LE a Bu I a ® ER wa! Uriot = ee nteR en Beh iehe) ee A ” ytde it Te v. vaseRAe Zee R EOR VEIE RE OFDE UEORSEDMERNTION OR SECTIENGE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY 1 cn es Esela. ua) e 2 r en y u Zeitschrift Deutschen geologischen Gesellschaft. vIm.-Band. 1856. Mit neunzehn Tafeln. Berlin, 1856. Bei Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung). Behrenstrasse No. 7. . ioflann woiknäkgolaog mai = > > » re — £ R + . . Ri ‘ = “ R x & Bene r 2 4 R - - zZ % E - » - 2 r - c I; * r £; ER “ . ” “ E | Sy Se 2: 27, * ’ ri u > .' - “ i e e s he) h r un „» 2 R = 3 r -, E y - - - \ ’ % “ 3 FA r f ‘ 'S 1 Ä | - id } s m P Fr das RW: . . wart Bivenhun ib # u ’ “ e » - 3 # - * e = Y% DR Bi B2, Ayrulbiutdniäk nl Inhalt. Seite A. Verhandlungen der Gesellschaft . . . . 1. 151. 307. 497° B. Briefliche Mittheilungen der Herren Rormen, Rıcuter . 18 Hormann, Eumrich, v. ScuauroTu, BORNEMANN, MEYN . . . . 162 v. D. Marck, v. Stromzeck, BowL, ZIMMERMANN, KADE . 2. . . 318 v. Heyopsn, BoRrnEMmAnNn, F. Rormer, SCHNUR . 2 2 2 2.20.20. 0997 C. Aufsätze. Beyrıch. Die Conchylien des norddeutschen Tertiärgebirges. Viertes Stück. (Hierzu Taf. I. bis X.) . . 21 Bornxemann. Ueber die Diluvial- und Aa vielbitdangen der n- gegend von Mühlhausen im Gebiete des oberen Unstrut- thalesi« .,.0,) 2 } OR) H. Rose. Ueber den nat eine neue Mineralspecies A 17 Merx. Riffsteinbildung im Kleinen an der deutschen Nordsee- küste . . . . 119 SuEss. Bein dungen über, Catatoslomn elathrätssn G. Sinne, 127 v. D. Marc. Chemische Untersuchung von Gesteinen der obe- ren westfälischen Kreidebildungen . . . . 132 JenzscH. Beiträge zur Kenntniss einiger Phonolithe es böh- mischen Mittelgebirges. Mit besonderer Berücksichtigung des Baues dieses Gebirges . . . . . 167 v. ScHAuUroTH. Ein neuer Beitrag zur Palsontologie des denk schen Zechsteingebirges. (Hierzu Taf. XI.). ...... 211 Fern. Roemer. Notiz über ein eigenthümliches Vorkommen von Alaunstein in der Steinkohle bei Zabrze in Oberschlesien 246 Koch. Die anstehenden Formationen der Gegend von Dömitz. Ein Beitrag zur Geognosie Meklenburgs und der norddeut- schen Tiefebene überhaupt. (Hierzu Taf. XII.) . 249 Henser. Beiträge zur Kenntniss fossiler en Bier Da. U DET RR TR) vom Rartu. Ueber die ehonnehe Zsänmeneetkune zweier Pho- Holitben nr. 5 291 ACHENBACH. Ge noshsche Behrehune der Hohonzollsenscheh runde. "(Hierzu Dat XIV H SWR nee IV v. StROmBEck. Ueber das Alter des Dee im nord- westlichen Deutschland Scenınt. Zweiter Bericht über das Anfefejesn einer Torfinsel im See von Cleveetz oder Beel : Gustav Rose. Ueber die heteromorphen Zustände der koklen? sauren Kalkerde De Beyriıch. Die Conchylien des onddsntielen Wertiinsehiegrn Fünftes Stück. (Hierzu Taf. XVII. bis XIX.) . Rıcutaoren. Ueber den Melaphyr ... Synaee We ME Beiträge zur Kenntniss fossiler Sanpethieie, (Hierzu Var. XV und RW) Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 1. Heft (November, December 1855, Januar 1856). A. Verhandlungen der Gesellschaft. 1. Protokoll der November -Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 7. November 1855. Vorsitzender: Herr v. Carnatr. Das Protokoll der August-Sitzung wird verlesen und ge- nehmigt. Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: Herr KARL v. SEEBACH in Weimar, vorgeschlagen durch die Herren B. CorT1A, CREDNER und HERBST; Herr v. GüticHh, K. preuss. Geschäftsträger für Chile, in Buenos- Aires, vorgeschlagen durch die Herren v. CARNALL, H. Rose und RAMMELSBERG; Herr GEoRG M. STEPHENS in London, vorgeschlagen durch die Herren v. OLFERS, V. CARNALL ‚und BEYRICH; Herr AmerLunG, Berggeschworner in Stadtberge, vorgeschlagen durch die Herren v. CARNALL, KruG voN Nıppa und Huxvssen; Herr HERRMANN, Rittmeister a. D. und Fabrikbesitzer zu Schönebeck, vorgeschlagen durch die Herren EwALD, v. CABNALL und REDTEL. Dem Vorstande der Gesellschaft ist die traurige Nachricht ‚von dem am 25. Juli d. J. erfolgten Tode ihres Mitgliedes, des Herrn J. TuurMann in Porrentruy, zugegangen. Zeits d. d. geol. Gos. VIII, 1. 1 - 2 Mit Theilnahme hörte die Versammlung den Vortrag eines von Herrn NöGGERATH in seiner Schrift über das Erdbeben im Vispthale gegebenen Berichtes über einen Besuch bei JOHANN v. CHARPENTIER zu Devens bei Bex, kurze Zeit vor dessen am 12. September d. J. erfolgten Tode. Eingegangen war ein Schreiben des Herrn v. GüLIch aus Buenos-Aires mit verschiedenen Mittheilungen. Die Litterary society of Manchester exbietet sich zum Aus- tausch ihrer Schriften gegen die Zeitschrift der Gesellschaft. Für die Bibliothek sind eingegangen: A. An Geschenken: Abhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. Band I. Wien 1855. E. E. Scamıp und M. J. SchLEIDEN. Ueber die Natur der Kieselhölzer. Jena 1855. — Geschenk des Herrn ScuMip. B. Cotta. Die Lehre von den Erzlagerstätten. Zweite Hälfte. Freiberg 1855. Victor Ritter v. ZEPHAROYICH. Der Jaulinit, ein neues fossiles Harz aus der Jauling. — Separatabdruck. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preussischen Staate.. Band III. Lief. 2. Berlin 1855. F. Roemer. Palaeotheutis, eine Gattung nackter Cephalo- poden aus devonischen Schichten der Eifel. — Separatabdruck. Francois Lanza. Note sur les formations geeognostiques de la Dalmatie. — Separatabdruck. Societe geologique de France. Reunion extraordinaire ü Epinal (Vosges). Du 10 au 23 Septembre 1817. DELESSE. Examen de quelques mineraux,. Terre verte. Fayalite. Spherolithe. Und: Sur les proprietes a | des mineraux. — Separatabdrücke. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. 9. Heft. Neubrandenburg 1855. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussi- | schen Rheinlande und Westfalens.. Zwölfter Jahrgang. Heft 1 und 2. Bonn 1855. Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahr- | gang VII. Heft 3 und Jahrgang XI, Heft 2, Stuttgart 1855. | Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. BandXIV. Heft 3 und 4. Berlin 1855. # | 3 Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissen- schaften zu Darmstadt. No. 1—20. Darmstadt 1855. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das Königreich Hannover. Band I. Heft 3. Hannover 1855. Jahrbuch der k.k. geologischen Reichsanstalt. 1855. VI. Jahr- gang No. 1. The Quarterly Journal of the geological Society. No. 43. Vol. XI. Part. 3. London 1855. Zur Ansicht wurde der Gesellschaft von dem Vorsitzenden vorgelegt: Carte et coupes du terruin houiller de la Loire executce par Mr. GRUNER, Ingenieur en chef des mines. 1847. In Betreff der allgemeinen Versammlung der Gesellschaft, welche gemäss dem zu Göttingen gefassten Beschluss (Band VI. S.622) gleichzeitig mit der Versammlung der Naturforscher und Aerzte zu Wien hätte abgehalten werden sollen, berichtete der Vorsitzende, dass er, mit Rücksicht auf den zu Wien gefassten Beschluss der Vertagung der Versammlung der Naturforscher und Aerzte bis zum Jahre 1856, mit Herrn HAIDINGER in Wien brieflich darüber Rücksprache genommen habe, wie es bei dieser Sachlage mit der Versammlung der deutschen geologischen Ge- sellschaft zu halten sei. Es habe, da der zu Göttingen gefasste Beschluss dahin laute, dass beide Versammlungen gleichzeitig abgehalten werden sollen, angenommen werden müssen, dass die Vertagung der Versammlung der Naturforscher und Aerzte von selbst auch die der geologischen Gesellschaft zur Folge habe, und demnach die siebente allgemeine Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft erst im Jahre 1856 (vom 18. bis 24. September) in Wien abzuhalten sei. Der Vorstand habe sich daher auch die Abgabe des Rechenschaftsberichtes über die letzt- jährige Geschäftsführung, sowie der 1854er Kassen-Rechnung, bis zur Versammlung in Wien vorbehalten müssen. Für die nächstjährige Rechnungslegung bliebe unter solchen, im Statut nicht vorgesehenen Umständen, nur übrig, das im Jahre 1851 aufgestellte Budget, welches zu Göttingen (Band VI. S. 627) auch für das Jahr 1855 gültig erklärt wurde, mit Vorbehalt der bei der allgemeinen Versammlung in Wien nachträglich einzu- holenden Genehmigung, auch für das Jahr 1856 zum Anhalten zu nehmen, Der Schatzmeister der Gesellschaft, Herr TamnAv, gab der * 4 Versammlung eine Uebersicht über die Resultate der Rechnung von der Geseilschafts-Kasse für das fünfte Geschäftsjahr 1854. Diese Rechnung wird seiner Zeit mit derjenigen vom laufenden Jahr zusammen der allgemeinen Versammlung in Wien vorzu- legen sein. Hierauf schritt die Versammlung, gemäss der Bestimmung des Statuts zur Erneuerung des Vorstandes für das nächste Ge- schäftsjahr. Nachdem Herr v. CARsAaLL in Folge des allseitig ausgesprochenen Wunsches, er möge wo möglich auch in seiner veränderten amtlichen, ihn von Berlin entfernenden Stellung fort- fahren die Geschäfte der Gesellschaft als Vorsitzender zu leiten, erklärt hatte, er hoffe diesem Wunsche Folge leisten zu können, wurde einstimmig der Beschluss gefasst, den Vorstand in seiner bisherigen Zusammensetzung auch für das neue Geschäftsjahr wiederzuwählen. Die Mitglieder des Vorstandes sind also: Vorsitzender: Herr v. CARnaLL, stellvertretende Vorsitzende: die Herren G. Rose und EwALD, Schriftführer: die Herren BEYRICH, RAMMELSBERG, ROTH und Huvssen, Schatzmeister: Herr TAmnxaAr, Archivar: Herr RED'EL. Die folgenden Vorträge wurden gehalten: Herr G. Rose berichtete über die merkwürdigen Versuche des Professor LEypotLrt in Wien, betreffend die Aetzung von Quarzkrystallen und gegen die Axe senkrecht geschnittenen Quarzplatten durch Flusssäure. Das Haupt- und Gegenrhom- boeder und die künstliche Schnittfläche bekommen dadurch Ein- drücke ganz bestimmter, aber untereinander verschiedener Art, wodurch man nicht allein bei den Krystallen das Haupt- und Gegenrhomboeder bestimmt von einander unterscheiden, sondern auch die so häufig vorkommende Zwillingsverwachsung erkennen kann, selbst da wo sie mit blessen Augen gar nicht zu sehen war. Der Vortragende legte auf diese Weise geätzte Krystalle nebst Abdrücken der geätzten Platten in Hausenblase vor, die er von Herrn LevvoLr selbst erhalten hatte, und die die ange- gebenen Erscheinungen vortreflich zeigen. Er knüpfte hieran Mittheilungen über ähnliche Versuche, die er schon im vorigen Winter bei Gelegenheit von Untersuchungen über die Bildung des Kalkspaths und Aragonits erhalten hatte, Kalkspath wird 5) von allen Auflösungsmitteln mehr angegriffen als Aragonit. Wenn man einen durchsichtigen Kalkspathkrystall in eine Auf- lösung von Salmiak hängt, so wird derselbe sehr bald schnee- weiss und undurchsichtig, und erscheint nun wie mit kleinen haarförmigen sechsseitigen Prismen besetzt, die sich alle unter- einander und mit dem hineingehängten Krystalle in paralleler Stellung befinden, die Form dieses mag sein, welches sie wolle, ein Rhomboeder, Skalenoeder oder sechsseitiges Prisma. In dem salpetersauren und schwefelsauren Ammoniak erscheint die Ober- fläche des hineingehängten Krystalls unter dem Mikroskop wie mit Skalenoedern besetzt, die auch alle in einer Richtung liegen, und deren Winkel unter dem Mikroskop zu messen sind. In der Chlorwasserstoffsäure werden auf der Oberfläche des Haupt- rhomboeders des Kalkspaths rhomboidale Vertiefungen durch sich stets wiederholende Zuschärfungen der schärfern und stumpfern Kanten eingeätzt. Die Oberfläche des Aragonits wird in diesem Falle immer viel weniger verändert, und bleibt z. B. im Sal-. miak noch ganz durchsichtig, wenn der Kalkspath schon längst undurchsichtig geworden ist. Die verschiedenen Auflösungsmittel scheinen bei der Aetzung der hineingehängten Krystalle ähnliche Wirkungen auf die Form der an der Oberfläche derselben sich bildenden Krystalle auszuüben, wie die verschiedenen Mutterlau- gen auf die Form der aus ihnen anschiessenden Krystalle. Herr RAMMELSBERG gab einen Bericht über den diesjähri- gen Ausbruch des Vesuvs nach Mittheilungen des Herrn Sr. CLAIRE DEVILLE in Briefen an ELIE DE BEAUMoNT in den Comptes rendus. *) Herr Huyssen legte eine von dem Herrn Schichtmeister SEYFERT zu Sangerhausen angefertigte, mit vielen vortreflich gezeichneten Abbildungen versehene Beschreibung des gewerk- schaftlich-mannsfeldischen Braunkohlenbergbaues zu Riestädt — zwischen Sangerhausen und Eisleben — vor, und knüpfte daran eine allgemeine Schilderung der geognostischen Verhältnisse des Riestädter Braunkohlengebirges. Dieses bildet ein ge- gen 1000 Lachter langes und gegen 700 Lachter breites, nach Westen offenes Becken von elliptischer Form, das auf der Bunt- sandsteinformation ruht und durch Höhenzüge, welche ebenfalls dieser letzteren angehören, eingeschlossen ist. Man kennt darin *) Zeitschrift Band VII S. 511. 6 die im Allgemeinen nicht gewöhnliche, grosse Anzahl von sechs Braunkohlenflözen, zu & bis 14 Lachter Mächtigkeit, zusammen eine Kohlenmasse von etwa 3% Lachtern Mächtigkeit enthaltend. Die Zwischenmittel zwischen den einzelnen Flözen sind durch- schnittlich 2 Lachter stark. | Besonderes Interesse gewähren die in der Lagerung der Braunkohlenflöze wahrgenommenen Störungen. Darunter befindet sich eine sattelförmige Erhebung, „Horst“ genannt, welche die Mulde der Länge nach von W. nach O. durchzieht und gleich- sam in zwei Specialmuiden zertheilt, von denen die nördliche die schmalere, die südliche die breitere ist. Diese Sattelung erhebt sich, soweit die Aufschlüsse des Bergbaues dargethan haben, in dem östlichen Theile am höchsten und scheint sich nach Westen allmälig ganz zu verlieren. Auf dem höchsten Theile derselben ist die Kohle mulmig und schlecht. Stellenweise hat daselbst ein völliges Brechen der Kohlenflöze stattgefunden, wobei thonige Massen in dieselben eingedrungen sind. Wenn schon aus diesen Umständen folgt, dass die Ursache, welche diesen Sattel hervor- brachte, erst nach der Ablagerung und nach der vollständigen Ausbildung des Braunkohlenbeckens wirksam gewesen ist, so er- giebt sich dies noch bestimmter aus der merkwürdigen Erschei- nung, dass die in den Flözen inneliegenden Holzstämme der Sattelbiegung entsprechend gebogen, zerknickt und zerbrochen sind, woraus sich zugleich ein Schluss darauf ziehen lässt, mit wie grosser Gewalt jene Einwirkung erfolgt ist, welche den Horst hervorgebracht hat. Vermuthlich hat dieselbe darin be- standen, dass zu beiden Seiten Senkungen des Gebirges stattge- funden haben, — Senkungen, welche wir noch heute in den zwei obgedachten Specialmulden deutlich erkennen können. War die Lagerung des Braunkohlengebirges im Riestädter Becken ursprünglich annähernd horizontal und nur etwa an den Rändern aufgebogen, so mag der angedeuteten Ursache die Entstehung der gegenwärtigen tiefen Muldung zuzuschreiben sein, in wel- cher Fallwinkel der Schichten bis 35 und 40 Grad beobachtet sind. Welches die Endursache der Senkung des Gebirges ge- wesen, kann nicht entschieden werden; indessen ist es sehr wohl denkbar, dass die Auswaschung von Steinsalz in der unterlie- genden Buntsandstein- oder der Zechsteinformation, oder das Zusammenstürzen von Gypsschlotten, welche in dem mannsfeldi- schen Zechstein bekanntlich in grosser Menge vorhanden sind, 7 die Veranlassung dargeboten hat. — Eine auffallende Erschei- nung in dem Braunkohlengebirge von Riestädt ist auch das Vor- kommen einer Verwerfung, bei welcher die Sprungkluft die durch sie getrennten Theile des Gebirges und des Braukohlen- flözes ganz glatt abschneidet. Vorkommnisse dieser Art können nur dann entstehen, wenn die ganze Gebirgsmasse zu der Zeit, wo die Verwerfung hervorgebracht worden ist, schon fest gewor- den. Sie sind im Steinkohlengebirge, wie überhaupt in den älteren Formationen, ungemein häufig, im Braunkohlengebirge aber eine Seltenheit. Die Saigerhöhe des Sprunges, d. h. die Höhe, um welche das tiefere Gebirgsstück in Verhältniss zu dem höheren gesunken ist, beträgt bei dem Sprunge in Rede 5 Fuss; da das verworfene Flöz 10 Fuss mächtig ist, so stehen dessen Theile noch mit einander in Zusammenhang. Herr v. CARrnALL knüpfte an diesen Vortrag einige wei- tere Bemerkungen über das Vorkommen analoger Erscheinungen im Kohlengebirge. Herr MıTscheEruich las einen Aufsatz des Herrn MAscHKE in Breslau: Vorläufige Mittheilungen über Kieselsäurehydrat und die Bildungsweise des Opals und Quarzes.*) Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. vV. CARNALL. BEYRICH. 2. Protokoll der December - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 5. December 1859. Vorsitzender: Herr v. CARNALL. Das Protokoll der November-Sitzung wird verlesen und ge- nehmigt. Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: Herr Jonannes Rotn, Professor und Adjunkt an der Kö- niglichen Akademie der Wissenschaften zu München, vorgeschlagen durch die Herren EmMmricH, BEYRICH und V. CARNALL. *) Zeitschrift Band VII. Seite 438. 8 Für die Bibliothek sind eingegangen: A. An Geschenken: Karte von dem Steinkohlen-Bergbau bei Saarbrücken nebst einem Blatt Profile. — Geschenk des Vorsitzenden. Freperıck M’Coy. A synopsis of the classification of the British pulaeozoic rocks. Ird. Fascieulus. London 1855. Hörnes. Ueber die Gastropoden und Acephalen der Hall- städter Schichten. Mit 2 Tafeln. Wien 1855. — Separatabdruck. Suess. Ueber die Brachiopoden der Hallstädter Schichten. Mit 2 Tateln. Wien 1855. — Separatabdruck. PeTeRs. Schildkrötenreste aus den österreichischen Ter- tiärablagerungen. Mit 6 Tafeln. Wien, 1855. — Separatabdruck. G. SANDBERGER. Ülymeniarum et Goniatitum naturam notasque primarias exposuit. Mosquae 1853. — Separat- abdruck. C. v. SCHEUCHENSTIEL. Idioticon der österreichischen Berg- und Hüttensprache. Wien 1856. — Geschenk des Herrn ZER- BRENNER. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem preussischen Staate. III. Band 3. Lieferung. — Geschenk des Vorsitzenden. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Zweiunddreissigster Jahresbericht der schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Kultur. Enthält: Arbeiten und Verän- derungen der Gesellschaft im Jahre 1854. Societe des sciences naturelles du Grand-Duche de Luxem- bourg. Tome llI. Annee 1855. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Emden für 1854. Emden 1855. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften von GIE- BEL und Heıntz. Jahrgang 1855. Heft 7, 8. Der Vorsitzende übergab mehrere von Herrn SANDBER- GER eingesendete Abdrücke eines lithographirten Bildnisses von L. v. Buca. Derselbe gab Nachricht von einem Schreiben des Herrn v. DECHEN vom 24. November d. J., in welchem dieser über die in Angriff genommene Zusammenstellung der geologischen Uebersichtskarte von Deutschland berichtet. Herr EwALn berichtete über zwei neue Vorkommen von Blattabdrücken in dem Braunkohlenterrain des nördlich vom Harz 9 gelegenen 'Theils der Provinz Sachsen. Sowohl hier wie in der Mark Brandenburg, also in dem ganzen von L. v. Buch mit dem Namen des norddeutschen Braunkohlenbeckens belegten Landstrich waren wohlerhaltene Blätter von Laubbäumen noch nicht gesehen worden. (Siehe L. v. Bvcn Monatsbericht der Berliner Akademie Jahrgang 1851 S. 21.) Von den beiden neuen Vorkommen wurde das eine auf einem mit dem Professor Heisse von Aschersleben aus gemeinsam unternommenen Ausfluge in der Nähe des Dorfes Wilsleben aufgefunden. Hier liegen die Blätter in Blöcken von festem Quarzgestein, welche aus dem Diluvium ausgegraben werden und zu der Kategorie der aus zertrümmertem Braunkoh- lengebirge herrührenden Sandsteinblöcke mit glasirter Oberfläche gehören. | Ungefähr gleichzeitig wurden auch auf der Braunkohlengrube von Gross-OÖschersleben Blattabdrücke entdeckt. Dieselben sind dort bei .Abteufung eines Maschinenschachts zu Tage gefördert worden. Sie liegen in einem thonig-sandigen Gestein, welches die gewöhnlichen Bestandtheile des schwimmenden Gebirges aber in festerem Zusammenhange zu enthalten scheint. Nach Mitthei- lung des Herrn Geschwornen Künne bildet dies Gestein dort ebenfalls nur einen an der Oberfläche des Braunkohlengebirges liegenden grossen Block, nicht aber eine aushaltende Schicht, da dasselbe in den benachbarten Schichten nicht angetroffen wor- den ist. Die Bestimmung der einzelnen Blätter wird erst nach Her- beischaffung eines grösseren Materials, als jetzt vorliegt, möglich sein; und soll hier zunächst nur hervorgehoben werden, dass sich unter den Blattabdrücken von Gross-Oschersleben auch Fä- cherpalmen (Flabellarien) vorgefunden haben, deren Verbreitungs- bezirk sich also von Thüringen, woher sie bekannt waren, noch um ein Bedeutendes nach Norden erweitert, Herr ERMAnN und Herr HERTER zeigten eine Sammlung schön erhaltener tertiärer Conchylien aus der Gegend von Ma- laga, welche grösstentheils einer Ablagerung von subapenninem Alter angehören. Herr TAMNAU zeigte aus seiner Sammlung Cölestinkrystalle von Pschow in Oberschlesien und Silberstufen von Fresnillo und Guanaxuato in Mexico vor. Herr BEyRIcH sprach über eine neue im vergangenen Som- mer zu Rüdersdorf im unteren Muschelkalk (Schaumkalk) auf- 10 gefundene Crinoidee, welche der von H. v. MEvER aufgestellten Gattung Chelocrinus angehört. Redner sprach sich dahin aus, dass diese neuerlich von BRoxns, v. STROMBECK und anderen verworfene Gattung als Sektion von Enerinus beibehalten wer- den könne, mit mindestens eben so grossem Recht zur Trennung, wie die von Bronx beibehaltene Gattung Dadocrinus. Die neue Crinoidee, welcher der Name Zxerinus (Chelocrinus) Carnalli beigelegt wurde, unterscheidet sich vom Zncrinus (Cheloerinus) Schlotheimi und dem Encrinus (Chelocrinus) pentactinus durch eine runde Säule und wesentlicher durch die sehr langsam sich ausbildende Zweizeiligkeit der Armzweige. Die ringsum aus dem Gestein gelöste Krone ist vollkommen regelmässig ausge- bildet, so dass in Folge der doppelten Theilung der Radien 20 Armzweige zu zählen sind. Enecrinus (Chelocrinus) Schlot- heimi ist vielleicht nur ein monströs ausgebildetes Stück von derselben Art wie Znerinus (Chelocrinus) pentactinus. Derselbe berichtete über den Inhalt einer neuerlich von Herrn v. DecHen erhaltenen sehr reichen Sammlung ausge- zeichnet erhaltener tertiärer Conchylien aus Bohrungen bei Neuss, Die Mehrzahl der Arten stimmt überein mit solchen, die durch Herrn Nauck bei Crefeld gesammelt wurden, so dass über das gleiche Alter des Lagers von Neuss — parallel dem Sternberger Gestein oder ober-oligocän — kein Zweifel mehr obwalten kann. Ferner übergab derselbe von Herrn v. PFuEL auf Jahns- felde eingesandte Proben von Sphärosiderit, der bei Abteufung eines Schachtes der Muthung „Fortschritt“ bei Marxdorf vorge- kommen ist. Zur Ansicht legte derselbe eine von Herrn BEum entwor- fone geognostische Karte vor, auf welcher die Verbreitung des anstehenden Tertiärgebirges auf der linken ÖOderseite nördlich von Stettin aufgetragen ist. - Herr SONNENSCHEIN berichtete über seine Untersuchung einer in einem Hochofen auf der Marienhütte in Oberschlesien entstandenen Legirung von Blei und Eisen und legte die be- züglichen Exemplare vor.*) Herr BERINGUIER zeigte eine von JAKOB JOSEF PAULING gearbeitete Beliefkarte des Salzkammergptes in Oberösterreich mit geognostischer Colorirung. *=) Zeitschrift Band VI. Seite 664. 11 Herr v. MiELeckt legte ein Stück Bernstein vor, welches im Formsande der Grube „von Manteuffel‘“ bei Züllichau ge- funden ist. Es ist dies das erste bekannt gewordene Vorkom- men von Bernstein im anstehenden Braunkohlengebirge der Mark. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. voTrers a: 0. v. CARNALL. BEYRICH. 3. Protokoll der Januar - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 2. Januar 1856. Vorsitzender: Herr v. CARNALL. Das Protokoll der December-Sitzung wird verlesen und ge- nehmigt. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: A. An Geschenken: DE VERNEUIL, COLLOMB et DE LOBRIERE. Note sur les progres de la giologie en Espagne pendant lannee 1854. Caen 1855. Berg- und Hütten-Kalender für das Schaltjahr 1856. Essen im Verlage von BAEDEKER. — Eingesendet von der Verlags- handlung. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Fünfter Bericht der oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Giessen 1855. Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde in Hanau über die Gesellschaftsjahre von August 1853 bis dahin 1855. Hanau 1855. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften von GIE- BEL und Heıntz. Band 5 Heft 6 und Band 6 Heft 1. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1855. VI. Jahrgang No. 2. Von Herrn GUIDO SANDBERGER ist eine „Literarische Notiz, als Manuskript gedruckt“ eingesendet, in welcher berichtet wird, dass ‘sich die letzten Bogen des in Verbindung mit seinem Bruder FRID. SANDBERGER von ihm herausgegebenen Werkes über die V er- steinerungen des rheinischen (devonischen) Schich- tensystems in Nassau jetzt im Druck befinden. Der Atlas des Werkes enthält 41 lithographirte Tafeln, der Textband um- 12 fasst mehr als 60 Bogen in Grossquart mit einer grossen An- zahl xylographischer Illustrationen und einer geognostischen Uebersichtskarte in Farbendruck. Die Monographie umfasst im Ganzen 130 Gattungen mit 364 Arten, von denen 160 neu sind. Die darin durchgeführten Vergleichungen der geologischen und paläontologischen Verhältnisse erstrecken sich auf Russland, Spanien, Devonshire, Frankreich, Belgien, die Eifel, Westfalen und die Gegend von Köln, die Wetterau, Oberhessen und Wal- deck, das Harzgebirge, Oberfranken, Thüringen und Sachsen, Schlesien und Mähren, sowie endlich Nordamerika und Südafrika. Beigefügt ist von dem Verfasser der Notiz die nachfolgend ab- gedruckte systematische Liste derjenigen in genannter Monogra- phie ausführlich abgehandelten organischen Reste, welche man als Leitversteinerungen anzusehen hat. Systematischer Name. *1. Cypridina serratostriata. 2. Phacops eryptophthalmus. 3. Phacops latifrons. 4. Homalonotus crassicauda. 5. Cylindraspis latispinosa. 6. Goniatites crenistria. 7. Goniatites inlumescens. 8. Gonialites carinatus. 9, Goniatites relrorsus et Varie- tates. 10. Goniatites subnautilhnus. 11. Goniatites compressus. . Clymenia subnaulilina. „ Baclrites carinatus. . Orthoceras triangulare. 15. Orthoceras regulare, 16. Bellerophon trilobatus. 17. Pleurotomaria decussata et Va- rietates. 18. Pleurotomaria (Murchisonia) bilineata. 19. Euomphalus Serpula. 20. Loxzonema costatum. 21. Macrochilus arculatum. 722, Conularia subparallela. Gesteine. Cypridinenschiefer, Cypridinenschiefer, Clymenien- und Goniatitenkalk. Spiriferensandstein und Orthoceras- schiefer. Spiriferensandstein und Ludlowrocks, Posidonomyenschiefer. Bergkalk und Posidonomyenschiefer. Goniatitenkalk. Stringocephalen- und Goniatitenkalk. Goniatitenkalk und -mergel, Cly- menienkalk, Domanik- und Cypri- dinenschiefer. Orthoceras- und Marcellusschiefer. Orthocerasschiefer. Cypridinenschieferkalke. Orthoceras- und Cypridinenschiefer. Spiriferensandstein- und Orthoceras- schiefer. Silurische Kalke, Orthoceras- und Cypridinenschiefer. Spiriferensandstein. Stringocephalenkalk. Stringocepbalenkalk. Stringocephalen- und Bergkalk. Stringocephalenkalk. Stringocephalenkalk. Spiriferensandstein. a Eee nn Zn nn nn mn un nn #37: "40. SI [ers #42. 43. #46. mit 13 Systematischer Name. . Coleoprion gracilis. Cardium ahforme. . Grammysia ovala. . Cardiola retrostriata. . Nucula cornuta. . Avicula obrolundalta. . Avicula bifida. . Pierinea fasciculata. . Posidonomya acuticosta. . Spirifer macropteruset Varietates. . Uneites gryphus. . Rhynchonella parallelepipeda. . Pentamerus acutolobatus. . Spirigera concentrica. Spirigerina reticularis. . Anoplotheca lamellosa. . Strophomena depressa. Chonetes sarcinulata. Productus subaculeatus. Stromatopora concentrica. Pleurodietyum problematicum. . Favosites gracilis. . Streptastrea longiradiata. Haliserites Dechenianus. . Stigmaria ficoides. Gesteine. Spiriferensandstein. Stringocephalen- und Bergkalk. Spiriferensandstein und Hamilton- gruppe. Ciymenien- und Goniatitenkalke und -mergel. Spiriferensandstein. Cypridinenschiefer u. Goniatitenkalk. Aviculaschiefer. Spiriferensandstein und Hamilton- gruppe. E Posidonomyenschiefer. Spiriferensandstein. Stringocephalenkalk. Stringocephalenkalk. Obersilurischer und Stringocepha- lenkalk. Stringocephalenkalk und Hamilton- gruppe. Spiriferensandstein und Stringoce- phalenkalk. Spiriferensandstein. Spiriferensandstein, Stringocephalen- und Bergkalk. Spiriferensandstein. Stringocephalenkalk und Hamilton- gruppe. Stringocephalenkalk. Spiriferensandstein. Stringocephalenkalk. Stringocephalenkalk. Spiriferensandstein. Posidonomyenschiefer. In dieser Liste von Leitversteinerungen sind die häufigsten *, grosse Seltenheiten, wenngleich auch Leitversteinerungen, T bezeichnet. Der Vorsitzende legte zur Ansicht vor: Further papers relative to the discovery of gold in Australia. London 1855. Derselbe zeigte mehrere in dem Schacht zu Stassfurt ge- . ‚wonnene Stufen von reinem blättrigen Steinsalz vor, welches als etwa zolldicke Platten und Trümmer in einem von Salz durchdrungenen grauschwarzen dichten Anhydrit vorkommt, wobei es bemerkenswerth ist, dass nach der gleichen Lage der Blätterdurchgänge selbst grössere Stücke einen einzigen Krystall 14 repräsentiren, während das Salz in anderen Partien kleinblättrig, auch in kleinen Drusen auskrystallsirt erscheint. Herr G. Rose äusserfe, dass er die Stücke näher zu untersuchen wünsche, wozu ihm dieselben übergeben wurden. Ferner legte der Vorsitzende die beiden ersten, jetzt er- schienenen Sektionen Wesel und Dortmund der geognostischen Karte von Rheinland-Westfalen zur Ansicht vor. Herr Ewa berichtete über einen in einem Sandstein der Gegend von Halberstadt gefundenen grossen Ancyloceras, der sich in der Sammlung des Herrn HERRMANN in Schönebeck be- findet. Da man Ancyloceren nur im Neocom und unteren Gault kenne, sei anzunehmen, dass das fragliche Stück aus dem Qued- linburger Höhenzuge herrühre. Herr Beyrıch berichtete über die im vergangenen Herbste von ihm ausgeführten Arbeiten zur Fortführung der geologischen Karte von Nieder-Schlesien. Nachdem das Königliche Ministe- rium genehmigte, dass diese Karte über die Landesgrenzen hin- aus so weit ausgedehnt werde, als der Zusammenhang der dar- zustellenden geologischen Verhältnisse es wünschenswerth mache, und nachdem, in Folge von Bemühungen des Herra G. Rose, mit dankenswerthem Entgegenkommen von Seiten der k.k. öster- reichischen Behörden in Wien die zu einer geologischen Special- Untersuchung erforderliche genauere Terrain-Zeichnung der be- treffenden böhmischen Landestheile geliefert war, hatten jetzt. die Arbeiten auf böhmischem Gebiete beginnen können, die bisher wegen Mangels brauchbarer Karten hatten unterbleiben müssen. Die von dem Vortragenden ausgeführten Arbeiten hatten zu- nächst die Untersuchung des auf die Sektion Waldenburg der Karte von Nieder-Schlesien fallenden böhmischen Landestheiles zum Gegenstande. Sie erstreckten sich im Norden auf das Ge- biet der krystallinischen Schiefer im Quellgebiete des oberen Aupa-Thales, im Westen bis in die Gegend von Schwarzenthal und Arnau, im Süden bis an den Rand des Königinhofer Kreide- gebirges und bis gegen Kosteletz und Nachod hin. Eine spe- . eiellere Darstellung gab der Vortragende von den Verhältnissen der Zusammensetzung und der Lagerung des Rotbliegenden und der Steinkohlenformation in dem untersuchten Gebiet. Den Zug des Kohlengebirges von Schatzlar nach Strausseney hin betrachtet derselbe seiner Lagerung nach als den Gegenflügel der Mulde des Waldenburger Kohlengebirges, der in seiner grösseren mitt- | | i | | 15 leren Erstreckung schon während der Ablagerung des Rothlie- genden, und ebenso später während der Ablagerung der Kreide- formation eine insulare Hervorragung bildete, die von den ge- nannten jüngeren Formationen umlagert und in ihren nordwest- lichen und südöstlichen Ausläufern theilweise überlagert wurde, Aus dem Vorkommen des Glimmerschiefers im Liegenden des Kohlengebirges bei Gabersdorf und zwischen Döberle und Wolta, dann aus dem ausgedehnteren Zutageliegen des Glimmerschiefers auf dem Plateau des Rothliegenden südlich von Trautenau und Pilnikau, und aus seinem Auftreten im Aupa-Thale bei Skalitz lässt sich folgern, dass wahrscheinlich überall in nicht grosser Ent- fernung von dem an der Tagesoberfläche beobachtbaren Rande der Steinkohlenformation in der Tiefe Glimmerschiefer deren un- mittelbare Unterlage bilde. Die vollständige Unabhängigkeit der ‚Steinkohlenformation von der Formation des Rothliegenden er- giebt sich aus einer Vergleichung der Zusammensetzung des letzteren, wie sie sich in regelmässigen Profilen vom Rande der krystallinischen Schiefer des Riesengebirges gegen Trautenau hin darstellt, mit derjenigen, wie sie im Hangenden der Waldenbur- ger Steinkohlenformation seit längerer Zeit bekannt ist. Das Rothliegende beginnt am Rande der Urgebirgsschiefer des Rie- sengebirges mit einer Ablagerung von groben Conglomeraten, in welcher die Gerölle häufig fussgross, an einigen Punkten bis 3 und 4Fuss im Durchmesser gross sind. Darüber liegen rothe conglomeratfreie thonige Sandsteine und Schieferletten, welche Einlagerungen von dunklen bituminösen Schiefern und von einem dünngeschichteten oder schieferigen grauen oder röthlichen Kalk- stein umschliessen, der petrographisch wie in den organischen Einschlüssen dem bekannten Kalkstein von Ruppersdorf bei Brau- nau vollkommen gleicht. Die dunklen Schiefer enthalten an der Südseite des Riesengebirges verbreitet Kupfererze und sind an verschiedenen Punkten bergmännisch aufgeschlossen und in ihrem Zusammenhange verfolgt; sie enthalten mannigfaltige Pflanzen- reste und daneben zum Theil dieselben Fische, wie: der Ruppers- ‚dorfer Kalkstein. Die bezeichneten beiden Glieder können als Unteres Rothliegendes dieser Gegenden zusammengefasst werden, Sie lassen sich beide im Hangenden des böhmischen Kohlenge- birges in schmalen Zonen nachweisen; die unteren Conglomerate enthalten zwischen Jibka und Böhmisch-Wernersdorf, nordwest- lich von Starkstadt, Malachit und Kupferlasur und werden hier 16 gegenwärtig bergmännisch gewonnen. Das Obere Rothliegende beginnt gleich dem unteren mit einer Ablagerung von mächtigen Conglomeraten, welche in der Gegend nördlich von Trautenau die Höhen zwischen dem Thal von Hartmannsdorf und Wild- schütz, und die zwischen Trautenbach, Gabersdorf, Wolta und Altstadt zusammensetzen; darüber folgen, als oberstes Glied der Formation, die in der Gegend von Trautenau und südwärts bis zum Rande des Königinhofer Kreidegebirges fach ausgebreiteten conglomeratfreien rothen Sandsteine und Schieferletten, welche ein südlich von Trautenau weit zu verfolgendes Lager von kalkigem Sandstein oder Kalkstein und Dolomit, ohne organische Reste, einschliessen. Das letztere Lager entspricht dem Kalkstein- oder Dolomitzuge von Trautliebersdorf bei Friedland, von welchem das bei Vogtsdorf und Bertelsdorf in der Gegend von Schömberg im Hangenden des Waldenburger Kohlengebirges den Gegen- flügel der Mulde ausmacht. Auch diese jüngeren Lager der Formation sind im Hangenden des Kohlengebirges in der Gegend von Starkstadt nachweisbar. Während dieselben hier, gleich den älteren Gliedern der Formation, in flach geneigter und gleichmässiger Lagerung von dem Kohlengebirge abfallen, wird letzteres von seinem südwestlichen Rande von Markausch über Klein-Schwadowitz fort bis nach Ober-Hertin hin durch eine schmale Zone von steil aufgerichteten oder übergestürzten Schich- ten des Rothliegenden von dem Kreidegebirge getrennt gehalten, das hier, wie es früher von Herrn v. CARnALL beobachtet wurde, eine besondere Mulde ausfüll. Das Dorf Gross- Schwadowitz liegt in der Mitte der Mulde des Kreidegebirges, an deren öst- lichem Rande sich die Schichten desselben conform der Lagerung des Rothliegenden steil aufgestürzt zeigen, während sie in der Mulden-Mitte flach liegen, sich dagegen am westlichen Rande gegen Eipel hin, an dem hier ungestört gelagerten Rothliegenden wieder steil aufrichten. Die Aufstürzung der Schichten des Kreide- gebirges an beiden Rändern der Mulde und der des Rothliegen- den zwischen dem Kreidegebirge ‘und Koblengebirge an ihrem östlichen Rande gehört in die Kategorie der Erscheinungen, wel- che vom Redner in der Abhandlung über die Lagerung der Kreideformation im schlesischen Gebirge*) durch andere Theile *) In den Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Ber- lin vom Jahre 1854. 17 des Gebirgssystems der Sudeten hindurch verfolgt wurden; sie erfolgte nach Ablagerung der Kreideformation ohne Zusammen- hang mit den Ursachen der räumlichen Anordnung der betrach- teten Formationen in diesen Gegenden und insbesondere ohne Zusammenhang mit den Ursachen des Emporragens der Stein- kohlenformation aus seiner Umgebung. Eine abweichende, fal- sche Darstellung der merkwürdigen Lagerungsverhältnisse der Formationen des Kreidegebirges, des Rothliegenden und des Koh- lengebirges in dem Profile von Eipel über Zales, Gross- und Klein-Schwadowitz fort, gab v. WARNSDORFF*), indem von dem- selben weder das Rotlıliegende zwischen dem Kreidegebirge und dem Kohlengebirge am Rande des Kohlengebirges bei Klein- Schwadowitz, noch die muldenförmige Anordnung der Schichten des Kreidegebirges und die damit zusammenhängende flache La- gerung derselben in der Mitte der Mulde bei Gross-Schwadowitz gesehen war. Herr v. CARNALL nahm Veranlassung an den Vortrag des Vorredners mit Bezug auf die von ihm früher entwickelten ab- weichenden Ansichten über die Beziehungen des Steinkohlen- gebirgszuges zwischen Schatzlar und Strausseney zu dem umge- benden Rothliegenden einige erläuternde Bemerkungen anzuschlies- sen und darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig die Ergeb- nisse der Untersuchungen des Herrn Vorredners für die richtige Beurtheilung der Lagerungsverhältnisse des niederschlesisch-böh- mischen Rothliegenden wären, sowie auf die praktische Bedeu- tung, welche dieselben für eine weitere Entwicklung des Berg- baues im Liegenden der zu Tage tretenden Theile des böhmischen Kohlengebirgszuges gewinnen können. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen, v. w. 0. vV. CARNALL. BEYRICH. *) Geognostische Notiz über die Lagerung des Nachoder Steinkoh- lenzuges in Böhmen. In v. Leonsanp und Baonn N. Jahrb. 1841. S. 432 fgg. Taf. VID. Zeits. d.d. geol. Ges. VII 1. z 2 18 B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr A. Rormer an Herrn Beyrıck. Clausthal, den 9. Februar 1856. MurcHıson hat in No. 44 des Quarterly Journal seine jetzigen Ansichten über die geognostische Zusammensetzung des Thüringer Waldes und des Harzes in einem längeren Auf- satze vorgetragen, aus dem für mich zunächst der Trost hervor- geht, dass auch er den Harz für ein sehr verworrenes und schwer zu entzifferndes Gebirge hält; die paläozoischen Massen willMuERcHIsonN bereits 1839 alle richtig erkannt haben, so dass ihm jetzt nur einige Zusätze zu seinen früheren Ansichten erfor- derlich scheinen; wenn er zugleich angiebt, dass seitdem hier für die Stratographie nichts geschehen sei, so hat er doch wohl auf den specielleren Karten die genauere Begrenzung der einzel- nen Gebirgsglieder und die Trennung der Formationen in ver- schiedene Etagen übersehn. Die von mir als silurisch bezeich- neten Kalke hält auch MurcHIson mit einigem Bedenken dafür, verlegt aber die Graptolithenschiefer von Lauterberg irrthümlich noch Lautenthal. Dass Terebratula Princeps auch devonisch sein sollte, kann ich nicht glauben. | Im Devonischen trennt er bei Elbingerode die oberen Iber- ger Kalke scharf von den eisenschüssigen Kalken des Büchen- berges, während jene bei Grund wieder dem Eifeler Kalke gleich- gestellt werden und Stringocephalus führen sollen, was sie be- stimmt nicht thun. Mit dem Iberger Kalke geht es mir nun aber einmal recht übel; niemand scheint an ihren Unterschied vom Eifeler Kalk glauben zu wollen, so oft ich jenen auch her- vorgehoben; selbst mein Bruder ignorirt sie in seinem letzten Aufsatze über die devonischen Bildungen bei Couvin gänzlich, obgleich eine halbe Stunde von dert, dicht östlich von Frasne ein ganzer Berg daraus besteht und mir Terebratula elongata und cuboides in Menge geliefert hat; wohl irrthümlich giebt MuvacHIson einen Cheirurus aus dem Iberger Kalke an. Die bei Elbingerode zwischen jenen beiden Kalken liegen- den Grauwacken hält derselbe für eine Lokalbildung, was bei 19 ihrer Mächtigkeit von etwa 6000 Fuss auffallen muss; leider hat er sie mit den Grauwacken von Newton Bushel nicht verglichen. Die Wissenbacher Schiefer wollen auch noch immer nicht zur Ruhe kommen; ich möchte sie jetzt für noch jünger halten wie früher und sie den durch Herrn v. DECHEN zuerst beschrie- benen Flintzschiefern im Arnsbergischen gleichstellen; ihre vie- len Goniatiten stehen denen von Büdesheim doch sehr nahe und die Lagerungsverhältnisse in Nassau der Ansicht hoffentlich nicht direkt entgegen. Viel Gewicht legt MuacHıson darauf, dass er zuerst unsere oberen Grauwacken dem Culm verglichen; viel wichtiger war aber dafür Herrn v. DEcHEN’s Entdeckung von Productus se- mireticulatus im Plattenkalke; auch aus dem Kohlenkalke von Grund habe ich ihn kürzlich erhalten. _MURCHISON möge sich übrigens nicht wundern, wenn sein Culm am Bruchberge gele- gentlich wieder silurisch wird, wofür ich ihn früher auch gehal- ten habe. — Freund RiıcHTER beschrieb kürzlich einen Calamiten, den er aus dem thüringischen Culm besitzt; da er aber zwischen vie- len Trochiten liegt, so möchte er wohl einer älteren marinen Bildung angehören. — Im vorigen Jahre ist zwischen Grund und Gittelde ein Lichtschacht abgesunken und ist dadurch folgender Durchschnitt gewonnen: 1) Rauhkalk 114 Lachter, 2) Zechstein 75 Zoll, 3) Kupferschiefer 15 Zoll, 4) weisses Todtliegendes 10 Zoll, 5) rothes Todtliegendes 60 Zoll und dann 6) Kulm-Grauwacke. Auch südlich von Lauterberg wird im kommenden Sommer das Zechsteingebirge durch mehrere Bohrversuche genauer bekannt werden; im Rauhkalke zwischen Königshütte und Sachsa findet sich viel Bleiglanz in bis 50 Pfund schweren Nieren und wird dies Vorkommen jetzt auch bergmännisch untersucht. Im Gelmkethale bei Goslar hat sich kürzlich Ostfrea Knor- ri gefunden; es wird dort mithin der nur bei Geerzen bekannte Bradford-Thon vorkommen. 2% 20 2. Herr Rıcuter an Herrn Berrick. Saalfeld, den 15. Februar 1856. Sehr interessant ist mir die Abhandlung von LIEBE gewe- sen. Sie bestätigt von neuem, wie sehr die Verhältnisse der Zechsteinglieder auch in kurzen Entiernungen wechseln. LIEBE’s Tiefstes, der conglomeratartige Zechstein, findet sich hier in die- ser Gestalt nicht. Scharf vom Weissliegenden ——-—— (5) getrennt, liegt unmittelbar auf demselben das Mutterflöz (c), 1 bis 14 Fuss mächtig, aus === 2 bis 3 Zoll starken Schichten mit welliger ——— Oberfläche bestehend. Das Gestein ist von ee — 5 Eisengehalt gelblich bis rostgelb gefärbt, un- NN ir /, eben und fast erdig auf dem Bruche und führt neben sehr vereinzelten, kleinen, abgerundeten Schieferstückchen wenige Glimmerblättchen (weiss) und fast mi- kroskopische abgerundete Quarzkörnchen. Unter den Petrefakten mit späthigen Schalen erkenne ich mit Sicherheit nur Pleuro- phorus costatus Be. und Bakewellia keratophaga v. SCHL. in ziemlich grossen Exemplaren. Die obersten Schichten werden ärmer an Eisengehalt, so dass sie einen hellgrauen festen und splitternden Kalkstein darstellen (d), der allmälig in den bitu- minösen Mergelschiefer (LIEBE’s schwarzen Zechstein) übergeht. Dieser, grau bis schwarz, mit kleinen Glimmerblättchen, bildet in der Mitte seiner Mächtigkeit 1 bis 2 starke Bänke, (e), wäh- rend der untere und obere Theil dünnplattig ist. Er enthält die gewöhnlichen Thier- und Pflanzenversteinerungen, namentlich aber in der Mitte in oft unzähliger Menge Lingula Credneri GeIn. Darauf folgt () eine etwas dolomitische Bank und end- lich (g) der parallelepipedisch abgesonderte eigentliche Zechstein. 21 ©. Aufsätze. 1. Die Conchylien des norddeutschen Tertiärgebirges. Viertes Stück: Fusus, Turbinella. Von Herrn Beryrica ın Berlin. Hierzu Tafel I bis X. (16 bis 25.) Fusus. Die mehrseitig von englischen Autoren gemachten Vor- schläge zu einer Zertheilung der umfangreichen und von LA- MARCK künstlich begrenzten Gattung Fusus in kleinere natürli- chere Gruppen fand ich bei einem Versuch praktischer Einführung so unzureichend und zu wenig ausgeführt, dass ich es vorzog, der Gattung ungetheilt den entsprechenden Umfang zu lassen, in welchem sie seit DEsHAYES’s Bearbeitung der Pariser Tertiär- Conchylien in der paläontologischen Litteratur in Gebrauch ist. Insbesondere folgte ich auch dem Vorgange von DESHAYES in Betreff der Abgrenzung von Fusus gegen die verwandten Gat- tungen Fasciolaria und Turbinella. Obwohl LAMARcK seiner Gattung Fusus in der Diagnose eine glatte Spindel beilegte zur Unterscheidung von den genannten Nebengattungen, bei welchen die Spindel beständig mit verschieden gestellten Falten besetzt ist, so stellte er doch selbst und mehr noch DEsHAYyEs zu Fusus Arten, die eine oder zwei sehr deutliche, wenn auch nur schwa- che Falten auf der Spindel besitzen. Indem ich ähnliche nord- deutsche Arten, deren Spindelfalten theils ihrer Schwäche, theils ihrer Unbeständigkeit wegen als ein unwesentliches Merkmal zu betrachten sind, bei Fusus liess, blieb die Gattung Faseciolaria ganz ohne Vertretung und nur zwei Arten erhielten bei Turbi- nella ihre Stelle. Die Reihe, in welcher die folgenden Arten geordnet sind, beginnt im Allgemeinen mit solchen, bei denen der Kanal kür- 22 zer ist als die halbe Länge der ganzen Mündung; dann folgen die mit längerem, der halben Mündung etwa gleich kommenden Kanal, zuletzt die mit noch längerem gestreckten Stiel und ent- sprechendem Kanal von grösserer Länge als die halbe Mündung. Wo sich nähere verwandtschaftliche Beziehungen der norddeut- schen Arten theils zu einander theils zu anderen feststellen lies- sen, ist es unter den Bemerkungen angeführt. Zur leichteren Uebersicht der geologischen Stellung habe ich es für zweckmässig gehalten bei einer jeden Art schon unter dem Vorkommen die Altersabstufungen anzuzeigen, welchen die . einzelnen beobachteten Fundorte zufallen. Innerhalb der früher unter-miocän, jetzt oligocän genannten Ablagerungen sind drei Abschnitte gemacht, unter-, mittel- und ober-oligocän, über deren Abgrenzung der in den Abhandlungen der Akademie der Wis- senschaften zu Berlin vom Jahre 1855 erscheinende Aufsatz „Ueber den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen, zur Erläuterung einer geologischen Uebersichtskarte‘“ ausführ- lichere Erläuterungen giebt. Zugleich habe ich einem von Herrn LyYELL gegebenen Rathe folgend, auch auf den Tafeln bei einer jeden Figur das Alter des Vorkommens angezeigt. In den 4 angenommenen Haupt-Altersstufen, den 3 oligo- cänen und der miocänen, vertheilen sich die 48 bis jetzt beob- achteten Fusus-Arten ziemlich gleichmässig. Unter-oligocän sind 12, mittel-oligocän 11, ober-oligocän 10, miocän 17 Arten; nur 4 Arten sind mit Bestimmtheit zugleich mittel- und ober-oligoeän vorhanden, die übrigen sind auf einzelne Stufen beschränkt. Von 2 Arten, dem Fusus eraratus und Fusus contiguus, konnte das Alter nicht genau festgestellt werden. Die schon mehrfach hervorgehobene enge Verbindung der unter-oligocänen Fauna mit der vorangegangenen eocänen Ter- tiärzeit giebt sich auch in ihrem Inhalt an Fusus-Arten zu er- kennen. Eine Art, Fusus semiaratus, ist auch im Barton-Thon vorhanden und eine andere, Fusus unicarinatus, ist eine Art des Grobkalkes. Andere Arten, Fusws nudus, robustus, cogna- Zus und besonders auch Fusus egregius, schliessen sich eng an bekannte eocäne Arten an, ohne jedoch übereinzustimmen. Nur eine Art, Fusus ringens, hängt enger mit ähnlichen Arten der mittel-oligocänen Fauna zusammen. In Belgien kannte Nysr nur eine einzige eigenthümliche Fusus-Art aus dem unter-oligocänen Systeme tongrien inferieur, 23 den Fusus scalariformis. Dieser hat sich in Deutschland zwar nicht gefunden, wird aber durch die sehr verwandten Fusus brevicauda und Fusus Iyra vertreten. Der mittel-oligocäne Fx- sus elongatus, welchen NysT auch unter-oligocän von Lethen und Hoesselt anführt, ist zwar in Deutschland sehr verbreitet in den mittleren und oberen, aber nicht in anstehenden unter- oligocänen Lagern gefunden worden. Vielleicht sind unvollkom- mene Stücke einer anderen, mir von Lethen und Gremittingen bekannt gewordenen unter-oligocänen Art, die ich dem deutschen Fusus erassisculptus zuzähle, in Belgien für Pusus elongatus gehalten worden. Sicher ist, dass eine vierte unter-oligocäne belgische Art, die Bosouerr (Quarterly Journal of the geol. Soc. of London 1852 p. 316) dem mittel-oligocänen Fusus multisul- catus zurechnete, dieser Art nicht angehört. Sowohl diese, wie eine fünfte belgische unter-oligocäne Art, die BosQuET, wohl mit Unrecht, als Fusus burdigalensis Basr. aufführt, fehlen in Deutschland. Von den 7 belgischen mittel-oligocänen Fusus-Arten, wel- che das Verzeichniss von BosqvEr a. a. O. auflührt, Pusus elongatus, multisulcatus, Deshayesü, erraticus, Koninckü, Waelii und Stagquiezii fehlt in Deutschland nur der eine Fusus Deshuyesü. Fusus Staquiezil ist dieselbe Art, welche ich, ehe ‘ dieser Name von NysT eingeführt wurde, als Fusws elatior von Hermsdorf beschrieben habe. Drei der genannten Arten, Fusus Waelii, elongatus und elatior, und mit ihnen noch eine vierte in Belgien fehlende Art, Fusus scabriculus, gehen in Deutsch- land aus der mittel-oligoeänen in die ober-oligocäne Fauna hin- über, Zu diesen 4 aus der mittel-oligocänen Fauna herüber- gekommenen treten in der ober-oligocänen Fauna noch 6 eigen- thümliche Arten hinzu. Bemerkenswerth ist, dass von den 17 norddeutschen miocänen Arten keine einzige mit einer des süddeutschen Wiener Beckens oder auch mit einer jüngeren südlichen pliocänen Art überein- stimmt. Auch von den Arten des englischen Crag ist keine aufgefunden, obwohl mehrere Arten vorhanden sind, die mit den ausgestorbenen Crag- Arten Fusus alveolatus und consocialis grosse Analogien darbieten. Die Beziehungen der norddeut- schen Miocän-Fauna zu der des Crag stellen sich überhaupt im Allgemeinen so heraus, dass sie vielfach den ausgestorbenen For- men der Crag-Fauna Aehnliches oder selbst Uebereinstimmendes 24 einschliessen, während die lebenden nordischen Formen der Crag- Fauna in den norddeutschen Mioeän-Bildungen noch fehlen. 1. Fusus ringens Bexr. Taf. 16. Fig. 1a,b, 2a,b. Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Westeregeln. Beschreibung. Ausser den beiden, vollständiger erhal- tenen, auf Tafel 16 Figur 1 und 2 in natürlicher Grösse abge- bildeten Stücken ist noch ein drittes Fragment vorhanden. Bei allen fehlt die äusserste Spitze des Gewindes. Das grössere abgebildete Stück (Figur 2) hätte mit ergänzter Spitze etwa 45 Mm. Länge bei 18 Mm. Breite, das kleinere Stück (Figur 1) 30 Mm. Länge bei 12 Mm. Breite; das Gewinde wäre mit der Spitze von etwa gleicher Länge wie die Mündung. Die 5 erhaltenen Mittelwindungen sind flach gewölbt; sie tragen 10 bis 12 starke, gerundete Längsrippen, und starke, breite, gleich grosse, durch nahe gleich breite Zwischenräume ge- trennte Querstreifen, deren 12 in einer Windung stehen. In der Schlusswindung verkürzen sich die Längsrippen, während die Querstreifen in gleicher Stärke bis an den Rand der Mündung fortsetzen. Der Abfall zum Stiel ist sehr allmälig; der Stiel selbst ist breit, kurz und ein wenig gedreht. Die Aussenseite der Mündung ist auffallend verengt durch eine breite, mit Zäh- nen besetzte, innere Schwiele, die nach Art der Columbellen in der Mitte zwischen dem oberen Winkel und dem Eingange zum Kanal einen stärker vortretenden Buckel erhält. Bei dem klei- neren, noch nicht ausgewachsenen Stück (Figur 4) ist der mitt- lere Buckel und die Zähnelung schwächer als bei dem ausge- wachsenen Stück (Figur 2). Der inneren Schwiele entspricht aussen eine breite, flache, Anschwellung der Schale, die sich nicht als Randwulst absetzt. Auf der Spindel stehen 3 entfernt stehende, stärkere Höcker oder Zähne und ein vierter schwäche- rer am Eingange des Kanals; ausserdem zeigt sich noch an dem älteren Stück (Figur 2) zwischen der Einbiegung und dem obe- ren Winkel eine schwach und unregelmässig gezähnelte Ver- dickung. Der Kanal hat etwa ein Drittheil von der Länge der ganzen Mündung. Bemerkungen. Der unter-oligocäne Fusus ringens und die folgenden 4 mittel-oligocänen Arten Fusus coarctatus, Ko- 25 ninckü, biformis und Feldhausi haben gemeinschaftlich am Aussenrande der Mündung eine breite innere Schwiele, die beim Fusus coarctatus ebenso wie bei Fusus ringens einen mittleren vortretenden Buckel erhält. Diese Schwiele ist das hervortre- tendste Merkmal, wodurch sich die fünf, auch in den Charakte- ren der Form und Skulptur innig verbundenen Arten als eine besondere kleine Gruppe von andren norddeutschen unterscheiden, Bei allen ist der Abfall zum Stiel allmälig und die Länge des Kanals höchstens 4 der ganzen Mündung. Leider war bei keiner Art das Embryonalende zu beobachten. Aus eocänen oder aus jüngeren südlichen Tertiärbildungen sind verwandte Arten nicht bekannt. Dagegen schliesst sich natürlich Woop’s Trophon eostiferum oder Fusus rugosus Sow. aus dem englischen Crag als eine jüngere zu derselben Gruppe gehörende Form unseren norddeutschen Arten an. 2. Fusus coarctatus BEYR. Taf. 16. Fig. 3a,b, 4, 5. Vorkommen. Mittel-oligoeän. Zu Neustadt-Mag- deburg. Beschreibung. Eine grössere Zahl von wohlerhaltenen Exemplaren ist beobachtet. Bei allen ist das Embryonalende und gewöhnlich noch ein Theil der oberen Mittelwindungen ab- geworfen oder abgebrochen. Das in Figur 3 dargestellte Stück, eins der grössten, ist 33 Mm. lang, .14,5 Mm. breit; das Ge- winde ist ein wenig kürzer als die Mündung. Die Abbildungen sind in natürlicher Grösse. An keinem der beobachteten Stücke sind mehr als 6 Mit- telwindungen erhalten. Diese sind gewölbt, die unteren und die Schlusswindung an der oberen Naht ein wenig eingezogen und flach ausgehöhlt. In dem Umfang einer Windung stehen 12 bis 45 Längsrippen, welche in dem oberen eingezogenen Theil der unteren Windungen schwächer werden und sich selbst ganz ver- lieren, ohne die obere Naht zu erreichen; in der Schlusswindung verkürzen sie sich zu schmalen Längshöckern. Die Querstreifen sind in den oberen Mittelwindungen breit, gedrängt und von gleicher Stärke; sie vermehren sich in der letzten Mittelwindung bis auf 20; in der Schlusswindung werden sie schwächer und unregelmässig durch Einschieben feinerer Zwischenstreifen. Die 26 Schlusswindung verengt sich sehr allmälig zu einem kurzen, breiten, etwas gedrehten Stiel. Die enge Mündung hat, wie bei der vorigen Art, an ihrem Aussenrande eine breite Schwiele mit einem vortretenden mittleren Buckel, der, je nach dem Alter der Schale, glatt oder mehr weniger stark gezähnt ist. Dem verdickten Innenrande entspricht auch hier eine breite äussere Anschwellung der Schale, welche sich nicht als Randwulst ab- setzt. Der Spindelrand erhält unterhalb seiner mittleren Ein- biegung 2 bis 3 entfernt stehende, stärkere, zahnartige Höcker, und zwischen der Einbiegung und dem oberen Winkel eine ge- zähnelte Verdickung. Die Zähnelung der Spindelseite findet sich an Stücken schon ausgebildet, bei denen die Schwiele des Aussenrandes noch glatt oder kaum gezähnelt ist (Figur 3). Der Kanal ist etwa ein Drittheil so lang wie die ganze Mün- dung oder etwas länger. | Bemerkungen. Von der vorhergehenden Art unterschei- det sich Fusus coaretatus durch seine gewölbteren, oben ausge- höhlten Windungen, durch minder starke Längsrippen und zahl- reichere schwächere Querstreifen. Er gleicht in der Form und Skulptur mehr dem folgenden Fusus Koninckii, schliesst sich aber durch die Charaktere der Mündung, besonders durch den vortretenden mittleren Buckel der inneren Schwiele und durch das Fehlen des mittleren Randwulstes, enger an Fusus rin- gens an. 3. Fusus Koninckii Nyst. Taf. 16. Fig. 6, 7, 8. Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 503. t. 40. f. 4. Fusus Konincki (Nyst) Paırıprı ia Palaeontogr. I. 1847. p. 72. Fusus Deshayesii (Kox.) PaıLıpei 1. ec. (pars, loc., Görzig). Fusus Koninckii (Nyst) Beveıch in Karsten Arch. 1848. Bd. 22 p. 12. Vorkommen. Mittel-oligocän. Im glaukonitischen tho- nigen Sande über der Grauwacke bei Neustadt-Magdeburg (Berliner Sammlung, FerouAavs) und im Septarienthon zu Gör- zig bei Köthen (Berliner und Hallische Sammlung). Beschreibung. Selten ist das Gewinde so lang erhalten wie bei dem grossen in Figur 6 dargestellten Exemplar, bei dem 6 Mittelwindungen vorhanden sind. Gewöhnlich ist ausser 27 dem Embryonalende noch ein Theil der Mittelwindungen abge- worfen, wie besonders auffallend bei dem Stück Figur 8, bei welchem die beiden allein noch vorhandenen Mittelwindungen mit einer dicken, eingerollten Kalkplatte geschlossen sind, Das Stück Figur 6 ist 50 Mm. lang, 23 Mm. breit, das Gewinde ein wenig kürzer als die Mündung. Die 3 in natürlicher Grösse abgebildeten Stücke sind von Neustadt-Magdeburg. Die Umgänge des Gewindes sind stark gewölbt, die unteren Windungen und die Schlusswindung gewöhnlich oben ein wenig verflacht mit kaum merkbarer Aushöhlung. Die Zahl der Längs- rippen schwankt in den unteren Mittelwindungen von 18 bis 25. Sie sind nur von geringer Stärke, verkürzen sich schon in der letzten Mittelwindung, so dass sie die untere Naht nicht mehr erreichen, und verlieren sich entweder in der Schlusswindung oder bleiben als schmale kurze Längshöcker bis zur Mündung sicht- bar (Figur 6 und 8). Die Querstreifen sind in den oberen Mittelwindungen gedrängt und von gleicher Stärke; sie vermeh- ren sich allmälig durch Einschiebung von Zwischenstreifen, wer- den unregelmässig und zur ‘Schlusswindung hin gewöhnlich schwächer. Die Schlusswindung verengt sich allmälig zu einem kurzen, breiten, gedrehten Stielle Die Mündung ist weiter als bei den verwandten Arten; sie hat an ihrem gebogenen Aussen- rande eine innere, breite, glatt bleibende Schwiele ohne mittleren Buckel, und aussen einen dicken, rundlich abgesetzten Rand- wulst. Der Spindelrand bleibt glatt und erhält nur zwischen der mittleren Einbiegung und dem oberen Winkel eine stumpfe ungezähnte Verdickung. Der Kanal ist meist etwas kürzer als ein Drittheil von der gesammten Länge der Mündung. Bemerkungen. Diese ausgezeichnete von Nysr zuerst unterschiedene Art gehört in Belgien als eine seltnere Form “ ausschliesslich der mittel-oligocänen Fauna des Thones von Boom und Baesele an. Ich verdanke der Güte des Herrn DE Koninck ein schön erhaltenes Exemplar von Rupelmonde, welches über die vollständige Uebereinstimmung des deutschen mit dem bel- gischen Fusus keinen Zweifel lässt. Bei grosser Aehnlichkeit in der Form und Skulptur mit dem Füsus coarctatus, in dessen Gesellschaft Fusus Koninckil bei Neustadt-Magdeburg vorkommt, unterscheidet er sich doch scharf durch seine weite Mündung und die einfache glatte Schwiele an deren innerem Rande, ausser- dem durch den abgesetzten äusseren Randwulst und’ grössere 28 Zahl der Längsrippen. Zwischen beiden in zahlreicheren Stücken beobachteten Arten findet kein Uebergang statt. Von unvoll- kommener Erhaltung waren die Stücke von Görzig, welche zu- erst das Auftreten der Art in Deutschland kennen lehrten. Nysr vergleicht den Fusus Koninckii mit dem Fusus sca- laroides LAm., und meint, er scheine nur ein grösserer Reprä- sentant dieser Art des Grobkalkes zu sein. Der Fusus scala- roides hat allerdings in der Form einige Aehnlichkeit mit dem Fusus Koninckii, unterscheidet sich aber durch eine Reihe von Merkmalen, die verhindern, ihn in die Verwandschaft der oligo- cänen Arten, in deren Reihe Ausus Koninckii gehört, zu stellen. Die Schlusswindung fällt bei ihm steil zu einem kurzen Stiel ab. Die Mündung hat zwar einen äusseren Randwulst, innen aber nur eine gestreifte Anschwellung statt der dieken Schwiele, durch welche sich Fusus Koninckü und die verwandten Arten auszeichnen. Das Gewinde ist beträchtlich länger, viel länger als die Mündung, das Embryonalende klein, blasenförmig. 4. Fusus biformis BeExR. Taf. 21. Fig. 5a, b. Vorkommen. Mittel-oligocän. Zu Neustadt-Mag- deburg. Beschreibung. Das in natürlicher Grösse abgebildete Stück ist unausgewachsen, 43 Mm. lang, 18 Mm. breit. Bei einem anderen ausgewachsenen Stücke von 20 Mm. Breite, des- sen Abbildung nachträglich wird gegeben werden, ist das Ge- winde bis auf die letzten beiden Mittelwindungen abgeworfen wie bei dem auf Tafel 16 Figur 8 abgebildeten Fusus Ko- ninckü. Die Mittelwindungen sind flach gewölbt. Sie haben 14 bis 18 starke Längsrippen, die unverkürzt zur unteren Naht herab- laufen. Die Zahl der starken, gedrängten Querstreifen vermehrt sich in der letzten. Mittelwindung durch Einschiebung von Zwi- schenstreifen bis auf 20. In dem grössten Theil der Schluss- windung laufen die Längsrippen unverkürzt über den bauchigen Theil abwärts und verlieren sich erst auf dem Abfall zum Stiel; sie verschwinden aber fast plötzlich in dem letzten Drittheil vor der Mündung. Die Querstreifen bleiben in der Schlusswindung von unveränderter Stärke. Der Abfall zum Stiel ist allmälig; 29 der kurze Stiel selbst erscheint schlank an der unausgewachsenen, breit an der ausgewachsenen Schale. Die Mündung ist eng, vom oberen Winkel bis zum Eingang des Kanals mehr als doppelt so lang wie breit. Der Rand hat aussen einen starken, breiten, rundlich abgesetzten Randwulst, innen eine breite, glatte Schwiele. Die Spindel ist glatt. Der Kanal hat etwa ein Drittheil von der ganzen Länge der Mündung. Bemerkungen. Fusus biformis unterscheidet sich von Fusus Koninckü durch die engere Mündung, weniger gewölbte Windungen, die stärkeren zur Schlusswindung hin nicht ver- kürzten Längsrippen und durch stärkere Querstreifen. In der Skulptur erinnert er mehr an Fusus ringens, von dem er durch die Beschaffenheit der Mündung weiter entfernt ist. 5. Fusus Feldhausi Bexr. Rare Rie’' gab. Vorkommen. Mittel-oligocän. Zu Neustadt-Mag- deburg. Beschreibung. Das abgebildete Stück zeigt die grössten Dimensionen, welche die Art erreicht, 26 Mm. Länge, 12 Mm. Breite; das Gewinde ist etwas kürzer als die Mündung. Das Embryonalende ist an keinem Exemplar erhalten; mit ihm ist auch hier bisweilen ein Theil der Mittelwindungen abge- worfen und die Schale dann durch eine nachgebildete Kalkplatte geschlossen. Die Mittelwindungen sind regelmässig gewölbt, die oberen einfach quergestreift, die unteren der Länge nach ganz schwach und unregelmässig gefältelt. Die Querstreifen sind im Gewinde so breit und flach, dass sie nur durch schmale Linien getrennt werden; in der Schlusswindung sind sie gedrängt, durch Einschiebung von Zwischenstreifen ungleich und unregelmässig. Die Schlusswindung verengt sich allmälig zu einem sehr kurzen, breiten und gedrehten Stiel. Der Aussenrand der Mündung hat innen eine breite, glatte, unten winkelige Schwiele ohne mittle- ren Buckel; der inneren Schwiele entspricht eine breite äussere Anschwellung der Schale, die sich nicht als Randwulst absetzt. Auf der Spindel stehen von der mittleren Einbiegung abwärts 3 oder 4 entfernte, querstehende Zähne, ähnlich wie bei Fusus ringens; aufwärts zum obern Winkel hin bildet sich eine stumpfe, 30 glatt bleibende Verdickung. Der Kanal ist stets kürzer als ein Drittheil von der gesammten Länge der Mündung. Bemerkungen. Durch das fast gänzliche Fehlen der Längs-Skulptur unterscheidet sich Fusus Feldhausi im Ansehn von den vorhergehenden verwandten Arten. Die glatte einfache Schwiele in der Mündung hat er mit Fusus Koninckü und Fusus biformis gemein; die Mündung ist enger als bei Fusus Ko- ninckü, ähnlich wie bei Fusus biformis; die Zähne an der Spin- del bedingen eine Annäherung zu Fusus ringens und Fusus coarctatus. Auch durch das Fehlen des abgesetzten äusseren Randwulstes nähert er sich den letzteren beiden Arten. 6. Fusus brevicauda PHiıL. Tat 14. Be 1.ohod: Fusus brericauda Paırıppı in Palaeontogr. I. 1847 p.71. t. 10. f. 12. Fusus plicatulus (Desa.) PaıLıppi 1. c. p. 71. Fusus plicatellus (Dzss.) GıieseL Beitr. zur Paläont. 1853. p. 101. (pars). -Vorkommen. Unter-oligocän. Häufig bei Wester- egeln. Beschreibung. Tafel 17 Figur 1a stellt ein ausge- wachsenes Exemplar in natürlicher Grösse, Figur 1b und ce das- selbe vergrössert, Figur 1d die Spitze des Gewindes noch stär- ker vergrössert dar. Die Länge ist 26,5 Mm., die Breite 11 Mm.; das Gewinde ist etwas länger als die Mündung. Selten haben sich erheblich grössere, häufiger beträchtlich kleinere, jedoch vollkommen ausgewachsene Schalen gefunden. Das Gewinde beginnt mit einem grossen, glatten, regel- mässig kegelförmig aufgerollten Embryonalende von 3 bis 4 Win- dungen; es hat dieselbe Form, wie sie bei den meisten norddeut- schen Nassa-Arten beobachtet wurde. Die grössten Schalen ha- ben nicht mehr als reichlich 4 Mittelwindungen. Diese sind re- gelmässig gewölbt, längsgerippt und mit zahlreichen, zarten, anfangs gedrängt nebeneinander stehenden, nachher weiter aus- einanderrückender Querstreifen bedeckt. Man zählt in den letzten Mittelwindungen 12 bis 17 Längsrippen und 12 bis 15 einander gleiche Querstreifen. In der Schlusswindung verlieren sich bald die Längsrippen abwärts schon in halber Länge, bald sl ziehen sie sich bis zum Stiel herab; sie treten zur Mündung hin gewöhnlich weiter auseinander, werden hier oft schwächer, ver- lieren sich aber nie ganz; sie laufen in der Schlusswindung, wie auf den Umgängen des Gewindes in gerader Richtung abwärts. Die Querstreifen werden in dem oberen Theil der Schlusswin- dung zuweilen undeutlich, verlieren sich aber nicht. Die An- wachsstreifen sind stets sehr fein, nur unter der Lupe zu unter- scheiden, bald schwach und unregelmässig, bald etwas stärker, haarförmig und regelmässiger. Der Stiel ist ausnehmend kurz und gedreht. Nahe dem Rande der Mündung zeigt sich innen eine breite flache Anschwellung, welche mit etwa 15 kurzen Streifen besetzt ist; auch aussen schwillt die Schale am Rande in der Regel merklich an, ohne jedoch einen abgesetzten Rand- wulst zu erhalten. Die Spindelseite der Mündung ist tief ausge- bogen, zuweilen zwischen der Biegung und dem oberen Winkel eiwas angeschwollen und unregelmässig gestreift. Die Spindel- platte erhält bei alten Schalen einen etwas gelösten Rand. Der Kanal hat weniger als ein Drittheil von der ganzen Länge der Mündung. Bemerkungen. Phıtıprı hatte bei Aufstellung seiner Art nur eine Partie kleinerer, meist unvollkommen erhaltener Stücke der Hallischen Sammlung vor Augen, erkannte aber sehr richtig die nahen Beziehungen derselben zu dem Fusus scalari- formis Nysv, der dem gleich alten Lager in Belgien angehört. Auffallend genug aber führte er gleichzeitig grössere Stücke der- selben Art aus derselben Sammlung als Fusus plicatulus Desn. auf. GIEBEL erkannte zwar diesen Fehler, verband aber irrig den Fusus brevicauda zugleich mit dem Ausus scalariformis und dem Fusus plicatulus (durch ein Versehen plicatellus ge- nannt), und rechnete ausserdem noch zu derselben Art ein zu dem sehr verschiedenen Fusus elegantulus gehörendes Stück von Schraplau. Das von Nysr abgebildete und beschriebene Stück des Au- sus scalariformis von Lethen war unausgewachsen. Ich selbst fand bei Gremittingen ein vollständig erhaltenes Exemplar dieser Art, bei welchem der Rand der Mündung aussen einen starken, gerundeten, abgesetzten Randwulst und innen, ähnlich wie bei Fusus brevicauda, eine gestreifte Anschwellung besitzt. Die letzten Mittelwindungen haben nur 5 bis 6 entfernte schmale Querstreifen, die in dem oberen Theil der Schlusswindung ver- - 32 schwinden; das Embryonalende war nicht erhalten. Hauptsäch- lich der abgesetzte Randwulst der Mündung, nächstdem die ab- weichende Querstreifung unterscheiden den Fusus scalariformis von dem sonst übereinstimmenden Fusus brevicauda. Von bei- den ist der Fusus scalarinus Lam. sp., mit welchem NysT den Fusus scalariformis verglich, sehr verschieden. Bei dieser fran- zösischen Art sind die Längsrippen in der Schlusswindung stark geschwungen, schmal und seitlich zusammengedrückt, von glei- cher Stärke bis zur Mündung; der Rand der Mündung ist etwas verdickt, aber die letzte Rippe nicht als Randwulst ausgezeich- net. Die Form der Schale ist nicht verschieden, nur der Stiel stärker gedreht. Die Querskulptnr verhält sich ähnlich wie bei Fusus scalariformis. Vom Fusus brevicauda und wahrschein- lich auch vom Fusus scalariformis unterscheidet sich aber Fx- sus scalarinus noch viel wesentlicher durch die Gestalt des Embryonalendes, welches bei letzterer Art etwa eine ähnliche Form besitzt wie bei unserem Fusus elatior (vergleiche Tafel 22 Figur 7d); es ist von DEsHAYES sehr gut beschrieben als aus 2 glatten, etwas blasig geschwollenen Windungen bestehend. Ich halte dafür, dass sich Fusus scalariformis als mit dem Fusus brevicauda und der folgenden Art Fusus lyra zu einer Gruppe enger verbundener Arten gehörig auch durch die gleiche Form des Embryonalendes erweisen wird. Weniger nahe liegt eine Vergleichung mit dem Fusus pli- catulus DesH., über welchen ich nur nach der von DESHAYES gegebenen Beschreibung und Abbildung urtheilen kann. Die Gesammt-Form der Schale, die geringe Wölbung der Windun- gen, andre Skulptur und geringe Drehung des Stieles unter- scheiden diese französische Art. 7. Fusus lyra Bere. Taf. 16. Fig. 10, 11a,b, cc. Vorkommen. Unter-oligoeän. Zu Unseburg und Wollmirsleben bei Egeln (DAsneBerG), selten; bei Atzen- dorf (FeLpHaus) und Österweddingen. Bei Unseburg auch in der Diluvialdecke des anstehenden Tertiärgebirges. Beschreibung. Die beiden abgebildeten Stücke sind von Unseburg. Das eine (Figur 10 in natürlicher Grösse) ist reich- lich 18 Mm. lang, nahe 10 Mm. breit, das andre (Figur 11a) 33 13 Mm. lang, 17,5 Mm. breit; die Figuren {4b und e sind ver- grössert. Das grösste Stück von Wollmirsleben ist 21 Mm. lang, 11 Mm. breit. Das Gewinde ist stets etwas länger als die Mündung. Das Gewinde beginnt mit einem grossen, kegelförmigen, glatten Embryonalende von 3 bis 4 Windungen, von gleicher Form wie bei der vorigen Art, worauf 4 bis 5 Mittelwindungen folgen. Zwischen dem glatten Embryonalende und den Mittel- windungen zeigt sich auf - bis 4 Windung eine Zwischen-Skulp- tur von schwachen schmalen Längsrippchen, welche sich durch ihre schief nach vorn gekehrte Stellung von den nachfolgenden Längsrippen unterscheiden (vergleiche Figur 11c). Bei der vo- rigen Art sind die ersten Längsrippen, mit welchen die Skulptur beginnt, zwar auch sehr schwach und schmal, aber nicht, wie hier, schief gestellt. Die Mittelwindungen sind regelmässig ge- wölbt, längsgerippt und quergestreift. Die Längsrippen sind stark, gerundet, in den oberen Windungen so breit wie die Zwi- schenräume; sie laufen in gleicher Stärke und gerader Richtung von der oberen zur unteren Naht herab; 15 bis 18 stehen im Umfang der letzten Mittelwindung. Zur Schlusswindung hin verlieren die Rippen allmälig ihre grade Richtung und sind in der Schlusswindung selbst verkehrt Sförmig geschwungen, min- der stark bei dem Stück von Wollmirsleben als bei den beiden gezeichneten von Unseburg. Die Querstreifen stehen in den er- sten Mittelwindungen gedrängt, 7 bis 40 in einer Windung; weiter abwärts entfernen sie sich, werden zugleich schwächer, und verschwinden zuletzt vollständig in dem oberen Theil der Schlusswindung. Anwachsstreifen sind in der Schlusswindung kaum unterscheidbar. Der Rand der Mündung hat aussen einen starken, abgesetzten, gerundeten Randwulst, der sich sehr von den letzten schwächer gewordenen Längsrippen unterscheidet, innen eine breite, flache Anschwellung mit 15 bis 20 kurzen, schmalen Streifen. Die Spindelseite ist stark eingebogen, glatt. Der Stiel ist ausnehmend kurz, wie bei der vorigen Art. Der Kanal hat weniger als ein Drittheil von der Länge der Mündung. Bemerkungen. Von dem ähnlichen Fusus brevicauda Pair. unterscheidet sich Fusus /yra durch den äusseren, abge- setzten Randwulst der Mündung, die geschwungenen Längsrippen der Schlusswindung, das Verschwinden der Querstreifen im obe- ren Theil der Schlusswindung und die eigenthümlich schief‘ ste- henden Längsrippchen, mit welchen die Skulptur beginnt. Durch Zeits d. d. geol. Gos. VIII, 1. 3 34 seine geschwungenen Längsrippen erhält Fusus /yra eine noch viel auffallendere Aehnlichkeit mit dem eocänen Fusus scalari- nus Lam. sp. als der vorhergehende Fusus brevicauda und der ähnliche Fusus scalariformis Nyst. Der fehlende Randwulst der Mündung und besonders die ganz abweichende Form des Embryonalendes bleiben unterscheidende Merkmale, durch welche sich Fusus scalarinus weit entfernt hält. Ss. Fusus Hosiusi BeyRr. Tat. 17. Fir. 7a,b. Vorkommen. Miocän. Zu Dingden bei Bocholt (Ho- sIuS). Beschreibung. Nur das abgebildete Fragment ist von Dingden vorhanden; es ist die fast vollständig erhaltene Schluss- windung einer ausgewachsenen Schale. In Figur 7a ist im Umriss das Gewinde zugefügt, wie man es nach Analogie mit verwandten Arten vermuthen kann. Der obere Theil der Schluss- windung ist eingesenkt und wird durch eine Reihe von grossen, stumpf gerundeten Knoten begrenzt. Ausser feinen, unregel- mässigen Anwachsstreifen zeigen sich nur unten, zum Stiel hin, schwache, entfernte Querstreiten. Der Rand der Mündung ist aussen schwielig verdickt, oben ein wenig ausgeschweift, innen etwas angeschwollen und in der Mitte mit einigen entfernten Streifen besetzt. Die Spindel beschreibt vom oberen Winkel bis zum Eingange des Kanals einen regelmässigen Kreisbogen. Der Kanal ist tief und eng, kürzer als die halbe Länge der ganzen Mündung. Bemerkungen. Diese Art gehört nach Form der Schluss- windung und Charakteren der Mündung ohne Zweifel in die Verwandtschaft des lebenden Fusus corneus Lin. (Fusus ligna- rius Lam.). Von fossilen verwandten Arten liesse sich etwa Fusus Puschii Anpk. sp. (bei Hörnes Moll. von Wien t. 31. f. 6.) vergleichen. Die sparsamen, grossen, stumpfen Knoten ge- . ben der norddeutschen Art ein sehr eigenthümliches Ansehn. Am Bolderberge in Belgien habe ich das Fragment eines Ge- windes erhalten, welches sehr wohl zum Fusus Hosiusi gehören könnte. Aelter als miocän sind dem Fusus corneus näher ver- wandte Arten bis jetzt noch nicht gefunden worden. 35 9. Fusus ventrosus Bexe. Tara Bje-'2, 3, 450: Vorkommen. Miocän. Zu Morsum Klif auf der Insel Sylt (Kopenhagener Sammlung). Beschreibung. Die Schale ist von verlängert eiförmiger Gestalt; sie wird grösstentheils durch die bauchig gerundete Schlusswindung gebildet, die in einen kurzen, breiten, gedrehten und etwas auswärts gebogenen Stiel ausläuft. Ein Stück von etwas schlankerer Form (Figur 3) ist 43 Mm. lang, 24 Mm. breit; eine bauchigere Form (Figur 5) ist 50 Mm. lang, 30 Mm. breit. Das Gewinde ist kürzer als die Mündung. Es besteht aus 6 Windungen, von welchen die beiden ersten flach aufgerollt sind und das ganz niedrige stumpf gerundete Embryonalende ausmachen. Die Mittelwindungen sind gewölbt, quer linüirt. Die Querlinien finden sich anscheinend erst in der zweiten Mittel- windung ein; sie sind bald fein und unregelmässig, bald stärker und regelmässig gestellt; in ersterem Fall verschwinden sie auf der bauchigen Wölbung der Schlusswindung fast ganz, in letzte- rem bleiben sie auch in der Schlusswindung sichtbar. Die An- wachsstreifen sind fein, unregelmässig, ungebogen. Der Aussen- rand der Mündung ist an keinem der beobachteten Stücke ganz unverletzt; er scheint vollkommen einfach zu sein, ohne äussere und innere Verdickung. Der kurze Kanal ist weit geöffnet. Die Spindelplatte bildet oben eine kurze, bogenförmige Ausbreitung. . Die Abbildungen sind in natürlicher Grösse. Figur 2 ist ein junges, unausgewachsenes, stark liniirtes Stück. Figur 3 ist ein ausgewachsenes Stück mit schwachen, in der Schlusswindung verschwindenden Querlinien. Figur 4 ist ein ausgewachsenes Stück mit starken Querlinien, bei dem in den oberen Windungen die Skulptur zerstört ist. Bei dem Stück Figur 5 ist die Skulptur auf der ganzen Schale zerstört. Bemerkungen. Durch seine Form, den kurzen Kanal und den einfachen Aussenrand der Mündung erinnert Fusus ven- frosus an die nordischen, dem Fusus antiquus verwandten Ar- ten, welche von Swaınson Chrysodomus genannt wurden und eine natürliche Gruppe ausmachen, wenn man den Charakteren der Form mit WoopywArp (Rudim. treat. p- 109) das blasig geschwollene Embryonalende und mit Swaınson (Treat. on Malacol. p. 308) den dünnen Aussenrand der Mündung als 3* 36 wesentliche Merkmale zufügt. Das ganz abweichend gestaltete, niedrige und stumpf gerundete Embryonalende verhindert, den Fusus ventrosus jener Gruppe zuzurechnen. Von norddeutschen Arten steht ihm der nachfolgende Fusus rarus nahe, welcher der älteren ober-oligocänen Fauna des Sternberger Gesteins an- gehört. 10. Fusus rarus Beyer. Taf. 17. Fig. 6a,b. Fusus corneus (Nysr) Bouı in Zeitsch. d. d. geol. Ges. 1651. p. 457. Vorkommen. Ober-oligocän. Bei Crefeld (Nauck) und verschwemmt im Sternberger Gestein in Meklenburg (BOLL). Beschreibung. Mir sind ausser dem abgebildeten, an- scheinend unausgewachsenen Stück aus dem Sternberger Gestein in Borr’s Sammlung nur Fragmente von Crefeld bekannt, die auf ansehnlichere Grösse schliessen lassen. Das Embryonalende, das an Stücken von Crefeld gut beobachtbar ist, die Wölbung der Mittelwindungen und die Gestalt der Schlusswindung und des Stie- les sind wie bei der vorigen Art, von welcher sich Fusus rarus blos durch die Skulptur unterscheidet. Statt der. liniirten Skulp- tur des Fusus ventrosus finden sich hier schmale, durch gleich breite oder breitere Zwischenräume getrennte, starke Querstrei- fen, welche von feinen, regelmässigen, haarförmig aufgerichte- ten Anwachsstreifen gekreuzt werden. Bemerkungen. Man könnte, wie es von BoLL geschah, diese Art in der Skulptur mit der schlanken Varietät des Fu- sus islandicus vergleichen, die in der englischen Litteratur bis auf die neuere Zeit irrig den Namen Fusus corneus führte. Ab- gesehen von der Verschiedenheit des Embryonalendes würde sich Fusus rarus durch kürzeren Kanal und kürzeres Gewinde unterscheiden. 37 41. Fusus scrobiculatus BoLLı. Taf. 23. Fig. 3a,b,c. Pleurotoma simplex Puıuıppı Beitr, 1843. p. 57. (pars). t. 4. f. 8. Mitra serobiculata (Derr.) Karsten Verz. 1849, p. 31. Fusus mitraeformis BoLt in Mekl. Arch. III. 1849. p. 208. Fusus scrobiculatus Bot in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 457. Vorkommen. OÖber- oligocän. Bei Freden (Levnıs, H. RoEMER). Bei Crefeld (Nauck) und bei Neuss (v. Dec#en). Verschwemmt in Meklenburg im Sternber- ger Gestein (Rostocker Sammlung, BortL) und in losen Schalen von Pinnow (Bor). Beschreibung. Am vollständigsten erhalten ist ein Stück von Neuss, 16 Mm. lang, 5,2 Mm. breit; das Gewinde hat 9,5 Mm., die Mündung 7,3 Mm. Länge. Stücke aus dem Sternberger Gestein werden 21 Mm. lang. Die Abbildung Tafel 23 Figur 3 ist nach Stücken aus dem Sternberger Ge- stein in der Rostocker und in Borr’s Sammlung entworfen ; Figur 3a und b geben die Schale in natürlicher Grösse, Fi- gur 3c die Skulptur der letzten Mittelwindung vergrössert. Das Embryonalende, an Stücken von Neuss und Freden beobachtet, ist klein, von 2 Windungen, deren obere blasenför- mig aufgetrieben ist. Darauf folgen 5 fast ebene Mittelwindun- gen mit 6 bis 8 starken, platten Querstreifen, welche durch schmalere, bis nahe gleich breite Furchen getrennt sind. Die Anwachsstreifen sind innerhalb der Furchen haarförmig scharf und geben letzteren ein grubig punktirtes Ansehn; sie beschreiben einen flachen Bogen, dessen Enden an der oberen und unteren Naht übereinander stehen. In der Schlusswindung erhalten die Furchen meist einen Zwischenstreifen und verlieren dadurch das grubig punktirte Ansehn. Die Schlusswindung verengt sich sehr allmälig zu einem kurzen dicken Stiel. Der kanalartige engere Theil der Mündung hat etwa die Hälfte der ganzen Länge. Die Spindel ist am Eingange des Kanals ein wenig gedreht, wodurch auf der Rückseite des Stiels, nieht immer gleich deutlich, ein schwacher Kamm-Wulst entsteht. Die Spindelplatte ist anliegend, nicht erweitert. Der Aussenrand der Mündung ist einfach, dünn, innen glatt. Bemerkungen. Aus Phıtıper’s Beschreibung seiner Pleurotoma simplex geht hervor, dass er Verschiedenes, wahr- 35 scheinlich auch wahre Pleurotomen mit diesem Namen belegte. Ein von PHıLıppr’s eigener Hand benanntes Stück in Leunıs’s Sammlung, anscheinend das Original zur Abbildung der Pleu- rotoma simplex, ist ein sehr unvollkommen erhaltener Fusus scrobiculatus. KARSTEN kannte die Art aus dem Sternberger Gestein nur in Stücken, deren Mündung mit der Gesteinsmasse erfüllt ist; er wurde durch die allerdings grosse Aehnlichkeit der Form und Skulptur verleitet, die Art für Mitra serobieulata zu halten. Borr hatte zuerst Gelegenheit, die Schale frei zu beobachten, und gab ihr anfangs den schon vergebenen Namen Fusus mitraeformis, welchen er später durch Fusus serobieu- latus ersetzte. 12. Fusus annexus BEYR. Vorkommen. Öber-oligocän. Bei Neuss (v. DEcHEN). Beschreibung. Ein Stück, an welchem die Schluss- windung und drei Mittelwindungen erhalten sind, zeigt, dass neben dem Fusus scrobiculatus eine zweite Art vorhanden ist; die sich zu jenem etwa verhält wie die Wiener Mitra Bronni oder Mitra striatula zur Mitra scrobiculata. Statt der Quer- furchen hat die Schale hier nur äusserst feine, fast nur unter der Lupe sichtbare, entfernte Querlinien, die schon in der letzten Mittelwindung ganz verschwinden. Die ganze Schale erscheint daher glatt; die Anwachsstreifen sind nur schwach und unregel- mässig, nur wenig gebogen. Die Schlusswindung verengt sich allmälig zu einem sehr kurzen, dicken Stiel, dem ein kurzer, breit geöffneter Kanal entspricht. Zur Seite des Kanals hat der Stiel eine schwache Kammdrehung. Spindel und Aussenseite der Mündung sind glatt. Ergänzt könnte die Schale eine Länge von etwa 20 Mm. besitzen; sie ist 6 Mm. breit, die Mündung 8 Mm. lang. 13. Fusus scabriculus PuıL. Taf.. 23. Fig. 6 a,b, 7 a,b, c.d. Fusus scabriculus PuıLıppı in Palaeontogr. I, 1847. p. 74. t. 10a. £. 4. Fasciolaria parvula Beyric# in Karst. Arch. 1848. Bd. 22. p. i6. Vorkommen. Mittel-oligocän. Im Thon zuHermsdorf bei Berlin und bei Walle in Hannover (Fusus scabriculus PuıL.) 39 Ober-oligocän bei Crefeld (Nauck). Beschreibung. Nach einem der besser erhaltenen Stücke von Crefeld lassen sich folgende Maasse geben: Länge 16,5 Mm., Breite 6,5 Mm., Länge des Gewindes 9 Mm., Länge der Mün- dung 8 Mm. Die äusserste Spitze des Gewindes ist an allen beobachteten Exemplaren verletzt oder schlecht erhalten. Es scheinen nicht mehr als 5 Mittelwindungen vorhanden zu sein. Dieselben sind schwach gewölbt, in ihrem oberen Drittheil flach ausgehöhlt, längsgerippt und quergestreif. Die weitere Ausbil- dung der Skulptur ist schwankend. Die Längsrippen sind stets nur schmal und von geringer Stärke, 12 bis 14 im Umfang der oberen Mittelwindungen; die Zahl bleibt in den unteren Win- dungen bald unverändert, bald wächst sie, und es ändern sich dann in der Schlusswindung die Längsrippen in starke Längs- streifen um, so besonders an Stücken von Hermsdorf. Die Quer- streifen stehen bald mehr bald weniger gedrängt; sie vermehren sich unregelmässig durch Einschiebung; 6 bis 10 stehen auf dem unteren Theil der letzten Mittelwindung. In dem oberen aus- gehöhlten Theil der Windungen sind die Querstreifen gewöhn- lich schwächer und bisweilen unterbrochen (wie in Figur 7d). Anwachsstreifen zeigen sich unter der Lupe nur schwach und unregelmässig. Die Schlusswindung verengt sich allmälig zu einem kurzen, kaum abgesetzten Stiel. Die Spindel hat 2 bis 5 sehr schief stehende, sehr schwache Fältchen von gleicher Stärke; nur an kleineren Stücken von Hermsdorf fehlen sie bis- weilen ganz. Die Aussenseite der Mündung ist glatt. Von den Abbildungen auf Tafel 23 stellen Figur 6a und b ein Stück von Crefeld in natürlicher Grösse dar, Figur 7a ein kleineres Stück von Hermsdorf in natürlicher Grösse, 7b und c dasselbe vergrössert, 7d die Skulptur der letzten Mittelwindung stärker vergrössert. Bemerkungen. Fusus scabriculus und die ihm ver- wandte folgende Art Fusus singularis könnten nach der Stellung der bei ihnen vorkommenden Fältchen an der Spindel für Fascio- larien gehalten werden; indess sind diese Fältchen bei Fusus scabriculus äusserst schwach und können ganz fehlen. Aehnliche eocäne oder jüngere Arten sind mir nicht bekannt. Das Original zu PnıLıppi’s Fusus scabriculus von Walle befindet sich nicht unter den von Herrn JuUGLER mir zur Untersuchung mitgetheilten Conchylien seiner Sammlung. Da 40 sich aber bei Walle sonst nur anderwärts verbreitet vorkommende mittel-oligocäne Arten finden, ‘und Pnruippr's Art auf keine andere Form der Fauna bezogen werden könnte, so habe ich den älteren Namen ungeachtet der unzureichenden Beschreibung und Abbildung angenommen. 14. Fusus singularis BEXR. Taf. 23. Fig. 5a,b,c,d. Mitra n. sp.? Karsten Verz. 1849. p. 31. Vorkommen. Ober-oligocän. Verschwemmt in Meklen- burg im Sternberger Gestein (Rostocker Sammlung). Beschreibung. Die Abbildung Tafel 23 Figur Ja stellt das einzige vorhandene Exemplar in natürlicher Grösse dar; Figur 5b und e sind vergrösserte Ansichten, Figur Id die Skulptur der letzten Mittelwindung stärker vergrössert. Erhal- ten ist die Schlusswindung mit 4 Mittelwindungen. Die voll- ständige Schale würde etwa 16 Mm. lang sein, sie ist 4,9 Mm. breit. Die Mündung ist 6,5 Mm. lang; schon der erhaltene Theil des Gewindes ist länger als die Mündung. Die Mittelwindungen sind schwach gewölbt. Gredrängte schmale Querstreifen, 9 in den beiden unteren,. eine geringere Zahl in den oberen Windungen, bedecken die unteren zwei Drittheile der Seiten; das obere Drittheil ist fach ausgehöhlt und hat nur an der oberen Naht einen Querstreifen. Schwache Anwachsstreifen laufen ohne Biegung von der oberen zur unte- ren Naht herab. In der Schlusswindung verliert der obere Theil allmälig seine Aushöhlung und erhält schwache Querstreifen. Die Schlusswindung verengt sich sehr allmälig zu einem kurzen dicken Stiel, der seitlich des Kanals stark gedreht ist. Die Spin- del ist am Eingange des Kanals gebogen und trägt an der Bie- gung 2 sehr deutliche, schwache Fältchen. Die Spindelplatte ist anliegend, nicht erweitert. Der Aussenrand der Mündung ist verletzt, das Innere der Mündung mit der Masse des Gesteins erfüllt. Bemerkungen. Durch die Stellung der Fältchen an der Spindel, die Form der Schlusswindung und der Mündung, und die Aushöhlung des oberen Theils der Windungen stellt sich Fusus singularis in die nächste Verwandtschaft zu Fusus sca- 41 briculus; ex unterscheidet sich durch die schlanke Mitra- ähn- liche Form und durch das Fehlen der Längsrippen. 15. Fusus Sandbergeri BExR. Taf. 18. Fig. 1. ‚Vorkommen. Unter - oligoeän. Bei Westeregeln (SANDBERGER) und bei Wollmirsleben (DANNEBERG). Beschreibung. An dem abgebildeten Stücke von We- steregeln fehlt die äusserste Spitze und ein Theil der Schluss- windung mit dem Stiel; die Figur ist unten im Umriss ergänzt. Kleiner und grossentheils nur als glaukonitischer Kern erhalten ist ein anderes Stück von Wollmirsleben. Die Umgänge des hoch kegelförmigen Gewindes sind gewölbt, unterhalb der Mitte stumpf gekielt, vom Kiel zur oberen Naht hin flach ausgehöhlt, unterhalb des Kiels etwas eingezogen. Die oberen Mittelwin- dungen tragen Längsrippen, die sich im Kiel zuschärfen; in den unteren Windungen verkürzen sich die Längsrippen allmälig ge- gen die obere und untere Naht hin und es bleiben zuletzt nur stumpfe, starke, den Kiel emporziehende Höcker, die eine von oben nach unten zusammengedrückte Form haben. 8 Höcker kommen auf eine Windung. Kiel und Höcker bleiben in der Schlusswindung. Die ganze Schale ist mit starken, durch breite ebene Zwischenräume getrennten Querstreifen bedeckt. Die An- wachsstreifen beschreiben einen von der oberen Naht aus stark rückwärts laufenden Bogen. Bemerkungen. Obwohl nur unvollständig bekannt, ist diese Art doch hinreichend charakterisirt, um über ihre Selbst- ständigkeit sowohl wie über ihre Stellung keinen Zweifel zu lassen. Sie gehört in die Verwandschaft von einer Gruppe eocäner Arten, an deren Spitze Fusus errans SoL. sp. und Fusus re- Zularis Sow. zu stellen sind. Diese und die ihnen ähnlichen Arten zeichnen sich durch breite Form und besonders durch starke Biegung des Aussenrandes der Mündung und entsprechend gebogene Anwachsstreifen aus. In dieselbe Gruppe sind auch die beiden nachfolgenden Arten, Fusus rotatus und Fusus er- raticus, zu versetzen. Beim Fusus rotatus allein beobachtete ich das Embryonalende, welches klein ist, nicht blasig, von 1 bis 15 Windung. a 16. Fusus rotatus Bey». Taf. 18. Fig. 4a,b, 5a,b, 6, 6a, 7. Fusus bicarinatus (Des#.) Paıtıppı in Palaeontogr. I. 1847. p. 90. Pleurotoma trochiformis Beyrıc# in Karsten Arch. 1848. Bd. 22. p. 30. Fusus Mortonii (Les) Kape 1552. in Progr. der Realschule zu Me- seritz, p. 17. Vorkommen. Mittel-oligocän. Nicht selten in der Mark im Thon bei Hermsdorf, Buekow und Freienwalde. Bei Walle in Hannover (JuGtEr). In Meklenburg bei Mal- liss (Koch). Ober- oligocän. Fraglich im Sternberger Gestein (Koch). Verschwemmt bei Neu-Brandenburg in Meklenburg- Strelitz (BRuUECKNER) und bei Meseritz in der Provinz Posen (KADE). Beschreibung. Ausgewachsene Schalen erreichen 18 bis 20 Mm. Länge bei einer Breite von 9 bis 11 Mm.; häufiger finden sich die breiteren Formen (Tafel 17 Figur 4 und 5) als die schlankeren (Figur 6 und 7). Die Schale ist von spindel- förmiger Gestalt mit kegelförmigem Gewinde, der obere Theil der Schlusswindung kantig, steil zu einem dünnen Stiel abfallend, die Mündung mit dem Kanal stets beträchtlich länger’als das Gewinde. Die Art findet sich in zwei Abänderungen von sehr verschiedenem Ansehn, die aber nebeneinander vorkommen und durch Uebergänge mit einander verbunden sind. Bei der einen (Figur 4 und 7) haben die unteren Umgänge des Gewindes, welches einem Trochus ähnlich wird, nahe über der unteren Naht einen scharf vortretenden Kiel, welcher mit gleicher Schärfe in der Schlusswindung bis zur Mündung fortsetzt. Bei der an- deren Abänderung (Figur 5 und 6) rundet sich der Kiel, in- dem ein paar scharfe, starke Querstreifen über den vortretenden unteren Theil der Windungen fortlaufen; zugleich erhält letzterer stumpfe knotige Längsfalten, die der ersten Abänderung vollstän- dig fehlen. Die Spitze des Gewindes ist bei beiden Abänderun- gen gleich; sie beginnt mit einem kleinen, aus etwa 1> Win- dung bestehenden Embryonalende, worauf eine gerundete Win- dung mit 3 scharfen Querstreifen folgt. Im Ganzen bilden sich 4 bis 5 Mittelwindungen aus. Von den 3 primären Querstreifen entwickelt sich der untere entweder zu dem scharfen Kiel, oder 43 die beiden unteren setzen in etwa gleicher Stärke in den unteren Windungen fort, wodurch die zweierlei Abänderungen entstehen. Bei der scharf gekielten ist zuweilen in den unteren Windungen (Figur 4) vom Kiel aufwärts nur noch ein einzelner schwacher Querstreifen zu sehen; wo eine grössere Zahl von Querstreifen vorhanden ist, nehmen sie zur oberen Naht hin an Stärke ab; gewöhnlich ist der obere Raum nächst der Naht frei von Quer- streifen. Die knotigen Längsfalten kommen vom kaum Bemerk- baren in allen Abstufungen der Stärke bis zu der Ausbildung vor, wie sie in Figur 5 dargestellt ist; ihre Zahl ist 9 oder 10 in der Schlusswindung. Der steile Abfall zum Stiel ist mit starken Querstreifen bedeckt, bald in geringer Zahl, etwa 5, bald zahlreicher durch Einschiebung eines Zwischenstreifen. Die Anwachsstreifen beschreiben von der oberen Naht zum Kiel hin einen starken Bogen. Die Aussenwand der Mündung erhält bei ausgewachsenen Schalen Doppelstreifen, welche in ihrer Stellung den Zwischenräumen der äusseren stärkeren Querstreifen ent- sprechen. Eine junge Schale aus dem Sternberger Gestein in Koch#'s Sammlung könnte der ungekielten Varietät angehören; die Be- stimmung ist nicht sicher. Von den abgebildeten Stücken ist Figur 4 von Hermsdorf, a in natürlicher Grösse, b vergrössert, Figur d von Walle, Fi- gur 6 und 7 von Hermsdorf in natürlicher Grösse, Figur 6a die Spitze des Gewindes stark vergrössert nach einem Stück von Hermsdorf. Bemerkungen. Die stark gebogenen Anwachsstreifen waren Veranlassung, dass ich früher die Art, von der nur un- vollständig erhaltene Stücke der scharf gekielten Abänderung bei Hermsdorf gefunden waren, für eine Pleurotoma aus der Verwandtschaft der PJ. bracteata hielt. Unter Fusus schliesst sich dieselbe, gleich dem Fusus Sandbergeri, eng an die breiten, mit gebogenen Anwachsstreifen versehenen Formen des Fusus errans Sor. sp. und Fusus regularis Sow. an. Dass eine Ueberein- stimmung mit dem Fusus bicarinatus DesH. nicht vorliegt, be- darf keiner Ausführung. 44 17. Fusus erraticus Kon. Taf. 18. Fig. 2a,b, 3. Konınck Coq. foss. de Basele p. 19. t. 2. f.5. Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 496. t. 40. f. 2. Vorkommen. Mittel-oligocän. Im glaukonitischen Sande über der Grauwacke bei Neustadt-Magdeburg (FELDHAUS) und verschwemmt im Stettiner Tertiärgestein bei Stettin (BEHM). Beschreibung. Von den Abbildungen stellt Figur 2 ein von Herrn BEHM bei Stettin gefundenes Stück dar aus dem harten, dem Sternberger petrographisch ähnlichen, aber zu den mittel-oligocänen Ablagerungen gehörenden Stettiner Tertiärge- stein. Figur 3 ist das Fragment einer grösseren Schale von Neustadt-Magdeburg; die Schlusswindung ist im Umriss ergänzt nach Nysr’s Zeichnung derselben Art. Die Umgänge des Gewindes sind stark gewölbt, oberhalb der Mitte stumpf gekielt, vom Kiel zur oberen Naht flach oder selbst ein wenig ausgehöhlt.e. Ueber den Kiel läuft eine starke, platte, bandartig begrenzte Querleiste fort, eine ähnliche zweite in der Mitte zwischen dem Kiel und der unteren Naht, eine dritte dicht über der unteren Naht. In der Schlusswindung kommen hierzu noch in entsprechenden breiten Abständen ein paar andere Querleisten auf dem Abfall zum Stiel und schwächer werdende auf dem Stiel selbst. Der breite, die Leisten tren- nende Zwischenraum ist bald eben, bald erhebt er sich zu einer schwächeren Zwischenleiste. Die Anwachsstreifen laufen zuerst von der Naht bis zum Kiel stark rückwärts und beschreiben dann zwischen je zwei Querleisten einen nach vorn gekehrten Bogen, während sie sich auf den Leisten selbst zurückbiegen. Bemerkungen. Diese ausgezeichnete Art gehört gleich den vorigen in die Verwandtschaft des Fusus errans SoL. sp. und erhielt, um diese anzuzeigen, von de Konısck den ähnlich lautenden Namen. Die entfernten Querleisten und besonders die eigenthümlich buchtigen Anwachsstreifen machen dieselbe sehr kenntlich. Sie findet sich in Belgien nicht häufig in dem mittel- oligocänen Thon von Boom, mit welchem die deutschen Vor- kommnisse von gleichem Alter sind. Die vollständige Ueber- einstimmung des deutschen Fusus mit dem belgischen konnte 45 ich auch durch Vergleichung mit einem Stück von Boom aus H. Rormer’s Sammlung feststellen. 18. Fusus elegantulus Pnır. Var 18:,Big8,,9a;b,, 10, 11,.125,13, Fusus alveolatus (Sow.) L. v. Bucu in Abh. d. Berl. Akad. 1831. p. 66. Fusus elegantulus Puıtiprı Beitr. 1843 p. 59, 706. t. 4. f. 16. ? Fusus alveolatus (Sow.) Pnıuippi in Palaeontogr. I. 1847. p. 71. Fusus alveolatus (3ow.) Karsten Verz. 1849. p. 26. Fusus cancellatus Boru in Mekl. Arch. III. 1849. p. 210. Fusus elegantulus (Puır.) Bout in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 497. Fusus plicatellus (Desn.) Giesen Beitr. zur Palaeont. 1853. p. 101. (pars). Vorkommen. Ober-oligocän. In anstehenden Tertiärla- gern bei Freden (Leunıs); nach Pnıvippr bei Luithorst; bei Crefeld (Nauck). Verschwemmt häufig in Meklenburg im Sternberger Gestein (in allen Sammlungen); in losen Schalen bei Pinnow und Krakow (Borr), bei Kobrow und Melckhof (Kocn), und nach L. v.Bucn bei Augustenhof. Aus der Diluvialdecke des Tertiärgebirges von Wollmirsle- ben bei Egeln (DannegerG). Von Schraplau (Hallische Sammlung, Fusus plicatellus GiEBEL a. a. OÖ). Wenn Paı- Lıppr’s Fusus alveolatus von Westeregeln a. a. O. hierher- gehört, so ist zu vermuthen, dass er in der Diluvialdecke, nicht im anstehenden Tertiärgebirge gefunden wurde. Aus anstehen- den unter-oligocänen Tertiärlagern von Westeregeln oder von anderen Fundorten ist mir die Art nicht vorgekommen. Beschreibung. Die auf Tafel 18 abgebildeten Stücke stammen Figur 8 und 9 aus dem Sternberger Gestein in Kocn’s Sammlung, Figur 410 daher in Borı’s Sammlung, am Stiel und an der Spitze im Umriss ergänzt, Figur 11 von Wollmirsleben, Figur 12 aus dem Sternberger Gestein in der Rostocker Samm- lung am Stiel ergänzt. Figur 13 ist die Spitze des Gewindes nach einem Stück von Crefeld stark vergrössert; die übrigen Figuren sind in natürlicher Grösse. Die Form ist, wie die gegebenen Abbildungen zeigen, bei verschiedenen Abänderungen mehr oder minder schlank spindel- föormig. Das Verhältniss der Breite zur gesammten Länge schwankt bei vollständig erhaltenen Stücken von + bis zu >. 46 Die Mündung mit dem Kanal hat ungefähr die Länge des Ge- windes, oder ist wenig länger; dies Verhältniss findet sich auch bei dem Stück von Freden, welches PnıtLıprı beschrieb mit un- “genauer Angabe der betreffenden Maasse. Die grössten Dimen- sionen sind an Stücken aus dem Sternberger Gestein beobachtet, die etwa 50 Mm. Länge erreichen mochten. Das Gewinde beginnt mit einem äusserst kleinen Embryo- nalende, das aus einer einzigen, kaum vollständigen, flach liegen- den Windung gebildet wird; man sieht deshalb an dem Gewinde, von der Seite betrachtet, die Skulptur der Mittelwindungen sich bis zur äussersten, mit der kleinen Embryonalwindung stumpf endenden Spitze heraufziehen (vergleiche Figur 15). In der Regel entwickelt sich auf den ‚ersten Mittelwindungen zuerst die Querskulptur und erst nach ein paar Windungen tritt die Längs- skulptur hinzu; seltener beginnen beide gleichzeitig. Die Mittel- windungen, deren Zahl auf 7 steigt, sind stets stark gewölbt, über der Mitte kantig, von der oberen Naht zur Kante hin dach- förmig abfallend mit ungleicher Neigung bei verschiedenen Ab- änderungen. Eine starke Querleiste hebt die Kante des Daches bald mehr bald minder stark hervor; eine zweite Querleiste, meist von gleicher Stärke, verläuft etwa in der Mitte zwischen der Kante und der unteren Naht, eine dritte wird meist noch an der unteren Naht ein wenig sichtbar. Ausnahmsweise (Figur 12) hebt sich die Kante mit ihrer Leiste so stark hervor, dass die Windungen ein gekieltes Ansehn erhalten; bei einem Stück von Crefeld ist die untere Leiste fast gar nicht entwickelt, so dass die Seiten der Windungen von der Kante zur unteren Naht hin senkrecht stehen; eine dritte ungewöhnliche Abänderung aus dem Sternberger Gestein in KocH’s Sammlung zeigt‘ unterhalb der oberen, auf der Kante stehenden Leiste noch zwei andre gleich starke und von einander gleich weit entfernte Querleisten. In der Regel findet sich bei grösseren Stücken in den unteren Win- dungen zu den stärkeren Querleisten in den Zwischenräumen ein einzelner, schwächer bleibender Zwischenstreifen ein (Figur 9, 10, 11)., In der Schlusswindung verliert der obere bauchig ge- wölbte Theil bei älteren Schalen oft vollständig die obere kantig begrenzte Abdachung (Figur 9, 10); die aus dem Gewinde herab- kommenden stärkeren Querleisten zeichnen sich dann nur wenig aus und werden den Zwischenstreifen fast gleich. Wenn die Zwischenstreifen fehlen, steht unterhalb der aus der Naht hervor- 47 tretenden noch eine Querleiste auf der Mitte des Abfalls zum Stiel und eine andre in «er Einbiegung zum Stiel; sind Zwi- schenstreifen vorhanden, so zeigen sie sich auch zwischen diesen unteren Leisten; der Stiel ist mit ungleichen starken Querstrei- fen bedeckt. Die Längsskulptur beginnt mit zahlreichen schma- len Längsleistehen, welche anfangs schwächer sind als die Quer- leisten, ihnen bald an Stärke gleich werden, und sich dann in den unteren Windungen entweder in dieser Stärke und in grösserer Zahl erhalten (Figur 11, 12), oder, indem sie an Zahl abneh- men, sich allmälig in breitere Längsrippen verwandeln (Fi- gur 9, 10). Auf den Kreuzungspunkten mit den Querleisten sind die Längsleisten oft deutlich gekörnt, und die Zwischen- räume auf dem Raum von der Kante abwärts erhalten ein gru- big vertieftes Ansehn, das sich mit der Ausbildung stärkerer Längsrippen in den unteren Windungen wieder verliert. Die Zahl der Längsleisten oder Längsrippen ist sehr schwankend; das Stück von Figur 8 hat in der letzten Mittelwindung deren 13, das grössere von Figur 9 hat 11, das von Figur 10 hat 17, das von Figur 11 hat 25. Die Längsleisten laufen in den obe- ren Windungen von der oberen Naht zur Kante hin schräg oder etwas gebogen rückwärts, von der Kante zur unteren Naht herab senkrecht. In der Schlusswindung erscheinen die Längsrippen an grösseren Stücken etwas geschwungen; sie verlieren sich allmälig auf dem Abfall zum Stiel und verschwinden auch wohl vollständig in der letzten Hälfte gegen die Mündung hin. Der Spindelrand der Mündung ist lang Sförmig geschwungen, der Kanal und in entsprechender Weise der Stiel etwas nach aussen gebogen Der Aussenrand ist einfach, scharf, innen glatt. Bemerkungen. Schon L. v. Bucn glaubte in dem Fusus elegantulus, von welchem er eine kurze charakteristische Be- schreibung gab, den Fusus alveolatus des englischen Crag zu erkennen. Später kam PhıLıer1 zu derselben Meinung (Palae- ontogr. I: p. 74, Note), nachdem er vorher eine junge Schale als selbstständige Art unter der hier beibehaltenen Benennung beschrieben hatte. BorL schlug den Namen Fusus cancellatus vor, indem er erkannte, dass Fusus elegantulus nicht wohl dem Fusus alveolalus zugerechnet werden könne; später nahm er, wie billig, den älteren Namen wieder auf, obwohl ihn PhıLıpei selbst hatte fallen lassen. Man kann in der That nicht wohl daran denken, den Fusus elegantulus, der charakteristisch der 48 norddeutschen ober-oligocänen Fauna angehört, mit der durch Woop» und Nyst besser bekannt gewordenen jüngeren Art des Crag zu verbinden, wenn letztere auch in der Skulptur Analo- gien darbietet und mit dem verwandten Fasus (Trophon) con- socialis WooD in dieselbe Gruppe mit den norddeutschen Arten gehört, deren Reihe hier mit dem Fusus elegantulus beginnt. Von den beiden Arten des englischen Crag unterscheidet sich dieser in der Form durch den schlankeren, minder steil abgesetz- ten Stiel, vom Fuszs alveolatus insbesondere, nach dessen Dar- stellung bei Woon, durch weniger grobe, wenn auch nach glei- chem System geordnete Skulpturen. Von den norddeutschen Arten schliessen sich an den Fwszs elegantıulus zunächst die beiden folgenden Arten Fusus festivus und Fusus tricinctus eng an. Ein Hauptmerkmal, welches sie zunächst zu einer natürlichen Gruppe mit einander verbindet, ist das ausserordentlich kleine, aus nur einer flach liegenden und nicht blasig aufgetriebenen Windung bestehende Embryonalende in Verbindung mit dem eigenthümlichen Anfang der Skulptur durch erstes Auftreten von ein paar starken Querstreifen oder Querleisten, zu denen später erst die Längsrippen oder Längs- leisten hinzutreten. Ob die englischen Arten des Crag hierin mit unseren deutschen übereinstimmen, geht aus den vorhande- nen Beschreibungen derselben nicht hervor, doch ist es wahr- scheinlich. Die kantige, oben abgedachte Form der oberen Mittelwindungen ist ein Merkmal zweiten Ranges, welches die drei deutschen Arten mit den beiden englischen gemein haben. Dieses fehlt einer nachfolgenden Reihe deutscher Arten, bei de- nen Form des Embryonalendes und Anfang der Skulptur von gleicher Beschaffenheit sind. 19. Fusus festivus BeExR. Taf. 19. Fig. 1a, b, 2, 2a. Vorkommen. Miocän. Bei Bersenbrück (F. und A. RoEmeEr) und bei Dingden (Hosıvs). Beschreibung. Tafel 19 Figur 1 stellt das grösste beobachtete Stück von Bersenbrück dar, 32 Mm. lang, 14 Mm. breit, Figur 2 ein kleineres Stück ebendaher, Figur 2a die Spitze des Gewindes stark vergrössert. Von Dingden liegen nur Junge unausgewachsene Schalen vor. 49 Die Schale ist spindelförmig, die bauchig gewölbte Schluss- windung mit steilem Abfall zu einem kurzen dicken Stiel ein. gezogen, die Mündung mit dem Kanal etwas kürzer als das Gewinde. Letzteres beginnt, wie bei der vorigen Art, mit einem kleinen, stumpfen Embryonalende von nur einer flach liegenden Windung, worauf bis 7 Mittelwindungen folgen. Diese sind ge- wölbt, nach oben kantig, oberhalb der Kante rinnenartig ausge- höhlt, unterhalb derselben gewölbt und zur unteren Naht hin eingezogen. Kante und Rinne erhalten sich in der Schlusswin- dung. Die oberen Mittelwindungen haben einen schon am Em- bryonalende beginnenden Nahtsaum, eine stärkere über die Kante fortlaufende und dieselbe erhebende Leiste, und darunter anfangs einen, dann zwei minder starke Querstreifen. Zu dieser Quer- skulptur treten schwache, auf der Kante in einem stumpfen Win- kel geknickte Längsfältchen hinzu, welche auf der Kante mit stär- keren, auf den unteren Querstreifen mit schwächeren Körnchen besetzt sind, und meist die obere und untere Naht nicht errei- chen. In den unteren Windungen verliert sich der Nahtsaum, die Rinne bleibt ohne Querstreifen. Die unteren Querstreifen bleiben schwach, jedoch mit hinzutretenden Zwischenstreifen bis zur Schlusswindung sichtbar; die Längsfältchen werden schwä- cher bis zu gänzlichem Verschwinden, wobei zugleich die Kör- nelung zuerst der unteren Querstreifen, zuletzt auch der Kante undeutlich wird. In der Schlusswindung ist der .Stiel mit stär- keren Querstreifen bedeckt. Die Spindel und die Aussenseite der Mündung sind glatt. Der Kanal hat die halbe Länge der ganzen Mündung; er ist etwas auswärts gebogen, wodurch bei alten Stücken der Stiel eine starke Kammdrehung erhält. 20. Fusus tricinctus BexR. Taf. 19. Fig. 4. Vorkommen. Miocän. Bei Gühlitz in der Westprieg- nitz (Berliner Sammlung, v. MıELEcKI). Bei Lüneburg (Koch). Beschreibung. An den wenigen beobachteten Exemplaren ist die äusserste Spitze des Gewindes verletzt. Die Mittelwin- dungen sind stark gewölbt, über der Mitte etwas kantig, mit einem oberen Dach, das sich bald mehr bald weniger bestimmt Zeits. d. d. geol. Ges. VII. 1. 4 50 von der Seite abgrenzt. Auf der Seite der oberen Windungen stehen 3, an einem Stück nur 2, starke Querstreifen oder Quer- leisten, von welchen die obere den Rand des Daches bildet; sie kreuzen sich mit etwa 20 Längsleisten, die ungefähr von glei- cher Stärke und auf den Kreuzungspunkten gekörnt sind. Die durch das Gitter der Längs- und Querleisten gebildeten Felder sind quadratisch und etwas grubig vertieft. In den unteren Windungen schiebt sich zwischen den stärkeren Querstreifen ein schwächer bleibender Zwischenstreifen ein, und das grubig ver- tiefte Ansehn der Zwischenräume verliert sich. Die Längsleisten werden in der Schlusswindung schwächer und unregelmässig. Der Abfall zum Stiel ist mässig steil, der Kanal von der halben Länge der Mündung, nur wenig nach aussen gebogen. Das abgebildete Stück von Gühlitz ist, mit ergänzter Spitze, 30 Mm. lang, 12 Mm. breit Die Mündung mit dem Kanal ist länger als das Gewinde. Andere Stücke von Gühlitz sind etwas. grösser, jedoch weniger vollständig. Von Lüneburg ist nur ein Fragment beobachtet. Bemerkungen. Man kann diese Art als den Vertreter der Form des Fusus elegantulus in der miocänen Fauna von Gühlitz und Lüneburg betrachten. Die Skulpturen sind ganz analog mit dem Unterschiede, dass bei Fusus elegantulus nur 2, bei Fusus tricinctus 3 Querleisten sich im Gewinde mit den Längsleisten kreuzen; jedoch wurden ausnahmsweise bei ersterer Art einmal auch 3, umgekehrt bei der letzteren einmal 2 Quer- leisten beobachtet. Das Gewinde ist beim Fusus tricinetus we- niger schlank, die obere Kante der Umgänge weniger hervortre- tend, der Abfall zum Stiel etwas steiler. In der Verschiedenheit ihrer Skulpturen verhalten sich die beiden Arten zu einander wie Fusus alveolatus Sow. zum Fusus consocialis WooD sp. Der viel steiler abgesetzte dieke Stiel unterscheidet in der Form die beiden englischen Arten, mit welchen hierin der deutsche, durch seine Skulpturen unterschiedene Fusus festivus mehr über- einstimmt. öl 21. Fusus eximius BexR. Taf 419: Fig.' 3505, da, 6575 Fusus luneburgensis (Psır.) Bor in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 497. ? Fusus rugosus (Park. Sow.) Borr ]. e. p. 497. Vorkommen. Miocän. Auf der Insel Sylt (Kopenha- gener, Kieler Sammlung und Meyn); bei Gühlitz in der West- Priegnitz (v. Mreteckt und Berliner Sammlung); bei Lüne- burg (Berliner Sammlung). Verschwemmt in Meklenburg bei Pinnow (Bor) und Melckhof (Koch); aus der Diluvialdecke des Tertiärgebirges bei Westeregeln; bei Schraplau (Hallische Sammlung). Beschreibung. Von Sylt und Gühlitz sind zahlreiche wohlerhaltene Exemplare beobachtet; die von letzterem Fundort erreichen zwar nicht die Grösse derer von Sylt, sind aber im Uebrigen sehr übereinstimmend; ein einzelnes Stück von Lüne- burg ist etwas abweichend. Von den Abbildungen auf Tafel 49 stellen die Figuren 3 und 5 verschiedene Abänderungen von Gühlitz, 6 und 7 Formen von Sylt nach Stücken der Kopenha- gener Sammlung dar; Figur 5a ist die Spitze des Gewindes stark vergrössert nach einem Exemplare von Gühlitz. Figur 7 zeigt die grössten Dimensionen, welche Sylter Exemplare errei- chen. Die angeführten diluvialen Vorkommnisse bestehen in unvollkommenen, theils gerollten, theils zerbrochenen Schalen, die für sich allein eine schärfere Bestimmung nicht gestatten würden. Das a.a.O. von Borr als Fusus rugosus aufgeführte Stück von Pinnow ist ein schlechtes Fragment, das vielleicht einer anderen verwandten Art, sicher nicht der Art des Crag, wofür es gehalten wurde, angehört. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf die Vorkommnisse der anstehenden Tertiärlager von Sylt und Gühlitz. Der embryonale Anfang der Schale ist von gleicher Be- schaffenheit wie bei Fusus elegantulus und festivus. Nach einer kleinen, stumpfen, glatten Windung entwickeln sich zuerst ein paar Querstreifen, zu denen erst später Längsrippen hinzutreten (Figur 5a). Das schlanke thurmförmige Gewinde erhält bis 8 Mittelwindungen von regelmässig gewölbter Form. Die oberen Windungen haben meist 3, seltener 2 oder 4, starke, schmale, durch breite ebene Zwischenräume getrennte Querstreifen, deren A* 52 Zahl sich bald früher bald später durch Einschiebung von je einem Zwischenstreifen verdoppelt. Die Querstreifen verlieren sich nicht in dem oberen Theil der Schlusswindung. Die Längs- rippen stehen bald gedrängter bald mehr von einander entfernt; sie sind von ungleicher Stärke bei verschiedenen Abänderungen, in den oberen Windungen gerade, in den unteren schwach ge- bogen. Ihre Zahl, die in den oberen Windungen 10 bis 15 be- trägt, kann in der letzten Mittelwindung bis auf das Doppelte steigen; sie werden zuweilen in der Schlusswindung undeutlich bis zu fast gänzlichem Verschwinden. Die stärkeren primären Querstreifen schärfen sich, indem sie über die Längsrippen fort- laufen, etwas zu, so dass letztere ein schwach gekörntes Anselhn erhalten, in der Regel deutlicher in den oberen als den unteren Windungen. Der Abfall zum Stiel ist mässig steil, der Kanal etwas nach aussen gebogen, die Mündung mit dem Kanal meist kürzer als das Gewinde, selten von gleicher Länge. Das Stück von Lüneburg, mit 11 Längsrippen, hat ein we- niger schlankes Gewinde als die von Sylt und Gühlitz und ist ohne alle Körnelung. Bemerkungen. Durch das ausnehmend schwankende Verhältniss in der Zahl und Stärke der Längsrippen erhalten verschiedene Abänderungen des Fusws erimius ein so ungleiches Ansehn, dass die Beobachtung einer grösseren Reihe von Exem- plaren erforderlich war, um hier das Zusammengehörende zu er- kennen. Durch die einfache Wölbung schon der oberen Win- dungen unterscheidet sich die Art von den vorhergehenden in gleicher Weise wie die nachfolgenden Fusus luneburgensis, gla- brieulus. semiglaber, Puggaardi, pereger und Waelii, welche alle ein ähnlich kleines Embryonalende und ähnlich anfangende Skulptur besitzen. An den Fusus tricinetus schliesst sich Fx- sus erimius so eng an, dass kleinere Stücke von Gühlitz von gleich grossen der letzteren Art nur durch genaue Vergleichung der Skulptur unterscheidbar sind; man bemerkt, dass in Folge des immer noch vorhandenen, wenn auch nur wenig abgesetzten Daches beim Fusus tricinctus die Längsleisten von der oberen Naht zuerst schräg zu der den Rand des Daches bildenden Leiste hinlaufen und hier einen schwachen Winkel machen, während beim Fusus erimius die Querstreifen keinen Einfluss auf die Richtung der Längsrippen ausüben. 53 22. Fusus luneburgensis PnıL. Taf. 19. Fig. 10. Paıcıppr 1845 in Vorser Dissert. p. 36; in Palaeontogr. I. 1847. p. 74. t. 10a. £. 6. Vorkommen. Miocän. Bei Lüneburg. Beschreibung. An allen Stücken der Berliner Samm- lung, welche der häufig vorkommenden Hauptform der Art an- gehören, ist die Spitze des Gewindes zerstört oder abgeworfen; das grösste, nach welchem die Abbildung entworfen ist, würde ergänzt etwa 44 Mm. lang sein bei 18 Mm. Breite. Die erhal- tenen Mittelwindungen sind regelmässig gewölbt, die oberen ver- hältnissmässig stärker als die unteren. Sie sind mit starken, schief stehenden und gebogenen Längsrippen bedeckt, die sich im Alter erhalten und in der Schlusswindung über den oberen bauchigen Theil bis zum Stiel herablaufen. Die Zahl der Längs- rippen beträgt in der Schlusswindung 22 bis 24, in der letzten Mittelwindung 19 bis 21; in den oberen Windungen kann sie bis 14 sinken. Die Querskulptur beginnt in der obersten sicht- baren Windung mit 2 starken Querstreifen, welche die Mitte der Windung einnehmen. Die Zahl der Querstreifen vermehrt sich schnell durch Einschiebung von Zwischenstreifen; zugleich werden sie schwächer und verflachen sich allmälig so, dass die Skulptur im unteren Theil der Schale querliniirt genannt werden kann. Letzteren Charakter, der sich nicht immer gleich bestimmt und nur in den unteren Windungen ausbildet, nahm PhıLipr1 in die Diagnose der Art auf. In der Schlusswindung nehmen die Querstreifen zum Stiel hin wieder an Stärke zu. Der Abfall zum Stiel ist mässig steil, die Mündung mit dem Kanal etwa von der Länge des Gewindes, der Kanal stark auswärts gebogen. Zwei einzelne Stücke von Lüneburg unterscheiden sich als Varietäten von der beschriebenen häufiger vorkommenden Haupt- form. Bei dem einen erhalten sich, bei Uebereinstimmung aller anderen Charaktere, die ungleichen, ziemlich starken Querstrei- fen bis zur Schlusswindung; bei dem anderen vermehren sich die sehr schwachen Querstreifen mehr als gewöhnlich und stehen in den unteren Windungen dicht gedrängt neben einander, etwa 20 in der letzten Mittelwindung, das ist doppelt soviel als bei der ‚54 Hauptform. PsıLıprer giebt an, dass ausnahmsweise auch die Längsrippen in der Schlusswindung verschwinden, An dem ersteren der bezeichneten etwas abweichenden Stücke ist die Spitze des Gewindes wohl erhalten und zeigt das Em- bryonalende und den Anfang der Skulptur von gleicher Beschaf-. fenheit wie bei den vorhergehenden Arten. Bemerkungen. Vom Fusus eximius unterscheidet sich die Hauptform des Fusus luneburgensis vornehmlich durch die stärkere Biegung und zugleich..schiefe Stellung der Längsrippen, das Verflachen der Querstreifen im Alter und die geringere Wöl- bung des oberen Theiles der Schlusswindung. Vielleicht zeigen sich die beiden Arten bei weiterer Beobachtung durch Ueber- gänge verbunden. 23. Fusus glabriculus Phi. Taf. 19. Fig. 8a, b. Paııprı 1845 in Vorcer Dissert. p. 36; in Palaeontogr, I. 1847. PTR LIE 74 Vorkommen. Miocän. BeiLüneburg (WELLENKAMP). Beschreibung. An zwei Stücken, die ich beobachtete, war die Spitze des Gewindes abgeworfen. Das bessere dersel- ben, von welchem die Abbildung gegeben ist, misst im gegen- wärtigen Zustande der Erhaltung 27 Mm. Länge bei 13,5 Mm. Breite; Länge der Mündung mit dem Kanal 14 Mm. Nahe gleiche Dimensionen gab PrıLipP1 an, dessen Beschreibung besser als die beigefügte Abbildung die Art erkennen liess. Die erhaltenen Mittelwindungen sind stark und regelmässig gewölbt. Die oberen haben deutliche, etwas gebogene Längsrip- pen, von denen 15 auf eine Windung kommen, und darüber fortlaufende Querstreifen, die so geordnet sind, dass 3 oder 4 etwas stärkere Streifen dem mittleren Theil der Längsrippen angehören. In den beiden unteren Mittelwindungen verlieren sich die Längsrippen allmälig und fehlen ganz in der Schluss- windung. : Gleichzeitig werden auch die Querstreifen schwächer, so dass. der obere bauchig gewölbte Theil der Schlusswindung nur noch Spuren der ganz verflachten Querstreifen in Verbin- dung mit bogenförmig gekrümmten zarten Anwachsstreifen er- kennen lässt. An dem steilen Abfall. zum Stiel treten. die Quer- 55 streifen wieder stärker hervor und bedecken den Stiel, der kurz und dick ist. Auf den Kanal kommt etwa die Hälfte von der gesammten Länge der Mündung. 24. Fusus semiglaber Bexr. Taf. 19, Eile. 3a,b, e. Vorkommen. Miocän. Bei Spandetgaard in Schles- wig (Kopenhagener, Kieler Sammlung und Meyx.) Beschreibung. Die Kopenhagener Sammlung besitzt diese Art in einer schönen Reihe von allen Altersabstufungen ; Tafel 19 Figur 9a, b zeigt sie in ausgewachsenem Zustande, Figur 9e die Spitze des Gewindes vergrössert nach einem jün- geren Stück in der Kopenhagener Sammlung. Das abgebildete Stück ist 47 Mm. lang, 16,5 Mm. breit; die Mündung mit dem Kanal ist kürzer als das Gewinde, sie ist 22 Mm., das Gewinde 27 Mm. lang. Das Gewinde beginnt, wie bei Fusus eximius und den ver- wandten Arten, mit einem ganz kurzen stumpfen Embryonalende von nur einer Windung, worauf zuerst 2 Windungen folgen mit nur zwei starken Querstreifen und feinen haarförmigen Anwachs- streifen. In der darauf folgenden Windung beginnen die Längs- rippen hervorzutreten, durchsetzt von 3 starken Querstreifen, von denen die zwei unteren die Fortsetzung der beiden anfangs allein vorhandenen sind. Im Ganzen entwickeln sich ausser der em- bryonalen Endwindung 8 Mittelwindungen. Diese sind stark und regelmässig gewölbt, besonders die unteren durch eine tief liegende Naht getrennt. Von den starken Längsrippen kommen 40, in unteren Windungen bis höchstens 13 auf eine Windung. Die Zahl der Querstreifen vermehrt sich durch Einschiebung von je einem Zwischenstreifen. An ausgewachsenen Schalen verlie- ren sich die Längsrippen fast plötzlich schon in der letzten Mit- telwindung und fehlen ganz in der Schlusswindung; die Quer- streifen werden gleichzeitig schwächer, bleiben jedoch meist in der Schlusswindung deutlich sichtbar; sie heben sich zum Stiel hin wieder stärker hervor. Die. Rippen der oberen Windun- gen stehen grade, die Anwachsstreifen in den unteren Windungen sind schwach gebogen. Der obere Theil der Schlusswindung ist bauchig gewölbt, der Abfall zum Stiel mässig steil, der 96 Stiel dick, der Kanal ungefähr von der halben Länge der gan- zen Mündung. Spindel und Aussenseite der Mündung sind glatt. Bemerkungen. Nahe verwandt dem Fusus glabrieulus unterscheidet sich Fusus semiglaber durch die Grösse, längeres‘ Gewinde, minder steil abgesetzten Stiel, und besonders durch die viel stärkeren, minder zahlreichen und graden Längsrippen der oberen Windungen. Vielleicht hängen die beiden Arten in ähn- licher Weise als Varietäten zusammen wie Fusus luneburgensis und Fusus eximius. 25. Fusus Puggaardı BExR. Taf. 21. Pig. 2,'3. Vorkommen. Miocän. Auf der Insel Sylt (Kopenha- 'gener Sammlung). Beschreibung. Das grösste von 4 beobachteten Stücken der Kopenhagener Sammlung (Figur 2), welchem ein Theil des Stieles fehlt, würde ergänzt etwa 25 Mm. lang sein bei 9 Mm. Breite; Figur 3 ist ein kleineres unausgewachsenes Stück. Die Mündung mit dem Kanal hat etwa die Länge des Gewindes. Der Anfang der Skulptur ist nicht scharf beobachtbar. Das ganze Gewinde besteht aus 7 bis 8 Windungen, von welchen die oberen etwas gewölbt, die unteren fast eben sind. Die oberen Mittelwindungen haben etwa 12 ziemlich starke Längsrippen und 4 bis 5 schwache, schmale Querstreifen. Bei dem ausgewach- senen Stück (Figur 2) verschwinden die Längsrippen schon voll- ständig in der letzten Mittelwindung; zugleich verflachen und verwischen sich die Querstreifen, so dass die Schlusswindung fast glatt erscheint. Die Anwachsstreifen sind schwach gebogen. Der Abfall zum Stiel ist allmälig, der Kanal etwas nach aussen gebogen. Bemerkungen. Durch die geringe Wölbung der Win- dungen und den allmäligeren Abfall der Schlusswindung zum Stiel unterscheidet sich diese Art vom Fusus semiglaber und Fusus glabriculus, mit welchen sie das Verschwinden der Skulp- turen im Alter gemein hat; in der Skulptur der oberen Mittel- windungen steht sie dem Fusus glabriculus näher. 57 26. Fusus pereger Bey». Taf. 20. Fig. 4, 5. Vorkommen. Miocän. Verschwemmt im holsteinischen Tertiärgestein bei Segeberg und Steinbek (Meys). Beschreibung. Die beiden abgebildeten, sehr vollständig erhaltenen Stücke messen 27 und 24 Mm. Länge bei 12,5 und 11 Mm. Breite. Die Mündung mit dem Kanal ist länger als das Gewinde. Letzteres besteht aus 7 regelmässig gewölbten Win- dungen, deren erste das sehr kleine Embryonalende abgiebt. Die Mittelwindungen sind quergestreift und erhalten unregelmässige, schwache, gebogene Längsrippchen, die zuweilen fast bis zum Verschwinden undeutlich sind (Figur 4). Die Querskulptur be- ginnt mit 3 primären Streifen, die sich durch Einschiebung von Zwischenstreifen vermehren; meist zeichnen sich noch in den un- teren Mittelwindungen die 3 primären Querstreifen, besonders der obere, etwas stärker hervortretend aus. Die Querstreifen erhal- ten sich in der Schlusswindung. Die Anwachsstreifen sind stark geschwungen. Der Abfall zum Stiel ist mässig steil, der Stiel stark näch aussen gebogen. 27. Fusus Wauelii Nxst. Raf.;20: Bis. 15.2ia,b, 3. Nysr in Quart. Journ. of the Geol. Soc, of London Vol. VIII. p. 301, 316. Fusus funiculatus (Lam.) Buch in Berl. Akad. 1831 p. 66. Fusus multisuleatus (Nyst) Karsten Verz. 1849 p. 26. Fusus Deshayesit (Kon.) BouL in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851 p. 497. Vorkommen. Mittel-oligocän. Selten im Thon beiBuckow und Freienwalde (y. MIELECcKT). Ober-oligocän. Verschwemmt nicht selten im Sternber- ger Gestein (in allen Sammlungen, in L. v. Buch’s Samm- lung „Fusus funiculatus von Camin bei Güstrow“), in losen Schalen bei Pinnow (BorL), und als Steinkern in eisenschüssi- gem Sandstein vom Sternberger Felde (Koc#). Zweifelhaft, vielleicht als Art zu trennen, bei Crefeld (NAuck), und in unsicheren Fragmenten von Meseritz (KADe). 58 Beschreibung. Im Sternberger Gestein findet sich die Art gewöhnlich nur in der Grösse wie Tafel 20 Figur 1 und 2[; das Stück von Figur 1 ist 32 Mm. lang, 12 Mm. breit, das von Figur 2 etwas schlanker, 31,3 Mm. lang, 10,4 Mm. breit. Die Mündung, mit dem an diesen Stücken vollständig erhaltenen Ka- nal, ist länger als das Gewinde. Die grössere Form Figur 3 ist nach einem Guttapercha-Abdruck aus einem eisenschüssigen Sandstein gezeichnet, der auf dem Sternberger Felde gefunden wurde und daneben liegend andere Conchylien des Sternberger Gesteins erkennen lässt; auf gleiche Dimensionen weist eine lose Schale von Pinnow in BocLL’s Sammlung hin. Die Stücke von Buckow und Freienwalde sind etwas weniger schlank, im Uebri- gen übereinstimmend. Das Gewinde beginnt ‘mit einem sehr kleinen glatten Em- bryonalende von nur einer Windung. Die nachfolgende Windung hat schwache Querstreifen, zu denen allmälig Längsrippen hinzu- kommen. Im Ganzen entwickeln sich bis 7 Mittelwindungen, die ihre Wölbung vornehmlich dem Hervortreten der Längsrippen verdanken, von denen in den unteren Windungen gewöhnlich 10 oder 11, seltener weniger bis 8, oder mehr bis 13, vorhan- den sind. Die Längsrippen variiren sehr in der Stärke; meist laufen sie schwach an der oberen Naht aus und sind schmaler als ihre Zwischenräume; in den oberen Windungen sind sie grade, in den unteren schwach gebogen oder schief gestellt, so dass sie sich bald nach vorn bald nach hinten kehren; zuweilen werden sie in der Schlusswindung undeutlich. Ausser den Längs- rippen ist die ganze Schale mit schwachen, schmalen, ungleichen Querstreifen bedeckt. Die Anwachsstreifen sind nur wenig ge- krümmt. Der Abfall der Schlusswindung zum Stiel ist mässig steil, der Stiel schlank, grade oder ein wenig nach aussen gebogen. Der zweifelhaft hierher gezogene Fusus von Crefeld hat ein kürzeres Gewinde als der Fusus Waelil des Sternberger Ge- steins, etwas stärker und regelmässiger gewölbte Windungen und stärkere Querstreifen, Ihm sind ein paar zweifelhafte bei Mese- ritz von Herrn KADE gefundene Fusus-Fragmente ähnlich. Bemerkungen. Herrn DE Konınck verdanke ich meh- rere Exemplare des belgischen im mittel-oligocänen Thon bei Rupelmonde vorkommenden Fusus, der a.a.O. als Fusus Waeli Nyst aufgeführt ist, In der Form und Längsrippung gleicht er ganz dem Fusus des Sternberger Gesteins, mit welchem ich ihn 99 verbunden habe; auf geringe Abweichungen in der Querstreifung legte ich um so weniger Gewicht, als bei den belgischen Stücken schon Schwankungen in deren Ausbildung bemerkbar sind. Bei der Mehrzahl der belgischen Stücke stehen die Querstreifen ent- fernter und fehlen unter der oberen Naht, was nie bei deutschen Stücken der Fall ist; bei andern wird die Querstreifung durch Einschiebung von Zwischenstreifen den deutschen Vorkommen ähnlicher. Der belgische Fusws Deshayesiti, von welchem ich durch Herrn pe Kontnck gleichfalls belgische Originalstücke erhielt, ist eine zwar verwandte, aber gut unterschiedene Art, welche mir aus Deutschland noch nicht vorgekommen ist; theils Fusus Waeliti, theils andere norddeutsche Arten wurden früher mit ihm verwechselt. 28. Fusus gregarius PhiL. Taf. 20.. Fig. 7,.8a,b, c. Pnıuıppr 1845 in Vorcer Dissert. p. 36; in Palaeontogr. I. 1847. p. 73. (pars; excl. loco Welsleben) t. 10. f. 8. Vorkommen. Miocän. Bei Lüneburg und bei Güh- litz in der West-Priegnitz (Berliner Sammlung, v. MiELEcKı). Beschreibung. Den Namen Fusus gregarius gab Par- Lıppr einer bei Lüneburg nicht selten vorkommenden Art, welche ich auch selbst dort fand, jedoch nur in Stücken, an denen die Spitze des Gewindes zerstört ist, wie dies gewöhnlich bei den grösseren Fusus von Lüneburg der Fall ist. Die Abbildung Tafel 20 Figur 7 ist .nach solchen Stücken entworfen mit ergänzender Benutzung der von PuILIPPI nach einem muthmaasslich unversehr- ter erhaltenen Stück gegebenen Zeichnung. Sowohl die Dia- gnose wie die Abbildung bei Phıtıpri a. a. O. im ersten Bande der Palaeontographica beziehen sich nur auf den Fusus von Lüneburg, nicht auf den dazu gerechneten unter-oligocänen Fu- sus von Welsleben, der ein von PaıLıppı verkanntes Fragment des sehr verschiedenen Fusus egreglus ist. Bei dem Fusus gregarius von Lüneburg sind die unteren Mittelwindungen ganz flach gewölbt, fast eben, und durch eine eng rinnenförmig vertiefte Naht geschieden. Der Abfall. der Schlusswindung zum Stiel ist ziemlich steil, die Mündung mit dem Kanal nach Paırıppı kürzer als das Gewinde, der Kanal 60 stark auswärts gebogen. An der obersten der von mir beobach- teten 5 Mittelwindungen finden sich 5 oder 6 ziemlich starke, durch etwa gleich breite Furchen getrennte Querstreifen, welche sich in den nachfolgenden Windungen so sehr verflachen, dass die Schale mehr von schmalen Linien oder ganz seichten brei- teren Furchen als von Querstreifen besetzt erscheint. Die An- wachsstreifen sind schwach gebogen und stossen auf den Um- gängen des Gewindes senkrecht unterhalb ihres oberen Anfanges an die untere Naht. Kleiner aber ganz übereinstimmend mit dem Fusus von Lüneburg und mit wohl erhaltenen Spitzen des Gewindes findet sich die Art bei Gühlitz; ich kenne sie dorther wenig grösser als das abgebildete Stück Tafel 20 Figur 8a, b, welches 25 Mm. lang und 9 Mm. breit ist. Figur 8c stellt die Spitze des Gewindes stark vergrössert dar. Das Embryonalende ist äusserst klein, nicht blasenförmig, von nur einer glatten Windung. Von den 7 Mittelwindungen sind die ersten regelmässig gewölbt, mit gleichen schmalen Querstreifen besetzt, die sich in den unteren Windungen ähnlich wie bei der grösseren Form von Lüneburg verändern. Die unteren Mittelwindungen sind fast eben, die Anwachsstreifen, der Stiel und das Uebrige, wie oben beschrieben. Bemerkungen. Fusus gregarius und die folgenden Fx- sus distinctus, solitarius, exaratus und multisulcatus sind eine neue Reihe von einander ähnlichen Arten, die sich in der ge- ringen Grösse des Embryonalendes an die vorhergehenden an- schliessen, sich von diesen aber durch das Fehlen hervortreten- der Längsskulpturen unterscheiden. Von den früheren Arten bil- det Fusus pereger das nächste Anschlussglied an die neue Reihe. Bei Fusus multisulcatus fängt das Embryonalende schon an, sich etwas mehr zu erheben; die gestreifte Aussenseite der Mün- dung ist ein Merkmal, wodurch sich diese Art von allen andern mit kleinem Embryonalende unterscheidet. Andere norddeutsche Fusus-Arten mit vergleichbaren einfachen Skulpturen halten sich theils durch ein abweichendes Embryonalende theils durch ihre Form entfernt. Auch die in der Form und Skulptur wohl ver- gleichbaren lebenden Arten aus der nordischen Gruppe des Fx- sus antiquus, wie Fusus islandicus LAm., unterscheiden sich scharf durch das bei allen Arten dieser Gruppe blasenförmig aufgetriebene Embryonalende, 61 29. Fusus distinctus BEYR. Taf. 20. Fig. 9a, b, 10, 10a. Vorkommen. Miocän. Häufig auf der Insel Sylt (Ko- penhagener Sammlung und Meyn); bei Spandetgaard im nördlichen Schleswig (Kopenhagener Sammlung); bei Lüne- burg und bei Gühlitz in der West-Priegnitz (Berliner Samm- lung, v. MieLeckr). Beschreibung. AufSylt finden sich nicht selten Stücke von der Grösse wie Tafel 20 Figur 9a, b; das abgebildete ist 51 Mm. lang, 20 Mm. breit. Figur 10 stellt gleichfalls ein Stück von Sylt dar von schlankerer Form, 36 Mm. lang, 12 Mm. breit. Figur 10a ist die Spitze des Gewindes vergrössert nach einem Stück von Gühlitz. Das schlanke Gewinde hat, vollständig erhalten, 8 bis 9 Windungen. Das Embryonalende ist klein, nicht blasig, von 1 bis 4 Windung. Die Mittelwindungen sind ganz flach gewölbt, fast eben. Die ersten haben in ihrer unteren Hälfte 2 stärker hervortretende Querstreifen (Figur 10a), die bald früher (Fi- gur 9), bald später (Figur 10) den anderen hinzutretenden Quer- streifen gleich werden. So lange diese Querstreifen hervortreten, bedingen sie eine vertiefte Lage der Naht, in den oberen Win- dungen häufig selbst ein kantiges Ansehn gegen die untere Naht hin (Figur 10). Die Querstreifen erhalten sich bis in die Schluss- windung als schmale, erhabene, durch breitere ebene Zwischen- räume getrennte Streifen; nur ausnahmsweise kommen Stücke vor, bei denen sie im Alter undeutlich werden. Die Anwachs- streifen sind schwach gebogen, meist so, dass in den unteren Mittelwindungen ihr Ende an der unteren Naht gegen ihren oberen Anfang zurücktritt. Der Abfall der Schlusswindung zum Stiel ist mässig steil, die Mündung mit dem Kanal bald länger bald kürzer als das Gewinde, der Kanal etwa von der halben Länge der ganzen Mündung, nur wenig auswärts gebogen. Spindel und Aussenwand der Mündung sind glatt. Bemerkungen. Vom Fusus gregarius unterscheidet sich Fusus distinctus hauptsächlich durch die abweichende Anord- nung der Querstreifen in den oberen Windungen, nächstdem durch die im Alter sich erhaltenden schmalen Querstreifen. Durch letzteres Merkmal sind Stücke zu unterscheiden, bei denen 62 der obere T’heil des Gewindes nicht gut erhalten ist. PrıLıppi verband vielleicht beide Arten, die bei Lüneburg wie bei Güh- litz neben einander vorkommen, unter dem Namen Fusus gre- garius; die „lineae transversae subobsoletae‘‘ in der Diagnose des letzteren haben mich bestimmt, PrıLıppı’s Namen der vor- hergehenden Art zu lassen. Von Sylt habe ich mur den Fusus distinctus gesehen. 30. Fusus solitarius Pair. Taf. 20. Fig. 6. Paıcıppr 1845 in Vorser Dissert. p. 37; in Palaeontogr. I. 1847 p. 73. 2.10.69: Vorkommen. Miocän. Bei Lüneburg. Beschreibung. Die Abbildung ist nach einem unvoll- kommenen Exemplar mit ergänzender Benutzung der PkıLıPpr- schen Zeichnung entworfen. Die Spitze des Gewindes ist an dem Stück der Berliner Sammlung abgeworfen und zerstört, wo- durch das stumpfe Ansehn des oberen Endes der Schale entsteht; muthmaasslich war dasselbe bei dem von Ps1LırPı beobachteten Stück der Fall, worauf die „testa obtusiuscula“* der Diagnose deutet. Durch den sehr allmäligen Abfall der Schlusswindung zum Stiel zeichnet sich die Art kenntlich aus; über ihre näheren Beziehungen zu den beiden vorhergehenden Arten wird erst nach Beobachtung einer unversehrten Spitze des Gewindes sicher zu urtheilen sein. Die erhaltenen unteren Mittelwindungen sind un- bedeutend gewölbt, fast eben, und gleich der Schlusswindung mit breiten, ganz flachen, durch seichte Furchen getrennten Querstrei- fen bedeckt. Die Anwachsstreifen sind etwas gebogen, 31. Fusus eraratus Bexe. Taf. 23. Fig. 1a,b. Vorkommen. Fraglich unter- oder mittel-oligoeän. Von Unseburg bei Egeln durch Herrn DAnNneEBeERG aus der Dilu- vialdecke des anstehenden Tertiärgebirges; ein anderes Stück entweder von Westeregeln oder von Neustadt-Magde- 63 burg aus der Sammlung des Herrn FELDHAUs, in der Conchy- lien von beiden Fundorten vermischt waren. Ober-oligoeän. Fraglich bei Crefeld (Nauck). Beschreibung. Die beiden Stücke aus dem Magdebur- gischen, von denen das äus der FeLpmAus’schen Sammlunz in natürlicher Grösse und vergrössert abgebildet ist, sind etwa gleich weit erhalten, 5 Mittelwindungen und die Schlusswindung mit unvollständigem Stiel. Die Schale würde ergänzt etwa 20 Mm. lang sein bei 5 bis 6 Mm. Breite. Die Mittelwindungen sind regelmässig, wenn auch nur schwach gewölbt. Sie haben 7 starke Querstreifen mit etwa gleich breiten, ebenen Zwischenräumen. Die Anwachsstreifen sind gebogen, so dass sie an der unteren Naht vor ihrem oberen Anfang etwas vorstehen. Die Schluss- windung verengt sich mit ziemlich steilem Abfall zum Stiel. Spindel und Aussenseite der Mündung sind glatt. Die Stücke von Crefeld, welche ich zweifelhaft derselben Art zustelle, sind kleine unausgewachsene Schalen, an denen nach einer ganz kleinen stumpfen Embryonalwindung zuerst ein paar Windungen mit 2 oder 3 starken Querstreifen und feinen Längsstreifen folgen; durch Einschiebung von Zwischenstreifen, die den Primärstreifen gleich werden, runden sich die Windun- gen und werden in der Skulptur den beschriebenen magdebur- gischen Stücken ähnlich. Bemerkungen. Zur festen Bestimmung des Lagers, wel- chem die Art im Magdeburgischen zuzustellen sein wird, ist er- forderlich, dass dieselbe entweder in einem sicher von Neustadt- Magdeburg oder aus den anstehenden Ablagerungen der Gegend von Egeln herrührenden Stück beobachtet werde, da in der Dilu- vialdecke über den letzteren auch jüngere Conchylien vorkommen. Wenn sich die vermuthete Zugehörigkeit der jungen Form von Crefeld bestätigt, so dürfte es wahrscheinlich sein, dass das mag- deburgische Vorkommen nicht unter-, sondern mittel-oligocän ist, und dass diese Art gleich vielen anderen den mittel- und ober- oligocänen Lagern gemeinsam zukommt. 64 32. Fusus multisulcatus NxstT. Dar RA, sr a,b, 95 b, a,b: Fusus lineatus Koxınck Cog. foss. de Bascele p. 18. t. 3. f. 1, 2. Fusus multisulcatus Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 494. t. 40. f 1. Fusus multisulcatus (Nvsr) Paıtıppı in Palacontogr. I. 1847. p. 72. Fusus ruralis Pniiprr 1. c. p. 72. t. 10. f. 10. ’ Fusus villanus PaıLiri 1. c. p. 72. t. 10. f. 6. Fusus multisuleatus (Nyst) Beyrıcn in Karsten Arch. 1848. Bd. 22, mehle Fusus multisuleatus (Nyst) Bor in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 459. Fusus multisuleatus (Nyst) Kane 1852 in Progr. der Realschule zu Meseritz p. 17. Fusus villanus (PuıL.) GieBEL Beitr. zur Paläont. 1853 p. 99. Fusus ruralis (Paıt.) Gizper 1. c. p. 100. Fusus multisuleatus (Prur.) Giesen 1. c. p. 100. Vorkommen. Mittel-oligocän. Im Thon zu Görzig bei Köthen (Berliner und Hallische Sammlung), zu Pietzpuhl bei Burg, bei Hermsdorf, Buckow, Freienwalde, Joachims- thal. Im glaukonitischen Sande bei Neustadt-Magdeburg, und in den knollenförmigen Ausscheidungen des gelben Sandes bei Stettin (BEenm, Berliner Sammlung). Verschwemmt in der Diluvialdecke des anstehenden Tertiär- gebirges zu Westeregeln und Wollmirsleben bei Egeln (DANnNEBERG); zu Söllingen bei Jerxheim im Braunschweig- schen (GUMPKECHT, JUGLER); bei Schraplau (Hallische Sammlung); in der Erhaltung der Conchylien des Septarientho- nes bei Neu-Brandenburg (Bort); im Stettiner Tertiärge- stein bei Stettin, bei Wolldeck in Meklenburg-Strelitz (Ber- liner Sammlung), in einem Block aus dem Strassenpflaster von Breslau (L. v. Bucn’s Sammlung); in losen Schalen bei Me- seritz in der Provinz Posen (KADeE); in Thoneisenstein vom Kreuzberg bei Berlin. Frühere Angaben des Vorkommens im Sternberger Gestein beruhen theils auf Verwechselung mit anderen Arten (KARSTEN), theils auf Verwechselung des Stettiner mit dem Sternberger Ge- stein (BeykıcH). Auch die frühere Angabe des Vorkommens im Sandstein von Bokup (Dömitz, BEyrıcH a. a. O.) ist irrig, wie sich nach Anfertigung eines Guttapercha - Abgusses erge- ben hat. 65 Beschreibung. Die spindelförmige Schale läuft mit mässig steilem Abfall der Schlusswindung in einen gestreckten Stiel aus. Das Gewinde ist bei verschiedenen Abänderungen mehr oder weniger schlank, von 7 bis 8 gewölbten Windungen, von denen selten wegen der leichten Zerstörbarkeit der Spitze mehr als 5 bis 6 erhalten sind. Die Mündung mit dem Kanal ist bei vollständig erhaltenen Stücken stets beträchtlich länger als das Gewinde. Tafel 21 Figur 9 stellt ein Stück aus dem Stetti- ner Tertiärgestein dar von etwa 39 Mm. Länge und 16 Mm. Breite. Figur 8 ist eine breitere Form von Neustadt-Magdeburg, 27 Mm. lang und 13 Mm. breit. Figur 7 ist ein schlankeres Stück aus dem Thon von Hermsdorf, an welchem der Stiel nicht vollständig erhalten ist. Das Gewinde beginnt mit einem nur kleinen, glatten Em- bryonalende von 14 bis 2 niedrigen Windungen. Die Skulptur beginnt in den ersten (an Stücken, deren Spitze zersetzt ist, noch glatt erscheinenden) Mittelwindungen mit zarten schmalen Quer- streifen, welche sich in der Regel schnell in stärkere breite Strei- fen oder platte bandförmige Reifen umändern, die von bald eng eingeschnittenen bald tiefer ausgehöhlten Furchen getrennt sind. Die Querfurchen werden häufig zunächst der oberen Naht un- deutlich und in der Schlusswindung zuweilen seicht, ohne sich jedoch je ganz zu verwischen. Ihre Zahl in der letzten Mittel- windung ist durchschnittlich 8 (6 bis 10). Die Anwachsstreifen sind stark gebogen; zuweilen sind sie kaum bemerkbar. Die Aussenwand dor Mündung ist bei alten Stücken bald mit star- ken, schmalen, langen Streifen besetzt, bald bleibt sie vollstän- dig glatt. Man kann unter den norddeutschen Vorkommnissen 4 her- vortretendere Abänderungen unterscheiden, die jedoch durch Ueber- gänge verbunden und von gleichem geologischen Alter sind. 1) Die Querfurchen im unteren Theil der Schals etwa so breit wie die Streifen, die von abgeplatteter Ferm sind; die Aussenseite der Mündung gestreift (Figur 9). — Dahin gehören besonders die im Thone von Görzig, in den Knollen des Stetti- ner Sandes und im Stettiner Tertiärgestein. Es ist dies die am Vollständigsten mit der belgischen Form des Fusus multi- sulcatus übereinstimmende derische Abänderung. 2) Mit stärker gewölbien Windungen, tiefer liegender Naht, weniger platten, fast gerundeten Querstreifen und stets unge- Zeits d. d. geol. Gos. VIIL. I. 5 66 furchter Mündung (Figur 7). — Häufig im Thon der märki- schen Fundorte Hermsdorf und Buckow, in der Skulptur und Form übergehend in die vorige, 3) Mit kürzerem Gewinde; die Querfurchen auch im unte- ren Theil der Schale nur enge Rinnen, viel schmaler als die platten bandförmigen Reifen; die Mündung bald glatt bald ge- streift (Figur 8). — Eine Form, die sich häufig, nie grösser wie die gegebene Abbildung, bei Neustadt-Magdeburg gefunden hat. Einzelne daneben gefundene Stücke mit breiteren Querfur- chen verbinden die Form mit den vorigen. 4) Die Querfurchen werden so breit, dass der untere Theil der Schale durch breitere Zwischenräume getrennte Querstreifen erhält. Die Mündung bleibt glatt. — Dieser Abänderung, die sich durch die Form No. 2 mit den übrigen verbindet, gehören die bei Söllingen verschwemmt gefundenen Stücke an. Bemerkungen. Der Fusus multisulcatus wurde zuerst in Belgien im mittel-oligocänen Thon von Boom beobachtet und in einer früheren Arbeit von Nyst als Fusus trilineatus Sow. aufgeführt. Später nannte ihn DE Koxınck als eine selbststän- dige Art Fusus lineatus, welcher Name, weil er durch Quor und GAIMARD schon an eine lebende Art vergeben war, von Nystr durch den Fusus multisulcatus ersetzt wurde. NYsT blieb bei seiner Meinung, dass der belgische Fusus vielleicht nur eine Abänderung des Fusus trilineutus sein könne, und die Aehnlichkeit wurde auch von Mo»rıs bestätigt (vergl. Quart. Journ. 1852. p. 320 und 301, wo durch einen Druckfehler die englische Art Fusus lineatus genannt ist); indess lässt auch Morris die Uebereinstimmung zweifelhaft. Die Lokalität High- gate, wo der Fusus trilinealtus vorkommt, bietet mehrfach auf- fallend analoge Formen mit oligocänen Conchylien dar und wird von englischen Autoren vielleicht mit Unreeht den ältesten eocä- nen Lagern des London-Thones zugerechnet. In Belgien kannte Nrsr den Fysus multisulcatus nur mittel-oligocän aus dem Thone von Boom (Boom, Baesele, Rupelmonde und Schelle) und von Kleyn-Spauwen; im Verzeichniss von BosQvEr im Quar- terly Journal 1852 p. 316 wird er als eine auch unter-oligocän (Lower Limburg beds) vorkoiamende Art aufgeführt. In Deutsch- land ist er, nach sorgfältiger Sichtung aller Fundorte, als eine - verbreitete und bezeichnende Art %is jetzt ausschliesslich in mittel-oligocänen anstehenden Lagern aufgefunden. 67 Die Originale von PhıLippr’s Arten Fusus ruralis und Fusus villanus habe ich nicht gesehen; sie können sich nach der gegebenen Beschreibung und Abbildung nur auf Abänderun. gen des Fusus multisulcatus beziehen. Wenn der nähere, von Prıtıppı nieht bezeichnete Fundort die Gegend von Egeln ist, so ist zu vermuthen, dass es diluviale Vorkommnisse waren. Die Formen von Schraplau, welche GIEBEL a. a. O. den drei von PHILIPPI getrennten Arten zustellte, sind sämmtlich sehr schlecht erhaltene, zum Theil durch Kitt ergänzte, gerollte Stücke; sie gehören theilweise ohne Zweifel zu Fusws multisulcatus, geben aber keinen Anhalt zu einer Unterscheidung verschiedener Arten. 33. Fusus semiaratus BexR. Tal 210 Bir. 6a,D, c: Vorkommen. Unter - oligocän. Zu Westeregeln (DANNEBERG). Beschreibung. Die grössten, vielleicht nicht vollkommen ausgewachsenen Stücke, von denen eins in natürlicher Grösse und in zwei Ansichten vergrössert gezeichnet ist, sind etwa 15 Mm. lang, 6,5 Mm. breit. Die Mündung mit dem Kanal ist so lang wie das Gewinde, der Abfall zum Stiel ziemlich steil, Stiel und Kanal etwas nach aussen gebogen, der Kanal höch- stens von der halben Länge der Mündung. Das Embryonalende ist gross, kegelförmig, vor 5 glatten Windungen. Der Anfang der Mittelwindungen giebt sich zu er- kennen durch die Ausbildung eines Absatzes an der Naht und zweier unterhalb des Absatzes verlaufender Querfurchen, von denen die obere meist etwas breiter ist als die untere. Der grössere untere, fast vollkommen ebene Theil der Mittelwindun- gen ist glatt und zeigt nur unter der Lupe sehr feine, schwach gebogene Anwachsstreifen. In der Schlusswindung ist der Ab- fall zum Stiel mit breiten, durch starke Streifen getrennten Fur- chen, der Stiel mit dichter stehenden Streifen bedeckt. Die erste noch schwache Querfurche, mit welcher diese Skulptur des unteren Theils der Schlusswindung beginnt, ist zuweilen schon in den unteren Mittelwindungen an der unteren Naht sichtbar. Die Spindelplatte der Mündung ist so dünn, dass die starken Streifen des Stiels wie Spindelfalten durchscheinen; die Aussen- seite der Mündung ist gestreift. 5 * 68 Ein Stück ist beobachtet, bei welchem in den Mittelwin- dungen durch das Auftreten einer schwachen dritten oberen und einer zweiten unteren Querfurche der glatte Theil der Windungen verschmälert wird; hierdurch wird angezeigt, dass bei weiterem Fortwachsen auch die Mittelwindungen in ihrer ganzen Höhe Querfurchen erhalten könnten. Bemerkungen. Durch das blosse Vorhandensein von Querfurchen und das Fehlen der Längsskulptur schliesst sich Fuss semiaratus den vorhergehenden Arten, insbesondere dem Fusus multisulcatus im Ansehn an; mit letzterem hat er auch die gestreifte Aussenseite der Mündung gemein. Das hohe kegel- förmige Embryonalende mit seinen zahlreichen Windungen stellt aber unsere Art in natürlichere Verwandtschaft zu den nachfol- genden, unter denen jedoch keine mit vergleichbarer Skulptur auftritt. Dieselbe Art findet sich in England nicht selten im Barton- Thon, ist aber von englischen Autoren noch nicht beschrieben. Keine der im Katalog von Morrıs aufgeführten Arten des Barton-Thones kann sich auf diese beziehen. Neben Stücken, die ununterscheidbar denen von Westeregeln gleichen, kommen zu Barton grössere vor, bei denen die Schlusswindung in ihrer ganzen Länge und selbst schon die letzten beiden Mittelwindun- gen mit fast plötzlichem Wechsel der Skulptur statt der anfangs allein vorhandenen oberen beiden Querfurchen schmale, fast scharfe, durch breite Zwischenräume getrennte Querleisten erhalten. 34. Fusus nudus Bexe. Taf. 23. Fig. Sa,b, c. Vorkommen, Unter - oligocän. Bei Westeregeln (DANNEBERG). Beschreibung. Vier Exemplare von verschiedener Grösse sind beobachtet. Das grösste ist 13 Mm. lang, 4,5 Mm. breit; Länge des Gewindes 7,5 Mm., Länge der Mündung 6 Mm. Das schlanke Gewinde besteht aus 8 Windungen, von denen die 2 bis 3 ersten für das kleine kegelföürmige Embryonalende zu hal- ten sind. Die Mittelwindüngen sind kaum merkbar gewölbt und setzen mit einer etwas vertieft liegenden Naht an einander ab. Die Schlusswindung verengt sich mit ziemlich steilem Abfall zu einem kurzen dicken Stiel. Die ganze Schale ist vollkommen 69 glatt und glänzend mit Ausnahme des unteren Theiles der Schluss- windung, der vom Stielabfall aus anfangs quer liniirt, zuletzt ge- streift ist; nur an einem Stück zeigen sich in der Schlusswin- dung auch unterhalb der Naht 2 schmale Querlinien. Die unter der Lupe sichtbaren zarten Anwachsstreifen sind etwas bogen- förmig geschwungen. Die Spindel ist am Eingange zum Kanal etwas gedreht und bildet hier einen starken faltenartigen Vor- sprung; unregelmässig bildet sich noch bald oberhalb bald un- terhalb dieser stärkeren faltenartigen Drehung eine schwächere Falte aus. Die Aussenseite der Mündung ist glatt. Die Abbildung stellt ein Exemplar in natürlicher Grösse und in zwei Ansichten vergrössert dar. Bemerkungen. Sehr ähnlich ist unsere Art dem Fusus angustus DESH. (Cog. foss. de Paris II. p. 543 1.76 £. 30, 31), weleher dem unteren Grobkalk von Soissons angehört (Swesso- nien D’ORBIGNY). Die einfachen Nähte sind fast das einzige unterscheidende Merkmal in DesHayzs’s Beschreibung, die sich sonst auf unsern Fusus übertragen liesse. Aus jüngeren Ter- tiärbildungen ist nichts in gleichem Grade Aehnliches bekannt; dagegen scheint unter den Pariser Arten noch Fusus hordeolus Lam. nahe zu stehen. 35. Fusus elongatus Nxst. Taf. 24. Fig. 3a, b, Aa, b, c, 5, 5a, 6. Fusus porrectus (Nyst) Konınck Cog. foss. de Basele p. 17. Fusus elougatus Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 4%. t. 38. f. 25. Muricites funiculatus ScuLoraEın Petrefaktenk. 1820 p. 140. Fusus Schwarzenbergiü PeiLıppı Beitr. 1843 p. 59. t. 4. f. 15. Fusus cheruscus PuıuePi ]. c. p. 59. t. 4. f. 21. ? Fusus costulatus (Lam.) PuıLiper 1. ec. p. 26. Fusus sublawellosus (Desu.) Pascıprı in Palaeontogr. I. 1847 p- 70. Fusus Deshayesii (Kon.) Beyrıca in Karst. Archiv 1848 Bd. 22 p. 13. Fusus Deshayesii (Kon.) Karsten Verz. 1849 p. 25. Fusus elatior (Beyr.) Karsten 1. c. p. 26. Fusus elongatus (Nyst) Bor in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851 p- 497. Vorkommen. mMittel-oligocän. Im Thon bei Herms- dorf, Buckow (v. Miereckı) und bei Görzig (Hallische Sammlung. Im Sande bei Neustadt-Magdeburg. Frag- 70 lich, aus Thon, an der Wilhelmshöhe bei Kassel (Fusus costulatus PrıLıppi a.a. O.). Ober-oligoeän. Bei Freden (Levnıs, H. ROEMER); zu Kaufungen bei Kassel (LanpAver). Bei Crefeld (Nauck); bei Neuss (v. DECHEN). Verschwemmt in Meklenburg im Sternberger Gestein (in allen Sammlungen), in losen Schalen von Krakau (Bor), Melekhof und Schwerin (Kocn). Eine lose Schale von Hökendorf bei Stettin (Beam). In der Gegend von Egeln nur verschwemmt bei Unseburg und Wollmirsleben (Das- NEBERG), bei Westeregeln (Hallische Sammlung). Bei Schraplau (Hallische Sammlung). Beschreibung. Zahlreiche Exemplare in verschiedenen Altersabstufungen lieferten besonders die Fundorte Hermsdorf, Buckow, Neustadt-Magdeburg, Crefeld und das Sternberger Ge- stein. Den frühesten Jugendzustand beschrieb PnıLıpPpr als Fusus Schwarzenbergü, ein Fragment derselben Art von mitt- lerer Grösse, wie unsere Figuren 4 und 5, als Fusus cheruscus. Selten haben sich in Deutschland erheblich grössere Schalen als Figur 6 gefunden, nie solche von der Grösse der NysT’schen Figur des belgischen Fusus elongatus. Dass diese Abbildung eine auch in Belgien ungewöhnliche Grösse darstellt, schliesse ich aus Stücken von Boom, die ich Herrn ve Konınck ver- danke, von denen das grösste die Dimensionen unserer Figur 6 nicht übersteigt. Von den auf Tafel 24 gegebenen Abbildungen stellt Figur 3a eine junge Schale von Crefeld in natürlicher Grösse, 3b das Embryonalerde und die erste Mittelwindung desselben stark vergrössert dar; Figur 4a und b ein Stück mitt- lerer Grösse von Crefeld, 4c die Skulptur der letzten Mittelwin- dung desselben vergrössert; Figur 5 ein Stück von Neustadt- Magdeburg, 5 a die Skulptur der letzten Mittelwindung desselben vergrössert; Figur 6 ein grösseres Stück von Hermsdorf. Das Stück Figur 4 ist 28,5 Mm. lang, 11,2 Mm. breit; Figur 5 ist 32 Mm. lang, 12 Mm. breit; Figur 6 würde mit vollständiger Spitze etwa 48 Mm. lang sein; NyvsT beobachtete die Art von 80 Mm. Länge. Das an jüngeren Schalen häufig gut erhaltene Embryonal- ende ist hoch kegelförmig und besteht aus 3 glatten Windungen; darauf folgen 1} bis 2 Windungen mit feinen haarförmigen Quer- und Längsstreifen, aus denen sich erst in der fünften 71 oder sechsten Windung allmälig die gröbere Skulptur der eigent- lichen Mittelwindungen entwickelt. Von letzteren sind 5 an Stücken mittlerer Grösse vorhanden; sie sind mässig gewölbt, die oberen regelmässig, die unteren gegen die obere Naht hin verflacht und bei älteren Stücken selbst .etwas eingesenkt. Die unteren Mittelwindungen haben gewöhnlich 8 bis 10 Längs- rippen, die oberen zuweilen einige mehr. Die Querskulptur be- ginnt in den ersten Mittelwindungen mit 5 bis 7 einfachen Quer- streifen, zwischen denen sich etwa in der dritten Mittelwindung zuerst ein einzelner Zwischenstreifen einschiebt, dem später mehrere folgen. In den unteren Windungen bleiben bei einigen Abänderungen die Primärstreifen ausgezeichnet und sind in die- sem Fall durch drei feinere Zwischenstreifen geschieden, so bei denen von Crefeld, wo die Primärstreifen nur wenig vortreten (Figur 4c), und bei denen von Neustadt-Magdeburg (Figur 5a); in dem oberen verflachten Theil der Windungen verlieren sich bei diesen Abänderungen die Primärstreifen zwischen den einge- schobenen Zwischenstreifen. Bei anderen Abänderungen werden die ersten Zwischenstreifen den Primärstreifen gleich, wodurch die unteren Windungen eine grössere Zahl von stärkeren Quer- streifen erhalten, die nur je einen Zwischenstreifen zwischen sich haben; dies ist die gewöhnliche Skulptur der mittelgrossen Stücke (Fusus cheruscus PrıL.) von Freden und aus dem Sternberger Gestein, bei denen man in der letzten Mittelwindung etwa 12 stärkere Querstreifen mit eben so viel schwächeren Zwischen- streifen zählt. Die Schlusswindung behält die Skulptur der un- teren Mittelwindungen. In der Regel haben die älteren Schalen mit gut erhaltener Oberfläche sehr deutliche haarförmige An- wachsstreifen, welche den Querstreifen unter der Lupe ein schwach gekörntes Ansehn geben. Die Mündung mit dem Kanal ist an mittelgrossen Stücken etwa so lang wie das Gewinde. Kanal und Stiel sind stets etwas nach aussen gebogen. Die Spindel ist meist glatt; zuweilen bildet sich, wie in Figur 4b von Üre- feld, am oberen Winkel ein schwacher Zahn aus; das Vorkom- men von Neustadt-Magdeburg zeichnet sich dadurch aus, dass die meisten Stücke daselbst eine deutliche schwache Falte, zu- weilen mit noch oder 1 2 zutretenden kürzeren Leistehen oder Zähnchen auf der Mitte der Spindel erhalten. Dass diese Falte ein unwesentliches Merkmal ist, geht daraus hervor, dass andere in allem Uebrigen übereinstimmende Stücke von demselben Fund- 12 ort keine Spur davon zeigen. Die Aussenseite der Mündung ist meist glatt; nur an bestimmten Fundorten kommen neben Stücken mit glatter andere mit gestreifter Aussenseite der Mün- dung vor, so besonders bei Buckow, Hermsdorf und bei den ver- schwemmten Stücken der Gegend von Egeln. Bemerkungen. In Betreff der oben gegebenen deut- schen Synonymik bin ich nur bei dem Fusus costulatus von Kassel in Zweifel, ob er hierher gehöre. Das von PHıLıppI unter diesem Namen angeführte Stück aus Herrn SCHWARZEN- BERG’s Sammlung konnte ich nicht genauer vergleichen; es stammt nicht aus dem ober-oligocänen Kasseler Sande, sondern aus einem blauen Thonlager von der Wilhelmshöhe, welches vielleicht dem mittel-oligocänen Thon von Kaufungen parallel steht. Die mei- sten falschen oder unnützen neuen Benennungen, welche die weit verbreitete Art erhalten hat, haben ihren Grund in der grossen Schwierigkeit, aus einzelnen oder nur wenigen Indivi- duen die zu einander gehörenden Altersstufen ein und derselben Art zu erkennen. In Belgien soll Fusus elongatus nach Nysw’s Angabe auch unter-oligocän bei Lethen und Hoesselt gefunden werden, indess bezweifle ich dieses Vorkommen. Wenigstens gehören zwei als Fusus elongatus versendete Stücke von Lethen in H. RoEMER’s Sammlung sicher einer ganz verschiedenen Art an, die unserm Fusus robustus in der Form und Skulptur eher als dem Fusus elongutus verglichen werden könnte. 36. Fusus abruptus Bexe. Vorkommen. Miocän. Bei Reinbeck und im Sand- stein bei Bokup (Kocn). Beschreibung. Die Materialien, welche zur Aufstellung dieser Art veranlassen, bestehen in ein paar Jungen unausge- wachsenen Schalen von Reinbeck und aus Steinkernen im Sand- stein von Bokup, welche durch Abgiessen in Guttapercha mit hinreichender Schärfe die eigenthümlichen Charaktere der Art bestimmen lassen. Der Abdruck einer vollständigen grösseren Schale von Bokup hat 25 Mm. Länge bei 10 Mm. Breite, Die Schale beginnt mit einem hohen kegelförmigen Embryo- nalende von 4 Windungen, deren unterste, ähnlich wie bei der 713 vorigen Art, mit feinen haarförmigen Längsstreifen bedeckt ist. Mit plötzlichem Absatz treten auf der ersten Mittelwindung ziemlich starke entfernte Längsrippen hervor, die aber schon in der folgenden Windung wieder vollständig verschwunden sind Die unteren, den grösseren Theil des Gewindes ausmachenden Mittelwindungen, sowie die Schlusswindung, sind ausschliesslich nur mit zahlreichen gedrängten Querstreifen bedeckt. Die Mit- telwindungen sind flach. Die Schlusswindung läuft mit sehr steilem Abfall in einen Stiel von mässiger Länge aus. Die schwer zu sehenden Anwachsstreifen sind kaum merkbar gebogen. 37. Fusus sexcostatus BeExyR. Taf. 24. Fig. 2a, b, ce. Vorkommen. Miocän. Nicht selten bei Bersenbrück (F. und H. Roemer) und bei Dingden (Hosıvs), Beschreibung. Die grössten Stücke dürften eine Länge von etwa 30 Mm. erreichen. Das in natürlicher Grösse Ta- fel 24 Figur 2a, b dargestellte Stück von Dingden würde mit Zufügung der fehlenden äussersten Spitze 24 Mm. lang sein bei 9 Mm. Breite. Figur 2e ist die Spitze des Gewindes von ei- nem kleineren Stück von Bersenbrück stark vergrössert. Das Gewinde ist bei jüngeren Stücken etwa eben so lang, bei älteren beträchtlich länger als die Mündung mit dem Kanal. Das grosse kegelförmige Embryonalende besteht aus 5 Windun- gen, von denen die 3 obersten glatt, die beiden folgenden mit feinen haarförmigen Längs- und Querstreifen bedeckt sind. Die Querstreifen dieser beiden Windungen entsprechen in Zahl und Stellung denen der nachfolgenden Mittelwindungen, während die haarförmigen Längsstreifen mit kurzem Uebergang durch die nachfolgenden sparsamen Längsrippen ersetzt werden. Der Raum, in dem sich die feine Skulptur der unteren Windungen des Embryonalendes in die der Mittelwindungen umändert, nimmt höchstens $ Windung ein. Die Zahl der Mittelwindungen steigt bis auf 6. Sie haben in der Regel 6 stark erhobene Längs- rippen, welche durch breitere, fast ebene und im Profil nur wenig gewölbte Zwischenräume getrennt sind; die Längsrippen stehen in den unteren Windungen oft correspondirend über einander, so dass die Schale von oben betrachtet ein gedreht pyramidenför- miges Ansehn erhält. Ausnahmsweise kommen 7 Längsrippen 74 vor. Die Querstreifen sind schmal und scharf, 5 in den ersten Mittelwindungen; sie vermehren sich durch Einschiebung von je einem Zwischenstreifen in den unteren Windungen. In der Schluss- windung ziehen sich die Längsrippen bis zum Anfang des Stieles herab. Die Anwachsstreifen sind bei gut erhaltener Oberfläche haarförmig, gedrängt, die ganze Schale bedeekend, meist jedoch nur zwischen den Querstreifen deutlich sichtbar; sie laufen okne Biegung abwärts. Die Spindel hat in der Regel nahe dem Ein- gange des Kanals eine schwache Falte, die sich an aufgebroche- nen Stücken als eine wahre Falte durch mehrere Windungen hin- durch verfolgen lässt. Zu dieser Falte gesellt sich zuweilen noch ein unterer schwacher Zahn und ein anderer am oberen Winkel der Mündung. An jungen Stücken ist die Spindel nicht selten noch ganz glatt, aber auch ältere Stücke kommen vor, an denen Falten und Zähne der Spindel nicht deutlich ausgebildet sind. Die Aussenseite der Mündung bleibt glatt. Der Kanal ist ge- streckt, nie erheblich länger als die halbe Länge der ganzen Mündung, Von Bersenbrück sind ein paar Stücke beobachtet, an denen die Längsrippen abnorm schief stehen, und ein anderes, an wel- chenı zugleich die unteren Windungen durch stärkeres Vortreten von ? Querstreifen ein etwas kantiges Ansehn erhalten; zugleich ist bei letzterem der Kanal etwas nach aussen gebogen, wodurch der Stiel eine schwache Kammdrehung erhält. 38. Fusus Brückneri BeEYR. Taf. 21. Fig. 4a, b, ce. Fusus luneburgensis (Paır.) Kirsten Verz. 1849 p. 26. Vorkommen. ÖOber-oligocän. In Meklenburg im Stern- berger Gestein (Rostocker Sammlung). Beschreibung. Die Abbildung stellt das einzige bisher bekannt gewordene Stück aus der Rostocker Sammlung dar, Fi- gur 4a in natürlicher Grösse, b und c vergrössert. Die an- scheinend ausgewachsene Schale ist 14 Mm. lang, 6,5 Mm. breit. Die zwei unteren erhaltenen Windungen des glatten Embryonal- endes zeigen an, dass dasselbe von ansehnlicher Grösse und hoher kegelförmiger Gestalt war. Die 3 fast ebenen Mittelwindungen haben 14 bis 15 schwache Längsrippen, die sich schon vor Be- 75 ginn der Schlusswindung verlieren, und 10 gedrängte gleiche Querstreifen, die sich mit ihrer vollen Zahl gleich bei der be- ginnenden Skulptur einsetzen. Die Querstreifen erhalten sich in unverminderter Stärke in der Schlusswindung und ziehen sich mit hinzutretenden einzelnen Zwischenstreifen bis zum Stiel hinab. Die Anwachsstreifen sind schwach gebogen. Die Mündung mit dem Kanal ist länger als das Gewinde, der Abfall zum Stiel mässig geneigt, der Stiel stark gedreht. 39. Fusus Rothi Beyr. Taf. 24. Fig. 1a,b, c. Vorkommen. Miocän. Am Schildstein bei Lüneburg (WELLENKAMP). Beschreibung. Nur das abgebildete Stück ist beobach- tet; die Abbildung Figur la ist in natürlicher Grösse die Rückenansicht, b vergrössert die Bauchansicht, ce die Skulptur der letzten Mittelwindung stärker vergrössert. Die drei erhaltenen Mittelwindungen verdanken ihr gewölb- tes Ansehn dem starken Vortreten von 9 hohen Längsrippen, in deren Zwischenräumen das Profil der Windungen nur eine geringe Wölbung besitzt. Die Längsrippen beginnen schwach an der wellenförmig verlaufenden oberen Naht und erreichen ihre stärkste Erhebung etwa in der Mitte der Windungen. Die Querskulptur besteht aus entfernten Querleisten mit ziemlich regelmässig zwischenstehenden zu je dreien feineren Querstreifen. Die Mittelwindungen haben in ihrer unteren Hälfte nur 2 stär- kere Querleisten, in der oberen eine dritte minder starke, welche nur wenig die Zwischenstreifen überragt (Figur 1c). In der Schlusswindung setzt sich das System der Querskulptur ohne Aenderung auf dem Abfall zum Stiel und auf dem Stiel selbst fort; die Längsrippen ziehen sich nur bis zum Anfang des Stie- les abwärts. Der Aussenrand der Mündung ist an dem wahr- scheinlich noch nicht ausgewachsenen Stück verletzt; die Spin- del ist glatt. Die Mündung mit dem Kanal, welcher vollständig erhalten ist, würde bei ergänzter Spitze etwa von gleicher Länge mit dem Gewinde sein. Bemerkungen. In ihrer Form und Skulptur hat diese Art grosse Aehnlichkeit mit dem miocänen Fusus crispus BoRs. (bei Hörnes t. 32 f. 3). Diese Art unterscheidet sich indess 76 in der Skulptur durch das Vorhandensein von 4 Querleisten auf den Umgängen des Gewindes, während Fusus Ztothi deren nur 3 hat. Ferner ist beim Fusus erispus die Aussenseite der Mün- dung gestreift, und die Spindel erhält unten eine oder ein paar schwache Fältchen oder Leisten. Unter den norddeutschen Arten ist keine mit dem Fusus Rothi zu verwechseln. Der miocäne Fusus sexcostatus unterscheidet sich durch die geringere Zahl der Längsrippen, andere Querskulptur, schlankere Form, und durch das Vorhandensein einer Falte auf der Spindel. 40. Fusus septenarius Beyer. Tal 23 Bio 7226,28. Vorkommen. Unter-oligoceän. Bei Westeregeln (Wies- badener Sammlung) und bei Welsleben. Beschreibung. Nur die beiden abgebildeten Stücke sind beobachtet. Das vollständigere, Figur 7, von Westeregeln würde mit ergänzter Spitze etwa 21 Mm. lang sein bei 9 Mm. Breite, die Mündung mit dem Kanal etwa so lang wie das Gewinde. Das Stück Figur 8 von Welsleben, welchem der Stiel fehlt, ist im Umriss ergänzt gezeichnet. Von dem Gewinde sind bei dem kleineren 5, bei dem grösseren Fragment von Welsleben 6 Mit- telwindungen erhalten. Diese haben 7 breite, in der unteren Hälfte der Windungen stark hervortretende Längsrippen und 5 oder 6 stärkere Querstreifen, in deren Zwischenräume sich bei dem grösseren Stück von Welsleben je ein schwächerer Zwischen- streifen einschiebt. Die gleiche Skulptur bleibt in der Schluss- windung. Die Längsrippen verschwinden am Anfang des Stiels, der gestreckt und nur von mässiger Länge ist. Der Kanal kann nur wenig länger sein als die Hälfte der ganzen Mündung. Das Stück von Westeregeln, Figur 7, hat auf der Mitte der Spindel eine schwache Falte. 41. Fusus crassisculptus Bexe. Taf. 24, Bure1 2.b,.e: Vorkommen. Unter-oligoeän. Bei Westeregeln (Dax- NEBERG und Wiesbadener Sammlung). Beschreibung. An zwei beobachteten Stücken ist die Spitze des Gewindes abgebrochen. Das grössere abgebildete 17 Stück (in der Wiesbadener Sammlung) würde ergänzt etwa 14 Mm. lang sein bei 6 Mm. Breite; die Mündung mit dem Kanal ist beträchtlich kürzer als das Gewinde. Die Mittelwin- dungen sind gewölbt und haben 8 bis 9 sehr starke und breite, fast aneinanderstossende, gerundete Längsrippen, über welche 5 starke durch gleich breite Zwischenräume getrennte Querstreifen fortlaufen. In der Schlusswindung erweitern sich die Zwischen- räume der Längsrippen, und zwischen je 2 Querstreifen schiebt sich ein feiner Zwischenstreifen ein. Die Anwachsstreifen sind undeutlich, grade. Der Stiel ist dünn, kurz, etwas nach aussen gebogen, der Kanal etwa von der halben Länge der ganzen Mündung. Die Aussenseite der Mündung ist mit 7 bis 8 schma- len gleichen Streifen besetzt. Bemerkungen. Ich habe ein im Wesentlichen. überein- stimmendes Stück dieser durch ihre Skulptur ausgezeichneten Art in Belgien in dem unter-oligocänen glaukonitischen Sande (Tongrien inferieur) bei Gremittingen gefunden; NysTt kannte sie nicht. Das belgische Stück gleicht in der Form dem klei- neren minder schlanken der beiden Stücke von Westeregeln; es ist etwa 18 Mm. lang, 7,5 Mm. breit, anscheinend noch nicht ausgewachsen, indem die Aussenseite der Mündung noch glatt ist; auch an ihm ist die Spitze des Gewindes nicht erhalten. Zwei Stücke von Lethen, die ich Herrn Dr. Konisck verdanke, unterscheiden sich durch weniger gewölbte Windungen und allmä- ligeren Abfall der Schlusswindung zum Stiel; ich rechne auch diese Stücke, welche die Aussenseite der Mündung gestreift ha- ben, als Varietät zum Fusus crassisculptus. 42. Fusus robustus Beyr. Taf. 24. Fig. 9a, b. Vorkommen. Unter-oligoeän. Bei Wollmirsleben (DANNEBERG). Beschreibung. Das einzige vorhandene Exemplar, an welchem die Schlusswindung und 3 Mittelwindungen erhalten sind, würde ergänzt etwa 50 Mm. lang sein bei 17 Mm. Breite; die Mündung mit dem Kanal hat 25 Mm. Länge. Die Mittel- windungen sind nur schwach gewölbt, gegen die obere Naht hin ein wenig eingesenkt und mit 20 breiten, stumpfen, etwas schief stehenden Längsrippen besetzt, über welche 6 bis 7 grobe, ent- 78 fernte Querstreifen mit je einem schmalen Zwischenstreifen in den Zwischenräumen verlaufen. Die Querstreifen sind schwach und unregelmässig gekörnt. In der Schlusswindung verflachen sich die Längsrippen gegen die Mündung hin und verlieren sich abwärts schon auf dem Abfall zum Stiel; die grobe Querskulptur bleibt unverändert. Der Abfall zum Stiel ist allmälig, der Stiel kurz und dick, stark gedreht, so dass zur Seite des Kanals ein starker Kammwulst entsteht. Die Spindelplatte ist gegen den Eingang des Kanals hin etwas angeschwollen; sie trägt hier zwei stumpfe mit einander verwachsene Falten und etwas höher noch eine dritte nur schwache Falte. Bemerkungen. Fusus robustus hat in der Form, Skulp- iur und Beschafienheit der Spindel die grössten Analogien mit dem eocänen Fusus obliquatus Desu. aus dem Pariser Grob- kalk; geringere Breite, grössere Zahl der Längsrippen und stär- ker ausgebildete Faltung der Spindel unterscheiden die deutsche Art. 43. Fusus egregius BeEyß. Tat 22. "Ried rasch ,52, 8, Arn. Fusus conjunetus (Desn.) Paırıprı in Palaeontogr. I. 1847. p. 70. Fusus gregarius PuıLıppi ]. c. p. 73 (pars, excl. fig.). Vorkommen. Unter-oligocän. Nicht selten bei Wester- egeln; bei Atzendorf (Ferpnaus); bei Welsleben (Ber- liner Sammlung). Beschreibung. Die Art ist in vollständig erhaltenen Stücken von allen Alterszuständen beobachtet. Die Abbildungen sind in natürlicher Grösse. Figur 1a, b ist ein vollständig er- haltenes ausgewachsenes Stück von gewöhnlicher mittlerer Grösse; Figur 3, 4 und 5 sind junge unausgewachsene Formen, von de- nen das Stück Figur 3 ausser dem Embryonalende erst eine halbe Windung erhalten hat; Figur 2, im Umriss ergänzt, zeigt die grössten beobachteten Dimensionen. Die Originale sämmtli- cher Abbildungen sind von Westeregeln. Das Gewinde beginnt mit einem grossen Embryonalende von 3 bis 4 Windungen, wovon die unteren einen cylindrisch geschwollenen Knopf über den darunter folgenden Mittelwin- dungen bilden. Ausgewachsene Stücke von mittlerer Grösse haben 5 Mittelwindungen. Diese sind flach, in ihrer oberen 79 Hälfte meist deutlich wenn auch nur sehr wenig eingesenkt, an- fangs mit einfacher Naht aneinander liegend, weiter abwärts durch eine vertieft liegende Naht getrennt und an der Naht rundlich absetzend. Nie bildet sich eine ebene, durch eine Kante oder vorspringende Leiste begrenzte Stufe an der Naht aus. Die ersten Mittelwindungen sind stets deutlich quergestreift ohne Spur von Längsrippung. Die Querstreifen, 6 bis 10, sind un- gleich und unregelmässig entfernt, meist von geringer Stärke; sie verlieren sich auf den unteren Mittelwindungen allmälig. Die Schlusswindung und gewöhnlich auch schon die letzte Mittel- windung sind glatt und glänzend; sie zeigen nur schwache un- regelmässige Anwachsstreifen, die von der Naht aus in starkem Bogen rückwärts laufen. Der bauchige Theil der Schlusswin- dung läuft bei ausgewachsenen Schalen mit mässig steilem Ab- fall, bei unausgewachsenen mit steilerem Abfall in einen lan- gen, dünnen, gestreckten Stiel aus. Der obere Winkel der Mün- dung ist spitz ausgezogen, die Spindel glatt, die Spindelplatte anliegend und nicht erweitert. Bemerkungen. Unser Fusus egregius gehört in die ausgezeichnete Gruppe der fossil bisher nur in eocänen Tertiär- lagern beobachteten Arten, welche SwAınson als eine besondere Gattung Clavella, später mit der untauglichen Benennung Clavalithes von Fusus: trennte in der Meinung, dass sie mit gewissen Formen von Turbinella Analogien darböten. Man kann die Trennung annehmen, jedoch nur als Gruppe oder Untergat- tung unter Fusus. Es gehören dahin die 9 von DEsSHAYES un- terschiedenen französischen Arten: F\. longaevus, F, scalaris, F. mazximus, F. conjunctus, F. Noae, F. breviculus, F. laevi- gatus, F. rugosus und F. tuberculosus. In England ist von diesen #. Noae in den mittel-eocänen Bracklesham-Lagern wie- dergefunden; im Barton -Thon findet sich der Fusus longaevus Sor. sp., der vom Fusus longaevus LAm. verschieden ist und von DeshavEs (ob mit Recht?) mit dem französischen Fusus scala- ris identificirt wurde. Die meisten der bezeichneten Arten haben das gleiche, auf- fallend grosse, eylindrisch angeschwollene Embryonalende wie Fusus egregius; es giebt den unausgewachsenen Schalen ein so fremdartiges Ansehn, dass LAMARCK und SOLANDER dadurch verleitet wurden, sie als besondere Arten zu unterscheiden (#x- sus clavellatus Lam., Murex deformis SoL.). SWAINSoN nimmt 80 es als Gattungsmerkmal für Clavella auf; indess bemerkt schon DesnaAves, dass Fusus Noae stets nur ein kleines Embryonal- ende besitzt. Beidieser und ein paar anderen Arten der Gruppe erhält die Spindel ein paar schwache Fältchen; sie erreichen bei Fusus Noae nicht den Rand der Mündung, sind aber an aufge- brochenen Schalen leicht zu finden; DesuAvEs hat sie übersehn, SwAInson bemerkte sie (Treatise on Malacology p. 94). Sicher wäre es unnatürlich, dieser Fältchen wegen, die augenscheinlich hier ein unwesentliches Merkmal sind, die damit versehenen Arten in eine andere Gattung zu stellen als diejenigen, denen sie fehlen. Alle aufgeführten Arten haben ein bestimmtes System der Skulptur, wodurch sie, bei ähnlicher Form, zu einer natür- lichen Gruppe verbunden werden; die oberen Mittelwindungen sind längsgerippt und: quergestreift; die Längsrippen verschwin- den im Alter oder bleiben; im oberen Theile der Windungen ist die Schale verflacht oder flach eingesenkt mit Neigung zur Bildung eines Absatzes oder einer Stufe an der Naht. Durch das gänzliche Fehlen der Längsrippen in den oberen Mittelwin- dungen unterscheidet sich der deutsche Fusus egregius sehr be- stimmt von allen eocänen Arten der Gruppe. PhıtIppI, der ihn als Fusus conjunctus aufführte, sagt a. a. O., er gehöre „der Varietät ohne Rippen‘ an; eine solche ungerippte Varietät des Fusus conjunctus giebt es aber nicht. Das Stück von Welsleben, das PhiıLippı zu seinem miocä- nen Fusus gregarius von Lüneburg. rechnete, ist unzweifelhaft ein unvollkommen erhaltener Fusus egregius. Die Anwachıs- streifen sind bei dieser Art nicht immer gleich stark gebogen, in den oberen Mittelwindungen stets weniger als in den unteren. 44. Fusus unicarinatus DesnH. Tat. ,22. Fo. 6. DesnAaves Coq. foss. de Paris II. p. 519. t. 72. f. 11, 12. Sowersy in Dıxon Sussex p. 104. t. 7. f. 25. Fusus nov. spec. Kıpe 1852 in Progr. der Realschule zu Meseritz p. 17. Fig. 15. Vorkommen. Unter-oligocän. Von Biere im Magde- burgischen (v. MIELEcKT). Verschwemmt im Diluvium am Schanzenberge bei Meseritz (KADe). 81 Beschreibung. Die Abbildung stellt in natürlicher Grösse, im Umriss ergänzt, das einzige bei Biere gefundene Stück dar. An demselben fehlt der obere Theil des Gewindes und ein Theil des Stieles, doch lassen sich die Gesammtform der Schale und alle wesentlichen Charaktere der Skulptur mit genügender Schärfe beurtheilen; es liegt, etwas verdrückt, in dem mageren, glimmer- haltigen, grauen, sandigen Thon, welcher bei Biere die unter- oligocänen Conchylien einschliesst. Die 4 erhaltenen Mittelwin- dungen des schlanken Gewindes sind gewölbt, etwas unterhalb der Mitte gekielt, längsgerippt und qunergestreift. Die Längsrip- pen, etwa 8 bis 10 im Umfang einer Windung, erheben sich am Kiel am stärksten und sind hier etwas zahnartig zugeschärft. Die Querstreifen sind durch viel breitere, ebene Zwischenräume getrennt; sie sind stark und kantig abgeplattet. Am stärksten ist der über den Kiel fortlaufende Querstreifen; zwischen ihm und der oberen Naht stehen 3 nach oben schwächer werdende Streifen und ein vierter dicht an der Naht; zwischen dem Kiel und der unteren Naht stehen nur 2 Streifen von nahe gleicher Stärke mit dem des Kieles, Die Anwachsstreifen sind schwach, unregelmässig, meist nicht über die Querstreifen fortgehend. In der Schlusswindung bleibt die Skulptur bis zur Mündung unver- ändert. Die Spindelplatte ist, so weit sie sichtbar ist, anliegend. Das von Herrn KaApe a.a. O. sehr gut abgebildete, im Original von mir beobachtete Stück von Meseritz halte ich für das Gewinde einer unausgewachsenen Schale derselben Art; es ist nur 7,5 Mm. lang, 4 Mm. breit. Unterscheidend ist ein Quer- streifen mehr zwischen dem Kiel und der oberen Naht vorhan- den, und die Querstreifen sind weniger abgeplattet; das Uebrige ist übereinstimmend. \ Bemerkungen. Der französische Fusus unicarinatus ge- hört den tiefsten Lagen des französischen Eocän-Beckens an (Suessonien v’ORBIGNY). In England wurde die Art in den jüngeren, dem Pariser Grobkalk parallel stehenden Lagern von Bracklesham, gefunden, fehlt aber bis jetzt dem Barton-Thon. Bei genauerer Vergleichung des deutschen Vorkommens mit den vorhandenen Abbildungen und der Beschreibung der französi- schen Art findet sich kein haltbarer Unterschied. Die Anwachs- streifen, welche bei dem französischen Fusus unicarinatus regel- mässig, fein und gedrängt sein sollen, sind ein zu schwankendes Merkmal, um darauf Gewicht legen zu können. Die Form der Zeits d. d. geol. Gos. VIII, 1, 6 82 Schale, die Längsrippen, Zahl und Stellung der Querstreifen stimmen überein. Aus den jüngeren miocänen und pliocänen Tertiärbildungen sind die mit dem lebenden Fusus rostratus verbundenen Formen die vergleichbaren Verwandten. 45. Fusus elatior Bex». Taf. 22. Fig. 7 a,b,c,d. Fusus scalaroides (Lam.) Konınck Cog. foss, de Basele p. 16. Fu- sus Staquiezii Nyst Quart. Journ. of the geol. Soc. of London Vol, VII. 1852 p. 301, 316. Fusus scalaroides (Desn.) Puıtiprı in Palaeontogr. I. 1847. p. W. Fusus elatior Beyrıcn in Karst. Arch. 1848. Bd. 22. p. 15. Fasciolaria fusiformis (Psır.) Kansten Verz. 1849. p. 26. Fusus elatior (Beve.) Borr in Mekl. Arch. III. 1845. p. 208 und in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1851. p. 457. Vorkommen. Mittel-oligocän. Häufig in der Mark im Thon bei Hermsdorf, Joachimsthal, und bei Buckow (v. Mieteckt); bei Walle in Hannover (JuGLER); beiBiere im Magdeburgischen (Hallische Sammlung); in mittel-oligocänem Sande bei Neustadt-Magdeburg (FeLpHAuUs). Ober-oligoeän. Verschwemmt in Meklenburg im Stern- berger Gestein (Rostocker Sammlung) und in losen Schalen bei Pinnow und Krakow (Botr). Aus mittel- oder ober-oligocänen Lagern verschwemmt bei Söllingen im Braunschweigischen (GUMPRECHT); bei Schra- plau (Hallische Sammlung). Beschreibung. Vollständig erhaltene Schalen sind von schlank spindelförmiger Gestalt. Bei 15 bis 18 Mm. Länge ist die Breite nur 4,5 bis 5 Mm., weniger als ein Drittheil. Die grössten Individuen dürften kaum mehr als 22 Mm. Länge er- reicht haben. Die Schlusswindung läuft in einen dünnen schlanken Stiel aus, der selten vollständig erhalten ist. Die Mündung mit dem Kanal ist von gleicher Länge oder etwas kürzer als das thurmförmig schlanke Gewinde. Das kleine Embryonalende besteht aus 14 blasenförmig ge- wölbten Windungen, Die Zahl der Mittelwindungen steigt nicht über 5 bis 6; sie sind gewölbt, zuweilen von etwas bauchigem Ansehn, längsgerippt und quergestreift. Die Längsrippen sind schmaler als ihre Zwischenräume, in der Regel etwas schief nach 83 vorn gekehrt und in der Schlusswindung, wo sie sich auf dem Abfall zum Stiel allmälig verlieren, schwach geschwungen. Die Querstreifen sind von gleicher Stärke, in der Regel gedrängt und breiter als ihre Zwischenräume, 10 bis 12 in der letzten Mittel- windung; selten zeigen sie sich schmal und: von geringerer Zahl, 6 bis 8. Der schlanke Stiel ist ee der Rand der Mün- dung einfach, innen glatt. Tafel 22 Figur 7a stellt ein Stück von Hermsdorf dar in natürlicher Grösse, Figur 7b und c dasselbe vergrössert, Fi- gur 7d das Embryonalende und die ersten Mittelwindungen in stärkerer Vergrösserung. Bemerkungen. Der in Deutschland sowohl mittel- wie ober-oligocän vorkommende Fusus elatior ist in Belgien eine seltenere Art des mittel-oligocänen Thones von Boom. Er wurde, wahrscheinlich weil anfangs nur unvollständige Stücke mit ab- gebrochenem Stiel beobachtet waren, sowohl von DE KoNxInck wie von PaitLıprı mit dem sehr verschiedenen Fusus scalaroi- des LM. verwechselt, dessen wir unter den Bemerkungen zu Fusus Koninckii zu gedenken Veranlassung fanden. Nysr be- schränkte sich in seinem Werke über die Conchylien der belgi- schen Tertiärbildungen (S. 505) zu bemerken, dass der Fusus scalaroides pe Konınck’s nicht die französische Art sei; erst in Lyeur’s Arbeit über die belgischen Tertiärbildungen im Jahre 4852 wurde der Name Fusus Staquiezii eingeführt mit der richtigen Bemerkung, dass die Art, obwohl sehr verschieden, dem Fusus aciculatus Lam. verglichen werden könne. Dass die von mir im Jahre 1845 als Fusus elatior beschriebene Art mit der belgischen vollständig übereinstimmt, konnte ich durch Vergleichung mit zwei wohlerhaltenen Stücken des angeblichen Fusus scalaroides von_-Basele, die ich der Güte des Herrn DE Koninck verdanke, feststellen. Dass PhıLıppr’s Citat des Fusus scalaroides von Walle a. a. OÖ. hierhergehört, konnte ich durch Einsicht der JUGLER’- schen Sammlung feststellen. Die fraglich zu derselben Art ge- zogene Form von Westeregeln, a. a. O. S. 71, habe ich nicht gesehen; wenn sie hierhergehört, so ist zu vermuthen, dass das betreffende Stück aus der Diluvialdecke der Tertiärlager von Westeregeln herrührt. 6* 84 46. Fusus contiguus Bere. Taf. 23. Fig. 2a, b, ce, d. Vorkommen. Mioeän. Nicht selten bei Dingden (Ho- sıus), bei Bersenbrück (F. und A. RoeMER) und im festen Gestein von Reinbeck (Koch). Beschreibung. Ein kleines gut erhaltenes Stück von Dingden ist 18 Mm. lang, 5 Mm. breit, das Gewinde 10 Mm., die Mündung 8,5 Mm. lang. Bei einem noch kleineren Stück von 42,4 Mm. Länge kommen auf das Gewinde 6,5 Mm. Grössere nur in Fragmenten vorliegende Stücke von Bersenbrück weisen auf Schalen von etwa 25 Mm. Länge bei 7 Mm. Breite hin. Die Abbildung Tafel 23 Figur 2 stellt ein kleineres vollständig erhaltenes Stück von Dingden dar, Figur 2a in natürlicher Grösse, 2b und c vergrössert, 2d den oberen Theil des Gewin- - des stärker vergrössert. Das Gewinde hat ein kleines blasenförmiges Embryonalende von nicht ganz 2 Windungen und 7 bis 8 flache Mittelwindun- gen. Die Skulptur beginnt mit schwachen, schief stehenden Längsrippchen, welche von 4 schmalen Querstreifen durchsetzt werden. Etwa in der vierten Mittelwindung verlieren sich die Längsrippchen vollständig und sind daher überhaupt nur an voll- ständigeren Stücken mit gut erhaltener Spitze zu sehen; sie feh- len nie. Die Zahl der Querstreifen kann durch unregelmässiges Einschieben von Zwischenstreifen in den unteren Mittelwindungen bis auf 9 wachsen. Bei den Stücken von Reinbeck sind die Quer- streifen breiter und haben schmalere Zwischenräume als bei denen von Dingden und Bersenbrück, Die feinen Anwachsstrei- fen sind geschwungen und nach vorn gekehrt, so dass ihr Ende an der unteren Naht beträchtlich über den Anfang an der obe- ren vorragt. Die Schlusswindung verengt sich zu einem dünnen gestreckten Stiel. Die Spindel ist glatt, die Aussenwand der Mündung ohne Streifen. 47. Fusus attenuatus Pair. Taf. 23. Fig. 4a,b, Paıtippi in Palaeontogr. I. 1847 p. 72. t. 10a. f. 5. Vorkommen. Fraglich unter-oligocän. Von Wester- egeln in der Hallischen Sammlung. Das einzige vorhandene 85 Stück stammt der Erhaltung nach aus der Diluvialdecke über dem anstehenden unter-oligocänen Tertiärgebirge, in welcher auch einzelne jüngere Arten mit unter-oligocänen Conchylien gemischt gefunden werden. Beschreibung. Erhalten sind an dem stark beschädig- ten Stück die Schlusswindung mit unvollständigem Stiel und 4 bis 5 Mittelwindungen. Die Schale würde vollständig etwa 15 Mm. lang sein. Die Mittelwindungen sind flach und tragen schwache, gerundete, etwas schräg stehende Längsrippen, die schmaler sind als ihre Zwischenräume und von 5 fast eben so starken Querstreifen durchsetzt werden. Die Zahl der Längs- rippen wächst von der obersten erhaltenen Mittelwindung bis zur letzten von 12 bis 17. Die scharf abgesetzten Zwischen- räume der Querstreifen haben zwischen den Längsrippen das Ansehn quer oblonger Grübchen. In der Schlusswindung ver- schwinden allmälig die Längsrippen. Die Schlusswindung ver- engt sich mit ziemlich steilem Abfall zum Stiel. Die Spindel ist glatt, ohne Spur von Falten; der Aussenrand der Mündung ist weit abgebrochen. Unsere Abbildung Tafel 23 Figur 4 stellt dasselbe Stück dar, für welches PrILıprpı seine Art auistellte, 4a in natürli- cher Grösse, 4b vergrössert und im Umriss ergänzt. Bemerkungen. Von dem miocänen Fusus contiguus un- terscheidet sich Fusus attenuatus durch die bis zur Schlusswin- - dung bleibenden Lärgsrippen und durch, die stärkeren Querstrei- fen. Die zahlreichen vom Fusus contiguus beobachteten Stücke boten keine Uebergangsformen dar. 48. Fusus cogmatus BeExr. War 29. Rio. 1a,p, 2asb, Fasciolaria fusiformis Pnıuıppi in Palaeontogr. I. 1847 p. 70. t.10.£.1. Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Westeregeln. Verschwemmt in der Diluvialdecke des Tertiärgebirges der Gegend von Egeln bei Unseburg (DAnneBerc) und Wells- leben. Beschreibung. Das auf Tafel 25 Figur 1 abgebildete Stück von Westeregeln, an welchem der Stiel nicht ganz voll- ständig erhalten ist, hat 30,5 Mm. Länge bei 10,5 Mm. Breite; ein 86 grösseres weniger vollständiges Stück von demselben Fundort würde ergänzt etwa 40 Mm. lang sein. Das Stück Tafel 25 Figur 2 ist von Unseburg. Das Gewinde hat ein dickes blasenförmig aufgetriebenes Embryonalende von 2 Windungen und 7 Mittelwindungen. Diese erscheinen im Profil fast eben (Figur 1) oder gewölbt (Figur 2), je nachdem die Längsrippen mehr oder weniger stark hervortre- ten; an beiden Abänderungen ist das Profil der Windungen in den Zwischenräumen der Längsrippen vollkommen eben. Die Längsrippen sind breit, gerundet, 7 bis 9 in einer Windung; darüber laufen 5 oder 6 grobe, breite Querstreifen mit je einem schwächeren Zwischenstreifen in den unteren Windungen. Die stärkeren wie die schwächeren Querstreifen sind bei gut erhal- tener Oberfläche zierlich gekörnt oder mit schmalen Höckerchen besetzt. Längs- und Querskulptur setzen in der Schlusswindung fort; die Längsrippen verschwinden am Anfang des Stiels. Der Abfall zum Stiel ist mässig steil, der Stiel selbst lang und ge- streckt. Die Aussenseite der Mündung ist schwach gestreift oder glatt. Die Spindel ist ausgezeichnet durch zwei deutliche, bald ziemlich starke, bald nur schwache Falten; nur an einem, im Uebrigen ganz übereinstimmenden Stück ist blos eine einzelne sehr schwache Falte sichtbar. Die Spindelplatte ist in ihrer ganzen Länge anliegend, der Kanal offen. Bemerkungen. Fusus cognatus hat in der Form, Skulp- tur und besonders auch in der Beschaffenheit der Spindel so grosse Aehnlichkeit mit dem Fusus funiculosus Lam., dass man leicht versucht werden könnte, ihn für eine blosse Varietät dieser eocänen Art des französischen Grobkalks zu halten. Der Haupt- unterschied der letzteren besteht darin, dass die Spindelplatte sich am Eingange des Kanals löst und der Kanal beinahe ge- schlossen ist. Der Umstand, dass auch bei der deutschen Art die Falten der Spindel bald stark bald schwach sind und dass statt zweier Falten auch nur eine vorkommt, rechtfertigt die Stellung, welche DEeskAyYEs wie LAMARcK der französischen Art in der Gattung Fusus gegeben haben. Wollte man die Falten berücksichtigen, so würden diese Arten, denen sich noch die 'eocänen Fusus decussatus und Fusus costarius DEs#. anreihen, nur zu Turbinella, nicht zu Fasciolaria gestellt werden können. 87 Turbinella. 1. Turbinella pyruliformis Nxsr. Taf. 25. Fig. 4a,b. Nyst Terr. tert. de la Belg p. 486. t. 38. f. 26. Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Westeregeln (Dan- NEBERG, H. ROEMER). Beschreibung. Nur zwei von einander etwas abwei- chende Exemplare dieser ausgezeichneten Art sind beobachtet. Bei dem einen ist das Gewinde sehr stumpf, bei dem anderen spitzer hervortretend; das erstere ist bei der gegebenen Abbil- dung zum Grunde gelegt. An beiden ist die Schlusswindung weit ausgebrochen; die Abbildung stellt sie im Umfange ergänzt dar. Die Länge dürfte etwa 20 Mm., die Breite 12 bis 15 Mm. betragen haben; dies sind ungefähr dieselben wie die von Nysr beobachteten Maasse. Die Skulptur der Schlusswindung besteht aus stärkeren Querstreifen mit schwächeren zwischenstehenden Streifen und aus stark gebogenen, abwärts verschwindenden Längsrippen, die auf den Kreuzungspunkten mit den Querleisten Höcker tragen. Bei der stumpferen abgebildeten Form stehen die Querleisten bis zum Stiel herab in sehr regelmässigen Abständen und haben drei platte, durch schmale Linien getrennte Streifen in ihren Zwischenräumen; bei der anderen Form mit höherem Gewinde steht im unteren Theil der Schlusswindung nur ein einzelner schmaler Streifen zwischen den hier weniger stark ausgebildeten Querleisten. An der Naht hat erstere Form eine einfache Reihe von ziemlich starken Höckern, letztere eine doppelte Reihe von schwächeren Höckern. Ueberhaupt ist die Skulptur bei der Form mit höherem Gewinde weniger stark ausgeprägt. Die Spindel ist mit 2 sehr starken, einander gleichen Falten besetzt. Die dünne Spindelplatte bedeckt nur unvollkommen die Skulptur der vorhergehenden Windung. 88 2. Turbinella debilis Bexr. Taf. 25. Fig. 3a,b, c. Vorkommen. Miocän. Bei Bersenbrück (F. und A. RoEMER). Beschreibung. Bei zwei beobachteten Exemplaren ist der Stiel unvollständig. Die Länge dürfte etwa 17 bis 18 Mm. betragen bei 6 Mm. Breite. Das Gewinde beginnt mit einem kleinen blasenförmigen Embryonalende von nur reichlich einer Windung. Die 6 Mittelwindungen sind nur schwach gewölbt und in ihrer oberen Hälfte ein wenig eingesenkt; sie sind mit schwachen schmalen Längsrippchen und etwa eben so starken Querstreifen besetzt. Drei auf der unteren Hälfte der Windun- gen stehende Querstreifen sind etwas stärker als die oberen und undeutlich gekörnt. In der Schlusswindung verlieren sich die Längsrippen und auch die Querstreifen verflachen und verwischen sich. Die Anwachsstreifen sind gegen die obere Naht hin leicht - geschwungen. Die Spindel hat 2 Falten, von welchen die obere etwas stärker ist als die untere. Bemerkungen. Man kann diese Art der Turbinella labellum Box. (bei Hößnes t. 33. f. 11) zur Seite stellen. Die Form, Grösse, Gestalt des Embryonalendes, die gebogenen An- wachsstreifen und das System der Skulptur stimmen überein; nur durch die geringere Ausbildung der Skulptur und besonders ihr Verwischen im Alter scheint sich die norddeutsche Form, viel- leicht nur als Varietät, von der süddeutschen zu unterscheiden. 3. Turbinella dubia Beyer. Taf. 5. Fig. 11a,b. Vorkommen. Unter-oligoeän. Bei Osterweddingen (FELDHADS). Beschreibung. Die kleine zwischen den Mitren auf Tafel 5 in natürlicher Grösse und vergrössert abgebildete Schale könnte ergänzt etwa 8 Mm. Länge besitzen. Sie zeichnet sich in der Skulptur durch grobe gerundete Längsrippen aus, von denen nur 7 auf eine Windung kommen. Ueber die Längsrippen laufen starke ungleiche Querstreifen fort. Die Schlusswindung verengt sich mit ziemlich steilem Abfall zu einem kurzen Stiel. Die Spindel hat 3 starke Falten, von denen die oberste die stärkste ist. 89 2. Ueber die Diluvial- und Alluvialbildungen der Umgegend von Mühlhausen im Gebiete des oberen Unstrutthales. Von Herrn Bornemann ın Mühlhausen. Wenn auch die den jüngsten geologischen Perioden ange- hörenden Sedimentgebilde des süssen Wassers bis in die neueste Zeit nur von einem kleinern Theile der Geognosten grösserer Aufmerksamkeit gewürdigt worden sind, während sie von andern als etwas für die Geologie Unwesentliches bezeichnet und selbst auf geognostischen Specialkarten, besonders hügeliger Landstriche vernachlässigt wurden, so wird sich ihnen ein gewisses Interesse und eine geologische Bedeutung doch auch da nicht absprechen lassen, wo sie nicht in grossartigem Zusammenhange ganze Län- dermassen zusammensetzen, sondern nur in zerstreuten kleinern Ablagerungen in Einsenkungen zwischen Hügeln und Bergen und in den Betten der Bäche und Flüsse als deren Produkte auftreten. Das Studium solcher zerstreuten Ablagerungen von Süss- wassergebilden und Alluvionen ist aber, namentlich wenn es sich um die Bestimmung ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge handelt, manchen Schwierigkeiten unterworfen und lässt sich gewöhnlich nur dann bis in einzelne vollständig vergleichbare Details ver- folgen, wenn das Gebiet, dessen jüngere Gebilde in Frage kom- men, ein hinlänglich abgeschlossenes und natürlich begrenztes ist. Der Versuch der Charakteristik einer auf solche Weise eng begrenzten Reihe von jüngeren Ablagerungen ist in den folgen- den Blättern gemacht worden, welche die Darstellung der im Thale der oberen Unstrut befindlichen Diluvialgebilde und Post- diluvialgebilde zum Zwecke haben. In dem nordwestlichen Theile der Thüringer Flözmulde, welche von dem oberen Laufe der Unstrut durchflossen, die Um- gegend der Stadt Mühlhausen bildet, sind unmittelbar auf den Schichten der Triasgebilde und zwar theils auf der Muschelkalk- formation, theils auf den Ausgehenden der Lettenkohlengruppe 90 und der Keuperformation, Gebilde der neuesten geologischen Pe- rioden abgelagert, welche theils der Diluvialzeit, theils der Allu- vialzeit entstammen, eine nicht geringe Mannigfaltigkeit der Aus- bildung beobachten lassen und hierdurch Anhaltpunkte zur Un- terscheidung mehrerer relativer Zeitabschnitte darbieten, in denen ihre Bildung stattgefunden hat. Die Materialien, aus denen diese sogenannten quartären Gebilde zusammengesetzt sind, sind hauptsächlich Travertin und Kalktuff, Lehm, Moorerde, Landtorf, und Kalk- gerölle der Muschelkalkformation, welche sich durch ihre Ge. stalt meist als einen von den umliegenden Bergen herrührenden Flussgrand zu erkennen geben, an einzelnen Lokalitäten aber mit fremdartigen, von entfernteren Gegenden herstammenden Gesteinsbrocken (Findlingen) untermengt sind. Kalktuff und Travertin bilden eine stellenweise sehr mächtige Ablagerung, welche die Ebene des Unstrutthales in mehr als einer Meile Er- streckung einnimmt, sich in die Wasserläufe der Zuflüsse der Unstrut hineinverzweigt, ausserdem die Höhe bedeckt, auf wel- cher ein Theil von Mühlhausen selbst liegt und westlich von der Stadt noch den Schützenberg bildet. Die Ablagerungen von Moorerde stehen mit den Ablagerungen von Travertin und Kalk- tuff in enger Verbindung, indem sie mit ihren Schichten wech- sellagern oder dieselben unterteufen. Lehm und Landtorf finden sich meist an den Gehängen der das Unstrutthal umgebenden Muschelkalkberge, der Landtorf in Einsenkungen oder Einschnit- ten dieser Gehänge als kleine Nester oder Lager, die Lehmabla- gerungen dagegen meist als Platten von grösserer oder geringe- rer Ausdehnung auf den geneigten Ebenen dieser Bergabfälle. Die Unterscheidung aller dieser Gebilde und ihre Olassifi- kation hinsichtlich ihres relativen Alters oder ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge lässt sich einestheils auf die Verschiedenheit der von ihnen eingeschlossenen organischen Reste begründen, anderntheils auf die Lagerungsverhältnisse, welche entweder durch die unmittelbare Ueberlagerung oder durch ihre Beziehungen zur Thalbildung der Unstrut*) zu bestimmen sind, *) Dass solche auf lokale Ereignisse begründete Zeitabschnitte von vorn herein auch nur eine lokale Bedeutung haben können, versteht sich wohl von selbst. Es ist aber namentlich bei der Charakteristik der Quar- tärgebilde in den einzelnen Gegenden zweckmässig auf solche Ereignisse Rücksicht zu nehmen, da sie die Erkenntniss der Nacheinanderfolge der 9 Die Zeitepoche nämlich, in welcher das Unstrutthal von Reiser bis nach Bollstädt seine jetzige Gestalt und Tiefe in Folge eines Durchbruches zwischen den früherhin jedenfalls in Zusammenhang befindlich gewesenen Höhen des Schadebergs und des Kahlen Kopfes bei Bollstädt (mittlere Keuperformation) erlangt hat, bildet einen Hauptabschnitt in der Altersfolge der in Rede stehenden quartären Gebilde. Vor diesem Zeitabschnitt müssen nothwendig diejenigen Fluss-Geröllablagerungen gebildet worden sein, welche auf der Oberfläche der das jetzige Unstrut- thal zunächst umgebenden Höhen liegen und an Orten, wo ge- genwärtig gar keine Wasserströmungen hingelangen können, Dasselbe gilt von einem grossen Theile der die Triasgruppe be- deckenden Lehmplatten und von einer im obern Theile des Dor- fes Reiher gelegenen knochenreichen Kalktuffablagerung. Im Vergleich mit diesen Gebilden sind dagegen die innerhalb des jetzigen Unstrutthales liegenden quartären Gebilde neueren Ur- sprungs. Da nun die erste Klasse dieser Bildungen, d. h. die vor der Austiefung des Unstrutbettes gebildeten allein Reste ausgestorbener diluvialer Säugethierarten enthalten, die späteren dagegen nicht, so lässt sich der vorerwähnte Durchbruch, wel- cher freilich auch nicht als ein plötzliches, sondern nur als ein, in einer zur Dauer der Perioden verhältnissmässig kurzen Zeit vollbrachtes Naturwerk zu denken ist, sehr wohl als dasjenige Ereigniss betrachten, durch welches die Diluvialgebilde der Umgegend von Mühlhausen von den postdiluvialen Abla- gerungen zeitlich unterschieden werden. Unter den fossilen Kno- chen sind besonders die Reste fossiler Pferde und vor Allem die Zähne derselben wegen ihrer grossen Verbreitung und häufigen Vorkommens gewissermaassen als Leitfossil für die Diluvialabla- gerungen zu betrachten, während das Vorkommen von Resten gleichzeitiger Pachydermen und grosser Raubtbiere nur auf ein- einzelnen Ablagerungen oftmals wesentlich erleichtern. Ob und in wie fern die dadurch für eine bestimmte Gegend gewonnenen zeitlichen Ab- theilungen mit den im allgemeinen Sinne und für grössere Flächenräume der Erde aufgestellten geologischen Zeiträumen übereinstimmen, ist dann eine zweite Frage, deren Entscheidung aber deshalb häufig der grösse- ren Schärfe entbehren wird, weil die Erscheinungen, auf welche jene allgemeinere Abtheilungen basirt werden, gewiss vielen lokalen Abwei- chungen oder Ausnahmen unterworfen sind und diese Hauptabschnitte selbst deshalb nicht allgemein und scharf durchführbar sind. 92 zelne wenig ausgedehnte Lokalitäten beschränkt ist. Die post- diluvialen Gebilde enthalten dagegen weder Reste des Zyuus JFossilis noch der anderen ausgestorbenen Arten von Säugethie- ren, sondern nur von solchen, welche noch jetzt in der Umge- gend lebend vorkommen. Von diesen Gebilden gehört aber doch der grösste Theil noch der vorhistorischen*) Zeit an, Bei den wenigsten derselben sind die Bedingungen oder die Möglichkeit der Fortbildung noch vorhanden und ihre Bildung ist als lange beendigt anzusehen, bevor noch die Gegend zum ständigen Wohnplatz von Menschen wurde. Endlich giebt es auch eine Reihe von Ablagerungen,’ die sich erst nach erfolgter Bevölkerung der Gegend durch Menschen gebildet haben und diesen Ursprung auch zum Theil durch in ihnen eingeschlossene Artefakten, Kunsterzeugnisse älteren oder neueren Ursprungs kundgeben oder auch in einer unmittelbar historisch nachweis- baren Zeit zur Ablagernng gekommen sind. Diese neuesten Gebilde sind aber fast nirgends von irgend bedeutender Mäch- tigkeit. Wir theilen hiernach die zu besprechenden Quanlingebidk ein in Diluvialgebilde und Postdiluvialgebilde, von denen die letzteren wiederum in zwei Gruppen zerfallen, je nach- dem sie vor oder nach der Bevölkerung der Gegend durch Menschen oder seit irgend einem Vorhandensein eines auf die Gegend bezüglichen historischen Nachweises entstanden sind. Dass die Zeitgrenzen nicht überall scharf zu ziehen sind und dass namentlich innerhalb der beiden letzten Unterabtheilun- gen Zweifel vorkommen können, versteht sich wohl von selbst, da man weiss, dass häufig einzelne Ablagerungen der schärfern Unterscheidungsmerkmale entbehren. Indessen rechtfertigt doch. bei den meisten der als vorhistorische Postdiluvialgebilde be- zeichneten Ablagerungen, namentlich bei der grossen Travertin- ablagerung des Unstrutthales, der gänzliche Mangel von Spuren- *) Auch die Begriffe der historischen und vorhistorischen Zeit lassen sich nicht als ganz allgemeine und überall gleichbedeutende betrachten, sondern haben für jede Gegend ihren besonderen Werth, je nach dem Vorhandensein der ersten Nachrichten, Alterthümer, oder auch von Resten aus der Geschichte bekannter Menschenstämme; ein absoluter Begriff der historischen Zeit, definirt nach dem ersten Auftreten des Menschen auf irgend welchen Theilen der Erde würde dagegen für die Geologie durchaus keine Bedeutung haben können. 93 -menschlichen Daseins, so wie ihre bedeutende Mächtigkeit voll- kommen die ihnen angewiesene Stellung. Bei manchen Land- torflagen bleiben Zweifel, ob man sie der Diluvialzeit oder dem Anfang der Postdiluvialzeit zuweisen soll, doch steht wenigstens nichts entgegen, wenn man sie der letzteren zurechnet. A. Diluvialgebilde. 1. Als die ältesten*) quartäfen Gebilde der Mühlhauser Gegend sind jedenfalls die mit Geschieben fremdartiger, ausserhalb der Thüringer Mulde entstandener Gesteine un- termengten Lager von gerundeten Kalksteingeröl- len zu betrachten, welche zu beiden Seiten des Unstrutthales, ‘besonders auf dem Riesenberg und bei Höngede, sowie am Kah- len Kopf bei Bollstädt und bei Volkerode abgelagert sind. Ihre Verbreitung ist oftmals nicht genau anzugeben, da sich einzelne solche fremde Geschiebe auch an ziemlich entlegenen Punkten, wie bei Schröterode und sogar im Steingraben beim Dorfe Zeller an der Unstrut in einer Höhe von etwa 850 Fuss gefunden haben und manche gleichzeitige Ablagerungen von Kalksteinge- röllen vorkommen mögen, in denen nur seltene oder gar keine 'Findlinge fremdartiger Gesteine eingemengt sind und die man deshalb von manchen später gebildeten Geröllablagerungen wegen -gänzlicher Uebereinstimmung nicht zu unterscheiden vermag. Die Kalksteingerölle, das Hauptmaterial jener Abla- gerungen, geben ihre Abstammung von den umliegenden aus 'Muschelkalk bestehenden Höhen leicht zu erkennen; ihre starke Abrundung, sowie die oftmals an ihnen zu bemerkenden In- krustationen von Kalktuff beweisen aber zugleich, dass sie nicht ‘durch eine einmalige Fluth, sondern durch längere Bearbeitung innerhalb eines Flussbettes ihre Gestalt erlangt haben und dass sie auch nach ihrer Ablagerung der Berührung mit kalkhaltigem Wasser ausgesetzt gewesen sind. Die mit jenen Kalkgeröllen mehr oder minder häufig ge- mengten Geschiebe fremdartiger und besonders krystal- *) Bei Burgtonna werden die nordischen Geschiebe und frühesten Gerölle des Thüringer Waldes von den ältesten Kalktufllagern mit Pa- chydermenresten bedeckt (Creoner, Bildungsgeschichte der geognost. Ver- -hältnisse des Thüringer Waldes. 1855. p. 81.) 94 linischer Gesteine haben dagegen einen entfernteren ausser- halb der Thüringer Mulde liegenden Ursprung. Die Mehrzahl derselben stimmt mit Gesteinen des Thüringer Waldes vollkom- men überein nnd nur ein kleiner Theil, besonders die aus der Kreideformation (Norddeutschland?) stammenden Feuersteme ver- weisen auf eine Abstammung aus nordischen oder doch nördli- cheren Gegenden. Alle diese Gerölle müssen um an ihre jetzige Fundstätte zu gelangen ihren Weg in dem Unstrutthale aufwärts genommen haben und zwar in der Richtung von S.O. nach N.W., ein an- derer Weg kann bei der Höhe der umliegenden Berge unmöglich angenommen werden. Den Eingangspunkt zu der Mühlhauser Mulde, durch welchen sich in der That alle in derselben befind- lieben fremden Geschiebe, in sie hinein vielleicht durch Stau- wasser, verbreitet haben dürften, bildet aber die Gegend von Gräfentonna, in welcher durch CREDNER ein Zusammenyorkom- men und eine Vermengung von nordischen Geschieben mit Ge- röllen des Thüringer Waldes nachgewiesen worden ist.*) Die Höhen, in welchen die fremden Geschiebe in der Umgegend von Mühlhausen abgelagert sind, betragen zwischen 650 und 850 Fuss Meereshöhe. Von den fremden Geschieben finden sich die Feuersteine besonders häufig auf dem Riesenberge und bei Höngede. Sie enthalten zuweilen Polyparien und andere Kreideversteinerungen, Ihre Grösse ist in der Regel sehr unbedeutend. Von krystalli- nischen Gesteinen sind besonders folgende anzuführen: Rother Porphyr, in mehreren Varietäten und mehr oder weniger verwittert, mit Gesteinen des Thüringer Waldes (Schnee- kopf) übereinstimmend, in einzeinen Brocken zerstreut, sowohl an den angegebenen Orten, als auch weiter hinauf im Unstrut- thal bis nach Zeller hin vorkommend. Granit mit dem Gestein vom Altenstein genau überein- stimmend. (Riesenberg.) ; Gneiss (Riesenberg). } Mit Gesteinen des Thüringer Melaphyr (Schröterode). Waldes übereinstimmend. - Granulit (Riesenberg). ®, 1..c. p. 8. 95 Auf mehreren geognostischen Karten, besonders auf CoT'ra’s Karte von Thüringen (Sektion IV.), ist eine Südgrenze der Ver- breitung der nordischen Geschiebe auch für die Mulde von Mühl- hausen angegeben worden; aber abgesehen davon, dass diese Linie nach Nordwesten bis zu Gegenden verlängert ist, wohin niemals ein erratischer Block gekommen ist, so ist auch zu be- rücksichtigen, dass die Verbreitung hier nicht eine nordsüdliche, sondern eine südostnordwestliche war, welche ganz speciell das in der Gegend von Gräfentonna zusammengeführte Material betroffen hat. Man muss daher, um der Verbreitungskurve für die betreffende Mulde eine richtigere Bedeutung zu geben, eben- sogut eine westliche und nördliche, wie eine südliche Grenze verzeichnen. 2. Die nächste Stufe in der Reihe der Diluvialbildungen nimmt eine Kalktuffablagerung ein, welche im obern Theil des Dorfes Reiser gelegen und unmittelbar am Ausgange des- selben am Wege nach Mühlhausen durch sogenannte Sandgruben aufgeschlossen worden ist. Es wechseln in derselben Lehm- schichten, Unstrutgerölle (gerundete Muschelkalkfragmente) und loser Kalktuff mit einander ab. Die Gerölle sind stellenweise ‘durch kalkiges Bindemittel zu einem lockern Conglomerate ver- bunden. Der Kalktuff (in der Umgegend allgemein als „Sand“ bezeichnet) bildet die Hauptmasse der Schichten und erscheint theils als feines weissgelbliches Pulver (,„Streusand‘‘) theils in kugligen Körnern von erdigem Bruch. Die Tuffschichten von gröberem Korn sind an manchen Stellen durch ein eisenschüssi- ges Bindemittel zu einem rostgelben Conglomerate lose verkittet. Diese Ablagerung, deren gesammte Mächtigkeit an manchen Stellen über 20 Fuss betragen mag, ist sehr reich an Resten vorweltlicher Säugethiere besonders in ihrem tieferen Theile. Die Knochen sind mit Ausnahme der Zähne stets sehr mürbe, er- langen aber durch das Liegen an der Luft bald wieder eine ziemlich grosse Festigkeit. Leider ist die Unachtsamkeit und Fahrlässigkeit der mit dem Sandgraben beschäftigten Arbeiter so gross, dass es trotz wiederholter Ermahnungen und Verspre- chungen noch nicht gelungen ist, ausser den häufigen Zähnen (auch vollständige Knochen zu erhalten. Die mir bis jetzt zu- gekommenen oder bekanntgewordenen Säugethierreste aus der Kalktuffablagerung von Reiher gehören folgenden Arten an: Ursus spelaeus BLUMENB. Zähne und Knochen. 96 Eguus fossilis Cuv. Zähne in grosser Anzahl. Cervus elaphus fossilis Cuv. Geweihe, Knochen, Zähne. Bos priscus Bo7J. Zähne, Knochen. Rhinoceros tichorhinus Cuv. nicht seltene Zähne. Elephas primigenius BLumEse. Im Frühjahr 1853 wurde ein Knochen von bedeutenden Dimensionen (nach über- einstimmender Aasale des Dorfschulzen und der Arbei- ter 8Fuss lang und #+Fuss dick) gefunden, aber durch die Arbeiter zollständie zertrümmert. Von Conchylien enthält das Tufllager nur Land- und wenige Süsswasser-Schnecken, die auch jetzt noch in der Gegend lebend vorkommen. Namentlich sind es: Helix nemoralis L., H. hor- tensis L., H. obvoluta MüL., H. cellaria MüLı., A. rotundata Mürr., H. lapicida L., Planorbis marginatus Drar., Paludina impura LM. Die vollkommene Uebereinstimmung der Saugdhhieieh mit denen, welche in der entsprechenden Ablagerung von Tonna vorkommen, beweisen die Gleichzeitigkeit der Entstehungsperiode beider Ablagerungen, welche auf die Zeit der Anschwemmung der nordischen Geschiebe unmittelbar nachfolgte. 3. Als mehr oder weniger gleichzeitige Gebilde mit der vorstehend näher bezeichneten Tuffablagerung müssen eine An- zahl von Lehm- und Geröllablagerungen gelten, welche auf den geneigten Abhängen der das Unstrutthal umgebenden Höhen oder auch in manchen Einsenkungen sich befinden und durch das Vorkommen von Zähnen des Zyuus fossilis Cuv. cha- rakterisirt sind. Solche Gebilde finden sich am Hange des Forst- berges bei Schröterode und nach Reiher zu, ferner verbreiten sie sich südlich von Mühlhausen in der Umgebung der Voigtei- dörfer*) und Solchta, wo sie grossentheils den Untergrund der Aecker bilden. Auch im Westen der Stadt ist ein Theil der in den sogenannten Steingräben von Sambach und Pfafferode be- findlichen Lehm- und Geröllmassen demselben Alter zuzuschrei- ben, da sich auch dort Zähne des Zyuus fossilis finden. Aus diesen Gebilden stammt auch ein Oberschenkel vom Mammuth, der im Gymnasium zu Mühlhausen aufbewahrt wird. Ebenda- selbst befindet sich auch ein grosser Wirbel und eine Rippe *) Auf der Corta’schen Karte ist die Verbreitung der Geröll- und Lehmablagerungen ziemlich richtig angegeben. 97 aus der Umgegend von Mühlhausen, über deren näheren Fund- ort aber nichts bekannt ist. B. Postdiluvialgebilde. 4. Als die ältesten Glieder dieser Gruppe sind diejenigen quartären Ablagerungen anzusehen, welche entweder die neueren Bildungen des Unstrutthales wirklich unterteufen, wie die tiefsten Geröll- und Lehmschichten des Unstrutbettes, oder die Moorerde, welche an einigen andern Stellen unter dem Travertin lagert, oder endlich die etwas entfernteren Landtorf- lager, welche nach der Analogie einiger andern Gegenden Thüringens als mit jenen Gebilden gleichzeitig anzunehmen sind. Diese Ablagerungen vermitteln gewissermaassen den Ueber- gang von der Diluvialperiode in die spätere Zeit; sie enthalten zwar nirgends mehr Ueberreste der grossen Pachydermen, aber doch hier und da noch Reste von Ochsen, die in dem etwas Jüngeren Travertin zu fehlen scheinen. Das merkwürdigste dieser Landtorflager liegt westlich von Mühlhausen, an der Strasse nach Wanfried im Eingange des Johannisthals. Es wurde in früheren Jahren eine Grube darin eröffnet, aber bald wieder verlassen; im Jahre 1846 wurde der Abbau des Lagers wieder aufgenommen und mehrere Jahre hin- durch durch die Grube „Glückauf“*) regelmässig betrieben. „Es zeigt bei einer Mächtigkeit von fast einem Lachter ver- schiedene Lagen, von denen die unterste auf bläulichem Letten aufliegend eine zum Theil mit thonigen Substanzen gemengte kohlig-bituminöse Erde ist. Auf dieser folst eine Lage von bituminösem Holze, eingehüllt von einer ästigen blättrigen Torf- masse; in den obern Lagen zeigen die verfilzten Moosarten oft noch ein ganz frisches, fast grünes Ansehen.“ In der untersten Schicht des Torflagers fand sich auch Schwefelkies. „Das einen sehr geringen Umfang zeigende Lager oder vielmehr Nest liegt unter einer Bedeckung von 1 bis 2 Lachter Letten, Kalkstein- geröllen und Dammerde in einer muldenförmigen Bodeneinsen- *) LUTTEROTH, orograph.-geogn. Skizze von Mühlhausen, p. 25. Auf der daselbst gegebenen Karte ist die Ausdehnung und Lage des Land- torflagers richtig angegeben; auf der Corta’schen Karte ist dagegen die Ausdehnung sehr übertrieben dargestellt. Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL 1. 7 ‘98 kung.“ Das den Hauptbestandtheil des ausgebeuteten Torfes ausmachende bituminöse Holz zeigte meist noch ziemlich gut erhaltene Struktur und rührte besonders von Eichen, Buchen und Haselstauden her, auch fanden sich Haselnüsse und Buch- eckern, sowie Reste von Baumschwämmen und Holzkohle. Die wohlerhaltenen Moose stimmen ebenso wie die übrigen Pflanzen mit jetzt in der Umgebung vorkommenden Arten überein. Die in der Grube gefundenen aber durch Unachtsamkeit fast sämmtlich abhanden gekommenen Säugethierknochen sollen von Auerochsen, Hirschen und Ebern hergerührt haben. Ein anderes ähnliches Torflager befindet sich im Pfafferoder Steingraben, nahe bei Pfafferode, wurde aber nach den an- gestellten Bohrversuchen nicht für abbauwürdig befunden. Am Crass + Stunde nordwestlich von Gross- und Klein- Grabe befindet sich ebenfalls ein solches Torflager von etwas grösseren Dimensionen, welches deshalb auch in Abbau genom- men worden ist. Es war überall nur 1 Fuss hoch mit Erde bedeckt und 6 Fuss mächtig, es enthielt viel Holz und starke über 1 Fuss dicke Baumstämme. Das Holz ist zum Theil wohl- erhalten und rührt besonders von Eichen, Buchen, Birken und Haseln her; auch Bucheckern, Haselnüsse und kleine Stückchen Holzkohle waren nicht selten. Die Unterlage des Torfes ist eine dichte Matte von verkohlten Moosen und Blättern, darunter be- findet sich ein grauer fetter Thon. Ein anderes Landtorflager liegt im oberen Unstrutthale bei Zella. Kohlige Schichten gehen zum Theil in diesem Dorfe selbst, theils weiter nach dem Landgraben hin im Unstrutufer zu Tage aus. Diese Schichten enthalten ebenfalls Thierknochen, Haselnüsse, Bucheckern und Nadelholzzapfen, liefern aber kein taugliches Brennmaterial. Das letztgenannte Torflager ist wahrscheinlich von etwas jüngerem Alter als die vorhergehenden und von den zwischen den Travertinschichten vorkommenden Moorschichten nicht ver- schieden, 3. Das wichtigste Glied der quartären Gebilde ist für die Gegend von Mühlhausen die Travertinformation*) des Unstrutthals wegen des Reichthums an vorzüglichem Bau- *) Vergl. Lurteroru Skizze u. 8. w., wo die Verbreitung dieses Gebildes sorgfältig angegeben ist. 99 material, welches sie seit dem Bestehen bewohnter Ortschaften in dieser Gegend, also seit länger als tausend Jahren, zu allen grösseren Bauten, besonders auch zu den schönen gothischen Baudenkmälern des Mittelalters in Mühlhausen geliefert hat. Diese Travertinformation, unter der wir hier übrigens nicht blos die bekannte dichte Varietät des Kalktuffs, sondern einen grösse- ren aus verschiedenartigen Gesteinen, besonders aber Varietäten des Kalktuffs und Moorerde zusammengesetzten Schichtencomplex begreifen, welcher einen bestimmten postdiluvialen aber vorhisto- rischen Zeitabschnitt repräsentirt, erfüllt die Ebene des Unstrut- thales von Mühlhausen aus aufwärts bis beinahe nach Reiser und abwärts bis fast nach Görmar, sowie zum grossen Theil das Bett der Luhne und des Schildbaches und kleinerer Neben- zuflüsse, sie verzweigt sich ausserdem westlich und südwestlich von Mühlhausen im Schützenberg und in der Richtung nach Popperode. Ihre Gesteine sind die mannigfaltigsten Varietäten von Kalktuff von staubartigem Pulver (,„Streu- oder Scheuer- sand“) bis zu festem dichten Travertin. Häufig sind poröse, röhrenförmige und stalaktitische Gebilde und Blätterabdrücke, die durch Inerustation der verschiedenartigen Pflanzentheile und nachheriges Verschwinden der organischen Substanzen gebildet sind. Diese Inerustationen ‘werden häufig zu Ornamenten in Gartenanlagen u. dgl. verwendet und zu diesem Zweck auch nach andern Orten hin ausgeführt. Der Travertin ist theils deutlich geschichtet, theils massig übereinander gehäuft. Alle diese Varietäten sind in der Regel von gelblichweisser bis gelb- grauer Farbe, nur an einzelnen. Lokalitäten findet man einen durch Bitumengehalt aschgrau oder braungrau gefärbten Stink- tuff, welcher beim Reiben oder Anschlagen einen übeln bran- stigen Geruch entwickelt. (Starke, Beschreibung von Mühl- hausen p. 57, nennt ihn „Saustein*). Die den Travertin be- gleitende Moorerde ist theils von thoniger Beschaffenheit, na- mentlich wo sie demselben zur Grundlage dient, theils ein Gemenge von feinem pulverigen Kalktuff und kohligen Bestand- theilen, wie gewöhnlich in den Zwischenschichten der Travertin- bänke. Nach der Art und Weise ihrer Entstehung und Lage- rungsweise zerfällt die ganze Travertinbildung in zwei von einander zu trennende Abtheilungen, von denen die eine auf Anhöhen und deren Abhängen abgesetzt und als ein Absatz aus Quellen und rasch fliessendem Wasser zu betrachten ist, während viRz 20 die andere in der Ebene des Flussthales durch langsam fiiessen- des oder stagnirendes Wasser gebildet wurde. Die erstere dieser Abtheilungen mag als Quelltravertinbildung, die zweite als Seetravertinbildung bezeichnet werden. Der Quelltravertinbildung gehören diejenigen Massen von Süsswasserkalk an, welche den Schützenberg und den ihm westlich gegenüberliegenden Abhang des Herbstberges am Tile- sius’schen Garten bedecken und diejenigen, welche die Grundlage des grössten Theiles der Stadt Mühlhausen selbst, sowie die nach Popperode zu sich verbreitende Fortsetzung der Ablagerung bilden. Die Bänke dieser Ablagerung sind häufig sehr unregel- mässig, oft unförmlich und massig und an manchen, namentlich höher gelegenen Punkten (z. B. am Nordabhange des Schützen- berges, wo sie steil nach Norden einfallen) mit starker ursprüng- licher Neigung gebildet. Auch in den Wallgräben der Stadt, besonders auf der Nordwestseite und Südseite treten solche mas- sige Felsgebilde zu Tage. Zur Gewinnung von Baumaterial sind in dieser Ablagerung viele Steinbrüche betrieben worden und grossentheils noch im Gange. a. Ein Bruch in der Scherbangasse unmittelbar am südwestlichen Stadtwall zeigte folgenden Durchschnitt. „Der Bruch hatte ungefähr 14 Fuss Abraum, wovon der oberste Theil aufgefüllter Schutt von früheren Befestigungswerken. Dann wech- seln Schichten von losem Tuff oder Kalksand, je tiefer desto mehr einzelne zum Theil tropfsteinartig geformte Tuffsteine ent- haltend. Diese Kalksteinschichten sind nur ein einziges Mal von einer dunkeln Thonschicht unterbrochen, die mit einer Moorkante ausgeht.“ In dem Kalksande finden sich zahlreiche Süsswasser- schnecken (Paludina impura, Planorbis marginatus u. s. w.). Unter der Moorschicht liegen starke Bänke von festem Traver- tin, welche zu Quadern, Plattensteinen und Wasserrinnen verar- beitet werden. Sie werden in einer Mächtigkeit von 10 bis 15 Fuss ausgebrochen, womit aber die Sohle des Travertinlagers noch nicht erreicht ist. In der Moorschicht sind mehrfach Wurzelstände starker Baumstämme angetroffen worden. Von Säugethierresten hat die- ser Bruch namentlich Geweihe, sowie auch einen Theil des Schä- dels und anderer Knochen von Cervus elaphus fossilis Cov. geliefert. 101 b. Steinbrüche an „der Aue“ am Ende der Vor- stadt St.Nicolai. Sie haben etwa 14 Fuss Abraum; zuoberst fruchtbare Ackerkrume (zZ bis 1 Fuss), sodann 2 Fuss loser weisser Kalktuff, darunter ähnliche, aber immer mehr graue und mehr und mehr zusammenhängende Kalktuffbrocken enthaltende Schichten, welche sich nach unten bis auf die Oberfläche der festen Travertinbänke fortsetzen. Bei 9 Fuss unter Tage befindet sich eine Schicht losen schwarzen Gesteines, Tuffbrocken mit kohligem Ueberzuge oder mit Tuffsand gemengte Moorkohle. In den Tuffsandschichten finden sich wenige Schnecken (Helix hortensis, H. pomatia, Paludina impura, Planorbis margi- natus). Nach Abräumung des losen Gesteins haben die festen Tra- vertinbänke eine Gesammtmächtigkeit von 8 bis 10 Fuss. Die Absonderungsflächen sind meist schwarz angeflogen. In dem festen und meist sehr dichten Gestein finden sich zuweilen Höh- lenräume bis zu einem Fuss Durchmesser, deren Wände mit stalaktitischen Gebilden bekleidet sind. Röhrenförmige Schilf- und Riedgras-Incrustationen kommen. häufig an den Ablösungs- flächen der Bänke, sowie auch in kleinen Höhlungen des Ge- steins vor. In gewissen Schichten sind Abdrücke und Incrusta- tionen von Baumblättern so häufig, dass das Ganze nur als ein Haufwerk von Blättern erscheint. Die Hauptmasse aller dieser Blätter stammt von Salöx cinerea L., weniger häufig sind die Blätter von Alkamnus catharticus L. und Quercus pedunculata Enuru. Unter den Moosen, in welchen diese Blätter eingebettet liegen, wurden die Abdrücke von Darbula muralis, Encalypta vulgaris, Hypnum abietinum, Nium crudum, Polytrichum sp., sowie auch Oladonia sguamosa erkannt. Unter den Travertinbänken folgt eine Schicht von schwarzer Moorerde, etwa + Fuss mächtig, dann blauer und gelber Thon- mergel in schwachen Schichten abwechselnd (Keuperformation). In den Travertinschichten dieser Brüche sind ebenso wie in dem vorherbezeichneten Bruche, Knochen von Cervus elaphus ‚Fossilis Cuv. gefunden worden. Auch Knochenreste kleinerer Säugethiere (wahrscheinlich Kaninchen) sind vorgekommen, aber sämmtlich zertrümmert worden. Die im tieferen Theile der vorstehend bezeichneten Stein- brüche aufgeschlossenen stärkeren Travertinschichten bilden meh- rere Fuss dicke, feste Bänke, welche an manchen Stellen in 102 ziemlich grosser horizontaler Erstreckung gänzlich zusammen- hängend und ununterbrochen sind; ein Verhältniss, welches für den Betrieb der Steinbrüche sehr ungünstig ist. Meistens jedoch sind diese grossen Platten durch einzelne vertikale Sprünge (von den Maurern „Stiche“ genannt und die Gewinnung der Steine sehr erleichternd) durchsetzt, deren Weite oft sehr gering und und kaum bemerkbar ist, in einzelnen Fällen aber bis zu meh- reren Zollen ansteigt. Die Richtung dieser Sprünge ist zwar nicht streng an bestimmte Weltgegenden gebunden und oft un- regelmässig, so dass sie hier und da unter spitzen und stumpfen Winkeln zusammentreffen, indessen folgen die Hauptsprünge doch an den beiden bezeichneten Orten einer ziemlich übereinstim- menden Richtung von W.N.W. nach O.S.O., welche mit der Richtung. der Hauptaxe der Thüringer Mulde zusammenfällt, Die Entstehung dieser Sprünge oder „Stiche‘* dürfte als eine Wirkung von Erdbeben zu betrachten sein; andere Versuche die- selben nach Art der gewöhnlichen Gesteinsabsonderungen ande- rer Formationen zu erklären, haben wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Im Travertin des Schützenberges finden sich Schichten, welche ganz aus Incrustationen von Blüthenkätzchen bestehen, doch lassen diese keine genauere Bestimmungen zu; es finden sich auch hier Blätter von Salöx cinerea, zugleich auch von Fagus sylvatica L. und selten von Tilia grandifolia Enku. Ebenso wenig wie an den Blätterschichten der vorerwähnten Steinbrüche liessen sich hier dem jährlichen Laubfall oder Blü- thenfall entsprechende Lagen beobachten; die Bildung der Schich- ten dürfte aus diesem Grunde als eine sehr. langsam vor sich gegangene zu denken sein. Westlich vom Schützenberge, am Abhang des Herbstberges, befindet sich eine Stelle, wo in grosser Menge Incrustationen von Chara hispida L.*) vorkommen. Diese Incrustationen sind häufig so zart, dass sie die Struktur der Pflanzen zum Theil erkennen lassen. Auch die spiralgefurchten Früchte sind oft zu beobach- ten. Die Ausbildung des Travertinlagers ist hier sehr unregel- mässig und dasselbe zum Theil von sehr bedeutender Mächtig- keit. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass *) An andern Punkten finden sich auch schöne Incrustationen von Ch. foetida. ae en 103 sich an dieser Stelle ehemals das Bassin einer starken Quelle befand. Die den Untergrund der Stadt bildenden Travertinschichten *) sind durch Brunnen- und Kelleranlagen vielfach aufgeschlossen worden, bei welcher Gelegenheit zuweilen auch Baumstämme von Fichten und anderen Bäumen zwischen denselben gefunden wurden. Obgleich übrigens rings um die Stadt und an vielen Stellen innerhalb Travertin aufgeschlossen ist, so liegt doch ein mittlerer "Theil derselben unmittelbar auf der Keuperformation, worauf neben mehrfachen direkten Aufschlüssen auch die Bestand- theile einer Anzahl der vielfach chemisch untersuchten Brunnen- wasser hinweisen. Die als Seetravertin bezeichnete Abtheilung der jüngeren Süsswasserkalkbildung umfasst die in der Ebene des Unstrutthals abgelagerten Kalksteinschichten, welche sich von denen des Quell- travertins durch ihre viel regelmässigere Schichtung und voll- kommenere Horizontalität auszeichnen. Pflanzenreste sind hier weit seltner. Von Säugethieren sind darin Knochen von Hir- schen (Unterkiefer u. s. w.), sowie auch ein Unterkiefer vom Reh gefunden worden. Merkwürdig ist das Vorkommen von Eierschalen, die der Grösse des Hühnereies entsprechen, sowie das der Abdrücke von Vogelfedern. Einer dieser letzteren, wel- cher in der untersten Schicht eines Steinbruches „hinter der Haarwand“ gefunden wurde, gleicht vollständig der grossen Schwungfeder im Schwanze des gemeinen Haushahns. Die Mächtigkeit dieser Ablagerung, deren einzelne Bänke eine Stärke von wenigen Zollen bis zu 2 bis 3 Fuss haben, beträgt im Durchschnitt ungefähr 20 Fuss; dieselbe ist theils an den Ufern der Unstrut zwischen Mühlhausen und Ammern und *) Der Untergrund continuirlicher Travertinschichten, welche zum Theil sehr dicht sind und fast aller Querabsonderungen entbehren, hat für darauf errichtete Gebäude eigenthümliche Vortheile und Nachtheile, Ein Vortheil ist der nie versiegende Wasservorrath der Brunnen, welche durch das zwischen den Travertinschichten frei eireulirende Wasser ge- speist werden. Ein Nachtheil ist dagegen die leichte Fortpflanzung von Erschütterungen und Vibrationen, welche durch das Fahren von Last- wagen u. dgl. hervorgebracht werden und die oft so stark sind, dass unter ihrem Einfluss genauere Messungen mit Winkelinstrumenten, Wä- gungen mit feinen Waagen u. s. w. gar nicht unternommen werden können. Durch tiefes Ausbrechen der Schichten wird diesem Nachtheile begegnet, 104 am Ufer der Luhne, theils in Steinbrüchen im Unstrutthal deut- lich aufgeschlossen. Einige dieser Steinbrüche geben folgende Profile, gehen aber gewöhnlich nicht bis-auf die Sohle der Ablagerung, welche nach Aufschlüssen am Unstrutufer aus Muschelkalkgeröllen, Lehm und Thonschichten besteht a. Steinbrüche „hinter der Haarwand“: 2 bis 4 Fuss schwarze Ackerkrume und loser Tuffsand. 8 Zoll bis 1 Fuss ein aus dünneren Schichten zusammengesetz- tes Steinlager mit rauher unebener Unterfläche. 6 bis 8 Zoll weisser loser Kalksand, hier und da durch mürbes Gestein vertreten. 6 bis 8 Zoll dünne und theils lose Travertinschichten. 4 Fuss fester Travertin, der nach oben, wo seine Schichten sich | durch schmale Zwischenräume oder durch die Farbe des Gesteins zu erkennen geben, zu Platten, nach unten zu Quadern abgesprengt wird. b. Brüche am Bollstedter Thore (Pulverthurm): Einige Fuss Abraum in schwarzer Ackerkrume und Tuff- sand bestehend, sodann eine ungefähr 8 Zoll dicke Steindecke, die sich beim Abnehmen in „Fachsteine“ theilt. Darunter zwei je 1 Fuss starke, durch eine schwache Moorschicht von einander getrennte Kalksandschichten; die obere von gröberem, die untere von feinerem Korn. Darunter 5 bis 5 Fuss mehr oder weni- ger eben geschichteter Travertin. Die Brüche, deren im Laufe der Zeit sehr viele im Gange gewesen sind, sind sehr ungleich hinsichtlich der Brauchbarkeit des von ihnen gelieferten Baumaterials. Während in einem Bru- che starke und dichte, zu grossen Quadern brauchbare Gesteins- schichten erscheinen, liefert ein nahes Grundstück zwischen stär- keren Kalksandschichten nur lose dünnplattige Travertinschichten, die höchstens als Fachsteine benutzt werden können. In den Kalksandschichten finden sich an sämmtlichen Auf- schlüssen zahlreiche Süsswasserschnecken, deren Arten sämmtlich mit jetzt lebenden identisch sind. Dennoch finden zwischen der Molluskenfauna der Travertinformation und der jetzt bei Mühl- hausen lebenden gewisse Differenzen statt, welche einestheils in der relativen Häufigkeit gewisser Arten an den verschiedenen Lokalitäten, theils darin bestehen, dass einzelne Arten, welche 105 früher häufig vorkamen, jetzt in der Gegend überhaupt sehr selten sind oder vielleicht gänzlich fehlen (Limnaeus palustris), während andere erst später in dies Gebiet eingewandert sein mögen, Zur genaueren Uebersicht dieser Verhältnisse möge hier eine vergleichende Aufzählung der bisher in der Travertinfor- mation von Mühlhausen beobachteten und der jetzt lebend im Mühlhauser Kreise gefundenen Arten von Land- und Süss- wassermollusken nachfolgen. Von den lebenden Arten sind dabei diejenigen, welche nur in der Werra gefunden wurden in Klammern eingeschlossen, da sie nicht unmittelbar zur Verglei- chung zu ziehen sind. Arten der Travertinformation. Lebende Arten im Mühlhauser Kreise, Limaz empiricorum Fer. — mazimus L. — subfuscus Drar. — agrestis L. Heliz pomatia L. (Aue), Helix pomatia L. — nemoralis L. (Aue, Reiser ) — nemoralis L. sehr gemein. selten. — hortensis L. (Aue,Reiser) häufig. — hortensis L. weniger häufig. — fruticum Mürt. — arbustorum L. — hispida Mürı. ä — incarnata Müut. — obvoluta Mürr. (Reiser). — obvoluia Müur. — ericetorum L. — candidula Stu». — cellaria Mürr. (Schützenberg, — _cellaria Mürr. Reiser). — Jucida Drar. (Herbstberg). — dueida Mürı. — rotundala Mürr. (Reiser). — rolundata Müut. — pulchella MürL.(Schützenberg). — pulchella Mürr. — lapicida L. (Reiser). ° — lapicida L. Bulimus obscurus Mürr. (Schützen- Bulimus obscurus Müut. berg). Clausilia parvula Stup. — bidens Drar. — sp. Sp. Pupa pygmaea Fer. — muscorum L. — doliolum Bave. — Sp. sp. Achalina lubrica Baruc. Achatina acieula Mürr. (Schützen- — acicula Mürr. berg). .106 Arten der Travertinformation. Succinea amphibia Drar. (Schützen- berg, Herbsiberg, Un- strutthal, Ammern). — oblonga Drar. (Ammern). — Pfeifferi Rossu.(Ammern u.s.w.) Physa fontinalis Daar. berg) häufig. Limnaeus ovalus Dasr. (Amphipe- plea glutinosa Nırs.) (Sehützenberg, Herbst- berg, Unstrutthal, Am- mern) überall gemein. (Schützen- — pereger Drar.(Ammern) gemein. — stagnalis Mürr. (Ammern, Pa- piermühle). — palustris Mürr.*) (Schützen- berg, Unstrutthal, Am- mern u. 5. w.) überall ge- mein; mit starker Schale. Planorbis contortus Mürr.(Schützen- berg). — fontanus Mont. (Schützenberg). — spirorbis Mürr. (Schützenberg). Lebende Arten im Mühlhauser Kreise, Succinea amphibia Drar, — oblonga Dar. — Pfeifferi Rossm. Cyelostoma elegans MüuL. Physa hypnorum Dear. Limnaeus ovalus DräP. gemein. — vulgaris Preırr.(Bäche,Gräben). — stagnalis Mürr. (Popperoder Teich). — auricularius Drar. (daselbst) selten. — minulus Dasr. (Unstrut). Planorbis contorlus Mürr. — spirorbis Mürr. *) Die hier als L. palustris bezeichnete Schnecke ist von der in den Gewässern Norddeutschlands gemeinen Art dieses Namens etwas ver- schieden, doch scheinen die Abweichungen nicht die Grenzen einer Va- rietät zu übersteigen. Die Mündung erreicht bei der Form aus der Travertinformation nieht die Höhe des darüberstehenden Gewindes nnd ist verhältnissmässig breiter und mehr oval, als bei dem ächten L. pa- _ dustris. Die Umgänge sind stärker gewölbt. Die Schale meist sehr kräftig. An den ausgewachsenen Individuen zählt man 7 Umgänge. Einige gemessene ausgewachsene Individuen zeigten folgende Dimen- sionen: Ganze Hohe I: eu 7,7725 33 32,5 Höhe des Gewindes über der Mündung 22,5 18 19 18775 Höhe der Mündung . . . ....17 17 16 16,3 „ Breite der Mündung u ee 9 16) BE, Dicke ..., st baren... 2 RE 16 15 15:55; Die Höhe des Gewindes unterliegt hiernach bedeutenden Schwankungen. 10 Arten der Travertinformalion, Planorbis nautileus L. (Schützen- berg). — albus MürL. (Ammern). — compressus Drar. (Schützen- berg). — carinalus Drar. (Ammern) selten. — marginatus Drap. überall gemein. Valvata minuta Pr. (Schützenberg) häufig. Paludina impura Lam. — similis Mıcu, überall gemein. — sp.*) (sehr häufig am Schützen- berg). Ancylus lacustris Georrr.(Schützen- berg). Pisidium obtusale Lam. (Schützen- berg). — fontinale Drar. (Schützenberg, Kreuzgraben). 4 Lebende Arten Im Mühlhauser. Kreise. Planorbis vortexe MüLL. — albus MürL, — compressus Drar. — marginalus Drar. — leucostoma Mich. Paludina impura Lam. gemein. — similis MıcH, [Neritina fhwiatilis L. (Werra).] Ancylus lacustris GEOFFR, — fluviatilis GEorFFR. Cyclas cornea Lam. — [rivicola Lam. (Werra).] — lacustris Drar. — calyculata Dear. Pisidium obliquum Prekiırr. — obiusale Lam. — fontinale Drar. Anodonta eygnea L. (Popperoder Teich). — cellensis Scuröt. (ebendaselbst). — [ponderosa PreEırr. (Werra).] [Unio pictorum Lam. (Werra).] — tumidus Betz. — batavus Lam. Wenn auch anzunehmen ist, dass durch fortgesezte Untersu- chung sich die Uebereinstimmung beider Faunen noch vermeh- ren werde, so werden dagegen doch auch gewisse Differenzen als stehen bleibend erkannt werden. *) Eine der P. viridis ähnliche, aber noch kleinere Form mit etwas gewölbteren Windungen und runder. Mündung, die ausgewachsenen mit einer verdickten Aussenlippe. Hierin und in der Grösse stimmt die Art mit Paludina marginata MicaAun überein, 108 6. Da sich wohl annehmen lässt, dass die Ursachen, wel- che seit dem Ende der Diluvialzeit die Entstehung quartärer Ablagerungen im Gebiete des Unstrutthals bewirkt haben, ihrer Qualität nach stets dieselben geblieben sind, nämlich chemische und mechanische Kräfte des durch Quellen und atmosphärische Niederschläge gelieferten Wassers, so lässt sich auch folgern, dass gleichzeitig mit den chemischen Niederschlägen der Kalkerde als Travertin und Kalktuff auch entsprechende Geröll- und Lehm- Ablagerurgen auf mechanischem Wege gebildet worden sein müssen. Als solche während der langen Bildungsperiode der Travertinformation entstandene Ablagerungen dürfte aber ein Theil derjenigen Geröll- und Lehmmassen anzusprechen sein, welche längs des Unstrutufers, besonders aber auf dem linken Ufer zwischen Mühlhausen und Görmar und in der Richtung nach Grabe hin abgelagert sind und in denen weder Geschiebe fremdartiger Gesteine noch auch irgend welche organische Reste aufgefunden worden sind. Diese Gebilde liegen in Folge der fortgeschrittenen Austiefung des Flussbettes oder auch einer Ver- ringerung der Wassermenge des Flusses grossentheils schon gänzlich über dem Niveau des jetzigen Hochwassers. Der Man- gel aller näher bestimmenden Einschlüsse verhindert aber hier jeden Versuch genauerer Abgrenzung hinsichtlich der Zeit und des Ortes. 7. Die in historischer Zeit, d. h. seit der Bevölkerung der Gegend durch Menschen und namentlich seit der festen Ansie- delung derselben und Begründung von Ortschaften, gebildeten Ablagerungen von Lehm, Geröllen und Kalktuff erlangen in dem in Rede stehenden Gebiete nirgends eine sehr in die Augen fallende Mächtigkeit und ihre Bildung ist durch die Thätigkeit des Menschen. auf immer geringere und mehr lokale Bildungs- räume beschränkt worden. Das Hauptmittel, wodurch der Mensch der Bildung der Alluvionen entgegentritt, ist die Regulirung der Wasserläufe und der künstliche Verbrauch eines grossen Theils der Wasserkraft, welche früherhin ungehindert zur Fortschaffung unorganischer Massen und Ablagerung derselben in Schichten verwandt wurde. Die Flussgeschwindigkeit oder Stromkraft aller beträchtlicheren Gewässer ist durch diese künstlichen Mittel fast auf ein Minimum herabgesetzt worden und vermag nicht mehr wie früher eine Vertiefung des Flussbettes zu bewirken. Aus derselben Ursache ist die Bildung von Lehm- und Geröllschich- 109 ten eine sehr beschränkte geworden. Dergleichen Gebilde von meist unbedeutender Ausdehnung finden sich an zerstreuten Punk- ten und lassen sich nirgends bestimmt begrenzen. Hier und da aber lassen sie auch Spuren der Anwesenheit des Menschen be- merken und liefern einzelne Artefakten aus verschiedenen Zeit- altern der Geschichte. So fanden sich im Hausengrunde am Abhange des Forstberges einige metallene Armspangen und ein gewundener metallener Ring, dessen Zweck oder Gebrauch noch zweifelhaft ist, als Reliquien des frühesten deutschen Alterthums, Römische Münzen sollen bei Körner gefunden worden sein. | Bracteaten aus der ersten Zeit des Mittelalters hat man mehrfach in der Umgegend Mühlhausens angetroffen; ebenso andere Dinge, welche weniger besfimmt als die vorerwähnten die Zeit ihres Ursprungs charakterisiren, namentlich eiserne Geräthschaften. So z. B. wurde eine Steinhacke von gegenwärtig unbekannter Form beim Graben eines Brunnens in geringer Entfernung vom Ufer der Unstrut bei 13 Fuss Tiefe aufgefunden u. a.m. Auch Spuren von Brandschutt und Schlacken finden sich hier und da zwischen Lehm oder Geröllen, theils zerstreut an sekundärer Lagerstätte, theils an Orten, wo sich in früher Zeit Ortschaften befunden haben, von denen man jetzt kaum noch den Namen weiss. s Die Kalktuffbildung ist in historischer Zeit hauptsächlich auf Teiche, künstliche Wasserleitungen und einige Bäche be- schränkt worden; beträchtlichere Mengen losen Kalktuffs haben sich besonders in dem Teiche, welcher einen Theil der kalkrei- chen Popperoder Quelle aufnimmt, gebildet, während in den Wasserleitungen die Ansammlung grösserer Tuffmassen durch periodische Reinigungen verhindert worden ist. Allenthalben finden sich indessen stärkere oder geringere Incrustationen von verschiedener Festigkeit an den im Wasser befindlichen Gegen- ständen, namentlich sind an alten Mühlgerinnen zuweilen über zollstarke Kalktuffüberzüge bemerkbar; auch hat man zuweilen Kunstprodukte gänzlich in travertinartigen Kalktuff eingeschlos- sen gefunden, so unter anderen ein eisernes Beil, welches sich in einem Rollstück solchen Gesteins befand. 110 Uebersicht der Quartärgebilde des oberen Unstrutthals. A. Diluvialgebilde. 4. Muschelkalkgerölle mit nordischen Geschieben und Gesteinen des Thüringer Waldes. Riesenberg. Bollstädt. Volkerode. 2. Kalktuffablagerung mit Pachydermen- und Raubthierresten- Reiser. 3. Lehm- und Gerölllager mit Pferdezähnen. Forstberg. Vogtei. B. Postdiluvialgebilde. a. Aus vorhistorischer Zeit. \ 4. Landtorflager mit Hirschresten u. s. w. Johannisthal. Pfafferode. Crass. 5. Travertinformation des Unstrutthals mit Resten von Hirsch und Reh. a. Quelltravertinbildung. 3. Seetravertinbildung. 6. Lehm- und Gerölllager ohne organische Reste. Görmar, Grabe. b. Aus historischer Zeit. 7. Lehm. Gerölle und Kalktuff mit Artefakten. Zum Schluss dieser Abhandlung mögen die Kräfte und Materialien, welche noch gegenwärtig in dem abgeschlossenen Gebiete der Mühlhauser Mulde die Fortbildung von Sedimenten bewirken, etwas näher betrachtet werden, um sowohl die Bedeu- tung dieser selbst näher erkennen, als auch über die Bildungs- weise und die Zeitdauer annähernd Schlüsse ziehen zu können, welche die vorhistorischen Quartärgebilde zu ihrer Entstehung erfordert haben. Der erste Schritt zur Bildung jüngerer Ablagerungen auf mechanischem Wege ist die Verwitterung der älteren Gebirgs- schichten, durch welche das Material dieser gelockert und durch die Schwerkraft dem fliessenden Wasser zugeführt wird um durch dieses an seine späteren Bestimmungsorte abgeliefert zu werden. Die Grösse der Verwitterung ist nach der Art der Schichten, ihrer Lagerung und Zusammensetzung sehr verschie- den, am geringsten und fast ganz unmerklich auf ebenem und gleichmässig mit Erde bedecktem Boden, sowie bei Gebirgsfor- mationen, die aus gleichartigen Schichten zusammengesetzt sind. 111 ‚Dagegen liefern ‘andere aus ungleichen Gesteinslagen zusammen- gesetzte Schichtensysteme Beispiele einer ausserordentlich raschen Verwitterung. Am meisten charakteristisch sind in dieser Be- ziehung die den oberen Muschelkalk durchziehenden sogenannten Steingräben, deren die Umgegend von Mühlhausen eine grosse Anzahl darbietet und welche viele ausgezeichnete Schich- tenentblössungen beobachten lassen. Der auf die äussere Er- scheinung und auf den oberflächlichen Eindruck sich begründende Volksglaube bezeichnet diese Steingräben als „ehemalige Fluss- ‚betten, die im Laufe der Zeiten und durch die Abnahme der Gewässer trocken gelegt seien“, sie sind aber in der That nichts als Verwitterungsrinnen, deren Grösse schnell zunimmt und an manchen Orten, z. B. im Steingraben von Sambach schon eine beträchtliche Ausdehnung hinsichtlich der Breite und Tiefe ge- wonnen hat. Die Seitenwände der zahlreichen von Westen nach Osten gerichteten parallelen Steingräben von Pfafferode, Sam- bach, Dörna bestehen aus wenig geneigten abwechselnden Schich- ten von plastischem Thon oder Thonmergel und mehr oder min- der starken Kalksteinlagen. Die Thone und Mergel werden aber Jährlich durch Frost, Schnee und Regen bis auf eine sehr be- . merkliche Tiefe aufgeweicht und ausgewaschen und die ihrer Unterlage beraubten Kalksteine stürzen herab. Die Steingräben liegen den grössten Theil des Jahres hindurch trocken; nur beim Aufthauen des Schnees oder bei starken Regengüssen wer- den sie von grössern Wassermassen durchflossen, welche den gebildeten Verwitterungsschutt mit Ausnahme der grösseren Kalk- steine hinwegführen. Die an Ort und Stelle liegenbleibenden Kalksteine geben diesen Gräben das durch den Namen der Stein- gräben sehr anschaulich bezeichnete Ansehen. Dass die Bildung von Geröllablagerungen durch fliessendes Wasser gegenwärtig nur in sehr geringem Maasse stattfindet, folgt schon aus den oben angedeuteten Ursachen; die auf me- chanischem Wege sich fortbildenden Alluvionen bestehen we- sentlich aus feinen, leichter im Wasser suspendirt bleibenden Theilen, namentlich aus Lehm; ihre Bildung erfolgt aber auch nicht ununterbrochen, denn im grössten Theil des Jahres sind die fliessenden Wasser ganz klar und ohne Lehmtheile, sondern nur in Folge von Regengüssen und dem Aufthauen des Schnees durch das wilde, einen Ueberschuss des gewöhnlichen Wasser- standes bildende Wasser. Dass aber die durch das wilde Wasser . 112 fortgeführte Lehm- oder Schlammmenge eine nicht unbeträchtliche ist, beweist folgende von Dr. N. GRAEGER ausgeführte Bestim- mung des Gehaltes an Schlamm, den die Unstrut an dem Hoch- wasserstande am 22. Juli 1855 mit sich führte. „Es wurde nur das durch die drei Bögen der Görmarbrücke „fliessende Wasser berücksichtigt, so zwar dass die Breite des „Flusses von der westlichen Basis des westlichen bis zur östli- „chen Basis des östlichen Bogens gerechnet wurde. Sie beträgt „hiernach 77 Fuss rhein. Die Höhe des Wasserspiegels am „22. Juli war 4,0 Fuss rhein. über der des normalen Standes. „Nach mehreren bei normalem Stande vorgenommenen Messun- „gen beträgt die mittlere Geschwindigkeit des Unstrutflusses „2,0 Ruthen rheinisch. Diese Geschwindigkeit wurde ihr auch „für den Hochwasserstand am 22. Juli beigelegt, obgleich sie „an diesem Tage wohl etwas grösser gewesen sein dürfte. Da „der Querschnitt des Flusses am 22. Juli (das normale Wasser „nicht mitgerechnet) 308 Quadratfuss war, so bewegten sich in „jeder Sekunde 616 Kubikfuss durch das Flussbett.“ „Das zur Schlammbestimmung verwendete Wasser wurde „zu einer Zeit geschöpft, wo ein ferneres Steigen, aber auch ein „bereits eingetretenes Fallen nicht bemerklich waren.“ „39 Grammen dieses Wassers hinterliessen auf dem Filter „10 Grammen bei 100 Grad €. getrockneten Schlamm = 1,56 pCt.; „oder: in 10000 Pfund trüben Wassers sind 156 Pfund trockener „Schlamm enthalten.“ Wird das specifische Gewicht des trockenen Lehms, (denn aus solchem und Thon bestand wesentlich der Schlamm) zu 2,2 genommen, so sind 156 Pfund desselben = 1,074 Kubik- fuss. 10000 Pfund des trüben Wassers enthalten demnach 1,074 Kubikfuss Lehm (= 156 Pfund) und 149,15 Kubikfuss Wasser (= 9844 Pfund); das specifische Gewicht des Schlamm- wassers ist 1,0085. Da nun in 450,2 Kubikfuss Schlammwasser 1,07 Kubikfuss Lehm enthalten sind, so liefert der Fluss in jeder Sekunde in den 616 Kubikfuss Wassers, welche er vorbeiführt, 4,41 Kubikfuss, und in einer Stunde 15876 Kubikfuss trockenen Lehms, welche Menge einem Würfel von 25 Fuss Seite entspricht. Während die auf mechanischem Wege erfolgende Bildung von Alluvionen hauptsächlich von der Intensität der atmosphäri- schen Niederschläge abhängig und daher sehr ungleichförmig ist, erfolgen die chemischen Niederschläge viel regelmässiger und 113 fast ohne Unterbrechung aus dem Wasser, welches durch Quellen aus dem Erdboden zu Tage tritt. Die Quell- und Brunnenwasser in der Stadt Mühlhausen und ihrer Umgegend sind von GRAEGER vielfach auf ihre mine- ralischen Bestandtheile untersucht worden. Die nachfolgende Tabelle giebt eine Uebersicht der in 14 verschiedenen Wassern gefundenen Bestandtheile und ihrer Gewichtsmengen. Vergleicht man die Bestandtheile der einzelnen Quellen mit einander in dieser Rücksicht und in Beziehung zu den geognosti- schen Formationen, aus denen sie zu Tage treten, so findet man, dass sowohl die Gesammtmenge der Bestandtheile in den einzel- nen Quellen, als auch das Vorwalten einzelner Bestandtheile von den Formationen, in denen sie auftreten, abhängig ist. No. 1 ist eine im Gebiet der Lettenkohlengruppe zu Tage tretende Quelle, welche durch ihre erhöhte Temperatur und ihren reicheren Salzgehalt einen tieferen Ursprung als die übrigen an- kündigt und mit keiner derselben zu vergleichen ist. No. 3 tritt ebenfalls in der Lettenkohlengruppe zu Tage, unterscheidet sich aber durch ein Maximum von kohlensaurem Kalk. No. 2 und 14 sind zwei im Muschelkalk entspringende Quellen; bei ihnen ist die Gesammtsumme der Bestandtheile ein Minimum und besteht vorwaltend aus kohlensaurem Kalk. No. 4. 5. 6 sind Brunnen, welche in den T'honen und Mer- geln der Keuperformation stehen; sie sind reich an fremden Be- standtheilen und unter diesen ist Gyps der Hauptbestandtheil. No. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13 sind in der Travertinformation stehende Brunnen, bei denen die Gesammtmenge der Bestand- theile wenig wechselt und keiner der einzelnen Bestandtheile be- sonders vorwaltet. Das Sediment, welches aus allen Quellen der Umgegend durch chemischen Niederschlag gebildet wird, ist vorwaltend kohlensaure Kalkerde als Kalktuff, welcher sich bildet, indem der im Wasser auflösliche doppeltkohlensaure Kalk ein Aequi- valent Kohlensäure an die Luft abgiebt und dadurch im Wasser unlöslich wird. Ausser der Kalkerde wird nur eine sehr geringe Menge anderer Substanzen, namentlich Kieselerde, Talkerde und Eisenoxyd abgesetzt, von diesen die Kieselerde vorwaltend als Infusorienpanzer. Eisenoxyd sieht man häufig, besonders im Herbst, in sumpfigen Gräben durch Vermittelung einer Alge, Zeits d. d. geol. Gos. VIII. ı. 8 114 ’ ‚ste "T'0YS7 "MOM Tasnuggunm "184 EI °UE IL 01829 CH ON — PR U OHST '9y SD war 'p 'yoay BA "Eon — EHE TEE L’EHSL WErqUagooM -SIOAM Aosnagynmt "8A Son — TE 'Zy81 6% "PA CIL'OS) Aaıgg 'n vaaounayoyay ‘A oPVWIBgg ‘7 Alıppay "a "I 'ON — 1,02 leo — Io08|l —._ |v.0 1 = 1092 or | oH2 | 08% | 0%2 | 06 | : Cwnwpy) angsıedwoL Era 100 BEI IE TI OB Te 19 EI a Fe 1 07, 1=0 Fi 1209 5 NEEn.Bld RD 001 | — Aossu A "WON 00T 1er ur HAMRSUHJyoM OMA y°r0°0 grrolgeny' con Dan OIDEaN GRUBC rar age )j0Be FpvERREO D&ONı "OSEBEdEO LE TAB “9° oprorgpungs | | -dgT U0OISOF Op vun Eee l2......1. 7987 u09s07 op owung (je ee 10008 | = | Ze 2 2 108800:0) 0 " opaououg, ‘PAxoUOSIH u — 6100°0| — \r000‘0 I1100°0| — |ze00‘0 r100%0) — 100H00*00F000%0| andg | * * * * "oumusposaryg 20000 — =: Br. 9 na _ —_ ee: — — — —_ —_ * HpAIonug einvspond) 2200'0)5610°0|8610°0.07E0°011E10°0 Br 6E10°0 E110°0 sr00 e ni _ — |oes1o‘0| PpıoyaL, Aıunasuojyoyr 6220°0 E600°0)E600°01EE10°0|E510°0|2EP0°0 |6110°0 6010'0 |6600°01P700°0 7920°0|9670'0)20180°0111800°0, * PPAONIET Pınvsusyoyr en _ _ = _ Zn _ — 96000) — — == 3 = - + + Wwntuun]BLoLgg) — |z1e0%0|yoeoolrszo'oleszo‘ol6zso‘o |0840°012280'0 |29E0°0,0800°0| —. 1198500) — 190690°0| " * " * wnowatorg‘ #100°0| — u u _ = 2 — . r0s0%0|1800°0| — H “= "9 UNSOUS TROLL) mu cn Beinen e ER EN ee S1100°0194980°0| ° ° ° ° WnLINBIOLND — |[z0c0‘0l20Po‘olS1E0°0E8T0%0) — ka 1710°0 |E8EF'0|1060°0 616 1°0|70E00°0120200°0) — op1oyjuyy olnusppponyog — 17 I _ — n8900 | — z "ei E: — [81950‘0198900°0| — OP-AONIEL Ounuspopongag E nd ER Bir nenn 220000 ) = 11Y00 — _ — — andg ° +ıjeyy SPanBs[ojomyag 3110°01800°0 16 10°02E70°0)01E0‘0|°° 86200 6310'0|2600°0/0E00'0|999£0°0,08800'0/98880°0| " LOHUN Samus[popanyag 2. - . & © 9 eis 8 Im a Ö a > a | ‚Ai IE ser Es| 74 TC E1 I) S| ge 5 >E ES ea len ae lehnen Ba me | E55 sa |lsalsmleelg ea |HE| Ee8$ |E2 |. Rails o | 50 os [ss) [} u 5 A. | 85 IAb | Es: JaeP|A; |A&S| = =) 205 S EIaAs I|A5n| | E58 Es Rs ja = 3% in ae) 8 | a | Ar E E- «2- FH wel a | "Er ie Or 6 'g "L ‘9 q Y z id | (wopıom jouyoasadun Zunziosuoun -wnsnz OyosHLo90oAd aıp nu waog UouoqaRoß uaroyutasiyormag wopuu ur 1op suu uasAjauy uajsioun O1p uagssnun nzIaıg "UODIOM uagqasadun suossoA SOp Olaymupooıg Sie qaınwuus puis Oplayıpungsogg Old uopaom Auroıfqnd aoynıy uoyos sjloyy “uopınar gfoyyodgıun gdraysnungg wi spot du OyooM SIadauın 'N "IA UOA uosAmuy yYouN) "OJLOLIPUBISOKT UENOKITLIOULL UOUHNLINUD UOSNLULUNTL 104 pun ur uNossumppond) pun -uouung up ur dep oJ[oquL 115 Leptothrix ochracea Kürz., wahrscheinlich aus löslichen Eisen- salzen sich bilden. Von allen in der nebenstehenden Tabelle aufgeführten Quel- len (ja von allen Quellen in der Thüringer Mulde) ist die Pop- peroder die wasserreichste und liefert die grösste Menge von kohlensaurem Kalke. Nach einer Bestimmung von GRAEGER *) liefert sie täglich 183000 Kubikfuss Wasser und jährlich einen Gehalt an kohlensaurem Kalk von etwa 13000 Centner. Mit Zugrundelegung der durch diese Quelle gegebenen Mengen kann man auch versuchen, für die gesammte Masse der im tieferen Theile des Unstrutthales bei Mühlhausen abge- lagerten Travertinformation ein Minimum des Zeitraumes zu bestimmen, welcher zu ihrer Bildung als nothwendig anzuneh- men ist. Der Flächenraum der Ablagerung lässt sich auf etwa 2000 Morgen mit einer mittleren Mächtigkeit von ungefähr 20 Fuss veranschlagen. Der Kubikinhalt derselben beträgt un- ter diesen Voraussetzungen 576 Millionen Kubikfuss. Nimmt man das mittlere specifische Gewicht dieser Masse mit Rücksicht auf die zahlreichen porösen Schichten nur = 2 an, so besitzt dieselbe ein Gewicht von 691200000 Centner. Betrachtet man nun die Vertheilung der Travertinmassen des Unstrutthals genauer, so ergiebt sich, dass dieselben 5 ver- schiedene Anfangspunkte haben oder mit andern Worten, dass sie hauptsächlich durch 5 bedeutendere Quellenorte gebildet wor- den sind, deren Wasser in dem Bassin des Unstrutthales zu- sammenkam. Als Orte dieser Quellen sind zu bezeichnen: das Reisersche Thal, der obere Lauf der Luhne, die Breitsülze, wel- che ihr Wasser unmittelbar in die Gegend des Oelgrabens er- goss, der Abhang des Herbstberges und der Schützenberg, und endlich Popperode.. Unter allen diesen Orten hat Popperode gegenwärtig die bedeutendste Quelle und keine der übrigen lie- fertt auch nur annähernd so grosse Mengen von Wasser und kohlensaurem Kalk. Am Herbstberg und Schützenberg existi- ren jetzt gar keine bedeutenden Quellen mehr und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass die früheren Quellen dieser Punkte durch irgend ein plötzliches geologisches Ereigniss den Ort ge- wechselt haben und jetzt als die Popperoder Quelle zu Tage treten. *) Mühlbauser Kreis-Wochenblatt 1843. p. 392. h 8* 116 Nimmt man aber trotz dieser Vermuthungen an, dass an allen jenen 5 Quellenorten gleichzeitig Quellen geflossen seien und. dass jede derselben stets eine der Popperoder Quelle gleich- bedeutende Masse von kohlensaurem Kalk geliefert habe, so würde die Gesammtmenge des in jedem Jahre gelieferten kohlen- sauren Kalkes 65000 Centner betragen haben, und demnach zur Bildung der ganzen jüngeren Travertinablagerung ein Zeitraum von mindestens 10500 Jahren erforderlich gewesen sein. 117 3. Ueber den Carnallit, eine neue Mineralspecies. Von Herrn Hemrıcn Rose ın Berlin. Bei der Abteufung des bekannten Schachtes zur Gewinnung des Steinsalzes in Stassfurt fanden sich in den oberen Teufen des Lagers mehrere Salze, die offenbar wegen ihrer leichteren Löslichkeit sich aus der concentrirten Mutterlauge durch eine äusserst langsame Krystallisation später als obere Lagen des Steinsalzes abgeschieden haben, zu welchem man bis jetzt noch nicht gedrungen ist. Ich erhielt durch Herrn Tucnen in Stass- furt eine Reihe von diesen Salzen, unter denen besonders ein durch sehr geringe Mengen von Eisenoxyd rothgefärbtes Salz meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dasselbe bildet grosskör- nige Massen, die im Bruche muschlig und starkglänzend von Fettglanz sind, aber durch leichte Anziehung von Feuchtigkeit eine Oberfläche erhalten, die matt, aber doch in gewissen Rich- tungen schimmernd ist, als ob sie Spaltungsflächen enthielten, wovon aber in dem frischen Bruche nichts zu sehen ist; indes- sen zeigen sich in demselben häufig gerade parallele Linien, die sich von Zeit zu Zeit wiederholen und auf Zwillingsverwachsung schliessen lassen. Das Salz löst sich leicht im Wasser mit Hinterlassung von einer sehr geringen Menge glimmerartiger rother Blättchen von Eisenoxyd, die sich durch Filtriren trennen lassen. Die filtrirte Lösung enthält Chlorkalium und Chlor- magnesium, sowie auch etwas Chlornatrium. Letzteres ist aber dem Doppelsalze von Chlorkalium und Chlormagnesium nur ein- gemengt; denn lässt man ein Stück von diesem Salze längere Zeit an der Luft liegen, so dass es bedeutend feucht wird, so kann man dann sehr gut mehrere Linien grosse Stücke von Chlornatrium darin entdecken. — Die Lösung des Salzes enthält entweder gar keine Schwefelsäure, oder nur sehr unbedeutende Spuren davon; hingegen ist Kalkerde in etwas grösserer Menge darin enthalten. Ausser Chlor kann im Salze eine sehr geringe Spur von Brom und eine noch weit unbedeutendere von Fluor nachgewiesen werden. Die Zusammensetzung des Salzes ist nach zwei Analysen, die mein Gehülfe, Herr OEsTEn, ausgeführt hal, folgende: 118 I. 19: Chlormagnesium '. ..... . 31,46 30,51 Chlorkalem 2,202, ER Na RT, 24,27 Chloraairum 310 4,59 Chlorealeim Hs: ra 62 3,01 Schwefelsaure Kalkerde . . . 0,84 1,26 Eisenoxyd (eingemengt) . - . 0,14 0,14 Wasser (als Verlust) . ... .. 35,97 36,26 100,00 400,00 Der Wassergehalt wurde übrigens noch besonders bestimmt, und zwar zu 37,27 pCt., indem das Salz mit einem Uebermaass von früher geglühtem Eisenoxyd erhitzt wurde. Der Verlust ist hier etwas grösser, weil wahrscheinlich in dem untersuchten Stücke weniger Chlornatrium eingemengt war. Nicht nur das Chlornatrium und das Eisenoxyd sind in dem Doppelsalze von Chlorkalium und von Chlormagnesium ein- gemengt enthalten, sondern auch die geringeren Mengen von Chlorcaleium und von schwefelsaurer Kalkerde. Letztere ist in dem Salze als Anhydrit enthalten, der ein Lager über der Salz- masse bildet. Das Chlorcalcium aber ist im wasserhaltigen Zu. stande im Salze enthalten. In der Analyse I. ist das Chlorcal- cium mit 2,54 pCt. Wasser, und in der Analyse II. mit 2,91 pCt. verbunden, so dass das Krystallisationswasser des Doppelsalzes in beiden Analysen nur 33,03 und 33,35 pCt. ausmacht. Das Chlorkalium ist mit dem Chlormagnesium gerade in dem Verhältnisse verbunden, dass 1 Atom des ersteren Salzes mit 2 Atomen des letzteren Salzes in der Doppelverbindung vereinigt ist. Dann beträgt die Menge des Kıystallwassers gerade 12 Atome. Das Salz ist also wesentlich KEl + 2 Mg€l + 12 HO. Es ist dies also dasselbe Doppelsalz, welches LiEBıG aus der Mutterlauge der Soole von Salzhausen in der Winterkälte, und MARCET durch behutsames Abdampfen der letzten Mutter- lauge des Meerwassers erhalten haben. Da das Doppelsalz in sehr grosser Menge in Stassfurt vor- zukommen scheint, so verdient es als Mineralspecies einen beson- deren Namen. Ich schlage den Namen Carnallit vor nach Herrn v. CARNALL, dem Vorsitzenden unserer Gesellschaft, dem dieselbe so viel verdankt. 119 4. Riffsteinbildung im Kleinen an der deutschen Nordseeküste. Von Herrn L. Mey ın Uetersen. Es ist bekannt genug, dass zu beiden Seiten der weitgeöft- neten Elbe und Weser, deren Mündung durch kein Delta ver- sperrt wird, das alte Diluvialfestland Niedersachsens sich mit einem breiten Saume von Alluvionen umgeben hat. Die Ebenen derselben haben nicht nur an beiden Stellen den ursprünglichen Meerbusen zu einem Flussbette eingeengt, sondern erstrecken sich auch noch weit hinaus nord- und südwestwärts längs der offenen Meeresküste der grossen Helgolander Bucht. Ihre Mächtigkeit ist bedeutend und der Flächenraum, welchen sie einnehmen, so gross, dass die reichsten und üppigsten Landstriche von Hanno- ver und Oldenburg, wie von Schleswig und Holstein darauf ge- gründet sind, ungeachtet doch der bei weitem grössere Theil derselben noch gar nicht durch Deiche vor Ueberschwemmungen geschützt, überhaupt noch gar nicht stetig über den regelmässi- gen Fluthspiegel erhoben ist, sondern dem täglich erneuerten Spiel der Gezeiten ausgesetzt, sich mit allmäliger Böschung dem Tiefpunkte der Nordsee oder zunächst der Elbrinne zuneigt. So weit diese Alluvialmassen von einer Gramineenvegetation bedeckt sind, mögen sie nun eingedeicht sein oder nicht, nennt der An- wohner sie Marschland, so weit sie blos durch den Rückzug des Wassers während der Ebbe sichtbar und zugänglich werden, — eine wagerechte Fläche, deren Grenze das Auge vergebens zu erreichen sucht, — nennt man sie das Watt und bezeichnet also mit diesem Namen eine Region, die täglich zweimal den Anblick des Festlandes, zweimal den eines wogenden Meeres darbietet. Oft schon sind die Marschen ein Gegenstand näherer Unter- suchung gewesen. Die ausserordentliche Ergiebigkeit derselben in den Producten des Ackerbaues und der Viehzucht ist Anlass geworden, dass die landwirthschaftliche Bodenkunde, den eigent- lichen Grund der Ueppigkeit aufsuchend, vielfältig Beschaffen- heit und Aufeinanderfolge der Schichten beschrieb, und zwar um so ausführlicher, da selbst der Bauer in den Marschdistrikten, wo 120 die Schichtenfolge in ungestörter Horizontalität eine stets leichte und sichere Beobachtung gestattet, diesem Gegenstande eine un- gewöhnliche Aufmerksamkeit zuwendet. Auch das Watt ist von den Naturforschern nicht vernachlässigt worden. Die Freude, das Geheimniss des Meeresgrundes stundenlang weithin aufge- deckt zu sehen, hat sie zu allen Zeiten dahin gelockt. Beson- ders zwar die Zoologen, aber doch auch einzeln die Geognosten haben den norddeutschen Watten ihre Aufmerksamkeit geschenkt, seitdem die neuere Wissenschaft den langsam und still wirken- den geologischen Gewalten überhaupt und besonders der schaf- fenden Thätigkeit des Meeres in Bildung neuer Erdschichten mit Eifer nachspürt. So kommt es, dass die Alluvionen unserer Nordsee inner- halb und ausserhalb der Deiche für das Bedürfniss der Geognosie genügend in ihrer Zusammensetzung bekannt sind. Ohne Aus- nahme bestehen sie, soweit man bisher wusste, aus sandigen, thonigen und mergeligen, fast immer nebenher auch humosen Lagen, welche entweder unmittelbar das ältere Gestein, meistens das Diluvium, oder eine mächtige Torfschicht zum Liegenden ha- ben. Feste Gesteinsschichten sind in diesem Gebiete von vielen Quadratmeilen bisher nicht aufgefunden worden, und ist man auch im Ganzen der Ansicht gewesen, dass theils eine kalkreiche Küste, theils eine wärmere Sonne und die lebhaftere Verdampfung des durch den Kalkgrund übersättigten Meerwassers in einer schäumenden, spritzenden und dadurch gleichsam gradirenden Brandung zur Bildung der sogenannten Riffgesteine erforder- lich sei. In dem Nachfolgenden glaube ich nun den Beweis zu führen, dass ein Theil der Nordseealluvien in der Tiefe aus festen Gesteinsbänken besteht, welche, durch ein kalkiges Mittel verbunden, theils sandig, theils thonig, theils wesentlich kalkig sind, dass daher die obengenannten Bedingungen zur Bildung des jüngsten Meereskalksteins und Meeressandsteins nicht un- umgänglich nothwendig erscheinen. Das bewegliche Material, woraus das Watt sich auferbaut, ist so ausschliesslich feinkörniger Sand und Schlick (d. h. hu- musreiches Thonsediment), dass man meilenweit darauf wandern könnte, ohne auch nur das kleinste Steinchen zu finden, deren Zahl doch in jedem Hügel des nahen Diluvialfestlandes Legion ist. An den nächsten steilen Küsten und tief im Binnenlande, wo theils die Brandung des Meeres, theils die beiden Ströme 121 das Material zu den Watten ausschlemmten, sind die grösseren Gesteinsbroecken ohne Ausnahme zurückgeblieben. Daher sind denn die einzigen grösseren Stücke, welche man auf den Watten antrifft, die leeren Schalen der Muscheln und Schnecken, welche im Meerwasser und im Sande des Meeresgrundes leben. Wo nun der Wogenschlag oder die Ebbe- und Fluthströ- mung gelegentlich von der Art wird, dass ein Schlemmprocess stattfindet und die grösseren Theile allein zurückbleiben, da sammeln sich die Muschelschalen in Menge und bilden förmliche Muschelbänke. Natürlich können diese keinen festen Platz ein- nehmen, sondern müssen mit einer Aenderung der Strömungen auch ihre Lage allmälig ändern, ja sie werden oftmals von einem Sommer bis zum anderen dadurch versetzt, dass das im harten Winter an der Küste gewaltsam aufgeschobene Eis eine Dislo- kation eröffnet, welche durch Ebbe und Fluth sich vollendet. Bei aller Beweglichkeit sind die Muschelbänke immer noch so stabil, dass sie, theils oberflächlich erscheinend, theils mit Sand und Schlick bedeckt, von den Wattschiffern mit Leichtigkeit auf- gefunden werden können, und man trifft sie dort in solcher Menge, dass sie seit Jahrhunderten im gebrannten Zustande den einzigen Mörtel bilden, den der breite Küstenstrich der Marsch für das Bedürfniss seiner vielen massiven Bauten verwendet. Längs der ganzen Küste findet man bei Städten und Dörfern zahlreiche hohe und weite Muschelkalköfen, und für eine grosse Zahl ostfriesischer, hannoverscher und holsteinischer Schiffer ist es ein einträgliches Gewerbe, die Muscheln zur Ebbezeit auf dem Watt zusammenzukeschern, von Sand und Schlick reinzu- spülen, und dann in ganzen Schiffsladungen bei den Oefen zu löschen. Wie bedeutend der dadurch hervorgerufene Geschäfts- verkehr, somit der Consum an Muscheln, und deren Vorrath auf den Watten ist, möge man daraus abnehmen, dass bei einem Kalkofen, der unter meinen Augen und für meine Rechnung arbeitet, oft zugleich 4 bis 5 Schiffe mit Muscheln liegen, die der Entlöschung harren, dass ich in diesem Ofen jährlich 8- bis 10000 Tonnen Kalk brenne, obgleich bei dem kleinen Markt- flecken, wo ich wohne, ausser dem meinigen noch fünf andere Muschelkalköfen liegen, die eine ähnliche Production geben, und die Zahl derselben vormals, ehe der Rüdersdorfer Kalkstein hier eingeführt wurde, noch viel beträchtlicher gewesen ist. Wenn eine solche Industrie den Beweis von dem grossen .122 Muschelvorrath auf dem Watt liefert, so giebt sie zugleich auch ein Kennzeichen für das Fehlen aller grösseren Steinbrocken in diesem Detritus, weil die rohe Procedur des Schlemmens in Ke- schern, groben Netzen und Körben genügt, die Muscheln ganz rein zn liefern. Selten verirrt sich unter dieselben die mit Ba- lanen bedeckte Scherbe eines irdenen Geschirres, die ein Schiffer vor Zeiten mag über Bord geworfen haben, oder ein Stück Steinkohlencoaks, das von Dampfschiffen verloren, schwimmend dahinkam. Noch seltener findet man kleine scharfkantige Feuer- steine, welche äusserlich kaum zu erkennen sind, weil sie durch die Reibung des weichen Sandes, welcher anders wirkt als das Geröll einer Brandung, ohne Verlust ihrer scharfen Kanten ge- glättet, gleichsam polirt sind, an der Oberfläche Glasglanz an- genommen haben, und dadurch mehr dem Obsidian und Mare- kanit als dem eigentlich schimmernden Feuerstein gleichen. Die Seltenheit dieses Vorkommens lässt sich um so sicherer consta- tiren, da durch die Verarbeitung der Muscheln auch das kleinste Stück an den Tag kommt. Wo ein Stückchen Feuerstein im Kalkofen liegt, da schmilzt seine Kieselsäure mit dem Kalk der Muscheln zu einer Glasschlacke zusammen, welche bei dem Lö- schen unverändert bleibt und ausgeworfen werden muss, daher der Aufmerksamkeit des Fabrikanten nicht entgeht. Nach solchen Erfahrungen erschien es mir auffallend, dass eine kürzlich gekaufte Schiffsladung Muschelschalen vom Süder- watt, das heisst dem aussen vor Cuxhaven gelegenen Watt, eine grössere Zahl grauer Steingeschiebe führte. Ehe ich diese Steine näher betrachtete, hielt ich sie für schaumige Horn- oder Feuer- steine, eine Art von Kieselskeletten, welche in denselben Knollen- formen wie der eigentliche Feuerstein in der Kreide erscheint, und unter den Feuersteinbruchstücken des Watts häufiger ist als der dichte schwarze. Erst die Beobachtung scharfkantiger Bruch- stücke, welche bei näherer Betrachtung sich als Sandsteine er- wiesen und mit den Feuersteinen nicht mehr verglichen werden konnten, veranlasste eine nähere Untersuchung der einzeluen Steine und lieferte bald ein unerwartetes Resultat. Mein erster Gedanke war, dass diese Steine Stücke des unterliegenden Felsgrundes seien, dessen Bestimmung für die Geognosie des Küstenlandes, wo alles Flözgebirge durch weite Diluvialflächen verdeckt wird, von Wichtigkeit sein müsste. Die petrographische Aehnlichkeit der Sandsteinstücke mit Gesteinen der 123 unteren Kreideformation war auffallend und der Gedanke an sie lag überhaupt nicht fern. Ein kleiner Muschelabdruck, der sich in einem Stück vorfand, konnte nichts entscheiden. Der Habitus andrer mehr kalkiger und mergeliger Stücke erinnerte eher an die zum Theil noch nicht sicher gedeuteten Flözgesteine des Felsenriffes unter der Helgolander Düne, und auch dieses konnte nur zu leicht hier eine Fortsetzung haben. Es fanden sich aber auch knollige Stücke von unregelmässi- ger Form, welche weder als abgerollte Geschiebe noch als kan- tige Felsbruchstücke gelten konnten, so dass der Gedanke nahe trat, es könnten Coneretionen innerhalb der lockeren Schichten einer sandigen Tertiärformation sein, ausgeschieden auf ähnliche Weise wie Cämentsteinknollen und Septarien. Allein die nähere Betrachtung des Umrisses erwies doch bald, dass von eigentlicher Knollenbildung nicht die Rede sein könne, da die Stücke mehr im rohen Umriss den Imatrasteinen glichen. Dadurch haben sie die Entstehung ihrer Gestalt sattsam verrathen. Die abwechselnd festeren und minder festen sandigen und kalkigen Lagen des Gesteines haben gegen den Schlag des Wassers und die Reibung des Sandes einen verschiedenen Widerstand geäussert und sind in verschiedenem Maasse dadurch verschliffen worden. Während der Wogenschlag am Strande die Steine entweder abrundet oder zermalmt, übt derselbe auf dem offenen Sandwatt, wie schon das oben erwähnte Beispiel des polirten Feuersteins lehrt, eine viel mildere mechanische Wirkung aus, und der Erfolg bei Ge- steinstücken von abwechselnd härteren und weicheren Schichten ist ein ähnlicher wie die Erosion in der Stromschnelle von Ima- tra. Bei dieser Auswaschung tritt die Art der Schichtung des Gesteines deutlich hervor und es zeigen sich nicht blos parallele Lagen, sondern, wie dies in den älteren Sandsteinen so häufig beobachtet werden kann, Absetzungen verschiedener Parallelis- men an einer bestimmten Grenzfläche, eine Modifikation der Schichten im Kleinen, welche Naumann als discordante Paral- lelstruktur bezeichnet. Sonst ist die petrographische Natur des Gesteins leicht ge- schildert. Die mergeligen oder kalkigen Schichten sind licht aschgrau, ziemlich weich und nehmen unter dem Drucke des Fingernagels noch Glanz an; der Sandstein, welcher die Haupt- masse bildet, fällt etwas mehr ins Grünliche. Er besteht im 124 Wesentlichen aus scharfkantigem, durchsichtigem und gleichkör- nigem Quarzsande verbunden durch ein kalkiges Bindemittel. Eingemengt sind von der Grösse der Sandkörner selbst zahlrei- che kleine Foraminiferen von licht haarbrauner Farbe und etwa 2 Procent schwarze Körner, von denen aber nur die kleinsten aus Titaneisen bestehen, während die grösseren nur dunkle Quarze zu sein scheinen. Eingemengt sind ferner einzeln ver- streut silberweisse Glimmerblättchen, die sich zuweilen auf ein- zelnen Schichtflächen dichter sammeln. Stellenweise ist die Sandsteinmasse von cylindrischen Körpern unterbrochen, die aus dem mergeligen Gestein bestehen und in denen man leicht die nachträglich ausgefüllten Wohnungen und Wege der im Sande lebenden Würmer- erkennt, wie solche auch in anderen alten Sandsteinen gefunden werden. Durch die ganze Masse zerstreut sind ausserdem noch kleine kohlige Partikeln mit deutlich erhal- tener Pflanzenstruktur (Zosterenreste), welche sich etwas lagen- weise gruppiren und dann durch ihre dunkle Farbe den Verlauf der Schichtung am besten erkennen lassen. Auch diese sammeln sich zuweilen mehr an, und pflegen dann vorzugsweise reich an Glimmerblättehen und Foraminiferen zu sein, welche noch von langen nadelförmigen, überaus zarten Kalkschalen begleitet sind, deren Bestimmung ich einem kundigen Auge überlassen muss. Diese letztgenannten Objecte aus der organischen Welt und die kleinen Foraminiferen würden vielleicht bei einer mikrosko- pischen Untersuchung schon genügt haben das Alter des Sand- steines zu bestimmen; um meine eigene Ueberzeugung festzu- stellen suchte ich nach grösseren Objecten. Nicht selten fand sich zerstreute Muschelbrut, dann traf ich grosse deutliche Ba- lanen. Diese waren nicht aufgeheftet wie die Escharen, welche einen Theil der Steinstücke überzogen, sondern waren in den Stein eingewachsen, also der Sandstein über sie hingebildet, und einmal fand ich sogar neben den Balanen ein Cardium edule eingewachsen. Schliesslich zeigte sich, dass die Balanen ursprüng- lich auf Mytilus edulis gesessen hatten, und dass die Sandsteine vorzugsweise nach dieser Anheftungsfläche gebrochen waren, in- dem die noch unversehrte Gruppirung ebenfalls und auch ganz freie Stücke von Mytilus im Sandstein getroffen wurden. Damit in Verbindung stehen die in den dichten Muschelhaufen mir bis dahin verborgen gebliebenen Muschelconglomerate, die ein äusserst 125 festes durch denselben foraminiferenhaltigen Sand verkittetes Ge- stein darstellen, das alle zahlreich in der Nordsee lebenden Mu- scheln und selbst Ueberreste von Krebsen in sich schliesst, wo- bei natürlich Cardium edule die vorwaltende Menge liefert und das äussere Ansehn durch die chemische Einwirkung des mehr oder minder humosen Sandes bedingt scheint, indem die Schalen theils eine braune, theils eine weisse calcinirte, theils eine schwarze Farbe angenommen haben. Indem nun durch diese Nordseemuscheln die ganze Reihe der oben geschilderten Gesteinsvarietäten als eine zusammenge- hörige Bildung der neuesten Zeit, als ein festgewordener Theil des Watt mit seiner sandigen, thonigen und kalkigen Abtheilung erscheint, weiset es zugleich den Einwand zurück, als ob hier doch noch von einzelnen Concretionen die Rede sein könne, in- dem das häufigere Vorkommen aller drei Formen an einem und demselben Punkte und das Fehlen derselben an anderen Stellen des Watts dann nur durch ein seltenes Zusammentreffen von Umständen möglich wäre. Auch tragen ja die Stücke durchaus den Typus der Bruchstücke eines grösseren Ganzen. Wenn aber dem so ist, so wäre damit die Bildung eines festen Sandsteinriffes im Innern des noch beweglichen Alluviums, sei es auch noch so klein und nautisch der Beachtung unwerth, erwiesen; es wäre erwiesen, dass zur Entstehung von Kalk- und Sandsteinriffen weder die tropische Sonne noch das brandende Meer noch eine kalkreiche Küste erforderlich ist, sondern dass es im Kerne einer grösseren Sandmasse und unter deren Be- deckung allein durch den Kalkgehalt des Meerwassers, den die grösseren Muscheln und besonders die kleinen Foraminiferen concentriren, fest werden kann; erwiesen, dass discordante Paral- lelstruktur und wurmförmige Cylinder von heterogener Masse, welche in so vielen Sandsteinen älterer Formationen sich vor- finden, auf ganz gleiche Weise in einem Sandsteine auftreten, welcher nach Art der Watten an flacher Meeresküste unter dem Einflusse von Ebbe und Fluth sich bildet; und wäre damit die Hypothese über die Bildung älterer Sandsteinmassen, welche auf hohe Wahrscheinlichkeit gegründet war, zu einer Evidenz ge- bracht, die ihr bisher, wegen der Lockerheit des Wattsandes und der Unmöglichkeit, seine Struktur zu fixiren und zu beob- achten, versagt bleiben musste. 126 Wünschenswerth scheint nun nur noch in Bezug auf das hier beschriebene Gestein eine genaue Untersuchung der Fora- miniferen und ähnlicher mikroskopischer Schalen, damit bei der Wichtigkeit derjenigen Ablagerungen, welche, als gehobene Nord- seesedimente, die .-Kenntniss der Continentalhebungen vermitteln, ein ähnlicher Sand oder Sandstein, selbst wenn er keine grosse Petrefakten führt, doch leitend werden könne. 127 5. Bemerkungen über Catantostoma clathratum G. SANDB. Von Herrn Evvarp Surss ın Wien. Diese Art, bisher die einzige ihres Geschlechtes, wurde zu-. erst von meinem vortrefllichen Freunde, Dr. Gu1iDo SANDBER- GER, im Jahre 1842 (LEonn. u. Bronn’s Jahrb. p. 392. t. VIII. f. 7) beschrieben und durch. den sehr charakteristischen Gattungs- namen ausgezeichnet (xatavrys, bergab, und stoua, Mund). Eine sehr vergrösserte Figur derselben lieferte bald darauf GoLDFuss (Petrefacta Germ. Vol. III. p. 78. t. 188. £. 2). — SANDBER- GER’s Diagnose lautet: „Testa elliptica, modice in altum torta ; „tertia ultimi anfractus pars subito deorsum deflectens; orifi- „eium imperfectum, labia inde ab externa eorum conjunctione „parallela, umbilicum inter se conlinentia; in medio anfractu „Ffascia, scissuram claudens, modice lata, vix excuvata, ar- „euato-costata,“*) und im Laufe der weiteren Beschreibung heisst es: „Die Mitte des Umganges zeigt ein kaum erhöhtes, „mässig breites, nach innen flach ausgehöhltes Band mit bogen- „förmig zurückbiegenden, nicht sehr dichtstehenden Querstreifchen, „wie Pleurotomaria, welches schliessen lässt, dass die nicht aus- „gewachsenen Schalen einen ähnlichen Schlitz hatten wie Pleu- „rotomaria; bei ausgebildeten Schalen zeigt der obere verdickte „Mundrand noch als Andeutung an der Stelle eine kleine, kaum „merkliche Einbiegung .... Von der Stelle an, wo das letzte „Drittheill Windung nach abwärts läuft, schwindet das Band, „meist durch eine längliche Schwiele beginnend, in eine schmale „Leistenlinie zusammen.“ Begierig eine so eigenthümliche Abweichung von dem Baue der Haliotiden kennen zu lernen, und nicht im Stande mir einen Athemspalt in einem eingerollten Mundrande vorzustellen, wie ihn GoLpFuss in geringer Uebereinstimmung mit SANDBERGER beschrieb (aber nicht abbildete), war ich höchst erfreut, als im *) Jahrb. d. Nass. Ver. f. Naturk. 1845 Heft II. p. 123. t. I. f. 4 und F.u.G. Sınpsengen: Verstein. d. Rhein. Schichtensystems in Nassau p- 206. t. XXIV. f. 29. — auch Verh. der deutsch. Naturforscher und Aerzte zu Mainz 1842. 128 Jahre 1852 durch die freundliche Mittheilung meines Freundes, Professor F. SANDBERGER, eine grössere Anzahl von Exemplaren dieser merkwürdigen Schnecke in das kaiserl. Mineralien-Cabinet gelangte. Die Betrachtung derselben lehrte mich bald einige bisher von den Autoren noch nicht erwähnte Eigenthümlichkeiten kennen, welche jedoch so auffallend waren, dass ich nicht zwei- felte, die erste Schrift, in welcher dieser Gattung erwähnt würde, würde auch die nöthigen Ergänzungen der bisherigen Diagnose bringen. Dies ist jedoch seither nicht geschehen; auch in der neuen Auflage von Pıcre'ı’s vortreflichem Handbuche der Pa- läontologie sind die bisherigen Angaben über Catantostoma un- geändert geblieben. — In den nachfolgenden Zeilen habe ich es versucht eine neue Beschreibung der Gattung zu entwerfen; frei- lich werde ich dabei vieles schon Beobachtete wiederholen müs- sen; möge man dies durch meinen Wunsch entschuldigen, hier ein möglichst vollständiges Bild dieser sonderbaren Art zu liefern. kıg. 3. Catantostoma clathratum von Villmar a. d. Lahn. Die Schale ist kreiselförmig, seitlich zusammengedrückt; sie besteht aus zwei kleinen, fast glatten (Embryonal-?) Windungen an der Spitze, etwa drei Mittelwindungen und einer grossen, ganz eigenthümlich gebildeten Schlusswindung. Die Mittelwin- dungen sind an der Naht ziemlich flach, in ihrer unteren Hälfte jedoch aufgebläht und haben von oben betrachtet ein elliptisches Aussehen; die Schlusswindung ist ebenfalls oben mehr flach, nach unten mehr angeschwollen; ihre erste Hälfte legt sich noch ziemlich normal an den vorhergegangenen Umgang an, in ihrer zweiten Hälfte jedoch zieht sie sich anfangs bis über die Mitte der letzten Mittelwindung hinauf, und senkt sich dann plötzlich 129 weit nach abwärts. Dabei verlässt zugleich ihr letzter Theil die spirale Richtung, und wendet sich (wenn man ihn von oben be- trachtet) in gerader Linie unter die letzte Mittelwindung hin-. ein. Waren auch schon die früheren Umgänge elliptisch, so ge- winnt doch die ganze Schnecke erst hierdurch ihr sonderbares gequetschtes Aussehen. — Der obere Theil der Schlusswindung bildet den verdickten, nach innen umgeschlagenen, rechten Mund. rand, an dem sich die Skulptur der Aussenfläche ein klein we- nig nach innen zieht; ihr unterer Theil ist zu einem schmalen, langen Lappen verlängert, der nach aufwärts gekrümmt ist, sich an die Basis der ersten Hälfte des Umganges anschmiegt und den linken Mundrand bildet. Die längliche Mündung, welche auf diese Weise entsteht, ist nach unten trogförmig und ihr rech- ter und linker Rand sind beinahe parallel. Blickt man in die Mündung selbst hinein, so bemerkt man links eine ziemlich breite, ebene Fläche, welche von der Basis der ersten Hälfte der Schluss- windung gebildet ist, denn diese besitzt weder einen Nabel noch eine solide Spindel, sondern ist einzig auf sich selbst aufgerollt. Die ebene Fläche ist (wenigstens bei den mir vorliegenden Stücken) von keiner Kalklamelle bedeckt, sondern man sieht zu- weilen auf ihrem oberen Theile noch, wenn auch schwächer, die Skulptur der Aussenseite. Alle Umgänge sind in ihrer oberen Hälfte von einem, dem Schlitzbande der Pleurotomarien ähnlichen Bande umgürtet, wel- ches nicht ausgehöhlt ist, und bis in die zweite Hälfte der Schlusswindung hinab, wie bei Pleurotomaria, von halbmondför- migen Anwachsstreifen bedeckt wird. An der Stelle, wo die zweite Hälfte der Schlusswindung sich erhebt und sich an der vorhergehenden Windung hinaufzieht, wird das Band von einer länglichen, an beiden Seiten abgerundeten, und in ihrer Mitte zuweilen ein wenig verengsten Oeffnung unterbrochen, welche von etwas verdickten Rändern umgeben zu sein scheint. An dieser Stelle ist auch die Schale ein wenig angeschwollen, und von hier an senkt sich der Umgang nach abwärts. — Eine zweite, noch auffallendere Durchbohrung des Gehäuses befindet sich an der Stelle des Nabels, rings umfangen von dem langen gekrümmten Streifen, in den die Schlusswindung verlängert ist, und der den linken Mundrand bildet. Sie ist ebenfalls länglich, jedoch in ihrer Lage der ersten Durchbohrung nicht ganz parallel und auch ein wenig kürzer als diese; in Figur 2 bemerkt man Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL 1. 9 . 130 links von ihr eine kleine Einsenkung, welche ihren Rand etwas röhrenförmig hervorstehen macht. Ihre Lage gegen die erstere Durchbohrung erinnert etwas an Triphoris. Die ganze Schale ist aussen gleichmässig von Spiralstreifen umgürtet, welche etwas weiter von einander entfernt stehen, als das Schlitzband breit ist; diese werden von eben so starken Querstreifen gekreuzt, welche gegen die Naht hin etwas nach rückwärts gezogen sind, wie dies bei Pleurotomarien öfters vor- zukommen pflegt. Gegen die Basis der letzten Windung hin pflegt sich diese letztere Streifung zu verlieren, und statt der Gitterung bleiben, namentlich auf dem Lappen, der unten und links die Mündung begrenzt, nur die Spirallinien übrig. Die Ränder des Schlitzbandes sind kaum von den übrigen Spiral- streifen ausgezeichnet; gleich unter denselben sieht man zuweilen (wie auch SANDBERGER bemerkt) eine eingeschaltete, etwas fei- nere Spirallinie; an einem der vorliegenden Stücke zeigt sich eine solche auch oberhalb des Bandes. — Bemerkt man schon oberhalb des Schlitzes unter den halbmondförmigen Anwachs- streifen einzelne stärkere, welche gleichsam die Streifen, die von oben und unten auf das Band treffen, mit einander verbinden, so pflegt sich jenseits des Schlitzes, zwischen diesem und dem Mund- rande, das Band ganz zu verwischen; oft zeigt es sich nur als breiterer Streifen zwischen den Spiralstreifen, oft aber tritt in diesem Streifen eine eigene neue Spirallinie auf, welche sie zer- theilt (wie auf den beigefügten Figuren), oder es ziehen sich die Streifen nur näher zusammen (wie es SANDBERGER erwähnt). *) In keinem Falle ist die Querstreifung an dieser Stelle unterbrochen. Obwohl man nun nach allem diesen die. Gattung Ca- tantostoma doch wohl am besten bei den Haliotiden belassen dürfte, so unterscheidet sie sich doch von allen bisher bekannten Gattungen, auch von Trochotoma und Polytremaria, durch so in die Augen fallende Eigenthümlichkeiten, dass es mir überflüssig scheint, sie einzeln aufzuzählen. — Die obere, im Bande befind- *) In der That hat Herr G. Sanpserser schon bei seiner ersten Beschreibung seine scharfe Untersuchungsgabe bewiesen, und wenn ihm damals die beiden Durchbohrungen entgangen sind, so muss man auch bedenken, dass ihm zu jener Zeit die ebenfalls 1842 aufgestellte Gattung Trochotoma kaum noch bekannt sein konnte, welche doch, so verschieden sie auch sein mag, gewissermaassen erst zum Aufsuchen ähnlicher Durch- bohrungen aufforderte. 131 liche Oeffnung dürfte wohl dem Schlitze der Pleurotomarien und Trochotomen*) entsprechen; der Zweck der Oeffnung an der Basis ist mir ganz räthselhaft, es wäre denn, dass das Thier (wie es die Abweichung des letzten Umganges von der Spirale andeutet) bei einem gewissen Alter seine Lage gegen das Ge- häuse verändert habe, wo man dann auch die Oefinung an der Basis, obwohl sie etwas anders gestaltet und der oberen nicht parallel ist, als zum Durchgange einer Athemröhre dienend be- trachten könnte. *) Ich muss jedoch bemerken, dass auch der Schlitz der Trochoto- men wesentlich anders gebildet ist, indem er keine so bestimmt abgerun- deten, sondern scharfe Ränder besitzt und auch überhaupt dem offenen Einschnitte der Pleurotomarien viel ähnlicher sieht als die Mündung von Catantostoma. 9%* 152 6. Chemische Untersuchung von Gesteinen der oberen westfälischen Kreidebildungen.*) Von Herrn W. von per Marck in Hamm. A. Gesteine der Turon-Gruppe. Grünsandstein aus der Nähe des Bahnhofs Buke an der Königl. Westfälischen Staatsbahn. Ein thonig-kieseliges Gestein, dem gegen alles Vermuthen die kohlensauren Erden fehlen. Glau- konit kommt in einzelnen Körnern darin vor. Die bunte Färbung des Gesteins rührt von Eisen- und Manganoxyden her. Er enthält, nachdem er bei 100 Grad C. getrocknet ist, in 100,00 Theilen: Kieselsaufe -o.., - 2200.,.18523 Thonerde;. „2... :425- 40,0% Eisenoxyd-Eisenoxydul . 4,99 Manganoxyd . . . . Spur. Kalkerde |, 5.8.2540 Bältererde;- „auch 054 Kl en a Arge AO DVABSEE „es: alas ae 100,71 Das unterste Glied der Turon-Gruppe bildet der sogenannte Grünsand von Essen. Von den jüngeren Grünsandschichten ist er bekanntlich durch einen grossen Reichthum an thonigem Brauneisenstein =) Anmerkung der Redaktion. Der folgende Aufsatz des Herrn vox ver Marck ist bereits in den Verhandlungen des naturhistori- schen Vereins der preussischen Rheinlande und Westfalens im XII. Jahr- gange 1855 S. 263 fg. bekannt gemacht. Als ein werthvoller Zusatz zu der Abhandlung des Herrn F.Roruer „Ueber die Kreidebildungen West- falens” (Band VI. dieser Zeitschrift S. 99 fgg. und Zeitschr. des naturh. Vereins der preuss. Rheinl. und Westf. XI. Jahrgang 1854 S. 29 fgg.) ist derselbe auf den Wunsch des Verfassers, mit Einschaltung einiger Zusätze desselben, auch hier aufgenommen. 133 (Bohnerz) verschieden. Oft besteht er fast ganz aus linsenför- migen Bohnerzen, die durch ein spärliches glaukonitisches Binde- mittel zusammen gehalten werden. Sonst verhält er sich wesent- lich wie die folgenden Grünsande. Er enthält, ausser den erwähn- ten Bohnerzen, Glaukonit in Körnern, Quarzkörner, Thon und Glimmer, verbunden durch ein kalkiges Bindemittel. Häufig führt er phosphorsäurereiche Concretionen, deren Zusammensetzung lebhaft an diejenige gewisser Coprolithen erinnert. Diese Con- eretionen, so wie die Bohnerze, habe ich untersucht, nicht aber den ganzen Grünsand, weil sein Gehalt an fremden Beimengun- gen zu wechselnd ist, um aus den Ergebnissen der Analyse einen einigermaassen brauchbaren Schluss auf die Beschaffenheit des Gesteins machen zu können. Bohnerz des untersten Grünsandes von der Zeche „Friedrich Wilhelm“ bei Hörde. Linsengrosse und linsenähnliche, rundlich -plattgedrückte Stückchen von graubrauner Farbe. Zieht man mit Salzsäure den Eisengehalt aus, so bleiben die Stückchen mit blassgrüner Färbung zurück und scheinen aus Thon, gemengt mit Glimmer und durchzogen von einer glaukonitischen Substanz, zu bestehen. Die vom Bindemittel befreiten Bohnerze haben, nachdem sie bei 4100 Grad C. getrocknet sind, folgende procentische Zu- sammensetzung: I. In Salzsäure lösliche Beständtheile: Biisenoxyder Des ee ee ever ats 90,02 Mhonerdet RER UE FU) ma en KEN O ANAL 2.45 Bittererde rifunete nos PORT. Zar, UTROIG2 II. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Thon und Glimmer mit glaukonitischer Masse dürehdrungen U SM NEE DEEEEIRIR, IV 284,02 EBRAVaSBer TE rl a RT ER NS, WET VAT AAH 100,49 Eisengehalt 25,15 pCt. Phosphorsäurehaltige Concretion aus dem unter- sten Grünsand von der Halde der Zeche „Friedrich Wilhelm“ bei Hörde. Bräunlichgrüne, unregelmässige Massen, welche ein grünlichgelbes Pulver geben. Bestehen in 100,00 Theilen, nach- dem sie bei -- 100 Grad C. getrocknet sind, aus: 134 Phosphorsaure Kalkerde (Ca ” ee a Phosphorsaure Magnesia . . e ie u 2 BE Zollessaure Ralkerde . ., . .. . . „0 @. 0 ee Kohlensaure Bittererde -. . - - - » „a 0... 0.68 Thonerde . . . EAN Er u Eisenoxyd und Hiscnos yet SERRLTISTIANFER GEN... Kieselsäure . . . ER = Wasser und TEEN Gr eihizche übte 0 Sa. 98,46 Grünsandstein (der zweiten Grünsandlage nach BEcKs) aus dem unmittelbar hinter Dortmund in der Richtung nach Witten liegenden ersten Einschnitt der Bergisch - Märkischen Eisenbahn. Grünlicher, wenig fester Sandstein mit kalkigem Bindemittel. 100,00 Theile bei 4 100 Grad C. getrocknet enthielten: I. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde. .-»:- » =... @ .20..,:40,15 Kohlensaure Bittererde - - >... eu.» 0.4.0 Phosphorsaure Kalkerde . „=. ..1% zu.u.ha.. (AA Thonerde und Eisenoxyd.. . =: =. =... „_ , 1.48 II. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Thon, Quarzsand, Glaukonit, vielleicht auch GlmmmeR Ju ay.0, jan an ne sn De 100,00 Glaukonit aus diesem Grünsandstein. Da die Glau- konitkörner dieses Grünsandes von ansehnlicher Grösse sind, so konnten dieselben, nach Wegnalıme des kohlensauren Kalkes und Abschlämmen des Thones, durch Sieben grösstentheils von den gleichzeitig mit ihnen vorkommenden, aber bedeutend kleineren Quarzkörnern getrennt werden. Die letzten Spuren von Quarz wurden durch Aussuchen unter der Lupe entfernt. Dieser so erhaltene Glaukonit stellte unregelmässige, traubig zusammengeballte, dunkelgrüne, durchscheinende Körner von ca. 5 pr. Linie Durchmesser dar. Er liess sich leicht zum zar- testen hellgrünen Pulver zerreiben und konnte durch anhaltende Digestion mit heisser concentrirter Chlorwasserstoffsäure zerlegt werden. . Die quantitative Analyse ergab folgende Resultate: 0,2678 Gramm des bei 4 100 Grad C., getrockneten Pul- 135 vers verlor beim Glühen 0,0193 Gramm und änderte sich die blassgrüne Farbe desselben in eine rothbraune. Nach Abzug des durch die spätere Untersuchung ermittelten Quantums Sauer- stoff, welcher das im Mineral enthaltene Eisenoxydul beim Glü- hen in Oxyd verwandelt hatte, wurde der Rest des Gewichtsver- lustes als verflüchtigtes Wasser berechnet. Für 100,00 Theile Mineral beträgt dasselbe 4,76 Theile und für 0,7120 Gramm desselben 0,0340 Gramm. Andere 0,7120 Gramm des bei + 100 Grad C. getrock- neten Glaukonitpulvers wurden durch Digestion mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure abet und Run Kieselsäure . . » . . 0,3817 Gramm. - Eisenoxyd 0,1727 = Rena 2 752.0.1594 Rlionerlewern.: = Bu en ee TTS Bittererde . . .. . "0,0443", Kali (Mittel aus zwei Venen ® an UUU2ST Dazu die oben für dieses Quantum berech- nete Menge von Wasser . . . . 0,0340 , TER 0,7139 Gramm. Wird nach diesen Daten die procentische Zusammensetzung des Glaukonits berechnet, so ergiebt sich Folgendes: 100,00 Theile des bei -+-100 Grad C. getrockneten Glau- konits enthalten: ” Kieselsäure . . 53,46 Eisenoxydull . 21,78 Ehonerde, ...,. 5:00 Bittererde . . 6,21 Kar 2. .0.2869 Wasser . . „4,76 100,00 Aus obiger Untersuchung geht hervor, dass die von mir im VI. Jahrgang der Verh. des naturhist. Vereins für Rheinland- Westfalen S. 271 angegebene Zusammensetzung des Glaukonits nicht die richtige ist. Wahrscheinlich ist ein Theil Quarz oder Thon mit in die Berechnung gekommen, da damals nicht ausge- lesene Glaukonitkörner, sondern der ganze in Salzsäure unlösliche Antheil des Glaukonits (Glaukonit, Thon, Quarz, vielleicht auch Glimmer) zur Untersuchung kam und nur der Quarz nach dem Aufschliessen des Minerals mit Schwefelsäure und nach der Hin- 136 wegnahme der Kieselsäure durch kohlensaures Natron, in Abzug gebracht wurde. Vergleicht man die hier gefundene Zusammensetzung des Glaukonits mit derjenigen der Grünerde vom Monte Baldo im Veronesischen *), so ist allerdings eine grosse Aehnlichkeit nicht zu verkennen, die denn auch Veranlassung gewesen ist, für die Entstehung der ‘grünen Körner des Grünsandes, des tertiären Grobkalkes, der sogenannten chloritischen Kreide u. s. w. eine ähnliche Ursache anzunehmen, wie eine solche für die Bildung der -Grünerde vom Monte Baldo, vom Fassa-Thal, von den Fa- röer u. s. w. angerommen wurde, nämlich eine Umwandelung irgend eines augitischen oder Hornblende-Gesteins. Allein wel- ches sollte für diese sedimentären Gesteine das ursprüngliche Mineral gewesen, und woher sollten so grosse Mengen desselben gekommen sein ? Dies blieb immer eine schwierige Frage, deren Lösung noch schwieriger erschien, wenn man die frischen, schön grünen, glas- artig durchscheinenden, traubig zusammengeballten, oft stalakti- schen Glaukonitkörner betrachtete, die man sich schwerlich als Zersetzungsprodukte denken konnte. Nachdem nun aber seit einem Jahre der Glaukonit von EHRENBERG als Ausfüllungsmasse von Polythalamien-Gehäusen nachgewiesen ist, hat jene Ansicht, der zufolge der Glaukonit ein Umwandlungsprodukt sein sollte, jede Stütze verloren. Er ist vielmehr ein opalartiges, amorphes Silikat, welches sich auf eigenthümliche Weise während oder kurz nach der Ablagerung der ihn einschliessenden sedimentären Gesteine, jedenfalls so lange dieselben noch im weichen Zustande sich befanden, aus seinen Grundstoffen gebildet haben muss, und dessen Bildung immer mit einer reichen organisirten Schöpfung im Zusammenhang stand. Pläner der Umgegend von Dortmund. Aus einer grossen Reihe von Analysen dieses Gesteins, welche im technischen Interesse angestellt wurden, hebe ich folgende hervor: *) Diese besteht nach Kıaprorta aus: Kieselsäure . ...5 Eisenoxyd . .. ... 28 Talkerder „om 7 Kal? tra we Wasser 6 "Sa. 99 137 Pläner von der Zeche „Freie Vogel“ bei Hörde: Dichter ‘und fester graugelblicher Kalkstein. 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . 2... 61,55 Kohlensäure Bittererde . .. . . %. 20,81 Kohlensaures Eisenoxydul und ) - 14T 63,46 ® I Thonerde BAER TEL LE Kieselsäure . . . weil ulsrlabla2 B. In Salzsäure unlösliche Beate. Kieselsäure,@ı.. 2. Zur. 2a 30,65 'Thonerderlertiiia.. 2 a. wahliiliien- 1 02388 Disney allaht Seal. a 1,29 Kalkerdes u 1.200. . wer W193 Betterendenhus Eis u Ian 21.7 Ag Wasser .. esse 5:00,02 Spur von Alkali I BR SE Bra hen N 99,45 Pläner von der Buschmühle bei Brüninghausen: Ziemlich harter, grauweisser Kalkstein. 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . . 67,64 Kohlensaure Bittererde . . . . ...0,42 Kohlensaures Eisenoxydul 1.42 69,59 Thonerde LER MR al ; Kieselsgire,, 2... ER OE| B. In Salzsäure unlösliche Berandtheie: Bıeselsäure.. . nee 242 220.23 Phorterdng a lu ana. a ae 1.2 Bisenosgdule aa. 0.2.01. 200 4.05 Kallkerdpy, a Swen oo. Bed 1,10,2,,30,88 Birtenerden 4. nom ee N 13,706 0:09 Wasser . . . lu ale east u ORTE Spuren von Alkalten a ea 100,47 Pläner von Hörde. Grünlichgrauer Mergel, sehr weich, zerfällt schnell an der Luft und bildet weichere Lagen ‚zwischen den festeren Schichten. 138 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . . 64,77 Kohlensaure Bittererde . . -. : » 09,86 Kohlensaures Eisenoxydul. . . . 4,55 Phosphorsaure Kalkerde . . « . Spur Dhierde., . 1 Di dee Kieselerde . . . .» : >03 B. In Salzsäure unlösliche Bernie: Kieselsäure . . llalibinsssf ss: Thonerdb0 96. u. 4.75 var, ZI Biene . Kälkerde#E.F.... 2.2 EIET O BE. en er AVERELESEN: . .: 22:20 AA TER 2 Se 0 ea Spur —100, 30 Pläner von Barop bei Dortmund. 67,88 Graulicher, im feuchten Zustande grünlicher, weicher, an der Luft leicht zerfallender Mergel. 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . .„ . 44,47 Kohlensaure Bittererde. . . . . 0,18 Kohlensaures Eisenoxydul 2 Thonerde - e x nr Kieselsäure . . EEE Phosphorsaure Kalkerde A en B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Kerl ai ART Eee 2. BES en ee era. 12 Tenlkerde 2.02 2.0 DT Driiereree 1ER EM. 2 50 0 a Alkalı AUT SER SPUr 99,85 Zwischen dem Grünsande von Essen, und der sogenannten dritten Grünsandlage kommt kein Pläner vor, der nicht beim 139 Behandeln mit Salzsäure Glaukonit- und Quarzkörner neben Thon hinterlässt. Mehren sich Glaukonit und Quarz, so entsteht ein Grünsand, nimmt der Kalkgehalt zu, so wird daraus ein fester dichter Kalkstein. Uebergänge aus Grünsand in Kalkstein sind häufig und oft weiss man kaum, ob man der Schicht lieber den einen oder den anderen Namen geben soll. Es scheint des- halb, nach F. Rormer’s Vorgang, auch vom chemischen Ge- sichtspunkte aus betrachtet, ganz richtig, diese sämmtlichen Schich- ten „Pläner mit ihm eingelagerten Grünsandlagern“ zu nennen. Aber nicht für die ganze Ausdehnung des westfälischen Pläners gilt dieser Satz. Vom westlichsten Vorkommen desselben bis in die Nähe von Lippstadt zeigt sich der Pläner glaukonitisch. Von da bis an den Fuss des Teutoburger Waldes hatte ich noch nicht Gelegenheit, ihn zu beobachten.*) Aber hier an der öst- lichen Grenze seiner Verbreitung zeigt er sich sehr verschieden. Die Werkstücke, die zum Bau des grossen Viaducts von Alten- becken zubereitet wurden, und die aus der unmittelbaren Nähe des Viaducts stammen, stellen einen grauen, festen Kalkstein dar. Ein sehr kieseliger Thon, ohne eigentliche Sandkörner, *) Kürzlich wurde mir ein im Gebiete des Pläners bei Geseke vor- kommendes, recht interessantes Mineral zur Untersuchung übergeben. Es kommt in Platten vor, ist weiss und weich, so dass es sich schneiden und sägen lässt. Hin und wieder sind einige festere und dunklere Streifen darin sichtbar; es hängt der feuchten Lippe an und verbreitet beim Anhauchen einen Thongeruch. 100,00 Theile des bei + 100 Grad C. getrockneten Minerals enthalten; Kieselsäure . . . 18,79 Thonerde. . . ... 907 Eisenoxyd ©... . 1,47 Kalkerde: „ .. 21#251,64 Bittererde. . » .. 0,51 INEHROr 2220507 Kohlensäure . . . 471 Phosphorsäure . . Spur Wasser . : . .. 20,50. 99,76 Salzsäure löst es mit grosser Leichtigkeit zu einer steifen Gallerte. Im lufttrockenen Zustande enthält es 41,2 pCt. Wasser. — Nach den Resultaten obiger Analyse und bei dem gänzlichen Mangel an organi- schen Resten (es finden sich auch nicht einmal die sonst in dem west- fälischen Pläner nie fehlenden Foraminiferen darin) möchte ich das Mi- neral für ein sekundäres Erzeugniss halten. . 140 und auch ohne Glaukonit, ist durch ein kalkiges Cäment zu einer festen Masse verbunden. Die Glaukonitkörner, die seit- her als Kennzeichen des Pläners dienten, fehlen hier. Ebenso fehlen sie dem Pläner, der sich im nördlichen Theile des Teuto- burger Waldes, z. B. bei Teklenburg, findet. Pläner von Altenbecken., 100,00 Theile bei 4100 Grad C. getrocknet, enthalten: I. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 66,19 Kohlensaure Bittererde. . . . 0,66 Eisenoxyd und Thonerde nebst Phosphorsaurer Kalkerde . 9 67,72 II. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: ENT ee A 9 Thonerde und Eisenoxyd . . . 1,99 Kalk und Bittererde-. -. - - . 0,30 31,15 IIRT AVeriscre 7 E00 ee. nen nern SE 1.5 100,00 Kalkstein (Pläner) von Tecklenburg. Harter, graulich weisser Kalkstein mit muschligem Bruch, oft mit Kalkspathadern durchzogen. Beim Schleifen zeigen sich zahlreiche, nicht näher bestimmbare organische Reste. 100,00 Theile desselben bei 4 100 Grad C. getrocknet, enthalten: A. In Salzsäure löslich: Kohlensaure Kalkerde . . . . 92,11 Kohlensaure Bittererde . -. - . 0,60 Thonerde mit Eisenoxyd . . . 0,87 93,58 B. Silikat: Kieselerde - ar& .. 35 zul Thonerde mit Eisenoxy 0 en Bitiererdeis 2 3 2aR El EFT Be 7 0 9 EEE RER Organische Substanz . . . . . Spur 6,42 100,00 141 Grünsandstein des dritten Grünsandflözes (nach BEcKS), Das zur Analyse benutzte Material stammt aus Büderich bei Werl. Ein hellgrüner, vielfach als Baustein benutzter Sand- stein, der ungefähr zu gleichen Theilen aus Quarz- und Glau- konitkörnern besteht, die durch ein kalkiges, meist phosphor- säurereiches Cäment verbunden sind. 100,00 Theile enthalten: I. In Salzsäure lösliche Theile: Kohlensaure Kalkerde. . . . . 19,7 Kohlensaure Bittererde . . . . 0,4 Phosphorsaure Kalkerde. . . . 2,6 Bisenoxy@apgE 28 22,00, 2... 09 NINE I VE EEE a LEER 1,6 23,2 II. Durch Schwefelsäure zerlegbares Sili- kat (Glaukonit?): BKuesalsäpizeg ner en ds Basengxydul „. ‚risieiknanii äh Uhopnerde,. ymyetıp3.uhrenastts her - Dec Bittezerder 7, a0 rc ta ala ee see ee WaSSerU ae Ba" Sch IH. Anz 8 ee erererteae, ie ETRTE Grünsandstein des dritten Grünsandflözes von Lohne bei Soest: Eine dichte, harte Varietät von blaugrüner Farbe mit vie- len weissen Punkten. Letztere lösen sich unter Brausen in Säu- ren auf. Die Analyse zerfiel in 1) Untersuchung des in Salzsäure löslichen Antheils, 2) Zerlegung des in Salzsäure unlöslichen Restes durch Schmel- zen mit Kalinatron, 3) Bestimmung des Alkalis durch Aufschliessen vermittelst Flusssäure, und 4) Wasserbestimmung. Die Bestimmung des im Mineral enthaltenen Eisenoxyds geschah durch metallisches Kupfer. Die Phosphorsäure wurde mit mo- 142 lybdänsaurem Ammoniak abgeschieden und darauf an Magnesia übertragen. Es enthielten 100,00 Theile des bei + 100 Grad C. getrockneten Grünsandsteins: I. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 39,50 Kohlensaure Bittererde . . . . 7,23 Kohlensaures Eisenoxdul . . . 7,54 Phosphorsaure Kalkerde . . . 3,90 Basenoxyar..; au 22.0 ET Dhonerde.ös. 0... 1 2BaRE AU 61,11 II. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Kieselsäufer. 2 RR Zihonerdeem 00 ua er EA 37,56 III. Ras a ie er AO 0,03 IV: Wasser .» ... 0 0298 HL 0,62 y9,32 99,32 Vergleicht man die Zusammensetzung dieser beiden, zum obersten Grünsandflöz gehörigen Gesteine, so fällt uns die grosse Menge Eisenoxydul- und Bittererde-Carbonat, so wie der bedeu- tende Gehalt an kohlensaurer Kalkerde im Grünsand von Lohne auf. Gewiss bedingen diese Carbonate zum grossen Theil die Festigkeit des Gesteins, aber auch der Mangel an Glaukonit- körnern und Quarzsand trägt dazu nicht wenig bei. So scheint sich auch für den Grünsand der Ausspruch F. RoEMER’s zu bestätigen, dass die zur Turon-Gruppe gehörenden Gesteine in der Richtung von Westen nach Osten an Festigkeit zunehmen. B. Gesteine der Senon=- Gruppe. Thonigkalkige Gesteine (eigentliche Kreidemergel). Kreidemergel vom Herrensteinberg bei Hamm. Grauer, wenig fester, in unregelmässigen Stücken brechen- der, häufig knotiger Mergel. Giebt gebrannt einen guten Mörtel. 100,00 Theile enthalten: 143 A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . .. 81,90 Kohlensaure Bittererde . . 2. 0,20 8430 Kohlensaures Eisenoxydull . .„ . 1,60 i Thonerde. . . .» . 0,60 B. In Salzsäure unlösliche Deinen Kieselsäure‘ este giain sl Thonerdus® 12 «2.0... eher Eisenoxydi# „ 2.2082... 2100000 Kelkerderst: . nn u Itbursensi 0, Kal NEN ee ag Rede 2 a OA 99,20 Die den festeren Kreidemergel bedeckende weiche Mergel- schicht enthält: In Salzsäure lösliche Be endinde: Kohlensaure Kalkerde u. s. w. . 63,53 In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Thon urssw.. : SUENE sauna dt Die sehr weichen, unter dem Diluvium des Lippethales vor- kommenden Senon-Mergel enthalten: Kohlensaure Kalkerde . . . . . 40 Thonerde und Eisenoayd . . .. 4 Thon KB 9 1 I EOAN AR ae Kreidemergel von Drensteinfurth. Das Gestein ist dunkler und gleichförmiger als das vorige. 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde. . . . . 53,64 Kohlensaure Bittererde . . . . 2,00 Kohlensaures Eisenoxydul =: hei. berd,12 Thon - B. In Salzsäure a Dee Kieselsäure . . . BRENZ. T'honerde mit einer Se Eisenoxyd 4,63 an En ee) Kalkerde Fir 43,77 Biliererdes, a Auen 1 03 Wasser und organische Substanz . 0,53 Alkali. ER NS Spur 100,53 144 Plattenförmiger Kreidekalkstein vonEnnigerloh bei Beckum. (Ganz ähnliche Gesteine finden sich auch bei Stromberg und Sendenhorst.) Fester, grauweisser Kalkstein mit splitterigem Bruch. Bricht in Platten von ca. 6 Zoll. Dicke. Dient.zu Flurplatten. 100,00 Theile enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: _ Kohlensaure Kalkerde . - . . 92,40 Kohlensaure Bittererde . . . . . 0,72 Kohlensaures Eisenosydull . . . . 1,73% 95,39 Phonerded®9 .: .. : za Ne 2,0536, Kieselsäure ERRTTEN % 0,18 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Brenleaimre 74 2. art te Thonerde .. -... eilsdibastent sl Eisenoxydul 2 .. .7..2.0000%.. 0,20%..4,00 Bittererde - .: Sedo ein Wasser und organische Substanz . 0,42 100,92 Unter den in Salzsäure unlöslichen Bestandtheilen erkennt man unter dem Mikroskop: Feine, nicht zahlreiche Quarzstückchen, Thon und einige dunkelgrüne Glaukonitkörnchen, Letztere fehlen den mehr südlich vorkommenden Kreidemergeln der Umgegend von Hamm, während sie in den plattenförmigen Kalksteinen von Stromberg ebenfalls wieder erscheinen. Harte weisse Kreide der Umgegend von Ahaus (von der Windmühle bei Wüllen). Sie ist äusserlich oft gar nicht von eigentlicher Schriftkreide zu unterscheiden und wird nicht selten selbst schreibend. Das feinste Pulver derselben zeigt bei 300 maliger Vergrösserung sehr deutlich die von EHRENBERG zuerst in der Schriftkreide aufge- fundenen Kreidekörperchen. Kreisrunde oder länglichrunde Kör- per mit dunklem Kern und hellerem, gleichsam gegliederten Rande. ER (In den nachfolgenden Analysen ist die kohlensaure Kalk- erde nicht direct bestimmt, sondern aus dem Verlust berechnet). 100,00 Theile derselben bei +100 Grad C, getrocknet, enthalten: 145 A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 96,77 Kohlensaure Bittererde . . . . 0,62 Thonerde mitSpuren von Eisenoxyd und phosphorsaurer Kalkerde . 0,47 97,86 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Rieselsattant a TR A Thonerde mit Eisenoxyd . . . 0,59 Bütterende 004.03 23... ac 0 Kaleisniei ne urn. 0,0% 2,14 C. Wasser und organische Substanzen . Spuren 0000 Harte, weisse Kreide von Graes bei Ahaus. Sie ist grauer, ungleichförmig hart, zeigt auf dem Bruche zahlreiche Nadeln von Amorphozoen und hinterlässt beim Schläm- men ausser diesen Nadeln viele Bruchstücke von Inoceramus- Schalen. 100,00 Theile enthalten, bei - 100 Grad C. getrocknet: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 94,81 Kohlensaure Bittererde . . . . 0,30 Thonerde mit Spuren von Eisenoxyd und phosphorsaurer Kalkerde. 0,49 95,60 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Korselsauer . nee Thonerde mit Eisenoxyd . . . 1,12 Bntlererdes ne as si een 008 Kalle u ne ER sie AT Eugen} C. Wasser und organische Substanzen . Spuren 100,00 Die ebenfalls hierhin gehörende, aber noch festere Kreide von Wessum riecht beim Anschlagen stark nach Asphalt und das Pulver derselben giebt an Aether eine Spur bituminöser Substanz ab, welche beim Erhitzen ebenfalls einen asphaltartigen Geruch verbreitet. Dieses Verhalten erinnert an die harte, Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL 1, 10 146 weisse Kreide von Weseke (ef. RoEMER, in den Verhandlungen des naturhist. Vereins für Rheinland-Westfalen 1854. S. 155). Auch die Kreidegesteine von Darfeld, zwischen Coesfeld und Horstmar, führen, wie diejenigen von Weseke, Asphalt, und lie- gen wohl auch im Bereiche der sogenannten harten weissen Kreide. Sandigkalkige und sandigmergelige Gesteine. Kalkiger Sandstein von Dülmen. Blaugrauer, ziemlich fester, sehr feinkörniger Sandstein, wel- cher mannigfache Anwendung als Baustein findet. Er braust heftig mit Säuren und lässt beim Auflösen in Salzsäure Quarz, Thon und einige wenige gelbgrüne Körnchen von Glaukonit zurück. . Das bei 4 100 Grad C. getrocknete Steinpulver enthält: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 56,82 Koblensaure Bittererde . . . . 0,38 (Thonerde) und Eisenoxyd . . 2,19 59,39 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Kieselämme..d: 2.000 a 12 08,20 Thonerde mit Spuren von Eisen- oxyd und Eisenoxydul . . . 1,28 Bütererdag cn » Hr. 0.0. 0 0,1 Natron und eine Spur Kali . . 0,32 40,19 C. Kohlenstoff und Wasser. . . . . 0,42 0,42 100,00 Kalkiger Sandstein von Coesfeld. Gelblichweisser, nicht sehr harter, feinkörniger, kalkiger Sandstein. Ebenfalls ein beliebter Baustein. Auch dieser braust mit Säuren und hinterlässt, ausser einigen Glaukonitkörnern, Quarz und Thon, 100,00 Theile desselben, bei + 100 Grad C. getrocknet, enthalten: 147 A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 71,14 Kohlensaure Bittererde . . 2. 0,54 Eisenoxyd (mit etwas Thonerde) 1,59 73,27 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Kieselsäure:. vl dibanmsasl. 0128559 Thonerde mit (Eisenoxyd - Eisen- oxydul)i. ı, vba) rss 1 Bittererdsie: Wild. 2 er. 02 Natron (und eine Spur Kali) . 0,19 26,51 C. Wasser und organische Substanz . 0,22 0,22 100,00 Der kalkige Sandstein von Lemförde und Haldem ist äusser- lich dem Coesfelder sehr ähnlich. Seine chemische Zusammen- setzung. ist nach A. ROEMER: Kohlensaure Kalkerde . . 26,0 Bisenoxyd, 2,0. on. AD Fhonerde „1. ee 32 Kieselsäure . . ... .. = 59,0 Wasser NUCRISNERD PDT. 850 100,0 Kalkigsandiges Gestein von Cappenberg. Kalkigsandige, nicht sehr feste, meist stark zerklüftete Ge- steine, von grünlichbläulichgrauer Farbe. Der Steinbruch, wel- cher dieses zum Strassenbau benutzte Material liefert, liegt auf dem Hofe des Oekonomen Struckmann. Das Gestein ist reich an Petrefakten; namentlich kommen: ; Inoceramus cancellatus, Belemnitella quadrata, Zähne von Oxyrrhina Mantell:, Pollicipes glaber u. s. w., häufig vor. 100,00 Theile des bei 4 100 Grad C. getrockneten Gesteins bestehen aus: 10* 148 A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . 52,82 Kohlensaure Bittererde. . . . 0,40 Eisenoxyd und Thonerde . . . 2,38 Phosphorsaure Kalkerde . . . Spur 55,60 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Kieselsäure. astra 38,96 Thonerde mit Eisenoxyd und Eisenogydal.;.. Au. u. 30 Bittererd&t9 u: kin ae an 44 Natzen. und. Ralı-.. 24.22.20. 2..2%.2%.:0,62 43,76 C. Wasser und organische Substanz . 0,64 0,64 100,00 Die aus Salzsäure unlöslichen Bestandtheile bestehen aus Quarzkörnern von verschiedener Grösse, Glaukonit und Thon. Wei- ter nach Norden und nach Nordwest gehen diese mürben Ge- steine allmälig in sehr feste, meistens weisse, anscheinend rein quarzige Massen über, welche bei Solm und Netteberg vielfach gewonnen und als beliebtes Strassenbaumaterial benutzt werden. Sie bestehen: a. Aus Quarzkörnern verbunden durch kohlensauren Kalk. Meistens weisse oder graulichweisse, sehr feste Steine. Nach einer Probe enthalten sie: in Salzsäure lösliche Bestandtheile: (Kohlensaurer Kalk mit Spuren von Eisenoxyd u. Thonerde) 38,5 in Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Otlarz ri ‚niet a „ame Kanal Ba 100,0 Sie umschliessen mitunter Nieren eines mergeligen Kalk- steins, und die in ihnen enthaltenen Petrefakten sind nicht sel- ten mit einer dünnen glaukonitischen Rinde umgeben. b. Aus Quarzkörnern verbunden durch Schwefelkies. Letzterer waltet oft bedeutend vor und ist in neuester Zeit Gegen- stand technischer Benutzung geworden. c. Aus Quarzkörnern verbunden durch Eisenoxydhydrat. Diese bilden braunrothe, oft unförmliche Massen und ähneln in ihrer Zusammensetzung den von F. ROEMER erwähnten 149 Röhren von Eisensandstein aus den Borkenbergen bei Dülmen. d. Aus Quarzkörnern verbunden durch Eisenoxyd, welche hell- rothe Gesteine darstellen, Südlich von dem oben erwähnten Steinbruch des Oekonomen Struckmann zu Cappenberg in der Richtung nach Lünen kommen sandigmergelige Schichten vor, welche in der Tiefe kalkiger wer- den, eine gelbliche Farbe und bedeutende Härte besitzen. Diese bestehen in 100,00 Theilen aus: Kohlensaure Kalkerde . . . „2. 80,94 Kohlensaure Bittererde. . . .....01,28 Eisenoxyd mit etwas Thonerde . . . 1,98 Quarz mit wenigem Glaukonit und Thon 15,20 NyERSER Wr 3 en 5, 7‘ 100,00 Sandigmergelige Gesteine der Umgegend von Olfen und Recklinghausen. Mergelsandstein von Sülsum. Südlich von Olfen, in der Bauerschaft Sülsum gewinnt man in einem ziemlich bedeutenden Steinbruch einen blaugrauen, feinkörnigen, mürben Mergelsandstein, welcher beim Bau der Olfen-Castroper Chaussee als Packlagestein benutzt wird. Von Petrefakten kommt besonders häufig /noceramus cancellatus darin vor. Bei starker Vergrösserung erkennt man ausser Quarz- körnern einige Glaukonitkörnchen, Thon und Röhren oder Na- deln von Amorphozoen.. 100,00 Theile dieses Mergelsandsteins, bei + 100 Grad C. getrocknet, enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Koblensaure Kalkerde . . . 2..2..8393,67 Kohlensaure Bittererde . . 2.2 .2..0,47 Eisenoxyd und Thonerde . . 2... 1,28 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Quarz mit Thon und Glaukonit . . . 64,24 C. Wasser und Kohlenstoff . . ui ssninn +0,64 - 100,00 Auf dem linken Lippeufer kommen ganz ähnliche Gesteine bis in der Nähe von Recklinghausen vor. In den jetzt verlasse- 150 nen Steinbrüchen des Netthöfeler Berges bei Datteln bricht ein etwas hellerer und festerer Mergelsandstein von fol- gender Zusammensetzung. 100,00 Theile desselben, bei + 100 Grad C. getrocknet, enthalten: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile : KohlensauresKalkerdeis.4 4» weni 323837 Kohlensaurg: Bittererde... Te. adane 3,440,94 Thonerde und Eisenoxyd . . »......1,58 Phosphorsaure Kalkerde . . . 2... Spur B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Quarz mit Thon und wenig Glaukonit 73,86 ©. Wassek,3t. art krudissiuld eier Kar 100,00 Die verlassenen Mergelgruben der Loosheide bei Dat- teln förderten ein sehr weiches, dunkelgraublau gefärbtes Ma- terial, welches, bei 4100 Grad C. getrocknet, in. 100,00 Thei- len enthält: A. In Salzsäure lösliche Bestandtheile: Kohlensaure Kalkerde . . . . . .. 18,40 Kohlensaure Bittererde . . . 2 .2...0,40 Eisenoxyd und Thonerde . . ......02,82 B. In Salzsäure unlösliche Bestandtheile: Feine Quarzkörnchen mit wenig Thon und\Glaukenitginl ,. 2abrieesd „3077,09 C. Wasser und Kohlenstoff . . ., .0.02 1,29 100,00 Vergleichen wir die hier erhaltenen-Resultate, so finden wir bestätigt, was sich auch schon bei der Untersuchung der Pläner- kalke von Hörde ergeben hatte, dass die Festigkeit der Gesteine mit der Zunahme des kohlensauren Kalkes zu- und mit der Zu- nahme der Quarz- und Glaukonitkörner abnimmt. Eine allei- nige Ausnahme macht der weisse oder gefärbte, feste, kalkige Sandstein von Netteberg, welcher bei bedeutendem Quarzgehalt (60 pCt.) dennoch sehr fest ist. In letzterm Falle liegen aber die Quarzkörner in einem krystallinischen Teig von kohlensau- rem Kalk (oder Schwefelkies). Druck von J. F. Starcke in Berlin. Anzeige. Dünnschliffe verkieselter Hölzer. Ich habe eine Reihe von verkieselten Hölzern in Dünn- schliffen untersucht und glaube, dass es manchem erwünscht sein wird, solche Dünnschliffe zu erhalten. Ä Bei dem Dünnschleifen der Versteinerungen macht es nicht viel Unterschied, ob man ein kleines Stückchen oder mehrere Quadratzoll zugleich bearbeitet. Für die Vollkom- menheit des Schliffes, besonders ın Bezug auf den Paralle- lismus der beiden Flächen, sind sogar grössere Stücke bei weitem vorzuziehen. Die ganze Operation ist aber so kostbar, dass nur wenige Lust haben werden, sich darauf einzulassen. Hat man aber einmal dergleichen Präparate anfertigen lassen, so ist das Material genügend, um eine grössere Anzahl von Präparatensuiten herzustellen. In die- ser Weise bin ich zu Werke gegangen und biete eine sol- che Suite von zwölf Species hiermit zum Verkauf aus. Fände die Sache Anklang, so würde ich mich dadurch in den Stand gesetzt sehen, mit geringeren Opfern von meiner Seite die Untersuchungen fortsetzen zu können. Von jeder Species sind die drei charakteristischen Schnitte zwischen zwei Glastäfelchen unter Kopallack vereinigt. Jedes Präpa- rat hat circa 2 bis 3 Quadratlinien Oberfläche. Ich liefere diese zwölf Species in zwölf Täfelchen oder 36 Dünnschliffen Liebhabern gegen portofreie Einsendung von 6 Thalern preuss. Cour. Die in diese Suite aufgenommenen Species sind folgende: Il. Farnkräuter: Psuronius Cottai CoRDA. I. Coniferen: Peuce sibirica SCHLEID,. Peuce australis Une. Peuce dubia ScHLeEin. Peuce Schmidiana SCHLEI. Peuce pauperrima SCHLEID. Dadozylon stigmolithos EnDL. Dadoxylon Keuperianus EnDL: IH. Dicotyledonen: Ungerites tropicus SCHLEID. Schmidites vasculosus SCHLEID. Schimperites leptotichus SCHLEID. Quercinium compactum SCHLEID. Das nähere über diese Hölzer findet man in folgender Schrift: „Weber die Natur der Kieselhölzer von E. E. Scnmip, Dr. und M. J. ScHLeipen, Dr. Jena bei MAukE 1855°*. Jena im Februar 1856. M. 3. Schleiden, Dr. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 2. Heft (Februar, März, Aprıl 1856). A. Verhandlungen der Gesellschaft. l. Protokoll der Februar - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 6. Februar 1856. Vorsitzender: Herr v. Carnarr. Das Protokoll der Januar-Sitzung wird verlesen und ge- nehmigt. Der Gesellschaft sind die folgenden Mitglieder beigetreten: Herr v. RICHTHOFFEN, Dr. phil., zur Zeit in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren Weiss, Rose und BEYRIcH; Herr KniBBeE, Berggeschworner in Fürstenwalde, vorgeschlagen durch die Herren v. MIELECKI, BEYRICH und V. CARNALL; Herr SERLO, Salinenfaktor in Königsborn, vorgeschlagen durch die Herren Huyssen, REDTEL und V. CARNALL; Herr Baron pu GraTv, Direktor des argentinischen Mu- seums in Parana in den Laplata-Staaten, vorgeschlagen durch die Herren v. GüLıcHh, EWALD und V. CARNALL. Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: A. An Geschenken: BOoRNEMARNN. Ueber organische Reste der Lettenkohlen- gruppe Thüringens. Mit 12 Tafeln. Leipzig 1856. Henser. Ein Beitrag zur Kenntniss fossiler Ueberreste aus der Gattung Arctomys. Mit 2 Tafeln. -- Separatabdruck. Ta. Liege. Vorläufige Notizen über die Beimengungen der Zechsteinkalke und ihre Beziehungen zur Färbung dersel- ben. — Separatabdruck. Zeits. d.d. geol. Ges. VIU.2. 11 152 G. JenzscH. Dritter Nachtrag zur Abhandlung ,„Amyg- dalophyr, ein Felsitgestein mit Weissigit, einem neuen Minerale in Blasenräumen “. — Separatabdruck. PeeEster. Die Temperatur von Emden. 1855. — Von der naturforschenden Gesellschaft zu Emden. Protokoll einer Versammlung des Vereins zum Zweck geo- logischer Detailaufnahme im Grossherzogthum Hessen und an- stossenden Landestheilen, verhandelt Frankfurt den 23. Septem- ber 1855. | Bekanntmachung über die Stiftung einer geographischen Gesellschaft in Wien aus der „Wiener Zeitung“ vom 5., 6. und 7. December 1855. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Berg- und hüttenmännische Zeitung 1855 No. 27 bis 52 und 1856 No. 1 und 2. Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Jahr- gang 12. Heft 1. Annales des Mines. Cing. Serie T. V1. Livr. 5 et 6 de 1854, und 7. VI. Livr. 1 de 1855. Bulletin de la socict2 geologique de France. Deux. Ser. T. Xll. Feuilles 12—43 und Register zu T. AT. Bulletin de la societe des Naturalistes de Moscou. 1854 No, 25:8, 441.183 No. 4: Herr H. Rose gab Nachricht über ein unter neuen, von Herrn TucHEn eingesendeten Vorkommnissen aus dem Vonder- heydt-Schacht bei Stassfurt beobachtetes Doppelsalz, welches aus Chlorkalium und Chlormagnesium besteht. Chlornatrium ist nicht darin enthalten, Schwefelsäure gar nicht oder nur in Spuren. Merkwürdig ist, dass dasselbe Doppelsalz aus der- Mutterlauge von Schönebeck erhalten wird. Dem als Mineral in der Natur noch nicht vorgekommenen Salz wurde von dem Herrn Redner der Name Carnallit beigelegt. Herr v. MiELEcKI gab Erläuterungen zu einer für die geo- logische Uebersichtskarte von Deutschland ausgearbeiteten Zu- sammenstellung aller in den östlichen preussischen Provinzen bis jetzt bekannt gewordenen Vorkommen von Braunkohlen. Ausser den Braunkohlen sind auf der Karte die Vorkommen von Alaun- erzen und marinen tertiären Thonen angezeigt. Herr Ewa berichtete über mehrere von Herrn yv. GüLIcH, 153 Preuss. Geschäftsträger in Buenos-Aires gemachten Einsendun- gen und Mittheilungen. Dieselben betreffen 1. Eine Reihe Tertiärgebirgsarten aus der Gegend von Mercedes im Staate Uruguai. Die Absicht des Herrn v. GüLıch war gewesen, Proben von dortigen Thonen zu übersenden, wel- che Darwın in seinen Observations on South America erwähnt und für älter als die durch eine Anzahl polygastrischer Infuso- sien und Reste grosser Landsäugethiere charakterisirten Pampa- thone anspricht, während »’OrBIGny beide Thone für gleich- alterig hält. Indess hatte der Dr. VAsconcELLos, welcher bei Mercedes wohnt, und an den sich Herr v. GüLıcH gewandt hatte, diese Thone noch nicht herbeischaffen können. Es wird die Ein- sendung. derselben für die Zukunft in Aussicht gestellt und na- mentlich gewünscht, dass eine auf mikroskopische Untersuchung gegründete Vergleichung mit den Pampathonen an ihnen ange- stellt werde. Die einstweilen vom Dr. VASCONCELLOS gesam- melten, vorliegenden Gebirgsarten sind aus unmittelbarer Nähe von Mercedes und bestehen aus sandigen Kalken und kalkigen Sandsteinen, in welchen Chalcedon theils Schnüre, theils unregel- mässige Massen bildet. 2. Eine ausführliche Abhandlung des Dr. VASCOXNCELLOS über ein Kohle- und Eisen-führendes Schichtensystem, welches in der brasilianischen Provinz S. Pedro do Sul zwischen dem granitischen Gebiete des Serro do Roque und dem Flusse Jacuhi entwickelt ist. In dieser Abhandlung, welche von einer Karte und Profilen begleitet wird, ist dargethan, dass das Kohlen-füh- rende Gebirge zwar durch die Pflanzenreste, welche sich darin gefunden haben, seinem Alter nach nicht bestimmt werden kann, dass dasselbe aber nach der Beschaffenheit der Kohie selbst und mit Rücksicht auf die aus benachbarten Landstrichen bekannten Gebirgsverhältnisse nicht als ein altes Kohlenterrain, sondern als ein der Tertiär- oder höchstens der Kreideperiode angehöriges betrachtet werden muss. 3. - Eine Anzahl Erzstufen aus den Erzdistrikten des Innern der Laplata-Staaten, auf welche sich, seitdem die Minen von Co- piap6 auf der Westseite der Anden einen geringeren Ertrag als in früheren Zeiten geben, die Aufmerksamkeit immer mehr ge- richtet hat. Ein Theil der eingesandten Stufen ist vom Direktor der argentinischen Museen zu Paranaä, dem Baron pu GRATY, 117 154 mitgetheilt und stammt aus der Provinz la Rioja, wo die Minen auf den Ausläufern der östlichen Andenseite liegen und zu sehr grossen Höhen über dem Meere ansteigen. Ein anderer Theil der Stufen ist von einem der bedeutendsten Grubenbesitzer der Laplata-Staaten ManveL MALBRAN an Herrn v. GürıcH einge- sandt worden und rührt aus den Provinzen Cordova und Cata- marca her. Sämmtliche vorliegende Erzstufen bestehen aus silber- haltigem Bleiglanz, gediegenem Silber und verschiedenen Kupfer- erzen, namentlich Kupferkies, Kupfergrün und Kupferlasur. Die dort ebenfalls vorkommenden Nickelerze werden für eine künftige Sendung angekündigt. Das argentinische Kupfer wird über Buenos-Aires nach den vereinigten Staaten, England, auch wohl Hamburg ausgeführt, das Nickel von den Häfen der Westküste aus unter dem Namen des chilenischen Nickels nach Europa gesandt. Herr HexseL gab eine Uebersicht über den Inhalt einer für die Oberbergamts-Sammlung in Berlin neuerlich angekauften, von dem verstorbenen Bergrath STEINKOPF angelegten Samm- lung von Einschlüssen aus den Torflagern des Havelbruchs. Neben Kunstprodukten der verschiedensten Zeiten, zum Theil auf die frühesten Bewohner des Landes zurückweisend, fanden sich 1) vom Mensch 2 Schädel, von denen der eine ziemlich gut erhalten ist, mit auffallend niedriger Stirn, aber sonst nicht abweichend; 2) Bos, Zähne von nicht bestimmbaren jungen In- dividuen; 3) Hirsch, Zähne noch nicht abgekaut von jungen Thieren und Fragmente von Geweihen; 4) Elen, Backzähne, stär- ker abgekaut als die vom Hirsch, und zahlreiche schöne Geweihe, meist nicht von alten Thieren; 5) Pferd, Zähne; 6) Schwein, Zähne theils jung, theils alt. Am meisten überwiegen in der Sammlung die Reste vom Elen, vielleicht nur, weil sie als be- sonders auffallend vorzugsweise gesammelt wurden. Anschliessend gab Redner eine Uebersicht der anderwärts im Torf beobachte- ten hier aber fehlenden Säugethierformen. Als Resultat einer kritischen Beurtheilung abweichender Angaben ergab sich, dass eben so wenig wie der Riesenhirsch, andre der diluvialen Säuge- thierfauna angehörende ausgestorbene Arten von Säugethieren mit Bestimmtheit als im Torf vorkommend angenommen werden können. Herr RAMMELSBERG sprach über die Krystallform des Va- nadinbleierz von Windisch-Kappel, das ihm von Herrn CAnAvAL 155 mitgetheilt wurde. Die Krystallform ist ein Dihexaeder mit einem Endkantenwinkel von 142° 30‘ Beim phosphorsauren Bleioxyd ist dieser Winkel 142° 15°, beim arseniksauren 142° 7° und beim Apatit 142° 20°. Diese Verbindungen sind demnach iso- morph, was für die Bestimmung der Atomgewichte von Bedeu- tung ist. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. V. CARNALL. BEYRICH. . 2. Protokoll der März - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 5. März 1856. Vorsitzender: Herr v. CARNALL. Das Protokoll der Februar- Sitzung wird verlesen und ge- nehmisgt. Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: Herr SIEGEMANN, Vice-Hüttenmeister zu Julius-Hülte bei Goslar, vorgeschlagen durch die Herren v. STROMBECcK, EWALD und BEYRICH; Herr JOHANN KUDERNATSCH, k. k. Bergamts-Adjunkt zu Steierdorf, vorgeschlagen durch die Herren ZERRENNER, NAUMANN und v. CARNALL. Für die Bibliothek sind eingegangen: A. Als Geschenke: ZERRENNER. Die nationalökonomische Bedeutung der Krim, Wien 1856. PETER Tunner. Bericht über die auf der Pariser Welt- ausstellung von 1855 vorhandenen Produkte des Bergbaus und Hüttenwesens. Wien 1855. — Geschenk des Herrn ZERRENNER. Suess. Ueber Megantheris, eine neue Gattung von Tere- bratuliden. — Separatabdruck. Suzss. Notice sur l’appareil brachial des Thecidees, tra- duit par E. DesLonschamrs.: Oaen 1855. — Separatabdruck. Hörnes. Ueber einige neue Gastropoden der östlichen Al- pen. Wien 1856. — Separatabdruck. 156 v. CarnauL. Die Bergwerks-Verhältnisse in dem preussi- schen Staate. Berlin 1856. — Separatabdruck. v. Carnaur. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Sali- nenwesen in dem preussischen Staate. Band III. Lieferung 4. B. Corra. Die Lehre von den Erzlagerstätten. Erste Hälfte. Freiberg 1854. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Band 15. Erstes Heft. | Herr v. BEnnIGsen-FÖRDER sprach über die geognostische Beschaffenheit des Bodens der nächsten Umgebung von Potsdam. Als Tiefstes erscheint in der Gegend nördlich von Sanssouei bei Bornstedt ein Thon, welcher vom Redner dem Thon von Hermsdorf parallel gestellt wird. Darüber folgen Sande, in wel- chen sich nach oben häufig Bryozoen-Reste finden, mit deren Untersuchung Herr v. HaGEnow beschäftigt ist. Darauf folgt entweder unmittelbar der Geschiebemergel oder zuerst eine Ge- röllschicht, und über dem Geschiebemergel der Geschiebelehm. Die Ablagerung des Geschiebemergels stellt Redner in Parallele mit dem unteren kalkreicheren Theil der Lössablagerung im Rheinthale, welcher sich von den aufliegenden kalkärmeren oder kalkfreien Lagern in ähnlicher Weise unterscheide, wie der Ge- schiebemergel vom Geschiebelehm in östlicheren Gegenden der norddeutschen Niederung. Herr Karuc von NipDA zeigte interessante neue Mineral- Vorkommnisse aus den oberen Steinsalzlagern in dem Vonder- heydt-Schachte zu Stassfurt. Herr @. Rose sprach über den sogenannten dichten Borazit von Stassfurt und machte auf die Verschiedenheiten desselben von dem Borazite von Lüneburg aufmerksam. Er hat das An- sehen einer dichten weissen Masse; betrachtet man ihn aber un- ter dem Mikroskop, so erscheint er bei 360 maliger Vergrösse- rung als ein Aggregat von lauter ziemlich grossen Krystallen von prismatischer Form, in welcher die Krystalle des regulären Systems, wozu der Borazit von Lüneburg gehört, nie erscheinen. Gepulvert löst er sich in erhitzter Chlorwasserstoffsäure mit grosser Leichtigkeit auf, und aus der Auflösung krystallisirt nach einiger Zeit Borsäurehydrat heraus; vor dem Löthrohr auf der Kohle schmilzt er zu einer Kugel. Der Borazit von Lüneburg, auch zum feinsten Pulver zerrieben, löste sich, in derselben Chlor- 157 3 wasserstoffsäure viel längere Zeit gekocht, gar nicht auf, und vor dem Löthrohr kann er auf der Kohle nicht zur Kugel geschmol- zen werden; man muss einen stärkern Luftstrom anwenden und dazu den feinen Splitter mit der Platinzange halten, dann schmilzt er an den Kanten unter denselben Erscheinungen. Beim Erkalten der geschmolzenen Masse tritt aus der Oberfläche eine Menge kleiner Blasen hervor und die Oberfläche bedeckt sich mit feinen prismatischen Krystallen, die unter der Lupe ganz deutlich sind. Auch ist das specifische Gewicht des Stassfurter Minerals, das nach Kaßsten 2,9134 beträgt, von dem des Bo- razits, 2,955 nach RAMMELSBERG, zwar nicht viel doch immer etwas verschieden. Die Eigenschaften des Stattfurter Minerals sind demnach so abweichend von denen des Borazits, dass man dasselbe für ein besonderes Mineral zu halten genöthigt ist, wo- für der Vortragende den Namen Stassfurtit vorschlägt. Da derselbe indessen nach KARSTEN dieselbe chemische Zusammen- setzung hat, so muss man ihn, wenn sich diese bestätigt, mit dem Borazit für heteromorph halten, und man könnte vielleicht auf diese Weise eine Erscheinung beim Borazite erklären, die bisher etwas sehr Räthselhaftes hatte, dass er nämlich häufig un- durchsichtig und nur aus fasrigen Theilen zusammengesetzt er- scheint, die auf den Krystallflächen, und namentlich den Dode- kaeder- und den Hexaederflächen senkrecht stehen. Man könnte nun annehmen, dass diese Krystalle Pseudomorphosen von Stass- furtit wären, dessen fasrige Individuen auf den Krystallflächen senkrecht stehen, wie dies öfter bei Pseudomorphosen vorkommt, wie z. B. bei dem geschmolzenen Zucker, wenn er undurchsich- tig geworden ist, oder bei den Pseudomorphosen von Göthit nach Eisenkies. Sind aber die Borazite mit fasriger Struktur als in Stass- furtit verändert anzusehen, so müssen sie in Chlorwasserstoffsäure leicht auflöslich und vor dem Löthrohr auf der Kohle schmelzbar sein. Das letztere ist augenscheinlich der Fall; in Chlorwasser- stoffsäure dagegen löste sich zwar nicht alles, doch ein Theil auf, und aus der Auflösung schoss nach einiger Zeit Borsäure- hydrat an. Vielleicht rührt dieser Unterschied im Verhalten nur daher, dass in dem undurchsichtig und fasrig gewordenen Borazite nicht die ganze Masse umgeändert war. Ferner zeigte Herr G. Rose ein von Herrn Wegsky erhal- tenes schönes Stück Cölestin von Pschow, von anderer Krystall- form als die von Herrn von DEM BoRne beschriebenen. 158 Herr RAMMELSBERG bemerkte zu dem Vortrage des Herrn G. Rose über den Stassfurtit, dass derselbe schon in Wasser ein wenig auflöslich sei und sich dadurch wesentlich vom Boraeit unterscheide. Derselbe erklärte, dass ein unter den von Herrn Kave von NıppA vorgelegten Stücken befindliches gelbes Salz von Stassfurt eine Verbindung von Chlorcaleium mit Chlormagne- sium sei. Herr v. Cana theilte die Resultate der von Herrn SONNENSCHEIN ausgeführten Analyse eines in einem Bohrloche zu Sosnica nahe Gleiwitz getroffenen Steinsalzes mit. Dasselbe besteht aus 99,03 Chlornatrium und 0,97 unlöslichen Bestand- theilen. Ein an der Mündung des Bohrloches geschöpftes Was- ser, — geruch- und farblos, wenig getrübt, schwach salzig schmeckend, specifisches Gewicht 1,005 —, enthielt 0,0220 un- löslichen Bodensatz aus Eisenoxyd und kohlensaurer Kalkerde bestehend; die darin enthaltenen 0,2182 löslichen Bestandtheile waren 0,1680 Chlornatrium, 0,0036 Chlormagnesium, 0,0112 Chlorealeium, 0,0354 schwefelsaurer Kalk. Ein andres aus dem Tiefsten des Bohrloches geschöpftes Wasser roch nach Schwefel- wasserstoff und war durch einen schwarzen Schlamm getrübt, von ziemlich salzigem Geschmack; der schwarze Schlamm ist durch Schwefeleisen gefärbt, welches sich durch Luftzutritt oxy- dirt; specifisches Gewicht 1,01. Dieses Wasser enthielt unlösliche Bestandtheile 2,8100, lösliche Bestandtheile 0,7276, Wasser 96,4624. Die löslichen Bestandtheile waren 0,5502 Chlorna- trium, 0,0126 Chlormagnesium, 0,0664 Chlorcalerum, 0,0984 schwefelsaurer Kalk. Brom und Jod waren darin nicht zu ent- decken. Der Schlamm enthielt in trockenem Zustande das Eisen als Oxyd, schwefelsauren Kalk 3,70, Eisenoxyd 10,37, Thon 85,93. Herr v. DEcCHEN berichtete über die von ihm im Laufe des verflossenen Winters, unter Benutzung der von Mitgliedern der Gesellschaft gelieferten Materialien, ausgeführte Zusammenstellung der geologischen Uebersichtskarte von Deutschland, welche der- selbe in Folge des durch Beschluss der allgemeinen Versamm- lung in Göttingen an ihn gerichteten Gesuches übernommen hatte. Die Karte, welche zur Ansicht vorgelegt war, ist grössten- theils vollendet; es fehlen hauptsächlich noch die österreichischen Landestheile, für welche neue speciellere Materialien von Wien 159 zugesagt sind. In einem ausführlicheren Vortrage wurden die auf der Karte ausgeführten Unterscheidungen erläutert. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. ve w. 0. vV. CARNALL. DBEYRICH. 3. Protokoll der April- Sitzung. Verhandelt Berlin, den 2. April 1856. Vorsitzender: Herr G. Rose. Das Protokoll der März-Sitzung wurde verlesen und ge- nehmigt. Der Gesellschaft ist als Mitglied beigetreten: Herr KurschH, Rechtsanwalt in Berlin, vorgeschlagen durch die Herren G. Rose, TaMmsxAu und EwAaLD. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: A. Als Geschenke: Geognostische Uebersichtskarte von Deutschland, der Schweiz und den angrenzenden Ländertheilen bearbeitet von HEINRICH BacnH. Gotha 1555. — Geschenk des Herrn BERNHARD PERTHES. ZEUSCHNER. Beschreibung einer neuen /thynchonella ge- nannt ARhynchonella pachytheca. — Separatabdruck. TsCHURTSCHENTHALER. Geognostische Notizen über St. Cassian und die südtirolische Triasformation. Brixen 1853. G. v. HELMERSEn. Ueber das langsame Emporsteigen der Ufer des baltischen Meeres und die Wirkung der Wellen und des Eises auf dieselben. — Separatabdruck. EmmriıcH. Skizze der geognostischen Verhältnisse des Her- zogthums Sachsen-Meiningen. Schulprogramm. Meiningen 1855. ZERRENNER. Die Anwendung der Gasfeuerung beim Glas- hüttenbetrieb zu Tscheitsch in Mähren. Wien 1856. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: - Annales de la societe d’agriculture, sciences, arts et com- merce du Puy. Tome XVII. 1853. Annales des mines. Cing. Serie. Tome VII. 2e livr. de 1855. 160 Bulletin de la societ€ geologique de France. Deux. Serie. Tome Xll. feuilles 43—51, Tome XIII. feuille 1—2. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das Königreich Hannover. Band ]. Heft 4. Herr H. Rose gab weitere Mittheilungen über die chemische Zusammensetzung des in der Februar-Sitzung vorgelegten neuen Salzes von Stassfurt, einer wasserhaltigen Verbindung von Chlor- kalium mit Chlormagnesium, welchem er zu Ehren des Vor- sitzenden der Gesellschaft den Namen Carnallit beigelegt hatte. Herr vom RATH berichtete über die Ergebnisse der von ihm ausgeführten Analysen zweier Phonolithe, von der Lausche und von Olbersdorf. Herr EwiLn sprach, anknüpfend an das Vorkommen eines grossen Ancyloceras bei Halberstadt, worüber in einer früheren Sitzung der Gesellschaft Nachricht gegeben wurde, über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntniss von der Verbreitung und Gliederung des Gault im nördlichen Deutschland. Redner unter- scheidet einen unteren, mittleren und oberen Gault. Dem obern Gault oder dem Gault von Folkstone gehört ein Theil der so- genannten Flammenmergel im nordwestlichen Deutschland an; es gehören dahin alle Flammenmergel, die auf preussischem Gebiet in der Provinz Sachsen auftreten. Der mittlere Gault enthält die Lager von St. Paul Trois-Chateaux im Dauphing, deren organische Reste neuerlich von D’ORBIGNY zum Theil mit seinem Terrain aptien vereinigt wurden. Seit mehreren Jahren ist das Vorkommen dieses mittleren Gault im Höhenzuge des Fallsteins bekannt; er findet sich in weiterer Verbreitung im Hannöverschen nach Beobachtungen der Herren H. RoEMER und JUGLER, und in Westfalen bei Ahaus nach Beobachtungen des Herrn ZIEGLER. Der untere Gault ist das Terrain aptien pD’ORBIGNY’s mit Einschluss der Ancyloceras-Kreide. Das nord- deutsche Vorkommen desselben wurde zuerst durch v. STRoM- BECK im Braunschweigischen nachgewiesen, In dieses Niveau ist der Sandstein bei Halberstadt zu stellen, welchem der frag- liche Ancyloceras angehört. Auch in Hannover sind diese Schich- ten vorhanden, aus welehen Herr JuUGLER den Ammonites nisus besitzt. In ausgezeichneter Entwickelung wurden sie von Herrn ZIEGLER bei Ahaus beobachtet, so dass sich ihre Verbreitung aus dem Braunschweigischen bis an die Grenzen von Holland erstreckt. 161 Herr Tamsau legte neue Vorkommnisse des Mesotyp von Leipa in Böhmen vor. Herr BEexkıcH gab eine vergleichende Uebersicht von der zum Theil erheblichen Verschiedenheit in den Formationstren- nungen, welche auf der von BacH bearbeiteten, von Herrn PErR- tus der Gesellschaft als Geschenk übergebenen geologischen Uebersichtskarte von Deutschland und auf der von Herrn v.De- CHEN auf Grundlage der Arbeiten von Mitgliedern der Gesell- schaft ausgearbeiteten Karte eingeführt sind. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. G. Rose. BEYRICH. - 162 B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr Horsfann an Herrn G. Rose. St. Petersburg, den 18. Januar 1856. Der Sommer war dem Revier von Katharinenburg selbst gewidmet, welches, mit Ausnahme des kleinen Bezirks von Ut- kinsk, jenseits des Gebirges liegt, und von dem Sie einen guten Theil aus eigener Anschauung kennen. Das von mir untersuchte Gebiet ist etwa 100 Werst breit und 150 bis 200 Werst lang, und viel durchkreuzt worden. Es wird von mancherlei Schie- fern und Schichten zusammengesetzt, die gewiss aus den Schich- ten der Bergkalkformation hervorgegangen sind. Man erkennt, mögen sie auch noch verändert und durch Bildung fremder Mineralien unkenntlich gemacht sein, doch immer die Schiefer- thone, Sandsteine, Conglomerate und Kalksteine dieser so über- aus mächtig entwickelten Formation, durch welche grosse und kleine Granitit-Inseln, die Ausgehenden eines ausgedehnten Pla- teaus hervorbrechen, unregelmässig und nicht gangartig, wie TscHAIKOWSKY es ansah. Diorit oder Diabas, denn Chlorit fehlt fast nirgend, kommt nächst Granitit am häufigsten vor, und dann entfernter vom Gebirge nach Westen Feldspathporphyr, der weniger verändernd auf die durchbrochenen Schichten einge- wirkt hat und in ungestörter horizontaler Lagerung von Sand- steinschichten bedeckt wird, die Murcnıson zum Tertiärgebirge rechnet, in denen es aber auch uns nicht gelang Versteinerun- gen aufzufinden. Der von Ihnen beschriebene Augitporphyr mit seinen Uralitkrystallen ist sehr oft deutlich geschichtet und ent- wickelt sich unmerklich aus Chloritschiefer, mit dem er gleich- förmige Lagerung hat, eben wie an andern Orten der Serpentin. Ich habe viele Beobachtungen, die für metamorphischen Ursprung beider Gesteine sprechen, und die ich später Ihrem Gutachten vorlegen werde, wie denn ein Brief diesem folgen soll, der ge- nauer von dem, was ich gefunden, sprechen wird, diesen muss ich in grosser Eile schreiben. Meinem Versteinerungs-Glauben wird am Ural viel zugemuthet. Auf der vierten Lokalität habe ich nun gleichmässig gelagert zwischen Schichten mit Produetus 163 hemisphaericus, Productus giganteus und anderen Productus- Arten, mineralogisch von diesen nicht unterscheidbare Kalkstein- Schichten mit devonischen und obersilurischen Versteinerungen gefunden, und diesmal auf einer so vollkommen aufgeschlossenen Lokalität, dass über die Lagerung kein Irrthum sein kann. GRÜNEWALDT, der mich wieder begleitete, wird darüber ausführ- licher berichten, ‘ Mündlich kann Ihnen von dieser Lokalität WRANGEL erzählen, der sie, wenn ich nicht irre, sah. 2. Herr Emmricn an Herrn Weiss. Meiningen, den 30. April 1856. Die schönen Tage dieses Vorfrühlings sind mir recht zu statten gekommen, jeder Sonnabend und Sonntag brachte eine Excursion in die Umgegend ; Muschelkalk, Keuper, Braunkohle und Basalt waren es, die mich beschäftigten. Um sie genauer kennen zu lernen, wurden Ausflüge ins Heldburgsche, Römhild- sche und auf die Rhön gemacht; bis in die Tann vorzudringen wollte aber bis jetzt die Zeit nicht ausreichen. Möchten die Pfingsttage günstig sein, um sie für die weitere Untersuchung der Braunkohlenbildungen in der Rhön zu verwenden. Diese Bildung beginnt schon in unserer nächsten Nähe an der Geba und an dem Hahnberg und den andern Berghöhen nördlich der- selben. Hier ruht sie durch Muschelkalkrücken und Basalt unter- brochen auf den ebern Schichten des Muschelkalks und auf Let- tenkohle. Ihre Flöze sind leider nicht bauwürdig. Sie mögen das älteste Glied bilden, da in den Sand- und Kieslagen, die sie hier begleiten, wohl eine Menge Hornstein aus dem obern Mu- schelkalk und krystallinische Gesteine aus dem Thüringer Wald vorkommen aber kein Basalt, während Sandsteinschichten, die mit den Braunkohlenthonen und Kohlenflözen bei Roth vorkommen, ganz den Charakter von basaltischen Tuffen tragen. Uebrigens erweisen sich die Schichten des Hahnbergs ebenfalls als miocän, da sie die Daphnogene polymorpha und die Melania grosse- costata, die auch in der Tann vorkommt, führen. In der Bil- dung von Roth und Kaltennordheim sind vor Allem Muschel- mergel und Schieferkohlen erfüllt von dem PJanorbis declivis des Westerwaldes, nach SANDBERGER's Bestimmung charakte- 164 ristisch. Hier finden’ sich die fossilen Wirbelthierreste; hier fand ich in einem blätterführenden Thon auch schöne Käfer mit wohl- erhaltener Skulptur der Flügeldecken, leider ist der Kopf nicht ge- nauer zu untersuchen. Von Kaltennordheim erhielt ich vor län- gerer Zeit das fast vollständige Skelett eines kleinen Säugethiers, nach dem verwachsenen Mittelfussknochen eines Wiederkäuers, nach den schlanken weit hervorstehenden Eckzähnen, eines Mo- schus-ähnlichen Thieres; ob eines Palaeomeryx? Leider war nichts zu seiner Conservirung geschehen, und als ich aus der Grube zurückgekehrt das Stück wieder sehe, war es durch unvorsich- tige Umwendung zu Staub zertrümmert, so dass kaum eiwas weiter als Spuren von Zähnen und die Eindrücke, soweit sie in der Kohle erhalten waren, geblieben. Soweit ich die Braunkohlenformation der Rhön kenne, ist sie durchaus Süsswasserbildung und zwar zum Theil wenigstens Sumpfbildung; und LupwıG’s Angabe von dem Cerithium mar- garitaceum bei Bischofsheim, die selbst in Bronn’s Lethaea über- gegangen ist, beruht auf alle Fälle auf einem Irrthum. Erlaubt es mir die Zeit, dass ich in den Pängstferien zu einigem Abschluss komme, so werde ich Ihnen die schon vorlie- gende kleine Arbeit über die rhönische Braunkohle erweitert für die geologische Zeitschrift zusenden. 3. Herr v. Scuaurorn an Herrn Berrıcn. Koburg, den 7. Februar 1856. Heute hat sich in Koburg der „Verein für Naturkunde im Herzogthum Koburg“, dessen beabsichtigte Bildung Sie vielleicht schon durch Zeitungen in Erfahrung gebracht haben, constituirt. Die Aufgabe, welche sich der Verein gestellt hat, ist aus seinem Namen ersichtlich; die Arbeit ist dabei auf vier Sektionen ver- theilt, von welchen die erste die zoologischen, die zweite die bo- tanischen, die dritte die mineralogisch-geologischen und die vierte die physikalischen, meteorologischen und die hygienischen Ver- hältnisse zu durchforschen hat. Jede Sektion hat sich einen Sekretär und einen Stellvertreter für denselben gewählt, während der ganze Verein durch einen Generalsekretär vertreten wird. Jede Sektion hält monatlich eine Versammlung und giebt in den 165 vier jährlichen Generalversammlungen einen Bericht über ihre Thätigkeit, während über die Wirksamkeit des ganzen Vereins am Schlusse jeden Jahres in einem gedruckten Berichte Rechen- schaft gelegt werden soll. An dem Vereine können auch ausser- halb des Herzogthums Wohnende Theil nehmen, und können als ordentliche Mitglieder aufgenommen werden. Um den Zutritt auch Unbemittelten möglich zu machen, ist der nöthige jährliche Geldbeitrag zur Deckung der nöthigsten Ausgaben als ein belie- biger, jedoch mit einem Minimum von einem halben Gulden fest- gestellt worden. Da die Erfahrungen, welche von Einzelnen ge- macht worden sind, auf diese Weise nun zum Gemeingute wer- den und sich gegenseitig vervollständigen, so dürfen wir hoffen, schon in kurzer Zeit zu einem erfreulichen Resultat zu kommen. 4. Herr Borxemann an Herrn Bevricn. A Rom, den 23. April 1856. Herr DE VERNEUIL zeigte mir in Paris eine Suite von Versteinerungen aus dem spanischen Muschelkalk *), sehr reich- haltig, aber noch nicht vollständig geordnet und mit noch einigen unsichern Bestimmungen. Gestein und Vorkommen der Mollus- ken gleichen übrigens vollkommen ihren Geschwistern in 'Thü- ringen und Rüdersdorf. Von Cephalopoden waren da: Nau- tilus bidorsatus und Ceratiten, eigenthümliche kleine Varietäten von Ceratiles semipärtitus oder nodosus mit zierlichen regel- mässigeren Knotenreihen, als man sie bei uns sieht, Gastro- poden: Melania Schlotheimi und Turbo gregarius, Natica sp. Brachiopoden: Terebratula vulgaris und Lingula tenuissima. Acephalen sehr zahlreich: Monotis Albertii ganz so häufig wie bei Rüdersdorf. AMytilus eduliformis, Gervilia socialıis, G. polyodonta CrED., Nucula gregaria, Pecten, Myacites, Tri- gonia vulgaris GOLDF., T. curvirostris Br., T. laevigata, T. curvirostris ScHLOTu.? T. simplex? endlich auch das Haupt- leitfossil für den untern Muschelkalk, die Rhizocorallien. Am 15. reiste ich von Paris ab, am 19. kam ich hier an und werde mich im Ganzen etwa 14 Tage hier aufhalten, und dann nach Neapel und weiter gehen. *) Vgl. Note sur le Progres de la Geologie en Espagne par DE Ver- neviL. Caen 1855, p. 6 ff. 166 5. Herr .Mevyn an Herrn Beryrıca. Uetersen, den 20. Mai 1856. Bei dem Städtehen Mölln in Lauenburg finden sich ver- schlissene Exemplare von Conchylien des zerstörten miocänen Tertiärgebirges in so grosser Menge, dass dieser Punkt dem Centrum der zerstörten Masse nicht sehr fern sein kann. Die grossen Grandgruben, welche jenseits des Sees im Nordwesten liegen und welche eine bedeutende Landfläche einnehmen, die schon zu einer beträchtlichen Tiefe unregelmässig ausgestochen ist, führen einen eisenoxydreichen Korallengrand, welcher von den Tertiärpetrefakten auf braunem Grunde ganz weiss gesprenkelt ist. Was ich in wenigen Minuten beim Regen sammeln konnte, sende ich beifolgend zur Bestimmung.*) Der Heimweg in der Abendstunde überzeugte mich, dass auch das Ufer des Sees und alle benachbarten Hügel reich an denselben Objekten sind. Die Grandlager waren überdies reich an eisenschüssigen Sandsteinen des Tertiärgebirges in grossen Blöcken aber mit sehr sparsamen Versteinerungen, auch die Rostfarbe der ganzen Ablagerung scheint von den Brocken dieses Gesteins und von deren ausge- laugtem Eisengehalt herzurühren. *) Die Conchylien von Mölln gehören der Fauna des Holsteiner Tertiärgesteins an; sie sind zum Theil sehr gut erhalten und scharf be- stimmbar. Von Arten, die in den Conchylien des norddeutschen Tertiär- gebirges bereits beschrieben sind, befinden sich darunter Voluta Siemssenii Bort, Cassis Rondeletüi Bast., Aporrhais speciosa ScHuLoT. sp. besonders häufig in der var. Margerini, Murex capito Pnır., Tritonium enode Brvr., ferner 2 Arten Fusus, Turritella, Dentalium, Pectunculus, Cardita in noch zu bestimmenden Arten. Beyrıich. 167 ©. Aufsätze. 1. Beiträge zur Kenntniss einiger Phonolithe des böhmischen Mittelgebirges.. Mit besonderer Berück- sichtigung des Baues dieses Gebirges. Eine lithologische Abhandlung, Von Herrn Jenzsch in Dresden. Nicht erwarte man in vorliegender Abhandlung eine Zu- sammenstellung der zahlreichen, über den Phonolith existirenden Arbeiten. Nur Beiträge zur Kenntniss einiger Phonolithe des böhmischen Mittelgebirges zu liefern, keineswegs aber eine Mo- nographie der Phonolithe zu schreiben, hatte ich mir vorge- nommen. Diese Arbeit enthält eine Anzahl chemischer und geologi- scher Beobachtungen und Ansichten, welche zum grossen Theil auf Reisen und Excursionen, unter dem Mikroskop und im La- boratorium erlangt und gesammelt wurden. Nur wo Verständ- niss und Zusammenhang es erforderte, wurden fremde Beobach- tungen erwähnt und besprochen. Auch da, wo es nicht aus- drücklich bemerkt wird, sind sämmtliche von mir gemachten specifischen Gewichtsbestimmungen auf die grösste Dichtigkeit des Wassers zurückgeführt worden. Kapitel I. Das relative Alter der Phonolithe nehst Bemer- kungen über das höhmische Mittelgebirge und die Auvergne. Es ist bekannt, dass sich über Böhmen ein grosses Gneiss- terrain erstreckt, welches aber jetzt, besonders in dem nördlichen Theile, unter jüngeren Bildungen begraben liegt, jedoch an meh- reren Punkten des böhmischen Mittelgebirges zu Tage tritt. Der erwähnte Gneiss ist hier stets dem des benachbarten Erzgebirges ausserordentlich ähnlich. Auch scheint derselbe in Zeits. d.d. geol.Ges. VILL 2. 12 168 Bezug auf die Erzführung eine grössere Berücksichtigung zu verdienen, als es bis jetzt geschah. Erst vor kurzem bemerkte ich zwischen dem Tripelberge und Bilin im anstehenden Gneisse das Ausstreichende eines Ganges, kenntlich durch die auffällige Röthung der Oberfläche, wofür man im Freiberger Bergamts- revier den Ausdruck „Eiserner Hui‘‘ gebrauchen würde. In der berg- und hüttenmännischen Zeitung 1853 p. 13 erwähnt Herr BREITHAUPT die Gneisspartie von Ronstek auf der linken Elb- seite wegen ihrer Bleiglanz- und Zinkblende-führenden Gänge. Aber ausser der Erzführung dieses Gneissterrains verdienen noch die Granuliteinlageruugen in demselben Erwähnung. Be- kannt sind die in der Gegend von Warth, im Egerthale (zwi- schen Carlsbad und Kaaden), und die zwischen Budweis und Krummau. Ich vermutihe ein solches Granulitgebiet noch ausser- dem, obgleich dieses Gestein bis jetzt daselbst noch nicht anste- hend angetroffen wurde, in der Nähe von Meronitz, wo beim Betriebe des Herzoglich - Raudnitz- Hochfürstlich - Lobkowitzschen Pyropen-Werkes nicht selten grössere oder kleinere Granulitstücke in der Teufe von einigen Klaftern gefunden wurden. Schiene es nicht gewagt, so möchte ich die Meronitzer Ver- hältnisse mit denen des sächsischen Granulitgebietes vergleichen; das eigentliche Pyropenlager aber als dem Granulit eingelagert betrachten. Serpentin und Granatfels-Einlagerungen sind im sächsichen Granulitgebiete ziemlich häufig. Weitere Verglei- chungen, namentlich mit dem Zöblitzer Pyropen-Vorkommen an- zustellen, ist nicht der Zweck dieser Abhandlung. Herr NAUMANN sagt*), es lassen sich Beweise dafür liefern, dass die letzte und grossartigste Erhebung des Erzgebirges erst nach der Braunkohlenformation und wahrscheinlich durch diesel- ben plutonischen Kraftäusserungen erfolgt sei, welche die höch- sten Phonolithkegel des Mittelgebirges lieferte. In der kurzen Uebersicht der auf Sektion XI. der geognostischen Karte des Königreiches Sachsen von den Herren NAuMmann und CorTrA dargestellten Gebirgsverhältnisse wird ferner nachgewiesen, dass der Hauptzug der Basalte und Phonolithe des Leitmeritzer Krei- ses genau der Richtung des Erzgebirges folgt. Ich möchte die Phonolithberge, unter denen sich bekanntlich die höchsten Gipfel *) V. Leonsarp und Baoxs Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geo- gnosie, Geologie u. 2. w. 1839 S. 62. 169 des böhmischen Mittelgebirges befinden, als jüngste Gebilde, gleichsam als Schlusssteine der gegenwärtig als erloschen zu be- trachtenden vulkanischen Thätigkeit dieses Gebirges ansehen. An Lokalitäten, wo sich erloschene Vulkane finden, trifft man ebenfalls Phonolithe oder diesen verwandte Gesteine an. Die Umgebung von Clermont-Ferrand in der Auvergne hat ihre Domite, die ich in ihrem Auftreten mit den böhmischen Phono- lithen vergleichen möchte. Die Domite sind aber wohl als jüngste Produkte der vul- kanischen Thätigkeit dieser so höchst interessanten Gegend zu betrachten. Sie scheinen in teigartigem Zustande aus denselben Kanälen emporgepresst worden zu sein, aus denen früher die heissflüssige Lava hervorquoll. Die schönen, von Haselnussge- sträuch üppig bewachsenen Lavaströme der Auvergne haben meist ihren Anfang am Fusse der majestätischen kuppel- oder kegelförmigen Domitberge, in deren nächster Nähe, dieselben manchmal umschliessend, stets noch wohlerhaltene Schlackenkegel zu bemerken sind. Ausserordentlich instructiv ist das Studium des Puy de Chopine. Dieser steile Domitberg wird zu zwei Dritttheilen von einem kraterförmigen Schlackenwalle, dem Puy de la Goule umgeben. Von seinem nördlichen Fusse aber stei- gen zwei Lavaströme, der eine in nordöstlicher, der andere in der Richtung nach dem vom Puy de Ohopine westsüdwestlich gelegenen Chau de Roches, an der Strasse von Clermont nach Pont-Gibaut, herab. Dass dieser Domitkegel in einem teigigen, schon etwas erhärteten Zustande emporgepresst worden sein müsse, beweist die zum Theil ziemlich zerbröckelte auf seinem Gipfel aufgelagerte Granitscholle, welche die früher gehegte An- sicht, als seien die Domite durch ein unterirdisches Feuer „ge- bratene‘“ Granite, noch zu bestätigen schien. Dass aber die Do- mite jünger sind als die benachbarten, oder die sie umgebenden Schlackenkegel und die an ihrem Fusse hervortretenden, wahr- scheinlich schon damals mit ähnlicher Vegetation bedeckten Lava- ströme, beweisen: 1) Die von Herrn Grafen DE MOoNnTLosIER*) zuerst in einem Steinbruche des Puy de Clierzou, später aber auch in den übrigen Domitbergen aufgefundenen Fragmente schlacki- ger Gesteine (roches scorifiees); *) Lecog Itineraire de Clermont au Puy de Döme Paris 1836 p. 33. 12* 170 2) Die Auffindung von Holzkohlen*) am Wege nach Alognat, der sich auf der südlichen Seite des Puy de Döme be- findet, in der Nähe des daselbst hervorbrechenden, sich nach Montemeire und Ceyssal hinziehenden Lavastromes. Im böhmischen Mittelgebirge haben wir es mit ganz ähnli- chen Verhältnissen zu thun, obgleich hier die für die Auvergne so charakteristischen Schlackenkegel fehlen. In Böhmen mögen dieselben fast vollständig durch die Einwirkung des Wassers und durch atmosphärische Einflüsse weggeführt sein und zum Theil das Material für die böhmische Braunkohlenformation ge- liefert haben. Im Kammerbühl bei Eger erkennen wir noch einen wohlerhaltenen Repräsentanten **) dieser Schlackenkegel, welche wahrscheinlich früher das nördliche Böhmen bedeckt haben. Schlackige Basalte finden sich nirgends, wie auch schon Herr Reuss***) anführt, in anstehend grossen Massen, sondern sie liegen immer in nicht zu grossen abgerundeten Partien in den basaltischen Conglomeraten, mehr oder weniger schon in der Zersetzung begriffen. In der Hochfürstlich LoßBkowıTz’schen Sammlung in Bilinf) sah ich dergleichen graue und gelbbraune, schwammige und feinblasige Basaltschlacken vom Schichower Thale, röthlichbraune vom Westfusse des Kubazkerberges bei Dubkowitz, und röthlichgraue von Salesel. Einen grossen Theil der Basalte des böhmischen Mittelge- birges möchte ich als Lavaströme betrachten. An denselben Punkten, welchen sie entquollen, scheinen aber später, ebenso, wie ich es bei den Domiten der Umgegend von Clermont-Ferrand vermuthete, die Phonolithe emporgepresst worden zu sein. Immer erheben sich die letzteren aus oder unmittelbar neben einer Basaltmasse, welche häufig nach einer Richtung hin sich weiter fort erstreckt und gleichsam eine einseitige Verlängerung des Phonolithberges bildet. Als Beispiel diene der Borzen bei *) Lecog Itineraire de Clermont au Puy de Döme Paris 1836 p- 3. **) Vielleicht können hierher auch einige Berge in der Gegend von Marienberg gerechnet werden. =) Dr. A. E. Revss die Umgebung von Teplitz und Bilin u. s. w. S. 170. r) Herr J. Rusesch hatte die Güte, mir mit der grössten und zuvor- kommensten Bereitwilligkeit das Studium der in dieser ausgezeichneten Sammlung befindlichen schönen und vollständigen Suiten der Vorkomm- nisse des böhmischen Mittelgebirges zu gestatten. 171 Bilin, von dessen nordöstlichem Fusse aus sich eine, von mir als früherer Lavastrom angesprochene Basaltmasse allmälig nach der Stadt Bilin zu herabzieht, während dieser steile Phonolith- berg auf seiner Westseite und zwar in seinem unmittelbaren Con- tacte, die Schichten des hier zu Tage tretenden Gneisses aufge- richtet hat. Um die höchst wichtigen Contaetverhältnisse des böhmischen Phonoliths mit andern Gesteinen zu studiren, würde sich kein geeigneterer Punkt finden lassen als der Borzen; denn hier be- dürfte es nur einer verhältnissmässig geringen Schurfarbeit, um eine Contactstelle*) zwischen Gneiss und Phonolith zu erreichen. Möchte sich ein zweiter Graf STERNBERG**) finden, welcher im Interesse der Wissenschaft die erforderlichen bergmännischen Arbeiten ausführen liesse, durch welche man höchstwahrschein- lich manche neue und wichtige Aufschlüsse über die Natur des Phonoliths erhalten würde. Herrn CorT'ra fielen schon diese gegenseitigen Verhältnisse zwischen Basalt und Phonolith auf; er schreibt in den Erläute- rungen zu Sektion VI. der geognostischen Karte des Königreichs Sachsen S. 78: „Wer die Karte aufmerksam betrachtet, dem muss es auf- fallen, dass mehrere Phonolithberge (der Lausitz) fast ganz von Basalt umgeben sind, während das umgekehrte Verhältniss- nicht stattfindet. ‘Mehrmals ist es der Fall, dass scharfe, felsige Pho- nolithkuppen aus einem Fusse von Basalt aufragen.“* Nicht kann es auffällig erscheinen, dass man an den böh- mischen Basalten die den Lavaströmen eigenthümliche, schlackige Rinde nicht mehr beobachtet; sie wurde durch dieselben Ein- wirkungen zerstört, welche die Schlackenkegel des böhmischen Mittelgebirges weggeführt haben. Letzteres scheint mir um so wahrscheinlicher, da ich mich von einem analogen Vorgange in der Auvergne überzeugte. Von mir an der Coulee du Petit Puy de Döme gesammelte Lava ist von einer dünnen, vollkommen scharf abgegrenzten, porösen, schlackigen Rinde überzogen, wel- *) Herr Bergmeister Körrıg in Bilin, in dessen Begleitung ich das Vergnügen hatte, den Borzen zu besteigen, machte mich auf diese Stelle aufmerksam und überschlug den Kostenbetrag auf ungefähr 200 Gulden. ”*) Herr Graf Caspar Sterxserg unternahm 1834 bekanntlich weit- läufige und kostspielige Nachgrabungen am Kammerbühl bei Eger und setzte dieselbe volle vier Jahre lang unermüdet fort, 172 che sich ohne Einwirkung von Wassermassen, nur durch die auf sie ausgeübten atmosphärischen Einflüsse theilweise abge- löst hat. Ausser den hier aufgeführten jüngeren Eruptivgesteinen des böhmischen Mittelgebirges giebt es noch manche andere Gesteine, welche gleichsam als Uebergänge zwischen Basalt und Phonolith zu betrachten sind und welche man, um mit Herrn REeuss*) zu sprechen, ebensogut für Basalt als für Phonolith ansprechen kann. Noch ist des Vorkommens einiger Dolerite und der interes- santen und so häufig angetroffenen Trachyt- (Phonolith-?) und Basaltgänge Erwähnung zu thun. Ob erstere Gänge als Pho- nolith oder als Trachyt anzusehen sind, kann ich, da hierüber noch keine genaueren lithologischen Untersuchungen vorliegen, nicht entscheiden. Ihrem relativen Alter nach sind dieselben wahrscheinlich älter als die dom- und kegelförmige Massen bilden- den Phonolithe. Am schönsten und häufigsten finden sich solche Gänge in der Gegend zwischen Aussig und Nestersitz auf bei- den Elbufern. Meist durchbrechen die jüngeren Basalte diese Trachyt- (Phonolith-?) Gänge. Da Herr Reuss in seinem schon öfters eitirten Werke ausführlich über diese Verhältnisse handelt, so würde es gegen den Zweck dieser Arbeit sein, ihre Beschrei- bung zu wiederholen. h Es sei mir nur noch gestattet, des schönen und mächtigen Trachyt- (Phonolith-?) Ganges der Bassstreicher Mühle bei Salesel, auf den mich Herr Bergverwalter A. CAsteLLı auf merksam zu machen die Güte hatte, Erwähnung zu thun. Er wird von drei Gängen jüngerer basaltischer Gesteine durchsetzt, von denen zwei dicht, der dritte mandelsteinartig ist. Es sind hiernach diese basaltischen Gänge jünger als der von ihnen durchsetzte Trachyt (Phonolith?). Vielleicht könnte man dasselbe Altersverhältniss bei dem von Herrn BrerrHaupr*) erwähnten zwei Ellen mächtigen Gange, welcher am Schlossersteine bei Binnoven unweit Salesel im kleinklüftigen Basalte aufsetzt und zur Hälfte aus Phonolith, zur Hälfte aus Basalt besteht, annehmen. Möglicherweise hat sich die Gangspalte zwei Mal geöffnet, den Basalt aber möchte ich nach Analogie der vorstehend erwähnten Verhältnisse als jüngstes Gebilde darin betrachten. *) Dr. A. E. Reuss Umgebung von Teplitz und Bilin u. s, w. S. 194. **) Berg- und hüttenmännische Zeitung 1853 S. 12. 173 Kapitel 1. Beschreibung einiger Phonolith- Varietäten. Die Phonolithe zeigen meist eine tafelförmige Absonderung, welche sich mehr oder weniger der horizontalen Richtung nähert. Sie ist sehr allgemein und in grösserem oder geringerem Grade fast allen Phonolithen eigen. Auch Säulenabsonderung beobachtet man nicht selten. Die meist vertikal stehenden säulenförmigen Massen bestehen stets aus aufeinander gethürmten Tafeln. Ungemein schön finden sich gleichzeitig beide Absonderungs- arten an den Phonolithbergen der Umgegend von Bilin, unter denen der Borzen besonders erwähnt zu werden verdient. Herr B. Corra charakterisirt in seiner vor kurzem erschie- nenen Gesteinslehre den Phonolith als „ein dichtes meist deutlich „schiefriges Gestein. Im frischen Zustande ist seine Farbe stets „dunkelgrau oder grünlich, durch Verwitterung aber wird es „ganz weiss nnd fast jedes Stück, welches lange an der Ober- „fläche gelegen hat, ist deshalb von einer weissen, scharf be- „grenzten Verwitterungsrinde umgeben. Frische Tafeln des Ge- „steines klingen beim Daraufschlagen hell, daher der Name: „Porphyrartig treten besonders Sanidin-Krystalle auf.“ Nicht werde ich bei vorliegender Betrachtung der Phonolithe mit der Beschreibung des stolzen Riesen des Mittelgebirges, dem Milleschauer Donnersberge, beginnen. Einen kleinen unbedeu- tend erscheinenden Berg habe ich zum Ausgangspunkte gewählt, Unmittelbar beim Dorfe Nestomitz, zwischen Aussig und der Eisenbahn-Station Nestersitz, auf dem linken Elbufer, befindet sich der Nestomitzer Berg. Gegenwärtig steht ein Steinbruch im Betriebe und das schönste frischeste Material liegt frei zu Tage. ö Das frische Gestein ist von bedeutender Härte, zerspringt jedoch bei kräftigen Schlägen in äusserst hellklingende Scherben, besitzt eine perlgraue Farbe, ist an den Kanten durchscheinend, und hat das auf die grösste Dichtigkeit des Wassers zurückge- führte specifische Gewicht 2,569 bis 2,575. In etwas verwittertem Zustande wird dieser Phonolith trübe und undurchsichtig, und man erkennt in der milchig gewordenen Grundmasse ein sehr verzweigtes Netzwerk von kleinen schwar- 174 zen Amphibolnadeln. Das specifische Gewicht eines solchen Phonolithes fand ich 2,520, beträchtlich niedriger, als das des frischen Gesteins. Hier und da machen sich ziegelrothe Flecke (Rostflecke) bemerklich, welche ich für Eisenoxyd halten möchte. Mit Salz- säure befeuchtet, lösen sie sich sofort und zwar ohne Brausen auf, und ertheilen der angewandten Säure eine grünlichgelbe Färbung; mit Salpetersäure betropft aber verändern sie sich wenig. Bekanntlich ist Eisenoxyd in Salzsäure leicht, in Sal- petersäure aber sehr schwer auflöslich. Die äusserste Rinde der den Einwirkungen der Atmosphäre am längsten ausgesetzt gewesenen Gesteinsstücke ist, wie ge- wöhnlich, entweder gebleicht oder ockergelb gefärbt. Zuweilen finden sich porphyrartig in diesem Gesteine grössere, bis 9 Mm. lange Sanidin-Krystalle. In den grössern derselben sind nicht selten als Einschlüsse kleine, meist äusserst kleine, Amphibol-Kryställchen zu bemerken. — Ausserdem beobachtete ich noch Ausscheidungen eines farblosen Minerals, welches jedoch der Verwitterung sehr leicht unterworfen zu sein scheint, indem der Glasglanz desselben in Fettglanz übergeht, die Oberfläche aber trübe, weiss und undurchsichtig wird. Zu bemerken ist, dass diese ausgeschiedenen Massen zum Theil aus einer grossen Anzahl kleiner, zuweilen sternförmig verwachsener Krystalle be- stehen. Die Titanite, welche wohl keinem böhmischen Phonolithe ganz fehlen, sind im Nestomitzer Gestein von weingelber, gelb- brauner bis dunkelhyazintrother Farbe. Aeusserst kleine Eisen- kiesmengen in den Phonolithen verrathen sich durch ihren metal- lischen Glanz. Dem Nestomitzer Phonolithe sehr nahe stehend sind die frischern Varietäten des vom Teplitzer Schlossberge. Bei angehender Verwitterung ist derselbe mit der bekannten grauen bis weissen Rinde überzogen, schreitet sie aber noch weiter vorwärts, so erhält das ganze Stück eine poröse Beschaffenheit und eine graue, selten weisse Farbe. Alle leicht zersetzbaren Bestandtheile scheinen weggeführt zu sein. Hier und da sieht man in den, von den ausgewitterten Mineralien herrührenden Löchern und Hohlräumen noch einige Ueberreste der mannigfal- tigen Zersetzungsprodukte. Die glasigen Feldspath-Krystalle er- scheinen oft schmutziggrau, und enthalten ebenfalls mehrfach 175 Hohlräume, von verwitterten, früher in ihnen eingeschlossenen Mineralien herrührend. Das specifische Gewicht kleiner solcher sehr verwitterten Stückchen des Teplitzer Phonolithes fand ich auf die grösste Dichtheit des Wassers zurückgeführt =D. Mehr diesem verwitterten als dem frischen vergleichbar, jedoch immer noch seine Gemengtheile erkennen lassend , zeigt sich der Phonolith vom Marienberge bei, und vom Krammel ge- genüber Aussig. Vor dem Durchbruche der Elbe standen wahr- scheinlich beide Berge im Zusammenhange, worauf ihre gegen- wärtige Form, und ihre petrographische Beschaffenheit hindeutet. Beide Gesteine sind ziemlich arm an porphyrartigen Sanidin- Krystallen, zeichnen sich aber, und dies gilt vorzüglich vom Marienberge, durch einen grossen Zeolith-Reichthum aus. Häufig wird der Phonolith dieses Berges, namentlich an seinem Steil- abfalle nach der Elbe zu, von unendlich vielen, zum Theil sehr schmalen Schnüren von Natrolith durchzogen. Ausserdem trifft man noch so viele, oft mit den schönsten Zeolith-Drusen, seltener gleichzeitig mit Kalkspath erfüllte Bla- senräume an, dass es schwer halten würde ein davon freies Stück zu finden. Die Succession der in ihnen angetroffenen Mineralien ist gewöhnlich Natrolith, Apophyllit (Albin), Kalkspäthe und “ Aragonit *), Der durch Herrn MEyer’s Analyse gefundene geringe Natron- gehalt von nur 2,67 pCt.**) eines Marienberger Phonolithes, in welchem er keine sichtbaren Gemengtheile, einige kleine Krystalle von Titanit, Hornblende und einige Körner von Magneteisen ausgenommen, auch keine glasigen Feldspath-Krystalle fand, be- weist hinreichend, dass dieses Gestein schon einem Auslaugungs- prozesse unterworfen war, als dessen noch vorhandene Produkte die vielen Zeolithe dieses Berges anzusehen sind. Wiederum sehr reich an Sanidin-Krystallen, welche in einer grauen, häufig noch recht frisch erscheinenden Grundmasse inne liegen, ist der Phonolith des Milleschauer Donnersberges. *) Herr G. Rosz zeigte mir im Königl. Mineralien-Kabinette in Ber- lin eine Druse, worin ein säulenförmiger Aragonit-Krystall von weisser Farbe sich befindet. **) G. Bıschor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd. D. S. 2141. 176 Ein ganz besonderes Interesse gewähren die Phonolithe des Borzen und des Ganghofes bei Bilin. In der schwärzlichgrauen compacten Grundmasse sind, ausser einzelnen zum Theil kleinen sehr lebhaft glänzenden Sanidin-Krystallen, nicht selten sehr kleine, mit einer weissen Substanz erfüllte, meist lang gezogene - Blasenräume zu bemerken. Ausserdem liegt häufig noch ein anderes Mineral porphyrartig inne, welches der Verwitterung sehr leicht unterworfen zu sein scheint, einen hexagonalen Quer- schnitt besitzt, und zum grossen Theil in eine weisse oder auch rothe Masse umgewandelt ist, worüber ich weiter unten ausführ- licher berichten werde. Häufig verleiht das erwähnte Mineral, besonders wenn es bei seiner Verwitterung eine graugelbe Fär- bung annahm, dem Phonolith ein geflecktes Ansehen. Horn- blende-Nadeln und Titanit sind nicht bemerkbar. Dagegen trifft man auch schwarze, lebhaft glänzende Punkte von Magneteisen (Titaneisen ?). Die Klüfte des Gesteins sind oft mit einem schwarzen, man- ganhaltigen Ueberzuge und mit Dendriten bekleidet. An manchen sehr verwitterten Stücken sah ich eine 1 Zoll dicke braune, und äusserlich noch eine - Zoll starke weisse Ver- witterungsrinde. In letzterer ist dann zum Theil das der Grund- masse porphyrartig inneliegende hexagonal krystallisirte Mineral völlig zerstört. Das Ganghofer Gestein besitzt in seiner scheinbar frischen Abänderung, sehr grosse Dichtigkeit, einen dem Fettglanze sich nähernden Glasglanz und eine dunkelseladongrüne Farbe. Es geht letztere in eine schwärzlichbraune Farbe über, und zwar bemerkt man häufig der Struktur des Gesteins parallel laufend, die braune und grüne Färbung mit einander abwechseln. Ausser sehr kleinen, aber doch noch sichtbaren Sanidin-Krystallen, kann man mit Sicherheit an diesem Phonolith keine Gemengtheile un- terscheiden. Jedoch bemerkt man hier und da in der grünen Grundmasse vereinzelte graugelbe Stellen. Anderseits aber hat das äusserst dichte Gestein eine merkwürdig gefleckte Beschaffen- heit. Vorzüglich sind es Grünlichgelb, Blutroth oder Röthlich- braun und Lauchgrün, welche im bunten Durcheinander zusam- men verschmolzen erscheinen. An vorherrschend gelben Stücken ist gewöhnlich eine sich von ihrer Oberfläche aus verbreitende Röthung zu bemerken. Die Verwitterung bewirkt meist eine kugelförmig-körnige Absonderung. Die einzelnen kleinen, sehr 177 dicht zusammenhängenden, 1 bis 5Mm. im Durchmesser haben- den Körner sind meist von graulicher, gelblicher oder blassröth- licher Farbe, haben jedoch hier und da apfel- bis graugrüne Fleckchen, und erscheinen häufig mit einem schwarzbraunen Bindemittel umgrenzt. Stücke, an welchen dasselbe nicht mehr beobachtet wird, zerfallen, sollte nicht die ganze Masse der Ver- witterung unterlegen sein, in diese einzelnen Körner. Das auf die grösste Dichtigkeit des Wassers zurückgeführte specifische Gewicht des grünen Gesteins fand ich =! 2,502, das einer braungefärbten Abänderung aber — 2,344; Füge ich hierzu noch die von Herrn Reuss bestimmten Gewichte der Ganghofer Phonolith - Varietäten, und nehme ich den a. a. O. erwähnten dunkelgraugrünen Phonolith vom speeci- fischen Gewichte = 2,995, welches den von mir oben angeführten specifischen Gewichten des frischen Nestomitzer Gesteins 2,569 bis 2,575 ziemlich nahe kommt, zum Ausgangspunkte, so ergiebt sich nachstehende Ueber- sicht der gefundenen Zahlenwerthe. Dunkelgraugrüner Phonolith. . . = 2,555 (R.) Brauner Phonolith . » 2 ..... = 23511 (J.) Seladongrüner Phonolith . . . . = 2,502 (J.) Gelber«Bhonolith... .i.... under us sn=adzddAsdR.) Sehr reiner dunkelgrüner Phonolith = 2,435 (R.). Möglicherweise sind die vier letzten Varietäten den ver- schiedenen Stadien der Verwitterung ein und desselben Gesteins zuzuschreiben. Kapitel I Chemisches und Mikroskopisches üher den Phonolith. Der Phonolith ward zuerst von Herrn WERNER 1787 als eigenes Gestein mit dem Namen Porphyrschiefer und später als Klingstein bezeichnet. Der letztere Name bezieht sich auf die Grundmasse des Gesteins, deren scheibenförmige Bruchstücke einen auffallend hellen Klang von sich geben. Herr FrEurıau DE BELLEVUE betrachtete den Mesotyp 178 zuerst und zwar schon 1805, als integrirenden Bestandtheil des ganzen Gesteins, da er denselben in den Phonolithen von Ho- hentwiel und Hohenkrähen so häufig antraf, und so innig mit ihrer Masse verschmolzen fand. Herr C. GmeLıs, und nachher viele andere Chmiker, welche die Phonolithe, stets nach der Gmerıw’schen Methode, untersuch- ten, gelangten durch ihre Untersuchungen zu der Ansicht, dass die scheinbar einfache Grundmasse aus einem zeolithischen und einem feldspathigen Minerale bestehe. Herr NauMasn sagt in seinem Lehrbuche der Geognosie Bd. I. S. 638 „das Quantitäts- Verhältniss beider Bestandtheile ist ein schwankendes und unbe- stimmtes, daher es denn auch gar nicht unmöglich erscheint, dass es Phonolithe ohne allen Zeolithgehalt geben kann, obwohl solcher in den bis jetzt analysirten Verhältnissen von 15 bis 55 pCt. nachgewiesen worden ist.“ Man nimmt an, dass die Grösse des Zeolithgehaltes im um- gekehrten Verhältnisse mit dem specifischen Gewichte, aber in geradem mit dem Wassergehalte des Phonoliths stehe. Bis jetzt pflegte man nach dem Vorgange von Herrn C. GMELIN die Phonolithe durch Behandlung mit Säuren in einen zersetzbaren und in einen unzersetzbaren Antheil zu zerlegen; die Kieselsäure im zersetzbaren Antheile extrahirte man aber durch eine kochende Lauge von kohlensaurem Natron. Man glaubte durch dieses Verfahren die Zusammensetzung der Pho- nolithe kennen gelernt zu haben. Herr GmeLın*) hält die von ihm analysirten Phonolithe für Gemenge äus glasigem Feldspath und Mesotyp, nur dass der Wassergehalt im zeolithischen Theile des Phonolithes geringer, als beim Mesotyp ist. Doch nähert sich die Mesotypmasse bald mehr dem Natrolith, bald mehr dem Mesolith, der Mesoline u.s. w. Es ist nicht unmöglich, dass die zur Extraktion der Kieselsäure angewendeten alkalischen Laugen auch einzelne durch die Säure noch nicht zersetzte Bestandtheile angreifen können. Welche bedeutende Einwirkung eine alkalische Lauge gerade auf Eruptivgesteine auszuüben vermag, zeigte Herr A. DeLEsse **) in seiner Abhandlung: „De Zaction des alcalıs sur les roches.“ *) G. Bıscuor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Ba. II._S. 2144. **) Ann, de chimie et phys. 1854. II. Serie T. XLI. p. 464—471. 179 Er behandelte das gepulverte Gestein jedesmal eine Stunde lang entweder mit concentrirter Kali- oder Natron- oder mit kohlensaurer Natron-Lauge im Sandbade. Durch eine solche ein- stündige Behandlung extrahirte Herr DELEssE aus einem Mühl- stein-Trachyt mit etwas glasigem Feldspath und Glimmer aus Ungarn 27,27 pCt., aus einem rothbraunen Trachyt mit grauen Kugeln und schwar- zem Glimmer ebenfalls aus Ungarn 37,85 pCt. Da man bisher annahm, der Phonolith bestehe nur aus glasigem Feldspath und Zeolith, zum Theil mit etwas Magnet- eisen, so befürchtete man nicht, durch die seitherige analytische Methode andere Substanzen zu extrahiren, als gerade nur den zeolithischen Bestandtheil und das im Gestein erkannte Magnet- eisen. Diese Ansicht schien auch in der verhältnissmässig ge- ringen Zersetzbarkeit*) des glasigen Feldspathes eine Bestäti- gung zu finden. Sollte man jedoch die Existenz eines Feld- spath-Zeolith-Eruptivgesteins bezweifeln, so würde man sich den Vorgang bei der Zerlegung des Phonilithes in einen löslichen und unlöslichen Theil auch anders erklären können Man könnte dann vielleicht annehmen, dass nach der seither ge- bräuchlichen Methode die Phonolithe zu untersuchen, dieses Ge- stein auf doppelte Weise angegriffen wird, so dass manches, was der Salzsäure widerstanden hatte, ‚sich dem Angriffe der kochen- den kohlensauren Natronlauge ergeben habe. Man wird sich nicht wundern, dass man oft viele Procente der untersuchten Phonolithe ausziehen konnte, wenn Herr DELESssE schon nach einstündiger Einwirkung einer alkalischen Lauge aus dem Tra- chyte, einem Gesteine, welches, wie man wohl seither allgemein annahm, Zeolith nicht als Gemengtheil enthält, 27,27 bis 37,85 pCt. extrahirte. Da ich mich unter. dem Mikroskope überzeugte, dass der Phonolith eine weit grössere Anzahl von Gemengtheilen besitzt, so unterliess ich natürlich den feldspathigen und imaginären zeo- lithischen Theil auf hergebrachte Weise zu bestimmen. Ich liess dünne Schliffe von den verschiedenen Phonolithen des böhmischen *) @. Bıscuor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd. II. S. 2144. 180 Mittelgebirges anfertigen, untersuchte dieselben unter dem Mikros- kope bei durchfallendem Lichte, und fand als Gemengtheile der frischen Phonolith-Grundmasse: F 1) kleine, grüne, durch die ganze Masse verbreitete Kryställ- chen, welche zuweilen zu Gruppen zusammengehäuft sind; 2) eine weisse, meist schon etwas getrübte Grundmasse; 3) ein wasserhelles, durchsichtiges, sich von der weissen Grundmasse (2.) unterscheidendes Mineral, welches sich durch grosse Durchsichtigkeit, geradlinige Umgrenzungen und im polarisirten Lichte durch die Lebhaftigkeit der Farbenerscheinungen charakterisirt; 4) vereinzelte schwarze opake Partien. Zunächst bemühte ich mich die Natur der unter dem Mi- kroskope als verschiedenartig erkannten Gemengtheile zu ermit- teln. Ich prüfte den schon durch den äussern Anblick kennt- lichen glasigen Feldspath (Sanidin) vor dem Löthrohre. Zu diesem Versuche wurde Sanidin aus dem Phonolith von Nestomitz angewendet. Er schmilzt leicht an den Kanten und giebt in der äussern Flamme eine deutliche Natron-Reaction. Jedoch wird in der Nähe der Probe eine röth- lichviolette Färbung bemerkt, wenn der zu untersuchende Splitter von der Spitze der blauen Flamme im äusseren Saume derselben nach dem Dochte zu bewegt wird.*) Es wurde durch diesen Löthrohrversuch nachgewiesen, dass der Sanidin Kali und Na- tron sowie eine geringe Menge Lithion enthalte. Kali und Natron scheinen sich überhaupt im glasigen Feld- spathe gegenseitig zu vertreten, wie die vielen vorhandenen Ana- lysen dieses Minerals beweisen. Wenn man aber mit Herrn *) Prüft man auf diese Weise ein Gemenge eines Natron- und Rali- salzes, wenn auch in demselben ersteres vorherrscht, so wird die Gegen- wart von Kali noch angezeigt. Das gleichzeitige Vorhandensein einer gewissen Menge Lithion ertheilt dem schwachen Violett einen mehr oder weniger deutlichen röthlichen Schein. Dies scheint sich dadurch zu er- klären, dass vor der Spitze der Oxydationsflamme, wo die Verbrennung der sich entwickelnden Gasarten am vollkommensten geschieht, der heisseste Punkt ist, während die Hitze nach dem Dochte zu immer mehr abnimmt, Lithion und Kali aber schon bei einer geringeren Hitze als das Natron der äussern Flamme die ihnen charakteristische Färbung zu ertheilen vermögen. 181 G. Bıscuor*) als Regel annimmt, dass im Sanidin Kali gegen Na- tron stets vorherrscht, in den frischen Phonolithen aber durch die vorhandenen Analysen gewöhnlich bei weitem mehr Natron als Kali aufgefunden wurde, so können die Gemengtheile (2. und 3.) nicht blos aus Sanidin bestehen. Die Verschiedenheit beider Bestandtheile lässt sich bei hinreichender Aufmerksamkeit und bei Anwen- dung des polarisirten Lichtes auch an frischen Stücken unter dem Mikroskope erkennen, fällt aber bei Beobachtung des weniger frischen Gesteines sofort in die Augen. Dasselbe erreicht man auch, wenn man dünne Schliffe vor der Beobachtung längere Zeit mit Säuren oder alkalischen Laugen digerirt. Stände nicht damit der geringe Wasserhalt dieser Gesteine in Widerspruch, so könnte man wieder zur Annahme eines zeolithischen Bestand- theiles geführt werden. Die frischeste Abänderung des von mir gesammelten Pho- nolithes von Nestomitz verändert sich durch das Erhitzen im Glaskölbehen fast gar nicht, und gab nur eine Spur Wasser; andere schon weiss und trüb erscheinende Stücke desselben Ge- steines hingegen färbten sich, auf gleiche Weise behandelt, sehr schwach gelblichbraun und gaben Wasser. Kleine Stückchen des ziemlich frischen Nestomitzer Phonolithes vom speeifischen Gewicht 2,569 bis 2,975 der Weissglühhitze ausgesetzt, verloren 1,29 bis 1,33 pCt., während unter gleichen Bedingungen das schon etwas veränderte Gestein vom specifischen Gewichte 2,920 einen Glühverlust erlitten hat von 2,60 pCt. Hieraus folgt, dass der zuweilen nicht geringe Wassergehalt der meisten analysirten Phonolithe nicht als ein Bestandtheil der den frischen Phonolith zusammensetzenden Mineralien zu betrachten, sondern nur der eingetretenen Verwitterung des Gesteines zuzu- schreiben ist. 2 Ziemlich frischer Nestomitzer Phonolith wurde gepulvert und in einem Kolben in der Kälte mehrere Tage lang mit sehr *) G. Bıscnor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd, II. S. 2146, 182 verdünnter Salzsäure behandelt, das angewendete Pulver wurde zum Theil unter Abscheidung gelatinöser Kieselsäure angegriffen. Gleichzeitig fand eine schwache Schwefelwasserstoffentwickelung statt, welche sowohl durch den Geruch, als auch durch ein mit essigsaurer Bleioxydauflösung getränktes Papier erkannt wurde. Die Phonolith-Grundmasse enthält also ausser dem Sanidin noch ein Mineral, welches in Säuren unter Abscheidung gelati- nöser Kieselsäure auflöslich und doch kein Zebolith ist. Erinnert man sich an das mehrfach aufgefundene, oben schon angeführte Mineral, dessen grössere Krystalle einen hexagonalen Querschnitt erkennen liessen, so gelangt man zu der Ansicht, dass der zweite Bestandtheil der weissen Grundmasse Nephelin sein könne. Herr BREITHAUPT erwähnt in seinem vollständigen Hand- buche der Mineralogie Bd. III. S. 476 als äusserste Seltenheit einen nelkenbraunen Nephelin, in kleinen frischen säulenförmigen hexagonalen Prismen mit Basis, welche mit Titanit im Phonolith vom Holeukluk bei Proboscht in der Herrschaft Schreckenstein in Böhmen porphyrartig vorkommen. Herr G. Rose beschreibt (Zeitschrift der deutschen geolo- gischen Gesellschaft 1851 S. 105) einen Phonolith von Scherfe im Kicklah-Gebirge, welchen Herr OverweEec am 11. Februar 1850 daselbst sammelte: „Er ist durch seine Gemengtheile sehr merkwürdig; die „Grundmasse ist dunkler graulichgrün wie bei dem vorigen*), „und die eingemengten Feldspath-Krystalle sind weniger durch- „scheinend und schneeweiss; ausserdem finden sich aber darin „Krystalle von graulichweissem, stark durchschimmerndem und „stark glänzendem Nephelin, die auf der Bruchfläche des Ge- „steins sehr scharf begrenzte Sechsecke von 1+ bis 3 Linien „Durchmesser bilden. So deutlich krystallisirte Nephelin-Krystalle „sind in dem Phonolith anderer Orte nicht bekannt; denn die, „welche in dem Phonolith von Mezen vorkommen, sind kleiner, un- „durchsichtiger und finden sich deutlich erkennbar nur auf Klüften.“* Nach Herrn RAMMELSBERG **) ist der zeolithische Bestand- *) Zwei andere Phonolith-Stücke von derselben Lokalität wurden gleichzeitig a. a. ©. beschrieben. **) RammELsBerG’s Handwörterbuch der Mineralogie Abth. I. S. 55. 183 theil des Phonolithes von Aussig*) wahrscheinlich ein Gemenge mehrerer Mineralien, worunter vielleicht Nephelin ist. Ich untersuchte daher, um die Existenz des Nephelins nach- zuweisen, einzelne Stückchen der, bei Beschreibung des Nesto- mitzer Gesteines erwähnten, weissen krystallinischen Ausschei- dungen vor dem Löthrohre. Sie schmolzen leicht an den Kanten und gaben mit der Spitze der äussern Flamme behandelt die deutlichste Natron-Reaction, jedoch liess sich bei Anwendung des weiter oben angeführten Verfahrens auch ein Kaligehalt nach- weisen. Mit Chlorwasserstoffsäure behandelt löste sich das Mi- neral zum grossen Theile unter Abscheidung von gelatinöser Kieselsäure auf. Die unverkennbar nicht ganz vollständige Lö- sung erklärt sich dadurch, dass der angewendete Nephelin nicht mehr ganz frisch war. Herr G. Biscuor **) wies aber nach, dass der Libenerit, welcher als Zersetzungsprodukt des Nephelins zu betrachten ist, von Salzsäure nur unvollständig zersetzt wird, und nach Herrn v. KoBELL greifen Säuren den Gieseckit, ebenfalls ein aus Ne- phelin entstandenes Mineral, nur wenig an. Nicht zu vernachlässigen ist der Chlorgehalt des Nesto- mitzer Phonolithes, welcher wohl zum grossen Theile dem Ne- phelin zuzurechnen sein dürfte. Herr BRoMEIS hat zuerst im Nephelin und Eläolith eine kleine Menge Chlorwasserstoffsäure bemerkt, welche Beobachtung Herr SCHEERER später bestätigte. Um den Chlorgehalt des Nestomitzer Phonolithes quantitativ zu bestimmen, wurde das gepulverte Gestein mit kalter verdünn- ter Salpetersäure in einer grösseren, mit gut eingeriebenem Stöpsel verschlossenen Glasflasche 6 Stunden im Wasserbade be- handelt; nach dem Erkalten bestimmte ich in dem Filtrate das Chlor als Chlorsilber. Nach länger fortgesetzer Behandlung des- selben Pulvers mit verdünnter Salpetersäure wurde in der abfil- trirten Flüssigkeit durch salpetersaures Silberoxyd kein Chlor- gehalt mehr angezeigt. Die in dem angewendeten Phonolithe gefundene Chlormenge betrug 0,54 pCt. *) Aehnliches soll auch vom Phonolith von Whisterschan gelten **) G. Bıscaor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd. II. S. 2259. Zeits. d.d. geol. Ges. VIII, 2. 13 184 y Wurde das gepulverte Gestein mit concentrirter Salpeter- säure übergossen, so fand eine Chlorentwickelung statt, welche sich durch den Geruch bemerklich machte. Die im Phonolith vom Borzen bei Bilin so häufig in der Grundmasse porphyrartig ausgeschiedenen Nephelin - Krystalle, welche einen hexagosalen Querschnitt zeigen, finden sich zuwei- len noch ziemlich frisch ; oft sind sie zerklüftet, trübe und weiss, häufig auch gelb oder grünlichgrau gefärbt, am häufigsten aber in eine rothe specksteinartige Substanz umgewandelt. Ich untersuchte das noch am frischesten erscheinende, jedoch schon merklich veränderte Mineral. Das Verhalten vor dem Löthrohre ist genau das:elbe, welches oben beim Nestomitzer Nephelin angeführt wurde. Auch war in Chlorwasserstoffsäure eine theilweise Auflösung unter Abscheidung von gelatinöser Kieselsäure zu bemerken. Kleine Bröckchen eines in die rothe Substanz verwandelten Kıystalles, ebenfalls vor dem Löthrohre behandelt, entfärbten sich, liessen sich ziemlich leicht an den Kanten schmelzen, und ertheilten der äussern Flamme eine schwach violette, die für Kali charakteristische Färbung. Von Salzsäure wurde diese Substanz entweder gar nicht, oder nur sehr wenig angegriffen. Aus die- sem Versuche ergiebt sich, «ass das Natron des noch ziemlich frischen Nephelins bei dieser Umwandlung gänzlich weggeführt wurde; ob nun aber auch eine Zunahme an Kali stattfand, wel- che Herr G. Bıschor *) bei der Umwandelung des Nephelins in Liebenerit annimmt, kann blos durch eine quantitative Analyse entschieden werden, zu welcher mir aber leider hinreichendes Material fehlt. Zuweilen finden sich in der Grundmasse des Phonolithes vom Borzen bei Bilin Nephelin-Krystalle, welche im Innern einen rothen ganz undurchsichtigen Kern besitzen, an ihrer äusseren, nicht selten von der rothen Substanz durchbrochenen Oberfiäche aber nur die bekannte milchige Trübung zeigen. Andere beste- hen gleichsam aus einem unregelmässigen Gemenge von schmutzig- blutrothen und wein- bis wachsgelben Theilen. Immer aber bemerkt man deutlich, dass die rothe Substanz von einzelnen Punkten im Krystalle ausgeht. Unter dem Mikroskope sah ich *) G. Bıscuor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geolo- gie Bd. II, S. 2259. 185 einen kleinen, nicht mehr frischen, weingelb gefärbten Nephelin- Krystall aus dem Phonolithe des Teplitzer Schlossberges, wel- cher viele, dem unbewaffneten Auge unsichtbare Amphibol- Krystalle, und schwarze opake Körner, die man für Magneteisen ansprechen möchte, umschliesst. Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, dass durch die Zersetzung der in ihnen eingeschlossenen Mineralien die rothe Färbung der zerstörten Nephelin-Krystalle bedingt wird. Am ‘Nephelin-Dolerite des Löbauer Berges kann man ganz ähnliche Umwandlungsprodukte des Nephelins sehen. Herr Ober- lehrer J. MüLt.ek in Dresden theilte mir vor einigen Jahren ein in Zersetzung begriffenes Stück dieses Gesteines gütigst mit. In demselben ist der Nephelin nur noch an einigen Stellen frisch, übrigens erscheint er getrübt, und hat eine schmutzig graugelbe Farbe angenommen; sehr häufig aber findet er sich in die oben beschriebene rothe Substanz umgewandelt. Letzteres bemerkt man, wenn der Nephelin vom Augit vollständig eingeschlossen, oder mit demselben innig verwachsen ist. Ausser vom Borzen bei Bilin fand ich diese rothe Nephelin- Pseudomorphose noch im Phonolithe des Milleschauer Donners- berges und in dem schwarz gefärbten phonolithischen *) Gesteine am Fusse des Ganghofes. In letzterem befand sich in der Mitte eines solchen braunrothen pseudomorphen Krystalles noch ein lebhaft glänzender Kern, welcher sich, obgleich er äusserst klein war, doch aus der weichen rothen Masse herausheben liess und dem Magnetstäbchen mit Lebhaftigkeit folgte. Dass in einem frischen Phonolith, welcher bei einem ver- hältnissmässig hohen Kieselsäure- und Thonerde-Gehalte nur we- nig Kali, aber viel Natron enthält, sich dem Sanidin und Ne- phelin der Grundmasse noch Oligoklas zugesellt hat, erscheint sehr wahrscheinlich. Den feldspathigen Theil des Phonolithes vom Ebersberge auf der Rhön bezeichnete schon Herr SchMip **) als solchen. } Obgleich Oligoklas in der Grundmasse mancher Phonolithe zu vermuthen ist, muss ich mich dennoch in vorliegender Ab- handlung begnügen , die Möglichkeit seines Vorhandenseins an- *) Nicht zu verwechseln mit dem Basalte, welcher ebenfalls am Fusse des Ganghofes auftritt. **) PoGGEnporrr’s Annalen Bd. LXXXIX, S. 29. 19)” 186 gedeutet zu haben, da ich zur Zeit noch nicht durch direkte Beobachtungen die Gegenwart dieses Minerals nachweisen konnte. Die schwarzen unter dem Mikroskope bei durchfallendem Lichte grün erscheinenden Kryställchen und Krystallanhäufungen halte ich für Amphibol. Auch nach Herrn NAauMann*) ist Hornblende, in schwarzen nadelförmigen Krystallen, ein sehr häufiger Gemengtheil. Höchstwahrscheinlich ist es aber eine manganreiche Species, denn ausserdem wäre es schwierig, die Gegenwart der vielen manganhaltigen Dendriten, welche häufig die Kluftflächen der Phonolithe schmücken, zu erklären. Die Titanite zeigen eine grosse Farbenmannichfaltigkeit. Deutliche Uebergänge von der blassgelben bis zur dunkelhyazintrothen, ja selbst bis zur braunschwarzen Farbe konnte ich am Phonolith des Marien- berges bei Aussig erkennen. Die dunkleren Farben glaube ich hier gewöhnlich in unmittelbarer Nähe von Hornblendenadeln beobachtet zu haben. An demselben Stücke sah ich auch viele kleine, schwarze, opake Partien, vom lebhaftesten halbmetallischen Glanze, muschligen Bruche, welche dem Magnete folgten. Diese Partien möchte man für Herrn Brerrnaupr’s Tesseranus trappi- cus, trappisches Eisenerz, Titaneisenerz halten, welches bekannt- lich **) in Basalten sehr häufig, jedoch auch in Phonolithen und andern vulkanischen Gebirgsarten auftritt. Möglicherweise ent- stand das Titaneisenerz aus dem Titanite, während das Magnet- eisen, welches sich gleichzeitig im Phonolith findet, zum Theil aus Eisenkies, zum Theil aus Amphibol entstanden sein mag, wofür sein Vorkommen gewöhnlich in der unmittelbaren Nach- barschaft des letzteren spricht. Oefters könnte man es für eine Ausscheidung aus dem Amphibole halten. Häufig wird es von diesem Minerale ganz umschlossen. Der Amphibol solcher Stücke hat seinen Zusammenhang verloren und ein zerfressenes Ansehen angenommen. Die Gegenwart von geringen Mengen Eisenkies in den Phonolithen wird schon durch das Auge erkannt. Um mich von der Möglichkeit einer Umwandelung des Eisen- *) Naumann Lehrbuch der Geognosie Bd. I. S. 639. **) A. Bazıruaupt Vollständiges Handbuch der Mineralogie Bd. II. S. 781. 187 kieses in Magneteisen zu überzeugen, pulverisirte ich einige kleine ganz frisch erscheinende Eisenkies-Krystalle von Johann-Georgen- stadt. Das Pulver, welches ich mir bereitete, war nicht mag- netisch. Es wurde 24 Stunden mit kohlensaurer Natronlauge digerir. Das von der Flüssigkeit abfiltrirte Pulver hatte eine unstreitig dunklere Farbe angenommen und mit dem Magnet- stäbehen konnten einzelne kleine, schwarze, magnetische Theilchen ausgezogen werden. Nachdem zu dem Filtrate überschüssige Salzsäure gefügt war, bewirkte Chlorbarium einen weissen Nie- derschlag, zum Beweis, dass sich bei Umwandlung des Eisen- kieses in Magneteisen Schwefelsäure gebildet hatte. Obgleich sich durch die chemische Untersuchung ein gerin- ger Phosphorsäuregehalt nachweisen liess, und man daraus auf einen Apatitgehalt zu schliessen sich berechtigt halten könnte, um so mehr da der Apatit gern ein Begleiter des Nephelins zu sein scheint, so gelang es mir doch nicht Apatitnadeln unter dem Mikroskope mit Sicherheit zu erkennen. Möglicherweise gehört aber die gefundene Phosphorsäure dem glasigen Feldspathe zu. Herr Townes*) hat sich durch wiederholte Versuche überzeugt, dass der Feldspath von Boullay-Bay, New-Jersey, Phosphorsäure enthält. Auch die Herren SYANBERG und SrRuvE haben mittelst molybdänsauren Ammoniaks im Feldspathe Phosphorsäure nachge- wiesen. Ebenfalls nach den Untersuchungen der Herren BREIT- HAauPpTund HARKoRT **)ist neben Fluor in einigen Specien des Genus der Felsite Phosphorsäure enthalten. Vielleicht ist aber auch der Amphibol phosphorsäurehaltig; denn nach Herrn SuLLıyan’s***) Untersuchungen finden sich in der krystallisirten Hornblende sehr geringe Spuren dieser Säure. Mit Ausnahme des Sanidin, Nephelin, Amphibol, Titanit und Eisenkies möchten wohl die übrigen im Phonolith ange- troffenen Mineralien sekundärer Bildung sein: Magneteisen, Titan- eisenerz, Eisenoxyd, Carbonspäthe, und die ganze grosse Reihe der Zeolithe, welche letztere nie einen Gemengtheil des Ge- steins ausmachen, sondern nur als Kluft-, Haarspalten- und Blasenraum-Ausfüllungen zu betrachten sind, scheinen der Aus- laugung des Gesteins selbst ihre Entstehung zu verdanken. =) C. F. Rausersseng’s Handwörterbuch Supplement IV. S. 71. *#*) Pocsenporrr’s Annalen Bd. IX. S. 182. **%*) G, Bıscaor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Ba. I. S. 0699. 188 Sanidin-Zwillinge im Phonolith. Gewöhnlich liegen der schiefrigen Textur des Phonoliths parallel, einfache durch das Vorherrschen der MFläche meist tafelartige Sanidin-Krystalle. Nicht so ganz selten beobachtete ich jedoch in den Phonolithen des böhmischen Mittelgebirges auch einzelne Zwillings-Krystalle des glasigen Feldspaths, und zwar besonders am Teplitzer Schlossberge, aber auch am Ganghofe bei Bilin. Das Zwillingsgesetz lässt sich kurz ausdrücken: Drehungs- axe normal zur Ebene der Makrodiagonale (4), Drehungswinkel 180 Grad, Verwachsungsebene die Ebene der Makro- diagonale; wie es beigedruckter Holzschnitt andeutet: Die Sanidin-Krystalle im Trachyte des Siebengebirges sind in der Regel nach dem bekannten Gesetze der Ellenbogner oder Carlsbader Zwillinge verwachsen: „Die Drehungsaxe steht hier der Hauptaxe parallel und der Drehungswinkel beträgt 180 Grad; ‘“ oder anders betrachtet: Drehungsaxe normal zur Ebene der Ma- krodiagonale (4), Drehungswinkel 180 Grad, Verwachsungs- ebene eine der beiden MFlächen (brachydiagonales Flächen- paar). Die Sanidin-Zwillinge, welche man zuweilen im Phonolithe, häufig im Trachyte antrifft, bildeten sich wahrscheinlich nach ein und demselben Gesetze, nur dass die schiefrige Textur des Phonoliths die Zwillingsbildung weniger unterstützte und bei derselben die einzelnen Sanidin-Krystalle nöthigte, in einer ihr parallelen Ebene zusammen zu verwachsen, während im Tra- chyte die einzelnen Sanidin-Tafeln mit den Ebenen des brachy- diagonalen Flächenpaares (M) verwachsen konnten. 189 Kapitel IV. Chemische Analyse des Phonolithes von Nestomitz, gegründet auf mikroskopische Beobachtungen. Folgerungen aus derselben. Unter dem Mikroskope bemerkte ich, dass die Vertheilung der einzelnen oben besprochenen Gemengtheile der Phonolithe eine ungleiche ist, dass bald der Amphibol, bald der Sanidin, bald der Nephelin vorwaltet. Hiernach ist es unmöglich, dass zwei verschiedene Stückchen ein und desselben Gesteins eine gleiche chemische Zusammensetzung besitzen können. Am besten wäre es daher vor Anstellung der Analyse eine Durchschnitts- probe einer sehr grossen Anzahl von, an verschiedenen Punkten gesammelten Stücken zu nehmen. Dadurch würde man die Zu- sammensetzung eines ganzen Gesteines finden, während durch unsere jetzigen Gesteins-analytischen Methoden nur die Bestand- theile des angewendeten Stückchens ermittelt werden. Dass man sich vor Beginn der Analyse eine grössere Menge Gesteinspulver vorbereitet hat, wird natürlich vorausgesetzt. Hätte man dies vernachlässigt, so dürfte man sich nicht wundern, wenn die durch Aufschliessen mit kohlensaurem Natron erlangten Resultate nicht in Uebereinstimmung ständen mit denen durch die Flusssäure- Analyse erhaltenen; es wäre dies nicht auf die Ungenauigkeit der angewendeten Methoden, oder auf die Nachlässigkeit des Analytikers, sondern meist lediglich auf die verschiedene Ver- theilung der Gemengtheile in den beiden analysirten Gesteins- stückchen zu schieben. Jedoch ist es dem reisenden Geologen und dem Analytiker meist unmöglich, sich sehr grosse Massen von Material zu verschaffen. Auch wäre zur Zerkleinerung der letzteren ein besonderer Apparat nöthig, der entweder als Poch- oder Walzwerk, jedoch so eingerichtet sein müsste, dass mit den zu zerkleinernden Gesteinen weder Eisen noch Stahl in unmittel- bare Berührung kämen, da hierdurch nicht unbedeutende Fehler- quellen für die Analyse entstehen würden. Schon beim Zer- kleinern von Gesteinen im Stahlmörser bemerkt man, dass ein- zelne Eisentheilchen*) von demselben abgelöst werden. Es kommt aber auch, ausser für technische Zwecke, ge- *) Bekanntlich besteht der hohle Cylinder aus Eisen. 190 wöhnlich weniger darauf an, die absoluten Mengen der in einer Gesteinsmasse enthaltenen elementaren Bestandtheile kennen zu lernen, Der Litholog, welcher meist aus seiner Analyse auf die Natur der das Gestein zusammensetzenden Mineralien schliessen will, hat es mehr mit den relativen Mengen-Verbältnissen zu thun. Es genügt ihm daher schon oft die Zusammensetzung eines einzelnen Stückes zu kennen. Zweckmässig dürfte es aber erscheinen, stets solche Gesteins- analytische Methoden anzuwenden, nach welchen sämmtliche Bestandtheille durch eine einzige Analyse ermittelt werden können. Da die Anwendung des kohlensauren Baryts manche Un- annehmlichkeit hat, so zog ich vor, das Gestein nach dem Vor- gange des Herrn H. SAINTE-CLAIRE DEYVILLE mit einer bestimm- ten Menge kohlensauren Kalkes zusammenzuschmelzen, und das erhaltene Phonolith-Kalkglas der weiteren Analyse zu unterwer- fen. Die in allen Phonolithen des böhmischen Mittelgebirges angetroffene Titansäure nöthigte mich, von dem Gange der DE- vıLLe’schen Silikat-Analyse hier und da abzuweichen. Obgleich der von mir eingeschlagene Weg wahrscheinlich nicht der einfachste und kürzeste ist, und man durch weitere fortgesetzte Untersuchung wohl noch einen in der Ausführung bequemeren finden wird, so veröffentliche ich dennoch die von mir angewendete Methode, da man durch dieselbe ziemlich befriedi- gende Resultate zu erlangen scheint. Durch diesen aus der DevıLLe’schen und den andern jetzt gebräuchlichen analytischen Methoden*) combinirten Gang be- stimmt man durch eine einzige Analyse quantitativ: Glühverlust, Phosphorsäure, Titansäure, Kieselsäure, Thonerde, Eisen, Man- gan, Kalk, Magnesia, Kali, Natron und Lithion. Es sei mir gestattet die angewendete Untersuchungsweise etwas ausführlicher zu beschreiben und hier und da einige für das Gelingen derselben wesentliche Vorsichtsmaassregeln zu er- wähnen. Zur Bestimmung des Glühverlustes werden kleine Stückchen des zu analysirenden Gesteines in einem kleinen Platintiegel der *) Man vergleiche: H. Rose Handbueh der analytischen Chemie; WönLer Praktische Uebung in der chemischen Analyse; WırL Anleitung zur chemischen Analyse; Rıcurer Leitfaden zum Unterricht in der quan- titativen analytischen Chemie. 191 Weissglühhitze ausgesetzt. In Ermangelung eines starken Gas- gebläses bedient man sich hierzu mit Vortheil der grossen Lampe (lampe forge) oder wohl auch der mit einem starken Blasebalge verbundenen Gasäthergebläselampe des Herrn DEYVILLE. Die geschmolzene Masse wurde aus dem Tiegel gedrückt, und zwischen Papier und dann im Achatmörser zerkleinert und gepulvert. Um die etwaigen Papiertheilchen zu zerstören, glüht man das Pulver. Eine bestimmte abgewogene Menge desselben wird mit einer genau gewogenen Quantität chemisch reinen koh- lensauren Kalkes beschickt. Ich wendete bei vorliegender Ana- lyse SO pCt. desselben an. Den kohlensauren Zuschlagskalk be- reitete ich mir durch Behandlung von Chlorcaleium mit kohlen- saurem Ammoniak. Nachdem er vier Wochen ausgewaschen worden war, erwies er sich als vollkommen chemisch rein. Von diesem Kalke wiegt man gleichzeitig noch eine besondere Quan- tität ab und setzt dieselbe der Weissglühhitze aus um seinen kaustischen Kalkgehalt zu ermitteln. Nachdem die Beschiekung in einem kleinen Platintiegel gut gemengt ist, setzt man sie ebenfalls der Weissgluth aus. Nach dem Erkalten wiegt man wieder. Das (im vorliegenden Falle blassbouteillengrün gefärbte Phonolith-Kalk-) Glas wird aus dem Tiegel gedrückt und wiederum auf obenerwähnte Weise zerklei- nert und ‚gepulvert. Von diesem Pulver wiegt man eine bestimmte Menge in einer mit einem Deckel versehenen kleinen Platinschale (capswle) ab. Man fügt in der Kälte, anfangs tropfenweise, concentrirte Salpe- tersäure zu, und fährt mit dem Umrühren, wozu ich mich eines kleinen Carneolstäbchens bediene, so lange fort, bis das Gesteins- Kalkglaspulver sich vollkommen und zwar zu einer klaren, wasser- hellen Flüssigkeit aufgelöst hat. Wendete man, um die Auflö- sung zu beschleunigen, Wärme an, so erhielte man alsbald eine Gelatine, welche einzelne Partien des zu untersuchenden Pulvers einhüllen und der Einwirkung der Salpetersäure entziehen würde. Die klare Flüssigkeit wird eingedampft und die trockne Masse so lange erhitzt, bis keine salpetersauren Dämpfe mehr entweichen. Nun fügt man dazu eine concentrirte Lösung von salpetersaurem Ammoniak und digerirt-. Nach einem Zusatze von Wasser kocht man dasselbe; immer in derselben Platinschale, welche man aber um Verluste zu vermeiden mit einem gut schliessenden umge- kehrten Trichter bedeckt. 192 Man filtrirt, wäscht aus, und setzt überhaupt so lange die- selbe Operation fort, bis das Filtrat auf dem Platinbleche keinen Rückstand mehr hinterlässt. Man hat nun im Filtrate: Kalk \ Magnesia Kali als salpetersaure Salze. Natron Lithion | Manganoxydul Der Rückstand aber enthält: Titansäure. Phosphorsäure, von welcher ich schon früher bei Ge- legenheit der Analyse des Horkenber- ger Gesteines*) erwähnte, dass dieselbe mit Eisen und Thonerde verbunden bleibe, wenn die Alkalien und Erden durch salpetersaures Ammoniak extra- hirt werden. Thonerde. Eisenoxyd. Manganoxyd resp. Mangansuperoxyd, welches sich nach Herrn WEEREN**) aus ersterem bei 160 Grad C. bildet. Aus dem Filtrate fällt man allen Kalk mittelst oxalsauren Ammoniaks. Der oxalsaure Kalk wird aber durch Glühen über der DevırrLe’schen Lampe in kaustischen Kalk verwandelt und als solcher gewogen. Von dem erlangten Gewichte zieht man die dem zur Analyse angewendeten Gesteins-Kalkglaspulver ent- sprechende Kalkmenge ab und bestimmt aus der Differenz den procentarischen Kalkgehalt der untersuchten Substanz. Hierauf dampft man das, Magnesia, Manganoxydul und die Alkalien enthaltende Filtrat ein und erwärmt vorsichtig um das vorhandene salpetersaure Ammoniak fortzuschaffen. Dann fügt man zu den feuerbeständigen salpetersauren Alkalien etwas Wasser und einige Krystalle von chemisch reiner Oxalsäure. Die Salpetersäure wird beim Abdampfen ausgetrieben, es «) Posgenporrr’s Annalen Bd. XLV. S. 420. **) PosGEnpoRrFF’s Annalen Bd. XLV. S. 401. 193 verwandeln sich die gebildeten oxalsauren Salze aber durch schwaches Glühen in kohlensaure. Man zieht daraus die kohlen- sauren Alkalien mittelst kochenden Wassers aus, in welchem die Carbonate von Magnesia und Manganoxydul fast unlöslich er- scheinen. Bis hierher wurde grösstentheils der Methode des Herrn H. SAINTE-CLAIRE DEVILLE *) gefolgt. Die Trennung von Magnesia und Manganoxydul erfolgt auf bekannte Weisen. Zu der die Alkalien enthaltenden Flüssigkeit fügt man nun etwas Chlorwasserstoffsäure. Die erhaltenen Chlormetalle be- handele ich hierauf in einem kleinen, vor der Lampe geblasenen Fläschchen mit gut eingeriebenem Glasstöpsel mit Aetheralkohol. Das Chlorlithium ist hierin vollständig löslich, wenn diese Be- handlung unter Öfterem Umschütteln längere Zeit, wenigstens 24 Stunden, dauert. Man filtrirt sehr schnell, bedeckt dabei den Trichter mit einem Uhrglase und setzt das Auswaschen mit Aetheralkohol so lange fort, als noch beim Anbrennen einiger Tropfen desselben eine karminrothe Färbung sich zeigt. Zu weit darf man jedoch das Auswaschen nicht treiben, da ausserdem leicht eine geringe Menge der beiden andern Alkalien in Lösung gehen könnte und dadurch ein bei weitem zu hoher Lithiongehalt gefunden werden würde. Chlorkalium und Chlornatrium werden mit chemisch reinem Quecksilberoxyd geglüht um die in ihnen enthaltene Menge Chlor- magnesium in Magnesia zu verwandeln. Hierauf bestimmt man das Gewicht der von ihr befreiten Chlormetalle und bewirkt ihre Trennung durch Platinchlorid nach bekannter Methode. Von der Genauigkeit der beschriebenen Trennungsweise der Alkalien habe ich mich mehrfach überzeugt. Bereits wurden frü- her auf gleiche Art die Analysen ausgeführt: des Lithion-halti- gen Feldspaths**) aus der Gegend von Radeberg im Königreich Sachsen und ‘des jüngern Weissigits***) im dritten Nachtrage zu meiner Amygdalophyr-Arbeit. Der bei Behandlung mit salpetersaurem Ammoniak ungelöst *) Nouvelle Methode generale d’analyse chimique par M.H. SAıntE- Crame DevivLe (Ann de chimie et phys. 1854. III. Serie Tome XLI.) ##) Possenporrr’s Annalen Bd. XLV. S. 304 bis 306. *##) v. LEonHArD und Bronn Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geo- gnosie, Geologie u. 5, w. 1855. Heft 7. 194 gebliebene Rückstand wird in der Kapsel geglüht und in der- selben hierauf mit dem vierfachen Gewichte kohlensauren Kali- Natrons geschmolzen. Man behandelt dann das Ganze mit kal- tem Wasser so lange bis das Ungelöste ein fein zertheiltes Pulver bildet. Die abfiltrirte Flüssigkeit wird sauer gemacht, im Wasser- bade eingedampft um die Kieselsäure der sich im Filtrate befind- lichen geringen Menge kohlensauren Natrons unlöslich zu ma- chen. Man übergiesst diese Masse mit Wasser und fällt aus dem Filtrate die Phosphorsäure als phosphorsaure Ammoniak- Magnesia. Der geglühte und als phosphorsaure Magnesia ge- wogene Niederschlag wurde gelöst und nach Zusatz von Essig- säure eine Auflösung von molybdänsaurem Ammoniak hinzugefügt, wodurch der bekannte, für die Phosphorsäure so charakteristi- sche gelbe Niederschlag bewirkt wurde. Das Unlösliche aber wird zu dem noch vorhandenen Rück- stande gefügt. Man behandelt das Ganze mit Chlorwasserstoff- säure und dampft es im Wasserbade ein. Nachdem hierauf die Kieselsäure auf die gewöhnliche und bekannte Weise bestimmt worden ist, so setzt man zu dem Filtrate so viel Weinsteinsäure zu, dass durch Ammoniak kein Niederschlag mehr bewirkt wird. Dagegen fällt man das in der Solution vorhandene Eisenoxyd und einen Theil des Manganoxydes mit Schwefelammonium, wo- gegen die gesammte 'Thonerde und Titansäure in Lösung blei- ben, letztere jedoch mit Mangan und geringen Mengen von Eisen verunreinigt. Eisen und Mangan werden mittelst bernsteinsau- ren Ammoniaks auf bekannte Weise getrennt. Die zur Trockne eingedampfte Lösung wird zur Verjagung der ammoniakalischen Salze und zur Zerstörung der Weinsteinsäure erhitzt und schwach geglüht. Ist die hierbei entstandene Kohle ziemlich verbrannt, so behandelt man die poröse Masse portionsweise mit geschmol- zenem, sauren schwefelsauren Kali. In Ermangelung eines an- dern grossen Platingefässes geschieht dies sehr leicht in der Platinkapsel. Nachdem man die geschmolzene Masse mit vielem kalten Wasser aufgelöst hat, fügt man etwas Schwefeläure zu und bringt die Flüssigkeit zum Kochen. Hierdurch fällt die Titansäure heraus. Man unterstützt letzteres besonders durch Zufügung von schwefelsaurem Natron. Die von der Titansäure abfiltrirte Thon- erde-haltige Flüssigkeit wird bis nahe zur Trockne eingedampft. Hierauf setzt man diese Operation in einer Kapsel bei verstärkter 195 Erhitzung fort, bis der Ueberschuss der Schwefelsäure verjagt ist. Das zurückbleibende saure schwefelsaure Kali aber behandelt man so lange mit kohlensaurem Ammoniak, bis neutrales schwe- felsaures Kali sich gebildet hat. Von diesem wird aber die ge- glühte unlösliche Thonerde durch Behandlung mit Wasser ge- trennt, filtrirt, geglüht und gewogen. Die Thonerde enthält aber noch Mangan und Spuren von Eisen. Man schmilzt sie daher mit etwas Kalinatron zusammen, ihre saure Auflösung behandelt man mit Weinsteinsäure, Ammoniak und Schwefelammonium, wodurch Schwefelmangan und Schwefeleisen gefällt werden. Diese Schwe. felmetalle werden filtrirt und, da ihre Menge sehr gering ist, so- gleich geglüht und als ein Gemenge von Manganoxydoxydul und Eisenoxyd gewogen. Die gewogene Kieselsäure enthält noch einen Theil der Titansäure und geringe Menge von Mangan. Sie wird zur Trennung beider Substanzen zunächst mit kohlen- saurem Kalinatron geschmolzen, aufgelöst, mit Salzsäure versetzt und abgedampft, wobei man eine höhere Temperatur anwenden muss, als die des Wasserbades um die etwa gelöste Titansäure unlöslich zu machen. Die (Titansäure-haltige) Kieselsäure wird nun auf bekannte Weise weiter behandelt, aus der davon abfıl- trirten Flüssigkeit aber durch Ammoniak und Schwefelammonium gefällt. Die geringe Masse Schwefelmangan wird filtrirt und nachdem sie geglüht und als Manganoxydoxydul gewogen ist, der oben gefundenen Menge des Eisenoxyd-haltigen Manganoxyd- oxyduls zugefügt und mit derselben weiter behandelt. Zunächst löst man in Salzsäure auf, fügt etwas Salpetersäure hinzu und erwärmt. Man übersättigt annähernd mit kohlensaurem Natron und fügt essigsaures Ammoniak zur Lösung. Die mit Wasser verdünnte Flüssigkeit wird stark gekocht. Es fällt Eisenoxyd nieder, während Mangan in Lösung bleibt. Ersteres wird quan- titativ bestimmt und von der gefundenen Menge das Mangan- oxydoxydul abgezogen. Zur Bestimmung der die Kieselsäure verunreinigenden Titansäure behandelt man sie mit saurem schwe- felsauren Ammoniak in der Kapsel. Nach dem Erkalten ver- mischt man die Masse mit Wasser und filtrirt die Kieselsäure ab. Aus dem Filtrate fällt man die Titansäure durch Ammoniak. Noch ist zu erwähnen, dass immer, wenn ich bei der Ana. lyse des Nestomitzer Phonolithes mit saurem schwefelsauren Kali operirte, das Platingefäss etwas angegriffen. ward. Herr H. Rose erwähnt diesen Umstand schon in seinem Handbuche der analy- 196 tischen Chemie Bd. II. S.4. Natürlich sind diese Platinmengen quantitativ ermittelt und bei der Analyse stets berücksichtigt worden. Auch wurden sowohl vor als auch nach jeder Opera- tion die Platingefässe gewogen. Endlich bemerke ich noch, dass die zu nachstehender Ana- lyse angewendeten Reagentien zum Theil von mir selbst darge- stellt werden mussten, da es fast unmöglich ist, dieselben käuf- lich rein zu erhalten. Letzteres gilt besonders vom salpetersau- ren Ammoniak, welches man sich immer selbst darstellen muss. Auch die angeblich chemisch reinste, im Handel vorkommende Oxalsäure ist selten rein. Die Alkalien-freie Säure, welche man zuweilen käuflich findet, enthält immer noch kleine Mengen von oxalsaurem Kalk, welche der Prüfung gewöhnlich entgehen, da bekanntlich eine concentrirte Oxalsäurelösung etwas oxalsauren Kalk auflösen kann. Bei einem grossen Zusatze von Wasser fällt derselbe aus. Durch ein vielfach wiederholtes Behandeln mit grossen Mengen von Wasser und durch Umkrystallisiren er- langte ich die für gegenwärtige Analyse erforderliche Menge vollkommen chemisch reiner Oxalsäure. Nach dem eben beschriebenen Gange führte ich die Analyse eines frisch erscheinenden Stückes des Nestomitzer Phonolithes aus und erhielt als Resultat meiner Untersuchung: Glühverlust. . 1,29 Phosphorsäure . 0,29 Titansäure . .: 1,44 Kieselsäure . . 56,28 Thonerde . . 20,58 Eisenoxyduli . 2,86 Manganoxydul. 1,45 Kalkuist gast 170,46 Magnesia . . 0,32 Kaltelanest Ar8& 5:84 Natronksbnada! 930% Bithion age?! „250,05 Ausserdem bestimmte ich, wie schon oben angeführt wor- den, den Chlorgehalt eines Stückchens vom Nestomitzer Phono- lith zu 0,54 pCt. Zur Bestimmung des Schwefelgehaltes wurde das Gesteins- pulver mit chlorsaurem Kali und Salzsäure in einem Kolben 197 längere Zeit in der Wärme behandelt; aus der abfiltrirten Flüssig- keit aber durch Zusatz von Chlorbarium schwefelsaurer Baryt gefällt. Ich fand den Schwefelgehalt des Nestomitzer Gesteins nach zwei verschiedenen Proben stets — 0,02 pCt., welches einem Eisenkiesgehalte entspricht von 0,04 pÜt. Fluor wurde vor dem Löthrohre erkannt. Im Glaskölbcehen erhielt man nur Spuren von Wasser. Da nach Herrn G. Bıscuor*) Säuren aus demselben Ne- phelin-haltigen Gesteine ungleiche Mengen Nephelin ausziehen werden, je nachdem dieser noch frisch oder mehr oder weniger zersetzt ist, so musste ich auf die directe quantitative Bestimmung der im Phonolith enthaltenen Nephelinmenge verzichten. Nicht konnte ich annehmen, dass auch in den frischesten Stücken des Nestomitzer Phonolithes der Nephelin noch vollkommen unver- ändert sei, da vielmehr aus der unter dem Mikroskope beobach- teten theilweisen Trübung das Gegentheil hervorzugehen schien. Wurde jedoch Phonolithpulver mit verdünnter Salzsäure längere Zeit in Berührung gelassen, und der Rückstand unter dem Mi- kroskope beobachtet, so war ein grosser Theil des Nephelins verschwunden, meist scharfkantige Sanidin-Krystalle und grün durchscheinende Amphibolnadeln waren aber noch zu erkennen. Der durch die Analyse des Nestomitzer Phonolithes aufge- fundene geringe Kalkgehalt spricht nicht für die Anwesenheit von Oligoklas in diesem Gesteine, da bekanntlich in den meisten Oligoklasen ein nicht zu vernachlässigender, oft sogar ganz we- sentlicher Kalkgehalt aufgefunden wurde. Jedoch giebt es auch Ausnahmen von der allgemeinen Regel. Ich erinnere hier an den Oligoklas von Kimito in Finnland vom specifischen Gewichte = 2,63, in welchem Herrn Cnopn£w’s Analyse nur 0,47 pCt. Kalk ergab, an den von Herrn Fouqus**) zum Oligoklas ge- rechneten Feldspath aus dem Trachyt des Siebengebirges vom specifischen Gewichte — 2,56, in welchem derselbe bloss 0,3 pCt. Kalk auffand. *) G.Bıscuor Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd. II. S. 2258. **) Annal. de chim. et de phys. XL. S. 279. 198 Da die übrigen durch die mikroskopische Untersuchung er- kannten Gemengtheile des Nestomitzer Phonolithes keine, oder nur äusserst geringe Mengen von Mangan besitzen, so lässt der durch die Analyse gefundene geringe Kalkerde- und der verhält- nissmässig grosse Mangangehalt auf eine Amphibol- Species schliessen, welche erstere Bestandtheile im Minimum, Mangan hingegen in nicht unbedeutender Menge enthält. Den gestellten Anforderungen entspricht aber wohl am mei- sten Herrn THomsonx’s Arfvedsonit*) von den Faröen (?), in welchem derselbe fand: Kieselsäure . 50,508 Thonerde . . 2,488 Kalkerde . . 1,560 Talkerde . . keine Eisenoxydul . 31,548 Manganoxyd . 8,920 Wasser. . . 0,960 95,984 Nach Herrn BrerrHaupT (vollständiges Handbuch der Mi- neralogie Bd. III. S.553) wurde wahrscheinlich bei der Analyse das Natron übersehen, wodurch der namhafte Verlust erklärt wird. Herr v. KoBELL analysirte den Arfvedsonit von Grönland und fand in demselben eine bedeutende Menge Natron mit Spu- ren von Kali. Der Manganoxydgehalt seiner Analyse ist viel geringer, dafür aber der Eisenoxydulgehalt bei weitem grösser als der von Herrn Tuomson gefundene. Es scheint sich daher Eisen und Mangan im Arfvedsonit gegenseitig ersetzen zu kön- nen. Seine Analyse gab Kieselsäure. . 49,27 Thonerde . . 2,00 Kalkerde . . 1,50 Talkerde . . 0,42 Eisenoxydul. . 36,12 Manganoxyd . 0,62 Natron mit Spu- ren von Kali 8,00 Chlor 77 789.038 24 98,17 *) RıumeLsgercG Handwörterbuch S. 310. 199 Wenn auch das von Herrn PLanramour untersuchte, von Herrn EsmArk Aegirin genannte Fossil von einer Insel bei Brevig. in Norwegen, zum Arfvedsonit*) gehört, so müssten sich im Arfvedsonit die einatomigen Basen gegenseitig vertreten kön- nen, denn seine Analyse ergab neben Eisen- und Manganoxydul auch einen bedeutenden Kalk- und Magnesiagehäalt.e. Er fand nämlich Kieselsäure . 46,571 Thonerde . . 3,413 Kalkerde ‘4°... ,5.913 Talkerde . . 5,878 Eisenoxydul . 24,384 Manganoxydul 2,068 Natron 2.7 2454.90 Kal. 312.7, 2,d6f Titansäure. . 2,017 -Fluor . . nicht bestimmt 100,995 Da die Titansäure von eingesprengtem Titaneisen herrührt, so enthält das Mineral wahrscheinlich auch Eisenoxyd. Der Arfvedsonit**) ist schwarz, hat einen graulich- bis se- ladongrünen Strich, ist undurchsichtig und besitzt Glasglanz. Da mir nach den angegebenen Analysen die Natur des Arfvedsonit noch nicht vollständig aufgeklärt zu sein scheint, so wage ich auch nicht den Amphibol des Nestomitzer Phonolithes mit diesem Namen zu belegen und ziehe es vor, denselben vor- läufig unter der Bezeichnung „Arfvedsonit-ähnlicher Amphibol“ anzuführen. Suchen wir annähernd zu bestimmen die Mengenverhältnisse der einzelnen durch das Mikroskop erkannten Bestandtheile ***) in dem von mir analysirten Stückchen des Phonolithes von *) RammEnsBerG Handwörterbuch Supplement I. S. 71. *#) Paısvıps, Brooke, MituLer An elementary introduction to Minera- logy. London 1852. S. 308. *#*) Nehmen wir zu dieser annähernden Berechnung folgende Sauer- stoffverhältnisse der betreffenden Mineralien an: beim Titanit (Rammersgerg Handw. Suppl. Bd. II. S. 185) beim Sanidin Si: Äl:K,Na,Mg — 12:3:1; Zeits. d.d. geol. Ges. VIII. 2. 44 200 Uebersicht der muthmaasslichen Zusammensetzung Gefunden durch die Analyse. Titanit. Sanidin. 7 4,44 mit Sauerstoff | 1,44 mit 0 a ra en (URS Yan) Bere RR OST, |. 2 us ae Si 30,28... ee 1 RE 36,29: TE 29,22 . 0,57 18,84 At TS 2 2. eg 10:08. ne ae 9,62 Eemaeteeie 9,0 a ve A Fe 280. See» OT] ee a 963.17 “0 10 ee Fe U SE ER Mn 1 OR 1a a RR 1 ER LO a er ee 0,33 a Ca 0,46 ee 0,46 a RN TE TE ne re LO, RE WORT 0,13 0,13, nis re Mg FE NER N 032: ee vehareriehee mE 0,13 nee el nee K SS ee 3389 wrerseslente BR 0,99 SR ee ee ORSORGE Na EN or ae, 23I2:. Ar Be ET BITTER ENG. AREA ARSCH Drag 0,75 L I ER > ae Mae ag 0,09. Se ee ne 0,03 ne nal se ee teens DO r Ua Ko Se Er Dot 2 Re ige 0,16 ae Laie. 7oke S 0,02 1 0,54 nicht 229 Fl quantitativ ? bestimmt H ‘ Spur Sonstiger Glühverlust 201 eines Stückchens Phonolith von Nestomitz in Böhmen. Nephelin. Sn Eisenkies. | es mit O0 aa) peu) see et 1,44 Ma 2 ee reelle hol ee 0,57 12 DENE See ee ER 0528 2... Den, 138 | ee Ana ereeecan. arte 29122 N led Aa MEN, 4,91 Re. = Reste a 7 EN 2 KORB NER RE Ro o |e N ae er ee. WASe nn een ea. 2 0. 0565 ee era eig eayente 0a un 2.170.002 28.2, Sn 3 Alena. AD Wels nee Ay en 2 ER a OS OR RR I NO N N a NT 0 ee koennen el e elerlen ll 2 ee era Seel faerre 0,13 RETTEN ER RE ONE En ENOONORAOSL VB2ı. A Be DE era ER 4 CEO YORK FeCHkech Ach Rs ka 0,13 ee A A N RO On MO ie! 0,33 a BR Bl ee 0599 DO en: 4.0 DREI FR DEN OT. Be 1,31 2 RN GA SE SRTERBESF CHEN I EN 1108 2,38 ERENTO Br EN RR SE TON OMORD 0.0922 Ze: ET I ee ar keseneken 60 ER een te 0,03 SRTEERTRIR 2 Ares erden | RE 0270.02. 9. ? v ? Sl. DE au m are (VOM STE Sa SleRD a Bay ...0. SO RR 43,98 202 Nestomitz, so gelangen wir zu der in vorstehender Tabelle an- gegebenen muthmaasslichen Zusammensetzung des analysirten Stückchens des Nestomitzer Phonolithes. In dieser Uebersicht wurde mit Ausnahme des an Schwefel gebundenen metallischen Eisens, der übrige gesammte Eisengehalt als Oxydul aufgeführt. Da in dem Nestomitzer frischen Gesteine Magneteisen nur eine Seltenheit ist, dasselbe aber meist als aus Amphibol entstanden zu betrachten sein möchte, so fand in der allgemeinen Uebersicht der Bestandtheile dieses Gesteins die äusserst geringe Magneteisenmenge keine Berücksichtigung. Zu welchen Gemengtheilen aber die Phosphorsäure, das Fluor und das Chlor gehören, kann nicht mit Entschiedenheit ausgesprochen werden. Jedoch möchte ich den Fluorgehalt dem Sanidin und dem Arfvedsonit-ähnlichen Amphibol zurechnen, welchen beiden Mineralien möglicher Weise auch der das Fluor gern begleitende Phosphorsäuregehalt angehören könnte. Das Chlor mag aber wohl, wie schon weiter oben erörtert, dem Ne- phelin zugehören. Die Spur Wasser aber scheint zu verrathen, dass der Nephelin des Gesteins schon sich zu verändern anfängt. Es ergeben sich daher nach meinen Untersuchungen als Gemengtheile des frischen Nestomitzer Phonolithes: Sanidin, Nephelin, Arfvedsonit-ähnlicher Amphibol, 2 Titanit, ; Eisenkies. Ueber einige andere seltenere Gemengtheile des Phonolithes verdanke ich Herrn G. Rose folgende mir von demselben ge- fälligst gemachten Mittheilungen: Oligoklas findet sich nach Herrn G. Rose im Phonolith vom Schreckensteine, etwas oberhalb Aussig auf dem rechten Elbufer, als ein durch seine Zwillingsstreifung deutlich erkennt- licher Krystall in der Phonolith-Grundmasse porphyrartig ein- gewachsen. beim ee nach ScHEErER (Rammersgerg Handw. Bd. II. S. 8) : A}: Nau. K—=44:3:1—9:6:2,wobeisihK: Na —1:4 verhält; ben SER :R=9:4 203 Augit beobachtete Herr G. Rose ebenfalls in Krystallen bis zu 7 Mm. Länge porphyrartig eingewachsen in mehreren Phonolith-Varietäten, und zwar am häufigsten_ am Ziegenberge unterhalb Aussig auf dem linken Elbufer; seltener und in klei- neren Krystallen im Phonolith des Milleschauer Donnersberges; zuweilen am Griou im Cantal. Olivin bemerkte Herr G. Ross, am Griou in kleinen Kör- nern und als ein grösseres Korn, einen Augit-Krystall ein- schliessend. Hauyn fand Herr G. Rose im Phonolith des Milleschauer Donnersberges, wie er schon seit längerer Zeit am Sanadoire bekannt ist, porphyrartig eingewachsen. Endlich bemerkt man nicht selten in einigen Phonolith- Varietäten tombakbraunen Glimmer, welcher wohl ebenso wie das Magnet- und Titaneisenerz als Umwandlungsprodukt, sei es des Augits, sei es des Amphibols zu betrachten sein möchte. Dass Zeolithe und Kalkspäthe sekundärer Bildung sind, wurde oben schon angeführt. Kapitel V. Blasenräume und Blasenraumbildung im Trachyt (Phonolith?) der Bassstreicher Mühle. Mesolith ein veränderter Comptonit. Der mächtige Trachyt- (Phonolith-?) Gang der Bassstreicher Mühle bei Salesel, welcher schon weiter oben, der ihn durch- setzenden Gänge jüngerer basaltischer Gesteine wegen, erwähnt wurde, ist ausserordentlich reich an bis kopfgrossen Amphibol- Ausscheidungen. Der Amphibol ist aber nirgends mehr ganz frisch, besitzt eine schwarze Farbe und giebt einen graugrünen Strich. Seine noch am frischesten erscheinenden Partien hatten das auf die grösste Dichtigkeit des Wassers zurückgeführte spe- eifische Gewicht = 3,235. Meist sind diese amphibolischen Massen schon in Zersetzung begriffen, sie haben ihren Zusammenhang verloren und gehen in eine erdige rothe und etwas poröse, weiche, gelbbraune Substanz vielfach über, welche letztere manchmal den ganzen früher vom Amphibol erfüllten Raum einnimmt. Nicht selten aber sieht man mit der schon in Zersetzung begriffenen schwarzen Hornblende 204 aufs innigste Zeolith-Partien verwachsen, welche manchmal einen nicht unbedeutenden Raum der früheren Amphibol-Ausscheidun- gen einnahmen. Ist aus diesen der Amphibol gänzlich wegge- führt, so findet man die hinterlassenen bald grössern, bald klei- nern Hohlräume von mannichfaltigster Gestalt, stets mit Zeolithen und Kalkspäthen erfüllt. . Die Succession der dieselben erfüllenden Mineralien ist, wie es aus nachstehender Figur ersichtlich ist: 41. Analzim in kleinen Krystallen, lebhaft glänzend, zuwei- len aber trübe und undurchsichtig geworden; 2. Comptonit zum Theil ganz frisch, zum Theil jedoch in die Mesolith genannte Abänderung übergegangen; 3. kleine braune Punkte; 4. gelblicher Kalkspath vom specifischen Gewicht = 2,712; 5. weisser Kalkspath vom specifischen Gewicht — 2,716. Der Analzim sowohl, als auch der Comptonit sitzt stets un- mittelbar auf den -Wandungen dieser Blasenräume (durch Ver- schwinden des Amphibols entstanderen Hohlräume) auf. Auf ersteren lagert der gelbliche Kalkspath. Der weisse Kalkspath aber tritt als jüngstes Glied auf und bedeckt sowohl den Compto- nit als auch den gelben Kalkspath. Der Comptonit ist, und dies bemerkte ich besonders bei sei- nen nicht mehr ganz frischen Abänderungen, unter der Kalk- spathdecke mit einer bräunlichen Substanz überzogen, welche durch Chlorwasserstoffsäure unter Zurücklassung eines weissen Pulvers angegriffen wurde. 205 Der durch sein sehr stumpfes Doma zur Makrodiagonale ausgezeichnete Comptonit ist hier und da noch vollkommen frisch, farblos und wasserhell, seine Krystalle aber kugelförmig zusam- mengehäuft. Jedoch verändert er sich meist in die unter dem Namen Mesolith bekannte Substanz. Die Physiographie der letzteren aber ist: Es bestehen die schönen kugel- oder halbkugelförmigen Zu- sammenhäufungen aus kleinen nadelförmigen Individuen, die vom Mittelpunkte nach der Oberfläche der Kugel auslaufen und auf derselben in kleinen Krystallen endigen, an denen man die für den Comptonit so charakteristische Form, nämlich die beiden unter einem äusserst stumpfen Winkel zusammenstossenden End- flächen beobachtet. Beim Zerschlagen zerfallen solche kugelför- ımige Kıystallgruppen in Pyramiden, deren Basis durch sphäri- sche Dreiecke gebildet werden. Hierbei bemerkt man aber ge- wöhnlich, dass das Mineral zunächst der Kugeloberfläche, gleich- sam mit einer ungefähr eine halbe Linie starken farblosen lebhaft glasglänzenden Rinde umgeben ist, während der übrige grössere Theil des Minerals äusserst dünnstänglich, weiss, undurchsichtig, aber meist durchscheinend und perlmutterglänzend erscheint. Leicht könnte man in Versuchung kommen, Mesolith als aus Natrolith und Comptonit bestehend zu betrachen, wie es seither wohl auch beim Mesolith aus dem Phonolith von Hauenstein in Böhmen gewöhnlich zu geschehen pflegte. Nachdem aber Herr RAMMELSBERG*) die Analyse dieses Mesoliths ausgeführt hat, muss man diese Ansicht aufgeben. Heır RAMMELSBERG fand nämlich für den strahligen weissen Theil, wenn derselbe von dem obern durchsichtigen in Krystall- individuen auslaufenden Theile abgesondert worden war, dieselbe Zusammensetzung als wenn dies nicht geschah. Der Mesolith ist nach der Ansicht des Herrn RAMMELS- BERG identisch mit dem Comptonit. Die Abweichung in der Zusammensetzung erklärt Herr RAMMELSBERG dadurch, dass der Comptonit bei der anfangenden Zersetzung, der ihm die Durch- sichtigkeit raubte, einen Theil der Basen verloren hat. Um mich zu überzeugen von der Wirkung einer kohlen- sauren Natronlauge, welche möglicherweise in der Natur die Umwandlung des Comptonits in Mesolith hervorbrachte, behan- *) Erpmans’s Journal für prakt. Chemie Bd. LIX. S. 346. 206 delte ich mit einer solehen den frischen Thomsonit (vom speci- fischen Gewichte 2,373) von Kilpatrik in Schottland in kleinen Bruchstückchen und in Pulverform längere Zeit in der Wärme. Einige der kleinen Stücke des behandelten 'Thomsonit hatten eine sehr geringe Trübung angenommen, während jedoch andere noch unverändert erschienen. Da die vom Rückstande abfiltrirte Flüssigkeit Kieselsäure und etwas Kalk in Lösung enthielt, so erblicke ich hierin eine Be- stätigung der von Herrn RAMMELSBERG ausgesprochenen Ansicht. An den von mir an der Bassstreicher Mühle gesammelten Handstücken beobachtete ich das allmälige Fortschreiten dieser Umwandlung ungemein schön, die Hauptmomente derselben sind in der oben gegebenen Figur angedeutet. 2a. stellt einen unveränderten Comptonit vor; 2b. eine Halbkugel desselben Minerals, in welcher jedoch, vom Centrum ausgehend, sich in radialer Richtung eine anfan- gande Trübung bemerklich macht; 2c. ist der Durchschnitt der gewöhnlich Mesolith genannten Substanz, welche bekanntlich früher von einigen Mineralogen als ein Natrolith mit einem Ueberzuge von Comptonit angesehen wurde. Im gelblichen Kalkspathe fand ich wiederum*) Fluor, ob der weisse dasselbe enthält, müssen spätere Versuche lehren, da mir zur Anstellung dieser Untersuchung die hinreichende Menge von Material fehlt. Auf ähnliche Weise, wie hier in einem Trachyt- (Phonolith-?) Gange, mögen sich wahrscheinlich sehr viele, wenn nicht viel- leicht sämmtliche der in den Phonolithbergen angetroffenen Bla- senräume gebildet haben. Zum Beispiel erwähne ich die durch ihre prachtvollen Chabasite bekannten Blasenräume des Phonoliths von Ribendörfel. **) *) Vergleiche meine Arbeit „Fluor im Kalkspath und Aragonit“ in Pocsenporrr’s Annalen Bd. XCVI. S. 145 bis 151. **) Auf ähnliche Weise aber in einem noch bei weitem grösseren Maassstabe mag auch die grosse isländische Doppelspathmasse entstan- den sein. 207 Kapitel VI. Verwitterung des Phoneliths, Auslaugung und Ce- mentation. Pechsteinbildung. Ohne mich jedoch auf weitere theoretische Entwickelungen einzulassen, versuche ich im Nachstehenden, einige der haupt- sächlichsten Veränderungen, welche der frische Phonolith erlitten hat, anzudeuten. Ich stütze mich hierbei auf das in vorliegender Abhandlung bereits Gesagte, ohne jedoch der einzelnen schon angeführten Beobachtungen Erwähnung zu thun. Die erlangten Resultate sind zum grossen Theil die Ergebnisse der mikrosko- pischen Untersuchung einer grössern Anzahl böhmischer Phonolithe. Sämmtliche böhmische Phonolithe, soweit mir dieselben be- kannt sind, ohne Ausnahme, lassen sich auf den frischen Phono- lith von Nestomitz zurückführen. Sie bestehen alle aus densel- ben Gemengtheilen, welche jedoch bald gleichmässig vertheilt erscheinen, häufiger aber bald grössere, bald geringere Ausschei- dungen in der anscheinend dichten Grundmasse bilden. Hierher gehören die Ausscheidungen von porphyrartigen Sanidin-Krystal- len, die Nephelin- und Amphibol-Partien, sowie die zuweilen an- getroffenen grösseren Krystalle von Titanit. Obgleich dem Mi- neralogen solche einzelne Krystall- und krystallinische Ausschei- dungen von grösster Wichtigkeit sind, so verschwinden dieselben dennoch ihrer Anzahl nach gegen die gesammte Grundmasse des ganzen Gesteins. Die Aufstellung zweier Fragen liegt uns nahe: 1) Welcher Gemengtheil des Phonoliths unterliegt der Ver- witterung sehr leicht? 2) Durch welche äusseren Einflüsse wird dieselbe unterstützt? Was 1. betrifft, glaube ich den ie als diesen Ge- mengtheil erkannt zu haben; dagegen 2. anlangend, möchte ich die schiefrige Textur des Phonoliths anführen. — Die Veränderung des Phonoliths ist eine doppelte: 1. In dem ersteren, dem häufigeren Falle (Nestomitzer Berg, Schlossberg bei Teplitz, Marienberg bei Aussig u. s. w.) beruht die Verwitterung des Gesteins meist auf der Wegführung einzelner Bestandtheile; die zurückbleibende Masse wird porös und enthält oft grosse Hohlräume, wenn sie Ausscheidungen ein- zelner Bestandtheile (namentlich Amphibol) umschloss, die der 208 fortschreitenden Zersetzung erlagen. Diese bald grössern, bald kleinern Hohlräume, gewöhnlich Blasenräume genannt, sind häufig mit den schönsten Zeolithen, zuweilen auch noch gleichzeitig mit Kalkspath erfüllt. Oft trifft man einzelne solcher Hohlräume noch mit einem Theile des sie früher ganz erfüllenden Minerals, oder mit den mannichfaltigsten Zersetzungsprodukten desselben erfüllt. Der Sanidin widersteht der Verwitterung hartnäckig, unter allen Gemengtheilen des Phonoliths erleidet er die geringste Ver- änderung; verhältnissmässig selten ist derselbe grau oder schnee- weiss gefärbt, häufig aber zerklüftet und nach allen Richtungen hin zersprungen. Dies findet aber darin seinen Grund, dass der Sanidin bei seiner porphyrartigen Ausscheidung oft andere, die Phonolith-Grundmasse zusammensetzende Mineralien, namentlich Amphibol-Krystalle in sich einschloss, welche bei ihrer Zer- setzung oder Zerstörung ihre Sanidinhülle zersprengten. 2. Der zweite weniger häufige Fall besteht ebenfalls in einer Auslaugung des Gesteins, aber die Auslaugungsprodukte wurden nur zum Theil weggeführt, der grössere Theil derselben bildete, einem Cemente vergleichbar, mit den noch unzerstörten Gemengtheilen des Gesteins eine homogen erscheinende, harte grüne Masse, von einem dem Fettglanze sich nähernden Glasglanze. Als Farbstoff der Grundmasse ist ein Zersetzungsprodukt des Amphibols zu betrachten, welches sich dendritisch von da ausbreitet, wo sich früher der Amphibol befand und an dessen Stelle jetzt ein ungefärbtes durchsichtiges Mineral, wahrscheinlich Zeolith, getreten ist, in welchem einzelne Theilchen der erwähn- ten grünlichen Substanz schwimmen. Während einerseits durch höhere Oxydation des in ihm enthaltenen Eisenoxyduls sich Magneteisen bildet, entstand anderseits das erwähnte grüne Zer- setzungsprodukt, welches ich meinem Chlorophänerit*), dem fär- benden Bestandtheile des Amygdalyphyr vergleichen möchte. Den Chlorophänerit hätte ich gern mit Herrn Sarrorrus VON WALTERSHAUSEN’s Grünerde von Eskiford vereinigt; dies konnte jedoch nicht geschehen, da der Verfasser der „Vulkani- schen Gesteine in Sicilien und Island“ S. 305 seines Werkes schreibt: „Diese Grünerde (von Eskiford), welche eine mehr *) v. LEonhuarnp und Bronn Neues Jahrbuch der Mineralogie 1855. Heft 7. 209 „lichtgrüne Färbung besitzt und namentlich mit helleren Streifen „durchzogen wird, ist kein homogenes Mineral. Vermuthlich „ist der nach der Formel RS gebildeten Grünerde eine gewisse „Quantität Kieselerde beigemischt.“ Der Titanit gab wahrscheinlich Veranlassung zur Bildung von Titaneisen. Hierdurch erklärt sich aber die von Herrn Reuss S. 191 seines Werkes gegebene Bemerkung: „Merkwür- „dig ist es, dass er (der Titanit) sich nie in den grünen und „schwarzgrauen Abänderungen des Phonoliths vorfindet.“ Da bekanntlich der Wassergehalt der Phonolithe mit ihren specifischen Gewichten im umgekehrten Verhältnisse steht, so möchte man bei dem ‚grünen Phonolithe'vom Ganghofe dessen specifisches Gewicht ich zu — 2.902 auf einen sehr hohen Wassergehalt schliessen, und in der That fand ich einen Glühverlust von 4,937 pCt. Im Glaskölbchen beim Glühen giebt der grüne Phonolith vom Ganghofe Wasser und verändert seine grüne in eine schmutzig röthlichbraune Farbe. Eine braun gefärbte Abänderung gab ebenfalls Wasser und wurde röthlichbraun. Unter dem Mikroskope bemerkte ich, dass die eben er- wähnte braune und rothe Farbe des Ganghofer Phonoliths stets von dem in ihm befindlichen Magneteisen ausgeht, welche Fär- bung sich zunächst der grünen dendritisch durch das ganze Ge- stein verbreiteten Substanz mittheilt. Aehnliches beobachtete ich schon früher am Hockenberger Gestein. *) Durch einen ähnlichen Cementationsprocess kann man sich die Pechstein-Bildung erklären. An einer grösseren Anzahl transparent geschliffener Pechsteinblättchen überzeugte ich mich, dass die zuweilen für ursprünglich wasserhaltige Eruptivgesteine gehaltenen Pechsteine von Meissen, Spechtshausen und Braunsdorf, sämmtlich Gemenge verschiedener und veränderter Mineralien sind. Sie lassen sich zum Theil auf ein in der Nähe von Brauns- dorf anstehendes, durch Sanidin porphyrartiges Gestein zurück- führen. Der glasige Feldspath besitzt einen lebhaften Glanz, und vollkommne Spaltbarkeit, schmilzt leicht an den Kanten und er- theilt der äussern Flamme die Kali- und Natron-Reaction. *) Pocgenporrr’s Annalen Bd. XCV. S. 21. 210 In der Nähe des Braunsdorfer Kalkbruches sammelte ich Handstücke dieses Gesteins, an den sich der Uebergang in Pech- stein nachweisen lässt. Wahrscheinlich müssen auch die von dem schwarzen Obsidian-artigen Pechstein vielfach eingeschlossenen Porphyr- (fälschlich sogenannten Sphärolith-) Kugeln als noch nicht in Pechstein umgewandelte Ueberreste des erwähnten Sa- nidin-haltigen Gesteines angesehen werden. Ich begnüge mich hier mit dieser Andeutung und behalte mir die weitere Untersuchung für eine spätere Abhandlung vor. Inhalt vorstehender Abhandlung. Seite Kapitel I. Das relative Alter der Phonolithe nebst Bemerkungen über das böhmische Mittelgebirge und die Auvergne . . . .......167 Kapitel II. Beschreibung einiger Phonolith-Varietäten . . » „2... 0... 173 Kapitel III. Chemisches und Mikroskopisches über den Phonolith . . . . . 177 Kapitel IV. Chemische Analyse des Phonoliths von Nestomitz, degründet auf mikroskopische Beobachtungen. Folgerungen aus derselben . 189 Kapitel V. Blasenräume und Blasenraumbildung im Trachyt (Phonolith?) der Bassstreicher Mühle. Mesolith ein veränderter Comptonit . . 208 Kapitel VI. Verwitterung des Phonoliths, Auslaugung und Cementation. Pech- N een ee 211 2. Ein neuer Beitrag zur Paläontologie des deut- schen Zechsteingebirges. Von Herrn v. Scuauroru ın Coburg. Hierzu Tafel XI. Bei angeregtem Interesse für einen Gegenstand sammeln sich im Laufe der Zeit manche Beobachtungen, auch wenn man sich die Erforschung des Gegenstandes nicht zur Hauptaufgabe gestellt hat. Solche Erfahrungen muss man von Zeit zu Zeit zusammenstellen, um sich den, ich möchte sagen unbewussten, Fortschritt in der Erkenntniss der Natur des Gegenstandes zu vergegenwärtigen. Seit meinem letzten Beitrag zur Paläontologie des deutschen Zechsteingebirges, welchen ich in dieser Zeitschrift 1854 S. 539 gegeben habe, sind mir manche Zechsteinversteinerungen durch die Hände gegangen, und hat sich mir manche Veranlassung dargeboten, meine früher ausgesprochenen Ansichten zu prüfen oder neuere Beobachtungen zu machen. Mit grossem Interesse habe ich auch die Ansichten verfolgt, welche M’Coy in den kürzlich erschienenen British Palaeozoic rocks and fossils von M’Coy und SEepGwIck “über die Zechsteinversteinerungen Eng- lands ausgesprochen hat. Ich glaube nun, dass einige auf neuere Beobachtungen ge- gründete kritische Bemerkungen mit Angabe der von M’Coy im obengenannten Werke ausgesprochenen Ansichten besonders für diejenigen, welche specielles Interesse für den Zechstein haben, willkommen sein dürften. Hier muss ich vorausschieken, dass ich der Ansicht bin, dass im Allgemeinen die Grenze der Species zu eng gezogen wird. Kleine unwesentliche Abweichungen zweier im übrigen ganz gleiche Charaktere zeigender Formen veranlassen den Pa- läontologen bisweilen, aus solchen Varietäten — als welche sie nur betrachtet werden sollten — verschiedene Arten zu bilden. Schon in der gegenwärtigen Schöpfung können wir uns über- zeugen, welchen mächtigen Einfluss Altersverschiedenheit, klima- tische und lokale Verhältnisse auf die Entwickelung vieler Arten 212 der organischen Wesen ausüben; und hatte in früheren Perioden die solare Wärme auch nicht den überwiegenden Einfluss vor der tellurischen, so hatten doch gewiss Verschiedenheiten in den Verhältnissen statt, unter welchen das organische Leben sich ent- faltete, und sollte es für die niederen Meeresbewohner, um wel. che es sich hier handelt, nur eine lokal verschiedene Constitu- tion des Wassers, in welchem sie lebten, z. B. mehr oder minder reichliche Beimischung von Erden, gewesen sein. Es ist be- kannt, dass in manchen Schichten und selbst an manchen Loka- litäten gewisse Arten grösser oder mit kräftigerer Schale oder zahlreicher entwickelt sind. So erscheinen z. B. die Versteine- rungen des Zechsteindolomits nicht gleichmässig vertheilt; an manchen Orten Thüringens ist der Dolomit fast versteinerungs- leer, an andern, oft auf’ einen kleinen Raum beschränkt, ist er sehr reich an Versteinerungen; an manchen Orten finden sich wieder vorzugsweise Arten, die anderwärts selten sind; endlich sind die Schalen derselben Art im Dolomit in der Regel dünner als im festen untern Zechsteine und Mergelschiefer. Unter sol- chen Verhältnissen können und müssen oft manche Charaktere, wie z. B. Linien und Verzierungen der Aussenseite, eine mehr oder minder kräftige Ausbildung erlangen oder selbst theilweise verschwinden. Andere Charaktere sind überhaupt wandelbar, wie z. B. der Nabel und die Höhe der Spira, welche wieder auf die Wölbung der Windungen und selbst die Form des Mundes einen unverkennbaren Einfluss äussern, so dass man sich oft genöthigt sieht, künstliche Grenzen zwischen den einzelnen For- men zur Absonderung der Art zu ziehen. Wiederholen sich Abweichungen bei einem Typus an meh- reren Individuen, so müssen sie stets hervorgehoben werden. Am leichtesten geschieht dies, wenn man sie als eine eigene Art be- trachtet und mit einem neuen Namen bezeichnet; allein ein sol- ches Verfahren kann nur das richtige sein, wenn die Abweichun- gen wesentliche und keine zufälligen, durch Alter oder Vorkom- men bedingte sind. Man könnte wohl einwenden, es sei gleich, ob ich eine von der Grundform etwas abweichende Form als eigene Art oder als eine Varietät jener betrachte, wenn nur die Form als abweichend hervorgehoben ist; allein dem ist nicht so. Dem Paläontologen mag dieser Umstand weniger wichtig erschei- nen als dem Geognosten; diesem muss daran gelegen sein, bei einem auf paläontologische Merkmale gestützten Vergleich gleich- 213 namiger Formationen entfernter Lokalitäten gleiche Werthe oder nur den Typus der Arten in Rechnung zu bringen. In dieser Hinsicht ist es von der grössten Wichtigkeit den Werth der Species in eine möglichst feste Grenze zu bringen. Bei gründ. licher Untersuchung der Formen dürften sich in manchen Fällen zwei oder mehrere Arten als Varietäten eines Artentypus erweisen, welcher nur, als auf der Werthstufe der Species stehend, als sol- cher betrachtet und bei paläontologisch geognostischen Verglei- chen in Rechnung gebracht werden sollte. Es ist aber schwer und nur dann möglich, den Typus einer nur in wenigen Merk- malen abweichenden Formenreihe herauszufinden, wenn eine grosse Anzahl von Individuen und selbst von verschiedenen Lo- kalitäten zur Untersuchung zu Gebot stehen. Schon in dem Eingangs erwähnten Beitrag zur Fauna des deutschen Zechsteingebirges habe ich bei Stenopora polymorpha versucht, einen solchen in der Natur begründeten Typus für mehrere, selbst in verschiedene Geschlechter gestellte Formen fest- zustellen; auch im Folgenden werde ich darauf zurückkommen und den Typus als die eigentliche in der Natur begründete Art von einem Gesichtspunkte aus behandeln und demgemäss die in mancher Hinsicht abweichenden Formen als Varietäten oder Subspecies der typischen Art unterordnen; durch dieses Verfah- ren soll durchaus keine Neuerung in der Nomenclatur, die nur zu Missverständnissen führen würde, vorgenommen werden, es soll nur, was zusammengehört, zusammengestellt werden, wobei es einem jeden unbenommen bleibt, was hier Varietät heisst, als Species zu betrachten. i Terebratula elongata SCHLOTH. M’Coy identifieirt diese Art mit Terebratulites complanatus und Terebr. latus, SCHLOTH., sowie mit Terebr. Qualenii Fısch., und stellt dieselbe, sowie Terebr. sufflata SCHLOTH. in sein 1844 errichtetes Genus Seminula, welches er mit Epithyris KınG (non PsirL.) für synonym hält. In meinem ersten Beitrage zur Zechsteinfauna Deutschlands (Sitzungsber. der k. k. Akademie Bd. XT.) liess ich beide Arten als selbstständige bei dem Geschlechte Terebratula, da ich in dem neuen Geschlechte Epithyris keine wesentlichen Verschie- denheiten erkennen konnte. E. Suess giebt nun in seiner Bear- 214 beitung der Classifikation der Brachiopoden eine Bemerkung Da- vıpson’s, nach welcher die Gattung Seminula M’Coy, wie sie von demselben 1855 begründet worden, unbedingt mit Terebra- tula vereinigt werden muss, indem ausser einer etwas bedeuten- deren Entwickelung der Zahnplatten keine Verschiedenheiten nachzuweisen seien. Rücksichtlich der Selbstständigkeit der beiden Arten des Zechsteins komme ich auf die Ansicht GEıNTTZ’s zurück, wel- cher in seinen „Versteinerungen des deutschen Zechsteingebirges‘* beide vereinigt hat, und unterscheide daher bei Terebratula elon- gata SCHLOTH. a. var. genuina und b. var. su/flata, welcher noch für die breiteren Individuen die SCHLOTHEIM’sche Terebr. lata als c. var. ZJata hinzugefügt werden kann. Bei allen Arten, die in gewissen Schichten in grosser Menge entwickelt sind, oder denen eine weitgreifende horizontale und vertikale Verbreitung zukommt, dürfte die Beobachtung zu ma- chen sein, dass die einzelnen Individuen nicht nur nach ihrem Alter, sondern auch nach ihrem lokalen Vorkommen vorzugsweise variiren. Im Zechsteindolomit von Pössneck, in welchem Terebr. elongata die gemeinste Art genannt werden kann, findet sich Terebr. sufflata nur selten in der charakteristischen aufgeblase- nen, mit einer Medianfurche versehenen Gestalt. Sammelt man an Ort und Stelle eine grössere Anzahl dieser Art, so kann man sich leicht von deren veränderlicher Form überzeugen; unter den an derselben Stelle gesammelten Exemplaren werden sich schmale, breite, fast fünfseitige, flache, aufgetriebene, strahlig gezeichnete, gefurchte und ebene befinden, so dass die seltenen aufgetrie- benen mit einer Medianfurche versehenen nicht mehr von den andern specifisch getrennt werden können. Es leuchtet dies um so mehr ein, wenn man aufgetriebene ohne Medianfurche und flache mit einer solchen zusammenfindet und den Umstand be- rücksichtigt, dass Terebr. sufflata gegen den Bauchrand hin stets starke, treppenförmige Zuwachsstreifen hat, welche in der Regel allein die aufgetriebene Form der Schalen bedingen; auch bildet der vordere Rand der' Muschel nie eine gerade Linie, son- dern zeigt in der Mitte eine Einsenkung nach der kleinen Klappe hin, welche bei den aufgetriebenen Exemplaren meist zur Fur- che wird. 215 Terebratula elongata belebte bereits den Mergelschiefer (Kupferschiefer), und ist bei Ilmenau in manchen Handstücken nicht selten. Merkwürdiger Weise differiren auch diese Muschel- schalen von denen der aufliegenden Schichten, indem sie eben- falls im Allgemeinen grösser geworden, regelmässiger geformt sind und theils zur var. genuina theils zur var. Zata gezählt werden müssen. Obgleich die Schalen immer zusammengedrückt sind, so lassen sie sich doch der deutlichen und zierlichen feinen Punktirung wegen, die hier viel schöner als an den gleichen Schalen aus anderen Schichten zu sehen ist, leicht von den mit vorkommenden Camarophorienschalen unterscheiden. Spirifer Clannyanus Kınc sp. Nachdem die Untersuchungen Davınson’s herausgestellt ha- ben, dass Martinia nicht verdient vom Genus Spirifer getrennt zu werden, muss obige Art, wie ‚es geschehen ist, bezeichnet werden. Als neu kann ich das Vorkommen dieser Art im Mergel- sehiefer von Ilmenau anführen; auch habe ich mich durch noch- malige Durchsicht vieler Individuen davon überzeugt, dass Mar- tinia Winchiana Kıns höchstens als Varietät gelten kann, in- dem die feinen Stacheln auf der Aussenseite auch mehreren der als M. Clannyana zu bezeichnenden Exemplare zukommen, an fast allen aber bei einiger Vergrösserung Stachelnarben zu er- kennen sind, so dass der Charakter haarförmiger Stacheln den Martinien des Zechsteins überhaupt zukommt, derselbe aber der Zerbrechlichkeit dieser Schalenbekleidung wegen nur in seltenen Fällen erhalten ist. Die haarförmigen Stächelchen auf der Aussenseite der Klap- pen verdienen, da sie bei den Spiriferen, ausser hier und an dem von mir in der Abhandlung über die geognostischen Verhältnisse von Recoaro (Sitzungsb. der k. k. Akademie 1855, Bd. XVII, S. 481 Taf. I. Fig. 8) beschriebenen und abgebildeten Spirifer Mentzelii Dunk., so viel mir bekannt ist, noch nicht beobachtet worden sind, besondere Beachtung. ; Spirifer alatus ScHL. sp. M’Cor identifieirt, wie es früher schon GEINTTZ gethan hat, Spirifer undulatus Sow. mit Spirifer alutus SCHL. sp. und Zeits. d.d. zeol. Ges. VIII. 2, 415 216 nennt die Art Spirifera alata Schr. sp. Mehrfache Untersuchun- gen haben mich überzeugt, dass in der Natur nur die Annahme Einer Art begründet erscheint und daher beide Arten mit dem älteren Artnamen als Spirifer alatus ScH1. sp. bezeichnet wer- den müssen. Um aber auch die Abweichungen, welche nur in dem zufällig mehr oder weniger verlängerten Schlossrand, der dadurch bedingten Form der Area und in der wechselnden An- zahl von Rippen bestehen, zur Geltung zu bringen, dürfte es zweckmässig sein, bei dieser Art zwei Varietäten: a. var. genuina, mit verlängertem Schlossrande und meist einer grösseren Anzahl von Rippen, b. var, undulata, mit kürzerem Schlossrande, mehr dreisei- tiger Area, weniger Rippen und überhaupt mehr quer elliptischer Form zu unterscheiden. Die Exemplare aus dem Dolomit von Pössneck gehören fast alle zur var.b., die aus dem festeren untern Zechsteine gewöhn- lich zur var. a. und lassen sich nicht in zwei Arten trennen, da Uebergangsformen der beiden Varietäten nicht selten sind. Kıns’s Trigonotreta Permiana dürfte zur var. b. zu rech- nen sein. Rücksichtlich der Trigonotrefa Jonesiuna Kısa muss ich bemerken, dass die jungen Individuen von Spiriferina eristata ScHr. sp. mit ihr übereinstimmen. Spirigera pectinifera Sow. sp. M’Coy führt diese Art als Afhyris pectinifera Sow. sp. an. Davıpsox hat das Genus Athyris zum Theil mit Spirigera identificirt, und die Art wie oben bezeichnet. Terebratula ? Geinitziana VeERn. kommt bei Gera in einem kalkigen, festen, psammitischen Gesteine vor, welches unter dem Mergelschiefer liegt, wohl auch schon für Weissliegendes gehalten wird, zufolge seiner Versteinerungen und eingesprengten Kupfererze aber dem eigentlichen Kupferschiefer- gebirge zugerechnet werden muss. Die Festigkeit des Gesteins und der Umstand, dass die Fossilien ganz mit Kalkspath erfüllt sind und die daraus folgende Abwesenheit von Steinkernen und Hohldrücken erschweren die Untersuchung der obengenannten Art und ihrer interessanten Begleiter. 217 In meinem früher gegebenen Verzeichnisse habe ich aus Mangel an Material zur Untersuchung diese Muschel, ihrer äusseren Form nach urtheilend, zu Camarophoria gestellt; später erhielt ich mehrere Exemplare durch die Güte des Herrn Regie- rungsrath DINGER in Gera, deren Untersuchung mich wenigstens davon überzeugte, dass sie keine Camarophoria ist. Der Raum zwischen den Schnäbeln ist immer mit Gesteinsmasse erfüllt; wendet man jedoch Säure an, so entblösst man dadurch das drei- eckige Loch, welches sich nach oben in einen kreisförmigen Aus- schnitt zu enden scheint. Dieser Ausschnitt wird nicht durch die äussere Schale begrenzt, sondern durch das Ausgehende eines inneren Plattenapparats, indem dasselbe in zwei vertikal gestell- ten Platten vom Schnabel der grossen Schale divergirend fort- setzt und die Basis dieser Platten ausser oben am Schnabel als zwei divergirende dunkle Linien durchscheint; der Schnabel der kleinen Klappe erscheint aussen durch eine dunkle Linie in zwei gleiche Theile getheilt, welche einem inneren Septum entspricht und durch die Säure zuerst ausgebeizt wird. Diese Merkmale weisen auf das Genus Rhynchonella, welchem die Art dem all- gemeinen Habitus nach angehört; allein ihre Schale ist deutlich punktirt, wie es bei /tefzia ferita z. B. der Fall ist. Das Geuus Retzia ist noch so wenig präeisirt, dass es vor- eilig wäre, unsere Art ihm einzuverleiben. E. Suess giebt in seiner Bearbeitung der Classifikation der Brachiopoden S. 83 von diesem durch Kına 1849 (Perm. Foss. S. 137) errichteten Unter- geschlechte von Spirigera folgende Diagnose: Schale meist länglich oval und gestreift oder gerippt, selten glatt; die Bauchklappe am Schnabel mit einer runden Oeffnung versehen, welche nach unten von einem gewöhnlich sehr hohen Deltidium begrenzt wird; in der Rückenklappe befinden sich zwei horizontal nach aussen (gegen die Randkanten) gerichtete Spiral- kegel; Schalenstruktur punktirt. An Spirigera oder Hetzia trigonella aus dem unteren Muschelkalk von Recoaro habe ich gesehen, dass im Innern der Bauch- oder grossen Klappe im Schnabel zwei ziemlich senk- recht stehende Platten oben am Ende des ersten Viertels der Länge beginnen und sich gegen das Loch hin allmälig vereini- gen oder berühren und zuletzt im Schnabel ein Rohr oder einen Trichter bilden, welcher sich im Rande des Loches in der Spitze des Schnabels mit der eigentlichen Schale vereinigt und den 19:7 218 dreiseitigen an das Schnabelloch stossenden Ausschnitt als Delti- diam schliesst. Camarophoria Schlotheimi Buch sp. Wie Terebratula elongata bildet diese Art eine der häufig- sten Versteinerungen des Zechsteindolomits von Pössneck und bietet gleich jener eine Menge von Gestalten, deren Extreme ein- ander so unähnlich sind, dass man ohne Kenntniss der Zwischen- formen nicht auf den Gedanken kommen dürfte, sie für eine und dieselbe Art zu halten. GeEIsTrZ unterscheidet in seinen Versteinerungen des deut- schen Zechsteingebirges zwei Arten der jetzt zu den Camaropho- rien gehörigen Terebrateln, nämlich Camarophoria Schlotheimi und superstes, KısG trennte die vielgefalteten als besondere Art von der alten Terebratula Schlotheimi oder lacunosa var. und nannte sie Camarophoria multiplicata, M'Cox hingegen verbin- det jetzt diese Art wieder mit Camarophoria Schlotheimi. Ca- marophoria superstes Geix. sp. und globulina Kınc sind bis- her aber immer als selbstständige Arten behandelt worden, wäh- rend sie doch eben so eng wie die schon genannten Arten durch Zwischenformen mit der ächten Camarophoria Schlotheimi ver- bunden sind. Will man daher eine Vereinigung vornehmen, so müssen sie alle als Varietäten der Camarophoria Schlotheimi aufgeführt werden. Ueber die Identität der russischen Terebra- Zula superstes mit der thüringischen kann ich nicht urtheilen, bin aber überzeugt, dass Camarophoria globulina KısG unsere deutsche Terebratula swperstes repräsentirt. Camarophoria Schlotheimi zerfällt demnach in folgende Ab- theilungen oder Varietäten: a. var. multiplicata, zu welcher die vielgerippten, welche etwa mehr als 5 Rippen im Sinus und zu jeder Seite auf den Flügeln tragen und immer die grösseren und erwachsenen Indi- viduen sein werden. Im Zechsteindolomite Thüringens, dessen Medium überhaupt der kräftigeren Entwickelung der Mollusken nicht günstig gewesen zu sein scheint, sind grosse und vielge- rippte Individuen selten und erreichen nie die Grösse der im Mergelschiefer vorkommenden. Dagegen wimmelt der Dolomit oft von den folgenden Varietäten. b. var. genuina, Hierher müssen — wenn man nicht noch 219 eine var. /aevis unterscheiden will, was nicht zweckmässig er- scheint, da dieselbe wieder Formen aufnehmen müsste, welche mit Ausnahme der Abwesenheit von Rippen denen der anderen Varietäten gleichen — die mit mehr als einer Rippe im Sinus der grossen Klappe versehenen Individuen gerechnet werden, sofern sie nicht der grösseren Anzahl von Rippen wegen zur ersten Varietät zählen. Die Individuen dieser Varietät zeigen alle mög- lichen Formen in den dem Typus überhaupt gestatteten Grenzen der Auftreibung und Anzahl der Rippen. c. var. globulina umfasst die etwas kugeligen Individuen mit einer Rippe im Sinus der grossen Klappe und zwei Rippen auf dem Vorsprung der kleinen Klappe. Diese und die vorherige Varietät werden durch glatte, aufgetriebene und flache, der glo- bulina gleichgerippte Individuen verbunden, so dass eine speci- fische Trennung nicht angemessen erscheint. Productus horridus Sow. Die verschiedenen Productus-Arten des deutschen Zechsteins mit Ausnahme von Productus umbonillatus KınG sollten eben- falls nur als Varietäten Eines Typus unterschieden werden. Strophalosia. Alle Strophalosien des Zechsteingebirges sind durch gewisse generische Merkmale verbunden, die an den verschiedenen Arten mehr oder weniger hervortreten und die Bestimmung der Species in vielen Fällen erschweren oder selbst unmöglich machen. Die Länge des Schlossrandes, die Anwesenheit von radialen Furchen oder Leisten, die Höhe oder selbst das Erscheinen der Area, der Umriss und die Auftreibung der Klappen, die Röhren und deren Anordnung sind bei allen Arten durchaus keine constant ausgebildeten Merkmale. Die Verfolgung des Gesetzes, nach welchem diese Abwei- chungen bei den Strophalosien erfolgen, zeigt wieder, dass die Bestimmung des Umfangs der Art immer dem Ermessen des Untersuchenden anheim gegeben ist. Liegt eine grosse Anzahl von Individuen der verschiedenen Strophalosien vor, so werden immer nur wenige die Charaktere der bis jetzt aufgestellten Arten vollständig tragen, die meisten 220 werden von einem gewissenhaften Beobachter nur mit Unsicher- heit untergebracht werden. Dazu kommt noch, dass die Stro- phalosien sehr zu Missbildungen geneigt sind, welche die Bestim- mung noch mehr erschweren. Ich will nun versuchen die Strophalosien des Zechsteins auf eine naturgemässe Weise zu ordnen. Hinsichtlich der äusseren Merkmale der Schalen zeigen alle Strophalosien Röhrenbildung und concentrische Wellenbildung des Zuwachses; der Umriss ist quer elliptisch, fast halbkreisförmig oder zugerundet dreiseitig bis herz- oder birnförmig; die Area ist ganz verdeckt, verkümmert, oder mehr oder weniger hoch und breit, und deutlich ausgebildet; die Auftreibung der Schalen ist veränderlich, allgemein oder theilweise oder auch regellos. Am wenigsten Gewicht dürfte daher auf die Anwesenheit der Area und die Art der Auftreibung, mehr Gewicht auf die Form des Umrisses, der damit im Zusammenhang stehenden Länge der Schlosslinie und die Art der Röhrenbildung zu legen sein; denn alle rundlich dreiseitigen Individuen haben eine kür- zere Schlosslinie, und alle röhrenreichen zeigen keine oder nur wenige radiale Leisten, so dass die Röhrenbildung mit der äusser- lichen Furchung im umgekehrten Verhältniss steht, und zwar aus dem Grunde, weil die Leisten, die auf der Oberfläche der Klappen vom Wirbel auslaufen, nur als nicht zur Entwickelung gekommene Röhren zu betrachten sind, und da, wo an einem gefurchten Individuum eine Leiste in eine Röhre fortsetzt, die Leiste mit dieser ihr Ende erreicht hat. Ebenso sind Tuberkeln und Fortsätze nach innen. wie sie bei den Productiden überhaupt vorkommen, nur verkümmerte Röhren; die Röhrenbildnng ist da- her durch die Organisation des Thieres bedingt und dürfte ein wesentliches generisches Merkmal bilden. Hiernach dürften folgende zwei Gruppen oder Arten zu unterscheiden sein. 1. Strophalosia Goldfussi Münsr. sp. Diese Art umfasst die Individuen mit zugerundet dreiseiti- gem, herz- oder birnförmigem Umriss, meist mit concentrischen Wellen und mit zahlreichen, selten regelmässig gestellten Röhren, mit deutlicher auf einer kurzen Schlosslinie stehenden Area oder auch verdeckter oder missgestalteter Area. Bei dieser Gruppe 221 liegt die Spitze des Schnabels entweder hoch über der Schloss- linie in der erhabenen Spitze der deutlichen Area, oder bei ver- deckter Area im Niveau der Schlosslinie; und diese verschiedene Entwickelung der Area übt wieder auf die Auftreibung oder allgemeine Form der Muschel grossen Einfluss. Viele Exemplare lassen eine über den Rücken der grossen Klappe laufende Bucht, die auch den Umriss vorn ausbuchtet, bemerken. Als Varietäten dieser Art können unterschieden werden a. var. genuina, zu welcher die mehr dreiseitigen, gebuch- teten und gegen den Schnabel hin mehr aufgetriebenen Indivi- duen zählen, und b. var. ercavata, welche die Individuen mit rundlichem Umriss, etwas verlängertem Schlossrand, nicht sichtbarer Area, etwas halbkugeliger Auftreibung und mit mehr oder minder re- gelmässig gestellten Röhren umfasst. 2. Strophalosia Morrisiana Kınc. In diese zweite Gruppe sind alle querelliptischen mit langer Schlosslinie, (bisweilen fast so lang als die Schale breit ist) sehr niedriger oder auch verdeckter Area, mit wenigen, zerstreuten, unregelmässig gestellten oder etwas radial geordneten Röhren, und daher oft mit radialer: Furchung versehenen und oft stufen- förmig gewellten Individuen zu stellen. Tritt die Stachelbildung sehr zurück und waltet dagegen die Wellenbildung vor, so kann man solche Formen als a. var. Jamellosa GEIN. bezeichnen; und entwickelt sich die radiale Furchung auffallend auf Kosten der Röhren, so kann man auch ..b. var. Cancrini VExN. (GEIN.) unterscheiden. Das unterscheidende Merkmal der letzteren Varietät macht sich aber auch an Individuen der ersten Gruppe, bei S/rophalo- sia Goldfussi, geltend; und im kalkigen Gesteine unter dem Mergelschiefer bei Gera kommen Strophalosien vor, welche der Form des Umrisses und der Auftreibung nach zu Strophalosia Goldfussi gehören, dabei aber die Furchung des Productus Cancrini mit nur sehr wenigen zur Ausbildung gekommenen Röhren zeigen, so dass wir in diesem Charakter wieder beide Gruppen genähert sehen. Strophalosia parva Kına dürfte nur für ein zufällig in das 222 Innere eines Produetus horridus gelangtes Individuum von Stro- phalosia Goldfussi sein; ich habe dasselbe Vorkommen, wie es Kıng (Perm. Foss. S. 102 Taf. 12 Fig.33) beschreibt und ab- bildet, von der Innenseite der grossen Klappe von S/rophalosia Goldfussi beobachtet. Auch bei den Strophalosien lässt sich ein Causalzusammen- hang zwischen Modifikationen der Form und des Gesteins oder des Mediums, in welchem sie lebten, nieht verkennen. Endlich muss ich noch bemerken, dass, wenn man für den deutschen Zechstein mehr als die genannten zwei Species dieses Ge- nus annehmen will, die bis jetzt aufgestellten Artennamen noch lange nicht ausreichen, um alle vorkommenden Formen zu bezeichnen. Chonetes Davidsoni n. sp. Taf. XI. Fig. 1. Nach den Angaben von Davıpson und Suzss erscheint das Genus Chonetes zuerst in den unteren silurischen Schichten und erstreckt sich bis in den Kohlenkalk, wo es seinen grössten Reichthum an Arten entfaltet; DE VERNEUIL beschreibt jedoch aus den angeblich permischen Schichten der Bielogorskaia bei Bakhmut (in MvRcHIson’s, DE VERNEUIL’s und KeEysERTISG’s Geolog. de la Russie d’Europe Vol. II. p. 242 u. 388 Tab. 15 fig. 10a—i) eine Art dieses Geschlechts mit dem ScHLOTBEIM’- schen Artnamen als Chonetes sarcinulata. Ueber das Vorkom- men dieser Art und die Anwesenheit des Zechsteins in Russland überhaupt spricht SEMEnow in der Zeitschrift der deutsch. geol. Gesells. Bd. VI. S. 349, 393 bis 395, seine Zweifel und die Ansicht aus, dass die fragliche Species (Chonetes sarcinulata) mit Chonetes variolata zu verbinden sei. Die Frage, ob der Zechstein in der That in Russland vertreten sei oder nicht, kann ich hier nicht erörtern, eine Vergleichung der VERNEUIT’schen Abbildung mit den von mir aufgefundenen Chonetes-Resten lässt mich aber die Ueberzeugung aussprechen, dass dieses Geschlecht im deutschen Zechsteine wirklich vertreten ist, und die Art mit denen des Kohlenkalks und besonders mit dem oben erwähnten des permischen Systems Russlands nicht übereinstimmt. Unsere Art lässt sich folgendermaassen diagnosiren: Umriss etwas rundlich, indem der Schlossrand gewöhnlich nicht ganz gerade ist, sondern in der Mitte in einen unbedeutenden Winkel gebro- 223 chen ist, welchem die übrigen Ränder in einem hohen Bogen aufgesetzt sind; der Schlossrand ist gewöhnlich etwas schmaler als die dann in die-Mitte fallende grösste Breite, in welchem Falle die Seitenränder in der Nähe des Schlossrandes etwas ein- wärts gebuchtet sind. Verhältniss der Länge zur Breite wie 4 zu 5. Die grosse Klappe ist ziemlich gewölbt und erhebt sich wie ein Kugelabschnitt, der gegen den Wirbel hin etwas ver- schmälert oder zugespitzt ist, über dem übrigen Theil der Schale; die grösste Höhe fällt in die Mitte und verhält sich zur Länge (vom Schlossrande bis an den gegenüberliegenden Rand ge- messen) wie f zu 4. Am Schlossrande stehen zu jeder Seite des Wirbels drei nach aussen hin an Länge zunehmende Röhren. Die Oberfläche ist uneben und unregelmässig mit concentrischen Zuwachsrunzeln versehen, die bisweilen wie blasig erscheinen oder von radialen Streifen durchkreuzt werden. Die kleine Klappe ist concav und wie die obere gezeichnet. Diese Art erreicht ge- wöhnlich eine Breite von 6 Mm. und zeigt in ihren Merkmalen, wie alle Brachiopoden des Zechsteins, einige Abweichungen, die jedoch nicht constant genug sind, um mehrere Arten zu unter- scheiden. So bildet der Schlossrand eine mehr oder minder ge- rade Linie, die Seitenränder erscheinen mehr oder minder ausge- buchtet, und selbst der Bauchrand lässt bisweilen eine Bucht bemerken, die dann auch den Rücken der Länge nach etwas buchtet oder vertieft. Die radialen Streifen der Oberfläche fehlen gewöhnlich und treten in der Regel erst nach der Verwitterung der obersten Schalenschicht hervor, lassen jedoch der concentri- schen Runzelung immer die Oberhand. Die Röhren am Schloss- rande sind selten zu beobachten, wahrscheinlich weil sie ihrer Zartheit wegen im Muttergesteine stecken bleiben, schon vorher abgebrochen oder auch gar nicht zur Entwickelung gekommen waren; an einigen Exemplaren habe ich sie jedoch deutlich beobachtet. Diese Art ist durch ihr Vorkommen, durch Form und Scha- lenzeichnung hinreichend von den Arten älterer Formationen aus- gezeichnet. Die gleichfalls rippenlose Ckonetes Koninckiana SEM. ist mehr in die Breite gezogen, flacher und trägt am Schlossrande zweimal 4 Röhren. Zu Ehren des um unsere Kenntniss der Brachiopoden so verdienstvollen Herrn Davıpsow zu Brighton erlaube ich mir, diese Art als Chonetes Davidsoni einzuführen. 224 Avicula speluncaria ScCHL. sp. M’Coy stellt diese Art wegen des tiefen und auf die eine Klappe beschränkten, hinten wie bei Peceten ein langes Ohr bil- denden Byssusausschnittes in das von KEYSERLING errichtete Geschlecht Aucella. Avicula Kazanensis ist nur als Varietät zu betrachten. Bakewellia ceratophaga ScaL. sp. M’Coy vereinigt mit dieser Art Kınc’s Bakewellia bicari- nata und Münstrer’s _/vicula antigqua. lässt sie nur als Varie- täten gelten und trennt die mehr aufgetriebenen, am Hinterrande weniger ausgebuchteten Individuen als Bakewellia inflata BROwN sp. (= Avicula inflata BRown, + Avicula discors + Avicula Binneyi Brown, i. Manch. Geol. Trans. Vol. I. T. 6. fig.25— 28), indem er in der Müsster’schen Zeichnung nur eine Bakewellia ceratophaga erkennen zu dürfen glaubt. Das Hauptmerkmal zur Unterscheidung der liakewellia inflata von Bakewellia ce- ratophaga ist der nicht sichelförmig ausgeschnittene Hinterrand der ersteren, ein Merkmal, welches auch Münster für seine Avicula antiqua anführt. Uebrigens ist der Hinterrand in sei- ner Begrenzung ebenso veränderlich als die Auftreibung und die Berippung der Schale; sie bilden Merkmale, welche sich oft ge- genseitig ersetzen, ohne jedoch zu der Annahme zu berechtigen, dass das eine die Anwesenheit des andern bedinge oder aus- schliesse. Wollen wir daher consequent sein, so müssen wir auch Dakewellia inflata oder antigua, welche von unserm Stand- punkte aus für synonym gelten, der Bakewellia ceratophaga als Varietät unterordnen und unterscheiden: a. var. genuina, mit sichelförmig ausgeschnittenem Hinter- rande und concentrischen Zuwachsstreifen, wenig aufgetrieben und die diagonale Auftreibung in der Regel von zwei Kanten begrenzt, die vom Wirbel aus divergiren und von welchen die hintere oft sehr markirt ist. Dieser Varietät müssen die Bakewellien des Dolomits von Pössneck zugerechnet werden; sie sind wie alle seine Schalthier- reste klein und wenig aufgetrieben. Merkwürdiger Weise ver- misst man hier die bei Glücksbrunn und in der Wetterau mit den Bakewellien vergesellschafteten Mytilus- oder Myalina-Arten, 225 zu welchen Bakewellia inflata gleichsam einen Uebergang ver- mittelt. b. var. bicarinata Kıng, von der Form der vorigen, mit zwei deutlichen auf dem vordern Flügel vom Wirbel dem vor- dern Rande zulaufenden Linien und gewöhnlich mit glatter Ober- fläche. Die beiden Linien auf dem vordern Flügel kann man auch auf vielen gerippten Individuen, wenn auch minder zierlich, fin- den; sie sind durch die Bildung des Byssusausschnittes bedingt; man kann sie daher ein generisches oder beziehungsweise speci- fisches Merkmal nennen, welches je nach der Individualität aus- geprägt erscheint oder nicht, und auch an andern Arten z. B. Gervillia socialis des Muschelkalks bisweilen vorkommt. c. var. Znflata BROWN oder aztigua MünsT. mit überhaupt mehr aufgetriebener und am hinteren Rande nicht sichelförmig ausgeschnittener Form, meist glatter Oberfläche und wenig oder gar nicht bemerkbaren vom Wirbel aus diagonal divergirenden Kanten, wie sie bei var. a. am deutlichsten aufzutreten pflegen. Wenn dieser Form ihre Selbstständigkeit erhalten werden soll, können die andern Bakewellien dasselbe Recht in Anspruch nehmen. d. var. Zumida KınG, mit erweiterten Schlossfeldern und der Form der übrigen Varietäten. Die Erweiterung der Schlossfelder beruht blos auf einer Verdickung der Schlossplatten, eine Missbildung, die bei den Bakewellien des Zechsteins nicht selten ist und sich auch bei Arca Kingiana wiederholt. Ich habe solche Formen schon frü- her als Varietäten bezeichnet, und M’Coy vereinigt jetzt eben- falls Bakewellia tumida Kınc mit Bakewellia inflata Brown. Wir sehen auch hier wieder, wie wenig selbstständig die Charaktere der Arten sind, wie die Arten Einer Gattung. in Einer Formation durch Compensation ihrer Merkmale ineinander übergehen und wie schwer es ist, die Arten so abzugrenzen, dass ihre Werthe gleiche Tragweite erhalten. Hieraus ist aber auch zu entnehmen, dass entweder jede Abweichung von bereits be- schriebenen Arten. sobald sie sich an mehreren Individuen wie- derholt, als neue Art behandelt werden muss, oder alle ähnlichen durch unmerkliche Uebergänge, Zwischenformen, mit einander verbundene Formen einer oder mehrerer aufeinander folgender Formationen als Arten im weiteren Sinne des Wortes, als Arten- typus, verbunden und die Abweichungen als Varietäten unter- : 226 schieden werden müssen. Diese letztere Weise weicht von erste- rer mehr ab, als man anfangs glauben sollte und ist wohl die naturgemässere, bei weitem einfachere und für die Praxis beque- mere. Weniger zu rechtfertigen ist es, wenn man gewisse Arten, deren nahe Verwandtschaft erkannt worden, unter einem Namen vereinigt, ohne sie als Varietäten auszuzeichnen ; die Namen sol- cher Formen sind von den Synonymen wohl zu unterscheiden, da ein Vereinigen oder Aufgeben solcher Namen nur das Gleich- gewicht in der Classifikation stören würde. Myalina. Die bisher unter Mytilus aufgeführten Arten stellt M’Cor zu Myalina und unterscheidet demnach: 1. Myalina acuminata Sow.sp. (= Modiola acuminata Sow. Geol. Trans. 2nd Series Vol. III. p.119 = Mytilus septi- fer Kıng Perm. Foss. T. 14. fig. 8—13) und 2. Myalina squamosa Sow. sp. (= Mytilus squamosus Sow, und Mytilus Hausmanni GOLDF.). Es dürfte nicht überflüssig sein, hier die Diagnose von Myalina nach M’Coy zu geben. Genus Myalina (Kos. 1843): Sehr ungleichklappig (nicht gleichklappig wie DE Konınck angiebt), schief dreiseitig, diago- nal aufgeblasen; Wirbel vorn am Ende; eine schwache Ausbuch- tung zum Austritt des Byssus am vordern Theile des Bauchran- des; ohne vordere Ausbreitung ; hinteres Ende breit, schief abge- stutzt oder zugerundet; Schlosslinie mässig lang, gerade, einfach; Schlossfacetten innerlich, gewöhnlich der Länge nach gestreift, nach aussen geneigt, durch eine innere Kante begrenzt, welche längs und etwas unter der Schiosslinie hinläuft; ohne Schloss- zähne, aber mit einer dreiseitigen Scheidewand in der Höhlung Jedes Buckels, parallel mit der Ebene der Seitenränder (an Stein- kernen tiefe Schlitze unter den Buckeln bildend); zweimuskelig; Jeder Schliessmuskeleindruck von einem kleinen begleitet; der vor. dere Schliessmuskel an der innern Seite der Buckelscheidewand befestigt. Die Myalinen Thüringens und der Wetterau variiren in der Grösse des Winkels, welchen der Schlossrand und vordere Rand bilden; und es lassen sich daher manche mit grösserem Winkel zu Myalina acuminata stellen. 227 Clidophorus. M’Coy identifieirt das Genus Pleurophorus mit Clidophorus und giebt folgende Diagnose: Genus Clidophorus (Cleidophorus Harz 1847 Pal. New. Y. I. = Clidophorus M’Coy 1851 Ann. Mag. N. H. b. XII. Etym. xAsıöos, elavicula). Gleichschalig, ungleichseitig, quer verlängert, diagonal auf- getrieben; Schlossrand gerade, ungekerbt, aber mit einer inneren Schlossplatte, oder mit einem dem Schlossrande fast parallelen Zahn und einer vertikal vom Buckel ausgehenden und hinter dem vordern Schliessmuskel liegenden. Leiste, welche beide an Steinkernen tiefe Schlitze verursachen; bei einigen Arten ein kleiner Schlosszahn hinter dem Buckel; Schlossrand scharf und gerade. Legen wir besonderes Gewicht auf die am vorderen Muskel- eindruck vom Buckel gegen den Bauchrand hin laufende, etwas rückwärts gerichtete Leiste und auf die Veränderlichkeit des Schlosses, so gestattet uns der Charakter dieses Geschlechts die Aufnahme einiger Formen, die gerade durch diese Merkmale den Geschlechtsdiagnosen gegenüber, welche man auf sie angewendet hatte, eine störende Abweichung erkennen lassen. Es gehören hierher Pleurophorus costatus, Cardiomorpha modioliformis Kıng, Cardiomorpha pleurophoriformis SCHAUR. und Mytilus Pallasi VERN. Ueberblicken wir diese Formen in Schalen und Steinkernen, so finden wir auch hier einen gegenseitigen, oft regellosen Wech- sel von Merkmalen, der feste Grenzen der vielen Uebergangsfor- men wegen nicht gestattet. Alle diese Formen bilden daher Arten, beziehungsweise Varietäten Eines Geschlechtes. Den allgemeinen Habitus der Zechsteinarten dieses Genus veranschaulichen die Abbildungen von Pleurophorus costatus und Mytilus Pallasi, welche beide Gruppen wir hier als Arten oder Typen anerkennen wollen. Die Abweichungen betreffen vorzugs- weise die Auftreibung der Schale und die Form des Umrisses, bei welcher Schloss- und Bauchrand fast gleichlaufend, oder in einem gewissen spitzeren Winkel zu einander gestellt sind; hin- sichtlich der Auftreibung der Schalen verdient das Maass, in welchem die diagonale Kante hervortritt, besonders berücksichtigt zu werden. Die Zeichnung der Oberfläche beginnt mit einer fast . 228 unmerklichen Zuwachsstreifung, zu welcher sich radiale Linien gesellen und beide bis zur Rippenbildung an Stärke zunehmen. Rücksichtlich der inneren Einrichtung der Schale ist bei allen Arten eine unter dem Wirbel, vom vordern Ende des Schloss- randes ausgehende scharfe Leiste zu beobachten, welche jedoch in ihrem Verlaufe und ihrer Stärke zufälligen Abweichungen unterworfen ist, indem an manchen Exemplaren die Leiste sich bald krümmt, schwächer und kürzer ist, während sie an andern mehr eine gerade vom Schlossrande ausgehende Richtung behäl; und kräftiger entwickelt ist. Der Schlossrand ist entweder ein- fach oder trägt, was bei den Exemplaren mit kräftiger Schale der Fall ist, eine oder zwei zahnartige Erhabenheiten auf der vor dem Wirbel liegenden Schlossplatte und eine nach hinten am stärksten entwickelte zahnartige Leiste. Diese Erhabenheiten zeigen keine grosse Regelmässigkeit in ihrem Erscheinen, können ihrer Lage nach auch nicht wohl als Zähne, sondern nur als Höcker und leistenartige Verdickung gedeutet werden. Deutliche Zähne, wie sie Kıns an Pleurophorus costatus abbildet, habe ich nie beobachtet. Interessant ist es, die Beschreibung von Mo- diola Thilaui nachzulesen, welche Herr v. STROMBEcK in der Zeitschrift der deutsch. geol. Gesells. Bd. II. S. 90 gegeben hat, Wir finden dort dieselben Verhältnisse wiederholt, auf welche ich auch schon in der Abhandlung über Recoaro bei Beschrei- bung des Pleurophorus Goldfussi Dkx. sp., (der bei der Iden- tität von Pleurophorus mit Clidophorus nun Olidophorus Gold- fussi zu nennen ist) aufmerksam gemacht habe. Auch hier werden wir wieder auf die oft an Identität grenzenden Analogien vieler Versteinerungen des Zechsteins mit solchen .der Trias hin- gewiesen. Bei allen Formen des Zechsteins schliesst sich ferner hinter dem nach vorn eingekrümmten Wirbel nach hinten der gerade, nur selten zuletzt dem Bauchrande zugewendete Schlossrand an, welcher auch vor dem Wirbel in einem Winkel von nahe 120 Grad auf eine kurze Strecke fortsetzt und mit den Wirbeln eine kleine Lunula hervorruft; die Schale selbst ist so aufgetrieben, dass sie eine diagonal laufende mehr oder minder hohe, nie scharfe Firste bildet, welche vom Wirbel an erst etwas dem Schlossrande genähert bleibt, dadurch gekrümmt wird und mit dem Schloss- rande einen Winkel von etwa 30 Grad einschliesst. Das runde Ligament liegt aussen, vom Wirbel an bis etwa zum letzten 229 Drittel des Schlossrandes sich erstreckend. Die übrigen Merk- male, auf welche man die Arten und Varietäten begründet hat, als die verschiedene Länge der Schale, die Grösse des Winkels, welche der Bauchrand mit dem Schlossrande macht und die An- wesenheit der vom Wirbel ausstrahlenden Rippen sind mannig- fachen Modifikationen unterworfen, die uns aber dennoch zur Trennung des Materials in verschiedene Arten und Varietäten dienen müssen. Es dürfte demnach zu unterscheiden sein 1. Clidophorus costatus BROWN sp. Taf. XI. Fig. 2. Zur Abgrenzung der einzelnen Arten und Varietäten dürfte der Winkel, welchen der Schlossrand mit dem Bauchrande macht, maassgebend erscheinen, da er überdies mit der Aufgetriebenheit der Muscheln in gleichem Verhältnisse steht. Da die einzelnen Arten hinreichend beschrieben und abgebildet sind, so beschränke ich mich auf Angabe der Hauptunterscheidungsmerkmale. Bei Clidophorus costatus stehen Bauch- und Schlossrand fast parallel, der Umriss der Muschel ist fast elliptisch; die Lu- nette vor dem Wirbel ist sehr klein; das Verhältniss der Länge zur Breite ist nicht constant; die Auftreibung ist hier die ge- ringste, und die diagonale Kante tritt kaum hervor; 4 bis 5 ra- diale Rippen zwingen die kräftigen Zuwachsstreifen in scharfen - Winkeln über sie hinwegzugehen. Diese Art ist im untern Zechstein häufiger als im obern und hat dort eine kräftigere Schale, sodass auch hier das Me- dium die Art bedingt zu haben scheint. 2. Clidophorus Pallasi VERN. sp. Die nun folgenden Formen dürften mit den von DE VER- neun als Mytilus Pallasi beschriebenen identifieirt werden. M’Cox führt Kına’s Cardiomorpha modioliformis mit einem Fragezeichen hinter dem Genusnamen an, und bemerkt, dass er geneigt sei, diese Art zu Sanguinolites zu stellen. Ich halte diese Formen für Mytiliden und hebe als bezeichnend dafür, dass sie zu Clidophorus gehören, hervor: den an allen Individuen am Bauchrande, dem Wirbel gegenüberliegenden, wenn auch nur 230 schwach ausgeprägten Sinus zum Austritt des Byssus, welcher auch noch in der Zuwachsstreifung zu erkennen ist, die kleine vor dem Wirbel gelegene und auch hinter dem Wirbel längs dem Schlossrande angedeutete Lunula, so wie die stark ent- wickelte Leiste hinter dem vordern Muskeleindruck im Innern der Klappen. Nach den bereits vorhin angegebenen Grundsätzen müssen hier folgende Varietäten unterschieden werden: a. var. pleurophoriformis SCHAUR. Taf. XI. Fig. 3. Diese Form steht dem Clidophorus costatus hinsichtlich des Umrisses der Schalen am nächsten, ist aber stets ohne Rippen; nach vorn erscheint der Umriss etwas mehr verschmälert, indem der Schlossrand und Bauchrand in ihrer Verlängerung sich in einem Winkel von eirca 10 Grad schneiden würden; die Lunette vor dem Wirbel ist grösser als bei (4dophorus costatus und das Profil der vordern Seite daher nach oben hin ausgebuchtet, nach unten vorstehend; die Klappen sind aufgetriebener, als bei der vorigen Art und von der fast geraden, immer deutlichen dia- gonalen Kante gleichmässig abfallend; Verhältniss der Länge zur Breite nahe wie 2 zu 1. Wird bis 12 Mm. lang und ist bis jetzt nur im obern Zechstein vorgekommen. b. var. modioliform es Kınc. Taf. XL Fig. 4. Der Winkel des Schlossrandes mit dem Bauchrande beträgt bis eirca 15 Grad; die Auftreibung ist allgemein; die diagonale Firste ist in ihrem Laufe mehr gewunden und erscheint durch die allgemeine Auftreibung mehr flach gewölbt; das vordere Ende der vor der Firste liegenden Hälfte der Muschel tritt durch eine seichte vom Wirbel der Byssusbucht ‚zulaufende Einsenkung etwas hervor, aber nicht so stark als bei der folgenden Varietät, und erhält dadurch, sowie durch die Senkung des hintern Theils des Schlossrandes der ganzen Muschel ein gekrümmtes Ansehen; die Oberfläche ist glatt, oder mit mehr als fünf, gewöhnlich un- deutlichen und wenig regelmässigen Rippen versehen. Sie er- reicht eine Grösse von 18 Mm. 231 ec. var. bakewellüiformis m., nov. var. s. sp. Taf. XI. Fig. 5. Endlich giebt es noch Individuen, welche sich dem allge- meinen Habitus nach zunächst der vorigen Varietät anschliessen, und sich von derselben nur dadurch unterscheiden, dass der Winkel des Schlossrandes mit dem Bauchrande bis zu 20 Grad steigt, dass die Muschel noch mehr gekrümmt und die Einsen- kung vor der Gegend der Byssusbucht nach dem Wirbel hin noch mehr niedergedrückt ist und so ein vorderer Flügel ent- steht, welcher an die Form der Bakewellien erinnert. Die Ober- fläche ist glatt oder mit zahlreichen, meist deutlichen Zuwachs- streifen und gewöhnlich mehr als 5 radialen Rippen besetzt, an welchen sich, wie bei Clidophorus costatus, die Zuwachsstreifen brechen. Solche Individuen haben eine nur sehr kleine Lunula vor dem Wirbel und werden bis 20 Mm. gross. Bis jetzt habe ich sie blos im Zechsteindolomit von Pössneck beobachtet. Hierher gehören von Kına’s Cardiomorpha modioliformis die Figuren 20 und 23 auf Tafel 14 der Monographie der per- mischen Fossilien. DE VernEuıL bildet alle diese Formen in M. V. K. Russia I. t. 19. f. 16 a—k ab. Schizodus dubius ScuL. sp. Die Schizodus-Arten werden von M’Cov, wie es schon frü- her von v. GRÜNEWATDT geschehen, zu den Myophorien gestellt und in der Weise, wie ich es früher in dieser Zeitschrift ausge- sprochen habe, auf zwei Arten reducirt, nämlich: a. Myophoria obscura Sow. sp., frageweise mit Axrinus parvus K., Axinus undatus Brown. b. Myophoria rotundata BROWN sp. mit Axinus rotunda- tus Brown, (? 4 Arinus pusillus und Lucina minima BRoOwN) Schizodus rossicus VERN. und Schizodus truncatus Kınc. Ich komme jetzt auf die Ansicht, wie sie GEINITZ in sei- nen Versteinerungen des deutschen Zechsteingebirges 5.8 gege- ben hat, zurück, und vereinige alle unsere Schizoden zu Einem Typus oder Einer Art, wie sie GEInTrZ unter Schizodus Schlot- heimi begreift. Geisırz hat im Allgemeinen bei der damaligen noch wenig entwickelten Kenntniss der Zechsteinversteinerungen das ganze Material vortrefllich zu sichten gewusst, und manche Zeits. d. d. geol. Ges. VIII.2. 16 232 später als neue Arten beschriebene Fossilien sind ihm vielleicht bekannt gewesen, aber nicht als Varietäten von ihm hervorgeho- ben worden. Es ist nicht zu bezweifeln, dass v. SCHLOTHEIM mit Tellh- nites dubius (Petref. S. 159 und Denkschr. d. Münch. Akad. VI. S. 31. Taf. 6. Fig. 4, 5) die hier in Rede stehenden Schi- zodus-Arten bezeichnete. SowERBY beschrieb diese Formen spä- ter als Azinus obscurus, GeIsITz als Schizodus (Cucullaea, Corbula) Schlotheimi; unterdessen tauchten andere Artnamen für die mannigfachen Varietäten auf. Die Abweichungen unter den verschiedenen Arten beschränken sich jedoch auf die mehr oder minder nach hinten ausgezogene Form, so wie auf die von den Buckeln dem Bauchrande zulaufende Kante, deren Winkel mit dem Schlossrande die Form des Reliefs und des Umrisses bedingt. Alle so entstehenden Formen gehen in einander über, und zwar nicht nur in der Weise, dass die Zunahme des spitzen Winkels, welchen die Firste mit dem Schlossrande macht, mit der Verlängerung nach hinten gleichen Schritt hält, sondern auch so, dass z. B. Individuen deren vom Wirbel dem Bauchrande zu- laufende Kante mit dem Schlossrande einen verhältnissmässig grossen Winkel einschliesst, dennoch nach hinten verlängert sind, und umgekehrt. Wenn man ferner berücksichtigt, dass die klei- neren stets mehr gerundet erscheinen und überhaupt dem am Wirbel gelegenen, also zuerst gebildeten Theil grösserer Indivi- duen gleichen, so dürfte es nicht schwer sein, sich davon zu überzeugen, dass alle hier besprochenen Formen Einer Art an gehören. Die Frage, ob diese Art zu Myophoria oder Schizodus zu stellen sei, will ich hier nicht weiter erörtern und nur erwähnen, dass ich die Ansicht Roemer’s (Leth. Lief. 8. S. 412) theile, sie also bei Schizodus lasse. Hinsichtlich der Artnamen steht dem SCHLOTHEIM’schen die Priorität zu, und es würde bei consequenter Aufrechthaltung derselben diese Muschel Schizodus dubius ScHL. sp. zu nennen sein; bekannter ist freilich der zunächst entstandene SowERgy- sche Artname „obscurus“, so dass es, obwohl gerecht, doch fast unpraktisch erscheinen dürfte, den ScHLoTHEIM’schen Namen aus der Vergessenheit hervorzuziehen. Stellen wir die einzelnen als Arten bekannt gewordenen Formen, mit Ausschluss der Synonyme, in eine Reihe, mit dem 233 schmalsten oder kürzesten beginnend, so nimmt Schizodus rossi- cus VERN. die erste Stelle ein, dann folgen Schizodus rotunda- tus Brown, Schizodus truncatus Kıns, Schizodus obscurus Sow. und Schixzodus Schlotheimi Kınc. Auf die erwähnten unwesentlichen Abweichungen hinwei- send, halte ich es für hinreichend zwei Varietäten anzunehmen, von welchen a. var. rotundata BROWN die gerundeten und meist kleineren, b. var. obscura Sow. die nach hinten verlängerten, gewöhn- lich an Steinkernen mit einer etwas bemerkbaren rückwärts ge- richteten Neigung der Schnabelspitze umfasst. Diese Neigung nach hinten ist nur eine scheinbare, indem sie nur durch die letzte Wachsthumsperiode der Muschel entstanden und durch die Stellung der Muschel gegen den Beschauer modificirt erscheint. Allerisma elegans Kınc stellt M’Coy in sein Genus Sanguinolites als Sanguwinolites lu- nulata Keys. Sp., indem er Amphidesma lunulata Keys. damit identifieirt. Rücksichtlich dieser Art muss ich auf das in dieser Zeit- schrift (1854. S.556) von mir Mitgetheilte verweisen, und glaube jetzt um so weniger auf die generische Stellung dieser Art ein- gehen zu dürfen, als Kıng eine Abhandlung über das Genus Allerisma (richtiger Alloierisma) nächstens veröffentlichen wird. Arca striata ScHL. sp. Ich habe bereits früher (geol. Zeitschr. 1854. S. 567) die deutschen gerippten Arca-Arten des Zechsteins unter obigem Na- men vereinigt, dasselbe geschieht jetzt von M’Coy für die eng- lischen, indem er Byssoarca tumida KınG in Macrodon stria- tus SCHL. aufgehen lässt. Mit weniger Sicherheit glaubt M’Coy Arca Kingiana als junge Individuen aufnehmen zu können; allein nach den an mehreren Exemplaren der in Deutschland höchst seltenen Arca Kingiana und den an vielen von Arca striata von mir angestellten Untersuchungen erscheint mir eine solche Verschmelzung nicht zulässig, indem Arca Kingiana nie Rippen und junge Individuen von Arca striata stets Rippen erkennen liessen. 16* 234 Pleurotomaria antrina ScHL. sp. M’Coy vereinigt mit dieser Art Kına’s Pleurotomaria Tun- stallensis, da deren von Kına angeführtes Unterscheidungsmerk- mal, der schief gestellte Spindelrand, bei beiden in gleicher Weise ausgebildet sei. Pleurotomaria Verneuili Geis. nimmt M’Coy mit einem Fragezeichen unter die Synonyme auf; allein ich bin überzeugt, dass sie, wie ich schon früher in dieser Zeitschrift (1854. S. 567) ausgesprochen habe, nur der Steinkern von Pleurofomaria no- dulosa ist. Turbo ? helicinus SCHL. sp. Die Turbo-Arten, welche KınG beschreibt, mit Ausnahme von Turbo Fermianus (den ich in die Reihe der Rissoen stellen werde) hat M’Coy unter obigem Namen in Eine Species zusam- mengezogen, olıne jedoch, wie es in solchen Fällen immer ge- schehen sollte, die Eigenthümlichkeiten der Varietäten zu präci- siren. Die Abweichungen dieser Formen hinsichtlich der Höhe der Spira, der Anzahl und Stärke der Spiralrippen und der Grösse der Schale sind so unbedeutend und unwesentlich, dass ich keinen Anstand nehme, in ihnen nur Eine Art zu sehen, Man kann füglieh folgende Varietäten annehmen: a. var. Tayloriana KınG, welcher die kleineren Individuen mit ziemlich gleichmässig aus- gebildeten und von einander abstehenden Spiralrippen zukommen; b. var. Thompsoniana Kınc, welche grösser als vorige ist, höhere Spira und gleich der vori- gen gebildete Spiralrippen hat. Zu dieser gehört auch Turbo (Littorina) Tunstullensis Howse und Turbo Mancuniensis Brown zum Theil: e. var. genuina —= Turbo helicinus ScaL. sp. = Turbo minutus Bkowx und Turbo Mancuniensis BROWN zum Theil, für welche die Formen übrig bleiben, deren Spiralrippen in der Regel so ausgebildet sind, dass drei sich auffallend durch ihre kräftigere Entwickelung hervorthun, wo denn die zweiten und dritten von der Naht abwärts gewöhnlich den grössten Zwisehen- raum zwischen sich lassen. 235 Alle diese Varietäten sind noch durch Zwischenformen ver- bunden, und M’Coy erwähnt, Individuen mit nur zwei kräftige- ren Spiralrippen und andere mit je einer schwächeren zwischen den kräftigeren beobachtet zu haben. Die Spiralrippen sind auf der Kante je nach der Ausbildung der Zuwachsstreifen mehr oder minder deutlich gekerbt. Straparollus (Euomphalus Sow.) planorbites Münsı. sp. Taf. XI. Fig. 6. Serpula planorbites, von GEInITZ in der Gäa von Sachsen und in den Versteinerungen des deutschen Zechsteingebirges ver- öffentlicht, wurde zuerst vom Grafen zu Müns'rer briefiich Zuom- phalus planorbites genannt. Diese Versteinerung erreicht nie eine bedeutende Grösse und ist im Mergelschiefer so fest einge- wachsen, dass die bisher gefundenen, nur undeutlichen Exemplare nicht geeignet waren, über ihre Natur näheren Aufschluss zu geben. Ich hatte sie früher, vielleicht mit Unrecht, mit Spiror- bis Permianus KınG vereinigt. Bei Ilmenau, wo diese Schnecken nicht selten im Mergelschiefer zu sehen sind, habe ich nun Hohl- drücke gefunden, deren künstliche Ausgüsse mich veranlassen, sie zu den Gastropoden in das MontFor'r’sche Genus Strapa- rollus zu stellen. Genus Straparollus Montr. 1810. Scheibenförmig, gedrückt kegelförmig, gewöhnlich glatt oder transversal gestreift; Nabel sehr weit, die runden oder kantigen Windungen bloslegend; Mund durch die vorletzte Windung mo- difieirt, Mundsaum einfach, dünn, besonders so an der linken Seite. Straparollus planorbites Münst. sp. — sSerpula planorbites GEin. sp. Verstein. d. d. Zechst. Taf. 3: Fig. 1, 2. ? — Spirorbis Permianus Kınc. Diese kleine Art ist scheibenförmig und besteht aus 5 bis 6 in der Regel kantigen Windungen, die so zusammengerollt sind, dass die obere Seite eine Ebene mit einer vertieften Naht, die untere aber einen weiten flachen Nabel bildet, in welchem man, wie auf der obern Seite, alle Windungen sehen kann. Die ersten Windungen sind, wie an kleinen, nicht erwachsenen Indi- viduen zu sehen ist, anfangs ziemlich rund, die letzten hingegen 236 kantig, nach unten (an der Nabelseite) mit einer mehr dem Nabel genäherten Kante, nach oben mit zwei Kanten, zwischen wel- chen die Schale eben oder selbst etwas vertieft ist und wodurch der oberen Seite das abgeflachte Ansehen gegeben wird. Die Aussenseite der Schale ist mit etwas rückwärts geneigten, schar- fen, bisweilen unregelmässig sich theilenden Runzeln geziert, welche über die Kanten hinweglaufen. Die Mündung ist rund- lich vierseitig; der Mundsaum einfach. Die Kante an der Nabelseite ist nicht immer gleichmässig entwickelt; sie bildet meistens einen Kiel; ebenso tritt die obere nach aussen liegende Kante fast stets kielförmig hervor; auch macht sich bisweilen an der convexen Seite noch eine Kante be- merklich. Nach ihrer Grösse wechselt der Durchmesser zwischen 2 und 8 Mm. Von den älteren Arten gleichen Geschlechts steht diese Art dem Straparollus pileopsoideus PriLL. sp. am nächsten. Die im untern Zechstein so häufigen kleinen Körper, welche unter dem Namen Serpula pusilla GE1N. sp. (Verstein. d. deutsch. Zechst. Taf. 3. Fig. 3, 4) bekannt sind, gehören wohl, wie Kına schon vermuthet, zu den Agasthistegiern der Polythalamien und wahrscheinlich zu Triloculina; sie sind kugelig bis elliptisch- scheibenförmig und wohl in mehrere Arten zu trennen. Rissoa. Den Genusnamen Rissoa stelle ich an die Spitze einer Reihe von Arten, welche lediglich durch die verschiedene Länge der Spira und der daraus folgenden Modifikationen des Mundes unter einander abweichend genug erschienen, um sie in verschiedene, selbst noch wenig präeisirte Geschlechter zu stellen. Alle diese Arten stehen durch Uebergangsformen einander so nahe, dass sie gewiss Glieder eines Geschlechts bilden und deshalb hier von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet werden sollen. Kıng beginnt in seiner Monographie der permischen Fossi- lien Englands die Beschreibung von 10 Arten, nämlich: Aissoa obtusa Brown, Rissoa Leighi Brown, Rissoa Gibsoni BRown, Loxonema fasciata Kına, Loxonema Swedenborgiana Kın, Loxonema Geinitziana Kısc, 'Macrocheilus symmetricus Kısc, 237 Euomphalus Permianus Kınc, Nutica minima Brown, Natica Leibnitziana. KınG, mit den Worten: „Die folgenden 10 Species haben in den Geschlechtern, in welchen sie untergebracht sind, eine ebenso zweifelhafte Stellung als die meisten dieser Ge- schlechter in ihren Familien.“ Daraus, dass Kıng, dieser gewissenhafte und kenntnissreiche Beobachter, fast sämmtliche hier zu untersuchende Arten in einen Kreis vereinigt, dürfte auch zu schliessen sein, dass Kına die gegenseitige Verwandtschaft dieser Arten nicht übersah, sowie dass die Arten selbst in der That Einem Geschlechte angehören, bei welchem die Modifikation eines Charakters verschiedene For- men hervorruft, die ihrerseits in mehrere der in neuerer Zeit oft -unnöthiger Weise zersplitterten Geschlechter passen und so ihrer natürlichen Stellung entrückt worden sind. Bei der vorläufig angeführten Verwandtschaft dieser Arten müssen sie natürlich in einem Geschlechte vereinigt bleiben. Als solches scheint mir Rissoa das passendste; und ich nehme keinen Anstand rücksichtlich der Diagnose von Rissoa und der an den in Frage stehenden Schnecken ausgeprägten Merkmale, hinsicht- lich der Uebergangsformen, welche die vereinigten Arten verbin- den, und der Analogien, welche diese Schnecken mit denen der Trias bieten, alle diese Formen den bereits aus dem Zechsteine angeführten Rissoen beizugesellen. Die Geschlechtsdiagnose, wie sie von FREMINVILLE und DESMAREST in Woop’s Crag Mollusca S. 100 und von Puı- LIPPI in seinem Handbuche der Oonchyliologie S. 172 gege- ben wird, differirt in einigen, rücksichtlich der weiten Grenzen, welche die Diagnose gestattet, nicht wesentlichen Punkten. Paı- LIpPI sagt vom Gehäuse: das Gehäuse ist kugelig bis thurm- förmig, ungenabelt oder höchstens von einer engen Nabelspalte durchbohrt; die Mündung ist eiförmig; der Mundsaum oben nicht zusammenhängend, bald einfach und schneidend, bald innen ver- dickt, bisweilen auch aussen verdickt, Nach der Diagnose von FREMINVILLE und DESMAREST -werden die Grenzen dieses Genus noch weiter gestellt, indem überdies die Aussenseite der Schale als glatt, gestreift oder ge- rippt, die Mündung als oval oder fast kreisförmig und die äussere Lippe als einfach und scharf oder verdickt und innen gezahnt charakterisirt werden. 238 Die Rissoen erscheinen nach der Angabe Woop’s zuerst im Great-Oolite; Baown beschreibt jedoch mehrere Arten aus dem Zechsteine, die als solche auch von Kıxc eitirt werden. Betrachtet man die verschiedenen kleinen Schnecken im dunklen compacten untern Zechstein des Orlathals mit Aufmerk- samkeit, so kann man sich leicht an den oft in Menge beisam- men liegenden, auf einem Quadratzoll Flächenraum bisweilen die verschiedensten Formen darbietenden Schneckchen davon über- zeugen, dass sie alle nur verschiedene Entwickelungszustände Eines Typus repräsentiren. Bei diesen Schnecken musste es von der ersten Richtung oder von der während des Wachsthums ver- änderten Richtung des Schalenkegels, als welchen wir uns die Schale der Schnecke denken können, abhängen, ob sich eine Form mit hoher, niederer oder scheinbar abgestutzter Spira bildete. Es finden sich Exemplare, welche anfangs fast in einer Ebene gewunden erscheinen und dann erst eine ansteigend spirale Rich- tung angenommen haben, wo dann abgestutzte Formen entstehen, wie sie in den Abbildungen von /tissoa obtusa, Natica minima und Natica Hercynica dargestellt sind; andere Formen lassen eine sofort ansteigende Richtung des Schalenkegels erkennen, dessen Gang jedoch mit verhältnissmässig schneller Erweiterung der Schale bald an Steile abnimmt und Formen entstehen lässt, die BRown zum Theil als Aissow obtusa und ARissoa minutis- sima abgebildet hat. Bleibt der Gang endlich regelmässig in der anfangs angenommenen Richtung, so entstehen mehr oder minder schlanke Schnecken, als welche besonders Aissoa pusilla, Gibsoni und Leighi Bkows und Lozonema oder Turbonilla anzu- führen sind. Dass die mehr oder minder steile Richtung des Ganges einigen Einfluss auf die Form des Mundes ausübt, liegt in der Natur der Sache, und wir sehen auch, dass die mehr aufstre- benden Individuen eine etwas mehr ovale Mündung und kleine- ren Nabel zeigen, während die kürzeste Form (Zuomphalus Permianus Kısc) sich so schnell erweitert, dass der Durchmes- ser des Schalenkegels nicht ausreicht, um sich an der imaginären Axe der Schnecke zu vereinigen, und so eine dem Euomphalus ähnliche Form annimmt, die jedoch mit der allmäligen Zunahme der Höhe der Spira bis auf eine Nabelspalte verschwindet. Lassen wir diesen Umstand der angenommenen Veränder- lichkeit der Höhe der Spira ausser Acht, so verlieren wir uns in eine Menge von Arten, die als solche der Schwierigkeit der 239 Unterscheidung wegen ihren Werth und ihre Selbstständigkeit verlieren würden, Ich will nun versuchen von den niedrigsten zu den höheren übergehend, alle hierher gehörigen Arten nach der Höhe der Spira, oder dem Verhältnisse der Breite zur Höhe, in eine Reihe zu stellen und diese in einzelne Abschnitte oder Arten zu trennen. a. Rissoa Permiana Kınc. Far Re IET: Diagnose: Etwas halbkugelig; Verhältniss der Höhe zur Breite wie 1 zu 2; 5 bis 6 durch eine deutliche Naht getrennte glatte oder durch Zuwachsstreifen gezierte, meist nur wenig her- vortretende, gewölbte Umgänge; der Schalenkegel ist anfangs sehr eng, erweitert sich bald und bildet am Ende eine ziemlich runde, durch die vorhergehende Windung modifieirte, oben an der Spin- del unterbrochene, mit kaum verdickter Aussenlippe versehene Mündung und eine etwas trichterförmige Vertiefung. Die deut- schen Exemplare werden gewöhnlich bis 2 Mm. gross. Die etwas trichterförmige Vertiefung, wie sie ähnlich bei Euomphalus vorkommt, ist nickt mit der an den folgenden For- men zu beobachtenden Nabelspalte zu verwechseln; erstere ent- steht, wie schon bemerkt worden ist, durch die Zusammenrollung des Schalenkegels, letztere durch den etwas zurückgeschlagenen Mundsaum am unteren Theile der Spindel und ist auch bei die- ser Form unverkennbar angedeutet. - Hierher gehört Zuomphalus Permianus Kısc und, soviel ich den Abbildungen entnehmen kann, auch Nutica Hercynica Geın., welche KınGg mit seiner Natzca Leibnitziana verbindet und die dann nur als ein grösseres Individuum zu betrachten sein würde. b. Rissoa obtusa Bkown. Taf. XI. Fig. 8. Den Typus für eine zweite Gruppe der erwähnten Reihe von Formen bildet /tissoa obtusa, welche BRowNn in den Trans. Manch. Geol. Soc. Vol. I. p. 64. t. 6. f. 19—21, 1841 abbildet und beschreibt. Die Kıne’schen Abbildungen dieser Art (Monogr. Taf. 16. 240 Fig. 18) stimmen nicht ganz mit den BRown’schen Figuren, son- dern stehen der als Macrocheilus symmetricus Kısa beschriebe- nen Form näher. Rissoun minutissima Brown (Trans. Manch. Geol. Soe. p- 64. t. 6. f£. 12 u. 14) stellt Kıns mit einem Fragezeichen zu den Synonymen der /tissoa obtusa; nach dem Standpunkte, von welchem aus diese Schnecken hier angesehen werden, müssen die Figuren 12 bis 14 des obigen Citats hier eingereihet werden. Auch Trochus pusillus Geis., welchen KınG frageweise zu den Synonymen der /tissoa obtusa eitirt, gehört zu dieser Gruppe. Endlich rechne ich auch Nutica minima Brown (Trans. Manch. Geol. Soc. p. 64. t. 6. f. 22—24) hierher. Die Formen dieser Gruppe unterscheiden sich von den vo- rigen nur durch die Höhe der Spira und das durch die Zunahme der Höhe derselben allmälige Verschwinden der trichterförmigen Vertiefung. Mund und Nabelspalte, letztere hier deutlicher auftretend, oder überhaupt die letzte Windung, sowie die Aussenfläche er- scheinen hier wie bei den vorigen Formen; die Spira ist höher; Verhältniss der Höhe zur Breite wie 3 zu 2; die ersten Win- dungen sind eng, meist eine warzenförmige Spitze bildend, wo- durch sie manchen Individuen ein abgestumpftes Ansehen und wieder ihre Verwandtschaft mit den vorigen zu erkennen geben, Diese Art erreicht in Deutschlands Zechstein eine Höhe von 1 bis 6 Mm. ec. Rissoa Gibsoni BRowN. Taf. XI. Fig. 9. Mit der Zunahme der Höhe der Spira bei gleicher oder wenig vermehrter Anzahl der Windungen, welche bisweilen, doch regellos, eine etwas schiefere Richtung erkennen lassen, werden wir auf eine dritte Gruppe von Formen geführt, die als Azssoa Leighi Brown (in Trans. Manch. Geol. Soc. p. 64. t- 6. f. 9, 10, 11), Aissoa Gibsoni Brown (l. e. f. 15, 16, 17), Aissoa pusilla Brown (l. ce. p. 63. £. 6, 7, 8) beschrieben sind und zu welchen auch die kürzeren Individuen der Turbonilla Altenbur- gensis GEIN. gerechnet werden. Auch hier stimmen Kına’s Abbildungen von Rissoa Leigki (Monogr. Taf. 16. Fig. 15) und Aissoa Gibsoni (1. c. Fig. 17) 241 mit den Browm’schen nicht ganz überein, zeigen aber keine Ab- weichungen, welche die Wandelbarkeit dieser Formen nicht ge- stattete. Für diese dritte Gruppe lässt sich folgende Diagnose auf- stellen: Thurmförmig; Verhältniss der Höhe zur Breite etwa wie 2 zu 1; mit gegen 6, bisweilen mässig ansteigenden, glatten oder mit Zuwachsstreifen gezierten, mehr oder minder gerundeten Win- dungen, die durch eine tiefe Naht (wie bei allen diesen Arten) getrennt sind; Mündung etwas eiförmig und etwas genabelt; Grösse der deutschen Exemplare 1 bis 8 Mm. Diese Form steht schon Kınd’s Loronema Geinitziuna sehr nahe. Ueber Kına’s Macrocheilus symmetricus, der vielleicht hier- her zu stellen ist, wage ich kein entscheidendes Urtheil zu fällen. d. Rissoa Geinitziana Kınc sp. Taf. XI. Fig. 10. Es giebt noch schlankere Formen, an denen sich meistens mehr als 6 Windungen zählen lassen. Diese Art ist hoch thurmförmig, gegen dreimal so hoch als breit, mit 8 bis 11 glatten, runden Windungen, kleiner Nabel- spalte, tiefer Naht und etwas eiförmiger Mündung. Auch hier ist bisweilen die Zuwachsstreifung, selbst rippenartig zu erkennen. Ihre Höhe beträgt 3 bis 4 Mm. Wie bei allen bisher beschriebenen Arten sind auch hier die ersten Windungen sehr fein, nehmen aber gewöhnlich sofort eine regelmässig ansteigende Richtung an. Nur die verschiedene Art der Aufeinanderrollung des Schalenkegels ruft die verschiedene Ge- stalt der nichtsdestoweniger unter einander so ähnlichen Schnecken hervor, je nachdem derselbe, wenn wir ihn uns als eine zusammen- gerollte Uhrfeder vorstellen, bei fester Lage der Spitze oder er- sten Windungen, mehr oder minder in der Richtung der Axe auseinander gezogen erscheint; daher wir auch allen möglichen Zwischenformen der hier aufgestellten Abtheilungen oder Arten begegnen. Für diese Ansicht spricht auch der Umstand, dass die ersten Windungen mit der letzten vereinigt oder die Schnecke zusammengeschoben gedacht, auf die Form des Huomphalus Permiunus zurückführen. 242 In diese Gruppe fallen die längeren Individuen von Tur- bonilla Altenburgensis Gein., Kına’s Loronema Geinitziana und Loronema fasciata, Auch M’Coy verbindet frageweise Loronema Geinitziana und Loxonema fasciata. e. Aissoa gracilis n. sp. Ss. var. Taf. XI. Fig. 11. Da alle Formen, wie hier schon mehrfach angeführt worden ist, durch Uebergänge verbunden sind, so kann es sich hier nur darum handeln, das ganze Material so einzutheilen, dass die ein- zelnen Individuen in den einzelnen Abtheilungen leicht unterge- bracht werden können. Deshalb und weil hier das Verhältniss zwischen Höhe und Breite als maassgebend angenommen worden ist, macht sich noch die Annahme einer Abtheilung zur Unter- bringung der schlankesten Individuen nöthig, Diese Art ist gegen viermal so hoch als breit, hat wie die vorige 6 bis 11 runde, glatte oder durch Zuwachsstreifen gezierte Windungen, die anfangs schmal erscheinen, bald aber weiter werden und bis zur letzten Windung nur wenig am Durchmesser zunehmen, so dass sie besonders in Bruchstücken fast wie ein ceylindrischer, gewundener Stab aussehen. Die Windungen sind durch eine tiefe Naht getrennt, fast kreisrund und wenig an- steigend. Die etwas eiförmige Mündung ist von einer Nabel- spalte begleitet. Diese Art wird 4 bis 6 Mm. gross und lässt sich ihrer schlankeren Form wegen leicht von den sie begleitenden ähnli- chen Individuen trennen. Bis jetzt habe ich sie mehrmals im dichten untern Zechstein des Orlathals von Moderwitz und der Umgegend von Gera angetroffen; und es ist wahrscheinlich, dass sie überall zu finden ist, wo diese Formen überhaupt in grösserer Menge sich zeigen. Rissoa Leighi, wie sie BRown abbildet, zeigt eine ähnliche schlanke Form, soll aber nur 4 Windungen haben, so dass ich, obgleich die Anzahl der Windungen bei allen Brown’schen Ar- ten, selbst gegen die Abbildungen, zu gering angegeben und wahrscheinlich die ersten fast ganz involuten vernachlässigt zu sein scheinen, vorgezogen habe, die Brownx’sche Alissoa Leighi mit Aissoa obtusa zu verbinden. 243 f£. Rissoa Swedenborgiana Kınc sp. Rissoa Swedenborgiana Kına oder Turbonilla Roessleri GeIN. gehört gleichfalls in die Reihe der hier beschriebenen For- men und muss daher in dasselbe Genus gestellt werden. Ich habe keine vollständige Exemplare dieser in deutlichen Individuen seltenen Art; doch lassen nach einer aufmerksamen Untersuchung der vorhergehenden Arten schon die Bruchstücke deutlich erkennen, dass die Form durchaus mit der von #lissoa Geinitziana und gracilis übereinstimmt und die Falten in der Richtung der Axe nur als ein neu hinzutretender oder eigentlich mehr hervortretender Charakter zu betrachten sind, indem auch an den andern Arten die Zuwachsstreifung bisweilen mehr her- vortritt und Uebergänge bis zur Rippenbildung sich beobachten lassen. Bevor ich diesen Gegenstand verlasse, muss ich wieder auf die schlagenden Analogien hinweisen, welche diese Arten mit den ähnlichen der Trias zu erkennen geben. Schon GEInITz macht bei Beschreibung seiner Turbonilla Altenburgensis auf die Analogie aufmerksam, welche dieselbe mit den ähnlichen Schnecken des Muschelkalks hat, indem er in den Versteinerungen des Zechsteingebirges S. 7 sagt: „Uebrigens bietet sie (Turbonilla Altenburgensis) ebensowenig unterschei- dende Merkmale dar, als ihre nahe Verwandte, die Turbonilla oder Zulima des Muschelkalks, Melania dubia oder Schlotheimi der Autoren.“ In der That sehen wir dasselbe Gesetz, welches hier für die als Rissoen aufgeführten Schnecken des Zechsteins entwickelt worden ist, an den ähnlichen und wohl demselben Genus ange- hörigen Schnecken der Trias sich wiederholen. Der Typus der triasischen Formen geht von der kugeligen Nartica turbilina oder oolithica allmälig zur schlanken Turbonilla über. Der Muschelkalk bietet aber noch mehr solche Analogien mit dem Zechsteine, sodass die scharfe Grenze, welche in der Abscheidung der paläozoischen Formationen gezogen ist, in der Natur nicht so scharf erscheint; ich erinnere nur noch an den Okdophorus Goldfussi (Modiola Thilaui) und an die Gervillien der Trias, welche letztere, wie mich neuere Untersuchungen gelehrt haben, mit Ausnahme von Gervillia socialis, alle zum Genus Bakewel- lia gehören und deren analoge Formen von Clidophorus und 244 von Bakewellia des Zechsteins in manchen Fällen kaum zu unter- scheiden sein dürften. Solche Analogien lassen mich an der Existenz des eben ent- wickelten Gesetzes nicht zweifeln; und wenn es auch zu weit gegangen sein dürfte, so viele Arten zu vereinigen, so glaube ich doch, dass diese Arten wenigstens Einem Genus angehören müssen, welches in jeder Formation eine besondere Facies seines Typus zur Schau trägt, und der bei Vergleichungen von Faunen gleicher Perioden maassgebend erachtet werden muss. Es liesse sich demnach der Typus obiger Rissoen als /tzssoa Permensis bezeichnen. Durch die Uebergänge, die bei den meisten, vielleicht allen Arten nach einer oder mehreren Seiten hin sich beobachten las- sen, (und die hier nur für die Formation des thüringischen Zech- steins Berücksichtigung gefunden haben, ebenso aber für Arten der zunächst älteren oder jüngeren Formationen nachgewiesen werden können, zum Theil auch hier angedeutet worden sind,) wird man zu der Annahme genöthigt, dass in der Natur die Grenze der Art als solcher überhaupt nicht so pedantisch con- sequent festgehalten werden kann, als es die Systematik wün- schenswerth erscheinen lässt, und dass die Natur überhaupt fort- während, im Einklang mit allen tellurischen Verhältnissen, an einer allmäligen Umbildung ihrer Wesen gearbeitet habe und, wie die klimatischen und besondere Abweichungen beweisen, noch arbeite. Unter diesen Voraussetzungen ist anzunehmen, dass die Art als solche nach einer gewissen Zeit verschwindet und, ‘wenn ihre Form später wieder erscheint, diese nur als ana- loge, systematisch neue Art betrachtet werden muss, dass z. B. die den Typen der Arten des Zechsteins analogen Arten des Kohlenkalks, welche durch mächtige, versteinerungsleere Conglo- merat- und Sandsteinbildungen getrennt sind, nicht mit den Ar- ten des Zechsteins identifieirt werden dürfen. Ich glaubte auch, den Ueberblick über die Arten zu erleichtern und deren gegen- seitigen Werth, geognostischen Vergleichen gegenüber, naturge- mässer zu bestimmen, indem ich die Arten, welche Einem Arten- Typus zu Schau tragen und durch Uebergangsformen eine stetige Reihe bildend nur künstich weiter abgetheilt werden können, als Varietäten unter Einen Artnamen brachte, Die Natur mag in 245 früheren Perioden, wo der solaren Wärme der mächtige Einfluss auf die Temperatur unserer Erdoberfläche noch nicht eingeräumt war und wo die Gewässer und die Atmosphäre für Organismen ein in mancher Hinsicht von dem gegenwärtigen anderes Medium boten, in der Bildung ihrer organischen Formen viel einfacher verfahren sein: es dürfte demnach besondere Berücksichtigung verdienen, die Classifikation der organischen Wesen möglichst auf eine der Natur der Organismen angemessene Stufe der Einfach- heit zurückzuführen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XI. Fig. 1. Chonetes Davidsoni m. a. von oben in doppelter Linearvergrösserung, b. Durchschnitt zu a. - 2%bis 5. Die verschiedenen Clidophorus-Arten in einer Grösse dar- gestellt, welche sie nur selten erreichen. Clidophorus costatus Brown sp. Clidophorus Pallasi Ver. var. pleurophoriformis Scuaur. Chdophorus Pallası Verx. var. modioliformis Kınc. Chdophorus Pallasi Vern. var. bakewellüformis ScHaur. Straparollus planorbites Münst. sp. doppelt vergrössert. a. von unten, b. von oben, e. Durchschnittt des letzten Umganges. - 7 bis 11. Normal-Formen der verschiedenen Rissoen; vergrössert. - 7. Rissoa Permiana Kınc sp. - 8. Rissoa obtusa Brown. - 9, Rissoa Gibsoni Brown. - 10. Rissoa Geinitziana Kına sp. - 11. Rissoa gracilis SCHAUR. ‘ WEIT 246 3. Notiz über ein eigenthümliches Vorkommen von Alaunstein in der Steinkohle bei Zabrze in Ober- schlesien. Von Herrn Ferv. Rormer ın Breslau. Vor kurzem hatte das hiesige Königliche Oberbergamt die Gefälligkeit mir drei Stücke eines in dem Pochhammer- (liegend- sten) Steinkohlenflöze der Königin-Louise-Grube bei Zabrze neuer- lichst vorgekommenen unbekannten Minerals zur Untersuchung mitzutheilen. Die Stücke haben eine unregelmässig sphäroidische knollenförmige Gestalt und das grösste derselben einen Durch- messer von 2 Zoll. Die unebene höckerige Oberfläche ist mit einer schwarzen Kohlenrinde überzogen, wie es bei dem Vor- kommen der Knollen in der Steinkohle selbst natürlich ist. Beim Zerschlagen zeigen sich diese Knollen aus einer dichten Mineral- substanz von auffallender Reinheit und Gleichförmigkeit zusam- mengesetzt. Der Bruch ist vollkommen muschelig, wie bei einem durchaus amorphen Mineral, und das Gefüge so gleichförmig dicht, dass man selbst mit der Lupe eine körnige Aggregation der Theile vergeblich zu erkennen sich bemüht, Die Farbe ist blas- strohgelb, etwa derjenigen des lithographischen Kalks von Solen- hofen gleichkommend, dem das Mineral auch durch seinen musche- ligen Bruch einigermaassen ähnlich ist. Das Ansehen ist matt glanzlos, aber nicht erdig, etwa wie dasjenige eines compacten Kalksteins. Bei vollkommener Undurchsichtigkeit grösserer Stücke zeigt sich nur an ganz dünnen Kanten ein geringes Durchschei- nen. Die Härte grösser als-diejenige des Kalkspaths, zwischen 3 bis 4. Beim Ritzen verhält sich das Mineral milde und das Pulver ist weisslich. Das specifische Gewicht wurde zu 2,58 bestimmt. Da diese äusseren Merkmale einen bestimmten Aufschluss über die Natur des Minerals nicht gewährten, so wurde eine chemische Untersuchung nöthig. Herr Professor Löwıc hat die- selbe auf meine Bitte auszuführen die Güte gehabt und mir nachstehendes Ergebniss seiner Analyse mitgetheilt: 247 Kant Para ENT ST aa, Aozat;, LONG ThonerdeA& ah 34, EU TG 20 2075337 Schweielsaurer mir an „BUND 10). (SES4 Wasser . . y h IAES.D2 Kieselsäure und br faihiäche Shen 130 3337 100. Nach dieser Analyse ist das Mineral ein Alaunstein, welcher jedoch in seiner besonderen chemischen Zusammensetzung von allen bekannten Varietäten ebenso abweicht, wie er auch in sei- nem physikalischen Verhalten eigenthümlich dasteht. Unter den nach ihrer chemischen Zusammensetzung näher gekannten natürlich vorkommenden Varietäten des Alaunsteins kommt die krystalli- sirte von Tolfa nach der Analyse von ÜORDIER am nächsten mit der unsrigen überein, während andere, wie diejenige aus Ungarn nach Kraprkorn und vom Mont Dore nach CoRDIER namentlich durch den bedeutenden Gehalt an Kieselsäure und den viel geringeren Wassergehalt sich sehr weit davon entfernen, (Vergl. RAMMELSBERG Handwörterb. der Mineral. S. 11, 12.) Immerhin bleibt jedoch die Abweichung auch von der krystalli- sirten Varietät von Tolfa, für welche RAMMELSBERG die Formel (K R -r At S®) + 3 A1H° annimmt, namentlich durch den grösse- ren Wassergehalt und die geringere Menge -von Thonerde noch bedeutend genug. Bemerkenswerth ist, wie Herr Professor LöwiG hervorhebt, die Genauigkeit, mit welcher das Ergebniss der Analyse auf die Formel KS1T3A1$S+9H führt, wie aus der nachstehenden Nebeneinanderstellung der be- rechneten und gefundenen Mengen, bei welcher jedoch zu be- merken, dass in der Berechnung die oben angeführte Menge von Kieselsäure und organischer Substanz hinzugerechnet wurde, zu ersehen ist: berechnet gefunden K. 172 .0.10.17 .2..10;10 3 A152 2 2.38,36.:2 2..33,37 458 160,0 ....34,67 ... 34,84 9.3: ,84.0:58,018532.5.4:. 4882 Die genannte Formel ist übrigens zugleich auch diejenige der künstlichen Verbindung, welche man erhält, wenn man kochende Zeits. d.d. geol. Ges, VII. 2, 17 248 Alaunauflösung durch eine unzureichende Menge von Kali fällt. (Vergl. Ann. ch. et phys. Tome X VI. p. 52.) "In Betreff der Entstehung des Minerals in der Masse der Steinkohle selbst, welcher sonst andere Mineralien so auffallend fremd sind, darf es wohl als sicher angenommen werden, dass dabei die Zersetzung von Schwefelkies eine Rolle gespielt hat, Ueber die näheren Vorgänge bei der Bildung wird hier um so weniger ein Urtheil gewagt, als eine genauere Kenntniss der das Vorkommen begleitenden Umstände fehlt. Aus der Mittheilung des Königlichen Oberbergamts ist nur zu entnehmen, dass die Knollen sehr vereinzelt in der Steinkohle liegen und die letztere keinerlei Aenderung ihres gewöhnlichen Verhaltens in der Um- gebung der Knollen erkennen lässt. Schliesslich ist auch noch daran zu erinnern, dass die Fund- stelle unseres Minerals genau dieselbe ist, an welcher auch der von SONNENSCHEIN (diese Zeitschrift Bd. V., 1853, S. 223 bis 226) beschriebene angeblich dem Honigstein ähnliche Oarolathin, wel- cher aus Kieselsäure und Thonerde als fixen Bestandtheilen und einem aus H, O, C bestehenden flüchtigen Bestandtheile zusam- mengesetzt ist. 249 4. Die anstehenden Formationen der Gegend von Dömitz. Ein Beitrag zur Geognosie Meklenburgs und der norddeutschen Tiefebene überhaupt. Von Herrn F. E. Kocn ın Dömitz. Hierzu Tafel XII. Die Gegend von Dömitz bildet einen Theil der mehrfach beschriebenen meklenburgischen Haideebene, die sich über die Grenze hinaus südwärts und westwärts in das hannöversche, ostwärts in das preussische Gebiet hinein fortsetzt. Dieselbe scheint auf den ersten Blick dem Geognosten kein Feld für seine Forschungen darzubieten; und es ist nicht zu leugnen, dass die schwarzsandigen Bodenschichten derselben, abgesehen von den bedeutenden darin vorkommenden Rasenerzablagerungen, an sich allerdings kein besonderes Interesse haben. Aus dieser Ebene jedoch erheben sich inselartig Anhöhen, theils Hügelgruppen bildend, theils isolirt auftretend, deren Zu- sammensetzung bei speciellerem Eingehen in ihre geologischen Verhältnisse sehr bald in lebhafter Weise die Aufmerksamkeit des Forschers fesselt. Ein genaueres Studium dieser Hügel lässt keinen Zweifel darüber zu, dass vor der jüngsten Catastrophe, der die norddeutsche Ebene ausgesetzt war, dieselben zum Theil in unmittelbarer Verbindung standen, dass sie Reste eines frü- heren ausgedehnten Höhenzuges, die Zeugen der Jüngsten Erd- revolutionen sind, denen sie nicht zwar ihr Entstehen, wohl aber ihre jetzige Beschaffenheit verdanken. Diese Hügelgruppen sind in ihrer Oberfläche in überwie- gender Weise aus den Schichten der nordischen Geschiebeforma- tion zusammengesetzt; und eben die charakteristischen Glieder dieser Formation, der Grand, Lehm und Geröllblöcke, sind es, die durch ihren scharfen Contrast mit den Bodenschichten der Haideebene, denen namentlich jede Spur von Geröllen sowie von Lehm fremd ist, auf das Bestimmteste eine geologische Trennung zwischen beiden Gebieten fordern, und die, wie ich dies schon früher als meine Ansicht ausgesprochen habe*), keinen Zweifel .,) Vergl. F. E. Koch „über die Haideebene“ in Borı’s Archiv VII 17.* 250 darüber zulassen, dass man hier zwei geologische Gebiete von ver- schiedenem Alter und verschiedener Entstehungsweise vor sich hat. Diese Behauptung motivirt sich um so mehr, je specieller man auf die Zusammensetzung der erwähnten Hügelgruppen ein- geht; denn wenn gleich die nordischen Schichten in mächtiger Entwickelung an denselben auftreten, wenn solche namentlich ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen Hü- geln und den zur Haideebene selbst gehörenden gleichfalls Hü- gel-bildend auftretenden Sanddünen abgeben, so zeigen solche nähere Untersuchungen doch, dass diese nordischen Schichten in Wahrheit nicht das constituirende Element jener Hügelgruppen sind; dass vielmehr anstehende Schichten der Tertiärformation, die in einem Kreise um Dömitz herum an mehreren der erwähn- ten Höhen zu Tage ausgehen, ja selbst, wie durch die neuesten Untersuchungen dargethan ist, Schichten der Kreideformation, die in einer der bedeutenderen dieser Hügelgruppen mit Bestimmt- heit nachgewiesen sind, die Grundlage jener Höhen bilden, und dass eben diese Grundlage bei Gelegenheit der Diluvialcatastrophe die Ursache für die Ablagerung der nordischen Massen war. Ich habe versucht, durch eine geognostische Karte (Tafel XTI.) der Umgegend von Dömitz ein Bild der eigenthümlichen Boden- gestaltung dieses Theils der Haideebene zu geben, wobei ich mir namentlich zur Aufgabe machte, das zerrissene inselartige Auf- treten der Hügel älterer Bildung in der Haideebene mit ihren durch Schrafirung angedeuteten Sanddünenzügen möglichst an- schaulich darzustellen, und sei es mir nun gestattet der Reihe nach diejenigen Punkte einer näheren Besprechung zu unterzie- hen, an denen die angedeuteten anstehenden Formationen auftre- ten, womit ich zugleich ein Versprechen zu lösen versuche, wel- ches ich in Borr’s Archiv VII. S. 44 abgab, damals freilich nicht ahnend, dass glückliche Umstände es mir so bald vergön- nen würden, diese Lösung in so umfassender Weise und zugleich als eine theilweise Begründung der dort hypothetisch ausgespro- chenen Ansichten beschaffen zu können. Die Carentzer Berge. Schon seit früher Zeit ist diese Hügelgruppe Gegenstand der Beobachtung namhafter Geognosten gewesen; STEFFENS, BRÜCKSER und Fa. Horrmans, Männer, die sich um die Kennt- 251 niss der geognostischen Verhältnisse der baltischen Länder viel- fache Verdienste erworben haben, setzten ihre Feder für sie in Bewegung und BRücKkNEr namentlich hat uns in seinem Werke *) eine Reihe der trefflichsten Notizen über die Hügelgruppe gege- .ben, die das Studium derselben in nicht geringem Maasse er- leichtern. Schon er erkannte richtig, dass die bei Bocup lagern- den tertiären Massen den Höhen bei Carentz „auf- und angela- gert‘“ seien; nur das entging ihm bei dem damaligen Stande der Wissenschaft, die jetzt durch das Studium der Paläontologie auf eine ganz andere Stufe sich erhoben hat, dass Schichten der Kreide- formation es sind, die bei Carentz auftreten, und dass diese Kreideschichten das Liegende der Tertiärbildungen sind, die bei Mallis und Bocup anstehen. Diese Hügelgruppe, die wir unter dem Namen der „Ca- rentzer Berge“ zusammenfassen wollen, hat eben hier bei Ca- rentz an ihrer Nordseite ihre grösste Erhebung in der sogenann- ten „Steinburg“ und fällt dann mit einem hor. I0 streichenden Rande steil in die Haideebene ab. An diesem Rande, westlich von der Steinburg, an dem sogenannten „Kalkkuhlenberge‘“ geht ein sandiger Mergel zu Tage aus, der sich durch eine zum Zweck der Mergelabfuhr angelegte Grube aufgeschlossen fand. Zahl- reiche an dem steilen Gehänge befindliche Erdfälle, die zum Theil Veranlassung zur Bildung kleiner sumpfiger Wiesengründe hoch am Berge geworden sind, so wie die quellige Beschaffenheit des Terrains ziehen schon die Aufmerksamkeit an sich, und die- ser Umstand, verbunden mit der völligen Abwesenheit von Ge- röllen in dem Mergel, so wie das Vorhandensein deutlicher Schichtung lassen sofort in demselben anstehende Massen ver- muthen, welche Vermuthung zur Ueberzeugung wird, wenn man eine kleine Partie des Mergels abschlämmt, und den Schlämm- rückstand zum bei weitem grössesten Theile aus Foraminiferen bestehend findet. } Die völlige Uebereinstimmung einestheils dieser kleinen Fossilreste mit den vor einem Jahre in den turonischen Schich- ten von Bastorf und Brunshaupten bei Doberan gefundenen ver. anlasste mich auch die vorliegenden Schichten für turonisch zu halten, und diese Ansicht fand ihre volle Bestätigung durch spä- ter gefundene anderweitige Petrefakten, so wie durch die specielle *) Dr. G. A. Brückner: Wie ist der Grund und Boden Meklenburgs entstanden ? 252 Untersuchung der Foraminiferen und Entomostraceen, welcher mühevollen Arbeit im Interesse der Wissenschaft mit der gröss- ten Zuvorkommenheit der Herr Professor REuss in Prag sich unterzog. Um die Lagerungsverhältnisse zu erforschen, wurden zwei Schurfe einige 20 Fuss tief niedergebracht, wodurch sich fand, dass der Mergel gelblichgrau von Farbe, steinartig erhärtet, vielfach zerklüftet und von ziemlich regelmässig sich kreuzenden Sprüngen durchsetzt ist, so dass nur mühsam und durch viel- fache Beobachtungen sich feststellen liess, dass derselbe hor. 10 bis hor. 9 streicht, und hor. 2 bis hor. 3 südlich unter durch- schnittlich 45 Grad einfällt. — In demselben finden sich in unregelmässiger Lagerung feste Sandsteinbänke, die in Stücken bis zu 1- Kubikfuss gross brechen, sehr hell von Farbe, fein- körnig und mit Glimmerblättchen und schwarzgrünen Körnchen vermengt sind; dieselben führen ziemlich häufig die Triloculina, die Herr Reuss Trdloculina kochi n. sp. genannt und Zeitschr. der deutsch. geolog. Gesellsch. Bd. VII. Taf. XI. Fig. 6 und 7 abgebildet hat; dann Schuppen, der Gattung Osmeroides? ange- hörig, kleine Fischwirbel, Gehörknöchelchen und Flossenstacheln. In dem Mergel selbst finden sich: Pecten Nilssoni GoLDF. in demselben Erhaltungszustande, wie in den Bastorfer Schichten. Terebratulina striata »’ORe. - Astarte sp.? Die Bestimmung der Art dürfen wir von Herrn Professor Reuss erwarten, der das Exemplar in Händen hat; dann Zähne von Odontaspis raphiodon Ac.? Die Störmige Biegung, die scharfen Seitenränder, die Streifung der gewölbten Seite, und kleine spitze Seitenzähne, die nur an einem Exemplar erhalten sind, lassen die Bestimmung wohl richtig erscheinen. Otodus appendiculatus Ac. gleichfalls durch kleine an ein- zelnen Stücken erhaltene Seitenzähne charakterisirt. Beide Formen fanden sich auch in den turonischen Schichten von Bastorf. In dem ersten am Fusse des Gehänges, wo die Mergelgrube sich befindet, niedergebrachten Schurfe wird bei 22 Fuss Tiefe der Mergel ähnlich wie bei Bastorf von einer Conglomeratschicht durchsetzt, bestehend aus grösseren Quarzkörnern mit vielen klei- nen Coprolithen und zahlreichen abgerundeten, schwarzbraunen, kalkhaltigen Massen, die entweder als Concretionen von Stein- f 253 kernen und einzelnen Foraminiferen eingelagert in der oben be- schriebenen Grundmasse, oder als lose Steinkerne von Muscheln und Schnecken, oder aber als kleinere rundliche Gerölle dersel- ben Masse ohne Einschlüsse erscheinen. Einzelne der Steinkerne lassen wohl eine Bestimmung zu, und glaube ich richtig erkannt zu haben: Thracia elongata RoEM. Patella orbis RoEm. ‚tvicula gryphaeoides ?Sow. Panopaea sp.? Natica sp.? Turbinolia sp.? Dentalium sp.? Ueber die in den Mergelschichten zahlreich vorkommenden Foraminiferen und Entomostraceen, die sich jedoch durch ihre Kleinheit auszeichnen, verdanken wir schon, wie vorbemerkt, der Güte des Herrn Professor Reuss in Prag Auskunft*), weshalb ich darauf verzichte, hier noch einmal darüber Mittheilung zu machen, und nur kurz bemerke, dass auch Herr Reuss durch seine Untersuchung zu dem Resultate gelangt, die Carentzer Schichten dem Bastorfer Kalke parallel und beide in das Turo- nien zu stellen. Beide unterscheiden sich petrographisch durch das grössere Vorwiegen der sandigen Beschaffenheit bei Carentz gegen die mehr kalkige der Bastorfer Schichten. — Das von Herrn Reuss aufgestellte Verzeichniss dürfte übrigens nächstens noch eine Erweiterung und Vervollständigung von derselben sachkundigen Hand zu erfahren haben, da ich später im Stande war noch reicheres Material, wie bei der ersten Sendung, zur Disposition zu stellen. Mit dem zweiten Schurfe und darin niedergebrachten Bohr- loche auf dem höchsten Punkte des Kalkkuhlenberges sind fol- gende Schichten durchörtert: bis 2 Fuss vom Tage Dammerde; bis 23 Fuss sandiger Kalkmergel mit den vorbeschriebenen Ein- schlüssen ; bis 44 Fuss ein im feuchten Zustande blaugrauer, anscheinend fetter und plastischer Thon, der sehr fest gelagert ist, in scharfkantigen Stücken bricht, und der im trocknen Zustande hellgrau von Farbe, feinsandig *) Zeitschrift der deutsch. geolog. Gesellschaft Bd. VII. S. 286 fi. . 254 und mit sehr kleinen Glimmerblättchen durchsetzt ist. In demselben findet sich sehr selten eine noch nicht bestimmte Species von Foraminiferen. Als Liegendes finden sich grössere Quarzkieselchen und dann bis 58 Fuss ein dunkelbrauner, gelbsireifiger, sehr glimmerrei- cher Sandletten; bis 60 Fuss derselbe Letten, sehr feinsandig, fast plastisch, bei zurücktretendem Glimmergehalt; bis 61 Fuss ein ockergelber, feiner, etwas thoniger Sand mit Glimmerblättchen; F bis 63 Fuss scharfer Quarzsand, schwimmend; bis 64 Fuss ein gelber Thonletten; bis 65 Fuss derselbe Letten, grau von Farbe, sehr feinsandig; bis 67 Fuss wechselnde Schichten eines schwärzlichen glimmer- reichen Sandletten, dunklen Thones, und grauen glimmerreichen Sandes; bis 83 Fuss ein schwärzlicher, mit weissen Streifen durchsetzter glimmerreicher Sand, sehr fest zu bohren. . Da die vorgenommene Bohrung nur den Zweck hatte zu erforschen, ob in nicht zu grosser Tiefe für die Technik nutzbare Mineralien sich fänden, so gestatteten die zur Disposition gestell- ten Geldmittel die Fortsetzung des Bohrloches leider nicht. Vom Kalkkuhlenberge in südwestlicher Richtung fortschrei- tend, gelangt man in eine Mulde, die die Hügelgruppe der Länge nach durchzieht, wie dies die Karte (Tafel XII.) nachweiset; und in dieser Mulde zwischen Conow und Mallis findet sich, stellenweise zu Tage ausgehend, ein bedeutendes Lager eines sehr fetten gelblichgrauen Thones, den ich nach den gefundenen Einschlüssen für Septarienthon erkannt habe. Der Then ist durch Bohrungen in der auf der Karte (Tafel XII.) näher be- zeichneten Ausdehnung nachgewiesen und ausser diesen Bohrun- gen durch eine 30 Fuss tiefe Grube auf dem Malliser Felde aufgeschlossen. Die Lagerungsverhältnisse wurden überall ziem- lich constant gefunden, und zwar zunächst in der Thongrube in folgender Weise: Zu oberst, 40 Fuss mächtig, ein etwas dolomitischer, gelb- lichgrauer Thon, durchschwärmt von zahlreichen Knollen und Nieren von Schwefeleisen, und mehr nach der Tiefe zu von je- nen Septarien durchsetzt, wie sie überall in den entsprechenden Lagern vorkommen; dieselben sind voller Risse und Sprünge, die 255 in der Regel mit Bitterspath ausgefüllt sind, ähneln vollkommen den häufig bei uns als Cementsteine eingeführten Septarien des Londonclay, und sind vollkommen geeignet, wie diese zur Üe- mentfabrikation verwandt zu werden, wie eine damit angestellte Probe erwiesen hat. Häufig findet sich Schwefeleisen als Kern solcher Septarien. Der Thon ist nach einer annähernden chemischen Analyse zusammengesetzt, wie folgt: Besen re pet Thonerde und Eisenoxydul . . . . 33 Kalkıund.Maenesiaina. ns nd 100 Theile. Bei 10 Fuss Tiefe wird der Thon von einer 1 bis 17 Fuss mächtigen Schicht eines dolomitischen, ockergelben, fetten Thons durchsetzt, der stellenweise steinartig erhärtet ist und in unregel- mässigen scharfkantigen Stücken bricht. Diese Schicht fällt schwach gegen Südwest ein und besteht aus: Eisenoxyd mit verhältnissmässig we- mie" Thonerdev 7 08.1209 214.00: 60 pCt. Teesckäure sb ee ri Kalk und‘ Magnssia8 m. end 100 Theile. Da, wo dieser Thon steinartig erhärtet ist, scheint ein grösserer Kalkgehalt sich geltend zu machen, dem selbst vielleicht die Ursache solcher Erhärtung zuzuschreiben ist; überhaupt scheint stellenweise ein vollständiger Uebergang in den oben erwähnten Cementstein stattzufinden, wie sofort näher nachgewiesen wer- den soll. Dieser gelbe Thon nimmt gebrannt die schöne hochrothe Farbe der Terra cotta an; in demselben finden sich zahlreiche Schwefelkiesnieren zum Theil mit ansitzenden Gyps-Krystallen, sowie vollständige Gyps-Krystalldrusen im Thon eingelagert. Nach dieser gelben Thonschicht folgt bis zu 30 ‚Fuss vom Tage aufgeschlossen und bis zu 70 Fuss Tiefe angebohrt, ein sehr fetter und plastischer grünlichgrauer Thon, der annähernd zu- sammengesetzt ist aus kieselsaurer Thonerde. . 90 pCt. kieselsaurem Eisenoxydull 5 „ kohlensaurem Kak . . 3 „ Chlornatrium: 2üwJ 035 eH2 lo, 256 Schon die chemische Analyse weiset eine abweichende Beschaffen- heit dieses untern Thons gegen den obern nach, wie denn für die technische Verwendung derselbe dem letzteren bei weitem vorzuziehen ist. — Die fremdartigen Beimengungen beschränken sich hier auf sehr geringe Mengen von Schwefeleisen, meist in sehr fein vertheiltem Zustande, sowie auf einzelne grössere und leicht zu sondernde Massen des Üementgesteines, das hier nicht wie im obern Thon als unregelmässig vertheilte Septarien vorkommt, sondern mehr auf einzelne Schichten beschränkt ist. Der Thon wird nämlich mehrfach von dem oben beschriebenen gelben Thon in ganz schwachen Schichten durchsetzt, und diese gelben Thonschichten erweitern sich stellenweise und bilden durch allmäligen Uebergang sehr regelmässig geformte Linsen (von 3 Fuss Durchmesser und 1 Fuss Stärke in der Mitte) jenes Cementgesteines, hier wie überall durch vielfache Risse und Sprünge zerklüftet. Ausser den bereits erwähnten Einschlüssen finden sich in diesem Thone vereinzelte Stückchen von verkiestem bituminösem Holze, von denen ich einige Exemplare mit Wurmröhren durch- zogen erhalten habe. Ausserdem gehen durch sämmtliche Schich- ten die charakteristischen Petrefakten des Septarienthons hin- durch, finden sich jedoch vorzugsweise in dem unteren Thon. Von solchen habe ich bis jetzt erhalten und bestimmt: zunächst an Mollusken: Voluta Siemssenii BoLı.. Cassis Rondeletil Bast. Pyrula sp.? (Steinkern). Fusus elatior Bexs. Pleurotoma subdenticulata Müsst. Pleurotoma regularis Kos. ein Exemplar von 92 Mm. Länge ohne das abgebrochene äusserste Embryonal- und Stielende. Cerithium sp.? Bruchstück. Natica glaucinoides Nxst. Leda Deshayesiana NxsT, bis zu 36 Mm. Länge, und ziemlich häufig vorkommend. Nucula margaritacea 1,am. Lucina unicarinata Nxsr, häufig. Lucina obtusa Beye., seltener vorkommend. Dann an Polythalamien: Vulvatina umbilicata Boss. bis zu 21 Mm. gross; ziem- 257 lich häufig, namentlich da, wo sie einmal auftritt, in der Regel in zahlreichen Exemplaren zusammen; die zarte Schale mit Schwefelkies erfüllt, und häufig nur als Steinkerne erscheinend, deren öfter eine grössere Anzahl conglomeratartig verkittet sich findet. Nodosaria soluta Born. ? Dentalina soluta Ruuss. Dentalina Buchil Reuss. Dentulina consobrina D’ORB.? Bruchstück. Dentalina emaciata Reuss. Dentalina pungens Revuss ein vollständiges Exemplar; die letzte Kammer verlängert oval, glatt; wie überhaupt bei den letzten Kammern die Streifung sich hauptsäch- lich auf die Nähte beschränkt, auf den Kammern selbst nur unter dem Mikroskop hervortritt. Spirolina Humboldti Reuss sehr häufig. Cristellaria tetraedra Born. Robulina dimorpha Reuss. Robulina inornata v’ORe. hat in Uebereinstimmung mit der von D’ORBIGNY aufgestellten Art sechs Kammern und ungestrahlte Mündung, weicht daher von den von BORNEMANN beschriebenen Hermsdorfer Exemplaren ab. Rotalina Girardana Revss nicht selten. kotalina taeniata Born.?; die Malliser Exemplare zei- gen einige Abweichung, indem die Punktirung nicht, wie BORNEMARNN dies angiebt, regelmässige Binden bil- det, sondern unregelmässig das ganze Gehäuse bedeckt, nur getrennt durch die glatten linienartig hervortreten- den Nähte der Kammern. Rotalina Partschiana D’Ore. Gaudryina siphonella Reuss. Globulina guttula Reuss. Polymorphina Humboldti Born. Textularia lacera Reuss sehr häufig. Btloculina turgida Reuss häufig. Triloculina circularis Born. Quingueloculina Ermanni Born. Endlich an Entomostraceen: Cytherina Beyrichi Reuss (= Üytherella Beyrichi Born.) Cytherella fabacea Born. Cypridina echinata Reuss (= Cythere echinata Bo&.). 258 Dies Verzeichniss wird noch eine bedeutende Erweiterung zu erfahren haben, indem manche Arten noch nicht bestimmt wurden, ausserdem aber auch mehrere neue Arten gefunden wur- den, deren Feststellung und demnächstige Beschreibung von Herrn Professor REuss gütigst zugesagt werden ist. Dasselbe weiset aber schon jetzt eine so bestimmte Uebereinstimmung mit der Fauna des Septarienthons von Hermsdorf nach, dass an einer Identität beider Lager nicht zu zweifeln ist, und hier somit ein neuer Anhaltspunkt für die Verbreitung dieses Thons in Nord- deutschland mit Sicherheit gewonnen ist. Die Ausbreitung des Thons wurde, wie schon erwähnt, durch mehrere Bohrlöcher ermittelt. In einem derselben, da wo die Karte (Tafel XII.) die östlichste Erstreckung des Lagers andeutet, zeigten sich folgende Schichten: bis 2 Fuss Tiefe Dammerde; von 2 bis 5 Fuss Tiefe gelbgrauer Thon, wie oben; von 5 bis 6 Fuss Tiefe der ockergelbe erhärtete Thon; von 6 bis 14 Fuss Tiefe grünlichgrauer Thon, sehr plastisch mit kleinen Gyps-Krystallen; von 14 bis 17 Fuss Tiefe finden sich grössere Gyps-Krystalle; der Thon ist bräunlichgrau von Farbe mit: feinen gel- ben. Ockerstreifen durchsetzt und einzelnen Partien von feinem weissen Quarzsand; von 17 bis 18 Fuss Tiefe wird der Thon mehr gelbbraun; der Gypsgehalt bleibt bei; von 18 bis 24 Fuss Tiefe sehr feiner, fetter, blaugrauer Thon mit kleinen Schwefelkiesnieren bei 23 Fuss Tiefe; von 24 bis 31 Fuss Tiefe wird der Thon mehr sandig, grün- lich von Farbe und zeigt Beimengungen von Glim- merblättchen *). Der ausgeschlämmte Rückstand be- steht aus feinen scharfkantigen sehr klaren Quarz- körnchen, Glimmerblättchen, grünen Partikelchen und zahlreichen Coprolithen (?). von 31 bis 56 Fuss Tiefe bleiben abwechselnde Lagen Thon, bald fetter, bald sandiger, und letzterer von grauli- cher Farbe. Ein Bohrloch im Dorfe Conow, wo der Thon beim Kirch- hofe zu Tage ausgeht, also nordöstlich von den Thongruben bei *) Vielleicht ein Aquivalent des glaukonitischen Sandes von Mag- deburg. . 259 Mallis zeigt schon bei 6 Fuss Tiefe den ockergelben Thon, und da dieser Punkt eirca 30 Fuss höher liegt wie die Thongruben bei Mallis, so geht hieraus das Ansteigen des Thons nach dieser Richtung hin hervor, wie sich dies auch in der Thongrube bei Mallis deutlich markirt. Ein Bohrloch in entgegengesetzter Richtung, südwestlich von den Thongruben, erreichte bei 27 Fuss Tiefe den Thon noch nicht, durchörterte aber den weissen feinen Quarzsand mit Glim- merblättchen, der sich im Hangenden der Braunkohlen findet und da wenig weiter südwestlich bei den vor 30 Jahren angestellten Bohrungen schon bei 13 Fuss Bohrlochstiefe das Braunkohlen- Flöz, welches an dieser Hügelgruppe zwischen Mallis und Bocup lagert, gefunden wurde, so gestatten diese Verhältnisse wohl kaum eine andere Annahme, als dass der Septarienthon, der jedenfalls über dem turonischen Mergel von Carentz liegt *), die Braunkohlen selbst wiederum unterteuft. Es steht diese Beobachtung durchaus im Widerspruch mit den son- stigen in Norddeutschland gefundenen Verhältnissen. Ueberall in der Mark und bis nach Halle hinunter liegen die Braunkoh- len als tiefstes Glied der oligocänen Bildungen unter dem Septarienthon und den Schichten des Magdeburger Sandes; und ganz kürzlich hat Herr Beykıch **) dasselbe Verhaltniss in Hessen nachgewiesen, und sagt bei dieser Gelegenheit: „,...denn „so wenig wie in Hessen ist irgendwo in der norddeutschen „Niederung ein älteres marines Tertiärgebilde unter den Braun- „kohlen-führenden Ablagerungen gekannt.‘ Ich werde daher . auf diesen für die Gliederung des norddeutschen Braunkohlen- gebirges überaus wichtigen Punkt weiter unten wieder zurück- kommen. Die Schichtung des Malliser Septarienthons scheint sehr viele Aehnlichkeit mit derjenigen zu haben, die Herr GikAaRD von den Thonen an der Warthe und Weichsel ***) beschreibt; auch hier lässt sich, wie dort, eine obere und untere Abtheilung *) H. Girarp (die norddeutsche Ebene. Berlin 1855) sagt freilich S. 77: „Ueber die älteren Schichten der Kreide verbreiten sie (die Septa- rienthone) sich jedoch nicht.“ Bei Carentz ist an einem Auflagern die- ses Thones auf Schichten vom Alter des Turonien mindestens nicht wohl zu zweifeln. **) E. Beyrich: Ueber die Stellung der Hessischen Tertiärbildungen. Berlin 1854. FR) a. 2 028. WAR 260 deutlich unterscheiden, die selbst in petrographischer Beziehung mit den dortigen Massen übereinzustimmen scheint; auch. hier kommen hauptächlich auf der unteren Grenze der oberen Abthei- lung jene Septarien vor, die nicht immer als rundliche Knollen, sondern stellenweise Schichten bildend auftreten; während ausser- dem hier noch die Trennung scharf durch die oben beschriebene ockergelbe dolomitische Thonschicht, die überall bei den Bohrun- gen gefunden wurde, geübt wird. Auch der Schwefelkies tritt hier wie dort selbstständig, Nieren bildend oder als Kern im Kalkstein, wie oben beschrieben, auf; und gewiss ist es höchst interessant, an so entfernten Orten so gleichartige Verhältnisse wieder zu finden. Noch ein Umstand ist es, der dem Malliser Thone ein be- sonderes Interesse verleiht; die vorangeführte Analyse des Tho- nes der unteren Abtheilung weiset nämlich einen nicht unbedeu- tenden Gehalt an Clornatrium nach und in der That treten an verschiedenen Punkten innerhalb des Verbreitungsbezirks des Thons Soolquellen auf, die früher, worauf schon der Name „Sülze* der kleinen Ortschaft zwischen Mallis und Conow hin- weiset, zur Salzfabrikation benutzt worden sind. Der Bittererde- Gehalt des Thons, der ein so charakteristisches Merkmal für die Thone des Salzgebirges abgiebt, so wie die übrigen Verhältnisse, unter denen derselbe hier auftritt, in unmittelbarer Nähe der Braunkohlen, erinnern so sehr an diejenigen der Tertiärmulden im Weichselthale von Polen, wo, wie hier, die miocänen (nach BEYRICH jetzt oligocänen) Schichten vom Kreidegebirge unterteuft werden, dass eine Vergleichung des hiesigen Vorkommens mit dem dortigen sehr nahe liegt. Wiederholte Versuche, die ich in Bezug auf Soolführung des Thones anstellte, ergaben, dass, wenn kleine Gruben in demselben gegraben werden, die anfangs völlig trocken sind, nach und nach ein völlig klares Wasser sieh darin sammelt, welches 3 pCt. Salzgehalt zeigt. Verfolgen wir nun zunächst weiter die vom Kalkkuhlenberge in südöstlicher Richtung begonnene Tour, so finden wir, dass gleich hinter Mallis das Terrain wieder zu steigen beginnt; man geht dem Fahrwege folgend in schräger Richtung längs eines Höhenrückens hinauf, der beiBocup seine grösste Höhe erreicht, und hier ein Abbruchufer zeigt, welches steil zur Haideebene mit einem ostnordöstlichen Streichen abfällt, dessen steiler Abfall Jedoch grossentheils versteckt und vermittelt wird durch einen 261 Zug von Sanddünen, die in der in der Karte (Tafel XII.) be- zeichneten Ausdehnung der Hauptgruppe angelagert sind. Auf diesem eben bezeichneten Terrain nun ist schon seit 30 Jahren ein Braunkohlenlager mit seinen zugehörigen Sanden und Alaungebirgsmassen in der in der Karte (Tafel XII.) be- zeichneten Ausdehnung bekannt, welches aber völlig unabhängig von den Niveauverhältnissen der Oberfläche, deren Form durch Diluvialmassen gebildet ist, analog den oben beschriebenen an- stehenden Schichten südwestlich einfällt mit einem Streichen in hor. 10, soviel nach der jetzigen Bekanntschaft mit dem Lager ermittelt werden konnte. Die Kohle besteht zum grössten Theile aus der eigentlichen Erdkohle mit Partien von Blätterkohle, bricht in festen schwärzlichbraunen Stücken und verbrennt mit dem eigenthümlich bernsteinartigen Geruch. Denselben finden sich häufig die bekannten Harzpünktchen (Retinit?) beigemengt, und vielfach tritt bituminöses Holz, oft in ganzen horizontal lagernden Stämmen auf, die sehr häufig Pechkohle einschliessen, vielleicht als Absonderung der harzigen Theile der Hölzer. Sowohl durch die früheren durch den Steiger MENGEBIER ausgeführten Bohrungen, die schon Herr BRückNEr*) mitgetheilt hat, wie durch die augenblicklich wieder aufgenommenen berg- männischen Arbeiten sind die Lagerungsverhältnisse der Braun- kohlen aufgeschlossen, und haben sich dieselben als ziemlich re- gelmässig und in seltener Weise günstig für den Abbau ergeben; das Flöz selbst scheint keine erheblichen Störungen erlitten zu haben, in den hangenden Schichten jedoch hat die Diluvial- catastrophe mächtige Revolutionen hervorgebracht**), so dass, während theilweise und namentlich da, wo das Fiöz durch das im Hangenden vorkommende Sandsteinlager geschützt ist, die Lagerung normal stattfindet, oft nahe dabei fast die ganze Reihe der deckenden Tertiärschichten fortgerissen und durch Diluvial- massen ersetzt ist. Ja das Flöz selbst hat offenbar früher eine grössere Ausdehnung gehabt, indem die bergmännischen Arbei- ten gezeigt haben, dass nach dem Abbruchufer zu dasselbe plötz- lich abgebrochen und durch nordischen Geschiebegrand ersetzt worden ist. Hierdurch erklärt sich auch der Umstand, dass mehrfach nordische Blöcke mitten im Alaungebirge sich fanden, *) Dr. @. A. Brücknen a. a. O. S. 178 £. **) Dieselbe Beobachtung machte Herr Germar in Bezug auf die Braun- kohlen der Magdeburger Gegend. Vergl. Karsten’s Archiv 1548. S. 84, 262 ja dass in dem Schachte No. IV. nordischer Grand mit Geröll- blöcken sogar bis nahe über dem Braunkohlenflöze durchteuft werden musste. Mit dem vor zwei Jahren abgeteuften Schachte No. II., der durch eine Bohrung von der Schachtsohle aus in die Tiefe fort- gesetzt ist, wurden folgende Gebirgslagen durcksunken: bis 4 Fuss Dammerde und gelber Sand; bis 8 Fuss hellbrauner Thon; bis 14 Fuss weissgrauer Sand; bis 25 Fuss gelber, stark eisenhaltiger Quarzsand; bis 31 Fuss gelbgrauer Sandstein mit (miocänen) Petrefakten; bis 39 Fuss grauer Sand mit Wasser; bis 42 Fuss Alaunerde; bis 55 Fuss weisser Glimmersand; bis 58- Fuss schiefriges Gebirge (unreine Kohle mit Alaunerde und Sand geschichtet); = bis 65 Fuss Braunkohle, erstes Flöz; bis 82 Fuss grauer Sand mit Glimmer; bis 105 Fuss Kohle-haltiges Alaungebirge; bis 113 Fuss Alaunerde mit weissen Sandstreifen; bis 124 Fuss feste tiefschwarze Alaunerde mit breiten weissen Glimmerblättchen; bis 125 Fuss sandige Alaunerde; bis 145 Fuss grauer glimmerreicher Sand; bis 159 Fuss schiefriges Alaungebirge (unreine Kohle); bis 171 Fuss Braunkohle, zweites Flöz, sehr dunkel und bis 173 Fuss schwarzer Thon, dann weisser Sand, der bis 174 Fuss angebohrt wurde. ’ Zu bemerken ist hierbei, dass die jetzigen Arbeiten nach dem Ausgehenden der Kohle zu stattfinden, in dem dort trocken abgebaut werden kann, und dass aus den früheren Bohrversu- chen hervorgeht, dass nach dem Fallenden zu bei Bocup mit der Mächtigkeit des Flözes auch die Mächtigkeit der Alaungebirgs- massen, sowie des Sandsteinlagers, welches hier bis zu 10 Fuss mächtig auftritt, zunehmen. Ein Profil von der Schichtung der Gebirgsmassen in den Carentzer Bergen würde sich, nach dem jetzigen Stande der Un- tersuchungen in folgendem Bilde wiedergeben lassen: 263 Carentz. Conow. Sülze. Haideebene, a. Turonische Schichten. — 5. Erdfälle. — ce. Septarienthon. — d. Soolquellen. — e. Braunkohlen in zwei Flözen mit Zwischenlagen von Sand und Alaungebirge. — f. Grauer miocäner Sand mit eingelagertem Petrefakten-reichen Sandstein. — g. Alaungebirge, brauner Thon u.s.w. — h. Aufgelagertes Diluvium mit Geröllblöcken. — k. Geröllfreie Sanddünen. Unter der vorstehenden Angabe der durchbohrten Schichten ist ein Petrefakten-reicher Sandstein aufgeführt, dessen geognosti- sche Stellung bisher zweifelhaft war, der aber jetzt nach den neuesten Bestimmungen des Herrn BeykıcHh als miocän und zu demselben Niveau mit dem Sandstein von Reinbeck gehörig sich herausgestellt hat. Die Petrefakten kommen in diesem Gestein nur als meist unbestimmbare Kerne vor, indem die Kalkschalen vollständig resorbirt sind; zum Glück aber haben diese Schalen haarscharfe Abdrücke ihrer Skulptur im Gestein zurückgelassen, so dass die Bestimmung nicht schwer wird, wenn man diese concaven Abdrücke in Guttapercha abformt. Ich habe in jüngster Zeit namentlich noch eine Anzahl von Einschlüssen gefunden, welche die genannte Stellung durchaus bestätigen. Mir sind bis jetzt aus diesem Gestein bekannt und durch meine Sammlung vertreten: Conus antediluvianus Bruc. BEyr. Taf. 1. Fig. 1. Ringicula auriculata Men. Bexe. Taf. 2. Fig. 13. Als Fundorte in Beykicn’s Werk sind Osnabrück und Rein- beck bezeichnet. Buccinum Bocholtense Bey&. Taf. 8. Fig. 1. Beyrıcu giebt als Fundorte an: Bocholt, Bersenbrück und Reinbeck. Aporrhais alata Eıcuw. Beyer. Taf. 14. Fig. 2. Murex spinicosta Brosn Beyr. Taf. 14. Fig. 2. Fundorte nach BEykıcH Lüneburg und Bersenbrück. Scalaria sp.? Turritella sp.? Actaeon sp.?*) *) Die specielle Bestimmung dieser Arten wird durch die Fortsetzung des Beyrıcn’schen Werkes ihre Erledigung finden. Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL. 2, 18 264 Terebra cincta Sc#Lo'rH.? Beyk. Taf. 6. Fig. 12. Ein fragmentarischer Abdruck gehört höchst wahrscheinlich hierher. Fusus abruptus Bexe. S. 286; die Abbildung fehlt noch, Die Art ist aufgestellt nach Exemplaren von Bocup und Reinbeck. Cancellaria evulsa SoL.? in sehr schönen Abdrücken. Pleurotoma sp.?; befindet sieh augenblicklich in den Händen des Herrn Professor BeykIch zur speciellen Bestimmung. Pholadomya Puschil GotLpr. (nach der Bestimmung des Herrn Professor BEyrıcn) ein Exemplar von 130 Mm. Länge und 90 Mm. Höhe; ein Steinkern, auf dem jedoch die Skulptur sehr gut erhalten ist. Punopaea sp.? vielleicht inffata GotLor.? Gleichfalls Stein- kern mit deutlichem Abdruck der Schlosszähne, 90 Mm, lang, 45 Mm. hoch, 30 Mm. dick. Isocardia Harpa Piıt.., sehr schöne Steinkerne mit wohl- erhaltener Skulptur. Dieselbe findet sich mehrfach bei Reinbeck. Arca diluvii Lam. Nucula mehrere Species, die ich bei den mir zu Gebote stehenden Mitteln nicht zu bestimmen wage; ebenso Cardium sp.? Cardita sp.? Pecten sp.? Von Zoophyten fand ich Lunulites radiata Lam. in einem sehr hübschen vollstän- digen Abdruck. Auch Foraminiferen sind dem Gestein nicht fremd, entzie- hen sich aber leider bei der Härte desselben zu sehr der Beobachtung; ich fand darin eine Trölocwlina, die ich jedoch nicht zu bestimmen wage. Ausser vorstehenden Petrefakten führt Herr Beykıch in seinem Werke noch folgende an, die ich bisher noch nicht beob- achtete: Ancillaria obsoleta Brocc.? Voluta Siemssenü BoLt, Cassıs Megapolitana Beyer. Auch in dem grauen thonigen Sande, der gleich unter dem Sandsteine lagert, und stellenweise denselben völlig vertritt, kom- men Petrefakien mit wohlerhaltener Schale vor, wie schon Fa. 265 Horrmann *) und Borr**) anführen; es hat mir aber noch nicht gelingen wollen, dergleichen wohlerhaltene Exemplare zu finden, welche die Bestimmung gestatten, da der Bohrer nur Scha- lenfragmente fördert, und da nach dem Ausgehenden zu, wo jetzt abgebaut wird, dieselben zu fehlen scheinen. Wohl aber habe ich, was früher übersehen ist, eine Anzahl sehr charakte- ristischer Foraminiferen und einige Entomostraceen in dem Sande gefunden, unter denen ich Rotalina Ackneriana v’Ore. und Uvigerina pygmaea »’Ore. erkannt zu haben glaube; im übri- gen gehören dieselben den Gattungen Nodosaria, Dentalina, Cristellaria, Rosalina, Polymorphina, Guttulina, Globulina, No- nionina u. Ss. w., sowie der Gattung Bairdia an, und habe ich sämmtliches Material dem Herrn Professor REuss zur speciellen Untersuchung behändigt. Der Sandstein, der ausserordentlich fest und blaugrau von Farbe ist, bildete soweit dies aus den bisherigen Untersuchun- gen hervorzugehen scheint, ursprünglich wohl eine zusammen- hängende Decke der Braunkohlen, ist aber wahrscheinlich bei Gelegenheit der Diluvialcatastrophe theilweise mit fortgerissen, und vielleicht haben wir es nur dieser schützenden Decke zu verdanken, dass uns das Lager der' Braunkohlen im jetzigen Umfange überhaupt noch erhalten ist. Derselbe ist sehr zer- klüftet und in den Kluftflächen mit einem rostbraunen Ueberzuge, stellenweise mit Kalksinter überzogen; in der Umgebung der Petrefakten findet sich oft eine schwarze Färbung, vielleicht bitu- mirösen Ursprungs in Folge der zersetzten organischen Sub- stanzen. Gehen wir nun nach dieser speciellen Beschreibung der ein- zelnen Gebirgslagen und ihrer Einschlüsse auf die eigenthümli- chen Lagerungsverhältnisse derselben, deren schon oben erwähnt wurde, über, so finden wir, dass die Braunkohlen bei Bocup von dem eben beschriebenen miocänen Sandstein, und zwar nur durch Sand- und Alaungebirgsschichten in der geringen Mäch- tigkeit von durchschnittlich 22 bis 25 Fuss von demselben ge- trennt, überlagert werden, dass ferner in nordöstlicher Ver- folgung der Schichten nahe vor Mallis die Braunkohle fast *) Fr. Horrmann: Separatabdruck aus PosGexnnporrr's Annalen S. 119. **) E. Boır Archiv VI. S. 80 und Zeitschr. der deutsch. geolog. Gesells. Jahrg. 1851 S. 402. 18% 266 zu Tage ausgeht, nur überlagert von wenig mächtigen san- digen Massen, während auch das zweite Flöz noch stärker an- steigend wie das erste, hier bis. auf 20 Fuss vom Tage sich er- hebt. Finden wir nun wenig weiter nordöstlich bei Mallis selbst ein mächtiges oligocänes Lager auftretend, welches in glei- cher Richtung nach Conow zu ansteigt, während weder über den Braunkoblen selbst noch zwischen beiden Flözen irgend eine Spur von oligocänen Schichten gefunden ist, so glaube ich, kann kein Zweifel darüber obwalten, dass in abweichender Weise von den Braunkohlenlagern im übrigen Nord- deutschland hier die Kohlen nicht unter, sondern über dem Septarienthon lagern, dass ferner die unmit- telbare. Ueberlagerung derselben durch typisch miocäne Schichten uns wohl Veranlassung sein muss, auch die Bo- cuperBraunkohlen selbst in dies Niveau zu stellen, die sich mithin als neues Glied der miocänen Schich- ten aufder unteren Grenze dieser zu den oligocänen Schichten zwischen beide einschieben. Bei der grossen Nähe der Kohlen von Gühlitz in der Prieg- nitz, in deren unmittelbarer Nähe bereits miocäne Schichten nach- gewiesen sind *), dürfte man nicht fehlgreifen, auch dies Lager “*) Dr. E. Beyskıc#: Die Conchylien des norddeutschen Tertiärgebir- ges S. 99 Anmerkung. Ganz kürzlich hatte ich Gelegenheit in Beglei- tung des Herrn Professor Bevrıca diese Lokalität in Augenschein zu nehmen. Die Kohlen fallen nach Aussage der dortigen Bergleute sowohl südlich wie nördlich ein; und in der Richtung des nördlichen Einfallens tritt zwischen Gühlitz und Burow der miocäne Sandmergel auf. Wir trafen es so glücklich, dass von Winter her eine Halde Mergels, der zur Ackerkultur benutzt wird, vorräthig lag, auf der der Regen eine grosse Zahl der schönsterhaltenen Petrefakten ausgewaschen hatte, so dass wir im Stande waren, in Zeit von einer guten Stunde 30 verschiedene Spe- cies zu sammeln. Der Mergel ist eigentlich nur ein grauer, etwas tho- niger, kalkhaltiger Sand, und ist wohl als ein Aequivalent des im Han- genden der Bocuper Braunkohlen befindlichen grauen miocänen Sandes anzusehen. Bei der Untersuchung einer kleinen Quantität des Sandes, die ich mitnahm, fand ich eine Anzahl von Foraminiferen, die meiner Ansicht nach völlig mit den im Bocuper Sande gefundenen übereinstim- men. Eine genauere Bestimmung derselben dürfen wir hoffentlich von Herrn Professor Reuss erwarten. Die Zugehörigkeit des Sandes von Gühlitz zu den Kohlen daselbst ist leider noch nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen, doch dürfte mit Sicherheit anzunehmen sein, dass beide in demselben Verhältnisse zu einander stehen wie der graue Sand (mit dem Sandstein) von Bocup zu den Kohlen daselbst. 267 in gleicher Weise wie das Bocuper den miocänen Bildungen zu- zuzählen. Jedenfalls zwingen schon unsere Bocuper Verhältnisse uns für die Folge eine obere und untere Abtheilung der Braun- kohlen, je nachdem sie über oder unter dem Septarienthon la- gern, anzunehmen; und so dürften wir für die Gliederung des norddeutschen Tertiärgebirges, von unten nach aufwärts gehend, folgende Schichtenfolge von jetzt ab anzunehmen haben: 1) Die Braunkohlen der Mark Brandenburg, des süd- lichen Theils der Elbniederung, des Oder- und Warthe- Thales. 2)*) Die Lager vom Alter des Tongrien infe- = rieur Dum. (Egeln, Biere u. s. w.). S, 3) Der Magdeburger Sand; z der Septarienthon (Walle, Görzig, Hermsdorf, Freienwalde, Mallis u. s. w.); die Stettiner Schichten. 4) Die Lager vom Alter des Sternberger Ge- steins (Cassel, Crefeld u. s. w.). 5) Braunkohlen von Meklenburg und der Priegnitz ®. E 6) Sandstein von Reinbeck und Bocup; E dunkle Thone und thonige Sande von Bocholt, Celle Lüneburg, Reinbeck, Gühlitz, Bocup u. s. w. Eine Verwandtschaft der vorerwähnten Gühlitzer Kohlen mit den meklenburgischen nimmt auch Herr GIRARD**) an und dürfte solche Annahme um so mehr motivirt sein, da ausser der grossen Nähe grosser Lager noch die genaue Uebereinstimmung der Strei- chungslinien von Ostsüdosten nach Westnordwesten hinzukommt. Werfen wir nun noch einen Blick auf den Zustand, in dem die Diluvialschichten an den Carentzer Bergen sich finden, und auf das Verhältniss, welches zwischen ihnen und den an- stehenden ältern Schichten statthat, so fällt uns zunächst die Verwirrung auf, das bunte Durcheinander, in dem wir diese, die Diluvial- und Tertiärschichten, an dem Abbruchufer bei Radden- forth, bei Bocup und bei Mallis finden. Wenn ich schon oben ein Beispiel dieser Verwirrung an- *) Die Trennung der unter 2 bis 4 aufgeführten Schichten gründet sich auf die neuesten Bestimmungen des Herrn Professor Beyrıcn. **) Giranp: Die norddeutsche Ebene S. 119. 268 führte in dem Auftreten von Geröllmassen auf einzelnen Stellen nahe über den Braunkohlen, so dürften uns diese Verhältnisse des Abbruchufers als lehrreiches Bild dienen, wie bei der Dilu- vialcatastrophe die Tertiärschichten aufgewühlt und mit Diluvial- massen vermengt worden sind; während dies Abbruchufer selbst, welches stellenweise, und namentlich bei den erwähnten drei Ortschaften aus den mächtigen Massen fliegenden Dünensandes, der an der Süd- und Südwestseite der Hügelgruppe abgelagert ist, hervorragt, wohl nur als ein Produkt derselben Diluvialfluth, die einen Theil des Lagers fortgerissen, angesehen werden kann. Je weiter wir den südöstlichen Abfall in östlicher Richtung nach Göhren zu verfolgen, desto mehr treten die Glieder der Tertiärformation zurück; südöstlich von Mallis, nahe der Stelle, wo Ziegelschutt und grosse Halden gerösteten Alaunerzes die in früherer Zeit vorhanden gewesene Alaunsiederei noch andeu- ten, findet sich als äusserster gegen Osten vorgeschobener Punkt der Tertiärlager noch eine Bank feinen weissen Glimmersandes und die daneben befindlichen Diluvialmassen verrathen noch durch ihre zahlreiche Beimengung milchweisser Quarzkieselchen die Nähe der Tertiärschiehte,. Weiterhin treten die unverkennbaren Glieder der älteren nordischen Formation in einem hohen Ufer zu Tage: ein grauer, steinartig erhärteter Mergel mit Kreideknol- len und mit nordischen nicht sehr abgeriebenen Geröllen durch- setzt; dann eine Grandablagerung in der das sehr häufige Auf- treten grosser Nieren von Thoneisenstein bemerkenswerth ist. Gerölle der silurischen Formation kommen nur in kleinen sehr abgeriebenen Exemplaren vor. Bei Göhren fällt der südliche der beiden fast parallelen Höhenrücken, in welche die Carentzer Berge durch die oben erwähnte, ein vollständiges -Längsthal bil- dende Mulde gespalten werden, zur Haideebene ab, und hier gegen Mahlck tritt noch einmal ganz isolirt eine Ablagerung von Alaunerde auf, deren Zusammenhang mit den übrigen Ter- tiärmassen noch nicht ermittelt ist. Schreitet man durch dies Thal bei Mahlck vorbei auf die Steinburg zu, die wie oben er- wähnt den höchsten Punkt der ganzen Hügelgruppe und zugleich den äussersten östlichen Vorposten des nördlichen Rückens bil- det, so findet man die Kuppe dieses steil ansteigenden Berges, wie dies schon der Name andeutet, bis zu grosser Tiefe aus grobem Grand mit sehr abgerundeten zahlreichen grösseren Ge- schieben zusammengesetzt. - Weiterhin, westlich von Carentz, ist der nördliche Abfall der Hügelgruppe frei von Diluvialmassen; 269 die Schichtenköpfe der oben beschriebenen Kreideschichten gehen fast zu Tage aus, und sind nur überlagert durch die Verwitte- rungsprodukte derselben, einen mergeligen fetten durch die Kultur in Dammerde veränderten Boden, theilweise mit Bruchstücken des eingelagerten festen Sandsteins bedeckt. Auch hier weisen uns also die vorgefundenen Verhältnisse wiederum auf die An- nahme einer von Norden her eingebrochenen Fluth hin. Man beobachtet deutlich wie diese Fluth, gebrochen durch die vorge- fundenen anstehenden Gebirgsschichten, sofort das mitgeführte grobe Material, die Steinburg bildend, fallen liess, wie dann zu- nächst Grand, nach Conow zu immer feiner werdend, und end- lich der Sand über die älteren Schichten ausgeschüttet wurde, der endlich alles gröberen Materials entledigt, an der Süd- und Südwestseite der Hügelgruppe liegen blieb und so Veranlassung wurde zur Bildung mächtiger durch Winde aufgethürmter Sand- dünenberge. Dieselbe Fluth war es wahrscheinlich auch, die gleichzeitig einen Theil der älteren Gebirgslagen fortführte, die Tertiärmassen aufwühlte und die "Trennung der Hügelgruppe durch Erosion der mehrerwähnten Mulde bewerkstelligte. Einen recht interessanten Belag für solche Flutheneinwirkung, wie für die Richtung derselben, haben wie noch in folgender Thatsache. Man findet nämlich in der Mulde in der Gegend der Soolquellen den Septarienthon von einer Schicht angeschwemm- ten Bodens bedeckt, der eine sehr fruchtbare Tragerde bildet; beim Durchschürfen dieser Schichten fielen mir lose Steinkerne von Petrefakten, sowie Geoden einer schwärzlichen Masse mit eingelagerten Steinkernen auf, die ich anfangs für Tertiärgebilde hielt, so dass ich schon glaubte, ein Aequivalent der gleich über dem Septarienthon hingehörigen Sternberger Kuchen gefunden zu haben. Eine nähere Prüfung und einige charakteristische Stücke belehrten mich aber, dass ich hier die oben erwähnten Coneretionen aus der Conglomeratschicht des turonischen Mer- gels von Carentz vor mir hatte, und diese Beobachtung bestätigte sich zur Evidenz, als ich eine Probe des weisslichen kalkigen Bodens, in dem diese Geoden lagen, abschlämmte und fand, dass derselbe zum grössten Theile aus den Foraminiferen des Mergels bestand. Gewiss ein eigenthümliches Spiel des Zufalls, welcher hier die Foraminiferen eines turonischen Mergels fast in unmittel- barer Berührung über die Foraminiferen des tertiären Thons lagerte, und ein Beweis dafür, wie leicht man Täuschungen in Bezug auf Beurtheilung von Lagerungsverhältnissen in unseren nordischen Gegenden, in denen die Diluvialcatastrophe eine so grosse Rolle gespielt hat, ausgesetzt sein kann. — Der Motor aber, der diese turonischen Massen in südwestlicher Richtung von ihrer ursprünglichen Lagerstätte versetzte, konnte wohl nur eine aus nördlicher Richtung hereinbrechende Fluth sein. Bevor ich nach dieser Beschreibung der Carentzer Berge zu den übrigen Punkten anstehender Schichten in der Umgebung von Dömitz übergehe, muss ich noch auf einen Umstand auf merksam machen, der vielleicht von Wichtigkeit ist für das Stu- dium der geologischen Verhältnisse in Meklenburg. Durch die vor einem Jahre in der Gegend von Doberan angestellten Untersuchungen wurden an dem nordöstlichen Ab- fall des meklenburgischen Landrückens turonische Schichten bei Bastorf u. s. w. bekannt, die bei einem Streichen in hor. 9 bis 10 gegen Nordosten einfallen; in südwestlicher Richtung von diesem Punkte finden wir jetzt auf der Südseite jenes Landrückens gleich- alterige Schichten mit derselben Streichungsriehtung und mit einem Einfallen gegen Südwesten! Sollte man hier einen Zu- sammenhang zwischen beiden Punkten, die vielleicht einer gleich- zeitigen Hebung aus der Mitte her durch einen nicht zu Tage tretenden Centralkern ihren entgegengesetzten Abfall verdanken, muthmaassen können’? Ueber die Lagerungsverhältnisse unserer übrigen anstehen- den Gebilde der Kreideformation in Meklenburg ist leider noch zu wenig für die Beurtheilung dieses Verhältnisses bekannt ge- worden; jedenfalls aber ist bemerkenswerth, dass die Kreidelager am Malchiner See, die nach den neuesten Forschungen des Herrn Borr gleichfalls turonisch sind*), ziemlich genau in die Strei- chungslinie des Bastorfer Lagers fallen, und was die Lager am Müritz-See anbetrift, so scheinen auch diese zum Turonien zu gehören, da ganz kürzlich Herr BorLL mir brieflich mittheilte, dass die Kreide von Poppentin mindestens turonisch sei, indem er aus derselben Anunchytes striata und Spatangus subglobo- sus erhalten habe. Bestätigt sich die oben angedeutete Annahme, so dürfen wir hoffen, in der Gegend des muthmaasslichen Centralkernes tiefere Schichten zu finden; und in der That hat Herr Borr bereits ein *) BorL’s Archiv VIL S. 73. und 83. 271 cenomanisches Lager in der Gegend von Malchin nachgewiesen *), und macht bei dieser Gelegenheit auf das auffallende Vorkommen der Juragerölle bei Staffenhagen, ganz in der Nähe der Kreide- schichten, aufmerksam, deren isolirtes Auftreten die bezeichnete Gegend allerdings sehr verdächtig macht, dass auch anstehende Juraschichten noch einst daselbst gefunden werden dürften; wie in gleicher Weise die Muschelkalkgerölle bei Neustrelitz eine höchst auffallende Thatsache sind und mit Rücksicht auf ihr isolirtes Auftreten wohl Beobachtung verdienen. Der Berg zu Wendisch-Wehningen. Das Dorf Wendisch-Wehningen liegt $ Meile von Dömitz auf einem isolirten Berge, der sich gegen Südosten sehr steil aus der Haideebene erhebt, und dem gegen Norden und Nordwesten eine mächtige Sanddünenpartie angelagert ist. An dem steilen südwestlichen Abbruchufer dieses Berges von eirca 80 Fuss Höhe, dessen Fuss von der vorbeiströmenden Elbe fortwährend benagt und namentlich beim Hochwasser dieses Stromes weiter abgerissen wird, sieht man Massen von tertiärem Alaungebirge, von gelbbraunem Thone und weissem Quarzsande unter der theilweise nicht sehr mächtigen Decke von diluvialen Schichten hervortreten. Die steil aufgerichtete Stellung mäch- tiger Bänke dieser Tertiärmassen, denen sich weiterhin diluviale Schichten, ein grauer Thonmergel mit einzelnen Geröllen und mit Flintsteinblöcken bis zu 2 Kubikfuss Grösse, gelber Lehm- mergel und Grand, anschliessen, die theilweise Durchsetzung dieser Diluvialschichten mit Massen tertiären Ursprungs, mäch- tige, offenbar durch Hebung und Verschiebung der Tertiärschich- ten gegen einander hervorgerufene Spalten und tief in den Berg hinein fortsetzende Klüfte sind augenscheinliche, deutliche Zeichen dafür, dass der in Rede stehende Berg wahrscheinlich zur Zeit der Diluvialcatastrophe mächtige Störungen erlitten hat; so mäch- tig, dass kaum eine Spur der ursprünglichen Lagerung aufzufin- den sein dürfte. Diese Ansicht hat sich auch bei Gelegenheit der Bohrungen, die im Jahre 1853 zur Erforschung der geognostischen Verhält- nisse dieses Berges unter meiner Leitung an demselben vorge- nommen wurden, vollkommen bestätigt. *) Borr’s Archiv VII. S. 76. 272 Bohrte man auf einer Stelle bis zu 120 Fuss Tiefe in ab- wechselnden Lagen von Thon und Alaungebirge, welches mehr- fach so kohlehaltig wird, dass Untersuchungen bis zu 50 pCt. brennbare Stoffe darthaten, so fand man wenige Lachter davon bis zu 80 Fuss Tiefe nur Schichten, die unverkennbar der Ge- schiebeformation zugezählt werden müssen. . Ohne mein Wissen ist vor einiger Zeit mit Zugrundelegung der von mir geführten Bohrregister eine Beschreibung der be- treffenden Schichten in einem Aufsatze veröffentlicht worden, des- sen Autor selbst sagt: er kenne die Lokalität nicht aus eigener Anschauung; ob aber überall möglich ist, ein Ur- theil über geologische Verhältnisse ohne eigene Anschauung zu fällen, muss ich dahin gestellt sein lassen. Es ist daselbst das Resultat eines Bohrloches aufgeführt, in dem tief unter den Tertiärsehichten nordische Gerölle sich fanden, und ist dieser Umstand verbunden mit der Beobachtung, dass in einzelnen Schichten sich sehr wenig Feldspath dem Quarzsande beige- mengt findet, mit „Entschiedenheit‘ der Schluss gezogen, „dass alle durchbohrten Schichten zum Diluvium gehörten.“ Es ist aber nicht beachtet worden, dass mächtige Schichten dort la- gern, in denen keine Spur von Beimengung nordischer Sande sich findet, und wer aus eigener Anschauung die Aufrich- tung und Verwerfung der Schichten des Abbruchufers kennt, dem wird es nur als Folge solcher Verwerfung erscheinen, wenn tief unter den Tertiärschichten nordische Gerölle angebohrt wur- den; und .es dürfte in Uebereinstimmung mit meinem früheren Ausspruche viel natürgemässer erscheinen: jene Schichten für tertiär, jedoch aufgewühlt durch die Diluvial- fluth und mit den Massen dieser Fluth zum Theil vermengt, anzusprechen, als für dieselben einen rein dilu- vialen Ursprung zu vindiciren. Selbst die von Herrn EHRENXBERG in den Schichten des Wehninger Berges gefundenen Infusorien sprechen nicht gegen diese Annahme, da auch Formen aus tertiären Meeresbildungen darunter gefunden wurden. Wenn ich aber deshalb getadelt worden bin, dass ich die bituminösen Alaunerdeschichten ‚„Erdige Braunkohlen“ nannte, so mag dieser Tadel aus streng geognostischem Gesichtspunkte ge- rechtfertigt sein; man wolle aber berücksichtigen, dass der Be- richt, in dem ich mich jenes Namens bedient hatte, nicht für die Veröffentlichung in einer geognostischen Zeitschrift bestimmt war, EEE Zn m een nn m nn ne u mern m 273 Uebrigens findet man die Wehninger Thon- und Alaunerde- schichten, in ganz gleichem Zustande wie hier, an dem Abbruch- ufer bei Bocup und Mallis, wie dies schon oben beschrieben wurde; und schon dieser Umstand spricht für die von mir den- selben angewiesene Stellung, während ausserdem unter den Ge- röllen, die sich auf der Oberfläche des Berges finden, sehr leicht sich die der Tertiärformation angehörigen von den nordischen Geröllen unterscheiden lassen. Letztere finden sich stets in der gewöhnlichen Form mit theilweise abgerundeten Ecken, während erstere aus kugelig abgerundeten und abgeschliffenen milchweissen Quarzkieseln und schwarzen Eisenkieseln bestehen. Zu erwähnen ist noch der bedeutende Eisengehalt, der sich an vielen Stellen des Abbruchufers durch umfangreiche schalige Absonderungen kund giebt, wodurch häufig ein förmlicher Braun- eisenstein gebildet wird; und diesem Eisengehalt, verbunden mit dem durch Tagewasser fortgeführten Kalkgehalt aus den merge- ligen Schichten hat man die Bildung eines jüngern Sandsteins zuzuschreiben, der an jenem Ufer eine ziemlich bedeutende Bank bildet. Ausser den vorerwähnten Quarz- und Eisenkieselgeröllen findet man auf der Oberfläche dieses Berges vielfach Gerölle der Kreideformation, namentlich Flintsteine mit den charakteristischen Petrefakten; auffallend ist das mehrfache Vorkommen der weiss- gebänderten Varietät der Flintsteinee Gerölle der silurischen Formation finden sich nur einzelne und in sehr verwitterten Exemplaren; häufig dagegen endogene Gerölle, und namentlich treten dieselben massenweise in einer festgepackten Schicht gleich unter der diluvialen Sanddecke mitten auf dem Berge über dem tertiären Thonlager auf. Das Auftreten dieser Gerölle auf der Oberfläche bildet hier wie an den übrigen Hügelgruppen, an de- nen sich die älteren Schichten finden, ein charakteristisches Un- terscheidungszeichen von den Sanddünenhügeln, sowie von den Schichten der Haideebene, wie dies oben schon erwähnt und mehrfach von mir nachgewiesen ist. Der Böcker Berg. Oestlich von den Carentzer Bergen auf der entgegengesetz- ‘ten Seite des Elbflussthales erhebt sich eine Hügelpartie, auf der das Dorf Böck erbaut ist, deren Oberflächenbildung ganz ähnlich der des Wehninger Berges ist. Auch an diesem Hügel 274 treten tertiäre Schichten an verschiedenen Stellen auf, ein sehr feiner, graugelber Thon, schieferartig mit glimmerreichem, weissem geschichtet, dann wieder in mächtiger Entwickelung reiner Quarz- sand, so fein und weiss, dass derselbe mehrfach für Kalk ange” sehen worden ist. Eine nähere Untersuchung der dortigen Verhältnisse war mir nicht gestattet; doch dürfte es wohl motivirt sein, daselbst einige Versuchsarbeiten auf Braunkohle vorzunehmen. Auch in der Nähe dieses Berges fehlt eine Sanddünenpartie nicht, die südwestlich von demselben in der Karte (Tafel XII.) angedeutet und von dem Berge nur durch ein schmales Flussthal ge- trennt ist. Der Loosener Berg. Mit diesem Namen bezeichne ich eine ausgedehnte Hügel- gruppe, die in der Richtung von Nordosten nach Südwesten das rechtseitige Ufer des Röcknitzthales bildet, auf der die Ortschaf- ten Picher, Loosen, Quast, Jabel, Hohen-Wooss u. s. w. sich be- finden. Der nördliche Theil dieser Hügelgruppe hat ein mehr zerrissenes Ansehen, während in dem südlichern eine bedeutende Masse erhalten ist, die ein vollständiges Hochplateau bildet, auf dem das Dorf Quast liegt. An verschiedenen Stellen dieser Hügelgruppe treten die Schichten der Diluvialformation, Lehm, Grand und Geschiebe- blöcke auf, während der grösste Theil derselben mit Flugsand überlagert ist, aus dem nur hier und da jene älteren Schichten hervortreten. Tertiäre Schichten sind an dem südlichen Theile dieser Höhen mit Bestimmtheit noch nicht nachgewiesen; doch lässt die feuchte Beschaffenheit der oberen Bodenschichten auf dem Plateau mit Sicherheit auf thonigen Untergrund schliessen, und bei Hohen-Wooss selbst tritt ein Thon auf, der eines höhe- ren als diluvialen Alters sehr verdächtig ist. Derselbe zeigt eine, dunkelbraune bituminöse Färbung, die im Feuer verschwindet, ist völlig frei von Geröllen, und hinterlässt beim Ausschlämmen nur wenigen reinen Quarzsand, führt auch ziemlich zahlreich | Glimmerblättchen. — Dass übrigens tertiäre Schichten dieser | Hügelgruppe nicht fremd sind, zeigen zwei Punkte des nördli- | chen Theils derselben. | Zunächst bei Loosen findet sich Alaunerde in Wechsellage- " rung mit Thon und Sand, in welchen Schichten, wie Herr Brück- I | 1 il 275 NER berichtet*), 140 Fuss tief gebohrt wurde; dann bei Picher steht ein sehr feiner glimmerreicher Quarzsand an, eine Art Form- sand, der weithin von den Töpfern nachgesucht wird, dessen speciellere Verhältnisse aber bisher leider noch nicht untersucht sind. Bei Krenzlin ist eine Grandgrube angelegt, in der tertiäre Petrefakten mit abgeriebenen caleinirten Schalen gefunden wer- den. Gegen Westen dehnt sich die in Rede stehende Hügel- gruppe bis nahe vor Lübtheen aus, und hier am Fusse dersel- ben, beim Dorfe Probst-Jesar ist es, wo sich der einen 60 Fuss tiefen See bildende Erdfall findet**), an dessen Ufer das zweite Gypsflöz des bekannten Lübtheener Gypsstockes angebohrt wurde, während der Hauptstock, der im Abbau befindlich ist, zwischen hier und Lübtheen auftritt, wie die Karte (Tafel XII.) andeutet. Einer speciellen Beschreibung dieses Vorkommens enthalte ich mich hier, da ich ausführlich in Bour’s Archiv 7. S.43 darüber berichtet habe. An der Süd- und Westseite dieser Hügelgruppe treten Sanddünen in mächtiger Entwickelung auf. Der Alaunsberg bei Langendorf. Bei Langendorf in Hannover erhebt sich eine kleine Hügel- gruppe, die mit einem steilen Abbruchufer bis dicht an die Elbe herantritt. Hierdurch sind an zwei Stellen dieses sonst aus den Massen der nordischen Formation zusammengesetzten Bergdurch- schnittes tertiäre Schichten blosgelegt, die völlige Uebereinstim- mung mit den bisher beschriebenen zeigen. Auf einer Stelle findet man einen hellgrauen staubartig feinen Formsand, eine Art Tripel; auf der zweiten Stelle, mehr östlich, tritt scharf ge- sondert von den diluvialen Massen eine mächtige Bank hervor, die in regelmässiger Schichtung mit einem Fallen von 40 Grad in hor. 10 östlich im Hangenden einen blendend weissen Glim- mersand, dann, durch eingelagerten Glimmersand schieferartig geschichtet, einen sehr feinen dunklen Thon zeigt, in dem das Ufer der Elbe sich ausgewaschen hat. Speciellere Untersuchungen dieses Vorkommens waren mir leider nicht gestattet; doch wird auch wirkliche Alaunerde an diesem Berge vorkommen, worauf schon der Name hindeutet, während selbst in früherer Zeit eine Alaunsiederei daselbst be- *) Dr. G. Brückner a. a. O. S. 66, **) Borr’s Archiv VII. S. 28, 276 standen hat, deren Stelle durch Bauschutt, sowie durch eine Halde von geröstetem Alaunerze, ähnlich wie bei Mallis, sich angedeutet findet. Vielleicht dürfte man auch einen Fingerzeig für das weitere geognostische Vorkommen erblicken in einigen von mir gefundenen Blöcken eines typisch miocänen Sandsteins, wie er mir sonst in der Gegend und überhaupt in Meklenburg noch nicht vorgekommen ist, und der, gelblichgrau von Farbe, die auffallendste Aehnlichkeit mit dem Reinbecker Sandstein zeigt. Unter einer Reihe von hübschen darin gefundenen Petrefakten nenne ich nur: Conus Dujardini Desh. ein schönes Exemplar von 17 Mm. Länge. ] Ringicula auriculata MEN. Terebra plicatula Lam. Buccinum Schlotheimi BExR. Buccinum labiosum Sow. -Iporrhais alata Eıcaw. Pyrula reticulata 3 subeanaliculatu BEXR. PBulla lignaria Lam. 3ulla eylindrica Brocc.? beide dieselben wie im Rein- becker Gestein. Trochus sp.? mit perlmutterglänzender Schale, Phorus sp:? | Natica glaucinoides Sow.? Pectunculus pulvinatus Lam. in sehr grossen Exemplaren. Cardium sp. dieselbe scharf gerippte Species wie im Rein- becker Gestein. Lunulites sp.? Endlich ein kleines Exemplar eines Echiniden, vielleicht zu Clypeaster gehörig. Diese Hügelgruppe ist im Uebrigen mit Sand, der zahlreiche kleine Gerölle führt, überlagert, und habe ich vergebens nach weiteren natürlichen oder künstlichen Einschnitten gesucht. Ausser den bisher besprochenen Fundorten anstehender For- mationen in der Gegend von Dömitz sind mir noch einige Punkte bekannt, die ich jedoch nicht specieller untersucht habe, und die deshalb nur in der Karte (Tafel XII.) durch Unterstreichung des Ortsnamens mit der die Braunkohlenformation bezeiehnenden Farbe angedeutet sind. Es ist dies zunächst Melekhof an dem 27% südlichen Abfall des die nordwestliche Begrenzung der Haide- ebene bildenden nicht unbedeutenden Höhenzuges belegen, der westlich von Hagenow in die Haideebene abfällt, und sich von hier, den Uferrand des Elbthals bildend, über Boitzenburg und Lauenburg bis unterhalb Hamburg fortzieht. Derselbe zeigt na- mentlich weiter unterhalb an verschiedenen Stellen die Braun- kohlenformation, und ich nehme keinen Anstand, hierher auch einen sehr feinen, hellgrauen, etwas thonigen Formsand zu rech- nen, der eben bei Melckhof in einer bedeutenden Mächtigkeit abgelagert ist, dessen weiteres Vorkommen jedoch noch nicht untersucht worden. — Wie bei Krentzlin findet sich auch hier bei Melkhof eine Grandgrube mit Tertiär-Petrefakten von glei- chem Erhaltungszustande, wie sie sich in den bekannten Kies- gruben von Pinnow, Serrahn u. s. w. finden, unter denen am häufigsten Pectunculus pulvinatus, dann aber auch Fusus ele- gantulus PuiL., Fusus elongatus Nxsı, Fusus exrimius BEYB. u. 5. w. vorkommt. Ein zweiter Punkt für das Auftreten tertiärer Gebilde findet sich dem eben beschriebenen gerade gegenüber an dem südlichen Elbufer, welches von Hitzacker ab in nordwestlicher Richtung durch einen zu etwa 120 Fuss Höhe ansteigenden Höhenzug gebildet wird. Bei Hitzacker selbst konnte ich keine Andeutung von Tertiärformation finden, obgleich das Abbruchufer der Elbe daselbst einen bedeutenden Blick in die Bodenschichten gestattet; weiter unterhalb aber bei Tismesland, welcher Punkt mir übrigens nicht aus eigener Arschauung bekannt ist, treten nach zuver- lässigen Mittheilungen Alaungebirgsmassen ähnlich denen des Wehninger Berges auf. \ Fassen wir das Resultat der vorstehenden Darstellung nun noch einmal zusammen, so finden wir bei Beobachtung der Punkte, an denen tertiäre Bildungen in der Gegend von Dömitz nachge- wiesen sind, dass diese überall an den Rändern des Thal- gebietes der Elbe oder ihrer Nebenflüsse sich finden, ein Verhältniss, welches nur eine Wiederholung derjenigen Um- stände bildet, unter denen wir die genannten Massen in ganz Norddeutschland auftreten sehen. Ueberall folgen sie dem Laufe der grösseren Ströme oder ihrer Nebenflüsse; überall finden wir sie nır an den Thalrändern derselben abgelagert, mögen wir ihr Auftreten im Stromgebiet der Weichsel, der Oder oder der Elbe beobachten. Es ist dieser Umstand sicher kein zufälli- ger, vielmehr steht er zweifelsohne im nächsten Zusammenhange mit dem Bildungsgang unserer norddeutschen Tiefebene überhaupt, und eine aufmerksame Beobachtung desselben ist gewiss von grösster Wichtigkeit für das Studium dieses Bildungsganges. Nur langsam schreitet das Studium unserer norddeutschen Verhältnisse vorwärts; die mächtigen Diluvialmassen stellen dem- selben oft fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen; und soweit auch in den letzten Jahren die Kenntniss über die Ver- breitung der Tertiärmassen selbst vorgerückt ist, so sehr es uns durch die mühevollen Arbeiten tüchtiger Fachmänner gelungen ist, eine klare systematische Uebersicht über die Gliederung des norddeutschen Tertiärgebirges zu gewinnen, so sehr geringe ist andererseits leider wiederum die Kenntniss derjenigen Gebirgs- schichten, denen unsere Tertiärgebilde aufgelagert sind, die also das eigentliche konstituirende Ele- ment der Höhenzüge des norddeutschen Tieflandes ausmachen. Nur geringe Andeutungen giebt uns in dieser Hinsicht Herr GIRARD *), indem er Mittheilung macht über das Auftreten von Kreidegebilden an einigen Punkten in der Nähe von anstehenden Tertiärschichten in Preussen; leider aber fehlt jede speciellere Angabe sowohl über den Zusammenhang der genann- ten Schichten, als über die geognostische Stellung dieser Kreide- gebilde. — Desto mehr muss es erfreuen. wenn die Gunst der Verhältnisse es möglich macht, einen Punkt in Norddeutschland nachzuweisen, der es uns gestattet die Aufeinanderlage einer Folge von Gebirgsschichten zu studiren, wie unsere norddeut- schen Verhältnisse dies wohl selten in der Vollständigkeit, wie an den Carentzer Bergen zulassen, die überdies einen solchen Reichthum an Petrefakten liefern, dass ein Zweifel über die geognostische Stellung der verschiedenen Schichten nicht statt- finden kann, so dass uns mit Zuverlässigkeit die Kreidefor- mation als das Liegende der Tertiärschichten an ge- nannter Hügelgruppe entgegentritt. *) H. Girarn: Die norddeutsche Ebene. 5. Beiträge zur Kenntniss fossiler Säugethiere. (Fortsetzung. Vergl. Band VII. S. 458 fg.) Von Herrn Reınuorp Hesse ın Berlin. Hierzu Tafel XIII. I. Ueber das Gebiss des lebenden Misothermus forgqualtus. In einer früheren Mittheilung über das Vorkommen fossiler Lemminge (Bd. VII. S. 458 bis 501. 1855. dieser Zeitschrift) hatte ich eine Beschreibung der oberen Backenzähne des diluvia- len Misothermus torquatus gegeben, ohne jedoch das Gebiss eines lebenden Exemplares dieser Species selbst gesehen zu ha- ben. Nachträglich wurde aber das Gewünschte noch möglich, da Herr Brasıus die Güte hatte mir einen der von Herrn v. MivDEnDORF im Taimyrlande gesammelten Schädel des Hals- bandlemminges zur Ansicht zu schicken. Der untersuchte Schädel hat genau die Dimensionen, welche ich schon an den Fragmenten des fossilen wahrgenommen habe, namentlich ist die Länge der oberen Backenzahnreihe in beiden Schädeln genau dieselbe. Die Form der oberen Backenzähne (Fig. 1a) ist gleichfalls so übereinstimmend, dass ich nur nöthig habe statt einer ausführlichen Beschreibung die geringen Unter- schiede anzuführen. Ich habe schon früher angegeben, dass bei den Arvicolinen die Backenzähne des Oberkiefers an ihrem nach vorn gerichteten Ende mit einer breiten, stumpf abgerundeten Kante beginnen, sich nach ihrem Hinterrande zu verschmälern und endlich mit einer mehr oder weniger spitzen Hinterkante enden. Im Unterkiefer findet sich das Entgegengesetzte; hier ist das Hinterende jedes Zahnes das breite und abgerundete, während die Kronenfläche nach vorn zu sich verjüngt und end- lich mehr oder weniger spitz endet. Es sind aber die Kanten jedes Zahnes an dessen breitem Ende am stärksten und bestimm- testen, während sie nach dem spitzen Ende der Kronenfläche hin immer kleiner und unbestimmter werden. Daraus folgt nun, dass individuelle Abweichungen im Oberkiefer stets am Hinterende eines jeden Zahnes, im Unterkiefer dagegen am vorderen Ende Zeits. d. d.geol.Ges. VIIL.2. 19 280 auftreten werden. — Gemäss dieser Anordnung zeigen im vorliegen- den Schädel des lebenden Halsbandlemminges die oberen Backen- zähne verglichen mit den fossilen (a. a. OÖ. Taf. XXV. Fig. 12) absolute Uebereinstimmung mit Ausnahme des Hinterendes eines jeden Zahnes. Bei dem fossilen Exemplar gingen nämlich die vierte Innenkante des ersten und die dritte Innenkante des zwei- ten Zahnes in einem grossen, flach abgerundeten Bogen in die letzte, d. h. vierte Aussenkante über, bei dem lebenden Exem- plare sind dagegen die genannten Innenkanten von der entspre- chenden Aussenkante durch eine kleine Abstufung getrennt, die jedoch nicht den Werth einer selbstständigen Innenkante bean- spruchen kann, sondern nur als ein Vorsprung an der Innenseite des letzten fast rudimentären Prisma aufgefasst werden muss. Der letzte obere Backenzahn zeigt keine nennenswerthe Abwei- chung. Um nun ein Maass für den Werth jener Abweichung des ersten und zweiten Backenzahnes zu haben, müssen wir be- rücksichtigen, dass bei Arvicola und Lemmus die Hinterenden der oberen Backenzähne mannigfache individuelle Abweichungen zeigen, besonders dann, wenn an ihnen rudimentäre Prismen oder Kanten vorkommen. Auf Grund der Analogie sind wir daher genöthigt, jene aufgefundenen Abweichungen im Gebiss des leben- den und fossilen Halsbandlemmirgs für individuell zu erklären, so lange nicht durch die Untersuchung einer hinreichenden An- zahl lebender Schädel das Gegentheil nachgewiesen ist. Die Backenzähne des Unterkiefers (Fig. 1b) haben folgende Form: Der erste Zahn ist vorn abgerundet, sein Vorderende ist aber nach innen zu in eine Kante ausgezogen, die wir als die erste Innenkante betrachten wollen, die erste Aussenkante ist zu weit vom Vorderende entfernt, um noch diesem beigezählt werden zu können, auch ist sie durch eine schwache Furche von diesem getrennt. Wir zählen also fünf Aussen- und sechs Innen- kanten und, wenn man die unbedeutende Furche vor der ersten Aussenkante übergeht, aussen vier, innen fünf Furchen, die so mit einander wechseln, dass dieReihe von vorn nach hinten mit einer Innenfurche beginnt und mit der letzten derselben Seite endigt. Der zweite Zahn ist, wie er schon früher (a. a. O.S. 495) beschrieben wurde, aussen und innen dreikantig mit je zwei Fur- chen, deren erste äussere die Reihe beginnt, während die letzte innere sie schliesst. Sein Vorderende ist aber nicht abgerundet, sondern etwas vorgestreckt, lehnt sich mit einer fast ebenen [ 281 Fläche an das Hinterende des ersten Zahnes an, und ist sowohl nach aussen wie nach innen mit einer kleinen aber scharfen Kante versehen, wobei die innere die grössere ist. Der dritte Zahn endlich gleicht vollständig dem vorhergehenden. In meiner früheren Mittheilung hatte ich ihm nach den Abbildungen bei v. MIDDENDORF eine Aehnlichkeit mit dem zweiten unteren Backenzahne von Myodes Lemimus zugeschrieben. Diese Aehn- lichkeit ist nicht vorhanden. Im Allgemeinen sind die Prismen der unteren Backenzähne vollständig geschlossen, da die Schmelz- falten bis zur gegenseitigen Berührung vordringen. Rechnet man am ersten Zahne das Vorderende mit der ersten Innen- und Aussenkante zu einem Prisma, so ergeben sich deren neun. Bei dem zweiten und dritten Zahne kann man das Vorderende mit der ersten Äussenkante zu einem Prisma verbinden, dann enthält jeder ven ihnen deren fünf. Die Gesammtlänge aller unteren Backenzähne ist gleich der der oberen, wobei der erste Zahn so lang ist wie die anderen beiden gleich langen zusammengenommen. II. Ueberreste von Mus in der Breccie von Cagliari. Schon R. WAGNER hat in seiner früher eitirten Abhand- lung*) der Ueberreste von Mus in Cagliari Erwähnung gethan und theils Zähne theils Skelettheile abgebildet. Ich habe die Ori- ginale der genannten Abhandlung, die sich im hiesigen minera- logischen Museum befinden, nochmals untersucht und ausserdem noch einige neue Fragmente aus der Breccie herausgearbeitet, so dass eine Erreichung genauerer Resultate möglich war. — Ehe jedoch die genannten Fragmente beschrieben werden können, ist es nötlıig den Bau des Gebisses bei der Gattung Mus über- haupt zu betrachten. Zu einer Vergleichung der aussereuropäi- schen Arten fehlte die Gelegenheit, daher sind folgende Resultate nur den europäischen Arten entlehnt. Die europäischen Arten Mus decumanus PaLL., M. rat- Zus L., M. tectorum Savı, M. musculus L., M. selvaticus L., M.agrarius PaLL. und M. minutus PaLL. haben wie alle übri- ' gen Arten von Mus jederseits oben und unten drei Backenzähne, *) Ueber die fossilen Insektenfresser, Nager und Vögel der Diluvial- ‘ zeit mit besonderer Berücksichtigung der Knochenbreecien an den Mittel- meerküsten. Denkschriften der Münchner Akademie X, 1832. : 19* 282 bei denen der nachfolgende stets kleiner als der vorangehende ist. Es sind also der erste obere und der erste untere Backen- zahn die am meisten ausgebildeten. Diesem ersten Zahne kann daher das Schema für die Form der Backenzähne bei Mus über- haupt entlehnt werden. Seine Krone zerfällt durch zwei fast bis auf den Grund der Krone eindringende Querfurchen in drei Querleisten, von welchen die beiden ersten nach vorn convex, nach hinten zu concav erscheinen. Die dritte Querleiste ist ge- rade oder sogar nach vorn etwas concav und nach hinten convex, Zwei verhältnissmässig seichte Längsfurchen zertheilen wiederum jede Querleiste in drei mehr oder weniger deutliche Höcker. Fig. 11a stellt das Schema eines solchen Backenzahnes vor, die einzelnen Höcker von aussen nach innen sind in der ersten Reihe mit a, b und c, in der zweiten mit a‘, b‘ und ec‘, in der dritten mit a“, b“ und c“ bezeichnet. In Folge der Krümmung der ersten und zweiten Querleiste sind dieHöcker b und b’ wei- ter nach vorn gerückt als die entsprechenden seitlichen. Alle Höcker sind nach hinten geneigt, wie dieses aus Fig. 2c, der Innenseite des ersten oberen Backenzahnes von Mus decumanus, ersichtlich ist. Diese neun durch das Schema gegebenen Höcker sind jedoch in Wirklichkeit schon im ersten Backenzahne nicht immer ausgebildet. Den zweiten und dritten Backenzahn, weni- ger ausgebildet als der erste, kann man auf das Schema des ersten zurückführen, wobei jedoch wegen der Verkümmerung des Zah- nes mehrere Höcker als verschwunden gedacht werden müssen. Das Schema für die Backenzähne des Unterkiefers (Fig. 11 b) ist ein wesentlich anderes. Zwar sind auch hier die Kronen durch zwei Querfurchen in drei Querleisten getheilt, allein statt zweier Längsfurchen findet sich nur eine, so dass jede Querleiste in zwei Höcker, die ganze Zahnkrone also in sechs derselben zer- fällt. Wir bezeichnen in Fig. 11b die Höcker der ersten Reihe | von innen nach aussen mit a und b, der zweiten Reihe mit a' und b‘ und die der dritten Reihe mit a“ und b“”, Ausserdem finden sich noch mehrere accessorische Höcker an der Aussenseite der Krone, die vielleicht als Rudimente einer dritten Aussenreihe anzusehen sind. Sie sind jedoch nicht constant und auch nicht immer einer der normalen Querreihen mit Bestimmtheit beizu- zählen. Ferner ist immer ein unpaarer Höcker am Hinterende des Zahnes, d, vorhanden, zuweilen auch ein solcher am Vorder- ende. Durch Verschwinden einiger Höcker erhält man die übri- 283 gen Backenzähne des Unterkiefers.. Das Vorhandensein oder Fehlen einzelner Höcker gewährt gute Merkmale zur Unterschei- dung der Species. Ehe wir jedoch zu einer Charakteristik der einzelnen Zähne bei den verschiedenen Species übergehen, ist es nothwendig einer besonderen Eigenthümlichkeit im Zahnbau von Mus Erwähnung zu thun. Jene oben genannten Höcker lassen sich nur am unversehr- ten Zahne erkennen. Bei vorschreitendem Alter des Thieres nutzen sich die Zahnkronen so ab, dass die Höcker vollständig verschwinden können. Die Kaufiäche der Krone zeigt dann eine Ebene von Zahnbein ringsherum von einem Schmelzsaum um- zogen und, wenn die Abnutzung noch nicht vollständig war, auch von einigen Schmelzfalten durchsetzt. Man hat bisher angenom- men, dass die Kaufläche des Backenzahnes von Mus erst durch Abnntzung entsteht. Allein eine Untersuchung der noch nicht aus dem Zahnfleisch hervorgebrochenen Zähne zeigt, dass sich schon von Anfang an auf dem Gipfel der Höcker eine natürliche Kaufläche befindet. Diese interessante Thatsache ist zweien Beob- achtern, die vorzugsweise das Gebiss der Nazethiere zum Ge- genstande ihrer Untersuchung gemacht haben, entgangen. ERDL*) und Tomzs**) haben nur die abgekauten Backenzähne älterer Thiere untersucht und wegen der Aehnlichkeit mit den höck- rigen Mahlzähnen anderer Nager z. B. der Seiurinen auch eine gleiche Anordnung des Schmelzes bei Mus vorausgesetzt. Letzterer sagt 1. ec. p. 548 von Mus decumanus ausdrück- lieh: „/n the molar teeth the dentine presents no generic peculiarity, neither does the enamel about the cusps of the teeth, but at and near its terminal edge on the neck of the tooth.“ Diese Angabe ist nicht richtig. Bei den oben angeführ- ten europäischen Mäusearten, denn nur diese wurden von mir untersucht, überzieht der Schmelz die Höcker der Zahnkrone niemals vollständig, sondern lässt an den Spitzen das Zahnbein frei hervortreten. Fig. 3 stellt einen senkrechten Längsschnitt durch die Mitte des zweiten oberen Backenzahnes von Mus de- cumanus vor. Der Zahn war im Begriff das Zahnfleisch zu *) Untersuchungen über den Bau der Zähne bei den Wirbelthieren insbesondere den Nagern. - Abhandlungen der Münchner Akademie, Bd. III. 1843. **) On the structure of the Dental Tissues of the Order Rodentia. — Philosophical Transact. 1850. Part. I. pag. 529—507, 284 durchbrechen, konnte also auch nicht abgekaut sein. ‘Der Schnitt ist genau in der Mitte zwischen den Wurzeln durchgeführt, er- scheint also allseitig geschlossen. Man sieht den Schmelz die Seiten der Höcker umgeben, nach oben zu aber abgerundet en- den. Das frei zu Tage tretende Zahnbein erscheint gleichfalls abgerundet, an dem hinteren Höcker regelmässiger als an dem vorderen. Da der Zahn dem Oberkiefer angehört, und die Höcker also nach hinten geneigt sind, so geht der Schmelz an der Vor- derseite jedes Höckers weiter in die Höhe als an dessen Hinter- seite, und das Zahnbein sieht ein wenig nach hinten. Inden Backenzähnen der Unterkiefer, deren Höcker, wie schon angege- ben, nach vorn geneigt sind, sieht das freie Zahnbein auch mehr nach vorn, die natürliche Kaufläche ist also nicht horizontal, sie wird es erst durch die beginnende Abnutzung. Die Zahnbein- kanälchen werden nach dem Gipfel zu immer feiner und verschwin- den endlich ohne die Oberfläche erreicht zu haben, so dass der Rand strukturlos erscheint. Wird die Oberfläche abgekaut, so erreicht sie die Zahnbeinkanälchen, da diese nicht obliteriren, Man sieht sie vielmehr mit unverändertem Lumen bis an den abgekauten Rand herantreten; doch habe ich nicht entscheiden können, ob sie wirklich mit einer Oeffnung münden. Ein Ein- dringen der Zahnbeinkanälchen zwischen die Schmelzprismen, wie es Tomes angegeben hat, habe ich nie sehen können. Der Umstand, dass die Schmelzprismen nur ausnahmsweise in der Richtung der Zahnbeinkanälchen verlaufen, und dass einzelne Theile des Zahnbeins nicht von Schmelz bedeckt werden, macht das Eindringen der Zahnbeinkanälchen in den Schmelz unwahr- scheinlich. Die europäischen Arten der Gattung Mus zerfallen nach der Bildung der Backenzähne in zwei Gruppen, die wir als Ratten und Mäuse bezeichnen wollen. Die erste Gruppe, die der Ratten, besitzt Backenzähne, deren Höcker jeder einzelnen Querreihe nur ‚wenig von einander getrennt sind; zwar dringen die Querfurchen noch ziemlich tief ein, allein die Längsfurchen sind nur seicht. Daher hängen die natürlichen Kauflächen aller Höcker ‘einer Querreihe unter einander zusammen und bilden so eine einzige Kaufläche der ganzen Querleiste. Hierher gehören Mus decu- manus, M. rattus, M. tectorum und M. musculus. Bei den übrigen Arten Mus silvaticus, M. agrarius und M. minutus sind die Längs- und Querfurchen so tief, dass die Höcker allsei- 285 tig getrennt erscheinen, und ihre Kauflächen nicht oder nur we- nig zusammenfliessen. Es ist schon oben angegeben worden, dass die Zahl der Höcker eines jeden Zahnes nicht immer die vollständige, d. h. die durch das Schema gegebene ist, sondern dass immer einzelne Höcker abortiv werden oder ganz fehlen. Eine specielle Betrach- tung der Zähne zeigt daher Folgendes. 1. Ratten. Der erste Backenzahn des Oberkiefers entbehrt nur des Höckers ce". Der Höcker a“ ist zwar auch nicht bedeu- tend, allein er besitzt noch eine Kaufläche, die mit der von b“ zusammenfliesst. Mas musculus zeichnet sich dadurch aus, dass e weit nach hinten etwa in der geradlinigen Verlängerung der ersten Querfurche steht. Im zweiten Backenzahn des Unterkie- fers fehlen a und b, so dass nur e vorhanden ist. Die zweite Querreihe ist vollzählig, in der dritten fehlt ec"; a“ ist bei M. decumanus sehr unbedeutend, bei M, rattus und M. tectorum stärker entwickelt. Der dritte und letzte Backenzahn entfernt sich noch weiter von der schematischen Form. Bei ihm fehlt wie bei dem vorhergehenden a und b. Den übrigen Theil möchte ich so deuten, dass in der zweiten Reihe nur b’ und e’ und in der dritten nur b‘' vorhanden ist, b‘ und b’' aber an ihrer Aussen- seite mit einander verschmolzen sind. — Im Unterkiefer hat der erste Backenzahn an seinem Vorderende niemals einen kleinen unpaaren Höcker, sondern beginnt mit a und b. Die beiden Höcker jeder folgenden Reihe sind stets vorhanden, eben so der unpaare Höcker d am Hinterende des Zahnes. Accessorische Höcker finden sich noch an der Aussenseite des Zahnes; bei M. decumanus einer neben b‘, bei MM. rattus einer zwischen der ersten und zweiten und auch zwischen der zweiten und drit- ten Reihe; bei MM. musculus fehlen sie ganz. Im zweiten Backen- zahne fehlt die erste Reihe durchaus, statt derselben findet sich an der Aussenseite bei M. decumanus eine kleine Spitze, die nicht das Niveau der Höcker erreicht, bei M. rattus ein accesso- rischer Höcker, bei MH. musculus vermisse ich auch diese Ru- dimente. Die Höcker a’ und b‘ sind immer vorhanden, ebenso a“ und b“, auch fehlt niemals der unpaare Höcker dam Hinterende des Zahnes. Der dritte Backenzahn besitzt nur wenig entwickelte Höcker. a und b fehlen immer; statt derselben findet sich bei .M. de- cumanus, M. rattus, tectorum ein accessorischer Höcker an der Aussenseite des Zahnes, den ich aber bei ‚Y. musculus vermisse. 286 a’ und b‘ sind vorhanden. In der dritten Querreihe findet sich nur ein grosser unpaarer Höcker, den ich als a‘ deuten möchte, Vielleicht könnte man auch die beiden ersten Querreihen als ver- schwunden annehmen, dann würde der letzte unpaare Höcker d sein. 2. Mäuse. Die Zahl der Höcker ist immer vollzähliger als in der Gruppe der Ratten. Der erste Backenzahn des Ober- kiefers hat die neun Höcker vollzählig, doch ist c' bei Mus silvaticus und M. agrarius sehr unbedeutend und bei M. mi- nutus so klein, dass man ihn hier wohl als verschwunden be- trachten kann. Der zweite Zahn ist nicht mehr ganz vollstän- dig, bei M. sölvaticus fehlt nur b, bei M. agrarius a, b und a’, ebenso bei M. minutus. Den dritten, sehr wenig entwickelten Backenzahn möchte ich so deuten, wie es schon in der Gruppe der Ratten geschehen ist. — Im Unterk'efer beginnt der erste Backenzahn stets mit einem unpaaren accessorischen Höcker. Darauf folgen die drei Querreihen mit je zwei Höckern. Accesso- rische Höcker an der Aussenseite des Zahnes lassen sich nicht mit Sicherheit angeben. Endlich findet sich bei M. szlvaticus und M. agrarius der unpaare Höcker d, bei M. minutus fehlt er. Im zweiten Backenzahn fehlt die erste Querreihe, sonst sind die Verhältnisse wie bei dem vorhergehenden. Im dritten Backen- zahn fehlt gleichfalls die erste Reihe, die zweite ist vollständig, die dritte besteht blos in einem einzigen unpaaren Höcker, der vielleicht a‘ in besonderer Entwickelung sein dürfte. Wollte man diesen Höcker als d ansprechen, so würden die erste und zweite Reihe als fehlend angesehen werden müssen. Die Ueberreste von Mus in der Breccie von Cagliari beste- hen in zertrümmerten Skelettheilen und einzelnen oder noch in Theilen der Kiefer eingeschlossenen Zähnen. Die Theile des Skeletes sind für eine Bestimmung der Species unzureichend, und nur den Zähnen lassen sich einigermaassen genügende Merk- male entnehmen. Doch hat man auch hierbei nicht die Sicher- heit, welche das Gebiss von Arvicola gewährt, da eigentlich eine Untersuchung der noch unabgenützten Zähne erforderlich wäre. Das von mir benutzte Material bestand in einem Frag- ment des rechten Oberkiefers mit dem ersten und zweiten Backen- zahne, wahrscheinlich das Original zu WaAcxer’s Figur 37, ausserdem in einem Fragmente des linken Oberkiefers mit allen dreien noch festsitzenden Zähnen, die jedoch mehr abgenutzt wa- ren als die vorhin genannten. Von den Backenzähnen des Unter- 287 kiefers ist der erste in zwei Exemplaren vorhanden, ein rechter wenig abgenutzt und ein linker mehr abgekaut. Ausserdem enthielt ein Unterkieferfragment der rechten Seite den sehr abge- kauten ersten und dritten Backenzahn, und ein anderes derselben Seite alle drei Zähne, aber in einem Zustande grosser Abnutzung. — Im Allgemeinen stehen die Backenzähne fast senkrecht in den Kiefern, und sind ihre Höcker wahrscheinlich nur sehr wenig nach hinten oder nach vorn geneigt gewesen. Fig. 9b stellt den ersten unteren Backenzahn von der Seite gesehen vor und Fig. 6b den entsprechenden oberen. Da diese Zähne bereits ab- genutzt sind, so lassen sie auch die Neigung ihrer Höcker nicht mehr erkennen. Es wurde bereits oben gesagt, dass bei Mus die Kronen der Backenzähne zunächst durch zwei Querfurchen in drei Querleisten zerfallen. Diese Eintheilung ist bei den Zäh- -nen von Cagliari sehr deutlich, so dass der ganze Zahn fast lamellos erscheint. Von einer Eintheilung der Krone durch Längsfurchen ist dagegen wenig zu bemerken, und es scheinen die einzelnen Höcker jeder Querreihe vielleicht nicht scharf von einander getrennt gewesen zu sein. Ueber die Form ihrer na- türlichen Kauflächen und ob sie überhaupt dergleichen besessen haben, lässt sich natürlich nichts entscheiden. Ein wenig deut- licher kann die specielle Beschaffenheit der Krone eines jeden einzelnen Backenzahnes erkannt werden. Fig. 6a stellt den ersten und zweiten Backenzahn (es rechten Oberkiefers vor, Man erkennt die Eintheilung in drei Querleisten. Die erste der- selben ist noch isolirt, die zweite mit der dritten an der Aussen- seite durch Abkauung verschmolzen. Die erste Querleiste zeigt auch ganz deutlich eine Eintheilung in drei Höcker ähnlich dem Verhalten bei Mus decumanus in ziemlich abgekautem Zustande (Fig. 4a). Die zweite Querleiste lässt auch noch drei Höcker erkennen, allein die dritte: lässt sich nicht mit Sicherheit .deuten. Es scheint fast ein accessorischer Höcker am Hinterrande vor- handen gewesen zu sein, der durch Abnutzung mit der dritten Querleiste verschmolzen erscheint, vielleicht ist dieser vorsprin- gende Theil auch nur der Mittelhöcker der dritten Querreihe d.h. b“ des Schemas. Der folgende Zahn entbehrt deutlich des Höckers ec, wenn man nicht vielmehr annehmen will, er habe gleichfalls drei Querleisten, besessen, die in Fig. 6a an der Aussenseite schon durch Abnutzung verschmolzen, an der Innen- seite dagegen noch getrennt erscheinen. Auffallend und gegen 288 die Analogie bei der lebenden Art von Mus wäre aber die Voll- zähligkeit der Querleisten bei geringerer Grösse des Zahnes. Leider fehlte in dem besprochenen Exemplare der letzte Backen- zahn. In Fig. 7 sind die Backenzähne des linken Oberkiefers abgebildet, welche bereits einen höheren Grad der Abnutzung zeigen. Daher lässt sich auch hieraus nichts über die Form des dritten Backenzahns entnehmen, nur soviel sieht man, dass auch bei diesem der Höcker e fehlt, der noch bei allen lebenden europäischen Arten vorhanden ist. Die Grössenverhältnisse der einzelnen Zähne sind ungefähr wie bei Mus decumanus. Im Unterkiefer zeigt der erste Backenzahn ebenfalls eine Bildung, die weder mit der bei den Ratten noch mit der bei den Mäusen vollständig übereinstimmt. In Fig. S ist der nur wenig abge- nutzte erste Backenzahn des rechten Unterkiefers abgebildet. Seine vordere Spitze rührt wahrscheinlich von einem accessorischen un- paaren Höcker lıer, wie er sich auch bei M. sivaticeus, agrarius und zninutus findet. Die Querleisten bestehen aus zwei Höckern, durch Abnutzung ist jedoch die erste mit der zweiten verschmol- zen, die dritte ist noch isolirt, ein unpaarer accessorischer Höcker befindet sich am Hinterrande des Zahnes. Er entspricht viel- leicht dem Höcker d des Schemas, obgleich die Form nicht ganz übereinstimmend ist. An der Aussenseite des Zahnes befindet sich der zweiten Querfurche entsprechend ein accessorischer Höcker ungefälır wie bei Mus ratltus. Am Ende der ersten Querfurche scheint gleichfalls ein solcher vorhanden gewesen zu sein, der sich aber durch Abnutzung mit der ersten Querleiste vereinigt hat. Fig. 9a stellt denselben ‘Zahn der linken Seite dar. Doch ist er mehr abgekaut als der vorher beschriebene, so dass die Nebenhöcker am Hinterende sich mit der letzten Quer- leiste vereinigt haben. Vom zweiten und dritten Backenzahne des Unterkiefers liegen keine vollständigen Exemplare vor. In Fig. 10 sind alle Backenzähne des rechten Unterkiefers abgebil- det, aber in solchem Grade der Abnutzung, dass über’ die Form der Kronen nichts erkannt werden kann, nur soviel sieht man, dass der letzte Zahn den zweiten an Länge übertraf, während er bei den lebenden europäischen Arten stets kleiner ist. Die vorgefundenen Unterkieferfragmente gleichen in Form und Grösse denen von Mus decumunus. Um über die Verwandtschaft und den systematischen Werth der fossilen Species ein Urtheil zu gewinnen, ist es nöthig das 289 zu berücksichtigen, was oben über den Zahnbau der europäischen Arten von Mus gesagt wurde. Wir unterscheiden eine Abthei- lung. der Ratten mit wenig isolirten und nur unbedeutend geneig- ten Höckern, und eine der Mäuse mit vollständig isolirten und stark gekrümmten Höckern. Die fossilen Zähne sind aber fast senkrecht gestellt, und die Höcker einer jeden Querreihe dürften wahrscheinlich noch weniger isolirt gewesen sein als dies bei der Abtheilung der Ratten der Fall ist. Schon aus diesen allge- meinen Verhältnissen, und ganz abgesehen von den speciellen, ergiebt sich, dass die fossilen Zähne einer Species angehören, die weder zu den Ratten noch zu den Mäusen gestellt werden darf. Würde man die fossilen Zähne bloss mit denen der Mäuse z.B. von Mus silvaticus vergleichen, so würden die Unterschiede so bedeutend sein, dass sie zur Aufstellung eines besonderen Genus für die fossile Species genügen könnten; allein die Ab- theilung der Ratten bildet eine unverkennbare Vermittelung zwi- schen den extremen Formen, so dass es naturgemässer erscheint die fossile Species als „Mus orthodon‘‘ dem Genus Mus beizu- zählen. Wir erhalten somit für diese Gattung drei Gruppen, deren Reihenfolge durch den Grad der Neigung und Isolirung der einzelnen Höcker der Backenzälıne bestimmt wird. In wie weit eine solche Gruppirung naturgemäss ist, darüber werden erst künftige Untersuchungen aller Arten von Mus entscheiden können, wenn man wird angefangen haben bei Aufstellung neuer Species mehr Werth auf den anatomischen Bau als auf das äussere der Erscheinung zu legen. An ähnlichen Mängeln lei- den die bisherigen Untersuchungen über die fossilen Ueberreste von Mus, so dass streng genommen noch keine einzige fossile Species mit Sicherheit bekannt ist. Ohne alle Kritik hat man häufig Ueberreste eines kleinen Nagers der Hausmus und solche eines grösseren der Hausratte zugeschrieben. Herr GErvAıs *) führt Mus silvaticus aus den Breccien von Corsica an, allein der Nachweis dafür fehlt vollständig. Ganz bestimmt verschie- den von den lebenden Arten sind diejenigen tertiären, welche Herr GERvaIs a. a. O. aufführt, allein ihre Ueberreste sind in so geringer und unzureichender Anzahl vorhanden, dass sie kei- nen vollständigen Begriff vom Wesen der Species geben, *) Zoologie et Paleont. Frang. p. 24. Fig. 290 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII. 1. un Q Da 11. Backenzähne vom lebenden Misothermus torgquatus aus. dem Taimyrlande, a. vom rechten Oberkiefer, b vom Unterkiefer derselben Seite, vergrössert. Nicht abgenutzte Backenzähne von Mus decumanus, a. des rech- ten Oberkiefers, b. des rechten Unterkiefers, c. erster Backen- zahn des Oberkiefers von der Innenseite gesehen. Man sieht die natürlichen Kauflächen,. deren Grund von freiem Zahnbein gebildet wird. Senkrechter Längsschnitt durch die Mitte des zweiten oberen Backenzahnes von Mus deeumanus. Der Schnitt ist zwischen den Wurzeln geführt, und erscheint daher allseitig geschlossen. Der Zahn hatte noch nicht das Zahnfleisch durchbrochen, daher ist das Fehlen des Schmelzes an der Spitze der Höcker nicht durch Abkauen entstanden. und b. Obere und untere Backenzähne von Mus decumanus nach mässiger Abnützung. und 5. Dieselben in einem sehr hohen Grade abgekaut, da der grösste Theil der Kronen durch Abnützung verschwunden ist. a. Der erste und zweite Backenzahn des rechten Öberkiefers von Mus orthodon aus der Breccie von Cagliari nach mässiger Abnützung. b. Der erste Zahn von der Innenseite aus gesehen. Die Backenzähne des linken Oberkiefers ebendaher, mehr abge- uützt als die der Figur b. Erster Backenzahn des rechten Unterkiefers ebendaher, wenig abgenützt. a. Derselbe der linken Seite mehr abgenützt, b. seine Innenseite. Die Backenzähne des rechten Unterkiefers ebendaher, sehr ab- genützt, Schema für die Backenzähne von Mus, a. des Oberkiefers, b. des Unterkiefers. Der Stern bezeichnet die Aussenseite des Zahnes. Die einzelnen Abbildungen beigefügten Linien bezeichnen dic natür- liche Grösse. 291 6. Ueber die chemische Zusammensetzung zweier Phonolithe. Von Herrn vom Raru ın Bonn. Nachdem C. GMELIN gelehrt hatte, durch die gesonderte Analyse die Zusammensetzung der Phonolithe zu erforschen, sind sie häufig der Gegenstand chemischer Untersuchungen gewesen. Auch scheinen in der T'hat diese Gesteine in hohem Grade des Interesses der Geologen werth zu sein, denn sie versprechen für manche noch verschlossene Gebiete der Gesteinskunde der Schlüs- sel zu werden. Der Phonolith deutete durch seine Lagerung auf vulkanische Entstehung. Die chemische Zusammensetzung des- selben lässt sich aber mit einer solchen nicht wohl vereinigen. Es sind folgende zwei Punkte, welche gegen die Annahme einer feurigen Entstehung streiten: Die wesentliche Menge von Wasser, welche das Gestein häufig (nicht immer) enthält. . Die Eigenschaft desselben, bei Zusatz von Chlorwasserstoff- säure Kieselsäure in Form einer Gallerte abzuscheiden. Alle Gesteine, welche in feurigem Zustande von den heuti- gen Vulkanen ausgestossen worden sind, enthalten kein (oder vielleicht nur eine ganz geringe Spur von) Wasser, auch gela- tiniren sie, so weit die bisherigen Untersuchungen zu reichen scheinen, nicht mit Säuren. Nicht der Phonolith allein zeigt Eigenschaften, welche sei- ner Lagerung zu widersprechen scheinen; auch die Gesteine der Basaltfamilie enthalten Wasser und gelatiniren mit Säuren, und unterscheiden sich also wesentlich, bei aller Aehnlichkeit von denjenigen Gesteinen, welche durch den heutigen Vulkanismus gebildet werden. Die chemische Untersuchung liefert also hier bestimmte Andeutungen für die Veränderungen von Gesteinen 292 im Verlaufe einer Zeit, welche nach geologischem Maassstabe kurz zu nennen ist. Die Gallertbildung bei der Zersetzung der Phonolithe pflegt man der Gegenwart zeolithischer Mineralien in der Grundmasse des Gesteins zuzuschreiben; gleichwohl gelatinirt dieselbe, auch wenn der fehlende Gehalt an Wasser nicht erlaubt, an das Vor- handensein von Zeolithen zu glauben. — Die vulkanische Zone Böhmens ist derjenige Theil Deutsch- lands, wo die Phonolithe ihre grösste Verbreitung erreichen. Ihre isolirten Kuppen, bald völlig kegelförmig bald etwas in die Länge gezogen, sind von Carlsbad an gegen Nordosten bis in die Gegend von Zittau und Rumburg zerstreut. Vorzüglich in der Nähe Bilins und zwischen Zittau und Kreibitz liegen die schönen Phonolithberge dicht gedrängt zusammen. Eine Anzahl von Phonolithen aus der Umgebung Bilins ist bereits untersucht worden *), während die chemische Zusammensetzung von Phono- lithen der rechten Elbseite noch nicht bekannt geworden ist. Es schien mir darum von Interesse zu sein, Analysen von Phono. lithen, welche an dem nordöstlichen Ende jener böhmischen Zone von vulkanischen Gesteinen auftreten, zu unternehmen. I. Eine Stunde südwestlich von Zittau, links an der Strasse, welche nach dem interessanten Sandsteinberge Oibin führt, liegt bei Olbersdorf eine kleine flache Kuppe von Phonolith, welche nur wenig über die mit Braunkohlen bedeckte Ebene hervorragt, während nur wenig im Südwesten der phonolithische Hochwald, welcher sich über der Hochebene der Quadersandsteinbildung er- hebt, eine ausgezeichnete, weithin sichtbare Kuppe bildet. Der Phonolithhügel bei Olbersdorf ist durch Steinbrüche eröffnet, in welchen ich ein mit einer mehrere Linien dicken Verwitterungs- ‚rinde bedecktes Handstück zur Analyse schlug. Die Verwitte- rung des Phonoliths zeigt sich bei Olbersdorf in ausgezeichneter *) SteuvE untersuchte den Phonolith des Rothenberges bei Brüx, siehe RammeLsgers, Handwörterbuch des chemischen Theils der Minera- logie II. S. 51 ff.; Meyer denjenigen vom Marienberge bei Aussig, Poc- Genporrr’s Annalen Bd. 47. S. 191.; Reprtexnsacker den Phonolith von Whisterschan bei Teplitz, Poscexnorrr’s Annalen Bd.48. S. 491; Pretr- ser den Phonolith vom Teplitzer Schlossberge, RıunueLsseng a. a. O. Suppl. II. S. 112; Herrter und Jor untersuchten den unlöslichen Theil des Phonoliths von Kostenblatt bei Bilin, RammeLssers a. a. ©. Suppl. V. s. 189. 293 Weise. Während gewöhnlich die zersetzte Rinde nur 1 bis 2 Li- nien tief in das Gestein eindringt*), sieht man dort Verwitte- rungsrinden von einem Zoll Stärke. Das untersuchte Gestein hat eine graue Grundmasse u.d ist äusserst dünnschiefrig, man kann Blättchen, deren Dicke nur Bruchtheile einer Linie beträgt, davon ablösen. Ausgeschiedene Kıystalle von glasigem Feldspath, we- nig über eine Linie gross, finden sich in der Grundmasse einge- wachsen. Diese Krystalle haben eine tafelföürmige Gestalt, indem M (der zweite blättrige Bruch parallel der Abstumpfung der scharfen Kante der geschobenen Säule) sich sehr ausdehnt. In den Stücken, welche ich sah, waren nur einfache Krystalle von glasigem Feldspath vorhanden; während diejenigen Feldspath- Krystalle des Drachenfelser Trachyts, welche eine tafelförmige Gestalt haben, wohl immer Zwillinge (nach dem sogenannten Karlsbader Gesetze) sind**). Die Lage der Feldspath-Krystalle in dem untersuchten Phonolith ist nicht ganz regellos***). Die meisten liegen so, dass die Tateln (M) in parallelen Ebenen lie- gen. Diese fallen zusammen mit der Schieferungsebene des Ge- steins. Obgleich die Schieferung sich auch in Handstücken zeigt, welche mit blossem Auge keine eingewachsenen Feldspath-Kry- stalle erkennen lassen, so ist doch zu vermuthen, dass das schief- rige Gefüge des Phonoliths durch parallele Lage der kleinsten krystallinischen Theile bedingt werde. Betrachtet man dünne Splitter der grauen Grundmasse des untersuchten Phonoliths bei durchfallendem Lichte durch die Lupe, so sieht man, dass zahl- reiche, kurz säulenförmige, schwarze Krystalle darin liegen (wahr- scheinlich Hornblende), ausserdem bemerkt man kleine schwarze Punkte, welche ohne Zweifel Magneteisenerz sind, da durch die Analyse die Gegenwart dieser Verbindung nachgewiesen wird. Diese beiden Gemengtheile waren in der verwitterten Rinde auch bei auffallendem Lichte erkennbar. Diese Verwitterungsrinde war in der Nähe des frischen Kerns fast weiss, näher gegen die Oberfläche aber gelblichbraun. Hier zeigen sich die beiden *) oder noch weniger, siehe GUTBERLET, Ueber die Phonolithe und Trachyte der Rhönberge. Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. Jahrg. 1845, 2. Heft S. 131. **) Vergl. Dr. H.v. Dicuen „Geognostische Beschreibung des Sieben- gebirges am Rhein“ Verh. d. naturh. Vereins 9. Jahrg. S. 360. ”**) Vergl. GutßerLer, Ueber die Phonolithe und Trachyte der Rhön- berge a. a. O. und Naumann, Lehrbuch der Geognosie I. S. 639. 294 schwarzen Gemengtheile schon dem blossen Auge. Ihre Masse ist aber immer höchst gering gegen die Grundmasse. Unter der Lupe erscheint die zersetzte Rinde als ein lockeres Aggregat zahlloser krystallinischer Schuppen, deren Undurchsichkeit nur dadurch bewirkt wird, dass die verbindende Substanz, der lösli- che Gesteinsantheil, fortgeführt worden ist. Auch das speeifische Gewicht der lichten Rinde deutet darauf hin, dass zahlreiche Poren und Höhlungen in derselben sind. In Stücken gewogen zeigt die Substanz ein geringeres Gewicht als die unzersetzten Phonolithe, da doch das wahre Gewicht bei weitem höher sein muss, da nämlich das Gewicht der Phonolithe steigt in dem Ver- hältnisse, wie der feldspathige Bestandtheil relativ zunimmt. Andere unwesentliche Mineralien konnte ich ausser den ge- nannten in den geschlagenen Stücken nicht finden. II. Das zweite der untersuchten Gesteine schlug ich auf der Lausche, jenem wegen seiner Aussicht so bekannten Phono- lithkegel, etwa 2 Stunden südwestlich von Zittau entfernt. Es besitzt eine grünlichgraue, stark durchscheinende Grundmasse, worin nur sehr wenige kleine Krystalle von glasigem Feldspath (die meisten ebenfalls in ungefähr paralleler Richtung) einge- wachsen sind. Die schiefrige Struktur ist nicht so vollkommen als bei dem vorigen. Bei durchfallendem Lichte waren in der Grundmasse keine Magneteisenstein-Punkte wahrzunehmen, und auch nur wenige kurzsäulenförmige Krystalle von Hornblende. Dieses Gestein scheint zur Verwitterung nicht so geneigt wie das vorige. Die Frage, auf welcher Oxydationsstufe das Eisen im Ge- steine vorhanden, und nach der Menge der beiden Oxyde, war vollkommen zu lösen mir nicht möglich, da das Gestein nur zum Theil in Säuren löslich war. Zwar trat das Eisen vorzugsweise in Lösung über, doch nicht gänzlich. Ueber den ungelösten Rest konnte ich Nichts entscheiden. Mehrere Gramme der feingepulverten Gesteine wurden in einem fast ganz verschlossenen Glaskolben mit kochender Chlor- wasserstoffsäure behandelt. Die Dämpfe der Säure entwickelten sich währenddess mit grosser Heftigkeit aus einer ausgezogenen Glasröhre, welche durch den Stopfen des Gefässes hindurchging. Da der Kolben vor dem Beginne der Operation mit Kohlensäure erfüllt wurde, so war die oxydirende Einwirkung des atmosphä- rischen Sauerstoffs möglichst beseitigt. Die Trennung des Eisen- 295 oxyds vom Eisenoxydul geschah in der erkalteten Auflösung durch kohlensauren Baryt auf die bekannte Weise. Auf das rasche Filtriren des durch kohlensauren Baryt erhaltenen Nieder- schlags wurde die grösste Sorgfalt verwandt. Von dem Phonolith I. (von Olbersdorf) wurden 5,014 Gr. auf jene Art behandelt. Es lösten sich in Chlorwasserstoffsäure 2,79 pCt. Eisen, hiervon waren auf der höhern Oxydationsstufe im Gestein vorhanden 1,44 — 2,05 pCt. Fe, auf der niedern Oxydationsstufe 1,35 = 1,73 50. Fe. 2,05 pCt. Fe verlangen um Magneteisen zu bilden 0,90 pCt. Fe, es bleibt also ein Rest von 0,83 pCt. Fe. Durch heisse Chlorwasserstoffsäure wird dem Gestein also 2,95 pCt. Magneteisen und noch 0,83 pCt Eisen- oxydul entzogen. Von dem Phonolith II. (von der Lausche) wurden 4,441 Gr. auf die gleiche Weise behandelt. Wenn auch vielleicht der stö- rende Einfluss der atmosphärischen Luft bei diesen Versuchen nicht gänzlich zu beseitigen war, so wurde genau darauf geach- tet, dass diese Störung bei beiden Bestimmungen gleich sei. Das Resultat war indess ganz anders. Vom Gestein von der Lausche lösten sich 1,25 pCt. Eisenoxyd und nur 0,34 pCt. Manganoxy- dul mit wenig Eisenoxydul; da durch die Lupe Magneteisenerz- Punkte nicht bemerken waren, so bleibt es zweifelhaft, ob über- haupt diese Verbindung darin vorhanden ist. Eine direkte Bestimmung des Wassers ergab für den Pho- nolith I. 0,54 pCt. Da indess zur Wasserbestimmung ein Glas- kolben benutzt wurde, an welchem ein Chlorcaleium-Rohr be- festigt war, so konnte die Erhitzung nicht weiter fortgesetzt wer- den, als bis das Glas zu erweichen begann. Als das geglühte Pulver sofort in einen Platintiegel gebracht und längere Zsit bei Weissgluht erhitzt wurde, entwichen noch 0,17. Der ganze Glühverlust = 0,71 pCt. ist in der Analyse als Wasser auf- geführt. ° Der Phonolith II. ergab bei Weissgluht einen etwas höhern Glühverlust = 1,18 pCt., welche ebenfalls als Wasser aufgeführt werden. Die nach bekannten Regeln ausgeführte Analyse ergab fol- gende Zusammensetzung für den Phonolith I., specifisches Ge- wicht 2,596 (bei 17 Grad C.): Zeils. d.d. geol. Ges. VIII. 2. 20 296 a b c berechnet Sauerstoff- Angew. Menge 1,604Gr. 2,419Gr. mengen Kieselsäure . . 61,54 — 61,54 +61,10907394933 Thonerde - - .. .1960 19,02 19,31 18,67 9,02 Eisenoxyd (mit et- - was en 4,30 4,09 4,19 4,37 1,26 Kalkerde . . 1,24 1,42 1,33 1,49 0,38 Magnesia . . . 0,220 Spur 0,10 0,42 0,04 Kal n..; 8. 2, 02 5,86 5,86 5,93 1,00 Natron”. .. >... — 7,65 1,65 7,77 1,96 N | — 0,71. (8,71). us 100,69 Die Zahlen unter a sind das Resultat einer Analyse, wobei mit kohlensaurem Natron aufgeschlossen worden war, b ist die Analyse mit Fluorwasserstoffsäure, e das Mittel. Unter „berech- net‘ stehen die Werthe, welche aus der gefundenen Zusammen- setzung für den löslichen und unlöslichen Theil (wovon sogleich) für die ganze Zusammensetzung des Gesteins folgen würden. Die Sauerstoffmengen beziehen sich auf die Werthe unter c. Es betragen die Sauerstoffmengen von Verhältniss Kali, Natron, Magnesia, Kalkerde . 3,38 0,95 Eisenoxyd, Thonerde . . . . . 10,28 2,89 Kieselsäure . . EEE 9,00 Der ee (Sauerstoff der Basen, dividirt durch den Sauerstoff der Kieselsäure) — 0,428. Führen wir dieselbe Rechnung aus mit Rücksicht auf die durch den besondern Versuch bestimmte Menge von Eisenoxydul (1,73) und Eisenoxyd (2,05) und nehmen wir an, dass die ge- ringe Menge von Eisen, welcher in unlöslicher Verbindung im Gesteine vorhanden ist, ebenfalls im Zustande des Oxyds ist, so erhalten wir Verhältniss O v. Kali, Natron, Magnesia, Kalkerde, Bisenoxydnl. erw. rer 1,05 Eisenoxyd, Thonerde . . . . . 9,70 2,08 Kieselsäure- ., .. 231,00 9,00 Sauerstoffquotient — (0), 420. Es ergiebt sich ein Verhältniss für unser Gestein, welches nahe mit demjenigen des Oligoklases 1:3:9 stimmen würde, wenn wir 297 alles Eisen als Oxyd annähmen*). So wie das Gestein in Wahr- heit uns vorliegt, wird jenem Verhältniss weniger genügt. Die Vermuthung ist gewiss begründet, dass die eruptiven Gesteine, auch als Ganzes betrachtet, nach gewissen gesetzmässigen Ver- hältnissen zusammengesetzt sind; oder doch, wenn wir sie in ihrem jetzigen Zustande als theilweise verändert ansehen müssen, bei ihrer Entstehung es waren. Aller Stoff ist ja doch nach Zahlengesetzen verbunden: sollten es die Gesteine nicht sein? Das Magneteisen ist. indess vielleicht hier keine ursprüng- liche Bildung. Wie dasselbe als sekundäre Bildung aus Au- git und aus Granat entstehen kann, so ist es vielleicht auch hier zu deuten. Es mag wohl sein, dass das Eisen in dem feurigflüssigen Gesteine als Oxydul vorhanden gewesen. Wir begnügen uns jetzt mit der Einsicht, dass wenn alles Eisen auf der Stufe des Oxyds sich befindet, wir unserm Phonolithe das chemische Bild des Oligoklases geben können. Es würde ein Oligoklas sein, welcher sich durch die Menge des Eisenoxyds und des Kalis von dem gewöhnlichen unterscheiden, indess sehr nahe mit dem Oligoklas von Ajatskaja nach Francıs **) über- einstimmen würde. Folgendes ist die Zusammensetzung des Phonoliths II., spe- eifisches Gewicht 2,566 (bei 17 Grad C.): E a’ b ce berechnet Sauer- Angew.Substanz 1,168Gr. 1,981Gr.2,526Gr. 2, Kieselsäure . 59,17 (58,10) — .-59,17.. 59,15. 30,70 Thonerde . . 18,54 — 20,955; 19,74. 249,86 9,23 Eisenoxyd. . 334 332. 352 339 3,54 1,02 Kalkerde . . 1,19 1,21 0,35,.5 0.92.:::.0,94 5,026 Magnesia . . 0,417 0,45 0,15 - 0,15 _:..0,38 .:. 0,06 Ba ne — 6,45 _.: 6,45.:.2,5,27 274,10 trans. ar L 8,88 8,88 9,52***) 2,27 Wasser... ._. — — 1.18:.44.1,18,.. 4052,...505 ö 99,88 *) Vergl. Asıca, Vulkanische Erscheinungen in Unter- und Mittel- Italien, S.37 und E. E. Scauio, Chemisch-mineralogische Mittheilungen in Poscenporrr’s Annalen Bd. 89. S. 295. **) Siehe PuıtLıps Mineralogy S. 373. ***) Die Summe der gefundenen und berechneten Alkalien stimmt indess ziemlich nahe überein (15,33 und 14,79). 20% 298 a’ ist eine zweite durch Aufschliessen mit kohlensaurem Na- tron ausgeführte Analyse. Im Uebrigen ist diese Tafel wie die vorige zu verstehen. Es betragen die Sauerstoffmengen von Verhätlniss Kali, Natron, Magnesia, Kalkerde . 3,69 1,08 Eisenoxyd, Thonerde . . . . .. 10,25 3,00 Kieselsäure . . REBEL! 9,00 Sauerstoffquotient = o, 154, Nehmen wir jenem besondern Versuche zufolge 0,34 pCt. Eisenoxydul im Gestein, und das Eisen, welches in Chlorwasser- stoffsäure unlöslich ist, als Eisenoxyd an, so erhalten wir das Sauerstoffverbältniss: Verhältniss Kali, Natron, Magnesia, Kalkerde, Bisenoxydul. - .. . ir, ur 1,10 Eisenoxyd, Thonerde . . . . . 10,13 2 KIcsplSanren u, fe a ir 9,00 Sauerstoffquotient — 0,452. Die Untersuchung dieses Phonoliths liefert also das gleiche Resultat wie diejenige des vorigen, Betrachten wir alles Eisen des Gesteins als Oxyd (was mit dem jetzigen Zustande desselben allerdings nicht übereinstimmt), so ergiebt sich für dasselbe die Formel des Oligoklases (RSi — R Si?) mit einer Genauigkeit, wie wir sie nicht immer bei scharf individualisirten Mineralien finden. So haben wir eine gewisse Einsicht in die elementare Zu- sammensetzung jener Phonolithe erlangt. Da sie indess keine einfachen Gesteine sind, so ist es nöthig zu ermitteln, welcher Art die Gemengtheile sind. Dass der Phonolith ein zusammen- gesetztes Gestein ist, geht, ganz abgesehen von den frühern Ana- lysen, schon aus der Betrachtung der oben erwähnten Verwitte- rungsrinde hervor. Man erkennt hier durch die Lupe ganz deut- lich, dass krystallinische Blättchen von Feldspath in einander verwebt sind, doch die sie verbindende Grundmasse felılt. Be- kanntlich ist der Phonolith mehr als irgend ein anderes Gestein zur gesonderten Analyse geeignet, weil der feldspathige Gemeng- theil desselben (glasiger Feldspath) in Säuren fast unlöslich ist. Zur Erforschung der Zusammensetzung der beiden Gesteinstheile, des löslichen und unlöslichen, wurde das aufs feinste zerriebene 299 Pulver 24 Stunden lang bei einer zwischen 60 und 70 Grad C, schwankenden Temperatur mit Chlorwasserstoffsäure behandelt; dann das Ganze zur Trockenheit eingedampft und wieder in Wasser gelöst. Die Lösung enthielt sämmtliche Basen des ge- lösten Theils; der Rückstand die Kieselsäure des löslichen und den ganzen unlöslichen Theil. Es scheint nicht rathsam zu sein, zur Auflösung der Kieselsäure den Rückstand wiederholt mit kohlensaurem Natron zu erhitzen, weil dieses ohne Zweifel zer- setzend auf den unlöslichen Antheil wirkt. Bei diesen Operatio- nen wurde genau darauf geachtet, dass beide Gesteine ganz auf dieselbe Weise behandelt wurden, damit, wenn auch die Methode, beide Gemengtheile des Gesteins zu trennen, nicht ganz genau ist, dies doch nicht störend bei der Vergleichung beider Gesteine wirke. Es ist indess nicht möglich, den Glühverlust, welcher dem unlöslichen Gemengtheile zukommt, zu ermitteln, er wird auf diese Weise nur dem löslichen zugeschrieben; wodurch ohne Zweifel ein geringer Fehler begangen wird. 4,731 Gr. des Phonoliths I. hinterliessen nach der Behand- lung mit Säure und nach dem Abdampfen 4,142 Gr. (die Kiesel- säure des löslichen und den unlöslichen Theil). Nachdem die Kieselsäure durch Natronkarbonat aufgelöst worden war, blieben für den unlöslichen Theil 3,684 übrig. Vom Gesteine waren also auf diese Art löslich 22,13 pCt., unlöslich 77,87 pCt. Die Zusammensetzung des unzersetzbaren Gemengtheils wurde durch zwei Analysen (a mit Natronkarbonat, b mit Fluorwasserstoff- säure, c Mittel), diejenige des löslichen durch eine einzige ermittelt. Unlöslicher Theil des Phonoliths I a b e Sauerstoffmengen Angew. Substanz. 1,334 Gr. 2,052 Gr. Kieselsäure . . . 66,04 _ 66,04 34,29 Thonerde . . . 17,24 17,98 17,62 8,23 8.99 Eisenoxyd . ... 2,91 2,19 2,89. 14,0576 2 Kalkade- ra. 2811: 1588 0,79 1,07 0,30 Magnesia . . . 0,24 0,58 0,41 0,16 a a pe 66. 6,56 111f 918 Natron . ol. — 6,29 6,29 1,64 100,54 300 Das Sauerstoffverhältniss R, R, Si ist hier 4,11 : 3,14: 12, der Quotient = 0,354. Löslicher Theil des Phonoliths 1. Sauerstoffmengen Angew. Menge . 1,345_Gr. Kieselsäure . . 43,74 N) Thonerde . . 22,39 10,46 ) Eisenoxyd . . 10,79 2 ? Kalkerde . . 2,96 0,84 (Magneteisen 10,42) Magnesia . . 0,47 0,19 Bolt ai et a Mairens, „2.2... 12,38 al Wasser: „2: „22.24 2,88 100,59 Wenn hier alles Eisen als Oxyd angenommen wird, so er- giebt sich kein einfaches Sauerstoffverhältniss; wird indess das Eisen als Magneteisen aus der Verbindung abgeschieden (und in | | der That ist nach der obigen Magneteisen - Bestimmung eine so grosse Menge vorhanden), so folgt aus der Analyse das Sauerstoffverhältniss : R:R:Si:H = 0,88:1,84:4:0,5; der Sauerstoffquotient = 0,680. Sollte dem gefundenen Sauerstoffverhältniss ein einfaches 1:2:4 zu Grunde liegen, so würde sich der lösliche Theil durch die Formel R? Si? -- 2R Si darstellen lassen. Es ist mir nicht möglich gewesen trotz vielen Rechnens diese Verbin- dung gerade auf in zwei oder mehrere Mineralien zu zerfällen, ich glaube auch nicht, dass es überhaupt möglich ist. Als ein einziges Mineral von bestimmter Zusammensetzung können wir den gelösten Theil nicht ansehen, es giebt nur sehr wenige Mi- neralien, deren Sauerstoffverhältniss (R : R: Si) = 1:2:4 ist (Skapolith), keines, welches die gleiche Zusammensetzung des löslichen Gemengtheils hätte. Es ist leicht eine Nephelin-artige Verbindung darin zu berechnen, es bleibt aber alsdann ein Rest, welcher keiner sichern Deutung fähig ist. Der geringe Wasser- gehalt erlaubt nicht, eine Zeolith-artiges Mineral in irgend we- sentlicher Menge darin anzunehmen. Der unlösliche Antheil ist offenbar glasiger Feldspath ([K, Na] Si + Ar Si®). Wenn etwas zu wenig Kieselsäure 301 vorhanden zu sein scheint, so mag dieses von zwei Ursachen herrühren: von den kleinen dem Gesteine beigemengten Horn- blendetheilchen, und von der Behandlung mit kohlensaurem Na- tron, welches zersetzend auf den unlöslichen Antheil wirkte, und Kieselsäure auflöste. Zur gesonderten Analyse des Phonoliths II. wurden 4,441 Gr. verwandt. Es betrug das Gewicht des Unlöslichen plus der Kieselsäure des löslichen Theils 3,580 Gr. Nach Behandlung mit kohlensaurem Natron blieben zurück 2,832. Es beträgt daher der lösliche Theil 36,22 pCt., der unlösliche Theil 63,78 pCt. Der grössern Menge, in welcher der lösliche Theil in diesem Phonolithe vorhanden ist, im Vergleiche zum vorigen, entspricht das geringere specifische Gewicht. Es ist die Zusammensetzung des unlöslichen Theils des Phonoliths II. a b c Sauerstoffimengen Angew. Menge . 1,073 Gr. 1,700 Gr. Kieselsäure. . . 66,35 — 66,35 34,45 Thogerde . . . 17,59 (18,68) 17,59 8.22 994 Eisenoxyd . . » 3,26 23.35 3,30 0,99 AN Kalkerde. .. »#..5.0,65 0,53 0,59 0,17 Marnesia ©, .1.8 10,37 — 0,37 0,15 TR Re 6er ee Natron 2... — 6,10 6,10 1,56 100,95 Das Sauerstoffverbältniss. R: R: Si = 1,04.:3,20 : 12, der Quotient = 0,354. Löslicher Theil des Phonoliths II. Angewandte Menge . . . . . „1,668 Gr. Vauerstoffmengen IKieselsaure u. an a an d6A8 24,13 Rhonerde 7.2.2: 2.287 2.501,..2..2,29195 \ ‚85 11,15 12,09 Bisenoxydaı dh. sm 3,07 0,94 Manganoxydul mit wenig Eisenoxydul 0,94 0,21 Kalkerde ri... a an. ap 2a 5 0,44 Masuesian year 040 0,16 7. 5,26 Kamen ne. en 72,85 0,48 Natron was. 2.2.20 200 415,54 3,97 Wasser... ame. AS 25 2.94 97,94 302 .Da der besondere Versuch zur Bestimmung des Magnet. eisenerzes es zweifelhaft gelassen hatte, ob überhaupt Magnet- eisen vorhanden sei, so ist es hier auch nicht in Abzug gebracht worden, obgleich dadurch die unmittelbare Vergleichung mit dem löslichen Theile des Phonolithes I. etwas erschwert wird. Es berechnet sich das Sauerstoffverhältniss R:R:Si:H = 0,87: 2,00: 4: 0,49, der Sauerstoffquotient — 0,717. Es ergiebt sich_ also hier nahe dasselbe Verhältniss (1:2: 4), welches für den löslichen Antheil des Phonoliths I. unter der Bedingung gefunden worden, dass alles Eisen als Magneteisen aus der Rechnung entfernt wurde. Obgleich die zersetzte Rinde der Phonolithe bereits Gegen- stand chemischer Untersuchungen gewesen ist, so schien es mir doch von Interesse, durch eine Analyse der ausgezeichneten Ver- witterungsrinden von Olbersdorf die Veränderung der chemischen Zusammensetzung des Phonoliths durch den zersetzenden Einfluss der Atmosphärilien zu erforschen. Von demselben Handstücke, welches in frischem Zustande die Analyse I. (Phonolith von Olbersdorf) lieferte, wurde auch die Verwitterungsrinde untersucht; das specifische Gewicht von kleinen Stücken ist 2,426 (bei 18,75 Grad C.). Es ist indess wegen des lockern Gefüges der Rinde zu geringe gefunden wor- den. Ihre Zusammensetzung war _ a b ce _ Sauerstoffmengen Angewandte Menge. 1,511 Gr. 2,179 Gr. Kieseläure . . . 63,93 — 63,93 33,19 Thonerde . . . . 45,48 16,83 16,16 1,93 Eisenoxyd..“-. .. 4,57 4,79 4,68 1,40 Kalkerde, 0; %- 0,9 0,46 0,69 0,19 Magnesi#’ *. . "+0,35 0,54 0,44 0,29 Kal, ur; — 8,13 8,13 1,38 Natron . a — 5,03 9,03 1529 Wasser so 8r.2. se 0.8D — 0,80 _ 99,86 Es beträgt die Sauerstoffmenge der starken Basen 3,15 „ „ „ „ „ schwachen „ 8,95 ei} * e „ Kieselsäure 33,19 Ihr Verhältniss ist = 1,13 :3,23 : 12. Der Sauerstoffquotient ist 0,363. 303 Durch die Verwitterung hat sich also die Zusammensetzung des Gesteins in der Art geändert, dass das chemische Bild des- selben nicht mehr mit demjenigen des Oligoklases (Sauerstoff- Verhältniss 1 :3: 9) übereinstimmt, sondern sich demjenigen des glasigen Feldspaths nähert (S.-Verhältniss 1:3: 12). Das Sauerstoffverbältniss des verwitterten Gesteins ist un- gefähr dasselbe, wie dasjenige des unlöslichen Antheils der bei- den untersuchten Phonolithe. Es scheint also im Allgemeinen durch die Verwitterung der lösliche Gesteins-Gemengtheil fort- geführt zu werden. Dieses bestätigt sich durch die gesonderte Analyse. Von 4,318 Gr., welche mit Chlorwasserstoffsäure in der oben angeführten Weise behandelt wurden, blieben nach der Behandlung des Rückstandes mit einer Lösung von kohlensaurem Natron 4,086 Gr. ungelöst. Es betrug also beim verwitterten Phonolith der lösliche Theil 5,37 pCt., der unlösliche Theil 94,63 pCt. Der lösliche Theil (5,37 pCt.) war folgendermaassen zusam- mengesetzt Kieselsäure . . 20,05 Thonerde . . 0,00 Masneteisen . 49,96 Kalkerde. . . 2,33 Magnesia . . 1,45 Kalı 3O9-„rad, e2i8h Nätron wi. 7 ©2,66 Wasser . . . 14,66 *) e 93,94 Diese Analyse, welche vorzüglich zur Ermittlung der Menge und der Oxydationsstufe des Eisens unternommen worden ist, kann natürlich (wie auch schon der Verlust zeigt) auf grössere Genauigkeit keinen Anspruch machen, weil die ganze Menge des gelösten Theils nur 0,232 Gr. betrug. Jedenfalls bestätigt die Analyse dieser verwitterten Phonolith-Rinde im Allgemeinen durch- aus die Resultate, welche früher Srruve und GMELINx durch ihre Untersuchungen verwitterter Phonolithe gefunden haben **). *) Der Wassergehalt konnte natürlich nicht direct bestimmt werden, er ist von dem ganzen Gestein: auf den löslichen Antheil berechnet worden. *) Siehe Bıschor’s Handbuch der chemischen und physikalischen Geologie Bd. IL, 3. S. 2139. 304 Es ist mir trotz vielfachen Rechnens nicht gelungen, allge- meine Gesetze für die Zusammensetzung der bisher untersuchten Phonolithe auszumitteln. So viel scheint festzustehen, dass 'der unlösliche Antheil dieser Gesteine theils wie glasiger Feldspath (und dieses ist das Gewöhnliche), theils wie Oligoklas (nach E. E. SchMID, s. oben) zusammengesetzt ist. Ob aber alle Phonolithe als Ganzes betrachtet eine gesetzmässige Oligoklas- Mischung stets erkennen lassen, dieses vermochte ich nicht zu ermitteln; noch zweifelhafter scheint mir die Natur des löslichen Antheils zu sein. Es steht hier einer allgemeineren Vergleichung der Phonolith-Analysen vorzugsweise die mangelnde Bestimmung der Oxydationsstufen des Eisens im Wege. Nur einen kleinen Beitrag zu einer einst zu erlangenden Einsicht der chemischen Natur dieser so ausserordentlich merkwürdigen Gesteine wünschte ich hiermit zu geben. — Resultate der vorstehenden Phonolith-Analysen. 1) Betrachtet man die Gesteine als ein Ganzes, so besitzen sie (wenn alles Eisen in ihnen auf der Stufe des Oxyds gedacht wird) eine durch ganze einfache Sauerstoffzahlen bestimmte Zu- sammensetzung. Man könnte sie sich gebildet denken aus einem Atom neutralem Alkalisilikat und einem Atom 2 Thonerdesilikat. Die Sauerstoffquotienten beider Gesteine sind 0,428 (I.) und 0,454 (II.); das Mittel ist = 0,44, genau dieselbe Zahl wie für den Oligoklas. Ein hoher Kali- und Eisenoxyd-Gehalt würde denjenigen Oligoklas, als welchen wir uns jene Gesteine vor- stellen können, auszeichnen. 2) Es bestätigt sich das Gesetz, dass je specifisch schwerer ein Phonolith ist, desto geringer ist sein in Säuren löslicher Gemengtheil. 3) Der unlösliche Gemengtheil beider Gesteine ist fast gleich _ zusammengesetzt und zwar nach ganzen, einfachen Sauerstoffzah- len (1:3: :12). Die Zusammensetzung schliesst sich derjenigen des glasigen Feldspaths an, indem Natron zum Theil das Kali vertritt. Der Reichthum an Eisenoxyd und Natron unterscheidet sie doch nur unwesentlich von derjenigen der gewöhnlichen gla- sigen Feldspathe. 4) Eine gesetzmässige Mischung konnte für den löslichen Gemengtheil beider Gesteine nicht ermittelt werden. Von che- mischer Seite steht Nichts im Wege, Nephelin als einen Bestand- 305 theil desselben anzusehen. Es bleibt indess immer ein Rest, welcher keine bestimmte Deutung zu erlauben scheint. Wichti- ger ist es zu bemerken, wie sehr das Natron im löslichen Theile vorherrscht. 5) Durch die Verwitterung des Gesteins vermindert sich die Menge des löslichen Antheils (Sıaruve, C. GmELiın). Be- merkenswerth scheint es, dass in der verwitterten Rinde die Menge der Alkalien sich nicht verändert, ihr Verhältniss aber sich umgekehrt hat. Die Verwitterung alterirt nicht wesentlich den Gehalt an Magneteisenerz (welches bei Behandlung des Ge- steins mit heisser Chlorwasserstoffsäure ganz aufgelöst wurde), vermindert aber den Gehalt an Natron mehr als es die Einwir- kung heisser Säure vermag. Druck von J. F. Starcke in Berlin. Zieitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 3. Heft (Maı, Juni, Julı 1856). a er A. Verhandlungen der Gesellschaft. — 1. Protokoll der Maı- Sitzung. Verhandelt Berlin, den 2. Mai 1856. Vorsitzender: Herr v. CARnarL. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: A. An Geschenken: F. ROEMER. Ueber den Bau von Melonites multipora, ein Echinid des amerikanischen Kohlenkalks. — Separatabdruck. ZEUSCHNER. Geognostische Beschreibung des Liaskalkes in der Tatra und in den angrenzenden Gebirgen. — Separatabdruck. V. Ritter v. ZEpHaRoVvIcH. Beiträge zur Geologie des Pil- sener Kreises in Böhmen. — Separatabdruck. G. SANDBERGER. Kurzer Nekrolog von C. E. STIFFT. — Und: Vergleichende Uebersicht und relatives Alter der wichtige- ren Schichtenglieder des rheinischen oder devonischen Systems. — Separatabdrücke. Murcnıson and Morris. On the palaevzoic and their associated rocks of the Thüringerwald and the Harz. — Se- paratabdruck. | Murcrison. On the occurrence of numerous fragments of Fire-Wood in the Islands of the arctic Archipelago. — Se- paratabdruck. MuvxrcHıson. Or the discovery, by Mr. ROBERT SLIMON, of Jossils in the uppermost silurian rocks near Lesmahago in Scotland. — Separatabdruck. CASIANO DE PrADo. Memoire sur la geblogie d’Alma- den, d’une partie de la Sierra Morena et des montagnes de Zeits. d.d. geol. Ges. VIII. 3, 21 308 Tolede, suivi d’une description des fossiles, qui s’y rencontrent, par M.Bf. DE VERNEUIL et BARRANDE. — Paris 1856. Sr. CLAIRE DEYILLE. Observations sur la nature et la distribution des fumerolles dans leruption du Vesuve du ier Mai 1855. Paris 1855. Gusscarnı. Fauna fossile vesuviana. Napoli 1856. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1853. VI. Jahrgang. No. 3. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Jahr- gang 1855. Heft 5 und 6. The quarterly journal of the geological Society. Vol. X1. Part. 4. No. 44, Fünfter Jahresbericht über die Wirksamkeit des Werner- Vereins. Brünn 1856. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins für das Königreich Hannover. Band I. Register und Band I. Heft 1. Zur Ansicht war eine Reihe von Gesteinen ausgelegt, die Herr MEyN aus Uetersen zur Erläuterung seines für die Zeit- schrift bestimmten Aufsatzes „Riffsteinbildung im Kleinen an der deutschen Nordseeküste“ eingesendet ‚hatte. . Herr OscHarz machte Mittheilung über die mikroskopische Struktur des Carnallits. Es war ihm gelungen durch Schleifen unter ätherischem Oel hinlänglich dünne Plättchen desselben herzustellen. In der homogenen Substanz des Doppelsalzes ga- ben vielfache Streifungen, die sich schon dem blossen Auge be- merkbar machen, Andeutung von Zwillingsverwachsung. Der Carnallit erwies sich polarisirend, wobei die erwähnten Streifun- gen besonders lebhaft hervortraten. Durch die ganze Masse sind Krystalle von Eisenglanz vertheilt, meistentheils sechsseitige Ta- feln, mitunter längere Säulen, zuweilen auch Nadeln von solcher Feinheit, dass die eigenthümliche Farbe nicht mehr bemerkbar ist, ausserdem äusserst feine amorphe Partikel. Die Eisenglanz- krystalle zeigen keine übereinstimmende Anordnung; nur hin und wieder sah man Krystalle oder amorphe Partikel in geraden oder ge- bogenen Linien von verschiedener unbestimmter Richtung geordnet. | | | | Derselbe Redner legte ferner Schliffe von Almandinen vor, | in welchen sich ausser parallelen Krystallnadeln krystallinische | und unregelmässige Höhlungen, wahrscheinlich mit Flüssigkeit erfüllt, vorfinden, mitunter zu Gruppen vereinigt. 309 Herr Rorm legte den von Herrn GuiscArpı in Neapel herausgegebenen Katalog der am Vesuv vorkommenden Verstei- nerungen vor. In der „fauna fossile vesuviana“ sind 93 Spe- cies aufgezählt, von denen nur Nassa semistriata BRoc. bis jetzt nicht lebend bekannt ist. Wenn demnach die Versteinerungen führenden Gesteine des Vesuvs einer sehr modernen Epoche an- gehören, so liefert die Auffindung eines derartigen Gesteines, welches neben Kalk- und Lavafragmenten eine grosse Menge Augitkrystalle, so wie glasigen Feldspath enthält, den Beweis, dass die Vesuvprodukte um diese Zeit ins Meer gelangten, dass die Versteinerungen führenden Gesteine sich unterscheiden lassen in solche, die älter als der Vesuv und solche, die jünger als derselbe sind. Immer treten sie, sowohl die kalkigen, als auch die sandigen und thonigen, abgerundet auf, so dass sie als Roll- steine den Auswurfsmassen einverleibt wurden. Wie denn auch ‚das Vorkommen von den in Schwefel umgewandelten Muschel- schalen für hier stattgefundene Fumarolenwirkung spricht. Herr Beyrich sprach über das Alter tertiärer Eisensteine, welche bei Rothenburg an der Saale vorkommen. Durch Ab- giessen der scharf abgedrückten Oberflächen der als Steinkerne in diesen Eisensteinen zahlreich eingeschlossenen Muscheln in Gutta- percha war es möglich geworden, einige Arten scharf zu bestim- men, wobei sich als Resultat herausstellte, dass das Lager, wo- hin der Eisenstein gehört, den marinen Tertiärlagern vom Alter des Sternberger Gesteins oder den vom Redner oberoligocän ge- nannten Lagern angehören müsse. Es ist nach dieser Thatsache wahrscheinlich, dass die Eisensteinlager an der Elbe bei Rosslau, in welchen scharf bestimmbare Arten bisher nicht beobachtet wa- ren, von gleichem Alter seien; auch lässt sich damit in Verbin- dung bringen, dass unter den Conchylien, welche verschwemmt im Diluvium bei Schraplau gefunden wurden, charakteristische Formen des Sternberger Gesteins wie Auccinum pygmaeum SCHLOTH. sp. und andre auftreten, vermischt mit Arten, die ter- tiären Lagern von mitteloligocänem Alter angehören. Herr Tamxau sprach über zwei interessante Pseudomorpho- ‘sen seiner Sammlung. Die eine — Quarz nach Schwerspath, ‘ vom Grindel bei Butzbach in Hessen — besteht aus einem grau- \ weissen, an einigen Stellen mit Brauneisenstein durchwachsenen ı und dadurch braungefärbten Quarz, der überaus deutlich die Flä- ( chen grosser Schwerspath-Tafeln zeigt, deren früheren Raum er Zar 310 gegenwärtig erfüllt. Die Flächen dieser Tafeln sind eben, hin und wieder mit sehr kleinen Kugeln von Brauneisenstein besetzt, und zum Theil mit einer ganz dünnen Schicht von Quarzkrystal- len neuerer Bildung überzogen. Im Innern des Stückes zeigen sich in drusenartigen Räumen grössere, viel Brauneisenstein ein- schliessende Quarzkrystalle, die gewissermaassen die äussern Flä- chen der früheren Schwerspathkrystalle zur gemeinschaftlichen Basis genommen hatten, und auf derselben nebeneinander fort- gewachsen waren. Das zweite vorgelegte Stück ist von der Wolfs-Insel im Onega-See. — Eine gelbbraune, nicht sehr harte Masse, die je- doch nicht gerade an Speckstein erinnert, bildet eine Gruppe ziemlich grosser, Speerspitzen-ähnlicher, sternförmig-kugelig um einen Mittelpunkt gelagerter Krystalle, deren weissliche, etwas poröse Oberflächen vollständig das Gepräge der Pseudomorphose tragen. Die fremden Krystalle und die ganze Erscheinung gleicht am meisten dem Natro-Caleit; auch mit einem gewissen Vorkom- men von Speerkies ist eine entfernte Aehnlichkeit vorhanden. Das Mineral ist nicht untersucht, und es ist daher kaum eine Meinung darüber zu äussern, was es gewesen, oder was es in seinem gegenwärtigen Zustande sein mag. Es muss ein seltenes Vorkommen sein, denn dem Vortragenden ist nur ein einziges zweites Stück davon bekannt, welches sich in der Sammlung des Königlichen Mineralien-Kabinets zu Berlin befindet. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. vV. CARNALL. DBEYRICH. 2. Protokoll der Junı - Sıtzung. Verhandelt Berlin, den 4. Juni 1856. Vorsitzender: Herr v. CArNALL. Das Protokoll der Mai-Sitzung wird verlesen und genehmigt. Für die Bibliothek sind eingegangen: A. An Geschenken: E. Hormans. Der nördliche Ural und das Küstengebirge Pae-Choi. Band II. St. Petersburg 1856. 3ll A. Erpmann. Försök till en geognostisk- mineralogisk beskrifning öfver Tunabergs Socken i Södermanland. Stock- holm 1849. — Mit zugehörenden Karten und Profilen. A, ErpMmann. Dannemora jernmalmsfält i Upsala Lün. Stockholm 1851. A. Erpmann. Lärobok i Mineralogien. Stockholm 1853. A. Erpmann. Vügledning till Bergarternas Kännedom. Stockholm 1855. A. Erpmann. Diö jernmalmsfült i Stockholms Lüän. Stockholm 1856. Ca. LyeLt. On the successive Changes of the Temple of Serapis. — Separatabdruck. W. Kıne. On Anthracosia. — Separatabdruck. W. Kınc. On Pleurodictyum problematicum. — Separat- abdruck. J. H. BEnNET. An investigation into the structure of the Torbanehill mineral and of various Kinds of coal, Edin- burgh 1854. E. F. Grocker. Neue Beiträge zur Kenntniss der nordi- schen Geschiebe und ihres Vorkommens in der Oderebene um Breslau. — Separatabdruck. E. F. GLockEr. Neue Beobachtungen über das Vorkom- men des Stilpnomelans. — Separatabdruck. A. E. Revuss. Beiträge zur Charakteristik der Tertiärschich- ten des nördlichen und mittleren Deutschlands. — Separatabdruck. A. E. Reuss. Ueber Koprolithen im Rothliegenden Böh- mens. — Separatabdruck. A.E.Reuss. Paläontologische Miscellen. — Separatabdruck- Protokoll einer Versammlung des mittelrheinischen geologi_ schen Vereins d. d. Frankfurt, den 6. April 1856. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. Band 15. Heft 2. Archiv für Landeskunde in den Grossherzogthümern Mek- lenburg. Sechster Jahrgang. Heft 1 bis 4. Mittheilungen über wichtige neue Erforschungen aus dem Gesammtgebiete der Geographie. Von A. PETERMAnN. 1855 No. 1—12 und 1856 No. 1—4. | The quarterly journal of the geological society. Vol. XII. Part, 1. 312 Herr v. BENNIGSEN-FÖRDER sprach 1) Ueber das von ihm beobachtete Vorkommen verschwemm- ter Kreide - Polythalamien im Lössmergel (nicht im Lösslehm) von vielen Punkten am Niederrhein, in Belgien, im Siebengebirge und bei Basel; desgleichen aber auch in andern ähnlichen Löss- gebilden Norddeutschlands, namentlich im Malmmergel von Jübar bei Salzwedel, im Lössmergel des linken Elbufers bei Magdeburg und im Lössmergel von Cöthen, doch nicht in dem von Klein- Zerbst bei Pretsch. Diese Beobachtung erachtet der Redner als eine neue sichere Stütze seiner früher ausgesprochenen Ansicht, dass auch die Rheinlössgebilde nichts anderes als nordische Di- luvialbildungen, abgesetzt in einem bis in die Alpen (bis Sar- gans) ausgedehnt gewesenen Meerbusen des grossen nordischen Diluvialmeeres, seien, da sich im nordischen Diluvial- (Geschiebe-) Mergel ausser den früher erwähnten Kreide-Bryozoen auch Kreide- Polythalamien reichlich vorfinden. Aus den Verhandlungen der Akademie der Wissenschaften, Sitzung vom 18. August 1845, ergiebt sich, dass auch schon die Herren EHkRENBERG und: von DECHEN im genannten Jahre im Löss des Siebengebirges Poly- thalamien gefunden und daraus geschlossen haben, dass dies ent- weder einen brakischen Charakter der dortigen Tertiärgebilde oder eine Beimengung von Kreidefelstrümmern anzeige. 2) Wurde vom Redner die grosse Lehmgrube beim Chaussee- hause bei Alt-Geltow unweit Potsdam als eine besonders geeig- nete Lokalität zum Erkennen der Selbstständigkeit der Diluvial- Mergelschicht bezeichnet, da sich dort ein auffallend weisser, kalkreicher Streifen horizontal in der Mergelschicht auf einer Erstreckung von 30 Schritten beobachten lasse, welcher jedesmal, wenn er die keilförmig in die Mergelwand hinabgehenden Massen der aufgelagerten braunen Lehmschicht berühre, sogleich ver- schwinde, um aber jenseit der stockförmigen Lehmeinlagerungen (wahrscheinlich Ausfüllungen von im Mergel vorhanden gewese- nen Klüften) sofort in früherer Mächtigkeit und Farbe wieder zu erscheinen. Jene Lokalität bei Geltow wurde ferner als günstig bezeichnet, weil hier ein anderer constanter Unterschied zwischen Diluviallehm und Diluvialmergel, nämlich grösserer Gewichtsmengen und gröberer Körner von Sand und Steinchen im Lehm als im Mergel, deutlich hervortrete. Im kalkfreien Lehm von Geltow finden sich über 70 pCt. Sand und Steinchen, im eirca 40 pCt. kohlensauren Kalk führenden Mergel, nahe beim 313 Lehm von jener Beschaffenheit entnommen, lassen sich dagegen durch die Abschlämm-Maschine nur eirca 30 pCt. von Sand und Steinchen gewinnen. Hauptsächlich aber ist jene Lokalität für den bezeichneten Zweck wichtig, weil sich sowohl hier, wie auch auf den wenig davon entfernten Kuppen der Kesselberge (nach Herrn Professor BERGHAUS Messung 301,3 Pariser Fuss über dem Meere und ziemlich genau 200 Pariser Fuss über der Havel- Eisenbahnbrücke nahe dabei, welche zu 102,8 Fuss absoluter Höhe angegeben ist), und wie auch an der Teufelsbrücke bei Sanssouci, meist ziemlich wohlerhaltene Süss- und Brakwasser- Conchylien in diesem eigentlichen Geschiebemergel finden, welcher an den bezeichneten Punkten, besonders deutlich aber bei Geltow, von dem gewöhnlichen sandreichen Geschiebe- oder Diluviallehm überlagert ist: ein Vorkommen, welches zu der Folgerung be- rechtigt, dass der Absatz des Lehms aus dem Diluvialmeer doch nicht ganz unmittelbar (der Zeit nach) der Bildung des Diluvial- mergels gefolgt sei, und dass Aenderungen in den Niveauver- hältnissen des damaligen Meeresbodens sich wohl bis in die be- zeichnete Gegend erstreckt haben können. 3) Theilte der Redner mit, dass er die neuern Angaben nach nicht mehr vorhandene Geschiebeschicht in der Grenzkehle bei Buckow, über welche derselbe vor 13 Jahren in den Erläu- terungen zur geognostischen Karte der Umgegend von Berlin berichtet, gleichwohl erst vor einigen Wochen noch an ihrer Stelle gefunden, zwischen graubraunem Formsand im Liegenden und weissem Formsand (15 Fuss mächtig) im Hangenden. Es ist indess mit Hülfe des Mikroskops dem Redner gelungen, ein tombakbraunes Glimmerblättehen und auch ein gelbes grösseres Quarzkorn in dem obern weissen Formsand zu finden, wodurch die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass dieser weisse Formsand sich auf sekundärer Lagerstätte befinde. Schliesslich erwähnte Herr v. BENNIGSENn-FÖRDER, dass in der an jüngern Gebilden reichen Gegend der Teufelsbrücke bei Sanssouci auch eine 2 Fuss mächtige Schicht von Glimmersand unter dem Formsande und auch eine Ablagerung von Süss- wasserkalk an der Mündung des Abzugsgrabens von 14 Fuss Mächtigkeit zu beobachten seien; es zeige daher diese Lokalität in der Nähe von Schloss und Park Sanssouci die Hauptgebilde der Tertiär-, der Diluvial- und der Alluvial- Formationen und ihren Anschluss aneinander auf einem kleinen Raume zusammen- 314 gedrängt; die Rasendecke erschwert aber das Auffinden der ver- schiedenen Bildungen. Herr Braun berichtete über den Inhalt der von ihm als Geschenk des Verfassers für die Bibliothek der Gesellschaft über- gebenen Schrift von BENNETT. Herr H. Rose zeigte einige ihm durch Herrn KranTz in Bonn zugekommene Proben des schwarzen Kryoliths von Evig- tok in Grönland, über dessen Vorkommen ausführliche Mitthei- lungen von Herrn TAytLER bekannt gemacht worden sind.*) Die schwarze Farbe rührt von organischer Materie her. Durch sehr geringes Erhitzen decrepitirt dieser gefärbte Kryolith, und erleidet dadurch einen Verlust von nur 0,03 pCt. Nach den mikroskopischen Untersuchungen des Herrn Dr. OscHArz ent- hält er in sehr geringer Menge eine Flüssigkeit in Bläschen. In den Saalbändern des Kryolithlagers kommt Columbit in schönen Krystallen vor. Herr BERINGUIER legte die von Sur bearbeitete geologi- sche Uebersichtskarte der neogenen Tertiärlager in den nordöst- lichen Alpen zur Ansicht vor. Herr v. CarsaLL legte eine Flöz-Karte von dem oberschle- sischen Hauptflözzuge der Steinkohlenformation vor und gab aus- führlichere Erläuterungen über dieselbe. Diese Karte ist nach den neuesten Aufschlüssen von dem Berggeschwornen MAUYVE (jetzt in Kattowitz) mit grossem Fleisse bearbeitet worden; es gehört dazu eine Reihe von Durchschnitten, welche die Abla- gerung der zahlreichen und mächtigen Flöze näher anschaulich macht. Der Redner knüpfte daran Bemerkungen über die zweck- mässigste Methode solcher Darstellungen. Herr Tamnau legte eine grosse und ungewöhnlich schöne Druse von Kalkspath-Krystallen aus der Adelsberger Grotte in Krain vor, und sprach über das Vorkommen. Die grossen und vortreffllich ausgebildeten Krystalle derselben von gelblichweisser Farbe und lebhaftem Glanz zeigen das primitive Rhomboeder, und es ist bemerkenswerth, dass an diesem Fundorte, so weit bekannt, immer nur sonst die ziemlich seltene Grundgestalt ohne weitere sekundäre Flächen beobachtet wurde. Vielleicht dürfte *) Quarterly journal of the geological Society. London, Vol, XII, Part. 2. p. 140 fg. 315 diese Erscheinung irgend wie mit der Bildung dieser Krystalle in einer Tropfsteinhöhle im Zusammenhang stehen. ° Herr SOxneEnscHEIN legte Vitriolblei von ausgezeichneter Schönheit vom Monte Pona bei Iglesias auf Sardinien vor, mit- getheilt durch den Professor SELLA in Turin. Herr EwArn berichtete über einen neuen Fundort von Ver- steinerungen des oberen Grünsandes oder der Tourtia mit 4Jm- monites varians am nördlichen Harzrande. Der beobachtete Punkt ist nördlich von Gernrode bei der Bückemühle und be- sonders darum von Interesse, weil in den Profilen des Harzran- des Schichten des bezeichneten Alters bisher noch nicht beob- achtet worden sind. Ferner zeigte derselbe ein charakteristisches Stück der be- kannten in Gewässern, die aus Kohlengruben bei Newcastle ab- fliessen, sich bildenden Thonabsätze, an welchen durch einen Wechsel von sehr feinen weissen und schwarzen Schichten, ent- sprechend dem Wechsel der Arbeits- und der Ruhezeit in den Gruben, die zur Bildung der Absätze erforderlich gewesene Zeit sich messbar dem Auge darstellt. Herr G. Rose berichtete über den Inhalt des wichtigen, von Herrn Hormann als Geschenk eingesendeten Werkes über den nördlichen Ural und das Küstengebirge Pae-Choi. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. V. CARNALL. DBEYRICH. 3. Protokoll der Julı - Sitzung. Verhandelt Berlin, den 2. Juli 1856. Vorsitzender: Herr v. CARNALL. Das Protokoll der Juni-Sitzung wurde verlesen und ge- nehmigt. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: A. An Geschenken: BeysicH. Ueber den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen zur Erläuterung einer geologischen Uebersichts- karte. Berlin 1856. — Separatabdruck. 316 DELESSE. Notice sur les mines de cuivre du cap de bonne- esperance. — Separatabdruck. Pıssıs. _ Deseripcion jeolojica de la republica de Chile. 1850. — Geschenk des Herrn y. GüLIcn. Estatuto de la asociacion de amigos de la historia natu- ral del Plata, creada por superior decreto de 6 de mayo de 1854. Buenos Aires 1855. — Geschenk des Herrn v. GüLich. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. Zwölf- ter Jahrgang zweites Heft. Mittheilungen aus J. PERTHES’s geographischer Anstalt von PETERMANN. 1856. V. ÄAnnales des mines. Ling. serie. Tome Vll. 3e livr. de 1855. Bulletin de la societe geologique de France. Deu«x. serie. Tome douzieme. Feuilles 52—60, und Tome treizieme. Feuwilles 3—1. Der Vorsitzende, Herr v. CARNALL, berichtete über ver- schiedene neue zur Ansicht ausgelegte Vorkommnisse aus schle- sischen Revieren. Ein neues Vorkommen von tertiärem Thon, entsprechend dem Tegel von Mikultschitz, ist bei Schomberg nahe Beuthen beobachtet. Unter anderen wohlerhaltenen Conchylien ist das bisher aus den oberschlesischen miocänen Tertiärlagern noch nicht beobachtete Cerzithium lignituarum von Interesse. Bei Bobrek hat sich an dem Fundorte der bekannten Horn- bleikrystalle ein Stück Hornblei gefunden, in welchem Kiesel eingeschlossen sind von vollkommen gleicher Beschaffenheit wie sie in dem umgebenden tertiären Thon liegen. Redner bemerkte dabei, dass an diesem Stücke zu entnehmen sei, wie die Krystall- bildung zwar den plastischen Thon, aber nicht den Kiesel aus dem jetzt vom Kıystall eingenommenen Raum zu verdrängen vermocht habe. Ein Galmei-Stück von der Theresiengrube bei Beuthen zeigt Abdrücke von Krystallen, welche Kalkspathı oder Arragonit ge- wesen sein dürften. Ein anderes Stück ebendaher zeigt das im Grünsand seltene Vorkommen einer Quarzdruse. Ebendaselbst sind zu Eisenoxydhydrat veränderte Krystalle von eisenhaltigem Zinkspath vorgekommen. Auf der Königin-Louise-Grube bei Zabrze hat sich in der 317 Kohle des Pochhammerflözes in knollenförmigen Ausscheidungen ein Mineral gefunden, welches von Herrn F. RoEMER, auf Grund einer von Herrn Lo&wiG ausgeführten Analyse, für ein Varietät von dichtem Alaunstein erklärt wird.*) Herr JEnZscH hielt einen Vortrag über die Resultate einer von ihm ausgeführten Untersuchung über die Zusammensetzung des Phonolithes. Die Arbeit wurde vom Redner zum Abdruck in der Zeitschrift übergeben. **) Herr Beyrıcn berichtete nachträglich zu der im Mai von ihm gemachten Mittheilung über das Alter der tertiären, bei Rothenburg an der Saale gefundenen Eisensteine, dass dieselben nach einer brieflichen, an Herrn SERLO gerichteten Anzeige des Herrn JoAcnıMıI bei Rothenburg nicht anstehend, sondern nur als vereinzelte diluviale Vorkommnisse gefünden sind. Herr H. Rose zeigte krystallisirtes Silicium von Herrn Kö- NEMANN bereitet. Mittelst der Lupe sind deutlich sechsseitige Tafeln zu erkennen. Herr Tamnau legte Proben eines ihm aus Amerika, an- geblich aus Nord-Carolina, zugekommenen Gesteins vor, welches in Amerika mit dem Namen Lecpardit belegt wird. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. v. w. 0. V. CARNALL. DBEYRICH. *) Vergl. S. 246 fg. dieses Bandes. *#) Vergl. S. 167 fg. dieses Bandes. 318 B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr von ver Marck an Herrn vox CARNALL. Hamm, den 15. Juni 1856. Der VII. Band der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft enthält eine grössere Arbeit des Herrn A. Huyssen betitelt: „die Soolquellen des westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und muthmaasslicher Ursprung.“ Seite 646 hat Herr Huyssses eine von mir ausgeführte Ana- lyse des Brunnenwassers meiner Apotheke mitgetheilt. Diese Mittheilung enthält einige durch Schreib- oder Druckfehler ent- standene Unrichtigkeiten, weshalb ich mir erlaube die erhaltenen Resultate nochmals anzugeben. Es enthalten 100,00 Gewichtstheile dieses Wassers: Chlergatrumm;;, -u.ef;,. zikspepnee} ufernie Zerte- BO ZBE Chlorkaliam:. W. ursguriicksinr eu dee re A: Chlormagnesium . 2. white Yes. Freier ON 2Anue Schwefelsaure Kalkerde Sn a rin De Schwefelsaure Kali)... Yeldnez Zu ar ee HARTE Salpetersaures Natron... Du... u Kia: DORINT Kieselsänre.... "....,.% - Ahnilsusenihr: tree DDRDIBEE Eisenoxyd „. %.... . el Sradgelee 221 RESPHEEN Phosphorsaure Thoverdbs mens Sicher Tran Fluorcaleium . . este SESSSPRTER Phosphorsaure Kekerde, ag enden Te plane Tarrt.e EEE Kohlensaure Kalkerde ... : . 2 .= ... 0,03248 „ Kohlensäure Magnesa . - » «=. ..'... 000177, Ammonäk-.. .: - „0,. ..: 0.0.5 Organische extractivstoffähnliche Sobefare 20.018941. 53 UDeberschuss an. Natzen- -. u. 7.2.0 2 .2..:00054155 Freie Kohlensäure . . 0,0176 753 Summa aller festen Bestandtheile en den Versuch; gefnuden 1.0.2... 22... ... OA 319 2. Herr v. Stromseck an Herrn Beryriıch. Braunschweig, den 25. Oktober 1856. Sie haben gegen mich schon öfter von Versteinerungen des Septarienthons geredet, die sich in der Königlichen Samm- lung zu Berlin befinden, und die nach beiliegenden Zetteln von Söllingen in Süden von Schöningen herrühren. Hierdurch aufmerksam gemacht, suchte ich vielfach nach der Fundstelle, konnte sie aber, ungeachtet das Braunkohlengebirge daselbst ver- breitet ist, zum Theil auch an der Oberfläche zu Tage geht und hier vorzugsweise gesucht wurde, nicht ermitteln. Ich äusserte deshalb meine Bedenken gegen die Richtigkeit der Angabe. Jetzt stellt sich aber das Vorkommen des Septarienthons in der Um- gegend von Söllingen entschieden heraus. Für die Eisenbahn von Jerxheim über Schöningen nach Helmstädt, welche nämlich dermalen vorbereitet wird, macht man jetzt hart an der östlichen Seite von Söllingen einen 26 Fuss tiefen Einschnitt, der den dortigen Thon aufschliesst. Dieser Thon, der ziemlich fett, mit Säure brausend, von grauer Farbe und ohne wahrnehmbare Schichtung ist, hat mir früher viel zu schaffen gemacht. Der- selbe bildet zwischen dem Dorfe und der zugehörigen ostwärts belegenen Windmühle, auch noch weiter in Osten, den Bergab- hang. Organische Einschlüsse konnte ich damals und so lange nur die Oberfläche zu untersuchen stand, nicht ermitteln. Da beiderseits ziemlich im Hauptstreichen der Schichten unterer Lias (Cardinien- und Arcuaten-Lias) auftritt, so rechnete ich dazu jenen Söllinger Thon, glaubend, dass letzterer die eine oder an- dere darin vorkommende versteinerungsarme Thonschicht, in von Tagewassern angegriffenem Zustande, sein würde. So wurde denn auch der in Rede stehende Thon, der nach der Configura- tion der Oberfläche, unter Diluvial-Bedeckung, nicht nur im Orte Söllingen, sondern auch ziemlich weit in Südosten von da, vor- handen sein dürfte, auf Sektion I. meiner Karte vom Herzogthum Braunschweig, obgleich nicht ohne Zweifel, bezeichnet. Das ist nun aber nach den Aufschlüssen, die der Eisenbahn-Durchstich giebt, falsch, und habe ich schon seit einiger Zeit Anordnung getroffen, dass der Söllinger Thon auf der Karte mit der Farbe für das Tertiärgebirge colorirt wird. Der Durchstich zeigt näm- lich im Thone eine Menge calcinirter Muscheln, die, so häufig sie auch sind, doch, wie der umgebende Thon selbst, mindestens 320 bis zu 20 Fuss Tiefe von den Tagewassern u. s. w. so ange- griffen erscheinen, dass bestimmbare Stücke zu den Seltenheiten gehören. Noch tiefer ist die Zerstörung indessen minder, und da lässt sich dann vor allem die grosse Leda (Nucula) Deshaye- sana NxsT mit ihrer scharfen concentrischen Streifung erkennen, Das dürfte schon genügen, um die Bildung für Ihren mittel- oligocänen Septarienthon, den Sie in dem belgischen Thone von Boom, Dumonv’s Systeme Rupelien superieur, wiederfinden, zu erkennen. Ich bin in der Sache um so weniger zweifelhaft, als Herr EwALp, der kürzlich an Ort und Stelle war, dieselbe Deu- tung annimmt. Ausserdem haben sich noch einige Arten von Bivalven gezeigt, während ich Einschaler, sonst im Septarienthone so vorwaltend, bis jetzt nicht erhielt. Sobald grössere Ausbeute vorliegt, werde ich Ihnen weitere Mittheilung machen. — Die Septarien selbst vermisse ich in dem Thone. Dagegen treten darin ohne bestimmte Lage vielfach hand- bis kopfgrosse, scharf begrenzte Ausscheidungen einer milden, braunen, eisenschüssigen Masse, ganz mit kleinen losen Gypskrystallen erfüllt, auf. Es mögen das früher Schwefelkiesnieren gewesen sein. Im Winter 1839/40 sind auf dem Gehöfte des Ackermanns Vauset an der östlichen Seite von Söllingen die Schichten bis in das unterliegende Flözgebirge, bei Gelegenheit einer Brunnen- Anlage, durchbohrt, und fand man daselbst, nach zuverlässigen Angaben, von oben nach unten: 1) Dammerde und Schutt = 12 Fuss; 2) Septarienthon = 128 Fuss; 3) grünen, nach unten weissen Sand = 60 Fuss; und 4) Gesteinsschichten von 4 bis 6 Zoll Mächtigkeit mit etwa 2 Fuss starken Thonbänken ab- wechselnd = 100 Fuss, entweder dem untersten Lias oder dem obern Keupersandstein angehörig. — Schon früher, vor fast 30 Jahren, ist die Umgegend von der Bergbehörde durch Bohrver- suche auf Braunkohlen untersucht. Den Akten nach scheinen damit im Wesentlichen dieselben Schichten getroffen zu sein, jedenfalls aber stets ohne Braunkohlenflöze. Grüner Sand hat sich dabei nicht weit über dem Grundgebirge öfter gezeigt. Es wird derselbe sein, der bei VAHsEL sub 3 durchbohrt wurde, und der bei der Bockmühle zwischen Söllingen und Dobbeln unmittelbar über dem obern Keupersandstein liegt, und daselbst mit diesem zu Tage geht. Der grüne Sand führt hier "keine organische Einschlüsse. Der Lage nach könnte derselbe indessen eine Parallelbildung derjenigen gleichfalls versteinerungsleeren 321 Zwischenschichten unter dem Septarienthon und über den Braun- kohlen sein, die Sie in Karsrten’s Archiv Bd. 22 S. 73 ff. von Görzig bekannt machten, und mit dem Magdeburger Sande oder dem Lager von Egeln, Systeme Tongrien inferieur Dumont, verglichen. Im Uebrigen ist der Söllinger Thon weder durch bergmän- nische Arbeiten noch auf sonstige Weise in dem Helmstädt- Schöninger Braunkohlen-Revier bis jetzt angetroffen, so dass sich von hier die Beziehungen des Braunkohlen-führenden Gebirges zu ihm nicht ergeben. Es steht zu erwarten, dass nachdem der Söllinger Thon gehörig erkannt ist, durch weitere Erfunde dessen mehrere Verbreitung und damit auch der mehrere Zusammenhang der jetzt in hiesiger Gegend vereinzelt liegenden Punkte ver- mittelt wird. Es stellt sich hiernach heraus, dass die obigen Tertiärver- steinerungen in der Berliner Königlichen Sammlung allerdings von Söllingen sein werden, auch dass sie daselbst nicht etwa im Diluvium, sondern auf ursprünglicher Lagerstätte gefunden sein werden. Da ich indessen nach der tief eingreifenden Einwirkung der Atmosphärilien auf den Thon nicht annehmen kann, dass sie von der Oberfläche herrühren, so dürften sie aus einem künst- lichen, nicht mehr zugänglichen Aufschlusse, vielleicht aus dem VaHser’schen Brunnen, entnommen sein. 3. Herr Bor an Herrn Bevrıch. Neubrandenburg, den 15. August 1856. Mit grossem Interesse habe ich die kleine Abhandlung von R. Jones in den Annals and Magazine of Natural history for August 1855 über die Arten‘der Gattung Beyrichia, welche er in norddeutschen silurischen Geröllen gefunden hat, gelesen, und erlaube mir hier noch einige Bemerkungen an dieselbe anzu- knüpfen. Von den Arten, welche Jones beschreibt, habe ich in mei- ner Sammlung aufgefunden nur Beyrichia Buchiana, tubercu- lata, Salteriana und Wilckensiana, — es fehlen mir also zur Zeit noch: B. Dalmanniana, Maccoyiana, siliqua und mundula. 322 Der Grundtypus der vier ersteren Arten scheint beständig zu sein, aber in den Details ihrer Verzierungen sind sie sehr ver- änderlich, wie dies auch schon von JONES gezeigt worden ist. Die schon von KLöpen dargestellten, von JONES aber vermiss- ten kleinen Tuberkeln am Rande der B. Zuberculata habe ich bei allen Varietäten dieser Art häufig gefunden. Auch bei B. Wilckensiana habe ich noch eine Abänderung bemerkt, weiche Herrn Jones entgangen zu sein scheint, und welche darin besteht, dass die Schale mitunter (wie bei B. Maccoyiana) mit eingesto- chenen Punkten bedeckt ist. Ausser jenen vier Arten habe ich aber noch einige neue Arten gefunden, deren Beschreibung und Abbildung ich hier mitzutbeilen mir erlaube; sie sind alle in 16maliger Vergrösse- rung durch den HAGEnow’schen Dicatopter gezeichnet und gehören alle in die Abtheilung der jugosae. 1. Beyrichia Jonesii nov. sp. Fig. 1. Sie steht der B. Maccoyiana am nächsten, weicht aber doch durch bestimmte Kennzeichen von derselben ab. Die vordere halbmondförmige Wulst ist an ihrem unteren Ende nur durch eine sehr schwache, nur bei günstiger Beleuchtung erkennbare Depression von der sehr breiten hinteren Wulst getrennt, und mit letzterer hängt die kleinere mittlere, ovale Wulst, welche sich dicht an die vordere anlehnt, durch eine sehr schmale, aber deutlich erkennbare Leiste zusammen. Umriss der ganzen Schale nicht so regelmässig halbkreisförmig als bei B. Maccoyiana, son- dern nach vorn etwas mehr verbreitert. Rand mit radial aus- strahlenden Furchen geziert (wie bei Maccoyiana). Oberfläche des vorderen und hinteren Wulstes mit kleinen Granulationen bedeckt (bei Maccoyiana mit vertieften Punkten), während der mittlere Wulst glatt bleib. — Sehr selten; ich besitze drei Exemplare, von denen zwei obersilurisch, eins vielleicht unter- silurisch ist. Figur 1 rechte, 2 linke Schale. 323 2. Beyrichia spinulosa nov. sp. Fig. 3. Sie ist verwandt mit B. Buchiana, welcher sie hinsichtlich der schlanken Wülste am nächsten steht. Der hintere Wulst ist durch zwei Querfurchen auf ähnliche Weise wie bei B. fubercu- lata getheilt, was bei B. Buchiana aber niemals der Fall ist. Die Oberfläche der Wülste ist mit einigen unregelmässigen Fält- ehen und Körnchen bedeckt. Der Rand ist mit stark hervor- ragenden Tuberkeln geziert. — Sehr selten, nur in einem Exem- plare vorhanden, und wahrscheinlich untersilurisch ; denn wenn ich nicht irre, so stammt das schon früher einmal von mir aus einem Gerölle gelösete Exemplar aus dem Graptolithengestein. Figur 3 linke Schale. 3. Beyrichia hians nov. sp. Fig. 4. Diese zierliche und sehr leicht erkennbare Art ist in ihrer Wulstbildung sehr veränderlich, namentlich in der Ausbildung des hinteren breiten Wulstes. Charakteristisch ist aber für sie die Aufbiegung des Randes unten an der vorderen Seite, sowohl bei der rechten als auch an der linken Schale, wodurch, wenn beide Schalen vereinigt sind, hier eine klaffende Oefinung ent- steht. Der Rand ist wie bei B. Jonesil und Maccoyiana mit radial ausstrahlenden Furchen geziert, und der etwas verdickte Saum des Randes in gleicher Richtung ganz ungemein fein ge- streift. — Figur 4 die linke Schale. — In einem bei Neubran- denburg gefundenen obersilurischen Gerölle sehr häufig, ander- weitig von mir noch nicht gesehen. } Zeits. d.d. geol. Ges. VIII. 3. 22 324 Dies etwa + Zoll dicke und 5 [Zoll grosse Gerölle ist fast ganz und gar aus kleinen Petrefakten zusammengesetzt. Es enthält ausser der B. hians auch noch RB. tuberculata (selten), Buchiana und Wilckensiana (beide selır häufig), Patella anti- quissima Hısınc., viele Säulenstücke von Krinoideenstielen, mehr oder weniger fünfseitig, welche ich als zu Pentacrinus priscus GOoLDF. gehörig betrachten möchte, ferner ein Säulenglied, wel- ches ich bei keiner mir bekannten Art unterzubringen weiss, — eine glatte Oytherina in grosser Menge, Brachiopodenreste und zwei Arten von Tentaculiten. Von diesen letzteren kommt die eine nur sparsam und in sehr kleinen Exemplaren in diesem Gerölle vor; ihre Ringe ste- hen meist paarweise und die einzelnen Paare sind weit auseinan- der gerückt, weiter als der Durchmesser der Ringe gross ist, und der Zwischenraum zwischen den Ringen ist mit sehr feinen ring- förmigen Streifen geziert. Ich halte diese Art für 7. orzatus MvecH. und möchte glauben, dass der 7. scalaris v. SCHLOTH. nur der Steinkern der vorliegenden Art (welche in anderen Ge- röllen beträchtlich grösser wird) sei. Die andere Art, welche in diesen Geröllen in wenigstens 50 Exemplaren vertreten ist, scheint mir neu zu sein, — denn die Abbildungen und Beschreibungen von 7’. annulatus v.SCHLO'TH., welche mir zu Gebote stehen, wollen auf dieselbe nicht recht passen. Sie ist nur kurz und spitzt sich ziemlich schnell zu; ihre stark hervortretenden Ringe stehen alle einzeln in regel- mässigen Abständen, welche nur etwa 4 des Durchmessers der Ringe betragen; die Zwischenräume der Ringe sind mit etwa 6 bis 8 ringförmigen Streifen geziert; alle Exemplare sind an der Spitze etwas (bald mehr, bald weniger) gekrümmt, weshalb ich den Namen 7. curvatus für diese Art in Vor- schlag bringe. 4. Herr Zimmermann an Herrn Beryricn. Hamburg, den 23. September 1856. Vielleicht ist es Ihnen nicht unwillkommen zu erfahren, dass kürzlich an einem der äussersten nordwestlichen Ausläufer der Bu 325 Lüneburger Haide ein anstehendes Kreidelager entdeckt worden ist. Der hiesige bekannte Chemiker, Herr ULEx, war wohl der erste wissenschaftliche Beobachter, der es zufällig auf einer Reise von Stade nach Neuhaus an der Oste bemerkte, indem er einen daselbst durch einen neuen Chausseebau veranlassten Durch- schnitt einer Bodenanschwellung passirte.. Um die Sache genauer zu untersuchen, habe ich mit Herrn ULEx jene Gegend im Au- gust d. J. besucht, und wir haben uns beide überzeugt, dass dort ein Kreidelager vorhanden, das durch den Chausseebau an der Grenze der Geest gegen die Marsch, nördlich vom Dorfe Westersode, beim Hammoor aufgeschlossen worden ist. Es liegt ziemlich in der Mitte zwischen Stade und Neuhaus, unter dem 26 ° 47°’ östlicher Länge und 53° 29° nördlicher Breite; und steht nicht nur zu beiden Seiten des Chausseegrabens an, von einer nur dünnen Diluvialdecke bedeckt, sondern ist auch sowohl in der Nachbarschaft der Chaussee durch einige tiefe und weite sogenannte Mergelgruben aufgeschlossen, wie auch an einem etwa eine Stunde südlicher liegenden Hügel, dem Brederberg. Die entblösste obere Kreideschicht ist 7 Fuss mächtig und liegt auf einem 4 Fuss mächtigen Lager von Feuersteinknollen, aus wel- chem aber der Wasserandrang so stark war, dass die Bauern nicht tiefer in die darunterliegende zweite Kreideschicht eindrin- gen konnten. Die weisse Kreide zeigt eine schiefrigblättrige Ab- sonderung und eine geringe Neigung nach Südosten, und ist nur von einer dünnen Decke Geschiebethon bedeckt, die uns aber doch hinderte Schichtenfall und Streichen zu messen. Doch scheint letzteres südsüdwestlich zu sein, da der Hügel in dieser Richtung bis zum Westerberge ansteigt. Die von uns in der Kreide, ohne grosse Mühe, gefundenen Petrefakten bestehen in: Ostrea vesicularis Lam., Galerites vulgaris Lam. und Clypeaster cuneatus v. HAGENoWw. Ich habe in diesem Sommer das nördliche hohe Elbufer zwi- schen Altona, Blankenese und Schulau zu mehreren Malen unter- sucht, und dort den miocänen Thon an vielen mir bisher unbe- ‚kannt gebliebenen Stellen anstehend gefunden. Die genauere Bestimmung der darin aufgefundenen Petrefakten verschiebe ich aber gern bis zur Vollendung Ihres Werkes über die norddeut- schen Tertiärpetrefakten; da ich schon die Erfahrung gemacht habe, dass -manche nach den, dis dahin dürftigen Mitteln, be- 22% 326 stimmten Reinbeker Petrefakten anders haben bezeichnet werden müssen, als von mir geschehen ist. Auffallend war mir es, dass an einigen Stellen jenes Thons am Elbufer nur verkieste in Eisenoxydhydrat umgewandelte Steinkerne, an anderen Stellen gut erhaltene caleinirte Petrefakten vorkommen. Im Allgemeinen sind die Arten mit denen von Reinbek ziemlich übereinstimmend, manche aber doch davon abweichend. So kommt dort am häu- figsten Dentalium striatum Sow.*) vor und bei Nienstöden eine kleine Muschel. die ich für Sarzcava arctica Lix. halten muss, die meines Wissens noch in keinem unserer norddeutschen ter- tiären Thone gefunden wurde, aber nach Nysrt bei Antwerpen und bei Kassel vorkommt. Herr Orro SEMPER, ein junger fleissiger Sammler, hat in jenem Thone auch eine kleine verkieste Terebratel gefunden. Ferner habe ich darin eine gekrümmte Turbinolie gefunden, mit 12 doppelten Längsstreifen, zwischen denen ich aber keine Poren entdecken kann. Endlich kommen darin, als gleichfalls etwas besonderes, ziemlich grosse dicke Stachelschuppen vor, welche in der Mitte eine Vertiefung haben, aus der ein gekrümmter kleiner Stachel hervorragt. Neben die- sen selteneren Petrefakten finden sich darin Pectuneulus pilosus Lam. und P. pulvinatus Laım., Pleurotoma Zimmermanni Pnt- LIPPI, und als verkieste Steinkerne, besonders in Thoneisenstein- platten und Geoden: Verus Brochii Dest., Pectunculus dele- tus? Des#., Lucina antiquata? Sow., Isocardia cor Laım., Cardita, Pecten, Buccinum, Pyrula singularis? BEYR., JSpor- rhais, Fusus, Voluta, Cassidaria, Bulla. Es zeigen also diese Thonlager eine eigenthümliche Vermischung von jüngeren und älteren Gliedern der Tertiärformation. Wenn Sie mir noch,eine Mittheilung zu Ihrer Notiz erlau- ben wollen, so ist es die, dass Herr SemPer bei Lieth unfern Elmshorn eine beträchtliche Anzahl miocäner Petrefakten gefun- den hat. Es ist dies jene Lokalität, wo der rothe Thon vor- kommt, der zu verschiedenen Deutungen Anlass gegeben hat. Daneben entdeckte Herr Dr. Meys einen bituminösen Kalkstein, *) Oder D. suleatum Law. Es ist dasselbe Dentalum, welches auf Sylt vorkommt, und das ich von Herrn Professor Forcuuamser als Den- talium siriatum bezeichnet, erhalten habe, mit abwechselnd schmäleren und stärkeren scharfkantigen Längsstreifen. 327 dessen Lagerungsverhälinisse auch von Herrn Dr. Ror#n und mir untersucht wurden. Wir haben aber nicht tief genug graben lassen, sonst würden wir schon den darunterliegenden Petrefakten- führenden schwarzen Glimmerthon entdeckt haben. Dies ist nun von Herrn SEMPER geschehen, der die Kalkschichten hat durch- bohren lassen, und dadurch in einen glimmerreichen sandigen Thon gelangt ist, aus welchem er folgende Petrefakten erhalten hat: Conus antediluvianus Bruc., Mitra Borsoni BELL., ein Buceinum, Cassidaria echinophora L., Fusus semiglaber BExR., F. distinctus Beye., F. eximius Bexye., F. sexcostatus BExR., Pleurotoma cataphracta Basr., P. rotata BaocchH., P. obeliscus? Des Mour., P. denticulata? v. Müssır., Chenopus pespelecani Paır., Turritella subangulata BroccnH., T. marginalis? BrocchH., Dentalium sulcatum Lam. (dieselbe wie auf Sylt), Isocardia cor Lam., Limopsis aurila Sassı, ein Cardium oder Cardita, eine Astarte, eine unbekannte Twrritella, und zwei unbekannte Pleurotomen. Die Bestimmungen sind von Herrn SEMPER, Endlich glaube ich, dass es Sie noch interessiren dürfte zu erfahren, dass hürzlich bei Lüneburg, vor dem Rothen Thore an der Ilmenau, eine Lettenkohle mit Pflanzenabdrücken, und dar- über Süsswasserkalk mit Conchylien entdeckt worden ist. Die wenigen Exemplare, welche ich erhalten habe, sind: Valvata piscinalis, Paludina impura und Lymneus vulgaris PFEIFF. Es ist also eine noch sehr junge Bildung. 5. Herr Kine an Herrn Bervrıch. Meseritz, den 15. August 1556. Während des letzten Jahres ist nun endlich das von mir bei Wischen und Bauchwitz (1 bis 14 Meile südöstlich von Me- seritz) aufgefundene Braunkohlenlager, von welchem ich Ihnen schon früher einmal Nachricht gegeben habe, wirklich in An- griff genommen worden. Dass dies sich so lange verzögerte, daran ist der hier herrschende geringe Unternehmungsgeist schuld, und auch jetzt haben Schwibuser Bürger den hiesigen diese lukrative Unternehmung weggeschnappt. Lukrativ muss diese 328 Unternehmung einst werden, denn die Flöze, die man erbohrt hat, sind sehr mächtig und die Kohle ist gut; unsre Holzpreise sind ausserdem bis auf das doppelte gegen frühere Jahre gestie- gen, und die Feuerung mit Braunkohlen findet mehr und mehr Eingang, wozu man das Material aus dem — Meile gelegenen Schönow, wohin nur die Hälfte des Weges Chaussee geht, holt. Der eigentliche Gewinn wird freilich erst kommen, wenn in uns- rer Gegend Fabrikanlagen gemacht werden, die freilich noch fast ganz fehlen. Näheres ‘werde ich später mitzutheilen mir erlau- ben, wenn der Betrieb im Herbste beginnt, welcher jetzt wegen der unzureichenden Wetterleitung aufgeschoben wird. Die Steigerung der Holzpreise hat nach diesem sichtlichen Erfolge der Bohrversnche zu Wischen noch an verschiedenen andern Orten Bohrungen nach Kohlen ins Leben gerufen; aber ohne genügenden Erfolg, wie ich zum Theil den betreffenden Unternehmern vorausgesagt habe. Solche Unternehmungen sind eine Meile westlich vom Rittergutsbesitzer SCHRÖDER auf Pieske unternommen worden, aber keine Kohlen haben sich gezeigt. Nicht besser wird es mit dem Unternehmen gehen, welches den (nordwestlichen Abhang des) Schanzenberg untersucht ; aber grade dieses erweckt mein grösstes Interesse, weil ich durch dasselbe manche Aufschlüsse erwarte, obwohl ich dort die frühere Hoff- nung aufgegeben habe, eine primäre Lagerstätte einer tertiären Fauna zu finden. Eine solche habe ich, so weit ich auch mich in der Provinz umsehen konnte, bis jetzt noch nicht entdeckt, aber immer noch bin ich fest überzeugt, dass es mir, wenn auch nicht in der nächsten Nähe von Meseritz, noch gelingen wird. Wie ich voriges Jahr mitzutheilen Gelegenheit hatte, habe ich bei Wronke eine tertiäre Flora gefunden, über welche der Gru- benbesitzer NöSGERATH dem Herrn GöPPERT Näheres mittheilte, so dass wir von diesem Kenner der fossilen Pflanzenwelt die interessanten Aufschlüsse erwarten dürfen. Statt primäre Lager der tertiären Fauna zu finden, habe ich neue tertiäre Geschiebe entdeckt, die wesentlich von dem Sternberger Kuchen abweichen, Es ist zuerst eine Art Grobkalk in mehreren Varietäten mit Resten von Mollusken, mit Foraminiferen und mit wenigen Anthozoen. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn nicht diejeni- gen tertiären Petrefakten des Schanzenberges, welche sich durch 329 einen bessern Erhaltungszustand und durch glänzende Oberfläche von denen des Sternberger Gesteins unterscheiden, dies Gestein als Mutter gehabt hätten. Namentlich mögen aus dieser Masse fol- gende lose Petrefakten stammen, welche unter folgenden Namen in dem Programm 1852 von mir aufgeführt sind: Cerithium multispiratum, Fusus Mortoni, Fusus nov. sp., die drei Mitra-Arten (die freilich schlecht erhalten sind, aber doch stellenweise den eigenthümlichen Glanz auf der Oberfläche zei- gen), Turritella imbricataria zum Theil, Turbo Bucht, Sola- rium canaliculatum, Rissoa clavula, — ferner Turbinolia obli- qua (eine Art /lalyeyathus) und Nodosaria raphanistrum — welche letztere Art ich in einem dritten Geschiebe gefunden habe. Ebenso stammen einige lose Univalven wahrscheinlich eben- daher: 1) Borsonia oder eine Voluta mit einer Falte auf der Spindel — freilich ist nur die letzte Windung (in der Mündung ist ein kleiner ? Axinus) erhalten, 2) eine Turritella, bei wel- cher die Zuwachsstreifen eine Bucht nach Art der Pleurotoma- rien andeuten; 3) ein Fusus. Ferner fanden sich als Geschiebe zwei Varietäten von Knol- lenstein, bisweilen in grossen Blöcken, wie sie nach Herrn GöPr- PERT in der sächsischen Braunkohlenformation gefunden werden. Nach dem Mitgetheilten ist zwar die Anzahl der bekannten tertiären Geschiebe etwas bereichert worden, aber sie nehmen immer noch einen sehr untergeordneten Antheil.an unserm Dilu- vium, denn ausser dem etwas häufigern Knollenstein sind Ge- steine vom Ansehn des Sternberger Kuchens, tertiärer Kalk und Bernstein seltne Gäste. Dagegen ist die Ausbeute an Versteine- rungen aus der Kreide- und silurischen Formation desto bedeu- tender. Hervorheben muss ich eine neue Suite interessanter Bryo- zoen aus Geschlechtern, welche Defrancia nahe stehen, und die von Herrn v. HAGEnow nur zum Theil in der Rügener Kreide gefunden werden. Diese sollen mir mit den übrigen Bryozoen zur näheren Charakteristik einer Feuerstein-Art dienen, die ich Bryozoenflint nenne. Während dieser Feuerstein den obersten Kreidelagern angehört, sind andre mit Terebratula lens zweifels- ohne untersenonisch, noch andre mit Scyphia isopleura und ähn- lichen turonisch; so dass die Feuersteine einer besonderen Klassi- fikation bedürfen. Ist man mit diesem in allen Gegenden vor- 330 kommenden Diluvialgeschiebe vollkommen im Reinen, dann wird gewiss über das Diluvium selbst ein neues Licht verbreitet wer- den. Die turonischen Geschiebe der Kreideformation enthalten besonders Foraminiferen, (von denen ich ein reiches Material aus den Nodosariden besitze, Spieulae), Schuppen von Fischen, ?Os- merides, ? Zeus Lewesiensis und Spongien-Arten. 331 ©. Aufsätze. 1. Geognostische Beschreibung der Hohenzollern- sehen Lande. Von Herrn Av. Acnkensacn. Hierzu Tafel XIV. A. Einleitung. Das südwestliche Deutschland bietet einen so klassischen und zugleich fruchtbaren Boden für geognostische Untersuchun- gen dar, wie wohl nur wenige Länder von gleichem Umfange. In technischer Hinsicht handelt es sich hier neben lithogra- phischen Steinen, Marmor und Baumaterialien aller Art um nichts weniger, als die drei, für die menschliche Gesellschaft überhaupt wichtigsten Fossilien, um Steinkohle, Steinsalz und Eisenerz, in agrarischer Hinsicht "um die Erhaltung und Beförderung einer blühenden Agrikultur und Forstwirthschaft auf den verschiedenen, im raschen Wechsel aufeinander folgenden Formationen vom bun- ten Sandstein aufwärts bis zur Molasse, in wissenschaftlicher Hinsicht endlich ist der innige Zusammenhang des orographi- schen und geognostischen Verhaltens, die musterhafte Entwicke- lung der Trias und des Jura, die reiche jurassische Fauna u. s. w. von besonderem Interesse und Werth. Viele wissenschaftlich und technisch wichtige Fragen haben bereits ihre Lösung gefunden, viele bleiben noch zu lösen. Möchte es in der nachstehenden geognostischen Beschreibung der Hohen- zollernschen Lande gelingen, Einiges zu dieser Lösung beizutragen. B. Lage, Grösse und Gestalt der beiden Fürsten- thümer Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen, Die beiden seit 1850 mit dem Königreich Preussen verei- nigten Fürstenthümer Hohenzollern - Hechingen und Sigmaringen bestehen aus mehreren getrennten Landestheilen, umschlossen vom Königreich Württemberg und Grossherzogthum Baden. Der Hauptlandestheil liegt zwischen 26 ° 13'141‘ (bei Dettlingen) und 27° 7' 30“ (bei Bachhaupten) östlicher Länge und zwischen 332 47° 50‘ (bei Höllsteig) und 48° 27' 12‘ (bei Dettlingen) nörd- licher Breite. Innerhalb dieser Begrenzung fallen sämmtliche kleinere Landestheile mit Ausnahme des Condominats Burgau bei Riedlingen und des Obervogteiamts Achberg in der Nähe des Bodensees zwischen 27° 20' 15" und 27° 24'5" östlicher Länge und zwischen 47° 36' 12“ und 47° 38° 50“ nördlicher Breite. Die Längen- und Breitengrade des Hauptlandestheils bilden ein Quadrat, dessen Seite — 9 geographische Meilen und dessen Inhalt = 81 geographische [Meilen ist. Die Gesammtgrösse der Hohenzollernschen Lande incl, des 0,22 [Meilen grossen Obervogteiamts Achberg und des 326% Morgen grossen Condo- minats Burgau beträgt nur 21,30 geographische []Meilen, mit- hin 0,263 oder etwas über - des von den Längen- und Breiten- graden eingeschlossenen Raumes. Dieses Verhältniss hat seinen Grund in der schmalen langgestreckten Gestalt des Landes, wel- che, abgesehen von den vielgezackten Umrissen, einem Flächen- ring zu vergleichen ist, dessen grösste Breite kaum 2 geogra- phische Meilen beträgt, während dessen Sehne, in hor. 11 den südlichsten (Höllstein) und nördlichsten Punkt (Dettlingen) ver- bindend, eine Länge von 10 geographische Meilen erreicht. Gerade die grosse Längenausdehnung der Hohenzollernschen Lande in nordwestlicher Richtung ist der Schlüssel zu dem oro- graphischen Wechsel und bunten geognostischen Colorit, daher der eigentliche Ausgangspunkt für die folgenden Betrachtungen. €. Orographisch-geognostische Dreitheilung des südwestlichen Deutschlands und der Hohenzollern- schen Lande. Das südwestliche Deutschland zerfällt orographisch in drei Theile, in das schwäbische Stufenland, die schwäbische Alp und das süddeutsche Hochland. Die schwäbische Alp erstreckt sich in nordöstlicher Richtung “parallel der Haupterhebung der Alpenkette vom Kai- serstuhl am Rhein bis Donauwörth an der Mündung der Wör- nitz in die Donau, eine Länge von 28 Meilen und eine Breiten- ausdehnung von 4 bis 5 Meilen erreichend. Sie bildet die Fort- setzung des Schweizer Jura und hängt in Nordosten mit dem fränkischen Jura zusammen, Es ist ein Plateauland, welches 333 sanft gegen Süd- und Nordosten, steil gegen Nordwesten abfällt. Der südwestliche Theil hat eine Meereshöhe von 3000, der nord- östliche von 1900 Fuss. Das schwäbische Stufenland breitet sich, vom Neckar durchschnitten, in einer durchschnittlichen Meereshöhe von 900 Fuss zwischen dem Schwarzwalde und dem nordöstlichen Steilabfall der Alp aus. Das süddeutsche Hochland reicht vom nördlichen Ufer des Bodensees bis zum Inn, im Norden von der schwäbi- schen Alp, im Süden von den Alpen begrenzt. Es senkt sich gleichmässig gegen Norden und Osten, von der Donau an tief- ster Stelle durchflossen, eine durchschnittliche Meereshöhe von 1200 Fuss erreichend. Mit der orographischen Dreitheilung fällt die geognostische zusammen. Die Trias setzt das schwäbische Stufenland, der Jura die schwäbische Alp und die Molasse das süddeutsche Hochland zusammen. Wie die orographisch - geognostische Dreitheilung für das südwestliche Deutschland, so greift sie auch für die Hohenzol- lernschen Lande Platz. Den mittleren und grösseren Landestheil (Fürstenthum Hechingen, Oberämter Trochtelfingen, Gammertin- gen, Strassberg und ein Theil der Oberämter Sigmaringen und Wald) nimmt der Jura, den nordwestlichsten und kleinsten Lan- destheil das sogenannte Unterland (Oberämter Haigerloch und Glatt) die Trias und den südlichen Landestheil, das sogenannte Oberland (Oberamt Ostrach, Obervogteiamt Achberg und ein Theil der Oberämter Wald und Sigmaringen) die Molasse ein. D. Allgemeine geognostisch- orographische Be- schreibung. I. Die Trias. Herr v. DEcHEN in seiner Bearbeitung der Geognosie von H. T. pe LA BEcHE, Berlin 1832, fasst Keuper, Muschelkalk, bunten Sandstein, Zechstein und Rothliegendes unter der Gruppe des rothen Sandsteins mit dem Bemerken zusammen, dass sich in Zukunft vielleicht eine Trennung als nothwendig herausstellen werde. Es war Herrn v. ALBERTI vorbehalten, diese Trennung hinsichtlich des Keupers, Muschelkalks und bunten Sandsteins in seiner Monographie des bunten Sandsteins u. s. w., Stuttgart 334 1834, vorzunehmen. Er scheidet die drei Formationen als petro- graphisch und paläontologisch eng verbunden und einer grösseren geologischen Periode angehörend unter dem Collectivnamen der Trias synonym mit dem Baonn’schen Salzgebirge aus der Gruppe des rothen Sandsteins aus. Die Gliederung der Trias ist in Deutschland durch die Ein- lagerung des Muschelkalks zwischen buntem Sandstein und Keu- per im Allgemeinen gegeben, im Einzelnen lokal verschieden, jedoch für das südwestliche Deutschland wesentlich übereinstim- mend. 1. Der bunte Sandstein. Die Grenze des bunten Sandsteins gegen die Formationen im Liegenden, die Entwickelung und Mächtigkeit desselben kann nur ausserhalb der Hohenzollernschen Lande am Rande des Schwarzwaldes ermittelt werden, wo der bunte Sandstein und die paläozoischen Formationen an den Thalwänden der bis in den Granit und Gneis einschneidenden Kinzig und Murg aufge- schlossen sind. In den Hohenzollernschen Landen tritt als überhaupt tiefste Schicht die oberste Abtheilung des bunten Sandsteins in der Thalsohle des Fischbachs zu Tage. Der Fischbach entspringt in der Gegend von Dettlingen aus den wasserreichen Dolomiten, welche das Schlussglied der Anhydritgruppe bilden. Er verfolgt bis zu seiner Mündung in den Neckar bei der Dettinger Mühle eine ostsüdöstliche, dem sanften Einfallen der Gebirgsschichten conforme Richtung, an 500 Fuss tief in das Muschelkalkplateau einschneidend und bereits oberhalb Diessen den bunten Sand- stein 'entblössend. Bei Diessen selbst am Leimenberg erhebt sich der bunte Sandstein an 30 Fuss über die Thalsohle, durch Steinbruchsarbeit aufgeschlossen. Zu unterst findet sich rother sandiger Schieferthon , darüber rother glimmerreicher Thonsand- stein in mächtigen Bänken. Auf die Sandsteinbänke folgen dünne Sandsteinplatten, Sandschiefer und Thon, übergehend in ° grünlichgelbe Mergel. Auch unterhalb Diessen sowohl im Bett des Fischbachs als an beiden Gehängen, am rechten Gehänge bei der Linde, am linken Gehänge bei der unteren Diessener Mühle kommt der bunte Sandstein zum Vorschein. Ob derselbe weiter unterhalb verschwindet, um bei der Dettinger Mühle wie- der hervorzuireten, ist nicht wohl zu ermitteln, da mächtige dilu- 335 viale und alluviale Tuffsteinablagerungen die Thalsohle bedecken. Bei der Dettinger Mühle mag der bunte Sandstein eine Höhe von 40 Fuss über dem Spiegel des Neckars erreichen, wie bei Diessen aus glimmerreichem rothem Thonsandstein, Sandschiefer und Thon bestehend. Ausser bei der Dettinger Mühle tritt der bunte Sandstein im oberen Neckarthale nicht zu Tage, erhebt sich aber im Glatt- bachthale bei Hopfau unweit der Landesgrenze über die Thal- sohle und ist von hier aufwärts ohne Unterbrechung bis in die Gegend von Freudenstadt zu verfolgen. 2. Der Muschelkalk. Geognostische Abgrenzung des Muschelkalks gegen den bunten Sandstein. An den Gehängen der tiefeingeschnittenen Thäler, des Eschach-, Glattbach- und Fischbachthals, wo die Gebirgsschichten vom bunten Sandstein aufwärts bis zur Lettenkohle in ihrer Ent- wickelung übereinander beobachtet werden können, geht der rothe Schieferletten des bunten Sandsteins in die ochergelben und grün- lichgelben Mergel des Wellendolomits so allmälig über, dass eine scharfe Grenze zwischen beiden sich nicht ziehen lässt. Hierzu kommt, dass die Oberregion des bunten Sandsteins der Vogesen, ' der Hardt, des Saar- und Zweibrückischen zahlreiche organische Einschlüsse ‘aufzuweisen hat, welche mit den Petrefakten des Wellenkalks wenigstens im Allgemeinen übereinstimmen. Ander- seits ist jedoch nicht zu verkennen, dass mit dem Wellendolomit sich Farbe und petrographische Beschaffenheit der Schichten we- sentlich ändern, dass mit den Hügeln des Wellendolomits, wel- che den Saum des bunten Sandsteins gegen Osten begrenzen, die zweite, wenngleich nicht scharf, doch immer deutlich genug markirte Hauptstufe des schwäbischen Terrassenlandes beginnt, dass die Petrefakten des bunten Sandsteins im Elsass und in Lothringen im Grunde doch nur der Uebergangszone angehören und wesentlich die charakteristischen Petrefakten des Muschel- kalks sind, dass endlich die Grenze des bunten Sandsteins gegen oben sehr schwer zu finden sein dürfte, wenn man den Muschel- kalk nicht mit dem Wellendolomit beginnen lassen will. Es be- greift sich daher, dass der Wellendolomit von den meisten Geo- gnosten zum Muschelkalk gestellt zu werden pflegt. 336 Geognostische Abgrenzung des Muschelkalks gegen den Keuper. Weniger Uebereinstimmung hat hinsichtlich der Abgrenzung des Muschelkalks gegen den Keuper bis jetzt erzielt werden können. Leugnen lässt sich nicht, dass die Sandsteine der Letten- kohlengruppe mit ihren zahlreichen Pflanzenresten auf den Keu- per hinweisen, während in den Dolomiten sich noch einmal das thierische Leben des die organische Periode der Trias darstellen- den Muschelkalks entfaltet, um höher zu erlöschen, dass sonach die Lettenkohle als wahres Uebergangsglied zwischen Muschel- kalk und Keuper erscheint. Erwägt man indessen, dass dieselbe nicht nur über den äussersten Rand der unteren bunten Keuper- mergel weit gegen Nordwesten vorspringt, sondern das ganze Muschelkalkplateau in mehr oder weniger zusammenhängenden und ausgedehnten Partien zu bedecken pflegt, so kann dieser von der Natur selbst gegebene Wink nicht unbeachtet bleiben. Verbreitung und orographisches Verhalten des Muschelkalks. Für die Verbreitung und das orographische Verhalten des Muschelkalks sind drei Flüsse, der Neckar, die Eyach’und die Starzel, welche in fast gleichen Abständen und nahezu paralleler nordnordwestlicher Richtung den unteren Landestheil durchschnei- den, von Wichtigkeit. | Die Starzel trifft unterhalb Rangendingen den Friedrichs- haller Kalkstein und verlässt bei Bietenhausen die Hohenzollern- schen Lande ohne die Anhydritgruppe entblösst zu haben. Die Eyach erreicht unterhalb Owingen die Lettenkohle, welche im Flussbett in einem lehrreichen Profil aufgeschlossen ist. Unterhalb Stetten vereinigt sie sich mit der von Südwesten kommenden Stunzach, welche zwischen Gruol und Heiligenzim- mern das Keupergebiet verlässt. Unweit der Vereinigung am gegenüberliegenden rechten Eyachgehänge befindet sich das Bohr- loch No. 2 auf Steinsalz, an demselben Gehänge zwischen Stet- ten und Owingen das Bohrloch No. 1. Bohrloch No. 1 ist im Dolomit (mittlerer Muschelkalk), Bohrloch No. 2 im Friedrichs- haller Kalkstein angesetzt. Die Horizontalentfernung beider Bohr- löcher beträgt 693 Preuss. Lachter = 506 württemb. Ruthen; 264 Lachter oberhalb Bohrloch No. 2 und 429 Lachter unterhalb Bohrloch No. 1 in einer muldenförmigen Einsenkung auf der lin- ken Eyachseite liegt der Salzschacht. Kaum 700 Lachter unter- 337 halb Bohrloch No. 2 treten die Enerinitenschichten zu Tage, etwas weiter unterhalb zwischen Haigerloch und Karlsthal der Dolomit der Anhydritgruppe. Thalabwärts erhebt sich der Do- lomit wiederholt bis ca. 30 Fuss über die Thalsohle, um immer wieder in dieselbe verworfen zu werden, so dass an vielen Stel- len die unteren versteinerungsreichen Schichten des Friedrichs- haller Kalksteins der Beobachtung zugänglich sind. Der Gyps der Anhydritgruppe kommt erst in der Markung Bittelbronn am linken Eyachgehänge in einem massigen Felsen zum Vorschein, steigt von hier allmälıg bis Imnau an, wo er oberhalb des Kirch- hofs bis zu einer Höhe von mindestens 70 Fuss über die Thal- sohle aufgeschlossen ist, muss aber thalabwärts wieder eine be- deutende Senkung erleiden, da im sogenannten Grieben unterhalb Imnau die Enerinitenschichten kaum 50 Fuss über dem Fluss- spiegel anstehen. Der Neckar, bei Schwenningen am Fusse des Keuper- randes entspringend, entblösst bei Rottweil die Encrinitenschich- ten, bei Epfendorf und Neckarhausen die Anhydritgruppe, bei Dettingen gar den bunten Sandstein, um dann in westlicher Rich- tung seinen Lauf durch jüngere Schichten zu nehmen. Wie Wellenkalk und Anhydritgruppe den Fuss der Gehänge des Neckars unterhalb Fischingen bis über die Landesgrenze hinaus zusammensetzen, so setzen sie die Gehänge des Fisch- bachs von der Dettihger Mühle bis oberhalb Diessen die Gehänge des Glattbachs bis zu seiner Quelle zusammen. Gleichwohl sind die Aufschlüsse nur dürftig, weil der Friedrichshaller Kalkstein, welcher die Thalränder bildet, den Fuss der Gehänge mit mäch- tigen Schutthalden bedeckt. Der Wellenkalk ist bei Diessen an verschiedenen Stellen, am Leimenberg vom bunten Sandstein auf- wärts bis zu einer Höhe von ca. 80 Fuss aufgeschlossen. Lehr- reiche Profile über die Entwickelung des Wellenkalks liefern die blaue Halde oberhalb Glatt und die Gegend von Hopfau. Ueber die Zusammensetzung der Anhydritgruppe geben die Gypsgruben bei Dettingen und Glatt Aufschluss. Sonach tritt der Friedrichshaller Kalkstein im Starzel-, Eyach- und Neckarthal, die Anhydritgruppe im Eyach- und Neckarthal, der Wellenkalk im Neckarthale zu Tage. Die Physiognomie der Muschelkalkthäler ist eigenthümlich, Im Keupergebiet erweitern sich die anfangs engen und pittoresken Thäler immer mehr und mehr, bis sie die Lettenkohlenebene er- 338 reichen, welche sich am nordwestlichen Fusse der Keuperberge ausbreitet. Auf der breiten Fläche der Lettenkohle ziehen sich die Flüsse eine Strecke in trägem Laufe fort, um sich ganz all- mälig einzugraben. Ist der Anfang dazu erst gemacht, so schnei- den sie schnell, namentlich in die weichen Schichten der Anhy- dritgruppe und des Wellenkalks ein: es entsteren enge, tiefe Thäler, deren Anwesenheit man erst in unmittelbarer Nähe ge- wahr wird. Die Eyach mag bei Imnau 400 Fuss, der Neckar bei Dettingen an 700 Fuss in das Muschelkalkplateau einschnei- den. Die Gehänge mit meist scharfen Rändern sind steil, häufig schrof und durch hufeisenförmige Ausweitungen und entspre- chende Gebirgsvorsprünge ausgezeichnet. Auf einem solchen Vorsprunge ist die Stadt Haigerloch gelegen, gegenüber im wei- ten Halbkreise gleich einer Mauer umschlossen und überragt von den nackten Schichten des Friedrichshaller Kalksteins. Imnau, Glatt und Dettingen liegen in ähnlichen, mehr oder weniger aus- gedehnten Thalkesseln. Was das Muschelkalkplateau anlangt, so ist dessen Grenze gegen den Keuper zwar durch den Einschnitt der Flüsse gege- ben, doch dringen die unteren bunten Keupermergel in flachen, sich ganz allmälig in die Ebene verlierenden Halden und niedri- gen langgezogenen Rücken weiter gegen Nordwesten vor, zwi- schen Starzel und Eyach bis nördlich der Chaussee von Ran- gendingen nach Haigerloch, zwischen Neckar und Kyaelı, bis in die Gegend von Empfingen und Mühlheim. Die Basis des Muschelkalkplateaus bildet der Friedrichshal- ler Kalkstein, bedeckt von der Lettenkohle, Bei den bedeutenden Störungen, welche der Muschelkalk erlitten hat, ist die wenig mächtige Lettenkohlendecke vielfach zerrissen, unterbrochen, oft gänzlich verdrängt und an ihre Stelle Muschelkalkdolomit und Friedrichshaller Kalkstein getreten, doch lässt sie sich zu beiden Seiten der Eyach in ziemlich zusammenhängendem Zuge verfol- gen, in Steinbrüchen bei Höfendorf, Hart, Trillfingen, Stetten, Gruol, Bittelbronn, Dettensee und Empfingen aufgeschlossen. An einigen Stellen tritt sie sogar bis hart an die Thalränder, die dann weniger scharf erscheinen. Dass auch der von Dolomit und Friedrichshaller Kalkstein eingenommene nordwestliche Landes- theil auf der rechten Neckarseite einst von der Lettenkohle be- deckt war, beweist eine ganz isolirte Ablagerung bei Dettlingen 1800 Fuss über dem Meere, welche sich unter günstigen Ver- 339 hältnissen erhalten hat. Sie füllt ein deutlich ausgeprägtes, rundum bis auf den schmalen Einschnitt des Fischbachthals ge- schlossenes Becken aus. Der Thaleinschnitt und die im Bau be- griffene Strasse von Dettlingen nach Schopfloch gewähren guten Aufschluss. Bemerkenswerth ist, dass die Schichten den Gehän- gen entsprechend aufgebogen sind, in mittlerer Höhe überall der Muschelkalkdolomit, auf den höchsten Kuppen der Friedrichshal- ler Kalkstein hervorbricht, also die jüngeren Schichten von den älteren überragt werden. | Trotz der erlittenen Senkungen und Schichtenaufbiegungen ist das Muschelkalkplateau im grossen Ganzen regelmässig, der Zusammenhang erst im äussersten Nordwesten durch die Hügel und Höhenzüge des Wellendolomits unterbrochen. Höhenlage des Muschelkalks. Die Sohlen der Muschelkalkthäler, welche an der nördlichen Landesgrenze ungefähr gleiche Höhenlage mit dem Bodensee ha- ben, bilden das überhaupt tiefste Niveau der Hohenzollernschen Lande: Meereshöhe in pariser Fuss Eyachspiegel unter der Rathhausbrücke bei Haiger- loch (Encerinitenschichten) . . . Bier ua in 296 Eyachspiegel an der Landesgrenze Ascher Imnau und Mühringen (Anhydritgruppe) . . rer E2OR Neckarspiegel bei Sulz (indiinitensnknetitän). Be r30 Neckarwiesen bei Glatt (Wellendolomit) . . . . . 1245 Fischbach, Einmündung desselben in den Neckar un ter Sandstein) . . 1218 Die Höhenlage des Be ARE wird durch folgende Orte bezeichnet: Höfendorf: Judenäcker, Signal, Erdfl. am Signalstein 1477 Hart: Schrei, Signal, Erdfl. am ir ren bar A495 Hart: Lindenäcker. . . 1450 Trillfingen: Salenhof, Sehen, Er al. am südlichen Giebel . . ur 4473 Imnau: Echole; EBEN Erdfl. am Sisalstein ... 1634 Haigerloch: Seehof, a Erdfl. am südli- chen Giebel. . . . 1483 Weildorf: Scheuer, Erdfläche am vösklighen, Giebel . 1610 Zeits. d, d.geol. Ges. VIIL, 3, 23 340 Meereshöhe in pariser Fuss Bittelbronh: Bittelbronner Höhe, Signal, Erdfl. am Sienalstein,.a Wok ae hen iäfnsch- noy aa a Empfingen: Frohnäcker, Signal, Erdfl. am Signal- eier Bi ee Bee ae Dettensee: Büucherweg, Signal, Erdfl. am Signal- stein . .» 1671 Betra: Hülb, den Signal, ErdA. am nBichaleieit 1697 Dettingen: Härle 1., Signal, Erdfi. am Signalstein 1914 Glatt: Oberhof, ie) rafl.. 4,09 A817 Diessen: Hochberg, Signal, Erdfl. am Sirnelekeit U A024 Schopfloch (württembergisch): Krone. . . . 2407 Somit erreicht das Muschelkalkplateau zwischen Stärzel und Eyach eine Höhenlage von 1500 bis 1600 Fuss, zwischen Eyach und Neckar von 1600 bis 1700 Fuss, auf der rechten Neckar- seite von 1800 bis 2000 Fuss, steigt daher vom Fusse der Keu- pergehänge gegen Nordwesten um ca. ‘600 Fuss an und macht allmälig die Höhenlage der verschiedenen Stufen des Lias und braunen Jura bis zum mittleren braunen Jura durch, welcher in ungefähr gleichem Niveau mit dem oberen weissen Jura der Donaugegend liegt. Streichen und Fallen der Gebirgsschichten ist conform dem orographischen Verhalten und wie dieses bedingt durch die Erhebung des Schwarzwaldes. Zwischen den beiden in der ungeiihren Falllinie der Gebirgsschichten angesetzten Bohrlöchern bei Stetten berechnet sich die Neigung zu 135 Fuss oder 1° 20‘, in Wirklichkeit aber ist dieselbe viel grösser, da zwischen beiden Bohrlöchern mehrere Verwerfungen vorliegen und die Senkung immer den gegen Nordwesten oder nach dem Ausgehenden zu liegenden Gebirgstheil zu treffen pflegt. Gliederung des Muschelkalks. a. Unterer Muschelkalk. a. Wellendolomit, Wellenthone und Wellen- kalk. — Am Leimenberg bei Diessen geht der rothe Schiefer- letten des bunten Sandsteins in gelbe und schmutziggrün gefärbte dolomitische Schiefer über, welche bis auf einige hauptsächlich in der Oberregion ausgeschiedene härtere und stärkere Lagen an der Luft zu weichem Thon verwittern. 341 Auf die an 30 Fuss mächtigen Mergelschiefer folgen schwärz- lichblaue, nach oben dunkelgraue, zuletzt schmutziggelbe Schiefer- thone, welche in grossen Abständen von wenig mächtigen (6 bis 7 Zoll), vertikal stark zerklüfteten Dolomitbänken. mit unebenen wülstigen Schichtungsflächen durchzogen sind. Der Dolomit ist von gelber, brauner oder grauer Farbe, dicht bis deutlich kry- stallinisch körnig, der krystallinisch körnige ausserordentlich hart. Ganz auf dieselbe Weise zeiget sich der Wellendolomit bei Hopfau an der Strasse nach Sulz entwickelt, nur treten die wei- chen dolomitischen Mergel mächtiger auf und überrascht der Reichthum an Petrefakten, welcher sich unmittelbar über den rothen Schieferthonen des bunten Sandsteins und höher entfaltet. An der sogenannten blauen Halde auf der rechten Seite des Glattbachs zwischen Hopfau und Glatt finden sich die blaugrauen, von wenig mächtigen Dolomitbänken durchzogenen Schieferthone entwickelt, welche die dolomitischen Mergel bedecken. Sie sehen stellenweise den Liasthonen frappant ähnlich, führen fachge- drückte Petrefakten, worunter Pecten discites wahrhaft massen- haft auftritt; stellenweise erhärten sie, bilden vielgestaltige, bald fingerförmige, bald mehr oder weniger linsenförmige Concretionen, welche, dicht aufeinander gepackt, ein deutliches Bild des Wellen- schlags geben. Ueber der mächtigen Entwickelung der Thone und dolomi- tischen Mergel am Schwarzwalde ist die gleichzeitige aber min- der mächtige Entwickelung des Wellenkalks, welcher das unmit- telbare Liegende der Anhydritgruppe bildet, lange übersehen worden. Gewöhnlich ist der Wellenkalk durch dünngeschichtete, thonige, sehr‘ bitumenreiche, dunkelblau bis schwarz gefärbte Kalksteine (Stinksteine) mit unebenen Schichtungsflächen reprä- sentirt. Nach oben pflegen die Stinksteine ihren Thon- und Bitumengehalt zu verlieren, in blaue und rauchgraue, feste Kalk- steine überzugehen, welche den Wellenkalken des Odenwaldes vollkommen identisch sind. An einigen Stellen an der Waldach, an den Quellen der Glatt u. s. w. sind diese Wellenkalke des Odenwaldes ausgezeichnet entwickelt und in deutlichen Profilen aufgeschlossen. Am nordwestlichen Schwarzwald werden sie mächtiger und: zeigen 'sich scharf von dem Wellendolomit im Liegenden geschieden. In den Hohenzollernschen Landen sind die Wellenkalke zwar über Tage nirgends entblösst, aber durch verschiedene bergmännische Arbeiten aufgeschlossen worden. So 23” 342 wurden schon vor längerer Zeit am rechten Neckargehänge im Liegenden des Gypsbruchs bei Dettingen mit einem Versuchs- stollen bituminöse Kalksteine angefahren, durchzogen von Gelb-- eisenerde in Nestern und Schweifen. Vollständigern Aufschluss haben in neuester Zeit die Bohrversuche auf Steinsalz bei Stet- ten ergeben. Mit beiden Bohrlöchern wurde im Liegenden des Steinsalzes der Wellenkalk, wechsellagernd mit Stinkstein und Anhydrit erreicht und darin 23, beziehungsweise 12 Fuss ab- geteuft, Um die Resultate der Untersuchung über die Schichtenreihe zwischen der Anhydritgruppe und dem bunten Sandstein kurz zusammenzufassen, so finden sich unmittelbar im Hangenden des bunten Sandsteins gelbe und schmutziggrün gefärbte dolomitische Mergel mit zahlreichen Petrefakten, während petrefaktenarme Stink- und Kalksteine von blauer und schwarzer Farbe (Wellen- kalk) das Liegende der Anhydritgruppe bilden. Zwischen den Mergelschiefern und Stinksteinen ist das überhaupt mächtigste Glied, ein blaugrauer, von Dolomitbänken durchzogener Schiefer- thon mit Pecten discites, abgelagert. Die Gesammtmächtigkeit der Wellendolomite und Wellen- kalke in den Hohenzollernschen Landen berechnet sich zu 150 Fuss. | Unter den Petrefakten sind nur wenige leitend, die meisten gehören zu den charakteristischen Petrefakten des Muschelkalks überhaupt. Bereits tritt eine grosse Zahl derselben, einige schaaren- oder familienweise beisammenliegend auf, während an- dere noch zu fehlen scheinen oder doch nur sparsam verbreitet sind. Die meisten sind als. Steinkern, nur wenige, wie Lingula und Pecten, mit ihren natürlichen Schalen erhalten. Die Stein- kerne, vorherrschend aus Dolomit, seltener aus gebräuntem Schwefelkies bestehend, zeigen wie überhaupt die Steinkerne des | Muschelkalks nur selten Spuren von Kammern oder inneren Win- dungen, lösen sich aber zum Unterschied von den Steinkernen des Friedrichshaller Kalksteins leicht und wohlerhalten aus der | umgebenden Gebirgsmasse aus. (Siehe weiter unten). ß. Anhydritgruppe. — Ueber die Zusammensetzung der für das südwestliche Deutschland so wichtigen Anhydritgruppe liefern die Bohrversuche und Schachtarbeiten im Eyachthal bei Stetten einen neuen ebenso vollständigen als erfreulichen Beitrag. 343 Schichtenreihe der Anhydritgruppe in dem Salz- schacht und den Bohrlöchern No. 1 und? bei Stetten. Salzschacht. . Mächtigkeit ‘ Fuss Zoll Dolomit (im unmittelbaren Liegenden des Friedrichs- haller Kalksteins): gelblichgrau, schmutzigweiss;; dicht bis feinkörnig; reich an Drusen und Blasenräumen; regelmässig geschichtet; Schichten 12 bis 40 Zoll mächtig; im Ganzen I4 Schichten . . . 2... ..28 Dolomitische Mergel: gelblichgrau; dicht; von Quarz und Hornstein in Schweifen und Nestern durch- zogen, mit blaugrauen, rauchgrauen, zuweilen blau und schwarz gestreiften, dichten Kalksteinen in meist unter 12, nicht über 18 Zoll mächtigen Schichten wechsellagernd; Schichtung regelmässig; im Ganzen B6tSchichle st ae Da era ee Thonmergel, von rauchgrauer und schwarzer Farbe; weich; in dünnen, unregelmässigen, mannigfach ge- bogenen und gewundenen Schichten, u} Bohrloch No. 1. Dolomit (im unmittelbaren Liegenden des Friedrichs- haller Kalksteins): schmutziggelb; feinkörnig; mit Quarz- und Hornsteinnestern; diekgeschichtet . . . 30. — Dolomitische Mergel mit Kalkstein, Thon und Anhydrit in dünnen Schichten wechselnd, voll und Hornsteinnester . . 16.3 Anhydrit (weiss und grau) 20 Bir 6 Zoll ‚inächtig] Mergel, Thon und Anhydrit 29 Fuss mächtig .. 78 536 Anhydrit (weiss und grau) ?9 Fuss mächtig. Salzthon, Anhydrit und Mergel in wechselnden Schichten . . . ET et Seien ai Steinsalz, 64 Zoll mächtig Anhydrit, Steinsalz und Salzthon 18 Zoll ee: Steinsalz, 59 Zoll mächtig . . 2338 — Anhydrit, Steinsalz und Mergel 33 Zoll mächtig Steinsalz, 162 Zoll mächtig . . » ... Anhydrit, das unmittelbare Hangende des Wellen- kalks: bildend esıali .nodnsiimoleh. isensghleil 121409 344 Bohrloch No. 2. Mächtigkeit Fuss Zoll | Dolomit (im unmittelbaren Liegenden des Friedrichs- haller Kalksteins): schmutziggelb; feinkörnig, mit Quarz- und Hornsteinnestern; dickgeschichtet . . . 3 6 Dolomitische Mergel mit Kalkstein und Thon in dünnen Schichten wechselnd, voll Quarz- und Horn- steinnester. . - .. 0. oe Anhydrit, Mergel mi! Thon 43 Fuss 6 Ze mächtig Anhydrit, Mergel und Thon 24 Fuss mächtig . Salzthon, Anhydrit und Mergel in wechselnden rain: vaikriskiun ninkeeee Steinsalz .» . 7 2 Anhydrit, das ae ee ne Wellen. kalks bildende ea 2 oN ne Del. San ee — Beachtenswerth in genetischer Hinsicht ist, dass trotz der | nicht unbedeutenden Entfernung beider Bohrlöcher die Mächtig- keit und Entwickelung der Anhydritgruppe sich nicht nur im | Allgemeinen, sondern bis auf einzelne Schichten herab ziemlich übereinstimmend erweist. Die Gesammtmächtigkeit der Anhydritgruppe in Bohrloch No. 1 beträgt 197 Fuss 2 Zoll, in Bohrloch No. 2 beträgt sie 203 Fuss 4 Zoll, ist also in beiden Bohrlöchern nur um 6 Fuss 2 Zoll verschieden. Zu unterst findet sich Steinsalz, Salzthon und Anhydrit, in Bohrloch No, 4 — 71 Fuss 11 Zoll, in Bohrloch No. 2? — 61 Fuss 40 Zoll mächtig. Das Steinsalz ist von dem Wellenkalk durch 7 bis 10 Fuss mächtigen Anhydrit getrennt. Es hat in Bohr- loch No. 1 im Ganzen eine Mächtigkeit von 28 Fuss, excel. der eingelagerten Anhydrit-, Mergel- und Thonschichten eine Mäch- tigkeit von 23 Fuss 9 Zoll. In Bohrloch No. 2 ist das Stein- salz vollkommen rein, 7 Fuss 2 Zoll mächtig durchsunken wor- den. Die Mächtigkeit des Steinsalzes nimmt also nach dem Ausgehenden ab, während die Mächtigkeit des gesalzenen Thons und Anhydrits in fast gleichem Maasse zunimmt. Ueber der Steinsalz-führenden Abtheilung der Anhydrit- gruppe folgt grauer und weisser Anhydrit in mächtigen Bänken, nach oben wechsellagernd und zuletzt verdrängt von dünnge- schichteten, lichtgefärbten, dolomitischen Mergeln reich an Kiesel- 345 erde, welche sich als Hornstein in Nestern und Schweifen aus- scheidet. Die Mergel wechsellagern mit bituminösen, dunkelge- färbten Kalksteinschichten. Das Schlussglied der Anhydritgruppe bildet ein gelblichgrau oder schmutzigweiss gefärbter, feinkörniger, sehr poröser, dick- geschichteter Dolomit, von den dolomitischen Mergeln im Liegen- den durch die grössere Consistenz, das meist krystallinische Ge- füge und die mächtigere Schichtung verschieden, aber keineswegs scharf getrennt. Anders als in den Bohrlöchern und Grubenbauen zeigt sich die Anhydritgruppe über Tage an den Gehängen des Eyachthals unterhalb Haigerloch, des Neckarthals bei Dettingen entwickelt. Das Steinsalz ist hier vollständig ausgewaschen oder verdrängt, der Anhydrit in Gyps verwandelt. Oberhalb des Kirchhofs bei Imnau bildet der Gyps das vorherrschende Glied der Anhydrit- gruppe. Er ist schmutzigweiss oder grau gefärbt, häufig grau und weiss gestreift, dicht bis feinkrystallinisch körnig, im Bruch uneben splitterig, zeigt Neigung zur Absonderung in regelmässig horizontale Bänke. Im Neckarthal bei Dettingen setzt der Gyps mächtige Stöcke zusammen, welche von weichem, an der Luft erhärtendem, blaugrauem Gypsthon eingehüllt sind. Der Gyps- thon ist mit Fasergyps, Marienglas und Gypskrystallen durch- wachsen. Der Fasergyps erscheint meist rein weiss, bald grob-, bald feinfaserig, das Marienglas in der Regel weingelb. Ueber dem Gyps- und Thongebirge findet sich auch über Tage überall der ca. 30 Fuss mächtige, gelblichgrau und schmutzig- weiss gefärbte, feinkörnige Dolomit mit Hornsteinnestern ent- wickelt, im Eyachthale bei grosser Neigung zu vertikaler Zer- klüftung in regelmässige, bis 3 Fuss mächtige Bänke abgesondert und stellenweise parallel den Absonderungsflächen fein gestreift. Merkwürdig sind die stark parallel gefurchten, an 4 bis 8 Zoll langen Stylolitien, welche aus einer Bank in die andere gleich Nägeln übergreifen. Petrefakten, welche zu diesen Stylolithen Veranlassung gegeben haben könnten, finden sich indessen hier ebenso wenig, wie überhaupt in der ganzen Anbydritgruppe, tre- ten dagegen nur wenige Spannen höher im Friedrichshaller Kalk- stein wahrhaft massenweise auf. Ein schliesslicher Rückblick auf die Entwickelung des Wel- lendolomits und der Anhydritgruppe führt zu dem Schlusse, dass 346 beide, eng verbunden, als unterer Muschelkalk zusammengefasst werden müssen. b. Mittlerer Muschelkalk. y. Friedrichshaller Kalkstein. — Der Friedrichs- haller Kalkstein, mit Bohrloch No. 1 bei Stetten in seiner gan- zen Mächtigkeit von 190 Fuss 1 Zoll durchsunken, bildet in stratigraphischer und petrographischer Hinsicht nicht nur lokal, sondern allgemein ein so charakteristisches und scharf abgeson- dertes Glied, dass eine Verwechselung mit andern Formations- gliedern kaum möglich ist. Die vorherrschende Gebirgsart ist ein dichter rauchgrauer Kalkstein, der, unter dem Hammer bei mässigem Kraftaufwande in flachmuschelige Stücke zerspringend, im Eyachthale den be- zeichnenden Namen Schneller führt. Je nach dem grösseren oder geringeren Thongehalt, erleiden Farbe, Sprödigkeit, Bruch, über- haupt die petrographischen Eigenschaften Modifikationen, ohne dass dadurch der Typus im Grossen verwischt würde, Die Kalk- steinschichten, durch thonige und mergelige Zwischenschichten (sogenannte Schweichelschichten) von einander getrennt, erreichen eine Mächtigkeit von 4 bis 20 Zoll, im Durchschnitt von 6 bis 9 Zoll. Die Mächtigkeit der thonigen Schichten wächst aus- nahmsweise bis 2 Fuss an, in der Regel beträgt sie nur 4 Linie bis mehrere Zoll. Der Thon ist mit dem Kalkstein so innig verbunden, dass sich im frischen Anbruch der Schichtenwechsel schwer erkennen lässt, schiefert sich aber an der Luft und löst sich schon nach kurzer Zeit von den Kalksteinschichten gänzlich ab, welche dann deutlich mit ihren Köpfen über die thonigen Zwischenschichten vorspringen und auf den Ablösungsflächen allerhand Wülste und Eindrücke, netzförmig verschlungene Stän- gel von der Dicke eines Strohhalms bis Armdicke erkennen lassen. An den dichten Kalkstein oder sogenannten Schneller schliesst sich an und geht in denselben über der sogenannte Grässer, auch Nagelstein genannt, ein verworren krystallinisch blätteriger, schwer zersprengbarer, lichtblauer Kalkstein mit Nestern von ro- them Kalkspath. Der Grässer pflegt im Allgemeinen dicker als der Schneller geschichtet zu sein; einzelne Schichten erreichen eine Mächtigkeit von 2 bis 3 Fuss. Die dritte Gebirgsart ist ein gelb- oder lichtgrau gefärbter, 347 nicht selten erdiger, auch wohl schieferiger, dolomitischer Mergel, wie ihn alle Glieder des Muschelkalks aufzuweisen haben. Im Salzschacht lässt sich bis auf den Dolomit der Anhydrit- gruppe oder bis zur Teufe von 23 Lachter 77 Zoll = 159 Fuss ? Zoll ein 190maliger Schichtenwechsel beobachten, so dass nach Abzug des 9 Fuss mächtigen Deckgebirges die durchschnittliche Mächtigkeit der Schicht 9 Zoll beträgt. Auf den Schneller und die thonigen Zwischenschichten kommt eine Gesammtmächtigkeit von 96 Fuss 7 Zoll, auf den Grässer von 47 Fuss 11 Zoll und auf die dolomitischen Mergel von 6 Fuss 1 Zoll. Die dolomitischen Mergel gehören der im Salzschacht in die Teufe verworfenen oberen Region vorzugsweise an, während der Grässer sich hauptsächlich in der unteren und mittleren Region entwickelt zeigt. Der Schneller, bald ganze Schichtenreihen aus- schliesslich zusammensetzend, bald mit Grässer oder Mergel wech- sellagernd, bleibt in allen Niveaus vorherrschend, und verleiht dem Friedrichshaller Kalkstein seine charakteristische Einför- migkeit. Von den nutzbaren Mineralien (Bleiglanz, Galmei, Eisenerz) ist weiter unten die Rede, hier sei des Kalkspaths gedacht, wel- cher die Wände der zahlreichen Klüfte und Spalten in deütlichen Krystallen bedeckt. Die Kalkspathkrystalle sind insofern cha- rakteristisch, als ihre Form, eine Combination des zweiten schär- feren und nächst stumpferen Rhomboeders mit dem gewöhnlichen, die Kanten des zweiten schärfern Rhomboeders zuschärfenden Dreiunddreikantner, sehr constant zu sein pflegt. Die Petrefakten anlangend, so ist zunächst deren Verbrei- tung ins Auge zu fassen. Im Eyachthal unmittelbar im Hangenden des Dolomits der Anhydritgruppe, aber scharf von ihm getrennt, treten dichte und späthige Kalksteine (Schneller und Grässer) in 8 bis 36 Zoll mächtigen Bänken auf, anscheinend vollkommen versteinerungsleer. Auf die im Ganzen ca. 8 Fuss mächtigen versteinerungslee- ren liegenden Bänke folgen wellenförmig dünngeschichtete, durch Thonlagen getrennte Bänke von dichtem, rauchgrauem Kalkstein (Schneller), im Ganzen 7 Fuss mächtig. Darin finden sich ausser einem Heer von Myaciten kaum andere Petrefakten, welche auf die mannigfaltige Molluskenfauna der nun folgenden Eneriniten- kalke (Trochitenkalke) schliessen liessen. Die Encrinitenkalke bilden drei, zu 1 bis 3 Fuss, im Ganzen 348 incl. der thonigen Zwisehenschichten 8 Fuss mächtige Grässer- bänke, die unteren Bänke stellenweise in dünne Platten abgeson- dert. Die an 2 Fuss mächtige, von Kalksteingeoden durchzogene thonige Schicht zwischen der oberen und mittleren Enerinitenbank ist Veranlassung einer breiten mit den Bruchstücken der oberen Enerinitenbank bedeckten Stufe, welche, längs beiden Gehängen in mässiger Höhe über der Thalsohle correspondirend fortsetzend, eine sichere und schnellere Orientirung ermöglicht. Im Hangenden der Encrinitenbänke setzt der Schneller eine an 15 Fuss mächtige Schichtenreihe zusammen, welche das Haupt- lager für Ceratites nodosus und Nautilus bidorsatus bildet. Ausser diesen mögen sich hier, wie höher, vielleicht sämmtliche Petrefakten der Encrinitenschichten verbreitet finden, aber sie treten zerstreut auf und sind überdies nur selten der Beobachtung an den schroff aufsteigenden Gehängen zugänglich. Um auf den Inhalt der Fauna überzugehen, so erscheinen Reste von Sauriern, Fischen und Krebsen zwar häufiger, als im Wellendolomit, Palinurus Sueurü, lange für den ältesten Reprä- sentanten der langschwänzigen Krebse gehalten, ist sogar hier vorzugsweise verbreitet, aber die Mollusken bleiben Hauptsache, in den Encerinitenschichten, dem Mittelpunkte der ganzen Mu- schelkalkformation, ihre vollkommenste Entwickelung nach Zahl und Art erreichend. Korallen scheinen, wie überhaupt im Muschelkalk, zu fehlen. Von den Radiarien setzt Zncerinus liliformis ganze Bänke zusammen, höher fehlend, im Wellenkalk nur in einzelnen Stiel- gliedern verbreitet. Mit ihm zusammen finden sich Stacheln von Cidaris grandaevus und Bruchstücke von Stelleriden, den Gat- tungen Asterias und ÖOphiura angehörend, welche tiefer nicht vorzukommen scheinen. Unter den Conchiferen ist eine Reihe zum Theil neuer, den paläozoischen Formationen fremder Formen zu nennen. Zunächst die Einmuskler. Die Ostreen des Muschelkalks sind kleine Arten, theils glatt | (Ostrea placunoides), theils gefaltet (Ostrea ceristadifformis, O. spondyloides), wit Serpulen die Steinkerne von Plagiostoma u. s. w. bedeckend. Pecten, zwar durch alle Formationen hindurchgehend, aber im Muschelkalk in besonders charakteristische Arten (Pecten laevigatus, P. discites, P. Albertü), P. laevigatus für den Frie- 349 drichshaller Kalkstein, P. Albertii für den Wellendolomit be- zeichnend. Plagiostoma, älter als im Muschelkalk nicht vorhanden, Plagiostoma lineatum und Pl. striatum wichtige Leitmuscheln, erstere für den Wellendolomit (Hopfau, Freudenstadt), letztere für den Friedrichshaller Kalkstein (Eyachthal unterhalb Haiger- loch). Gervillia in mehreren Arten: Gervillia socialis, ohne Zwei- fel das verbreitetste Petrefakt des Muschelkalks, @. costata lei- tend für den Wellendolomit. Unter den zweimuskeligen Conchiferen ist die den jurassi- schen Trigonien verwandte Gattung Myophoria auf den Muschel- kalk beschränkt, daher wichtige Leitmuschel. Sie ist durch alle Petrefakten-führenden Schichten des Muschelkalks verbreitet, am artenreichsten in den Encrinitenkalken. Eine weitere Entwickelung der Conchiferenfauna begründen die unter dem Namen Myaciten begriffenen Conchiferen , welche tiefer nicht vorkommen. Sie schliessen sich an die später im Jura und in der Kreide erscheinenden Pholadomyen an, von ih- nen durch das Fehlen radialer Rippen verschieden. Die quer- verlängerten, querovalen Schalen pflegen an der Hinterseite zu klaffen, ein Charakter, der nur da vorkommt, wo ein Mantelaus- schnitt vor dem hinteren Muskeleindruck, wie bei Lutraria und Mya vorhanden ist. Von Mya unterscheiden sich diese Muschel- kalkeonchiferen übrigens durch das Schloss. Myacites muscu- loides, M. elongatus, M. ventricosus und M. mactroides sind SCHLOTHEIM’sche Namen für die verbreitetsten Formen. Die Brachiopoden sind auf Terebratula vulgaris, Spirifer fragılis und Lingula tenuissima beschränkt, alle schon im Wel- lenkalk vorhanden, Terebratula vulgaris am ausgebildetsten im Friedrichshaller- Kalkstein. Von den wenigen Gastropoden ist Melania Schlotheimi für den Wellenkalk, Fusus Hehlii für den Friedrichshaller Kalk- stein bezeichnend. - Unter den Cephalopoden tritt Nautilus bidorsatus mit sei- nem breiten, abgeplatteten, in der Mitte eingesenkten Rücken sowohl im Wellendolomit, als Friedrichshaller Kalkstein auf, im Wellendolomit begleitet von einem kleinen flachen, stark involu- ten Ammoniten (Ammonites Buchül), im Friedrichshaller Kalk- stein von Am, nodosus, dem Hauptrepräsentanten der Ceratiten 350 und zugleich wichtigstem Leitpetrefakt des Muschelkalks (Salz- schacht bei Stetten, rechtes Eyachgehänge unterhalb Imnau). Zum Schlusse mag noch der zuerst von KLöpen (Beiträge zur mineralogischen Kenntniss der Mark Brandenburg, Berlin 1834 Seite 288) beobachteten und beschriebenen Stylolithen ge- dacht werden. Eine nach allen Seiten genügende Erklärung über die Entstehung derselben hat bis jetzt nicht gelingen wol- len. Jedenfalls wesentlich gefördert ist die Sache durch die Beobachtung QuESSTEDT’s (WIEGMANN’s Archiv, Jahrgang 3, Seite 137), dass die Rüdersdorfer Stylolithen sich sehr häufig, gewöhnlich nach oben mit einer Muschel (Pecten discites) endi- gen und die Cannelirung der Säule genau den Umrissen dieser Muschel entspricht, die Stylolithen daher für diesen bestimmten Fall als die Folge einer beim Austrocknen der weichen Gebirgs- masse durch organische Körper geleiteten Absonderung erschei- nen. Im süddeutschen Muschelkalk gehören zwar Stylolithen zu den gewöhnlichen Erscheinungen, aber solche mit einer Muschel als Endigung finden sich nur selten. Von den wenigen bei Crailsheim und Haigerloch aufgefundenen Exemplaren schliesst die Säule mit Plagiostoma striatum. ö. Dolomit (Rauchwacke, Malbstein). — Obgleich die dolomitischen Mergel in der Oberregion des Friedrichshaller Kalk- steins petrographisch den Uebergang von y zu 6 vermitteln, so bleibt die Trennung doch scharf. Der in allen Niveaus des Friedrichshaller Kalksteins vorherrschende dichte rauchgraue Kalkstein (Schneller) verschwindet hier plötzlich und mit ihm die regelmässig parallele, kaum über 1 Fuss mächtige Schich- tung. Statt dessen treten an 3 Fuss mächtige, dicht aufeinander gepackte, vertikal stark zerklüftete Dolomitbänke auf, die nur zuweilen gegen das Hangende der im-Ganzen an 60 Fuss mäch- tigen Ablagerung hin in dünne Platten sich absondern. Die petrographische Beschaffenheit des Dolomits wechselt fast Bank für Bank. Die Farbe ist braun, grau, gelblichgrau, schmutzigweiss, der Bruch krystallinischkörnig, dicht, erdig. Ebenso verschieden ist Härte und Consistenz. Das specifische Gewicht varürt zwischen 2,78 und 2,86. Ohne Zweifel hängt die petrographische Verschiedenheit mit dem verschiedenen Ge- halte an Bittererde zusammen, welcher nach den Untersuchungen von CH. GMELIN von 25 bis auf 40 pCt. steigt. Drusen und Blasenräume nehmen stellenweise so überhand, 351 dass der Dolomit dadurch ein schlackiges Ansehen erhält. Die Wände der Drusen sind mit Braun- und Kalkspathkrystallen be- kleidet. Kieselerde scheidet sich gern als Hornstein aus. Fast ebenso häufig sind Schwerspathnester. 7 Steinkerne von Nautilus bidorsatus, Pecten discites, Pecten laevigatus, Gervillia socialis, Myophoria Goldfussi, Myophoria vulgaris, Myophoria curvirostris, Myacites, Terebratula vul- garis finden sich an einigen Lokalitäten (Bohrloch No. 1 bei Stetten) bankweise zerstreut, viele Muschelkalkpetrefakten, darun- ter Zncrinus liliüiformis, scheinen bereits zu fehlen. c. Oberer Muschelkalk. &. Lettenkohlensandstein. — «) In dem Grenzbach zwischen Hirrlingen und Rangendingen auf der rechten Eyach- seite ist über dem dickgeschichteten Dolomit (6) blaugrauer - Schieferthon 12 Fuss mächtig entwickelt, bedeckt von lichtgrauem glimmerigem Sandschiefer. In der Oberregion des Schieferthons finden sich dichte dolomitische Mergel, welche jenem für die Mergel des Muschelkalks, insbesondere der Lettenkohle charakte- ristischen Farbenwechsel unterworfen sind, wonach die ursprüng- liche, im frischen Anbruche rauchgraue Farbe an der Luft all- mälig in eine schmutziggelbe übergeht. b) Der Lettenkohlensandstein ist 5 bis 20 Fuss mächtig. Wo er mächtig entwickelt ist, scheint er die Thone und Mergel im Liegenden zu verdrängen. So tritt der Lettenkohlensandstein bei Bohrloch No. 1 unmittelbar im Hangenden des Dolomits auf, kann jedoch hier möglicherweise über die Thone hinwegge- rutscht sein. Der Lettenkohlensandstein ist ein feinkörniger Thonsand- stein, reich an kleinen glänzend silberweissen Glimmerblättchen, von sehr constanter gelblichgrauer Farbe, zuweilen mit braunen Rostflecken und Eisengallen, in der Regel dünn, wohl nicht über 14 Fuss stark geschichtet, nach oben in Sandschiefer und san- digen Thon übergehend, bei geringer Mächtigkeit durch Sand- schiefer repräsentirt. c) In der Oberregion des Sandsteins scheidet sich ein schwe- felkieshaltiges, durch Kohle schwarz gefärbtes, bis 8 Zoll mäch- tiges Thonflöz (Lettenkohle) aus, welches regelmässig durehgreift und als Mittelpunkt der ganzen unter Lettenkohle begriffenen Schichtenreihe die Orientirung erleichtert, Zuweilen finden sich 352 gar zwei durch Sandschiefer getrennte Lettenkohlenflöze überein- ander entwickelt. &. Lettenkohlendolomit. — a) Die Lettenkohle ist be- deckt von 12 Fuss mächtigem blaugrauem Schieferthon, der in grauen Sandschiefer und gelblichgrauen Mergelschiefer überzuge- hen oder damit zu wechsellagern pflegt. Nicht weit über der Lettenkohle oder unmittelbar im Han- genden derselben tritt sehr constant eine 8 bis 30 Zoll mächtige oft in drei Lagen getheilte oder spaltbare Kalksteinbank auf. Der Kalkstein ist dicht, spröde, flachmuschelig, rauchgrau, gelb; gefleckt, geflammt, im Grunde nicht wesentlich verschieden von den übrigen dolomitischen Gesteinen der Lettenkohle. Auf dem Plateau zu beiden Seiten der Starzel in den Lettenkohlensand- steinbrüchen bei Hemmendorf, Höfendorf, Stetten untersucht man denselben vergeblich auf organische Reste, während er im Neckar- gebiet bei Mühlheim, Sulz, Herb und Dettlingen zahlreiche Pe- trefakten (Myacites musculoides, Myacites mactroides, Mynacites elongatus, Myophoria Goldfussi, Myophoria vulgaris, Gervilia socialis) einschliesst und sich stellenweise zu einer schwer zer- sprengbaren Muschelbreceie modificirtt. Das plötzliche und ganz unvermuthete Wiederauftreten von Muschelkalkmollusken, welche mit dem Lettenkohlensandstein für immer verschwunden zu sein schienen, ist Grund genug, hier eine übrigens auch petrographisch bezeichnete Grenze zu ziehen. In den Sandsteinbrüchen pflegt diese Schichtenreihe das Ausgehende zu bilden, v. ALBERTT schliesst damit die Gruppe der Lettenkohle. b) Auf den Schiefertlion u. s. w. folgen rauchgraue an der Luft schmutziggelb oder ochergelb werdende, daher häufig ge- flammt erscheinende dolomitische Mergel, sogenannte Wassersteine, in dicht aufeinander gepackten Bänken, je 5 bis 15 Zoll, im Ganzen 5} Fuss mächtig, die mächtigeren Bänke in Platten spaltbar. Der Bruch ist dicht, erdig, selten feinkrystallinischkör- nig. Sprödigkeit pflegt den dichten und bärteren Varietäten in hohem Grade eigen zu sein. Kleine kugelige oder ellipsoidische Blasenräume, deren Wände mit Kalk und Bitterspathkrystallen bekleidet sind, durchziehen die Dolomite gern parallel den Schich- tungs- oder Spaltenflächen. Petrefakten sind ausser ZLingula tenuissima und Posidonin minuta selten. Bei Dettlingen ist eine Bank von zahlreichen cylindrischen Löchern 'durchbohrt, 353 welche von Pholaden herrühren könnten, obgleich diese erst mit Sicherheit im Tertiärgebirge erscheinen. Die dolomitischen Mergel, identisch mit QuExsTeEp'’s Flam- mendolomit und v. ALBERTT’s Dolomit über der Lettenkohle, ha- ben eine ungemein ausgedehnte Verbreitung und finden sich be- hufs ihrer Verwendung als Strassenmaterial häufig in Steinbrü- chen aufgedeckt (Rangendingen, Hart, Owingen, Weiherhof un- weit Empfingen u. s. w.). Meist treten sie an den Gehängen der flachen Erhebungen des Muschelkalkplateaus auf, während Lettenkohlensandsteine und Lettenkohle in den sanften Eintei- chungen abgelagert sind. £ In Begleitung der dolomitischen Mergel findet sich stets eine 2 bis 3 Fuss mächtige graue Dolomitbank, welche zahlreiche grüne und gelbe Mergelbrocken einsehliesst. Die Mergelbrocken wittern aus und hinterlassen parallelopipedische, oft nur durch dünne Scheidewände getrennte Zellen, es entsteht ein wahrer Zellendolomit, der mit den Flammendolomiten im Liegenden über den geognostischen Horizont nicht lange im Zweifel lässt. Auf den Zellendolomit folgt häufig unmittelbar der Keuper- gyps, häufig finden sich zwischen beiden c) graue und gelbe Mergelschiefer entwickelt, welche mit buntem (grauem, grünem und rothem) Thon wechsellagern. Diese Mergel enthalten hart auf der Grenze gegen den Keuper einen grossen Reichthum an einzelnen Muschelkalkmol- lusken (}/yophoria Goldfussi, Nyophoria vulguris, Gervillia socialis), bei Gölsdorf unweit Rottweil, bei Durrheim nördlich von Donaueschingen u. s. w. sämmtlich in Gyps verwandelt, Zu denMollusken pflegen sich zahlreiche Fisch- und Saurierreste zu gesellen (v. ALseRrtTs Reptilienbreccie). Die Schichtenreihe der Lettenkohlengruppe, welche eine Ge- sammtmächtigkeit von 40 bis 60 Fuss erreicht, besteht demnach aus dunkelen Schieferthonen, lichtgefärbten dolomitischen Mergeln, gelblichgrauen Thonsandsteinen und Lettenkohle. Sandsteine und Lettenkohle gehören der Unterregion, die dolomitischen Mergel vorzugsweise der Oberregion an. Die Sandsteine sind ausgezeiehnet durch zahlreiche Pflan- zenreste, welche im Wesentlichen mit der im Schilfsandsteine JAEGER’s entwickelten Keuperflora übereinstimmen, die dolomiti- 354 schen Mergel durch einzelne bankweis verbreitete Muschelkalk- mollusken. Für die ganze Schichtenreihe ist die massenhafte Anhäufung von Fisch- und Saurierresten bezeichnend. Wie die Mollusken des Muschelkalks in den Encrinitenschichten, so erreichen die Wirbelthiere in der Lettenkohle ihre höchste Entwickelung. Lei- der finden sich nur an wenigen Lokalitäten zusammenhängende Reste, welche geeignet sind über die zerstreuten und corrodirten Vorkommen Licht zu verbreiten. Unter den Reptilien der Lettenkohle sind zunächst die La- byrinthodonten zu nennen, durch doppelten Condylus den Batra- chiern verwandt und merkwürdig durch die Vereinigung der ver- schiedenartigsten Amphibiencharaktere. Sie treten als überhaupt älteste Saurier bereits mit Archegosaurus Decheni in den Sphä- rosideriten des Steinkohlengebirges von Saarbrücken auf. Der Trias vielleicht ausschliesslich eigen ist die Gattung Mastodon- saurus. Zusammen mit den Labyrinthodonten kommt die den Plesio- sauren des Lias verwandte Gattung Nothosaurus vor, auf welche sich wohl grösstentheils die im Friedrichshaller Kalkstein und Wellendolomite zerstreuten Saurierreste zurückführen lassen. Die Fische des Muschelkalks gehören den beiden Ordnungen der Ganoiden und Selachier an. Sehr verbreitet sind Schuppen, welche sich durch ihren qua- dratischen oder rhombischen Umriss, ihre emaillirte Oberfläche als typische Ganoidenschuppen erweisen. Acıssız begreift sie unter der Gattung Gyrolepis und unterscheidet als gemeinste Formen Gyrolepis Albertil und Gyrolepis tenuistriatus, erstere grob gefurcht, letztere fein gestreift. Placoduszähne, von Acassız zu den Pycnodonten gestellt, erscheinen im südwestlichen Deutschland nur in den oberen Schichten des Friedrichshaller Kalkstein als Seltenheit. Unter den Selachierzähnen, von denen der lebenden Haie noch wesentlich abweichend, ist am häufigsten Acrodus, glänzende längliche Pflasterzähne mit einem scharf hervortretenden Kiel in der Mitte; minder häufig sind Psammodus, schmale, längliche, punktirte Zähne; Hybodus, mit einem kegelförmigen Höcker auf der Zahn- krone und kleineren Nebenkegeln an der Basis. 355 Rückblick, Der Muschelkalk bildet ein von tiefen engen Thälern durch- schnittenes, im Grossen regelmässiges, ganz sanft gegen Nord- westen ansteigendes Plateau zwischen 1500 und 2000 Fuss Meereshöhe. An der Zusammensetzung des Muschelkalks haben dolomi- tische Mergel, Dolomite, Kalksteine, Thon, Steinsalz, Anhydrit, Sandstein und Lettenkohle den wesentlichsten Antheil. Für den unteren Muschelkalk sind Steinsalz und Anhydrit, für den mitt- leren Kalkstein, für, den oberen Sandstein und Lettenkohle cha- rakteristisch. Die in allen Niveaus auftretenden, sowohl dem Keuper als buntem Sandstein fremden, dolomitischen Mergel und Dolomite verbinden diese verschiedenen Schichtenglieder zu einem unzertrennlichen, wenngleich gegen die Formationen im Liegen- den und Hangenden nicht scharf geschiedenen Ganzen. Die Gesammtmächtigkeit des Muschelkalks beträgt 640 bis 660 Fuss, wovon auf den unteren Muschelkalk (a und ß) 350 Fuss, auf den mittleren (y und 6) 250, auf den oberen (Lettenkohlengruppe) 40 bis 60 Fuss kommen. Streichen und Fallen der Schichten ist analog dem orogra- phischen Verhalten, im Grossen regelmässig, im Einzelnen durch Schichtenaufbiegungen und bedeutende, 30 bis 80 Fuss betra- gende Verwerfungen vielfach gestört. Wie sich die unter Muschelkalk begriffene Selteltenseikie petrographisch und orographisch als Ganzes erweist, so paläon- tologisch durch die zwar nur wenig zahlreiche, aber charakte- ristische Molluskenfauna, welche sich im Friedrichshaller Kalk- stein und auf den Grenzen gegen den Keuper und bunten Sand- stein entwickelt findet. Die wichtigsten Versteinerungen gehören zu den Ceratiten, Conchiferen und Crinoideen, die Ceratiten fast auf den Muschelkalk beschränkt, von den Conchiferen die Gattungen Ostrea, Plagiostoma u. s. w. hier zum ersten Male auftretend, die Gattung Myophoria dem Muschelkalk ausschliesslich eigen. Gleichwohl ist eine Detailgliederung nach den Petrefakten, wie im Jura, nicht möglich und selbst für die Hauptglieder sind nur wenige Muscheln leitend, für den Wellendolomit Ceratites Bucht, Melania Schlotheimi, Plagiostoma lineatum, Myophoria cardis- soides, Gervillia_costata, für den Friedrichshaller Kalkstein Ce- ratites nodosus, Fusus Hehlii, Plagiostoma striatum, Pecten lae- Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL. 3, \ 24 356 vigatus, Encrinites hliiformis, für die Lettenkohlengruppe Myo- phoria Geldfussi, Posidonia minuta. Reptilien und Fische der Trias erreichen in der Lettenkohle ihre höchste Entwickelung, sind indessen nicht, wie die Mollus- ken, auf den Muschelkalk beschränkt. Noch weniger bezeichnend ist die im Lettenkohlensandstein entwickelte Flora. Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des Mu- schelkalks in Schwaben. Der Muschelkalk begleitet den bunten Sandstein des Schwarz- waldes in schmalem Zuge von der Wuttach gegen Norden bis zur Ens, breitet sich von hier gegen Nordwesten bis zum Rhein- thal zwischen Bruchsal und Carlsruh, gegen Westen bis zum Neckar aus, folgt dem Neckar aufwärts über Stuttgart hinaus bis Esslingen, abwärts bis zur Vereinigung mit dem ausgedehn- ten Muschelkalkzuge, welcher von Wiesloch aus gegen Nordosten den bunten Sandstein des Odenwaldes umgiebt und gegen Süden bis Gaildorf am Kocher und Crailsheim an der Jagst in die Keuperlandschaft hinaufreicht. Das ausgedehnteste Areal nimmt der Friedrichshaller Kalk- stein und die Lettenkohle ein, nach dem Schwarzwalde hin um- säumt von den niedrigen Hügeln und Höhenzügen des Wellen- dolomits. 5 Der Gyps der Anhydritgruppe tritt fast nur in den Thälern zu Tage, im oberen Neckargebiet bei Epfendorf, Sulz, Glatt, Dettlingen, Bittelbronn, Imnau, Mühringen, Börstingen, Sulzau, im unteren Neckarthale bei Hassmersheim, im Kocherthale bei Künzelsau, Ingelfingen, Ernsbach, im Jagstthale bei Langenburg und Mülfingen. Steinsalz ist über Tage nirgends bekannt, aber durch berg- männische Arbeiten an vielen Stellen nachgewiesen. Steinsalz wurde erbohrt am oberen Neckar bei Dürrheim, bei Schwenningen in 566 Fuss Teufe, bei Rottenmünster, bei Bergfelden unweit Sulz in 451 Fuss Teufe, bei Haigerloch in 245 resp. 392 Fuss Teufe, 357 am unteren Neckar bei Friedrichshall in 510 Fuss Teufe, unweit Wimpfen % bei Ludwigshall, bei Rappenau, am Kocher bei Wilheimsglück unweit Hall in 332 Fuss Teufe. Der Wellenkalk, ca. 200 Fuss mächtig, besteht am Schwarz- walde hauptsächlich aus petrefaktenreichen dolomitischen Mergeln, Dolomiten und Thon, in den Gesenken bei Sulz und Bohrlöchern an der Prim nach allen Richtungen durchschwärmt von Gyps- schnüren, der Thon zuweilen gesalzen. Auf die Thone folgen dünne, wellenförmig geschichtete, mehr oder weniger bituminöse, rauchgrau und schwarz gefärbte Kalksteine. Gegen Norden ver- drängen die anfänglich wenig mächtigen Kalksteine die dolomi- tischen Mergel und Thone im Liegenden immer mehr, am Oden- walde setzen sie den Wellenkalk vorzugsweise zusammen. Die Anhydritgruppe erreicht am oberen Neckar eine Mäch- tigkeit von 200 bis 350 Fuss, am unteren Neckar von 400 Fuss, in der ganzen Ausdehnung des Muschelkalkzuges sich nach dem Ausgehenden (Nordwesten) hin allmälig auskeilend. Ueberall zeigt sie sich im Allgemeinen übereinstimmend entwickelt. Zu unterst Steinsalz, darüber gesalzener Thon von Anhydrit- und Stinksteinlagen durchzogen, bedeckt von mächtigen Anhydrit- massen, welche nach oben mit licht gelblichgrauen dolomitischen Mergeln und bituminösen Kalksteinen wechseln und von diesen zuletzt verdrängt werden. Das reine Steinsalz, weiss oder grau, meist blätterig, seltener körnig, bei Schwenningen und Friedrichs- hall über 50 Fuss, bei Rottenmünster 40 Fuss, bei Haigerloch 28, bei Wilhelmsglück 22 Fuss mächtig, pflegt in der Regel in Mandelform abgelagert zu sein, d.h. keilt sich nach allen Seiten hin allmälıg aus, um sich weiter zu Felde in demselben Niveau wieder anzulegen. Nicht selten (Rottenmünster) wechselt die Mächtigkeit auch plötzlich, daher die Lagerung mehr stock- als mandelförmig. Wo Anhydrit und Thon wie bei Sulz die Ober- hand gewinnen, scheidet sich darin Steinsalz in Nestern und Trümern aus. Umgekehrt pflegen Thon und Anhydrit nicht selten im Steinsalz eingewachsen zu sein, überhaupt lässt sich weder eine regelmässige Schichtung noch scharfe Sonderung zwi- schen Steinsalz, Anhydrit und Thon wahrnehmen. Die Mächtigkeit des Friedrichshaller Kalksteins wächst von 2a 358 Süden gegen Norden, während die Mächtigkeit des Dolomits im Hangenden allmälig abnimmt. Mächtigkeit des Friedrichs- des haller Kalksteins. Dolomits. bei Schwenningen. . . „. „98 Fuss 83 Fuss bei Haigerloch . . . .. . .. 190 Fuss 56 Fuss beisNiedernau, si lsaealärtags — 45 Fuss bei Friedrichshall . . . . .. 400 Fuss — Trotz der verschiedenen Mächtigkeit zeigt sich der Frie- drichshaller Kalkstein überaus gleichmässig entwickelt, überall der einförmige Schichtenbau, überall der charakteristisch dichte, rauchgraue Kalkstein (Schneller) vorherrschend. Diese Ueber- einstimmung findet auch rücksichtlich der organischen Einschlüsse und der Verbreitung derselben statt. Immer finden sich die Pe- trefakten in der Unterregion angehäuit, während sie nach oben zerstreut auftreten, selten sind, oft ganz zu fehlen scheinen. Dagegen zeigen sich bier und da, insbesondere am oberen Neckar die Petrefakten-führenden Schichten schärfer getrennt als im Eyachthal und an den meisten anderen Orten. Es lassen sich von unten nach oben unterscheiden: 1) Untere Encrinitenschichten bei Villingen, 13 bis 14 Fuss mächtig. 2) Schichten, die ausser Palinurus Sueurii keine organi- schen Reste einschliessen, daher Palinurenkalk genannt, ca. 20 Fuss mächtig. 3) Obere Encrinitenschichten, 7 bis 8 Fuss mächtig. 4) Rogenstein, reich an Myophorien, 7 bis-8 Fuss mächtig. 5) Schichten mit Pecten discites (Pectinitenkalk) oder Pla- gtlostioma striatum, begleitet von Encrinitenstielgliedern, 6 bis 8 Fuss mächtig. 6) Schichten mit Ammonites nodosus. 7) Petrefaktenarme Schichtenreihe, an 60 bis 80 Fuss mächtig. Auch das von der Lettenkohle entworfene Bild trifft im Allgemeinen zu, nur bleibt hinzuzufügen, dass an einigen Loka- litäten (Gaildorf, Mühlhausen [Bohrloch], Murrhard [ Versuchs- schacht], Rottenmünster [Salzschacht]) sowohl der Schieferthon im Hangenden als die Sandsteine im Liegenden der Lettenkohle von Gypsschnüren durchzogen sind. 359 3. Der Keuper. Geognostische Abgrenzung des Keupers gegen den Lias. Bei der durchaus verschiedenen Entwickelung von Lias und Keuper überrascht es, beide Formationen auf der Grenze petro- graphisch und paläontologisch verbunden zu sehen. In letzterer Hinsicht ist es besonders bezeichnend, dass die für den Lias cha- rakteristischen Thalassiten schon in den hangenden Schichten des obersten, feinkörnigen, gelben Keupersandsteins auftreten. In petrographischer Hinsicht ist bemerkenswerth, dass wie im Keu- per, so im unteren Lias die Sandsteine ein wichtiges Glied bil- den und die unterste mit Petrefakten erfüllte Liaskalksteinbank stellenweise (untere Bahlinger Mühle) in Sandstein überzugehen pflegt. So mag es denn wohl begründet sein, wenn Herr FrAAS den Liassandstein als einen fortgesetzten Niederschlag des Keu- persandsteins betrachtet. Dazu kommt, dass der gelbe Keuper- sandstein sich orographisch an die niedrige steile Bergwand des Lias ohne Abstufung anschliesst. Gleichwohl hat man sich dahin geeinigt, die oberste wenig mächtige Schicht desselben, das Bo- nebed, welches zahlreiche, der Trias grösstentheils eigenthümliche, dem Lias fremde Fisch- und Saurierreste einschliesst, als Grenze anzusehen. Verbreitung des Keupers und orographisches Verhalten desselben. Begrenzt von den fruchtbaren Getreidefeldern der Letten- kohle- und Liasebene bedingen die bewaldeten Höhen und Rücken des Keupers mit ihren steilen Gehängen und zahlreichen von Bächen durchströmten Schluchten und Rinnen einen überraschend malerischen Wechsel der Landschaft. In den Hohenzollernschen Landen, wie überhaupt am gan- zen südwestlichen Alprande, ist der Keuper in verhältnissmässig geringer, kaum 4 bis 1 geographische Meile betragender Brei- tenausdehnung entwickelt, reicht aber weit in die Liasthäler hin- auf, im Starzelthal bis Friedrichsstrasse, im Eyachthale bis zur Bahlinger Mühle, im Schlichemthal bis Dautmergen. Bei der nur geringen Breitenausdehnung ist die dem Keuper besonders eigene Terrassenbildung nur wenig deutlich ausgespro- chen. Immerhin lassen die Gehänge die Charakterzeichnung er- kennen. Der rothe Keupermergel lehnt sich in mehr oder weniger 360 Aacher Halde an die steilen Wände der unteren Liasterrasse an, häufig bedeckt von losgerissenen Blöcken der Concinnensandsteine und Arcuatenkalke. Der grobkörnige Keupersandstein (Stubensandstein) bildet am Fusse der Mergelhalde eine Stufe, welche im Starzelthale oberhalb Stein, im Eyachthale oberhalb der Engstlatter Mühle über den Flussspiegel sich erhebt, zu beiden Seiten der Thäler den vielgezackten Umrissen des Lias folgt, bis an die Thalränder vorspringt, oft senkrechte, an 80 Fuss hohe Wände bildend. Die zweite Stufe veranlasst der bunte Keupersandstein (Schilfsandstein JaAEGER’s), im Starzelthal kaum bemerkbar, zwi- schen Gruol, Weildorf, Empfingen, Renfrizhausen, Vöhringen zu einer breiten Fläche ausgedehnt. Der untere bunte Keupermergel verflächt sich ganz allmälig gegen die Ebene der Lettenkohle, der sanfte Abfall nur hier und da durch einen Gypsrücken unterbrochen. Der grobkörnige Keupersandstein findet sich in Steinbrüchen und Sandgruben bei Stein, Weildorf, Rangendingen und Engst- latt, der bunte Keupersandstein in Steinbrüchen bei Owingen, Binsdorf, Zimmern, Weildorf und Renfrizhausen, der Gyps bei Rangendingen, Hart, Haigerloch, Stetten, Owingen, Gruol und Empfingen aufgeschlossen. Die Höhenlage des Keupers mag 1500 bis 1900 Fuss _ betragen. Gliederung des Keupers. a. Unterer Keuper. 4. Gyps. — Ueber der Gruppe der Lettenkohle findet sich in der Regel Gyps, nicht selten 50 Fuss mächtig entwickelt. Die Farbe des Gypses ist grau, lichtgrau, weiss, fleischroth, der Bruch dicht, krystallinisch körnig, auch wohl körnig blättrig, 'asergyps und erdiger Gyps (Gypsmehl, Gypsfäule) kommen häufig, aber nur untergeordnet, Gypskrystalle und Marienglas seiten vor. Der Gyps setzt bis 3 Fuss mächtige Bänke zusammen, die Bänke durch papierdünne, graue Mergellagen getrennt. Mit den Mergellagen verschwindet die Schichtung, nur noch durch feine, abwechselnd grau und weisse Streifung angedeutet. Verschwin- det auch diese, so bildet der Gyps massige Felsen, eingehüllt in weiche von Gypsschnüren nach allen Richtungen durchschwärmte 361 Mergel. Umgekehrt gehen nicht selten die mächtigen Gypsbänke in dünne, wellenförmig gewundene, mannigfach verbogen oder geknickt erscheinende Platten über. Die Platten wechseln mit grau und roth gefärbtem Mergel, der nach oben vorherrschend wird, B- Mergel. — Nehmen ihre Stelle über dem Gypse, wo sie diesen verdrängen oder unterbrechen, unmittelbar über der Lettenkohlengruppe ein; Farbe grau, roth, blaugrün, matt, schmutzig, überhaupt wenig intensiv, Bruch weich bis hart; @e- halt an Bittererde bis 20 pCt.; nach dem Liegenden hin Gyps- nieren einschliessend, nach dem Hangenden hin Sand aufnehmend und von Sandsteinschweifen durchzogen, Mächtigkeit incl. Gyps ca. 150 Fuss. Gyps und Mergel sind stellenweise gesalzen, an einigen we- nigen Lokalitäten von Steinsalzschnüren durchsch wärmt. b. Mittlerer Keuper. . Bunter Keupersandstein (Schilfsandstein JAE- GER’s). — Bis 30 Fuss mächtig, dick und regelmässig, meist horizontal geschichtet; feinkörnig; reich an Glimmer; Bindemittel thonig, oft vorherrschend und dann Thonausscheidungen häufig; in der unteren und mittleren Region grün oder gelblichgrau ge- färbt, Nester und Schnüre von Gagatkohle einschliessend, daher mit dem Lettenkohlensandstein wohl zu verwechseln; in der obe- ren Region braunroth, blassroth, rothscheckig. Der Schilfsandstein, technisch als Baustein wichtig, ist geo- gnostisch durch Reptilienreste und eine reiche Flora ausgezeichnet. Erinnern Farrn, Calamiten und Coniferen noch an die Flora des bunten Sandsteins, so weisen Cycadeen und Equiseten bereits auf die Flora des Jura und der unteren Kreide hin. Calamiten, häufig und mannigfach; Hauptform, wie ir bun- ten Sandstein, Calamites arenaceus. Equiseten, verbreiteter noch als die Calamiten, von diesen bekanntlich durch das Vorhandensein von Blattscheiden an den Articulationen des Stammes verschieden; Hauptform Zguwisetum columnare. Farrn, selten, häufiger in der Lettenkohle, gemeinste Art Taeniopteris vittata. Cycadeen (Nilsonia und Pterophyllum), nur Wedel, aber gut erhalten, nicht selten über 1 Fuss lang (Pterophyllum Jaegeri). Coniferen (Voltzia) selten, aber nicht ausgeschlossen. 362 Die Reptilien gehören der schon in der Lettenkohle genann- ten Labyrinthodontengattung Mastodonsaurus an. Auf der Feuer- bacher Haide bei Stuttgart kommen wohlerhaltene Reste, nament- lich Schädelstücke von Mastodonsaurus robustus vor, durch wel- che die genaue Kenntniss des Thieres wesentlich gefördert wor- den ist (QuENSTEDT, die Mastodonsaurier im grünen Keuper- sandstein Württembergs sind Batrachier. Nebst vier Kupfertafeln. Tübingen 1850). Mit Mastodonsaurus robustus zusammen findet sich Meto- pias diagnostieus. 6. Bunte, grellfarbige Mergel. — Der bunte Keu- persandstein zerfliesst nach oben in rothen, sandigen Thon. Höher verliert sich der Sandgehalt, es greifen an 60 Fuss mächtige Mergel Platz, von den liegenden Mergeln verschieden durch die grelle rothe und blaugrüne Farbe in oft wiederholtem scharf ab- geschnittenem Wechsel, durch die grössere Consistenz und das häufigere Auftreten von fahlgrauen, dichten, stark zerklüfteten bis 8 Zoll mächtigen Steinmergelbänken. c. Oberer Keuper. &. Weisser, grobkörniger Keupersandstein (Stu- ee dstein). — Ueber den bunten Mergeln findet sich eine an 60 Fuss mächtige, aus Sandstein, Conglomerat, Gagatkohle, Dolomit und Mergel zusammengesetzte Schichtenreihe entwickelt. Das charakteristischste Glied derselben ist der Sandstein: schmutzigweiss, gelblichgrau, blassroth; grobes, scharfkantiges Korn; kaolinartiges Bindemittel, eingemengte fleischrothe Feld- spathkörner; wenig Glimmer; weich, oft zu Sand zerfallend, aber an der Luft erhärtend; dickgeschichtet; übergehend einerseits in feinkörnigen, harten, kieseligen, nicht selten gefritteten, in dünne Platten abgesonderten Sandstein, anderseits in ein grobes festes Conglomerat mit dunkel- und lichtgefärbten Mergel- und Kalk- steingeschieben, eingesprengtem Schwefelkies und Bleiglanz, die lichtgefärbten Kalksteingeschiebe, merkwürdig genug, dem weissen Jurakalkstein überaus ähnlich. Der Sandstein bildet drei Hauptlagen, eine liegende, mittlere und hangende Lage, je 8 bis 15 Fuss mächtig. Die hangende Sandsteinlage ist am mächtigsten und entfernt sich am wenigsten vom Normalcharakter, ist zugleich leicht zugänglich, daher fast ausschliesslich technisch benutzt und in Sandgruben und Stein- | 363 brüchen häufig aufgedeckt. Sie ist es auch, welche zahlreiche in Gagatkohle verwandelte Stämme und bis 1 Fuss mächtige, aber nicht durchgreifende Gagatkohlenflöze einschliesst (Engst- latter Mühle). Der Dolomit, hauptsächlich zwischen der mittleren und obe- ren Sandsteinlage, ohne bemerkbare Schichtung, vertikal stark zerklüftet, bei Stein und unterhalb Weildorf in 15 Fuss mächti- gen schroffen Felsen entwickelt, von den Dolomiten des Rothlie- genden und Muschelkalks durch eine charakteristisch aschgraue Farbe wesentlich verschieden, im Uebrigen dicht bis feinkörnig, hart, porös. Die Mergel in allen Niveaus in der Unterregion noch bunt, in der Oberregion roth gefärbt. Von organischen Resten finden sich ausser undeutlichen _ Pflanzenresten (Calamiles arenaceus) kräftige, gegen 2 Zoll lange und „ Zoll dieke, wenig comprimirte, aber mit deutlich gekerb- ten Kanten versehene Zähne, von H. v. Meyer Belodon ge- nannt, und merkwürdige Steinkerne (Phytosaurus cylindricodon JAEGER, Phytosaurus cubicodon JAEGER). £. Rother Mergel. — An 50 Fuss mächtig; weich; von intensiv rother Farbe mit einem Stich ins Blaue. Bei Degerloch fand sich darin ein Lacertenskelett (Zanclo- don laevis), zu dem vielleicht die zerstreuten Zähne von Belo- don im Stubensandstein zu stellen sind. Rückblick. Der Keuper ist, wie der braune Jura, in den Hohenzollern- schen Landen vorzüglich vertikal entwickelt. Die Gesammtmächtigkeit des Keupers beträgt ca. 350 Fuss, wovon 450 Fuss auf den unteren, 90 auf den mittleren und 110 Fuss auf den oberen Keuper kommen. Das Grundgebirge bilden weiche, grau, roth, blaugrün, über-- haupt bunt gefärbte, bittererdehaltige Mergel, durchzogen von wenig mächtigen, dichten, fahlgrauen Steinmergelbänken. Der untere Keuper ist durch Gyps, der mittlere und obere durch Sandstein ausgezeichnet. Die Sandsteine in beiden Niveaus schliessen Gagatkohle in Nestern und Schweifen ein, sind im Uebrigen aber wesentlich verschieden. Der Sandstein des mittleren Keupers, ist ein fein- körniger Thonsandstein, dem bunten Sandstein und Lettenkohlen- 364 sandstein verwandt, der Sandstein des oberen Keupers ist grob- körnig, durch kaolinartiges Bindemittel verkittet, der Arkose BronGstAaRt’s Ähnlich, geht in Kieselsandstein uud Conglomerat über. Ihm untergeordnet ist ein charakteristisch aschgrauer Dolomit. i Von organischen Resten fehlen die wirbellosen Thiere so gut wie ganz, oder gehören den Uebergangszonen an, von Wir- belthieren finden sich Labyrinthodonten- und Lacertenreste. So wenig mannigfaltig das thierische Leben in dieser Epoche sich erweist, so reich ist die im bunten Keupersandstein begrabene Flora. Neben Calamiten, Farrn und Coniferen treten bereits Equiseten und Cycadeen auf. Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des Keu- pers in Schwaben. Der Keuper ist von Waldshut bis in die Gegend von Tü- bingen nur als schmaler Saum entwickelt, breitet sich aber von hier rasch aus, keilföürmig zwischen Schwarzwald und Odenwald - bis in die Rheinebene unweit Wiesloch und Bruchsal vordringend. Mit der oberflächlichen Verbreitung wächst die Mächtigkeit von 300 bis auf S00 Fuss, Zusammensetzung und Schichtenfolge bleiben im Wesentli- chen dieselben, nur findet sich zwischen dem rethen Keupermer- gel und Lias ein feinkörniger, harter, schmutzigweiss und licht gelblichgrau gefärbter bis 20 Fuss mächtiger Sandstein, (Buch- stein, Fleinstein) entwickelt, nach oben charakterisirt durch die schon genannten Thalassiten, eine kleine Wodiola und glatte Avicula, bei Dautmergen, Täbingen, Rosenfeld, Bebenhausen, Degerloch bedeckt von einer Knochenbrececie (Bonebed). Der Sandstein ist eine offenbare Wiederholung der feinkörnigen Va- rietät des Stubensandsteins, schliesst auch wie dieser Nester und Schweife von Gagatkohle ein, nur die Farbe der Mergel, mit de- nen er wechsellagert, ist gelblichgrau, niemals roth, I. Der Jura. Streichen und Fallen der jurassischen Schichten. Bei dem sanften Abfall der Alp gegen Südosten muss das Streichen der jurassischen Schichten im Allgemeinen mit der Grenze zwischen Jura und Molasse zusammenfallen, welche sich 365 in hor. 4, 6, 8 von Südwesten gegen Nordosten erstreckt, den Meridian von Stuttgart als Orientirungslinie- angenommen. Hier- von weicht das Streichen der offenbar von der Erhebung des Schwarzwaldes ergrifienen jurassischen Schichten der südwestli- chen Alp merklich ab. Selbst auf die schon entfernter gelegenen Hohenzollernschen Lande scheint die Erhebung des Schwarzwal- des noch Einfluss zu üben. Das Streichen ist hier hor. 4. Das Fallen geschieht mit 2 bis 3 Grad gegen Südosten. Nach den angestellten Berechnungen scheinen die liegenden Schichten stärker als die hangenden einzufallen, daher die Mäch- tigkeit nach dem Ausgehenden ab-, nach der Teufe zunimmt. Gliederung des schwäbischen Jura. Der ebenso eigenthümlich als klar entwickelte, scharf ge- gliederte schwäbische Jura ist über dem allzu engen gewaltsamen Anschluss an die Entwickelung des Jura in England lange Zeit verkannt worden. Die Emancipation von den englischen Fesseln verdanken wir L. v. Buch. Er trennt ganz unabhängig und im Widerspruch mit der englischen Gliederung den süddeutschen Jura in seine drei naturgemässen Theile, in den schwarzen, braunen und weissen Jura, jeden wieder in drei Unterabtheilun- gen, eine untere, mittlere und obere bringend. QuENSTEDT be- hält sowohl der Zahl als dem Umfange nach die Haupteinthei- lung L. v. Buc#’s bei, nur geht er in der Gliederung der Haupt- abtheilungen weiter, in jeder sechs mit « B y 5 = C bezeichnete Unterabtheilungen annehmend. Diese QuEenstepdr’sche Gliede- rung, welche orographisch-geognostisch streng begründet ist, der detaillirten Lokalbeschreibung hinlänglichen Spielraum lässt und die so wichtige genaue Angabe der Petrefakten nach dem Lager gestattet, hat sich in Süddeutschland allgemein Bahn gebrochen und ist daher auch nachstehend zu Grunde gelegt worden. l. Der schwarze Jura (Lias). Geognostische Abgrenzung des Lias gegen den braunen Jura. Wenn im Lias und braunen Jura dunkle Thone die Grund- masse des Gebirges ausmachen und viele Petrefakten bei glei- cher Erhaltung bis zum Verwechseln ähnlich werden können, auch die paläontologische Verwandtschaft sich keineswegs ver- kennen lässt, so ist es begreiflich, dass die Grenze zwischen bei- 366 den Abtheilungen des Jura bis in die neuere Zeit hinein von verschiedenen Geognosten sehr verschieden gezogen worden ist. Gleichwchl ist dieselbe in Schwaben durch die überhaupt cha- rakteristischste Schicht des Lias, die Posidonienschiefer und Ju- rensismergel, so scharf wie möglich bezeichnet. Verbreitung des Lias und orographisches Verhalten. Erreicht der Lias im Osten und Westen der Hohenzollern- schen Lande eine Breitenausdehnung von 2 bis 4 geographischen Meilen, so beträgt dieselbe in den Hohenzollernschen Landen nur + bis 4 geographische Meile. Die im Allgemeinen regelmässige, durch das sanfte südöst- liche Ansteigen der Öpalinusthone bezeichnete, innere Grenze wird durch den Einschnitt der Flüsse nicht wesentlich modificirt, wie dies überall da der Fall ist, wo die Flüsse aus Thonen auf feste Gesteinsschichten treten. Ganz anders verhält es sich mit der äusseren Grenze des Lias gegen den Keuper. Die Flüsse stürzen ganz plötzlich in Wasserfällen über die Sandsteine und Kalke des unteren Lias herab (Friedrichsstrasse, Steinhofen), um ihren Lauf durch den unterliegenden rothen Keuperletten zu nehmen, während die Liasdecke sich noch lange zu beiden Seiten auf dem ansteigenden Plateau fortzieht. Entscheidend für die äusseren Umrisse des Lias in den Hohenzollernschen Landen ist die Eyach und die Starzel.e _Zwischen beiden formirt der Lias einen grossen Halbkreis vielfach gezackt durch zahlreiche, rundum am Fuss der oberen Liasterrasse entspringende, kleine, in den Liassandstein tief einschneidende Bäche. Einen zweiten grossen Bogen bildet der Lias von Friedrichsstrasse gegen Nord- osten, innerhalb dessen der Grenzort Bechtoldsweiler liest. Die ausgedehnten Liasfelder von Rosenfeld berühren die Hohenzollern- schen Lande nur an wenigen Punkten der Markung Heiligen- zimmern. Zu den orographisch ziemlich scharf ausgesprochenen Gren- zen tritt die deutliche Terrassenbildung. In den Hohenzollern- schen Landen bildet der Lias zwei Terrassen. Der Lias a con- stituirt die untere, der Lias ß, der mittlere und obere Lias die obere Terrasse. Die untere Terrasse nimmt kaum + des Areals des Lias ein und umgiebt die obere Terrasse als ein schmaler, durchaus ebener Saum, der keine Einsicht in den inneren Schich- tenbau gewähren würde, wenn nicht zahlreiche Steinbrüche (Ost- EEE. BEE 367 dorf, Engstlatt, Steinhofen, Grosselfingen, Weilheim, Friedrichs- strasse) und tiefe Thaleinscknitte diese Einsicht ermöglichten. Wo der Lias eine grössere Ausdehnung gewinnt, wie zwischen Eyach und Schlichem, zwischen Steinlach und Fils, nimmt die untere Liasterrasse, in langen, gegen den Keuper scharf markir- ten Zungen vorspringend, das grösste Areal ein. Weniger scharf als der Lias gegen den Keuper bricht die obere Liasterrasse gegen die untere ab. Der abgerundete Rand der oberen Terrasse, der sanfte Abfall derselben und die Ver- breitung der Turnerithone verwischen stellenweise die Grenze. Die Posidonienschiefer treten selten oder nur wenig mächtig bis an den äussersten Rand heran und die Amaltheenthone über- schütten die schroffen Wände der Numismalen. In den Thalein- schnitten und Flussbetten dagegen sind die Posidonienschiefer (Stetten, Wessingen, Bissingen) und Numismalen (Hechingen, Weilheim, Steinhofen) vertikal in ihrer ganzen Mächtigkeit auf- geschlossen. Die Ebene oder das Taggebirge constituiren gröss- tentheils die Posidonienschiefer und Jurensismergel. Nur west- lich von Friedrichsstrasse am Mühlweg und an der Strasse von Weilheim nach Grosselfingen sind die Numismalen in einem schmalen Striche verbreitet, am Mühlweg gegen Süden bedeckt von Amaltheenthon, der sich über das Hintere Schaafhaus, das obere Dobelthal, den Kohlbrunn bis in die Gegend von Hechin- gen ausdehnt. Auf der Höhe zwischen Weilheim und Grossel- fingen tritt der Posidonienschiefer auf. Die nackten Steinfelder des Mühlwegs und der Strasse von Weilheim nach Grosselfingen sind die Hauptfundgruben für die Petrefakten der Numismalis- mergel, während an den sanften Gehängen die Petrefakten der Amaltheenmergel (Hinteres Schaafhaus, oberes Dobelthal bei He- chingen, Schaafshalde bei Wessingen u. s. w.) und Turnerithone (Mühlweg bei Hechingen, Steinhofen) gesammelt werden können, Höhenlage der Liasterrassen. Die durchschnittliche Höhenlage der unteren Liasterrasse wird durch folgende Orte bezeichnet: Meereshöhe in pariser Fuss Lindich, Schloss, Erdfläche . . » . 2.2.2... 1657,2 Weilheim, Kirchthum, Erdfläcke . . „. . . . 1553,4 Grosselingeme nn METER UN EEE TE 90:8 368 Die grösste Meereshöhe erreicht die untere Liasterrasse, wie natürlich, am äussersten nordwestlichen Rande. Dieselbe beträgt beim oberen Heimburger Hof 1807,1 pariser Fuss. Für die durchschnittliche Höhenlage der oberen Liasterrasse sind: Meereshöhe in pariser Fuss Martinsberg, Doppelsignal neben dem Wasser- thurm,, Bräflächeitf ir EB Bo ne N Villa Eugenia, Erdfläche ..... »..2....2... 4669,14 Brühlhof, Gasthaus, Erdfläche.. ...... ..0.......:.. 1873359 Steinhofen, Kirchthurm, Erdfläche. . . . . . 17094 maassgebend, Hiernach erhebt sich die obere Jiasterrasse zwar um ea. 100 Fuss über die untere, gewinnt aber in keinem Punkt die Meereshöhe, welche die untere Liasterasse an ihrem äussersten nordwestlichen Rande erreicht. Gliederung des Lias. Wenngleich oberflächlich von verhältnissmässig geringer Ver- breitung, so ist der Lias in den Hohenzollernschen Landen doch vertikal mächtiger entwickelt als in den meisten Gegenden Schwa- bens. Mit dieser mächtigen vertikalen Entwickelung hängt die Vollzähligkeit der Glieder und der Petrefaktenreichthum zusammen. a. Der untere Lias. Lias « (Thalassitenkalke, Concinnensandsteine, Arcuaten- kalke). — Der untere Lias beginnt mit einer 12 Zoll mächtigen Bank von festem, späthigem, schwarzem Kalkstein, über der noch drei, 6 bis 18 Zoll mächtige Kalksteinbänke von gleicher Be- schaffenheit folgen, wechsellagernd mit dunkelblauen Schieferthon- schichten, je 6 bis 9 Fuss mächtig. Im Hangenden der schwarzen Kalksteine und Schieferthone treten sehr feinkörnige kalkige, gelb, grau und blau gefärbte Sandsteine (Malb, Blässer, blauer Jura) auf, im Ganzen 4 bis 6 Fuss mächtig. Wie weiter unten nachgewiesen, zeigen diese Sandsteine bei aller Verwandtschaft eine merkwürdige Verschie- denheit und die verschiedenen Varietäten in der ganzen Ausdeh- nung der Hohenzollernschen Lande eine sehr regelmässige Auf- einanderfolge. r 369 Die Liassandsteine sind bedeckt von 14 bis 24 Zoll mäch- tigen Schieferthonen, die eine 6 bis 18 Zoll mächtige, sehr zer- klüftete, sandige, schwarze Kalksteinbank (schwarzer Jura, Kupfer- fels) zum Hangenden haben. Den Schluss des Lias « bilden zwei, 6 bis 18 Zoll mäch- tige, sandfreie, schmutzigbraune bituminöse Thonkalksteinbänke, wechsellagernd mit 6 bis 24 Zoll mächtigen, buntscheckigen Schieferthonschichten. So besteht der Lias z aus Schieferthonen, schwarzen Kalk- steinen, Thonkalksteinen und Sandsteinen. Die ganze Mächtig- keit beträgt 40 bis 50 Fuss. Es ist für die gleichmässige ver- tikale Entwickelung des Lias « in den Hohenzollernschen Lan- den bemerkenswerth, dass die beiden Profile an der unteren Ba- linger Mühle und im Starzelflusse bei Friedrichsstrasse nach genauer Aufnahme in der Mächtigkeit um nur 8 Zoll differiren. Das erstere erreicht eine Mächtigkeit von 43 Fuss 7 Zoll, das letztere von 42 Fuss 11 Zoll. Von dieser Gesammtmächtigkeit kommen sehr constant auf die Schieferthone 2, auf die festen Gesteinsschichten +. Was die äussere Erscheinung anlangt, so lassen sich sofort zwei Abtheilungen unterscheiden, eine untere von vorherrschend schwarzer Farbe, welche mit dem sogenannten Kupferfels ab- schliesst und eine obere von schmutzigbrauner Farbe aus sand- freien Thonkalksteinen bestehend. Die Liassandsteine treten in der oberen Hälfte der unteren Abtheilung als eine Einlagerung auf. Es ist von Interesse, dass mit der p®trographischen Glie- derung die paläontologische vollkommen übereinstimmt. Zunächst ein Wort über das Vorkommen und die Verthei- lung der Petrefakten. Gleich die untersten schwarzen Kalkstein- _ bänke zeigen sich reich an Versteinerungen, jedoch in der Weise, dass bald die eine, bald die andere einen vorzugsweisen Reich- thum entfaltet. Trotz des Reichthums und des im Allgemeinen kräftigen Schalenbaus der Petrefakten ist es ungemein schwer, wohlerhaltene Exemplare aus dem festen Gestein herauszuarbei- ten. Die oberen schwarzen Kalksteinbänke und die Sandsteine sind fast absolut petrefaktenfrei, was befremdet, da nach Quen- steprt (Flözgebirge Württembergs, Seite 124) es gerade die Sandsteine sind, welche ganze Bänke von Petrefakten enthalten. Erst über dem Liassandstein im sogenannten Kupferfels und auch wohl in der liegenden Thonschicht sind Versteinerungen wieder 370 eine gewöhnliche Erscheinung und lassen sich aus dem zerklüf- teten, auf den Kluftflächen zu Sand zerfallenden Kupferfels zu- weilen in guten Exemplaren erhalten (Steinbruch bei Ostdorf)- Der grösste Petrefaktenreichthum aber entfaltet‘sich in den bei- den Thonkalksteinbänken, die daher sehr glücklich von den Ar- beitern mit dem Namen Schneckenfels belegt sind. Unter allen Petrefakten sind die Ammoniten für den Jura vielleicht die wichtigsten. Seit im Muschelkalk zu Rüdersdorf und insbesondere in den St. Cassianschichten in Tirol neben Ce- ratiten und den vorzugsweise paläozoischen Goniatiten auch eigent- liche Ammoniten bekannt geworden, können diese zwar nicht mehr als ausschliesslich für Jura und Kreide bezeichnend be- trachtet werden, ihre Hauptentwickelung fällt jedoch in den Jura. Gleich für den Lias « sind die Ammoniten aus der Familie der Arieten ebenso charakteristisch, als sie den Weg zu einer Detailgliederung zeigen. Unterschieden werden kiellose und gekielte Arieten. Die kiellosen Arieten sind aufwärts bis incl. Kupferfels ver- breitet, und zwar ist Ammoniütes psillonotus auf die unterste, den rothen Keuperletten oder obersten Keupersandstein (Bonebed) be- deckende Liasbank beschränkt, darüber folgt Am. anguwlatus, erst im Kupferfels aussterbend. Es ist bemerkenswerth, dass 4m. psüonotus südwestlich von Tübingen, wenn nicht fehlt, doch sehr sparsam verbreitet scheint. Auch 4m. angulatus ist selten, am häufigsten noch in der Schieferthonschicht zwischen Kupfer- fels und Liassandsteinen auf Kalksteingeoden. Die gekielten Arieten, unter ihnen vorzugsweise Jm. Buck- landi, treten in den beiden Thonkalksteinbänken, die den Schluss des unteren Lias bilden, in zahlreichen, grossen Exemplaren von nicht selten 14 bis 2} Fuss Durchmesser auf. Ausser den Cephalopoden sind zwei Conchiferengattungen, Gryphaea (Gryphaea arcuata) und Thalassites für die Gliede- rung des Lias « von Wichtigkeit. Beide gehören zwar nicht ausschliesslich der einen oder anderen Region an, aber die Tha- lassiten sind vorzugsweise in der Region der kiellosen Arieten, die Gryphaeen in der Region der gekielten verbreitet, daher die schwarzen Kalksteinbänke passend Thalassitenbänke, die Thon- kalksteine Gryphitenbänke, oder, um Verwechselungen vorzubeu- gen, Arcuatenbänke benannt werden, 371 Als ein Mittelglied, wo die leitenden Petrefakten sich be- rühren, ist der Kupferfels zu betrachten. Neben Ammonites Bucklandi und Gryphaea arcuata kom- men in den Arcuatenkalken Pecten textorius, Nonotis inaegui- valvis, Pinna Hartmanni, Pleurotomaria anglica, Nautilus aratus und einzelne Stielstücke von Pentacrinites tubercula- Zus vor. « Durch den ganzen unteren Lias bleichmässig verbreitet ist Plugiostoma giganteum und Pholadomya ambigua. Auffallen muss der gänzliche Mangel an Brachiopoden, woran in Württemberg die Liassandsteine und Arcuatenkalke stellenweise reich sind. In den Hohenzollernschen Landen treten sie erst in den Turnerithonen auf. Lias ß (Turnerithone). — Auf die Arcuatenkalke, von ih- nen petrographisch kaum zu unterscheiden, und nur durch eine schwache, zuweilen verschwindende Thonschicht getrennt, folgen mehrere, im Ganzen nicht über 3 Fuss mächtige Thonkalkstein- bänke, welche stellenweise das Tagegebirge der unteren Lias- terrasse bilden. Ueber diesen Thonkalksteinbänken erhebt sich am Fusse der oberen Liasterrasse ein in kleine Bruchstücke zerbröckelnder, 80 bis 90 Fuss mächtiger, dunkelblauer Thon, ungemein scharf getrennt von den in der Regel überhängenden festen, grauen Steinmergelbänken des Lias y. Dieser Thon unterscheidet sich von dem Thon des Lias « durch den Eisengehalt, der sich theils in Schwefelkiesknollen, theils in wenig mächtigen, aber auf ziem- lich weite Strecken durchgreifenden Thoneisensteinflözen aus- scheidet, theils die organischen Reste ergreift. In der oberen Hälfte der Turnerithone, 7 resp. 12 bis 15 Fuss im Liegenden der Numismalismergel treten sehr constant zwei harte, schwarze, basaltähnliche, durch Verwitterung braun wer- dende Kalksteinbänke auf, die obere 3 bis 6 Zoll, die untere 6 bis 12 Zoll mächtig. In paläontologischer Hinsicht sind die Turnerithone einmal als Uebergang von Lias « zu Lias , zum anderen durch die scharf geschiedenen reichen Petrefaktenlager in der Oberregion von besonderem Interesse. Um mit den unteren Schichten zu beginnen, so verschwin- den in den Thonkalksteinbänken über den Arcuatenkalken die eine Spanne tiefer massenhaft angehäuften Gryphaeen und Arie- Zeits. d.d. geol. Ges. VIIL. 3. > 25 372 ten u. 8. w. gänzlich, statt dessen findet sich der tiefer nur sparsam verbreitete Pentacrinites tuberculatus stellenweise in einer solehen Menge, dass die Bänke aus ihm zu bestehen schei- nen und daher den Namen Pentacrinitenbänke erhalten haben. Ist dieser plötzliche Wechsel überraschend, so lässt das erste Auftreten der Belemniten mit Belemniles brevis primus, einem | kurzscheidigen, an der Spitze unfaltigen Belemniten keinen Zwei- fel, dass die Grenze zwischen x und 5 hier gezogen werden müsse. In den mächtigen Thonen von den Pentacrinitenbänken auf- wärts bis zu der unteren schwarzen Kalksteinbank sind ausser Belemnites brevis secundus und Ammonites Turneri aus der Familie der Arieten Petrefakten nicht verbreitet. Am. Turneri ist selten und in der Regel durch Kiesknollen bis zur Unkennt- lichkeit entstellt. Dagegen entfaltet sich in der unteren schwarzen Kalkstein- bank eine reiche Molluskenfauna, nach Vorkommen und Inhalt lebhaft an die Fauna der Arcuatenkalke erinnernd. Es finden sich hier: Am. Brookii, der letzte ausgezeichnete Ariet (selten, aber dieser Bank ausschliesslich eigen); Pleurotomaria anglıca ; Terebratula vicinalis und T. lagenalis, beide aus der Fa- milie der Cineten, den Uebergang zur T. »numismalis bildend; T. triplicata, eine Pugnacee, die Vorläuferin der T. zimosa; Spirifer Walcotti; Gryphaea cymbium, zuerst hier auftretend, häufig, aber schlecht erhalten; Peeten glaber und tertorius; Plagiostoma giganteum; Monotis inaequivalvis; Pinna Hartmanni; Pholadomya ambi- bigun, sehr gemein, daher nach ihr die Bank passend Pholado- myenbank genannt ist. Findet sich somit gleichsam die Fauna des Lias « in der Pholadomyenbank des Lias 5 wiederholt, so weisen die im Han- genden der Pholadomyenbank zum ersten Male erscheinenden Amaltheen (Ammonites oxynotus) und Capricornen (Am. capri- cornus nudus, Am. armatus densinodus, Am. bifer, Am. rari- costatus) entschieden auf den Lias ; hin. Am. oxynotus und Am. bifer kommen ca. d Fuss im Lie- genden der oberen, petrefaktenleeren, schwarzen Kalksteinbank oder ungefähr in der Mitte zwischen dieser und der Pholado- myenbank in einer wenige Zoll mächtigen, festen Thonschicht 373 vor. Tiefer finden sie sich nie, aber die Brut von Am. oryno- tus reicht aufwärts bis in die gleich zu erwähnende Raricosta- tenschicht. Zu unterst liegt immer Am. bifer; kaum 1 Zoll Durch- messer erreichend, selten gut erhalten, kenntlich an der inneren glatten, gern nach Art der Turriliten gewundenen Röhre und den mit zwei Stacheln versehenen Rippen der äusseren Windungen. Bereits mit Am. bifer, aber hauptsächlich unmittelbar über demselben erscheint Am. oxynotus mit seinen ausgezeichneten Loben, dem scharfen, zuweilen gezähnten Rücken, und der stark comprimirten Mündung in Exemplaren bis zu 1 Fuss Durch- messer, von denen aber nur die inneren Windungen verkiest, die äusseren als blosser Abdruck vorkommen. Der Kieskern erreicht höchstens die Grösse eines Kronenthalers. Die Brut von Am. oxynotus, glatt, dick, zugerundet, entfernt sich weit vom Nor- malcharakter. Zusammen mit Am. bifer und Am. oxynotus finden sich Belemnites brevis, Terebratula triplicata, Gryphaea cymbium und andere Petrefakten der Pholadomyenbank. Ueber der petrefaktenleeren Kalksteinbank bis aufwärts zu den Numismalismergeln liegt Am. raricostatus, Am. armatus densinodus, Am. capricornus nudus, Am. oxynotus (Brut), Be- lemnites brevis und Stielglieder von Pentacrinites scalaris, sämmt- lich bis auf die Belemnitenscheiden verkiest und bei weitem besser erhalten, als die verkiesten Petrefakten der Oxynotenschicht, was wohl in der Beschaffenheit des Thons, der weicher und zarter ist, seinen Grund hat. Am häufigsten ist Am. rartcostatus, ausgezeichnet durch seine wenig involuten, langsam zunehmenden Umgänge, die we- nigen, auf den Seiten scharf hervortretenden, auf dem breiten Rücken nach dem fadenförmigen Kiele hin sich verflachenden Rippen. Er kommt ausgezeichnet gut erhalten bis zu 14 Zoll Durchmesser vor. Exemplare von 1; bis 2 Zoll Durchmesser sind in der Regel auf einer Seite zerfressen und zwar ist die un- tere Seite merkwürdigerweise immer die corrodirte, während die obere bis ins kleinste Detail vollkommen erhalten erscheint. Bei noch grösseren Exemplaren bis zu 4 Zoll Durchmesser sind die äusseren Windungen verkalkt und flach gedrückt. Ausser ver- kiest im Thon findet sich Am. raricostatus verkalkt in Geoden hart unter den Numismalismergeln, die Geoden zuweilen fest- sitzend auf der liegenden Schichtungsfläche. 25* 374 Nach Am. raricostatus ist Am. capricornus nudus der häufigste Ammonit in dieser Region. Er erreicht kaum die Grösse eines Fünfgroschenstücks; die Rippen laufen häufig ohne sich auszubreiten, aber mit einer entschiedenen Biegung nach vorne über den Rücken. Immer noch häufig ist Am. armatus densinodus, bis zu 14 Zoll Durchmesser, charakterisirt durch starke Knoten, auch wohl Stacheln, von denen aus schwache Rippen über Rücken und Seiten laufen. Zu diesen drei Ammoniten gesellt sich als viertes ausge- zeichnetes Leitpetrefakt Pentacrinites scalaris mit tief einge- drückten, knotigen Seiten. So die Entwickelung der Turnerithone in der Gegend von Hechingen (Mühlweg, Starzel, Bollbach). Sehr genaue Beobach- tungen über die Turnerithone in der Umgegend von Balingen gegen Schömberg, Erzingen, Geislingen hin hat Herr Fraas (Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württem- berg, Jahrgang 1846, zweites Heft) angestellt. Diese Beobach- tungen stimmen mit obigen im Wesentlichen überein und bewei- sen die gleichmässige Entwickelung der Turnerithone innerhalb der zwischen beiden Beobachtungspunkten sich ausbreitenden Hohenzollernschen Lande. b. Der mittlere Lias. Lias y (Numismalismergel). — Ueber den schwarzen Tur- nerithonen treten lichtgraue, oft dunkelblau gewölkte, sehr spröde, vertikal zerklüftete, von Kalkspathschnüren durchschwärmte, -5 bis 18 Zoll mächtige Steinmergelbänke auf, wechsellagernd mit 6 bis 36 Zoll mächtigen weichen Mergelschieferschichten. Die Ge- sammtmächtigkeit beträgt 15 bis 20 Fuss. Ein petrographischer Unterschied macht sich nur in so weit geltend, als die Steinmer- gel der mittleren Region durch Ausscheidung von zahlreichen Schwefelkiesknollen und die Verkiesung von sämmtlichen orga- nischen Resten ihren Eisengehalt beweisen. Spirifer verrucosus, Spirifer Walcotti, Terebratula varia- bilis, Terebratula culcicosta, Gryphaea cymbium, Pholadomya decorata und Stielstücke von Penticrinites punctiferus charakte- risiren die untersten Steinmergelbänke. Alle diese keineswegs massenhaft angehäuften, vielmehr sparsam verbreiteten Petrefak- ten sind noch verkalkt. 375 Erst über den untersten Steinmergelbänken treten die ver- kiesten Petrefakten in einer Zahl und zum Theil in einem Arten- reichthum auf, dass ihre durchgehend schlechte Erhaltung dop- pelt zu beklagen ist. Entschieden vorherrschend sind Cephalopoden und Brachio- poden. Die Belemniten, obgleich hier zum ersten Mal in einzelnen Schichten so massenhaft erscheinend, dass ihre Bruchstücke stel- lenweise den ganzen Boden bedecken, werden nur durch Belem- nites paxillosus und B. clavatus repräsentirt. Ganz anders verhält es sich mit den Ammoniten. Wenn im unteren Lias nur Arieten vorkommen, so deuten die ersten Amal- theen und Capricornen, welche sich in der Oberregion der Tur- nerithone zu den letzten Arieten gesellen, den Formenreichthum an, welcher sich ‘wenige Spannen höher entwickeln soll. Die wichtigsten Ammoniten bleiben die Capricornen, während die Amaltheen auf kurze Zeit verschwinden. ÜCoronaten und Orna- ten, hier schon vertreten, erreichen erst im mittleren und oberen braunen Jura ihre höchste Entwickelung. Heterophyllen und Lineaten gehen von 7 aufwärts durch den ganzen Lias, die Li- neaten reichen bis in die Opalinusthone, die Heterophyllen treten im oberen braunen Jura wieder auf. In Betreff der Vertheilung macht sich trotz des engen Rahmens dasselbe Gesetz geltend, welches sich im ganzen Jura bestätigt findet. Deutlich lassen sich drei Niveaus unterscheiden. Am tiefsten unmittelbar über den Bänken mit verkalkten Petrefakten liegt Ammonites Taylori und Am. pettos; das mittlere Niveau ist durch 4m. Jamesont, natrix, polymorphus, Masseanus und heterophyllus; das obere durch Am. centaurus, striatus, Valdani und Maugenesti be- zeichnet. Es ist vielleicht bemerkenswerth, dass die Abtheilung mit einem Coronaten (Am. pettos) beginnt und mit einem Üo- ronaten (Am. centaurus) nach oben schliesst. Unter den Brachiopoden sind es vor Allen zwei Terebrateln, Terebratula numismalis und T. rimosa, die durch häufiges Vorkommen und vorzugsweise Verbreitung im mittleren Lias y Erwähnung verdienen, die erstere durch T. lagenalis und viei- nalis, die andere durch T. Zriplicata im. unteren Lias und den Turnerithonen bereits angedeutet. Diese nicht genugsam hervor- zuhebenden und durch alle Formationen nachweisbaren Ueber- gäuge in den Organismen der Vorwelt scheinen mehr auf eine 376 Entwickelung und vielseitige Entfaltung ursprünglich vorhandener Keime hinzuweisen, als auf einen stets aufs Neue unternomme- nen Schöpfungsakt. Neben T.nurnismalis und T. rimosa kommt der bereits früher genannte Spirifer verrucosus hier vor. Nächst Cephalopoden und Brachiopoden finden sich Conchi- feren in zahlreichen und zierlichen Arten, verbreiten sich jedoch aufwärts über den ganzen mittleren Lias. Hervorzuheben sind Plicatula_ spinosa, Pecten priscus, Plagiostoma tenuistriatum, Cucullaea Münsteri, Nucula palmae, Nucula complanata, Opis cucullata, letztere eine der wenigen Conchiferen, welche auf den mittleren Lias y beschränkt zu sein scheinen. Gastropoden haben nur geringe Bedeutung. Turbo heliei- formis kommt sowohl in den Numismalismergeln als in den Amaltlıeenthonen vor. Zuur Schlusse sind noch zwei Arten der für den Lias so wichtigen Pentacriniten auszuzeichnen: Pentacrinites subangula- ris, von den Numismalismergeln aufwärts bis in die Posidonien- schiefer verbreitet und P. basaltiformis, auf die Numismalis- mergel und Amaltheenthone beschränkt, in den Numismalismer- geln (ungefähres Niveau des 4mmunites Jameson!) Bänke von 6 Zoll Mächtigkeit zusammensetzend (Mühlweg bei Hechingen). Die wenig mächtige Oberregion der Numismalismergel ent- hält nur verkalkte Petrefakten. Sie ist charakterisirt durch 4m. Davoei und /noceramus nobilis, begleitet von Jielemnites pazil- losus und B. clavatus, Lias 5 (Amaltheenthone). — Die Amaltheenthone unter- scheiden sich nur wenig von den Turnerithonen. Die dunkel- blaue Farbe, die geringe Consistenz, der in Thoneisensteingeoden und Kiesknollen ausgeschiedene Eisengehalt und die Verkiesung des grössten Theils der organischen Reste ist beiden gemein. Dagegen schliessen die Wohnkammern der Ammoniten aus den Amaltheenthonen nicht selten Blende und krystallisirten Schwer- spath ein. Einen weiteren Unterschied begründen die festen Gesteinsbänke der Amaltheenthone, welche, 5 bis 10 Zoll mäch- tig, die Farbe und petrographische Beschaffenheit der Numisma- lismergel haben. Die Gesammtmächtigkeit der Amaltheenthone beträgt 40 bis 50 Fuss, also kaum die Hälfte von der Mäch- tigkeit der Turneritbone. | Eingeschlossen von zwei so charakteristischen Schichten, wie die Posidonienschiefer im Hangenden, die Numismalismergel im 377 Liegenden, können die Amaltheenthone nicht leicht mit tieferen oder höheren Thonen verwechselt werden. Zu der sicheren Orientirung, welche die Lagerungsverhältnisse gewähren, tritt der bestimmte paläontologische Charakter. Wiederum sind es Ammoniten und zwar diesmal die beiden ausgezeichnetsten Repräsentanten aus der Familie der Amaltheen, Am. amaltheus und Am. costatus, welche leitend auftreten. Am. amaltheus ist in der unteren und mittleren Region verbrei- tet, in der unteren Region begleitet von Am. lineatus. Am. costatus charakterisirt die Oberregion, kommt aber nur verkalkt und schlecht erhalten in den festen Steinmergelbänken vor. Die übrige Fauna erinnert nicht nur lebhaft an die Numis- malismergel, sondern die grösstentheils identischen oder doch wenig verschiedenen Formen beweisen schlagend den innigen Verband der beiden Glieder des mittleren Lias. Nur die Erhal- tung der Petrefakten ist durchgehend eine bessere, was seinen Grund in der verschiedenen petrographischen Beschaffenheit der Schichten hat. Hier weiche Thone, dort feste Steinmergel. Zum Sehlusse noch die Bemerkung, dass in der Oberregion der Amaltheenthone die Gattung Spirifer mit Spiröfer rostratus _ ausstirbt, einer kugelig aufgeblähten, bis 1 Zoll grossen glatten Form ohne Sinus auf dem Rücken. Der älteste liassische Spiröfer ist Spirifer Walcotti mit jederseits vier hoch hervortretenden Rip- pen, Zwischen beiden steht Spiröfer verrucosus, die Form des Spirifer rostratus mit den Rippen des Spirifer Walcotti ver- bindend. So ist die paläozoisch wichtige Brachiopodengattung Spirifer nur durch drei Arten repräsentirt, während die Gattung Terebratula ihre überhaupt grösste Entwickelung im Jura erreicht und für viele Schichten desselben in Schwaben leitend ist. c. Der obere Lias. Lias e (Fucoidenschiefer, Posidonienschiefer und Stink- steine). — a) Fucoidenschiefer. Ueber der obersten Stein- mergelbank mit Am. costatus, scharf geschieden von den Amal- theenthonen im Liegenden, den Posidonienschiefern im Hangen- den, treten lichtgraue, sehr constant 8 Fuss mächtige Thone auf, erfüllt mit zahllosen grossen Paxillosen. In der mittleren Region dieser Thone scheiden sich, kaum 1 Fuss übereinander, zwei, je 6 Zoll mächtige Lagen dunkler, geradflächiger, bituminöser Schie- fer aus, welche durch massenhafte Anhäufung von Fucoiden aus- 378 gezeichnet sind, die Fucoiden der oberen Lage immer viel zier- licher als die der unteren. Ausser Fucoiden kommt darin bereits Inoceramus gryphoides vor, so dass der petrographisch begrün- dete Uebergang zu den Posidonienschiefern auch paläontologisch nicht zu verkennen ist. b) Posidonienschiefer. Während die Thone und Mer- gelschiefer des Lias der Verwitterung nicht zu widerstehen ver- mögen und an den Terrassen. und Thalwänden flache Halden bilden, zeichnen sich die Posidonienschiefer durch den Widerstand aus, welchen sie den Atmosphärilien entgegensetzen. Sie bilden schroffe nicht selten überhängende Wände, vielfach zerrissen und zerspalten, oft so, dass einzelne vom Ganzen abgelöste Partien in ihren prismatischen Umrissen sich wie Säulentrümmer präsen- tiren. Schichten lassen sich nicht unterscheiden. Die dünnen Schiefer, gleich Kartenblättern dicht aufeinander liegend, sind viel- fach gewunden und geknickt, elastisch biegsam und weich. Die Farbe ist graubraun, bräunlichschwarz, schwarz; der Strich glän- zend; der Bruch erdig. Vergleichen lassen sich die Posidonien- schiefer mit einer Varietät der Braunkohle, der Papier- oder Blätterkohle. Die petrographischen Eigenschaften bedingt der bis 30 pCt. betragende Bitumengehalt, womit die kalkigen Thone ge- mengt sind. Zu dem Bitumengehalt tritt ein bedeutender Gehalt an fein zertheiltem Schwefelkies. Die Geneigtheit des Schwefel- kieses sich in Brauneisenstein und freie Schwefelsäure zu zer- setzen, und die bei diesem Processe entwickelte Hitze giebt nicht selten, wie bei Braun- und Steinkohlen, Veranlassung zur Selbst- entzündung. Die stellenweise weisslichgrauen, zum Theil zu- sammengebackenen Schiefer geben davon Zeugniss. Hiermit ste- hen auch die mehligen Beschläge von Glaubersalz und Gyps auf den Schieferungsflächen im Zusammenhang, sowie die zahlrei- chen zum Theil benutzten Schwefelquellen, welche in den Posi- donienschiefern ihren Ursprung nehmen. In den Schwefelquellen von Sebastiansweiler entdeckte Professor Dr. SiGwART im Jahre 1831 die Gegenwart von Jod, später wies er dasselbe auch in den Schwefelquellen von Boll, Reutlingen und Balingen nach und schloss auf die allgemeine Verbreitung des Jods in den 'Po- sidonienschiefern selbst, was ihm auch auf eine überzeugende Weise darzuthun gelang (württemb. naturwissenschaftl. Jahres- hefte, Jahrg. IX. Seite 55). Ohne Zweifel hat das Jod in den Posi- donienschiefern gleichen Ursprung mit dem Bitumengehalt derselben. 379 Bemerkenswerth sind endlich noch Lager und Nester von Gagatkohle, die an verschiedenen Stellen, so bei Stetten, Hechin- gen (STORKk, Alpenreise vom Jahr 1781, Theil I. S. 7), und neuerdings bei Wilflingen auf der rechten Seite des Stafelbachs zu Versuchen Veranlassung gegeben, sich aber der geringen Mächtigkeit und Verbreitung wegen als unbauwürdig erwiesen haben. c) Die Stinksteine bilden drei in der Unterregion der Posidonienschiefer auftretende, von Kalkspathschnüren durch- schwärmte, 4 bis 12 Zoll mächtige Bänke. Es sind sehr bitu- minöse, übelriechende, feinkörnige bis dichte Kalksteine, die mit grosser Härte und Sprödigkeit einen splitterigen Bruch verbin- den. Den Atmosphärilien ausgesetzt, überziehen sie sich mit einer grauen oder matt silberweissen, parallel den Schichtungsflächen gestreiften Haut und zerfallen schliesslich durch vertikale Zer- klüftung in prismatische Stücke. Die durchschnittliche Gesammtmächtigkeit der Posidonien- schiefer incl. Stinksteine beträgt 30 Fuss. Die zahlreichen und merkwürdigen organischen Reste sind flach gedrückt, wie dies überhaupt in dünnschieferigen Gesteinen der Fall ist. Nur in den Stinksteinen haben sich einzelne Mu- scheln in ihren ganzen Umrissen erhalten. Bei den Sauriern und Fischen ist die Beobachtung gemacht worden, dass die untere Seite bis in das kleinste Detail vortrefllich erhalten ist, während in Folge der Verwesung die Oberseite und das Innere bis auf das Skelett gänzlich zerstört erscheinen. Vor Allen wichtig sind die Saurier und Fische der Posi- donienschiefer. Saurierknochen sind zwar schon aus den Arcuatenbänken (grosser Steinbruch bei Grosselfingen) bekannt, sie sind im brau- nen Jura, wenn auch vereinzelt, nicht gerade selten; Haifisch- zähne kommen zerstreut im weissen Jura vor und Saurier und Fische finden sicli häufig und in wohlerhaltenen Exemplaren im Solenhofer und Nusplinger Schiefer; aber im ganzen Jura giebt es keine Schicht, in welcher Saurier und Fischreste so massen- haft, wie in den Posidonienschiefern angehäuft wären. Mit Recht wird daher der Bitumengehalt der Posidonienschiefer den ver- . westen Fleischtheilen dieser Thhiere zugeschrieben. Nichtsdesto- weniger gehören vollständige Exemplare zu den Seltenheiten. Um sie zu erhalten, müssen die Schiefer auf grosse Strecken 380 lagenweise abgehoben werden, was nur da geschieht, wo bei ge- ringer Mächtiskeit der nach dem Liegenden hin auftretende, technisch wichtige sogenannte Fleins (dünne, aber geradflächige, sehr consistente Platten) zur Gewinnung einladet. Die Gewin- nung des Fleins ist bis jetzt auf die Gegend von Boll, Ohmden, Zell, Holzmaden Heinigen am nordöstlichen Alprande beschränkt geblieben, von wo fast sämmtliche Fische und Saurier der Posi- donienschiefer in den naturhistorischen Sammlungen Schwabens herrühren, - Zunächst die Saurier. Die alten Meersaurier (Enaliosau- rier), vom Wellendolomit des Muschelkalks aufwärts bis zu den Solenhofer Schiefern bekannt, erreichen ihre grösste Entwickelung in. den Posidonienschiefern. Die bei weitem wichtigste Abthei- lung umfasst die Ichthyosauren, fast ausschliesslich dem oberen Lias angehörend und in zahlreichen Arten bei Boll gefunden. Plesiosauren scheinen in Schwaben zu fehlen. Zu den Enaliosauren gesellen sich die ersten Crocodilinen als breitschnauzige Gaviale, von den lebenden unter dem Namen Teleosaurus getrennt. Aufwärts sind sie bis in das Wälderthon- gebirge verbreitet. Der merkwürdige Pterodactylus ist bis jetzt nur im fränki- schen Lias gefunden worden. Sein Hauptlager bilden bekannt- lich die Solenhofer Schiefer. Die ältesten schon im Steinkohlengebirge auftretenden Sau- rier, die Labyrintbodonten, scheinen die Trias aufwärts nicht zu überschreiten, sonst würden sie sich gewiss in den Posidonien- schiefern finden. Wie in den älteren Formationen, gehören die Fische im Jura noch den beiden Ordnungen der Selachier und Ganoiden an, ob gleich einige Ganoiden, von MüLLER unter der Familie der Amidae begriffen, sich in Skelett und Schuppen den eigent- lichen Knochenfischen unverkennbar nähern. Die Fische der Posidonienschiefer sind sämmtlich homocerei- sche Ganoiden. Vor Allen sind die drei Geschlechter Lepidotus, Dapedius De La B. (Tetragonolepis Bronx) und Piycholepis mit hauptsächlicher Erhaltung der Schuppen, Kopfplatten und Flos- sen, daher Schuppenfische genannt, zu erwähnen; die meisten gehören dem Geschlechte Lepidotus an, das auch in den Solen- hofer Schiefern repräsentirt ist. Die Dapedien scheinen auf den ' Lias beschränkt zu sein. An diese drei jurassischen Geschlechter 381 schliesst sich das Geschlecht Semionotus an, von dem zerstreute Schuppen schon in der Trias erscheinen. Unter den Fischen mit vorzüglich, wie bei Knochenfischen, erhaltenem Skelett, sogenannten Grätenfischen, ist das Geschlecht Lepidolepis zu nennen, im Lias schon repräsentirt, aber am arten- reichsten im Solenhofer Schiefer entwickelt. Zwischen den sogenannten Gräten- und Schuppenfischen steht das vorzugsweise liassische Geschlecht Pachycormus. Krebse sind in den Posidonienschiefern selten, erreichen aber in den jüngeren jurassischen Schichten grosse Bedeutung. Die Krebse der Posidonienschiefer (Geschlecht Eryon), wie überhaupt des ganzen Jura, gehören noch ausschliesslich zu den lang- schwänzigen. Die Molluskenfauna der Posidonienschiefer ist zwar wenig mannigfaltig, aber bezeichnend. Unter den Ammoniten gehören die wichtigsten der Familie der Faleiferen an, die, hier zum er- sten Mal in mehreren ausgezeichneten Species (Ammonites de- pressus, Am. Iythensis, Am. serpentinus und Am. Walcotti) ‚auftretend, durch den ganzen braunen Jura geht. Mit den ersten Falciferen kommen die ersten Planulaten vor, dm. annulatus und Am. BDollensis, beide nur durch das mehr oder weniger Gedrängtsein der Rippen verschieden. Planulaten treten in Schwa- ben im oberen braunen Jura wieder auf und erreichen ihre grösste Entwickelung im mittleren weissen Jura. An die Ammoniten schliessen sich die lang verkannten Aptychen an, nicht selten in entsprechender Grösse auf Faleife- renmündungen vorkommend. Von nackten Cephalopoden finden sich hier zum ersten Mal Sepienknochen mit erhaltenem Dintenbeutel, von ZiETEN unter dem Namen Loligo BDollensis beschrieben. Von Belemniten ist der Belemnites acuarius hervorzuheben, so ausgezeichnet, wie selten Belemniten zu sein pflegen, und auf den oberen Lias beschränkt. Brachiopoden fehlen den Posidonienschiefern gänzlich, auch die Conchiferen sind nur durch wenige, aber in einzelnen Schich- ten wahrhaft massenhaft angehäufte Gattungen vertreten. Vor Allen ist Poseidonia Bronnü zu erwähnen, eine merkwürdige Muschel, wie es scheint, vollkommen identisch mit der paläozoi- schen Becheri, in den Hohenzollernschen Landen nur über den 382 Stinksteinen vorkommend. Der Posidonia Bronniüi sehr ver- wandt ist /noceramus gryphoides. Von Crinoideen ist schon Pentacrinites subangularis, der hier ausstirbt, erwähnt. Die Pflanzenreste der Posidonienschiefer (Cycadeenwedel und Coniferenzweige) schliessen sich eng an die Flora des Keupers an. Eigentliche Laubhölzer scheinen noch gänzlich zu fehlen. Lias { (Jurensismergel). — Die Posidonienschiefer werden von lichtgrauen weichen Thonen bedeckt, über denen eine 12 Zoll mächtige, harte, sehr regelmässig vertikal zerklüftete, graue Stein- mergelbank den Schluss des Lias bildet. Die Thone erreichen in Schwaben mitunter eine Mächtigkeit von 40 Fuss und darüber, in den Hohenzollernschen Landen wenige Fuss, daher sie stellen- weise unter der Ackerkrume gänzlich verschwinden und ihre Verbreitung nur durch die Bruchstücke der Steinmergelbank an- gedeutet wird, welche an den Feldwegen und Rainen herumliegen. Bei der geringen Mächtigkeit und den im Allgemeinen un- vollkommenen Aufschlüssen lässt sich von vornherein auf eine nur geringe paläontologische Ausbeute rechnen. Immerhin würde dieselbe bei dem grossen Reichthum an einzelnen Petrefakten noch befriedigend ausfallen, wenn nicht der Pflug eine so grosse Zerstörung angerichtet hätte. Aber auch Bruchstücke sind zur Orientirung und Charakteristik eine erfreuliche Erscheinung. Ammoniten und Belemniten bilden die bei weitem überwie- gende Mehrzahl der Petrefakten. Unter den Ammoniten ist der 4m. jurensis aus der Familie der Lineaten billig voranzustellen. Die allgemeine Verbreitung, die eigenthümliche Erhaltung und die Beschränkung auf die oberste harte Steinmergelbank macht ihn für dieses Niveau zum charak- teristischsten Petrefakt. Sehr corrodirte Bruchstücke sind un- gemein häufig. An ihn schliesst sich als Seltenheit 4m. hircinus. Nicht minder häufig als 4m jurensis ist Am. radians, un- ter welchem Namen zahlreiche Varietäten zusammengefasst wer- ‚den, welche zum Theil mit den flachgedrückten Falciferen der Posidonienschiefer identisch zu sein scheinen, zum Theil den Uebergang zu den Faleiferen des unteren braunen Jura bilden. Endlich ist noch des Am. insignis als des gewöhnlichen und häufigen Begleiters von Jam. radians zu gedenken. Unter den zahlreichen Belemniten zeichnen sich Belemnites acuarius und DB digitalis aus. 383 Rückblick. Der untere Lias besteht demnach aus Thonen, Kalksteinen, Thonkalksteinen (Steinmergel), sehr bituminösen Mergelschiefern (Posidonienschiefer) und Sandsteinen. Die Sandsteine gehören ausschliesslich dem unteren, die Thonkalksteine vorzugsweise dem mittleren, die bituminösen Mer- gelschiefer ausschliesslich dem oberen und die Thone dem unte- ren und mittleren Lias an. Die Gesammtmächtigkeit berechnet sich nach den trigonometrisch ermittelten Höhenunterschieden mit Berücksichtigung des mittleren Fallwinkels der Schichten zu 250 Fuss. Dann kommen 50 Fuss auf den unteren, 160 Fuss auf den mittleren und 40 Fuss auf den oberen Lias. Die Mäch- tigkeit der Thone verhält sich zu der Mächtigkeit der festen Gesteinsbänke und Schiefer ungefähr wie 3 :1. Die Lagerungsverhältnisse sind im Allgemeinen sehr unge- stört, doch fehlt es nicht an einzelnen Verwerfungen, wodurch ganz verschiedene Glieder in ein und dasselbe Niveau versetzt werden. So liegen, um nur ein Beispiel anzuführen, oberhalb Weilheim in der Richtung nach Grosselfingen die Liassandsteine in ein und demselben Niveau mit den Numismalismergeln, was mit Rücksicht auf die Mächtigkeit der Turnerithone eine Senkung von ca. 100 Fuss voraussetzt. Diese einzelnen Verwerfungen, die verschiedenen Profile der Flüsse je nach ihrer verschiedenen Richtung, die überwiegende Mächtigkeit der Thone, welche die festen Gesteinsschichten überschütten und den orographischen Charakter im Einzelnen verwischen, alles dies könnte stellenweise leicht zu Verwechselungen führen, wenn nicht die zahlreichen leitenden Petrefakten einen sichern Führer abgeben. Der untere Lias ist durch Ammoniten aus der Familie der Arieten und einige ausgezeichnete Conchiferen charakterisirt. Für den mittleren und oberen Lias sind die Ammoniten nicht minder wichtig, für den: mittleren die Familie der Capri- cornen und Amaltheen, für den oberen die Familie der Faleiferen und Lineaten, Alle Ammoniten, welchen Familien sie auch angehören, ha- ben einen zweispitzigen Bauchlobus, während die nicht liassischen meist einen einspitzigen Bauchlobus besitzen (QuEnsTEDT, Ceph. S. 30 und 73). Zu den Ammoniten des mittleren und oberen Lias gesellen 384 sich zahlreiche Belemniten, alle der Gruppe Integrae L. vos Buc#’s angehörend. Brachiopoden und Pentacriniten, begleitet von zahlreichen zum Theil leitenden Conchiferengattungen haben ihre Hauptlager im mittleren Lias, während Saurier, Fische und Pflanzen in aus- gezeichneter Erhaltung fast ausschliesslich den Posidonienschie- fern angehören. Kurze Uebersicht der Verbreitung und Zusammensetzung des Lias in Schwaben. Wie schon angedeutet, ist die oberflächliche Verbreitung des Lias in den Hohenzollernschen Landen verhältnissmässig gering, Im Allgemeinen kann angenommen werden, dass die Breite der Liasebene von Nordosten (Ellwangen) gegen Südwesten allmälig abnimmt und an der Wuttach ihr Minimum erreicht. Nur zwi- schen Schlichem und Eyach dehnt sich der Lias noch ein Mal zu einer grossen sogenannten Filderebene aus, deren überhaupt vier unterschieden werden. Mit der Breitenausdehnung steht die vertikale Entwickelung oder Mächtigkeit des unteren Lias oder vielmehr des Liassand- steins in offenbarem und leicht zu enträthselndem Zusammenhange. Während die Liassandsteine nordöstlich der Steinlach eine Mäch- tigkeit von 10 bis 20 Fuss erreichen, beträgt dieselbe in den Hohenzollernschen Landen nur 5 Fuss und nimmt gegen Süd- westen immer mehr ab. Dem entgegengesetzten Gesetze folgen die Turnerithone. Am nordöstlichen Alprande von Ellwangen bis Gemünd fehlen sie fast ganz, bei Boll erreichen sie schon eine ansehnliche Mäch- tigkeit. welche gegen Südosten bis zur Wuttach langsam aber stetig wächst. Die eigentlichen Numismalismergel mit ihrem Reichthum an verkiesten Petrefakten sind vorzugsweise am mittleren Alprande entwickelt. Am nordöstlichen Alprande bei Ellwangen, Wasseral- fingen und Gemünd finden sich nur die untersten und obersten wenig mächtigen Schichten mit verkalkten Petrefakten vertreten. An der Wuttach fehlen zwar die eigentlichen Numismalen nicht, sind aber verkümmert. Die Amaltheenthone mit den Fueoidenschiefern als obere Grenze zeigen sich am ganzen Alprande ziemlich gleichmässig verbreitet, nur mag die Mächtigkeit stellenweise differiren, auch 385 in der bald grösseren, bald geringeren Zahl fester Steinmergel- bänke ein lokaler Unterschied begründet sein. Die Constanz, mit welcher die eigentlichen Posidonienschie- fer nicht nur in Süddeutschland, sondern auch in Frankreich und England auftreten, ist zu bekannt, als dass es der Worte bedürfte. Die Jurensismergel fehlen zwar nirgends in Schwaben, ihre Mächtigkeit aber ist verschieden, ohne dass sich ein bestimmtes Gesetz aufstellen liesse. Hiernach findet der Lias in den Hohenzollernschen Landen eine sehr vollkommene Entwickelung. Nicht nur sind alle Glie- der vollzählig vorhanden, sondern überschreiten meist die mitt- lere Mächtigkeit. Das orographische Verhalten ist im engen Rahmen deutlich ausgeprägt. Zahlreiche natürliche und künst- liche Aufschlüsse gewähren vollkommene Einsicht in den inneren Schichtenbau und fördern die paläontologischen Schätze zu Tage. 2. Der braune Jura. Geognostische Abgrenzung des braunen Jura gegen den weissen Jura. Brauner und weisser Jura sind orographisch und geognostisch so verschieden, dass im Allgemeinen über die Grenze zwischen beiden kein Zweifel entstehen dürfte. Den Schluss des braunen Jura bilden wenig mächtige, sehr petrefaktenreiche dunkelblaue Thone (Ornatenthone), nach oben allmälig in die petrefaktenar- men, grauen Kalkmergel des unteren weissen Jura übergehend. Verbreitung und orographisches Verhalten des braunen Jura. So regelmässig die Grenze des braunen Jura gegen den Lias ist, so unregelmässig gestaltet sich die Grenze gegen den weissen Jura. Es tritt zwischen braunem und weissem Jura in wahrhaft gigantischem Maassstabe dasselbe Verhältniss ein, welches sich zwischen Liassandstein und Keuperletten beobachten lässt. Die Flüsse finden nach kurzem Laufe ihr Bett in den Thonen des braunen Jura, während der untere weisse Jura sie in einiger Entfernung zu beiden Seiten begleitet, bis die immer mehr und mehr sich erweiternden Thäler die Liasebene erreichen. Je wei- ter von den Quellen, desto deutlicher springt der an 500 Fuss Seigerhöhe erreichende, bastionenartig gezackte, nackte Steilabfall des unteren weissen Jura in die Augen, 386 Es ist in den Hohenzollernschen Landen die Starzel, welche aus dem Alpplateau einen über eine Meile tiefen und weiten Bu- sen ausschneidet. In diesem grossen Busen findet der sonst kaum über 4 Meile breite, hauptsächlich nur vertikal entwickelte braune Jura Raum zur oberflächlichen Verbreitung und Gestal- tung seiner eigenthümlichen orographischen Verhältnisse. Was die Sandsteine für den unteren, die Posidonienschiefer für den mittleren und oberen Lias, das sind die blaugrauen Stein- mergel für den braunen Jura. Sie constituiren ein deutliches Plateau, dessen zungenartige Vorsprünge, wie der Fürstenberg auf der linken, der Neuberg auf der rechten Starzelseite, sich weit vom Alprande entfernen. Sie sind es auch, die die Brücke zwischen der Alp und den isolirten Erhebungen des unteren weissen Jura (Hohenzoller) bilden. Der obere braune Jura, we- sentlich aus Thonen bestehend, lehnt sich in flacher Halde an den Steilabfall der Alp, oft bedeckt von den herabgestürzten Gesteinsbruchstücken des unteren weissen Jura. Der untere "braune Jura, obgleich in seiner oberen Region mächtige Sand- und Eisensteinbildungen einschliessend, hat zu wenig Üonsistenz, um einen deutlichen Absatz zu bilden. Nur ein stärkeres An- steigen des Terrains über der sanften Erhebung der mächtigen Opalinusthone macht sich bemerklich, bis die Steinbrüche der blauen Kalke erreicht sind, welche, in der ganzen Ausdehnung der Alp gleich einer Nivellementslinie zu verfolgen, einen un- trüglichen geognostischen Horizont abgeben. Ueber denselben folgen die Thone mit Belemnites giganteus, bedeckt von den blaugrauen Mergeln. Wichtig für die Verbreitung und das orographische Verhal- ten ist das Bett der Starzel selbst. Die Starzel nimmt ihren anfänglichen Lauf durch die Geschiebe des unteren weissen Jura, bis sie oberhalb Killer die obersten Bänke des mittleren braunen Jura erreicht. Bei Jungingen stehen in ihrem Bette die Sphäro- sideritflöze des unteren braunen Jura an, oberhalb Schlatt stürzt sie sich in einem imposanten ca. 20 Fuss hohen Wasserfall über die untersten Sandsteinbänke, um von hier bis in die Gegend von Stetten ihren Lauf durch die Opalinusthone zu nehmen. Von der Quelle bis oberhalb Schlatt sind die Ufer niedrig, in den Opalinusthonen 30 bis 60 Fuss hoch. Die hohen Ufer, die kurzen Schlangenwindungen und die fast jährlichen Veränderun- gen, welchen das Bett ausgesetzt ist, sind äusserst charakte- 387 ristisch. — Zahlreiche kleine, am Fuss des Steilabfalls der Alp oder in der Region der blauen Kalke entspringende Bäche strö- men der Starzel von beiden Seiten zu und theilen die Gehänge des braunen Jura in ebenso viele einzelne Berge mit zugerunde- ten kugeligen Formen. Einen ähnlichen, aber kleineren Busen schneidet der ober- halb Thannheim entspringende, der Eyach zuströmende Fluss aus dem Alpplateau. Der braune Jura zieht sich hier thalauf- wärts bis zur Landesgrenze, eine Breitenausdehnung von eirca + geographischen Meile erreichend. Höhenlage des braunen Jura. Bei der vorzugsweise vertikalen Entwickelung des braunen Jura kann nur die Höhenlage einzelner Niveaus angegeben wer- den. Unter diesen ist das Niveau der blaugrauen Mergel des mittleren braunen Jura durch Meereshöhe in pariser Fuss Beuren, Kreuzwasen, Doppelsignal. . . . . 2140 Zell, ,Kapelle, Eirdllache, 012 01. ara... 24103 Starzelthal oberhalb Killr . -. . . . . . 2018 bezeichnet. Gliederung des braunen Jura, a. Der untere braune Jura. Brauner Jura a (Opalinusthone). — Die Thone, womit der untere braune Jura beginnt, erreichen unter allen 'Thonen des Jura die bei weitem grösste Mächtigkeit. Dieselbe berechnet sich in dem Starzelthal auf 300 bis 400 Fuss, scheint aber ge- gen Südwesten rasch abzunehmen, im Eyachthale kaum noch 250 Fuss betragend. Ausser durch die grössere Mächtigkeit un- terscheiden sich die Thone leicht durch den fast gänzlichen Man- gel durchgreifender Gesteinsbänke. Dagegen übertreffen sie die Thone des mittleren Lias an Thoneisensteingeoden, meist zwi- schen den Schichtungsflächen ausgebreitet, doch auch in mehr oder weniger vertikaler Richtung die Thone durchbrechend. Die Thoneisensteine verwandeln sich unter Zutritt von Luft und Wasser in Brauneisenstein. Die Umwandlung schreitet lagen- weise von Aussen nach Innen vor, die Lagen springen nachein- ander ab und zerfallen in kleine Bruchstücke, welche mit den Zeits. d.d. geol, Ges. VIIL. 3, 26 388 brüchigen Thonen sich mischend, die herrschend schwarze Farbe stellenweise verdrängen. Die Thone selbst verwittern zu fahl- grauen Letten. In der unteren Region sehr rein, nehmen sie nach oben Glimmer und Sand auf, allmälig in die glimmerigen Sandmergel übergehend. Der Reichthum an Petrefakten steht hier keineswegs im Ver- hältniss mit der Mächtigkeit, wie dies bei vielen jurassischen Schichten Gesetz ist. Petrefakten scheinen überhaupt nur in den unteren Thonen bis zu 20 Fuss Höhe über den Jurensismergeln häufig und zwar mehr nester- als lagenweise vorzukommen, müssen daher längs der Grenze des braunen Jura gegen den Lias aufgesucht werden. Ein ausgezeichneter Fundort liegt am Wege zwischen Zimmern und Mariazell unmittelbar oberhalb Zimmern. Der Weg zieht sich hier auf kurze Strecke durch das Bett eines tief einschneidenden Bachs. Linkerhand steht eine flache Thonhalde an, bedeckt von zahlreichen Ammoniten- bruchstücken, welche mit ihren blendendweissen Schalen gegen die dunklen Thone deutlich genug abstechen, um im Vorbeige- hen bemerkt zu werden. Vielleicht eben so reich sind zwei an- dere Fundorte, der eine zwischen Zimmern und Bissingen, der andere an der nördlichen Landesgrenze unweit der Schwefel- quelle. Auch oberhalb der Altstadt Hechingen links von der Chaussee nach Sigmaringen, wo die Posidonienschiefer, die Ju- rensismergel und unteren Opalinusthone in verschiedenen Hohl- wegen übereinander aufgeschlossen sind, finden sich Bruchstücke von Ammonites opalinus. Im Zillbach, der bei starkem Falle in kurzem Laufe die Opalinusthone vom braunen Jura 9 bei Zillhausen bis zum Lias bei Dürrwangen durchschneidet und daher genaue geognostische Beobachtungen gestattet, findet sich das Hauptpetrefaktenlager gleichfalls unmittelbar über den Jurensismergeln. - Weiter auf- wärts sind die Thone petrefaktenleer, nur scheiden sich in ver- tikalen Zwischenräumen von 50 zu 50 Fuss zwei wenige Zoll mächtige Bänke mit weissglänzenden Muscheltrümmern aus, Ca. 20 Fuss höher findet sich, wie unmittelbar über den Juren- sismergeln, eine Region von Petrefakten, worauf 60 bis 80 Fuss mächtige Thone ohne besonders bemerkbare Petrefaktenlager fol- gen, bedeckt von den Sandmergeln des braunen Jura ß, in wel- che die Petrefakten der Opalinusthone als Steinkerne schlecht erhalten noch fortsetzen. 389 Charakteristisch für die Opalinuspetrefakten ist die Erhal- tung der schneeweissen, oft noch perlmutterglänzenden Schale. Was die Entwickelung der Fauna anlangt, so scheint sich diese, wie die Erhaltung der Petrefakten, wesentlich gleich zu - bleiben, wenigstens ist es zur Zeit noch nicht gelungen, für die verschiedenen Niveaus der mächtigen Thone Leitpetrefakten auf- ‚zustellen, eine überraschende Erscheinung im Vergleich mit dem Lias, worin gewissermaassen mit jeder Spanne höher eine neue Welt sich aufschliesst. Unter den Ammoniten der Opalinusthone zeichnet sich vor Allen der Ammonites opalinus aus, ein ausgezeichneter Falei- fere, den liassischen sehr verwandt, aber durch die Verschieden- heit des Lagers und der Erhaltung von ihnen getrennt. Mit ihm kommen Am. lineatus opalinus und Am. torulosus vor, beide aus der Familie der Lineaten und eng verbunden, wenn auch äusserlich an den Streifen, die sich bei Zorwloses zu hervorste- henden Rippen gruppiren, leicht zu unterscheiden. Neben den Ammoniten finden sich Belemnites tripartitus und B. clavatus. Bekunden somit die Cephalopoden keinen Unterschied zwi- schen der Fauna des oberen Lias und der Opalinusthone, so be- zeichnet das erste Auftreten der vorzugsweise für den braunen Jura charakteristischen Gattung Trigonia einen unverkennbaren Abschnitt. Die Trigonien haben ihre Vorläufer in den Myopho- rien des Muschelkalks, unterscheiden sich aber wesentlich von ihnen durch Schloss und Verzierungen. Die älteste eigentliche Trigonie ist Trrigonia navis der Opalinusthone, nach L. v. BucH eine vorzugsweise deutsche Muschel, wenngleich auch in Deutsch- land keineswegs häufig. Von anderen Conchiferen ist besonders die Gattung Nucula wichtig. Nucula Hammeri und Nucula claviformis sind für die Opalinusthone leitend. f Kleine zierliche Gastropoden, wie Cerithium tuberculatum, Trochus duplicatus kommen gern mit Nucula in den Wohnkam- mern von Ammoniles opalinus vor. Brachiopoden scheinen, wie im oberen Lias, im ganzen un- teren braunen Jura zu fehlen. Brauner Jura ß. — Der braune Jura ß, an 270 Fuss mächtig ‚ besteht aus dunkelen Thonen, Sandmergeln und Thon- esteinen, 26 * 390 Gleich in der unteren Region finden sich Sandmergel ent- wickelt. Es sind sehr feinkörnige, glimmerige, eisenschüssige Sandsteine, überladen mit bitumenreichem, thonigkalkigem Binde- mittel. Der wechselnde Gehalt an Sand, Kalk, Thon, Glimmer und Eisen begründet lokale Unterschiede. Im Allgemeinen er- scheinen sie im frischen Bruch von grauer oder blauer Farbe und grosser Härte, nehmen, den Atmosphärilien ausgesetzt, eine schmutzigbraune Farbe an, werden gebrechlich und zerfallen schliess- lich in unförmliche Brocken und Schalen. Sie erreichen eine Mächtigkeit von 60 Fuss und zwar mögen es im Ganzen etwa 10 bis 15 je 6 bis 12 Zoll mächtige Bänke sein, wechsellagernd mit glimmerig sandigen, sehr eisenschüssigen Thonlagen, bedeckt von einer 42 Zoll mächtigen, harten, blauen, geradschieferigen, dem ächten Grauwackenschiefer des Uebergangsgebirges ähnli- chen Gesteinsbank. Ueber dieser Gesteinsbank folgen an 41400 Fuss mächtige dunkele Thone mit ca. 10, je 4 bis 12 Zoll mächtigen 'Thon- eisensteinflözen, die Thoneisensteine von denen des Lias und der Opalinusthone durch eingeschlossene Mergelgeschiebe und eine eigenthümliche graue, ins Rothe stechende Farbe verschieden. Ge- gen Westen am Fusse des Hohenzollern sind die Thoneisen- steinflöze durch weit ausgedehnte Geodenzüge vertreten, welche den dunkelen Thonen eine durchweg braune Farbe ertheilen, weiter gegen Westen im Eyachthale bei Laufen verschwinden auch diese. Den Schluss des braunen Jura ß bilden glimmerig eisen- schüssige Sandmergel, denen der unteren Region ähnlich, nur consistenter und in compacteren mächtigeren (15 bis 30 Zoll) Bänken ausgeschieden. Einige unmittelbar im Liegenden der blauen Kalke aufsetzende Bänke finden daher wohl in Erman- gelung eines besseren Materials technische Anwendung. Die bauwürdige 18 Zoll mächtige Bank am Abhang des Hohenzoller hat einen Gehalt an kohlensaurem Kalk von 55 bis 60 pCt. Es ist daher mehr ein sandiger Kalk als ein kalkiger Sandstein. An anderen Lokalitäten, so am Neuberg bei Boll sinkt der Kalk- gehalt bis auf 25 pCt., das Gestein nimmt durch Umwandlung des kohlensauren Eisenoxyduls eine braune Farbe an und erin- nert an den sogenannten Malb des Lias. Der braune Jura ß besteht demnach aus dunkelen Thonen, durchzogen in der unteren und oberen Region von Sandmergeln, in der mittleren von Thoneisensteinflözen. 391 Hinsichtlich der Verbreitung und Erhaltung der organischen Reste macht sich das bereits im Lias zu beobachtende Gesetz geltend, wonach in den Hohenzollernschen Landen die sandigen Gesteine (Sandsteine, sandige’Mergel und sandige Thone) nur wenige und schlecht erhaltene Petrefakten führen. Gleichwohl unterliegt es keinem Zweifel, dass die charakteristischen, gern bankweise auftretenden Petrefakten, wie namentlich Pecten per- sonatus sich auch hier finden, nur gilt es die einzelnen Bänke zu treffen, was bei den unvollkommenen Aufschlüssen nicht leicht ist. In den oberen Sandmergeln finden sich Trigonienschalen und Myaciten ohne bestimmtes Lager verbreitet. Pentacrinites astralis bildet 6 Zoll mächtige Bänke, welche sich sehr constant durch die Steinbrüche am Abhang des Hohenzoller, bei Jungin- gen, Schlatt u. s. w. verfolgen lassen. Auch die Thoneisensteine der mittleren Region sind arm an Petrefakten, nur eine Muschel ist darin zu Millionen angehäuft. Es ist die merkwürdige Gryphaea calceola, der arcuata ver- . wandt, nur schmäler, ausgewachsen 3 Zoll lang, halb so breit, mit stark gekrümmtem Schnabel und tiefer bis zur Schnabelspitze fortsetzender Furche. Die Brut von ihr findet sich schon in den unteren Thoneisensteinflözen, die ausgewachsenen Exemplare scheinen auf die beiden oberen Flöze beschränkt zu sein. Die Hauptentwickelung der calceola fällt längs dem rechten Starzel- gehänge zwischen Jungingen und Beuren. Bei der ziemlich aus- gedehnten Verbreitung in einem und demselben Niveau ist ihr Er- scheinen um so wichtiger, als ausserdem scharfe Anhaltspunkte zur Orientirung der untere braune Jura kaum aufzuweisen ha- ben dürfte. b. Der mittlere braune Jura, Brauner Jura y und ö (Blaukalke, blaugraue Mergel, Bifurcatenmergel [untere Eisenoolithe]). — Der mittlere braune Jura beginnt mit einer 2, 4 bis 8 Fuss mächtigen, versteinerungs- reichen, schmutzigbraunen, auch wohl graublauen Mergelbank, den Arcuatenkalken des unteren Lias ähnlich, aber von ihnen durch eingesprengte kleine, concentrisch schalige Brauneisenstein- linsen ‘verschieden. Ueber dieser Bank finden sich noch einige schwächere Bänke von gleicher petrographischer Beschaffenheit entwickelt, wechsellagernd mit oolithischen Thonen. Die ganze Schichtenreihe (Blaukalke), bei Laufen nur 5 Fuss mächtig, er- 392 reicht bei Beuren eine Mächtigkeit von ca. 15 Fuss. Sie enthält bereits zum grossen Theil die Petrefakten des mittleren braunen Jura und ist durch das stellenweise Auftreten von tropischen Sternkorallen ausgezeichnet. Das plötzliche massenhafte Auftreten von Petrefakten, das erste Erscheinen oolithischer Gesteine und ’'T'hone ist charakte- ristisch genug, um sich leicht zu orientiren. Indessen der Cha- rakter der Blaukalke ist vielfachen Schwankungen unterworfen. Stellenweise nehmen sie Sand auf, werden hart, lichtblau, ver- steinerungsleer, den kalkigsandigen Gesteinen im Liegenden zum Verwechseln ähnlich, und gleich ihnen als Bau- und Strassen- material benutzt. Könnten in diesem Falle Zweifel entstehen, so muss das orographische Verhalten der Blaukalke, welche in der ganzen Ausdehnung des Alprandes eine deutlich markirte Gebirgsstufe bilden, entscheiden. Unmittelbar über den Blaukalken folgen an 60 Fuss mäch- tige Thone mit Belemnites giganteus, durchzogen von blaugrauen, harten, spröden, im Winter zu prismatischen Stücken oder scharf- kantigem Grus von grobem kubischem Korn zerfallenden, je 4 bis 6 Zoll mächtigen Mergelbänken. Nach oben treten die Mergel- bänke gedrängter auf und überwiegen zuletzt. Mit ihnen ist die Hauptstufe des braunen Jura erreicht, bezeichnet durch die Stein- felder (Fürstenberg bei Beuren), welche ihr Analogon in den Steinfeldern der Numismalen (Mühlweg bei Hechingen) finden. Das charakteristische Schlussglied des mittleren braunen Jura bilden rothbraune, oolithische, 4 bis 6 Fuss mächtige Stein- mergelbänke, petrographisch scharf geschieden von den blaugrauen Mergeln im Liegenden und den Parkinsonithonen im Hangenden. Gleichwohl verbinden zahlreiche Petrefakten sie mit dem mittle- ren braunen Jura, während Ammoniltes bifurcatus bereits auf die Parkinsonithone hinweist. Auf dem Plateau von Beuren (Fürstenberg) finden sich die Oolithe nicht entwickelt und an den Gehängen, wo nicht selten die Bruchstücke des unteren weissen Jura oder die in Schlamm- strömen herabgerutschten Parkinsoni- und Ornatenthone den gan- zen oberen braunen Jura bis zu den Blaukalken bedecken, sind die Aufschlüsse unvollkommen und eine nur wenig mächtige Schicht leicht zu übersehen. Am besten noch aufgeschlossen sind die Bifurcatenoolithe bei der Sandwäsche am Hohenzoller und un- weit Jungingen in einem Wasserrisse am rechten Starzelgehänge. 393 Ist der untere braune Jura im Allgemeinen arm an orga- nischen Resten, so entfaltet sich mit den Blaukalken ein durch. den ganzen mittleren braunen Jura, die Thone, Mergel und Eisen- oolithe hindurchgehender Petrefaktenreichthum , wie ihn nur der mittlere Lias und der mittlere weisse Jura aufzuweisen haben. Mit dem Reichthum an .Petrefakten steht die Mannigfaltigkeit derselben im Verhältniss. Leider sind die Petrefakten selten wohlerhalten. Ein grosser Theil scheint bereits vor oder bei der Ablagerung zerstört worden zu sein, wenigstens treten ganze Bänke auf, welche eine wahre Muschelbreccie bilden. Die un- verletzt begrabenen Muscheln zerfallen bei der eigenthümlichen Verwitterung der Gesteine in Bruchstücke. Vollkommen erhalten finden sich die Petrefakten eigentlich nur in den Thonen, aber hier sind sie mit schmarotzenden Serpulen oft über und über bedeckt. Von Wirbelthieren finden sich einzelne Knochenreste (muth- maasslich Ichthyosauren angehörend) in den Blaukalken am Ab- hang des Hohenzoller. Serpulen sind vielleicht in keiner Schicht des Jura so zahl- reich wie hier. Ammoniten aus der Familie der Coronaten (dm. coronatus und Am. Humphresianus) gehören zu den verbreitetsten Mu- scheln der blaugrauen Mergel. Am. bifurcatus, Varietät des Parkinsoni, findet sich zusammen mit Hamites bifurcati in den Oolithen. Von Belemniten treten neben den letzten Paxillosen (B. breviformis und B. giganteus) die ersten Canaliculaten (B. ca- naliculatus) auf. BD. giganteus hat sein Hauptlager in den Thonen zwischen den Blaukalken und blaugrauen Mergeln. Unter den Gastropoden sind grosse Steinkerne von Pleuro- tomaria ornata und Trochus undosus nicht selten. Das Auftreten von zahlreichen Terebrateln nach einem lan- gen Zwischenraume, wo Brachiopoden gänzlich zu fehlen schei-. nen, ist bezeichnend. Terebratula quadriplicata, eine ausge- zeichnete Pugnacee kommt gern in den Blaukalken, die ihr ver- wandte varians und T. Theodori in den Bifurcatenoolithen zu- sammen mit glatten Terebrateln (7. perovalis, T. emarginata u. s. w.) vor. Noch andere Terebrateln scheinen selten. Spuren von Crania finden sich in den Blaukalken am Hohenzoller. Am mannigfaltigsten sind die Conchiferen entwickelt. Als 394 wichtige Leitmuscheln stehen in erster Reihe Osfrea eristagallı, pectiniformis, eduliformis, die beiden ersteren ungemein häufig, letztere, wie es scheint, selten. Repräsentirt und zum Theil als Leitmuscheln wichtig sind Pecten, Perna, Pinna, Monotis, Arca- ceen, Myaciten und Pholadomyen. Die Gattung Trigonia ist in zwei ausgezeichneten, hier vorzugsweise verbreiteten Arten (Tri- gonia costata, Tr. clavellata) vertreten. Unter den Echinodermen ist das Vorkommen von Cidariten- stacheln häufig. Besondere Erwähnung verdienen hie noch die Ko- rallen. Ausser kleinen schmarotzenden, in dieser Region überall verbreiteten Korallen waren bislang andere nicht bekannt. Erst in neuester Zeit fand Professor Quesstepr in den Blaukalken am Hohenzoller ausgezeichnete tropische Sternkorallen aus den Familien der Confluenten (Asirea Zolleria, A. confluens) und Maeandrinen (4. helianthoides), denen des oberen weissen Jura (Nattheim) nahe verwandt oder identisch. Wenn auch das Vor- ‘kommen bis jetzt auf den Hohenzoller beschränkt geblieben ist, so scheint in Berücksichtigung der klimatischen das Auftreten der Korallen bedingenden Verhältnisse es wohl zulässig, die Blau- kalke Schwabens den weit verbreiteten Korallenbänken (Calcaire ü Polypiers) Frankreichs zu parallelisiren. e. Der obere braune Jura. Brauner Jura = (Parkinsonithone und Maerocephalen- mergel [obere Eisenoolithe]). — «) Parkinsonithone. Die Eisenoolithe des mittleren braunen Jura sind bedeckt von fein- geschichteten, ca. 30 Fuss mächtigen, dunkelblauen Thonen, Ausser Thoneisensteinnieren scheiden sich darin harte, spröde, wenig oolithische blaugraue Steinmergelbänke aus. Die Stein- mergelbänke, im Ganzen nur 4 bis 6 Fuss mächtig, stellenweise geodenartig zerstückt, treten am Hohenzoller in mässiger Höhe über den Bifurcatenmergeln auf, bei Jungingen und Schlatt kaum 10 Fuss im Liegenden der Macrocephalenbank. Die Petrefakten der Parkinsonithone sind zunächst rück- sichtlich der Erhaltung in mehrfacher Beziehung charakteristisch. Wie in den Opalinusthonen sind sehr zerbrechliche, natürliche Schalstücke oft massenweise verbreitet, der grösste Theil der Petrefakten aber ist verkiest. Verkieste Petrefakten treten hier 395 zum ersten Male seit den Amaltheenthonen wieder auf, sind über- haupt bezeichnend für den ganzen oberen braunen Jura. Die Entwickelung der organischen Reste anlangend, so er- innern nur wenige Petrefakten an die mannigfaltige Fauna des mittleren braunen Jura. Das Hauptleitpetrefakt ist Am. Parkinsoni, sowohl in den Thonen als Steinmergeln vorkommend, in den Thonen verkiest von höchstens 2 Zoll Durchmesser, in den Steinmergeln verkalkt von 4 Fuss Durchmesser und darüber (Parkinsoni gigas). In den Wohnkammern der verkalkten grossen Exemplare bei Jun- gingen findet sich krystallisirter Cölestin ausgeschieden. Belemniten sind durch B, canaliculatus vertreten. B, gi- ganteus. fehlt bereits. Gastropoden, für diese Region von überhaupt geringer Be- deutung, treten jedenfalls nur sparsam verbreitet auf. Terebratula varians kommt gern in den harten Steinmer- geln vor. Conchiferen, mit Ausnahme der Trigonia costata (nur in Bruchstücken), scheinen selten; was vorkommt, deutet auf den mittleren braunen Jura hin oder erinnert an die Numismalen des Lias. Die Hauptleitconchiferen des mittleren braunen Jura, wie Ostrea cristagalli u. s. w., fehlen indessen. b) Macrocephalenmergel (obere Eisenoolithe). Die Macrocephalenmergel, nur an wenigen Stellen, im alten Weg am Hohenzoller und am rechten Starzelgehänge bei Jungingen und Schlatt entblösst, erreichen sammt den sie begleitenden 'Thonen eine Mächtigkeit von 3 Fuss. Hart, spröde, licht graublau, mit in der Regel nur sparsam eingesprengten Eisenoolithen, gleichen sie ganz den Steinmergeln der Parkinsonithone. Bei Schlatt sind sie auf eine 8 bis 42 Zoll mächtige Bank beschränkt. In den oolithischen Thonen über derselben scheidet sich sehr regelmässig ein nur 1 Zoll mächtiges von Schwefelkies durchzogenes Gagat- kohlenflöz aus. Die Thone sind durch Kohle schwarz gefärbt. So wenig mächtig die Macrocephalenmergel sind, so wichtig sind sie durch die in dieser Region zahlreich und fast aus- schliesslich verbreiteten Macrocephalen. Am. macrocephalus mit seiner halbmondförmigen Mündung, dem schöngerundeten Rücken, über welchen die mehrfach sich spaltenden Rippen ohne Unterbrechung fortlaufen, eine ausgezeich- nete Form, am Hohenzoller 1 Fuss Durchmesser erreichend. 396 Am. platystomus den Ausgangspunkt für eine ganze Gruppe eigenthümlich gebauter, unter dem Namen Bullaten zusammen- gefasster Macrocephalen bildend, dick, in der Jugend mit Rippen versehen, ausgewachsen vollkommen glatt, die Wohnkammer deut- lich knieförmig eingebogen. Am. microstoma, eine kleine fla- chere Form. | Der stete und häufigste Begleiter der Macrocephalen ist Am. triplicatus, der Vorläufer der Planulaten des weissen Jura, Ausser diesen Ammoniten hat Terebratula varians hier ihr Hauptlager, wiewohl sie in den Hohenzollernschen Landen selten zu sein scheint. : Brauner Jura £ (Ornatenthone), — So unvollkommen die Bifurcaten- und Macrocephalenmergel des mittleren und obe- ren Jura an dem rechten Starzelgehänge aufgeschlossen sind, so vollkommen ist dies mit den Ornatenthonen der Fall, welche den Schluss des braunen Jura bilden. Bei einer Mächtigkeit von mindestens 40 Fuss in steiler Halde an den unteren weissen Jura sich anlehnend, sind kleine Bergschlüpfe im Frühjahr eine gewöhnliche Erscheinung. Hierdurch werden die Thone immer aufs Neue entblösst und die zahlreichen Petrefakten der oberen 10 bis 20 Fuss mächtigen Region zu Tage gefördert. Es giebt wohl keine Petrefakten-führende Schicht des Jura, wo Ammoniten so ausschliesslich wie in den Ornatenthonen auf- treten. Ausser ihnen kommt nur eine kleine, der Bronni ver- wandte Posidonie und Mecochirus socialis in Menge vor. Die Entwickelung der Ammoniten entspricht der Stellung der Ornatenthone als Grenzschicht. ‘Weisen die Planulaten (Am. convolutus), die Denticulaten (Am. flexuosus v. Buch [dösceus Reın.]|), die Armaten (Am. annularis) auf den mittleren weissen Jura hin, so begründen die Falciferen, die mit Am. hecticus Reın. (/onticula MENKE) hier aussterben, den innigen Zusammenhang sämmtlicher Glieder des braunen Jura. Die Dentaten (Am. bi- partitus, Am. bidentatus und Am. Jason) verbinden die Orna- tenthone mit den Parkinsonithonen. Als den Ornatenthonen eigen- thümlich oder doch vorzugsweise und zahlreich in denselben ver- breitet, müssen die Ornaten (Am. ornatus) angesprochen werden. Endlich ist noch des seltenen Am. Lamberti hart auf der Grenze zwischen braunem und weissem Jura zu gedenken. Die Ammoniten der Ornatenthone sind in Folge der ober- ‚397 flächlichen chemischen Veränderung des Schwefelkieses meist durch eine glänzend goldgelbe Farbe ausgereichnet. Rückblick. Weder petrographisch noch paläontologisch lassen sich die Glieder des braunen Jura so scharf trennen wie die des Lias. Petrographisch besteht der braune Jura aus Thonen, aus glimmerigen mit kalkigthonigem Bindemittel überladenen Sand- steinen, aus Mergeln, aus Eisenoolithen und aus Thoneisenstei- nen. Das Grundgebirge bilden die Thone, die Sandsteine und Thoneisensteine gehören der oberen Region des unteren braunen Jura, die Mergel und Eisenoolithe dem’ mittleren und oberen brau- nen Jura an. ; Die Gesammtmächtigkeit des braunen Jura beträgt ca. 750 Fuss, übertrifft also die des Lias gerade um das Dreifache. Auf den unteren braunen Jura kommen 620 Fuss, auf den mittleren 60 und auf den oberen 70 Fuss. Die Mächtigkeit der Thone steht mit der Mächtigkeit der festen Gesteinsbänke im ungefähren Ver- hältniss von 15:1. Die Thone überwiegen also im braunen Jura noch mehr als im Lias. Die Gesammtmächtigkeit der Petrefakten-führenden Schichten ist nur gering gegen die Mächtigkeit der ganzen Formation. Die grösste Mannigfaltigkeit erreicht die Fauna im mittleren braunen Jura. Die überhaupt wichtigsten Petrefakten gehören den Cepha- lopoden, Brachiopoden und Conchiferen an. Ammoniten aus der Familie der Falciferen gehen durch den ganzen braunen Jura: der untere braune Jura (Opalinusthone) ist durch Lineaten, der mittlere durch Coronaten, der obere durch Dentaten, Macrocephalen und Ornaten ausgezeichnet. Die Pla- nulaten u. s. w. des oberen braunen Jura verkünden bereits die neue Weltordnung, welche mit dem weissen Jura eintritt. Des- gleichen die ersten Canaliculaten, welche in der Oberregion des mittleren braunen Jura mit den letzten Paxillosen auftreten. Unter den Conchiferen ist die Gattung Trigonia die wich- tigste. Trigonia navis ist leitend für den unteren, 7. clavellatu für den mittleren und 7”. costata für den mittleren und oberen braunen Jura. Kaum minder wichtig ist die Familie der Ostra- ceen: Gryphaea calceola ist Niveau bezeichnend im unteren brau- nen Jura, Osirea cristagalli, O. pectiniformis und O, edulifor- 398 mis bilden ein ausgezeichnetes Leittrifolium im mittleren brau- nen Jura. Die Brachiopoden sind auf den mittleren braunen Jura und die untere Region des oberen braunen Jura beschränkt. Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des brau- nen Jura in Schwaben. Der schwäbische braune Jura hat eine vorzugsweise vertikale Entwickelung, namentlich am südwestlichen Alprand zwischen Rhein und Wuttach, wo unter andern bei Blumberg der ganze braune Jura in einer steilen an 300 Fuss hohen Rutsche besteht. Der Grund hiervon ist offenbar im Ueberwiegen der Thone und dem Mangel dauerhafter Gesteinsschichten zu suchen. Nur in den grossen Busen, welche die Neckarflüsse, so die Prim bei Spai- chingen, die Schlichem bei Schömberg, die Eyach bei Balingen u.s. w. aus dem Alpplateau ausschneiden, gestaltet sich der mitt- lere braune Jura zu einer deutlichen Terrasse mit bauchigen Vorsprüngen. In der Zusammensetzung treten namentlich im unteren braunen Jura wesentliche Verschiedenheiten ein. Im Allgemei- nen lassen sich zwei Entwickelungen unterscheiden, die von Aalen und die von Hechingen. Bei Aalen beginnt der braune Jura mit den hier 200 bis 300 Fuss mächtigen Opalinusthonen. Ueber den Opalinusthonen folgen 14 Fuss mächtige, sehr quarzreiche, durch Eisenoxyd braun gefärbte, im Bruch weiche, an der Luft hart werdende Sandsteine, welche als vorzügliche Werk- und Gestellsteine einen allgemeinen Ruf besitzen. Im Hangenden der Sandsteine setzen die bauwürdigen pulverförmigen Rotheisensteinflöze auf, im Gan- zen fünf, je 15 bis 7 Fuss mächtig, mit dunkelfarbigen Letten, Sandschiefer und Sandsteinen wechsellagernd. Auf die Eisen- steinflöze folgen sehr muschelreiche, an 12 Fuss mächtige, un- reine, gelbbraune Sandsteine, darüber 12 bis 20 Fuss mächtige, schwarze Thone, bedeckt von einer rötblichen Kalksteinbank mit eingesprengten Erzkörnern, reich an kleinen Pectiniten, daher - Pectinitenbank genannt. Die Pectinitenbank bezeichnet die Grenze gegen den mittleren braunen Jura. Die Gesammtmächtigkeit der Sandsteinbänke, Rotheisen- steinflöze und Lettenschichten, welche den braunen Jura ß bil- den, beträgt ca. 105 Fuss, 399 Die organischen Einschlüsse sind mehr zahlreich als mannig- faltig. Reste grösserer Wirbelthiere, Hybodusstacheln und Zähne, Am. Murchisonae (Varietät des opalinus), Am. discus, Con- chiferen, darunter als Hauptleitmuschel Peeten personatus, sind die hauptsächlichsten Petrefakten. Ganz ähnlich wie bei Aalen ist der untere braune Jura am ganzen nordöstlichen Alprande von Bopfingen bis Boll entwickelt, Am südwestlichen Alprande von Boll bis zum Rheine greift die Entwickelung des braunen Jura B von Hechingen Platz. Die Petrefakten-reichen Sandsteine und pulverförmigen Rotheisenerze verschwinden hier gänzlich, an ihre Stelle treten: petrefaktenarme glimmerig eisenschüssige Sandmergel und unreine Sphärosiderit- flöze oder Thoneisensteingeoden. & Dagegen scheint die Gesammtmächtigkeit des unteren brau- nen Jura von Bopfingen bis Hechingen sich ziemlich gleich zu bleiben, von hier aber bis zum Rheine abzunehmen. Die Blaukalke zeigen sich bald als versteinerungsreiche, schmutzigbraun oder blau gefärbte Steinmergel mit sparsam ein- gesprengten Eisenoolithen, bald als petrefaktenarme, lichtblaue, kalkige Sandsteine entwickelt. Am südwestlichen Alprande er- reichen sie die grösste Mächtigkeit. Wichtig ist das Auftreten tropischer Sternkorallen in dieser Region. Das Schlussglied des mittleren braunen Jura am südwest- lichen Alprande bilden nur wenig mächtige, aber sehr charakte- ristische rothbraune, oolithische Steinmergel mit Am. bifurcatus und Terebratula Theodori. Die Parkinsonithone sind am nordöstlichen Alprande im Allgemeinen nicht wohl von der Oberregion des mittleren brau- nen Jura zu trennen. So in den Umgebungen des Nimpf, bei Röttingen, Bei Aalen bildet der mittlere und obere braune Jura von Belemnites giganteus aufwärts bis zu Am. macrocephalus eine ununterbrochene Eisenoolithmasse. Die Macrocephalenmergel treten nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und England mit grosser Constanz auf, einen wichtigen geognostischen Horizont abgebend. Nichtsdesto- weniger scheinen sie am mittleren Alprande stellenweise zu feh- len, sind aber dann durch oolithische Thone vertreten. Beson- ders zahlreich findet sich Am. macrocephalus am südwestlichen Alprande bei Blumberg und Geisingen, in den grössten Exem- plaren am nordöstlichen Alprande (Stuifen bei Wisgoldingen). 400 Die Ornatenthone ‚zeichnen sich am mittleren Alprande durch Reinheit, Mächtigkeit und Petrefaktenreichthum aus. Gegen Nord- osten nehmen sie harte, schwarze Kalkknauer auf, werden ärmer an Petrefakten und minder mächtig. Am südwestlichen Alprande fehlen sie gänzlich. Die Macrocephalenmergel liegen hier auf der Grenze zwischen braunem und weissem Jura. Hieraus folgt, dass der braune Jura petrographisch sich sehr verschieden am Alprand entwickelt zeigt. Dagegen bleiben die organischen Einschlüsse überall dieselben, so dass die gleich- stehenden Schichten sich leicht ermitteln lassen. Nur der Reich- thum an Petrefakten ist bald grösser, bald geringer. 3. Der weisse Jura. Geognostische Abgrenzung gegen die Molasse. Wenn die Abgrenzung des Jura gegen die älteren Forma- tionen zu Discussionen Veranlassung geben kann, so ist dies mit der Abgrenzung gegen die Molasse nicht wohl möglich. Die petrographische und paläontologische Verschiedenheit ist zu gross, um den Sprung in der Entwickelung übersehen zu können. Verbreitung und orographisches Verhalten des weissen Jura. So wenig Zweifel demnach über die geognostische Grenze zwischen Jura und Molasse ist, so verschwimmt doch orographisch das Juraplateau vollkommen mit der Molasseebene bis zum Bo- densee. Erst östlich von Scheer fällt das Alpplateau deutlich, wenn auch nirgends schroff, gegen das süddeutsche Hochland ab. Dagegen ist die Grenze zwischen weissem und braunem Jura durch den imposanten norüwestlichen Steilabfall der Alp orographisch so scharf wie möglich charakterisirt. Dazu kommt, dass auch die politische Grenze theilweise mit dem Steilrande zusammen- fällt. So von Streichen bis in die Gegend von Jungingen, vom Dreifürstenstein bis oberhalb Thalheim und zwar der Gestalt, dass der Steilabfall zwischen Streichen und Jungingen innerhalb, zwischen dem Dreifürstenstein und Thalheim ausserhalb der Ho- henzollernschen Lande liegt. Nur wenige und beschwerliche Steigen führen aus dem Unterlande über den Steilabfall auf das Alpplateau. Ganz all- mälig aber wird dasselbe durch die in das Alpplateau einschnei- denden Neckarthäler, das Starzel- und Thannheimer Thal, erreicht, 401 Es steigen diese Thäler gegen Südosten an, während das Alp- plateau gegen Südosten abfällt, daher Steilrand und Thalsohlen eonvergirende Linien bilden. Hieraus erklärt sich auch die Lage der Donau-Neckar Wasserscheide nahe dem nordwestlichen Steil- abfalle der Alp. Wie der Lias und braune Jura ist der weisse Jura zur Terrassenbildung geneigt. So constituirt der untere weisse Jura in den Hohenzollernschen Landen eine ausgedehnte, meeresgleiche Ebene, das sogenannte Heufeld, nach Innen durch die Berge des mittleren weissen Jura umschlossen, welche vom rechten Starzel- 'gehänge in weitem Bogen über Ringingen und Salmendingen bis zum Steilabfalle bei Thalheim sich hinziehen. Der Mong bei Salmendingen bildet den äussersten Ausläufer. Der merkwürdige Kornbühl bei Salmendingen ist eine isolirte kegelförmige Kuppe, ‚das Analogon des Hohenzoller. Alle diese Berge überragen das Heufeld um 400 bis 500 Fuss. Eine zweite Ebene breitet sich oberhalb Thalheim um das Quellengebiet der Lauchert und Steinlach aus, nach Innen durch Salmendingen, Melchingen und Willmanndingen bezeichnet. Die obere Terrasse, das eigentliche Alpplateau, bildet der mittlere und obere weisse Jura. Der mittlere weisse Jura vermag bei der mächtigen Entwicke- lung des Massenkalks nur geringe oberflächliche Verbreitung bei Ringingen und Salmendingen zu gewinnen, lässt sich aber in den Donauthälern noch eine gute Strecke, in dem Lauchertthal bis oberhalb Stetten, in dem Fehlthal bis oberhalb Gauselfingen ver- folgen. Eine grosse Rolle spielt er im Donauthale zwischen Frie- dingen und Hausen und im Beerathal, dem nordwestlichen iso- lirten Theil des Oberamts Wald. Den grössten Theil des Alpplateaus nimmt der Massenkalk ein. Er dehnt sich gegen Süden bis zu einer Linie aus, welche Billafingen und Oberschmeien in der ungefähren Streichrichtung der Gebirgsschichten verbindend, das Lauchertthal unterhalb Jung- nau schneidet. Den Raum jenseits dieser Linie bis zur Molasse setzt der geschichtete obere weisse Jura (Plattenkalk) zusammen. Bei den eigenthümlichen Lagerungsverhältnissen kann übrigens von einer absoluten Grenze zwischen Massenkalk und Plattenkalk nicht die Rede sein. Während an vielen Stellen in der Donau- gegend der Massenkalk den Plattenkalk gewissermaassen durch- bricht und in schroffen Felsen überragt, tritt der Plattenkalk im 402 Gebiet des Massenkalks insular auf dem Alpplateau (Gauselfin- gen, Kettenacker, Inneringen, Hochberg, Eberschmeien u. s. w.) und an den Gehängen der Hauptthäler (Neufra, Trochtelfingen, Gammertingen, Hettingen, Veringenstadt, Jungnau) auf, becken- oder muldenförmige Vertiefungen ausfüllend. Der Natur des Massenkalks entsprechend ist das Alppla- teau keineswegs durchaus eben, aber doch auch nicht durch be- deutende Kuppen ausgezeichnet. Vorherrschend sind sanfte halb- mondförmige und länglich ringförmige Erhebungen, zwischen de- nen weite flache Busen und Bassins sich ausbreiten. Das demnach im Ganzen einförmige Plateau würde ohne die durchschnittlich 300 bis 400 Fuss tiefen Einschnitte der Flüsse nur sehr unvollkommene Einsicht in den inneren Schich- tenbau gestatten. Den vollkommensten Aufschluss gewährt die Donau. Sie durchbricht in östlicher Richtung den ganzen Jura vom Lias aufwärts bis zum Plattenkalk, um von Scheer aüs ih- ren Lauf durch die Molasse zu nehmen. Der Donau strömen von Norden in südöstlicher, dem Fallen der Gebirgsschichten und der Abdachung des Alpplateaus entsprechender Richtung die Beera, die Schmiech und die Lauchert zu. Mit der Lauchert vereinigt sich unterhalb Mägerkingen die Seckach, unterhalb Hettingen die Fehl. Die Beera entspringt am Fusse des Hohen- berg (3113 Fuss Meereshöhe) einem der nordwestlichsten Aus- läufer des Steilrandes auf braunem, die Schmiech, Lauchert, Fehl und Seckach auf weissem Jura nach dem Steilrande. So durch- schneiden die Hauptseitenthäler der Donau die rauhe Alp fast in ihrer ganzen Breitenausdehnung von 4 bis 5 geographischen Mei- len. Von den Hauptthälern ziehen sich kleinere meist unter rechtem Winkel ab, das grosse Schachbrett im Einzelnen vollendend. Die Thäler sind im Allgemeinen eng. Ihre Physigonomie wechselt mit dem Gebirge. Die regelmässig geschichteten Kalk- steine des mittleren und oberen weissen Jura bilden langgezogene, steile oder flach muldenförmige Gehänge, der Massenkalk liebt nackte, schroffe Wände, vielfach durchbrochen und zerklüftet, von | wildromantischem Charakter. Besonders reich an grotesken An- sichten ist das Donauthal bei und oberhalb Sigmaringen. Höhenlage des weissen Jura. Die Höhenlage des Alpplateaus in den Hohenzollernschen Landen unterliegt dem allgemeinen Gesetze, wonach die Abda- 403 chung in Nord- und Südosten erfolgt. Somit erreicht in dem nordwestlichen Landestheile (Zellerhorn, Heiligenberg, Hundsrück u. Ss. w.) der Steilrand seine grösste Meereshöhe (2800 bis 2900 Fuss). In dem nordöstlichen Landestheile (Dreifürsten- stein) sinkt dieselbe bis 2630 Fuss herab. Der am weitesten nordwestlich vorgeschobene Posten des unteren weissen Jura, der Hohenzoller, erhebt sich 2645 Fuss über die Meeresfläche. Die Berge des mittleren weissen Jura, das Köbele und der Kornbühl bei Salmendingen , der Mettenberg bei Burladingen u. s. w. er- reichen eine Meereshöhe von 2700 bis 2800 Fuss. Von hier fällt das Alpplateau gegen Süden ziemlich gleichmässig ab, auf dem rechten Donauufer bei einer Meereshöhe von 1900 bis 2000 Fuss in die Molasseebene übergehend. Die grösste Höhen- differenz beträgt also 900 Fuss. Viel tiefer als das Alpplateau liegen die Sohlen der Alp- thäler. Es liegt über dem Meere das Niveau der Donau an der Brücke bei Beuron. . » » 2 2... ..1870 Fuss ander ;Brücke”bei''Berghaus 7. "acc. «mal. 10m1800 5 an der neuen Brücke bei Sigmaringen. . . . . 1743 „ an der Brücke bei Sigmaringendorf . 2... 1724 „ die Donau-Neckar-Wasserscheide auf der Schlichte (Markung Hausen) . . . . 2268 „ Mündung der Lauchert in die ns ale Sisiarn Bendorf ini ee, Gliederung des weissen Jura. a. Der untere weisse Jura. Weisser Jura a und ß (Impressamergel und wohlge- schichtete Kalksteinbänke). — Der untere weisse Jura erreicht eine Gesammimächtigkeit von 500 bis 600 Fuss. Die untere grössere Hälfte besteht aus weichen Mergeln, von Thonkalkstein- bänken durchzogen, deren Köpfe deutlich über das Gehänge her- vortreten. Die festen Gesteinsbänke, anfänglich nur 4 bis 6 Zoll mächtig, werden nach oben fussmächtig und darüber. Mit der zunehmenden Mächtigkeit und der immer lichter werdenden grauen Farbe tritt der Thongehalt zurück. Zugleich verschwindet der in Knollen ausgeschiedene Schwefelkies. So gehen die Thon- kalksteine allmälig in die weissen wohlgeschichteten, nur durch Zeits. d. d. geol. Ges. VILI.3. [6 404 | wenig mächtige, mergelige Zwischenlagen getrennten oder dicht | auf einander gepackten Kalksteinbänke über, welche den sehar- fen Steilrand des Alpplateaus bilden. | Von den Steinmergeln des Lias und braunen Jura unter- | scheiden sich die Thonkalksteine durch die Art der Verwitterung. Während jene zu prismatischen Stücken oder grobkörnigem Grus zerfallen, verfrieren diese zu weichem knetbarem Thon. Die weissen reinen Kalksteine, die ersten im Jura, sind ab- solut dicht, sehr hart und so spröde, dass sie unter dem Ham- mer bei mässigem Schlage mit hellem Klange in scharfkantige, grossmuschelige Bruchstücke zerspringen, Organische Reste treten im Allgemeinen nur sparsam ver- ' breitet auf und die Unzugänglichkeit des Steilabfalls erschwert das Finden. In den Mergeln sind noch sämmtliche Petrefakten, wie inden ' Ornatenthonen, verkiest oder mit einem Kieskern erfüllt, in den weissen Kalksteinbänken sind sämmtliche Petrefakten verkalkt. Die Fauna ist weder mannigfaltig noch charakteristisch. Nur die Mergel haben einige leitende Petrefakten aufzuweisen. | Die sicherste Leitmuschel ist Terebratula impressa. Sie kommt | schon in der untersten Region vor, erreicht ihre grösste Ent- | wickelung in der mittleren und fehlt bereits in der oberen. Mit ihr treten mehrere Echinodermen auf, darunter zwei Arten der jurassischen Spatangoidengattung Dysaster, Dysaster granulosus und D. carinatus, erstere hier vorzugsweise, letztere durch den ganzen weissen Jura verbreitet. Von Ammoniten ist der kleine Ammonites complanatus ein steter Begleiter der Terebratula impressa, gehört aber nicht aus- schliesslich dem unteren weissen Jura an, sondern kommt ver- kiest am Burren bei Ringingen im mittleren weissen Jura mit T. lacunosa vor, ein in Schwaben allerdings befremdendes, aber in Baden und der Schweiz gewöhnliches Lager. | Die Petrefakten der wohlgeschichteten weissen Kalkstein- bänke gehen zum grossen Theil durch den ganzen mittleren weissen Jura, der somit als eine natürliche Fortsetzung des un- teren erscheint. Einer der reichsten Petrefaktenfundorte des weissen Jura ß in ganz Schwaben ist der 2800 Fuss hohe Hundsrücken auf | Hohenzollernschem Gebiete hart auf der Landesgrenze gegen Württemberg südlich von Thannheim. Es finden sich hier: Oxyrhina longidens, Glyphaea, Acanthoteuthis, Nautilus aganiticus, Ammoniltes alternans, Jmmonites flexuosus, Ammonites lingulatus, Ammonites polygyratus, Ammonites biplex, Ammonites corona, Ammonites inflatus, 405 Aptychus lamellosus, Belemnites hastatus, Trochus suprajurensis, Fostellaria carinata, Terebratula insignis, Ostrea, Pecten cingulatus, Spondylus nov. Sp., Cidarites nobilis, Cidarites nov. sp., Asterias jurensis, Ammonites complanatus, Chondrites. b. Der mittlere weisse Jura. Weisser Jura y und ö (Spongitenmergel und oolithische Kalksteinbänke). — Der mittlere weisse Jura, ca. 300 Fuss mäch- tig, ist im Grunde nur eine Wiederholung des unteren weissen Jura. Graue, zu weichem knetbarem Thone verwitternde Thon- kalksteine, Leimenstein, auch Schweichel genannt, setzen die un- tere mächtigere Hälfte zusammen, darüber folgen graue oder gelb- lichweisse Kalksteine, in 1 bis 3 Fuss mächtigen Bänken ab- gelagert. Bei aller petrographischen Verwandtschaft mit den Gebirgs- arten des unteren weissen Jura fehlt es nicht an Unterschieden. So erscheinen die Thonkalksteine des mittleren weissen Jura im Allgemeinen gleichartiger und daher weniger deutlich ge- schichtet. Auch die Kalksteine verlieren da, wo bei grosser Mächtig- keit der einzelnen Bänke die aufgeschlossenen Wände der Ver- witterung lange Zeit ausgesetzt waren, ihre sonst deutliche Schich- tung. Sie gewinnen für diesen Fall Aehnlichkeit mit dem Mas- senkalk. Ist mit der. undeutlichen Schichtung eine starke ver- tikale Zerklüftung verbunden, wodurch sich einzelne Partien in Säulen absondern, so ist eine Täuschung leicht und die Grenze gegen den Massenkalk, der den Gipfel vieler Berge des mittleren weissen Jura einnimmt, schwer zu ziehen. Zu bemerken ist jedoch, dass die Kalksteine des mittleren weissen Jura weniger Neigung zeigen, jene im Kleinen vielfach zerklüfteten Felsen von breccienartigem Aussehen zu bilden, welche gewisse und vorzugsweise verbreitete Varietäten des dichten Massenkalks so [ $ 27 * 406 sehr lieben. — Bei deutlich ausgesprochener Schichtung dagegen ist nicht nur eine Verwechselung mit den Kalksteinen des unte- ren, sondern auch mit dem Plattenkalk des oberen Jura möglich. Letzteres ist um so leichter zu befürchten, als der Plattenkalk sich bis in das Gebiet des mittleren weissen Jura verbreitet und an den Gehängen der Thäler häufig unter Verhältnissen auftritt, die ihn fälschlich von Massenkalk bedeckt erscheinen lassen. Für diesen Fall müssen die organischen Reste und, wo diese fehlen, die petrographischen Eigenschaften entscheiden. Die Kalksteine des mittleren weissen Jura innerhalb der Hohenzollernschen Lan- den zeichnen sich vor allen geschichteten Jurakalksteinen durch geringere Härte und Sprödigkeit, unebenen Bruch, eigenthümlich oolithische Struktur und den Widerstand aus, welchen sie den zerstörenden Einflüssen der Atmosphärilien und der Winterkälte entgegensetzen. Die eigenthümlich oolithische Struktur macht das Gestein selbst in Handstücken kenntlich. Die dichten, rund oder elliptisch geformten Oolithe von Hirsekorngrösse liegen spar- sam ausgeschieden in der Grundmasse, wie diese aus kohlensau- rem Kalk bestehend. Auch die Thonkalksteine sollen oolithische Struktur zeigen. Endlich ist der mittlere weisse Jura durch harte, rauhe, durch Verwitterung zu Grus zerfallende Schwammfelsen charak- terisirt, welche in der Region der Thonkalksteine nester- und bankweise auftreten und diese stellenweise ganz verdrängen. In den Kalksteinen fehlen sie. In paläontologischer Hinsicht hängt der mittlere weisse Jura sowohl mit dem unteren als oberen nahe zusammen, doch fehlt es nicht an Leitmuscheln und ist das Ensemble der Petrefakten und die massenhafte Anhäufung derselben im höchsten Grade bezeichnend. | Zunächst die Schwämme. Paläozoisch sparsam verbreitet und | sehr formenarm, vornehmlich durch die Gattung Stromatopora ver- treten, setzen sie im mittleren weissen Jura einen ansehnlichen Bruch- theil der ganzen Gesteinsmasse zusammen und erreichen eine Man- nigfaltigkeit, die der sicheren Classification grosse Schwierigkeit entgegensetzt. Im unteren weissen Jura fehlen sie noch gänzlich, gehen dagegen durch den ganzen oberen. In den Hohenzollern- schen Landen gehört die Umgegend von Ringingen und Salmen- dingen, das Donauthal bei Beuren und das Beerathal zu den reichsten Fundgruben der ganzen Alp. Die Ausbeute steht 7 407 dessen keineswegs im Verhältniss mit der mächtigen Entwicke- lung, da durch innige Verwachsung die meisten Schwämme bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet sind. Zu den gewöhnlichsten Formen gehören Scyphia reticulata, Spongites clathratus, Cne- midium Goldfussii und Tragos patella. Mit den Schwämmen vergesellschaftet treten zahlreiche Echi- nodermen und Terebrateln auf. Die Gegend von Salmendingen war einst reich an Echino- dermen, ist aber jetzt sehr abgesucht. Unter ihnen sind die Eu- geniacriniten und Echinoideen (Cidarites und Echinus) am wich- tigsten, erstere fast ausschliesslich auf den mittleren weissen Jura beschränkt. Kaum minder bezeichnend ist Pentacrinites cingu- latus, der an einigen Lokalitäten (Böllertfelsen bei Zillhausen) zu Millionen vorkommt. Die verbreitetste und zugleich charakteristischste Terebratel ist 7. Zacunosa, der T. trilobata des oberen weissen Jura zwar sehr verwandt, aber leicht von ihr zu unterscheiden. Kaum min- der wichtig ist 7, bisuffarcinata, durch die Grösse von der hö- her auftretenden T. zzsignis verschieden. Eine Hauptleitmuschel ist endlich T'. nucleatu. Weniger häufig, aber gleichfalls be- zeichnend sind 7. substriata, T. loricata, T. pectunculus und andere mehr. Conchiferen und Gastropoden haben nur untergeordnete Be- deutung. Um so wichtiger werden die Ammoniten, welche sowohl in den Spongitenkalken als in der Oberregion des mittleren weissen Jura auftreten. Vor Allen zahlreich verbreitet sind die Ammo- niten aus der Familie der Planulaten (4m. polyplocus und Am. polygyratus). Nach ihnen folgen die Denticulaten (dm. flexuo- sus, Am. lingulatus und Am. dentatus). Schliesslich ist noch der letzte Amalthee, Am. alternans, hervorzuheben, ohne dass damit alle vorkommenden Ammoniten genannt wären. Belemnites hastatus, vorzugsweise häufig in den Kalkstei- nen, ist wie überhaupt im ganzen weissen Jura der einzige Re- präsentant der Belemniten. Beim Rückblick auf die Fauna des mittleren weissen Jura muss der Mangel an Sternkorallen und Apiocriniten um so mehr auffallen, als Spongiten und Echinodermen eine so hervorragende Rolle spielen. Anhangsweise ist noch eines merkwürdigen Vorkommens zu 408 gedenken. An den Gehängen des Hohenzoller oberhalb der Steinbrüche finden sich lose Felsstücke mit T. Zacunosa verbrei- tet, die nur aus dem mittleren weissen Jura stammen können, obgleich ihr Transport schwer zu erklären ist. Der abgeplattete Gipfel des Hohenzoller besteht aus den compacten weissen Kalk- steinbänken, welche den unteren weissen Jura nach oben schlies- sen. Möglich wäre es indessen immer, dass Spongitenfelsen einst das Plateau des Hohenzoller bedeckten und später durch Katastrophen oder auch behufs des Schlossbaus durch Menschen- hand von hier entfernt wurden. c. Der obere weisse Jura, Weisser Jura e (Massenkalk). — Den ca. 1000 Fuss mächtigen Massenkalk setzen zwei verschiedene Gebirgsarten, Dolomit und Kalkstein, zusammen. | Der Dolomit des schwäbischen Jura gehört zu den über- haupt reinsten Varietäten. Von fünf durch Professor D. Scaügß- LER untersuchten Dolomiten lag der Gehalt an Talkerde zwischen 25 bis 42 pCt., der Thongehalt betrug oft nur 0,2 bis 0,5 pCt., Eisenoxyd und bituminöse Stoffe fehlten fast ganz. Somit nähert sich der Juradolomit dem reinen Bitterspath (3 CaC + 2Mg C Mit dieser Zusammensetzung stimmen denn auch die übrigen Eigenschaften, die Schwerlöslichkeit in Säuren, das krystallini- sche Gefüge, das hohe specifische Gewicht (2,78) der perlmutter- artige Glanz und die weisse, nur wenig ins Graue oder Gelbe spielende Farbe überein. Nach der Grösse des Korns lassen sich zwei Varietäten, eine feinkörnige und grobkörnige unter- scheiden. Der feinkörnige Dolomit schliesst kleine. Höhlungen (Poren) ein, hervorgerufen durch eigenthümliche Gruppirung der Krystallindividuen um einen Mittelpunkt, ist im Uebrigen aber sehr consistent und so hart, dass er am Stahle Feuer giebt. Der grobkörnige Dolomit erscheint als ein Haufwerk von undeutlichen, aber immer noch erkennbaren Bitterspathrhomboedern, das unter dem Einfluss der Atmosphärilien zu Sand zerfällt. | Die oft mächtigen Klüfte und höhlenartigen Räume im grob- körnigen Dolomit sind mit losem Dolomitsand ausgefüllt. Eine Ausnahme hiervon macht ein eigenthümliches gangartiges Vor- kommen im Seckachthal oberhalb Trochtelfingen. Eine im Do- lomit aufsetzende, 3 Fuss mächtige und mit ungefähr 70 Grad geneigte Kluft ist mit Dolomitkugeln von 1 bis 12 Zoll Durch- 409 messer ausgefüllt. Das Gefüge der Dolomitkugeln ist radial fa- serig. Peripherisch sind sie von vielen breiten Sprüngen durch- zogen, ähnlich einer im Feuer gelegenen Lehmkugel. Der Dolomit ist in den Markungen Trochtelfingen, Stein- hilben, Gammertingen, Harthausen, Feldhausen, Kettenacker und Hettingen verbreitet, also auf den nordöstlichen Landestheil links von der Lauchert beschränkt. Er scheint in einzelnen Stöcken von nur geringem Umfang im krystallinisch körnigen Sandstein aufzutreten. Nur zwischen Gammertingen und Hettingen ‚nimmt er ein grösseres Areal ein. So ist das Feldhauser Thal, wel- ches sich östlich von Gammertingen in südwestlicher Richtung bis Hettingen zieht, auf seine ganze Länge von ca. + geographi- schen Meile in den Dolomit eingeschnitten, der an beiden Gehän- gen in grotesken Felsen emporstrebt. Es gehört zu den wilde- sten und unheimlichsten Thälern der ganzen Alp. Der Kalkstein wird zweckmässig nach der Struktur in krystallinisch körnigen, dichten und oolithischen unterschieden. Der krystallinisch körnige Kalkstein hat in der Regel ziemlich grobes, mehr blättriges als körniges Gefüge, weisse, lichtgelbe bis gelbbraune Farbe, ist in Säuren leicht löslich, und durch die Atmosphärilien angreifbar, wie zahlreiche Höhlen (Wolfsthal bei Neufra, Laucherthal oberhalb und unterhalb Gam- mertingen) und die vielen zerfressenen skeletartigen Blöcke, wel- che auf dem Plateau und an den Gehängen lose herumliegen, beweisen. Bei Hettingen bricht in mächtigen Felsen eine zum Ver- schleifen als Marmor geeignete, feinkörnige bis dichte Varietät von röthlicher Grundfarbe mit weissen Flecken und Adern. Zum krystallinisch körnigen Kalkstein muss auch der Mar- mor aus den Bohnerzgruben am Hergle bei Gammertingen und in der Weinitzhilb bei Frohnstetten gestellt werden. Es ist ein feinkörniger, sehr fester Kalkstein von kastanienbrauner Farbe mit gelben Zeichnungen, wie sie gewissen Fournierhölzern eigen. Der Marmor kommt in mehr oder weniger grossen Blöcken spo- radisch im Erz vor; es sind Bruchstücke des Nebengesteins, wel- che ihre Farbe offenbar durch Infiltration von kohlensaurem Eisen- oxydul und spätere Umwandlung desselben in Eisenoxyd und Eisenoxydbydrat erhalten haben. Der krystallinische Kalkstein ist im Oberamt Trochtelfingen (Markung Trochtelfingen und Steinhilben), im südlichen Theil 410 des Fürstenthums Hechingen, im nördlichen Theil der Oberämter Gammertingen und Strassberg, im Oberamt Wald (Donauthal und Beerathal) verbreitet, constituirt sonach mit Dolomit die Un- terregion des Massenkalks. Es scheint fast, als ob der Dolomit | an den krystallinischen Kalkstein gebunden sei und durch ihn ersetzt werden könne. Der dichte Kalkstein ist lichtgrau, ‚gelb und röthlich gefärbt, ziemlich hart und spröde, im Bruch splitterig flach- muschelig. Die lichtgelbe Varietät hat vor allen Andern die Neigung, sich nach allen Richtungen hin zu zerklüften, so dass die Felsen aus kleinen zollgrossen Bruchstücken zu bestehen scheinen und ein breceienartiges Aussehen gewinnen. Die Bruchstücke lösen sich mehr und mehr ab, bis die überhängenden Felsen zusam- | menstürzen und jene mächtigen sogenannten Kieshalden bilden, welche die schroffen Gehänge des Lauchert- und Schmeihethals umgeben. Die röthliche Varietät ist vorzugsweise reich an Höhlen | (Veringenstadt, Hohlstein bei Stetten u. s. w.). Der lichtgraue dichte Kalkstein zeichnet sich häufig durch graue Wolken, schwarze dendritenartige Zeichnungen und ober- flächliche, vielgezackte, Lobenlinien zu vergleichende Risse aus, Er findet sich in den Erzgruben auf dem Egelswang bei Verin- genstadt, auf dem Keiberg bei Jungnau, im Mauerhau bei Billa- fingen und in der Markung Hochberg theils anstehend, theils in grossen unförmlichen Blöcken im Erzletten und wird als Bau- und Werkstein benutzt, in selteneren Fällen als Marmor verschliffen. Von den vielen Zwischenvarietäten seien einige erwähnt, welche sich zum Verschleifen als Marmor eignen dürften. Am Neufraer Berg bei Gammertingen bricht in sehr mächtigen, un- deutlich abgesonderten Bänken eine Varietät von grauer Grund- farbe mit rothen und weissen Flecken. In der Nähe findet sich eine andere von gelber Grundfarbe mit braunen Flecken. Eine sehr schöne, dicht bis krystallinisch körnige, gleichmässig blass- rothe Varietät ist beim Bau der neuen Donaustrasse in der Ge- gend von Laiz entblösst worden. Der dichte Kalkstein verbreitet sich über die Oberämter Gammertingen, Strassberg und Sigmaringen, tritt also in der mittleren und oberen Region des Massenkalks im Hangenden des Dolomits und krystallinisch körnigen Kalksteins auf. 411 Der oolithische Kalkstein von schneeweisser Farbe mit zahlreichen, meist zertrümmerten Petrefakten und geschiebe- artigen Gesteinsbruchstücken gehört zu den kenntlichsten Gebirgs- arten des Jura. Seine Verbreitung ist auf wenige Lokalitäten (Kaiseringen [Schmeihethal], Jungnau [Lauchertthal] und Prinzkofen bei Sig- maringen) beschränkt. Nach Herrn FrAAs kommt er auch zwi- schen Neufra und Freudenweiler vor. Wahrscheinlich gehört zu ihm die untere 1 Fuss mächtige Bank in dem Marmorsteinbruch bei Hochberg. Das Gestein unterscheidet sich, abgesehen von der Schichtung, eigentlich nur durch die schmutzigere Farbe und die zahlreichen Crinoideenreste, die es einschliesst. Die Lagerungsverhältnisse und die Stellung des oolithischen Kalksteins sind mit Sicherheit nicht zu ermitteln. Bei Kaiserin- gen ist er unbedeckt und zeigt versteckte Schichtung, bei Hoch- berg ist er vom Plattenkalk überlagert, am Prinzkofen bei Sig- maringen setzt er nesterweise in lichtgefärbtem, dichtem Massen- _ kalk auf und geht in denselben über. Der oolithische Kalkstein scheint demnach die Oberregion des Massenkalks einzunehmen. Soweit über die einzelnen Gebirgsarten, welche den Massen- kalk constituiren. Der Kieselgehalt, welcher im Allgemeinen alle Gebirgsarten des Massenkalks, namentlich nach dem Hangenden hin, auszeich- net, scheidet sich gern in Feuersteinknollen aus, welche auf dem Alpplateau zerstreut umherliegen, so am Koppenberg westlich von Strassberg, bei Benzingen, Veringendorf, Inneringen, bei Gauselfingen, Neufra und bei der Haidekapelle. An Petrefakten ist der schneeweisse oolithische Kalkstein ungemein reich, aber sie sind fest mit der Gesteinsmasse ver- wachsen und zum Theil zertrümmert. Allgemein verbreitet scheinen Terebratula insignis und mehrere scharfgerippte Con- chiferen. Die liegende Bank in dem Marmorbruch bei Hochberg führt zahlreiche Cidariten- und Crinoideenreste. Ganz besonders aber charakterisiren den oolithischen Kalkstein Saurier (Megalo- saurus) und Fischzähne (Notidanus, Oxyrhina, Sphaerodus). Sie sind zwar in den Hohenzollernschen Landen im anstehenden Ge- stein noch nicht gefunden worden, finden sich aber in der Bohn- erzlagerstätte in der Weinizhilb bei Frohnstätten mit tertiären Säugethierresten zusammen. 412 Der eigentliche Massenkalk ist im Allgemeinen sehr arm an Petrefakten. Ausser Cnemidien (Beerathal, Koppenberg bei Strassberg, Hassenberg bei Stetten) finden sich nur hier und da, am Hohenrain bei Burladingen, am Burren bei Gauselfingen, am Hohbüchle bei Oberschmeien, am Breitenberg bei Veringen- stadt, bei Thiergarten u. s. w. Terebratula insignis, T. trilo- bata, T. inconstans, Pentacriniten- und Apiocrinitenstlielglieder, Cidaritenstacheln u. s. w. sparsam verbreitet. Um so erfreulicher ist es in der Umgebung des Nollhauses bei Sigmaringen einen ausgezeichneten Petrefaktenfundort zu ent- decken. Es ist eine jener leicht irreführenden Stellen, welche nach den Lagerungsverhältnissen dem Plattenkalk anzugehören scheint, aber nach dem Ensemble der Petrefakten den obersten Schichten des Massenkalks, dem Nattheimer Coral rag, entsprechen dürfte, Schon bei Jungnau am rechten Lauchertgehänge, das hier eine dem Keiberg entsprechende flache Mulde bildet, sowie wei- ter südlich linker Hand der Chaussee mitten im Lauchertthal findet sich der Plattenkalk in einiger Ausdehnung entwickelt. Die Chaussee erreicht eine kleine Viertelstunde unterhalb Jungnau das rechte Lauchertgehänge, zieht sich demselben entlang bis auf das Plateau, überschreitet das Plateau beim Nollhaus, um durch eine enge Schlucht das Donauthal zu gewinnen. Sie schneidet an beiden Gehängen tief in das Gebirge ein und entblösst in deutlichen Profilen den Plattenkalk, welcher den auf der Höhe beim Nollhaus hervorbrechenden Massenkalk mantelförmig um- giebt. Der Massenkalk ist in unregelmässigen Bänken abgeson- dert, den Schwammfelsen des mittleren weissen Jura ähnlich. Die zahlreichen Petrefakten können im Strasseneinschnitt selbst oder auf den Feldern gegen Westen bis über das Nollhaus hin- aus gesammelt werden. F Von Polypen finden sich hauptsächlich Schwammkorallen (Spongites radiciformis, Spongites fenestratus und Cnemidium corallinum) entwickelt. Neben ihnen kommt Ceriopora vor. Eigentliche Sternkorallen scheinen zu fehlen. Die Hauptrolle spielen die Radiaten, und unter ihnen. die Cidariten. Pentacrinites pentagonalis, ungemein häufig, seltener Apio- crinites mespiliformis, Ap. echinatus, Eugeniacrinites Hoferi. Asterias Jurensis. 413 Cidarites coronatus, bis 2 Zoll Durchmesser erreichend, die Gelenkflächen gestrahlt, überhaupt mit coronatus y vollkommen übereinstimmend. Cidaris elegans, hat mit Cidaris coronatus die comprimirte Form. (fast noch einmal so breit als hoch) und die Zahl der Asseln, welche unpaarig stehen und um den Mund viel kleiner sind, gemeinschaftlich, er- reicht dagegen kaum 1 Zoll Durchmesser; der Rand, welcher die bald glatten, bald gestrahlten Warzenscheiben umgiebt, verflacht sich mehr und zwischen den Fühlerporen finden sich in der Re- gel nur zwei’ Knotenreihen. Den wesentlichsten Unterschied be- gründen indessen die Aftertäfelchen, welche bei einigen Exem- plaren fast vollständig erhalten sind. Die von einem Loch durch- brochenen fünf Eiertäfelchen bilden sechsseitige Polygone mit zwei gleichen grösseren und vier gleichen kleineren Seiten. Die grösse- ren Seiten liegen nach den Interambulaeren und dem Mittelpunkte hin und je zwei kleinere Seiten stossen zusammen, so dass die Eiertäfelchen in der Mitte ein reguläres Fünfeck, über den Am- bulacren einen Rhombus einschliessen. Den Rhombus über den Ambulacren nehmen die Augentäfelchen ein, in dem Fünfeck liegt der After, umgeben von einem nicht deutlich zu erkennenden Mosaik kleiner Kalkplatten. Cidaris Blumenbachii, über 2 Zoll Durchmesser erreichend, weniger comprimirt als coronatus und elegans; Gelenkflächen stark gestrahlt, Warzen scharf angebohrt; zwischen den Fühler- poren zwei Reihen markirter Knoten. Cidaris subangularis, erreicht 15 Zoll Durchmesser; stark comprimirt (nur 5 so hoch als breit); die Ambulacren * so breit als die Interambulacren; die Fühlerporen, auf den Ambulacren in der Mitte einfach paarig, vermehren sich am Mundrande; die Warzen auf den Ambulacren so markirt als auf den Interambu- lacren; im Ganzen 20 Hauptreihen gestrahlter, scharf angebohr- ten Warzen, ausserdem auf den Interambulacren zur Seite der Hauptreihen je eine Nebenreihe. Von diesen vier Cidariten kommt je ein Exemplar von €. coronatus, C. Blumenbachiü und ©. subangularis auf ca. 25 Exem- plare von C. elegans. Cidaritenstacheln sind im Vergleich mit den zahlreichen gan- zen Individuen selten. Vorherrschend sind die Stacheln von ©. elegans, stark tuberculirt, nach oben treppenförmig endend, 414 Einige machen den Uebergang zu C. propinquus. An letztere schliessen sich die gurkenförmigen Stacheln von C. coronatus an. Neben diesen finden sich lange, dünne, eylindrische, an der Kreislinie der Gelenkgruben stark gekerbte Stacheln. Ausser Stacheln kommen Fresszangen und Eiertäfelchen von C. elegans und Ü. coronatus vor. Von Mollusken treten neben den durch den ganzen weissen Jura gehenden Cephalopoden (.dmmonites inflatus, Am. flexuo- sus, Am. polygyratus und Belemnites hastatus) die für diese Region bezeichnenden Brachiopoden und Conchiferen (Terebra- tula insignis, T. pentagonalis, T. inconstans und Ostrea ha- stellata) sparsam verbreitet auf. Von den zahlreichen Serpulen sind Serpwla trochleata und S. lZumbricata zu nennen. Ohne Zweifel ist die Reihe der Vorkommen beim Nollhaus noch lange nicht geschlossen. Weisser Jura ( (Plattenkalk-, Krebsscheeren- und Solen- lıofer Schiefer). — Der geschichtete obere Jura erreicht nach der Donau hin, wo er zusammenhängend auftritt, eine Mächtig- keit von 200 bis 300 Fuss. Die insular im Gebiet des Massen- kalks auftretenden Partien haben eine viel geringere Mächtigkeit, ohne dass sich diese in bestimmte Grenzen fassen liesse, Die Zusammensetzung anlangend, so tritt in dem leider ge- genwärtig verstürzten Marmorbruch bei Hochberg unmittelhar im Hangenden des Crinoideenkalksteins eine 7 Zoll mächtige Bank auf von ziemlich sprödem, fachmuscheligem Kalkstein, der sich durch angenehme Farbe und sehr gleichmässiges Korn empfiehlt, aber nur wenig Politur annimmt und daher als Marmor nicht zu brauchen ist (siehe unten). Ueber dieser wenig mächtigen Kalksteinbank folgen undeut- lich geschichtete, gelblichgraue Thonkalke, den Spongitenkalken des mittleren weissen Jura ähnlich. An der neuen Donaustrasse, die vortrefliche Aufschlüsse gewährt, bilden die undeutlich ge- schichteten Thonkalke das unmittelbare Hangende des Massen- kalks. In grosser Mächtigkeit‘ zeigen sie sich am Josephsberg bei Sigmaringen und am Südostabfall der Alp bei Langenenslin- gen entwickelt. Das oberste oder Schlussglied des weissen Jura bildet der Plattenkalk, am Nonnenhölzle unterhalb Sigmaringen in einer vertikalen Entwickelung von 90_Fuss aufgeschlossen. Es sind 415 regelmässig geschichtete, 6 bis 24 Zoll mächtige, compacte Bänke von dichtem, flachmuscheligem , sprödem, lichtgrauem, gelbem oder röthlichem, mehr oder weniger thonigem Kalkstein, der pe- trographisch wenig Aehnlichkeit mit den Solenhofer Schiefern hat. Wird dieser Kalkstein, insbesondere da, wo er insular im Gebiete des Massenkalks auftritt, genauer untersucht, so zeigt er auf den Schichtungsflächen Neigung sich zu schiefern, ja es fin- den sich bis 1 Fuss mächtige Zwischenschichten von vollkommen schieferiger Struktur. In den Umgebungen des Beerathals, bei Nusplingen und Kolbingen, ist der schieferige thonige Kalkstein vorherrschend. In den papierdünnen Schiefern treten härtere, klingende, 1 bis 6 Zoll mächtige Platten von weissgelber Farbe und sehr gleichartig flachmuscheligem Bruch .auf, die zum Dach- decken dienen und mit Auswahl als lithographischer Stein be- nutzt werden können. So fern sich daher auch die Gesteine am Nonnenhölzle und bei Nusplingen stehen, so beweisen doch die allmäligen Ueber- gänge und die Lagerungsverhältnisse, dass sie geognostisch voll- kommen dasselbe sind, die petrographische Verschiedenheit also lediglich durch örtliche Verhältnisse hervorgerufen sein muss, Diese Verschiedenheit macht sich auch in den organischen Einschlüssen geltend. Während der Plattenkalk ausser einem zu tausenden darin vorkommenden kleineren Krebs (Pagurus suprajurensis) im All- gemeinen nur sparsam verbreitete an den Coralrag erinnernde Petrefakten führt, entfaltet sich in den isolirten Ablagerungen auf dem Alpplateau, in den lithographischen Schiefern, welche die Höhen des Beerathals bei ‘Nusplingen und Kolbingen be- decken, eine zahlreiche und mannigfaltige Fauna. Auf die aus- führlichen Arbeiten der Herren FRAAS und QuENSTEDT (FRAAS, Beiträge zum obersten weissen Jura in Schwaben, QUENSTEDT, Ueber Pterodactylus suevicus im lithographischen Schiefer Würt- tembergs), deren unausgesetzten Bemühungen seit Herbst 1852 die genaue Kenntniss der ihrem organischen Inhalte nach bisher nur wenig gekannten Schiefer zu danken ist, verweisend, mag hier das nachstehende Verzeichniss der wichtigsten Erfunde aus den Steinbrüchen von Nusplingen genügen. . 416 A. Pflanzen: I. Algen: Codites STERNB., ‚Sphaerococcites STERNB., Halymenites STERNB., Chara STERSNB. II. Farren: Odontopteris jurensis Kur, Pecopteris jurensis. III. Cycadeen: Nilsonia Ba., Pterophyllum angustifolium Kvre. IV. Cypressen: Arthotazites UÜNGER. B. Animalien: I. Pflanzenthiere: Cidarites crenularıs Lam., Echinus lineatus QuENSST., Comatula pennata GOLDF., Comatula tenella GOLDF. 3 II. Weichthiere: Placuna socialis, Terebratula pentagonalis Be., Belemnites hastatus BL., Ammonites perarmatus Sow., AÄmmonites flexuosus v. Buch, Ammonites polygyratus SCHL. Aptychus perarmati (d. laevis v. M,, latus Pırx., problematicus SCHL., antiquatus Pr.), Aptychus flexuosi (lamellosus SchL., solenoides Scar., imbricatus v. M.), Aptychus planulati Quessr., Sepia hastiformis Rüpp., Loligo alata, Loligo prisca Rüpr., Acanthoteuthis, Lumbricaria inlestinum GOLDF., Lumbricaria filaria GoLDF. 417 III. Gliederthiere: 1. Krebse: Pennaeus speciosus QUENST., Palaemon spinipes QuEnst., Eryon propinguus SCHL., Eryon. spinimanus GERM. Eryon Rettenbacheri M., Eryon longipes, Astacus modestiformis SCHL., Glyphaea Veltheimii M.., Glyphaea verrucosa M., Limulus, Pollicipes. 2. Insekten: Scarabaeites GERM. IV. Wirbelthiere: 1. Fische: Acanthodermus platystoma FRAAS, Oxyrhina macera, Oxyrhina longidens QuEnst., Notidanus serratus FRAAS, Pholidophorus gracilis GOLDF., Pholidophorus tenuiserratus GOLDF., Aspidorynchus, Gyrodus umbilicus Ac., Caturus, Pachycormus, Thrissops, Leptolepis sprattiformis Ac. 2. Amphibien: Racheosaurus, Pterodactylus suevicus, Ramphorynchus (H. v. M) suevicus Fraas. Rückblick. Der weisse Jura beginnt mit Thonkalken, bedeckt von wohl- geschichteten Kalksteinbänken. Sowohl Thonkalke wie Kalksteine wiederholen sich im mittleren und bilden das Schlussglied des oberen weissen Jura. Der Massenkalk besteht in der unteren Region aus Dolomit und krystallinisch körnigem Kalkstein, in der 418 mittleren und oberen Region aus dichtem Kalkstein und schliesst mit wenig mächtigem, theilweise geschichtetem, schneeweissem oolithischem Kalkstein. Die Gesammtmächtigkeit des weissen Jura beträgt 2000 Fuss, hiervon kommen 500 Fuss auf den unteren, 300 Fuss auf den mittleren, 1000 Fuss auf den Massenkalk und 200 Fuss auf den Plattenkalk. Die Thonkalke stehen zu den Kalksteinen und Do- lomiten in dem ungefähren Verhältniss von 1:3. Den Mittelpunkt für die Fauna des ganzen weissen Jura bilden die organischen Reste der Spongitenfelsen. Während die Ammoniten der Spongitenfelsen in den unteren weissen Jura hinabreichen, gehen die Polypen und Radiaten durch den ganzen oberen weissen Jura. Gleichwohl hat jede Schicht ihre beson- deren Leitmuscheln aufzuweisen. Mit dem Lias und braunem Jura verglichen, übertrifft der weisse Jura beide zusammengenommen um das Doppelte an Mächtigkeit. Die dunkelen Thone mit Schwefelkiesconcretionen, welche das Grundgebirge des Lias und braunen Jura bilden, fehlen im weissen Jura gänzlich, an ihre Stelle treten Kalksteine, zum grössten Theil ungeschichtet. Thonkalksteine haben alle Glieder des Jura aufzuweisen. Bezüglich der organischen Einschlüsse, so sind für den Lias und braunen Jura die Cephalopoden und Conchiferen, für den weissen Jura Polypen und Radiaten von grösster Bedeutung. Die Posidonienschiefer mit ihren Fisch- und Saurierresten des Lias haben ihr Analogon in dem geschichteten oberen weissen Jura (Nusplinger resp. Solenhofer Schiefer). Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des weissen Jura in Schwaben. Wie der Lias und braune Jura bleibt der weisse Jura am Rhein und an der Wuttach schmal, von der Donau und ihren nördlichen Seitenflüssen, die auf braunem Jura entspringen, wie- derholt durchbrochen. Erst mit den Heubergen gewinnt er eine grössere Breitenausdehnung die in den Hohenzollernschen Lan- den und weiter nordöstlich bis zur Wörnitz 4 bis 5 geographi- sche Meilen beträgt. Die Donau-Neckar Wasserscheide für die mittlere und nordöstliche Alp fällt auf den unteren weissen Jura. Der untere weisse Jura bildet den vielgezackten nordöstli- chen Steilabfall der Alp und zeigt sich ziemlich gleichmässig 419 entwickelt. Die Thonkalke mit Terebratula impressa sind am nordöstlichen Alprand (Quellengebiet der Fils) reich an organi- schen Einschlüssen. Am mittleren Alprande ist Thieringen in der Gegend von Balingen ein bekannter Petrefaktenfundort. Der mittlere weisse Jura mit seinen mächtigen Schwamm- felsen bleibt zwar für den ganzen weissen Jura in Schwaben das wichtigste Glied,. erreicht aber auf der mittleren und süd- westlichen Alp seine grösste Entwickelung. Insbesondere ge- winnt er in der Gegend von Balingen an der Lochen eine sowohl den unteren als oberen weissen Jura beherrschende Stellung. Für den Massenkalk ist es zunächst bezeichnend, dass der Dolomit und mit ihm der krystallinisch körnige Kalkstein gegen Nordosten in immer grösserer Verbreitung auftritt. Er zeigt sich ‚indessen auch hier durchweg sehr arm an organischen Einschlüs- sen. Nur die obersten Schichten, schneeweisse Kalke und Kie- selkalke, sind reich an Petrefakten, aber ihre Verbreitung ist nicht allgemein. Die schneeweissen Kalke finden sich in den Umge- bungen des Ermsthales bei Münsingen und Wittlingen, haupt- sächlich aber im Blauthal bei Arnegg zwischen Blaubeuren und Ulm entwickelt, die Kieselkalke an der Blau auf den Höhen um Blaubeuren, an der Erms bei Sirchingen und Wittlingen, an der Brenz bei Steinheim, Giengen, Oggenhausen und Nattheim, gern flache weite Becken einschliessend, in denen Plattenkalk abgela- gert ist. Die reichste Ausbeute liefern die Kieselkalke, deren organische Einschlüsse sämmtlich verkieselt sind. Es sind vor- züglich Sternkorallen (Astraea, Maeandrina, Lithodendron, Antho- phyllum, Explanaria, Agaricia) und Radiaten (Apiocriniten und Cidariten). Untergeordneter, wenn auch bezeichnend, erscheinen die Mollusken (Ostreen, Terebrateln und Nerineen). Den Sternkorallenfelsen, die offenbar dem englischen Coral- rag entsprechen, wird der petrefaktenreiche oolithische Kalkstein gleichgestellt. Derselbe erreicht auf der nordöstlichen Alp bei Haidenheim, Schnaitheim u. s. w. eine viel grössere Verbreitung und Mächtigkeit als auf der südwestlichen Alp. Der Plattenkalk lässt sich von Mösskirch über Sigmaringen, Langenenslingen, Zweifalten, Ehingen, Ulm, kurz am ganzen südöstlichen Alprande in sehr gleichmässiger Entwickelung zu- sammenhängend verfolgen. Insular verbreitet er sich über das ganze Alpplateau bis hart an den Steilrand. Die Nusplinger Schiefer mit ihrer reichen Fauna stellen Zeits. d.d. geol. Ges. VIII. 3, 28 420 nicht nur die Identität der lithographischen Schiefer von Solen- hofen mit dem Plattenkalk (Krebsscheerenplatten) fest, sondern weisen ihnen ihre Stellung in der Oberregion des Korallenkalks an. Dass die Stellung der Solenhofer Schiefer bis in die neueste Zeit hinein von vielen Seiten verkannt werden konnte, ist um so auffallender, als bereits vor länger als 20 Jahren Herr v. De- CHEN (Handbuch der Geognosie von H. T. De LA Beche S. 359) auf die paläontologische Verwandtschaft der Solenhofer Schiefer mit dem Coralrag hinwies. Der molluskenreiche Portlandkalk, welcher in Südengland den Jura nach oben schliesst, fehlt in Schwaben, oder ist von der Molasse bedeckt. III. Tertiär- und Diluvialbildungen. 1. Die Molasse. Verbreitung und orographisches Verhalten der Molasse. Trotzdem Molasse und Jura sowohl petrographisch als pa- läontologisch durchaus verschieden sind, lässt sich die Grenze zwischen beiden nicht wohl mit Sicherheit bestimmen. Einmal geht die Alp in der ganzen Ausdehnung bis Scheer, wo die Donau das Plateauland verlässt, so allmälig in die Molasseebene über, dass jeder orographische Unterschied verschwindet, zum Anderen ist sowohl Molasse als Jura an vielen Stellen mit einer mehr oder weniger mächtigen Decke von Diluviallehm versehen, welche die Untersuchung erschwert oder unmöglich macht. Im Allgemeinen dürfte die Grenze mit einer von Langenenslingen bis oberhalb Scheer und von hier südlich der Donau über Engel- wies, Mösskirch, Krummbach u. s. w. gezogenen Linie zusammen- fallen. Die orographischen Eigenthümlichkeiten der Molasseebene sprechen sich zunächst in der Thalbildung aus. Das Hauptthal bildet die Ablach, welche ihren Lauf von Menningen aus bis zur Mündung in die Donau in ostnordöstli- cher Richtung durch die Molasseebene nimmt. Sie empfängt bei Menningen den Ringgenbach, bei Krau- chenwies den vereinigten Buffert- und Andelsbach. Ringgen- und Andelsbach durchschneiden gleich der oberhalb des Rieds bei Fleischwangen entspringenden, nach sechsstündigem Laufe bei 421 Hundersingen in die Donau mündenden Ostrach die Molasseebene in der Richtung von Süden gegen Norden. Alle diese Bäche durchströmen in trägem, tausendfach ge- wundenem Laufe, zahlreiche kleine Seen bildend, weite, oft zu ausgedehnten Flächen (Riede) ausgebreitete Thäler mit flachen, kaum :00 bis 200 Fuss über den Wasserspiegel sich erhebenden Gehängen, an die in den Thalwinkeln sich die Dörfer anlehnen. Ebenso einförmig wie die Thäler ist die Hochebene selbst, deren monotoner Charakter durch die düsteren Tannenwälder, wel- che über die Hälfte des Areals einnehmen, noch vermehrt wird. Von diesem allgemeinen Charakter weicht der Charakter des südwestlichen Theils des Oberamts Wald, der reizenden Herrschaft Hohenfels, wesentlich ab. Ein coupirteres Terrain, ein milderes Klima, ausgesprochen in mannigfaltigeren Culturen, dem öfteren Wechsel von Tannen und Laubhölzern bieten der Contraste viele. Höhenlage. Die Höhenlage der Molasseebene beträgt im Durchschnitt 2000 Fuss, nur die Gegend von Hohenfels erhebt sich bis zu 2100 Fuss, erreicht sogar bei Waldsteig in dem überhaupt höch- sten Punkte 2208 Fuss, um schnell gegen den Bodensee abzu- fallen. Gliederung. Während die jüngeren Glieder der sekundären Formationen gegen die älteren stufenweise in südöstlicher Richtung zurück- treten, greifen bei der Molasse in Folge der abweichenden Schich- tung resp. blossen Anlagerung die jüngeren Schichten über die älteren gegen Norden hinweg. Die Untersuchung muss daher im Süden beginnen, wo in den Thaleinschnitten die älteren Glie- der mächtig zu Tage gehen, während sie gegen Norden sich all- mälig auskeilen. a. Die ältere Molasse. a) Molassesand. — Die Chaussee, welche von Sellfingen, 1581 Fuss über dem Meere, längs Hohenfels nach Kalkofen, 1992 Fuss über dem Meere, führt, entblösst die Molasse in einer vertikalen Entwickelung von 400 Fuss. Die Molasse besteht hier aus einem feinkörnigen, grauen Sand, welcher mit weichem, glim- 285 422 merigem Kalkmergel gemengt oder durch ihn lose zu Sandfels ohne deutliche Schichten verbunden ist. Im Sand finden sich feste Sandsteine in Klötzen und Schweifen (Findlinge), seltener in durchgreifenden Bänken ausgeschieden. Petrefakten scheinen dieser Region zu fehlen. ß) Muschelsandstein. — Mit der Ebene ist das Niveau des Muschelsandsteins erreicht, der hier in grosser Ausdehnung auftritt, jedoch nördlich einer über Rengetsweiler und Rosna gezogenen Linie unter den mächtig angehäuften Molassegeröllen verschwindet oder sich auskeilt. Derselbe ist zwar auch südlich dieser Linie von Molassegeröllen, seltener Nagelflue bedeckt, aber zahlreiche Steinbrüche (Mindersdorf, Rengetsweiler, Hausen, Pfullendorf, Junghof, Königseggwald, Rosna, Liessen) gewähren vollkommenen Aufschluss. Die Gesammtmächtigkeit des Muschelsandsteins beträgt 40 bis 50 Fuss. Bei Hausen und Liessen findet sich zu unterst ein licht- grauer oder schmutzigweisser, nur wenig sandiger, blasiger, schwer zersprengbarer, versteinerungsreicher, gewissen Süss- wasserkalken ähnlicher Kalkstein 20 bis 25 Fuss mächtig ent- wickelt, bei Hausen vertikal zerklüftet, ohne regelmässige hori- zontale Absonderung, bei Liessen in je 1 bis 5 Fuss mächtigen Bänken abgesondert. Lauchgrüne Thongallen, nach oben wall- nussgrosse Geschiebe vollenden die Charakteristik. Ueber diesem Kalkstein tritt grobkörniger grauer, ca. 20 Fuss mächtiger Sand auf, gemengt mit weichem, glimmerigem Kalk- mergel. Ausser Sandschiefer und Sandsteinbänken bis zu 1 Fuss mächtig finden sich darin zuweilen Molassegerölle und Nagelflue in Ellipsoiden eingelagert. Die Sandsteine sind fein- bis grob- körnig, bald locker, bald fest, von grauer, grünlichgrauer und blauer Farbe. Petrefakten pflegen in dieser Region in der Regel bereits verschwunden zu sein, dagegen scheiden sich hier vorzugsweise gern jene eigenthümlichen, unter dem Namen Molassestalactiten begriffenen Sandsteinconcretionen aus. Ungemein zahlreich finden sich diese Concretionen am Wege zwischen Ostrach und Laubach und südlich von Königseggwald. Sie liegen horizontal im Sand zerstreut, haben meist eine länglich walzenförmige, in eine Kugel auslaufende Gestalt, Knochen mit Gelenkköpfen ähnlich und da- für irrthümlich angesprochen. ° F 423 Nicht überall findet sich der Muschelsandstein in der be- schriebenen Weise entwickelt. Der Kalkstein nimmt an vielen Stellen ( Rengetsweiler, Pfullendorf u. s. w.) besonders nach oben viel Sand auf, geht in einen kalkigen, lockeren Sandstein über, der aber immer noch deutlich von dem Sand im Hangenden geschieden ist. An eini- gen Stellen verschwindet auch. dieser Unterschied und der Mu- schelsandstein ist durch einen an 40 bis 50 Fuss mächtigen Sandfelsen repräsentirt. An noch anderen Stellen scheint das untere, vorzugsweise kalkige und versteinerungsreiche Glied gänz- lich zu fehlen, vielleicht ist dasselbe ähnlich dem Lettenkohlen- sandstein hauptsächlich nur in den teichartigen Einsenkungen der Molasseebene entwickelt. Schliessliche Erwähnung verdienen die Braunkohlenflöze, welche in den oberen Schichten des Molassesandsteins unmittelbar im Liegenden der jüngeren Molasse bei Menelzhofen, Haasen- weiler und Wilatzhofen im Königreich Württemberg auftreten. Bei Menelzhofen finden sich zwei bauwürdige Flöze übereinander entwickelt, das liegende 1 Fuss, das hangende 2 bis 3 Fuss mächtig. Die Braunkohle, theils noch deutliche Holztextur zei- gend, theils in Pechkohle verwandelt, ist von guter Beschaffen- heit. Die Flöze bei Haasenweiler und Wilatzhofen sind nur we- nige Zoll mächtig und greifen nicht regelmässig durch. xy) Nagelflue. — Das Schlussglied der älteren Molasse bildet die Nagelflue in den Hohenzollernschen Landen nur in geringer Ausdehnung bei Waldsteig, Tautenbronn, Einhart, und Tafertsweiler verbreitet. Bei Waldsteig erhebt sie sich bis zu 2208 Fuss Meereshöhe und erreicht eine Mächtigkeit von ca. 100 Fuss. Sie besteht aus Molassegeröllen, meist unter Faust- grösse, verkittet durch feinkörnigen grauen Molassesandstein. Die von LORTET, BLUM, ESCHER und kürzlich in umfassender Weise von NÖGGERATH beschriebenen merkwürdigen Vertiefungen schei- nen zu fehlen, ebenso fällt der Mangel an Petrefakten auf, es mag daher dahin gestellt bleiben, ob diese Nagelflue nicht der : jüngeren Molasse unterzuordnen sei. Unter den zahlreichen organischen Resten des Muschelsand- steins spielen die Fischzähne die Hauptrolle und unter diesen die Haiflschzähne: Notidanus primigenius, Galaeocerdo (häufig), 424 Hemipristris (selten), Carcharias, nicht häufig, aber in ausgezeichneten Exempla- ren bei Junghof und Hausen, die grössten unter den Haifisch- zähnen, einige über 5 Zoll lang und 3 Zoll breit, gerade, drei- eckig, am Rande gezahnt, an der Basis zu beiden Seiten mit mehr oder weniger deutlichen Ohren, aussen flach bis concav, innen stark convex. Carcharias verus Buaınv., Carcharias megalodon Ac. und Carcharias Escheri finden sich gewöhnlich zusammen und bilden wohl eine Species. Lamna und Oxyrhina, schlank, oft doppelt gekrümmt, schneidig, Lamna mit jederseit einer oder mehreren (Odontapsis Ac.) Nebenspitzen an der Basis, umfassen die bei weitem meisten Molassezähne. Zu den gemeinsten und typischsten Formen ge- hören Lamna contortidens, Lamna denticulata, Ozxyrhina hastalıs. Mehr vereinzelt finden sich Rochenzähne: Aetobatis arcuatus, Myliobatis, Zygobatis. Zu den Fischzähnen gesellen sich Reste von Cetaceen. Neben diesen ist die Verbreitung von Landsäugethieren um so bemerkenswerther, als sie die Gleichzeitigkeit der Molasse mit den rheinischen Tertiärgebilden unzweifelhaft feststellen. Es kommen vor: Dinotherium, Mastodon angustidens, Rhinoceros incisivus, Lophiodon, Chalicomys Eseri, Palaeomeryz Scheuchzeri u. s. w. sämmtlich charakteristische Repräsentanten der Hippotherium- epoche. Die Reste sind, wie in den Bohnerzen, meist stark ab- geführt, oft kaum kenntlich und nur ausnahmsweise wohl erhal- ten. So fand Herr Acker bei Junghof im Jahre 1840 eine vortrefllich erhaltene linke Unterkieferhälfte von Palaeomerix Scheuchzeri, durch welche die Kenntniss des Thiers wesentlich vervollständigt worden ist. Die Mollusken anlangend, so setzt die meist unvollkommene 425 Erhaltung derselben als Steinkern oder die Zerbrechlichkeit der natürlichen Schalen, welche bei der Berührung zu Mehl zerfallen, der genauen Bestimmung grosse Schwierigkeit entgegen, doch lassen sich erkennen: Ostrea (Ostrea longirostris Lam., canalis Goupr.), Pecten, Mytilus, Arca, Venus, Cardium, Turritella. In dem Steinbruch bei Rengetsweiler tritt ein ganzes Lager birnförmig gestalteter Körper auf, in welchen meist eine kleine, glatte, muthmaasslich zu den Pholadiden gehörende Muschel steckt. Balanus, früher zu den Mollusken, von BURMEISTER zu den Krebsen gestellt, findet sich in zahlreichen, oft massenhaft ange- häuften Bruchstücken allgemein verbreitet. h Pflanzenreste (Blätterabdrücke von Carpinus, Betula, Salix, Platanus und Stengel von Calamiten) kommen ausgezeichnet in dem Steinbruch bei Königseggwald unweit Ostrach vor. b. Jüngere Molasse. Die jüngere Molasse, der Diluvialzeit angehörend, ruht auf Muschelsandstein, seltener auf Nagelflue, nach der Donau hin unmittelbar auf Plattenkalk. Sie dehnt sich zwar über die ganze Molasseebene aus, aber unregelmässig, stellenweise (Markung Mindersdorf, Walbertsweiler u. s. w.) verschwindend, um in un- mittelbarer Nähe mächtig aufzutreten, gern in runden Hügeln und flachen Rücken zusammengezogen. Im Allgemeinen kann angenommen. werden, dass sie in der tiefsten Einsenkung der Molasseebene, im Ablachthal, am zusammenhängendsten und mäch- tigsten (50 bis 100 Fuss) entwickelt ist. Sie besteht aus Geröllen und Sand, der Sand nach oben vorherrschend. Die Gerölle sind in den Sand gebettet, nicht selten scheiden sich indessen selbstständige Sandstreifen aus. Zu- weilen ist der Sand durch Kalkmergel zu Sandstein verkittet, der die Gerölle nesterweise zu Nagelflue verbindet oder auch in un- regelmässigen Lagern (Schweifen) durchzieht. Die Gerölle be- stehen aus Granit, Gneiss, Glimmerschiefer, schwarzem und ro- them Hornstein, weissem Quarz, schwarzem und gelbem Kalk- stein, glimmerigem rothem und grauem Sandstein. Vorherrschend ist der schwarze Kalkstein, selten der gelbe jurassische Kalkstein. Die Grösse der Gerölle bleibt zwar im Allgemeinen unter Kopf- grösse, wächst indessen nicht selten bis zu mehreren Kubikfuss an und selbst diese Grösse wird von einigen oberflächlich ver- 426 breiteten Gesteinsblöcken weit übertroffen. Zu diesen Gesteins- blöcken gehört unter anderen der sogenannte graue Stein bei Ostrach auf der Grenze gegen Dichtenhausen (Baden), ein Gra- nit mit weissen und schwarzen Glimmerblättchen, der 5 Fuss über die Oberfläche emporragt, 10 Fuss lang und durchschnitt- lich 6 Fuss breit ist, also einen Inhalt von 300 Kubikfuss und ein ungefähres Gewicht von 468 Centner hat. Die Umrisse sind un- regelmässig, die Kanten und Ecken abgestumpft, aber nicht zu- gerundet. Alterthumsforscher wollen in der Verbreitung dieser grossen Blöcke eine gewisse Gesetzmässigkeit erblicken, einige bezeichnen sie als ehemalige Grenzsteine, andere als Gedenk- steine. Möglich, dass die Blöcke durch Menschenhand verrückt worden sind, ihre Herkunft aber theilen sie ohne Zweifel mit den kleinen Geröllen. 2. Süsswassermolasse. Die Süsswassermolasse findet sich am südwestlichen Abfalle der Alp parallel der Donau in einem schmalen, mehr oder we- niger unterbrochenen Zuge von Langenenslingen über Zwiefalten, Ehingen, Ulm bis Nördlingen verbreitet, stellenweise eine Mäch- tigkeit von 100 bis 300 Fuss erreichend, überall auf Platten- oder Massenkalk gelagert, gegen Süden von Gerölle begrenzt, das nördliche Ufer. des Molassenmeers bezeichnend. Bei Langenenslingen nimmt die Süsswassermolasse den nord- östlichen Theil der Markung ein. Sie erhebt sich aus dem Biber- bachthale bis zur Hochfläche der Alp und greift noch eine Strecke über dieselbe hinweg. Ueber die Zusammensetzung und den Schichtenbau gewäh- ren die beiden Steinbrüche am Fohrenberg Aufschluss. Es wech- seln Kalktuff und vertikal stark zerklüfteter Kalkstein in 3 bis 6 Fuss mächtigen horizontalen Bänken mit einander ab. Die petrographische Beschaffenheit des Kalksteins ist verschieden. Die als Bau- und Werkstein benutzte Varietät ist dicht, schwer zer- sprengbar, licht haarbraun, nach dem Liegenden hin porös und von senkrechten Röhren durchbrochen. Die Röhren erreichen 5 Zoll Durchmesser, sind vollkommen cylindrisch oder flachge- drückt, mit Kalktuff ausgefüllt oder hohl. Die Kalksteinmasse, welche sie einschliesst, ist concentrisch schalig. Oft verschwinden die Röhren, aber die concentrisch schalige, bei der Verwitterung hervortretende Struktur bleibt, oft auch sondern sich die Röhren 427 als Stalaktiten mit rauher Oberfläche aus. Eine andere Varietät, weich bis zerreiblich, lichtgrau, schmutzigweiss gestreift, bildet den Uebergang zum Kalktuff. Bei Zwiefalten und am Michelberg bei Ulm wechsellagert der Süsswasserkalk mit Molassesand, bei Grimmelfingen scheiden sich darin Stinksteinplatten aus, bei Leer unweit Ulm ist die ganze Ablagerung von Bitumen durchdrungen und schwarz gefärbt. Unter den organischen Einschlüssen sind die Säugethierreste aus der Hippotheriumepoche (Palaeomeryx Scheuchzert, Chalico- mys Eseri, Rhinoceros incisivus u. s. w.) für die geognostische Stellung des Süsswasserkalks und die Parallelisirung desselben mit den Tertiärbildungen des Mainzer Beckens von besonderer Wichtigkeit. Neben diesen finden sich Reste von Palaeotherien zum Beweise, dass Palaeotherien der Molasse wenigstens nicht ganz fehlen. Weniger bezeichnend als die Säugethiere müssen die zahl- reichen Süsswasserconchylien angesehen werden, welche sich in einer und derselben Periode an verschiedenen Lokalitäten verschie- den entwickelt zeigen, und sich selbst in einer und derselben Ablagerung nicht vollkommen gleich bleiben. Gleichwohl ist ihr Vorkommen von mehrfachem Interesse. Ausführliche Arbeiten über die Conchylienfauna des tertiä- ren Süsswasserkalks am Südostabfalle der Alp hat v. KLEın (württemb. naturwissenschaftl. Jahreshefte, Jahrgang I. Seite 6, Jahrgang VIII. Seite 157, Jahrgang IX. Seite 203) geliefert. Hiernach sind bis jetzt 65 Species von Gastropoden und nur 2 Species von Acephalen bekannt geworden. Die Gastropoden gehören den Gattungen Ancylus, Testacella, Succinea, Helix, Bulimus, Glandina, Achatina, Clausilia, Pupa, Cyclostoma, Plan- orbis, Limnaeus, Melania, Melanopsis, Paludina, Vaivata, Neri- tina, die Acephalen den Gattungen Cyclas und Anodonta an. 3. Tertiär- und Diluvialbildungen im Gebiet des weissen Jura und der Trias. a. Marine Sandablagerung in dem Alpplateau bei Winterlingen. Beim Wiederaufbau des abgebrannten Dorfes Winterlingen zwischen Benzingen und Strassberg auf württembergischem Ge- biete, ca. 2400 Fuss über dem Meere, wurden in der Nähe meh- rere Sandgruben eröffnet, aus denen Herr FraAs Cerithium, Voluta, Venus und zahlreiche Lamna, Otodus u. s. w. erhielt. Diese Sandablagerung steht ohne Zweifel dem marinen Tertiär- 428 kalk des Hohenranden und Hegaus bei Blumberg, Bachzimmern und in der Nähe von Hohenhöwen gleich, der mit den Palaeo- therien-führenden Bohnerzen der Eocängruppe des Pariser Beckens entsprechen soll. Herr v. ALrHaus (Notice sur le terrain d’eau douce du Hegau. Mem. de la Soc, d’hist. nat. de Strasbourg I. 1. pag. 3) aber hat nachgewiesen, dass der Kalk von Hohen- höwen auf Nagelflue liege, Herr E.Resumann (Gaea und Flora der Quellenbezirke der Donau Seite 29), dass er nach seinen Versteinerungen zur Molasse gerechnet werden müsse. So dürfte auch die Sandablagerung bei Winterlingen der Molasse unter- geordnet sein, b. Süsswasserkalkablagerung auf dem Alpplateau bei Harthausen an der Scheer. Harthausen liegt 2262 Fuss über dem Meere am Rande einer weiten Mulde, die einst von der Scheer benetzt wurde. Nördlich von Harthausen breitet sich über das sanft anstei- gende Plateau eine wenig mächtige, aber, wie es scheint, ziem- lich ausgedehnte Ablagerung von Süsswasserkalk aus. Sie ist durch zahlreiche Steinbrüche auf eine Länge von 40 bis 50 Lach- ter in nordöstlicher Richtung (hor. 1) aufgeschlossen, hat licht- gefärbten, dichten Jurakalkstein zum Liegenden und besteht aus 5 Fuss mächtigem Kalksandstein, bedeckt von 2 Fuss mächtigem, rothgefärbtem Kalksand, ist also im Ganzen 7 Fuss mächtig. Der schmutzigweisse, poröse, blasige, fein- bis grobkörnige Sand- stein ist theils von so geringer Consistenz, dass er leicht zu Sand zerfällt, theils so fest und dauerhaft, dass er als Baustein benutzt werden kann, wie die Thoreinfassung der Schlossruine zu Veringenstadt beweist. Zahlreiche Bohnerze von der Grösse eines Hirsekorns bis zur Grösse einer Erbse und darüber sind darin eingesprengt. Nach dem Liegenden hin nimmt er faust- grosse jurassische Geschiebe (Kugelsteine) auf. Süsswassermuscheln sind stellenweise so massenhaft ange- häuft, dass eine wahre Muschelbreccie entsteht, doch wohlerhal- tene Exemplare selten. Die unbestimmbaren Süsswassergastropoden gehören wahr- scheinlich den Gattungen Cyclostoma, Planorbis, Limnaeus u. =. w. an. Unter den Helixarten ist am häufigsten, aber nur als Stein- kern Helix inflera (Zıeven, Taf. XXXI Fig. 1. v. Kreis, 429 württemb. Jahresh., Jahrg. 1845, Seite 71, Taf. I. Fig. 12a, b). ZIETEN beschreibt die Art aus dem älteren oder tertiären Süss- wasserkalk von Ulm; v. KrEın giebt als Fundort Dächingen, Giengen, Zwiefaltendorf, Hohenmemmingen, Blinzhofen und Ehin- .gen an, auch am Hinteren Fohren bei Langenslingen ist sie häufig. Neben Land- und Süsswasserschnecken treten mehrere Ostreen auf, darunter Ostrea longirostris Lam. (0. gryphoides SCHLoTH.). Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass nähere Untersuchun- gen noch mannigfache Erfunde zur Folge haben werden, vielleicht auch Säugethierreste. Soweit die Ablagerung bis jetzt nach ihrem paläontologi- schen Inhalte bekannt ist, steht sie dem tertiären Süsswasserkalk am Südostabfall der Alp gleich. Dass mit Land- und Süss- wasserschnecken auch Ostreen vorkommen, darf nicht befremden, da bei Zwiefalten und am Michelsberg bei Ulm der Süsswasser- kalk mit Molasse wechsellagert, oder doch von Molassesand be- deckt ist, der die Hauptfundgrube für Ostrea longirostris bildet. Ausser bei Harthausen finden sich auf dem Alpplateau noch mehrere isolirte Ablagerungen von tertiärem Süsswasserkalk, von denen die bei Steinheim durch den Einschluss einer zahlreichen und eigenthümlichen Conchylienfauna, sowie das häufigere Vor- kommen von Säugethierresten aus der Hippotherienepoche aus- gezeichnet ist. c. Bohnerzlagerstätten Auf die ausführliche Arbeit „Vorkommen, Gewinnung und Zugutemachung der Bohnerze u. s. w.“ verweisend, mag hier nur Folgendes erwähnt werden: Die Bohnerze finden sich hauptsächlich im Juragebiet, wo sie, von Sand, Thon, Gesteinsbruchstücken und jurassischen Ge- schieben begleitet, Gangspalten, höhlenartige Räume und senkrecht niedersetzende brunnenartige Vertiefungen ausfüllen oder sich in mächtigen Lagern über ausgedehnte Flächenräume zusammen- hängend verbreiten. Ihre zahlreichen Säugethierreste gehören zum grössten Theil der Palaeotherien- und Hippotherienepoche, nur wenige der Dilu- vialzeit und Jetztwelt an. Von besonderem Interesse ist das muthmaassliche Vorkommen fossiler Menschenzähne auf der Bohn- erzlagerstätte am Burghalden bei Melchingen. 430 d. Kugelsteinablagerungen auf dem Alpplatean. Die sogenannten Kugelsteine füllen den Raum südlich von der Donau bis zur Molassegrenze aus, erreichen namentlich in der Markung Heudorf und Thalheim eine ausgedehnte Verbreitung. Bei Heudorf bilden sie das Liegende der durch ihre zahlreichen tertiären Säugethierreste bekannt gewordenen Bohnerzlagerstätte. Nördlich von der Donau treten sie zug- oder strichweise auf. Drei grosse Parallelzüge lassen sich unterscheiden. Der eine zieht sich auf der linken Lauchertseite von Billafingen über Emerfeld bis Inneringen, der zweite von Blätteringen bis Ben- zingen und Winterlingen, der dritte von Stetten am kalten Markt bis in die Gegend von Strassberg. Sonach dehnen sich die Ku- gelsteine gegen Norden bis zu einer über Winterlingen, Verin- genstadt und Inneringen gezogenen Linie aus, erreichen eine Meereshöhe von 2563 Fuss oder eine Höhe von ca. 800 Fuss über dem mittleren Niveau der Donau, von ca. 400 bis 500 Fuss über der Molasseebene in den Hohenzollernschen Landen. Die Kugelsteine bestehen aus jurassischen,, ausschliesslich dem oberen weissen Jura angehörenden Geschieben, zu denen sich nur untergeordnet Quarzgerölle gesellen. Sie sind in Sand oder mehr oder weniger fetten, bohnerzfükrenden Lehm gebettet und schliessen mächtige, geschiebefreie Sand- und Thonlager ein. Die Gesammtmächtigkeit der Kugelsteine ist nach den Oertlich- keiten verschieden, sehr gross ist dieselbe in den mulden- und beckenförmigen Vertiefungen des Alpplateaus bei Inneringen, Thalheim u. s. w. Fossile Reste haben sich darin ausser in den Bohnerzgruben bei Heudorf u. s. w. bis jetzt nur bei Frohnstetten gefunden. Der Fundpunkt liegt südsüdwestlich (her. 1%) von Frohnstetten hart an der württembergischen Grenze auf der Spitze des Ge- birgsabschnittes, welchen das Euben- und Stettener Thal ein- schliessen. Das Lager bildet ein sandiger, brauner, bis zu 8 Fuss Teufe aufgeschlossener, von Kugelsteinen 1 bis 3 Fuss hoch be- deckter Lehm. Neben Tapir- und Rhinocerosresten kommen darin zahlreiche Dinotherienzähne vor, die in Erhaltung des weissglänzenden Schmelzes die Eppelsheimer übertreffen. Pro- fessor QuENSTEDT hat aus vielen Hunderten ein vollständiges Gebiss zusammengesetzt, das einem Thier erster Grösse ent- spricht und zugleich nachgewiesen, dass Dinotherium in jedem 431 Kiefer nicht fünf, wie bisher angenommen wurde, sondern sechs Backenzähne hatte (württemb, Jahresh., Jahrg. 1853, Seite 67). e. Molasseablagerungen (Gerölle, Sand, Nagelflue) im Donauthal und auf dem Alpplateau. Die sporadisch auf dem Alpplateau verbreiteten Molassege- rölle dringen gegen Norden bis zur ungefähren Grenze zwischen Platten- und Massenkalk vor, wohl nirgends die Meereshöhe der Molasseebene überschreitend. Ihre grösste Mächtigkeit erreichen sie im Donauthal, wo sie bei Sigmaringendorf, Sigmaringen und Laiz in Kiesgruben aufgeschlossen sind. Die Molasseablagerung bei Sigmaringen constitutirt den Schöneberg und Sandbühl. Der ziemlich steil abfallende Sand- bühl füllt den Busen zwischen dem Dettinger Berg und der schmalen Felsenzunge des Mühlbergs aus, der flach hügelförmige, weit ins Thal vorspringende Schöneberg ist gegen Norden durch das Hampfer Thal von dem Dettinger Berg getrennt, gegen Osten lehnt er sich an das Plateau des Nonnenhölzle und Ziegel- - holz an. Am Sandbühl findet sich zu unterst 12 bis 15 Fuss mäch- tiger Quarzsand, in dem 6 Zoll mächtige Gerölllagen auftreten. Im Hangenden des Quarzsandes tritt Nagelflue auf, 30 Fuss mächtig, darüber reiner Quarzsand, 12 bis 15 Fuss mächtig, bedeckt von einer mächtigen Geröllablagerung, die mit einer Sandschicht schliesst. Die Schichtung ist im Allgemeinen hori- zontal, doch scheint die Nagelflue eine stockförmige Einlagerung zu bilden, die nach den Seiten hin sich allmälig im Quarzsand auskeilt. Die Molasse am Schöneberg in einer vertikalen Entwicke- lung von ca. 30 Fuss über der Thalsohle aufgeschlossen, besteht wesentlich aus Gerölle, in dem 6 Zoll mächtige, wellenförmig gelagerte Sandschichten aufsetzen. Von organischen Resten fanden sich im „angeschwemmten kiesigen Grunde“ zu Sigmaringen Zähne von Ursus spelaeus, Rhinoceros tichorhinus und Lamna cornubica (Tr. PLiENIN- GER, württemb. naturw. Jahreshefte, Jahrg. 1847, Seite 261). f. Diluviallehm. Der Diluviallehm ist in den Thalweitungen und auf den nur wenig geneigten Flächen der Lettenkohle, des Lias, des weissen 432 Jura und. der Molasse ziemlich allgemein, oft in bedeutender Mächtigkeit verbreitet. Die verschiedenen Oxydationsstufen des Eisens und der ver- schiedene Gehalt an Sand und Kalk bedingen Unterschiede, die sich äusserlich in der Farbe, Consistenz u. s. w. aussprechen. Man unterscheidet hauptsächlich sandigen oder mageren, kalkigen oder mergeligen Lehm. Die Farbe ist blau, grau, gelb, braun, roth, bunt. Die dunkelblaue Farbe rührt von zerstörten Pflan- zentheilen, die graue von Eisenoxydul, die rothe von Eisenoxyd und die gelbe resp. braune von Eisenoxydhydrat her. Ausser den im Diluviallehm nur lokal (Cannstadt) in Menge auftretenden fossilen Säugethierresten charakterisiren ihn Szcez- nea oblonga Drap., Helix costulata ZiesL., Helix hispida L., Pupa muscorum Nivs., welche darin überall vorkommen, wäh- rend sie lebend selten sind. g. Diluvialer Süsswasserkalk. Dem diluvialen Süsswasserkalk bei Cannstadt und Unter- türkheim entspricht die erst kürzlich genauer bekannt gewordene Tuffsteinablagerung bei Langenbronn im Donauthal. JAEGER (württemb. naturwissenschaftl. Jahreshefte, Jahrg. IX. Seite 131) fand darin zahlreiche Säugethierreste (Zlephas primigenius, Rhi- noceros tichorhinus, Equus, Cervus, Ovis, Arclomys, Ursus spe- laeus, Hyaena spelaea, Canis, Felis, Agnotherium antiquum), welche überwiegend dem Diluvium, einige dem älteren Alluvium und der Jetztwelt angehören. Die Tuffsteinablagerung bei Langenbronn macht es wahr- scheinlich, dass die Bildung der mächtigeren Tuffsteinablagerun- gen im Jura- und Muschelkalkgebiet wenigstens theilweise in die Diluvialzeit fällt. Ausgezeichnet durch fossile Säugethierreste, die aber bis jetzt weder gesammelt noch bestimmt wurden, soll die Tuffsteinablagerung bei Diessen im Fischbachthale sein. In der Tuffsteinablagerung bei Sigmaringendorf fand man beim Gra- ben eines Brunnens in einer Tiefe von 45 Fuss ein Bruchstück des rechten Oberkieferknochens mit den zwei hintersten Backen- zähnen und der geöffneten Alveole des vor ihnen stehenden Backenzahns. Die Zälıne stimmen mit denen bei Cannstadt im Diluviallehm gefundenen vollkommen überein und gehören zwei- felsohne dem Cervus dama giganteus an, von welchem die 433 Fürstliche Sammlung zu Sigmaringen ein muthmaasslich auch bei Sigmaringendorf gefundenes Geweihbruchstück besitzt. h. Höhlen. Die Höhlen gehören ihrem paläontologischen Inhalte nach zur Diluvialepoche, obgleich die Bildung derselben in eine .frü- here Zeit fällt. Merkwürdiger Weise scheint der grösste Theil _ der zahlreichen Höhlen im weissen Jura der schwäbischen Alp Diluvialgeschiebe nicht zu enthalten. H. SchüBLEkR (württemb, Jahrbücher, Jahrg. 1824, Seite 328) beschreibt einige dreissig Höhlen, von denen auch nicht eine Reste vorweltlicher Thiere einschliesst. Ueberhaupt sind bis jetzt erst in einer einzigen, in der 1833 entdeckten Karlshöhle bei Erpfingen fossile Knochen und zwar von Ursus spelaeus und Gulo spelaeus GoLpr. (Viel- frass) gefunden worden. So wenig. Interesse die Höhlen in paläontologischer Hin- sicht gewähren, so bieten sie andererseits vielleicht einen An- knüpfungspunkt für die in genetischer Hinsicht noch wenig auf- geklärten Bohnerzlagerstätten. Die Hohenzollernschen Lande haben zwar viele, aber nicht sehr bedeutende Höhlen aufzuweisen. Reich an Höhlen ist das Lauchertthal (Stetten, Gammertingen, Veringenstadt) und Beera- thal. Jede einzelne Höhle beschreiben, würde zu weit führen, daher eine kurze allgemeine Charakteristik derselben. Die Höhlen gehören grösstentheils dem Massenkalk, nur we- nige dem geschichteten oberen weissen Jura an. Die Höhlen bei Gammertingen kommen im krystallinisch körnigen, die bei Veringenstadt und am Hiöhlstein bei Stetten im roth gefärbten, dichten Kalkstein, die bei Stetten an der Ungerhalde und wahr- scheinlich auch an der Wecherhalde im geschichteten oberen weissen Jura vor. Alle Höhlen liegen an den steilen, oft schrof- fen, felsigen Thalgehängen, die einen nahe dem Plateau, die an- deren in der Thalsohle, die meisten 50 bis 150 Fuss über der Thalsohle. Die Höhlenwände sind mit einer kreideartigen Kalk- steinkruste bedeckt, seltener oder nur stellenweise entblösst. Die entblössten Wände sehen angefressen aus wie durch eine corro- dirende Flüssigkeit. Die Sohle ist gewöhnlich mit Bruchstücken des Nebengesteins verstürzt. Wechsel der Umrisse und Dimen- sionen durch plötzlich eintretende gangförmige Verschmälerungen oder gewölbartige Erweiterungen sind Regel, Das Streichen, im 434 Einzelnen allen möglichen Aenderungen unterworfen, ist im All- gemeinen rechtwinkelig auf die Thäler gerichtet und fällt daher in den Hauptquerthälern mit der Erhebungslinie der Alp mehr oder weniger zusammen. Ebenso unregelmässig, wie Umrisse, Dimensionen und Richtung, ist die Sohle der Höhlen. Es lassen sich. stolln- und schachtförmige Höhlen unterscheiden, jenachdem die Haupterstreckung eine söhlige oder seigere ist d. h. die Neigung der Sohle unter oder über 45 Grad liegt. Es ist natürlich, dass in den meisten Fällen schon die Lage bestimmt, ob die Höhle der einen oder anderen Gruppe angehört, vielleicht übt auch das Nebengestein einen entscheidenden Einfluss aus. Die Höhlen an der Ungerhalde und Wecherhalde bei Stet- ten, welche nahe dem Plateau liegen und im Plattenkalk auftre- ten, gehören zu den schachtförmigen Höhlen. Sie erreichen eine Teufe von 40 bis 50 Fuss, der Eingang der einen entspricht einem kreisrunden Loch von 6 Fuss Durchmesser, der Eingang der anderen einer 1 bis 2 Fuss breiten und 15 Fuss langen Spalte. Bei 20 Fuss Teufe fällt die Sohle mit durchschnittlich 30 Grad ab und gewinnt eine Breite von 20 bis 25 Fuss. Dem- nach bilden die seigere Haupterstreckung, die runde oder spalten- förmige enge Tagesöffnung und die trichterförmige rn mit zunehmender Teufe die Hauptcharaktere. Offenbar sind die Höhlen an der Ungerhalde und Wecher- halde im Kleinen, was die bekannte Scherteshöhle (Kühlloch) im Filsthal bei Wiesensteich im Grossen ist. Die Höhlen an den Thalwänden im Massenkalk haben durch- weg eine horizontale Haupterstreckung, bald mit ansteigender, bald mit abfallender Sohle. Im Lauchertthal ist die Nicolaushöhle bei Veringenstadt die bedeutendste. Sie liegt am linken Lauchertgehänge ca. 80 Fuss über der Thalsohle, erreicht eine Länge von 90 Fuss, eine Breite von 33 Fuss und eine Höhe von 10 bis 15 Fuss. Bedeutender noch als diese sind das Mondmilehloch und Scheuerle im Beerathal. Sämmtliche Höhlen über der Thalsohle sind trocken, die Höhlen in der Thalsohle entsenden starke Quellen. Einige die- ser Quellen fliessen nur periodisch, oft plötzlich und geräuschvoll nach langen Intervallen der Ruhe zu Tage tretend. Dahin ge- hört der sogenannte Bröller bei Hausen im Lauchertthal, schon in Memmıncer’s Jahrbüchern von Württemberg erwähnt und 435 kürzlich im Hauskalender für die Hohenzollernschen Lande auf romantische Weise beschrieben. Eine ähnliche Quelle findet sich bei Stetten im Lauchertthal. Auch im Muschelkalkgebiet finden sich Höhlen, wie dies die zahlreichen, oft zugweise in bestimmter Streichrichtung auf grosse Erstreckung verbreiteten Erdfälle in der Gegend von Em- pfingen und Betra unzweifelhaft beweisen. Eine wohl nur hier- her gehörende Erscheinung ist der bodenlose See südwestlich (hor. 4) von Dettensee im Seewald auf Empfinger Markung. Er nimmt eine kreisrunde Fläche von ca. 120 Fuss Durchmesser ein. Die Tiefe des Sees ist unbekannt. Der Umfang scheint durch die massenhafte Anhäufung von abgestorbenen Schlingpflan- zen am Uferrande merklich im Abnehmen begriffen. Der Wasser- stand bleibt zu allen Jahreszeiten derselbe. IV. Alluvialbildungen. 1. Ablagerungen von Süsswasserkalk (Tuffstein, Tauchstein). Tuffsteinablagerungen finden sich in den Thälern des Mu- schelkalk-, Jura- und Molassegebiets, im Muschelkalkgebiet bei Diessen (Fischbachthal), bei Dettingen (Neckarthal), bei Glatt (Glattbachthal), bei Bietenhausen (Starzelthal), im Juragebiet bei Mariazell, bei Hausen (Starzelthal), bei Gammertingen, bei Verin- gendorf, bei Hizkofen, bei Sigmaringendorf (Lauchertthal), bei Beerenthal (Beerathal), im Molassegebiet bei Deutwang, bei Kalkofen. Sie ruhen gemeinschaftlich auf Geschieben oder Gesteins- bruchstücken (Kies), die durch Tuffstein zu Conglomeraten und Breccien verkittet sind. So hat die Tuffsteinablagerung bei der Dettinger Mühle ein grobes Conglomerat zum Liegenden, welches aus Friedrichshaller Kalkstein und buntem Sandstein besteht, an 20 Fuss mächtig ist und sich thalaufwärts am linken Neckar- gehänge bis in die Gegend von Dettingen verfolgen lässt. Die Tuffsteinablagerungen treten entweder an den Gehängen meist in nur geringer Ausdehnung, manchmal als blosse Ueber- rindung von Pflanzen auf, oder sie füllen, und dies ist der ge- wöhnlichere Fall, die Thäler in ihrer ganzen Breite aus, ein durchaus ebenes Plateau bildend, das thalabwärts plötzlich damm- artig abfällt. Nicht selten finden sich mehrere Tuffsteinablage- Zeits. d.d. geol.Ges. VIII. 3. 29 436 rungen stufenartig untereinander. Dieses Verhalten macht es wahrscheinlich, dass der Niederschlag des Tuffsteins in der Rich- tung der Thäler d. h. da erfolgt, wo die Bäche über die nach und nach gebildeten Absätze in Cascaden herabstürzen und durch Entweichen der Kohlensäure gezwungen sind, ihre aufgelösten festen Bestandtheile fallen zu lassen. Dieser Process kann sich öfter wiederholen, um so mehr, wenn thalabwärts neue, an auf- gelöstem Kalkkarbonat reiche Quellen sich mit den Bächen mi- schen. Immerhin mag indessen hier und da der Niederschlag in Seen durch allmälige Verdunstung des Wassers erfolgt sein. Die Längenausdehnung und Mächtigkeit der Tuffsteinabla- gerungen, von der Oertlichkeit, der Zahl und Beschaffenheit der Quellen abhängig, ist sehr verschieden. Die ausgedehntesten und mächtigsten (30 bis 70 Fuss) Ablagerungen finden sich im Fischbach-, Lauchert- und Beerathal. Nach oben herrscht in der Regel der Tuffsand, nach unten der Tuffstein vor. Der Tuffstein bildet stockförmige Einlagerun- gen im Tuffsand und ist nur ausnahmsweise in regelmässigen, horizontalen, 3 bis 4 Fuss mächtigen Bänken abgesondert. Tuff- stein und Tuffsand sind stets von lichtbrauner, grauer oder schmutzigweisser Farbe, daher Eisen und Mangan in nur gerin- gen Quantitäten beigemengt sein können. Der Tuffstein hat er- digen Bruch, ist im Lager meist weich, so dass er mit der Säge bearbeitet werden kann, erhärtet aber an der Luft. Er ist porös, zellig, daher leicht. Die zahlreichen nicht selten umfangreichen Höhlen, welche er einschliesst, sind mit Kalksinter bekleidet, dessen zufällige Gestalten die Phantasie der Arbeiter beschäfti- gen. Mehr Interesse haben kreisrunde Löcher, die in horizon- taler Richtung auf grosse Länge verfolgt werden können, allmä- lig sich verjüngend, als ob sie das Lager für Baumstämme ge- bildet hätten. Die Conchylien des alluvialen - Süsswasserkalks gehören sämmtlich zu noch lebenden Geschlechtern, doch fehlen viele, die gegenwärtig gerade zu den häufigsten zählen. Bemerkenswerth ist, dass die auf dem Lande lebenden Conchylien sowohl der Species als der Zahl nach bei weitem überwiegen. Eine genaue Untersuchung fehlt noch. Neben den zahlreichen Conchylien kommen Blattabdrücke, Wellholz und mächtige Baumstämme vor. 437 2%. Torf- und Moorgrund, bildet sich auf allen Formationen, wo die Bedingungen dazu, un- durchlassender Untergrund, stagnirendes oder träg abfliessendes Wasser in Berührung mit Pflanzen, vorhanden sind, also insbe- sondere auf den Wasserscheiden und in den zu weiten Flächen ausgebreiteten Thälern. So finden sich Torf- und Moorgründe auf der Lettenkohle (Stunzachthal zwischen Heiligenzimmern und Gruol), auf dem Alpplateau (Onstmettingen), in den Alpthälern (Lauchertthal bei Stetten unter Höhlstein und am Heiliggarten oberhalb Hornstein), auf der Molasse bei Sattelöse, Ruhestetten, Wald, Kappel, Otterswang, Ostrach u. s. w. Die Torfmoore (Riede) der Molasseebene sind die bedeutendsten. Einige nehmen einen Flächenraum von vielen Hundert Morgen ein. Die Mäch- tigkeit des Torfs beträgt 5, 10 bis 12 Fuss, selten über 30 Fuss. Das Liegende bildet ein blaugrauer, zuweilen von wenig mäch- tigen Kiesbänken durchzogener Diluviallehm. Man unterscheidet Rasentorf und Specktorf. Der Rasentorf findet sich an der Oberfläche, ist leicht und schwammig, enthält die Pflanzenreste nur wenig verändert; der Specktorf, im Liegen- den des Rasentorfs, ist compacter, schwerer, von dunkler Farbe (braun und schwarz), enthält die Pflanzenreste mehr, oft bis zum Verschwinden der organischen Struktur verändert. Zu den Pflanzen, welche die Torfmoore bilden, gehören hauptsächlich Seirpus, Schoenus, Eriophorum, Vaccinium, Andro- meda, Carex, Equisetum. Die thierischen Reste sind noch wenig bekannt. Gleichwohl ist es wahrscheinlich, dass die Bildung der mächtigeren Torf- moore bereits in der Diluvialzeit begonnen hat. 3. Ackerkrume (siehe weiter unten). 4. Mineralquellen. Es ist natürlich, dass die zahlreichen Quellen des an lösli- chen Bestandtheilen reichen Jura- und Muschelkalkgebirges ihre Herkunft nicht verleugnen. Die mächtigen Tuffsteinablagerungen geben davon Zeugniss. Zu den eigentlichen Mineralquellen kön- nen indessen nur die Schwefelquellen des oberen Lias (Posido- nienschiefer) bei Hechingen und Bissingen, die Schwefelquellen, Säuerlinge und Stahlwasser der Anhydritgruppe bei Imnau, Karlsthal und Haigerloch im Eyachthal, bei Glatt im Glattbach- thale gerechnet werden (siehe weiter unten). 206 438 E. Nutzhare Mineralien, Gebirgsarten, Petrefak- ten und Mineralquellen. I. Steinsalz. Das Steinsalz ist bis jetzt unstreitig das wichtigste Fossil, welches das südwestliche Deutschland aufzuweisen hat. Eine der ersten Aufgaben der Preussischen Regierung war daher diesen Schatz auch für die Hohenzollernschen Lande nutzbar zu machen, Die desfalls angestellten Versuchsarbeiten waren mit vollständi- gem Erfolge gekrönt (siehe oben). Gegenwärtig ist man mit den Schachtarbeiten beschäftigt, um demnächst einen regelmässi- gen Steinsalzbergbau zu eröffnen. Das reinere Steinsalz wird als solches in den Handel kommen, das unreinere gelöst und zu Kochsalz versotten werden. I. Hallerde und Gyps. Ein nicht unwichtiges Nebenprodukt bei der Steinsalzgewin- nung bildet die als Düngungsmittel gesuchte Hallerde (gesalze- ner Thongyps). Der Verbrauch an Hallerde in den Hohenzol- lernschen Landen ist bedeutend. Dieselbe wurde bisher von Sulz pro Kübel = 1+ württemb. Simri zu 10 Kreuzer excl. der Transportkosten bezogen. In Zukunft dürfte sie von dem inlän- dischen Salzbergwerk billiger bezogen werden können. Ausser der Hallerde ist auf dem Muschelkalk- und Jura- plateau allgemein Gyps als Düngungsmittel in Gebrauch. Die Gypsbrüche bei Dettingen, Glatt und Imnau gehören der Anhy- dritgruppe, die Gypsbrüche bei Empfingen, Gruol, Owingen, Stetten, Hart und Rangendingen dem Keuper an. Der Gyps der Anhydritgruppe wird dem Keupergyps vorgezogen. Die bedeutendste Gypsgewinnung findet bei Dettingen, Ewin- gen und Rangendingen statt. Zu Dettingen kostet der gepochte Gyps pro Scheffel = 8 Simri 36 Kreuzer. Owingen liefert jährlich 160 Wagen Gypssteine nach Ebin- gen. Der Wagen Gypssteine wird loco Owingen mit 36 Kreu- zer, loco Ebingen mit 3 Gulden 36 Kreuzer bezahlt. Ausserdem werden an gepochtem Gyps jährlich ca. 3000 Simri zu 3 Kreu- zer in die Oberämter Sigmaringen, Tuttlingen und Spaichingen verkauft. Da die Saline bei Stetten ganz in der Nähe von Ewin- 439 gen liegt, so kann in Zukunft der gepochte Keupergyps durch die aus der Siederei gewonnene Lauge angereichert und dadurch seine Wirkung und sein Werth wesentlich erhöht werden. Zu Rangendingen wird 1 Rosslast zu 18 bis 20 Centner mit 12 bis 15 Kreuzer bezahlt. Eine Rosslast Gypssteine giebt an gepochtem Gyps 25 Simri. 4 Simri = 75 Pfund kostet loco Rangendingen 4 Kreuzer. III. Eisen-, Galmei- und Bleierze. 1. Eisenerze. Nächst Steinsalz sind die Eisenerze für das südwestliche Deutschland von grösster Wichtigkeit. Sie finden sich als gemeiner Brauneisenstein und Lepidokrokit auf Gängen im bunten Sandstein (Freudenstadt, Neuenburg), als pulverförmiger Rotheisenstein auf Lagern im unteren braunen Jura bei Aalen und Wasseralfingen, als Brauneisenoolith im mittleren und oberen braunen Jura (Bifurcaten- und Macrocephalenschicht) bei Geisingen und endlich als Bohnerz und Eisenerz im Muschelkalk und weissen Jura. Das wichtigste und bis jetzt ausschliesslich benutzte Eisen- erz in den Hohenzollernschen Landen bilden die Bohnerze (siehe „Vorkommen, Gewinnung und Zugutemachung der Bohnerze u. 8 w.). Die Eisenoolithe des mittleren und oberen braunen Jura finden sich wie überhaupt am ganzen nordwestlichen Steilabfall der Alp entwickelt, sind aber nur unvollständig aufgeschlossen. An die Stelle der pulverförmigen Rotheisensteine des brau- nen Jura 3 von Aalen und Wasseralfingen treten unreine, nur als Zuschlag zu gebrauchende Thoneisensteine. Der bunte Sandstein hat zu wenig oberflächliche Verbreitung um auf günstige Aufschlüsse hoffen zu lassen. 2. Galmei- und Bleierze. Die ausgedehnten Galmeilager, welche kürzlich im Muschel- kalk unweit Wiesloch aufgeschlossen worden sind, haben die all- gemeine Aufmerksamkeit in Süddeutschland auf sich gezogen. Der Muschelkalk bei Wiesloch gehört dem grossen Zuge an, welcher den bunten Sandstein des Odenwalds im Süden und Osten begleitet. 440 Seine Entwickelung weicht nicht wesentlich von der des Muschelkalks am Fusse der Alp ab. Zu unterst der eigentliche Wellenkalk, darüber 40 Fuss mächtige, lichtgefärbte, dolomitische Mergel mit Hornstein in Nestern und Schweifen, bedeckt von Friedrichshaller Kalkstein. Der Friedrichshaller Kalkstein be- ginnt mit einem an 30 Fuss mächtigen, dichten, rauchgrauen Kalkstein, auf welchen die Encrinitenschichten folgen, in zwei Niveaus abgelagert, je 3 Fuss mächtig, einen 8 Fuss mächtigen, versteinerungsleeren, mergeligen, dichten Kalkstein, den sogenann- ten Schwartenklotz zwischen sich fassend. Galmei, Bleiglanz und Thoneisenstein finden sich auf den Contactflächen der Encrinitenschichten mit dem versteinerungslee- ren Kalkstein im Liegenden derselben verbreitet, gehören also dem unteren Friedrichshaller Kalkstein an. Das Vorkommen lässt sich im Allgemeinen als ein nesterweises in constantem Niveau bezeichnen. Die nicht selten in Galmei umgewandelten Muschelkalk- petrefakten scheinen für eine Umwandlung des Kalksteins in Galmei ähnlich der in Rotheisenstein zu sprechen. Die Zufüh- rung der Zinkauflösung mag durch die zahlreichen bis in gewisse Teufe mit Galmei ausgefüllten Klüfte erfolgt sein. Galmeilager sind ausser bei Wiesloch im süddeutschen Mu- schelkalk bis jetzt zwar nicht nachgewiesen, doch ist bekannt, dass die Bleierzgänge des Urgebirges bis in den Muschelkalk hinaufreichen und dass auf den Eisenhütten, welche Muschelkalk als Zuschlag verwenden, ein zinkhaltiger Ofenbruch erfolgt. Auch der weisse Jura = scheint zinkhaltig, wie denn das Vorkommen der Zinkerze an die Kalksteine der verschiedenen Formationen geknüpft zu sein pflegt. IV. Inflammabilien. 1. Steinkohle, Pechkohle, Braunkohle, Torf. Wenn die Steinkohle wesentlich zu dem grossartigen in- dustriellen Aufschwung der Gegenwart beigetragen hat, über- haupt als Haupthebel der Industrie betrachtet werden muss, so dürfen weder Opfer noch Schwierigkeiten abschrecken, sie überall da aufzusuchen, wo sich irgend Aussichten auf Erfolg zeigen. Diese Aussichten sind im südwestlichen Deutschland vorhanden. Sowohl die allgemeinen geognostischen Verhältnisse als die spe- 441 ciellen am Rande des Schwarzwaldes und der Vogesen lassen mit einiger Wahrscheinlichkeit auf günstige Resultate schliessen. So hat denn die Preussische Regierung Ende vorigen Jahres die Bohrarbeiten zur Aufsuchung von Steinkohlen im Neckarthale bei Dettingen begonnen. Das Bohrloch ist in den obersten Schich- ten des bunten Sandsteins angesetzt. Die Arbeit rückt mit Hülfe maschineller Kraft rasch voran, so dass in Bälde der Schleier gehoben sein dürfte, welcher über dem Kohlengebirge ausgebrei- tet liegt. . Die Lettenkohlenflöze in der Oberregion des Muschel- kalks, die Pechkohlennester im Keuper (Schilfsandstein, Stubensandstein, Fleinsstein), im oberen Lias (Posidonienschiefer) und im oberen braunen Jura (Macrocephalenschicht) sind zwar geeignet, Hoffnungen rege zu machen, haben sich aber bis jetzt in Süddeutschland nirgend als bauwürdig erwiesen. Wahrscheinlicher dürfte die Aufindung bauwürdiger Braun- kohle im Molassegebiet sein. So sehr Süddeutschland bei dem grossen Holzverbrauch sei- ner Salinen und Eisenhütten den Mangel an mineralischen Brenn- materialien empfindet, so besitzt es doch in den mächtigen T orf- lagern der Molasse einen wichtigen, bis jetzt nur wenig beach- teten Schatz. In den Hohenzollernschen Landen finden sich folgende Torfriede benutzt: a) Torfried am Heiliggarten im Lauchertthal oberhalb Hornstein, nimmt einen Flächenraum von circa 4 württemb. Morgen ein. b) Torfried Waltere bei Sattelöse (herrschaftlich), gehört dem Quellengebiet der Ablach an, nimmt einen Flächen- raum von 203 Morgen ein. Der Torf ist 12 Fuss, stellenweise über 30 Fuss mächtig. Es werden jährlich 1500 Haufen Torf, zu 1000 Stück gestochen. ec) Torfried Egelsee westlich von Ruhestetten (herrschaftlich), gehört dem Quellengebiet der Ablach an, nimmt einen Flächenraum von 944 württemb. Morgen ein. Die jähr- liche Torfgewinnung beträgt 700 Haufen zu 1000 Stück. d) Torfried bei Ruhestetten, dehnt sich im Thale der Seefelder Aach zwischen Alberweiler und Aach in einer Breiten- ausdehnung von + Stunde auf eine Länge von 1 Stunde, also über einen Flächenraum von ca. 1100 württemb. Morgen aus. 442 Die jährliche Torfgewinnung beträgt auf Gemeindegut ca. 200, auf Privatgut ca. 540, mithin im Ganzen ca. 740 Haufen zu 1000 Stück, von denen 270 Haufen zu Ruhestetten selbst ver- wendet, 470 Haufen nach Pfullendorf und Riedlingen zu 1 Gul- den 20 Kreuzer pro Haufen verkauft werden. e) Torfried Längenmoos am Ringgenbach west- lich von Wald (herrschaftlich), nimmt einen Flächenraum von 74+ württemb. Morgen ein. Es werden jährlich 300 Haufen Torf zu 1000 Stück gestochen. f) Torfried südwestlich von Kappel, erstreckt sich in einer Breitenausdehnung von 40 Ruthen auf eine Länge von ca. 100 Ruthen von Westen gegen Osten, nimmt daher einen Flächenraum von ca. 10 Morgen ein. 1000 Stück Torf kosten zu gewinnen, zu trocknen und auf den Haufen zu stellen 40 Kreu- zer und werden mit 1 Gulden 20 Kreuzer loco Ried, mit 2 Gul- den loco Wald bezahlt. g) Ostrach-Pfrunger Ried, dehnt sich von Ostrach aufwärts bis zur Wasserscheide aus, bei der Riedhauser Mühle durch die vorspringende Ringenburg in zwei Arme getheilt. Es führt zwischen Ostrach, Burgweiler und Laubach den Namen Hornung. Der Hornung trägt hochstämmige Tannen und mäch- tige Eichen, ist überhaupt durch einen üppigen Waldboden aus- gezeichnet. Zwischen Laubach, Burgweiler, Wilhelmsdorf und Riedhausen findet sich das grosse sumpfige Ried (sogenannte Traube), auf welchem nur noch spärlich die Riedföhre fortkommt. Der Flächeninhalt des Rieds beträgt nicht weniger als 5500 Morgen. Der Torf erreicht eine Mächtigkeit von 12 Fuss. Torfgewinnung findet an den trocken gelegenen Stellen, hauptsächlich am Rande des Rieds bei Dichtenhausen, Burgwei- ler, Waldbeuren, Ulzhausen, Egelreute, Pfrungen, Niederweiler, Tafel, Wilhelmsdorf und Riedhausen statt. Hiernach dürften in den Hohenzollernschen Landen jährlich im Ganzen ca. 4000 Haufen Torf zu 1000 Stück im Werthe von 5333 Gulden gewonnen werden. Die Benutzung der ausgedehn- ten und mächtigen Torflager ist daher verhältnissmässig gering, was theils in der unvollständigen Entwässerung der Torfriede, theils in dem Mangel an Absatz seinen Grund hat. An Ver- 443 suchen, dem Torf durch Verkohlen eine ausgedehnte Anwendung zu verschaffen, hat es nicht gefehlt. Hier einige Notizen über die Resultate dieser Versuche: Jährliche Pacht an die Herrschaft für die Benutzung des Torfrieds Egelsee bei Ruhestetten . . . 30 Gulden Für Gewinnung von 1000 Stück Torf. 32 Kreuzer Für Transport von 1000 Stück Torf . . . 15 Kreuzer An Köhlerlohn pro Zuber Kohlen = 20 würt- temb. Kubikfuss . . . u. 9HKrenzer Erfolg aus 1000 Stück Torf : an onen . . 25 Zuber. Die Torfkohle hat sich beim Hohofenbetrieb (Ludwigsthal, Thiergarten, Lauchertthal}), bei der Kesselfeuerung (badensche Dampfschifffahrtsgesellschaft) und bei der Nägelfabrikation gut bewährt. Gleichwohl mussten die Versuche eingestellt werden, weil die Selbstkosten sich so hoch beliefen, dass die Torfkohle nur bei einem Holzpreise von 6 Gulden pro Klafter Tannenholz (der gegenwärtige Preis ist 4 Gulden pro Klafter Tannenholz) concurriren konnte. Ist es auch kaum zu bezweifeln, dass sich ökonomisch vor- theilhaftere Resultate erzielen liessen, so hat doch die Torfköh- lerei viel von ihrer Bedeutung verloren, seit man angefangen, den lufttrockenen oder gedörrten Torf beim Hohofen-, Kupol-, Puddel- und Schweissofenbetrieb zu verwenden und seit man die durch FABER Du FAur geweckte Idee der Benutzung gasförmi-- ger Brennmaterialien statt fester mit so grossem Erfolge ver- wirklicht hat. Wenn hiernach eine grössere Konsumtion des Torfs in sichere Aussicht gestellt ist, sei es, dass derselbe direkt zur Anwendung kommt, oder zur Darstellung von brennbaren Gasen dient, so werden anderseits die nöthigen Schritte gesche- len müssen, um eine vollständigere Entwässerung und einen geregelteren Betrieb der Torfriede herbeizuführen. 2. Thierisches Oel der Posidonienschiefer. Ist in den Torfrieden ein wichtiger Brennmaterialienschatz begraben, so enthalten die Posidonienschiefer einen reichen Schatz an thierischem Oel, welches nach Beseitigung des anstössigen, stark bituminösen Geruches zur Beleuchtung benutzt werden kann. Nach Cu. GMmeLin beträgt der Gehalt der Posidonien- schiefer an Oel nicht weniger als 7 pCt. Mässig berechnet fin- den sich daher auf einen Flächenraum von 1 Quadratmeile über 444 200 Millionen Centner Oel verbreitet. Das Oel lässt sich theil- weise mit Aether ausziehen, scheint sich also in den Schiefern schon fertig vorzufinden. Es hat einen starken empyreumatischen Geruch, ist von beigemischtem Theer mehr oder weniger dunkel gefärbt und besteht aus einer Menge leichterer und schwererer Oele, die sich durch Destillation von einander trennen lassen (Quensteot, Handbuch der Mineralogie, Seite 643). V. Lithographbische Steine, Bei der technischen Wichtigkeit, welche die Solenhofer Schie- fer des fränkischen Jura als lithographische Steine seit Anfang dieses Jahrhunderts gewonnen haben, sah sich die württembergi- sche Regierung zu wiederholten Nachforschungen veranlasst, die die Auffindung von lithographischen Steinen im schwäbischen Jura bezweckten. Die grösstentheils im unteren und mittleren weissen Jura desfalls angestellten, kostspieligen Versuche liefer- ten, wie natürlich, nur wenig befriedigende Resultate und mögen von weiteren Versuchen abgeschreckt haben. Nichtsdestoweniger ist die Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg gegenwärtig, wo die Identität der Solenhofer Schiefer und des Plattenkalks voll- kommen nachgewiesen und gewissermaassen die Bedingungen er- mittelt sind, welche die petrographische Verschiedenheit des ge- schichteten oberen weissen Jura veranlasst haben, so begründet wie jemals. Insbesondere sind es die isolirten Ablagerungen auf dem Alpplateau z. B. in den Umgebungen des Beerathals bei Kolbingen, Nusplingen u. s. w., welche die meiste Verwandtschaft mit den Solenhofer Schichten zeigen und daher alle Beachtung verdienen. Bei Kolbingen wurden in der That zum Theil ganz brauchbare Platten gefunden, über welche Herr Inspektor FLEISCH- MANN folgendes Gutachten abgiebt: Sie sind dreierlei Gattung, 1) der grösste Theil hat ein gelbgraues Korn mit dunklen Punk- ten von Kalkspath, die härter sind als die Platte, was im Gra- viren hindert und unreine Arbeit liefert, 2) der andere Theil ist von röthlichgrauer Farbe, geschmeidiger und eignet sich recht wohl zur chemischen Dinte, der dritte aber geringste Theil ist ganz frei von allen Punkten und eignet sich zu Federzeichnun- gen gleich wie zum Graviren. Bei der Wichtigkeit der Sache ist es von Interesse, die Ei- genschaften der ächten Solenhofer Platten zu kennen. Nach 445 H. SeneErer,DEeR muss der Stein bei einer lichten Farbe ein fei- nes und gleiches Korn, auf allen Punkten eine möglichst gleiche Härte haben, vollkommen frei von Thon- und Kalkspathadern, und ohne alle Versteinerungen und Poren sein. Besser ist es im Ganzen, wenn er eine ziemliche Härte hat, als wenn er sich dem Weichen nähert. Die härteren Steine sind zu allen Manie- ren die besten, wenn sie nur aus einer ganz gleichartigen Masse bestehen und nicht mit weichen Stellen untermengt sind, denn in diesem Falle taugen sie zu keiner Manier viel und können höchstens zu Federzeichnungen und zu solchen Arbeiten gebraucht werden, wo die Striche keine besondere Reinheit und Schärfe haben müssen. Die dichten, massigen Schichten der Formation sind in der Regel ziemlich hart. Beim Sägen derselben muss man darauf sehen, dass die Platten nicht unter 14 Zoll und nicht über 3 Zoll Dicke bekommen. Dünnere Platten zerspringen leicht unter der Presse, insbesondere, wenn sie etwas weich sind und lassen sich nicht so oft abschleifen, diekere aber sind bei eini- ger Grösse allzuschwer und lästig. Die weichen bröckeligen, leicht verwitternden und thonigen Gesteine dieser Formation wer- den mit Vortheil zum Mergeln der Felder verwendet. Nach SCHüBLER beträgt der Thongehalt der zum Steindruck benutzten Platten von Solenhofen gewöhnlich 3 bis 4 pCt. VI. Marmor. Wie aus Tueorurast’s chemischer Beschreibung des Mar- mors hervorgeht, waren die Alten über die Kennzeichen des Marmors nicht einig und begriffen darunter, wie es scheint, fast alle politurfähigen Steine und Gebirgsarten, wie Gyps, Jaspis, Granit, Porphyr u. s. w. Gegenwärtig wird unter Marmor im engeren Sinne der krystallinisch körnige, an den Kanten durch- scheinende bis durchsichtige Kalkstein von weisser ins Graue, selten ins Rothe fallender Farbe verstanden, im weiteren Sinne alle Kalksteine, welche Politur annehmen, eine angenehme Farbe und eine solche chemische Zusammensetzung besitzen, um den Einflüssen der Atmosphärilien zu widerstehen. Der weisse kıy- stallinisch körnige Marmor, wozu der parische und carrarische gehört, wird vorzugsweise zu Statuen (daher Statuenmarmor), der gemeinere, buntfarbige, meist dichte Marmor zu architektonischen Verzierungen (daher Architekturmarmor) verwendet. Der bunte Marmor findet sich ausser in den paläozoischen Formationen un- 446 gemein häufig im Jura, Grund genug in den Hohernzollernschen Landen Nachforschungen anzustellen. Zu dem Ende wurden die folgenden jurassischen Gebirgsarten einer näheren Prüfung unter- worfen. 1) Lias a. Sogenannter blauer Jura (ein sehr kalkiger überaus feinkörniger Sandstein von blauer Farbe) von Steinhofen, 2) Weisser Jura 6. Grauer, oolithischer, in 1 bis 3 Fuss mächtigen Bänken abgelagerter Kalkstein aus dem Steinbruch bei Stetten im Lauchertthal. 3) Weisser Jura &. Feinkörniger Kalkstein von der Farbe und den Zeichnungen des Mahagoniholzes aus der Bohnerzlager- stätte in der Weinizhilb bei Frohnstetten. 4) Weisser Jura e. Feinkörniger Kalkstein in Farbe und Zeichnungen dem vorigen ähnlich aus den Bohnerzlagerstätten am Hergle bei Gammertingen. 5) Weisser Jura e. Dichter, röthlich gefärbter Massenkalk vom Höhlstein bei Stetten im Lauchertthal. 6) Weisser Jura e. Dichter Massenkalk von lichter Grund- farbe mit grauen Wolken aus der Bohnerzlagerstätte am Keiberg bei Jungnau. 7) Weisser Jura e. Weisser oolithischer Kalkstein von Kai- seringen im Schmiechthal. 8) Schmutzigweisser Kalkstein mit zahlreichen Cidariten- und Crinoideenresten, auf der Grenze zwischen e und ( aus der liegenden 1 Fuss mächtigen Bank des Steinbruchs bei Hochberg. 9) Weisser Jura {. Grauer, rothpunktirter, feinkörniger Kalkstein, in einer 7 Zoll mächtigen Bank im Hangenden des Crinoideenkalksteins und im Liegenden der Thonkalke auftretend. 10) Weisser Jura {. Plattenkalk von lichtgrauer Farbe mit einem Stich ins Rothe aus dem Steinbruch am Nonnenhölzle im Donauthal unterhalb Sigmaringen. Ueber die Bearbeitung, Politurfähigkeit und Farbe spricht sich der technische Beamte der Herzoglich Nassauischen Marmor- fabrik in Diez, Herr SCHNEIDER, dahin aus, dass No. 1. sehr hart, schwefelkieshaltig, nicht zu poliren, 2. gut zu bearbeiten und schön von Farbe, 3. gut zu bearbeiten und von schöner Färbung, No. 4. gut zu bearbeiten, 5. gut zu bearbeiten, auch schön von Farbe, 6. gut zu bearbeiten, 447 No. 7. etwas hart und porös, daher wenig politurfähig, No. 8. hart und wenig politurfähig, No. 9. wenig politurfähig, No. 10. gut zu bearbeiten sei. Demnach eignen sich zur Verarbeitung als Marmor der obere mittlere weisse Jura, gewisse Varietäten des Massenkalks und der Plattenkalk. In Betreff der geschichteten, stets etwas thonhaltigen Jurakalksteine mag es indessen dahin gestellt blei- ben, ob die Politur durch mechanische und chemische Einwir- kungen nicht schnell leiden werde. Jedenfalls sind die Varietä- ten des Massenkalks härter und dauerhafter. Die dichte Varietät von lichter Farbe mit grauen Wolken ist an vielen Orten, bei Hochberg und Billafingen, am Keiberg bei Jungnau, auf dem Egelswang bei Veringenstadt, durch den Bohnerzbergbau aufge- schlossen, ohne in weiterer Beziehung mit den Bohnerzen zu stehen. Sie bricht in grossen ganzen Blöcken und geniesst als guter Baustein einen begründeten Ruf. Es ist die einzige Va- rietät, welche auch als Marmor Anwendung gefunden hat, wie die wenigen schwachen Versuche auf den Kirchhöfen zu Gam- mertingen und Sigmaringen beweisen. Eine gleiche Verbreitung besitzt die dichte röthlich gefärbte Varietät, der Zwischenvarietä- ten (Steinbruch am Neufraer Berg bei Gammertingen) nicht zu gedenken. Dagegen ist der feinkörnige, gelb und röthlichbraun marmorirte Kalkstein auf die Bohnerzlagerstätten im Gebiet des krystallinischen Massenkalks beschränkt. Er gehört unstreitig zu den schönsten und kostbarsten Marmorvarietäten. Leider sind die grossen losen Blöcke, welche im Erz und Erzletten der Bohn- erzgruben in der Weinizhilb bei Frohnstetten und am Hergle bei Gammertingen vorkommen, immer nur zufällige Funde. Ohne Zweifel aber rühren sie vom Nebengestein her, das bis auf ge- wisse Entfernungen von der Lagerstätte, wie die losen Blöcke, von der eisenhaltigen Lösung mag durchdrungen worden sein, Sollte sich dies bestätigen, so würde eine regelmässige Gewin- nung im Grossen stattfinden können. Somit hat der Massenkalk der Hohenzollernschen Lande dichte und feinkönige, einfarbige, gewolkte und marmorirte Kalk- steine von grauer, gelber, rother und rothbrauner, im Allgemei- nen lichter Farbe aufzuweisen, welche sich in ganzen Blöcken gewinnen und als Marmor verarbeiten lassen. Bei der frommen 448 Landessitte, das Andenken der Verstorbenen durch Monumente zu verewigen, fliessen jährlich nicht unbedeutende Summen für Lettenkohlen- und Keupersandsteine ins Ausland, die durch Ver- arbeitung des vaterländischen Marmors dem Inlande erhalten werden könnten. Ob sich indessen für eine in ihrem Erfolge keineswegs gewisse, jedenfalls ansehnliche Fonds erfordernde An- lage Unternehmungslustige finden werden, steht bei den finan- ziellen Verhältnissen der Bewohner und ihrem mehr auf den Landbau als die Industrie gerichteten Sinne sehr in Frage. VII. Baumaterialien. Der Jura ist reich an Baumaterialien, aber die Auswahl ınuss mit grosser Vorsicht geschehen, wenn nicht die Gebäude, und mit ihnen die Gesundheit und das Leben der Bewohner, gefährdet werden sollen. Diese Vorsicht scheint häufig ausser Acht gelassen zu werden, wenn auch die Wohnhäuser im Durch- schnitt recht gut und zweckmässig gebaut sind und viele Dörfer ein mehr städtisches als ländliches Aussehen haben. 1. Bau- und Werksteine. Die Hohenzollernschen Lande haben Conglutinate (Sand- steine und Conglomerate), Dolomite, Kalksteine, Tuffsteine und Lehm zu Mauer- und Dachziegeln ‚aufzuweisen. a. Sandsteine und Conglomerate. Die Eigenschaften der Sandsteine sind wesentlich durch das Bindemittel bedingt. Man unterscheidet hauptsächlich Sandsteine mit kieseligem, thonigem, kalkigem und mergeligem Bindemittel. 0%. Kieselsandsteine. — Finden sich im oberen Keuper, wo sie dem grobkörnigen Sandstein (Stubensandstein) untergeord- net sind und in denselben übergehen (siehe oben). Als Bau- stein dürften sie kaum, als Schleifstein die weicheren Varietäten Anwendung finden. a ß. Thonsandsteine. — Riechen beim Anhauchen thonig, brausen zum Unterschied von den Kalk- und Mergelsandsteinen mit Säure nicht auf. In der Regel behauen sie sich, frisch ge- brochen, leicht, dauern in Luft und Wasser, gewinnen nach und nach an Härte und rückwirkender Festigkeit, gehören überhaupt zu den besten Bau- und Werksteinen. 449 Sie finden sich in der Trias in zwei wesentlich verschiede- nen Varietäten, in einer grobkörnigen und in einer glimmerrei- chen feinkörnigen Varietät entwickelt. Die feinkörnige Varietät liefert vorzügliche Werk- und Schleifsteine, die grobkörnige gute Bausteine. a) Die Werksteine treten in drei Niveaus auf: in der Oberregion des bunten Sandsteins, in der Lettenkohlengruppe und im mittleren Keuper. Der bunte Sandstein ist von vorherrschend rother Farbe. Nächst der rothen ist die weisse und gelbe Farbe am häufigsten. Nicht selten gelb und roth gestreift. Das thonige Bindemittel in der Regel vorherrschend, stellenweise in Nestern (Gallen) und Lagen ausgeschieden. Pflegt diekgeschichtet zu sein, aber nach oben in dünne, oft nur + Zoll starke Platten überzugehen. In den Hohenzollernschen Landen tritt der bunte Sandstein nur bei Diessen im Fischbachthale und bei der Dettinger Mühle im Neckarthale’zu Tage, wo er in Steinbrüchen aufgeschlossen ist. Die nutzbare Steinhöhe beträgt S bis 10 Fuss, die Stein- stärke 6 bis 18 Zoll. Die Steine sind dauerhaft, aber zu wenig mächtig, um ihre Gewinnung über das lokale Bedürfniss aus- dehnen zu können. Der Lettenkohlensandstein ist als Werkstein der ge- suchteste unter den feinkörnigen Thonsandsteinen der Trias. Besitzt feines, gleichmässiges Korn, eine constante graue Farbe und kein überschüssiges Bindemittel, enthält dagegen häufig Rost- flecken und Eisengallen, findet sich selten diek, meist dünn ge- schichtet, oft nur als Sandschiefer entwickelt, ist überhaupt nur lokal brauchbar und immer mit Vorsicht und Auswahl zu ver- wenden, wie die Kirche zu Gruol beweist, welche, aus dem in der Nähe brechenden Lettenkohlensandstein aufgeführt, nach Ver- lauf weniger Jahre gänzlich umgebaut werden musste. Ausser bei Gruol finden sich Lettenkohlensandsteinbrüche bei Höfendorf, Hart, Trillfingen, Stetten und Bittelbronn. Die brauchbaren Stein- platten sind 2, 7, 11 bis 15 Zoll stark. Die Gesammtmächtig- keit des Lettenkohlensandsteins beträgt. bei Höfendorf 9 Fuss, bei Stetten 20 Fuss, die nutzbare Steinhöhe bei Höfendorf 4 Fuss, bei Stetten 10 Fuss. Ob sich mächtiger entwickelte und dicker geschichtete, einer ausgedehnteren Anwendung fähige Lettenkohlensandsteine auflin- den lassen, ist bei der unregelmässigen Verbreitung und der 450 über 20 Fuss mächtigen Bedeckung schwer zu sagen. Die Nach- forschungen dürften vornehmlich auf die teichartigen Einsenkun- gen der Lettenkohlenebene zu richten sein. Der Keupersandstein (Schilfsandstein JAEGER’s) steht dem bunten Sandstein durch das häufig überschüssige Bindemit- tel und die bunte, wenn auch vorherrschend grüne, nach oben in der Regel blassrothe Farbe nahe. Das überschüssige Binde- mittel scheidet sich gern lagenweise aus, die Thonlagen kommen meist erst bei der Verwitterung zum Vorschein, daher die grösste Vorsicht bei der Auswahl der Steine nicht immer schützt. Im Allgemeinen dürfte die Dauerhaftigkeit mit der Mächtigkeit und oberflächlichen Verbreitung in geradem Verhältniss stehen. Nord- westlich von der Starzel im Krumme Brüchles Graben (Markung Rangendingen) ist der Schilfsandstein nur 3 Fuss mächtig, im Starzelbett oberhalb Stein 7 Fuss, westlich von Owingen 12 Fuss, bei Zimmern und Binsdorf im Stunzachthale 25 Fuss, im Wei- herle und Petersgraben westlich von Weildorf 12 bis 15 Fuss, bei Renfrizhausen 20 bis 40 Fuss, die Mächtigkeit nimmt also von Nordwesten gegen Südosten allmälig zu. Hiernach müssen die Nachforschungen in dem Gebirgsabschnitt zwischen Eyach und Neckar geschehen, wo der Schilfsandstein die grösste Mäch- tigkeit und oberflächliche Verbreitung hat. In der That sind bereits hier (Binsdorf, Zimmern, Weildorf, Renfrizhausen) aus- gezeichnete Werksteinbrüche aufgeschlossen. Der Steinbruch bei Zimmern liefert Quader bis zu 3 Fuss Mächtigkeit, der Stein- bruch im Petersgraben bei Weildorf Werksteine von durchschnitt- lich 6 bis 18 Zoll Stärke. Bei dem grossartigen Wiederaufbau der Burg Hohenzollern finden der Lettenkohlensandstein von Seebronn (Württemberg), der Schilfsandstein von Weildorf (Inland), von Binsdorf (Würt- temberg) und Renfrizhausen (Württemberg) Anwendung. Aus dem Lettenkohlensandstein von Seebronn werden die Deckplatten auf einzelnen Zinnenkronen, die Treppenstufen, die Thorgliederungen des oberen Thorthurms, aus dem Schilfsandstein von Weildorf sämmtliche Thorgliederungen in der Auffahrt, das Portal des Adlerthors, die Zinnenkronen des Wilhelmsthurms, 451 aus dem Schilfsandstein von Binsdorf die Skulpturen bei den im Uebrigen aus Weildorfer Stein ausgeführten Bautheilen, unter Anderen Adler, Inschrif- ten, Reiter und heraldische Ornamente des Adlerthors, aus dem Schilfsandstein von Renfrizhausen Simse und Deckplatten der bastionirten Umfassung, Consolen schwerer Eckthürme, Ornamentik des Thorthurms und des ganzen Schlosses, hergestellt. b) Der grobkörnige Keupersandstein (Stubensand- stein) mit kaolinartigem Bindemittel und beigemengten fleischro- then Feldspathkörnern gehört der Oberregion des Keupers an. Die hangende, ausschliesslich benutzte Lage lässt sich in der ganzen Ausdehnung des Liasrandes von Bodelshausen bis Heili- gen Zimmern 15 bis 20 Fuss mächtig verfolgen, bei Bodelshau- sen, Stein, Rangendingen und Owingen in Steinbrüchen aufge- schlossen. Bei Stein sind die Quader für die schöne, 1782 er- baute Kirche zu Hechingen gebrochen. Die Kirche ist noch ganz unversehrt, was für die Dauerhaftigkeit der grobkörnigen Keuper- sandsteine spricht. y. Kalksteine. — Treten im unteren Lias und der Mo- lasse auf. a) Liassandsteine. Eigenschaften und Gebrauch der Liassandsteine. Es werden drei Varietäten unterschieden: Malbsteine von gelber und lichtbrauner Farbe; feinkör- nig, ziemlich locker aggregirt, specifisches Gewicht = 2,558; Gewichtszunahme unter Wasser = —;. Blässer mit einem licht bläulichgrauen Korn und gelbem oder lichtbraunem Saum; etwas dichter, härter und spröder als Malbstein ; specifisches Gewicht = 2,676; Gewichtszunahme un- ter Wasser = ;.. Blauer Jura von licht blauer Farbe, die dichteste, fein- körnigste, härteste und sprödeste Varietät der Liassandsteine; specifisches Gewicht = 2,686; Gewichtszunahme unter Wasser Bere "Salzsäure zieht aus allen Varietäten etwas Thonerde, Eisen- oxyd, resp. kohlensaures Eisenoxydul aus. Das kohlensaure Eisenoxydul bedingt die graue und licht blaue, das Eisenoxyd- hydrat die gelbe und braune Farbe. An der Luft wird der Deits. d.d. geul. es. VIII. 3. 610) 452 Malb und Blässer schwarz, der blaue Jura weiss. Das Binde- mittel besteht wesentlich aus kohlensaurem Kalk. Der Malbstein enthält davon 11 bis 12 pCt., der Blässer ca. 25 pCt., der blaue Jura ca. 45 pCt. Der’Gehalt der verschiedenen Varietäten an kohlensaurem Kalk entspricht daher nahezu dem Verhältniss von 1:2:3. Mit dem kohlensauren Kalk wächst die Feinheit des Korns, die Dichtigkeit, Härte und Sprödigkeit. Die Liassandsteine gehören zu den guten Bausteinen und stehen vielleicht den besten mit thonigem Bindemittel wenig nach. Sie halten sich im Allgemeinen gleich gut im Wasser und an der Luft. Je mehr sie austrocknen, desto dichter und härter werden sie. Nur der Schwefelkies, womit sie stellenweise im- prägnirt sind, schmälert ihre Dauerhaftigkeit. Der Schwefelkies verwandelt sich nämlich an der Luft in Eisenvitriol, das Eisen- vitriol breitet sich in wässeriger Lösung über die ganze Ober- fläche aus, dringt ins Innere ein und reagirt so in ausgedehnte- ster Weise auf den basischen Bestandtheil des Bindemittels, wo- durch der Zusammenhang gelockert und zerstört wird. Oft ist der eingewachsene Schwefelkies im Anbruch gar nicht zu be- merken und kommt erst nach Verwendung der Steine durch die Zersetzung zum Vorschein. . Ein einzelner angegriffener Stein steckt dann die benachbarten an u. s. f. Die schadhaften Steine müssen daher sofort herausgenommen und durch gesunde ersetzt werden. Auch dem Salpeterfrass sind die kalkigen Sandsteine unterworfen. Im Uebrigen haben die verschiedenen Varietäten, Malb, Blässer und blauer Jura, mit ihren verschiedenen Eigenschaften ihre Vorzüge und ihre Nachtheile, der Bauverständige wird am besten wissen, wo und zu welchem Ende eine jede vortheilhaft zu gebrauchen ist. Die wichtigste Anwendung finden die Lias- sandsteine gegenwärtig-bei dem Wiederaufbau der Burg Hohen- zollern. Aus Malbstein von Ostdorf werden die Hoffacade des Schlosses, der Thorthurm, die Eckthürme auf den Basteien, sämmtliche Treppensteine, aus Malbstein von Weilheim und Blässer von Weilheim, Stein- hofen und Ensgstlatt die ganze bastionirte Umfassung, der Rampenthurm, | | | | 453 das Schloss auf der Aussenseite in den drei oberen Etagen, aus dem blauen Jura von Engstlatt, Steinhofen und Weilheim der Wilhelmsthurm in der ganzen äusseren Umfassung, das Sockelmauerwerk, das Parament der beiden Souterrainetagen des Schlosses auf der freistehenden Seite, hergestellt. Lagerungsverhältnisse und Mächtigkeit der Lias- sandsteine. Die Liassandsteine sind in der Regel nicht durch Zwischen- schichten getrennt, sondern dicht aufeinander gepackt. Zu unterst liegt immer der Malbstein, 9 bis 36 Zoll mäch- tig, an Mächtigkeit von Osten nach Westen allmälig wachsend, spaltbar in zwei bis sechs Platten, 3, 4, 5, 6, 7, 8 bis 12 Zoll stark. Auf den Malbstein folgt der Blässer, in einer Mächtigkeit von 8 bis 18 Zoll, sehr regelmässig über das Land verbreitet, gemeiniglich in zwei Platten spaltbar, 4, 6, 8, 10 Zoll stark. Den Schluss der Liasbausteine bildet der blaue Jura, an Mächtigkeit von Westen nach Osten allmälig zunehmend, also der entgegengesetzten Regel folgend, welche für den Malbstein gilt. In dem Steinbruch bei der Ostdorfer Mühle beträgt die Mäch- tigkeit nur 9 Zoll, in den Steinbrüchen bei Engstlatt und Stein- hofen 21 Zoll, bei Weilheim 14 bis 20 Zoll und bei Friedrichs- strasse 24 bis 28 Zoll. Bald an der oberen, bald an der unte- ren Schichtungsfläche löst sich ein 4 bis 6 Zoll starker, stellen- weise schieferiger und glimmerreicher (Wetzschiefer im Starzel- fluss bei Friedrichsstrasse) Saum ab, der als Baustein nicht zu brauchen ist. Herr BLANKENBURG hat zuerst die Liasbausteine sowohl ‚nach dem Lager als den petrographischen Eigenschaften scharf unterschieden und nachgewiesen, dass die Brauchbarkeit der einen \Varietät keineswegs die Brauchbarkeit der anderen zur Folge habe, dieser Bruch Malb, jener blauen Jura von besonderer Güte liefere.. Blauen Jura von vorzüglicher Beschaffenheit liefern die ‘Steinbrüche von Engstlatt, Steinhofen und Weilheim, Malbstein (die Steinbrüche von Weilheim und Ostdorf. Im Allgemeinen dürfte die grössere Brauchbarkeit an die grössere Mächtigkeit ‘geknüpft sein. 30* 454 Gewinnung der Liassandsteine. Die fast horizontal gelagerten, im Grossen sehr regelmässig vertikal zerklüfteten Sandsteinbänke werden mit Brechstange und Keilhaue gewonnen. Die Zertheilung in Platten geschieht erst nach der Gewinnung mit dem Grossfäustel. Der Abraum (Kupfer- fels und Arcuatenkalke) erreicht eine Mächtigkeit von höchstens 12 Fuss. Die Aufschliessung und Gewinnung der Liassandsteine geschieht daher ohne Schwierigkeit. b) Molassesandsteine und Nageilflue. Die kalkigen Sandsteine oder sandigen Kalksteine der Molasse werden zu re- gulären Quadern, zu Thür- und Fensterstöcken, Feldmarken; Meilensteinen u. s. w. verarbeitet. Leider ist ihre Verbreitung auf wenige Lokalitäten (Siessen, Hausen) beschränkt (siehe oben). Die Hausener Steine finden 4 Stunden im Umkreise Anwendung. Die rohen Bruchsteine kosten loco Hausen 12 bis 18 Kreuzer pro Kubikfuss, die behauenen 24 Kreuzer pro Kubikfuss und die Steine zweiter Qualität, welche die Thongallen und Geschiebe einschliessen, 5 bis 6 Gulden pro Klafter. Die sandigen Kalksteine mit Geschieben machen den Ueber- gang zur Nagelflue. Die Nagelflue wird bei Waldsteig, Tau- tenbronn, Einhart und Tafertsweiler in Ermangelung anderer Bausteine technisch benutzt. Sie widersteht den Atmosphärilien gut, nur wenn sie mergeliges, durch Wasser sich erweichendes Bindemittel hat, zerfällt sie bald. 6. Mergelsandsteine. — Treten im braunen Jura und der Molasse auf. Sie gehören zu den schlechtesten Bausteinen, vor deren Anwendung nicht genug gewarnt werden kann. Sie saugen das Wasser ein und leiden dann durch den Frost. Mö- gen sie noch so hart im frischen Anbruche auf der Lagerstätte sein, sie sanden ab, schiefern und zerfallen. Selbst der Verputz vermag sie nicht zu schützen. b. Dolomit in Zusammensetzung und Genesis so durchaus verschieden von den Sandsteinen, ist denselben doch in Bezug auf Bruch und Bearbeitung überaus ähnlich. Der grobkörnige, welcher durch den Einfluss der Atmosphärilien zu Sand zerfällt, ist als Baustein natürlich nicht zu brauchen, dagegen findet der feinkörnige, nicht zu harte Dolomit vielfache Anwendung, namentlich beim Wasser- 455 bau, wozu er wegen seiner grossen Dichtigkeit und geringen Gewichtszunahme unter Wasser ganz geeignet erscheint. Die besten Bausteine liefern der Muschelkalk- und Jura- dolomit, der erstere bei Rangendingen und Bietenhausen, der letztere bei Trochtelfingen, Steinhilben, Gammertingen und Het- tingen in Steinbrüchen aufgeschlossen. Weniger zu empfehlen sind die dolomitischen Mergel (Flammendolomite, Wasserkohle) im Hangenden der Lettenkohle, welche hier und da (Rangendin- gen, Hart, Owingen, Empfingen) benutzt werden. Die zahlrei- chen Klüfte, Drusenräume und Poren füllen sich mit Wasser an, das Wasser gefriert im Winter und treibt das Gestein auseinander. c. Kalksteine. a. Trias- und Jurakalksteine. — Im Allgemeinen sind die reinen Kalksteine als Bausteine die besten, doch scheinen auch die Cohäsionseigenschaften und die stratigraphischen Ver- hältnisse einen wesentlichen Einfluss auf die Brauchbarkeit zu üben. So bekommt der sehr reine, geschichtete Kalkstein des weissen Jura ß schon im Lager durch den blossen Schichten- druck zahlreiche Sprünge, ist also als Baustein nicht zu brau- chen. Zu den guten Bausteinen gehören der Friedrichshaller Kalkstein, die oolithischen Kalksteine des weissen Jura ö und sg, sowie einige Varietäten des dichten Massenkalks. Auch der weitverbreitete und in zahlreichen Steinbrüchen aufgeschlossene Plattenkalk zählt bei mässigem Thongehalt zu den besseren Bau- steinen. Beträgt dagegen der Thongehalt über 5 pÜt., so kön- nen sie erfahrungsmässig nicht mehr im Freien, sondern nur zu Riegelmauern und zum Wasserbau verwendet werden, beträgt der Thongehalt gar über 15 pCt., so verwittern sie sehr schnell zu weichem Kalkmergel. Ganz unbrauchbar sind die Kalkmergel und bituminösen Kalksteine des Lias und braunen Jura. ß. Tertiärer Süsswasserkalk. — Am Hinteren Foh- ren bei Langenenslingen aufgeschlossen. Der Steinbruch gehört der Gemeinde, wird aber von Privaten gegen eine jährliche Pacht von 50 Gulden benutzt. Die bauwürdige 3 bis 6 Fuss mächtige Bank wird zu regulären Quadern, zu Thür- und Fenster- stöcken, zu Treppensteinen, Marksteinen, Wassertrögen u. s. w. verarbeitet. Die Quader werden loco Bruch mit 20 bis 24 Kreu- 456 zer pro Kubikfuss, die 6 bis 7 Zoll starken Platten mit 15 bis 16 Kreuzer pro Quadratfuss bezahlt. x. Alluvialer Süsswasserkalk (Tufistein. — Der Tuffstein dient hauptsächlich zur Ausfüllung der Fachwerke, Aufführung von Kaminen und Herstellung leichter Gewölbe. Die Gewinnung ist vortheilhaft und der Ausdehnung fähig. Zu den wichtigsten Tuffsteinbrüchen gehören die bei Diessen, Hausen und Beerenthal, welche Eigenthum der betreffenden Ge- meinden sind. Für Benutzung des Tuffsteinbruchs bei Diessen wird an die Gemeinde pro Rosslast Tuffstein thalabwärts 1 Gulden, thalauf- wärts 40 Kreuzer bezahlt. Ein Wagen = 2 Rosslast Riegelsteine kostet 1 Gulden 12 Kreuzer bis 1 Gulden ?4 Kreuzer, 1 Schacht- ruthe Quader 4 Gulden 30 Kreuzer bis 1 Gulden 48 Kreuzer zu brechen. Der Tuffsteinbruch bei Hausen wird auf Rechnung der Ge- meinde betrieben. Er liefert jährlich 50 bis 100 zweispännige Wagen Tuffstein und 100 bis 120 zweispännige Wagen Tuff- sand. Der Tuffstein wird loco Bruch mit 4 Gulden 36 Kreuzer, der Tuffsand mit 40 Kreuzer pro zweispännigen Wagen bezahlt. Die Gewinnungskosten betragen nur { Gulden 30 Kreuzer, so dass die jährliche Ausbeute sich auf 200 bis 300 Gulden beläuft. Die meisten Tuffsteine gehen nach Hechingen. Der Fuhrlohn berechnet sich auf 3 Gulden 12 Kreuzer. Der Tuffsteinbruch bei Beerenthal wird von der Gemeinde auf 1 bis 3 Jahre in Pacht gegeben. Zur Zeit des Eisenbahn- baues von Friedrichshafen nach Ulm war der Absatz bedeutend, die jährliche Pacht betrug 400 Gulden und der- Tuffstein wurde loco Beerenthal mit 6 Kreuzer pro Kubikfuss bezahlt. Seit Vollendung der Eisenbahn ist die jährliche Pacht 150 Gulden und der Preis der Tuffsteine auf 3 Kreuzer pro Kubikfuss ge- sunken. Bei der vortheilhaften Lage in der Nähe einer industriel- len, an Bausteinen armen Gegend kann indessen nicht fehlen, dass durch die neue Donaustrasse der Absatz wieder wesentlich wird vermehrt werden. d. Lehm und Sand zu Mauerziegeln, Dachziegeln und feuerfesten Steinen. 4. Lehm zu Mauer- und Dachziegeln. — Die Wohn- häuser und Oekonomiegebäude in den Hohenzollernschen Landen sind fast ohne Ausnahme mit Ziegeln gedeckt. Fast jede Ge- 457 meinde hat ihre Ziegelhütte. Das Material für die Ziegel liefern die tertiäiren und diluvialen Lehmablagerungen auf den breiten Flächen der Lettenkohle, des Jura und der Molasse. Der Lehm kann allerdings zu den besseren Varietäten des Ziegelthons nicht gerechnet werden, ist jedoch bei richtiger Behandlung ganz brauchbar. Den meisten Nachtheil verursacht der Kalkgehalt, welcher beim Brennen durch Entwickelung der Kohlensäure die Ziegel aus einander treibt, die Verglasung befördert und in den schon gebrannten Ziegeln aus der Luft Wasser anzieht. Gut ist es, den Lehm im Herbste zu graben und den Winter hindurch unter freiem Himmel liegen zu lassen. Der kohlensaure Kalk zersetzt dann den stets beigemengten Eisenvitriol, wodurch Gyps und Eisenoxydhydrat entstehen, die nicht merklich nachtheilig sind. Im Uebrigen wird der im Freien überwinterte Lehm mehr aufgelockert und dadurch plastischer und brauchbarer. Die grösste Vorsicht ist beim Brennen nöthig, damit die Ziegel der Vergla- sung so nahe wie möglich gebracht werden, ohne dass die Ver- glasung wirklich eintritt. Die verglasten Ziegel können den Temperaturwechsel nicht ertragen, die zu schwach gebrannten Ziegel saugen das Wasser ein und zerfrieren im Winter. Ge- stattet der Kalkgehalt nur schwaches Brennen, so müssen die Ziegel mit Glasur versehen werden. Ueber den Betrieb und die ökonomischen Verhältnisse der Ziegelbrennereien in den Hohenzollernschen Landen mögen nach- stehende Notizen einige Auskunft geben. Ziegelbrennerei des Werkmeisters Kırn zu Kloster Wald. Der Ziegelofen hat 24 Fuss Höhe, 6 Fuss lichte Weite und 12 Fuss lichte Länge. Das Schürloch ist 15 Zoll breit und 3 Fuss 5 Zoll hoch. Die 1 Fuss starke Brandmauer besteht aus Backsteinen, die 3 Fuss starke Rauchmauer aus Nagelflue von Tautelbronn. Vorbereitung des Thons, Formen und Trocknen der Ziegel. Nachdem der Thon # bis 1 Tag in Wasser ge- standen, so dass alle Theile vom Wasser gehörig durchdrungen sind, wird er auf der Brücke mit der breiten Haue durchschro- ten, dann zum Formen auf die Werkbank gebracht. Die geform- ten Ziegel kommen auf die Trockengestelle.. Die Dachziegel 458 trocknen bei günstiger Witterung (warmem Wind) in 3 bis 4 Tagen, die Mauerziegel in 6 bis 8 Tagen. Einsetzen und Brennen der Ziegel. Der Schürhals wird mit Mösskircher Kalksteinen (weisser Jura 4) locker aufge- führt, der Ofen mit Kalksteinen 5 Fuss hoch gefüllt. Auf die Kalksteine kommen die Mauerziegel, die dicken unten, die schwä- cheren oben, auf die Mauerziegel die Dachziegel, den Schluss bilden zwei Schichten ziemlich geschlossen aufgeführter Mauer- ziegel. Zunächst werden die Ziegel 24 Stunden bei gelindem Feuer (Rauchfeuer) abgedampft, dann bei Vollfeuer 48 bis 60 Stunden gebrannt. Oekonomische Resultate. Ein Ofen enthält 7000 Dachziegel, 4000 Mauerziegel und 60 Scheffel Kalk. Die Dachziegel sind 12 Zoll 5 Linien lang, 6 Zoll breit, 6 Linien dick, die Kaminsteine 10 Zoll 4 Linien lang, 3 Zoll 4 Linien breit, 2 Zoll 2 Linien hoch, die gewöhnlichen Mauer- ziegel 10 Zoll 4 Linien lang, 5 Zoll breit, 2 Zoll 5 Linien dick, Beim Abdampfen gehen 2 Klafter Stumpenholz (?) zu 2 Gul- den, beim Brennen 7 Klafter Scheitholz zu 5 Gulden 35 Kreuzer auf. 60 Scheffel Mösskircher Kalksteine kosten loco Wald 9. Gld. —Kr. Lehmgewinnung für 1000 Stück Ziegel . — „ 15 ,„ Lehmtransport für 1000 Stück Ziegel . . — „ 50, 6 Last Sand für 11000 Stück Ziegel 1425 O An Arbeitslohn für 1000 Stück Ziegel. 3.0 ABIE Verkaufspreis von 1000 Stück Mauerziegel 12 „ — „ Verkaufspreis von 1000 Stück Dachziegel. 10 „ — „ Verkaufspreis von 1 Scheffel Kalk . . . — „ 24 „ Es ist nicht zu verkennen, dass zur Verbesserung der Zie- gelbrennereien Manches geschehen könnte. ß. Sand zu feuerfesten Steinen. — Auf der linken Donauseite bei Thiergarten kommt in Spalten und höhlenartigen Räumen des Massenkalks ein sehr feiner Quarzsand vor, der seit einigen Jahren zur Anfertigung feuerfester Ziegel benutzt wird. Früher wurden die feuerfesten Ziegel von Aalen pro Stück zu 12 Kreuzer incl. der Transportkosten bezogen, wäh- rend die selbst gefertigten Ziegel bei grösserer Dauerhaftigkeit nur 1} Kreuzer pro Stück stehen. Man schlägt zu Thiergarten die jährliche Kostenersparung auf einige Tausend Gulden an. 459 2. Materialien zur Mörtelbereitung. a. Kalksteine zu Luft- und Wasserkalk. a. Der weisse oder Luftkalk wird aus Friedrichshal- ler Kalkstein und den reinen Kalksteinen des weissen Jura ß, 6, e und £ durch Brennen gewonnen. Die Kalkbrennereien sind mit den Ziegeleien verbunden. ß. Der hydraulische Kalk unterscheidet sich dadurch von dem Luftkalk, dass die Kalkerde mit Kieselerde nicht ge- mengt ist, sondern eine chemische zeolithartige Verbindung bil- det, welche unter Wasser erhärtet. Es müssen daher alle Mine- ralien und Gebirgsarten, wie insbesondere Puzzolane, Trass u. s. w., welche die Kieselsäure in löslicher Modifikation (gelatinöse Kie- selsäure) enthalten, mit Kalkbrei hydraulischen Kalk geben. Es können aber auch die mageren, thonhaltigen Kalksteine durch Brennen in Wasserkalk verwandelt werden. Die hydraulischen Eigenschaften bedingt der Gehalt an Thon (wasserhaltige kiesel- saure Thonerde). Der Thongehalt darf nicht unter 10 pCt. und nicht über 30 pCt. betragen. Ist der Thongehalt geringer als 10 pCt., so erfolgt die Erhärtung entweder gar nicht oder doch nur sehr langsam, ist der Thongehalt höher als 30 pCt., so ver- liert der Kalk seine bindende Kraft mit Wasser. Den besten hydraulischen Kalk liefern die mageren Kalksteine, welche aus 3 Theilen kohlensaurem Kalk und 4 Theil Thon zusammen- gesetzt sind. Einen weiteren Einfluss übt die Beschaffenheit des Thons aus. Der Thon muss möglichst fein zertheilt und die Verbindung zwischen Kieselsäure und Thonerde nur schwach sein. Der Thon ist gut, wenn ihm durch Kalilauge ein Theil seiner Kieselerde entzogen wird. Zu den Thonkalksteinen gehören die Numismalismergel, die Spongitenkalke und die Kalkmergel des weissen Jura (. Der Thon ist dem kohlensauren Kalk immer nur mechanisch, daher in veränderlichen Mengen beigemengt, was die hydraulischen Eigenschaften schwankend macht. Ganz vorzüglich hat sich der Spongitenkalk des mittleren weissen Jura von Ringingen bewährt. Sein chemischer Gehalt ist: Kohlensaurer Kalk sr. WU Mar SSIarzazaen Kohlensaure Magnesia . . . . ..... 127 isenos za EN ER SAN EEN 0,82 Thon mit in Salzsäure gelöster Thonerde 20,80 100,00. 460 Er wird in einem gewöhnlichen Ziegelofen, der ca. 40 Schef- fel fasst, 18 bis 40 Stunden bei kleinem Feuer vorsichtig abge- dampft, dann 38 bis 40 Stunden gebrannt und nach dem Bren- nen 3 bis 4 Tage bei geschlossenem Ofen sich selbst überlassen, um abzukühlen. Auf 40 Scheffel gehen 4 bis 44 Klafter Holz. Der gebrannte Kalk wird in Gammertingen gepocht, dann ge- siebt und die Gröbe gemahlen. Der Verkaufspreis ist pro Simri 24 Kreuzer. Grosse Schwierigkeit hat das Brennen, da die thonhaltigen Kalksteine leicht zu einer grauen Schlacke zusammenschmelzen und doch bis zum ersten Grade der Weissglühhitze erhitzt wer- den müssen, ohne dass alle Kohlensäure ausgetrieben werden darf. Es ist daher gut unmittelbar ans Feuer einige Scheffel fetten Kalkstein zu bringen, der auch bei heftiger Weissglühhitze nicht sintert und sich nachher leicht löscht. Eine ähnliche Zusammensetzung wie der Spongitenkalk von Ringingen, hat der sogenannte schwarze Kalk (Arcuaten- und Pentacrinitenkalk) der unteren Liasterrasse. Der schwarze Kalk von Friedrichsstrasse besteht aus kehlensaurem Kalk 2. 2 2. a RAR kohlensaurer Magnesia . . . „2... 0,80 kohlensaurem Eisenoxydul. . . . . 1,92 Thon na ee Ve ee 22 in Salzsäure gelöster Thonerde . . . 0,40 Spuren von kohlensaurem Kali . . . — hygroskopischem Wasser . . . .... 1,20 39,99. In seinen Eigenschaften als Mörtel steht er zwischen dem Luft- und hydraulischen Kalk in der Mitte. Er giebt mit aus- geglühtem Keupersand einen Cement, welcher nach erfolgter Austrocknung das Wasser nicht mehr aufnimmt und sich daher sehr gut zum Wasserbau eignet, insofern er erst nach der Aus- trocknung mit Wasser in Berührung tritt. Als Mörtel für Hoch- bauten, zur Bildung von lufttrockenen Mauersteinen, zur Her- stellung von Ornamenten und als Verputz ist er dem gewöhnli- chen Luftmörtel bei Weitem vorzuziehen. Auch der dichte Muschelkalkdolomit zeigt gebrannt hydrau- lische Eigenschaften. Bei dem Reichthum der Hohenzollernschen Lande an hydrau- lischen Kalksteinen würde eine gewinnreiche fabrikmässige Dar- 461 stellung von Cement im Grossen möglich sein, wenn sich der nöthige Absatz ins Ausland, etwa nach Oesterreich finden sollte. Jedenfalls ist die Sache wichtig genug um näher erwogen zu werden. b. Mörtelsand. Der Sand soll die Continuität des Kalks aufheben, mithin seine Sprödigkeit vermindern und das Springen desselben ver- hindern, überhaupt mit Kalk eine compacte widerstandsfähige Masse bilden. Um diesen Zweck zu erfüllen, muss der Sand aus einem harten Fossil bestehen und von mittlerem, eckigem Korn sein. Der beste Sand ist der Quarzsand, minder gut der Dolo- mitsand. Der Tuffsand sollte nur in Verbindung von mindestens -— Quarzsand angewendet werden. Das Juragebiet ist fast ausschliesslich auf Dolomit- und Tuff- sand angewiesen. Quarzsand findet sich im Molasse- und Keu- pergebiet (Stubensandstein). Sowohl Keuper- als Molassesand sind mit Mergel oder Kao- lin gemengt, müssen daher vor dem Gebrauche geschlämmt wer- den, was auf einfachen Handwäschen geschieht, wie sie bei der Aufbereitung der Bohnerze in Gebrauch sind. 3. Material zum Strassenbau. Anwendung finden der Friedrichshaller Kalkstein, der Mu- schelkalkdolomit, die Liassandsteine, der Kupferfels, die Arcuaten- kalke, der weisse Jura ß, ö, der Massenkalk, der Plattenkalk und die Molassegerölle (Kies). Die Schachtruthe Friedrichshaller Kalkstein kostet im Isen- burger Thal zwischen Horb und Empfingen 28 Kreuzer zu bre- chen, der Transport von hier bis Bittelbronn beträgt pro Schacht- ruthe 1 Gulden 20 Kreuzer, bis zur Landesgrenze gegen Sulz 1 Gulden 2 Kreuzer. Die Gewinnung und Aufbereitung von einer Schachtruthe Kies kommt zu Krauchenwies durchschnittlich auf 1 Gulden 20 Kreuzer, im Oberamt Wald auf 1 bis 3 Gulden, im Oberamt Östrach auf 40 Kreuzer bis 1 Gulden 10 Kreuzer zu stehen. Der geklopfte Kies, welcher aus ausgesuchtem Material besteht und ein gleichmässiges Korn hat, daher sich leicht anlegt und ein regelmässiges Pflaster bildet, kommt höher. Am besten eignen sich zum Beschlagen der Strassen der 462 Friedrichshaller Kalkstein, der Muschelkalkdolomit, der blaue Jura, der dichte kieselerdehaltige Massenkalk und die plutoni- schen Molassegerölle. Im Allgemeinen gehört das Strassenmaterial zu dem minder guten. Wenn sich nichtsdestoweniger die zahlreichen Chausseen mit zum Theil schwierigem Terrain in vortreflichem Zustande befinden, so ist dies der Umsicht und Sorgfalt zuzuschreiben, welche auf ihren Bau verwendet werden. Von besonderem In- teresse in dieser Hinsicht ist die neue im Bau begriffene Donau- strasse von Sigmaringen nach Beuron. VIII. Petrefakten. Um während der brodlosen Zeit des vorigen Jahres Gele- genheit zu einer einträglichen Beschäftigung zu bieten, unterzog sich Herr Faass zu Laufen der mühsamen Aufgabe, Petrefakten- suiten aus dem Jura zum Verkaufe zusammenzustellen. Das Unternehmen war nicht nur von dem grössten Erfolge begleitet, sondern lieferte zugleich schätzenswerthe Beiträge zur genaueren paläontologischen Kenntniss der jurassischen Schichtenreihe. Auch in den Hohenzollernschen Landen dürften sich nnter gleich sachkundiger Leitung gleich günstige Resultate erzielen lassen. Besonders reiche Ausbeute versprechen die Arcuaten- kalke, die Turnerithone (Starzelbett oberhalb Hechingen), der mittlere braune Jura (Beuron, Hohenzollern), die Ornatenthone (Jungingen), der weisse Jura 3 (Hundsrück), die Spongitenkalke (Beerenthal), der Massenkalk (Nollhaus). Um den Suiten mög- lichste Vollständigkeit zu geben, müssen, wie dies auch von Herrn Fraas geschehen, die nur sparsam verbreiteten oder fehlenden Petrefakten anderwärts, wo sie häufig sind, durch Tausch oder Kauf erworben werden. IX. Mineralquellen. 1. Mineralquellen, welche aus der Anhydritgruppe ihren Ursprung nehmen. a. Die Eisensäuerlinge bei Imnau im Eyachthal waren schon zu TABERNAEMoNnTAnNUSs Zeiten in der Mitte des 16. Jahrhunderts bekannt (KLAPrRoTH, v. CRELL’s chemische Annalen, 1792, Band I. Seite 333), scheinen aber erst auf die 463 Empfehlungen von SAMIEL Caspar (Beschreibung des Sauer- brunnens zu Imnau u. s. w. 1733) hin in ausgedehnterer Weise benutzt worden zu sein. Fürst Josern liess im Jahre 1733 die Fürstenquelle und den Casparbrunnen neu fassen und erbaute ein massives, geräumiges Gasthaus zur Aufnahme der auswärti- gen Kurgäste.e In den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts unter Fürst Anton wurden die Gebäude und Anlagen wesent- lich erweitert und verbessert. Viel in dieser Hinsicht ist in neuerer Zeit unter dem gegenwärtigen Besitzer geschehen. So dürfte für die Bequemlichkeit der Badegäste aufs beste gesorgt sein. Das Klima ist mild, die Lage des Bades geschützt, die Umgebung von mehrfachem wissenschaftlichem Interesse, anmu- thig und durch Kunst verschönert, die Wirkung der Heilquellen entschieden. a. Die Fürstenquelle, zum Trinken benutzt, enthält: nach KıeLmEyver nach Car. nach SıGwArT vom Jahre1805 GweLın in in 16 Unzen in 16 Unzen 10000 Theilen Wasser Freie Kohlensäure . . . 1,34Vol. 1,63 Vol. 2Vol. Chlorkaliüm-H34r9: 805 0,00.Gr.2#) 153135 0,00 Gr. Chlornätrium 00074 120.00,45 5, 0,4438 0,425 Chlormagnesium . . . . 0,34 „ 0,0000 0,28 „ Schwefelsaures Kali . . . 0,00 „ 1,1021 Spuren Schwefelsaure Magnesia. . 0,99 „ 0,0000 0,57 Gr. Kohlensaure Magnesia . . 0,00 „ 2,5141 053234; Kohlensaures Eisenoxydul . 0,54 „ 0,0511 0425 Kohlensaures Manganoxydul 0,00 „, 0,0928 0,00 „ Kohlensauren Kalk . . . 6,35 „ 9,1774 6,60 „, Schwefelsauren Kalk. . . Spuren 0,0000 Spuren Kieselerdesan nz BUN VI 027GE8 2041249 0,14 Gr. AlaunerdeiH 107, 144..0720,005, Spuren 0,00 „ TOUCH NR. E0500 Spuren 0,00 „ Organische Materie . . . 0,34 „ Spuren 0,14 „ Die Temperatur der Quelle ist 6 Grad R. bei einer Tem- peratur der Luft von 22} Grad R. im Juni. ß. Der Casparbrunnen, unmittelbar vor dem Gasthause gelegen, wird von fünf verschiedenen Quellen gespeist, deren jede durch einen besonderen steinernen Kasten von 4 Fuss im Quadrat gefasst ist. Nach Sıgwarr enthalten 16 Unzen Wasser: 464 aus Quelle No. I. I. Hiayıdy% Y. Vol. Vol. Vol. Vol, Vol. Freie Kohlensäure . . 1,02 4.47 1,03 1.12 1:49 Gr. Gr. Gr. Gr. Gr. Kohlensaures Eisenoxydul 0,057 0,640 0,086 0,639 0,000 Chlorkalium . . - . 0,000 0,017 0,000 0,017 Spuren Chlornatrium 0,078 0,099 0,095 0,124 0,07 5 Chlormagnesmm 072 0,045 0,079 0,059 0,138 Schwefelsaure Magnesia . 0,416 0,140 0,577 0,415 0,381 Kohlensaure Magnesia . 0,155 0,429 0,572. 0,457 0,336 Kohlensauren Kalk . . 6,630 6,629 7,273 6,313 4,165 Schwefelsauren Kalk. . 0,646 0,487 0,499 0,559 0,157 Kieselerde . . . . » 0,260 0,092 0,268 0,064 0,622 Organische Materie . . 0,542 0,430 0,576 0,445 0,205 "8,808 8,987 10,029 9,063 6,128 Die Temperatur der Quelle ist 7 bis 8 Grad R. bei einer Temperatur der Luft von 224 Grad R. im Juni. x. Die neuen Quellen eine starke Viertelstunde oberhalb Imnau, schon früher benutzt, dann vergessen, im Jahre 1848 von dem jetzigen Badebesitzer neu aufgefunden, gefasst und in unterirdischen Deicheln nach dem Badehause geführt, wo sie un- ter einem Druck von 15 Fuss Höhe ausfliessen. Nach der qua- litativen Untersuchung von CHR. GMELIN enthalten die Quellen ausser einer bedeutenden Menge freier Kohlensäure an löslichen Bestandtheilen: Schwefelsäure, Kalk, Bittererde, Kali, Natron, an unlöslichen: kohlensauren Kalk, geringe Spuren von kohlen- saurer Bittererde, Eisenoxyd, Alaunerde, Kieselerde und Phos- phorsäure.. Von den anderen Quellen unterscheiden sie sich durch einen namhaften Gehalt an Gyps. Die vorzüglichste Wirkung äussern die Imnauer Säuerlinge auf Krankheiten, welche auf Schwäche beruhen. Zur wesentlichen Unterstützung der Kur dienen in vier Ka- binetten eingerichtete Douschen, worunter zwei warme. Die Badeeinrichtung enthält 22 Badewannen mit Hähnen in 44 Kabinetten. Mit der Trinkkur ist eine Molkenanstalt verbunden (QuEn- sTEDT, das Bad Imnau u. s. w. 1849). b. Eisensäuerlinge bei der Baumwollspinnerei zu Karlsthal im Eyachthal, zwischen Imnau und Haigerloch. Um für den Betrieb der Baumwollspinnerei zu Karlsthal 465 eine grössere Wasserkraft zu gewinnen, wurde in unmittelbarer Nähe der Fabrik am rechten Eyachgehänge zu Bohrversuchen geschritten und bei dieser Gelegenheit im Jahre 1845 in einer Tiefe von 148 Fuss ein Mineralwasser erbohrt, welches in dem Rohre bis ca. 12 Fuss unter der Hängebank des Bohrlochs oder bis zum ungefähren Niveau des Eyachspiegels aufstieg. Es ist ein Eisensäuerling, dessen Gehalt an kohlensaurem Eisenoxydul grösser als der irgend einer andern Quelle (Pyrmont, Boulogne, Röthen) ist. Zu einer eigentlichen Fassung der Quelle ist es bis jetzt nicht gekommen und daher kein endgültiges Urtheil über das Wasser festzustellen. Seit 1852 hat sich die Königliche Regierung für die Angelegenheit interessirt und sind entschei- dende Schritte zu gewärtigen. In 16 Unzen Karlsthaler Mineralwasser sind enthalten Nach SIGwarrt: Analyse No. I. Dr Freie Kohlensäure . . . 1Vol. 1,194 Vol. Schwefelsaures Natron . . 28,790Gr. 55,42 Gr. Chlornatrium.. 1.71.91. 97060, 352 Bil; Schwefelsaures Kali . . 0,000 „ 0,15 „ Schwefelsaure Magnesia . 9,920 „ 2180, Chlormagnesium . . » . 0,000 „ 1,56 ,, Schwefelsaure Kalkerde . 4,841 „ Se Kohlensaure Kalkerde . . 9,676 „ 3,84 „ Kohlensaure Magnesia . . 0,000 „ 300% Kohlensaures Eisenoxydul. 1,105 „ a, 74,038Gr. 105,67 Gr. Nach MITscHERLICH: an löslichen Bestandtheilen: an unlöslichen Bestandtheilen (Bodensatz): Schwefelsaures Natron 35,02 Kieselsäure . . . . 1,30 Chlornatrium . . . 5,68 Eisenoxydhydrat . . 1,35 Schwefelsaures Kali . 0,53 Kohlensaure Kalkerde 0,61 Schwefels. Kalkerde . 1,53 77336 Schwefels. Magnesia . 2.91 Kohlensaure Kalkerde 7,21 Kohlensaure Magnesia 4,99 Kohlens. Eisenoxydul 4,76 Kohlensaures Natron . 0,00 62,63. 466 Die abweichenden Resultate der verschiedenen Analysen dürften sich aus der unvollständigen, fremdem Wasser Zutritt gestattenden Fassung der Quelle erklären. Die Quelle liefert in 15 bis 18 Minuten 40 Maass = 64 Quart Wasser. Das specifische Gewicht des Wassers ist — 1.0043. Die Temperatur des 65 Fuss tief aus dem Rohre geholten Wassers beträgt + 8 Grad R. bei einer Temperatur der Luft von 11 Grad. ce. Schwefelquelle bei Glatt, entspringt eine halbe Viertelstunde südlich (bor. *) von Glatt im sogenannten Thäle ca. 60 Fuss über dem Neckarspiegel. Sie ist gefasst und in unterirdischen Deicheln bis Glatt geführt, wo sie zu warmen Bädern von den Einwohnern benutzt wird. 2. Zu den Mineralquellen, welche aus dem oberen Lias (Posidonienschiefer) ihren Ursprung nehmen, gehören die von Dr. KoLLer im Jahre 1835 entdeckten Schwe- felquellen von Hechingen, die Friedrichs- und Con- stantinsquelle. Sie entspringen hart auf der nordöstlichen Landesgrenze an der Strasse von Hechingen nach Tübingen. Zwischen beiden dehnt sich der 1582 pariser Fuss über dem Meere gelegene Butzensee aus, welcher als grosses Laugereservoir zu betrachten ist und mit den Quellen in Beziehung stehen dürfte. Nach WILAELM MAURER (Inauguraldissertation, Tübingen 1838) sind in 16 Unzen Mineralwasser von Hechingen ent- halten: Chlormagnesiuim . . » » .. . 0,5181Gr. Schwefelsaure Bittererde. . . . 1,4971 „ Schwefelsaures Natron . . . . 3,4821 „ Schwefelsaures Kali . . - . . 0,0187 „ Schwefelsaure Kalkerde . -. . . 0,2167 „ Kohlensaure Kalkerde. . . . . 3,0878 „ Kohlensaure Bittererde . . . . 1,2296 „ Kieselerde . » 2m. IE en 0 13T Schwefel. ci... 0,5625 „ Kohlensaures Gas . . . .» an näher bestimmt 10,7499 Gr. 467 Bemerkenswerth ist, dass Professor SIGwART in den kaum + Stunde entfernten Quellen von Sebastiansweiler die Anwesen- heit von Jod nachgewiesen hat (siehe oben). Die Friedrichsquelle liefert in 24 Stunden 13 württemberg. Eimer, die Constantinsquelle in 24 Stunden 47 württemberg. Eimer Wasser. Die Temperatur der Quellen ist ziemlich constant 8 bis 9 Grad R. Zum Gebrauche des Badens wird das Wasser jeden Morgen früh von den Quellen nach der von Dr. KoLLER errichteten Badeanstalt geführt, welche nebst Wohnung für die Kurgäste 16 Badekabinette und die nöthigen Einrichtungen zu Dousche-, russischen und anderen Dampfbädern enthält. Das zum Trinken bestimmte Wasser wird unter dem Wasser- spiegel in Flaschen gefasst. Die Wirkung des Wassers ist bei Haut- und Unterleibs- krankheiten, bei rheumatischen und gichtischen Leiden eine ent- schiedene. ER, Einfluss des geognostisch-orographisehen Ver- haltens auf Agricultur und Forstwirthschaft. Die Kulturfähigkeit eines Landes ist durch das mathemati- sche Klima, das physische Klima und den Boden bedingt. Ueber das mathematische Klima entscheidet die geographische Lage, über das physische Klima und den Boden wesentlich der orogra- phisch-geognostische Bau des Landes. I. Das Klima. 1. Allgemeine klimatische Verhältnisse. Die Gebirgsterrassen mit ihrer verschiedenen Höhenlage und geognostischen Zusammensetzung, sowie die äusseren klimatischen Einflüsse des Schwarzwaldes im Nordwesten, des Bodensees im Süden lassen einen festen Maassstab für die meteorologischen Verhältnisse der Hohenzollernschen Lande nicht gewinnen. Im Allgemeinen ist das Klima ein strenges, zwar kommt der Spelz (Dinkel) fast überall fort, aber die Weinrebe reift nur in den Gärten der milderen Lagen. Die warme Jahreszeit dauert vom Juni bis Ende August. Die Alp, der rauhste Landestheil, ist Zeits. d.d.geol.Ges. VIU. 3. 31 ‚468 im Winter 6 bis 7 Monate mit Schnee bedeckt, im Sommer bei Windstille mit einer brennend heissen Luftschicht, erzeugt durch die von dem trocknen weissen Kalkboden glühend zurückgewor- fenen Sonnenstrahlen. Aehnlich verhält sich das Muschelkalk- plateau am Rande des Schwarzwaldes. Der südliche Landestheil leidet viel durch dichte kalte Nebel, die eine Folge der Ausdün- stung der sogenannten Riede der Molasseebene sind. Gewitter- wolken ziehen sich gern am Steilabfall der Alp und um den Gipfel des Hohenzoller zusammen. Das Alpplateau ist häufig von Hagelschlägen heimgesucht. Genaue meteorologische Beobachtungen über Thermometer- und Barometerstand, Windverhältnisse u. s. w., fehlen bis jetzt, indessen geben die seit länger als 25 Jahren angestellten, sehr umfassenden Beobachtungen des Herrn Professor TH, PLIENIN- GER über die Witterungsverhältnisse in Württemberg manchen Aufschluss, 2. Hydraulische Verhältnisse. Die atmosphärischen Dünste, welche sich auf den breiten Stufen der Trias, des Jura und der Molasse als Regen, Nebel, Thau, Reif und Schnee niederschlagen, sind alleinige Ursache der Quellenbildung. Im Molassegebiet geben die ausgedehnten Waldungen das ganze Jahr hindurch zu reichlichen atmosphärischen Niederschlä- gen Veranlassung, auf der undurchlassenden diluvialen Lehm- bedeckung kehrt indessen der grösste Theil dieser Niederschläge durch Verdunstung wieder in die Atmosphäre zurück und nur der kleinste Theil derselben vermag sich zu Quellen zu eoncen- triren, welche vereinigt als Bäche aus den Torfmooren hervor- treten, um von der Donau im Norden, dem Rhein resp. Boden- see im Süden aufgenommen zu werden. In jeder Beziehung anders verhält sich das Juraplateau. Ausgedehnte Wälder, welche die Condensation der atmosphäri- schen Dünste bewirken könnten, sind nicht vorhanden, und die Temperatur ist während der Sommerzeit in Folge der Boden- beschaffenheit nicht merklich verschieden von der Temperatur der angrenzenden Niederungen. Die atmosphärischen Nieder- schläge sind daher im Allgemeinen auf die periodischen, an die Jahreszeiten geknüpften Niederschläge beschränkt. Dazu kommt, dass die wässerigen Niederschläge sofort durch die zahlreichen 469 Klüfte und Höhlen der Kalksteine niedersinken, um erst auf den Thonkalken des unteren, mittleren und oberen weissen Jura oder in der Sohle der an 300 Fuss tief eingeschnittenen Hauptfluss- thäler wieder zu Tage zu treten. Nur wo sich diluviale Lehm- ablagerungen verbreitet finden, vermag sich das Wasser länger zu halten. Dem zu allen Zeiten drückenden, nicht selten zu einer wahren Calamität sich steigernden Wassermangel ist schwer. ab- zuhelfen. Einige Orte, wie Hornstein und Frohnstetten, welche an den Thalrändern liegen, sind mit Druckpumpen versehen, an- dere stehen durch unterirdische Deicheln mit benachbarten Ge- genden in Verbindung oder haben Vorkehrungen zum Auffangen der Meteorwasser. Zur Erbohrung artesischer Brunnen dürften alle die Bedingungen fehlen, ohne welche auf einen glücklichen Erfolg nicht zu rechnen ist. Die hydraulischen Verhältnisse des Muschelkalkplateaus sind von denen des Juraplateaus nur in sofern verschieden, als die undurchlassende Schichtendecke (Lettenkohle und Pu malelun) eine verhältnissmässig grössere Verbreitung hat. Der ganz entgegengesetzte Charakter der Molasseebene und des Kalksteinplateaus findet sich vereinigt in den rasch aufeinan- der folgenden, mehr oder weniger ausgedehnten Sandsteinstufen des Keupers, Lias und braunen Jura. Bewirken die Tannenwäl- der des Keupers und braunen Jura eine stete Condensation der atmosphärischen Dünste, so lassen die Sandsteinstufen, gleich einem natürlichen Filter, die Niederschläge bis auf die Thone im Liegenden durchsickern, wo sie in zahlreichen Quellen hervor- brechen. Die Quellen speisen die vom Steilabfall der Alp herab- kommenden Bäche, die Bäche mit ihren ausgebreiteten Wurzeln wachsen schnell zu starken Flüssen an, die mit dem Neckar sich vereinigen. I. Boden. Die Vegetabilien bestehen aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasser- stoff, Stickstoff und verschiedenen mineralischen Stoffen, deren gewöhnlichste schwefelsaures, phosphorsaures und. kieselsaures Kali, Chlorkalium und -Natrium, kohlensaurer und phosphorsau- rer Kalk und Bittererde, Eisen- und Manganoxyd sind. Die Atmosphärilien liefern Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasser- stoff und Stickstoff, der Boden die mineralischen Bestandtheile in wässeriger Lösung. Der Boden ist daher als Standort und Nah- ar 470 rungsquelle der Pflanzen von vielleicht grösster Wichtigkeit für Land- und Forstwirthschaft. Auf die Bildung und Beschaffenheit des Bodens übt die che- mische Zusammensetzung des Grundgebirges einen grossen Ein- fluss aus. 1. Chemische Zusammensetzung des Grundgebirges. CH. GMELIN hat im Jahre 1827 sämmtliche Kalksteinfor- mationen Schwabens auf alle Bestandtheile mit Ausnahme der Alkalien chemisch untersucht. Auf diese wichtigen Analysen, deren Resultate in den „naturwissenschaftlichen Abhandlungen von einer Gesellschaft in Württemberg‘ abgedruckt sind, mag hier verwiesen werden. Die Gebirgsarten der Trias, des Jura und der Molasse beste- hen wesentlich aus Kieselerde, Thonerde, Kalkerde und Bittererde. Die Kieselerde kommt als solche (bunter Sandstein, Letten- kohle, Keuper, Lias, brauner Jura, Molasse) und in Verbindung mit Erden und Alkalien vor. Die Thonerde, stets mit Kieselerde und Wasser in verschie- denen Verhältnissen verbunden, bildet die sogenannten Thone, welche theils für sich, theils mit kohlensaurem Kalk u. s. w. mechanisch gemengt als Kalk- und Thonmergel auftreten. Die grösste Mächtigkeit und ausgedehnteste Verbreitung erreichen die Thone und Mergel im Gebiet der Trias, des schwarzen und braunen Jura. Kalkerde und Bittererde finden sich vorzugsweise als Car- bonat. Kohlensaure Kalkerde setzt den oberen weissen Jura vor- zugsweise zusammen und bildet mit kohlensaurer Bittererde einen der wesentlichsten Bestandtheile der Trias. Ausser als Carbonat tritt die Kalkerde als Gyps in der Anhydritgruppe und im un- teren Keuper mächtig, aber in nur geringer Oberflächenverbrei- tung auf. Zu den wesentlichen Bestandtheilen gesellen sich als unter- geordnet die Carbonate von Eisen, Mangan, Kali und Natron, Schwefeleisen, Spuren von phosphorsaurem Eisen und Chlor- metallen. Kohlensaures Eisenoxydul und Schwefeleisen charakterisiren die Schichten des Wellendolomits, der Lettenkohle, des Lias und des braunen Jura. Der Schwefelkies ist wohl die hauptsäch- lichste Veranlassung zu den sekundären Schwefelverbindungen 471 (Alaunerde, Glaubersalz, Bittersalz und Gyps), welche in der Lettenkohle, im Lias (Posidonienschiefer) sich finden. Der Her- gang beruht auf der Geneigtheit des Schwefelkieses sich zu schwefelsaurem Eisenoxydul zu oxydiren und der Zersetzung desselben durch kohlensaure Alkalien und Erden unter Bildung von Eisenoxydhydrat und schwefelsauren Salzen. Das Mangan ist der getreue Begleiter des Eisens, aber fast immer in nur geringer Menge vorhanden. Chlornatrium bildet mächtige, aber nirgends zu Tage tre- tende Einlagerungen in der Anhydritgruppe. Ausserdem finden sich die Alkalien (Kali und Natron) in nur geringen Mengen, aber allgemein durch die ganze Schichtenreihe der Trias, des Jura und der Molasse verbreitet. Ueber den Gehalt der Kalk- steine an Alkalien und Phosphorsäure giebt die von der medi- cinischen Fakultät in Tübingen gekrönte Preisschrift des Herrn THEODOR SCHRAMM, welche sich im Auszug in den württemb. naturwissenschaftl. Jahresheften, Jahrgang V. Seite 56 u. f. ab- gedruckt findet, näheren Aufschluss. Die Resultate sind folgende: In 100 Theilen sind enth. an I. Muschelkalk. a 1) Unterster Wellendolomit von Wittlensweiler bei Freudenstadt . . . . ra er 0120238 2) Oberer Wellendolomit von aath. a 3) Wellenkalk von Egenhausen . . . 2 2273210:3099: 4) Zellenkalk von Aach (Ankydrtigrüppe) 7 2000,00 5) Mittlerer Muschelkalk von Rottwel . . . . 0,4770. 6) Mittlerer Muschelkalk von Dornstetten . . 0,4348. 7) Dolomit. Muschelkalk , von wärs türkheim =. =, 2.050093- 8) Encrinitenkalk von Kitchen an der jagt: . 0,5000. 9) Dünngeschichteter Kalkstein von Wilhelmsglück 0,4172. 10) Oberer grobgeschichteter Muschelkalk von Un- tertürkheim. . . 0,4525. 11) Oberster Müschelkalk mit Boneben) von ie Keine. Rn 0,4263. 12) Oberer poröser elanit: Kalk aus ie Tiättene kohlenformation von Ludwigsburg . . » . . 0,6250. 13) Kalk, auf der Lettenkohlenformation aufliegend, von‘ Kornwestheim 8. Krabat Rn 0,5053. Jura die geringste Menge (0,14 pCt.) enthält betr In 100 Theilen II. Keuper. Grüner Mergel ge > vom Spitzberg bei Tübingen a Blauer Mergel von a #5 Tübingen : Rother Mergel ebendaher . Leberkies vom Bopser bei Stuttgart Keuperdolomit von Stuttgart . II. Lias, Psilonotusbank (Lias a) von Nellingen Sandbank (Lias «) von Neuhaus auf den Fildern Numismalismergel (Lias «) von Dusslingen bei Tübingen a Posidon' Eike (Lias e) von Boll . Jurensismergel (Lias £) von Metzingen IV. Brauner Jura. Unterster brauner Jura von Metzingen Eisenoolith von Aalen . V, Weisser Jura. Unterer weisser Jura von Urach Mittlerer weisser Jura von Urach . Oberer weisser dolomitischer Jura von Urach Oberer röthlicher dichter Jura von Insiberg Oberer gelber dichter Jura von St. Florian bei Metzingen . . - Korallenkalk von Nattheim Oberer weisser Jura Ver ee von Böhmenkirch sind enth. an alkal. Salzen. 0,3027. 0,4175. 0,3909. 0,6888. 0,4051. 0,5396. 0,3939. 0,2051. 0,1149. 0,4054. 0,4775. 0,4338. 0,4090. 0,4441. 0,2449. 0,1603. 0,11717. 0,13926. 0,1416. Demnach kommen in allen untersuchten Kalksteinarten der Trias und des Jura Kali und Natron vor und zwar nimmt der Alkaligehalt im Allgemeinen von unten nach oben ab, so dass der Wellendolomit die grösste (bis 1,2 pÜCt.), der obere weisse Im Durchschnitt ägt der Alkaligehalt 0,1 bis 0,3 pCt. Der auffallend geringe Gehalt der Posidonienschiefer an alkalischen Salzen erklärt sich durch vorangegangene Auslaugung. Die Kali- und Natronmengen stehen im Verhältniss von 473 1:2. Nur die Kalke des oberen weissen Jura enthalten gleich- viel Kali und Natron oder überwiegend Kali. Die Alkalien sind hauptsächlich an Kohlensäure, in nur geringer Menge an Chlor gebunden. Im Wellendolomit, im Friedrichshaller Kalkstein, im rothen Keupermergel und unteren schwarzen Jura lassen sich die Chlorsalze noch quantitativ be- stimmen, dagegen in allen übrigen Schichten entweder gar nicht oder doch nur in Spuren nachweisen. Von Phosphorsäure finden sich nur Spuren ohne Zweifel an Eisen gebunden. So enthalten die Trias, der Jura und die Molasse zwar alle mineralischen Stoffe, welche zur Ernährung der Pflanzen erfor- derlich sind, einige aber in nur geringer Menge. Zu letzteren gehören namentlich die phosphorsauren und alkalischen Salze, wel- che für viele Pflanzen, insbesondere für die Halmgetreidearten, in deren sämmtlichen Organen sie vorkommen, ein so wesent- liches Bedürfniss sind. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die bei der Analyse verschwindenden oder doch nur qualitativ nachweisbaren, jedenfalls untergeordneten Bestandtheile, insofern sie allgemein verbreitet, quantitativ zu unerwarteten Zahlen an- wachsen und Grosses zu bewirken vermögen. So mögen denn auch die phosphorsauren und alkalischen Salze im Trias- und Juragebirge eine grössere Rolle spielen als analytisch nachzu- weisen ist. 2. Bildung der Ackerkrume. Die Ackerkrume entsteht durch Zersetzung des anstehenden Gesteins oder Grundgebirges, bewirkt durch den ununterbroche- nen theils, chemischen, theils mechanischen Einfluss der Atmo- . sphärilien und durch Menschenhand. Die Stärke der Ackerkrume oder die Mächtigkeit ihrer Bildung hängt daher zunächst von der Zerstörbarkeit des Grundgebirges ab. Zu den sehr schwer zerstörbaren Gebirgsarten gehören der Friedrichshaller Kalkstein, der Muschelkalkdolomit, die Steinmergel des Lias und braunen Jura, die bituminösen Mergelschiefer (Posidonienschiefer) und der dichte Massenkalk. Wo diese Gebirgsarten das Tagegebirge bilden, finden sich öde Felder, auf denen Vegetabilien nicht ge- deihen können. Glücklicher Weise haben diese Gebirgsarten in den Hohenzollernschen Landen eine verhältnissmässig nur ge- ringe oberflächliche Verbreitung oder sind von tertiären oder 474 diluvialen Ablagerungen bedeckt. Selbst das Plateau der Alp ist grösstentheils mit kulturfähigem Boden versehen. Einen wei- teren Einfluss auf die Bildung der Ackerkrume hat das orogra- phische Verhalten. Der Cultur günstig sind Lettenkohle, Lias, weisser Jura und Molasse mit ihren sanft gegen Südosten abfal- lenden Terrassen, weniger günstig der vorzugsweise vertikal ent- wickelte Keuper und braune Jura, ganz unzugänglich der Steil- abfall des unteren weissen Jura, die Thalgehänge des Massen- kalks und Friedrichshaller Kalksteins. 3. Beschaffenheit der Ackerkrume. Wie das Grundgebirge als wesentliche Bestandtheile nur Kieselerde, Thonerde, kohlensauren Kalk und Bittererde aufzu- weisen hat, so die Ackerkrume. Gleichwohl zeigt die Acker- krume je nach der Qualität und den Mengenverhältnissen dieser Bestandtheile eine ausserordentliche Verschiedenheit. Im Allge- meinen lassen sich Sand-, Thon-, Kalk-, Mergel- und Lehmboden unterscheiden. a. Sandboden. Einen mit Thon, Kalk und Mergel mehr oder weniger ge- mengten Sandboden haben die Keuperstufen, der braune Jura ß und ein Theil der Molasseebene aufzuweisen. Der Sandboden besitzt unter allen Bodenarten das geringste Absorbtionsvermögen und die geringste Consistenz, trocknet schnell aus, ist hitzig und pflegt daher vorzugsweise der Waldkultur überwiesen zn sein. Die Wälder erhalten den an und für sich sterilen Boden stets feucht und ihr schützendes Dach hindert die Blosslegung der nur wenig mächtigen Krume an den steilen Gehängen des Keupers und braunen Juras. Am besten gedei- hen die Nadelhölzer und unter diesen die Fichte, b. Thonboden. Einen eisen- und etwas bittererdehaltigen, im Uebrigen ziem- lich reinen Thonboden besitzt der Lias y, der braune Jura a, s und L. Der Thonboden zieht bekanntlich das Wasser sehr stark an, hält es aber auch stark zurück, daher er ein schweres und kaltes Land giebt. Beim Austrocknen zieht er sich zusammen, reisst und wird sehr hart. Bei oft wiederholter, tiefgreifender 475 Bearbeitung, starker Düngung und Auffahrung von Kalkmergel oder besser Aetzkalk eignet er sich sehr gut zum Anbau ge- wisser Nutzpflanzen, namentlich des Winterweizens. c. Kalkboden. Ein bedeutendes Areal sowohl auf dem Muschelkalk als Juraplateau nimmt der Kalkboden ein. Der untere weisse Jura, welcher das Heufeld constituirt, trägt einen reinen, der Platten- kalk einen etwas thonigen, der Muschelkalk einen dolomitischen (bittererdehaltigen) Kalkboden. Der Kalkboden ruht meist auf kleineren und grösseren Gesteinsbruchstücken, welche beim Pflü- gen zum Vorschein kommen, die kleineren mengen sich unter die Ackerkrume, die grösseren bedecken sie. Wer zum ersten Male die mit Steinen förmlich übersäten Aecker sieht, gewinnt eine ungünstige Meinung von dem Fleisse des Landmanns, aber bei Lichte besehen sind diese Steine sehr nützlich, indem sie den leichten Boden verdichten, die Feuchtigkeit erhalten und Schutz gegen den Wind gewähren. Mit der gänzlichen Entfer- nung derselben würde dem Landmann wenig gedient sein und er sich am Ende, wie die Ausländer bei Syrakus, von denen PLiınıus erzählt, gezwungen sehen, die Steine wieder auf die Felder zurückzutragen, wenn die Natur nicht selbst dafür sorgte. Trockenheit und Dürre, die Hauptnachtheile des Kalkbodens, sind bei dem durchlassenden Untergrund besonders empfindlich und steigern sich in regenarmen Jahren zu einer wahren Calamität. Mit der Trockenheit steht die hitzige und zehrende Eigenschaft des Kalkbodens in Zusammenhang. Nur starke Düngung vermag befriedigenden Ertrag von Futtergewächsen und Getreide zu er- zwingen. Unter den Futtergewächsen gedeiht ganz besonders gut die Esparsette. Unter den Hölzern sind die Laubhölzer — Bu- chen, Birken, Eschen, Erlen, Aspen und Saalen vorherrschend, doch auch die Kiefer häufig. d. Mergelboden. Der Mergelboden ist, wenn nicht beschränkt, doch vorzugs- weise im Keupergebiet verbreitet. Er steht in seinen Eigen- schaften zwischen Thon- und Kalkboden und gilt im Allgemei- nen als der Vegetation günstig. - 476 e. Lehmboden. Diluvialer Lehmboden bedeckt die beiden Flächen der Let- tenkohle, des Lias, des weissen Jura und der Molasse in grosser Ausdehnung. Er besteht aus gelb und braun gefärbtem Thon, aus Sand und Kalk. Nicht selten sind die Bestandtheile in glei- chen Mengen vorhanden. Die Grundlage bildet immer der Thon, welcher, dicht und gebunden, das Wasser und die Dungstoffe zurückhält, der Sand lockert den dichten Thonboden auf; der Kalk verbreitet die Feuchtigkeit und gelösten Dungstoffe gleich- mässig durch die Ackerkrume, hält dieselbe warm und vermehrt ihre Zartheit und Fettigkeit. Auf einem solchen Boden ‚gedeihen fast alle Nutzpflanzen und es bedarf keiner künstlichen Mittel oder einer besonderen Auswahl des Düngers, um die grösste Ertragsfähigkeit zu erzielen. Das Mengenverhältniss der wesent- lichen Bestandtheile und mit ihm die Fruchtbarkeit und Ertrags- fähigkeit des Lehmbodens ist indessen vielfachen Schwankungen unterworfen. Im Allgemeinen unterscheidet man einen strengen und milden Lehmboden. Der strenge Lehmboden mit vorherr- schendem Thongehalt ist schwierig zu bearbeiten, ist kalt, über- haupt minder gut als der milde Lehmboden mit 10 bis 30 pCt. Kalkerde. Ein sumpfiger humoser, nur sauere Gräser erzeugender Bo- den nimmt die Thalsohlen des Alpplateaus und insbesondere der Molasseebene überall da ein, wo nicht die Kunst ihren wohlthä- tigen Einfluss geübt hat. 4. Verbesserung der Ackerkrume. Abgesehen von der Verbesserung des Bodens durch Misch- erden, wozu im Trias- und Juragebiet so viel Gelegenheit gebo- ten ist, gehören Aetzkalk, Gyps und Hallerde zu den gewöhn- lichsten und vorzüglichsten mineralischen Düngstoffen. Der Aetzkalk übt einen wohlthätigen kräftigen Einfluss ins- besondere auf Torfboden und kalklosen, kalten, schweren Thon- boden aus. Eine gleichzeitig starke Düngung ist indessen Bedin- gung seiner Wirkung. Auf gekalktem, stark gedüngtem Boden gedeihen Erbsen, Wicken, Klee, Raps und die Körnerfrüchte vor- trefllich; nach Puyıs verdoppelt sich der Ertrag des Wintergetrei- des. Auf feuchten und sumpfigen Wiesen zerstört der aufgestreute Kalk Binsen, Seggen, Schilf, überhaupt die sauren Pflanzen, wäh- rend er das Wachsthum der süssen Gräser .und Kräuter befördert. 477 | Ueber die Wirkungen des Kalks herrschen verschiedene Meinungen, jedenfalls ist dieselbe mehr chemischer als mechani- scher Art und besteht namentlich in Beschleunigung der Um- wandlung organischer Stoffe zu Humus und in der Zersetzung von Thonerde und Alkalisilikat, wodurch die für den Beginn jeder neuen Vegetation unumgänglich nothwendigen Alkalien frei werden. Der Gyps hat zwar eine nicht so allgemeine Wirkung auf das Gedeihen der Pflanzen wie der Aetzkalk, aber sein Einfluss auf gewisse Pflanzen, namentlich aus der Familie der Legumi- nosen (Luzerne, Rotlıklee, Esparsette u. s. w.) ist um so be- trächtlicher. Seine grösste Wirkung zeigt der Gyps auf Thon- Sand- und Lehmboden, nach Arrnur YounG hauptsächlich auf Kalkboden, verlangt aber, wie der Aetzkalk, starken Dünger. In den Hohenzollernschen Landen wird der Gyps auf Kalk- und Lehmboden (Muschelkalk- und Juraplateau) mit gleich ausge- zeichnetem Erfolge angewendet, Die Ansichten über die Wirkungen des Gypses laufen noch weiter auseinander als die über die Wirkungen des Aetzkalks. Nach Gasparın und BouvssisGAuLt ist der Gyps kein notlı- wendiges Nahrungsmittel der Leguminosen, nach LIEBIG dient derselbe nur zur Fixirung des Ammoniaks der Atmosphäre; nach BoussinGauLT wird der Gyps durch organische Stoffe zu schwefligsaurem Kalk reducirt, der schwefligsaure Kalk bildet unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff mit der Kohlensäure der kohlensäurehaltigen Wasser kohlensauren Kalk, der in wässri- ger Lösung in die Organe der Pflanzen übergeht. Einen noch wirksameren und zugleich allgemeineren Einfluss als der Gyps übt die Hallerde (salzhaltiger 'Thongyps) auf das Gedeihen der Pflanzen aus. 5. Resultat. Als Hauptresultat ergiebt sich, dass die Hohenzollernschen Lande einen im Allgemeinen zwar fruchtbaren, aber starker Düngung bedürftigen Boden aufzuweisen haben, daher die Cultur der Wiesen, die. Melioration resp. Entwässerung der ausgedehn- ten Torfmoore (Riede) des Molassegebiets und der Anbau von Futterkräutern zu begünstigen ist, um einen möglichst zahlrei- chen Viehstand ernähren zu können. 478 6. Einfluss des geognostisch-orographischen Ver- haltens auf den Wenschen, Von welchem Einfluss das geognostisch-orographische Ver- halten des Bodens auf den menschlichen Organismus ist, geht wohl zur Genüge aus den Beobachtungen von ESCHERICH, RIEDLE, FALK und Anderen hervor, ungleich grösser aber ist der Einfluss auf die Richtung und Entwickelung des mensch- lichen Geistes, ja so weit greifend, dass Männer wie ALEXANDER v. Humgorpr, L. v. Buch, Rırter, BotvE, ELIE DE Beav- MONT und BuckLAND in der geognostischen Beschaffenheit des Bodens den Schlüssel zur Geschichte und Zukunft der Bewohner erblicken. Es mag daher seinen guten Grund haben, dass das an Umfang zwar kleine, aber geognostisch mannigfaltig zusam- mengesetzte und vielseitig anregende südwestliche Deutschland nicht nur eine unverhältnissmässig grosse Anzahl ausgezeichneter Männer in allen Zweigen des menschlichen Wissens und Kön- nens, Dichter, Philosophen u. s. w. aufzuweisen hat, sondern auch die Wiege zweier der edelsten und grössten Königsgeschlech- ter ist, der Hohenstaufen und Hohenzollern. Inhaltsverzeichniss zu vorstehendem Aufsatze, ApEmleitung. ZIEH KENT SE 331 B. Lage, Grösse und Gestalt der beiden Fürstenthümer Hohenzol- lern-Hechingen und Sigmaringen. .. . . . 33 C. Orographisch - geognostische Dreitheilung Auen Deutschlands und der Hohenzollernschen Lande... ... . 332 D. Allgemeine geognostisch-orographische Beschreibung . . . . . 333 INDEIMTESEN EEE EEE TEEN Be Re 333 4. Der Dpnlte Sandstent el Ey: I 2 7 Re 334 2. Der Muschelkalk 12 2 m 22 72 2 SEE 339 Geognostische Abgrenzung des Muschelkalks gegen den bun- Ten" Sandstein. 2 En Ser ER . 339 Geognostische Abgrenzung des Muschelkalks gegen "ae Konper Sursee Tee ER SEE 336 Verbreitung und en Verhalten des Muschelkalks 336 Höhenlage des Muschelkalks. . _ . . . . 2 2. 0 u 339 Streichen und Fallen der Schichten . .»....... 340 Gliederung des Muschelkalks . . . . . een el a. Der untere Muschelkalkk . . . : 2... EEE OS R EAN 479 Seite “a. Wellendolomit, Wellenthone und Wellenkalk . . . . 340 Pi, Ambydritsruppese. u. RE nalen. 342 b. Der mittlere Muschelkalk . . . 2 » 2 2 2 2 2 2 2 0. 346 t- Friedrichshaller Kalkstein . . ». ». 2. 2 2 2 2 2 00. 346 DOLOMITI IE REN Dre Be 390 c. Der obere Muschelkalk (Lettenkohlengruppe) . » » - » 31 e. Lettenkohlensandstein.. . . . . Ebbe 3l €. Lettenkohlendolomit . » 2 2 2 2 0 2 en 0 2 ne. 352 Rückblick . ..... TE EROEIETREE 358 Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des Muschelkalks in Schwaben . . » 2. 2 2 2 2 2 2 2.0. . 356 re Deniakleuperi en 0 ne Ne ecke . 359 Geognostische Abgrenzung des Keupers gegen den Dias, .. 399 Verbreitung und orographisches Verhalten des Keupers. . 359 EföhenlagerdesKeupersir . Mann. ee ee 360 Gliederung des Keupers m. rn nn 360 a. Der untere Keuper. . » » . v2 22.2020. 71:0:.860 BE GYDSURAE REIT. nknnsu As RE ee. eh) »22 42000, B. Bunte Mergel ....... a | b. Der mittlere Keuper . ».. ».. 2.2... > oe y. Bunter Keupersandstein (Schilfsandstein Tier! Se . 361 ö. Bunte grellfarbige Mergel. . .. . . 2.202 00 362 e. Der obere Keuper . . „». ....n. . al. 362 e. Weisser, grobkörniger Keupersandstein en) 362 GeRothesMersgelleer » rate: a reger 2 300 Küokblickee a rer Bere EREREDE ne 363 Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des Keupersiiml Schwaben au sn. Dr DE Ran +364 IL Dergcrese HER SE RR 80% Streichen und Fallen der jurassischen Schichten . . . . . . 964 Gliederung des Jura in Schwaben . . 2... ie un 808 1. Der schwarze Jura (Lias). » . 2 2.2... 2 ae A 365 Geognostische Abgrenzung des Lias gegen den braunen Jura 365 Verbreitung und orographisches Verhalten des Lias . . . 366 Höhenlage der Liasterrassen. » © 2 2 2 2 0020 000...967 Gliederungsdes Bias 0 2 so Br 368 a. Der untere Lias . ». » 2 2 2 2 200.0 dm 3.008 a. Thalassitenkalke, Coneinnensandsteine und Archaten. Kalkerch en leerer ulers a 008 Pagukucnerithonerse a ER NN Il b=Derämittlerer Kasse an IN ea De fies Numismalismergel, sr mm DI ee ee. 0 374 8. Amaltheenthone . » 2 2 2 ee 2 2 20. N eyke) e. Dersoberenliast. 2 2 2 una. oe BE SHE Sn 377 €. Fucoiden- und Posidonienschiefer . . ©: 2 2 2 2.0. 377 Gr Jurensismerpel an a le Tab BR BUE . .„ 382 Rückblick RE RE 2.088 480 Kurze Uebersicht der Verbreitung und Entwickelung des Lias in Schwaben . . . Der braune Jura. . .. e b 2 ea Abgrenzung — dent weissen Jura Verbreitung. und orographisches Verhalten des braunen Jura Höhenlage des braunen Jura . . . 2.2... 0. Gliederung des braunen Jura . .»..... a. Der untere. braune Jura a. Opalinusthone . Pat ß. Sandmergel mit Peeten Hersenalıs; Thonsisensteinflöze mit Gryphaea calceola b. Der mittlere braune Jura... . e 3005 - y. Blaukalke mit DE Thöne mit Beladniles giganteus .. . ger ten done tete » 0. Blaugraue Mergel mit (om ea Etage Eisenoolithe mit Ammonites bifurcalus . e.,Derlobereihraune, Jura 2ı re Er Eee e. Thone mit Ammonites Par eo Eisensoliths mit Am- monites,macrocephalus.. », .. elen=ula cinale &. Ornatenthone Rückblick . - Kurze Uebersicht .der Verbrstüng and Entiepelnue, Bes braunen ‚Jura in Schwaben...» 2.2...» . Der weisse Jura. . erden agsatae eee > Geognostische A herenzune a weissen Tine gegen die IVOl as se" Bes: 3 Re Verbreitung und srograpbisßhes Verhalten des weissen 7 ura Höhenlage des weissen Jura. Gliederung des weissen, Jura... ., ., 2. 0.0 0 er egal ee a. Der untere weisse Jura. . . & Impressamergell Sue erge . B. Wohlgeschichtete dichte Kalksteine . b. Der mittlere weisse Jura b T- Spongitenmergel HLL un: 6. Wohlgeschichtete Golkksecke Kalksteine Erae c, Der obere weisse Jura e. Massenkalk. - ri Take He &. Plattenkalk = En Hochischerrenplairen — Solenhofer Schiejer es Auge eaten oe en een Re ZT 2 Rückblick . Kurze Uebersicht der Vekreiank u Eimickelmme, ie weissen Jura in Schwaben . . III. Tertiär- und Diluvialbildungen. . ..... Ka en 1. Marıne, Molasse, „0 u ne en Verbreitung und orographisches erhakten, de: Mtolanl AkEh Höohenlagezder_ Molasse oma nee Le Gliederung der ‚Molasser u me al a. ale rn: a. Aeltere Molasser 2 2 re. a. Molassesande ann. I MURAU FERIEN I .. ß. Muschelsandstein ... !. 2. 20.0. N ; y. Nagellue ; Yu... SERIEN a ar co be Jüngeren Molassemtae. re ar. : 2 Süsswassermolasser = len. Damen Eee. 3. Tertiär- und Diluvialbildungen im Gebiet des weissen Jura Und «der Trias, MANN En, were ER OS a. Marine Sandablagerung in dem Alpplateau bei Winter- innen Ss NN ER EOS EHER ee b. Süsswasserkalkablagerung auf dem Alpplateau bei Hart- hausensan. der Scheer» 2 Kuna. un an e, Bohnerzlagerstätten 2» 2 Su 0 0 0 u an ann d. Kugelsteinablagerungen auf dem Alppinteen SET e. Molasseablagerungen (Gerölle, Sand, Nagelflue) im Do- nauthal und auf dem Alpplateau „ . 2... no. f:,Diuviallehmy..n3. RAR DE ZUENIEREL A e: g. Diluvialer Süsswasserkalk . . 2... 22.0000. h., Höhlen zer SE Rare NR RNIT AV... Alluvialbildungen.» .2 2.» .o Rn). Deu DRBEDILEE I. 1. Ablagerungen von Süsswäsderkalk (Tuffstein, Tauchstein) BETONTE EST BREI RER ae BEWA ckerkrumet eh ERROR EWR Meer 42 Mineralguellen » a 22 a a rer. an! E. Nutzbare Mineralien, Gebirgsarten, Petrefakten und Mineralquellen 1 Steinsalz.s a ur u 0 Deal MISEN AEIIRGRENSD. N . IToHeallerdesundeGypst me ur el en. III. Eisen-, Galmei- und Bleierze . 2.2 2 2 2 222 2 2 0 2. 11, Eisenerzale a ar 0 a RR. EÜRERENET 2. Galmei- und Bleierze:. 0... mar sadon sah yeah IV; Intlammabilien „2... ... Senna. al asien tiane:, © . 1. Steinkohle, Pechkohle, Braunkohle, Torf ..... 2. Thierisches Oel der Posidonienschiefer . ». 2.2... © Vi: Eithographische ‘Steine: „. .2 0 ana VI. >Marmorr.a cn. een ne ee VII Baumaterialien... 2... Von ones ale ten NÄHE 1. Bau- und Werksteine . .... 2 AD. DATA N: de a. Sandsteine und -Conglomerate . » 2 2. „2... 2. a. Kieselsandsteine . » » » 2 2.2.2 .. - : ß. Thonsandsteine (bunter Sandstein, Teeitenkohieksureh Bien a Bleupersandstein)) re re ee y- Kalksandsteine a andetein, Molassesandstein,: Na- TE) OR N EEE rs a aMerselsandsiene > ee Te ee ee >, 1:2 OT RN 482 Seite. B.. TertiareriSüsswasserkalk .-. nit IB FE 459 7. Alluvialer Süsswasserkalk (Tufstein) ........ 456 d. Lehm und Sand zu Mauerziegeln, Dachziegeln und feuer- festen Steinen. ».), Wnjs- rer ee Ars een 456 a. Lehm zu Mauer- und Dachziegeln . ........ 456 B. Sand zu feuerfesten Steinen. -..:. 22...» . 458 2. Materialien zur Mörtelbereitung . . 2 2 2: 2 2 2 2.0. 449 a. Kalksteine zu Luft- und Wasserkalk . . ... 2... 459 a’ Weisser;oller/Luftkalk; „u. aJ0:4,2s#- ae 459 B-Hydranlischer Kalk u „a sn ee 459 b: Miitelsanid 4) neck na einer ee 461 3..Material. zum Strassenbau. - saw. zu. ka onen ve 461 yall. Peirefakten. .,- 5 en ne 462 3X’ Mineralgquelensrte mAh arten ee 462 1. Mineralquellen, welche aus der Anhydritgruppe ihren Ur- sprung ‚nehmen .5.: tweirduchl ab A rar ee . 462 a. Die Eisensäuerlinge bei Imnau im Eyachthal ..... 462 b. Eisensäuerlinge bei der Baumwollspinnerei zu Karlsthal im Eyachthal, zwischen Imnau und Haigerloch . . . . 464 c. Schwefelguelle bei Glatt. ..... . ae ER 2. Mineralquellen, welche aus dem oberen ae (Posidonien- schiefer) ihren Ursprung nehmen. .. . » 22.22.20. 466 F. Einfluss des geognostisch-orographischen Verhaltens auf Agri- kultur. und Korstwirthsehaft . : .-, ..2-- -. uflusunsesuniie = 467 T+-:Das; Klimasten yes dent ann eu dr am 1. Allgemeine klimatische Verhältnisse . . . 2... 2... 467 2. Hydraulische Verhältnisse,» 2.0 Br: 468 IL, Der: Boden... >. zu: 4 : ai ri Apr E 469 1. Chemische Zusammensetzung des Grundgebirges. . . . » 470 9.- Bildung. ‚der, Ackerkrume; ..... zuesch ern Aue 473 3. Beschaffenheit der Ackerkrume . .. 2 2... a TA a. Sandboden HT Abm BEE Fa . 474 b: Ehonboden ia SER en Pe A 7 ce. ‚Kalkboden.,. 0 u u 4% 4 EA rer .,475 d;;Mergelboden »,.., 2, wu. Jar ae ee 475 e; Lehmboden ..... aus». 4%0 #u2.. 22.0: Bee 476 4. Verbesserung der Krane . Braga Ar 476 5. Besullaf 2.2 » so Br ie: 477 G. Einfluss des geognostisch-orographischen Verhaltens auf den Menscheik.- 14453.) „iasshun®. sone) weites a. 7/‘) 483 2. Ueber das Alter des Flammenmergels im nord- westlichen Deutschland. Von Herrn v. Stromgeck ın Braunschweig. (Vorgetragen in der ersten Sektion der 32. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien.) Der Flammenmergel ist ein thonigsandiger Mergel mit we- nig Kalkgehalt und von grauer Farbe. Schwärzliche Adern und Flecke haben ihm den Namen gegeben. Seine Festigkeit ist in einiger Tiefe von ziemlicher Erheblichkeit, doch zerbröckelt er den Atmosphärilien ausgesetzt in kleine eckige Stücke. Dies und dass er weder als Dungmergel noch sonst Verwendung findet, macht, dass die Aufschlüsse darin selten sind, und seine Fauna nur unter besonderen Umständen zu erkennen steht. So weit verbreitet der Flammenmergel im nordwestlichen Deutschland, vom nördlichen Harzrande bei Goslar an durch Braunschweig, das Hildesheimsche bis in den westlichen Theil von Westfa- len, — bei einer Mächtigkeit zwischen 100 und 400 Fuss, — vorkommt, so ist man doch lange über sein Alter in Zweifel ge- wesen. Nur stand fest, dass er über dem subhercynischen Unter- Quader und unter dem Pläner liege, also zur Kreide gehöre. Vor etwa 6 Jahren entdeckte darin zuerst Herr F. Ror- MER (Leoxn. Jahrb. 1851, S. 309 ff.) einige Versteinerungen, die aber an andern Orten sowohl der Gault als auch das Ce- noman führen sollte. So blieb danach noch unentschieden, ob der Flammenmergel der einen oder der andern dieser beiden Etagen der Kreide zugehöre. In der Abhandlung über die Kreide Westfalens (Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesells. Bd. VI. S. 159, und Verhandl. des naturhist. Vereins für Rheinlande u. Westfa- len Jahrg. XI. S. 95) rechnet denselben Herr F. ROEMER zum Cenoman, und ist geneigt, ihn als gleichaltrig mit dem Grün- sande von Essen (Tourtia), diesen ersetzend, zu betrachten. Auf Grund des Materials, das später durch Anlage der Börssum -Kreienser Eisenbahn bei Neu- Wallmoden im Braun- schweigschen Amte Lutter am Barenberg gewonnen wurde, die den Flammenmergel fast der ganzen Mächtigkeit nach und auf Zeits. d.d. geol. Ges. VII. 3. 32 484 eine Höhe von 35 bis 40 Fuss durchschneidet, war es mir mög- lich, in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft vom Jahre 1854 S. 672 wahrscheinlich zu machen, dass der Flammenmergel nicht Cenoman, sondern Gault sei. Dies hat sich seitdem durch aufmerksames Nachforschen dort und an an- deren Lokalitäten, als bei Wartjenstedt, Othfresen, Langelsheim u. s. w. zur Gewissheit erhoben. Folgendes sind nämlich die hauptsächlichsten organischen Einschlüsse, ee sich im Flam- menmergel bis jetzt gefunden haben: Nautilus Neckerianus Pıc. Desc. des Moll. foss. des Gres verts. 16 Tab. 1,2. Steht dem Nautilus radiatus Sow. nahe, doch hat dieser einen grösseren Nabel. In den oberen Schichten, jedoch selten. Nach RENEVIER (Mem. geol. sur la Perte du Rhöne in Tom. XIV. der nouv. m&m. de la Soc. Helv. des scien. nat.; es bezeichnen hierin von oben nach unten: a, b, c die Schichten des Gault; d, e das Aptien superieur und JS, 8, Ih das Aptien inferieur) an der Perte du Rhöne im Gault c und im Aptien superieur d, e. Ammonites Mayorianus v’Ore. Tab.?79. Häufig in den oberen Schichten, und bis 1 Fuss im Durchmesser. Dieser Ammonit soll sich nach p’Orgıcny (Prodr. 19, 23 und 20, 13) ausser im Gault auch im Cenoman finden, und würde, wenn er, wie EwALDp in dieser Zeitschrift Bd. II. S. 446 behauptet, mit Ammonites Emmerici aus den Aptmergeln identisch ist, vertikal sehr verbreitet sein. Nach RENEVIER an der Perte du Rhöne im Gault a, 5 und c, vorzüglich in«a. Auch im nordwestli- chen Deutschland kommen im Cenoman (Tourtia: Essen; Va- rians- und Rhotomagensis- Pläner: Neu-Wallmoden, Kahnstein und Weisser Weg bei Langelsheim u. s. w.) Formen vor, die mit Ammonites Mayorianus viel Aehnlichkeit haben, ja vielleicht damit ganz übereinstimmen. Sie sind gewöhnlich als Ammoni- tes Lewesiensis Sow., der jedoch glatt und ohne Einschnürungen, angesprochen. Ammonites auritus, lautus und tuberculatus Sow. Diese drei von D’ORBIGNY getrennt gehaltenen Formen von hervorstechendem Aeussern, die indessen so innig mit einander verbunden sind, dass manche Paläontologen sie zu einer Species vereinigen, scheinen im Flammenmergel auf das untere Niveau beschränkt zu sein, und zeigen sich hier nicht selten. Sie finden sich auch in dem den Flammenmergel unterteufenden und. zum 485 Gault gehörenden Minimus-Thon (diese Zeitschrift Bd. VI. S. 505), wo sie zu den hauptsächlichsten Vorkommnissen gehören. — D’Orsıcny führt in der Pal&ontologie francaise und im Prodrome alle drei Formen lediglich im Gault auf, während nach dem Cours elem. II. S. 626 Ammonites auritus dem Gault und Ce- noman gemeinschaftlich zustehen soll. RENEVIER kennt an der Perte du Rhöne nur die Form mit der tiefen Rinne auf dem Rücken und ohne monströse Höcker, Ammonites lautus, und giebt sie von dort im Gault @ an. Ammonites auritus mag von ihm, gleichwie von PıcteEr, mit der folgenden Art vereinigt sein. Ammonites G@Guersanti D’OrB. (von D’ORBIGNY im Pro- drome zu seinem Ammonites Raulinianus gezogen, jedoch sehen wir nicht ab, weshalb er letztere Benennung anstatt jener frü- heren beibehält) mit der Berippung, wie Pıcrer Tab. 5,7 dar- stellt, und wohl kaum vom vorigen specifisch verschieden. Meist zusammengedrückt. Häufig im oberen Theile und in der Varie- tät des Aaulinianus D’ORe. Tab. 68 bis in den Minimus-Thon zu verfolgen. RENEYIER citirt ihn an der Perte du Rhöne aus Gault & und 5. Ammonites splendens Sow., wie ihn SoweErsy Tab. 103 und »’OrgBıcny Tab. 63,3 abbilden. Oben und unten, je- doch selten; häufiger im unterliegenden Minimus-Thon. Nach RENEVIER an der Perte du Rhöne in Gault @ und 5. Ammonites Renauxzianus v’Ore. Tab. 27. Diese dem Ammonites asper MER. zwar nahe stehende, aber entschie- den davon abweichende Form stimmt soweit mit der eitirten Ab- bildung, nur sind im Alter, bei 7 bis 8 Zoll Durchmesser, die Höcker am Rücken entschiedener, während diejenigen am Nabel in welligen Wülsten bestehen. Dagegen zeichnen sich letztere an den früheren Windungen als hohe dornenartige Knoten aus. Ziemlich häufig im oberen Theile. D’Orsıcny stellte diese Spe- cies, die von andern Schriftstellern noch nicht aufgefunden ist, früher (Pal. fr. eret. I. 114) ins Neocom, später (ebend. S. 359 und Prodr. 20, ı2) beschränkt er sie, sich berichtigend, auf das Cenoman. Ammonites varicosus Sow. Im Jugendzustande ent- springen aus einem länglichen Wulst an der Sutur zwei Rippen, dabei der Kielkaum bemerkbar. Letzterer verschwindet später ganz, und gehen dann die Rippen verdickt, theils bis zur Sutur, theils nicht so weit reichend, ununterbrochen über den Rücken. PICTET 32* 486 bildet dies Tab. 9, 5 treffend ab. Sechs bis 8 Zoll im Durchmesser. Beim Zerschlagen ausgewachsener Exemplare ergiebt sich die Abweichung zwischen jungen und alten Windungen. Es ist diese Species ein auffallendes Beispiel davon, wie manche Kreide- Ammoniten im verschiedenen Alter ungemein variiren. Oben ziemlich häufig. Die Species ist zuerst von SOWERBY und zwar aus dem Grünsande von Blackdown beschrieben, der zum Ceno- man gerechnet wird, doch eitirt sie D’ORBIGNY nur aus dem Gault. Nach REseviıer an der Perte du Rhöne im Gault a, 5 und c, vorzüglich in den obern beiden Schichten a und 2. Einige zuerst gefundene Exemplare, die zufällig der Art verdrückt sind, dass sie die Rückenwölbung der Angulicostaten zeigen, hielten wir damals für gewisse Zustände des Ammoni- tes Milletianus »’ORe., und ist so diese als im Flammen- mergel vorkommend in der schon vor länger als einem Jahre angefertigten Beilage zu Sektion I. und II. unserer geognosti- schen Karte des Herzogthums Braunschweig aufgeführt. Nach Erkennung des Ammonites varicosus, und nachdem in jenen Stücken durch Zerschlagen der Jugendzustand untersucht ist, stellt sich indessen heraus, dass in ihnen nichts anderes als 4m- monites varicosus vorliegt. Ammonites Milletianus, von dem die Angabe irrthümlich in das Tageblatt überging, steht daher dem Flammenmergel nicht zu. Ammonites inflatus Sow. vom vorigen entschieden schon dadurch specifisch abweichend, dass in jedem Alter der Kiel auffällig stark bleibt. Im Flammenmergel findet sich nur die bei D’Oreıscsy Tab, 90 und bei Pıcrer Tab. 9,6 darge- stellte Varietät. Sind die Exemplare vollständig, von etwa 12 Zoll Durchmesser, so unterscheiden sich die äussern Umgänge von den früheren dadurch, dass sich dort die Rippen nicht oder nur sel- ten gabeln, sondern meist einfach und mit wenig Krümmung von der Sutur bis an den Rücken fortsetzen. Auch bleibt zu bemer- ken, dass an der Mundöffnung sich der Kiel zu einem bis 1 Zoll hohen Horne nach aussen hebt, eine Erscheinung, die constant zu sein scheint. Herr Suess machte uns darauf aufmerksam, dass an derselben Species etwas Aehnliches BuvIGnIeR, Statist. geol. du Dep. de la Meuse, Tab. 31,su.9 zeichnet. Auch scheint dem sonst unkenntlichen Ammonites rostratus Sow. Tab. 173 (auch = Ammonites inflatus?) diese Eigenthümlichkeit zuzu- stehen. Ohren sind entschieden nicht vorhanden. Ziemlich häufig 487 im oberen Flammenmergel, selten in dessen unterem Niveau, hier noch nie im überliegenden Cenoman gefunden. D’Oregıcny hält im Cours elem. und Prodr. seine in der Pal. fr. abgegebene Be- hauptung, dass Ammonites inflatus im Gault und Cenoman vorkomme, fest; RENEVIER zeigt ihn an der Perte du Rhöne im Gault a, 5 und c an. Hamiten sind ziemiich häufig. Ein Theil davon mit vier Reihen Höcker, nämlich zwei am Rücken und eine auf jeder Seite, und mit Rippen, von denen einzelne frei, andere sich zu zwei in den Höckern vereinigen, hat Aehnlichkeit mit Yami- tes armatus Sow. (Tab. 168 u. D’Ore. Tab. 135), der nach Morrıs Cat. in England im Gault und Chalk marl, nach D’ORBIGNY früher in der Pal. fr. im Gault und Cenoman, und Jetzt zufolge des Prodr. allein im Cenoman vorkommt, doch fin- det vielleicht keine völlige Uebereinstimmung statt. — Ein ande- rer Theil ohne Höcker und mit gleichen ringförmigen Rippen ist Hamites rotundus Sow. (D’Ore. Tab. 132, ı bis 4; PıictEr Tab. 14,1), der hier auch im Minimus-Thon vorkommt, und den RENEVIER an der Perte du Rhöne aus Gault « und 5 angiebt. Im Allgemeinen bedürfen die Hamiten des Flammenmergels in- dessen noch einer Revision, um für die Bestimmung des Niveaus entscheidend zu sein. Von Turriliten ist Turrilötes Puzosianus D’ORE. Tab. 143, ı bis 2 am häufigsten, und zwar hauptsächlich im obern, seltener im untern Niveau. Derselbe unterscheidet sich von allen andern Arten dadurch leicht, dass er an den früheren Umgängen nur eine Reihe sichtbarer Höcker hat, der sich auf den späteren, wie auch Pıcrer 152 Tab. 15, 9 angiebt, eine zweite beifügt. Von RENEYIER an der Perte du Rhöne nicht angeführt; nach PıcrE’'r und p’OrsBıcny auf Gault beschränkt. Solarium ornatum Sow. bei Frrr. Oben und unten nicht selten. Von p’OrsBicnY in der Pal. fr. dem Gault und Cenoman gemeinsam, neuerdings im Prodr. dem erstern allein zu- erkannt. Perte du Rhöne nach Ren£eyIER — Gault a, 5 und ec, Von Bivalven sind die bemerkenswerthesten: Arca carinata Sow. (D’Ore. Tab. 313, ı bis 4; Pıcr. Tab. 37,1). Nicht selten oben und unten. Soll nach p’Or- BIGNY (Paleont. fr. eret. III. S. 214 und Prodr. 19,255 und 20, 372) im Gault und Cenoman vorkommen. An der Perte du Rhöne nach RENEVIER im Gault a, d und ec. 488 Avicula gryphaeoides Sow. Fırr. (Geol. Trans. 2nd. Ser. Vol. IV. Tab. 113; A. Rormer’s Kreide 64 Tab. 8, 16), zu dem Genus Aucella Keys. wegen des an der kleineren ebenen Klappe befindlichen löffelförmigen Ohres, das den Byssusspalt bildet, und wegen der gryphitenartigen Gestalt gehörig. Zu Mil- lionen, namentlich im obern Theile, auftretend. Demungeachtet eignet sich die Species für jetzt nicht zur Bestimmung‘ des Ni- veaus, weil sie an andern Orten nur aus England bekannt ist, dort aber die Lagerstätte noch nicht feststeht. Fırron führt sie aus Upper und Lower Green Sand an, Morkıs im Cat. beschränkt sie auf ersteren. Bei Braunschweig geht Avicula gryphaeoides in denjenigen Theil des Cenoman über, der zunächst den Flammenmergel bedeckt, und mit der Tourtia identisch ist. In einzelnen Exemplaren wird sie sogar im noch jüngeren Va- rians-Pläner, gleichfalls Cenoman, gefunden. Inoceramus concentricus PARK. Unten und oben ziemlich häufig. Auch im Minimus-Thone gefunden. Nach Re- NEVIER an der Perte du Rhöne im Gault a, d, ec, vorzüglich in «a und 5b. Von Inoceramns sulcatus PAR. ist zeither nur ein Bruch- stück gefunden, und zwar im unteren Niveau. Perte du Rhöne nach REnEyIEk = Gault a, b, c. Nach der vorstehenden Fauna des Flammenmergels könnte es den Anschein gewinnen, dass derselbe in zwei verschiedene Glieder zerfiele, da mehrere Formen für das obere Niveau, an- dere für das untere angegeben sind. Allein es hat damit nur das hauptsächlichste Vorkommen bezeichnet werden sollen, und findet eine Beschränkung auf den einen oder andern Theil ledig- lich da statt, wo dies, wie bei den Ammoniten aus D’ORBIGNY’s Familie der Tubereulaten, ausdrücklich bemerkt ist. Auch in diesem letztern Falle kann weder eine bestimmte noch eine constante Grenze gezogen werden. So besteht in paläontologischer Hinsicht allerdings zwischen den älteren und jüngeren Schichten einiger Unterschied, doch beruht dieser vorzugsweise in der mehr oder minderen Häufigkeit der Individuen, während die Species von unten nach oben fortsetzt. Auch gehen viele, und darunter cha- rakteristische, wie z.B. Ammonites splendens, Inoceramus con- centricus, in gleichbleibender Individuenzahl ganz durch. Da der Flammenmergel ausserdem seiner gesammten Mächtigkeit nach ohne wesentliche Aenderung aus dem eigenthümlichen Gestein, 489 das ihn bezeichnet, und ohne dass sich eine fremde Zwischenlage einstellte, besteht, so ist es unzulässig, darin eine Theilung irgend einer Art vorzunehmen. Die ganze Masse des Flammen- mergels ist daher paläontologisch und petrogra- phisch ein untrennbares Ganze. Ueberblickt man nun, zur Bestimmung des Alters des Flam- menmergels, die daraus aufgezählten organischen Reste, so stellt sich zwar heraus, dass ein Theil davon dem Gault und Cenoman gemeinsam zusteht, dass aber ein anderer Theil, 4Jmmonites lau- Zus, tuberculatus, Guersanti und splendens, Turrilites Puzo- sianus und /Inoceramns concentrieus und sulcatus, nach den übereinstimmenden Angaben der neueren Autoren, noch an kei- ner Lokalität in einer andern Etage als in dem Gault angetroffen ist, ja dass diese letzteren Formen überall den Gault recht eigent- lich charakterisiren, Eine fernere Erwägung ergiebt, dass von typischen Species des Cenoman der Flammenmergel keine Spur bietet. Noch nie hat sich darin ein Echinide aus der Tourtia, noch nie Ammonites varians oder Mantelli aus ihr und dem Varians-Pläner, und noch viel weniger Ammonites rhotomagen- sis aus den überliesenden Schichten gezeigt, und doch fehlen alle diese Cenomanen Glieder selten da, wo der Flammenmergel vor- handen ist. Es darf daher mit Fug und Recht festgestellt wer- den, dass der Flammenmergel zum Gault gehört. Einer solchen rein paläontologischen Altersbestimmung ent- spricht aber das, was neuerdings in Betreff der Lagerung direct beobachtet ist. War schon von früherher bekannt, dass der Flammenmergel über dem subhereynischen Unter-Quader und unter dem Pläner liege, so hat seitdem die obere und untere Grenze noch genauer gezogen werden können. In unserem Auf- satze über den zum oberen Gault gehörigen Minimus- Thon (Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. Bd. V. S. 501 ff.) wurde nachgewiesen, dass dieser den Flammenmergel unterteufe, und steht jetzt durch viele Lokalitäten fest, dass der Flammenmergel ohne andere Zwischenschichten unmittelbar auf dem Minimus- Thon ruht. Durch künstliche Aufschlüsse, bei Neu-Wallmoden durch den dortigen Eisenbahn-Einschnitt, und namentlich am Kahnstein bei Langelsheim durch die Ausbeutung eines Mergels, der zur Darstellung von Treibheerden in den Silberhütten be- nutzt wird, ist ferner das Hangende des Flammenmergels bloss- gelegt. Es besteht dieses zunächst über dem Flammenmergel 490 aus einer 4 bis 1 Fuss mächtigen thonigsandigen Schicht, die voll von einem kleinen Belemniten ist, der von Belemnites mi- nimus specifisch abweicht, aber aus anderen Gegenden nicht sicher bekannt ist, so dass diese Schicht für jetzt kein Anhalten gewährt. Darüber aber folgen grüne Sande mit mehr oder we- niger Thon- und Kalkgehalt, die die organischen Einschlüsse des Grünsandes von Essen, der Tourtia von Belgien, führen, und sich weiter nach oben dem eigentlichen Varians-Pläner anschliessen. Unstreitig ist dieser grüne Sand in der Umgegend von Braun- schweig weit verbreitet; denn der Raum dafür pflegt zwischen dem Flammenmergel und dem Varians-Pläner nicht zu fehlen, doch wird das leicht zerstörbare Gestein an andern Lokalitäten in der Nähe des Flammenmergels nicht sicher erkannt. Gele- gentliche Aufschlüsse müssen erst zu Hülfe kommen. Es über- lagert hiernach also die Tourtia den Flammenmergel thatsächlich, und kann, — abgesehen von der ganz differenten Fauna, — nicht davon die Rede sein, dass Flammenmergel und Tourtia sich einander ersetzen, das heisst synchronistisch seien. Da aber die Tourtia zu den untersten Gliedern des Cenoman gehört, ja wenn, wie es nach den Verhältnissen im Plauenschen Grunde bei Dres- den wahrscheinlich ist, die bei Braunschweig fehlenden Schichten mit Exogyra columba lediglich eine tiefere Entwickelung der Tourtia sind, diese also das älteste Glied des Cenomans formirt; so liegt diesen Falls der Flammenmergel über oberem Gault (Minimus-Thon) und unter dem ältesten Cenoman (Tourtia)- Ein noch beengteres Lagerungsverhältniss wird die hiesige Ge- gend dann zu geben vermögen, wenn die oben gedachte dünne Belemnitenschicht, die den Flammenmergel zunächst bedeckt, mit in Betracht gezogen werden kann. Aus der jetzt bekannten hier dargestellten Lagerung wird zwar nicht mit Bestimmtheit abge- nommen, dass der Flammenmergel oberster Gault sei, — obwohl die Wahrscheinlichkeit mehr hierfür als für unterstes Cenoman spricht, — dieselbe widerstreitet indessen der obigen paläonto- logischen Altersbestimmung keineswegs. Eine nähere Betrachtung der organischen Einschlüsse dürfte noch weiteres Licht verschaffen. Bleibt man nämlich zuvörderst bei der Gegend von Braunschweig stehen, so ergiebt sich, dass der Flammenmergel mit dem unter ihm liegenden Minimus-Thon, der entschieden Gault ist und kein einziges Fossil des Cenomans bietet, Hauptformen wie Ammonites lautus, tuberculatus, Guer- 491 santi und splendens, Hamites rotundus und Inoceramus con- centricus gemeinsam führt. Beide Bildungen werden hierdurch wie zwei aufeinander folgende Glieder ein und derselben Etage aneinander geschlossen, damit also der Zugehörigkeit des Flam- menmergels zum oberen Gault das Wort geredet. — Wird aber ferner auf fremde Gegenden recurrirt, so gewähren die trefflichen ‚Special-Untersuchungen von RENEVIER eine gute Gelegenheit zur ‚Vergleichung. Danach finden sich an der Perte du Rhöne von den obigen Species des Flammenmergels vier, nämlich Avdcula gryphaeoides, Hamites armatus (vielleicht als Hamites Saussu- reanus Pıc'r.), Turrilites Puzosianus und Ammonites Itenau- zianus gar nicht, alle übrigen werden dagegen daselbst im ‚Gault angetroffen, und zwar von diesen übrigen eine, Nautdlus ‚Neckerianus, im Gault ce und Aptien superieur d und e, die andern nur im Gault, entweder durch alle Schichten desselben ‚durchgehend oder auf die obersten beschränkt, — Hauptformen, ‚wie die Ammoniten aus der Familie der Tuberculaten, sogar allein in den jüngsten Schichten a. Eine Identität der einzelnen Schichten an so entfernten Lokalitäten, wie hier und an der Perte du Rhöne, lässt sich nicht erwarten, daher auch von einer ‚völligen Uebereinstimmung nicht die Rede sein kann. Jedenfalls aber hat die Gault-Schicht a von allen die grösste paläontelogi- ‚sche Aehnlichkeit mit dem Flammenmergel, diesen als ein Gan- zes genommen. Unter solchen Umständen muss die obige Fest- stellung, dass der Flammenmergel zum Gault gehöre, noch wei- ter dahin präcisirt werden, dass der Flammenmergel jüng- ster Gault sei. Diesem Niveau entsprechend findet im Flammenmergel eine Annäherung des Gault zum Cenoman statt, eine Annäherung, welche um so augenfälliger wird, je mehr man ihn nicht als Ganzes betrachtet, sondern auch die numerische Vertheilung der organi- schen Reste berücksichtigt. Denn in der That sind mehrere typische Gault-Formen, wie die Ammoniten aus der Familie der Dentaten, und namentlich diejenigen, die D’OrBIGnY als Tuber- culaten zusammenfasst, in dem unteren Niveau zu Hause, wäh- rend aus der Familie der Cristaten, die dem Cenoman und Gault gemeinsam zusteht, Ammonites varicosus und inflatus in dem oberen Niveau vorwalten. — Aber auch wirkliche Bindeglieder, Formen, die vom Flammenmergel in das Cenoman bei Braun- schweig übergehen, fehlen, wie schon oben erwähnt ist, nicht. 492 Es gehören dahin Fvicula gryphaeoides, das häufigste Petrefakt des Flammenmergels, und beziehungsweise Ammonites Mayoria- nus. Die Bindeglieder vermehren sich noch, wenn die Vor- kommnisse an andern Orten mit zugerechnet werden. Denn von den organischen Einschlüssen des Flammenmergels sind, neueren Angaben nach, folgende Species im fremden Cenoman gefunden: Jmmonites Renauzxianus, den D’ORBIGNY sogar auf das Ceno- man beschränkt; Ammonites varicosus in dem Cenomanen Grün- sande von Blackdown; _4mmonites auritus und inflatus und Arca carinata, die nach D’OÖRBIGNY dem Gault und Cenoman zustehen, und Hamites armatus, der auch aus dem Chalk marl eitirt wird, sofern die Flammenmergel-Form damit übereinstimmt. Mögen nun auch in Betreff der einen oder der anderen die- ser letzteren Species Irrthümer untergelaufen sein, so scheint uns doch so viel festzustehen, dass der Flammenmergel einen solchen Anschluss des Gault an das Cenoman be- wirkt, dass dazwischen eine Hauptgrenze, wie die der mittleren und oberen Kreide, nicht gezogen wer- den darf. Will man sich innerhalb der Kreide nicht darauf beschränken, verschiedene Etagen zu formiren, sondern diese nochmals zu grösseren Complexen vereinigen, so dürfte jene Grenze besser oberhalb als unterhalb des Cenomans anzunehmen sein. Doch scheint es uns, nach D’OReıcny’s Vorgange, der Natur der Sache am Meisten zu entsprechen, weitere Vereini- gungen als der mehr oder minder lokalen Glieder zu Etagen und dieser zu Perioden (Terrains) nicht zuzulassen. Im Uebri- gen verschwinden die scharfen Grenzen mit der-Zunahme von vorurtheilsfreien Beobachtungen an gut aufgeschlossenen Lokali- täten, wo ohne fehlende Zwischenglieder das eine nach dem andern abgesetzt wurde, immer mehr. Schliesslich folgt hier noch, um das Verhältniss des Flam- menmergels zu ähnlichen Bildungen weiter zu bezeichnen, die Reihenfolge der bei Braunschweig bis jetzt erkannten Glieder von D’ORBIGNYs Aptien, Albien und Cenomanien. Ueber dem Hilsconglomerat (Neocomien inferieur v’ORe.) liegen nämlich von unten nach oben: 493 1) Thone mit Orioceras Duvaliü D’ORE. (cf. An- cyloceras Emmericii und Duwvalianus v’ORB., auch ? Ancyloceras Benauxianus D’OrB. und Scaphites gigas Sow.) und Serpula Phillipsii RoEMm., doch gehören diese vielleicht noch dem Neocom an. 2) Speeton clay. Darin Pecten crassitesta RoEM., wie im Neocom, und ferner Belemnites Drunswi- censis sp. nov., Thracia Phillipsii Rom. u.s. w. 3) Mergelige Thone (Gargas-Mergel) mit 4m- monites Nisus D'ORB., Deshayesü LExM. und Belemnites semicanaliculatus BLAINV. 4) Thone voll von Eisensteingeoden, mit Am- monites Milletianus D’ORB. und Cornuelianus D’ORB. 5 5) Thone mit Ammonites tardefurcatus LExm. und regularis Bruc. 6) Thone mit Belemnites minimus List., wie wir sie in der Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesells. Bd. V. S. 501 beschrieben haben. 7) Flammenmergel. 8) Grünsand von Essen = Tourtia. 9) Pläner voll von Ammonites varians Sow. 10) Pläner mit Ammonites rhotomagensis DErR. Die Thone No. 4 und 5 sind noch nicht übereinander, son- dern zeither nur an verschiedenen Stellen gefunden. Sie ersetzen sich vielleicht. Was den subhercynischen Unter-Quader anbetrifft, von dem bei Quedlinburg nach Herrn EwALD’s neuesten Ermitte- lungen der älteste Theil als Neocom abzutrennen ist, so steht zu beobachten, dass der Rest dieses Quaders über den Gargas- Mergeln No. 3 und unter dem Minimus-Thone No. 6 liegt. Nach einigen seltenen organischen Einschlüssen scheint derselbe syn- chronistisch mit den Thonen No. 4 und 5 zu sein. Der Gault hat somit, und zumal der Flammenmergel dazu gehört, im nordwestlichen Deutschland eine früher nicht geahn- dete vertikale Entwickelung, nimmt auch nach dem, was schon jetzt vorliegt, zwischen der Elbe und dem Rheine eine weite Verbreitung ein. (arvmg neo), aoısyun) gyg.d uvondy (Mg ıneHg auQ,d dO1o]yyıp) "daOQ.a usalgıV I ———— u u nen, Tr N (MAImeH 191940) USroBV ayg,a usruewu -oupN 494 3. Zweiter Bericht über das Aufsteigen einer Torf- insel im See von Cleveetz oder Beel. Von Herrn J. F. Juries Schmiot ın Olmütz. In der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Jahrgang 1852, S. 734 ff. habe ich Nachricht gegeben von der am 2. October 1852 neu gebildeten Torfinsel im Beeler oder Cleveetzer See, deren Reste ich am 9. October besucht und bei- läufig vermessen habe. Als ich mich im Herbste dieses Jahres 1856 wiederum zu Eutin in Holstein aufhielt, begab ich mich am 8. October nach Cleveetz, um an der Stelle der Insel vom 2. October 1852 eine Messung der Wassertiefe vorzunehmen. Da kein Kahn vorräthig war, musste ich von diesem Vorhaben abstehen. Indessen hatte ich den Weg nicht vergebens gemacht, denn ich erfuhr jetzt die abermalige und zwar die vierte Erhe- bung der Torfinsel, welche, stets an derselben Stelle, in diesem Jahrhunderte im See von Cleveetz beobachtet worden ist. Die Aussagen des Herrn Fischereipächters BERG stimmen mit den ähnlichen eines seiner Knechte nahe überein. Der schriftliche Bericht, den mir der Erstere, ein Greis von 78 Jahren, am 11. October zu übersenden die Gefälligkeit hatte, lautet folgender- maassen: „Den 15. August 1853 ist der Berg im Behler See zum „vierten Male wieder aufgegangen; wie lange er gestanden hat, „kann ich nicht bestimmt angeben, ungefähr 14 bis 16 Tage ist „er sichtbar gewesen. H. C. Beac.” Hierbei ist zu bemerken, dass man es mit dem Ausdrucke „Berg im Behler See‘, nicht so genau nehmen müsse. Die Torf- insel war diesmal noch etwas kleiner als im vorigen Jahre 1852, übrigens ihr in allen Stücken ganz ähnlich. Der See wird bald nach dem Dorfe Behl oder Beel, bald nach dem Dorfe Cleveetz oder Claveetz benannt. Gegenwärtig im Herbste 1856 ist von der letzten Insel keine Spur mehr übrig. Man sieht an jener Stelle den Seeboden wie auch sonst vor Zeiten von grossen Rissen durchzogen. Die Tiefmessung, welche ich am 9. October 1856 an der Stelle der 495 letzten Torfinsel durch einen zuverlässigen Mann ausführen liess, ergab 11,83 Fuss, angeblich Hamburger Maass. Da ich aber die Länge der Schnur selbst nachgemessen und auf französisches Maass redueirt habe, so stellt sich die dortige Wassertiefe am gedachten Tage auf 1,71 Toisen = 10+ par. Fuss. Nach der von mir im ersten Bericht (1852) mitgetheilten Erzählung des Eutinischen Rectors BREDow fand die erste Er- hebung der Torfinsel im Jahre 1803 statt. Alle bis jetzt be- kannten Erscheinungen sind die folgenden: 1) 1803, 16. August, früh Morgens ward die Insel zuerst gesehen; sie entstand also wahrscheinlich in der Nacht des 15. Au- gust. Nachricht darüber von BREDOw und andern. 2) 1816 oder 1820 angeblich, ohne nähere Kenntniss der Zeit, nach Aussagen, die ich im Jahre 1852 an Ort und Stelle vernommen habe. 3) 1852, 3. October, früh Morgens zuerst bemerkt, wahr- scheinlich während des grossen Sturmes am 2. October entstan- den. Nachricht darüber von mir und Mexyn. 4) 1853, 15. August. Nachricht von H. C. Berc. Schliesslich bemerke ich, dass man nicht, wie noch immer geschieht, die Phänomene im Beeler See als schwimmende Torf- inseln anzusehen habe. Der Torf wird im aufgeblähten Zustande, in Backofengestalt von bedeutender Dimension, aus der Tiefe des Sees gehoben, platzt oben in der Mitte, so dass die ringsum aufstrebenden Stücke einen Kegelmantel bilden, der sich nach und nach wieder senkt, indem die über Wasser liegenden Ecken vom Wellenschlage abgerissen werden, der Rest aber nach eini- ger Zeit wieder nahezu in das ehemalige Niveau des Seebodens zurücktrit. An vulkanische Hergänge darf man hierbei ja nicht denken. In der Nähe von Beel zeigen sich im Torfmoore zu- weilen die Gruben, welche man Abends ausgestochen hatte, am andern Tage wieder von unten her durch neue Torfmassen aus- gefüllt. Druck von J. F. Starcke in Berlin. al nerndiieng. ng meniguletnb fe & u en = er en lage: era Er eu uber oh I re 5 ah PIERRE Be Ge PT Ga ent ER a ER are „eihhr R PR um ih river ik Bee, j arsch ee oh 2 er ereeneer or mehr ap vaohr isst ar NT braun TR er eier au a es BR rear: Be il zo chahns 2,1922 a Are ee en ee 77723 7.2 SET 2 Pe Sr 2020 REN 2 u: Eee tuinteckon WE re: zen ri Nooie Biere ergo ef slununntwdean eos Pas ‚ie regnen Yeah aa rt oe sr Red BEREIT: mudanis mibrıeanh. ce vun nie iii es Asa dee ab: anabikl Intels A sie: Tg 9 nr ea N RR Biere ars aha kagaaad tasylr ah abe: aetrpatsg nase. mal er harte ee: Meisiht zanbssieh ner toahr ar wlan al ee Ar, iu mi re oe er re a. na "Arie lesen hart Aare en SENOREREN ser ee © re 4 e re a ru nz a a DE 2 Dr re Zieitschrift Deutschen geologischen Gesellschaft. 4. Heft (August, September, Oktober 1856). A. Verhandlungen der Gesellschaft. i. Protokoll der August - Sitzung. Verhandelt Berlin den 6. August 1856. Vorsitzender: Herr v. Carnarr. Der Gesellschaft sind als Mitglieder beigetreten: Herr Krause, Apotheker zu Königshütte, vorgeschlagen durch die Herren KöÖRFER, SCHNACKEN- BERG und BEYRICH; Herr PrAanrtıco, Bauinspektor zu Königshütte, vorgeschlagen durch die Herren KöRFER, SCHNACKEN- BERG und BEYyRICH. Für die Bibliothek der Gesellschaft sind eingegangen: A. An Geschenken: Orrer. Die Juraformation Englands, Frankreichs und des südwestlichen Deutschlands. Erstes Heft. Stuttgart 1856. OPPpEL. Ueber einige Cephalopoden der Juraformation Württembergs. — Separatabdruck. EmMRiıcH. Beitrag zur Kenntniss der südbayerischen Mo- lasse. Und: Notiz über den Alpenkalk der Lienzer Gegend. — Separatabdrücke. Kırschsaum. Ueber Hoplisus punctuosus EVERSM. und Hoplisus punctatus n. sp. Wiesbaden 1855. Asıch. Vergleichende Untersuchungen der Wässer des Caspischen Meeres, Urmia- und Van-Sees. St. Petersburg 1856. B. Im Austausch gegen die Zeitschrift: Mittheilungen aus Justus PERTHES’ geographischer Anstalt. 1856. VI. Zeits. d. d. geol. Ges. VIII. 4. 33 498 Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Zehntes Heft. Correspondenzblatt des zoologisch -mineralogischen Vereins in Regensburg. Neunter Jahrgang. 1355. Abhandlungen des zoologisch - mineralogischen Vereins in Regensburg. Sechstes Heft. Neues lausitzisches Magazin. Band 33. 1. und 2. (Doppel-) Heft. | Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubün- dens. Neue Folge. I. Jahrgang. Chur 1856. The quarterly journal of the geological Society. London. Vol. XD. Part. Der Vorsitzende übergab eine als Geschenk für die Ge- sellschaft, mit einem Begleitschreiben des Herrn FOETTERLE, ein- gegangene Medaille, welche auf Veranlassung zahlreicher Freunde und Verehrer des k. k. Sektionsrathes und Direktors der k. k. geologischen Reichsanstalt Herrn WILHELM HAIDINGER in Wien geprägt worden ist. Beigefügt war der Bericht (aus der „Wie- ner Zeitung“ vom 6. Mai 1356 No. 104) über die feierliche Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt — vom 29. April d. J., in welcher die Medaille, in Gold ausgeprägt, und ein Album mit den autographischen Unterschriften der Personen, die sich an dieser Kundgebung betheiligt hatten, dem Gefeierten durch den Bergrath Franz v. HavER überreicht wurden. Die Medaille zeigt auf der Vorderseite das Brustbild HaıpınGeEr’s; auf der Rückseite erscheint in der Mitte die Erdkugel von dem Thierkreise umgeben ; als Umschrift die von HaıpınGEr oft als Motto ge- brauchten Worte ScHILLEr’s: „Nie ermüdet stille stehen”. Von Herrn W. HaıpıngEek war ferner als Geschenk für die Bibliothek der Gesellschaft ein Abdruck von dem Bildnisse seines Vaters KARL HAIDINGER eingesendet, welches auf Ver- anlassung der hundertjährigen Wiederkehr von dessen Geburts- tage (Wien am 10. Juli 1756) angefertigt wurde. Von Herrn General-Konsul Sturz ist ein Schreiben einge- gangen, begleitet von der durch Herrn FOETTERLE ausgearbei- teten geologischen Karte von Süd- Amerika. Herr EwALD zeigte von einem neuen Fundorte am Harz einen Scaphites, welcher zu der den Kreidemergeln von Haldem und Lemförde charakteristisch angehörenden Gruppe von Arten dieser Gattung gehört. Er wurde nordöstlich von Wernigerode 499 am Rande des Holzemme-Thals gefunden in den gleichen Kreide- mergeln, welche bei Ilsenburg sehr verbreitet und für ganz gleich- zeitig mit denen von Haldem und Lemförde zu betrachten sind. Derselbe sprach über die von Herrn v. STROMBECcK früher schon beobachteten und in der Zeitschrift der Gesellschaft be- schriebenen Posidonienschiefer, welche sich aus der Gegend von Fallersleben in einem ganz bestimmten, linear erstreckten Distrikt in südöstlicher Richtung bis in die Gegend von Weferlingen er- strecken. Diese Schiefer sind theils dünnschiefrige, leicht spalt- bare Mergel, theils sind sie härter und weniger leicht spaltbar. In ersterer Abänderung werden sie hauptsächlich als Mergel zur Verbesserung der Felder benutzt. Ihr Bitumengehalt ist so stark, dass sie an der Flamme brennen. In den härteren, zum Mergeln nicht benutzbaren Abänderungen finden sich hauptsächlich die Versteinerungen, Posidonien und Ammoniten ganz wie in Würt- temberg. Der Zug verläuft grossentheils auf braunschweigischem Gebiet; er berührt das Preussische bei Weferlingen, wie Herr V. STROMBECK schon angab mit Zufügung des Ortes Wallbeck, der wohl nur dasselbe Vorkommen ist. Herr Baaun sprach über einen merkwürdigen, fraglich orga- nischen Körper, welcher durch Herrn v. KreExsky in einer Höh- lung des Steinkohlensandsteins bei Hohenloh-Hütte unweit Katto- witz in Oberschlesien aufgefunden und von dem Herrn Prinzen ZU SCHÖNAICH-CAROLATH als Geschenk an die Königliche Mine- ralien-Sammlung eingesendet wurde. Der fragliche Körper ist von zapfenförmiger Gestalt und besteht aus traubig aneinander gereihten, birnförmigen, in lange zurückgebogene Spitzen auslau- fenden Theilen, welche spiral in einer ziemlich regelmässigen Weise geordnet sind, wie sie bei Blättern von gewissen Pflanzen vorkommt. Die Stellung der Spiralen ist, wie sie in der Botanik mit — bezeichnet wird. Eine solche Stellung kennt man bei Blättern der verschiedensten Gewächse, so bei Coniferen-Zapfen, bei Farren-Strünken, ja unter den Fucoiden bei Sargassum und Verwandten. Bei dem vorliegenden Körper sei aus der eigen- thümlichen Gestalt der spiral geordneten birnförmigen Theile zu schliessen, dass sie von weicher, gallertartig biegsamer Masse gewesen seien, daher man denselben vielleicht für einen Tang halten dürfe, am ehesten etwa mit Turbinaria vergleichbar. Gegen die also entwickelte Ansicht von der vegetabilischen Natur des besprochenen Körpers sprach sich Herr v. CARNALL 33* 500 aus, weil das Vorkommen und die mineralogische Beschaffenheit der ganzen augenscheinlich glasigen und dabei porösen Masse sich nicht mit der Annahme vertrage, dass er überhaupt orga- nischen Ursprungs sein könne. Da sich das fragliche Stück in den gebrannten Schichten des oberschlesischen Steinkohlengebir- ges gefunden habe, müsse man die birnförmigen Theile für Schlacken-Tropfen halten, welche in ihrer Zusammensetzung kie- selsaures Eisen sein dürften. Herr‘ EuRENBERG sprach sich dagegen wie Herr Braun dahin aus, dass die regelmässige Anordnung der birnförmigen Theile auf organischen Ursprung hinweise. Hierauf übergab der Vorsitzende eine Reihe von Verstei- nerungen aus dem Kohlenkalkstein von Neudorf in der Graf- schaft Glatz, welche ihm von dem Berggeschwornen KLose zu Neurode zugesandt worden sind, behufs näherer Bestimmung durch Herrn BEykıcH und demnächstiger Abgabe an das Mine- ralienkabinet der Ministerial-Abtheilung für Berg-, Hütten- und Salinenwesen. Sodann sprach Herr v. CarnAaLL über die Zu- sammensetzung des Kohlengebirges bei Volpersdorf und insbe- sondere über die dortigen Eisensteinlagerstätten. Hierauf wurde „die Sitzung geschlossen. v. w. 0. v. CArNALL. BEYBICH. RorH. 2. Sıebente allgemeine Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft ın Wien. I. Sitzung. Verhandelt Wien den 18. September 1856. Die deutsche geologische Gesellschaft, welche sich wie bisher zur Abhaltung ihrer allgemeinen Versammlung an die Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte angeschlossen hatte, war in Wien durch eine ansehnliche Zahl von Mitgliedern ver- treten. Zur Erledigung der inneren Angelegenheiten constituirte sich die Gesellschaft, deren Mitglieder wie in früheren Jahren ihre 501 wissenschaftlichen Vorträge in der mineralogisch - geologischen Sektion der Naturforscher - Versammlung hielten, am heutigen Tage unter dem Vorsitz des auf Vorschlag eines Mitgliedes von allen Anwesenden einstimmig gewählten Herrn v. Hauer. Herr Rorn übernahm auf Ersuchen das Amt des Schriftführers. Zuerst übergab Herr v. CarnALt den Rechenschaftsbericht von den Jahren 1855 und 1856, sowie die von dem Schatz- meister Herrn TıMmnAu gelegte Rechnung der Gesellschaftskasse für das siebente Geschäftsjahr (1855) nebst den dazu gehörigen Belegen, sowie einen Auszug aus dem Hauptbuche, welcher ins- besondere die Einnahmen einzeln nachweist, endlich auch eine Uebersicht von der Lage der Gesellschaftskasse am 1. Juli d. J. und beantragte, dass ein Mitglied der Gesellschaft erwählt werde, um diese Rechnungssachen zu prüfen. Auf Ersuchen erklärte sich Herr ZERRENNER zu diesem Geschäft bereit und wurden demselben die sämmtlichen Rechnungspapiere eingehändigt, in- gleichen der Entwurf eines Budgets für das nächste Geschäfts- Jahr, indem Herr v. CARNALL bemerkte, dass wegen vielfacher Veränderungen in den Einnahme- und Ausgabe-Ansätzen es sich nicht empfehle, eine weitere Prolongation des bisher zum An- halten genommenen Budgets zu beschliessen. Noch bemerkte Herr v. CARNALL, dass Anträge auf Abän- derung der Statuten nicht vorlägen. Seit der August-Sitzung sind in die Gesellschaft eingetreten: Herr Freiherr Franz v. Dücker Oberbergamts-Referendar in Dortmund, vorgeschlagen durch die Herren von DEM Borxe, BrEY- RICH und V. CARNALL; | Herr Freiherr TuEoDoRr v. DückeEr in Rödingshausen, vorgeschlagen durch die Herren v. CARNALL, BEYRICH und Rora; ; Herr Bauno Kerr, Hüttenmeister in Clausthal, vorgeschlagen durch die Herren v. CARNALL, BEYRICH und ZERRENNER; Herr A. Löwe, Direktor der Porzellanfabrik in Wien, vorgeschlagen durch die Herren ZERRENNER, V. CARNALL und G. Rose; Herr HocustErTer, Dr. phil. in Wien, vorgeschlagen durch die Herren v. HAvER, BEyRicHh und G. Rose; 502 Herr Porn, Bergamtsdirektor in Ernstthal bei Starkenbach, vorgeschlagen durch die Herren BEeykıcH, BOKNEMANN und Rorn. Es verlas nunmehr Herr v. CaknaLL den Bericht des Herrn v. DEcHEn vom 11. August d. J. über den Stand der Arbeiten an der geologischen Uebersichtskarte von Deutsch- land nebst den daran geknüpften Vorschlägen wegen Kolorirung derselben. In Bezug auf die am Schlusse dieses Berichts angeführten Theile der Karte, zu deren Kolorirung es Herrn v. DECHEN an Materialien gefehlt habe, bemerkte Herr v. HAuERr, dass von dem lombardisch-venetianischen Königreiche viel, von dem west- lichen Ungarn hingegen nur einzelnes Material vorhanden, und dass hinsichtlich Istrien und Dalmatien nichts Neues hinzuge- kommen sei. Dem Herrn v. HauER wurde eine Abschrift des obenerwähnten Berichts nebst den von Herrn v. DECHEN kolo- rirten zwei Blättern der Karte, sowie die zugehörige Farbentafel zugestellt und versprach derselbe das vorhandene Material zu sammeln und sobald als möglich Herrn v. DEcHEn zur Benutzung zuzusenden. In Betreff der Wahl der Farben und Zeichen für die For- mationen beschloss die Versammlung, dem Herrn v. DECHEN die vollste Freiheit zu lassen. Herr Suess bemerkte hierbei, dass es wünschenswerth sei, die Cassianer Schichten mit dem Keuper zu verbinden, dagegen die Kössener Schichten, als grosse Flächen einnehmend, mit einer besondern Bezeichnung zu versehen. Herr v. HAuEr zeigte an, dass Herr v. DECHEN durch eine besondere Mittheilung über die für die österreichischen Alpen etwa zu wählenden Unterscheidungen benachrichtigt sei. Schliesslich machte Herr v. CARNALL über den Kostenpunkt bei der Herausgabe der Karte Vortrag und legte alles für die Bearbeitung der Karte eingegangene Material zur Ansicht vor. Hierauf wurde die heutige Sitzung geschlossen. v. w. 0, v. HAvER. Rorh. 303 I. Sitzung. Verhandelt Wien den 20. September 1856. Unter dem Vorsitze des Herrn v. HAvER versammelten sich am heutigen Tage die Mitglieder der deutschen geologischen Gesellschaft zu einer zweiten Sitzung, in welcher wegen Abwe- senheit des Herrn Rorn Herr Beykıck die Protokollführung übernahm und Nachfolgendes verhandelt wurde. Herr ZERRENNER giebt die in voriger Sitzung übernommene Rechnung von der Gesellschaftskasse für das Jahr 1855 nebst zugehörigen 19 Belegen, dem Auszuge aus dem Hauptbuche und dem Kassen-Abschlusse vom 1. Juli d. J. zurück und berichtet, dass er diese Rechnungssachen revidirt und überall richtig be- funden habe. Es wird daher von der Versammlung dem Vor- stande in Berlin die Decharge ertheilt, insbesondere aber dem Schatzmeister für die sorgfältige Kassenführung ein Dank votirt. Ferner trägt Herr ZERRENNER vor, dass er den Budget- Entwurf für das Geschäftsjahr 1857 auf Grundlage der früheren Rechnungen geprüft und gegen die Ansätze nichts zu erinnern gefunden habe. Nachdem Herr v. CARrNALL über die Abwei- chungen von den früheren Budgets noch einige Erläuterungen gegeben, wird der Entwurf unter allgemeiner Zustimmung an- genommen und festgestellt. Hinsichtlich der nächstjährigen allgemeinen Versammlung beschliesst man, sich wie bisher in Zeit und Ort der Versamm- lung der Naturforscher und Aerzte anzuschliessen und, da Bonn als Versammlungsort gewählt worden ist, Herrn v. DECHEN daselbst um Uebernahme der Geschäftsführung zu ersuchen. Hiermit waren die Gesellschafts- Geschäfte erledigt. Der Herr Vorsitzende nahm nun das Wort, um gegen Herrn v. CAR- NALL die Anerkennung und den Dank der Gesellschaft für alles dasjenige auszudrücken, was der Vorstand zu Berlin im Interesse der Gesellschaft und insbesondere durch den reichen Inhalt, sowie die trefliche Ausstattung der Zeitschrift mit beschränkten Geld- mitteln zu leisten ermögliche. Nachdem sodann noch Herr v. CarnaLL Namens aller Anwesenden dem Herrn Vorsitzenden für die Leitung der Ver- handlungen den wärmsten Dank abgestattet, wurde die heutige 504 Sitzung und mit ihr die diesmalige allgemeine Versammlung der Gesellschaft geschlossen. v. w. 0. v. HAuER. BeEyRICH. Rechenschafts-Bericht des Vorstandes inBerlin über die Geschäftsführung in den Jahren 1855 und 1856. Da die in Göttingen beschlossene Versammlung zu Wien aus dem vorigen Jahre in das laufende Jahr verlegt worden ist, so hat im Jahre 1855 eine allgemeine Versammlung der Gesell- schaft nicht stattgefunden, und der unterzeichnete Vorstand einen Rechenschafts - Bericht nicht vorlegen können; derselbe erlaubt sich daher, in dem gegenwärtigen Berichte beide Jahre zusam- men zu fassen. - 1. Die besonderen Versammlungen zu Berlin sind an den bestimmten Tagen abgehalten worden und immer zahlreich be- sucht gewesen. In Betreff der dortigen Verhandlungen kann hier auf die Sitzungs - Protokolle verwiesen werden, in wel- chen jedoch die wissenschaftlichen Vorträge nur dann ausführ- lich enthalten sind, wenn die Redner solche selbst schriftlich ein- reichen. 2. In dem Personale des Vorstandes sind nur wenige Ver- änderungen vorgekommen, welche die Protokolle der beiden November-Sitzungen angeben. 3. Seit der diesjährigen August-Sitzung sind zwei neue Mitglieder aufgenommen, deren Namen in der ersten Sitzung der bevorstehenden allgemeinen Versammlung zu verkündigen sein werden. 4. Von dem VIII. Bande der Zeitschrift ist das erste und zweite Heft ausgegeben und das dritte befindet sich unter der Presse. Es sind von einigen Seiten Zweifel darüber laut geworden, welche Hefte der Zeitschrift den neu eingetretenen Mitgliedern der Gesellschaft zukommen. Der Vorstand befolgt hierbei als Grundsatz: dass wenn Jemand vor Anfang des Monats November, als dem Beginn eines neuen Geschäftsjahres, der Gesell- schaft beitritt, er nach vorheriger Einzahlung des Jahres- 505 beitrages von 6 resp. 4 Thalern, die Hefte des laufen- den Jahrganges zugesandt erhält (man vergl. $. 9 des Gesellschafts -Statuts); wogegen derjenige, welcher im November oder später eintritt, und seinen Beitrag berich- tigt, erst den nächstfolgenden Jahrgang der Zeit- schrift erhalten kann. 5. Von dem Verkaufe der Zeitschrift sind im letz- ten Jahre (1855) für 41 Exemplare 123 Thlr. aufgekommen und vereinnahmt. 6. Die Rechnung von der Gesellschaftskasse für das Geschäftsjahr 1855 wird nebst einem Hefte mit 19 Aus- gabe-Belegen im Anschlusse vorgelegt, und unter Bezugnahme auf deren Inhalt, sowie auf den beigefügten Auszug aus dem Hauptbuche, welcher die Geld-Einnahmen und Ausgaben einzeln ergiebt, darauf angetragen: die vorliegende Rechnung zu revidiren, abzunehmen, und wenn sich gegen dieselbe keine Erinnerungen finden, dem Vorstande die Decharge zu ertheilen. Die Abweichungen gegen die Ausgabe-Ansätze in dem letzt genehmigten Budget sind am Schlusse der Rechnung von dem Schatzmeister erläutert, und die wesentlichsten Ueberschreitungen unter Tit. I. Cap. 1 durch den grösseren Umfang der Zeitschrift gerechtfertigt. Die Mehr- Ausgabe unter Tit. III. Cap. 3 ist durch die nothwendige Anschaffung eines Bücherspindes, welches 29 Thlr. 15 Sgr. kostete, herbeigeführt. 7. Nach der hier beifolgenden Uebersicht von der Lage der Kasse am 1. Juli d. J. betrug: der Bestand aus dem Jahre 1555 . 468 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf. die, neuen: Einnahmen . -. ... „00506, „ Au, 5 zusammen 1124 Thlr. 26 Sgr. 6 Pf. dayon die sAnsgabentmib 5 72.29332,684..-,. - 1275, 6, also Baarbestand am 1.Juli 1. J. 440 Thlr. 14 Sgr. — Pf. wonach sich dieser um 28 Thlr. 8 Sgr. 6 Pf. vermindert hat. Es sind jedoch noch Zahlungen zu leisten und Einnahme- Reste von höherem Betrage als die Ausgabe-Reste einzuziehen verblieben. 8. Da im vorigen Jahre eine allgemeine Versammlung nicht stattgefunden, so hat der Vorstand das letzt genehmigte und verlängerte Budget als auch für das Jahr 1856 gültig ansehen 506 müssen und wird dasselbe der Rechnung vom laufenden Jahre zu Grunde zu legen sein. Wegen mehrfacher Abweichungen sowohl in den Ausgaben als auch in den Einnahmen erscheint es wünschenswerth, dass für das nächste Jahr ein neues Budget festgestellt wird, wozu ein Entwurf hier beifolgt, mit dem Antrage: denselben zu prüfen, zu genehmigen und festzustellen. 9. Anträge auf Abänderungen des Gesellschafts - Statuts liegen nicht vor. 10. Ueber den Stand der Arbeiten an der geologi- schen Uebersichtskarte von Deutschland giebt der Bericht des Herrn v. DECHENn vom 11.v.M., der hierneben über- reicht wird, specielle Auskunft, insbesondere auch darüber, für welche Theile der Karte Materialien weder in den eingesandten Beiträgen vorhanden, noch auch anderweitig zu erlangen gewe- sen sind; es gilt dies namentlich von gewissen Provinzen des österreichischen Kaiserstaats. Wie die bezüglichen Lücken aus- zufüllen, darüber dürfte nunmehr von der allgemeinen Versamm- lung Beschluss zu fassen sein; ebenso über die Vorschläge des Herrn v. DecHen in Betreff der Wahl der Farben für die Ko- lorirung der Karte und wegen der anzuwendenden Ziffern oder Buchstaben, wobei sich der unterzeichnete Vorstand nur dafür aussprechen kann, dass hierin dem Herrn v. DECHEN ‚ganz freie Hand gelassen werden möge. Berlin, den 5. September 1856. v. CARNALL Namens des Vorstandes. 507 Rechnung von der Haupt-Kasse der deutschen geo- logischen Gesellschaft für das siebente Geschäfts- Jahr oder pro 1855. Einnahme. Tit. ei ® (@) Summa. Thle.Sg Pf. An Bestand von 1854 N An Einnahme-Resten, fehlen. res 1855 zur Kasse eingegangen. . II. | — | Vom Verkaufe der Zeitschrift. II. - | An extraordinären Einnahmen: Gewinn an Geld und an verschiedenen kleinen Abzügen von Rechnungen, nach Abrechnung verschiedener kleiner Verluste an ausländischem Papiergeld und von verschiedenen kleinen Aus- lagen u. s. w.. — | An vollen und theilweisen Beiträgen der Mitglieder, soweit deren im Laufe des Jah- 554112] — 971128 Bu 1,8 Summa aller Einnahmen J1sso|ıs — Ausgabe. An Vorschüssen fehl An Ausgabe-Resten Be I. | — | Für Herausgabe der Schriften und Karten: 1. Für die Zeitschrift: a. Druck, Papier, Heften ete. 691 Thl. ® Sg.6 Pf. b. Kupfertafeln etc BSgEr | ww II. IH. | — | Für Lokale ete. in Berlin: - Für Heizung und Beleuchtung des Lokals für die Sitzungen . . . . . . 17 Thl. 7Sg.6 Pf. 2. Für die Bibliothek. . . . . 49 „ An sonstigen Ausgaben: Für Abschriften . ee Für Zeichnen-Arbeiten . Für Büreaukosten : Für Porto und Botenlohne) IV. over | V. | — | Extraordinäre Ausgaben, fehlen. VI. | — | Zum Deckungsfonds, fehlt. Für den Druck von Abhandlungen, fehlt. Für die Karte von Deutschland, fehlt. Für die allgemeine Versammlung, fehlt. 1081| 11— 66 24 6 Summa aller Ausgaben j11s1125 6 508 Schluss - Balanee. Die gesammte Einnahme beträgt 1650 Thlr. 18 Sgr. — Pf. Die gesammte Ausgabe dagegen 1181 „ 3 „ 6, Mithin Bestand 468 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf. welcher im Haupt-Buch der Gesellschaft bei Beginn des Jahres 1856 vorgetragen ist. % Anmerkungen. Auch im Jahre 1855, in welchem zum ersten Male die Ablösung eines Mitgliedes durch Zahlung des zehnfachen Beitrages vorgekom- men ist, hat die Einnahme sub Tit. I. für Beiträge der Herren Mit- glieder nicht ganz die Summe erreicht, die im betreffenden Budget dafür und für die Einnahme-Reste veranschlagt war. Ebenso ist die Einnahme sub Tit. Il. für den Verkauf der Zeitschrift hinter dem Voranschlage zurückgeblieben. Es hat sich ferner eine nicht unbedeutende Ueberschreitung der Aus- gaben herausgestellt bei Tit. I. 1. a. und Tit. I. b. — den Ausga- ben für die Zeitschrift; — doch ist diese Ueberschreitung gedeckt durch die Ersparung unter Tit. I. 3. — Karte von Deutschland, — unter Tit. II. — Allgemeine Versammlung, — und unter Tit. IV. — Sonstige Ausgaben. . Im Allgemeinen zeigt die Schluss-Balance, dass die Lage der Kasse nicht glänzend ist. Ersparungen an der Zeitschrift selbst und den dazu gehörenden Karten und Tafeln erscheinen nicht rathsam, da sie den wissenschaftlichen Werth derselben schmälern würden. Um so mehr ist eine pünktliche Einsendung der laufenden wie der rück- ständigen Beiträge zu wünschen. — Die Entwerfung eines neuen Budgets nach den Erfahrungen der letzten Jahre erscheint dringend nothwendig. Berlin, den 1. Juli 1856. Tausar, Schatzmeister der Gesellschaft. Vorstehende Rechnung ist nebst den zugehörigen Belegen im Auf- trage der Gesellchaft von mir revidirt und überall richtig befunden worden. Wien, den 19. September 1856. ZERRENNER, Nach dem Beschlusse in heutiger Sitzung der allgemeinen Ver- sammlung, ist die 1855er Jahresrechnung nebst den dazu gehörigen Be- legen für richtig angenommen und darüber die Decharge ertheilt worden. Wien, den 20. September 1856. v. Hıver. BayaıchH. 509 Budget der deutschen geologischen Gesellschaft für das Jahr 1857. | III. III. IV. v1. | Special- | Haupt- Geld - Einnahme. Summen. Ion. En. rinnen. rien ob rleesselpe|Thir..S5.PF., An Bestand aus dem Jahre 1856. 212400 An Einnahme-Resten. An Beiträgen der Mitglieder . — | 55 —|— Vom Verkaufe der Zeitschrift Ei. Von der Bzsszr’schen Buchhandlung für SO Bände zu 3 Thlr.. : — | —| 240 — | — Von neuen Mitgliedern für rar gende J ahrgänge, 10 Exemplare zu BERhhe. rar —! 830! —-— Vom Verkaufe der Abhandlungen Seile (vacat). | An extraordinären Einnahmen etwa | — = 2 Zels Summa aller Einnahmen a3 —_ NernS Ka = Se Geld =- Ausgabe. An Vorschüssen fehl An Ausgabe-Resten | "° = Für Herausgabe von Schriften und Karten: Für die Zeitschrift: a. Druck, Papier, Heften etc. . 700) —|— b. Kupfertafeln 300/—|— 1000| | — Für den Druck von Arkandiänzen (nichts). Für die Karte von Deutschland. — |—j—1 100I— |— Summa Tit. I. — |—j—11100)— | — Für die allgemeine Versammlung —-I 33/-|1— Für Lokale in Berlin: Für Beleuchtung und Peer 20 — | — Für die Bibliothek 30) |— en iz 1m —|—|-| 70|—-|— An sonstigen Ausgaben: An Schreib- und Zeichnen-Arbeiten. | 101 — | — An Porto und Botenlöhnen. 40) - | — Summa rn An extraordinären Ausgaben (nichts). Zum Deckungs-Fonds (nichts). Summa aller Ausgaben je I aM E 510 Schluss =- Balance. Die Einnahme beträgt . . . . 1645 Thlr. Die Ausgabe dagegen . . . . 1245 „ bleibt Bestand 400 Thlr. zur Uebernahme in das nächstjährige Gesellschafts-Budget. Genehmigt und vollzogen. Wien, den 20. September 1856. Im Auftrage der allgemeinen Versammlung. v. Haver. Beyrıca. 3. Arbeiten der Sektion für Mineralogie, Geologie und Paläontologie während der zweiunddreissigsten Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wıen ım Jahre 1856. (Ausgezogen aus dem während der besagten Versammlung vom 16. bis 22. September 1856 erschienenen Tageblatte.) Herr HAıbInGER eröffnete die erste Zusammenkunft der Sektionsmitglieder im k. k. polytechnischen Institute am 16. Sep- tember 1856 mit folgender Ansprache: „Meine hochverehrten Herren! Ein seltener Augenblick, einmal und nicht wieder, ist der, wo es mir beschieden ist die mineralogisch-geologisch-paläonto- logische Sektion der Naturforscher-Versammlung in unserem Wien willkommen zu heissen, als Montanistiker in Gesellschaft meines hochverehrten Freundes, Herrn Professors Dr. LeyooL1T, in den Räumen, welche von seiner Lehr- und Thatkraft Zeugniss ge- ben, während der uns früher als dritter Genosse bestimmte Freund, Herr Professor Zıpp£, seiner Gesundheit wegen ferne von Wien in Teplitz weilt, der die k. k. Universität bei dem Empfange vertreten hätte. Gewiss gebieten es Ort und, Zeit, dass ich hier ein Wort der Erinnerung an die hochverehrten Männer, einen v. SCHREI- BERS, v. ROSTHORN, Bou£, RIEPL, v. REICHENBACH, G. Rose, Freiherr v. PkoKEscH, Grafen v. STERNBERG, Fürsten v. MET- TERNICH, V. KLIPSTEIN, JOSEPH v. HAuvER, namentlich aber an die hohen Geister ausspreche, welche vor 24 Jahren an der ne en 511 ersten Versammlung in Wien der damals unserem Fache gewid- meten Sektion Theil nahmen und den Vorsitz in derselben führ- ten und nun nicht mehr sind, den unvergesslichen grossen For- scher Leoror.pd v. Buch und FrIEDRIcH Mons, den ich speciell mit Vielen als hinreissenden Lehrer verehre, nach dessen Vor- gang und Beispiel ich zu wirken strebe.e Auch von damali- gen Sektions - Sekretären schied verflossenen 21. Mai JoserH WALDAUF v. WALDENSTEIN, zuletzt k. k. Hofkommissionsrath in Pension, aus unserem Kreise. Im Jahre 1782 geboren, zuerst bei den k. k. Münzämtern in Hall und Gratz, 1811 und 1812 in Schemnitz, war er damals Hofconcipist und hinterliess als Zeugniss unermüdlichen Fleisses eine ungemein grosse Masse von Bearbeitungen und Auszügen zu einem geologisch-geogra- phischen Sammelwerke über das Vorkommen von Erzen und Metallen. Glücklich sehen wir den andern der Sekretäre, Herrn k. k. Custos und Ritter P. Par’rscH, sich von einer schon län- ger andauernden Krankheitsperiode sichtbar erholen. Lassen Sie uns, meine hochverehrten Herren, sogleich in medias res in unsere wissenschaftliche Verhandlungen eintreten. Die Zeit ist kurz zugemessen, und wir werden sie mit grosser Aufmerksamkeit wahren müssen. Wir Wiener glaubten, es zieme uns einige Vorlagen über interessantere neue Ergebnisse unserer Arbeiten vorzulegen. Aber wir erhielten auch von einigen un- serer Freunde auswärts theils Zusendungen zum Vortrage, theils Anzeigen, dass sie uns selbst freundliche Mittheilungen machen würden. Ich habe die Ehre, hier die von mir verfassten Ver- zeichnisse vorzulegen. Billig stehen unsere Vorbereitungen ge- gen das zurück, was uns noch von unseren hochverehrten wer- then Gästen angemeldet werden wird, und wenn ich auch hier den Vorrath im Allgemeinen bezeichne, so werden doch für die morgige Tagesordnung die Herren Sekretäre die eigentliche Rei- henfolge verfassen. Wir werden suchen möglichst treue kurze Skizzen der Vorträge im Tageblatt zu geben; erhalten wir geschriebene No- ten der Herren Sprecher, desto besser; ausführlichere Mitthei- lungen, von welchen man wünscht, dass sie in den von den Herren Geschäftsführern herauszugebenden Verhand- lungen aufgenommen werden, können dies nur dann, wenn sie vor Ende November sich als druckfertige Manuscripte in den Händen derselben befinden. 512 Erlauben Sie mir noch, vor der Präsidentenwahl einen An- trag zur späteren Annahme zu stellen. Unser gegenwärtiger Sitzungssaal ist von der k. k. geologischen Reichsanstalt sehr weit entfernt. Gewiss aber werden Sie es erklärlich finden, wenn ich wünschte, Ihnen, meine hochverehrten Herren, die Sammlungen der letzteren im Zusammenhange vorzulegen, und dazu, glaube ich, wäre das Zweckmässigste, wenn wir zu einer der späteren Sitzungen uns schon zuerst nicht hier, sondern in dem Lokale der k. k. geologischen Reichsanstalt vereinigten. Nach einer Vorbesprechung mit meinem hochverehrten Freunde, Herrn Berghauptmann v. CARNALL, würde vor der Sitzung, wel- che wie gewöhnlich um 9 Uhr beginnt, die Sitzung der deut- schen geologischen Gesellschaft um 8 Uhr in der k. k. geologi- schen Reichsanstalt stattfinden, um 11 Uhr würde die Sitzung schliessen, und sodann ein rascher Ueberblick über die Samm- lungen und durch die gesammten Räume der k. k. geologischen Reichsanstalt folgen, wo sich an geeigneten Orten Erläuterungen zwanglos anknüpfen liessen. Ich komme nun zu dem vorgeschriebenen Akt der Präsi- dentenwahl. So viele hochverehrte Freunde besuchen uns, viele derselben wahre Präsidenten. Je rascher wir über die Formen hinwegkommen, desto vortheilhafter für die Zeit zu wissenschaft- lichen Mittheilungen. Ich wage es die Verantwortlichkeit auf mich zu nehmen, der hochverehrten Sektion für die Reihe von sechs Sitzungen auch zugleich sechs Namen hochverehrter Freunde zur Wahl als Präsidenten vorzulegen, und zwar vor Allem als Erinnerung an unsern unvergesslichen LEoroLD v. Buch, den uns innig verbündeten trefflichen Forscher Herrn Rathsherrn PErer MeErIAn aus Basel, der auf Bucn’s Vorschlag der erste nach ihm in Gratz den Vor- sitz führte. Ferner würden folgen Herr Geheimer Bergrath J. NöGGERATR, Herr Berghauptmann R. v. CARNALL, Herr Oberberghauptmann Freiherr v. BEUST, Herr Professor Gustav Rose, Herr Professor STUDER. Hätten wir noch eine Woche, hätten wir mehrere, wir wür- den den wechselnden Vorsitz würdig füllen, mein Geist beugt sich vor der Fülle der Kenntniss und des wohlerworbenen Ruh- mes, welche hier vertreten sind. Darum fühle ich auch gewiss 513 tief, wie viele Verantwortung ich übernehme, aber ich glaubte zur Vereinfachung nicht zurückweichen zu dürfen.” Zu Sekretären wurden erwählt die Herren HörneEs und FRANZ v. HAUER. Die Versammlung bestätigte mit Acclamation die vorgeschla- gene Wahl. I. Sitzung am 17. September. Herr PETER MERTAN aus Basel, als Präsident der Sektion für den heutigen Tag, eröffnet die Sitzung. Es werden verschiedene Einsendungen an Büchern, Karten u. s. w. vorgelegt und unter die Anwesenden vertheilt. Herr O. Herr aus Zürich sprach über die Insekten- fauna von Radoboj. Die schwefelführenden Kalkmergel die- ses Ortes haben nach seinen Untersuchungen bereits 303 ver- schiedene Arten von Insekten geliefert, die sich auf 114 Genera vertheilen. 39 Arten gehören zu den Üoleopteren, 34 zu den Gymnognathen, 82 zu den Hymenopteren, 8 zu den Schmetter- lingen, 79 zu den Fliegen und 61 zu den Rhynchoten. Die Co- leopteren lieferten wenig hervorragende Formen; von den Gym- nognathen sind die Heuschrecken und Termiten am häufigsten. Auffallend gross ist die Zahl der den Hymenopteren angehöri- gen Ameisen (55 Arten). Schmetterlinge sind überhaupt sehr selten. Bezüglich der Fliegen fallen die vielen Pilzmücken (Mycetophila und Sciara) auf, deren Larven in Fleischpilzen le- ben mussten, ferner die Lymnobien und Tipulen mit fleckigen Flügeln, wie ähnliche noch jetzt bei uns in feuchten Wäldern leben. Von Rhynchoten sind hauptsächlich Wanzen, Cicaden, Cicadellen und Blattläuse in zahlreichen Arten vertreten. Die ganze Fauna überhaupt bietet eine merkwürdige Mischung von Formen, welche räumlich sehr weit auseinanderliegen. Ne- ben Typen, wie sie jetzt bei uns oder in den Mittelmeerländern leben, erscheinen solche, wie sie jetzt Indien und noch mehr Amerika angehören. Herr v. Russe6Ger las über die Erderschütterungen zu Schemnitz im niederungarischen Montan-Distrikte in den Jahren 1854 und 1855 und deren Beziehung zur geognostischen Struktur des dortigen Terrains. Es fanden in den angegebenen Jahren vier Erschütterungen statt und zwar am 28. April 1854, Zeits. d. d. geol. Ges. VIH. 4. 34 514 am 16. September 1854, am 31. Januar 1855 und am 30. Sep. tember 1855. Als Hauptergebniss der vorgenommenen Unter- suchungen ergiebt sich: 1. Dass die Erschütterungen ausschliesslich nur den Grün- stein- und Grünsteinporphyr-Gebirgen angehörten, indem sich die Bewegung weder in das Trachytgebirge noch in das Gebiet des nahen Basaltes erstreckte und sich überhaupt nur auf den Gang- zug von Schemnitz beschränkte, da in keiner anderen Gegend des niederungarischen Montan-Distriktes diese Erscheinung beob- achtet wurde. 2. Dass die Bewegung nur auf dem Streichen des mächti- gen Spitaler-Ganges und zunächst im Liegenden und Hangenden desselben in besonderer Stärke beobachtet wurde, dass hingegen die Intensität der Bewegung in dem Verhältnisse abnahm, als die Entfernung von diesem Gange ins Hangende oder Liegende zunahm. 3. Dass die Intensität der Bewegung dem Verflächen des Spitaler-Ganges nach mit der zunehmenden Tiefe zunahm und unterirdisch mit einer starken Pressung der Luft verbunden war. Herr v. HınGEnAU berichtete über die geologischen Verhältnisse von Nagyäg in Siebenbürgen.” Die nächste Umgebung des am Fusse des Hajto-Berges und des Üsetraser Gebirgszuges liegenden Bergreviers besteht aus Grünsteinpor- phyr, welcher auch das erzführende Gestein im Nagyäger Berg- bau bildet und dort von zahllosen Klüften und Trümern durch- setzt wird, welche ausser der gewöhnlichen Zusammensetzung des Trachyts Schwefelkies, Manganspath, Blende, Bleiglanz, in den Klüften aber die bekannten Tellurerze — Blättertellur und Sylvanerz — führen, und eben darin reich an Gold sind, welches im nordöstlichen Theil des Raumes häufiger als Bleigold auftritt, daher auch die Bergleute die westliche Goldformation von Hajtö bis gegen Mageros und Füzes von der Tellurformation im Centro von Nagyag selbst, so wie von der nordöstlich auftretenden Blei- formation unterscheiden, deren Grenzen aber noch nicht sicher- gestellt sind und vielleicht ganz scharf auch nicht sich scheiden lassen dürften. Die Goldproduktion des Nagyäger Bergwerkes ist in den 100 Jahren von 1748 bis 1847 auf 111458 Mark goldisch Silber berechnet und findet bis in die neueste Zeit noch in einer Ausdehnung statt, welche zwischen 600 und 1200 Mark goldisch Silber jährlich beträgt. Gegen das Marosthal zu wird 515 das balbmondförmige Gebirge, welches die Nagyäger Bergwerks- Colonie umgiebt, von kegelförmigen Trachytkuppen, die theils isolirt, theils zu zweien und dreien neben einander emporragen, gleichsam geschlossen. Ihr Gestein hat manche Varietäten, und Stücke von einigen dieser Kegel irritiren die Magnetnadel stark. — Die von hier gegen Csertesd in dem Marosthale südöstlich beob- achteten Gebilde sind reiner röthlicher, bald mehr oder weniger sandiger Thon, von welchem erst nähere Untersuchungen zeigen müssen, ob er, wie manche Beobachter wollen, dem Karpathen- sandstein angehört, oder theilweise mit den Trachyten und Por- phyren in Verbindung steht, als deren Liegendes er im Franz- Erbstollen angefahren wurde. Nördlich begrenzen ebenfalls solche Thongebilde diese Grünsteinporphyre, dann westlich im Almäs- thale viele Kalkzüge — ob Uebergangs- oder Bergkalk, mag noch dahin gestellt sein —! Bei Golbina, ganz nahe von diesem Kalkzuge wurde ein Kohlenlager beobachtet, dessen Auf- schluss erst in Angriff genommen werden wird. Diese Gegend bietet — wie überhaupt Siebenbürgen — viel Interessantes und ein reiches Feld für künftige Forschungen! Herr F. Förverte theilte ein an Herrn W. HAIDINGER gerichtetes Schreiben des Herrn A. RAVENSTEIN aus Frank- füurt a. M. mit, worin derselbe anzeigt, dass eine Subscription zur Ermöglichung der Herausgabe der trefllichen Höhen- Schiehtenkarte von Central-Europa des hannöverschen Hauptmannes Herrn A. ParEn eröffnet werde. Diese Höhen- karte, von der zwei bereits vollendete Sektionen vorgezeigt wur- den, ist in dem Maassstabe von 1 :1,000000 angefertigt, und umfasst ungefähr 24000 Quadratmeilen Höhendarstellungen. Als Höhenkarte zeigt sie die Marschgrenzen an der Küste; die Ho- rizontalen der Höhen von 100, 200, 300, 400, 500 par. Fuss, von hier bis zu 5000 Fuss Höhe die Horizontalen von 500 zu 500 Fuss; hierüber hinaus sind dieselben von 1000 zu 1000 Fuss angegeben. Diese Karte soll aus 12 Sektionen bestehen, wovon bereits 9 Sektionen fertig, die übrigen drei in der Arbeit mehr oder weniger vorgeschritten sind. Ueber die Gediegenheit dieser Karte‘ haben sich persönliche Autoritäten, Corporationen, worunter die militairische Commission des hohen deutschen Bundes, in . dieser Beziehung auf das Anerkennendste ausgesprochen. Herr A. Rıvensteın, bei dem Herr A. Paren seinen reichen Schatz an topographischem Material deponirt, und ihn ermächtigt hat, 34 * 516 an seiner Stelle für die Herausgabe der Karten zu wirken, er- sucht in dem mitgetheilten Schreiben Herrn W. HAIDINGER, die eingeleitete Subseription zur Kenntniss der jetzt in Wien tagen- den Naturforscher-Versammlung zu bringen und die Herren Mit- glieder und Theilnehmer zur Theilnahme an derselben einzuladen. Da jedoch eine solche Höhen-Schichtenkarte nicht nur ein specielles Interesse für Erdkunde und Geologie, sondern ein allgemeines für die gesammten Naturwissenschaften bietet, so stellte Herr FörTERLE im Namen des Herrn HAıpınGer den Antrag, die erste Sektion wolle beschliessen, dass dieser Gegen- stand zur allgemeinen Kenntniss in einer der nächsten Gesammt- Versammlungen gebracht werde. Herr SARTokIUS v. WALTERS- HAUSEN, der aus persönlicher Anschauung die diesen Karten zu Grunde liegenden trefilichen Arbeiten Herrn A. PırEn’s kennt, unterstützte auf das Kräftigste diesen Antrag, und die Sektion wählte Herrn FöTTERLE zum Vortragenden dieses Gegenstandes in einer der beiden nächsten Gesammt-Versammlungen. Herr Hörxes legt den so eben vollendeten ersten Band der „Fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien”, welcher die Univalven enthält, vor, und spricht über die geologischen Verhältnisse des Beckens von Wien. Im Allge- meinen lassen sich im Wiener Becken nur zwei grosse Tertiär- ablagerungen unterscheiden, eine untere marine und eine obere brakische, die theilweise von Süsswassergebilden bedeckt wer- den. Die marine Ablagerung besteht aus Tegel und Sand, mit welchen theils parallel, theils auf Tegel aufliegend an den Küsten des ehemaligen Meeres der sogenannte „Leithakalk” auftritt. Hierauf folgen die dem Wiener Becken und den gleichzeitigen Ablagerungen im Osten von Europa eigenthümlichen „Ceri- thienschichten”, die durch ihre Fauna scharf begrenzt sind. Sie bilden in der Mitte des Beckens den Uebergang der ächt marinen Ablagerungen zu den brakischen. Der hierauf folgende brakische Tegel ist durch Congerien und Melanopsiden bezeich- net und wird nur von den Sand- und Schotterablagerungen mit Mastodon- und Dinotherien-Resten und von den jüngeren Löss- und Diluvialgebilden bedeckt. Herr LeyporTr sprach über seine neue Methode, die Struktur und Zusammensetzung der Mineralien zu untersuchen. 517 OH. Sitzung am 18. September. Versitzender: Herr NöGGERATH aus Bonn. Die Versammlung fand heute in dem grossen Sitzungssaale der k. k. geologischen Reichsanstalt statt. In demselben sind die bisher vollendeten Karten der k.k. geologischen Reichsanstalt in dem Maassstabe von 2000 Klaftern auf den Zoll, und zwar: die Karte des Erzherzogthums Oesterreich, des Herzogthums Salzburg, des Herzogthums Kärnten und eines Theils des Kö- nigreichs Böhmen zur Besichtigung aufgestellt. Herr Franz v. Hauer legt einen geologischen Durch- schnitt der östlichen Alpenkette vor, von Passau an der Donau über das Hausruckgebirge bei Wolfsegg, die Langbath- Seen, das Höllengebirge, Ischl, den Hallstädter Salzberg, das Dachsteingebirge, Schladming, den Aukogel, Inner-Fragant, das Möllthal bei Stall, das Drauthal bei Döllach, die Jauken, dann weiter über Tarvis, Raibl, den Predilpass in das Isonzothal, die- sem entlang bis zum Collio bei Görz, und endlich über das Karstgebirge bis Duino am adriatischen Meere. Er hatte diesen Durchschnitt mit Zugrundelegung der Aufnahmen der k. k. geo- logischen Reichsanstalt, und zwar namentlich der Arbeiten der Herren M. V.LıroLo, Dioxnys StuRr, ED. Suess, FR. FÖTTERLE und seiner eigenen in dem Maassstabe von 400 Klaftern auf einen Zoll, oder 1: 288000 der Natur entworfen, um eine nicht aus idealen Anschauungen, sondern auf beobachtete 'Thatsachen basirte Uebersicht des geologischen Baues der östlichen Alpen zu ermöglichen. Mit wenigen Worten wurde der merkwürdigen Verschiedenheit gedacht, welche sich in dem Baue der nördlich und südlich an die krystallinische Centralaxe angereihten Schicht- gebirge zu erkennen giebt. Die nach den bisherigen Beob- achtungen der silurischen Formation zuzurechnenden ältesten Schichtgebirge der Nordalpen erscheinen in den Südalpen nicht, in welchen dafür die in den ersteren fehlenden Glieder der Steinkohlenformation in weiter Verbreitung angetroffen werden. Die mächtigen an dem Baue der Vorberge so bedeutenden An- theil nehmenden Hippuriten- und Nummulitenkalke der Südalpen fehlen in den Nordalpen ganz, oder sind doch nur auf einzelne wenig ausgedehnte Punkte beschränkt, und zeigen wesentlich ab- weichende petrographische Beschaffenheit. Die Kössener Schich- ten dagegen, sowie die Adnether- und Hierlatzschichten, in den 518 nordöstlichen Alpen weit verbreitet und mächtig entwickelt, feh- len den von dem Durchschnitte berührten Gegenden der Süd- alpen gänzlich u. s. w. Weiter legte Herr v. Hauer eine geologische Karte der lombardischen Kalkalpen vor, die er im verflossenen Sommer im Auftrage der k. k. geologischen Reichsanstalt aus- geführt hatte. Als geographische Grundlage diente die General- karte des lombardisch-venetianischen Königreiches in dem Maass- stabe von 4000 Klaftern auf einen Zoll, oder 1 :283000 der Na- tur. Die überaus werthvollen früheren Arbeiten über dieselbe Gegend, namentlich die eines Buch, SrtuDER, EscHER, MERIAN, BRUNNER, ZOLLIKOFER, VILLA, OMBOoNI, ÜURIONI u. Ss. w. wurden vielfältig benutzt. Als besonders wichtig bezeichnet Herr v. HAver die bestimmte Nachweisung einer Zone von Gesteinen der oberen Triasformation (Cassianer Schichten), die bisher viel- fältig mit ächtem Muschelkalke verwechselt wurden, und vom Lago di Como angefangen durch das Val Sassina, Val Brem- bana, Val Seriana in das Val di Scaive streichen, sich um den Monte Vaccio herumbiegen, dann weiter über Lovere, Toline in das Val Tromnia fortsetzen, sich in diesem und im Val Sabbia weit ausbreiten, und über Bagolino im Val di Frey nach Tirol hinein fortsetzen. Sie bilden einen trefllichen geologischen Ho- rizont, der hier wie weiter in den Venetianer und Kärntner Alpen die Gesammtmasse der Kalksteine und Dolomite in zwei grosse Zonen sondert. Anschliessend an diese Mittheilung legte Herr v.-HAvER endlich noch eine ausgedehnte für das Jahrbuch der k. k. geo- logischen Reichsanstalt bestimmte Abhandlung des Herrn THeEo- BALD ZOLLIKOFER über die Geologie der Umgegend von Sesto Calende im Nordwesten der Lombardie vor, in welcher insbesondere die werthvollsten Beobachtungen über die jüngeren tertiären, diluvialen und alluvialen Gebilde enthalten sind. Herr BEykicH berichtete über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten für die geologische Karte des schlesischen Gebirges, auf welcher jetzt die auf böhmischem Gebiete lie- genden Theile bearbeitet werden, mit Benutzung einer durch die Liberalität der k.k. Behörden hierzu erhaltenen topographischen Grundlage. Zur Ansicht wurde die im vorigen Jahre schon beendete Sektion Waldenburg vorgelegt, welche den grösseren Theil des fast ganz auf böhmischem Gebiete entlang ziehenden 519 Kohlengebirges zwischen Schatzlar und Strausseney einschliesst. Der Redner gab eine Uebersicht von der Zusammensetzung der Formation des Rothliegenden dieser Gegenden, als dessen Unter- lage das Kohlengebirge hervortritt. Herr A. v. STROMBECK aus Braunschweig sprach über das Alter des Flammenmergels im nordwestlichen Deutschland. Schon vor einiger Zeit war von ihm die An- sicht aufgestellt, dass dieses Gestein dem Gault zugehöre; neuere Erfunde, namentlich im Amte Lutter am Barenberge, bestätigen dies vollständig. Derselbe legte aus dem dortigen Flammenmergel folgende organische Reste vor: Nautilus Neckerianus; Ammoni- tes Mayorianus, Milletianus, auritus, lautus, tuberculatus, Guersanti, splendens, varicosus, inflatus; Hamites cf. armatus, rotundus,;, Turrtlites Puzosianus; Solarium ornatum; Arca carinata,; Avicula gryphaeoides; Inoceramus concentricus und suleatus. Davon sind vier Formen, nämlich Ammonites Mayo- rianus und inflatus, Arca carinata und Avicula gryphaeoides zwar auch im Cenomanien gefunden, der Rest ist aber für den Gault so bezeichnend, dass für solchen der Flammenmergel ohne allen Zweifel angesprochen werden muss. Der Flammenmergel bildet den jüngsten Theil des Gault, und wurde dies auch direct aus der Lagerung über Minimusthon und unter Tourtia (unter- stes Cenomanien) dargethan. Der Redner zog ferner aus Zwischenschichten zwischen Flammenmergel und Tourtia den Schluss, dass scharfe Grenzen zwischen verschiedenen Etagen nicht mehr haltbar seien; auch Haupt-Perioden, wie z. B. Trias und Lias, scheinen nicht überall scharf gesondert. Zur Uebersicht des Verhältnisses des Flammenmergels zu ähnlichen Bildungen, erläuterte Derselbe noch, dass bei Braun- schweig über dem Neocomien bis jetzt folgende Glieder des Aptien und Gault ermittelt seien, nämlich von unten nach oben: 1) Thon mit Ancyloceras oder Urioceras gigas, vielleicht noch zum Neocomien gehörig. 2) Speeton-clay mit Pecten crassitesta, Belemnites sp. nov., Thracia Phillipsi. 3) Thoniger Mergel (Gargas-Mergel) mit Ammonites Nisus und Deshayesi, Belemnites semicanaliculatus. 4) Thon mit Ammonites Cornuelianus und Milletianus. 5) Thon mit Ammonites tardefurcatus und regularis. 520 6) Thon mit Belemnites minimus, und endlich 7) Flammenmergel. Der nicht zum Neocomien gehörige Theil des subhercyni- schen Unter-Quader ist synchronistisch mit dem Thon No. 5. — Es stellt sich somit auch heraus, dass der Gault, einschliesslich des Aptien, im nordwestlichen Deutschland eine mannichfache Entwickelung hat. Herr M. V. LıpoLD legte die in diesem Sommer aufge- nommene geologische Karte nebst einigen geologischen Durch- schnitten von der Umgebung des berühmten Quecksilber- bergbaues zu Idria in Krain vor. Die alpine Steinkohlen- Formation, die Glieder der unteren und oberen alpinen Trias- Formation, einige Glieder des alpinen Lias, und die Kreide- Formation füllen nach evident vorhergegangenen vielfachen Stö- rungen in scheinbar abnormen Lagerungsverhältnissen den tiefen Gebirgskessel Idria’s aus, und die nahe Berührung so verschie- dener, petrographisch ähnlicher, gestörter Formationen war Ursache, dass bisher die geologischen Verhältnisse Idria’s zum Theil falsch aufgefasst und nicht klar dargestellt wurden. Das Quecksilbererz- Vorkommen gehört der ältesten der bekannten Formationen an, und bildet nach Herrn LıpoLp’s Ansicht ein Stockwerk, dessen wahrscheinlich pyrogene Natur verschiedene Beobachtungen dar- thun dürften. Herr LıpoLp erwähnte zum Schlusse, dass des bekannten österreichischen Naturforscher in Brasilien. VıRGIL v. HELMREICHEN’s Bruder, Herr SıesmuxnD v. HELMREICHEN mit rastlosem Eifer die Untersuchungen des geologisch so sehr interessanten Beckens von Idria fortsetzt. Herr Sarrorıus v. WALTERSHAUSEN glaubt im Gegen- satze zu der eben ausgesprochenen Ansicht die‘ Bildung des Zinnobers auf nassem Wege erklären zu dürfen, und erläutert seine Ansicht durch Analogien, unter Anderem auch mit dem Vorkommen des Zinnobers zu Andreasberg am Harz, wo der- selbe im Schwerspath eingeschlossen vorkommt, welcher letzterer sicher vom Wasser abgesetzt ist. Herr KxörrLe& bemerkt, dass er Gangstücke von Dum- brava mitgebracht und im k. k. Hof- Mineralien - Kabinete zur Ansicht niedergelegt habe, in welchen sich Zinnober befindet und die vielleicht zur Erläuterung obiger angeregter Frage dienen dürften. Der Vorsitzende, Herr NöGGERATH, schliesst sich der An- - - | ! 521 sicht des Herrn v. WALTEBSHAUSEN an und begründet dies durch seine vielen Erfahrungen in den rheinischen Bergbauen ; er bemerkt, dass auch dort die feurige Bildung des Zinnobers von Beroldingen nachzuweisen versucht worden sei. Herr HaszLınskı erwähnt, dass auch bei Eperies Zinnober vorkomme, und theilt Einiges über das Vorkommen desselben mit. Herr ScHüßLER' aus Stuttgart macht Mittheilung über die Aufschlüsse, welche in den letzten Jahren über die Steinsalz- gebirge in den Neckar-Gegenden durch bergmännische Arbeiten erhalten worden sind, über die dabei beobachteten Ausströmungen von Gasen und über die Bildung von Steinsalz- nestern. Er folgert aus den beobachteten Thatsachen, dass die Bildung der kohlensauren Gase in den dolomitischen Schichten des Steinsalzgebirges in Verbindung mit Gyps und Steinsalz bei gewöhnlicher Temperatur vor sich gehe, und dass zu der Aus- scheidung der Kohlensäure aus der Kalkerde und der Bittererde die Kieselerde in ihren Verbindungen mit den Alkalien wirksam sein müsse. Um diese Annahme, welche auf viele Erscheinun- gen bei Bildung von Steinsalznestern und von Metamorphosen ein neues Licht zu verbreiten geeignet ist, zu bestätigen, werden Versuche angeführt, welche in Bohrlöchern von 500 bis 600 Fuss Tiefe in der Art vorgenommen wurden, dass Gemenge von Gyps, Dolomit, Quarz und Steinsalz in Digerir-Flaschen eingehängt wurden, welche umgestürzt in untergesetzte Gläser unter Queck- silber-Verschluss gestellt waren und die entweichenden Gase auf- nehmen konnten, wobei man sich vorher durch mehrstündiges Kochen von der Entfernung aller atmosphärischen Luft überzeugt hatte, und nach 8 Tagen zeigte sich in diesen Flaschen kohlen- saures Gas und doppeltkohlensaure Kalkerde. Die gepulverte Masse war zusammengesintert und es hatte sich eine Substanz ausgeschieden, welche in Säuren schwer löslich ist und Kalk- spathhärte zeigt, somit dem Dolomit zu entsprechen scheint. Die Fortsetzung dieser Versuche lässt wichtige Aufschlüsse über die im Innern der Erde thätigen chemischen Umbildungen und Krystallisationen erwarten. Herr GLücksELIG von Ellbogen sprach über das Vorkom- men der Mineralien von Schlaggenwald. Herr SARTOoRIUS v. WALTERSHAUSEN spricht über das von ihm aufgestellte Mineral: „Hyalophan”, und giebt die Unter- schiede an, die ihn vom Adular trennen. Ferner theilte er 522 Krystalle von Perowskit von Gastein und vom St. Gotthard mit, und zeigte einige kleine mikroskopische Krystalle von Brookit vom Monte Calvario bei Biancavilla am Aetna. III. Sitzung vom 19. September. Vorsitzender: Herr v. CAaRrsaLL aus Breslau. Herr Hörnes überreichte im Namen des Herrn Professor Dr. Arcunosn der Sektion 80 Exemplare von dessen Beschrei- bung des Mineralien-Kabinets am Joanneum zu Gratz zur Vertheilung an die Mitglieder, und bemerkte, dass sich diese im wissenschaftlichen Geiste nach MoHs’scher Methode abgefasste Brochüre sehr vortheilhaft von ähnlichen Erzeugnissen dieser Art auszeichne; und spricht sich schliesslich dahin aus, dass es äusserst wünschenswerth wäre, wenn wir von allen grösseren Sammlungen Europa’s ähnliche wissenschaftlich gehal- tene Beschreibungen besässen. Herr W. KnörrLer aus Siebenbürgen legt eine geo- guostisch-balneologische Karte von Siebenbürgen vor und hält einen Vortrag, in welchem er zu beweisen sucht, dass die östlichen Karpathen die jüngsten Erhebungen in Eu- ropa sind, dass die vulkanische Thätigkeit in denselben — durch ununterbrochene Ausströmung von Kohlenstoff, Schwefel und Chlor gekennzeichnet — noch fortwirke, dass diese Grundstoffe in binären und sekundären chemischen Verbindungen gesäuert oder mit Basen verbunden als Salze zu Tage kommen, und dass sie theils die trockenen Gasausströmungen in Büdös und in Koväszua verursachen, theils der Ursprung der verschiedenen Mineralquellen Siebenbürgens sind. Auch weist er auf die Vor- kommnisse der edlen Metalle, der Stein- und Braunkohlen, des Steinsalzes, des Theers, wie auch auf die Fundorte der Verstei- nerungen vorweltlicher Thier- und Pflanzenreste hin, und schliesst mit der Hinweisung auf die Leuchtgasausströmungen bei Kis- Saros in Siebenbürgen. Herr Heıs aus Münster übergiebt mehrere Handzeiehnun- gen und bereits gedruckte Probeblätter des Atlas zu dem in Kürze erscheinenden Werke von JuLıus ScHMIpT, Astronomen der Sternwarte des Domprobstes Ritter v. UNKHRECHTSBERG zu 523 Olmütz, „die Eruption des Vesuvs im Mai 1855, nebst Beiträgen zur Topographie des Vesuvs, der phlegräischen Felder und der römischen Vulkane”, und erklärt dieselben in Kürze. Die vorgelegten Blätter enthalten: 1) zwei Zeichnungen über Lavaströmungen an der Westseite des Vesuvs, 2) eine Handzeichnung über den Erhebungskrater von Roccamonfina, gezeichnet auf Monte Brecciola, 3) den aus dem Atrio del Ca- vallo sich erhebenden Vesuvkegel während seiner Eruption im Mai 1855, 4) Darstellung von Eruptions-Phänomenen im Mai 1855, 5) schrafürte Karte des Vesuvkrater-Plateaus, von dem Oberlieutenant R. Finger in Wien genau nach der LEHMANN’- schen Methode dargestellt, endlich 6) Ansichten und Profile nach Höhenmessungen von ScHuMipr. Der Druck des Werkes ist bereits vollendet und wird in nächster Zeit bei Epuarp HöLzEL in Olmütz erscheinen. Herr E. Porta hielt einen Vortrag über das Kupfererz- vorkommen im Rothliegenden des nordöstlichen Böh- mens und über die Lagerungsverhältnisse der Melaphyre im Rothliegenden. Er bezog sich auf den in der vorhergegangenen Sitzung gehaltenen Vortrag des Herrn BEYsICH und bezeichnete in dem von diesem gegebenen Profile diejenigen Schichten, wel- che kupfererzführend sind. Sodann erklärte er, dass die Kupfer- erze erst nach der Bildung der Gesteine in dieselben eingeführt wurden, was er durch das reichere Vorkommen in porösen und mürben Sandsteinen als in festen, durch die reichen Ausfüllungs- massen von Klüften, durch das Abnehmen des Erzgehaltes mit der Entfernung vom Ausgehenden, durch das blosse Vorkommen auf den Schieferungsflächen bei Schiefern mit gänzlicher Vermei- dung der beim Querbruch sichtbaren inneren Substanz, durch das Uebergreifen des Erzgehaltes an Verwerfungsklüften in sol- che Gesteine, die sonst nicht erzführend sind u. s. w., begrün- dete. Ferner machte er auf die Umsetzung der Kupfercarbonate in Kupfersulphurate bei Berührung mit Pflanzenpetrefakten, Kohlenschnüren und in den bituminösen Schiefern aufmerksam. Schliesslich fügte Herr E. Porr# einige Mittheilungen über die im Rothliegenden auftretenden Melaphyre bei, welche hauptsächlich dahin lauteten, dass diese immer nur Lager bildeten zwischen den Schichten des Rothliegenden, was durch viele Aufnahmen und namentlich durch zahlreiche Schächte, in welchen unter den Melaphyren Sandsteine angefahren wurden, 524 nachgewiesen worden ist. Er erklärte, die Melaphyre seien zum Theil zwischen den Schichtungsflächen emporgedrungen, zum Theil aber hätten sie die bereits gebildeten Schichten des Roth- liegenden überflossen, worauf sich andere Schichten derselben Formation über denselben abgesetzt haben. Die Melaphyre sind als periodische Ausbrüche während der ganzen Bildungszeit des Rothliegenden zu betrachten, und es lassen sich unter ihnen ältere und jüngere Melaphyre unterscheiden. Schliesslich zeigte der Vortragende in Melaphyr eingeschlossene, wesentlich verän- derte Sandsteine vor. Herr v. CaknaLL knüpfte hieran die Bemerkung, dass die Erscheinungen in der dargestellten Gegend wohl so sein mögen, wie der Herr Vorredner sie angebe, dass aber anderwärts die Verhältnisse jener Ansicht nicht entsprächen, wie denn über- haupt das Auftreten der Melaphyre noch nicht hinreichend er- klärt sei. Es entspann sich über den Gegenstand eine Debatte, an welcher sich die Herren SENFT, v. WALTERSHAUSEN und G. Rose betheiligten. IV. Sitzung am 20. September. Vorsitzender: Herr G. Rose aus Berlin. Es wird eine Anzahl eingegangener Druckschriften vorge- legt und ein an die Sektion gerichtetes Schreiben von Herrn Custos EHRLICH in Linz verlesen, welches den Vorschlag ent- hält, einen Granitblock in der Gegend von Losenstein (zwischen Steyer und Weyer) zum Andenken LEorornn v. Buca’s mit einer Inschrift zu versehen. Herr G. Rose machte einige Mittheilungen über seine neuesten Untersuchungen im Riesen- und Isergebirge, die be- sonders die genaue Bestimmung der Grenzen des Granitits und Granits betreffen, und setzte sodann die Gründe aus- einander, die ihn bewogen haben, den Granitit als besondere Gebirgsart von dem Granite zu trennen. Sie bestehen besonders in folgenden dreien: in der bestimmten mineralogischen Be- schaffenheit desselben (der weisse Glimmer des Granites fehlt ihm durchaus), in der strengen Grenze, die sich zwischen dem Granite des Isergebirges (am schwarzen Berge und am Kaiser- 525 steine bei Gablonz) ziehen lässt, und in dem Umstande, dass Gemenge von gleicher Beschaffenheit, wie bei dem Granitite vom Riesen- und Isergebirge, in den verschiedensten Gegenden vor- kommen. Aus dem Verhalten des Granitits und Granites scheint hervorzugehen, dass der erstere später an die Oberfläche gedrun- gen ist als der letztere. Sodann legte Herr G. Rose eine geognostische Karte von dem ausgebrannten Vulkane von Gerolstein in der Ei- fel, von Herrn MITscHERLICH herrührend, vor, die derselbe für die Bibliothek der k. k. geologischen Reichsanstalt bestimmt hat; die verschiedenen Höhen sind in der Karte durch parallele Horizontalen bezeichnet. Herr GERHARD aus Leipzig spricht über das Thüringer Zechsteingebirge. Herr J.v. Kovars aus Pest begrüsste in seiner Eigenschaft als erster Sekretär der geologischen Gesellschaft für Ungarn die Sektion, und legte das erste Heft der Arbeiten der Gesellschaft vor; in demselben sind von J. v. Kovars die fossilen Floren von Erdöbenye und Tällya in Ungarn abgehan- delt, und die neuen Arten auf 3 Steindrucktafeln abgebildet; die dritte Abhandlung dieses Heftes enthält die Aufnahme der klei- nen Karpathen in Ungarn von Herrn v. PETTKO, mit einer geologischen Karte. Der Sprecher erklärte, dass die Gesellschaft bereit sei, dieses Heft jedem Verein und jedem einzelnen Geolo- gen in Tausch zu überlassen, so wie auch, dass alle ihre Mit- glieder es erhalten sollen. Ferner berichtete derselbe von einem geologischen Ausfluge in den Bakonyerwald. Es gelang ihm die Auffindung von Hippuritenkalken in der Gegend von Urküt, und damit der erste sichere Nachweis der Kreideformation in jenen Gegenden, wo auch Eocän-Schichten mit Nummuliten häufig vorkommen, so wie auch Nerineenkalke; ferner die Constatirung des oberen Lias, und zwar der Hierlatzer und Adnether Schichten, wie dies die von ihm mitgebrachten, durch Herrn v. HauEr bestimmten Euomphalus orbis Reuss, Nautilus intermedius, Ammonites tatricus, fimbriatus, heterophyllus, radians u. s. w. zur Genüge beweisen. Endlich fand derselbe die zuerst von Herrn v. ZE- PHAROVICH bei Köveskälya entdeckten Muschelkalke bei Nagy- Väsony, woher Ceratites binodosus vorgezeigt wurde, über wel- chen hier eine sehr mächtige Ablagerung von Süsswassergebil- den mit Planorbis Pseudo-ammonius, Helix u. s. w. liegt. 526 Herr H. Karsten aus Berlin sprach über die geognosti- schen Verhältnisse des nördlichen Theiles der Oordilleren Südamerikas und der daran grenzenden Ebenen des Ore- noko- und Amazonenstromes; seinen Mittheilungen ge- mäss unterscheidet man in diesem Gebiete vier Schöpfungspe- rioden, deren unterste, die der älteren Kreide, durch eine grosse Mannigfaltigkeit von Cephalopoden charakterisirt ist und vielleicht in zwei Unterabtheilungen sich sondern lässt durch das Vorkommen Ammonites Astierianus, bogotensis D’ORB. und Lindigii Kassır. in den untersten vorwaltend mergeligen dem Neocomien zu vergleichenden Schichten, die das Liegende eines vorwaltend kalkigen, viele Ammoniten, Inoceramen, Trigonien und andere Molluskenreste des Gault einschliessenden Schichten- systemes bilden, — deren zweite, die der jüngeren Kreide, ausgezeichnet durch mächtige Sandstein- und Kieselschiefer- Schichten, petrefaktologisch charakterisirt wird durch Rudisten und Polythalamienreste. Die dritte Formation, die des ter- tiären Gebietes, arm an orgnischen Resten, ist ausgezeichnet durch das Auftreten mächtiger Conglomerate quarziger Kiesel und durch das ausgebreitete Vorkommen von glaukonitischen Sandschichten; während die letzte, quaternäre Formation aus Schuttland, Gerölle und Muschelbreccien jetzt noch lebender Mollusken besteht. Diese letzte, jüngste Formation hat den kleinsten Verbreitungs- bezirk; geringe, wenig gehobene Strecken der Küsten gehören ihr an. Am verbreitetsten ist die Tertiärformation und die grössten Höhen des jetzigen Continents wurden durch Gesteine dieser Epoche gebildet. Die Kreideformationen bildeten in dem tertiä- ren Meere langgestreckte Inseln mit nordöstlicher Richtung, de- ren östliche in dem jetzigen Gebirge von Merida ihren Höhen- punkt hatte, und deren westliche, südwärts von einem Archipel vulkanischer Inseln umgeben, von zwei im Norden sich nähern- den Gebirgsketten durchzogen wurde, beide von reichen Gold- und Platinadern durchsetzt. Die steilen Abfälle dieser Kreide- inseln waren gegen das Granitgebirge des heutigen Ruraima Guayana’s gerichtet, dessen abgerundete Kuppen jetzt aus der tertiären Ebene wie Inseln aus dem Weltmeere hervorragen. Es scheint dies Gebirge Guayana’s der zu den verschiedenen Systemen Columbiens gehörende Mittelpunkt zu sein, von dem alle diese Systeme abhängen, indem sie sich als West-- und 5927 Nordränder unter sich mehr oder weniger paralleler Spalten er- heben, die sich im Umkreise dieses primitivren Erhebungscen- trums bildeten: Spalten, die, wenn auch nicht damals schon in ihrer ganzen Erstreckung als hervorragende Gebirge kenntlich, doch damaligen und späteren Eruptionen ihre Richtung vor- zeichneten. Der Abhang der in der tertiären Epoche bis zu ihrer jetzi- gen Höhe emporgehobenen vulkanischen Ketten und Berge lässt keine vorwaltend grössere Steilheit nach einer Himmelsgegend hin erkennen; mauer- oder kegelförmig erheben sie sich über das benachbarte Gestein, "dasselbe überlagernd, aufrichtend oder zertrümmernd und theilweise in ihre Masse einschliessend, auf- gebaut aus Schichten lavaartiger, in basaltische Formen zer- klüfteter Ergüsse trachyt- und porphyrartiger Andesite. Die heutigen Tages zu beobachtenden vulkanischen Erschei- nungen beschränken sich auf Auswürfe vulkanischen Sandes und Schlammes, sowie feurig glühender Gase, hauptsächlich bestehend aus Wassergas und Kohlensäure. Herr BORNEMANN bemerkte, dass er bei einem in diesem Sommer ausgeführten Besuche der Insel Vulcano einige Beob- achtungen gemacht habe, die er nach dem so eben von dem Vorredner Ausgesprochenen mittheilen zu sollen glaubt. Aus den Spalten am Krater des Vulkans von Vulcano treten an vie- len Stellen brennende Gase aus, deren Flammen eine sehr licht weissblaue Farbe haben und nur bei Nacht sichtbar sind. Diese Gase (vielleicht Schwefelwasserstoffgas) treten theils mit hohem Druck aus den Spalten aus und verursachen ein starkes, dem- jenigen einer arbeitenden Dampfmachine ähnliches brausendes Geräusch; an diesen Stellen sind die die Spalten umgebenden Gesteine hellglühend und die Flamme erscheint bei Nacht durch Reflex gelb, während an den Stellen, wo die brennenden Gase ohne Druck austreten, die Gesteine wie schwach rothglühend sind und nach den angestellten Schmelzversuchen etwa die Hitze des schmelzenden Zinkes haben mögen. Ferner theilt derselbe eine Beobachtung mit,‘ die er fast durch Zufall an demselben Orte gemacht und die das Vorhandensein von freiem Jod in den Dämpfen der Fumarolen von Vulcano ausser Zweifel stellen dürften. Die zum Einwickeln der Fumarolen- Produkte mitgenommeren weissen Papiere zeigten nach der Be- rührung mit diesen Produkten blaue Flecken und nach einer 528 mit einer mitgebrachten Jodlösung gemachten Gegenreaction, wel- che ganz dieselbe blaue Farbe hervorbrachte, konnte dieses Pa- pier als ein vollkommenes Jodreagenspapier betrachtet werden. Die Gestalt, in der das Jod demnach in den Fumarolen von Vul- cano vorkömmt, kann nur die des reinen Jodes sein, da gleich- zeitig mit demselben Borsäure und schwefelige Säure vorkommen. Herr GRAILICH aus Wien legt v. KoBELL’s Stauroskop vor, einen Apparat, der auf die einfachste Weise zur Kenntniss von Verhältnissen führt, welche sonst nur mit sehr kostbaren Instrumenten zu erlangen sind. Das Prineip des Instrumentes beruht darauf, dass das dunkle Kreuz, welches Kalkspath-Platten zwischen gekreuzten Turmalinen zeigen, verschwindet, sobald ein krystallisirter Körper dazwischen tritt, dessen Elasticitäts-Haupt- schnitte nicht mit den Polarisationsebenen der Turmaline zusam- menfallen. Durch Drehung der eingeschobenen Krystallplatten gelangt man aber zu einer Stellung derselben, in welcher sie das Kalkspathkreuz wiederherstellen, d.i., in welcher ihre Elasticitäts- Hauptschnitte mit den Polarisationsebenen des Apparates coinci- diren. Herr GRAILICH hat die mathematische Theorie des Appa- rates ausgearbeitet und wird dieselbe in den Schriften der Ver- sammlung veröffentlichen. Er spricht zugleich die Ansicht aus, dass dieser Apparat seiner Einfachheit und vielfältigen Nutzbar- keit wegen bald in keines Mineralogen Händen fehlen dürfte. Sodann legt derselbe seine Bearbeitung der MILLER’schen Krystallographie vor. Das Hauptmotiv zu dieser Arbeit ist die grosse Bequemlichkeit, welche die Berechnungsmethode des englischen Krystallographen zum Zusammenfassen rein mor- phologischer und physikalischer Verhältnisse bietet. Herr GRAI- tıcH hat deshalb zu dem eigentlich krystallographischen Theile einen Abschnitt Physik der Krystalle gefügt, welcher die voll- ständige Aufzählung aller thermischen, optischen, magnetischen u. 8. f. Beobachtungen enthält. Herr Max Braun aus Altenberg (Aachen) legt horizontale und vertikale Schnitte der Galmei-Lagerstätte des Alten- berges vor. Er setzt zuerst die allgemeinen Lagerungsverhält- nisse des Galmeis in der Gegend von Aachen auf der Grenze zwischen devonischem Kalke und Thonschiefer, sowie zwischen dem Kohlenkalke und Kohlengebirge auseinander; sodann macht er auf den Unterschied der Zusammensetzung der Galmeilager aufmerksam — auf den grossen Gehalt an Kieselzinkerz des 529 “ Altenberger Lagers, und bespricht sodann die eigenthümliche Form desselben, welches sich gegen Norden muldenartig aushebt, während es gegen Süden überall von Dolomit umgeben in gang- artiger Form in die Teufe setzt. Schliesslich macht derselbe auf die schönen Zinkmineralien aufmerksam, unter welchen der Willemit, das Kieselzinkerz, Zinkspath und andere in ausgezeich- neten Krystallen vorkommen. Herr J. Szapö aus Pesth sprach über die Beziehungen des Trachyts zu den Sedimentgesteinen bei Buda- pest in Ungarn. Es herrschen Tertiärbildungen vor, welche sich an sekundäre und an Trachyt lehnen. Die vollständige Reihenfolge ist von unten nach oben folgende: unmittelbar an Trachyt, der das untersuchte Gebiet nördlich begrenzt, schliesst sich ein weisser dichter Kalk und an diesen Dolomit, beide un- geschichtet und ohne Versteinerungen. Mit dem Dolomit hän- gen Eocängebilde eng zusammen: Nummulitenkalke und Mergel mit Nautilus lingulatus. Hierauf folgt eine Reihe von Neogen- bildungen: ein mächtiger Thon mit Meletta sardinitis, Lepido- pides brevispondylus HEcKEL, Smerdis budensis Hecker, ein Schotter und Sandstein mit Acerotherium incisivum; dem Schot- ter aufgelagert ist ein petrographisch sogenannter Grobkalk, oben mit Cerithien, unten mit Echiniden und Korallen. Auf dem von den älteren Bildungen abfallenden Gehänge des Grobkalkes ist der obere Thon mit Congerien abgelagert; endlich schliesst die Reihe ein Schotter und Flugsand, der sich von dem älteren Schot- ter durch Trachyt, Süsswasserquarz und Opal in Geschieben un- terscheiden lässt. Der Trachyt gelangte auf die Oberfläche erst während der Bildung der obersten Schicht, obwohl man auch Grund hat alle früheren Gestaltungen der Oberfläche nur ihm zuzuschreiben. Herr E. Svess aus Wien sprach über die Verbreitung und den’ geologischen Horizont der Kössener Schichten . und bezog sich dabei auf eine von ihm in Gesellschaft mit Herrn ÖPPEt in Stuttgart vor Kurzem der kaiserlichen Akademie über- reichte Schrift, in der nachgewiesen wurde, dass das Bonebed _ an der tiefsten Liasgrenze Schwabens eine gewisse Anzahl: ge- meinschaftlicher Muschelarten mit den Kössener Schichten be- sitze. Herr Suess erwähnte hierauf den sogenannten Choin bä- tard von Lyon und den Calcaire d’Orglandes der Normandie, welche, den tiefsten Lias unterteufend, den Pecten Valoniensis Zeits. d.d. geol. Ges. VIII, 4. 3) 530 mit den Kössener Schichten gemein haben, wie dies Herr MerıAn schon vor einiger Zeit bewiesen. Eine auffallende Aehnlichkeit aber schienen Herrn Suzss die tiefsten, namentlich mit dem Bo- nebed zusammenhängenden Liasschichten des nördlichen Irlands zu bieten, V. Sitzung vom 22; September. Vorsitzender: Herr EscHER VoN DER LixTH aus Zürich. Es werden mehrere Druckschriften vorgelegt und unter die Anwesenden vertheilt. Herr v. Hauer legt eine.geologische Karte des Krei- ses Teschen vor, welche Herr HoHEnEsGeER, Direktor der Eisenwerke Sr. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs ALBRECHT, zu diesem Behufe eingesendet hatte, In den ebenfalls eingesendeten Erläuterungen bemerkt Herr HoHRENEGGER, ‘dass die Geschichte der Entstehung der Karte wieder einen Beweis liefere, wie we- sentlich genaue naturwissenschaftliche Untersuchungen: die. In- dustrie zu unterstützen im Stande: sind. Die. ungeheuren Waldflächen in den Karpathen 'Schlesiens und des angrenzenden Galiziens liefern jährlich: 50000 Wiener 'Klafter Holz, welche nur durch Verarbeitung der in den Karpa- then. vorkommenden armen Eisenerze, Sphärosiderite, eine loh- nende Verwerthung finden können. Diese Eisenerze enthalten nach dreijähriger Zubereitung und Concentrirung durchschnittlich nur 20 pCt. Eisen. ' Sie finden sich in nur 2 bis 3, selten 4 bis 6 Zoll mächtigen Flötzen; der Bedarf beträgt jährlich bei 600000 Centner. Die alten Gruben waren schon ziemlich: er- schöpft, die Aufindung neuer, so lange genaue geologische Unter- suchungen fehlten, beinahe unmöglich. Da fasste Herr HonEn- EGGER im Jahre 1846 den Entschluss, 'eine ganz detaillirte geo- logische Karte der sämmtlichen erzherzoglichen Bergreviere aus- ‚zuführen. Um die hierzu nöthigen Arbeitskräfte zu gewinnen, unterrichtete er selbst talentvolle Zöglinge, die für den’ Steiger- dienst vorbereitet wurden, in den Grundbegriffen der Gesteins- lehre, und liess durch sie die ersten bloss petrographischen Ein- zeichnungen auf Karten in dem Maassstabe von 400 Klaftern auf einen Zoll vornehmen. Gleichzeitig wurden mit grösstem Fleisse Petrefakten gesammelt, nach deren genauer Bestimmung es: ge- 531 lang, die vorliegende geologische Karte zu Stande zu bringen. Auf Grundlage der erlangten Resultate wurden sehr bald in früher für erzlos gehaltenen Gegenden zahlreiche Sphärosiderit- flötze erschürft, welche den Bedarf an Erz für lange Jahre hinaus decken. Die Karte ist in dem Maassstabe' von 400 Klaftern auf einen Zoll ausgeführt; zur Erläuterung ist ein grosser Durch- schnitt beigefügt. Folgende Gesteinsarten von unten nach oben fortschreitend finden sich in dem Gebiete, das sie umfasst, vor: Steinkohlengebilde als letzte Ausläufer der Sudeten, nur in vereinzelten Punkten bei Ostrau und Orlau zu Tage anstehend. Meist ist es von neogenem Tegel in bedeutender Mächtigkeit überlagert. Die folgenden Gebilde gehören den Karpathen an, es sind: 1. Untere Teschner Schiefer. Mergelschiefer mit Petre- fakten, die jenen des Hils in Norddeutschland entsprechen ; sie enthalten nie bauwürdige Sphärosideritflötze. 2. Teschner Kalkstein, in zwei Abtheilungen' zerfallend, mit sehr wenigen Petrefakten, welche sich von jenen des Glie- des 4. nicht unterscheiden. 3. Obere Teschner Schiefer. Mergelschiefer, petrographisch jenen von No. 1 oft sehr ähnlich, aber mit Petrefakten, die jenen des französischen Neocomein vollkommen entsprechen. Dieses Glied, welches oft durch eine eingelagerte Sandmasse in zwei Gruppen getrennt wird, enthält den Hauptzug der Sphärosiderit- flötze. 4. Wernsdorfer Schichten. Schwarze bituminöse Mergel- schiefer mit Petrefakten des Urgonien und Aptien. Auch diese Abtheilung enthält einen Zug von Sphärosideritflötzen. 5. Sandstein der Hochkarpathen. Er wird von HonHeEn- EGGER nach einzelnen darin gefundenen Versteinerungen für ein Aequivalent des Gault und Albien gehalten. 6. Obere Kreideschichten. Sandmergel, die in Schlesien nur wenig verbreitet sind, und die den oberen Plänerschighten in Böhmen entsprechen. 7. Eoeäne Sandsteine, Mergel und Breccien, stets mitein- ander wechsellagernd, durch Nummuliten charakterisirt. Sie fin- den sich stets nur in den Thälern und steigen nirgends hoch in die Gebirge hinauf, Auch in den ee dieser Etage finden sich Sphärosiderite. 35” 532 . 8. - Neogener Tegel, der den tiefsten Thaleinschnitt zwischen den Sudeten und Karpathen füllt und z. B. bei Pruchna durch ein Bohrloch von 80 Klafter Tiefe noch nicht durchsunken wurde. Besondere Beachtung verdienen die exotischen Gesteins- massen, die im Teschner Gebiet sehr häufig auftreten. HoHEn- EGGER unterscheidet zwei Arten derselben, die exotischen Jura- kalksteine, welche als oft ungeheure lose Blöcke an sehr vielen Orten im unteren: Teschner Schiefer oder im Teschner Kalke eingewickelt vorkommen. Sie enthalten viele Fossilien und ge- hören derselben Formation an wie der anstehende Kalkstein von Stramberg, und dann die Trümmer älterer Gebirgsarten, nament- lich der Steinkohlen - Formation, die sich in den Nummuliten- Schichten finden. Sehr zahlreich sind die Durchbrüche vulkanischer Gesteine, welche die erwähnten geschichteten Gebilde durchsetzen. Sie wurden zuerst von BruM als Paulit erkannt und später von HocHsTE'TTER näher untersucht. Ihrer Eruption muss die He- bung der unteren und mittleren Kreide-Etagen zugeschrieben werden, aber auch die Eocängesteine erscheinen noch durch sie in ihrer Lagerung gestört. Herr B. Corra aus Freiberg bemerkt, dass ähnliche Sphä- rosideritlager auch weiter östlich in den Karpathen bei Nadworna in Galizien und in der Bukowina vorkommen. Sie seien oft weit mächtiger und reicher an Eisen und seien wahrscheinlich eine directe Fortsetzung jener von Teschen. Herr v. CaARNALL bemerkte in Beziehung auf die in der vorliegenden schönen Karte angenommene Vereinigung des Wie- ner Tegels mit dem Gerölle, Lehm u. s. w., dass nach seinen Beobachtungen in dem angrenzenden preussischen Schlesien das Gerölle nebst Lehm entschieden den grossen Diluvialmassen an- gehöre, welche dort auf allen Höhen abgelagert sind und ins- besondere auch die Flussscheide zwischen der Olsa und Weichsel bedecken; nur unter diesen Massen kommt der Tegel zum Vor- schein und nirgends sieht man ein Ineinandergreifen oder Wech- sellagern dieser beiden Gebilde. Auf denselben Höhen findet man auch noch die nordischen erratischen Blöcke, welche sich bekanntlich bis an den Fuss der Vor-Karpathen erstrecken. Herr v. Hauer hält es noch nicht für nachgewiesen, dass die Sphärosideritflötze von Nadworna, deren nähere Kenntniss wir Herrn LıpoLnD verdanken, und jene der Bukowina, die Herr a 933 CorTA selbst so genau untersuchte, genau derselben Etage an- gehören wie jene der Teschner Schiefer. Sie scheinen vielmehr dem Sandsteine der Hoch-Karpathen eingelagert. Herr O. Heer aus Zürich vergleicht die tertiäre Flora der Schweiz mit derjenigeen Oesterreichs. Er weist nach, dass die Floren vom Monte Promina, Häring und Sotzka mit derjenigen der unteren Süsswassermolasse der Schweiz über- einstimmen, während die von Parschlug, Swoszowice, Schossnitz in Schlesien und Tallya in Ungarn mit derjenigen der oberen Molasse. Die tertiäre Flora der Schweiz von HrER, von wel- cher der dritte und letzte Band nächste Ostern erscheinen soll, bringt die Abbildungen und Beschreibungen von circa 700 ter- tiäiren Pflanzenarten. Von diesen sind 92 Species durch die ganze Molasse verbreitet, und zwar gerade Arten, welche den Charakter der Landschaft voraus bedingen mussten, daher dieser im grossen Ganzen durch alle Jahrtausende, welche die Bildung der mächtigen Molasselager der Schweiz erfordert, der- selbe geblieben ist. Eine Vergleichung der österreichischen Lo- kalitäten mit denen ‘der Schweiz führt nun zu demselben Resul- tate, indem die Floren der verschiedenen Fundorte so ineinander greifen, dass keine Grenze zu finden ist. Das Vorkommen eocä- ner Muscheln im Monte Promina darf uns nicht beirren, denn diese können nicht in demselben Horizonte liegen mit den fossi- len Pflanzen. Wir finden unter diesen zwei Arten Seerosen und ein Potainogeton, welche nur im süssen Wasser gelebt haben können, während die Muscheln im Meere wieder auf verschie- dene Lager hinweisen, Herr B. Corra aus Freiberg sprach über postdiluviale Gebilde in Ungarn. Von Pesth bis Semlin hinab besteht das rechte Donauufer fast überall aus 50 bis über 100 Fuss hohen, häufig senkrechten Lehmwänden. Das linke ist flach, ist Puszta, mit Ausnahme des kleinen Plateaus von Tittel an der Theiss, welches von einer allgemeinen Lehmdecke übrig geblie- ben zu sein scheint. Bei Semlin nun ist die senkrechte Lehm- wand etwa 120 Fuss hoch. Die untere, mehr röthlich gefärbte Hälfte derselben enthält zahlreiche Knochen von ausgestorbenen Thieren, die obere (60 Fuss mächtig), mehr gelbbraun, enthält dagegen unzählige Knochen von lebenden Thierarten, Süsswasser- Conchylien und selbst viele Topfscherben. Hiernach scheint noch in historischer Zeit das grosse ungarische Becken mehr als : 534 120 Fuss hoch mit Wasser gefüllt gewesen zu sein, aus dem diese mächtige Ablagerung erfolgte. Das ist aber um so merk- würdiger, da in der Klysura die alte Trajansstrasse genau über dem gegenwärtigen Donauspiegel liegt, seit Kaiser Trajan also keine wesentliche Aenderung in dem Ablaufniveau der Donau eingetreten sein kann. Herr Hörnes bemerkte, dass ähnliche Erscheinungen auch im Flussgebiete der Thaja beobachtet wurden; es sind lössähn- liche Gebilde, die in einer Höhe von 30 Fuss über dem gegen- wärtigen Flussspiegel Schalen von Unionen enthalten, die gegen- wärtig noch in der Thaja leben. Herr G. Rose legte eine Sammlung von Präparaten vor, die ihm Herr Oschirz in Berlin zu diesem Zwecke gesandt hatte und die in so dünn geschliffenen Plättchen von Mineralien und Gebirgsarten bestehen, dass die in grösseren Stücken un- durchsichtigen oder nur durchscheinenden Substanzen so durch- sichtig werden, dass man sie unter dem Mikroskop untersuchen kann. Man kann auf diese Weise bei vielen Krystallen und amorphen Substanzen, wie z. B. beim Labrador, Granat, Hy- perstehn, Obsidian, die vielen in ihnen eingeschlossenen Krystalle und Höhlungen, und bei den dichten nur scheinbar gleichartigen Gebirgsarten, wie beim Basalt, Dolerit, Trachyt, Phonolith, Porphyr u. s. w., die Substanzen, aus denen sie zusammengesetzt sind, erkennen. Für das Studium dieser letzteren sind die Prä- parate des Herrn OscHarz von besonderer Wichtigkeit und für die richtige Beurtheilung ihrer Analysen nothwendig. Die Plätt- chen liegen gewöhnlich in Canada-Balsam zwischen zwei Glas- platten luftdicht und so eingeschlossen, dass sie leicht unter das Mikroskop zu’ bringen sind. Der Preis einer jeden Platte ist nach der Schwierigkeit des Schliffes verschieden und geht von 6 Sgr. bis zu I Thlr. Der Preis der ganzen Sammlung, aus 73 Stück bestehend, beträgt 35 Thlr. 22; Sgr. Auf Verlangen kann jedes einzelne Stück geliefert werden. Herr Borsemans aus Mühlhausen machte Mittheilungen über den gegenwärtigen Zustand der activen Vulkane Italiens, die er auf einer Reise während des verflossenen Som- mers sämmtlich besucht hatte. 1. Der Vesuv, welcher im Mai des vorigen Jahres seine bekannte grosse Lava-Eruption machte und später in einen Zu- stand der Ruhe überging, ‚befindet sich gegenwärtig wieder im 535 Zustande der 'Thätigkeit. Die, Erscheinungen seiner 'Thätigkeit beschränken sich jetzt auf das Altopiano; von anderweitigen Punkten: ist, etwa nur noch die Laya, vom Mai in: der Fossa della Vetrana unterhalb des Observatoriums zu: erwähnen, welche an manchen Punkten noch ‚so heiss ist, dass man, ‚bei Nacht, das ‚ Glühen sieht und ein in. die Spalten gesteckter Stock. sich, zu Flammen. entzündet. - Uebrigens haben an diesem Lavastrom alle Fumarolen aufgehört, so dass in einem angewandten Con- densationsapparat keine festen Substanzen abgesetzt werden, eben so: wenig Wasser, ausser nach vorhergegangenen atmosphärischen Niederschlägen. Die gegenwärtige Gestalt des Altopiano. des Vesuvs ist wesentlich durch die Eruption im Jahre 1850 und die Ereignisse im December 1854 und. December 1855, bedingt worden. ‚Ueber die beiden ersteren Veränderungen sind ausführliche "Berichte vorhanden. Das Ereigniss vom 19. und .20. December 1855. bestand in dem Einsturz des nördlichen Theiles: der Scheide- wand zwischen den beiden grossen Kratern von: 1850. Der da- durch neugebildete Krater, welcher im Anfange nur Steine und Aschen ohne Feuererscheinungen 'auswarf, befindet :sich seit Ende Juni im Eruptionszustande, Seine schon im Anfange des Jah- res. 160 Meter betragende Tiefe ist sich bis jetzt ‘gleich geblieben, dagegen hat sich der Durchmesser bedeutend durch Einstürze erweitert und sein Centrum befindet sich in der Mitte des Haupt- kegels, sowie während der Eruptionen in den dreissiger Jahren. Die jetzigen Eruptionen waren für die Beobachtung äusserst günstig, da man während derselben ohne Gefahr vom Krater- rande herab unter einem Winkel von mehr als 70 Grad in die glühende Eruption hinabsehen konnte. Der östliche Krater von 1850, in dessen Grunde man bei Nacht glühende Massen erblickt, entwickelt eine ausserordentliche Fumarole, deren Dämpfe bei durchfallendem Sonnenlichte rothgelb erscheinen. 2. Der Aetna befindet sich gegenwärtig und seit seiner letzten Eruption im Jahre 1852 fast im Zustande der Ruhe. Auf seinem Gipfel befinden sich drei Krater, von denen der westlichste und grösste von elliptischer Form ist und zwei be- deutende Fumarolen entwickelt. Häufig hörte man starkes Ge- polter und verspürt schwache Erdstösse, wenn man sich auf dem Gipfel befindet. 3. Der Vulkan von Stromboli, von dem man fast glaubte, 936 dass er sich in einem sehr gleichmässig fortgehenden Eruptions- zustande befände, giebt jetzt gar keine Lavaströme und sehr unregelmässige Aschen- und Stein-Eruptionen aus zwei Kratern, zu denen man in diesem Jahre näher vordringen konnte, als es in früheren Jahren gelungen war. Der eine Krater wirft fast ohne Unterbrechung mit schwachem Getöse Asche und kleine glühende Steine aus, bei Nacht zeigt er einen schwachen Feuer- schein. Der zweite Krater machte während des fast dreitägigen Aufenthalts des Vortragenden auf Stromboli eine einzige, aber sehr glänzende Eruption, bestehend in einer Feuersäule von der Höhe des Berges, mit einer Garbe hellglühender Steine, starkem Donner und einer Erderschütterung, die man bis nach St. Vin- cenzo auf der andern Seite der Insel verspürte. Ein dritter Kra- ter, und zwar der westlichste, giebt keine Eruptionen, sondern nur eine sehr starke Fumarole, die aber das weitere Vordringen zu den übrigen Kratern verhinderte. Wahrscheinlich ist dieser, seit etwa zehn Jahren geschlossene Krater’ derselbe, den frühere Beobachter in Thätigkeit sahen. Herr Krıpstein aus Giessen sprach über das Vorkommen von Quecksilber und Nickel im hessischen Hinter- lande und knüpfte daran Bemerkungen über die Labrador- gesteine dieses Distriktes. Dieselben enthalten Nickel, setzen nicht in die Tiefe nieder, sondern schneiden in der Tiefe von wenigen Klaftern ab. Sie erinnern unwillkührlich an Meteor- massen. 537 B. Briefliche Mittheilungen. 1. Herr ı.-Heypen an Herrn Berricn. Hohenlohbütte, den 2. November 1856. Im Auftrage Seiner Durchlaucht des Fürsten Huco zu Ho- HENLOHE stosse ich ein Bohrloch bei Slaventzitz (Blechhammer). Ursprünglich nur auf Eisensteinerschürfung begonnen, verlockte mich die Nähe der sogenannten Grauwacke bei Tost, da das Bohrloch hinreichende Weite hatte, in grössere Teufen niederzu- gehen, und der Beifall, den. man diesem Vorhaben in den wissen- schaftlich technischen Kreisen unserer Gegend zollte, munterte natürlich sehr auf die liegenden Flötze unserer Steinkohlenfor- mation einmal hier zu suchen. Folgendes ist das Verzeichniss der durchbohrten Schichten: gelber *Sand (si ngtmas astnaskeutnidstEussy-— Zoll grober Kies 3 grauer Sandletten 2 grober Kies sche woth he? are gelberdlehm Wunsch euntDnt erlun; 11 7 2 1 3’ 3 ) ” 29 blauer Letten .. grauer Sandletten blauer Thon’ > grau- und Selbgertreifier Thon verschiedengestreifter Thon, meist roth gefleckt mit Nestern von Thoneisen- stemmtalamye Sir ale en gelber und Toner Thon . sd. years Feihg, Thoneisensteinlagerin. 1! nanıis int ybiadg grünlicher und blauer Thon . . ..,3, 4, Thoneisensteinlage . . 5 nel: DD grün- und gelbgefleckter Tekten "theil- weise mit Thoneisensteinstücken. . 5 „ 5 „ Letten mit Eisensteintheilen . . . Bra aztdg, grau-, blau-, grün- und roteigehlätktenh Letten. . . so ‚ost Onagts 16 day grau- und blaugefleckter Tietfön 0 ZRRRIFBaT,, 8 195, 938 grauer blau- und grüngefleckter Letten mit Schieferthontheilen . . . . . 13 Fuss 6 Zoll blau- und grüngefieckter Letten. -.. 5 „6 „ “ blauer Letten . . . iron zer VBpne, ar Re blau- und gelbieiläckfer site re Er ee a blauer Tsetiengit ypliparlan Sei: Sun Sandı Kurzaykai Nacht dk ze isn rn Fer blauer röthlich derber Letten. ... MM „ — blauer fester Leiten . . . lee grau- und blaugefleckter Task mit Ei senskeintheilen;Ayiiinsssmistzisel ten AD dtaden gräulichblauer fester Letten . .... 3... 8. aschgrauer, nicht sehr fetter. sandiger hettena dahin sbesib errin A denrl Sand init Kies... 1daysair - abeiss H » nes 2A Ne blauer sandiger Letten . EP | | Bye blauer Leiten: 2.1 \e0c. aedone Iran Deere blaugrauer Letten .. 1: Ashnnlol .» grauer, blaugefleckter, indiäee Teetteh br A Sand . - . . . - . . . 4 r 1 „ Sand mit einer BETEN erdigen Sub- stanz . a;;; a , 11 b}) bräunlicher Sand . ı EN Pe brauner Sand . INELTE Deren 2 > ee bläulichgrauer Sand. some 6 6 bläulichgrauer feiner Sand mit Muscheln. ‘11... 380 Fuss. Sie ersehen, dass wir bei 103 Fuss Teufe Thoneisensteine, sonst Letten von ihrer grauen, oft grünlichen: Farbe mit gelben oder rothen Streifen, wie ihn die Eisensteingräbereien bei Kiefer- städtel erschlossen haben. Die Eisensteine selbst sind. thonige Sphärosiderite mit einem Gehalte von.30 bis 40 pCt. Eisen. Die Mächtigkeit ihrer Lage scheint mir ‘hier zu trügen, das Bohrloch schlämmte hier gerade stark und die schweren Knollen folgten dem Zuge des weichen Schlammes und gelangten so aus einiger Entfernung immer unter das weite Bohrloch, so dass man mehrere Lagen dieser Erze gefunden 'zu haben ‚glaubte. Eine ähnliche Schicht wurde: bald. in’ einem‘ zweiten Bohrloch, jetzt auch in einem dritten und vierten bei Slaventzitz erteuft, so dass über die Erstreckung des ‚Kieferstädtler Thoneisensteingebirges, 539 ‚oder das Wiederauftreten desselben zwischen Kosel und Ujest kein Zweifel obwalten kann. Mit allen nur möglichen Bohr- abentheuern wurde die Arbeit bis 350 Fuss fortgesetzt; und nur die vortreffliche Einrichtung der Bohrvorrichtungen ermöglichte noch. hier das weitere Betreiben der Arbeit, als ein loser sehr schwimmender, nasser Sand theils weiss, theils als ächte merge- lige Kurzavka erbohrt wurde. Eine Probe derselben aus 374 Fuss Teufe erlaube ich mir Ihnen zu senden. Derselbe Löffel aber, der diese Probe brachte, enthielt auch Muscheln, von denen ich beifolgende am besten erhaltene Exemplare schicke. Ich fand zwei wohlerhaltene Pectunculus und zwei fast vollständig erhal- tene Schalen von Nuczla, alles andere waren nur Schlösser von Peetunculus und unbrauchbare Reste eines (ardium.*) Ein zweiter Bohrversuch von Interesse wurde von mir oder speciell dem Bohringenieur Herrn Storz bei Ellgut Zabrze (östlich von Gleiwitz) ausgeführt, er erreichte 106 Lachter, also 706 Fuss 8 Zoll Teufe, ohne das Steinkohlengebirge, auf das er berechnet, zu erteufen. Fast von oben herab im grünen Gyps- letten wurden bei circa 70 Lachter allmälig Letten von ähnlicher Beschaffenheit wie die des Thoneisensteingebirges gefunden, wel- che bis auf 106 Lachter aushielten, abwechselnd. blau, berggrün, oder gelblich gefleckt. Dennoch soll ein circa 60 Lachter von meinem Bohrloche befindlicher Versuch bei einigen 70 Lachter das Kohlengebirge und sogar mehrere Flötze erteuft haben; we- nigstens wurden Kohlen bestimmt erbohrt!! *) Anmerkung. Die gesendeten Conchylien sind 1) Pectunculus pilosus Lan. vollständig erhalten, 47 Mm. lang, 48 Mm. breit, 9 Mm. (die eine Klappe) dick, ohne Furchen auf der Ligamentfläche, mit nach vorn liegendem Wirbel; 2) Nuecula Polü Pnır. vollständig, 19 Mm. lang, binten und zur Lunula hin deutlich und scharf quergestreift, die Lunula ziemlich steil abfallend, von einer Furche begrenzt; 3) Cardium Deshayesii Payr. Fragment; 4) Cytherea multilamella Lam. Fragment; 5) ? Cyiherea suberycinoides Desu., Fragment. Auffallend ist, dass sich neben diesen 3 Zweischaler-Formen keine Einschaler gefunden haben. Sie geben den sicheren Beweis, dass die in der Tiefe des Bohrloches getroffenen marinen Tertiärlager von dem gleichen jugendlichen (miocänen) Alter sind, wie die übrigen oberschlesischen Tertiärbildungen, und zugleich den positiven Beweis für die schon aus andern Gründen gefolgerte Thatsache, dass die früher für jurassisch gehaltenen Eisensteinlager südlich des oberschlesi- schen Muschelkalks tertiär sind. BEyRICH. 540 2. Herr Bornemann an Herrn Rorn. Berlin, den 9. Januar 1857. Herr GIEBEL in Halle hat, wie ein Aufsatz von ihm mit der Ueberschrift „Ueber das Kreidegebirge in Thüringen” im letzten Bande der Hallischen Zeitschrift S. 1714 berichtet, eine geologische Excursion nach dem Ohmgebirge bei Worbis gemacht und rühmt sich der Entdeckung eines angeblich neuen Kreide- vorkommens zwischen Holungen und Worbis. Herr GIEBEL in Halle hat nämlich nur meine Skizze aus dem Jahrbuch für Mine- ralogie u. s. w. (Jahrgang 1852) zu seinen Reisestudien benutzt, nicht aber den Inhalt meines Briefes, welcher im VI. Bande der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft S. 273 abge- druckt ist und worin bereits auf die weitere Ausdehnung der Kreideformation auf dem Eichsfelde und auf die Gliederung derselben aufmerksam gemacht wurde. Das Wunderbarste hier- bei ist aber, dass Herr GIEBETL diesen meinen Brief in seiner Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften Jahrgang 1854 S. 475. selbst excerpirt hat (freilich auf eine sehr nachlässige Weise, denn er versetzt die Kreideformation des Eichsfeldes nach Mühlhausen). Ob wohl Herrn GiEBEL sein Excerpt gänzlich aus dem Bewusstsein entfallen war? Wenn übrigens Herr GIE- BEL meint, „dass die Nachweisung des Pläners am Ohmgebirge vor 4 Jahren bis jetzt unbeachtet geblieben sei”, so beruht diese Annahme einzig und allein auf seiner Unkenntniss des faktischen Gegentheils. Die mir bis jetzt bekannten Lokalitäten der Kreideformation des Eichsfeldes habe ich auch nach jener in meinem Briefe vom 2. Mai 1854 erwähnten Excursion noch einmal in einer etwas günstigern Jahreszeit besucht und neue Versteinerungen gesam- melt; ich habe indessen weitere Mittheilungen darüber für eine spätere Zeit aufbewahrt, bis die Bekanntmachung der neuen topo- graphischen Aufnahmen des Generalstabes eine genauere Dar- stellung der geognostischen Grenzen ermöglichen wird. Von den neu aufgefundenen Versteinerungen erfordern besonders die mannigfaltigen Formen von Zoophyten noch eine sorgfältige Un- tersuchung. 541 :3. Herr F. Rormer an Herrn Ewaıo. Breslau, den 4. Januar 1857. L. v. Buch (Ueber Ceratiten S. 18, Taf. IV, Fig. 4, 5, 6) hat unter: der Benennung Ammonites Ottonis eine Ammoniten- Art des Muschelkalks beschrieben, welche durch zahlreiche etwas sichelförmig gebogene und gegen den Rücken hin durch Ein- setzen sich vermehrende Rippen: auf den Seiten bei ziemlich stark zusammengedrückter: scheibenförmiger Gestalt des ganzen Gehäu- ses von anderen Ammoniten des Muschelkalks und namentlich Ammonites (Ceratites) nodosus wohl unterschieden ist. Das der Beschreibung von L. v. Buch zu Grunde liegende Original- Exemplar war durch OTro bei Schedlitz unweit des Annaberges bei Cosel in Oberschlesien gefunden worden. Dieselbe Art hat später BEYkıcH (diese Zeitschrift Bd. VI, 1854, S. 514) aus der Schaumkalklage des Muschelkalks von Rüdersdorf kennen gelehrt und die ihr von L. v. Buch unter den Ceratiten ange- wiesene Stellung berichtigend bemerkt, dass sie vielmehr zu den- jenigen Ammoniten des Muschelkalks gehört, welche streng ge- nommen bei dem Mangel aller Zähne oder Einschnitte an den Krümmungen der Kammerwandnähte als Goniatiten zu betrach- ten sind. Mir selbst ist nun ein dritter Fundort der Art be- kannt geworden. Ich erhielt nämlich durch Herrn SacHsE in Löwenberg ein vollständiges 4 Zoll grosses Exemplar aus den Muschelkalk -Steinbrüchen von Gross - Hartmannsdorf südöstlich von Bunzlau, nachdem ich selbst früher an dieser Stelle schon Bruchstücke gefunden hatte. Es scheint hiernach, dass die Art im Muschelkalk des östlichen Deutschlands eine ausgedehntere Verbreitung besitz. Ob die Schichten, in welcher die Art bei Gross-Hartmannsdorf vorkommt, gleich den betreffenden von Rü- dersdorf der unteren Abtheilung des Muschelkalks angehören, wie es nach den von BeykicH über das Vorkommen der Go- niatiten-ähnlichen und der ächten Ammoniten im Muschelkalk gemachten wichtigen Angaben durchaus wahrscheinlich ist, werde ich bei meinem nächsten Besuche der Lokalität festzustellen ver- suchen. = . 542 4. Herr Scaxur an Herrn MitscHeruica. Trier. den 30. December 1856. Herrn Professor BEyRIcH bitte ich gelegentlich mittheilen zu wollen, dass ich eine ihn gewiss in hohem Maasse: interessi- rende Entdeckung gemacht habe. Es ist mir nämlich: gelungen den bisher nur aus dem Rothliegenden von Böhmen und Schle- sien gekannten Xenacanthus Decheni auch im Saarbrücker Koh- lengebirge aufzufinden. Hierdurch erhält nun die Ansicht des Herrn BEykıcH, dass das Rothliegende in Deutschland paläon- tologisch dem Steinkohlengebirge eng verbunden sei, und dass das permische System, welches das Rothliegende einschliessen soll, aus der Reihe der Gebirgssysteme verschwinden müsse, einen laut sprechenden Beweis. Ein zweiter Beweis läge in der Iden- tität der beiden Fischgeschlechter Holacanthodes und Acanthodes. 543 ©. Aufsätze. 1. Ueber die heteromorphen Zustände der kohlen- sauren Kalkerde. Von Herrn Gvstav Rose ın Berlin. “(Auszug einer in den Schriften der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom Jahre 1856 erschienenen Abhandlung.) In einer früheren Arbeit über die Dimorphie der kohlen- sauren Kalkerde*) war ich zu dem Resultat gekommen, dass Verschiedenheit der Temperatur die einzige Ursache sei, die die kohlensaure Kalkerde veranlasse in der Form des Kalkspaths oder des Aragonits zu krystallisiren, dass es für diesen eine gewisse Grenze sowohl nach unten wie nach oben gäbe, unter welcher der einmal gebildete Aragonit wohl bestehen könne, über welche hinaus er aber stets in Kalkspath überginge, und dass ferner der voluminöse unter dem Mikroskop aus lauter Kugeln besie- hende Niederschlag, den man erhalte, wenn man eine Auflösung von Chlorcaleium in Wasser mit einer Auflösung von kohlen- saurem Natron fälle, mit der unter dem Mikroskop ebenso aus- sehenden Kreide zu vergleichen sei und sich nur darin von ihr unterscheide, dass er nach der Bildung bald zusammenfalle, und sich in kleine Rhomboeder von Kalkspath umändere, Die in dieser Abhandlung aufgestellten Ansichten wurden jedoch nicht sämmtlich von allen Naturforschern getheilt, einige derselben auch später durch neu gewonnene Thatsachen in Frage gestellt. 2 So veranlassten zuerst die vielen merkwürdigen mikroskopi- schen Polythalamien, die EHRENBERG in der Kreide beobachtete, denselben zu der Meinung, dass die ganze Kreide aus solchen Polythalamien oder deren Bruchstücken bestände, mithin gänz- lich organischen Ursprung. sei.**) Lınk glaubte, meinen Ver- *) Po6GEnnorFr’s Annalen der Physik von 1837, Bd. 42, S. 353. **) Abhandl. der Königl. Akademie der Wiss. zu Berlin von 1838, physik. Klasse, S. 59 u. £. - 544 suchen entgegen, annehmen zu müssen, dass sich schon bei einer Temperatur von 20 Grad C. Krystalle von Aragonit bilden. *) Ganz besonders war es aber das immer häufiger beobachtete Vorkommen des Aragonits in den Sintern, wo er mit Kalkspath wechselte, wie auch das ebenfalls immer häufiger beobachtete Vorkommen von Pseudomorphosen von Kalkspath nach Aragonit, was Bıscuor**) zu der Aeusserung veranlasste, dass sowohl Bildungen von Aragonit als Umwandlungen desselben in Kalk- spath unabhängig von der Temperatur erfolgen können, und dass sich wohl der meiste Aragorit aus kalten Gewässern abgesetzt habe; was gewissermaassen in den Versuchen von BECQUEREL***) seine Bestätigung fand, nach denen sich durch Fällung aus ver- dünnten Auflösungen Kalkspath, durch Fällung aus concentrirten Auflösungen Aragonit bildet. Diese Behauptungen veranlassten mich neue Versuche über die Bildung des Kalkspaths und Aragonits anzustellen, die ich damit anfıng, das Vorkommen des Aragonits in der Natur genau zu studiren, da die Einwendungen gegen meine Theorie beson- ders aus Beobachtungen über das Vorkommen des Aragonits in der Natur entnommen waren. Dieses Vorkommen, und zwar nur in der anorganischen Natur ist in dem jetzt erschienenen Theile der Abhandlung ausgeführt; das Vorkommen des Arago- nits in der organischen Natur, so wie auch die vielen neuen Ver- suche, die ich über Bildung von Kalkspath und Aragonit ange- stellt habe, werden die nachfolgende zweite Abtheilung bilden. Der Beschreibung des Vorkommens des Aragonits in der Natur habe ich eine kurze Untersuchung der Mittel vorausge- schickt, die man hat, um den Aragonit und Kalkspath in ihren undeutlich krystallisirten Abänderungen zu unterscheiden. Diese bestehen { 1) in der Härte. Der Aragonit ist etwas härter als der Kalkspath und ritzt denselben; bei faserigen Abänderungen ist *) Ueber die Bildung der festen Körper, Berlin 1841, S. 6. Dass dies ein Irrthum yon Lınk ist, dass man auf diese Weise keine Aragonit- krystalle erhält, und die von Lınk als Aragonit beschriebenen Krystalle dergleichen von kohlensaurem Natron gewesen sind, werde ich später in dem zweiten Theile der Abhandlung beweisen. **) Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie. 1851. Ba. 2. S. 1044. *#*) Memoires de l’academie des sciences. t. XXIII. 1852. 545 dies nicht deutlich zu sehen, aber ganz bestimmt wenn sie an- geschliffen sind. Man sieht schon daraus bestimmt, dass der sogenannte Atlasspath von Cumberland nicht faseriger Aragonit, als welcher er gewöhnlich aufgeführt wird, sondern faseriger Kalk- spath ist. 2) Verhalten in höherer Temperatur. Ueber der Spirituslampe erhitzt, zerfallen Bruchstücke von Aragonitkrystal- len zu einem Pulver, das nun aus Kalkspath besteht. Faserige Massen und mikroskopische Krystalle zerfallen nicht, werden aber schneeweiss und so mürbe, dass sie sich leicht mit den Fingern zerreiben lassen. Betrachtet man die Stücke nun unter dem Mikroskop, so sieht man, dass sie eine Menge Risse und Sprünge erhalten haben, und im polarisirten Lichte erkennt man, dass die früheren Individuen des Aragonits aus verschiedenen in verschie- dener Lage liegenden Kalkspathindividuen bestehen, die verschie- dene Farben zeigen. 3) Das specifische Gewicht. Der Aragonit hat ein im Verhältniss wie 2,95 zu 2,72 höheres specifisches Gewicht als der Kalkspath. Um das specifische Gewicht von faserigen Aggregaten zu finden, ist es aber, wie ich durch eine Menge von Versuchen dargethan habe, besonders beim Aragonit noth- wendig dieselben zu pulvern, da das specifische Gewicht von Stücken wegen der vielen kleinen Höhlungen, die sie enthalten; zu gering ausfällt. Der faserige Kalkspath hat weniger Höhlun- gen und: kann daher schon eher in Stücken gewogen werden. Hierdurch kann man ebenfalls darthun, dass der Atlasspath Kalk- spath sei. 4) Verhalten unter dem Mikroskop. Die pulverför- migen Absätze des Kalkspaths, wie z. B. die künstlich durch Fällung dargestellten, bestehen unter dem Mikroskop gewöhnlich aus kleinen. sehr gut ausgebildeten Rhomboedern (und zwar dem Haupt-Rhomboeder), die des Aragonits aus breiten sechsseitigen Prismen, die gewöhnlich an einem Ende sich zuspitzen, und an dem andern mit der geraden Endfläche begrenzt sind. 5) Verhalten gegen Säuren und andere Lösungs- mittel. Alle Auflösungsmittel lösen den Kalkspath leichter auf oder zersetzen ihn vielmehr leichter als den Aragonit. Dies findet nicht allein bei den stärkeren Auflösungsmitteln wie bei Säuren, sondern auch bei schwächeren, wie bei den Ammoniak- salzen und bei Salmiak statt. Man kann dadurch den faserigen Zeits. d. d. geul.Ges. VIII. 4. 36 546 Aragonit vom faserigen Kalkspath unterscheiden, auch aus einem pulverförmigen ‘Gemenge von Kalkspath und Aragonit allen Kalkspath ausziehen, freilich mit :grossem Verluste auch von Aragonit, denn eine quantitative Trennung lässt sich dadurch nicht bewerkstelligen. Merkwürdig ist noch das Ansehen der geätzten Oberfläche beim Kalkspath und Aragonit. Leyporr hat jetzt die Aetzungen, die die Säuren hervorbringen, sehr sorgfältig untersucht, aber die entstandenen Figuren sind bei den verschiedenen Aetzungs- mitteln verschieden, wie die Krystallformen, die aus verschiede- nen Mutterlaugen krystallisiren. Durchsichtiger Kalkspath in Sal- miaklösung gehängt, wird in kurzer Zeit schneeweiss von kleinen sechsseitigen Prismen, die sich auf seiner Oberfläche bilden, und alle in paralleler Richtung liegen. Vorkommen des Aragonits in der Natur. In seiner Verbreitung in der Natur steht der Aragonit dem Kalkspath ausserordentlich nach; während dieser ganze Gebirgs- züge und mächtige Gesteinslagen bildet, und auf Gängen und in Höhlungen anderer Gesteine häufig vorkommt, findet sich der Aragonit als Gebirgsart nie, gewöhnlich nur in untergeordneter Menge auf wenigen bestimmten, verhältnissmässig sehr neuen Lagerstätten. | Die verschiedenen Arten des Vorkommens, welche man beim Aragonit unterscheiden kann, sind hauptsächlich folgende: 1) Er findet sich in eingewachsenen Krystallen, den bekannten niedrigen sechsseitigen Prismen mit gerader Endfläche, in einem neuern, der eocänen Formation angehörenden Thone mit Gyps und kleinen rothen Quarzkrystallen zu Bastennes in den Pyrenäen und in Aragonien. Dies sind die einzigen bekannten eingewachsenen Krystalle des Aragonits; die in rothem Mergel eingewachsenen Kugeln von Olomuczan in Mähren, die man auch für Aragonit ausgegeben hat, sind nach meinen Untersuchungen Kalkspath. 2) In den Spalten und Höhlungen des Eisen- spaths, Braunspaths, Dolomits, in dem ersteren jedoch nur dann, wenn er schon in Brauneisenerz zersetzt ist, und scheint auf diese Weise nur ein Produkt dieser Umänderung zu sein. Er findet sich in diesem Fall gewöhnlich in den bekannten spiessigen Krystallen, doch gehören auch hierher die grossen 947 schönen Zwillingskrystalle von Leogang im Salzburgschen, und die noch grösseren von HAIDINGER beschriebenen von Her- rengrund, welche letztere sich zwar auf Klüften des sogenannten Karpathensandsteins finden, der aber, wie ZEUSCHNER gezeigt, stets ein dolomitisches Bindemittel hat. In welcher besondern Beziehung der Aragonit zu der Dolomitbildung und zur Um- wandlung des Eisenspaths in Brauneisenerz steht, wurde noch besonders an zwei ausgezeichneten Stücken der Königl. Samm- lung in Berlin beschrieben (S. 21). Auch der bleihaltige Aragonit, der Tarnowitzit, findet sich auf Klüften des Dolomits von Tarnowitz. 3) Auf den Schwefelgruben von Sicilien bei Gir- genti, Caltanisetta u. s. w. auf Schwefel aufsitzend und mit ihm verwachsen. 4) Auf Gängen in Serpentin, gewöhnlich mit Magne- sit, wie zu Baumgarten in Schlesien und Baudissero in Piemont, doch auch ohne diesen und dann unmittelbar auf den Klüften des Serpentins in spiessigen Krystallen aufsitzend, wie zu St. Nieolas in der Nähe des Monte Rosa. Der Serpentin ist in der Nähe des Magnesits ganz zersetzt, und oft nur in ein poröses Gemenge von Quarz und Eisenoxyd verwandelt, daher der Magnesit offenbar ein Produkt der Zersetzung des Serpentins ist. Als solches muss man auch den Aragonit ansehen, da der Ser- pentin zuweilen kalkhaltig ist. Nicht immer findet sich aber auf den Gängen des Serpentins Aragonit, zuweilen auch Kalkspath, wie zu Reichenstein in Schlesien und Pitcairn in New-York, wo er in parallel-stängligen Zusammensetzungsstücken die 4 bis 4 Zoll mächtigen Gänge ausfüllt. 5) In den Spalten und Höhlungen der neuern vulkanischen Gesteine und namentlich desBasaltes. Dies ist ein Hauptvorkommen des Aragonits. In den Spalten des Basaltes finden sich die grossen schönen Krystalle und stäng- ligen Massen des Aragonits im böhmischen Mittelgebirge, nament- lich in der Gegend von Bilin und in der Auvergne. Der Ara- gonit sitzt gewöhnlich unmittelbar auf dem Basalt, zuweilen nur kommt auf den Saalbändern erst eine Lage von Dolomit vor. Zu Koloseruk in Böhmen findet sich auf dem Basalt erst eine Lage von Dolomit, dann von Quarz, und auf diesem kein Ara- gonit, sondern Kalkspath. Ebenso wie im Basalt findet er sich auch in dem Basalttuff und ferner in den Bittersalz-führenden Mergeln von Saidschütz und Püllna. 36* 548 In den Höhlungen des Basalts kommt 'der Aragonit auf zweierlei Weise vor, entweder aufEisenspath (Sphärosiderit) oder mit Zeolithen, und gewöhnlich kommt dann auch Kalkspath da- mit vor. Auf die erstere Weise findet er sich z.B. am Rückerts- berge bei Oberkassel im Siebengebirge. Der Aragonit sitzt ge- wöhnlich auf kugligem und nierenförmigem Sphärosiderit, und füllt oft in stängligen Massen, die von einem Punkt ausgehen, die ganze Höhlung aus. Zuweilen findet sich Sphärosiderit auch noch von Aragonit eingeschlossen, so dass also noch nach dem Aragonit, und während der Bildung desselben sich Sphärosiderit abgesetzt hat. An gewissen Stellen des Riückertsberges finden sich auf dem Sphärosiderit kleine Krystalle von Eisenspath und Krystalle von Kalkspath, die öfter wieder von faserigem Aragonit, sichtlich als neuere Bildung bedeckt werden; in diesem Fall ist jedoch der Sphärosiderit und Eisenspath stets braun, also schon zersetzt und in Brauneisenerz verwandelt. Mit Zeolithen findet sich der Aragonit an mehreren Orten im böhmischen Mittelgebirge, wie z. B. nach Revss am Rotschen bei Schima. Nierenförmiger Mesotyp sitzt hier unmittelbar auf der Wand des Basaltes, dann folgt Kalkspath, das Innere des Blasenraums wird von stängligem Aragonit ausgefüllt. Am Puy de Marmant in der Auvergne sitzt auf dem Basalt eine dünne Lage von Analeim, darauf folgen von gewissen Punk- ten sich excentrisch verbreitend die bekannten schönen Krystalle von Mesotyp, an andern Stellen sitzt auf dem Analcim und den Mesotyp umgebend Kalkspath und auf diesem folgt dann als neueste Bildung, wie am Rotschen, Aragonit in oft grossen ex- centrisch sich verbreitenden spiessigen Krystallen. Eine ähnliche Reihenfolge lässt sich auch in den Höhlun- gen des Phonoliths vom Marienberge bei Aussig beobachten, wo aber noch zwischen dem Mesotyp und Kalkspath Apophyllit erscheint, so dass also die vollständige. Reihenfolge in diesen Blasenräumen ist: Analcim, Mesotyp, Apophyllit, Kalkspath und Aragonit. 6) Als förmliche Sinterbildung in den Klüften des Eisenspaths, Dolomits, in den, Höhlen des Kalk- steins und auf Stollen und Strecken von Gruben, ein Vorkommen, das sich dem unter 2) erwähnten ganz an- schliesst. Der Aragonit bildet auf den Rissen, und Spalten der Dolomite oder dolomitischen Sandsteine (wie an der Porta 549 westphalica) faserige Lagen, die gewöhnlich von Lagen. von Kalkspath bedeckt werden, aber nicht selten finden sich schon in dem Aragonite schwache Lagen von Kalkspath, die stellenweise aufhören und von Aragonit eingenommen werden. In den Sin- ‚tern aus einem alten Stollen von Stenn bei Zwickau wechseln nach Breırnaupr Kalkspath und Aragonit vielfach in Lagen miteinander.‘ In den Sintern von Freiberg bedeckt der Aragonit den Kalkspath; bei einem Stücke der Königlichen Sammlung bil- den: sie einen Wulst, und die Kalkspathlagen im Innern gehen am Rande in Aragonit über. Zu Trahiras in Brasilien kommen in den. Höhlen . des Kalksteins förmliche Tropfsteine von Aragonit vor, ebenso auf Antiparos; in Hüttenberg in Kärnthen wechseln Kalkspath ‘und Aragonit ganz unregelmässig miteinander und bei einem Conglomerat von zersetzten und in Brauneisenerz verwan- delten Bruchstücken von Eisenspath sind die Brauneisenstein- stücke auf der Oberfläche mit einer Rinde von Aragonit umgeben. 7) Aragonit als Absatz aus heissen Quellen. Ich habe von diesem besonders die Carlsbader Sinter, die am häufig- sten in den Sammlungen gefunden werden, untersucht. Sie. be- stehen am gewöhnlichsten aus Aragonit und finden sich in faseri- gen Lagen von weisser oder bräunlichrother Farbe. Im letzteren Falle verdanken sie dieselbe einer geringen Menge von Eisen- oxydhydrat, denn ihre Auflösung in Chlorwasserstoffsäure giebt mit Ammoniak einen braunen und mit. Kaliumeisencyanid gar keinen Niederschlag. Eisenoxyd kann in dem kohlensauren: Kalke nur eingemengt sein; dies sieht man aber auch ‚bei der Betrach- tung. der feinen Fasern unter dem Mikroskop, wo das Eisenoxyd sich wie ein brauner gekrümmter Faden im Innern der als Prismen erscheinenden Fasern entlang zieht. Zwischen den braunen La- gen findet sich oft ein brauner erdiger Absatz; betrachtet man diesen unter dem Mikroskop, so erscheint er als ein Gemenge von kleinen schwarzen Kugeln und durchsichtigen Prismen mit dem dunklen Faden im Innern. In, Chlorwasserstoffsäure löst sich das ganze Pulver, in Salpetersäure, worin das Eisenoxyd unlöslich ist, nur die Aragonitprismen, daher die kleinen Kugeln aus Eisenoxydhydrat bestehen und das braune Pulver ein Ge- menge von Aragonit mit Eisenoxydhydrat ist. Dieselbe Erscheinung zeigen auch andere gefärbte Aragonit- sinter. Der Aragonit, wenn er eisenhaltig ist, enthält also kein kohlensaures Eisenoxydul, sondern nur Eisenoxyd, und dasselbe - 590 ist stets nur eingemengt. Der Grund dieser Erscheinung scheint nicht blos darin zu liegen, dass sich das kohlensaure Eisenoxydul so leicht zu Eisenoxyd oxydirt, sondern auch darin, dass sich kohlensaures Eisenoxydul in der Form des Aragonits vielleicht nur unter ungewöhnlichen Umständen bilden kann. Auch ist eine solche Form noch nicht beobachtet, da der Junkerit, wie schon vor längerer Zeit BReITHAupYr nachgewiesen hat, irrthüm- lich als eine solche Form beschrieben ist, dagegen scheint der faserige Manganocaleit in der That ein kohlensaures Mangan- oxydul in der Form des Aragonits zu sein. Die geringe Menge Eisen, die darin nach der Analyse von RAMMELSBERG enthalten ist, scheint aber nicht als kohlensaures Eisenoxydul, sondern, wie auch aus den Beobachtungen unter dem Mikroskop Bervge als eingemengtes Eisenoxyd darin enthalten zu sein. Ausser den nur von Aragonit gebildeten Sintern finden sich in Carlsbad auch solche, die grösstentheils aus Kalkspath beste- hen. Sie unterscheiden sich schon im Aeussern dadurch, dass sie im Bruch nicht faserig, sondern stängelig erscheinen, und jeder Stängel nicht wie die Fasern beim Aragonit aus einem, sondern aus einer grossen Menge von Individuen besteht, die auch faserig gegen die Axe des Stängels schief symmetrisch ge- stellt sind, wie die Wand eines Trichters gegen die Axe dessel- ben. Unter dem Mikroskop erscheinen die kleinen Fasern wie knospig zusammengehäufte Rhomboeder, aber man sieht auch, dass sie überall mit feinen Aragonitprismen besetzt sind, so dass das Ganze ein Gemenge aus vorwaltendem Kalkspath mit Ara- gonit ist. Die stängligen Massen bilden unter einander parallele ‚ Lagen, aber zwischen diesen vorzugsweise aus Kalkspath beste- henden Lagen kommen andere dünnere vor, die nur oder vor- zugsweise aus Aragonit bestehen, aber durch beigemengtes Eisen- oxydhydrat dunkelbraun gefärbt sind. Wahrscheinlich sind diese Sinter ein Absatz aus dem abfliessenden schon erkalteten Mineral- wasser an einer Stelle, wo dessen Temperatur nicht weit von der Grenze für die Bildung des Aragonits oder Kalkspaths ent- fernt war, so dass sich, je nachdem die durch die Jahreszeit oder andere Umstände bedingte Erkaltung dieselbe unter diese Grenze sinken liess oder oberhalb derselben erhielt, Kalkspath oder noch Aragonit bildete. Ausser den Sintern von Carlsbad untersuchte ich noch die Sinter aus den heissen Quellen von Aedepsos auf Euboea nach 551 den von FIEDLER gesammelten Stücken, von Wiesbaden, von Weenzen bei Duingen unweit Hildesheim, von Hamman-Mescutin (den verfluchten Quellen) bei Guelma (Provinz Constantine), nach den von meinem Bruder WıLHELM Rose mitgebrachten Stücken und aus den Stollenwassern von Newcastle. Die ersteren ähneln im Allgemeinen sehr den Sintern von Carlsbad;' die Sinter von Hamman-Mescutin sind schneeweiss, erdig und ein Gemenge von Aragonitprismen mit abgerundeten Kalkspathrhomboedern, auch hier und da mit Infusorien gemengt, die von EHRENBERG unter- sucht sind; der Absatz aus Newcastle ist erdig gelblichweiss, und besteht aus dünnen parallelen Lagen, die unter dem Mikroskop aus ganz kleinen Aragonitprismen bestehen. Sein specifisches Gewicht fand ich 3,035 bis 3,067, und nachdem er schwach ge- glüht und so in Kalkspath umgeändert war 2,756. Es folgen nun die Pseudomorphosen, zu denen der Aragonit Veranlassung giebt, oder die er bildet. Die ersteren sind viel häufiger als die letzteren und bestehen, so viel man weiss, stets aus Kalkspath, die Pseudomorphosen von Aragonit sind aus Gyps und vielleicht auch aus Kalkspath ent- standen. Die Pseudomorphosen von Kalkspath nach Ara- gonit sind bekannt, und die von mir neu hinzugefügte Pseudo- morphose von Offenbanya in Siebenbürgen schon anderwärts”*) beschrieben. Die Pseudomorphosen von Aragonit nach Gyps sind der bekannte von FREIESLEBEN beschriebene Schaumkalk aus dem Mansfeldschen, dessen pseudomorphische Natur schon BLuMmE beschrieben, den man aber bisher für Kalkspath gehal- ten hatte.**) Die Pseudomorphosen von Aragonit nach Kalk- spath sind noch problematisch. Ich rechne dahin eine Kalk- spathgruppe der Königlichen Sammlung in Berlin von unbekann- tem Fundort; mehrere zusammengehäufte erste spitzere Rhom-. boeder, die im Allgemeinen durchsichtig, aber nach allen Rich- tungen von kleinen, mit einer weissen erdigen Substanz erfüllten Adern durchsetzt sind; diese weisse Substanz ist in chemischer Hinsicht kohlensaure Kalkerde, hat aber unter dem Mikroskop *) Posscenporrr’s Annalen Bd. 91. S. 147. **) PoGGEnporrr’s Annalen Bd. 97. S. 161; .592 durchaus das Ansehen des erdigen Aragonits. Es wäre möglich, dass die Gruppe Kalkspath in anfangender Umänderung in Ara- gonit wäre. Dass die Gruppe nur unvollständig’ umgeändert ist, könnte vielleicht ein Grund sein, dass sie erhalten ist, denn es wäre möglich, dass vollständig ausgebildete Pseudomorphosen nur deshalb nicht beobachtet sind, weil sie sich nicht erhalten können, und darum nicht vorkommen. Es folgt nun die Bergmilch, die ich von verschiedenen Fundörtern untersucht habe, und die noch problematischer Natur ist. Unter dem Mikroskop erscheint sie häufiger aus langen dünnen Prismen, die theils ganz gerade, theils gekrümmt sind, in andern Fällen aus lauter kleinen Körnern wie die Kreide be- stehend. Ich halte sie für ein Gemenge von Kreide und Ara- gonit. Sie unterscheidet sich von der Kreide aber dadurch, dass sie stets mit einer organischen Substanz gemengt ist. Im be- deckten Platintiegel bis zur schwachen Rothgluth erhitzt, wird sie grün, und löst sich nur in Chlorwasserstoffsäure mit Hinter- lassung eines kohligen Rückstandes auf. Die Abhandlung begleiten vier Kupfertafeln zur Erläuterung des beschriebenen Vorkommens des Aragonits. n Fünftes Stück: Cancellaria. Von Herrn Beyrıcn ın Berlın. Hierzu Tafel XV bis XVII (26 bis 28). (Die Abbildungen zu Cancellaria laeviuscula, quadrata und excellens befinden sich auf Taf. X. (Taf. 25) dieses Bandes.) Canceellaria, Die Gattung Cancellaria hat in den norddeutschen Tertiär- bildungen bis jetzt 22 oder, in Betracht der zweifelhaften Selbst- ständigkeit von Cancellaria Bellardü, nur 21 Arten geliefert, von denen indess mehrere nur in unvollkommener Erhaltung be- kannt geworden sind. Die unter-oligocäne Fauna enthält 8 Arten: Cancellaria evulsa SoL. sp., Cancellaria nitens BExR., Cancellaria laevius- cula Sow., Cancellaria quadrata Sow., Cancellaria elongata Nyst, Cancellaria excellens BexR., Cuncellaria granulata Nyst und :Cancellaria pusilla PriL. sp. Alle diese Arten ha- ben einfach gewölbte Windungen ohne Rinne oder Stufe an der Naht. Es steht daher auch keine in einer näheren Verwandt- schaft zur Cancellariasuturalis Sow. oder granifera. DesH., die mit den sich anschliessenden Neben-Arten eine den älteren eocänen Tertiärbildungen eigenthümliche Gruppe in der Gattung bildet. Dagegen ist die schon in den älteren eocänen. Tertiär- bildungen auftretende Cancellaria evulsa der Mittelpunkt einer anderen Gruppe von Arten, zu welcher unter den aufgeführten unter-oligocänen die Cancellaria nitens, laeviuscula, quadrata und elongata zu rechnen sind. Sie haben mit einander gemein eine unten ‚spitz auslaufende Schlusswindung ohne Spur von Eindrückung oder Einsenkung zu einem Stiel, keinen Nabel, einen sehr bestimmten und tiefen Ausschnitt und 3 gleich starke Spin- delfalten, von denen die: untere den erhabenen Rand des Aus- schnittes bildet. Von den aufgeführten, in Norddeutschland unter- ‚954 oligoeän vorkommenden Arten sind die Cazcellaria evulsa, lae- viuscula und guadrata die einzigen von SOWERBY bekannt ge- machten Cancellarien aus der Fauna des englischen Barton-Thones, mit welcher sich demnach auch hier die unter-oligocäne Fauna in Norddeutschland eng verbunden zeigt. Auch in Belgien hat Nyst die Cancellaria evulsa und gwadrata aus den unter-oligo- cänen Lagern von Vliermacl und Lethen kennen gelehrt, begleitet von der in England nicht gekannten Cazcellaria elongata, die sich auch in Deutschland gefunden hat. Cancellaria nitens ist die einzige Deutschland eigenthümliche unter-oligocäne Art aus der Gruppe der Cancellaria evulsa. Die Cancellaria: evulsa selbst ist davon die einzige auch noch in jüngeren Lagern vor- kommende Art. Von den übrigen unter-oligocänen Arten ist Cancellaria ex- cellens eigenthümlich. Sie nähert sich durch ihre an der Basis stark eingedrückte Schlusswindung schon mehr den Verwandten der Cancellaria cancellata als der Cancellaria evulsa, mit wel- cher sie noch die Stellung der Spindelfalten gemein hat. (Can- cellarta granulata ist eine von Nyst in Belgien mittel-oligocän beschriebene Art, dfe in Deutschland übereinstimmend schon in der unter-oligocänen Fauna auftritt. Sie hat die Basis der- Schlusswindung nur wenig eingedrückt, und von den Spindelfal- ten die untere am Rande des Kanals ‘nur wenig ausgebildet. Noch weniger entwickelt sind die Spindelfalten bei der kleinen Cancellaria pustlla, die in den norddeutschen Tertiärlagern von den ältesten bis zu den jüngsten gleichmässig verbreitet ist, aber wegen der mannichfaltigen Schwankungen in Grösse und Form, denen sie unterworfen ist, mehrfach‘ verkannt und unter ver- schiedenen Benennungen aus anderen Gegenden beschrieben wurde. Ich halte sie für dieselbe Art, die aus dem belgischen Crag als Cancellaria minuta, aus dem englischen als Cancellaria sub- angulosa und aus dem Wiener Becken als Cuncellaria Nysti unterschieden wurde. Die mittel- und ober-oligocänen Faunen haben mit einander und mit der unter-oligocänen gemein die 3. Arten Cazcellaria evulsa, Cancellaria granulata und Cancellaria pusilla. Die hinzutretenden Arten haben sich bis jetzt nur an einzelnen Punk- ten als Seltenheiten gefunden. In der mittel-oligoeänen Fauna "hat unter ihnen die Cancellaria Behmi von Stettin Interesse als die älteste unter den beobachteten Cancellarien mit einer breiten 555 ausgehöhlten Stufe an der Naht. In der ober-oligocänen Fauna hat sich bisher nur bei Crefeld die Cancellaria multistriala gefunden, welche sich in der Form der Schlusswindung gleich der Cancellaria excellens mehr der Cancellaria cancellata als den Verwandten der Cancellaria evulsa anreihen lässt. Unvoll- ständig gekannt ist die kleine Cancellaria occulta aus dem Sternberger Gestein, die sich der Cancellaria pusilla zunächst anschliessen dürfte. Die norddeutschen miocänen Faunen haben bis jetzt 12 Ar- ten geliefert, 5 in der Fauna des Holsteiner Gesteins, 9 in den Faunen vom Alter der Lager des unteren Elbgebietes; nur 2 Ar- ten haben sich in den beiderlei Faunen übereinstimmend gezeigt. Die meisten Arten sind erst von vereinzelten oder wenigen Fund- orten bekannt geworden und es lässt sich erwarten, dass bei de- ren fernerer Ausbeutung die Zahl der Arten sich noch vermeh- ren werde. Aus den oligocänen Faunen geht mit Sicherheit die kleine Cancellaria pusilla in die miocänen Faunen hinüber. Wahrscheinlich ist das auch mit der Cazcellaria evulsa der Fall, von welcher Cancellaria Bellardii nur eine Varietät zu sein scheint. Im Allgemeinen fällt in dieser Gattung die grosse Zahl von Arten auf, welche die norddeutschen mit südlicheren Miocänbil- dungen gemein haben. Es sind dies ausser Oancellaria pusillu und Bellardiü die Cancellaria contorta, cancellata, varicosa, Zyrata, calcarata und acutangularis. Von diesen fehlt nur die Cancellaria acutangularis im Wiener Becken. Die 5 Arten Cancellaria contorta, cancellata, varicosa, Iyrata und calca- rata gehören auch noch den italienischen Pliocänbildungen an. Die eine Cancellaria cancellata ist noch gegenwärtig im Mittel- meere lebend. Wo zwischen miocänen und pliocänen südlichen Vorkommnissen Unterschiede beobachtet wurden, stellt sich heraus, dass auch die norddeutschen miocänen Abänderungen mehr den südlichen miocänen als den pliocänen gleichen. In Belgien beobachtete Nysr vom Bolderberg nur 3 Arten: Cancellaria evulsa (vielleicht auf Cancellaria Bellardii zu be- ziehen), Cancellaria planispira und Cancellaria cassidea. Die beiden letzteren können mit keiner der in Deutschland gefunde- nen Arten übereinstimmen. Jedoch erhielt ich vom Bolderberge selbst die beiden von Nysr daher nicht gekannten, in Deutsch- land beobachteten Arten Cancellaria varicosa und acutangu- laris, unter welchen das Vorkommen der letzteren in Betreff der 556 angenommenen specielleren Altersübereinstimmung der Fauna des Holsteiner Gesteins mit der des Bolderberges von Interesse ist. Der belgische und englische Crag enthalten fast nur Arten, die schon jetzt entweder sicher oder wahrscheinlich als schon in den norddeutschen Miocän-Faunen vorhanden erkannt werden konnten. Unter gleicher Benennung findet sich bei Nysr die Cancellaria varicosa. Die belgische Cancellaria minuta halte ich für die deutsche Cancellaria pusilla, die Cancellaria evulsa des belgischen Crag könnte sich, gleich der des Bolderberges, auf Cancellaria Bellardii beziehen, und Cancellaria umbilica- ris bei Nysr ist vielleicht gleich unserer Cancellaria aperta. In England enthält der Crag die norddeutsch miocän gefundene Cancellaria scalaroides. Woov’s Cuncellaria subangulosa halte ich gleich Nysr’s Cancellaria minuta für die deutsche Cancel- laria pusilla, und Cancellaria mitraeformis bei Woo» könnte der deutschen Cancellaria parvula zufallen. Abweichend blei- ben nur übrig in Belgien eine kleine von Nyst fraglich der Caz- cellaria Michelini zugerechnete Art und in England die Can- cellaria costellifera bei Woon». 1. Cancellaria evulsu SoL. sp. Tat. 26. Fie: 2 2,b,c,-33.b, 44,b,c,33,b: Buccinum evulsum Sousnver im Branver Foss. Hant. 1766 p. 13 fig. 14. Cancellaria evulsa Sowerey Min. Conch. t. 361 f. 2—4; Des- HAyEs Cogq. foss. de Paris II. t. 79 f.27, 28, in Lam. Hist. nat. 2me ed. IX. p. 427; Kosınck Cogq. foss. de Basele p. 10; Nvst Terr. tert. de la Belg. p. 477 (?pars), t. 39 f. 13. Muricites pyrastriformis ScaLotueım Petrefaktenk. 1820. p. 142. Tritonium Brücknerüi Borr Geogn. d. deutsch Ostseel. 1846. p. 162 t. 2 £..9. Cancellaria evulsa (Sor. sp.) Bevrıca in Karst. Arch. Bd.22. 1848 p. 46. Cancellaria evulsa Karsten Verz. 1849. p. 24. Cancellaria evulsa (Sor.) Bort in Meklenb. Arch. III. 1849 p. 208, in Zeitsch. d. deutsch. geol. Ges. 1851 p. 458. Cancellaria evulsa (Sow.) Kınpe 1851 in Progr. der Realschule zu Meseritz p. 17. Cancellaria evulsa (Sor. sp.) Beyrıca in Monatsber. d. Berl. Akad. 1854. p. 646. Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Wrsieegelrin mirsleben und Osterweddingen. er 557 Mittel-oligocän. Im Sand bei Neustadt-Magdeburg. Im Thon in der Mark bei Hermsdorf, Buckow und Freien- walde, ebenso zu Ober-Kaufungen bei Kassel. Im Sand- stein bei Stettin (BEum). — Verschwemmt bei Meseritz (KADE). Ober-oligoeän. Bei Crefeld (Nauck) und Neuss (v. De- cHen). Im gelben Sande von Kaufungen bei Kassel. — Ver- schwemmt in Meklenburg häufig im Sternberger Gestein und in losen Schalen bei Pinn ow (Bor.r.). Beschreibung. Die norddeutschen zur Cancellaria evulsa gerechneten Vorkommnisse lassen sich in 3 Varietäten ordnen: | 1) Var a vera; übereinstimmend mit der englischen Form des Barton-Thones, welche zuerst von SOLANDER beschrieben wurde. Unter-oligocän von Wollmirsleben und Westeregeln. 2) Var. % minor. Unter-oligocän in Begleitung der vori- gen und bei Osterweddingen. 3) Var. x postera. Alle mittel- und ober-oligocäne Vor- kommen. Keine unserer deutschen Varietäten erreicht die Dimensionen der grösseren englischen Individuen, die wir von Barton bis 24 Mm. lang besitzen. Ein Stück der Var. «© vera von Woll- mirsleben, vollständig übereinstimmend mit einem gleich grossen von Barton, ist 15,7 Mm. lang, 10 Mm. breit. Die Var. 3 mi- »or erreicht nur 11 Mm. Länge bei 6,5 Mm. Breite; die Var. postera hat in grossen Stücken 15 bis höchstens (Crefeld) 19 Mm. Länge bei 11 bis 12 Mm. Breite. In der Form zeichnet sich die letztere von den anderen im Allgemeinen durch ihre ver- hältnissmässig grössere Breite aus, die etwas mehr als =, bei den = der Länge beträgt; das Gewinde ist bei ihr etwas kürzer, bei den anderen etwa ebensolang oder etwas länger als die Mündung. Diese Verschiedenheiten in der Form sind aber geringfügig und nicht bei allen Individuen den angegebenen mittleren Verhältnissen entsprechend. Das Gewinde besteht aus einem Embryonalende von 2 bis 3 Windungen und aus 3 bis 4 Mittelwindungen. Die ersten 2 Windungen des Embryonalendes sind stumpf eingerollt, die folgenden breiter und gewölbt. Die Mittelwindungen sind gleich- anderen etwas weniger als mässig, mehr oder weniger stark gewölbt. Gewöhnlich stehen im Umfang der unteren Windungen etwa 15 starke, durch brei- .558 tere Zwischenräume getrennte Längsrippen, von denen ein- zelne in unregelmässigen Entfernungen sich zu starken gerunde- ten Wülsten erheben. Der erste Wulst bildet sich schon in der ersten Mittelwindung aus. Die Querskulptur beginnt mit 4, auch wohl 5, schmalen Querstreifen, zwischen denen sich bald früher, bald später erst ein einzelner und häufig noch zwei andere Zwi- schenstreifen einschieben, so dass 3 Zwischenstreifen zwischen zwei stärkeren Primärstreifen zu stehen kommen. ' Gut erhaltene Schalen zeigen sich unter der Lupe mit feinen haarförmigen An- wachsstreifen bedeckt. Die Schlusswindung läuft unten spitz aus ohne Verflachung oder Eindrückung; sie hat nie einen Nabel oder eine Nabelspalte mit wulstiger Umgebung. Die Spindel ist gebogen, etwas gedreht und mit 3 nahe gleich starken Falten besetzt, von denen die untere den scharf vortretenden Rand der kurzen aber bestimmten Rinne bildet, in welche die weite Mün- dung ausläuft. Die Spindelplatte ist oben etwas erweitert, aber meist so dünn, dass die Skulptur des bedeckten Theils der Schale theilweise sichtbar bleibt. Der Aussenrand ist bei älteren Indi- viduen innen verdickt und mit 8 bis 10 kurzen Leistchen besetzt. Die drei bezeichneten Varietäten unterscheiden sich ausser den angegebenen Verschiedenheiten der Form durch geringe Ab- weichungen der Skulptur. Die Var. vera hat die Skulptur am stärksten ausgebildet und besonders die primären Querstreifen am meisten hervortretend, 10 bis 12 in der Schlusswindung, meist mit 3 sehr feinen Zwischenstreifen. Bei der Var. minor findet sich erst spät nur ein Zwischenstreifen ein. Bei der Var. po- stera zeigen sich bald die 3 feinen Zwischenstreifen, wie bei der Var. vera, bald — besonders häufig bei ober-oligocänen von Crefeld, Neuss und aus dem Sternberger Gestein — werden ein- zelne Zwischenstreifen den primären Streifen an Stärke fast gleich, so dass in der Schlusswindung etwa 15 stärkere Querstreifen mit wenigen schwächeren Zwischenstreifen zu zählen sind. Im Allgemeinen lässt sich die jüngere mittel- und ober-oligocäne Form der Cancellaria evulsa leichter noch durch die weniger hervortretende Querskulptur als durch die ihr zukommende ge- drungenere Gestalt von der älteren Form des Barton-Thons unter- scheiden. Die Abbildungen stellen dar: Tafel 26 Figur 2 ein Stück von Hermsdorf, A in natürlicher Grösse, b und c vergrössert; Figur 3a, b in natürlicher Grösse ein Stück von Crefeld; Fi- 559 gur 4a in natürlicher Grösse, b und ce vergrössert, eine jüngere unausgewachsene Schale daher; Figur 5a, b eine ältere etwas schlankere Form daher in natürlicher Grösse. Bemerkungen. Die zuerst von Barton bekannt gewordene Cancellaria evulsa beschrieb DeshayEs übereinstimmend aus pariser eocänen Tertiärbildungen und erklärte gleichzeitig, dass dieselbe auch in Belgien zu Boom vorkomme, Seinem unbefan- gen ausgesprochenen Urtheile folgten DE Koninck und Nysr und erst in neuerer Zeit, nachdem der Streit sich erhoben hatte, ob die belgischen oligocänen Tertiärlager eocän oder miocän zu nennen seien, trennte D’ORBIGNY (Prodrome III. p. 11) die Can- cellaria von Boom als besondere Art unter dem Namen (Cazcel- laria pseudo-evulsa, indem er die belgischen oligocänen Conchy- lien mit den miocänen des Bolderberges vermischt in sein unteres Falunien versetzte. Dieser Cancellaria pseudo-evulsa, falls man die Art annehmen wollte, würde unsere Var. y postera d.h. alle mittel- und ober-oligocänen deutschen Vorkommen zufallen; sie wäre, wie in der Beschreibung ausgeführt ist, durch schwächere Querskulptur und etwas gedrungenere Form von der Cancellaria des Barton-Thons zu unterscheiden. Indess sind die Unterschiede so ‚geringfügig, dass sie D’ORBIGNY ohne Zweifel ebenso wenig wie DesHayES beachtet hätte, wenn er den Thon von Boom eocän statt miocän hätte nennen wollen. Auch urtheilt MorrIs (Quart. Journ. 1852 p. 301), dass sich die Cancellaria von Boom nur als Varietät von der Cancellaria des Barton-Thones unterscheiden lasse und mehr noch mit einer mittel-eocänen Abänderung der- selben Art von Bracklesham übereinstimme. Immerhin bleibt es von Bedeutung, dass in der unter-oligocänen Fauna in Deutsch- land, welche Vieles mit dem eocänen Thon von Barton gemein hat, auch noch die Cancellaria evulsa ganz übereinstimmend mit der englischen vorkommt, während sich die Cazcellaria evulsa der jüngeren Faunen, wenn auch nur wenig, doch beständig als Varietät unterscheidet. Wollte man indess Canzcellaria pseudo- evulsa trennen und den Namen Cancellaria evulsa allein der gewöhnlieben Abänderung von Barton lassen, so müsste auch noch unsere unter-oligocäne Var. B minor einen besonderen Na- men erhalten. Zweifelhaft bleibt, wie sich die belgischen unter-oligocänen, mir nicht bekannten, von Nysı angezeigten Vorkommen der Cancellaria evulsa von Vliermael, Lethen und Hoesselt zu un- 560 serer deutschen verhalten; Nysr bemerkt, dass sie‘ sich der Cancellaria laeviuscula Sow. zu nähern scheine, die ich als eine besondere auch in Deutschland vorhandene Art unterscheide. Ueber Nysr’s Angaben der weiteren Verbreitung von Gancella- ria evulsa in Belgien vergleiche die Bemerkungen zu Cancellaria Bellar dit. | Von den Originalen des Muricites pyrastriformis der Pe- trefaktenkunde befinden sich mit dem Schrornerm’schen Zettel in der Berliner Sammlung noch 2 Stücke der Cazcellaria evulsa aus dem Sternberger Gestein, aus welchem auch alle bei SchLoT- HEIM von Zabersche angegebenen Conchylien herstammen. Ohne Zweifel war dieser oberschlesische Fundort nur durch ein Ver- sehen zu ein Paar Stücken wahren Sternberger Gesteins gekom- men, indem sich immer bestimmter herausstellt, dass nur Stücke -des mittel-oligocänen Stettiner Tertiärgesteins, aber keine Stern- berger Gesteins-Stücke im schlesischen Diluvium gefunden werden: 2. Cancellaria Bellardii MickeEL. Cancellaria evulsa var. Taurinia BeLrarvı Canc, foss. du Piemont p: 25 t. 2 f. 17, 18. Cancellaria Bellardi MicszLottı Terr. mioc. de It. sept. 1847 p. 225; Hönrxes Moll. von Wien p. 314 t. 34 f. 17, 18. ? Cancellaria evulsa Nyst. Terr. tert. de la Belg. (?pars, excel. fig.). Vorkommen. Miocän. Bei Gühlitz in der West-Prieg- nitz (v. MIELECKT) und in Meklenburg im festen Gestein von Bokup (Kocn). [ Beschreibung. Ein kleines wohlerhaltenes Stück von Gühlitz ist 11,5 Mm. lang, 7,5 Mm. breit. Das Gewinde: besteht aus 2 Embryonal- und 2 bis 3 Mittel-Windungen, die stark ge- wölbt und durch tiefliegende Nähte getrennt sind. Die Schluss- windung ist sehr bauchig, unten spitz auslaufend. ohne merkliche Eindrückung. Das Gewinde ist etwas kürzer als die Mündung. Das Stück lässt sich im Ansehn der kleinen, Tafel 26 Figur 2 dargestellten Cancellaria evulsa von Hermsdorf vergleichen, un- terscheidet sich aber durch gewölbtere. Mittelwindungen und bauchigere Schlusswindung. Die unteren Windungen haben. nur 11 starke, schräge Längsrippen, die Mittelwindungen 5 bis 6 ein- ander gleiche starke Querstreifen, zwischen denen sich zur Schluss- windung hin einzelne Zwischenstreifen einschieben. In der Schluss- windung und letzten Mittelwindung sind ein paar stark verdickte 561 Rippen als ältere Mündungswülste ausgezeichnet. Die Spindel ist nur wenig gekrümmt, fast gestreckt, und hat 3 starke Falten, deren untere den Rand des kurzen Kanals oder Ausschnittes bildet. Am Aussenrande der Mündung stehen 8 unregelmässig gestellte kurze Leistchen. Von Bokup liegt nur ein Guttapercha-Abdruck vor; das Stück hat nahe dieselbe Grösse wie das von Gühlitz und stimmt in der Skulptur gut überein. Bemerkungen. BeLLaRDI erklärte eine miocäne bei Tu- rin vorkommende Cancellaria für eine blosse Varietät der eocä- nen Cancellaria evulsa. Später führte auch Nysr diese Art in Belgien noch als miocän am Bolderberge und selbst noch pliocän bei Antwerpen vorkommend auf. DesHaxss erklärte, die Turi- ner Cancellaria sei ganz verschieden, ohne indess Unterschiede anzugeben; MicHELOTTI und ihm folgend Hökses.führten darauf die miocäne Form als Cuncellaria Bellardiü auf. Ich halte es mit Rücksicht auf die mannichfaltigen eng verbundenen Abän- derungen, unter welchen die Cazcellaria evulsa bis zu den jüng- sten oligocänen Lagern fortlebte,. für wahrscheinlich, dass man auf BELLARDI’s erste Meinung wird zurückkommen und die Can- cellaria Bellardii als eine geringfügige Abänderung mit der Cancellaria evulsa wieder vereinigen müssen. Von den bei Hörnes dargestellten Abänderungen der Cancellaria Bellardü des Wiener Beckens hat augenscheinlich die Form von Baden, a.a. 0.1.34 f.18, mit der norddeutschen von Gühlitz die grösste Uebereinstimmung, so dass letztere sicher der Cancellaria Bel- lardii zufällt, wenn die Selbstständigkeit dieser Art, worüber zu entscheiden unser Material nicht ausreicht, sich bestätigen sollte. Muthmaasslich beziehen sich NysT’s Angaben des Vorkommens der Cancellaria evulsa am Bolderberge und bei Antwerpen zum Theil auf Cancellarin Bellardü. Nxsı’s Cancellaria minuta, von welcher Hößnes meint, sie könne vielleicht der Jugendzustand der Cancellaria Bellardiil sein, rechne ich dagegen zu der weit verbreiteten und sehr verschiedenen Cancellaria pusilla. 3. Cancellaria nitens Bexr. Man27. Ks 4 ab. Te. Vorkommen. ÜUnter-oligocän. Bei Westeregeln. Beschreibung. Die Schale ist von schlanker Form, das Zeits. d:d. geol. Ges. VIII. 4. 37 562 Gewinde beträchtlich länger als die Mündung. Die grössten Individuen erreichen 15 bis 17: Mm. Länge bei 8,5 Mm. Breite; Die: Abbildung stellt eines derselben in natürlicher Grösse dar, Figur 1e die Skulptur der letzten Mittelwindung vergrössert. Auf das glatte Embryonalende von 2 bis 3 Windungen fol- gen bis 4. stark gewölbte durch tief liegende Nähte getrennte Mittelwindungen. Schmale starke Längsrippen, etwa 15 in den unteren Windungen, laufen in etwas schräger Richtung von der oberen Naht zur unteren, darüber fort 4 oder 5 starke, einander gleiche, entfernte Querstreifen, die unter der Lupe einen ebenen, kantig begrenzten Rücken zeigen. In der Schlusswindung zählt man 12 bis 44 Querstreifen ohne Zwischenstreifen. Die Ober- fläche der ganzen Schale zeichnet sich durch glänzend glattes Ansehen aus, und nur undeutliche feine Anwachsstreifen werden zwichen den Längsrippen sichtbar. Auf den unteren Windungen treten in weiten Entfernungen gerundete Wülste hervor, häufig der erste schon in der ersten Mittelwindung. Die Schlusswin- dung läuft spitz aus ohne Nabel und Kammwulst. Die Mündung hat unten einen tiefen Ausschnitt oder kurzen Kanal. Die Spin- delfalten haben dieselbe Zahl und Stellung wie bei Cazcellaria evulsa. .Die dünne Spindelplatte verdeckt nur unvollkommen die Skulptur. Die Aussenseite verdickt sich, wenn: sich ein Wulst ausbildet. und erhält etwa 8 kurze schmale Leistchen. Bemerkungen. Unsere Cancellaria nitens ist zunächst den schlankeren Abänderungen der Cancellaria evulsa zu ver- gleichen, mit. denen sie jedoch nicht durch Uebergänge verbun- den ist. Sie unterscheidet sich durch ihre noch schlankere Form und das längere Gewinde, durch die glatte Schale und das Feh- len der Zwischenstreifen zwischen den starken Querstreifen. 4. Cancellaria laeviuscula Sow. Taf. 25, Fig. 7a,b, 8a,b, 8e, 9a,b, 9e. Sowerer Min. Conch. t. 361 £. 1. Vorkommen. Unter-oligoeän. Bei Westeregeln, Osterweddingen, Unseburg, Wollmirsleben, (Danse- BERG) und Atzendorf (FELDHAUS). Beschreibung. Obwohl von zahlreichen Fundorten sind doch nur vereinzelte Stücke dieser Art vorgekommen. Das aus- 563 id gezeichnetste. vollständig erhaltene und ausgewachsene Stück von Westeregeln ist auf Tafel 25 Figur 8a und b in natürlicher Grösse abgebildet. Figur 9a und b, in natürlicher Grösse, stammt von Österweddingen. Figur 8cund Yc sind vergrösserte zugehörige Darstellungen von der Skulptur der letzten Mittel- windung. Figur 7a in natürlicher Grösse und b vergrössert ist ein unausgewachsenes Stück von Atzendorf. Das grösste Stück (Figur 8) von Westeregeln ist 18,4 Mm. lang, 11 Mm. breit, das Gewinde etwas kürzer als die Mündung. In der Gesammtform und in der Form der Schlusswindung gleicht die Schale sehr der Cancellaria evulsa, von welcher sich die Art vornehmlich nur durch ihre Skulptur unterscheidet. Die Mittelwindungen sind gewölbt und mit mehr oder weniger tief liegenden Nähten von einander abgesetzt. Die Skulptur beginnt in den oberen Mittelwindungen mit 5 bis 7 einander gleichen - Querstreifen, die sich mit zahlreichen, etwa eben so starken, schräg stehenden Längsrippen oder auch nur mit schwächeren Längsstreifen gitterartig kreuzen. Mit dem Anwachsen der Schale erweitern sich die Zwischenräume der Querstreifen und erhalten einen feinen Zwischenstreifen. Die Längsrippchen oder Längs- streifen verlieren sich in der Schlusswindung abwärts meist schon in halber Länge. In der Regel haben die unteren Mittelwin- dungen und die Schlusswindung in unregelmässigen Entfernun- gen stark ausgeprägte Wülste, Spindelplatte, Form und Falten der Spindel sind wie bei Cancellaria evulsa, Die Aussenseite der Mündung ist mit 12 bis 15 Streifen besetzt. Bemerkungen. SowERBY beschreibt die Cancellaria laeviuscula, in England eocän zu Highgate und Barton vorkom- mend, als eine der Cazcellaria evulsa nahe stehende Art, von der sich die letztere vornehmlich durch geringere Zahl und stär- kere leistenartige Erhebung der Querstreifen unterscheide. Aehn- lich verhält sich unsere deutsche Cancellaria, für welche indess auch die geringere Ausbildung der Längsskulptur als unterschei- dendes Merkmal anzuführen wäre. NysT unterscheidet diese Art nicht unter den belgischen Cancellarien und meint, dass sie nur eine Varietät der Cancellaria evulsa sein werde. Die deutsche hier zu SoweErRBY’s Art gezogene Form entfernt sich aber zu sehr von Cancellaria evulsa, um ihr als Varietät zugerechnet werden zu können; sie wäre mit einem neuen Namen ’zu belegen, wenn sich herausstellen sollte, dass sie mit SOWERBY’s Art nicht übereinstimme, 37 * 564 5. Cancellaria guadrata Sow. Taf. 25. Fig. 6a,b, ce. Sowerey Min. Conch. t. 360. Nysr Terr. tert. de la Belg. p. 480 t. 89 2. 19. Vorkommen. Ben Bei Westeregeln ie RoEMmER) und Wollmirsleben (DANNEBERG). Beschreibung. Das in natürlicher Grösse und in 2 ver- grösserten Ansichten abgebildete Stück stammt von Westeregeln. Die vollständig und gut erhaltene Schale ist 15 Mm.lang, 8 Mm. breit.. Das Gewinde ist beträchtlich kürzer. als dieMündung und besteht aus 5 Windungen, von denen die Hälfte dem Embryonal- ende angehört. Die Mittelwindungen sind wenig gewölbt, die Gesammtform verlängert eiförmig, die Schlusswindung. allmälig zur Basis, verengt ohne eine Eindrückung oder Verflachung zu erhalten. Die Schale ist dicht mit Querstreifen bedeckt, von denen 8 in den Mittelwindungen, etwa 24 in der Schlusswin- dung stehen; die Zwischenräume sind meist schmaler als die Streifen und 'erhalten einen feinen Zwischenstreifen nur da, wo sie sich erweitern. Längsskulptur fehlt den Mittelwindungen im Anfang ganz; erst in der letzten zeigen sich feine, fast haarför- mige Längsstreifen, die sich in der Schlusswindung etwas mehr erheben und gegen die Mündung, hin den Querstreifen, unter der Lupe gesehen, eine schwache Granulation ertheilen. Wülste feh- len. Der Aussenrand der Mündung ist dünn. Die Innenseite der Mündung hat eine etwas erweiterte dünne Spindelplatte, die Spindel ist gebogen und hat ausser dem scharf vortretenden Rande. des Ausschnitts 2 sehr schief stehende Falten. Die Aussen- seite ist mit 20 schmalen Streifen besetzt. Ein. zweites dieser Art zuzurechnendes Stück von Wollmirs- leben von unvollkommener Erhaltung hat ein verhältnissmässig längeres Gewinde mit etwas mehr gewölbten durch tiefer liegende Nähte getrennten Windungen. Die Querstreifung zeigt einen regel- mässigen Wechsel von stärkeren. Streifen und schwächeren Zwi- schenstreifen, die Längsstreifen werden erst in der Sehlusswindüng zur Mündung hin sichtbar. Bemerkungen. Englische oder belgische Originale dieser Art konnten nicht verglichen werden. Sowersy’s ‚Zeichnung stimmt in der Form vortrefllich mit unserem Stück von Wester- egeln; der einzige Unterschied scheint zu sein, dass die Längs- men 565 streifen bei der englischen Form des Barton - Thones schärfer hervortreten, und ein feines Gitterwerk hervorbringen, worauf auch wohl der von SoweErgy der Art beigelegte Name anspie- len soll. NYysrt’s Figur der belgischen unter-oligocänen Cancel- laria quadrata von Vliermael stimmt in ‘der Form mehr mit unserem Stück von Wollmirsleben, dessen Querstreifung auch be- stimmter die Beschaffenheit hat, wie sie die von NysT oder viel- mehr von DesHAyEs in der Encyclopedie gegebene Diagnose und Beschreibung anzeigen. Durch ihre Skulptur steht Cazcellaria quadrata der Cancellaria laeviuscula näher als der Cancellaria evulsa; sie unterscheidet sich indess durch die fehlende Längs- rippung und mehr noch durch ihre Form und die fehlenden Wülste. 6. Cancellaria elongata Nxst. Taf. 26. Fig. 1a, b, c. Nystr Terr. tert. de la Belg. p. 476 t. 38 f. 21. Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Osterweddingen im Magdeburgischen, Beschreibung. Von 2 unausgewachsenen oder unvoll- ständig erhaltenen Stücken hat das eine 6,5, das andere 38 Mm. Länge. Die Breite ist geringer als die halbe Länge, das Ge- winde länger als die Schlusswindung und von thurmförmigem Ansehn. Die Mittelwindungen, deren 4 erhalten sind, sind fast eben und mit einer tief liegenden Naht an einander absetzend. Sie sind mit 22 bis 25 schwachen, gedrängten, schief stehenden Längsrippchen und mit 5 oder 6 starken, platten Querstreifen bedeckt. Durch das Einschneiden der Querfurchen erhalten die Längsrippen ein ‘gekörntes Ansehn. In der. Schlusswindung verlieren sich nach unten die Längsrippen, die Querstreifen wer- den schmaler und durch breitere Zwischenräume getrennt. Wülste sind nicht. deutlich erhalten. Das untere Ende der Schlusswin- dung ist spitz. Die Spindel ist gestreckt und hat 2 starke Fal- ten; eine dritte Falte, welche den vortretenden Rand des Aus- schnittes bildet, theilt sich nach innen, nahe dem Ausgang der Mündung, in 2 schwächere, dicht übereinanderstehende Fältchen. Die Abbildung stellt das eine der vorhandenen Stücke in natürlicher Grösse und in 2 Ansichten vergrössert dar. Bemerkungen. Durch Vergleichung mit 2 belgischen ‚Stücken der Cancellaria elongata von Lethen und Hoesselt, 566 von denen ich das eine der Güte des Herrn pe Konınck ver- danke, konnte ich mich von der Uebereinstimmung der deutschen Form überzeugen. Die in der Beschreibung hervortretenden Abweichungen haben zum Theil ihren Grund in der geringeren, ein jugendlicheres Alter darstellenden Grösse der deutschen Form, so die grössere Zahl der Längsrippen und das zeitige Verschwin- den derselben in der Schlusswindung. Form und Skulptur sind gleich. Auch die belgische Cancellaria elongata zeigt ausser den beiden stärkeren, von Nysr allein angeführten Spindelfalten die 2 schwächeren Falten am Rande des Ausschnittes oder Ka- nals, welche daher als ein die Art bezeichnendes Merkmal zu betrachten sind. 7. Cancellaria excellens BeEYR. Tal 23. u ra,D- Vorkommen. Unter-oligocän. Bei Westeregeln (Dar- DEBERG, H. RoEMER). Beschreibung. Von 2 vorhandenen ‘Stücken: dieser aus- gezeichneten Art ist das besser erhaltene in natürlicher Grösse abgebildet. Die Länge beträgt 27 Mm. bei 14 Mm. Breite; das Gewinde ist von nahe gleicher Länge wie die Mündung. Die erhaltenen 5 Mittelwindungen sind stark gewölbt und von bau- chigem Ansehn durch die starke Erhebung der schmalen, seitlich zusammengedrückten Längsrippen, deren Zahl in den unteren Windungen nicht mehr als 10 ist. ‘Die oberen Mittelwindungen haben 4 bis 5 zwar schwache, aber deutliche Querstreifen, die sich in den unteren Windungen allmälig, mit undeutlicher Ein- schiebung von Zwischenstreifen, verflachen und in der Schluss- windung fast verschwinden. Bei unvollkommen erhaltener Ober- fläche scheint fast der ganzen Schale die Querskulptur zu fehlen. In der Schlusswindung laufen die Längsrippen abwärts bis zur Basis, die stark eingedrückt ist, so dass ein kurzer, einen gedreh- ten gerundeten Kammwulst bildender Stiel entsteht. Die Spindel ist gestreckt und hat 3. starke Falten, von welchen die untere den Rand des kurzen Kanals bildet. Der Aussenrand der Mün- dung ist nicht unversehrt erhalten. Nur in der Schlusswindung und letzten Mittelwindung treten einzelne Längsrippen etwas verdickt hervor und unterscheiden sich durch gelöste vordere Ränder als Wüilste. 567 8. Cancellaria multistriata BeEYR. Taf. 26. Fig. 6a,b,c, 6d. Vorkommen. Öber-oligoeän. Bei Crefeld (Nauck). Beschreibung. Nur zwei Stücke sind: vorgekommen, von welchen das eine in natürlicher Grösse und vergrössert abgebil- det ist; Figur 6d ist die Skulptur der letzten Mittelwindung vergrössert. Das andere Stück ist ein Fragment einer älteren Schale, die etwa 17 Mm. Länge erreicht haben könnte. Die Schlusswindung ist nach Art der Cancellaria cancellata an der Basis etwas eingedrückt, wodurch sich ein, wenn auch nur wenig hervortretender Kammwulst bildet. Die Spindel ist gestreckt und hat 2 starke Falten, zu welchen der anscheinend erst im Alter schärfer hervortretende Kanalrand als eine schwächere dritte Falte hinzukommt. Das Gewinde ist etwas kürzer als die Mündung. Die Mittelwindungen sind mässig gewölbt. Im Umfang einer f Windung stehen 12 bis 15 schmale gerade Längsrippen, welche gleich den Zwischenräumen unter der Lupe mit äusserst feinen haarförmigen Anwachsstreifen bedeckt sind. Die Art ist beson- ders ausgezeichnet durch ihre Querskulptur, welche in zahlreichen, gleichen, starken Querstreifen besteht, die sich dicht a etwa 40, schon in der ersten Mittelwindung einsetzen; in der Schlusswindung sind deren etwa 24 zu zählen. Zwischenstreifen fehlen. Alle Längsrippen im Gewinde sind einander gleich ohne sich zu Wülsten zu verdicken, die auch in der Schlusswindung nur durch gelöste Ränder der letzten, nicht besonders verdickten Längsrippen vertreten zu sein scheinen. Der Rand der Mündung ist nicht vollständig erhalten. 9. Cancellaria granulata Nyst. Taf. 26. Fig. 7a,b,c, 8a, b»c, 9a,b,c. Nyst Terr. tert. de la Belg. p. 479 t. 39 £. 14. Cancellaria buccinula (Lam.) PuıLıppı Beitr. 1843 p. 58. Cancellaria Berolinensis Beyrıca in Karst. Arch. 1848 Bd.22 p. a7. Cancellaria Berolinensis Karsten Verz. 1849. p. 25. Vorkommen. ÜUnter-oligocän, Bei Westeregeln und Wollmirsleben (DaxneBerG). Verschwemmt im Diluvium bei Unseburg. . 568 Mittel-oligocän. Im Septarienthon bei Hermsdorf und Buckow (PLerrner). Bei Neustadt-Magdeburg (FELp- HAUS). Im Sandstein bei Stettin (Beum). Ober-oligocän. Bei Crefeld (Nauck), Neuss (W. DE- CHEN), Freden (Leunıs, H. RoeEMER). Verschwemmt in Mek- lenburg im Sternberger Gestein (Rostocker Sammlung). Beschreibung. Ausgewachsene Schalen haben gewöhn- lich nur eine Länge von 8 bis 11 Mm., ausnahmsweise (Woll- mirsleben) bis 17,5 Mm. Meist sind sie von schlankem Ansehn, die Breite etwas geringer als die halbe Länge und das Gewinde länger als die Mündung; doch kann bei Stücken von gedrunge- nerer Form die Breite der halben Länge und das Gewinde der Mündung gleich werden. Das Gewinde erhält im Ganzen 5 bis 6 Windungen. Die Form des Embryonalendes und der eigen- thümliche Umfang der Skulptur machen auch die kleinsten Stücke sehr kenntlich. Nur die erste stumpf eingerollte und ein Theil der folgenden etwas gewölbten Windung bleibt glatt ; dann folgt eine Windung, die nur mit 4 oder 5 scharfen, fadenförmigen Quer- streifen bedeckt ist, ehe die Längsskulptur beginnt. Die unteren Mittelwindungen sind mässig gewölbt und haben 10 bis höch- stens 15 schmale, fast senkrecht herablaufende Längsrippen, die sich mit 4 (3 bis 5) schwächeren Querstreifen kreuzen und zu- gleich gekörnt werden. Längs- und Querskulptur erhält sich in der Schlusswindung bis zur Mündung. Die Querstreifen bleiben meist einfach, 10 bis 12 bis zur Basis; nur bei ober-oligocänen. von Crefeld, Freden und Neuss (s. Taf. 26. Fig. 9) schiebt sich oft ein Zwischenstreifen ein, der den Hauptstreifen nahe gleich wird, wobei sich zugleich die Körnelung verliert; man zählt dann 20 bis 24 schmale, fadenförmige, fast gleiche Querstreifen in der Schlusswindung. Die oberen Mittelwindungen lassen meist nur undeutlich einzelne etwas verdickte Rippen als Wülste unter- scheiden; erst im Alter bilden sich die äusseren periodischen Ver- dickungen der Mündung zu bestimmteren, in unregelmässigen Entfernungen stehenden Wülsten aus. Die Mündung ist schmal und läuft unten in einen kurzen Kanal aus, dem aussen an der Basis der Schlusswindung eine schwache Abplattung entspricht. Die Spindel hat 2 Falten, von welcher die obere stärkere etwa die Mitte des Spindelrandes einnimmt, und die untere dem Rande des Kanals etwas mehr genähert ist; der Rand des Kanals hebt sich meist gar nicht hervor, oder doch so wenig, dass man ihn 569 nicht als eine besondere dritte Falte zählen kann. Die Spindel- platte ist nur wenig erweitert. Der verdickte Aussenrand ist innen mit 8 kurzen Leisten oder Zähnchen besetzt, von welchen die unteren zuweilen fehlen. Die Abbildungen stellen Figur 7 eine unausgewachsene Schale von Crefeld, Figur 8 eine ausgewachsene von Hermsdorf und Figur 9 eine ausgewachsene von Crefeld, a in natürlicher Grösse, b und ce in vergrösserten "Ansichten dar. Bemerkungen. Die sehr unvollkommene Abbildung der Cancellaria granulata bei Nysr machte es PhıLıppı ebenso wie mir unmöglich, früher die in den norddeutschen Oligocän- lagern verbreitete und mit der belgischen ganz übereinstimmende Art wiederzuerkennen. PhıLıppı führte sie, wie ich aus dem von ihm untersuchten Exemplare von Freden ersah, als Cancel- laria buccinula Lam. auf, ich selbst beschrieb sie von Herms- dorf als eine neue Art unter dem Namen Üancellaria Beroli- nensis. Die Uebereinstimmung mit der belgischen Art konnte ich durch Vergleichung eines von BosQuEr versendeten Stückes von Bergh oder Kleyn-Spauwen, dem einzigen von NysT ange- führten belgischen Fundorte, feststellen. Unter den norddeutschen oligocänen Arten zeichnet sich Cancellaria granulata als eine zierliche, leicht kenntliche und nicht wohl mit einer anderen zu verwechselnde Art aus. Sie hat mit keiner in norddeutschen Miocän- bildungen aufgefundenen Art Aehnlichkeit und hat sicher nichts zu thun mit der Cancellaria costellifera des englischen Crag, in deren Synonymik Woop, wohl auch nur durch Nysr’s schlechte Figur verleitet, die Cancellaria granulata versetzte. N 10. Cancellaria nodulifera BeyYR. Taf. 27. Fig. 3, 4, 4a. Vorkommen. Miocän. Spandetgaard in Nord-Schles- wig (Kopenhagener Sammlung, Mern). Beschreibung. Das grösste von den Stücken in der Kopenhagener Sammlung misst 32 Mm. Länge bei 18 Mm. Breite. Die Abbildungen stellen zwei etwas kleinere Stücke dar, Figur 4a die Skulptur der letzten Mittelwindung vergrössert. Das Gewinde, welches länger ist als die Mündung, besteht aus 2 glatten gerundeten Embryonalwindungen und 4 bis 5 Mit- telwindungen. Diese sind regelmässig gewölbt und tragen 10 bis 570 12 starke, schief stehende Längsrippen, über welche 3 auf den Kreuzungsstellen mit Höckern besetzte Querleisten fortlaufen., Eine vierte schwächere Querleiste entwickelt sich in den unteren Mittelwindungen in dem Zwischenraum zur oberen Naht hin und eine fünfte wird zuweilen noch an der unteren Naht sichtbar. Die 3 stärkeren Querleisten sind in den ersten Mittelwindungen oder an jungen Schalen schmal und fast scharf; später werden sie breit und sind bandförmig abgeplattet. Die Zwischenräume zwischen den Querleisten sind in den ersten Mittelwindungen glatt, in den unteren mit 3 bis 5 sehr feinen, haarförmigen Zwi- schenstreifen besetzt. Gleiche höckertragende Querleisten und Zwischenstreifen, wie in den unteren Mittelwindungen, bedecken die Schlusswindung abwärts bis zur Basis; die Längsrippen lau- fen bis zur Basis abwärts, Im Gewinde sind die Rippen, wel- che durch einen vorderen gelösten Rand als frühere Mündungs- ränder oder Wülste zu erkennen sind, nur wenig von den übri- gen Rippen verschieden; erst in der Schlusswindung der älteren Individuen werden die in unregelmässigen Entfernungen stehen- den Wülste breiter und stärker, und bringen wie gewöhnlich bei ähnlich gebauten Cancellarien Unordnung in die Folge der Längs- rippen. Die Basis der Schlusswindung läuft ziemlich spitz aus und ist aussen nur wenig eingedrückt. Der Aussenrand der Mündung ist vom oberen Winkel bis zum Kanal in regelmässi- gem Bogen gekrümmt; er hat innen eine mit sparsamen (5 bis 6) Zähnen oder kurzen Leistehen besetzte Anschwellung. Die Spin- del hat in der Mitte eine starke Hauptfalte, eine zweite etwas schwächere davon entfernt näher dem Rande des Kanals, der sich zu einer ganz schwachen dritten Falte erhebt. Bemerkungen. Die miocäne (Cazecellaria nodulifera lässt sich in allen ihren Merkmalen zunächst mit der oligocänen Cancellaria granulata vergleichen, von welcher sie sich indess durch ihre Grösse und durch die viel gröberen Skulpturen sehr unterscheidet. Unter den bekannten miocänen Cancellarien findet sich keine, zu welcher sie in näherer Beziehung stehen könnte. 571 11. Cancellaria contorta? Basr. BasteroT Foss. de Bord. p. 47 t. 2 f.3. Beurarnı Canc. foss. du Piemont p. 29 t.3 £.7—10. Hörnes Moll. von Wien p. 311 t. 34 £.7, 8. Vorkommen. Miocän. Im Holsteiner Gestein von Stein- bek (Mexyn). Beschreibung. Zwei sehr unvollkommen erhaltene Stücke zeigen das Vorhandensein einer besonderen, in anderen norddeut- schen Tertiärlagern noch nicht gefundenen Art im Holsteiner Gestein an, erlauben aber nur eine sehr unsichere Bestimmung. Das grössere Fragment weist auf eine Länge von etwa 17 Mm. hin. ‘Die Mittelwindungen sind nur mässig gewölbt. Die Mün- dung steht sebr schief und zeigt eine nach oben ziemlich stark erweiterte, lappig ausgebreitete Spindelplatte. Die Gesammtform der. Schale wird eine verlängert eiförmige sein. Die Schlusswin- dung hat 17 oder 18 unregelmässige, ungleiche Längsrippen von geringer. Stärke, von denen etwa die Hälfte nach vorn. gelöste Ränder | zeigt. Die Querstreifen stehen gedrängt und bestehen aus etwa 12 stärkeren Streifen mit je 3 oder mehr Zwischen- streifen. Die Spindel hat ausser dem faltenartig vortretenden Rande des Ausschnittes noch 2 starke, sehr schief stehende Falten. Unter den von einander sehr abweichenden, oben angeführ- ten Abbildungen der Cancellaria contorta, über deren Zusammen- gehörigkeit zu urtheilen mir Materialien fehlen, zeigt die Figur bei Hösnes t. 34 f, 8 von Enzesfeld die meiste Uebereinstim- mung mit der Form des Holsteiner Gesteins, so weit die unvoll- kommenen Stücke der letzteren eine Vergleichung gestatten. 12. Cancellaria cancellata Lin. sp. Var. praecedens. Taf. 27. Fig. 2 a,b. Cancellaria cancellata Hörses Moll. v. Wien p. 316 t. 34 f. 20—22. Vorkommen. Miocän. Zu Dingden bei Bocholt. Bechreibung. Das abgebildete Exemplar, welches ich selbst bei Dingden gefunden habe, ist 14,7 Mm. lang und 10 Mm. breit. Das Gewinde ist beträchtlich kürzer als die Schlusswin- dung. Diese ist bauchig und zeigt an der Basis die allen Ab- änderungen der Cancellaria cancellata bezeichnend zukommende Eindrückung, welche in Verbindung steht mit einem gedrehten, 572 einen offenen Nabelspalt umgebenden Kammwaulstiund einer entspre- chenden kanalartigen Verlängerung des Ausschnittes der Mündung. Das Gewinde besteht aus 2 embryonalen und 3 Mittelwindun- gen. Im Umfang der unteren Windungen stehen 17 schräge mässig starke Längsrippen ohne Wülste. Die Querstreifen sind stark, schmal, durch viel breitere Zwischenräume getrennt. Zur Naht hin finden sich 4 eder 5 schwächere mehr genäherte Quer- streifen, und der erste stärkere Streifen zeichnet sich, wie ge- wöhnlich bei dieser Art, durch etwas höhere Erhebung vor den folgenden aus. Nur zwischen den ersten beiden gfärkeren Strei- fen schiebt sich ein feiner Zwischenstreifen ein. Ausser der Form und Skulptur wird die Art durch die Stellung ihrer Spindelfal- ten in hohem Grade kenntlich; die oberste Falte, dem Anfang des Kammwulstes gegenüberstehend, ist quer gestellt, und aus- nehmend stark, dann folgt noch eine zweite schwächere, mehr schräg stehende Falte. Der Rand des Kanals erhebt sich hier nicht, wie dies wohl auch bei anderen Fundorten an grösseren Schalen vorkommt, zu einer besonderen dritten Falte. Die ver- dickte Aussenseite der Mündung ist mit 8 schmalen Streifen besetzt. Bemerkungen. Hönnes erklärt mit Recht, dass es un- möglich sei die in Italien sehr verbreitet in pliocänen und quar- tären Bildungen vorkommende Caneellaria cancellata, welche D’ORBIGNY im Prodrome als eine verschiedene Art unter dem Namen Cancellaria subcancellata aufführt, von der lebenden Art des Mittelmeers zu unterscheiden; er hebt aber zugleich her- vor, dass sich die miocänen Abänderungen der Cancellaria can- cellata nicht nur im Wiener Becken, sondern auch bei Bordeaux und in Italien, durch ein eigenthümliches Ansehn von der plio- cänen und lebenden unterscheiden, jedoch durch Uebergänge mit letzterer verbunden seien, und dass insbesondere die Form von Tor- tona in der Mitte stehe zwischen der miocänen von Turin und der pliocänen von Asti. In der Beschreibung hebt er .hervor, dass die Wiener Cazcellaria cancellata im Allgemeinen viel kleiner sei als die lebende, enger stehende Längsrippen und we- niger starke, gedrängtere Querstreifen besitze mit Zwischenstreifen, die der lebenden fehlen. In allen diesen unterscheidenden Merk- malen stimmt die norddeutsche Form von Dingden mit der des Wiener Beckens überein. Indem ich Gewicht darauf lege, dass die: verbreitete miocäne und nicht die jüngere und lebende italie- 573 nische Varietät im nördlichen Deutschland in Westfalen auftritt, habe ich es für zweckmässig gehalten, dieselbe gleich in der Aufschrift durch eine besondere Benennung einzuführen. Dass übrigens dieselbe Art in den jüngeren italienischen Plioeänbil- dungen in kräftigerer Entwickelung auftritt als in den älteren miocänen, ist eine mehrfach wiederkehrende Erscheinung, die keine Unterstützung abgiebt für die mit der gefährlichen Theorie von‘der Verwandlung der Arten in geologischen "Zeiten in Ver- bindung stehende Meinung, dass während der'miocänen und pliocä- nen Zeit eine langsame Veränderung der Schalen bei derselben Art stattgefunden habe. Dagegen spricht, dass’ sich innerhalb der pliocänen und quartären, gewiss einen sehr langen geologischen Zeitraum vertretenden Ablagerungen bei der Cancellaria cancel- lata eben: so wenig wie bei anderen mit lebenden übereinstim- den Arten gesetzmässige Veränderungen ihrer Charaktere nach- weisen lassen. — Wahrscheinlich entsprechen BELLARDI’s Var. Taurinia und Var. Dertonensis (Canc. foss. du Piemont t. 3 f. 19, 20 und f. 13, 14) zusammengefasst unserer. Var. prae- cedens. 13. Cancellaria pusilla PriL. sp. Taf. 27. Fig. 9a,b,e; Taf. 28. Fig. La,b, c, 2a,b,c. Cancellaria minuta Nysı Terr. tert. de la Belg. p. 484 t. 38 f. 28. Cancellaria subangulosa Woon Crag Moll. Univ. p. 66 t. 7 f. 20. ‘Can- cellaria Nysti Hörnes Moll. von Wien p. 305 t. 34 f. 1. Fasciolaria pusilla PuıLippı Beitr. 1843 p. 59 t. 4 £. 11. Fusus ezilis Paıuippi 1. c. p. 3, 60 t. 4 £. 12. Cancellaria elongata (Nvst) Karsten Verz. 1849 p. 2. Vorkommen. Unter-oligocän..: Selten bei Westeregeln (ein einzelnes Exemplar durch H. RoeMmer). Mittel-oligocän. Selten im Thon von Hermsdorf: Im Sandstein bei Stettin (BEum). ' Ober-oligocän. Verbreitet und nicht selten. Von we n- gen und aus dem Ahnegraben bei Kassel (durch LAnpAVER), von Freden (H. Roemer und Leuxıs), im Rheinthal ‚bei Cre- feld und Neuss ‚(Nauck und v. DECHEN), ‘in Meklenburg verschwemmt im Sternberger Kerialı: (Rostocker Pam lung und Koch). Mioeän. ‚Bei Dingden (Hosıvs). ‚Auf der Insel Sylt 574 (Kopenhagener Sammlung). Bei Lüneburg (Morırz). Im holsteinischen Tertiärgestein bei Travemünde. Beschreibung. Ausgewachsene Individuen dieser weit verbreiteten Art, wie sie von Freden, Crefeld und aus dem Stern- berger Gestein vorliegen, erreichen 10 Mm. Länge bei 4 Mm. Breite. Die Mündung ist stets kürzer als das Gewinde, jedoch in schwankendem Verhältniss; sie ist verhältnissmässig kurz bei dem Stück von Westeregeln, welches Tafel 28 Figur 1 in natür- licher Grösse und vergrössert ‘abgebildet ist, verhältnissmässig länger bei dem auf Tafel 28 Figur 2 in derselben Ansicht ab- gebildeten Stück von Freden. Verhältnissmässig sehr breit ist die kleine, auch in Anderem abweichende Form von Hermsdorf, die in gleichen Ansichten Tafel 27 Figur 9 darstellt. Die Schale beginnt mit einem kleinen Embryonalende von reichlich 2 gewölbten Windungen. Die ausgewachsenen haben 4 Mittelwindungen, welche stets stark gewölbt sind, oft nach oben von fast kantigem Ansehn, doch ohne eigentlichen Kiel. Schmale gerundete Längsrippchen, meist 10 bis 12 in einer Windung, kreuzen sich mit etwa 6 feinen, scharfen, durch breitere Zwischen- räume getrennten Querstreifen. Meist sind die obersten Querstrei- fen schwächer als die unteren, und erst im Alter, in der letzten Mittelwindung oder erst in der Schlusswindung, pflegt sich je ein einzelner Zwischenstreifen einzuschieben. Im Alter erhalten die Längsrippen häufig eine leichte Biegung zur oberen Naht hin. Nur bei alten Individuen zeigen sich gewöhnlich erst in der Schlusswindung eine oder ein paar zu gerundeten Wülsten ver- dickte Rippen. Unten läuft die Schlusswindung ohne Einbiegung spitz aus. Zur Seite der Spindel ist in der Regel ein kleiner Nabelspalt offen. Die Spindel hat 2 schiefe, sehr schwache Fält- chen. Am verdickten Aussenrande kommen 8 bis 10 kurze Zähnchen vor. Die Form von Hermsdorf unterscheidet sich von den übri- gen in der Skulptur durch zahlreichere (bis 24) und schwächere Längsrippchen. Die grösste Zahl von Rippen, die ich bei andern Stücken von Crefeld zählte, ist 17. Bemerkungen. Die Vergleichnng kleiner Schalen, die mir aus Kassel als „Fusus erülis PnıL.” zukamen, mit denen von Freden aus der Leusıs’schen Sammlung, die PuıLıprp1 selbst mit diesem Namen bezeichnete, liess mich zuerst erkennen, dass von Phitıppı unter den beiden Benennungen Fasciolaria ? pu-- 575 silla und Fusus exilis die Jugendzustände einer und derselben Cancellaria-Art begriffen wurden, die mir in besser erhaltenen und ausgewachsenen Stücken von Freden selbst und von den andern oben angeführten ober-oligocänen Fundorten bekannt wurde, In dem frühesten Jugendzustande unserer Art, den PrıLıppı Fx- sus exilis nannte, sind die Spindelfalten so schwach, dass er sie ganz übersah; bei der im Alter etwas weiter vorgerückten soge- nannten Fasciolaria pusiüla bemerkte er sie und sprach schon selbst die Vermuthung aus, dass diese Art eine junge Cancellaria sein könne. Er glaubte, was nicht der Fall ist, sie könne zu der Cancellaria granulata Nyst gehören, die von ihm als Can- cellaria buccinula LAM. aufgeführt wurde. So verbreitet und häufig wie in den ober-oligocänen hat sich die Art in den älte- ren und jüngeren Lagern nicht gezeigt. Mehr als irgend eine andere Form von besonderen Lagern weicht die mittel-oligocäne von Hermsdorf von den übrigen ab; doch bestimmten mich das mit den jüngeren mehr übereinstimmende unter-oligocäne Vor- kommen von Westeregeln und das mittel-oligocäne von Stettin, auch jene Form von Hermsdorf nur für eine Varietät zu halten und unsere Art als eine von der unter-oligocänen Zeit aufwärts bis zum Crag ohne Unterbrechung fortlaufende zu erklären. Die norddeutschen miocänen . Vorkommnisse unterscheiden sich nicht von den ober-oligocänen und Hörnezs’s Cancellaria Nysti stellt unverkennbar dieselbe Art aus dem Wiener Tertiärbecken dar. Die Uebereinstimmung mit NysT’s Gancellariu minuta‘ aus dem "belgischen Crag ist nach der von Nyvsr gegebenen Beschreibung wahrscheinlich; die Abbildung ist, wie dies 'bei vielen kleinen Arten in Nysv’s Werk der Fall ist, für verfehlt zu halten. Besser stimmt die Abbildung der Cancellaria subangulata bei WoonD aus dem englischen Crag überein. Von der unter-oligocänen Cantellaria elongata Nxst, wel- cher Hörnes seine Cancellaria Nysti nahe verwandt glaubte, ist Cancellaria pusilla sehr verschieden; eben so wenig ist sie der miocänen Cancellaria Bellardii Mıcher. vergleichbar, bei wel- cher Hörnes der Cuncellaria minuta Nysw’s gedachte. Psıcıppı und Woon geben bei Beschreibung der Fasciola- ria pusilla und Cancellaria subangulosa 3 Spindelfalten an, in- dem sie den erhabenen Rand des Kanals mitzählen; ich habe die- sen nie so bestimmt faltenartig gesehen, ‘wie ihn PnrLıppr’s Zeichnung darstellt. A .576 14. Cancellaria occulta Bexa. Taf. 28. Fig. 7 a, b. Vorkommen. Öber-oligoeän. Im Sternberger Ge- stein aus L. v. Bucn’s Sammlung. | Beschreibung. Eine kleine, wahrscheinlich der Cancel- laria pusilla nahe verwandte Schale, deren Mündung durch das ausfüllende Gestein versteckt ist. Die Abbildung stellt sie in natürlicher Grösse und vergrössert dar. Die Länge beträgt 7,5, die Breite 4 Mm. Das Gewinde ist so lang wie die Mündung und besteht aus 5 Windungen , von welchen die beiden ersten dem Embryonalende angehören. Die Mittelwindungen sind flach gewölbt; die unterste zeigt gegen die obere Naht hin eine leichte Einsenkung, die sich in der Schlusswindung fortsetzt. Schwache gedrängte Längsfurchen, 22 in der letzten Mittelwindung, laufen in gerader Richtung abwärts. Ausserdem ist die ganze Schale mit dicht gedrängten, feinen Querstreifen bedeckt. Der Aussen- rand der Mündung ist nicht verdickt, auch sind ältere Wülste nicht vorhanden. 15. Cancellaria parvula Bexr, Taf. 28. Fig. 8a, b. ? Cancellaria mitraeformis Woop Crag Moll. Univ. p. 65 t.7 £. 19. Vorkommen. Miocän. Im holsteinischen Tertiärgestein bei Steinbek (Mevn). Beschreibung. Das einzige vorhandene Exemplar ist auf Tafel 28 Figur 8a in natürlicher Grösse, 8b vergrössert ge- zeichnet. Länge 6,7 Mm., Breite 3 Mm. Das Gewinde: ist etwas länger als die Mündung. Das Embryonalende hat reich- lich 2 Windungen, von denen die erste sehr klein und flach, die andere breit und gewölbt ist. Die folgenden 3 Mittelwindungen sind schwach gewölbt mit 2 ziemlich in der Mitte stehenden schmalen Querstreifen und undeutlichen ganz flachen Längsrip- pen, auf welchen sich die Querstreifen ein wenig zuschärfen. Die Schlusswindung hat bis zur Basis herab ähnliche schmale Quer- streifen; die Längsrippung dagegen verändert sich in eine un- regelmässige undeutliche Fältelung ohne bestimmt vortretende Wülste. Die Mündung ist mit Gesteinsmasse ausgefüllt. Bemerkungen. In der Form lässt sich diese kleine Art 577 mit der subapenninen Cancellaria mitraeformis BRoc. sp. ver- gleichen, von der sie sich durch die schwach ausgebildeten Skulp- turen und die regelmässige Wölbung der Mittelwindungen unter- scheidet. Vielleicht fällt sie zusammen mit der von Woop beob- achteten kleinen Cancellaria des englischen Crag, welche a. a. O. von dem englischen Autor fraglich jener subapenninen Art zu- gerechnet wurde; die undeutlich ausgebildete Längsrippung ist auch für diese in der Beschreibung als auszeichnendes Merkmal hervorgehoben. 16. Cancellaria scalaroides Woon. Far. 27. Fig. 93, b, e. Cancellaria coronata (Scac.) Woop Crag Moll. Univ. p. 64 (excl. synon.) t. 7 f. 18. Cancellaria scalaroides Woonp Crag Moll. Part II. 1856 p. 316 t. 31 f. 9. Vorkommen. Miocän. Bei Gühlitz (v. MiELeckı). Beschreibung. Das einzige vorhandene Exemplar, von welchem zwei Ansichten in natürlicher Grösse gegeben: sind, ist ausgewachsen und von vorzüglicher Erhaltung. Figur 5.c zeigt die Skulptur der letzten Mittelwindung vergrössert. Die Länge beträgt 34,5 Mm., die Breite 16,5 Mm., die Länge des Gewin- des 21 Mm., die Länge der Mündung 16 Mm. Das Gewinde hat ein ziemlich dickes Embryonalende von 2 Windungen, von welchen die untere etwas aufgebläht ist, Die 5 bis 6 Mittelwindungen sind hoch gewölbt und erhalten ein eigenthümliches treppenförmiges Profil durch die ausnehmend starke Erhebung der Längsrippen in der oberen Hälfte der Win- dungen, welche stattfindet, ohne dass sich dabei eine Kante oder ein kantig begrenztes Dach ausbildet. Die Längsrippen, welche eine schiefe Stellung haben, sind trotz ihrer Erhebung schmal mit doppelt so breiten Zwischenräumen und von zusammenge- drücktem Ansehen; 8 bis 9 kommen auf eine Windung. Zahl- reiche gedrängte Querstreifen von nur geringer Stärke bedecken gleichmässig die Längsrippen wie ihre Zwischenräume; sie er- scheinen, besonders auf den Rippen, stärker als sie in Wirklich- keit sind, indem hier den Streifen und ihren Zwischenräumen schmale, weisse und bräunliche farbige Bänder entsprechen, die für einen Rest von der ursprünglichen Färbung der Schale zu halten sind. Erst in der Schlusswindung erhalten die Längs- Zeits. d.d. geol. Ges, VIII. 4. 38 378 rippen deutlich gelöste vordere Ränder, wodurch sie den Cha- rakter von Wülsten annehmen, ohne jedoch in ihrer Form und regelmässigen Stellung Aenderungen zu erleiden. Von der letz- ten Rippe oder dem letzten Wulst bis zum Rande der Mündung findet sich in dem beobachteten Stück ein breiter dicht mit blätt- rigen Anwachsstreifen besetzter Saum, welcher das hohe Alter und:den vollkommen ausgewachsenen Zustand der Schale anzeigt. Die Mündung ist von fast dreiseitigem Umriss, unten spitz aus- laufend, mit verflachter, sich kaum abgrenzender Kanalrinne. Die Spindel ist etwas einwärts gekrümmt, oben lappig ausgebreitet, unten umgebogen, sodass. sich zwischen ihrem Rande und der stumpf gerundeten Kanalkante nur eine enge Nabelspalte einsenkt. In der Mitte der Spindel stehen 2 starke Falten ohne Spur von einer dritten Kanalfalte. Die Aussenseite der Mündung ist mit 7 langen Streifen besetzt, die schon in beträchtlicher Entfernung vor dem Rande enden. Bemerkungen. Die von Woon gegebene Beschreibung der zuerst unter dem Namen Cancellari« coronata SCAccHI aufgeführten, nachher als besondere Art unterschiedenen Cazcel- laria scalaroides des englischen Crag bietet nur so geringfügige, zum Theil der unvollkommenen Erhaltung der Crag-Conchylien zuzuschreibende Abweichungen von unserer ausgezeichneten deutschen Cancellaria dar, dass ich keinen Anstand nehme, letz- tere für die Stammform der englischen zu halten. Dass diese Art mit der Coancellaria coronata ScaccHı im zweiten Bande von PhHıLıpprs Enumeratio nichts gemein habe, würde schon eine sorgfältigere Vergleichung der dort gegebenen Beschreibung gezeigt haben. PıLırprs Originale der Cancellaria coronata von Palermo, welche im ersten Bande der Enumeratio durch einen grossen Missgriff für die Cazcellaria varicosa erklärt wur- den, sind gleich den übrigen fossilen im ersten Bande der Enu- meratio aufgeführten Conchylien in der Berliner Sammlung nie- dergelegt; es sind unvollkommene Fragmente, die für junge Schalen der Cancellaria hirta gehalten werden könnten und vielleicht von den später beobachteten und im zweiten Bande als Cancellaria coronata beschriebenen Formen verschieden sind. Woop beachtete nicht, dass Paıtippi im ersten Bande, statt zu beschreiben, nur eine Copie von BroccHrr’s Diagnose der Can- cellaria vuaricosa abdruckte. Mit dieser BroccHT’schen ‘Art, mit weleher die Cancellaria coronata gar keine Verwandtschaft hat, 579 ist allerdings die Cancellaria scalaroides ihrer allgemeinen Form nach vergleichbar, unterscheidet sich aber sehr, wie: von anderen ähnlich gestalteten Arten, durch ihre eigenthümliche Berippung. Nach Lyvevrv’s Verzeichnissen (Quart. Journ. VII. p. 290 und 292) kommen beide Arten, Cancellaria scalaroides (früher. co- ronala) Woop und Cancellaria varicosa im englischen und beide auch im belgischen Crag vor. 17. Cancellaria varicosa Broc. sp. Taf. 27. Fig. 6. Voluta varieosa Broccnı Conch. foss. subap. Cancellaria varicosa Bronx Leth. geognost., Nystr Terr. tert. de la Belg. p. 475 t. 38 f. 20, Bertarnı Cancell. foss. du Piemont p. 11 t. 1 £.7,8 (Pexcl. var. t.1 f. 16), Hörnes Moll. von Wien p. 309 t. 34 f. 6. Vorkommen. Mioeän. Bei Bersenbrück (H. Roe- MER), im festen Gestein von Reinbeek (Koch), auf der Insel Sylt (Kopenhagener Sammlung) und im holsteinischen Tertiär- sestein von Steinbek (Mern). Beschreibung. Die norddeutschen zu der weitverbreite- ten Cancellaria varicosa zu rechnenden Vorkommnisse zerfallen in 3 Varietäten, 1) Uebereinstimmend sind zwei beobachtete Stücke von Ber- senbrück und von Reinbeck, nach welchen die Abbildung ent- worfen ist, Das grössere dieser Stücke von Reinbeck, welchem die Spitze fehlt, würde ergänzt etwa 26 Mm. lang sein bei 12 Mm. Breite. Die Mittelwindungen sind mässig und regel- mässig gewölbt. 8 bis 9 schief stehende Längsrippen, von denen sich erst in der Schlusswindung ein Theil zu unregelmässig ver- dickten Wülsten ausbildet. Die unteren Windungen haben ab- wechselnd ‚stärkere und schwächere Querstreifen, die durch gleich breite oder breitere Zwischenräume getrennt sind. Eine Spitzen- bildung auf den Rippen in der oberen Hälfte der Windungen, wie sie. den italienischen subapenninen Formen der Cazcellaria va- ricosa zukommt, ist nicht wahrzunehmen. 2) Von Sylt. Das grösste Stück der Kopenhagener : Samm- lung ist 23 Mm. lang, 9,5 Mm. breit. Die Mittelwindungen schwach und regelmässig gewölbt. 10 bis 12 Längsrippen in den unteren Windungen. Unter den nur schwachen Querstreifen der Sehlusswindung, zeichnen sich die Primärstreifen der oberen 38* 980 Windungen deutlich aus und zwischen ihnen stehen 3 oder mehr etwas schwächere Zwischenstreifen. Eine leichte Zuschärfung des einen (der Primärstreifen oberhalb der Mitte der Windungen ent- spricht der deutlicheren Spitzenbildung an den italienischen sub- apenninen Formen. 3) Bruchstücke und junge Schalen aus dem holsteinischen Gestein von Steinbek haben eine etwas gedrungenere Form mit stärker gewölbten Windungen; die grössten könnten etwa 20 Mm. Länge erreichen. 410 Rippen. ohne Spitzen. In ‚den unteren Windungen gedrängte, ungleiche, breite Querstreifen mit schma- leren Zwischenräumen. Das Embryonalende, bei allen drei Abänderungen beobach- tet, ist verhältnissmässig gross und hat 3 glatte Windungen, die erste sehr klein, die beiden folgenden stark gewölbt. Die Spin- del zeigt überall nur 2 Falten. An den wenigen beobachteten Stücken von Sylt und Bersenbrück, wo die Mündung nicht vom Gestein ausgefüllt ist, sind noch keine Streifen an der Aussen- seite ausgebildet. Bemerkungen. Die Cuncellaria varicosa ist eine der gemeinsten und verbreitetsten Arten in den italienischen Sub- apenninbildungen, aus denen sie zuerst BroccHI kennen lehrte. Ihr wurde zeitig eine in den miocänen Ablagerungen des Wiener Beckens häufig vorkommende Form zugerechnet, die sich durch einige beständige Merkmale von den italienischen unterscheidet. In Italien giebt sie BELLARDI ebenfalls als eine im Piemontesi- schen auch miocän vorkommende Art an, jedoch sagt er, dass sie in diesen älteren Lagern sich nur selten finde und er bildet als Var. Taurinia eine Form ab, welche kaum noch zu dersel- ben Art zu gehören scheint. Ob sie bei Bordeaux miocän vor- handen sei, lässt eine von GRATELOUP gegebene Zeichnung, wie Hörnes schon hervorhob, ganz zweifelhaft. Im Norden wurde sie bisher nur als eine im Crag vorkommende Art aufgeführt. NysT beschrieb sie von Antwerpen und LyEtr (Quart. Journ, VII. p. 292) giebt an, dass sie auch im englischen Crag vor- handen ist. Die norddeutschen Vorkommnisse lassen keinen Zweifel darüber, dass Abänderungen der Cuncellaria varicosa auch hier schon in der miocänen Tertiärzeit verbreitet waren, und erklären ihre spätere Verbreitung in den nordischen Pliocän- Lagern. Ich kann hinzufügen, dass mir auch aus Belgien vom Bolderberg, dessen Fauna viel mehr als irgend ein deutsches 581 Lager mit denen der Touraine oder der gelben Sande von Bor- deaux übereinstimmt, ein zwar kleines aber deutliches Stück der Cancellaria varicosa zugekommen ist. Zu einer bestimmteren Würdigung der Unterschiede, durch welche die oben getrennten norddeutschen Varietäten von einan- der und von anderen abweichen, kann ich eine genauere Verglei- chung zahlreicher Stücke von Castell’ Arquato, Asti, aus dem Wiener Becken von Gainfahrn und Vöslau, und von Alpestes in Siebenbürgen zum Grunde legen. Die italienischen subapenninen unterscheiden sich von den m ocänen des Wiener Beckens und aus Siebenbürgen beständig durch zwei Merkmale; sie haben in den unteren Windungen zwischen den stärkeren Querstreifen 3 und mehr feinere Zwischenstreifen, während sich bei den miocä- nen nur ein Zwischenstreifen ausbildet; dann haben sie eine grössere Zahl von Streifen in der Mündung, 9 bis 12, die mio- cänen nur 6 bis 8. Unter den italienischen subapenninen unter- scheiden sich die von Castell’ Arquato von denen von Asti durch stärkere Querskulptur und in der Form durch stärkere Wölbung der Windungen nach oben, wodurch sich das Profil dem Stufen- förmigen nähert, während bei denen von Asti dasselbe mehr ge- rundet winklig wird und der obere Theil von der Naht bis zu den Spitzen schräger herabhängt. Die Figur in Bronn’s Lethaea stellt charakteristisch die Form von Castell’ Arquato, die Figur bei BerLarpı die Form von Asti dar. Die miocänen des Wiener Beckens schliessen sich in der Form mehr denen von Asti an. Die Zahl der Längsrippen ist bei denen von Castell’ Arquato in der letzten Mittelwindung häufig 8, bei besonders schlanken Stücken nur 7 oder selbst nur 6, bei denen von Asti stets nur 7 oder 6, bei den miocänen dagegen 8, nie weniger. Die Spitzen auf den Längsrippen sehe ich bei denen des Wiener Beckens zwar im Allgemeinen weniger ausgebildet als bei den italieni- schen, jedoch nie ganz fehlend. Verglichen mit diesen südlichen Formen zeichnen sich die nordischen im Allgemeinen durch das gewöhnlich vollständige Fehlen der Spitzen, daher einfach und regelmässig gerundetes Profil der Windungen, und durch die grösser werdende Zahl der Längsrippen aus. Unsere erste Varietät, mit 8 bis 9 Längsrip- pen, gleicht in der Querskulptur am meisten denen des Wiener Beckens und unterscheidet sich von Stücken von Vöslau nur durch die fehlenden Spitzen. Die zweite Varietät von Sylt hat 582 die Querskulptur der italienischen subapenninen Formen, dabei noch Spuren von Spitzen, aber 10 bis 12 Längsrippen. Die dritte Varietät, am unvollständigsten beobachtet, unterscheidet sich durch gewölbtere Windungen und ungewöhnlich breit und platt werdende Querstreifen. Unser Stück vom Bolderberg hat 8 Längsrippen und wie die miocänen von Wien nur die geringe Zahl von Streifen, 6 oder 7, in der Mündung. Die von Ant- werpen haben nach Nysr 7 bis 9 Längsrippen. 18. Cancellaria lyrata Broc. sp. Taf. 27. Fig. 7, 8a,b, ce. Voluta Iyrata Broccsı Conch. foss. subap. Cancellaria lyrata BEL- rarnı Canc. foss. du Piemont p. 14 t. 1 f. 1, 2; Hörxes Moll. von Wien p. 308 t. 34 £. 4, 5. Vorkommen. Miocän. Bei Gühlitz (v. MiELEcKI) und bei Lüneburg (Mor1tz). Beschreibung. Das grösste beobachtete Exemplar, Ta- fel 27 Figur 7 von Gühlitz, ist mit ergänzter Spitze 23 Mm. ‚lang und 13 Mm. breit, die Mündung etwa von der Länge des Gewindes. Das kleine Stück Figur S, gleichfalls von Gühlitz, ist 12,5 Mm. lang, 8 Mm. breit. Die Schale ist demnach im Alter von schlankerer Form als in der Jugend. Von Lüneburg liegt ein dem kleineren von Güblitz nahe kommendes Stück vor. Das Embryonalende hat 2 bis 3 Windungen, von denen die unterste breit und stark gewölbt ist. Unser grösseres Stück, Figur 7, hat 4 Mittelwindungen. Diese haben in der Mitte einen stumpfen Kiel, der sich in der Schlusswindung nur wenig aus- zeichnet. Die Skulptur besteht aus 9 bis 10 starken, entfernten Langsrippen, die sich auf dem Kiel zu einer kleinen Spitze zu- schärfen, und aus dicht gedrängt die ganze Schale bedeckenden feinen Querstreifen, von denen einer im Kiel, 1 oder 2 zwischen dem Kiel und der unteren Naht und eine grössere Zahl im un- teren Theil der Schlusswindung etwas stärker hervortreten. Erst in der letzten Mittelwindung zeigen sich ein paar Längsrippen zu Wülsten verdickt; in der Schlusswindung werden alle Längs- rippen zu Wülsten, indem sie vordere gelöste Ränder erhalten. Die Schlusswindung ist an der Basis eingedrückt und erhält da- durch einen breiten gerundeten Kammwulst, dem sich die Spin- delplatte anlegt, ohne dass ein Nabel offen bleibt. Die Spindel 583 hat 3 Falten, 2 divergirend den Rand erreichende Hauptfalten und eine untere Kanalfalte, die dem jungen Stück, Figur 8, noch fehlt und auch an der Spindel aufgebrochener Schalen nicht zu sehen ist. Am verdickten Aussenrande der Mündung stehen 8 bis 10 kurze Streifen oder Zähnchen. Bemerkungen. Die subapennine Cancellaria lyrata ist sowohl im Piemontesischen von BELLARDI wie im Wiener Becken von HöRNES als eine auch miocän vorhandene Art beobachtet. Die miocäne Form des Wiener Beckens von Baden stimmt mehr mit: der italienischen überein als die beschriebene norddeutsche von Gühlitz und Lüneburg, die sich hauptsächlich dadurch un- terscheidet, dass der Kiel weniger scharf und die Längsrippen statt mit: deutlichen Dornen nur mit schwachen Spitzen besetzt sind. Diese Verschiedenheiten entsprechen ganz denen, durch welche sich die miocänen Formen der nachfolgenden Uaxcellaria calcarata, sowohl im Wiener Becken wie in Norddeutschland, von den italienischen subapenninen Formen dieser Art unter- scheiden. Im Norden ist Cancellaria lyrata bis jetzt noch nieht, weder in Belgien noch in England, beobachtet, 19. Cancellaria calcarata Broc. sp. Taf. 28. Fig. 3a, b, ce. Voluta calcarata Broccaı Conch. foss. subap. Cancellaria calcarata Berranrnı Canc,. foss. du Piemont p. 16 t. 1-f. 11, 12, 17, 18; Hörnes Moll. von Wien p. 322 t. 39 £. 9. Vorkommen. Miocän. Bei Dingden (Hosıus). Beschreibung. Das einzige beobachtete Stück ist in natürlicher Grösse und in zwei Ansichten vergrössert abgebildet. Länge 8,5 Mm., Breite 6 Mm. Das Gewinde ist von gleicher Länge mit der Mündung. Das verhältnissmässig grosse Embryonalende hat 3 glatte Windungen, von denen die unterste breit und stark gewölbt ist. Die darauf folgenden 2 bis 3 Mittelwindungen erhalten durch die Ausbildung eines oberen nur wenig geneigten Daches ein mehr treppenförmiges als gekieltes Ansehn. Das Dach wird durch eine hervortretende, gleich am Embryonalende ihren An- fang nehmende Leiste kantig begrenzt; es ist anfangs schmal, nimmt aber schnell und regelmässig und auch noch in der Schlusswindung bis zur Mündung hin an Breite zu. 8 schmale, 584 entfernte Längsrippen erheben sich auf der Kante des Daches zu kleinen, vorn geöffneten Dornen; sie erhalten sämmtlich schon in der zweiten Mittelwindung deutliche gelöste Ränder und wer- den hierdurch zu Wülsten. In der Schlusswindung verläuft etwa in der Mitte zwischen der Kante des oberen Daches und der Basis noch eine zweite aus der Naht hervortretende Leiste, die sich auf den Längsrippen nur zu kleinen Spitzen zuschärft. Ausserdem ist die Schale glänzend glatt; nur in der ersten Mit- telwindung sind noch Spuren von ein paar Querstreifen erkenn- bar, und ein paar etwas deutlichere Querstreifen auf der gerun- deten Kammkante an der Basis. Die Mündung ist fast dreiseitig mit schwach gestreifter Aussenseite; die Spindel hat nur 2 ziem- lich starke Falten, die Kanalfalte fehlt. Zur Seite der Spindel ist nur eine enge Nabelspalte offen. Bemerkungen. Die f'ancellaria calcarata ist in Italien nur pliocän in den Subapenninbildungen bekannt. Miocän wurde sie bei Dax (Cancellaria hirta Gear.) und im Wiener Becken von Hörnes beobachtet. Im Crag ist sie nicht gefunden. Hör- nes unterscheidet die Wiener Form als Varietät und hebt her- vor, dass sie sich von der italienischen durch weniger scharfes Hervortreten des Kiels der Mittelwindungen, durch kleinere Dor- nen auf dem Kiel und durch das Fehlen deutlicher Dornen auf der unteren Leiste in der Schlusswindung unterscheide. Hierzu lässt sich hinzufügen die Rundung der Kammkante an der Basis - und die sich hier deutlich ausbildende Querstreifung. Augen- scheinlich- schliesst sich in allen diesen Merkmalen die norddeut- sche Form mehr der miocänen des Wiener Beckens als der plio- cänen italienischen an. Sie ‘unterscheidet sich durch das mehr treppenförmige Ansehn der Mittelwindungen, welches bei der Wiener Form mehr scharf gekielt ist. 20. Cancellaria Behmi Bexk. Taf. 28. Fig. 6a, 6b. Vorkommen. Mittel-oligocän. Im Stettiner Gestein bei Stettin (BEHM). Beschreibung. Die Abbildungen stellen in natürlicher Grösse, von der Rückenseite und von oben gezeichnet, das ein- zige bisher gefundene Stück dar; es stamınt aus dem harten Stettiner Gestein, dessen Masse das Innere der zur Mündung hin 585 nur unvollständig erhaltenen Schlusswindung erfüllt. Obwohl von den Falten der Spindel nichts zu sehen ist, lässt sich doch die Stellung dieser Schale unter Cancellaria ebensowenig wie die Eigenthümlichkeit der Art bezweifeln. Sie erscheint in der mittel-oligocänen Fauna des Stettiner Gesteins als die älteste Cancellaria mit einer breiten Stufe an der Naht, sich anschliessend den ähnlich geformten erst miocän sich mehr verbreitenden Ar- ten der Gattung, unter welchen die Cancellaria ampullacea Var. Taurinia bei BEeLLarpı (Cane. foss. du Piemont t. 4 f. 13, 14) die meiste Verwandtschaft zu besitzen scheint. Das Gewinde unserer Art ist stumpf kegelförmig, mit 3 er- haltenen Mittelwindungen. Der Rand der breiten, rinnenförmig ausgehöhlten Stufe, welche die Windungen an der Naht umzieht, erhebt sich zu einer Kante, welche durch die stumpf hervortre- tenden Längsrippen wellig gebuchtet ist. Die Längsrippen sind breit, gerundet und laufen senkrecht von der Kante abwärts; sie haben ihre grösste Erhebung in der Kante selbst, verlieren sich in der Schlusswindung allmälig etwa in halber Länge, und lassen sich auf der Stufe von der Kante zur Naht hin nur als flache wellenförmige Biegungen unterscheiden. In den ersten Mittel- windungen sind die Längsrippen noch wenig ausgebildet; 14 bis 15 stehen im Umfang einer Windung. Mit Ausnahme der Stufe, deren Oberfläche glatt bleibt, ist die ganze Schale mit starken, breiten, einander gleichen Querstreifen bedeckt, deren 10 auf der Seite der letzten Mittelwindung stehen. Die Schlusswindung war ohne Nabel und zeigt, so weit sie erhalten ist, keine Verände- rung der Längsrippen zu Wülsten. 21. Cancellaria acutangularis Lam. Taf. 28. Fig. 4. Lamarck Hist. nat. Cancellaria acutangula Basteror Foss. de Bord. p. 51.2 £. 4. Vorkommen. Miocän. Im holsteinischen Gestein bei Segeberg (MARTENS, MEyn). Beschreibung. Ausser dem abgebildeten Stück von 19,5 Mm. Länge und 8 Mm. Breite ist noch von einem anderen etwas grösseren Stück die Schlusswindung vorhanden. Das Ge- winde ist spitz kegelförmig, jedoch noch beträchtlich kürzer als die Mündung. Eine allmälig breiter werdende, flache Stufe um- 586 zieht die Windungen, deren Seiten mit etwa 15 schmalen Längs- rippen und mit gleichfalls schmalen, stärkeren und schwächeren Querstreifen bedeckt sind. An der Kante, welche fast recht- winklig die Seiten vom Dach scheidet, erheben sich die Längs- rippen in kleinen Spitzen und setzen dann auf der Stufe als blättrige Streifen bis zur Naht fort. Die Schlusswindung ist an der Basis stark eingedrückt, sodass sich ein gerundeter, einen engen Nabel umziehender Kammwulst ausbildet. Das Innere der Mündung ist wegen ausfüllender Gesteinsmasse nicht zu sehen. Bemerkungen. Bei Bordeaux ist Cazcellaria acutan- gularis eine der gemeinsten Arten, fehlt aber auffallend im Wie- ner Becken; nur als grosse Seltenheit ist sie bei Turin gefunden, wenn BerLannr’s Var. Taurinia überhaupt zu der Art gehört- Eine sorgfältige Vergleichung unserer Stücke mit gleich grossen von Bordeaux lässt mich an ihrer Uebereinstimmung nicht zwei- feln. Auch in Belgien findet sich die Art am Bolderberge, wo ich von einer alten ausgewachsenen Schale die Schlusswindung erhielt; Nysr kannte sie nicht daher. Für die Vergleichung der Fauna des Holsteiner Gesteins mit der des Bolderberges ist das Vorkommen der Cuncellaria- ucutangularis nicht ohne Be- deutung. 22. Cancellaria aperta Beyk. Taf. 28. Fig. Da, b,c,d. ? Cancellaria umbilicaris (Broccsı) Nyst Terr. tert. de la Belg. p- 482 (excl. fig. et synon.). Vorkommen. Miocän. Bei Gühlitz in der West-Prieg- nitz (v. MIELECKI). Beschreibung. Ausser dem vollständig erhaltenen, in 4 Ansichten in natürlicher Grösse abgebildeten Stück haben sich noch Bruchstücke von 3 andern Individuen gefunden. Die Schale hat einen weiten trichterförmigen Nabel, welcher sämmtliche Win- dungen bis zur Spitze des Gewindes sehen lässt. Das Gewinde ist breit kegelföürmig. Die Windungen bestehen aus einem unteren gewölbten Theil und einem oberen durch eine Kante begrenzten Dach, das sich als eine zur Naht gesenkte und flach ausgehöhlte Stufe von der Mündung bis zum Embryonalende heraufzieht. Der untere Theil der Mittelwindungen hat 16 bis 20 schmale durch viel breitere Zwischenräume getrennte Längsrippen, die 587 sich anfangs mit 5, später 6, nahe ebenso starken Querleisten kreuzen. In der letzten, auch wohl schon vorletzten Mittelwin- dung sind die Längsrippen etwas blattartig aufgerichtet und er- halten gelöste Ränder; sie erreichen die Kante des Daches ohne sich zu Spitzen oder Dornen zu erheben, und laufen auf der Fläche des Daches als schwächer werdende Streifen bis zur Naht, mit welcher sie in spitzem Winkel zusammenstossen. Auch ein paar schwächere Querstreifen finden sich auf der Fläche des Daches. Zwischen den Querleisten auf der Seite der Windungen schiebt sich in der letzten Mittelwindung ein einzelner Zwischen- streifen ein, zu welchem sich in der Schlusswindung noch andere schwächere seitlich zugesellen. Man zählt in der Schlusswindung 10 Haupt-Querstreifen oder Querleisten von der ‚Kante des Da- ches bis zur Kante des Nabels. Diese Querskulptur setzt, von gleicher Beschaffenheit, auf der ganzen inneren Fläche des Na- bels bis zur inneren Naht hin fort. Die Längsrippen verändern sich bei der ausgewachsenen Schale in der letzten Hälfte der Schluss- windung zu unregelmässigen Wülsten, welche mit blättrigen An- wachsstreifen bedeckt sind. Die Mündung ist von dreiseitigem Umriss. Auf der Spindelseite erhebt sich in beträchtlicher Ent- fernung vom Rande eine starke mittlere Falte, zu deren Seiten oben und unten noch eine schwächere Falte bemerkbar wird. Das untere Ende ist spitz, etwas giessend, jedoch ohne besonderen Ausschnitt oder Kanal. Die Aussenseite der Mündung ist ge- streift, ihr Rand etwas ausgebreitet. Bemerkungen. Mir sind unter den. treppenförmigen Can- cellarien nur 2 Arten bekannt, welche einen ebenso weiten und bis zur Spitze des Gewindes hinauf geöffneten Nabel besitzen wie die Cancellaria aperta: die subapennine Cancellaria um- bilicaris Broc. und die miocäne Cancellaria spinifera GRAY. aus dem Tegel von Baden bei Wien. Erstere Art unterscheidet sich so sehr durch ihre Form und Skulptur und. durch die glatte Beschaffenheit des Nabels, dass eine nähere Vergleichung über- flüssig ist. Aehnlicher ist die Cancellaria spinifera von Baden (bei Hörnes t. 35 f. 8), von welcher die anderen von Hörnes zugerechneten Formen (t. 35 f. 6 und 7) vom Kienberg und Steinabrunn verschieden scheinen. Die Cancellaria von Baden unterscheidet sich von unserer Art durch die geringere Zahl der Längsrippen (10 bis 12 in den oberen Windungen), durch die scharfen Dornen, welche den kantigen Rand des Daches erheben, 588 durch schwächere Querskulptur und durch die Stellung der Spin- delfalten; die Beschaffenheit. des Nabels ist die gleiche. Andere ähnliche Arten, wie Cuncellaria ampullacea Broc. und Can- celloria scabra Desu., haben den Beschreibungen nach einen engeren Nabel, abgesehen von anderen Unterschieden. In Belgien beobachtete Nysr aus dem Crag von Antwer- pen eine weit genabelte Cancellaria, die er für die Cazcellaria umbilicaris Broc. hielt. Er hatte nur ein einzelnes unvollkom- menes Exemplar vor Augen; statt es abzubilden und zu beschrei- ben, was davon zu sehen war, gab er eine Copie von BroccHr’s Figur und eine Copie von Desuavss’s Beschreibung der italie- nischen Cancellaria. Die einzige zugefügte Bemerkung, dass der Nabel gestreift ist, lässt der Vermuthung Raum, dass der bel- gische Crag nicht die italienische, sondern vielleicht unsere nord- deutsche miocäne Art einschliesse, die sich gleich andern ausge- storbenen Formen der norddeutschen Miocän-Faunen bis zur pliocänen Zeit fortgepflanzt haben könnte. Anmerkung. Von GIEBEL wurden in den Beiträgen zur Petrefaktenkunde 1853 p. 98 drei Cancellaria-Arten aufgeführt, von welchen die eine, Cancellaria elongata (Nyst) a. a. O., wie früher ange- führt, zu Duccinum pygmaeum gehört, Ueber die beiden an- deren kann ich nicht nach Ansicht der Originale berichten. Cancellaria Thuringiae Giee. (? von Schraplau), a. a. O. p 98, soll rinnenförmig ausgehöhlte und kantige Windungen besitzen mit weitem Nabel; sie wird verglichen mit Cancellaria cassidea, Cancellaria Michelini, Cancellaria crenulata und Cancellaria umbilicaris. Cancellaris similis a. a. O. t. 2 f. 2, und 1847 in LEosxn. und Be. Jahrb. p. 823, von Biere, wird verglichen mit „Can- cellaria granulata Des#.” (?). Die gegebene Abbildung macht sie nicht kenntlich; auch fehlt sie in den Petrefakten Deutsch- lands von 1852. 589 3. Ueber den Melaphyr. Von Herrn F. v. Rıc#tuoren ın Wien. Wenn die Petrographie als ein noch sehr unvollkommener und wenig befriedigender Theil der Geologie betrachtet wird, so gilt dies noch weit mehr von der Kenntniss einzelner Gesteine, Viele Namen, die für eine bestimmte Gebirgsart aufgestellt wa- ren, wurden auf grosse Gruppen übertragen, oder auch auf an- dere Gesteine angewendet, auf die sich bei oberflächlicher Be- trachtung eine aufgestellte Definition anwenden liess. Der Name „Melaphyr” steht hierin obenan; unter ihm wurden die verschie- denartigsten Gesteine. vereinigt. Es ist daher die ‚Aufgabe die- ser Arbeit über den Melaphyr, das unter diesem Namen zusam- mengeworfene Material zu ordnen. ALEX. BRONGMART stellte ihn im Jahre 1813 auf; das Gestein, welches er damit bezeich- nete, muss als Norm gelten; die Definition, die er gab, ist der ‚Ausgangspunkt für die Beurtheilung. _ Haben wir dann ein Ge- stein gefunden, für welches der Name anwendbar ist, so soll dies der Gegenstand weiterer Untersuchung sein und einer Begriffs- bestimmung, die dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft mehr angemessen ist als die von BRONGNIART aufgestellte. Der andere Theil der Aufgabe ist die Ausscheidung alles dessen, was mit dem Namen „Melaphyr” bezeichnet wurde, sich aber als nicht hierher gehörig. ergiebt, und die Zurückführung derjenigen mit andern Namen bezeichneten Gesteine, die sich als Glieder unse- rer Familie ergeben. Dass dieses erstrebte Ziel nur unvollkom- men ‚erreicht werden konnte, liegt theils in der Ungeübtheit mei- ner Kräfte, theils in der Unzulänglichkeit der zur Bestimmung dichter: Gesteine zu Gebote stehenden Mittel. Wo wir durch physikalische Untersuchung zu unbestimmten Resultaten gelangen, da verlässt uns jede Sicherheit; denn wenn auch die chemische Zusammensetzung von ungemein grosser Wichtigkeit ist, so kann man. doch aus ihr allein keine sicheren Schlüsse auf die minera- logischen Verhältnisse ziehen. Daher ist eine genaue Definition der Haupttypen in der Reihe der dichten Gebirgsgesteine so schwierig. 590 Als Ausgangspunkt für die Untersuchung wählte ich den schlesischen Melaphyr aus der Gegend von Landeshut, ein Ge- stein, welches, wie weiter unten gezeigt werden soll, mit der BRonGnNIART’schen Definition übereinstimmt. Das geognostische Auftreten desselben ist von ZOBEL und Herrn v. CARNALL auf so detaillirte und ausgezeichnete Weise dargestellt worden, dass ich auf diese vorzügliche Arbeit verweisen kann. Bei meiner oberflächlichen Kenntniss jener Verhältnisse kann ich den Beob- achtungen nichts hinzufügen und beschränke mich darauf, die Grundzüge derselben in einem kurzen Umriss zusammenzufassen, Zwischen dem Südost-Abhang des Riesengebirges und den nördlichen und nordöstlichen Ausläufern des Glätzer Gebirges breitet sich eine grosse Mulde aus, deren nordöstliche Grenze vom Gneiss des Eulengebirges gebildet wird. Zwischen diesem und dem die Nordwest-Grenze bildenden Granit des Riesengebir- ges treten 'Thonschiefer, Hornblendeschiefer und ähnliche Ge- steine auf. Die Mulde wäre demnach nur nach Westen und Südwesten gegen Böhmen hin offen; doch wird nach Herrn v. CarnauL’s Beobachtung ein unterirdischer Gebirgszug von Schatzlar bis Nachod durch eine sattelförmige Biegung der Schich- ten dieses Gebiets angedeutet. Dieser bildet die Südwest-Grenze. - Diese fast allseitig von plutonischen Gesteinen und krystallini- schen Schiefern begrenzte Mulde ist mit neptunischen Ablagerun- gen ausgefüllt, die der ganzen Reihe der paläozoischen 'Forma- tionen angehören. Das oberste Glied wird fast in der ganzen Erstreckung durch Conglomerate des Rothliegenden gebildet. Nur im südwestlichen Theil wird dieses von den mächtigen Quader- sandsteingebilden überlagert, die den Zug des Heuscheuergebir- ges bilden und mit der Anna-Kapelle bei Grüssau ihr nordwest- liches Ende erreichen. In dem Theil dieser grossen, von Lan- deshut bis Glatz sich erstreckenden Mulde, in welchem das Rothliegende das oberste Glied bildet, setzt ein langgestreckter Porphyrzug auf. Südlich von Schömberg erhebt sich der Porphyr schroff zum 'Ueberschaarberg und setzt in nördlicher Richtung fort bis Reichhennersdorf bei Landeshut; dann macht er, vom Thal der Zieder durchbrochen, eine Wendung nach Südost. Nur in einer Erstreckung von wenigen Meilen bleibt der Zug einfach, von Conradswaldau an wird das Terrain mannichfaltiger. . Hohe Kegel, wie der Hochberg und Hochwald, sind isolirt ‘von der Hauptmasse und das ganze Gebiet zwischen Gottesberg, Walden- 591 burg, Friedland, Charlottenbrunn ist ausgezeichnet durch diese einzelnen Kegel, die sich oft zu Parallelketten ausdehnen, durch grosse Steilheit, langgezogene schmale Kämme und tief einge- schnittene schroffe Thäler. Mit dem Reichmacherberg bei Fried- land beginnt wieder eine einfache Kette von Bergen, die” bis in die Grafschaft in südöstlicher Richtung fortsetzt. Ihr Ende ist nicht durch ein plötzliches schroffes Aufhören bezeichnet, sondern durch isolirte Porphyrkuppen, die sich erst zu beiden Seiten des Hauptzuges und später in dessen Verlängerung erheben. Dahin gehören die Berge bei Tunschendorf, Rudelsdorf, Walditz, Zaug- hals, Ebersdorf, ferner der Fichtig, der Hockenberg bei Eckers- dorf und vor allen der Finkenhübel. — Die herrschende Ge- birgsart dieses Zuges, der im Allgemeinen aus zwei geradlinigen, unter 'einem spitzen Winkel zusammenstossenden Bergketten be- steht, ist rother quarzführender Porphyr. In dem von Nordwest nach Südost verlaufenden Theil setzt in diesem Porphyr ein mächtiger Gang jenes schwarzen Gesteins auf, das von v. Rıu-, MER als Basaltit, von ZoBEL und v. CARNaLL als Porphyrit bezeichnet wurde. und welches jetzt zum Melaphyr gerechnet wird. Es ist besonders am Buchberg bei Landeshut durch einen Steinbruch schön aufgeschlossen; aus diesem sind die meisten der von mir untersuchten Stücke. Der Melaphyr ist mit dem rothen Porphyr durch eine Reihe von Zwischengliedern verbunden, die einen besondern Theil der vorliegenden Untersuchungen bildeten. Ausser den schlesischen Gesteinen wurden auch einige cha- rakteristische thüringische Melaphyre der Analyse unterworfen und diese so wie die als Melaphyr bezeichneten Gesteine vieler anderen Gegenden zur Vergleichung benutzt. Alle bisher veröffentlichten Untersuchungen über Melaphyr sollen, soweit sie mir bekannt wurden, berücksichtigt und zur Vergleichung gezogen werden. Die Ordnung, in welcher der Gegenstand behandelt werden soll, ist folgende: I. Uebersicht der historischen Entwickelung der Kenntniss des Melaphyrs. Ein Abriss der Litteratur soll diesem Abschnitt vorausgeschickt werden. II. Zusammensetzung und Struktur. 1. Chemische Zusammensetzung. 2. Mineralogische Zusammensetzung. a: Ausgeschiedene Gemengtheile. b. Grundmasse. 592 3. Struktur. 4. Zersetzung. III. Begriffsbestimmung des Melaphyrs, Abgrenzung gegen ver- wandte Gesteine und Stellung im petrographischen System. IV. Geotektonische und geologische Verhältnisse. 1. Formen des geotektonischen Auftretens des Melaphyrs. 2. Durchsetzte Gesteine. 3. Gegenseitige‘ Einwirkung beider aufeinander. 4. Alter. 5. Verbreitung. Litteratur. Die Litteratur über den Melaphyr ist sehr zerstreut und es erfordert um so mehr Mühe, sie zu sammeln, als der Melaphyr selten unter diesem Namen aufgeführt ist, sondern entweder un- ter dem Collectivnamen: Trapp, Toadstone, Whinstone, Grünstein, Aphanit oder unter denen anderer Gebirgsarten, wie Augitpor- phyr, Porphyr, Dolerit, Basalt u. a. oder endlich für gewisse Ge- genden mit anderen Namen bezeichnet wurde, wie: Spilit, Pseudo- porphyr, Glimmerporphyr, Porphyrit, Basaltit u. s. w. Meist wurde der Melaphyr den Familien des Trapps, der Grünsteine oder der Porphyre beigezählt, jenachdem er ein basaltartiges Aussehen hatte oder als gleichbedeutend mit dem häufig zum Grünstein gerechneten Augitporphyr angesehen wurde oder durch eingewachsene Krystalle ein porphyrartiges Aussehen hatte. Viele Werke über die Gesteine dieser Familien sind daher auch für die Entwickelung der Kenntniss des Melaphyrs wichtig gewesen. Diese sollen hier mit aufgeführt werden, sie betreffen besonders die Familie des Trapps und da der Melaphyr anfangs fast allge- mein dieser zugerechnet wurde, so soll die Litteratur über die- selbe bis zum Jahre 1813 vollständig aufgeführt werden. Aus der späteren Zeit folgen diejenigen Schrifien, welche den Mela- phyr oder ein mit diesem Namen bezeichnetes Gestein zum be- sonderen Gegenstand der Behandlung haben oder für die Kennt- niss der Gesteinsreihe, welcher er angehört, epochemachend wa- ren. Allgemeine Werke fallen natürlich nicht in den Bereich der aufzuführenden Litteratur, soweit nicht in ihnen neue An- sichten über unser Gestein aufgestellt wurden. In den beiden ersten Werken wurde der Begriff von „Trapp” festgestellt. 593 A. v. Croxsteptr, Versuch einer Mineralogie 1758. Französ. Ausg. 1771; englische 1788. J. G. WALLERIUS, Systema mineralogicum. Upsala 1752. Fran- zösisch von HorLsaca 1753. FERBER, Versuch einer Oryktographie von Derbyshire. Mietau 1776. WArrEeRURST, An inquiry into the original state and formation of the earth, deduced from facts and the laws of nature. London 1778. 2. Ausg. 1786. Deutsch unter dem Titel: WaITEHRURST’s Untersuchungen . über den ursprünglichen Zustand und die Bildung der Erde. Aus dem Englischen mit Zusätzen und Anmer- kungen. Leipzig 1788. GERHARD, Ueber den Porphyr. Schriften d. Gesellsch. naturf. Fr. zu Berlin. Jahrg. V. p. 408. 1784. R. Kenseoy, Analysis of Whinstone and Lava. Trans. of the R. Soc. of Edinb. Vol. V. Fausas DE Sr. Foxp, histoire naturelle des roches du trapp. 1. Ausg. ins Deutsche übersetzt: „Physikalische Abhand-. lung über den Trapp. Strassburg 1789.” 2. Ausg. franz. 1813. Kırwas, Geological essays 1799. Ar. BRron6nIarT, Essay d’une classification mineralogique des roches melangees. Journ. d. mines t. 34. 1813. Fausas ve Sr. Foxp in Ann. du Musee d’hist. nat. t. XIX. Uebersetzt: Ueber den Trapp als Gebirgsart”. LEON- HarD’s Taschenb. f. Min. 1816. p. 433. FREIESLEBEN, geognostische Arbeiten. Bd. IV. Freiberg 1815. p- 137. L. v. Buch, Ueber Trapp-Porphyr. Abhandl. d. Berl. Akad. d.. W. 1848... Ueber Dolomit als Gebirgsart. Ebendas. 1821. Ueber den Dolomit in Tirol. Leose. Taschenb. 1824. p. 272. - Geognost. Gemälde von Süd-Tirol. Ebend. p. 288. Ueber geognostische Erscheinungen im Fassathal. Ebend. p- 343. Ueber den Thüringer Wald. Ebend. p. 437. Ueber den Harz. Ebend. p. 471. Ueber die Lagerung von Melaphyr und Granit in den Alpen von Mailand. — Abhandl. d. Berl. Ak. d. Wiss. v. 1827. Zeits. d.d. geol. Ges. VI. 4, 39 994 . Berlin 1830. — Auszug in Leonn. u. Be. Jahrb. 1834 p- 421. KereERstein, Teutschland geognostisch - geologisch dargestellt. Bd. VI. 1828. p. 384. WARMHOLZ in Karsten’s Archiv Bd. IX. 1836 > 327. Bd. X. 1837 p. 386. ZOBEL und V. CARNALL, Geognostische ehe von einem Theile des niederschlesischen, glätzischen und böhmischen Gebirges. Karsten’s Archiv Bd. III. 1831 p. 1 und 2227704 Bd, TV: A8321fp-: G. Rose, Ueber die Gebirgsarten, welche mit dem Namen Grün- stein und Grünsteinporphyr bezeichnet werden. Pocc. Ann. Bd. 34 p. 1. 1835. G. RoseE, mineralogisch-geognostische Reise nach dem Ural. Ber- lin 1837 und 1842. STEININGER, geognostische Beschreibung des Landes zwischen Saar und Rhein. 1840 p. 97. Nachträge dazu 1841 p. 21. v. BıBRA, Ueber den Muschelkalk und Melaphyr der Rhön. Leosn. u. Be. Jahrb. 1840 p. 549. | “v. BıBRa, Analyse von Muschelkalk, Buntsandstein und Melaphyr aus Franken. Erpm. u. MascH. Journ. XXVIL p. 8. Leon. u. Be. Jahrb. 1844 p. 78. CKEDNER, Uebersicht der geognostischen Verhältnisse zwischen Schmalkalden und Friedrichsrode. Leoxe. u. Be..Jahrb. 1841 p. 395. Ueber die Augit- und .Hornblende-führenden Gesteine am Thüringer Wald. Leonn. u. Br. Jahrb. 1843 p. 264. Uebersicht der geognostischen u Thüringens und des Harzes. Gotha 1843. Geognostische. Bemerkungen über die Umgegend von Ilme- nau. Leoxn. u. Be. Jahrb. 1846 p. 129. Ueber den Melaphyr des Thüringer Waldes, vorgelesen in der achten Versammlung des naturhistorischen Vereins für Thüringen und Erfurt. 1844. Ueber das Vorkommen feldspathhaltiger Gesteine im Thon- schiefergebiet des Schwarzathales am Thüringer Wald. LEosnH. u. Ba. Jahrb. 1849 p. 1. GuUMPRECHT, Bedingnisse des Entstehens und Zusammenvorkom- mens verschiedener Eruptivgesteine. LEONnH. u. BR.Jahrb. 1842 p. 821. ; 595 B. CorrA, Ergebnisse geognostischer Untersuchung und Char- tirung in Sachsen und Thüringen. Lronxn. u. Ba, Jahrb. 1845 p. 74. STUDER, Lehrbuch der physikalischen Geographie. 1847. Bd.I. NauMann und CorTa, Erläuterungen zur geognostischen Karte von Sachsen. HocHMuTH, Untersuchung des Porphyrs von Löbejün bei Halle. Bergwerksfreund Bd. XI. 1847. BERGEMANN, Ueber die chemische Zusammensetzung einiger vul- kanischer Gebirgsarten. Karsten’s Arch. Bd. XX1.1847 p. 1. DELEssE, M&moire sur la constitution mineralogique et chimique des roches des Vosges. Bull. de la soc. g£ol. (11.) IV. 1847 p. 774. Alle anderen Theile dieser wichtigen Ar- beit gehören nicht hierher. DELESsE, Notice sur le porphyre amygdaloide d’Oberstein. Ann. d. mines (IV.) XVI. 1849 p. St. Dıpay in Ann. d. mines (V.) II. p. 182. Deutsch: „Analysen einiger Gesteine aus dem Departement du Var.” Exrpm. u. March. Bd. 58. 1853 p. 75. Kruc v. NıppA in d. Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellsch. II. p- 208. | SÖCHTING, Ueber die ursprüngliche Zusammensetzung einiger pyroxenischer Gesteine. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. herausgegeb. von GIEBEL u. Heınrz. 1854. Ueber die Achatmandeln in den Melaphyren schrieben: GörPeERT, in d. Verhandl. vaterländ. Gesellsch. f. schles, Kultur. 1847. p. 135. NöcGErATH in HarpinGer’s Abhandlungen Bd. IH. 1. p. 93 u. p. 147 und in Verhandl. d. Vereins f. Rheinl. u. Westfalen 1849 p. 243. Kenncorr*), Ueber die Achatmandeln im Melaphyr von Teiss. Haıp. Abhandl. IV. 2. p. 71. Uebersicht der Entwickelung der Kenntniss des Melaphyrs. In der Mitte des 18. Jahrhunderts fand CronstepTr bei Hunnaberg in Westgothland eine basaltartige Gebirgsart, die er mit dem durch die treppenartige Lagerung hervorgerufenen schwe- *) Die neueste Litteratur siehe im Anhang. ' 39* 596 dischen Volksnamen ,„Trapp” belegte. Er definirt das Gestein als „Saxrum compositum iaspide martiali molli seu argilla mar- tiali indurata” Nach ihm beschrieb es WaArLerivs als „Oor- neus trapezius, niger solidus. Lapis Iydius. Subtilissimis et vic conspicuis constat particulis eleganti atro colore, politu- ram suscipit pulchram.’ Die erste Bearbeitung der 'Trappge- steine rührt von FAusas DE St. Fond. Er lässt dem Mineral den Namen „Trapp” und erwähnt, dass man in Deutschland das Gestein „Schwarzstein”” nenne, in Derbyshire; „Channel, Cat- dirt, Black-clay, whinstone, toadstone.” Letzterer Name, der sich auf das Vorkommen von Kalkspathkügelchen bezieht, hat sich in England neben dem von „Trapp” erhalten und wird für einen Theil der Varietäten gebraucht, die in Deutschland als Mandel- stein bezeichnet werden. FERBER führt ihn zuerst in die Wissen- schaft ein, indem er den Trapp von Derbyshire als „Toad- stone” bekannt machte. Die Ordnung, welche Fausis in die Gesteine dieser Fa- milie zu bringen suchte, konnte unmöglich dazu beitragen, das Dunkel, das von Anfang an über den Trapp herrschte, aufzu- hellen. Er unterschied 37 Abarten, die auf ganz untergeordnete Charaktere gegründet waren. Dies musste vielmehr die Unsicher- heit vermehren, indem man die verschiedenartigsten Gesteine der weiten Familie unterordnen konnte. In England blieb man in der Kenntniss der Trappgesteine lange Zeit auf der durch Fausas erreichten Stufe stehen und noch jetzt vereinigen, wie bekannt, die meisten englischen Geologen unter dem Namen „Trapp” Gesteine, welche in Deutschland schon eine zu grosse Zahl von Namen besitzen; nur wenige, wie MaccuLLochH, folgten dem Beispiel der Deutschen. — WERNER behielt den Namen „Trapp” bei, unterschied aber mehrere Varietäten, wie dichten, mandel- steinartigen Trapp, Trapp-Porphyr u.s.f. — Erst ALzx. Bronx- GNIART machte im Jahr 1813 den Versuch, die einzelnen Trapp- gesteine nach durchgreifenden Principien zu classifieiren. In seinem System stellte er unter den „‚Roches crystallisees anisomeres” eine Abtheilung „a base d’Amphibole” auf. In diese Abtheilung gehö- ren fast alle Trappgesteine.e Die mandelsteinartigen trennt er Jedoch und stellt sie in seine Abtheilüng „a base de petrosilex amphiboleux.” In der ersten genannten Abtheilung unterscheidet er 4 Arten: Amphibolite, Basanite, Trappite, Melaphyre und von jeder derselben mehrere Varietäten. So unvollkommen auch 597° das System war, legte es doch den Grund zu einer genaueren Kenntniss dieser Gesteine. Den nun aufgestellten „Melaphyre” charakterisirt BRONGNIAaRT ähnlich wie WERNER seinen Trapp- Porphyr: „Päte noire d’Amphibole petrosilicieux, enveloppant des eristaux de feldspath.’” Dass BRoNGNIART den färbenden Bestandtheil für Hornblende hielt, rührt zwar daher, dass man derselben damals allgemein diese Funktion zuschrieb. Dennoch muss man an dieser ersten Definition des Melaphyrs festhalten, die sein Urheber aufstellte, und, wenn später verschiedene Ge- steine unter dem Namen vereinigt worden sind, so darf er nur den Gesteinen gelassen werden, die der ersten Definition ent- sprechen. Zwei Jahre, nachdem BRONGNIART sein System der Petro- graphie aufgestellt hatte, veröffentlichte Fausas DE St. FonD einen zweiten Aufsatz über den Trapp, worin er gegen die Zer- spaltung dieser Gesteins-Familie in mehrere Abtheilungen eifert, da er meint, alle seien durch Uebergänge verbunden. Er grenzte nach Einer Seite hin den Trapp scharf ab: „Olivin ist noch nie im Trapp gefunden worden, kommt aber in fast allen Laven er- loschener sowohl als noch brennender Vulkane beider Hemisphä- ren vor.” Den Basalt rechnet FauJas zu den Laven und trennt ihn daher vom Trapp. Es erscheint daher wohl nicht gerecht- fertigt, wenn man jetzt gerade die neueren vulkanischen Gesteine als Trappfamilie zusammenfasst. So blieb die Kenntniss der Trappgesteine und insbesondere des Melaphyrs bis zum Jahr 1824, in welchem die Resultate +der bekannten Forschungen L. v. Buch’s über den Augitporphyr des Fassathals bekannt gemacht wurden. Er sagt von dem Ge- steine*): „Es enthält niemals Quarz, dagegen aber Augit in Menge und wahrscheinlich als wesentlichen Bestandtheil der Grundmasse, Von allen Gesteinen der Basaltformation unter- scheidet sich dieser Augitporphyr durch die fast stete und we- sentliche Anwesenheit des Feldspaths.” In dem Briefe an Herrn v. HumsBorprr sagt er**): „Die unterscheidenden Merkmale der Formation, welche ich beschreibe, sind die Gegenwart des Au- gits, welcher wahrscheinlich alle diese problematischen Gesteine schwarz färbt, ferner die Abwesenheit des Quarzes und die Häu- *) Leoxu. Taschenb. f. Min. 1824 p. 277. **) Ebend. p. 290. 598 figkeit der in der Masse zerstreuten Feldspathkrystalle.” L. von Buche stellt in demselben Brief den schwarzen Porphyr als inter- mediär dar zwischen rothem Porphyr und Baasalt. Diese erste Definition des Augitporphyrs ist ebenso festzu- halten, als die erste des Melaphyrs. Buch suchte beide zu ver- einigen, und da er seiner Theorie von der Hebung der Alpen durch den Augitporphyr, durch die Nachweisung dieses Gesteins in andern Gebirgen allgemeinere Bedeutung geben konnte, be- stimmte ihn dies um so mehr, die dichten schwarzen Gesteine im Thüringer Wald, im Harz, in der Pfalz und in Schlesien zum Augitporphyr zu rechnen, obgleich sie der Definition dieses Ge- steins, wie BucH selbst zugesteht, nicht entsprechen. Er fand keinen Augit darin; doch glaubt er, dass er noch gefunden wer- den würde.*) Seit jener Zeit hat man zwar auch noch keinen Augit in den genannten Gesteinen nachgewiesen; doch sind sie noch von vielen Geologen unter dem Namen „Augitporphyr oder Melaphyr” aufgeführt worden, Diejenigen, welche ihre Verschie- denheit von ersterem erkannten, bezeichneten das Gestein mit neuen Namen, da sie den mit „Augitporphyr” für synonym ge- haltenen „„Melaphyr” nicht anwenden konnten. So entwickelten sich aus dem unbestimmten Begriff von „Trapp” die von „Melaphyr” und „Augitporphyr” als Glieder heraus. Doch auch das Studium einer andern Familie, der des Porphyrs, führte schon früh zur Kenntniss von Gesteinen, die, mit verschiedenen Namen belegt, sich durchaus als zum Melaphyr gehörig erweisen. Den ersten Schritt zum Studium dieser Fa- milie that GEBHARD durch eine Abhandlung über den Porphyr, welche er 1784 herausgab. Er versteht unter „Porphyr”: „einen fleckigen Felsstein, dessen Grundmasse aus einer homogenen fetten Steinart von körnigem oder aus dem Körnigen ins Splitt- rige sich ziehendem Bruche besteht, in welchem krystallinische Körner oder wahre Kıystalle von Quarz, Feldspath und Schörl bald allein, bald gemischt eingesprengt sind, und in welchem fremde Theile bald einzeln, bald drusenweise zusammenliegen.” GEBHARD unterscheidet drei Arten: ı) Porphyr ; Grundmasse jaspisartig. 2) Porphyrit; Grundmasse aus Hornstein bestehend. *) „Augit habe ich nie deutlich erkannt; doch bin ich überzeugt, man wird ihn schon finden.” (Leoxs#. Taschb. f. Min. 1824 p. 478.) 599 3. Variolith oder Blatterstein, worin die Theile drusenförmig liegen. Den noch heute vielfach angewandten Namen „Porphyrit“ stellte GERHABD in dieser Abhandlung auf, Er umfasst die Gesteine, welche noch heut mit dem Namen bezeichnet werden, und einen Theil des Melaphyrs; auch den Serpentino verde antico rechnet GERHARD zum Porphyrit. Der mandelsteinartig ausgebildete Melaphyr gehört zu seinem Variolith. — Auch -Fausas trug durch sein angeführtes Werk zur Kenntniss der Porphyre bei; er unterscheidet bei seiner Eintheilung des Trapps: 1. Reine (homogene) Trapparten mit 28 Abarten. 2, Porphyrit, deren Basis Trapp, mit 9 Arten. In der zweiten Abtheilung fasst Fausas die meisten Porphyre zusammen; die Melaphyre gehören in beide Abtheilungen, der kleinere Theil zum Porphyrit. Sein Porphyrit ist von dem. GERHARD’schen sehr verschieden, da der Begriff bei ihm viel umfassender ist; doch wurde später der Name in der zuerst auf- gestellten Bedeutung des deutschen Geologen angewendet. Diese Entwickelung der Kenntniss des Einen Gesteins aus zwei verschiedenen Quellen zeigt seine doppelte Verwandtschaft, die schon früh erkannt wurde. | Ganz unabhängig von den bisher erwähnten Arbeiten ist die ausgezeichnete Abhandlung von ZOBEL und v. ÜARNALL über den schlesischen Porphyr. Sie erkannten die Verschiedenheit des in ihm auftretenden Melaphyrs, der statt des Raumeer’schen Namens „Basaltit‘“ nun den von „Porphyrit‘ erhielt, von dem Buct#’schen Augitporphyr und charakterisirten ihn vielmehr analog dem BRronxGnIAaßT’schen Melaphyr. Sie stellten ihn zu den diorit- artigen Gesteinen. Dadurch erhielt der Name „Porphyrit‘“ keine der ihm früher beigelegten Bedeutungen, doch entspricht die, welche er jetzt erhielt, am meisten der von GERHARD aufgestellten. Kruc v. NiDDdA beschränkte später seine Bedeutung noch mehr, indem er den schwarzen Melaphyr als Basaltit, die rothen Ueber- gänge in Porphyr als Porphyrit bezeichnete, eine, wie aus den Analysen hervorgeht, in der That nothwendige Trennung. Dann würde der letztere Name ganz den Gesteinen entsprechen, für welche CREDNER den später zu erwähnenden, vielleicht nicht ganz glücklich gewählten Namen „Thonporphyr‘“ vorschlug. Die ersten wichtigen Aufschlüsse über die mineralogische Zusammensetzung des Melaphyrs und der ihm verwandten Ge- 600 steine aus der Grünstein- Familie verdanken wir Herrn Prof. G. Rose, der durch Bestimmung des feldspathigen Gemengtheils die systematische Stellung dieser Gesteine wissenschaftlich be- gründete. Den des Augitporphyrs bestimmte er als Labrador und wies nach, dass jener ein Gemenge von Augit und Labrador sei. Dies musste natürlich auch für die feinkörnigen Varietäten gelten, und da der Melaphyr nach Bucnr’s Vorgang als eine solche angesehen wurde, so lag es nah, auch auf diesen das ge- wonnene Resultat auszudehnen. Dazu war der Verfasser der wichtigen Abhandlung über die Grünsteine um so mehr berech- tigt, als seine sorgfältigen Untersuchungen der Gesteine des Urals zu dem Resultate führten, dass der Labrador nur mit Augit oder Uralit, nie mit Hornblende vorkommt. Den Feldspath des Melaphyrs aber konnte man damals nur für Labrador halten, dadurch schien die Natur des färbenden Gemengtheils festgestellt. Einige Jahre später, am Schluss des zweiten Bandes seiner Reise nach dem Ural trennte Hr. Prof. Rose alle jene uralischen Ge- steine, welche nach seinen späteren Untersuchungen immer Uralit, niemals Augit oder Hornblende enthalten, unter dem Namen „grüne Schiefer‘ von den mineralogisch und chemisch ver- wandten Augitporphyren ; doch änderte diese Neuerung Nichts in den früher von demselben gewonnenen Resultaten über die mineralogische Zusammensetzung jener Gesteine. In der folgenden Zeit geschah wenig zur Förderung der Kenntniss des Melaphyrs. Man vereinigte ihn mit Augitporphyr und stützte sich auf das früher Aufgestellte. Unter den vielen Definitionen, die in den allgemeineren Werken enthalten sind, dürften nur wenige selbstständig sein. Nur eine in den sehr wichtigen Arbeiten von CREDNER gegebene beruht wohl nur auf eigenen Beobachtungen. Er versteht unter Melaphyr: „alle porphyrartigen Gesteine, deren Grundmasse, meist von grünlich-grauer bis schwärzlich-grüner und röthlich- grauer bis dunkel braunrother Farbe, die Härte des Ortho- klases nicht übersteigt, deren krystallinische Ausfüllungen aus einer nicht zum Orthoklas gehörigen Feldspathspeecies (wahrscheinlich Labrador), aus Augit und aus Glimmer mit gänzlichem Ausschluss von Quarz bestehen, und deren specifisches Gewicht 2,6 bis 2,75 zu betragen pflegt.“ Nur eine Angabe, nämlich die vom Augit als Gemengtheil, be- 601 ruht nicht auf Beobachtung, da CREDNER das Mineral in Thü- ringen nur an zwei Orten sah, und auch dort problematisch. ‘Wie wenig seit jener Zeit durch physikalische Untersuchung die Kenntniss des Melaphyrs fortgeschritten ist und wie gross die Verwirrung ist, die unter den mit diesem Namen verbundenen Begriffen herrscht, beweisen am besten die Worte Cor'ra’s in seinem neuesten petrographischen Werk (Die Gesteinslehre. Frei- berg 1855. S. 48). Sie bezeichnen in sehr wahren Zügen den Stand unserer Kenntniss über den Melaphyr und die ihm ver- wandten Gesteine. Die von Herrn Co'rrAa vorgeschlagene Ver- bannung des Namens aus der Geologie dürfte indessen wohl mehr Verwirrung als Ordnung stiften; auch ist durchaus kein Grund zu diesem verzweifelten Mittel vorhanden, da der Melaphyr sich nach der von BRONGNIART aufgestellten Definition als ein sehr verbreitetes Gestein ergiebt und sich wohl bald schärfer ‚charakterisiren lassen dürfte, als dies mit den jetzt zu Gebote stehenden Mitteln möglich ist. Herr CorrTA will den Namen höchstens den „fast olivinfreien Basalten Süd-Tyrols“ lassen, Doch sind diese Augitporphyre unter allen von ihm angeführten Gesteinen gerade diejenigen, für welche die BRONGNIAaRT’sche Definition am wenigsten anwendbar ist. | Das Resultat der Versuche, nur durch physikalische Mittel die mineralogische Zusammensetzung des Melaphyrs kennen zu lernen, ist also ein sehr wenig befriedigendes; in der That ist seit der Rose’schen Arbeit nichts Neues hinzugefügt worden. Ungleich mehr wurde durch zwei andere Arten von Untersu- chungen gewonnen: durch Localbeschreibung des geognostischen Auftretens in bestimmten Gegenden, vor Allem aber durch die chemische Analyse. An beiden war die neuere Zeit besonders reich. Schon früher hatte FERBER die Trappe von Derbyshire, HAMILTON die von Antrim beschrieben; ihnen folgte FREIES- LEBEN in der ersten Bearbeitung der Melaphyre von Thüringen und Harz unter dem Namen ‚Pseudoporphyr“; Bou£ beschrieb die immer noch problematischen Trappgesteine von Schottland, KEFERSTEIN die Porphyre des Harzes, L. v. Buc# die Mela- phyre der mailändischen Alpen, von: Thüringen und dem Harz. Die wichtigsten Bearbeitungen localer Vorkommnisse von Mela- .phyren sind die von ZOBEL und v. CaknaLL über Schlesien, von STEININGER über Saarbrücken, von CREDNER über Thü- ringen und Harz, und von DELEsse über die Gesteine der Vo- 602 gesen. Diese trefllichen Abhandlungen machen es möglich, die Melaphyre der- verschiedensten Gegenden zu vergleichen. Doch wenn dies auch in Hinsicht auf das geognostische, Auftreten leicht geschehen kann, gewährt die Gesteinsbeschreibung einen sehr unsicheren Anhalt zur Vergleichung der Gesteine. selbst. Dies erkannte man schon längst und wandte sich daher zu an- deren Mitteln, zur chemischen Analyse. Mit ihr erst hatte man einen sicheren Anhaltspunkt gewonnen. Die Entwicklung der Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Melaphyrs soll in dem folgenden Theil dieser Arbeit dargestellt werden. Chemische Zusammensetzung. Wie die Kenntniss der chemischen Zusammensetzung der meisten Gebirgsarten, so ist auch .die des Melaphyrs sehr jung. Zwar giebt es eine nicht unbedeutende Anzahl älterer Analysen, Doch ging man bei ihrer Beurtheilung von falschen Gesichts- punkten aus und gelangte zu unbefriedigenden Resultaten. Die scheinbar einfachen Gebirgsarten. hielt man für einfache Mine- ralien. Nur diese wurden analysirt, während die chemische Un- tersuchung zusammengesetzter Gesteine erst in jüngster Zeit be- gonnen hat. Während daher die Porphyre unberücksichtigt blieben, wurden die Trappgesteine, Basalte und Laven schon früh analysirt. So kommt es, dass wir von dichten Melaphyren unter der Benennung „Trapp“ viele ältere Analysen besitzen, während die porphyrartigen erst später untersucht wurden. — Es ist eine schwere, jetzt vielleicht unausführbare Aufgabe, unter den vielen Analysen von Gesteinen, die unter einem unbestimmten Namen zusammengefasst wurden, die eines bestimmten Gliedes herauszusuchen und zusammenzustellen. Im vorliegenden Fall ist fast kein Gestein einer Analyse als Melaphyr bezeichnet und doch kennen wir mehrere derselben nach ihrem Fundort als unzweifelhafte Melaphyre. Ein sicheres Kriterium zur Beurthei- lung ist leider nicht vorhanden. Damit die Zusammenstellung der von Melaphyr ausgeführten Analysen nicht unvollständig sei, dürfte es daher zweckmäsig sein, die Resultate aller chemischer Untersuchungen, die bis zur Aufstellung des Namens „Melaphyr‘‘ von Trappgesteinen ausgeführt wurden, zusammenzustellen. Da 603 > man Basalte und Laven schon früh zu trennen wusste, bleiben diese natürlich ausgeschlossen. Aus der späteren Zeit sollen in chronologischer Anordnung die Analysen derjenigen Gesteine angeführt werden, die als Melaphyr bezeichnet wurden, ferner die nach ihrem Fundort als solche bekannt sind und endlich, die nach der Gesteinsbeschreibung und den Resultaten der Analyse sieh als hierher gehörig erweisen. Zuletzt sollen die von mir ausgeführten Analysen folgen, Die erste Analyse eines Trappgesteins hat WITHERING ausgeführt (1). Kırwan hat sie mitgetheilt und bezeichnet das Gestein als: „wenig vom Basalt unterschieden, nur ist es etwas weicher und enthält weniger Eisen und Kieselsäure.‘‘ Aus dieser Gesteinsbeschreibung lässt sich zwar kein Schluss auf die Natur des Gesteins ziehen, wohl aber auf die Unvollkommenheit da- maliger Analysen, da der Basalt mehr als 63 pCt. Kieselsäure enthalten soll. ToRBERN BERGMANN hat nur zwei Trappge- steine untersucht. Das erste ist das oft als Anamesit, oft als Trapp bezeichnete immer noch problematische Gestein der Fingals- höhle auf Staffa (2). Zur Vergleichung folgen eine von FauJas aus seiner frühesten Zeit herrührende (3) und eine von STRENG *) im Jahre 1852 ausgeführte Analyse desselben Gesteins: 1. 2. 3. 4. Kieselsäure 63 52 40 47,80 Thonerde 14 15 20 14,80 Eisenoxyd 16 25 21 — Eisenoxydull _— E= 13,08 Manganoxydul — — — 0,09 Kalk 7 8... 12 12,89 Magnesia — — ) 6,84 Kalı —_ _ di 0,86 Natron — —_ 2,48 Wasser _ — en 1,41 Verlust _ | 2 _ 100. 100. 100. 100,25. *) Streng, Beitrag zur Theorie der vulkanischen Gesteinsbildungen. Doktor-Dissert. Breslau 1852. 604 Die zweite von BERGMANN herrührende Trapp- Analyse betrifft das als Melaphyr bekannte Gestein von Oberstein. Sie soll später mit der von DELESSE an demselben Gestein ausge- führten folgen. Fausas DE Sr. FonD zerlegte ausser dem Gestein von Staffa Basalte von Antrim und von Chenavari im Vivarais, die nicht in den Bereich der hier aufzuführenden Gesteine gehören; ferner einen „‚mandelsteinartigen Trapp von Champsaux“ (5). FAusas erwähnt in seinen beiden angeführten Abhandlungen noch einiger Analysen, die ich mittheile, ohne sie im Original verglichen zu haben. Es sind folgende: 6. Gestein vom Fuss der argwuelle du midi; von SAUSSURE, von dem die Analyse herrührt, beschrieben als: „/ierre de corne dure d’un gris fonce, a grain fin.“ Fausas nennt es Trapp. Spec. Gew. = 2,876. 7. Mandelsteinartiger Trapp von der Nahe, nach Duso1s. 8. Desgl. von Buxton in Derbyshire nach LanGLaıs. 9. Dichter Trapp von Aedelfors nach VAUQUELIN. -10. Desgl. von Norberg nach VAUQUELIN. 11. Desgl. von Kirn nach VAUQUELIN. 12. Desgl. von Renaison nach CHEVREUIL. 5. b. Te 8. 9: 10. IR 12. Kieselsäure, 49.52 392 38,2.:350,,48,2456N.:62,9 Phonerdeya4462% ii d2, 012, Ei in 1a Aare Eisenoxyd,‘ 18: 4:.12.4 160440224021 el Kalk Bun BT 63 de Are Magnesia 1 3 N 1 3 20 — 7,0 Alkalien Ba Bach AS RE Verlust 4 Guys 3 4 Au u 1,1 100. 100. 100. 100. 100. 100. 4100. 106,3. Auf diese geringe Zahl von Analysen beschränkte sich die Kenntniss der chemischen Zusammensetzung aller Trappgesteine, als fast gleichzeitig die zweite Abhandlung FauJas’s über den Trapp als Gebirgsart (4815) und BkoNGNIARrT’s petrographi- sches System erschienen. Das vorhandene Material war aber mehr ein Schatz für die Zukunft als für die damalige Zeit, wo man Analysen von Gebirgsgesteinen noch nicht zu würdigen verstand. Dieser Zustand blieb trotz der grösseren Klarheit, die 605 nach einer Seite hin durch die Unterscheidung einiger charak- teristischer Gruppen von Trappgesteinen, wie der Melaphyre, erreicht wurde. Fausas führt die Analysen nur historisch an, ohne ihre Resultate zu weiteren Folgerungen zu benutzen. Der geringe Werth, den man ihnen beilegte und der scheinbare Mangel alles Nutzens derselben konnte wenig anregend wirken, und so kommt es, dass die nächste Zeit nach der Epoche, welche für die Kenntniss der Trappgesteine eingetreten war, wenig fruchtbar war für die weitere Untersuchung ihrer chemischen Zusammensetzung. Bedeutende Mineral - Chemiker der damaligen Zeit, wie KLarrorHu, beschäftigten sich nieht mit Gebirgsarten. Erst CHRISTIAN GMELIN bahnte einen neuen Weg für den sich mehr und mehr entwirrenden Theil der Geologie an; indem er die Zersetzbarkeit des Phonoliths durch Salzsäure in einen lös- lichen und einen unlöslichen Bestandtheil zeigte, bewies er, dass das scheinbar einfache Mineral zusammengesetzt sei. Bald dehnte man den Schluss weiter aus, und wenn auch das Verfahren sich jetzt nicht als allgemein anwendbar zeigt und die darauf gebauten Schlüsse zum Theil verworfen werden müssen, so war doch die Erscheinung, worauf GMELIN dasselbe gründete, so neu und an- regend, dass es einen mächtigen Impuls zur chemischen Unter- suchung von Gebirgsgesteinen gab, besonders von solchen, deren Gemengtheile entweder unkenntlich waren oder deren relative Menge man nach vorangegangener physikalischer Bestimmung berechnen wollte. Hierauf gründen sich die meisten seit jener Zeit ausgeführten Analysen. BERGEMANN veröffentlichte im Jahre 1847 eine Reihe von Analysen, deren Material aus sehr verschiedenen Gesteinen be- steht. RAMMELSBERG *) hält sie sämmtlich mit Ausnahme der zwei als Basalt und Lava angeführten für Dolerit, da der Verfasser Augit und Labrador als die Zusammensetzungen von allen berechnet; doch dürften wohl die meisten davon zu trennen sein, wie der Verfasser selbst gethan hat. Die Gesteine sind folgende: I. „Gestein vom Schaumberg.“* Doleritähnlich mit schwer erkennbaren Gemengtheilen. Letz- tere erscheinen durch die Lupe als eine Anhäufung von *) Handwörterbuch der Mineralogie Suppl. 4. 606 blättrigen und nadelförmigen krystallinischen, theils schwarzen, theils gelblich-weissen Theilchen. Bräunlich-schwarz H. — 7. Spec. Gew. = 2,7504. Glühverlust 3,448. Erhitzt sich braun färbend; durch Kochen mit Chlorwasser- stoffsäure bleibt eine blendend weisse Masse zurück mit schwar- zen glänzenden Körnchen und Nadeln. In Salzsäure löslich 24,587, unlöslich 75,413; nach anderen Versuchen - 29,25, - 70,73. II. Dassselbe Gestein verwittert. Glühverlust = 6,7; sich beim Erhitzen rothbraun färbend. Zersetzbar 29,325, unzersetzbar 70,675. III.*) „Gestein vom Martinstein bei Kirn.“ Aehnlich I, doch reiner grau und die blättrige Struktur der ‚ Krystalle deutlicher. Spec. Gew. — 2,754. Nach der Behand- lung mit Salzsäure bleibt eine grauweisse Masse mit wenig un- deutlichen Einschlüssen, unter denen Berseuann gelblich-grüne Krystalle von Augit erkennt. Zersetzt 30, unzersetzt 70. Schmilzt zu einer gelblich - grünen, durchsichtigen, blasigen, quarzharten Masse. Von demselben Gestein wurde früher (Nr. 11) eine von VauouveLın ausgeführte Analyse mitgetheilt, deren Resultate sehr abweichend sind. Die Analyse des „Gesteins von Weisselberg‘ kann hier nicht berücksichtigt werden, da dasselbe weder von Beace- sans für Melaphyr gehalten wird, noch seine Zusammen- setzung, noch der Fundort dafür sprechen. Auch wird dasselbe als pechsteinähnlich angeführt und solche Gesteine können nur dann maassgebend sein, wenn ihr unmittelbarer Uebergang in krystallinische Gesteine nachgewiesen ist. IV. „Melaphyr vom Pitschberg.“ Basaltähnlich, schwarz, feinkörnig, dicht, wenig krystalli- uische Theilchen erkennbar. Basalthärte, spec.Gew. = 2,47. Es werden „Punkte von Olivin‘‘ darin angegebez. Durch Kochen mit Salzsäure bleibt eine grauliche Masse mit - weissen Punkten zurück. Glührerl. 2,414. - Zersetzt 39,37, unzer- setzt 60,63, Dies Gestein scheint nach dem Resultat der Analyse, dem hohen spec. Gew., dem Olivingehalt und dem Verhalten gegen Chlorwasserstoffsäure viel mehr Basalt zu sein, als Melaphyr. Ich führe es hier an, weil es das einzige ist, welches Bease- “ann als Melaphyr bezeichnet. *) Die Analyse des „Gesteins in schwarzen, kugeligen Absonde- rungen vom Schaumberge“ kann wegen des abnormen Auftretens für die Zusammensetzung des Melaphyrs nicht maassgebend sein, daher sie hier . nicht angeführt wird. - N 607 Die Resultate der Analysen sind folgende: I. "I III. IV. Kieselsäure . . . 49,29 48,22 50,80 49,05 Tharletdeils. 15.06 ‚ua y434 24,24. 22447:11..10,86 Kalke Kemer... 209 7,63 10,26 12.29 Magnesia . .» - - 0,64 0,32 0,68 5,47 Eisenoxydull . . . 0,33 0,87 0,04 4,55 Naeh. 2.2.8835 2,30 ° 3,05 1,66 Bert legale : 2. 2 002 Spur 0,12 — Wasseräitwomn)l. mar “ n0h7B 1,68 0,76 187 Kohlens. Eisenoxydul 7,84 FeH 11,51 3,75 u Kohlens. Kalk. . . 1,30 1.32 2,00 — Eisenoxydul (titanhaltig) 4,28 4,40 6,26 Ee 416,17 99,93. 99,99. 100,18. 101,92. Alle anderen von BERGEMANN in dem vorliegenden Aufsatz ver- öffentlichten Analysen betreffen Gesteine, welche nicht hierher gehören. In demselben Jahr, in welchem die BERGEMANN’schen Ana- lysen bekannt gemacht wurden, begann DET.ESSE seine wichtigen Untersuchungen über die Gebirgsarten der Vogesen. Die Kennt- niss der chemischen Zusammensetzung der meisten plutonischen Gesteine ist dadurch vorgeschritten und viel Material für fer- nere Bearbeitung vorbereitet. Für die Kenntniss des Melaphyrs insbesondere sind die Analysen von der grössten Wichtigkeit. Die hierher gehörenden Gesteine sind folgende: V. „Porphyre de Belfahy.“*. „Ophit naeh Vorrz, Taırkıs, Cordier, BRONGNIART, Melaphyr nach E. pr BeaumonxT, Augitporphyr nach Buc# und G. Rose.“ Grundmasse dunkelgrün bis grau. Spec. Gew. — 2,767 bis 2,503. Wassergehalt — 2,14 bis 3,53 (S Gesteine). V. d. L. schwer schmelzbar zur bouteillengrünen Probe. Zersetzbar in kalter- Salzsäure 25 pCt., in heisser 4 der ganzen Masse, Wird beim Erhitzen bräunlichgrün oder röthlich. — In dieser Grundmasse sind Krystalle eines grünlichweissen Feldspaths, ferner „Augit“ in kleinen Krystallen und Nadeln, die nur durch Vergrösserung erkennbar sind. Spec.Gew. des Augits —= 3,273. Sehr selten sind Schwefelkies und Epidot. DELEssE analysirte hiervon: a. Das Ganze, geschmolzen zu einem dichten Glas mit Ei- senfärbung, das durch Chlorwasserstoffsäure ganz zersetzt wird. b. c. / 608 Schwärzlich-grüne Grundmasse. Die Krystalle des Feldspaths. Spec. Gew. = 2,719. Zu demselben Porphyr, den DELesse für Melaphyr erklärt, rech- net derselbe noch mehrere andere Gesteine, die er ebenfalls zer- legt hat. Es sind: d, e: v1. VI. Kieselsäure 53,4 Thonerde 22,2 Eisenoxydull 8,1 Dunkelgrüne Grundmasse des Porphyrs von Puix mit kleinen Feldspathkrystallen. Röthliche Grundmasse des Porphyrs von Giromagny. Spilit (syn. „Mandelsteinporphyr “) von Emouliere. Grünes oder violettes körniges Gestein mit Blasenräumen, die mit Kalkspath ausgefüllt sind. Spec. Gew. — 2,906. V. d. L. wie die Grundm. des Porph. von Belfahy. „Porphyre amygdaloide d’Oberstein. “ „Melaphyr nach v. Decuen, Durkesnoy, BEaunont.“ Höhlig, rauh wie trachytische Laven. Grundm. dunkel röthlichbraun mit zahlreichen gestreiften Feldspathzwillingen, ausserdem Magnet- eisenstein, Titaneisen und kleine Quarzmandeln. Spec. Gew. des Feldsp. — 2,042, der Grundm. = 2,650, des geschmolzenen ganzen Gesteins — 2,003. Es folgt unter: Die Analyse der geschmolzenen Masse nach DELESssE. Die früher erwähnte Analyse desselben Gesteins von BERGEMANN. Eine von VAUQUELIN ausgeführte desselben Gesteins. 2. b. e. d. e. 5.5317 52,89 50,79 49,82 6 19,77 27,39 2 856 Ee a Manganoxydul 0,96 0,51 Mn 0,30 —_ = Kalk 3,68 3,87 5,83 8,02 7,31 Magnesia 3,65 4,96 Spur Natron 5,49 7.02 5,29 + 10,44 10,93 Kali 2,39 i 4,58 Wasser — 2,14 2,28 3,50 2,20 Verlust — _ — ne a 100. 100. 99,86. 100, 100. 609 vI. VI. er a 2. b. ce. Kieselsäure 54,42 Di 52 49 Thonerde 20,60 2973 18 39 Eisenoxydul 9,44 Ee 15 Manganoxydul 0,93 — _ — Kalk 3,64 4,73 4 5 Magnesia 3,87 4 Natron 4,48 10,73 6 6 Kali 0,94 in Wasser 1,97 3703,68 — 3 Verlust _ — 4 100,29. 100. 100. 95. Alle anderen von DELESsE veröffentlichten Analysen betrefien mit Bestimmtheit keine zum Melaphyr gehörenden Gesteine. Im Jahre 1853 analysirte Dıpay eine Reihe von Gesteinen aus dem Departement du Var, wovon sechs als ‚‚Melaphyr“ bezeichnet werden. Die Methode ist folgende: das Gestein wird längere Zeit mit Salzsäure behandelt, die sich braun färbt. An- statt den gelösten Theil als Silikat zu- betrachten und die Kiesel- säure nebst allen anderen Bestandtheilen darin zu bestimmen, glaubt Dıpay annehmen zu dürfen, dass sich nur Eisenoxyd löse und bestimmt dieses in der abgegossenen Flüssigkeit. Der unzersetzte Theil wird einer gewöhnlichen Analyse unterworfen und das gesammte erhaltene Resultat als die richtige chemische Zusammensetzung angeführt. Diese Analysen können wohl kaum auf Zuverlässigkeit Anspruch machen, daher sie nur der Voll- ständigkeit wegen historisch mit angeführt werden sollen. Wei- tere Berücksichtigung dürfen sie ebenso wenig finden, als die mit seltener Willkühr daraus berechnete mineralogische Zusam- mensetzung. Es dürfte daher wohl auch als eine unfruchtbare Mühe zu betrachten sein, wenn man von anderer Seite versucht, die mineralogischen Bestandtheile der Melaphyre des Departe- ments du Var aus diesen Analysen mit Hülfe der Bıscnor’schen Sauerstoffquotienten zu berechnen. Die Gesteine sind folgende: VII „Melaphyr von Agay.“ Röthlichbraune Grundmasse mit länglichen blassrosenrothen Krystallen und wenigen Nieren von Kalkspath. Zeits. d.d. geol. Ges. VIII. 4. 40 610 a. Die Krystalle haben ein spec. Gew. — 2,478; ihre Analyse ergiebt das Sauerstoffverhältniss 3,23: 9,06 :34,8 = 1:3: 11, „folglich Albit.‘ b. Die Grundmasse hat ein spec. Gew. — 2,514 ; Glühverlust 21 pCt. — Dipay hält sie für einen mit Quarz gemengten, durch Eisen gefärbten Albit. IX. „Melaphyr von Agay“ von einer anderen Stelle. Dichter als der vorige und ohne Krystalle. Spec. Gew. = 9,692. X. „Melaphyr von Frejus.* Aehnlich dem von Agay; enthält Nieren von Kalkspath und „kleine rosenrothe Albitkrystalle.“ Spec. Gew, — 2,708. XI. „Melaphyr von Garde“ bei Toulon. Grünlich, sehr hart, mit feinen Nadeln von Hornblende und Knoten von glasigem Quarz. Spec. Gew. — 2,757. XI. „Melaphyr von Adrets“ bei Frejus. Dunkelbouteillengrün, hart, mit deutlichen Hornblende-Na- deln. Spec. Gew. — 2,89. XII. „Spilit von Aspre les Corps“ (Hautes Alpes). Grauviolett, wenig hart, mit Adern von Kalkspath. Spec. Bow. ZU 0 Folgendes sind die Resultate der Analysen; VII. IX. X. XT. 2 XI RE b a Kresefeatte,": 267,0 38,3 296 47.0: 59,1 20,87 22.8 Thonerde ._ . 19,2” 413,0. 17,0%. 9,0 17,6... 13,4 6,3 Ensenoxyüs .. . Oo 092° "DA. Ur 82 L6B — Manganoxydul . — 0,6 0,8 ° — - — — au. rn 1,2 1,24, Ann 0 Mapnesa...". LES mat mar AT ro, a N 1 OR ETO TA 2 ae "USA _ Natrommmeren DALE ey re 1,6 Eisenozyd (löslich) — 17,2. 98 175 — — 77 WASBER eu nat ee ‚DA Aee a en 1,0 2 Kohlens. Kalk . — — — 4137 —. - 77,6 Quarz A —_— 135. — _ Die neuesten veröffentlichten Melaphyr-Analysen stammen von Herrn Dr. Söchtıng. Das dazu verwendete Material erhielt derselbe von Herrn Geh. Bergrath Crepxer als Melaphyr. Doch weichen die Resultate der drei ersten Analysen trotz der An- gabe, dass die Gesteine wenig mit Säuren brausen, also wenig 6ll zersetzt zu sein scheinen, so bedeutend von allen bekannten nor- malen Melaphyr-Analysen ab, dass es vor einer genauen Kennt- niss dieser Gesteine, des Grades ihrer Zersetzung und ihres Verhältnisses gegen Nachbargesteine nicht rathsam scheint, sie in den Kreis jener aufzunehmen. Bei den vielen Zwischenglie- dern zwischen rothem Porphyr und Melaphyr, die gerade in Thüringen in grosser Zahl vorkommen, ist es wohl möglich, dass die angewandten Gesteine nicht genau dem Melaphyr ent- sprechen, sondern sich den kieselsäurereichen Gesteinen nähern, Dafür sprieht auch der hohe Gehalt an Kieselsäure und Alka- lien. Das Material der vierten Analyse hingegen ist als einer der am meisten charakteristischen Melaphyre bekannt. Sämmt- liche Gesteine stammen aus Thüringen und sind folgende: XIV. (I.) Von der Leuchtenburg oberhalb Tabarz. Basaltschwarz mit kleinen weissen Punkten. Kleine Krystalle eingestreut. Bruch flachmuschelig, matt; beim Anhauchen Thongeruch; mit Säuren unmerklich brausend. Spec. Gew. — 2,73. Aus einem Gangzug im Porphyr und Rothliegenden. XV. Aus dem Druselthal oberhalb Herges-Vogtei bei Schmal- kalden. R Schwarz mit einzelnen Feldspath-Krystallen, Br. muschelig. Schwacher Thongeruch; wenig brausend. Glimmerschüppchen. Spec. Gew. = 2,74. Gangartig im Granit. XVI. Vom Ausgang des Moosbachs bei Manebach. Grünlichweisser Feldspath in einer röthlichen Grundmasse, ausserdem gelbe krystallinische Partien. Thongeruch stark, ebenso das Brausen mit Säuren. Spec Gew. — 2,060. XVN. Aus dem Ilmengrund bei Ilmenau. „Schwärzlich mit krystallinischen Tafeln, welche dem La- brador anzugehören scheinen. Bruch muschelig bis uneben, matt. Thongeruch schwach. Schwach mit Säuren brausend.“ Spec. Gew. = 2,72. XIV. XV. xVvi XVuü. Kieselsäure 59,18 60,88 62,18 54,45 Thonerde 15,08 18,75 16,47 19,41 Eisenoxyd 14,67 929 6,59 9,36 Kalk 4,88 2,08 3,01 6,96 Magnesia 1,46 0,94 1,45 3,31 Kali 1,73 1,98 1,58 1,32 Natron 3,02 5,21 6,92 2,41 Wasser 1,62 1,02 1,47 DD. Kohlensäure — 0,53 1,17 0,51 101,34. 100,38. 100,84. 99,94. 40 * 612 Dieser Uebersicht der mir bekannt gewordenen Analysen mela- phyrischer Gesteine wären vielleicht noch viele hinzuzufügen, deren Material nicht unter diesem Namen aufgeführt ist. Doch ist die Interpretation eines unbekannten Gesteins aus der Beschreibung immer willkührlich. Dass ich die Analyse eines „‚Melaphyrs aus Franken“ von Herrn v. BıprA nicht anführe, bedarf kaum einer Entschuldigung. Denn abgesehen davon, dass das Gestein, wie NauMansx glaubt, wegen seines geringen Alters wahrscheinlich Basalt ist, durchbricht es in einem kleinen Gange den Muschel- kalk, was natürlich auf die Zusammensetzung der feurigflüssigen Masse ebenso grossen Einfluss ausüben musste, als die leichte Auflöslichkeit des Kalks auf die erkaltete Gangmasse. Es bleibt mir nur noch übrig, die von mir ausgeführten Analysen von Melaphyren mitzutheilen. Doch soll erst kurz der bei der Untersuchung befolgte Gang angegeben werden. Sämmtliche Analysen wurden im Laboratorium des Herrn Dr. Soxnesscaein zu Berlin ausgeführt, dem ich für seine Theilnahme an meinen Untersuchungen zu grossem Danke ver- pfliehtet bin. — Bei keiner Analyse wurde der zersetzbare vom unzersetzbaren Gemengtheil geschieden. Die Gründe, weshalb man auf diesem Wege zu falschen Resultaten gelangen kann, sind hinreichend bekannt. Von den meisten Mineralien wurde ein Theil mit kohlensauren Alkalien aufgeschlossen, der andere mit Flusssäure oder kohlensaurem Baryt. Thonerde und Eisen- oxyd wurden theils durch Kochen mit Kali und schwefligsaurem Natron getrennt, theils (bei Anal. G.) durch Versetzen mit Ci- tronensäure und Fällen mittelst Schwefel-Ammonium. Meist wurde jedoch die von WEEREN angegebene Methode *) ange- wandt. Nach derselben wird der Niederschlag von Thonerde und Eisenoxyd in Chlorwasserstoffsäure gelöst und die Lösung in zwei Theile genau abgewogen. In einem Theil wird däs Eisenoxyd nach der Fuchs’schen Methode, in dem andern der Gesammtgehalt von Thonerde und Eisen auf gewöhnliche Weise bestimmt. In dem letzteren Antheil bestimmte ich ausserdem die Phosphorsäure mittelst molybdänsauren Ammoniaks und bei einem Gestein die Titansäure, deren Anwesenheit qualitativ auch in anderen Gesteinen nachgewiesen wurde und die ohne Zweifel in allen sich findet. Alle übrigen Bestandtheile wurden auf die *) Pose. Ann. Bd. 53. 1854. 613 gewöhnliche Weise bestimmt nach den Angaben von Herrn Professor H. Rose. Eisenoxyd und Manganoxyd wurden bei keiner Analyse getrennt, da dies unwesentlich und der Mangangehalt meist sehr gering ist. Auch die Alkalien wurden bei einigen Analysen nicht getrennt, bei einigen aus dem Verlust bestimmt, sonst als Chloralkalien. Die untersuchten Gesteine sind folgende: I. Aus Thüringen. Die zwei hierher gehörenden Gesteine sind von Herrn Dr. GUMPRECHT gesammelt und als „Melaphyr“ bestimmt worden; ich erhielt sie durch die Güte des Herrn Professor G. Rose aus dem Berliner Mineralienkabinet. A. Der schon von SöcrhTIngG analysirte, äusserst charak- teristische Melapbyr vom Schneidemüllersberg im Ilmenthal bei Ilmenau. Grundmasse basaltschwarz in’s Grünliche, feinkörnig- krystallinisch ; die Mineralien, denen die unzähligen schimmern- den Krystalllächen angehören, sind mit der Lupe unbestimmbar. Doch scheinen einige nach Glanz und Farbe schwarzem Glimmer anzugehören. Darin liegen grünlichweisse, durchscheinende Kry- stalle eines ein- und eingliedrigen Feldspaths, dessen wenig deutliche Krystallflächen nicht gegen Labrador sprecheu, wofür er gewöhnlich gehalten wurde. Die Struktur der ganzen Masse ist dadurch porphyrartig, der Bruch uneben, das specifische Ge- wicht — 2,708, die Härte unter der des Feldspaths. Giebt keinen Thongeruch und braust nicht mit Säuren. : B. „Melaphyr aus dem Schleusethal“ Gumpr. Grund- masse graulichschwarz, feinkörnig-krystallinisch. Mit der Lupe ergeben sich die meisten schimmernden Krystallflächen als schwar- zem Glimmer angehörig, der auch in grösseren Blättchen aus- geschieden ist; die meisten anderen scheinen einem Feldspath anzugehören. Ferner zeigt sich das Gestein von weissem Kalk- spath fein durchschwärmt, dessen Gegenwart auch durch die Analyse erwiesen wird. In Krystallen sind in dem vorliegenden Stück ausgeschieden: 1) ein gelblichgrüner durchscheinender Feldspath in rhombischen Durchschnitten oder mit gestreiften Krystallflächen (Labrador oder Oligoklas). 2) Ein fleischrother Feldspath in Carlsbader Zwillingen (Orthoklas). 3) Schwarzer Glimmer in Tafeln von 1—3 Linien Durchmesser. 4) Ein un- regelmässig begrenztes Quarzkorn. 5) Kleine Körner eines hell- grünen weichen Minerals, welches meist matt ist und nur selten 614 eine glänzende Fläche zeigt; oft ist es von schwarzem Glimmer durchwachsen. Bruch uneben, Härte unter der des Apatits, spec. Gew. = 2,7333. Mit Säuren brausend; kein Thongeruch. Dass dies Gestein kein Melaphyr sei, wenn es auch aus einem Zug desselben stammt, ist offenbar. Es scheint bei der Eruption eine andere Masse in sich eingeschmol- zen zu haben und kann nur als ein Beispiel der Ver- schiedenheit der Zusammensetzung eines Gesteins nach den Grenzen hin angesehen werden. II. Aus dem Landeshut-Glatzer Porphyrzug. Alle Melaphyre, welche in diesem Zuge auftreten, haben einen wesentlichen gemeinschaftlichen Charakter in dem fast gänzlichem Mangel an Feldspathkrystallen ; sie sind der Grund- masse des Gesteins von Ilmenau (A.) zu vergleichen. Nur äusserst sparsam zerstreut sind einzelne tafelförmige Krystalle von nicht näher bestimmbaren Feldspäthen. Es wurde der Me- laphyr des Buchbergs bei Landeshut in verschiedenen: Formen seines Auftretens analysirt, ausserdem nur ein Gestein von Jo» hannisberg. ; C. Schwarzer dichter Melaphyr; das am meisten charakte- ristische Gestein des Buchbergs. Bräunlichschwarz in’s Grün- liche, basaltartig, schimmernd, von unebenem Bruch; Härte des Apatits; spec. Gew. = 2,741. Ausgeschieden ist nichts. — Dies Gestein findet sich an mehreren Stellen des grossen Stein- bruchs am Buchberg, immer weit von Spalten entfernt. Es ist durchaus unzersetzt und braust nicht mit Säuren. D. Dasselbe “Gestein von einer anderen Stelle im Stein- bruch, nahe einer kleinen Spalte. Die Zersetzung ist parallel der Wand der Spalte vorgeschritten und hat eine rotbe Färbung in der Weise veranlasst, dass im Querbruch rothe Bänder er- scheinen, die durch braune Färbung in die schwarze des Ge- steins übergehen. Als Veranlassung der rothen Färbung erweist sich leicht Rubellan. Das Gestein braust nicht mit Säuren, hat aber Thongeruch. E. und F. sind von einem Handstück, das in der Mitte von grünlichgrauer Farbe (E.), nach den durch Kluftflächen gebil- deten Grenzen - Zoll breit braun gefärbt ist (F.). Die Grenze beider Färbungen ist sehr scharf und den Kluftflächen parallel. Mit der Lupe erkennt man in E. kleine weisse, wahrscheinlich einem Feldspath angehörige Flächen, ausserdem in grosser Menge 615 ein grünliches durchscheinendes Mineral, das vielleicht Chloro- phäit sein dürfte und schwarzbraune perlmutterglänzende Partien, die vielleicht Glimmer sind. Dasselbe erkennt man in F, nur ist hier die braune Färbung vorherrschend. Das ganze Gestein ist fein mit Kalkspath durchschwärmt, der in E weiss, in F braun gefärbt ist. Daher brausen beide mit Säuren, aber F stärker als E. Spec. Gew. von E = 2,712, von F = 2,727. G. Gestein von Johannisberg, von Herrn Professor Bey- RICH gesammelt. Es tritt im Melaphyrzug, aber isolirt auf und weicht petrographisch weit von den andern Gesteinen desselben ab. Es ist dicht, fast pechstemartig, basaltschwarz, von Feld- spathhärte. Spee. Gew. = 2,6275. Keine Spur von Zersetzung. Ausgeschieden sind kleine unbestimmbare Feldspathkrystalle. Diese Gesteine zeigten folgende chemische Zusammensetzung: A. B.ueeogd Bpı mi Ip @. Kieselsäure 55,54 54,96 54,58 50,30 46,52 47,54 57,82 Thonerde 23,74 31.14 18,92 25,283 20,83 18,17 17,53 Eisenoxydul 3,92 } 10,87 12,93 9,76 10,08 8,43 Kalk 7,26 4,89 717 5,10 10,80 8,44 10,53 Magnesia 2,39 Spur 1,15 0,9 3,21 2,84 0,65 Natron 92,76 2,27 - 3,08 Kali 1,274*) 3294084 051 lt 030 | 5,044 Wasser - 1,69 2,72. 211. 2,46 2,03 2,24 Phosphorsäure 0,54 0,73 1,12 Spur 1,21 —_ — **) Kohlensäure - 2,13 — Spur 3,13 4,04 _ Titansäure 0,89 _ _ — — _ —_ "100,00 99,96 100,00 100,31 100,00 96,73 100,00 Die Resultate einiger Analysen von stark zersetzten Mela- phyren und einigen anderen Gesteinen des schlesischen Porphyr- zuges sollen später mitgetheilt werden. Die‘ angeführten Analysen geben ein Bild der Zusammen- setzung der Melaphyre in den verschiedensten Gegenden, in ver- schiedenen Zuständen der Zersetzung und in ihren Uebergängen in andere Gesteine. Es findet scheinbar eine grosse Mannichfal- tigkeit statt; doch versuchen wir-es, aus der grossen Zahl die- jenigen Analysen hervorzuheben, die als typisch gelten können, d.h. die an unzersetzten Stücken unzweifelhafter Melaphyre nach einem sicheren Gang angestellt worden sind. Als Merkmale der *) Wo bei den Alkalien ein + steht, wurden sie aus dem Verlust bestimmt. **) Die Phosphorsäure wurde bei F und G nicht bestimmt. 616 2 Zersetzung ergeben sich beim Melaphyr, wie später gezeigt wer- den wird: Brausen mit Säuren, Thongeruch, geringe Härte und verändertes äusseres Ansehen. Unter den von mir ausgeführten Analysen können nur zwei als maassgebend betrachtet werden, die unter A und Ü ange- führten. Die Gründe, weshalb alle anderen nicht zur Feststellung der allgemeinen chemischen Zusammensetzung des Melaphyrs dienen können, sind aus den Gesteinsbeschreibungen klar. Diese beiden indessen sind in jeder Beziehung äusserst charakteristische Melaphyre. — Von den SöchrınG’schen Analysen kann nur die des Melaphyrs von Ilmenau als normal gelten, die Gründe wur- den schon erwähnt. Aus der grossen Anzahl der von DELEssE ausgeführten Analysen kann nur Eine zur Vergleichung benutzt werden, die des Gesteins von Belfahy. Die Gründe sind klar. Die Spilite von Emouliere und -Öberstein sind durch die abnorme Struktur von vorn herein ausgeschlossen; die Porphyre von Giro- magny und Puix sind nicht hinreichend charakterisirt, um sie sicher zu benutzen. Die Grundmasse des ersteren ist röthlich und dies kann einen Uebergang in rothen Porphyr anzeigen, wofür auch der hohe Kieselsäure-Gehalt spricht. Der Porphyr von Puix ist noch weniger charakterisirt. — Die BERGEMANN’- schen Analysen stimmen nach Reduction der kohlensauren Salze ganz mit den Resultaten der vier 'bis jetzt hervorgehobenen über- ein. Dennoch dürfen sie nicht zu diesen gestellt werden, da der bedeutende Gehalt an Kohlensäure eine weit vorgeschrittene Zer- setzung anzeigt, obwohl bei der Gesteinsbeschreibung das Brau- sen mit Säuren nicht erwähnt ist. Jede Reduction aber ist will- kührlich. Nur der „Melaphyr von Pitschberg’” enthält keine kohlensaure Salze und gerade dieser ist, wie schon erwähnt, wahrscheinlich kein Melaphyr. — Die Gründe, weshalb keine der Analysen von DıpAy als normal zu betrachten ist, sind klar und bedürfen keiner Erläuterung. — Was die älteren Analysen betrifft, so erlaubt die geringere Genauigkeit der damaligen Me- thoden sowie der Gesteinsbeschreibungen nicht, sie hier anzu- führen, wo es darauf ankommt, aus den genauesten Analysen ein Mittel zu erhalten, das zur Abgrenzung des Melaphyrs gegen andere Gesteine dienen soll. Sie behalten ebenso wie die meisten der aus der Vergleichung ausgeschlossenen Analysen, immerhin ihren Werth für die Kenntniss der Veränderungen durch die Zersetzung und der Uebergänge in verwandte Gesteine, deren % 617 Kenntniss von gleicher Wichtigkeit ist als die der Normal- Typen. Es können demnach von allen angeführten Analysen vier als typisch gelten; ihre Resultate ergeben, auf 100 berechnet, folgende Werthe: 2. b. C. d. Kieselsäure _ 52,40 54,48 55.54 54,58 Thonerde 21,81 A223 782 Eisenoxydul 8,86 Il 3.92 10,87 Kalk 3,61 6,91 7,26 lz Masgnesia 3,56 3,31 Be) 1,15 Be 2 2,41 a 4.08 ali 23 1,92 1270| Wasser 2,07 227 1,69 2,11 Phosphorsäure — — 0,54 1.12 Titansäure —_ — 0,89 —_ Kohlensäure 0,51 — = 100. 100. 100. 100. a. Melaphyr von Belfahy nach Derxssr, b. derselbe von Ilmenau nach Söch'rise, ce. derselbe nach meiner Analyse, d. derselbe von Landeshut desgleichen. Diese vier Analysen stammen von den am meisten cha- rakteristischen der bekannten Melaphyr-Vorkommnisse, aus räum- lich weit getrennten Gegenden. Ihre Uebereinstimmung ist in der That auffallend; es wird daher nicht ungereimt erscheinen, aus ihnen das Mittel zu ziehen. Zwar bedarf es, um einen festen Anhaltspunkt zu gewinnen, einer viel grösseren Zahl von Unter- suchungen. Da jedoch nicht mehr zur Vergleichung geeignete Analysen vorhanden sind, so kann vielleicht ein dem wahren Mittel sich näherndes Resultat hinreichen, um einen Ausgangs- punkt für die Beurtheilung der übrigen hier angeführten zu er- halten. Wahrscheinlich ist der sich ergebende Alkaligehalt zu hoch, der Kalkgehalt zu niedrig, beides durch die Analyse, von Deresse. Thonerde und Eisen bleiben nur in ihrer Summe constant; jeder dieser Bestandtheile für sich schwankt sehr. Um das Mittel zu erhalten müssen die vier Analysen auf eine Zahl berechnet werden, die nach Abzug des Mittelwerthes der nicht bei allen untersuchten Bestandtheile, der Phosphorsäure 618 und Titansäure von 400 bleibt. Kohlensäure ist, als von Zer- setzung herrührend, nicht zu berechnen. Der Werth der Phos- phorsäure ist im Mittel aus fünf von meinen Analysen (1,12 — 1,21 — 0,73 — 0.76 — 0,54) = 0,87. Die Titansäure habe ich nur bei der vorliegenden Analyse (c.) = 0,89 bestimmt. Da sie jedoch überall vorhanden ist, so soll der gefundene Werth in Rechnung gebracht werden. Es sind demnach alle Analysen zu berechnen auf 100 — (0,87 + 0,59) = 98,24. a, b, e, d geben die betreffenden Werthe, e das Mittel aus denselben, f dasselbe mit Phosphorsäure und Titansäure auf 100 berechnet: 2. b. e B B Kieselsäure. 51,48 54,32 55,36 54,24 9985 54,12 Thonerde 215437 2119,36 7.28.07 1.1879 7,20,817,,20791 Eisenoxydul 8,69 8,40 3,90 10,81 7,95 7,99 28,90 6 Kalk 3,98 Magnesia 3,48 3300 22735 1,14 2,08 2,09 Natron 3.27 2,41 2,75 ; 314 3,16 Kali 2,98. 1,99. 426.0. .1,69. 1,70 Wasser 2,03 2,26 1,68 2,09 2,01 2,03 Phosphorsäure — = — _ _ 0,87 Titansäure — — _ - = 0,89 98,24 9824 9824 9824 97,73 100,00 Diese oberflächliche Berechnung der Durchschnitts-Zusam- mensetzung des Melaphyrs soll nun ihre Anwendung finden auf die mineralogische Zusammensetzung und auf die petrographische und geologische Stellung. Mineralogische Zusammensetzung, Nicht mit Unrecht sind die Melaphyre als „Gesteine be- zeichnet worden, welche sich fast durch nichts als gerade durch den Mangel jedes bestimmten Charakters auszeichnen.”*) In der That ist ihre mineralogische Zusammensetzung durch physi- kalische Mittel wenig bestimmbar. Daher die vielen :verschie- denen Interpretationen derselben, die Stellung des Melaphyrs unter so verschiedenen Gruppen von Gebirgsgesteinen und die Vereinigung so vieler Gesteine unter dem weiten Begriffe seines Namens. Noch unsicherer ist der Boden der blossen chemischen *) Gumprechr in Leoxn. u. Br. Jahrb. 1842. p. 829. 619 x Analyse ohne physikalische Untersuchung. Zu möglichst sicherer Bestimmung müssen sich beide Wege vereinigen. Die genaue Beobachtung der ausgeschiedenen Gemengtheile muss als Grund- lage dienen; auf ihr fussend kann man die chemische Zusammen- setzung der Grundmasse richtiger beurtheilen. Dieser Weg soll hier befolgt werden. Auskrystallisirte Gemengtheile., Dieser Begriff ist ein sehr unbestimmter, da die meisten Melaphyre nur aus auskrystallisirten Gemengtheilen bestehen. Indessen bilden sie bei allen eine sehr feinkörnige Grundmasse, in welcher oft grössere Krystalle porphyrartig ausgeschieden sind. Diese allein sollen hier betrachtet werden. Es sind bisher ge- funden. worden: 1.0 Reikdspath: Schen BRONGNIART bezeichnet den Melaphyr als „envelop- pant des cristaux de feldspath.’ FREIESLEBEN beobachtete ihn in seinem „Pseudoporphyr”, Fausas im Trapp. L. v. Buch giebt in dem „Augitporphyr oder Melaphyr” des Fassathales in den früher citirten Stellen die Häufigkeit der Feldspathkrystalle als wesentlich und vom Basalt unterscheidend an; doch spricht er nur dann von der Häufigkeit des Feldspaths, wenn von den eigentlichen Augitporphyren die Rede ist; denn z. B. die Mela- phyre des Thüringer Waldes beschreibt Buch als „nur selten mit kleinen Feldspathkrystallen” vorkommend. So wie der Thü- ringer Melaphyr nur stellenweise Feldspathkrystalle enthält, feh- len dieselben in dem schlesischen fast ganz. ZoBEL und v. CAR- NALL halten zwar die ganze Masse des schlesischen Gesteins für einen feinkörnigen festverbundenen Feldspath, doch finden sie in dem Vorkommen dieses Minerals in Krystallen schon einen Uebergang in Porphyr. Bis hierher fragte man nicht nach der Species des Feld- spaths. Erst als’ Hesser, zu beweisen suchte, dass, der Basalt aus Augit und Labrador bestehe, forschte man jener auch bei anderen Gesteinen nach. Dies’ that insbesondere Herr Professor G. Rose zuerst in dem Aufsatz über die Grünsteine. Auf die Resultate dieser für unsere Gesteine epochemachenden Arbeit wurde schon hingewiesen. Sie bestehen im Wesentlichen aus der Annahme, dass alle Grünsteine aus Kali- oder Natron-Feld- spath und Hornblende, oder aus Labrador und Augit bestehen; 620 Labrador soll die Gegenwart von Hornblende ausschliessen. Auch über die Form der Labradorkrystalle ist einiges angegeben. Sie sind fast symmetrische sechsseitige Prismen, meist durch Aus- dehnung von M breit, dadurch im Querbruch als dünne Streifen erscheinend. Da sie immer Zwillinge sind, erscheint P mit ein- springendem Winkel. Spaltungsflächen sind selten. — CREDNER giebt in seinem ersten Aufsatze (1841) über den Thüringer Wald „grünlichgrauen Feldspath” im Melaphyr an, ohne ihn näher zu bestimmen. Doch erklärte er ihn schon 1843 für La- brador und bält ihn für das unterscheidende Merkmal von .quarz- führendem Porphyr. Nur am Tannenrain bei Neustadt findet CREDNER Orthoklas, doch hält er selbst das Vorkommen dessel- ben für problematisch. Auch in allen späteren Aufsätzen hält er den Feldspath des Melaphyrs für Labrador, ohne dies als ganz sicher aufzustellen. — GUMPRECHT schliesst sich der An- sicht an, dass der. Melaplıyr aus Augit und Labrador bestehe, fügt jedoch hinzu, dass keiner der beiden Bestandtheile nachge- wiesen sei, B.Corra hält den Feldspath im thüringischen Me- laphyr, seinem „Glimmerporphyr”, für Tetartin. STUDER und die meisten Geologen und Petrographen sind Anhänger der Ansicht, dass der Feldspath aller Melaphyre Labrador sei. Es bleibt nur übrig, besondere Forschungen und abweichende Ansichten ‚anzu- führen. BERGEMANN erwähnt in der Beschreibung der zu seinen Analysen verwendeten Gesteine keine ausgeschiedene grössere Krystalle; doch erkennt derselbe mit der Lupe ein Labrador- ähnliches Mineral und bei der Behandlung mit Säuren bleibt eine gelblichweisse labradorische Grundmasse mit vielen schwarzen Nadeln und Punkten zurück. DELESSE giebt werthvolle Aufschlüsse über die eingeschlosse- nen Feldspathkrystalle, die im Melaphyr der Vogesen von be- sonderer Grösse vorkommen. Er hat diese, so wie die aus eini- gen anderen Gesteinen physikalisch und chemisch untersucht. Die Resultate sind folgende: I. Feldspath des Porphyrs von Belfahy. Weiss in’s Grünliche; Härte unter Feldspath; spec. Gew. = 2,719, Glühverlust = 4,38. Kıystalle nieht einfach, deutlich einundeingliedrig. Auf P Zwillingsstreifung, P:M=55° 30‘, der einspringende Zwillingswinkel = 171°. Alles dies stimmt ebenso wie Schmelzbarkeit mit Labrador überein. Die Analyse weicht von normalen Labrador-Analysen nur durch bedeuten- 621 den Gehalt an Kali, geringen an Kalk ab. - Dies veranlasst DeELEsse, mit Beibehaltung der Sauerstoff-Quotienten 1:83:60 folgende Formel aufzustellen: 3[cCa, H)Si+ A1Si] + 2(NaSi+ AlSi)--(KSi-- AlSi). E. pe Beaumont hielt diesen Feldspath auch für Labrador, Dauseee für Oligoklas, was durch die Analyse aeser zu werden scheint. I. Feldspath aus dem Porphyr von Oberstein, Weiss, durchsichtig; spec. Gew. — 2,642. III. „Labrador aus dem Melaphyr zwischen Botzen und Col- mann.” Krystalle klein. Wassergehalt = 0,73 bis 1,24. IV. „Labrador” aus dem Serpentino verde antico der Stein- brüche von Lakonien. Spec. Gew. = 2,883. Nach G. Rosz sind diese Krystalle Oligoklas. V. Feldspathkrystalle aus dem Porphyr von Tyveholms- Udden bei Cap Holmen am Christiania-Fjord. Dieser Porphyr gehört zu den Rhomben-Porphyren; in einer Grundmasse von rauchgrauer bis röthlichbrauner Farbe liegen grosse Krystalle eines Feldspaths, den Deuvsse für Labrador, G. Rose wegen der recbtwinkligen Spaltungsrichtungen für ge- meinen Feldspath hält. *) I. 1. Il. IV. V. Kieselsäure 52,89 53.39 53,23 . 53,20 55,70 Thonerde 27,39 20.00, 0 2000 2e3i 23,23 Eisenoxyd 1,24 0,97 1,50 1,03 al Manganoxydul 0,30 — Spur Spur Spur Kalk 5,89 8,28 8,28 8,02 4,94 Magnesia Spur — 0,93 1,01 0,72 Kali 4,58 1,28 iu 3,40 3.53 re 5.29 a Wasser 2,28 Glühverlust 3,00 0,95 A 0,77 99,86 100. 100. 100. 99,64 *) Die Uebereinstimmung der Analyse dieses Feldspaths von Dk- LESSE mit Labrador- Analysen ist ebensowenig wie bei seinen anderen erwähnten Untersuchungen von Feldspathen, ein Beweis für die Richtig- keit seiner Ansicht. Wie selten eingeschlossene Krystalle rein sind, wie oft sie Theile der Grundmasse bei ihrer Bildung eingeschlossen haben, kann man oft schon durch einfache Vergrösserung erkennen. Rechnet man dazu die Schwierigkeit der Isolirung eingeschlossener Krystalle, so ergiebt sich leicht die Unzuverlässigkeit solcher Analysen. 622 BiscHorF erklärt die meisten im Melaphyr ausgeschiedenen Feldspathkrystalle für Labrador; das Vorkommen von Oligoklas hält derselbe für möglich, bezweifelt aber das des Albits. — Naumann hält die Krystalle ebenfalls für Labrador und glaubt, dass der Melaphyr wahrscheinlich nur aus Labrador mit etwas titanhaltigem Magneteisen bestehe. — Söchtiıne erklärt den Feldspath im Melaphyr von Ilmenau für Labrador. An den schlesischen und thüringischen Melaphyren lässt sich, soweit ich sie untersuchte, über den Feldspath wenig fest- setzen. In ersteren sind Krystalle desselben so selten, dass ich in allen von mir gesammelten Stücken nur zwei entdecken konnte; an diesen lässt sich wegen ihrer undeutlichen Ausbildung nur die durch Vorherrschen von M tafelartige Ausbildung erkennen. Ungleich klarer sind die Feldspathkrystalle im Melaphyr von Thüringen und zwar in dem von Ilmenau. Sie zeigen deutlich die Zwillinge des einundeingliedrigen' Systems mit Verwachsung der Individuen parallel M. Eine Analyse der Krystalle war ihrer geringen Grösse wegen unausführbar. Da sie selbst kei- nen nähern Aufschluss über die Species geben, so will ich später versuchen, aus der Beschaffenheit der Grundmasse deren mine- ralogische Zusammensetzung abzuleiten und soweit es möglich ist, Schlüsse auf die Art des Feldspaths derselben zu ziehen. Die Annahme der Identität des Feldspaths der Grundmasse mit den ausgeschiedenen Krystallen dürfte wohl nicht als gewagt erscheinen. 2. Aurıt Das Vorkommen von Augit in ausgeschiedenen Krystallen ist charakteristisch für eine bestimmt abgegrenzte Gruppe der- jenigen Gesteine, die man mit dem Namen „Melaphyr” bezeich- net hat, insbesondere für die Augitporphyre des südlichen Tirols. In dem Melaphyr des Thüringer Waldes kommt er nicht vor. Zwar suchte ihn L. v. Buch in demselben nachzuweisen, um ihn mit dem Tyroler Gestein zu ıdentificiren; doch kam er nur zu folgendem Resultat: „Dass diese Hauptmasse Augit enthalte, ist freilich nicht leicht zu erkennen; indessen, wäre es Hornblende, so glaube ich, würde man Eisenkies in kleinen Punkten gar häufig darin finden und bei einzelnen grösseren Krystallen ist es wohl zuweilen möglich, zu sehen, dass ihnen der blättrige Bruch der Hornblende nicht zukommt.” Vom lIlefelder Porphyr sagt Buch: „Augit habe ich nie darin erkannt, doch bin ich 623 überzeugt, man wird ihn schon finden.” CREDNER sucht zu zei- gen, dass in den Thüringer Melaphyren kein Augit ausgeschie- den vorkommt; „nur das dunkelgrüne Mineral mit fast recht- winkligen Blätterdurchgängen im Melaphyr vom Gabelberg bei Gehberg dürfte ihm entschieden angehören.” — Die Ansichten fast aller anderen Geologen, die dieses Thema behandelt haben, sind in Naumann’s Lehrbuch der Geognosie zusammengestellt. Es ergiebt sich daraus, dass in einer ganz bestimmten Gruppe der als Melaphyr oder Augitporphyr identifieirten Gesteine der Augit ganz fehlt. Nur Ein zu derselben gehörendes Gestein soll nach seines Bearbeiters Angabe dieses Mineral enthalten; es ist der von Deresse untersuchte Porphyre de Belfahy. Die Krystalle sind nur mit der Lupe erkennbar; dennoch konnte DELESSE ihr spec. Gew. — 3,273 bestimmen und ihre augitische Natur fest- setzen. Der schlesische Melaphyr ist mit Bestimmtheit frei von Augit. ZOBEL und v. CARNALL vermuthen in demselben als färbendes Princip: Eisenoxyd, Eisenoxydul, Hornblende, „vielleicht auch Augit.” Selten treten nach ihnen diese Substanzen deut- lich hervor zu dioritartigen Gesteinen und Pyroxenporphyr. Letz- teren führen sie vom Hockenberg bei Eckersdorf an; doch ist das für augitisch gehaltene auskrystallisırte Mineral von G. Rose als Chlorophäit festgestellt worden. 3. Hornblende. Als Fausas DE St. Foxp den Melaphyr als selbstständige Gebirgsart dem unbestimmten Begriff „Trapp” entriss, stellte er, wie erwähnt, Hornblende als wesentlich auf, doch nur eine Päte d’amphibole pätrosilicieux. Er selbst sah, wie er sagt, keine Krystalle dieses Minerals, sondern leitete nur die Färbung, wie dies damals allgemein geschah, von Hornblende her. Auch spä- ter wurden Krystalle nie mit Bestimmtheit nachgewiesen, wenn auch oft als anwesend vermuthet wurden. — Im schlesischen Melaphyr sind sie ebensowenig vorhanden als Ausit. 4. Glimmer. Das Vorherrschen dieses Minerals in einigen Varietäten ist die Veranlassung des Corra’schen Namens „Glimmerporphyr.” In früheren Werken wird Glimmer als Bestandtheil der Mela- phyre wenig erwähnt; erst B. Corra lenkte die Aufmerksamkeit auf seine allgemeine Verbreitung und CREDnER erwähnt ihn in der Folge häufig. Ob er einen Bestandtheil aller Melaphyre 624 bildet, ist zweifelhaft. Doch ist es möglich, dass er das eigen- thümliche Schimmern der Bruchfläche von manchen veranlasst. In unzersetzten Melaphyren gehören alle Blättchen schwarzem Magnesiaglimmer an; bei der Zersetzung geht er häufig in Ru- bellan über, der vielfach erwähnt wird. Auch CREDXER führt ihn als „häufig an Gesteinsgrenzen” an; ebenso findet er sich im schlesischen Melaphyr. Sehr oft wird Rubellan in Mandel- steinen erwähnt. 5. Epidot. Fast in allen Gesteinsbeschreibungen, die den Melaphyr be- treffen, wird Epidot erwähnt. DELEssE führt pistaciengrüne, nadelförmige Krystalle dieses Minerals an, theils als untergeord- neten Gemengtheil, theils mit Quarz auf Gängen vorkommend, die Saalbänder des letzteren bildend. Im schlesischen Melaphyr scheint Epidot ganz zu fehlen. In Thüringen erwähnt ÜREDNER als reich daran das Gestein im Wassergrund oberhalb Breiten- bach und oberhalb Möhrenbach. 6. Quarz. Die Art und ‚Weise des Vorkommens von Quarz in allen Augit- und Hornblende-Gesteinen ist so bekannt und so vielfach und genau behandelt, dass ich dem reichen Schatz von Beobach- tungen nichts hinzufügen kann. Quarz ist nie Gemengtheil eines Melaphyrs, sondern findet sich nur in Mandeln, in Gängen und als abnorme Erscheinung in einzelnen sehr zerstreuten unregel- mässigen Körnern, doch nur in abnormen Gesteinen, wie in dem Thüringer Gestein der Analyse B. 7. Olivin. 2 Schon Fausas erwähnt, dass alle Trappgesteine frei von Olivin seien und sich dadurch scharf von Basalten und Laven trennen lassen. In der That ist dieses Mineral nie in einem Melaphyr gefunden worden, nur BERGEMANN führt es im „Me- laphyr von Pitschberg” an, der, wie erwähnt, dem Basalt zuzu- rechnen ist. 8. Kohlensaure Salze. Kohlensaurer Kalk und kohlensaures Eisenoxydul treten im Melaphyr ebenso auf wie der Quarz, durchschwärmen aber ausser- dem oft sehr fein das Gestein; dann geben sie diesem eine graue, oft bräunliche Färbung. Immer rührt ihre Gegenwart von be- gonnener Zersetzung her; nur mechanisch losgerissene Kalk- bruchstücke kommen auch im unzersetzten Gestein vor. 625 9. Titaneisen, Magneteisenstein, Eisenkies und Apatit sind nie als äusserlich erkennbare Gemengtheile ausgeschieden. Sie sind als Bestandtheile der Grundmasse an- zusehen, in der sie sich leicht nachweisen lassen. Andere Erze, besonders Manganerze, sind mehr auf Gänge beschränkt und auf die den Melaphyr begleitenden Conglomerate. Zeolithe und andere in Blasenräumen vorkommende Minera- lien sind ebensowenig wie Quarz und kohlensaure Salze als Be- standtheile des Gesteins zu betrachten. Grundmasse. Die Grundmasse der Melaphyre ist meist von dunkler Farbe, vom Basaltschwarzen besonders in Dunkelgrün und Braun überge- hend. Ein schwärzliches Roth mit vielen Abstufungen in die fleischrothe Farbe des Orthoklases zeigt in dem schlesischen Me- laphyr die Reihe der Uebergänge in rothen Porphyr an. Graue Farben sind häufig angeführt, doch zeigen sie die begonnene Zersetzung an und oft sieht man schwarze Gesteine gegen den Rand einer Kluftfläche grau, besonders grünlichgrau, gefärbt. Die zuerst angeführten Farben sind daher wohl für die normalen eines unzersetzten Melaphyrs zu halten. Der Bruch ist uneben ins Muschelige, selten wird er wirklich muschelig oder splittrig. Dies tritt besonders bei den rothen Abänderungen ein, die sich in der chemischen Zusammensetzung wie in den physikalischen Eigenschaften den harten Felsitporphyren nähern. Sie erhalten dann oft eine grosse Sprödigkeit mit ausgezeichnet muscheligem Bruch. Die Bruchfläche ist schimmernd von unzähligen kleinen Krystallflächen, die nur dem bewaffneten Auge erkennbar sind; durch Zersetzung wird sie matt. Sehr selten zeigt die Grund- masse durch ein geflossenes homogenes Ansehen die Spuren einer schnellen Erstarrung wie bei Johannisberg (An. G.). : Die Härte der normalen Melaphyre ist höchstens die des Feldspaths, oft darunter; also geringer als die der nahestehenden kieselsäure- reicheren Gesteine. Doch geht sie mit fortschreitender Zersetzung herunter durch alle Grade. Ueber das specifische Gewicht existi- ren folgende Angaben: Zeits. d. d. geol. Ges. VIII. 4. 41 626 CREDNER fand es am Melaphyr des Schwarzathales. . . 2.2... 2,694 bis 2,732 Derselbe an dem von Thüringen Mittel (an 21.Gesteinen). . -» » . - 23,63 bis 2,76 2,692 ZOBEL sund;YV. CARNALELI = 5% 42,68 bis: 2,75 BERGEMANN (2 Gesteine). . . . 2,748 bis 2,7504 VBuchntiher riet rel NABMANNWDE aaa bare sand) Bee SOCHTING. Ih.» = ‚ihhierid a ce 2 Ich fand es. . . 2 . 2,705 bis 2,741 Als Mittelwerth de chen Gewichts kann daher 2,70 angenommen werden. Versuche über die Schmelzbarkeit des Melaphyrs hat DE- LESSE bekannt gemacht. Er erhielt ein bouteillengrünes bis schwarzes Glas. Das specifische Gewicht nahm beim Porphyre de Belfahy von 2,775 ab bis 2,604, bei dem von Oberstein von 2,670 bis 2,603. Das chemisch gebundene Wasser schwindet beim Schmelzen; der Porphyr von Belfahy verliert 2,14, der von Öberstein 3,68 pCt. — Der Melaphyr von Landeshut ist vor dem Löthrohre an den Kanten schmelzbar. Im Gasgebläse kam das gepulverte‘ Gestein leicht in Fluss und erstarrte zu einem blasigen Glase, C zu einem von schwarzer, E von bou- teillengrüner Farbe. Die chemische Zusammensetzung der Grundmasse derjeni- gen Melaphyre, in denen Gemengtheile porphyrartig auskrystalli- sirt sind, scheint mit der der Gesammtmasse übereinzustimmen; wenigstens hat dies DELESSE für den Porphyr von a be- wiesen, Die mineralogische Zusammensetzung der Grund- masse ist der eigentliche Zankapfel bei dem Streit im Gebiet des Melaphyrs; in der That stehen wenige Mittel zu ihrer Er- forschung zu Gebote. Von physikalischen giebt es nur Eins, das in Verbindung mit der chemischen Analyse zur Gewinnung eines Resultates beitragen kann; dies ist die mikroskopische Un- tersuchung. Noch sind wenig Resultate dieser Art von Analy- sen bekannt. Ich selbst beobachtete nur den Porphyr von Giro- magny und den Serpentino verde antico, die der durch seine mikroskopischen Schliffe rühmlichst bekannte Herr Dr. OscHaArz mir mitzutheilen die Güte hatte. Neben unbestimmbaren Feld- spath und schwarzen Punkten von Titaneisen und schwarzen 627 Nadeln von Apatit war in beiden Mineralien besonders ein durchsichtiges grünes Mineral ausgezeichnet, welches sich im Verde antico durch einen glücklich geführten Schliff in dem Quer- schnitt eines Krystalls deutlich als Hornblende zu erkennen gab. Wegen dieses Mangels an physikalischen Mitteln hat man durch Berechnung die Natur der Gemengtheile und ihre relative Menge zu bestimmen gesucht. Es sind mehrere Arten solcher Berechnungen angewandt worden. Ich will dieselben so wie die durch sie für den Melaphyr erhaltenen Resultate zusammen- stellen, um beurtheilen zu können, ob eine derselben und welche anzuwenden sei, um genaue Resultate zu erlangen. Die älteste und erste Art der Berechnung der Gemengtheile von Gebirgsgesteinen ist die von. L. v. Bucn angewandte; er findet aus dem specifischen Gewicht der Gesammtmasse und dem jedes einzelnen Gemengtheils die relative Menge der letzteren. Diese Methode ist nur anwendbar, wenn man entweder die rela- tive Menge der genau bekannten Gemengtheile einer grobkörni- gen Gebirgsart kennen lernen will oder wenn man bei einer feinkörnigen, wie der Augitporphyr oder der Melaphyr, sich genau überzeugt hat, dass die Grundmasse aus denselben Mine- ralien besteht, die ausgeschieden vorkommen und wenn man de- ren specifisches Gewicht genau kennt. Dies Alles sind Bedin- gungen, die das schon voraussetzen, was man sucht. Die Me- thode wurde daher seit ihrer Aufstellung nur noch einmal an- gewandt von DELESSE mit einigen Abänderungen, die wohl kaum grössere Genanigkeit erzielen dürften. : Alle anderen Arten der Berechnung gründen sich auf die chemische Zusammensetzung. Am nächsten liegt es, dabei von dem unmittelbaren Resultat der Analyse auszugehen. Die Me- thode ist vielfach angewendet worden; von GMELIN am Phono- lith, von RAMMELSBERG und GiRarD am Basalt und von meh- reren Anderen. Meist liegt ihr die Zersetzung in einen in Salz- säure löslichen und einen unlöslichen Gemengtheil zu Grunde, Unter den angeführten Analysen hat BERGEMANN die seinigen nach dieser Methode berechnet. Es werden kohlensaures Eisen- oxydul, kohlensaurer Kalk und Eisenoxydoxydul von dem Jösli- chen Bestandtheil abgezogen, der Rest ergiebt ein nicht weiter bestimmbares Silikat. Im unlöslichen Bestandtheil wird aus den Alkalien die Menge des Labradors, der als anwesend vorausge- setzt wird, berechnet; der Rest ergiebt mit grösserer oder ge- 41* | 638 ringerer Genauigkeit die Zusammensetzung des Augits. Die hier- durch gewonnenen Resultate dürfen wohl kaum als richtig an- gesehen werden. Die Gründe sind einerseits das von Vielen (Bıscuhor, GIRARD u. A.) näher erörterte Verhältniss der Zer- setzbarkeit der einzelnen Mineralien durch Chlorwasserstoffsäure, andererseits der Umstand, dass man nur die Menge der Minera- lien sucht, die man im Gestein vermuthet und die man bei An- nahme eines unbestimmbaren Silikats als Rest auch immer findet. Auch geht man von einer gewissen mittleren Zusammensetzung jedes in dem Gemenge zu suchenden Minerals aus, was zu sehr falschen Resultaten führen kann, indem z. B., worauf BıscHor aufmerksam macht, der als Ausgangspunkt dienende Alkali- gehalt des Labradors von 3 bis 10 pCt. schwankt. Bei den Berechnungen eines anderen Analytikers finden sich alles Alkali und aller Kalk als Ausgangspunkt zur Berechnung des feldspa- thigen Gemengtheils benutzt. Dies ist sehr willkührlich, da der Augit, der sich als Rest ergiebt, bis 25 pCt. Kalk enthalten kann. Genauer verfährt Deresse, der zuerst den Feldspath in seinem Melaphyr von Belfahy analysirt und nun aus dem Alkali- gehalt des Ganzen mit grösserer Genauigkeit die Menge dessel- ben findet. Den Rest.berechnet er nicht. Weit häufiger als aus dem unmittelbaren Resultat der Ana- lyse werden die Gemengtheile aus den Sauerstoff-Verhältnissen berechnet. Doch sind auch hier verschiedene Wege eingeschla- gen worden. Die einfachste Methode ist die von Dıvay, HocH- MurTA und Anderen angewandte. Doch möchte sie wohl für noch weniger genau zu halten sein als die vorige, da man nach ihr Alles, was man wünscht, aus einer Analyse herausconstrui- ren kann, wie dies die Resultate beweisen. Zu weit genaueren Resultaten führt Biscnor’s Methode der Sauerstoff Quotienten. Doch setzt auch sie allgemeine Schlüsse auf die Natur der Ge- mengtheile voraus und berücksichtigt nicht die untergeordneten der letzteren, wie Apatit, Titaneisen, Magneteisen u. s. w. Den Vorzug, diese zu berücksichtigen, hat der von SARTORIUS von WALTERSHAUSEN *) angegebene Gang. Doch dürfte man durch Anwendung desselben kaum zu genaueren Resultaten gelangen als durch die vorigen. Denn abgesehen davon, dass er nur dann anwendbar ist, wenn man die relative Menge der vorher *) Die vulkanischen Gesteine von Island und Sicilien. 629 erkannten und mit Sicherheit festgestellten Gemengtheile suchen will, hat sie mehrere bedeutende Schwierigkeiten. So können die Grössen A, u, 5, h, 8, &, k nie absolut genau sein, selbst wenn sie aus Gesteinen der Gegend gefunden worden sind, aus der die zu untersuchende Gebirgsart stammt. Herr SArToRIUS berechnet sie für isländische Gesteine nur aus Gebirgsarten die- ses Landes. Doch sind ı und u das Mittel aus nur drei Ana- lysen. Trotz dieser geringen Genauigkeit erfordert die Feststel- lung dieser Grössen für eine bestimmte Gegend die Zeit eines Menschenlebens. Keine der angeführten Methoden, die man zur Berechnung der Zusammensetzung von Gebirgsgesteinen angewendet hat, kann als genau gelten, Jede derselben ergiebt andere Resultate, Dies beweist die in der That höchst auffallende Verschiedenheit der von den verschiedenen Analytikern berechneten Zusammen- setzung des Melaphyrs. Folgendes sind die Resultate: 630 Te ne I. Gestein vom Schaumberg II. Dasselbe verwittert III. Gestein von Kirn IV. ‚„Melaphyr v. Pitschberg” V. Melaphyr von Agay Derselbe VI. Melaphyr von Frejus Derselbe VII. Melaphyr von Garde Derselbe VIII.Melaphyr von Adrets Derselbe IX. Porphyre de Belfahy X. XI. Melaphyr von 'Tabarz XII. Melaphyr v. Schmalkalden XII. Melaphyr von Manebach XIV.Melaphyr von Ilmenau Dıpay SÖCHTING Dıpay SÖCHTING Diıpay SÖCHTING Dıpay SÖCHTING DeLess&E Porphyrv. Martinsschacht | Hocumura SÖCHTING SÖCHTING SÖCHTInG Söeutine [67,13 BerGemann] 70,806 Bengenans [61,26 BerGEMmanN [04,08 BERGEManN [22,19 Labrador. „KRalifeld- spath”. Oligoklas. Albit. 21,93|25,87 36,43 58,55 T er Augit. z —- Sr I Hornblende. Eisenoxydul. Eisenoxyd- hydrat. Eisenoxyd. „Unbestimm- bares Silikat.’” Magneteisen. Kohlens. Kohlens. Kalk. Thonerde. Quarz Wasser. Olivin. ji so o Ar SS =; N [=> LS an ag SSrS6) SIR EST 3,97|16,94 *) Das Zeichen } bedeutet die Anwesenheit eines Bestandtheils ohne quantitative Bestimmung. **) In der Gesteinsbeschreibung wird kein Olivin erwähnt, dennoch ergiebt die Berechnung 30 pCt. und zwar mit 20,78 Thon- erde und 2,59 Magnesia. 631 ? Die Zusammenstellung zeigt ebenso viele gänzlich von ein- ander verschiedene Gemenge, als Methoden der Berechnung .an- gewandt worden sind. Eine quantitative Verschiedenheit oder das Hinzutreten einzelner Nebenbestandtheile oder das Vicariiren eines derselben wäre nicht ungereimt. Doch dass Gesteine, die in ihrem äusseren Ansehen, in Farbe, Struktur, specifischem Ge- wicht, in ihren auskrystallisirten Gemengtheilen und in der chemischen Zusammensetzung von weit entfernten Orten einander fast vollkommen gleichen, dass diese in den Eigenschaften, die durch die bisher angewandten Mittel nicht so zugänglich sind wie jene erwähnten, sich so überaus verschieden verhalten, lässt sich wohl kaum annehmen. Sollte dieselbe Gebirgsart bald mit La- brador und Augit, bald aus Albit und Augit, bald aus Oligoklas und Hornblende, bald aus Albit, Augit, Eisenoxyd und Quarz, bald aus anderen bestimmbaren und unbestimmbaren Gemeng- theilen bestehen können? Es scheint daher, so lange man keine neuen sichereren Methoden anwendet, in der That gewagt, die Bestandtheile zu berechnen, sobald man keine andere Controlle für die Richtigkeit der Berechnung hat, als die Uebereinstim- mung der Summe der gefundenen Zahlenwerthe mit denen der Analyse, die man in jene zerlegt hat. Aus allen diesen Grün- den verlasse ich in dieser Arbeit den gewöhnlichen Weg der Berechnung. Einen befriedigenden kann man noch nicht an seine Stelle setzen. Für eine quantitative Bestimmung giebt es keine ausser der richtigen Anwendung des erwähnten. Selbst für die qualitative Bestimmung sind wir auf sehr unsicherem Boden und er wird desto unsicherer, je mehr die Grösse der Bestandtheile und ihre Bestimmbarkeit durch physikalische Mittel abnimmt. Doch giebt es für die letzteren keine Grenze und sobald ein Gestein durchaus krystallinisch ohne geflossene ho- mogene Grundmasse ist, wie die normalen Melaphyre, sind jene noch anwendbar, wenngleich in geringerem Maasse. Die Ge- wissheit bei der Bestimmung der Gemengtheile grobkörniger Ge- steine wird bei feinkörnigen zur Wahrscheinlichkeit, die oft nur eines kleinen Umstandes bedarf, um völlige Gewissheit zu wer- den. In den meisten Fällen, und so auch bei Melaphyr, lässt sich eine Zusammensetzung angeben, die allen beobachteten That- sachen entspricht, ohne dass sich bestimmte Beweise für sie auf- stellen lassen. Die Sehlüsse auf die Gemengtheile ergeben sich: aus dem allgemeinen. Resultat der chemischen Analyse, 632 ® aus den ausgeschiedenen Mineralien, aus der mikroskopischen Untersuchung und aus dem specifischen Gewicht. Nach Allem, was sich hinsichtlich der vier Punkte theils aus früheren, theils aus meinen eigenen Beobachtungen ergiebt, glaube ich mit Bestimmtheit aussprechen zu dürfen, dass der Melaphyr von Schlesien, Thüringen, den Vogesen , dem Harz und von Oberstein wesentlich ein Gemenge von einem einglie- drigen Feldspath, wahrscheinlich Oligoklas, und Hornblende ist. Aus den Analysen wäre dies ebenso leicht herauszurechnen wie jedes andere Gemenge, daher ich diesen scheinbar richtigen ver- führerischen Weg nicht einschlage. Mehrere Gründe sprechen dafür, dass der dunkle färbende Bestandtheil nicht Augit, son- dern Hornblende ist. Es ist noch nie Augit in den Gesteinen der. genannten Fundorte als Gemengtheil der Grundmasse gesehen, noch mit Sicherheit nachgewiesen worden und ausser der Analogie mit den Augitporphyren kein Grund vorhanden, dies Mineral als Gemengtheil anzunehmen. Hornblende ist ebenso wenig be- stimmt nachgewiesen. Insofern sind beide Annahmen gleich wenig berechtigt. Doch sprechen folgende Gründe für Hornblende: 1. Die chemische Zusammensetzung spricht wegen des hohen Kieselsäuregehalts weit mehr für ein Hornblende-, als für ein Augitgestein, da er bei letzterem, soweit sie bestimmt als unzersetzte augitische Gemenge nachgewiesen sind, kaum 50 pCt. übersteigt. Doch ist dies allein nicht ent- scheidend. Von weit grösserem Gewicht ist 2. das specifische Gewicht, welches bei keinem augitischen Gestein so weit herabgeht, als bei den Melaphyren der höchste Werth beträgt. 3. Die. mikroskopische Untersuchung des Serpentino verde antico ergiebt, wie S. 627 mitgetheilt wurde, dass der fär- bende Gemengtheil dieser Gebirgsart Hornblende ist. Nach der Analyse von DEiESsE gehört dies Gestein zum Melaphyr. 4. Nach den Versuchen von DELESsSE färben sich die Me- laphyre, wie alle amphibolischen Gesteine, beim Glühen braun, wie ich dies bei meinen Gesteinen bestätigen konnte. Augit wird beim Glühen schwärzer. Schon DELESSE suchte nachzuweisen, dass Hornblende in 633 der Grundmasse seines Porphyre de Belfahy sei, während er die ausgeschiedenen Krystalle für Augit hielt. BiscHhor sucht zu beweisen, dass, wenn er die Menge des „Labradors‘“ in den Melaphyren aus dem Alkaligehalt berechne, der Rest eher für Hornblende als für Augit anzunehmen sei. Doch glaubt Bıscnor, diese Hornblende sei durch Umwandlung von Augit entstanden. NAUMANN suchte nur den Mangel an Augit,, nicht die Gegen- wart von Hornblende, zu beweisen. Der feldspathige Gemengtheil wurde fast stets für Labrador oder Albit erklärt, sehr selten für Oligoklas. Die Hypothese, dass er Albit sei, entbehrt jedes Beweises und jeder Wahrscheinlichkeit, da Albit noch nie als Gemengtheil einer Gebirgsart nachgewiesen wurde. Es bleibt also nur zu ent- scheiden, welcher der beiden Species einundeingliedriger Feld- späthe, Labrador oder Oligoklas, er angehöre. Der Krystallform nach sind beide Annahmen gleich berechtigt. Die chemische Zu- sammensetzung gestattet nicht die Annahme von Labrador als Gemengtheil, da der Normalwerth der Menge der Kieselsäure des Melaphyrs (54,12) den des Labradors übersteigt, während sie durch das Hinzutreten von Hornblende oder Augit und von kieselsäurefreien Nebenbestandtheilen weit unter demselben zu- rückbleiben müsste. Dagegen bildet sie einen Mittelwerth zwi- schen dem Kieselsäuregehalt des Oligoklases und derjenigen Hornblende, die als Gemengtheil von Gebirgsgesteinen vorkommt. Ebenso verhält es sich mit dem specifischen Gewicht. Das mitt- lere specifische Gewicht des Labradors (2,714 nach G. Rose) übersteigt das des Melaphyrs (2,7); das Hinzutreten von Horn- blende oder Augit würde es noch bedeutend steigern, während Gemenge von Oligoklas und Hornblende leicht alle gefundenen Werthe des specifischen Gewichtes haben können. Was ausser den wesentlichen Gemengtheilen, Oligoklas und Hornblende, an der Zusammensetzung der Grundmasse des Me- laphyrs beiträgt, lässt sich nur zum Theil mit Sicherheit fest- stellen. Apatit und Titaneisen dürfen als stets vorhanden angesehen werden. Die Gegenwart von Magneteisenstein ist von der Menge der vorhandenen Titansäure abhängig, daher wohl nicht constant. Der schlesiche Melaphyr vom Hockenberg ist ausserdem sehr reich an Chlorophäit; sonst wird dieses Mineral nicht erwähnt. Ob der Magnesiaglimmer an der Zusammensetzung der Grundmasse aller Melaphyre beiträgt, ist 6.34 schwer zu entscheiden. Wo er in grösseren Krystallen ausge- schieden ist, scheint er auch in dem Gestein fein vertheilt zu sein. Struktur. Die Mannichfaltigkeit in der Struktur chemisch gleich zu- sammengesetzter Gesteine ist zuweilen ungeheuer; sie nimmt von den ältesten zu den jüngsten Gesteinen fortwährend zu. Der Granit tritt uns überall als ein krystallinisches Gemenge ent- gegen und ändert oft in grossen Gebirgsmassen nicht bemerkbar seine Struktur. Die Produkte der Vulkane dagegen sind auf geringem Raum oft eine Musterkarte der verschiedensten Struktur- verhältnisse. Der Melaphyr, als ein Gestein von mittlerem Alter, hat diese Mannichfaltigkeit nicht aufzuweisen; doch hat auch er oft nach kurzer Entfernung ein ganz verschiedenes Ansehen. Eben noch ein feinkörnig-krystallinisches Gestein löst er sich plötzlich in einen mit Blasenräumen dicht erfüllten Mandelstein auf. Jener wird wiederum nach einer Seite porphyrartig, nach der anderen pechsteinartig. Es ist klar, dass diese verschiedenen Arten der Structur nur durch verschiedene Umstände der Er- starrung derselben Masse entstehen können. Die analogen Er- scheinungen an Hüttenprocessen sind bekannt. Bei Entstehung der porphyrartigen Struktur sind zwei Erstarrungspericden .an- zunehmen; zuerst schieden sich bei der überaus langsamen Er- kaltung im Ionern der Erde diejenigen Substanzen, deren Er- starrungspunkt am höchsten liegt, in Krystallen aus, Durch die Eruption treten plötzlich andere Bedingungen der Erstarrung ein, von denen nur noch die krystallinische oder pechsteinartige Struktur der Grundmasse abhängig war. So entstanden physi- kalisch verschiedenartige Gesteine durch Erstarrung derselben Masse. Die mit Blasenräumen erfüllten Melaphyre sind nicht gleich, sondern theilen sich in zwei Klassen, die in ihrem normalen Auftreten sehr entschieden charakterisirt sind, deren scharfe Son- derung jedoch in einigen Fällen unmöglich ist. Bei den.Man- delsteinen der ersten Klasse ist das Gestein unzersetzt, braust dennoch mit Säuren und jede Mandel ist mit Kalkspath ausge- füllt, der Einem Individuum ‘angehört. Wäre die Ausfüllung durch Infiltration geschehen, so hätte die Krystallisation von den 635 Seitenwänden ausgehen müssen. Da solche Gesteine nur an den Rändern und vorzüglich, vielleicht ausschliesslich, in denjenigen _ Melaphyren vorkommen, welche, wie der thüringische, Kalk durch- brechen, so liegt die Annahme nicht fern, dass die losgerissenen Stücke des Kalkes geschmolzen und in Kugeln durch das Ge- stein vertheilt wurden. Das Vorkommen des Toadstone von Derbyshire, welcher den Muschelkalk durchsetzt und Lager in demselben: bildet, bestätigt die Theorie. Die meisten Melaphyrmandelsteine sind nicht von der be- zeichneten Art, sondern gehören der zweiten Klasse der Mandel- steinbildungen an. Sie enthalten entweder leere Blasenräume oder diese sind mit Zeolithen und anderen Mineralien ausgefüllt; oft sind letztere fortgeführt und es bleiben wiederum die leeren Blasenräume zurück; dann ist das Gestein stets stark zersetzt. — Dass die Ausfüllung der Blasenräume nur durch Infiltration ge- schah, unterliegt keinem Zweifel, nach den ausgezeichneten Unter- suchungen, welche darüber angestellt wurden; auch die Mandel- steine vom Buchberg bestätigen die Ansicht vollkommen. In den grossen Steinbrüchen am Buchberg, der über die Verhältnisse des Melaphyrs jener Gegend den klarsten Aufschluss gewährt, ist die Grenze des dichten Gesteins und des mit Bla- senräumen erfüllten äusserst scharf; selbst an Handstücken lässt sie sich deutlich erkennen. Die Grenze ist durch keinen Wechsel des Gesteins bezeichnet, sondern nur durch das plötzliche Auf- treten von Blasenräumen, die mit verschiedenen Substanzen er- füllt sind. Die Grenze läuft in einer bestimmten Höhe durch die ganze Ausdehnung des Steinbruchs parallel dem oberen Rande des Bruches, so dass der Mandelstein eine Schale des dichten Melaphyrs bildet. Analog sind nach Creoner die Verhältnisse in Thüringen. Dort tritt nach ihm der Mandelstein immer nur an der Grenze mit Steinkohlengebirge und Rothliegendem auf. Die Grundmasse des mit Mandeln erfüllten Gesteins vom Buch- berg ist meist grau und zeigt alle Spuren der Zersetzung; auch ist sie stark zerklüftet, während in dem darunter liegenden dichten Melaphyr nur einzelne Klüfte das Gestein durchsetzen, von deren Rändern die Zersetzung beginnt. Rechnet man dazu die Anord- nung der Absätze in den Mandeln, ihren häufigen Wassergehalt und ihre chemische Zusammensetzung, so ist kein Grund. vor- handen, der gegen eine Infiltration nicht nur des Quarzes, son- dern sämmtlicher Zeolithe, kohlensaurer Salze u. s. w. spricht. 636 die die Mandeln ausfüllen. Die andere” Ansicht dagegen, dass jene Mineralien sich bei der Erstarrung gebildet haben, entbehrt einer hinreichenden Begründung und vermag nicht das Auftreten der Mandeln an den Grenzen zu erklären. i Zersetzung. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Me- laphyrs im normalen Zustande sind bisher Gegenstand der Be- trachtung gewesen. Es ist noch übrig, ihn im’abnormen Zustand kennen zu lernen: die Modifikationen zu untersuchen, die der Melaphyr durch äussere Einflüsse erleidet. Es sind zunächst die physikalischen Veränderungen zu betrachten, die die Zerset- zung verursacht, ferner die Veränderung in der chemischen Zu- sammensetzung, endlich die Ablagerung der fortgeführten Be- standtheile. Die dunklen Farben des Melaphyrs gehen durch die Zer- setzung sehr bald in’s Graue über durch den kohlensauren Kalk, welcher sich bildet und das Gestein durchschwärmt. Nach und nach färbt sich dieser durchschwärmende Kalkspath braun und theilt dem ganzen Gestein diese Farbe mit. Die Masse bleibt, bis zum Beginn der braunen Färbung dicht und verliert wenig an Härte, die Bruchfläche ist noch schimmernd. Doch bald wird diese matt, die Härte nimmt bedeutend ab, die Farbe wird mehr und mehr ocherbraun, bis endlich das Gestein zu einer durch Eisenoxydhydrat gefärbten thonigen Masse zersetzt ist. Vom ersten Anfang der Zersetzung ist ein starker Thongeruch beim Anhauchen bemerklich. Auch beginnt mit ihrem Eintreten ein schwaches Brausen mit Säuren, das zuerst bedeutend zu- nimmt, dann aber mit Zunahme der braunen Färbung sich wieder vermindert, da der kohlensaure Kalk durch die kohlensäurehal- tigen Wässer, die ihn bildeten, wieder aufgelöst und fortgeführt wird und das kohlensaure Eisenoxydul in Eisenoxydhydrat sich verwandelt. Unzersetzte und sehr stark zersetzte Melaphyre brausen also nicht mit Säuren, während alle Zwischenstufen dieses Kennzeichen haben. Die physikalischen Merkmale der Zersetzung sind hiernach: 1. Veränderung der Farbe: Uebergang in’s Graue und Braune. 2. Brausen mit Säuren. 637 3. Thongeruch. 4. Veränderung der Härte. 5. Mattwerden des Bruches. Eine abweichende Zersetzungsart giebt sich durch die Bil- dung von Rubellan zu erkennen. Hierher gehört das Material der Analyse D. Dies Gestein hat starken Thongeruch, braust nicht mit Säuren und hat die Härte des unzersetzten Gesteins, UREDNER erwähnt von dem thüringischen Melaphyr, dass Ru- bellan nur an den äussersten Grenzen des Gesteins vorkomme, also an den Stellen, die der Zersetzung am zugänglichsten sind, Ueber die Veränderungen, welche die chemische Zusammen- setzung des Melaphyrs durch Zersetzung erleidet, sind noch ‚wenige Resultate festgestellt; sie beschränken sich fast auf das, was BıscHnor darüber beobachtet hat. Das Gestein vom Schaum- berg, das BERGEMANN im unzersetzten und im zersetzten Zustand analysirt hat, würde einen vortreflichen Anhalt geben, wenn nicht schon bei der ersten Analyse kohlensaure Salze angegeben wären. Auch bei den anderen Analysen desselben Chemikers sind diese angeführt, obgleich das Brausen mit Säuren in der Gesteinsbeschreibung nicht erwähnt wird. Da also zu keiner Annahme hinreichende Gründe vorhanden sind, so lassen sich aus den Analysen keine Schlüsse auf die Zersetzung ziehen. Aehnliche Schwierigkeiten finden bei den SöcHring’schen Ana- lysen statt; sie wurden bereits auseinandergesetzt. DELESSE hat nur ein zersetztes Gestein analysirt, das von Oberstein. Unter den angeführten Analysen des Melaphyrs vom Buch- berg sind drei an zersetztem Gestein ausgeführt: E. F. D. Während D. von einem Stück herrührt, wo sich Rubellan ge- bildet hat, sind E. und F. Beispiele der gewöhnlichen Art der Zersetzung. Sie ist, wie in der Gesteinsbeschreibung erwähnt wurde, bei F. weiter vorgeschritten als bei E.E Der geringe Kieselsäuregehalt beider Gesteine ist weniger durch Fortführung eines Theils derselben, als vielmehr durch die Bildung kohlen- saurer Salze zu erklären. Bei dem weniger stark zersetzten E. sind sie noch im Gestein enthalten und drücken daher die anderen Zahlenwerthe herab, während im weiteren Lauf der Zersetzung (bei F.) ein Theil der sich fortwährend neubildenden Carbonate des Kalkes und der Magnesia fortgeführt werden; das Carbonat des Eisens wird schwächer gelöst und bleibt zum grössten Theil in dem Gestein zurück. Daher der höhere Gehalt von Kohlen- 638 säure in F. bei geringerem an Kalk und Magnesia, bei con- stantem des Eisens. Die braune Färbung von F« und der hö- here Wassergehalt scheinen zu beweisen, dass sich ein Theil des kohlensauren Eisenoxyduls in Eisenoxydhydrat verwandelt hat. Den weiteren Gang der Zersetzung zeigt die Analyse (H.) eines Gesteins vom Buchberg. Das Gestein von H, ist von röthlichgrauer Farbe, matt, braust nicht mit Säuren, hat aber starken Thongeruch, besitzt Kalkspathhärte und enthält in der dichten Masse einzelne stark brausende Ausscheidungen von kohlensau- rem Eisenoxydul mit Eisenoxydhydrat. Zahlreiche Kluft- flächen, die das Gestein durchsetzen, sind mit denselben Zersetzungsprodukten des Eisens bedeckt. Die Analyse ergab: Kieselsäure 54,41 Thonerde 25,08 Eisenoxyd 7,70 Kalk 3,31 Magnesia 1,90 Natron Kali >35 Phosphorsäure 0,76 Wasser 2,37 Kohlensäure 0,45 100,00, Die geringe Menge von Kohlensäure rührt fast ausschliess- lich aus den braunen Ausscheidungen her; aus denselben stammt der ungewöhnlich hohe Gehalt an Wasser. Die Carbonate des Kalks und der Magnesia sind aus dem Gestein fortgeführt; nur ein kleinerer Theil beider Stoffe ist zurückgeblieben, wahrschein- lich in Verbindung mit Kieselsäure und Phosphorsäure, In Folge davon steigt der relative Gehalt an Kieselsäure und hat im ge- genwärtigen Fall seine normale Höhe erreicht. Doch auch von ihr ist ein Theil fortgeführt und diese Fortführung fast aller Stoffe hat ein Steigen des constantesten unter ihnen, der Thon- erde zur Folge. Von dem Eisen scheint im gegenwärtigen Ge- stein nichts fortgeführt zu sein. Der weitere Verlauf der Zersetzung dürfte sich aus Ana- logien leicht ableiten lassen. Mit der Auslaugung der Carbonate 639 und nach ihr wird auch die freie Kieselsäure fortgeführt. Schliess- lich bleibt eine thonige, durch Eisenoxydhydrat gefärbte Masse zurück, welche auch die Phosphorsäure noch in Verbindung enthält. Die Ablagerung der Zersetzungsprodukte ist am klarsten in den Mandelsteinen und in solchen Gesteinen, welche reich an kleinen Klüften und Sprüngen sind. — Kohlensaurer Kalk ist am häufigsten auf Klüften und bildet an deren Wänden oft Drusen mit grossen Krystallen. Doch ist er auch nicht selten in Bla- senräumen und bildet hier oft eine besondere randliche Schicht. Kohlensaure Magnesia scheint nie allein, sondern nur mit koh- lensaurem Kalk zu Bitterspath verbunden vorzukommen, der sich in Klüften häufig findet. Kohlensaures Eisenoxydul ist zuweilen in bedeutender Menge vorhanden als Ausfüllung grosser Blasen- räume und als Ueberzug auf Kluftflächen. Immer ist es durch Eisenoxydhydrat braun gefärbt. Letzteres tritt bei weit vorge- schrittener Zersetzung auch selbstständig auf. Als drittes Zer- setzungsprodukt des Eisens finden sich in Klüften, meist auf Quarz aufsitzend, Nadeln von Brauneisenerz. Manganschaum erfüllt am Buchberg einzelne Klüfte. Die meisten Manganerze finden sich in den Conglomeraten des Melaphyrs, doch dürften sie kaum Zersetzungsprodukte sein. — Kieselsäure ist meist in Mandeln ausgeschieden als Achat, auch bildet sie die Ausfül- lungsmasse von Gängen. Titansäure findet sich als Rutil in Nadeln auf Quarz in Klüften und Blasenräumen; sie ist sehr selten. Ausser diesen einfachen Produkten der Zersetzung giebt es im Melaphyr noch unzählige andere, besonders Silikate und zwar Zeolithe, specksteinartige und chloritische Mineralien, Epidot u. a. m., deren an vielen Orten gegebene Aufzählung zu weit führen würde. So wie die Ausfüllung der Blasenräume und die Bildung der meisten Mandelsteine die Folge einer ununterbrochenen Zer- setzung ist, so sind wiederum die ausfüllenden Substanzen bei fortschreitender Zersetzung des Gesteins einer fortwährenden Metamorphose unterworfen. Der ganze Process wird dadurch mannichfaltig modifieirt, führt aber zuletzt zu denselben End- produkten der Zersetzung. Um den Gang derselben kennen zu lernen, unterwarf ich einen Mandelstein der Analyse; folgendes sind die Resultate: | 640 i I. Analyse eines zersetzten Melaphyr - Mandelsteins vom Buchberg. Grundmasse grauviolett, hell; Bruch erdig, matt, braust stark mit Säuren und hat Thongeruch ; weich. Enthält viele Mandeln mit verschiedener Ausfüllung. Zur Analyse wurden 6,434 Gramm mit vielen Mandeln fein gepulvert und vier Tage mit kalter Salzsäure behandelt. Der Rückstand wurde einige Stunden mit kohlensaurem Natron gekocht und filtrirt, in dem Filtrat die Kieselsäure bestimmt und der Rückstand vier Tage mit heisser Salzsäure behandelt und nach abermaligem. Kochen mit kohlensaurem Natron filtrirt. Es lösten sich: I. In kalter Salzsäure 1,122 Gramm. —= 17,425 pCt. II. In heisser - 1,851 - — al III. Rückstand blieb 3,461 - — 53,640 - 6,434 Gramm. 100,00 pCt. Der Gang der Analysen war der früher angegebene, Zur Vergleichung wurde noch eine Total-Analyse ausgeführt. Die Zerlegung durch Säuren kann zwar nie ein genaues Resultat hinsichtlich der gebildeten Mineralien und deren relativer Menge geben, wohl aber einiges beitragen, um auf den Gang der Zer- setzung einiges Licht zu werfen. Folgendes sind die durch die Analysen erhaltenen Resultate: I. Lösung in kalter Salzsäure. Dem Resultate derselben wurden auch die Mengen von Kohlensäure und Wasser hinzugefügt und alles auf 1,122 berechnet; es ergiebt sich: Kohlensäure 0,24 3,741 21,35 Wasser 0,18 2,812 16,04 Kieselsäure 0,14. 2,176 12,48 Thonerde 0,054 0,839 4,81 Eisenoxyd 0,064 0,953 bais 5571 Kalk 0,360 5,589 32,05 Magnesia 0,03 0,466 2,67 Phosphorsäure 0,036 0,564 3,29 Kali 0,028 0,279 1,60 Natron — — — 1,122. 17,425. 100,00. 641 II. Lösung in heisser Salzsäure. Kieselsäure 0,239 3,746 12,39 Thonerde 1,181 18,496 64,00 Eisenoxyd 0,306 4,824 16,67 Kalk 0,021 0,299 1,23 Magnesia 0,026 0,410 1,62 Kali 0,052 0,821 2,83 Natron 0,026 0,339 1,26 1,851. 28,935. 100,00. III. Rückstand. Kieselsäure 2,862 44,39 82,81 Thonerde 0,302 4,13 8,80 Eisenoxyd —_ — - - Kalk 0,070 1,09 2,03 Magnesia 0,145 2,13 3,95 Kalı 0,082 1,30 2,41 3,461 53,64 100,00 Summa 6,434. 100,00. ° IV. Das ganze Gestein. Neben dem unmittelbaren Resultat der Analyse des ganzen Gesteins (b.) folgt dasjenige, welches sich aus der Summation der Theil-Analysen er- giebt: a. b. Kieselsäure 50,31 48,94 Thonerde 24,08 26,25 Eisenoxyd 5,78 7,01 Kalk 6,98 5,35 Magnesia 3,00 Natron 0.34 5,18 Kali 2,40 Wasser 2,81 2,81 Kohlensäure 3,74 3,12 Phosphorsäure 0,56 0,74 100,00. 100,00. Die Gesammt-Analyse ergiebt ein Resultat, welches wenig von dem des unzersetzten Melaphyrs abweicht. Da die fortge- führten Stoffe im Gestein selbst abgelagert werden und sich im Allgemeinen gleichmässig vertheilen, so kann dies nicht über- raschen. Im Gegentheil könnte man a priori folgern, dass sich Zeits. d.d. geol. Ges. VI. 4. 42 ® 642 in den Bestandtheilen wenig ändern muss. Die kleinen Diffe- renzen finden ganz nach den früher gefundenen Gesetzen statt. Was die Theil-Analysen betrifft, so ist zunächst zu bemerken, dass der hohe Kieselsäuregehalt des Rückstandes zwar zum Theil von freier Kieselsäure herrühren mag, zum Theil aber auch da- von, dass der Rückstand der Lösung in heisser Chlorwasserstoff- säure wahrscheinlich zu kurze Zeit mit kohlensaurem Natron gekocht wurde. Die Wahrscheinlichkeit dieses Fehlers, dessen Verbesserung wegen Mangels an Zeit nicht möglich war, stört die Resultate, die sich aus der Analyse ergeben könnten. In- dessen gestattet sie immerhin einige allgemeine Blicke auf den ‘Gang der Zersetzung. Begriffsbestimmung des Melaphyrs. Nachdem im Vorhergehenden die chemische und mineralo- gische Zusammensetzung des Melaphyrs, seine physikalischen Verhältnisse und die Erscheinungen seiner Zersetzung unter- sucht worden sind, genügt es nicht, für die nun folgenden Erör- terungen über das petrographische und geologische Verhalten des Melaphyrs, insbesondere für die genaue Abgrenzung gegen alle verwandten Gesteine, von bestimmten Beispielen auszuge- hen, die als charakteristische Repräsentanten der in Rede ste- henden Gebirgsart gelten können. Es ist vielmehr nothwendig, ein möglichst klares Bild zu entwerfen, d. h. eine kurzgefasste Charakteristik der Gesteine zu geben, die unter dem einen Namen zusammengefasst werden sollen. Melaphyr. Synonym: Trapp Caronxst. z. Th.; Corneus trapezius War. z. Th.; Trapp-Porphyr, mandelsteinartiger Trapp, Eisenthon, Wacke, Mandelstein Werxer z. Th.; Trappe FAusas; Toadstone, Whin- stone FerBer zZ. Th.; Melaphyre Bronen.; Amygdaloide Bronen. z. Th.; Pseudoporphyr FreıesLesen; Augitporphyr oder Mela- phyr v. Bucu und G. Rose z, Th.; Basaltit v. Raumer; Por- phyrit Zoser und v. Carnarı; Glimmerporphyr CorrA; Spilite E. ve Beaum., DeLEsseE und französ. Geologen; Porphyre de Belfahy DeL£ssr. Ein feinkörnig-krystallinisches bis dichtes Gestein von. vor- herrschend grünlich-, bräunlich- und röthlichschwarzer Farbe; Härte des Feldspaths; spec. Gew. = 2,63 bis 2,76. . Die nur durch Vergrösserung erkennbaren Gemengtheile sind ein einund- ® > 643 eingliedriger Feldspath, wahrscheinlich Oligoklas, Hornblende und in einigen Melaphyren Magnesiaglimmer, Diese Grundmasse bildet oft die Grundmasse eines Porphyrs mit Krystallen des- selben Feldspaths, der als Gemengtheil auftritt. Durch Zerset- zung wird die Farbe heller und geht in’s Graue und Ocker- braune über; das Gestein wird matt, weich, braust mit Säuren und giebt Thongeruch. Erhitzt sich braunfärbend. Vor dem Löthrohr an den Kanten schmelzbar, im Porzellanofen oder im Gasgebläse zu einem bräunlichschwarzen Glase mit rauhem Bruch. Oft mit Biasenräumen erfüllt, die theils leer, theils mit eingeschmolzenem Kalkspath, theils mit den Zersetzungsprodukten des Melaphyrs erfüllt sind. Petrographische Stellung. Die Stellung eines Gesteins im natürlichen System der Ge- birgsarten gründet sich auf die Summe seiner Eigenschaften; die wichtigsten derselben sind: 1) chemische, 2) mineralogische Zusammensetzung, 3) Struktur, 4) speeifisches Gewicht, 5) Alter. Da diese beim Melaphyr im Vorhergehenden behandelt wurden, so ergiebt sich leicht sein Platz in der Reihe der Gebirgsarten. Doch ist .es nöthig, ihn vorher gegen alle nahe verwandten Ge- steine so scharf als möglich abzugrenzen und wo sich keine Grenze angeben lässt, die Uebergänge zu untersuchen. Als nahe verwandt sind zu betrachten: f) alle die Gesteine, mit denen der Melaphyr räumlich verbunden ist und zu denen er Ueber- gänge bildet, d. h. alle Porphyre; 2) alle. als Trapp und Grün- stein bezeichneten Gesteine, mit denen der Melaphyr entweder gleiche chemische Zusammensetzung theilt oder gleiches Ansehen besitzt, mit denen er aber weder räumlich verbunden ist, noch Uebergänge bildet. Von einem charakteristischen rothen quarzführenden Porphyr unterscheidet sich der Melaphyr so auffallend in jeder Hinsicht, dass beide Gesteine nicht verwechselt werden können. Schwieriger wird die Begrenzung, wenn der rothe Porphyr seinen Quarz verliert und in die Gesteine übergeht, die als Felsitpor- phyr, Feldsteinporphyr, Porphyrit, von CREDxER als Thon- porphyr bezeichnet werden. Sie bilden eine lange Reihe von Uebergangsgesteinen vom Melaphyr bis zum rothen Porphyr, die in den Gegenden, wo jene vorkommen, als zwei charakteristische 42 * 644 = Endglieder auftreten. Der Uebergang ist in allen Eigenschaften deutlich ‘ausgesprochen; vorzüglich tritt in der chemischen Zusammensetzung klar'hervor, welche eine continuirliche Reihe zu bilden scheint. Ich habe zwei ausserhalb des: Melaphyrs ste- hende Glieder untersucht; zur Vergleichung stelle ich noch ein- mal die Zusammensetzung des charakterischen Melaphyrs vom Buchberg daneben: 17 1 Rietsaik ug, Kieselsäure 75,54 62,74 54,58 Thonerde 9,46 12,83 18,92° Eisenoxyd 1,89 5,39 — Eisenoxydul — _- 10,87 Kalk Spur 5,34 Ze WE Magnesia 2,84 1,15 Natron 141.06 2. 10274] 1408 Wasser 1,73 2,11 Phosphorsäure Spur | 0,41 142 100,00. 100,00. 4100,00. C. Melaphyr vom Buchberg; cf. p. 615. K. Braunrother Porphyrit aus einem Steinbruch bei Lang- waltersdorf, an der Strasse nach Friedland. Das Gestein ist dicht, von muscheligem Bruch, ohne eingemengte Kry- stalle.. Die Härte übersteigt die des Feldspaths. Spec. Gew. = 2,677. L. Rother quarzführender Porphyr vom Alt-Lässiger. Schloss- berg bei Waldenburg. Hellroth, ganz unzersetzt. Ent- hält wenige säulenförmige Krystalle von gelblichem Feld- spath. Spec. Gew. = 2,628. Das Lang-Waltersdorfer Gestein giebt sich als ein Zwischen- glied ebenso durch die chemische Zusammensetzung als durch das äussere Ansehen und die physikalischen Merkmale kund. Die oberflächliche Beobachtung der letzteren lässt eine grosse Reihe solcher Zwischenstufen erkennen, die man gewiss auch chemisch würde nachweisen können. Die vielen Analysen vom „rothen Porphyr‘“ aus anderen Gegenden zeigen, wenn derselbe als nicht quarzhaltig angegeben ist, ebenfalls eine solche Reihe von Uebergängen, deren Kieselsäuregehalt von 55 bis 75 pCt. schwankt. Ihre Zusammenstellung würde ohne genaue Kenntniss 645 der untersuchten Gesteine höchst ' willkührlich : sein. — -Das specifische Gewicht des Por phyrits von Lang-Waltersdorf recht- fertigt ebenfalls seinen Charakter als eines Zwischengliedes zwi- schen jenen zweien. | Die Porphyrite sind, wiewohl sie sehr schwanken, cha- rakterisirtt durch eine röthlichbraune oder, leberbraune Grund- masse, die oft roth wird, oft auch 'in’s Graue und Grüne übergeht. Der Bruch ist muschlig bis splittrig; das Gestein verwittert leicht zu einer kaolinartigen Masse, daher Cr£epner den Namen „Thon- porphyr“ vorschlug *); doch ‘dürfte, derselbe nicht ganz glück- lich gewählt sein, ‚da er schon. für ‚eine zersetzte Gebirgsart vergeben war. CREDNER führt in. der Grundmasse röthlichweisse Feldspathkrystalle an, die er für Orthoklas hält, ausserdem grünlichgrauen Feldspath und häufige‘ ‚Glimmerblättchen. Im Thüringer Wald soll der „„Ihonporphyr‘ nach ihm nur an den Orten Katzhütte, Oelze, Langenbach 'und Scheibe im Schwarzathal vorkommen. Das specifische Gewicht giebt derselbe von fünf Fundorten = 2,440 bis 2,521, als Mittel =: 2,484 an, während er als Mittel für den Melaphyr 2,692, für den: rent 2,602 fand. Von den Quarzporphyren ist also der Melggihyr streng ge- schieden; die Grenze gegen ‚die.‘ quarzfreien. Zwischengesteine mit jenen ist, jedoch ‚schwer zu.'ziehen ‚und. wegen der Ueber- gänge willkührlich und künstlich. Doch kann eine solche Grenze wort dazu dienen, gewisse Mittelpunkte als typische ‚Anhalts- punkte aufzustellen. & Es ist nun noch. der Melaphyr gegen diejenigen. Gesteine abzugrenzen, die ihm zwar durch Gleichheit der chemischen Zu- sammensetzung und durch petrographische Aehnlichkeit systema- tisch nahe stehen, die aber geologisch keine unmittelbaren Ge- steinsübergänge in ;ihn zeigen. ‘ Dies'sind, wenn wir.die Nav- MANN’schen Namen beibehalten, zorzuglich die Gesteine, welche er zusammenfasst als Gruppe: des ‚Diabases, Gruppe des Trapps, "Gruppe des Diorits. | r Mit dem Namen Diabas fasst Naumann alle älteren Py- roxenischen "Gesteine - zusammen, Von, den fünf).Gliedern der +) CrEDnERr in DEENH; m. Ba." Jalirbiı 1849. 0p.019, 646 Familie sind nur zwei zu betrachten: Diabas und Diabasporphyr oder Augitporphyr. Sie verhalten sich ähnlich zu einander wie der Melaphyr des Buchbergs zu dem von Ilmenau, indem die Grundmasse des Porphyrs identisch ist mit feinkörnigen Diabasen. Daher betrachte ich sie hier unter dem gemeinschaftlichen Namen „Augitporphyr“, da Leor. v. Buch die ganze Gruppe von Gesteinen mit diesem Namen bezeiehnete. Die unterscheidenden Merkmale zwischen diesen Gesteinen. und dem een sind folgende: 4. ‘Der Augitporphyr enthält häufig ausgeschiedene Kry- stalle von Augit, der Melaphyr nie; die Grundmasse von jenem besteht aus Augit und Labrador, von diesem aus Hornblende und Oligoklas. 2. Der Augitporphyr wird durch Chlorwasserstoffsäure nur sehr schwer angegriffen; von unzersetztem Melaphyr lösen sich bis 30 pCt. und die Flüssigkeit färbt sich beim Kochen schon nach wenigen Minuten braun. Der Augitporphyr verändert bei dieser Behandlung sein Aussehen gar nicht, der Melaphyr wird sehr bald weiss. 3. Das speecifische Gewicht des Augitporphyrs fand G. Rose im Mittel aus vier Gesteinen = 2,99 bis 3,1; das des Melaphyrs geht nie bis 2,8 hinauf. 4. Das Alter der Augitporphyre scheint weit jünger zu sein als das aller Melaphyre. Der Melaphyr ist also der als Aigitpar pie oder Mela- phyr‘“ aufgestellten Gruppe von Gesteinen zu entreissen und als selbstständige Gebirgsart neben Augitporphyr zu stellen, beide mit den Charakteren, welche in den zuerst aufgestellten Defini- tionen ausgedrückt sind. Die Dolerite stehen in vieler Hinsicht dem Melaphyr so nahe, dass man vorgeschlagen hat, sie zu vereinigen. Auch Naumann weist häufig auf die grosse Aehnlichkeit und vielfache Identität hin. In der That ist die chemische Zusammensetzung fast ganz gleich, auch dem äusseren Ansehen nach sind sich beide Gesteine häufig sehr ähnlich; das specifische Gewicht des Dolerits ist aber grösser als das des Melaphyrs, indem es nie unter 2,8 herabgeht. Die mineralogische Zusammensetzung unterschei- det sie ebenfalls, da der Dolerit ein Gemenge von Augit und Labrador ist, worin Oligoklas nie, Hornblende und Glimmer nur accessorisch auftreten. Am entschiedensten erweisen sich jedoch 647 beide Gesteine als von einander vollkommen unabhängig durch ihr. geologisches Verhalten, welches sogleich näher erörtert wer- den soll. Vorläufig genügt es noch auf das geotektonische Auf- treten hinzuweisen, worin die beiden Gesteine auch nicht ganz übereinstimmen. Der Melaphyr tritt in langgestreckten Zügen auf, Gänge bildend an den Grenzen des rothen Porphyrs. Der Dolerit bildet, wie alle basaltischen Gesteine, mehr ausgebreitete Decken und einzelne Kuppen. Er dient auch häufig als Gang- ausfüllung, aber in derselben Weise wie die Basalte; die Mäch- tigkeit dieser Gänge bleibt weit hinter der der melaphyrischen gebirgsbildenden Gangzüge zurück. Es ist kaum nöthig, das Verhältniss des Melaphyrs zum Anamesit zu erörtern, da man denselben nur als dichten Do- lerit kennt, aber seine Zusammensetzung noch wenig bekannt ist. Derjenige, für welchen LEONHARD den Namen aufstellte, bildet ausserdem den Uebergang von Dolerit in Basalt, steht also wahrscheinlich chemisch, mineralogisch und physikalisch dem Melaphyr noch ferner als der Dolerit. — Die von den Englän- dern als „Trapp“, von vielen deutschen Geologen als „Ana- mesit“ beschriebenen Gesteine von StarFa, Sky, Ecc u.'s. w. sind noch zu wenig untersucht, um über sie urtheilen zu können. Doch scheinen sie sämmitlich weit jüngeren Ursprungs zu sein als der Melaphyr. Gegen diejenigen hornblendehaltigen Gesteine, die als Dio- rit, Aphanit u.s. w. bezeichnet werden, ist eine auf petro- graphische Unterschiede gestützte Grenze schwer zu: ziehen; auch ist es eine fruchtlose Mühe, ein wenig bekanntes Gestein gegen unbekannte abzugrenzen. Die Abgrenzung des Melaphyrs gegen Diorite und Dolerite ergiebt sich als äusserst schwierig, wenn man sie nur von petro- graphischen Gesichtspunkten aus versucht. . Doch wie die Stel- lung des Melaphyrs durch seine bestimmte Charakteristik und durch seine Unterscheidung von anderen Gebirgsarten erleichtert wird, so reflektirt wiederum die Stellung, wenn sie sicher fest- gestellt ist, einiges Licht auf. die durchgreifendsten Unterschiede gegen scheinbar ganz nah verwandte Gesteine. Diese Stellung soll nun nach den oben angeführten Gesichtspunkten aus den bisher gewonnenen Resultaten. gefolgert werden. » Doch ist es wegen der grossen Zahl vorhandener Systeme nöthig, dasjenige anzugeben, von welchem ausgegangen werden soll. 648 Alle eruptiven Gebirgsgesteine lassen sich leicht in drei Reihen ordnen, die vom Maximum des Kieselsäuregehalts und vom niedrigsten specifischen Gewicht beginnen und parallel durch unzählige Glieder bis zu den anderen Extremen fortschreiten. Sie unterscheiden sich bei gleicher chemischer Zusammensetzung von einander durch die mineralogischen Gemengtheile, Struktur und Alter. Wenngleich, besonders bei den basischen Gliedern, die Unterschiede oft unbedeutend sind, so sind doch die drei Reihen, vom allgemeineren Gesichtspunkte betrachtet, so streng charakterisirt und bezeichnen durch den Anfang einer jeden drei so wichtige Epochen in der Erdbildung, dass jene geringen Schwierigkeiten leicht übersehen werden können. Diese drei Reihen sind: 1. Die Reihe der granitischen Gesteine. 2. Die Reihe der porphyrischen Gesteine. 3... Die Reihe der neueren Eruptionsgesteine. Die Gesteine einer jeden Reihe sind dureh unzählige Zwi- schenglieder und durch geognostische Uebergänge verbünden, die durch die Zusammensetzung analogen Gesteine zweier ver- schiedener Gruppen nur durch petrographische Aehnlichkeit und chemische Gleichheit. Die älteste Gesteinsreihe ist die der granitischen Gesteine, doch nur in ihren sauren Endgliedern, da die Eruption der basischen Diorite zum Theil schon in die Periode der. zweiten Reihe fällt. Die Anaehronismen sind hier noch sehr gering, in- dem die Altersfolge nach der chemischen Zusammensetzung fast durchgängig normal ist. Bedeutender sind dieselben bei ‘den Porphyren; diese beginnen mit den rothen Quarzporphyren; ihre weiteren Glieder sind ‚die Syenitporphyre,‘ Rhombenporphyre, Melaphyre, Augitporphyre. Die Zeit ibrer Eruption -ist kurz und bestimmt abgegrenzt; innerhalb derselben finden vielfache Abweichungen im relativen Alter der einzelnen Glieder statt. Die dritte Gruppe vertritt in den trachytischen ‘Gesteinen den Granit und rothen Porphbyr, doch auch eine Reihe der sich 'an- schliessenden Gesteine: der Syenite, Syenitporphyre und der Por- phyrite, im: Dolerit den Diorit ‘und Melaphyr, im Basalt den Augitporphyr; sie geht in ihren basischen Endgliedern viel weiter herab als beide erstgenannte Reihen. Eine normale historische Altersfolge lässt sich nur in allgemeinen Zügen für gewisse Gegenden nachweisen. 649 Die verschiedene Ausbildung der Gesteine der drei Reihen aus chemisch gleichen Massen ist nur in der Consistenz ‘der letzteren bei der Eruption und in den Verhältnissen der Erstar- rung begründet... Doch sind die Umstände, die auf die letztere Einfluss haben, zu mannichfaltig, um sie umfassend genug und zu wenig untersucht, um sie gründlich würdigen zu können. Der Grad der Erkaltung der Eruptionsmasse, die schon im In- nern der Erde durch jene Erkaltung und den grossen Druck erfolgte Ausscheidung von Krystallen, der plötzlich verminderte Druck, die in der ersten Periode langsame Abkühlung der dünn- flüssigen Massen im Vergleich zu der späteren schnellen Erstar- rung der zäheren Massen, die Dicke der durchbrochenen Erd- kruste, die Abkühlung auf dem Wege durch dieselbe, die Ab- gabe von Wärme durch Verschmelzung schon erstarrter Massen — Alles dies lässt sich seinen Wirkungen nach noch wenig sicher beurtheilen. Die Gruppirung aller Gebirgsgesteine in die drei erwähnten Reihen liegt in ihrem Prineip allen petrographischen Systemen zu Grunde. In dem Systeme von G. Ro$e werden die drei Reihen nicht getrennt, sondern ihre Gesteine zusammen nach ihrem Gehalt an Kieselsäure geordnet, so -dass die ersten zwei Gruppen (der granitischen und trachytischen Gebirgsarten die sauren Gesteine aus allen drei Reihen enthalten, während die dritte und vierte Gruppe der Grünsteine und Basalte sämmtliche basische Gesteine umfassen. Dem Melaphyr wird durch Zusammensetzung, Struktur, Alter und speeifisches Gewicht seine Stellung unter den basischen Glie- dern in der Reihe der porphyrischen Gesteine angewiesen. “Der stetige Uebergang aller Gliederüineinander ist bei dieser Reihe auffallender als bei jeder anderen. Kaum zwei Analysen könnte man finden, deren Resultat gleich wäre;. auch schwanken sie nicht um gewisse Mittelpunkte, sondern es lassen sich nur End- glieder aufstellen, wie dies Bunsen für eine andere Reihe von Gesteinen und dadurch für alle gethan hat. Alle Zwischenglie- der zeigen, sobald sie unzersetzt sind, eine gesetzmässige Stellung zwischen jenen, die sich nach seiner schönen Entdeckung durch Rechnung ermitteln lässt. "Es folgt daraus, dass der Begrift „Gebirgsart” keineswegs dem von Species entspricht, sondern mehr als der eines Normaltypus aufzufassen sei, d. h., dass pe- trographische gewisse Mittelpunkte aufzustellen seien. welche die 650 # chemische Analyse nicht angiebt. Für Gesteine mit deutlich er- kennbaren Gemengtheilen, wie Syenit, ist dies längst geschehen und es herrscht nur dann Zweifel über die Stellung eines. Ge- steins zum Syenit, wenn es sich zu weit von dem Normaltypus entfernt, ohne einem andern wie dem des Granits näher zu ste- hen. Unter den dichten Gebirgsarten sind dieselben wohl auch aufgestellt worden, doch gründen sie sich auf die unzuverlässig- sten Merkmale. Es bleibt daher eine noch zu lösende wichtige Aufgabe für die Petrographie, alle Normaltypen mit bestimmten Charakteren festzustellen. — Für die thüringischen Porphyre stellte CREDNER eine bedeutende Menge solcher Mittelpunkte auf, die jedoch alle durch Uebergänge verbunden sein sollen. In dem Porphyrzug, dessen Melaphyr der Ausgangspunkt dieser Abhand- lung ist, lassen sich drei Gesteine als typisch feststellen. Die End- glieder sind der rothe quarzführende Porphyr und der Melaphyr; zwischen beiden steht der Porphyrit oder CrRepxer’sche Thon- porphyr. Geotektonische Verhältnisse. _ Der Melaphyr ist geotektonisch als entschieden eruptiv cha- rakterisirt durch sein Auftreten in Gängen. Fast immer bildet er lange schmale Gebirgszüge, schroffe Kämme und, wenn einzelne Kuppen erscheinen, so zeigen sie eine lineare Aneinanderreihung. Der schlesische Melaphyr ist ein schönes Beispiel davon. Er bildet einen langgezogenen Gang im rothen Porphyr; der Haupt- gang erstreckt sich vom Buch- und Mummelberg bei Landeshut bis zur mächtigen Masse des Storchberges, wo er eine.Breite von fast einer halben Meile erreicht. . Nach kurzer Unterbrechung erscheint er wieder in grosser Mächtigkeit und setzt bis zum Dorf Dreiwasser fort, welches drei Meilen vom Anfang des Zu- ges entfernt ist. Dann tritt er noch mehrmals weiter gegen Süd- ost auf in isölirten Kuppen, die in der Verlängerung des erwähn- ten Gangzuges liegen. Wenn dies auch zuweilen nicht genau der Fall ist, so liegen sie doch in demselben Porphyrgebiet, das selbst eine lineare Erstreckung hat. Alle einzelnen Kuppen, die bis Glatz auftreten, sind als zu dem Zuge geliörig zu betrachten. Am Thüringer Wald unterscheidet Crkeoser vier Haupt- gruppen des Melaphyrs. Die drei ersten haben lineare Form; sie sind meilenlange, oft wenige Fuss breite Spalten: Ausfüllun- 651 gen an den Nordost-, Südost-, Südwest-Grenzen des Granits zwi- schen Ruhl und Klein-Schmalkalden. Der nordöstliche und süd- östliche Zug haben einen Centralpunkt mit grösster Mächtigkeit und Meereshöhe des Gesteins, ersterer am Drehberg westlich vom Inselsberg, letzterer am Schartenkopf bei Klein-Schmalkal- den. Beide haben einen Hauptzug mit einer Länge von 2, und 14 Meilen und einer mittleren Mächtigkeit von 200 bis 400 Fuss. Der südwestliche Zug hat keinen Centralpunkt; seine ‚Spalten- ausfüllungen haben meist eine Mächtigkeit von 30 Fuss; oft sind mehrere derselben nebeneinander, z.B. im Druselthal zehn. Die vierte Gruppe zwischen Ilmenau und Schleusingen bildet eine stock- föormige Masse mit gangähnlichen, radial, verlaufenden Spaltenaus- füllungen, die von Nordwest nachSüdost gerichtet sind. Als Fort- setzung des Melaphyrs vom Schleusethal betrachtet CRepner den- jenigen, welcher im Schwarzathal gangartig im Thonschiefer auftritt. Ueber das gangartige Auftreten des Porphyrs von Oberstein geben schon Buca’s Worte*) einigen Aufschluss; „In Deutsch- land sehen Sie diesen Porphyr in gleichem Zug den Fuss des Hundsrücks begleiten. Er kommt dort unter dem Thonschiefer hervor und die Spalte der Nahe, welche auf bedeutende Länge durch ihn hingeht, bezeichnet noch ebenfalls die Hauptrichtung der Spalte, über welcher der Hundsrück und Taunus hervorstie- gen.” Ausführlicher berichtet Herr v. DEecHEn über das Auf- treten des Melaphyrs vom Nahethal. Diese wenigen Beispiele genügen um zu zeigen, dass der deutsche Melaphyr meist in Gebirgszügen auftritt, die als Gang- ausfüllungen zu betrachten sind. Eine weitere Zusammenstellung findet sich in Naumann’s Lehrbuch der Geognesie (Thl. I. p- 720). Lagen und Decken von Melaphyr scheinen in Schlesien ganz ‘zu fehlen. In Thüringen ist vielleicht die vierte von CREDNER angeführte Gruppe als deckenartiges Vorkommen zu betrachten, da die Hauptmasse kein einzelner Berg, sondern über zwei bis drei Quadratmeilen ausgebreitet ist. Da von der Hauptmasse die Gänge nach zwei verschiedenen Seiten ausgehen, so würde dies Beispiel den engen Zusammenhang derselben mit dem Vorkom- men in Decken beweisen. Die Richtung der Gänge. in Thürin- gen ist von Nordwest nach Südost, also dieselbe wie in Schle- *) Geognostische Erscheinungen im Fassathal p. 385. 652 sien. Vielleicht lässt sich dieser Parallelismus noch weiter nach- weisen. — Lager und Decken scheinen ‘auch an andern Orten vielfach vorzukommen. Herr v. DEcHEN weist dieselben am Hundsrück nach und erwähnt, was man der Theorie nach anti- cipiren könnte, dass bei diesem Vorkommen die ‚meisten Mandel- steine auftreten. ; Ueber die Formen, in denen der Melaphyr der Vogesen auftritt, ist nichts bekannt. : Ueber das Verhältniss des Melaphyrs zum Nebengestein und die Perioden seiner Eruption. Die Eruptionen des Melaphyrs geschahen, wie bereits erör- tert wurde, durch Spalten, die häufig von Nordwest nach Süd- ost gerichtet sind und entweder in ihrer ganzen Länge geöffnet waren oder‘ der Masse im oberen Theil nur stellenweise Raum zum Durchbruch gaben. Es’ schliesst sich hieran die Frage, wel- che Gesteine der Melaphyr durchbrochen habe, ferner, welche Einwirkungen beide aufeinander ausgeübt haben. Die Beantwor- tung der ersten Frage ergiebt das Alter des Melaphyrs. In Schlesien sind offenbar die Gesteine aller paläozoischen Formationen bis aufwärts zum Rothliegenden durchbröchen wor- den; die Eruptionen erfolgten stets an den Grenzen des rothen Porphyrs. Bei den vereinzelten Kuppen tritt die Berührung nicht zu Tage. — In Thüringen durchbricht nach’ CREDxer der Melaphyr das Steinkohlengebirge und die Porphyr-Conglomerate des Rothliegenden, aber nicht mehr den Zechstein, ferner Granit, Syenit-Granit, Grünstein, Thonschieferr und bildet Gänge im rothen Porphyr. Er wird durchsetzt von einem jüngeren Por- phyr. — Der Melaphyr des Hundsrücks und der Pfalz durch- bricht überall die Steinkohlenformation. — Die in den Vogesen durchbrochenen Gesteine sind nicht bekannt, da sie DELESSE nicht beobachtet hat. Er erwähnt nur, dass einige Porphyre “das Uebergangsgebirge durchsetzen, einige es "erheben und dass einige von gleichem Alter mit dieser Formation, einige jünger seien. - Die Einflüsse, welehe der Melaphyr und die von ihm’ durch- brochenen Gesteine gegenseitig auf einander ausübten,’ sind sehr mannichfaltig, da sie andere zur Zeit der Eruption waren, andere nach derselben. Die von der feurigflüssigen Masse fortgerissenen = 653 Stücke des Nachbargesteins wurden theils in dieselbe einge- schmolzen, theils als eckige Trümmer von ihr umschlossen. Diese erste Einwirkung giebt den Schlüssel zur Erklärung vieler Mo- difikationen des Melaphyrs, insbesondere jener Mandelsteine, deren Einschlüsse aus eingeschmolzenen Kalkstücken bestehen und der Reibungs-Conglomerate. Die in den letzteren eingeschlos- senen Fragmente sind eckig, meist scharf begrenzt und liegen in einem Teig, der oft von den Einschlüssen wenig verschieden ist. Die meisten derselben gehören dem durchbrochenen rothen Porphyr an, ferner den Zwischengesteinen zwischen Porphyr und Melaphyr, endlich dem"Melaphyr selbst, so dass diese Conglome- rate oft eine bunte Mosaik aller Porphyrvarietäten einer‘ Gegend bilden. Zuweilen enthalten-sie, wie in Thüringen, auch Bruch- stücke von Granit und anderen durchbrochenen, die Spalten seit- lich begrenzenden Gesteinen. Die Reibungs-Conglomerate ent- halten in ihrer Struktur ihre Geschichte; ihre Entstehungsweise ist daher klar und nur dann schwieriger zu erklären, wenn sie in melaphyrischer Grundmasse Bruchstücke von Melaphyr ent- halten, da man nur selten annehmen kann, dass den Eruptionen der betreffenden Melaphyre andere vorausgegangen waren, deren Material schon erstarrt war. Doch wird die Bildungsweise dieser Gesteine durch analoge Bildungen in Vulkanen genügend erklärt. Wie bei diesen das Niveau der Lava in der Tiefe der Kratere kein festes ist, sondern bald bis zu einem Erguss emporsteigt, bald wieder in die Tiefe hinabsinkt, so ist es auch gewiss bei den grossen Eruptionen der Melaphyre gewesen. Je nachdem die Ursache, welche die Eruption hervorrief, modificirt wurde, musste sich auch das Niveau in den Spalten ändern, und wie bei den Laven blieb es oft so lange in einer Höhe, dass sich eine Erstarrungsrinde bildete,. welche dann, besonders wenn sich der Vorgang wiederholte, das Material zu jenen Reibungs-Conglome- raten mit Melaphyr-Bruchstücken lieferte. — Die Reibungs-Con- glomerate begleiten den Melaphyr allerwärts. In Schlesien sind sie sehr ausgezeichnet am Südabhang des Melaphyrzuges, nord- westlich,von Friedland. In grösster Menge sind sie in Thürin- gen verbreitet. Immer finden sie sich nur an den Grenzen der Melaphyre, wie schon Buc# erwähnt. So wie der Melaphyr auf diese Weise durch seinen Einfluss auf das Nebengestein selbst bedeutend modifieirt wurde, so ver- änderte er auch das Gestein, welches die Wände der Eruptions- 654 spalten begrenzte, besonders in der ersten Zeit der Erkaltung, da er die ganze Wärme nach oben und an das Nebengestein abgeben musste. Bei eruptiven Gesteinen war dieser Einfluss sehr unbedeutend, aber doch bemerkbar. Rother Porphyr und Melaphyr sind am Buchberg so zusammengeschmolzen, dass jedes Gestein in das andere eine Menge seiner Ausläufer sendet; der Porphyr zeigt auf kurze Entfernung von der Contaktfläche ein geschmolzenes Ansehen. Andere Umwandlungen von Porphyr führt ÜBREDNER an: „‚der sonst krystallinische Porphyr zeigt am Breitenberg bei Winterstein in der Nähe des Melaphyrs eine poröse, tuffähnliche Masse mit zersetzten 'Orthoklas-Krystallen.” Die dichte Grundmasse wird zuweilen krystallinisch wie Gra- nit. — Die Contakt Phänomene sedimentärer Gesteine im Kohlen- revier von Waldenburg sind durch rothen Porphyr veranlasst. Dagegen führt CREDNER aus Thüringen mehrere Fälle von Me- tamorphosen sedimentärer Gesteine durch Melaphyr an: der Schieferthon ist in einem Kohlenschacht im Allthal durch Mela- phyr verändert. Er erlangte mehr Dichtigkeit und Festigkeit und zog sich kugelig zusammen. Die Einwirkung ging 30 bis 40 Fuss weit. Die auffallendsten Veränderungen haben Glieder der Steinkohlenformation und des Rothliegenden erlitten; sie zei- gen sich in einer Umwandlung der Struktur und in einer zum Krystallinischen sich neigenden Umbildung. Charakteristisch sind die Veränderungen von Gliedern der Steinkohlenformation, die CREDNER von Lindenberg bei Ilmenau anführt, wo auch ein Flussspathgang mit Quarzeisenstein und Psilomelan aufsetzt. Es ist dort der Melaphyr in geringer Erstreckung mit allen Gliedern der Steinkolilenformation bedeckt. Der Sandstein ist in eine weisse Quarzfritte mit muscheligem Bruch und prismatischer Ab- sonderung, senkrecht gegen die Schichtenflächen, umgewandelt. Der schieferige Sandstein ist bandartig gestreift, indem der Schieferthon als eine jaspisartige dichte Masse zartere und stär- kere Streifen zwischen der weissen Quarzfritte bildet. Der graue Mergel ist braungelb geworden. An anderen Orten kommen Kieselschiefer und Quarz an den Grenzen von Thonschiefer und Melaphyr vor, ferner „ein hornsteinähnliches Gestein” an der Grenze von Melaphyr und Porphyr. Der gewaltigen Metamorphosirung während der Eruption folgten in der Periode der Erstarrung der Gangmassen nur höchst unbedeutende Einflüsse der Contakt-Gesteine aufeinander. Das 655 Wärmeleitungsvermögen des Grenzgesteins hatte einigen Einfluss auf die Struktur der Gangmasse, Die dritte Periode der wechselseitigen Metamorphosirung begann nach der Erkaltung des Melaphyrs. Sie ist charakterisirt durch die chemische Einwirkung der Lösungen des einen Ge- steins auf das benachbarte. Diese Art der gegenseitigen Ein- wirkung der Gesteine aufeinander ist jetzt, wie bekannt, der ‚Gegenstand gründlicher Forschung und Bearbeitung, wenn sie auch vielleicht nicht in so ausgedehntem Maasse stattfindet, als der gelehrte Forscher annimmt. Die von CREDNER beobachteten Contakt-Erscheinungen am Lindenberg erklärt derselbe durch die Einwirkung zersetzender Wässer. — Die bisher gewonnenen Re- sultate über die Metamorphosirung von Melaphyr und solchen Gesteinen, die in Contakt mit ihm treten,. entbehren noch einer festen Begründung und sind noch selbst einer fortwährenden Metamorphose unterworfen, daher eine u un llons dersel- ben als vergebliche Arbeit erscheinen dürfte. Das Alter des Melaphyrs ergiebt sich aus den schon genann- ten Gesteinen, die derselbe durchbrochen hat. In den Eruptionen der porphyrischen Gesteine einer jeden Gegend lässt sich eine bestimmte Reihenfolge nachweisen, die mit dem rothen Porphyr beginnt und zu den Kieselsäure-armen Melaphyren oder noch wei- ter fortschreitet. In verschiedenen Gegenden sind die Eruptio- nen desselben Gesteins keineswegs gleichzeitig; nur im Allge- meinen lässt sich das Gesetz in jeder durch Porphyr ausgezeich- neten Gegend nachweisen. Die Quellen der Geschichte der Eruptionen sind die Einschlüsse der Reibungs- und sedimentären Conglomerate und die Gänge, welche die älteren Glieder durch- setzen. Ihr genaues Studium giebt den Schlüssel für das Alter der ganzen Gesteinsreihe, sowie für das relative Alter der ein- zelnen Glieder. Für den Landeshuter Distrikt ergiebt sich leicht, dass die Eruptionen des Porphyrs in die Zeit der Steinkohlen- formation, die des Melaphyrs in die Periode des Rothliegenden fielen. Aelter als die erstere scheint kein 'schlesischer Porphyr zu sein und der jüngste schlesische Melaphyr scheint noch älter zu sein als das Ende der Periode des Rothliegenden. Die Chro- nologie der thüringischen Porphyre, die in mehrfacher Beziehung, besonders in der Richtung der Gänge, mit den schlesischen viel Analogie zeigen, scheint ganz identisch zu sein mit der in dem erwähnten Porphyrdistrikt. Die vortrefflichen Untersuchungen des 656 Herrn Bergraths CBEDNER ergeben dieses Resultat. Wie weit die Altersverhältnisse in andern Porphyrdistrikten mit denen in Schlesien und Thüringen übereinstimmen, müssen weitere Unter- _ suchungen lehren. Jedenfalls sind sie nicht allgemein dieselben, da es auch ältere Porphyre giebt. Die Eruptionen der Melaphyre indessen scheinen sämmtlich in die Periode des Rothliegenden zu fallen. Sie sind durchaus eng an diese Formation gebunden und trugen zur Bildung der Conglomerate derselben bei. Nachtrag. Nach Vollendung der vorliegenden Arbeit wurden noch einige wichtigere Untersuchungen über Melaphyre veröffentlicht. Herr Dr. JEenzsch theilte in PoGGEXDoRFF’s Annalen die Re- sultate einer Analyse des oft als Melaphyr bezeichneten Gesteins vom Hockenberg in Schlesien mit nebst einer sehr detaillirten Berechnung. Das sehr harte Gestein von olivengrüner bis öl- brauner Farbe besitzt ein specifisches Gewicht von 2,768 bis 2,778, wird von Salzsäure zum Theil angegriffen und enthält keine Kohlensäure. ZOoBEL und v. CARNALL hatten dasselbe zu ihrem Porphyrit gerechnet und seine schwarzen Einschlüsse für Augit gehalten. Erst G. Rose zeigte, dass das Mineral Chlorophäit sei und JENzscH bestätigt dies. Die Analyse ergab folgende Verhältnisse: Kieselsäure . . ..... 56,52 Ehonerde, sıinlow. ‚ons Is5d3au 54 Eisenoxydul . . .„... 12,56 5: Kalkerde|, «iö. sizras 1 li 34 Magnesiaj z93= deobun.T- 0,2479 Kalt. nik: si.-surdgesl -ub.339 Natron sih nie laNl Phosphorsäure . . . 0,70 Fluor Chlor Glühverlust. 0,81 Wasser Mit Hülfe der mikroskopischen und chemischen Analyse berechnet der Herr Verfasser die mineralogische Zusammensetzung und findet hier: 5 657 Apatininsanisik . „nrw 4,64 Chlorophäit . © .7..2 4,84 Magneteisen . ... 5,69 Glasiger Feldspath . 38,73 Oligoklas 40,0. 197.2026,93 Pyrioxen®' 9 I na w 123,05 Die äusserst subtile Berechnung der unwesentlichen Gemengtheile (Apatit, Chlorophäit, Magneteisen) wirft etwas Licht auf die Mengenverhältnisse derselben; doch dürfte die Berücksichtigung der Titansäure manches verändern. Die vermutheten und be- rechneten wesentlichen Bestandtheile weichen von denen ‘des nor- malen: Melaphyrs in jenem Zuge so bedeutend ab, dass sie ein von jenem ganz abweichendes Gestein ergeben würden, wenn nicht auch hier der Herr Verfasser bei der Berechnung von ge- wissen Vermuthungen ausginge, unter denen besonders die, dass gewisse durch das Mikroskop sichtbare wasserhelle Krystalle für glasigen Feldspath zu halten seien, das gewonnene Resultat 'her- beigeführt hat. Dies macht das letztere einigermaassen unge- wiss. Sehen wir daher von den berechneten mineralogischen Bestandtheilen ab, so bleibt eine chemische Zusammensetzung, die fast genau mit der der normalen Melaphyre übereinstimmt. Ferner ist das specifische Gewicht, wenngleich etwas hoch, so doch noch im Bereiche der für den Melaphyr möglichen Werthe. Alles dies scheint zu beweisen, dass; das Gestein des Hockenber- ges nur Melaphyr ist. Herr JENzscH rechnet es darum nicht dazu, weil es wegen der geringen Menge von Thonerde bei dem grossen Gehalt von Kieselsäure und Kali keinen Labrador als Hauptbestandtheil enthalten könne. Dieser Grund erledigt sich selbst durch die Resultate in vorstehender Abhandlung. Einen überaus reichen Schatz werthvoller Analysen ver- öffentlichte Tu&opoRr KJERULF.*) Ihr Material stammt ‚grössten- theils aus der Gegend von Christiania; doch wurden, auch meh- rere Gesteine des südlichen Tyrols der Analyse unterworfen. Die Untersuchungen erstrecken sich daher nur auf Glieder aus der Reihe der granitischen und der Reihe der porphyrischen Gesteine und werfen viel Licht auf diese beiden. Was die por- phyrischen Gesteine betrifft, so untersuchte KJERULF rothe Quarz- *) Tu. Kırkuır, das Christiania-Silurbecken, chemisch-geognostisch untersucht. Christiania 1855. Zeits. d.d. geol.Ges. VIII. 4. 43 658 porphyre, Feldspathporphyre, Melaphyre, Augitporphyre, also Glieder sehr verschiedener. Stufen. Die Melaphyre treten am Vettakollen als zwei sehr ver- schieden ausgebildete Gesteine auf. Der eine findet sich am Fuss des Berges als Gang im Syenit, Marmor und Schiefer und ist ein dunkles Gestein mit weissen Feldspathnadeln ; früher wurde er als Hornsteinporphyr bezeichnet, KJERULF beschrieb ihn alsı Melaphyr. ‘Der andere Melaphyr tritt Gang- und Strom-ähnlich auf und ist von ‚der Spitze des Vettakollen bis zu den letzten Inseln im Bundefjord zu verfolgen. Er enthält in dunkler Grund- masse von, unbestimmter Farbe „bis zollgrosse Labradorkrystalle mit, glänzenden Flächen’’ und ist.der charakteristische Rhomben- porphyr von Buch. Mit Deresse hält Ksekurnr den Feldspath für Labrador, . sich ‚stützend auf dessen Analyse und: auf die An-. nahme, dass aus einer gegebenen Gesteinsmasse kein Feldspath auskrystallisire, dessen Gehalt an Kieselsäure ein höherer ist als der Durchschnittsgehalt an Kieselsäure im Muttergestein selbst. Was die Analyse, von DELESSE betrifft, so wurde bereits erör- tert, warum sie nichts beweisen könne; die Annahme aber von, KJERULF .dürfte einer hinreichenden Begründung entbehren, da z.B. der Kieselsäure-Gehalt der meisten Basalte. weit unter dem des Labradors zurückbleibt. Die Analysen ergeben folgende Resultate: 1: I. a. b. Kieselsäure . 52,970 56,000 54,888 Thonerde . . 19,130 18,000 16,480 Eisenoxydul . 9,180 7,555 10,055 Kalk un nu, 2, 007,056 3,448 4,009 Magnesia . . 1,861 3,541 0,739 Kaltıy', 2,1951 2,952 3,659 6,302 Natron . „ .:3,614 5,013 7,041 Glühverlust . 1,386 0,779 0,601 98,149 38:025 "700,119 I. Melaphyr vom Barnekjerm am Fuss des Vettakollen. DH. a. Melaphyr von der Spitze des Vettakollen. b. Melaphyr von demselben Gange, eine Viertelmeile süd- licher in der Nähe vom Hofe Ris. Die Stellung der Rhombenporphyre zum Melaphyr scheint 659 nach diesen Analysen unzweifelhaft ; ihre Zusammensetzung stimmt ebenso wie die des Melaphyrs vom Barnekjerm mit der der nor- malen Melaphyre überein. Eine Abweichung findet nur in dem hohen Gehalt von Alkalien statt; doch ist.nicht ganz ausser Acht zu lassen, dass derselbe bei den meisten Analysen von KIERULF ungewöhnlich hohe Werthe zeigt. Die Analysen von Feldspathporphyren (s. An. 5, 6, 12, 13, 14, 17, 18, 32) und vom rothen Porphyr (s. An. 1, 2) zei- gen die Stetigkeit in der Reihe der porphyrischen Gesteine und die allmäligen Uebergänge der Glieder ineinander. Von den ba- sischen Gliedern hat KJERULF nur eins analysirt, welches noch jenseits des Melaphyrs steht: den Augitporphyr des südlichen Tyrols und zwar von einem Gang am Monte Mulatto bei Pre- dazzo. Die Analyse ergiebt nach Reduction des Glühverlustes fast genau die normalpyroxenische Zusammensetzung und sie würde einen hinreichenden Unterschied zwischen Melaphyr und Augitporphyr beweisen, wenn nicht der bedeutende Glübverlust von 7,8 pCt. das Resultat einigermaassen störte. Bei der be- deutenden Zerklüftung, welche der Augitporphyr zeigt, wenn er in Gängen auftritt, ist es schwer ein ganz unzersetztes Stück zu erhalten; ein so bedeutender Glühverlust aber kann wohl nur von Zersetzung herrühren. Da die vorliegende Analyse die einzige bekannt gewordene eines Augitporphyrs ist, so können erst weitere Untersuchungen seine wahre Stellung begründen. 43* IV. Beiträge zur Kenntniss fossiler Säugethiere. " (Vergl. diese Zeitschr. Bd. VII. p. 485 fig.. mit Taf. XXV.) Von Herrn Reısnoın Hexser in: Berlin: Hierzu Taf. XV und XVI Herr Professor QuENSTEDT hat aus den _Bohnerzen der schwäbischen Alp Ueberreste eines eichhornartigen Nagers be- schrieben und abgebildet*), welche mir auf meine Bitte zu einer näheren Untersuchung überlassen wurden. Diese Ueberreste bestehen in Fragmenten von Kiefern und anderen Skelettheilen und gehören, nach der Bezahnung der Kiefer zu urtheilen, einem neuen Nagergeschlechte an, welches ich wegen der scheinbaren Aehnlichkeit mit Sciurus als Gen. Pseudosciurus bezeichnen will. Die Kieferfragmente bestehen in Bruchstücken dreier Unterkiefer der rechten Seite, deren vollständigster (Taf. XV. Fig. 1) nur einen Theil seiner hinteren Hälfte, sowie .den her- vorragenden Theil des Schneidezahns verloren hat. Die Backen- zahnreihe (Taf. XV. Fig. 2) ist vollständig erhalten und besteht aus vier mit Höckern versehenen Mahlzähnen, die sowohl einzeln als auch alle zusammengenommen von vorn nach hinten unbe- deutend an Grösse zunehmen. Im Allgemeinen und wenn man von der Rundung der Ecken absieht, ist der Umfang einer jeden Zahnkrone ein Rhomboid, am wenigsten deutlich am ersten und vierten Zahn. Sein spitzer Winkel ist nach vorn und innen gerichtet und beträgt ungefähr 80 Grad. Die längere Seite fällt in die Richtung der Zahnreihe. Jede Zahnkrone ist durch eine tiefe mittlere und der kleineren Seite des Rhomboids parallele Querfurche in zwei Querjoche getrennt; diese Furche theilt zu- gleich auch sehr deutlich die Aussenseite, kaum merklich die Innenseite jedes Zahnes. Eine weniger tiefe Längsfurche läuft durch die Mitte aller Zahnkronen und theilt jedes Querjoch in zwei ziemlich spitze Höcker, so dass also jede Zahnkrone aus =) Handbuch der Petrefactenkunde p. 43. Taf. 3. Fig. 17 bis 27. 661 vier Haupthöckern besteht. In dem vorderen Querjoche eines jeden Zahnes berühren sich diese Höcker an ihren Grundflächen und zwar so, dass im ersten Zahn ihre gegenüberstehenden Flächen einen spitzen Winkel bilden, der in jedem folgenden Zahn grösser wird und im letzten ein stumpfer und zugleich abgerundeter ist, wodurch zugleich der Abstand der beiden vorderen Spitzen von einander in jedem folgenden Zahn zunimmt. In dem: hinteren Querjoche jedes Zahnes sind dagegen die beiden Haupthöcker durch einen dritten zwischen ihnen liegenden Höcker getrennt, der für jeden einzelnen Zahn mannichfache Modifikationen zeigt. — Die specielle Form der einzelnen Zahnkronen ist folgende. Er- ster Backenzahn: die vordere Hälfte ist besonders an der äusseren Ecke ziemlich abgerundet und deutlich schmäler als die hintere; ihre beiden Höcker stehen dicht aneinander. Die beiden inneren Höcker der Zahnkrone sind kaum merklich höher als die äusseren. Der accessorische Mittelhöcker des hinteren Querjoches hat sich vom inneren Hocker kaum losgelöst, und ihre Spitzen sind nur durch einen seichten Einschnitt von einander getrennt; seine Grösse hält die Mitte zwischen der des inneren und äusseren Höckers. Die Querfurche geht genau durch die Mitte der Zahn- krone. Zweiter Backenzahn: er, sowie der folgende, zeigt am deutlichsten den rhomboidalen Umriss, der Vorderrand ist noch deutlich schmäler als der hintere, die inneren Höcker kaum merklich höher als die äusseren, der accessorische Mittelhöcker des hinteren Querjoches befindet sich in der Mitte zwischen den Haupthöckern, ist deutlich kleiner als der innere, kaum höher als der äussere Haupthöcker. Dritter Backenzahn : Vorderseite kaum schmäler als die Hinterseite, der innere Höcker fast nur so hoch wie der äussere, der accessorische Mittelhöcker des hin- teren Querjoches sehr unbedeutend, niedriger als die Haupt- höcker, er steht ungefähr in der Mitte zwischen ihnen. Vierter Backenzahn: durch das Hervortreten des abgerundeten Hinter- randes ist die rhomboidale Form aufgehoben, die Vorderhälfte des Zahnes breiter als die hintere; die Höcker des vorderen Querjoches’ so weit von einander entfernt wie die des hinteren (bei den drei ersten Zähnen war ihr Abstand stets geringer), von dem accessorischen. Mittelhöcker des hinteren Querjoches kaum noch eine Spur vorhanden; durch das Hervortreten des hinteren Randes wird eine kleine Fläche gebildet, die vorzugs- weise der inneren Hälfte der Zahnkrone angehört, da die Höcker 662 der Aussenseite hier; wie bei den übrigen drei Zähnen weiter nach hinten stehen als die der Innenseite. Diese kleine Er- weiterung der Kaufläche ist schon am dritten Backenzahn ange- deutet. Jeder der vier Backenzähne hat nur zwei Wurzeln, die den beiden Querjochen der Krone entsprechen. Daher. ist auch jede Wurzel von vorn nach hinten abgeplattet, während ihr Quer- durchmesser nur unbedeutend kleiner ist als der des entsprechen- den Theiles der Krone. Der Schneidezahn (Taf. XV. Fig. 7) hat eine fast ebene Innenseite, sein Querdurchschnitt (Fig. 8) zeigt fünf fast grad- linige Seiten, deren je eine von der, Innen-, Vorder- und Hinter- seite gebildet wird; der Aussenseite gehören zwei in einem stumpfen Winkel zusammenstossende Seiten an, von denen die hintere die längere ist; der von ihnen: gebildete abgerundete Winkel liegt genau über der Mitte der Innenseite. Der von der Vorderseite und vorderen Aussenseite gebildete Winkel ist sehr stumpf und so abgerundet, dass er fast einen Bogen bildet. Der Schmelz beginnt an dem Winkel der Vorder- und Innenseite und überkleidet die Vorderseite und vordere Aussenseite; eigen- thümlich sind ihm vier, bei schräg auffallendem Licht deutlich sichtbare Längsleisten (Fig. 9 im Querdurchschnitt), an denen das Zahnbein keinen Antheil hat, und die in der Weise auf der ganzen Oberfläche des Zahnes verlaufen, dass die erste die Grenze zwischen Vorder- und Innenseite, die vierte *) die zwi- schen Vorderseite und vorderer Aussenseite bezeichnet, während die zweite und dritte sich so zwischen ihnen befinden, dass die drei dadurch hervorgebrachten Abtheilungen der Vorderseite nicht gleich breit sind. sondern die mittlere derselben die brei- teste, die innere aber die schmälste ist. Die Wurzel des Schneide- zahnes schneidet die Backenzahnreihe ungefähr unter dem zweiten und dritten Backenzahn, so dass sich ihr Ende nach aussen vom letzten Backenzahn befindet. Wie weit es sich nach hinten erstreckt, konnte jedoch wegen Unvollständigkeit der Fragmente nicht ermittelt werden. Die Form des Unterkiefers erinnert nicht an Sciurus. Die Ansatzfläche für den Masseter läuft nach vorn spitz zu und endet ungefähr unter dem ersten Querjoche des dritten Backen- zahnes, Der Vorderrand des Kronenfortsatzes erhebt sich etwa *) In der Abbildung nicht scharf genug ausgedrückt. 663 3 Mm. nach aussen vom letzten ‚Backenzahn und ziemlich in gleicher Linie mit dem Hinterrande desselben. Der. Unterkiefer wird vor dem ersten Backenzahn nur wenig niedriger, , Das Foramen mentale liegt zwischen dem‘ersten Backenzahne und dem Schneidezähne oberhalb des darunter weggehenden Schneide- zahnes, also viel näher der oberen Kante des Unterkiefers als der unteren. Die Maasse für den Unterkiefer (Fig. 1) sind folgende: 1. Länge aller Backenzähne an den Kronen gemessen 14,5 Mm. 2. Länge des ersten Backenzahnes . . . .....0.32 - 3. Länge des zweiten - - tag lssuh. nei 4. Länge des dritten - - SEEN ZBEBLITE TS EITESTIT FT B0R 5. Länge des vierten - - had enisdzhas 6. Mittlere Breite *) des ersten Backeheälitien NER ECT 2 0772, 7. Mittlere Breite des zweiten = - sol 2,6 - 8. Mittlere Breite des dritten . . 4 »asıB,0e 9. Mittlere Breite des vierten - - > Wh 410. Ungefähre Höhe eines inneren Höckers 1 ersten Backenzahes . .. s. 30 U: s ae 14. Höhe des Kiefers ae dem zweiten und distten Backenzahne . . . 338. i 7,0% 42. Dicke des Kiefers an Ep Borikude Snitng de a satzfläche des Masseters . . s aß. 15b a8,0568 13. Dicke des Kiefers unter dem ersten Backonsähne 39 - 14. Entfernung des Foramen mentale vom oberen Rande des Kiefers . 2... » ; 2,0 - 15. Abstand der Alveole des Schneidesahnes von Er des ersten Backenzahnes . . . 316 16. Grösster Durchmesser eines leer Sechandereh. nes von vorn nach hinten . . 2» nn. 202 - 17. Grösster Durchmesser eines einzelnen Schneidezah- nes von aussen nach innen . . 22 20.0 20: - Dieselben Maasse zeigen noch zwei andere, weniger voll- ständige Unterkiefer derselben Seite, von denen der eine gleich- falls alle vier Backenzähne, der andere nur die drei ersten enthält. Ein glücklicher Umstand ist es, dass an allen drei Unterkiefern die Zähne durchaus unabgenutzte Kronen haben. *) Stets an der Einschnürung zwischen den Querjochen gemessen. Diese letzteren selbst sind daher um ein Geringes breiter. 664 Interessant sind ‘noch zwei einzelne obere Schneidezähne und ein Fragment des linken Oberkiefers mit den beiden ersten Backenzähnen. ‘ In wie weit diese Stücke zu. den oben beschrie- benen 'Unterkiefern gehören können, ‘wird eine genaue Beschrei- bung derselben zeigen müssen. — Die beiden Backenzähne des Oberkieferfragmentes (Taf. XV. Fig. 3 und 4) haben einen ’ei- genthümlichen Typus, welcher zugleich an den mancher Huf- thiere und Insektenfresser erinnert. ‘ Denn während bei den Na- gern mit höckerigen Mahlzähnen eine Eintheilung- ihrer Zahn- kronen durch Querfurchen in vordere und hintere, bei den Hufthieren durch Längsfurchen in äussere und innere Abthei- lungen angenommen werden kann, zeigen die fossilen Zähne ausser. einer bedeutenderen Quertheilung auch eine allerdings schwächere Längstheilung. Der zweite Zahn ist der kleinere. Er scheint den Typus der übrigen Backenzähne zu repräsentiren, daher. mag er zuerst beschrieben werden. Der Umriss seiner Krone bildet ein nicht ganz regelmässiges Trapez, dessen parallele Seiten die grössere äussere und die kleinere innere Seite der Zahnkrone sind. Die ‚vordere und hintere Seite sind einander gleich und 'ein wenig grösser als die äussere. Die Krone wird durch. eine Querfurche getheilt, welche der Hinterseite kaum merklich näher liegt., Dadurch entstehen zwei Querjoche, die jedoch an der ‚Aussenseite der Krone höher sind ‘als an ihrer Innenseite. ' Die Querfurche gewährt das Aussehen, als sei sie von innen 'nach aussen zu in‘ die Krone gedrückt worden,. da der Schmelz, wie bei den meisten Hufthieren, an der Innenseite der Zahnkrone nach deren Mitte zu, an ihrer‘ Aussenseite von der Mitte weggedrückt erscheint. Jedes Querjoch zerfällt in drei Höcker, die einen eigenthümlichen faltenartigen Charakter haben. Der äussere Höcker- ist der. höchste und umfangreichste. Er sieht mit einer dreitheiligen Fläche nach aussen. Im vorderen Querjoch ist diese Fläche an ihren Seitenrändern etwas erhaben, in der Mittellinie vertieft, an ihrer Basis ohne eine Verdickung; in hinteren Querjoch ist sie auch in ihrer Mittellinie etwas er- haben und zeigt an der Basis eine schwache Verdickung, welche als eine nicht überall sichtbare Umrisskante der Zahnkrone auf- tritt. Nach innen zu folgt in jedem Querjoch ein unbedeutender Mittelhöcker, wenig isolirt und etwas niedriger als der äussere. Eine tiefe unregelmässige Grube, welche, ohne den Rand. irgend- wo zu unterbrechen, «die Querfurche von vorn nach hinten 665 schneidet und tiefer als diese ist, trennt die schon beschriebenen Höcker von dem innersten Höcker eines jeden Querjoches. Sie kann: nicht das Resultat des Kauens sein, da sie nicht allmälig verläuft; während durch Abnutzung entweder alle Unebenheiten ausgeglichen oder, sobald die Krone aus mehreren Substanzen von verschiedener Härte besteht, ausgeglättete Vertiefungen her- vorgerufen werden. Der Boden der Grube ist weich, viel wei- cher als der. Schmelz der Zahnkrone. , Er. besteht also aus Zahnbein oder Cement. Da eine mikroskopische Untersuchung nicht zulässig war, so bleibt blos Berücksichtigung der Analogie übrig. Es: sind nämlich die schon beschriebenen Aussen- und Mittelhöcker an ihrer Spitze nicht von Schmelz bedeckt, sondern zeigen eine kleine Kaufläche, welche wahrscheinlich nicht primär, wie bei Mus, sondern erst durch Abnutzung entstanden ist, da sich dieselbe an den Zähnen der Unterkiefer nicht findet. Sie besteht also aus Zahnbein und ‚ist von einem Schmelzwall um- geben. ..Der ‘Boden jener Grube ist also höchst wahrscheinlich - auch Zahnbein, welches, nachdem der Schmelz weggekaut war, in Folge des fossilen Zustandes erweicht und durch Witterungs- einflüsse zum Theil entfernt wurde. Die innersten Höcker eines jeden Querjoches sehen mit einer abgerundeten Fläche nach dem Gaumen und sind ‘von der Längsgrube her etwas unterminirt, so dass sie ein faltenartiges Ansehen bekommen haben. Der erste Backenzahn ist im Allgemeinen eine Wiederholung des eben beschriebenen, nur dass sich an der Vorderseite des Zahnes zunächst der Aussenseite noch ein isolirter. Höcker befindet, der gleichfalls durch eine tiefe Querfurche von dem übrigen Theile des Zahnes getrennt ist und gleichsam den Aussenhöcker eines vordersten Querjoches repräsentirt. Die Mittelhöcker jedes Quer- joches sind nicht so deutlich wie im zweiten Zahn. Die. eigen- thümliche Längsgrube dieses erscheint im ersten Zahne blos als Kaufläche der Innenhöcker oder noch .genauer des Zwischen- raumes zwischen Innen- und Mittelhöcker. Jeder der beiden Zähne hat drei Wurzeln, eine breite, von innen nach aussen abgeplattete, an der Innenseite und zwei runde an der Aussen- seite. Das Kieferfragment ist leider sehr unbedeutend. Man er- kennt jedoch noch deutlich den Anfang der Grenze zwischen der senkrechten und horizontalen Fläche des Oberkiefers und sieht daraus, dass der Gaumen zwischen Backen- und Schneide- zähnen-sehr bedeutend und zwar plötzlich verschmälert gewesen 666 sein muss, denn der zahntragende Theil des Oberkiefers springt auffallend nach aussen vor, so dass sich an der Vorderseite des ersten Backenzahnes die Fläche des Oberkiefers senkrecht erhebt; in ihr mündet das kleine Foramen infraorbitale, dessen Boden wenigstens man sieht, da das darüberliegende weggebrochen ist. Die Maasse sind folgende: 1) Länge des ersten Backenzaines . . . ...40Mm. 2) Breite desselben . . . are Abe 3) Länge des zweiten Ba! Ss ode Eon 4) Breite desselben Ba 1a BI 23 Bl Dido, 5) Von dem Rande der Alveole des ersten Birkkeree zahnes zum Foramen infraorbitale . . . . 5,0115, Hierher gehören auch offenbar zwei Fragmente or Schneide- zähne (Fig. 5 und 6 im Querschnitt), von denen das eine noch eine gelbliche Färbung der Vorderseite zeigt, die aber nicht als natürlich betrachtet werden kann, da sie sich nicht auf den Schmelz beschränkt, sondern fast ein Drittel des Zahnes durch- setzt. Diese Zähne haben ebenfalls eine platte Innenfläche, die gegen die Vorderfläche ganz scharf abgesetzt ist. Diese geht abgerundet in die Aussenfläche über, welche ebenfalls ohne scharfe Grenze in die schmale Hinterfläche verläuft. Der Schmelz be- deckt die Vorderfläche und etwa ein Drittel der Aussenfläche, wobei er mit einer unmerklichen Leiste von einer auf die andere übergeht. Der grösste Durchmesser. von vorn nach hinten be- trägt 3 Mm., von aussen nach innen 1,5 Mm. Es fragt sich nun zunächst, ob man berechtigt ist die so eben beschriebenen Fragmente der, Oberkiefer jenen Unterkiefern beizuzählen, da gleicher Fundort keineswegs gleiche Abstammung bedingt. Herr Medizinalrath v. JAEGER*) hat gleichfalls von Vöhringendorf 1. c. p. 153 Fig. 41 und 42 ein Oberkieferfrag- ment mit 2 Backzähnen erwähnt und abgebildet, welches er bei der Aehnlichkeit der Zähne mit denen von Palaeomeryx einem kleinen Wiederkäuer zuschreibt, indem er die Zähne für die bei- den letzten des rechten Oberkiefers hält (in der Abbildung bei JAEGER gehört das Fragment dem linken ÖOberkiefer an; die Zeichnung. ist also bei dem Lithographiren wahrscheinlich nicht * Ueberreste von Säugethieren aus einigen Bohnerzgruben der schwäbischen Alp. — Württembergische naturwissenschaftliche Jahres- hefte.’ Jahrgang IX. 1»53. p. 148 bis 171. Taf. II. 667 umgekehrt worden). Ich glaube, soweit man aus der Abbildung urtheilen kann, denn eine Beschreibung ist nicht gegeben, dass diese beiden Zähne mit den von mir vorher beschriebenen voll- ständig übereinstimmen, dass sie also die beiden ersten Zähne des linken (nach der Abbildung des rechten) Oberkiefers sind. Dafür spricht auch die Grösse in Fig. 40, welche vollkommen gleich ist. Ferner ist auch in Fig. 41 unterhalb des grösseren Zahnes eine Bruchstelle zu bemerken, welche offenbar von dem zerstörten Processus zygomatieus des Oberkiefers herrührt. Das mir vorliegende Fragment besitzt einen grösseren Theil des Oberkiefers, und zwar, wie schon angegeben wurde, so viel, dass man noch den Grund des Canalis infraorbitalis sehen und daraus die Lage des Foramen infraorbitale am engeren Ende des Kanals construiren kann, welches sich über der Vorderseite des grösseren Zahnes befand. Daraus geht ohne allen Zweifel her- vor, dass die fraglichen Zähne die ersten beiden und dann natür- lich des linken Oberkiefers sind. In Taf.XV. Fig. 3 sieht man über dem grösseren Zahn gleichfalls die Bruchstelle des Pro- cessus zygomaticus des Oberkieferss. Das Foramen: infraorbitale befand sich senkrecht über dem Vorderende des grösseren Zahnes, da wo die Zeichnung ’an dem Bauchrande des Fragmentes eine kleine Hervorragung zeigt. Ist aber der grössere Zahn der erste und nicht der letzte des Oberkiefers. so muss das Bruchstück einem Nager angehören, denn bei allen Hufthieren und Insekten- fressern ist niemals der erste Backenzahn der grösste. Bei den meisten Thieren dieser Ordnungen erstrecken sich die Backen- zähne mit immer abnehmender Grösse bis an das vordere Ende des Oberkiefers, oder wo zwischen Backenzähnen und Schneide- zähnen eine Lücke besteht, wie z. B. bei den Wiederkäuern, ist der erste Backenzahn doch immer. kleiner ‚als die zunächst fol- genden. Bei den Pferden ist er zwar etwas länger als der zweite, verjüngt sich aber nach vorn so, dass er mit einer scharfen Kante endet. Auch ist in einem solchen Falle der zahnlose Theil des Oberkiefers gegen den zahntragenden niemals so scharf abgesetzt. Es bleibt noch übrig zu untersuchen, ‚ob Gründe für oder gegen das Zusammengehören der Kieferfragmente vorhanden sind. Dafür würde das Vorkommen einzelner Fragmente oberer Schneide- zähne sprechen, welche natürlich mit den unteren nicht congruent sind, aber doch einen ganz übereinstimmenden Habitus haben. Gegen das Zusammengehören könnte man vielleicht Gründe aus 668 den relativen Grössenverhältnissen der Backenzähne entnehmen, denn die Backenzähne des Unterkiefers werden nach hinten zu grösser, und im ÖOberkiefer sind die ersten beiden Backenzähne zwar gleich breit, allein der erstere Zahn hat eine bedeutendere Länge. Diese Verhältnisse sind nicht maassgebend, denn sie finden sich bei lebenden Nagern z. B. dem Hamster, obgleich es allerdings Regel ist, dass obere und untere Backenzähne auf gleiche Weise an Grösse entweder zu- oder abnehmen. Der wichtigste und allein bestimmende Grund für das Zusammen- gehören ist: aber das vollständige Zusammenpassen. — Der Grundtypus für die Stellung der Säugethierzähne ist das Alter- niren, d. h. ein Zahn des Oberkiefers entspricht nicht wieder einem Zahne des Unterkiefers, sondern dem Zwischenraum zwi- schen zwei Zähnen desselben. Abgesehen von allen theoretischen Gründen dafür, lässt es sich auch empirisch nachweisen; weder die mahlenden Backenzähne der Grasfresser noch die dicht ge- drängten Vorderzähne der Fleischfresser decken einander bei ruhender Stellung des Unterkiefers vollkommen, sondern jeder Zahn des einen Kiefers deckt mehr oder weniger vollständig die hintere oder vordere Hälfte der Krone je zweier gegenüberste- henden Zähne. Stehen die Zähne ohne Zwischenräume, und’ sind ihre Kronen platt, so werden die durch Verschiedenheit des Alternirens bedingten Typen nicht so auffallend wie da, wo die Krone in zwei Querjoche zerfällt z. B. beim Tapir. Dann stelk sich heraus, dass bei diesem Genus wie bei Hippopotamus und Sus das vordere Querjoch eines unteren Backenzahnes zwischen zwei obere Backenzähne fällt, sein hinteres Querjoch aber zwi- schen die beiden Joche eines einzigen oberen Zahnes. Bei Ma- natus ist es umgekehrt, denn hier fällt das vordere Querjoch eines unteren Backenzahnes zwischen die beiden Querjoche eines oberen u. s. w. Eine wesentliche Differenz in scheinbar gleichen Gebissformen. Ich habe nicht Gelegenheit gehabt, das Gebiss vom Dinotherium in Bezug auf das Ineinandergreifen der oberen und unteren Backenzähne zu untersuchen, möchte aber hier auf die Wichtigkeit einer solchen Untersuchung hinweisen, da sich auf diese Weise die Verwandtschaft zu den Pachydermen oder zu Manatus herausstellen würde. Finden sich in einem Gebiss kleine und für das Kauen unwesentliche oder ganz unbrauchbare Zähne vor, z.B. der letzte Backenzahn im Unterkiefer des Hun- des oder der erste im Oberkiefer von Sciurus vulgaris, so ste- 669 hen sie, wenige Ausnahmen abgerechnet, stets am Ende der auf das Alterniren gegründeten Reihe der Zähne. Bei Sciurus vul- garis z. B., also bei allen Seiurusarten, welche den kleinen Backenzahn besitzen, beginnt die Reihenfolge der Backenzähne von vorn nach hinten mit dem kleinen Backenzahn, d. h. dem ersten Backenzahn des Oberkiefers, auf ihn folgt der erste untere Backenzahn, welcher mit seiner vorderen Hälfte dem Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten oberen, mit seiner hinteren Hälfte jedoch der vorderen Hälfte des zweiten oberen entspricht. Der zweite untere Backenzahn entspricht mit seiner vorderen Hälfte der Lücke zwischen dem zweiten und dritten oberen, mit seiner hin- teren Hälfte der vorderen Hälfte des dritten oberen Backenzah- nes. In der Weise geht das Alterniren fort, bis die Reihe mit dem letzten oberen Backenzahne schliesst, dessen hintere Hälfte eigentlich über die untere Zahnreihe hinausragt, durch Verlänge- rung des letzten unteren Backenzahnes jedoch eine ihr gegen- überstehende Kaufläche erhält. Bei den Sciurusarten, "welche den kleinen Backenzahn nicht besitzen, beginnt die Reihe mit dem ersten unteren Backenzahn, was natürlich im Typus nichts ändert, da immer die vordere Hälfte eines unteren Backenzahnes der hinteren eines oberen oder, wie es bei Ausbildung zweier Querjoche sein würde, dem Raum zwischen zwei oberen Backen- zähnen entspricht. Wenden wir dieses allgemeine Gesetz des Alternirens auf das Gebiss unseres Pseudosciurus an, bei dem die Querjoche der unteren Backenzähne immer in die Querfurchen der oberen und umgekehrt passen, so beginnt die Reihe scheinbar im Oberkiefer, in Wirklichkeit jedoch im Unterkiefer, da offenbar das vordere Querjoch des ersten unteren Zahnes in die unvollständige erste Querfurche des ersten oberen, sein hinteres Querjoch jedoch in die zweite Querfurche desselben gehört. Das hintere Querjoch des ersten oberen Zahnes entspricht dann der Lücke nach dem ersten unteren Backenzahn. Dieser ist also eigentlich der voran- stehende, obgleich dann der vordere Anhang des ersten oberen Zahnes noch vor: sein Vorderende zu liegen- kommt. Dafür spricht auch der Umstand, dass jener accessorische Vorderhöcker sich von der Mittellinie nach aussen zu befindet, während an dem ersten unteren Backenzahn die äussere Hälfte in entsprechen- der Weise vor der inneren zurückgerückt ist. Suchen wir mit Hülfe der Lehre vom Alterniren der, Zähne 670 die Zahl: und ‚Gestalt der noch, fehlenden ‚des Oberkiefers zu construiren,, so ergiebt sich aus den Zähnen des Unterkiefers, dass der. Oberkiefer deren noch zwei besass, so dass also im Ganzen vier vorhanden waren, von denen der dritte dem zweiten ganz gleich, der vierte jedoch etwas kleiner war, da sein hinteres Querjoch nur nach innen zu vollständig entwickelt war, wo es auf der entsprechenden Ausdehnung der Kaufläche am letzten unteren Backenzahne ruhte. ‚ Sollten sich auch gegen die Vereinigung der Oberkiefer- fragmente mit den Unterkiefern Bedenken erheben, so genügen doch die Unterkiefer allein zur sicheren Unterscheidung von den lebenden Gattungen. Die Aehnlichkeit mit Seiurus ist nur eine scheinbare; gegen sie spricht die Zahl und Stellung der Zahnwurzeln. Die Species mag als Psewdosciurus suevi- cs bezeichnet werden. Der Fundort ist Veringendorf*) im Sigmaringischen. Noch will ich erwähnen, dass der von Herrn v. JAECER l. ec. Taf. 3 Fig. 23 und 24 abgebildete obere und: untere Sehneidezahn von demselben Fundorte hierher zu gehören scheint, obgleich von dem letzteren gesagt wird, er komme mit dem von Mus decumanus ziemlich überein. , Sciurus priscus GieseL. (Taf. XV. Fig. 10 bis 15.) Das Berliner mineralogische Museum besitzt unter den von Herrn Dr. Gieger im Diluvium von Quedlinburg gesammelten Ueberresten den linken Unterkiefer eines Nagers, auf welchen der Genannte seinen Sciurus priscus gegründet hat**), und von dem er l.c. sagt: „Den vollständigen Unterkiefer dieser Species, welche die lebende gemeine um das Doppelte an Grösse über- traf, fand ich in den Diluvialablagerungen des Seveckenberges bei Quedlinburg. Der erste Backenzahn ist verhältnissmässig sehr klein, gleichsam nur ein Lückenzahn gegen die übrigen.” In der Odontographie Leipzig 1855 des genannten Autors wird der Sceiurus priscus gar nicht erwähnt, wohl aber in einer An- *) Diese Schreibart enthielt die Angabe von Herrn Quexstept; bei JAEGER ]. c. findet sich Vöhringendorf. **) GıeBeL, Fauna der Vorwelt. 1847. Säugethiere p. 82 (schon er- wähnt in der Isis 1845. p. 909), 671) merkung auf Seite. 662. der „Säugethiere, Leipzig. 1855”. Hier wird: jedoch bloss. das’ schon oben angegebene Grössenverhältniss, wiederholt, während der eigenthümliche Typus der Backenzähne unerwähnt bleibt. Aus der „Fauna der Vorwelt” ist der Sceiuras priscus ‚auch in den Traite. el&mentaire de pal&ontologie etc. von PıcTET übergegangen. Ein 'so ungewöhnliches Verhältniss in Zahl und Form der Backenzähne bei Scöurus priscus veranlasste mich, den betreffen- den Unterkiefer nochmals zu untersuchen. Die von mir erlangten Resultate weichen jedoch von denen des Herrn, Dr. GIEBEL; we- sentlich ab. Zunächst fand ich, dass der von Herrn Dr..GIEBEL gleichsam als Lückenzahn gedeutete sehr kleine erste Backenzahn nichts anderes als eine stehengebliebene Wurzel des normal grossen aber weggebrochenen ersten Backenzalnes ist. Der Un- terkiefer (Taf. XV. Fig. 10) ist nämlich ‚in seiner vorderen Hälfte zerbrochen und zwar so, dass der Bruch von oben nach unten genau durch die. vordere Alveole des ersten Backenzahnes hindurchgeht. An der Innenseite des Kiefers befindet sich noch, eine aber kleinere Alveole. In ihr; so wie in der erstgenannten steckt kein Wurzelfragment, wohl aber in einer dritten Alveole, welche an der Aussenseite des Kiefers dicht am zweiten Backen- zahne liegt (Taf. XV. Fig. 11). Dieses; Fragment, an dessen oberem Ende man; die Bruchfläche und den Kanal der Zahnwur- zel deutlich erkennen kann, hat Herr Dr. GiegEL, wahrschein- lich durch das Verhältniss der oberen Backenzähne bei Scyurus vulgaris veranlasst, für einen selbstständigen Zahn gehalten. Ausserdem aber fand ich noch, dass der betreffende. Unterkiefer keineswegs einem Sciurus sondern einem Spermophilus angehört. - Um dieses zu beweisen, wird es nöthig sein, zuerst die Unter- schiede zwischen den Unterkiefern von Sciurus und Spermophilus anzugeben. Aus der Gattung Sciurus lagen ausser 25 Schädeln des Sciurus vulgaris noch einzelne Schädel aussereuropäischer Spe- cies z.B. von Sciurus carolinensis, cinereus, hudsonius, aestuans, bicolor, plantani, flavivittis, mutabilis, palliatus u. s. w. vor. Ihre Unterkiefer stimmen im Allgemeinen mit denen von Sciwrus vulgaris überein, so. dass diese Art als typisch angesehen wer- den kann. Aus der Gattung Spermophilus konnten nur 12 Schä- del von Spermophüus citillus verglichen werden. Taf. XV. Fig. 12 und 13 stellen Unterkiefer und Backenzähne von R 672 Sciurus vulgaris*), Fig. 14 und 15 dieselben von Spermophi- Zus. citillus dar. Was nun die Unterschiede am Unterkiefer . selbst betrifft, so ist bei Segurus vulgaris der Kronenfortsatz kurz und breit; er deckt einen Theil des letzten Backenzahnes voll- ständig. Der Theil des Unterkiefers zwischen dem ersten Backen- zahn und der Krone des Schneidezahnes ist verhältnissmässig hoch, d. h. nur wenig niedriger als der zahntragende Theil des Unterkiefers. Die Ansatzstelle des Masseter endet nach vorn in einem Bogen abgerundet, ungefähr ‚soweit vom unteren Rande des Unterkiefers wie von dessen oberem entfernt. — Bei Sper- mophilus citillus ist der Kronenfortsatz lang und schmal und deckt nicht den letzten Backenzahn, der vielmehr durch einen kleinen Zwischenraum vom Kronenfortsatz getrennt erscheint. Der vor den Backenzähnen liegende Theil des Unterkiefers ist bedeutend niedriger als der zahntragende. Die Ansatzstelle des Masseter endet nach vorn näher dem unteren als dem oberen Rande des Unterkiefers mehr geradlinig als bogenförmig und zwar in der Nähe eines Wulstes, der sich bis zum oberen Rande des Unterkiefers erstreckt und dort am WVorderende des zweiten Backenzahnes endet. Durch die weiter unten folgenden Maasse werden die Unterschiede absoluter ausgedrückt werden. Was das Gebiss betrifft, so sind bei diesem die Unterschiede noch be- stimmter als bei der allgemeinen Form des Unterkiefers. Bei Sciurus vulgaris sind die unteren Schneidezähne seitlich so zu- sammengedrückt, dass sie noch einmal so hoch wie dick sind, d. h. dass auf dem Querschnitt der Längendurchmesser doppelt so gross wie der Querdurchmesser ist. Bei Spermophilus citil- Zus ist der untere Schneidezahn nicht seitlich zusammengedrückt, denn auf dem Querschnitt ist der Querdurchmesser nur wenig kürzer als der Längsdurchmesser. Die sichersten Unterschiede ergeben sich jedoch aus der Form der Backenzähne. Bei Sciz- rus vulgaris (Fig. 13) ist der erste Backenzahn des Unterkiefers *) In Fig. 12 ist der Schneidezahn nicht richtig dargestellt, dessen Hinterrand, da, wo er aus der Alveole hervorkommt. dem Vorderrande parallel sein muss, während die Abbildung eine Convergenz zeigt. —' Gute Abbildungen der Schädel und somit. auch der Unterkiefer von Sciurus vulgaris und Spermophilus eitillus finden sich in „GEMMINnGER und Fıurer, Fauna Boica. München 1851. Taf. XIV. Fig. 1 und 2” — nur ist in Fig.1 der Schneidezahn des Unterkiefers zu tief in demselben ver- borgen. ; 673 * an seinem vorderen Ende abgerundet und die vordere Hälfte schmäler als die hintere; die Grössenzunahme der hinteren Hälfte findet an der Aussenseite des Zahnes statt, daher hier die hintere Hälfte vor der vorderen bedeutend vorspringt. Auf der vorderen Hälfte der Krone erheben sich zwei Höcker, von denen der innere höher ist als der äussere; das äusserste Vorderende erhebt sich nicht zu einem deutlichen Höcker, indem es höchstens etwas verdickt erscheint. Die hintere Hälfte der Krone bildet eine flache Grube, deren wenig erhabener Rand nur an der Aussenseite zu einem deutlichen Höcker anschwillt. Der zweite Zahn ist fast rhombisch, im Mittel so lang wie breit, der Vor- derrand etwas schmäler als der Hinterrand. Der Rand der fa- chen Grube auf der Oberfläche der Krone erhebt sich auf dem Aussenrande in zwei Höckern, zwischen denen noch ein kleines Höckerchen befindlich ist. Ausserdem bildet er nur noch in dem Winkel zwischen Vorder- und Innenrand einen Höcker. Der Vorderrand ist‘nur unbedeutend höher als der Hinterrand und . vom ersten Höcker des. Aussenrändes durch eine kleine aber deutliche Grube getrennt. Der dritte Zahn ist fast genau rhom- bisch, im Mittel so lang wie breit, der Vorderrand so lang wie der Hinterrand; im Uebrigen gleicht er dem vorhergehenden. Der vierte oder letzte Backenzahn würde dem vorangehenden ‘ gleichen, wenn nicht sein hinterer Rand statt dem vorderen pa- rallel zu sein, sich nach hinten bogenförmig abrundete, so dass die flache Grube der Kaufläche eine grössere Längenausdehnung erhält. Der kleine Höcker zwischen den Höckern des Aussen- randes nimmt vom zweiten bis vierten Zahn an Deutlichkeit zu. Diese kurze Beschreibung der unteren Backenzähne von Sezurus vulgaris wird genügen, da es sich nicht darum handelt einzelne Sciurusarten von einander, sondern Sciurus von Spermophilus zu unterscheiden. Es wurde daher die genauere Form des Randes der Zähne übergangen. — Bei Spermophilus citillus (Taf. XV. Fig. 15) ist der erste untere Backenzahn fast rhombisch, da seine vordere Hälfte kaum schmäler als die hintere ist. Ueberhaupt stimmt er in seiner Gestalt mehr mit den folgenden Zähnen über- ein, so dass sie gleichzeitig beschrieben werden können. Der Vorderrand einer jeden Zahnkrone erhebt sich zu zwei zugespitz- ten Höckern, welche durch einen Einschnitt von einander ge- trennt sind, der nicht bis zur Fläche der Krone sondern nur bis zur halben Höhe der Höcker herabgeht. Eine kleine aber mar- Zeits. d. d.geol. Ges. VIII. 4. 44 674 kirte Vertiefung befindet sich im ersten Zahne gerade vor dem ge- nannten Einschnitt, im zweiten genau in ihm, im dritten ist sie noch weiter nach "hinten gerückt, und im vierten ist sie mit der ganzen Kaufläche des Zahnes verschmolzen, so dass man an dem Vorderrand der Krone kaum noch eine Andeutung derselben sieht. Ausserdem findet sich ein Höcker nur noch in dem Win- kel zwischen Hinter- und Aussenrand; er ist jedoch nicht so hoch wie die Höcker des Vorderrandes. Von ihm geht zu dem äusseren Höcker des Vorderrandes eine niedrige aber scharf mar- kirte Leiste, welche jedoch nicht dicht am Aussenrande der Zahn- krone liegt, sondern von diesem durch einen kleinen etwas ver- tieften Zwischenraum getrennt ist. Dadurch wird der vertiefte Theil der Kaufläche kleiner als bei Sciurus und erscheint zugleich tiefer und mehr innen und hinten gedrängt. Als die allgemeine Form der Zahnkrone kann man das Rhomboid betrachten, wel- ches am vollkommensten am dritten Zahn ausgeprägt ist; am zweiten Zahn ist der Aussenrand der Zahnkrone kürzer als der Innenrand; bei dem vierten erscheint das Hinterende in seiner äusseren Hälfte verlängert und abgerundet. Die oben angegebe- nen Merkmale des Unterkiefers von Seiurus vulgaris gelten im Allgemeinen auch für die übrigen Arten derselben Gattung. Will man Spermophilus citillus als Typus seiner Gattung gelten las- sen, so könnte man Sciurus und Spermophilus nach den Zähnen des Unterkiefers folgendermaassen unterscheiden: Bei Seiurus sind die Schneidezähne seitlich stark zusammengedrückt, so dass im Querschnitt der Längendurchmesser doppelt so gross wie der Breitendurchmesser ist; die Backenzähne sind mehr oder weniger deutlich rhombisch ; vorzugsweise der Aussenrand der Krone trägt Höcker und zwar deren zwei, zwischen denen noch ein kleiner, accessorischer Mittelhöcker vorhanden ist. Bei Spermophilus ist im Querschnitt des Schneidezahnes der Längendurchmesser nur wenig grösser als der Breitendurchmesser, die Backenzähne sind rhomboidisch; an der Krone zeigt vorzugsweise der “Vorderrand Höckerbildung; statt des accessorischen Mittelhöckers bei Sceiurus ist hier eine deutliche Leiste in der Richtung des Kiefers.*) Betrachten wir nun den betreffenden Unterkiefer des Sezurus priscus GiEBEL (Taf. XV. Fig. 10 und 11), so findet sich, dass *) Beiläufig sei hier bemerkt, dass Arctomys Ludovieianus Orp, durch Gebiss und Schädel zu Spermophilus gehört. 675 er alle die Verhältnisse, wie sie oben von Spermophilus ange- geben wurden, zeig. Der Kronenfortsatz deckt den letzten Backenzahn nicht; die Ansatzfläche des Masseter endet nach vorn ziemlich geradlinig; ihre Grenze ist überall wulstig aufgetrieben ; die Höhe des Kiefers vor den Backenzähnen ist bedeutend nie- driger als an den Backenzähnen selbst; der Schneidezahn ist fast so breit wie dick, d. h. auf dem Querschnitt ist der Längen- durchmesser nur wenig grösser als der Breitendurchmesser, Die Backenzähne, besonders der zweite und dritte, sind entschieden rhomboidisch, indem ihre Kronen breiter als lang sind. Vorzugs- weise ist ihr vorderer Rand zu zwei Höckern ausgebildet, von denen der innere der höhere ist. Zwischen diesen beiden Höckern befindet sich eine kleine Vertiefung, welche dieselben Verhältnisse zeigt, die schon :oben von Spermophilus angegeben wurden, Ausserdem befindet sich in dem Winkel zwischen Aussen- und Hinterrand der Krone noch ein Höcker, der jedoch nicht so hoch ist wie die vorderen. Er ist ganz genau wie bei Spermophilus durch eine deutliche Leiste mit dem äusseren Höcker des Vor- derrandes verbunden. Diese Leiste ist ebenfalls ein wenig vom Aussenrande der Krone entfernt, und zwar ist sie der Mittellinie des Zahnes ein wenig näher als dem Aussenrande; der letzte Backenzahn ist an seinem Hinterrande verlängert, so jedoch, dass der hintere Höcker jetzt nur dem Aussenrande angehört. Folgende Maasse werden das Verhältniss zu Sciurus und Spermophilus deutlicher machen: 1) Länge des Kiefers von dem oberen sciurus Spermoph. Spermoph. Theile der Alveole des Schneidezah- "!garis. eitltus. _ (lossil). nes bis zu der Ausbuchtung des hin- teren Randes zwischen Gelenkhöcker Mm. Mm. Mm. und Angulus . .. 2. 0811187.2439. 23,0. 28,5 2) Höhe des Kiefers zwischen nn zwei- ten und dritten Backenzahn . . . 82 65 85 3) Geringste Höhe des Kiefers zwi- ‚schen Schneidezahn und erstem Bak- kenzahrnus. ars nal. Sue 3aharbsle 3:03; 4) Entfernung des zweiten Backenzah- nes von dem oberen Theile der Al- veole des Schneidezahnes . . . 9,0 80 10,5 5) Gesammtlänge der drei letzten Bak- konzahnen en en ak 58 A 676 . \ .. . 7 6) Mittlere Länge des zweiten Backen- eiurws Spermoph. Spermoph. vulgaris. ceitillus. (fossil). zahnes, senkrecht zum Vorder-- und Mm. Mm. Mm. Hinterrand der Krone gemessen . 2,2 2,0 2,2 7) Dieselbe des dritten Backenzahnes . DA 3,0 8) Grösster Längendurchmesser des vier- ten Backenzahnes . . . = 3:2 Di Der fragliche Unterkiefer gehört also unzweifelhaft einem Spermophilus an; sicherlich jedoch nicht dem Spermophilus_ ei- fıllus, dessen Unterkiefer er an Grösse übertrifft. Ausserdem unterscheidet er sich von diesem noch wesentlich dadurch, dass sein erster Backenzahn drei Wurzeln gehabt hat, eine vordere und zwei hintere, deren grösste die vordere, deren kleinste die innere der hinteren Wurzeln war. Diese Verhältnisse lassen sich noch leicht aus der Grösse der Alveolen erkennen, die von Herrn Dr. GIEBEL übersehen worden sind. Leider standen mir bloss die Schädel von Spermophilus ceitillus zu Gebote, so dass ich nicht entscheiden kann, ob der fossile Unterkiefer einer neuen Species oder einer lebenden, etwa dem Spermophilus fulvus Licht. angehören mag. Jedenfalls wird viel auf die Zahl der Wurzeln im ersten Backenzahn bei den lebenden Species zu ge- ben sein, unter denen Spermophilus eitillus den ersten Backen- zahn stets nur zweiwurzelig hat. Fossile Ueberreste lagomysartiger Thiere. (Taf. XVI.) PırLas*) war der erste, welcher uns mit einer eigenthüm- lichen, der Familie der Hasen angehörenden Gattung bekannt machte, ohne sie jedoch von Lepus zu unterscheiden. CuvIeEr **) gab ihr später den Namen Lagomys. Parras hatte bei Unter- suchung des Gebisses auffallende Fehler begangen, wie dies schon R. WAGner ***) richtig nachgewiesen bat. Doch auch Cvvıer und seine Nachfolger haben höchstens die Unterschiede zwischen Lepus und Lagomys hervorgehoben, welche in der Zahl der Backenzähne begründet sind. Eine genauere zoologische Unter- *) Novae species quadrupedum e glirium ordine. Erlangen 1778. **) Begne animal. Tome I. Paris 1817. p. 211. ***) Ueber den Zahnbau der Gattung Lagomys. Oxken’s Isis Bd. XXI. 1829, p. 1133. 677 suchung des Gebisses hat weder bei Lepus noch® bei Lagomys jemals stattgefunden. So sagt z. B. Cuvier 1. c. p. 209 von den Backenzähnen der Hasen bloss, sie seien aus zwei senkrech- ten mit einander verschmolzenen Platten gebildet. Eine ziemlich gleichlautende Angabe machte Herr Dr» GIEBEL in der „Fauna der Vorwelt” 1847, p.99. In den „Säugethieren” 1855 p. 442, so wie in der Odontographie p. 59, sagt der Genannte ausführ- licher von den Leporiden: „jeder Zahn ist aus zwei Querlamel- len gebildet, die in der Mitte innig mit einander verschmelzen und nur in der Querleiste auf der Kaufläche und der Rinne an jeder Seite ihre Grenze verrathen.” Ebenso wenig genau hat Herr Professor Branpr*) die Backenzähne seiner Lagomorphi charakterisirt, wenn er von ihnen sagt: „die wurzellosen Backen- zähne bestehen aus einer oder zwei, mehr oder weniger ganz dicht mit einander verbundenen Platten” Von der Gattung La- gomys selbst wird l.c. p. 288 gesagt: „Molares 2 omnes utro- que latere aequaliter acutanguli et praeter primum mazillae et ultimum mandibulae, simplices, satis profunde unisulcati.”’ In der Anmerkung derselben Seite wird noch hinzugefügt: „Mandibulae molarium primus non solum, ut in leporibus, latere externo, sed etiam interno bisulcatus vel subunisulcatus.” WATERHOUSE**) sagt 1. c. p. 37 von den Backenzähnen von Lepus „ihe molar teeth are small in proportion to the skull; those of the upper jaw, with the exception of the first and last, have a vertical groove, both on the outer and inner surface, and the foremost broader tooth has three grooves; the crowns of these teeth are broader than long, and present three trunsverse ridges; the foremost is somewhat smaller than either of the four following teeth (which are of equal size), wants the mesial ridge, and has a small fold of enamel in- denting its anterior surface; the hindermost molar is very small, and in the form of a compressed cylinder. The crowns of the molars of the lower jaw have their longitudinal und transverse diameters nearly equal; like those of the upper jaw, they present- three transverse ridges of enamel, and the *) Untersuchungen über die eraniologischen Entwickelungsstufen etc. der Nager. Petersburg 1854. p. 284. **) A natural history of the Mammalia. Vol. II. Rodentia. Lon- don 1848. 678 shaft of each tooth is grooved on the outer and inner side, but the grooves are much stronger, and so indent the tooth that is crown presents two salient angles on each side: the hindermost molar is considerably smaller than the rest” Von der Gattung Lagomys heisst es p. 14: „the upper molars can scarcely be said to differ in their structure from those of the true Hares; they present the same three transverse ridges of enamel, but on the hinder part of the last molar a small extra loop is visible — üt is placed nearer tho the inner, than to the outer angle of the tooth: this molar corresponds to the penultimate molar in the Hares skull. The molar teeth in the lower jaw differ from the corresponding :teeth in the Hares, in having the groove on the outer, as well as that on the inner surface, more deep; the body of the tooth is therefore more contracted in the middle, and the salient an- gles of the two halves of the looth are more prominent; the foremost molar, as in the Hares, has two grooves on the outer surface; the last molar has but one salient external and in- ternal angle, and in bulk does not equal half of one of the preceeding molars.” Ich habe die Angaben von WarERHOUSE in ihrer Voll- ständigkeit angeführt, um zu zeigen, wie wenig genau auch dieser Forscher auf den Zahnbau der Leporiden und auf die Unterschiede im Gebiss von Lepus und Lagomys eingegangen ist. Es wird daher nöthig sein, ehe wir zu einer Untersuchung fossiler Lagomysarten schreiten, das Gebiss der Leporiden im Allgemeinen und das von Lagomys im Besonderen zu erörtern. Die Backenzähne der hasenartigen Nager, Branpr’s Lagoi- den,. bestehen im Allgemeinen aus einem Cylinder von Zahnbein, der nach der Krone hin voll, nach der Basis zu mehr oder we- niger hohl ist. Diesen Cylinder überzieht eine verhältnissmässig dünne Schicht Schmelz. Nach der Basis des Zahnes hin findet sie sich ohne Zahnbein und bildet dann also einen hohlen Cy- linder. Der Zahnbeincylinder ist jedoch nicht drehrund, sondern hat an seiner Aussenfläche mehr oder weniger tiefe Furchen, welche von der Krone nach der Basis zu verlaufen. Der Schmelz kleidet alle diese Furchen aus, daher erscheint er faltig, indem er stellenweise tief in den Zahn einzudringen genöthigt ist. Ob- gleich der Schmelz im Vergleich zur Masse des Zahnbeines nur dünn ist, so ist doch auch seine absolute Dicke wieder eine sehr 679 wechselnde. An manchen Stellen ist er auf dem Querschnitt eines Zahnes schon dem blossen Auge erkennbar; an anderen bedarf es dazu einer ziemlich starken Vergrösserung durch das Mikroskop. Den Schmelz überzieht wiederum von aussen eine Schicht Cement, welches an seinen Knochenkörperchen leicht, kenntlich ist. Dieses Cement füllt alle, durch die Faltungen des Schmelzes entstandenen Vertiefungen aus und zeigt dabei einige charakteristische Erscheinungen. KöLLIKErR *) beschreibt nämlich an den Zähnen des Mer ein diinnes Häutchen, sein Schmelzoberbäutchen, welches an un- versehrten Zähnen die ganze Krone überziehen soll, und dessen Entdeckung er auf Nasmy'rn**) zurückführt. Doch hat schon Erpr ***), wie LeypIG +) ganz richtig bemerkte, jenes Schmelz- oberhäutchen erwähnt. Owenxtf) schreibt den Zähnen des Men- schen, der Affen und der Landraubthiere eine äusserst dünne Cementschicht zu, welche die ganze Krone überziehen soll; bei den Pflanzenfressern solle sie dicker sein. Offenbar ist hiermit das Schmelzoberhäutchen KöLLıkeEr’s gemeint, welches dadurch dem Cement beigezählt wird, eine Ansicht, welcher wir nach den Verhältnissen, wie sie sich bei den Backenzähnen von Lepus zeigen, beipflichten möchten, obgleich Hannover fff) jenes Schmelzoberhäutchen auf seine Membrana intermedia des nicht ver- knöcherten Cementkeims zurückführen will. Bei Lepus hat aber das Cement die Eigenthümlichkeit, dass sein äusserer Theil we- nige oder gar keine Knochenkörperchen besitzt. Bei einer schwa- chen Vergrösserung, welche die einzelnen Knochenkörperchen nicht erkennen lässt, scheint es nämlich, als sei das bei durch- fallendem Licht dunkele Cement nach aussen zu von einer dün- *) Mikroskopische Anatomie Bd. II, 2. Leipzig 1854. p.69. Fig. 198. **) Researches on the development, structure and diseases of the theeth. London 1849. . *»#«) Untersuchungen über den Bau der Zähne bei den Wirbelthieren, insbesondere den Nagern. — Abhandlungen der Münchener Akademie Bd. III. Abth. II. 1843. p. 513. 7) Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frank- furt a. M. 1857. p. 288. 77) Odontography. London 1840 bis 1545. p. 301. — The coronal cement is of extreme tenuity in Man, Quadrumana and Terrestrial Car- nwora; it is thicker in the Herbivora. ri) Ueber die Entwicklung und den Bau des Säugethierzahnes. — Noya Acta. Vol. XXV. P. II. 1856. p. 898. 650 nen glasartigen, strukturlosen Schicht überzogen. Bei einer stärkeren Vergrösserung jedoch, wenn sich die einzelnen Knochen- körperchen deutlich erkennen lassen, nimmt man wahr, dass jene helle Schicht dem Cement selbst angehört, indem man einzelne „Knochenkörperchen sich in sie hinein erstrecken, andere ganz in ihr enthalten sieht. Es besteht daher keine scharfe Grenze zwischen der dunkeln Masse des Cements und dem hellen Saum desselben. Das Cement überzieht, wie schon vorhin angegeben wurde, auch die bedeutendsten Hervorragungen des Schmelzes, jedoch fehlt dann der Knochenkörperchen führende Theil des Cements und man sieht nach aussen vom Schmelz nur einen dünnen glasartigen, strukturlosen Saum, das Schmelzoberhäut- chen, welcher nichts anderes als eine Fortsetzung jenes hellen Theils des Cementes ist. An Dicke übertrifft er dann zuweilen die unter ihm liegende Schmelzschicht, wenn diese sehr dünn ist. Jener helle Saum des Cementes enthält in seinem äusseren Theile gar keine Knochenkörperchen und man kann, allerdings nur an frischen Zähnen, seine Fortsetzung über den Schmelz deutlich verfolgen. An den Zähnen, wie sie aus macerirten und trockenen Schädeln genommen werden, ist die strukturlose Ce- menthaut höchstens stückweise zu erkennen, denn sie löst sich entweder von selbst vom Zahne ab oder wird beim Schleifen grössten Theils weggebrochen, da sie bei dem Trocknen der Zähne eine Menge senkreckter Sprünge erhält und ihr Zusam- menhang mit dem Schmelz gelockert wird. Ervr (l. c. Taf. 1. Fig. 4) hat einen Querschnitt von dem Backenzahn eines Hasen geliefert, der in sofern unrichtig ist, als bierbei der helle Saum des Cementes ganz vernachlässigt und im ganzen Umfange des Zahnes warscheinlich mit dem Schmelz zusammengeworfen wor- den ist. Dasselbe ist absichtlich auf unserer Taf. XVI. geschehen, wo wegen der Kleinlieit der Figuren, und da es nicht darauf ankam, ein mikroskopisches Bild zu liefern, der Schmelz mit seinem dünnen Cementüberzug durch dieselben Contourlinien dargestellt ist. Auch konnte natürlich an den dickeren Theilen des Cementes ein heller Saum nicht angegeben werden. Ausser- dem muss bemerkt werden, dass unsere Untersuchungen nur an den Zähnen von Lepus timidus und Lepus cuniculus gemacht wurden, da die Zähne fossiler und lebender Lagomysarten, welche uns zu Gebote standen, sich zu einer mikroskopischen Unter- suchung nicht eigneten. Sie wurden blos senkrecht zu ihrer 681 Höhe angeschliffen und mit einer Lupe untersucht. Die typische Uebereinstimmung lässt aber mit Sicherheit vermuthen, dass ihre mikroskopischen Verhältnisse wie bei den Zähnen von Lepus sein werden. Die betreffenden Figuren auf Taf. XVI. stellen daher nicht die Kronen der Backenzähne dar, wie sie sich bei einer Besichtigung des Schädels zeigen, sondern sind vielmehr die aneinander gereihten Querschnitte eines jeden einzelnen Backenzahnes. Sie allein geben ein richtiges Bild von dem speciellen Bau des Zahnes, da die durch das Abkauen entstan- denen Flächen gewöhnlich schräg sind, die Querschnitte aber immer senkrecht zu der Axe des oft gekrümmten Zahnes ge- führt wurden. Entgegen den gewöhnlichen Angaben der Autoren bestehen die Backenzähne bei Lepus, mit Ausnahme des letzten im Un- terkiefer, aus einem einzigen Cylinder, der aber im zweiten bis vierten oberen Backenzahne von innen her und im ersten bis vierten unteren von aussen her eine so tiefe, von Cement aus- gefüllte Falte hat, dass man zu der Ansicht gelangen konnte, er bestehe aus Lamellen. In den oberen Backenzähnen geht jene Falte ein wenig über die Mitte des Zahnes hinaus; in den unteren dagegen dringt sie fast bis zur Innenseite vor, so dass der Schmelz der Aussenseite von dem der Innenseite nur durch eine äusserst dünne Schicht Zahnbein getrennt ist, wie man dies auch aus der angeführten Figur bei ErpL, welche den Quer- schnitt eines unteren Backenzahnes von Lepus darstellt, ersehen kann. Der letzte untere Backenzahn von Lepus macht in sofern eine Ausnahme, als er gewöhnlich aus zwei selbstständigen Zahnbeincylindern besteht, welche, jeder für sich, ihren Schmelz- überzug haben und durch Cement fest aneinander gekittet sind. In seltneren Fällen, und zwar bei ZLepus cuniculus häufiger als bei Lepus timidus, sind die beiden Cylinder in einen ver- schmolzen, so dass jetzt eine Faltenbildung einigermaassen der von den vorhergehenden Zähnen ähnlich entsteht. Man hat diese Verschmelzung nicht etwa so zu deuten, als wenn die beiden Cylinder des letzten unteren Backenzahnes in einem Individuum ursprünglich getrennt wären, im Laufe der Entwickelung anein- ander näher rückten, an den berührenden Theilen resorbirt wür- den und sich endlich mit einander vereinigten, sondern sie sind schon vom ersten Augenblick ihrer Entstehung an vereinigt, in- dem vielleicht schon ihre beiderseitigen Keime mit einander ver- 6852 schmolzen. Man kann dies leicht daraus erkennen, dass der Zahn in dem angeführten Falle auch an seiner Basis oder dem Wurzelende schon ans zwei miteinander verschmolzenen Schmelz- ceylindern besteht. Das Wurzelende aber ist stets der jüngste, eben gebildete Theil des Zahnes. Als ein seltner Ausnahmefall ist das Vorkommen anzusehn, bei welchem ein Cylinder in dem anderen enthalten war. Kann man an der Krone des Zahnes oder auf einem Querschnitt desselben den Verlauf der Schmelz- schicht nicht genau erkennen, so genügt es, den Zahn vom Wurzelende aus zu betrachten, da hier die Verhältnisse des Schmelzes genau so sind, wie an dem Kronenende. Man wird daher niemals durch Abschleifung des Zahnes die durch das Alter bedingte Form der Kaufläche künstlich darstellen können, da diese an allen Theilen des Zahnes und in allen Lebensaltern des erwachsenen Individuums dieselbe ist. Da bei den Nage- thieren in der Regel die Knochen des Schädels nicht vollständig verwachsen „ so ist es schwer, aus den Verhältnissen desselben einen Schluss auf das Alter des Individuums zu machen oder auch nur mit Sicherheit zu erkennen, ob dieses schon vollwüch- sig war oder nicht. Dieses letztere lässt sich jedoch mit einiger Sicherheit aus der Gestalt der Nagezähne schliessen. Haben dieselben an allen Theilen einen gleich grossen Querschnitt, so kann man das Individuum mit ziemlicher Genauigkeit als voll- wüchsig betrachten. Ganz bestimmt ist es aber. noch unaus- gewachsen, wenn der Querschnitt eines oberen oder unteren Schneidezahnes nach der Spitze zu kleiner wird; denselben Dienst leisten auch bei den Hasen die Backenzähne. Die Gattung Lagomys unterscheidet sich, abgesehen von der Zahl der Zähne, auch durch den Bau derselben von Lepus, obgleich PaLLas *) von Lagomys pusillus angiebt, sie verhielten sich an Zahl und Gestalt sowie bei Lepus cuniculus. Die Backenzähne im ÖOberkiefer verhalten sich im Allgemeinen wie die bei Lepus, in sofern sie aus einem einzigen Zahnbeincylinder bestehen, der entweder von aussen oder von innen tief ge- furcht und rings herum mit Schmelz und Cement überzogen ist. Im Unterkiefer dagegen sind von den fünf Backenzähnen nur der erste und fünfte aus einem einzigen Cylinder gebildet, die übrigen aber bestehen aus je zwei vollständig isolirten Cylin- *) Glires. p. 44. 683 dern, welche durch Cement mit einander verkittet sind. Das Verhältniss ist hier also so, wie das normale im letzten unteren Backenzahn von Lepus. Da die Zahnbildung bei Lagomys noch niemals einer genaueren Untersuchung unterworfen worden, so wird es nöthig sein, hier eine solche anzustellen, bevor wir zur Untersuchung der fossilen Zähne übergehen. . Unter den leben- den Lagomysarten standen drei Schädel von Lepus alpinus und einer von Lepus nepalensis zu Gebote, in sofern ein günstiger Umstand, da diese beiden Species in gewisser Beziehung als die Extreme des Lagomystypus gelten können. Denn es gehört zum unterscheidenden Charakter des Lagomysschädels, dass die Foramina ineisiva nicht einfach, sondern durch das Zusammen- rücken der Knochenmasse in eine vordere kleine und hintere grosse Oeffnung jederseits getheilt werden. Bei Lugomys ne- palensis jedoch findet eine solche Theilung nicht statt und ist jederseits .ein einfaches grosses Foramen ineisivum wie bei Lepus vorhanden, obgleich es an seinem vorderen Ende allerdings nur schmal ist. Die Backenzähne von Lagomys alpinus zeigen folgenden Bau (Taf. XVI. Fig. 1 und 2): Backenzähne des Oberkiefers. — Erster Backenzahn: er ist von vorn nach hinten stark zusam- mengedrückt, so dass auf dem Querschnitt der Breitendurchmesser fast doppelt so gross wie der Längendurchmesser ist. Seine hintere Fläche ist nur sehr wenig convex, die vordere etwas mehr aber unregelmässig, indem sich hier in der Nähe des Aussen- und Innenrandes zwei sehr flache Furchen finden, welche sich über die ganze Vorderfläche des Zahnes hinziehen. Die Aussenkante des Zahnes ist mehr abgerundet als die Innenkante. Auf der vorderen Fläche des Zahnes, der Innenkante näher als der Aussenkante ist eine tiefe Einbuchtung des Schmelzes, wel- che nach aussen zu in das Zahnbein hineindringt und ungefähr in der Mitte des Querschnittes, jedoch dem hinteren Rande näher als dem vorderen, endet. Sie ist mit Cement ausgefüllt. Ihr entspricht auf der Vorderseite des Zahnes eine Furche, so dass man hier im Ganzen drei Furchen sehen kann, unter denen die beiden früheren sehr schwach und unbeständig sind. Der ganze Zahn hat eine doppelte Krümmung, indem er mit seiner convexen Seite nach vorn sieht und mit dem Wurzelende ein wenig nach innen gekrümmt ist. Der zweite Zahn ist auf dem Querschnitt fast noch einmal so breit wie lang, wobei der Durchmesser von 684 vorn nach hinten als Länge, der von aussen nach innen als Breite gilt. Die Vorderfläche des Zahnes ist viel kleiner und ein wenig convexer als die Hinterfläche. An der Innenseite des Zahnes befindet sich eine nicht sehr tiefe Furche, welche zwei Kanten hervorbringt, sie ist wenig oder gar nicht von Cement ausgefüllt. Die hintere der beiden Kanten ragt um ein Weniges mehr nach dem Gaumen zu vor. An ‚der Aussenseite des Zah- nes findet sich eine Abstufung, welche den Uebergang von der Vorderfläche zur Hinterfläche yermittelt.- Entsprechend der zweiten Innenkante ist hier eine scharfe Aussenkante vorhanden. An der Aussenfläche des Zahnes nahe der Vorderseite befindet sich eine tief eindringende Schmelzfalte. Sie ist anfangs so eng, dass sich die beiden Schmelzflächen zu berühren scheinen, er- weitert sich aber später ein wenig, dringt beinahe parallel mit der Vorderseite nach innen zu vor, bis sie nicht allzuweit von der ersten Innenkante entfernt, sich wieder nach aussen und hinten wendet und senkrecht hinter dem Aussenende der Vor- derseite ziemlich nahe der Hinterseite des Zahnes endet. Sie ist mit Cement ausgefüllt. Der ganze Zahn zeigt eine Krümmung und eine Drehung; seine Aussenseite ist nämlich concav, die Innenseite convex. Das Basilarende des Zahnes ist aber ein wenig von aussen nach innen zu um die Axe des Zahnes ge- dreht, so dass an der Basis die Aussenkante weiter nach vorn liegt als die entsprechende Innenkante. Auf der Abstufung der Aussenkante, welche die Vorderseite mit der Hinterseite ver- bindet, erscheinen zwei Furchen: eine 'schmälere und tiefere, welche der Schmelzfalte entspricht und eine breitere und flachere zwischen ihr und der einzigen Aussenkante. Der dritte Zahn, nur wenig länger *) als der zweite und ungefähr ebenso breit, ist viel regelmässiger gebaut, indem die Vorderseite an Gestalt und Grösse der hinteren fast gleich ist; genau gemessen ist sie ein wenig schmäler. Der Zahn hat zwei Furchen, eine verhält- nissmässig breite und nicht tiefe auf der Aussenseite und eine sehr enge auf der Innenseite. Hier dringt der Schmelz durch den ganzen Zahn hindurch, fast bis zur Aussenfurche vor. Seine Falte ist jedoch grösstentheils von Cement ausgefüllt, so dass *) Länge des Zahnes heisst hier sein Durchmesser in der Richtung des Kiefers, d. h. von vorn nach hinten, Breite der Durchmesser von aussen nach innen senkrecht zum vorigen. 685 die Innenfurche der Aussenfurche an Tiefe, nicht aber an Breite scheinbar gleich ist. Die Aussenfurche enthält kein Cement. Der ganze Zahn ist wie der vorhergehende, aber noch auffallen- der gedreht. Der vierte Zahn ist dem dritten in allen Stücken gleich; nur ist seine Vorderseite um so viel breiter als seine Hinterseite, um wieviel sie in dem vorhergehenden Zahn schmäler war. Der fünfte und letzte Zahn weicht von den beiden vor- hergehenden ab. Seine Vorderseite ist deutlich breiter als die Hinterseite. Eine nicht tiefe und cementlose Furche theilt seine Aussenseite in zwei Kanten, eine vordere grössere und eine hin- tere kleinere. An der Innenseite dringt der Schmelz in einer schmalen Falte durch den ganzen Zahn hindurch, parallel mit der Vorderseite, fast bis zur Aussenfurche vor, und theilt da- durch den Zahn fast in zwei Theile, deren vorderer unmerklich dünner als der hintere ist und eine Innenkante bildet. Der hintere Theil ist an seiner Innenseite durch eine verhältniss- mässig seichte Furche, die von keinem Cement ausgefüllt ist, wieder in zwei Kanten getheilt, deren hintere nicht blos nach innen, sondern auch, obgleich sehr wenig, nach hinten sieht. Die gesammte Innenfläche des Zahnes, grösser als die Aussen- fläche, hat also drei Kanten und zwei scheinbar einander gleiche Furchen, da die vordere derselben zum Theil von Cement aus- gefüllt ist. Die Drehung des Zahnes ist dieselbe wie an den vorhergehenden Zähnen. — Backenzähne des Unterkiefers (Taf. XV1l. Fig. 2). Erster Backenzahn: er besteht wie bei Lepus nur aus einem einzigen Cylinder und ist, abgesehen von den Furchen, im Querschnitt fast dreiseitig, liegt mit einer Fläche am folgenden Zahn und, endet nach vorn zu in einer Kante, Im Querschnitt ist er ungefähr so lang wie breit. Der Schmelz bildet an der Aussenseite in regelmässigen Abständen zwei Falten, eine hintere grössere, welche jedoch kaum bis zur Mit- tellinie des Zahnes eindringt und eine vordere kleinere. Dem zwischen ihnen befindlichen Raume entsprechend dringt an der Innenseite des Zahnes gleichfalls eine Schmelzfalte nach aussen und zu gleicher Zeit ein wenig nach hinten vor, indem sie gleichfalls kaum die Mittellinie erreicht. Alle drei Schmelzfalten sind von Cement ausgefüllt. Ihnen entsprechend befinden sich auf der Aussenseite des Zahnes zwei nicht sehr deutliche Fur- chen, eine hintere tiefere und eine vordere seichtere. Auf der Innenseite des Zahnes sieht man also nur eine schwache Furche, 656 Der ganze Zahn ist nur wenig gebogen, indem die ganze Aussen- fläche convex, die Kante zwischen Hinter- und Innenseite aber concav erscheint. Der zweite Zahn besteht, wie schon oben ge- sagt wurde, gleich den beiden folgenden aus zwei isolirten, aber durch Cement aneinander gekitteten Prismen. Ihr gemeinschaft- licher Durchmesser von vorn nach hinten ist gleich ihrem Brei- tendurchmesser. Das vordere Prisma hat an seiner, nicht voll- ständig abgerundeten Vorderseite nahe der Aussenkante eine seichte Furche. Seine Hinterfläche bildet einen ganz stumpfen Winkel. Das hintere Prisma ist kaum merklich breiter als das vordere; seine Hinterfläche ist flach abgerundet ohne Winkel, seine vordere zeigt einen unregelmässigen stumpfen Winkel, 'wo- durch die Aussenkante dünner wird als die entsprechende in- nere. Der ganze Zahn zeigt keine wesentliche Krümmung oder Drehung. Die beiden folgenden Zähne sind an Grösse und Ge- stalt dem eben beschriebenen gleich, bedürfen also keiner ge- naueren Erwähnung. Der fünfte und letzte Zahn besteht, wie schon gesagt wurde, nur aus einem Cylinder, welcher die grösste Aehnlichkeit mit einem einzelnen Prisma der vorhergehenden Backenzähne hat, wenn wir uns dessen Innenkante durch eine fast ebene Fläche abgeschnitten denken. Die oberen Schneidezähne (Taf. XVI. Fig. 3), deren Gestalt längst bekannt ist, haben an ihrer Vorderseite, näher der Mittel- linie als der I.nenseite, eine tiefe Furche. Die rudimentären hinteren Schneidezähne sind nicht rund wie bei Lepus, sondern seitlich zusammengedrückt. Die unteren Schneidezähne haben in ihrem Querschnitt (Taf. XVI. Fig. 4) eine schief-herzförmige Gestalt, indem die Spitze des Durchschnitts nach vorn und in- nen gerichtet ist. Das Verhältniss der Dicke des Schmelzes an allen Zähnen kann mit einiger Genauigkeit aus den Abbildungen ersehen werden. Im Allgemeinen ist der Schmelz in den oberen Backenzähnen an allen nach vorn zu sehenden Flächen dicker, in den unteren Backenzähnen umgekehrt. Obgleich Lagomys nepalensis im Schädelbau unter allen lebenden Lagomysarten vielleicht am meisten von Lagomys al- pinus abweicht, so lassen sich doch kaum im Gebiss (Taf. XVI. Fig. 5 u.6) unterscheidende Merkmale auffinden. Die Schneide- zähne sollen nach Hopcson stärker gefurcht sein als gewöhn- lich, ich habe jedoch zwischen ihnen und denen von ZLagomys alpinus keinen Unterschied finden können. Im Oberkiefer (Fig. 3) 687 ist der erste Backenzahn im Verhältniss zum zweiten ein wenig kleiner als bei Lagomys alpinus. Die Schmelzfalte endet ge- nauer in der Mitte des Querschnittes. Die Vorder- und Hinter- seite des Zahnes sind einander mehr parallel. Doch können diese Verhältnisse, welche nur an einem einzigen Individuum unter- sucht wurden, gewiss sehr schwankend sein. Im zweiten Backen- zahn lässt sich gleichfalls kein Unterschied mit Sicherheit auf- finden. Dasselbe gilt von den übrigen Backenzähnen. Im Unterkiefer ist die vordere Kante schärfer als bei Lagomys alpinus. Die erste Falte der Aussenseite und die der Innen- seite stehen einander gegenüber, während bei Lagomys alpinus die der Innenseite weiter nach hinten zu steht. Die hinterste Aussenkante ist schärfer vorgezogen als bei Lagomys alpinus, zum Theil deswegen, weil die darauf folgende Schmelzfalte nicht so viel Cement enthält. . An der Aussenseite des Zahnes kann man drei Kanten, die hintere grössere und zwei vordere, sehr unbedeutende, unterscheiden, was daher rührt, dass die Vorder- kante des ganzen Zahnes durch eine sehr flache Furche von der Aussenseite getrennt wird. Diese Furche wird wieder von der der ersten Schmelzfalte durch eine ebenso unscheinbare Kante getrennt. Die übrigen Zähne verhalten sich wie bei Lagomys alpinus. Zwischen den Unterkiefern beider Species finden gleichfalls einige Unterschiede statt, die jedoch am besten aus den beiliegenden Zeichnungen zu ersehen sind. Bei Lagomys nepalensis fehlt der Höcker, welcher bei Lagomys alpinus die Stelle des Kronenfortsatzes vertritt, und ebenso ein zweiter viel kleinerer Höcker, der sich hier hinter dem letzten Backenzahn, da, wo der Unteskiefer aufzusteigen beginnt, befindet. Obgleich nun die genannten beiden Species die verschiedensten der leben- den sind, so stimmt doch merkwürdiger Weise der Bau ihrer Zähne sehr überein. Es ist daher zu vermuthen, dass dasselbe auch bei allen übrigen Species, wenn nicht in höherem so doch in demselben Grade der Fall sein wird.. Man sieht, hieraus, wie sehr man sich hüten muss, a priori die Grenzen festzu- setzen, innerhalb derer das Gebiss einer Gattung variüiren kann. So ist z. B. bei der Gattung Paradoxurus das Gebiss der ein- zelnen Species ein so abweichendes, dass man, hätte man blos dieses, leicht mehrere Gattungen aufstellen könnte. 688 Lagomys aus den Bohnerzen der schwäbischen Alp. Herr Professor QuEssTEeDTr hatte die Güte, mir mit den oben beschriebenen Ueberresten von Pseudosciurus auch ein Unterkieferfragment (Taf. XVI. Fig. 12 und 13) zu überschicken, welches einem Lagomys angehört. Dasselbe besteht nur in dem Theile des Unterkiefers, welcher die Backenzähne enthält. Es übertrifft an Grösse den entsprechenden Theil von Lagomys alpinus und hat wie dieser fünf Backenzähne. Der letzte der- selben ist jedoch weggebrochen, in der Abbildung aber ergänzt. Das Foramen mentäle befindet sich unter dem vorletzten Zahn nahe dem unteren Rande des Unterkiefers, wie dies auch bei den lebenden Lagomys der Fall ist. Unterscheidet schon die Grösse das fossile Fragment von Lagomys alpinus, so ist dies noch mehr der Fall durch den Bau des ersten Backenzahnes (Fig. 13). Derselbe ist nämlich in seinen Umrissen etwa wie der von Lagomys alpinus, zeigt aber ganz andere Schmelz- falten. An der Aussenseite befinden sich deren zwei; die vor- dere derselben in der ersten Hälfte des Zahnes dringt nicht ganz bis zur Mittellinie nach vorn und innen vor; die zweite, breiter aber nicht tiefer, befindet sich in der hinteren Hälfte des Zahnes. Ihr hinterer Rand ist parallel dem Hinterrande des Zahnes. Sie wird die Veranlassung zur Ausbildung einer deutlichen Aussen- kante. Den genannten beiden Falten entsprechend befinden sich auf der Innenseite gleichfalls zwei Falten, die vordere sehr breit und flach, die hintere schmäler und bis zur Mittellinie des Zahnes vordringend; hier macht sie eine rechtwinklige Biegung und wendet sich etwas erweitert grade nach vorn bis über die quere Mittellinie des Zahnes hinaus. Alle Falten sind mit Ce- ment ausgefüllt. Die näheren Verhältnisse lassen sich am be- sten aus der Abbildung erkennen. Die nöthigen Maasse sollen weiter unten folgen. Die übrigen Zähne zeigen keinen Unter- schied von Lugomys alpinus. Das fossile Fragment gehört einer Species an, welche sich von Lagomys alpinus schon durch den Bau des ersten unteren Backenzahnes bestimmt unterscheidet. Eine Vergleichung mit den übrigen lebenden Species wird schon durch die bedeutendere Grösse des Fragmentes überflüssig ge- macht. Ich nenne die Art Lagomys verus, weil sie sich durch die Zahl ihrer fünf Backenzähne, durch die Stellung des Foramen 689 mentale und durch: den ersten unteren Backenzahn, der nur aus einem Cylinder besteht, als ein ächter Lagomys ausweist. k # - Fossiler Lagomys aus der Knochenbreccie von Cagliarı. Schon R. WAGNER *) hat vor langer Zeit eine Anzahl Knochenfragmente aus der genannten Lokalität beschrieben und unter diesen die Ueberreste eines Lagomys erkannt. Er schrieb dem Thiere im Gegensatze zu den lebenden Lagomysarten vier Backenzähne im Unterkiefer zu und nannte es Lagomys sardus Jossilis. Das Berliner mineralogische Museum besitzt mehrere der von ihm beschriebenen Fragmente, welche eine wiederholte Untersuchung zuliessen. Diese Fragmente bestehen in vier Oberkiefern, von denen einer alle Backenzähne vollständig ent- hält, ferner in einem einzelnen oberen und unteren Schneidezahn, in zehn mehr oder weniger vollständigen Unterkieferstücken und ausserdem in einer Anzahl einzelner Backenzähne. Die Bildung der Zähne ist folgende: die oberen Schneidezähne gleichen nicht vollständig denen von Lagomys alpinus, indem die Furche an ihrer Vorderseite näher nach der Mittellinie gerückt ist, ohne diese jedoch vollständig zu erreichen. Die unteren Schneide- zähne sind an ihrer von Schmelz bedeckten Aussenseite viel weniger convex als die von ZLugomys alpinus, ja fast eben, ausserdem sind sie auch dicker und ragen nicht so weit aus dem Unterkiefer hervor. — Backenzähne des Oberkiefers (Taf. XVI. Fig. 7). Erster Backenzahm: er ist auf dem Querschnitt unre- gelmässig dreieckig. Die längste, flach gewölbte Seite des Dreiecks lehnt sich an den zweiten Zahn; eine kürzere ebenfalls flach gewölbte Seite sieht nach innen und vorn, die kürzeste nach aussen und vorn. Grade nach vorn ist eine stumpfwinklige Kante gerichtet. . Von der Aussenseite dringt in deren Mitte eine grosse Schmelzfalte in den Zahn, welche sich bald in zwei *) Beiträge zur Geschichte der fossilen 'Thiere. — Oken’s Isis. Bd. XXI. 1829. p. 1132 bis 1141, Ueber die Knochenbreccie in Sardinien ete. — Kuasıner’s Archiv für die gesammte Naturlehre. Bd. XV. 1828. p. 10 bis 31. Ueber die’ fossilen Insektenfresser, Nager und Vögel der Diluvial- zeit. — Denkschriften der Münchner Akademie. Bd. X. 1832. Zeits, d. d. geol. Ges, VIII, 4. 45 680 Aeste spaltet, die beide nach der Hinterseite vordringen, der eine mehr nach aussen und gerade, der andere grössere mehr nach innen und gebogen. Die ganze Falte ist von Cement er- füllt. Der Schmelz erscheint am dicksten an der Innenseite des Zahnes und innerhalb der grossen Falte, da, wo durch den ein- dringenden Schmelz zwei zungenförmige Vorsprünge des Zahn- beines entstehen. Der zweite Backenzahn ist im Querschnitt gleichfalls dreieckig, doch sind die Seiten des Dreiecks fast ge- rade; seine Spitze sieht nach innen, die Basis nach aussen; doch ist es nicht ganz gleichsckenklig, da die hintere Seite grösser ist als die vordere. Die Basis des Querschnitts und mithin die ganze Aussenseite des Zahnes ist ein wenig concav. Von ihr aus dringen zwei Schmelzfalten, welche eine gemein- schaftliche Basis haben, in das Innere des Zahnes vor; die hin- tere kürzere erreicht nicht die Mitte, sondern biegt sich bald nach innen und aussen., Die vordere längere bildet einen grösseren Haken, indem sie bis über die Mittellinie hinausgeht, gleichfalls nach hinten und aussen umbiegt und nahe der Hinter- seite, des Zahnes neben dem Ende der ersten Falte aufhört. An der Spitze des Querschnitts, jedoch weiter nach vorn als die Abbildung zeigt, ist eine kleine Falte, welche, sowie die vor- her genannten mit Cement ausgefüllt ist. Der dritte Backen- zahn erinnert, sowie die folgenden beiden, mehr an die der lebenden Lagomysarten. Sein Querschnitt bildet ein längliches Oval, quer zur Richtung des Kiefers; seine beiden Enden sind jedoch eingedrückt, daher erscheint an der Aussenseite des Zah- nes eine breite ausgerundete Rinne, welche zwei kurze, aber ziemlich scharfe Aussenkanten hervorbringt. An der Innenseite des Zahnes findet sich eine verhältnissmässig schmale Schmelz- falte, welche ungefähr bis zur Mittellinie vordringt und nur zum Theil von Cement ausgefüllt ist. Daher erscheinen auch an der Innenseite zwei Kanten, deren Zwischenraum jedoch nicht ganz so breit ist, wie der der. Aussenseite. Das Merkwürdigste aber an dem Zahn sind zwei isolirte Schmelzeylinder. Sie befinden sich in dem äusseren und hinteren Viertel des Zahnes. Der grössere von ihnen erscheint auf dem Querschnitt hufeisen- -förmig, mit der concaven Seite nach aussen gerichtet, mit der convexen die Schmelzfalte der Innenseite berührend. Der kleinere Cylinder liegt an der Mündung des von dem grösseren gebildeten Hufeisens, ist gleichfalls ganz isolirt, seitlich zusammengedrückt, 691 aber nur wenig gebogen. Seine convexe Seite sieht nach dem Innern des Hufeisens. Der Inhalt dieser beiden kleinen Cylinder ist ganz gewiss Zahnbein, obgleich eine mikroskopische Unter- suchung nicht angestellt werden konnte. Man sieht aber an dem Wurzelende des Zahnes die beiden Cylinder, sowie den ganzen Zahncylinder, hohl, daher sie auch wie dieser sich später wohl mit Zahnbein füllen werden. Wir haben hier ein Beispiel einer Zahnbildung, die bisher noch nicht beobachtet wurde. Denn hier ist nicht eine Vereinigung einzelner Cylinder zu einem Ganzen wie bei den sogenannten zusammengesetzten Zähnen, sondern eine Einschachtelung zweier einzelner Zähnchen in einen grossen. Der vierte Backenzahn, etwas kleiner als der vorher- gehende, unterscheidet sich von diesem blos dadurch, dass die Schmelzfalte der Innenseite fast bis zur Aussenseite vordringt und die beiden eingeschlossenen Zahncylinder fehlen. Der fünfte Backenzahn, wiederum kleiner als der vorhergehende, ist diesem sonst sehr ähnlich, nur ist seine Hinterhälfte ein wenig schmäler als die vordere. Er besitzt aussen wie innen zwei Kanten, un- terscheidet sich daher wesentlich von demselben Zahn der lebenden Lagomysarten, welcher an der Innenseite stets drei Kanten hat. Am dritten oder vierten Zahn ist die Drehung noch bedeutender als bei Lagomys alpinus. Die Oberkiefer selbst waren zu fragmentär, um beschrieben werden zu können. Backenzähne des Unterkiefers. (Taf. VI. Fig. 8.) Wie schon R. WAGner *) richtig angegeben hat, befinden sich im Unterkiefer nur vier Backenzähne; der erste derselben ist so gebogen, dass seine convexe Seite mehr nach aussen und nach vorn sieht. Der Querschnitt bildet ein Dreieck, dessen Winkel nicht sehr scharf sind. Die hintere, kleinste Seite ist convex; ebenso die etwas längere Innenseite; die Aussenseite dagegen ist eben, zeigt aber drei schwache Furchen, deren vor- derste nur sehr unbedeutend ist. Der ganze Zahn besteht aus zwei isolirten Cylindern, einem vorderen kleineren und einem hinteren grösseren. Der vordere Cylinder ist kleiner als die vordere Hälfte des Zahnes und bildet vielleicht den fünften Theil desselben. Nach innen zu berührt er den Rand des Zahnes, nach aussen zu erreicht er jedoch denselben nicht. Seine freie Innenseite ist beinahe eben; die von Cement bedeckte Aussen- *) Oxen’s Isis Bd. XXII. 1829. p. 1136. 45 * 3 692 : seite jedoch gebogen. Sie. wird von diekem Schmelz gebildet. Der hintere Cylinder erhält durch grosse Schmelzfalten ein ei- genthiümliches Aussehn. Es dringen nämlich deren drei tief in ihn hinein und zwar eine von aussen nahe dem Hinterrand des Zahnes, eine andere kleinere ihr gegenüber vom Innenrande aus und eine dritte, der ersten an Grösse gleich, vom Vorderrande des Cylinders aus genau in der Mittellinie des Zahnes. Alle drei Falten endigen ganz nahe bei einander nicht weit vom Hinterrande des Zahnes; durch sie zerfällt der Cylinder in vier Abtheilungen, zwei vordere und zwei hintere, oder zwei äussere und zwei innere. Die äussere vordere erscheint auf dem Quer- schnitt birnenförmig, mit dem stumpfen Ende nach. vorn und aussen; hier zeigt sie ungefähr in der Mitte der Aussenseite des Zahnes eine flache und unbedeutende Schmelzfalte. Die vordere innere Abtheilung des hinteren Cylinders ist fast qua- dratisch, gebt nicht so weit nach vorn wie die vorher genannte und bildet mit einer Seite den Theil der Aussenfläche des ganzen Zahnes. Die Hinterfläche des Zahnes wird von den beiden hinteren Abtheilungen des Cylinders gebildet, welche sich von der Mittellinie aus nach aussen und innen zungenförmig er- strecken; doch ist die äussere ungefähr doppelt so gross wie die innere. Die Verdickungen des Schmelzes werden am besten aus der Abbildung klar. Alle Falten, ohne Ausnahme, sind mit Cement ausgefüllt und ebenso der Zwischenraum zwischen dem vorderen und hinteren Cylinder. Es kanm nicht fehlen, dass bei einem so complieirten Bau Varianten vorkommen. Unter sechs. Exemplaren des betreffenden Zahnes, war einer, dessen beide Cylinder in der Nähe der Aussenseite durch eine schmale Brücke mit einander verschmolzen waren, so dass der: ganze Zahn eigentlich nur aus einem Cylinder bestand Die folgenden Backenzähne ähneln im Ganzen denen der lebenden Lagomys- arten, d. h. sie bestehen aus zwei, und der letzte aus drei iso- lirten Cylindern, , welche in der Mittellinie durch eine schmale Cementschicht verbunden sind. Dadurch entstehen bei dem zweiten und dritten Zahn an der Aussen- und Innenseite je zwei scharfe Kanten, welche durch .eine tiefe Furche von einander getrennt sind, am vierten dagegen je drei Kanten mit zwei Furchen. Die hinteren Cylinder des zweiten und dritten Zahnes sind nach vorn nicht stumpfwinklich abgerundet, sondern be- sitzen hier eine kleine, nach aussen vordringende Kante, so dass 693 die innere Hälfte des Cylinders ein wenig dicker erscheint als die (äussere. Der vierte und letzte Backenzahn besteht aus drei, durch Cement mit einander verbundenen Cylindern, die von vorn nach hinten an Grösse abnehmen, so dass der letzte kaum zwei Drittel so gross ist wie der erste. Nur der mit- telste Cylinder trägt an seiner Vorderseite jene kleine vorsprin- gende Kante; bei dem letzten Cylinder findet sich an derseiben Stelle eine stumpfe, kaum merkliche Convexität. Der Unterkiefer selbst übertrifft den von Lagomys alpinus bedeutend an Grösse und unter zehn Exemplaren war nur ein einziger von der Grösse des genannten lebenden, der aber, da seine Backenzähne sich nach oben zu verjüngten, einem unaus- gewachsenen Individuum angehört hat. Der aufsteigende Ast des Unterkiefers ist im Verhältniss zum horizontalen bedeutend höher als bei f.agomys alpinus. Ueberhaupt ist der ganze Unterkiefer im Verhältniss zu seiner Länge hoch zu nennen. Der Ausschnitt am Hinterrande zwischen Gelenkkopf und An- gulus ist gross und flach und gleicht dadurch mehr dem von Lagomys nepualensis, als dem des Lagomys alpinus. Zwischen dem letzten Backenzahn und dem Gelenkkopf, mitten an der Vorderseite des aufsteigenden Astes befindet sich eine unbedeu- tende stumpfe Erhöhung, entsprechend dem Höcker bei Zugo- mys alpinus, aber durchaus nicht so hoch und deutlich wie dieser. Statt eines einfachen Foramen mentale finden sich zwei oder mehrere, von denen eins an derselben Stelle liegt, wie bei dem lebenden Lagomys, d. h. etwa unter dem Vorderrande des letzten Backenzahns, während das andere sich vor dem ersten Backenzahn, aber noch unter der mittleren Höhe des Kiefers befindet. Zwischen diesen beiden Oeffnungen, namentlich um die vordere, befindet sich häufig eine grosse Menge kleiner Poren. Aus den vorhandenen Unterkieferfragmenten, welche einander ergänzten, liessen sich folgende Maasse entnehmen, welche zugleich mit denen von Lagomys alpinus, nepalensis, verus in folgender Tabelle enthalten sind. 694 Lagom. Lagom. Lagom. Lagom. 1) Von der Spitze des Schneide- v. Sardinien. alpin.”) nepal. verus. zahns bis zum vorderen Ende Mm. Mm. Mm. Mm. Mm. des Gelenkkopfes ...... . 36 . — 31 266. — 2) Von dem oberen Rande der Alveole des Schneidezahns bis zur Alveole des ersten Backen- ZAuNS. STR EU RER 8 — 7: 5 — 3) Von eben daher bis zum Aus- schnitt am Hinterrande des auf- steigenden Astes ....... — 30 29 25 0° — 4) Von eben daher bis zur äus- sersten Spitze des Angulus — 34 4 3 — 5) Von dieser bis zum gegenüber- stehenden Winkel zwischen Ge- lenkkopf und Hinterrand .. — 17 7. gap 6) Von diesem bis zum Vorder- rande des Gelenkkopfes ... — 6 105 7 — 7) Höhe des Unterkiefers zwischen Schneide- u. erstem Backenzahın 5 5 4 0 8) Desgleichen zwischen zweitem und drittem Backenzahn **) Ben 6 5,9 — 9) Desgleichen an der Spitze des rudimentären Kronenfortsatzes 16 414 11 38 — 10) Desgleichen auf dem Scheitel des Gelenkhöckerss ...... —'ı 24 19 11... — 11) Breite des aufsteigenden Astes oberhalb des Kronenfortsatzes — 7 8 -;-,.D — 12) Länge des herausragenden Thei- les vom Schneidezahn ..... 6 — S 6 — IA, Vessen Breiie_ =... 0 0%. 23. — 2 13 — 14) Länge der Backenzahnreihe an den Alveolen gemessen ... 10 95 9 9.0.,,30 15) Höhe des Kiefers hinter dem letzten Backenzahn .... . . le) 6 EEE = *) Die von mir untersuchten Schädel des Lagomys alpinus hatten normale Grösse, d. h. sie stimmten mit dem Abbildungen des Schädels bei PaLLas, WATERHoUSE und Branpr überein. **) An der Aussenseite des Kiefers gemessen. 695 Maasse des Oberkiefers, Lagomys Lagomys Lagomys v. Sardinien. alpinus. nepalensis 1) Länge der Backenzahnreihe an Mm. Mm. Mm. den Alveolen gemessen .... Al 9 8 2) Breite am Vorderrand des drit- ten Backenzahnes ....... 3,8 3 2,6 Fragen wir nun nach der Verwandtschaft des fossilen Thieres zu den lebenden Lagomysarten, so müssen wir uns gestehen, dass die Uebereinstimmung mit diesen eine nur sehr geringe ist. Im Oberkiefer findet sie sich höchstens in der Form des vierten Backenzahnes. Der erste und zweite Backenzahn weichen wesent- lich durch ihre Form und die Bildung ihrer Schmelzfalten ab. Der dritte Backenzahn hat nichts Aehnliches in dem Vorkommen seiner eingeschlossenen Cylinder. Der fünfte ist an seiner Innen- seite nur zweikantig. Im Unterkiefer besteht der erste Zahn aus zwei Schmelzcylindern, der vierte aus drei, während überhaupt also blos vier Backenzähne vorhanden sind. Man sieht, dass an eine Identität mit einer lebenden Art nicht gedacht werden kann. Berücksichtigen wir aber ausserdem, dass, wie oben gezeigt wurde, die lebenden Arten eine grosse Uebereinstimmung im Gebiss zeigen, so werden wir zu der Vermuthung geführt, dass so bedeutende Abweichungen im Bau der Zähne auch eine grosse Verschiedenheit aller Verhältnisse des Körpers bedingen und dass der fossile Lagomys von Cagliari sich nicht blos als Spe- cies, sondern auch als Gattung von Lagomys unterscheidet. Wir nennen die Gattung Myolagus und unterscheiden daher die Art als Myolagus sardus. — Es bleibt nun noch übrig das Verhältniss der neuen Kattung und Species zu bereits bekannten fossilen zu erörtern. Bereits CuviER*) erwähnt zwei Unterkie- fer aus der Breccie von Gibraltar, deren Abbildung er nach Cam- PER mittheilt. Er vergleicht sie schon mit den Unterkiefern von Lagomys alpinus (nach der Abbildung bei PaLtAs) und Za- gomys ogotonna ; doch ist ihm das Fehlen des Kronenfortsatzes störend. Die betreffenden Abbildungen bei OVVIER zeigen einen Unterkiefer, der mit dem von Myolagus sardus ziemlich genau übereinstimmt, obgleich sich die Zahl der Zähne nicht mit Sicher- heit ermitteln lässt, Der andere Unterkiefer dagegen bssitzt *) Ossemens fossiles. Paris 1823. Tome IV. p. 174. Pl. XIU. Fig. 4. 696 vielleicht durch die Ungenauigkeit des Zeichners eine so grosse Anzahl von Backenzähnen, dass er nicht in Vergleich gezogen werden kann. Vollständigere Ueberreste erhielt CuvIEr aus der Breceie von Corsica 1. c.p. 200; so bildet er von daher Tom. IV. Pl. XIV. Fig. 4 bis 6 den grössten Theil eines Schädels ab, der deutlich die Charaktere von Lagomys zeigt. Leider sieht man nichts von den Zähnen, daher man höchstens vermuthen kann, er werde derselben Art angehören, wie die Ueberreste von Ca- gliari. Die Länge des Schädels nach Cuvıer —= 0,061 über- trifft also die bei Lagomys alpinus bedeutend, deren grösster nach Paırras = 0,056 ist. Endlich hat Cuvier auch aus der Breccie von Sardinien 1. c. p. 204 Ueberreste eines Lagomys erhalten, die er l.c. Pl. XV. Fig. 16 bis 20 abbildet; sie beste- hen in einem Öberkieferfragment der rechten Seite ohne Backen- zähne, in vier oberen Backenzähnen, ähnlich denen des Hasen, aber selbst kleiner als die des Kaninchen; ausserdem noch in einigen Fragmenten des Skelettes der Unter- und Oberkiefer. Cuvier schliesst aus diesen Ueberresten auf eine Species grösser als Lagomys ogotonna und kleiner als der Lagomys alpinus und der von Corsica. Zugleich glaubt CuviEr sich gegen eine Iden- tität mit dem letztgenannten erklären zu müssen. Die Abbildun- gen bestätigen diese Ansicht nicht, da namentlich das Oberkiefer- fragment (Fig. 17) entschieden grösser ist, als der entsprechende Theil bei Lugomys alpinus. Nach Cuvıer hat R. WaGnerR, wie schon oben erwähnt wurde, die Einschlüsse in der Breccie von Cagliari zum Gegenstande seiner Untersuchungen gemacht. Er hat die lagomysartigen Ueberreste einem Lugomys sardus ‚fossilis zugeschrieben und schon die Zahl der Zähne richtig an- gegeben *); doch sagt er von dem ersten oberen Backenzahn, er komme mit dem bei Lepus überein, habe aber nach vorn einen kleinen halben Cylinder — eine Missdeutung, die wahrscheinlich nur aus einer ungenaueren Untersuchung der Schmelzfalten her- vorgegangen ist. Dasselbe gilt von seiner Deutung des ersten unteren Backenzahnes, der nach ilım ebenfalls dem entsprechen- den des Hasen gleichen soll. Die Unterschiede zwischen dem fossilen Thier und den lebenden Lagomysarten fasste R. WAGNER natürlich nicht scharf genug auf, zumal er den letzteren nach einer ungenauen Beobachtung am Schädel von Zagomys ogotonna *) Oxens Isis Bd. XXII. 1829. p. 1136. 697 nur vier Backenzähne im Unterkiefer zuschrieb. Seine Abbildun- gen der fossilen Zähne sind unbrauchbar. Später ist von Herrn Dr. Gıeget*) nach den schon erwähnten Abbildungen bei Cu- VIER ein Lagomys corsicanus jedoch ohne nähere Charakteristik aufgestellt worden, desgleichen ein Lagomys sardus WAGN., von dem blos nach CuvIER angeführt wird, er halte der Grösse nach die Mitte zwischen Lagomys alpinus und Lagomys ogotonna. Dieselben beiden Species finden sich mit denselben Ungenauig- keiten und Irrthümern in den „Säugethieren” **) des zuletzt ge- nannten Autors. Selbst WATERHOUSE hat in seinem schon eitir- ten Werke die Angaben Cuvıer’s wiederholt. Im Jahre 1846 wurde von OwEn***) ein Lagomys spelaeus aus den Knochen- höhlen Englands bekannt gemacht; der Schädel sollte an Grösse dem von Lagomys pusülus, an Gestalt dem des Lagomys alpi- raus gleichkommen. Diese Charakteristik genügt jedoch nicht die Selbstständigkeit der Species zu erkennen. Aus der Abbildung (Fig. 83) sieht man blos, dass der letzte obere Backenzahn an seiner Innenseite zwei Furchen hat wie bei allen lebenden Lago- mys. Das vordere Foramen incisivum hängt durch einen schmalen Spalt mit dem hinteren zusammen. Aus der Form des letzten Backenzahnes lässt sich wohl schliessen, dass die Species ein ächter Lagemys ist; über ihre Verwandtschaft zu den lebenden Arten derselben Gattung ergiebt sich aber nichts. Wichtiger sind die lagomysartigen Thiere aus dem Molassemergel von Oeningen, welche im Jahre 1845 von Herrn v. MEYERf) beschrieben und abgebildet wurden. Es werden zwei Species aufgestellt, der La- gomys Oeningensis und Lagomys Meyeri v. Tscuupı. Die erstere Species auf Taf. II. Fig. 1 und Taf. II. Fig-1 1. e. abgebildet, hat, wie die Beschreibung sagt, im Unterkiefer nur vier Backenzähne besessen, deren letzter nur aus zwei Cylindern bestand. Die abgebildeten Ueberreste sind jedoch so ungenügend, dass man nicht begreifen kann, wie auf Taf. II. Fig. 1 eine eigene Species gegründet werden konnte. An dem andern Exemplar sieht man in der Abbildung, dass der letzte untere Backenzahn in der That nur aus zwei Cylindern zu bestehen scheint; voll- *) Fauna der Vorwelt. Bd. I. Leipzig 1847. p. 99 bis 100. **) Die Säugethiere ete. Leipzig 1855. p. 454 bis 455. ***) British fossil Mammals and Birds. 1846. p. 213. Fig. 82 bis 84. +) Zur Fauna der Vorwelt. Fossile Säugethiere etc. aus dem Molassemergel von Oeningen. Frankfurt a. M. 1845. p. 5 bis 10. 698 ständige Gewissheit aber darüber lässt sich auch hier nicht ‚er- langen. Der Lagomys Oeningensis wird also zu seiner Fest- stellung neuer Untersuchungen bedürfen. Anders verhält es sich mit der zweiten Species Lagomys Meyeri. Von dieser wird ge- sagt, sie habe im Unterkiefer ‘den letzten Backenzahn 'aus drei Prismen zusammengesetzt. Diese Angabe verliert jedoch etwas an Werth, da Herm. v. MEYER auf p. 7 und 8, den lebenden Lagomysarten irrthümlicherweise ein gleiches Verhältniss zu- schreibt; zwar wird auf p. 9 von einem Schädel des Lagomys alpinus angegeben, dass das letzte kleine Prisma des letzten unteren Backenzahnes zu einem selbstständigen Zahn ausgebildet sei, so dass der: Unterkiefer nicht vier sondern. fünf Backenzähne habe. Allein diese Beobachtung wird nicht zu einer Correetur der zuerst gemachten Angaben benutzt. Von den Zähnen des Oberkiefers wird angegeben, der ‘erste Backenzahn sei merklich kleiner und an der Vorderseite mit einer Vertikalrinne versehen; der zweite sei an der Aussenseite auffallend breiter als an der Innenseite. An den übrigen Zähnen sei die Vorderseite schwach convex, die Hinterseite entsprechend concav. Da, wie man sieht, die Beschreibung den feineren Bau der Zähne nicht berücksich- tigt, so lassen sich auf sie keine ganz sicheren Folgerungen bauen. Doch wird dies einigermaassen möglich durch Hinzuzie- hung der Abbildungen, deren erste jedoch auf Taf. II. Fig. 2 blos rudimentäre Skelettheile darstellt, aus denen man durchaus nichts Bestimmtes: erkennen kann. Anders verhält es. sich mit der folgenden Abbildung Taf. II. Fig. 3, welche Fragmente der Unter- und Oberkiefer giebt. An den letzteren erkennt man glücklicherweise die Kaufläche der Backenzähne und sieht, dass der zweite obere Backenzahn auf dem Querschnitt‘ ein ‚Dreieck bildet, dessen. eine Spitze nach innen zu gerichtet ist, und dass der letzte Backenzahn an seiner Innenseite nur zwei Kanten und eine Furche besitz. Nimmt man dazu das, was sich aus der letzten- Abbildung (Taf..III. Fig. 2) ergiebt,: dass nämlich .der Schneidezahn des. Unterkiefers sehr ‚dick, der vierte und letzte Backenzahn des Unterkiefers aus drei Prismen gebildet ist, und der Unterkiefer eine sehr grosse Aehnlichkeit mit den sardini- schen besitzt, so unterliegt es keinem Zweifel, dass wir es hier mit einer Species aus der Gattung Myolagus zu thun haben. Es fragt sich nun noch, ob eine Identität mit Myolagus sardus stattfindet. : Berücksichtigt man die absolute Grösse, welche etwa 699 der von Lagomys pusillus gleich ist, so wie die in Beschrei- bung und Abbildung angegebene Concavität der hinteren Fläche der drei letzten oberen Backenzähne, ein Verhältniss, das bei Myolagus sardus nicht stattfindet, so wird man wohl mit eini- ger Berechtigung die Verschiedenheit der Species anerkennen müssen. Wir rechnen daher den Lagomys Meat v. TscHupı zur Gattung Myolagus. Ausser den genannten Angaben fossiler Lagomysarten finden sich. deren noch in der paläontologischen Litteratur noch eine grosse Anzahl, aber in einer so ungenügenden Weise, dass die Kritik keinen Gebrauch davon machen kann. Wir wollen daher blos noch eines Werkes Erwähnung thun, in welchem namentlich mehrere mit Lagomys verwandte Gattun- gen aufgestellt sind. Herr PomEL*) vermehrt nämlich die Fa- milie der Leporiden um folgende Gattungen: Lagodus; die Be- schreibung dieses Genus lautet 1. c. p. 41 folgendermaassen: „Mächoire inferieure n’ayant que quatre molaires par ab- sence de la derniere. Premiere tetragone divisee par deux sil- lons en deux cylindres comprimes, dont l’anterieur est plus petit que le posterienr ; les autres molaires formees egulement de deux lames accolees, dont lantcrieure plus saillante est aussi un peu plus large et la seconde a en arriere un petit pli d’cmail partant de langle interne surtout evident a la derniere molaire et seffacant assez tard par la detrition. es cylindres sont moins comprimes d’avant en arriere que chez les Lagomys, et leur disque de d“trition est ovale oblong, brus- quement attinue en angle du cöte externe, arrondi vers lin- terne. En haut il parait y avoir eu cing molaires,; la seconde est plus etroite que chez les Lagomys et pour ainsi dire re- duite a une seule lume marquee en travers de deux plis d’e- “mail, de maniere a figurer presque trois croissants concentriques; les trois autres ont deux lames dont la premiere est simple, et la seconde pourvue des deux replis d’cmail de la dent qui precede, excepte a la cinquieme dent oü elle est plus petite, au contraire de. ce qui existe chez les Lagomys, oü cette dent a deux sülons a la face interne; la premiere dent devait etre tres-petite. et peut-Etre caduque d’assexz bonne heure.” *) Catalogue methodique et descriptif des Vertebres fossiles du Bassin de la Loire et de P’Allier. Paris 1853. 700 Aus diesen Angaben müssen wir hervorheben, dass der Unterkiefer nur vier Backenzähne besitzt, deren ersterer aus zwei comprimirten Öylindern, einem vorderen kleineren und einem hin- teren grösseren, besteht. Die übrigen Beckenzähne bilden 'nur zwei mit einander vereinigte Lamellen, deren zweite an ihrer Hinterseite eine kleine Schmelzfalte hat. Dadurch ist schon eine Identität mit Myolagus ausgeschlossen. Das Genus Lagomys wird sodann von Herrn PoMmer.1. c. p. 42 und 43 in die Un- tergenera Amphilagus und Lagomys getrennt, wobei es nicht klar ist, in welcher Beziehung diese Untergenera zu dem Haupt- genus stehen, da ihre Namen wie wirkliche Genusnamen bei der Bezeichnung der Species angewendet werden. Von Amphilagus wird gesagt: „Differe des Lagomys par sa premiere molaire inferieure marquee d'un seul sillon sur les deux faces, carree et non triangulaire, formee de deux cylindres comprimes, reunis sur un seul point pres du bord externe; par linegalite de deux eylindres plus epais qui constituent les trois dents interme- diaires, le second etant moitie large comme le premier, qui porte une arete sur la face de contact avec le second, ces cy- lindres, sont simplement accoles et soudes par le cement....... l.a derniere molaire tres-petite est cylindrique et caduque, en sorte qu'il ne resie sowvent que quatre dents a la mächoire.” Die Thatsache, dass der erste untere Backenzahn aus zwei comprimirten Cylindern besteht, die nur in einem einzigen Punkte, nahe dem äusseren Rande, mit einander vereinigt sind, unter- scheidet die Gattung hinlänglich von Lagomys und Myolagus. Was von dem letzten Backenzahn gesagt wird, der sehr klein und hinfällig sein soll, so dass er oft fehlt und dann nur vier Backenzähne im Unterkiefer vorhanden sind, ist ein Irrthum, der in zoologischen Beschreibungen nicht wenig verbreitet ist. Offen- bar hat Herr Pomer einige Unterkiefer mit diesem Zahn und andere ohne denselben beobachtet und nun geschlossen: er sei hinfällig, d. h. er falle oft vor Eintritt des Greisenalters aus. Es finden sich nämlich in dem Gebiss vieler Säugethierarten sehr kleine und rudimentäre Zähne, welche durchaus nichts zum Kauen beitragen, also ohne Funktionen sind. Häufig vermisst man diese Zähne, selbst bei nicht sehr alten Individuen, daher ist der Glaube entstanden, sie seien schon frühzeitig ausgefallen. (Z. B. GIEBEL, „Säugethiere” p. 646, von Seiurus niger.) Allerdings 701 ist es wahr, dass diese kleinen Zähne, wenn einmal das Indivi- duum sein Gebiss vor Alter zu verlieren anfängt, die ersten sind, welche ausfallen. Aber falsch ist es, dass diese Zähne schon vor der genannten Periode ausfallen sollten. Vermisst man sie bei einem Individuum, welches noch nicht das höchste Alter er- reicht hat, so kann man vielmehr annehmen, dass sie bei ihm niemals vorhanden waren. So schreibt man unserem Dachs vier kleine Backenzähne zu, welche oft frühzeitig ausfallen sollen, allein eine Untersuchung zahlreicher Schädel zeigt, dass sie ebenso oft in der Jugend wie im Alter fehlen, ohne dass man eine Spur früherer Existenz entdecken könnte. Ein verwandter Irrthum schreibt im Gegentheil das Entstehen rudimentärer Zähne einem höheren Alter zu; z. B. den weiblichen Hirschen» Man weiss, dass diese und verwandte Thiere in hohem Alter oft den männ- lichen Individuen ähnlicher werden, und da diese wenigstens bei Cer- vus elephus immer Eckzähne besitzen, so sah man die Eckzähne der weiblichen Hirsche als einen männlichen Charakter an und schloss dann daraus, dass man zuweilen weibliche Hirsche ohne Eckzähne fand, dieselben seien noch zu jung gewesen und wür- den 'erst im höheren Alter jene Kennzeichen der männlichen Thiere erhalten haben. In Wahrheit aber entwickeln sich die Eckzähne der weiblichen Hirsche zur gesetzmässigen Zeit, und ist dieses nicht geschehen, so erscheinen sie später gewiss niemals. Endlich erwähnt Herr PomeErL noch der Lagomys-Ueberreste von Sansan, von denen er sagt: „Leuxr de Sansan different encore comme sousgenre, par la derniere molaire- inferieure qui a trois prismes par reunion*) de la cinguieme molaire & *) Welche sonderbare Ansichten über die Morphologie der Zähne zuweilen selbst von den Zoologen entwickelt werden, die das Gebiss der Wirbelthiere zum Gegenstande besonderer Beschäftigung gemacht zu ha- ben scheinen, beweist unter Anderem auch die Odontographie des Herrn Dr. Gikser, :wo;p. 45 gesagt wird: „bei Sciurus capistralus ist der erste obere Backenzahn als vorderer kleiner Höcker mit dem folgenden Zahne verschmolzen.” Es ist in der That unmöglich, einen Sinn in diese Stelle zu bringen. Glaubt vielleicht der Verfasser, der erste und zweite Backen- zahn seien im Embryo oder in der Jugend des Individuums getrennt, vereinigten sich aber im Laufe der Entwickelung miteinander? Oder sol- len in früheren Zeiten bei allen Individuen der genannten Species jene beiden Zähne getrennt gewesen sein, und hat nur bei ihren jetzt leben- den Nachkommen eine erbliche Verschmelzung stattgefunden? Die Zähne von Sciurus neigen durchaus nicht zu einer Verschmelzung hin. Denk- 702 la quatrieme. Du reste la premiere est aussi triangulaire. . On pourrait nommer lespece Prolagus sansaniensis.” Eigen- thümlich ist in diesem Falle der letzte Backenzahn des Unter- kiefers, der aus drei Prismen bestehen soll. Ebenso der erste, auf dem Durchschnitt dreieckige. Diese Merkmale erinnern sehr an Myolagus, und es ist nur zu bedauern, dass die gegebene Charakteristik keine genauere und speciellere ist; wir müssen daher eine solche von der Zukunft erwarten. Dasselbe gilt von dem Genus Titanomys MEYER; da Titanomys visenoviensis MEYER*) im Unterkiefer den letzten Backenzahn aus zwei Pris- men, Titanomys trilobus Gerv.**) denselben, aus drei Prismen bestehend, besitzt. Ein gleiches lässt sich von Marcuinomys Croız. und Platyodon Bray. sagen. Aus allen diesen, wenngleich so ungenügenden Angaben scheint doch so viel hervorzugehen, dass das Genus Myolagus vielleicht blos der Tertiärzeit angehört. Wenigstens lässt die Aehnlichkeit mit den lagomysartigen Ueberresten von Sansan und Oeningen die Möglichkeit einer solchen Identität zu. Man hat die Knochenbreceie des Mittelmeeres bisher immer dem Dilu- vium zugezählt und namentlich den Knochenhöhlen parallelisirt, jedoch ohne Grund, denn niemand kann von einzelnen Zähnen oder Knochen eines Bären, Löwen, oder einer Hyäne behaupten, sie müssten dem Ursus spelaeus u. s. w. angehört haben. Die Thatsache aber, dass der von mir beschriebene #rvicola ambi- guus ***) im Diluvium oder in Knochenhöhlen noch nicht beob- achtet wurde, und dass Myolagus sardus seine nächsten Ver- barer wäre eine solche bei den Backenzähnen der Leporinen. Doch wird es hier erst einer Aufindung aller Zwischenformen zwischen Myolagus und Lagomys bedürfen, ehe sich das morphologische Verbältniss der letz- ten Backenzähne des Unterkiefers wird entwickeln lassen. *) Broxnn und Leox#arn, Jahrbuch ete. 1843. p. 3W. **) Genvaıs, Zoologie et Pal&ontologie Frangaises. Paris 1848—52. Pl. 46. Fig. 1 und 2. ***) Vergl. diese Zeitschrift Bd. VII. S. 469. Herr Poner hat l.e. p- 27 gleichfalls einen Arrvicola ambiguus aus der Breccie von Coudes aufgestellt, dessen Beschreibung jedoch so unzureichend ist, dass sie kei- nen Maassstab für die systematische Stellung der Species liefert. Ausser- dem befindet sich noch neben dem Gattungsnamen „Arvicola” der Name „Myolemmus” in Klammern, ohne dass sich der Verfasser über die syste- matische Bedeutung dieses Namens irgend wie deutlicher ausgespro- chen hat. 703 wandten zu Sansan und Oeningen hat, fordert gewiss zu neuen und vorurtheilsfreien Untersuchungen über die geologische Stel- lung der Mittelmeer-Breceie auf. Erklärung der Abbildungen. Tafel XV. Fig. 1. Rechter Unterkiefer von Pseudosciurus suevicus, natürliche Grösse, aus den Bohnerzen der schwäbischen Alp. Fig. 2. Dessen Backenzähne von oben, vergrössert. Der erste Backen- zahn nach rechts. Fig. 3. Fragment des linken Oberkiefers mit den beiden ersten Zähnen, natürliche Grösse. Der erste Zahn nach links. Fig. 4. Dessen Backenzähne, vergrössert. Der erste gleichfalls nach links. Fig. Fragment eines oberen Schneidezahnes, natürliche Grösse. Fig. Sein Querschnitt. . Sein Querschnitt. Die Vorderseite des Querschnittes, vergrössert. Man sieht den Schmelz mit seinen vier Längskanten, der äusserste jedoch in der Zeichnung zu schwach dargestellt. Fig. 10. Linker Unterkiefer eines Spermophilus aus dem Diluvium von Quedlinburg, von GiEseL einem Sciurus priscus zugeschrieben, natürliche Grösse. Fig. 11. Dessen Backenzähne vergrössert. Der erste derselben ist weg- gebrochen, und nur eine seiner Wurzeln ist stehen geblieben. Fig. 12. Linker Unterkiefer von Sciurus vulgaris, natürliche Grösse. Der Schneidezahn ist nicht richtig gezeichnet; vor der Kau- fläche muss der Hinterrand dem Vorderrand parallel sein. Fig. 15. Seine Backenzähne, vergrössert; der erste derselben nach links. Fig. 14. Linker Unterkiefer von Spermophilus eitillus, natürliche Grösse. Fig. 15. Seine Backenzähne, vergrössert; der erste derselben nach links. B) 6 Fig. 7. _ Fragment eines unteren Schneidezahnes, natürliche Grösse. 5 9 _ Tafel XVI. Fig. 1. Backenzahn des rechten Oberkiefers von Lagomys alpinus. Hier, wie bei den folgenden Darstellungen der Backenzähne, sind diese stets senkrecht zu ihrer Axe angeschliffen worden, daher sind die Abbildungen eigentlich eine Aneinanderreihung der einzelnen Querschnitte. Fig. 2. DBackenzähne des linken Unterkieiers von Lagomys alpinus. Fig. 3. Querschnitt eines oberen und Fig. 4. eines unteren Schneidezahnes derselben Species, vergrössert. ig. 13. 704 Backenzähne des rechten Oberkiefers von Lagomys nepalensis, vergrössert. / Desgleichen des linken Unterkiefers. Backenzähne des linken Unterkiefers von Myolagus sardus, aus der Knochenbreccie von Cagliari, vergrössert. Desgleichen die des linken Unterkiefers. Linker Unterkiefer von Lagomys alpinus, natürliche Grösse. Derselbe von Lagomys nepalensis, natürliche Grösse. Der rechte Unterkiefer von Myolagus sardus, natürliche Grösse; nach dem Hintertheil eines anderen Exemplares restaurirt. Fragment des linken Unterkiefers von Lagomys verus aus den Bohbnerzen der schwäbischen Alp. Der letzte weggebrochene Backenzahn ist restaurirt. Sein erster Backenzahn, vergrössert. l. Namenregister. A. hinter den Titeln bedeutet Aufsatz, B. briefliche Mittheilung, P. Pro- tokoll der mündlichen Verhandlungen, - Seite ÄCHENBACH, geognostische Beschreibung der Hohenzollernschen Lande..-A, ........ BEnNIGSEN-FÖRDER, v., Bodenbeschaffetiheit " um Polddann) A TER BUG — Kreide-Polythalamien im Er Diluvialschichteh. in der Mark. -Pi. 3904144 NR HU BUND 312 Beyrıch, Eiresihde Carnall von Rüdersdorf. '?. a a a RE a) — : Tertiärconchylien bei Neuss. P. . ...... IR Re. 10 — über die geologische Karte von Niederschleiien. P. are 44. 518 — Conchylien des norddeutschen Tertiärgebirges. IV. u. V. Stück. A. 21. 553 — Alter der tertiären Eisensteine bei Rothenburg a.d.S. P. 309. 317 Bot, über Beyrichia in norddeutschen Geschieben. B . . . . . 321 Borsemann, die Diluvial- und Alluvialbildungen der Umgebungen von Mühlhausen im Gebiete des oberen Unstrutthales. A. . . 89 — Versteinerungen im spanischen Muschelkalk. B.. . . . . . . 165 — Beobachtungen auf der Insel Vuleano. P. .. 2. ..... . 527 — gegenwärtiger Zustand der aktiven Vulkane Italiens. P. . . . 534 — über ee Kreide gegen Gieset. B. . . . 2.2... 540 Braun, A., fraglicher organischer Körper aus der oberschlesischen Sreinkoble, gu am. I 490 — M., Galmeilagerstätten dis Aenberges bei Adthen, Pe MRS an, v., Vorkommnisse im Stassfurter Steinsalz. P...:... 13 — verschiedene neue Vorkommnisse in Schlesien. P. . . . . . . 316 Corra, postdiluviale Gebilde in Ungarn. P.. : .. 2.2... . 589 Eumricn, Geologisches aus Meiningen. Be... .. 2.2... 168 Ewırp, Vorkommen tertiärer Blattabdrücke im Norden a Harzes. P. 8 — Vorkommen von Ancyloceras bei Halberstadt. P. . .»... 14 — über den Gault in Norddeutschland. P.. . .. 2.22... 160 — oberer Grünsand bei Gernrode am Harz. P. . ....:... 938 — Bericht über Mittheilungen des Herrn v. GüLıch aus Südame- rika.- DB. Hl a do at, rd mm 193 Zeits. d. d. geol. Ges. VII. 4. 46 706 Seite Ewıın, Kreidemergel bei Wernigerode. P. . .......... 498 — Posidonienschiefer bei Fallersleben. P. . .. 2... .... 499 GrasticHh, über v. Kopert’s Stauroskop. P . ... 2.2.2.2... 598 GüLicH, V., S. EWALD. Hauer, Fr. v., Durchschnitt der Ostalpen. ee ee ee RZ — geologische Karte der lombardischen Kalkalpen. ?. elle) — geologische Karte des Kreises Teschen. P. . .»........ 5241 Heer, Insektenfauna von Radoboj. P. . .... u EN — Vergleichung der tertiären Flora der Schweiz mit der Oester- reichs.YPu gene Lose een u ee Henszı, Vorkommnisse im Torf des HErelhnseht. Pas ed — Beiträge zur Kenntniss ‘fossiler Säugethiere. A. . . . . . 279, 660 Hevpen, v.,=Bohrversuch bei Slaventzitz. BB . . : 2.2... .597 Horuans, Geologie des Bezirks von Katharinenburg. B.. . . . . . 162 Hınsenau, v., geologische Verhältnisse von Nagyäg. P.. .... . 514. Huyssen, über das Riestädter Braunkohlengebirge. P. ...... B) JunzscHh, Beiträge zur Kenntniss en Phonolithe des böhmischen Mittelgebirges. A... .. . Ki. ‚abs 167 Kıpe, Braunkohlenlager bei Wigeen en en B. BET UREE TI 19:77 Karsten, H., Geologie der Cordilleren Südamerikas und der angren- zenden Ebenen des Orinoko und Amazonenstromes. Pi. .... . 526 Knörrter, geognostisch-balneologische Karte von Siebenbürgen. P. 522 Kocn, E. F., die anstehenden Formationen der Gegend von Dömitz, als Beitrag zur Geognosie Meklenburgs. A. „2... 02.0... 249 Kovarz, J. v., Geologie des Bakonyerwaldes. P... . „u. »..2..0...) 925 LıporLv, Karte des Quecksilberbergbaues zu Idria.. P! ..... . 520 Marck, v. D., chemische Untersuchung von -Gesteinen der oberen westfälischen Kreidebildung, , A... a5... alone neranle wart 102 — Analyse eines Brunnenwassers. B.: ... . BEER En. Meyn, Riffsteinbildung im Kleinen an der deutschen Merdserkic. A, 119 — Tertiärconchylien bei Mölln in Lauenburg. B.. 2... 0... 166 MieLeckı, v., Bernsteinvorkommen bei Züllichau. P.. . .:...... 14 OscuATz, mikroskopische Struktur des Carnallits und Almandins. P. 308 — mikroskopische Präparate von Mineralien. P. . . “2... 0.0 934 Porrtu, Kupfererze und Melaphyre im den des nordöstli- chenBohmenseb-n 2: 52) RAMMELSBERG, Krystallform des Nonlainbleeree von Windischkap- pelop BERN N s ..194 Rıaru, G. vom, über die Eenersche Teens zweier una Itheazar Ra er no a RAVENSTEIN, BühenkarteN von Eee P. yon nnele Rıcater, über den Zechstein bei Saalfeld. Be » . - - 2.2.2.2 0....20 RicHTHoFEn, v., über den Melaphyr. A... ... reines RoEnEr, A., über das Alter der Harzer er enschiehten Bals 18 — FE, Notiz über ein eigenthümliches Vorkommen von Alaunstein in der Steinkohle von Zabrze in Oberschlesien. A. . . 2... 246 — Ammonites Oltonis in Schlesien. Be . :» . 22.2. 02.0. 94 707 Rose, G., über LeypoLr’s Aetzungsversuche der Muskat Pe — über Stassfurtit. P. 2 — über die Grenzen des Granits ad Cramitise in Sen leen P? — die heteromorphen Zustände der kohlensauren Kalkerde. A. Rosz, H., schwarzer Kryolith von Evigtok. P.. . -- krystallisirtes Silicium, P. „AR. _ über den Carnallit, eine neue Nele neniee. A. RussesGer, v., Erderschütterungen zu Chemnitz. P. Roru, Versteinerungen am Vesuv. P. 3 SANDBERGER. G., über sein Werk: N den chen Schichtensystemes in Nassau. P. SARTORIUS VON WALTERSHÄUSEN, Bildung des en anf nassem Wege. P. 6 5 — über Hyalophan. P. SCHAUROTH, V., Bildung eines Vereines für aa Herzoptkmn‘ Ct burg. B. — neuer os zur Paläontologie Kie oe Zechseingebir- ges. A. SCHMIDT, J., zweiter Bericht über ade An einer Torfinsel im See von Cleveez oder Beel. A. ö — Atlas über die Eruptionen des Vesuvs im Mei 18 55: ® Scunur, Xenacanthus Dechen im Saarbrückschen Kohlengebirge. B. SchüßLer, über Steinsalzgebirge in den Neckargegenden. P. Sonnenschein, Analyse des Steinsalzes von Gleiwitz. P. . — Vitriolblei aus Sardinien. P. STROMBECK, v., Septarienthon bei Söllingen. B. — Alter des Flammenmergels im nordwestlichen Dehtschlend ia Surss, Bemerkungen über Catantostoma clathratum Sande. A. — Verbreitung der Kössener Schichten. P. SzaBo, Beziehungen des Trachyts zu den Sedimentgesteinen bei Budapesth. P. Tamnav, Quarz pseudomorph nach Schwerspath, p — Kalkspathkrystalle aus der Adelsberger Grotte. P... — Leopardit aus Nord-Carolina. P. — Cölestinkrystalle von Pschow iind Slllerstufen aus Mesito. ?. ZimMmERMANN, Kreidelager in der Lüneburger Haide und miocäner Thon unweit Altona. B. 46 * Seite # Alaunstein bei Zabrze . . . 246 | Cancellaria granulata . ... Allerisma elegans . -. .... 233 | — laeviucula . 2 2.... Alluvium in Hohenzollern . . 435 | — Jyrata . .. . 2.2... —ZemAlngen. 2, 533 | — . multistüatardentarst edle — im, Ungteutthale, 4 ....02) 89 mitene uni... . 0m > VTGH@ eeee 308 | — . nodulifera. . . ..U- „wur Ammonites Ottonis . . 4 Nein Beil ir „auuia, sure Aneyloceras am Harze, „ .„ , .14| —. pawvala, ..... . ir Arca striata .. . 123 pueiene. vorlows „L ‚wur Bhzavonii „ur. „De. 546 |, = Iauadrata anar.li 0% 02 Avicula speluncaria . . 29] 5 Bealareides in. ads son, — it iVamIeoRa AuÄumenene. Mr Bakewellia ceratophaga 32244 Carnallibasipanir 117. 152. Bernstein bei Züllichau ....41 | Catantostoma clathratum. . . Beyrichia ... 321 | Chelocrinus Carnalli ...'.. . Ze hianet 0a a ARE 323 | Chonetes Davidsoni . ... . A Fonesigenldanrped anne 322 | Clidophorus .... 22 202% — spinulosa. . ein Ra imgostatmeii. uam damae .& Borazit,, diehter. 2... 00 1561:\u->,» Ballasii.H rl „auw2isidr Braunkohle in Brasilien . . . 153 | Cölestinkrystalle. . ». 2... . — bei Dömitz . 259 | Conchylien, tertiäre, beiBeuthen = am, Harze, ,*, .°% ‚sehr 8 — — in Lauenburg. . . . — bei Wischen . . .. ; . 327. b— —-. bei Neus ..... Buntsandstein in Hohenzollern 334 | — — norddeutsche . * .21. Camarophoria Schlotheimi eancellatar.r, 2 ee — acutangularis. . — aperia.. —e=Behmj‘. 7. — Bellardii . — calcarata. — cancellata —hreontortn 0... — elongata ... . =renleamer 2. Sachregister. 218 | Diluvium bei Dömitz .. 553 | — .m’Hohenzollen. „ : . . . 585,| — bei Potsdam . „. . 156: . 586 | — im Unstrutthal . . . 584 . 560 | Eisensteine bei Rothenburg a.d.S. . 583 und . 971 | Erdbeben von Schemnitz. . . . 971 | Erze in den Laplatastaaten. . . 556 | Flammenmergel im nordwest- lei lichen Deutschland . . - Flora, tertiäre, schweizerische Fusus . . und österreichische abruptus. . annexus . attenualus . . bifermis .. 2. 2. 2. male“ brevicauda . . Brückneri coarctatus cognatus eontiguus. » 2 2 2 0. . crassisculptus . distinetus egregius elatior -. . - elegantulus . . elongatus erraticus exaratus . eximius Feldhausi. festivus glabrieulus . . gregarius. Hosiusi Konincki. . luneburgensis, lyra multisulcatus nudus .. . pereger Puggaardi rarus ringens robustus . . . rotatus Rathis u... kan Sandbergeri scabriculus .ieldenie)te elle eliel elelle. le o.eoVY.eliüllaih Lei) ve m- 8. 28 0 .ı 0 0 areikteiitetlteiüte en of el kalhte) fie Bemianatusı 2. semiglaber . septenarius sexcostatus solitarius tricinetus he a wit here Der BE IT ORION EOS 709 Seite 939 Fusus unicarinatus ventrosuß. .. ı. AlTaV .2u0% Waeli... Galmeilagerstätte bei Aachen. Galmeivorkommen Gault in Nordakitschlädd Geologie des Bakonyerwaldes . der Cordilleren . . n von Hohenzollern . . . . von Katharinenburg . von den lombardischen Al- pen . 3. von Meiningen von Nagyäg 6 von den östlichen Alpen i von Schlesien von Sesto Calende. . . von Siebenbürgen . von Teschon . . . . von Vulcano . Granititgrenzen in Schlesien © Grünsandanalyse Heteromorphie der kohlensau- Hornblei . Hyalophan ren Kalkerde . . . . Insektenfauna von Radobo) . . Jura in Hohenzollern . .. . . Kalkspathkrystallein der Adels- berger Grotte. . Kalktuff bei Mühlhausen. . . Keuper in Hohenzollern . . . Klima in Hohenzollern Kössener Sehichten Kreidegesteine, Analysen. . . im Eichsfelde. . Kreidegesteine bei Lüneburg . Kryolith bei Wernigerode [2 el a X ET a Ti u ra du ly T 2 2 Krystalle, neue Methode ihrer Untersuchung een rel ie. Kupfererze im Rothliegenden . Seite 710 Seite Lagomys sardus 2... ... 689 Lagomys verus . . 2... 688 Beoparllit . . x - » „ma 317 Lias in Hohenzollern . 965 Melaphyr im Rothliegenden. . 323 — seine Geschichte ..589 | Mesotyphyyeriernmsknts she Sr 161 Misothermus torquatus. . . . 279 Molasse in Hohenzollern . . . 421 Mus in der Breccie von Ca- gliari u A 7 Muschelkalk in Hohenzollern . in Spanien . Myalina . Myolagus sardus e 0, len Die arme uni gene zaune Phonolith Pläner, Analyse . | - Pleurotomaria antrina . .. . Posidonienschiefer bei Fallers- leben Productus horridus Pseudomorphosen . . . . - Pseudosciurus suevicus Quecksilberbergbau bei Idria . Riffsteinbildung a. d. Nordsee Rissoa . Geinitziana Gibsoni gracilis obtusa permiana Swedenborgana WIERAUERSET \aLHıo, 2 0 Bere gta Me .ite BI As Säugethiere, fossile . ». ..... Schichtensysteme bei Dömitz .. — rheinische Schizo:lus dubius Sciurus priscus . Septarienthon bei Söllingen eirs #9 is [SS SE DD mW [on Se N) SO [SS Ede} DS N DM WI ro rs [Su an oO Om Silieiumkrystalle.. » 2.0. - Spermophilus Spirigera pectinifera Spirifer alatus Clannyanus. .. - Stassfurtit Stauroskop . Steinsalz, Analyse am Neckar. Straparolus planorbites Car 2 Se SE 222 .o 0 Te . 1 EI DENT DEP rn Er 7 ern Terebratula elongata Geinitzana . Tertiärschichten bei Altona bei Dömitz:. -. +. aHgaLy% von Hohenzollern . . bei Potsdam bei Slaventzitz von Uruguay. Torfinsel im Beeler See . DE Ger Br er Druck von J. FE. Starcke in Berlin. Torflager im Havelbruch. . . 155 Tourtia am. Harz... -eenebian 315 Trachyt bei Budapesth. . . . 529 Turbinella '. %".. »etılnsisdelg 87 == debilis =» 2 + „anne 88 — dubia 88 Turbo helieinus. .. v2... 234 Uebergangsgebirge im Harze . 18 — in.Sehlesin « .Wrlam 14 Versteinerungen im Flammen- mergel 484 — im. Lössmergel . . .... 312 — im Muschelkalk. ... . 165 A am Vesuv®. . - amandor 309 = imi Zechstein .. .. „aeiase: 211 Imlitniolbleieer ce. - & 315 | Vulkane Italiens . 2: „0. 934 Xenacanthus Decheni 542 Zechstein bei Saalfeld . . .» . 20 Zinnoberbildung .. . .. . 520 8:79 -550 S.91 - 9% - 93 - 96 -100 -170 - 178 -193 -194 -194 -195 -195 -397 -337 - 340 - 344 - 392 - 356 - 397 - 383 -401 -402 -402 - 402 -411 -41 -459 - 456 -457 - 469 - 472 -472 -481 -505 a Ss = 2a Aaaaaasısasaen oSgpmenprPRPPP A=5# Aasasaaaaza oe220P00909 ©0000 [o) Druckfehler. Band VI. lies 1855 statt 1849. lies Bd. VI. statt Bd. VIII. Band VII. lies Reiser statt Reiher. lies Höngeda statt Höngede. lies Zelle statt Zeller. lies Felchta statt Solchta. lies Scherbengasse statt Scherbangasse. lies Marienbad statt Marienberg. lies Chemiker statt Chmiker. lies älteren statt jüngern. lies kieselsauren statt kohlensauren. . lies schwefligsaurem statt schwefelsaurem. lies Mengen statt Menge. lies des statt das. lies über der Thalsohle statt über die Thalsohle. lies bis oberhalb Diessen, die Gehänge des Gattbachs statt bis oberhalb Diessen die Gehänge des Glattbachs. . lies Diessen: Hohberg, Signal, Erdfl. am Signalstein 2014 statt Diessen: Hochberg, Signal, Erdfl. am Signal- stein 1024. lies Anhydrit 24 Fuss mächtig statt Anhydrit, Mergel und Thon 24 Fuss mächtig. . lies £. Lettenkohlendolomit statt e. Lettenkohlendolomit. . lies Dettingen statt Dettlingen. . lies Trümmern statt Trümern. . lies Davon kommen 140 Fuss auf den unteren, 70 Fuss auf den mittleren und 40 Fuss auf den oberen Lias statt Dann kommen 50 Fuss auf den unteren 160 Fuss auf den mittleren und 40 Fuss auf den oberen Lias. . lies Willmandingen statt Willmanndingen. . lies Oberschmeien statt Eberschmeien. . lies Schmeie statt Schmiech. lies Schmeie statt Schmiech. lies Schmeiethal statt: Schmeihethal. lies y. Kalksandsteine statt y. Kalksteine. lies Wassersteine statt Wasserkohle. lies kann es indessen statt kann indessen. lies überwinternde statt überwinterte. . lies 3,26 statt 3,30. . lies 3. Numismalismergel (Lias y) statt Numismalismer- gel (Lias a). . lies Jusiberg statt Insiberg. . lies auf dem Alpplateau statt in dem Alpplateau. . lies Taf. XVII. bis XIX. statt Taf. XV. bis XVII. lgenye: ‚urn le: Ran ran‘ Ki “ 2 Ka äh RR Eöns a ci FöR y Ar N nes A MiieE A AR er Bi € uffarh 5; ch mean Rilke ra ta me Ninia Mb: a ariie nu Ra a? An: y Muri Sta ag ROSEN NE nmuniae Be gr Su TER z ; ’ a Ki 4h7; Br Plänen, abaladE ib yadı Attei alıla ee Aulaadneh, Ken a ib, ugagal Kin tale En: 2 in ii neun A Ann ad eiebgdind (aonta audohm ai Feoektionpelärta ‚die a aansstd ‚a Ada „Soluralde 7; RN 2 FR Sg weil. ,7 "rt u N A er ind va OR. asian norwtl willen ad ud nar9so ab. bie and OR ht BET ink Hera ; ker Aral ann am A un, 1 Insel usıado nob Tas #swl ygc amt er ieH ‚asgribunalliW ' IE „aslonndoerodäl, = h Ki R # M ER Be 3 a NEE N berweiin. aueh “0 I Sweden allodınaen ses ER ge en ANBRDKSR ame ' . lee, Ferubkes. > 5 or anni Haie ah) Aut yon; a» 5 4 nF er; Re f Ber Ak, am A , pen LEBT ‘ R Ans sell 0 er ee a TE v, 2 AR a AR BR ee u 2m. Ball | ' EN E x Verzeichniss der Mitglieder der deutschen geologischen Gesellschaft. Abich, Staatsrath und Akademiker in St. Petersburg. v. Alberti, Bergrath in Friedrichshall. Althaus, Landbaumeister in Rothenburg. Amelung, Bergassessor und Bergmeister in Berlin. Andrae, Dr. phil. in Halle. Auerbach, Dr. in Moskau. Backs, Geheimer Bergrath und Salinendirektor in Kösen. Baur, Bergmeister und Privatbergwerksdirektor in Eschweiler- Pumpe bei Aachen. Bayer, Bergwerksbesitzer in Wrietzen. Behm, Dr., Medizinalrath in Stettin. Beinert, Dr., Apotheker in Charlottenbrunn. v. Bennigsen-Förder, Major a. D. in Berlin. Beringuier, Buchhändler in Berlin. v. Beroldingen, Graf, in Ratzenried (Württemberg). v. Beust, Frhr., Oberberghauptmann in Freiberg. v. Beust, Graf, Exc., Oberberghauptmann a. D. in Pangel bei Nimptsch. Beyrich, Dr., Professor in Berlin. v. Bibra, Frhr., Kammerherr in Meiningen. Bischof, G., Dr., Geh. Bergrath und Professor in Bonn. Borchardt, Wasserbauinspektor in Swinemünde. v. d. Borne, Oberbergamtsreferendar in Dortmund. Bornemann, Dr. phil. in Mühlhausen. Bothe, Dr., Direktor in Bochum. Brade, Dr., Bergmeister in Waldenburg. Brahl, Bergamtsdirektor in Eisleben. Brandt, Kaufmann in Vlotho. Brankovic, Bergwerksingenieur in Belgrad, Braun, A., Dr., Professor in Berlin. Braun, Geh. Rath in Gotha. Braun, M., Bergwerksdirektor in Moresnet bei Aachen. v.Breda, Professeur honoraire a l’universite de Leyde in Harlem. Breithaupt, Dr. ‘Professor in Freiberg. 2 Bunsen, Dr., Professor in Heidelberg. Burkart, Dr., Oberbergrath in Bonn. Burmeister, Dr., Professor in Halle. Calwer, Dr. phil. in Stuttgart. v. Carnall, Dr., Berghauptmann in Breslau. Casseday, Dr. phil. in Louisville (Kentucky). Castendyk, Hütteninspektor, Olsberger Hütte bei Brilon. Cotta, Dr., Professor in Freiberg. Credner, Bergrath in Gotha. v. Dechen, Dr., Berghauptmann in Bonn. Degenhardt, Oberberggeschworner in Orzesche bei Nikolai. Delesse, Professeur et Ingenieur des mines in Paris. Desor, E., Professor in Neuchätel. v. Dücker, Franz Frhr., Oberbergamts-Referendar in Dortmund. v. Dücker, Theodor Freiherr, in Rödinghausen. Dunker, Dr., Professor in Marburg. Edler, Direktor in Zabrze bei Gleiwitz. Ehrenberg, Dr., Professor in Berlin. Eichwald, Staatsrath in St. Petersburg. Emmrich, Dr., Professor in Meiningen. Engelhardt, Bergamtsinspektor in Obersteinach. Erbreich, Oberbergrath a. D. in Breslau. Erdmenger, Bergamtssekretair in Eisleben. Erman, Dr., Professor in Berlin. Escher von der Linth, Dr., Professor in Zürich. Ewald, Dr. phil. in Berlin. Faber in Newyork. Fälligen, Stadtgerichtsrath in Berlin. v. Fernemont, Graf, Rittergutsbesitzer in Berlin. Fikentscher, Fabrikbesitzer in Zwickau. Forchhammer, G., Professor, Etatsrath in Kopenhagen. F. de Francgq, Baron, in Schloss Dyk bei Neuss. Fraas, Dr., in Stuttgart. Frischmann, Conservator in Eichstädt. Geinitz, Dr., Professor in Dresden. Gerhard, Legationsrath in Leipzig. Giebel, Dr. phil. in Halle. Girard, Dr., Professor in Halle. Glocker, Dr., Professor in Görlitz. Göppert, Dr., Geh. Rath und Professor in Breslau. Du Graty, Baron, Direktor des argentinischen Museums in Pa- rana in den Laplata-Staaten. v. Grote, Baron, Kammerherr in Hannover, Grotrian, Kammerrath in Braunschweig. v. Grünewaldt, Dr. phil. in Koick in Esthland. Grund, Salinendirektor in Königsborn bei. Unna. B, Grundmann, Geh. Commereinerath in Kattowitz. v. Gülich, Preuss. Geschäftsträger für Chile in Buenos Aires. Gurlt, Dr. phil. in Berlin. Gutberlet, Schulinspektor in Fulda. v. Hagenow, Dr. phil. in Greifswald. Haidinger, Dr., k. k. Sectionsrath in Wien. Hamilton, W., in London. Hartmann, Berggeschworner in Gräfenthal. v. Hauer, Fr., k. k. Bergrath in Wien. v. Hauer, Jos., k. k. Geh. Rath in Wien. Hausmann, Dr., Hofrath, Professor in Göttingen. Heer, Markscheider in Rybnik. v. d. Heydt, Exc., Staatsminister in Berlin. Heitz, Bergmeister in Ratibor. Henkel v. Donnersmark, Graf, k. Kammerherr in Neudeck. Hensel, Dr. phil. in Berlin. Herbst, Dr., Kammerrath in Weimar. Herold, Oberbergrath in Dortmund. Herrmann, Rittmeister a. D. und Fabrikbesitzer in Schönebeck. Hertz, Buchhändler in Berlin. v. Heyden, Bergwerksdirektor in Hohenlohhütte bei Kattowitz. Hochstetter, Dr. phil. in Wien. Ho&, Apotheker in Kamsdorf. Hofmann, Professor, Oberst beim Berg- und Ingenieurcorps in St. Petersburg. v. Hoiningen gen. Huene, Bergmeister in Siegen. v. Holleben, Oberlandjägermeister in Rudolstadt. Hörnes, Dr. phil., Custos und Vorstand am k.k. Hofmineralien- kabinet in Wien. Honismann, Ed., Bergmeister in Vorweiden bei Aachen. Honigmann, L, Markscheider in Saarbrücken. Huelin, Emilio, Hüttenbesitzer bei Almeria, Provinz Andalusien. v.Humboldt, A., Frhr., Exc., Kammerherr, Geh. Rath in Berlin. Hundt, Bergmeister in Siegen. Hüser, Bergmeister in Brilon. Huyssen, Bergamtsdirektor in Düren. Jagor in Berlin. Jäger, Dr., Ober-Medizinalrath, Professor in Stuttgart. Jasche, Dr., Bergkommissär in Ilsenburg. Jenzsch, Dr. phil. in Dresden. Jordan, Dr. med. in Saarbrücken. Jugler, Oberbergrath in Hannover. Karsten, G, Dr., Professor in Kiel. Karsten, H., Dr., Professor in Rostock. Karsten, H., Dr. phil. in Berlin. Kerl, B., Hüttenmeister in Clausthal. 4 Khün, Geh. Bergrath in Berlin. Klug, Lehrer an der k. Gewerbschule in Chemnitz. Knibbe, Berggeschworner in Fürstenwalde. de Koninck, Professor in Lüttich. Körfer, Berginspektor in Beuthen in Oberschlesien. Krantz, Dr. phil. in Bonn. Krause, Bergamtsdirektor in Halberstadt. Krause, H., Apotheker in Freiberg. Krause, Apotheker in Königshütte (Oberschlesien). v. Krensky, H., Berggeschworner in Kattowitz bei Myslowitz. Krug v. Nidda, Geh. Oberbergrath in Berlin. Krull, Assistent beim k. Mineralienkabinet in Berlin, Kuh, Dr., Professor in Breslau. Kunheim, Dr. phil. in Berlin. v. Kummer, Geh. Bergrath in Breslau. v. Kummer, Bergrath und Salinendirektor in Schönebeck. Küper, Oberbergrath und Bergamtsdirektor in Bochum. Kursch, Rechtsanwalt in Berlin. v. Labeski, Ministerialrath in Warschau. Lachmann, Dr., Professor in Braunschweig. Landgrebe, Dr. in Kassel. Lea in Philadelphia. v. Leonhard, K. C., Dr., Geh. Rath, Professor in Heidelberg. Leonhard, G., Dr. in Heidelberg. Leuschner, Bergmeister in Saarbrücken. Liebe, Dr. phil. in Schleiz. Lindig, Salinenfaktor in Dürrenberg. Lorsbach, Bergamtsdirektor in Siegen. Löwe, A., Direktor der Porzellanfabrik in Wien. Ludwig, Faktor in Altwasser. Lyell, Sir Charles, in London. Magnus, Dr., Professor in Berlin. Majerus, Bergwerksingenieur in Luxemburg. v. Mandelsloh, Graf, Kreisforstrath a. D. in Ribbesbüttel. Marenb-ach, Bergmeister in Siegen. v. d. Marck, Apotheker in Hamm. Martini, Betriebsinspektor in Oppeln. Martins, Berghauptmann a. D. in Halle. Marx, Bergingenieur in Berlin. Mehner, Oberbergamtsreferendar und Berggeschworner in Halle. Menke, Dr. med., Geh. Hofrath, in Pyrmont. Merian, Professor und Senator in Basel, Meyn, Dr. phil. in Uetersen. v. Mielecki, Bergmeister in Rüdersdorf. v. Minnigerode, Bergmeister in Halberstadt. Mitscherlich, Dr., Geh. Med.-Rath, Professor in Berlin. - ) Müller, Joh., Dr., Geh. Med.-Rath, Professor in Berlin. Müller, H., Bergamtsassessor in Freiberg. Müller, J., Dr., Oberlehrer in Aachen. Müller, Dr. phil. auf Neuglücker Alaunwerk bei Eisleben. Murchison, Sir R. J., in London. Nauck, Dr. phil. in Orefeld. Naumann, Dr., Professor in Leipzig. Nehler, Bergmeister in Tarnowitz. Nöggerath, Dr., Geh. Bergrath, Professor in Bonn. Oemler, Berginspektor und Salinendirektor in Stassfurth. v. Olfers, Generaldirektor der Museen in Berlin. v. Oeynhausen, Berghauptmann in Dortmund. Oppel, Dr. phil. in Stuttgart. v. Otto, Gutsbesitzer in Possendorf bei Dresden. Pagenstecher, Bergmeister in Piesberg bei Osnabrück. Peters, Dr., Professor in Berlin. Pfaff, Dr. phil. in Erlangen. Pfeffer, Buchhändler in Halle. v-Pfuel, Gutsbesitzer in Jahnsfelde bei Müncheberg. Pitschner, Dr. phil. in Berlin. Plantico, Bauinspektor in Königshütte (Schlesien). Plettner, Dr. phil. in Stralsund. Plieninger, Dr., Professor in Stuttgart. Plümicke, Bergamtsassessor in Eisleben. Poleck, Apotheker in Neisse. v. Pommer Esche II., Unterstaatssekretär in Berlin. Porth, Bergwerksdirektor in Ernstthal bei Starkenbach (Böhmen). Prestel, Dr. phil. in Emden, Raht, Bergwerksdirektor in Holzappel. Rammelsberg, Dr., Professor in Berlin. vom Rath, Dr. phil. in Bonn, v. Raumer, Dr., Professor in Erlangen. Redenbacher, Dr. med., Stadt- und Landgerichtsarzt in Hof. Redtel, Geh. Bergrath in Berlin. v. Reichenbach, Freiherr, in Wien. Reuss, Dr., Professor in Prag. Rippentrop, Oberbergrath und Salinendirektor in Colberg. Richter, Dr., Professor in Saalfeld. Richter, E., Kaufmann in Bollincken bei Stettin. v. Richthofen, Dr. phil. in Wien. v. Riedheim, Baron in München. Ritter, Dr., Professor in Berlin. Roemer, F., Dr., Professor in Breslau. Roemer, A., Berg-Assessor in Clausthal. Roemer, H., Senator in Hildesheim. Rose, G., Dr., Professor in Berlin. 6 Rose, H., Dr., Professor in Berlin. Rössler, Partikulier in Hanau. Roth, Joh., Professor und Adjunkt an der k. Akademie der Wissenschaften zu München. Roth, Dr. phil. in Berlin. Röttger, Salinenbeamter in Kösen. Rosales, Ingenieur in Barcelona. Russegger, J. Ritter v., Sectionsrath. Bergdirektor in Schemnitz. Sandberger, F., Professor in Karlsruhe. Sandberger, G., Dr:, Conrector in Wiesbaden. Sartorius von Waltershausen, Baron, Dr., Professor in Göttingen. Schaffgotsch, Franz, Graf, in Berlin. Schafhäutl, Dr., Professor in München. Scharenberg, Dr. phil. in Breslau. v. Schauroth, Dr. med. in Coburg. Scheerer, Dr., Professor in Freiberg. Schlagintweit, A., Dr. phil. Schlagintweit, H., Dr. phil. Schlagintweit, R., Dr. phil. Schlönbach, Salineninspektor in Liebenhall bei Salzgitter. Schmid, E., Dr.. Professor in Jena. Schnackenberg, Berggeschworner in Königshütte. Schnoedt, Salineninspektor in Münster am Stein bei Creuznach. Prinz zu Schönaich-Carolath, Bergamtsdirektor in Tar- nowitz, Schubarth, Rektor in Pössneck. Schumann, Apotheker in Pössneck. Schultze, L., Stud. jur. in Rostock. Schwarze, Oberbergrath in Bonn. Schwarzenberg, Oberbergrath in Kassel. v. Seekendorf, Graf, Oberbergrath in Halle. v. Seebach, Carl, in Weimar. Sello, Geh. Bergrath und Bergamtsdirektor in Saarbrücken. Sello, C., Berggeschworner in Burbach. v. Semenow, P., Titularrath in Petersburg. Senft, Dr., Professor in Eisenach. Serlo, Bergmeister in Bochum. Siegemann, Vicehütteninspektor zu Julius-Hütte bei Goslar. Skalley, Dr., Wirkl. Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin. Sonnenschein, Dr. phil. in Berlin. Söchting, Dr. phil. in Berlin. Spengler, Berggeschworner in Camsdorf bei Saalfeld. Speyer, Dr. phil. in Cassel. Splittgerber, Dr. phil. in Berlin. Stentz, Hütteninspektor in Torgelow. fl Stephens, Georg M., in London. Stiehler, Regierungsrath in Wernigerode. Strohn, Justizrath in Berlin. v. Strombeck, Kammerrath in Braunschweig. Süss, Assistent beim k. k. Hofmineralienkabinet in Wien. Tamnau, Dr. phil.. Banquier in Berlin. Tantscher, Bergamtsdirektor in Waldenburg. v. Tschepe, Berggeschworner in Waldenburg. v. Thielmann, Frhr., Rittmeister a. D. in Berlin. v. Unger, Forstmeister in Seesen am Harz. Uricoechea, Dr, phil. in Bogota (Neu-Granada). v. Uttenhoven, Bergamtsreferendar in Meiningen. de Verneuil in Paris. Voss, Bergmeister in Düren. Walchner, Öberbergrath, Professor in Karlsruhe. v. Warnsdorf, Oberbergamtsassessor in Freiberg. Websky, Bergmeister und Berg-Assessor in Tarnowitz. Weichsel, Bergmeister in Blankenburg am Harze. Wiebel, Dr., Professor in Hamburg. Witte, Oberfinanzrath in Hannover. Wohlers, Oberbergrath in Dortmund. Zeiler, Regierungsrath in Coblenz. Zerrenner, Dr. phil., Bergkommissär in Wien. Zeuschner, Dr., Professor in Krakau. de Zigno, A., in Padua. Zimmermann, Dr. med in Hamburg. Zincken, Oberbergrath in Bernburg. Zschau, Dr., Oberlehrer in Dresden. Berlin, den 1. Mai 1857. Verzeichniss der gelehrten Gesellschaften und der Re- dactionen, deren Schriften gegen dıe Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft ausgetauscht werden. 1. Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande und Westphalens in Bonn. 2. Geologische Reichsanstalt in Wien. 3. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau. 4. Naturwissenschaftlicher Verein in Halle. 5. Zoologisch-mineralogischer Verein in Regensburg. 6. Verein der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. Neubrandenburg. 7. Naturforschende Gesellschaft in Görlitz. VDE DIE N DW SO@n 1m or m w 8 . Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Wiesbaden. . Naturforschender Verein in Bamberg. . Kaiserliche naturforschende Gesellschaft in Moscau. . Direction de l’ecole des mines. Paris. . Societe geologique de France. Paris. . Geological Society of London. . Hollandsche Matschappij der Wetenschappen te Harlem. . Societe d’agrieulture, des sciences ete. du Puy. . Württembergische naturwissenschaftliche Gesellschaft in Stuttgart. . Naturwissenschaftlicher Verein in Hamburg. . Naturforschende Gesellschaft in Basel. . Kärnthisches Landesmuseum in Klagenfurt. . Wernerverein in Mähren. Brünn. . Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen. . Wetterauische Gesellschaft für die gesammte Naturkunde in Hanau. . Naturforschende Gesellschaft in Emden. . Societe du Museum d’nistoire naturelle de Strassbourg. . Smithsonian Institution in Washington. . Archiv für Landeskunde in Meklenburg. Schwerin. . Societe des sciences naturelles de Luxembourg. . Architekten- und Ingenieurverein für das Königreich Hannover. . Verein für Erdkunde in Darmstadt. . Generalkommission der niederländischen Landesuntersuchung in Harlem. . Litterary society in Manchester. . Geographisches Institut von J. Perthes in Gotha. . Naturforschende Gesellschaft des Canton Graubünden in Chur. . Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz. . Senkenbergische Gesellschaft in Frankfurt a. M. . Naturforscher-Gesellschaft in Dorpat. . Redaktion der berg- und hüttenmännischen Zeitung in Leipzig. . Naturforschende Gesellschaft in Zürich. Lrchr: d. deutsch geol. bes. I850. « et BETAT 16) 4 Wawenschteber del et-sc e Pe) del. eb sec hteber ICHS n Sun SL Kerkschr: d. deutsch ‚geol. Ges. 050. LH NTAS) 7, % etschr d. deutsch oeol. Ges. IC. a Navenschreber del. et sc MPTILDENY RUNDER ic Zar W (219) IET6. «© chr d deutsch geol. Ges. 6 urzZ 7 er Bin Kyaanalı INN KANN UETELEE RUN \\ N \ \ AST AMAAAN \ \ SLLLLIN AU sc del ce aotnschzeber Wa "20) RZEUVNZ RSS Kartschr: d. deutsch ‚geol. Ges. E36. Rreber del. eb sc ROERSC H ZEIT 27] d. deutsch geol. Ges. 1856. y Zertschr Aneber del. c& sc Wagensi un in s 1 | ’ a | N * r # ir ki "rt A , ee a Area Mi 4 le P a) = Z - x » a i h = Zaf WI IT 92) es. IOSO6. geol. 6; 2 alschr d. deutsch BP. r u? ve N AN Ay REN ALLNUN rei a Nr an Vereber del. ef sc. Warensc 1 or. 0. me. KI> ER NE ER N N Der ee ee \ RE OR, TRENNT ” | 5 Mn Fe a an eh Zar WH (I. 22) Pe Kerischr. d. dausch ve. Ges: IEIO. Dr20 Wagenschieber del. et [2 2 & BESTER N - # d NER! ai 2 ui he a a ee ala > 7 » . v IL 5 iR 5 3 i v Pe 4 > * a | ’ Mais 124 if ers Tal \ r - h Eh r ie % A Gar IE (1. 24) ‚geol. Ges. I0S0. elschr d. deutsch 42 MWagenschtieber del eisc “ ee e5 en Auer, 5 % Be) e Fr 3 RE RN Ta Ra er dee fi Be 4 WEHR 23) u ehr d deutsch oeol. Ges. A8I0. Zee Bzeber del.ct sc asenschh Wa: u EN INT Fre? Ri mn Ta eV ee ST TREE - "ix Teutschr.d. deutsch. geol. bes. 1850. 5) getast il (I 0 SEHR BE A — Jesom i = ° Jh ritzer o ÖNeustadt Erklärung der Farben. wi e Uelkhuf Naid-Kbene u, Klussthäler Sandelıinen DR j — Pe Dr EM ee 2 - . tes , | | | a o Biyzadin | a" I 6 | f I } } Agrıtısche-Kormatton Ve )) = Lübtheen | ok \ | \ > | > El Tosar N | | L___ Seo Aero 2 Drglet Jar \ u | | | u | 8 / horstedt © | | | L hreide-lormatıon Neul 5 | o | \% | I! Neuhaus \B FR | ; L: | S | | ofrast ( oHlarsin | Grabow | | o, u | D = I} I ö | Pnislich | Arupstver byps | | | Cu | | | | | | | N | Hohen Iooss z \ Breseyurd Er] | | j \ | r Slarents o Eldena | | o.Maıteh Dadım | | [ nm obühren 6 Mech: A 2 = SL, Winköliihningen : | IN? I Doemitz | I 7 Dali 33 } GEOCGNOSTISCHE VEBERSICHTSKARTE RB | = . | dm Gegend von \ Ws In N & || ) Mast IS 2 ar F = olungendonf” IS = -DOEMITZ enlw und ge Z.Von FE.ROCN. + Mile, ir N Tee EN | IE al N | £ _—= I} Maasstab v. ? Geogr Meilen 7 > ir w ö 1 28°s0' 2 Till Ansev. L-Kraatz in Dorlin i F h & BE 7 DL ve n mn ha et Re ee 1 A Fe 5 > eb = 5 R“ u RER ORETTLEIZ TER SE Fr Taf NIE Zeitschrift d.daıtsch. geol. Ges. 1856. % RN h- aa a, fr dee Br. F LS einstellen { Beitenhsfl w => 97 ange Gnsheim mit Genehmigung des Königl. Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten HERR YoN DER HEYDT audgeficht Iureh ADOLF ACHENBACH Königlchditlulnstzu berlin Lithw CBirk academ Kunaller‘ . im _ u 25 30 Se ES G Seite \ / wathem zeugen SS II Allurüm Nlmaler ] Süssmwasserkalk Dettingen RE 27 Torfmoore Bohnerze. Terhärer ET Srssewrasserkulk Er Tnterer Uonuden. Molusse Nensserhira = > (Überer u multlerer brauner Jura Buchstein ns | Au del \ Oberer Kuper sandstan)| EEE] Imterer u mittlerer heuprer GE) Iterer brauner hra, = Ühereru müttlerer schwarzer Jura schwarzer Jıra Mergel EEE Idienkohle Frredrichshaller Kalkstein | Wellenkalk BEE \.lnhydrilgrunpe EEE Bunter Sandstein ileunttige Tigerfeld { ruitfingen \ N ruchteifingen 2 nreithuusen beten 4 l \ \ \ Stetten Unterglashiite —— SerAwenzingen STeidingen ) Beuren Hundersin ;<, Ober ‚nderf, Inter m] Bet tr s Meinwangen, Gallmansweil Me Die Herrachaft Achberg Uindelwang STOCKACH u 07, Inzing gmarsul - E Owingen Tenkefen a” Hultstetien | NR Upflamser 22 \ N re \ Karenpte \ ertingeu Mr Yasskirch Bkinigerekmalid Kidhausen MAYNG 8 Zeitschrüft d. deutsch. geol. Ges, 1856 Taf. XV. "m A.Schütze lith. Zeitschrift d, dertsch. geol. Gesel. 1850. Taf XV. A. Schirtze hith Taf NIE 236) EI zischr d deutsch geol. Ges. ys > 7 Alt chieber del. ck sc. RIENSE H RE A Re 2 Ba DE Zap MUT. 27) me. eiscehr d. aeusoh. geol. 65. IEDO. Z/ a Pa Ba 27 En ENE E „ Ei Sa u 2 2 Zu ae Er wre ae BETT, Zur: y ir ı t y in, 4 ine here = Di u ng has ee er - » . en - iWw Er : $ B 23 Day ; br j Er % 6 Kuh d $ 2 % n A - k { , F N Rn .“ | = Fu f Kin s f» j 2 Pi vAr d.demtsch geol. Ges. ISIE. =» en 7RI 2 Wagenschreber del. 1L.60. Date Loaned 100170780 | \Y N Pte Dane ee RT ET BrCar ar En 2 DDTe TE ee er Ta a ne DZ ET EEE