscheln verkallkt. | Dunkle Thonmergel. harter schwarzgrauer. Mer yolkalt: leicht verwitternde und zerbrockelnde Sch iofert hone. ktost) os brevis I Jehthyosaurus, | ‚ multicostatus, spira lesstunus, « 1, bst anderen klenen basteropo« ten.stacheln , Fontacrini tengl zede Dituminose Schiefer. Thonkalk (Strassensteine) A, Sand ıgerkalk, durch le ermitterung zı lockerem ed stein werdend. ‚Halmsteir Bituminose Kalkbanke; rodus minimus. Hybodus mınt nkohlen form atıon einsehliessen d p DER SCHWAEBISCHE JURA nac Fl unterheitung des Prof: (Quenstedt dargestellt von \W. Pfizenmaver Forsteandidat. Tübingen 1855. y Leb Bitum Heinslager Se gebirge Würtembergs / hiehsscheeren: von Fagurs is, IR ? a aan ö von Tugurus suprayurensis i : 1, Megalurıa / 3. Solenhofer Schiefer: | /,,,, i 1g wrayurensis, Inaeus speciosus, Eryon, Artanıs, Rufchskelette, Agahurıs Ne Leplolapis, Sarpia hastiermis, dptyehus problematicus ee:, Lumbrinarıe, Eirrenmedet, Kicoriden (Krebsscheerenkalk) 4 / / sogenannter Iertland: nut ‚Nytılus 2, „umplus, Pholademya/ denacina. ete: bei-Einsinyen, ete I dem Di Erfünde_ ven. ‚Yüsplingen ‚Jeichen, vollkommen: denen von, Golehıfen 3 üdariteserenularis, orouatus, giganteus, alternans, Krhin: linentus, & Betsspalligern, Anthephyltum obenieum,turbinatum‚Lithedend ff, Terebratinsig Eds: hastellaNya mieroconushelianthoit ulcatus,speaiosus, Korallenschieht: | 5 ‚trichotomum. de: ‚peeluneuloudes,inconslans, tigonella, Apioa plumpe Felsenkalke, in denen sich zucherkienige Kuke, Anrmore, Dolom Terebratula trilobata: "r Band zer _. Jauyas. a upon ©) Schwach Oolithi: sche Kalkbänke: Zr/annites hastatus, riek der genannt 9 £ es hastatus, viele. der gmannten, gehen durch Die Gesteine zerkliften Lrich, erscheinen reeeien.. £ -mmonit.inflatus, dentalus, ulternans, Reinzckianus, polypleaus, hpler. Nautilus gganitieus, Oxyrhina longidens ‚Plumpe, Klsen pongiten: in deu verschiedensten: Species, Antarrin: eingulatus Eugeniaeriniten, .eterien,, Echinusnodulosus Gidarites ooronntus, eylindrieus, spinosus, aueumis, Deurotom.supajurensis, Nation: jurensis. '%.Spongitenkalk: | Terchratula, lacunosa, hplicata, nucleata, suhstriatn, loricatn., reticu Wlaris, pretunauus, Trochns jurensis ‚Erihalich_ und. stehen: ofl.mie__ a diesel‘ herescht ver. & [Die Kulke nehmen Kinceleubstanz auf, | Imitche sich, auch, eben in dien sehmam,| \ men. und Muscheln zeigt. | Die petrefüdmarmen halke eigen sich: haufig zur celithi- schen. Iructur. (Grauer Mergelkalk bildet die Grund - | \ masır, darın. schriden! sich, die, Lacu nerabänke und Spengitenfilsen aus? | S onsten: Hanuaten) dptychusproblematicus, selenoidee \ / 8. Wohlgeschiehtete Kalkbänke: fmenites ‚flexuosus, die sch lichte halkbänkı ven g Homegenität, zu. eckigen Kalk. S hroeken, verwitternd. A| nach I en : > x. Impressakalke: Teredrmtula: impresca, Ammenit -alternaß%: complanatus, onralutus, Tırbinolin irmprrsene, Rortell.henrinata, df:jurens;Disast:granulscarinat werdend: « Ozyohina: longidens N aa unten thonig _ merdend: Graue Thenmergtl,in denen: sich ‚Pete hindk { menge: ausscheiden Ammon :Lamberti hmmon.. athleta Ammen. Backeriac inmonit.ornatus, hipartitus, annulares, hectieus, Dentaten, Ientacrinit. astralis, subteres.Belemnit semihastatus, Mecechirus seaals, dstarte undaln » ats. 3. Ornatenthon : jarulites acuartusNneula; ernatı, Kostell. semicarinata: lmmenit. Jason refructus,pn Macrocephalenschicht: _Ammonttes marroegphatus, platustomus, tiplicatus, Belemnites canaliculatus, Trehrat: varians, grosser N Sanrier. rkinsontlione: Anmoniteslarkinsont‘, discs n Buch, anceps, euryodos,Astarte pumila,, depressn Turritella: echinata,, (ueull: ceneinnn,Vneul: lnaymar,cnalis, Belemnites fi. NS — harter, bituminesechalkmergel mit chleritischen Punkten alle Muscheln. verkalkt „Uischeln’ gewöhnlich verkicat Hamites bifürcatus. Bifurcatenschieht: Inmenites hifurcatus, Terebratula Theoiori , pinosa, quudriplicatn,,resupinata / € Ostreenkalk: Ostrea. eristagalli, peeiniförmis, edulifermıs, Trigenin: cxstatn, Arna'mytiloides, holad = Murchisoni, Santeusthone: Zelemnite: \ file Ammonit.Ihumphriesianus, roronatus Huscheln: wie drunter und. drüber. ‚gigantens.(am schönsten JNaulilus von. [D-Trigonias clarellata: (am schönsten.) xeNstrrute.. Riesen & Keste non Korallenschicht: .Atraea üalleria/unst andere. Belemnites breriförmis Sauriern; Ammonites Sonverbyi % Blaue Kalke : Trigonia, elarellata,, berrillin gastrochona Serpula: secialis, Glaritenslacheln‘, Monolisechinatay,.Ijneites depressus, Jocardien x rel.ernata, Serpula. limax Äntaerin. eristagalli Blangenue Thenschichte hei Eningen homogene. Kalke: mit Lettenbüinkenre&t wegen dereingerprengten Ei. ir anch Kisenvelith genannt dunkle .Ihrgel: Uergeliche Lagen Grenze nach’ unten: unbestimmt Peetiniteı anlc Zerten personatus, demissus, les, Immonits.liseus Im. Ostraca: enlezola,, Jeecarddia, eaneenteica ‚lueullnea, oblenga. Brut: der verschiedensten „Nuschelspeeies: ; N; ! Immenit Hurchisenae, „Nautilus 1atus, Belemn :spinatus, brevifermis, Hybodus eraseus, Jnoceramns,.lsterins prisca # Gelbe ılsteine mit Eisenerzfli zen: |Yrngnda Beanic, Illaston:odtita, ya equal, loieula, elegans, Modiola/gibbern leroillitertuosa, Tigenin, sriata Kachzehne; Saurtereste / —t es en BR WED > u mn Ze en <, Mittlere Bank: immenit:inetus bis zu & 1 °Durchem.detarte. müchtige: petrefhetenarme Thone mit wenigen xerstreuten Tetrefücten Torulosusschichte : Ammenit:tornlarıs, Grithium is Spatz Terula elanıformis, Hammerd, Astarte Toltziö, Trochus duphcatus, Turbo capituneus, subangulatus, meullaen, inarguivalrıs Jastlich sein gelber Sanılstein mit mel) ren Eisenerzbeinken, nach eben nehme Thene und halke mieder zu R Umestlichzsandige.Nergel, darin har, fe Platten mit Nöllenschi igen, Beide] mächtige gleichartige Ingerung v4 Immunem Thon, zu grauem Letter vermwitternd, die Uuscheln weismi Torlmutterglanz i oberer iyelkalk 2 Ammon: jurensis, insigniejrodiens, hireinuz, sterndtis. Belenn. acnarins in vielen. Variet : Baraltiforme PmtacrinitenBelemn.crilis, Nautilus, Pluurotemarf en , athsphylten Jurensismerg erboden: Aycholepis ballensis, Armenit. boltensis, Ljtheneis mit Aptychus, Belemnit. digitalis, tripartitus, acuarius, Putarrinites Briareus, Beten, centrariur, ‚Lepütotus Blrenzir, semiserrauz Dapedins phelidehus , punclatie, politus, Hybodus reticulatus, pyramsdalis, Nıchyrormusmasrepterus, Leptolepi.Eronniü Belenaetemus acutus, Juurostemuz nesainus, Thritope micropeilis, Dhelidepherus, .imenit.csimunis, Nato enpentizus hetrrephyltu tie muästriactn öse Schiefer: Treibhelz), Oyauten „nauntreen.. I, Orbiauln papyraan, Dneina peridenine Logilinites bellensir, züny Tafelfleins: Onyehoteuthir con Taeidenin Bronnii, Tentaeiniter subangulariz, Jnereramue gryphoirtes nude, Immenit:finbriatus. Tiefer: Belemn:puzittarur, Sphaerececeites gronnnlatas, (hendriterBellensis graue Nergel mit harten’ Kulkhan-, ken 3] fallen alehmars einen harte Schiefirmit srhr hiluminds micht zerfüllend irtein, | \ aschgrmur Sehigferplatlen dunkle Schirferplatten c Reg B on tes Ammon: eostalus: „bmmenitos ostatus, Belemn Ireriformis (ieh) Spirjfer rostratns, verucasus (sehr gross) lerehr subovwide. ubdigona, guingurplicatu & & S [Bee steinmerget „ Hischeln. nrrkelkt. entlicheAmaltheenthone: Ammonites amalthensyigas, Heterophylius, Belemn, elongatus,compressus, aenarins amalth, Sealarin. linsiea, Betz glaher, lent.hasaltf? S uch nene TE me uurdehlurkareg, on des Ammon.ineatus: mmonites lincatus, Belemn: ventroplanus, davatus, Nonetis sexrastatn, liarites amalthei; lotylederma B Unerheln) verkalkt > = Be — ze 1a dere onikor, Üscolen, direnmenkilin- elle A rehein eerutke Davoei Kalke: Y Region der verkiesten Ammoniten: Gymbienbank: Gyphuca gmbium: fin Bänken ).bnmonites armatus;Pholadomya/ decorata, Trchrat. tetracdra, enleizastax pirifer octaplieatus Immonites Daroci‘, dmmonites nah m ibex, Valdani, Naugenesti, centaurus, lataccosln, Prlymergguscumesmis, Hasseanus,arietjformis,hybrida,pettos,Taylori; arynatunnn Steinmergelbände mit reicht nit. Ihiseheln. verkiest. %| Muscheln werkuulkt Rarieostatenbanlc: | 0. | A Steinbänke : wotenl ger: Turnerithone : Anmonit Tarnere | Pontaerinitenbanl: Zzrtaerind | Areuatenkalk: Geyphara arcuata, Psilonotusbank: uhumonitzpsilonotus, - mmonit:arynalıs, Thotadımya ambigua, uhereulatus, ‚Spirifer Waleetti,. Urmolis aeyuiralı 3 Angulatensehicht: hmmaonitzangulatus, D Rutaeriniles sealarıs, lmmonilos rarirestalus, armalus: densinodus, N Pataeriniten, brpplen:cymıbium: (zuerst )Belemnitenreichthum lacunatus, hifer Terebratular numismalis inflata Mrebralular marnali Miculen, “N .fpirifer blumidus, Pleurolomarin’ unylien < Belemnitos brevie IL m lanzen arm an letrefacten N == 5 Alm arieis, N Mhyucholies, Tholad. ambigua,, Kana: Hertmanns, mon: Buklandi (sparsam!) cupricornus, ziphus 5 n00, gper°[oerki Belernnites brenis I Jehthyosaurus, Irpidotus Terehratula: hiplicata., Ostrcas, enhiolz etifermis, multienstatus, gpiralissimus,« läutilus aratus, Irochus anglicus, (onif Hlugiastoma Hermanni,, beroillia,, Thalussites. coneinnws, Turritella: Kenkens, Helieinn: polita: nebst anderen kleinen basteropoden ‘ x Istarte eonnplanata, Nagiost: peetinoides, Ostraca ey irregularıs, Terna, Thalaseites biste), Oilaritenetacheln, Intaerinitenglieder, Mäntilus | | Dunkle Thenmergel R) ERTIRIEG harter schwa Tcht, serrilternde und. zerbröckelndel Thinfert Bitumincse Schiefer Thenknlk Mtenssensteine ) digerkalk,dhurch Verroitterung | | re ||) Dituminese Kalkbanke Bonebed: greuzt an 4 Gelberpe mil \\ Rotlie Mergel: ilimatuchank und gelben Sandstein, kaum 8 4-muichtig, prolithen, Knochenbruchstücke, Kischschuppen,, (alodus, derodus liger Sandstein: vinimus. Uyborus minor, Sargoden: lomieus, grosse Saurier Iflastersteinv von Tihingen, nach, unten: bei: Brittlingen: und Besgenrieth. eine kleine Steinkohlenformation. einschliessenil u pP e I d n Konzllihlnsez er > ha Pr BRIAS UH. UN: udet 4 ci DR 0 v s 1 | 4 | ka BE Ned un R u, j r Ih AR ’ H .3% | ( IR - » DD j a R Ya A j | f ur an Anal RT a | | 100170777 Il) Be a “ aa are angvahpd Ne rs sahes um De Fa ee NESEN “ e year hen