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ZEITSCHRIFT

_7

AACHENER GESCHICHTSVEREINS.

IM AUFTRAG DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMISSION

HEBAVSOEGEBES

UICHARD PICK,

ItCHlVAR DER yTAT>T AACHEN'.

ZEHNTER BANP.

AACHEN.

KOMWSSIOXS-VERLAG DEB CltEMKR'SCHEN BrCIIHAXDLUNG [C. ( 1888.

ÜNIVERSITY OF.'^'^'r- fTlARIES

Die verehrlichen Herren Mitarbeiter werden hüflichst ersucht, in ihren für den Druck bestimmten Manuskripten nur eine Seite der Blätter nicht zu eng zu beschreiben und davon die Hälfte noch völlig frei zu lassen. Der Redaktion wie dem Setzer und Korrektor wird dadurch viel Zeit und Miihe erspart.

Die Manuskripte sind zu senden an Professor Loebsch in Bonn oder an Stadtarchivar Pick in Aachen.

Die verehrlichen Vereine, Gesellschaften, Anstalten und Redaktionen, mit welchen der Aachener Geschichtsverein in Scliriftenaustäusch steht, bitten wir, uns ihre Veröffentlichungen, sofern deren Zusendung nicht direkt durch die Post erfolgt, durch die Oreuer'sche Büchhandluno in Aachen gefalligst zugeben zu lassen.

Der bereits in den Druck gegebene Band XI der Zeitschrift, dessen Erscheinen für den Monat August 1889 in Aussicht steht, wird u. A. enthalten :

H. BüCKBLER, Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds. H. LoERscH, Ein Sühnegescheuk für das Aachener Münster. K. NöRRENBERG, Aachener Gedichte des 14. Jahrhunderts. E. VON OiDTMAN, Dic Herren von Mileudonk aus dem

Geschlecht der von Mirlaer. R. Pick, Aachens Befestigung im Mittelalter. S. Planker, Aus- dem Pfairarchiv von St. Peter in Aachen. M. Schollen, Die St. Sebastianus-Schützen-Briiderscliaft in Geilenkirchen.

DER VORSTAND.

ZEITSCHRIFT

AACHENER GESCHICHTSVEREINS.

IM AUFTRAG DER WISSEXSC HAFTLICHES KOMMISSION

RERAV^MKEaEBEX

RICHARD PICK,

ARCHIVAR DER STADT AACHEN.

ZEHNTER BAND.

AACHEN.

KOMMISSION S- VERLA n DER CEEMER'SCHEN BVCHHANDLUNO IC. CAZIN>.

I8H8.

A54

Inhalt

Zur Erinnening an Alfred von Reumont. Von H. Loersch . . 1 Aachener Prozesse am ReichskammergfericLt. Von R. Qoeoke. . S2 Ueber ein Verzeichniss der Einkünfte der KatharineukapoIIe beim Aachener Münster aus dem Ende des 14. Jahrhunderts. Von

H. Loersch 96

|4. Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. Von

M, Schollen. (Schluss.) IBH

5. Aus der Zeit der Fremdherrschaft, in. Der 2. März 1793 und seine

Folgen für Aachen. Von E. Pauls 198

6. Kleinere Mittheilungen:

1. Handschriften und Handschriftliches aus und über Aachen in

der Amploniana zu Erfurt. Von H. Loersch 220

2. Die Aachener Rathswahlen in den Jahren 15H1 und 1582. Von J. Hansen 222

3. Ein böhmisches Adelsgeschlecht, das aus Aachen 8tamm(*n soll. Von W. Hieke 237

4. Der Eid des Vicedominus beim Aachener Marienstift. Von

St Beissel S. J 244

5. Zur Geschichte der Familie Wildt. Von A. Hcusch . . . 245 7. Literatur:

1. K. SchellhasB, Das Könignlager vor Aachen und vor Frankfurt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung. Angezeigt ytm

H. Loersch 248

2. H. F. Macco, Beiträge zur Genealogie rheinischer Adel»' and Patrizierfamilien. Bd. IL Angezeigt von E. von Oidtroan 252

3. F. J. Kelleter, Die Landfriedensbünde zwischen Maas und Rhein im 14. Jahrhundert Angezeigt von H. Loers^'h . . 256

4. K. HöhlbanuL. Mittheilungen auh dem Htadtarchiv von KiCAu.

Bd. I--V- Angezeigt von H. Loersch 2^7

5. fi. Schwenger, Jahresbericht über das Kai«^;r'iCarl»^)ymnai'Jum zu Aachen für das .Schuljahr 16%7;&8. Hierbei: Urkaii'iJi/;h'rt«

zur GfT^:hithi»i d*fr Anstalt Angezeigt von H. Loersch . 2*J1

6. K. Lampr*:;<bt Skizzen zur Rheixiivrb'-D Gevrhi' bl*:. Angez^^igt

vo« J. Hangen 2*i2

7. De :M44 Aken« Aa<:bf:n vor 250 J-^hrtfU. Pb'y*'>»litb//«Ta|#bi*

von H. lii^Ardt An^-iz^igt r*m R.Pi'k 2*/i

9. An* Zrrit-^,L.nft*rn- \*m H Loersch uiA K, Pi k. , - - 2^

i Fnz-M J'%

$. Ckr^.cJk 4-* \^ Lf:Zi^r G»r-^L: Ll^v-rr*;-!.« I^-T »ij 27^

10- V«^zr#.i;.-^ 'i'T M^v-r^'rr ^".1

QUAUTT CONTROL MARK

Zur Erinnerung an Alfred von Renmont.

Vortrag grehalten in der Generalversammlung des Aachener Gescliichtsvereins am 10. November 1887.

Von H. Loersch.

Am 3. Mai 1883 vereinigten sich die Vertreter unserer Stadt und der Regierungsbehörden mit den Abgesandten zahl- reicher wissenschaftlicher Korporationen und Gesellschaften, um dem damaligen Präsidenten unseres Vereins ihre Huldigungen darzubringen. Es galt der Feier seines fünfzigjährigen Doktor- jubiläums. Mehr noch als die Vaterstadt, welche ihn zum Ehrenbürger ernannte, nahmen durch zahllöse Zeichen der Anerkennung, durch glückwünschende Zuschriften und Depeschen die Fürstenhäuser Deutschlands und der Nachbarländer, an ihrer Spitze der Kaiser und die Kaiserin des deutschen Reiches, die Universitäten und Akademien, die Vertreter von Kunst und Wissenschaft des In- und Auslandes Theil an diesem Feste. Mit vollster Ueberzeugung konnte unser Vorstand dem Manne, dem dies alles entgegengebracht wurde, warmen Dank dafür aus- sprechen, dass er dem jungen Verein den Glanz seines Namens geliehen, und mit Stolz darauf hinweisen, dass seinem Präsidenten für alle Zeiten ein hei^vorragender Ehrenplatz gesichert sei in der Literatur zweier grossen Nationen.

Vier Jahre später erneuten sich in gleichem Masse die Kundgebungen der Theilnahnie, aber sie waren jetzt anderer Art; sie galten nunmehr dem Todten, der am Schlüsse eines langen Lebens voll Arbeit und Erfolgen in die heimathliche Erde gebettet wurde.

Unser Verein erfüllt nur eine Pflicht der Pietät, wenn er bei dem ersten Anlass, der ihn seit jener Begräbnissfeier vereinigt, dieses Leben, in seiner Arbeit wie in seinen Erfolgen, sich zu

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2 H. Luersch

vergegenwärtigen sucht. Ich rechne es mir zur Ehre an, Ihnen in kurzen Zügen die Laufbahn Ilires ersten Präsidenten schiliiem zu dürfen, wnd bitte nur um Ihre Naclisiclit dafür, dass diese Schilderung, wenn auch mit warmem Herzen entworfen, so weit davon entfernt ist, den liohen Vorzügen Alfreds von Renniont gerecht zu werden.

Ich lege meinem Vortrag vor Allem zu Grunde eine von dem Verstorbenen hinterlassene Schilderung seiner Jugendjahre, welche voraussichtlich bald gedruckt werden wird, sowie die Nachrichten, die er über sein eigenes Leben in dem Buche mitgetheilt hat, das er König Friedrich Wilhelm IV, widmete. Ich benutze dann an vielen Stellen das ganz vorzüglicli gelungene Lebensbild, das mein Freund, Herr Gelieimrath Hermann Hüffer, in der Münchener .allgemeinen Zeitung veröffentliclit hat, und darf mich endlich für manche Einzelheit auf die zahlreichen Briefe und alle die Erinnerungen stützen, welche aus mehr als zwanzigjährigem Verkehr mit meinem väterlichen Freunde mir als tlieure Andenken geblieben sind.

Alfred Reumout wurde am 15. August 1808 geboren. Das Elternhaus, die Art, wie er die frühesten Jugendjahre verlebte, haben von vorn herein fördernd und die zukünftfge Entwicklung glücklich bestimmend auf ihn eingewirkt. Der erste Unter- richt, den er genoss, war Privatunterricht, welclier auch fort- gesetzt wurde, naclidem er in die von Vikar Scheen geleitete S(!hule eingetreten war, und sich allmählich auch auf Griechiscli, Engliscli, Naturgescliiclite und Geograpiiie erstreckte. Gut vor- bereitet, trat der zw^Ölfeinhalbjährige Knabe zu Ostern 1821 in die Quarta des Aacliener Gymnasiums ein. Diese Anstalt, aus einer 1805 im Augustinerkloster eiTicIiteten französischen Sekundärschule hervorgegangen, war in jener Zeit noch in einem wenig erfreulichen Zustand, der sich jedocii bereits durch die Heranziehung jüngerer Kräfte allmählich zum Bessern wandte. Bis zum Herbste 1824 hatte Reumont, der stets mit Dankbarkeit entlich des um die Aachener Geschichte ver- Quix gedachte, säinmtliche Klassen durch- iber den ci-st Secliszehnjährigeu nicht wohl ulcn konnte, wurde er einstweilen im elter- ckbchalten. Der Vater, Gcrlianl Reumont, 1 vorigen Jahrhunderts als praktischer Arzt mit grossem Erfolg thätig, hatte während

Zur Erinuerung an Alfred von Reumont. 8

der schlimmsten Jahre der französischen Revohition zuerst in Paris, dann in Edinburg studirt, zahlreiche Verbindungen in Frankreich und England angeknüpft, die er auch in spätem Jahren aufrecht erhielt. So wurde sein Haus stets von Fremden aufgesucht, für die Aachen als Badeort nach den unruhigen Zeiten der politischen Umwälzungen wieder die alte Anzieliungs- kraft ausüben konnte. Angesehene, hocligebildete, zum Theil hervorragende Personen aus aller Herren Ländern hat Alfred hier schon als Knabe in grosser Zahl kennen gelernt. Einer dieser Freunde, Frederick North, später Graf von Giulford, wollte den jungen Abiturienten schon im Herbst 1824 mit sich nach Korfu nehmen, wo er eine griechische Universität gegründet hatte. Die Unmöglichkeit, den nöthigen Pass rechtzeitig von Berlin za erhalten, vereitelte diesen Plan. So blieb Reumont denn zunächst in Aachen, ohne eigentliche Leitung, da der Vater zu sehr durch seineu Beruf in Anspruch genommen war, den verschiedenartigsten Studien, vor Allem einer sehr viel- seitigen Lektüi'e aufs Eifrigste sich hingebend. In jener Zeit hat er zu der ganz ausserordentlichen Kenntniss deutscher und ausländischer Literatur, welche ihn stets auszeichnete, den ersten Grund gelegt.* In dieser Richtung wirkte aber auch noch Anderes auf ihn ein. Aachen war allmälilicli in bis daliin fast völlig unbekannte Beziehungen zur deutschen Literatur und Kunst getreten. Hier vermittelten das am 15. Mai 1825 eröffnete Theater, das im selben Jalire zum ersten Mal gefeierte Musik- fest die Beziehungen zur Aussenwelt, wählend einige einlieimische Arbeiter wie Nolteu, Ritz und Quix auf kunsthistorischem und liistorischem Gebiet ihre Thätigkeit entfalteten. Für die schöne Literatur wurde Reumont gewonnen durch den in ihr wohl- bewanderten Arzt Karl Günther und den jiuigen Literaten Johann Baptist Rousseau, unter dessen Leitung seit dem I.Januar 1825 die Rheinische Flora in Aachen erschien. Den Schicksalen dieser nur etwa zwei Jahre blühenden Zeitsclirift, den Verhältnissen, unter welchen sie erschien, wie den Persön- Uehkeiten, die in nähere oder fernere Berührung zu ihr und üirem Leiter traten, hat Reumont in unserer Zeitschrift eine liebenswürdige Schilderung gewidmet, der er freilich seinen Namen nicht beigesetzt hat, die aber in unsern Tagen er allein noch liefern komite. Rousseau hat in gutem wie im schlimmen Sinne auf ihn eingewirkt. Ihm vorzugsweise dankte er zwar die

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4 H. Loersch

Bekanntschaft mit der vaterländischen altern und neuem Literatur und nützliche Anregung zu schriftlichen Arbeiten; schon damals hat er zahlreiche kleine historische und kritische Versuche, poetische Uebersetzungen aus dem Englischen und Französischen, Theaterkritiken und Aehnliches verfasst aber er gerieth auch viel zu tief, wie er selbst sagt, in die dramatische Literatur jener Tage hinein, verlor viele Zeit für Journalistik und Theater- wesen. Er bezeichnet jene Periode geradezu als die bedenk- lichste seines Lebens, und es ist ein Glück gewesen, dass er bald in neue Verhältnisse eintrat.

Achtzehnjährig bezog er im Herbst 1826 die Universität Bonn, wo er die nächsten drei Semester immatrikulirt blieb. Er selbst hatte den Wunsch gehegt, Geschichte und Philologie zu studiren, der Vater aber wünschte, in ihm sich einen Nachfolger zu erziehen. So hörte er denn vor Allem Vorlesungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, unterliess es aber nicht, der innersten Neigung folgend, sich mit Geschichte und Literatur zu beschäftigen. Dabei wurden mit Genossen und Freunden zahlreiche Ausflüge in die Thäler des Rheins und seiner Neben- flüsse gemacht. Die Ferien verbrachte R^umont in Aachen ; im Herbst 1827 wurde ihm hier Gelegenheit geboten, mit einem ebenso tüchtigen wie liebenswürdigen Schotten, William Craufurd, die schon vor mehrern Jaliren begründete Freundschaft zu er- neuern. Reumont sagt von ihm, dass es einen Mann von gütigerm Herzen und reinerm Wohlwollen nie gegeben habe. Bald sollte dieser Mann, mehr als irgend Jemand, bestimmend in seine Geschicke eingreifen.

Während der Osterferien 1828 trat der jimge Student in freundschaftliche Beziehungen zu dem vorübergehend in Aachen anwesenden Wilhelm Bernhardi und zu dem bis an sein Lebens- ende hier verbliebenen spätem Redakteur der Aachener Zeitung, Louis Lax, während er in einer Schrift des Vaters über die Aachener Quellen den topographischen Theil bearbeitete.

Das Sommersemester des Jalires 1828 wurde in Heidelberg verbracht, zugleich mit dem Aachener Albert von Thinius und dem Koblenzer August Reichensperger, welche durch innige Freundschaft verbimden waren. Empfehlungen an hervor- ragende Mediziner öfi'neten Reumont weite Kreise, eine solche an Friedrich Christoph Schlosser brachte ihn zu diesem hervor- ragenden Historiker in nahe Beziehungen, aus welchen die alte

Zur Erinnerung an Alfred von Reumont 5

Vorliebe für gescliichtliehe Studien neue Nahrung zog. Auch nianclie andere geistig fordernde Verbindung wurde hier geknüpft. Im August 1828 kehrte der Student wohlgemuth heim; auf der Durchreise in Bonn besuchte er ahnungslos eine ihm bekannte Bucldiandlung und erfuhr hier den Tod seines Vaters der Brief, der ihm Nachricht von dessen Erki-ankung bringen sollte, liatte ihn nicht erreicht.

Die Verhältnisse der Mutter, welche mit sechs Kindern zurückblieb, gestatteten eine Fortsetzung der Studien nicht. Notligedrungen blieb Alfred in Aachen ; Ertheilen von Unterricht und literarische Thätigkeit sollten ihm einigen Erwerb bringen. So entstand sein erstes Buch, das der Vaterstadt und ihren Erinnenuigen gewidmet wurde : Aachens Liederkranz und Sagen- welt. Den schwunghaften Prolog dichtete J. B. Eousseau, mancher Freund hatte dem Verfasser treue Hülfe und einen literarischen Beitrag geleistet von ihnen allen lebt unter uns nur noch Wilhelm Weitz, den die Vorrede anerkennend nennt. Als Ein- leitung ist vorausgeschickt: Karls des Grossen Leben und Thaten die erste geschichtliche Arbeit Reumonts, welche ziun Theil sich bereits auf den ersten Band der Monumenta Germaniae stützen konnte, die neueste Literatur gewissenhaft benutzt, schon vielfach Zeugniss ablegt für gute Methode und gesunde Kritik. Es folgt eine chronologische Uebersicht der (lescliichte Aachens, dann unter der Bezeichnung „Liederkranz" eine Zusammenstellung von auf Aachen bezüglichen Gedichten, schliesslich eine Reihe von Gescliichten, Sagen und Legenden. Der Anhang bringt ein auf Aachen bezügliches Stück aus einem Briefe Friedrichs von Schlegel, Bemerkungen über die Aachener Mundart von WiUielm Weitz und eine kleine Sammlung Aachener Sprichwörter. So ist das unscheinbare Buch beschaffen, welchem so bedeutende Leistungen folgen sollten. Auch an der in den drei Sommermonaten des Jahres 1829 erscheinenden, grössten- theils von seinen Freunden dem Engländer White und dem Referendar von Normann geschriebenen Lorgnette, deren Kritiken und Nachrichten vielfach Aufsehen, bisweilen sogar Anstoss und Aergerniss erregten, hat Reumont sich betheiligt. Ln Herbst dieses Jahres machte er einen kurzen Ausflug, der ihn bis Frankfurt führte. Bei der Heimkehr fand er einen Brief vor, der über seine ganze Zukunft entschieden hat : die Aufforderung, nach Italien zu kommen. John Craufurd, Schatzmeister der

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Jonisclien Inseln, der einen Theil des Jahres in Florenz lebte, war durch seinen bereits genannten jungern Bruder William auf Reumonts Lage aufmerksam gemacht worden. Er lud ihn ein, in sein Haus zu kommen, um seinen beiden altern Söhnen Unterriclit zu ertheilen, bis sich irgend eine mehr zusagende und fördernde Stellung für ihn finden würde. William Craufurd unterstützte den Vorschlag durch ein von London abgesandtes Schreiben-, dem gleich das Reisegeld beigefügt war.

„Mein Entschluss" so schreibt Reumont in der erwäluiten Aufzeichnung „war bald gefasst. Es schien, als sei ich bestimmt, nach dem Süden zu ziehen. Mein Universitätsleben war seit einem Jahre unterbrochen luid mir fehlten die Mittel es wiederzubeginnen ; zum Eintritt in die ärztlich militärische Oarriere, die mir in Aussicht gestellt ward, fehlte es mir an Gesundheit.**

„Wenn ich damals im Vaterland blieb, wäre ich entweder in einen Stand getreten, zu welchem keine Neigimg mich zog und wofür meine körperlichen Kräfte nicht ausgereicht haben würden, oder ich wäre in das Literaturwesen liineingezogen worden, welches noch weniger Heil versprechen konnte."

„Mein Abschied von der Heimath im einundzwanzigsten Jalire und zunächst fünfjährige Abwesenheit unter Umständen, die meine Beziehungen zu derselben nicht nur nicht unterbrachen, sondern neue, unendlich wichtigere und fruchtreichere anknüpfen Hessen, hat meinem Leben die bestimmende Richtung gegeben, mir zum Heil, Anlass zu innigem Dank gegen die Vorsehung. Ich hatte Vieles gelernt; in das Leben in weiterem und rechtem Sinn war ich aber noch nicht eingetreten. Es sollte unter Verhältnissen geschehen, wie sie nicht allzu Vielen geboten sind, auf einem Boden, wie er nicht günstiger sein konnte.**

Reumont hatte am 17. November Aachen verlassen; in den ersten Tagen des Dezember traf er in Florenz ein. Nicht lange dauerte sein Aufenthalt im Hause des gütigen Mannes, der ihm Gastfreundschaft geboten hatte. Schon nach wenigen Wochen trat er als Privatsekretär in den Dienst des preussischen Gesandten Friedrich von Martens, dem ein ständiger Legations- sekretär nicht beigegeben war imd der ihn statt eines solchen verwandte. Mit überraschender Leichtigkeit fand er sich in \

dieser Stellung unter einem in den Formen äusserst sichern und gewandten Vorgesetzten zurecht. Bis zum Frühjahr 1885 ist

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Zur EriiiS*rTLiLj ia Alfr^-i v- a K* rii^ su T

Reumont dann im Süden :reMiel>en. im Herh>t 1S;»2 boirloitoto er Herrn von ilartens, der zum Ge>;indteu l*ei der hohen Pforte ernannt war, nach Ki»nstantinoi«el, verliess ihn alK*r im Souuuer 1833, um bei dem neuen prenssixhen Ge:^*haftstrairer in Florenz, dem Legationsrat h Graf Karl Schaffg»itsch, wiederum ilie Sekretär- stelle einzunehmen.

In diesen ersten fünf Jahren ist der Gnmd srelegt worden zii den Studien, denen der be<leutendste Theil des Lehens unseivs Landsmannes in Zukunft gewidmet sein sollte, zu der Stellung, welche er in der Wissenschaft wie in der Gesellschaft einzu- nehmen bestimmt war. Eine grosse Zahl der hervorragendsten deutschen Männer, damals in frischer Jugendknift, aufl)lUhenden Studien imd mächtig sich entwickelnden Bestrebungen hingegeben, Historiker, Philologen, Archäologen, Künstler besuchten in jener Zeit Italien und berührten Florenz, zum Theil in längerm Auf- enthalt. Mit ihnen allen knüpfte Reumont, der in seiner Stelhmg nmnchen Dienst leisten konnte, enge Beziehungen an, die bei Manchen sich das ganze Leben hindurch fortsetzen sollten ich nenne nur zwei Namen: Leopold von Ranke, der im Jahre 1830 mehrere Monate in Florenz war, Karl Witte, <len bedeutenden Dante forscher. Aber auch zu den Italienern, vor Allem zu (lino Capponi, der als die in jeder Richtung hervorragendste Persön- licldceit seiner Vaterstadt den Mittelpunkt eines weiten Kreises von Gelehrten imd Politikern bildete, zu den Mitarbeitern der von Vieusseux begründeten Antologia, trat er in enge Beziehungen, die ihn in die italienische Literatur und Kunst einführten. Unaus- gesetzt hat er neben seinen Berufsgeschäften wissenKchaftüch gearbeitet; schon 1880 übergab er der Antologia die BeH[>rechung eines Buches das P>ste, was von ihm in italienischer S|)racli(; gedruckt worden ist. Am 3. Mai 1H33 wurde er in Kriangen zum Doktor der Philosophie promovirt, im Auffing diesfH .lalin-n hatte bereits die ehrwürdige historiwhe GeM'llscIiaft (!olurnburia zu Florenz ihn zum Mitglied erwühlt.

Im Frühjahr 1835 kehrte lU'umnut für ein Jahr narli Deutschland zurück, um in das Ministerium de« Au-warti^/^n einzutreten. Der Aufenthalt in Berlin i.'<"talt<'te hir-h ihm durrh das grosse Wohlwollen des Mini^ter- Kri'-drirh \ut\\l,ti x-i einem ausserordentlich nützlichen und fru'h'ban'u. M-'-'li'- Italien angeknüpfte Bezieliiing'-n wurd^-n hi'r Uf*-*,;.'*. - neuen mehrten sich in raschert^T K'-;"-* ^'n 10, J. ; . ' > "

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wurde er von dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm in Audienz empfangen; er überreichte zwei nicht lange vorher von ihm herausgegebene Schriften: Andrea del Sarto und die Reisesohilderungen mid Umrisse aus südlichen Gegenden; sie boten den Stoff der Unterhaltung, welche, wie Hüffer treffend bemerkt, somit schon Dinge berührte, die in spätem Zeiten den Lieblingsgegenstand derselben wesentlich gebildet haben. Zunächst freilich blieb diese erste Begegnung für lange Zeit auch die letzte.

Schon im Sommer 1836 sandte nämlich der Minister des Auswärtigen ßeumont als Geheimen expedircnden Sekretär nach Italien zurück. Die Eeise führte über Aachen, Brüssel imd Paris; hier schloss sich ein anderer Aachener, der x\rzt Klemens August Alertz, an, der nach Rom ging, um Papst Gregor XVI. zu behandeln. Auch Reumont begab sich, da Graf Schaffgotsch, der Gesandte in Florenz, beurlaubt war, nach Rom. Hier wurde er von Josias Bunsen zu den Geschäften herangezogen, bis dieser Ende April 1837, in Folge der Wendung, welche die Kölner Frage herbeigeführt hatte, Rom verliess. Ueber ein Jahr war Reumont dann in Florenz thätig; im Herbst 1839 wurde er nochmals der römischen Gesandtschaft zugetheilt, an deren Spitze nunmehr der Geschäftsträger Herr von Buch stand, der in den zwanziger Jahren Regierungs- Referendar in Aachen gewesen und also ein alter Bekannter war. Bis 1843 ist Reumont in der Stellung als Legationssekretär verblieben.

In diese Zeit fällt bereits eine bedeutende literarische Thätigkeit und der Beginn der vermittelnden Stellung, welche er zwischen der Wissenschaft Deutschlands imd Italiens einzu- nehmen bestimmt war. Zu den in Florenz und Berlin erworbenen Erfabrimgen traten in Rom neue Anregungen, neue Beziehungen. Hier, wo ihm die beste Gesellschaft, die vornehmsten Kreise geöffnet waren, trat er mit unzähligen Gelehrten und Künstlern, Fürsten und Diplomaten aus allen Ländern in Verkehr. Noch im Jahre 1836 hatte der Kronprinz ilim eine Medaille gesandt und auf Friedrich Wilhelms Anregung begann nun seinerseits eine Berichterstattung über literarische und künstlerische Gegen- stände, die sich Jahre lang bis zu den schweren letzten Zeiten des Königs fortgesponnen hat. Auf Reumonts Anregung erschienen 1838 und 1840 zwei Bände einer Zeitschrift „Italia", zu der eine Anzahl deutscher Gelehrten und Dichter, die sich in der

Zur Erinnerung an Alfred von Reumont. 9

Liebe zu Italien, wie es in der Vorrede heisst, vereinigten, Beiträge lieferte. Eeumont schrieb seinerseits zahlreiche Auf- sätze in italienischen Blättern, und zu der glänzenden Florentiner Gelehrtenversainmlung des Jahres 1841 veröffentlichte er in italienischer Sprache einen grossen Quartband von chronologischen Tabellen zur Geschichte von Florenz, welche auch Literatur und Kunst eingehend berücksichtigen. Schon im vorliergehenden Jahre hatte er anonym zwei Bände ^Römische Briefe von einem Florentiner" erscheinen lassen, denen 1844 zwei weitere folgten.

Alle diese Arbeiten legten Zeugniss ab von reichem Wissen, namentlich auch auf dem Gebiete der Kunst. So ist es nicht zu verwundern, dass Reumont die Stelle eines Direktors der Kunstsammhmgen in Weimar angetragen wurde. Die Neigung für den preussischen Dienst Hess ihn jedoch schwankcui und eine Anfrage nach Berlin richten. Der Minister des AeusHcrn, Freiherr von Werther, beantwortete dieselbe durch definitivem Anstellung in der politischen Abtheilung des MinistcTiums; gleichzeitig aber sollte Reumont im Kabinet de« Königs Ver- wendung finden, der den Wunsch, ihn in Keinem Dienst zu behalten, in der huldvollsten Weise ausdrückte.

So ging denn Reumont nach Deutschland zurück. Anfan^^'K September 1843 war er in Berlin und verblieb dort bis IH47; öfter wurde freilich der Aufenthalt durch Iteiwn, einmal im Sommer 1846 durch die Vertretung eines Legationsratlis Ix'i der Gesandtschaft in London unterbrochen. Durcli wfine ami- liehe Stellung trat er in enge Beziehungen zum Könige; er hatte über literarische Angelegenheiten und eingcfMandt>e Sc)irift<'M zu berichten, was meist Abends geschah, im kleinht>*n Kn'i-<' der königlichen Familie, zu deren regelmässigen (iüMou <'r gehörte. In den gebildeten Kreisen der Hauptsta^It wurd** *'r namentlich bekannt durch seine Theilnahme an i\(*u Vorlr;i;r<'n in der Singakademie; für die Feste des Hof*'H wurde M'in dichterisches Talent vielfach verwerthet am 24. Vchrunr 1810 trug er die von ihm selbst verfasste poetivthe KrkUniw/ '/m den glänzenden lebenden Bildern vor, welrhe im W<'i*-<'n '*a;i!e aufgeführt wurden. Es ist das erste Hoffest m'^t-^tu. d*'."i, damals sechszehn Jahre alt, der heutige Kronprinz d** D"Mt- sehen Reiches beigewohnt hat.

Im Jahre 1845 war Reumont im (befolge d«-«* Ko;,;/-. "- * dieser am 11. August hier in Aachen die K*fu\7M Vik^'-ri» '' *

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England empfing; im Herbst 1847 begleitete er, unterdessen in den Adelstand erhoben, den König und die Königin auf einer kurzen Reise durch Norditalien. Beurlaubt, brachte er den folgenden, so unruhigen Winter theils in Florenz theils in Rom zu, auch in nicht amtlicher Eigenschaft Berichte nach Berlin sendend, wo er erst im Juli 1848 wieder eintraf, nachdem hier, wie im übrigen Deutschland, wie auf dem ganzen Kontinent, die wichtigsten Veränderungen stattgefunden hatten. Schon im folgenden Oktober kehrte er, als Legationsrath zur Gesandt- schaft in Rom versetzt, nach Italien zurück. In dieser Stellung erlebte er die bedeutsamen Umwälzungen jener Tage. Den grössten Theil des Jahres 1849 und die ersten Monate des Jahres 1850 verbrachte er auf ausdrücklichen Befehl des Königs theils in Gaeta, wohin Pius IX. sich bekanntlich geflüchtet hatte, in dessen Umgebung, theils, um in der Nähe des Papstes zu sein, in Neapel. Der lange Aufenthalt bot reiche Gelegenheit, den Süden Italiens genau kennen zu lernen, imd eine Frucht desselben ist das 1851 erschienene Werk: Die Carafa von Maddaloni, Neapel unter spanischer Herrschaft.

Einen Tag vor dem Papste in Rom eingetroffen, wohnte er am 12. April 1850 dessen Einzug bei und führte dann die Geschäfte der Gesandtschaft statt des seit Mitte des Jahres beurlaubten Grafen Usedom bis zum Juli 1851. Als er dann selbst um Urlaub bat, schrieb ihm der König: „Ihre Geschäfts- führung, theuerster Reumont, war meisterhaft. Ich habe dieselbe mit sehr grosser Befriedigung beobachtet."

Die nächsten Monate verbrachte Reumont am Hofe. Im November 1851 erfolgte seine Ernennung zum Geschäftsträger für Toskana, Modena und Parma; diese Stellung hat er, bald zum Ministerresidenten und Geheimen Legationsrath befördert, inne gehabt bis zum April 1860, In Florenz nahmen ihn der Grossherzog, die politischen und gelehrten Kreise als einen alten vertrauten Bekannten mit Herzlichkeit auf. Als im Dezember 1854 der Tag zum fünfundzwanzigsten Mal wiederkehrte, an dem er einst unbekannt, ohne jede Aussicht, den Weg ins Leben suchend, die Blumenstadt am Arno betreten hatte, da feierten nicht nur die altern Freunde dieses Jubiläum durch ein von Gino Capponi veranstaltetes Festmahl, der Grossherzog sandte das Komthurkreuz seines Ordens, König Friedrich Wilhelm IV. die grossen Medaillen für Wissenschaft und für Kunst.

Ziir Eruinerung an Alfred von Reumont. 11

Mehr als einmal ist aber die Amtsthätigkeit in Florenz unterbrochen worden. Im Jahre 1855 war Reumont wieder in der Nähe des Königs, der, wie seine Gemahlin, den kenntniss- reichen, stets Neues und Interessantes bietenden Begleiter immer mehr schätzen lernte. In Köln fand die Grundsteinlegung für Brücke und Museum statt, die hauptsächlichste Veranlassung zu einer Rheinreise des Herrscherpaars, welches damals zuletzt Aachen besucht hat. Am 1. Oktober war ein glänzender Empfang im Präsidialgebäude. Beim Eintritt in den Saal überreichte der König dem Solme unserer Stadt den Kammerherrnschlüssel, den Werth der Anerkennung durch die Wahl des Ortes sinnig steigernd. In den Jahren 1856 und 1857 begleitete Reumont den mehr und mehr leidenden König nach Marienbad und nach der ersten schweren Erkrankung, die im Juli 1857 auf der Rückreise von Wien eingetreten war, nach Sanssouci. Er reiste dann nach Italien, diesmal um auf längere Zeit in Rom den beurlaubten Gesandten zu vertreten. Unterdessen setzte am 6. Oktober 1857 ein Schlaganfall der Regierung des Königs ein Ziel; es folgte ein langes Kranksein, so schwer, dass der vom Prinz-Regenten sofort ausgesprochene Gedanke, Reumont in die Gesellschaft des Monarchen zu berufen, erst im Sommer 1858 zur Ausführung kimuncn konnte. Am 20. Juli traf er beim Hoflager in Tegemsee ein, um fast em Jahr lang sich nicht mehr von seinem königlichen Gönner zu trennen. Mit unendlicher Hingabe erfüllte Reumont seine Pflichten. Die zunehmende Ver- düsterung des Gemüths, die ihm selbst deutlich fühlbare Abnahme von Verständniss und Gedächtniss hatte für den König qualvolle Zustände zur Folge, in welchen der einst so lebhafte und geist- volle Herrscher die Worte verwechselte, Orts- und Personen- namen nicht zu finden vermochte. Hier war Reumont der stets bereite Helfer, dessen staunenswerthes Gedächtniss, dessen aus- gebreitete Kenntnisse Kombinationen möglich machten, auf die sonst Niemand verfollen wäre. Er allein, ausser der Königin Elisabeth, konnte die Gedanken des Kranken errathen, sich ihm verständlich machen. Ein Besuch von Meran, mehr noch ein längeres Verweilen in Rom und Neapel brachten einzelne bessere Tage, keine dauernd günstige Wendung und die politisch(Mi Ereignisse beendigten den Aufenthalt des Königs in Italien. Am 23. April 1850 erklärte Oesterreich Sardinien den Krieg, wenige Tage später war die grossherzogliche Regierung in

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Toskana gestürzt ; während ein russisches Kriegsschiff den König nach Triest führte, blieb Reumont in seiner amtlichen Eigenschaft in Florenz, wo er noch ein Jahr lang „Revolutionsstudien** zu machen Gelegenheit liatte. Nach dem Einzüge Viktor Emanuels im April 1860 kehrte er nach Deutschland zurück. In Sanssouci sah er wiederholt und mit tiefer Betrübniss den kranken Fürsten, dessen körperliche und geistige Kräfte rasch dahin- schwanden; als er sich am 14. Juni von ihm verabschiedete, musste er daran zweifeln, ob der König ihn noch verstanden habe. Er sollte ihn nicht mehr wiedersehen.

Reumont begab sich im Herbst nach Rom, wo Herr von Canitz unterdessen die Gesandtschaft übernommen hatte. Mit dem 1. Januar 1861 wurde er zur Disposition gestellt. Als er den König nach Italien begleitet hatte, war die Verabredung getroffen worden, er solle nach dessen Heimkehr den Gesandt- schaftsposten in Rom einnehmen. Aber unendlich viel hatte sich unterdessen verändert in Italien wie in Deutschland. Dem Ministerium Manteuffel war das Ministerium Hohenzollern gefolgt Reumonts politische Ansichten erschienen zu sehr Italiens neuen Verhältnissen entgegengesetzt, und man scheint auch in Berlin Bedenken getragen zu haben, einem Katholiken die Vertretung Preussens beim Papste zu übertragen. So ist es unserm Landsmanne nicht beschieden gewesen, die höchste Stufe der praktischen diplomatischen Laufbahn zu erreichen, diese hat früher, als er selbst wohl erwartet, ein Ende gefunden.

Mit Recht hat Hüffer aber hervorgehoben, wie diese Wen- dung, wenn man seinen Lebensweg im Ganzen betrachtet, nur als ein Vortheil erseheinen kann jetzt durfte der Diplomat dem Gelehrten den Platz einräumen.

Auch in seiner amtlichen Stellung ist Reumont, durch viele günstige Umstände gefördert, unausgesetzt schriftstellerisch thätig gewesen. Einzelne Werke nannte ich bereits. Von 1853—57 erschienen in sechs Bänden die Beiträge zur Italienischen Gescliichte eine Sammlung von Einzelarbeiten; 1854 die Jugend Caterina's de' Medici, 1860 die Gräfin von Albany. Bald nach dem Eintritt der unfreiwilligen Müsse sanunelte er noch einmal zerstreute Arbeiten und schon 1862 erschienen die Zeitgenossen, eine Reihe von biogi'aphischen Bildern, in zwei Bänden.

Zui" Erinnerung an Alfred von Reumont. 13

Da wurde ihm im Frühjahr 1863 durch König Maximilian von Bayern eine geradezu ungeheure Aufgabe gestellt. Er sollte eine Geschichte der Stadt Eom für einen grossem Leserkreis in übersichtlicher Darstellung bearbeiten. Den durch Fülle und Grossartigkeit geradezu erdrückenden Stoff hat Reumont in dem kurzen Zeitraum von acht Jahren bewältigt: von 1866 1870 erschienen die vier kolossalen Bände mit mehr als 3500 Seiten, in welche er ihn bannte. Eine staunenswerthe Leistung, zu der kaum ein anderer Bearbeiter, der so gleichmässig die alte, die mittlere und die neuere Zeit beherrschte, unter den Mit- lebenden hätte gefunden werden können. Während der Abfassung dieser Arbeit hat Reumont semen Wohnsitz mehrfach gewechselt. Die ersten Jahre nach 1861 hat er, vielfach leidend, theils in Rom, theils in Florenz, theils auf Reisen verbracht, im Früh- jahr 1865 sich in Aachen häuslich eingerichtet; den ereigniss- vollen Sommer des Jahres 1866 verlebte er bei der Königin Elisabeth in Sanssouci. Im folgenden Jahre reifte allmählich der Entschluss der Uebersiedlung nach Bonn und im Oktober 1868 zog er ein in sein schönes am Hofgarten gelegenes Haus. Kurz vorher hatte die Bonner philosophische Fakultät ihn bei Gelegenheit des Universitätsjubiläums zum Doktor promovirt, schon 1862 war ihm gleiche Elu-e von Seiten der juristischen Fakultät zu Halle widerfahren. Zehn Jahre ungefähr hat Reu- mont in Bonn gewohnt und in diese Zeit fällt der Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Thätigkeit. Kaum war 1870 der letzte Band der Geschichte Roms erschienen, da wandte er sich mit fast jugendlicher Kraft in voller Begeisterung der Stadt am Arno zu, an der er mit berechtigter Liebe hing. Es entstand das Buch über Lorenzo de' Medici, das nicht bloss die einzelne PersönUchkeit, sondern das Aufkommen ihres Geschlechts und somit die Entwicklung von Verfassung, Kunst und Wissenschaft in Florenz für mehrere Jahrhunderte zeichnet. Die beiden star- ken Bände erschienen 1874; kaum hatten sie die Presse ver- lassen, so begann der unermüdUche Gelehrte ein neues Werk. Für die grosse, früher von Heeren und Ukert, jetzt von Giese- brecht geleitete Sammlung übernahm er die Geschichte Toskanas seit dem sechszehnten Jahrhundert. Am Schlüsse des Jahres 1875 war der erste, genau ein Jahr später der zweite Band fertig gednickt. Die Vorarbeiten eines ganzen Lebens gelangten hier zu abschliessender Verwerthung.

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Neben diesen Leistungen eines staunenswerthen Fleisses und wunderbarer Arbeitskraft sind nicht nur zahlreiche kleinere Aufsätze, Anzeigen und Kritiken in verschiedenen Zeitschriften, sondern auch noch einzelne Bücher erschienen, wie 1872 die metrische Uebersetzung einer Dichtung des fünften Jahrhunderts, 1877 die Briefe heiliger und gottesfürchtiger Italiener.

Im April 1878 hat Reumont das uns allen wohlbekannte Haus bezogen, das er sich in der Vaterstadt hatte errichten lassen. Er folgte dabei den Bitten seiner Verwandten, nicht weniger aber auch einer innern Neigung. Ein schöner Zug seines Charakters ist stets die ausgesprochene Liebe zur engem Heimath gewesen. Zeugniss legen dafür die grossartigen Schenkungen ab, die er ihi* in seinen letztwilligen Verfügungen gewidmet hat. Er hat immer und überall freudigen Antheil genommen an Allem, was Aachen betraf; die Stadt wie seine Aachener Landsleute ich habe das mehr als einmal dankbar empfunden hat er gefordert, wo er nur konnte. Dem so lange im Auslande lebenden Manne war unser Aachener Deutsch stets völlig geläufig geblieben; in heitern Augenblicken habe ich klassische Wendungen von ihm gehört, und vom Wesen unserer Mundart hat er eine unübertreffliche Schilderung gegeben.

Im Jahre 1873 hatte er sein kleines Erstlingswerk umge- arbeitet zu einer Aachener Liederchronik, die manche neue Gedichte, nicht wenige von ihm selbst verfasst, enthält und der nun als einziger Anhang nur eine ausfülirlichere Chronologie der Geschichte Aachens beigegeben wurde eine liebens- würdige Gabe des damals mit so grossen Vorwürfen beschäf- tigten Gelehrten, der bald nach der Rückkehi* in die Heimath nun auch für die Förderung der lokalgeschichtlichen Studien einzutreten Gelegenheit nahm. Seine Wünsche begegneten sich mit denen vieler Aachener, welche es schmerzlich empfanden, dass unsere Stadt im Vergleich zu andern weit zurückgeblieben sei in der Kenntniss ihrer grossen Vergangenheit und der Schick- sale ilirer nächsten Umgebung. Als den Ausdruck dieser Gefühle und der Einsicht, dass hier eine Aenderung zum Bessern statt- finden müsse, ist die Gründung unseres Vereins anzusehen. Dass Reumont an dessen Spitze gestellt wurde, erschien allen bei der Gründung Betheiligten nicht nur als eine selbstverständ- liche Huldigiuig, sondern auch als das beste Mittel, die junge Schöpfung von vorn herein auf eine höhere Stufe des

Zur Erinnening an Alfretl von Reunumt, 15

Strebens und der Wirksamkeit zu heben. Was Renmout dorn Terein gewesen, ist noch zu frisch in unserer Erinnerung, als dass ich darauf einzugehen hätte; er hat Alles gethan, was in seinen Kräften stand. Dass seine Arbeit vor Allem der Zeit- schrift zugewandt war, liegt in der Natur der Sache, und or hat sie mit einer langen Reihe von grössern und kleinern Abhandlungen geschmückt, welche sich theils auf pei^iin liehen Erinnerungen aufbauen, theils die Beziehungen hervorragender ausländischer, namentlich italienischer Persönlichkeiten zu nnsoivr Stadt betreffen, theils dem Andenken tüchtiger Aachener (Jelolir- ten und um die Stadt verdienter Personen gewidnu>t sin<l So lange es ihm seine Gesundheit erlaubte, hat Reunionl unsere Versammlungen geleitet, mehr als einmal auch Vortrage in denselben gehalten. Mehr nach dieser Seite hin zu leisten, hinderte ihn zunehmende Kränklichkeit und die NothwtMMJig- keit, seine seit längerer Zeit schwächer gewordene SehkraH zu schonen. In Bonn schon und mehr noch in AacIhMi hat die Rücksicht auf seine Gesundheit ihm reg(»rn gt^mdllKen Verkehr untersagt. Die alten in- und ausländischiMi lli'/ii^liinigen hat er aber aufrecht erhalten durcli einen überann uinraiiKreicheii und mit grosser Gewissenhaftigkeit von mMner Seite gopllopripn Briefwechsel, nicht am wenigsten aber dundi dit» {{(•Ikimi, dU» »«r regelmässig unternahm. Bis zum Jahre 1H7IJ ist er Ii/HjHk «ler Gast der verwittweten Königin Elisabeth gewem^n, die ihm dank bare Anhänglichkeit ebenso bewahrt hat, wi(j dan Kan/<« kOhl« liehe Haus. Von 1866 1875 hat er jälirlicli nadinTo MonaM* in Italien verbracht, meist als Gant d<»H Man'la'K«' i'n\i\Hm\ In Florenz; dieser treue Freund starb 1870, Mifd<Mu wolinh« Ken mont auf einem Landsitz der Fainilie Ki*Hpii/lio^i Im'I d<M' Mhidl, Ein paar Mal suchte er auch Fri'tw*Ut in Biarritz tiuf. haMJinI er auch 1883 nach seinem Jubililum ^Mbari, Auf tWr l/i^khiH' von dort traf ihn in Paris ein groHnen lUr/Uak. Am 2U. Jmm), zu derselben Stunde, in der Aachen dan h\u* WitUr/^ uUi-n tU i Stadt, die Thürme des Rathhauses, in Stau»/ ntal A.*'Im' ^imPm» sah, raubte ein plötzlicher Bluterg-UBH ihm, i^'^ *f < */m* mnmh befreundeten Gelehrten einen Besuch ab^t;»M/i>. /jm- -i|,h„fi des rechten Auges. Unter qualvollen -or"//>o l'*\nU *' hierher zurück und, nachdem alle Lind' r . / ^ , . ,. ,,. , fruchtlos ei-wiesen, musste im Frühjahr \^^i '-^ > ,/' * '- fernt werden.

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Eeumont war in den Jahren des Aachener Aufentlialts nicht weniger tliätig gewesen als in Bonn, auch liier war fast Jahr für Jahr ein Buch erschienen: 1878 die Biographischen Denk- mäler, 1880 die Biographie seines edlen Freundes Gino Capponi, 1881 das Leben der Vittoria Colonna, 1883 die zweite Auflage des Lorenzo aber eine Aufgabe, die ihm schon lange am Herzen lag, hatte er noch nicht erfüllt die, dem Könige, dem er so nahe verbunden und für so Vieles verpflichtet war, ein Denkmal zu setzen. Er hat nicht eine Biographie schreiben, nicht die politischen Ereignisse darstellen wollen, denen er, wie wir gesehen haben, fern geblieben war. „Seine Absicht war," sagt Hüfi'er, „den Fürsten zu schildern, der ihm sein Vertrauen schenkte, *acn Beschützer und Pfleger der Wissenschaften mid Künste, inmitten seiner Familie, seines Hofes und der ausge- zeichneten Männer, die sich um ilm versammelt hatten. Er wollte den Menschen schildern in den Jahren der Hofl'nung imd des steigenden Glanzes, während der Prüfungen einer schweren Zeit und endlich unter dem Druck eines Leidens, für dessen Linderung der, welcher es beschreiben musste, seine besten Kräfte einge- setzt hatte." Schon 1881 hat er mit den Vorarbeiten zu diesem Buche begonnen, der Unglücksfall des Sommers von 1888 hat die Vollendung verzögert, aber nicht gehindert ; trotz der körper- lichen Leiden, die auf ihn einstürmten, konnte er es Ende 1884 der Oeffentlichkeit übergeben.

Am 28. Juni 1885 waren dann flinfzig Jahre verstrichen seit Eeumonts Eintritt in den preussischen Staatsdienst. Er bat nun um seine formliche Entlassung. Der Kaiser benutzte diese Gelegenheit, seine vielfachen Verdienste durch die Ernennung zum Wirklichen Geheimrath zu ehren. Es ist mit Recht hervor- gehoben worden, dass dieser Titel für einen so bedeutenden Schriftsteller leicht als überflüssig erscheinen konnte, dass er aber für den Staatsdiener den Abschluss einer ehrenvollen Lauf- bahn und eine Art Entschädigung für das war, was ihm vor fünfundzwanzig Jahren versagt blieb.

Selbst in dieser letzten Zeit ist Reumont noch wissenschaft- lich produktiv geblieben. Eine Sammlung von Charakterbildern aus der neuern Gescliichte Italiens erschien 1886 sie enthält eine Todtenschau, und zu einer solchen fand der Greis nun mehr und mehr Anlass, denn die Freunde der Jugendzeit und des Mannesalters sanken einer nach dem andern ins Grab: auf

Zur Erinnerung an Alfred von Reumont. 17

Capponi folgten Witte, Gachard, endlich Ranke, der älteste von Allen. Jedem von ihnen hat er noch in biogfraphischen Aufsätzen ein Denkmal pietätvoller Erinnerung gewidmet.

Auch für ihn nahte das Ende. Der plötzliche Tod der ältesten Schwester im März 1885 hatte ihn tief gebeugt, die Kraft der Stimme versagte, die Gebrechen des Alters machten sich mehr und mehr geltend. Im vorigen Jahre, um die Mitte des November, erfolgte ein Schlaganfall, der die rechte Seite fast völlig lähmte. Monate hindurch hat der gebrechliche Kör- per noch der Auflösung widerstanden, Monate, die eine Besserung nicht mehr bringen konnten und dem unverändert klaren und regen Geiste viele Qual bereitet haben. Mit be^vundernswerthcr Energie hat auch in dieser traurigen Zeit Eeumont noch kleine Abhandlungen fertig gestellt, die zum Theil erst nach seinem Tode erschienen sind, Briefe diktirt, den Arbeiten Anderer die liebevollste Theilnahme gewidmet. Zwei Tage vor seinem Tode richteten seine kaum verständlichen Fragen sich nodi auf solche Dinge. Erst Ende April ist er von seinen Leiden erlöst worden. Seit langen Monaten auf den Tod gefasst, durch Haltung und Geberde dem bei ihm betenden Priester volles Verständniss und Zustimmung bekimdend, ist er in den frühen Morgenstunden des 27. April entschlafen.

Ich habe nicht viel mehr thun können, als Ihnen den äuHsern Lebensgang Reumonts und die Fülle seiner wisw^nschaftliclMui Arbeiten schildern. Eine eingehende Würdigung des Manri(*H und seiner Werke dürfen Sie in dieser kurzen Stunde nicht erwarten. Seine Persönlichkeit verdient unsere höchste Anerkennuni/. Ein unvergleichliches Gedächtniss, unermüdlicher Kleien, eine auH^*<*r- ordentliche Willensstärke haben ihn befalii^'l, n^'ine grot»H<fri Anlagen in hervorragender Weise zu verwerth'-fL Die K/irgf'flltijr abgemessenen Formen, an die ihn Beruf und SUtWnuir frewöluil. hatten, verdeckten wohlthuende Wärme des Herzi-n«, aufriebt i^'c Theilnahme. Er ist stets bereit gewesen zu helfen und zu fördern, im Leben wie in der Wissenschaft. In d^r Form win^r Darstellungen zeigt sich immer wohlthuendeMässiirur,^' und Mild/- aber was ihm recht und richtig erschien, hat <r nie u/,d nirgends auszusprechen und zu vertreten sich tr"-'!/'it, M^ Offenheit und der Freimuth seines Urtlieils ^ind )/•* //i w i-,^ - Tode an höchster Stelle freundlich aufgenomn:^n u:A *U\/ >'-' empfunden worden.

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Wenn ich schliesslich ein Wort suclie, das Ihnen ganz und voll das Wesen dieses seltenen Mannes schildern soll, so weiss ich kein zutreffenderes zu finden als dasjenige, was ihm sein Jugendfreimd Andreas Fey, der fromme und erleuchtete Priester, der nun auch heimgegangen ist, gewidmet hat: „Kein Ehren- titel, womit die Fürsten ihre treuen Diener bezeichnen, fehlte ihm, die Sterne aller hervorragenden Orden schmückten seine Brust, fast alle gelelirten Gesellschaften imd Akademien rühm- ten sich, ihn zu ihrem Mitgliede und Elirenmitgliede zu zählen die aber das Glück hatten, ihm näher zu treten und tiefer in sein edles Herz zu schauen, die sahen ihn mit tiefer Wehmuth scheiden, denn wahrer Seelenadel schmückte ihn, ein Wissen von seltenem Umfang imd vor Allem bei unerschütterlicher Charakter- stärke, ein reines, stilles, sinnig gläubiges Wesen."

Anmerkungen.

Zn S. 2. Hermann ff er, Alfred von Reumont, Allgemeine Zeitung, Jahrgang 1887, Beilagen zu Nr. 235 ff. (auch als Sc parat- Abdruck, 39 S. 8^ umfassend).

Konstantin von Höfler, Ein Gedenkblatt auf das Grab Alfreds von Rcumont in Grauert, Historisches Jahrbuch der Görresgcsellschaft, Bd. IX, S. 49 ff.

* Kurze Nekrologe von C. Paoli im Archivio storicö Italiano, Quarta serie, Bd. XIX (1887), S. 461 und Agenorc Gelli im Archivio della real societii Romana di storia patria, Bd. X, S. 331.

Vgl. auch H. Freimuth, Aachens Dichter und Prosaisten, Bd. III, S. 195 ff. und Marco Tabarrini, Alfredo di Reumont, discorso letto alla societÄ Colombaria il 18. Fcbbraio 1883 nel cinquantesimo anno dalla elezione di lui a socio. Firenze 1883, 20 S. 8^.

Zu S. 3. Auf Jugenderinnerungen Reumonts beruht die biographische Skizze: Frederick North Graf von Guilford in seinen Zeitgenossen, Bd. I, S. 175 ff.

Ueber Nolten vgl. neuerdings J. Becker in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Bd. VIII, S. 256 ff.

Die Rheinische Flora. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte. Zeitschrift, Bd. III, S. 177, vgl. auch Bd. V, S. 321.

Zu S. 6. Aachens Liederkranz und Sagenwelt. Aachen und Leipzig, J. A. Mayer, 1829, X und 372 S. kl. 8^

' Zur Erinnening an Alfred von Reumont. 19

Eine kurze Bio^aphic Wilhelms von Normann findet sich in den Bio^aphischen Denkblättem nach persönlichen Erinnerungen, S. 127 ff.; hier S. 13ß auch Einiges über White.

Zu S. 7. Seinen persönlichen Beziehungen zu Leopold von Ranke widmete Reumont eine ansprechende Schilderung im Historischen Jahrbuch der Görresgesellschaft, Bd. VII, S. 608 ff. Einen kurzen Nekrolog Rankes ver- öffentlichte er im Archivio storico Italiano, Quarta serie, Bd. XIX (1887), S. 125 ff.

Pem Andenken Wittes ist der liebenswürdige Aufsatz: (.'arlo Witte, ricordi di Alfredo Reumont,* im Archivio storico Italiano, Quarta serie, Bd. XVI, S, 47 ff. gewidmet.

Zu S. 8. Andrea del Sarto. Mit einem Grundriss des Vorhofs der Servitenkirche in Florenz. Leipzig, Brockhaus, 1835, XXVIII und 231 S. 8*^ nebst zwei Tabellen.

Reiseschilderungcn und Umrisse aus südlichen Gegenden. Stuttgart, Cotta, 1835, VI und 195 S. 8^

Italia. Berlin, A. Duncker, I. Band, 1838, 298 S. 8°, IL Band, 1840, 327 S. 8°. Mit Beiträgen von Barthold, Gaudy, Gaye, E. Geibel, A. Hagen, Gräfin Hahn-Hahn, A. Kopisch, Leo, Rumohr, Witte.

Zn S. 9. Tavole cronologiche e sincrone dclla storia Fiorentina. Firenze, Vieusseux, 1841, gr. 4^ Ein Supplementheft über die Geschichte der letzten Jahre des G rossherzogt hums, 1841 1860, erschien 1875 auf 16 S. 4^

Römische Briefe von einem Florentiner. Leipzig, Brockhaus, 1840 1844, IV Bände, XXII und 451, 481, XXIX und 504, 547 S. 8^.

Zu S. 10. Die Carafa von Maddaloni. Neapel unter spanischer Herr- schaft. Berlin, R. v. Decker, 1851, II Bände, XV und 420, 375 S. 8^ Eine englische Uebersetzung erschien 1854 in London bei H. G. Bohn.

Zu S. 12. Beiträge zur Italienischen Geschichte. Berlin, R. v. Decker. Band I und II, 1853, IX und 518, 450 S. Band III und IV, 1855, 495, 497 S. Band V und VI, 1857, 477, 544 S.

Die Jugend Caterina's de' Medici. Berlin, R. v. Decker, 1854, XVI und 221 S. 8*^. Eine zweite umgearbeitete Auflage erschien im selben Ver- lag 1856, XVI und 360 S. 12^ Italienische Uebersetzung von St. Bianciardi, Florenz, Lemonnier, 1858; eine französische mit zahlreichen Zusätzen von Armand Baschet, Paris, Plön, 1864.

Die Gräfin von Albany. Berlin, R. v. Decker, 1860, II Bände, 445, 422 S. 8°. Ein Auszug von Saint-Ren6 Taillandier erschien zuerst in der Revue des deux mondes, dann im Sonderabdruck, Paris 1862, eine ita- lienische Uebersetzung von A. di Cossilla, Genua 1868.

Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken. Berlin, R. v. Decker, 1862, II Bände, 394, 356 S. 8«.

Zu S. 13. Geschichte der Stadt Rom. Berlin, R. v. Decker, 1867 -1870. Band I. Von der Gründung der Stadt bis zum Ende des Westreichs. Mit zwei Plänen. XVII und 968 S. Baud II. Von der Herrschaft germanischer

2*

20 H. Loersch

Völker bis zum Ende des grossen Schisma. XIII und 1254 S. Band III. Von der Rückverlegung des heiligen Stuhls bis zur Gegenwart. Abtheilung 1 . Die Restauration. Mit zwei Plänen. IX und 574 S. Abtheilung 2. Das moderne Rom. Mit zwei Plänen. X und 950 S. 8°.

Lorenzo de' Medici il Magnifico. Leipzig, Duncker und Humblot, 1874, II Bände, XXIII und 606, XVIII und 604 S. 8^. Zweite, vielfach veränderte Auflage, das. 1883, II Bände, VIII und 437, VI und 499 S. 8<>.

Geschichte Toscana's seit dem Ende des florentinischen Freistaats. Gotha, F. A. Perthes, 1876—1877. Band I. Die Medici 1530—1737, XVIH und 654 S. Band IL Haus Lothringen-Habsburg 1737—1859, XX, 681 und 74 S. 8^ Bildet einen Theil der von Heeren, Ukert und Gicscbrecht heraus- gegebenen Geschichte der europäischen Staaten.

Zu S. 14. Des Claudius Rutilius Namatianus Heimkehr tibersetzt und erläutert von Itasius Lemniacus. Mit zwei Plänen und fünf in den Text gedruckten Abbildungen. Berlin 1872, R. v. Decker, 207 S. 8<*. Den Namen Itasius Lemniacus hat die römische Akademie der Arcadia Alfred Reumont bei seiner Wahl im Jahre 1843 beigelegt.

Briefe heiliger und gottesfürchtiger Italiener gesammelt und erläutert. Freiburg, Herder, 1877, XXXIII und 303 S. 8°.

Aachener Liederchronik. Mit einer Chronologie der Geschichte Aachens. Aachen, J. A. Mayer, 1873, 235 S. 8^

Zu S. 16. Biographische Denkblätter nach persönlichen Erinnerungen. Leipzig, Duncker und Humblot, 1878, 450 S. 8<>.

Gino Capponi. Ein Zeit- und Lebensbild 1792—1876. Gotha, F. A. Perthes, 1880, XVI und 458 Ö. 8«.

Vittoria Colonna. Leben, Dichten, Glauben im XVI. Jahrhundert. Frei- burg, Herder, 1881, XVI und 288 S. S^, Eine italienische üebersetzung von Müller und Ferrero erschien 1883 in Turin.

Aus König Friedrich Wilhelms IV. gesunden und kranken Tagen. Leip- zig, Duncker und Humblot, 1885, XII und 579 S. 8^ Eine zweite unver- änderte Auflage erschien noch im selben Jahre.

Zu S. 17. Charakterbilder aus der neueren Geschichte Italiens. Leipzig, Duncker und Humblot, 1886, VIII und 295 S. 12^.

L. P. Gachard im Historischen Jahrbuch der Görrcsgesellschaft, Bd. VII, S. 238 ff.

Die Nekrologe von Ranke und Witte sind oben zu S. 7 erwähnt.

Ich will nicht unterlassen, hier die Arbeiten zusammenzustellen, welche A. von Reumont in der Zeitschrift des Aachener Geschichts Vereins veröffent- licht hat.

Zur Erinnerung an Alfred von Reuraont. 21

Band I. Analekten zur Geschichte Aachens, a. Cardinal Pietro Capocci. b. Francesco Petrarca in Aachen, c. Kaiser Karl V. in Aachen und Umgebung. d. Mathias Joseph Wildt.

Zur Erinnerung an Professor Dr. Savelsberg.

Band IL König Gustav III. von Schweden in Aachen in den Jahren 1780 und 1791. (AViederholt in Kleine historische Schriften S. 283 ff.)

Friedrich Haagen. (Nekrolog.)

Band III. Chronik des Aachener Geschichtsvereins für die Jahre 1879—80.

Die ungarischen Metallwerke im Aachener Münsterschatz.

Die Rheinische Flora. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte.

Band IV. P. P. A. Pocholle. Eine Erinnerung an die Napoleonische Aera.

Aus der Geschichte Aachens im XV. Jahrhundert.

Chronik des Aachener Geschichtsvereins für die Jahre 1881 und 1882.

Band V. Monsignor Agostino Franciotti und der Aachener Friede von 1668.

Cornel Peter Bock. (Dem Andenken dieses bedeutenden Aachener Gelehrten hatte Reumont schon die „Notice sur Corneille-Pierre Bock** im Annnaire de TAcadi^mie royale de Belgique von 1872 gewidmet.)

Die Denkmünze auf den Aachener Friedcnsschluss von 1668.

G. A. Königsfeld. (Nekrolog.)

Besprechung von Aachens Dichter und Prosaisten.

Band VI. Friedrich von der Trenck in Aachen 1765—1780.

Kaiser Karls V. Krönung in Aachen.

Zu dem Aufsatz: Friedrich von der Trenck in Aachen.

Lied auf Karl den Grossen.

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1883/84.

Band . Fabio Chigi —Papst AlexandcrVII. in Deutschland 1639—1651.

Die Krönung Karls V. in Aachen.

Band VIII. Die Grafen von Harscamp.

Die Porphyrsäuleu am Hochaltar des Aachener Münsters.

Aachener Prozesse am Reichskammergericht.

Von R. Goecke.

Vorbemerkung.

Im März 1886, nur wenige Monate vor seinem Tode, hat Staatsarcliivar Dr. Eiulolf Goecke mir für die Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins diese Regesten nebst der kurzen vorausgeschickten Einleitung übergeben, nachdem über deren Herstellung und Veröffentlichung seit Oktober 1885 mehrfach zwischen uns verhandelt worden war. Im achten und neunten Bande haben sie nicht ersclieinen können : der Inhalt des erstem stand beim Eintreffen des Manuskiipts schon fest, der letztere musste in seinem Umfange aufs Aeusserste beschränkt werden. Der unerwünscht verzögerte Abdruck erfolgt nunmelir in dank- barer Erinnerung an den fleissigen und gewissenhaften Verfasser, der leider seiner erfolgreichen und vielversprechenden Berufs- thätigkeit wie den rheinischen Geschichtsstudien, welche er durch so manche gediegene Arbeit forderte, am 23. Juni 1886 nur zu früh entrissen w^orden ist.

Bei Durchsicht der Regesten sind an mehrern Stellen Zweifel aufgetaucht über gewisse Namensformen, in einer grössern Zahl von Nummern war es für die lokalgeschichtliche Forschung von nicht geringem Werth, die Namen und die Lage der im Regest erwähnten Häuser und Grundstücke angeben zu können, hier und da erscliien auch noch die Auf klärimg anderer kleiner Einzelheiten nötliig. Der Nachfolger Goeckes in der Leitung des Staatsarcliivs zu Wetzlar, Herr Archivrath Dr. Veltman, hat die Freundlichkeit gehabt, die zur Verbesserung und Ver- vollständigung von mehr als vierzig Nummern an ilin gerichteten Fragen zu beantworten und dadurch die Brauchbarkeit der Regesteu wesentlich zu erhöhen. Es sei ihm auch an dieser Stelle dafür der Dank (Icn Vereins ausgesprochen.

Aachener ProzegHC am Reichskaiiimcrgericlit. 23

Die einzelnen Regesten beigefügten Anmerkungen rühren sämnitlich von der Kedaktion dieser Zeitschrift her.

Bezüglich des am Schluss der P]inleitung erwähnten, im Jahre 1822 gedruckten Verzeichnisses hatte Herr Oberstaats- anwalt Hamm zu Köln die grosse Güte, auf meine Anfrage mitzutheilen, dass dieses Verzeichniss seiner Zeit auf Veranlassung des Königlichen Generalprokurators durch Vermittlung der König- lichen Regierung zu Köln hergestellt worden sei. Von zwei noch unter der zum Verkauf bestimmten Makulatur aufgefun- denen Exemplaren, welche Herr Hamm dem Aachener Geschichts- verein freundlichst zur Verfügung stellte, hat dieser das eine der Handbibliothek des Aachener Stadtarchivs, das andere der Königlichen Universitätsbibliothek in Bonn überwiesen.

H, Loersch,

Einleitung.

Den nachfolgend mitgetheilten Regesten liegen Auszüge aus dem General -Repertorium des Königlichen Staatsarchivs zu Wetzlar zu Grunde. Dieses Repertorium ist während der Jalire 1846 52 in der Hauptsache vom Landgerichtsrath Joseph Larenz angefertigt, welcher dem Justizsenat zu Ehrenbreitstein ange- hörte und kommissarisch während dieses Zeitraums mit der Ordnung des ehemaligen Reichskammergerichts- Archivs zu Wetz- lar beauftragt war. Das Repertorium umfasst 38 Grossfolio- Bände, welche 34634 in Wetzlar verbliebene Spezialprozesse, nach den Namen der Kläger alphabetisch geordnet, verzeichnen, eine Arbeit, welche eine Summe wissenschaftlichen Fleisses dar- stellt, wie sie wohl selten irgendwo in dieser Stille und Anspruchs- losigkeit verrichtet worden ist. Es gereicht mir darum zu besonderer Freude, das Verdienst dieses Mannes, welcher in seiner richterlichen Laufbahn 1852 zum Appellationsgerichtsrath in Greifswald befördert wurde, inzwischen aber verstorben ist, in das ihm gebührende Licht heben zu diüfen K Wäre (Ue von ihm geleistete Arbeit nicht geschehen, so würde es schwer gewesen sein, die einzelnen Prozesse, welche für die vorliegenden

») Gustav Joseph Larenz war, nach einer getaUigen MittheUung aus dem Justiz-Ministerium, geboren am 1. Februar 1807, und ist gestorben 1859 in Ehrenbreitstein, wohin er seit 180(J zurückversetzt war.

24 R. Goecke

Regesten in Betracht kamen, herauszufinden; sie sind freilich, der Anlage des General-Repertoriums entsprechend, durch dessen sämmtliche Bände zerstreut. Aber auch die Fassung der von Larenz gefertigten Regesten selbst, die sich offenbar dem Sprach- gebrauch der Akten aufs Engste anschliesst, ist für unsere Arbeit vielfach nicht geändert worden; sie ist nur revidirt und liier und da, besonders bei denjenigen Sachen, welche im Archiv mit dem Buchstaben B bezeichnet sind, mit Zusätzen bezw. Berichtigungen versehen worden.

Für die Reihenfolge ist das Jalir der Einführung des Pro- zesses beim Reichskammergericht als massgebend angenommen. Dieses Jahr ist denn auch dem einzelnen Regest vorangestellt. Innerhalb eines bestimmten Jalires bin ich der ursprünglichen alphabetischen Ordnung der Prozesse gefolgt, deren Archiv- Nummern in Klammern am Schlüsse des Regests mitgetheilt sind. Jedem Regest ist eine fortlaufende Nummer in fetter Schrift beigefügt.

Die gesammelten Regesten sind als ein Spezial-Repertorium zur Geschichte der Stadt Aachen zu betrachten, welches zunächst für dienstliche Zwecke im Königlichen Staatsarchiv zu Wetzlar aufgestellt worden ist; die Königliche Archiwerwaltung hat sodann dem Aachener Geschichtsverein auf dessen Ansuchen den Abdruck in seiner Zeitschrift gestattet.

Zu der Anlage der Regesten ist noch Folgendes zu bemerken:

Unter der als Kläger bezeichneten Partei sind die Appellan- ten mit einbegriffen, unter der Partei der Verklagten ebenso die Appellaten. Formell betrachtet handelt es sich bei manchen Prozessen nur um eine Citation, ein Mandat an die Verklagten oder Appellaten. Urtheile sind in vielen Fällen nicht ergangen, in andern Fällen nicht mehr erhalten. Das Reichskammer- gericht war im Allgemeinen nur in Civilsachen Appellinstanz, in Strafsachen konnte aber eine Wiederaufnahme der Verhandlungen durch dasselbe angeordnet werden. Ueber das Prozessverfahren beim Reichskammergericht hat Häberlin, Deutsches Staats- recht II, S. 304 377 meines Erachtens am Besten gehandelt. Unsere Regesten sollen nicht der Geschichte dieses Verfahrens dienen, sondern zur politischen, kirchlichen, Rechts- und Wirth- schaftsgeschichte der Stadt Aachen und ihres Reichs Beiträge liefern. Darum ist auch im einzelnen Falle angemerkt, und

Aachener Prozesse am Reichskammergericht 25

ZWQ.Y am Schlüsse des Regests und von diesem durch einen Gedankenstrich getrennt, wenn schon in erster bezw. zweiter Instanz in einer Sache vor einer Aachener oder hier und da auch vor einer andern Behörde verhandelt worden ist. Wo die bezüglichen Akten im Staatsarcliiv zu Wetzlar heute fehlen, ist ein f. hinzugesetzt. Auf die Bezeiclmung der Parteiver- Mltnisse in erster Instanz ist absichtlich nicht eingegangen, um nicht mit juristischen Begriffen zu verwirren. Eine kleine Zahl von Prozessen ist ausnahmsweise beim Reichskammerge- richt in lateinischer Sprache verhandelt worden, für diese ist das Regest im Larenzschen Repertorium jedesmal auch lateinisch abgefasst. Um der vorliegenden Arbeit einen einheitlichen Charakter zu wahren, sind diese Regesten hier übersetzt, aber am Schlüsse mit L. bezeichnet worden. Ueber die äussere Beschaffenheit und den Umfang der Akten und Urkunden eines einzelnen Prozesses ist nur ganz ausnahmsweise etwas ange- merkt worden, weil nach meinem Ermessen solche Angaben keinen Rückschluss auf deren inhaltlichen Werth und historische Bedeutung gestatten, der Charakter der Originalität und Authen- tizität den amtlichen Schriftstücken aber von selbst anhaftet. Nur soviel sei im Allgemeinen erwähnt, dass der Umfang der einzelnen Prozesse zwischen Konvoluten von einem Centimeter bis zu drei Meter Höhe schwankt. Die äussere Beschaffenheit ist, Dank der sorgfältigen Aufbewahrung, welche die Archivalien des Reichskammergerichts in preussischer Zeit erfahren haben, im Ganzen und Grossen eine vorzügliche ; leider fehlen hingegen hier und da wohl einzelne Stücke aus den Prozessakten. Letztere sind, noch während des Laufes des Rechtsstreits, jeder Prozess füi- sich, in sorgsamer Weise in der Kanzlei des Reichskammer- gerichts zu Aktenbündeln zusammengelegt, die einzelnen Schrift- stücke mit Nummern auf der Rückseite versehen, und es ist stets dazu ein Rotulus angefertigt worden, welcher noch heute den Akten beiliegt. Die Akten der ersten Instanz sind viel- fach nur in Abschrift vorhanden, welche in geheftete Papier- bände im Zusammenhang eingetragen und beglaubigt sind. Als ein Uebelstand der ehemaligen Aufbewahrung muss es bezeich- net werden, dass mitten zwischen die Prozessakten auch ältere Pergamenturkunden mit anhängenden Siegeln als Beweisstücke eingelegt worden sind. Solche sind auch von Aachen vorhanden, hier aber nicht berücksiclitigt worden, da sie einen besondern

26 R. Goecke

Bestand für sich im Staatsarchiv zu Wetzlar auszumaclien bestimmt sind.

In unsern Ref^esten sind nur Spezialprozesse zwischen zwei Parteien, welche den „rechtlichen Krieg" vor dem Eeichskammer- gericht begannen, und wovon die eine Partei immer der Stadt Aachen angehört, berücksichtigt worden. Nicht berücksichtigt ist daher ein „Antrag der Stadt Aachen auf Transsumtion und Vidimation eines von Kaiser Karl V. der Stadt im Jahre 1521 ertheilten Sicherheits- und Geleitsbriefs durch das ganze Reich, und deshalb erfolgte ediktmässige Ladung durch das Reichs- kammergericht" vom Jahre 1538, well hier eine zweite Partei fehlt. Es ist dieses übrigens der einzigste Fall dieser Art im Archiv zu Wetzlar; bei dem Landgericht zu Aachen sind hin- gegen, nach Ausweis der amtliehen Korrespondenz, welche mir hierüber vorliegt, zwei am 21. Oktober 1821 nach dorthin ausgeliehene Aktenfaszikel des Reichskammergerichts-Archivs, kaiserliche und Aachensche Privilegien betreffend aus den Jahren 1557 und 1G62, auf eine am 25. Mai 1856 von der Archivver- waltung zu Wetzlar dorthin gerichtete Anfrage „bisher nicht wieder aufzufinden gewesen", also vermuthlich verloren gegangen.

Es erübrigt noch zu bemerken, dass ein im Jahre 1822 bei Th. F. Thiriart in Köln im Druck erschienenes „Verzeich- niss der Aktiv- und Passiv-Prozesse, welche bei dem ehemaligen Reichskammergerichte zu Wetzlar geschwebt haben, und zum Bereich des Königlichen Appellations-Gerichtshofes zu Köln gehören" (100 SS. 4^), die Rubra eines Theils der Aachener Prozesse an verschiedenen Stellen mittheilt. Dieses Verzeichniss ist ein Auszug aus dem in 21 Bänden bestehenden, auf Veran- lassung des Fürsten Primas während der Jahre 1806 10 ange- fertigten und noch beim Staatsarchiv zu Wetzlar aufl)ewahrten altern Repertorium der Reichskanmiergerichts-Akten und -Ur- kunden, welches vielfach ungenau ist.

In allen Fällen, in welchen bei Personen, Beamten, Kirchen, Klöstern, Gerichten, Behörden und Korporationen ein Ort der Zugehörigkeit nicht genannt ist, ist Aachen als solcher gemeint. Für eine kleine Anzahl stets wiederkehrender Worte sind fol- gende Abkürzungen angewandt: A. = Aachen; f. = fehlt (in Bezug auf die Vorakten); g. = gegen; G. = Gulden; Goldg. = Goldgulden; K. = Kläger, Klägerin; K.-G. = Kammergericht; V. = Verklagter, Verklagte.

Aachener Prozesse am Reichskanimergericht. 27

1509. Peter von der Heiden, Bürger, g. Bürgermeister iiiul Kath. CTeleitsbruch und Anlegung von AiTesten auf das Vermögen des K., weil er während eines beim Sendgeridit anliängigen Pi-ozesses g. Hermann Pastor das ihm ertlieilte ^Glaid^^ zur Errichtung eines Weinschanks missbraucht und die Btii-ger, seine Gäste, gegen den Rath aufgehetzt habe. (H 2469.) 1

1511. Hennann Rink, Bürger, zu Köln g. Meier und Schöffen. Inkompetenz der V. in der Iteclitssache von Eberliard und Dietrich von Haren g. den K. wegen 6000 ü. (K 2ni}d.) 2

1513. Vicedechant und Kapitel von St. Adalbert g. Behi, Wittwe von Mathäus Hertzgen, und dessen Erben. Streit über den Besitz eines von dem Propst Mathias Hertzgen dem A eitern hinterlassenen Kapitals von 450 G. und mehrerer zu Lenders- dorf* belegener Güter, welche die Wittwe und Erl)en seines Sohnes in Anspruch nehmen; Einrede, dass dieser bloss «mu natürlicher Sohn gewesen und als solcher den Propst nicht beerbe. Schultheiss un<l Geschworene des (Tcrichts von Lendersdorf. (A 111.) *J

1513. Dieselben. Streit über de» Nachlas« und die zu Lendei-sdorf belegenen Güter desselben.- I>i<'rtellM;n, f. (\ \\2,) 4

1518. Quirin von Aldenhoven, Diener Pcter> von der Heiden, g. Bürgenneister und Rath. Injurien dnnli X'erhaCtnnjr des K. auf offener Strasse und AussteUung an den Pmufrer, (A 689.) 5

1514. Egidius in dem Bischofsstab» (r, Mei«'r und S* hojb n, t:ntsetzung vom Scliöffenamt wegen Amtsvei;re|j«'n, (H MIO,) 0

') Glaid ist die Erlaubuiss, sich irgendwo aijf/'j>...ltMi ^Xu* 'U^- \, -r mit jrewisse Reclitsfolgen, welche an sich eiutn-uu u..^'Uu, ^wVi,'/;'* r i<\.

*) Lendersdorf, Dorf, B},^str. Birgel, Kr im^u. r- -.i r 'Jm );*/. /m

des Adalbertsstifts zu diesem Dorfe vgl. Bonn, iluu-r) .j, .J f,, .i-. Sammlung von MateriaHen zur Geschichte, imr^-n^ ^ v*zn

«) Gillis zu dem Buschoffstave, Schöffe, er^l^ <.t ; / i ..,, ';...,.. - Vollstrecker seiner Schwiigerin Jcune von Avi-ui.** ^"*'t, .,.-" ♦- ' Aachener Schöffen Johann Beyssel von Kui>*?« «J*^ /^* •>* r >,- -. / •"" Roland ßuck zu Aachen; vtrl. Pick« Ji^n*'^** -v/ ' \*.y. - - Archivs der Stadt Aachen im Jahre 188')f *- *^'

28 R. Goecke

1515. Die 24 Priester und Mitglieder der St. Johannes - bruderscliaft beim Marienstift g. Servaz Leyendecker, Lamprecht Constaff und die Laienbrüder der Bruderschaft. Streit über Renten aus gewissen Häusern ^ Schöffenstuhl, f. (A 115.) 7

1515. Peter Kirser, Reichskammergericlits-Prokurator, zu Worms g. Bürgermeister und Rath. Zahlung des versprochenen Salärs. (K 1599.) 8

1517. Bürgermeister und Rath g. Peter von der Heyden und Paul Garzweiler, heimlich ausgetretene Bürger. Arrestation eines Bürgers auf der Frankfurter Messe imter dem Vorwand, dass K. den V. rechtliche Hülfe gegen Hermann Pastor^ ver- weigerten und ihr Vermögen vorenthielten. Erzbischof von Köln und dessen Subdelegirte als Kommissarien des K.-G., f. (A 61.) 9

1517. Prioren und Konvente der Prediger und der Regulir- herren g. Apollonia von der Marck zu Witliem im Grossherzog- thum Luxemburg. Forderung des Niessbrauchs von allen von Dietrich Freiherm von Palant ^, erstem Ehemann der V., hinter - lassenen, in der Herrschaft Withem belegenen Gütern. Schöffen- stuhl, f. (A 128.) 10

1520. Prior imd Konvent der Augustiner g. Johann von Drimborn. Forderung einer jährlichen Rente von 8 Müdden Roggen aus dem vom V. besessenen, neben der St. Alde- gimdenkirclie und dem V. belegenen Hause ^. Schöffenstuhl. (A 116.) 11

1523. Bürgermeister und Rath g. Schultheissen, Ricliter, Schöffen und Gerichte zu Teveren, St. Trond, Befort und Haren ^

0 Die Lage und die Namen der Häuser sind aus den Akten (nur ein paar Blätter) nicht ersichtlich.

«) Vgl. Nr. 1.

') Er starb 1481. Seine Wittwe war in zweiter Ehe mit Eckenger von Scliwarzenberg vermählt (vgl. Geschichte der Herren, Freiherren und Grafen von Pallant S. 76 ; Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter VIII, S. 13).

*) Vgl. Qu ix, Beiträge zur Geschichte der Stadt Aachen und ihrer Umgebungen II, S. 108 ff.

. ^) Vgl. tlber diese vier Orte Loersch in Haagens Geschichte Achens I, S. 351, Nr. 10 (Befort = Beywort), 354, Nr. 42 und 359 f., Nr. 04 und 90.

Aachener Prozesse am Reiobskamraerfifericht. 29

im Imr^rundischen Kreis, weil V. statt an den Schöffenstuhl als ihren rechtmässigen Oberhof an die Höfe ihrer Herrschaften appelliren. (A 45.) 12

1523. Mauritius von der Over^ und seine Ehefrau g. Schöffenstuhl wegen Vervveigenuig der Vollstreckung eines g. Peter Becking erlassenen Urtheils auf Restitution eines in der Krämerstrasse (imder die Kreeme) gelegenen Hauses und Erbes oder Schadensersatz. (0 15S5.) 13

1525. Bürgermeister imd Kath g. Schult heiss imd Schöffen zu Befort, weil V. von einem diurh den Schöffenstuhl in der Appellinstanz erlassenen Urtheil weitere Berufung an das Gericht zu Namur zugelassen und somit g. das den K. verliehene Privileg Kaiser Karls TV, Verstössen habend (A 46.) 14

1527. Bürgermeister und Eath g. die Reichsleute von Würselen und Haaren wegen Störung des Rechts, von den V. Accise zu erheben, durch Aufruhr und Widersetzlichkeit, wobei ein Rathsdiener zu Dobach^ erschlagen worden. (A 43.) 15

1527. Gemeine Xachbaren im Reich zu Haaren, Würselen u. 8. w. g. Bürgermeister und Rath. K. behaupten, dass sie nach freiwilliger Erlegung von 2400 G. accis- und schatzungs- frei und bei der Kaiserkrönung auch hierfür erklärt seien, dass V. dennoch jährlich 400 G. von ihnen fordern und deshalb einige ihrer Genossen im Grass* eingesperrt halten. Schöffenstuhl, f. (A 44.) 16

1527. Bürgermeister und Rath g. Peter von der Heyden, Paul Garzweiler, Hermann Johann, Augustin Pastor und Genossen. Deposition von 1757 rhein. G., womit die Stadt eine Rente ablösen will, welche zwischen Pastor imd von der Heyden sowie ihren Genossen streitig ist\ (A 62.) 17

>) Vgl. Nr. 27.

') Gemeint ist das Privileg über die Berufungen an den Aachener Schöffenstuhl vom 27. November 1356, Noppius, Aacher Chronick (1632) Th. III, S. 61; vgl. Böhmer-Huber, Regesten Karls IV. Nr. 2528.

*) Dobach, Dorf, theils Bgstr. Weiden, theils Bgstr. Würselen, Ldkr. Aachen.

*) Vormaliges städtisches Gefängniss, jetzt zum Stadtarchiv umgebaut.

^) Auf welchen Gnindstüeken die Rente ruhte, ist in den Akten nicht angegeben. Vgl. Nr. 1 ur

. 3 rk

30 R. Goecke

1528. Nikolaus Clermont g, Bürgermeister und Rath. Justizadministration in Sachen des K. g, Haus Fuchs von Ebersberg ^ wegen Erfüllung eines Kaufvertrags über einige Tonnen Hopfen. (C 842.) 18

1528. Peter Supp g. Bürgermeister, Schöffen und ßath und Hans Fuchs zu Ebersberg. Zustellung eines Fehdebriefs an den K. und Vorenthaltiuig desselben durch Bürgermeister und Rath«. (S 9543.) 19

1529. Prior und Konvent der Karmeliter oder Frauen- brüder^ g. Lampert Kip, Peter Wyrich und Martin Scliorn. Vindikation von sechs Häusern in der Burtscheider Strasse* (deren zwen stain ind gelegen syn an sent Mathys^ neest neven deme huyse ind erve, dae Niueler innewont, ind die ander vier huyser mit iren hoeven stain . . recht dar tgegenover neest Goirt Pannen- siegers huys ind erve) aus dem Nachlass des Karmeliters Johann Kip. V. behaupten, dass dieselben Stockgut aus seines Vaters Nachlass seien, auf welches dem Mönch ein Erbrecht nicht zustehe. Schöflfenstuhl. (A 123.) 20

1529. Johann Beulait g. das Predigerkloster. Erbzins vom Gut Beulartstein ^ von 10 oberländischen Goldg. jährlich, den V. beansprucht. Magistrat. (B 3399.) 21

1529. Johann Beulart g. Stadt. Ersatz der Kosten einer Untersuchung, die der Magistrat g. K. angestrengt, weil er etliche gemeine Wege und Strassen bei seinen Gütern im Aachener Reich eingezogen haben sollte, in welcher er aber unschuldig befunden worden. Magistrat, f. (B 3400.) 22

') Ebersberg, Flecken im Bezirksamt gleichen Namens, R^bz. Ober- bayern, mit bedeutendem Hopfenhandel.

^) Vgl. Nr. 18.

^) Vgl. über diese Bezeichnung Haagen, Geschichte Achens I, S. 287. *) Jetzt Franzstrasse.

*) Mathiashof, ehemaliger Beguinenkonvent, nach dem Apostel Mathias, dem er nebst der Kirche geweiht war, so benannt.

^ Das Gut Beulartstein lag in der Bürgermeisterei Laurensberg, Ldkr. Aachen. Ueber den Erbzins vgl. Qu ix, Das ehemalige Dominikaner-Kloster S. 19. Am 31. Mai 1534 belasteten Johann Beulart und seine Gattin Irm- gard zu Gunsten des Predigerklosters in Aachen ihr genanntes Gut mit einem Jahrzins von 6 Goldgulden, der später mit 120 Goldgulden abgelöst wurde (ebendas. S. 27).

Aachener Prozesse am Reiob^ikamnlerti:ericht. Hl

1529. Severin Hellink g. Biirgerraeister und Rath. Per- sonalarrest des K. wegen einer Forderung des Handlungsgesell- schafters Siegfried von Louvenich. (H 2917.) 23

1530. Die Greven des Kräinerambachts g. Katharina Styngen genannt Sylverbemer und Eheleute Marks. Vindikation nielirerer von den Eheleuten Wilhelm Kunschtaff herrührender, angeblich auf V. vererbter (Tnindstücke (zwein morgen . . gelegen in die Wirdelbach, noch sieven gelegen up die Heide), Einrede der Verjährung. Schöffenstuhl. (A 141.) 24

1530. Thomas Bogenmacher g. Schöffenstuhl. Grundlose Entsetzung des K. aus dem ^Rhatses*^ (Sitz im Ratli) und dem Kohlmeisteramt, die er 17 Jahre lang innegehabt. Weitläufige Verhandlungen vor einer bestellten Reichskamniergerichts-Kom- mission zu Aachen. (B 4981.) 25

1530. Johann Greven l)erg g. Werkmeister des Wollen- ambachts. Beschwerde ül)er Beschlagnahme mehrerer Stücke Tuch, welche sich V. während der Frankfurter Messe gegen den K. erlaubt hal>en, weil er nicht in (Temeinschaft mit ihnen verkaufen wolltet Magistrat. (G 1624.) 26

1530. Mauritius von der Over* und seine Hausfrau Airatlie g. Magistrat und Schöffen. Aufliebung eines g. die K. erkannten Personalarrestes, welcher angeblich nur aus dem Grunde ver- hängt war, um sie zur Rücknahme einer Apiiellation an das K.-G. g. ein von den V. erlassenes Erkenntniss zu zwingen. (0 1586.) 27

1531. Prior und Konvent der Refrulirherren g. Johann von Elft*. Vindikation mehn^rer von Tilmann ThilH.-.s hinterlassener, bei A. belegener I^lmgüter* Namens des Regulirhemi Martin Thibes unter der Behauptimtr, dass Geistlidie einf-n «wehrent- lichen Mann* (I^hnträger) iK-^tellen können. Statthalter und Leimmänner des Lelins Vi*n th^r Schieiden im R<Mrjje von A. auf Unterweisung des Schöffen>tuhls. (A 121.) 2X

») \^\, St. 51.

*) \>l. Nr. 13.

«) Vgl. Nr. 87.

*) Di^*^*» r><'hnirüi«*r -lud i*i u Akt' n n'uht inlj^r l>*'Z*-i' )jih t.

32 R. Goecke

1531. Simon von Weiler g. das Regulirlierrenkloster ^ Erb- pacht von 5 Müdden Roggen, ruhend auf der vor dem äussern Köbthor belegenen Mühle des K. Schöffenstuhl. (W 1389.) 29

1532. Hans Supp g. Prior und Konvent der Frauenbrüder. Jährlicher Zins von 2 6. aus einem Hause und Erbe auf der Sandkaul. Schöffenstuhl, f. (S 9545.) 30

1533. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. gemeine Nach- baren von Würselen, Haaren u. s. w. im Aachener Reich. Recht der K., von ihren im Reich, d. h. innerhalb einer Meile von der Stadt angesessenen Einwohnern Beiträge zur Türkensteuer zu erheben. (A 41.) ^ 31

1533. Dechant und Kapitel des St. Adalbertsstifts g. Lambrecht Giesse zu Baesweiler*. Streit über liegende Güter zu Boisseler', welche K. als verfallene Emphyteusis in Besitz genommen, V. aber als Erbgüter beansprucht. Schöffen zu Baesweiler auf Unterweisung des Oberhofs zu Jülich. (A 113.) 32

1533. Dechant und Kapitel des St. Adalbertsstifts g. Johann Reysen zu Schleyden*. Vindikation von Grundstücken im Bezirk von Baesweiler*, welche die K. als kaduzirt wegen unterbliebener Zahlung des Kanons in Besitz genommen haben. Schöffen zu Baesweiler auf Unterweisung des Oberhofs zu Jülich. (A 114.) 33

1533. Johann von Linzenich zu Burtscheid g. Stadt A. und Schöffengericht zu Burtscheid. Gefangenhaltung des K. wegen beharrlicher Verfolgung seiner Rechtsansprüche beim K.-G.« (L 2122t>.) 34

*) Nach einem Aktenstück vom 4. September 1531 war damals Johann von Goch Prior, Wichbold von Deventer Subprior und Jaspar Taxis Pro- knrator des Klosters.

*) BaesweUer, Dorf, Kr. GeUenklrcben. «) Boslar, Dorf, Bgstr. Hottorf, Kr. Jülich.

*) Schieiden, Dorf, Bgstr. Siersdorf, Kr. Jülich, oder Bgstr. Aphoveu, Kr. Hemsberg.

*) Vgl. Nr. 32.

^) lieber Vorgänge, welche wahrscheinlich Veranlassung zu diesem Rechtsstreit gegeben haben, vgl. das Urtheil vom 9. Dezember 1521, Zeit- schrift des Aachener Geschichtsvereins II, S. 85 f.

Aachener Prozesse am Reicbskamraergericht. 33

1534. Greven und Ambacht der Schuster g. das Lederer- ambacht. Kauf und Einbringung ausserhalb der Stadt geloheten und bereiteten Leders durch den Scluister Friedrich von Jülich; Intervention der Schusterzunft, welche das Recht dazu behauptet. Bürgermeister und Rath. (A 149.) 35

1534. Servatius von Colin imd sein Sohn Georg g. Bürger- meister und Rath. Entschädigung der K. dafür, dass sie auf Antrag des Peter von der Heiden in Folge der ihnen gegen die Stadt A. erlaubten kaiserlichen Repressalien in Mainz verhaftet wurden. (C 1152.) 36

1534. Johann GreflFenberg g. Marktmeister und Genossen. Injurienklage wegen Verleumdung. Magistrat, f. (G 1410.) 37

1535. Der Pater in dem Mergenthai zu A.^ Namens der Konventschwester Ottilie und der Prior zu Paradies^ Namens des Konventbruders Hermann und Genossen g. Johann Kraux oder Krotsch zu Theuren ^. Anspruch auf die von Rüdger Moep- ges nachgelassenen Renten und Güter* für dessen Seitenver- wandte g. die Erben seines Successors in thoro. Schöffen zu Theuren auf Unterweisung ihres Oberhofs zu A. (A 106.) 38

1535. Mutter und Konvent im Marienthal ^ g. Johann Buyter und seine Hausfrau Lucie und deren Verwandte. Herausgabe mehrerer in und bei A. belegener Grundstücke (eyn stuck lantz . . gelegen an Roistportze, eyn [desgl.] an den Kalkaevent, eyn [desgl.] genant der Schoppele, noch umbtreut eynen halven morgen beyntz gelegen an den Wyngartzberch ^, noch eyn [desgl.]

*) Kloster Marienthal in der Franzstrasse.

*) Wo dieses Kloster lag, ist in den Akten nicht angegeben. Ein Kloster zum Paradies gab es nicht in Aachen, dagegen bestand ein Wilhelmiter- kloster dieses Namens in Mren (vgl. Bonn, Rnmpel und Fischbach a. a. 0. S. 293).

•) Düren.

*) Eine nähere Bezeichnung derselben fehlt in den Akten.

») Vgl. Nr. 38.

^ Weingartsberg, an der Ostseite der Stadt zwischen Sandkaul- und Kölnthor. Vgl. Ouix, Die Königliche Kapelle auf dem Salvators-Berge S. 64.

3

34 R. Goecke

gegen sent Joeris thorn ^ over gelegen), Zinsen und Pachte, so- wie von Mobilien, welche die Klosterfrau Adelheid von Schinne besessen, an die V. als deren Erben. Schöffenstuhl, f. (A 107.) 39

1536. Paul Gartzweiler g. Frambach von Hochkirchen, den Schöffenstuhl und Peter von der Heyden. Geldstrafe wegen Schmähreden. (G 242.) 40

153G. Gemeinde Würselen und Haaren g. Schöffenstuhl. Be- holzungsrecht im Gemeindewald. Schöffenstuhl. (W 5814.) 41

1537. Bürgermeister und Rath g. Johann Herzog von Jülich, Kleve und Berg zu Düsseldorf. Streitigkeiten über die Grenzen der Gerichtsbarkeit des Jülichschen Vogts und Meiers in A. (A 92.) 42

1537. St. Johannesbruderschaft beim Marienstift g. Wittwe Martin Sturz. Forderung eines jährlichen Zinses von 4 G. aus einem auf der Ecke der Hartmannstrasse gelegenen Hause (an ind op eyn oirthuiss ind erf bynnen Aiche mit eyner cameren gelegen upHairtmanstraissoirt genant). Schöffenstuhl. (AI 19.) 43

1537. Matlüas Duppengiesser g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Befehl an den K., seine auf der Weissgerberstrasse ^ (in der statt Aiche vorstatt uf der Weyssgerber gassen) errichtete Mühle abzureissen und Einsperrung desselben wegen Unge- horsams. — Bürgermeister und Rath, f. (D 1995.) 44

1537. Peter Zink und Genossen g. Dechant und Kapitel des Marienstifts. Erbauung einer Schleifmühle in der Jakob- strasse. — Bürgermeister und Rath. (Z 400.) 45

1538. Augustinerkloster g. Gerhard von der Heggen genannt Krüppel. Forderung einer jährlichen Rente von 7 Goldg. und 3^2 Mark aus dem vom V. besessenen Haus und Erbe, genannt das Ross, am Parvisch belegen (dat huyss und erf genant dat Ross gelegen upt Parvisch up dat ort van Scharp- strate neest deme huyss zum Spiegel). Schöffenstuhl. (A 117.) 46

') Dieser Mauerthurm, 1639 St. Joerißtliourn, 1696 Jurrestorn genannt, lag zwischen Pont- und Königsthor. Qu ix (Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 178) nennt ihn Gregorius-Thunn; vgl. auch Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins I, S. 36.

2) Wo lag diese? Sollte der Löhergraben gemeint sein?

Aachener Prozesse am Reicbskammersrericht. 35

o'

1538. Johann und Karl Bürgerhaus g. das Kloster der Weissen Frauen. Zinspflichtigkeit einer Oelniühle und von vier Morgen Ackerlands^, welche K. bestreiten. Schöffenstuhl, f. (B 6479.) 47

1539. Johann Steffiirts g. Prior* und Konvent des Kreiiz- brüderklosters. Forderung von 200 Joachinisthaler für zwei dem K. verkaufte gestickte Tapeten. Schöffenstuhl. (1 4844.) 48

1539. Gemeinden Würselen und Haaren g. Stadt A. Beholzungsrecht im Walde „Vogelsang**. (W 5815.) 49

1541. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Johann Grevenberg, Weinwirtli. Forderung von 98 G. an den ver- storbenen Kantor des Stifts Sudermann und Arrestirung des den Kapitularen gehörenden Weins. Schöffenstuhl. (A 97.) 50

1541. Johann Grevenberg g. Werkmeister des Wollen- ambachts. Wie Nr. 26. (G 1625.) 51

1542. Herzog Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf g. Stadt A. Streitige Jurisdiktion im Amt Wilhelmstein, bezw. landfriedens- brüchige Handlungen der Aachener daselbst. Umfangreiche Verhandlung vor einer K.-G.-Kommission zu A. (G 2823.) 52

1542. Johann Steffarts g. Vogt, Meier und Schöffen. Unreell t- mässige Verhängung des Arrestes über seine in der Stadt A. belegenen Güter als Exekutionsmittel in Sachen Buschmann g. Steffarts und dadurch bewirkte Kränkung des K. in seiner Kaufmannsehre. (S 4843.) 53

1543. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Nachbaren und Gemeinden der Vogtei Fleron zu Fleron, Ayneux, Maretz im Fürstbisthum Lüttich. Beholzungsrecht im Walde von Moseur in der Vogtei Fleron. Meier und Schöffen der Herr- schaft Fleron ^ auf Unterweisung ihres Oberliofs, des Schöffen- stuhls. (A 172.) L. 54

0 Die Lage und die Namen der Grundstücke sind in den Akten nicht angegeben.

') Wahrscheinlich Franz von Sittard; vgl. Qu ix, Die Pfarre zum h. Kreuz und die ehemalige Kanonie der Kreuzpfarre in Aachen S. 68.

') Vgl. darüber Loersch in Haagens Geschichte Achens I, S. 353, Nr. 32. Fleron, Ayeneux und Magn^e (V), Kanton Fleron, Provinz LÜttich.

3*

36 R. Goecke

1543. Wittwe des Johannes von Dinslacken für sich und ihre Kinder zu Köln g. Bürgermeister und Rath. Rückzahlung eines Darlehns von 400 Goldg. (D 1033.) 55

1544. Bernhard Engels und Johann von der Linden g. Meister und Konvent der Webbegarden Franziskaner Ordens \ Verabfolgung verschiedener jährlicher Zinse aus zwei Häusern in der Burtscheider Strasse und Kräraerstrasse zu A., weldie Arnold Wünnenberg dem Kloster unter der Verpflichtung ver- macht hat, vierteljährlich unter die Annen 100 vierpfündige Brode und in den Fasten bei jedem Brode einen Häring und einen Schilling zu vertheilen. SchöflFenstuhl. (E 1419.) 56

1546. Wilhelm Steffart g. Schöfl^enmeister und SchöflFen. Verweigerte Aufnahme des K. in den Schöflfenstuhl. (S 4842.) 57

1548. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Vogt und Schöffen des Dingstuhls zu Körrenzig und zu der Linden *, beide im Herzogthum Jülich. Bestrafung der V. wegen Privilegien- bruchs, dadurch begangen, dass V. Bürger und Einwohner von A. mit Arrest belegt und die Prozesssachen nicht an die K. auf deren Avokation zur Entscheidung zurückgesandt haben. (A 32.) 58

1548. Bürgermeister und Rath pro interesse ihres Bürgers Leonhard Elleband (oder Elleborn) g. Leonhard Schmidts zu Koffern^. Pfändung einiger Fuhrleute aus A. auf Antrag des V., weil er an den K. Ellcband (oder Elleborn) wegen Mästung in dem Busche bei A. hatte indebite 5 Rthlr. zahlen müssen. Schöffen zu Körrenzig auf Rath des Oberhofs zu Jülich. (A 33.) 59

1548. Bürgermeister und Rath g. Georg von Oesterreich, Bischof zu Lüttich, residirend zu Franchimont. Störung im Besitz der Appellationsinstanz über alle um A. liegende Gerichte durch ein Verbot des V. an die Schöffen zu St. Trond (Truiden),

*) Vgl. Nr. 74 und 81. Ausführliche Nachrichten über diesen Konvent bei Quix, Beiträge zur Geschichte der Stadt Aachen und ihrer Umgebungen II, S. 65 ff.

•) Körrenzig, Dorf, Kr. Erkelenz; Linden, Dorf, Bgstr. Broich, Ldkr. Aachen.

') Kofferen, Dorf, Bgstr. Körrenzig, Kr. Erkelenz.

L

Aachener Prozesse am Reiehskammersrericht. 37

O'

nicht mehr nach A., sondeni an des V. Ruth zu appelliren K Kaiserliche Kommission des K.-G. zu A. (A 47.) 60

1548. Johann von Alesheim genannt Mulstroe g. Konvent der Weissen Frauen. Zahlung eines jährlichen Zinses von 6 schweren G. von 5 Morgen Land auf dem Perzbend. SchöflFen- stuhl. (A 525.) 61

1549. Bürgermeister und Rath pro Interesse des Nikolaus Claremont g. Reinhard Pöttgen und Vogt und Schöffen zu Linden*. V. Pöttgen hatte wegen Forderung an Claremont diesen durch das Jülichsche Schöffengericht zu der Linden pfänden und citiren lassen, worüber die Stadt A. sich beschwert, weil es den Reichsgesetzen, ihren Privilegien und einem Ver- trag mit dem Herzog von Jülich zuwider sei, durch solche Pßindungen den gewöhnlichen Gerichtsstand der V. in erster Instanz zu umgehen. Schöffen zu Linden, f. (A 35.) 62

1549. Bürgermeister und Rath g. Christian Höhnstein, Vogt, und die Schöffen zu Bergheim im Lande Jülich. Unbe- fugt« An*estanlage auf Vermögeusstücke Aachener Bürger in Folge eines von den V. erlittenen, aber durch die K. gehörig bestraften Raubanfalls ^ (A 56.) 63

1549.» Herzog Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf g. Stadt A. Vogteiliche Gerichtsbarkeit des Herzogs in A., das merum et mixtum Imperium desselben im Reich von A., insbesondere das Judengeleit. (G 2825.) 64

1550. Simon Engelhardt, K.-G.-Prokurator, zu Speier g. die gemeinen Bauern im Reich von A. zu Würselen und Haaren. Zahlung von jährlich 20 G. versprochener Prokuraturgebühren. (E 1382.) 65

1551. Bürgermeister und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich, Kleve und Berg zu Kleve und dessen Amtmann zu Wilhelmstein. Streit über Eigenthum und Hoheit am Walde „die Fisch** genannt und über das Recht, dort auf Erz, Galmei,

0 Vgl. Loerseh in Haageus Geschichte Achens I, S. 360, Nr. 96. 2) Vgl. Nr. 58. ») Vgl. Nr. 78.

38 R. Goecke

Blei und Kohlen Muthungen zu ertheilen; in Folge dessen Verhaftung und Untersuchung wider den von K. daselbst er- nannten Zelmterheber Hans Meyer und Verurtheilung desselben zur Uebergabe auf Gnade und Ungnade an den Herzog. (A 80.) 66

1551. Michael Düsterwald Namens seiner Ehefrau geb. Blaffarts zu Dremmen g. Mutter und Konvent des Klosters Marien thal. Herausgabe der Hälfte des von dem im Kloster verstorbenen Heinrich Blaffarts hinterlassenen Vermögens. Schöffenstuhl. (D 2091.) 67

1551. Anna von Ellenband \ Wittwe des Adam von Merode, Frau zu Frankenberg und Burtscheid, g. Bürgermeister und Kath. Störung der K. im Besitz der Erbvogtei zu Burtscheid durch Vertreibung der von ihr daselbst aufgenommenen Schutz- juden. (E 1030.) 68

1552. Dechant und Kapitel des Domstifts zu Köln g. Äbtissin und Konvent des Gotteshauses St. Joris oder Jürgen^ bei A. Forderung der Kurmuth von den V. und deshalb Arrestation ihrer im Gericht Lohn bei Aldenhoven liegenden Hobsgütcr. Einrede der Freiheit geistlicher Personen von dieser Abgabe. Schöffen zu Lohn und Oberhof zu Jülich. (C 1456.) 69

1553. Bürgermeister und Rath g. Bischof Georg und Bürgermeister und Rath von Lüttich. Störung der K. im Besitz des Rechts, ihre Habe und Güter zollfrei zu Wasser oder Land durch das Stift Lüttich transportiren zu lassen, dadmxh, dass die V. das persönliche Erscheinen der Kaufleute und die Ableistung eines Kids über ihr Eigenthum an den Waaren neuerdings verlangen. (A 48.) 70

1553. Dietrich von Wilre g. Bürgermeister und Rath. Rückstande einer für 580 G. erkauften ablöslichen Rente von 29 Goldg. jährlich. Schöffenstuhl. (W 3683.) 71

») Vgl. Quix, Die Frankenburg S. 66; Richardson, (leschichte der Familie Merode I, S. 220, II, S. 265. Anna von Ellenband heiratbete 1551 in zweiter Ehe Richard von Merode-Houflfalize zu Kalkofen, Wittwer von Anna von Hochkirchen.

2) Kloster 8t. Joris (St. Georgsbusch), Gem. Kinzweiler, Bgstr. Esch- weiler, Ldkr. Aachen. Vgl. darüber Boiträgc zur Geschichte von Eschweilcr und Umgeg«Mid II, 8. 71 f.

Aachener Prozesse am Reichskainmergericht. 39

1555. Bürgermeister und Rath g. Wilhelm Herzog zu Jülich, Kleve und Berg. Berechtigung im städtischen Walde, die Eyga, auch Etzcha und p]tgenbusch * genannt, gegen Abgabe des zehnten Pfennigs Erz, Galmei, Blei und Kohlen zu graben; Störung durch Werner von Palant, Jülichschen Amtmann zu Wilhelmstein. (A 80^) 72

1556. Priorin und Konvent des Klosters der Weissen Frauen g. Johann, Anna und Ijucie Dandel genannt von der Kannen und deren Schwager Leonhard von Enden. Forderung des väterlichen imd mütterlichen Erbtheils der Mitschwester und Professin Maria Dandel, welche nicht auf die Erbschaft verzichtet hatte. Schöffenstuhl, f. (A 118.) " 73

1556. Theis Bleienhaupts Erben g. Minister und Konvent <ler Webbegarden *. Eigenthum an S'/a Morgen Land und Acker, in der Aachener Mark am Elssenbusch gelegen, und an zwei „die Int** und „das Harheitgen** genannten Wiesen. Schöffenstuhl. (B 3511.) 74

1556. Äbtissin und Konvent von Burtscheid g. Bürger- meister und Rath. Freiheit der klägerischen Güter in der Aachener Gemarkung von allen Abgaben. (B 5684''.) 75

1557. Abtei Burtscheid und die sechs gevollmächtigten Männer des Dorfes und der Herrlichkeit Burtscheid g. Bürger- inefster und Rath. Jurisdictio meri et raixti imperii zu Burtscheid. (B 5682.) 76

1557. Arnold von Savelsberg g. Prior und Konvent des Predigerklosters. Sechs Morgen Land, welche K. von seinem Oheim Paulus geerbt, worauf Arnold von Wymar und Eberhard von Harve Ansprüche erhoben und solche vor einem angeblichen Scliiedsgericht des Predigerkonvents durchgesetzt und nach Weigerung der V., die Grundstücke herauszugeben, dieselben vor <lem Schöffenstuhl belangt haben. Schöffenstuhl. (S 878.) 77

1558. Bürgermeister und Rath g. Christian Höhnstein, Vogt zu Bergheim. Injurien durch die vom V. beim K.-G.

') Vgl. über den Wahl „die Etsch" Noppius, Aacher Chroniek (IB.'Vi) Th. II, S. 164; Quix, Cod. dipl. Aquensis uo. 207.

0 Vgl. Nr. 56 und HI.

40 R. Goecke

eingereichte Exceptionsschrift, in der behauptet wird, K. hätten diejenigen ihrer Unterthanen, welche zur Zeit des Krieges zwischen dem Kaiser^ und dem Herzog von Jülich den V. beraubt, nicht gehörig bestraft und deshalb selbst die Strafe des Raubes verwirkte (A 57.) 78

1558. Äbtissin und Konvent zu Burtscheid und die sechs gevoUmächtigten Männer von Dorf und Herrlichkeit Burtscheid g. Bürgermeister und Rath und deren Meier und Vogt zu Burtscheid. Freier Weinschank zu Burtscheid, bezw. die da- gegen behauptete Einsprache der V., dass sie „alle hohe Ober- und Herrlichkeit, Gebot und Verbot, auch alle Jurisdiktion sowohl in criminalibus als in civilibus in der Herrlichkeit zu Burtscheid kraft der von den Vorfaliren der K. besiegelten Transportation und Uebergabe vor 200 Jahren gehabt und von solcher Zeit also bis daher daran in Possession und Gewer vel quasi gewesen". (B 5683.) 79

1558. Johann Butter und Peter Koch g. Simon Kern als Anwalt Dietrichs von der Recke und Genossen als Kirchmeister der St. Foilanskirche. Schuldforderung von 400 oberländischen rheinischen G., welche die genannte Pfarrkirche zur Abhaltung einer Erbmesse aus einem Testament an K. zu haben behauptet. Schöffenstuld. (B 6736.) 80

1558. Wittwe Agnes von der Schmitten g. Minister und Konvent der Webbegarden^ Forderung von 200 Goldg. o*der 11 Goldg. jährlicher Rente. Schöflfenstuhl, f. (S 6386.) 81

1560. Franz von Inden g. Bürgermeister und Rath. Besitz- entsetzimg des K. aus einem Hause, einer Mühle und andern dazu gehörigen Gütern'*. (I 1095.) 82

1560. Franz von Inden g. Bürgermeister und Rath. Genug- thuung wegen Entsetzung des K. von Aemtern und Würden und Ausweisung aus der Stadt A.^ Magistrat, f. (I 1096.) 83

») Karl V. «) Vgl. Nr. 63.

') Vgl. Nr. 56 und 74.

*) Die nähere Bezeichnung der Lage dieser Grundstücke fehlt in den Akten. Vgl. Nr. 83.

^) Vgl. Meyer, Aachensclio Geschichten I, S. 455.

Aachener Prozesse am Reichskammergericlit. 41

1560. Adam von Zevel g. Bürgermeister und Ratli. Ent- setzung des K. aus seinem Bürgermeisteramt wegen angeblich begangener Injurien ^ (Z 241.) 84

1561. Äbtissin und Konvent zu Burtscheid g. Bürgermeister und Rath. Unterhaltung der Wege und Stege, bezw. die Be- hauptung der V., dass die Äbtissin als eine kaiserliche Äbtissin und Grundfrau der Herrlichkeit Burtscheid „Weg und Steg und Wasserlauf, kalt und warm, zu halten" schuldig sei. (B 5684»».) 85

1561. Adam von Zevel g. Bürgermeister und Rath. Injurien- klage wegen Eingriffe in das Bürgermeisteramt des K. in Folge falscher Anschuldigung eines Juden*. (Z 242.) 86

1562. Johami von Elfft^ g. Prior und Konvent der Regulir- herren. Zahlung eines jährlichen Zinses von 2V2 Goldg. aus einem Bungart vor dem Königsthor. Schöffenstuhl. (E 1015.) 87

1563. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. den Vogt und dessen Statthalter zu Boslar* imd Schöffen imd Gerichtsboten zu Körrenzig. Bestrafung der V. wegen Privilegienbruchs durch Arrestirung von 20 einem Aachener Bürger gehörigen Malter Roggen bei deren Durchfuhr durch Körrenzig, obgleich die K. den Einwolmern des Amts Körrenzig nie Rechtshülfe geweigert haben. (A 34.) 88

1563. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Vogt, Schöffen und Gerichtsboten zu Eschweiler ^ im Herzogthum Jülich. Be- strafung der V. wegen Pföndung von Aachener Bürgern und dadurch begangenen Privilegienbruchs. (A 63.) 89

1564. Äbtissin und Konvent zu Burtscheid g. Bürgcnneister und Rath. Regalien, Jurisdiktion und feindliche Störung der-

0 V^l. Nr. 86, das Citat zu Nr. 83 und von Fürth, Beitrage und Material zur Geschichte der Aachener Patrizier-Familien II, 2, S. 123 ff. «) Vgl. Nr. 84. 3) Vgl. Nr. 28.

*) Vogt zu Boslar war damals Konrad Beeren, sein Statthalt-er Johann Kannegieser. Wegen der Lage der Orte vgl. Nr. 32, Anm. 3 und Nr. 58, Anm. 2.

^) Damals war Hugo von Heinsherg Vogt za Eschweiler; vgl. Koch, Geschichte der Stadt E.srliweiler IV und V, Ö. 145 f.

42 R. Goecke

selben, bezw. Landfriedensbruch, welchen Soldaten der Stadt A. auf Befehl der V. durch gewaltsame Wegnahme einer eisernen Spill oder Tuchschererpresse aus einem geschlossenen Hause zu Burtscheid g. einen status imperii begangen haben. (B 5686".) 90

1565. Bürgermeister, Schöifen und Rath g. Hermann von Hirtz genannt Landscron zu Köln. Zahlung rückständiger Pensionen und dieserhalb Arrestanlage. Appellation, weil in zweiter Instanz bei Reformation des ersten Erkenntnisses auf Kompensation der Kosten erkannt und V. nicht in alle Kosten verurtheilt ist K Greve und Schöffen des kurfürstlichen hohen Gerichts zu Köln, f. (A 64.) 91

1566. Bürgermeister und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich, Kleve und Berg. Mast und Jagd in „gemeiner Stadt und Reichs A. Wald", der Reichswald oder Reichsbusch genannt, dessen einzelne Theile aufgezählt werden wie folgt: 1. der Aldenradt, 2. der Haw, 3. der Buechenbusch, 4. die Scmderey, 5. der Startz, 6. der Hovenborn, 7. der Dieffenbroch, 8. die Fleeg, 9. der Eutgensraidt, 10. die Etsch, 11. der Rippert, 12. Under-MüUenborn, 13. Haenbuchenbroch, 14. der Haeg, 15. der Matteisberg, 16. der Weitersborn, 17. die Wasserkaulen, 18. der Oolensbroch, 19. der Ginsberg, 20. der Verkensweg, 21. die Heistern, 22. Müllenpleg, 23. das Kriebsloch, 24. der Bilstein, 25. der Kibusch, 26. die Buschheid, 27. die Kaigracht. (A 80^) 92

1566. Äbtissin und Konvent von Burtscheid g. Bürger- meister und Rath. - Jurisdiktion in Burtscheid, insbesondere betreffend das Recht, die Grindelen, Schläge, WegspeiTen und Wehren zwischen St. Michael und dem Kloster auf dem Berg, bezw. um das Dorf und die Herrlichkeit Burtscheid herum zu setzen und einzugraben. (B 5685.) 93

1566. Wilhelm Steffarts g. Graf Palant zu Culenburg, (Tuardian des Minoritenkloster^s ^. Forderung von 9 G. jähr-

') Vgl. Picks Bericht über die Vorwaltung dos Archivs der Stadt Aachen im Jahre 1887, S. 6, Nr. 19.

*) Vgl. über dieses Kloster Neu, Zur (leschiehtc des Franziakaner- klüsters, der Kirche uud Pfarre zum hl. Nikolaus in Aachen. Der oben genannte (Juardian wird in dem hier (S. 7:^) mitgetheilten Verzeichniss nicht envähnt.

Aachener Prozesse am Reichskaminergericht. 43

liclier Zinsen, wofür des K. Haus, genannt zum Ebersheuf\ verpfändet ist. Schöffenstuhl, f. (S 4845.) 94

1567. Prior und Konvent des Predigerklosters g. Franz Block. Retrakt von 5 Iforgen Land, in der Heide im Reich von A. bei St. Thonis^ gelegen, g. Ablösung des jährlichen Erbpachtzinses von 6 G. Schöffenstuhl. (A 129.) 95

1567. Paul Loersch, Greve des Bierbraueramts, g. Simon Kern, Anwalt der Regulirherren. Erhöhung eines Erbzinses von jälu-lich 5^2 Aachener G. auf 5^2 Goldg. Schöffenstuhl. (L 2574.) 96

1569. Prior und Konvent der Regulirherren g. Katharina von St. Truden (Truwen, Treven) zu A. Forderung von 132 G. für ins Kloster geholten Wein. Schöffenstuhl. (A 122.) 97

1570. Bürgermeister und Rath g. Schöffen und gemeine Nachbarschaft zu Burtscheid. Mandat an die V., ihren Beitrag zur Türkensteuer sub poena dupli an K. zu zahlen ^ (A 42.) 98

1570. Gillis Stickelmann g. Johann von Wallum, Meier und Vogt. Verbalinjurien zwischen K. und einem andern Bürger und deren Aburtheilung durch das Kurgericht, „welches Gericht durch einen ehrbaren Rath mit 13 aus demselben verordneten Personen als Urtlieilsprechern besetzt wird". Ueberschreitung der Befugnisse des Meiers bei dieser Gelegenheit. Schöffen- stuhl. (S 7118.) 99

1571. Elias Auslasser zu Schwaz* g. Bürgermeister und Rath. Entschädigimg mit 2000 Rthlr. für unrechtmässige Ver- haftung und Verwundung des K., sowie Tödtung seines Dieners durch Polizeidiener und Bürger von A. (A 1674.) 100

1571. Gertrud von Birkden g. Äbtissin und Konvent der Weissen Frauen. Entrichtung eines jährlichen Zinses von

*) Ein Haus „zu den Evershoide** auf dem Fischraarkt (ante Parvisium) wird schon 1337 erwähnt; vgl. Loersch, Acheuer llechtsdenkinäler S. 17'), Nr. 3.

*) Unbekannter Ort. Vielleicht ist nur ein Grenznachhar geraeint.

3) Vf?l. Quix, Hist.-topoj^r. Beschreibung der Stadt Burtscheid S. 151. S. auch Nr. 221.

*; iSchwaz, Bezirkshauptort des Knter-Innthals, Tirol.

44 R. Goecke

einigen streitigen Benden und Gütern, „baiisson St. Albreclitz- und Roistportzen gelegen". SchöflFenstuhl. (B 4323.) 101

1572. Bürgermeister und Rath zu Köln g. Schöffenmeister und Schöffen, auch g. Wilhelm Schleusen. Privileg der Stadt Köln, dass keiner ihrer Bürger oder dessen Güter anderswo mit Arrest angehalten und dadurch der Gerichtszwang begründet werden kann, Kontravention dadurch, dass auf Antrag des V. Schleusen Karl Trevenberg aus Köhi durch die Schöffen zu A. daselbst arrestirt und also per indirectum evocirt wurde. (C 1414.) 102

1574. Schöffenmeister und Schöffen g. Meier, Schöffen imd Gericht zu Herstal ^ an der Maas. Behauptimg, dass von dem Gericht zu Herstal an den Schöffenstuhl zu A. als nächstes Obergericht appellirt werden müsse, und Verletzung dadurch, dass die V. in einer bestimmten Sache die Kompulsorialien nicht respektiren und die Akten nicht verabfolgen. (A 54.) 103

1574. Schöffenmeister und Schöffen g. Agnes von dem Bongart, Wittwe des Franz von Hanxler, Pfandherrn der freien Herrliclikeit zu Herstal ^. Verletzung des ius de non evocando dadurch, dass die V. g. K. ein Mandat nebst (Mtation bei dem Hof von Brabant darüber ausgebracht hat, dass K. die Appellationsinstanz über das Gericht zu Herstal zu sein behaupten. (A 58.) 104

1576. Bürgermeister, Schöffen und Rath und Gillis von Thenen, Färber, g. Franz Merzenich zu Düren. Forderung des V. von 18^2 Rthlr. für Weizen und deshalb Arrestanlage auf etliche dem Gillis von Thenen zuständige, im Bezirk des Gerichts zu Siersdorf^ liegende Weiden. Einrede der Unzu- ständigkeit des Gerichts. Untergericht zu Siersdorf. Zweite Instanz: Hauptgericht zu Jülich. (A 65.) 105

*) Hcrstal, Kanton und Provinz Lüttich. Vgl. Loersch in Haagens Geschichte Achens I, S. 354, Nr. 45.

*) Vgl. Strange, Genealogie der Herren und Freiherren von Bongart S. 42 und die Anm. zu Nr. 103.

^) Siersdorf, Dorf, Kr. Jülich.

Aa<*hener Pn^ze--^ am ReicLskAmmerir^? rieht. 45

1578. Doktor Hans Betz s, Sohöffenraeister und Schöffen und deren Genossen. Behauptete Inkompetenz in Bezu<r auf eine angesetzte Strafe. Sehöffenstuhl. (B 3370.) UMi

1578. Heinrich Rademacher und Genossen ^. Bttrjrermeister, Schöffen und Rath. Nächtliche Verwundun«: des K. durch Simon Kücken am Büchel innerhalb des Markto^rindels \ obwohl zwischen beiden „Schlag^ens halber im Beisein von beiderseits Freunden und Verwandten ein Fried getroffen imd gemacht ist worden**. Kurgericht. (R 63.) 107

1581. Katharina, Wittwe des Johannes von Hohenkirchen, und Genossen g. Magistrat. Beschwerde über unbegründete Einleitung eines Konkursverfahrens und Beschlagnalmie liegender Güter«. (H 4877.) 108

1582. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf, Nikolaus, Abt von St. Komelimünster \ Wilhelm von dem Bongard '^ als Herrn zur Heiden zu Berger- hausen und den Jülichschen Vogt zu Ä. Störung des Religions- friedens, indem den Bürgern der Augsburgischen Konfession zu A. die Administration der Justiz wegen Beleidigungen von dem Jülichschen Vogt daselbst verweigert, der Handel mit seinen Unterthanen vom Herzog verboten und die Zufuhr aus dem Bezirk des Abts und der Herrlichkeit Heiden abgeschnitten wurde. (A 83.) 109

1584. Schöffenmeister und Schöffen g. Hermann von Hanxler als Pfandherrn und Schultheiss und Gericht zu Herstal. Verweige- rmig der Aktenherausgabe auf die von den K. als Appellations- gericht erlassenen Kompulsorialien, indem die V. nicht mehr die K., sondern den Kanzler und Rath von Brabant zu Maastricht als ihren Oberhof anerkennen wollen*. (A 55.) 110

0 Vgl. Nopplus, Aacher Chrowick (im2) Th. 111, H. 83.

*) Eine nähere Bezeichnung der'^i'lhon fehlt in d^n AkUtn.

') Nikolaus von Vorstheim oder Vonnh^-iin, ir>7a 1582; vj^l, Hchorn, Eiflia Sacra S. 407.

*) Vgl. über ihn Strange, Geneah>gie *hr llt-rrnn und h'rtiht^rrftu von Bongart S. 46.

*) Vgl. Nr. 104.

46 R. Goecke

1584. Wilhelm von dem Bongart, Herr zur Heiden und Blitt, g. das Marienstift. Appellation in Sachen erzwungener Frohndienste des Zehntpächters des Stifts g. den K. Haupt- gericht zu Jülich, bezw. Jülich- imd Bergisches Hofgericht zu Düsseldorf. (B ,5151.) 111

1585. Bürgermeister und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich, Kleve und Berg zu Düsseldorf und einen Theil der Schöffen zu A. Widerspruch g. die vom Herzog vorgenommene Präsentation des Johann von Thenen zu seinem Vogt oder Meier in der Stadt A., indem derselbe eine persona infamis sei und als Sekretär des Magistrats dessen Heimlichkeiten an den Herzog verrathen und die Dokumente bei seiner Flucht mit- genommen habe^ (A 84.) 112

1585. Joseph Lonz und Genossen g. I^eonhard von der Hoye und Genossen als Schöffen zu A. Unregelniässigkeit<>n bei der Schöffenwahl. (L 2572.) 113

1586. Schöffenmeister und Schöffen g. die gräflich Mander- scheidschen Räthe und Amtleute zu Schieiden. Vollstreckung eines von den K. in der Appellationsinstanz erlassenen Urtheils und Einziehung der g. das Untergericht zu Wildenburg* und das Hauptgericht zu Sistig^ festgesetzten Ungehorsamsstrafe von 6000 G.^ (A 67.) 114

1586. Bürgermeister und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich zu Kleve. Verfolgung und Drohungen von Seiten des V. g. die K. angeblich deshalb, weil sie den V. im Interesse der Augsburgischen Konfessionsverwandten verklagt hatten, durch Absperrung des Gebiets, Gefangennahme eines Bürger- meisters u. s. w. (A 85.) 115

1586. Bürgermeister und Rath g. Herzog Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf. Vei-weigerung der Durchfuhr von nach

») Vgl. Meyer a. a. 0. I, S. 491, § 29 a. E.; Haagen, Geschichte Achens n, S. 178 f.; von Fürth a. a. 0. 11, 2, S. 7 f., 51 flf.

*) Wihlenhurg, Dorf, Bgstr. Wahlen, Kr. Sehleiden. «) Sistig, Dorf, Bgstr. Call, Kr. Schieiden.

'*) Vgl. Loersch in Haagens Geschichte Achens I, S. 359, Nr. 87, S. 361, Nr. 106.

Aachener Prozesse am Reichskanimergericht. 47

A. bestimmten Früchten durch die Länder des V. und Gefangen- nahme Aachener Bürger. (A 86.) 116

1587. Bürgermeister und Rath pro interesse des Peter Starz und seiner Frau g. Tilmann von Vellrode, modo dessen Wittwe zu Heinsberg. Bezahlung einer zur Rentei der Herr- lichkeit zur Heiden gehörigen Schuld ; Einrede der Inkompetenz, weil K. zu A. verklagt werden müsse. Hauptgericht zu Jühch. (A 69.) 117

1588. Bürgermeister und Rath und Joliann Lonze, gewesener Bürgermeister, g. den fürstlich Jülichschen Generalanwalt zu Jülich. Anklage beim Gericht erster Instanz, dass Johann lionze* bei den Wirren in A. in den Jahren 1580 und 1581 die Aufrührer angereizt und die kaiserlichen Kommissarien, den Bischof von Lüttich und den Herzog von Jülich, in einer Schmäh- scluift beleidigt habe. P^inrede der Inkompetenz. Haupt- gericht zu Jülich. (A 94.) 118

1589. Schöffenmeister und Schöffen g. Kuno von BinsfehP zu Schönforst, Amtmann zu Nideggen, Paulus Stallenburg, Statthalter, sodann Schöffen und Gerichtsschreiber zu Weiler ^ Weigerung der V., die Kläger als Appellationsgericht über Dorf und Herrlichkeit Weiler, wo der von Binsfeld Gerichtsherr ist, ferner anzuerkennen. (A 70.) 119

1590. Bürgermeister und Rath g. Heinrich Yörrn, bischöf- lichen Offizial, zu Lüttich und Genossen (vermuthlich das Send- ^ericht zu A.). Wahrscheinlich Kassation eines vom Offizial zu Lüttich in Betreff des Sendgerichts zu A. erlassenen Erkennt- nisses; Einrede mangelnder Legitimation, da der Offizial sich in die zu A. entstandenen Religionswirren ordnungswidrig ein- fi:edrängt habe. [Unvollständige Akten.] (A 49.) 120

») Vgl. Meyer a. a. 0. I, S. 474 ff., § 13 ff.; Haagen a. a. 0. II, S. 170 ff.; von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 51 ff.

■) Vgl. Müller, Beiträge zur (leschichte des Herzogthams Jülich II, S. 172.

') Nach Lo er seh (vgl. Haagen, Geschichte Acheus I, S. 360, Nr. 101) <lie freie Reichsherrschaft Wylre hei Glllpen, im jet/Aixeu niederländischen Limburg. Der Vater Kanos, Werner von Binsfeld, hatte diese Herrschaft durch Heirath der Anna (nach Strange Agnes) von Nessel rode erworben (Fahne, <ip!»chichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen (iesohlechter I, S. 31).

48 , R. Goecke

1590. Bürgermeister iind Eath g. das Kapitel des Marien- stifts. Unbefugte Besitzergreifung und Profanation des Kircli- hofs des Kapitels zum Aergemiss und zur Verachtung der katholischen Religion. Einrede des unzuständigen Gerichts. Urtheil des Fürstbischofs von Lüttich. (A 171.) L. 121

1592. Kupferschlägerzxmft g. Herzog Johann Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf und dessen Kriegsobristen Nesselrode in Marschallsrade \ dessen Marschall von Veitenberg genannt Schenkern zu Jülich und Gerhard von Eilerborn daselbst. Unerlaubter Handel der V. mit Kupfer und Störung der K. dadurch, dass die V. die Fuhrleute zwingen, das von der K. zu Frankfurt gekaufte und nach A. bestimmte Kupfer an die V. abzugeben. (A 150.) 122

1592. Adam Pastor und Genossen g. Bonifacius Colin und Magistrat. Freilassung des wegen der in Sachen der K. g. V. anhängig gemachten Appellation von Bonifacius Colin*, Bürger- meister zu A., verhafteten Adam Pastor ^ (P 538.) 123

1593. Bürgermeister und Rath g. Bischof Ernst von Lüttich, dessen Stände und geheimen Rath daselbst. Vertragswidrige Heranziehung der Aachener Bürger zu der in Lüttich neu eingeführten Ausfuhrsteuer und zu der neuen Steuer auf Kupfer und Messing, welches zur Verarbeitung mit Lütticher Galmei eingeführt wird. (A 50.) 124

1600. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Bischof Ernst von Lüttich, Zöllner und Einnehmer im Stift Lüttich. Störung der K. im Besitz der Zollfreiheit im Stift Lüttich durch Heran- ziehung zu dem neu eingeführten Ausfuhrzoll, genannt der sechszigste Pfennig. (A 51.) 125

1601. Bürgermeister und Rath g. Ludwig Mallepart, früher zu A., jetzt zu Köln. Verletzimg des ins de non evocando durch Belangung der Wittwe Ellerbom, geb. von Dickholt, aus

*) Marschalls-Rode, jetzt Eath, Landgut, Gem. Roggendorf, Bgstr. Vussem, Kr. Schieiden.

«) Vgl. Haagen a. a. 0. H, S. 173, 181, 184 ff., 190 ff., 202 f., wo überall auf Meyer verwiesen ist.

») Vgl. von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 134.

Aachener Proze^s-ie am Reichskammenrericht. 4i»

A. erst beim bur^indisrlien Hofe zii Brüssel unter Arrestation ihres im Fürsten thum Limburg befindlichen Vermö^rens, «b\nn bei einem Gerieht zu Utrecht. (A 71.) VH\

1601. Bürgermeister und Rath g, Herzog Johann Wilhebn von Jülich und Genossen. Jurisdiktion bei Weiden \ Haaren und Würselen. (A 86^) 127

1601. Die Kupferschmiede und sämmtliche Kupferhändler g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. ITnbefngte Steigerung des Zolls auf das in die Stadt A. eingehende Kupfer. (A 151.) 128

1602. Schöffenmeister und Schöffen g. den Abt zu Korneli- münst^r^ Beleidigung der K. in einem Appellationsinstrument durch den Vorwurf der Parteilichkeit. (A 72.) 12!)

1602. Bürgermeister und Rath der Stadt Köln g. Bürger- meister und Rath. Verpflichtung der Bürger zu A., in (Wr Stadt Köln Accise- und Wagegelder zu zahlen, Störung durch ein Edikt der V., das den Aachenern diese Zahlung bei Strafe verbietet. (C 1415\) 130

1602. Heinrich Radermacher g. die Greven des Pclzer- amts. Baustreitigkeiten in Betreff einer in dc^r Piuitstrasse zwischen dem Zunfthaus des Pelzeramts und einem zum Hanse des K., der schwarze Ahr genannt, gehörigen Ausgang b(*fin(l- lichen Mauer. SchöffenstuhL (R prior 4480.) UM

1603. Bürgermeister und Rath g. Abt Martin von St. Jakob zu Lüttich. Anmassung der (Tericlit-^lmrkcit diinh Mandate und Citationen an den Schöffenstiilil zu A., in welchen verhingt wird, den zu A. verhafteten und wr-Mn Todschhig^ elnew Ver- wandten in Untersuchung befindlichen Kdmnnd von Bliitei .^^ yek genannt Passart, Drossart zu BiKcn, frelznhi-^en. weil er an/eb)ieh zu den geistlichen Personen gehöret (\ WI.) \M

0 Weiden, Dorf, Ldkr. Aachr-n.

») Jobann Heinrich von (iertz^'". » >^'7 P.'O '. /!. M,m ,L., - l,oni. Eiflia Sacra S. 408.

') Vgl. Nr. 133, 137, 138, 1351, H'i- 14;, V. -m. T- ^ n Vt - K:- bnr^, Belgien; Blitterswjck, Dorf, Prov. Ln/,.,u./ r , " - * -

50 R. Goeoke

1603. Wilhelm von Cortenbach, Jülichscher Stallmeister^ zu Kurtenbach bei Lindlar und Heinrich Hoen von Carthyls g. Bürgermeister, Schöifen und Rath. Auswirkung eines kammer- gerichtlichen Mandats an die V., dass sie den auf Antrag der K. in A. verhafteten und wegen Ermordung des Floris Hoen von Carthyls aus Rummen zur Untersuchung gezogenen Edmund von Blitterswyck genannt Passart, Lüttichschen Edel- mann aus Bilsen, auf keinerlei Verwendung und unter keiner Bedingung in Freiheit setzen, sondern die Untersuchung wider ihn fortsetzen sollend (C 1976.) 133

1603. Herzog Johann Wilhelm von Jülich zu Düsseldorf g. Stadt A. Jurisdiktionsstreitigkeiten, insbesondere betreffend die Stellung des herzoglichen Meiers oder Schultheissen in A. als „Gerichtspräsident und der Justiz Oberherr'', welche ihm, sowie das Recht, Pfändungen und Verhaftungen in der Stadt vorzunehmen, von Bürgermeister und Rath bestritten wird. (G 2826.) 134

1604. Bürgermeister und Rath g. Johann von Thenen, Jülichschen Meier der Vogtei. Denunziation wider Heinrich von St. Jakob genannt (Kapellen zu A. wegen Ehebruchs und wider Feuerfeil daselbst wegen Widersetzlichkeit bei dem Schöffen- gericht; Inkcmipetenz des letztern. Schöffenstuhl. (A 73.) 135

1604. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Johann Wilhelm Herzog vcm Jülich zu Kleve und dessen Beamten zu Jülich, Eschweiler und Brücken-. Eingriffe in die Strafgerichtsbarkeit, das Bergwerksrecht und das ins collectandi der K. durch Ver- haftung mehrerer Bürger aus A. zu Jülich und Eschweiler. (A 87.) 136

1604. Wilhelm vcm Cortenbach und Genossen zu Kurten- bach g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Mandat an die V., den in A. wegen Ermordung des Floris Hoen von Carthyls verhafteten Edmund von Blitterswyck vor vollständiger Beendi- gung der Untersuchung nicht zu entlassen ^ (C 1979.) 137

') Vgl. Nr. 132, 137, 138, 139, 142, 143. Kurtenbach, Dorf, Bgstr. Lindlar, Kr. Wipperfürth; Rummen, Dorf, Arroudissement Löwen, Prov. Brabant, Belgien.

') Brtiggen, Flecken, Kr. Kempen.

«) Vgl. Nr. 132, 133, 13S, 139, 142, 143.

Aachener Prozesse am Reichskaminer^ericht öl

1604. Kaiserlicher Fiskal zu Speior g. Erzlierzo«? Alhrerlit von Oesterreich als Herzog von Burgnnd und Hnibant zu BrüSvsel, . Bürgermeister und Rath der Stadt A., Knunul von Blittei-swyck genannt Passart zu A., dessen Schwester Margaretha zu Bilsen und dessen sonstige Freunde. Abstellung der vom Herzog und dem Rath von Brabant ausgegangenen Interventi(m und Repressalien gegen die Gefangennahme und Anklage des Kmcmd von Blitterswyck ^ (F 2724.) V\H

1604. Heinrich Hoen von Carthyls und (ienossen zu Köln g. Richter und Schöffen. Rechtshülfe wegen der Krmoidung des Floris Hoen von Carthyls durch Kmcmd von Blitterswyck *. (H 4472.) 1:M)

1605. Bürgermeister und Kath g. Schöffenmeister und Schöffen. Mandat an die V., ihr Amt gebührlich zu verwalt4'n, den Parteien wiederum Justiz zu administriren, die <;rledigt^n Stellen mit qualifizirten Personen zu besctz^iu und die K. nicht l)eim kaiserlichen Hofgericht, sondern beim K.-G. zu belangen, Einrede der gewaltsamen Behinderung in Wtrom l>i<*nst(; dunli die K., der unumschränkten (7ericlit^barkeit selbst g, tiUt K. und der Litispendenz beim Hofgericht zu Prag. (A IH,; 110

1605. Bürgermeister und Kath g. Johann Wilhelm Herzog von JüUch, Kleve und Berg zn Kleve, |^'h;tliptlln/. da-'^ der V. sein Vogteirecht zu A. von der ^tadt A, zu Lehn fniK«', dass er dies aber nicht anerkennen wolle, die -tailt bebij/irt, Mühlen und Häuser vor dem 'i'bor gepl.;ndMi und iiHliieM* Bürger gefangen gemmimen habe', ^\ »--j Hl

1605. Heinrich Hoen von ranJ.;.- u^ P.m-- t ü.n.t.r und Rath. Verweisung aus A. und anden- ( i ' -i' »i '-' '/* ''-' b v^iyiu Betreibung der Untersuchungssaeb<? g- f'- "* ''''' 1'*'**- '-* ^ '»' ^ wegen Ermordung des Floris Ho^ri v *, ^ '''''■ '- ^' ^''*^f Hi

') Vgl. Nr. 132, 133, 137, 130, 142, M'^

*) Vgl Nr. 132, 133, 137, 138, \4'£, I ♦-

') Vgl. Nr. 144 und 3Ieyer a. a^ '^ ' " ' '' ^ ^ '*' i'-«:- (teschichte Achens 11, S. 204.

*) Vgl. Nr. 132, 133, 137, 138, I'^'^^ '*'

52 R. Goecke

1605. Heinrich Hoen von Oarthyls g. Bürgermeister und

Rath. Entschädigung von 12000 G. für die durch Verbannung

aus A. erlittene Injurie ^ (C 295.) 143

1606. Bürgermeister und Rath g. Johann Wilhelm Herzog von Jülich und dessen Kanzler und Räthe zu Düsseldorf. Antrag auf Achtserklärung, weil der Herzog, früherer Mandate ungeachtet, im Jahre 1603 mit 900 Mann die Stadt A. belagert, die Mühlen und Häuser vor derselben geplündert, das im Gebiet der Stadt liegende Dorf Vetschau zerstört, mehrere Einwolmer gefangen genommen und dieses auch seinen Beamten befohlen habe^. (A 89*.) 144

1607. SchöflFenmeister und Schöffen g. Maria, AVittwe von der Linden, und Schultheiss und Schöffen der Herrschaft Reckum ^ an der Maas bei Maastricht. Behauptung, dass der Schöffen- stuhl zu A. die Appellationsinstanz über den Schöffenstuhl Reckum sei und Weigerung der V., ein Erkenntniss der K. zu vollstrecken. (A 74.) 145

1607. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. die Kanzlei des Herzogs von Jülich zu Düsseldorf, dessen Marschälle und Beamten zu Jülich, Montjoie, Effern, Mettmann u. s. w. Verur- theilung in die Strafen des Landfriedensbruchs, weil die V., als sie auf einem Landtag zu Bergheim versammelt gewesen, verschuldet haben, dass ein Zug von der Frankfurter Messe zurückkehrender Kaufleute, des von dem Herzog für 85 Rthlr. erkauften freien Geleits ungeachtet, von einem Jülichschen Kompagnieführer von Kirschroth überfallen, geplündert und theil- weise getödtet worden^. (A 89^.) 146

1607. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Ernst Biscliof von Lüttich, dessen geheimen Rath und fiskalischen Prokurator zu Lüttich imd Gerhard von Horion zu Veltimur. Störung der K. im Besitz der Herrlichkeit Fleron sammt der

») Vgl. Nr. 132, 133, 137, 188, 139, 142.

2) Vgl. Nr. 141.

') Reckheim, ehemalige Reichsgrafschaft, zum westfälischen Kreis gehörig; vgl. Loersch in Haagens Geschichte Achens I, S. 358, Nr. 79.

*) Vgl. Meyer a. a. 0. T, S. 540, § 104; Haagen a. a. 0. IT, S. 205.

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54 R. Goecke

1615. Maria Bossart, Johannes' Hausfrau, g, Bürgermeister und Rath und das Gericht zu Niederwerth. Personalarrest des Ehemanns der K. auf dem Schlosse zu Werth, willkürlidie Gefangennahme desselben, als er sich auf einer Geschäftsreise befand, und ihm dadurch in seinem kaufmännischen Geschäft, dem Handel mit Schafen, zugefügter Schaden. Es wird dem Bossart bestritten, dass er „seiner geringen Gelegenlieit nach" als Kaufmann zu betrachten sei. (B 5570.) 152

1620. Matliias von Althabig g. Winner Klockhelniers Wittwe und Kichter und Scliöffen. Vollstreckimg eines rechtskräftigen Erkenntnisses g. die V. wegen einer Forderung von 600 Thlr. (A 714.) 153

1620. Wilhehn von dem Bongart ^ zu Heiden g. das Marien- stift. Unterhaltung des Geistlichen bei der Kirche zu Rich- terich ^ Regierung zu Düsseldorf. (B 5156.) 154

1621. Bürgermeister, Schöifen und Rath g. Peter Darmont, Vicepropst des Marienstifts. Besteuerungsrecht der Aachener Dörfer, sowie das von den K. behauptete Recht, „in Ansehen der Polizei, CoUektation und iuris magistratus" über Lehngüter des Stifts in ihrer Bannmeile ebenso verfahren zu dürfen wie mit den AUodialgütern ihrer Unterthanen. (A 74**.) 155

1621. Nikolaus Amel, Johann Beel, Wilhelm Pin und der Procurator generalis fisci g. Bürgermeister luid R^ith. Störung des Notars Pin in Ausübung seiner Notariatsgeschäfte bei Insinuation von reichskammergericlitlichen Prozessakten. (A 777.) 156

1623. Goddert Mohr und Genossen g. Richter und Schöffen. Manutenenz der K. im Besitz eines bei öffentlicher Subhastation dem Mohr von den V. adjudizirten Hauses. (M 3207.) 157

1625. Nikolaus, Peter und Johann Ruland g. Bürgermeister, Sch()ff'en, Rath und Meier. Kassatiim einer von den V. auf Instanz des Juden Alexander verfügten Immission in die Erbgüter der K. in Folge eines K.-G.-Urtheils, das jenen in einem Prozess

*) Vgl. Strange, (ionealogie der Herren und Freiherren von Bongart S. 49 und Zeitj^chrilt des Aachener (Jesehichtsvereius V, S. 252 f. *) Ilichterich, Dorf, Ldkr. Aaehcn.

Aachener Prozesse am Reichskammerj^ericht. 55

^. die K. weg-en einer Forderung von 1000 Rthlr. mit seinem Exekutionsgesuch an bestimmte Vermögensstücke der K. gewiesen hatte. (R 4330.) 158

1626. Johann vcm Merode genannt Hoffalis g. Richter und Schöffen. Reclitsbeförderung in der Testaments- und Nachlass- sache des Solmes des K., Franz von Merode, g. dessen Wittwe Elisabeth, geb. Bertolf von Belven K (M 2298.) 159

1626. Marienstift g. Pfalzgraf Georg Wilhelm bei Rhein, Graf von Veldenz, und Genossen zu Sponheim und Birkenfeld. Der Xoval- Weinzehnte zu Winningen^ an der Mosel und der Antheil der „Herren zu A/ an der Unterhaltung des Pfarrhofs, des Pfan-ers und des Kaplaus daselbst. K.-G.-Kommissarien zu Koblenz. K.-G.- Akten, f. (A 1700 rot.) 160

1629. Nikedaus Amel, Johann Beel und Christian Mees g. Bürgermeister Speckhöfer und Rath. Ungesetzliche In([uisition g. die K. wegen Verspottung einer Prozession auf Denunziation des Speckhöfer. Entsetzung der K. aus ihren Rathsämtern und sonstige Unbilden, sowie Verhinderung ihrer Vertheidigung ^ (A 778.) . 161

1629. Johann Beel zu Speier, ehemaliger Stadtfourier zu A., g. Bürgermeister und Rath. Kautionsleistung von 16 000 Thlr., welche die Stadt vom K. wegen seiner „übler Verhaltung und begangener Pekulat" fordert*. Schöffenstuhl. (B 2191.) 162

') Elisabeth Bertolf von Belven, Wittwe des Freiherrn Franz von 3Ierode-Houffalize, heirathete 1630 in zweiter Ehe Theodor von Fourneau genannt von Cruykenborg, Mitglied des grossen Raths und Vicekauzler von Brabant (f 14. Februar 1634), in dritter Ehe Werner Freiherrn von Palant (vgl. Richardson, Geschichte der Familie Merode II, S. 321, 327 und 422).

''^) Winningen, Dorf, Kr. Koblenz. Von wem das Stift sein Gut daselbst erhielt, ist ungewiss. Der Besitz wird wahrscheinlich zuerst erwähnt in der Bestiitigungsurkunde K. Friedrichs II. vom Juli 1226 (Lacomblet, Urkunden- buch II, 8. 72, Nr. 13.5), aber schon 1204 schwebte ein Streit über den Zehnten in Winningen zwischen der Abtei St. Martin in Kr)ln und dem Marien- stift einerseits und dem Pfarrer von Winningen andererseits (vgl. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvercins VI, 8. 347, Nr. 1).

^) Vgl. Nr. 162 und 165.

*) Vgl. Nr. 161 und 165.

56 K. Cioecke

1()81. Die P](lelleute des Aachener Reichs und Kirclispiels des St. Laurenz-Bergs^: de Merode, Graf von Goldstein, von Eynatten und Genossen g. die Haus- und Bauersleute des «:enannten Kirchspiels. Heranziehung der K. zu den Geuieinde- lasten und insbesondere zur Einquartierung. Bürgermeister und Kath, f. (A 132.) \m

1631. St. Johanniter-Ordens-Konimende g. Stadt A. Ver- letzung der Ordensprivilegien durch Annmssung von Diensten und Frohnen an dem dem Orden zuständigen Hof „zur Kaulen*" ^ (I 028.) 164

1633. Nikolaus von Amel, Johann Beele und Christian Mees, Weinmeister und Baumeister, g. Bürgermeister, Scluiflen und Kath. Verhinderung des beim K.-G. anhängigen Rechts- verfahrens durch Erschleichung einer Ktnnmission beim kaiser- lichen Hofe auf den Erzbischof von Köln und Kassation des Hofreskripts 3. (A 779.) 105

1633. St. Johauniter-Ordens-Kommende für den Hofmann Leonhard Wernher zu P^lchenrath* g. Stadt A. Anforderung von Steuern und dagegen behauptete Exemtion. Magistrat. (1 629.) 166

1635. Herzoglich Jülichscher Anwalt zu Düsseldorf g. Joiumn von Tiienen. Herausgabe der seitens des A^aters des V., des Vogts Joliann von Thenen % vom Jülichschen Hofe vor und nach empfangenen und gesammelten Urkuuden betreftend die A^)gtei und Meierei des Herzogs von Jülich in A. Schöifen- stulil. (I prior 2190.) 167

1()37. Bürgermeister, Sciiöifen und Rath g. Guardian und Konventualen des Minoritenklosters zu Köln. Arrestanlage auf das der Stadt A. gtdiörige, bei dem Hallmeister und der Bank zu Köln befindliche Geld wegen rückständiger Zinsen von

*) Laurens})erj^, Dorf, Ldkr. Aacbeii.

*) Kulleii, Hof, 15<;str. Laureiiriljerg, Ldkr. Aachen. Vgl. Qu ix, Geschichte der St. IVter-lMarrkirche S. 75.

3) V^^l. Xr. H)l und 1(>2.

^) Elchemath, Dorf, Djjfstr. Würseleii, Ldkr. Aachen.

•'") V^^l. Xr. 112.

Aachener Prozesse am Reicbskam merger icht. 57

melirern Kapitalien, welche K. den V. schulden. Eaths- gericht der Stadt Köln, f. (A 75.) 168

1638. Werkmeister, Geschworene und gemeine Meister des Gewandmacher-Handwerks g. Krämer, Kaufleute und Tuch- scherer. Accise auf ausländische, besonders Limburgische Tücher und Kouleuren, sowie das Wirken, die Krimpung und das Netzen dieser Tücher, prinzipielle Erörtemngen über die Bedeutung des Aachener Tuchhandels bezw. der Tuchfabrikation. Bürger- meister und Rath. K.-G.- Akten, f. (A 1701 prior.) 1()9

1639. Prior und Konventualen canonicorum regularium conventus s. Johannis Evangelistae g. Bürgeimeister und Rath. St^imng im Besitze der Freiheit der geistlichen Güter von Lasten und Abgaben und Verurtheilung zur Strafe des Privilegienbruchs. (A 120.) 170

1641. Wilhelm von und zu Binsfeld in Köln g. Marien- stift und Stadt A. Das ins coUectandi in der Herrschaft Weiler, bezw. die behauptete Reichsimuuttelbarkeit dieser den Herren zu Binsfeld gehörigen Herrschaft ^ (B 4307.) 171

1641. Christian Mers als Provisor des Beguinenhofs zu St. Mathias g. Mutter und Konventualinnen des Gotteshauses Marien thaF. Besitz von drei Morgen Wiesengrund bei A. Schötfenstuhl, f. (M 2341.) 172

1642. Bürgermeister uud Rath g. Äbtissin und Konven- tualinnen des St. Klaraklosters zu Köln. Zahlung rückständiger Pensionen und dieserhalb Arrestanlage auf Forderungen der K. an Johann Punnis und A))raham und Nikolaus Meyer zu Köln. Rathsgericht der Stadt Köln, f. (A 76.) 173

1646. Johann Pelzer g. Richter und Schöffen des Schöffen- stuhls zu A. und des Untergerichts zu Weiler ^ Exequirung eines in Sachen des K. wider Christine am Zaun, Wittwe des Peter Starz, ergangenen, angeblich rechtskräftig gewordenen Erkenntnisses betreffend die Distraktiim der Zaunschen Erb- sclmft zu Weiler. (P 1130.) 174

») Vgl. Nr. 177 und Anm. 3 zu Nr. 119.

2) Vgl. Nr. 20 und 38.

3) Vgl. Nr. 110, Anra. 3.

58 R. Goecke

1648. Werner Nutt, Goddert Fibus und Paul von Tlienen g. Bürgermeister und ßath. Heimliclie Gesellschaft bei Pach- tung der städtischen Malzaccise. Bürgermeister und Kath. (N 2302.) 175

1652. Dionysius von Mensen zu Tignee ^ g. die Äbtissin des Klosters Ueberwasser zu Münster. Das Lehn Tignee bei Lüttich durch den Lehnhof zu Münster wegen Weigenmg der Investitur des Vasallen und jetzigen K. der V. und frühem K. zugesprochen. (M 3502.) L. 176

1655. Wilhelm von und zu Binsfeld in Köln g. Bürger- meister, Richter, Schöffen und Rath und Genossen. Reichs- unmittelbarkeit der Heirschaft Weiler, von dem Schöffenstuhl zu A. unbefugt vorgenommene Citation und Inhibition der vom K. zu Weiler eingesetzten Schultheissen und Schöffen^. (B 4308.) 177

1655. Schöffen und Gemeinde zu Schlenacken in der Graf- schaft GronsfehH g. Richter und Schöffen des Schöffenstuhls zu A. und Dietrich von der Couven zu Hees. Beschwerde über gewaltsames Verfahren g. die Gemeinde Schlenacken, welche eine Unterherrlichkeit des Grafen und General-Feldmarschalls Jobst Maximilian^ zu Gronsfeld sei, worüber die V. sich die Jurisdiktion anmassen. (S 3266.) 178

1656. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Pliilipi) Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, Herzog zu Jülich, und Genossen. Anlegung eines Weihers und Wasserstaues in dem Reichswald zur Etsch •' und Aufführung von Dämmen um den erstem seitens der V. zum ^ohnwiederbringlichen Schaden und Nachtheil" der K. (A 89^) 179

1656. Wittwe Paul Lersch, geb. Meubach, g. Ruth zu A. und Mathias Wilhelm Lersch zu Köln. Zurückgabe weg-

') Tip^üoe, Dorf, Kanton Fleron, Arrond. und Prov. Lüttich. Vj^l. Loorsch in Hiia<?ens GoHchichtc Achens I, 8. 359, Nr. 93.

^) Vgl. Nr. 17 J.

^) Vgl. Loersch in Haagcns OeHchiehto Achens I, S. 359, Nr. 89, S. 353, Nr. 40. Slcnaken, T>orf bei Maastricht, Trov, Limburg, Königreich der Niederlande; llees, Porf, Arrond. Tongern, Prov. Limburg, Belgien.

*) Vgl. Qu ix, Schloss uud ehemalige Herrschaft Rimburg S. 34 f.

'') Vgl. Nr. 72 uud 92.

Aaeheuer Prozesse am Reicbskammergericbt. öl)

?:euommener Handelsbüclier, Rechnung'sablage weofcu gepflogener Handelsgesellschaft, Abrechnung und Waarentheilung, Alimen- tation >. (L 1376.) 180

1()57. Bürgermeister, Schötfen und Rath g. Philipp Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, Herzog zu Jülich. Das von der Stadt A. l)ehaui)tete Eigenthum an dem Reichswald, welcher nach Behauptung des V. ausser der Laiulwehr des Reichs von A. t^elcgen und „von undenklichen .Fahren hero** den Reichsleuten und andern Schirmverwandten des Herzogs eigenthümlich zu- irehörig sei. (A 8i)^) 181

1(557. Wittwe Paul Lerscli, geb. Meubach, g. Rath zu A. und Franz Gillis zu Burtscheid. Kassation eines unstatthaften Kxekuti(msverfahrens in einer in der Appellationsinstanz beim K.-(i. anhcängig gewordenen Sache, Schuldforderung von 073 Thlr. betreffend^. (L 1377.) 182

IGoS. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Philipp Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein zu Düsseldorf. Anmassung der Jurisdiktion ?. den Stellvertreter des Jülichschen Meiers zu A. wegen ausser seinem Amte begangener Frevel von Seiten des V. unter dem Vorwand seiner Schirmherrschaft. (A 90.) 183

Hiol). Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Philipp Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, Herzog zu Jülich. (4ericlitsbarkeit am Kayhusch betreffeml und Landfriedensl)ruch durch die Fort- fiihnmg einiger in der .,Kelmiskaul'' daselbst arbeitender Werk- leute durch 150 Pfalz-Xeuburgische Soldaten nach Eschweiler. (A Ui)\) 184

1651). J(diann Bock g. Bürgermeister, Schöffen und Rath, ^^'ie auch Kurgerichts-Assessoren. Ueber den K. verhängte hohe Kautimi und schimpfliche (iefängnissstrafe wegen blosser Verbal- injurien und verweigerte Zulassung von Zeugen. (B 4()1)5.) 185

IGGO. Bailei Altenbiesen des Deutschordens zu Altenbiesen ir. Stadt A. Freiheit der Ordensangehörigen und Hofleute von

') \\-l. Nr. J82. -) Virl. Nr. 180.

60 R. Goecke

Zahlung der Accise, Zurückgabe des den Hofleuten zu Verlauten- heide und I)omnlers^\^nkel bei A. Abgepressten und Abgepfän- deten. (T 979.) 186

1661. Abtei Korneliinünster g. ScliöfFennieister und Schöffen. Unbefugte Anmassung der Gerichtsbarkeit g. K. und deren Ihitertlianen zu Eilendorf. (C 1770.) 187

1661. Gottfried von Freisslieini, Obrist, g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Verabsendung der Akten in Sachen des (Terhard von Ottegraven g. den K. wegen Zahlung von 164 Thlr. aus dem Depositum des Franz Hamm an eine unparteiische Juristenfakultät. (F 1094.) 188

1662. Bürgermeister, Scliöffen und Rath g. Bürgermeister und Rath und sämmtliche Bediente und Faktoren des Komptoirs Gürzenicli auf dem Kaufhaus zu Köln. Behauptung, dass die den Aachener Bürgern gehörigen „Tücher, Stamete und Bayen**, welche zu A. oder im Lande Limburg und Falkenburg gemacht werden, auf der Kaufhalle in der Stadt Köln von der gewöhn- lichen Abgabe, dem himdertsten Pfennig, vertragsmässig frei seien, und Verletzung dadurch, dass der Magistrat zu Köln die dort ausstehenden Aachener Kaufleute durch die Komptoir- diener des Gürzenicli mit Pfändungen zur Entrichtung dieser Abgabe gezwungen. (A 36.) 189

1662. Prior* und Konvent des Klosters Schwarzenbroich* g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Zaiilung von 300 Tlilr. aus Darlehn. (S 1763.) 190

1663. Franz Theodor von Hoen und zu Cartiiyls in Carthyls bei A. g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Justizverweigerung in Sachen g. von Weyler wegen Immunität des adeligen Hauses und (Tutes zu Carthyls von Einquartierung und sonstigen Lasten. {C 296.) 191

1663. Priorin ^ und Konventualinnen des Klosters Wenau r. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Zahlung mehrerer jähr-

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') Nikolaus Jamin, v^l. Zeitschrift <los Aachener (Jcschichtsvereins IV, S. 9. -) Schwarzeiibroich, Dorf, Bj^str. Echtz, Kr. Diiren.

3) Maria Richniunda von Streithagen (1«(;2 - I(J(>5); vgl. Bonn, Die (Jeschichte des (ieiht- und Freiadlichen Klosters Wenau S. 120 und Zeitschrift des Aachener Geschieht svereins IV, S. 2(>7, Z. 221.

Aachener Prozesse am Reichskaramergericht. (>1

lieber Renten, im Ganzen im Betrage von 140 Goldg. in der vereinbarten Münzsorte. (W 1889.) 192

1664. Mathias Leyendecker g. Stadt A. Revision eines Prozesses mit den AccisepäcUtern zu A. wegen eines angeblich geschmuggelten Fässchens Indigo. (L 1589.) 193

1665. Henricus Campo g. Schöffenstuhl und den Kanonikus Steinonius. Anmassung kaiserlicher Geri(^htsbarkeit durch den Schöffenstuhl in Sachen Steinonius g. ( -ampo wegen 300 G. Schöffenstuhl. (0 145.) 194

1665. Lambeitus Lambert g. Schöffen und Ratli. Ein- setzung in die dem K. durch Wahl zugefallene Rathsherrnwürde. (L 106.) 195

1665. Karl von Münster g. Bürgermeister und ilath.

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Promotorialien in Denunziationssaclien des K. wegen Verbreitung eines g. ihn gerichteten Pas(iuills. (M 4635.) 196

1665. Albert Probst zu Burtscheid g. Ri(*hter und Schöffen. Beschwerde über verzfigerte Rechtspflege in Saclien des K. wider seinen Bruder Hans Willielm Probst und Peter Matheis betreffend *lie Verlassenschaft des Johann Probst, bezw. eine dem K. auf (irund eines Vergleichs cedirte Kaufgelder-Forderung von 300 Thir. (P 2269.) 197

1665. Die Gemeinden Würselen, Weiden und Haaren g. Ant4in Stücker und Genossen. Protestation g. unbillige Steuer- umlage und Rückgabe zu viel bezahlter Steuern. Schöffenstuhl. (W 5816.) 198

1666. Schöffenmeister und Schöffen g. Jülich-Bergische Regieining zu Düsseldorf. Behauptung, dass K. das Appellations- j^ericht über die Hen*schaft Dyck' seien, die V. aber dieses nicht anerkennen wolle, indem sie der Requisiticm um Exekution g. den Grafen von Salm nicht Folge leiste. (A 95.) 199

1666. Henrica Raitz von Frenz, Äbtissin zu Burtscheid, g. Bürgenneister und Rath. Verletzung des Vertrags von 1510 wegen der Jurisdiktion, wonach bei Streitigkeiten zwischen Aachenern

*) Vgl. Loersch in Ilaagoiiß (Joschicbte Acbens l, S. 852, Nr. 24.

r,2 R. Goecke

und Burtsclieiderii der Gerichtsstand des ^Bekümmerten** mass- gebend sein solP. (B 5686^) 200

1666. Dionysius von Mensen zu Tignee bei Lütticli g. Scliöffenstuhl. Unzulässige Berufung in Kriminalsachen vom Gericlit zu Tignee an den V. (M 3503.) L. 201

1667. Die Gemeinden Traben und Trarbach g. das Marien- stift. Unrichtige Lieferung des jährlichen 2/3 Weinzehntens zu Traben und Trarbach ^ Gräflich Sponheimische Regierung zu Birkenfeld. (T 215.) 202

1667. Peter von Thoir zu Köln g. Schöffenstuhl zu A. und Gericlit zu Burtschcid. Exekution eines Urtheils g. Arnold Polssen, Forderung von 900 Tlilr. betreffend. (T 1624.) 203

1670. Ludwig Mantz zu Haaren^ g. Schöffenstuhl. Ver- stattung des Rechtsmittels der Revision in Sachen des K. g. Wilhelm Schmidt wegen angeblicher Zerstörung einer dem Marien- stift zu A. gehörigen Hecke. (M 909.) 204

«

1671. Schultheiss und Schöffen zuOphoven* und Genossen g. Schöffenmeister und Schöffen und Genossen. Appellation g. ein vom Schöffenstuhl erlassenes Erkenntniss, nach welchem die Gemeinde Ophoven eine Strafe von 300 Goldg. zahlen soll. [Näheres wegen Unvollständigkeit der Akten nicht zu ersehen.] Schöffenstuhl. (O 966.) 205

1672. Schöffenmeister und Schöffen von Burtscheid g. Schöffenmeister und Schöffen. Störung der K. in Ausübung der Kriminalgerichtsbarkeit durch die V., die sich als „Oberhaupt" der erstem bezeichnen, anlässlich der öffentlichen Ausstellung von Manns- und Weibspersonen am Pranger und des Auspeitschens derselben in Burtscheid ^ (B 5695.) 206

*) Vgl. Qu ix, Hist.-topogr. Beschreibunpj der Stadt Burtscheid S. 148.

-) Beide Orte im Kr. Zell. Der Besitz des Stifts zu Traben wurde auf eine Schenkunjj^ Ludwi<?s d. Fr. zurückgeführt; vgl. die zu Nr. 160 genannte Urkunde Friedrichs II. Vgl. auch Nr. 296 und 334.

^) Haaren, Dorf, Ldkr. Aachen.

'*) Ophoven, Dorf, Bgstr. Merkstein, Ldkr. Aachen, zum Aachener Reich gehörig.

^) Vgl. Scheins in der Zeitschrift des Aachener (lesehichtsvereins II, S. 87 ff.

Aachener Prozesse am ReicUskammerjrericht. (V,\

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1672. Gertrud, Wittwe des Balthasar Richter, g, Bürger- meister, Schöifen und Rath. Erstattung des Kaufpreises dreier zu A. belegener, der K. gehöriger Häuser (haus, lioflF und erf . . gelegen in (.'ohier auserster Strassen . . , stalil hinter seinem (des Balthasar Richter] luius die Wagh gnant in Colnerstrassen beneben der Hurengasen und dem güldenen Kh)tz zur einer und anderer seilen gelegen . . , haus, hoff und erf in ('olnerstrass bey nalie st* Peters kircidu)ff negst Wernern Hall und Leonarden (jerahrdt zu einer und anderer seilen), welche V. auf Anhalten der Gläubiger der K. hatten öffentlich verkaufen lassen, sowie des Kaufpreises der in derselben Art verkauften Jlobilieu der K. (R 2037.) 207

1073. Richter und Urtheiler des Kurgerichts g. Schöffen- stuhl. Behauptung der Jurisdiktion der K. in allen grössern Kriminal- und Injuriensachen g. die Einwohner von A. und Verletzung dadurch, dass der herzoglich Jülichsche Anwalt mehrere Einwohner von A. wegen Verwundung bei dem Schöffen- stuhl angeklagt und dieser sich für kompetent erachtet habe. (A 19.) 208

1673. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Kurfürst Maximilian Heinrich zu Köln und Propst, Dechant und Kapitel des Marienstifts. Recht der K., zur Deckung des durch den westfälischen Frieden festgesetzten Kontingents auch die im Bann der Stadt A. belegenen, dem Stift gehörigen (iüter Paffen- broich > und Hausen « zu besteuern. Verletzung durch ein auf Antrag des Stifts vom Kui-fürsten hiergegen erlassenes Verbot. (A 37.) 20»

1674. Balthasar Fibus g. Syndikus der Stadt. K. als Pfandinhaber des kleinen Bades^ zu A. soll dessen abgebranntes Dachwerk auf eigene Kosten wiederherstellen und einen dabei befindlich gewesenen Stall nicht wiederaufl)auen. Schöffenstuhl. (F 1260.) 210

») Paffenbroich, Ilof, Bgstr. Laurensberg, r^<lk»*. Aachen. 0 Hausen, Landgut, Bi^str. Laurensberj?, Ldkr. Aachen. ') Vgl. Noppius, Aacher Chroniek (H5'^t2) Th. I, S. 106 a. E. und 107; Blond el, Thermao Aquistrranonst >s p. 89 (diuitsche Ausi?. lOHS, S. 71).

G4 R. Goeoke

1674. fFakob Wiuand ff. Bürgermeister und Rath. Aus- weisung des K. aus der Stadt A. und demselben angekündigter lOOjähriger Bann. (W 3760.) 211

1676. Die Meister der Fleisclilmuerzunft g. den Schöff'en- stuhl. K. hatten den Fleischhauer Starz wegen Verdachts des Verkaufs verdorbenen Fleisches aus der Zunft ausgeschlossen, dieser dagegen an den verklagten Schöifenstuhl appellirt; K. behaupten aber, dass nicht dieser, sondern der Ilath kompetent sei und verlangen Zulassung der Revision. (A 153.) 212

1676. Gottfried und Katharina von Wachtendonk g. Richter und Schöffen. Justizverweigerung durch NichtVollstreckung eines g. die Erben des Arnold von Wachtendonk auf Zahlung von 475 Thlr. lautenden und rechtskräftig gewordenen Erkenntnisses. (W 31.) 213

1676. Isabella Margaretha Franziska von Westerloe und (Tenossen zu Stein^ g. Simon v(m Kampen und den Schöffenstuhl. Eingriffe in die Jurisdiktion über die Herrlichkeit Stein durch einen beim Schöffenstuhl über den Nachlass eines von Kamp anhängig gemachten Prozesses. Schöffenstuhl. (W 2397.) 214

1677. Johann Hunold g. die Predigerherren. Anfechtung der letztwilligen Vei-ordnungen der Sibille und Marie Hunohl und Herausgabe deren Verlassenschaft. Schöffenstuhl, f. (H 6307.) 215

1679. Die Velpeelerzunft g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Vollstreckung der polizeilichen Verordnung, wonach den Velpeelern allein das Recht zusteht, das vcm ihnen bereitete ziemische (oder semische) Leder im offenen Laden zu verkaufen, die Krämer aber hierzu nicht berechtigt sind. (A 154.) 216

1679/1 680 2. Gebrüder Abraham und Isaak Roemer g. Schöffen zu A. und Eberhard Dütgens Erben zu Frankfurt und Nürn- berg als Kreditcu'en der Erben. Vollziehung eines von dem Schöffenstuhl zu A. mit den mitverklagten Erben Dütgen

*) V^l. Loersch in Ilaa^rons Geschichte Achcns I, S. H^O, Nr. 92.

^) Es hainlelt sieh hier um zwei Prozesse mit den nämlichen Kh'ii^ern und gleicliem (legenstand; nur die J5eklag:ten erscheinen in dem einen in anderer Eitrenschaft, als Kreditoren der Khii^er.

Aacbener Prozesse am Reichskammergericht. 65

abgeschlossenen Vergleichs über Nachlass der Forderung der letztern an K., welche in der Lage sind, mit allen ihren Kreditoren zu liquidiren. (R 2983, 2984.) 217

1680. Marie, Wilhelm und Otto von dem Bongard für Lam- bert (Lomm) Olyschlager zu Bergerhausen g. Wittwe des Arnold Waldbott von Bassenheim und Schöflfenstulü. Aufhebung der Ge- fangenhaltung des Bongardschen Unterthanen Lomm Olyschlager, welche über denselben verhängt wurde zur Erzwingung einer Geldstrafe von 300 Goldg. wegen Ungehorsams g. den Spruch des Schöffenstuhls in Sachen der K. g. Johann Knibb, Erbpachts- forderung betreffend. (B 5169.) 218

1680. Schöffenmeister und Schöffen zu Burtscheid g. Schöffen- meister und Schöffen. Verfügungen wegen Gewicht, Elle und Mass. Schöffenstulil, f. (B 5696.) 219

1680. Die Gemeinden Würselen, Weiden und Haaren g. Pfalzgraf bei Rhein und Stadt A. Waldeigenthum, Holzhieb und Holz verkauf. Pfalzgraf bei Rhein und Schöffenstuhl. (W 5817.) 220

1681 und 1776. Äbtissin zu Burtscheid als Erbvogtin, Schöffen und Gemeinde von Burtscheid g. Bürgermeister und Rath. Kontributionsbeiträge zur Türkensteuer, von der Stadt A. angemasste Eintreibung in Burtscheid und gewaltthätigcr Ueberfall des Dorfes K (B 5687.) 221

1682. Peter Carlier g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Justizverweigerung in der Lijuriensache des Bürgermeisters Schorr (wohl Schörer) g. K. (C 263.) 222

1683. Bürgermeister, Schöffen und Rath g. Johann Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein, Herzog zu Jülich. Jurisdiktionsstreitig- keiten über die im Bezirk und der Botmässigkeit der Stadt A. gelegenen sog. Hof- und Forstgüter, sowie den K. eigenthümlich gehörige Galmei- und Erzgruben, von dem V. dieserhalb vor- genommene Sequestrationen, speziell zu Düsseldorf beschlag- nahmte Tücher, Wollengewand und Bombasinen von Aachener Handelsleuten, welches Vorgehen als „Totaldestridction der Reichsharmonie " seitens des K.-G. bezeichnet wird. (A 90*.) 223

») Vgl. Nr. 98.

R. Goecke

1686. Bürgermeister und Rath und Kornelius Weissenburg g. Johann Hütten und Genossen zu Burtsclieid. Anrufung der Jurisdiktion des herzoglich Jülichschen Vogts und Majorie- Statthalters seitens des Hütten wegen eines Arrestes. Her- zoglich Jüliclisclier Rath und Major, bezw. Schöffen stuhl, f. (A 91.) 224

1688. Bürgermeister und Rath g. Karl Lothar von Bongard \ Herr des Ländleins zur Heiden, in Haus zur Heide und Schöffen in Forsterheide. Diffamationsklage, weil V. von Bongard sich berühmt, die im Reich von A. belegene gemeine Heide, das Lauterbüschchen, welclie des Raths Bauerschaft zu Laurensberg und Vetscliau^ mit einigen Unterthanen des Ländleins zur Heiden gemeinschaft- lich beweiden, als sein Eigenthum verkaufen zu dürfen. (A 59.) 225

1693. Bürgermeister und Rath g. Schöffenstuhl und die übrigen Gläubiger des Nellis Thönis in St. Jobs^ Präferenz der Stadt A. wegen ilirer Forderung für Dienste und Abgaben vor den übrigen Gläubigem des Thönis aus dessen subhastirtcm Haus, Hof und Erbe zu St. Jobs im städtischen Territorium, das dem Servaz de Rossay adjudizirt worden, und unbefugte Anmassung der Jurisdiktion seitens des Schöffenstuhls. Schöffenstuhl, f. (A 20.) ^ 226

1693. Bürgermeister und Ratli, sowie Bürgermeister und Assessoren des Kurgerichts g. Schöffenmeister und Schöffen, wie auch Vögte und Major. Störung des Kurgerichts in Ausübung der Kriminaljurisdiktion durch Anbringung der Anklage vor dem Schöffenstuhl. Behauptung der K., dass „von den prozessen und urtheilen, so alm den gedachten churgericht in sachen todt- schläg, frevel, Scheltwort und andere dergleichen malefizhändel berührend ergehen", an kein anderes Gericht appellirt werden könne. (A 21.) 227

1693. Bürgermeister und Rath und Bürgermeister Wilhelm Adolf von Eyss genannt Beussdall g. Dionys König. Ungültig-

*) Vgl. Michel in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins V, S. 255.

*) Die Vorlage hat Untschen und an anderer Stelle Vntschaw. Aehnlicher Les- oder Schreibfehler finden sich in den Akten des Reichskammergerichts gar manche.

^) St. Jobs, Dorf, Bgstr. Weiden, Ldkr. Aachen.

keit einer SubluistatiiHK weil eine utnie (»evsoluihoil aii^eiu»miuon und cv«r^n kiinir*Mnb's trold verkamt uiul dem V. udiudi/irt wonleo- .-N'IiöttVusruIiL f. lA Ts.) •>->K

1^>1*8. iHM'hant und Kapitel lies Murieustirts i;^. kurptal/iNche Hofkammer zu l>n>:><4<l)rt'. Weiireruuii: der Hv>lkauuuer, IViuei* dem Kapitel jälirlieh 20 Malter Hafer aw liefern, uud \ erlahjjeu, dennoch von dessen Zehutliof iu l>urei» jahrlieh UKH> UaiiM'lieii Stroh zu beziehen'. Reskript der Hi»t*kauuuer zu Uü^Mddi»rt. (A 101.) iiV^

1693. Korn- und I^rodiuarktuu'ister .lohanu Kreim^' und Genossen g. SchötttMimeister und SchidliMi uiul hi^r/u^^lieh .liilirh- schen Anwalt Bernhard Hausmann. rnheruK''te jieMrhhiKii'tljnH^ von durch die K. ein^''el)rachtem Korn, HehauptunK (h*i's»'lhen. dass sie selbst in erster Instanz in suhdien KaUen die Ko^muiImu hätten und die zweite Instanz nicht vor den <lt*rirhlen, NHuhiu vor dem Rath sei. SchöHcnstuhl, (A 10.1.) tMt

1693. Greve und Meister d<'S j'o^ann'nl wiiker-Handwork;^ und deren Zunftdiener od<*r L<'ufkn<'<lit * |/, lar/of/ljrlj Jn)i<Ji- schen Anwalt. Vu^H^fiiirUt Ji^xhla^nülim«' von /wtj Siii(k«'Ji Posament auf der Sandkaul, die Mu<ke ^^liifit-n dun Gjojmi.- schild und Müller, wehia- si<'h tl'^li in di«- /unft *ih^^< i*j i tt haben; Einrede, dass ni«ljt das G«*ii<Jjt. i^nAi-ni uay <l< r J^iii k(>rai>etent sei. -- Scli<;li'(Mi>iiilj!. i\ l,ij.) ZU

1693. Bürirt^nneislJ'j- ^ tiiid Kh'^h tU-f -^^.''t lnn*u */. I;* <'La,it und Kajatel d^-N MaritMi.-^Titi.-. J-n^i^tn dt.* /n.i.'i.Mt, de i \. iu Düren v«m Jjill<*ttinii.;r njidjM.ÜMi. Pi». ii,. ':...-'iij, J.ii.ci. Be^iri^<'lle K<*;ri<Tun;: zu \ni -^»-Ki ,!■♦. ([j 2*f't,j yy/

Ki^H. IÜU';_'<M-nit'i--ti'r nur J;,tM «i« » >^'..jo >A\/.,y '/ >!-.iiMi Stift. Ersatz d«'f von dcit /n >,!•/.;' » ii,'|...,i m -• i- . '.«J-im,i ni

S V*:!. Nr. 'Z'i^'l.

dipionuita I |. ]'l^. ij 41^. '> f '.jj . I ' w* .. . ' y * '.» .

still KiHM'f LoUju' (lut- 1 I !i \>.. j' .'..1...' . > i' ii I < ,■ «j j(l

66 U. Goecke

Beschlag genommenen Zelmtfrüchte des Marienstifts. Eegiening zu Düsseldorf, f. (S 6810.) 233

1693. Johann Rottkranz und Bürgermeister und Eatli g. SehöflFenmeister und Schöffen und Genossen. Betreifend die Frage, ob Injurien vor dem Kur- oder dem Schöffengericlit auszutragen sind. Schöffenstuhl. (R 3980.) 234

1694. Rector collegii societatis Jesu g. Wittwe und Kinder des Jakob de Witte. Herausgabe des mütterliclien Erbtlieils des Paters Petnis de Witte ex cessione des letztern. (A 130.) 2^i5

1696. Rektor der Jesuiten g. kurfürstlicli pfalzische Regierung zu Düsseldorf. Justizverweigerung in Saclien des Jesuitenklosters als Inliabers der Kapelle s. Servatii g. von Mulstrohe zu Neuhoff wegen Entrichtung der von den Gebrüdern von Kinzweiler gestifteten jährlichen Rente von 22 Müdden Roggen und ebensoviel Hafer ^ (A 131.) 236

1697. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Johann Wilhelm Pfalzgraf bei Rhein als Herzog zu Jülich in Düssel- dorf. Befehl des V. d. d. Düsseldorf, den 27. September 1696 an den Schultheiss zu Montjoie, die Güter des Stifts im Amt Montjoie zu den Steuern heranzuziehen. (A 104.) 237

1697. Greve und Zunftmeister der Krämerzunft im Interesse ihres Zunftgenossen Jakob Gyott g. Buchhändler Arnold Metter- nich. V. hatte die erste Buchhandlung und Druckerei von Köbi nach A. 1691 unter der Bedingung verlegt, dass kein anderer Buchhändler sich dort etabliren dürfe und nur der Krämerzunft freistehe. Gebet- und andere kleine Bücher zu verkaufen. Dem Jakob Gyott aus Souchier ^ war aber bei seinem Rücktritt zum Katholizismus 1694 das Bürgerrecht und der Handel mit fran- zösischen Büchern verliehen, wogegen V. sich beschwerte. K. halten ihren Anspruch aufrecht. Schöffenstuhl. (A 142.) 238

1697. Werkmeister und Geschworene des Wöllnerambachts g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Störung der K. im Besitz des Rechts, in erster Instanz selbst über Handwerkssacheu und

0 ^gl' Quix, Hist.-topog^r. Beschreibung der Stadt Aachen S. 93. ') Etwa Souchez, Arrondissement Arras, Dept. Pas de Calais.

Aachener Prozesse am Reichskammergericht. 69

besonders über Konfiskation der eingelienden fi^emden Hüte zu erkennen. (A 157.) 239

1698. Bürgermeister und ßath g. Dechant und Kapitel des Marienstifts. Diflfamationsklage, weil V. bei dem päpstlichen Nuntius in Köln sich darüber beschwert hatten, dass K. ohne ihre Mitwirkung ein Dank- und Freudenfest wegen des Friedens- schlusses von Ryswick (1697), namentlich einen Gottesdienst in der 1413 zu Ehren der Apostel Philipp und Jakob consekrirten Kapelle des königlichen Saals des Rathhauses hatten anordnen und in dem vorherigen Kriege die Häuser der Kapitulare mit Einquartienmg belegen lassen*. (A 39.) 240

1698. Nikolaus Michels g. Schöflfenstuhl. Verweigerung der Aufnahme eines Inventars und Theilung des Nachlasses des ohne Testament verstorbenen Jakob Freund. (M 2721.) 241

1698. Gemeinden bezw. Quartiere Würselen, Weiden und Haaren g. Rath. Freie Verfügung über den Reichswald auf dem Echer und Schweinetrift daselbst. (W 5818.) 242

1699. Gerhard Henrich g. Leonhard Hees und den fiskali- schen Anwalt. Konfiskation von ZAvei unter fremden Namen und Umgehung der Accise eingeführten Fässern Oel. Bürger- meister und Rath. (H 3200.) 243

1700. Bürgermeister und Rath g. Karl Lothar von Bongart, modo dessen Wittwe und P>ben in Heiden. Mandat zur Reassum- tion des Prozesses wegen des Lauterbuschs und zur Redinte- gration der Akten. (A 60.) 244

1 700. Wittwe Tilmann vcm Nickel ^ g. Bürgermeister und Bath. Exekution eines vom Offizial zu Köln in Sachen der K. ^. Johann Wilhelm von Fürth ^ erlassenen Pirkenntnisses betreff*end Zahlung von 3309 Rthh-. (N 1185.) 245

1702. Der Fiskal des Sendgerichts g. Laml)ert von der Horcht, Gertrud von Weyhe und Maria Biülenmeyer. Anklage

•) Vgl. ifeyer a. a. 0. I, S. 679 if.; Haagcn, Geschichte Achena II, 8. 303 f.; Laurent, Aachener Stadtrechnungen S. 44.

») Vgl. von Fürth a. a. 0. 11, 2, S. 168.

3) Vgl. von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 171 ff. und 199 U

70 R. Goecke

auf Ehebruch und öffentliclien Skandal bei dem Sendg-ericht, Verurtheihing der V. in contumaciam und unbefugte Appellation derselben an den päpstlichen Nuntius, während Appellation gar nicht zulässig ist. (A 79.) 240

1702. Greve und Meister der Krämerzunft g. Greve und Meister der Pelzerzunft. Eigenmacht der V., welche das Haus des Krämers Trens gestürmt und demselben für 30 bis 40 Thlr. ausländisch gemachte Muffen abgenommen haben; K. behaupten, dass der Verkauf dieser, sowie alles Handbindwerks ihnen gebühre. Schöffenstuhl. (A 143.) 247

1702. Maximilian Ernst Blondel g. Kurgericht. Misshand- lungen und Injurien, Avelche dem K. in einem Prozess mit dem Kanonikus Boramerschem zur Last gelegt Avorden Avaren. Das Kurgericht bestreitet die Zulässigkeit der Appellation an das K.-G. (B 5796.) 248

1703. Hans Wilhelm Breuer (wahrscheinlich zu A.) g. Bürgermeister und Eath und von Witschel, Herrn zur Seurs und StraysH. Ersatz einiger Ruthen Lands,^ welche . angeblich von der „uralten Familie deren von Schwartzenberg^ herstammend dem K. vom Herrn von Witschel entzogen sein sollen \ (B 3960.) 249

1703. Lambert von der Borcht g. Bürgermeister und Kath und (lienossen. Schuldforderimg von bezw. 1000 und 400 Thlr. an die Stadt A. und darüber vor dem Sendgericht und der päpst- lichen Nuntiatur zu Köln entstandene „schwere Streithändel". (B 5342.) 250

1703. Jakob Moos, Forstmeister, g. die Baumeister der Stadt A. und Balthasar Kraft und Genossen. Verpflichtung des K., die Forststrafgelder der benachbarten Limburgischen l^nter- tlianen an den regierenden Bürgermeister abzuliefern. Kleiner Eath, f. (M 3581.) 251

1712. Dechant imd Kapitel des Marienstifts g. Kanzler und Räthe des geheimen Raths zu Lüttich. Ausführung des Urtheils des Lütticher Offizials, welches den Einwohnern der

^) Vgl. .Toll. Ulrich Frhr. von Gramer, Wctzlarischc Nohonstunden LXXX, S. 8'J rt*. über diesen Rechtsstreit; die hier mitj^etheilte Sentenz erging am 17. Juli 1741)1

Aachener Prozesse ain Reichskammerirericht. 71

Gemeinde Fleron ewiges Stillschweigen auferlegt bezüglich aller Einreden gegon die Erhebung der Zehnten durch die K. iii dieser Gemeindet (A 173.) L. 252

1712. Johann Heinrich von Märken zu Gierath* g. Priorin und Konventualinnen des Klosters Marienthal. Annahme eines Darlehns von 1500 Thlr. in den vertragsmässigen Münzsorten. Schöffenstuhl. (M 2230.) 253

1712. Frau Juliane von Reckheim, Gräfin zur Linden und Reckheim, zu Reckheim g. Schöffenmeister und Schöffen. Land- friedensbruch verübt durch Einfall mit bewaffneter Macht in das Städtchen Reckheim, Gefangennehmung Reckheimischer Ilnterthanen und eines Reckheimischen Rentmeisters ^ (R962.) 254

1713. Reinhard von Imber g. Stadt. Aufhebung einer Geldstrafe von 200 G. wegen Anschuldigung einer Malzdefrau- dation. (I 313.) 255

1713. Mathias Plum g. Schöffenmeister und Schöffen. Aufhebung eines auf das Vermögen des K. zu Gimsten des Kaufmanns Nikolaus Mohr und dessen spätem Successors in thoro, Advokat Firnschatz, Avegen einer Schuldforderung von 3000 Rthlr. angelegten Arrestes. (P 2373.) 256

1715. Greve und Meister des Pelzerambachls g. Bürger- meister und Rath. Mandat auf Vollstreckung des von den V. g. die Krämerzunft erlassenen Dekrets über Verkauf von Pelz-, Bunt- und Futterwerk. (A 158.) 257

1716. Frau Albertine Elisabeth, geb. Fürstin zu Waldeck, vermählte Gräfin zu Erbach, g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Schutz g. Eingi^iffe in die Jurisdiktion über die Herr- schaft Eyss^ (W 326.) 258

') Vgl. Nr. 147.

*) Gierath, Bgstr. Bcdburdyk, Kr. Grevenbroich, lieber die Familie von Märken vgl. Giersberg, Geschichte der Pfarreien des Dekanates (ireven- broich S. 127.

3) Vgl. Nr. 145.

*) Eyss, Weiler, Gemeinde Wittern, Arrond. Maastricht, Prov. Limburg, Königreich der Niederlande. Vgl. Loerseh in Haagens Geschichte Achcns I, S. 333, Nr. 31 ; Qu ix, Die Königliche Kapelle auf dem Salvators-Berge 8. 35.

72 R. Goecke

1717. Christian Eademacher g. Bürgermeister und Buth. K. hatte im Mai 1716 eine Geschäftsreise nach Lüttich gemacht und auf der Rückfahrt nach A. einen Landsmann Adolph Kolil mit in seinen Wagen genommen, ihn entführt und gefangen setzen lassen. K. wurde deshalb ohne Untersuchung auf 5 6 Wochen in Haft gehalten, wodurch er an 3000 Thlr. Schaden erlitten haben will; er behauptet ausserdem, Bürgermeister und Rath hätten dies nur gethan, „damit dieselben üir vorgehabtes Dessein bei der obhandenen Rathswahl desto besser fortsetzen möchten ^ (R 64.) 259

1718. Priorin und Konvent des Klosters Marienthal g. Bürgermeister und Rath. Das Kloster liess einen neuen Orgel- kasten von einem auswärtigen Meister verfertigen; auf Antrag der Schreinerzunft bestrafte der Magistrat den Meister mit Geld und Arrest. Aufhebung des letztern wird beantragt ^ (A 108.) 260

1719. Priorin und Konvent des Klosters Marienthal und Johann Jakob Brammertz, Orgelbauer, g. Schreinerzunft, Bürger- meister und Rath. Bestrafung des auswärtigen Orgelbauers (Wohnort nicht angegeben) mit 3 G. und Personalarrest auf Antrag der Schreinerzunft, weil er im Kloster Marienthal ohne deren Erlaubniss eine Orgel verfertigtet Schöffenstuhl. (A 109.) 261

1719. Bernhard Hausmann, vereidigter Prokurator des Schöffenstuhls, g. die Alexianer oder Zelleiibrüder. Wasserlauf in zwei Lohehäusern, welche neben dem Kloster der Zellenbrüder liegen. Das Wasser rührt von dem Bache „vulgo die Paw genannt" her, das in Röhren gefasst von der Rospforte auf die Kapitels-Immunität des Marienstifts geführt wird. (H 2179^, bezw. 176.) 262

1719. Jakob Nacke und Michael de Broe g. Schöffenstuhl und Tilmann Collen. Vollstreckung eines Erkenntnisses g. den Mitverklagten durch Verkauf seiner Häuser (Tilmans Colen

') Vgl. Nr. 2(51. '"') Vgl. Xr. 260.

Aachener Prozesse am Reichskammenrerieht. 7H

r»'

häusere, zum newen Keller* sowohl als auch das neben tleu Steni ligendes haus wie dan die Spill und das haus (hibeneluMi in Cöllnerstrass ligend). (X 18.) 2(W

1720. Low Isaak Auerbach, Jude, zu Mainz g. Stadt A. Verweigerung der Rechtsliülfe in Saclien des K. g. Wilhehu Feubus zu A. wegen einer Wechselschuld von IWM Thlr. (I 1676.) 2M

1721. Greve und Baumeister der Krämerzunft g. das llut- macherambacht. Verbot an die Krämer, keine Hüte, w(*Iche unter 24 G. werth sind, bei Strafe der Konfiskation in die Stadt zu bringen. Bürgermeister imd Ratli, f. (A 144.) 205

1721. Leonhard Frosch und Scliöffenstuhl g. BürgenneistiM' und Rath. Unbefugter Eingriff des Mühleuambachts in die Jurisdiktion des Schöffenstuhls durch Nicht^iditung eines von letzterra in Sachen des Frosch g. Offermann, modo Duniont wegen Zahlung des Kaufpreises für Wolle erlassenen KrkenntnisseH. (F 1964.) 2(MJ

1721. Leonhard Wachten g. Accisbeamte der Stndt iiihI Genossen. Streitigkeiten über Verpflichtung des K. zur Znhluiig von Steuern für verzapftes Bier. Scliöffenstuhl, f. (W 2'».) 2(17

1721. Generalmajor von Welser zu Minden g. ScIiöffi'iiHluhl. Durch das K.-G. angeordnete Sequestration von vi(*rzehn Tniu Chaisen des Portechaisen-Besitzers I)rie>icn wegen ^HrhiiiMlIi« In^r** Uebertretung des ihm vorgeschriebenen li^'gleirMMitH. Der Srhödrii stuhl hatte zu-Gunsten des Driesen erkannte (VV IHIHJ H\H

1721. Generalmajor von Wels^T zu Minden jr, S( lio(i'<*iirl(ihl, Aufhebung eines auf die zu A. zurü<kir<'la>«'ii«'n Klb'ki^n -* K. gelegten Arrestes und Zahlung d<^ VV^Tth«» iUr \^'^\iii^i'\^'u Sachen». (W 1819.) 2(M)

*) Die.-^cs Haus, am Markt i£*-h"^* a, mit * ,'.ut /,¥>* Unt Kik/jhv j>» <)< r Kölnstrassc, ist zeitweilig das lU-xitjau- *i* r \>';,*:r, ' t.' ti h* nr ttt'U /- v/' •- 1. vgl. Hansen, Beiträge zur OeschiWit*' \'fU S^rwu i ** 'M.

*) Vgl. Schollen in der Zeit»*/:brift 'J*-» Aa',v .','f '/* ^ hj' f.'^N'rf ;.' * />- S. 20(i, Aura. 1. S. auch Nr. 2Gy.

3) Vgl. Nr. 20H.

74 R. Goecke

1722. Äbtissin und Konvent des Klosters Marienthal pr. Simon Maguin. Störung im Besitz des Bächleins im Vorhof des Klosters, Mathis-Hof genannt \ durch Errichtung einer Mauer von Seiten des benachbarten V., deshalb noyi operis nuntiatio. Schöffenstuhl. (A 110.) 270

1722. Greve und Baumeister der Krämerzunft g. Zunft- meister und Vorsteher des Schneiderambachts. Verlangen, dass die Taschen ohne Schlösser von den Schneidern, die nut Schlössern von den Krämern privative verkauft werden müssen. Kleiner Rath, f. (A 145.) 271

1724. Die Nachbaren auf dem Komphausbad g. Jakob von der Gracht und Winand Koch, l'nbefugte Aidage eines neuen Kupferofens in der Nähe der warmen Fontäne, wodurch für die Nachbaren Feuersgefahr und Unbequemlichkeit ensteht. Bürgermeister und ßath, f. (A 159.) 272

1726. Graf d'Alpozzo und dessen Gemahlin, geb. Gräfin von Khevenhiller, zu Florenz g. Klaudius Parisan und Gebrüder Peter und Joseph Meuffardt in Frankreich, auch den Schölfen- stulil. Aufhebung eines auf Antrag der mitverklagten Dienst- boten vom Schötfenstuhl wegen rückständigen Lohns auf die Personen und die Mobilien der in A. das Bad brauchenden K. angelegten AiTestes und Satisfaktion dieserhalb. (A 658.) 273

1727. (xreve und Vorsteher der Chirurgenkunst und Chimrgenzunft g. die Mitmeister der Chirurgie Andreas Malherbe, J. P. Klunken und Genossen. Bestätigung der V. als neu gewählte Greven und Baumeister der Chirurgenzunft. Ueber- gabe des Handwerksschranks u. s. w. Bürgermeister und Rath, f. (A 160.) 274

1727. Graf Friedrich von Eynatten zu Harzee g. das Karmelitessenkloster. Befreiung des klägerischen Guts ^zum grossen Stück*** von der Hypothek für die dem Kloster durch Fräulein Barbara Josephine von Eynatten zu Obsinnich legirte jährliche Rente von 50 Thlr. durch Zahlung eines Kapitals von 1000 Tlür. Schöflfenstuhl, f. (E 878.) 273

*) Vfrl Anm. 5 zu Nr. 20.

'') Vgl. Haagen in der Zeitschrift des Aachener Uescbichtsvereiius I, 8. 43.

Aachener Prozesse am ReicliHkaramertrericht. 75

o

1729. Wittwe von Bounam zu Eyckholt g. Schöffeiistulil und Wittwe von Oostenryck. Kriminalgerichtsbarkeit in der Herrschaft Ryckholt K Schöfi'enstuhl. (B 5667.) L. 276

1720. Johann Pütz und Genossen g. Bäckerzunft. Recht, S(*liwarz- und Weissbrod zum feilen Verkauf zu backen, Bürgermeister und Rath, f. (P 2532.) 277

1730. Laurentius Trichard, Dr. med., zu Erlangen g. ilagistrat. Grenugthuung und Schadensersatz von 20000 G. für eine über den K. frivoler Weise verhängte Untersuchung wegen Falschmünzerei. (T 1325.) 278

1731. Konvent der Franziskaner der strengern Observanz pr. Andreas Ludwig, modo dessen Wittwe und Erben. Vindi- kation der zu den Häusern, Schloss und Waag genannt, gehörigen (härten V(m Seiten des V. als Besitzers dieser Häuser g. die K., welche die Gärten ihrem Orden und dem Aachenschen Edikt zuwider an sich gebracht. Appellation der K. ^ ' Schöffen- stuhl. (A 126.) 279

1731. Die Bierbrauer im Reich von A. g. die Bierbrauer der Stadt und Bürgermeister und Rath. Schutz der K. im Besitze der Lieferung des sog. Reichsbiers, d. h. Lieferung von sechs Bauschen-Bier zum Verzapfen im ganzen Reich von A. bis an die Stadtpforte, und Rückgabe des gewaltsam abge- nommenen Biers nebst Fässern. (A 146.) 280

1732. Bürgermeister und Rath g. Johann Krahne imd Bartholomäus Hassen zu A. und Johann Hansen zu Jülich. Zahlung eines von Leonhard Krahne, dem Erblasser der V., tlen K. gegebenen Darlehns von 498 Thlr. Einrede der Tilgung durch Abrechnung. Schöffenstuhl. (A 30.) 281

1732. Freiherr von Lamberts zu C'ortenbach als syndicus aiM)stolicus der Franziskaner Minderbrüder strengerer Observanz g. Wittwe und Erben des Andreas Ludwigs. Novi operis

*) Ryckh(»lt, Dorf, Prov. Liniburf^, Königreich der Niederlande. Vgl. Luersch in Haagens (Jesclnohte Achens I, Ö. 858, Nr. 81; de Corswarem, Memoire historique sur les auciennes limites et circouscriptions de la province de Limbourg p. 102.

') Vgl. Nr. 282. Ein Haus zur Wage wird schon 1296 genannt; vgl. Z*'ili<chritt des Aach. Ge.>?chichtsvcreins 1, 8. 15:{, Nr. 11.

76 R. Goecke

nuntiatiü von Seiten der K. g-. die V. bei Anlage eines Kellers nnter der Einfahrt ihres Hauses, „zum Schloss** genannt, weil diese Einfahrt den K. gehöret Schöffenstuhl. (A 127.) 282

1732. Johann Gottfried von Blanche, Herr zu Schönau, g. Schöffenstuhl. Gefangennahme des K. in A. auf einer Eeise nach Lüttich auf Anstehen des Bürgers Aegidius Mostard daselbst wegen angeblicher Forderung. (B 1167.) 283

1733. Johann Coelinen, geschworene arme Partei, g. Schneiderzunft, in specie Peter Hungers und Genossen. Mandat an Bürgermeister und Schöffen behufs Administration prompter Justiz und Vollstreckung des Erkenntnisses in einer Forderungs- sache des K. g. V. Schöffenstuhl. (C 1061.) 284

1733. J. Heinrich Hupgen, Kaufmann, g. Christian Gast und Genossen, Scherermeister. Einsprache g. die Aufnahme des K. in die Schererzunft. Schöffenstuhl, f. (H 6370.) 285

1734. Theodor von Bodden zu A., Besitzer der immittel- baren Reichsherrschaft Weiler, g. Schöffenstuhl. Jurisdiktion in der Herrschaft Weiler (Wylre), bezw. Mandat des Kaisers, K. in dem ihm kompetirenden iuris ressortus nicht zu stören^. (B 4772.) 286

1734. Christian Heiendal und Christian Pleuniss g. Bürger- meister und Eath. Ungerechte Anschuldigung und Untersuchung g. den Kreis-Kompagnie-Hauptmann Heiendal und den Soldaten Pleuniss wegen Tödtung des Lieutenants Taw, und Wiederein- setzung der K. in Stand und Würden. (H 2568.) 287

1734. Antoinette von Vöt und Genossen, Erben von Vöt, g. Bürgermeister und Rath. Drei jährlich zu zahleiule Erb- renten von 40, 25 und 50 Goldg. (V 901.) 288

1 735. Johann Kaspar Deltour, Kaufmann, g. Schöffenmeister und Schöffen. Vollstreckung des Erkenntnisses in Sachen des K. g. den Advokaten Plum wegen Erstattung von 2585 Thlr. Vorschüsse. (D 566.) 289

») Vgl. Nr. 279.

^) Uebor Weiler vgl. Anm. 3 zu Nr. 119, über die Familie von Bodden s. von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 213 ff.

Aachener Prozej<se am Reichskammergericht. 77

1735. Schlebuscli, kurpfälzischer Hofrath, vormaliger Lom- bards-Bedienter, g. Magistrats-Beamte. Verschleppung der Reces- sining der vom K. aufgestellten Rechnungen. (S 8214.) 200

1736. WiDielm Florentin und Mathias Lognay^ Wein- händler, g. Greven und Vorsteher des Fasshaueramts. Behauptung, dass den K. nicht zustehe, durch ihre Knechte Fässer kleiner oder aus alten neue nuichen oder den Wem von einem Fasse auf das andere abstechen zu lassen. Kleiner Rath. (F 1713.) 201

1737. Geistliche Ursulinerinnen g. von Broich*, Bürger- meister, und Schöffenmeister. Fiinlösung des von den K. ft'üher besessenen Colynshofs^ bei A. für 7000 Rthlr., da keine im Reiche von A. belegenen Erbgüter in geistliche oder todte Hand gebracht werden sollen. Schöffenstuhl, f. (A 125.) 202

1737. Greve und Baumeister des Kesslerambachts g. Gebrüder Finkenberg. Rückgabe von kupfernen Leuchtern, welche die K. den V. deshalb abgenommen hatten, weil letztere durch deren Verfertigiuig und Verkauf in das Handw^erk der Kessler eingegriffen hatten. Bürgermeister. (A 161.) 203

1740. Schöffenmeister und Schöffen zu Burtscheid g. Schöffen- meister und Schöffen. Verletzung des Rechts der K. als erste Instanz zu fungiren, durch die V. (B 5697.) 204

1741. Heinrich Reuben, Färber- oder Röderambachts- Meister g. Greve und Meister des Färber- oder Röderambachts. Störung des K. in seinem Gewerbe als Färber von Tuch. ~- Bürgermeister und Rath. (R 1767.) 205

1742. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Gemeinde Traben. Freiheit des Hofs und der Weingüter der K. zu Traben von Steuern und Gemeindelasten*. Fürstlich Spcmheimische gemeinschaftliche Regierung zu Trarbach, f. (A 100.) 206

*) Ueber 3rathias Lognay, den spätem preussisclien ReHWlenten in Aachen, vgl. Pick in den 3Iittlieilunficen des Vereins f. Kunde der Aachener Vor- zeit I, S. 91; Macco, Beitriitce zur (Jenealogie rhein. Adels- und Patrizier- Familien II, S. 45: Oppenhoff in der Zeitschrift des Aachener Oc^chichts- vereins VI, S. 47 und das Vcrzcichniss daselbst VII, S. 238 zum Jahre 1720.

*) Johann Werner v. B-, vf<l. von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 3.

') CoUinshof, Hof, Stadtkr. Aachen.

*) Vgl. Nr. 202 und 334.

78 R. Ooeckc

1742. Johann Franz Bettendorf g. Nikolaus Franz, auch Scliöffenmeister und Schöffen. Der dritte Theil eines Kapitals von 1200 Ethlr. aus der Erbschaft des verstorbenen Pastors Bettendorf zu Würselen. Schöffenstuhl. (B 3349.) 297

1743. Schreinerzunft g, Zimmererzunft. Streit darüber, wem die Verfertigung der sog. Eoyaltreppen nebst Zierrath zukomme, da vergleichsmässig die Zimmerleute Windel- und Nachtreppen, die Schreiner Treppenleisten Averk und Zierrathen an Roj^altreppen zu verfertigen haben. Bürgermeister. (A 162.) 298

1745. N. von Bodden, Stadt Aachenscher Lieutenant, g. Schöffenstuhl, Wittwe Leyendecker und Genossen. Forderung von 500 Rthlr. von den fallirten Kaufleuten Gebrüdern Lambert und Konrad Holz, womit Wittwe Leyendecker in Prozess gestanden, und unstatthafte Einmengung des Scliöffenstuhls in diese Sache. (B 4773.) 299

1747. Bürgermeister und Rath g. Schöffenstuhl. Mandat an den V., sich aller Kognition in causis politicis zu entlialten und die dem Magistrat allein kompctirende Territorial-Gerechtsame nicht zu verletzen. (A 22.) 300

1747. Bürgermeister und Rath g. Klemens August, Kurfürst von Köln, als Deutschordensmeister und die Ordenskomthurei zu St. Gilles K Behauptung der K., dass die der Komthurei St. Gilles gehörigen drei Höfe Metzgenshaag vulgo Weber, Flatt und Vaelsburg zwar von den ordentlichen Abgaben, aber nicht von den ausserordentlichen Lasten, namentlich|nicht von Einquartierung frei seien; Verletzung durch ein Reskript des Kurfürsten als Meisters des Ordens auf Antrag der Kommende zu A. erlassen, worin die Befreiung dieser drei im Territorium der Stadt belegenen Höfe auch von der Einciuartierung unter Androhung von Repressalien verlangt wurde. (A 38.) 301

1749. Stadt g. Eingesessene der Quartiere Würselen, Weiden und Haaren. Rekurs der V. an kurpfälzische Gerichte. (A 44^.) 302

1749. Erben des Xaver G. Heusch, Färbers, g. Schöffen- stuhl und Kapitel des Marienstifts. Wasserleitung aus der

') Ucbcr diese Kommende vgl. Henncs, Commenden des deutsi^hen Ordens S. 139ff. ; Quix, Hist-topogr. Beschreilmns: der Stadt Aaclien S. 94.

Aachener Prozesse am Reicbskammergerieht. 70

Pau nach dem Heuschsclien Farbhaus in der Bendelstrasse. Schöffenstuhl. (H 3978^ bezw. 277.) 303

1751. Maria Theresia von Märken, Professa des Klosters Frauenlautern, g. Wittwe von Meuthen und Schöffenstuhl. Verstattung des Rechtsmittels der Revision in Sachen der Parteien betreffend eine vom Herrn von Dobbelstein besessene Mühle zu Moresnet 1. (M 1098.) 304

1752. Bürgermeister und Rath g. Vogtmajor und Schöffen- stuhl. Mandat an die V., die g. die Sophie Marie Muffan wegen Vergiftung ihres Mannes vor dem Jülichschen Vogtmajor oder Richter und dem Schöffenstuhl verhandelten Akten an K. heraus- zugel>en, da die im Bereich der Stadt wohnenden Beschuldigten als Unterthanen oder Hintersassen der Stadt anzusehen seien, g. welche den V. die Kriminaljurisdiktion nicht zustehe ^ (A 23.) 305

1752. Chorus, Merken und Genossen, Kaufleute und Schön- wirker der Nähnadelmacher-Zunft, g. Greven und Vorsteher der Nähnadelmacher-Zunft. Verpflichtung der K., die in Stadt und Reich A. wohnenden Rauchwirker allen auswärtigen zur Xähnadelmacher-Zunft nicht qualifizirten Arbeitern bei Hergebung des Drahts und Fertigung der Nadeln vorzuziehen. Kleiner Rath. (A 163.) 306

1752. Mathias Fischer g. Tuchschererzunft. Störung des K. in dem Rechte, Gesellen in beliebiger Zahl zu halten. Bürgermeister und Rath. (F 1420.) 307

1753. Bürgermeister und Rath g. Jülichschen Vogtmajor und Schöffenstuhl zu A. und Herzog von Jülich und dessen Regierung zu Düsseldorf. Mandat an die V., die K. in ihrer Inquisition g. ihren Hintersassen und Unterthanen Nikolaus Muffan nicht zu behindern und von allen Repressalien und Pfändungen abzustehen^. (A 24.) 308

1753. Bürgermeister und Rath g. Schöffenstuhl. Eingriffe des V. in die Jurisdiktion des städtischen Kurgerichts in Kviminal-

*) Moresuet, Dorf, theils Kr. Eupon, theils Prov. Ltittich.

*) Vgl. Nr. 308 und Oppenhof f in dor Zeitschrift.de» AadieniT Ocschichts- vereinH VI, S. 7.

^) Vj?l. Nr. 305.

SQ R. Goecke

*

Sachen durch Verhaftung des Fremden Grossjean aus Olerniont und p]rzwingung einer Kaution von dem Aachener Bürger Hannot bei einer Anklage wegen Verwundung ^ (A 25.) 309

1753. Greven und Vorsteher des Pelzer- und Fellbereiter- Handwerks g. Paul Krämer. Beschlagnahme mehrerer vom V. in die Stadt eingeführter Hirschfelle, welche er theil weise ver- arbeitet, geßirbt und feilgeboten hat. Kanzlei des Magistrats. (A 164.) 310

1753. Johann Heinrich Heupken g. Magistrat und Tuch- schererzunft. Aufrechthaltung eines gerichtlich bestätigten Ver- gleichs über Aufnahme des K. in das Meisterrecht der Tucli- schererzunft. (H 3966.) 311

1753. Die Vormünder der Kinder des Johannes Lognay^ g. die Stadtaccise-Pächter. Beschwerde über Konfiskation nach Burtscheid bestimmter Waaren. Schöffenstuhl. (L 2451.) 312

1754. Bürgermeister und Rath g. Propst, Dechant und Kapitel des Marienstifts. Störung der K. im Besitz des Fisch- markts durch Reparatur des Pflasters seitens der V., unerlaubter Rekurs und angemasste Evokation der V. an die päpstliche Nuntiatur zu Köln^ (A 40.) 313

1754. Kaufleute und Mitmeister der Nähnadlerzunft g. Bürgermeister und Rath und Vorsteher der Nähnadlerzunft. Aufrechthaltung der von den K. vorgenommenen Greven- und Vorsteherwahl, sowie der Adjunktion von vier Handweirks- deputirten und Vollstreckung der dieserhalb schon vom Magistrat erlassenen Dekrete. (A 133.) 314

1754. Collenbach, Geheimer Rath und {Syndikus, g, Schöff*en- stuhl und die Kinder erster Ehe des Kornelius Ciiorus. Voll- streckung der Erkenntnisse wider die V. wegen Schutz im Besitze des Naclilasses des ('horus *. Schöffenstuhl. (C 1 132.) 315

') Vgl. Oppenhoff a. a. 0. VI, S. 7. 2) Vgl. Nr. 291.

«) Vgl. 3I(^yer, Aacheiischc Geschichteu I, 8. 719, § 26; Haagen, Cieschicbte Acbens II, S. 332 f.

*) Vgl. Nr. 318 und 322.

Aachener Prozesse am Reichskammergericht. ?!

1754. Franz Riirens und Genossen g. Schöffenstuhl. Heraus- gabe des Testaments, des Inventars und aller auf den Nachlass des zu A. verstorbenen Leonhard Klemens Rurens bezüglichen Dokumente. (R 4278.) 316

1754 und 1763. Hubert Johann Jehennee g. Bürgermeister und Rath. Versagung der Aufnahme in die Schreinerzunft, Beschlagnahme des Handwerkszeugs und des gefertigten Meister- stücks. (I 207, 208.) 317

1756. Kornelius Chorus g. Schöffenstuhl. Exekution eines Erkenntnisses in Sachen des K. wider den Geheimen Rath Collen- hach in Betreff der Manutenenz im Besitze des von Kornelius Cliorus dem Aeltern herrührenden Vermögens i. (C 2035.) 318

1756. Johann Heinrich Schorenstein g. Brauerzunft. Beein- trächtigung des K. bei Ausübung seines auf Grund erworbenen Meisterrechts in A. etablirten Brauereigeschäfts. Schöffen- stuhl. (S 7611.) 319

1757. Greven und Vorsteher des Nähnadleramts g. Nikolaus Küppers. Unbefugte Ausübung des Nähnadlergewerbs durch den V. als Meister, olme dass er vorher im Zunftbuch als Lehr- junge eingetragen gewesen. Bürgermeister. (A 135.) 320

1757. Kirsh, Jonas und Genossen, Greven und zum Rath Präsentirte der Zünfte der Schmiede, Stricker und Schuster g. Rath, Bürgermeister Strauch und die aus den Zünften unge- setzlich erwählten Rathsverwandten, Beamten und Neumänner. Kassation der vorgenommenen Raths-, Beamten- und Neumänner- Wahl, weil die Zünfte in dem Recht ihrer Zusammenberufung diu-ch die Greven, der Präsentation zur Rathswahl und der Miterwählung der Stadtbeamten geschmälert worden. (A 165.) 321

1757. Franz Rudolf von Collenbach, Geheimer Rath, g. Kornelius Chorus. Herausgabe des siebenten Theils aller von Kornelius Chorus dem Aeltern hinterlassenen eingebrachten Mobilien und der in zweiter Ehe gewonnenen Mobilien und Immobilien ^ Schöffenstuhl. (C 1133.) 322

') Vgl. Nr. 315 und 322. *) Vgl Nr. 315 und 318.

82 R. Goecke

1757. Gottfried Mohr und Genossen g. Greve und Zwölfer der Schneiderzunft. Beschränkung der Zahl der Gesellen auf vier. SchöffenstuJil. (M 3311.) 323

1758. Pater Johann Baur S. J. g. vSchöffenstuhl. Aus- schliessung von der Erbschaft seiner Mütter durch Johann von Maeren und dessen Schwester Wittwe Gillessen als anmassliche Erben ab intestato. (B 961.) 324

1758. Franz Geilgen g. Bäckerzunft. Konventionalstrafe wegen Verfehlung g. den Handelsgebrauch. Magistrat. (G 713.) 325

1758. Alexander Friedrich von Merode d'Hoifalize zu Rittersitz Margaretha^ bei A. und zu Frenz g. Bürgermeister und Rath. Freiheit des K. von Einquartierungs- und sonstigen Lasten. (M 2332.) 326

4758. Peter Gerhard Reisgen, Kaufmann, g. Rath. Nicht- zulassung des K., als Einwohner in A. zu wohnen und dort das Materialistengeschäft zu treiben. (R 1537.) 327

1759. Greve und Vorsteher der Nähnadlerzunft g. Johann Olberts und Johann Jacobs. Zahlung eines Guthabens von 3810 G. an die V. aus ihrem frühern Amt als Greven der Zunft. Bürgermeister. (A 136.) 328

1759. Steckenbiegler, Bungen, Frank und Görtz, vormalige Mehl- und Branntweinaccise-Pächter, g. Bürgermeister und Rath. Nachlass von dem jährlichen Pachtschilling für die Accisen ad 10 456 Rthlr., bezw. Entschädigung wegen des im Mai 1758 in Folge der Theuerung erlassenen Ausfuhrverbots und wegen Befreiung des den französischen Truppen gelieferten Brods von der Accise«. (A 137.) 329

1759. Dionys Dreesen und Heinrich Krauthausen, Stadtwage- accise-Pächter, g. Heinrich Rheindorf zu Köln. Unbefugte Beschlag- nahme eines von Köln nach Burtscheid durch die Post verschickten

*) Der sog. Margratenknipp, Sandkaulsteinweg Nr. 56; vgl. Quix, Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 130; Quix, Die Frankeuburg S. 78; Richardson, Geschichte der Familie Merode I, S. 220, II, S. 378.

*) Vgl. Meyer a. a. 0. I, S. 722, § 33 f.

Aachener Prozesse am Rcichskammergericht. 83

Pakets, angeblich weil es am Thor zu A. nicht angemeldet worden. Bürgermeister und Rath. (A 138.) 330

1759. Maria Franziska Boverie zu Houchenöe oder A. g. Consilium privatum magistratus. Beschleunigung des Rechts- gangs in ihrem Prozess ^vegen Verbalinjurien. (B 5740.) L. 331

1759. Johann Kaffaert g. die Gläubiger der Maria von Maastricht, Nonne zu vSt. Ursula in A.^, namentlich die canonici s. Crucis und Dionys Dresden zu A. Verpflichtung des K., die Schulden seiner Schwägerin Maria von Maastricht als deren Erbe zu bezahlen. Schöffenstuhl. (K 21.) 332

1760. Bürgermeister und Rath g. Schöffenstuhl. Behauptung, dass das Magistratsgericht und der Schöffenstuhl in Kriminal- und in bestimmten (yivilprozesssachen jedes seine privative, in blossen Personalsachen aber konkurrente Gerichtsbarkeit habe, Verletzung des Magistratsgerichts dadurch, dass in Sachen des M. Theze g. Kaffart wegen Ersatzes verloren gegangener Kleidungsstücke, nachdem der Bürgermeister die Sache aus dem Verbalprozess zum schriftlichen Verfahren verwiesen, der Schöffenstuhl einen Rekurs des K. vom Magistratsgericht, dessen Prävention ungeachtet, angenommen. (A 26.) 333

1760. Marienstift g. fürstlich Sponheimische gemeinschaft- liche Rentkammer zu Trarbach. Streit über den Beitrag zu den Kosten der Anlage und Unterhaltung einer neuen fliegenden Brücke über die Mosel zwischen Trarbach und Traben*. Fürstlich Sponheimische gemeinschaftliche Regierung zu Trar- bach. (A 102.) 334

1760. Johann Joseph Belir und Genossen zu Lütticli g. Schöffenstuhl und Franz Karl von Loe. Einweisung in die Güter und Einkünfte des V. von Loe wegen einer dem Ferdinand Goen geschuldeten Geldsumme. (B 2301.) L. 335

1760. Verwittwete Gräfin von Goldstein zu Mögersheim (Ansbach) g. die Regulirherren. Wasserleitung über die gemeine

') üeber das Ursullnerinnen-Kloster vgl. Quix, Beiträge zur Geschichte der Stadt Aachen und ihrer Umgebungen II, S. 118 ff.

*) Vgl. Nr. 202 und 296.

6*

84 R. Goecke

Landstrasse auf das Gut Soerser Hoclikirchen bei A. Schöffen- stuhl. (G 2199»>.) 336

1760 ^ Nikolaus Wetten zu Eupen g. Schöffenstuhl. Justiz- verweigerung in Sachen des K. g. Sacr6e betreffend Aufliebung eines angelegten Arrestes durcli Weigerung, das Viccdomamt in Bingen zur Vernehmung zweier dort wohnender Zeugen zu requiriren. 0^ 2597.) 337

1761. Dionys Dreesen, Stadtwageaccise-Pächter, g. Sebastian Scheen und Sohn. Konfiskation nach Burtscheid bestimmter Waaren wegen Defraude der Accise. Regierender Bürger- meister. (A 139.) 338

1761. Johann Becker g. Bürgermeister und Rath und Heinrich Peter Breda. Baustreitigkeiten wegen Anlegung einer Mauer, bezw. Erhöhung des Hinterhauses des Breda unter Benutzung der Stadtmauer an St. Jakobs-Mittelthor. Schöffen- stuhl. (B 2095.) 339

1761. Peter Schmidt und Genossen g. Schöffenstuhl. Mandatum executorium in Sachen des K. g. Hulgebauer wegen einer Forderung. (S 6282.) 340

1762. Die Brauerzunft g. Bürgermeister und Rath. Aus- schliessung des Brauers Brammerts mit seinem Votum bei der Brauerzunft wegen Anzüglichkeiten g. den Rath, welche der Bürgermeister Strauch dem letztern berichtet hatte ^ Bürger- meister und Rath, f. (A 147.) 341

1762. Die Brauerzunft g. Graff und Schimiacher, Bier- accise-Pächter. Verlangen, dass die V., welche die Bieraccise für 31900 Rthlr. gepachtet haben, dieselbe von den Brauern selbst einfordern sollen, diese sie nicht zu bringen haben. Rath, f. (A 148.) 342

*) Frhr. von Gramer bespricht a. a. 0. LXXVII, S. 102 eine Aachener Prozesssache Tilmann gegen Fischer, in der es sich um die im Aachener Arrcstprozcss übliche sog. Schreckung handelte und die durch UrtheU vom 30. Oktober 1760 entschieden wurde.

«) Vgl. Nr. 343.

Aachener Prozesse am Reichskammorgerieht 85

1762. Johann Lambert Brammcrtz g, Rath und Bürger- meister Strauch. Dem K. entzoirenes Votum bei der Brauer- zunft ^ Schöffenstuhl. (B 1364.) 343

1762. Jakob Breuer und Genossen, Tuchscherermcister, g. die Tuchschererzunft. Unbeschränkte Haltung von Knechten. Schöffenstuhl. (B 3973.) 344

1762. Gotthard Pastor und Wittwe Moll zu Burtscheid g. Schöffenstuhl. Vollstreckung eines vom Schöffenstuhl g. Dr. Cramer ausgesprochenen, die Kaufgelder für das in der Peter Schienschen Subhastationssache erstandene, in der Jakobstrasse neben Dr. Fellinger und Wittwe Franz Buchmann gelegene Haus betreffen- den Erkenntnisses, welche der Schöffenstuhl wegen interponirter, aber nicht weiter verfolgten Appellation w eigert. (P 539.) 345

1763. Bevollmächtigte sämmtlicher Kaufleute und übrige Einwohner protestantischer Konfession g. Bürgermeister und Rath. Schutz der K. g. die gewaltsamen Empörungen der katholischen Unterthanen, Einleitung der Untersuchung g. die Rädelsführer, Schutz der Landstrasse nach Vaels. (A 134.) 346

1763. Greve und Vorsteher der Löherzunft g. Theodor Schallender. Verweigerung der Aufnahme <les V. als Geselle in die Löherzunft, weil er bereits der Krämerzunft angehörte ^. Bürgermeister, f. (A 166.) 347

1763. Gottfried Görtz g. Magistrat. Herabsetzung des Pachtgelds für die Bieraccise. Schöffenstuhl. (G 2106.) 348

1763. Wilhelm Klinkenberg g. Prior und Konvent des Dominikanerklosters. Forderung von 661 Thlr. für 6 Zuläste Bleichert, Arrestanlage auf die Gefälle der V. in Stadt und Reich von A. Schöffenstuhl. (K 1832.) 349

') Vgl. Nr. 341.

*) Wahrscheinlich ist es dieser Rechtsstreit, über welchen Frhr. von Cramer a. a. 0. LXXXV, S. 93 flf. unter der Rubrik: Greve und Vorsteher der Lederzunft contra Theodor Schalbnberg berichtet. Es handelte sich nach dem dort Gesagten um die Frag*.*, ob der Magistrat gesren den WiUen der Zunft das Mei^terrecht verleihen körin»*. Das Urtheil erging am 21. April 1769,

86 R. (locyku

1763. Peter Strauch, kaiserlicher Rath «ml vormaliger Bürgermeister, g. Bürgermeister iiiid Rath. Vollziehung der eigenen Edikte g. die Schmähschriften und demgemäsa öffent- liche Verbi'ennung durch Hcukersliand eines g. den K. gerichteten libelli faiiiosi und strenge Erforschung des Schriftstellers, (S 2578.) 350

1765. Kaspar Billi g, SchöfFenstuhl. Das Schiildenwesen eines verstorbenen Handelsmanns Mathias Phigmacker zu A. und Anspruch des K. als Gläubiger auf 30000 Thlr. auf Grund des in A. geltenden Präfereuzrechts. (B 4251.) 351

1766. Dechant und Kapitel des Marienstifts g. Bürger- meister und Rath. Freiheit der Koloncn der K. von der neuen Accise. namentlich ihrer Pächter zu Hausen und Pfaffenbroich ' von der neuerdings eingefiUirten Mühlenaceise. (.A 103.) ;152

1766. Die sechs Quartiere des Aachener Reichs: Wttrselen, Weiden, Haaren, Laurensberg, Orsbach und Daubach * g. Bürger- meister und Rath. Freiheit des Reichs von A. von aller Accise und Störung durch einen Beschluss des Magistrats, wonach K. nunmehr zur Mehlkonsumtions-Steuer ebenfalls herangezogen werden sollen. Bürgermeister und Rath, f. {A 167.) 353

1766. Heinrich .\hlenlioven g. Xaver Blecs und Helene Stiefs, Räumung eines am Markt belegenen Hauses wegen unterbliebener Zahlung der Miethe. Schöffenstuhl. (A 6!)2.) 354

1766. .Toscph Florentin g. Schöffenstuhl. Promotorialien und Antrag auf Sequestration des Nachlasses des Vaters des K., Wilhelm Florentin de f'ravatte, g. die Erben seiner Stief- mutter, namentlich von Fürth und de Witte zu A. (F 1719.) :J55

1766. .Tohannit^r-Onienskommende^ g. Stadt. Verletzung

der Ordensprivilegieii durch Fonlerung der Mehl- und Brodaccise

' "■ hteiTi de.s Keuller und Eichenrather Hofs. (1630.) 350

n (liT Lagi- iifiilor Höfe y(;1- Arno. 1 und 2 zu Nr. 2i)!>.

, Hist.-Uipogr. ntsclireilinng dtr Stadt, Aa.'hcii S. 140 und I9H

Ji StPÜe von r>ul]ai;h unter den sppIis Qu«rtioren des Aardenpr

lUrliljiT tjuix a. a. 0. S. 04 f.

Aachener Prozesse am Reichskammergericht. 87

1766. Freiherr von Leerod zu Leerod g. Bürgermeister und Rath. Störung des K. in seinem „uralten" Besitz der Frei- heit von allen Accisen und sonstigen gemeinen Abgaben durch gewaltsame Abnahme von Geldern, bezw. Pfändung von Sachen auf dem freiadligen Rittersitz Schürtzell ^ bei A. (L 694.) 357

1767. Loersch und Groen, Stadtwageaccise-Pächter, g. Rath. Schadensersatz von 3000 Rthlr., weil V. eine vakante Thorschreiberstelle nicht zeitig wieder besetzt und dadurch die Schmuggelei befördert habe, und von 1000 Rthlr., weil die K. dennoch durch Exekution genöthigt wurden, die ganze Pacht- surame mit 14 717 Rthlr. zu zahlen. (A 140.) 358

1768. Augustinerkloster 2 g. Peter Hüllenkrämer und Schöifen- stuhl. Wasserleitung zu dem Brauhaus des K., welches letzterer 1710 dem V. Hüllenkrämer mit der Vergünstigxmg „des nöthigen Zuganges zu der Wasserpfeife, so in des closters garten an dem Schlachthaus herfliessef^, und unter der Bedingung, dass dem Konvent der Zugang nach der Kockerellstrasse zu allen Zeiten vorbehalten sei, verkauft hatte. Schöflfenstuhl. (A 117^.) 359

1768. Kaufleute und übrige Einwohner protestantischer Religion zu A. und Burtscheid g. die Wegegeldpächter. Störung der K. im Besitze der Freiheit vom Weggeld für ihre Kutschen und Fuhrwerke zum Kirchgang nach dem Dorfe Vaels. Bürgermeister und Rath, f. (A 168.) 360

1768. Kloster Wenau* g. Magistrat. Zahlung mehrerer Renten im Betrage von 140 G. im Münzfuss des Kapitals. (W 1840.) 361

1769. Franz Rudolf von Collenbach, Geheimer Rath, g. Verwalter des kaiserlichen Hoflehns'*, modo Rath. Wiederher- stellung der eigenmächtig destruirten „Arcken** bei der Mühle

^) Schurzelt, Landgut, Bgstr. Laurensberg, Ldkr. Aachen.

2) Vgl. darüber Quix, Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 58 f.

») Vgl. Nr. 192.

*) Gemeint ist das seit 1428 im Besitze der Stadt befindUche sog. Schleidener Lehn; vgl. über dasselbe Loersch in Picks Monatsschrift I, S. 44 ff. und 216 ff.

88 R. Goecke

und dem Weiher an der Schaurmühle ^ der Nähnadelfabrik des K. zu Haaren. Schöffenstuhl. (C 1134.) 362

1769. Erben Peter Dondorf g. Schöffenstuhl zu A. und Martin Bremen, modo dessen Erben zu Haaren. Vollstreckung eines Erkenntnisses in Sachen der K. gegen Martin Bremen wegen Reparatur eines Brauhauses in Haaren. (D 1456.) 36^i

1769. Gebrüder Peter und Johann Kaspar Strauch und Genossen g. Bürgermeister und Rath. Zahlung föUiger Zinsen von melirern Schuldverschreibungen, auch Zahlung zweier ver- fallener Wechsel mit Zinsen ad 6453 Rthlr. (S 2580.) 364

1770. Gebrüder Peter und Kaspar Strauch, des neuen Marianischen Hospitals ^ erbliche Patrone und Provisoren, g. die anmasslichen Fremden-Provisoren des Marianischen Hospitals und Bürgermeister imd Rath. Störung im Besitz des Patronats- rechts der K. als Erben der Stifterin des Hospitals, der Wittwe des Bürgermeisters Johann von Wispien, durch Anordnen zweier Patrone aus der Mitte des Raths und Verhinderung der K. an der Ausübung ilires Patronats durch Einlegung einer Wache. (A 105.) 365

1770. Greve, Meister und Siegelmeister der Weisswirker- zunft g. Peter Gräff. Uebergehung der von der Zunft zn Sieglermeistern präsentirten Peters und Rosen und ungesetz- liche Bestätigung des alten Siegelmeisters Graaff in seinem Amte durch Bürgermeister und Rath. (A 169.) 366

1770. Jakob von der Gracht und Johann Lambert Marne ffe g. Stadt. Streit darüber, ob die für Pachtung zweier städtischer Bäder aufgenommenen Kautionen von 21 110 und 23000 Aachener

*) Scheuermühle zum Sclileifen oder Polireu der Nadeln.

*) Vgl. über dieses Spital Qu ix, Ilist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 73. Unrichtig ist hier als Todestag der Stifterin der 19. Oktober 1769 angegeben; sie wird in einer ungedruckten Urkunde vom 25. August 1769 bereits als verstorben erwähnt. Ueber den vorliegenden Rechtsstreit vgl. die Schrift: Gerettetes Patronat des . . Peter Balthasar und Johann Kaspar von Kalkofen Gebrüder Strauch über das neue Marianische Spital. 0. 0. 1784, XII und 80 S. Fol. Vgl. auch Nr. 369.

Aachener Prozesse am Reichskanmiergericht. 89

Tlilr. nach dem Münzwertli zur Zeit der Uebernalime der Pacht oder nach dem zur Zeit der Heimzahlung zurückzuerstatten seien. (G 418.) 367

1770. Peter Strauch, kaiserlicher Rath und vormaliger Bürgermeister, g. Bürgenneister und Rath. Verletzimgen der Stadt Aachenschen Verfassimg, bezA\\ Kassation eines g. den K. erhobenen fiskalischen Pix)zesses. (S 2579.) 368

1771. Bürgenneister und Rath g. Karl Fürstbischof zu Lüttich. Anmassung der Oberaufsidit über das von der Wittwe Wispien zu A. gestiftete Männerhospital \ da doch durch die Stiftung die geistliche Aufsicht ausgescldossen und Mitglieder des Raths zu Provisoren und Kuratoren angeordnet sind. (A 53.) 369

1772. Georg Johann Gottfried Uth g. die Barbierer- oder Chirurgenzunft. Aufnahme des aus Fulda gebürtigen K. in die Zunft, nachdem er die Tochter des C'hirurgen Michael Dahm geheirathet. Schöflfenstiüil, f. (U 115.) 370

1776. Schöifenmeister und SchöflFen zu Burtscheid g. Schöffen- meister und Schöffen. Observanzwidrige Eindringung eines Unter- meiers (Majors). Schöfienstuhl, f. (B 5608.) 371

1776. Kaspar Joseph von Fürth, Karl von Fürth- und von Reibeid g. die Steuer- und Serviskammer der Stadt A. Beschwerde über zu hohe Besteuerung der zu den Gütern Beulartstein, Sieb, Kütgereich, Bergerheide, Reinartskehl ge- hörigen Ländereien. Büi-germeister, Schöffen und Rath, f. (F 2531.) 372

1776. Ferdinand und Rudolf Konstanz von Geyr g. Magistrat. Beschwerde über Erhöhung und unbillige Ansetzung ' der sog. Servisgelder. Schöffenstuhl, f. (G 1338.) 373

1776. Gabriel und Marie Elisabeth Longr^e g. Jakob Jamar und Schöffenstuhl. Stellung vor Gericht wegen Ver- letzung des Arrestes. Schöffenstuhl, f. (L 2562.) 374

») Vgl. Nr. .S65.

2} Vgl. von Fürth a. a. 0. II, 2, S. 108 ff.

90 R. Goeckc

1776. Ignaz Sarlandier g. Schöffenstuhl. Verschickung der Akten an eine auswärtige unparteiische Fakultät in der Prozesssache Geyr von Schweppenburg wegen 120 Rthlr. Haus- zins. (S 387.) 375

1777. Äbtissin zu Burtscheid g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Unterhaltung der Wege und Einnahme des Wege- gelds, bezw. thätliche und spoliatorische Störung der K. in dem unvordenklichen Besitz der Anlegung und Erbreiterung ihrer Wege; Erpressung von Geld und andere friedbrüchige Hand- lungen, welche von dem „unsäglich aufsätzigen Magistrat der benachbarten Reichsstadt A. seither mehreren Jahrhunderten imd annoch vor Kurzem" begangen worden. [Mit langem staats- rechtlichen Auseinandersetzungen.] (R 5688.) 376

1777. Peter Gambart g. Schöffenstuhl und Johann Peter und Jakob Schlögel. Forderung von 169 Rthlr. und Beschwerde über aufgehobene Arrestation der Schlögelschen Färberei. (G 151.) 377

1777. Heinrich Hauten, Tuchscherer, g. Bürgeimeister und Rath, sowie Tuchschererzunft. Verurtheilung des K., sich zunftmässig zu betragen und nicht zu viele Gesellen zu halten. Kleiner Rath. (H 2100.) 378

1777. Franz Anton Tewis\ Erzpriester und Hauptpfarrer, g. Stadt. Verzr)gening der Rechtshülfe hinsichtlich Auszahlung der Pastoralkompetenz-Quartalien vcm der Rentkammer zu A. (T 1016.) 37»

1780. Äbtissin zu Burtscheid g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Erlassung und Vollziehung polizeilicher Verord- nungen, welche „zur Nothdurft, zur Wohlfahrt oder zum Ver- gnügen des gemeinsamen Wesens, auch unzähliger Kurgäste und Fremder" abzwecken, betreffend Glückshafen, Lottospiel, „ehrbare und aufrichtige Hazardspiele in Karten und Würfeln**, öffentliche Konzerte, Tänze und Komödien, aus landesobrigkeit- licher Fürsorge und Gewalt der unmittelbaren Reichsherrlichkeit

*) Vf?l. über ihn Oppenhoff in der Zeitschrift des Aachener Geschichts- vereins VI, S. r>2 ff. und A. von Reumont, das. VI, S. 218 ff.

Burtsiheid. [Mit vielen Beilasreiu darunter die Dnirk^obrift : Nachrichten, wie das iNirf und die Herrlichkeit Burtscheid au Bürgermeister, Selir.ffen und Rath des K. Stuhls und Kaiserlicht n freien Beichs>tadt Aachen im J. l.'^^l übertn^^'^n worden ist, Aachen, mit Müllerischen Lettern, 1775. M Bl.] (B 5i>89.} 380

1780. Johann Jo>e|)h Krauthausen g, Bünrermeister und Rath. EntschadiiTuniT weiren nicht ?chr»riffer ErtuUunsr eines Kimtrakts über die veri>achtete Mehlaccise. (K 57S.) CJSI

17S1. Lizentiat Wolf jr. Schoffenstuhl und Gerhard Kasjwr von Olmissen zur Hallen K Unbefu^^tes Verfahren durch das untergeonlnete Gericht in einer beim K.-(4. anhäniriiren Rechts- sache betreffend ästiraatorische Klapre auf Erle^ung^ von 61KX) (t. wegen Injurien. Schöffenstuhl, f. (W 4549.) :i82

1781. Lizentiat Wolf und Genossen g. Schoffenstulil und Genossen. Protestation g. Anmuthung der sog. Herrengelder von den auf die K. übertragenen Gütern der Bischofschen Eheleute. (W 4550.) SKJ

1783. Gebrüder Bettendorf, ex post The(Mlor Bettendorf allein g. Canonici reguläres sanctae Crucis. Administration der Gersthovenschen Erbschaftsmasse zu A., hauptsächlich aus einer Apotheke bestehend. Ein Sohn * des verstorbenen Wilhelm Gersthoven war Prior des Kreuzbruderklosters und darum zur Erbfolge unfähig. Seine Schwester Maria Josepha hatte im Jahre 1775 ihren Erbantheil ihren Vettern, den Gebrüdern Bettendorf, g. eine jährliche Leibrente übertragen. Schöffen- stuhl. (A 336 L) :M

1783. Statthalter der Vogtei, audi Meier und Schöffen des Gerichts zu Burt scheid g. Schöffenmeistcr und Schöffen. Bestreitung des Rechts der K., die peinliche Gerichtsbarkeit auszuüben, bei Gelegenheit der Störung des Burgfriedens in Burtscheid durch drei abteiliche Knechte, wovon der eine „im Angesicht des ganzen Volks nach verweigerter und sodann

') Vgl. von Fürth a. a. O. II, 2, S. 208.

») Wilhelm (iernhoveu, f 12. November 1774 (vgl. Quix, Die Pfarre zum h. Kreuz S. ßs).

92 R. Goccke

durch den Büttel gesclieliener Ausscliwörung der Urfehde unter aufgebotener bewaffneter Mannschaft aus dasigen Dorf luid Herrlichkeit mit Gewalt ausgeführt und verbannt wurde**. Mandatum attentatonim revocatorium, cassatorium et inhibitorium der V. hiergegen. (B 5699.) Sai

1784. Johann Christoph Welter zu Köln g. des K. Ehefrau, Bürgeraieister und Rath und Vogtmajor. Entlassung des K. aus widerrechtlich g. ihn verhängter Gefangenschaft und Rück- gabe der ihm abgenommenen Effekten. (W 1828.) 386

1785. Jakob Ignaz Beckers, arme Partei, g. Magistrat. Sclmdloshaltung von 10 624 Rthlr. für zwei Häuser (die in der Pundtstrasseu gelegene, zum kleinen Haus von Aachen genannte behausung und ein in der Stadt Aachen auf der sogenannten Augustinerbach gelegenes haus), welche auf Anordnung des Magistrats zur Deckung von Schulden der Eltern des K. ver- kauft sind, nach dem Aachener Devolutionsrecht. (B 2156.) 387

1785. Joseph Göbel, Wagnermeister, und die Wagnerzunft g. die Schreinerzunft. Eingriffe in die Handwerksgerechtsame. Bürgermeisteramt. (G 2027.) 388

1786. Der grössere und ansehnlichere Theil des Stadt- raths, wie auch die gesammte Bürgerschaft der Stadt A. g. die ausgetretenen Magistratsmitglieder, als die beiden Bürgemieister von Wylre und Brammerz, die Rathsbeamten Buchholz, Scliorn- stein, Baldus, von Thenen und Genossen. Mandat an die V., welche sich in Folge einer Rebellion aus der Stadt entfernt hatten, wieder nach A. zur schuldigen Verwaltung ihrer Aemter ^md VeiTichtungen zurückzukehren, sowie Mandat an den in A. anwesenden Theil des Magistrats und an die dortige Bürger- scliaft, den Zurückkehrenden die gehörige Achtung und den schuldigen Gehorsam zu erweisen, kommissarische Untersuchung der über erhöhte Auflagen, Verrechnung derselben. Gestattung des Spiels an der Bank u. s. w. vorgebrachten Beschwerden ^ [14 Bände Kameral- und 5 Bände Extrajudicialakten.] (A 27*-^) 389

*) Es handelt sich in diesem Prozess um den unter dem Namen „Mäkelei" bekannten langjährigen politischen Streit; vgl. über ihn Haagen, Geschichte Achens II, S. 373 fif.

Aachener Prozesse am ReichskammenriTichu v .

17^- Schöffenstuhl g. Bürgermeister iind Rath oder das soff. Rmmsrericht *. Stöningr des K. in dem prajrmatisch her- «rebraehlen unvordenklichen Besitz und in der Ausübunir der ihm bezüglich der Inventarisationen und Secjuestrationen allein zu- stehenden Gerichtsbarkeit. (A 28.) 390

1Tn6. (Tebrüder Wilhelm, Franz und Peter Bettendorf or. Schöffenstuhl. Theilmig des elterlichen Nachlasses und Protest ^^r. die vom V. hierbei ^sich erlaubten reichsgesetzwidrigen XulUtäten-. (B 3302.) 391

ITni. Perret Gentil, französischer Kaufinann, zur Zeit in A. g. Schöffenstulil. Beschwerde wegen der in Folge Requisition der französischen Regierung erfolgten Verhaftung des K. als eines angeblich aus Paris geflohenen betrügerischen Banquerut- tiers, behufs seiner Ablieferung in das Hotel de la force zu Paris. (Extr. G 5.) 392

1789. Freiherr von Merode zu Frenz g. Bürgermeister und Rath. Forderung von 2100 Thlr. aus Schuldscheinen zu Gunsten des Levi Isaac. Hofgericht zu Münster. (M 2336.) 393

1789. Franz Heinrich Startz g. Bürgermeister und Rath. Zurücknahme der Verfügung, durch welche K. von der Einnahme der Accise entsetzt worden, und Schadensersatz -. (S 2175.) 394

1790. Philipp von der Brüggen, Handelsmann, zu Burt- scheid g. Bürgermeister und Rath und Wage-Administration. Wegnahme mehrerer Ballen Kafleebohneu, welche der K. bei einem Aachener Kaufinann deponirt hatte, durch die verklagte Wage-Administration wegen angeblicher Umgehung der Accise- entrichtung. Schöffenstuhl. (Extr. B 60.) 395

1790. Franz Heinrich Startz g. Magistrat und Neumanns- kammer. Schadensersatz wegen der dem K. durch die in sein Haus wegen angeblichen Rückstands an der Accisepacht gelegte Exekution veranlassten Ehrenkränkung, auch Ersatz, salva

*) Vgl. Quix, Hist.-topogr. Bcschrcibunj? der Stadt Aachen S. 152. ^ Vgl. Nr. 390.

94 R. Goecke

liquidatione, dessen, was er bei Gelegenheit eines Aiifstands in A. an der Accise verloren ^ (S 2176.) 396

1791. Kurfürst Karl Tlieodor, Pfalzgraf bei Rhein, als Herzog von Jülich und Berg zu München g. Bürgermeister und Rath. Eingriffe in die Justizverwaltung des K. durch einseitige Versiegelung des Nachlasses eines zu A. verstorbenen Fremden, Namens Peckse, bezw. in das Recht des K. auf erblose Verlassen- schaften zu A., sowie die dem klägerischen Vogtmajor daselbst durch das Verbot, mit dem Degen in öffentlichen Erlustigungs- häusern zu erscheinen, zugefügte Beschimpfung. (P 905.) 397

1791. Joseph Schweling g. das Sendgericht- und den Welt- priester Joseph Elverfeld. Nichtigkeit einer bei dem Send- gericht erhobenen Klage auf Zahlung einer Rente von jährlicli 72 Rthlr., welche Schweling, obgleich er mit Elverfeld nur ein Scheingeschäft behufs dessen Fortkommens abgeschlossen und hierüber einen Revers besitze, sowohl für die bereits verflossenen wie für die weitem Jahre zahlen sollte. Sendgericht, f. (S 3636.) 398

1791. Werkmeistergericht g. Tuchfabrikant Schlösser. Appellation g. den Ansprucli des V. auf Entschädigung wegen Verweigerung von Passirzetteln für angeblich nach auswärts von ihm verkaufte Wolle, welche Verweigerung geschehen sei, um zu verhindern, dass aus dieser Wolle gefertigtes schlechtes „auswendiges** Tuch als Aachener Tuch in den Handel komme. (Extr. A 3.) 399

1792. Werkmeistergericht g. Mathias Leonliard Schlösser. Behauptung des Werkmeistergerichts, dass es über alle zu A. befindliche Tuchfabriken und was damit verbunden, in erster Instanz zu kognosziren, für den Flor derselben zu sorgen, die Kontraventionen zu bestrafen habe; Konfiskation der vom V. auswärts fabrizirten Tücher und Untersagung der Ausfuhr von Wolle durch denselben. Bürgermeistergericht. (A 170.) 400

^) Vgl. Nr. 394.

*) Vgl. Noppius, Aachcr Chronick (1632) Th. I, S. 122 flf. und Quix, Hist.-topojrr. Boschreibuiij? der Stadt Aachen S. 158.

Aachener Prozesse am Reich skammergeri cht. 95

1792. von Fabricius, Hofrath, zu Köln g. Bürgermeister und Rath. Rückzahlung mehrerer Darlelm im Gesammtbetrag voD 6B00 Rthlr. an den K. als Erben seines Bruders, des Hof- ratUs Fubricius zu Düsseldorf. (F 58.) 401

1792. Reichsunterthanen der Stadt A. g. Bürgermeister, Schöffen und Rath. Beschwerde der K. oder Exhibenten über das g. sie ausgesprochene Verbot der Jagd, welche sie gemein- schaftlich mit der Stadt auszuüben verlangen. Dagegen behauptet letztere, dass ihre Unterthanen „von dem Schwindelgeist einer neumodischen Sekte völlig angesteckt seien und einen falschen Irrbegriff von einer übertriebenen Menschen-Gleichheit gefasst haben, die bei einem gesitteten Volke, wo offene Ruhe und all- gemeiner Friede herrschen soll, unmöglich statthaben oder ein- geführt werden kann**. (Extr. A 1.) 402

1793. Bürgermeister und Rath g. kurpfölzische herzoglich Jftlichsche Landesregierung zu Düsseldorf und deren Vogtmajor zu A. Angemasste Einlegung gewaffnetcr Mannschaft über- haupt, und Besetzung der Hauptwache und Stadtthore zu A. von Seiten des kurpfälzischen Vogtmajors. (A 96.) 403

1 794. Das geistliche Synodalgericht * g. Stadtmagistrat. Jurisdiktionsstreit in der Matrimonialsache der protestantischen Eheleute Kühne, bezw. Forderung freien Geleits für die Ehefrau Kühne zur Stellung vor das Synodalgericht, das auch über Ehe- sachen der Protestanten zu erkennen beansprucht. (Extr. A 2.) 404

') Vgl. die Airni. zu Nr. 398.

Ueber ein Verzeiclmiss der Einkünfte der Katharinenkapelle beim Aachener Münster aus

dem Ende des 14. Jahrhunderts.

Von H. Loersch.

I.

Von den zahlreichen, heute verschwundenen Kapellen, welche einst das parvisium, den Vorhof, des Aachener Münsters um- gaben, war die grösste der h. Katharina gewidmet. Sie lag an der nördlichen Langseite des Platzes und etwa in deren Mitte, in östlicher Richtung reihten sich ihr wahrscheinlich zwei Ka- pellen an, während zwischen ihr und dem Fischmarkt nur noch ein Oratorium, das vierte der ganzen Fluclit, errichtet war. Auf der Südseite des Vorhofs lagen vom karolingischen Bau bis zur Taufkapelle fünf kleine Kapellen in einer Reihe ^

Die Katharinenkapelle ist vielleicht das letzte Bauwerk gewesen, welches in Aachen noch unter der vollen HeiTschaft des romanischen Stils entstand, denn im Jahre 1235 wird sie in der ihre Stiftung imd Dotation betreffenden, glücklich erhal- tenen Urkunde als eben vollendet erwähnt^. Sibodo, der seit dem Anfang der zwanziger Jahre des 13. Jalirhunderts die Würde des Dekans beim Marienstift bekleidete ^, dessen

^) Vgl. die Ausfilhrungen von C. Rhoen in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, VIII, S. 76 ff.

*) Vgl. für alles Folgende die Dotationsurkunde von 1235 hei La- comhlet, Urkundenbuch II, S. 105, Nr. 201. Haagen, Geschichte Achens I, S. 161 bezieht die Urkunde ganz irriger Weise auf die heutige Augustinerkirche.

^) Quix, Geschichte der Stadt Aachen II, S. 95. Hier wird zum Jahre 1226 fälschlich ein Dekan Gerard genannt; in der Urkunde von 1227, Februar 14 (nicht 1226, wegen des Jahresanfangs) ist aber ego S. (nicht G.) zu lesen, vgl. Lacomblet a. a. 0. II, S. 76, Nr. 142 mit Qu ix, Codex dipl. Aquensis p. 104, no. 148. So ist denn auch kein Anlass gegeben, zwei Dekane mit dem Namen Sibodo zu unterscheiden.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 97

Abstammung aber leider nicht bekannt ist, hat sie ganz aus eigenen Mitteln errichtet und in dem eben erwähnten Jahre mit den für den Unterhalt eines Priesters nöthigen Einkünften ausgestattet. Durch ihn wurde denn auch der erste Kapellan, welcher Nikolaus hiess\ eingesetzt. Er legte ihm die Ver- pflichtung auf, in frühester Morgenstmide Messe in der Katha- rinenkapelle zu lesen und als ständiger Vikar der Stiftskirche stets dem Chorgebet beizuwohnen *. Die p]mennung des Kapellans behielt er für alle Zeiten dem Dekan vor. Nur noch drei der Priester, welche diese Stelle inne hatten, sind in den bis jetzt veröffentlichten Quellen erwähnt. Johann Pollek, dessen eine jüngere Eintragung im Nekrologium des Marienstifts gedenkt, gehört vermuthlich dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts an ^; die Stadtrechnung von 1885/86 nennt Peter Hankart, die von 1394/95 Johann Barba (in deutscher Form also wohl: Bart) als Inhaber des Beneficiums*.

') Die Dotationsurkunde nennt ihn ; seinen Tod und eine durch ihn dem Stift hlnterlassene Rente von zwölf Denaren erwähnt der älteste Schreiber des Xekrologiums des Marienstifts zum 15. Oktober, vgl. Quix, Necrologium ecclesiae b. M. v. Aquensis p. 57, 1. 15.

») So sind wohl zu verstehen die Worte der Dotationsurkunde: Erit etiam vicarius ecclesie perpetuus de primis et ultimis in choro existentibus.

*) Zum 25. November: Obiit Johannes Pollex, cappellanus s. Katerine, pro quo fratres presentes habent 6 solidos, Quix, Necrologium p. 66, 1. 7. Mit dieser Jahresrente war ein Haus belastet, das dem Heinrich Pollex (Dume), dem Bruder des Kapellans, gehörte, an welchem dieser aber durch Erbschaft vom Vater her betheiligt war. Von der Wittwe des Heinrich hat die Stadt es eine Zeit lang gemiethet, vgl. Laurent, Stadtrechnungen, Aua- gabe-R. 1344/45, S. 157, Z. 34, A.-B. 1346/47, S. 187, Z. 2; sie kaufte es dann im Jahre 1349/50 fftr 310 Mark (Laurent S. 221, Z. 36) und zahlte deshalb auch in diesem Jahre dem Marienstift, sowie andern Berechtigten die darauf ruhenden Renten (Laurent S. 201, Z. 10, 24, 33). Wahrschein- lich sind diese aber abgelöst worden, denn sie kommen in den spätem Rech- nungen der Stadt nicht mehr vor. Das Marienstift bezog auch eine Jahres- rente von 12 Denaren de domo Pollicis in foro (Quix, Necrologium p. 25, L 7), dies ist die in Urkunde vom 25. April 1290 erwähnte ^domus Düme" (Ritz, Urkunden und Abhandlungen zur (ieschichte des Niederrheins I, 1, S. 105), welche mit dem vorerwähnten Hause wahrscheinlich nicht identisch ist, da die Rente von 12 Denaren in der Stadtrechnung von 1349/50 nicht erwähnt wird.

*) Laurent S. 346, Z. 32: Item heren Peter Hankart van sint £«l«riaeB capelle 27 s. ; S. 398, Z. 39 : Item heren Johan Barba van sint 27 s. Die Bezeichnung der Emptänger als Herren bewei«>

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üeber die der neuen Kapelle zugewandten Güter und Ein- künfte macht die Stiftungsurkunde genaue Angaben, auf welche noch nälier eingegangen werden wird. Im Laufe des 13. imd des 14. Jahrhunderts wurde das Gebäude selbst wie der vor seinem Eingang liegende Raum häufig als Begräbnissplatz in Anspruch genommen^. Weitere Nachrichten finden sich nicht. Es steht nur fest, dass die Katharinenkapelle länger als alle andern am Parvisch gelegenen Kapellen bestanden hat. Im 16. und 17. Jalirhundert sind die Umgebungen des Vorhofs mehr und melir verfallen, die den einzelnen Oratorien zustehenden Einkünfte gingen verloren, eins nach dem andern wurde zur Ruine, nament- lich der Stadtbrand von 1656 scheint sie stark beschädigt zu haben; die Stellen, auf welchen sie gestanden hatten, wurden als Bauplätze für die kleinen Häuser benutzt, die heute noch den Platz begrenzen^. Aber erst im Jahre 1730 war die Katharinenkapelle so bauföllig geworden, dass sie geschlossen, der in ihr zu haltende Gottesdienst an den Choraltar des Münsters verlegt werden musste. Auf den mit Erde überschütteten Mauer- resten wurde später ein Garten angelegt, der noch unverändert erhalten ist^

Das ist alles, was bis jetzt über die Katharinenkapelle ermittelt werden konnte. Weit dürftiger noch ist die Kunde von der Mehrzahl der andern den Vorhof umgebenden Kapellen, insbesondere ist für keine derselben die Dotationsurkunde erhalten. Ueber ihre Gebäude wie über ihre Einkünfte könnte genauere Belehrung erst erwartet werden, wenn endlich einmal aus dem

Stand. Der Posten selbst ist unten zn besprechen. Herr Peter Hankart kommt auch vor m der Einnahme-R. von 1391/92, Laurent S. 387, Z. 3, ein älterer Hankart (1346/47) S. 171, Z. 28.

*) Quix, Necrologium, zum 4. April, p. 20, not. 6; zum 12. April, p. 22, 1. 19; zum 13. April, p. 22, 1. 29; zum 10. Juni, p. 35, not. 2; zum 21. Juli, p. 42, 1. 3; zum 1. September, p. 49, 1. 28; zum 12. oder 13. September, p. 51, not. 7; zum 2. November, p. 61, 1. 3. Es sind unzweifelhaft Laien, die Eltern des Johannes Lisentredere, welche vor der Kapelle ihre Ruhestätte gefunden haben (21. Juli und 1. September); der Sohn hat dem Marienstift bedeutende Schenkungen gewidmet. In allen übrigen Fällen dürfte es sich um Kleriker handeln, die in der Kapelle bestattet wurden.

2) Rhoen a. a. 0.

^ Quix, Historische Beschreibung der Münsterkirche S. 50. Die drei hier erwähnten aus der Kapelle stammenden Säulen scheinen spurlos ver- schwunden zu sein.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 99

immer noch reichhaltigen Archiv der Mtinsterkirche und aus den im königlichen Staatsarchiv zu Düsseldorf aufbewahrten Theilen des vormaligen Stiftsarchivs ^ wenigstens die altem Zinsregister und sonstige Verzeichnisse in systematischer Weise veröffentlicht würden. Müssen die aus der Erschliessung solcher Quellen zu gewinnenden Aufschlüsse vielleicht noch lange ent- behrt werden, so wird mit um so grösserer Freude der Nach- weis von Nachrichten begrüsst, den wir der fortschreitenden Durchforschung und Sichtung unserer grössern deutschen Hand- scliriftensammlungen verdanken. Sie bringt Kunde über Zeug- nisse, welche, an völlig entlegener Stelle niedergelegt, ohne besondem Hinweis wohl kaum jemals hätten verwerthet werden können. Ein neuer Fund kommt nun gerade wieder der Katha- rinenkapelle zu Gute. Dem vorzüglichen Verzeichniss, welches Wilhelm Schum über die Amplonianische Bibliothek zu Erfurt verfasst hat*, ist es zu danken, wenn auf den hier folgenden Seiten eine alte Aufzählung der Einkünfte dieser Kapelle besprochen und veröffentlicht werden kann, welche die Kenntniss von den Wandlungen und Schicksalen ihrer Dotation wesentlich bereichert. Das kleine, 31 für den Druck nummerirte Absätze umfassende Register ist nachträglich auf die ursprünglich leer gebliebene Rückseite von Blatt 101 einer Handschrift der eben genannten Sammlung gesetzt worden ^ Die Handschrift selbst (Quart, Nr. 332), der Mitte des 14. Jahrhunderts angehörig und 106 Blätter umfassend, ist in England geschrieben und hat als ursprünglichen Inhalt drei Stücke: Guilelmi Hentisberii sophis- mata, Tractatus de obligationibus Cantabrigensium sequens doctrinam und Fragmentum sophismatis: omne verum et deum

^) Vgl. II gen, Rheinisches Archiv, Theil I, Der Niederrhein (Ergän- zungsheft II der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst), S. 54 f. Nach gef&Uiger Mittheilung des Herrn Dr. Forst befinden sich in Düsseldorf ausser der Dotationsurkunde keine die KatharinenkapeUe aus- schliesslich betreffenden Archivalien. Auch in den Sammlungen von Quix und Ritz (erstere in der königlichen liibliothek zu Berlin, letztere im Staats- archiv zu Dttsseldorf) findet sich nichts Derartiges.

«) W. Schum, Beschreibendes Verzeichniss der Araplonianischen Hand- schriften-Sammlung zu Erfurt, Berlin 1887.

») Für das freundliche Entgegenkommen des Herrn Bibliothekars Dr. Auermannzu Erfurt, welches mir die Benutzung der Handschrift auf der Bonner Universitätsbibliothek ermöglichte, spreche ich anell Stelle meinen aufrichtigen Dank aus.

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esse difFerunt ^ Aus England ist sie nach Aachen gekommen und hier hat dann ein und derselbe Schreiber gegen Ende des 14. Jahr- hunderts mit hässlicher, oft undeutlicher Hand theils auf den leeren Stellen, theils auf den Rändern der Blätter in sehr unregel- mässiger Form, fast immer aber mit besonderer Ueberschrift, acht- undzwanzig Eintragungen gemacht. Die meisten davon sind latei- nische und deutsche Gedichte^; ausser diesen finden sich noch verschiedene Eezepte, eine bei Disputationen zu verwendende Formel, eine Notiz über Preise, auf die noch zurückzukommen ist, und das hier vor Allem zu berücksichtigende Rentenver- zeichniss. Erwägt man, dass letzteres zimächst für den zum Genuss dieser Einkünfte Berufenen von Bedeutung war und seine Vorlage auch wohl nur einem dem Marienstift angehörigen Geistlichen zur Verfügung stand, so dürfte die Annahme gerecht- fertigt erscheinen, dass es, wie alle übrigen, fast jeden freien Raum der Handschrift bedeckenden Notizen, dem zeitigen Kapellan der Katharinenkapelle seine Entstehung verdankt. Es ist denn auch von einem unvollständig gebliebenen Hinweis auf das OfiFertorium und die Chorpräsenz des Katharinentags begleitet^, Blatt 101 und 105 der Handschrift bieten eine Kantilena latinalis de sancta Katharina, und für die Beziehimgen des Schreibers zum Aachener Münster spricht die Thatsache, dass auf Blatt 105 mit der dazu gehörigen Melodie die erste Strophe des Weih- nachtslieds eingetragen ist, welches der älteste Schöffe, alter Sitte gemäss, in der Mitternachtsmesse anzustimmen hatte ^.

Die Zeit, um welche dasRentenverzeichniss niedergeschrieben wurde, lässt sich ziemlich genau bestimmen. Auf dem zweiten Blatt der Handschrift stehen Angaben über den Preis, der in Aachen für Pfeffer und andere Gewürze in der Fastenzeit der Jahre 1391 und 1392 gezahlt wurdet Um dieselbe

*) Genaue Beschreibung der Handschrift bei Seh um a. a. 0. S. 566 flf.

*) Herr Dr. Nörrenberg in Marburg wird die sehr interessante Samm- lung demnächst veröffentlichen.

») Vgl. S. 134, Anm. a.

*) Vgl. Hilgers und Pauls in der Zeitschrift des Aachener Geschichts- vereins IV, S. 149 ff.

^) Die Notizen beginnen wie folgt: Anno domini mo ccc^ Ixxxx primo et secundo in quadragesima dabatur Aquis in pagamento Aquensi loto piperis pro solido. Schum a. a. 0. hat irrthümlich : A. D. CCC« LXXXJo primo

et secundo.

Die Katlmmeokapelli; beim Aiidn-utT Müll,^u•r. HU

Zeit etwa, einige Jahre früher oder s|>äter, ilürlU- autli das Veraeichniss, das, wie ifesa^rt, imzwt'ifelhafl viui demsilln'ii Schreiber herrührt, eintet rHjreii wurden sein. Dit-scs •ifl!.>i bietet dann vielleicht einen Anhalt l'ili' die Hi-nliiuiiiinii; dis Jahres, vor welchem es aufiiczeichnet sein uul^s, in AhsiUz Hl. Hier wird nämlich „Orieiitzen hfly« vor dat l'arvisch* ^'t^inuuil. Eine Urkunde vom \'2. Dezend>er litflH lierichtet, da»« dinBüis unmittelbar an das nnter König Kichard erljaiite llürgerhaiis anstossende Haus, oftenbar nur kurz viir ilereii Aanatidliin^'-, von Grund aus neu errichtet worden int '. Als Krhiim-i' werden der bischer Tills (irienze und w'lii Kidiiiti llt-nklii. ^nannt Fischerclien, liezoichnet *, ilier In einem di-r (illi-.-iin Tbeile der Stadt kann es i^lidi niizwii fei halt iiirht um hihii S'-ulmn auf bisher ^anz uulieDiitzteni Itoilcn li;iiid<-hi. In d'-r 'l'ii.ii v.iid dieses Haus auch whon im Jahn- i:i>»r» i-rwiihnt. K? ii--ii',ii'- damals dem Heinrich Hfu-uzf. df-r wgljl di-r Vitii-r d- n l-i*»- ^enannten Fi-^'-hers Tlii> tini-u/Ji sfewi-M-n M-in wi-'l . K> i.-'. somit anzun^-liiiM-i]. drt>- liftxt'-n-r luit H'ilt«- 'i<-:r N ii\vi> ^' i -,v.; nur sein IwufyiÜ^f l.'r-w^.rvii-rji-v Hau» dui' !i ri'j f. [■<■,■ l:. ireräaniiirejvh (.■^^etzt Ijwt. Wari^ 'ia? v.r d'-r Am:/,i !■ !■'.. '^ <',■ > Rent^nrefi-lprf j.'f>i'ii''lj''!i. ^'J wü-'i*- ii> 'Jii-Miii !.'.-i,^'. w, i- M^heiuliclL da der ^'"rl.•i,t!;' ^l•■h ;.'li.-;i-i'>i!ii] umn- di-ii A>.-.-i. de^ Schrei Im ■!> vlh.n'ji-n hnt. fu-h iWr s<-\vi> <ifi.-ii,v < I.- /!ll^- I<flicLlii.'er X'i','-ii;'-!i;liiuii'T r'-iJi '.fi:' v^i-iL'H .-. ii,. Im ii..> '^■■'- zeiclmis> na'-L ü'-m uht-u (■<'^<-;''.*-ii w.lil ii^um v,,r d.ii- h.id.

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102 H. Loersch

der achtziger oder dem Anfange der neunziger Jahre des 14. Jahrhunderts entstanden, so wird seine Entstehung also doch auch nicht nach dem Jahre 1398 "zu setzen sein. Es enthält übrigens nichts, was mit den so gewonnenen Zeitgrenzen in Widerspruch stünde. Der Erzpriester Johannes von Luchen, den der Absatz 6 nennt, kommt in Urkunden zuletzt 1336, als Leibrentenempfänger noch in der Stadtrechnung von 1338/39, nicht mehr aber in der von 1344/45 vor*, und die Erinnerung an eine grosse Seuche, welche sich in der Ueberschrift eines Rezepts: widder dy suygde van den drusen, as dy lüde ze- moil seir storven (Bl. 105 der Handschrift) ausprägt, dürfte sich auf das Sterben des Jahres 1349 beziehend

Liegt somit in dem Verzeichniss eine Aufzeiclmung etwa aus den letzten zehn bis fünfzehn Jahren des 14. Jahrhunderts vor und darf ohne Bedenken vermuthet werden, dass diese von dem Kapellan der Katharinenkapelle herrührt, so ist als Sclireiber dieser wie der übrigen Eintragungen, und dann wohl auch als Verfasser eines Theils der letztern, einer der oben genannten Geistlichen, Peter Hankart oder Johann Barba (Bart), wahrscheinlich aber der letztere, anzusehen*.

IL

Das Register gestattet nun zunächst einen in vielen Be- ziehungen lehrreichen Vergleich zwischen den Vermögensstücken

*) Vgl. Qnix, Hi8t.-topogr. Beschreibung von Aachen S. 68; Geschichte der Stadt Aachen II, S. 82; Laurent a. a. 0. S. 114, Z. 17 vgl. mit S. 139, Z. 25—30. In der Ausg.-R. von 1346/47 wird noch ein ihm zustehender Hauszins angeführt, Laurent S. 171, Z. 34, was aber nicht beweist, dass er noch lebt. Zum 4. Januar erwähnt das Nekrologium mit jüngerer Hand eine von ihm gethätigte Stiftung für den ersten Donnerstag jedes Monats; vgl. Quix, Necrologium p. 1, 1. 22. Nach der beigefügten Anmerkung kommt er schon im Jahre 1311 als Pleban vor. Eine von ihm persönlich gemachte, auf die oben genannte Stiftung bezügliche Eintragung aus dem Jahre 1316 steht im Nekrologium beim 31. Mai; vgl. Quix 1. c. p. 33, 1. 12. Der Tod seiner Mutter wird zum 22. Januar, der seines Vaters zum 16. Februar erwähnt; die Frau des Schöflfen Gerhard de Luchene zum 20. April, ein Gottschalk de Luggene zum 6. August: Quix 1. c. p. 5, 1. 26, p. 11, 1. 13, - 24, 1. 25, p. 35, 1. 3. Ueber Gerhard vgl. das Register zu Bd. I— VII

!eit«chrift des Aachener Gesch ich ts Vereins. Ein Johann de Lugen in von 1344/45, Laurent S. 139, Z. 6, S. 146, Z. 2.

) Vgl. Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 66 ff.

S. oben S. 97, Anm. 4.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 103

und Einklinften, welche der Kapelle bei ihrer Gründun^^ gewid- met wurden, und dem Bestand dessen, was ihr anderthalb .fahr- hundert später gehörte. Dieser Vergleich zeigt ein starkes Wachsen der Einkünfte, dafür aber auch eine bedeutende Ver- minderung des Ginindbesitzes ^

Die erheblichste Gabe, welche der Dekan Sibodo seiner neuen Stiftung zugewendet hatte, war die in seinem Eigenthum stehende Wolfsmühle nebst ihren AV^iesen, allem Zubehör und allen Gerechtigkeiten*. Unzweifelhaft ist hier die Mühle gemeint, welche am Ende des schon im frühen Mittelalter mit dem Namen Soers bezeichneten AVeges, in der heute die Wolfsfurth genannten Thalenge an der Wurm liegt imd seit dem Anfang dieses Jahr- hunderts zur Tuchfabrik umgewandelt ist ^. Von ihr weiss aber das Register nichts mehr zu melden; Absatz 12 erwähnt nur fünf Morgen sehr guter Wiesen, welche in der Soers und gegen diese abfallend liegen*. Leider ist der Text dieses Al)satzes durch ein undeutlich geschriebenes Wort sehr verdorben, so dass sich die Meinung des Schreibers und der Zusammenhang, in welchem er, offenbar mit Beziehung auf jeden der lünf Morgen, die Summe von zwei Gulden nennt, nicht feststellen lässt. An- scheinend will er über eine auf Grund sachverständigen IJrtheils eingetretene oder mögliche Vermehnmg der Einkünfte aus dies^Mi fünf Morgen oder des Werthes derselben berichten, denn bei den zwei Gulden für jeden Morgen kann es sich nur um Ein- künfte oder Wertherhöhung, nicht um eine Angabe über den ganzen Werth der Grundstücke handeln. Weist er zum S^hlu-s*,' auf das grosse Unrecht hin, welches dem Rektor der Kai*elle dieser Wiesen wegen seit lan;/er Zeit zugeliifTt worden s^'i, wj

') Qu ix, Historische I^v^hrf-i^ui«^ (hr Mnn-t^rkir'h^ >. 50 a. K, t-r- wähnt ein Haus „auf der (Tenß-»traC' aU <I*rr Kai»*-)!«- u:*\i6tii£. ,w. 1 h « aV-r bauföllig für 400 Aachener Thlr. vt-rkauft wunl**, Ih*-**-', Htu- »'h^u.t am Schlüsse Ton Abs. 25 schon (genannt zn -^in : lei'l'-r Ut 'l*rr T*ixt 4<-« K'-^i^tr^ an dieser Stelle unverständlich.

«) Vgl. S. 135, Anm. 6 zu Ah*, \t.

^) Vgl. Haagen, Geschieht'? A K*-»- ff. -i. ♦*;* T»id '»IK. An «l'-n N^r.'.' n erinnern auch die in derselben GejrTid V'^'j^-iA^n H ♦'- i^'t^r^r \uA nt.^^'r- r Wolf (Stadtkr. Aachen) und Wol f ( La jA r. r, A -i - h < n. Ji;." » r Ba r '1 «- j. V rj*. J •* Urkunde von 1200 bei Ritz a. a. O. J. L ». S^Ji t, H;fd *j'-r M .;,, ;. *-' 1 Wiesen in loco, qui dicitur Wolv»'«»m';) n, v^-r" ;rt.

*) Vgl. S. 135, Abs. 12 und di^ da/'j ;" * r,;^- u ,'.;,' *f* :"•.

104 H. Loerscli

stimmt dies auch zu dem, was der Vergleich mit der Stiftungs- urkunde lehrt, dass nämlich die Wolfsmühle und wohl noch andere zu ihr gehörige Grundstücke im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts der Kapelle entfremdet worden sind. Die fünf Morgen Wiesen verblieben ihr dann aber, wie eine von Quix gegebene Nachricht zeigt ^, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Eine Aenderung und offenbar auch eine Verminderung er- gibt sich bei den Einkünften, welche Sibodo seiner Stiftung in Richterich zugewiesen hatte. Die Urkunde von 1235 überträgt derselben in diesem Dorfe jährlich neun Denare und zehn Ka- paune, ausserdem die Kurmeden und andere Hebungen aus zwei Hofstätten^. Absatz 23 des Verzeichnisses lässt nun von dem grossen, beim Kirchhof gelegenen Hofe zehn Kapaune, zwanzig Denare und eine Kurmede entrichten. Dass hier nur ein Gut, welches unzweifelhaft seinen Namen im Gegensatz zu einem andern erhalten hat, und nur eine Kurmede genannt wird, zeigt aufs Deutlichste, dass eine der beiden „aree" sich im Laufe der Zeit ihren Verpflichtungen zu entziehen gewusst hat; es dürfte dies wohl ein als „der kleine" bezeichneter Hof gewesen sein, dessen Leistungen wahrscheinlich die geringern waren. Die Zahl der aus Richterich einkommenden Kapaune ist denn auch dieselbe geblieben, und wenn den neun Pfennigen der Stiftungsurkunde nunmehr zwanzig gegenüber stehen, so stecken in dieser letztern Summe die „aliae obventiones" und „alia iura", welche vielleicht im Laufe der Zeit erst eine Fixirung oder auch eine Umwandlung in Geld erfahren haben. Von beson- derm Interesse ist der Schluss des Absatzes. Der Sclu'eiber bemerkt hier, unzweifelhaft aus eigener Kenntniss, der augen- blickliche Inhaber des Hofes würde gern statt der Kurmede jährlich zwei alte Groschen entrichten. Dieser wünscht also, die zuiallige, bekanntlich beim Wechsel des Besitzers oder beim Wechsel des Verleihers des Gutes, vielfach auch in beiden Fällen, eintretende, aus dem Besthaupt hervorgegangene Abgabe durch eine bestimmte, feststehende jährliche Leistung zu ersetzen. Die laufenden Abgaben vom Gute sollen massig erhöht werden, um die zwar seltene, aber wirthschaftlich drückende, weil in

*) Quix, Historische Beschreibung der Mtinsterkirche S. 50 a. E.: ,,deren Reuten bestanden in einer an der Worm gelegenen Wiese von fünf Morgen".

*) Vgl. S. 137, Absatz 23 und die dazu gehörigen Anmerkungen.

unbestimint^ii Zvi><-Lt*nr«iiTi}oii vioi^rrkc-LrvnrJo nr.ä hr\ i)om »ii;v,h Todesfall hfii*eiirt*ftiLTi'rn Wf^lisfl <ii-^ UoN'iyns (i^piv-^'^t !;^\^- queme PrastÄtir«! zu l»t'SriTiirrn, lX"^r Inlijs^K-v (^t-^s Hoios Ivkin-ii^oi durch seinen V^'»r>i-Wa;r, der ihm p<TS'*r.]ioli k,*iuin iiüt7on, W1^^1 aber seinen Eriken zu Gute kmnuen kt>nnte, riebt iwi^s Notsu^n^r niss der wirthschaftlichen VcrhÄltnisM\ um m> «u^ln\ tiK ^lov Ersatz der Kumiede dnn-h eine jährliche (u^hJrt!^\0>e nur noKoi^ in den Abmachungen über jreliehene i^ütor voi>ivko^nnuM^ soin wird^

Die Katharinenkapelle hatte bei <Ut itrrtndnn^i* iiIm «Irillou Bestandtheil ihres Vermösrens gewisse KinkllnniMM^hulton, woloho sie nur indirekt ihrem Stifter venhinkto. Diosor berirlMol in der oft erwähnten Urkunde, dass (Um* Propst «Ion MurionwIinN gemeint ist Propst Otto, dessen Siegel jinrh «loni SlllhinüH brief angehängt ist ihr den UeberscIiUHH von OenilliMi /m^:p- wiesen habe, welche in Meerssen zu entrichten Helen. Die K^poll«» soll das erhalten, was von fllnf Mark, die fllr KngiMrMJninn ifo- zahlt werden, und von drei Mark, die der l'ropHt i\r\u Knpllel zum Fest des h. Leo und zu Anniversarien verinaclii ImiI, DlMit^ bleibte Mit diesen Einkünften hat es nun fol^^ende H<'WMndf- niss. Seit den Tagen König J^otharn FF. benaHH da« Marl'MmflH zu Meerssen die Xona der dortigen köni^rliclifn Villa ^ dieR*« ^^Ih«?* war aber im Laufe der Zeit an die Abtei Ht, UctiUirUtn zn iU'\m< gelangt ^ Langjahrifre Strejtitrkeiten lib^T d^'n }U'irfii/^ d'-^-^^n. was der Verwalter <prej>/;.-iUi?»; der abf^ili'h^n ^/liter w^^/' rr der Nona an das Ifarien-fifr zri fhtrifhU'u h^^r*\ wor^Wo im Februar 1228 dur'^h ^;;.^n V^ri.'I^'irh i^'^'^^hürh^-f, fU-r f\>\^^\'>*-yi

vgl daj*. s. ii^-i ::-ri. :2:r,

Limburg d^ K.in.ii:**'<:ia (.•»• ' ,.rf*o''M'iif*v .ii* " n if «^.^- i-',r.

Unt€rtkih«»tL fj'P ' t'j*." .1».', ,,■ n ,<.'-<''i fj'- ^ '-•* .-' . *. n ' .-i ■*

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106 H. Loersch

auf zehn Mark Lütticher Währung, die Mark zu zwanzig Lüt- ticher Schillingen gerechnet, festsetzte ^ Von diesen zehn Mark sind dann offenbar fünf, wahrscheinlich mit Rücksicht auf die ursprüngliche Herkunft der Meerssener Einkünfte, einem Fonds zugewiesen worden, in welchen die als Ablösung von Enger- fahrten gezahlten Gelder * wohl überhaupt flössen, während der Propst Otto, unter dem der Vergleich zu Stande gekommen war, die Vertheilung von drei weitem Mark an die Mitglieder des Stifts für drei bestimmte Tage letztwillig festsetzte ^. Es berech- net sich somit der für die Katharinenkapelle frei bleibende Antlieil auf zwei Mark. In der That wird denn auch in einem Zins- rogister der Kellnerei des Marienstifts von 1320 der aus Meerssen einkommende Betrag auf zehn Mark oder mehr, die Mark zu vierzig alten Groschen von Tours gerechnet, angegeben und ausdrücklich erklärt, dass davon zwei Mark an den Kapellan der Katharinenkapelle abzuliefern seien ^. Damit stimmt dann wiederum Absatz 21 des Registers, der die Gewährung des der Kapelle zukommenden Antheils aus der Verwaltung der allge- meinen Einkünfte des Stiftes ^ ausdrücklich betont, den Antheil selbst aber selbständig und eigenthümlich berechnet. Er soll nämlich bestehen aus dem fünften Theil von dreiunddreissig Gulden und vier Groschen. Diese Art und Weise, die Einkünfte

') Die Urkunde bei Qu ix, Codex dipl. Aquensis p. 106, no. 150. Der Verwalter zu Meerssen wird von Qu ix 1. c. p. 251, no. 165 und von Lacomblet, Urkundenbuch I, S. 39, Anm. 3 fälschlich als Propst bezeichnet. Das Jahr 1227 am Schluss der Urkunde ist mit Rücksicht auf den Jahres- anfang in 1228 umzuwandeln.

*) Ueber die Entwickelung dieser Abgabe vgl. Lamprecht a. a. 0. I, S. 816 f.

^) So dürfte das Wort „legatis" zu verstehen sein. An eine Zuwen- dung aus dem persönlichen Vermögen des Propstes ist mit Rücksicht auf das Ergebniss der Berechnung nicht zu denken. Eine Urkunde, welche diese Bestimmungen enthielte, ist bis jetzt nicht bekannt geworden; auch das Xekrologium bietet keine Nachricht

*) Vgl. S. 136 Anm. 6 zu Abs. 21.

^) Die Kellnerei ist die Centralverwaltung des dem gesammten 8tift zustehenden Vermögens, von ihr geht die Vertheilung der hier zusammen- fliessenden Einkünfte aus. Ihr Haupt war der celerarius dominorum. Auf ihn war auch die Katharinenkapelle angewiesen vermöge einer Zuwendung des Plebans von Luchen ; vgl. Abs. 6, unten S. 1 34. Akten der Kellnerei seit 1320, Rechnungen seit 1585 im kgl. Staatsarchiv zu Düsseldorf, vgl. Ilgen a. a. 0. S. 55.

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Das, was die Katliarinonkupolln \u^i \U\t'i 'ililjiitü^ iiM I In künften empfangen hatte, int iiarli rh'm JhIim* I-'I'» \h h 1/ Iimh Masse seitens der Aaf:h<»n<*r MnrK<''>^ Ij'»'^^ ^mmmIiH "'^pIu* rmfang, We«en und Herkunft iUtj^Ji Kt-m,* itnnr,/ 1'J ' /| * Verzeiclmi>'i dfr'i^ü' i, ^-rk^-of,"/*, htU/jt..'^ uh h* . i f,.--,* h'* i / ,/ zwölf Mark. T\ i ^ : /' 7""* >* A *l" i l'f* ' -- /* '- t. .- / '. jährlirL vi At -^-r t\<.'^'\ /,'*/• ' ,'/•/ ein ZIl* t ■: «^J'*:: * '-^ '/• .- ' /»•*

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108 H. Loersch

von Wiesen und einem Teich ^, endlich zwei Kapaune, die als besondere im 14. Jahrhundert längst in Geld umgewandelte Abgabe von einem Hause in der Bendelstrasse noch neben dem Zins von drei Schilling entrichtet werden^. Die Termine der Zahlung sind die im ganzen Mittelalter allgemein und auch in Aachen üblichen, neben den beweglichen: Fastnacht, Laetare und Ostern, die unbeweglicUen : Mariae Reinigung (Februar 2), Geburt des h. Johann Baptist (Juni 24), Mariae Himmelfahrt (August 15), Eemigius (Oktober 1), AVeihnachten (Dezember 25); dazu kommt das besondere Aachener Fest der zweiten AVeihe der Münsterkirche, die magna dedicatio Aquensis^ am 17. Juli, sowie ein nicht näher bezeichnetes und auch aus andern Zeug- nissen nicht naclizuweisendes Fest der domus spiritus^.

Zu beachten ist, dass in sehr vielen Fällen der Zahlungs- tag verschoben worden ist, insbesondere sind sämmtliche unter der Rubrik des Remigiustags verzeichnete Zinse jedesmal aus- drücklich als zu Weihnachten fällig bezeichnet^, welches Fest dadurch geradezu als der Haupttermin erscheint. Das Verzeich- niss führt nur längst bekannte Strassennamen und zwar meist aus den ältesten Theilen der Stadt an; sie mögen hier folgen, unter Angabe der Absätze, in welchen sie vorkommen : Adalberts- berg (29), Bendelstrasse (19), Gängstrasse (25), auf dem Hof (9, 10, 11, 18), Jakobstrasse (? 15), Kockerellstrasse (14), Küh- gasse (3), vor dem Parvisch (16, 24), Peterstrasse (17), Pont- strasse (18), die Reihgasse, welche jedoch eigentlich nur als Theil des Wirichsbongards genannt wird (1), Scherpstrasse (31) und Trichtergasse (26). In fast allen diesen Strassen wird nur ein Haus als zinspflichtig genannt, es finden sich deren aber zwei am spätem Fischmarkt, sogar vier am Hof. Von den

0 Abs. 25.

*) Abs. 19. Ueber die Kapaune als Abgabe vgl. Loersch in Anualen des historischen Vereins für den Niederrhein XXI, S. 255.

•'') Vgl. Laurent, Aachener Stadtrechnungen, Register S. 432.

*) Abs. 25, dessen Text unzweifelhaft fehlerhaft ist. Domus sancti Spiritus ist die stehende Bezeichnung für das Spital zum heiligen Geist, das aber in der Nähe des Chores der Münsterkirche lag. Wie hier die Gäng- strasse in Verbindung mit demselben gebracht worden, ist völlig unklar. Vgl. auch oben S. 103, Anm. 1. Ueber viele andere in Aachen übliche Ter- mine vgl. Loersch in Annalen a. a. 0.

^) Vgl. Abs. 13-24.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 109

Thoren wird das Burtscheider, anscheinend das äussere, in Abs. 2, das innere Burtscheider ausdrücklich in Abs. 4, das Xeuthor in Abs. 25 erwähnt. Das am Salvatorberg, also vor der Stadt, gelegene Haus des Schafliirten nennt Abs. 22; im 14. Jalirhundert hat die Bürgerschaft sicherlich noch eine selir stattliche Schafherde auf die Gemeindeweide geschickt.

m.

Bietet schon eine zusammenfassende Betrachtung des Renten- verzeichnisses nicht nur einen wünschenswerthen Einblick in die Vermögenslage der Katharinenkapelle, scmdern auch gewisse allgemeinere Daten, welche füi* die Kenntniss namentlich der wirthschaftlichen Verhältnisse Aachens im 14. Jalirhundert nicht belanglos sind, so ist das Ergebniss ungleich bedeutender, wenn die Angaben einzelner Absätze genauer geprüft werden. Die Topographie der Stadt insbesondere, dann aber auch gewisse kirchliche Verhältnisse, die Geschichte einzelner Familien erfahren eine nicht zu unterschätzende Beleuchtung. Zunächst mögen einige für die Kunde von gewissen Oertlichkeiten und Gebäuden wichtige Stellen ins Auge gefasst werden.

1.

Absatz 25 des Verzeichnisses bestimmt die I.age mehrerer AViesen und eines Teiches mit den Worten : ,,iuxta domicellorum cimiterium*'. Es ist das erste Mal, dass diese Ortsbezeichnung sich in lateinischer Sprache für Aachen urkundlich nachweisen lässt; ihre im Munde des Volkes lebende deutsche Form ist durch eine Urkunde vom 21. Januar 148G überliefert, welche zugleich die Angabe enthält, dass der Junkerskirchhof vor dem Juncheitsthor lag^, das bekanntlich auch Junkersthor genannt wurde *. In der That liegt vor diesem Thore der AVeiher, den

>) Vgl Quix, Geschichte der St Petcr-Plarrkirche S. 137, Nr. 18: erfftzens an 9 morgen ackerlaml'* buyjisen die Jondieitportze an den Joncheren kircho£f gelegen.

») Das Thor wird in den Stadtrechnuntren d*^s 14. Jahrhundert.s zufUllijrer Weise gar nicht genannt, aln Junkerr^thor erK-heiiit vs in dem durch Pick veröffentlichten Bericht über die amtliche Besichtit^ung der Stadtmauer auK der Mitte des 15. Jahrhunderts; vgl. Ztit^hrift d^-t* Atuhcmr (Jeschichts- verein» VII, S. 288. Dem Thor, welches die AmuM incur, d«^H eaux d'Aix- la-Chapelle als porte de la noble^M^ jx^rte des doM. ^ zeirhu*-«, int, wie so

110 H, Loersch

Absatz 25 erwähnt. Ergibt sich ohne Schwierigkeit die Gegend, in welcher jene Oertlichkeit zu suchen ist, so bleibt doch immer noch die Bedeutung des eigenthümlichen für sie gebrauchten Namens festzustellen. Offenbar handelt es sich hier nicht um eine Begräbnissstätte im gewöiinlichen Sinne des Wortes. Iin 14. Jahrhundert fanden die besseni Stände in den zahlreichen Kirchen und Kapellen, die geringern Leute auf den diese umgebenden Plätzen ihre Gräber; keine Nachricht aus jener Zeit weist auf einen wirklichen vor der Stadt liegenden Kirchhof hin. Zur Er- mittelungder Bestimmung des Aachener „cimiteriumdomicelloi-um" dient aber nun vor Allem der Hinweis auf die Thntsache, das» der gleiche Name in deutscher wie in lateinischer Form um dieselbe Zeit in Köln, in deutscher Form zu Anfang des Ki. Jahr- hunderts in Dortmund vorkommt. An beiden Orten bezeichnet er eine ausserhalb der Stadt, in Köln vor dem Weyerthor, in der „die Kesselkaul" genannten Feldflur ', in Dortmund vor dem We8t«rthor*, liegende Richtstfttte. Und zwar unzweifelhaft weder dort noch hier auf Grund einer für diese Benennung massgebenden sachlichen oder persönlichen Beziehung, welche mit dem Worte „Junker" in seiner gewöhnlichen Bedeutung etwas zu thun hätte, sondern weil Richtstätten überhaupt so genannt wurden. Dies wiederum kann nur deshalb geschehen sein, weil man den Uebeltliäter, den Verbrecher wohl mit bittemi TT.i.^ ._;..,.;_!.. ..__, ^.pgß„ Jpg jm Verbrechen liegenden frevel- Is „Junker" bezeichnetet

i.iseu, ganz überflüssiger Wei»e sein geflchichtliuh übt worden, um <lie DicbtKsagende Bezeicboang cn setzen.

Tischen Vereins für den Niederrhein XIX, S. a27, :, Munätsscbrift IV, S. 11» ff.; Mäblbauni, Das II, S. 111. In letztenn Werke verlegt das Hegistcr :bbuf irrtbümliuh an die Severinsatrssau und wirft m Elendigen Kiiehbüf zusammen, wovor subon bei

nsen zur Cbronik des Dietrich Westhoff mitge- Berliner Handscbrift in Chroniken der deutlichen

I, S. 3S7, Anm. l.

len die Ton Enuen, Oesrhiubte der Stadt Küln IIl, .^eiisscning eines Schöffen aus dem Jahre 14^7; seine Junkersehaft also zum Hohne dea Rechtes

Niemand y.n seinem Rechte gelangen, und darum

Die Eatharinenkapelle beim Aachener Münster. 111

In der That ist nun auch in Aachen eine vor dem Junkersthor liegende Heide als ßichtstätte und zugleich als Begräbnissort der Gerichteten benutzt worden. Hier empfingen Auswärtige, die in gewissen Fällen der Kriminalgerichtsbarkeit von Bürgermeister und Rath unterworfen waren, ihre Strafe. Gehört das Zeugniss, welches dies bekundet, der bekannte Vertrag zwischen Pfalz- Neuburg und Aachen aus dem Jalire 1660, auch einer verhält- nissmässig späten Zeit an^, so wird doch Hinrichtung und Bestattung des Albert Münster, eines wegen zweier Mordthaten verfolgten Prädikanten, an derselben Stelle zum Jahre 1524 berichtet^, und bei der Unwandelbarkeit solcher Dinge in frühem Zeiten ist nicht daran zu zweifeln, dass dieser Platz schon im Mittelalter zu Hinrichtungen und zum Begraben der Hingerichteten benutzt worden ist. Es kann auch kein Bedenken erregen, wenn der erwähnte Vertrag sowohl wie die Aachener Schriftsteller des 17. Jahrhunderts die Heide, welche, was wir durch Noppius erfahren, auch die Pferdsheide genannt wurde, vor Jakobsthor verlegen. Letzteres liegt bekanntlich dicht

sei der Junkerkirchhof also genannt, weil man solche Junker dahin zu schicken pflege**. Die Wörterbücher enthalten freilich kein Zeujafnis)« für diese Bedeutung des Wortes Junker. Der Gedanke, dass für die Bildung des Namens die Person dessen massgebend gewesen, der diesen Kirchhof mit Leichen ver- sorgt, dass der Henker als Junker bezeichnet worden sei, findet keine Unter- stützung in den Wörterbüchern und muss schon deshalb aufgegeben werden, weil die deutsche wie die lateinische Form das Wort Junker in der Mehr- zahl enthält.

*) Vertrag zwischen Pfalz-Neuburg und Aachen vom 28. April 1660, Art. 28 bei Moser ReichsstÄttisches Magazin Th. I, S. 172: soUen . . . die frembden aber in obgemelten dreyen fällen, außerhalb der Statt Aachen,* für St. Jacobs Pfortz auif der Heyden Ihre verschuldte Straeff empfangen. Vgl. hierzu Loersch in Picks Monatsschrift V, S. 560 f. (wodurch ein Versehen im Text zweimal die Jahreszahl 1666 angegeben ist); Qu ix, Hist.-topogr. Beschreibung S. 190, Nr. 45; Oppenhoff in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VI, S. 47, Anm. 18.

*) Petri a Beeck Aquisgranum p. 257: magistratus scntentiam capitis in reum pronuntiavit, cuius et damnatus est subditis gladio cervicibus tra- ditoque corpore terrae eodem loco nempe ante portam d. Jacobo sacram. Noppius, Aacher Chronick (1632) Th. I, S. 174: darüber wird die Sententz deß Todts vber jhn außgesprochen, und er mit dem Schwerd hingerichtet, und begraben ausserthalb S. Jacobs Pfort neben der gemeiner Strassen auft* der Pferds-Heyden. Vgl. Meyer, Aachensche (xeschichten I, S. 445; Haagen, (beschichte Achens II, S. 132.

112 H. Loersch

neben dem Junkersthor, und der Kichtplatz befand sich, wie die Erwähnung des Weihers im ßentenverzeichniss beweist, auf der linken Seite der aus dem Junkersthor, somit auf der rechten der aus dem Jakobsthor lierausführenden Strasse. Walirschein- lich war er von dieser aus leichter zu erreichen und das wird die wohl als jüngere anzusehende Form der Ortsbestimmung veranlasst haben.

Die Ermittelimg der Lage und Bedeutung des „cimiterium domicellorum^ verbreitetnun auch wünschens werthes Licht über Entstehung und Wesen eines andern in den Aachener mittel- alterlichen Quellen nicht selten gebrauchten Wortes. Der in so eigenthümlicher Weise bezeichnete Rieht- und Begräbniss- platz hat nämlich offenbar seiner nähern Umgebung den Namen gegeben und deshalb heissen die vor dem Junkers- und dem Jakobsthor zwischen den nach Vaels und nach Lüttich führenden Strassen gelegenen Felder und Wiesen, auf denen sich eine Mühle und ein alter befestigter Wohnsitz befand, in manchen Urkunden des 14. Jahrhunderts „die Juncheit**. Denn dieses Wort, welches genau wie viele andere auf heit endigende gebildet ist, bedeutet offenbar: das, was zu den Junkern in Beziehung steht, was zu den Junkern gehört. Die Juncheit ist eben das an den Junkerskirchhof anstossende Gebiet. Daher wird das Junkersthor mehrfach Juncheitsthor genannt. Von der Juncheit führte dann wieder eine adelige Familie, deren Mitglieder im 14. Jahrhundert auftreten, und welche etwa bis zur Mitte dieses Jahrhunderts im Besitze des oben erwähnten Wohnsitzes war, den Namen ^ Ob diese Familie in Beziehung

') Die urkundlichen Nachrichten über die Juncheit sind zusammengesteUt bei Quix, Beiträge zur Geschichte der Stadt Aachen II, S. 51—55 und Geschichte der Stadt Aachen II, S. 72 f., sowie Hist.-topogr. Beschreibung S. 72. Er sagt an den beiden ersten Stellen, jedoch ohne jeden Nachweis: und in einer Urkunde kommt gar „Juncheits-Kirchhof" vor. Drei der hier von ihm erwähnten Urkunden sind später veröffentlicht. Vgl. Quix, Die Pfarre zum h. Kreuz S. 42 (1322, Februar 10); Codex dipl. Aquensis p. 230, no. 331 (1340, September 1); Geschichte der ehem. Abtei Burtscheid S. 426, Nr. 184 (1364, Oktober 1); Hennes, Cod. dipl. ordinis sanctae Mariae Theutonicorum II, p. 353, no. 410, p. 888, no. 449. Vgl. auch Haagen, Geschichte Achens I, S. 235, Anm. 1, S. 256 f.; die hier vorgeschlagene Ableitung des Wortes Juncheit vom lateinischen iuncus ist selbstverständ- lich verfehlt. Es kommt zuerst vor in einer Notiz des ältesten Theils des Nekrologiums des Marienstifts zum 3. März; vgl. Quix, Necrologium b. M. V. p. 14, 1. 6: 0. Wilhelmus, frater noster, pro quo habemus II denarios et

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 113

stand zu den unzweifelhaft echten Aachener Münzen aus den siebenziger Jahren des 14. Jahrhunderts, welche die Bezeich- nung „moneta Juncheit^ tragen, oder ob letztere auf andere Verhältnisse zurückzuführen ist, wird, so lange nicht neu auf- gefundene Urkunden neue Aufschlüsse geben, kaum zu ent- scheiden sein ^

2.

Absatz 7 des Verzeichnisses führt in das Innere der Stadt und zu den der Gemeindeverwaltung gewidmeten Gebäuden: civi- tas de magna domo magistrorum civium 27 solidos. Die Stadt Aachen hatte somit der Katharinenkapelle von einem den Bürger- meistern in ihrer amtlichen Stellung zur Benutzung überwiesenen Hause einen Erbzins von 27 Schilling zu zahlen. In Wirklich- keit figurirt diese Leistung denn auch in den Ausgabe-Rech- nungen von 1385/86 und 1894/95, während sie in allen erhaltenen altern Rechnungen fehlt ^. Leider nennen aber die beiden späten und kurzen im Vorhergehenden bereits verwertheten Notizen zwar die Kapellane der Kapelle als Empfänger der Zahlung, nicht aber das Gebäude, von dem der Zins entrichtet wird. Das ret um so mehr zu beklagen, als die Bezeichnung „magna

II capones de curtilibus in Juneheit. Das Junkersthor wird zuerst als Juncheits- thor erwähnt in Urk. von 1418, Juni 19 bei Drcsemann, Die Jacobskirche zu Aachen S. 82 f., dann 1436, vgl. oben S. 109, Aura. 1, femer in Urk. von 1442, Mai 7 bei Dresemanu a. a. 0. S. 86 f. und von 1442, Mai 13 bei von Fürth, Beiträge II, Anh. 1, S. 98, Nr. 35, sowie in mehrem Urkunden aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bei Dresemann a. a. 0. S. 100, 101, 111 und in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VIII, S. 236, Nr. 13. Wie lange das Wort Juneheit, welches Urkunden von 1400 und 1442, sowie Kirchenbücher des 16. und 17. Jahrhunderts als Flurbezeichnung anwenden (Dresemann a. a. 0. S. 81, 88, 71, hier auch Jonkertstcynynck und Junckheitssteinwegh), im Gebrauch blieb, ist noch zu erjnitteln, im vorigen Jahrhundert scheint die mit Junker zusammengesetzte Benennung für Thor und Gegend zu überwiegen; ein Kaufakt vom 18. Dezember 1722 bezeichnet mehrere Stücke Garten- und Wiesenland vor dem Junkersthor am Bach und am Eyerberg gelegen mit dem Gesammtnaraen „der Junker", vgl. Pick, Bericht über die Verwaltung des Archivs der Stadt Aachen im Jahre 1887, S. 7, Nr. 2U

') Ueber diese Münzen vgl. Leitzmann bei von Sallet, Zeitschrift für Numismatik II (1874), S. 76 ff.

>) Die Stellen sind S. 97, Anm. 4 abgedruckt.

8

114 H. Loersch

doraus magistroruin civiuni" im ßentenregister zum ersten Mal und neben dieser an keiner andern Stelle begegnet. Jeden- falls ist aber doch hier ein bekanntes, in den bisher veröffent- lichten Urkunden wohl sicher oft erwähntes Gebäude gemeint, dessen allgemein üblicher Name auch dem Schreiber des Renten- registers vorgeschwebt hat, von ihm jedoch mehr oder weniger . stark geändert worden sein muss. Beim Aufsuchen desselben ist nun eine doppelte Möglichkeit ins Auge zu fassen. Es ist möglich, dass die Willkür der Gestaltung nur im ersten Theile des Namens zur Geltung gekommen ist, so dass die Worte „magna domus" in freier Wendung eine Oertlichkeit bezeichnen, deren wirklicher Name ein anderer ist, aber doch auf die Bürger- meister hinweist; es können aber auch die Worte „magistrorum civium" ein willkürlicher Zusatz sein zu einem Ausdruck, der geradezu „magna domus** oder doch ähnlich lautete. Die im Folgenden nach beiden Gesichtspunkten versuchte Feststellung der Lokalität und die sich daraus ergebende Begründung der Verpflichtimg der Stadt zur Leistung der 27 Schilling, haben darum nur den Werth von Vermuthungen. Sie sollen jedoch vor Allem zu weitern Nachforschungen anregen und erfüllen ihren Zweck auch dann, wenn sie nach Auffindung neuer und zuverlässigerer Zeugnisse eine vielleicht rasche Widerlegung finden.

Wird davon ausgegangen, dass die Erwähnung der Bürger- meister deshalb der im Eentenverzeichniss gebrauchten Bezeich- nung anhafte, weil sie auch ein integrirender Bestandtheil des dem Schreiber vorschwebenden landläufigen Namens der von ihm gemeinten Oertlichkeit war, so darf als feststehend angenommen werden, dass damit weder das alte, noch das um 1370 vollendete neue Rathhaus gemeint sein kann, denn jenes wird stets als „domus civium**, „der Bürger Haus", oder als „domus consilii" bezeichnet^ und diesem wird gegen Ende des 14. Jahrhunderts fast noch ausschliesslich der von dem Festraum der Pfalz her- genommene Name „der Saal", „aula", beigelegt. Bei allen Namen, welche für beide vorkommen, ist ein Hinweis auf die Bürgeimeister dem Sprachgebrauch der Aachener Quellen völlig

0 „Gramen", „Gras", „der Bürger Gras" wird im 14. Jahrhundert nur der hinter der domus civium liegende, zum Theil als Weinherg benutzte Anger, niclit, wie später oft, das Gebäude selbst genannt.

fremiL Ani vnem niiir ^mii Ziu^ \nu tuiif ^-hillui^ '; von oiiu^r Kente. welche .intMi*^M»m :r»*liisri't hatte, UMdvi suli tu kWu luuh Dungeii kr'Lne ^piir. L>as ^irr^Sv^o Haus Jcr Uui^ornicisioi"* •' \\aro als4> anderwärts zu siu'Iitru. H*">cli^t wuhrsdioinlivh iHV.ouhiirt der S<:lireil)er dos RenrenvtTZt'ichni>isci> mii vlv'ii Wortvii ^UKi'jiia dumos iiiairi>trf)niiu civiuin* eine iu dou Kochiumi^on dr.^ l l. Jahrhondertii selir *>ft erwähnte iVrtlivhkeit, wcKho seil ilvv zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ^lobium uiai^istiHHiiiu riNUiin"* genannt wird.

Die Stadt Aachen näherte sich iu deu tlrci>>^i^cr .lahiou des 14. Jahrhunderts nut rasrheu SchritttMi iloiu llii|(r|iuiik( ihrer mittelalterlichen Hlüthe. Klir «lit^ lUHmiiurulliKiii iiimI zahlreichen Bedürfnisse der st/hltisrluMi N'iMsvaltiniM M<'ii"Mh'ii nun die wenig'en und nur müHsi^ «nmhcii KiIiimms vvch Iic. ^\i\,^ unter König Richard erbaute IfatliliaiiH hnt, nicht Mich) j wurden andere Gebäude bald K'in^i hahl thcilwcinc. \nti\\n'y gehend oder dauernd in Hcnut/nn// genommen. In tUn Aul Zeichnungen des KentnieihtiTH, w<*|chc ilnt* »lli-lc Mu/I* tUy städtischen Rechnungen bilden un<J wahrrchijnli^h d'/n J<ihM' i'^'/'i angehören. Mird nun IxTicbtit, <J;i;-r di<* huii/* nun-u y n jI städtischen Beamt-en nK^hrfa^li ^/u <)<»<'* M-)jjl/Mt/*o yi\,>^.uu und dass sie an denjM'H^'u ()i'\A* hui '/,. J«Jj nin Al^i^i- .i j entgegen trenoiuin^'u hü^t-n^, h-*- J<< « 1 1, "(.;/< u <)«* i.i" i i*.. Jahre zei^ren d»'utii''ij. um v;^f t- ri'u hyii.':* «» \ '^n «'j-.- i Manne, der si'-L Lufjv.;.' voi. r It-ii- i,..jm '< i,..t '.,* . «*' . jener Zeit eine üi^ i-mmuh. t,«-/* j<'i.'.<'M J"; .-.i '.' i /' ■' >".,.."", und zwar mit rj*.'r u^f''.r/*'i. l>*'i*- .*;• «i / i.ia; 1^- ./..,./' .. ,<

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116 H. Loersch

dieses lobium erscheint nun während des ganzen 14. Jahrhun- derts als der Ort, an welchem vorzugsweise die Bürgermeister in ihrer amtlichen Eigenschaft gewisse Handlungen der Reprä- sentation und zahlreiche Geschäfte vornehmen. Hier übergeben die Gesellen der Zünfte zu Fastnacht ihre Geschenke^, hier werden bei den verschiedensten Anlässen amtliche Arbeiten verrichtet, Verhandlungen gepflogen und Mahlzeiten einge- nommen^, namentlich aber die zahlreichen Weinspenden verab- reicht, welche im offiziellen Verkehr der Stadt eine so grosse Rolle spielen^. Daher kommt es denn, dass die Ausgaben, welche hier gemacht werden müssen, einen stehenden Posten in allen Rechnungen bilden ^. Für die Ausstattung der Lokalität mit Matten und Sitzen, für die Weinkannen und anderes Geräth, welches hier gebraucht wird, trägt die Stadt Sorget Sie hat dann bald auch das Eigenthum an dem für die Verwaltung offenbar unentbehrlich gewordenen lobium erworben. Die Rech- nung von 1344/45 enthält noch einen Posten von 20 Mark, welcher den Kindern des Ludwig von Kleve für Miethe, Feuerung und Licht des vergangenen Jahres nach Verhältniss der abge- laufenen Zeit gezahlt worden ist*; die des Jahres 1346/47 weist dagegen einen entsprechenden Ansatz nicht mehr auf, während sie, wie die der folgenden Zeit regelmässig, über die

Zusammenstellung bei Loersch, Die Rechtsverhältnisse des Kohlenbergbaus im Reich Aachen, Zeitschrift für Bergrecht XIII, S. 518 ff.

^) A.-R. von 1338/39, Laurent S. 137, Z. 20.

*) Vgl. z. B. A.-R. von 1334/35, Laurent S. 107, Z. 17; von 1349/50, Laurent S. 204, Z. 26; S. 207, Z. 19; S. 230, Z. 30; von 1376/77, Laurent S. 256, Z. 32; S. 260, Z. 1.

•'') Vgl. z. B. Laurent S. 157, Z. 22; S. 242, Z. 24; S. 250, Z. 12; S. 251, Z. 6; S. 255, Sp. 1, Z. 17; S. 261, Sp. 2, Z. 5.

♦) Zuerst in der Ausg.-Rechnung von 1338/39: de cxpensis lobie (so) Kleyve factis per totum aunum 69 m., Laurent S. 130, Z. 39; dann Ausg.- Rechnung von 1344/45: de .cxpensis hoc anno supra lobium magistrorum et alibi factis 135 m., Laurent S. 159, Z. 19. Vgl. aber auch Laurent S. 189, Z. 12; S. 242, Z. 13; S. 250, Z. 30; S. 257, Z. 14; S. 260, Z. 23; S. 297, Z. 12 (mit der Anmerkung); S. 304, Z. 11.

*) Vgl. Laureut S. 136, Z. 34; S. 195, Z. 26; S. 108, Z. 20; S. 112, Z. 12; namentlich aber Ausg.-Rechnung von 1344/45: de camera, scampnis, tripedibus supra lobium magistrorum civium in universo lO^j m., Laurent 8. 149, Z. 33.

«) Laurent S. 157, Z. 32.

\

Die Katharineukapelle beim Aachener Münster. 117

Kosten der Heizung der Laube berichtete Im Jahre 1345 oder 1346 ist somit das Eigen thum an letzterer von den Kindern und Erben des Ludwig von Kleve auf die Stadt übergegangen, welche jetzt hier wie in den andern städtischen Gebäuden für Heizung und Beleuchtung zu sorgen hatte. Nunmehr ver- schwindet auch der frühere Name völlig, es ist nur noch von dem lobium magistrorum civium die Rede, und die Stadt nimmt hier von nun an selbst kleine Bauten und Reparaturen vor*, während sie nach wie vor für die Ausstattung Anschaffungen macht '. Neben dem lobium der Bürgermeister und zu gleichen Zwecken städtischer Verwaltung und Repräsentation ist aber auch das alte Rathhaus stets gebraucht worden, namentlich, wie es scheint, dann, wenn eine grössere Zahl von Raihsherren und städtischen Beamten sich um die Bürgermeister schaarte^. In den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts nimmt dann in solchen Fällen mehr und mehr „der Saal**, das neue Rathhaus, die Stelle des letztem ein^; aber bis um die Zeit, in welche die Entstehung des Rentenverzeiclmisses zu versetzen ist, hat die Bürgermeisterlaube, welche die Rechnungen jetzt meist nur noch kurzweg „lobium'^ und „die loeve" zu nennen pflegen, in der alten Weise der städtischen Verwaltung gediente

*) Laurent S. 182, Z. 14 und S. 195, Z. 30. Im Jahre 1349/50 kostete die Heizung der Bürgermeisterlaube sogar mehr als die des alten Ilathhauses, Laurent S. 224, Z. 35 flf.

») Laurent S. 187, Z. 1; S. 195, Z. 24; S. 396, Z. 16. Nur noch einmal taucht der Name auf in einem Privatvertrag von 1360, Mai 1 bei Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 178 f., Nr. 5. Hier stellt Kolin Buc als Theil- haber einer zum Betrieb eines Weinhandels abgeschlossenen Gesellschaft dieser „den kelre zu Kleve** für fünfzig Gulden jährlich, welche aus der GescUschafts- kasse vergütet werden, zur Verfügung. Ein anderer Theilnehmer bringt ,8inen kelre**, d. h. seinen Weinvorrath in die Gesellschaft. Kolin Buc hatte anscheinend den KeUer unter dem lobium für jene Summe von der Stadt gemiethet; vieUeicht war damit ein offener Weinschank verbunden. Da die Stadtrechnungen zwischen 1353 und 1373 fehlen, ist Vergleichung aus- geschlossen, die spätem enthalten keinen entsprechenden Posten.

*) Laurent S. 195, Z. 25.

*) Vgl. z. B. Laurent S. 177, Z. 35; S. 179, Z. 7; S. 209, Z. 28, 35; S. 210, Z. 5; S. 224 a. E. und 225.

*) Vgl. z. B. Laurent S. 250, Z. 6 ff.; S. 272, Z. 14; 8. 273, Z. 12, 15, 36, 39; S. 274, Z. 11; S. 301, Z. 19.

•) Vgl. z. B. Laurent S. 250, Z. 12; 8. 256, Z. 32 ff.; i^ Z. 6; S. 309, Sp. 2, S. 19; 8. 310, 8p. 1, Z. 15: Item unaa

118 H. Loersch

Fraglich könnte es erscheinen, ob denn die Uebersetzung des Wortes „loeve" mit „magna domus'' überhaupt denkbar und zulässig sei. Loeve ist die niederrheinische Form für das mittelhochdeutsche „loube**. Dieses Wort bezeichnet zwar auch eine Gallerie, einen offenen Gang am obern Stockwerke eines Gebäudes, ungleich häufiger aber eine bedeckte Halle und den vor einem Gebäude liegenden Bogengang ^ Solche Bogengänge wurden im Mittelalter bekanntlich vorzugsweise als Verkaufs- stellen für den Kleinhandel benutzte Nach Allem, was die Rechnungen berichten, war nun das lobium magistrorum civium unzweifelhaft nicht ein Eaum in einem Hause, sondern ein selbständiges Gebäude oder doch ein in sich geschlossener Theil eines solchen; das Gleiche ist auch von den andern in den Rechnungen erwähnten „Lauben" anzunehmen* und eine derselben wird geradezu hier domus genannt^. Auch die Zunft- häuser sind bis ins vorige Jahrhundert hinein mit dem Worte „leufe" bezeichnet worden ^ Dem Sclireiber des Registers ist aber die lateinische Form „lobium'' vielleicht nicht geläufig gewesen und das könnte ihn zu der etwas steifen Uebersetzung durch „magna domus" gezwungen haben.

Die Entstehung der der Katharinenkapelle zukommenden Rente von 27 Schilling bleibt auch nach den vorstehenden Ausführungen ii\ Dunkel gehüllt. Darf aber angenommen werden, dass sie in der That von jenem Hause des Ludwig von Kleve zu entrichten war, so kann sie nur von letzterm selbst oder von

der loeven den barbier; S. 315, Sp. 2, Z. 10; S. 324, Sp. 2, Z. 9; S. 327, 8p. 2, Z. 12; S. 331, Z. 37: Item unse heren ayssen up der loeven umb des geleytz wille zu zwen moelen; S. 332, 8p. 1, Z. 26, Sp. 2, Z. 14; S. 338, 8p. 2, Z. 30; S. 362, Z. 9 f.; S. 372, Z. 32, wo es selbstverständlich heissen muss: Item up der loeven, ze Brüyssol, der steede gesinde . . . ; S. 375, Z. 4; S. 377, Z. 37; 8. 378, Z. 12; S. 390, Z. 19 (ein jeden Monat wieder- kehrender Posten).

^) Vgl Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch I, Sp. 1964, unter loube.

^ Vgl. Gengier, Deutsche Stadtrechts-Alterthümer S. 146 ff.

^) Ein lobium, in welchem die BUden stehen, nennt z. B. die Ausg.- Rcchnung von 1346/47, Laurent 8. 186, Z. 12 f., das lobium magistrorum operis wird oft erwähnt, vgl. z. B. Laurent S. 165, Z. 9; S. 182, Z. 15.

*) Vgl. die oben S. 97, Anm. 3 angegebenen Stellen über das lobium oder Haus des PoUex und die Nachricht über den Keller zu Kleve S. 117, Anm. 2.

^) Qu ix, Hist.-topogr. Beschreibimg der Stadt Aachen S. 148 f.

Die KatL'arinenkapelle beim Autbener iinnnler. 110

einem frühern Eigeothümer seinem Grundstück auferlegt worden sein. Als die Stadt dieses erwarb, ging selbstverständlich die Pflicht zur Entrichtung der Rente auf sie über.

Wo das hier besprochene, in den bisher veröffentlichten Urkunden, abgesehen von den Stadtrechnnngen, anscheinend nicht erwähnte Amtslokal der Bürgermeister lag, lägst sich aus den einst- weilen zur Verfügung stehenden Zeugnissen nicht bestimmen '.

Die vorstehenden Ausführungen sind, wie von vorn herein gesagt wurde, von der Vorausset2ung ausgegangen, dass die Bezeichnung, welche der Verfasser des Rentenregiaters für das belastete Gebäude braucht, durch die Beziehung auf die magistri civiiun vor Allem bestimmt sei. Die Redeweise der Stadtrech- nungen aus den achtziger Jahren des 14i Jahrhunderts erheischt jedoch, dass anch noch die zweite oben angedeutete* Möglich- keit ins Auge gefasst werde.

Die Einnahme- Rechnung von 1385/86 enthält zuerst eine grössere Reihe von Beträgen, welche die Stallt aus der Ver- miethung von Buden oder Ladenräumen * an verschiedenen Stellen bezog. Eine ünippe dieser sog. Gademe wird zusammeugefasst unter der Bezeichnung: „I)it sind die godumen up den niart vur deme grosen sale." Diese selbe Gruppe kehrt nun noch zweimal wieder in den Einnahme-Rechnungen von 1387/88 .und 1391/92, liier aber jedesmal mit der Ueberschrift: „Dyt sint dye gedunmien up den mart vur deme groisme (groissen) huys." Diese Stellen* beweisen, dass man in Aachen um die Zeit, als das Register aufgezeichnet wurde, das neue Rathhaus, den Saal, auch das ,grnsse Haus" nannte. Insofern wäre die Uebersetzung mit „magna domus" dem Sprachgebrauch vollkommen angepasst und dies würde wiederum zu dem Ergebniss führen, dass trotz des oben geltend gemachten Schweigens aller altern Quellen das neue Rathliaus iu der That mit einer Erbrente zu Gunsten der Katharinenkapelle belastet war. Es ist durchaus unwahrschein- licli, dass diese Belastung durch königliche Freigebigkeit entstanden wäre. Die Kapelle ist zu einer Zeit gestiftet,

itündlicb

120 H. Loersch

in welcher Verfügungen der Könige über die Reste der Pfalz nicht mehr vorkommen und also auch Beschwerungen derselben durch einen Zins ausgeschlossen erscheinen. Denkbar ist aber eine andere Art der Entstehung. Der Bau des neuen Aachener Rathhauses hat unzweifelhaft die Beseitigung manches auf dem ursprünglichen Boden der Pfalz stehenden Gebäudes erfordert. Im Laufe der Jahrhunderte war sicherlich durch rechtmässige wie unrechtmässige Vorgänge aller Art das Terrain vor und hinter dem Saal in den Besitz der Bevölkerung gelangt, zur Ansiedelung im Mittelpunkte der Stadt benutzt worden; für den grossartig angelegten Neubau musste, wenn er auch an der Stelle des alten Festsaales sich erhob, doch nach allen Seiten Luft, Licht und freier Zugang geschaffen werden. Den Absichten der städtischen Verwaltung dürfte gerade um die Zeit, als man sich mit der Absicht trug, ein Rathhaus zu schaffen, der grosse Brand vorgearbeitet haben, der im Jahre 1344 oder 1345 in der Gegend des Marktes wüthete. Die Chroniken wissen nichts von ihm zu berichten; aber die Stadtrechnungen zeigen, dass er viele Häuser zerstörte, dass die Stadt die Brand- stellen erwarb und dass mit diesen Erwerbungen vielfach die Ablösung der auf jenen lastenden Renten, namentlich soweit Privatleute zu deren Bezug berechtigt waren, Hand in Hand gegangen ist K Die Stadt hat dann auf mehrern der so an sie gelangten Bauplätze, etwa zur selben Zeit, als sie das Rath- haus baute, zusammenhängende Reihen der oben bereits genannten Gademe errichtet, welche ihr, wie die Rechnungen von 1385 an zeigen, nicht unbedeutende Einnahmen brachten 2. Das eine oder andere Gnindstück ist aber auch beim Bau des Rathhauses sicherlich zu dessen Freilegung sowohl nach dem Markte wie nach dem Katschhof zu verwendet worden. Da kann es leicht gekommen sein, dass die Rente, welche auf einem solchen ruhte, der Stadt zur Last fiel und nunmehr auf das „grosse Haus" übertragen schien, in welches jenes gleichsam aufgegangen war, weil es seinetwegen verschwinden musste. So würde allerdings in befriedigender Weise der Umstand erklärt, dass die Stadt erst seit den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts als Schuld-

') Auf alle diese Vorgänge bezieht sich eine Reihe von Positionen in der Ausg. -Rechnung von 1344/45, Laurent S. 143—146.

2) Vgl. Laurent S. 357—359, 366—368, 383—385.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 121

nerin der Katharinenkapelle erscheint. Immerhin bleibt aber doch der Zusatz „magistrorum civium*' auffallend, da er in keiner Weise zu dem Sprachgebrauch der Rechnungen und anderer Urkunden stimmt; er kann nur auf Unkenntniss oder Laune des Schreibers beruhen.

Das Ergebniss der Untersuchung bleibt ein unbefriedigen- des; um so stärker regt sich der Wunsch nach Auffindung ent- scheidender Zeugnisse.

3.

Zu den in mancher Beziehung beachtenswerthen Seiten der städtischen urkundlichen Ueberlieferung gehört die in ver- schiedenen Formen auftretende Bezeichnung der einzelnen Häuser. Geht diese naturgemäss von der Nennung der Strasse aus, an der das Haus liegt, so ergibt sich bei dichterer Bevölkerung und entsprechender Bebauung der Grundstücke, mit denen dann auch regerer Umsatz dieser selbst durch Privatgeschäfte und häufiger Wechsel durch Erbgang Hand in Hand gehen, das Bedürfnis» genauerer Kenntlichmachiuig. Diese lässt sich zunächst auf zwei Wegen erreichen, entweder durch Häufung örtlicher Angaben und topographischer Merkmale oder durch Verwertliung von Personennamen. In der letztem Richtung kann dann wiederum der Name des Eigenthümers oder der des Benutzers, des Miethers oder Zinsmannes, dienen. Dabei ist zu genauerer Feststellung noch die Verbindung der beiden Kategorien von Bezeichnungen, sowie das Zurückgehen auf den Vorgänger des einen oder des andern oder beider Berechtigten naheliegend. Fast von allen sich so ergebenden Möglichkeiten liefert das Renten- verzeichniss Beispiele. Aber auch eine ganz andere Art genauerer Bezeichnung ist in ihm vertreten: die Benennung des Hauses mit einem ihm eigenthüm liehen Namen. Diese ist ungleich prägnanter als alle übrigen Versuche der Charakterisirung, weil sie dem Hause gleichsam Persönlichkeit verleiht, welche unver- ändert bestehen bleibt, trotz allen Wechsels in den Personen der Eigenthümer oder Nutzungsberechtigten und trotz etwaiger Aenderungen in der nähern Umgebiuig des Hauses selbst.

Welche Art der Bezeichnung in den deutschen Städten überhaupt und in Aachen besonders die ältere, welche die häufigere zu bestimmten Zeiten sei, ist bis jetzt anscheinend nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Unzweifelhaft

122 H. Loersch

wird auch hier die Verschiedenheit der Stufen städtischer Ent- wickelung, wie der Unterschied der Stämme und Gegenden sich geltend machen. Im Grossen und Ganzen scheint in Aachen die einfachere Form, Bezeichnung nach Eigenthümer oder Benutzer, in den altern Urkunden, d. h. in denen des 13. und des Anfangs des 14. Jahrhunderts zu überwiegen^; die Zeit reicherer Anwendung wirklicher Häusernamen dürfte das 15. Jahr- hundert sein ^ In den beiden folgenden Jahrhunderten gibt es dann, namentlich in den ältesten Theilen der Stadt, kaum ein Haus, das nicht den seinigen hättet Wird in der Regel ein solcher Name als ein Erzeugniss der Geschichte des Hauses anzusehen sein, weil er an irgend eine Seite seiner gleichsam individuellen Existenz anknüpft, so ergibt sich schon von selbst, dass erst auf der Höhe städtischer Entwickelung bei einer grössern Zahl von Häusern die Vorbedingungen für einen stehenden Namen eingetreten sein werden, sofern dieser nicht von einem gleich bei der Errichtung dem Hause gegebeneu äussern Zeichen hergenommen ist. So sind es, wenn von dem letztgedachten Vorgang abgesehen wird, meist schon alte und eine gewisse Bedeutung beanspruchende Häuser, bei welchen zuerst solche individuelle Benennimg auftaucht^. Die Entstehung des einzelnen nicht gerade an ein Zeichen anknüpfenden Namens zu ergründen, die oft dunkele Bedeutung desselben festzustellen, an der Hand des Namens dann die Geschichte des Hauses zu verfolgen, das alles darf gewiss als eine der lohnendsten und anziehendsten Aufgaben lokaler Forschung bezeiclmet werden.

*) In der manches Haus erwähnenden Urkunde von 1215, Quix, Die konij^liche Kapelle S. f., kommt kein, in den beiden Urkunden von 1290, AprU 26, Ritz, Urkunden und Abhandlungen I, 1, 8. 103 ff., Nr. 10 und 11, nur ein Hausnarae vor; die Urk. von 128H, Juni 17, Lacomblet, Urkunden- buch II, 8. 485, Nr. 817, enthält wahrscheinlich auch nur einen. In dem Nekndopum des Marienstifts finden sich nur sehr wenige Häusernamen.

*) Man vgl. z. B. die im Re^rister zu den Annalen des bist. Vereins tür den Niederrhein S. 24 zusammentresteUten, fast alle einer einzigen Urkunde dieses Jahrhunderts entnommenen Namen, sowie die Urkunde von 1442, Mai 7 bei Dresemann, Die Jacobskirche zu Aachen S. ff.

^) Man Viil. nur die v<m Quix an verschiedenen SteUen veröffentlichten Zinsregister aus dieser Zeit, in welchen freilich mancher Name bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist.

*) Wie z. B. das Haus Blandin, vgL Haagen, Geschichte Achens I,

s. le:».

Die Kaüurbenkapelle beim Aachener MOiLster. 12a

Ein in diesem Sinne angelegtes YerzeidiniNs der aus schon gedruckten Urkunden bekannt gewordenen Aachener Häuser- namen würde sich bald als ein ausseiest nützliches, in gewissem Sinne unentbehrliches Htilfsniittel erweisqn *. Zu einem ^olchtMi Verzeichniss liefert das Rentenregister der KatharineukaiMMIe nur drei Namen, von welchen jedoch keiner ohne Bedeutunir und ohne Beziehung zu bereits bekannten That^-achen und Ver- hältnissen ist.

Absatz 8 nennt zur Bezeichnung der Laee eines zin— Pflichtigen Hauses, aber ohne Angabe der Strasse, die g»«» ii- öberUeerende domus de aurea barba. Dieses letztere Hau- \fcird im folgenden Jahrhundert em^ähnt als dem ReguIirherreukl-.-r^r zinspflichtig in Folge der von Konrad vom Eichhorn irerh.iri^'f. n Schenkunjren, Leider lässt die wahrscheinlich aus dem Jahrv- I4i' # stammende Urkunde, in der es aufgeführt wird, au» h l:- L: erkennen, in welcher Strasse es stand*.

Bei der , domus Vetten in Kockerel", deren Absatz 14 gedenkt, dürfte die Genetivfonn des Namens auf die I^iV^- beschaffenheit eines frühem Kv^r(n\ihiim*'r^ o^ler Bewohner> hin- weisend Am 14. Septeml»er 14(X) kaufte der einer liekaijuten und oft genannten Aachener Familie an^'^^'hörij/'e Wilheliu KN^ ker ein Haus „Vette", welches wahrj^( heiuli^ h njit dem im I{< ut^n- register genamiten identisch i»^t; er verwandte es njit ejijeni andern von seinem Vater ererbten (;ebaiide 7Mr Krri« ljtu]i;r eines neuen Hauses, das an der Jak<>b^tra^^^e auf der J^au ix^beji dem „weissen Pferd*" stand und den Namen ^der Kaiser** erjjielt *.

^) Eine vortn'fflirh»- AHm it divr^-r Art iM : (<'. StLiujdt und V\'a«k«'r- iiag(*l) Stra<>banror <Ta^M-u- und HäuNer-N<ini«u iiu Mjtnlalr.r. *^, AulL.«'!, .Stra^^ihurg lSk7. V^Ur Kh^inl^+r^t-r Häu^e^u^nlen hi*iAi\t j/ut A. S«|iinii/ in den Mittheilung-en d^^s V^^rt^ins wn Gt'b<'bi<'ijt>fn'Uii<l«-ü /u J<)n iiJxf/ I, S. 72 M ; die der Stadt B<»un bind zuhamiii« t^;r♦•^r^ 11t in dir J^oiiu*! /mIum;^ Ihtjä, Nr. 249, Bt^ilafTP und Sr. :^:>o. Kint- AiiZi.lil v<*u Aa<'li<ü«r Ji.iUMi , Strassen- und Flumameii Im^i Dr^-nmianu a. a. <K H. Tu fl.

*) VgL Annalen des bJM. V»'n*in- für d^-n Ni* drrrh« in XXI, h. 'Zh'/ Nr. «3: Item dat Luv-**, zrn truld»-nrn W-rd«-, 32 r. iijd :i d. /m 1\ji,-ijiv.-.m (WWhn&rhten). Sollte ^(j da» b«-i Pre-^e uja ii n a. a. (». S. 71 « rwalmt*' Huiiii ,der Bart** in der Köln«tra^se «ein r

^) \^L ähnlich Laurint S. 38'>, Z. 27 von «iucr Üudr: Itiuj dal ^^•i^t^ dar by hait die vette Martrrtte.

*) Freundliche Mitthtilun^^ de« Htrm ». Th. JhlmrKeij in Köln aui* ungedrucktem urkuudli'li»'n 3Iattrjal. leb^r die Familie Klwker im Itf, Jiüu:«

i

124 H. Loersch

Beim Haus Vette ist anscheinend der Hausname aus einer Eigenschaft des frühem Eigenthümers oder Bewohners hervor- gegangen, auf einen ähnlichen Vorgang ist die Bezeichnung eines Hauses am Hof als das „des Schwaben** in Absatz 9 zurückzuführen; ein eigentlicher Hausname ist freilich hier noch nicht zur Entstehung gelangt. Bei der „domus Sewis" in Absatz 27 ist wahrscheinlich nicht an einen Hausnamen, sondern an Bezeichnung des Hauses durch den Namen des Bewohners oder Eigenthümers zu denkend

Mit überzeugenden Gründen hat jüngst ß. Pick den Nach- weis geführt, dass es zu Aachen einen Eisenmarkt ** genannten Platz nie gegeben hat, dass die hier wie anderwärts vorkom- mende Bezeichnung „up't Iseren** (= auf dem Eisen) vielmehr auf eine eiserne Sperrvorrichtung zu beziehen ist, welche an den Eingängen von Kirchen oder andern Gebäuden, von Kirch- höfen oder sonstigen eingefriedigten Plätzen angebracht war. Es gab in Aachen eine solche vor dem ßathhause und am Ein- gang des Münsterkirchhofs von der Krämerstrasse her; ob es sich dabei um senkrecht stehende oder horizontal liegende Eisen- gitter handelte, bleibt fraglich, wahrscheinlich werden beide Formen zur Anwendung gekommen sein^

Eine Notiz des Rentenregisters dürfte auf ein solches bisher nicht bekannt gewordenes „Eisen" zu beziehen sein und bei diesem wenigstens auch für die flache Lage den Ausschlag geben. Absatz 24 verzeichnet nämlich einen Zins von zwölf Denaren, der entrichtet wird von dem Hause „zu den Eost vor dat Parvisch**. Das Haus lag, wie aus den letzten Worten deutlich hervorgeht, am heutigen Fischmarkt ^ Von hier aus betrat man den Vorhof des Münsters *, gelangte man zu dessen

hundert vgl. von Fürth, Beiträge II, 2, S. 137 ff. und Pick in der Aachener Volkszeitung 1887, Nr. 97. Wenn dort gesagt ist, dass der Name sich oft iu den Stadtrechnungeu des 14. Jahrhunderts findet, so muss darauf aufmerk- sam gemacht werden, dass das Wort Klocker in diesen an den meisten Stellen sich lediglich auf den Beruf, die Thätigkeit des Glöckners, campanator, bezieht und nicht Familienname ist.

*) Die Lage in balneo bleibt dunkel.

') Vgl. Pick, Der angebliche Eisenmarkt in Aachen, in Mittheilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit I, S. 104 ff. und S. 180 f.

8) Vgl. Pick a. a. 0. I, S. 105 f.

*) Vgl. oben S. 96 und 101, Anm. 2.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 125

Haupteingang. Wenn irgendwo, dann muss an dieser Stelle eins der von Pick besprochenen Kircheneisen angebracht gewesen sein, und auf dieses spielt der Hausname sicherlich an. Eine Mittheilung aus Süddeutschland hat vor Kurzem gezeigt, dass vor den Thoren ummauerter Kirchhöfe der Graben mit einer gitterartig durchbrochenen Brücke überdeckt wurde, die den Thieren, besonders den Schweinen, den Zugang wehrte. Solche in alten Synodalordnungen „crurifragae** genannte Vor- richtungen bestehen heute noch an einzelnen Orten ^ Aehnliche Bedeutung wird ursprünglich der „Rost" gehabt haben, von dem das in Absatz 24 erwähnte Haus seinen Namen erhielt, denn bei diesem Worte ist doch vor Allem an ein liegendes Eisen- gitter zu denken. Dass letzteres aber am Ende des 14. Jahr- hunderts nicht mehr über einen Graben fülirte, überhaupt wohl nur noch bestimmt war, der Reinigung der Schuhe zu dienen ^, ist allerdings sehr wahrscheinlich.

4.

Die aus dem Renten verzeichniss für die Kenntniss der Aachener Personennamen zu gewinnende Ausbeute ist gering. Namen, welche ein sprachliches oder geschichtliches Interesse böten, kommen nicht vor. Manche der Genannten sind als Gewerbtreibende bezeichnet, bei mehrern vertritt die Angabc des Gewerbes geradezu den Namen ; es darf angenommen werden, dass auch die Mehrzahl der Hausbesitzer oder Hausbewohner, bei welchen Thätigkeit und Stellung nicht angegeben ist, dem Stande der Kleinbürger, der Handwerker und Ackerer angehört. Die zuföllig erwähnten Gewerbe gehören zu den einfachsten und häufigsten. Die in Absatz 4 genannte „swertzerse" ist eine Schwarzfärberin; schon an anderer Stelle ist darauf hin- gewiesen, dass das Gewerbe der Färber sich in Aachen früher als anderwärts zur Selbständigkeit entwickelt hat^ Auch in dem Goblinus von Absatz 31 ist wahrscheinlich ein Ge werb- treibender zu sehen, ein Anfertiger von Rosenkränzen, ein Patcr- nosterer nach dem Sprachgebrauch anderer Gegenden; freilich

*) Vgl. Korresporidenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrg. VII (1888), Sp. 96.

») Vgl. Pick a. a. 0. I, S. 108, Anm. 1.

') Vgl. Loersch in Zeitschrift des Aachener Gcschichtsvercins I, S. 180»

126 H. Loerscli

lässt der offenbar verdorbene Text kaum erkennen, was der Schreiber meint, vielleicht hat er einen sog. Satznamen wieder- geben wollend Eine Anzahl von Namen (Absatz 1, 3, 8, 13, 17, 26) bestätigt in Uebereinstimmung mit allen Aachener Urkunden die an andern Orten gemachte Wahrnehmung, dass im Mittelalter die Städte zum grossen Theil von zugezogenen Leuten bevölkert wurden, welche zunächst und bisweilen noch für mehrere Generationen den Namen ihres Geburts- oder Her- kunftsortes als Unterscheidungsname und als Ersatz eines wirk- lichen Familiennamens neben dem Taufnamen beibehielten*.

Aus den rathsfähigen Geschlechtern der Stadt ist, von dem oben schon genannten Pleban Johann von Luchen abgesehen^, nur ein Mann genannt. Der in Absatz 25 vorkommende Johann Colijn gehört nämlich wahrscheinlich nicht der diesen Namen führenden Patrizierfamilie an ; er wäre sonst durch das ehrende Prädikat „Herr" ausgezeichnet. Auch kommt der Vorname Johannes in jener Familie anscheinend nicht zur Anwendung^.

Der einzige Aachener Patrizier, den das Register erwähnt, ist der in Absatz 19 zur nähern Bezeichnung des von ihm in der Bendelstrasse bewohnten Hauses beiläufig genannte dominus Arnoldus de sancta Margareta. In den bis jetzt veröffentlichten Urkunden tritt er nicht auf; sein Geschlecht wird überhaupt erst um die Zeit der Entstehung des Registers genannt. Eine Angehörige desselben, Maria, Nonne in dem vornehmen Kloster der Weissen Frauen, bezog 1376/77 und 1385/86 von der Stadt eine Leibrente l Wilhelm von St. Margarethen wird 1387

*) Vgl. Friedrich Becker, Die deutschen Satznamen. Wissenschaft- liche Beilage zum Bericht der Gewerheschule zu Basel 1872/73.

*) Vgl. die ausgezeichneten Untersuchungen über die Herkunft der Be- völkerung bei Karl Bücher, Die Bevölkerung von Frankfurt am Main im XIV. und XV. Jahrhundert I, S. 154—176, 304-318, 422—505, 521—525, 591—601, 627 655. Aus Aachen sind im 14. Jahrhundert drei, im 15. sieben Personen in Frankfurt zu Bürgern aufgenommen worden. Von den zwischen 1311 und 1500 eingewanderten Juden stammten einer aus Erkelenz, zwei aus Jülich, drei aus Linnich. Vgl. auch K. Wacker in den Mittheilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit I, 8. 151, Nr. 4.

^ Vgl. oben S. 102.

'*) Vgl. Register zu Band I— VIT der Zeitschrift des Aachener Geschichts- vcrcins S. 121 und Register zu den Annalen des bist. Vereins f. d. Nieder- rhein S. 140.

») Laurent S. 266, Z. 32 -35; S. 351, Z. 20 ff.

Die Katharineiikapelle beim Aachener Münster. 127

genannt^; Johann von St. Margarethen' war vom 25. Mai 1394 an ein Jahr Bürgermeister *. Er wird schon 1385/86 als Raths- lierr erwähnt'*, gegen Ende des 14. Jahrhunderts als Grund- besitzer der Kölnthorgrafschaft in einer Liste der zur Stellung von Pferden verpflichteten Bürger^, vielleicht auch noch in einem angeblich dem 15. Jahrhundert angehörigen Zinsregister als Eigenthümer eines Hauses in der Peterstrasse ^ aufgeführt.

Ob Wilhelm, Johann und Maria Geschwister waren, bleibt ebenso unaufgeklärt, wie ihr Verhältniss zu Arnold. Erst im Jahre 1423 tritt wieder in Kolin van Magraten, der 1446 als Seudschöffe genannt wird^, ein Angehöriger des Geschlechts auf. Dieses scheint dann bald ausgestorben zu sein, denn schon 1452 nennt der Aachener Schöffe Dam von Haren den Hof „zo sent Margraiten buyssen Sant-kuyle portz", von dem es den Namen führte, sein „erve und geseesse" ^. Das Gut, dessen alte Baulichkeiten heute völlig verschwunden sind®, blieb in der Familie von Haren bis zum Jahre 1628, in welchem Johann

') Laurent S. 363, Sp. 2, Z. 4; das Bruchstück umfasst die Zeit vom 6. Januar bis 2. Februar.

») Laurent S. 397, Z. 21; S. 400, Z. 12, 17,

*) Er empfängt eine Weinspende, weil er mit dem einen Rentmeister den Weissen Frauen das übliche Weingeschenk im Auftrage der Stadt am Frohn- leicbnamstage überbracht hatte; ein für die amtliche Etikette bezeichnender Zug. Vgl. Laurent S. 298, Sp. 2, Z. 13 ff. mit S. 297, Sp. 2, Z. 30.

*) Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 188, § 1.

^) Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 23 a. E. : Item her Juhan van s. Margraten van Heynrichs erve was van Remunde 17 deuarios.

*) Vgl. Annalen des bist. Vereins für den Niederrhein XXI, S. 266, Nr. 121 und Loersch, Achener Rechtsdenkmäler S. 130.

0 Vgl. Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 139, Nr. 20, ferner Urkunde von 1453, Oktober 22, das. S. 146 f. Im Jahre 1465 war ein jüngerer Dam von Haren (wahrscheinlich der Sohn des oben (Jenannten) Eig^enthümer des Hofs, vgl. das. S. 144, Nr. 24. Eine auf dem Hofe lastende Rente wird erwähnt in einem Testament von 1474, Juni 30, Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins I, S. 170 ff. Genannt wird das Gut in Urk. von 1536 bei Quix, Schloss und Kapelle Bernsberg S. 156, Nr. 43.

•) Es heisst heute noch „der Margroten-Knipp", Sandkaulsteinweg Nr. 56.

128 H. Loersch

von Merode-Hoffalize es kauftet Im 17. Jahrhundert wird es als Jülichsches Lehn bezeichnet*.

Die Benennung des alten Sitzes legt die Verrauthung sehr nahe, es habe in seiner Nähe ein der h. Margaretha geweihtes kirchliches Gebäude bestanden. Freilich fehlt jede dies bestäti- gende Nachricht. Dass ein Oratorium an einer stark benutzten Strasse und am Fusse des seit dem 9. Jahrhundert mit einer Kirche geschmückten Salvatorberges errichtet worden, erscheint aber sogar wahrscheinlich, und im Laufe der Jahrhunderte kann eine Kapelle oder Kirche verschwunden, deren Name geblieben sein. Papst Innocenz IV. erklärt in einer Bulle vom 9. Dezem- ber 1248, König Wilhelm habe ihm angezeigt, wie während der jüngsten Belagerung von Aachen mehrere Kirchen dieser Stadt völlig zerstört worden seien; er gibt deshalb die Erlaubniss, sie an andere Orte zu verlegend In diesem Erlasse können kaum Kirchen gemeint sein, welche innerhalb der Stadtmauer lagen, denn gegen völlige Zerstörung waren diese geschützt, ebenso wenig kann es sich um St. Peter, St. Jakob und St. Adal- bert handeln, denn alle drei werden schon 1260 als füi* den Gottesdienst benutzt erwähnt*; dagegen liegt es sehr wohl im Bereiche der Möglichkeit, dass die eine oder andere kleinere Kirche oder Kapelle in der nächsten Umgebung Aachens durch das lange vor der Stadt lagernde Heer oder durch die häufige Ausfalle machenden Belagerten zerstört worden wäre. Der Kardinallegat Peter hatte bekanntlich sein Lager gerade auf dem Salvatorberg aufgeschlagen ^ So erscheint es nicht un- wahrscheinlich, dass in jener denkwürdigen Belagerung die

*) Vgl. Qu ix, Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 130; Qu ix, Geschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 26; Quix, Die Frankenburg S. 73. Wenn Quix den Namen Margraten bald auf „Maria in Rode", bald auf „Marca in rode" trotz der feststehenden lateinischen Form zurückführt, so bedarf der wunderliche Gedanke keiner Widerlegung.

») Noppius, Aacher Chronick (1632) Th. I, S. 141 a. E.

') Quix, Codex dipl. Aquensis p. 118, no. 170; Böhmer, Regesten von 1246—1313, Päpste, Nr. 66; Potthast, Regcsta pontificum no. 13114.

*) Urkunden Alexanders IV. bei Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarr- kirche S. 123 ff., Nr. 7 und 8; Potthast 1. c. no. 17900, 17901.

*) Vgl. Lacomblet, Urkundenbuch II, S. 176, Nr. 337; Haagen, Geschichte Achens I, S. 172 bezweifelt wohl ohne Grund, dass in dieser Urkunde der Salvatorberg gemeint sei.

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Tage.

o.

In manclien deutsrlien Städten hat dt*r Stadtbezirk und die in ibni sich vollziehende knnimunale Ent^^^(•kelunir von vorn herein mehrere irleiehhereehtiirt nebeneinantler hoteliende Ptarrl^ezirke umschldssen, welche dann suirar innerhalb der hohem Einheit <ler städtischen Gemeinde, nhne ihre kirchliche Bedeutiuiir ein- zuhiissen, als Sonderironieinden irewisse Funkti(»nen der ortlichen Verwaltun*r übernehmen bmnten ^ In Aachen ist der Lauf der Dinffc ein vrdliir anderer irewesen. Hier wurde die sresaninite Entwickelung durch den Umstand bedinirt, dass die Stadt aus der Pfalz erwuchs. Die Alles überraorende Betleutuns: der Pfalz ist denn auch durchaus massgebend gewesen tur die Gestaltung der kirchlichen Verhältnisse und zwar zunächst im Sinne einer vollständigen Centralisirung. Erst nachdem die Verfassung der Stadt zu allseitiger und endgültiger Ausbildung gelangt war, sind hl den kirchlichen Einrichtungen allmähliche Veränderungen eingetreten, welche zur Unterscheidung mehrerer Pfarrbezirke lahrten, sich aber zu spät vollzogen, als dass diesen noch irgend eine Funkti<m in dem Gemeindeleben hätte zufallen können. Die durchaus eigenartige Entwickelung hat übrigens nicht eiumal zu voller und unbedingter Selbständigkeit der Pfarreien geführt: l>is zum Untergang der reichsstädtischen Ordmingen haben sich <lie Nachwirkungen des ursprünglichen Zustamls aufs Deutlichste irelteud gemacht.

Die Pfalz und der im Anschluss an sie erwachsene Ort Wldeten von Anfang an einen einzigen Pfarrbezirk, der sich wahrscheinlich auch über einen nicht geringen Theil des spätem Aachener Reichs erstreckte. Die Seelsorge wurde lediglich von <ler Pfalzkirche aus verwaltet. Ein beson<lerer Priester, der Plel)an oder Erzpriester, mit volksthümlichem Ausdruck im Mittelalter Proffion genannt, wurde dafür angestellt. Neben der Walzkirche bestand eine zu ihr gehörige Taufkapelle, die •Tohanniskapelle am Parvisch, an welcher, wie an einigen andern

•) Vgl. die Ausfühmiigen vtm E. Lioscgaiig, Die Hümlergenieimlen Köln^, Boun 1885.

0

130 H. Loersch

Oratorien, ein Kapellan unter dem Pfarrer fungirte *. Noch im 13. Jahrhundert war dieser Zustand im Wesentlichen unverändert. Vom Ende des 13. Jahrhunderts an machen sich aber verschiedene Einflüsse, unter denen vor Allem das Anwachsen der Bevölkerung in und um der Stadt zu nennen ist, geltend, welche die Auf- lösung des einheitlichen Pfarrverbands herbeiführen. Im Anfang des 17. Jahrhunderts waren vier Pfarrkirchen mit den ent- sprechenden Bezirken anerkannt. Die von St. Foilan, im Mittel- punkt der Stadt, dicht bei dem Münster, der alten Pfalzkapelle, gelegen, hatte in gewissem Sinne dessen Stelle als Hauptpfarr- kirche eingenommen 2, war die Pfarrkiixhe des Erzpriesters und Sitz des für die ganze Stadt zuständigen Sendgerichts. Ihr zur Seite treten die Kirchen von St. Jakob und St. Peter, im 13. Jalirhundert noch einfache Kapellen, endlich die St. Adalberts- kirche, wie jene beiden an der Peripherie der Stadt gelegen, der Sitz eines Kollegiatstifts, deren im Anfang unseres Jahr- hunderts zerstörte Krypta aber dem Pfarrgottesdienst eingeräumt war. Keiner dieser Kirchen stand jedoch ein selbständiges Taufrecht zu, ganz im Geiste der ursprünglichen Einheit des Pfarrverbands mussten sänuntliche Kinder der Stadt die Taufe in der Johanniskapelle, zu gewisser Zeit des Jahres im Münster selbst, empfangen ^ Ausserdem hatte der Pleban, welcher stets dem Marienstift als Kanonikus angehörte, den Rektor der Tauf- kapelle, sowie den Pfarrer von St. Adalbert zu ernennen, die Pfarrer von St. Jakob und St. Peter zu bestätigen und einzuführen ^. Der besondern Bedeutung der Johanniskapelle entsprechend und weil ihm fast regelmässig der Erzpriester die Ausübung seiner Pfarrrechte übertrug, wurde der an dieser angestellte Geistliche vielfach ebenfalls Pfarrer genannt. Zwischen diesen kirchlichen Zuständen nun, wie sie uns die städtischen Chronisten Peter von Beeck und Johann Noppius schildern^, und den einfachen

*) Vgl. Pick, Die kirchlichen Zustände Aachens in vorkarolingischer Zeit, in Mittheilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit I, S. 1—24.

*) Noppius, Aacher Chronick (1632) Th. I, S. 81 spricht von einer förmlichen Translation.

3) Vgl. Pick a. a. 0. I, S. 18.

*) Vgl. auch die von Wacker a. a. 0. I, S. 143 mitgetheiltc Auf- zeichnung.

^) Vgl. Petri a Beeck Aquisgramun (1620) p. 228—224 (durch ein Versehen heim Druck beginnt die Zählung nach S. 232 aufs Neue mit 223);

L_

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 131

und einheitlichen Einrichtungen des 13. Jahrhunderts lie^ eine Reihe von Uebergängen und Zwischenstufen. Letztere sind aber, soviel die für diese Dinge dürftige Ueberlieferung erkennen lässt, nicht sowohl auf bewusste, durch das Eingreifen der kirchlichen Behörden hervorgerufene Aenderungen, sondern in weit überwiegendem Masse auf eine allmähliche Umbildung der Stellung der einzelnen Kirchen und der Befugnisse ihrer Geist- lichen zurückzuführen. So lassen denn diese Wandlungen sich aucli meist nicht an bestimmte Jahreszahlen anknüpfen und durch einzelne entscheidende T>kunden belegen, es sind vielmehr die in der Regel unbeabsichtigten Zeugnisse zu verwerthen, welche in den verschiedenartigsten Aufzeichnungen und Nachrichten enthalten sind. In dieser Richtung bieten denn auch einzelne Angaben des Rentenregisters eine willkommene Vermehrung des urkundlichen Materials. An dieser Stelle muss selbst- verständlich ein kurzer Hinweis auf das, was sie im Zusammen- hange mit andern Nachrichten ergeben, genügen.

Die Aenderung in der Stellung der Kirchen wie ihrer Geist- lichen findet am frühesten Ausdruck in den Bezeichnungen, welche jenen, und den Amtstiteln, welche diesen beigelegt werden. Die wichtige Verordnung des Sendgerichts vom 81. März 1269 kennt neben dem plebanus nur capellani capellarum suarum^ obgleich diesen letztern bereits einige Jahre früher auf Bitten der städtischen Behörden gewisse Rechte übertragen worden waren '^, noch im Jahre 1295 wird die Marienkirche als die parrochialis ecclesia bezeichnet^; schon im Jahre 1331 ist aber

Noppius, Aacher Chronick (1632) Th. I, S. 80—87, S. 17, S. 123; Quix, Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 43—46, 48 52; Quix, Historische Beschreibung der Münsterkirche S. 46 f. lieber die Besoldung der Pfarrer im 17. Jahrhundert vgl. Planker in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VII, S. 288 ff. üeber einzelne Pfarreien handeln: Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 1 26; .1. J. Kreutzer, Beschreibung und Geschichte der ehemaligen Stifts-, jetzigen Pfarrkirche zum heil. Adalbert S. 3, 36 42 ; Rhoen, Die St. Jakobskirche in Aachen, Zeitj^ehrift des Aachener (Jeschichtsvereins V, S. 37—52; Dresemann, Die Jacobskirche zu Aachen. Letztere Schrift konnte hier nur an einzelnen Stellen bei der Korrektur noch berücksichtigt werden. Vgl. ausserdem die Angaben des Registers zu Bd. I VII der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins S. 29 ff.

*) Loersch, Achener Kechtsdenkmäler S. 34, § 1; Quix, Cieschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 125, Nr. 9.

*) Quix a. a. 0. S. 5 ff., S. 123 ff., Nr. 7 und 8.

8) Ablassbrief von 1295, April 1 bei Quix a. a. 0. S. 126, Nr. 10.

9*

132 n. Loerseh "

von den universae ecclesiae parrochiales Aquenses in einem Weisthum desselben Sendgerichts die Rede ^ und die bei diesen fungirenden Geistlichen werden nicht mehr Kapellane genannt, sondern erhalten den an sich farblosen, weil für jeden ange- stellten Priester zu gebrauchenden Titel Rektor ** ^ Dieser Titel erscheint aber oifenbar als ein höherer gegenüber dem ursprünglichen, und so spricht auch der Schreiber des Renten- verzeichnisses, im Widerspruch mit der Redeweise der Stiftungs- urkunde ^ in Absatz 12 voa dem Rektor der Katharinenkapelle und in Absatz 3 von den Rektoren zweier andern Kapellen des Münsters^. Für die Geistlichen der Aachener Pfarrkirchen war dann im 15. Jahrhundert der Titel Rektor der amtlich übliche^, aber Papst Innocenz VIII. sagt in einer Bulle vom 15. März 1484, die vier Rektoren der Pfarrkirchen würden auch Pfarrer genannt^. Dieser Sprachgebrauch hat sich denn auch schon im

*) Loerseh, Achencr Rechtsdenkmäler S. 45, § 1; Quix a. a. 0. S. 128, Nr. 12.

"') Loerseh a. a. 0. S. 50; Quix a. a. 0. S. 182; vgl. Mooren in Annalen des hist. Vereins für den Niederrhein V, S. VI f.

■'*) Vgl. S. 96, Anm. 2.

*) Genannt werden in Abs. 3 die Barbara- und die NikolauskapeUe. Erstere lag an der Südseite des Vorhofs der Taufkapelle zunächst; vgl. (Juix, Historische Beschreibung der MüiLsterkirche S. 49; Rhoen in der Zeitschrift des Aachener Gesi'hichtsvereins VIII, S. 76. Sie wird einmal erwähnt im Nekrologium zum 21. Februar, Quix, Necrologium p. 12, 1. 13. Die Nikolauskapolle ist die jetzige Kreuzkapelle (Quix, Hist. Beschreibung der Müusterkirehe S. 40), welche sehr oft als Begräbnissstätte genannt w^ird; vgl. über sie Franz Bock, Rheinlands Baudenkmale, Ser. I, Nr. 9. - Nicht klar ist, was Absatz 5 mit der „eapeUa de capitulo iuxta sanctum Egidium" meint; wahrscheinlich ein neben der Aegidiuskapelle im Kreuzgang des Münsters liegendes Oratorium. Ueber die Aegidiuskapelle vgl. Quix a. a. O. S. 51. Sie wird schon 1215 als capella s. Egidii in claustro (Quix, Die königliche Kapelle S. 88) und einige Mal als Begräbnissstelle im Nekrologium genannt und muss wohl unterschieden werden von der in der Pontstrasse gelegenen, demselben Heiligen gewidmeten Kapelle, vgl. Quix, Hist.-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 94.

*) Vgl. den Eingang zur Verordnung von 1446, Dezember 16 bei Loerseh, Arhener Rechtsdenkmäler S. 131 und Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarr- kirche S. 105, Anm. 1 ; hier werden die Rektoren der Kapelle zu St. Johann, der Kirchen von St. Jakob und St. Peter, der Pfarre zu St. Adalbert genannt.

*^) Archiprcsbyter pastor nuncupatus S. Foilani dicti opidi nee non «luatuor rectores etiam pastores nuncupati S. Petri, S. .lacobi, S. Adalberti, S. Joannis parochialium ecdcsianun, vgl. Noppius, Aacher Chronick (1632)

Die Kathariiienkapelle beim Aachener 3Iüii.ster. 133

14. Jahrhundert entwickelt, wie Absatz 15 des Rentenregisters, der von der domus pastoris sancti Jacobi spricht, und ein von Quix dem Anfang des 15. Jahrhunderts zugewiesenes, vielleicht etwas älteres den Herrn Fryso, pastoir zu S. Peter zerzyt, nennendes Zinsbuch ^ beweisen.

Die oben erwähnte Verordnung des Sendgerichts von 1269 kennt nur einen einzigen Begräbnissplatz; es ist bezeichnend, dass eine Abschrift derselben aus dem 15. Jahrhundert, mehrere Kirchhöfe voraussetzend, absichtlich hier die Mehrzahl setzt ^. Wann die Pfarrkirchen das Reclit des Begräbnisses erlangten, steht nicht fest; sie haben es jedenfalls sclion im Laufe des 14. Jahrhunderts geübt, denn Absatz 17 des Rentenregisters spricht von dem cimiterium sancti Petri. Auch in einem der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angehörigon vSchreiben, das aber älter ist als das Rentenregister, wird der Kirchhof vcm St. Peter erwähnt'*. Ohne den Gegenstand irgendwie erschöpfend behandeln zu wollen, sei liier noch darauf hingewiesen, dass das ausschliessliche Pfarrrecht der Münsterkirche überhaupt und namentlich rücksichtlich der Beerdigungen vielfach und früh durchbrochen worden ist. Das Adalbertsstift hatte ebenso wie das Münsterstift von vorn herein für seinen Bezirk und seine Angehörigen die volle Immunität. Bei diesem wie bei jenem übte der Dekan des Stifts die Rechte des Pfarrers im Immunitäts- bezirk'*. Auch in dem Beginenhof von St. Stephan war der Dekan des Marienstifts von jeher der Pfarrer der (lenossen- schaft l In entsprechender Weise erhielten die Beginen von

Tb. III, 8. 13, und ähnlich in dor BuUe vmi 1485, Januar 24, das. Th. III, S. 17. Entsprechend in einer Verhandlung von 1487, Oktober 26: Wilhelm Lentz puÄtoere sent Pet(;r, Claes van lllnipt pa.stoen; sent Ailbret, aber Johan \Vet7xd rector sent .Tohan, vj^l. Loersch, Achener Kechtsdenkmäler 8. 228 a. E. In Urk. Eugens IV. von 1443, Februar 12 heilst rector parochialis ecclesie s. .Jacobi und so dann öfter, in Urk. von 1447, Februar 0 ist aber schon Rede vom pastor s. Jacobi; vgl. Dresemann a. a. O. S. 91 ff.

') Quix a. a. 0. 8. 21.

0 Loersch, Achener Recht^denkmiiler 8. 34, § 8 vpl. mit S. 3r>.

•'') Quix, Schloss und ehemalii^e Herrschaft Rimburf^ 8. 48.

*) Vgl. J. J. Kreutzer, Beschreibun*r und (Joscbichte der ehemal. 8tift8-, jetzifi^en Pfarrkirche zum h(al. Adalliert S. 30 f.; Quix, Reiträire zur (fcschichte der Stadt und des Reichs von Aachen I, 8. 32.

^) Vgl. Quix a. a. (». 1, 8. 33.

134 H. Loersch

St. Mathiashof gleich bei der Gründung dieser Anstalt das Begräbnissrecht ^ Höchst wahrscheinlich ist bei St. Peter wie bei St. Jakob schon in frühester Zeit mit Zustimmung des Erzpriesters für jeden einzelnen Fall beerdigt worden und daraus dann nach und nach die Uebung des Begräbnisses auf den beiden Kirchhöfen erwachsen.

IV.

Redditus pertinentes ad capellam sancte Katerine

Aquensis*.

1 . Primo in festo nativitatis sancti Johannis Baptiste Wilhelmus de Kayenborne in Wirijchsbftngart in der Rien ^ 1 marcara Johannis.

2. Item Tiel Heynen s&n Va sumber oley, qui moratur iuxta portam Bftrtschetensem 2, Christi^.

3. Item dimidium sumber olei in Koegas, de quo sciunt loqui rectores kapellarum sancti Nicolai et Barbare *'^, et hoc solvit faber de Wechauuen'* in nativitate Christi''.

4. Item der swertzerseh^ htiys circa portam Bortzetensem interiorem^ 3 solidos Johannis.

5. Item capella de capitulo iuxta sanctum Egidium ^ ex parte Ade Roist 12 denarios'' Johannis.

6. Item celerarius dominorum^ 12 deuarios** in assumptione ex parte plebani de Lüchen ^^.

7. Civitas de magna domo magistrorum civium 27 solidos^ ^.

*) Urk. von 1261, Februar 25 bei Lac om biet, Urkundenbuch II, S. 288, Nr. 512 (bei Quix a. a. 0. I, S. 88, Nr. 2): infra sua septa capellam habeant et cimiteriura ac sacerdotein proprium et specialem.

a) seitwärts am obern Bande vide de oflfertorio in festo sancte Katerine et de presencia chori. *>) am vordem Rande dieser Zeih Nota, c) uridetälich, ob aus ß (solidos) verändert oder umgekehrt. ^) nach den. gelöscht Johannis. 0) in Lüchen zwischen den Zeilen nachgetragett. 9 Absatz 7 ist am äussern Bande nachgetragen und durch Striche an diese Stelle verwiesen.

0 S. 108. 2) s. 109. ») S. 132, Anm. 4. *) Dorf Vetschau, Ldkr. Aachen, Bgstr. Laurensberg. *) S. 125. «) S. 109. ') S. 106, Anm. 5. 8) S. 102. ö) S. 113-121.

Die Katharinenkapelle beim Aachener Münster. 135

Sequitur de redditibus in festo dedicacionis Aquensis ^

cedentibus.

8. Prirao Jobannes de Traieeto in opposito* domus de aurea barba* 1 marcam in magna dedicacione Aquensi.

9. Item des Swäuen hftys ^, in qua moratur magister Tilmannus carpentarins, super curiam* 1 marcam in dedicacione.

10. Item ibi prope in quadam parvula domo, ubi ascenditur per gradum, nmrcam.

11. Item sartor super curiam* de tota domo infra et supra 1 marcam, et est sita super dictam curiam circa balneum^

12. Item eciam quinque iurnalia prati valde boni** circa Sorse descendendo, ubl seeundum fidedignorum expertorum asser- tionem^ unicuique illorum quinque iurnalium in valore**

dlcitur pecunia duorum florenorum® Aquensium, in

quibus pratis predictls magna iniuria facta dicitur multis temporibus rectori capelle^.

Sequitur de illis qui in festo sancti Renügii.

13. Primo super curiam* Henricus de Gelre de domo sua 10 solidos Remigii, solvuntur' in nativitate Christi*.

14. Item domus Vetten^ in Kockerel 1 marcam in nativitate Christi.

ä) Hs. oppositu. *>) valde boni über der Zeile. ^) IIs. assertione. <*) das nach valore folgende Wm't ist sehr undeutlich mit mehrem Abkürzungen geschrieben, es liest sich fast wie corrundera, was freilich ganz ausgeschlossen ist; man müsste der Bildung des Satzes gemäss ein Zeitwort erwarten, aber Cdrronderc oder corrundare, wie man zur Xoth herauslesen könnte, heisst nichts, e) duorura florenorum über der durchstrichenen und fast unleserlich gi wordenen ursprünglichen Angabe octo marcarum. ^) undeutlich durch vorher^ gehende Loschung. ») es folgt durchstrichen Primo civitas Aquensis de magna domo magistrorum civium 27 solidos, solvuntur in nativitate Christi tor solvuntur gelijscht ein unlesbar gemachtes Wort und in dedicacione.

0 S. 108. «) S. 123. «) S. 124. *) Strasse am Hof. ») Hinter dem j«;tzigen Kaiserbad oder neben dem jetzigen Quirinusl)ad. *) Dotations- urkunde (vgl. S. 96, Anm. 2): ... molendinum meum, quod Wolfesmolen dicitur, cum pratis, iuribus et aliis nomine meo ad ipsum molendinum spectantibus coutuli. S. auch S. lo:if. und V.VZ. ^) S. 123.

136 IL Loersch

15. Item qiiedam domus contigua domui pastoris saiicti Jacobi^ 44 denarios in nativitate Cliristi.

16. Item Grien tzen höys vor dat Parvisch^ 33 denarios Christi".

17. Item in platea sancti Petri quedam domus»', cuius media parsfiüt Johannis dicti Terlure*', qiii fuit stultus, que domus Sita est ultra introitum cimiterii sancti Petri ^ modicum superius, 34 denarios, solvit Johannes de Heyda Christi.

18. Item in Pünt de domo quondam Kampmeysters 6 solidos Christi.

19. Item in Benentstroysse de domo, quam inhabitat dominus Arnoldus de sancta Margareta, 3 solidos et 2 capones Christi K

20. Item de domo parve Eve, quam inhabitat Hermannus Riesse et uxor sua, 12 denarios Christi.

21. Item quintam partem"* 33 florenorum et 4 grossorum anti- quorum ex parte bonorum de Merssen ^, quam quintam partem habet solvere celerarius dominorum in nativitate Christi^.

22. Item circa montem salvatoris Katherina filia opilionis de domo sua 3 solidos in nativitate Christi ^

«) vor 3H gelöscht 13 denarios (Christi. *») //.v. zweimal quedain domus. ^) vielleicht auch Turlure, die Aökürztnif/ ist nicht röllitj deutlich; wäre sie tu'rht beabsichtigt y dann müsste der Name C*iure oder Flure gelescft werden. <i) nach partem gelöscht de.

0 S. 133. -) S. 101. •') H. 133. ♦) S. 108, 126- 12J). ^) Meerssen, Provinz Limburc;, Köuigreicli der Niederlande. ^) Dotationsurkiuide (vgl. S. 1)6, Anm. 2): Quiequid vero superest qninque mareis denariorum agj^ari- orum (Lacomblet verbessert: auüariorum) Mersneusium et tribus mareis a preposito Aqueii^^i lej^atis, una in l'esto beati Leonis, aJtera in .suo anni- versario, tertia in patris et matris anniversario, ad instant iam meam et pro salute auime sue eidem contulit sacerdoti possidendum. Zinsregister der Kellnerei des Marienstifts von 1320 bei Qu ix, Necrologinm p. 78, l. 20: Item in Mersen habent domini 10 marcas et super 40 grossorum autiquorum Turonensium pro marca. Inde babe)»it capellanus capelle sanete Katerine virginis 2 mantas de eadem moneta. Die Worte „et super 40 grossonira antiquorum Turonensium pro marea** sind unzweifelhaft unrichtig wieder- gegel)en, man erwartet: „et supra, 40 grossis antiquis Turouensibus pro marea eomputatis" oder ähnlich. - - Die Spende zum Todestage der Mutter ist zum 5. März verzeichnet im Necrologium p. 14, l. 17: 0. Agnes, mater prepositi Ottonis, pro cuius commemoratione habemus marcam de Mersana. Ueber den ganzen Absatz vgl. S. 105—107. •) Ö. 109.

Die Xatliariiieukapelle beim Aachener Mtlu^ter. 137

23. Item Richtercheu * de magna curia sita prope cimiterium 10 capones et unam curmedam et 20 denarios, pro qua curmeda libenter anmiatim daret duos grossos antiquos, in nativitate ( liristi ^.

24. Item zft den Rost vor <iat Parvisch 12 denarios ('hristi^

25. Item Johannes ('olijn ^ ante novam portam solvit unam Ubram eere perpetue de pratis et vivario, que quondam fuerunt* dicti Liboen, iuxta domicellorum cimiterium •'^, in festo domus Spiritus in platea de Gey^ in nativitate Christi.

In purificacione.

26. Item Katherina de Düren in Trietergas 1 antiquum grossum in purificacione.

27. Item in balneo de domo Sewis^ 0 solidos in carnispriAno.

28. Item ex parte domicelle Aleydis de Ailsdoq)® 2 solidos letare.

20. Item Petrus dictus Schorre supra montem sancti Adalberti 6 solidos in festo pasce.

30. Item Heylka Spere 1 solidum ('hristi.

31. Item Ooblinus pater noster ostendit'' in platea acuta 3 solidos ^.

») nach fuerunt Raum filr etwa rier Buchstaben. *») die beiden letzten Buchstaben undeutlich verschlungen.

0 Richterich, Dorf, Ldkr. Aachen. ^) Dotationsnrkunde (v^l. S, 9H, Anm. 2): Volo etiam quod predictus sacerdos novcin deuario.s et decem capones cnm aliis obventionibus, cormediis et aliis iuribus, que habeo de duobus areis iu Hioht^rken, etemaliter possidoat. Ueber den ganzen Absatz \^\. ö. 104 t*. 3) S. 124 f. ^) S. 12«. '') 8. 109-113. «) Gängstrasse, jetzt Jesuiten- strasse; vgl. 8. 103, Anm. 1 und 8. 108, Anm. 4. ') S. 124. ») Alsdorf, Dorf, Ldkr. Aachen. Kino Alheidis laica de Alsdorf wird im Memorienbuch des Klosters Wenau zum 27. Januar und zum 14. Oktober genannt, Zeit- schrift des Aachener (icschichtsvcreins IV, S. 2«3, Z. 107, S. 292, Z. 1068. Ueber das Geschlecht von Alstorp vgl. Fahne, (Jeschichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen (Geschlechter I, 8. 57; II, 8. 2. «) 8. 125 f.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele.

Von M. Schollen.

(Sclilnss.)

98. Stucke.

Einer nimmt 8 Spielsteine in die» Hand und rollt sie in der Richtung des Küllche oder SUickkäppche auf dem Boden fort. Geräth eine ungerade Zahl in das Küllche, so hat er den vorher vereinbarten Einsatz an Spielsteinen oder Pfennigen gewonnen, wenn eine gerade, so hat er verloren. Die Mitspielenden gehen unter sich noch Wetten ein, je nachdem man dem Spieler Geschick- lichkeit zutraut, mit Treffe oder Fedhle^.

99. Paar of Onpaar.

Einer hält Spielsteine in der verschlossenen Hand, der Mitspielende muss errathen, ob die Zahl derselben eine gerade oder ungerade ist^

100. Aar of Bleng^

Derjenige, welcher das Spiel beginnt, wirft die von jedem Mitspieler ratirlich beigetragenen Geldstücke, vorher in beiden

*) Ucbcr dieses Spiel im Alterthum s. Richter a. a. 0. S. 73. Es hcisst in Köln „Alle Juclite" und soU von Neger-Janitscharen eines fran- zösischen Regiments dorthin gebracht worden sein. Vgl. Weydeu a. a. 0. S. 75.

*) Dieses Rathespiel war ein recht volksthümliches Spiel im Alterthum, s. Richter a. a. (). S. 21. Während 99 und 100 hier in Aachen zwei verschiedene Spiele darstellen, sind sie bei Z. S. 42 und R. S. 424 identisch. Dort heissen sie „Gerad und Ungerad". Unter diesem Namen wird es bereits im Renner V, 2785 erwähnt:

Rite ein grä man üf und ab

und spilte grad und ungerade.

^) Aar, die Adler- oder Vorderseite auf den frühem (rcichsstädtischcn) 31 Unzen, wogegen die Rückseite Bleng, d. h. blinde Seite genannt wird. Vgl. Mülle r-\Veitz a. a. 0. unter Aar.

L# ■. El

Aachener Volks- und Kinderliedcr, Spiellicdcr und Spiele. 139

Händen wohl durcheinander geschüttelt, in die Luft und gewinnt diejenigen, welche, auf den Boden gefallen, die Aar-(Bild-)Seite zeigen; in derselben Art verfahren der zweite und die folgenden, bis alle Stücke ausgespielt sind. Die Reihenfolge der Spieler wird durch das Latsche bestimmte

101. Lötsche.

Das Spiel dient zunächst zur Bestimmung der Reihenfolge der Spieler bei Aar of Bleng, für dieselbe ist die durch Werfen eines Geldstücks nach einer bestimmten Grenze entstandene geringere oder grössere Entfernung massgebend; sodann wird es ausgeführt:

a. indem man nach einem in die Erde gesteckten Geldstück wirft, derjenige hat es gewonnen, dem es gelingt, es zu entfernen;

b. durch Werfen mit GriflFelstümpfchen nach einer bestimmten Grenze, wobei derjenige gewinnt, welcher einen der dort liegenden Griffel trifft.

102. Kott öm et Langt trecke.

Wird ausgeübt zur Bestunmung der Reihenfolge bei ver- schiedenen Spielen^.

*) Auch dieses Spiel war im Altcrthum bereits bekannt, s. Richter a. a. 0. S. 16. Im Elsass rufen die Mitspieler: Kopf oder Minz, in Frank- reich: face ou pile. Fr, IV, S. 8. Das Geldspiel muss in früherer Zeit in Aachen so überhand genommen haben, dass der Rath sich zum Einschreiten genöthigt sah. So verordnet ein Beamten-Protokoll vom 26. Mai 1662, Pick in der Aach. Volkszeitung 1885, Nr. 199: „Alle Dänz und das Bauschen- spiel der Jungen und Papageischicsscn solle durch den Wechtem in den Grafschaften ernstlich vcrbotten werden, . warauf die Butterwieger fleissige aufsieht nehmen und mit Zuziehung nötiger Soldaten die Verbrecher mit abnehmung huet und mantelen zum abschreck bringen sollen." In neuerer. Zeit, am 27. April 1852, erliess der Polizei-Direktor Hasslacher, s. Schollen, Polizeihandbuch S. 635, ein Verbot hinsichtlich des Spielens um Geld auf öffentlichen Strassen und Plätzen in Aachen.

*) Das Halraziehen fand sogar in die Rechtsgebräuche Eingang. Vgl. (irimm, Deutsche Rechtsalterthümer S. 121, wo es heisst: „Der halm wird zum zeichen feierlicher auflassung, entsagung oder kündiguug mit der band geworfen, gereicht, gegriffen, bald von den betheiligten, bald von dem richter." Später wurde der Halm ein so allgemeines Mittel das Loos zu ziehen, dass man geradezu sagte: „Wir wollen den Halm ziehen'^, auch wenn kein Halm zum Loosen gebraucht wurde, und did^M^feute oft

HO M. Schollen

103. Steiche losse.

In ein Schulbuch werden ganz willkürlich Bildchen gele«jrt, derjenige, der ^stechen" will, muss ein Bildchen setzen, sticht er nun an einer Stelle, wo ein Bildchen sich befindet, so hat er dieses gewonnen und darf das eingesetzte behalten.

104. Kätsche.

Der Spieler muss den Ball (Katscli) etwa 1 m hoch werfen und beim Herunterfallen dem Gegenüber zuschlagen; trifft er den Ball nicht, so heisst es eng Mcis^j alsdann beginnt er wieder; trifft er auch dann nicht, so wird ihm zugerufen zwei iULsc, beim dritten Mal a])er: de drmle Kier lank; er ist dann seines Spielrechts verlustig "K

105. Reiterspiel.

Dieses Spiel wird von 8 und mehr Knaben, wovon die eine Hälfte die Pferde, die andere die Reiter darstellt, gespielt. Sie nehmen im Kreise Aufstellung, worauf die Eeiter sich gegenseitig einen Ball zuwerfen; erhascht einer der Reiter den Ball nicht, so sitzen alle ab und laufen weg mit Ausnahme des Reiters, der den Ball verfehlte. Dieser greift denselben und wirft nach den fliehenden Reitern, trifft er einen, so muss dieser Gaul sein, trifft er keinen, so muss er Gaul sein^.

106. Pädche spelle.

Ein Kind stellt das Pferd, das andere den P^uhrmann vor. Den Zügel verfertigen die Knaben aus mehrfiirbiger Wolle auf einem Instrument, das aus einem ausgehöhlten Pfropfen l)esteht, und auf dessen Rand 4 Stecknadeln befestigt werden.

107. Bock sprenge.

Von den Mitspielenden stellt sich einer mit dem Rücken gegen die Mauer, ein zweiter legt sich mit dem Kopf gegen

j^ebraiichtc Redensart „den KürzATn ziehen" davon herrührt. Z, S. 33. Ueher das Halmziehen und -messen s. Slmrock, Gedichte Walthers von der Vogelweidc I, 8. 195.

^) Fehlsehlag. ^) Zur (Jeschichtc des schon im Alterthum bekannten BaUspiels vj?l. Richter a. a. 0. S. 13 und 18; h\ S. 383; Z. S. 85.

^) Dasselbe Spiel hat K. S. 135 unter der Bezeichnung: Reiter, Reiter, Rittera. In Strassburg heisst es Balle ritters, in 3Iülhauscn Faelballclis. h\ IV, S. 8.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 141

(lea Bauch des Stehenden, so den Bock bildend. Von den Auf- springenden muss der letzte, nachdem er sitzt, dreimal in die Hände klatschen, ohne mit den Füssen bis an die Erde zu kommen; gelingt dies nicht, so wechseln die Rollen.

Eine andere Art des Spiels ist diese:

Sämmtliche Mitspieler bis auf einen stellen sich in einiger Entfernung von einander mit gekrümmtem Rücken auf. Nun muss der eine über sämmtliche wegspringen und sich dann selbst stellen, hat er den zweitletzten passirt, so folgt ihm der letzte u. s. f. *

108. Hötche werepe.

Die Knaben legen ihre Mützen der Mauer entlang neben einander, ein Knabe wirft mit einem Ball nach den Mützen, geräth der Ball in eine Mütze, so muss der Eigenthümer der- selben den Ball ergreifen und nach den schnell sich entfernenden Mitspielern werfen. Trifft er einen, so wird diesem ein Steinchen in die Mütze gelegt, trifft er keinen, so erhält er selbst ein Steinchen. Wer zuerst 7 Steinchen hat, muss Spetz nohlou/e, d. h. die Mitspieler stellen sich gegenüber auf, der Verlierende durch- schreitet zunächst dreimal die gebildete Gasse, alsdann muss er dreimal durchlaufen, bei welcher Gelegenheit ihm die Stehenden einen Schlag mit der flachen Hand auf den Rücken versetzen -.

109. Nohloufe.

Bei diesem Spiel bilden die beiden Häuserreihen der Strasse die Grenze (Hol) imd ist es Aufgabe des in der Glitte der Strasse Stehenden, einem der von dem Hol sich entfernenden Mitspieler einen leichten Schlag zu versetzen, infolge dessen dieser dann seine Stelle einnehmen muss. Ist ein Mitspieler ausserhalb des Hol und sieht sich verfolgt, so muss der Verfolger von ihm absehen, wenn er dreimal hintereinander an die Brust schlägt und dabei sagt: E^ zirei^ drei\ ml Liev etis frN^,

110. Langhol.

Das Spiel ist gleich dem vorigen, nur bilden hier die Strassenenden die Grenze.

*) V^gl. das Bockspiel bei Schtn. 8. 94.

^) Schou im Alterthnm bekannt, s. Richter a. a. (). S. 13. Aohnlich ist das Kappenspiel bei /?. S. 389.

') In Vallendar unter dem Namen ^HlUieil uml Jiiger" bekannt. P,

142 M. Schollen

111. Isere Männche louf us.

Einer verfolgt die Mitspielenden, diese sind geschützt, sobald sie nur Eisen berührend

112. Barum, di sam.

Es stellt sich Einer mit gefaltenen Händen vor die Mit- spieler und sagt Barum, sobald diese antworten di sum, ver- folgt er sie, wobei er die Hände gefaltet halten muss. Versetzt er einem der Mitspieler einen Schlag, so muss dieser ihn ablösen.

113. Schelm en Standarm.

Einer, als Schelm gedacht, wird von den Uebrigen (Gens- darmen) verfolgte

114. Verberege speäle.

Bei diesem Spiel muss sich Einer mit dem Gesicht wider die Wand legen, während die Andern sich verbergen, was in der Zeit, während welcher er 10, 20 u. s. w. bis 100 gezählt hat, geschehen sein muss. Alsdann nift er: Ess et gedoh? Ant- worten die Mitspielenden bejahend, so sucht er das Versteck derselben auf; wird ihm aber „nein^ zugerufen, so muss er noch zweimal fragend mfen, er hat aber dann das Recht, trotz einer verneinenden Antwort, suchen zu gehen. Findet er Einen, so eilt er zu der Stelle, wo er gestanden hat, und sagt wider die Wand schlagend : Aschlag för K N. Kommt ihm Einer zuvor,

*) Dieses am ganzen Niederrhein Isermänncheii genannte Spiel heisst in Berlin Eisenzech, in Breslau Eisenmändel, in England tag. Vgl. R. S. 406, dort heisst es: Vatter, i ha ke Ise meh! In Köln lautet es:

Isermännchen, ich han kein Iser, Ich muss noch Iser kaufe. F. I, S. 460.

^) Auf das Schelmspiel, bei dem ein Kind den Häscher, die andern Diebe vorstellen, weisen folgende Verse in einem Fastnachtsspiel aus dem 15. Jahrhundert hin:

Ein sölich närrisch" Haderspiel mit bochen, hadren, schelten, fluochen: das seit man ee zuo Zurzach auochen uff der Wissmat bym Henkerspiel. Z. S. 41. Bei R. S. 413 heisst dieses Spiel „Schölracn".

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 143

SO befreit dieser sich, wenn er an die Wand schlägt und sagt : Äschlag för mich. Besondere Aufmerksamkeit muss dem Letzten der Mitspielenden zugewandt werden, denn ihm steht das Kecht zii, auch die bereits Gefundenen zu befreien, wenn er vor dem Suchenden beim Anschlag anlangt und sagt: Äschlag för oss alletnole ^

115. Ekkelurei.

Dasselbe unterscheidet sich von dem vorigen Spiel dadurch, dass die Mitspieler sich an einer P]cke verbergen und von dort aus lugen, ob sie gesucht werden. Ist dies der Fall, dann laufen sie um eine andere Ecke und so fort. Wer zuerst erkannt wird, muss sich legend

116. Köppche egcne Mondeschien.

Einer sucht auf den Kopf des durch den Mondschein hervor- genifenen Schattens der Mitspielenden zu treten; gelingt ihm dies, so tritt der Betreffende an seine Stelle.

117. Butzekopp.

Bei diesem Spiel suchen die Mitspieler ihre Köpfe gegen- einander zu stossen.

118. Schlttppche wandele.

Ein Knabe dreht den an der Wand sitzenden Mitspielern den Kücken und wirft ihnen über den Kopf ein Schlüppche zu mit den Worten: Verbereg Alles, iväts de hass. Auf die ihm gewordene Mittheilung, dass das ScJMppche verborgen sei, dreht er sich herum und sucht bei den Mitspielern nach demselben. Diese, die Hände auf dem Rücken lialtend, suchen dasselbe seinen Nachforschungen zu entziehen. Spürt der Suchende in der Nähe des Schlüppche nach, so regnet es Püffe mit demselben auf den Rücken des Suchenden. Derjenige, bei dem dasselbe gefunden wird, muss eine Strecke weit laufen, verfolgt von

*) Vgl. die bei i?. S. 403 und 404 unter dem Namen „Gügelstcin" und „Anschlagigs, Blinzimüs" angeführten Spiele, sowie das „Fangspiel" aus dem Elsass bei Fr, IV, S. 7.

*) Dürfte mit dem noch in Schwaben beliebten Kinderspiel Ekkcti, welches im Klciderbuch der beiden Schwarz erwähnt wird, identisch sein. Vgl. Z. S. 43.

144 M. Schollen

dem Suchenden, der jenen mit dem Schliippche auf den Rücken schlägt und dann abgelöst wird.

119. Zittmännche.

Die Mitspielenden setzen sich mit dem Rücken wider eine Mauer; ein Kind, welches sich irgend eine Tagesstunde bedaht hat, nimmt ein Taschentuch, worin an der Spitze ein Knoten geschlungen ist, geht von einem zum andern, hält ihm das Taschentuch vor und fragt: Wie Zitt ess et? EiTäth ein Kind die bedachte Zahl, so muss es aufstehn und eine Strecke weit weglaufen, wälu*end da;s Zittmämiche es verfolgt und mit dem Taschentuch auf den Rücken schlägt. Ist das Kind auf seinen Platz zurückgekehrt, so legt es sich mit dem Kopf tragen die Mauer, erhält drei Schläge mit dem Taschentuch auf den Rücken und ist alsdann Zittmännche.

120. Wehrwouf fett Schouf.

Das Spiel ist ähnlich dem Hackelepack und wird \vie dieses nicht selbständig, sondern in Verbindung mit einem andern Spiel, wo es als Strafe festgesetzt wird, ausgeübt.

121. Ninöigele.

Es werden dabei 9 Augen oder Nullen, je 3 und 8 unter- einander, auf eine Schiefertafel hingemalt und nun sucht man den Gegner, indem man ihn von einer Null zur andern, oft der entferntesten, Linien ziehen heisst, dahin zu bringen, dass er, noch ehe alle Nullen auf die Weise zweimal getrotfen sind, nicht mehr voran kann, ohne eine der gezogenen Linien zu durchschneiden ^

122. Kies, Körv u. s. w.

Soviel Mitspielende soviel Reihen und in jeder Reihe soviel Nullen werden gemacht. Sodann beginnt man bei der ersten Null und sagt fortschreitend:

Kies, Körv, Botter, Bruad,

Schleat alle die Töreke duad.

^) Norronberjj, Aus dorn alten Viersou S. 103 bemerkt: Ninökele wahrscheiulich von den neun („nigen") Steinen, die dabei «gebraucht wurden; so heisst es ira Altniederländisehen: nejrhensteeken.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 145

Bei dem Worte dmd wird die Null, an welcher man angelangt ist, durchstrichen. Dessen Nullenreihe auf diese Weise zuerst durchstrichen ist, gilt als todt^.

128. Spaiibrett

Ein über beide Hände gespannter Bindfaden wird zu geometrischen Figuren verschlungen, den der Mitspieler zer- legend und wieder verschlingend entfernen muss^.

124. Ko9d sprenge.

Zwei Mädchen, die je das Ende einer Kordel gefasst haben, schwingen dieselbe und zählen ön, dön, truwa, worauf ein drittes Mädchen mitten in die durch die Kordel beschriebene Ellipse hineinspringt und so lange springen darf, bis seine Füsse oder Kleider die Kordel berühren, dann hat es gefeählt und muss sich entfernen. Dasjenige Kind, welches die meiste Aus- dauer beweist, erhält ein Zouwötinche, d. h. es darf noch einmal springen.

125. Titsche.

Dasselbe wird mit vier oder mehrern Grelenkknöcheln eines Hammels und einem Balle ausgeführt. An dem Titschknöchel- chen untersclieiden die Kinder Lausche, Böckschef Tiezche, Webhche. Sie greifen dasselbe gleichzeitig mit einem vorher in die Höhe geworfenen und aufzufangenden Balle sechszehnmal nacheinander, nachdem vorher die Stelle des Knöchelchens in der benannten Reihenfolge nach oben gelegt worden ist^

^) In dem kölnischen Kinderlied: Rusekranz, Wat gilt der Schanz? F. I, S. 459, heissen die Schlusszeilen:

Ei Stock Kihs un Bruhd,

Fallen alle Heiden un Türken duht.

Bei der letzten Zeile lassen sich die Mitspielenden niederfallen.

*) Nach einer Mittheilung R. Andrees im Anthropologischen Verein zu Leipzig, s. Correspondenz-Blatt der deutschen (lesellschaft für Anthro- pologie, Ethnologie imd Urgeschichte, Jahrgang XIX S. 53, beobachteten Klutschak und Hall die Fadenfiguren (das Abheben der Faden von den Fingern) bei den Eskimos, Wallace als Katzenwiege (cats (^radle) bei den Dajaks auf Borneo und in Neu-Guinea; man keimt es in Australien und Buchner sah es auf den Fidschi-Inseln.

^) Dieses Spiel wurde schon im Alterthum geübt, vgl. Richter a. a. 0. S. 71, 74, 75. Vgl. auch J. Th. Rosen, Der Niederriw^l879, S. 23; Schm, S. 84 das Steinchenspiel, Woyden a. a. 0. S*-Mtftfi^Hfe^In dem

146 M. Schollen

126. Henkschnol.

Ueber den ebenen Boden wird ein längliches Rechteck mit neun Abtheilungen gezogen. Eine Scherbe wird nun nacli und nach in die neun Abtheilungen geworfen und hüpfend heraus- gebracht. Wer hierbei auf einen Strich tritt, hat verloren und muss von vorne anfangend

127. Schndl ophaae.

Die Kinder setzen sich in eine Reihe, ein Kind ist Lehrerin und stellt Fragen. Während des SchuUialtens wird das Renke godh nachgeahmt und gesungen:

Plenke (Schmiddele) goah es got gedoah,

Dat de Modder oss hole könt (oss geng au Hex begeänt).

Zu lange darf die Schule nicht dauern, sonst heisst es:

Liehrer, lott de Schual usgoah, Et sönt at ellef Uhre, De Jonge mösse Wasser hole. De Mädchere mösse schüre 2.

Gedicht „Daz heselin" sagt das Mädchen (der järe ein kint und ouch einvalt) :

Herre, ich h&n in mime schrin

und zehen bikkeisteine.

Vgl. Z. S. 18 und 45. So auch dessen Beschreibung unter „Datschel spiel" in Grimm, Wb. II, S. 826.

*) Ueber die üebung dieses Spiels im Alterthum s. Richter a. a. 0. S. 15. Aehnlich bei Schm. S. 81 das Hüpfenspiel. In Köln heisst das Spiel Höpe-Mözchen, zusammengesetzt aus höpe, hüpfen und Mözchen, Mützchen. Wcyden a. a. 0. S. 217.

') Bei V. F. p. 17 heisst es in einem Kinderlied:

Elf, elf uren,

De meisjes mocten schüren, De jongens moeten water halen Achter by de buren.

Ferner das. p. 25:

Meester mag de school uitgaan?

't is al eUef uren,

't kan niet langer duren.

Achter op het latjen

Speien ze biUegatjen,

Achter op het kerkhof

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 147

Ist die Schule beendigt, dann singen die Kinder:

De Schual ess us, De Müs kommen erus.

128. Verkoufe.

Aus gestossenem oder feingeriebenem Ziegel werden Häuf- chen gebildet, denselben Namen gegeben, worauf ein Kind die Sachen feilhält, die andern kaufen kommend

129. Enoggel schloon.

Ausser der Knoggel kennt man in Aachen noch einen Dopp und einen Pen. Der Dopp hat die Form eines Kegels ; der Pen ist unterhalb der Scheibe möglichst dünn^

130. Sou schloon.

Es werden in gleicher Entfernung in einem Kreise Löcher gemacht, deren Zahl eins weniger als die der Mitspieler sein muss. An jedem Loch steht ein Mitspieler mit einem Stock und sucht zu verhindern, dass es dem ausserhalb des Kreises Stehenden gelingt, einen Stein in den Kreis zu treiben. Glückt es dem Sow-Treiber hierbei in das Loch eines der Mitspieler zu kommen, so tritt er an dessen Stelle und dieser wird Treiber^.

Slaan ze Pietje zijn kopjen of ;

Heel of, half of,

*t kopjen van het haLsjen of.

*) Diese Spiele (Verkaufen) hat Geiler im Auge, wenn er uns das geschäftige Treiben der Kinder in folgender Weise schildert: ^Da die kint gefetterlin mit einander, da machen sie saffron vnd das ist geferbte würz, das ist sttszwurz, das ist ymber, vnd ist alls us einem ziegel geriben und ist zieglmel; und machen hüslin, und kochen, und wenn es nacht würt, so ist es aUs müt und stossen es umb." Auf das Verkaufsspiel deutet der Vers: „Was woilstu kauffen umb ein pfennig", Z. S. 43. S. auch i?. S. 423, wo das Spiel „Gevätterlen** heisst.

*) Der Kreisel, den schon die Griechen und Römer als Kinderspielzeug kannten, vgl. Richter a. a. 0. S. 12, wird von den Dichtem des Mittel- alters öfters genannt. Der Topf, dies war sein gewöhnlicher Name, wurde mit einer Geissei umgetrieben. Vgl. Z. S. 27, R, S. 419.

*) Vgl. bei Schm, S. 90 das sog. Sauspiel, die Sau schlagen; Lirum, lamm, Löffelstiel bei Wegeier a. a. 0. S. 105; bei i?. S. 395 das „Moor-um**; bei K. S. 136 „Hui Sau«.

10»

148 M. Schollen

131. Mutzkeiop.

Der Kei wird dadurch hergestellt, dass man mehrere grössere Steine auf einander legt und auf diese ein klemes Sternchen, wonach von einer bestimmten Stelle, Stänket genannt, aus geworfen wird. Neben dem Kei steht der Mtä:z, einer der Mitspieler, dessen Aufgabe e's ist, den Kei wieder aufzurichten, wenn er infolge eines Wurfs zusammenfallt. Fliegt bei dem Werfen bloss das kleine Steinchen herunter, so müssen die Mitspieler eine Strecke weit weglaufen, der Mut2; setzt das Steinchen schnell auf und sucht einen der Mitspieler zu erhaschen, was ausser- halb des Stänket geschehen muss; gelingt ihm dies, so muss der Betreffende ihn ablösen.

132. Kleiik schlooii.

Ein Kreis wird gezogen, an welchem ein Mitspieler mit einem Stock steht und zu verhindern sucht, dass der ausserhalb des Kreises Stehende eine Klenk^ d. h. ein etwa 15 cm langes, an beiden Enden zugespitztes Holzstückchen in den Kreis zu bringen sucht. Die Stelle, von wo aus er werfen muss, wird dadurch bestimmt, dass der andere die Klenk durch Schlagen auf die Spitze in die Höhe schnellt und beim Herunterfallen fort- treibt. Schlägt er dreimal fehl, so wirft der andere von der Stelle aus, wo die Klenk liegte

Jahreslieder.

133. Neujahr.

Glöcksellig Nöijohr, Der Kopp vol Ho9r, Der Monk vol Zäng, Et Nöijohr egen Häng*.

^) In Coblenz heisst das Spiel „Laiz", vg^l. Wegeier a. a. 0. S. 105.

*) Um das Neujahr abzugewinnen und dadurch den Anspruch auf ein Gt^schenk zu erhalten, muss man zuerst „(lUtcn ^lorgen** und dann „Glöck- sellig Nöijohr" gesagt haben. Fragt nun derjenige, dem man das Neujahr abgewonnen hat: „Gelt et noch?" so muss man antworten: „Et hat gegolde", sonst erwächst diesem das Recht, dasselbe abzugewinnen. In einem Schalt- jahr ist es umgekehrt, lieber die Glückwünsche u. s. w. um Neujahr in der Eifel s. Schm. S. 5; in Schwaben: Birlinger, Aus Schwabens. 17; Volks- thümliches aus Schwaben S. 12; Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwabe n S. MW) ; in Elsass - Lothringen : Jahrbuch für Geschichte,

Aachener Volks- und Kinderlieder, Si>iellieder und Si)iele. 149

134. Dreikönige.

Es kamen drei Könige aus Morgenland,

Sie waren von der Sonne ganz schwarz verbrannt,

Sie kamen an einen Berg gegohn.

Da blieb der Stern stille stöhn. ^

Ach Stern, du musst nicht still bleiben stöhn.

Du musst mit uns nach Bethlehem gohn,

Bethlehem, du schöne Stadt,

AVorin Maria das Kindchen geboren hat;

Wie kleiner das Kind, wie grosser der Gott,

Der Hinmiel und Erde erschaflfen hat.

135. Fastnacht.

Fastellowend

Ess bestovvend,

AVaffele welle für backe.

De Eier sönt ene goue^ Kouf,

De Botter gelt ene Blaffet^.

Setzt der Tälder op der Kopp,

Get oss get en der Rommelspott,

För ze domeniere,

För de Mädchere ze ziere.

Uehr wesst wal, wie de Mädchere sönt,

Die des Morigens fröch opstönt.

S^i kicke wal hei, sei kicke wal do.

Sei kicke wal en dat Känksche,

Ruo, ruo, Ränzche.

Sprache und Littcratur Elsass-Lothringens, hrsg. von dem hist-litter. Zweig- verein des Vogesen-Clubs II, S. 180, III, S. 116. Die in Picks Monats- schrift I, S. 465 veröffentlichte Spruchsammlnng Anton Husemanns aus dem J. 1575 enthält folgenden Neujahrs wünsch:

Leue Suster dussen Breeff ick to Iw sende

Vp einem koken so gantz behende,

To einem froliken vnd nyen Jare,

Ahne allem angste vnd vare,

God will dat wy dit Jar thora ende bringen,

Mit stedcm bedden vnd singen,

Vnd all tidt nha Godes willen leuen

Syncm hiligen worde nicht wcdcrstreucn.

*) guter. 0 Eine Aachener Münze.

150 M. Schollen

Lott oss net lang stooh,

Für hant noch witt ze goah,

Va hei noh Köllepoatz.

Zwei Paar Schong en dönt et net,

Vier raössen er et gewe,

Jo/jo^

Verbreiteter ist dieses Fastnachtslied in folgender Fomi:

136. Fastellowend Ess bestovvend, Waflfele welle für backe. De Eier sönt ene goue Kouf, De Botter gelt ene Blaffet. Höi ene StouP En do ene Stoul, Op jedder Stoul e Kösse, Op jedder Stoul ene Pannekoch, Hant für alleraol genog, Dat sal oss got gelöste. Lott oss net lang stoah,

^) Die Nummern 134 uni 135 verdanke ich dem Herrn Cornely aus Elchenrath.

*) Auch in dem bei r. F. p. 70 mitgetheilten Fastnachtsliedchen heisst es :

Hier een stoel en daar een stoel,

op iedre stoel een küssen,

meisjen hoü je kinnebak toe,

of 'k sla'r een pannekoek tuschen u. s. w.

In den Worten „Höi ene Stoul" u. s. w. ist eine zur rcichsstädtischen Zeit beim Zahlungaancrbieten beobachtete Form enthalten. Dies geht aus einem Akt des Notars a Baexen vom 2. Januar 1723 hervor, worin er beurkundet, er sei an genanntem Tage auf Anstehen des ehrsamen Meisters Peter Schröder und seiner Hausfrau, der ehr- und tugendreichen Katharina Krombach (am Hirtz bei Laurensberg wohnhaft), zur Wittwe Simon Weyers auf dem Küpperhof (bei Richterich) gegangen und habe letzterer in Gegenwart von zwei Zeugen im Namen jener Eheleute die Summe von 110 Thalem präsentirt: „zu wissen 30 Thaler auf einem Stuhl (als Abschlagszahlung auf ein geliehenes Kapital) und 80 Thaler auf einem andern Stuhl (als Zinsen jenes Kapitals). Die Wittwe verweigerte die Annahme. „Denen jedoch unangesehen, ich Notarius obgemeldcte hundertzehen Thaler auf den Stühlen liegen lassen und mit meinen bei mich habenden Zeug . . . vom gedachten Hoff abgegangen.** Vgl. H. J. Gross im Aachener Sonntagsblatt 1876, Nr. 19.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 151

Für hant noch witt ze goah, Bes a KöUepoatz^

137. Au Kaiott,

E Botter gezoppt, E Meahl gerührt, Zorn Düvel geführt*.

*) KöUepoatz scheint hier für Köln zu stehen. Das Liedchen wurde mit Begleitung des „Rommelspott" zu Fastnacht von armen Kindern, um eine milde Gabe zu erhalten, gesungen. Um die Angesprochenen zu schnellem Geben anzuspornen und die Länge des zurückzulegenden Weges zum Ausdruck zu bringen, bedurfte es der Bezeichnung eines weit entlegenen Ortes, was Köllepo8tz offenbar nicht war. Dazu kommt, dass in mehrem Liedchen, welche die Kinder beim Einsammeln milder Gaben singen, jedesmal neben dem Wunsche, sie nicht lange stehen zu lassen, gesagt wird, sie mttssten noch nach dem fernen Köln gehen. In dieser Beziehung heisst es sowohl in dem Gesang der armen Kinder am St. Martinsabend in Osnabrück, Fr. I, S. 275 :

Sttnte Martens gauens (?) Mann,

Däi US wall wat gieven kann

Van Appel un van Bieren,

Lit US nich so gieren!

Mött' noch wiit n& Collen g&n

Collen is so fär ' e.

Komm* wi nimmer mehre;

Hilgen Blatt;

Schöune Stadt;

Schöune Jungfern, giev't us wat,

als auch in dem Martinslied in der (»egcnd von Herford bezw. in dem Amt Bückeburg, F, I, S. 359, III, S. 148:

Loat US nich to lange stöhn,

Wi mött von hier noa KöUen gohn,

Köllen es no filren.

Ueber die Wein- und Geldspenden des Raths um Fastnacht an die Schöffen, Bogenschützen, Schreiber, Fassmesser, Domvikare, Schützen u. s. w. s. Laurent a. a. 0. S. 135,8, 137,i8, 193,32, 194,io, 195,4,32, 329,3$, 332,733. Auffallend ist der daselbst S. 344,n aufgeführte Posten: „It. den vrauwen zu Vastovent, gingen as munche, 2." Wenn man auch berücksichtigen muss, dass man sich an derartige Maskeraden in jener Zeit nicht stiess, so bleibt es doch immer unerklärlich, wie man solche belohnen konnte.

*) Das Liedchen stellt eine Verhöhnung der Perrücke dar, die, lange ihre Herrschaft behauptend, um die Mitte der achtziger .Jahre des vorigen Jahr- hunderts mehr und mehr zu verschwinden begann. Vgl. Weiss, Kost II, S. 1294.

152 M. SchoUen

138. Köm, min allerldvste Mädche, Gäld get Schwegele us minge Bott, En se sönt esu got gezoppt,

Wie de wopp, wopp, wopp, wopp, woppt^

139. Haarig, haarig, haarig ist die Katz! Wenn die Katz nicht haarig ist. Fängt sie keine Mäuse nicht. Haarig, haarig, haarig ist die Katz^!

140. Frau Lenze, Frau Lenze, Wat kost de Eole Kattun?

Ich han es van acht, va nüng en va zeng, Ich han es ouch met Blonmie dre, Frau Lenze, Frau Lenze, Wat kost de Eale Kattun ^P

141. Turelure Liesche us Klappergäss,

Hat dat Kengehe dat Hemchen esu näss, Haut die scheleme Jonge gedoah. Haut dat Kengehe net pesse losse goali.

142. Dem in den April Geschickten ruft man zu:

Aprelsgeck,

Die Modder es geck.

Die Vadder danzt met ene Beissemsteck ^.

*) VieUeicht vor 50 Jahren entstanden, um welche Zeit das Streichholz erfunden wurde. Die Streichhölzer wurden ursprünglich hausirend verkauft und zu dem Ende in einem Bott (Korb) auf dem Rücken getragen.

^) Ebenso in Coblenz Fastnachtslied, Wegeier a. a. 0. S. 103.

■'') Dieses vor einigen Jahren zur Fastnachtszeit aufgetauchte, nach der Melodie: „Erklinget ihr Hörner" aus „Die weisse Dame" gesungene Liedchen ist, wie es scheint, eine Nachbildung des bei r. T. p. 30 mitgetheilten :

3Iaryken, Maryken,

Wat kost je groene theo?

Ik heb ze van ncgen, ik heb ze van tien;

Laat me die van negen eens zien.

Maryken, Maryken,

Wat kost je groene thee'r

^) Vgl. Zcitsehr. des Aach. Geschichts Vereins VIII, S. 162, Nr. 11).

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spielliedcr und Spiele. 153

143. Heute ist der erste Mai, Legen alle Vöglein ein Ei, Darum bitten wir den Herrn Lehrer Um heute frei.

144. Beim Mairegen.

Meireän, Trippetreän, Eeän op mich, Da wäs8 ich^

145. Heiige Katharina,

Lass die Sonne scheinen, Lass den Regen übergehn, Dass wir was spazieren gehn.

146. Im Sommer.

Im Sommer, im Sonuner, wenn der Kuckuck regiert, Dann werden die Mädchen von Knaben vexirt. Einem Mädchen wie du, Dem lass ich keine Ruh, Dem geb ich ein Händchen, Ein Küsschen dazu.

147. Kirmess.

Oem Keremess ^, öm Keremess, da dreägt mie Modder ene Hott, Da danz ich, da danz ich, da fall ich open Fott^

148. St. Martin.

Au Mangele, au Mangele, Stomp Beisseme, Wie decker, wie fetter, wie beister*.

^) Die nämliche Aufforderung zu gleichem Zwecke ergeht in Coblenz, Wegeier a. a. 0. S. 103, in Strasaburg i. E., F, II, S. 524 und in Trier, F. III, S. 547, Nr. 42. Vgl. auch die Regenlieder bei Fr. V, S. 274, 277 ; aus Rheinberg, Die Heimath 1877, S. 67; bei S. Kb. 8. 142, Nr. 549-551.

-) Kirchweihfest. ^) Vgl. F. III, 8. 146 und 178, „Wenn't Wiehnachten is", bezw. „Wann Pinksten es", femer K. S. 91, S. Kb. S. 132.

*) In früherer Zeit zogen am Martins-Vorabend die Kinder durch die Strassen herum und sammelten unter Absingung dieses Liedchens Holz, Stroh und andere brennbare (Jegenstände, welche dann aufeinander gelegt und

154 M. Schollen

149. St. Nikolaus.

Zenterkloas, Met die lang Moass, Met die kotte Bean, Schleaht alle Grülle vanen^

150. Zenterkloas, Gott hellig Mann, Doag dinge beiste Tabbert* an, Eie dornet noh Spani6, Breng Aeppel van Orani6, Gew die kleng Kenger get, Loss die grousse loufe. Die könne sich selvs get koufe^

151. Zum Namenstag.

Ich ben e kleng Stömpche,

Eiss gear e deck Klömpche,

Möt mich net usläche,

Et anger Johr wel ich et beister mächet

angezündet wurden. Um das Feuer (Mätin genannt) tanzten sie, angezündete Besen auf Stangen tragend, bis jenes erloschen war. Anfangs der 50er Jahre erinnere ich mich zum letzten Mal das Martinsfeuer gesehen zu haben.

Ueber die Geschenke der Reichsstadt Aachen „up sint Martiins avent" an „alle der steede gesinde ind wercklude" und zu Martini an „unse hercn die scheffen, die werckmeister, der steede gesinde ind der burger meist er gesinde** s. Laurent a. a. 0. S. 316,6,27,29,31.

Im Rheinthal zwischen Köln und Coblenz leuchten am Vorabend des Martinstags Tausende von kleinen Feuern auf den Höhen und längs den Ufern des Flusses. Die Kinder sammeln das zu dem Feuer nöthige Holz, Reisig und Stroh; um das Feuer herum tanzen sie und singen:

0 Mehtin, o Mehtin, Au Wiever, Stomp Beissem, Je auer, je beisser u. s. w. Vgl. von Reinsbcrg-Düringsfeld a. a. 0. S. 343.

') von einander = entzwei. Ein ähnliches Nikolansliedchen s. r. V. p. 75. ^) tabbert, mhd. taphart = Mantel, vgl. Lex er, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch II, S. 1404.

3) Aehnlich in Moers, F. I, S. 397, in Ostfriesland, Fr, V, S. 272, in Rheinberg, Die Heimath 1877, S. 67, in Leuth, vgl. Spee a. a. 0. I, S. 7, in Essen, Schnell, Sanct Nicolaus I, S. 5ß, in Ostflandem, ebendas. V, S. 11, bei von Reinsberg-Düringsfeld a. a. 0. S. 300. *) Ebenso in der Gegend von Coblenz, P.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 155

152. Ich koam ens nohgen Kriam^ erav, Du juag mich do et Hötchen av, Ich daht, wat sal dat bedüe, Dat mie Hötche sal vor mich flügge, En wie ich mich ens reaht bedaht, Du wor et der N. N. singe Namensdag.

153. Ich hört ein Glöcklein läuten,

Ich wusste nicht, was es bedeute.

Da nahm ich den Kalender in die Hand

Und sah, was drin geschrieben stand.

Da stand geschrieben : Heut ist der Abend, morgen der Tag,

Dass ich N. N. binden mag*.

154. Namen.

Adam ,en lava.

Die sossen en ene Huck.

Der Adam satt, wat stenkt merr esu,

De lava Ifeis ene Pupp^

155. Antuane Nüffche*,

Für dr^i Penneke Schnüffche, För drei Penneke Karrewien*, Mäht der Antuan et Nasche fien.

156. Andres,

Deä de Wegge fresst, Deä de AVaffele backt, En sie Modder open Nas kackte

157. Alewiss,

Decke Tiss,

Mäch, dats du en Frau kriss.

*) Krämerstrasse.

^) Das Angebinde wird am Vorabend des Namenstags überreicht.

^ Ein ähnliches Liedchen, worin Adam und Eva „ep een stoepjen** sitzen, s. r. V. p. 40.

**) Ein langweiliger Mensch; s. Müller-Weitz a. a. 0. unter Nüffet.

*) semen carvi, Feld- oder Wiesenkümmel; s. Müller-Weitz a. a. 0. unter Karwi.

*) S. auch die bei S, Kb. S. 109 mitgctheilten beiden Verse.

156 M. SchoUen

158. Chcestian, Schlag de Bahn,

Va hfei bes open Iserbahn.

159. Ich siön e gecke Drütche, Ich weös net, wo et ess^

160. Engelbeat,

Bess noch genge Pennek weod.

161. Franz,

Met de söwe Schwänz, Us Cobelenz.

162. Oui, Franziss,

Henger dat Kapellche, do setzt der decke Tiss^.

163. Hännesche, Pupännesche, Wat hass du gekaucht? E got Döppe Edäppel met ene fette Knauch.

164. Idche,

Studitche,

Entche,

Studentche.

165. Jupp,

Loss ene Pupp, Setz dich nier, Loss ere vier, Stank op, Loss ere 25 drop.

0 Bei 5. Kb. S. 111 wird dem „Drückchc" der Rath gegeben:

stür dich an nix,

Schmer ding Schob met Eierwix.

2) In Köln: Marih Franziss, Marih Franziss,

Wahl hinger der Häck'e Do wount der schälen Tiss. F, I, S. 457.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 157

166. Lambetes,

Der Püttes hat e Lauch e.

167. Le^nad,

Speckschwad.

168. Kenns du net Maricke? Kenns du net Marei? Jo, ich kenn Maricke, Ich kenn se alle zwei^

169. Mathis, kauch Kaffie, kauch Fleasch,

Dat die Vadder en die Modder net en weas.

170. Pitt,

Wie de witt, Wie de wuckes katitt. Wie de wuckes katuckes, Berlinische Pitt^

171. Türe Iure Lötche,

Der N. N. hat e Flötche, Der N. N. hat en decke Fott, Do speäle alle Jonge drop.

172. Wickes wie de Wickes va Lauerlakretz ^

173. Ziska,

Met de Gittar, En et StofFeniser^ Egen Rock.

174. Züffche^ hau der Beck^

Fells noch met de Nas egen Dreck.

*) Von einem früh Aufgeklärten sagt man: Heä kennt Maricke en Marei.

*) Ebenso in Düren und Eschweiler (Ldkr. Aachen) mit der Wendung „Kalviuische Pitt". P. Vgl. auch S. Kb. S. 111, Nr. 412; v. F. p,

^) Lorbecrlakritz, nach der Verpackung so benannt. "•) St<>rlH*iseu. ^) Sophie. ®) Schnab«^! =r Mund.

158 M. Schollen

Thiere \

175. Mukouh, Kaleverstatz,

Morigen ess de Melich gatz^

176. Kroh, Kroh, Kroh,

Der Düvel könt dich noh^

177. Die Amsel singt:

Der Wien es us, für zappe Bier*, Weä nüs en hat, deä könt net wier.

178. Die Wachtel ruft:

Bock der Eöck^

179. Der Hahn kräht:

Gott der Heär könt.

180. Der Hahn, deä wou ens kermesgoah, Schirrewirrewipp zom Zittverdriev, De Pöll en die wou met goah, Köckeröcköcköck.

Och Pöll en du sals hfei blieve, Schirrewirrewipp zom Zittverdriev,

Du sals de Kuchens fure^, Köckeröcköcköck.

>) Bezttglich der Vorbedeutungen bei Thieren vgl. Nr. 290, 293, 294, 305, 318, 322, 326, 332. Ueber die redenden Thiere s. R. S. 66.

*; bitter. ') Des Raben Ruf, dem heutzutage die Kinder so viele Redc- formeln zutheilen, wurde schon im Mittelalter gedeutet:

Die alten Münch han ofFt gesagt Dass, wan man einen Rappen fragt, Wann er wöU werden weiss und frumb, So schreit er Cras, Cras vmb vnd vmb.

*) Ebenso in Coblenz, Wegeier a. a. 0. S. 105. Als Blutfinkenschlag bei Ä Kb. S. 188.

*) Die an den Ruf der Wachtel geknüpfte Vorbedeutung s. Nr. 326. Vgl. auch den Wachtelschlag bei S. Kb. S. 190, Nr. 779.

«) füttern.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 159

181. Oss Katz en Nobbesch Katz, Die haue sich ens gebeisse, Oss Katz hau Nobbesch Katz Et Stätzche usgereisse^

182. Söwe Katze ^ schlogge sich Für ene wisse Weck, Ne Honk, deä koam en jug se fut En froas em met get Speck.

183. Madelenne Kätzche, dat hau Jonge,

Koam der aue Beistevadder, schluag hörn open Ogge.

184. Die Maus sagt:

Weä net weit freisse mie Gebess, Deä moss at eisse mie Geschess.

185. Beim Auffinden eines Schneckenhauses:

Schleck, Schleck, köm erus. Die Hus es verbrankt, En alle ding kleng Kenger Sunt metverbrankt ^

Glockensprache ^.

186. Dom, 11 Uhr-Messe: Zau, Zau, Zau, Zau!

*) Bei F, in, S. 112 iu der Mundart des Samlandes mit der Abweichung, da,ss für Nobbesch Katz „Pape Katt** steht.

*) Sieben Katzen, die sich beissen, finden sich in den bei F. III, S. 146. 151 und 169 aus Hameln, Lingen und Recklinghausen mitgetheilten Liedcheu,

*) Der Reim an die Schnecke scheint nach Z. S. 61 uralt zu sein. Vgl, auch B, S. 97, sowie F. I, S. 230, 459, III, S. 57, 64; Fr, V, S. 294. Auf der Insel Bomholm lockt man die Schnecke mit folgenden Worten:

Snegl, snegl, kom ud med dine lange hom! Der er en bonde, der vil kjöbe kom. F. m, S. 831. S. ferner S, Kb. S. 146, Nr. 568—580.

*) Wenn die Kinder heutzutage den Glockenklang nachahmen und ihm einen Text unterlegen, so dürfen wir schliessen, dass dies schon in frühem Zeiten geschehen. Bereits Seb. Franck erzählt: In eutOMAptbunn hangend dry glocken, die erst vnd kleinest, anzogen vnd gttM^HHlLa^^n^ ^'3^i

160 M. Schollen

187. Nikolauskirche, 11 Uhr-Messe: Penk Melich, Penk Melich.

Ziim Nachmittagsgottesdienst : Nikela, Nikela.

Todtengeläute : Kom met, köm met.

188. Foilanskirche, Todtengeläute: Ess net mia, ess net mia.

189. St. Adalbert: Basch dren, Basch dren.

190. St. Jakob, erste Messe: Kappesbure, Kappesbure.

191. Beiern^: Minge Dum, minge Fenger, minge EUeboog^.

Spottverschen.

192. Jorafer, Jomfer, Pirlapong,

Met enge Schlupp en ene Schong.

193. Ich kann at senge, wat ich wel, N. N. döig der Schlepp eren. Keremess, Keremess, Hempschlepp.

194. Weä gea Gäld hat für ene Hott,

Geld sich e Käppche, geld sich e Käppche;

gern wyn, gern wyn" etc. Die ander gröber, so man die Non glocken nennt, spricht: „War zalts, war zalt^, war zalts?** Zelest Ittt mau die gross Sturm- glocken, die brummt: „Puren, Puren, Puren.'' Z. S. 60. Vgl. auch die „(ilockensprache" bei /?. S. 57.

') Festliches Geläute.

«) Als „Maigeläut" bei 5. Kb. S. 183, mit dem Zusatz: Hierothst du miug Schwester, dann wirsch du minge Seh woge.

W^*a _^«*.» «ra.tl "liir tr-r oiio 11« »lU

trt^hl >i«*h e K tpiH-tn'ii ou dar ^itsylu !;oi *.

r.).'). Pocke. Potke. Nonicilaii,

Wenn «lie Mä*lchoiv (\vw i;*>lujt, Da ireoht die PiKk al luol.

196. Weos du net, wo i'nmibach woliiuy Cn)mbaoh wohnt u ^»^o lNMU|»i lu^. Alle Mädohere kri^r^o »^^^ Mm\y En ich kri<,'<*' noch piiiHi S\i\\\\\H'\\{\^.

107. Mädcho niot dh^ Mi^lilchlihil, Koni ^M't hM mich .^pc/ilo, Kriss du oiich cn A|>|Hliii( Kn ilrit'i ^u\>iii'.kii lU'tv,

'^"t/t o]> d"i Kit/.

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162 M. Schollen

201. Ne Bur en ene Stier, Dat ess en Dier.

202. Ne Bur en ene Ohss,

Die gönt dörich eng Poaz^

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203. Jüd, Jüd, Kälekopp,

Der Düvel ess dinge Herregott, Der Düvel singe Schwanz Ess dinge Rusekranz^.

204. Tripp, trapp, tralie,

Oss Mad, die hat geng Fali6^

Hat se geng,

Da kritt se geng.

Da löift se wie en Kanaliö.

205. Holländer, Brobänder, Speckfreisser, Kuckuck ^.

») Thor.

*) Bezüglich der Juden in Aachen vgl. Dresemann, Historische Uebersicht über die Geschichte der Juden in Aachen. Ergänzend zu derselben bemerke ich, dass die städtischen Beamten am 8. Juni 1714 (Beamten-Prot. Bd. 47) „beschloßen, denen Burgeren von haus zu haus durch die Wächtere ansagen und verbiethen zu laßen, dass unter Straf von zehn goltgulden sich des Klopfen und schlagens und sonsten aller anderer Verschimpfung in Vorbey- gehung deren anietzo dahier ahnwesenden, mit Ihro Kayßerlicher Mayestet Päßen versehener Juden auf der gaßcn zu enthalten haben sollen". Hinsicht- lich der Juden ist noch heutigen Tages im Volke der Glaube verbreitet, dass man den versorbenen Juden Steine in den Sarg lege mit den Worten: „Begegnet dir Vater Abraham, so grüsse ihn; begegnet dir aber Zimmennanns-Sohn, so steinige ihn", sowie dass die Leiche eines am Sabbath verschiedenen Juden in einer Kiste die Treppe hinuntergeworfen werde. S. auch Nr. 254 und Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VIII, S. 181, Nr. 432.

^) Ein schwarzes, etwa Vj^ 2 Ellen breites Stück Zeug, bei den Aermern aus Wolle, bei den Wohlhabenden aus Seide, das schleierartig über den Kopf geworfen wird, die ganze Taille hinten bedeckt und vorne in Falten herab- fallend bis an oder über die Knie reicht (vgl. 3Iüllcr-Weitz a. a. 0 unter Fali($).

*) Auch in Cleve, F. I, S. 380, wo er zuletzt Kuhdief, wegen des Auf- kaufcns des Rindviehs am Rhein, genannt wird.

Aachener Vülk8- und Kindcrlieder, Spiellieder und Spiele. 163

Spöttische Bezeichnung von Gewerben.

206. Knuddelebäcker, Poschweck ^

207. Wenns du oss genge Poschweck gess, Dats du dann oucli düig -Kleie fress^.

208. Krächekröttche, wat ess dich? Der Bäcker petscht mich^.

209. Et söss ene Schnieder open DäoH En nienet,

Du koem ene Hahn en bess em egen Hank En krienet^

210. En Geos, die löif der Berg erop, Der Schnieder leif er noh,

*) Posch weck 1495 Familienilame (Zeitschrift des Aachener Geschichts- verems VIII, S. 244, Nr. 21).

2) Der von den Bäckern am 11. Februar 1846 bekannt pfcgebcne Beschluss keine Osterwecken (Posch wegge) mehr unentgeltlich zu verabreichen, war die Veranlassung, dass Banden Maskirter Fastnacht zu den Bäckern zogen und obige Spottworte sangen. Schon Ostern 1 760 weigerten sich, wie der Bürger- meister-Diener Janßen in seiner C-hronik III, S. 118 berichtet, die Bäcker, Osterwecken zu backen, wurden aber vom Magistrat dazu unter Androhung einer Strafe von 25 Goldgulden gezwungen. Bekanntlich verbot in diesem .Jahre (1888) ein Beschluss der Bäckerinnung bei erheblicher Geldstrafe ihren Mitgliedern, fernerhin Osterwecken unentgeltlich an ihre Kunden zu verab- reichen.

3) Ein Spottvers auf die Bäcker bei S. Kb. S. 122 lautet:

Wie machen die Bäcker die Wecke so klein? Sie schieben dreihundert ins Ofenloch 'nein.

*) In den frühem Zeiten, wo die Auskramkasten noch sehr selten waren, stellte der Schuster, der Bäcker u. s. w. seine Waare auf den Däol, welcher vor dem Fenster angebracht war, und zwar in der Art, dass Abends der Däal das Fenster schloss, indem er in die Höhe gehoben und von innen befestigt wurde. Im Tage sassen öfters die Arbeiter auch selbst darauf. Müller-Weitz a. a. 0. unter Däal.

*) In Köln mit dem Zusatz :

Doo flihdigen Hahn, pack dich cruusi

Ming Hand de ess gein Hoonderhuus,

Bock mää! F. I, S. 467.

164 M. Schollen

De Geas, die hfeif et Stätzche op En sat, wat han ich do^

211. Nian sier en steich witt,

Dat der Bor der Kfeil* en kritt.

212. Schuster, Schuster, Fieslapp,

Schleas die Modder met der Lees egen Nack.

213. Schurittefeager, Katzefeager, Tambur maju^^

214. Schmedche, Schmedche Bielefeld, Hat gen Iser en ouch geä Gäld*.

215. Schiereschliff ^

Wat der Man verdengt, versüft et Wiev.

216. Klitsch, klatsch egen Form, Pritsch ess mie Handwerk.

Ablehnende Bescheide ^

217. Wat kost dat?

Esu völ wie de Haufschead en dat angert allemol.

») Aehnlich in Kettwig, F, I, S. 414, in Samland, F. III, S. 111, in Rheinberg, Die Heimath 1877, S. 72; bei S. Kb. S. 122.

») Kittel.

•) In St. Gallen lautet ein Kinderlied:

Chemmifäger, schwarze Ma, Het e schwarzes Hempli a, Alli Wöschere vo Paris Chönnids nomme wasche wiiss.

F. n, S. 655. Vgl. „Der Schornsteinfeger** aus Strassburg i. E. F. I, S. 113.

*) Das Volksmärchen „Dat Schmettche von da Deuwcl** F. I, S. 432; vgl. auch S im rock, Mythologie, 5. Aufl., S. 482. *) Scheerenschliflf.

•) Meine Bemerkung in der Einleitung, als sei diese Rubrik eine neu- geschaffene, muss ich berichtigen, indem ich aus dem mir nach dem Druck derselben zugänglich gewordenen Bd. IV der Frommannschen Zeitschrift ersehen habe, dass Stob er bereits in dem Aufsatz „Mundartliches ans dem Elsass** derartige Bescheide unter der Uebcrschrift: „Antworten auf vor- witzige und andere Fragen** mitgetheilt hat.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieiler und Spiele. 165

218. Wie Zitt ess et?

Zitt, dats de dich bekiasch*.

219. Wie sitt dat us?

Schwazz, wenn et verbrankt ess.

t-

220. Weä ess dat?

Ne Man met zwei Beon en en Nas en et Gosecli.

221. Loss mich dat ens siah? Hat geng Ogge.

222. Wat hass de mösse gewe, för dat ze sioh? De Ogge der Kick.

223. Wie geaht et?

Wie sou et goahn, op zwei Beon*.

224. Va wöm bess du?

Va mie Vadder en mio Modder.

225. Wat wead hüi gekaucht? E Döppen en et angert.

226. Wo wohnt tihr?

Wo de Dör agene Still opgeoht.

227. Wo geohs du hen? De Nas noh.

228. Hass de mich get metbraht? E zockere Nüsche^

220. Auf die Aufforderung zum Taus/h:

Honsr tusche, ich hau wat ich han.

*) bvkehr*t. DIk At'irort^n zaf diese Fn^ge Stra^urg and lC*Ühaa^si s. Fr. rV, 5. 472, Xr. 12.

'j Ad.L>fa Fr. in. S. 4<*», Xr H; IV, S. 471, Sr. 2.

*} Auf 1:- alaal; }.r Fr*i:*: ^rwie«lert mam feiJkiM' E KÜwri* Xix«rL an e guldi* Wan^wKIr:;-, '!;*. kri^«<lu wenn'« ||[ Fr. IV, .S. 473.

Nr. 1**. XzL a^db W-=ii-rLorn II, S. 4ir ^^ 9&-l'>.'.

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166 M. Schollen

230. Wie he8scht deä? Wie siuge Nam en ess.

231. Woröm lut et?

Weil se an et Seal trecke.

232. Wie kons du dora?

Wie komme de Heide a de Hemder.

233. Wo kons du an dat schönn (Gegenstand)? Schönn haut ouch schönn Sache, En wat se net haut, dat losse se sich mäclie.

234. Gew mich dat!

Gank Köili beddele, da kriss du de Kauver ömmesöns.

235. Modder, ich ha Honger!

Leck get Salz, da kriss du ouch Dösch.

236. Auf die neugierige Frage eines Kindes:

Kengerfrög, au wessen et wähl ^

237. Auf die Aufforderung, sich ze zaue:

Ich ben gezaut,

Noch gedaut,

Da ben ich got för Lapplear.

238. Auf die Frage nach dem Besitz eines Gegenstands:

Hei ich dat, da leife mich de Hong noh.

239. Auf die Frage nach dem Verbleib eines Gegenstands:

Wo ess der Schniea va ze Johr.

240. Wo ess dat?

A die wolle Oemkiehr, längs dat linge t/iuere^.

241. Nüis Nöits passiert?

Ene Bock hat en Geos rasiert.

>) Bei S, Kb. S. 20 heisst es:

Kleinkmderfragc mit Zucker bestreut, Grosse Leute wissen Bescheid.

*) Eine Art St-hlag- oder Kiegelbauiu zum Absperren der Wiesen.

Aachvner Volk«»- und Kinder lieder, :>pieUieder und Spiele. 167

242. Man deutet auf die rechte Hand eines Andern und sa*,'t:

Du blouts a die Hank! Sieht er dahin, so heisst es: A die andrer Hank! De Nas verbrankt ^

243. Wot)sch du ouch derbeiy Wobei? Bei der Weprgebrfei.

244. Wat geoht dich dat a!

Krigg ene Köttel en biess dra.

Heits du et mich get iahder gesät,

Da hei ich et dich oj>en Zong gelat.

Heits du dat Wötche verschwer^ge,

Da brüchets du der Pastur sie Hii'-clie net ze fV^ge.

Militärisches.

245. Et ess geü Mädrlie eg<*ii Stailt, Of uea et hat ene lYü^^ gc-ljat.

240. Si>s de uiicli. li^*i ^to.jluj irjj, Kr»ns du net, da g'^^hn uU.

247. Ha-^s du ii*>rh uet laug g<'ij<>g */i^^i\il}{Ut'f

248. Tre-ck dra, s*»ns ge^lil duh <io l^U^f n>.

249. De Jr'i'cUizu.>e haiiT et (i^ild g<'Ji<;lt. De Prii^se hol<,Mj et \sier.

250. 3I'»r^'e jr-mt JVir t!•*M•k(^ J >a we^^de liir Zal^ul^ ])h i^ewt'iirv (>ii i[o >M;fke.

J >i<* >töijt for (>>> ]»arat.

art an.

168 M. Schollen

251. Kiskedi hat Hössen a, Parle vu hat Strömp a^

Tanzreime.

252. Der Drickes egen Heu.

Eng Trapp erop, Zwei Trapp erop, Gew mich get Fiir.

253. De sövve Spröng^

Hei weä ka de söwe Spröng, Hei weä ka se danze? Backesmädche; kom bei mich, Kons du net, da hool ich dich Zorn Danz^

254. Schottisch.

1, 2, 3 ene Jüd kapott,

Krigg em met der Hals en schmeiss em fott.

255. Jonge, Jonge, Jonge, wenn der Lambet könt.

*) Richter a. a. 0. S. 163 bemerkt: Ausserdem hat im 18. Jahrhundert

die französische Revohition ihre Spuren in den deutschen Kinderreimeu zurftck-

gelassen. Dem französischen Marsche hat die deutsche Kinderdichtung folgenden

Text unterlegt:

Ramplamplam, Papier argent,

Kein lump'ger Geld als Assignat.

Qu'est ce quMl dit hat Hosen an,

Parlez-vous hat Strttmpfe an.

2) Dieser kaum noch gekannte Tanz ist, wie F. Höft in Am Urds- Brunnen VI, S. 1 nachweist, mythologischen Ursprungs, lieber die sog. sieben Sprünge vgl. Simrock, Mythologie, 5. Aufl., S. 576; Ku. II, S. 44, Nr. 121, S. 149, Nr. 425; Kolbe, Hessische Volks-Sitten und Gebräuche S. 115. In Thüringen werden noch bisweilen beim Erntefest „die Sieben- sprüng" getanzt. Witzschel, Sagen, Sitten und Gebräuche aus Thüringen. S. 222.

^) Vgl. S, Kb. S. 105, Nr. 383; den Tanzreim zu den „zeeven-sprong** in den Niederlanden s. r. V. p. 1)2.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 169

Zur Uebung der Zungengeläufigkeit ^

256. Weä kloppt? sät sfei, Weä ess dat? sät ich. Du sproach sfei, En dat ben ich.

257. Kleng Kaplönche. (Zehnmal rasch nacheinander zu sagen.)

258. Greierlengs dörichgen Sief gegreit*.

259. Fritz freiss fett Speck.

260. Ob mie Vaddere Schaf litt reehts e breot blei6 » Bei61e K

261. Minge Nonk Fonk us Ponk singe Honk, döra sing Konk ess wonk van alle de Kaffigronk, döm minge Nonk Fonk US Ponk singe Honk dronk.

Räthsel und Vexir-Fragen ^

262. Höppelepöp soss open Bank,

Höppelepöp ffeil vagen Bank,

Et ess genge Dokter en et ganze Land^,

Deä Höppelepöp kuriere kan.

Roa, roa, wat ess dat^?

Ei.

263. Ich klopp an e wiss Kapellche, da könt erus e geol Männche ?

Ei.

*) Auch das Mittelalter kannte schon allitterirende Sprüche mit Konso- nantenhäufung, um die Zunge der Kinder geläufiger zu machen, z. B. „ein flig die prent ein praw von pir*', vgl. Z. S. 55, s. ferner über konsonantische Anlantgformeln R. S. 23.

') mit ausgespreizten Beinen. ^) bleiernes. *) Beil.

*) lieber Alter und Art des deutschen Volksräthsels vgl. i?. S. 199, über «las Räthsel im Mittelalter Z. S. 64.

*) Fast übereinstimmend in Vorarlberg, Fr. III, S. 398. In der Mundart im Lippeschen, F. I, S. 271, heisstes: „Ess nen Dokter in Engeland '* und in der rhein fränkischen Mundart, fV. V, S. 278, „et es gen man en Braban", endlich bei Spee a. a. 0. I, S. 19: Ess gene Mon en ganz Hollonk.

') Aehnlich bei r. V. p. 48.

170 M. Schollen

264. Wat ess noch klenger als en Mus

En hat niia Fenstere als et Stadthüs^?

Fingerhut.

265. Vier Rarende,

Zwei Komplemente, En de Medse ene Wiggelewack, Mengen en vören ene Bruadsack^?

Chaise.

266. Komme se, da komme se net, en komme se net, da komme se.

Die Tauben und die gesäten Erbsen.

267. Höleböle setzt opene Söller, liondert dusend Pead

können em net erav krigge?

Sonnenschein.

268. Ich werp get Längs erop, Könt öwer Krüzz erav^?

Scheere.

269. Et geng ene Man öwergen Brock,

Deä hau fick fack Vogel agen Rock,

Wat hau heä agen Rock?

Watte.

270. Kaiser Karl hatte einen Hund,

Dem gab er den Namen mit seinem Mund.

Also hiess Karl semen Hund.

Wie hiess der Hund^?

Also.

>) Bei R. S. 261 heLsst es:

Chliner as ne Müs, meh Pfcisterli as es Rothhüs. Dasselbe Rräthsel in Windsheimer Mundart s. Fr. IV, S. 550 ; in brabant isolier Fassung s. bei Mone, Anzeij^er 1838, S. 268. Vgl. auch S. Kb. S. 327.

^) In der Gegend um Soldin in der Neumark lautet ein ähnliches Räthsel:

Veer Ruratschen, Veer Woalerk latschen, Eenen KupennilUing Met'n Schwingschwang. F, III, S. 503.

•') Achnlich im Lipposchen, F. I, S. 271; in Solingen, F, III, S. 195.

*) Auch in -S'. Kb. Nr. 1138; ähnliches Räthsel bei r. V. p. 156. Nach

J. F. Schröder, Geschichte Karls des Grossen S. 200 wurden die Jagdhunde

Aachener Volks- uud Kinderliedcr, Spiellieder und Spiele. 171

271. Wat geaht opene Kopp nohgen Kericli eren?

Der SchuhnageP.

272. Wat ess et iaschte egen Kerich^?

Der Bart des Kirchenschlüssels.

273. Wat ess et kloaschte^ egen Kerich?

Der Tropfen an der Nase.

274. En häuf Kauf häuf.

Ein Viertel eines Kalbes.

275. Wat rücht, stenkt dat ouch? Wird bejahend geantwortet, so heisst es:

Da stenkt ding Nas ouch.

276. Woröm deat der Halm de Ogge zou, wenn heä kriont? Weil heä sie Ledche uswendig kan.

Volksglauben.

277. Das Finden eines vierblättrigen Kleeblatts bringt Glückt

Karls d. Gr. auf der rechten Seite gezeichnet und hatte jeder seinen Namen. Vgl. auch Nr. 58 von Karls d. Gr. Wirthschafts-Ordnung der Königshöfe in Beiträge zur Geschichte von Eschweiler und Umgegend I, S. 249.

*) In Vorarlberg ist die nämliche Antwort auf die Frage : Was göt ufern kopfs land üs und i? Fr. III, S. 397; s. dasselbe Räthsel in Windsheimer Mundart, das. IV, S. 551.

2) Auch bei K. S. 107; bei Schm. S. 205. ^) am klarsten, hellsten.

*) Jansen (Samml. verschiedener Gedichte in der Aachener Volkssprache) sagt in dem Gedicht: „Der unverb rennliche Mann" I, S. 35:

Deä merr va vier e Klioblatt hei, Dom ess net liaht get vörzemuUen, Deä sitt ze hoss de Kockelei.

In Gr. LII heisst es: so band ettlich de fierde Kle

das sy dauon gauglen sechen.

V^l. auch K. S. 252. In Oesterreich kann man, wenn mau vierblättrigen Klee hat, alle Künste der Zauberer und Hexen durchschauen. Vernaleken, Mythen und Bräuche des Volkes in Oesterreich 8. 312. Wer in Thüringen ein vierblättriges Kleeblatt findet, der soll es aufheben und bei sich tragen, denn so lange er es hat, ist er glücklich. Witzschel, Sagen, Sitten und Gebräuche aus Thüringen S. 277. Dagegen wird in Rottenburg der, wer unverdanks einen vierblättrigen Klee findet, bald reich. Birli»g«r, Volks- thümL aus Schwaben I, S. 490. ^^

172 M. Schollen.

278. Beim Kartenspiel den Daumen halten bringt Glückt

279. Wer Geld borgt beim Kartenspiel, hat Glück*.

280. Et eschte Glück« ess Katzeglöck.

28 1 . Mit dem zuerst im Geschäft gelösten Geldstück muss man sich segnen, dann hat man Glück.

282. Weä de Trapp erop feilt, hat Glück.

283. Wie mia Feinde, wie mia Glöck*.

284. Wie grüesser der Schelm, wie grüesser et Glöck.

285. Deä met ene Halm gebore ess, hat öArverall Glöck*.

286. Sondeskenger, Glöckskenger ^.

287. Weä zom Stüver gebore, sal net an en Mark kommet

288. Der Düvel schiesst zeläve net op ene klenge Houf ®.

289. Von dem Aufwandmachen über den Stand hinaus trotz genügender Mittel sagt man: „Do komme Strofe noh.**

290. Die Spinne am Morgen Macht frei von Sorgend

291. Messer und Gabel kreuzweise übereinander liegen lassen deutet auf Unglück ^^.

^) üebereinstimmend bei Birlinger a. a. 0. I, S. 497; Ku, II, S. 188, Nr. 530.

«) Desgl. Gn LXIX, Nr. 51. «) d. h. beim Spiel. -•) S. Zeitschr. des Aach. Geschichtsvereins VIII, S. 170, Nr. 200.

*) Gr. LXXVII, Nr. 260 : „wer sein mit auf die weit gebrachtes kleidcheu (die glückshaube) authebt und bei sieh trägt, dem gelingt aUes."

^) Gr, LXXVII, Nr. 243: „wer sonntags geboren wird, ist glücklicher als andere.'* Vgl. auch B. II, S. 219, Nr. 1143.

^) Vgl. Zeitschr. des Aach. Geschichtsvereins VIII, S. 201, Nr. 916. In Coblenz heisst es: Wer zom Faustekäs gebore es, werd sei Lewe kaine Limborg6rer. Wegeier a. a. 0. S. 101.

®) Zeitschr. des Aach. Geschieh ts Vereins VIII, S. 169, Nr. 159.

®) Gr. CXVII, Nr. 10: Taraign^e est un signe de bonheur, et annonce particuliörement de Targent pour la personne, sur laquelle eUe est trouv^e. S. auch K. S. 252; Kt4. II, S. 59, Nr. 175; B. II, S. 184, Nr. 879. An wem in Thüringen früh Morgens eine Spinne herunterkriecht, der wird am Tage glücklich sein. Witzschel a. a. 0. S. 277.

'°) In Oesterreich ruft derjenige, welcher mit der Gabel auf den Tisch schlägt, die Noth, und der, wer ein Messer so auf den Tisch legt, dass die

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174 M. Schollen

802. Wenn ein Kind hoffnungslos daniederliegt, so holt man bei Knaben den Pathen, bei Mädchen die Pathin, diese besprengen das Kind mit Weiliwasser und segnen es, ihm so den Tod erleichternd ^

803. Verbreiten die m dem Kapellchen auf der Rosstrasse von wallfahrenden Kindern geopferten Kerzen hellen Schein, so genest das Kind, wegen dessen die Wallfahrt unter- nommen worden, brennen sie trübe, so stirbt es^

804. Wat net jonk dollt, dollt oat.

305. Vögel, die fröch senge, kritt de Katz^

806. Weä vor vezzig Jolir fahrt, moss noh vezzig Jolir beddele goöhn ^.

307. Wenn Mädchen pfeifen, weint die Mutter Gottes ^

308. Wer oft und viel in den Spiegel guckt, hinter dem steht der Teufel ^

309. Drfei Genanne, dönt der Düvel banne.

310. So oft es knackt, wenn ein Mädchen an den Fingern zieht, so viel Schätze hat es'.

^) Bei Gr, XCIX, Nr. 769 müssen ^oth oder pathe geholt werden, wenn das Kind „kinderscheuersclien" bekommt.

*) Zu dem KapeHclien lässt man dann fi\r ein erkranktes Kind, je nach- dem es ein Knabe oder Mädchen ist, drei Knaben oder Mädchen im Alter von 7 bis 9 Jahren wallfahren, wenn menschliche Hülfe aussichtslos erscheint. Bei dieser (relegenheit werden Kerzen j^eopfert und gleich angezündet. Vgl. auch Müller, Aachens Sagen und Legenden S. 108, ferner dessen Prosa und (iediohte in Aachener Mundart, Th. II, 8. 47.

"*) Ebenso Wegeier a. a. 0. S. 98.

*) Gr. LXXVI, Nr. 233: wer jung glücklich ist, muss im alter betteln und umgekehrt.

*) Ein deutsches Sprichwort mahnt:

Wenn Mädchen pfeifen und Hühner krähen. So soll man ihnen den Hals umdrehen.

In Rheinberg (Niederrh. Geschichtsfreund 1880, S. 50) heisst es: Wo de Henne krähje on de Fraulüj fleute, sett den Düvel op de Schorsteen.

^) Bei Körte, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen KedensarlM if Deutschen, 2. Aufl., S. 420, Nn 7057 heisst es: Sieh nicht i^ bei Licht, der Schwarze guckt dir über die Schulter.

^ Dgl. bei K. S. 2f»8.

Aachener Volkn- uiiil Kinilcrlietlcr, Spiellieder mitl Spiele. 175

311. Spitzige oder schneidende Gegenstände darf man nur mit lachendem Munde verschenken, sonst zerstören sie die Freundschaft '.

312. Derjenige Ackei-smann, welcher des Nachbars Eigenthiim durch Verrückung der Grenzsteine geschmälert hat, muss nach seinem Tode so lange als feuriger Mann umgehen, bis Jemand auf seine Frage :

Wo setz ich meinen Pfahl? antwortet :

Setz ihn, wo du ihn nahmst! Nachdem er hierauf die richtige Grenze wiederhergestellt hat, erscheint er als erlöster Geist nicht wieder*.

313. Wenn es domiert, sagt man: „Et Herregöttehe kieft" ^

314. Bei Gewittern Wien man in das Achhom, um dadurch die drohende Gefahr abzuwenden*.

315. Wenn et reäut en de Sonn schingt, hat der Düvel Keremess*.

316. Reänt et op Maria ^ief^, da reänt et noch vezzig Dag'.

') Vgl K S 255 Xr 70

') \gl Kaufmann \\uD<lerbare iml denknUrdige Gesclo litcn aus den Werken ies tä-aaniis von HeiilPrbich Annaleu iles hiat \erems f 1 Ni. ierrhcin Hift \LVII Th I ^ 2i f ^r ) und 10 S ftrnt-r du.-», Annalen X\X\ III s 91 iiich in Thflringen mus-i «er Gr<,n/steine ver kt« nach dem Tule nis feurigtr Unnn uinf^chiu Der feurige Mann ist ein <iei->t der HOlle Mit Riesen schritten setzt er seine Reise fort dabei nach allen Seiten Feuerfnnkeii von siüi sprühend Fr streitht mti«t den tlurgreuzen entlang W itzsohel a i ü "■ 2'4 2b6 , lieber den Feier inin' inOesterrtiLh igl \ernalekena ft 0 S 271 fT In SMerdilnurscIiui sind Feuermänner Seelen \ er'ttorbcner ncLhe »ef,en ihrer Missethaten nieht TUT ewigen Ruhe eingehen kunntn Oren/verHlcker J eld meiser die falmb t,enie'>si,n gewiBsenl ■* firnndljcait^er Sputter uinl Mörder iniissen al§ Feuer tnSnner abbüsien Sie ers heinen ml« orter als Irrli hter oier au h al-, h be

m 1 . _ 1 Ti -^jj.) ^^ Uidsbrunnen III S m

den Kindern wenna ilunnert Der .n, zornig). 'Vernatekcn a. a. 0.

chtsvereina VI, S. 246. ,n'gnets unter Sonnenschein, so bei Spee a. a. 0. II, S. Sh; Kii.

r'cl. Ku. TI, S. 92, Nr. I4«l; B.

: Zeitschrift für deutsche Kultur-

178 M. Schollen

334. Am 24. Dezember (Adam und Eva) darf man keine Aepfel essen, sonst bekommt man Gesclnvlire an den Mund^

335. Christnacht wird um 12 Uhr alles Wasser Wein*.

336. Gröng Kressmess, wisse Posche^

337. Ist Jemand ein Fuss eingeschlafen*, so vergeht das Uebel, wenn man mit Speichel ein Kreuz über denselben macht \

338. Wenn man die Nägel von den Fingern abbeisst, bekommt man die Auszehrung^.

339. Weisse Flecken auf den Nägeln künden die begangenen Todsünden (gesprochenen Lügen) ^.

340. Löst sich die Schale des gekochten Eis nicht gut, so ist man ungern aus dem Bett aufgestanden.

*) Bei K, S. 258, Nr. 103, wer am Neujahrstag Aepfel isst. In Thüringen dürfen in der Adventszeit keine Erbsen und Linsen gegessen werden, sonst gibt es Schwären im zukünftigen Jahr. Witzschel a. a. 0. S. 156.

*) Man muss zu diesem Zweck au eine Pumpe u. s. w. gehen und sagen : „Alle Wasser ess Wien.** Flugs springt dann aber der Teufel hinzu und sagt: „En du bess mien." In Wachtendonk, wo der gleiche Volksglaube herrscht (s. Der Niederrhein 1878, S. 30), stiess der Teufel einen Mann, der in der Christnacht Wasser schöpfte und dasselbe mit grossem Behagen trank, mit den Worten: „Und du bist mein" in die Niers, nachdem er vorher auf die Frage: „Was machst du?" als Antwort: „Das Wasser ist Wein" erhalten hatte. Vgl. auch Ku. II, S. 108, Nr. 324; Vernaleken a.a.O. S. 290. In Bielefeld, Gr. C, Nr. 792, herrscht derselbe Aberglaube. Dort „erblindet, ertaubt oder ist ein Kind des todcs der, welcher es untersuchen will". Gr. S. 328, leitet die Annahme auf die VorstcUung zurück, dass die erste Manifestation der Gottheit des Heilands bei der Hochzeit zu Cana, wo er Wasser in Wein verwandelte, geschehen sei. In Röttingen glaubt man, dass in der Christnacht aus allen Brunnen, etwa drei Minuten lang, Wein fliesse. Niemand mag aber zum Brunnen, weil die Diebe zu dieser Stunde so gefährlich sind. Birlinger, Volks thümlich es aus Schwaben I, S. 466.

3) Vgl. Schm. I, S. 169, Nr. 10; Körte a. a. 0. S. 579, Nr. 305, 306.

*) Das Ameisenkricchen im Fuss. *) Gleichlautend bei K. S. 267.

ö) Desgl. S. 265. In Ertingen (Birlinger a. a. 0. I, S. 488) besteht der Glaube, dass man mit den Nägeln Menschen tödten kann, obwohl langsam ; ferner, dass, wenn man einem Wasser zu trinken gibt, in das „Nägelschabete" geworfen wurde, der Betreifende die Auszehrung bekommt.

^) Bei Gr. CLVII, Nr. 1070 bleibt der in seinem Vaterland, wer auf den Daumnägeln weisse Flecken hat ; bei K. S. 252 deuten dies(^lben auf Glück.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 179

341. Met et lenke Bean zeiasch opgestange sia^

342. Hei lut et zoni I)ua<l, Hei lut et zom Grav,

Welsch mich alle die Frazzele^ av^

343. Weiss man an einem Kreuzweg nicht den richtigen Weg, so spuckt man auf den Rücken der geballten Faust und schlägt darauf; wo der Speichel hinfliegt, ist der richtige Weg^

344. Juckt die Nase, dann erhält man Geld^

345. Lenk Ur, Klenk Ur, Reaht ITr, Schleaht Ur^.

') Sagt man von demjenif^en, welcher den Tag über gegen seine Um- gebung sich mürrisch zeigt. Wer in Thüringen früh beim Aufstehen mit dem Unken Fuas zuerst aus dem Bett tritt, hat den Tag über ein Unglück zu erleben oder es geht ihm Alles verkehrt. Witz seh el a. a. 0. S. 295.

2) Warzen. ^) Desgl. bei K. S. 268; Birlinger a. a. 0. I, S. 484. Einen andern Aberglauben zum Vertreiben der Warzen s. Gr. CLII, Nr. 975, femer Jahrbuch für Elsass-Lothringen III, S. 141. In Thüringen geht man, wenn es auf dem Gottesacker läutet, stillschweigend ans Fliesswasser, greift mit der einen Hand ins Wasser, wäscht die Warzen und spricht dabei:

Dies (Je wachs wasch ich abe

Das verscharre man im Grabe. Witzschel a. a. 0. S. 291. In Oesterreich soll man Warzen verlieren, wenn man an einem Nachmittag, wo zu einem Begräbniss geläutet wird, ins Freie tritt und spricht:

Warzel, Warzel, weiche, Sie läuten einer Leiche; Gehst du nicht zu Grabe, Frisst dich zuletzt der Rabe. Vernaleken a. a. 0. S. 314.

*) Wein oder sonstige Flüssigkeit entweder mit dem Munde oder aus einem Gefasschen auf ein schwebendes oder schwimmendes Ziel zu spritzen und dies dadurch zur siegverkündenden Senkung zu nöthigen, war eine vorzugsweise bei Symposien stets wiederkehrende, unter dem Namen „KottA- bos" bekannte Hauptbelustigung. Vgl. Weiss, Kostümkunde II, S. 896; Richter a. a. 0. S. 98.

*) Bei Gr, ('LX, Nr. 1138 bedeutet das Nasejucken einen Rausch; bei

K. S. 252 ein Geschenk; bei Birlinger a. a. 0. I, S. 495 gibt es was Neues.

«) Aehnlich bei Gr, LXXXIX, Nr. 537, C, Nfcjgfc XLVUI, Nr. 27 ;

A'u. II, S. 59, Nr. 173. Im Nassauischen helBSt ||^B^HlL ^ einem im

12*

180 M. Schollen

346. Einen ausgefallenen Zahn muss man hinter sich werfen, sonst bekommt man keinen neuen ^

347. Krolle 2 Hoare, krolle Senn».

348. Rua Hoar en Hölleterholz * wast sälde op ene goue Gronk ^

349. Dem Mädchen soll man die Haare zur Zeit des jungen Lichts schneiden, dann wachsen sie schnellt

350. Weä sich get nient age Liev, wead zeleäve net riech (Börgermöster) ^

351. Wenn ein Reihfaden an einem neuen Kleide sich befindet, so ist es noch nicht bezahlt®.

352. Bleibt auf dem Spaziergang dem Mädchen ein Dorn in der Schleppe des Kleides hängen, so bekommt es einen Wittwer zum Mann^

353. Wenn et Spöilwasser kaucht, kritt et Mädche ene versaufe Man ^^

354. Fällt ein an der Wand hängendes Bild u. s. w. von Unge- fähr herunter, so sieht man das als ein Vörgeböigness an ^^

355. Wer todt gesagt wird, lebt lang.

rechten Ohr, so wird er in dem Augenblick an einem andern Orte gelobt; singelt es im linken, so wird er getadelt. K. S. 252.

*) Bei K. S. 266 muss der ausgefallene Zahn eines Kindes in ein Maus- loch gethan werden, sonst bekommt es keinen neuen. Vgl. auch Ku. II, S. 34, Nr. 94.

«) krauses. ^) Auch bei Körte a. a. 0. S. 189, Nr. 3092.

*) HoUunderholz. *) Vgl. Schm. I, S. 185, Nr. 83; Wegeier a. a. O. S. 100. Ueber den Ursprung dieses Volksglaubens s. J.W. Wolf, Beiträge zur deutschen Mythologie I, S. 64. Vgl. femer Zingerle, Die deutschen Sprichwörter im 3Iittelalter S. 124.

ö) Ucbereinstimmend bei K. S. 263, Nr. 167.

^) Bei Gr. LXXVIII, Nr. 276 muss man alsdann etwas in den Mund nehmen, sonst wird man vergesslich.

«) S. dasselbe bei K, S. 256, Nr. 77.

ö) Gleichlautend bei K, S. 264, Nr. 178.

*^) Im Nassauischen bleibt das Mädchen alsdann noch 7 Jahre ledig. K. S. 264.

") Wenn man in Thüringen einen schweren unerklärlichen FaU oder sonst ein Gepolter u. s. w. im Hause vernimmt, so bedeutet es Sterben. Witzschel a. a. (). S. 255.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 181

356. Su dock wie me der hellige Ges* avblöse ka, su völ Johre leovt me noch.

357. Wenn der Körev feodig^ ess, flüggt der Voggel drus.

358. Wenn die Kinder Prozession spielen, stirbt Jemand in der Nachbarscliaft ^.

359. Speisen dreizehn Personen zu gleicher Zeit an einem Tisch, so stirbt eine derselben in Jahresfrist*.

360. In dem Hause, an welchem ein Hund längere Zeit jimkt •^, stirbt Jemand ^

361. Gear du9d, leovt lang.

362. Wenn zwei Personen zu gleicher Zeit auf den nämlichen Gedanken kommen, so sterben sie im nämlidien Jähret

363. Von einem Grab darf man nichts mitnehmen, der Todte holt es sonst zurück®.

364. Träumt man von einem Verstorbenen, so bedarf dieser des Gebets \

Bücherinschrifteii.

365. Wer dieses Buch findet, ist mir lieb, Wer es behält, der ist ein Dieb, Es sei Magd oder Knecht, An dem Galgen steht sein Recht ^**.

0 Die in Samen übergegangene Blume des Löwenzahns. *) fertig.

•'*) Bei K, S. 270, wenn die Kinder im Spiel ein Begräbnis» darstellen.

*) Gleichlautend bei Birlinger a. a. 0. I, S. 474; Witzschcl a. a. 0. S. 257.

^) weinerlich heult. ^) Gr. CLIX, Nr. 1112, wohin der heulende Hund die Schnauze steckt, aus der Gegend wird die künftige Leiche hergetragen. 8. auch K, S. 269; Kii. II, 8. 51, Nr. 141; Witzschcl a. a. 0. S. 252.

^) Bei K. S. 252 leben in diesem Falle beide noch lange. In Baisingen, Birlinger a. a. 0. I, S. 496, heisst es alsdann: „schon wieder eine Seele erlöst, die wird springen."

«) Auch bei K. S. 272.

*) In diesem Fall soll man bei Birlinger, Volksthüml. aus Sehwaben I, S. 475 sich desselben annehmen, denn er bedarf der Hülfe. Vgl. auch Ku. II S. 59, Nr. 174.

^®) Auf dem Pergamentumschlag eines Heberegisters der Pfarrkirche zu Eschweiler (Ldkr. Aachen) steht von einer Hand des 16. Jahrhunderts: Anno

182 M. Schollen

366. Wer dieses Buch findet, ist mir lieb, Wer es behält, der ist ein Dieb; Wer es bringt an mein Haus,

Der bekommt eine gebratene Maus

Und drei Prügel auf den Rücken,

Dann will ich ihn nach Hause schicken K

367. Auf der Innenseite des vordem Deckels:

Willst du wissen, was dieses Buch kostet, so schaue hinten,

Auf der Innenseite des hintern Deckels:

0 du neugierige Nase,

Geh nach Hause die Suppe blasen!

368. Gott gebührt die Ehre,

Dem Schneider die Scheere, Dem Ackersmann der Pflug, N. N. dieses Buch.

AllerleL

369. Woröm ? Doröm *.

Ixxxx iiii ist dit buch gemacht, dit buch ist dit Hintz Kremers. Dauu folgt:

Wer et feint, das ist im leif, wer et behelt, das ist en deif, et sey rutter oder knecht, an der galgcn steit sein reclit, oder paff oder munch oder begein, an der galgen steit sein recht sein.

Vgl. Pick in den Beiträgen zur Geschichte von Eschweiler und Unigogeud I, S. 481. Ucber den sog. Funddiebstahl nach älterm deutschen Recht s. Hillebrand, Deutsche Rech tssprich Wörter S. 212. Diese Rechtsanschauung ist in dem Vers zum Ausdruck gelangt.

*) Eine Verspottung des in keinem Verhältnis» zum gefundenen (iegen- stand stehenden Finderlohns. S. eine ähnliche Inschrift bei S. Kb. S. 102, Nr. 368.

®) Sagt man, wenn das Kind zu wissbegierig ist; vgl. auch Wunder- hom II, {:>. 749; S. Kb. S. 20.

Aachener Volkn- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 183

370. Wenn das Kind das Schluchsen ^ hat :

Ich ha der Schleck,

Ich ha der Peck,

Ich han em sövve Johr gehat^

(Sieben Mal hintereinander zu sagen, ohne Athem zu holen.)

871. Schott der Boum, da falle de Bere, Kengehe hau et Schüsche op.

372. Die nicht haushälterische Frau sagt: Bötterche meck.

Wenn ich dich han, schmer ich dich deck, Wenn ich dich net han, moss ich dich entbehre, Merr wenn ich dich da krigg, wel ich dich wörrem klene ^.

378. Die haushälterische Frau sagt: Hei e Gröschche en do e Gröschche Ess at got für e Macketöschche'*.

374. Bei Beendigung des Kartenspiels sagt der Gewinner zum Verlierer:

Nu geos du noh Zent Vith En bess ding Busche quitt; Ming Mötsch ess övvergölt En du en bess geköllt^

^) Aufstosseu, süddeutsch Schluchzer, bei R. S. 343 Gluchzen (singiütus) ; 8. auch Xr. 300.

*) Das Schluchseu wird hinter Hag und Steg verwünscht. 81uckup, lop lang de Häg: Müllenhof f, Schlesw. Sag. 8. 512; vgl. auch li, S. 343; S, Kb. S. 21.

3) dick schmieren. Ein kölnisches Sprichwort sagt : Hück geit et fidomm, morge lige mer kromm.

*) In der Umgegend von Iserlohn, F, III, S. 179, sagt man:

Hi cn Läppken, da en Läppken, (riet noch wuol en Kinnerkäppken.

^) Zu den „Bittweiren oder -(längen**, welche Kaj^t 86 der Kurgorichts- ordnung (Noppius, Aachor Chronick 1632, Th. UU/fj/^t/fMiri, gehört auch St. Vith. Ob diesem Umstand die ^SaOlßr hs zuzu-

schreiben ist?

184 M. Schollen

375. Medag,

De Jongen egen Bach,

De Mädchere en et gölde Hus,

De Jongen en et Schiesshus^

376. Der Plattiel« ess leag, Der Buch ess vol, Nu welle für allemol noh heam goah^.

377. Lange, loss die kotte hange ^.

378. Lank en schmal Hat geä Gestalt, Kott en deck

Hat geä Gescheck,

Evvel ich en de Meddelmo9ss

Zier de ganze Stroess^

0 Bei E, S. 188 heisst es:

SUtitet Mittag: d'Herre i*s Grab, d'Bucbe i's Wirthshüs, d' Maidiene i's Zuckerhüs.

Ueber den Werth der Knaben und Mädchen vgl. F. I, S. 131, 361, 426, III, S. 325; Fr, VI, S. 111 und S. Kb. S. 52, 134.

') hölzerne Schüssel.

^) In M. -Gladbach fragt man beim Nachhausegehen vom Waldbeerpflttcken,

F. III, S. 514:

Di Kruk es voll, da Buk es voll,

wellt möt mech noh Heem jon?

Ech! Ech! Ech! *) Ruft man einem grossen Jungen spottweise zu. Es scheint das Bruch- stück eines untergegangenen Liedchens zu sein. In Elberfeld heisst es im Mätensleed (Martinslied), welches die Kinder am Vorabend des Martinstags an den Häusern sangen und dann eine Gabe erwarteten, wobei sie auf Stöcken befestigte ausgehöhlte Rüben oder Kürbisse, in welchen Talglichter brannteu,

trugen :

Boweu en däm Schüaschten (Schornstein)

Hangen de lange Wüaschten;

Gefft US de langen,

Lott de kotten hangen! Vgl. F. I, S. 424, 443, III, S. 240.

^) Auch in Holstein, F. I, S. 55; ähnlich in Trier, F. III, S. 547, Nr. 41 ; in Leuth, Spee a. a. 0. I, S. 27; im Münsterland, Fr. VI, S. 425. Dort „geid" das Mädchen im Mittelmass ^am wackersten över de Strät".

Aachener Volks- und Khiderlieder, Spiellieder und Spiele. 1«5

379. Ruet^

Fr^it wie de Schwerenueth ;

Bio,

Löift de Jonge noh;

Gröng,

Steaht de Mädchere schönn;

Vielett«,

Steoht de Quisele« nett^

380. En wenn für da verhierot sönt, Wo krigge für dan en Hus?

Da geälde für oss ene Wollkörev^ En kicke bovven erus*^.

381. Türelüre^

Könt va Düre,

Hänsche, Mansche könt van Oclie,

Heits du mich ene Weck metbraht,

Da heits du b^i mich gesclilotfe,

Neä, neä ich duon et net,

En Ongelöck ess gau geschet.

») roth. '^) violett. ^) Betschwester.

*) In dem Liederbuch der Klara Hätzlerin, Ausgabe von Hai tau?, S. 165 heisst es unter der Ueberschrift „V(m aUerlay varben" bezüo-lich der obigen:

Grön ist der mynn ain anfangk; Plaw bedeutet stättikait, Dem ist liebs vil berait; Rott in rechter lieb prjnnet, Wol dem, der sich versynnet. Plaw vnd dann lasaur, Dem wird sein längs beitten säur. Wer dise varb will tragen, Der Hol nit vil von lieb sagen.

Ueber Farben vergleiche im Mittelalter s. ferner Z in gerle in PfeiflFers Germania IX, S. 385 ff.

*) In Köhi Vuggelskorv, F. I, S. 458. «) Das Liedchen ist eine Satire auf die hier so häufig vorkommenden Ileirathen, ohne dass die Eheschliessenden hinreichendes Einkommen besitzen.

0 Der Name „Turelure" kommt schon in der Aachener Stadtrechaung von 1334/35 vor: Item God. niisso Lymburg pro vadiis Tureluren rent a. a. 0. 8. 112,ii. Van turelure letjeu s. r. r. p. 61.

186 M. Schollen

382. Geos du met

Nohgen Schmedt, Peodsköttele räfe, Ich met de Häng Eu du met de Zäng.

383. Wenn man den vorher innegehabten Stuhl besetzt findet :

Opgestange, Platsch vergange, Wier komme, Nüis mi8 fönge.

384. Beim Zurückfordern eines geschenkten Gegenstands:

Emol gegewe Blievt gegewe, Avgenomme ess gestoahle, Drfeimol dörichgen Hell geflo9ge\ Kapellche, Kapellche der Kopp av^

385. Vorstehendes ist verbreiteter in folgender Form:

Emol gegewe

Blievt gegewe,

Kapellche, Kapellche der Kopp av^.

0 Nach einer andern Lesart lautet diese Zeile: „Dröi Kanne Bier, drei Kanne Blot." ») Bei r. F. p. 162:

Eens gegeven, blyft gegeven, Potjen met bloed, 't is myn eigen speelgoed üf: Alle dagen myn goed. ^) In Oebweiler lieisst es beim Tauschen:

Ueßgeduscbt blibt geduscht, Dreimöl üwwer's Rothhtiss, Dreiraol tiwwer d. Rhi, D.rnö isch .s widder di.

In Heilig-Kreuz bei Kolmar sagen die Kinder: „Wenn d. .s widder witt (willst^ muesch (musst du) d. Stadt Rom uff 'm kleine Finger um d. Welt 'orum drAje" oder „Dusch, Dusch, g-handelt, Dreimol um d. H611 \inim g'wau- delt"; vgl. Fr. V, S. 112. S. auch Zeitschrift des Aach. Geschichtsvereins VIII, S. 170, Nr. 182.

Aachener Volks- und Kinderliedcr, Spiellieder und Spiele. 187

386. Treppche hüch, Treppche nier, Kriss et zeleäve net mia wier^

387. Man deutet zunächst auf das rechte Ohr, dann auf das linke, hierauf berührt man die rechte Wange, dann die linke und sagt:

Modder, ich ha Honger.

Auf die Frage: Wo?

Zeigt man auf den geöffneten Mund und sagt: Do.

388. Zu einem eingebildeten Kranken:

Du bess krank en ongesonk, Kans freisse wie ene Sclioofshonk ^

389. Kalender.

Die Bedeutung der über der Thür stehenden Buchstaben:

S(onntag), M(ontag), D(instag), M(ittwoch), D(onnerstag),

F(reitag), S(amstag)

erklärte ein Mann seiner Frau dahin:

S(ag) M(an), D(u) M(oss) I)(ing) F(rau) S(chlo8n). Nein, erwiederte die Frau, das muss rückwärts gelesen werden :

S(ag) F(rau), D(u) M(oss) D(inge) M(an) S(chloen).

390. Bedauern über die Kürze der Zeit:

De Zitt vergeaht.

De Ke9z verbrennt.

Der Jan en weit net stereve.

391. Beim Anpreisen der Waldbeeren:

GelP WoUbrie, gell! Wat gelt de Kann-*?

») Ebenso bei r. V. p. HJ2, no. 1.

') Schäferhund. Bei S. Kb. S. KM, Nr. 366:

Du bischt chrank Uf der Fres.sbank.

^) kauft.

*) Kanne, Hohlmass.

188 M. ScboUeii

Drei Märk\ Madam. Dat ess ze dür^ Adie, Madam.

392. Beim Anpreisen der Kirschen:

Schömi decke Posskiesche, zwei Mark e Ponk, Zwei Mark, eng Mark en halef Ponk.

393. Verzällselche.

Et wor ens geweas

En Kouh en en Geas.

Dat ess alles, wat ich weos.

394. Ich wel dich get verzelle Va söwe Peternelle, Du moss se net begecke, Söns moss du se met de Nas trecke.

395. Beim Schluss einer Erzählung:

Et kom en Mus

Dörich et Hus,

Ess et ganz Verzällche us^.

396. Beim Auseinandergehen nach Schhiss der Schule oder nach beendigtem Spiel schlägt ein Kind das andere leicht drei- mal auf den Eücken und sagt:

Der Leiste, Der Beiste, Der Duadschlag*.

*) 1 Mark == 5 Pfennig. *) theuer.

^) Mit folgenden, halb singend, halb recitirend vorgetragenen Worten schliessen die Kinder in Xiederösterreicb eine erzählte Geschichte: Hiazd is 's aus; lauft a manserl, uwer's hauserl, häda gruns röckerl a und a rods hau Werl auf, und das is de Dini (Leopold ine). Dadurch wird zugleich das- jenige aus der kleinen Gesellschaft, was zunäclist weiter erzählen soll, bestimmt, da in den letzten drei Versf^n die Farbe der Kleider und der Name in entsprechender Weise umgeändert wird. Fr. VI, S. 112.

*) In andern Orten suchen die Kinder sich wechselseitig vor dem Aus- einandergehen einen Sehlag, der „Letzte" oder auch der „Nachtsdeekel" genannt, beizubringen, ohne sich wiederscldagen zu lassen; vgl. Picks Monatsschrift IV, S. 382.

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En Si'hursih du uol, \h\ W\\V\ ' \'\ \\y\ Da komuuM) <>\u h *lo l''rouu \\\^ t Schur, Miulrlio, nrlMM ^

Danz, danz, QuiH«*l^llo^ l<'li r'vv ihrli oi/Hi hi hl,

Xeä satt dat adi^r Qijii'<'MM', i' li <I'M»/ oo' )* /»* I /'/^ •"''

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190 M. Schollen

3.

Schnieder- Albade *.

Wat mags du söss Chrestingche doch

Mich arme Schnieder plooge!

De Leivt^ zou dich hat wie ene Knouch

Mich dörr^ en drüg'* gesooge^

Ich go9h en seng de ganze Zitt

H^i onger die kleng Fenster,

En wenn mie Ogg dich merr ens sitt,

Da brennt mie Hatz wie Genster^.

Et krevelt^ mich egen Heut®, egen Rock/

En sclder en alle Gledder,

Mich övverleuft all Ogenbleck

En Honderfell, ich zedder^;

Mie Hatz wead raangs^® als wie der Wähs*^,

Wo ich mie Gar met schmiere,

Merr och^^, et dingt ess kalt wie Glas

En häller^^ als raing Schiere ^^.

Wöst ich dat dich et freue künt, Du döosch^^ mich kniepe'^, biesse^^; Weim doch die Hus e Flamme stöng, Dat ich dich drus künt riesse^®; Stöngs du bes agen Hals egen Dreck,

Danssen en is ons regel nit, Popen en kwesels danssen nit.

Als aber der Mann versprochen wird, da will es tanzen und lässt es auch die Rejjel zu.

Aehnlich in schlesischer Mundart, Hoff mann von Faller sieben, Schlesische Volkslieder Nr. 118. Im Lippeschen (F. I, S. 2(>7) fordert die Mutter ihre Tochter zum Spinnen auf, indem sie ihr nacheinander ein Paar Schuhe, einen Rock, ein Tuch verspricht, was die Tochter ablehnt, mit dem Bemerken, dass ihr der Fing:er schwäre und der Daumen weh thäte; erst als ihr die Mutter einen Mann verspricht, schwärt kein Finger und schmerzt auch der Daumen nicht mehr.

*) Aus dem Volksmund mitgetheilt bei Müller -Weitz a. a. 0. S. 275.

2) Liebe. **') dürr. ^) trocken. ^) gesogen. ^) Ginster.

^) kribbelt, eine juckende Bewegung empfinden. **) Haupt. ®) zittern. '0) weich. »') Wachs. »«) ach. '^) härter. '*) Scheeren. '^) dürftest. ^^) kneifen. ") beissen. '") reissen.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 191

Ich drüag dich op ming Häng enis; Ich weed warhaftig noch ganz geck, Es leuft at met mich uhrus^

Des Morgens, Meddags, Ovvends steaht, Wo ich mich kier^ en driane^, Die Beld mich vörgen Ogge reoht^, Ich kan onmöglich niane. De Nölde steich ich mich egen Been, Anplätsch'^ dermet ze söume^, Et riesse mich alle Fäam vanen, Ich dii9n nüis mio als dröume''.

An alle die Rüse® bess du Schold, Du adig zockere Ditzche^. Heits du merr ens de Gnadehold En giavs^^ mich ens e Pütschche! En säts^^: du klenge Schniederditz, Bess stell, hür op met gringe *^, De anger Jcmgen all zom Spitz ^'^ Weots ^* du doch noch der Minge ^^

4.

Et koem ene Bur us Oberland ^^, oho!

Deä hau ene Esel agcn Hank, vivela Kuräsche.

Wat hau heä op der Esel ligge? Dorob hau heä e linge Doch.

Wat doog heä met dat linge Doch? Damit ging er zum Schneiderlein.

Dag, mein liebstes Schneiderlein, Mach mir daraus ein Kittelein.

Und als der Kittel fertig war, Gins: er vor seiner Mutter stehn.

0 Die Uhr geht aus, d. h. es geht mit mir zu Ende.

«) kehre. ^) drehe. ^) recht. *) anstatt. ^) säumen, den Rand eines Zeugs umschlagen und festnähen. ') träumen. «) Streit. «) kleines Ding. i'O Gnade-Huhl. ") gäbst. ''') sagtest. '^) greinen. '*) Verdruas. "^) wirst. *^ Meinige.

'') Anbei, Dorf im Liniburgischen.

192 M. Schollen

Da^, mein liebstes Mütterlein, Wie stellt mir denn mein Kittelein?

Du hass ene Pansch^ wal wie en Kouh, Geh nur zurück zum Sehneiderlein.

Dag, mein liebstes Schneiderlein, Wie hast du gemacht mein Kittelein?

Ich habs geschnitten im Mondenschein. Dann mach es mir gut im Sonnenschein ^

5.

De Geäs, die hau esonne adige Kopp, ene lange Kopp, ene spetze

Kopp, Der Schnieder satt: et ess för ene Kaffiepott, de Geästekopp,

Alle meine dausend Schneiderlein Alle meine dausend Schneiderlein.

De Geäs, die hau esonne adige Romp^,

Der Schnieder satt: et ess for ene Zuppekomp.

De Geäs, die hau eson adige Puate,

Der Schnieder satt: et es för minsr Frau ze kluote^.

'o

De Geäs, die hau eson adige Ure,

Der Schnieder satt: et ess för minge Rock ze fure^

De Geäs, die hau esonne adige Statz,

Der Schnieder satt: et ess för ene Ehlelatz^.

De Geäs, die hau eson adige Däame^

Der Schnieder satt: et ess för ming Nöld ze feame^

*) verächtlich für Leib, Bauch.

*) Wie es auswärts für sitndhaft f^ehalten wird, im Mondschein zu spinnen und zu stricken, weil hierdurch gewisse rmassen angedeutet wird, dass der Tag nicht hinreiche, um genug erwerben zu können, so herrscht auch, wie durch obiges Liedchen feststeht, in Aachen die Ansicht, dass man im Mondschein nicht arbeiten solle und Strafe hier das Verderben der über- tragenen Arbeit den treffe, der dieses nicht beachte. Vgl. auch Simrock, Mythologie, 5. Aufl., 8. 25; 3Ieier a. a. 0. S. 235; Birlinger, Volksthtlm- liches aus Schwaben I, S. 187 und 188.

») Rumpf. *) Ueber das Ohr hauen. ^) füttern. ^) Elle. ') Die Zitzen an dem Euter. ^)"fiideln.

Aachener Volks- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 193

De Geäs, die hau eson adi^e Föss,

Der Srlmieder satt: et ess für ming Noldeböss.

De Geäs, die hau eson adige Ziane \

Der Schnieder satt: et ess för de Weste ze niane.

De Geäs, die hau eson adige Fott,

Der Schnieder satt: et ess för minge Fengerhott.

De Geäs, die hau esonne adige Hals,

Der Schnieder satt: et ess för e Brandewiensglas.

De Geäs, die hau esonne adige Steaz,

Der Schnieder satt: et ess för en Brüdigämskeaz *.

6.

Losse für noch ens drenke

En senge va de Kouh, Kouh, Kouh,

Losse für noch ens drenke

En senge va de Kouh.

De Kouh, die hau e Müllche, Wat doag sei da dornet?

Sei geng der ganze Sommer Gefreisse dörichgen Wei.

De Kouh, die hau zwei Ogge, Wat doag sei da dornet?

Sei geng der ganze Sommer (jekicke dörichgen Wei.

De Kouh, die hau zwei Uerchere, Wat do9g sei da dornet?

Sei geng der ganze Sommer Gehistre dörichgen Wei.

») Zehen.

*) Bräutigamskerze. In früherer Zeit herrschte in Aachen die Sitte, dass die Brautleute vor der kirchliehen Einsegnung ihrer Ehe einer feier- lichen 3Iesse beiwohnten, in welcher vor dem Bräutigam eine Kerze brannte, welche „Bräutiganiskerze** genannt wurde.

194 M. Schollen

De Kouh, die hau zwei Höane, Wat (lo^g söi da dornet?

Sei ffeng der ganze Sommer Gestösse dörichgen Wei.

De Kouh, die hau vier Pütchere, Wat dot^g sei da dornet?

Sei geng der ganze Sommer (Tetrappe döricJigen Wei.

De Kouh, die hau e Schwänzche, Wat doog sei da domet?

Sei geng der ganze Sommer Geschwamele dörichgen Wei.

Et woor ene Bur, deä wo e Hönnche ha: Kluck satt et Hönnelie.

En wie heä du dat Hönnche hau, du wou lieä ouch ene Hahn ha: Kuckelöres satt der Hahn ^ Khick satt et Hönnche.

YjH wie heä du ne Hahn hau, du wou lieä ouch

ene Schwan ha:

Wisse Feäre dreägt der Schwan,

Kuckelöres satt der Hahn,

Khick satt et Hönnche.

En wie heä du ne Schwan Jiau, du wou lieä ouch

en Geäs ha:

Zeckelemeck keakt/* de Geäs,

Wisse Feäre dreägt der Schwan u. s. w.

En wie heä du en Geäs hau, du wou heä ouch e Fereke ha:

Schon*e morre grommt et Fereke, Zeckelemeck keokt de Geäs u. s. w.

*) Den anderweitigen Ruf des Halms s. Nr. 179. -) srhroit.

Aachener Volkn- und Kinderlieder, Spiellieder und Spiele. 195

En wie heä du e Fereke hau, du wou heä oucli

en Kouh ha:

Hitsch, flatsch trampt de Kouh,

Schorre niorre grommt et Fereke u. s. w.

En wie heä du en Kouli hau, du wou heä ouch

e Peod ha:

Rempele pemp doag et Peod,

Flitsch, flatsch trampt de Kouh u. s. w.

En wie heä du e Peod hau, du wou heä ouch ene Kneaht ha:

Rüsche ^ Plümme * druog der Kneaht, Rempele pemp doeg et Peod u. s. w.

En wie heä du ene Kneoht hau, du wou

heä ouch en Mad ha:

Bure-Traug ■'^ heisch de Mad,

Rüsche Plümme druog der Kneoht u. s. w.

En wie heä du en Mad hau, du wouh heä ouch

en Frau ha:

Au Kawau heisch de Frau,

Bure-Traug hfeisch de Mad u. s. w.

En wie heä du en Frau hau, du wou heä ouch

e Kenk ha:

Bescheissen Deng heisch et Kenk,

Au Kawau hfeisch de Frau u. s. w.

En wie heä du e Kenk hau, du wou heä ouch

en Weg ha:

Ninana geng de Weg,

Bescheissen Deng heisch et Kenk u. s. w/

*) rauschende. ^) Federn.

^) Die Bezeichnung einer schwerfälligen und trägen Magd, eigentlich: Bauem-Trog.

*) Die Aufgabe dieses und der sonst mehrfach vorkommenden ähnlicher Lieder besteht darin, „sittliche Beschaffenheit und äusseres Besitzthum einer Familie, ihre Glieder und Dienstboten, sammt allem Hausrath, Viehbestand und dazu gehörender Gütermasse in selbstredenden Eigennamen der Reihe nach herzuzählen". Ueber des Spruches alte Abkunft und Geltung, sodann seine mit grossem Sprachgeschick versuchte Umformung und örtikhe Anwen- dung s. R, S. 156 ff. Vgl. ferner F. I, S. 125, 130 und 34a}^||^^ Ä88, Nr. 1039; endlich Die Heimath 1876, S. 119.

^

196 M. Schollen

8.

Et S08SS en Uell en sponn, Wal op en düster Kamer, Wo nömmens op en köm^

9.

Die Blätter des Kartenspiels mit Ausnahme der Asse werden einzeln von einer Person willkürlich aufgerufen, nach jedem Euf wird geantwortet:

Nüis för oss.

Wird ein Ass aufgerufen, so antwortet der Chor:

Alles för oss und singt alsdann:

En wo für sönt, do welle für blieve, Alle-*, Alleluja, Do sali oss genge Düvel nohgen Hus erus drieve,

Alle-, Alleluja.

10.

Aachener Marseillaise 1793.

Uehr Hallonke, schleohte Prije, Kanaliöpack en Schelmevieh! Für mosse üch h6i lije^ En döschen oss net reppe^ mia.

^) Bekanntlich hatte in Aachen zur reichsstädtischen Zeit der älteste Schöffe die Verpflichtung, in der Christmesse im Münster nach dem Evangelium einen Leis anzustimmen (vgl. Quix, Hist. Beschreibung der Münsterkirche S. 119; Zeitschr. des Aach. Geschichtsvereins IV, S. 149). Einer Mittheilung des Herrn Freiherm H. A. von Fürth zufolge war gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die Reihe an dem Schöffen de Witte. Dieser, der wahrscheinhch bis zum Beginn der Christmessc im Wirthshaus verweilt hatte, war gleich beim Eintritt in die Kirche in Schlaf gefallen. Als nun die Reihe an ihn kam, den Leis anzustimmen, sticss ihn sein Nachbar an; de Witte erwachte, stimmte aber, sich noch in seiner lustigen Gesellschaft wähnend, den obigen Rund- gesang an.

^) leiden, dulden. ^) rühren.

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\\^^\- iihiri ir'i 1.1 i\i S.'i \ i'.'i. ' Zur; i.ir iiaj^vui in;»- 'Jt.^^i.'.

') Die Eüt-tehuni: Turstolu-ulon lu\l«*>* \^\^ \\\\^ \ \\^\\ \\^\\\\\^'\^\ Biofirraphistthe Denkblättor S. 257 Innurkt, oin lu-^fv^lh^ h»^ U* mum\»^ \^^\ 16. Dezember 1792 zojron die KepuMikunor tu \a*^hou \\\\' \y\ \^s^^\\s* Grosse Carl auf dem Marktplatze trujf die Mo>Nuh»i!»^ .iHl»ol«iu»iMM»M"^ iMv^ Bürger hatten sich unter einander jc^'^rtuKt uud mi|rt)«'Ullh li mjmUt ll Imu pfälzische Exekution struppen thouor he/.ahlt, iloiu Iimi» oiIm hi-^umIh mi m Wohlstand der Stadt schwere VVuiidm hrlj^rl»nt«'l»f i fci«y«M '!)»• h«Mi'>t 'iii waren Alle. Von „de Zaiikclottea Opkll«*niiit(**, wir imum tll*- in m. jhilMil nannte, wollte keiner winr^en. Fnillrli wu»'n «Im WI«1» ».•!.* »hI nitto I !♦•♦** m Friedrich Heinrich Jacob i und And^^n' Ufi\u*u Ihit/lkoMiK'* )m it' \t\\>\' mm*» h -"H Zuständen und Scenen ir*'-u;f\n'n : flu k* *"')M''l<»«lfUh'h|y^ > ^ouu, <'* ii< io^'-h Milz, hat die Erfiimi»»^ d*^r f rar*/,'/'*'!»/* jt **'<W/ <* ' rr'^t.^Utt w^-j» f^ General Dampi'^rr'r •-;r>" ^rr K^'. /#;< **',mi t^ir' t,'\' f t, i*',',''. v '^ "■ " '" diese Zeit fiiJt 'J-r i'^r '- - <-/ M^r-^,,,*,*' '/ %"* i'- -■' '' ' "' ** » . -*- die Aach'-L'f •''!. ./.**: I> '**/ / ä- -• »vi '''f,'^ /■ \ / ' * ^' * - - niuääiea i-tit-'-T*-*^^ *",''•' *'/."•' *•**/.'' /■^ ** höhnt'.L '_:•- zvi* 'n.''i -- . ,• i ;- ^* <,•♦'*' w * '. ,.. /*

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Aus der Zeit der Fremdherrschaft.

Von E. Pauls.

III. Der 2. März 1793 und seine Folgen für Aachen.

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Vielfach lebt noch in der Aachener Gegehd die Ueber- lieferung^, dass das Schicksal Aachens bei seiner Besetzung durch die Franzosen im September 1793 an einem Faden gehan- gen habe und dass nur mit der grössten Mühe die Bettung der Stadt vor Plünderung und Einäscherung zu ermöglichen gewesen sei. Ueberlieferung und Wahrheit sind in diesem Falle gleich- bedeutend, denn thatsächlich war vor 94 Jahren die alte Reichs- stadt dem Untergang geweiht. Weshalb ihr ein so furchtbares Geschick, dessen Wirkungen Jahrzehnte nicht hätten verwischen können, drohte, und weshalb in letzter Stunde ein glücklicher Umschwung eintrat, wird im Nachfolgenden näher erläutert werden. Meine Darstellung stützt sich in etwa auf die ver- einzelten und spärlichen Angaben einiger Druckwerke, mehr aber auf urkundliches Material, welches mir theils von der Familie eines bei den Ereignissen hervorragend betheiligt ge- wesenen Mannes, theils, soweit das Aachener Stadtarchiv iii Betracht kommt, von Herrn Stadtarchivar Pick in dankens- werther Weise zugänglich gemacht worden ist.

Lange schon vor dem wichtigen Jahr 1789 fehlte der grossen Mehrheit der Aachener Bevölkerung für frauzösisches Wesen jede Vorliebe -. Aachens treue alte Anhänglichkeit an das deutsche

0 Haagen, Ge>ichichte Achens II, S. 423; 3Iilz, Programm des Kgl. Gymnasiums zu Aachen 1871/72, S. 7: Glaub^vürdigen Nachrichten zufolge, war die Erbitterung gegen Aachen so gross, dass die Vernichtung unserer Stadt durch Feuer und Schwert bei der Armee beschlossene Sache war.

-) An dieser Abneigung, die in schärfster Weise namentlich im Winter 1792/93 hervortrat, änderten die ziemlich lebhaften Handelsbeziehungen zwischen Aachen und Frankreich ebenso wenig als der Umstand, dass Aachens

Reich, auf dessen Berai' -.j u...i Zer-clitieruni.' »lor w,-stlulh> Nachbar und Erlift-iü.! <■■ er! L-ni' h liiii/iiwirkeu vorsunid, lioss den tiedanken an •■']:.'■ Ur.iTi-iznv.-j y,n Frankreich uicht auf- kommen. Verbitternd wirkte iVnior die Erimit'ruiisr au all das Elend, welches französische Krieirsschaaron seit dem Endo des dreissipjähri^en Krietrs wiedtrhnlt über die Aachener Hoireud gebracht halten. Endlich auch standen die Sitten uiid hewni- ders die reli;riiisen Anschanuriiren. wie sie sicli in der K'tzten Hälfte des IS. Jahrbunderts sn ^^elfach in Frankreich enl- wickelt^>., mit denen nnserer Heiumth durchaus nicht in Ein- klang. Die Ereignisse der ei-sten Jahre nach 17H!t verschilrften nur die GegensStze '.

Die den Republikanern so vcrhassten franzrisischen Aus- gewanderten fanden in .Aachen ein gern gewJilirtes Unterkuninicii ; die Stadt wurde ein Hauptznflnchtsort der „illuMtreu Heiniulh- loseo", ein Herd der gegen die Neuordnnnji der Dinge in Kinuk- reich gerichteten Bestrebungen". Da fügte das (JcMcliick eiim unerwartete Wendung, die Ropulilikancr iiesetzleu Am'.heii im Dezember 1792, um es etwii zehn Wdchi-n liindMi'i'li zu behaupten.

Ein tolles Treiben «pieltf^ si(;li nuiunchr in Anclicii ab''. Einerseits rohe Gewalt zur Be«citigun(r ilci' Htfldlisilieii \'cr-

Büdcr vuti Franzosen viel bi'-oicht wunlim iiml ilion -»'iiii' lltiru<'r im riiiii/'ir<l' .scheu Reich sich der Zolifrciheit urnl unih-TKT Minifiliii^llii-Iiifiiiii^iii •■rlti-ii\rn. Frankreich)« Herrischer sandten na<;h ji-ilr-r Kriiiiiiiiir lii Hhi'ltii» iIhk l,r<|i||iri tucb ihres vorletzten VurKÜniterH /um (inilic Kiirl» i|, llr,, i|iii "li' iil' llitiii Vorfahren hetraehtetcn. Es ^ing miifur liii' H:i^'f, Amlirrn" liiin/ir li.iHi» iii l'ariB und umgekehrt die Farini-r in Auihi'ii il.i lliirKirri'rlii, il,iiiii.' 'Ui la viUe et les eau» d'Aii-la-''ha|>'-ll'- jur M. |t, H,, Aiip'liTrjnm I'/hi;. jj, f.i )

') Kurz votderFr.-nidb.Tf>'Jjal'r li.i-t .-. ir> <l< r I. I7"7 i - Uh <•'•>• <.

dentschcn Au-sgabe der ^■.hM'-.niiiu d''f .-iji-Ii ^"' li' m m / ,"j ihuI ■■ 'ilj .AaJihcns Kindern winl gididirt. v u-" ''ii- 1i.iii/,;.-i"\,' '•.■n-r» ■/,» liiiilm Ich »chämtc mich. Frankr'i'-Ii- \V:i[i[p''/i in ••n'in l,.>ii'|i /ii ^-li-ii. n" •>■ i franziisi*:he Name verah-'-li''iii «ir'l, 'I' iin iti A.i. ],■ u -itM >li> Vi. .in;.' » sei ti-ns der ';<■]- 1 liehen, d':r ii'-i.'r;.|. » ir.J .|.. ■,.,.... ^. („„.[.d,. (,. li.j.i.Ii

gung«D aU-K'-*i^i." Di.- K-J.n'i..- -I' r Iiir,/ ..■ -In ■-,..-■ !,■ r-.. in Aachen de- »^jfk-n J'firi'l' i;-. •.■!.!: *■ /■ ; " lii i'iM'if'i

') Vgl. ron E-.,n.-.f.( >ii •!■ » Z- ■■'■ K- " 'I' ■' " '. '-■■

II. S. I ff.

'} Littr-lnr: W , ■■ ■■■ ! .i ,'.- : •. ■.r.'l I ;. / ,,"i '■ '■ Politische V^t—:.!. -i:.. '/. ' .■ ■- \- ■■■■■ ■■ /■•/■■• ■•'■ <• Herrschaft !; Vi'..;.- Vf.--. •; * )■ /i '',■"-- .■■'.■■ /■' ■' •■■ -

200 E. Pauls

fassung, zur Beförderung des Freiheitsrauschs ^, zur Schädigung religiöser Einrichtungen, andererseits versteckter oder offener Widerstand der Bürgerschaft. Sang- und klanglos verlief die Errichtung des Freiheitsbauras am 19. Dezember^, kühn pochten Aachens Bürger auf ihre Anhänglichkeit an Religion, Kaiser und Reich. Die Hefe der Bevölkerung geberdete sich nach Dampierres eigenen Worten wie wüthend und rasend ; das derbe Wort Dreckkerle scheint damals als Bezeichnung für die Fran- zosen gäng und gäbe gewesen zu sein. Als Erwiderung erfolgte seitens der Republikaner die Gründung eines Jakobinerklubs in Aachen, Bedrückung der Geistlichkeit und Entehrung der Gottes- häuser, dann die Erzwingung der angeordneten Neuwahlen und der Betheiligung an französischen Festen durch militärische Gewalt. Die Citoyens, so schrieben Jacobi und Andere, gehen über allen Glauben toll mit den armen Aachenern um, sie rupfen sie wie die Krammetsvögel ^.

Einem solchen Hexensabbath, einer so grimmigen beiderseiti- gen Erbitterimg '^ setzte schliesslich die den österreichischen Waffen günstige Schlacht bei Aldenhoven vom 1. März 1798 für längere Zeit ein Ziel.

In der Nacht vom 1. auf den 2. März 1793 trat ein bedeu- tender Theil des geschlagenen französischen Heeres über Aachen

^) Wie die Republikaner dies erreichen wollten, zeigt u. A. folgende verbürgte Anekdote. Der furchtbare Danton begegnete im Januar 1793 in Aachen dem Redakteur Dautzenberg. „II ne faut pas faire ici", schrie Danton denselben mit Stentorstimme an, „une revolution de miel ou de lait, mais de sang, f . . ., voyez comment nous avons fait A Paris." „Mais le climat n'est pas le mfime ä Aix". „II faut le chauflfer!" (Vgl. Aachener Zuschauer 1793, Nr. 28.)

2) Folgende sehr bezeichnende Mittheilung des Aachener Zuschauers vom 20. Dezember 1792 wurde bis jetzt kaum beachtet: Kein feierlicher Aufzug, kein Frohlocken des nur in geringer Zahl versammelten Volks begleitete gestern die Errichtung des Freiheitsbaums. AUes zeigt bisher deutlich, dass die hiesigen Bürger keinen Sinn haben für die französische Freiheit.

») Perthes a. a. 0. I, S. 139.

*) Wie gross dieselbe in der Aachener Gegend gewesen sein muss, lässt sich auch in etwa aus den Memoiren von Dumouriez schliessen. Nach ihnen lebte und räuberte Dampierre in Aachen lustig in den Tag hinein. (II s*occupait de plaisirs et de rapines.) Die republikanischen Soldaten in den Quartieren zwischen Aachen und Lttttich waren oft ohne Aufsicht, da ihre Offiziere gern in der Stadt verweilten. Truppenweise verlegten sie sich dann auf das Plündern (piUer!) der Dörfer; vereinzelte Soldaten waren wiederholt von den Bauern niedergemacht worden.

Aus der Zoit der Kremdhorrschaft. 201

den Rückzug nach Belgien an. Ein anderer Theil versuclite am folgenden Morgen mit grosser Tapferkeit^ sich in Aachen zu behaupten. Erst nach 3 Uhr Nachmittags wurden die Repu- blikaner vollständig zersprengt, nachdem mehrere Stunden hin- durch ein erbitterter Kampf in den Strassen der Stadt gewogt hatte. Es war ein verhängnissvoller Missgriff von den schwer- wiegendsten Folgen, dass mehrere Bürger zu einer Betheiligung am Strassenkampf sich hinreissen Hessen. Der genaue Umfang dieser unbefugten Einmischung ist leicht erklärlicher Weise ^ nicht zu ermitteln, doch liegen zur Gewinnung eines genügenden Ueberblicks hinlängliche Anhaltspunkte vor.

Gleich in der ersten Nummer des Aachener Zuschauers, welche nach dem 2. März erschien, werden die Aachener wegen ihrer Theilnahme am Kampfe belobt; es heisst u. A.: „Unsere Mitbürger brannten vor Begierde, an der Befreiung ihrer Vater- stadt ihren Theil zu haben. Zu ihrem Ruhme waren sie es, welche ihren Rettern die Thore öffneten, sie wanden den Feinden Deutschlands die Waffen aus den Händen, als die Unholde beim Verlassen dieser Reichsstadt ihre ohnmächtige Wuth an den Tag legten. Sie eroberten gegen 3 Uhr Nachmittags auf der .Takobstrasse von den Franzosen zwei Kanonen, welche der Prinz von Württemberg der Stadt zum ewigen Andenken ge- schenkt hat^*'

Diese Angaben des Aachener Zuschauers sind nie angezweifelt worden. Eine Betheiligung in dem hier angegebenen Sinne lebt in der Ueberliefenmg fort, und Haagen gibt sogar die Namen der

') Wahrscheinlich unter dem General-Lieutenant la Noue, von dem Dumouriez sagt: II avait montr6 la plus grande bravoure dans la retraitc d*Aix-la-Chapellc.

*) Nach den Aufzeichnungen des Augenzeugen Neumann SchilHngn war fast in allen Strassen Gemetzel; doch sagt auch Schillings nicht, dass Bürger auf Franzosen gefeuert hätten. Er spricht nur von der Erbeutung der beiden Kanonen und der Gefangennahme vieler Franzosen durch Bürger. Neomann und Rathsherr Johann Georg Franz Xaver SchiUings starb, 80 Jahre alt, im J. 1830.

') Wortlaut, Zusammenhang und Wahrscheinlichkeit sprechen dafür, dass die Aachener erst dann in den Kampf eingriffen und den Franzosen ihre Waffen entwanden, als der Sieg für die Kaiserlichen entschieden war und die Republikaner auf der Flucht sich in der Jakobstrasse festzusetzen versuchten. Nach einer jetzt im Aachener Stadtarchiv befindlichen, theilweise von Käntzeler früher veröffentUchten kleinen Aachener Chronik blieb beim Strassenkampf ein Aachener Bürger, Namens (Jerhard Gütten, todt.

202 E. Paulrs

beiden Aachener an *, welche an der Stromgasse und vor Jakobjs- thor die zwei Kanonen erbeuteten. Bei der zweiten Besetzung Aachens durch die Franzosen im September 1794 brachten die Freiheitshelden aber ganz andere, viel schärfere Beschwerden vor. Sie behaupteten nämlich, Aachens Bürger hätten gelegent- lich des Strassenkampfs vor anderthalb Jahren aus dem Hinter- halt auf die Franzosen gefeuert ^, auch seien später französische Verwoindete in roher Weise misshandelt und sogar aus den Fenstern des Militärspitals auf die Strasse geworfen worden.

Beide Beschwerden sind ein Gemenge von Unwahrheit und starker Uebertreibung.

Zunächst folgt dies aus dtn Angaben von Quix. Christian Quix, geboren im J. 1773, liess sich bald nach der Aufhebung der Klöster in Aachen nieder und war dort schon um 1806 als Lehrer in Stellung. Die Geschichte der Fremdherrschaft, deren Beginn in sein erstes Jünglingsalter fällt, kannte Quix aus eigener Anschauung; auch stand ihm später ein ganz bedeutendes gedrucktes und archivalisches Material zur Ver- fügiuig^. Unbezweifelt sind seine Wahrheitsliebe und seine nüchterne Beurtheilung geschichtlicher Ereignisse. Dieser For- scher schreibt^: „Was zur Unehre oder zum Nachtheil Aachens fälschlich gesagt oder geschrieben worden ist, werden wir zu- recht zu weisen wissen. Dies bezieht sich namentlich auch auf die Vorfälle bei der Befreiung unserer Stadt von den Fran- zosen am 2. März 1793. In Aachen war Jeder von der Unwahr- heit der beiden von französischer Seite aufgestellten Haupt- beschuldigungen überzeugt. Nach der alten Wahrheit fama crescit eundo sind die Begebenheiten bei dem gemeldeten Rück- zuge arg übertrieben worden. Das Militärspital befand sich in der Karmeliterkirche, die eine hochgewölbte, mit hohen Fenstern

') Haagen, Geschichte Achens II, S. 423.

^) Erwähnung verdient, dass bei der Räumung Ltittichs im Juli 1794 die Einwohner auf die abziehenden Oesterrcicher feuerten. Ein Vergleich zwischen den Ereignissen in den beiden Nachbarstädten Lüttich und Aachen lag also den Franzosen gewiss sehr nahe.

^) Auf sehr breiter Grundlage (seine Abhandlung zieht sich durch 90 Nummern des Anfangs 1838 eingegangenen Wochenblatts hindurch) versuchte Quix eine (reschichte der Fremdherrschaft in Aa<;hen zu liefern. Leider blieb die Arbeit unvollendet; sie reicht nur bis Ende März 1795.

•») Wochenblatt für Aachen und Umgegend 183r>, S. 172 und 188.

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 203

versehene Kirche war, deren Fensterbänke nur mittelst sehr um- ständlicher Vorrichtungen erreicht werden konnten ^ Wahr ist es, dass der Pöbel das Spital plünderte und sogar die leinenen Tücher unter den Kranken weggenommen hatte. Auch war man allgemein überzeugt, dass von den Bürgern kein Franzose todtgeschossen worden war.*"

Die vorstehenden Angaben von Quix sind um so werth- voller, als die Akten über die Ereignisse vom 2. März 1793 voraussichtlich für immer verloren sind. Sie fehlen im Aachener Stadtarchiv, welches sie schwerlich jemals auf längere Zeit besessen hat. Denn die Untersuchung ging ihrer Zeit recht bald vom Aachener Magistrat an das im November 1794 in Aachen errichtete sog. Revolutions-Tribunal über. Später kamen die Akten au die Mittelkommission in Bonn -. Ihr weiterer Verbleib ist unbekannt. Möglicher Weise wurden sie nachher absicht- lich vernichtet, damit die Verfolgungssucht nicht neue Nahrung erhielte ^. Doch auch ohne diese Akten lassen sich die Quixschen Angaben ausreichend stützen. Es spricht zunächst nicht die kleinste Wahrscheinlichkeit dafür, dass viele Aachener am 2. März 1793 von ihren Feuerwaffen gegen die Franzosen Gebrauch gemacht haben. Andernfalls wäre die spätere Unter- suchung nicht so ergebnisslos verlaufen, die Namen der Haupt- betheiligten und die ihnen zuerkannten Strafen wären veröffent-' licht, auch wären wohl die als ZuiSuchtsstätten benutzten Häuser dem Erdboden gleichgemacht worden, wie dies Kriegsrecht und -brauch so ungemein nahe legten. Anscheinend ist nicht ein emziger Fall von Widerstand mittelst Schusswaffen zu Ungunsten eines Bürgers ermittelt worden, was freilich die sehr schwache Möglichkeit nicht ausschliesst, dass höchst vereinzelt Bewohner von Aachen in der Erregung des Augenblicks ihre Gewehre

*) Seltsam den Ausdruck wählend schreibt hier Quix: deren Fenster- bänke viel zu hoch waren, um aus diesen Kranke werfen zu können.

*j Wochenblatt für Aachen und Umgegend 1836, S. 188; Aachener ilerkur Nr. 123 vom 7. Thermidor VII. Jahrs. Die Mittelkommission in Bonn bestand nur von März bis November 1797.

') Aus gleichem Grunde befahl Napoleon I. die Verbrennung der Akten des Jakobiuerbunds. Uebcr ähnliche Vernichtungen vgl. Zeitschrift des Aach. Geschiehtsvereins V, S. 205, Anm. 3. Im vorliegenden Falle könnte vielleicht im J. 1804, dem Jahr der Aufnahme Aachens unter die Krönungsstädte des französischen Reichs, eine Beseitigung der für AM^ uaMgenehmon Schrift- stücke nahe gelegen haben.

204 E. Pauls

auf die Franzosen angelegt haben ^ Bezeichnender Weise ver- schwindet sehr bald nach der z^xiten Besetzung Aachens der Vorwurf einer Betheiligung am Kampfe durch Schüsse aus dem Hinterhalt aus den französischerseits vorgebrachten Beschwer- den, später wird nur auf die Misshandlung von Vervs-undeten hingewiesen. Und auch in Bezug hierauf schreiben schon in der ersten Woche ihrer zweiten Anwesenheit in Aachen die Franzosen amtlich, die Spitäler seien geplündert worden, ehe noch die Kranken hinausgebracht gewesen wären ; vom Hinaus- werfen der Kranken aus den Fenstern ist nachher nur noch sehr vereinzelt die Rede. Höchst wahrscheinlich wurden bei der Plünderung des französischen Militärspitals, welche von ent- setzlicher Verrohung, aber auch von grösstem Hasse gegen die Fremdlinge zeugt, manche Kranke aus ihren Betten unsanft zu Boden geworfen, was Entstellung und Erbitterung zum Hinaus- werfen aus den Fenstern aufbauschte.

Zweier berühmten Geschichtswerke Angaben über die Er- eignisse am 2. März 1793 mögen hier eingeschaltet werden. Thiers^ schreibt ganz allgemein gehalten, dass nach einem blutigen Gefechte in den Strassen der Stadt die Franzosen gewichen seien. Ausführlicher sagt dagegen H. von SybeF: „Dampierre wagte in Aachen ein Strassengefecht. Die Oester- reicher wurden aber wie die Hessen in Frankfurt durch die gründlich erbitterten Einwohner unterstützt und sprengten die Franzosen so gründlich auseinander, dass General Stengel weit nach Süden verschlagen wurde und sich erst in Namur wieder zu einem französischen Armeekorps einfand.''

Unmittelbar nach der Vertreibung der Franzosen ahnte wohl Niemand, dass der 2. März ein Unglückstag für Aachen gewesen war, der den Keim des Verderbens für die Stadt in sich barg. Eine lebhafte Freude gab sich in allen Kreisen der

*) Im Wesen eines Strassenkampfs liegt es, dass mitunter Soldaten in Häusern Deckung suchen und von dort aus unter Umständen die Feinde belästigen. Aehnliches kann steUenweisc auch in Aachen der FaU gewesen sein, und, da eine Betheiligung der Aachener an der Entwaffnung der besiegten Franzosen zweifellos feststeht, mit zum Gerede beigetragen haben, dass wäh- rend des Kampfs die Bilrger aus ihren Häusern hinaus gefeuert hätten.

*) Thiers, Geschichte der französischen Revolution, übersetzt von

Jordan, Th. VI, S. 81.

•'') von Sybel, Geschichte der Revolutionszeit, 3. Aufl., II, S. 197.

Aus der Zeit der Fremdherrsthaft. 205

Bevölkerung kund, alle Massregeln zur Wiederherstellung der alten Ordnung und zur Beseitigung fast jeden Andenkens an die zehn wöchentliche Fremdherrschaft wurden getroffen. Schon am Tage des verhängnissvollen Strassenkampfs hatte man den Freiheitsbaum vor dem Rathhaus niedergerissen und der Bild- saule Karls d. Gr. die ihr von den Republikanern aufgesetzte Jakobinermütze abgenommen ^ Eine Woche später fand ein fröhliches, sich bis tief in die Nacht hinziehendes Dankfest statt; am 12. April stellte eine Rathsverordnung den Fremden- verkehr unter scharfe Aufsicht^, und am 30. April wurde der vor den Franzosen verborgene, neu vergoldete Aachener Adler feierlich vor dem Rathhaus wieder aufgestellt '*. Am 21. Juni beschloss der Rath, dass alle Jakobiner aus Stadt und Reich Aachen verbannt sein sollten; gegen Ende August Hess er die von den Franzosen auf dem Markte niedergerissene Schand- säule des Kalkbrenner aufs Neue erricliten und die Bildsäule Karls d. Gr. vergolden*.

Doch das Ende der reichsstädtischen Herrlichkeit rückte mit raschen Schritten heran. Der glücklich wiederhergestellten frühem Ordnung der Dinge sollte nur eine anderthalbjährige Dauer beschieden sein. Mit ängstlicher Spannung folgten Aachens Bewohner im Sommer 1794 den mit wechselndem Glück in den Niederlanden zwischen den kaiserlichen und republikanischen Truppen ausgefochtenen Kämpfen. Immer näher rückte der Kriegsschauplatz dem Aachener Reiche, immer schwächer wurden die Aussichten auf einen durch- schlagenden Erfolg der deutschen Waffen. Zwar überboten sich die in Aachen erscheinenden Zeitungen in Versuchen einer möglichst günstigen Darstellung der militärischen Lage auf deutscher Seite, aber Anfangs August 1794 wurde der Schrecken ein allgemeiner. Massenhafte Auswanderungen fanden statt, fl Unsere Stadt ist durch die Menge der ausgewanderten Bürger verödet, alle Geschäfte stocken", so schrieb man am 8. August aus Aachen nach Köln'^; „die Zeitumstände erlauben es nicht,

1) Quix, Wochenblatt 1836, S. 101.

2) Quix a. a. 0. S. 106. '') Quix a. a. 0. S. 107. *) Quix a. a. 0. S. 121.

^) VoUständiger Brief in: Stadtkölniselier Reichskourier Nr. 90, vom 10. August 1704.

20r> E. Pauls

den dahier sich befindlichen französischen Ausgewanderten einen weiteren Aufenthalt in hiesiger kaiserlich freier Reichsstadt und deren Gebiet zu gestatten, sie haben sich binnen 3 Tagen von hier zu entfernen", befahl eine ßathsverordnung vom selben Tage^ und wies damit eine Menge Fremder aus. Nach Quix hatten im Sommer 1794 die meisten Magistratspersonen und über 1000 Einwohner, darunter selbstredend die wohlhabendsten, Aachen verlassen. Aachen zitterte vor den Franzosen, es zitterte namentlich auch vor dem Namen Robespierre. Beides nicht mit Unrecht. Aus was immer für Gegenden Nachrichten über die Fortschritte der republikanischen Heere einliefen, stets waren die Siegesberichte verbunden mit Mittheilungen über ungeheuere Kriegslasten, rohe Erpressungen und zügellose Ausschweifungen. Furchtbare Hiobsposten liefen besonders aus den pfälzischen Gegenden ein^, und ein Vorbild des ihm drohenden Geschicks konnte Aachen in der Zerstörung des Städtchens Kusel im Zweibrückenschen sehen. Es hiess, Kusel wäre der Sitz einer Fabrik von falschen Assignaten, überhaupt stets eine Feindin der Republik gewesen. Dies genügte den Franzosen, um die unglücklichen Bewohner auszutreiben, sie ihrer Habe zu berauben und das Städtchen gänzlich einzuäschern. Die Republik schonte unter Umständen ihre eigenen Kinder nicht. Alle grossen Städte Frankreichs erfuhren unter Robespierre die Rache der Bergpartei'*, einmal sogar war das von wildester Zerstörungs- wuth eingegebene Wort gefallen, Paris müsse aus dem Ver- zeichniss der Städte gestrichen werden*. Was stand Aachen bevor, welches nach allem Vorhergegangenen unter den den Republikanern verhassten Städten sicherlich einen der ersten Plätze einnahm? Wie die spätem Ereignisse zeigten, kann die Antwort hierauf nur lauten: Plünderung und Zerstörung! Hauptsächlich die Fiu-cht vor dem Untergang, vor dem System

0 Wortlaut bei Quix a. a. 0. S. 147.

*) Nicht schrecklich genug, so lautete der Kern vieler in Aachener Zeitungen des J. 1794 erschienenen ausführlichen Berichte, kann das Elend geschildert werden, welches Plündern und kannibalische Grausamkeiten über die Bewohner der pfölzischen Gegenden gebracht haben. lieber Kusols Unter- gang brachte der Aachener Wahrheitsfreund eingehende Darstellungen.

'') Thiers a. a. 0. Th. IX, S. 9. Besonders hart war Lyon mitge- nommen worden; Lyon n'existe plus, hiess es nur wenig übertrieben.

*) Thiers a. a. 0. Th. VIT, S. 89.

Ans der Zeit der Fremdherrschaft. 207

Robespierre war es, welclie Hunderte der besten Bürger in die Fremde trieb und wie ein böses Verhängniss auf den Zurück- bleibenden lastete. Der Name Robespierre wurde in Aachen nur mit Schrecken genannt. Man erzählte, Robespierre sei früher in Aachen ein paar Monate lang Hauslehrer beim Vogtmeier Freiherm von Geyr gewesen, dann aber entlassen worden; er habe wilde Drohungen gegen Aachen ausgestossen ^ und einen Beschluss des Nationalkonvents vom 4. Vend6miaire IL Jahrs (25. September 1793) herbeigeführt 2, laut welchem Aachen im Falle einer Wiedereroberung der Plünderung und den Flammen geweiht werde.

Auch hier paart sich Dichtung mit Wahrheit. Maximilian Robespierre betrat niemals deutschen Boden, wohl aber hatte sein Vater lange Wanderungen in Deutschland angestellt, ehe er sich für immer in München niederliess. Ob etwa dieser einige Zeit in Aaclien verweilt hat, ist nicht ermittelt und bedarf keiner nähern Untersuchimg. Femer kennen wir aus den Parlamentsverhandlungen eine Zornesrede Robespierres gegen Aachen nicht ^. Vielleicht stützte sich in diesem Punkte das Gerede auf Privatmittheilungen, vielleicht auch übertrieb man die VorföUe am 5. März 1703 im Konvent zu Paris, wo Robes- pierre auf die erste Kunde vom Verluste Aachens hin sofort den Tod aller aristokratischen Offiziere forderte'*. Eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht gewiss dafür, dass von Seiten Robes- pierres, welcher seiner ganzen Richtung nach nur ein grim- miger Gegner des jakobinerfeindlichen Aachens sein konnte, manche Aeusserungen des Unmuths gegen die verhasste Stadt gefallen sind.

Der Kernpunkt liegt in der Frage, ob wirklich nach einem Beschluss der französischen Machthaber die Zerstörung Aachens in Aussicht genommen war. Fast sollte man dies verneinen, denn unter den im Moniteur sorgfältig verzeichneten Beschlüssen des Nationalkonvents findet sich ein solcher Beschluss nicht;

•) Quix a. a. 0. 1836, S. 147.

*) Dies das vom Syndikus Vossen in seinen Aufzeichnungen und später auch gedruckt angegebene Datum.

^) Die beiden vorstehenden Mittheilungen verdankt; ich der Ottte de;* Herrn A. Schumm, Verfassers der unten anzuführenden Lebensbeschreibung Rol)espierre8.

*) von Sybol a. a. O. IT, S. 24«; vtri. auch Moniteur XV, p. «20.

208 , E. Pauls

auch in den Aachener Zeitungen ' aus der Zeit zwischen März 1793 und September 1794 fehlt liieiüber jede Andeutung. Dennoch muss die Frage entschieden bejaht werden, nur braucht, so lange nähere urkimdliche Beweise fehlen ^, am Datum des 25. Septem- ber 1793 imd am Worte Nationalkonvent nicht festgehalten zu werden. Die Aachener Zeitungen durften schon deshalb einen ihrer Heimath so nachtheiligen Beschluss nicht erwähnen, weil der Wortlaut der schrecklichen Verfügung nicht bekannt und Bestimmtes kaum zu ermitteln war, zudem, namentlich im Sommer 1794, ein noch so kurzer Hinweis die ohneliin unbeschreibliche Aufregung nur gesteigert haben würde. Den Beweis für die Berechtigung der Furcht vor dem Untergang liefern die Vor- gänge im Herbst des J. 1794 ^

Zwei ausgezeichnete Bürger Aachens bekunden, dass man sie im französischen Lager auf die Aechtung der Stadt und deren bevorstehende Zerstörung hingewiesen habe*; der Aachener Rath anerkannte die Rettung aus „wirklich und augenblicklich bevorstehender Brand- und Todesgefahr", und forderte drei Wochen später zu einem allgemeinen Dankfest auf*^ „wegen Abwendung der Gefahr einer allgemeinen Verwüstung". Von feindlicher Seite erfahren wir aus amtlichen Bekanntmachungen, dass in der französischen Armee der Glaube verbreitet war, das Plündern sei jenseits der Maas gestattet, und dass es eines ausdrücklichen Befehls bedurfte, um die Soldaten von „Plünde- rungen und sonstigen Ausschweifungen" in Aachen abzuhalten. Femer spricht der Volksrepräsentant Gillet in einer seiner ersten Verfügimgen vom Verzicht auf eine gerechte Wiedervergeltung,

*) Es sind dies : Reichsstadt- Aachener Zeitung, Aachener Zuschauer und der Aachener Wahrheitsfreund.

*) Diese sind kaum zu erlangen, da sie voraussichtlich im Kriegsarchiv zu Paris beruhen.

*) Wie wenig damals unter Umständen nach der Zerstörung einer Stadt gefragt wurde, beweist das Geschick Dürens im September 1794. In Düren waren nämlich durch den Verrath eines Bürgers die Franzosen durch das Holzthor eingedrungen. Die Folge war, dass die Stadt durch eine heftige Kanonade schwer gezüchtigt wurde, und dass der österreichische General Riese nur mit Mühe bewogen werden konnte, seinen Befehl, Düren in einen Trümmer- haufen zu verwandeln, zurückzunehmen. (Bonn, Rumpel und Fischbach, Materialien zur Geschichte Dürens S. 68r>.)

*) Näheres uiitcMi.

') Das Dankfest wurde am 15. Oktober 1704 in Aachen gofoiort.

Au^ i\oT Zeit der Frcnulhorrscbaft. 209

und im Dezember 1794 erklärt^ ein anderer Republikaner öffent- lich, „dass der schreckbare Arm der Rache, der im Be^iff gewesen gegen Aachen niederzufallen, zurückgehalten worden sei". Alles dies zeigt deutlich, wie nahe Aachen dem Geschick war, das Loos Kusels, Lyons und so mancher von der Republik auf das härteste heimgesuchten Städte zu theilen.

Höchst wahrscheinlich hatte nicht der Nationalkonvent, sondern der Wohlfahrtsausschuss auf Betreiben Robespierres die Zerstörung Aachens im Falle der Wiedererobening verfügt. Nachdem Robespierre im Juli 1793 in diesen später so berüch- tigt gewordeuen Ausschuss getreten, begann die eigentliche Schreckensherrschaft in Frankreich. Wenige Monate später regierte der Konvent fast nur noch dem Namen nach. Alle Minister, Generäle und Ortsbehörden standen unter der Auf- sicht des Wohlfahrtsausschusses, welcher nach einem Konvents- beschluss vom 10. Oktober mit dem Sicherheitsausschuss bis zum allgemeinen Frieden als Revolutionsregierung walten sollte ^. Die Verfügungen dieser Regierung^ konnt^en also nicht ganz mit Unrecht als Konventsbeschlüsse bezeichnet werden, und so mag es sich erklären, weshalb der Befehl zur Vernichtung Aachens auf einen Konventsbeschluss zurückgeführt wurde.

Als sich die feindlichen Heeresspitzen im September 1794 Aachen näherten, war Robespierre seit fast zwei Monaten gestürzt, eine mildere Richtung hatte die Oberhand gewonnen. Aber der für Aachen verhängnissvolle Beschluss bestand noch mit voller Rechtskraft. Es war fraglich, ob die aufgeregten, plünderungslustigen Soldaten zurückgehalten werden konnten; noch fraglicher blieb es, ob die Generäle und Volksrepräsen- tant^n befugt und gewillt waren, den Beschluss ausser Kraft zu setzen. Vom französischen Befehlshaber brauchte Aachen keine Gnade zu erwarten, denn kaum ein Jahr früher hatten

0 Aachener Zuschauer 1794, S. 1223.

*) Vgl. die Ausfahrungen bei von Sybel a. a. 0. II, S. 384 und bei A. Schumm, Max. Robespierre S. 194.

^) Eine Veröffentlichung fand in der Regel nicht statt; wie Carnot erzählt, war die Arbeit uJiendlich und musstcn an einem Tage oft 300—400 Sachen erledigt werden. JedenfaUs wurde der Beschluss über Aachen der rcpubhkanischen Armee in Belgien zu Ende 1793 oder ein paar Monate später mitgetheüt; von dorther erhielt Aachen wahrscheinlich die ersten Nachrichten übor das Uim drohende Geschick.

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210 E. Pauls

die Republikaner durch Custines Hinriclitung allen Grenerälen ein furchtbares Beispiel und eine Weisung gegeben, den Befehlen der Regierung unbedingten Gehorsam zu leistend Aachens letzte Hoffnung beruhte auf dem eingetretenen Umschwung der Dinge in Frankreich und auf der Möglichkeit, dass der franzö- sische Volksrepräsentant bei der feindlichen Armee, dessen Stimme entscheidend ins Gewicht fallen musste, in versöhnlichem Sinne auf den Oberbefehlsliaber einwirken und eine Milderung des Vernichtimgsurtheils herbeiführen werde. Wie schwach diese Hoffnung war, geht aus den Tag und Nacht fortgesetzten Auswandenmgen der angesehensten Bürger Aachens hervor, nachdem die Kämpfe an der Ourthe am 18. September mit einem Sieg der Franzosen geendigt hatten. Noch einmal versuchten am 19. und 20. September die Kaiscrliclien dem übermächtigen Feinde bei Herve die Spitze zu bieten. Ihre Anstrengungen scheiterten. Am Abend des 22. September machten sich die letzten österreichischen Posten zum Abzug aus Aachen bereit, denn der Einmarsch der siegreichen Gegner stand unmittelbar bevor.

Da an einen bewaffneten Widerstand nicht mehr zu denken war, blieb dem Aachener Rath nichts übrig, als durch Ab- gesandte um Schonung für die Stadt bitten zu lassen^. Es erging folgender Rathsbeschluss ^: „Zur Begegnung und Empfang allenfalß der Franzosen hat Ein Ehrbarer Rath den Herrn Werk- meister Jardon S Herrn Baumeister Cronnn und Herrn Doctor Vossen senior deputirt."

Frühmorgens am 23. September 1794 fanden sich Dr. Yossen und Baumeister Cromm auf erhaltene Einladung im Aachener

^) Thiers a. a. Ü. Th. VIII, S. 111 bestätigt dies auf das Bestimmteste.

^) Vielfach war es damals üblich, Deputationen den anrückenden Fran- zosen entge<<cn zu schicken, um ihnen das Wohl der Stadt ans Herz zu legen. Bonn bildete eine Ausnahme, „weil nach den überaU geraachten Erfahrungen an Erfolg nicht zu denken war". (W. Hesse, Geschichte der Stadt Bonn während der französischen Herrschaft S. 88.)

=*) Rathsprotokoll vom 22. September 1794 (Aachener Stadtarchiv). Das „allenfalß" scheint anzudeuten, dass man auf Befreiung von den Franzosen selbst dann noch hoifte, als schon AUes verloren war.

*) Dieser betheiligte sich, wahrscheinlich seines vorgerückten Alters wegen, an der Deputation nicht.

Aus der Zeit dor Fromdlierrseluift. 211

Ratliliaus ein ^ Dort machte sie der Stadtsjudikus Fell mit dem Ratlisbeschluss des vorigen Tags bekannt, Hess ihnen zur Ueberreichung an den feindlichen General die Schlüssel^ des Jakobsthors einhändigen und empfahl den Versuch, beim Volks- repräsentanten und bei der Generalität eine Milderung des gegen Aachen bevorstehenden Verfahrens zu erwirken. Schon standen die französischen Vorposten vor dem geschlossenen Jakobsthor, während das Hauptquartier der Republikaner noch in Herve sich befand. Nachdem den Deputirten als Trompeter und Träger einer weissen Fahne der „alte Herr Creutzer'' beigegeben worden war, begaben sie sich zu Pferde auf den Wall des Jakobsthors. Auf ihr Signal erschien ein französischer Offizier mit zehn Chasseurs; der Deputation wurde für einen Augenblick das Jakobsthor geöffnet, worauf die Franzosen sie zunächst zum diensthabenden Oberst führten. Trotz des wüthenden Geschreis der Soldaten versprach der Obei^st, vor Empfang höherer Befehle in Aachen nicht einzurückend Im Uebrigen konnte er den Abgesandten, die er unter militärischer Bedeckung sofort zum Befehlshaber der Avantgarde, dem General Hartry, in Henry-Chapelle führen Hess, nur wenig Hoifnung machen. Hartry hatte nämlich noch Tags vorher erklärt, dass der Untergang der vom National- konvent geächteten Stadt unvermeidlich sei und dass er zur

*) Nachfolgendes beruht auf den von Dr. Vosscn thoils mündlich, theüs srhriftlich gemachten Angaben, welche im Wesentlichen nur dies wird hier berücksichtigt mit dem Inhalt eines bei Vossens Tod im August 1845 in Kaatzers Album XIV, S. 219 f. erschienenen Aufsatzes übereinstimmen. Die Tagesstunden finden sich nicht verzeichnet, auch wird irrig wiederholt der 22. statt des 23. September als Entscheidungstag angegeben.

•) Die Schlüssel von Aachen, Jülich und Köln nebst 4 eroberten Fahnen brachte Anfangs Oktober 1794 der Generaladjutant Moissonet nach Paris, wo sie am 11. Oktober dem Konvent und dem jubelnden Volke gezeigt wurden. Vielleicht war bei der ersten Besetzung Aachens durch die Franzosen im Dezember 1792 die Sitte der Schlüsselüberreichung unterblieben. Kurz vorher hatte nämlich der französische Obergeneral Dumouriez bei der Einnahme Brüssels die ihm angebotenen Stadtschlüssel mit dem Bemerken zurück- gewiesen, „dass der knechtische Gebrauch, den Siegern die Schlüssel zu über- reichen, bei freien Völkern nicht gelte". (Aachener Zuschauer 1794, Nr. 125 und 1792, Nr. 139.)

') Thatsächlich rückten im Laufe des Vormittags am 23. September 1794 französische Truppen in Aachen ein, enthielten sich aber, aVigesehen von ver- einzelten Ausnahmen, jedenfalls mit Rücksicht auf die schwebenden Verhand- lungen grober Ausschweifungen.

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212 E. Pauls

Ausfühmng der erhaltenen Befelile am 23. September bei den Vorposten eintreffen werde ^ In Henry-Chapelle erging es den Aachenern älinlich wie kurz vorher. General Hartiy, den sie im Hotel Belle vue trafen, gab schlechte Aussichten, wagte aber keine Entscheidiuig. Auch er versprach, vorläufig in Aachen nicht einzurücken, auch er sandte die Deputation unter einer neuen militärischen Begleitung an die höhern Vorgesetzten nach Herve^ ins Hauptquartier. Obergeneral Jourdan war für kurze Zeit abwesend, als die Deputirten Herve erreichten, des- halb konnten sie zunächst nur mit dem Volksrepräsentanteu Gillet verhandeln. Sie stellten vor, dass es sehr hart sein würde, wenn Tausende Unschuldiger um weniger vielleicht Schuldiger willen zu Grunde gingen, dass eine kommissarische Untersuchung die Bestrafung etwaiger Frevler ermöglichen könnte, und dass x\achens Untergang die französische Annee aller dort befindlichen Hilfsmittel berauben würde. Gillet, von dem Vossen mit grosser Hochachtung spricht, weil er auch später noch (1795) sich als Schützer Aachens gezeigt hätte, war freundlich, erklärte aber, ohne Jourdans Zustimmung eine Entscheidung nicht treffen zu können. Bald nachher erhielten die Deputirten Zutritt zu dein Saale, in welchem Jourdan mit vielen höhern Offizieren zu Tische sass. Hier empfing sie der Obergeneral sehr ungnädig, indem er heftige Worte gegen Aachen fallen liess. Vergeblich suchte Gillet ihn milder zu stimmen ; Jourdan erklärte, des Volksrepräsentanten Macht- befugnisse erstreckten sich nur auf Belgien, wozu Aachen nicht gehöre ^.

*) Wörtlich : Cette villc doit cesscr (Vexister, parcc quo la Convention nationale l'a proscrite, et demain je serai aux avantporstes pour executer nies ordres.

^) Wie es scheint, be^rüssten auch in Henry-Chapelle und Herve die Truppen die Deputation mit lauten Ver>vünschungen.

^) Wörtlich: Je devrais vous obeir, si votre commission nc limitait votre autorite •X la Belgique, dont Aix ne fait pas partie. Trotz Jourdans schroffer Ablehnung kann angenommen werden, dass Aachen mindestens vor der Zerstörung bewahrt war, nachdem Gillet sich zu Gunsten der bedrängten Stadt ausgesprochen hatte. Jourdan und seine Offiziere würden schliesslich doch davor zurückgeschreckt sein, gegen die Ansicht des Volksrepräsentanten die ohnehin von Allem entblösste Armee durch die Zerst^irung Aachens der grossen Hilfsquellrn einer bodoutcnden Stadt zu berauben. Dennoch muss

AiLH .l»'r Z-if 'l«'r Kn-iüilllrriM ll.iir. 2' t

, Alles ^rliieu verlon?iK* >o erz;ililt V^x^eu, ,aU ciu Ueitcv in der Person tles ^*.^.a^•l ILiri^^re erNcIf'oii. Marieto luitlc uU vemiisist ireirolten, kam a^^^v jetzt leK"!it verwumlet üu uud lÄTirde mit stürmische in JiU>et ^Oirtii^st. Als mau ihm uummv Sendung" erklärte, hf^willkomnuiete er horzlioh dvni ihm K^fivuu- deten Herrn Cronim, woniut'er sich eitViijst zn (Umsteu Aachens verwandte K Er erzälilte, wie er Wim voriujahrixen Kückzuv; der französichen Armee mit einij^en Kanieradeu in Aachen \ er- steckt gehalten, von der FreinuiureHoyfe verpHe^t und schlie>.?i- lieh in einer Möncliskntte vennunnnt <»'erettet wovtlen ^ci/ Marietes Befürwortung gab den Anssddag, Tnter Hihwehaiir den iSturz Robespierres, des Hanptnrhobers des Vtiniichlun^f^- beschlusses, entschlossen sich die Republikaiici* yaw \'crschonniig Aachens, und froh kimnten die Deimtirten dt»n Heimweg ans der Höhle des Lfiwen antreten.

Begreiflicher Weise hatte die Verhchonung (hT Stadt nichl auch ein sofortiges Vergeben und V(»rg(-seu di*i' Vorlallc vom 2. März 1798 zur Folge. Ks hat vichiM'hr noch Jahre gcijaucil, ehe die Nachwehen der verhangni^svolh*n lMcjgniftfi<' voll>i;JndJg überwunden waren. Abgesehen von elu^T ^h^U-uU ciii^'i-hiiiU-n strengen Unter^mhuiig \n^^tninl ti'w n;)< li*t<' \'>,\'^*tt in d' r ;/;in/ liehen l'nmöirli* hkeit j<-'b'> \\'id<'r-t;uid> «j'-r \n*\ti'm-i' ;/';/Hi die fraiizo^i^chen Awji*\}i'.'.-/j<'ih U'ar «-^ aij'li oi'ljt /o h*'4>i'>t'in. dass von eiu* r \V'i(-'\(-}]. » ' ' u *j*^ 'Ittr^',- ^' i *i"r ^-z-'^-'j J^-- setzuiiiT Aa^l^^-ii- k'-i:.*- j^ 'U. *• < ),) v ,fj \/,u» u. w^ i ; . ; 4 . «!',* Ji tief b^-klaj-^'ivvv-nij, <I; -v ,'.<- -*>,;*, *...•* s <- i.''^ L- f ' •.'

M'hücLtenie K:/::*':/', ",' ;: v^;.^*". x '•*"]] ,!. i* •, - m ., *,. . di'ückeiid>T^ij Kj'j'^-;»'^ -**""■•'! '^' < ':'".vv* v** ' " »^ .< ^ .< freier w^ir«^ Ü »v v*/ <^ -»^v.- »" v.»- .'.<•,« ^r.</-4 hätte in ♦»Twu i;*M; i-i'-*** \f»'.'i 1. > •..•• •; "u .-.-i. 1 i* .■' 'i * Si^'^rer uu'i H'-^it';.'-'»- m ',.m ;/ ..'.•/ ' >.^ ,v '-'.mm hi

iliu war» \i'li'-: .•' '.-••'■* .1' »' . . *. ..*.... ..,,.' *.

214 E. Pauls

Stadt nie bezeugt * ; bessere Verhältnisse entwickelten sich erst, nachdem die starke Hand Napoleons den Krater der Revolution endgültig geschlossen hatte.

Schon am 23. September fand Gillet es für nöthig, in einer Proklamation die Soldaten vor Ausschweifungen und Plünde- rungen in Aachen unter Androhung strenger Strafen zu Avarnen. Drei Tage später musste der Oberbefehlshaber Jimrdan vom Hauptquartier Burtscheid aus in schärferer Weise gegen das Plündern Massregeln treffen. Französische Soldaten hatten näm- lich auf eine französische Schutzwache gefeuert, welche einer Plünderung Einhalt thun wollte. So gross war die Eaublust der republikanischen Horden, so stark ihre Erbittenmg gegen Aachen! Die Untersuchung wegen der Märzvorfalle leitete Gillet bereits am 24. September ein. Von Burtscheid aus machte er bekannt, „dass das Blut unserer vor anderthalb Jahren in Aachen grausam gemordeten Brüder um Rache schreie. Kranke und verwundete Soldaten wären aus den Fenstern auf die Strasse geworfen, andere durch in den Häusern versteckte Bürger nieder- geschossen worden; die Schuldigen müssten innerhalb 24 Stunden ausgeliefert werden.*' Auch der Rath ei^suchte in einem Erlass vom 29. September alle Bürger und Einwohner Aachens bei Leib- und Lebensstrafe, die Urheber und Mitschuldigen an den nach Angabe der französischen Generäle Anfangs März 1793 verübten Frevelthaten zur Anzeige zu bringen.

Wie bereits erwähnt, verlief die Untersuchung ziemlich ergebnisslos ^, doch war nachher noch wiederholt von den März- ereignissen zum Schaden Aachens die Rede. In der Verfügung der Volksrepräsentanten Roberjot und Dubois vom 4. Germinal TIL Jahrs (24. März 1795) werden diejenigen, welche beim fran- zösischen Rückzug im J. 1793 „durch Thätlichkeiten ihren Hass gegen die Freiheit an Tag gelegt haben", zu den Aus-

0 Dass Aachen Sitz höherer Behörden wurde, verdankte es haupt- sächlich seiner geographischen Lage. Auch war wohl nach den Erfahrungen, welche die Aachener gemacht hatten, von ihnen am wenigsten eine gewalt- same Auflehnung zu befürchten.

") Im Jahre 1799 (vgl. unten) erklärte die Aachener Munizipalität, die Vorfälle blieben auf immer zu bedauern, wären aber weit übertrieben worden ; die Untersuchung hätte manches für Aachen Günstige ergi'ben. Ueber den Verbleib der Akten vgl. <»l»cii H. 203 dieses Aufsatzes.

l

Aus clor Zeit <ler Krcmdborrj^rhuft. 215

gewanderten gerechnet ^ Eiu Jahr später tauchte der saubere Plan auf, die ohnehin diu'ch Kriegsleistungen aller Art aufs Aeusserste erschöpfte Stadt Aachen im Kontributions-Anschlag stärker zu belasten^, Aveil seiner Zeit in Aachen über 200 (!) Kranke aus den Fenstern geworfen worden wären. Grössere Erregung als dieser von verbissener Wuth zeugende, unbeachtet gebliebene Vorschlag rief im J. 1799 ein Artikel der Pariser Zeitung La Sentinelle hervor. Der Artikel sprach es offen aus, dass die Erinnerung an die Vorfälle des 2. März 1793 im Falle eines erzwungenen Rückzugs der republikanischen Armee aus Aachen den Untergang der Stadt nach sich ziehen würde. In ihrer längern Erwiderung^ beruft sich die Munizipalverwaltung des Kantons Aachen namentlich darauf, dass die im September 1794 eingeleitete Untei-suchung im Ganzen nicht ungünstig für Aachen ausgefallen wäre. Immerhin liefert der Artikel der Sentinelle einen schlagenden Beweis für den anhaltenden Groll vieler Republikaner gegen Aachen. Belästigungen allerschlinmister Art wären keinesfalls der Stadt erspart geblieben, hätten zwischen 1794 und 1800 die Franzosen zum zweiten Mal Aachen räumen müssen. Erst das Kaiserreich beseitigte vollständig den zu Beginn der Fremdherrschaft entstandenen Stachel. Aachen war Departements-Hauptort, seine Bevölkerung hatte die Republik mit ihrer Schreckensregierung fast vergessen, Napoleon war der Stadt gewogen und er sowolU als die kaiserliche Familie ver- weilten gern in ihren Mauern. Wer kimnte da noch an eine Vergeltung für Ereignisse denken, die sich vor langen Jahren in trübster Zeit unter ganz andern Verhältnissen abgespielt hatten ?

„Bei der Räumung Aachens beobachteten die französischen Truppen die strengste Manneszucht'', sclireibt Ladoucette, der letzte Präfekt des Roerdepartements über den Rückzug der französischen Truppen aus Aachen im Januar 1814, indem er gleichzeitig die gute Haltung der Aachener Bürgerschaft rühmt "*. Es erübrigt noch ein kurzer Blick auf das Lebensgeschick der um Aachen so hochverdienten Männer Vossen und Cromm.

*) Damit waren bedeutende Nacbtheile in bürgferlichcr Hiusicbt verbunden.

*) Aacbener Zuscbauer 1796, S. 318.

^) Aachener Merkur 1799, Xr. 122 und 123.

*) Voyago dans le pays entre Meu:5ü et Kbin, Paris 1818, i>. 247.

2ir, E. Pauls

Schon am 25. September 1794 ernannte der Aachener Rath unter lebhaften Dankesäusseningen Vossen zum dritten Stadt- syndikus, Cromni zum Lombardsvenvalter. Gleichzeitig * befahl der Rath, den ihm eingereichten schriftlichen Bericht über die Rettung Aachens am 23. September „zum ewigen Andenken*' in das Rathsprotokollbuch emzutragen ^. Wenige Wochen später

*) Zum 25. September 1794 bringen hierüber die RathsprotokoUe im Aachener Stadtarchiv folgende sich ergänzende Angaben: Auf geschehenen Vortrag, dass bei sich izt täglich anhäufenden Geschäften den nachbenannten Fächern und Aemtern einige Beihilf er zugeordnet werden müssten, um de mehr, als der ältere Syndicus Pelzer nicht nur, sondern auch die meisten Herren Beamten von hier abwesend wären ; zudem auch tägliche Deputationen und sonstige Verrichtungen erforderlich würden, welche in französischer Sprache abgehandelt werden müssten; ist Herr Dr. Vossen älterer dem Syn- dikat mit dem gewöhnlichen Gehalt beigeordnet worden .... (Längerer Nachtrag des Inhalts, dass Dr. Vossen herbeigeholt und nach Annahme des Amtes vereidigt wurde.) In den RathsprotokoUen heisst es darauf weiter: Donnerstag, den 25. September 1794. Gross und Kleins Raths. Demnächst übergaben der izt ernannte Syndicus und Herr Altbaumeister Cromm eine schriftliche Relation über die Erfüllung ihres am 22. dieses von Einem Kleinen Rath ihnen aufgetragenen Deputationsgeschäftes. Auf wessen öffent- liche Verlesung der versammelte Rath einstimmig beschlossen hat, dass besagte Relation dem Rathsprotokoll zum ewigen Andenken um de mehr von Wort zu Wort eingetragen werden müsste, als besagte Herren Deputirte durch die fleissige, vorsichtige und patriotische Vollziehung ihres Deputations-Auftrags unsere Stadt und Bürgerschaft von der wirklich und augenblicklich bevor- stehenden Brand- und Todesgefahr landesväterlich gerettet hätten, mithin der Rath und Bürgerschaft besagten Herren Deputirten unendlich verbunden blieben ; wesfals denenselben auch auf der Stelle ein Belobungs-Komplimcnt mündlich gemacht worden. Damit auch denenselben eine etwaige Erkeimt- lichkeit wirklich zufliessen möchte, hat Ein Ehrbarer Gross und Kleiner Rath den Herrn Doctor Vossen zum wirklichen dritten perpetuirlichen Syndikus und den Herrn Alt baumeist er Cromm zum perpetuirlichen Lombardsverwalter mit den anklebigen respektiven Gehältern einstimmig gewählt und beigeordnet. Folgt die vorbezogene Relation.

N. B. Diese Relazion ist wegen ihrer Weitwendigkeit und den häufigen sehr dringenden Amtsgeschäften dem Protokoll nicht inserirt worden.

'^) Wie aus dem N. B. am Schluss der vorigen Anmerkung hervorgeht, ist dies leider nicht geschehen; der Bericht scheint verloren gegangen zu sein. Die Xichteintragung ist zu entschuldigen, denn thatsächlich bürdete die Neuordnung der Dinge, wie allenthalben, so auch in Aachen, den städtischen Behörden eine unerhörte Arbeitslast auf. Nach Quix (Wochenblatt 1837, Nr. 138) liess sich Anfangs Januar 1795 die Aachener Munizipalität ein halbes Fuder Wein aus dem Keller eines Ausgewanderten geben, „weil sie permanent sein musste imd deshalb die nöthige Zeil um nach Hause zu gehen ni(;ht hatte".

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 217

^

wurden Vossen und Cromm Mitglieder der von den Franzosen in Aachen errichteten Centralverwaltung * der Länder zwischen Maas imd Rhein. Anfang 1796 ging diese Behörde ein. Da erwar- ben sich deren ehemalige Mitglieder Vossen, Cromm und Bouget dadurch hohe Verdienste, dass sie in einer dem vollziehenden Direktorium in Paris eingereichten Denkschrift * mit rücksichts- loser üflFenheit die Bedrückungen und Ungeheuern Verluste klar- legten, welche der von ihnen verwaltete Bezirk durch Kriegs- leistungen aller Art erlitten hatte. Schlagend wiesen sie nach, dass nach massiger Schätziuig der Bezirk in kaum 15 Monaten um mehr als 257 515 000 Livres^ durch die verschiedensten Requisitionen und Kontributionen geschädigt worden war.

Xoch einmal finden wir Vossen und Cromm gemeinschaft- lich in wichtiger Angelegenheit zu Gunsten Aachens auswärts thätig. Sie verhandelten nämlich Anfangs November 1797 mit der bald nachher aufgehobenen Mittelkommission in Bonn, um eine gerechtere Vertheilung der Krieglasten für Aachen zu erwirken *.

Nikolaus Cromm gehörte dem Kaufmaunsstand an^ Er war Hauptinhaber des in Aachen auf dem Komphansbad und

*) VorJ-sen hatte Wi die-^er Behörde die h«'rvorrairende .St^-llniiir d<'^ >t< II- vertreters des Nationala^enteiL Verl. Haajren, G''-'*hi<ht^ A<'h»^ii^ II, S, i'^H.

*) Alnjedruckt ist die-e zur Oe-^hicht*' ihr Fr<m'lh*'rrH'haJt iiliiMU- wichtijre Denk'^rhrift im Aaeh^uer Zu-chau* r ITI^*;. S. 2S2 ff.

') 81 Livres tut-^precheii nach h*'Utiir« in (j<'Mw<'rth >*0 Prajik^ii f>*UT 64 Mark.

*) Ob die VerhaudluniTt^n für Aa^-hen trüu'^ti:r au-li'f* u. j^t tun in' bekannt. Häufig hat Aa^-h^n ni«-Lt n^klamirt. oWh<^ij <-»* 'j:/4.u/Ai'U v* mwii H,ir und, wie vielfarh behauptet wur'i^, \\*':t hr b- zahlt hdltt* aK «li« ufi t Xaehbar-^tadt Köln. In *hT im N<'\''jjjb*r 17'*7 inr %'»»•>■* u AU^y *u \\u u V(dlmacht nennt <hh Aa*'h*-n la mH'h»-»jr»''i^e «"t. ;/,']. 'i*- 0 \j/ Hn 'Je Riehtigkeit d'if^^r h*:zf^\r]ihnuz hi^r f- l'^'-wh- i'.-'-il' w»'i »*)/<- '1 1»;.*^;*' )>< !♦" i 1798 be3*täti;zte dif* I>h"»rde, da-- Ai"J<ij w^l.-f (j, ij i,/,. », Kr*'J» lU' Da aber 18'NM) Livre- -hifhau-» U -♦•!.. ji*ft w^-r^!*-, ^'-'>^|/ t-r ' <♦- o /'j"* Xw« - 1- leih weiter AufljrinyirL'^ di*^-^r v*rr).il»' **-!j^-- / '/tvi.'^ tt * * U"i' *i*' w)' h Summe zahlrei<-he w*.)/),^i.. ••■1*' KiiiWohi*r u ' '. / •■ '.' if.'t^'u ih'.* mu«i>te autt'-eh'tJrf'n wef-d^-u. »*?;! ..;« h h*n'.--» '* «i .*./!' •<-/.♦ , i',,^t ^eld nieht anlzubrini'' i' *ar. i\'i:l, Aiiz^^-'j^r 'U *■ i< ;;,» O- j*. fV " m.», /-• * , i Nr. 21 und 25.)

'*') Theilwei-^ iK-niL'-n 'i:<r lui'-M- ';'*ij''M, N'o'./u. ' v ; ' /'•<.. f 4> o bei ?einem T«yie in der A;iL'^i;;*-iL»,-ii /<,•• .'•:.' <N/ )/j •'•'* '/' ' ' < '•' , er^hieuenen Artik^lii.

218 E. raul;^

in Spaa bestehenden grossen Tuch- und Galanteriewaareii- (Teschäfts „Au gi*and Magasin h la maison verte'' ^ In den Aachener Rath kam er schon lange vor der ersten Besetzung- seiner Vaterstadt durcli die Franzosen -. Nach der Vereinigung- Aachens niit Frankreich wurde er Mitglied der Centralverwal- tung des Roerdepartements, schied aber bald nach der Ein- setzung der Präfekturbehörden aus. Hierauf trat Croinm an die Spitze der Aachener Armenverwaltung, wo er mit grossem Erfolg während der letzten Jahre seines Lebens eifrig thätig war. Bemerkenswerth ist noch, dass er auch um die bauliche Ausbesserung der St. Salvatorkirche sich verdient machte. An den Folgen eines Schlagflusses verschied er auf seinem Landgut bei Gangelt am 2L Oktober 1808.

Vossen überlebte seinen langjährigen Freimd Cromm um fast 37 Jahre. Aus seinem Leben hier noch Folgendes:

Johann Joseph Andreas Vossen, Sohn der Eheleute Wilhelm Vossen-^ und Agnes Charlier wurde am 8. April 1758 in Aachen getauft^. Er widmete sich dem Studium der Rechtswissen- schaft, studirte zu Trier und erliielt dort im J. 1780 das Diplom ^ als Doktor beider Rechte. Um 1786 kam er als Gewählter der Krämerzunft in den Aachener Rath, wo er sich der neuen Partei anschloss ^. Seiner Thätigkeit als zweiter Stadtsyndikus, die er am 10. Oktober 1797 begann^, machte Anfangs März 1798 die

') So die Bezeichnung in vielen Auzeijjen aus der Zeit vor der Fremd- herrschaft. Unmittelbar nach Cromms Tod >vurde angezeigt, dass die Firma Xiklas Cromm und Comp'e Komphausbad Nr. 439 ihr Geschäft fortsetze.

^) üeber seine Thätigkeit im Rath viele Angaben bei Haagen, Gesch. Achens II.

^) Dieser war Baumeister der Reichsstadt Aachen.

^) Der Taufschein trägt die Unterschrift des bekannten Erzpriesters Franz Anton Tewis. (Vgl. Zeitschrift des Aach, (xcschichtsvereins VI, S. 54.)

^) Das Diplom datirt vom 14. August 1780 imd zeigt die Unterschrift: Georg Henr. Aldringen. Xach dem Katalos: der Aachener Stadtbibliothek (1834, S. 59) lautet der Titel seiner Dissertation: J. J. Vossen (Aquisgr.), Diatriba inaug. exhibens concordat. (Tcrraanica etc. August. Trevir. 1780.

^) Ueber seine Thätigkeit als Rathsherr viele Angaben bei Haagen, Gesch. Achens II.

^) Hiertiber heisst es in den Aachener Rathsprotokollen : Dienstag, den 10. Octobris 1797. Gross Raths. Auf von Seiten Herrn Doctoris Vossen senioris verlesene gehorsamste Vorstellung mit Bitte ist die ohnehin schon richtig und aus wichtigen (iründen geschehene Vergebung des Syndicats

Au.** der Zeit der Fremdherrschalt. 211)

Aendeniug des gesammten Verwaltungswesens ein Ende; schon am 7. Januar 179S hatte Vossen eine hervorragende Stelhing bei den Gerichtshöfen des Roerdepartements erhalten *. Der erste Konsul ernannte ihn am 11. Mai 1803 zum Sachwalter am Gerichtshof erster Instanz zu Aachen*. P^bendaselbst wurde Vossen nach <ler Xapoleonischen Zeit im J. 1820 Anwalt beim Königlichen Landgericht^. Er starb zu Aachen am 5. August 1845, im Alter von 87 Jahren, von denen 55 Jahre auf die Ehe mit seiner ihn tiberlebenden Gattin Adelheid Esser entfallen waren.

überhaupt in der Persi»n des Herrn supplieautis zum Ueherfluss iioehinalii bestätigt, mithin solle derselbe bey imniittelst erfolp^ten tödtlichen Hiutritt des Herrn Syndicus Fell nunmehr in das zweitere Syndicat eintreten.

*) Die Emennnmi: ist von Rudier unterzeichnet und macht Vossen zum Commiijsaire du directoire ex^outif pres les tribnnaux civils et criminels du d^partement de la Roer ä la re-^idence de Colof^e. Die endgülti|?e (lebiets- eintheilun^ des Roerdepartements fand erst einige Zeit später statt.

») B^maparte premier consul de la republique nomme le citoyen Vossen pour reniplir los fonctions d'avou^, au tribunal de premiere instance scant Ä Aix-la-C'hapelle. r>as Dekret ist aus<««'r von Bonaparte, von klaret, dem (Jeneralsekretär der Konsule und nachmUligen Herzog von Ba^sano, und von dem Ju'^tizmini'it^r Regnier (später Herzog von 3Iassa) unterzeirhnet.

^) Die Ernennung ist unterzeichnet: v. Hanlenberjr, Staat^kanzlcr.

Kleinere Mittheilungen.

1. Handschriften und Handschriftliches aus und über Aachen in der Amploniana zu Erfurt.

Ausser der auf Seite 96 ff. dieses Bandes besprochenen Handschrift, welche für Aachen durch zahlreiche Einträge besonders werthvoU ist, zählt das dort mit seinem vollen Titel angeftlhrte Verzeichniss von W. S c h u m noch mehrere andere Handschriften der Amplonianischen Sammlung auf, die durcli ihren Inhalt oder durch ihre Angaben ttber Entstehung oder Besitzer oder dadurch, dass die zum Einband benutzten PergamentstUcke aus Aachen stammen, von Interesse sind. Sie verdienen eine kurze Erwähnung an die- ser Stelle, weil ihre an sich geringfügigen Notizen vielleicht im Zusammen- hang mit andern Nachrichten nützlich werden können.

1. S. 68. Nr. 94. Pergamenthandschrift, Folio, vermischten Inhalts. Bl. 204 226: Petri de Candia quatuor principia de libris sententiarum. Am Schluss: Expliciunt 4»^ principia cum annexis quatuor questionibus col- latis multum pulchris venerabilis domini magistri Petri de Candia per manus fratris Heriberti de Werle, dum erat studens Coloniensis, quas scribi fecit f rater Johannes Gynck protunc studens Trevirensis, pro quarum mercede prefato fratri Heriberto predictus frater Johannes reddidit duas marcas pa- gamenti Coloniensis; complete quoque sunt anno domini 3ICCCCV<^ tempore osteusionis reliquiarum Aquisgrani in couventu Coloniensi.

2. S. 170 ff. Nr. 263. Papierhandschrift, Folio, vermischten Inhalts. Bl. 57 -74: Optimum kalendarium cum XII signis zodiaci et aliis multis astronomicis. Am Sclilusse: Expliciunt dicta et nature 12 signorum et com- pleta Aquis per manus Johannis de Restail anno domini 1349, in die sancti Mathei apostoli et evangeliste. Tafeln und Figuren des demnach am 21. Sep- tember des angeführten Jahres vollendeten Kalendariums sind zum Theil in Roth ausgeführt.

3. 8. 335. Nr. 63. Papierhandsehrift, Quart, um 1395, vermischten Inhalts. Einband: Sohweinslederhülle mit Lederplatte auf dem Rücken; erstcre besteht zum Theil aus einem sehr defekten Bruchstück eines Nota- riatsinstruments des 14. Jahrhunderts über Aachener Präbendenstreitigkeiten. Nichts weist darauf hin, dass die Handschrift oder ein Theil derselben in Aachen entstanden sei.

Klfinero Mitthcilun^^'n. TM

4. S. 4»''»>. Xr. 2(»(*. Penrameiitliand Schrift, Quart, (JronzMrhcidr i\vi* 13. TUkd 14. JahriiuD'WrT*. <tidlän<liv*her Herkunft. Holaii<li I'arnuMHiH rliirurKiii, EinlaD'i: Pa]-ifr*'Utter, wahrscheinlich Aktenkonzepten einen kanoiiiHclicn I*r««z«-s^t-^ dt-^ 14- Jahrhunderts entnommen, an einer Stelle ist der Sauw Lup*»Mi d^ Ayk*-ii zu lt>en. Oh nach Aachen p'höri^^^y

:». S. :i<«T. Nr. JöT. Pcnrameuthandschrift, Quart, aus d«»r ernten HillCte di-s 14. J-iLrlnndertv eniiliMher Herkunft, (iuilelnü Ockani {«»^nnic Hiinnnu. Auf dt-m l»:t^t*-n P>latt, durch Tinktur leshar von einer Hand den H. .hihr- hunden-: l*if liWr cjJt fratris Arncddi de Aquis^rano.

«. S. :»4:» t Xr. 311. Papicrhandschrift, Quart, vcrnuHcliten Inhaltn, zum Th^fl 1412 in iVventer entstanden. Bl. 77: Epist^da (Juilelnn Colo- uien^i-» ar'h!»*pi^*»pi, qua priorem quendam rey:ularium canonicoruni con- Tt-ntu-i^ Aqu*m>^i< de raorihus lascivis reprehendit. Nach der Adresse .Anfany;: O quÄDtuä ♦•rrf»r quantumque grave. .\m Schluss, aus^^er lateinischen Versen ohn*^ Bf^zi'-hnmr auf den Geirenstand des Briefes, folufcude Namen: Willem Tan Iv»nen, AJl»ert Vak, llaves Vighe, Hinricus Almen, Jo. van Hese, Wil- lem Tan He-<.% Witteken. Erzhi>chof Wilhelm von (lennep ret^ierte von i:i4y, XuTemKT 1 his ]:^;2, Scptcmher 15. Die Niederlassunjr der canonici retrulares in der Köln^itrasse ist aher erst um das Jalir 1420 geirriindet worden «vgl. Loersch in -\nnalen des historischen Verein^ für den Nieder- rhein XXI, S. 234, wo die ühritrc Literatur anirej^ehen i-.t). Vielleicht han- delt e.- -i^-h nur um eine Stilühunsj, o<ler der Brief ist ni<ht nach Aachen irf'richtet-

7. S. 732. Xr. 75. Papierhaiid>chrift, Oktav, um 1401. Richardi Biliiram tra'*tatus de pr«d)ationihus propo<itionum und Quae-ti*»n^^ d*' e<>l«-rn tra't:itu in-titutae. Einhand: Sidiweinslederhnlle, von ausvn ,,11 nov*»^* xuA ^Hatr^n**. wohl auf ErwerhunfiT aus dem Nachla^^e de* hnzt^^m w^-i^enrh Auf d^m Pererament-Vorhlatt in S4'höner Kursive d^s frühen 15. JahrhurnUn»;

a. Der Anfang des Anerbietens eine-* rnl>ekannt^rj an 'i.«^ -♦;* Jt Aachen (Aichen), ihr in ihrer Feindschaft mit den van lAw/u*. zu H . i* m ^ryden mit drissich of mit iileven".

h- Anfani? einer von „rini^ van Hunth<-ym in ^iut Ja".'»-»*r/ . i,-^ ger zu Achen*. au>trestellten Quittuuu üWr «-ine ihm \i,M ^\\ .,-• Huchelhoven s<^'h<deis zii EM'hwylre rat** auf <];;<- *^\.\\A i/m. v* *.- > - ., geleistete Abschlagszahl ujiir von 25 «iuld^ü.

Darunter ein Alphabet von luitidlen \x\A i'j *j»,'r t ...,.,,,,, ^ „Tysohin van der Hagen". Auf d* m Ku'kiia't A;*:^.';^ %•»' ,. -- . , - Versen, darunter deutsehe Ol.-^in-

Auf Entstehuntr d»'r Haud^^'hrift in Aa'j.Mi ».-t i -* i, , \, i Notiz a ist bereit*, unt^r And»utuii:/ *^iner v *•!■:/»-»] '.' f^ ..i ». . , ',,.,* . von Pick in Zeit^hritt de* Aa»heiifr t;*-^ "'..»♦-;* f - i . .- (

In der .\ufzeichnuni: b i-t s»'lh-tVHr-täij'l'j ij „-••'*' /.. -, i , Heinrich von Hrfb^lLovi n virl. v*.n njrlttf ,. r .. );, , ,. ^ , /^ . - . .,

222 Kleinere Mittheilungen.

von Eschweiler und Umgegend S. 378 f. und Zeitschrift des AacheHer Geschichtsvereins IV, S. 270, Anm. 3, VI, S. 251, sowie die von Ennen veröffentlichte Urkunde von 1398, Mai 2, Annalen des historischen Vereins ftlr den Niederrhein XXIV, S. 295.

Bonn. Loersch.

2. üie Aachener Rathswahleu in den Jahren 1581

und 1582.

Das im Folgenden nach der Originalausfertigung abgedruckte Aktenstück ' über die Rathswahlen zu Aachen in den beiden so bedeutungsvollen Jahren 1581 und 1582, in denen sich der Umschwung der städtischen Verwaltung vom Katholizismus zum Protestantismus vollzog, ist so übersichtlich abgefasst und enthält Angaben, die so sehr ins Einzelne gehen, dass eine Erläutenuig seines Inhalts durchaus überflüssig ist. Es bedarf nur weniger Worte, um es in den Zusammenhang der Ereignisse einzuordnen.

Das Dokument ist vom 18. Juli 1582 datirt, doch wurde es anschei- nend nicht sofort verwerthet. Es trägt nämlich den Vermerk: „presentatum ufm Rathause zu Achen den 2. Martii 1584". Es wurde damals den kur- trierischen und kursächsischen Gesandten Johann Zant von Merl und Konrad Keck, Wolfgang Eulenbeck und Hans von Seidlitz überreicht, die als 8ub- delegirte der von Kaiser Rudolf II. am 22. Oktober 1583* mit der Unter- suchung der Aachener religiösen Wirren beauftragten Kurfürsten Johann von Trier und August von Sachsen in Aachen erschienen waren. Die Ver- handlungen in Aachen dauerten vom 23. Februar bis zum 7. April 1584, den Bestimmungen des kaiserlichen Auftrags entsprechend wurde die Ent- scheidung über alle wichtigern Punkte Kaiser Rudolf II. anheimgegeben*. Auch in Sachen der streitigen Rathswahl von 1581, deren Hergang sowohl damals als auch späterhin bis zum Jahre 1598 des öftern als entscheidendes 3Ioment in den Verhandlungen angeführt und nebst den aus ihr entstandenen Verwirrungen von beiden Seiten als Beweismittel für oder wider die Berechtigung der protestantischen Bewegung in Aachen, speciell als durchschlagendes Argu- ment für oder wider die Rechtmässigkeit des in den Jahren 1581 1598 in seiner Majorität der neuen Lehre angehörigen ^fagistrats verwerthet wnrde.

') Es befindet sieh im SHchsisclien HuuptstaHtsarchiv ssu Dresden, Geheimes ^Vi'chiv, Reichsstii<lte. Lokat 10 148, in einem mehrert« Tausend Blätter umfassenden Folianten mit der Aufschrift : „Piiurte Baqji. Xaohfolg»»iide sclirilVen sind in wehix»ndt*r kaiserlicher commission, so den 16. Febniarii st. v. anno 1ÖH4 in der stat Aach stroi- ti^en Sachen daselbst angestalt, den keiserlichen subdelegirteii commissarien tiberreicht worden.**

2) Kopie des Kommissoriimis im Archiv der evangelischen G<*meindo in Aachen, R. VI, 2. Vgl. auch Meyer, Aachensche Geschichten I, S. 487; von FUrth, Beitrüge lind Material zur Geschichte der Aachener Patrizierfamüien LT, 2, S. 60 und Anhang S. 10 unten; Bezold, Briefe des Pfalzgrafen Casimir IL, Xr. 250.

^^ Meyer a. a. O. I, S. 488.

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224 Kleinere Mittheilun^en.

Verzeichnus

wie der ratli anno 80 und 81 vermög der gaffelbriefen ^ luul alter rathsordminge versetzt und angestelt worden.

Wir burj^crmaister, schöfifen und rhat des könig^lichen stuels und freyer des heiligen reichs statt Aach thun kund und zu wissen biemit jedermennijr- lieh, wiewol schier durch das ganze römische reich gnugsam ruchtpar und offenbar, was maßen ettliche unser catholischen hiebevoir gewesener raths- verwandten ganz frevelmuttig und hochstrafwürdiger weiß von dem rath alhie aus- und abgetretteu folgeutz aus lauter gefaster eher- und rachgeirig- keit die benachtparte ein- und ausländische fursten gegen diese statt der- maßen auf unwairhaft und zu milt furprachten bericht angereizt, das der- selben alle paß und weg, gewerb, narung imd victualien eine gute zeit versperret und abgestrickt, diese statt auch rings umbher anders nit als feintlich belagert worden, jedoch, dieweil dieselbe dergestalt aus- und abge- wichene sich noch unlängst sowol in otfen hin und widder ausgangenen schreiben als sunsten für der statt ordentlich aufgestelte obrigkeit und daß dieselben als der mehrerer theil den rath und statt Aach representiren solteu (jedoch mit verschwiegener wairheit und ganz unverschämpter weiß) aus- und angeben dürfen, so erfordert unsere notturft nit allein, wie es hiermit in beständig unwiddersprechlicher wairheit eine gestalt, damit solichen leut^^n in diesem irem und dergleichen unerfindlichen ausschreyen ferner kein glaub zugestelt, sunder auch, wellicher gestalt und wieviel ihrer jedesmals ab- und ausgewichen und den hochsträflichen handel widder ir eigen Vaterland angespunneu, wieviel auch derselben und sunsten andere, so aus forcht und Verleitung aus der statt sich begeben, widd(irumb einkommen, und letstlich, welliche und wieviel dieser Sachen rädelfurer und andere sich noch heutigs tags außerhalb der statt verhalten, eigentlich anzuzeigen und am tag zu bringen.

Anfengklich zu wissen, das in der statt Ach zweyerley räth, nemblich der groiß rath, so mitsamt zweyen hern bürge rmeistcrn hondert acht und zweinzich, der klein rath aber vier und vierzich personen begreifen, all und jeglichs jairs nach uralter wolhergeprachter gewonhcit vermöge der alten gaffel- und zunftbriefen auf s. Johans abend des Teufers* ttbermitz der vierziehn zunftgeschickten (wie man dieselbe von alters also nennet) freyer wähl votieren und umbstimmen auf- und angestejt wird, wellichen auch, nemblichen des groiß raths personen oder gaifelgeschickten, vollkom- mene macht und gewalt haben, alle und jeglichs jairs tibermitz dergleichen freien votiren zwien burgermeister wie ingleicheu der statt zwelf furnehme amptsträger zu erwehlen.

*

^' IVr (ruttVlliiiet stammt bckauntUch vom 24. XovomluT 1450. In demselben Bando des Dresdener Hauptstaatsarchivs finden sich mehrere aus dem Ende dos 16. Jahrh, stammende Abschriften desselben.

«) 'l\. .luni.

Kl« mere MillheiJunpen.

oo;,

kfcX 9ci zttgccniren, das in kraft sollicher löblich uralter k('>v<>"- A^^wicbeDesd der gferinger zal 80t<*n Jair umb Urbanl ' a:t, Mmblktei Leonhardt von dem Hoff und IVter von Zievot, Jc4u LoDtxen und Simon Engolbrochtf de^ Jaint ab^an- WLgeaiifcfci<u-reB, so jedesmal^ nach irero abntand in no^HlfolKondiMu biiadilick, des mhs verplieben, nachfolKonde rathttporNoiicn und ampiutric«r £re^e:^s und aufä new erwelet worden.

heh iB md aber

KkiDes raths Ton der zunft der Stern gtnaat

hts Su^nii- geschickten |T>'i£ raits

Von wegen der Werkmeister ninft kleines raths

I>er Werkmeister zunft geschickten groß raths

Der zunften zum Bock kleines ratha

Derselben zunft zum Bock geschickten groß raths

Beekerzunft kleines raths

Der becker zunft geschickten groiß raths

{

{

{

{

Johan von Pieren. Albrecht Schrick ».

(tregorius von Wilro \ Mathris Bück. Wilhelm von Wilro«. Johan von Wilro '. Wilhelm von DaG^lonk. Johan Elreborn.

Frank Block der alter. Lconhard Erardus.

Theiß Biesen. Matheiß Peltzer. Peter Radermachcr. Theiß Vischer. Zillis Biesen. Theiß Clücker.

Leonhard von Kirchrat, Frantz von Zievel.

Laurc iz Wolf.

Franz Clocker.

Johan van Geilenkirchen-

Wilhelm Ernst.

Peter Peltzer.

Wilhelm HaußmamL

Rochus Köumann. Johan Feibis.

Clanß Pjn-

Friderich von }lt:n(^ur4i Thonis Syben, Bernhard Khnm-^n. Gillis ZimmtTihHü. Korstgen von Zw)i;rt>^i

<; 25. MaL

•) Am Rande: Nacbdem derselV/er »ich in d^r/* r»*i# ht.'.', >J v* *y' ^ * ' h > * 't * » gfate «ext im rath sitsen plieben. ist er folgwnt« urj*^ y^^r »• U ^ . /* t. > t ^ *

•) Am Rande: Im 81. jair aiiJigewir;h«]x uiA »tii**. '>!*{/'///■ -# ■/ -'; i' *.--' »'/-» A#-^' di^ jair der raütsoriüiii^g nach abgan^ii.

I

226

Kleinere Mittheilungen.

Fleischewer zunft klein raths

Der fleischewer zunft geschickten groiß raths

Loeder zunft kleins raths

Loeder zunft geschickten groiß raths

Der Schmidt klein raths

Der Schmidt geschickten groiß raiths

Der kupferschleger klein raths

Kupferschläger zunft geschickten groiß raiths

Krämer zunft kleines raths

Krämer zunft geschickten groiß raths

Zimmerleut zunft kleines raths

{

{

{

{

{

Peter von Ketteniß. Kerstgen Meeß.

Gerlich Nuthen. Leonhard Nuetcn. Johan Nueten. Clauß Stärtz der alt. Simon von Kettenis. Lamhrecht Nuethen.

Gillis von Morßhach. Johan Zink.

Joest von Beeck. Dioneiß von Thenen. Gerlach Zink. Hans von Thenen. Theiß Kraeborn. Gilliß Zink.

Jacob von Rath. Theis Biermans.

Herman Schöler. Leonhard Sperenmecher. Johan Lontzen. Peter Clotz. Laurenz van Drimbom. Quirin Beissel.

Peter Ortmans. Bleß von Dalliem.

Wilhelm Zinck. Jacob von Eschweiler. Jordan Peltzer. Peter Spillenmecher. Gillis Momma. Edmund Schardeniel.

Heinrich Zimmerman. Simon von der Heggen.

Peter Schardeneel. Gerhard Hey man. Peter Schardeneel der alte. Simon von Houssen. Arnold Steinmetzer. Christoff von Holseth.

Theus von Luitgen. Peter von Gelehn.

Kleinere Mittheiluuffeu.

227

Zimmerleuth geschickten groiß raths

Schneider zunft kleines raths

Schneider geschickten groß raiths

Pelzcr zunft kleines raths

Pelzer geschickten groiß raths

Schohmächer zunft klein raths

Schuster geschickten groß raths

Bierhrewer kleins raths

Bierhrewer geschickten groiß raths

Der stat rentmeister

Der stat bowmeister

{

{

{

{

{

Neiß Königs.

Peter Bourman.

Clauß Trauffel.

Theis Staufsack der junge.

Johan Koß.

Arnold Keuchen.

Johan Pannel. Wilhelm Butten.

Erasmus von Kanderath. Ruland von Hochkirchen. Johan Knyff. Paulus Gatzweiler. Cornelis Clermont. Johan Rosen.

Hanß Vischer. Dietherich Huesch.

Jacob Herman der alt. Gillis von liammerstorf. Thomas Lodderbein. Dam von st. Salvator. Claeß Herman. Wilhelm Fischer.

Heinrich von Gangelt. Peter Kipp.

Daem von Rait. Johan von Gaugelt. Goert Beißel. Amolt von Mertzen. Adam auf die Kuchen. Gillis von Rait.

Johan Tomisch. Thonnis Wimmer.

Johan Königs. Johan von Schwirten. Johan Lerß. Gillis von Erklenz. Franz Schier. Heinrich Welters.

Simon Engelbrecht, alter burgenneister. Mattheis Schrick.

Albrecht Wolf. Gothard Duppcngießer.

15

\*

228 Kleinere Mittheilungen.

{Joest von Beeck.

Vaeß von Colin. Johan Thielen. Herman Bertholf. Adam Pastor. Adam von Zievel. Wernher von Colin.

Leonhard Engelbrecht.

Neunmänner, so alle der stat einkommen empfangen und auf der hern rentme ister Ver- ordnung ausgeben undbezalen, machen auch neben negstvö- rigen ambtsträgcm im groißen rath eine, nemlich die 15. zunft und stim

Als nu in negstgefolgtem 81. jair für Urbani abermals altem brauch nach zu Versetzung des raths und dessen ämpter, eirstlich aber zu erwelung der newen Werkmeister in beisein aller obernanter gaffelgeschickten, so neben den kleinen den großen rath, wie oben, machen, geschritten werden soll, haben etliche catholische rathsverwanten auf die erkome Werkmeister Matheißen Peltzer, alten burgermeisteren, und Joesten von Beeck, beide zu vilmal zuvor gewesene ratzfreund und amptsträger, so sie, die catholische, selbst am negstvorigen tag erwelen helfen, aus dem fundament, das dieselbe der religion zugethan, getadelt, derwegen dieselbe ab- und andere, so catho- lisch, anzustellen am heftigsten getriben. Darüber dan und von wegen der- selben erweiten Werkmeister bevorab Mattheißen Peltzers zu verthädigung dessen eheren zwischen den catholischen und religions zugethonen ratsver- wanten eingefallenen harten gesprächs Leonhard von dem Hoff, burgermeister, sampt noch etlichen andern catholischen mer aus dem rat abgetreten, wie ingleichen, als femer auf gerurt Urbani zu der newer burgermeister wähl verfaren werden solt und der ganzer groß rath gewonlicher weiß darzu be- rufen, haben sich nachbenante catholische rathsverwandtc aus dem fundament und grund, das sie keine andere burgermeister, ratsverwanten noch amptz- träger dan eitele römische catholische angestelt zu werden entlich gewilt (welliches doch der alter rathsorduung, bevorab des raths im negstverfloßnen 74. jair einhellig überkommenem bcschluss craft welliches beide, catho- lische und der religion der Augspurgischer confession zugethone zu burger- meister und rathssitzen ohne underscheit anzunemen verordnet zuwidder) vom rath abgesundert und auf ein ungewontlich ort auf dem rathauß zusam- men gethon, nemblichcn:

1. Leonhard von dem Hoff, 2. Albrecht Schrick, 3. Gregorius von Wilre, 4. Matheiß Beck, 5. Wilhelm von Wilre, 6. Johan von Wilre, 7. Wilhelm von Daßdunk, 8. Johan Eilerborn, 9. Theiß Biesen, 10. Peter Radermecher, 11. Theiß Fischer, 12. Zilliß Biesen, 13. Thonis Klöcker, 14. Leonhard von Kirchrat, 15. Franz Klocker, 16. Johan Fibis, 17. Claes Pyn, 18. Fridrich vonj Hergenrat, 19. Gillis Zimmermann, 20. Kerstgen von Schwierten, 21. Peter von Ketteniß, 22. Kerstgen Meeß, 23. Gerlach Nueten, 24. Leonhard Nuethen, 25. Johaii Nueten, 26. Clauß Stertz der alte, 27. Simon von Kette- niß, 28. Larabrecht Nuethen, 29. Gerlach Zink, 30. Hans von Thienen,

■■ M

31. Jacob von Ratk, 32. Simon von Hau^-en, 33. Peter Boarman, 34. Erasmus von Randenrat, 35. Johan Knyf, 'S*}. Hins FL- :h r. 37. Di-therich Huesch, 38. Jacob Herman der alt, 39. Gillis Ton LamiLexst^ rl 40. Thomas Lodder- bein, 41. Dam von s. Salvator, 42. Dam vun Rdit, 43. Gi.»ert Bei>3cL. 44. Gillis von Rait, 45. Johan Tomhch, 46. Th<j»nLs Wimmar, 47. Johan Königs und 48. Johan von SchTvicrten.

Wellicher jetzt angezeigter ausgetretener pers^jnen in der anzal nur acht und vierzig zu finden. Und dieweil der ganze rath, wie oben vermelt, hundert und acht und zweinzich häupter be^^eitt, so seint schier die halb- sc'heit meher, nemblich achtzig ratzpersonen, darunter nit allein funfziehen, so der catholischen religion zugethan, sunder auch alle zwelf der statt eheren amptsträger (ausgenommen eines burgerme isters Leonhards von dem Hoffe) imd also maior et melior et sanior pars in der gewönlieher rathsstubcn ver- pliben, und seint also dtirch dieselbe ordentlicher wei:j mit dem meherem theil der stimmen vermög der gaffelsbriefen und alter rathsordnung zu bur- germeistem Johan Lontzen und Simon Engelbrecht erwelet worden*.

Obwol nun der gering ausgetretener theil zu etlichen malen auch uber- mitz notarien und gezeugen sich gehorsamblich widderamb einzustellen und von irem strafwürdigen fumehmen abzustehen ersucht worden, so seint sie doch in sollicher geringer anzal furgefaren und gegen ire geleiste rathseit (wellicher neben meher andern diese Wörter austrucklich einhelt: Vort den burgerraeisteren zur zeit gehorsam sein, ewem besten sin up eweren eid sagen, der meister part im rath zum gemeinen urbor und der stede beste alzeit gefölglich sein etc.) Albrechten Schreck und Johannes Fibis zu iren bur- germeistem, doch vermeint und nichtiger weiß aufgestelt.

Und ist gleichwol nach dieser hochatrafwurdi glich furgenommener Sepa- ration gefolgt, das nit allein dieselbe, sunder auch die domals under gemei- ner burgerschaft durch Verursachung der widderwert igen und anderer ent- standene commotion und was darunter allerseits furgelaufen, mit ewiger oblivion imd vergeß desselben genzlich aufgehaben und sich gutlich mit elnandem verglichen, die in gewerter Separation zu beiden theilen erwölte bnrgermeister von iren ampteren williglich abgestanden, ihre schlüsseln in bänden des voriges jairs gewesener bürge rmeisteren bis zu einer newcr bur- germeister wähl gutlich übergeben und also nit allein die vermeinte unor- dentlich aufgestälte bnrgermeister Albrecht Schreck und Johan Fibis, sunder auch alle andere obspecificirte abgetretene catholische rathsverwanten ire gewonliche rathsplatzen widderumb angenommen, der stat Sachen rathsweiß vertreten und folgenz in kraft beschehener vergleichung aufs new burger- meister erwehlen und beeiden helfen, ausgenommen das alspalt nach getrof- fener Vereinigung die drei gebrudere und vetter, Gregorius, Wilhelm und Johan von WiLre (sampt der stat gewesenen secretarien, sich in so viele weg an eid und pflichten gröblich vergessenen magister Johan von Thenen)

-_

») Vgl. die AusfUhrangen bei von Fürth a. a. O. H, 2, S, 52 ff.

230

Kleinere Mittbciluii<?en.

aus der stat sich begeben und aber die andere zuvor abgetreten folgenz Widder zu ircn ratbssitzen getretene catholische ratsverwanten nit allein bis auf das negsgefolgt Johannis fest' anno 81, als der rat ge wonlicher weiß versetzt und sie denselben versetzen helfen, sunder auch etliche zeit darnach sowol im rath als in der stat verpliben. Und ist der rath do- mals nachfolgender gestalt verplieben und angestelt worden :

Alte burgermeister

Sterns klein raths

Des Sterns geschickten groiß raths

Werkmeister zunft kleines raths

Werkmeister geschickte groiß raths

Der zunfteu Bocks klein raths

Bocks geschickten groiß raths

Becker zunft kleines raths

{

{

{

{

Leonhard von dem Hoff *. Peter von Zievel.

Albrecht Schrick'. Bonifacius Colin.

Wilhelm von Wilre*. Wilhelm von Daßdonck. Johan Ellerbom. Jacob Pastoir*. Anastasius von Segrat. Johan Cholin.

Mattheiß Peltzer. Joest van Beeck.

Peter Radermecher. ZiUis Biesen. Theiß Klöcker. Leonhard Erardus. Jacob Scherberg. Andries Syben.

Franz von Zievel. Dieterich Verken.

Wilhebn Ernst. Peter Peltzer. Wilhelm Haußmann. Johan Schaut emel. Heinrich Roß. Libert Freintz.

Johan Seh illink. Theiß Loder.

») 24. Jnni.

*) Am Bande: Dieser ist diimach ausgewichen und aber eine lange zeit in der stat verpliben.

*) Am Bande: Ist, wie oben, ausgewichen, aber dieß jair von dem rath der Ordnung nach abgangen.

*) Am Bande: Ausgewichener, abiT nach der Ordnung abgangen.

') Am Bande: Der fünfter ansgowichener und im folgenden 82ten jair nach der oninung abgaiigen.

Kleinere Mittheilungon.

231

Becker geschickten groiß raths

Fleischewer klein raths

Fleischewer geschickten groiß raths

Löder zanften kleins raths

Löder geschickten groiß raths

Der Schmied klein raths

Der Schmied geschickten groiß raths

Kupferschläger zunft kleins raths

Knpfcrschläger geschickten groß raths

{

{

{

{

Bernard Koumans. Gillis Zimmermans*. Kerstgen von Schwiertcn. Dahm von Eschweiler. Johan von Amel. Johan von Schwierten.

Kerstgen Mceß*. Johan Meeß.

Clauß Startz. Simon von Kettenis. Lambrecht Nuethen. Balthasar von Kettenis. Peter Startz. Johan Startz.

Johan Zink. Leonhard Korstman.

Hans von Thenen. Gillis Zink.

Gillis von der Capellen. Johan Herbrand. Hein von der Capellen. Johan van Astenet.

Theiß Biermans. Leonhard Panzer.

Peter Clotz. Laurenz von Drenborn. Quirin Beißel. Rochus von Drenborn. Hans von Richtergen. Leonhard von der Bank.

Bleß von Dalhem. Peter Verken.

Peter Spillenmecher. Gillis Momma. Emnnd Schani iii^l. Peter Amin. Wilhelm Momma. Theis von Dalhem.

*) Am Rande: Dieses ist aucli anfenklich einer der ausgewichenen gewesen, «iKrr aUpalt widdenunb einkomen.

*; Am Rande: Sechster ausgewichener und in gefolgtem 82ten jar vermiig der ortin ong abgangen.

232

Kleinere Mittheilunp^en.

Der krämer zunft kleins rathä

Der krämer geschickten groß raths

Der zimmerleut kleins raths

Der zimmerleut geschickten groß raths

Schneider zunft kleins raths

Schneider geschickten groiß raths

Pelzer zunft kleins raths

Pelzcr geschickten groiß raths

Schuhmecher klein raths

Schuhmecher geschickten groiß raths

{

{

{

{

{

Simon Ton der Heggen. Wilhelm Braun.

Pet«r Schardinel der alter. Simon von Hausen. Arnolt Steinmetzer. Heinrich Hanßen. Servaes von Collen der alter. Matheis Elermont.

Peter von Gelheen. Theiß Stoufsack der alter.

Theiß Stoufsack der junger. Johan Roeß. Arnold Keuchen. Wilhelm Woulf. Arnold Wolders. Paulus von den Weyer.

Wilhelm Kutten. Wilhelm Koch der alter.

Paulus Gatzweiler. Cornelius Clermont. Johan Rosen. Winand Schmits. Wilhelm Lontzen. Joeris von Urßfeld.

Dietherich Huesch. Wilhelm Spillenmecher.

Daem von st. Salvator. Clauß Herwärts. Wilhelm Fischer. Jacob Ilerwartz der jong. Gerhard Bohr. Theiß Kreintzgen.

Peter Kipp. Ludwig Musch.

Arnold von 3Iontzen. Adam uf die Kuchen. GiUis von Rhat. Gerhard Beyer. Johan von Boßeler. Sander von der Siirten.

Kleinere Mittheilungen.

233

Bierbrewer klein raths

{

Bierbrewer geschickten groß raths

Rentmeister

Weinmeister

Bawmeister

{ {

Neunmänner, wie oben beampt

Thöniß Wimmer K Johan von Sittart*.

Gillis von Erklenz. Franz Schier. Heinrich Welters. Arnold von Savelsberg. Fauckhen Fibis. Leonhard von Savelsberg.

Simon Engelbrecht, alter burgermeister. Mattheiß Schreck.

Leonhard Engelbrecht.

Albrecht Wolf. Godhart Duppengießer.

Servaß von Colin.

Johan Thelen.

Adam Pastor.

Adam von Zicvel.

Wernher von Colin.

Joest von Beeck der junger.

Als nun diese des raths nach altem brauch beschehene anstellung die sämptliche catholische widderumb zu iren ratzsitzen getretene ratsverwanten verrichten helfen, seint unlängst darnach den andern dreien zuvor, wie oben, ausgewichenen gebrueder und vettern von Wilre und Johannes von Theuen aus der stat Albrecht Schrick, Thonis Wymmar, Johan von Sittart und Gillis Zimmerman als in gesagtem der geringer zaal Sl^eu jair gewesene ratsverwanten gefolgt, inmaßen das auf zeit, nemlich in den monatea sop- lembri und octobri jetzt gesagtes 8Ito»^ jairs, als der erbaren deputierter freien und reichsstett^ Straßburg, Ulm und Frankfurt abgeordnete gesantcn alhie gewesen, sich nur sieben ratzverwantcn, so allein neben dem dechanton Fuchs und Johannen von Thenen dieser sachen verlauf zu soUichcr Weiterung and höchster dicker stat gefahr bei den benachparten furstcn gebracht,

*) >) Am Bande: Nota, Dor siebent und achter ausgowicheno, in jetzig und pfofoljj- tem etc. 8lten [so statt H2t€n] jair nach dor ordnunj? widderumb respective abgaufjon. Vnd Heiut <lieäe obgezeignete aclit neben Leouhurten von dem Hoff, ahom burgermeiater, 'Üp neun des raths ab- und uusf^etretene.

'j Auf dem Städtetag zu Speyer im August irxsl. der wegen der Aachener Wirren beruht! worden war, war die Abordnung dieser Gesan<ltsebatt beschlossen worden dl übe rl in, Neueste t«utsche Heichsgeschichte XI, S. 4>i tf.). Die Gesandtschaft ver- handelte sowohl in Aachen selbst mit beiden Parteien uuvl erwirkte am 4. Oktober 1541 •las s •fj.'uauut^» Paeifikationsedikt (»lem sich jedoch nicht alle Katholiken unterwarfen), rtl-i Rn<h in Hambach mit dem Herzog von Jülich (am 21. September 1581; diese Ver- liait<Uangen waren fruchtlos). .Nilhem Aufschluss über diese Gesandtschatt bieten das Msr. 15 des Aachener Stadtarchivs, dos Archiv der evangelisfhcn Gemeinde in Aachen, *iA!» Htaataarchiv Münster, Landesarcluv Nr. 468 und das Allgemeine Reichsarchiv in München, Aachen Reirhsstwlt Nr. 1.

234 Kleiuere Mittlieilungen.

ausserhalb der stat verhalten. Und aber irer etwan drei des rath:^, ncmblich Leonhard von dem Hoff, Wilhelm von Daeßdonk * und Jacob Pastoir in der stat plieben und gleich wol im rath zu erscheinen sich verweigert.

Jedoch seint die andere des jairs verpliben und aufs new angestelte catholische ratsverwante (deren ungefärlich fünf und vicrzich gewesen) gemeinlich im rath neben den anderen ratsverwanten erschienen, und lauten dieselbe mit namen und zunamen also :

1. Bonifacius Colin, jetziger burgermeister, 2. Johan Ellerbom, 3. Ana- stasius von Segrat, 4. Peter Radermecher, 5. Zilliß Biesen, 6. Theiß Klöcker, 7. Libert Freintz, 8. Johan Schillink, 9. Theiß Löder, 10. Kerstgen von Schwierten, 11. Kerstgen Meeß, 12. Johan Meeß, 13. Clauß Startz, H.Simon von Kctteniß, 15. Lambrecht Nuethen, 16. Balthasar von Ketteniß, 17. Peter Startz, 18. Johan Startz, 19. Johan Zink, 20. Hanß von Thenen, 21. Gillis von der Capellen, 22. Johan Herbrand, 23. Hein von der Capellen, 24. Leon- hard Panser, 25. Laurenz von Drinbom, 26. Quirin Beissel, 27. Rochus von Drinbom, 28. Hans von Richtergen, 29. Wilhelm Braun, 80. Peter Schardincl der alt, 31. Simon von Hausen, 32. Matheis Klermund, 38. Wilhelm Wulf*, 34. Comelis Clermont', 35. Joeris von ürßfeld, 36. Dietherich Huesch, 37. Wilhelm Spillenmecher, 38. Daem von s. Salvator, 39. Ludwig Musch, 40. Gillis van Rath, 41. Grerhard Beyer, 42. Arnold von Savelsberg, 43. Fau- chen Fibis, 44. Leonhard von Savelsberg, 45. Adam Pastor.

Als nun die feindliche versperr- und belagerung gefolgt*, haben sich noch aus jetztemanten rathsverwanten nachfolgende personen zum theil aus forcht, zum theil auf anreizung der zuvor siben, wie oben, ausgewichener rathsverwanten aus der stat begeben, wie folgt :

1. Leonhard von dem Hoff, 2. Jacob Pastoir, 3. Johan Ellerbom, 4. Johan von Amel, 5. Hans von Thenen, 6. Wilhelm von Daeßdonk, 7. Gillis Zimmerman, 8. Kerstgen von Schwierten, 9. Clauß Startz, 10. Lambrecht Nuethen, 11. Dieterich Huesch, 12. Daem von s. Salvator, 13. Gillis von Rath, 14. Gerhard Beyer, 15. Arnold von Savelsberg, 16. Fouckhen Fibis und 17. Theis Klockher.

Jedoch seind diese sibenzihen alle, ausgenommen Leonharden von dem Hoff, Jacoben Pastoir, Johannes von Amel und Hanß von Thenen, widderumb einkommen und haben der stat magist rat für ire'gepurlich ordentliche obrig- kcit erkant, auch bei dero als gehorsame burger zu halten und zu leben ubcrmitz von sich gegebener handglobten zugesagt.

Und ist aus diesem allem augenscheinlich abzunehmen, das nur sieben personen, so im jair etc. 81 des raths gewesen, uemblich Albrecht Schreck, Georg, Wilhelm und Johan von Wilre, scheffen, Thonis Wymmer, Johan von

>) Am BAnde: Ist auch ftusgewichen, aber widderumb einkommen.

*) *) Am Bande nachgetragen.

*) Von Seiten Jülichs und Lüttichs.

Klciuere MJttheilungen. 235

Sittart (l)ei(lo ircs hantwerks bicrbrawer), Johan von Amel und Jelis Zimracr- man ' (beide brotbecker) sich allenthalben, sowol bei der keiserlichcr raajostät unserra allcrgnädigsten hcrn, den benachbarten chur- und fursten, als auch auf stett und kreißt ägen für dieser stat ordentlich furgestelte obrigkeit, und das sie, diese sieben, als den mehrer theil die stat und rath zu Ach repräsentiren solten, ganz unverschampt, unwairhaftig so schrift- als mund- lich hochstrafwürdiger weiß auszugeben understehen dürfen, da doch oben genugsam angezeigt, was maßen der rath auf zeit, als jetztgemelte siben aasgewichen und irer noch drei, so dem rath nit beiwonen wollen, in der stat verpliben, der rath domals noch über die hondert und ziehen personen st^rk gewesen und also (sollicher ziehen mutwillig hochstraflicher weiß aus- und abgetretener ratzverwanten unangesehen) gemeine statt und burgerschaft ohne einig befugt widdersprechen der zeit thetc representiren und niemand anders, als dieselbe darfur zu halten gewesen. Und folgen namen und Zunamen derjenigen, so in negst abgewichenem 81*^^ jairs des raths gewesen und noch jetzt aus verplieben, als uemblichen:

1. Leonhard von dem Hoif, 2. Albrecht Schreck, 3. Wilhelm von Wiln*, 4. Johan EUerbom, 5. Jacob Pastor (alle vier scheffen), 6. Johan von Amel, beckcr, 7. Hanß von Thienen, loeder, 8. Thonnis Wimmar und 9. Johan von Sittart, beide bierbrewer*.

Und ist es jetzo an dem, dieweil der rath in jetzigen 82*^» jair auf negstverschienem Johannis des Tcufcrs, wie von alters herkomen, versetzt, das keiner von jetzt emanten achten dieß jairs des raths (außgenommen Jacoben Pastoir) verplieben.

Was aber gemeine burger, so des raths nit gewesen und theils aus forcht der Burgundischen dieser stat einnehmung, theils auf bescbeh(^ne anreizung der sieben ausgewichenen und anno etc. 81 gewesenen rathspersonen und ires anhangks aus der statt sich begeben, betrifft, mögen dersellnm in all, soviel man deren nach fleißiger nachforschung erfarcn können, etwan in in die hundert und wienig über siebenzig gewesen sein, deren gleichwol eine große anzal berait widderumb einkommen, auch den domals in vielgesajrtom glt4>n and jetzigen 82t«n j-iren respective angostelten magistrat für ire ordentlich gepurliche obrigkeit erkent und sich wie eherlich und gehorsamen bürgern zusteht gepurlich erklert und angeboten. Darunter auch etliche be^iflfen, so Albrecht Schreck, Wilhelm von Wilre, Thoniß Wymmar und Johan von Sittart in ire vermeinte gegen einem 'erbaren rath in Schriften ausgegangene protestation bcnäntlich gestelt und aber, das sie in solliche protestation nit verwilligt, vielwieniger der zeit zu Gulich sunder domals an andern örteren gewesen sich erklert und sunsten angedeute vermeinte protestation öffentlich widdersprochen. Und seint der widderumb einkommen namen und zunamen wie folgt :

'j Am Rande: Ist darnach wiederumb einkommen.

*y Am Rande: Diß seint die noun, so sich xinverschttmptor weiß für burgormeistcr und rath der stat Aach ausgeben doiien.

236 Kleinere Mitthcilunofen.

1. Mattheiß Fischer, 2. Hans Fischer, 3. Gillis von Rath, 4. Hieronimus von Randerath, 5. Johan Kranz, 6. Nellis Sterck, 7. Joris von Merzenich, 8. Heinrich Windenburg, 9. Johan Hunten, 10. Clauß von Tienen, U. Gillis Bicrman, 12. Lambert Xuethen der junge, 13. Peter Wilerman, 14. Wilhelm Nucken, 15. Thonis von Heinbach, 16. Clauß DoUart, 17. Heinrich Mouß, 18. Peter von der Kalterherberg, 19. Nicolauß Becker, 20. Heinrich Lauten, 21. Johan Bart der jung, 22. Johann Keuter, 23. Gerhard Morenfell, 24. Dietherich Gueden, 25. Paulus von Luitgen, 26. Arnold von Dulken, 27. Johan von Erberich, 28. Peter Gesund, 29. Theis Biesen, 30. Joris Hunten, 31. Heinrich Kern, 32. meister Johan Krämer von Diest, 33. Egbert Egberts, 34. Adam von Tomich, 35. Theis Startzen, 36. Johan Bück, 37. Leonhard von Bockholz, 38. Jacob Han, 39. Jacob von Immendorf, 40. Comelis von Ketteniß, 41. Johan Rutger, 42. Wilhelm von Kirchrat, 43. Bitter von Housen, 44. Dietherich Playoul, 45. Philips Moren, 46. Peter Krewen, 47. Gerhard Bischof, 48. Johan Burgerhauß, 49. Arnold Fischer, 50. Joris von Helchrat, 51. Martin Sädeler, 52. Paulus von Ketteniß, 53. Hein- rich von der Bank, 54. Claus Kuechen, 55. Peter Moren, 56. Johan Struiß, 57. IJelman Stalschmid von den Zweivel, 58. Zacharias Prent, 59. Zillis S( hörn, 60. Claes Gillis, 61. Johan Kulpcr, 62. Johan Merzenich, 63. Henrich Koni, 64. Thonis Heuchler, 65. Carl Schom, 66. Reinken Kucks, 67. Johan S Ii'in, 68. Jelis Braun, 69. Johan Lintzeu von Malmanthier, 70. mcii^ter floThard Beier, 71. Matheiß Kelmiß, 72. Clauß von Wurßelden, 73. Johan Tiuland, 74. Johan Zink, 75. Nelis Kern, 76. Leonhard Kuell, 77. Adam up die Kuchen, 78. Claeß Pyn, 79. Johan von Scholl, 80. Wilhelm Ortman, 81. Johan Schenk, 82. Martin Krewen, 83. Johan Daubenrat, 84. Arnolt von Rait.

Folgen nun nahmen der burger, so sich theils noch aus der stat verr halten, theils sich hin und widder haußlich nidder geschlagen:

1. Meister Johan Thenen, der stat gewesener secretarius, 2. meister Johan Werden, scheifenschreiber, 3. Gillis Valenzien, des capitels. secretarius, 4. Johan Dammerscheit, sendgerichts Schreiber, proscribirt, 5. Peter Rader- mecher, wirt im Gulden Schwein (diese fünf seint der neun noch auspleiben- den und hiebe vor im jair 81 gewesenen ratsvcrwanten, der Sachen rädel- f uhrer, instnimcuten und Werkzeug, bevorab aber der für andern hochstrafwürdiger meister Johan von Thenen gewesen).

I. Leonhard von Kirchrodt, kannengießer, 2. Erasmus von Randenrat, tuchscherer, 3. Johan Knyf, tucbscherer, 4. Frank Block, krämer, 5. Wilhelm Brauraan, weinkaufman, 6. Jacob Moll, sehartzeuwebcr, 7. Andries Rader- mechcr, 8. Johan Heuchler, kupferschläger, 9. Hans Klöcker und 10. Martin von Costen, beide goltschmied (diese 10 samt meister Johan von Thenen seint in der vermeinter gegen einen erbaren rath ausgangener protestation neben anderen wie oben ))cnant worden).

II. Paulus Gartzweiler, bader, 12. Heinrich Eikholz, des capitels keiner, 13. Johan Engelen, zingießer, 14. Alexander Bawr, leifclmecher, 15. Simon

Kleinere Mittheil uugen. 237

Newstat, farber, 16. Theis von Beeck, löder, 17. Daem von Rath, Schuhmacher, 18. Johan von Warseiden, krämer, 19. Karl Koerhan, täschmccher, 20. Simon Henchler, kesselschläger, 21. Heinrich von Höningen, kurßner, 22. Johan Man, krämer (diese zwelf seint nit die geringsten der sachen anstifter und Ver- folger, wie in gleichen under den scchßig deputirton catholischen schier die fomembste gewesen).

23. Peter Tomiß, weiukaufman, 24. Jacob Roeb, pelzcr oder korsner, 25. Winand Moer, 26. Wilhelm Gillis, 27. Johan von Housen, 28. Johan von Gulich, krämer, 29. Joist von der Linden, Schneider, 30. Heinrich von f>kelcnz, 31. Gillis von Lammerstorf, bierzeppcr, 32. Herman Buchßen, ladenmecher, 33. Simon Moll, kremer, 34. Johan Loril, kerzenmecher, 35. Franz im Spiegel, weinwirt, 36. Heinrich Nucker, leinenweber, 87. Zillis Braumann, weinwirt, 38. Thonis Knyf, goltschmit, 39. Paulus Sybcu, 40. Johan Duppengießcr, krämer, 41. Johan Hongelen, 42. Theiß Schiffgen, 48. Heinrich von Kempen, becker, 44. Claes Fouckhen, gärtner, 45. Reinken in die Foens, bierbrewer, 46. Vogelhein, arbeitsman*.

Dieß alles wie furbeschricben hat sich in beweislichcr wairheit mit Separation, ein- und austretung etlicher ratsverwanten und burger zu ver- schiedenen Zeiten und in furerzelter Ordnung neben anderm verLiuf, so wir in einem der sachen summarisch verfasten bericht* ferner ausfuren lassen, also zugetragen. Dessen zu warem gezeugniß haben wir unser stat gemein insiegel auf spatium dieses furtrucken lassen.

Gkben im jair unsers hem säligmechers funfziehen hundert achtzig und zwei, am acht ziehe ntcn tag des monats julii.

L. S. Münster i. W, J, Hansen.

3. Ein böhmisches Adelsgeschlecht, das aas Aachen

stammen soll.

Vor Kurzem ging dem Aachener Geschlchts vorein die Abschrift eines aus dem 17. Jahrhundert stammenden Manuskripts zu^ worin die Entstehung

») Am Rande : Nota. Von diesen 46 seint auf teit des zu Augspurg anno 82 ge- westen reiohstags und bald darnach ihrer 14 und meher widderumb einkommen.

«) Dieser 2S Blätter iUllende Bericht (d. d. 1582, Juni 7) hat den Titel: Summa- rischer bericht, was seit den jaren der geringer zal 58 und fJO biß ins jetzig 82 jar in diesem königlichen stuel und stat Aach sowol in roligions- als andern politischen Sachen sich zugetragen und in was hochboachwerlichen stand dioselb domals gerathen. (Original ebenfalls in Dresden in dorn S. 222, Anm. 1 genannten Bande.)

«) Anm. d- Red. Herr Progj'mnasial-Rektor Dr. M. Scheins in Boppard über- sandto der Redaktion nebst der ihm vom Königl. Staatsarchiv zu Breslau freundlichst ertheilten Auskunft Über den Abdruck bei Sinapiua (s. S. 240, Anm. 1) die durch ihn angefertigte Abschrift einer aus sechs Blftttem bestehenden Handschrift des 17. JjOir- hunderts, welche Herrn Wihard zu WUds*chütz bei Trautenau gehört und deren Be- nutzung dem Herrn Einsender durch die freundliche Vorm ittlun^: des Herrn Rogiorungs- rath J. Hommclsheim m BcrUn ermöglicht wurde. Dieser ursprüiigUch sehr felüerhafte

238 Kleinere Mittheilungen.

der Burg Silberstein, gelegen am Fasse des Riesengebirges, etwas westlich von Trautenau, erzählt und das Geschlecht der Silber von Silberstein, dem jene Burg den Namen verdankt, als von Aachen herstammend bezeichnet wird. Die Redaktion dieser Zeitschrift sandte die Abschrift nach Prag an den Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen mit dem Ersuchen um Auskunft, ob sich für die darin enthaltenen Angaben irgend eine geschicht- liche Grundlage nachweisen lasse. Darauf sollen die folgenden Zeilen die Antwort sein.

Gleich die erste Durchsicht führte auf die Vermuthung, dass das genannte Manuskript ein Stück aus einer eigenthürallchen Chronik enthalte, wie sie wohl wenige Gegenden in diesem Umfang werden aufzuweisen haben. Simon Hüttel nämlich, der Verfasser der prächtigen Chronik von Trautenau, in der die Schicksale dieser Stadt von 1484 bis 1601 erzählt werden, ver- fasste noch eine zweite Chronik von der Entstehung Trautenaus und der in der Umgebung liegenden Ortschaften. Das Original scheint verloren gegangen zu sein; doch wurde mir eine alte Abschrift aus dem Jahre 1654 von dem Besitzer freundlichst zur Verfügung gestellt. Der vorgenommene Vergleich ergab die vollständige Richtigkeit jener Vermuthung.

Um den Lesern dieser Zeitschrift die Bemerkungen, die wir an diese Chronik überhaupt und an die unten folgenden Stellen daraus zu knüpfen haben, verständlicher zu machen, wird es nothwendig sein, einige Worte über die Geschichte der Trautenauer Gegend vorauszuschicken. Der ganze Abhang des Riesengebirges auf böhmischer (und schlesischer) Seite war bis ins 13. Jahrhundert herab von ausgedehnten Waldungen bedeckt. Diese bildeten einen Theil des grossen Grenz walds, der Böhmen ringsum einsohloss und bis auf die genannte Zeit als Schutz gegen feindliche Einfalle geschont wurde. Tschechische Ansiedler sind erst spät und auch dann nur vereinzelt dahin vorgedrungen, und erst durch einwandernde Deutsche wurden diese Gegenden urbar gemacht. Betrachtet man die Namen der so entstandenen deutschen Dörfer, so findet man, dass fast alle derselben auch im benach- barten Schlesien wiederkehren. Die deutsche Kolonisation in der Trautenauer (legend ist also eine Fortsetzung des gleichen Prozesses im genannten Nach- barland. In der neuen Geschichte dieses Landes von Grünhagen aber kann man erzählt finden, wie im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts der Zuzug von Deutschen nach Schlesien begann. Anfangs beschränkte man sich auf das ebenere Gebiet; in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts aber rückte man immer weiter gegen die Grenzberge vor, und nach und nach ver- schwanden hier die dichten Wälder. Besonders deutlich spricht in dieser Hinsicht eine Urkunde für das Kloster Grüssau bei Landeshnt vom J. 1249. Diesem werden dann geschenkt die Wälder bis an die böhmische Grenze und das Recht ertheilt, an Stelle derselben deutsche Dörfer auszusetzen.

uud von einem fjleichzeitigcn Korrektor nur znm Theil verbesserte Text wunie, um AufldÄning üWr den darin gegebenen Bericht zu erhalten, nach Prag gesan<lt und durch obige Mittheihmi^n in dankenswerther Weise erl:iutort.

Kleincrc Mittheilungen. 239

An Landeshut vorhci über Liebau führt eine alte Verkehrsstrasse nach Böhmen; auf dieser also kamen die Deutschen m die Trautenauer Gegend, und zwar begann diese Einwanderung um 1250. Urkunden über Dorf- gründungen hier sind leider nicht erhalten, dagegen aber für das wenig östlicher gelegene Braunauer Gebiet mehrere aus den Jahren 1253—55. Dass die Besiedlung des böhmischen Riesengebirges aber auch in diese Zeit fällt, d. h. in die Regierungszeit des Königs Przemisl Ottokar 11. (1253 78), des grossen Förderers des Deutschthums in Böhmen, zeigt eine Notiz bei dem tschechischen Chronisten Neplach; dieser meldet zum J. 1277, dass der geuannte König die Gebiete von Elbogen, Glatz und Trautcnau den Deut- schen überliess. Kurz nach diesem Jahr werden hier schon mehrere deutsche Dörfer genannt (12H9); Trautcnau selbst führt 1260 noch seinen alten tschechischen Namen Aupa, hat jedoch bereits einen deutschen Richter, und 1301 hat es schon den neuen Namen.

Diese so germanisirte „Trautenauer Provinz" nahm dem übrigen Lande gegenüber eine besondere Stellung ein. Ausdrücklich war derselben deut- sches, nämlich Magdeburger Recht zuerkannt; die Bewohner waren der Gewalt der allgemeinen Landesgerichte entzogen und unterstanden direkt dem König. Trautcnau wurde bald königliche Stadt, später eine der sog. Leibgedingstädte der Königin. Die Burg in Trautcnau und eine grosse Zahl von Dörfern der Umgebung bildeten eine der königlichen Kammer gehörige Herrschaft. Die königlichen Burggrafen oder, was häufiger war, die Pfandbesitzer der Herrschaft übten zugleich die Gerichtsbarkeit in der ganzen „Provinz" aus. Ausserdem gab es in dieser nämlich noch eine Reihe meist nicht gar zu grosser Güter, die ursprünglich wohl auch Bestandtheile jener Herrschaft gewesen, nach und nach aber an Adelspersonen oder auch Bürger zu Lehn gegeben worden waren. Diese Güter hiesseu Trautenauer Burglehen. Klagen gegen Lehnsmannen entschied ein aus ihrer Mitte ge- wähltes Mannengericht, bei dem der Trautenauer Burggraf an Königsstatt als Lehns-Hauptmann den Vorsitz führte.

Was hier in allgemeinen Zügen dargestellt wurde: die Besiedlung der Trautenauer Gegend, das Aufkommen des Burggrafenamts und der Burg- lehen, das ist der Stoff, den Simon Hüttel in seiner zweiten Chronik behan- delt. Scheinbar streng historisch, ist dennoch Alles sagenhaft. Er knüpft an die geschichtliche Thatsache an, dass im J. 1004 mit Hilfe des deutschen Königs Heinrich ET. die Polen wieder aus Böhmen vertrieben wurden, nennt aber statt Boleslaw Chrobry einen Miesko als Polenherzog. Es wird dann erzählt, wie sich beim Rückzug der Polen das Heer auflöste und eine Schaar sich an der Stelle des spätem Trautcnau niederliess imd Strassenraub trieb, bis ein Zufall zur Entdeckung und Aufhebung der Räuber führte. Angeb- lich schickte dann der Herzog Ulrich (noch 1004) den Albrecht Trautenberger von Trautenberg, um die Gegend zu kolonisiren. Durch ihn entstanden nun Traut<nau und mehrere Dörfer der Umgegend, er wurde der erste Burggraf und

240 Kleinere Mittheilungen.

verlieh umliegende Güter als Burglehen an verschiedene Personen, die nun wieder Schlösser und Dörfer anlegten. Von etwa sechzig derselben erfahren wir so die Gründungsgeschichte mit aller Genauigkeit, unter Angabe des Jahres und der Namen des gleichzeitigen Papstes, Kaisers und Böhmen- herzogs. Danach wären fast alle in den Jahren 1006 12 entstanden.

Dass ausser der schon betonten Verwechslung der Polenherzoge noch viele andere historische Thatsachen falsch berichtet oder datirt sind, wollen wir nicht weiter verfolgen. Nur auf den Gründer Trautenaus müssen wir kurz eingehen. Dem Namen desselben werden öfters noch mehrere von Be- sitzungen hergenommene Prädikate beigefügt, was an sich schon in jener alten Zeit unmöglich ist. Aber der Name Trautenberg ist überhaupt nur durch eine Volksetymologie aus dem Namen der Stadt gebildet, und der Chronist des 16. Jahrhunderts suchte dann in Geschichts- und Titularbüchem nach einem Geschlecht dieses Namens. Er fand es auch wirklich; aber diese Trautenberger von Trautenberg wanderten frühestens im 14. Jahrhundert aus der Oberpfalz ein. Sie waren durch mehrere Jahrhunderte in West- böhmen begütert, mit Traute nau hat jedoch niemals einer derselben in Ver- bindung gestanden. Dass aber der Chronist wirklich dieses Geschlecht vor Augen hatte, zeigen die vorerwähnten Prädikate, die eben Güter desselben in Westböhmen nennen. Diese Vermischung von Volksetymologie und Lokal- sage mit Chronistengelehrsamkeit zeigt sich ebenso auch bei den erzählten Dorfgründungen. So wird z. B. einerseits der Name Krieblitz abgeleitet von dem Gründer Jaroslaw Kriebl, Krinsdorf von Kaspar Krin, Trübenwasser von Hans Trüb u. s. w. Auf der andern Seite erscheinen aber als Gründer auch mehrfach Adelspersonen, die nach dem Namen des Orts sich nennen; doch lässt sich dann meist nachweisen, dass diese Prädikate von andern gleich- namigen Orten herstammen. Dass die Namen dieser Adligen meist tschechisch sind, beweist auch die spätere Erfindung, denn nach den Hussitenkriegen erst wurde die ganze Trautenauer Leimsmannschaft tßchechisirt.

Was wir hier als das Werk eines in der Geschichte belesenen Chro- nisten bezeichnen müssen, stammt nun gewiss von Simon Hüttel selbst. Als praktischer Landmesser wurde er bei Grenzbegehungen u. dgl. immer zuge- zogen. Er hatte also viel Gelegenheit, die adligen Besitz Verhältnisse der Gegend kennen zu lernen. Dass er sich mit tschechischen Besitzurkunden beschäftigte, zeigt die grosse Zahl derselben, die er in seine erste Chronik aufnahm, und die Titulaturbücher erwähnt er selbst mehrmals.

Es folgen nun im Wortlaut nach der oben erwähnten Abschrift vom J. 1654 jene Stücke, welche hier interessiren dürften; dieselben gehören dem letzten Kapitel an*, welches betitelt ist: „Wer das Schlösslein Breck- stein oder Silberstein erbauet hat".

*) Gedruckt ist dieses Kapitel bei Sinapius, Des Schlesischen Adels Anderer Thoil Oder Fortsetziing Schlesischer Curiositäten (Leipzig und Breslau 1728) S. 469—71, doch mit mehrfaclien Kürzungen und Aenderung«n im Wortlaut. Eine kurze Inhalts-

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und kü- <ter Flivi Br^i>l*ii* starb, und 5tMU Sohn SpllinuiMi«, «lo 18. Pirüt IL lnii3ii*T. 'r««"i*rr:;. ^r b^^fahl, duss t\l>or :* Tu«i' nWh i\\\v ul'. In' weht sciQeB Imütii .*>*, W: Verius^t Leib und I.oIhmi-*. Kr VPilH*!» <mc li feia leÄcjctae ^fcrur, KkV'S^r Heinriihs Toohtor, uutl *»•"<'' Ib» u I.mI Alß aber k> I»*Tr*.-'!i* i.f Flucht gaben a«6 d»»m ll.khnii^iliind, Urtud» d«» H. WoMF Um*! fcnb ^is Ab^^hi.ii von d<»m rrlnf«»'*«ln ll«dr, luM-litit »<»• li PreMair £il

Uaier Wee^, ait ferne ron Tnuittonuw, Kum t^» pw <»'» d»ul-. lo ti ftöditigeB Ber^bauem. IHe weine t<^n und kbmlen mW \V«'li> »»ud Khubni, Äagtea, sie wulneii eimm gern umb drorken Hr.»l iiiImMUmi uud bi'Ui wpMhm, «e wiusttti nirgwid wonauß. Herr Woltl' UlMol oiI.mhmo« Dit Nolh hm.I Klagen, sagt la^Lende: Ja, lieben BoiW'N.dli'U, woU lli» uH» »mm- Itiui arbeiten, biß unß (iott begnadet mit Silber odnr nM 10., I.b ^ll .u. h Brota gemmg geben. Wil euch dort Iuh wlldo Mlllniii.Mhi.M ■.'bl.'l..u. .si schürfen xaä zu suchen mein und euer (JellWU. ^ImI- im Ihm .m Im. d.u ulli wir gedcnkeiL Sie schrien alle: Ju g.ni. ILur M»I)M« -L m- m I ..mH

tenaw in die Tafema £ur Hcrberg. Oor 11. WolfT CM. I ) M ••• v .Imm

alten HentMi Burgrafen zu Trauttonuw Alb...bl |TM..Hh mIm m^' »1 ••. ImMI

und Bergwerkfreyheit auß vor Mich" und «lU« - •••- »»••»'••;••» •"•' ^••"•7'" in Brot. Schickt alle Wege 6 IVrn.boM.M Im. II). ü. m«. I.h.. , l.u «u.

und zu schrnpfen.^*

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angäbe hat Lippert.Gesohichto »mr .'^;'";; V;;;;,.;,..,.,,.,,, hu. -lu vu., IL mm IM m. |

die Schreibweise

einiresaiidten Ab&vxu>iv oi«^. —. i i. » i n^ ....

») Heraog Spitignew, roff. U^>* <»• "" obige als die beste durobgefUbri.

«) Hat keinen heisst, woran der

«) Sinapius hat Aacken, LipP"»"* ' ' *^' ,. ,. . ,,. , , , ^,

*) Gemeint ist Ghitta, Jutta JuditI«. grafen Heinrich von Schweinfurt.

*) Hs. vorsucht. -

Lippert.Geschichto dnr HOuH T 1 ,...., ,

n Abschrift sind in ocklRM Kl •♦•••" «* "

r Spitignew, reg. U^>* <" »"•

Bste durchgeführt^ ^^^^ ^^^^ , ,.^^,,, ,, ,, , ,^, ,^, ,,^, , ^^^^^

sinen Sinn; gedacht ist „.„in, h u. Im- Io.m I. Miuh K .M.mMM li tMlMM..it

jr Name Brzeczstain. wi« or *••«'

242 Kleinere Mittheilungen.

Man findet reiches Silbererz; darob grosser Jubel, Wolf Ulstet macht grosse Schenkungen. Dann heisst es weiter:

„Satze im bald geschworne Bergmeister, Schreiber, Steyger, Schulmeister, alles nach Bergwerks-Ordnung, und erbaut also in kurzer Zeit ein großen silbern Schatz, davon er erstlich das Schlößlein Breckstein erbauet. Darnach Terehret der H. Wolflf Ulstet dem Fürsten Spitigneus zu Präge mit gredigem Silberwahr, zu und auf einen fttrstlichen Tisch gehört K Da verehrt in der Fürst widerumb mit einem silbern Namen und sagt: Herr Ulstet, ihr salt hinfort Silber heißen und genent werden; wir woUen euch von Neues adeln. Sagt an, waß wollet ihr im Wappen führen ? Herr Wolf Ulstet bedacht sich kurz und sagt: AUergnedigster Fürst und Herr, dieweil mich Gott durch Bergwerck begnadet, so wil ich mir zu gutten gedechtniß einen schwarzen Kayl im Schiide führen in einem rotten Felde*, dieweil die Berghauer Tag und Nacht arbeiten, so bedeut die rotte Farbe daß Feyer. Ich bin kein Do- nirer^ begehr einen zugethanen Stechhelm nach Kriegesleute Brauch. Und dieweil ich auß der Stadt Aachen* gebürtig bin und dieselbe Stadt einen schwarzen Adler zum Wappen führet, so wil ich meinem Vatterland zu guttem Gedechtnüß einen schwarzen Adler auf dem Helm führen. DerFüi'st befahl entlich seinem Mahler, dem Cantzel-Schreiber, dem Herrn Wolf Ulstett solche beschriebene Maystett zu verfertigen. Fragt: Herr Wolf, war wolt Ihr euch schreiben? Er sprach: Gnediger Fürst und Herr, ich habe mir eine kleine Vestung erbauet, der ist der Breckstein genendt. Nein, sagt der Fürst, schreibet: Der Edle, Ehrenveste Herr Wolf Silber von Silber stein.

Darauf zog der Herr Wolflf Ulstett einen Brif herauß dem Wetzger*, darauf abgemahlet stunden seine Wappen, wie folget, und zeiget sie Ihr f. Gn. Erstlich seines H. Vatters Ulstet Wappen; seiner Frau Mutter Anna, eine geborne vom Anger auß Sachsen, vom Adel; seines Herren Vättern Mutter Eliaß, ein geborene von Sattel Bünne®, vom Adel; seine Frau, eine geborne Dortin von Collen am Reine'. Darauf Ihr f. Gn. sagt, ein jeder Herr mecht sich seiner gebornen Wappen und mehr seiner Begnadung privi- ligirten Mayst. Wappen wohl gebrauchen, der schon viel wehren. Und be- fahl Ihr f. Gn., sie salten den H. Wolff Silber in seinen neuen Wappenbrief setzen, dass er Macht habe, in Böhmen Dörfer, Schlößcr, Markt und Städte zu bauen und zu kaufen frey ungehindert."

') Anch dieser Satz ist offenbar verdreht. Die von Dr. Scheins eingesandt« Ab- schrift hat : mit gediegenem Silberwerg, was zu und auf ....

*) Richtig wäre ^im blauen Felde**.

*) Tumierer.

'•) Hs. Aan.

*) Wetschger, eine Anhängetasche.

•) So die Hs. von 1654. Die eingesandte Abschrift hat : ^Beines H. Vettern Elias, ein gebohmer von Sattelbaum*'.

') Eine Familie Dorthe gab es in Köln, soviel ich sehe. Leider stehen mir nicht hinreichende literarische Behelfe zu Gebote. Die eingesandte Abschrift hat llhrigens „Portin^

Kleinere MittheiloiiKen. 243

Der Schluss erzählt noch, wie es Herr Wolf beim Herzog auswirkte, dass den Deutschen wieder Handel und Wandel in Böhmen erlaubt ward.

Stellen wir nun dem gegenüber die ältesten Nachrichten der Geschichte über die Silber von Silberstein. Zuerst begegnen sie als Besitzer des Städt- cheoä Pilnikau, nicht weit westlich von Trautenau. Noch im J. 1371 bildete dasselbe einen Theil der Herrschaft Trautenau; aber schon 1388 gehörte es dem Jeschek (Johann) Silber, und diese Familie nennt sich seitdem Silber von Pilnikau. In der nächsten Zeit erwarb dieselbe andere kleinere Gtlter der Umgebung; wir nennen nur das Dorf Wildschütz, unweit nördlich von Pilnikau, wovon zunächst ein Theil um 1418 an die Silber kam. Auf Wildßchützer Gebiet, nicht weit nördlich vom Ort, stand der Silberstein. Da es nun wohl als sicher gelten kann, dass die Silber diese Burg erbaut haben, so haben wir die Entstehung erst nach 1418 anzusetzen, also wäh- rend den Hussitenkriegen oder bald nachher. Erwähnt wird sie zuerst 1455, wo ein Nikolaus Silber Besitzer ist. Seitdem kommt der Name Silber von Silber stein in Gebrauch.

Erwähnen wir noch, dass ein Wolf Silber nicht vorkommt, so ist es klar, dass die Geschichte dieses Geschlechts keinerlei Stütze für obige Er- zählung bietet. Dennoch muss man annehmen, dass diese nicht, wie die meisten übrigen der Chronik, eine reine Erfindung des 16. Jahrhunderts ist Es leben vielmehr in dieser Wappensage gewiss einige dunkele geschicht- liche Erinnerungen fort, und es ist nur dem Mangel an Quellen zuzuschrei- ben, wenn wir die Entstehung der Sage nicht genau verfolgen können. Folgende Punkte sind dafür aber unbedingt beachteuswerth.

Wie erwähnt, gehörte der Silberstein zum Gute Wildschütz. Dieses, tschechisch Wlczice, setzt einen Gründer Wlk = Wolf voraus. Im Besitz dieses Dorfes war von 1355—78 ein Deutscher, mit Namen Ulemann von Neules, dann seine Söhne. Eine andere deutsche Familie besass damals (schon 1362) das nicht weit von Wildschütz gelegene Dorf Kottwitz ; dieselbe nannte sich „von Köln", woraus man wohl mit Recht auf Einwanderung vom Ehein schliessen kann. Auch darauf wird man hinweisen können: die Sage verknüpft die Gründung des Silberstein mit der Vertreibung der Deut- schen durch Herzog Spitignew. In Wirklichkeit entstand die Burg in der Hussitenzeit; diese war aber auch eine Zeit des Kampfes gegen das Deutsch- thum in Böhmen. Auch die Einwanderung deutscher Bergleute (aus Meissen) ist historisch, doch ftllt sie erst ins Ende des 15. und den Anfang des 16. Jahrhunderts.

Zum Schluss noch einige Notizen über die spätere Geschichte der Silber von Silberstein. Besitzer von Wildschütz und Silberstein waren sie bis auf den drcissigjährigen Krieg, wo ihre Güter konfiszirt wurden. Ein Zweig war noch bis um 1660 in Böhmen begütert. Dann verschwindet die Familie ganz. Die Freiherren von Silberstein, die in unserm Jahrhundert jene Herr- schaft besassen, waren Nachkommen eines Handelsmanns aus Aman, Namens

244 Kleinere Mittheilungeu.

Ther, der 1789 Wildschütz kaufte und 1794 in den Freihermstand erhoben wurde mit dem Prädikat „von Silberstein**.

Pi-ag. W, Hiehe.

4. Der Eid des Yicedominns beim Aachener Marienstift

Bei dem Studium der alten liturgischen Bücher der Burgundischen Bibliothek zu Brüssel fand der Unterzeichnete eine im Katalog als „Evan- geliarium** aus dem zweiten Drittel des 10. Jahrhunderts bezeichnete Hand- schrift, die aus dem Aachener Münster stammt. Sie zerfällt in zwei Theile, deren erster verstümmelt ist. Er enthielt ehedem die Evangtilien des Kirchenjahrs vom ersten Adventssonntag bis zum letzten Sonntag nach Pfingsten. Jetzt beginnt er mit der Charwoche. Die Art der Zählung der Sonntage und die aufgeführten Evangelien scheinen zu beweisen, dass die Datirung wohl bis ins 11. Jahrhundert herabzurücken ist. Der zweite Theil ist ein von anderer Hand geschriebenes, für die höchsten Feste eingerichtetes Messbuch. Es enthält die für die Weihnachtstage, das Dreikönigcnfest, die drei Ostertage, Christi Himmelfahrt, Pfingst-Samstag und -Sonntag und für die Feste des Täufers und der Apostelftirsten üblichen Messformulare. Der Aachener Ursprung ist durch drei am Ende des ersten Theils auf leeren Blättern wohl im 14. Jahrhundert eingefügte Eidesformeln sichergestellt. Die ersten beiden Eidesformeln, deren sich der König bei Uebernahme seines Kanonikats an der Münsterkirche und der Propst bedienten, bean- spruchen geringeres Interesse, weil sie sich in andern Büchern des Münsters finden, welche zu Aachen geblieben sind. Wichtig ist dagegen das dritte, von einer andern, weniger kräftigen und gleichmässigen Hand mit anderer Tinte beigefügte Eidesformular. Es wird als iuramen- tum vicedomini bezeichnet. Schon der Umstand, dass dies dritte Formular neben dem des Königs und des Propstes steht, bezeugt das Ansehen, dessen sich der Vicedominus erfreute. Er muss, wie schon die Aufnahme seines Eides in dies Buch beweist, zum Münster in besonderer Beziehung gestanden haben. In dem von Quix als Anhang zum Xecrologium ecclesiae B. M. V. Aquensis gedruckten Liber censuum eiusdem ecclesiae vom Jahre 1320 findet sich S. 73 eine Odilia, uxor Wilhclmi vicedomini, welche für einen Laden (theca) im Kaufhaus (domus institricum) dem Münster 18 solid! ftlr das genannte Jahr zahlte. Der Eid lässt den wichtigsten Theil der Obliegen- heiten des Vicedominus erkennen. Es scheint, dass er auch der Gresch&fts- träger des Propstes für die Verwaltung des diesem^ unterstehenden Theils der Geldgeschäfte der Marienkirche war. Vielleicht wird die Mittheilung dos Eidesformulars, das jet^t folgt, zur nähern Erforschung der Verfassung ^les Aachener Kapitels beitragen.

Kleinere Mittbeilun^on. S4xS

Ab hac hora inantea iuro ego N., quod ero Meli« oodoHio ol cu|ilt\üo beate Marie Aquensis et presertira in omuihuH, que coiu'cnmiit ol^ririum vicedominatus ecclesie predicte, quodque oblationos in auro inom^tato ot non monetato, in argento monetato ot non monetato, lapidibus pivtlttüis, equis, annis aliisqne clcnodiis quibuscunque oflferendaH et porventurus ipsi capitnlo predicto seu canonicis ad antiquam fabricam utium dopututis ^v\\ pro tempore depntandis fideliter pro mco posse et nosHc faciam didlbiMiiri; item quod pro meo posse et nosse omnia, ad quorum tumHorvatiomMu t^t reparationera dominus prepositus Aquensis ratioiie eustodie eofh^Hit^ lonetur et tenebitur, conserrari et reparari faciam et alia per dictum dominum prt^- positum deliberari et solvi debita et debenda deliberari faciam ot porsolvam; omniaque alia et singula, ad que ratione ipsius vicedominatus iuxtu ipNius ecclesie antiquam observantiam tencbor et astrictus ero, Hdeliter adimplidm, Sic me luvet Dens et hec sancta ewangelia.

Exaeten, St. lieinsd S. ./.

5. Zar Geschichte der Familie Wildt.

Das Wappen der nunmehr erloschenen Familie des gctVIorton I*rimuH von Löwen, Mathäus Joseph Wildt, auf welchen A. von Uoumont in diosor Zeitschrift I, S. 216 wieder aufmerksam gemacht hat, zol^t in quorgethuiltum Schild oben einen wachsenden wilden Mann, unten drei (2.1) Lilien. Helmzier: der wachsende wilde Mann.

I. Wilhebn Wildt, geb. 1648 zu Eynatten, gest. am 4. Oktober 1732 zu Aachen, Kanonikus des Münsterstifts daselbst, ging am 6. August 1688 als Mitglied des Kollegiums de Castro zu Löwen bei der philosopbiHcbon Fakultät als Erster nach dem Primus hervor *. Sein Bruder Theodor Jo.seph Wildt (1729 Weinhändler), verheirathet mit Katharina von den Elsen, hinter* liess einen Sohn':

n. Peter Joseph Wildt, get. 1. März 1729, Rontmeister des Kron- stifts zu Aachen, 1755 Weinhändler, 1786 Werkmeister, vermählte sich mit

*) Näheres über ihn s. bei Quix, Beiträge zu einer hist.-topo)^. Beschreibung de« Kreises Eupen S. 200 f.

«) Eine Tochter war vermählt mit N. N. CardoU, wovon :

1. Johann Theodor CardoU, geb. 1727, gest. 1813, Speichermoiater des Kronstifts zu Aachen.

2. Konrad Hermann CardoU, geb. 1740, gest 1822, seit 1760 Kanonikus, st-it ITk'J Vicepropst und Kardinalpriester, seit 1787 Dechant beim Kronstift zw Aachen und in dieser letzten Eigenschaft Erbpropst eu Bütten, sowie apostolischer Erhalter der i*rivi- legien des Aachener Klems nnd Volkes, sodann seit 18053 Pomdechant und Kapitular- Kanonikus am Aachen. Zu den Krönungen der beiden deutschen Kaiser Leopold II. 1790 und Pranz U. 1792 entsandte ihn das Stift als Deputirten, untl zwar das letzte Mul in Begleitung des Krzpriesters Friedrich Georg Frana Freihorm von MyUus und des Scholasters und Lizentiaten beider Recht« Peter Klemens Joseph Anton Heusch als Syndikus, nach Frankfürt.

246 Kleinere 31itthcilungen.

Maria Louise de Lognay, Tochter von Mathäus Joseph de Lognay, kgl. prcussi- schem Residenten zu Aachen, und Maria Katharina de Stefn6. Dieser Ehe entstammten :

1. Mathäus Joseph, Primus von Löwen am 20. August 1776, Lizentiat beider Rechte, wurde zum Mitglied des Aachener SchöfiFenstuhls gewählt (als solcher noch 1791 und 1793 in den Aachener Raths- kalendem erwähnt) und von der Kaiserin Maria Theresia in den Adelstand erhoben. Er starb unverehlicht zu Wien. Für seinen

, Einzug in Aachen 25. August 1776 wurde folgende Ode verfasst:

Entreiss dich, Aachen, deinen Häusern,

Es kommt zur Vater-Stadt dein und der Musen Sohn:

Sein Haupt bekränzt mit Lorbeer-Reisern,

Es ist, was er dir zeigt, der Weisen Lohn.

Er, der sich dorthin wusst zu schwingen.

Wohin es keinem nicht, seit Hundert Jahre Frist,

Noch seinem Ahnherrn wollt gelingen,

Er, der zum höchsten Ruhm, der Löv'ner Primus ist.

Auf! lerne deine Ehre schätzen,

Lass dir zum Muster seyn dies Nachahmswerthe Bild:

Lass diesen Tag in Marmor ätzen,

Und halte stets im Aug* den Hoffnungsvollen Wildt.

Die Wildt bei dieser Gelegenheit von dem Aachener Magistrat über- reichten Ehrengeschenke, bestehend in einer silbernen Kanne und Schtlssel, befinden sich heute im Besitz der Familie von Coels von der Brttgghen, welche dieselben im J. 1823 auf einem öffentlichen durch Minderjährigkeit der Kinder Wildt veranlassten Verkauf, mit Rücksicht auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu de Lognay erworben hat.

2. Hermann Joseph Kornelius (III).

3. Helene, geb. 1761, gest. 1819 unverehlicht.

in. Hermann Joseph Kornelius Wildt, got. 16. Sept. 1772, gest. 6. Nov. 1817, Mitglied des Stadtraths zu Aachen, heirathete 1804 Maria Anna Katha- rina Goertz* (geb. 1778, gest. 1823), Tochter von Hermann Heinrich Öoertz,

*) Wappen: in Silber eine rothe Schleife, oben von 2 Sternen, unten von einer Schlange begleitet. Helmzier: Stern zwischen 2 Flügeln.

I. Erich Adolph Goertz war vermählt mit Isabella Fey, Tochter von Arnold Fey und N. N. Schmits.

Fey. Schild von Blau und Silber quergetheilt, darin 2 gekreuzte Schwerter, bewinkelt oben von einem gestttmmelten Vogel, unten von je einem Stern, aut dem Helm zwischen 2 Flügeln der gestümmolte Vogel wiederholt.

Kleinere Mittheiluugcn. 247

Schöffe der freien Herrlichkeit Eupen, und Jcihanna Marin Mostard t. Kr hinterliess ;

1. Hermann, kgl. preus:*. Friedensrichter zu Ahrweiler, ntarb unver- ehlicht.

2. Heinrich, starb unvcrehlicht.

3. Eugenie, starb unverehlicht.

4. Louise, heirathete zu Köln Theodor (.'am per.

5. Sidonie, heirathete zu Köln Theodor Horst.

Aachen. Antoti Jleusch.

Sehmits. Ein Querbalken« oben von 2, unton von 1 Hammer bogleitot. Anna Maria Schmits, Nichte der Obengenannten, war verehlioht mit Jolinim Wespien, Bürgermeister zw Aachen, woher iiioh jenen Wappen Über dorn Wespienschen Hause in der KleinmarsohierHtrasse befindet. Wespien. Ein Querbalken« oben von 2 Kleeblättern, unten von U Andreiw- krenzchen begleitet.

Kinder: 1. Erich Adolph. 2. Hermann Heinrich (II). 8. Maria Katharina, vermJlhlt mit Heinrich Joseph Freiherm von Thimus-Ziverich, BUrgermciHtor zu Aachou (1777, 79, 81, 88), Q«neralforstmeist«r des Herzogthums Limburg, wi-bilior in zweiter Ehe mit Therese Josephine Baronne de Oravo-Bajorlou vorhei- rathet war. II. Hermann Heinrich Qoertz, Schöffe der freien ncrrllchkoit Eupen, war vor- heirathet mit Johanna Maria Mostardt.

Mostardt. Quadrirt, Feld 1 und 4 in Roth 3 (2.1) HenHiUltter, Feld 2 und H in Silber 8 (2.1) Lilien. Helnutier : einwärts gebogener gehamlHciiier, Kcliwiat- schwingender Arm. Zu dieser Familie gehört: Arnold Nikolaus Moniart, Kanonikus des Mtlnsterstifts (1761).

Kinder: 1. Maria Isabella, verehlicht mit Peter Kornelius Veroken. 2. Aogidlii« Erich Adolph, geb. 19. April 1771, gest. 5. Nov. 1H28 unvi^nOillcbt. ». Maria Johanna Klara, heirathete Ignaz Tyrell. Wappen: in lUiih ein ernituloHiT Sparren, der 3 Andreaskreuzohen, welche an der linl<*«u Heitn rinen Zapfi'n haben, von einander trennt. Helrazier: 2 Flügel. 4. Maria Aniui KuUuiiluu, verlieirathet mit Hermann Joseph Kornelia« Wildt. r». Murin (»«HiihI Mhiku- rothe, heirathete 14. Juli lH*i Martin Dyoni»* Vfiorn, kiiimMl. iMvir. Iliuipl- mann und Adjutanten des Prinzen von Rt>Uan-(hi^>uu'iUK

Literatur.

Das Königslagcr vor Aachen und vor Frankfurt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung. Von Karl Schellhass. (Histo- rische Untersuchungen, herausgegeben von J. Jastrow, Heft IV.) Berlin, R. Gaertners Verlagsbuchhandlung. 1887. VIII und 207 S. 8°.

Die Vorgänge, welchen dieses Buch gewidmet ist, haben schon im vori- gen Jahrhundert die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen, sogar 3Ieyer hat in seinen Aachenschen Geschichten I, S. 366 das Königslager gegen seine Gewohnheit in zusammenfassender Erörterung besprochen. Nachdem im IV. Band der Reichstagsakten zu Nr. 157 das Material, soweit es bekannt und zugänglich, zusammengestellt worden, hat Harnack in der Arbeit über das KurfilrstenkoUcgium manche Einzelheit gestreift, der Verf. selbst in einem Vortrage (Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift filr Geschichte und Kunst, Jahrg. V, Sp. 108 fP.) die hier in Betracht kom- menden Fragen kurz behandelt. Durch die vorliegende Untersuchung will er den Zusammenhang darlegen, in welchem eine Anzahl bisher nur isolirt betrachteter und gedeuteter Erscheinungen steht, sowie den eigentlichen Ursprung und letzten Grund derselben nachweisen.

Nach einer kurzen Einleitung behandelt der Verf. in neun Abschnitten die Königswahlen, bei welchen Aachen oder Frankfurt, seiner Ansicht nach, dem König den Eintritt in die Stadt verweigert und ein Lager vor dersel- ben verlangt haben, oder bei welchen wenigstens von einem Lager die Rede gewesen ist. Hier kommt Folgendes zur Sprache: 1. Die Krönung Richards von Cornwales in Aachen (1257). 2. Die Doppcl wähl des Jahres 1314, bei welcher Aachen nach den Ausfllhrungen des Verf. von Friedrich dem Schönen sicher, von Ludwig dem Baicr wahrscheinlich das Lager verlaugt, letzterer auch wirklich drei Tage lang vor der Stadt gelegen haben soll. Femer die Wahl Karls IV. (1346), bei der Aachen angeblich ein Lager von sechs Wochen und drei Tagen verlangte, was dann die Krönung des Königs in Bonn zur Folge hatte. 3. (lünthers Lager vor Frankfurt (1349), bei welchem das Beispiel der Aachener für die Frankfurter massgebend gewesen wäre. 4. Wenzels Wahl zum römischen König (1376). 5. Die Wahl Ruprechts (1400) und sein Lager vor Frankfurt. 6. Die Haltung Aachens gegen Ruprecht. Die Krönungsstadt verlangte in diesem Falle ein Lager von sechs Wochen und drei Tagen, verfiel aber durch ihr Verhalten der Acht, während

Literatur. 249

Ruprecht am 6. Januar 1401 zu Köln gekrönt wurde. 7. Die Doppel wähl des Jahres 1410 und Konig Sigismunds zweite Wahl im Jahre 1411. 8. König Sigismnnds Krönung in Aachen (1414), der ein dreitägiges Lager vorangegangen sein solL 9. Nachrichten des Jahres 1461, welche si<'h auf die Möglichkeit der Wahl König Ge<»rgs von Böhmen und del^sen Absicht, vor Frankfurt zu lagern, beziehen.

Ein zehnter und letzter, als Rückblick l>ezeichneter Abschnitt (S. 167 ff.), dem fünf Exkurse, ein fünf Einzelheiten berührender Nachtrag, Bibliographie (Verzeichniss der abgekürzt citirten Werke) und Register folgen, fa^^si die Ergebnisse zusammen, zu denen der Verf. gilangt ist. König Richard war am 11. Mai 1257 in Aachen eingezogen, aber erst am 17. gekrönt worden. In seinen Berichten an den Papst ist er bestrebt gewesen, die kurze Ver- zögerung durch Hinweis auf eine thatsachlich nicht geübte Sitte jeder fiir ihn nachtheiligen Deutung zu entziehen, imd so gelangte Urban IV. dazu, in seiner Bulle „Qui coelum" vom Jahre 1263 den Satz aufzustellen, da,«*s jeder Gewählte sich vor seiner Krönung einige Tage vor Aachen lagern müsse, tun etwaigen Gegnern noch Gelegenheit zum Einspruch gegen die Wahl zu geben. Die jeder rechtlichen Unterlage entbehrende Bestimmung hat dann die Aachener zu ihren Forderungen veranlasst, und ihrem Beispiel sind die Frankfurter gefolgt. Zur Erklärung der mehrfach als not h wendig hingestellten Frist von sechs Wochen und drei Tagen zieht der Verf. das beim Reichshofgericht gebräuchliche Anleiteverfahren heran, nach welchem der Kläger beim Ausbleiben des richtig geladenen Beklagten zwar vorläufig in dessen Gut eingewiesen wird, es aber erst auf Gnind einer weitem Ein- weisung nutzen darf, nachdem er sechs Wochen und drei Tage gewartet, ob dieser sich nicht doch noch vor Gericht verantworten werde.

Der Verf. hat mit grossem Fleiss und Geschick den nicht gerade reich- haltigen Quellenstoff zusammengebracht. Er hat in eingehender, zuweilen freilich auch weitschweifiger imd sich wiederholender Darlegung seine Ansiebt begründet. Ich kann diese aber nur als einen auf sehr zweifelhaften und künstlichen Hypothesen beruhenden, nichts weniger als tiberzeugenden Erklärungsversuch bezeichnen. Insbesondere scheint mir fast Alles, was Über Aachener Vorgänge und über die Haltung und Absichten der Vertreter der Krönungsstadt gesagt ist, unzutreffend und verfehlt zu sein.

Die Aachener sollen von Friedrich dem Schönen ein dreitägiges Lager verlangt haben. Ihre darauf bezüglichen Erklärungen sind nur bekannt aus dem in einem Schreiben des Erzbischofs Heinrich II. von Köln enthaltenen Bericht, wo es heisst: „se praeventos et iam devinctos aliis pactis, iuxta suaa sanctiones vellent prius utriusque potentiam experire". Das lautet doch in hohem Masse unbestimmt und unjuristisch. Dass tmter den „sanctiones" die in Urbans Btüle stehenden Bestimmimgen gemeint seien (S. 16 und 20), ist deshalb eine auf recht schwachen Füssen stehende Annahme, die aber S. 30 ohne Weiteres als gesichert verwerthet wird. Ob die Bulle Urbans

250 Literatur.

jemals zur Kenntnis« der Aachener Behörden gekoraincu, ist meines Erach- tens sehr zweifelhaft. So viel ich weiss, besitzt das Aachener Archiv keine Abschrift von ihr, und Meyer citirt sie a. a. 0. aus dem Druck des Ray- naldus. Dass aber von Ludwig eine dreitägige Lagerfrist verlangt worden sei, ist nirgends gesagt, noch weniger, dass der König sich dem Wunsche gefügt habe.

üeber die Vorgänge des Jahres 1346 besitzen wir nur die Berichte der beiden Italiener Giovanni und Matteo Villani (S. 18 f., S. 25 ff.). Jener redet von einem drei-, dieser von einem vierzigtägigen Lager; sie stimmen darin überein, dass sie es auf eine hergebrachte Sitte zurückführen und uns mit- theilen, Karl IV. habe dieselbe nicht beobachtet. Welche Forderungen die- sem die an Ludwig festhaltenden Aachener gestellt haben, wird nirgends gesagt. Mit Recht hat schon Dresemann in seiner von mir im IX. Band dieser Zeitschrift S. 221 ff. angezeigten Dissertation gegen die Darstellung des Verf. Bedenken erhoben, welche durch dessen Gegenbemerkungen S. 194 f. nicht beseitigt werden.

Der erste Fall, bei welchem Aachen unzweifelhaft das Lager von einem König forderte, ist eingetreten nach Ruprechts Wahl, und hier verlangt dann die Krönungsstadt ein solches von sechs Wochen und drei Tagen unter ausdrücklichem Hinweis auf die „hulde und eide", welche sie König Wenzel „für ziden gedan" (S. 98). Für die Forderung selbst wie für die Bemessung der Frist dürfte das Vorgehen Frankfurts, das, und zwar mit Erfolg, eine gleich lange Auslagerung von Ruprecht verlangt hatte, ausschliess- lich bestimmend gewesen sein. Dass die Aachener sich bei dieser Gelegenheit nicht auf die Bulle Urbans IV. berufen haben, kann ich im Gegensatz zum Verf. (S. 100 f.) nur als Beweis dafür ansehen, dass deren Existenz in Aachen nicht bekannt war. In den spätem durch umfangreiche Schriftstücke genau belegten Verhandlungen zwischen Aachen und Ruprecht wird mit keinem Worte des Lagers mehr gedacht.

Als es sich 1414 um Sigismunds Krönung, nach dessen zweiten Wahl, handelte, frugen einige der dem König ergebenen Fürsten bei den Aachenern an: „ob der konig nun dri tag oder ob er sechs wochen vor in ligen solte?" Die Antwort der Stadt auf die so deutliche und bestimmte Frage lautet so unbestimmt wie möglich: „sie weiten dem konig tun, was si im tun solten*^ (S. 128, 131). Von einer Berufung auf geschriebenes oder ungeschriebenes Recht, von einer sichern Kenntniss feststehender Ordnungen keine Spur, so nahe ein Hinweis auf solche auch gelegen hätte. Dass aber Sigismund in der That vor Aachen gelagert hätte, ist keineswegs erwiesen. Im Gegentheil : die einzige Nachricht, der Bericht des Bürgermeisters von Friedberg, begagt nur, wenn man ihn unbefangen auffasst, dass König und Königin am Sonn- tag, den 4. November in Aachen (gen Ache) ankamen und sich dort bis zum Donnerstag, den 8. November aufhielten (da lag man), an welchem Tage die Krönung erfolgte (8. 131). Hätte eine Auslagening auch nur für

da^ Het-r ^^J^tur*'fal»de^l ■^äi* d*T K-T-i-i^ OLd die K.'uiirin am 4. NovemluT s4*hon die Stowlt betmT*ii. ^T-it^ ÄU-^^-rwririff ft>i: S- r^2». >o wäiv das alles jranz anders aiifcvdrückt. dum wäre iVr au-h d^r Sf^nntAif ><^-hon als I«^ger- teg mitgereclmet, d** LA^^-r j*!ltr^ *m DlfUfiAff auf^hoWn wonion. die Vorginge hätten D**iiiweadie iii *:.d»-i>rr Weise ge>i?hildert werden müsson, als es die AufEek-hnnng ilui.

I>^ Bach Tun S^htUhas« Iridrt an einem Grundfehler» der für die Behandlung de- Stoffen verhängni*-Toll gewurden ist. Pa.s angeldiche Lairv^ Tor Aachen und das Lager tot Frankfurt durften nicht zusammengeworfen, nicht ab ein einhehüche? Institut behandelt werden. Das hÄtte eine ein- fache Erwägung Terhindera müs-en- Frankfurt ist die Wahlstadt, Aachen die Kronungs^tadt. Die Bedingungen und Verhältnisse, unter welchen heide Städte dem Einzug begehrenden zukünftigen Herrscher gegenüberstunden, die juristische Stellting des letztem war in beiden Fällen eine völlig ver- schiedene. Aus diesem Grunde kann auch das Verhalten der einen Stadt nicht ohne Weiteres för das der andern massgebend gewesen sein. Meiner Ansicht nach hat sich das La^rer vor Frankfurt mit der sog. Anleitefri>t, wenn man überhaupt in ihm ein Bechtsinstitut sehen und den vom Verf. vermntheten Zusammenhang mit dem Verfahren beim Reichshofge rieht annehmen darf, für diese Stadt allein und im Zusammenhang mit den Wahl- vorgangen entwickelt. Hier ist darüber auch verhandelt worden von einem staatsrechtlichen Standpunkt aus. Freilich kann ich die feinen Untei-sdiei- düngen, welche der Verf. in der Haltung und in den Aeusserungen ihr Fürsten findet und die ihn fast zur Annahme einer bewusstcn Forthihhinir des Instituts führen, nicht billigen. Durch die Verhandlungen zu Frankftirt ist dann auch zweimal (nach, den Wahlen Ruprechts und Sigisnmnds) »Irr Begriff des Lagers geradezu künstlich nach Aachen gebracht worden. In beiden Fällen ohne thatsächüche Wirkung, denn Ruprecht konnte den» «an/ ungerechtfertigten Verlangen eines sechs wöchentlichen Lagers nninöglieh entsprechen und liess sich, da er Aachen nicht zu zwingen im Stande war, zu Köln krönen, während die oben wiedergegebene, völlig ül>erfltlssiir(^ theoretische Anfrage der Fürsten die Aachener Sigismund gegenüber nicht /u thörichten Forderungen verführt hat.

In Wirklichkeit hat es ein Königslager vor Aachen nie gegeben, in Wirklichkeit hat die Bulle ürbans IV., die wahrscheinlich nie ein Mensch in Aachen gelesen hat, hier keinen Einfluss geübt, in Wirklichkeit hat die Kni- nungsstadt jedem Herrscher gegenüber, welcher Einlass zur Krönung verlangte, nach den Eingebungen des Augenblicks, wie sie die politische Lage ergab, gehandelt. Seitdem sie sich als ein selbständiges Gemeinwesen fühlte, hat sie einfach ihre Thore geschlossen und es auf die Fährlichkeiten und Schreck- nisse emer Belagerung ankommen lassen, wenn sie glaubte, den Eintritt zur Krönung verweigern zu müssen. Und diesen zu verweigern, hielt sie sich fär berechtigt und verpflichtet, so lauge ein nach ihrer Auffassung recht-

252 Literatur.

massig gekrönter König im Reiche vorhanden war. So ist es gekommen, dass einige Male durch ihre Haltung die Krönung anderwärts stattgefunden und erst nach dem Tode des einst in ihrem Münster gekrönten Vorgängers in diesem nachgeholt worden ist. In andern Fällen ist sie der Gewalt nach längerm Widerstand gewichen. Hielt Aachen aber den die Krönung begeh- renden Fürsten für rechtmässig gewählt und berechtigt, so hat es ohne Lager ihm seine Thore geöffnet.

So wäre das Aachener Lager einfach zu streichen. Ob es dann gelingt, das aus einem erzwungenen Zusammenhang losgelöste Frankfurter Lager, befreit von unzutreffenden Kombinationen und falschen Analogien, zu einem Kochtsinstitut zu gestalten, möchte ich bezweifeln. 31 it Recht weist Schell- hass S. 125 darauf hin, wie leicht jene Zeit „Gewohnheiten schuf, modificirte und wieder vernichtete, um neue an deren Stelle zu setzen**. Weun wir uns vergegenwärtigen, wie schwer es ist, für die Entwicklung der Königs- wahl selbst die leitenden Gedanken zu linden, so darf es nicht befremden, wenn dies auch nicht gelingen sollte für ein mehr zufälliges, in mehr äusser- lichem Zusammenhang mit ihr stehendes Moment, wie es die Frage des Ein- lasses in die Wahlstadt ist. Unzweifelhaft spielen in die Auffassung und Darstellung des Königslagers auch die Ideen des ausgebildeten Ritterthums mit seinen Herausforderungen und „pas d'armes" hinein, wie dies meines E nächtens nicht nur die Stelle aus dem Roman Loher und Maller, sondern auch die Erzählungen der Villani beweisen*.

Bonn. II. Loetsch.

Beiträge zur Genealogie rheinischer Adels- und Patrizier- familien nach urkundlichen Quellen bearbeitet von Herm. Fr. Maeco. II. Band. Mit 6 Wappentafeln, Originalzeichnungen des Malers Georg Macco in Düsseldorf, und 145 Siegelabbildungen. Aachen, Selbstverlag des Verfassers. 1887. rV und 182 S. kl. Fol.

Der Inhalt dieses Bandes ist folgender; I. Abtheilung: Genealogische Nachrichten über Aachener Familien, Rheinische Familien. II. Abtheilung: Urkundliche Beilagen (Origiualkopien), Mitgliederverzeichniss der ehemaligen Gesellschaft zum Bock in Aachen. III. Abtheilung: Register und eine Bemerkung zum I. Bande. Der Titel ist derselbe wie beim I. Bande mit dem Zusatz „und Patrizierfamilien**. Der Verf. unterscheidet nun aber im Text nur zwischen Aachener und rheinischen Familien, lässt den Leser also im Ungewissen, welche Familien er unter dem Namen „Patrizierfamilien" versteht. Eine Anzahl der von ihm berücksichtigten Familien sind gute

') AiuU're Anzt'igeu: von Below, Deat^che Litoratiir/i'itung, Jaliri^Rng lSh7, Sp. 1097; W. Schnitze, Mittlieilxmgon aiis der Historischen Literatur. Jahrg. XVI, S. 12; Liesegang. Literarisches Ceutralblatt. Jahrg. 188S, Sx>. OCW.

Literatur. . 253

hochachtbare Bürgerfamilien, für welche die Bezeichnung „Patrizierfamilien'* aber durchaus nicht zutreffen kann; es wäre daher korrekter gewesen, dem II. Band etwa den Titel zu geben: Beiträge zur Genealogie rheinischer Familien. Für den Inhalt des vorliegenden Bandes kann ich nur meine Schlussbemerkung zum I. Bande (diese Zeitschrift VIII, S. 293) wiederholen : , Hätte der Verf. noch einige Jahre mit der Veröffentlichung des so mühsam zusammengetragenen Materials gewartet, er würde sicher nach weitem Erfahrungen und erweiterten heraldisch-genealogischen Kenntnissen manchen Theil seiner Beiträge in strengerer wissenschaftlicher Form, einzelne Theile, welche seinem Werk nicht geringen Eintrag thun, wahrscheinlich gar nicht veröffentlicht haben." Wären diese Worte von Herrn Macco berücksichtigt worden, so wäre ihm vor aUen Dingen der arge Schnitzer nicht passirt, dass er alle Taufdaten als Geburtsdaten angegeben hat. Bei der Geburt hat man bekanntlich keine Pathen, und letztere hätten an seinen Fehler erinnern müssen, als er die Korrektur seines Werkes besorgte. Die Einleitung zur Genealogie der Familie de la Valette mit ihren fabelhaften Abstammungen wird sich wohl ebenso wenig beweisen lassen, wie das Recht einer Aachener Familie, ein Wappen zu führen, von dem Herr Macco S. 93 sagt: „Es ist das alte Schaumburger Wappen, das sich auch im Holsteiner und Hessen- Kasserschen Wappen vorfindet." Durch diese Bemerkung stellt also der Verf. diese Familie ohne Weiteres in eine Linie mit uralten fürstlichen Geschlechtern! Zu diesem heraldischen Kuriosum möchte ich noch als zweites den auf dem Titelblatt dargestellten, mit einem Steinschlossgewehr (!) bewaff- neten Löwen-Schildhalter als Gegenstück anftihren.

Veröffentlichungen aus Kirchenbüchern sind ja immer dankenswerth, sie bedürfen aber unbedingt einer Sichtung und Erklärung, da die Namen theil- weise arg verstümmelt aufgezeichnet werden. AVo also ein notorisch falscher Xame in den Kirchenbüchern vorkam, musste in einer Anmerkung der rich- tige angegeben werden, so z. B. S. 21 Ouren (Bgstr. Reuland) statt baronessa in Düren, S. 78 Wolfskeel statt AVolfskern, S. 5 Brauhof statt Bawhoff, S. 19 Hersell statt Hessel u. A. Auch schlimme Druckfehler kommen vor: S. 130 Sahtem statt Sechtem, S. 135 Catum statt Latum u. a., von denen ich nur noch die S. 71 erwähnte „in der Primogenitur erbliche Baronin" anstatt Baronie anführen will. Folgende Unrichtigkeiten sind mir aufgefallen: S. 5. Der um das Aachener Badewesen im 17. Jahrhundert hochverdiente Arzt hiess nicht Engelbert, sondern Franziskus Blondel ; auch enthält sein Wappen im nntem Felde nicht drei Pokale, sondern drei Laufbnmnen. S. 11. Die Grafen Schellart sind nicht ausgestorben, der letzte Graf lebt in Berlin. Da88 der Erbauer des Chors am Aachener Münster kein Schellart gewesen ist, hat schon Quix nachgewiesen. S. 22. Der Name Tunderfeldt der Kirchen- bücher ist der richtige. S. 34. Wenn die Herren von Fisenne das Recht besitzen, den Freiherrntitel zu führen, so hätte das Diplom oder die Kabincts- ordre erwähnt werden müssen, welche den Titel bestätigt. Die Familie von Fisenne wurde bei Errichtung einer Adelsmatrikel der Rheinproviuz in

254 Literatur.

die Klasse der Edelleute eingetragen (Bernd, Wappenbuch der Rheinprovinz). S. 39. Die Herrschaft Schönau ist niemals im Besitz der Herren von Hoch- kirchen gewesen. S. 45. Der Verf. gibt der Familie Lognay das Prädikat „von", davon steht in den Kirchenbüchern nichts. Die Familie nannte sich meines Wissens zuletzt „de Lognay". Der preussische Resident Mathieu Lognay (t 1769), zugleich Gastwirth und Weinhftndler, hinterliess ausser den von Macco aufgeführten fünf Töchtern einen Sohn gleichen Vornamens, der seinem Vater in der Stelle eines Residenten folgte (vgl. Pick in den Mittheilungen des Vereins f. Kunde der Aach. Vorzeit I, S. 93). S. 46. Die hannoversche Familie von Meibom hat doch zu Aachen gar keine Beziehungen gehabt. Zufällig ist eine Tochter dort geboren. S. 68. Nicht Franz Karl Philipp von Reuschenberg war aus der ersten Ehe, wie angegeben, sondern seine Frau. Er gehörte der Linie Berensberg an und er, nicht seine Frau, besass Berensberg. S. 69. Die mütterlichen Ahnen Randerath, unter Stroyff nach Devaux ange- geben, sind gänzlich unrichtig. S. 76. Die Ahnentafel Horpusch ist sicher falsch aufgelöst, eine genaue Beschreibung und Reihenfolge der Wappen des Grabsteins wäre zweckmässiger gewesen. S. 117. Die Eltern der Maria •Josepha von Friemersdorf-Pützfeld waren Johann Thomas Anton Joseph, geb. 1692, t 1749 zu Kirspenich, und Maria Franziska Freiin von Eynatten- Wedenau, f 1768. Einige Personen in der obersten Ahnenreihe haben das Prädikat „von** nicht geführt, so sagt S. 8 der Verf. selbst, dass Anna Nacken eine Aachener Bürgerstochter gewesen sei. In der Ahnentafel der Familie von Niesewand ist die oberste Generation falsch, sie muss lauten: Antonius Niesewand auf Poludniewo, Burggraf zu Schmoleinen, geb. 1686, f 3. Dezember 1753, vermählt mit Dorothea von Quoss a. d. H. Schönau -Rothenfliess, geb. 1700, t 8. März 1749. Der Sohn hiess Anton Ludwig, nicht wie der Verf. angibt, Johann*. S. 163 hätte erwähnt werden müssen, dass Klemens Joseph von Couven in die Adelsmatrikel der Rheinprovinz einge- tragen und ihm dadurch das Adelsprädikat bestätigt wurde. Bei den Wappen- tafeln ist mir aufgefallen, dass im Wappen der Thimus der Fuchs eine Ente in der Schnauze trägt, was nach den S. 70 angeführten Beschreibungen und den Zeichnungen in Bernds Wappenbuch unrichtig ist. Interessant ist die Angabe S. 78, dass das jetzige Stadtwappen von Burtscheid das Wappen der Familie von Woestenradt ist. Das alte AVappen der Abtei Burtscheid ist allerdings ein ausgezacktes Kreuz. Ich möchte annehmen, dass die Familien in der Gegend von Burtscheid, welche das ausgezackte Kreuz im Wappen führten (Gimmenich, Wylre, Frankenberg u. A.), eher als Lehnsleute der Abtei das abteiliche Wappen angenommen haben, wie umgekehrt mit dem Verf., dass die Abtei von den Gimmenich das Wappen entnommen haben soll. Die Stadt Burtscheid müsste ihr altes Wappen mit dem ausgezackten Kreuz wieder annehmen und das irrthümlich zum Stadtwappen gewordene

»; Diese Angaben über die Familie Niesowand verdanke ich Herrn Major Gallandi in Schrimm, einem in der Provinz Prenssen sehr bewanderten Genealogen.

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256 Literatur.

Die Landfriedensbünde zwischen Maas und Bhein im 14. Jahrhundert. Von Dr. Fritz Joseph Kelleter. (Münsterische Bei- träge zur Geschichtsforschung, herausgegeben von Theodor Lindner, Heft XI.) Paderborn, F. Schöningh. 1888. 100 S. S«.

Auf dem engen Raum von kaum 90 Seiten hat der Verf. das Werden und Wachsen, die Th&tigkeit und die Verfassung einer Einrichtung geschil- dert, welche zu den bedeutsamsten und wichtigsten Erscheinungen der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in den niederrheinischen Landen gehört. Nach einer kurzen über Quellen und Literatur, über ältere Bündnisse von Landesherren und Städten, wie über königliche Landfrieden orientirenden Einleitung wird zunächst (S. 6 27) über den Bund berichtet, den am 13. Mai 1351 Erzbischof Wilhelm von Köln, Herzog Johann von Brabant und die Städte Köln und Aachen auf zehn Jahre schlössen, um in ihren Gebieten Handel und Wandel zu schützen, Ruhe und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Der grössere Theil der Arbeit (S. 27 94) ist dann dem aus einem Bündniss des Herzogs Wenzel von Brabant mit Aachen vom 11. April 1364 hervorgegangenen neuen Landfriedensbuud gewidmet, der, nach und nach erweitert, durch eine Abmachung vom 16. Oktober 1369 in seiner Verfas^sung nicht unwesentlich umgestaltet, am 25. November 1374 sein Ende erreichte, jedoch auf kaiserlichen Befehl am 30. März 1375 wieder erneuert wurde. Auf das Gebot Karls IV. erfolgte 1378 eine weitere Erneuerung für fünf, 1383 eine solche für drei Jahre, dann aber die thatsächüche Auflösung.

Der Verf. ist mit Erfolg bestrebt gewesen, eine möglichst eingehende und vollständige DarsteUung zu geben, er hat durch archivalische Forschung das bisher bekannte und benutzte urkundliche Material in sehr erheblichem Masse vermehrt und war daher in der Lage, an sehr vielen Stellen auf ungedruckte Urkunden zu verweisen, von welchen er sechs in einem Anhang mittheilt. Von dem Wirken des Landfriedens, der Thätigkeit seiner Organe, als welche auch in eigenthümlicher und beachtenswerther Weise die landes- herrlichen Beamten, die Amtsleute, zu fungiren haben, von seinen Einkünften und Ausgaben, von den im Innern des Bundes bestehenden Sonderbündnissen, welche als Keim seiner Auflösung und in vielen Fällen als Grund seiner Erfolglosigkeit anzusehen sind, gibt uns sein Buch eine gute Vorstellung. Die Anordnung desselben bringt es mit sich, dass die Darstellung der Bun- desverfassung mehrfach den Bericht über die Geschichte 'des Bundes unter- bricht; eine sachliche Trennung wäre hier vielleicht zweckmässiger gewesen. Der Erzählung von den äussern Schicksalen des Landfriedensbündnisses hätte eine zusammenfassende Schilderung seiner Verfassung angeschlossen werden können, in der dann deren allmähliche Ausbildung, der Wechsel der verwendeten Organe, das Verfahren bei den verschiedenen Arten von Thätig- keit, welche der Bund und seine Beamten ausübten, die 'Aufbringung der Geldmittel und Anderes in systematischer Folge zur Sprache gekonuneu wären.

Literatur. 257

Aachen hat eine bedeutende Rolle in diesen Landfriedenshündnisscn o^espielt. Es stand damahj auf der Höhe seiner mittelalterlichen Entwick- lung und wir sehen fast mit Staunen, dass seine Leistungen denen des mächtigen Köln nur wenig nachstehen : zu der Entschädigfung von 2000 (i ul- den, welche ein als oberster Beamter des Bundes zeitweilig fungirender Landfriedensvogt erhielt, steuern die Herzöge von Brabant und Jülich je 667, Köln 342, Aachen 324 Gulden bei (S. 35) und auch die Zahl und Qua- lität der von Aachen gestellten Mannschaften ist nicht wesentlich geringer als die der Kölner Kontingente (S. 13, 27). Aachener Patrizier haben als Geschworene des Landfriedens eine rege Thätigkeit entfaltet, die Stadt wurde häufig als Ort der mit der Handhabung des Bündnisses verbundenen Zusammenkünfte gewählt. So ist denn auch heute noch das Aachener Stadt- archiv bei Weitem das reichste an Urkunden, welche sich atif den Bund beziehen, wie ein Blick auf die Anmerkungen lehrt. Aber auch das Kölner Stadtarchiv und die beiden Staatsarchive unserer Provinz enthalten noch eine Fülle von Material, an dessen ausgiebiger und allseitiger Verwerthung der Verf. bei dem ihm gar zu knapp zugemessenen Kaum nicht hat denken können. Seine Arbeit wird aber, so glaube ich, den Wunsch auch in weitem Kreisen wecken, alle Dokumente, welche sich auf die Landfricdensbündo zwischen Maas und Khein irgendwie beziehen, in einer Sammlung vereinigt zu sehen, in einem Urkundenbuch über jene eigenthümlicho und wichtige Erscheinung des territorialen und städtischen Lebens. In einer ausführlichen Einleitung wäre dann namentlich die Verfassung und vor Allem das bei den Schiedssprüchen und sonstigen Entscheidungen des Bundes beobachtete Ver- fahren, von welchem nach Lage der Sache die Arbeit des Verf. ein genü- gendes Bild nicht geben konnte, an der Hand der Urkunden genau darzu- stellen. Diese juristische Seite ist von hohem Interesse; es bleibt aber hier noch Alles zu thun. Die Bearbeitung der Urkunden würde dann auch zur sorgfältigen Feststellung der in denselben so zahlreich vorkommenden Per- sonen- und Ortsnamen führen, welche das Buch des Verf. noch vielfach vermissen lässt, und dadurch auch der lokalen Forschung wesentliche Dienste leisten. Der berufene Herausgeber dieses Urkundenbuchs wäre aber in der Person des Herrn Dr. Kelleter schon gefunden, das beweist die schöne Erstlingsarbeit, welche wir ihm verdanken*.

Bonn. H, Loersch»

Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, herausgegeben von Professor Dr. Konstantin Höhlbaum. Mit Unterstützung der Stadt Köln. Fünf Bände. Köln, Du Mont-Schaubergsche Buchhandlung. 1883-1888.

>) Andere Anzetige : Lampreoht im Korrespondeiusblatt der Westdeutschen Zeit- schrift für Geschichte und Kunst, Jahrg. VII, Sp. H2 f,

17

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r-Earls-Gymnasium zu Aachen I, von dem Direktor des Gymnasiums : Urkundliches zur Ge.-icUicbte der

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m Aachen bestehenden Gymnaaiuni von dem neu imi,htett,n Raiser uera dir PtalzLapelle und des eigtnt worden ist ging ]n der Zeit der voran au») der es im NR\cmher Inna geschaffen wurdp Das ältere it 1601 bestehenden Icsuit«nacliule remdherrschaft TuUjg verfallen «icit nie Überhaupt nii~bt mehr Er'>t im Lmrichtung cini^r £.cüie stcondairc e d Ai)l la-Chapelle be7e]Lh]iet wird 'orsi-hnftcn eutsprecbeod ein liureau Ibcr seine VerhandlungLU in tiiiem irte Die so entstandenen Sitzung» }i>) zum 23 Mai 1812 r icbett bat dig zum Abdruck gcbraiht mit emir erläuternden Bemi,rkungen lericben ie die ganze Geschichte jener fran- rillkommenen Beitrag sar Gchcbichte pt.

//. Lofrach.

258 Literatur.

Seit dem Herbst des Jahres 1882 erscheint diese eigenartige und nütz- liche Zeitschrift ; fünf stattliche Bände, die aus fünfzehn Heften sich zusam- mensetzen und weit über 1700 Seiten umfassen, sind nunmehr in den Händen der Benutzer. Mit frischer Kraft und unverzagter Freudigkeit hat der Vorsteher des Kölner Archivs, nachdem die ersten grossen Schwierigkeiten in der Verwaltung der Anstalt überwunden und die nothwendigsten Arbeiten zur Ordnung der ihm anvertrauten Schätze unternommen waren, diese Uebersichten zu veröffentlichen begonnen, welche bestimmt sind, die Kenntniss von den nach Umfang und Inhalt so bedeutenden Beständen des ersten unter den städtischen Archiven Deutschlands in weitere Kreise zu tragen. Seine Absichten hat er eingehend auseinandergesetzt und begründet in der an die Spitze des ersten Heftes gestellten Abhandlung; das, was die fünf Bände der Mittheilungen bieten, legt von der Einsicht, dem Geschick und der Arbeitskraft des Herausgebers und seiner Mitarbeiter rühmlichstes Zeugniss ab. Von mehr als einer Seite ist aber die Wahrnehmung gemacht worden, dass dieses jüngste geschichtswissenschaftliche Unternehmen unserer Provinz weniger bekannt ist, als es zu sein verdient, und auch wohl weniger benutzt wird, als im Interesse namentlich der lokalen Forschung zu wünschen wäre. So dürfte es gerechtfertigt erscheinen und vielleicht einigen Nutzen stiften, wenn der Inhalt der Mittheilungen an dieser Stelle in seinen wesent- lichsten Stücken noch einmal dargelegt und beleuchtet wird*.

Zwei grosse Reihen von Regesten füllen den bei Weitem grössten Theil der ganzen Zeitschrift aus, haben aber auch die umfassendste und allge- meinste Bedeutung. Die eine ist das Verzeichniss der im [Kölner Archiv beruhenden Originalurkunden, welches im 3. Heft mit Urkunden des 10. Jahr- hunderts begonnen, im 9. Heft mit dem Jahre 1396, dem Jahre des Verbund- briefs, einen vorläufigen Abschluss fand, im 12. Heft aber wieder aufge- nommen worden ist, dessen Fortführung bis 1513 in Aussicht steht. Es umfasst bis zum Jahre 1410, wohin es nunmehr reicht, 7957 Nummern und beruht im Wesentlichen auf den Arbeiten von Leonard Korth und Hermann Koussen. Ergänzungen dazu bieten im 9. Heft die bis 1375 gehenden Regesten der aus der Kölner Gymnasienbibliothek an das Archiv gelangten Urkunden mit über 300, im 12. Heft das Verzeichniss der von Geheimrath Dr. von Mevissen dem Stadtarchiv geschenkten Urkunden mit über 30, sowie ein kleiner Nachtrag von 5 Nummern ; die hier verzeichneten Urkunden über- steigen somit erheblich die Zahl von 8200.

Die andere nicht minder bedeutsame, von Keller, Keussen, Korth und Ulrich abwechselnd bearbeitete Regestenreihe zieht sich durch die Hefte 1, 4, 6, 7, 10, 13 und 15. Sie legt den Inhalt dar der mit dem Jahre 1367

») Auf die Bedeutung der Mittheüungen im Allgemeinen ist schon im V. Bond dieser Zeitschrift (S. 152 ff.) von sachkundiger 8oite aufmerksam gemacht worden. Einzelheiton daraus sind hervorgehoben Bd. IV, S. 362, Nr. 8; Bd. V, 8,838, Nr. 3; Bd. VI. S. 260, Xr. H; Bd. VII, S. 318, Nr. 9; Bd. VIIT, S. 312, Nr. 13.

L

LittHitor. 250

einsetzenden Kopienbücher der Stallt Köln, Tun denen 182 FoliobÄnde erhal- ten blieben, unter welchen alM*r leider die der Jahre 1401 1411 fehlen und anscheinend spurlos ver^jch wunden <ind. Die»e Regesten reichen jetzt bis zum Jahre 1434. Leider sind l>«i ihn(;n, abweichend von der ersten Reihe, Ordnnngsnummem nicht angebracht. Das erschwert das Citiren und gestattet nur eine Schätzung ihrer Zahl; aber auch diese geht schon sehr hoch. Unzweifelhaft sind mehrere Tausend von der städtischen Kanzlei ausgegan- gene oder bei ihr eingelaufene (denn auch solche wurden bisweilen kopirt) Schreiben verzeichnet.

Es bedarf nicht der Hervorhebung, dass die nachweisende Erschliessung dieser Massen von Urkunden und Briefen nicht nur, ja nicht einmal vorzugs- weise der Geschichte von Köln, dass sie vielmehr in weit höherm Grad der Geschichte der Rheinlande und Deutschlands überhaupt, Belgiens und Hollands zu Gute kommt. Die allseitige Ausnutzung dieser Regesten, ins- besondere auch für die lokale Forschung ist ermöglicht durch die vortreff- lichen Register, welche jedem Heft beigegeben sind und nicht nur aufs Gewissenhafteste sämmtliche in demselben vorkommenden Personen- und Ortsnamen angeben, sondern auch, was besonders dankbar zu begrttssen ist, letztere fast immer auf die heutige Form unter Angabe der Lage nach Kreis, Bürgermeisterei u. s. w. zurückfuhren. Diese Register zeigen denn auch, welche Fülle lokaler Beziehungen hier aufgespeichert ist und der Vor- werthtmg harrt.

Neben den beiden so wichtigen Reges tenroiben bieten die Mitthei- lungen eine grosse Anzahl von Abhandlungen und Textpublikationen, welche, den verschiedensten Gebieten angehörig, sammt und sonders als ausser- ordentlich werthvoll und nützlich bezeichnet zu werden verdienen. Mag der Wortlaut der Urkunden und Akten vollständig gegeben werden oder nur eine regestenförmige Mittheilung des Inhalts erfolgen, stets ist durch orien- tirende Einleitungen für die Würdigung des Gebotenen Sorge getragen.

Einige Arbeiten sind dem Kölner Archiv selbst, der Geschichte seiner Bestände und seiner Verwaltung gewidmet. So berichtet Ulrich über die ältere Geschichte des Archivs in Heft 10, Hoeniger in Heft 1 über den ältesten Aktenbestand der städtischen Verwaltung Kölns, die seit 1877 durch Ueber- tragung von dem Speicher des Landgerichts in das Archiv vor sicherra Untergang geretteten Schreinsurkunden und -bücher. Aus dem Nachlass des verdienten Archivars Fuchs wurde das Inhaltsvcrzeichniss zu den Farragiiu's der Gebrüder Gelen, welche das Archiv in dreissig handschriftlichen Bänden bewahrt, im 9. Heft mitgetheilt.

Der allgemeinen Reiehsgeschichte kommen die Präsenzliste des FttrHtcu- und Städtetags zu Frankfurt im Mai 1397 (Heft 13), die BricJV über di.« Beziehungen Kölns zu König Ruprecht (Heft 14), Ulrichs \io^i>Utu lUr Bekgerung von Neuss aus den Jahren 1474 und 147Ö (Heft 8) zu Gule. Es ist natürlich, dass die Mehrzahl der Arb<iiin npeziell Kölnit^cb« |>in{/e

260 Literatur.

behandelt. Wenn freilich Ferdinand Frensdorff im 2. Heft eine mustergültige Ausgabe der iura ministerialium beati Petri in ihrer lateinischen und deut- schen Fassung und der Aufzeichnung de servitio cotidiano Coloniensis archi- episcopi liefert, so ist damit zugleich ein Eechtsdenkmal von höchster allge- meiner Bedeutung endlich in korrekter Gestalt der Benutzung übergeben. Vielseitigen Werth beanspruchen auch Korths Mittheilungen über ein Kopiar des Erzbischofs Sifrid und die Gütererwerbungen des Erzbischofs Philipp von Heinsberg (Heft 12). Eine durch grossen Scharfsinn und schlagende Beweisführung ausgezeichnete Untersuchung Keussens im 15. Heft führt den Nachweis, dass der Stadtschreiber Gerlach vom Hauwe der Verfasser des Verbundbriefs und des sog. Neuen Buches ist. Dem Ausgang des 14. Jahr- hunderts gehören ebenfalls an die von Keussen mitgetheilten Briefe zweier Kölner Gesandtschaften nach Rom aus den Jahren 1393 und 1394 (Heft 12) und die von Höhlbaum herausgegebenen und erläuterten Rechnungen über eine Kölner Hansefahrt im Jahre 1399. Ein Verzeichniss der in Köln auf- bewahrten Urkunden des Hanse-Kontors zu Brügge- Antwerpen ist im l. Heft begonnen, aber nicht fortgesetzt worden. Einen höchst interessanten Stoff aus dem Gebiet des religiösen und literarischen Lebens des 15. Jahrhunderts behandeln Arbeiten von Korth und Keussen im 13. Heft, wo ersterer die ältesten Gutachten über die Brüderschaft des gemeinsamen Lebens, dieser das vom päpstlichen Delegaten gefällte Urtheil gegen den die Brüderschaft masslos angreifenden Dominikaner Matthäus Grabe w veröffentlicht. Auch die Wirthschaftsgeschichte ist durch eine lehrreiche Arbeit im 11. Heft gefördert. Gecrings statistische Behandlung und Vcrwerthung der Aufzeich- nungen aus der Kölner „Kraut wage" geben ein Bild des Kölner Kolonial- waarenhandels vor 400 Jahren und gestatten Einblicke in die Küchenver- hältnisse der Reichen wie der Armen.

Ich übergehe Vieles, um noch einer Rubrik zu gedenken, welche sieh in jedem Hefte findet. Unter der Bezeichnung „Nachrichten" wird eine Fülle kleinerer Notizen gebracht, welche für die Forschung von nicht geringem Werth sind. Hier finden sich auch die Mittheilungen über die zufalligen und doch oft so wichtigen und erfreulichen Erfolge, über die Funde, AViederauf findungen und Entdeckungen, welche die Neuordnung einer so grossartigen Sammlung mit sich bringt, über Erwerbungen durch Kauf und Geschenk. Kölner Zunfturkunden, Nekrologien und Universitätsakten, das Wisbysche Seerecht, Kanzleitaxen, Handschriften von Geschichtsquellen aller Art, Institutionenglossen, die älteste Uebersetzung der Nachfolge Christi, Inkunablen, Karten und Globen, die verschiedensten Briefe und Inventars kommen hier in bunter Reihenfolge zur Besprechung: fast für jedes Fach eine Förderung und Erweiterung des Wissens. Endlich aber wird auch an dieser Stelle Auskunft gegeben über die grossen Unternehmungen auf geschichtswissenschaftlichem Gebiet. Die Berichte der Centraldirektion der Monumenta Germaniac historica und der historischen Kommission bei der

Literatur. 261

Königlich Baierischen Akademie der Wissenschafteu, deren Thätigkeit ganz Deutschland umfasst, nicht minder aher auch die der Badischen historischen Kommission und der die rheinische Lokalforschung vor Allem interessirenden Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, deren verdienter und unermüd- licher Vorsitzender der Herausgeber bekanntlich ist, gelangen regelmässig zum Abdruck.

Möge die so grossen Nutzen stiftende Zeitschrift, die zu Frankfurt a. M. in den vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde herausgegebenen Inventuren des dortigen Stadtarchivs schon Nachahmung gefunden hat, der auch die Stadt Köln in einsichtiger Würdigung ihrer Bedeutung eine nicht geringe Subvention gewährt, sich kräftig fortentwickeln, mögen ihre Ver- zeichnisse und Uebersichten immer wieder von neuen Gesichtspunkten aus- gehen, CS wird ihr dann nach dem Wunsche ihres ausgezeichneten Leiters gelingen, „die Genossen im wissenschaftlichen Studium dem mannigfaltigen Inhalt des historischen Archivs der Stadt Köln immer näher zu führen".

Bonn. H. Loersch,

Jahresbericht über das Kaiser-Karls-Gymnasium zu Aachen für das Schuljahr 1887/88. Veröffentlicht von dem Direktor des Gymnasiums Dr. Heinrich Schwenger. Hierbei: Urkundliches zur Geschichte der Anstalt. Von dem Berichterstatter. 56 S. 4*'.

Dem bis vor wenigen Jahren allein in Aachen bestehenden Gymnasium, welchem nunmehr zur Unterscheidung von dem neu errichteten Kaiser- Wilhelm-Gymnasium der Name des Erbauers der Pfalzkapelle und des eigent- lichen Begründers der Stadt beigelegt worden ist, ging in der Zeit der französischen Herrschaft eine Schule voran, aus der es im November 1814 durch Umwandlung des Lektionsplans geschaffen wurde. Das ältere, im Jahre 1773 an die Stelle der seit 1601 bestehenden Jesuitenschule getretene Gymnasium war unter der Fremdherrschaft völlig zerfallen, seit 1802 gab es in Aachen eine höhere Schule überhaupt nicht mehr. Erst im Jahre 1805 gelang die Gründung und Einrichtung einer ficole secondaire communale, welche seit 1809 als College d'Aix-la-Chapelle bezeichnet wird. Für diese Schule war, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend, ein Bureau d*administration eingerichtet, welches über seine Verhandlungen in einem Kegistre des d^liberations Protokoll führte. Die so entstandenen Sitzungs- berichte, welche vom 8. Oktober 1804 bis zum 23. Mai 1812 reichen, hat der Verf. nebst mehrern Beilagen vollständig zum Abdruck gebracht, mit einer orientirenden Einleitung und zahlreichen erläuternden Bemerkungen versehen. Er bietet somit in dankenswert her Weise die ganze Geschichte jener fran- zösischen Anstalt und liefert einen sehr willkommenen Beitrag zur Geschichte des Aachener ünterrichtswesens überhaupt.

Bonn, II. Loersch.

264 Aus Zeitschriften.

Aus Zeitschriften.

1. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, Bd. XI, S. 491 550: J. Hansen, Chronik der Pseudorektoren der Benedikts- kapelle zu Dortmund. Darin wird (S. 546) zum Jahre 1385 ein durch keine sonstige deutliche Nachricht verbürgter Besuch der Königin Margaretha von Dänemark in Aachen erwähnt. S. 564: E. Bishop, Ein Schreiben des Abts Helisacher. Dieses Schreiben ist an Erzbischof Nidibrius von Narbonne gerichtet und gedenkt der gleichzeitigen Anwesenheit des letztem und des Schreibers, welcher Kanzler und Vertrauter Ludwigs d. Fr. war, im Aachener Palast mit folgenden Worten: quando apud Aquasgrani palatium me offitiura palatinum, vosque propter ecclesiastica diriraenda imperialis iussio obstringcret, et frequenter una nocturnis horis ad divinum celebrandum offitium conveni- remus. Der Aufenthalt beider Persönlichkeiten fällt, wie durch andere Zeug- nisse feststeht, in das Jahr 814. S. 603: S. Löwenfeld, Leo lU. weiht die Kirchen in Hambach und Dirlo. Die Urkunde, einer Quixschen Abschrift aus dem Chartular des Klosters Fiissenich entnommen, wird als leicht erkenn- bare Fälschung erklärt. Dirlo, nach Löwenfeld „heute nicht mehr in der Aachener Gegend nswhweisbar", ist Dirlau, Bgstr. Sievemich, Kr. Düren. S. 642: Kurze Anzeige von St. B eissei, Die Bilder der Handschrift des Kaisers Otto (vgl. diese Zeitschrift VIII, S. 299). Es wird hier unter Ver- weisung auf N. Archiv, Bd. V, S. 433 die Regierungszeit des Reichenauer Abts Liutharius, welche Beissel S. 60 in die Jahre 934—949 verlegt, zwischen 926—934 angesetzt.

2. Steinmeyer, Zeitschrift für deutsches Alterthum, Bd. XXXI, S. 354: R. Much, Germanische Dative aus der Römerzeit (auf einem Votivstein aus Rödingcn bei Jülich und andern niederrheinischen Inschriften). Bd. XXXII, S. 145: Laistner, lieber den Butzenmann (in Aachen: Böamann).

3. Sitzungsberichte der Altertumsgesollschaft Prussia zu Königsberg i. Pr. im zweiundvierzigsten Vereinsjahre (November 1885—86), S. 78 99: Bujack, Ein Trenck-Becher (Zeichnungen und Dichtungen seiner eigenen Komposition, welche Freiherr Friedrich Wilhelm von der Trenck während seiner Gefangenschaft in Magdeburg auf einem Zinnbecher eingekratzt hat).

4. Deutsche Litoraturzeitung, 1887, Sp. 722: Fr. Schneider, Anzeige von St. Beissel, Die Bilder der Handschrift des Kaisers Otto im Münster zu Aachen (vgl. diese Zeitschrift Vin, S. 299). Sp. 1697: von Below, Anzeige von K. Schellhass, Das Königslager vor Aachen und vor Frank- furt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung (vgl. oben S. 248).

5. Janitschek, Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. X, Heft 3: Frimmel, Anzeige von Bd. VIII der Zeitschrift des Aachener G^schichts- vereins. Mancherlei Zusätze über den alten Mosaikschmuck der Münster- kuppel werden hier auf Grund der vorhandenen Literatur beigefügt.

6. Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München 1886, Heft m,

Aus Zeitschriften. 2Hft

S. 445 470: Stieve, Ein Nachwort über das Stralondorflschc (Jutachton. (Beleuchtung der unter Nr. 17 angeführten Abhandlung.) 1888, Hoft 11, S. 288 296: Ton Giesebrecht, Nekrolog auf Alfred von Koumont.

7. Publications de la soci^t^ historiquc et arch^ologiquo dann lo duchA de Limbourg, L XXIV (N. S. t. IV), p. 163-164: Lyst der stcdon, rljknhopr- lijkheden en schepenbanken, die in hooger boroep zijn gegaan, of adviojsen hebben ingewonnen bij den koninklijken schepenstoel te Aken, Bodort hot Jaar 1400 tot 1461. p. 165—166: Matricule van Aken 1662. Ver«oichnlH» der Städte, Frei- und Herrlichkeiten, Schöffen- und Lchngorichte, für welche dor Aachener Schöffenstuhl in Berufungs- und Provokationssachon Oberhaupt war.

8. MittheUungen des K. K. Central-Commission »ur Krfornchung «u«l Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, N. F., Hd. XIII (IHH7), S. CXXVIII: A. Luschin von Ebengreuth, OrabstÄtton doutmher Studenten in Italien. I. Siena. Zu den hier Bestattoton gehört „Franclnou« GfUger, Juliacensis. Siena 1599, 11. Nov. Er war ein Neffe jene« MathluH Gülger, welcher damals Abt zu Wiener-Neustadt war und später Abt ku Eeun in Steiermark wurde. Franz Gülger starb kurz vor Erlangung «br Doktorwürde".

9. Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg, Jahrg. XXIII (1888), Heft 3, S. 279-291: A. Klein Schmidt, Eine SchwcHtor Friedrich« des Grossen (Prinzessin Amalia), bringt nobcnboi eine kurze LcbonMb(»Hchrcn»ung des Freiherm Friedrich von der Trenck. Amalia lernte 1768 bei einem Hudc- auf enthalt in Aachen den nach Paris reisenden Vater Mozart mit Koin«Mi Kindern kennen.

10. Literarisches Centralblatt, Jahrg. 1888, Sp. 898: Liewc^ang, Anzeige von K. Schellhass, Das Königslagor vor Aachen und vor Frank- furt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung (vgl. oben S. 248).

11. Der deutsche Herold, Jahrg. XVIII (1887), Nr. 1, S. 12: J. Haron d'Ablaing von Giessenburg, Berichtigung zu einer Mitthoilung MaccoH betreffend einen Bongardtschen Grabstein in Bocholt (vgl. diene Zcitj^chrill Vm, S. 812, Nr. 16). - Nr. 4, S. 47: Anzeige von Macco, BcitrÄgo zur Genealogie rheinischer Adels- und Patrizierfamilien, Bd. II. Nr. 6, S. 70: Anzeige von K. von Mirbach, Die Freiherrn und Grafen von Mirbacb.

12. Annalen des historischen Vereins für den Niodcrrhcin, Heft XLIII (1885), S. 1 79: J. J. Merlo, Haus Gürzenich zu Köln, sein Saal und deHseu Feste. S. 2 kommt als Mitankäuferin des Gürzenicher Hofn die edle Frau Helswindis, Mutter des Aachener Schultheissen Arnold von Gimmenich, vor, die in der Schreinsurkunde (S. 67) auffallender Weise Helswindis de Frechene genannt wird. - Heft XL VI (1887), S. 160—166: E. von Oidtman, Haus Kiffelberg bei Linnich. Zugleich ein Nachtrag zu „Haus Ertzelbach" (Heft XXXV, S. 160). - S. 177—178: R. Pick, Zur Geschichte der Stadt Ander- nach. Bittschreiben derselben an die Geschworenen des Landfriedensbunds zwischen Maas und Khein vom 9. November 1366 (Original im Stadtarchiv

266 Aus Zeitschriften.

zu Aachen). S. 179--181: E. Pick, Der St. Margarothenkonvent im Beguinen Winkel zu Aachen. S. 182: R. Pick, Zu dem Raubzug des Grafen Engelbert von der Mark ins Kölner Erzstift 1391. Bericht des Bür- germeisters Johann Vorne zu Düren an die Bürgermeister Arnold Volmer und Johann von dem Berge zu Aachen. S. 191 194: Vortrag des Pfar- rers Esser über Franziskus Agricola (geb. zu Lohn bei Aldenhoven). S. 195—197: Vortrag des Domkapitulars Schntttgen über den Triumph- bogen in der Pfarrkirche zu Barmen bei Jülich. S. 199: R. Pick, Notiz über den Aachener Arzt und Brunneninspektor Franz Blondel und seine Schrift : Thermarum Aquisgranensium et Porcetanarum elucidatio. Heft XL VII (1888), auch unter dem Titel: Wunderbare und denkwürdige Geschichten aus den Werken des Cäsarius von Heisterbach ausgewählt, tiber- setzt und erläutert von Alexander Kaufmann, Theil I, gibt S. 25 ff. zahlreiche Erzählungen aus Aachen und seiner Umgebung.

13. Archiv für Post und Telegraphic, Jahrg. 1887, Nr. 16, S. 501-506: M. Schlesinger, Das Zeitungsmuseum in Aachen. (Gründung des Bürger- meisters a. D. 0. von Forckenbeck daselbst.)

14. Mittheilungen des K. K. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie, N. F., Jahrg. II (1887), S. 331: Fr(immel), Anzeige von Bd. VIII der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. R(ie)gl, Anzeige des von Job. Chorus besorgten neuen Abdrucks der Noltenschen Schrift: Archäolo- gische Beschreibung der Münster- oder Krönungskirche in Aachen u. s. w. Jahrg. III (1888), Heft 10, S. 223—224: AussteUung von alten Töpfer- waaren und Gläsern zu Köln im August 1888, darunter mehrere Raerener Prachtstücke (Krüge mit einer Centaurenschlacht und einem Bauerngelage, braune Kanne mit der Erzählung von der Susanna u. s. w.).

15. Studien und Mittheilungen aus dem Benediktiner- und dem Cister- cienser-Orden, Jahrg. VIII (1887), S. 398—406 und 593—602: Schmid, Die St. Lambrechter Todtenrotel von 1501—1502. Der Rotelbote des Stifts St. Lamprecht in Steiermark besuchte am 18. Oktober 1501 das Marienstift, den Augustinereremiten-Konvent, das Dominikaner- und das Karmeliten- kloster zu Aachen (Nr. 117—120); bei den Karmelitern werden die „fratres Hubertus, Gotschlinus und Gortfridus" als verstorben erwähnt. Am 20. Oktober desselben Jahres besuchte er das Franziskaner-, das Karmeliten- und das Wilhelmiterkloster Paradies zu Düren (Nr. 121—123). Jahrg. IX (1888), S. 445—464: H. Höfer, Die Bcnedictinerstiftungen in den Rhein- landen. Erwähnt werden aus dem Vereinsgebiet die drei Reichsabteien zu Burtscheid, Cornelimüuster und Malmedy, sowie die Propstei Milien bei Heinsberg. Die beigegebeuen geschichtlichen Nachrichten und Literatur- nachweise sind äusserst dürftig und theilweise unrichtig.

16. Bulletin de l'institut archeologique Liögeois, t. XVII (1883), livr. 1, p. 13—40: J. Daris, Notes historiques sur les commanderies de l'ordre Teutoniquo au diocese de Li^gC; mit Notizen über die St. Aegidiuskaiiellc

Aa> Zeitschriften. 2^7

zu Aachen. p. 47 137: S-, Gres-cermmes 4 annoiries Li<5geoise$s mit Nachrichten über die Adebfunilien Bex, Brempt, Cortenbaeh, i'ouTeji, Eynatten, Hanxler, Xerode, Xes^elrode, Palant, Reusohenberg, Schwarxcnberg, VTatten-

17. Markii^he Forschungvn, Bd. XIX (18S6K S. 293—349: Fr. Mei- necke, Ihis Stnüendorflf'^che Outachten über den Jülicher Erb fahrest reit. (Die Ent8tehnng de«* fiL«4chlich dem Reich?*Yizekanzler Lippold von Stialen- dorflf zugeschriebenen Gutachtens wird ins FrfÜyahr 1610 gesetzt und ver- muthet, dass die Fäl<chnn^ aus der Spekulation auf den Dank und die Erkenntlichkeit der brandenburgi!»chen Rat he hervorgegangen sei.)

18. Analecta Kollandiana, t IT, p. 356: A. Steffens, De ^anet(» Amoldo confessore in pago Amoldsweiler in agro Juliacensl notae quaedam. Die Bemerkungen betreffen die in der vita s. Amoldi (Arta sanctorum, t, IV, Julii, p. 449) angeführten Orte, den alten Ktiltus des h. Amoldus tind die Zeit der Abfassung der vita s. Amoldi (Anfang des 12. Jahrhunderts).

19. Annales de la societ6 arch^ologique de Tarrondissement de Nivelles, t. III (1887), p. 129—175: E. van Even, La demi^re abbesse de Nivello^. In dem als Beilage mitgetheilten Wahlprotokoll vom 8. und 9. August 1774 (p. 162-173) werden unter den Mitgliedern des adligen Stifts St. Gertrud zu Nivelles aufgeführt: p. 167 Regina von Leerodt, geb. auf Schloss Born im Jtilichschen, alt 31 Jahre, ins Stift aufgenommen am 3. September 1754; p. 168 Maria Anna Berghe von Trips, geb. zu Aachen, alt 39 Jahre, ins Stift aufgenommen am 22. Jlai 1758; p. 170 Louise Berghe von Trips, geb. im Jttlichschen, alt 15 Jahre, ins Stift aufgenommen am 18. November 1770; p. 172 Johanna Berghe von Trips, geb. im Jttlichschen, alt 12 Jahre, ins Stift aufgenommen am 19. November 1770.

20. Schnütgen, Zeitschrift für christliche Kuust, Jahrg. I, Sp. 54: 8t. Beissel, Das karolingische Evangelienbuch des Aachener Münsters. - Sp. 109: H. Loersch, Zur Geschichte der liturgischen Tauben (vcrwerthet eine Notiz des Nekrologiums des Aachener Marienstifts).

21. Geiger, L., Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutsch- land, Bd. I (1886), S. 199 (vgl. S. 396): M. Stern, Zu den Kämpfen Ottos IV und Philipps von Schwaben 1198 und 1199. Das Gulphen der Reimchronik, wo K. Philipp 1199 lagerte, ist nach der vorliegenden jüdischen Quelle mit Böhmer und Abel in Gulpen zwischen Aachen und Maastricht zu suchen und nicht mit Ficker in Zülpich, vgl. Böhmer-Ficker, Regesten Nr. 30a.

22. Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschieh tsforschting, Bd. \^I, S. 436 ff.: Mühlbacher, Unedirte Diplome. Unter diesen Urkunden sind zwei hervorzuheben, welche den Nachweis des Aufenthalts Ludwigs d. Fr. in Aachen zum 30. August 815 und 27. April 819 durch ihre Datirung lie- fern, femer ein Privileg K. Heinrichs IV., Kaiserswerth, 26. April 1057, wodurch er der bischöflichen Kirche von Verdun curtira nomine Diurara in pago Rurgouue (also den Reichshof Düren) schenkt.

268 Aus Zeitschriften.

23. Zeitschrift des historischen Vereins fttr Niedersachsen, Jahrg. 1886, S. 235—319: Die Beziehungen zwischen Frankreich und dem Hause Braun- schweig-Lüneburg in der Epoche der Tripelallianz. Als Beilage 16 (S. 286 f.) ist ein Schreiben des Herzogs Johann Friedrich von Hannover an den päpst- lichen Nuntius in Aachen (ad nuntium apostolicum Aquisgrani conunorantem), d. d. Hannover, 29. Dezember 1670 mitgetheilt.

24. Gazette archöologique 1887, Nr. 1 und 2: Anzeige von E. aus'm Weerth, Die Eeiterstatuette Karls d. Gr. aus dem Domo zu Metz (vgl. diese Zeitschrift VII, S. 155, Nr. 9).

25. La Revue nouvelle d'Alsace- Lorraine et du Rhin, ann«5e (1888/89), p. 194: Anzeige des IX. Bandes und des Registers zu Bd. I— VII der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.

26. Grauert, Historisches Jahrbuch, Bd. VIII, S. 629: Job. üebin- ger, Kardinallegat Nikolaus Cusanus in Deutschland 1451 52. (Aufenthalt in Aachen und Umgegend im Oktober 1451, Aufenthalt und längere Krank- heit in Aachen von Anfang Dezember 1451 bis Anfang Januar 1452. Der S. 663 genannte Dekan des Marienstifts hiess nicht Peter Nymayr, sondern Peter Wimar von Erkelenz, wurde auch erst später Dekan.) Bd. IX, S. 49: Höfler, Gedenkblatt auf das Grab Alfreds von Reumont.

27. Le Correspondant, 10. September 1886: Gaidoz, Malmiidy et la Wallonle prussienne. Notes de voyage, aoüt 1885. Enthält mancherlei Älit- theilungen über Sprache, Sitte und Brauch.

28. De Maasgouw, Jahrg. IX (1887), Nr. 27 und 28, S. 105—110: Testament des Lambert Munten, Kanonikus des Marienstifts zu Aachen (1558).

29. Archiv fvlr Litteraturgeschichte, Bd. XV (1887), S. 1—20: H. Varn- hagen, Eginhard und Emma, eine deutsche Sage und ihre Geschichte.

30. Revue des traditions populaires, t. II, livr. 4: P. Söbillot, Le folk-lore de Malm^dy.

31. Mittheilungen aus der historischen Literatur, hrsg. von der histo- rischen Gesellschaft in Berlin, Jahrg. XVI, S. 12: Schnitze, Anzeige von K. Schellhass, Das Königslager vor Aachen und vor Frankfurt in seiner rcchtsgeschichtlichen Bedeutung (vgl. oben S. 248).

32. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. XXII (1886), S. 80 : Plünderung des Klosters Reichenstein (bei Montjoie) durch kaiserliche Truppen im Geldrischen Kriege 1543, geschildert vom Prior des Klosters Johann Heep (Urkunden-Abschrift im Staatsarchiv zu Düsseldorf).

33. F. von Löher, Archivalische Zeitschrift, Bd. XI (1886), S. 85—93: R. Pick, Das jetzige Aachener Stadtarchiv.

34. Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde- Angelegenheiten der Stadt Aachen zu dem Haushaltsetat des Jahres 1887/88, gibt S. 22—80 ausführlichere Mittheilungen über das städtische Archiv, ins- besondere über die demselben im Herbst 1886 aus den altem Arclüvbeständen

Aus Zeitschriften. 269

des Königlichen Landgerichts daselbst als Depositum überwieseneu Protokoll- bücher und Register, zusammen etwa 560 Bände.

35. Humann, Archiv für kirchliche Kunst 1887, Nr. 8: Anzeigte von St. Bei s sei, Die Bilder der Handschrift des Kaisers Otto im Münster zu Aachen (vgl. diese Zeitschrift VIII, S. 299).

36. Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins, Bd. II (1887), S. 59

67: H. Forst, Das Kloster Reichenstein von seiner Gründung bis zu seinem Untergange.

37. Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, Heft XII (Jahrg. 1887), S. 42, 57, 76: Westfälisch guorig (Verweisungen auf görrig in der Aachener Mundart durch J. Peters und H. Loersch).

38. Hettner und Lamprecht, Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrg. VI (1887), Heft 3, S. 275—279: H. Loersch, Anzeige der Mittheilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit, Jahrg. I, Heft 1. Jahrg. VII (1888), Heft 3, S. 804: Fr. Bernd t, Bericht über Erwerbungen des Aachener Suermondt-Museums im Jahre 1887.

39. Hettner und Lamprecht, Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrg. VI (1887), Nr. 6, Sp. 138—140: Auszug aus dem Bericht des Stadtarchivars Pick über die Verwaltung des Archivs der Stadt Aachen im Jahre 1886. Jahrg. VII (1888), Nr. l,Sp. 5: R. Pick, Die Funde bei den Erdarbeiten im sog. Gras in Aachen. Nr. 2, Sp. 45 f.: R. Pick, Zur Geschichte der Siechenhäuser (Melaten bei Aachen).

Nr. 7, Sp. 134: Funde von räthselhaften palisadenartigen Gehäusen auf dem Terrain der frühem sog. Prinzenhofkaseme in Aachen. Nr. 9 und 10, Sp. 197—200: Auszug aus dem Bericht des Stadtarchivars Pick über die Verwaltung des Archivs der Stadt Aachen im Jahre 1887.

40. Mittheilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit, Jahrg. I, S. 3—24: R. Pick, Die kirchlichen Zustände Aachens in vorkarolingischer Zelt. S. 25 36: E. Pauls, Fürstensagen in Aachen und seiner Umgebung.

S. 37—50: K. Wieth, Aachens Wurfgeschosse im 14. Jahrhundert. (Mit Tafel.) S. 51—57: 0. Dresemann, Die Krönung König Wenzels zu Aachen. S. 58—63: E. Pauls, Eine verschollene Schrift über Aachen aus dem Jahre 1701. S. 64 83: H. F. Macco, Die Mitglieder der St. Sebastianus-Bogenschützen-Gesellschaft in Burtscheid. (Mit Tafel.) S. 84—94: R. Pick (Miscellen): Eine alte Aachener Wachtordnung. Zur Geschichte der Aachener Stadtsoldaten. Vier Briefe Friedrichs d. Gr. an die Stadt Aachen. Der Eid des Aachener Scharfrichters im 17. Jahr- hundert. — S. 95—96: Fragen. S. 97—111: R. Pick, Kleinere Beiträge zur Aachener Geschichte und Topographie. I. Wann erhielt Aachen seine erste Befestigung? II. Der angebliche Eisenmarkt in Aachen. S. 112 115: S. Planker: Das Deckengemälde im Querhaus der Pfarrkirche von St. Peter zu Aachen. S. 116—142: E. Pauls, Fürstensagen in Aachen

270 Aus Zeitschriften.

und seiner Umgebung. II. S. 143—152: K. Wacker, Die vormalige Bru- derschaft vom Leiden Jesu in der St. Peterspfarre zu Aachen. S. 153

- 162: E. Pauls, Aus dem Tagebuch des Aachener Stadtsyndikus Dr. Peter Fell. S. 163—176: K. Wieth, St Gertruden Minne. S. 177—180 (Miscellen): S. Planker, Der abtrünnige Mönch und Pfarrer von St. Peter zu Aachen, Heinrich Beyer von Capellen. Der Philosoph Hegel in Aachen. R. Pick, Die Bezeichnung „upt Yseren**. S. 181 184: Antworten.

- S. 185—190: Chronik des Vereins. Jahrg. n (unter dem Titel: „Aus Aachens Vorzeit"), Nr. 1, S. 1—4: R. Pick, Der angebliche Aachener Stadt- brand 1146. S. 4—9: C. Rhoen, Die Aachener Stadtpläne. (Mit Abbil- dung.) — S. 10—12: E. Pauls, Ein in Aachen entstandenes Schauspiel und Siegeslied zur Befreiung Wiens von den Türken im September 1683. S. 12—16 (Kleinere Mittheilungen): R. Pick, Zur Biographie des Pfarrers Heinrich Brewer. W. Weitz, Domgraf und Schuz. R. Pick, Das Grundhaus bei Aachen. S. 16: Fragen.

41. Kölnische Volkszeitung vom 31. Mai 1888, Bl. II: Wanderungen durch den Kreis Montjoie.

42. Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preussischer Staats- Anzeiger, Jahrg. 1888, Nr. 221 : Anzeige von Bd. IX der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins nebst Auszügen aus der Chronik desselben 1886/87.

43. Der Friedensbote (Beilage zur Aachener Volkszeitung), Jahrg. I (1886), Nr. 45—48: Kessel, Geschichte des Trappistenklosters Maria wald bei Heimbach. Jahrg. II (1887), Nr. 33 und 34: E. Müller, Die Bene- diktineriunen in Steinfeld. Nr. 35 und 36: E. Müller, Die Prämonstra- tenser-Propstoi Steinfeld. Nr. 39 49: E. Müller, Die Prämonstratcnser- Abtei Steinfeld. Jahrg. III (1888), Nr. 4—25: E. Müller, Die Prämonstratenser- Abtei Steinfeld. Nr. 5: Kessel, Kirchlicher Hymnus auf Karl d. Gr. : ürbs aquensis, urbs regalis. Nr. 9— 12: J. Th. Laurent^ Die Aachener Heiligthumsfahrt. - Nr. 13: Kessel, Der neueste Gegner der Aachener Heiligthümer. Nr. 14 und 15: Kessel, Die Beziehungen Karls des Grossen zu Jerusalem, Constantinopel und Rom. Nr.l6: Kessel, Hat Karl der Grosse dem Aachener Münster mit den Heiligthümeni nicht auch Authentiken über ihre Herkunft und Echtheit übergeben? Wo sind sie geblieben? Nr. 17—20: Kessel, Reliquien- Verzeichnisse der Älünsterkirche vor der Zeit Karls d. Gr. bis zum Anfang dieses Jahrhunderts. Nr. 21 -- 28: Kessel, Die grossen heiligen Reliquien der Münsterkirche zu Aachen.

- Nr. 29—31: Die Heiligthumsfahrt des Metzer Bürgers Philipp von Vig- neulles im Jahre 1510. (Ueber denselben Gegenstand handelt die jüngst zu Saargemünd erschienene lehrreiche Schrift: Philipp von Vigneulles' Aachen- fahrt im Jahre 1510 von H. Lempfrid.) Nr. 31: Kessel, Das Haupt der heiligen Anna zu Düren. Nr. 32—36: Kessel, Das Pfarrdorf Rott am Vichtbach und die Andacht zum h. Quirinus daselbst.

Aus Zeitschriften. 271

44. Echo der Gegenwart, Jahrg. 1887, Nr. 15, Bl. I: Anzeige von Bd. VIII der Zeitschrift des Aachener Oeschichtsvereius. - Nr. 116, Bl. I: Die Schlossruine von Montjoie. - Nr. 122, Bl. III: Der Malier bei Mont- joie. Nr. 135, Bl. III: Weisheitssprtiche für Rechtsuchende und Recht- sprechende (aus einem Protokollbuch des Gerichts zu Horbach bei Aachen). Nr. 144, Bl. III: Zur Geschichte Reichensteins. ^ Nr. 149, Bl. IV: Das Feythal mit der Kakushöhle. - Nr. 170, Bl. I: Der „Meteorstein" im Poly- technikum (vgl. unten Nr. 46). Nr. 176, Bl. II: Aachener Badedivertis- sements im vorigen Jahrhundert. Nr. 211, Bl. U 213, Bl. II, 216, Bl. II und 217, Bl. 11: Eine Wanderung durch die vulkanische Eifel. Nr. 209, Bl. I: Aus dem rheinischen Ruhrgebiet. - Nr. 227, Bl. I: Die katholische Pfarrkirche in Eilendorf. Nr. 266, Bl. I: E schwelle r, Ein Beitrag zur Geschichte des Aachener Gaues (Mundart des Ländchens zur Heiden). Nr. 237, Bl. II: B( eissei) S. J., Zur Erinnerung an Herrn Direktor Andreas Fey (gest. 2. September 1887). ~ Jahrg. 1888, Nr. 150, BL III: Mtlnzfund im Venu zu Aachen (mittelalterliche Aachener Münzen). Nr. 165, Bl. II: Anzeige von Bd. IX der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Nr. 186, Bl. III: Eine Stimme aus der Eifel (betreffend Schannats, Bärschs und Schorns Werke über dieses Land). - Nr. 202, Bl. II: Eine Wanderung durch das Callthal. (Simona-Call „verdankt nach der Sage seine Entstehung dem Jagdaufeuthalt Karls d. Gr. in den Ardennerforsten" ; tlber der Thür eines alten Hauses daselbst in Stein die „räthselhaften Buchstaben" S. X. K. X. A. 8.) Nr. 207, BL rt: W. Vonderkall, Kipp-Lei Sage aus dem CallthaL Nr. 211, Bl. II: Anzeige von 0. Dresemann, Die Jacobskirche zu Aachen. -- Nr. 220, BL II, 221, BL II und 223, BL II: Die Aachener Bäder vor zweihundert Jahren. (Ausztlge aus F. Blondeis 1688 in 3. Auflage erschienenem Buche über die Aachener und Burtscheider Thermalquellen.) Nr. 236, Bl. 11: Anzeige der Zeitschrift „Aus Aachens Vorzeit", Nr. 1. Nr. 240, BL III: Bericht tlber die am 11. Oktober 1888 "gehaltene Generalversammlung des Aachener Geschichtsvereins, mit zahlreichen Einzelheiten aus den Vorträgen von Loersch und Pick (vgL unten S. 280). Nr. 262, BL I: (Pick), Der lange Thurm in Aachen; gibt eine Uebersicht über die Schicksale dieses im Anfang des 14. Jahrhunderts erbauten Mauerthurras und empfiehlt seine Wiederherstellung in der ursprünglichen Gestalt. ~ Nr. 263, Bl. III: Schulz, Die neue Drei- faltigkeitsglocke von St. Jakob in Aachen. Nr. 265, Bl. I: Bericht über die Monatsversammlung des Aachener Geschichtsvereins vom 9. November 1888, mit vielen Einzelheiten aus den Vorträgen von Loersch (Aufnahme hervor- ragender Gebäude Aachens in Aquatintamanier von J. und R. Gardner 1788, 2. Aufl. 1792; Kupferstich von J. Luycken [1649—1712], das Innere eines Aachener Bades darstellend; Bericht Rudolfs de Rivo [f 1403] über das Schliessen des Kaiserbads in Aachen) und Pick (Rheinlieder von unbekannten Verfassern ; mittelalterliche Funde auf dem Terrain der vormaligen St. Jakobs- kirche und in der Vaelserstrasse zu Aachen; Kreuz mit Inschrift von 1460 an der Landstrasse zwischen Walhorn und MeroLs; Aachener Strasscnnamen

272 Aus Zeitschriften.

von Gewerben). Xr. 273, BI. 11 : Bericht über die Monatsversammlung des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit vom 21. November 1888, mit Notizen über prähistorische Funde in Aachen und seiner Umgebung (von Wie th und Pick), sowie über Uhren (insbesondere die Uhrgloeke im Bathhaas) und Uhrmacher in Aachen und im Jülichschen (von Schaffrath und Pick).

45. Literarische Beilage zum Echo der Gegenwart 1888, Nr. 10 ; Anzeige von H. Lempf rid, Philipp von VigneuUes' Aachenfahrt im Jahre 1510. (Vgl. oben Nr. 48.)

46. Aachener Zeitung, Jahrg. 1887, Nr. 5, Bl. I: Anzeige von J. Han- sen, Beiträge zur Geschichte von Aachen. Heft 1. Nr. 15, Bl. I: Aachen als Römerlager. Nr. 56, Bl. I: Die Erfindung der Stahlfeder (durch den Bürgermeisterdiener [nicht „Bürgermeistereischreiber"] Johann Janßen zu Aachen). Nr. 77, Bl. I 79, Bl. I: C. Lemcke, Barthold Suermondt. Nr. 87, BL I: Blocken-Poschen (zur Berichtigung vgl. diese Zeitschrift IX, S. 77, Anm. 4). Nr. 90, Bl. I: Ignaz Beissel (gest. 26. März 1887). Nr. 107, Bl. I: F. A. Bacciocco, Alfred von Reumont Nr. 128, Bl. I 130, Bl. I, 133, Bl. I und 134, Bl. I; Verkehrssicherheit im Mittelalter (berück- sichtigt vornehmlich den Landfriedensbund zwischen Maas und Rhein). Nr. 170, Bl. I: Die im Hofe der technischen Hochschule zu Aachen lagernde Eisenmasse; sie ist kein Meteorit, sondern besteht nach den Untersuchungen des Prof. Arzruni aus den Rückständen geschmolzenen Eisens, hüttenmännisch „Rennfeuersau*^ genannt, und entstammt einer Zeit, wo es noch keine Hoch- öfen gab, sondern nur Schmelzöfen, in denen kleinere Mengen Eisen in höchst unvollkommener Art geschmolzen wurden. Nr. 173, Bl. I, 175, BL I und 177, BL I: Die Eifel (geschichtliche, topographische und geologische Nach- richten in populärer Form). Nr. 247, BL I: H. Becker, Zur Erinnerung an einen vergessenen Dichter (Nikolaus Becker). Nr. 253, Bl. I: D(rese- mann), Städtische Beamte im fünfzehnten Jahrhundert. Bemerkungen zu den in Bd. VUi, S. 218 ff. dieser Zeitschrift veröffentlichten „Verpflichtungs- urkunden", mit einzelnen Unrichtigkeiten, z. B. bezüglich des Benutzungs- rechts der den Thorwächtem und andern Beamten von der Stadt gestellten freien Wohnung. Nr. 255, BLI: D(resemann), Sprachliches aus und über Aachen. Nr. 264, BL I; Ewerbeck, Suermondt-Museum (Besprechung einiger interessanter Abgüsse von Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissanceperiode). Jahrg. 1888, Nr. 17, BL n 19, BL 11: Der Aachener Henker. Nr. 26, Bl. I: Der Zigeuner im Aachener Dialekt. Nr. 160, BL II : Die mittelalterliche Befestigung der Stadt Aachen. (Skizze des Vortrags des Stadtarchivars Pick in der Monatsversammlung des Aachener Geschichtsvereins vom 21. Juni 1888.)

47. Aachener Volkszeitung, Jahrg. 1887, Nr. 303: St. Hubertus, der Schutzpatron der Jäger und seine Beziehungen zum frühem Herzogthum Jülich. Nr. 314: Zur Erinnerung an einen vergessenen Dichter (Nikolaus Becker). Nr. 342: Zur Naturgeschichte des Bauernhauses und Hofes im

Aus Zeitschriften. 273

niederrheinischen Lande. Jahrg. 1888, Nr. 1: H. Ah eis, Synchronistische Tabellen aus der Aachener Geschichte, mit mehrfachen chronologischen und sonstigen Irrthtimem. Nr. 2 : Feld und Flur und ihre Eintheilung nach Sitte und Brauch unserer Altvordern. Nr. 9 : Wiese und Wald, Busch und Bruch und ihre gemeinschaftliche Benutzung seitens unserer Vorfahren. Nr. 34: H. Böckeier, Ürbs aquensis (Hymnus auf Karl d, Gr.). Nr. 37: Kessel, Erwiderung auf die Bemerkung des Herrn Böckeier über meinen Aufsatz ^jürbs aquensis, urbs regalis**. (Vgl. oben Nr. 43.) Nr. 44 : Alte Fastnachts- gebräuche am Niederrhein. Nr. 63: F. Hermann, Die deutsche Nadel- fabrikation (behandelt namentlich die Aachener Nadelmacherei). Nr. 85: Das Maiaufstecken in Aachen (schon 1456 bezeugt). Der Name des Dorfes Raeren. Das Häckselstreuen in Aachen. Der Hühnermarkt und der Käsemarkt (Hof) in Aachen. Der Mareillen- oder Marillenthurm in Aachen; sämmtliche fünf Artikel sind von R. Pick verfasst. Nr. 98: Der Ortsname Raeren. Nr. 104: Die bürgerlichen Unruhen in Aachen am 16. März 1848 (nach gleichzeitigen Berichten der ,,Stadt- Aachener Zeitung**). Nr. 109: R. Pick, Aachener Aktenstücke im Frankfurter Stadtarchiv. ~ Nr. 131: Der Ortsname Qangelt. Nr. 153 ff.: C. Rhoen, Die karolingische Pfalz zu Aachen. Eine „topographisch-archäologische Untersuchung ihrer Lage und Bauwerke*^, die an dem Mangel sprachlicher und geschichtlicher Studien des Verf. vielfach scheitert. Nr. 190—192 und 194: (C. Rhoen), Zur Aachener Befest igxmgsf rage. Höchst unkritische Leistung, welche Picks Darstellung der Aachener Stadtbefestigung im Mittelalter (vgl. oben Nr. 4H a. E.) zu widerlegen versucht.

48. Aachener Anzeiger, Politisches Tageblatt, Jahrg. 1886, Nr. 290, Abend-Ausg. II, 296, Abend- Ausg. II und 301, Bl. HI: 0. Dr esc mann, Die Freiheit der Reichsstadt Aachen im vorigen Jahrhundert. Nr. 304, Morgen- Ausg.: Winfriedes Haar. Skizzenblatt von E. Polko (behandelt die Burg Raeren und die Raerener Kunsttöpferei). Jahrg. 1887, Nr. 9, Abend-Ausg.: Anzeige von Bd. VIII der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Nr. 16, Morgen-Ausg.: Das alte Wegenetz zwischen Köln, Limburg, Mastricht und Bavai. Besondere Anzeige des in Bd. VIII, S. 97 ff. dieser Zeitschrift unter dem nämlichen Titel erschienenen Abhandlung des Generals 0. von Veith. Jahrg. 1888, Nr. 170, Ausg. 1, Bl. II: Der Landfrieden zwischen Maas und Rhein im 14. Jahrhundert. Anzeige von F. J. Kelleter, Die Land- friedensbünde zwischen Maas und Rhein (s. oben S. 256) mit eigenen Zuthaton des Recensenten. Das von der Stadt Aachen an Ludwig von Reifferscheid und Arnold von Hoemen (nicht: Hom) wegen Wegnahme einer Schiffsladung Tuch gerichtete Schreiben ist vom Sonntag nach Reminiscere ohne Jahr datirt. Es muss der 10. März 1398 sein, da die Kölner Jahrbücher des 14. und 15. Jahrhunderts berichten, dass der Raub in der Nacht vom 8. März 1807 (nach unserer Zeitrechnung 1398, Beweis für die Osterrechnung in den Chroniken I) stattgefunden habe. 1397 fiel der Sonntag Reminiscere auf den

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274 Aus Zeitschriften.

25. März. Das Bekanutsein eines Vorfalls, der sich in der Nacht vom 8./9. März bei Köln ereignete, am 10. März in Aachen ist wohl kaum ein Beweis der „für damals sehr schnellen Vermittlung der Posten".

49. (Aachener) ünterhaltungsblatt, Jahrg. 1887, Nr. 41—45: J. von Morellen, Ein Beitrag zur Geschichte der Dynasten von Montjoie.

50. Local -Anzeiger für Aachen und Burtscheid, Jahrg. 1888, Nr. 3 und 4: Der Teufel im Aachener Sprüchwort (so). Nr. 23, 24 und 27: Alterthumsfande auf dem Stephanshof zu Aachen (mit Zeichnung in Nr. 24). Nr. 57: Funde in der Komeliusstrasse zu Aachen. Die hier gefundene Münze Hadrians (Mittelerz) wird nicht erwähnt. Nr. 58: Der Lokalname Zeise (aus Tzynse = Zins entstanden?).

51. Wochenblatt zum Local -Anzeiger für Aaclien und Burtscheid, Jahrg. I (1888), Nr. 1: Der Name des Dorfes Raeren, wird hier unrichtig mit Rad, Töpferscheibe in Verbindung gebracht. Nr. 2: Zwei alte Ab- bildungen des Aachener Münsters. Volksthümliche Aufführungen in Aachen vor hundert Jahren (Rathsedikt vom 16. Februar 1776), Nr. 5: Fremde Lehnworte im Deutschen. (Versuch einer Erklärung der in der Aachener Mundart vorkommenden Ausdrücke „Fommedreck" und „Gapstock".)

52. Dürener Zeitung, Jahrg. 1888, Nr. 62, Bl. III: F. Ludwig, Der Dürener Frauen-Sieg (St. Anna-Haupt).

53. Dorf-Chronik und Grafschafter (Anzeigeblatt für den Kreis Moers, Umgegend und den Niederrhein), Jahrg. 1888, Nr. 7: (Pieper), Eine Jülicher Volkssage. (Entstehung des Namens Vogelsang für die ehemalige Karthause bei Jülich.)

Loersch,' Pick.

Fragen.

1. Von dem schief eu Thunn zu Dauscnau an der Lahn geht die Sage, dass Einhard und Emma, auf ihrer Flacht ergriffen, hier eine Zeitlang von Karl d. Gr. gefangen gehalten worden seien. (Vgl. Spengler, Der Kurgast in Ems, 2. Aufl. S. 358.) Eine andere Version lässt beide bekanntlich in die Gegend der Emmaburg bei Aachen fliehen. Wie kam die Sage nach Dausenau!^ R,

2. Wo finden sich Nachrichten über die Behalidlnng Geisteskranker im mittelalterlichen Aachen? P.

3. Wie ist der in der Ausgabe-Rechnung der Stadt Aachen vom J. 1334/85 (Laurent, Aachener Stadtrechnungen S. 111,2) vorkommende Lokal- name Schottenberg zu erklären, und welche Oertlichkeit ist damit gemeint?

C.

4. Kann Jemand den Aachener Strassennamen Krakaustrasse, 1632 Krackow (vgl. Noppius, Aacher Chronick, Th. I, S. 96), deuten? H.

5. Wo wurde der aus dem Jttlichschen stammende beriüunte Kunst- schmied Nikolaus Windemaker, welcher um 1544 im Verein mit dem Fran- ziskanermönch und Domprediger Johann von Aachen und dem gelehrten Buchdrucker Dietrich Zwivel (aus Zwcifall bei Montjoie) die von den Wieder- täufern zerstörte Uhr im Dom zu Münster i. W. wiederherstellte (vgl. Nord- h off in den Bonner Jahrbüchern LUI. LIV, S. 63 und 91), geboren?

6. Was bedeutet der Posten in der Ausgabe-Rechnung der Stadt Aachen vom J. 1385/86 (Laurent a. a. 0. S. 335,2o): Item zwen kneichten dat eyrtze zu rümen up den hoff 10 s.? Hat das einen Zusammenhang mit dem Gussblock, der auf dem Büchel gefunden ist und jetzt im Hofe der technischen Hochschule liegt? L,

7. An das Glockenspiel auf dem Thurme der St. Annakirche zu Düren knüpft sich die Sage, dass der Meister desselben nach der Herstellung des Kunstwerks geblendet worden sei. Eine ähnliche Sage haftet an der Uhr des Strassburger Münsters und an kunstvollen Uhren anderer Orte (Nürnberg, Danzig u. s. w.). Woher entstand die geschichtlich unbegrtlndete Volkssage ?

D.

8. Die jetzige Hartmannstrasse in Aachen hiess bekanntlich vormals Harduin- oder Hardewinstrasse und war ohne Zweifel nach einem Manne, Namens Harduin, so benannt. Wer war dieser? P.

9. Weiss Jemand eine Erklärung für den Ortsnamen Geilenkirchen?

J.

10. Welche Beweise gibt es für die Annahme, dass an der Stelle des heutigen Aachen bereits in keltischer Zeit eine Ansiedlung bestanden habe?

W. 18*

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1887/88.

Während im Winter 1887/88 sich Hindemisse den Monatsversammlungen entgegenstellten, hahen solche im Frühjahr und Sommer 1888 dreimal, am 18. April, 25. Mai und 21. Juni stattfinden können. In hunter Reihenfolge sind Fragen der lokalen Geschichte, Sprache und Topographie Gegenstand der Mittheilung und Erörterung unter den stets zahlreich erschienenen Mit- gliedern gewesen.

In der ersten Versammlung vom 18. April, in welcher Herr Professor Loersch den Vorsitz führte, berichtete Herr Gymnasiallehrer Dr. Wieth über vier auf dem Grundstück des Stephanshofs in der Hartmannstrasse bei Herstellung von Fundamenten aufgedeckte grosse Gruben. Diese, durch Pfahle und Bohlen kastenartig hergestellt, lagen mit ihrer Sohle 4 m, mit der Oberkante der Verschalung 1*/» ni unter dem Strassenpflaster und waren mit fettiger, glänzender, Massen verfaulten Strohs enthaltender Erde ausgefüllt, in welcher Knochen, ein römischer Trinkbecher, zahlreiche mittel- alterliche Thongefässe, namentlich aber eine frtlhmittelalterliche gravirte Bronzeschüssel von 24Va cm im Durchmesser gefunden worden sind. Herr Stadtarchivar Pick gab eine genauere Beschreibung dieser Funde, von denen ein grosser Theil vorgezeigt werden konnte. Die Behälter wurden von dem ersten Redner für Senkgruben, von Andern für Lohgruben oder Cistemen gehalten, jedoch ohne dass eine bestimmte Meinung zum Ausdruck gekom- men und von den Anwesenden gebilligt worden wäre. Vorgelesen wurde eine Arbeit des Herrn Apotheker E. Pauls über den Aufenthalt bekannter Persönlichkeiten in Aachen während der Revolutionszeit. Herr Schollen hielt schliesslich einen Vortrag über Pflasterung, Reinigung und Beleuchtung der Strassen Aachens in früherer Zeit.

Die Versammlung vom 25. Mai eröffnete der Vorsitzende, Herr Pro- fessor Loersch, mit dem Hinweis darauf, dass dieser Tag, der des h. ürbanus, in reichsstädtischer Zeit der Anfangstag des Regierungsjahrs der Bürger- meister und des Verwaltungsjahrs gewesen, der Grund für die Wahl dieses Termins jedoch noch völlig unbekannt sei. Herr Dr. Wieth berichtete über die Blosslegung einer fünften Grube auf dem Stephanshof und starker Bal- ken und Pfähle in grosser Tiefe bei einem Kanalbau in der Komeliusstrasse, sowie über eine in dieser Strasse, nahe beim Büchel, gefundene bronzene Münze Kaiser Hadrians. Herr Stadtarchivar Pick erläuterte eingehend die auf dem Stephanshof gefundpn^^n Tönferwaaren, die er zum Theil für sehr

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1887/88. 277

alt erklärte. Herr Kaplan Schnook trug einen Abriss der Geschichte des Stephanshofs vor unter Verwerthung von Urkunden und Akten des Pfarr- archivs von St. Foilan. Herr Pick besprach die Ableitung des Namens der Heppionstrasse und einiger anderer Strassennamen. Der Vorsitzende ftlhrto den Nachweis, dass der sog. Junkerskirchhof in Aachen, wie an andern Orten, eine Richtstätte gewesen sei. An jede dieser Mittheilungen knüpfte sich eine lebhafte Diskussion, in deren Verlauf weitere zahlreiche Einzel- heiten gestreift wurden.

In der Versammlung vom 21. Juni, welche Herr Realgymnasiallehrer Dr. Greve leitete, berichtete Herr Dr. Wieth über Gruben gleicher Beschaf- fenheit und gleichen Inhalts wie die des Stephanshofs, welche bei Legung der Fundamente des neuen Realgymnasiums auf dem Terrain der ehemaligen Prinzenhof-Kaseme gefunden worden sind. Daran schloss Herr Stadtarchivar Pick Mittheilungen über diesen nach den Eigenthtimem, den Fürsten von Ligne, genannten und den daneben gelegenen Salm-Kyrburgschen Hof. Herr Schollen besprach die Feier der Sonn- und Feiertage in Aachens reichs- städtischer Zeit. Herr Pick hielt, nachdem er den Druck des ältesten der bis jetzt bekannt gewordenen Schuldramen des Aachener Jesuiteugymnasiums vom Jahre 1699 und einige andere seltene Druckschriften vorgelegt hatte, einen eingehenden Vortrag über die mittelalterliche Befestigimg Aachens und die verschiedenen Abschnitte ihrer Entwicklung. Er führte unter Ver- lesung zahlreicher Quellenstellen und steter Berücksichtigung der abweichen- den Ansichten aus, dass die Stadt vor 1171 mit Wall und Graben befestigt gewesen, dass die in diesem Jahre von der Bürgerschaft eidlich gelobte Anlage des Innern Mauerrings auch bald und jedenfalls vor Ende des 12. Jahrhunderts vollendet wurde und dass die Erbauung des äussern Mauer- rings schon im 13. Jahrhundert begann und letzterer um 1320 in seinen Haupttheilen fertiggestellt war.

Die Zahl der Vereinsgenossen ist langsam, aber stetig gewachsen. Von 606, welche dem Verein am 31. Dezember 1887 angehörten, sind bis zum 1. Dezember 1888 7 gestorben, 25 ausgetreten; bis zum letztgenannten Tage sind aber neu beigetreten 62, so dass die Gesammtzahl nunmehr auf 636 gestiegen ist. Die im letzten Jahresbericht erwähnten, Mittheilungen über den Zweck des Vereins und Aufforderung zum Beitritt enthaltenden Post- karten haben sich auch in diesem Jahre bewährt und werden jedem Vereins- mitglied seitens des Vorstands bereitwilligst zur Verfügung gestellt.

Die Zahl der Vereine, Gesellschaften, Institute und Redaktionen, mit welchen der Verein im Austausch der Publikationen steht, ist auf 147 gestiegen. Es sind neu beigetreten:

Historischer Verein für Oberfranken in Bamberg. 1886.

Historischer Verein für die Grafschaft Ravensberg in Bielefeld. 1886.

Gewerbeschule in Bistritz. 1886.

Historische Gesellschaft des Künstlervereins in Bremen. 1886.

278 Chronik des Aachener Geschichtsveroins 1887/88.

Sociöt($ des BoUandistes in Brüssel. 1888.

Gelehrte estnische Gesellschaft in Dorpat. 1887.

Historischer Verein des Kantons Aargau in Frauenfeld. 1886.

Gesellschaft für Beförderung der Geschiehts-, Altertums- und Volks- kunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Land- schaften in Freiburg. 1887.

Glamer historischer Verein in Glarus. 1887.

Direccion general de estadistica in Guatemala. 1888.

Verein für Hamburgische Geschichte in Hamburg. 1888.

Schleswig-Holsteinisches Museum vaterländischer Alterthümer in Kiel. 1887.

Redaktion der Zeitschrift für christliche Kunst in Köln. 1888.

Maatschappij der nederlandsche Ictterkundc in Leiden. 1887.

Museum Francisco-Carolinum in Linz a. D. 1887.

Soci6t6 d*art et d*histoire du diocdse de Li^e in Ltittich. 1886.

Geschichtsverein für Stadt und Land Magdeburg in Magdeburg. 1886.

Westfälischer Provinzial -Verein für Wissenschaft und Kunst in Münster i. W. 1886.

K. K. heraldische Gesellschaft Adler in Wien. 1886.

Antiquarische Gesellschaft in Zürich. 1886.

Altertnmsverein für Zwickau und Umgegend in Zwickau. 1887.

Die in diesem Tauschverkehr erworbenen zahlreichen und werthvoUen Bücher und Zeitschriften wurden der Stadt bibliothek und der Handbibliothek des Stadtarchivs überwiesen. Eine interessante Urkunde vom 7. August 1434, welche der Verein zu kaufen Gelegenheit fand, hat er dem Stadtarchiv geschenkt.

Das im letzten Jahresbericht bereits erwähnte Register zu den ersten sieben Bänden der Vereinszeitschrift, sowie der neunte Band der letztern, welcher zum grossen Bedauern des Vorstands und ohne jedes Verschulden von seiner oder des Herausgebers Seite erst im Juni des Jahres 1888 erscheinen konnte, sind durch die Cremer'schc Buchhandlung (C. Oazin) in Aachen aus- gegeben worden, welche den Kommissionsverlag und die Expedition der Zeitschrift, sowie die Einziehung der Jahresbeiträge übernommen hat.

Die jährliche Generalversammlung, die erste unter der Herrschaft der am 1. Oktober in Kraft getretenen neuen Statuten, hat am 11. Oktober 1888, 6'/« Uhr Abends, im Gasthof zum Elephanten stattgefunden. Der Vorsitzende, Herr Professor Loersch, eröffnete dieselbe mit folgender Ansprache:

„In dem Erinnerungswort, das ich vor elf Monaten unserm verewigten Ehrenpräsidenten Alfred von Reumont widmete, war flüchtig im Zusammen- hang der Darstellung des Kronprinzen des deutschen Reiches zu gedenken. Indem dies geschah, konnte ich mich nicht enthalten, der Sorge um die Gesundheit des hohen Herrn Ausdruck zu geben, welche in jenen Tagen gerade mit immer steigender (Jewalt sich unserer Herzen bemächtigte. Aber

Chronik des Aachener Goschichtsvereins 1S8T/88. 279

Niemand unter uns hat damals geahnt, welches Uebermass von Trauer, welch erschütternde Verkettung tragischer Vorgänge unserm Herrscherhause und dem deutschen Volke bevorstand. Am 9. März entschlief der greise Kaiser, dessen hohes Alter uns gleichsam des Gedankens entwöhnt hatte, dass auch diese Laufbahn einmal enden werde, dessen Herrs(!hertugeuden nicht nur Vorbild fftr alle seine Nachfolger, sondern, was fast noch mehr sagen will, auch für den geringsten seiner Unterthanen sind, der auch den Bestre- bungen der Geschichtsforschung in gewohnter Milde und Leutseligkeit gern seinen hohen S«thutz gewährte. Todtkrank hat Kaiser Friedrich das sonnige Land verlassen, dessen herrliches Klima dem unerbittlich eilenden Verderben vielleicht einen zögernden Schritt aufgezwungen hätte, um in unheilbrin- gender Jahreszeit die Regierung zu übernehmen, der die kurze Spanne von nicht hundert Tagen bemessen sein sollte.

In dieser so kurzen Zeit hat der Kaiser aber für die lokalen Geschichts- vereine, zu denen auch der unserige zählt, sein wohlwollendes Interesse in einem Masse bethätigt, wie keiner seiner Vorgänger. Der Verwaltungs- ausschuss des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthums- vereine hatte schon in Folge eines im September des vorigen Jahres zu 3Iainz gefassten Beschlusses den deutschen Kronprinzen gebeten, das Pro- tektorat über den Gesammtverein zu übernehmen. Von Italien aus kam die Antwort, dass er gern bereit sei und Schritte thun werde, um die vorge- schriebene Zustimmung seines Vaters, des Kaisers, zu erlangen. Dazu ist es nicht mehr gekommen; aber ohne irgend welche erneuerte Anregung hat dann Kaiser Friedrich durch eine Kabinetsordre vom 28. April dieses Jahres das Kaiserliche Protektorat über den Gesammtverein und damit also auch über unsem Verein ~ übernommen.

Ein bitteres Geschick hat uns diesen Schirmherrn entrissen, ohne dass es ihm vergönnt gewesen wäre, seine auf Stärkung und Förderung deutscher Wissenschaft und Kunst gerichteten edlen Absichten auch nur zu einem geringen Theil zu verwirklichen. Aber atich sein Nachfolger steht unsem Arbeiten und Absichten voll Theiluahme gegenüber. Die Entwicklung des deutschen Lebens, namentlich der deutschen Städte, im frühen wie im späten 31ittelalter zieht ihn, wie ich aus persönlicher Wahrnehmung und Kenntniss bestätigen kann, vorzugsweise an. Er verfolgt die darauf sich beziehende literarische Thätigkeit, die Arbeiten der verschiedenen Vereinigungen mit warmem und verständnissvollem Interesse. So dürfen wir also auch von seiner Seite Schutz und Förderung vertrauensvoll erwarten. Mögen seiner Regierung lange Jahre inneni und äussern Friedens, materieller und ideeller Wohlfahrt beschieden sein!"

Nachdem der Vorsitzende der verstorbeneu Vereinsmitglieder, namentlich des Specialdirektors der Vereinigungsgesellschaft für Steinkohlenbergbau im Wurmrevier, Karl Joseph Ililt, gedacht, erstattete er Bericht über die

280 Chrouik des Aaclicncr Cieschichtsvereüis 1887/88.

Thätigkeit und Lage des Vereins. Dann trug der Schatzmeister, Herr Dr. Wings, die Rechnung des Jahres 1887 vor.

Danach umfassten die Einnahmen für 1887:

1. den Kassenbestand aus dem Vorjahre 2038 M. 44 Pf.

2. den Beitrag der Stadt Aachen 150 ^

3. die Beiträge der Mitglieder 2344

4. den Ertrag aus abgesetzten Exemplaren der Zeit- schrift 24

5. die Zinsen der Sparkasse 49 76 ^

zusammen . . 4606 M. 20 Pf. Die Ausgaben betrugen . . 3403 ^ 43

Es verblieb ein Kassenbestand von . . 1202 M. 77 Pf.

Das Vereinsvermögen, welches Ende 1886 noch 2038 31. 44 Pf. betrug, liat sich also im Jahre 1887 um 835 31. 67 Pf. vermindert. Diese Ver- minderung ist insbesondere hervorgerufen durch die Kosten des Registers fUr die ersten sieben Bände, wofür 1253 31. 55 Pf. verausgabt wurden. Auf die sonstigen Auslagen entfallen 2149 M. 88 Pf.

Die am 10. November 1887 gewählten Revisoren haben die Kassen- verwaltung für das Jahr 1887 am 28. September 1888 geprüft. Die Ver- sammlung drückte denselben, sowie dem Schatzmeister ihren Dank aus und wählte die Herren Dr. med. Ignaz Beissel und Tuchfabrikant Gustav Kesselkaul wiederum als Revisoren für das Jahr 1888.

Es wurde dann zur Wahl des Vorstands nach Vorschrift der neuen Statuten geschritten. Durch Zuruf wählte die Versammlung die bisherigen Vorsitzenden und Schriftführer, sowie den Schatzmeister wieder. Aus der durch Stimmzettel vorgenommenen Wahl der zehn Beisitzer gingen die S. 282 genannten Herren mit grossen 3Iehrheiten hervor.

Nach Abschluss des geschäftlichen Theils hielt Herr Professor Loersch einen Vortrag über die Geberin eines dem Aachener 3Iarienstift gehörigen prächtigen 3iessomats aus dem 15. Jahrhundert und den Anlass diesem (teschenks. Das hoch würdige Stiftskapitel hatte in zuvorkommendster Weise die Ausstellung der (iewänder in der Versammlung gestattet, wofür ihm auch an dieser Stelle wärmster Dank ausgesprochen sei. Darauf besprach Herr Stadt- archivar Pick den am 20. 3Iärz 1S85 gemachten Fund eines römischen Grabes bei Altst'hurzelt unter Vorlegung von äusserst sorgfältigen Zeichnungen, welche das verstorbene Vereinsmitglied, Herr Ignaz Beissel, angefertigt hat^ und behandelte weiterhin fünf andere bisher unbekannte Funde römischer

Chronik des Aachener Gcächichtävereins 1887/8B. 281

Gegenstände, die während der letzten Jahre im Gebiet der Altstadt zu Tage getreten sind.

Der nea gewählte Vorstand hat sich in einer Sitzung vom 9. November 1888 konstituirt und die Herren Bemdt und Pick zu Mitgliedern des Aus- schusses fQr die Heransgabe der Zeitschrift (§13 der Statuten), die Herren Dr. Greve, Kuetgens, Pick und Sartorius zu Mitgliedern einer Kommission für Vorbereitung der Monatsversammlungen und Ausflüge 12 der Statuten), sowie die auf S. 282 f. genannten Herren nach § 3 der Statuten zu korrespon- direnden MitgUedem ernannt.

Verzeichniss

% der

Mitglieder des Aachener Geschichtsvereins.

(Geschlossen Ende November 1888.)

A. Vorstand.

Vorsitzender: Loersch, Dr. H., ordentlicher Professor der Rechte in Bonn. Stellvertretender Vorsitzender: Pick, R., Stadtarchivar in Aachen. Schriftführer: Berndt, F., Hauptmann a. D. und Stadtverordneter in

Aachen. Schollen, M., Sekretär der Staatsanwaltschaft in Aachen. Schatzmeister: Wings, Dr. P., Rentner in Aachen. Wissenschaftlicher Ansschnss: Loersch (s. o.).

Pick (s. 0.). Berndt (s. o.). Beisitzer: Cocls, Dr. Freiherr von, Landrath des Landkreises Aachen in

Aachen. Greve, Dr. Th., Realgymnasiallehrer in Aachen. Kuetgens, P., Stadtverordneter in Aachen. M i d d e 1 d 0 r f , C, Bürgermeister der Stadt Burtscheid in Burtscheid. Oppenhoff, Th. F., Landgerichts-Präsident in Aachen. Pelz er, L., Oberbürgermeister der Stadt Aachen in Aachen. Planker, S., Ehrenstiftsherr und Stadtdcchant in Aachen. Sartori US, A., Major und Bezirks-Kommandeur in Aachen. Schwenger, Dr. H., Gjmnasial-Direktor in Aachen. Stracter, Dr. A., Arzt und Stadtverordneter in Aachen. Ehrenmitglied: Weise, L. von, Geheimer Regierungsrath und Oberbürger- meister a. D. in Aachen.

B. Korrespondirende Mitglieder.

Fürth, Freiherr H. A. von, Landgerichtsrath a. D. in Bonn. Gross, H. J., Pf" - - -- ^alk.

Milz, Professor Dr.. OvÄiuLsi»J-l>ircktor in Küin.

Oidtman, £. von, Hjuiptnafis und Koinpiunii4^-Clit.'f im lU^g^iment Königin

in Coblenz. Pauls, E^ Apotheker in l;ed>nir£.

Rovenhagen, Eh*. L^ Regj^miu:^ nud ScLulrath in Dü>x'Morf. Scheins, Dr. M-, ProeynuiAsiaJ-Kfktor in B<»pi»a.rd,

C. Verstorbene Mitglieder.

(Seit der Ausgabe des letzten Ve^zeichüi^s^'^» IM. \1II, S. ^ ff.)

B eissei, Ignaz, Rentner in Burt^^heid.

flösset, A., Rentner in Aachen.

De lins, K. sen., Fabrikant in Aachen.

Fey, Andreas, Rektor in Aachen.

Haas, 0., Rentner in Bnrt scheid.

Hilgers, Professor Dr. J., Geheimer Regierungsrat h in .Vachcn.

Hilt, K., Bergwerks-Direktor in Aachen.

Hocks-Gründgens, J., Fabrikant in Aachen.

Juchem, Pfarrer in B*>uderath.

Mooren, Dr. J. H., Pfarrer in Wachtendonk.

Nellesi^en, Tb-, Wittwe in Aachen.

Pott hoff, H. L., Oberpfarrer in Burtscheid.

Reumont, Dr. A., Geheimer Sanitatsrath in Aiirheu.

Reumont, Dr. A. von, Excellenz, Wirklicher (tohoimratb in Hnrl^^lMld.

Sittard, K., Lehrer in Stammeln.

Steenaerts, J., Pfarrer in Nettesheim.

Suermondt, Barthold, Rentner in Aachen.

Vogeno, M., Stiftsgoldschmied in Aachen.

D. Neu beigetretene Mitglieder.

(Seit der Ausgabt^ des letzten Verzeichnisses Ild. VIII, M. ;i,i| n ) Adams, J. W., Gutsbesitzer in Elmpt. 1886.

Banr, A., Professor in Düsseldorf. 1887.

Baur, Bergrath in Aachen. 1888.

Beaucamp, Dr. E., Lehrer an der Provinzial-H(!lMinnnen-AuMuli

in Köln. 1887. Bernart s, J. W., Weinhändler in Aachen. 1887. Bibliothek der* Gemeinde Alsdorf. 1880. Bibliothek der Gemeinde Broich. 1888. Bibliothek der Gemeinde Eileudorf. 1888. Bibliothek der Gemeinde Forst. 1888.

284 Verzeichuiss der Mitglieder.

Bibliothek der Gemeinde Haaren. 1888.

Bibliothek der Gemeinde Weiden. 1888.

Bibliothek der Gemeinde Würselen. 1888.

Bibliothek des Landrathsamts in Neuss. 1888.

Bibliothek der Stimmen ans Maria Laach in Exaeten. 1887.

Blank art, E. von, Kaufmann auf Haus Broich. 1888.

Boffin, J., Gerichtsvollzieher in Euskirchen. 1888.

Bongartz, Dr. in Aachen. 1886.

Broich, Freiherr von, auf Haus Schönau. 1888.

Bttllion,^raf, K. B. Hauptmann in Würzburg. 1888.

Clar, M., Gymnasiallehrer in Aachen. 1886. Olosset, Amtsrichter in Montjoie. 1886. Cockerill, H., Bentner in Burtscheid. 1886. Coenen, J., G^richtsschreiber in Geilenkirchen. 1886. Oompes, Dr. P., Arzt in Aachen. 1888. Conrad, W., Apotheker in Aachen. 1887. Cüpper, J., Tuchfabrikant in Burtscheid. 1888.

Dahmen, F., Kaufmann in Aachen. 1888. D ahmen, Notar in Gangelt. 1887. Dantz, Steuerinspektor in Geilenkirchen. 1886. De den, A. Frau, Rentnerin in Aachen. 1886. Delhaes, P. L., Kaufmann in Aachen. 1887.

Ebbing, Assessor a. D., Beigeordneter in Aachen. 1888. Emster, C. van, Sparkassen-Beamter in Aachen. 1887. Erasmus, Dr. K., Chefarzt in Crefeld. 1887. Esser, J., Kaplan in Aachen. 1888. Esser, Vikar in Laurensberg. 1887. Esser, J. M., Lehrer in Aachen. 1887.

Feiten, Dr. J., Professor der Theologie in Bonn. 1888.

Fisenne, L. von, Architekt in Meerssen. 1888.

Flamm, Kaufmann in Aachen. 1888.

Frank, Dr. P., Sanitätsrath in Aachen. 1887.

Frantzen, Dr. A., Assistent an der technischen Hochschule in Aachen. 1887,

Frentzen, Professor an der technischen Hochschule in Aachen. 1886.

Fritz, Dr., Gynmasiallehrer in Münster i. W. 1886.

Frowein, Verwaltungsgerichts-Direktor in Burtscheid. 1888.

Fuhrmans, Bürgermeister in Alsdorf. 1888.

Geller, J., Kaufmann in Aachen. 1888. Giesen, Oberpfarrer in Reiffersoheid. 1887.

Verzeichniss der Mitglieder. 2b 5

Oiesen, K., Notar in Aachen. 1887.

Giesen, K. H. J., Xadelfabrikant in Aachen. 188^.

Qiesen, Rechtsanwalt in Aachen. 1888.

Gilson, H. M., Kanfmann in Aachen. 1887.

Goeke, Dr., Realgymnasial-Oberlehrer in Aachen. 1^87.

Haas, £., Rentner in Bnrtscheid. 1888.

Havermann, J. W., Pfarrer in Setterich. 1888.

Heinrichs, Bürgermeister in Elmpt. 1886.

Heller, W., Kaiser). Katasterkontroleur a. D. in Aachen. 1888. ^

Hei penstein, D., Rechtsanwalt in Aachen. 18h7.

Her mens, Dr., Dirisionspfarrer in Köln. 1887.

Heu seh, Alex., Fabrikant in Aachen. 1888.

Heynckes, L., Kaufmann in Coblenz. 1886.

Hochscheid, Kaplan in Aachen. 1888.

Ho e seh, 0., Agent in Aachen. 1886.

Ho Hing, Freiherr M. von, Rentner in Burtscheid. 1886.

Hoyer, A., Kanfinann in Aachen. 1888.

Jansen, K., Kaufmann in Aachen. 1888.

Janssen, W. L., Landrath z. D. in Burtscheid. 1887.

Kaatzer, H., Buchdruckereibesitzer in Aachen. 1887. Käntzeler, Vikar in Montzen-Moresnet. 1888. Kahlau, H. J., Kaufmann in Aachen. 1887. Kaufmann, Dr. M., Arzt in Aachen. 1886. Keller, Dr., Kreisschulinspektor in Aachen. 1887. Kelleter, Dr. F., Archiv-Assistent in Burtscheid. 18S8. Kern, A., Kratzenfabrikant in Aachen. 1887. Klaus euer, £., Kaufmann in Aachen. 1887. Klein, Bürgermeister in Wassenberg. 1886. Konertz, P. J., Kratzenfabrikant in Burtscheid. 1886. Kratz, R., Oberpfarrer und Definitor in Eschweiler. 1887. Krem er, F., Buchhändler in Aachen. 1887. Krichel, L., Pfarrer in Anrath. 1887.

Laaf, Dr. F. J., Arzt in Burtscheid. 1888.

Lamberz, £., Ingenieur in Aachen. 1888.

Leruth, Aug., Rentner in Aachen. 1887.

L Ingen s. F., Tuchfabrikant in Aachen. 1886.

Lingens, H., Tuchfabrikant in Aachen. 1888.

Linse, E., Architekt in Burtscheid. 1887.

Lochner, E., Tuchfabrikant und Stadtverordneter in Aachen. 1887.

Lo erper, J., Pfarrer in Haaren. 1887.

Luxembourg, Dr. M. R., Arzt in Aachen. 1888.

286 Verzeiclmiss der Mitglieder.

Marjan, H., Realgymnasial-Oberlehrer in Aachen. 1889.

Mayer, E., Rechtsanwalt in Aachen. 1887.

Meessen, J. J., Architekt und Bauunternehmer in Forst. 1886.

Merscheim, Pfarrer in Kohlscheid. 1887.

Mevissen, Dr. von, Geheimer Kommerzienrath in Köln. 1887.

Middeldorf, J., Rechtsanwalt in Aachen. 1888.

Neilessen, Dr. iur. Franz in Aachen. 1887.

Neujean, E., Maler in Aachen. 1887.

Neuss, Dr., Realgymnasial-Direkt or in Aachen. 1887.

Oberländer, Regierungs-Assessor in Aachen. 1887.

Pelser-Berensberg, von, Sekonde-Lieutenant in Düsseldorf. 1886.

PI um, Btlrgermeister in Büsbach. 1888.

Pohl, W., Bildhauer in Aachen. 1888.

Prinz, Dr. P., Erster Seminarlehrer in Comelimünster. 1888.

Radermacher, P. iun., Ingenieur in Aachen. 1888.

Rauschen, Dr. G., Rektor in B.-Gladbach. 1887.

Regel, Dr., Gymnasial-Oberlehrer und Dirigent des Kaiser Wilhelm-

Gymnasiums in Burtscheid. 1887. Reichensperger, Karl, Landrichter in Köln. 1888. Reinkens, J. M., Gymnasiallehrer in Düsseldorf. 1887. Reumont, Dr. A., Regienmgs-Referendar in Aachen. 1887. Rey, Dr. M. van, Assistenzarzt in Aachen. 1887. Ritter, G., Tuchfabrikant in Burtscheid. 1888. Roderburg, Pfarrer in Berkum. 1887.

Savelsberg, Dr. H., Gymnasiallehrer in Aachen. 1886. Scheibler-Hülhoven, R. von, Landrath in Heinsberg. 1887. Schervier, E., Rentmeister in Düsseldorf. 1887. Schleicher, Hugo in Düren. 1886. Schlesinger, V., Gerichtsreferendar in Aachen. 1888. Schneider, H., Spinnereibesitzer in Aachen. 1888. Schroers, Dr. J. H., Professor der Theologie in Bonn. 1888. Schweitzer, J., Buchhändler in Aachen. 1886. Schwickerath, städtischer Musikdirektor in Aachen. 1887. Senden, Hauptmann und Batterie-Chef in Porta. 1886. Sommer, A., Apotheker in Aachen. 1887. Startz, K., Kaufmann in Hamburg. 1888. Straub, W., Pfarrer in Burtscheid. 1887. Suermondt, R., Banquier in Aachen. 1887.

Verzeiehiiiss der Mitglieder. 287

Talbot, Dr. G., Grerichtsrcferendar in Aachen. 1887.

Theissen, H., Gasthofsbesitzer in Aachen. 1887.

Thisaen, Dr. J., Arzt in Aachen. 1888.

Trost, Dr. F., Regiemngs- und Medizinalrath in Aachen. 1887.

Vendel, J., Religionslehrer in Aachen. 1886. Vonderbank, P., Sandgrubenbesitzer in Aachen. J888. Vossen, L., Fabrikant und Stadtverordneter in Aachen. 1888.

Weerth, Dr. E. aus'm, Professor in Kessenich. 1887. Welter, E., Justizrath, Rechtsanwalt in Aachen. 1H87. Wilms, W., Kaufmann in Elrkelenz. 1887: Wirth, Bürgermeister in Geilenkirchen. 1886. Wirtz, L., Rendant in Burtscheid. 1888. Witkowsky, S., Generalagent in Aachen. 1888. Wolff, Pfarrer iii Elmpt. 1887.

Zander, A., cand. phil. in Aachen. 1887. Zimmermann, K. von, Kaufmann in Aachen. 1888.

~ ZEITSCHRIFT

)P

%\ DES

/)s4^AACHENER GESCHICHTSVEREINS.

v.i/

IM AUFTRAG DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMlSSKlN

RICHARD PICK,

AECHIVAR DER STAIVT AACHEN.

ELFTER BAND.

AACHEN.

KOMMISSIONS-VERLAO DEH CB£UER'SCHEN BUCHHANnl.UNH (C. lAZlNj.

1889.

Die verehrlichen Herren Mitarbeiter werden höflichst ersucht, in ihren für den Druck bestimmten Manuskripten nur eine Seite der Blätter nicht zu eng zu beschreiben und davon die Hälfte l||n noch völlig frei zu lassen. Der Redaktion wie dem Setzer und Korrektor wird dadurch viel Zeit und Mühe erspart.

Die Manuskripte sind zu senden an Geheirarath Loersch in Bonn oder an Stadtarchivar Pick in Aachep.

Um das durch besondere Verhältnisse gebotene rechtzeitige Erscheinen der Abhandlung von Dr. P. Clemen in diesem Bande zu ermöglichen, sind die auf dem Umschlag von Band X an- gekündigten Aufsätze der Herren R. Pick, S. Plankeb und M. Schollen mit deren freundlichst gewährten Zustimmung für den nächsten Band zurückgestellt worden.

Die verehrlichen Vereine, Gesellschaften, Anstalten und Redaktionen, mit welchen der Aachener Geschichtsverein in Schriftenaustausch steht, bitten wir, uns ihre Veröffentlichungen, sofern deren Zusendung nicht direkt durch die Post erfolgt, durch die CnEMiER'scFrE Buchhandlung in Aachen gefälligst zugehen zu lassen.

DER VORSTAND.

ZEITSCHRIFT

AACHENER GESCHICHTSVEREINS.

IM AUFTRAG DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMISSION

RICHARD PICK,

ARCHIV AK DES STADT AACHEN.

ELFTER BAND.

AACHEN.

VERLAQ DEB CRKHER-SCHEX BUCHHiNDLUNQ {C. CAZlNj.

1889.

1^

Inhalt.

t. Ein Sühnegesehenk für das Aachener Münster. Von H. Loersoh 1 2. Die Herren von Milendonk ftos dem (leschlecht der von Mirlaer.

Von E. Yon Oidtman 8

8. Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhunderts. Von C. NOrrenberg 60

4. Römerstrassen im Regierungsbezirk Aachen. I. Von J. Schneider 67

5. Ans der Zeit der Fremdherrschaft IV. Zur Geschichte des Assignaten-

omlanfs und des Gesetzes ttber das Maximum in der Aachener

Gegend. Von E. Pauls 75

6. Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. Von W. Graf von

Mirbach.

Vorbemerkung 98

I. Wilhelm IV. von Jülich als Wohlthäter von Kirchen und

Klöstern 100

n. Vasallen und Gebietszuwachs unter Graf Wilhelm IV. . . 111

m. Wilhelms IV. Gemahlin, Brüder und ältester Sohn .... 128

rV. Rikarda als Gräfin von Jülich 1278—1283. (Mit Abbildung.) 188

V. Die übrigen Kinder des Grafen Wilhelm IV 142

VI. Walram I. Herr zu Bergheim 147

7. Der Aachener Domschatz und seine Schicksale während der Fremd-

herrschaft. Von J. Hansen 160

8. Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds. Von H. Böckeier . 176

9. Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. Von P. Giemen.

Einleitung 184

I. Das gleichzeitige literarische Porträt 194

n. Das gleichzeitige künstlerische Porträt.

A. Literarisch als gleichzeitig beglaubigte Darstellungen.

1. Siegel und Münzen. (Mit Abbildung.) 206

2. Das Grabmal in Aachen 210

8. Die Wandgemälde im Kaiserpalast zu Aachen . . . 214

4. Der Bilderkreis der Pfalz zu Ingelheim 218

5. Die Statue ün Klosterhof zu Lorsch 222

6. Die Mosaik hn Triklinium des Lateran. (Mit Abbildung.) 224

7. Die Mosaik in Santa Susanna zu Rom 228

v>

in Sühnegeschenk for das Aachener Münster.

Von H. Loersch.

Zu der ebenso reichhaltigen wie lehrreichen Sammlung kirch- licher Kunstwebereien und alter Stickereien, welche im Oktober und November 1887 zu Krefeld in den schönen Räumen der königlichen Webeschule unter dem Protektorat des Herrn Erz- bischofs von Köln ausgestellt war, hat das Aachener Münster aus seiner Schatzkammer nicht weniger als zwei volle Dutzend liturgischer Gewänder beigesteuert. Diese prachtvolle Reihe, beginnend mit dem weithin bekannten Messgewand des h. Bern- hard, mit zwei den kunstfertigen Händen der Schwestern vom armen Kinde Jesu entstammenden Kasein abschliessend, ver- gegenwärtigte Entwicklung, Umgestaltung, Verfall und Wieder- geburt der kirchUchen Zwecken dienenden Weberei und Stickerei von der Mitte des 12. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in den kostbarsten, zum grössten Theil vorzüglich erhaltenen Exemplaren. Zu den bisher, so viel ich sehe, niemals besprochenen Stücken der glänzenden Aachener Sammlung gehört ein voll- ständiger wohl erhaltener Messornat, den der Katalog unter Nr. 27 und 28 aufführt, Kasel und zwei Dalmatiken von gleich- massig blassgrüner Farbe. Den Stoff bildet ein sehr reiches Muster in Sammt auf Atlasgrund ^ Das Kreuz der Kasel wie die Stäbe und Aerraeleinfassungen der Dalmatiken sind aus golddurchwirkten sog. Kölnischen Borten mit rothem Seidengrund hergestellt. Die technische und ästhetische Würdigung des Stoffes und der Borten, sowie den Nachweis des Entstehungs-

*) Vgl. hierza Fr. Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters I, S. 98 ff.

1

2 H. Loorsoh

orts des erstem kann hier nicht versuclit, es soll nur auf einige Umstände hingewiesen werden, die der Katalog nicht erwähnt und welche gestatten, die Schenkerin des schönen Ornats mit voller Sicherheit, den Anlass des Geschenks mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit zu bestimmen.

Das den Borten eingewebte reiche Pflanzenornament wird nämlich an gewissen Stellen unterbrochen oder vielmehr ersetzt durch ebenfalls eingewebte Worte, welche eine zusammenhängende Inschrift bilden; ausserdem findet sich an der Kasel ein schön und in ziemlich grossem Massstab (10 12 Centimeter Höhe), der Hauptsache nach in Weberei, zum Theil in Stickerei aus- geführtes Wappen, das auch auf der Vorderseite der beiden Dalmatiken angebracht, hier aber leider durch eine Reparatur verstümmelt ist. Die Inschrift besteht aus drei Stücken, welche sich jedesmal auf zwei Zeilen vertheilen. Sie ist überall in schön gezeichneten 4 4^2 Centimeter hohen gothischen Minus- keln hergestellt. Der erste und der letzte Buchstabe jeder Zeile geht bei den auf den Dalmatiken stehenden Stücken der Inschrift mit zierlichen, aus seinen Strichen erwachsenden, ranken- artigen Ausläufeni in das rechts und links befindliche Ornament über, so dass die Worte fast unbemerkbar mit diesem abwechseln. Auf der Kasel dagegen unterbricht die Inschrift das senkrecht aufsteigende Ornament der Borte, ohne sich mit ihm zu ver- ästeln. Der Anfang der Inschrift befindet sich auf der Rückseite der Kasel, unmittelbar über der Stelle; wo die deren Kreuz bildenden Borten sich schneiden, und lautet:

walburch moirs

Die beiden Fortsetzungen stehen auf den Dalmatiken, ebenfalls auf deren Rückseiten und zwar auf dem die beiden senkrecht herablaufenden Stäbe vereinigenden Querstück; ihre Reihenfolge ist durch das Vorkommen des Wortes „und" in unzweifelliafter Weise gekennzeichnet. Die erste lautet:

vrauwe zo die zweite: ind tzo le

hensberghe weberge

Durch Zusammensetzung der drei Theile unter Auflösung der Abkürzungen wird die folgende Inschrift gewonnen:

Walburch van Moirs, vauwe zo Hensberghe ind tzo Lewenberge.

Ein Stthnegeschenk für das Aachener Münster. 3

Das auf der Kasel und den Dalmatiken an der Brustseite angebrachte Wappen, dem kein Helm aufgesetzt ist, hat Herr Ernst von Oidtman nach meiner ihm übersandten Skizze zu bestimmen die Güte gehabt. Es ist, wie er schreibt, ein Alliance- wappen. Senkreclit getheilt, enthält es heraldisch rechts das Wappen der Grafen von Moers: in goldenem Feld ein blauer Querbalken, heraldisch links das Heinsbergische Wappen, näm- lich ein quergetheilter Schild, unten in rothem Feld ein silberner aufgerichteter auswärts gewendeter Löwe (das Heinsbergische Stammwappen), oben senkrecht getheilt, vom in rothem Feld zwei goldene senkrecht mit den Köpfen auswärts gestellte Fische, von goldenen Kreuzchen begleitet (Grafschaft Chiny), hinten von Roth und Gold zehnmal quergetheilt oder auch in Roth fünf goldene Querbalken (wegen der Grafschaft Ijoos). In der Mitte des AUiancewappens ist auf der Heinsbergischen Seite an der Spaltliuie der halbe Löwenbergische Herzschild, von Roth und Silber abwechselnd in zehn Plätze getheilt, angebracht. Die fehlende Helmzier würde über dem Moersischen Wappen ein Hundekopf mit blauem Querbalken, über dem Heinsbergischen ein Helm sein, aus dessen Laubkrone ein paar Hasenohren eraporstehen. Die heraldische Seltenheit eines halben Herz- schilds weisen Siegel von Angehörigen des Loen-Heinsberg- Löwenbergischen Geschlechts mehrfach auf, so z. B. die Siegel Wilhelms I. von Loen, Herrn zu Jülich, Grafen von Blanken- heim (1411, 1431, 1434), sowie das der Maria von Croy, der Gemahlin Wilhelms n. von Jülich-Blankenheim (1462). Das vorliegende Alliancewappen ist aber unrichtig geordnet, da heraldisch rechts Heinsberg, das Wappen des Mannes, links Moers stehen müsste. Es geschah im 15. Jahrhundert nicht selten, dass das Wappen der Frau heraldisch rechts angebracht wurde, wenn ihr Haus ein vornehmeres war, als das des Mannes. Das trifft jedoch hier keineswegs zu, da Moers wie Heinsberg gleich vornehme Geschlechter waren. Die Wappenzeichner jener Zeit scheinen noch nicht so streng verfahren zu sein wie die späterer Jahrhunderte, denn man begegnet solcher verkehrten Stellung häufig, wie sich ja auch Willkürlichkeit oder Unkennt- niss der Maler oder Stecher in Bezug auf manche Geschlechts- wappen und -Siegel nachweisen lassen.

Wappen und Inschrift ergänzen sich gegenseitig und gewähren genaue Auskunft über die Persönlichkeit der Geberin. Das

6 H. Loersch

als eine freiwillige, nur indirekt das verübte Unrecht aner- kennende und sühnende Gabe möchte ich sie angesehen wissen, und wahrscheinlich erst geraume Zeit nach dem Abschluss der vermuthlich ohnehin langwierigen Verhandlungen werden sie überreicht worden sem. Dass eine Frau des Heinsbergischen Hauses auf der Inschrift, welche sie tragen, als die Spenderin genannt ist, haben wir aufzufassen als eine naheliegende Rück- sicht gegenüber dem regierenden Herrn, dem die Verantwort- lichkeit für den schnöden Angriff eigentlich zufiel, den man aber aus vielen Gründen zu schonen hatte. Es liegt darin eine geschickte Verhüllung des eigentlichen Charakters des Geschenks. Dass dieses erst in den dreissiger Jahren des 15. Jahrhunderts, vielleicht erst nach dem Antritt der Herrschaft durch Johann in. im J. 1438 gestiftet worden, beweist eben die Nennung der Frau Walburgis. Uebrigens war die zweite Gemahlin Johann II., Anna von Solms, spätestens 1433, vielleicht noch früher ver- storben \ und schon seit diesem Zeitpunkt hatte somit Wal- burgis das Recht wie die Pflicht, aufzutreten, wenn es sich um die Repräsentation des Heinsbergischen Dynastengeschlechts durch eine Dame handelte. Gewissheit wäre auch hier nur aus Briefen oder andern urkundlichen Aufzeichnungen, namentlich aber aus den altern Schatzverzeichnissen der Marienkirche zu schöpfen.

Mag nun die Uebergabe des Ornats früher oder später erfolgt sein, unter allen Umständen hatte bereits eine zweite Frevelthat ihn thatsächlich zu einem doppelten Sühnegeschenk gestempelt, denn es war Johann II. von Heinsberg, der in der Nacht vom 1. zum 2. Oktober 1429 die Schaar von Adeligen anführte, welche durch Verrath die Stadt Aachen überfiel, die sich zur Wehr setzenden Bürger niedermachte und dem von diesen beseitigten Rath wieder zur Herrschaft verhalf ^. Frau Walburgis wird die Handlung, ihres Schwiegervaters, der mehr als einen derartigen Anschlag auf dem Gewissen liatte, zwar nur als die vollkommen berechtigte Niederwerfung frecher Em- pörung angesehen haben; das schliesst aber eine Regung weib- lichen Mitleids imd christlicher Theilnahme für die Opfer dieser

') Kremer a. a. 0. I, S. 55 f.

^) Eine genaue Darstellung dieser Vorgänge gibt Loersch bei Haageu, ( geschieh te Achens II, S. 582 flf.

Ein Stthuegescheuk für das Aachener Münster. 7

gewaltsamen Herstellung der Ordnung nicht aus. Sie mag auch der Seelenruhe der Erschlagenen und Hingerichteten gedacht haben, indem sie der Marienkirche ihre schöne Gabe tibersandte. Verknüpft sich mit dieser die Erinnerung an ein gewaltthätiges Geschlecht und blutigen Kampf, so liegt doch auch gerade in der Walü des Geschenks ein versölinender Hinweis auf die sühnende Wirkung des Messopfers, zu dessen Darbringung es zu dienen bestimmt war.

Die Herren von Müendonk aus dem Geschlecht der

von Mirlaer.

Von E. von Oidtman.

Milendonk im Kreise Gladbach, noch jetzt eine stattliche Burg, mit Thürmen und Brücken versehen \ gab einem Edel- herrengeschlecht den Namen. Dasselbe erscheint Mitte des 12. Jahrhunderts urkundlich 2. Diesem Edelherrengeschlecht gehörte der bekannte Cäsarius von Milendonk an, welcher von 1212—1217 Abt zu Prüm war und späterhin (1222) als Mönch zu Heisterbach eine noch im Original vorhandene Beschreibung der Güter und Einkünfte der reichen Abtei Prüm für seinen Nachfolger, den Abt Friedrich von der Leyen, verfasste^. Die letzten Mitglieder des Geschlechts werden in einer Urkunde vom J. 1278 erwähnt, in welcher Adolf und Walram von Milen- donk, aus der Haft entlassen, erklären, dass sie Alles billigen wollen, was ihr Bruder Gerhard und ihre Mutter Hadwig^ wegen der Güter zu Jüchen mit dem Erzbischof von Köln ver- einbart haben imd was Schiedsrichter wegen des Schlosses Milendonk bestimmen werden. Die Urkimde besiegelten Wilhelm

*) Abgebildet bei Dunker, Die Rittergüter der preussischen Monarchie. In der Gladbacher Zeitung, Jahrg. 1888, Nr. 86, 95, 100 und 107 ver- öffentlicht Lentzen eine Abhandlung über „die Dynasten von Milendonk, ihre Burg und ihr Land", in welcher viele genealogische Unrichtigkeiten ent- haltep sind.

*) Kremer, Akademische Beiträge II, S. 228 und 246; Günther, Codex dipl. Rheno-MoseUanus I, p. 387, 423 und 457.

•) Das Original im Staatsarchiv zu Coblenz. Letzte Ausgabe im Mittelrheinischen ürkundenbuch I, S. 142 ff. Vgl. dazu Lamprecht, Deut- sches Wirtschaftsleben II, S. 59 ff.; auch Barsch, Eiflia illustr. I, 1, p. 169.

*) Auch bei Fahne, Kölnische Geschlechter II, S. 95 als Wittwc Dietrichs von Milendonk erwähnt. Daselbst ist auch ihr Siegel beschrieben, das indess keinen Wappenschild zeigt. In den Urkunden werden diese Milen- donk stets mit dem Beinamen nobilis oder nobilis dominus angeführt.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 9

von Helpenstein, N. Vogt zu Neersen, Gerhard, Edelvogt zu Köln, Arnold von Hostaden, Wierich von Bacheim, die Brüder Heinrich und Rembodo von Boedberg und Adolf von Rimenzheim ^ Die drei Gebrüder Milendonk kommen noch 1290 urkund- lich vor^, sie genehmigen nämlich in diesem Jahre, dass der deutsche Orden von ihren Eltern einen zinspflichtigen Mann zu Elsen erlialten hat. Die Urkunde besiegelten als Zeugen Johann von Reifferscheid und Ritter Heinrich von G^venich, Marschall im Bruch. Da bereits 1300 Rudolf Edelherr von Reifferscheid (Sohn Johanns) vom Grafen Reinald von Geldern mit Milendonk belehnt wird^ und Johann von Reifferscheid die eben erwähnte Urkunde der Edelherren von Milendonk besiegelt hat, so liegt die Annahme nahe, dass die Reifferscheid durch Verwandtschaft mit den Milendonk in den Besitz des Schlosses Milendonk gelangt sind. Rudolf von Reifferscheid und von Malberg* empfängt am 7. Juni 1300 die Burg Milendonk vom Grafen Reinald von Geldern zu Lehn und als Offenhaus. Die Vorburg soll des Grafen AUod werden ^ Rudolf kommt mit seiner Gattin Aleidis und seinem Sohn, dem Ritter Friedrich, 1321 urkundlich als Herr zu Milendonk vor®. Er war 1329 todt, denn in diesem Jahr bekennt Friedrich von Reifferscheid, Herr zu Milendonk, dass ihm von der Stadt Köln 900 Mark gezahlt worden seien, die seinem Vater Roland^ wegen des Kampfes vor Brühl nach dem Sühnebrief zugestanden hätten. Im J. 1346 wird Friedrich Anverwandter des Grafen Friedrich von Moers genannt®; 1351 ist bereits Jakob von Mirlaer Herr

*) Die Urkunde ist abgedruckt bei L. Korth, Liber privilegiorum maioris ecciesiae Coloniensis im 3. Ergänzungsheft der Westdeutschen Zeit- schrift fiir Geschichte und Kunst S. 270; vgl. die Urkunde vom 23. Juni 1276 da^. S. 246.

*) Hennes, Urkundenbuch des deutschen Ordens Nr. 307 (Original im Staatsarchiv zu Düsseldorf); Günther 1. c. II, p. 364 und Korth 1. c. p. 246.

*) Die Urkunde ist abschriftlich im 10. Bande der Red in ghoven sehen Sammlung enthalten.

*) Schloss Malberg an der Kyll in der Eifel.

*) Nijhoff, Gedenkwaardigheden I, no. 71, wo aber nur ein kurzes Regest der Urkunde mitgetheilt ist.

«) Hennes a. a. 0. Nr. 412—415.

^) Höhlbaum, Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Köln V, S. 73, Nr. 1279. Der Name Roland dürfte auf einen Schreibfehler des Ausfertigers der Urkunde zurückzuführen sein.

*) Lacomblet, Urkundenbuch HI, Nr. 429.

10 E. von Oidtman

ZU Milendonk^ Er hatte Beatrix von Reifferscheid zur Frau, welche wohl eine Schwester des obenerwähnten Friedrich von Reiflferscheid war. Milendonk blieb nun beinahe drei Jahrhun- derte lang im Besitz des Geschlechts Mirlaer*, welches sich späterhin ausschliesslich „von Milendonk" nannte. Dasselbe nimmt unter den Uradelsgeschlechtern des Niederrheins vom 13. 18. Jahrhundert eine hervorragende Stellung ein, sowohl durch seinen grossen Besitz gehörten ihm doch die Herr- schaften Milendonk, Schönau, Warden, Fronenbruch-Hörstgen, Drachenfels, Meiderich und zahlreiche andere Besitzungen als auch durch einzelne thatkräftige und entschlossene Männer. Eine Zeit lang bekleideten Mitglieder des Geschlechts das Erbdrostenamt des Herzogthums Geldeni. Den Glanzpunkt erlangte die Familie durch die Heirath Dietrichs Herrn zu Milendonk mit der Erbtochter des Burggrafen von Drachenfels. Dietrich nahm als Herr der Herrschaft Schönau das Münzrecht für sich in Anspruch und liess silberne Münzen mit seinem Bildniss schlagen.

Einen Hauptzankapfel innerhalb der Familie bildete die freie Herrschaft Schönau, um die Jahrhunderte lang prozessirt wurde und die aus einer Hand in die andere, theilweise mit Gewalt, überging. Ueberhaupt waren die Herren von Milendonk in eine Menge von Prozessen verwickelt, ganze Stösse von Akten in dem Archiv des Reichskammergerichts beweisen es. Das bedeutendste Streitobjekt war die Grafschaft Hom im Erz- stift Lüttich, welche den Herren von Milendonk und ihren Rechtsnachfolgern, den Herren von dem Knesebeck, vom Fürst- bischof von Lüttich vorenthalten wurde. Die Ansprüche, selbst durch Friedrich den Grossen aufs Angelegentlichste unterstützt, dauerten bis in das 19. Jahrhundert fort, hatten indess, obwohl durchaus begründet, keinerlei Erfolg.

Die Linien Schönau und Fronenbruch der Herren von Milen- donk geben ein Bild der Junker des 16. und 17. Jahrhunderts: Familienzwist, Prozesse und Maitressenwirthschaft wie es Ferber in seiner kleinen Schrift „Die Niersjunker" so treffend geschildert hat. Auf die drastischen Einzelheiten, welche die

>) Höhlbaum a. a. 0. VII, S. 4, Nr. 1998.

') Das Wappen war ein von Schwarz nnd Gold sechsmal quergetheilter Schild. Der Helm zeigte zwei spitze Büffelhörner, auswärts mit je drei Pfeil- Anden besteckt.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 11

Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar bieten, einzugeben, muss ich aus verschiedenen Rücksichten mir versagen. Die bisher gednickten Genealogien der Herren von Milendonk, z. B. bei Fahne, Barsch u. A., sind voller Unrichtigkeiten; einzehie Generationen sind ganz falsch dargestellt, der Linie zu Pley ist bisher überhaupt keine Erwähnung geschehen.

Eine zusammenhängende Stammreihe lässt sich erst auf- stellen mit:

I.

Jakob von Mirlaer, Ritter. Er wurde an der ülrepforte zu Köln im Gefecht von den Kölnern erschlagen^.

II.

Sein Sohn Jakob von Mirlaer schwur 1297 mit Jakob von Appeldeme der Stadt Köln Urfehde und versprach, sich wegen des an der Ülrepforte erschlagenen Ritters Jakob von Mirlaer nicht rächen zu wollen *. Jakob erscheint in zahlreichen Urkunden von 1313 1341 * als Zeuge, so 1322 als Rath des Grafen von Geldern, 1324 als Jakobs Sohn mit Jakob von Mirlaer*. In demselben Jahre empfing er mit seinem Sohn Jakob vom Grafen von Jülich den Hof zu Mergentzheim mit Gericht, Lehnmannen und Zubehör zu Lehn*. Er wurde 1326 vom Grafen von Geldern mit einem Burglehn zu Montfort belehnt. 1327 wird er in mehrern Urkunden „der Alte" genannt. Im Oktober 1331 wurde er mit den geldrischen Räthen Otto Herrn von Kuyck und Rikald von Heeswick, Propst zu Utrecht, als Gesandter des Grafen Reinald von Geldern nach England geschickt^; 1339 ernannte ihn derselbe Graf, als Kaiser Ludwig Geldern zum Herzogthum machte, zum geldrischen Erbdrosten (dapifer) \

') Höhlbauxn a. a. 0. IV, S. 37, Nr. 624.

') Ennen, QueUen III, Nr. 452. Aus der Urkunde geht nicht hervor, dass die sog. Schlacht an der Ülrepforte gemeint ist.

') van Spaen, Historie van Gelderland I, p. 365, 375 und Nijhoff, Gedenkwaardigheden I.

*) Nijhoff 1. c. I, no. 198. Der letztgenannte Jakob ist der unter HI erwähnte.

^) Jülichsche Lehnregister im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

*) van Spaen 1. c. I, p. 471.

^) van Spaen, Inleiding tot de historie van Gelderland II, no. 42.

12 E. von Oidtman

was Jakob 1342 erklärt, indem er bekennt, den „geldrischen Weerd" im Kirchspiel Gent mit 100 Pfund Pfennigen jährlich als Erblehn erhalten zu haben und dem Herzog dessen Ein- lösung mit 1000 Pfund Pfennigen zugesteht ^ Jakobs Kinder waren :

1. Johann von Mirlaer, Ritter, kommt in zahlreichen Ur- kunden von 1353 71* vor, 1359 wird er Rath des Herzogs, Erbhofmeister des Herzogthums Geldern, Burgvogt und Amt- mann zu Montfort genannt*. Im J. 1372 war er verstorben, denn es bekennen die Söhne Rolmanns von Arendal in diesem Jahre, dass sie jene Güter, welche nach dem Tode Johanns von Mirlaer ihrem Vater in der Theilung mit Jakob von Mirlaer und Hermann von Lievendal zugefallen waren, erhalten haben, davon solle der Hof zu Erkelenz, der Zehnte zu Rheinberg, die Pacht zu Ole und der Zoll zu Straelen ausgenommen sein, dies solle der Vater bezw. die Mutter zu einem Drittel als Leibzucht besitzen. Zu der Erbschaft gehörten auch die Schlösser, Dörfer, Gerichte, Land und Leute zu Hurst und Well, welche die Eltern 1373 ihrem Sohn Salentin von Arendal abtraten, mit der Verpflichtung, die von Johann von Mirlaer hinterlassene Schuld, sofern sie seinen Vater betrefi^e, zu berichtigen. Damit er das desto besser könne, überlässt ihm der Vater auf sechs Jahre Haus und Hof auf dem Weerde mit Zubehör, wie er sie in der Theilung mit Hermann von Lievendal erhalten hatte*.

2. Eine Tochter, vermählt mit Johann de Cock, Herrn zu Werdenburg ^

3. Heinrich von Mirlaer, 1337 zimi Dompropst von Utrecht erwählt, starb am 21. Januar 1362.

4. Jakob folgt.

>) Nijhoff I. c. I, no. 886.

*) Nijhoff I. c. n und Lacombict, ürkundenbuch III, Nr. 512, 555 und 655.

») Nijhoff 1. c. n, p. 142, not. 3.

*) Strange, Beiträge X, S. 49 und 50, Anm.

^) Fahne, Köln. Geschlechter ü, S. 220; van Spaen, Inleiding III, p. 290 gibt an, der Sohn Johanns de Cock habe das Erbhofineisteramt von Geldern an seinen „Neef* Herrn Jakob von Mirlaer vorerbt. Seine Enkelin habe Wilhelm von Broichhausen geheirathet. Ersteres ist aber nach Nijhoff, Gedenkwaardigheden in, p. 163 ein Irrthum, da Jakob von Mirlaer das *"•* verkauft hat.

Die Herren Yon Milendonk ans dem Geschlecht der von Mirlaer. 13

m.

Jakob von Mirlaer, 1328 der Junge und Ritter genannt, in zahlreichen Urkunden von 1328 1368 als Zeuge aufgeführt. Eine Urkunde von 1331, in welcher er als Zeuge vorkommt, ist wegen Erkelenz bemerkenswerth. Tielken, Godart, Heinrich, Christine, Katharina, Aleid und Bela, Geschwister von dem Gruithuis, tragen dem Grafen von Geldern die Gruit zu Erkelenz als Lehn auf. Ausser Jakob von Mirlaer siegelt auch Walter von Vossem. Das Schöffensiegel von Erkelenz zeigt oben den wachsenden Löwen, unten die Mispelblüthe ^ Im J. 1351 stthnt sich Herr Jakob von Mirlaer und Milendonk als Helfer Wal- rafs von Falkenburg mit der Stadt Köln^. In diesem Jahre besass er also schon Milendonk. Im J. 1359 stellten Jakob Herr von Mirlaer und Johann von Mirlaer zwölf gewappnete Reiter für den Landfriedensbund'; 1360 besitzt Jakob ein Drittel der Herrlichkeit Afferden als Lehn der Edelherren von Kuyk*; 1368 lebte er noch^. Mit seiner Gattin Beatrix von Reifferscheid, Tochter zu Milendonk, hatte er folgende Kinder:

1. Jakob, folgt.

2. Christine von Mirlaer, Gattin des Ritters Roilman von Ahrenthal 1370.

3. Johann von Mirlaer, 1397 Herr zu Milendonk ^

4. Mettel von Mirlaer, wird 1370 mit ihrem Gatten, dem Ritter Hermann von Lievendal, vom Erzbischof von Köln mit der Burg Lievendal belehnt.

IV.

Jakob von Mirlaer, Herr zu Mirlaer und zu Milendonk, verzichtet 1386 auf sein Recht auf freies Geleit im Land von Geldern, nachdem er sein Haus, Schloss und Land von Milen- donk mit Renten, Gülten und Zubehör auf sechs Jahre dem Herzog Wilhelm von Jülich zu Lehn aufgetragen und im Lande von Jülich und von Geldern auf sechs Jahre lang freies Geleit

*) Nijhoff, Gedenkwaardigheden I, p. 259.

«) Höhlbaum, Mittheilungen VII, S. 4, Nr. 1998.

*) Nijhoff, Gedenkwaardigheden 11, no. 89, p. 128.

*) F er her, Geschichte der Schenk von Nideggen S. 20.

•) Nijhoff 1. c. p. 282 und 236.

«) Ferber a. a. 0. S. 20 und 21.

H E. von Oidtman

erhalten hattet Am 7. Oktober 1387 trägt er für sich, seinen Sohn Johann und dessen Frau Bela Scheiffart von Merode sein Haus Milendonk mit Thoren, Mauern, Gräben und Befestigimgen dem Herzog von Jülich als Lehn und Oifenhaus auf. Er besiegelt die Urkunde mit sechsmal quergetheiltem Schild, der Helm zeigt die Büffelhörner 2. Im J. 1390 bekennt er mit seiner Gattin Johanna unter IVßtbesiegelung der Söhne Johann und Heinrich und mit Zustimmung des Herzogs von Jülich-Geldern, dass er das Erbdrost- und Erbhofmeisteramt von Geldern an Wilhelm von Broichhausen verkauft habe^. Am 30. November 1397 erklärt er unter Mitbesiegelung seines Bruders Johann Herrn zu Milendonk, und seines Neffen Rolmann von Arendal, Herrn zu Well, dass er und seine Erben kein Recht an der Herrschaft Afferden haben. Er gelobt, den Sibrecht von Blitterswich im Besitz dieser Herrlichkeit nicht stören zu wollen *.

Jakobs Gattin hiess Johanna von Broichhausen, Johanns Tochter. Aus dieser Ehe gingen folgende Kinder hervor:

1. Johann, folgt.

2. Heinrich von Mirlaer, 1390 mit dem Vater ^, 1400 allein als Zeuge genannt^; 1405 sagte er mit Johann Herrn zu Milen- donk, Johann von Hoemen u. A. auf Seite des Erzbischofs von Köln dem Herzog Adolf von Berg Fehde an^.

3. Guda (Goetken) von Mirlaer, auch von Meirle genannt, erhielt 1406 vom Vater die Herrlichkeit Mirlaer und brachte dieselbe an ihren Gatten Karl Spede (Spee®).

4. Mettel von Mirlaer, Gattin Gottschalks von Stommel, 1397 und 1417 erwähnt».

5. Luckardis, Gattin Rutgers von Alpen, Herrn zu Gars- dorp. Beide schliessen 1405 mit Winand Schenk von Nideggen

>) Nijhoff 1. c. m, no. 116.

*) Lacorablet, ürkundenbuch HI, S. 810 und Redinghovensche Sammlung.

8) Nijhoff 1. c. III, no. 163.

*) Ferber a. a. 0. S. 20—21.

») Nijhoff 1. c. m, no. 168.

«) Ebendas. no. 234.

0 Redinghovensche Sammlung XXII, S. 82.

*) Fahne, ürkundenbuch des G^eschlechts Spee.

®) Fahne, Köln. Geschlechter unter Stommel.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 15

und seiner Frau einen Tauschvertrag wegen Güter ab. Sie war 1426 verstorben ^

V.

Johann von Mirlaer, Herr zu Milendonk, wird mit dem Vater 1380, 1387 und 1390 erwähnt. Die Urkunde von 1387 besiegelte er mit einem Turnierkragen im Schildeshaupt ^; 1405 war er mit seinem Bruder zusammen in Fehde gegen Herzog Adolf von Berg ^. In einer andern Fehde wurde er bei Goriechem gefangen genommen. Johann war Rath des Herzogs von Geldern, das Nekrologium der adligen Abtei zu Roermond nennt ihn eques auratus*. Im J. 1426 verkaufte er die Einkünfte aus einem in Erbpacht gegebenen Zehnten, die er von seiner Schwester Luckardis, der Wittwe Rutgers von Alpen, ererbt hatte, an Dietrich Schenk von Nideggen °. Seine Gattin Bela war eine Tochter des Heinrich Scheiffart von Merode-Hemmersbach ^ und der Liburgis von Vlatten.

Kinder ^ :

1. Johann, folgt.

2. Bela von Mirlaer, 1447 zur Äbtissin des adligen Klos- ters U. L. Fr. zu Roermond erwählt und als solche am 30. September 1459 gestorben ^

') Ferber a. a. 0. S. 25—26.

') Bedinghovensche Sammlung LXVI. Der Turnierkragen ist somit hier das Wappen-Abzeichen des Sohnes im Gegensatz zum Wappen des Vaters, welches nur die sechsfache Quertheilung zeigt.

') Vgl. oben.

*) Er hatte also das Recht goldene Sporen zu tragen, eine besondere Auszeichnung, etwa wie jetzt ein hoher Orden.

*) Ferber a. a. 0. S. 26.

•) Lacomblet, Urkundenbuch HI, S. 810 und Nekrologium der Abtei C. L. Fr. zu Eoermond.

') Lefort (Sammlung im Staatsarchiv zu Lüttich) gibt den Eheleuten Mirlacr-Merode einen Sohn Johann, Yermählt mit Reinera von Boxmer, und nennt deren Sohn Dietrich, vermählt mit einer Vlodorp. Fahne, Köln. Greschlechter gibt, wahrscheinlich nach Lefort, dasselbe an ; in seiner Geschichte der Salm-Reifferscheid I, 1, S. 67 bringt er dagegen eine ganz andere, eben- falls falsche Stammreihe.

«) Nekrolog der Abtei U. L. Fr. zu Roermond und Fahne, Bocholtz I, 1, S. 145.

16 E. von Oidtman

VI.

Johann von Mirlaer, Herr zu Milendonk, Ritter, Drost zu Wachtendonk 1440 ^ 1452 Zeuge*; 1453 gibt ihm Herzog Gerhard von Jülich sein Recht an dem Hause Schinnen im Lande Valkenburg^; 1455 besitzt er und seine Gattin Haus und Hof mit Gräben, Weihern und Zubehör zu Mostorf bei Warden. Im J. 1461 kaufte er den Herdingerhof in der Maximinstrasse zu Köln*; 1463 besitzt er einen Theil der Herrschaft Warden*. Johann war vermählt mit Odilia von Vlodorp, Tochter Gerhards, Erbvogts zu Roermond, und der Elisabeth von Schönau^.

Söhne:

1. Johann, folgt.

2. Wilhelm, Dechant zu St. Georg in Köln, 1476 und 1477 urkundlich erwähnte

vn.

Johann von Mirlaer, 1456 Sohn zu Milendonk, mit dem Vater®, 1457 Sohn zu Milendonk und Ritter genannt^. Als Vasall der Stadt Köln musste er 1473 60 Reiter und 50 Fuss- soldaten stellen; 1478 war er todt, seine Söhne Johann und Kraft werden als minderjälirig bezeichnet. Johann war in erster Ehe mit Kunigunde von Birgel, Tochter des Erbmarschalls Engelbrecht und der Adelheid von Gronsfeld, vermählt, aus

*) Niederrheinischer Geschichtsfreund, Jahrg. 1880, S. 99.

*) A 1 f t e rsche Sammlung in der Hof bibliothek zu Darmstadt XXXIV, S- 28.

») Redinghovensche Sammlung LXVI.

*) Fahne, Forschungen I, 1, S. 48.

*) Beiträge zur (beschichte von Eschweiler und Umgegend ü, S. 120. In dieser Urkunde von 1463, mittelst deren der Kölner Weihbischof Heinrich Streitigkeiten schlichtet, welche wegen der Rechte der KapeUc zu Warden entstanden waren, werden Johann von Milendonk und Heinrich von Reuschen- berg-Setterich „Herren der Herrlichkeit zu der Warden" genannt. Graf Mirbach, Territorialgeschichte I, S. 7 nahm an, dass Warden erst seit etwa 1530 Unterherrschaft geworden sei. Diesen Theil von Warden hatte wohl Odilia von Ylodorp nebst der Herrlichkeit Schönau mit in die Ehe gebracht.

•) Wegen dieser Eheleute vgl. diese Zeitschrift Vin, S. 129, 180 und 218.

^ Staatsarchiv zu Düsseldorf, Karmeliterkloster zu Köln, Urkunden 98 und 99.

•) Vgl. Anhang I, Nr. 1.

^) Alft ersehe Sammlung in der Hofbibliothek zu Darmstadt XXXIV.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 17

welcher Ehe zwei Kinder in jugendlichem Alter starben. Seine zweite Gemahlin war Belie (Sibilla) Steck, Tochter des Ritters Kracht Steck, Herrn der Herrlichkeit Meiderich, und Ludgardis, Tochter zu Limburg. Belie Steck, Wittwe und Frau zu Milen- donk, und ihr Sohn Johann entlassen 1484 aus dem Lehns- verband zu Gunsten des Klosters Neuwerk vier Morgen Wiesen, die sog. Buscherbenden, welche von dem Hause Milendonk lehnrührig waren ^ Aus der zweiten Ehe sind folgende Kinder bekannt * :

1. Johann, folgt.

2. Johanna, Gattin Johanns von der Reck zu Steinfurt ^.

3. Kraft oder Kracht von Milendonk, Ritter, Herr zu Meiderich und Schönau, Amtmann zu Blankenstein, eques auratus^ 1495. Amt und Schloss Blankenstein besass er pfandweise und ver- kaufte die Pfandschaft für 5000 Gulden an Bertram von Lutzenrath ^

vm.

Johann von Mirlaer^, Herr zu Milendonk, 1478 minder- jährig, 1484 mit der Mutter urkundlich erwähnte Im J. 1493 verkauft er mit seiner Gattin Agnes von Hoemen eine Erbrente von 11 Gulden an Heinrich Schümer, Bürger zu Gladbach®; 1497 entlassen die Eheleute die „Grutersbenden" in der Herr- lichkeit Milendonk zu Gunsten der Abtei Gladbach aus dem Lehnsverband. Das Siegel Johanns zeigt den sechsmal quer- getheilten Schild*. Durch Johanns Gattin Agnes, Tochter Johanns von Hoemen, Burggrafen zu Odenkirchen, und der

') Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kopiar des Klosters Neuwerk, Bl. 7 und 8.

*) Ein Sohn war wohl noch Theoderikus von Müendonk, welcher 1507—1534 Kanonikus des Aachener Münsterstifts war (Manuscr. Boruss. fol. 784 in der Kgl. Bihliothek zu Berlin).

') Fahne, Salm I, 1, S. 67 und von Steinen, Westphälische Geschichte III, S. 98 und 106.

*) Brosy, Annales II, p. 75.

*) Vgl. Anhang I, Nr. 5. Das Amt Blankenstein gehörte zur Graf- schaft Mark.

^ Er ist der letzte seines Geschlechts, welcher noch den Staramnamen Mirlaer führte, die Söhne nennen sich nur Milendonk.

^ Vgl. Anhang I, Nr. 2.

•) Inventaris van het oud Archiv van Boermond HI, p. 42.

») Vgl. Anhang I, Nr. 4.

2

18 E. von Oidtman

Margaretha von Palant zu Reuland, kam ein Theil der Herr- lichkeit Reuland an seine Nachkommen. Söhne :

1. Johann von Milendonk, ältester Sohn, erhielt 1514 das Schloss Milendonk, in seinen Gräben und Zäunen, mit der Hoheit, den Diensten, Gebot und Verbot, dem hohen und niedem Gericht. Bei der Theilung der übrigen Güter soll ihm dieser Besitz nicht angerechnet werdend Johann scheint früh gestorben zu sein.

2. Dietrich, folgt.

3. Heinrich von Milendonk, besass die Herrlichkeit Meiderich, war Amtmann zu Orsoy und Ruhrort und starb 1525.

IX.

Dietrich von Milendonk, Herr zu Milendonk ^ und Schönau *, erhielt 1525 nach dem Tode seines Bruders Heinrich auch die Belehnung mit dem Gericht zu Meiderich und dem Hof zum Eicken*; 1533 erhielt er als Amtmann zu Ruhrort im Namen seiner Schwiegermutter die Belehnung mit dem Lehn „die Pley oder Hermannswart" im Land Huyssen, mit der Fischerei in dem Rhein, Wasser, Weiden und allem Recht und Zubehör ^ Seine Gattin Agnes, Tochter des Burggrafen Gotthard von Drachenfels und der Elise von Montfort, brachte ihm reiche Besitzungen zu, nämlich einen Theil der Burggrafschaft Drachen- fels ^, Güter zu Wolkenburg, Königswinter, die Herrschaften Goer, Fronenbruch ^ und Meyl. Dietrich Hess 1542 silberne Münzen schlagen mit seinem Bildnissund der Aufschrift: „Theod.D. in Milendonk z. Schonawe". Der Revers der Münze zeigte die vereinigten Wappen Milendonk und Drachenfels mit der Um- schrift: „Mone. no. dom. Schonawensis 1542"®. Dietrich kommt

*) Urkunde 1 im Anhang II.

') Nach dem Tode semes Bruders Johann.

*) Nach dem Vergleich vom 12. Dezember 1523 mit Werner von Schönrode.

*) Diese Belehnung wurde 1540 wiederholt.

^) Das Wort „Pley** bezeichnet einen Grasplatz. Vgl. Anhang I, Nr. 11.

^) Er erhielt durch Vergleich 1519 den dritten Theil des Schlosses und der Herrlichkeit Drachenfels.

^) üeber Fronenbruch vgl. Anhang HI.

") Die Münze ist abgebildet in Quix, Geschichte der Schlösser Schonau und üersfeld.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirliier. 19

1543 als Drost zu Montfort vor. Er starb am 15. MÄrz 154»', seine Grattin am 5. Juni 1557*. Kinder:

1. Dietrich, folgt unter Linie Milendonk-Drachonfels.

2. Elisabeth von Milendonk, heirathete 1541 Adolf von Wylich zu Diersfort, welcher 1591 starb.

3. Kraft von Milendonk, Herr zu Meiderich, Zoron* und Schönau, starb am 2. Mai 1574 kinderlos. Seine Gattin Mar^a- retha, Tochter Heinrichs von Merode und der Maria von Bredorode, testirte am 25. Oktober 1575* und starb in demselben Jahre.

4. Heinrich von Milendonk, Kanonikus des Mttnsterstifts zu Aachen 1534—1547, starb 1572.

5. Gotthard, folgt unter Linie Goer-Fronenbruch.

6. Alveradis von Milendonk, in erster Ehe mit Philipp Dietrich von Braunsberg zu Brohlburg, Merxheim, Alken und Brohl, Pfandherrn zur Nürburg (gest. am 14. April 1551), in zweiter Ehe mit Franz Konrad von Sickingen vermählt. Hie starb am 25. September 1564 ^

Linie Milendonk-Drachenfcls.

X.

Dietrich von Milendonk, Ritter, Besitzer der Herrlichkeiten Milendonk und Drachenfels, Mitherr zu Reuland, Wolkenburg und Königswinter, Burggraf des Erzstifts Köln «. In den Jahren 1550, 61, 72 und 77 erhielt er Belehnung mit Schloss und Herrlichkeit Drachenfels, 1589 war er todt. Dietrich war zuerst seit 1548 mit Theodora^ Tochter, Johanns von Bronckhorst-

') Altes Drachenfelsor Missale im Gudenauer Archiv (SchloHH Harff).

•) Nekrolog der Abtei U. L. Fr. zu Rocrmond.

») Die Herrschaft Zoron oder Soyron lag in der Lunburgischen Hoch- bank Herve. Ueber Kraft von Milendonk vgl Strange, Bongart S. 71 ff.

*) VgL Anhang I, Nr. 15.

») Der Grabstein des Dietrich von BrauMbcrg und der Alveradi« mit lebau^gn^^^en Figuren befand sich in der Kirche der Abtei Eommer^dorf bei Engers: vgL die Beschreibung bei J. Wegeier, Die Prämon)rtratenHer-Abt<;i Komaaendtfrf S. 77 f.

*) Dietrich war auch 1569—70 im Pfandb.sitz de^ Schlof^iW'» Krakau bei Krefeld (vgL Gladbacher Zeitung ISbH, Nr. 8«: «Die Dynasten von Mikad(«k ihre Burg und ihr Land*").

V •">- war Wittwe des Franz von Schönrode zu Hejden.

2*

20 E. von Oidtman

Battenburg, Herrn zu Rimburg, und der Gertrude von Loe, vermählt und heirathete in zweiter Ehe Maria von Vlodorp. Kinder erster Ehe:

XI.

1. Dietrich von Milendonk, starb jung.

2. Johann von Milendonk, Herr zu Milendonk, Drachen- fels, Meiderich und Mitherr zu Reuland, Oberst in spanischen Diensten, war 1586 1593 Kommandant zu Neuss. Er erhielt 1590 die Belehnung mit Drachenfels ^ Johann heirathete 1596 Maria Gräfin von Limburg-Styrum *, Tochter des Hermann Georg und der Gräfin Maria zu Hoya. Er starb 1621 kinder- los und seine Besitzungen fielen an seine Schwestern, bezw. deren Erben.

3. Gertrud von Milendonk heirathete Jakob Grafen von Bronckhorst-Anholt, kaiserlichen Generalfeldmarschall. In Folge der Heirath ihrer Enkelin Maria Anna Gräfin von Bronckhorst kamen die Herrschaften Anholt und Meiderich an deren Gemahl, den Rheingrafen Leopold Philipp Karl von Salm-Kirburg. Gertruds Tochter Isabella Gräfin von Bronckhorst brachte die Herrschaften Milendonk, Drachenfels, Moyland und andere Güter an ihren Gemahl Jakob Philipp Fürsten von Croy. Dessen Sohn Karl Eugen Herzog von Croy, Markgraf von Montecornet u. s. w. verkaufte im J. 1600 die Herrlichkeit Milendonk an Maria Gertrud Gräfin von Berlepsch^, geb. Wolfl' von Guden- berg^. Ihre Enkelin Maria Karolina Gräfin von Berlepsch

*) Die Belehnungen mit Drachenfels sind nach den kurkölnischen Lehns- akten im Staatsarchiv zu Düsseldorf angegeben; 1615 wurde der BevoU- mächtigte Johanns mit Drachenfels belehnt, da Johann „leibesschwach** war.

^) Regest der Heirathsberedung s. Anhang I, Nr. 21.

^) Unter ihr wurde die Herrschaft Milendonk reichsunmittelbar. Der Besitzer erhielt 1701 einen Sitz auf der westfälischen Grafenbank. Die Herrschaft musste zum Reichskontingent 4 Mann zu Fuss steUen und 16 Fl. zahlen; sie umfasste 1794, als die Franzosen der Reichsherrlichkeit ein Ende machten, 8 Dörfer mit 6656 Morgen und 1666 Einwohnern. (Hierunter ist selbstverständlich das ganze Gebiet, nicht die der Herrschaft und zum Schloss gehörigen Ländereien zu verstehen.)

*) Sie war mit Wilhelm Ludwig Freiherm von Berlepsch vermählt, war Oberhofmeisterin am Hofe des letzten habsburgischen Königs Karl 11. in Spanien und vertrat während des spanischen Erbfolgestreits mit ihrem bedeu- tenden Einfluss das österreichische Interesse; 1700 musste sie aus Spanien

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 21

heirathete 1732 einen Grafen Ostein. Milendonk blieb nun im Osteinschen Besitz bis zur französischen Okkupation. Die Osteinschen Erben (die Grafen von Waldbott-Bassenheim) wurden durch § 24 des Reichsdeputations-Rezesses vom 25. Februar 1803 mit der Abtei Buxheim, der sog. Reichskarthaus, bei Memmingen in Bayern entschädigt K Schloss Milendonk mit den Ländereien kaufte 1803 von der französischen Regierung der Landrath des Kreises Gladbach, Franz Gottfried von Maercken, dessen Vater Amtmann der Herrlichkeit Milendonk gewesen war. Seine Schwestertochter Konstantia Elisabeth Le Fort heirathete 1832 den Freiherrn Joseph Theodor von WüUenweber, welcher jetzt Schloss Milendonk besitzt und bewohnt*.

4. Elisabeth von Milendonk, Erbin der Hälfte der Herr- lichkeit Reuland, heirathete am 11. Februar 1589^ Balthasar Freiherrn von Pallant, welcher 1625 starb*.

5. Agnes ^, die jüngste Tochter, wird 1589 erwähnt.

Linie Goer-Fronenbruch.

X.

Gotthard von Milendonk, Herr zu Goer, Meyl, Fronenbruch

flüchten. Kaiser Leopold erhob sie in den erblichen Reichsgrafenstand und Kaiser Joseph I. zur gefürsteten Äbtissin von Prag. Sie starb 1723;

*) Unter der Verpflichtung, jährlich 9000 Gulden zu zahlen, nämlich an den Grafen Battenburg 1300, den Grafen Plettenberg 6000 und den Grafen Goltstein 1700 Gulden. Vgl. H. Berghaus, Deutschland vor fünfzig Jahren I, S. 334 fif.

*) Nach von Mülmann, Statistik des Reg.-Bez. Düsseldorf befindet sich zu Schloss Milendonk ein umfangreiches Archiv, welches mir leider unzugäng- lich geblieben ist, in genealogischer Beziehung aber kaum nova enthalti*n dürfte. Vgl. auch von der Nahmer, Handbuch des Rheinischen Particuliir- Rechts ni, S. 816, § 502; von Restorff, Topographisch -statistiiwJü Beschreibung der K. Preussischen Rheinprovinzen S. 20, 60, 484.

*) Die Heirathsberedung s. Anhang I, Nr. 19.

*) Er besass die andere Hälfte von Reuland. Die Eheleute sind 4if Kirche zu Reuland begraben. Ucber diese Herrschaft vgl. BärHch, y,;*',^ iUustrata 11, 2, S. 173 und Geschichte der Herren von PaUant, hitrliu <*->-?, S. 63, Anm. 1.

*) Eine Stammtafel aus dem frühem Archiv Schönau gil/< iin * w » Grafen von Berg zum Gatten. Ich habe diese Verbindung mmM ai •*/'*''''**'/ bestätigt gefunden; sie beruht jedenfalls auf einer willkürli<'h« *j i * * . ",« weil die Grafen von Berghes später die Herrschaft Reuknd »>*b*»i>i^ r;y Geschichte der Herren von PaUant S. 64 und 65.)

22 E. von Oidtinan

und Pley*, erbte von seinem Bruder Kraft die Herrschaften Zoron und Schönau. Im Jahre 1568 schenkte ihm sein Schwager Balthasar Herr von Brederode die Herrlichkeiten Vyanen und Ameiden mit allen Stä-dten, Schlössern, Dörfern, Gericht und Zubehör 2. Gotthard war 1579 verstorben. Seine Gattin war Maria von Brederode, Tochter Walrams und der Anna Gräfin von Neuenahr. Kinder:

1. Gottfried von Milendonk, Herr zu Zoron, starb kinderlos.

2. Hermann Dietrich, folgt unter Linie Goer.

3. Elisabeth, starb jung.

4. Kraft, folgt unter Linie Fronenbruch.

5. Agnes von Milendonk, vermählt zuerst mit Hermann von Felden genannt Cloudt *, Kommandanten zu Neuss, bei der Erstürmung 1586 umgebracht, dann mit Maximilian von Hörn zu Lockeren.

6. Balthasar, folgt unter Linie Schönau.

Linie zu Schönau.

XI.

Balthasar Freiherr von Milendonk* setzte sich 1589 mit seinem Bruder wegen der Güter auseinander, er erhielt die Herrschaft Zoron ^, Schönau und die Hälfte der Herrschaft Warden, während Kraft die Herrlichkeit Fronenbruch-Hörstgen und 18 600 brabanter Gulden bekam. Derselbe behielt sich ausserdem die Titel Herr zu Schönau und Warden lebens- länglich vor^ Von seiner Tante, der Gräfin Walburga von

*) Er erhielt durch Testament seines Vaters das Lehngut Pley und wurde, nachdem sein Bruder Dietrich auf aUe Ansprüche daran verzichtet hatte, 1550 damit belehnt.

') Inventaris van het oud Archiv van Roermond.

^) Ferber, Geschichte der Schenk von Nideggen S. 208, Anm. nennt ihn als Sohn Johanns von Cloedh auf Narteln und Lauterbeck aus einer west- fälischen Familie. Ich habe ihn sonst aber überaU als Angehörigen der Familie Felden genannt Cloudt gefunden.

*) Den Freiherrntitel legten sich die Herren von Milendonk wahrschein- lich wegen der sog. reichsfreien Herrschaften Schönau und Fronenbruch- Hörstgen zu.

*) Die Herrlichkeit Zoron verkaufte Balthasar am 13. September 1591 an den kurkölnischen Kammerrath Karl BiUeus, welcher ihm 5000 Gulden vorgeschossen hatte.

*) Staatsarchiv zu Wetzlar, Prozessakten Milendonk gegen Blanche.

Dio Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 23

Neuenahr, erbte Balthasar 1594 einen Theil der Herrlichkeit Hüls. Er war vermählt mit Maria von Beek zu Kipshoven, aus welcher Ehe eine Tochter Agnes, vermählt mit Johann von Kessel, stammte. Da er keine ehlichen Söhne hatte, so vermachte er testamentarisch seinem Bruder Kraft Schönau und die halbe Herrschaft Warden. Dieses Testament aber wieder- rief er zwei Tage vor seinem Tode und heirathete Helena Brauhoff ^

Die drei Kinder, welche er mit ihr erzeugt hatte, legitimirte er und bestimmte sie zu seinen Erben*; er starb am 8. März 1629 zu Schönau».

Die legitimirten Kinder waren folgende:

1. Amandus, folgt.

2. Anna Maria, heirathete 1637 Adolf von Hillensberg. Sie war 1671 Wittwe und starb 1676.

3. Agnes*, Gattin des Balthasar Brauhoff, welcher in staatischen Diensten zu Rees war. Sie starb am 8. November 1639*,

XII.

Amandus Freiherr von jüilendonk Hess sich 1629 in der Herrschaft Schönau huldigen ^. Er sollte sich aber nicht lange

*) Der reformirte Prediger Johannes Orthius bescheinigte die am 6. März 1 629 von ihm vorgenommene Trauung, welche auch bezeugt wird von Junker Hermann von Hirtz-Landskron, Johann Jakob und Isaak von Streithagen zu ürsfeld, Mathias Brüll, Handelsmann zu Aachen, Quirin Becker, Johann und Lemmen Ortmans, Untersassen der Herrlichkeit Schönau.

*) Das heisst: Amandus sollte dio Schwestern abfinden.

') Staatsarchiv zu Wetzlar, Prozessakten Milendonk.

*) Ihre Tochter Anna Maria Brauhoff heirathete Wilhelm von Blanche zu Radelo, dessen Nachkommen durch Prozess Schönau erlangten, da Anna Maria von HiUensberg geb. von Milendonk 1676 testamentarisch Isaak Lambert von Blanche, ihrem Neflfen, Schönau vermacht hatte.

*) Stammtafel bei den Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar.

*) Die nähern Umstände der Huldigung gibt Strange, Bongart S. 74—75 an. Dass Schönau bereits im 14. Jahrhundert eine Herrlichkeit war, geht aus den Urkunden bei Quix, Schönau S. 41 ff. und Strange, Bongart S. 97, sowie aus der in dieser Zeitschrift VIII, S. 143 ff. veröffentlichten Urkunde von 1391 deutlich hervor. Ob aber Schönau eine reichsunmittelbare Herr- schaft gewesen ist und ob die Urkunde des Königs Albrecht von 1302 (diese Zeitschrift VI, S. 102), wodurch Gerhard von Schönau, sowie sein castrum und dominium de Schonauwen in des Reiches Schutz genommen wird, echt ist, möchte ich dahingesteUt sein lassen.

24 E. von Oidtmau

des Besitzes seines Sonnenlehns erfreuen, denn als er die Leiche seines Vaters nach Fronenbruch zur Familiengruft brachte, setzte sich der Bevollmächtigte des Freiherm Adolf von Milen- donk^ Dr. Hawicken, mit Hülfe von Soldaten in den Besitz von Schönau und verjagte die AVittwe Balthasars mit ihren Töchtern. Sie flüchteten nach Fronenbruch, wo sie mit Amandus lange Jahre bei ihrem Onkel Kraft und dessen Sohn Maximilian wohnten ^.

Aus Dankbarkeit verschrieb Amandus 1669' seinem Vetter Maximilian die halbe Herrlichkeit Warden mit dem Zehnten und Ländereien zu Niedermertz, sowie dem Zehnten zu Nieder- zier zu seinem Eigenthum. Erst nach dem Tode des Freiherrn Adolf von Milendonk 1657 gelangte Amandus wieder in den Besitz von Schönau und überliess das Schloss seinem Schwager Hillensberg zur Wohnung, während er selbst in Fronenbruch blieb, wo er am 20. Dezember 1674 starb. Amandus hatte seine Schwester, die Wittwe Hillensberg, zur Erbin von Schönau bestimmt. Dieselbe war indess durch Maximilian von Milendonk schon 1671^ nach dem Tode ihres Mannes von Schönau ver- trieben worden * und Maximilian blieb bis zu seinem 1692 erfolgten Tode im Besitz der Herrschaft.

Linie zu Fronenbruch.

XI.

Kraft Freiherr von Milendonk vergleicht sich 1589 mit dem Bnider Balthasar und erhält die Herrlichkeit Fronenbruch- Hörstgen nebst 18600 brabanter Gulden. Ausserdem besass Kraft noch mehrere Höfe bei Wachtendonk und erbte auch von seiner Tante Walburga Gräfin von Neuenahr die halbe Herrlich- keit Budberg bei Rheinberg. Trotzdem scheinen seine Ver-

*) Präsident des Reichskammergericbts.

*) Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar, Milendonk gegen Blanche. Vgl. Anhang I, Nr. 39.

«) Vgl. Anhang I, Nr. 38.

*) Strange, Bongart S. 77.

*) Amandus hatte am 4. März 1661 die halbe Uerrschaft Warden dem Johann Buirette verpfändet und Maximilian woUte, auf die oben angeführte Schenkung von 1669 gestützt, durch die Besitznahme von Schönau sich schad- los halten.

Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 25

mögensverhältnisse nicht günstig gewesen zu sein^ Er starb 1632. Mit seiner Magd ^ Margaretha Eykelberg hatte er folgende Kinder, welche durch die 1622 erfolgte Heirath legitimirt wurden ^.

1. Gotthard, wohnte zu Fronenbruch undi lebte noch 1662*; mit seiner Frau, einer geborenen von Langen*, hatte er keine Kinder.

2. Adolf Walraf 1634.

3. Hans Wolf 1638. 4* Maximilian, folgt.

5. Agnes 1634.

6. Anna Maria 1634.

XII.

Maximilian Freiherr von Milendonk war 1632 noch unmün- dig ^ besass in Gemeinschaft mit seinen Geschwistern die Herr- lichkeit Fronenbruch-Hörstgen und scheint alle seine Geschwister überlebt zu haben. 1668 nennt er sich in einem Akt' auch Herr zu Schönau, Hüls und Warden. Sein Vetter Amandus hatte ihm die halbe Herrschaft Warden 1669 abgetreten. 1671 setzte er sich mit Gewalt in den Besitz von Schönau und behauptete sich darin bis zu seinem Tode. Er starb am 20. Dezember 1695 auf Schönau. Mit Margaretha von Tegelen® hatte Maximilian zwei Töchter, welche vermittelst der am 24. August 1677 durch einen reformirten Prediger aus Aachen in Schönau vollzogenen Trauung® legitimirt wurden.

^) Er nahm 1605, seine Kinder nahmen 1684 bedeutende Kapitalien auf die Güter auf.

2) So Lefort und die Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar.

^ Akten im Staatsarchiv zu Düsseldorf unter Fronenbruch.

*) Akt aus dem ehemaligen Archiv zu Schönau im Besitz des Herrn J, Leydel zu Bonn.

*) Stammtafel bei den Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar.

*) Prozessakten zu Wetzlar.

0 Im Besitz des Herrn J. Leydel zu Bonn, aus dem frühem Archiv Schönau.

®) Diese nicht adlige Familie kommt noch Ende des 18. Jalirhunderts in der Aachener Gegend vor und darf nicht verwechselt werden mit den gleichnamigen adligen Geschlechtern, welche im 14. und 15. Jahrhundert vorkommen.

*) So gibt Gotthard Kraft von Milendonk in Prozessakten Milendonk gegen Blanche an und beruft sich auf das Zeugniss des Predigers und Vor-

26 E. von Oidtman

XIII.

1. Anna Maria Freiin von Milendonk, un vermählt.

2. Margaretha Elisabeth Freiin von Milendonk, heirathete am 2. März 1695 ihren Vetter Gotthard Kraft Freiherrn von Milendonk aus der Linie Pley und brachte ihm die Herrlichkeit Fronenbruch-Hörstgen in die Ehe.

Linie zu Goer und Pley.

XI.

Hermann Dietrich von Milendonk, Herr zu Goer, Meyl und Pley, versuchte vergeblich in den Besitz der ihm vermachten Herrlichkeiten Vyanen und Ameiden zu gelangend

Von seiner Tante, der Gräfin Walburga von Neuenahr, erbte er einen Maas-Zoll, genannt der brabantsche Landzoll; 1600 ergriff er auch für sich und seine Brüder von der Grafschaft Hom Besitz, konnte sich aber gegen den Bischof von Lüttich nicht darin behaupten*.

Hermann Dietrich starb am 29. November 1620 zu Huy^ Seine erste Gattin war Franziska von Goer, Tochter Heinrichs von Goer zu Pesch, Villain, Adriamont, Forges, Brouennes, Bronelle, La Tour-Lamay und der Franziska von Vaudemont. Sie starb 1604, worauf Hermann sich am 24. Januar 1618 mit

Stehers der reformirten Gemeinde zu Aachen. Dagegen behauptete die Freiin Antonette von Blanche in einem gerichtlichen Verhör 1737, dass in ihrer Gegenwart die Trauung unter ganz besondem Verhältnissen durch einen katholischen Pfarrer zu Berg (Laurensberg), Johann Baptist Bex, vorgenommen worden sei. (Das interessante Verhör befindet sich bei den Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar.)

*) Prozessakten Milendonk gegen Blanche im Staatsarchiv zu Wetzlar.

^ Den Besitz der Grafschaft Hom im Ftirstbisthum Lüttich bean- spruchten die Herren von Milendonk als Rechtsnachfolger der Gräfin Walburga von Neuenahr. Die sehr verwickelten Rechtsverhältnisse sind ausführlich auseinander gesetzt in einer grossen Deduktion vom Jahre 1754, in welcher die Rechtsansprüche der Herren von Milendonk und ihrer Erben, der Herren von dem Knesebeck, auf die Grafschaft Hom als nächste Erben der Gräfin Walburga von Neuenahr ausführlich dargelegt werden. Die Prozesse beim Reichskammergericht waren Ende des 18. Jahrhunderts noch anhängig. Nocli 1815 erschien eine Schrift: Das Lehnfolgerecht der Familie von dem Knese- beck zu Tylsen auf die Grafschaft Hom.

^) Stammtafel bei Prozessakten Milendonk gegen Blanche. Eis heisst dort: obiit in carcere. Der Grund der Inhaftimng ist nicht angegeben.

Die Herren von Mileudonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 27

Anna von Hemmerich zu Rautenburg vermähltet

a) Kinder aus erster Ehe:

1. Johann Pankratius, folgt unter Linie Pesch-Goer.

2. Maria, unvermählt.

3. Adolf Reichsfreiherr * von Milendonk, Besitzer der Güter Pesch, Brouennes, Ginvry, Nepvant und Herfte ^, war Präsident des Reichskammergerichts zu Speyer. 1635 belehnte ihn der Pfandherr des Amtes Huyssen, Graf Adam von Schwartzenberg, mit Pley. Diese Belehnung erneuerte 1654 der Kurfürst von Brandenburg*. Mit seinen Verwandten war Adolf fortwährend in Prozesse verwickelt. Nach dem Tode seines Onkels Balthasar 1629 setzte er sich mit Gewalt in den Besitz der Herrschaft Schönau und behauptete sich darin bis zu seinem Tode 1657.

4. Walpurgis, unvermählt.

b) Aus zweiter Ehe:

5. Hans Kraft, folgt unter Linie Pley.

6. Anna Maria 1658 ^

7. Agnes 1658 ^

Linie zu Pley.

xn.

Hans Kraft Freiherr von Milendonk erhielt am 10. Septem- ber 1657 nach dem Tode seines Stiefbruders Adolf die kur- brandenburgische Belehnung mit Pley. Seine Wittwe, Anna Maria Doublet ^, wurde für ihren minderjährigen Sohn Gottfried Kraft 1682 und 1692 mit Pley belehnt. Das Gut war späterhin sehr verschuldet und musste 1715 auf Drängen der Gläubiger verkauft werden. Käufer war ein Graf Hoensbroech.

*) Sie war zuerst Nonne im Kloster Kaisersbosch und Hess sich protes- tantisch trauen. Ihre Mutter wird in einer gemalten Ahnentafel im Archiv zu Karwe Anna von Eyl genannt.

*) Fahne gibt an, er sei in den Reichsfreiherrenstand erhoben worden.

') Seinen Antheil an der hohen Gerichtsbarkeit von Nepvant (^/g) ver- kaufte er an die Eheleute Wilhelm de Habert und Anne de Hezecques für 17000 Livres.

*) Vgl. Anhang I, Nr. 33.

5) Vgl. Anhang I, Nr. 35.

*) Ihre Eltern hiessen Peter Doublet und Jakobea Sproussen. Sie war in erster Ehe mit dem Jonkherr Reiner von Naeltwyck-Brantwyck ver- heirathet. Die Familie Doublet ist eine alte Juristenfamilie, welche aus Beauvais stammte. Vgl. über sie: Het geslacht Doublet, Zutphen 1879.

28 E. von Oidtmiin

Kinder:

1. Gotthard Kraft, folgt.

2. Franz Heinrich Freiherr von Milendonk fiel als preussi- scher Major des Leib-Grenadier-Regiments, beim Angriff auf ein Aussenwerk bei der Belagerung von Douay 1710.

3. Dorothea Adriana, geboren 1660, heirathete 1689 Wilhelm Ludwig von dem Knesebeck auf Tylsen, preussischen Geheim- rath, Landeshauptmann der Altmark. Sie starb 28. März 1731 ^

xm.

Gotthard Kraft Freiherr von Milendonk, geboren 1672, preussischer Oberst der Kavallerie. Durch seine erste Frau besass er die Herrlichkeit Fronenbruch-Hörstgen und nennt er sich in den Erlassen an seine Unterthanen: Reichsfreiherr von Milendonk, Graf zu Hom^, Herr zu Hörstgen, Fronenbruch, Schönau, Bedbur, Hüls und Warden. Durch letztere Titel wollte er seine Ansprüche auf die Grafschaft Hörn und andere Milendonksche Güter, welche er aber nicht besass, darthun. Seine Prozesse beim Reichskammergericht gegen die Erben Blanche wegen der Herrlichkeiten Schönau und Warden hatten nur grosse Kosten zur Folge ^. Als die erste Gemahlin Margaretha Elisabeth Freiin von Milendonk, aus der Fronen- brucher Linie, starb, erbte Gotthard Kraft die Herrlichkeit Fronenbruch-Hörstgen*. Die zweite Gemahlin seit 1. Septem- ber 1730 war Christine Charlotte Elise Freiin von Wylich zu Diersfort, Tochter Dietrichs und der Anna Reichsfreiin von Spaen zu Moyland. Gotthard Kraft Freiherr von Milendonk starb als letzter Mann des ganzen Milendonkschen Geschlechts am 28. Mai 1749.

*) Archiv zu Karwe und Staatsarchiv zu Düsseldorf unter Fronenbruch. Barsch und Andere führen sie fälschlich als eine Tochter der Linie Goer an.

*) üeber die Rechtsansprüche der Herren von Milendonk an die Graf- schaft Hom s. oben S. 26, Anm. 2.

*) Die Prozesse über den Besitz der Herrlichkeiten Schönau, Warden und Fronenbruch, sowie der Grafschaft Hom waren Goldgruben für die Pro- kuratoren und Advokaten beim Eeichskammergericht, wenn man bedenkt, dass sie vom Beginn des 17. bis Ende des 18. Jahrhunderts dauerten.

*) Das Testament der ersten Frau ist vom 4. März 1728. Die Ehe- beredung vom 2. März 1695 sagte schon dem Ehehcrm bei kinderloser Ehe den Besitz der Herrlichkeit zu (Staatsarchiv zu Wetzlar).

Die Hffrai rc-n HHctJ-ak *a> d^m GT-i<hle»-bi der t.-o MlrUer. :?9

Sein Siegel zeigte den gevierteten Müendonk-Draohen- felsschen Schild. Die beiden Helme mit Helmwulsten tragen BuffelhOmer, der linke zeigt dazwischen einen wachsenden DracheiL Als Schildhalter stehen Drachen *.

Die Wittwe des Gtjtthard Kraft, welche die Leibzucht an der Herrlichkeit Fn^nenbruch-Hürstgen hatte, nennt sich in einem Akt von 1753 folgendermassen :

,Wir Christine Charlotte Elisabeth verwittwete Reichsfrei- frau Ton Milendonck, getxirene Freün von Wylich u. s. w. Gräfin zu Hora, regierende Landsfrau der reichsimmediaten freien Herrlichkeit Hörstgen, zu Fronenbroich, Frau zu Bedbur, Schönau und Warden*.'

Nach ihrem Tode* erbten die Enkel des oben erwähnten Herrn von dem Knesebeck die Herrschaft Fronenbruch-Hörst- gen*. Dieselben theilten die Güter derart, dass Karl Franz Paridam Kraft Fronenbruch-Hörstgea, Heinrich Wilhelm Bodewin das väterliche Gut Tylsen erhielt. Der Erstgenannte wohnte hierauf zu Fronenbruch. Als die fiunzosischen Bevolutionsheere das preussische Geldern besetzten, verliess 1793 Herr von dem Knesebeck seine Herrschaft und begab sich nach Wesel. Fronen- bruch wurde geplündert und verheert. Durch Aulhebung der Hoheitsrechte, der Zehnten und Abgaben ging der grosste Theil der Einnahmen ^ verloren, so dass von der frühem Landeshoheit mit eigener Grerichtsbarkeit imd vielfachen Privilegien nur ein bescheidenes Eittergut übrig blieb. Karl Franz von dem Knese- beck starb als Domherr zu Magdeburg, 80 Jahre alt, im Jahre 1828, nachdem er seinen Neffen, den Sohn seiner Schwester, den spatem Generalfeldmarschall Karl Friedrich von dem Knese-

') OriginaLsiegel auf einer landesherrlichen Verordnung an die Unter- tbanen der Herrlichkeit Fronenbruch-Hörstgen. Die Helmzierden weichen *1^ wesentlich von denen der Stammwappen Milendonk und Drachenfols ab.

*) Akt im Staatsarchiv zu Düsseldorf unter Fronenbruch.

*) Sie starb 1753 oder 1754,

*) Sie machten auch ihre Rechte auf die Grafschaft Hom gegen den J^tetbischof von Lüttich geltend. Friedrich der Grosse Terwandte sich 1755 emem Kabinetsschreiben an den Fürstbischof energisch ftlr ihre Rechte (s. Anhang n, Urk. 3), indess es wurde nichts erreicht

') Wie bedeutend dieselben waren, geht aus dem Anschlag von 1789, ^w allerdings sehr übertrieben gewesen sein dürfte, hervor. (Picks Monats- schrift n, S. 487.)

30 E. von Oidtman

beck^ auf Karwe zum Erben von Tylsen und Fronenbruch bestimmt hatte. Letzterer liess die Ländereien von Fronenbruch parzellenweise verkaufen.

Linie zu Pesch und Goer*.

XII.

Johann Pankratius, auch Hans Kraft genannt, Freiherr von Milendonk, Baron von Pesch, Herr zu Pesch, Goer, Willaert, Andrimont, Bethoven, Fernelmont, Surice u. s. w. Im J. 1615 wurde er und sein Bruder Adolf mit den mütterlichen Gütern Brouennes (bei Montmedy), Bronelle und La Tour-Lamay belehnt *. Er prozessirte schon im 19. Lebensjahr gegen seinen Vater, von dem er behauptete, dass er die Güter der Mutter schlecht ver- waltet habe; gleichzeitig verlangte er Vormundschaft*. Seine erste Gattin seit 1607 ^ war Agnes, Tochter Arnolds de Marbais, seigneur de Louvirval et de Fernelmont, grand bailly d'Entre- Sambre et Meuse, und der Agnes du Chasteler ; die zweite Frau seit 1612 war Margaretha, Tochter des Grafen Klaudius de Joyeuse, Grafen de Grandpr6, Gouverneur der Städte Mouzon und Beaumont, und der Philiberte de Saux; sie heirathete in zweiter Ehe 1624 Franz Anton de Joyeuse. Hans Kraft starb 1616 zu Lüttich „unglücklich erstochen*' ^

xm.

Sohn zweiter Ehe:

Hermann Klaudius' Freiherr von Milendonk, Baron von

*) Sein Sohn erhielt durch Kabinete-Ordre vom 10. März 1870 die Befugniss, sich Freiherr von dem Knesebeck-Milendonk zu nennen und das Milendonksche Wappen mit dem Knesebeckschen vereinigt zu führen, üeber Fronenbruch-Hörstgen vgl. von der Nahmer a. a. 0. S. 816, § 503; von Restorf f a. a. 0. S. 48, 60, 536 f.; Berghaus, Deutschland vor hundert Jahren I, S. 155 und die Uebersicht in Anlage in.

*) lieber diese Linie handelt ausführlich: Villermont, Fesches, Anvers 1886, p. 130 sqq. Die Baronie Pesch wurde im 16. Jahrhundert aus einem Theil der Baronie Florennes im Lande d'Entre-Sambre et Meuse gebildet.

') Jeantin p. 289 sqq.

*) Er erhielt 1606 als Vormünder Krato von Milendonk, Herr zu Fronen- bruch, Herr von Bocholz, Propst zu Hildesheim, und Gerhard von Horion, Herr zu Colonster. (Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar, Milendonk Nr. 2845.)

*) Hans Kraft war also bei seiner Heirath erst 19 Jahre alt.

•) Prozessakten zu Wetzlar.

') So lautet der Name richtig, nicht Gladius, wie einige Genealogen angeben.

Die Herren von Milcndonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. 31

Pesch, Besitzer der Güter Pesch, Goer, Willaert, Surice, Rome- denne, Lothenne, Andrimont, Bethoven, Brouennes, Cerfontaine, Bemissart, Achem, Sötte ville, geboren 1613, gestorben 1658. Er hatte, erst 21 Jahre alt, am 2. Januar 1635 Maria de Failly, Tochter Johanns de Failly, Herrn zu Bernissart, und der Maria de Gognies, geheirathet. Kinder :

1. Ludwig Hermann Franz, folgt.

2. Margaretha Louise, vermählt mit Eugen Ludwig de Berghes-Saint-Winock, prince de Raehe^, grand bailly de Hai- naut, Ritter des goldenen Vliesses, welcher am 14. April 1688 kinderlos zu Mons starb.

3. Max Heinrich Graf* von Milendonk, Baron von Pesch, war 1688 Kavallerie-Major in spanischen Diensten.

4. Eine Tochter, vermählt mit einem Marquis du Forest.

XIV.

Ludwig Hermann Franz Graf von Milendonk, Baron von Pesch, Herr zu Pesch, Goer, Cerfontaine, Surice, Bernissart, Romedenne u. s. w. *, starb zu Pesch und wurde in der dortigen Kirche beigesetzt. Er war vermählt mit Isabella Philippine Therese de Mailly, Tochter Wilhelms de Mailly, marquis de Quesnoy, vicomte d'Erps, und der Isabella Margaretha Karoline de Croy-Solre. Sie starb im Wochenbett 1690.

XV.

1. und 2. Zwei Töchter, starben jung.

3. Maria Margaretha Louise Gräfin ^ von Milendonk, geboren 1690, heirathete am 15. Juli 1716 auf dem Schlosse Quesnoy Philipp Alexander Emanuel prince de Croy de Solre et de Moeurs, französischen Generallieutenant, gestorben 1723. Sie starb als letzte des ganzen Milendonkschen Geschlechts am 23. August 1768, 77 Jahre alt«.

*) Nicht Roche, wie er fälschlich genannt wird.

*) Lefort sagt in seiner Sammlung: titre de courtoisic!

*) Vgl. die vorhergehende Anmerkung.

♦) BroneUe verkaufte er (Jean t in).

*) Dieser Titel wird ihr im Ehevertrag gegeben, ihr Vater wird darin Graf genannt (Villermont, Pesches).

«) Die meisten Einzelheiten über diese Linie verdanke ich dem Herrn Grafen Ernst von Mirbach-Harff.

32 E. von Oidtman

Anlagen.

I. Regesten^

1. Graf Vincenz von Moers und die Gebrüder Arnd und Johann von Hoemen, Burggrafen zu Odenkirchen, vermitteln einen Vergleich zwischen Werner Scheiffart vamme Koide, Herrn zu Clermont, Amtmann zu Liedberg, und Johann von Mirlair, Herrn zu Milendonk, nebst seinem Sohne Johann, Sohn zu Milendonk. Der Vergleich betrifft Wege und Brückengerechtsame zwischen Liedberg und Milendonk. Es siegeln ausser den obengenannten Vermittlem auf Seite ihres lieben Neffen und Bruders Werner Scheiffart vamme Roide : Simon von Vellbrüggen und Scheiffart vamme Beide, Herr zu Hemersberg, auf Seite ihres Schwagers und Neffen von Milendonk: Wilhelm von Vlodorp, Erbvogt zu Roermond, Ritter, und Goidert von Vlodorp, Herr zu Leute. 1456, April 5.

Von den ursprünglich angehängten 7 Siegeln sind nur noch die der Gebrüder von Hoemen erhalten.

Orig.-Ürk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kurköln Nr. 1961a.

2. Bilie Steck, Wittwe, Frau zu Milendonk, und Johann, ältester Sohn zu Milendonk, geben zu Gunsten des Klosters Neuwerk 4 Morgen Wiesen, „die Buscherbenden*^, welche von dem Hause zu Milendonk lehnrührig sind, aus dem Lehnsverband frei. 1484, September 7.

Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kopiar des Klosters Neu werk Bl. 7/8.

3. Kracht von Milendonk, Ritter, Amtmann zu Blankenstein, verpflichtet sich, den zwischen seinem Herrn, Herzog Johann von Kleve, und der Äbtissin von Essen abgeschlossenen Vertrag in seiner Eigenschaft als Amtmann zu achten. 1495, Oktober 21.

Orig.-Ürk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Stift Essen Nr. 886.

4. Johann von Myrlair und Agnes von Odenkirchen, seine Gemahlin, Herr und Frau zu Milendonk, geben die Grütersbenden der Abtei Gladbach in der Herrlichkeit Milendonk aus dem Lehnsverband frei. 1497, Dezember 16.

Das Siegel des Johann von Milendonk zeigt 3 Querbalken, ausserdem hängt das Siegel der Schöffen von Kirsmich (Korschenbroich) an.

Orig.-Ürk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Abtei Gladbach Nr. 229.

5. Revers Bertrams von Lutzenrath, Herrn zu Hardenberg, gegenüber Herzog Johann von Kleve bezüglich der Belehnung mit dem Amt und Schloss

*) Die von Urkunden des Düsseldorfer Staatearchivs entnommenen Regesten wurden mir freundlichst von dem Freiherrn von Knesebeck-Milendonk auf Karwe mitgetheilt.

Die Herren von Milendonk ans dem Geschlecht der von Mirlaer. 33

Bl&nkenstein, die er von Kraft von Milendonk, welcher sie bisher pfandweise

innegehabt hatte, mit 5000 Henkelgnlden an sich gebracht hat. 1501, Mars 2.

Orig.-Urk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kleve-Mark Nr. 1737.

6. Herzog Johann von Kleve belehnt Dietrich, Herrn zu Milendonk, mit dem Gericht zu Meiderich und dem Hof zom £icken, wie es sein Bruder, der unlängst verstorbene Heinrich von Milendonk, Amtmann zu Orsoj und Rnhrort, zu haben pflegte und wie es früher Qoesen Steck und nach diesem Herr Kracht und Heinrich von Milendonk besessen haben. Zeugen: Herr Wilhelm von der Horst, Erbmarschall, und Herr Johann von Wylick, Hof- meister, beide Ritter, sowie Johann von Bronckhorst und von Bathenberg, Landdrost. 1525, Januar 29.

Klever Lehnbuch C 15, S. 60 im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

7. Dietrich, Herr zu Mylendonk und Drachenfels, bekennt von Herzog Johann von Kleve mit einem Mannlehn von 20 rheinischen Qulden, das ehedem sein Oheim Heinrich, Herr zu Drachcnfeln, innegehabt hat, belehnt worden zu sein. -— 1531, Juli 15.

Orig.-Urk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Jülich-Berg A I^ Nr. 37U.

8. Herzog Johann von Kleve belehnt Dietrich, Herrn zu Milendonk, Amtmann zu Ruhrort, im Namen seiner Schwiegermutter Elisabeth von Montfort, nachgelassener Wittwe Wilhelms von Vlodorp, mit dem Lehn Pleye oder Hermannswart, gelegen im Lande Huyssen, in dem Rhein mit der Fischerei, Wasser, Weiden, sowie mit allen Rechten und Zubehör, wie früher die von Ghoer und Vlodorp damit belehnt waren. Zeugen: die Heben Räthe und Getreuen Johann von Bronckhorst und Batenburg, DroHt, und Derick van den Boetzeler, Erbschenk des Lands Kleve. 1588, März 20.

Klever Lehnbuch .1522—1539 (C 15) S. 102 im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

9. Ebensolche Belehnung Seitens des Herzogs Wilhelm für denselben. 1540, Juni 2.

Ebendaselbst 1540—1591 S. 13.

10. Herzog Wilhelm von Kleve belehnt Dietrich, Herrn zu Mylendonk, mit dem Gericht zu Meiderich und dem Hof zum Eicken. 1540, Juni 2.

Ebendaselbst A S. 13.

11. Herzog Wilhelm von Kleve belehnt Goedert van Mylendonk zu Ghoir, dem nach dem Testament seines Vaters Dietrich, Herrn zu Mylendonk, die Pley (Hermannswart) zugefallen ist, mit diesem Lehn, nachdem Goederts ältester Bruder, Dietrich, Herr zu Milendonk, auf alle Ansprüche an dasselbe verzichtet hat. 1550, Februar 7.

Klever Lehnbuch 1540—1591 S. 96 im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

12. Herzog Wilhelm von Kleve belehnt Kracht von Mylendonk mit dem Gericht zu Meiderich und dem Hof zum Eicken, wie sie von dessen

3

84 E. Ton Oidtman

Vater Dietrich, Herrn zu Mylendonk, besessen worden und ihm, Kracht, in der Theilung zugefallen sind. -— 1550, April 18. £bendaselbst A S. 99.

18. Lehnrevers Dietrichs von Mylendonk, Burggrafen zu Drachenfels, gegenüber Erzbischof Adolf von Köln über Schloss und Herrlichkeit Drachen- fels. Zeugen: Kanzler Bernhard von Hagen, Doktor und Propst, Wilhelm Haes zu Conratzheim, Marschall, und Wilhelm Freiherr von Schwartzburg, Thürwärter des Erzbischofs. 1550, Mai 12.

Siegel des Dietrich erhalten: gevierteter Schild, im 1. und 4. Felde die 8 Querbalken, im 2. und 8. ein geflügelter Drache ; Helmzier : Büffelhömer.

Orig.-Ürk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kurköln A III, Nr. 2891.

1 4. Dietrich und Gotthard, Herren zu Meilendonck, Drachenfei tz und Ghoer, Dietrich von Dalberg für seinen Vater, den Kämmerer Friedrich von Worms genannt von Dalberg, als Vormünder Wilhelms von Braunsberg, des Sohnes Philipp Diethers von Braunsberg, gewesenen Amtmanns zur Nürburg, und Franz Konrad von Sickingen, Gemahl der Wittwe von Braunsberg, bezeugen, dass Erzbischof Adolf von Köln die Pfandschaft des Hauses und Amtes Ntürburg mit 1 1 000 rheinischen Gulden abgelöst hat.

Eigenhändige Unterschrift der Gebrüder von Milendonk. Die Siegel sehr undeutlich. 1556, November 19.

Orig.-Urk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kurköln, Suppl. 228.

15. Testament der Margaretha von Merode, Wittwe von Milendonk. Duisburg, 1575, Oktober 25.

üniversalerbin ist die Nichte Odilia von Merode. Die Gebrüder von Milendonk und von Goer erhalten nichts, weil sie den zu Aachen abge- schlosseneu und besiegelten Vertrag nicht gehalten haben. Die Kinder von Milendonk und von Goer erhalten wie die Kinder von Wylich einen goldenen Bing mit einem Todtenkopf, ein jedes zum Andenken. Ihres verstorbenen Gemahls natürlicher Sohn Kraft erhält neue Kleidung und 25 Thaler. Das rückständige Leibgeding von jährlich 1000 Thalem soll der Herr von Merode von den Gebrüdem von Milendonk eintreiben und damit verschiedene Legate auszahlen. Es siegeln die Schöffen zu Duisburg.

Nach einer notariellen Abschrift, mitgetheilt von Graf Mirbach-Harff.

1 6. Herzog Wilhelm von Kleve belehnt, nachdem Goedert von Milendonk zu Goir gestorben, den Edmund Gruyter im Namen seines Herrn, Hermann Dieter, Herrn zu Milendonk und Goir, mit dem obengenannten Lehn. 1579, September 15.

Klever Lehnbuch B S. 45 im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

17. Vertrag zwischen Herzog Wilhelm von Jttlich-Kleve-Berg und Johann von Mylendonk, Herrn zu Meiderich, bezüglich des Gerichts zu Meiderich und des Hofs zu Lacknm. 1582, April 5.

Die Herren Ton Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlacr. 35

Nachdem im Juni 1581 Verhör und Handlung zu gütlichem Vergleich statt- gefunden, wurde der Vertrag am 5. April 1 582 folgendermassen ahgeschlossen :

1. Soll dem Herzog als Landesfursten über das Kirchspiel Ober- und Nieder-Meiderich das ins collectandi in Reichs- und Landsteuersachen ungeschmälert bleiben, die Umlegung der Steuer jedoch unter Ver- mittlung des Herrn zu Meiderich und des Rentmeisters von Dins- laken als Hofrichters zu Lackum erfolgen.

2. Alle herzoglichen Hofs- und Zinsleute u. s. w. zu Meiderich, die zum Hof zu Lackum gehören, sollen ihre Dienste u. s. w. fortleisten, während der Herr zu Meiderich die seinigen behalten soll.

3. Der Glockenschlag und die Landfolge verbleiben dem Herzog, doch darf der Herr zu Meiderich erstem auch in seinen Jurisdiktions- sachen gebrauchen.

4. Das Recht der kirchlichen Proklamation bleibt in den beiderseitigen Jurisdiktionsbezirken unverändert.

5. Die Eingesessenen von Meiderich sollen wie die des Amtes Dinslaken überhaupt auf Erfordern zur Huldigung erscheinen, doch darf sich auch der Herr zu Meiderich Huldigung und Eid leisten lassen.

6. Die aus Meiderich zum Hof zu Lackum Gehörigen suchen Recht bei den herzoglichen Gerichten, während auch

7. die Appellationsinstanz von den herzoglichen Gerichten (Schöffen- gericht zu Wesel u. s. w.) gebildet wird.

Die Nrn. 8—11 betreffen die Regelung der Zollgerechtsame, des Geleitsrechts, des Acciserechts und der Fischereigerechtigkeit in der Ruhr.

Es hängt noch das herzogliche Siegel an, während das des Johann von Mylendonk abgefallen ist.

Orig.-Urk. im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Kleve-Mark Nr. 2022.

18. Herzog Wilhelm bekennt, dass, nachdem Kracht von Mylendonk, der ehedem mit dem Gericht zu Meiderich belehnt gewesen, ohne Hinter- lassung von Leibeserben gestorben und dann dessen Brüder Dietrich und Goddert, Herren zu Mylendonk und Ghoer, zwar um Belehnung angehalten, aber vor Erlangung derselben ebenfalls gestorben seien, deren Söhne Dietrich und Johann um Ausstand bezüglich der Lehnsempfangnng gebeten, bis sie die Erbschaft Krafts von Mylendonk getheilt. Da nun das Gericht zu Meiderich und der Hof zum Eicken dem Johann von Mylendonk zugefallen sei, habe er diesen auch mit dem genannten Lehn, wie es Kraft von Mylendonk besessen, jedoch unter Berücksichtigung des am 5. April 1582 geschlossenen Vergleichs belehnt. 1582, April 7.

Staatsarchiv zu Düsseldorf.

19. Eheberedung zwischen Balthasar Herrn von Pallant, zu Ruiff und Reuland und Elisabeth von Milendonk. 1589, Februar 11.

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Die Herren von Mileudonk aus dem Geschlecht der von Mirlacr. 37

Walburga Gräfin von Neaenahr und Moers, Frau zu Bedburg, Weerdt u. 8. w. bestimmt testamentarisch. Folgendes : Prinz Moriz von Oranien, Graf von Nassau, Marquis van de Veere u. s. w., ihr lieber Neffe, soll succediren in Grafschaft, Stadt, Schloss und den Besitzungen von Moers, sowie in dem Hause Krakanwen, unter der Verpflichtung, dass die christlich reformirte Religion darin erhalten bleibt. Uir lieber Neffe Adolf, zweiter Sohn ihres lieben Bruders Arnolds Grafen von Bentheim, Steinfurt, Tecklenburg u. s. w., soll succediren in Schloss, Stadt und Herrlichkeit Bedbur mit allem Zubehör, in der Herrlichkeit Garstorp, Rosborch, den Gütern zu Marick ; er soll erben den Weerd zu Merkenich und Alles, was sie von Kurköln zu Lehn empfangen hat, den Antheil an der Herrlichkeit Boedberg, den Zoll zu Kaisers werth, die Zollrenten zu Linn und Alles, was im Erzstift Köln und im Herzogthum Jülich gelegen ist. Ihr lieber Neffe Georg Gerhard Graf von Solms soll erben die Grafschaft Hom, die Herrlichkeiten Weerdt, Wissem, Kortersom, Borcholt, die Vogtei von Toom, den Brabanter Landzoll, die Pfandschaft in den gräflichen Gütern in den Aemtem Kessel und Kriekenbeck, alle Güter, welche von den Herzogen von Brabant und Geldern, sowie von dem Bischof von Lüttich als Grafen von Loon zu Lehn gehalten werden, sowie alle andern Güter, Mobüien und Immobilien. Es folgen verschiedene Legate an gräf- liche Personen: Bentheim, Falkenstein, Brederode u. s. w. Wörtlich heisst es dann weiter: Item aen Herman Diedrich van Mieleudonck, beere tot Goor, onsen toi aen de Mase genaemt der Brabantsen lanttol; aen jonkheer Balthasar van Mylendonck onse partie in die heerlicheit van Hülst mit den incomen daertoe behoorende en aldaar vallende; item aen vrouwe Agnes van Milen- donck, vrouwe van Loockeren, en karkant, gekoomen van beere grootmoeder; ende aen Adolph Philips, haeren soon, en jaerlike losrente van vifhondert Brabantse gülden, ende soo hi komt te sterven voor ons testatrice, verstaan wi, dat de vors, vrouwe van Lockeren in deselve rente succederen sal. Noch aen jonkher Kracht van Milendonck onse halve heerlickheit van Bodtbergen bi Berck u. s. w. Op heeden den laetsten october, anno 1594 stilo veteri, compareerde voor mi, Jan van der Wiel, notaris publici bi den hove van Utrecht u. s. w. *

Notarielle Abschrift aus dem Oranischen Archiv Moers, Nr. 25, im Archiv Tylsen.

21. Heirathsvertrag zwischen Johann, Herrn zu Milendonk, und Maria Gräfin zu Limburg und Bronckhorst. 1596, April 2.

Der edle und wohlgeborene Herr Johann, Herr zu Milendonk, Drachen- fels, Meiderich und Beuland, jüngster Sohn Dietrichs und der Theodore, geborenen von Bronckhorst und Battenburg, Tochter zu Rimburg und Grons- feld selig, und die wohlgeborene Fräulein Maria Gräfin zu Limburg und

*) Das Testament dürfte wohl zu Erbstreitigkeiten Anlass gegeben haben, da ■owohl die halbe Herrlichkeit Boedberg, als auch der Brabanter Landzoll zweimal vermacht worden sind.

38 £. von Oidtman

Bronckhorst, FrSalein zu Stimm, jüngste Tochter des wohlgcborenen Herrn Hermann Georg Graf zn Limburg und Bronckhorst, Herrn zu Stimm, Wisch and Brockelha * selig, und der wohlgeborenen Maria, geborenen Gräfin zu Hoya und Brochhausen, Gräfin und Frau daselbst, schliessen einen Heirathsvertrag. Der Bräutigam bringt in die Ehe als Mitgift die Schlösser und Häuser Milendonk, Drachenfels, Meiderich und Renland mit zugehörigen Herrschaften, Herrlichkeiten und Gerichtsbarkeiten, sowie allem Zubehör, wie er alles von seinen verstorbenen Eltern geerbt hat. Die Braut bringt in die Ehe 4000 Beichsthaler, welche innerhalb 6 Jahren bezahlt sein sollen. Die Brtider der Braut, die Grafen zu Limburg und Bronckhorst, sollen ihre Schwester mit Kleidern, Kleinodien und Leibzierrathen aussteuern, so dass dieselbe bei ihren Verwandten und Freunden zu Ehren bestehen kann, wie bei der altem Schwester. Wenn die Brüder in den Besitz der Herrschaft Burgkho' mit Zubehör gelangen, so sollen sie der Schwester noch 2000 Reichsthaler zahlen. Hierfür wird das Haus zur Burg mit Zubehör zum Pfand gesetzt, wofür die Schwester auf alle elterlichen Güter verzichtet. Sollten die Brüder ihren Verpflichtungen gegen die Schwester nicht nachkommen, so soll sie eine unverziehene Tochter sein mit Ansprach an die Güter. Stirbt der Bräutigam vor der Gattin, so beerbt sie ihn und behält, auch wenn sie sich zum zweiten Mal verheirathen sollte, die Leibzucht an allen seinen hinter- lassenen Gutem; stirbt dagegen die Gattin zuerst, so behält der Gatte die Leibzucht an ihrem Vermögen*.

Nach dem Tode des letztlebenden TheiLs soll das beiderseitige Ver- mögen an die Seitenverwandten fallen, von denen es herrührt. Bei den Gutshäusem soll alle Munition und was sonst zur Wehr dienlich und nagel- fest ist, verbleiben.

Ausser Braut und Bräutigam besiegeln die Urkunde der wohlgeborene Herr Graf zu Salm, Herr zu Reiiferscheidt, Dick und Alfter, ihr freundlich lieber Vetter, die wohlgeborene Frau Maria, geborene Gräfin zur Hoya und Brochhausen, Gräfin zu Limburg und Bronckhorst, Frau zu Stimm, Wisch und Borckeloe, Wittwe und Mutter der Braut. Auf Seite des Bräutigams siegeln die edlen und wohlgeborenen Herrn Balthasar von Pallant, Herr zu Reuland, Dietrich und Johann Jakob von Bronckhorst und Battenburg, Gebrüder, Freiherren zu Anholt, des Fürstenthums Geldem Bannerherren zu Bahr und Lathum, Pfandherren zu Bredenfort, Wilhelm von Braunsberg, Herr zu Brohlburg, Merxem und Alcken, Maximilian von Bronckhorst und Battenburg, Freiherr zu Battenburg und Stein, Herr zu Becht und Beren- drecht, Florenz Hartart von den Botzeler, Freiherr zu Ascheren und Langerach, Herr zu Odenkirchen, Arnold Adrian von dem Bylandt, Freiherr zu Rheidt, Herr zu Brempt, liebe Schwäger, Vettern und Blutsverwandte. Auf Seite

I) Borkelo.

*) Die in der Heirathsberedong angeführten Fftlle, wenn Kinder aas der Ehe erzielt würden, sind liier, da die Ehe kinderlos blieb, weggelassen worden.

Dia Herren von Milcndonk aii^ dem Geschluirlit der rou Uirlaer. 39

der Braut siegeln BchlieBslich noch ihre lieben Brüder, die wohlgcborenen Herren JoHt und Johann, Grafen zu Limburg und Bronckhorst, Herren zn Stinim, WiBch und Burglho.

Abschrift auf Papier in der Alfterschen Sammlung in der Hofbibliothek sn Dannstadt.

22. Johann von Milendonk, bezw. dessen Bevollmächtigter Pet«r von Sam, Gerichtasch reiber zu^eiderich, wird durch Herzog Jiihanu Wilhelm aufs Nene belehnt. 1596, November 23.

Staatsarchiv %n Düsseldorf.

23. Revers des Johann von Grass, Lizentiat der Rechte, als Bevoll- niäditigt«n der Gebrüder Kraft und Hermann Dictricli von Heilendunckb, Herren m Pronenbroich und Goir, tlher die laut eingereiebt«m Lehnbriof von dem gleichen Datum von Erzbischof Ernst von Köln empfangene Belehnnng mit dem Hof und den Gttt«rn zu Horickh, die vordem die GrUfin Walburgis zu Neuenabr und deren Bruder Graf Hennann innegehabt haben. Desgleichen Über die Belehnnng mit der Gruitb in der Stadt Berckb (Rheinberg). 1602, Harz 2S.

Staatsarchiv zu Düsseldorf, KnrkdluiHche Lohnsurkunden,

24. Diesetben Personen und derselbe Gegenstand wie Nr. 2Z. 1602, April i.

Staatsarchiv zn Düsseldorf.

25. Herzog Johann Wilhelm gestattet dem Hermann Dieter von Milen- donk, auf das Lehngnt, die Plej oder Hermannswart genannt, dessen Gebttude in den damaligen KriegsUuften völlig zerstürt wurden und das auch durch die Ueberschwcmmnngen des Rheins und der Insel stark beschädigt sei, zur Wiederherstellung und Wiederanfbesserung desselben 3000 Reicbsthaler auf acht Jabre anfzunebmen. 1605, Februar 23.

Klever Lehnbnch I5S3 3. 131 im Staatsarchiv zu Düsseldorf.

26. Herzog Johann Wilhelm gestattet dem Johann von Mylendonk, welcher mehrmals um Bewilligung pro dispositione testamentaria vel inter

zu Meiderich und des Hofs zum 1lgen, jedoch mit der Bedingung, i bestimmen, und vorbehaltlich aller ;s Johann, Maria Gräfin zu Stjnun, ember 18. 'chiv zu Düsseldorf.

borgen Land von der Pleyen belehnt, zn Goer verpfändet hat, vorbehält' und des Pfandherm zn Ghoer.

36 E. von Oidtman

Die Heirath wird geschlossen zwischen dem wohledlen Balthasar Herrn von Pallant, Herrn zn Buiif ond Reuland, ältestem Sohn des Karsilius Herrn von Pallant und der Odilia von Flodorp, einerseits und der wohledlen Jungfrau Elisabeth, geborener Tochter zu Milendonk, des wohledlen Dietrich Herrn zu Milendonk, Drachenfels, Meiderich und Reuland und der Diederikavon Bronek- hörst und Batenberg, Eheleute, gottseligen Gedächtnisses jtlngster Tochter. Balthasar bringt in die Ehe die halbe Herrschaft Reuland mit allem Zubehör, wie dieselbe seinen Eltern durch den verstorbenen wohledlen Balthasar von Flodorp, Herrn zu Leut, eingeräumt worden und wie sie jährlich 500 Gold- gulden Renten abwirft. Nach dem Tode der Eltern soll Balthasar aus den andern elterlichen Gütern so viel zubekommen, dass er im Ganzen 1000 Thaler jährliche Renten hat, womit er auf alle sonstigen Güter verzichtet, ausgenommen die Forderung auf die Herrlichkeit Alpen, worüber beim Reichs- kammergericht ein Prozess schwebt.

Elisabeth bringt in die Ehe aus den väterlichen Gütern 12000 Brabanter Gulden und aus dem Erbe ihres verstorbenen Bruders Dietrich, Herrn zu Milendonk und Drachenfels, 4000 Gulden, deren Zinsen ihr Bruder Johann, Herr zu Milendonk, Drachenfels, Meiderich und Reuland, ihr mit 5^/o zahlen soll, wofür er die halbe Herrschaft Reuland mit allem Zubehör zu Pfand setzt. Wegen der mütterlichen Güter schwebt zu Brtlssel noch ein Prozess, fällt derselbe zu Gunsten des Bruders aus, so soll er ihr noch 6000 Gulden ausserdem zahlen, fällt der Prozess ungünstig aus, so soll EUsabeth für die Prozesskosten mit aufkommen. Femer soll die Braut mit Kleidern, Kleinodien und Zierrath, wie ihrem Stand wohl ansteht, ausgesteuert werden, nämlich mit 2000 Thalern, wogegen sie auf die väterlichen und mütterlichen Güter und sonstiges Erbe verzichtet. Stirbt der Bruder Johann von Milendonk ohne Erben und Testament vor seinen drei Schwestern, so soll zuerst Gertrud Frau zu Anholt als älteste Tochter den Vorzug an der Erbschaft haben. Der Ueberlebende der zukünftigen Ehegatten behält die Leibzucht an den Gütern. Bei Streitigkeiten mit den Kindern soll er nur verpflichtet sein, diesen die Güter des verstorbenen TheiLs, mit Abzug einer jährlichen Rente von 200 Thalem aus denselben für ihn, abzutreten.

Zeugen: Karsilius Herr von Pallant, Herr zu Ruiff und Reuland, seine Gattin Odilia, Tochter von Flodorp zu Leut, Rickalt, Well und Morstorff, Christoph von Wylich,. Herr zu Craunstein, Lottum, Gribbenvorst, Drost in der Hetter, Johann von Pallant, Herr zu Gladbach, und Christoph von Pallant, Sohn zu Breidenbent, einerseits, Johann, Herr zu Milendonk, Drachenfels, Meyderich und Reuland, und Kraft von Wylich, Sohn zu Diers- fort, andererseits.

Notarielle Abschrift in der Alfterschen Sammlung in der Hofbibliothek SU Darmstadt, Bd. X.

Auszug aus dem Testament der Gräfin Walburga von Neuenahr. , Oktober 31.

Die Herren von Milendonk mos dem Geschlecht der vtm MirUer. 41

Wi Godhart freiberr zu Milendimk thnn kund, das der ehrcnyester Gerhard Grans nS onser instendich gesinnen nnd begehren nns Torschossen nnd in bahrem gelde aasgelacht hat die somme Ton sesshondert reich sthaler behalven die 5360 reichsthaler nnd also unsere gelegentheit gegenwirtig nicht erleiden kan, ihm diese pfennige wieder zn erlagen, geloben daerran gebner- liehe Interesse zn geben nach adTenant funf nnd ein halben vom hondert, macht jairlichs 33 reichsthaler. Zur Sicherheit werden alle Güter lum Pfand gesetzt. Gegeben zu haus Fronenbroch, den letzten december, anno 1638. Unterzeichnet: G. her zo Milendonck, Hans Wolfart von Milendonck, Maxi- milian de Milendonck.

Urkunde im Besitz des Herrn Kaplan Henrichs zu Nieukerk.

83. Kurfürst Friedrich Wilhelm Ton Brandenburg erneuert Adolf Frei- herm zu Milendonk die bereits am 23. Juni 1635 durch Graf Adam von Schwartzcnberg als Pfandherm des Amtes Hnyssen geschehene Belehnung mit der Pley und gestattet diesem zugleich unter dem 9. September, 3000 Reichs- thaler auf das Lehn aufzunehmen. 1654, September 8.

Staatsarchiv zn Düsseldorf.

34. Kurfürst Friedrich Wilhelm belehnt nach dem Tode Adolfs von Mylendonk dessen Bruder, den Freiherm Hans Kracht von Mylendonk, und gestattet ihm unter dem 16. November desselben Jahres, 400 Reichsthaler auf das Lehn aufzunehmen. 1657, September 10.

Ebendaselbst.

35. Kurfürst Friedrich Wilhelm belehnt auch die Schwestern des Frei- herm Hans Kracht von Milendonk, Anna Maria und Agnes von Milendonk, mit der Pleye und gestattet ihnen, 800 Reichsthaler darauf aufzunehmen. 1658, Januar 4. (Mit Bewilligung des LandeHbcrm nehmen Hans Kracht und dessen Schwestern auf das Lehn, die Pley genannt, weiter auf 2600 Reichs- thaler am 11. April 1658, 500 holL Gulden am 5. April 1659, 6000 Gulden am 16. Oktober 1659, 6000 Gulden am 19. Januar 1660, 6000 Gulden am 1. April 1662.)

Ebendaselbst

36. Karl Dietrich Otto Fürst zu Salm wird mit Meiderich belehnt. 1663, November 9.

Ebendaselbst.

37. Die Schwestern Anna Maria und Agnes von Milendonk schliessen mit den Erben Adrians von Riemsdick wegen einer von ihrem Vater Hermann Dietrich von Mylendonk herrührenden Schuld von 40000 Gulden einen Ver- gleich, wodurch die genannten Erben mit landesherriichcr Bewüligung vom 30. Juli auf Va der Schuld die Einweisung in das Lehn die Pleye erhalten, wogegen Hans Kracht mit seinem '/s jedoch protestirt. 1663. (Hans Kracht nimmt dann 1669 noch weitere Kapitalien auf das Lehn auf.)

Ebendaselbst.

42 E. von Oidtman

38. Amandas Freiherr von Milendonk gibt aus Dankbarkeit gegen seinen lieben Herrn Ohm selig und seinen Vetter, Freiherren von Milendonk zu Fronen- bruch und Hörstgen, wegen viel und mannigfaltig empfangener und genossener grosser Gut- und Wohlthaten die halbe Herrschaft und Herrlichkeit Warden nebst den Zehnten und Ländoreien zu Niedermertz und dem Zehnten zu Niederzier mit allem Zubehör seinem lieben Vetter Maximilian Freiherrn von Milendonk, Herrn zu Fronenbruch und Hörstgen, zu seinem Eigenthum. Zeugen waren: N. v. Ehede, Ritter, Herr zum Laugeuhorst, Komthur vom Rhein und Isselstrom, Johann Heinrich Droste, Herr zur Stegen, Dr. Hanekroth und Heinrich Marcoer. Haus Fronenbruch 1669, Juli 1.

Aus den Prozessakten Milendonk gegen Blanche Nr. 2890 im Staats- archiv zu Wetzlar.

39. Die Schöffen des Gerichts der Freiherrschaft Hörstgen bescheinigen, dass sie ihr Herr Maximilian Freiherr von Milendonk, Herr zu Fronenbruch und Hörstgen, ersucht habe auszusagen, welche Gut- und Wohlthaten sein Herr Vetter, Amand Freiherr von Milendonk, Herr zu Schön au. Hüls und Warden, wie auch seine Mutter und Schwester nach dem Tode des Freiherm Balthasar von Milendonk zu Schönau, Hüls und Warden jederzeit auf dem Hause Fronenbruch genossen hätten. Freiherr Adolf von Milendonk, Herr zu Goer, Kammerpräsident zu Speyer, habe 1629 die Wittwe des Balthasar von Milendonk mit ihren Töchtern von dem Hause Schönau vertrieben und dieselben hätten lange Zeit auf dem Hause Fronenbruch Unterhalt und Zuflucht gefunden. Amandas habe ungefähr 40 Jahre seinen Unterhalt in Fronenbruch genossen. Wenn der Vetter Herr Amandus sich habe „vertreten und lustig machen wollen", so habe Maximilian für ihn bei den Wirthen zum Hörstgen gut gesagt. Die Schöffen bestreiten, dass Maximilian irgend ein- mal den Amandus habe verhindern wollen, den Besitz der Fronenbruch-Hörst- genschen Güter anzutreten.

Unterschrieben vom Gcrichtsschreiber Tilmann Hermans. Hörstgen 1674, März 26. Ebendaselbst.

40. Kurfürst Friedrich Wilhelm belehnt nach Hans Krachts Tode auf Bitten dessen Wittwe Maria Doublet und deren noch minderjährigen Sohnes Gottfried Kracht Freiherrn von Mylendonk mit dem genannten Lehn. 1682, Februar 3.

Staatsarchiv zu Düsseldorf.

41. Kurfürst Friedrich III. wiederholt die Belehnung für Mutter und Sohn, welcher noch minderjährig ist. 1692, Juni 2.

Ebendaselbst.

42. Heirathsberedung zwischen Gotthard Kraft Freiherrn von Milen- donk, Herrn zu Pley, und Margaretha Elisabeth Freifräulein von Milendonk

Die Herren von Milendonk aas dem Geschlecht der von Mirlaer. 43

zu Fronenbruch, Schönau und Hörstgen, Fräulein zu Hüls und Warden. Clau- sula concemeus. Dafeme sechstens der ganz unverhofft zufall sich begeben würde, dass diese ehe unfruchtbar were, oder sonsten die erweckende kinder zu sterben kommen sollten, auf den fall thut die fräulein braut vermöge erlangter oktroy aufgerichteten testament, so hiermit confirmirt wird, oder wie solches sonst am besten kraft dem oktroy geschehen kann, alle obgemclten frei- und herrschaften, aktionen und guter hiermit dem horm bräutigam schenken, auftragen und zu dessen völliger disposition stellen. Zeugen waren: A. Fetmenger, Gerhard Hermans, Balthasar Hermans und auf Seite der Braut: A. Loers und Hermann Marthens. Hörstgen 1695, März 2.

Aus den Prozessakten Milendonk gegen Blanche Nr. 2890 im Staats- archiv zu Wetzlar.

43. König Friedrich Wilhelm I. bevollmächtigt den Dr. Mathias Knops als Kurator in dem Prozess der Mylcndonkschen Gläubiger, das Lehngut Pley zu verkaufen, welches darauf an die Grafen von Hoensbroeck gelangt. 1715, September 28.

Staatsarchiv zu Düsseldorf .

II. Urkunden.

1. Th^iluDg der Brüder Johann, Dietrich und Heinrich von

Milendonk ^ 1514, Januar 28.

Dis is ein besiegelte uispraich tuschen den drei gebruederen van Milen- donck, oevermitz raede des fuerstendoms von Guilge zu Ouilge gescheit ist.

As missel gethain ind gebrechen sich halden zuischen den gebruederen van Milendonck, nemblich Johan, Dederich und Hinrich, von wegen der deilongen des haus, herlicheit und guedere zu Milendonck, ires vederlichen und moder- lichen guets, soe dat sie umb der entscheidongen wiUe niet broederlich dan vast onguetlich, frevelich und unfreundlich sich onder malckanderen dae ino vorgenomen, nae irem eigenen seinen und willen etlicher maissen gar unge- schickelich gehalten, weit und schwoirlich darinnen verlaufifen und dat seif eine zeit bis ainher beheet. Doch nae vil und mancherlei onerferungen haut die vurschreven drei gebruedere ire sammen stoiss und gebrechen mit irs selfs beden und begeren mondlich und schriftlich aiu den durchleuchtig hochgeboren fuersten und herren, herren Johan, alsten soeu zu Cleve, herzogen zu Guilgo, zu den Berge, graven zo der Marck, zo Ravensberg ind zo Katzenellenbogen, bracht imd gelangen laissen, der vurschreven seiner genaden reden des lantz von Guilge hernae benent daironune in seiner genaden stat Guilge geschickt und verordnet halt, umb dae inne in der guetlicheit oder mit recht zo handelen.

*) Diese Urkunde enthält ein sehr interessantes Zciig^niss über das bei Tlieilungon in den Familien der Jlilichschen Bitte rschafb beobachtete Gewohnheitsrecht.

44 E. von Oidtman

daromme wir mit vilflissicher moehe und arbeit versoicht und understanden, die genante gebruedere der deilongen in der freundschaft zu entscheideSf hat niet stat moegen hain, dan die genannte gebruedere haint dae inne behent gebeden und begert mit recht von uns dairoever zu erkennen nae gewoiuheit des fuerstendombs Ton Guilge. Demnae han wir mit gueden reifen rade mit fleiss und arbeit uns bedacht und erfemiss gedain ind en yrieden nit dat suicher geferlicher und onfreundlich deilongen znschen gebruederen Ton ritter- Schäften des fuerstenthombs van Guilge iet vil zudon gewest sei. Aver wir befinden sulche aide guede herkommen, oevung ind gebruchung des fuersten- thombs von Guilge under der ritterschaft, so dat der eiste soen hauis und herlicheit des ainsedels binnen sinen graven oder zeunen, mit den gerichten, herlicheiden ind gerechtigeiden, dae die also gelegen sein, zuvorentz uiss- haven und behalden sali, wilch guet alt herkommen soe lange in gueder oevongen ind gebruichonge gehalten is, dat sulchs vur recht gchalden wird, in Sonderheit angesehen, dass lehenguedere nit beswert noch verdeilt sullen ''werden bnissen wist ind willen des lehenherm. Dem alles nae und so die vurgenante gebrueder uns rede hemae benent gebeden und an uns begert hain, dairoever mit recht zu erkennen in maissen vurschreven, so sprechen wir verordnete rede nae befindongeu, oevongen, alden herkommen und gebruichonge des fuerstendomps von Guilge vur recht, dat Johan van Milendonck als der alste soen dat sloss zu Milendonck binnen seinen graven und ederzeunen zovorrentz uisshaven und behalten sali mit der hoicheit, diensten, geboiden und verboiden, mit den gerichten hoch ind neder. Sulches allit en sali Johan in siner forderdeilongen niet afslach gerechent werden, dan wat forder dan vurschreven van erftzalen, renten ind gereiden guederen aldae in der herlicheit oder anderswae dairzu gehoerich ist, sullen die drei gebroeder van Milendonck vurgenant zo gelicher deilonge stain und sullen dairzu ire freunde keisen, umb die vurgenante gueder in drei gliche deil soe vill moeglich zo vergleichen, doch sollen alsdan die gekoren freunde Johan vurschreven dat deil dem hauise, dat gelegcns is, vur sein gedeils zofoigen. Ouch is mit gesprochen, dat wilcher broeder, der in die herlicheit wie vurschreven gedeilt wirdet, off der zu seiner onbezalnng des boeden bedorfte, umb seine gulde ind rente uszopenden, sali des beiden ain dem vaide oder scholtis daeselfs gesinnen und sali eme nit geweigert werden, alles beheltlich der herlicheit in irer hoheit, geboide, verboide und gerechtigeit zo bliven. Ind sein dieser spruchen drei gemacht gelich landen, der jeder vurschreven broder eine ontfangen hait Dis alles zu ewiger erflicher vesticheit also wie vurschreven gehalten zo werden, so han wir Daim van Harve, land- drust, Dederich von Boirtscheidt, erfhofmeister des lands von Guilge, Raebet von Plettenberg, hauishofmeister ind ambtman zu Berchem, Wilhelm von Gertzen, her zo Sinssich, ambtman zo Monstereiffel ind zo Euiskirchen, Carsillis von Pallandt, her zo Breidenbendt ind ambtman zo Bösseler, Wemher von Pallandt, ambtman zo Wassenberg, Johan von Pallandt, her zo Wilden- berg, zo Berghe, zo Vrechen ind zo Bachern, amptman zo Willemstein,

Die Herren von MHendonk aus dem Geschlecht der von MirUor «>

Herman von Hochsteden, ambtmaii zo des Greven Brooh, as re<lo do> Uihl^ Ton Gnilge Ton onsen genedigen liefsten herm herzog zo Guilgti», »o do« Berge ynrgen&nt zo diesen Torgenanten sprach verordnet, ingeclich vim «n> seinen insiegel ain diesen vnrschreven rechtspruch und brief gt^han^^^n, dor gemacht ind gegeven is zu Guiiich in dem jair ons herrn as man «\'hri'U' nae der gebort Christi nnsers herren dnisent vonfhondert ind vierz^ben, uf den irsten aaeterdag nae sanct Paawels dag converaio.

Abechrift auf Papier ans dem 16. Jahrhundert im froiherrlicb vxm Harffschen Archiv zu Dreibom.

2. Dietrich, Herr zu Milendonk, bezeugt die VeiH>rlmnflr ilor Herrlichkeit Opey von seinen Vorfahren auf Johann Hunlt von

Schöneck. 1543, November 6.

Ich Dietherich, here za Milendonck, zn Drachenfels und zu Mcidoricb, drost zu Montfort, doen knnt aUen und jecklichen richtem und geriohten« den dis offen placat furbracht wird, euch sehen ofte hoeren lesen, hiemit als für ein gezuich der warheit bekennende, mir wissich und kundich sein, das weilant meine werdige lieve anchere der gestrenge ernveste und frome her Johan van Mirlar, here zu Milendunck, ritter, mit weilant der dugenhaftiger und firommen franen Coenen van Birgel, ehelig und naturlicher dochter des gestrengen emvesten und fromen heren Engelbrechts Nydt van Birgel, ritters, erbmarschalks des fnrstenthumbs Gülch, zu ehe gcgrieffen hat, der aller seien gott benade, und staender und werender ehe haven itzt angezeigte ehelude die herlicheit Ope mit allem seine in und zubehoer besessen und gebraucht und sogemelte fraue Coene vnrschreven den vnrschreven minen ancheren mit dot verfaUeu, und zwei ehelige kinder nach sich verlassen, die euch mit dode verfallen, hat folgen ts gedachter meine anchere zur zweiter ehe mit weilant der doegenhaftiger und f romer frauen Belien Steck, frauon zu Milendunck, gegrieffen und bis in seinen sterftag die vurgenante herlicheit Ope mit allem seinem in und zubehoer vestlichen und friedlich besessen, genutzt und gebraucht. Nae wilches vilgemelten meines anchem doetlich affgank ist gedachte fraue Belle Steck, meine anchfranwe, in wedoms statt verbleven und hat weilant der ernveste und frome Johan Hurdt von SchOneck als man und mombir der dugenthaftiger und fromer Johanne van Birgelen, seiner ehelig hausfrauen, der vnrschreven fraue Coene, eheliger und natürlicher suster, die vur angezeigte herlicheit Ope mit aUen seinen in und zubehoer an sich geschlagen und genomen. Urkund der warheit meins innigen ange- boren siegeis herunden getruckt am dienstach nae sent Hnperts tag des heiligen bischoffs, anno drei und vierzig.

NotarieU beglaubigte Abschrift in der Alftcrschen Sammlung in der Hofbibliothek zu Darmstadt, Bd. XXXIV.

46 E. von Oidtman

3. Kabinetssclireiben Friedrich des Grossen an den Fürstbischof

von Lüttich in Sachen der Herren von dem Knesebeck wegen

der Grafschaft Hom. Berlin, 1755, November 22.

Von gottes gnaden Friderich, könig in Preußen, marggraf zu Branden- burg, des heil, römischen reichs ertz-kämmerer und churfürst u. s. w. unsere freundschaft und was wir sonst mehr liebes und gutes vermögen zuvor.

Hochwürdigster, durchlauchtiger fttrst, freundlich lieber vetter.

Daß wir an ew. liebden gegenwärtiges schreiben zu erlaßen uns die ehre geben, darzu veranlaßet uns die von unserem kammerherm Karl Ludwig von dem Knesebeck vor sich und namens seines vettern Wilhelm Friedrich Leopold von dem Knesebeck bei uns übergebene unterthänigste vorsteUung und bitte, um ihm unsere assistenz und vorwart dahin angedeihen zu laßen, damit er wegen seines gerechten anspruches auf die succession in die von dem hochstift Lüttich bishero detinirte freie reichsgrafschaft Hoom, womög- lich ohne processuirliche Weiterung zur satisfaction gelangen, oder doch des- halb eine gütliche auskunft befördert werden möge. Ew. liebden woUen wir mit weltläifiger anführung der vor den p. von Knesebeck streitenden rechts- gründe dermalen nicht beschwerlich fallen, sondern nur dieselbe ersuchen, sich aus dem hiemeben gefügten impresso gelegentlich vortragen zu lassen, welchenfalls wir uns von ew. liebden erleuchteten einsieht und belobten lustiz- eifer gewiß versprechen, dieselben geruhen werden, die gerechtsame des p. von Knesebeck und seiner mitinteressenten nicht allein anzuerkennen, sondern auch die billigkeit einzusehen, dieselbe in vorenthaltung des ihrem Stamm- vater vorlängst gebührten und auf sie transmittirten successionsrechtes nicht länger zu kränken, vielmehr die Verfügung überaU dahin ergehen zu laßen belieben, damit den supplicanten das altväterliche fideicommissum der graf- Schaft Hoom wiederum eingeränmet oder ihm doch deshalb solche annehm- liche Vergleichs-vorschläge gethan werden mögen, wodurch er und seine mit- interessenten billig mäßig indemnisiret und weitläufigen proceßhändel ver- mieden werden können. Ew. liebden ersuchen wir um eine solche beliebige einleitung der sache angelegentlich und werden uns dagegen ein besonders vergnügen sein laßen, deroselben in solchen und anderen vorfäUen thätig zu zeigen, wie sehr wir ew. liebden zu erweisung angenehmer freundvetterlicher gefälligkeiten stets geflißen beharren.

Berlin den 22^ november 1755.

Ew. liebden

An den herm freundwilliger vetter

bischof von Lüttich. F.

Originalschreiben im Archiv Karwe. (gegengez.) Podewils, Finckenstein.

r>ie Herren tob MileDdonk aus dem ffe^(bl*'*'bt cL-r von VliUA^j 41

EDL GesdüehÜidie Uebersk^t aber dk Herrlidbk*^H

Fronenbrneh-Hörst^eiL

Frcmenlmich war ein Lelin d«r <^Traf«D toü iit-M^-ru. hu J ]'Mt4 »-ui^tUti^, es Johann von Sünden Tom Grafen Beinuld von f^»;i(i»'nj ' . ini^t iM .hth^inu von Wachtendonk Besitzer, er must^te löDW mit M-iuem NVfiiTti vou Vf«/u»*u broeke ,6 Gewappnete" zum Landiri^deuHbund »rt^jik-ii*; J4lfc »aiu-.h Hui^i^t von Vlodorp und seine Gattin Elinabetb v<iu Wa^bu-ndoük *^iii< Kitp**Jii /,u FronenbmclL Butlers Schwetrt^T Aümet» wurde Guttui Joimuui- h>*'b«i)Ur< %</ij Obbeadorf^ geldriseben Hofmeixterfe. Ilir Tucbi»'ritiunu V\ iliji^iiu m/u tn^if nennt sidi Herr zn Fronenbrncb. N^-in S<ibu Wi)h<'lui tfuj:i am ♦* N«/v**MiU# 1460 Vroonbroek dem Herzog AduH vuu Geld* rn £u L^btJ auf, dituiii <i»^U'i hin Dirk von Bronckhorflt, sein Stiiwiegerbolm, d^mH U^i^^btit ^tnU^t' ^mm " Letzter» ne&nt sich dann in der Folge Herr zu »uueubfucb Un h'timiAtw des 1460 belelinten Wilhelm von Goer, EÜsabetb, beiralbt^« d'-ij liiiu-.r Jwb*iiiü von Montfort. Ihre Tochter brachte Goer nud »ou<juiiru»;b au d^u Jiui^ grafen Gotthard von Drachenfels. iHirch die ErbtochU^r i>rti4iUi',uinir Ki^UoKU Fronenbroeh sodann an die Herren von Milendonk. l'eU^r di«; Kiy;t'Mt'.iiu.U Fronenbmcfas als geldrische« Lehn enthält eine (Jitation bei ynt/Athi-akUu* vom J. 1637 folgende Passus: Gotthard Freiherr zn JtfilenduD^'k uud di-itiH'ü Vorehem die von Milendonck haben das Haus Froenenbrufb «ambt d^uj Dorf Hörstgen mit allem Zubehör, Markt, Marktrechten, NulzuugHu, ÜMutf.ü, Gefällen, Schätzungen, Civil- und Kriminal-Jurisdiktion, aller Obcrberrliobkitit und Gerechtigkeit, viel iSnger denn Menschen Gedenken erreicbcu ma^, vou dem Herzogthum Geldern zu Lehn getragen. Ein Berieht vom J. llbH txU'r Hörstgcn-Fronenbruch ^ führt an, dass das Schloss Froneubrucb mit vur Thürmen, Wassergräben und Brücken versehen sei und dazu alis herrbibufi liehes Land 10 Morgen Garten, 100 Morgen Ackerland, 50 M.ort<«^u h^'Muh und eine Hutung gehörten.

Die Herrlichkeit Hörstgen, aus einem Kirchdorf mit einigen uiüUi'.g**udi'ü Höfen bestehend •, nmfasste im J. 1794 mit Fronenbrueh zu*aiuiM**jü tjmu Bezirk von 1636 Morgen mit 404 Einwohnern ^ Das Dorf Ja*? JO UmuU^« von Schloss Fronenbruch, wo der Besitzer der Herrlichkeit wohui*-, tuUt^t^i *,

«) Bedinghovensche Sammlung X, S. lia Da« L«l»n wm"4 xu 4m i'rk^n^^t „Barg Yronenbroeck" gexuumt

«) NijUoff, GJedenkwaardigheden 11, no. Ö9.

s) Ebenda IV, Regest 854.

*) Staatsarchiv «u Wetalar, M. Nr. 2882.

») Bericht de« Hofraths Göbel eu Rheinberg, angeführt in PWk !!//»/*<«•' hrif» ttt, 8. 487, wo sich noch sonstige interessante Nachrichten üb«- VtmmtSfruth «»4 #rJri« im J. 1790 stattgehabte Taxation der Herrlichkeit findet.

«) Vgl. Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein XXXJX, B, »,

7) von Mülmann, Statistik des Reg.-Bez. Düsseldorf I, 8. dtft-^.

■) Picks Monatsschrift IH, S. 4X7.

48 E. von Oidtman

Letzterer beanspruchte für die Herrlichkeit die Reichsoninittelbarkeit ', was ihn aber nicht abhielt, seine Besitzung als Lehn der Grafschaft Moers sowohl Ton den Prinzen von Oranien als yon den Kurfürsten von Brandenburg zu empfangen.

Wahrscheinlich hat sich der Anspruch auf Reichsfreiheit aus einer Laeten- oder Enrmoeden-Gerichtsbarkeit, welche den Besitzern Fronenbruchs im Dorf Hörstgen zustand, entwickelt. Thatsächlich gehörte die Herrlichkeit Hörstgen zum Fürstenthum Moers und in der Eigenschaft als adliges Lehngut mit eigener Gerichtbarkeit und sonstigen Prärogativen ' also im 18. Jahrhundert zum Königreich Preussen. Mit Kurköln, welches eine Eeichsunmittelbarkeit der Herrlichkeit bestritt und behauptete, das Kirchdorf Hörstgen habe früher- hin zum Amt Kheinberg gehört', waren die Besitzer yon Hörstgen in fort- währende Streitigkeiten verwickelt. Prozesse darüber schwebten noch beim Reichskammergericht, als dasselbe aufgehoben wurde ^.

Das Kirchspiel Hörstgen hatte schon vor dem Jahre 1624 ein eigenes reformirtes Konsistorium und der reformirte Pfarrer nahm mit Dispens und Konsens „des gnädigen Landesherrn^ Trauungen solcher heirathslustigen Personen vor, welchen das Gesetz anderwärts unübersteigliche Schwierig- keiten in den Weg legte ^ Die Einkünfte, welche hierdurch „der Landes- herr von Hörstgen** bezog, sollen sich in einzelnen Jahren bis zu 200 Thaler belaufen haben.

Nachtrag.

Ein Brief Johanns von Mirlaer, Herrn zu Milendonk, an Ritter Kuno von dem Eichhorn zu Aachen gerichtet, findet sich in Quix, Geschichte der St. Peter-Pfarrkirche S. 32. Der Brief ist nicht datirt, da Kuno von dem Eichhorn im Jahre 1487 starb (vgl. Loersch in den Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein XXI. XXII, S. 252), so wird der Verfasser des Briefes derjenige Johann von Milendonk sein, welcher Schwiegersohn Heinrichs Schei£fart von Merode-Hemmersbach war (vgl. oben S. 15). Johann scheint Forderungen an die Stadt Aachen gehabt und deshalb wiederholt einen Ver- gleich vorgeschlagen zu haben. Da die Stadt ihm aber, nach dem Schreiben

*) Die Prozessakten im Staatsarchiv zu Wetzlar enthalten ein Original-Mandat des Kaisers Leopold vom J. 1700, worin gesagt wird, dass Kläger (Gotthard von Milendonk) sowohl wegen seiner Person, als auch der Herrlichkeit Hörstgen dem heiL ri^misohen Beich unmittelbar unterworfen sei, also vor keinem Gericht angeklagt werden könne, noch davor zu erscheinen brauche.

*) Prozessakten im Staatsarohiv zn Wetzlar, Milendonk Nr. 2882. Die Prärogative scheinen in der Ausdehnung thatsächlich bestanden zu haben, wie sie die oben erwähnte Citation vom J. 1687 anftlhrt.

s) Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein XXXTX, S. 20.

*) Hauptsächlich wegen Gerichtsbarkeit und Jagdgerechtsamen. Vgl. Annalen XXXIX, S. 29. Die Verbrennung des von dem Herrn von Milendonk aufgerichteten Galgens (Halsgericht) wird auch in den Prozessakten. als im J. 1688 vorgefallen erwähnt.

*) Eine Anzahl solcher Trauungen sind angeführt in P i e k s Monatsschrift II, S. 487.

Die Herren von Milendonk ans dem Geschlecht der Ton Mirlaer. 49

zn nrtheileiL, üherhanpt nicht antwortete, so gah Johann Ton Mirlaer dem Knno Ton dem Eichhorn kond, dass er, falls jene seinetwe^n in Anspruch genommen wfirde, dieserfaalb unangefochten (onbededynk) bleiben wolle. Ein weiteres Zengniss über diese Angelegenheit ist bisher nicht bekannt geworden. Als 1367 Werner Herr tu Tombarg und seine Söhne Konrad und Friedrich sich mit den Verbflndeten des Landfriedens zwischen Maas und Rhein wegen ▼erschiedener Entschädigungen, welche sie gefordert hatten, Terglichen, wurde Q. A. auch bestimmt, dass Jakob ron Mirlaer (s. oben S. 13) das Haus Montfort im Geldrisehen an Herrn Johann Ton Kessel übergeben solle. Die Geschworenen des Landfriedensbunds würden dem Jakob einen Tag ansetzen, an welchem ihm durch den Herzog Ton Jülich, sowie andere Herren und die StAdte des Landfriedensbunds Recht gesprochen würde. (Manuscr. Boruss. fol. 846 in der Königlichen Bibliothek zu Berlin.)

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhunderts.

Von C. Nörrenberg.

Die Pergamenthandschrift in Quart Nr. 332 der Amploniana in der Königlichen Bibliothek zu Erfurt stammt aus England, wo sie ihren Hauptinhalt im 14. Jahrhundert erhielt. (Vgl. Schum, Beschreibendes Verzeichniss der Amplonianischen Hand- schriften-Sammlung zu Erfurt S. 566 flf.) Gegen Ende des 14. Jahrhunderts war sie in Aachen; dort hat, wie es scheint, eine und dieselbe Hand, wenn auch mit ungleicher Tinte und ungleich starken Zügen den leeren Raum der ersten und letzten Blätter mit einer ganzen Anzahl verschiedener Kleinigkeiten ausgefüllt, von welchen die für die Geschichte der Katharinen- kapelle beim Aachener Münster werthvoUen in dieser Zeitschrift Bd. X, S. 95 137 ausgenutzt und veröffentlicht sind von Herrn Geheimrath Loersch, dessen Freundlichkeit ich es verdanke, auf die folgenden Stücke hingelenkt zu sein.

Es sind dies (mit Schums Nimierirung) zunächst eine Anzahl Gedichte, in deutscher Sprache ein politisches (Nr. 8), fünf lyrische (Nr. 4, 6*, 9, 16, 20) und ein Bruchstück eines mehr didaktischen (Nr. 17); in lateinischer Sprache acht (Nr. 5, 6^', 10, 12, 13, 19, 24, 25, 26); ferner zwei Weihnachtsgesänge „Sijs mllekometi^ und „Gloria in excelsis" mit Noten (Nr. 21 und 27), ferner Sammlungen von Keimwörtern mit Versuchen von Versen, deutsch (Nr. 18) und kteinisch (Nr. 11, 18'\ 19 und ein von Schum übersehenes Stück, Bl. 105 vor Nr. 21); dann ein lateinisches Stück in Prosa, überschrieben : „Protestacio laudabilis in disputacione a respondente premittenda", anscheinend ein Formular für die Rede des zu promovirenden Respondenten bei der Disputation; schliesslich ärztliche Rathschläge: Rezepte in deutscher Sprache (Nr. 22^") und in lateinischer (Nr. 23 und

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhunderts. 51

28) und Vorscliriften für den Aderlass, deutsch (Nr. 22''). Die meisten dieser Stücke sind ziemlich schwer zu entziffern.

Der Schreiber dieser Stücke war, wie Loersch a. a. 0. nachgewiesen hat, Kapellan an der Katharinenkapelle ; als solchen nennen Peter Hankart die Stadtrechnungen von 1385/86, Johann Barba die von 1394/95 (Loersch a. a. 0. X, S. 97, Laurent, Stadtrechnungen S. 346, Z. 32 und S. 398, Z. 39); die Waarenpreise Bl. 2 (Schum Nr. 7) beziehen sich auf 1391 und 1392; der terminus ad quem ist 1398 (Loersch S. 101); das politische Spottgedicht (s. u.) lässt sich am besten aus den Zuständen der Mitte dieses Jahrzehnts verstehen : die grosse Wahrschein- lichkeit ist also für Barba, d. i. wohl = Bart als Schreiber.

Ob auch als Verfasser? Direkt dagegen spricht nichts, dafür Folgendes. Zunächst sind die poetischen Stücke sicher- lich nicht von aussen nach Aachen importirt worden; schon Loersch hat darauf hingewiesen, dass eins der lateinischen (unten II, Nr. 3, Schum Nr. 10) die Heilige der Katharinenkapelle zum Gegenstand hat; in drei andern kommt der Name Karolus vor (2,2o; 6,11 ; 8,ii); die deutschen Stücke zeigen da, wo nicht ein anderer mit Absicht verwendet ist, den Aachener Dialekt und Schreibgebrauch, der nirgends mit den Reimen in Widerspruch steht, wie wenn etwa Umschrift aus einem andern Dialekt statt- gefunden hätte; der Aachener Gebrauch des Akkusativs statt des Dativs erscheint oft: dich statt dir 1,2; mich statt mir 3,1.»; 5,7; 6,20; si statt eir 3,14; 4,13; der Aachener Ursprung ist also zweifellos. Dass der Schreiber sich auch mit Dichten beschäf- tigte, zeigen die Reimsammlungen mit eingestreuten Ansätzen zu ganzen Versen; dass er gerade diese Gedichte nicht nur geschrieben, sondern auch verfasst hat, schliessen wir aus der Art und Weise, wie er mit ihnen verföhrt: zwei, das deutsche Nr. 4 (Schum Nr. 9) und das lateinische Nr. 3 (Schum Nr. 10), hat er zweimal aufgezeichnet, das erstere mit kleinen Varian- ten; das erste deutsche Lied (Nr. 2, Schum Nr. 4) ist in zwei Aufzeichnungen da (Bl. 1 und 3), die in Vers 1, 3, 5, 6, 8, 10 völlig, in Vers 12, 14 zum Theil gleich lauten und in den übrigen metrisch und inhaltlich von einander abweichen: ein kleines poetisches Kunststück, welches man vielleicht für sich selbst niederschreibt, aber nicht leicht von einem andern abzuschreiben und weiter zu überliefern in die Lage kommt. An mehrem Stellen endlich hat der Schreiber Worte im Text, welche ganz

52 C. Nörrenberg

wohl in Sinn und Reim passen, also nicht gut durch Gedächtniss- irrthum hinein gekommen sein können, getilgt und durch andere ersetzt, so 2,u der ersten und 2,i3 der zweiten Fassung; 3,2; 6,13; alles Umstände, die sich nicht besser erklären lassen, als wenn man Barba, den Aufzeichner, auch für den Dichter hält. Dafür, dass die deutschen und die lateinischen Gedichte vom selben Verfasser sind, zeugt die Aehnlichkeit und Gleich- heit des Metrums, auf welche die üeberschriften der lateinischen Gedichte noch besonders aufmerksam machen. Verbreitung scheinen seine Lieder nicht gefunden zu haben, es war mir wenigstens nicht möglich, anderwärts Spuren zu entdecken, auch nicht in der Limburger Chronik, welche nur nahe Verwandtes (zu 3) enthält (Kap. 67, zu den Jahren 1362 65). Die Lieder lesen sich flott und angenehm, doch sind sie wenig konkret und individuell und scheinen mehr Produkt überlieferter Motive und Technik als der Individualität des Dichters. Diese tritt mehr in dem politischen Gedicht hervor. Dasselbe steht in vier Abschnitten vertheilt auf Bl. 2 ; den Anfang bezeichnet eine schwer lesbare üeberschrift mit starken Abkürzungen, zwei Worte, hinter denen noch die Buchstaben 7 mehr zu vermuthen als zu erkennen sind. Gleich der erste Vers: nWat sais du hnsschof happerteseh*' , „Was sagst du, Bischof Räubertasche** (happen = arripere, celeriter rapere etc. Kilian) bezeichnet den Gegenstand des Pamphlets. Welcher Bischof gemeint ist, ergibt sich zimi Theil aus der Wahl der niederländischen Sprache für einen Abschnitt (v. 37 58), also wohl einer auf niederländischem Sprachgebiet; dann aus der Wahl des Oberdeutschen für andere Abschnitte (v. 59 78), welche mit ihrer Orthographie (t, p für d, b, e für ö, an für an) die oberdeutsche Sprache des Angegriffenen verspotten und ihn geradezu einen Baiern nennen, v. 74: Fach tich payer dem lande. Alles dies lässt kaum einen Zweifel daran, dass kein anderer gemeint sein kann, als Johann von Baiern, der 1390 als siebzehnjähriger und als Bischof in Lüttich eingezogen war und während seines Episkopats die schwersten Fehden mit Lüttich und andern Städten auszufechten hatte. Es ist dies derselbe Johann von Baiem, gegen den im J. 1420 Johann ü. von Nassau-Dillenburg einen Scheltbrief wegen verfallener Ehrenschulden ausgehen liess (Picks Monats- schrift rV^ S. 70—73). Der erste heftige Konflikt fiel in das Jahr 1395 (Löher, Jacobäa von Bayern I, S. 208 ff.); die Städte

Ein Aachener Dichter de:«^ U. Jahrhnndorts. ^3

der nähern und fernem Nachbarschaft nahmen wenigsten» mit Gesinnung und Worten gegen ihn Partei, und in diese Stimmung passt unser Gedicht hinein; die einzelnen Anspielungen desselben wird nur der genaue Kenner der Zeitgeschichte verstehen.

Wir lassen hier zunächst die eigenen Gedichte unseres Ver- fassers folgen, zuerst die deutschen; ihr Abdruck ist, bis auf die Auflösung der Abkürzungen, den Ersatz der Versstriche durch Zeilentrennung und die ZuftLgung der Interpunktion diplomatisch genau, in den lateinischen ist ausserdem die Ver- theilung von ii/r geregelt und statt /:s gesetzt; wir haben auch nicht weggelassen die Worte, welche Strophenabsätze bezeichnen; Ergänztes ist eingeklammert, Unleserliches durch Punkte ersetzt; letzteres leider häufig in den lateinisclien Stücken, deren völlige Entzifferung einem bessern Kenner des mittelalterlichen Latein vielleicht da gelingt, wo uns die Un- deutlichkeit der Handschrift im Stiche Hess*. Den deutschen Gedichten ist am Schlüsse das deutsche Weihnachtslied (Nr. 2 1 , Bl. 105) beigefugt, das lateinische (Nr 27, Bl. 105' und 106') enthält nur die bekannten Worte: Gloria in excelsis deo et in terra pax hominibus bone voluntatis. Von den Keimsammlungen lassen wir nur die deutschen, der Sprache wegen, folgen; die lateinischen sind ganz ähnlich, z. B. (Nr. 11, Bl, 101): vulgat^s, amaris, avaris etc. ; elicui, perspicui etc. ; plumizantes, stuHizanies etc. ; (Nr 18^ Bl. 104'): nobilissima, vüissima; (Nr. 19, Bl. 104'): salutiferum, inortiferum etc.; (es folgen noch prosaische Stil- übungen): Bl. 105 stehen noch Verse ohne Zusammenschluss, Ansätze zu Strophen.

Einige Zeilen auf Bl. 101 oben, über Nr. 9, von Schmu tibersehen, und ziemlich unverständlich, vernachlässigten wir ebenfalls. Von den ärztlichen Rathschlägen schliesslich drucken wir die deutschen ab, da sie auch sprachliches Interesse haben.

Herrn Bibliothekar Dr. Auermann in Erfurt gebührt unser Dank für die Ueberlassung der Handschrift zur längern Benutzung in der Universitäts-Bibliothek zu Marburg.

*) Worte, die mir unvcrständlicli waren, liabc ich durcliwcg niclit mit Fragezeichen oder Bemerkungen versehen.

54

C. Nörrenbcrj;

I. Deutsche Gedichte.

[BL 2' unten links]

10

15

20

IBl, 2' unten rechts]

25

30

1. (Schum Nr. 8.)

wat sais du bftsschof happertesch!

(lat dich entfallen müys dijn flesch

mit dem wijn, as du salt drencken!

weyns du ons eyn hoir hy krenken?

nummer salt du des gedenken;

in di hei müys dy senken,

dat dft ons mit dinen genoissen

nft ze moil wolt ver...ois8en*.

sehenden m&ys dich sent hefforis,

want du bis eyn hokedoris,

de des drecks eyn meyster is;

kftm in drenck, wanne ich pis!

dat dich der keym p..t** mftys bestoin

ind der pips ouch ane goen,

so solts dft seiden genesen,

haen ich in den bftchen gelesen,

dy der leymbecker is genant.

var bald viedelen in den sant,

da dich der sne verbernen moiclit,

des ich alre deng geloicht.

wisschaf spreich ich doch dar zft,

want dft boiks reicht as eyn kfte;

der vladem dat is rftntschel drec,

des bedrflyf dich noch eyn sleck.

sag dft kftkftk kinbaks wang,

dat dich der mort ind oich der wrangt

irsloin müys as eyn Hollents rent!

weins dft dat wir nft sint kent^

ind vnmirclich in den sinnen,

dft moichts dich doch wael bas versinnen.

dft bis eyne gans ind oich eyn schrants,

as dft ringeis aen den dants,

ind stinks recht as eyn libart^

eyn rabias ind grijnnart

') nur z, Th. sicher, anscheinend verarspoissen. ^) plat? ') Aussatz. '^) Kinder. ^) Leopard.

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhuudertd. 55

35 ind der mede sftndach gants . net* bis dft

[BL 2' oben rechts] brabants

0 gi mobac^ turelijer^,

verbrandeii muyt gi in eyn vijer,

dat i ons altoes verschaempt! 40 vmmer mftyt gi sijn gepraerapt

ind dar tu hebben quaden ramp^,

dat gi maickt' as groten schamp.

ic sect V bi den gftden t&yn,

ic woud V scheten v kaprftyn! 45 gi sijt eyn lecfriten eter,

des in sijt di niet de beter.

wi sijn blasse vri gesellen,

dy dar lopen mit den vellen.

arm gesellen mftten teren, 50 dar no dat si sich generen

ind blidelike leuen

van dien dat yn gftyd liet geuen.

oc merr sijt gi seiden Wide

inde stinket as eyn pride^ 55 van dien knoifloic dat gi eten

heb/ ind dar tfi wel gescheten.

sect gi galppart*'* quait katijf

, . lic^ varen mftyt v lijf!

aliter.

was ^reidts du grober wirre war, 60 tu pist irstalt recht sum eyn narr das tu has of ons geworfen haibst, wir teynre nindert dftrfen. tu pist gar ein hfipscher man, der t Iftyt weirlijn tüysschen kan

') nur 2. Th. leahar^ der Vers unroüständig, '') mobac nicht ganz sicher f turelijer aus turelftyr korrigirt. '') maickt oder maicht. '') hebd? ') galspart? ') das erste Wort nicht sicher, «) vor reidts ist sais durchstrichen,

*) Vgl. verturcluren, durchbringen, Wink 1er, Nederd. Dialccticon 11, 214 (Vers 30) und 360 (zv ^ Krampf; FallHUcht. ') Aa8. *) Heuler ?

56

C. Nörrenberg

65 ind gar woel betrigen ind vürbas schoenre ligen*.

[Bl 2 oben links] oberteuts

tu** pist gar onsubir,

tas tu aebgreyfst onsern zftber.

tu pist eyn ongenemer

70 geleich den groben pemer^, den dy gnipen gar wael laben, vorbas schol man ymmer straben* teynen laster ind oich schände. Foch tich payer dem lande!

75 das tich tey ferher woil befeisten! wolt dft of ons swerlijn leysten, wir woltens an teyme drlssel* reychen, das dirs hert mlys vermeychen.

2. (Schum Nr. 4.)

Ä. Bl. 1, unterer Rand,

lust des somers wonnenclijch kan verdriuen trürich sichten* ind schoen blftmen minnenclijch, die datherts mit gftden vr flehten 5 dftent in blijtschaf sweuen.

versus.

Op der grftynre boume zwijch schallen vogel mit gerftchten^ sftyssen sanc gar lovelijch, da si menchen mit irlflchten.

Rep. lust etc,

10 dijsprijsgeytopwijfsgelijch, want si kan mit eren zftchten sijch irgeuen ordenclijch, dy al vnsted wilt versftchten *^ind in trftwen leuen.

B. Bl. 3, unterer Rand.

lust des somers wonnenclich kan verdriuen ongeval ind schoen blftmen minnenclicli dy dat hertzchyn bauen al dftent in blijtschaf sweuen.

versus.

Op der grftynre boyme zwijcli sengen vogel mit geschal sftyssen sanc gar lovelich, beyde berch ind oich in dal,

versus rep. lust etc.

dis prijs geyt op wijfs gelijch, want si lucht as eyn coral in viel doigden ordenclich, der al*" onsteyt is eyn quäl si kan trftwen leuen.

*) nach V. 66: quere in precedenti latere huius folio f talem cmcem. Reste eines Kreuzes vor V. 67. •*) das t unsicher. ^) vor onsteyt ein Wort durchstrichen, anscheinend ondoich[d]. **) hiervor: ind dar weder strenen, äie 3 letzten Worte getilgt.

*) Böhmer. *) VieUeicht vermeintUch hochdeutsche Form für „strafen".

») Kehle. *) Seufzen. *) Klängen.

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhunderts. 57

3. (Schum Nr. 6\)

sequitur kantilena primo in teutonico, post in latino. [BL 2 Mitte] och wat sal mich nft dat leuen;

Widder min^ kan wenden*; wa ich koim, do is gegeuen oigen cloir verblenden 5 ... **mich steit dis werhelt schijn.

Ich wil stede in hoffen sweven meyes Iftst zeprenden, de mich minen m&it . . heven deit ind kftrtzwijl venden. verstis rep. och wat hc. 10 Dych ant vröulijn mftys ich cleuen, dat si mir wil senden troist, da van ich niet gesueven moig eren benden

bi si vro ind blijd zo sijn.

4. (Schum Nr. 9.)

A, Bl. 101. B. Bl. 105.

[A] AI denc min verwinnen*' kan regnieren'' der naturen, as bevenden wijf ind man, dy dat wael ze® grftnd irpftren 5 mit subtilen sinnen, versus etc.

Ich ny lyeners' in gewan onder zarten creaturen dan eyn wijflijch bield, da van ich verblijd in allen vren. versm rep. AI denc de 10 Si is da mijn troist lijt an

ind mach lesschen mir^ mijn trftren, dar van ich eir als gftyts gan trftlich bi eir^ vort ze dftren in gerechter minnen.

5. (Schum Nr. 16.)

kantilena teutonicalis. [El. 104] N& der lieuer zallen ziden

*) kan wenden ist übergeschrieben; darunter durch Funkte getilgt: blijft henden. **) vw mich ein unleserliches Wort, *) verwennen B, *) regnierug B. «) wal B. 0 lieuers B, ») ind di lesschen mach B. »•) bi sij trülijch B,

') Gegenliebe.

58 C. Nörrenbcrg

denck ich, dy mijn herts gewont

hait ind kan mich wael verbliden

ind oich machchen recht gesünt, 5 wold mir heil van eir geschien.

wilt si sfinder widderstriden

mich eir help dftyn trfllich kftnt,

mir in rftyet niet wat liden,

kftnd ich venden sülchen vont. versus rep. nd. 10 Nyeman wil mir des beniden,

dat si mich in kftrter stftnt

mach irgetzen ind af sniden

trftren mijns hertzen grftnt,

mftys ich in der wairheit gieu.

6. (Schum Nr. 20.) teutonicalis kantilena.

fBi. 104'] Vrov mit herzen sin ind mftyt

sets ich gants in dijnre hant,

al gevangen lijf ind gftit,

dar vmb trälich bi mir* stant: 5 dft bis di ich meyne. versm.

Min bi widder min wael rftyt,

want si bint ind is berant,

nochtan velt si onverhuyt

ee si kleirlich werd bekant. versus rep. vr<w etc. 10 Lang haen ich dijn gunst gesftyt

vp dat du mir kftyls den brant

den ich lijd in mijnre sftyt,

doch in ger ich des gein pant, ich getrü dir reyne. veistuf. 15 Nu schenck ich in guder spftyt

dir mijn herts z6 eym presant,

wan dft bis eyn edel blftyt

dat mich hait zft dir*" gewant. versus vrou etc.

Lief in züchten wael behftyt, 20 tröist ind help mich al zft hant,

dat ich kftmmers si gebftyt;

war ich koim in eynich lant, lois micli niet alleyne.

*) bi mir zweimal. ^) vor gewant durchstrichen: gessant.

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhunderts. 59

7. (Schum Nr. 17.)

sequitur teutonicum.

[BL 103*] Wan du dinen onwil sijs,

niet dijn herts ze seir in rijs

ride ich dir in sinnen;

vilt dich alzijt niet dijn wil, 5 haf gedolt ind swich al still.

kumpt dir onmftyt varen aen,

niet ze groissen onraoyt haen

Salt du des van binnen, vort der groisser düytscher kantilenen . . . dricht ... .de mijn sftnder widder rainn .... iemerlich.

Gegenüber auf BL 104 steht in gleicher Höhe wie die oberste ZeÜe des obigen C= V. 1—3):

du moichts deym dijn leyt irklaen de dirs vil me zft sftld draen is nft . . der lüde.

8. WeihnaeUslied (Schum Nr. 21.) BL 105.

sijs willekomen heirre kerst,

want du onser alre heirre bis,

sijs willekomen lieue heirre,

her in ertriche also schone, kirieleis*^

9. (Schum Nr. 18\) Bl. 104.

rijch dicli mich swijch gelijch zwicli krijch wich slijch.

wijf lijf verdrijf stijf schijf bUjf becUjf sijf knijf pijf schrijf

grijf slijf.

schrftwen verspuen cluen brftwen kuwen irnftwen suen rftwen

truwen schftwen blüen hftwen.

') der Text wiederholt sich noch zweimal genau gleichlautend.

*) Einen etwas andern Wortlaut des Aachener Christnaehtslieds, welches der Älteste Schöffe am Weihnachtsfest in der Münsterkirche nach dem Evange- lium der Mittemachtsmesse anstunmtc, gibt Qu ix, Historische Beschreibung der Mttnsterkirche S. 119. Vgl. dazu die Bemerkungen von Hilgers und Pauls in der Zeitschrift des Aachener Gcschichtsvercins IV, S. 149 ff. und Schollens Notiz ebenda«. X, S. 196. Vgl. auch Bäumker, Vierteljahrsschrift fttr Musikwissenschaft IV, S. 158. In unserer Handschrift Bl. 105 ist zu der ersten Strophe des Lieds auch die dazu gehörige Melodie verzeichnet.

60 C. Nörrenberg

minnen sinnen binnen gewinnen innen zinnen rinnen . . . beginnen besinnen.

zart lief edel züchtich wijf

guder mftyt is haluer lijf

dft bis gants eyn leyt verdrijf

minen hertzen binnen.

eir edel seden ind zftchtich gelois

kör ich vor der vogel sanc

ind vor sftysser pijffen klanc lanc kranc gedanc wanc gemanc hanc ranck vi-anck stanc banc bedtbanc hauedanc vanc anevanc ganc quanc dranck.

II. Lateinische Poesie.

1. (Schum Nr, 5.) Vorsetzblatt, Rückseite,

lust des somers. kantilena latinalis super isto.

morbis heu gravissimis multi Spiritus fedati penis amarissimis erunt tandem crucidati 5 cane stigiali. versmt,

factis benignissimis dulie* divine dati studiis tutissimis

COnseruntur pietati. ^versus rep, morbis,

10 Cordibus purissimis ut ex deo procreati ''ipsum simus contemplautes oculis purissimis vita deicali.

2. (Schum Nr. 6\) Bl. 2.

seqiütur p . . . . atino

Tuura accidens plectentes*"

in coniunctione

vires gravatum cernentes

') vor versus durchstrichen: Cordlbns purissimis. **) von hier ab ist der Versbau gestört, ^) darunter getilgt: ponentes. J) = griech. douleia.

s supcrant , , ick

Primo . , , porluoauo.^ stat confusioiio predes inopes praueutcs ex elacione r«^ p^ t^^m h,^

10 Hie figuram protuentc^ in ... . one personarum coufaventevS constat ut sermone

via per indicia m^n, 15 demum ordinem volventes cum ambicione reliquis se preferentes Iionoracione. rtr$u9. Summa mater ol placento« 20 Karoleque bone

aquis prorsuH eminente» die sunt . . .

vobis epinicia. f,#r/w#, Impetrate no« degentcH 25 tribulacione pul . . .

baratri latone,

Hanc poni vita •cnte«

^1

30 Äimn» deo (:fmrirenif:i^

Z. rH^h>fm Sf. 10,; Hf, 1h U

Sequitnr kantii^n^t lafir.alu rle .^an*^u ÄTatnem* .^^,iai iMr,

p^TliiHfrans /'irai^ia ■"•an^lira pf,Mf monr** ^'y.^a

62 C. Nörrenberg

salutaris medicina reis dans solacia

vini fontis cum propina. versus rep. dim etc.

10 ad celi palacia* te precavi vi divina mundi de** fallacia

prope spons nos mina

perpetim regnando.

4. (Schum Nr, 12,) Bl, 101.

Nota principium aliquale kantileue latinalis de beata virgine.

demicatrix veritatis consolatrix desolatis miseratrix sceleratis medicatrix infinnitatis 5 instauratrix sanitatis adamatrix deitatis operatrix pietatis infringatrix falsitatis.

5. (Schum Nr. 13.) Bl, 101,

Modus est indicativus verbi turpis expressivus praxis demum quem fusivus

cosmi Status nunc pravatur. versus. 5 peregrina quondam gentes rem iniquam rapientes

nulli carni sunt p . . entes. versus rep. Modus etc,

Arrogans imperativus Violen ciae lativus 10 timens ut undosus rivus

exessive d . . . . atur. versus. Surgunt veris abutentes falsitates pertegentes

digitOS post pertuentes. versus rep. Modus etc.

15 gloriarum optativus cassarum perterritivus loricarum neglectivus

in plerisque ventilatur. versus. Astus varios fingentes

■) zweite Aufzeichnung Bl. 105: paUacia. ^) de mundi.

Ein Aachener Dichter des 14. Jahrhiiudert«. 68

20 virus lolii serentes

reputantur" proch pudentes. rersus rep. Modus,

Indecentis convinctivus

contubernii tractivus

mellitorura insectivus 25 sanguis siraplex defraudatur. versus.

Et fac orchi que serpentes

cuncto bona suggerentes

non inquinent nostras mentes. ver$us rep. Modus eu.

Tu qui es infinitivus 30 sumraus herus vere divus

lionun quivis tecum vivus cell paceque fruatur.

6. (Schum Nr. 24.) Bl. 106.

kantllena latinalis prima super no der lieuer.

0 quam turpis et brutalis furens ex nequitiis microcosmus cronicalis sordescit segniciis 5 meando per ama. versus.

amor heu nunc fratemalis desinit maliciis patruusque filialis

perditis periciis. versus rep. o quam tufpis etc.

10 Christi mater principalis

Karole diviciis

aquis qui vi supemalis

celieis . . . iciis

omastis et gnama. rersus. 15 Exoretur umis alis

ne sedemur viciis

deum qui est immortalis

Stigis et SUppliciis. versus rep. o quam etc.

Rex quapropter deicalis 20 cordis ex puriciis regni da nos etemalis ronsortes deliciis

obtenturos brama.

■) vor proch getiJti* «onionti.s.

J

64 C. Nörrenberg

7. (Schum Nr. 25.) Bl. 106.

alia super vrov mit hertzen sin ind muyt etc.

Pluriraorum vicia nimis horribilia quae sunt multiplicia simul et flebilia 5 proch nunc invalescunt. versus,

Eancor iniustic(ß. regnantes per miUa vilis* ac stulticia

gignunt inutilia. versus rep. plurimorum ete,

10 Jus lex pax iusticia

congrua consilia

veritas pericia

virtutumque lilia

prorsus evanescunt. versus, 15 Pravi de malicia

demonis familia

dantur ad supplicia

sibi difficilia. versus rep. plur.

Torda sed felicia 20 quelibet humilia summa cum leticia refutando vilia

in deo quiescunt.

8. (Schum Nr. 26.) Bl. 106.

sequitur cantilena latinalis super lust des somers etc.

Cosmi proch inicium casus Ade primitivi perpetrantis vicium in plerisque genitivi 5 morbi nocualis. versus.

Sunt in praecipicium necis corporum dativi parvarum et licium

prorsus in aCCUSativi. v^-sus rep. cosmi etc.

10 Mater infelicium Karoleque vocativi

') über vilis steht cassis.

Ein Aachener Dichter des 14. JahrhondertA. 65

vestrum per servicium ad el sitis precat'm

relaxando maus. rer»us, 15 Qui per beneficiuni aquis estis lastratiTi manenim felicium

luce rivo . . . ornativi. i^rsys rep, cosmi etc,

Teilens maleficium 20 Christe stigris ablativi fac quod ad hospicium cell sinins volativi congaudentes ealis.

. Aerztliches.

1. (Schum Nr. 22 \) BL 105*.

Widder dy sflygde van den drilsen as dy Iftde zemoil

seir storuen, dft yn dese bftys.

Nem vj of vij bechelers körn ' inde ij of iij wortzelon gemeyns reytchijns^ ind siede dat zesamen mit gftden wine, ind gef dat also deme siechen ze drenkon, ind decken as warm dat he sweys, ind schi(*ko bi eme yman stai'kers, de sijnre ward neme, dat he sich niet in entdeck noch den sweys in werp.

Vort is eyne andere •bftys widder di seine.

Nem bieuerts ^ ind musschoten blftmen * ij dragmen item beverel'^, becheler ind tormentil mallich gelijch iij dragmen ind des besten driakels" oich an viel.

Ind dese ander bftys schrijft ze latijn alsus der apoto- ker: Reo. castorij macis 3 ij, pipenelh», baccarum lanri, tormentille ana 5 üj, tiriaco bone et elce ... ad pondns om . , sicut de priore.

■) vor büys durchstrichen: HÖychdc widdcT.

0 Lorbeeren. •) Rettig. ') Bibergeil. *) MuHkatblüthe. *) Pimpinella.

«) Theriak.

66 C. Nörrenberg

2. (Schtm Nr. 22^,) Daselbst.

hi onden vints dft in wilchen dagen id gftyt

of quoit loissen is.

zer äderen loissen is it gftyt van onser vrowen dage dat si geboitschaft wart bis zft sint iohans dach baptisten, dat he geboren wart, nier wanne dat liet alt is v dage, x dage, XV dage, xx dage, xxv dage of xxx dage, so in sal nyeraan loissen de niet alze grois noit dar zft in hait, want dy heyden spreychen also, dat alsulche dage kranck sint, ind vmb naturen wil des raoynts loyf so sterven alze viel lüde van loyssen in den dagen. Oych vort sal man sich h4den vor dy hftntdage, dy geynt aen by sint margrieten messe ind d&ren bi sint barthelmeis mes, ind so d[ie] hftntdage de heysser sint, so sorchlicher. vort sint dri alze sorch- lich[er] dage in deme ioir, so we in der drier dage eynchen zer äderen lies, it weir minsch of beyst, de stürve quoits doyts. der eyn is onser vrow[en] ävent dat si geboitschaft* wart, der ander sinte peters dach, as man dy erts ist, ind v6r dy gevangen wacht, ind is der eirste dach in den austmoynde, der derde is sint siluesters dach, der lest in deme iore, genant ioirs ävent.

vort in clären weder [is] it bequeymlicher loissen dan in druven, mer in drüven weder is it gftyt erzedy of dranck nenien van gftden sirop den is noit is.

oich wanne it ze viel bftyssen moissen kalt is of zeviel warm is, of alze dröve weder is van wende of reyne, so in ist niet vrberlich loissen. oich me so wi doch dy hftnt- dage sorchlich sint, so is noit sich ^ bi wilen vßgescheiden in alsulcher vügen of eynich minsch eyne söychde hed dy eme aen comen weir van quoitsblftyts wegen, of van ze viel blftyts w[egen] sijns ertzeters.

Vort wis dat niet allen luden in gebftrt zeloissen, also as jftngen luden beniden x ioren, di in solen *" niet loissen, noch over aide lüde dye siech sint van alder, noch dy sich verwachchen of vervasten, of dy verkrenckt, verdftrt of verswacht sint mit arbeyt of mit anderen Sachen, of oich aide lüde dy is niet sich geweynt in haint van juncheyt.

•) dat si geboitschaft doppelt, ^) noit sich oder noit sach? *) sulenP

Bomerstarassen im Regierungsbezirk Aachen«

Von J. Schneider. I.

Die vier alten Strassen, welche sich innerhalb der jetzigt^n Stadt Aachen durchschneiden, sind in Bd. VII, S. 173 ff. unserer Zeitschrift im Allgemeinen behandelt worden. Hierbei ist zu bemerken, dass diese Strassen sich nicht sämmtlich in einem und demselben Punkte treffen, indem die Erfahrung lehrt, dass da, wo sich z. B. drei Strassen durchkreuzen, die dritte die beiden andern in verschiedenen Punkten schneidet, so dass ein Dreieck entsteht, was bei Bestimmung der Strassen innerhalb des Stadt- bezirks zu beachten ist. Wir wollen nun zunächst die genannten Strassen ihrem Lauf nach einer nähern Betrachtung unterziehen.

Die erste, von Westen nach Osten ziehende Strasse läuft, wie bereits früher angegeben, von Mastricht über Gülpen nach Aachen, dann über Eilendorf und Stolberg na^;h Gresnenich, und von da bis Gürzenich und Dürens

Die Fortsetzung ist noch nicht aufgefunrlen, geht aber wahrscheinlich in der bisherigen Richtung über Lochen ich * nach dem Rhein. Der Verfasser kann die Richtung l>üren-Ker|)en- Köln nicht als die Fortsetzung anwehen, da <li<*hc die direkte Fortsetzung einer über Montjoie nach l)üren führenden HtranHc ist. In dem ganzen Verlauf unserer StranKC «ind Funde rßnii- scher Alterthümer in ihrer Nähe gemacht wonlen, worunU^r diejenigen bei den Dörfern Gressenich und Gürzenich die be- deutendsten sind. Nehmen wir Mastricht alji eine Manniun an

') Die Strasse ist in dieser Strecke gezei«*lmet iu «Jer Kartei de« U, IhfUtn der von mir herausgegebenen alten H*'er- und Hanrlt^JHwrt^e Jin deutHcheii Reiche, Leipzig 1886. Die Angabe de» Ober»tlieutenaut H<'ljraidt (IJouner Jahrbücher XXXI), dass eine KomerHtrabüe von Ore**beui«;h über WeiHWeller geführt habe, hat sich nicht bestätigt.

*) In Lechenich und der nächsten Umgebung »lud zahlreiche fmä$ römischer lUtertl' **"*-- "'•""4>jit worden.

68 J. Schneider

der Strasse an, so lag in der Entfernung von 4 Meilen zu Aachen die zweite, und in der Entfernung von 3^2 Meilen in Gürzenich die dritte Mansion. Zwischen Aachen und Gürzenich, fast in der Mitte, liegt Gressenich, wo demnach die zugehörige Mutation lag, welcher die dortigen zahlreichen römischen Alterthümer entsprechen, während die in geringer Entfernung südlich davon befindlichen Baureste den industriellen Etablissements des bereits zur Römerzeit daselbst betriebenen Bergbaus angehören. Alle sonstigen Deutungen, die man an diese Oeiilichkeit geknüpft, entbehren des hinreichenden Grundes, namentlich fehlt jede Spur einer Befestigung. Noch bedeutender und zahlreicher als bei Gressenich sind die Alterthumsfunde bei Gürzenich, die jedoch bisher nicht in dem Maße beachtet worden, wie sie es verdienen. Es ist schon früher von Andern auf dieselben kurz hinge\\iesea worden \ und wir haben uns an Ort und Stelle von den unter- irdischen römischen Bauresten, sowie zahlreichen Gräbern und sonstigen Alterthumsfunden überzeugt. Planmässige Nach- grabimgen haben, so wünschenswerth sie auch sind, bis jetzt nicht stattgefunden, und die zufällig von Zeit zu Zeit auf- gefimdenen Gegenstände sind in die Hände von Privaten, grossen- theils nach Düren, gelangt. Es durchschnitten sich hier, ein Dreieck einschliessend, drei Strassen, nämlich ausser der in Rede stehenden eine zweite, von der Maas bei Venlo südwärts nach der P^ifel, und eine dritte von Köln über Düren und Mont- joie gleichfalls nach der Eifel-. Inner- und ausserhalb dieses Dreiecks liegen in weiter Ausdehnung die römischen Alterthums- reste, und es macht ganz den Eindruck, als hätten hier zur Römerzeit zwei Ortschaften neben einander, und zwar an zwei verschiedenen Strassen bestanden, nämlich die eine an der Süd- ostseite unserer Strasse, nach Rölsdorf zu, die andere auf der Nordwestseite, nach Derichsweiler hin^

>) Bonner Jahrbttcher XXIX und XXX, S. 66.

*) Diese Strassen sind gezeichnet in der Karte des 5. Heftes der alten Heer- und Handels wcf^e.

*) Ein solcher Fall, dass zwei Römerorte nahe bei einander zu liejjen kamen, konnte sich, wenn auch nur selten, dadurch ereignen, dass jede Strasse ihre eigenen Mansionsgebäude hatte, die in regelmässigen Abständen von einander lagen. Wo nun zwei Römerstrassen zusammen liefen, konnte es sich treffen, dass auch zwei ihrer Mansionen nahe neben einander zu liegen kamen, und aus den Mansionen bildeten sich später Ortschaften. Wir werden bei einer andern Gelegenheit zeigen, dass derselbe Fall atich bei den

Bömcr^trasseu im Regierungsbezirk Aaeheu. 69

Nun findet sich in der Peutingerschen Tafel eine Stelle, wo die Namen zweier Stationen dicht neben einander verzeichnet sind, nämlich auf der Route von Rlieims nach Köln. Die Namen dieser Kömerorte sind „Ozunerica" und ,,Lindesina** *, und es wird die naheliegende Vermuthimg zu prüfen sein, ob die an- gezeigten Römerorte bei Gürzenich mit den in der Tafel neben einander genannten Orten „Ozunerica* und „Lindesina" identisch sind, oder mit andern Worten, ob die römische Fundstätte bei Gürzenich aul* der Route der Tafel von Rheims nach Köln liegt und ob die in der Tafel enthaltenen Entfernungsangaben damit stimmen. Es wird zunächst daran zu erinnern sein, wie wir zu wiederholten Malen nachzuweisen gesucht haben ^, dass die römischen Itinerarien im Allgemeinen nicht Strassen, son- dern Routen (Marschlinien) enthalten, die bald auf der einen, bald auf einer andern Strasse laufen ^. Nun liegt auf der Rheims- Kölner Strasse, auf welcher die Route der Tafel vorher gegangen, die Station Tolbiacum (Zülpich), über welchen Ort die Route, wenn sie der Rheims-Kölner Strasse folgte, weitergehen müsste. Aber die Tafel enthält auf dieser Strecke den Ort Tolbiacum nicht, woraus nothwendig folgt, dass die R(mte der Tafel der Rheims-Kölner Strasse nicht über diesen Ort hinaus bis Köln gefolgt, sondern an einem gewissen Punkte vorher von der Rheims-Kölner auf eine andere nach Köln führende Strasse übergegangen ist. Nun schneidet die obengenannte, aus der Eifel über Montjoie und Düren nach Köln laufende Strasse die Rheims-Kölner bei BüUingen, und es kann daher nicht zweifel- haft sein, dass die Route an diesem Punkte von der Rheims- Kölner auf die letztgenannte Strasse übergegangen, da es keine andere Strasse gibt, welche die Rheims-Kölner Strasse schneidet und zugleich nach Köln führt. Da wir nun statt der Station

Etappenlagern (Mausiouen) auf der rechten Rheinseite vorkommt, wo sich manchmal ebenfalls zwei solcher Lap^cr nahe bei einander, aber an verschie- denen Strassen, vorfinden.

*) Dies sind die richtigen Lesarten, wie sie bereits in der Ausgabe von Desjardins und neuerdings in der von Miller enthalten sind. Die altern Lesarten Munerica und Indesina sind unrichtig.

^) 8. die alten Heer- und Haudelswege, Heft 2, 3 und 4.

^) Diese Auffassung des Verfassers ist u. A. auch von dem neuesten Herausgeber der Peutingerschen Tafel, Professor Dr. Miller in Stuttgart, als die richtige bestätigt worden. Vgl. K. Miller, Die Weltkarte des Castorius jjenannt die Peutingersche Tafel, Ravensburg 1888, S. 8L

70 J. Schneider

Tolbiacum, welche auf der Rheims-Kölner Strasse liegt, in der Tafel den Doppelort Ozunerica-Lindesina finden, so kann es ebenso wenig zweifelhaft sein, dass Ozunerica-Lindesina auf der Montjoie-Düren-Kölner Strasse, auf welcher nunmehr die Route nach Köln ging, gelegen hat, also auf derselben Strasse, an welcher auch Gürzenich liegt ^ Prüfen wir nun weiter die Ent- fernungsangaben der Tafel. Die Entfernung von Lindesina nach Köln beträgt nach der Tafel 16 Leugen = 48000 Schritt und die Entfernung von Gürzenich bis Köln beträgt, hinreichend damit übereinstimmend, 50 000 Schritt. Für das neben Lindesina gelegene Ozunerica hat die Tafel die Entfemungszahl VI. Da aber Ozunerica ebenso weit von Köln entfernt war, wie Lin- desina, indem beide neben einander lagen, so muss man annehmen, dass die Zahl X ausgefallen, und auch hier, wie bei Lindesina, ursprünglich die Zahl XVI stand *. Wir glauben damit gezeigt zu haben, dass an der Identität der Ansiedlungen bei Gürzenich und des Doppelorts Ozunerica-Lindesina nicht gar zu viel aus- zusetzen ist. Sogar der Name „Ozunerica" scheint auf Gürzenich hinzuweisen, da dieses in altem Urkunden „Gorzenic** heisst*, so dass es scheint, als habe in der Tafel ursprünglich „Gorzu- nerica" statt „Ozunerica** gestanden, wovon leicht „Gorzenic" und dann „Gürzenich** abzuleiten ist.

Die zweite, ebenfalls von der Maas kommende und über Heerlen durch Aachen führende Strasse ist ein Zweig einer nördlich von St. Vith von der Rheims-Kölner abgehenden Strasse, und bietet dadurch ein besonderes Interesse, dass eine Route des Antoninischen Itinerars eine kurze Strecke weit auf der- selben läuft. Diese Route geht nämlich auf einer vom Rhein bei Xanten über Sonsbeck, Kaldenkirchen und Tüdderen führenden

*) Der gelegentlich bei Tacitus (Hist. IV, 28) genannte Ort Marcodoram (Düren) lag ebenfaUs auf dieser Eoute, wird aber in der Tafel darum nicht genannt, weil er ein übierdorf war, wo sich keine römische Mansion befand, weshalb dort auch niemals römische Alterthümer gefunden wurden; die Mansion und der zugehörige Römerort lagen daneben, bei Gürzenich.

•) Vielleicht hat ein späterer Abschreiber absichtlich die Korrektur VI statt XVI vorgenommen, in der Meinung, dass beide Orte eine Strecke aus- einander gelegen (wie ja auch noch heutzutage gewöhnlich angenommen wird), so dass er die doppelt vorkommende Zahl XVI ftlr ein Versehen eines frühem Abschreibers halten musste.

') Herimannus de Gorzenic im J. 1192 s. Aunalen des hist. Vereins f. d. Niederrhein XLID, S. 2.

Strasse; jenseits des letztern Orts, b*ri SiiianL wird diose Strasse, die bis Falkenbarz weiterfahrt, von der in Erde stehen- den dorchschnltteD. und n:Ln geLt die Eoute des Itiaerars t.'ü dem Darchsclmittsp:inkt an auf unsere Strasse ül»er und läuft auf derselben bis nach Heerleü, wo die letztere von der Mastriobt- Kölner Strasse ge-i:hnineü wird. Von dem Durchschnitt >i<i:ikt läuft dann die Bo ^te zuletzt ül»er J iüch nach Köln *. Wir haben hier ein recht handgreifliches Beispiel zur Bestätig^msr unserer eben angezogenen Behau[»tuD£r, dass das It int-rarium im Allgemeinen nicht Strassen, sondern Beisentuten aniribi, die auf verschiedenen Strassen von einer zur andern gehen, indem wohl Niemand zugeben wird, dass die Bömer zwischen Xanten und Köln eine Strasse angelegt, die von dem erstem Orte bis in die Gegend von Aachen und dann in einem R.tgen zurück nach Köln geführt habe.

Die dritte durch Aachen laufende Strasse kommt gleichfalls von der Maas, bei Boermond-, geht südlich über Eupen nach Maison Hestreux, und die fernere Untersuchung hat ergeben, dass sie hier nicht abzweigte, sondern weiter über Kapelle Fisch- bach und zwar zuerst über die Hochfläche an Xhofl'raix vorbei und zuletzt durch das Thal der Warche nach Mahnedy zieht. Von diesem Orte lauft sie dann in südlicher Bichtung weiter nach Pont, wo sie die Warche überschreitet, hierauf rechts neben der Chaussee bis zur Kaiserbaracke, von wo sie mit der Chaussee über St. Vith, nachdem sie die südöstliche Bichtung angenommen, nach Breit- feld, Winterspelt und Habscheid, dann über das Thal der Prüm nach Pronsfeld fuhrt. Sie hält in ihrem Laufe stets die Wasser- scheiden ein und weicht an mehrern Stellen bald rechts, bald ünks von der Chaussee ab. Von Pronsfeld zieht sie über Lune- bach nach Pintesfeld und Waxweiler, dann, wie bisher stets die Wasserscheide innehaltend, über Greimelscheid, Ober- und Nieder- weiler nach der Trier-Bonner Heerstrasse, die sie nördlich von Bitburg erreicht. Die Strasse ist von zahlreichen römischen Alterthümern begleitet: ausser den bekannten zu Odilienberg, Aachen, Eupen, Malmedy und St. Vith wurden in dem fernem Verlauf auch römische Ueberreste an der Oertlichkeit „auf Lochen", westlich von Habscheid 3, ebenso östlich des genannten

*) S. die Karte zu Heft 5 der alten Heer- und Handelswege. ") S. die Karte zu Heft 5 der alten Heer- und Handelswege. ') Bormann, Beitrag zur Geschichte der Ardennen H, S. 107.

72 J. Schneider

Ortes „auf dem Einrieb"^, ferner zu Pronsfeld*, Waxweiler' und Greimelscheid * entdeckt.

Die vierte Strasse kommt von der Maas bei Lüttich, geht in nordöstlicher Richtung durch Aachen nach Jülich und ist in ihrem fernem Laufe bereits früher beschrieben und gezeichnet ^. Sie zieht in nördlicher Richtung über Gladbach und Goch, setzt bei Cleve über den alten Rhein und zieht dann jenseits des Stromes über Elten die Yssel hinab zur Zuidersee hin.

Von allen vier Strassen lässt sich bis jetzt keine als eine Hauptstrasse erweisen, obgleich sie zum Theil eine nicht unbe- deutende Länge besitzen. Die erste von Mastricht nach dem Rhein hat wahrscheinlich ihre Fortsetzung, von Mas- tricht aus, in der Römerstrasse, die bis Hasselt, im belgischen Limburg, aufgefunden ist ^, und würde etwa die Richtung nach der Scheidemündung haben. Die ganze bis jetzt bekannte Länge der Strasse beträgt 11^2 Meilen. Die zweite Strasse, welche von der sogenannten Kupferstrasse ab zur Maas führt, ist ent- schieden eine Zweigstrasse, und wir heben bei dieser Gelegen- heit die sehr beachtenswerthe Thatsache hervor, dass imter den drei Strassen, über welche die oben genannte Route des Antoninischen Itinerars geht, sich zwei Zweigstrassen befinden, nämlich ausser der vorliegenden, auch die von Xanten kommende, welche sich in der Nähe von Falkenburg von der Mastricht- Kölner Strasse abzweigt. Wir erkennen also auch hier, wie es bereits bei der Rheinstrasse nachgewiesen ist \ dass die Routen der Itinerarien nicht bloss auf den Haupt-, sondern auch auf den Nebenstrassen laufen. Wir machen aber auch femer die wichtige Beobachtung, dass diese Nebenstrassen ebensowohl wie die Hauptstrassen amtlich vermessen und in die offiziellen Strassenverzeichnisse eingetragen waren, aus denen dann die einzelnen Routen in die verschiedenen Itinerarien mit den

*) Bormann a. a. 0. *) Bormann a. a. 0. II, S. 113.

«) Bonner Jahrbttcher in, S. 61 ; XXV, S. 204.

*) Bormann a. a. 0. 11, S. 109.

^) S. die Karte zu Heft 5 der alten Heer- und Haudelswege; ferner Picks Monatsschrift VI, S. 256 ff.; Bonner Jahrbücher LXXV, S. 18 ff.; LXXVI, S. 23.

•) C. van Dessel, Topographie des voies romaines de la Bclgique, Bruxelles 1877.

0 S. die alten Heer- und Handelswege, Heft 2, 3 und 4.

Römerstroätfen im RegierongHbezirk Aachen. 73

Vermessungs- bezw. Entferaangsangaben tiberaomraen worden sind. Die bis jetzt bekannte Länge der Strasse beträgt 6Vs M. Die dritte Strasse ist eine Zweigstrasse der Trier-Bonner Haupt- strasse. Ihr fernerer Verlauf über Roermond jenseits der Maas ist unbekannt; die bis jetzt bekannte Länge beträgt 21 M. Die vierte Strasse endlich, die aus Belgien bei Lüttich von der Maas kommt, läuft dann über deutsches und holländisches (Tcbiet wahrscheinlich bis zu dem Kastell Flevum an der Zuidersee, wo sich auch noch mehrere andere Strassen treffen. Der Anfangs- punkt der Strasse ist unbekannt; sie scheint aber eine Zweig- strasse der Maasstrasse des rechten Ufers zu sein, die ebenfalls nach der Zuidersee ftilul. Die Länge von Lüttich bis zu ihrem Endpunkt beträgt ungeföhr 35 Meilen ^

Es bleiben noch zwei Xebenstrassen anzuführen, welche von den genannten Strassen abgehen. Von Nr. 4 nämlich geht eine Nebenstrasse südlich von Goch ab über Geldern und an den Rhein bei Friemersheim. Von dieser geht wiederum ein Ann bei Tönnisberg ab über Krefeld und an den Rhein bei Neuss.

Der Verfasser hat bereits früher die Ansicht ausgesprochen, dass zu Aachen, wo sich alle vier Strassen durchkreuzen, ebenso wie zu Jülich, eine Militärstation bestand, die das ehemalige Vorhandensein eines Kastells voraussetzt. Als Hauptgrund heben wir nochmals die nicht- unbedeutende Zahl v(m Legions- stempeln hervor, die hier, ebenso wie in Jülich, wo aus dem- selben Grunde allgemein ein Kastell angenommen wird, gefunden worden sind. Am wahrscheinlichsten wird man die Lage dieses Kastells auf der erhöhten Fläche des Marktplatzes an- nehmen dürfen, wenn auch hier, ebenso wenig wie zu Jülich, die Fundamente bis jetzt aufgefunden sind.

Zum Schluss wollen wir noch diejenigen Strassenrichtungen namliaft machen, die in dem folgenden Abschnitt zur nähern Besprechung gelangen sollen.

*) Von der Strasse Nr. 1 wird die Strecke von Aachen bin Düren aueli erwähnt von Kessel, Zeitschrift des Aachener (icHchichts Vereins I, S. 75, und die Strecke von Stolberg bis Gressenich von Üerudt, ebend. IV, S. 179; die Strecke von Mastricht bis Düren ist j^ezeichuet von K. von Vcith, ebend. VIII, Karte, el>enso von Nr. 2 die Strecke von Ileerlen bis Friesenrath, von Nr. 3 das Stück von Aachen bis zur Mastricht-Kölner Heerstrasse und von Nr. 4 das Stück zwischen Aachen und der Alastricht-Kölner Heerstrasse.

74 J. Schneider, Römerstrassen im Regierungsbezirk Aachen.

1. Von Walerode über Jülich nach Neuss.

2. lieber Schönecken, Prüm, Schönberg und Malmedy nach Belgien.

3. Ueber Gondelsheim, Ormont, Büllingen und Malmedy nach Belgien.

4. Ueber Dalheim, Elsenborn, Sourbrodt nach Belgien.

5. Ueber Lichtenborn, Schönberg, Büllingen, Montjoie nach Köln.

Aus der Zeit dar Fremdherrschaft.

Ton E. Paste.

IV. Zur Geschichte des As?tignatenumlaufs und des Gesetzes über das Maximum in der Aachener Gegend.

Nachdem die französische Nationalversammlung im April 1790 die Verausgabung von Papiergeld, der sog. Assignate, beschlossen hatte, war sie im Laufe der folgenden Jahre zur Vermeidung des Staatsbankerotts genOthigt. den Werth der Assignate zu einer fast unendlichen Summe anschwellen zu lassen. Bis zum 1. Januar 1793 waren für 3600 llillionen Livres*, bis zum Herbst 1795 für 27 3Iilliarden und bis zu der Anfangs 1796 auf immer geschlossenen Herstellung sogar für 45 Milliarden Assignate ausgegeben worden*. Zu den echten Assignaten gesellte sich eine grosse Menge unechter, welche zur Erzielung leichten Gewinns meist im Ausland hergestellt und namentlich von England aus nach Frankreich eingeschmuggelt wurden. Anfänglich, so lange die Assignate auf ziemlich sicherm Unterpfand ruhten und Fälschungen nicht zu häufig waren, erfreuten sie sich eines l>erechtigten Ansehens, später sank niit jeder neuen Verausgabung ihre Bedeutung und ihr Werth. Immer wirrer, zerrütteter und schrecklicher gestalteten sich die Verhältnisse in Frankreich. Seit März 1793 konnte die Lohnung der franzosischen Armee nur in Assignaten erfoliren; damit der Soldat nicht verhungere, wurde gleichzeitig Je*ier-

0 Der am 1795 eingeführte, bis jetzt unverändert gebliebene Frank ist um etwa ein Achtzigstel grösser als die Livre.

*) Die wenigen Angaben über die allgemeine Geschichte der Assignate ond da« Gesetz des Maxünnm entnehme ich mei-st H. Ton Sybels Geschichte der französischen Kevolution. Nach der Erklärung Ton Camus am 23. Febraa? noe waren von den 45 Milliarden 39 Müliarden im Umlauf.

76 E. Pauls

mann verpflichtet, bei Vermeidung sechsjähriger Eisenstrafe ^ im Verkehr die Assignate zu ilirem vollen Nenn wer th anzu- nehmen. Die Folge war em unerhörtes Steigen der Preise aller Lebensmittel. Diesem Missstand suchten die Republikaner durch das Gesetz des Maximum abzuhelfen, welches darin bestand, dass Zwangstaxen '(Maximalverkaufspreise) für Lebensmittel und Waaren festgesetzt wurden. Das Gesetz erwies sich als unhalt- bar, denn Mangel, Lähmung jeder Thätigkeit und Entwerthung des Papiergelds traten nimmehr erst recht zu Tage. Dem zu Ende 1794 erfolgten Fall des Maximum reihte sich bald ein völliges Sinken der Assignate an. Diese verloren im ersten Jahr ihres Bestehens nur 4 6^/o gegen Silber, um 1791 schon 8— lO^/o. Im November 1792 war der Kurs auf 60 ^/o des Nennwerths gefallen, und nachher koimten selbst Robespierres Schreckensmaßregeln das Fallen auf 40 ^/o nicht verhindern. In der letzten Hälfte des J. 17*94 sanken sie auf 20 16^/o^ dann bis zum August 1795 auf 2V2%, bis zu Ende 1795 auf V2^/o, und kurz vor der Vernichtung der Assignatenpresse wurde für 100 Franks Assignate nur Vs V* Frank in Baar gezahlte

Die erste Besetzung Aachens durch die Franzosen (16. Dezember 1792 2. März 1793) fiel in eine dem Werth der Assignate nicht zu ungünstige Zeit, denn noch war das Papier- geld nicht übermächtig geworden. Kaum eine andere Notiz findet sich daher, als die bald nach dem Abzug der Republi- kaner erschienene Anzeige einer Handlung in Eschweiler, welche sich erbietet, Assignate gegen Baar umzuwechseln*. Wenige Wochen später wurde es anders. Die ausschliessliche Löhnung der französischen Armee mit Papiergeld, der demselben in Frankreich beigelegte Zwangskurs und die Ueberfluthung des Markts mit Assignaten drückte deren Werth aufs Aeusserste und rief im französischen Reich eine allgemeine Verarmung hervor. Wo immer ausserhalb Frankreichs Zeitungen erschienen, meldeten sie ihren Lesern das unbeschreibliche Elend, welches

*) Diese Strafe wurde unter Robespierrc auf 20 Jahre Eisen erhöht.

^) H. von Sybcl u. A. geben 22 ^/o an; für unsere Heimath dürften 20— I6<*/o richtiger sein, wie im Nachfolgenden erläutert wird.

^) Die wichtigsten der zahlreichen Bestimmungen über Assignate finden sich in dem Handbuch über die Gesetze zur Zeit der Fremdherrschaft von Bormann -Daniels.

*) Aachener Zeitung vom 30. März 1793.

Aus der Zeit dor Fremdherrsohaft, TT

die Assi^atenwirtlischaft über Frankreich f^>l>n\oht hatte. Aueh des Papierg-elds wegen ging" der Schrecken der republikauischeu Annee voraus. Durch rohe Misshandlungeu erzwang' das von Allem entblösste Heer in den von ihm eroberten (.legenden die Annahme der Assignate ; fast überall wiederholte sich tlas Spiel, dass sich die Kaufläden nach dem Einrücken der Franzosen schlössen, um bald nachher zwangsweise geöifnet und gegen Assignate ausverkauft zu werden. Ganz Belgien wurde beim Vordringen der Republikaner im Sommer 1794 mit Assignaten überschwemmt, seine öffentlichen Kassen mussten ihren Baar- vorrath abgeben und sich statt dessen mit Papiergeld begnügen. Jedenfalls sehr übertrieben hiess es sogar, dass die Franzosen 25 Lütticher Kaufleute wegen Verweigening der Annahme von Assignaten theils erschossen, theils zur Aburtheilung nach Paris geschickt hätten ^

Am 23. September 1794 nahmen die Franzosen Aachen zum zweiten Mal in Besitz. Nur mit Mühe konnten die erbitterten * Republikaner von Gewaltthätigkeiten schlimmster Art gegen die wehrlose Stadt abgehalten werden, sie setzten aber an die Stelle der offenen Plünderung ein durchdachtes Aussaugesystem, wobei das Papiergeld nicht die kleinste Rolle spielte. Mit Gewalt und mit schönen Worten wurde das Mögliche zur Hebung der Assignate versucht.

Wir lesen nicht, dass die Besitzer von Kaufläden in Aachen die Annahme von Assignaten nach dem Einrücken der Franzosen beanstandet hätten. Ein solcher, ohnehin fruchtloser Wider- stand wäre angesichts der hochgradigen Erbitterung wegen der Vorfälle am 2. März 1793 der Stadt wahrscheinlich ver- hängnissvoll geworden. Jedenfalls ging es in Aachen wie so vielfach andei-wärts: die Läden waren bald ausverkauft und baare Münze selten geworden^. Schon am 26. September 1794

*) Aachener Wahrheitsfreund vom 29. August 1794; vgl. auch Aachener Zeitung vom 9. August 1794 und unten S. 96.

*) Bei der Vertreibung der Franzosen aus Aachen am 2. März 1793 hatten sich die Einwohner zu Gunsten der Oesterreicher in den Kampf eingemischt. Vgl. meinen Aufsatz in Bd. X der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. ^) In der französischen Armee war damals der Spottvers:

^'a ira, ga ira, ?a ira L'argent vaut mieux Quc des Assignats sehr verbreitet. Unter Alwinfninrr dieses Liedes warfen unmittelbar nach

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erliess der Volksrepräsentant Gillet vom Hauptquartier Burt- scheid aus eine Verfügung, laut welcher die Assignate dem haaren Geld für den Betrag ihres Nennwerths gleich sein sollten ; gleichzeitig wurde die Errichtung eines Verifikations- Bureaus** im Hause des Bürgers Massardo in der Komphaus- badstrasse angeordnete

Man prüfte in diesem Bureau die Assignate auf ihre Echt- heit, wobei falsche ohne Weiteres angehalten wurden. Später reiste sogar ein eigens angestellter Beamter in die benachbarten Gemeinden, um auch dort eine solche Prüfung vorzunehmend

Für Aachen und seine nächste Umgebung mag diese Maß- regel doppelt nothwendig gewesen sein, denn Niemand anders als Danton und Lacroix hatten früher daselbst eine Fabrik falscher Assignate angelegt^, auch liessen Aachens Handels- beziehungen zu England den Umlauf von vielem falschen Papier- geld ahnen. Besondern Vertrauens dürfte sich das Bureau schwerlich zu erfreuen gehabt haben, denn in Aachen wird es wie in Bonn gewesen sein, wo man allgemein glaubte, falsche und echte Assignate würden mit Beschlag belegt*.

Der ersten Verfügung über die Assignate folgten bald viele andere. Jedenfalls unter dem Druck der Gewalt bestimmte der Aachener Rath am 10. Oktober 1794, dass bei der Ausgabe und Einnahme der Pfander im Lombard die Assignate „vollen Lauf" haben sollten*. Wie es scheint, wimmelte es damals von falschen Assignaten, denn die Rathsverordnung trifft Maß- regeln zur Verhütung der Annahme von Fälschungen. Eine Vor-

der Einnahme einer Stadt die Franzosen Assignate auf die Tische der Kauf- läden, kauften, was ihnen gefiel, und waren mit jeder ihnen zur Ausgleichung gegebenen klingenden Münze zufrieden. Vgl. die Schilderungen bei W. Hesse, Geschichte der Stadt Bonn während der französischen Herrschaft S. 89, 40, 41 und 52. Das Qa ira findet sich auch in unserer Gegend als Gesang der Franzosen in den Laufgräben vor Mastricht erwähnt.

') Aachener Zuschauer 1794, Nr. 117, S. 934. Zu der hier angedeuteten Bekanntmachung, laut welcher auf Verbreitung oder Verhehlung falscher Assignate die Todesstrafe stand, bemerkt Quix: „welches sich doch hier nie ereignet haf*.

') So in Komelimtlnster, wie aus urkundlichem Material hervorgeht.

•) Milz, Programm des Königlichen Gymnasiums zu Aachen 1871/72,

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Tesse a. a. 0. S. 55. Wochenblatt fUr Aachen und Umgegend 1837, Nr. 1, S. 1.

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 79

Ordnung vom selbigen Tage * brachte den Aachenern eine Probe vom Gesetz des Maximum. „Missföllig'', so heisst es, ,, vernimmt die Munizipalität, dass vielfach die Preise der Lebensmittel ^willkürlich tibertrieben werden, Jedermann weiss doch, dass die Assignate dem Baargeld gleichwerthig sind. Bis auf Weiteres stellen wir daher für die unentbehrlichsten Lebensbedürfnisse folgende Preise, welche in Assignaten zu verstehen, anzunehmen und zu zahlen sind, fest u. s. w.** Augenscheinlich hatte sich also bereits ein gewisser Assignatenhandel bemerkbar gemacht und eine bedeutende Vertheuerung der Lebensmittel hervorgerufen. Maueranschläge und Bekanntmachungen in den Zeitungen brachten im Oktober die lange Verfügung, welche die Volks- repräsentanten bei der Nord-Sambre- und Maasarmee am 14. August 1794 zu Brüssel als Richtschnur für die Verwaltung der eroberten Gebiete erlassen hatten*. Die hier gegebenen Vorschriften über den Umlauf der Assignate machen den Ein- druck einer schamlosen Erpressung. Papiergeld, dessen Ver- silberung zu einem Fünftel des auf ihm verzeichneten Betrags kaum möglich war, erhielt zum vollen Nennwerth Zwangskurs bei allen Zahlungen. Dagegen wurden alle Pfandhäuser ihrer goldenen und silbernen Werthsachen, alle öffentlichen Kassen ihres Baarvorraths, selbst die Notare und Bankhäuser der ihnen anvertrauten Gelder beraubt, um statt dessen Assignate zu erhalten. Zur Erreichung dieses Zwecks waren Haus- suchungen zulässig, und „um der Preiserhöhung vorzubeugen, womit Uebelgesinnte wegen des Umlaufs der Assignate die Waaren und Lebensmittel des Landes belegen dürften, soll das für die Stadt Lille festgesetzte Maximum vorläufig in den eroberten Ländern befolgt werden, bis ein besonderes Maximum für diese Länder verkündigt sein wird^." Selbstredend ist in der Verfügung von Leistungen aller Art, darunter sogar von der Lieferung von Gemälden für das „Innere*' der Republik die Rede, und vorsichtig heisst es, dass Zahlungen in Assignaten bei den von den Generälen ausgeschriebenen Geldkontributionen unzu- lässig seien.

*) Wochenhlatt 1837, Nr. 2, S. 5.

») Wochenhlatt 1837, Nr. 74, S. 296 ff.

') Die ähnhche Verfügung der Volksrepräsentanten Haussmann, Fr§cine und Jouhert (Köln, 14. November 1794) brachte für die Assignate die gleichen Bestimmungen.

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Hiermit war es um das Ansehen der Assignate bei der Bevölkerung geschehen, denn die Absicht der Täuschung lag gar zu klar zu Tage. War wirklich das Papiergeld trotz seines niedrigen Kurses vollwichtig, so brauchte nicht alles Baargeld kraft des Rechts des Stärkern den öffentlichen Kassen entnommen zu werdend Es befremdete und erbitterte anderseits, dass die Kriegssteuem in Baar gezahlt werden mussten, dass alle werthvollen Metalle, sogar Medaillen und Orden früherer Zeiten ^ nach Paris in die Münze wanderten, und dass vor der Münzschmelze Kirchenglocken ^, Kirchensilber und selbst Metallsärge nicht sicher waren. Gegen die Logik der Thatsachen und das deshalb sehr berechtigte Misstrauen kämpften alle schönen Redensarten und Versprechungen der Republikaner um so mehr vergeblich, als recht bald die bitterste Noth der Verdrängung des Baargelds auf dem Fusse folgte.

Ende Oktober 1794 setzte der Volksrepräsentant Fr6cine zu Aachen eine Centralverwaltung für die Länder zwischen Maas und Rhein ein, deren Rechte und Pflichten öffentlich bekannt gemacht wurden *. Wie aus der Verfügung hervorgeht, bestand damals schon ein Revolutionstribunal zu Aachen, welches namentlich Vergehen gegen die Gesetze über Assignate und den Preis der Lebensmittel bestrafte. Wenige Tage später wandte sich die neu errichtete Centralverwaltung mit einer pomphaften Ansprache an ihre Mitbürger. Während der Hunger- tod an die Thür klopfte, wagte es diese Behörde, ihre Ansprache mit einem Hinweis auf die Morgenröthe des schönen Tages, welcher jetzt angebrochen sei, zu beginnen. Bezüglich der Assignate warnte die Centralverwaltung vor den elenden Wucherern und Betrügern, die sich bemühten, die Bürger gegen diese Münze der Freiheit aufzuwiegelnd „Wirklich*',

*) Nach der Anfangs 1796 erschienenen Denkschrift von Bouget-Vossen- Cromm hat diese Bestimmung die Kassen der Waisen- und Armeninstitute, sowie der Gemeinden zwischen Maas und Rhein um 3 Millionen Livrcs in Baar gebracht.

*) Beschlttss der Centralverwaltung im J. 1795, wie aus urkundlichem Material zur Geschichte Kornelimünsters hervorgeht.

^ Kaum bekannt ist es, dass die Seile der Kirchenglocken in der französischen Marine Verwendung fanden (Aachener Zuschauer 1795, S. 256).

*) Aachener Zuschauer 1794, Nr. 130 und 131.

^) An die schönen Worte über den Werth der Assignate haben wohl manche Mitglieder dieser Behörde selbst nicht geglaubt. Nachweislich

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SO heisst es, „sind Viele von euch so verblendet zu glauben, dass diese Nationalmünze ihr Eigenthum vernichten werde. Trauet den Verräthem nicht! Bald wird die Republik uns als ihre Kinder aufnehmen, unserm Handel ihre Heerstrasse öffnen, und dann werden diese Assignate unser Reichthum sein. Denkt, wie unendlich die Sicherheit der Assignate sei, da das ganze Vermögen einer freien, biedern Nation dafür haftet. Sollten sich aber Frevler finden, welche diese Nationalmünze nicht annehmen, vermindern oder verschreien wollten, oder welche gegen das Gesetz des Maximum handeln würden, so wird das Revolutionsgericht schrecklich mit den Schuldigen verfahren!" Offen wird hier zugegeben, dass die Bevölkerung den Assignaten misstraute, und noch deutlicher sagt eine Verfügung^ vom 8. November 1794: „Unsere Mit- bürger haben trotz aller brüderlichen Ermahnungen das Gesetz über die Gleichwerthigkeit von Assignaten und baarem Gelde nicht befolgt. Aber nun wird das fürchterliche Revolutions- gericht zur Bestrafung der Frevler aufwachen; nur der Böse- wicht verkennt die Pflicht, seinem darbenden Mitbruder zu helfen, nur Irrthum und Verblendung träumt, dass die Assig- nate keinen innern Münzwerth haben, es haftet ja das Vermögen der ganzen Nation dafür!** Doch vergebens waren Ermahnungen und Drohungen. Am 15. November erklärte der Nationalagent Driessen *, dass Uebelgesinnte nicht aufhörten, die Assignate in Misskredit zu setzen und ihre Annahme zu verweigern. Hierdurch würden die Lebensmittel so vertheuert, dass die arbeitende Klasse ihren Unterhalt nicht mehr zu erwerben im Stande sei. Driessen setzte deshalb zu Aachen einen Obhutsausschuss * ein,

wandte sich im J. 1795 der Vertreter Kornellmünsters in der Centralver- waltnng an die Munizipalität daselbst mit dem erfolgreichen Gesuch um Oeld. Er habe, so führte er an, sein Gehalt in Aachen nur in gering- werthigen Assignaten erhalten und Schulden machen müssen. Ohne Zweifel haben damals viele, ausschliesslich mit Assignaten besoldete Beamte bitter darben müssen; für einzelne -dagegen wird wohl von der haar gezahlten Kriegssteuer etwas „erübrigt" worden sein.

') Beschluss der General-Administration von Aachen, Jülich u. s. w., betreffend die Festsetzung der Preise der Lebensmittel.

») Wochenblatt 1837, Nr.- 95, S. 881.

*) Ueber die Wirksamkeit der beiden bald aufgehobenen Behörden, des Revolutionstribunals und des Obhutsausschusses, findet sich kaum etwas anders verzeichnet, als dass sie sich im Januar 1795 aus den KeUem der Aus- gewanderten mehrere Ohm Wein verabfolgen Hessen.

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dessen Pflicht es war, über den Umlauf der Assignate zu wachen.

Nochmals forderte im November 1794 die Centralverwaltung die Stadt- und Landbewohner im Namen des Gesetzes auf, die Assignate zu ihrem vollen Werthe anzunehmen. „Wir bemerken euch nur," so hiess es, „dass es nichts als die Erfüllung der ersten Menschenpflicht ist, diese Nationalmünze von dem Mit- bürger als Zahlung anzunehmen ^" Inzwischen hatten die schonungslosen Requisitionen, sowie namentlich auch das Papier- geld eine furchtbare Noth in Aachen und seiner nächsten Um- gebung hervorgerufen *. Der Frucht- und Viehhandel stockte ', weil Niemand gewillt war, Papiergeld zum Sechsfachen seines Werths in Zahlung zu nehmen. Auch die Preisbestimmung der Lebensmittel konnte deren Beschaffung nicht erleichtern; manche Geschäfte gingen ein, andere erklärten sich zur Erneue- rung ihrer Vorräthe ausser Stande. „Hier herrscht grenzen- loses Elend", meldete die Munizipalität von Kornelimünster nach Aachen, und in der alten Reichsstadt selbst war es schon im November 1794 so weit gekommen, dass 36 Bäcker der Stadt täglich von der Munizipalität 36 Malter Frucht zur Speisung ganzer Reihen von Bedürftigen erhielten, wobei Soldaten die Ordnung aufrecht halten mussten *. Schlicht meldet zum Advent 1794 das Tagebuch des Priesters und Rechts- gelehrten Forst zu Kornelimünster: „Hier ist öffentlich ver- kündigt worden, dass Jedermann die französischen Assignate so wie baares Geld annehmen müsste. Diesem ingefolg wurden den Wirthen ihre Weine und Biere, den Bäckern ihr Brod für Assignate abgeholt. Das Papiergeld macht viele grosse Unge- rechtigkeiten. Die Schuldner bezahlen damit ihre Obligationen, der Gläubiger verliert aber dabei */« seiner Forderung. Waaren und Lebensmittel können mit Papier entweder gar nicht oder.

>) Wochenblatt 1837, Nr. 104, S. 417.

») Milz a. a. 0. S. 14.

") Bericht der ManizipaUtät von Kornelimünster; Wochenblatt 1837, Nr. 113, S. 453.

*) Wochenblatt 1837, Nr. 108, S. 433 und Nr. 111, S. 445. Abgesehen von den aus milden Stiftungen untersttttzten Armen wies die Armenliste aus jeder der neun Grafschaften Aachens 200 (!) der bedürftigsten Haushaltungen auf. Aehnlich war es in Paris selbst, wo die Bäckerläden an jedem Morgen von Schaaren hungeriger und frierender Bettler umlagert wurden.

Aas der Zeit der Fremdherrscliaft. 8d

wenn Zwang hinzukommt, anders nicht als fünfmal so theuer

eingekauft werden Unser Elend dauert noch fort und

es ist kein Ansehen zum Ende ^^

Statt Erleichterungen brachte der Dezember 1794 der schwer heimgesuchten Aachener Gegend nur weitere Bedrückun- gen. Immer noch suchten die Republikaner den Umlauf und Werth der Assignate in jeder Weise zu heben, legten aber ausserdem ein Hauptgewicht auf die Befestigung der stärksten Stütze der Assignate, das Gesetz des Maximum. Eine Reihe von Bestimmungen* setzte den äussersten Preis von Lebens- mitteln und Waaren fest, und den Munizipalitäten wurde aufge- geben, auf den Umlauf der Assignate und die Beobachtung der Bestimmungen über das Maximum ein besonderes Augenmerk zu richten'. Die seitherigen Mitglieder des Obhutsausschusses in Aachen erhielten ihre Entlassung*, zwölf andere traten an ihre Stelle. Offen gab die Behörde den herrschenden Frucht- mangel und die Noth zu. Es mangelte an Seife, Salz, Oel, Kohlen und Lichtern *, die Aachener Munizipalität konnte Abend- sitzungen nicht mehr abhalten. „Wir sind ohne Brod, ohne

') An einer andern SteUe seines Tagebuchs spricht Forst Ton ganzen Prozessionen von Bettlern, weiche damals durch die Strassen Korneliinünsters zogen. An einzelnen Tagen erschienen an Forsts Thür 80ü -ÖOÜ Anno. Die Angaben von Forst sind auch deshalb von Intorosso, weil sie beweisen, dass die Bestimmnngen über das Maximum und die Assignate bei uns genau dieselben Zustände im Gefolge gehabt hatten wie in Frankreich, nämlich, abge- sehen von Verarmung, eine Untergrabung des RochtngefUhls. Hierüber hiesi es im Konvent selbst: „AUe öffentlichen und Privatverträge sind allmähücli in Verwirrung gerathen. Die Staatsgläubiger, die offen tlidum Beamten, die Eigenthümer, welche ihre Grttnde in Pacht gegeben haben, erhalten weit weniger als die ihnen gebührenden Beträge. Alle, welche Zahlungen zu leisten haben, gewöhnen sich dabei an eine Unredlichkeit, welche sie sogar sich nicht mehr vorwerfen, und schieben die Hchuld auf die ZeitverhältniHNe und die Zufälle der Revolution. Diejenigen, welche (ield zu oinpfaugen haben, sehen ihr Vermögen zu Grunde gehen und murren wider (iesetze, welche die Öffentliche Moral untergraben. Ks ist Zeit, diem^m leidigen System ein Ende zu machen. **

*) Wochenblatt 1887, S. 461, 480, 525.

*) Ebendaselbst S. 461.

«) Ebendaselbst S. 454.

*) Ebendaselbst S. 460, 464, 480. Trotz dieser Nothlage wurd(;n für die in Aachen anwesenden Volksrepräscntanten zu Ende De/ember OUnse, Enten, Eier, Schafe, „Erdäpfel", Erbsen, Bohnen, Sauerkraut, llahuen, HlUiner, Speck und Zucker gefordert.

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Lichter, und aller Lebensbedürfnisse beraubt**, schrieben die Behörden der Kantone Aachen und Burtscheid dem Volks- repräsentanten Joubert * ; allen Ernstes dachte sogar die franzö- sische Armee an ihren Eückzug aus dem gänzlich erschöpften Lande *. Eine Verordnung Fröcines vom 8. Dezember schädigte mit roher Gewalt die Grundbesitzer auf das Empfindlichste^. Sehr viele Pachtbriefe früherer Jahre lauteten nämlich auf Lieferungen von Getreide. Fr6cine entschied, dass die Eigen- thümer statt dieses Getreides mit Assignaten abgefunden werden könnten, wobei sie den üblichen Preis des Getreides erhalten sollten. Hierdurch verloren die Grundbesitzer etwa ^/,o der Einnahme aus solchen Lieferungen. Denn die zum vollen Nennwerth ihnen aufgezwungenen Assignate entsprachen in Baar höchstens einem Fünftel des auf ihnen verzeichneten Betrags; anderseits stand trotz des Maximum-Gesetzes das Getreide in der Regel wohl doppelt so hoch, als die festgesetzte Taxe betrug.

Unter so traurigen Verhältnissen * verfielen die Republikaner auf den recht bald kläglich gescheiterten Versuch, einen Tempel der Vernunft in Aachen zu gründen^. Derselbe wurde am 20. Dezember feierlich eröffnet, wobei Portiez und Dorsch die Festredner waren. Portiez bat die Anwesenden, den auf uner- messlicher Hypothek beruhenden Assignaten ihren Werth zu geben, namentlich aber den Landmann über die Güte dieser republikanischen Münze aufzuklären. Nicht ganz mit Unrecht schob Portiez die herrschende Noth theilweise dem Widerwillen des Landmanns gegen die Assignate zu, weil derselbe lieber sein Getreide verberge oder es ungedroschen lasse ^, als dass er es gegen Assignate veräussere. Dorsch hatte die Stirne, von einer hauptsächlich auf der ärmern Klasse haftenden scheinbaren

») Ebendaselbst S. 464.

*) Ebendaselbst S. 454.

') Ebendaselbst S. 465 im Auszug; den Wortlaut enthält ein mir vor- liegendes Flugblatt.

*) Erwähnt sei noch, dass im Dezember 1794 die französische Republik die Aachener Stadtkasse mit Beschlag belegte. Zudem steUte sich damals heraus, dass Aachen bei den anhaltenden militärischen Einquartierungen über das Doppelte der gesetzlich zulässigen Höhe belastet gewesen war.

'') Näheres in der Zeitschrift des Aachener Geschichts Vereins VI, S. 227.

•) Heute noch weiss steUenweise in der Aachener Gegend die Üeber- lieferung zu berichten, dass vor 90—95 Jahren der Assignate und Requi- sitionen wegen viel Getreide verborgen wurde.

Aus der Zeit der Fremdherrscliaft. 85

Noth zu sprechen, welche auch er auf das geringe Ansehen der Assignate zurückführte. „Frankreich", so sagte Dorsch, „ist 1 4 000 Millionen ^ reich, es kann die Assignate täglich einlösen. So lange ihr nach dem Beispiel der Despoten einen Unterschied macht zwischen Assignaten und klingender Münze, seid ihr keine echten Freunde der Republik, aber Feinde eurer dürftigen, vom Ertrag ihrer Handarbeit sich nährenden Mitbürger.*' Eine ähnliche Rede hielt am 30. Dezember Simeon im Aachener Vernunfttempel. Er sprach von schändlichen Wucherern, welche an den Assignaten 500 600 °/o verdienen wollten; der Kurs der Assignate stand also weit unter 20 ^/o.

Während der Tempel der Vernunft in Aachen von so hohlen, zu tauben Ohren gesprochenen Redensarten wieder- hallte, war an entscheidender Stelle in Paris eine merkwürdige Wendung der Dinge eingetreten. Allerdings dachte man im Konvent noch kaum an die Beseitigung des Zwangskurses der Assignate, aber die Aufhebung des Gesetzes des Maximum und damit der bahnbrechende Schritt zu einer gerechtern Regelung des Umlaufs des Papiergelds hatte sich als eine unaufschiebbare Nothwendigkeit herausgestellt ^ Längst war nämlich das Maxi- raum an der Gewalt der Thatsachen gescheitert. Die Konvents- raitglieder selbst übertraten täglich dieses Gesetz, die Aufrecht- erhaltung des todten Buchstabens lähmte indess jeden Handel und jede gewerbliche Thätigkeit. Am 24. Dezember erklärte der Konvent alle Preistaxen für Waaren aller Art für aufge- hoben. Nunmehr lag es in der Hand der Verkäufer, den Unter- schied zwischen dem Nenn- und Kurswerth der Assignate durch die Forderung hoher Preise passend auszugleichen, damit aber war die Beseitigung des Zwangkurses des Papiergelds nur noch die Frage einer ziemlich nahen Zeit geworden. An den Verhältnissen in Aachen ging der Umschwung der Lage in Frankreich vorläufig ziemlich wirkungslos vorüber. Wohl wurde bei uns die Aufhebung des Maximum schon gegen Ende Dezember bekannt, aber bereits am 4. Januar 1795 verfügte der Volks- repräsentant, dass in den Ländern zwischen Maas und Rhein

') Diese Zahl wird anch in andern Bekanntmachungen der damaligen Zeit Tiel genannt.

*) Widerspruchslos hiess es im Konvent, das Maximum sei die Guillotine des Handels und habe den Ackerbau getödtet; bliebe es noch einige Monate bestehen, so würde die nächste Märzsaat in Frankreich unterbleiben.

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das Maximum bis auf Weiteres aufrecht erhalten bleiben sollte'. Die wilden Fremdlinge und herzlosen Blutsauger, wie Milz die damaligen Republikaner treffend nennt, hatten keine Eile, der Aachener Gegend Erleichterungen zu gewähren *, auch mag die Rücksicht auf die bedeutenden zwischen Maas und Rhein lagernden französischen Truppenmassen auf diesen Beschluss ein- gewirkt haben*.

Die Ereignisse des Januar 1795 waren für Aachen und seine Umgebung meist sehr unerfreulicher Art. Mehrere amtliche Bekannt- machungen reden von herrschender Hungersnoth und Elend, von den geringen vorhandenen Hülfsmitteln zur Linderung der Noth, von „in Elend verdorrten Herzen", von ungedroschen geblie- benen Früchten, von vielen unbebaut gelassenen Ländereien. Es war der Beginn eines Jahres, in welchem der Hungertod in unserer Heimath reiche Ernte hielt*. Trotz der überaus trüben Zeit bestanden indess die Republikaner auf Leistung der drückendsten Kriegssteuern und auf Anerkennung des Voll- werths der Assignate. In den ersten Tagen des Januar wurde bekannt gemacht, dass der Bezirk der Verwaltung zu Aachen mit einer Kriegssteuer von 5 Millionen Livres, zahlbar in metallenen Geldsorten, belegt worden sei^ Zum ersten Mal seit der zweiten Besetzung Aachens wird bei dieser Gelegenheit amtlich zugegeben, dass nicht nur bei der Zahlung von Kriegssteuem dieklingendeMünzederpapiemenvorzuziehen sei. Der Distriktsver- waltung von Aachen-Jülich war nämlich aufgegeben worden, die Last der 5 Millionen passend auf die einzelnen Ortschaften zu ver- theilen. In richtiger Erkenntniss der Unmöglichkeit, eine so unge- heuere Summe aufzubringen, versuchte diese Behörde ein seltsames Mittel. Sie stellte die Zwangsbeiträge der einzelnen Gemeinden

*) Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 279.

*) Auch schon ans Erbitterung, denn sehnsüchtig wünschte sich das alte Eburonenland die „Tyrannen'' und Zustände zurück, über deren Beseiti- gung die Republikaner so laut jubelten.

*) Man fürchtete wohl, dass bei Preissteigerungen die nur mit Assig- naten besoldete Armee ausser Stande sein werde, sich die nothwendigen Lebensbedürfnisse zu beschafifen. Trotzdem stand seit Ende 1794 das Maximum bei uns auf der Aussterbeliste; nach Neujahr 1795 sind nur in sehr verein- zelten FäUen Zwangspreise von Lebensmitteln verfügt worden.

*) Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VI, S. 233.

*) Aachener Zuschauer 1795, Nr. 3, S. 23. Diese unerschwingliche Steuer wurde später gemindert; vgl. unten S. 89.

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fest, bat aber gleichzeitig unter Hinweis auf die trostlose Lage die Besitzer Ton baarem Geld oder von goldenen und silbernen Gtefässen um leihweise Ueberlassung bezw. Genehmigung der Einschmelzung zu Gunsten der Deckung der Kriegssteuer. Feier- lich versprach sie dabei, später das Kapital nebst den Zinsen in baaren klingenden Münzen zu erstattend Ohne Zweifel blieb der Aufruf ohne jeden Erfolg. Welches Vertrauen ver- dienten Versprechungen, nachdem so manche Bestimmungen über das Maximum und das Papiergeld noch so verbriefte Rechte des EinzeUien rücksichtslos beseitigt hatten P Zudem wurden gerade damals, vielleicht in richtiger Ahnung der bevorstehenden Aender- ungen und gleichsam als letzter Versuch nochmals alle Hebel zur Verdrängung des Baargelds ins Werk gesetzt. Ein Beschluss der Centralverwaltung vom 8. Januar * untersagte die Aufnahme von Bestimmungen über Zahlungen in Metallmünzen bei Verträgen aufs Schärfste. Solche Verträge waren nicht nur ganz ungültig, sondern es fiel sogar der Werthgegenstand des Vertrags der Kasse der Bepublik anheim. Nicht einmal in Quittungen durfte die Art des zur Zahlung verwendeten Gelds genannt sein; bei Zuwiderhand- lungen erfolgte Bestrafung durch das ßevolutionsgericht wegen „Verkleinerung der republikanischen Münze". Weit überboten wurde aber alles Frühere durch einen Aufruft der Volksrepräsen- tanten an die Einwohner Belgiens und der übrigen eroberten Länder vom 6. Januar 1795, welchen die Behörden drei Wochen später zur Kenntniss der Aachener Bürger brachten. „Ihr müsst**, so heisst es in diesem Machwerk, „eurer klingenden Münze entsagen und sie in den Nationalschmelztiegel bringen *.

') Wochenblatt 1837, S. 577. Der theilweise aas Einheimischen gebil- deten Distriktsverwaltung mag ihr Versprechen ernst gemeint gewesen sein, aber die Möglichkeit der Erfüllung hing von höherer, wenig yertrauenswür- diger Stelle ab.

«) Wochenblatt 1837, S. 563 und 556.

') Aachener Zuschauer 1795, Nr. 13 und 14.

*) Schon im November und Dezember 1794 hatten die Republikaner den, wie der erneute Aufruf vom 6. Januar 1795 beweist, fruchtlosen Ver- such gemacht, die Belgier zur Umwechslung ihrer Metallmttnze gegen Assig- nate zu bewegen. Eigene Kassen waren errichtet worden, deren Beamte freiwillig gebrachtes Baargeld gegen Assignate umtauschen und als Belohnung die Namen der Darbringer durch den Druck bekannt machen sollten (Bor- mann-Daniels a. a. 0. VI, S. 21 und 274). Solche Kassen wurden auch in der Aachener Gegend gegründet, ohne dass sie die mindeste Beach- tnng gefiinden hätten.

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Nehmt nur republikanische Münze an, sichert ihren Kredit und brandschatzt die Reichen, welche sich von der Arbeit des Volks gemästet haben M" In Anschluss an diesen Aufruf erging in Aachen das Verbot, mit baarem Gelde zu kaufen*; es war so ziemlich der letzte, erfolglos aufgespielte Trumpf zur Durchführung der Alleinherrschaft des Papiergelds. ^

Eine von Simeon am 30. Januar gehaltene Rede^ beweist, dass damals bei Baarzahlungen gegen alle Bestimmungen die Assignate oft zu einem Achtel des Nennwerths berechnet wurden. Dass trotzdem der Redner ein recht baldiges Steigen bis zur völligen Gleichberechtigung mit Metallmün^en in sichere Aus- sicht stellte, darf nicht Wunder nehmen.

Volle vier Monate hindurch hatten die bitterste Noth*, unerschwingliche Kriegssteuern, der Druck des Maximum und der Assignate und dabei die Nachtheile einer mangelliaften Handelsverbindung mit Frankreich auf der unglücklichen Bevölkerung zwischen Maas und Rhein gelastet, ehe im Februar 1795 eine Erleichterung eintrat. Die Verhältnisse waren unhalt- bar geworden. Der Versuch, die eroberten Gebiete in den wich- tigsten Lebensfragen nach andern Gesetzen zu regieren als nach den in Frankreich selbst gültigen, hatte sich als unaus- führbar und den Interessen der Republik höchst nachtheilig herausgestellt. Der Wohlfahrtsausschuss in Paris erliess deshalb für Belgien und unsere Heimath am 10. Februar 1795 einen

*) Der Widerstand, welchen die besitzende Klasse dem Papiergeld entgegensetzte, bot den Eepublikanem einen willkommenen Anlass, die Arbeiter gegen die Reichen, entsprechend dem Geiste der Staatsomwälznng, aufzuhetzen. Bei uns fielen diese Hetzereien schon deshalb auf unfrucht- bares Erdreich, weil die Freiheitshelden den Arbeitern zwar goldene Berge versprachen, ihnen thatsächlich aber weit mehr Brod nahmen als gaben.

>) Wochenblatt 1838, S. 27.

') Aachener Zuschauer 1795, Nr. 15, S. 118 f.

*) Auf eine eingehendere Schilderung der damals herrschenden Noth, welche in etwas minderm Maße noch Jahre lang anhielt, muss hier verzichtet werden. Erwähnt sei nur, dass im Februar und März 1795 die Franzosen trotz aller erhaltenen Lieferungen wiederholt erklärten, dass sie, falls nicht besser für die Armee gesorgt werde, die Soldaten von Plünderungen nicht abhalten könnten. Femer drohten sie mit der Grefangennahme aller einheimischen Beamten; Geiseln zur Sicherstcllung der Kriegsleistungen hatten sich die Freiheitshclden längst stellen lassen, auch waren über Land gesandte kleinere Abtheilungen von Soldaten angewiesen, zwangsweise die ausgeschriebenen Mengen von Getreide einzutreiben.

Ans der Zeit der Fremdherrschaft. 89

sehr wichtigen Beschlüsse, nach welchem das Revolutions- tribunal und die Obhutsausschüsse sofort* ihre Thätigkeit ein- zustellen hatten, das Gesetz des Maximum aufgehoben wurde und die Kriegssteuer zur Hälfte in Assignaten gezahlt werden konnte ^. Der Jubel über diese Verfügung, welche die sofortige Niederschlagung aller wegen Uebertretungen der Vorschriften über das Maximum anhängigen Prozesse und erkannten Strafen zur Folge hatte ^, war bei uns um so grösser, als fast gleich- zeitig der Volksrepräsentant Gillet die am 25. Dezember 1794 auferlegte ungeheuere Kriegssteuer von 5 Millionen auf etwa ein Drittel dieser Summe ermässigte^ An den Bestimmungen über den Zwangskurs der Assignate war freilich vorläufig nichts geändert worden, deutlich genug zeigte aber die Auf- hebung der als Wächter über das Assignatenwesen eingesetzten Gerichtshöfe ^, dass für die Behörden der Zwangskurs ein ziem- lich überwundener Standpunkt war und dass durchgreifende Aenderungen nahe bevorstanden. Wäre es möglich gewesen, die Assignate auf der Höhe ihres Nennwerths zwangsweise zu halten, nachdem die Zwangspreise für Waaren und Lebensmittel ^ auch schon des Wuchers® wegen hatten beseitigt werden müssen? Allem Anschein nach haben die französischen Behörden seit Ende Januar 1795 auf jede Anstrengung zur Hebung der

») Wochenblatt 1838, S. 73.

*) Diese Behörden hatten am 19. Februar ihre Akten abzuliefern.

^ Drei andere Bestimmungen der Verfügung setzten fest, dass die wegen verzögerter Leistung der Kriegssteuer verhängten Geldstrafen erlassen und die eingezogenen Geiseln in Freiheit gesetzt wurden; auch soUten bezüglich der Kriegsleistungen und des Handelsverkehrs mit Frankreich grosse Erleich- terungen eintreten (Aachener Zuschauer 1795, Nr. 22, S. 173).

*) Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 281, Anm. 1.

*) Aachener Zuschauer 1795, Nr. 22, S. 174; vgl. oben S. 86, Anm. 5. Zu dieser Ermässigung lagen allerdings die triftigsten Gründe vor, denn trotz der schärfsten Zwangsraaßregeln wäre in dem aufs Aeusserste ausgesogenen Bezirk die Beitreibung der ganzen Summe unmöglich gewesen.

*) Während mehrmonatlicher Thätigkeit hatten diese Gerichtshöfe in ganz Belgien nur einige Assignatenfälscher zu bestrafen gehabt (Aachener Zuschauer 1795, Nr. 28, S. 219).

^ Auch nach der Aufhebung des Maximum wurden häufig die Frucht- preise XL s. w. amtlich bekannt gemacht. Dabei handelte es sich aber nicht um Zwangspreise, sondern um die Angabe des mittlem Marktpreises.

') „Das Maximum diente nur zur Begünstigung der Wucherer", sagt eine amtliche Bekanntmachung der Centralvcrwaltung zu Aachen vom 20. Februar 1795,

90 E. Pauls

in unaufhaltsamem Niedergang begriffenen Assignate bei uns ver- zichtet. Einmal noch sang damals eine merkwürdige Persönlichkeit, der ehemalige Klosterbruder Biergans*, in einer beim Bürger- fest in Düren gehaltenen Rede* das Lob der Assignate. Nach einem Hinweis auf „die holde Göttin der Vernunft, welche ihm früher schon im öden Klosterkerker in stillen Mitternächten geleuchtet**, bat der Redner schliesslich seine Zuhörer, Gold imd Silber der Republik zum Opfer zu bringen, das Papiergeld dagegen willig anzunehmen. Es war verlorene Liebesmühe!

Ein Umschwung lässt sich für die Monate Februar, März und April 1795 unschwer nachweisen. In Holland, welches im Januar 1795 in die Hände der Republikaner fiel, hatten die Assignate keinen Zwangskurs erhalten. Dieser dem Nachbarstaat bewilligte Vortheil musste in der Aachener Gegend einen guten Eindruck machen, namentlich da auch bei uns schon im Februar eine Ausnahme nothwendig wurde. Mitunter war es nämlich vor- gekommen, dass nach dem gegen Zahlung von Metallgeld erfolgten Verkauf von Gütern die Verkäufer ein gesetzlich begründetes Rückkaufsrecht ^ zur Geltung brachten und dem Käufer die von ihm in Baar gezahlte Summe in nach dem Nennwerth berechneten Assignaten ersetzten. Hierdurch verlor der Käufer mindestens */io des Ankaufsgelds; der Volksrepräseutant Gillet machte diesem offenbaren Betrug dadurch ein Ende, dass er die Rück- erstattung der Kaufsumme in Baar befahl*.

Als am 28. Februar das Fest der Eroberung Hollands in Aachen gefeiert wurde, erklärten beide Festredner, dass die französische Regierung 3 Millionen in klingender Münze zum Ankauf holländischen Getreides angewiesen habe, und dass dürf- tige Mitbürger ihren Getreidebedarf gegen Zahlung in Assignaten erhalten könnten *. Wahrscheinlich wäre also bei Ankäufen, welche

*) Vgl. Zeitschrift des Aachener GeschichtsTereins in, S. 184.

») Aachener Zuschauer 1795, Nr. 30, S. 236 if.

') Das sog. Retraktrecht, welches frilhcr bei uns, namentlich wenn vor- mundschaftliche Verhältnisse in Betracht kamen, Beschüddungsrecht genannt wurde.

*) Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 282; Aachener Zuschauer 1795, Nr. 25, S. 199.

*) Aachener Zuschauer 1795, Nr. 26, S. 205 ff. Hier lag wohl nur ein leeres Versprechen vor. Qu ix (Wochenblatt 1838, S. 89 und 85) bestätigt, dass die Franzosen das aus HoUand versprochene Getreide nicht herbeischafften,

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 91

wohlhabende Bürger machten, die Baarzahlung zulässig oder gar erforderlich gewesen. Dass der Unterschied zwischen Baar- geld und Papiergeld, entgegen den bestehenden strengen Be- stimmungen, seit Ende Februar anerkannt oder zuweilen geduldet wurde, beweisen mehrere Zeitungsanzeigen ^ So wird in zwei amtlichen Bekanntmachungen * über Schuhlieferungen imd Holzverkäufe vom 2. und 4. April 1795 die baare Zahlung vor- geschrieben, und in einer Anzeige über Galmei heisst es, dass die angegebenen Preise sich auf Zahlungen in Assignaten bezögen *. Ein paar Monate vorher hätten solche Anzeigen das Revolutions- tribunal in Thätigkeit versetzt.

Am 25. April 1795 beseitigte der Konvent im Wesentlichen den Zwangskurs der Assignate durch die wichtige Bestimmung, dass die Regierung ihre Zahlungen in nach dem Kurs be- rechneten Assignaten leisten könne*. Damit war allen Ver- suchen, den Assignaten im geschäftlichen Verkehr zwangsweise einen höhern Werth als den Kurswerth beizulegen, der Boden entzogen. In unsern Gegenden wurde das Gesetz vom 25. April nicht veröffentlicht; es war den Republikanern gar zu unbequem. Zunächst versuchten sie nochmals, kurz vor Thoresschluss mög- lichst viel Baargeld gegen Assignate auszutauschen. Ein scharfer Erlass v(jm 29. April * beklagt die Nichtbeachtung der Bestim- mungen vom 14. November 1794 über die Baarzahlungen aus öffentlichen Kassen. Alle Einnehmer werden streng angewiesen, Baargeld nicht mehr zu verausgaben und bereits verausgabtes thunlichst wieder einzuziehen. Und noch am 13. Mai erliessen die Volksrepräsentanten für das der Aachener Gegend benach- barte belgische Gebiet eine »Verfügung^, dass immer noch die Assignate die einzige Münze der Republik seien. Metallmünzen wären als Zahlungsmittel gesetzlich nicht zulässig. Etwa zur

dass aber die Aachener Mnnizipalität für 6000 Beichsthaler hoUändisches Getreide kaufte.

') Dazu gehören nicht die zahlreichen, schon seit November vorkommenden Anzeigen, in welchen zur Deckung der in klingender Münze zahlbaren Kriegs- steuer Güter gegen Baarzahlung zum Verkauf angeboten wurden.

») Aachener Zuschauer 1795, S. 328 und 344.

') Ebendaselbst S. 352.

*) Bormann-Daniels a. a 0. III, S. 58.

*) Ebendaselbst VI, S. 297.

•) Ebendaselbst VI, S. 55.

92 E. Pauls

Zeit dieser Bestimmungen stand sowohl in Paris als in Aachen ^ bei Zahlungen in Papiergeld ein Sack Mehl 2000 Livres, ein Pfund Zucker 400 Livres, ein Pfund Seife 230 Livres s. w. Den Gnadenstoss erhielten die auf Assignate bezüglichen Zwangsmaßregeln gegen Ende Mai 1795. Am 28. Mai ent- schieden die Volksrepräsentanten Giroust und Lefevre, dass bei allen vor dem zweiten Einzug der Republikaner im J. 1794 geschlossenen Verträgen nur mit denjenigen Münzen zu rechnen sei, welche zur Zeit des Abschlusses des Vertrags Kurs hatten \ In ähnlichem Sinne erging kaum eine Woche später eine Ver- fügung * des Wohlfahrtsausschusses zu Paris füi- das Gebiet der eroberten Länder, doch stand es nach derselben den Schuldnern frei, auch in Assignaten zu zahlen, wobei der Amsterdamer Kurs zu Grunde gelegt werden musste. Grosse und gerechte Entrüstung rief dagegen im Juni 1795 der Volksrepräsentant Peres in der Aachener Gegend hervor. Peres belegte das gänz- lich verarmte Gebiet zwischen Maas und Rhein rücksichtslos mit einer Kriegssteuer von 30 Millionen Livres \ und behauptete, dass bei uns in Folge der übertriebenen Preise eine ungeheuere Menge von Assignaten verbreitet und deren Werth in wucherischster Weise herabgedrückt worden sei. Gereizt erwiderte die Central- verwaltung zu Aachen^, „dass allerdings die Truppen der Republik nichts gebracht hätten, als ein Papier, dessen Kredit nicht aufrecht erhalten werden könne ^ Die meisten Lieferungen für die Armee seien bis jetzt nicht bezahlt worden, das Sinken des Assignatenwerths dürfe zum grossen Theil auf den für

*) Aachener Zuschauer 1795, Nr. 57, S. 455; Haagen, Geschichte Achens II, S. 425.

*) Aachener Zuschauer 1795, Nr. 71, S. 571. Wenige Tage früher war im Aachener Zuschauer (S. 495) darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Gewohnheit, Assignate durch Abschneiden kleiner Theile für die Brief- taschen passend zu machen, die Ungültigkeitserklärung herbeiführen könne.

») Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 306.

*) Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 307 ff.

') Ebendaselbst VI, S. 308 ff. Die Antwort der Centralverwaltung ist von Bedeutung für die Geschichte der damaligen Zeit. Die Peressche Kon- tribution forderte mehr Geld, als im ganzen Gebiet zwischen Maas und Rhein in Umlauf war.

*) Der interessante Wortlaut dieser bittern Wahrheit ist: Les troupes des coalis^s n'ayant laissö chez nous que des traces de devastations, et les troupes de la B6publique n'y ayant apport6 qu'un papier, dont on ne peut pas soutenir le credit.

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 93

Aachens . Fabriken nothwendigen Verkehr mit dem Ausland zurückgeführt werden; in der Aachener Gegend, wo man der Bevölkerung zwangsweise die Assignate zum vollen Nennwerth aufgedrängt habe, hätte sicher Jedermanns Interesse es erheischt, den Werth des Papiergelds auf der Höhe zu halten/ Die Beschwerde hatte Erfolg, denn die Kriegssteuer wiu-de ermässigt.

Am 10. Juli befahl der Volksrepräsentant die Einstellung aller bezüglich älterer Forderungen anhängigen Prozesse, bei welchen der Schuldner das Kecht der Zahlung in Assignaten zum Nennwerth geltend gemacht hattet Auch am 20. Juli wurde es ausdrücklich nochmals als Rechtsgrundsatz anerkannt *, dass die vor 1794 abgeschlossenen Verträge so behandelt werden müssten, als ob die Eroberung des Landes nicht stattgefunden hätte; falls der Schuldner in Assignaten zahle, sei deren Kurs werth maßgebend.

Alle diese Bestinunungen suchten früheres Unrecht theil- weise gut zu machen und die den Handel durchaus brach legende Furcht vor den Assignaten zu beseitigen. Thatsächlich scheinen bei uns seit Juni 1795 alle Befürchtungen geschwunden zu sein und die Schreckenszeit des Papiergelds als abgelaufen gegolten zu haben. In den damaligen Zeitungsanzeigen ist fast nur von Metallgeld die Rede, doch findet sich regelmässig der Assig- natenkurs der Amsterdamer Börse verzeichnet. Von Ende Juli ab erhielt jeder Soldat der französischen Armee bei der Löhnung wieder etwas Metallgeld und ungestraft durfte der Aachener Zuschauer seinen Lesern über die oft stürmischen Verhandlungen berichten, welche sich im Konvent wiederholt an die Frage der Beseitigung des Papiergelds knüpften. Die öffentliche Ver- brennung der Assignatenpresse zu Paris im Februar 1796 liess die Aachener Bevölkerung so kalt wie die Pariser; für so Manchen kam sie viel zu spät.

Endgültig entwerthet wurden die Assignate erst im J. 1797. Auch nach der Zerstörung der Assignatenpresse verzichtete näm- lich die französische Regierung trotz aller gemachten Erfahrungen immer noch nicht auf jede Ausgabe von Papiergeld. Schon im März 1796 setzte sie sogenannte Territorialmandate ^ in Umlauf,

*) Bormann-Daniels a. a. 0. VI, S. 322. ^ Ebendaselbst VI, S. 325.

') Bormann-Daniels a. a. 0. III, S. 335; von Sybel, Geschichte der Revolutionszeit von 1789—1800, 2. Aufl. IV, S. 96 ff. und 448.

94 E. Pauls

deren Inhaber beim Ankauf von Nationalgtitern grosse Vortheile hatten. Für dieses Papiergeld bestand ebenfalls, aber in viel milderer Form als seiner Zeit für die Assignate, ein gewisser Zwangskurs; Assignate konnten zu einem Dreissigstel ihres Nennwerths gegen Mandate umgetauscht werden. Weil die Mandate auf einem scheinbar guten Unterpfand beruhten, hoflften die Republikaner sie auf der Höhe des Nennwerths zu erhalten. Es sollte ganz anders kommen. Unmittelbar nach ihrem Er- scheinen sanken die Mandate auf 10*^/o^; wenige Monate genüg- ten, sie auf 5*^/o und weniger* fallen zu lassen. Ihr Zwangs- kurs wurde schon im Juli 1796, dann nochmals ausdrücklich im Februar 1797 aufgehoben und damit schwanden sie gänzlich aus dem Verkehr^. Nach von Sybel haben sie Frankreich während der 10 Monate ihres Bestehens um 2400 Millionen Franks geschädigt; auf die Mandate folgte die Rückkehr zur gesunden wirthschaftlichen Grundlage des Metallgelds*.

Diese Thatsachen erklären es, weshalb so viele Assignate, von denen Hunderte heutzutage noch als werthlose Papierfetzen aufbewahrt werden, niemals versilbert worden sind. Die Inhaber sehr grosser Summen in Assignaten werden ihren Besitz stets zu verwerthen gewusst haben, und selbst kleinere Beträge mögen, so lange der Kurs nicht unter 5 2^Iq fiel, nur selten allzu- lange aufbewahrt worden sein. Welchem Werth aber entsprachen einige Tausend Franks* in Assignaten, nachdem der Kurs auf V* Vs^^/o gesunken war, oder welchen Nutzen hätte der Umtausch gegen die so geringwerthigen Mandate gehabt? Die Umwechslung lohnte nicht der Mühe und des Portos, namentlich

^) Dies deshalb, weil die Assignate zu Va ^/o standen and die Mandate den dreissigfachen Werth hatten. Absicht der Regierung war es gewesen, dass Nenn werth und Kurs der Mandate = 100, Kurs der Assignate = '•*/,o = SVs werden soUten. Die Bevölkerung machte also, des Papiergelds überdrüssig, den umgekehrten Schluss.

*) Damit sanken die Assignate auf V«®/© ^^^ weniger.

*) von Sybel a. a. 0. IV, S. 448. Auch zu den Mandaten hatte die Bevölkerung nie Vertrauen. Die geächteten Mandate strömten nach Paris zusammen, während die Hauptstadt den lebhaftesten Wunsch hatte, die gefährlichen Scheine den Provinzen zurückzuschieben.

*) MetaUgeld war jetzt in Frankreich so gesucht, dass sein Zinsfuss auf 50—70 (!) Prozent stand. Vgl. von Sybel a. a. 0. IV, S. 451.

*) Mehr wird man sehr selten an einer SteUe finden. Sehr vereinzelt wurde im J. 1871 vorgeschlagen, Frankreich gelegentlich des Friedensschlusses zur Einlösung der in Deutschland noch vorhandenen Assignate anzuhalten.

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 95

da wegen der zahlreich vorhandenen falschen Assignate die Grefahr unangenehmer Weiterungen ziemlich nahe lag.

Grosse Schwierigkeiten machte in Frankreich nach dem Untergang des Papiergelds die Umrechnung von Beträgen, welche auf Assignate oder Mandate lauteten und deren Zahlung unter dem Druck des Zwangskorses des Papiergelds vereinbart worden war. In unserer Heimath, wo Jeder den Assignaten und Man- daten nach Möglichkeit aus dem Wege ging, sind während des Winters 1794/95 und später wohl nur wenige solcher Verein- barungen getroffen worden. Das Gesetz vom 23. Juni 1797 entschied*, dass für die Umrechnung der Kurswerth, wie er zur Zeit des Abschlusses des Vertrags bestand, maßgebend nein sollte. Zur Ermittlung dieses Kurswerths dienten ausfUhrUcho, dem Gesetz beigefügte Tabellen. Nach 1797 schwelgt die Geschichte der Fremdherrschaft über Assignate und Mandate fast vollständig; man mag nur ungern die Erinnerung an Un- gerechtigkeit und Elend aufgeMscht haben. Einmal freilich es ist aber erst 40 Jahre nach dem Tode des grossen Cäsar« znr Kenntniss Europas gekommen und während der letzten Zeiten des ersten französischen Kaiserreichs auf unsere Gegend ohne jeden Einfluss geblieben erröthete selbst Napoleon I. nicht, zur Durchführung seiner Pläne in verwerflicher Weise auf die Geschichte der Assignate zurückzukommen. Weil nämhch Ende des 18. Jahrhunderts von auswärts zahllose falsche Ahh g- nate nach Frankreich eingeführt worden waren, hielt Napoleon hwii

für berechtigt, falsche Papierrubel in Paris »«^^■^^Sr^MtÄuI und sie im J. 1812 mit nach Russland zu nehmen. Ihicr« m/hi.ii, dies, ohne ein Wort der Rüge hinzuzufügen«. ^^

In der UeberUeferung und in der Sage i»v an die Assignate« bei uns lebendig g«^«^^""\,„!l''l ,:/ drei Menschenalter hindurch auf sicherer Gru.,dlli^y-'"^^^ seits sorgfältig geführte Regelung der Ausgab« J ^' ' "' ^^ ;' hat in den rheiidschen Gegenden und namentIkJ» v... ,'. ..^r^t

Mit Recht fand dieser Vorschlag kerne Beacn«'«»«. solcher Assignate sind nicht festzustellen.

') Bormann-Daniels a. a. 0. IH» ^' ' ^^^^^ , ,^ /,- r v*>

«) Thiers, Geschichte des Konsulati» un i Üebersetzung von F. Bülau XIY, S. 249. ^ ^ ^ i,x-^*.*^

•) Nicht an die ihnen folgenden ^r^^ ' Gegend kaum bekannt gewesen zu sein nvhf'****^

96 E. Pauls

Heimath die Furcht vor einer Entwerthung der „Kassenscheine*' nicht vollständig zu bannen vermocht. Zum grossen Theil ver- danken wir dies dem Vertrauensmissbrauch, dessen sich vor etwa 95 Jahren die Republikaner mit den Assignaten schuldig gemacht haben. Wohl in der Erinnerung an so manche Erzählung über Assignate, welche vom Grossvater oder Urgrossvater herstammt, zieht mitten im Frieden heute noch der schlichte Landmann die Metallmünze der papiernen weit vor; bei Kriegszeiten aber, namentlich war dies im J. 1866 der FalH, tritt vielfach eine geradezu fieberhafte Ueberstürzung zum Umtausch des Papier- gelds gegen klingende Münze zu Tage.

Auch bezüglich der Assignate paaren, wie es in ihrem Wesen liegt, Sage und Ueberlieferung die Wahrheit mit der Dichtimg. Es heisst, dass zur „französischen** Zeit auf die Verweigerung der Annahme von Assignaten im Handel die Todesstrafe stand, dass zahllose Familien durch das Papiergeld verarmt seien und dass dessen Herrschaft Jahre hindurch gewährt habe. Auf die Haltlosigkeit der ersten Angabe hat man schon vor 50 Jahren hingewiesen, und thatsächlich wird in keiner der vielen Verfügungen über Assignate deren Nicht- annahme mit dem Tod bedroht. Ferner mag es sein, dass manche Familien durch das Assignatenwesen verarmt sind, doch darf deren Zahl nicht zu hoch angeschlagen werden. Allerdings wurden in Frankreich nach oberflächlicher Schätzung nicht weniger als 200000 Familien durch die Assignate ins Elend gestürzt, dort lagen aber die Verhältnisse ganz anders als bei uns. Dort dauerte die Zwangsherrschaft des Papier- gelds einige Jahre, hier nur einige Monate; dort wachten, besonders während der Schreckenszeit unter Robespierre, 500 000 Aufpasser auf jede Uebertretung des Maximum und der Vor- schriften über den Assignatenumlauf, zwischen Maas und Rhein dagegen gab es 500 000 Uebertreter und nur wenige Aufpasser.

*) Etwas besser war es in Folge der öftern Aufklärung durch die Zeitungs- presse im J. 1870. Damals aber ohne Zweifel war neben dem Andenken an die Assignate auch Erbitterung mit im Spiel verweigerten vielfach die Einwohner der von den Deutschen besetzten französischen Landestheile die Annahme des deutschen Papiergelds. Die Drohung „nichts zu geben** wirkte; sie war berechtigt, da der Umtausch den Franzosen keinen Schaden bringen konnte und das in Frankreich Gekaufte sehr augemessen bezahlt wurde.

Aus der Zeit der Fremdherrschaft. 97

In aller Strenge konnte weder das Maximum* noch der Asaig- naten-Zwangskurs bei uns durchgeführt werden, denn zu ein- raüthig wehrte sich die ungeheuere Mehrheit der Bevölkerung gegen die ungerechten Gesetze. Ein grosses Glück für unsere Vorfahren war es, dass erst im Herbst 1794, nicht 1 Vj^ Jahre früher, die französischen Heere die Aachener Gegend besetzten, denn die durch die Assignate hervorgerufenen Verluste wären sonst wohl zehnfach grösser geworden. Die Verarmung mancher Familien znr Zeit des Beginns der Fremdherrschaft ist meist weniger den Assignaten, als den sonstigen furchtbaren Kriegs- lasten und dem gänzlichen Stocken des Handels zuzuschreiben. Wenn endlich die Sage die Assignatennoth bei uns Jahre lang währen lässt, so verwechselt sie Aachen mit Frankreich, wie vorstehend wiederholt ausgeführt ist.

Es verdient noch erwähnt zu werden, dass auch in den heimischen Dichtungen der Assignate nicht vergessen ist. Dem Dtirener Arzt Mögling* verdankt die Nachwelt folgenden gelungenen Scherz:

An die französischen Assignate.

Aus Lumpen ward ich einst gemacht. Von Lumpen an den Rhein gebracht, Aus Lumpen machten Lumpen mich Und Mancher ward ein Lump durch mich.

Ein ähnliches kleines Gedicht ist im Aachener Museum den dort unter Glas und Rahmen zur Schau ausgestellten Assignaten beigefugt; als Lumpen- oder Hoddelngeld hat allerdings der Volkswitz die Assignate oft genug bezeichnet. Doch viel leicüt noch treffender heisst es in einer Flugschrift« aus dem^Ende des vorigen Jahrhunderts: „Assignats, mandats «^ J bo^^^^^ französische Dukaten, bei denen man nur 95 an lüu verliert.

0 Vgl. die manches Wahre enthaltende 3. Anmerkung Daniels a. a. 0. III, S. 216. Prosaisten II, S. 479 und 484.

») H. Freimut h, Aachens Dichter ^^ . ^ache, Paris 1799, 20 S.

^) Wörterhuch der französischen ^^''J^''^ Erschienen zu sein. Diese Flugschrift scheint in unsem ^'^^^"^^^j^ykanische Kassen; sie wurden

*) Bons waren Geldanweisungen auf r^P^^^^^ ausgestellt, aher oft gar gewöhnlich nach der Leistung von Kriegsu ^^ahlt. nicht, oft nur mit fast werthlosen Assi^**

ann-

Beiträge zur beschichte der &rafeii von Jülich.

Von W. Graf von Mirbach.

Vorbemerkung.

Graf Wilhelm von Mirbach-Harff, gestorben auf Schloss HarfiF am 19. Juni 1882, gehörte zu den Begründern des Aachener Geschichtsvereins und bereicherte dessen Zeitschrift durch eine Reihe gediegener Beiträge. Seiner gemeinnützigen und wissenschaftlichen Thätigkeit hat der damalige Präsident des Vereins, A. von Reumont, in der Generalversammlung vom 4. September 1882 warme Worte gerechter Anerkennung gespen- det ^ Als die Aufgabe seines fast ausschliesslich dem Studium der rheinischen Geschichte gewidmeten, zu früh vollendeten Lebens betrachtete Graf Mirbach eine genaue Darstellung der Geschichte der Grafen von Jülich. Jahre lang hat er den Stoff zu einem solchen Werk gesammelt, die bereits bekannten Quellen durch emsige archivalische Forschung zu mehren gesucht. Alle Arbeiten, die er veröffentlichte, sind im Zusammenhang mit dieser Aufgabe gedacht und entstanden. Das Werk zu voll- bringen, ist ihm nicht beschieden gewesen. Nur ein vielfach umgearbeiteter und verbesserter Entwurf hat sich in seinem Nachlass gefunden, neben diesem eine grössere Zahl von Abhandlungen aus der Geschichte der Jülicher Grafen im 13. und 14. Jahrhundert, welche als Ausarbeitungen einzelner Theile des beabsichtigten Buches angesehen werden können. Auch ihnen fehlt jedoch, ausser dem Innern Zusammenhang, wie eine genauere Prüfung bald ergab, die abschliessende Redaktion und somit die endgültige Gestalt, denn an zahlreichen Stellen wird auf früher Gesagtes, aber nicht Vorhandenes Bezug genommen, für Namen von Personen und Oertlichkeiten, wie fllr

*) Vgl. Zeitschrift dea Aachener Geschichtsvereins IV, S. 365.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 99

Zeitangaben ist nicht selten, für nachzutragende Beweisstellen sogar sehr häufig Raum gelassen, der nicht ausgefüllt wurde. Von dem berechtigten Wunsche geleitet, diese immerhin doch der Vollendung nahe gekommenen Ergebnisse gewissenhafter Forschung nicht der Vergessenheit anheimfallen zu sehen, stellte der Bruder und Rechtsnachfolger des Verfassers, Graf Ernst von Mlrbach-HarfiF, dessen literarischen Nachlass dem Aachener Geschichtsverein zur Verfügung. Der Verein hat in dankbarer Anerkennung der Verdienste, die der Verstorbene sich um die Geschichte seines Gebiets erworben, und in gerechter Würdigung der Vorzüge der hinterlassenen Arbeiten deren Veröffentlichung gern übernommen. Ermöglicht wurde der Abdruck freilich nur durch das grosse Entgegenkommen des Herrn Stadtarchivar Richard Pick, der sich bereitwilligst der schweren und müh- samen Aufgabe unterzogen hat, die zu der jetzt leider noth- wendig gewordenen Art der Veröffentlichung in getrennten Stücken nicht bestimmten, vielmehr als Abschnitte eines um- fassenden Werkes angelegten Abhandlungen abzurunden und abzuschliessen, eine passende Reihenfolge herzustellen, die Ver- weisungen auf nicht Vorhandenes auszumerzen oder durch Kin- schiebungen zu ersetzen, die oben näher bezeichneten Lücken auszufüllen. Dank seiner selbstlosen Thätigkeit ist es möglich, eine Reihe von etwa zwanzig Abhandlungen verschiedenen Um- fangs als Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich in diesem Bande und den nächsten Bänden der Zeitschrift zu veröffentlichen und die Früchte der langjährigen Arbeit eines fleissigen, sachkundigen und sorgfältigen Forschers zum Gemem- gut zu machen.

Durch einen tüchtigen und gewandten ^^'^^''^^^'^j^^^^ Name zu ermitteln noch nicht gelungen ist, hat Gra i von Mirbach über ein Dutzend älterer JüUchscher ^^^«^ J^^^ zwei Denkmäler, die auf Angehörige des Jülichschen Geschlecu^ Bezug haben, nach den Originalen für die Wied^ga^^^ dar h den Holzschnitt abbilden lassen. Die für den Sclmtt tutig gestellten Holzstöcke haben sich im Nachlass gefun^^^^^ Au< i diese schönen Arbeiten sind dem Verein mit dank.a.w.MJai Freigebigkeit durch Graf Ernst von Mirbadi ^ui \uiu,.u, gestellt worden. Die der vierten AbhandlunK U.k^.-.m Abbildung gibt eine Vorstellung von ihrem .a.l.i.:!., .m künstlerischen Werth. Der Verein hofft, w.inK^U .. ..... n..'

*♦

100 W. Graf von Mirbach

der übrigen Zeichnungen den später zu veröffentlichenden Ab- handlungen beigeben zu können. u. Loersch,

I. Wilhelm IV. von Jülich als Wohlthäter von Kirchen

und Klöstern.

Nach dem Tode des Grafen Wilhelm III. von Jülich, welcher zu Anfang des Jahres 1219 ^ der im Kreuzheer ausgebrochenen Seuche fem der Heimath, in Egypten, erlag, gelangte sein minderjähriger Sohn Wilhelm IV., zunächst unter der Vormund- schaft seiner mütterlichen Verwandten, zur Regierung. Zeigt uns die Geschichte diesen letztem während seiner langen Herr- schaft (er regierte bis zum Jahre 1278) als einen mächtigen Parteigänger und tapfem Krieger, der besonders in Kämpfen mit der Geistlichkeit fast sein ganzes Leben zubrachte, so sehen wir ihn doch auch vielfach an friedlichen Geschäften theilnehmen und namentlich erscheint er nicht selten als milder Wohlthäter von Kirchen und Klöstern.

Kaum zu reifern Jahren gelangt, bestätigt er 1225 die Schenkung der Kirchen zu Nideggen und Siersdorf, sowie der zum Berg Berinstein ^ gehörigen ehemaligen Reiclisgüter an den deutschen Orden, die einst sein Vater „existens in partibus transmarinis** gemacht hatte, und fügt die Bedingung hinzu, dass diese Güter unveräusserlich sein sollen ^. Der Orden kann die Pfarreien durch seine Mitglieder besetzen, welche aber, wie andere Plebane, unter dem Landdechanten und dem Erzbischof stehen. So war die Grundlage zur spätem Kommeride Siersdorf gelegt, die der Landkomthurei Altenbiesen untergeordnet wurde. Die Kirche zu Nideggen gelangte aber schon um 1270, jeden- falls mit Zustimmung des Grafen, an den Orden des h. Johann von Jerusalem; die deutschen Herren haben in Nideggen

') Vgl. Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 82, S. 46, Anm. 1.

*) lieber die Lage des Berinstein gehen die Ansichten auseinander. Einige verlegen ihn nach Bergstein bei Nideggen, Andere nach Aachen. Filr die letztere Annahme spricht, abgesehen von sonstigen Orttnden, ent- schieden der Umstand, dass der Berg fast tiberaU, wo von ihm die Rede ist, in Verbindung mit Aachen genannt wird. Sehr wahrscheinlich ist es die jetzt zum grossen Theil abgetragene Höhe zwischen Jakobs- und Vaelser- strasse, welche auch Meyers handschriftliche Aufzeichnungen um 1780 (Stadt- archiv zu Aachen) ausdrttcklich als Berinstein bezeichnen.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 132.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von JlÜich. 101

nie eine Kommende gehabt. Erst die Johanniter errichteten eine solche unter einem Prior oder Kommendator.

Im folgenden Jahre 1226 nimmt der Graf, „wissend, dass er nicht umsonst das Schwert des Schutzes ererbt habe", alle Güter des Klosters Ophoven, die in seinem Lande liegen, in seinen Schirm und genehmigt die Schenkung, welche Ritter Gerhard von Brachel gemacht hatte. Dieser hatte nämlich sein Lehngut zu Berg dem Kloster zugewandt ; ob darunter vielleicht Berg bei Brachein zn verstehen ist, weiss ich nicht. Als Zeugen sind bei dem Akte gegenwärtig die Jülichschen Ministerialen Adolf von Essen, Vogt zu Jülich, und sein Sohn, der Droste Silmann und sein SohnKuno, Edmund von Brachel, Adam, Heinrich Buflf, R.Schilling, Ulrich von Marken (Merken?) und Balduin^

In demselben Jahre erlaubt Graf Wilhelm zu Pier unter Beirath seines Oheims, des Herzogs von Limburg, und seiner vorzüglichsten Ministerialen dem Edelherrn Heinrich von Zier (Niederzier), sein Lehngut zu Hemmerden dem Neusser Bürger Dietrich dem Langen zu verkaufen*. Ausser schon oben angeführten Ministerialen und Vasallen nennt die Urkunde Adolf Sneda, Arnold von (iymnicli, Christian den Schenken (von Nideggen), Winrich von Distcrnirli, Bertram Wale, Johann des Burggrafen Sohn, Arnold, Gerhard, Lambert und Wilhelm von Buchsdorf; Hermann von Brügge, Gottschalk Verken von Jülich und Wilhelm von Aldenhoven. Als Zeuge erscheint auch der Propst von St. Gereon zu Köln, der vielleicht dabei Rechte seines Stifts zu vertreten hatte. Diesem Stift sichert der Graf zu Köln am 9. Dezember 1227 auf Kath seines Drosten Silmann gegen eine feste Jahresabgabc von 5 Mark sonstige Schutz- und Dienstfreiheit für den Hof Wissers- heim zu^ Unter den Zeugen befindet sich auch Winegoz von Holtrop. Dieses Gut lag in der Grafschaft Nörvenich.

Das Aachener Adalbertsstift hatte sich 1228 mit Klagen wider den Grafen Wilhelm an König Heinrich gewandt, welcher am 2.i. April zu Wetzlar erklärt, dass er dasselbe in seinen besond.rn Schutz genonunen und den Grafen durch den Dechanten d.. Marienstifts zu Aachen imd den dortigen \ ogt aufgd.id.ri habe, die Bedrückungen seines Schenken und DrosU.i dn. . Baesweiler gegenüber abzustellen; ^er ein IUmM ^n iUi, Hof

0 Lacomblet a. a. 0. IV, Nr. 652. *) Chart von Eppinghoven Nr. 7. ^ Lacomblet a. a. 0. IV, Nr. 6r>3.

102 W. Graf von Mirbach

ZU haben glaube, solle dies vor den Kanonichen von St. Adalbert beweisen ^

Am 1. Oktober 1231 schenken Graf Wilhelm und sein Brudef Walram dem Kloster Dünwald den Rottzehnten von 18 Morgen Land bei Garsdorf ^ zum Seelenheil ihres Vaters, jedoch unter der Bedingung, dass ihr Recht auf diesen Zehnten in Bezug auf andere dortige Grundstücke weiter nicht ange- fochten werde. Am 23. September 1232 übergaben beide Brüder zu Nideggen dem deutschen Hause (in Siersdorf) 1^2 Fuder Weinrente von ihrem Allodialgüt Bürvenich^. Ausser einigen schon genannten Ministerialen kommen hier als Zeugen der Burggraf Wilhelm, der jetzige Droste Everhard, Winand von Gürzenich, Gottfried von Ulenbusch vor.

Das Kloster zu Bürvenich soll ebenfalls vom Jülichschen Hause gestiftet worden sein, wie Einige wollen, durch zwei unvermählt gebliebene Grafentöchter, welche ihren Wohnsitz zu einem Cisterzienserkloster bestimmten, nach Andern durch eine Elisabeth von Jülich im 12. Jahrhundert. Gewöhnlich wird aber angenommen, Wilhelm IV. mit seiner Mutter und seinem Bruder seien 1234 die Begründer gewesen. Auch dieses ist nicht ganz richtig und liegt vielleicht nur die Thatsache zu Grunde, dass im April 1234 Graf Wilhelm mit Bewilligung seiner Mutter und seines Oheims dem schon bestehenden Kloster das Grundstück, worauf es erbaut worden, sammt der Pfarr- kirche und den zugehörigen gräflichen AUodialgütern geschenkt hat*. Da das Gotteshaus auf dem Boden des Grafen erbaut wurde, so kann das allerdings wohl nicht ohne Erlaubniss geschehen sein und Graf Wilhelm ist demnach jedenfalls als Mitstifter zu betrachten. Nur ist das Kloster vor 1234 erbaut worden. Während noch 1166 ein Dietrich von Bürvenich unter den Edelherren erscheint^, gehörte der Ort nachher, schon in den Zeiten Wilhelms 11., zu dem Pellenz-Gericht ausserhalb Zülpich, und Johann und Gottschalk von Bürvenich kommen als Ministerialen der Gräfin Alveradis vor, die ja Erbgüter

*) Kremer, Akademische Beiträge III, S. 159. Die Urkunde ohne Jahreszahl gehört wohl sicher ins Jahr 1228. •) Lacomblet a. a. 0. 11, Nr. 172. •) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 186. *) Lacomblet a. a. 0. n, Nr. 196. ») Ebendas. I, Nr. 420.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 103

zwischen Eppenich und Bürvenich besass^ Die Vasallen und Ministerialen von Jülich, welche bei der Schenkung von 1234 anwesend waren, sind, ausser einigen schon frülier genannten, Heinrich von Dann, Emil von Au (Burgau), Werner von Weis- weiler, Wirich von Kinzweiler, Friedrich der Droste. Graf Wilhelm hat in demselben Jahre der Abtei Knechtsteden gestattet, ihre allodialen Waldungen, soweit sie in seinem Gebiet lagen, zu roden, indem er auf den Novalzehnten Verzicht leistet^. Zeugen sind unter Andern Dietrich der Droste (von Bergheim ?), Hermann von Boslar, Tilmann von Jülich, Wirich von Disternich und der gräfliche Notar Johann. Als Wilhelms Bruder Walram nachher Herr zu Bergheim geworden, hat derselbe seinerseits 1256 die Bewilligung genehmigt.

Graf Wilhelm IV. hat sich auch der Abtei Brauweiler gnädig erwiesen und ihr im November 1236 für das Seelenheil seines Vaters Wilhelm von Hengebach und dessen Oheim Wilhelm des Grossen von Jülich den Rottzehnten im Walde Asp über- lassen*. Zeugen sind dabei unter Andern des Grafen Brüder Walram und Theoderich, Arnold von Diest, Wirich der Droste von Disternich, Gottfried Spies, Johann von Pier, Rütger Vogt zu Poulheim. Die Rottzehnten waren im 13. Jahrhundert Gegen- stand langen Streits zwischen den Territorialherren und den geistlichen Grundherren. Die Erzbischöfe zu Köbi sprachen sich dieselben als Nachfolger der Herzoge von Ripuarien in den ehemaligen fränkischen Bannforsten zu, die Landesherren als Vögte geistlicher Besitzungen beanspnichten die Rottzehnten, vielleicht weil sie meist Vorsitzende des etwa zugehörigen Wald- gedings und Mitjagdherren waren, die Rodungen selbst ihnen also nicht immer dienten. Lacomblet meint, die Landesherren hätten durch Rodung von Wäldern in Bezug auf die Schätzung Schaden erlitten und sich deshalb an den Rottzehnten erholt, aber das scheint mir nicht richtig, denn je mehr Land für den Pflug gewonnen wurde, um so grösser wurde doch damals der Wohlstand, desto mehr Ansiedler kamen, und desto mehr Schatz war zu erheben. Die Abtei Brauweiler speziell besass seit ihrer Stiftung die Wälder Widenhau, Hanepütz, Asp und Brahm, die ehemals königlich und pfalzgräflich gewesen. Die Erzbischöfe

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 24, Anm. «) Ebendas. II, Nr. 197. ') Ebendas. n, Nr. 209.

104 W. Graf von Mirbach

von Köln sowohl als die Grafen von Jülich nahmen dort die Rottzehnten in Anspruch. Es scheint wohl, dass im 13. Jahr- hundert das Jülichsche Haus entweder die Vogtei liber Brauweiler oder doch über bedeutende Güter dieser Abtei hatte. In der Folge aber ist die Landesherrlichkeit dort kur- kölnisch. Den Rottzehnten in Brahm tiberliess Erzbischof Konrad von Köln dem Kloster, Walram von Jülich zu Bergheim protestirte dagegen und machte nun seinerseits 1246 an Brau- weiler dieselbe Konzession, die der Erzbischof mitbesiegelte. Walram liess sie sich aber mit 57 Mark bezahlen^ und ver- zichtete auch auf den Rottzehnten in Hanepütz. Noch 1260 musste die Abtei der Jülichschen Familie 150 Mark Kölnischer Denare zahlen, um deren Verzicht auf die Rottzehnten in allen ihren Waldungen zu erlangen. Nicht nur Walram und seine Gattin, sondern auch Graf Wilhelm nebst Frau und Kindern, sämmtlich, wie sie sagen, durch Erbschaft an den Zehnten berechtigt, schliessen dies Geschäft ab. Zeugen sind Harper Edelherr von Frenz, Caesarius der Kaplan, Reinhard von Hobusch (Hompesch?) der Droste, Hermann von Winden, Gott- fried von Kurmen, Heinrich von Gersdorf, wahrscheinlich lauter Vasallen des Jülichschen Hauses*. Im Jahre 1265 bat Abt Heinrich von Brauweiler den Grafen, er möge doch den Wald Bylke nicht roden lassen^. War das etwa der Busch, welcher zu einem Jülichschen Vogthof gehörte ? In späterer Zeit stehen die Jülicher in keiner Verbindung mit Brauweiler mehr, nur wegen eines Zehnten bei Oberaussem war im Jahre 1297 Zwist; es wird wohl mehr eine Grenzstreitigkeit gewesen sein, in welcher das Kloster obsiegte^. Nicht nur mit Brauweiler erhoben sich Anstände in Bezug auf die Rottzehnten. Am 2. Februar 1288 bekundet Gräfin Rikarda als Wittwe, wie einst Wilhelm IV., ihr Gemahl, und Wilhelm, ihr ältester Sohn, dem deutschen Haus zu Köln den Rottzehnten von 20 Morgen bei dem Ordens- gut ten Berken überlassend Spätere Urkunden ergeben, dass dieses Gut, wie auch Lacomblet vermuthete, wirklich der Birkhof

0 Lacomblet a. a. 0. 11, Nr. 261, 299. ^ Ebendas. 11, Nr. 500.

*) Vgl. Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein XVn, S. 170. *) Vgl. L acomblet a. a. 0. n, Nr. 209, Anm.

*) Staatsarchiv zu Düsseldorf (wird in . der Folge mit A. D. citirt), Kommende Köln 71.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 105

bei Ltittenglehn ist. Damals war er wohl unter Jülichscher Vogtei wegen der Herrschaft Liedberg.

Im Jahre 1237 hat der Graf dem Kloster auf dem Salvator- berg bei Aachen für den Hof Schieiden Beholzungsrecht im Ardennenwald verliehen, soweit dieser zu seiner Jurisdiktion, Wildbann (der Grafschaft Molbach) genannt, gehörig war, und dabei auf Steuern, Abgabe und Maihude zu Gunsten des Hofes verzichtete Im Jahre 1238 wurden durch den Grafen die Verhältnisse eines andern Waldes geordnet. Vermuthlich ist der Heirathspfennig der Gräfin Mathilde, der Gemahlin Wilhelms DI., auf die Vogtei Conzen hypothezirt und lange nicht ausgezahlt worden. Mathilde mag um 1237 gestorben sein und nun ver- tnig sich ihr Sohn Wilhelm mit dem Oheim Walram von Limburg über das Erbe zu Conzen, das, wie Redinghoven sagt, von Mathildens und Walrams Mutter Kunigunde herkam, am 19. Februar 1238^. Walram bekundet, dass Graf Wilhelm ihm seine Vogtei Conzen erblich abgetreten, sich aber sein Recht als Waldgraf (von Molbach) und eine Jahresrente von 6 Mark aus dem Hofe daselbst vorbehalten habe. Unter den Zeugen auf Seite Wilhelms sind der Marschall Gottfried und andere Vasallen. Am 20. Februar des Jahres ^ wurde wegen der oben erwähnten Waldrechte eine besondere Vereinbarung getroffen. Graf Wilhelm und alle Einwohner von Nideggen behalten Holz- recht im Conzener Walde für den eigenen Bedarf zum Bauen und Brennen. Dann hat der Graf als Waldgraf auch Rechte an dem Hof Conzen, welche der Forstmeister zu Lehn trägt. Alle Gefalle am Forstgericht, Holzding, dort kommen ihm zu einem Drittel zu und der Hof muss dem Waldgrafen 20 Förster, ebensoviele Hufen imd 4 Forstknechte stellen, auch hat er den Kirchenruf in Conzen. Unter dem alten Grafen von Jülich und dem Herzog Heinrich von Limburg (f 1221) war ausgemacht worden, dass die Hofesleute gegen eine Abgabe von 3 Mark wegen infractio banni nicht weiter belästigt werden sollen. Dies soll auch fortan so bleiben. Dann hatten Herzog Walram

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 69. Die Urkunde gehört nicht ins Jahr 1217, schon das Siegel Wilhelms IV., welches daran hängt, beweist dies, zudem sind aus der Jahreszahl augenscheinlich zwei X wegradirt und ist dort zwischen MCC und XVII jetzt eine Lücke.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 224.

') Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 225; es ist natürlich nicht 1237, sondern 123^*.

106 W. Graf von Mirbach

und der Vater des Grafen Wilhelm sich dahin geeinigt, dass der Busch Wisserscheid zum niedern Wald (Molbach ?) gehören solle, dabei soll er auch bleiben. Der Hof Blens stellt dem Waldgrafen einen Förster und eine Hufe. Auf dem Hof Bütgenbach hält der Forstmeister drei Gedinge im Jahr; von jedem Hause daselbst hat der Waldgraf jährlich einen Kölner oder einen Metzer Denar, je nachdem sie auf der linken oder rechten Seite der Walke liegen, und von den Brüchten den dritten Theil. Der Waldgraf muss aber den Höfen Conzen, Aachen und Düren die Roer freien von der Quelle bis da, wo sie in die Maas fallt, damit die Fische ungehindert aufsteigen können. Bei dieser Vereinbarung waren Zeugen der Abt Florenz von Kornelimünster, Philipp Herr zu Wildenberg, Wilhelm von Frenz, Heinrich von Dann, Wilhelm der Vogt von Aachen, Gerhard Melkop der Forstmeister und mehrere Jülichsche Ministerialen. Weitere Abmachungen und Weisthümer über die Waldgrafschaft werden wir noch erwähnen. Der hier genannte Walram von Limburg ist Stammvater der Herren zu Montjoie und Valkenburg, welche in der Folge auch in dem obem Walde die Mühle zu Eicherscheid von den Grafen zu Jülich in Erbpacht nahmen, der hier keine Erwähnung geschieht. Die Jtilichschen Gebrüder beauftragen am 7. Juli 1239 den Vasallen Reinhard von Drove, in ihrem Namen den Verzicht der Erben Gerhards von Köln auf die Vogtei Mondorf zu Gunsten des Apostelstifts entgegenzunehmend In undatirter Urkunde* erlaubt Graf Wilhelm um 1240, dass der Ritter Wilhelm von der Stesse, sein Ministeriale, die Lehen in Auenheim dem Kloster Camp verkaufe, nachdem er füi' den Verlust des Vasallenguts entschädigt ist. Arnold von Gymnich, Johann Vogt zu Güsten, Wilhelm, Sohn des Vogts von Jülich, und Andere sind Zeugen. Im Juli 1240 verstattet der Graf dem Stift Maria im Kapitol zu Köln den Zehnten bei der Livenmühle rechts vom Wege zwischen Köln und Mülheim in Bezug auf die neue Rottung von 72 Morgen, die der Bürger ApoUonius dort auf seinem stiftlichen Leibgewinngut gemacht hatte ^ Graf Wilhelm und sein Bruder Walram sind im Oktober 1244 bei der Aus- einandersetzung zwischen den Herren Gerhard und Arnold von

0 Lacomblet a. a. 0. U, Nr. 241.

*) A. D. Camp. Die Urkunde war 1874 noch nicht mit einer Nr. versehen.

') A. D. Maria im Kapitol Nr. 6.

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LÄComblet a. m. 0, 11, Nr. i^liJ,

*) Kremer, Akademische B^Mtrt^rt^ U\, Nr. *^^^

*) Ennen und Eckert i, Quellen IK Nr, ä\>H, l vkwwd^^ ^O^Ut^ l^UMs^

•) Ennen und Eekerti ä, ä, K\ U, Nr aSiJ,

0 Bondam, Chart^rboek 48?*.

•) Ernst, Histoire du Limburg IV, p, 3a7i Kivlnuv, M\\\ I, 8 ü,>

108 W. Graf von Mirbach

Im Jahre 1253 ist unter den Bürgen des Grafen Dietrich von Bar gegenüber dem Herzog von Brabant wegen 8000 Mark Kölnisch auch der Graf von Jülich genannt*, der ebenfalls am 10. März 1254 mit seinem Bruder bei dem Vertrag zwischen der Frau zu Montjoie und dem Grafen von Luxemburg wegen des Schlosses Marville gegenwärtig war*. Als Vogt von Holzweiler bekundet Wilhelm am 14. August 1254 zu Zier, dass sein Dienstmann, Ritter Rütger von Eiminderode (Immerath) genannt Kauel, und seine Frau alle ihre Gebäude, welche auf dem Grund und Boden des Frohnhofs in Holzweiler standen, für ihren Todesfall dem Stift Essen unter der Bedingung zuge- wandt, dass sie, so lange die Äbtissin Bertha lebe, das Meier- amt des Hofs behalten^.

Graf Wilhelm hat im Mai 1255 einen seiner Eigenleute der Kölner Domkirche als wachszinsflichtig übergeben*; es ist dies eines der spätesten Beispiele in hiesiger Gegend. Am 20. März 1258 besiegelt und garantirt er zu Löwen einen Vertrag zwischen Brabant und Limburg ^

Im Winter 1258/59 ist der Graf vielfach in Köln, wo er zwei Häuser (Donau und zum Thurm) von seinen Vorfahren ererbt hatte, im Jahre 1272 ein drittes auf der Hohestrasse, später Haus Jülich (Nr. 111) genannt, kaufte und es neu auf- baute. Nach seinem Tode hatte Rikarda die Leibzucht daran ^. Am 2. Februar 1259 ist er als Zeuge zugegen gewesen, da das Kölner Domkapitel das Schultheissenamt zu Kirchherten (in der Herrschaft Caster) der Wittwe und dem Sohn des Ritters Gottfried Spies verlieh. Der Briefe sagt noch aus- drücklich, dass das Kapitel den Schaden nicht verantworten will, den etwa der Graf und die Seinigen dem Hof und den Schultheissen thun möchten! Im Jahre 1258/59 ist Wilhelm auch

*) A. diMiranda, Ein Ftirstenleben S. 65, Anm. 4 a^s dem Chart, von Brabant I, f. 97.

') Publications de la soc. pour la recherche et la conservation des mon. bist, dans le Grand-Duch6 de Luxembourg XV, p. 68.

') A. D. Essen Nr. 38. Bertha lebte noch 1262. Die Urkunde hat das Siegel des Grafen, das Keiflfenberg abgebildet hat. Umschrift: S. Wilh. com. Juliac. et nemoris.

*) Ennen und Eckertz, Quellen II, Nr. 351.

^) Ernst, Hist. du Limbourg VI, p. 254.

ö) Fahne I, S. 210.

0 Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 460.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jillich. 109

gegenwärtig bei der Zuwendung der Jutta von ReiflFerscheid an Gerhard von Kempenich* und am 2. September 1259 zu Köln bei dem Schiedsspruch zwischen den Grafen von Nassau imd von Sayn wegen des Wildbanns in der Herrschaft Freus- berg*. Am 14. November 1259 tritt er nebst dem Erzbischof von Köln, dem Bischof von Utrecht, der Stadt Köln, den Grafen von Berg, Geldern, Cleve und Sayn dem Landfrieden bei^.

Nachdem um diese Zeit von Seiten des Rellinghausener Frohnhofs zu Froitzheim vielfache Klage gegen den dortigen Schultheissen, Christian den Schenken von Nideggen, erhoben worden, begab sich der (^raf als Vogt am 15. Juli 1260 in Begleitung seiner Dienstmannen Winrich von Frangenheim und Hermann von Distemich nach Froitzheim und liess auf dem Hof neben der Kirche die Schöffen ihr Weisthum aussprechen über die Rechte der Grundherrin und der Hofesleute, sowie nament- lich über die Verpflichtungen des Schultheissen in Bezug auf das Geleit der Pröpstin*.

Auf Bitte seines Vetters, des Herzogs von Limburg, als Lehnsherrn der Vogtei Burtscheid weist der Graf im September 1261 das zwischen dem Kloster und dem Untervogt streitig gewesene Recht des letztern ^ Diese Angelegenheit machte auch den spätem Grafen noch zu schaffen.

Am 11. November 1264 genehmigen Erzbischof Engelbert II. von Köln und der Graf Wilhelm als Mitherr zu Zülpich eine Schenkung, welche der dortige Bürger Nikolaus dem Kloster Füssenich gemacht hatte ®. Wilhelm bedachte auch am 20. März 1 265 die Stiftung seines Vaters in Siersdorf, woselbst die Brüder des deutschen Ordens 3 Morgen bei ihrem Hof erhalten, welche seit Alters die Benden hiessen; er erhielt dafür 3 Morgen bei Widstock, welche dem Orden als Allodium zuständig gewesen '. Jedenfalls lag doch dieses Widstock im Lande Jülich, ich vermag den Ort aber nicht nachzuweisen. In demselben Jahre hat der Graf den Verzicht des Gerhard von Luxemburg und Durbuy

^) Eltesterund Goerz, Mittelrh. Urkundenbuch III, Nr. 1473 und Anm.

») Ebendas. III, Nr. 1496; Philipp!, Siogener Urkundenbuch I, Nr. 28.

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 478.

*) Ebenda». II, Nr. 494.

*) Ebendas. IT, Nr. 506.

0) A. D. Füssenich Nr. 9.

^) Hennen, Urkundenbuch des deutschen Ordens II, Nr. 175.

110 W. Graf von Mirbach

auf die Grafschaft Namur zu Gunsten des Grafen von Flandern mit seinem Siegel bekräftigt*, und ebenso 1267 den Vergleich zwischen der Familie von Limburg an der Lahn und den Herren von Blankenheim in Betreff der Güter, welche die Gräfin Agnes von Blieskastel hinterlassen hatte*.

Aus dem Jahre 1266 erfahren wir, dass Jutta von Mohtjoie dem Grafen Geld schuldete; nachdem sie aber ihrem Oheim, dem Grafen von Luxemburg, ihre Leibzucht an Marville abge- treten, musste dieser auch die Forderungen des Bischofs von Lüttich, des Grafen von Jülich und des Herrn Seger von Bour- scheidt im Gesammtbetrag von 400 Pfund übernehmend

Am 24. April 1269 ward dem Grafen Wilhelm eine Ent- scheidung in der Streitsache zwischen Konrad von Schieiden und der Abtei Steinfeld übertragen*, er fällte den Spruch zu Gunsten letzterer am 24. März 1270 ^ Am 12. Januar 1270 bekunden er als Vogt und der Abt zu Kornelimünster, dass die Ritterschaft und die Gemeinde des Ländchens von Kornelimünster in dem Walde, der „das Gehölz*' hiess, dem Ritter Arnold von Frankenburg Gerechtigkeit verliehen. Der Graf weist demselben deshalb gewisse Bäume an^

Unter den Garanten des Friedenschlusses vom 29. August 1270 zwischen dem Herzog von Brabant und Herrn Friedrich von Reifferscheid befindet sich auch der Graf von Jülich ', ebenso als Zeuge bei dem Verkauf der Güter zu Trechtingshausen, welche Graf Heinrich von Kessel Schulden halber dem Kloster Eberbach am 22. Juli 1271 überlassen hat \ Dem Kloster Füssenich gegenüber erklärten Wilhelm und seine Gattin im Jahre 1272, dass sie kein Recht auf das Patronat der Kirche zu Bettenhoven hätten ^ Der Graf hatte übrigens einen Hof in dem Orte.

Am 19. Oktober 1274 verleiht er von Köln aus dem Kom- thur und den Brüdern zu Siersdorf Freiheit von Zoll und Burgeld

') Beiffenberg, Monumentä pour servir k Thistoire de Namnr I, p. 3. •) Barsch, Eiflia illustrata I, 1, S. 240.

') Pablications de la soci^t^ poor la recherche et la conservation des mon. hist dans le Grand-Dnch^ de Loxembonrg XV, p. 102.

<) Annalen des bist Vereins f. d. Niederrbein XXTTT, S. 178.

^ Lacomblet a. a. 0. IV, Nr. 671.

•) Qu ix, Gescbicbte des Karmeliten-Klosters zu Aacben S. 121.

0 Butkens, Tropb^es I, preuv. p. 104.

«) Picks Monatsscbrift n, S. 204.

•) Kremer a. a. 0. in, Nr. 115; Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 60, Aum.

Bwmii^ aa ■Ttiwmiiwe It-r-imitu '.''u 'mKo.

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for all ihr Weinirwäi-hif im nüiciiwr Laiui hxii iwlua ^i\ulK;Ka ZoUstatteiu wrbeliaitiicu «Ihs^ W-^eK^ltlts Sit^i-Mluri' liu'-U' -.a jener Zeit unter Anilenn 4 MorirtfOi WeiabeiH tx'i /uJpich uüJ Weingarten bei Vebina. Wi'Jit.Min^ :x»hii hat, aK^^v^ ItKuJi.k am 2. Februar liiOS hestaciiCt;. Pie KoauucttUv^ Sici>»Juit w^ü damals nicht eben bes^)üder> rvich dotitt, h.UU^ aWv ciuvu H'»! zu Aldenhoren mit 17 il<)r<reu AckerUml Im .»ubiv \ li:i miisste derselbe verkauft werden; mau l^^k»m i\\\' vUuk M».a<v\u 4V« Mark Kölnischen Pa^aments, also 17, U> M4ik .iv^U.iiivvv Reichswährung an Silberwerth! l>t^r haudkiMuUuu* Uinlmv^ \^^\\ Looz, welcher den Hof ankaulto, wollto tlauül m^ {i\\\\M\t,\^i\\\\'\\s^ zu Aachen dotiren. Damals konnuou ViM» OnltMiöltriMliMii ^w hir.u dorf vor: Gerhard von Runcheit, Kointhur, TiliimuM, IM.mmh *^m Siersdorf, Johann von HeinHborK, l*ri<'HhM', WoIhrtiM v«»M MhIkmIm^iu* (Mehlem), Reiner von Milien, A^k'^Hm« vmii KiilhiM, ImImmm» -mm Eynenburg, Arnold von N*»u<;iirod<% (inrliitnl vom M»>nMit/l»^M ' Im* Jahre 1290 sind die Brüder IMurkU vom Wwf^l^o 'mi/I A#M'.h» von Bongart, die Prit-Mirr H^'nunttu mm^I JhU^thn y^-hnufA Komthnre war^^n I2T0 0'/**fri'''J ^oo '\*h*)th^.th t/'ih ^.A'f.M* von WeweIiL2^:- v*-:,. j ;>/ //; •,',;j,"j v',t^ </ ,v .v * < / / ^ '> "•'• -^'"' von KerkeiL, j',.>y ^'^%, -^ ,ä- -^-^ - '.

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112 W. Graf von Mirbach

Revers mituntersiegelt hat^ Dieser erwirkte seinem Neffen Wilhelm im Jahre 1226 auch das Privilegium von dem Reiche, alle Juden, die sich in seinem Lande niederlassen möchten, zu Lehn zu halten und Tribut von ihnen nach Gefallen zu nehmen *.

Am 9. Dezember 1227 machte der Graf unter Beirath seines Drosten Silmann, seiner Amtleute und Vasallen zu Köln im Gereonskloster an demselben Tage, als er die oben (S. 101) berührte Urkunde für den Hof Wissersheim erliess, eine nicht unwichtige Erwerbung. Das Stift von St. Gereon betraute ihn nämlich mit der Vogtei und dem ins gladii in dem Frohnhof zu Viersen und dem Distrikt und über die ünterthanen dort, wie es dies alles durch alte kaiserliche Verleihung erlangt hatte. Graf Wilhelm verspricht das Gut zu schützen, ohne weitere Dienste und Abgaben zu fordern als nur 15 Mark, welche er jährlich am St. Andreastag zu beziehen hat, und eine Mark, welche drei- mal im Jahre bezahlt wird, wenn sein Vogt persönlich oder durch einen Stellvertreter das ungebotene Gedinge hält. Von diesem Gericht wurde dann an den Haupthof des Klosters zu Junkersdorf (im Amt Bergheim) appellirt. Die Jagdgerechtig- keit bleibt den Grundherren vorbehalten, der Graf wird aber Wölfe, Füchse und sonstige ünthiere auf Kosten und unter Beihülfe der ünterthanen kurz zu halten suchen. In kalten Wintern kamen wohl noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Wölfe in das Jülicher Land, im Mittelalter müssen sie dort nicht selten gewesen sein, spielt doch auch der Reineke Voss der Thierfabel in einem Pfarrhaus des Jülicher Landes dem Wolf einen argen Streich^! Die Herrlichkeit Viersen bestand aus 8 Hundschaften: Viersen-Hülsdonk, Rintgen, Hammer, Ummer, Heimer, Beberich, Hoser-Bockert und Rahser*. Möglich, dass die Herren von Wickrath, Rheydt und Andere in der Folge die Vogtei Viersen nur als Jülichsche Vasallen inne hatten, 1350 war dieselbe aber Geldrisch.

Am 14. Februar 1234 belehnt Pfalzgraf Otto den Grafen mit den pfölzischen Lehnsstücken, die dessen Vorfahr schon an Wilhelm IV. verliehen hatte. Der Vasall muss jetzt aber

») Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 112.

*) Ebendas. II, Nr. 140; darauf läuft doch wohl das disponere de eisdem hinaus.

») Vers 1451 fS.

*) Schröteler, Die Herrlichkeit und Stadt Viersen, Urk. 9, 12, 22.

Beitrfige zur (resehichte der itrafea voa JiÜiclL li:4

diese Objekte um 2(M) Mark vermehreiu bt^zw. duuh ein UuK welches 20 Mark eintraf; ab* Sicherheit staud des UvutVu AUod zu FlüTerich, Bürgen waren Wilhelm, Vo^rt zu Aachen, und die Julichachen Ministerialen Christian der Si'heuk, Heinrich Buff und Karsilius K

Zu den Lehnsstacken gehört zunächst die Vogtei Breisig mit Gonnersdorf, Brohl, beiden Lntziugen und dem Thal vi>u Rheineck. Ueber die Einkünfte dieser Vogtei im 13. Jahr- hundert hat sieh eine Aufzeichnung erhalten*. Ausser der Schätzung hatte der Oewaltherr den dritten Theil der Bröchteu, aus dem Klosterhof zu Weihnachten und zu Johanni 12 Sester Weizen, 4 Malter Hafer, 4 Urnen leichten Biers, 1 Ohm Wein, ein Schwein, 5 Schillinge leichter Pfennige werth, ein audeivs für 30 Denare und eines für 6, 2 Talente Wachs, 2 Talente PfeflTer, 10 Hühner, 6 Denare pro lardo ad pullos assandum, endlich eine neue Schüssel, zu deutsch „Gestulpit*', mit Eiern. Diese patriarchalischen Verhältnisse werden wohl noch im 13. Jahrhundert eine Aenderung erfahren haben. Schon Wilhelm IV. verschreibt um 1250 seinem Vasallen Gerhard von Sinzig jähr- lich 2 Mark aus den Breisiger Einkünften, welche Rente mit 20 Mark ablösbar sein soll'.

Die Vogtei Wesseling bei Bonn war ein zweites Lehn. Hier war das französische KlosterMontfaucon (irundherr, um 1320 bildet Wesseling ein kleines Amt, L'nt<?rvogt war damals ein gewisser Tilmann.

Die Vogtei Vilich, ebenfalls ein LchuHstUck, von den Sieg- mündungen bis auf das Siebengebirge sich erstreckend, trat Wilhelms Sohn an Kurköln ab.

Bleibender Jülichscher Besitz war die Vogtei über die Komelimünstersche Herrschaft Bergheim (BergheimerdorO n»it beiden Aussem, Glessen, Wiedenfeld, Holtrop, Bohlendorf, Ginster- hof, Neuenhof, Lappenrath, Fuchsenhof, der Ililirte von Asper- schlag (früher Asmundislo, Asnumdisheim, auch Asperslo, Aspens- iegen genannt) und den jetzt verschwundeneu Orten PiinhauscMi und Curmen. Pfalzgraf P^zzo und seine Familie hatten den Bezirk inne gehabt und dem Kloster an der Indi^ im .lahre 1028

*) Lacomblet, ürkundenbuch II, Nr. 193.

*) von Ledebur, AUg. Archiv II, 812; Zoitachrift den Bcrginchen Geschieht« Vereins XII, S. 194.

») Eltester und ^ Vh.ürkundcubu('hIlI,Nr.lü9l, ohne Datum.

8

114 W. Graf von Mirbach

geschenkt, die Vogtei blieb dann im Obereigenthum auch der spätem Pfalzgrafen.

Die Vogtei Paffendorf lag nahe bei Bergheim, sie umfasste auch das Dorf Glesch. Hier war das Stift Essen Gnindherr, welches auch in mehrern andern Dörfern noch Zehntherr war. Diese Dörfer Zieverich, Berrendorf, Grouven, Brockendorf, Thorr und Etzweiler gehörten ehedem zur Pfan^ei Paffendorf, ob sie aber 1234 noch dahin gerichtszwängig waren, kann ich nicht sagen. Im 15. Jahrhundert gehörten sie ins Amt Bergheim, Paffendorf aber zu Caster. Die Essenschen Güter lieferten dem Vogt von Paffendorf jährlich 8 Paar Korn, 6 Summer Gerste, 38 Malter Hafer, 34 Hühner und seit dem 14. Jahrliundert 36 Tumosen an Geld. Zu Ostern und zu Johanni hatten die Amt- leute beun Vogtgedinge Kost und Pferdefutter, sowie 24 Hüh- ner. Die Mitfischerei in der Erft war dem Vogt gleichfalls zuständig ^

Holzweiler war ein besonderes Lehnsstück, gleichfalls Essensche Vogtei und der Besitz des Stifts datirt von 898 * ; Immerath, Pesch, Spenrath, Lützerath und Eggerath gehörten zum Gericht.

Ein siebentes pfalzisches Lehn war die Vogtei über das Kloster Kornelimünster an der Inde, welches schon unter der Schutzherrlichkeit des Pfalzgrafen Ezzo gewesen war ^ Ausser dem Gericht daselbst gehörten noch zu der Vogtei die Herr- lichkeiten Gressenich, 878 an Kornelimünster geschenkt, und Niederkastenholz-Kirchheim ^. In der spätem Zeit behauptete das Kloster dem Lande von Jülich gegenüber seine Keichs- unmittelbarkeit. Schon 1478 sagt der Abt, dass er dem Herzog von Jülich die Belehnung mit der Vogtei ertheilt habe, wie dessen Vorfahren sie ehedem empfangen ^ Li den Lehnbriefen der Pfalzgrafen bis ins 16. Jahrhundert figurirt aber noch immer diese Vogtei.

Als Schutzherren der Essenschen Güter in Ripuarien waren die Pfalzgrafen auch Vögte über die Güter des von Essen aus

*) Vgl. Lacomblet-Harless, Archiv VII, S. 7.

*) Lacomblet, ürkundenbuch I, Nr. 81.

>) Ebendas. I, Nr. 164.

*) A. D. Kornelimünster 26.

*) Chart, von Kornelimünster 82, S. 28.

BnirniiT* rar •j'-r-^fki- hte der Grafen von Jülith. U&

g^rnn«iecen Sofia R-Lliiiirbauson zii Froitzhoiiu und Türuiih, Diese Vt/ürreien wiirleii gleichfalls den limllni von Jülich uU Lehen zeireben. Za Fr 'itzheim gehörte FrAiigonhoim, m Tür- nich Balkhaiweii. Wihr^^nJ die Deszendenten der llt»friöi'hult' heiäse Toa Frür^fii^im n-ioliher den Fn)hnhof dos Stiftn jKit aller ♦iereclitiu'fceit Li.iili' h an sich brachten, verpfilndeton diu Julieher Herren Titrni.h im 14. Jahrhundert an die Untervügto, Tergaben et* «ipäner :tl> I>hn und s>o entstand uns der Vi^gtui eine Jalit'h^^fa** rarerherrsHrh ift.

Eia weiteren L^h.irt.-tuck war die Wahl grufsc halt, ciauilatu« et ins nenuiris, die i«'Ii '^^ea (<. 105 f.) schon erwilhut habe,

Vt)a dea HrtOireiMu ä^MiL-a Lvhcn erhielt UrafWilhidni 1-*M4 nur die Gdter in Zilv x ELiiiivutlich die Marienkirche; iliü übrigea hatte dt^r m.« a je"»^(ii-? Evvrh.uil von Hengelmch inne, Xachilem letztef-r ^a.ie .i:.L..\\ le Erlvn gestorben war, ribw Graf Willit-lni ^,r 11^} L- Lk\-:'^ aw sich.

Die »jriirrir »ler c£*n^*:iui .'. '.rJ um Zillpich bihleton einen Gmai tu^t f-irrvi.u'-niU'ii •^V':.> rvi-.hvu Kurkidn und Jülich wältfTfQiI [u»^iir'*r*r ^iA*n.v,\t>.^A, !,?.'..•-':; 'iih im IH. und H, Die Yrr{i;ilniii:^r*e yi:*\v i/er liiA c..r\ ^trL^ \erwii'kelle und naeb dem Tnüer ■« .r j*'r*ui:iMi y(AM7\u\ im t^ »urh kaum uio^- liclu T^ll^wtajl.jT i.:i/ n U*r *^. lit cv s^l^:. Da \:\ der Koli;\>

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116 W. Graf von Mirbach

letztem Gericht^, Floisdorf zum erstem, obschon es etwas seitwärts nach Enzen zu von der oben gedachten Linie ablag. Es gehörten auf den Schievelsberg die Dörfer Enzen, Schwerfen, Wisskiichen, Dürscheven, Linzenich, Lövenich, Merzenich, Uel- penich, Nemmenich, die nachher das Jülichsche Gericht Enzen bildeten, ßövenich, Elvenich, Lüssem, Frauenberg, Jrresheini, Oberwichterich, welche später theils an Kurköln kamen, theils von Jülich verpföndet wurden. Vielleicht sind den 13 Hund- schaften auch noch einige Dörfer zuzuzählen, da die Kemper- heide nur 9 Hundschaften und mehr Ortschaften hatte, nämlich : Bürvenich und Eppenich, zusammen eine Hundschaft, dann Flois- dorf, Berg vor Floisdorf, Juntersdorf, Langendorf, Hausen (zum Theil), Hergarten, Hoven, Floren, SoUer, JakobwüUesheim, Kelz, später alle zusammen das Gericht Bürvenich bildend, dann Hundschaft Bessenich-Sievernich-Weiler, Hundschaft Geich, Hund- schaft Ftissenich, die meist nicht zu Jülich gehörten. In der Folge erlangten in dem Bezirk verschiedene geistliche und weltliche Herren ausgedehnte Rechte und grossen Grundbesitz, an welchen Besitzungen dann allerlei niedere Gerichtsbarkeiten klebten, meist nur hofrechtlicher Art, aber auch wohl in allen Civil-, später hier und da sogar in Kriminalsachen. Die Herren aus dem Hengebacher Stamm tmgen wohl schon sehr früh die pfalz- gräflichen Gerichtsbarkeiten und Güter als Lehen; unter ihrer Vogtei standen dann wieder die geistlichen Güter. Doch erbten die Pfalz- oder Pellenzgüter nicht stets im Mannesstamm oder in ältester Linie fort, wurden vielmehr häufig unter der Ver- wandtschaft getheilt *, bis Graf Wilhelm IV. von Jülich sie wieder vereinigte und alle zu Lehen erhielt, wenn er auch nicht den ganzen Besitz faktisch sich erhalten konnte. Wie gesagt, standen ihm und standen schon seinen Vorfahren die ver- schiedensten andern Rechte gegenüber. So hatte innerhalb einer Bannmeile um Zülpich der Erzbischof von Köln das Geleit namentlich fiir die Kaufleute, die seinen freien Markt in der Stadt besuchten, und ferner durfte innerhalb der Bannmeile keine „Grut** sein als die seinige. Liblar, Weilerswist, Roitzheim, Satz- fey. Call, Heimbach, Zercall, Kreuzau, JakobwüUesheim und Blatzheim waren die Grenzpunkte dieses weiten Bezirks. In

') Bis 1279, vgl. Lacomblet, Urkundenbuch ü, Nr. 730. ») Belege dafür vielfach, z. B. hatte ja noch 1234 Everhard von Henge- bach die Güter ausserhalb Zülpich, Wilhelm IV. die Güter in Zülpich.

Beiträge zur Geschichte der (rnif*;n r*m Juli^'b, 117

der Stadt selbt, bezw. vor ihren Thoren lagfm dr#^i Kir^b^fi, Mütter anderer Pfarreien in ziemlichem L'mkreiM, f\Ut l'^tiTn- kirche und die Marienkirche und endlich die Martifinkirclu' ' (Meersbure, Mersburden, Mertensburden). lA'tzifn? ward «Tit 1289 in die Stadt verlegt*. Sie dient jetzt pn>fanf*n Zwi^rkin, seit dem Jahre 1801. Die Marienkirche int 1^75 wohl ^anz abgetragen worden ; was man damals nrn-h w^lien konnt^% «tammUj mindestens aus dem Anfang des 13. Jahrhundertn. K-i )n'ysU'hl Httmli nur mehr die Peterskirche. Im Jahre 1 124 war nie elHMifallH tlU* einzige Kirche in der Stadt', die Marienkirche ward also wohl um 1200 hinein verlegt. Schon vor 1043 hatte der Hrzhimhof einen Zoll in Zülpich^ und auch einen Pallaxt, ciu Z^dinii* daselbst war schon vor 1050 dem (iraferi Sikko (von Ahrj aln Benefizium verliehen und 10H4 heinigofallen. Zehnte und PallaMt kamen 1064 bezw. 1124 durch Schenkung an die Abtei Sic^- burg, und diese verwandelte letzt^'rn in eine Z<dle, H\Mor Propstei, welcher auch die dabei gelegene Petemkirchc, Zehnfx'n Mausen, Häuser u. s. w. von den Erzbiwrhöfen zugewandt wur- den ^ Von Gerlach, einem der Mitvögte Siegburgs (10fJ4), leitet von Ledebur die Herren von Hengebach und Jülich ab; der 1 140 genannte Vogt Dietrich, welcher einen an Siegburg verliehenen Zehnten zu Heimbach (Hengebach) für Ländereien bei Uelpenich wieder eingetauscht hat^ ist sicher Dietrich von Hengebach- Gladbach, der auch 1138 erscheint, und 1166 ist Hermann von Hengebach als Vogt zu Zülpich genannt, welcher für die Propstei 50 erkaufte Morgen im Felde bei Zülpich in Empfang nimmt. Diese Ländereien lagen im Bann des Grafen von Ahr ^. Das Ahrsche Haus hatte also auch ein Gericht bei Zülpich. Es war dies die Pfarrei Mersburden vor der Stadt oder die Hund- schaft Bessenich mit Weiler und einem Theil von Sievernich \ ein Bezirk, der sich in der Hand eines weltlichen Herrn ganz

*) Vgl Broix, Tolbiacum S. 125 und 126; Merlo a. a. 0. XLIV. XLV, S. 174 ff.

») Broix a. a. 0. S. 86; Merlo a. a. 0. XLIV. XLV, S. 177.

«) Vgl. Lacomblet, Urkundenbuch I, Nr. 299.

*) Vgl. Lacomblet a. a. 0. I, Nr. 179.

*) Vgl. Lacomblet a. a. 0. I, Nr. 202, 203, 299.

•) Lacomblet a. a. 0. I, Nr. 341.

^) Lacomblet a. a. 0. I, Nr. 420.

«) Vgl. Lacomblet, Archiv VII, S. 61 und I, S. 252; Merlo a. a. (). XLIV. XLV, S. 181. Später kam Sievernich ganz an JtÜich.

118 W. Graf von Mirbach

von der Gerichtsfolge auf die Kemperheide frei machte. Die Pfarrei schenkten die Grafen von Ahr ihrer Stiftung, dem Kloster Steinfeld ^, und so ist später von einer Vogtei Mers- burden die Rede, dieselbe, welche, vielleicht von der alten Lage der Kirche ausserhalb der Stadt „auf dem Guden** genannt, identisch sein kann mit dem 1394 erwähnten Gudengericht*. Als 1246 die Grafschaften Ahr und Hochstaden an Kurköln kamen, gelangte auch die Vogtei Mersburden an den Erz- bischof' und war deshalb in der Folge viel Streit mit Jülich. Hatten die Erzbischöfe auch ihren Pallast und Güter in und ausserhalb Zülpich an Siegburg verschenkt, so besassen sie da doch noch viele Güter, Rechte und Gerichte vor 1246*. Nun waren im 13. Jahrhundert und später noch drei Pfarreien und drei Gerichte in und bei Zülpich, St. Peters Kirchspiel über geistliches Grundeigenthum und den ehemals Kölnischen Pallast mit dem Vogteigericht der Herren von Hengebach, St. Marienkirche mit den Gütern in Zülpich, die zur alten Pfalz gehört hatten, und Mersburden.

Ausser der Bannmeile, die wir schon erwähnt, lief noch ein dreifacher Kreis verschiedener Berechtigungen des Erz- bischofs und der Kirche von Köln in und um Zülpich*.

Der innerste dieser Bezirke war der Burgfriede des ehe- maligen erzbischöflichen Pallastes; er umfasste einen Theil der Stadt und Hoven. Hier hatten der Schultheiss und die Schöffen die Hofs- und Civil-Gerichtsbarkeit ; seit 1279 ist anerkannt, dass die Eingesessenen nicht mehr auf dem Schievelsberg dem

*) Vgl. Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein XXIII, S. 148.

*) Broix a. a. 0. S. 86.

•) Lacomblet, Archiv I, S. 245, und Mersburden blieb Kölnisch, bis um 1308 eine Aeuderung eintrat, während die Grafschaft Hochstaden bei Köln blieb. Das Weisthum bei Lacomblet, Archiv I, S. 245 braucht des- halb nicht, wie der Herausgeber meint, vor 1261 zu fallen, weil darin gesagt ist, dass ein Erzbischof von Köln auch Graf von Hochstaden sei, ich denke, es ist zwischen 1279 und 1288 abgefasst, weil es Mersburden noch als Kölnisch angibt und hinzufügt, der Erzbischof habe eine Urkunde vorge- wiesen, dass die Vogtei zu Zülpich nur innerhalb der ersten vier Steine sein sei; das ist jedenfalls das Pingsheimcr Friedensinstrument, Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 730, das bis 1288 Geltung behielt.

*) Lacomblet, ürkundenbuch II, Nr. 376 ist die Rede von des Erz- bischofs Gütern zu Zülpich, wie sie die Erzbischöfe Engelbert und Heinrich besessen.

*) Lacomblet, Archiv I, S. 245.

Beiträ4r^ züt <it*>cLicht<? *ler Grafen von Jiilirh. 119

Vogt von Hengebaeh (Jälich) zii folgren brauchen. Derselbe hielt schon früher al>er besonders für sie drei Gedinire, \vol>ei er ein Drittel der Gefalle hatte.

Ein zweiter Bezirk war der Burgbann. Die Bessenicher Wegscheide, die Kirche zu Lüsseni, die Linde zu Xemmenich \ der Steg zu Lövenich, der Weiher zu Floren, der Langendorfer Hof, die Wollersheimer Heide, die Mühle zu Füssonich und die Hertenicher Mühle bezeichnen seine Grenzen. In diesen Limiten geschieht Erbung und Enterbung vor den SchötTen von Zülpich, unter welchem Gericht die Güter sonst auch liegen mögen, was auf dem Gericht erdingt wird, daran hat der Vogt von Hengebach (Jülich) den dritten Pfennig.

Umfangreicher ist der Beifang von Zülpich. Seine Grenzen werden bezeichnet durch das Marienholz, die Brücke zu Wich- terich, den Bollheimer Busch, den Wisskirchener Forst, Virnich, den Schwerfener Busch, den Brunnen zv^ischen Eppenich und Bürvenich, den Wollersheimer Forst, Kulipesch, den Vettweisser Busch, den Kirchhof zu Dirlau, die Hälfte des Dorfes Sievernich.

Von kurkölnisclier Seite wird darauf bestanden, dass in Bezug auf die kriminale Gerichtsbarkeit in diesem Beifang die Kölner Strasse und deren imaginäre Fortsetzung so scheiden, dass die Gefangenen entweder nach Zülpich oder nach Geich ins Gefangniss geliefert werden, und zwar die, welche südlich von dieser Linie etwas verbrochen hatten, nach Zülpich. Ur- sprünglich sollte in der ganzen Bannmeile kein Geföngniss sein, als das des Erzbischofs in dieser Stadt. Das zu Geich ist also spätem Ursprungs und für die, welche auf der Kemperheide gerichtet werden sollten. Sind die Gefangenen eingeliefert, so soll der Bote auf Befehl des Schultheissen die Hunnen und das Land (entweder die 9 oder die 13 Hundschaften) aufbieten, und der Vogt von Hengebach soll die Verbrecher richten, wo sich das gebührt (entweder auf Kemperheide oder auf dem Schievelsberg), die SchöflFen von Zülpich und Geich haben den Hunnen nur als Zeugen der That zu dienen, die Gerichtsverhandlungen gehen im Uebrigen durch den Vogt von Hengebach, die Hunnen und das Land, imd was der Vogt so erdingt, das gehört ihm allein. Wenn er aber des Beifangs wegen zu Gericht sitzt, ohne dass

^) Lac om biet a. a. 0. I, S. 247 hat Norvenich, das kann nicht richtig sein, man sehe nur die Landkarte ant Bei Grimm steht Noemenich, bei Merlo Xymenich.

120 W. Graf von Mirbach

die Verbrecher, wie oben gesagt, eipgeliefert worden sind, so thut er dem Erzbiscliof Unrecht.

Daran kehrten sich aber die Jülichschen Beamten nicht und 1407 sagen die Hundschaften aus, dass schon sehr häufig* Verbrecher gerichtet worden seien, ohne dass sie vorher zu Zülpich oder Geich inhaftirt worden ^ Zugleich beklagen sie sich, dass Geich, Bessenich (mit Weiler) und Füssenich nicht mehr auf die Kemperheide kämen und sich zu den Kölnischen Gerichten Mersburden und G^ich hielten.

Der Vogt von Hengebach (Jülich) richtete also, abgesehen von diesen Orten im Beifang, nachher ohne Konkurrenz der SchöflFen von Zülpich und Geich, wie er es vorher gethan, in denjenigen der 22 Hundschaften, die nicht im Beifang lagen, wie in Floisdorf, Berg, Hergarten, Hausen, Soller, Jakobwülles- heim und Kelz und dem halben Dorf Sievernich. Das ganze Dorf Sievernich aber ward unter Jülichsches Gericht gezogen, wenn die Hälfte auch zur Hundschaft Bessenich gehört hatte.

Soviel über die Jülichschen Vogteirechte und Gerichte. Wie es sich mit dem Pellenzgericht in Zülpich verhielt, ist weniger leicht anzugeben; es umfasste den grössten Theil der Stadt mit der Marienkirche und der Stätte, wo einst der Pallast des Pfalzgrafen gestanden. Noch 1407 ist Streit zwischen Köln und Jülich wegen der Weierpforte in Zülpich, welche der Erz- bischof auf dem Grimde der Pellenz gebaut haben sollte.

Die Filialen der Marienkirche besetzten die Nachkommen der Hengebach gleichfalls und gaben sie im 14. Jahrhundert an das neu gegründete Kapitel zu Jülich. Zu Sievernich, Flois- dorf, Berg, Hausen und Floren lagen Güter der Herren von Hengebach und Hofsgerichte derselben, in Nemmenich sind sie wahrscheinlich vor Alters Grundherren gewesen. Dann gehörte zu den Hengebach sehen Lehen von der Pfalz ausserhalb Zül- pich noch ein Wildbann zwischen Maas und Rhein über und unter der Erde. Seine Grenzen kann ich nicht angeben, bei Geich begann ein solcher Bann des Erzbischofs von Köln *. Was den Hengebachschen betrifft, so gehörte dazu „unter der Erde*' z. B. der Bleiberg bei Call, wo das Erzgraben schon im 13. Jahrhundert dem freien Betrieb überlassen war gegen Abgabe des zehnten, später des zwanzigsten Theils der Ausbeute. Dieser

") Lacomblet, Archiv VII, S. 60.

*) Bintcrim und Mooren, Erzdiözese Köln I, S. 164.

Beiträge zur Ocscbichtc der Grafen von Jülich. 121

Antheil ward durch die gräfliche Erzwage festgestellt; ein Bergmeister mit den Berggeschworenen bildete das Gericht dort. Die Bannmeile des Bleibergs wird als so weit angegeben, als es von Call nach Zülpich ist ; in diesem Bezirk durfte Jeder- mann schürfen, musste dann aber seine Muthung durch einen Kreis oder Reifen kenntlich abgrenzen. Führte der Landesherr Krieg als Herr zu Hengebach, so konnte er die Bergleute zu Schanz- und andern Belagerungsarbeiten heranziehen. Dafür hatten diese auch Holzrecht in dem Kermeterwald bei Henge- bach ; gingen sie über dieses Recht hinaus, so verfielen sie nur in eine geringe Strafe, und wenn sie sich nur 2^2 Fuss von der Stelle der Uebertretupg entfernt hatten, durften die Förster ihnen nichts mehr anhaben.

In der Nähe der Pellenzgüter ausserhalb Zülpich lag auch das Dorf Vlatten. Ob es zu einer der Hundschaften der Kemper- heide oder zum Gericht Nideggen gehörte, ist mir zweifelhaft. Im Amt Nideggen lag es sicher, dahin gehörten aber, nach- dem die Stadt Zülpich im 14. Jalir hundert an Kurköln gekommen war, auch die Hundschaften des Schievelsbergs und der Kemper- heide. Merkwürdigerweise erwähnen die Amtsrechnungen bei Anführung der einzelnen Gerichte dieses Dorf gar nicht, und doch hat dasselbe früher eine gewisse Bedeutung gehabt. Zuerst als Königshof ^ dann als Siegburgischer, wahrscheinlich inzwischen erzstiftlich Kölnischer Besitz und als Gericht der Vögte von Vlatten. Müller hält dafür, diese Vögte seien, wie auch die Grafen von Hochstaden, mit den Grafen von Jülich aus dem Hause Hengebach eines Stammes gewesen und stützt sich bei dieser Annahme auf folgende Thatsache: Gräfin Margaretha von Hochstaden und ihre Söhne verkaufen dem Grafen Wil- helm IV. im Jahre 1242 eine Sohlstatt auf dem Burgberg von Hengebach mit allen Gerechtsamen, doch unbeschadet der Rechte des Vogts Heinrich von Vlatten*. Es ist allerdings Müllers Annahme nicht ohne Wahrscheinlichkeit, Heinrich könnte aber doch auch ein Jülichscher Untervogt gewesen sein.

Im Juli 1237 bekunden Graf Wilhelm und sein Bruder, dass Ritter Ingram von Bubenheim ihnen anstatt der an Heister- bach verkauften Besitzungen in Flerzheim AUodialgüter zu

') Müller, Beiträge zur Geschichte des Herzogthums Jülich II, S. 51. *) Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 271.

122 W. Graf von Älirbach

Scheidweiler als Lehen gestellte Zeugen sind Walram von Montjoie, Lysa, Frau von Hengebach, und von Ministerialen Wirich von Gerzen, Wirich der Droste, Johann von Nideggen, Heinrich Buse u. A. Ob dieser Eitter sich nach dem Haus Bubenheim bei Düren schrieb? Wilhelm IV. hatte übrigens schon Vasallen in weiter Entfernung von seinem Lande.

In der Osteroktav 1250 verzichtet zu seinen Händen Johann genannt Bruia, Herr zu Linter, auf zwei^Theile des Allods in Perntey, welche sein Sohn Arnold als Lehn von Jülich tragen solP. Perntey ist wahrscheinlich Parentey bei Neerlinter un- weit Tirlemont.

Am 12. September 1255 bekennt sich wieder ein nieder- ländischer Dynast, Arnold Herr zu Steyn, als Jülichschen Vasallen wegen des Hofs Kamp^. Am 23. April 1260 trägt Heinrich Edelherr von Wylre sein Gericht Wylre dem Grafen auf*. Ob darunter die spätere Unterherrschaft Weisweiler zu verstehen ist? In diesem Falle ist das Gericht nachher den Lehnsherren heimgefallen, und Weisweiler ist dann im 15. Jahr- hundert einem natürlichen Sohne von Jülich verliehen worden, der es den Herren von Palant verkaufte.

Um 1247 hatte der Schwager des Grafen, Heinrich von Geldern, als Erwählter zu Lüttich Einkünfte zu Hurle und Alke (?) an Jülich für 1000 Mark verpfändet; ausser deren Genuss hatte Wilhelm im Jahre 1260 auch die Hauptsumme erhalten und trägt deshalb dem nunmehrigen Bischof seine allodialen Dörfer Siersdorf und Floverich zu Lehen auf ^

Am 26. Juni 1263 bekundet der Graf, dass Gottfried genannt Brabant, Gerhardis, dessen Frau, und Luther, ihr Sohn, ihm die Hälfte der Mühle und des Weihers zu Uppindorp verkauft haben gegen eine Rente von 4 Denaren und die Mühlen-Reparatur- pflicht, und es soll diese Mühle jetzt den Zwang haben in dem

*) Lacomblct a. a. 0. II, Nr. 217.

') A. D. Chartular der Grafcu von Jülich (künftig nur citirt „Chart.") Nr. 79.

^ Wolters, Notice bist, sur les anciens seigneurs de Steyn et de Pietersheim p. 85.

*) A. D. Chart. Nr. 57.

*) A. di Miranda, Ein FUrstenleben S. 72. Wie konnte der Graf sein Allod Floverich auftragen, es stand ja bekanntlich dem Pfalzgrafen zum Pfand für die Lehen der Pfalz? Ist vielleieht hier oder dort Loyerich zu lesen?

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 123

Gericht, das der Graf von dem Ritter Gerhard, Burggrafen zu Odenkirchen, erkauft hat^ Ich möchte dieses Uppindorp für Oppendorf oberhalb Lipp halten und das Gericht für Pütz-Trois- dorf, welches später mit Kirchherten vereinigt war. Die Oden- kirchen haben Besitzungen in der Nähe gehabt. Seit langer Zeit steht aber dort nur mehr eine Windmühle ; der kleine Bach, der durch Oppendorf fliesst, hat sehr oft kein Wasser mehr, eine Mühle konnte er wohl schon seit mehrern Jahrhunderten nicht mehr treiben, im 13. Jahrhundert aber kann dies bei der Anstauung des Wassers in einem Teiche noch sehr gut möglich gewesen sein.

In Köln hat der Graf im Jahre 1265 den Parfusenhof an der Ecke der alten Stadtmauer bei der Löwenpforte von Werner Parfuse und dessen Gattin gekauft. Das Haus hatte einst dem Grafen von Holland gehörte

Am 17. September 1268 wird AVilhelm von Elz wegen eines Drittels der gleichnamigen Burg und eines Allods von 100 Mark Werth Jülichscher Vasall und Helfer gegen Jeden, nur nicht gegen das Reich'. Man muss dieses Schloss nicht etwa bei Düren suchen, wie es geschehen ist; es ist oflfenbar die ehemalige Reichsburg Elz bei Münstermaifeld. Ein weiterer oberländischer Herr ist Johann von Braunshom (Kreis St. Goar), der für empfangene 150 Mark am 24. November 1268 sein Schloss Beilstein bei Senheim dem Grafen Wilhelm aufgetragen* und daraus Hülfe leisten will, nur nicht gegen die Kölnische Kirche. Ludwig von Isenburg stellt im folgenden Jahre seine Güter bei Ortenburg oder Ortenbach in der Wetterau zu Lehen, bis er andere näher gelegene wird anweisen können ^ Er hatte dafür 200 Mark von dem Grafen Wilhelm empfangen.

Johann von Seibach macht sein gleichnamiges im Nassau- ischen gelegenes Gut am 25. März 1270 zum Lehn von Jülich«, das in männlicher und weiblicher Linie vererblich sein soll.

*) A. D. Gereon Nr. 36; in der Rheinprovinz gibt es jetzt keinen Ort üppendorf mehr, nur das eine Oppendorf, an Obbendorf ist doch wohl nicht zu denken.

*) Ennen und Eckertz, Quellen II, Nr. 535.

') Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 583.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 585.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 594 aus dem Chartular, wo am Bande Ortenbach steht.

«) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 600.

124 W. Graf von Mirbach

An Lehngeld bekam er 150 Mark, die er wahrscheinlich zu seiner beabsichtigten Pilgerfahrt ins heilige Land brauchte.

Am 10. März 1271 bekennt sich Ritter Wilhelm von Broich- hausen als Jülichschen Vasallen flir empfangene 80 Mark wegen der Mühle und eines Zolles zu Venela (Venlo?) und des Hofs zu Blerick. Die Lehen sollen vererblich sein^

Am 7. Juni 1271 bescheinigt Wirich Edelherr von Frenz, der Graf von Jülich habe ihm 150 Mark unter der Bedingung gegeben, dass er in Frenzenrade residirender Burgmann werde und dies Geld auf Allodien anweise; er stellt jetzt demnach 2 Hufen Ackerland als erbliches Lehn^. Lacomblet scheint dieses Frenzenrade für Frenz bei Langerwehe zu halten, er hat damit vielleicht Recht. Die Grafen von Jülich erlangten allerdings den Besitz dieses Schlosses und Gerichts, doch ward noch 1339 ein anderer Erbberechtigter, der Herr zu Dann, von ihnen abgefunden^; 1361 löste Rikalt von Merode es zu seinen Händen ein, auch seine Nachkommen wurden damit belehnt. Frenz war dann eine Jülichsche Unterherrschaft.

Die Edelherren Konrad von Schieiden und Gerhard von Wildenberg können wir wohl als Vasallen des Grafen Wilhelm ansprechen, da sie 1271 bezw. 1272 dem Grafen von Luxem- burg Hülfe versprechen nur nicht gegen Jülich, älterer Ver- pflichtungen halber^. Dietrich Edelherr von Schinnen ist damals wohl auch Lehnsträger von Jülich gewesen, und zwar wegen Güter, die bei Rhöndorf in der Vogtei Vilich lagen ; als er Wein- berge daselbst der Stadt Köln auftrug, genehmigte dies der Graf am 10. Juli 1271 ^

Um diese Zeit löste Köln dem Grafen auch sein Bürger- Rentenlehn von 100 Mark ab, und er gelobt, für die erhaltenen 1000 Mark ein entsprechendes Allod zwischen der Stadt und der Ville als Lehn zu stellen. Das Versprechen erfolgt zu Köln am 15. Juni 1271, ich glaube, dass die Erfüllung unterblieben ist^, und sich daher die Streitigkeiten von 1289 zwischen seinem Sohne und der Stadt schreiben.

>) A. D. Chart. Nr. 181. *) Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 612, ') A. D. Jülichsche Lehnsregister.

*) Publ. de la soc. pour la recherche et la conservation des mon. hisU dans le Grand-Duch6 de Luxembourg XV, p. 128 und 144. *) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 614. «) Lacomblet a. a. 0. 11, Nr. 613.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 125

Am 24. Februar 1272 quittirt Gerlach Herr zu Isenburg- Arenfels dem Grafen über einen Theil des versprochenen Lehn- gelds von 200 Mark, wofür ihm Jülichsche Besitzungen zu Breisig obligirt sind^

Durch Revers, datirt vom Freitag vor Laetare (1. April) 1272* bekennt Ludwig Edelherr von Neuenahr, dass er die Hälfte seines Schlosses Nürburg als feudum oblatum von Jülich empfangen habe.

Eaugraf Konrad erklärt am 14. Juli 1273, dass er Namens des Grafen Wilhelm von Jülich von seinem Schwager, dem Wildgrafen Gottfried, 200 Mark empfangen habe, wofür er Lehnsstücke von entsprechendem Werth anweisen werde ^. Am 11. September dieses Jahres erklärt Werner der Alte von Beilersheim, durch Auftragung des Hofes Lieh dem Grafen von Jülich mehr, als dem Lehngeld gegenüber nöthig war, angewiesen zu haben, und dass der Hof auf alle seine Erben übergehen könne*. Durch den vorhin genannten Wildgrafen erwarb Wilhelm von Jülich im Oberland auch den Herm von Bolanden als Vasallen, welcher am 11. November 1273 über 200 Mark Lehngeld quittirt ^ Eh ist jedenfalls Werner von Bolanden, kaiserlicher Truchsess, und Wilhelm war in dieser Zeit am Hoflager des Königs Rudolf zu Köln. Hier macht er für empfangene 3000 Mark die Schlösser Lied- berg, Caster und Worringen mit allem Zubehör zu Lehen des Reiches, und erhält sie als Mann- und Weiberlehen zurück, Liedberg speziell für seinen Sohn Wilhelm. Rudolf ver- spricht innerhalb eines Jahres nach Weihnachten 1000 Mark, den Rest aber im nächsten Jahre zu zahlen. Ob der Graf das Geld wohl baar erhalten hat? Oder wurde vielleicht gar die Sache rückgängig? Ich weiss von spätem Belehnungen nichts zu melden. Liedberg war, wie wir unten erfahren, von den Edelherren Ludwig von Randerath, Vater und Sohn, angekauft worden. Diese Herrschaft war es nicht allein, die Wilhelm von den Randerath erwarb. Im Roer- oder JüUchgau besassen die

0 Lacomhlet a. a. 0. IL Nr. 625. , ,. ,_.

«) Lacomhlet a. a. 0. n, Nr. 627. Es kommt darauf an, ob Ludwig sich nach Kölnischem oder Trierischem Jahresanfang richtet; ^««^«^ »^^^^^^^^ der Fall, so ist der Tag nicht der 1. April 1272, sondern der 17. März 1273. Neuenahr lag im Kölnischen, Nürburg im Trierischen bpreng .

») Lacomhlet a. a. 0. H, Nr. 633.

*) Lacomhlet a. a. 0, U, Nr. 635.

*) Lacomhlet a. a. 0. II, Nr. 642.

126 W. Graf von Mirbach

Herren von Eanderatli die Vogtei über die Güter der Kölnischen Dompropstei ; diese lagen zu Aldenhoven, Pützdorf, Lohn, Pütz- lohn, Erberich, Langendorf, Helrath, Eschweiler, ßöhe, Altdorf, Inden, Frauenrath, und die Vogteigerichte erstreckten sich noch über einige Häuser von Nothberg, Dürwiss, Stolberg. Das hauptsächlichste Lehn der Propstei war im 14. Jahrhundert die nahe gelegene Herrschaft Laurensberg mit Obermerz, Nieder- merz, Langweiler und Lürken. Dieses nicht unbedeutende Vogtei- gericht Aldenhoven lag auf eine unangenehme Art in der Graf- schaft Jülich eingekeilt. Die Herren von Kanderath waren erweislich oft in Geldnöthen, mussten manches Erbgut ver- pfänden und verkaufen. Ich nehme als sicher an, dass Wil- helm IV. schon Aldenhoven erwarb, und zwar einmal, weil er 1276 den Burggrafen von Hammerstein Geldgefälle dort als Lehngeld anwies*, und dann, weil in einer Relation von 1322 gesagt ist, Gräfin Rikarda habe als regierende Gräfin zu Hel- rath Schätzung erhoben*; sie selbst hatte Aldenhoven, das ein Weistlium von 1352 als zu Jülich gehörig bezeichnet, wohl sicher nicht gekauft, es war vielleicht noch vor 1273 an Jülich gekommen, denn es lag doch zu einer Erwerbung viel günstiger als Liedberg.

Am 13. Januar 1274 verbürgt sich Johann von Aremberg, Burggraf zu Köln, bei seinem Schwiegervater, dem Grafen von Jülich, dass Ritter Gerhard Hagen von Dinslaken demselben binnen Jahresfrist, als Preis der Entlassung aus der Gefangen- schaft, ein zwischen Jülich und Caster gelegenes Gut, das noch erst gekauft werden musste, zu Lehn auftragen werde ^ Dieser Gerhard war vielleicht als Kölnischer Vasall mit dem Erz- bischof gefangen worden.

Ritter Konrad von Lynstein und sein Sohn Ruther reversiren am 18. Mai 1275 über empfangene Belehnung mit den Gütern zu Wiggeringhausen, Pfarrei Hörn, in Westfalen, welche dem Grafen von Jülich als Erblehen aufgetragen worden*. Am 18. November des Jahres erklärt Wilhelm zu Köln, dem Ritter Dietrich, Burggrafen von Rheineck, 150 Mark Aachener Denare an Lehngeld zu schulden, wofür diesem die Vogtei Breisig als

>) Rediughoven VII, fol. 220.

*^) A. D. Amtsrechuungen von Jülich.

') Lacomblet, Urkundenbuch H, Nr. 650.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 669. Wiggeringhausen liegt bei Erwitte.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 127

Pfand gestellt ist; wenn er sicli daraus bezalilt gemacht, soll er ein entsprechendes Gut stellen*; so oft 10 Mark der Schuld empfangen sind, soll eine Mark an Einkünften aus Breisig ein- gelöst sein. Demselben Burggrafen gibt Wilhelm am Katharinentag (25. November) 1275 seine Güter zu Lcutesdort, woraus ihm jährlich 3 Karraten Wein auf Gefahr des Absenders nach Köln zu liefern sind^ Am 24. April 1276 geloben Arnold, Johann und Ludwig Burggrafen zu Hammerstein wegen der ihnen durch den Grafen angewiesenen Gefalle zu Aldenhoven Güter im Werth von 70 bezw. 50 Mark als Lehen aufzutragen ^, und bekunden, dass sie den Lehnseid schon geleistet. Am 30. April verspricht der Graf zu Köln, sie zur Befestigung der Freundschaft in den Rechten zu belassen, die sie und ihre Vorfahren zu Sinzig von Kaiser und Reich gehabt, nämlich ein Drittel der dortigen Beden, Gerichtsgefalle und Oblationen, ausgenommen aber das Recht auf die Personen, Abgaben und Vermögen der Juden und Cahorsiner, worüber er gemäss kaiserlicher Verleihung allein zu disponiren habe^. Ueber Sinzig, Düren und die Rechte zu Aachen, welche hier zu behandeln wären, habe ich schon früher gesprochen •^.

Am 23. Juni 1277 quittirt Johann von Hafkesdale (Haasdael bei Valkenburg?) dem Grafen über den Empfang des Manngelds im Betrag von 100 Turnosen^

Graf Siegfried von Wittgenstein bekennt in einer Urkunde, datirt vom Tage vor Palmsonntag 1277^, dass er seine Stadt Laasphe dem Grafen Wilhelm von Jülich und dessen Erben als vererbliches Lehn aufgetragen habe. Das Datum muss der 9. April 1278 sein, ob nun Siegfried nach Kölnischem oder nach Trierischem Stil rechnete, denn im Jahre 1277 fiel der Trierische Jahreswechsel nach dem Palmsonntag. Es war demnach, als die Urkunde ausgestellt wurde, Wilhelm IV. schon todt. Wusste Siegfried das noch nicht oder bekundet er früher Geschehenes P Er scheint sich allerdings nicht an dieses Bekenntniss gekehrt

') Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 686.

«) von Lcdebur, AUg. Archiv II, S. 319.

ö) Redinghoven VII, fol. 220.

*) Günther, Cod. dipl. Rheno-MoseU. II, no. 274.

'^) Ein entsprechender Abschnitt liegt nicht vor. Red.

«) A. D. (Jhart. Nr. 135.

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 701.

128 W. Graf von Mirbach

ZU haben, also war vielleicht das Erstere der Fall und seine Söhne trugen dann Laasphe an Kurköln auf.

Aus einer Urkunde vom 15. Juni 1276 erfahren wir, dass die Gräfin Hadwig von Neuenahr und ihre Kinder vom Grafen Wilhelm IV. den Hof Grevelo in Scheidt zu Lehn trugen. Lag der Ort in der Grafschaft Neuenahr, so ist er untergegangen ^

Sonstige Vasallen und Ministerialen des Grafen habe ich gelegentlich unter den Zeugen verschiedener Urkunden namhaft gemacht.

m. Wilhelms IV. Gemahlin, Brüder und ältester Sohn.

Der zweite Sohn Wilhelms IIL, Walram Herr zu Berg- heim, soll besonders behandelt werden. Nur ein einziges Mal, 1236, ist ein Dietrich als Bruder Wilhelms IV. genannt*. Er steht als Zeuge nach Arnold von Diest und Emil von Au (Burgau). Ist auch Arnold wahrscheinlich ein Edelherr, so kann ich den Emil doch nur für einen Jülichschen Ministerialen halten*, und wenn schon Burgau nachher als Unterherrschaft dieselbe Stellung einnimmt wie Merode, so waren doch die Herren von Merode im 13. Jahrhundert hohem Rangs als Emil von Burgau. Nun steht 1271 Werner von Merode vor dem erstgeborenen Sohne Wilhelms IV."*, einen Bruder des Grafen aber, der nach dem Herrn von Burgau steht, möchte ich für einen unechten Sprossen der Familie halten, besonders da er sonst nie an Regierungsgeschäften, Familienverträgen u. s. w. theilnimmt, wie es Walram schon vor 1236 that. Höchstens wäre anzunehmen, dass er als echter Sohn Wilhelms rH. um 1217 geboren und um 1237 gestorben wäre. Sein Vorname war ja im Hengebachschen Geschlecht häufig.

Von Schwestern Wilhelms IV. finde ich keine Spur.

Man gibt diesem Grafen vielfach zwei Frauen, Margare tha von Geldern und Rikarda von Limburg. Mit ersterer verlobte er sich 1236. Sie war die Tochter des Gerhard von Geldern und der Margaretha von Brabant, die beide damals verstorben waren, Schwester des Grafen Otto und Mündel des Herzogs Heinrich von Brabant. Der Bruder hatte sie dem Dietrich von Valken-

») Günther 1. c. II, no. 275, p. 420.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 209.

*) Vgl. seine SteHung Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 225.

*) £nnen, Quellen III, Nr. 35.

Beiträge zur Geschichte der Onifen von Jälich. 129

bürg versprochen, der Vormund aber zo^r den mächtijren (irafen von Jülich vor und schloss mit diesem zu Löwen die Pi*äliminarien ab am Gregoriustag: 22. Dezember 1236 (nler 12. März 1237 *? Wenn es gelingt, den Dietrich zum Rücktritt zu l)ewegen, so will Graf Wilhelm, bei Strafe von 1000 Mark, die Margaretha zur Gattin nehmen und zwar bis zum nächsten Pfingstfest, auch mit dem Heirathsgut zufrieden sein, das der Herzog ihr an- weist; die für den Verspruch obligirten 1000 Mark aber hat der Graf von Geldern mit 100 Mark jährlich zu eutrichten, was sie ausser den 1000 Mark bekommt, ist nach Rath des Edelherm Arnold von Diest und Anderer in Geld zu entrichten. Wilhelm will seiner künftigen Frau Jülich und dabei 400 Mark jährlich anweisen aus seinen Gütern in Jülich. Das Eingebrachte fallt zurück, wenn die Ehe kinderlos bleibt. Doch, obschon der Valkenburger sich bald anderweitig vermählte, ist die Ehe zwischen Wilhelm und Margaretha schwerlich zu Stande gekommen. Der Graf, welcher 1278 schon einen erwachsenen Enkel hat (den Grafen von Looz), muss um 1240 geheirathot haben, im Jahre 1251 ist aber als seine Frau eine Rikarda genannt in einer zu Nymwegen gegebenen Urkunde*. Wer war nun diese Rikarda? War sie wirklich Herzog Heinrichs von Limburg Tochter und also Geschwisterkind mit Wilhelm IV. P Damals wäre es kaum möglich gewesen, für eine solche F^he Dispens zu erlangen. Man hat bisher eine Urkunde ttbei-sehen, welche Aufschlnss über Rikarda gibt \ Graf Gerhard, Wilhelms IV. Sohn, erklärt 1306, dass, als sein Oheim Heinrich, weiland Bischof zu Lüttich und Herr zu Montfort, 1282 gestorben sei, seine (Gerhards) Mutter, sein Bruder und er selbst Ansprüche an Montfort zu haben geglaubt. Heinrich war nun ein Bruder Ottos von Geldern, und die 1282 lebende Mutter ist also Rikarda, Schwester dieser Gebrüder. Man wird doch nicht glauben, Wilhelm IV. habe zwei Schwestern nach einander geheirathet, das war damals ganz unstatthaft; also ist Rikarda aurh einzitro Frau Wilhelms und, als Margaretha früh g(?storben, an ihrtT Stelle mit dem Grafen von Jülich vermählt worden*. I>ii-^>

*) Butkens, Trophees I, preures p. 7t>, *) Bondam, Charterboek p. 477. ') Nijhoff I, 81.

*) Im JölJchÄchen Haiwf' i^inj^en viele V.rlobnn««! Wilhelm« IV. .Söhnen Walram fand G.rhanl fu drr ül, Wilhelm, einer Urenkelin, und da. alle, zwi^^b -n I3M r

130 W. Graf von Mirbach

Rikarda wirklicli Mutter des Grafen Gerhard gewesen, ist viel- fach konstatirt, Margaretha kommt nie mehr vor^ Nicht nur passt der Vorname Rikarda sehr gut in das Geldrische Haus, er kam nämlich von der väterlichen Grossmutter Rikarda von Nassau, Gattin Ottos I. von Geldern, her, sondern auch die Namen von Wilhelms IV. Kindern lassen auf eine Geldrische Mutter schliessen.. Wir wollen diese Kinder später sämmtlich anführen, Als Rikardas Urenkel Wilhelm von Jülich die Maria von Geldern heirathete, war noch Dispens von der Verwandt- schaft im vierten Grade nöthig alles Beweise für die von mir angeflilirte Abstammung der Rikarda. Was sie ihrem Gemahl könnte zugebracht haben, darüber wage ich kaum eine Ver- muthung. Am 7. Juli 1258 verkauften Wilhelm und seine Gattin dem Grafen von Sponheim und Sayn ihre Leute im Amt Nümbrecht ^ ; es wäre möglich, dass von der Nassauischen Grossmutter her Rikarda dort Besitz hatte.

Wollte man noch zweifeln, ob, wie die andern Kinder, so auch Wilhelm, ältester Sohn des Grafen Wilhelm IV., Sohn der Rikarda gewesen, so gäbe ihre Erklärung vom 2. Februar 1288 Aufschluss, wo sie sagt, ihr Gemahl, i h r Sohn und dessen Frau hätten einst den Rottzehnten von 20 Morgen beim Birkhof dem deutschen Orden überlassen^. Er wird um 1241 geboren sein und ist 1260 als zustimmend bei dem bekannten Rottzehnten- verzicht des Vaters genannt*. Im Jahre 1268 wird auch ihm, der sicherlich dem Vater in manchem Kriege kräftig zur Seite gestanden, die Exkommunikation angedroht. Als Reinhard von AVysse (Vettweiss) am 11. Oktober 1270 Bürger von Köln wurde, hängt der junge Wilhelm sein Siegel an die darüber aufgesetzte Urkunde ^ Dies Siegel stellt ihn dar zur Jagd reitend mit dem Falken auf der Hand und hat die Umschrift:

*) Das Ohronicon ducnm Brabantie, das man als Beleg für die Heirath der Margarctba anführt, sagt nur bei den Kindern des Grafen von Geldern : „et filia quaedam, comitissa Juliacensis^. Das ist eben Rikarda.

^) Eltester und Goerz, Mittclrh. ürkundenbucb III, Nr. 1453.

^) A. D. Katharinen- Kommende Nr. 71. Einige glauben nämlich, wenigstens Wilhelm sei der Margaretha Sohn, Rikarda sagt aber „senior noster filius**, und da sie den Gemahl vorher nennt, konnte sie um so eher den jungen Wilhelm nur dessen Sohn heissen, falls sie nicht die Mutter gewesen.

*) Lacomblet, Ürkundenbucb II, Nr. 500; freilich wird er hier nicht mit Namen genannt

*) Ennen, Quellen III, Nr. 30.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 131

S. Wilhelmi filii comitis Juliacensis. Am 9. Juli 1271 leistet er mit dem Vater, dem Propst zu St. Gereon, dem Werner von Merode und den Edelherren von Blankenheim und Diest der Stadt Köln Bürgschaft dafür, dass Albert von Herpen, Verwandter der Garanten, genügende Urfehde schwören werdet Wilhelm IV. und Werner von Merode nennen sich Ritter und stehen vor den weltlichen Mitausstellern, somit ist auch der Platz des Werner, eines ßeichsvasallen, vor dem des „Erstgeborenen" von Jülich, was immerhin auflfällig erscheint und doch wohl nicht statthaft gewesen wäre, wenn Merode nicht freier Abstammung war. Wilhelm der Junge war also damals noch nicht Eitter, hatte auch noch kein eigenes Gebiet, aber der Vater nennt ihn doch seinen „Erben" ^ und auch das Prädikat „Erstgeborener", bisher im Jülichschen Hause nicht bekannt, deutet darauf hin, dass er als solcher das Recht der Nachfolge in der Grafschaft haben sollte. Wie ich schon erwähnte, belehnte ihn König Rudolf mit der vom Vater erworbenen Herrschaft Liedberg am 24. November 1273*. Jetzt hatte er also ein eigenes Territorium, wenn auch kein sehr grosses. Das spätere Amt Liedberg kann nicht mit der damaligen Herrschaft kongruent gewesen sein*, man wird aber wohl nicht sehr fehl greifen, wenn man Glehn, Lüttenglehn, Epsendorf, Btittgen, Kleinenbroich, Unterbroich und Giesenkirchen zu ihr rechnet. Am 13. Mai 1275 ist Wilhelm, Erstgeborener, Zeuge bei der Vergebung von Hesshausenwardt an Dietrich Luf von Cleve*, und am 30. August 1276 erster Schiedsrichter zwischen dem schon genannten ehemaligen Bischof Heinrich von Geldern zu Montfort und dem Herrn zu Heins- berg ^ Im selbigen Augustmonat aber nennt er sich auch einen Herrn zu Liedberg, als er den zu seiner Herrschaft gehörigen Hügel bei der Kirche von Glehn sammt dem Patronat daselbst unter Zustimmung des Vaters dem Wilhelm von Heipen- stein schenkte Am 4. August 1277 ist Wilhelmus de Juliaco

>) Ennen a. a. 0. HI, Nr. 48.

*) Saint-G6uoi8, Inventaire analytique des chartes des comtes de Flandre p. 128.

•) Lacomblet, ürkundenbuch II, Nr. 646.

*) z. B. gehörten Garsdorf und Frimmersdorf zum Amt.

*) Lacomblet, ürkundenbuch II, Nr. 668.

•) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 694.

^ Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 695. Ein Hügel liegt doch nicht bei der Kirche in Glehn I Der raons, wie es in der Urkunde heisst, muss nicht

9*

132 W. Graf von Mirbach

bei einem Revers Zeuge, den der obige Heinrich Herr zu Montfort dem Grafen von Greldern wegen seines Schlosses gibt, das später nach seinem Tode an Geldern kommen soll. Wilhelm begab sich dadurch also seiner Ansprüche auf Montfort, welche seine Mutter und Brüder nachher wieder erhoben habend Im nämlichen Jahre trat er dem grossen Bündniss gegen Erzbischof Siegfried bei und fand bekanntlich im folgenden am 16. März zu Aachen seinen Tod.

Wilhelm hat vor dem Jahre 1266 geheirathet. Damals bekennt sein Vater, er habe von dem Grafen Guido von Flandern 5000 Pfund oder die Hälfte des Heirathsguts empfangen, das dieser seiner Tochter Maria ausgesetzt bei der Vermählung mit Wilhelm, dem Erstgeborenen und Erben von Jülich*. Wilhelm IV. quittirt abermals über 2000 Pfund am 8. März 1267 und stellt am 30. April desselben Jahres eine Generalquittung über den ganzen Betrag der Mitgift (10 000 Pfund) aus^ Des Grafen Guido noch lebende Mutter Margaretha hatte hauptsächlich diese Gelder gezahlt, denn sie war ja die eigent- liche Erbin von Flandern und hatte sich, nachdem ihre erste Ehe mit Bouchard von Avesnes getrennt worden, mit Wilhelm von Dampierre vermählt. Dessen Sohn Guido ist dann Graf von Flandern geworden und war verheirathet gewesen mit der schon 1251 verstorbenen Mathilde von Bethune zu Dendermonde, Tochter Roberts und der Isabella von Morialm6. Maria, um 1250 geboren, war Guidos jüngste Tochter, sie gebar ihrem Gatten Wilhelm von Jülich zwei Söhne, welche beide des Vaters Namen trugen, und blieb nach 1278 noch vier Jahre langWittwe. Sie verlobte sich aber dann 1282 mit Simon von Chateauvilain, Sohn des Johann und der Johanna von Luzi, welche im Dezember des Jahres, den Verspruch genehmigend, dem Simon 500 Pfund Einkünfte aus ihren Herrschaften Courcelles, Bremur und Brice anweisen, nachdem sie am 22. Oktober schon 3000 Pfund Turnosen aus dem Heirathsgut der Maria empfangen*. Die Braut wird damals „Gräfin" von Jülich, Tochter von Flandern

gross gewesen sein, in der ganzen Gegend ist kein Hügel ausser dem, worauf Schloss Liedberg steht.

*) Bondam 1. c. p. 621.

') Saint-G6nois L c. p. 128.

*) Vre diu 8, Genealogia comitum Flandriac, probat. II, p. 34 sq.

*) Vredius 1. c. probat. II, p. 37.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 133

genannt, ein Titel, den ihr des verstorbenen Wilhelm Geschwister wohl kaum zugestanden haben werden. Ueber ihre weitern Schicksale weiss ich nichts zu melden, ihre Söhne dagegen werden uns noch beschäftigen.

IV. Eikarda als Gräfin von Jülich 1278—1283.

Das unerwartete Ende Wilhelms IV., der in der Nacht vom 16. auf den 17. März 1278 bei dem Ueberfall der Stadt Aachen mit seinem Erstgeborenen und zwei natürlichen Söhnen, sowie einer ansehnlichen Schaar von Rittern * in mörderischem Strassen- kampf von den Bürgern erschlagen worden, hatte die Grafschaft Jülich um so empfindlicher treffen müssen, als nun auch die Nachfolge in der Eegierung nicht gesichert war. Es konnten wegen derselben manche thatsächliche und rechtliche Fragen in Betracht kommen. War es festzustellen, ob Wilhelm der Vater oder Wilhelm der Sohn zuerst gefallen? Was hatte der Graf dem Guido von Flandern in Bezug auf die Nachfolge des Sohnes etwa versprochen und war das Versprechen verbrieft und gültig? Konnten die jungem Söhne es nicht anfechten? Hatte es irgend einen Werth, falls der Erstgeborene vor dem Vater erschlagen worden ? War für diesen Fall nicht eine gültige Einigung vorher getroffen worden, so waren, weil nach Jülichschem Recht ein Repräsentationsrecht der Enkel noch nicht bestand, die kleinen Söhne Wilhelms des Erstgeborenen der Grafschaft Jülich unbedingt verlustig. Aber wer sollte folgen, der ältere Sohn des Grafen, der Propst Walram, oder der jüngere Gerhard? Walram, der nicht Priester war, scheint eine Zeitlang sich als Grafen betrachtet zu haben, als solchem gilt ihm der Lehns- revers des Gerlach Herrn zu Dollendorf wegen eines Viertels von Gladbach und einiger Güter zu Gowe (?), Waldorf und Heymberg (?) vom 17. März 1279*. Nur dieses eine Mal finde ich vor 1283 den Walram, vielleicht zur Zeit eines voreiligen Versuchs, die Herrschaft an sich zu reissen, als Grafen von Jülich genannt. Im Uebrigen scheinen die Brüder gleich nach des Vaters Tod, angesichts der grossen Gefahren, in denen sich

0 Ein altes Stiftungsverzeichniss des Klosters Wenau nennt die Namen Ton zwölf derselben; vgl. Beiträge zur Geschichte von Eschweiler und Umgegend I, S. 296.

«) Lacorablct a. a. 0. II, Nr. 722.

134 W. Graf von Mirbach

das Land befand, die Successionsfrage unentschieden gelassen zu haben. Einigkeit that Noth, dem Erzbischof gegenüber schon, und weiter fürchtete man auch, dass der Graf von Flandern den Versuch machen werde, die Grafschaft für seine Enkel in Besitz zu nehmen. So wurde denn die Regierung einstweilen im Namen der Gräfin Rikarda geführt. Erzbischof Siegfried erhielt die Nachricht vom Tod des Grafen Wilhelm zu Neuss; wie mag er gejubelt haben, als er seinen Haupt- widersacher unschädlich gemacht wusste. Wie Levold von Northof nach einer glaubwürdigen altern Quelle berichtet, eilte der Erzbischof sofort nach Köln und celebrirte im Dom ein feierliches Hochamt, die Messe vom h. Petrus mit den Worten beginnend: „Nun weiss ich wahrhaftig, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich befreit hat aus dem Rachen des Löwen." Diese Anekdote wird übrigens bei ähnlichen Gelegenheiten von andern Kirchenfürsten erzählt, wenn auch der Feind, über den sie triumphirten, nicht gerade einen Löwen im Wappen führte. Jedenfalls fiel Siegfried mit seinem Heer schleunigst in die Grafschaft Jülich ein, schlug die wenigen Streiter, die sich ihm entgegen warfen, eroberte die meisten festen Plätze und nahm nach kurzer Belagerung auch die Stadt Jülicli selbst, wo er hohe Kontributionen ausschrieb und das Schloss verbrannte. Nur Nideggen und Hengebach^ (Heimbach) widerstanden, während an Landesburgen, Lehen und Oflfenhäusern vierundzwanzig gefallen sein sollen. Der Erzbischof richtete schon eine Art provisorischer Regierung ein, indem er die alten Amtleute verjagte und neue einsetzte*. Am 4. April unterwarf sich Düren, doch nicht auf Gnade und Ungnade, sondern vorbehaltlich späterer Genehmigung durch einen Grafen von Jülich ^ Inzwischen waren mehrere der mächtigsten Vasallen und Verwandten des Jülichschen Hauses nach Nideggen geeilt, um von dieser ungebrochenen Feste aus der Gräfin zu helfen, so die Grafen von Sponheim, Virneburg und der Edelherr von Tomburg. Der letztere erbietet sich dort am 7. April, die Jülichschen Lehen um 200 Mark zu vermehren,

*) Spätere QueUen haben Hambach, das Schloss bestand damals wahr- scheinlich noch nicht.

') L. von Northof, Chronik der Grafen von der Mark, ed. Trosa, S. 107 und Gelenii Farrag. XV, 77.

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 710.

Beiträge zur Gescbichte der Grafen von Jülich. 135

auch der Gräfin seine Schlösser Mühleuark und Tomburg zu öflfnen^ Ein zweites Kölnisches Heer aber drang unterdessen in die Jülichschen Nebenlande und eroberte Caster und etwas später auch Bedburg, woran Graf Wilhelm ein Pfandrecht gehabt hatte. Sinzig musste sich ebenfalls ergeben. Dass sich der Erzbischof auf diese Weise der Reichslehen und Pfandschaften bemächtigte, konnte König Rudolf nicht ungestraft hingehen lassen, er veranlasste den Herzog von Brabant jetzt einzu- schreiten. Während nun Siegfried von der Burg Zülpich aus, die er stärker befestigte, das eroberte Land im Zaum zu halten suchte, fiel der Graf von Arnsberg in seine westfälischen Lande ein und zwang den Erzbischof, Streitkräfte dorthin zu entsenden. Mit dem Herzog von Brabant rüsteten Graf Adolf von Berg, Walram von Valkenburg, Graf Reinald von Geldern, Arnold von Looz und Graf Heinrich von Luxemburg ^ Andere Vasallen sorgten für Lebensmittel in Nideggen; Arnold von Blankenheim lieferte Wein für die durstigen Krieger im April und Rikarda versprach ihm, denselben im Mai zu bezahlen oder ihm auch Zinsen dafür gutzuschreibend Johann von Brabant ergrifi" die Gelegenheit, Aachen in seine Gewalt bringen zu können, wohl sehr gem. Walram von Limburg sagte jetzt dem Erzbischof auf, drang bis Zülpich vor und belagerte die Burg. Dem Erz- bischof gelang es zwar, Entsatz zu erhalten und an den Befes- tigungen weiter arbeiten zu lassen, aber das Land Jülich war doch für ihn, hauptsächlich durch das siegreiche Vordringen des Limburgers, bald wieder verloren. Ausser Zülpich leistete auch Aachen erfolgreichen Widerstand. Die Herzoge von Limburg und Brabant misstrauten einander ohnehin, eben der Stadt Aachen wegen, im Limburgischen waren Brabantische Kaufleute beraubt worden, die Belagerung Aachens zog sich sehr in die Länge, den Brabantern fehlten die Lebensmittel und so gab der Herzog das Unternehmen schliesslich auf^. Jetzt, im Herbst 1279, licss sich an einen Frieden mit dem Erzbischof denken, welcher denn

») Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 709, wo das Datum falsch aufgelöst ist. Also war der Herr von Tomburg wohl damals im vorübergehenden Besitz von Mühlenark?

») Vgl. Ernst, Histoiro du Limbourg IV, p. 360.

5) Barsch, Eiflia illustrata I, 1, S. 250.

*) Freher, Rer. Germ, scriptores I, 474; Butkens, Troph6es I, preuves no. III; Lüuig, Cod. dipl. U, U31 und Ernst 1. c.

136 W. Graf von Mirbach

auch am 14. Oktober zu Pingsheim bei Lechenich geschlossen ward ^ Vermittler waren Herzog Walram von Limburg, Graf Heinrich von Luxemburg und Graf Gottfried von Sayn; wie die Bedingungen beweisen, war' die Lage der Gräfin von Jülich doch noch eine ziemlich bedrängte. Auf die alte Henge- bachsche Vogtei in Zülpich und ausserhalb der Stadt innerhalb der nächsten vier Steine mussten sie und ihre Söhne zu Gunsten des Erzbischofs verzichten, da diese Vogtei ursprünglich von ihm, bezw. von Gütern des Erzstifts herkam, und die Bürger der Stadt sollten auch künftig von der Folge auf den Schievels- berg frei sein, die schon gewohnheitsmässig längst unterblieben war*. Ferner erhält der Erzbischof die Zinsen und alle Güter in der Stadt, die von der Pellenz herkommen, ausser der Kirchen- gift von St. Marien, er kann nun das Schloss in Zülpich auf- bauen und die Stadt befestigen, wie er will, nur soll er ohne Urlaub keine Untersassen von Jülich oder Jülichscher Vasallen in dieselbe aufnehmen. Dasselbe versprachen auch Gräfin Rikarda und ihre Söhne in Bezug auf des Erzbischofs Leute und die Jülichschen Festungen. Schloss und Herrschaft Liedberg, wie sie einst der Herr von Randerath besessen, werden dem Erz- stift abgetreten. Die „neue Stadt" an der öffentlichen Strasse (?) muss zerstört, die Gräben müssen gefüllt werden, keiner der Paciszenten darf sie wieder bauen; die Strasse soll wieder in den frühem Stand kommen. Caster dagegen darf wieder auf- gebaut werden. Weil Rödingen und Petternich einst wegen des Leimgelds für Nideggen dem Jülichschen Hause verpfändet wurden zu Zeiten des Erzbischofs Philipp, so sind sie Eigenthum des Erzstifts und können für 1600 Mark eingelöst werden. Nid eggen bleibt Kölnisches Lehn mit 24 Hufen. Wegen der Juden im Lande Jülich hat sich der Graf von Sayn noch nicht vollständig informiren können und will daher den Spruch darüber bis zu Weihnachten fallen. In Bezug auf die Streitigkeiten der Bimdes- genossen wird noch entschieden werden, namentlich wegen Mühlenark. Der Herzog von Limburg muss von den Befes- tigungen, die seine Amtleute am Kirchthurm von Dülken gemacht haben, für iiimier abstehen und dem Kölnischen Bürger

*) Lacomblct, ürkundenbuch II, Nr. 730.

*) Ich glaube das wegen des Weisthums bei Lacomblet, Archiv I^ S. 245, welches diese Freiheit als hergebracht weist, das Besultat des Pings- heimer Friedens aber S. 252 als Anhang hat.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 189

schiedeaen Terminen 15 000 Mark englisch-braban tischer Denare als Busse, welche die Grafen von Luxemburg und Greldern in der Stadt empfangen, zählen und dann versiegeln sollen; das kann aber auch durch Mandatare geschehen und die so ver- siegelten Säcke werden dann nach Berg (Bardenberg) zwischen Aachen und Herzogenrath geliefert. Sind die Söhne Wilhelms des Erstgeborenen zu den Unterscheidungsjahren gekommen, so erhalten sie von obigem Geld eventuell 1000 Mark, die den Aachenern zurückerstattet werden, falls die Kinder sich auf nichts einlassen würden ; Walram von Bergheim soll zur Urfehde durch Zahlung von 10 Pfund kleiner Turnosen vermocht werden, nimmt er sie nicht an, so bekommt die Stadt sie zurück. Die Aachener müssen auch auf ihre Kosten vier Sühnealtäre stiften und jeden mit Einkünften von 10 Mark Sterlingen dotiren, einen im Kloster der weissen Frauen zu Aachen, einen in dei Abtei Burtscheid, zwei nach Bestimmung der Familie im Lande von Jülich ; erstere zwei sollen die betreffenden Klöster, letztere der zeitliche Graf von Jülich besetzen. Die 10 Mark Renten können auch mit 100 Mark abgelöst und dann diese Gelder irgendwo in einem Kloster sicher angelegt werden. In beson- derer Urkunde vom gleichen Tage verpflichten sich noch speziell die beiden Pröpste Walram und Otto von Jülich, ihre Neffen, Wilhelms Kinder, zur Urfehde zu bewegen bei Strafe des Ein- lagers in Mastricht*. Die zwei Altäre wurden ueinnächst zu Nideggen gestiftet und schon am 3. Februar 1283 dem Johanniter- orden, welcher inzwischen dem deutschen Orde/n im Besitz der Pfarrei Nideggen gefolgt war, durch die gräflicjie Familie über- tragen ^ Um diese Zeit entsteht auch das (Ordenshaus der Johanniter dort. Li der Jakobstrasse zu Aachenvyrurde auf der Stelle, wo Graf Wilhelm gefallen war, ein Monumend errichtet Es bestand aus einer einfachen rechteckigen Basis, weTciiMi viel Säulen und darüber eine Kuppel trug. Oben war ein eisernes Kreuz angebracht und unter der Kuppel hing eine Lampe, die Nachts angezündet wurde*. Als die Kuppel und zwei der

*) Qu ix, Cod. dipl. Aquensis no. 227.

») Kremer a. a. 0. III, 8. 74. Schorn, Eiflia sacra II, S. 259 gibt irrig das Jahr 1282 an und folgert mit Unrecht aus der üebertragung, dass die Johanniter damals in Nideggen bereits „ansässig** gewesen seien.

*) Vgl. Loersch in der Zeitschrift des Aach. Geschichtsvereins VI, S. 245 f.

140 W. Oraf von Mirbach

Säulen eingestürzt waren, übertrug man die Lampe in das Kloster der weissen Frauen. Noppius nennt das Denkmal, wovon zwei Säulen noch bis ins 19. Jahrhundert standen, „gantz heslich**. Seit dem Jahre 1872 bezeichnet eine am Hause Jakobstrasse Nr. 26 angebrachte Gedenktafel die Stelle, \*^o Graf Wilhelm sein Leben aushauchte. Leider hat die Tafel die falsche Jahreszahl 1277. Die Dotirung der Altäre war noch Ursache mancher Verhandlungen. Einige sagen, im Jahre 1280 seien auch die Rechte der Grafen von Jülich in Aachen über- haupt neu festgestellt worden, namentlich sei ihnen wegen des Geleits der Pilger, die zu den Heiligthümern zogen, der dritte Tlicil der Opfer in der Marienkirche zuerkannt worden ^

Gräfin Rikarda bewahrte sich auch noch einige Jahre nach- her die Regierung im Namen der Söhne. Am 5. Oktober 1279 hatte Rütger von Beck ihr seinen Sohn Reinhard zugesandt, damit sie diesem die Lehen verleihe, die er von „ihren Söhnen*' habe^. Am 25. Dezember 1283 bewilligt sie nebst den Söhnen die Theilung des Speysbuschs bei dem Altenbergschen Hof Isenkrath zwischen den umliegenden berechtigten Ortschaften. Der Hof selbst hatte 64 Holzgewälde und musste von jeder der Jftlichschen Familie bei der Theilung eine Mark zahlen^. In demsc^lben Jahre 1283 tritt der Propst Walram als Graf von Jülich auf;. Gerhard und Otto übernahmen, vielleicht nicht ganz gern, die He^schaften Caster, bezw. Hengebach, Gräfin Rikarda aber erscheintVn manchen Urkunden der Familie noch als mit- handelnd und zVstimmend. So 1287 bei der Veräusserung der Güter zu Worri^gen, des Patronats zu Kirchherten durch Ger- hard von Jülich?^, bei der Erklärung zu Gunsten des Birkhofs und dem Verkanif, den die Frau von Holte für die junge Mathilde von Aremberg abschloss. Das St. Klarenkloster zu Köln ver- ehrte jiie Rikarda als Stifterin, denn sie und ihre Söhne haben tien Parfusenhof auf dem Berlich in der Kolumbapfarre dafür hergegeben, eine Schenkung, die Graf Gerhard im August 1303 bestätigte und in dem betreffenden Schrein eintragen liess*.

*) Trithcraius, Chron. Hirsaug. II, p. 34; Leibnitz, Scriptores rer. Brunsvic. II, 20; Sweertius, Rer. Belgic. annales p. 218; Magnum Chron. Belg. ad a. 1278.

*) Lacomblct, ürkundenbuch II, Nr. 729.

') Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 785.

*) Kremer a. a. 0. III, Nr. 152 und 153; Ennen, Quellen III, Nr. 282.

^) A. D. St. Klara Xr. 2.

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Beiträge zur Oeschichte der Grafen von Jülich. 141

Dies ist das Haus, welches dem Werner Parfuse gehört hatte. Unter den WitthumsgUtera der Gräfin sind uns das Haus „Jülich** zu Köln * (Hohestrasse Nr. 111), und der Hof zu Titz im Amt Caster bereits bekannt. Zu Pfingsten, am 25. Mai, 1292 erwarb das Kloster Altenberg ein dahin gehöriges Hofesgut in Titz nebst dem Recht „zu dinge ind zu ringe" von Gerhard Luceling,der dafür unter Genehmigung der Gräfin vor Schultheis^ und Schöfi'en ein dortiges anderes Gut in die Hofesgemeinschaft einweisen lässt^. Am 31. Januar 1293 ist die „venerabilis comitissa Juliacensis" gegenwärtig, als Margaretha, Wittwe des Ritters Tilmann von Jülich, dem Kloster Gnadenthal ihren Hof zu Broich vor der Höferschaft von Pettemich, den Schöfl^en zu Jülich und dem Graftn Walram überträgt \

Am 19. Juni 1293 besiegelt Rikarda einen Verkaufsakt, worin Sibert von Meer eine Hofstatt, zu Meer gelegen, zinsbar ihrem Hof in Titz, dem Kloster Altenberg überträgt ^ Dies ist meines Wissens die letzte Urkunde, welche die Gräfin nennt. Ihr gewöhnliches Siegel zeigt ihre stehende Figur, die rechte Hand auf die Brust gelegt, auf der linken einen P'alken; Um- schrift: Sigillum Richarde comitisse Juliace. Auch ein Reitcr- siegel ist von ihr gebraucht worden, ich habe dasselbe aber stets nur sehr verletzt vorgefunden ; das Gegensiegel zeigt ein Wappen mit dem Löwen und die Legende: f 1*^^- ^^^- clavis. sigilli. Icli kenne weder Jahr noch Tag ihres Todes; 1298 muss sie nicht mehr am Leben gewesen sein, weil ihr Sohn Gerhard wohl damals das Haus „Jülich'' in Köln besitzt*. Sie ist in der Kirche« zu Nideggen neben ihrem Gemahl begraben. Das Grabmal scheint etwas später, aber doch nicht nach 1350 angefertigt zu sein. Jetzt ist^davon nur die Deckplatte übrig, welche, ebenfalls schon sehr beschädigt, die Figuren der Verstorbenen zeigt. Der bart- lose", pausbackige jugendliche Kopf Wilhelms IV. hat auf Porträt- ähnlichkeit wohl nie Anspruch gemacht (falls nicht eme unge- schickte Restauration noch manches daran verwischt hat) ; Rikardas Gesicht ist sogar verschleiert. Das Kostüm und die Stilisirung des

*) Fahne, Salm I, 2, 44.

') A. D. Altenberg 174.

*) A. D. Kopiar von Gnadenthal 149.

*) A. D. Altenberg 177.

ö) Fahne, Salm I, 2, 44. -

^) Vgl. Organ flir christUche Kunst XVI, S- '^^ ^-

142 W. Graf von Mirbach

Wappens zur Seite des Grafen gehören noch dem 14. Jahr- hundert und eher dessen erster Hälfte an ; die Inschrift, welche auf ehernen Platten das Grabmal umgab, muss noch jünger sein, da sie nicht einmal den Vornamen der Gräfin kennt, wenn anders Brosii richtig gelesen hat^

Quis furor, o cives, decrevit perdere duces?

Stella rubens procerum, quem monstrant gesta procerum,

Moribus omatus super Herculeos trabeatus

Qui fuerat, comitem mactavit, Aquisque Quiritem,

Condita maiorum laus hac fuit urbe virorum,

His simul immissa foelix hie iacet comitissa

Irmgardis prona dominarum digna Corona^.

V. Die übrigen Kinder des Grafen Wilhelm IV.

Des Grafen zweiter Sohn war Walram, bei des Vaters Tode Propst des Marienstifts zu Aachen. Als solcher erscheint er schon am 30. Oktober 1273 als Zeuge von König Rudolfs Privilegienbrief für die Stadt Kaiserswerth ^ Im Jahre 1283 ist er dem Vater als Graf in Jülich gefolgt und hat später sein geistliches Amt niedergelegt. Ueber seine Regierung weiter unten.

Gerhard, der dritte Sohn, erst Herr zu Caster, Graf von Jülich 1297 1328, soll ebenfalls später behandelt werden.

Otto ist vielleicht nicht der jüngste Sohn gewesen, wenn es richtig ist, dass er schon 1265 als Propst des Servatiusstifts zu Mastricht in einem zu Paris befindlichen Kartular dieser Kirche genannt ist*; im Jahre 1279 bekleidet er diese Würde allerdings* und im Mai 1282 besiegelt er als Domherr und Archidiakon von Lüttich einen Privilegienbrief seines Nefi'en Arnold von Looz zu Gunsten des Klosters Münsterbilsen •. Auch

*) Brosii, Annales I, p. 43.

') Abbildung des Grabmals, soweit es noch vorhanden, sieh auf der beigegebenen Tafel. Früher war es wohl eine erhabene Tumba und ein Stein der Seitenverblendung mag der mit einer ritterlichen Figur gezierte sein, welcher jetzt über dem Thurmeingang der Kirche angebracht ist

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 689.

*) Mittheilung des Herrn von Bormann zu Schalkhoven.

*^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 730.

®) Wolters, Notice bist, sur Tancien chapitre de chanoinesses nobles de Münsterbilsen p. 67.

L_

Beitrig« i«r G«*^hi'*hir- Äkt Grsf^-n Tt>B jQlicb« 143

war er bischöflicher Offizial ' um! jeilenfalls Priester, konnte sonach auf die Xachfolirt* in Jnlich nirht rechnen. I)enncM*li gelang- es ihm, aus der streitiin.n Erbschaft des Vaters die Herrschaft Hengel>ach zu l>ek<jmmen. Als Herr da>elbst mischt er sich am 8. Septenit)er 12^3 aurh in den Liniburerischen Erbfolge- streit * und ist 14 Tag-e si>äter l>ei der Vendandungr Wassenl)ergs an Kurköln unter den Verwandten des Grafen Reinald von (Feldern genannt, welche die Burg eventuell einlr>sen können *. Etwa im Jahre 1293 wird er gestört )en sein, und Hengebach ist der Grafschaft Jnlich wie^ler zuirefallen.

Von Töchtern des Grafen Wilhelm IV. kenne ich folgende :

1. Mathilde, geboren um 1240, um 1258 vermählt mit

Johann, ältestem Sohn des Arnold, Grafen von Looz und

Chiny, Ritter. Regierende Gräfin ist sie wohl kaum geworden,

ich glaube, dass sie 1206 schon todt war, weil Johann sie in

seinen Urkunden von damals meines Wissens nie nennt. Er

hat sich nachher mit Elisabeth von Beloeil und Cond6 vermählt

und ist 1279, neun Jahre nach seinem Vater gestorben. Schon

1278 erscheint Arnold, sein ältester Sohn erster Ehe*. Derselbe

hatte wohl von seiner Mutter her Güter im Jülich sehen Land,

Tielleicht Pfandschaftea, und stiftet derselben am 30. März

(feria tertia ante ramos palmarum) 1316 ein Jahrgedächtuiss im

Kloster Hoven, wofür er unter Genehmigung seines Oheims, des

Grafen Gerhard, 10 Mark aus dem Bierpfennig in der Stadt

Jülich anweist ^

2. Margaretha, erscheint 1262 als Gattin des Grafen Dietrich von Katzenellenbogen. Ihr scheint der Vater ver- schiedene Ansprüche an die Stadt Köln als Mitgift angewiesen zu haben, au denen auch Wilhelm, der Erstgeborene, mit- berechtigt war. Am 13. Januar 1276 ist sie Wittw^e geworden •; und am 10. April 1276 erklärt ihr Vater, seinen ältesten Solin bestimmen zu wollen, dass er dem Vertrag der Margaretha mit

*) de Theux I, 323.

*) Ernst, Histoire du Limbourg VI, S. 447, wo statt Hengebach „Beringbach" steht.

«) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 782.

*) Wolters, Cod. dipl. Lossensis an verschiedenen Stellen.

*) Elvenich, Zur Geschichte des Klosters Hoven (Programm des

Gymnasiums zu Düren 1865) S. 15, Nr. 4.

«) Dietrichs Grabstein im Museum zu Wiesbaden; vgl. A. vonCohausen,

Führer durch das Alterthums-Museura zu Wiesbaden S. 196.

144 W. Graf von Mirbach

der Stadt Köln beitrete ^ Eine im Schloss Rheinfels angebrachte Gedenktafel über das traurige Ende ihres Vaters hat wohl Margaretha fertigen lassen. Sie hat die Inschrift : Anno donüni 1278 obiit Wilhelmus conies Juliacensis et filius huius (eins?) et raulti alii nobiles^ Die Gräfin starb am 12. Oktober 1292'.

3. Rikarda, vor 1265 mit dem Grafen Wilhelm von Salm vermählt, der vorher eine Tochter Gerhards von Prouvy zur Frau gehabt und 1297 gestorben ist. Ein direktes urkundliches Zeugniss dafür, dass sie eine Tochter von Jülich gewesen, liegt mir allerdings nicht vor. Rikarda und ihr Gemahl haben 1265 zu Gunsten der Abtei Hemmerode auf die Güter zu Briedel an der Mosel verzichtet; Willielm IV. und Bischof Heinrich von Lüttich besiegeln die Urkunde. Der Rikarda Siegel hat kein Wappenbild, es ist ein Fusssiegel mit der Umschrift: S. Ricardis comitisse Salm.* Graf Gerhard von Jülich nennt aber 1301 ihren Sohn Heinrich seinen Neffen^, was man allerdings nicht wörtlich zu nehmen braucht. In vielen alten Stammtafeln ist Rikarda Tochter Wilhelms IV. genannt. Dieses sind natürlich sehr unsichere Quellen. So z. B. nennen solche auch Rikarda, Gattin des Johann von Reifferscheid (f 1317), als Tochter Wilhelms IV. Urkundlich aber heisst sie Nichte Gerhards von Jülich ^ Da sie auch ausserdem Rikarda heisst, so glaube ich, dass sie eine Enkelin Wilhelms IV. gewesen ist.

Ich will bei dieser Gelegenheit eine Sache berühren, welche, streng genonunen, freilich nicht hierher gehört. A. Fahne hat ein schätzbares Werk über die Herren von Reifferscheid, Grafen und Fürsten von Salm verfasst^. Ich habe die zwei Bände vielfach durchgesehen, es wird mir daraus aber nicht klar, weshalb die Herren von Reifferscheid eigentlich die Graf-

») Enuen, Quellen III, Nr. 132.

«) A. di Miranda, Ein Fiirstenlebcn S. 120. Die Jahreszahl 1278 macht die Gleichzeitigkeit der Tafel vielleicht verdächtig, ich habe sie selbst nicht gesehen.

») Cohn, Stammtafeln 211.

*) Fahne, Salm 11, S. 82.

^) Qu ix, Cod. dipl. Aquensis no. 256.

«) Fahne, Salm II, S. 88.

^) Das gesammte zugängliche Material aber hat er nicht benutzt, z. B. A. D. Herrenstrunden ; soviel ich im Repertorium von Herrenstrunden gesehen, heisst die Mutter Friedrichs von Reifferscheid 1225 Beatrix von Hunseit Diese findet sich bei Fahne nicht.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. U5

Schaft Salm erbten. Auf S. 55 des ersten Bandes steht eine

Genealogie der Grafen von Salm. Da soll der letzte (iraf

Heinrich eine Schwester gehabt haben, welche Muttor des 1475

verstorbenen Johann von Reifferscheid gewesen. Auf S. 121

steht dann eine durch Urkunden belegte Stammtafel der Herren

von Reifferscheid, danach hatte Johanns Vater gar keine Salm

zur Frau, sondern der Sohn stammte von Jutta von Cuylenburg.

Sehen wir nun nochmals auf S. 55, so finden wir, dass (wenn

anders die Stammtafel richtig ist) im Jahre 1410 die Nachkommen

des Sohnes des Wilhelm Grafen von Salm und der Kikarda

Von Jülich in männlicher und weiblicher Linie erloschen waren.

Töchter Willielms sind nicht genannt. Wenn ich nun aniu^hme,

dass die Rikarda, welche Graf Gerhard von Jülich seine Nichte

nennt, die Frau von Reifferscheid nämlich, Q\n^^ Tochter des

Grafen Wilhelm von Salm gewesen, so waren ihre Nachkommen

die nächsten Blutsverwandten des 1416 verstorbenen (J raten

Heinrich und mussten in Salm succediren. Dass .Johann von

Reifferscheid, erster Graf von Salm, den Heinrich seinen Oheim

nennt, darf nicht befremden, es war zwischen dem altern Heinrich

und dem viel jungem Johann Verwandtschaft im 4. zum 5.

kanonischen Grade vorhanden, und dass sich solche Vt^rwandte

im Mittelalter noch Oheim, Neffe oder Vetter nennen, dalllr gibt

es viele Beispiele. Erbschaften oder Krbaussichten namentlich

schaffen ja heute noch „liebe Oheime**, selbst ohne Hluts-

verwandtschaft. Man möge mir diese Konjektur hier v(^r'

zeihen; merkwürdig ist es, dass noch Niemand sich die Mllhc^

gegeben zu haben scheint, den Anfall der Grafschaft Salm zu

erklären.

4. Katharina, urkundlich Tochter Wilhelms IV., kennen

wir als Gattin des Johann von Aremberg, Burggrafen zu Köln *.

Am 22. November 1279 verkaufen sie und ihr Mann dem

Kloster Camp 14 Morgen Land bei Auenheim ^. Johann ist

vor 1287 gestorben, sein und seiner Gattin Memorie wurde

am 17. März in Gladbach gehalten ^ Katharina lebte 1287 als

Wittwe und Vormünderin ihrer kleinen Tochter Mathilde.

*) Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 827.

») A. D. Camp, 1875 noch nicht repertorisirt. An i\vT Urkunde hängt

auch das Siegel der Katharina.

3) Böhmer, Fontes III, p. 358; Zeitschrift des Aach. Geschichtsvereins

II, S. 212.

10

146 W. Graf von Mirbach

5. Peronetta. Wie mag sie zu diesem Namen gekommen sein? Sie wurde die Gemahlin des Ludwig von Arnsberg, Sohnes jenes Grafen Gottfried, den wir als Freund und Waffen- gefahrten Wilhelms IV. kennen gelernt haben. Ludwig nennt sich schon vor 1281 Graf, also noch bei des Vaters Lebzeiten. Im Jahre 1276 kommt zuerst seine Frau vor, die sich 1279 Gräfin schreibt. Ludwig verkauft 1278 als iunior comes mit Bewilligung des Vaters seiner Gattin und seiner Söhne, sowie des Bruders und der Arnsbergschen Ministerialen der Stadt Soest seine Vogtei daselbst, ohne der Mitrechte des Hengebach- Jülichschen Hauses zu erwähnen ^ Wir wissen ja, dass Wilhelm III. diese noch hatte. Gehörten sie vielleicht jetzt der Peronetta? Das Siegel der Gräfin, welche häufig als zustimmend in den Urkunden ihres Gatten erscheint, zeigt ihre Figur stehend, von dem Arnsberger und Jtilicher Wappen beseitet, und die Legende: S. Pirouette comitisse de Arnesberg. Dies Siegel besass sie schon 1276, als Ludwig noch keines hatte. Sie hat ansehnliche Stiftungen im Kloster Wedinghausen für die Seelen- ruhe ihres Vaters, sowie ihrer Brüder Wilhelm und Roland gemacht, beschenkt 1296 auch das Stift Fröndenberg und erscheint zuletzt am 22. Februar 1301 K Am 6. Januar 1304 (1305) hat Graf Ludwig dem Kloster Wedinghausen das Vogt- geld zu'Grevel erlassen unter der Bedingung, dass es sein und seiner in der Maria-Himmelfahrts-Oktav verstorbenen Gattin Peronetta Jahrgedächtniss halte ^. Vielleicht ist sie die Gräfin von Arnsberg, deren Memorie Wedinghausen nachher am 13. August begingt, weil in der Festoktav keine Todtenmesse sein konnte. Ihr Gatte starb am 2. Mai 1313.

6. Mathilde, nicht zu verwechseln mit der ältesten Schwester, heisst 1287 nocli puella*^ und ist wahrscheinlich am 2. Mai unvermälilt gestorben, wenigstens ist unter diesem Tage eine Mechtildis nobilis de Juliaco im Nekrolog der Franziskanerinnen zu Köln eingetragen^.

*) Kindlinger, Münsterische Beiträge III, 1, 216.

*) Seibertz, Quellen III, 484; Hüser, Repert. von Arnsberg I, 344; Selbe rtz, Geschichte der Grafen von Arnsberg S. 207, 242, 252; Kindlinger a. a. 0. III, 1, 270.

*) Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter VII, S. 60.

*) Seibertz, Geschichte der Grafen von Arnsberg S. 254.

») Kremer, Akad. Beiträge III, Nr. 152.

«) Kremer a. a. 0. III, S. 61.

Bfiträfire zur <"i»r*<y rLte der «irAf-o Ton Jülich. HT

Es werden auch niwrh eine Hisabeth, eine Blanofli>s um! eine Adelheid als Töchter W^lbelm^ IV. ansrefuhrt, urkundlich finde ich sie nicht. Blancfli^, Blancheflus von Jülich nennt auch Lehmann als Gattin des Grafen Heinrich von Sponheim-Starken- bürg. Graf Walram von Jülich bezeichnet 1 283 einen Wilhelm von Sponheim als seinen Verwandten*. Ich lasse die Sache dahingestellt sein.

Von den natürlichen Söhnen Wilhelms IV, sind uns (Jerhard und Roland bekannt. Beide fielen 1278 an der Seite ihres Vaters im Strassenkampf zu Aachen ^ Roland scheint sich der schwester- lichen Zuneigung der Grafin von Arnsberg erfreut zu haben. Vielleicht gehört hierhin auch Wilhelm von Jülich, der um 1312 vier Hufen bei Riexen (?) von Brabant zu Lehn tnig*; ferner Gerhard von Jülich, 1298 doctor decretorum und Johanniter- komthur zu Hechelnd

VI. Walram I. Herr zu Bergheim.

Walram I. kommt, wie wir schon sahen, häufig neben seinem Bruder, dem Grafen Wilhelm IV., vor, namentlich bei Schenkungen, Verzichtleistungen und solchen Rechtshandlungen, welche die Gegend von Bergheim betreflen. Genannt ist er zuerst am 1 . Oktober 1231, wo er und Wilhelm, mit Beirath der Limburgisdieu Oheime, dem Kloster Dünwald den Rottzehnten von 18 Morgen unter der Bedingung überlassen, dass dieses sie im Besitz des sonstigen Zehntens zu Garsdorf niclit störe ^ Von .IttlichHchon Vasallen sind dabei genannt Gottschalk von ('unter und Kvoiiiard Droste von Diestemich, die andern Zeugen waren offenbar Limburg- Bergische Unterthanen. Es scheint, drtss, als Willielm IV. die alte Grafschaft Jülich übernahm, die Nebeiigüter noch oln(» Reihe von Jahren ungethcilt in den Hllndon beider Hrüder blieben. Der Graf baute bekanntlich \nA BerglM^Ini (\h)V\*) eine Burg, welche 1239 zerstört worden ist. KInige .fahre

*) Kremer, Akademische Beiträge III, Nr. 148.

*) Vgl. Gesta abbat. Trudon., Mon. Germ. ÖS. X, p. 4()4i Ainmlp« Floreff., Mon. Germ. SS. XVI, p. 628.

') Livre des feudataires de Jean IIL de Brabant, od. Galculoot , p. 200.

*) Lacomblet, Urkundenbuch II, Nr. 989.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 172; s. Korth in der ZoitHcbrlft dnn Bergischen Geschichtsvereins XX, S. 66, Nr. 33.

10*

148 W. Graf von Mirbach

später hatte Walram in der Nähe Allodialgüter erworben, wahr- scheinlich das spätere Gericht Bergheim, nämlich das Dorf Thorr, einen Theil von Zieverich, mehrere Mühlen und ein paar Häuser bei Bergheimerdorf. In der Nähe der Mühle hat dann Walram sich ein neues Schloss gegründet, wo bald darauf das Städtchen entstand ^ Nun erhielt er vom Bruder die schon oben spezifizirte Vogtei Bergheim* als After- und Mannlehn, ausserdem noch einige Vogteien in der Nähe, welche, mit den genannten Gütern verbunden, die von Jülich lehnbare Herr- schaft Bergheim bildeten, aus welcher im 14. Jahrhundert das Amt Bergheim erwuchs. Zudem hat er vielleicht auch Antheil an der Grafschaft Nörvenich bekommen. Zwischen Köln und Bergheim war das Stift Maria im Kapitol zu Köln Grundherr zu Eflfem, Stotzheim, Fischenich, Weiler, das Cäcilienstift zu Stommeln, Ingendorf, Rath; zu Dormagen, Horrem, Rheinfeld das Andreasstift, das Gereonstift zu Junkersdorf und Poulheim; das Kloster Montfaucon zu Wesseling; das Ursulastift zu Büs- dorf, zu Geyen das Domstift, zu Türnich das Kloster Relling- hausen. Alle diese Vogteien gehörten später zum Jülichschen Amt Bergheim und wohl sicher schon zu der Herrschaft des Walram, welcher auch noch einige Schutzherrlichkeiten über Güter der Klöster Camp, Brauweiler, Dünwald besass, die in der Folge nicht bei Jülich geblieben sind.

Schon im Mai 1243 gelobt Walram, des Bischofs Robert von Lüttich Vasall zu werden für 300 Mark und vor Weih- nachten seine Güter zu Thorr und Giesendorf nebst drei Mühlen in Bergheim als Lehen zu stellen, die eine Jahresrente von 30 Mark abwarfen. Erst in der Osterwoche 1246 quittirt er über das empfangene Manngeld ^. Am D(mnerstag vor Martini des Jahres 1245 ist Herr Walram zu Hamoir bei dem Vertrag zwischen genanntem Bischof und seiner Tante Isabella von Bar, Frau von Montjoie, gegenwärtig*.

Im April 1246 verzichtet Walram für 57 Mark auf den Rottzehnten in den Brauweilerschen Waldungen Brahm und

*) Die Kirche in Bergheim, wie sie noch zum Theil steht, ward 1175 durch Erzbischof Philipp eingeweiht. Franquinet, Klosterrade p. 292.

*) Lacomblct a. a. 0. III, Nr. 163. Erklärung des Grafen Gerhard Ton Jülich, welcher der Erzhischof von Köln wegen einer spätem Auftragung des Schlosses Bergheim an sein Stift widersprach.

*) A. di Miranda, Ein Fttrstcnleben S. 46 und 65.

*) Ebenda«. S. 65.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 149

Hanepütz*; Zeugen sind die Bergheimer Vasallen Hermann Sneda, Wilhelm von Laach, Werner von Asmundslo (Aspersclilag), Dietrich von Milenheim der Droste und Hermann der Notar des Walram.

Am 10. November 1248 steht der Herr von Bergheim auf Seite des neuen Königs Wilhelm von Holland, der ihm, als seinem lieben Getreuen, den Auftrag ertheilt, das im Gebiet des Reichsorts Duis- burg gelegene Kloster Düssern zu beschützen^. Bereits am 18. Oktober ist Walram beim König zu Aachen ^ Im Jahre 1249 ist Walram, „Bruder des Grafen von Jülich", als Zeuge anwesend gewesen, als Peter, Sohn des Marsil Galge von Königshoven, 30 Morgen Allodialland und eine Hofstatt daselbst für 24 Mark Aachener Denare dem Kloster Reichenstein verkauft und sie gegen einen Erbzins von 8 Malter Roggen und 4 Malter Weizen zurück- erhalten hat. Zeugen sind ferner noch die Gebrüder Sibert und Ingram von Königshoven, Johann von Eisdorp (?) (Elsdorf?), Heinrich Verken, Heinrich Munt und Jakob von Elrehoven (Alhoven) *.

Walram versprach sich bedeutenden Ländererwerb durch seine Verlobung mit Mathilde von Mühlenark, welche das einzige Kin(^ des Konrad und der Mathilde von Hochstaden war. Der Hochstadensche Mannesstannn beruhte nämlich nur mehr auf zwei Geistlichen, Brüdern der Mathilde, dem Erzbischof Konrad von Köln und seinem Bruder „ex utroque parente** ^, dem Propst Friedrich von Xanten. Gleich nachdem 1246 der weltliche Bruder Graf Dietrich gestorben war, beredeten die Verwandten der Wittwe Bertha von Montjoie, unter denen auch Walram von Jülich ist, einen Vergleich mit Erzl)ischof Konrad wegen des Witthums*^. Nachdem von den Schwestern einige auf das Hochstadensche Erbe verzichtet hatten, übertrug am 16. April 1246 der Propst Friedrich, der sich verus heres in Hochst<iden nennt, diese Grafschaft nebst der von Ahr und dem Schlosse Hardt

») Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 299.

*) Böhmer-Ficker, Regesta imp. 1198-1272, no. 4940; Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 326, Amn.

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 335; Böhmer-Fickcr 1. c. no. 4932.

*) A. I). Kopiar von Rcichenstein II, 1579.

*) A. D. Erzstift Köhi Nr. 36G.

®) Publ. de la soc. pour la recherche et la conservation des mon. bist, dauö le (irand-Duche de Luxembourg XIV, p. 109.

150 W. Graf Ton Mirbach

dem Erzstift Köln ^ Der Bruder Konrad genehmigte die Schenkung- als Hochstadenscher Erbe, als Erzbischof setzte er sich in Besitz. Sehr viele zu Ahr und Hardt gehörige Güter waren Lehen der Abtei Prüm, namentlich Rheinbach, Münstereifel, Alirweiler und Wichterich. Der Erzbischof wusste, dass diese Besitzungen nicht Mannlehen seien, also auf die nächsten Erben allemal übergingen und so wären sie denn schliesslich sicher an die junge Mathilde und deren Bräutigam Walram von Jülich gefallen. Dem wollte er begegnen. Bei dem Abt von Prüm sowohl als beim Papst setzte er es durch, dass die Abtei auf das Obereigenthum verzichten wollte, wenn der Erz- bischof ihr dafür reiche Pfarreien inkorporirte. Er versprach ihr am 2. Juni 1247 seinen Schutz^. Jetzt sollte wie über Allodien in Bezug auf diese Güter disponirt werden. Nachher jedoch, vielleicht auf Betreiben Walrams, war die Abtei nicht zu bewegen, das Geschäft perfekt zu machen. Denn Walram beanspruchte, da die Mutter seiner Braut schon todt war und keinen Verzicht geleistet hatte, auch die Prümschen Lehen imd andere Güter der Grafen von Hochstaden, und die AUodifizirung ersterer hätte doch mit Bewilligung der Agnaten geschehen müssen. Im Januar 1249 versuchte Erzbischof Konrad einen Vergleich mit Walram, der, weil es auch Güter des Stifts betraf, die Genehmigung des Domkapitels, der Edelherren und Vasallen von Köln erhielt^. Zunächst verpfändet der Erzbischof den Brautleuten seine ehemals Hochstadenschen Gefälle zu Heerlen für 500 Mark, weist ihnen in vier Terminen zu bezahlende 400 Mark an, überlässt ihnen die Forderung des Grafen von Hochstaden an den von Geldern, 1000 Mark, die der Herzog von Brabant schuldet, und Einkünfte von 100 Mark, die der Herzog auf seine Allodien zu Heerlen und Güter zwischen Ahr und Roer angewiesen hat (als Entschädigungsgelder für die Grafschaft Dalheim). Wegen dieser Geldrente von 100 Mark soll Walram von Jülich jetzt Brabantischer Vasall werden. Bis zu der Zeit, dass die Brabantischen Gelder eingehen Averden, sind dafür die erzbischöflichen Gefälle zu Richterich, Bardenberg und Broich, geschätzt auf 90 Mark jährlich, von der Bede zu

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 297.

*) A. D. Erzstift Köhi Nr. 108; die Güter schon im Reg. bonorum monasterii Prumiensis bei Beyer, Mittelrh. Urkundenbiich I, Nr. 135. ^) Lacomblet, Urkundenbucb II, Nr. 342.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 151

Zülpich 40 Mark, 25 Mausen zu Geich, Füssenich und Eilich (?), jährlich 60 Mark liefernd, und die Bede daselbst mit 10 Mark verpfändet. Die Lehen, welche die Grafen von Hochstaden von Limburg trugen, kann Walram ansprechen, ebenso das Reichs- geldlehn von 60 Mark zu Kaiserswerth. Die ehemals Prümschen Lehen aber soll Walram nicht beanspruchen, bis die Frist ab- gelaufen ist, in der er und seine Braut definitiv sich erklären müssen, ob sie diesen Vertrag annehmen wollen: wenn die Braut nämlich 12 Jahre alt und die Ehe vollzogen ist, sollen alle weitern Reklamationen wegen der Hochstadenschen Güter unstatthaft sein, falls sie nicht dann binnen Jahr und Tag angebracht worden. Wird dieser Vertrag innerhalb der Frist verworfen, so gilt er als nicht geschlossen und müssen die schon angewiesenen Gelder, doch ohne die gehabte Nutzung, zuerst restituirt werden und dann soll der Erzbischof den Eheleuten binnen Jahr und Tag ohne Fristverlängerung gerecht werden, ohne dass deshalb Krieg angefangen wird, sondern nach Schieds- spruch. Stirbt Matliilde als Braut, so fallen die obigen Güter dem Erzstift wieder zu, das dann nur Walrams Lehen um 500 Mark vermehrt, stirbt sie als Frau kinderlos, so hat Walram nur die Leibzucht daran, dafür soll er Eigengüter zu Pfand stellen. Wegen des Schlosses Münchhausen wird bestimmt, dass es dem Erzbischof zurückgegeben wird, falls Walram nach der Heirath diesen Vertrag annimmt, wo nicht, so bleibt es beim jetzigen Besitzstand und darf inzwischen dem Erzstift daraus kein Schaden geschehen ^

Walram bringt seiner Frau das Schloss Bergheim mit 200 Mark an Einkünften in die Ehe; als Bürgen stellt er den Herzog von Limburg, die Grafen von Berg, Jülich und Kessel, die Herren von Wassenberg, Blankenheim, Schieiden, Montjoie, Wiklenberg, Reifferscheid, Diest, Dyck und Mühlenark, der Erzbischof stellt ebenfalls die drei Erstgenannten und den Herrn von Schieiden, ferner die Grafen von Vianden, Nassau, Neuenahr, die Herren von Vianden, Fels, Heinsberg, Dollendorf, Wassenberg, Milen- donk, Wickrath, Saffenburg und den Vogt von Köln.

Von den 200 Mark Rente, welche Walram der Mathilde als Brautschatz geben sollte, wies er 100 auf seine Einkünfte zu Stommeln und Poulheim an, sein Bruder aber, von dem diese

') Vgl. CardauüM, Konrad vou Hostaden, Erzbischof von Köln S. 61 ff.

152 W. Graf von Mirbach

Güter zu Lehen gingen, behielt sich am 2. Mai 1250 die Ein- lösung für den Fall vor, dass Walram etwa sterben sollte ^ Der Erzbischof seinerseits liess es sich gleichfalls angelegen sein, dem für ihn so vortheilhaften Vertrag nachzukommen. Die oben- genannten 400 Mark waren am 20. März 1250 bezahlt*, imd am 3. Mai verspricht Walram zu Lüttich, wenn er die Haupt- summe der Einkünfte von 100 Mark erhalten habe, binnea Jahresfrist ein Gut von entsprechendem Werth als Lehn von Brabant anzuweisen ^, das Mathilde und ihre Erben von Brabant trügen und, wenn sie deren nicht erhalten sollte, an das Erz- stift zurückfiele. Erzbischof Konrad und Graf Wilhelm besiegeln dieses Gelöbniss^. Im Mai des folgenden Jahres 1251 quittirt Walram zu Neuss über erhaltene 1000 Mark von der Braban- tischen Schuld, wofür der Mathilde wiederum 100 Mark Gefölle angewiesen werden sollen*.

Soweit schien nun Alles recht gut sich nach dem Provisorial- vertrag zu ordnen. Aus dem Jahre 1249 ist noch eine unbedeutende Sache, die Verlegung eines Weges, nachzutragen, welche der Herr von Reifferscheid-Bedburg bei dem Campschen Hof Auen- heim vorgenommen hatte und die Wali-am bestätigt^. Zeugen sind Wilhelm Peps, Koen von Bohlendorf, Everwin Ulrich und Koen von üoltrop, Heinrich und Gyse von Fliesteden, lauter Vasallen von Bergheim, wie es scheint. Im folgenden Jahre überlässt Walram dem Kloster Camp einen Rottzehnten von 50 Morgen im Grevenforst. Zeugen sind Ritter Gerhard von Aachen und der Bergheimer Droste Kuno ^.

Im Juni 1250 erklärt Walram zu Köln unter Mitbesiegelung seines Bruders, dass die Abtei Kornelimünster den Hof Olsheim (Ousheim, x\us8cm?) aus seiner Pfandschaft gelöst und dass er keine Rechte mehr daran habe *. Mit Bewilligung des Bnidei*s als Lehnsherrn hat Walram am 11. September 1253 auf Bitten

^) Lacomblct a. a. 0. II, Nr. 359.

«) Günther, Cod. dipl. Rheno-MoseU. II, no. 133 und A. D. Erzstift Köln 118.

») Günther 1. c. II, no. 138.

*) Vgl. auch Butkens, Trophöes I, preuves p. 91, A. D. Erzstift Köln 126, A. di Miranda a. a. 0. S. 65.

*) Vgl. A. D. Erzstift Köbi 126'.

«) A. D. Camp.

0 A. D. Camp.

*) A. D. Kornelimünster Nr. 10.

Beiträge zur Geschichte der Grafen von Jülich. 153

seines Verwandten, des Domthesaurars Philipp, gestattet, dass von dem Walde bei Anstel, Havel genannt, 3 V2 Hufe gerodet werde und die Domthesaurie gegen Bezahlung von 40 Mark den Novalzehnten behaltet Im Jahre 1254 ist Wahram Zeuge bei dem Vertrag zwischen der Jutta von Bedburg und Herrn Gerhard von Kempenich ^ und am 20. März nebst seinem Bruder bei der Theilung zwischen Elisabeth von Montjoie und dem Grafen von Luxemburg zu Stablo gegenwärtig.^. Ein Haus zu Köln erwirbt er 1255, es lag auf dem Altenmarkt und hatte einem gewissen Buso zugehört '*.

In der Zwischenzeit aber, und wohl als er geheirathet, hatte Walram dem Vertrag zuwider in der Hochstadenschen Erb- angelegenheit zu den Waflfen gegriffen, ins Erzstift einen Ein- fall gemacht und übel in dem Lande gehaust. Man vermuthete, dass er es darauf abgesehen habe, den Erzbischof sogar beim Papst anzuschwärzen und seine Schritte zu vertheidigen. Der Kölnische Klerus wandte sich demnach (wann, steht leider noch nicht fest ^) mit der Bitte an den Papst, dem Friedensstörer kein Gehör zu schenken, indem der Vertrag von 1249 dessen Unrecht erweise, für welchen die Bestätigung erbeten wird. Sie erfolgte durch Innocenz IV. am 27. September 1254 und ward am 9. Februar 1255 durch den Nachfolger Alexander IV. wieder- holt ^ Unterdessen hatte aber die Fehde fortgedauert und wahr- scheinlich zum Nachtheil Walrams, der sich am 15. Oktober 1254 zu einem für ihn wenig günstigen Vergleich herbeilassen musste', obgleich sein Bruder Wilhelm ihm Hülfe geleistet hatte. In Bezug auf die Ansprüche der Eheleute Walram und Mathilde unterwerfen die Jülicher sich gänzlich dem Erzbischof und erklären sich für immer zufrieden mit dem, was er ihnen zugestehen werde; beginnt Walram deshalb neuen Krieg, so sollen der Bruder und dessen Helfer ihm nicht beistehen. Den bisherigen Kriegsschaden

•) A. D. Chart, des Domstifts f. 136.

*) Eltcster und Goerz a. a. 0. III, Nr. 1277.

') Publ. de la soc. pour la recherche et la coiiservation dos inoii. hist. dans le Cirand-Duch^ de Luxembourg XV, p. 08. Ich kenne nur das Regest und weis» daher nicht, ob die Urkunde vielleicht ins Jahr 1255 zu setzen ist.

*) Fahne, Gesch. der Kölnischen Geschlechter I, S. 210 und Salm I, 2, 44.

*) Lacomblet a. a. O. II, Nr. 342, S. 181, Anm. 1.

«) A. D. Erzstift Köln 254.

^) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 404.

154 W. Graf von Mirbach

musste Graf Wilhelm ersetzen nach dem Spruch des Grafen von Luxemburg und des Erstgeborenen von Cleve. Wichterich ist dem Kitter Arnold wieder einzuräumen, Mühlenark aber dem Schwiegervater Walrams. Der Friede ward im Lager bei Blatzheim geschlossen. Neuer Streit brach aber im folgenden Jahre aus, nachdem der Graf von Berg sowohl als Walram von Jülich wieder verschiedene Kottzehnten in Anspruch genommen hatten, die der Erzbischof ihnen nicht verstatten wollte. Papst Alexander IV. beauftragte am 18. August 1255 den Scholaster von Strassburg, die gedachten Herren zu mahnen, eventuell aber mit Kirchenstrafen gegen sie einzuschreiten ^ und sie jedenfalls zur Erstattung der Kriegsschulden anzuhalten ^. Walram scheint nun, so lange Erzbischof Konrad lebte, nicht mehr viel erreicht zu haben.

Im Dezember 1256 verzichtet er zu Gunsten des Klosters Knechtsteden auf die in seinem Ländchen gelegenen, von diesem angesprochenen Rottzehnten, wie es auch Graf Wilhelm gethan hatte ^. Ausser einigen schon genannten Ministerialen von Berg- heim sind Heinrich von Gersdorf (Garsdorf) und Winnemar von Wiedenfeld hierbei Zeugen. Am 26. Dezember verspricht von London aus Graf Richard von Cornwallis, nach seiner Erwählung zum deutschen König dem Erzbischof von Köln alles das bestätigen und ausführen zu wollen, was er gelobt habe, nur in Bezug auf die Versöhnung Konrads mit dem Kardinal Caputius hätten Walram von Jülich, Friedrich von Schieiden und der Scholaster von Bonn die Vermittlung übernommen, den Termin aber auf seine (Richards) Bitte bis zum 15. August verschoben^. Graf Richard wurde bekanntlich am 13. Januar 1257 bei Frank- furt wirklich zum König erwählt und am 17. Mai zu Aachen gekrönt. Walram ist beim König zu Aachen am 22. und zu Köln am 27. Mai^ Richard ernennt ihn zum Marschall des königlichen Heeres und er befehligt als solcher am 15. Juli im Lager zu Boppard^. Am 20. März 1258 war allerdings

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 418.

«) Lacomblet a. a. 0. IV, Nr. 667.

') Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 197, Aum.

*) Ebendas. II, Nr. 430; Böhmer- Ficker 1. c. no. 5289.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 438 und 441; Böhmcr-Ficker 1. c. no. 5299 und 5304.

ö) Eltester und Goerz a. a. 0. III, Nr. 1406; Böhraer-Fickcr 1. c. no. 5314.

Beiträge zur Getn-hichte der (Jrafen von Jülich. 155

sein Verhältniss zum Erzbischof noch ein gespanntes, weil er damals von der Sühne zwischen Konrad und der Stadt Köln ausgeschlossen wird*. Da wir ihn aber sonst in Urkunden während der ersten Anwesenheit Richards in Deutschland selten finden, so ist wohl anzunehmen, er sei bis zum Winter auf 1259 bei dem König am Oberrhein gewesen, und dort wohl hat er am 7. Juli 1258 bei einem Tauschgeschäft zwischen seinem Bruder und dem Grafen von Sponheim und Sayn als Zeuge fungirt*. Auch der Erzbischof ist dabei. Am 30. März 1259 ist er unter den Vasallen des Grafen von Luxemburg noch in einer Angelegenheit des Oberlands thätig, nämlich bei dem Vergleich zwischen der Abtei Himmerode und Kitter Dietrich, dem Sohn des verstorbenen Propstes Dietrich von Bitburg'. Im Februar 1259 hat er aber als Herr zu Bergheim der Abtei (.'amp gestattet, alle Wohnstätten in dem Dorf (villa) Volbrechtshoven, welche sie besitzt oder erw^erben würde, abzubrechen, und den Platz in Ackerland zu verwandeln. Kr erwähnt dabei des Konsenses seiner Gattin, seiner Erben, Vasallen und Ministerialen, von denen Ensfried von Carmen, Konrad von Aachen und der Droste Kuno ausdrücklich genannt sind*. Vol- brechtshoven wird seit der Zeit verschwunden sein, es lag wohl in der Nähe von Gumbrechtshoven ((iommershoven). Walram und Mathilde verkaufen im April 1260 (vielleicht auch 1261) dem Kloster Altenberg die Zehnten von 3 Hufen und 20 Morgen in der Pfarrei Höningen. Zeugen sind von Bergheimer Vasallen und Beamten Heinrich Spunc der Droste, Caesarius der Kaplan, Werner von Höningen, Gottschalk der Vogt zu Stommeln und Rütger Vogt zu Poulheim^ Das iSiegel Walrams ist verletzt, das seiner Frau stellt sie dar zur Jagd reitend mit dem Falken auf der Rechten; Legende: f »^- I^^^i 0) Meghildis uxsoris fratris comi. Ju. f Walrams Reitersiegel, auf dem das Pferd heraldisch rechtshin springt, hat die Umschrift: f S. Walravii

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 434; Enncn und Eckert z, Qucllon II, Nr. 382. Zu der unrichtij^en Datirung der Urkunde bei Lacomblet vy:l. C ar da uns in den Annalen des bist. Vereins f.d. Niederrhein XXI. XX II, S.273f.

») Eltester und Goerz a. a. 0. III, Nr. 1453.

«) Ebenda». III, Nr. 1481.

*) Lacomblet a. a. (). II, Nr. 462. Die Urkunde hat Ensverdus de Cormene, Ensfridus nennt er sich 1258, als er wej?en zweier Hufen bei Curnien Kölnischer VasaU wird (A. D. Erzstift Köln 171),

*) A. D. Altenberg 94.

156 W. Graf von Mirbach

fratris comitis Juliacensis. So hat er sich auch meist in Urkunden genannt, seltener einen Herrn zu Bergheim. Den Verkauf von 1260 (1261) hat Erzbischof Konrad bestätigt, das Kloster hatte jedoch diesen Genehmigungsbrief verloren, weshalb 1276 Erzbischof Siegfried denselben erneuerte Am 26. Januar 1261 haben Walram von Jülich und Mathilde, seine Frau, auf die ßottzehnten Brauweilers im Asp nicht niu-, sondern auch im Brahm, Mersel, Wiedehau und Hanepütz verzichtet, eine Konzession, welcher Graf Wilhelm nebst Familie zugestimmt hat*. Der Graf wird hier venerabilis genannt, nicht weil er, wie Lacomblet sagt, Propst zu Aachen gewesen, wovon ich nichts weiss, vielmehr wird dieses Beiwort Hen-en und Rittern zuweilen gegeben, auch der Gräfin Rikarda 1288; der Graf von Berg führt es ebenfalls um diese Zeit, dieser vielleicht auch deshalb, weil er dem Ordenshaus Herrenstrunden ehrenhalber adskribirt war. Am 11. August 1261 bekunden Graf Wilhelm und sem Bruder Walram, dass wegen der Zehnten und andern Güter der Pröpstin zu Essen, die zu Kutzde lagen ^, ein Streit mit dem Ritter Volkmar von der Stesse entstanden, dem dieser jetzt, nachdem ihm 17 Mark versprochen worden, entsagt habe^ Zeugen sind verschiedene Jülichsche und Bergheimsche Vasallen wie Reinhard von Drove, Johann von Winden, Eustachius (Verken?) der Droste und Kuno von Mühlenark. Letztern halte ich unbedingt für einen Vasallen Walrams. Wir erfahren nämlich später, dass Mathilde von ihrem Vater, vorbehaltlich seiner Leibzucht, das Schloss Mühlenark erhielt. Sie erlangte nachher unter Erzbischof Konrads Nachfolger die Kölnische Belehnung mit demselben, obzwar der Verwandte, Graf von Sayn, das Obereigenthum mit noch mehr Recht beanspruchte. Nachdem Mathilde verheirathet war, ist ihr Vater, sonst auch Clevischer Burggraf und Vasall zu Tomburg, in eine zweite Ehe mit der Tochter von Saffenburg getreten und hat noch einen Sohn Hermann von Tomburg erzeugt, der in der Folge Mühlenark dem Sohn Mathildens streitig machtet

») Ä. D. Altenberg 107.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 500.

^) Dorf, dann Hof, nachher verschwunden, in der Pfarrei Berrendorf auf Desdorf zu, wo ein „Fussfall" noch vor nicht langer Zeit an einem Kreuzweg stand. Jetzt heisst es dort „am Kutzder Fussfall".

*) A. D. Essen 44.

'') Vgl. Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 731.

Beiträge zur OeÄchichte der Grafen von Jülich. 157

Erzbischof Konrad starb am 28. September 1261 und nun fiel Walram, wie schon oben erzählt worden ist, nebst andern Herren in das Kölnische Gebiet ein, um sich während der Sedisvakanz einen möglichst bedeutenden Antheil an dem Erbe der jetzt gänzlich erloschenen Grafen von Hochstaden zu sichernd Am 7. Mai 1263 ward Walram Edelbürger der Stadt Köln und verpflichtete sich ihr unter ähnlichen Bedingungen wie sein Bruder zu einer Hülfeleistung mit 9 Rittern und 15 Knappen* gegen ein Lehngeld von 100 Mark jährlich.

Das Bündniss, welches am 9. Juni 1262 der Graf Adolf von Berg mit der Stadt Köln einging, half Walram vermitteln, der überhaupt bei ihren verschiedenen Streitigkeiten und Verträgen mit dem neuen Erzbischof Engelbert von Valkenburg öfters genannt ist in den Jahren 1263 und 1265*.

Der Herr zu Bergheim muss im Herbste 1261 doch manchen Vortheil im Kriege errungen haben, denn der neue Friede, welcher in Bezug auf das Hochstadensche Erbe 1262 geschlossen ward, ist für ihn bedeutend günstiger gewesen, als der Vertrag von 1249. Zunächst glaube ich, dass er die Gerichte Richterich, Bardenberg und Broich trotz der Verwerfung dieses Vertrags behielt, denn die Orte bleiben in der Folge bei Jülich. Den Frieden haben 1262 Otto Propst zu Aachen und Dietrich von Valkenburg vermittelt^. Walram und seine Gemahlin mussten allerdings auf die Gebiete von Hochstaden, Ahr und Hardt nebst den zugehörigen alten Burglehen verzichten, sie erhielten aber die neuem von Erzbischof Konrad verliehenen, die pfälzischen sowie die Prümschen, und für die Abfindungs- sunmie wegen des Verzichts auf Hochstaden sollen sie Güter zu Kölnischen Lehen machen. Wegen Ahrweiler, Rheinbach und anderer streitiger Orte wurden Ausgleichungen vorgesehen. Nun fordert am 6. Januar 1263 Papst Urban IV. den Abt zu Prüm von CivitA Vecchia aus dringend auf, den Vergleich zu bestätigen, gemäss welchem Walram und Mathilde ihr Prümsches Lehn (?) der Kölnischen Kirche übertragen (aufgetragen?) habend Der

*) Vgl. Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 507. *) Lacomblet a. a. (). II, Nr. 530, Anm.

») Lacomblet a. a. O. II, Nr. 515, 534, 550; Ennen und Eckertz, QueUcn II, Nr. 462.

*) Lacomblet a. a. 0. II, Nr. 558, Anm. *) A. D. Erzstift Köln 199.

158 W. Graf von Mirbach

Propst Otto und der Herr von Valkenburg erliessen dann einen nicht erhaltenen Spruch wegen der übrigen streitigen Güter, davon erhielt der Erzbischof freilich das Meiste zugetheilt, er musste aber einige Stiftsgüter herausgeben, damit die Theilung eine gleichmässigere sei. Dem Vergleich waren einige Bedingungen und Kautelen beigefügt und über diese entstand ein neuer Streit, weil Walram glaubte, der Erzbischof hielte den Vertrag nicht ein. Es handelte sich noch um Einkünfte von 33 Mark, Fruchtrenten zu Kesseling, den Rottzehnten auf der Widenhart, die Dörfer und Häuser im Ahrthal diesseits der Rossbach, dann die Dörfer Kreuzberg, Brück, Denn, Liers und Obliers, die der Herr zu Bergheim verlangte und die der Erzbischof sich nicht schuldig hielt abzutreten. Jetzt ist am 18. Dezember 1265 ein näherer Vergleich zu Köln in Gegenwart der Edelherren von Isenburg, Frenz, Mühlenark (Hermann) und Heusden und einiger Ministerialen des Erzbischofs wie des Walram geschlossen worden K

Die im vorigen Schied dem Walram zugesprochenen Güter behält er, diejenigen darunter aber, welche früher Kölnisch gewesen, muss er vom Erzstift zu Lehen tragen, die sonst von Prüm, Limburg und der Pfalz gehen, sind dort zu empfangen ; ausser den früher ihm zugetheilten behält das Erzstift Walporz- heim. Kann der Erzbischof binnen 6 Jahren den Abt von Prüm bewegen, das Dominium directum der Lehen, die dem Walram zugetheilt sind, dem Erzstift zu überlassen, so wird Walram dem Kloster erklären, dass dies mit seinem Willen geschehe und die Objekte künftig von Köln tragen. Die Prümschen Leute zu Ahrweiler, Kesseling und Altenahr behält das Erzstift und diejenigen, welche an andern dem Erzbischof zugesprochenen Orten wohnen, mit dem Orte sollen sie aber auch den Landesherrn wechseln. Schliesslich erhält Walram vom Erzbischof 600 Mark und macht Einkünfte zu Vernich von 50 Mark zu Kölnischem Lehn. Auch über die Güter vergleicht man sich, welche des Grafen Dietrich von Hochstaden Wittwe Hertha noch inne hat; was davon Kölnisches Lehn, Allod oder als Prümsches Lehn im Ahrthal und bei (iuxta) demselben liegt, fällt dem Erzstift zu, das Uebrige dem Walram.

Was die Pi'ümschen Güter der Grafen von Hochstaden betrifft, so führt deren Caesarius- eine ziemliche Anzahl auf,

*) Lacomblet a. a. 0. 11, Nr. 558.

2) Beyer, Mittekh. Urkundenbuch I, Nr. 135.

ohne dass er selbst an die Voll>r.ändi:rfceit seiner An^rtihen glaubt. Auch das ehemals streitiire Mun«*hh:ia-*-a bei Rheinbarh, sjüter Kölnisch, gehört daza und ferner IM ilalrer Weizen m Wiihrerich bei Zülpich, einem Dorf, das später ein Zankapfel wurde, I/mden und Hospelt mit 24 Mausen, nachher streitiire Cuterherr^chaft. Die andern Lehen lagen jenseits der Ahr und sind nicht an Jülich gekommen, hatten also wohl der Gräfin Bertha gehört. Damit hatte nun der Erbfolgestreit im Grossen sein Bewenden, der Abt zu Prüm verweigerte aber noch lange Zeit seine Genehmigung zum Uebertrag der Lehen an Köln. Wegen einzelner Ortschaften freilich, die Jülich sowohl als Köln an- sprach, namentlich in der Gegend von Euskirchen, dauerten die Meinungsverschiedenheiten über das Hochstadensche Erbe so lange, bis die französische Republik beiden Staaten ein Ende machte.

Im Jahre 1265 ist Walram von Bergheira in einem Vertrag zwischen dem Herzog Friedrich von Lothringen und dem Grafen von Luxemburg vom 26. Juli genannt. Wenn es nicht gelingen sollte, die Hälfte des Schlosses Montclair von der Frau Isabella daselbst zu erlangen, so sollen Gerhard von Luxemburg-Durbuy und Walram Herr zu Bergheim den Thcil zu ihren Händen nehmen und im Kriegsfall neutral erhalten, den früher der Vicedom von Chälons gehabte Am 19. Dezember des Jaliros verkauft Walram für seinen Thcil dem Stift Maria inj Kapitol zu Köln den Rottzehnten zwischen LivcnmlUiln und VVarnnrw- graben, welchen Graf Wilhelm von Jülich, wie wir ohon (M, KMI) sahen, schon 1240 abgetreten hat, I>or damalig« Inh/ilMT dr« 72 Morgen umfassenden MansiiH, der Kölnlnch^^ }/\\)U'/,m(MN' ApoUonius, war inzwischen gchtorben*,

Walram von Bergheim hat da* Jahr \W1 wohl u)fUiim'hr erlebt, er ist demnach ni^:ht s^ehr alt. itj'WftttUtu Mr»/I, n «pHt geheirathet hatte, v> war »tein r/thn ifln^htt 'mtutuA wifh minderjährig. M;Athi!de l<^ti^ uhfU Un J^Uo* liJV^J, v/m^ ithtt 1279 todt

Der Aachener Domschatz und seine Schicksale während der Fremdherrschaft.

Von J. Hansen.

In der Zeitschrift für preussische Gescliichte und Landes- kunde (Jahrgang IX) hat im Jahre 1872 Eoger Wilmans aus einem im Kgl. Staatsarchiv zu Münster aufbewahrten Akten- stück^ bereits einige Mittheilungen über die Schicksale der Reichskleinodien und des Kirchenschatzes des Aachener Krönungs- stifts während der französischen Revolution veröffentlicht. Seine Ausführungen lassen sich jedoch um manchen ftir die Leser dieser Zeitschrift interessanten Zug bereichern, weil Wilmans einmal sein Augenmerk in erster Linie auf die im Domschatz befindlichen Krönungsinsignien richtete, und andererseits seine Darlegung für ein grösseres Publikum berechnete, dem manche Einzelheiten belanglos sind, die von lokalhistorischem Gesichts- punkt gleichwohl bekannt gemacht zu werden verdienen. Es sei somit gestattet, diesem Gegenstand noch einmal auf Grund des erwähnten Aktenstücks näher zu treten.

Die erste kurze, vom 16. Dezember 1792 bis zum 2. März 1 793 dauernde Anwesenheit französischer Truppen in den Mauern der alten Ki'önungsstadt hat, soviel wir feststellen können, keine Veranlassung zu besondern Sicherheitsmaßregeln für die im Aachener Münster aufbewahrten Schätze gegeben. In der That hat denn ja auch das Verhalten der Franzosen in diesen Monaten diese Sorglosigkeit nicht gestraft. Anders wurde die Stimmung in Aachen, als die Kunde von dem Sieg der Franzosen bei Fleurus (26. Juni 1794) in die Stadt gelangte, und damit die Gefahr einer nochmaligen Besetzung nahe gerückt war. Bei der Vertreibung dör französischen Truppen aus der Stadt am

*) Kriegs- und Domänenkammer zu Münster Nr. 58 (Archiv der neuem Zeit, Regbz. Mtlnster).

Der Aachener Domschatz u. seine Schicksale während der Fremdherrschaft. 161

2. März 1793 hatte sich nämlich auch die Aachener Bürgerschaft thätlich betheiligt; französischerselts wurde diese Betheiligung, die in Wirklichkeit keinen bedeutenden Umfang gewonnen hatte, vergrössert, und es verbreitete sich das Gerücht von einem schrecklichen Strafgericht, das der Stadt drohet Die Bürger- schaft bedauerte nunmehr lebhaft das übereilte Eingreifen in die militärischen Vorgänge, viele Bürger verliessen die Stadt und retteten ihr Vermögen und ihre Kostbarkeiten, und wenn auch nach der in den Tagen vom 23. bis 25. September 1794 erfolgten erneuten Besitzergreifung Aachens, welche die Stadt auf zwanzig Jahre unter die französische Herrschaft brachte, das befürchtete schreckliche Schicksal sich nicht erfüllte, so bewies doch schon bald die höchst drückende Besteuerung ^ und die Verschleppung zahlreicher Kunstschätze nach Paris, dass die Besorgnisse der Aachener nicht unbegründet waren.

Das Kapitel des Aachener Domstifts, in dessen Besitz oder Verwahrung sich der kostbare Kirchenschatz und ein Theil der deutschen Krönungsinsignien befand, hatte schon vor dem Ein- rücken des französischen Heeres, und zwar im August 1794, Sorge dafür getragen, dass diese Kostbarkeiten in Sicherheit gebracht wurden. In 21 Kisten verpackt wurde der Schatz auf die rechte Rheinseite nach Paderborn geflüchtet ' und im dortigen Kapuzinerkloster * niedergelegt.

Die üebergabe an das Kloster vollzogen der Dechant Konrad Hermann Kardoll und der Syndikus des Aachener Domstifts, Nikolaus Joseph Schieffers, in Verbindung mit mehrern Kano- nikern; in Paderborn bei den Schätzen verblieb der Kanonikus Anton Joseph Blees. Auffallender Weise wurde bei der Üeber- gabe weder eine Speciflkation der Kleinodien in Paderborn zurückgelassen, noch wurde Blees mit einer schriftlichen Legi- timation ausgerüstet, wodurch seine Stellung späterhin mehrmals

0 Vgl. Pauls in der Zeitschrift des Aach. Geschichtsvereins X, S. 201 flf.

*) Vgl. Milz im Aachener Gymnasialprogramm 1871/72, S. 9.

^) Dass, wie Wilmans a. a. 0. IX, S. 178 (und nach ihm Haagen, Geschichte Achens II, S. 698) behauptet, der Schatz erst nach Belgien und von dort nach Paderborn geflüchtet worden sei, ergibt sich aus dem Mtinster- sehen Aktenstück nicht, und ist sachlich unwahrscheinlich, well Belgien nach der Schlacht bei Fleurus von den Franzosen besetzt wurde. (Bei Haagcn a. a. 0. ist „August 1794** statt „August 1799** zu lesen.)

*) Nicht im Kloster Abdinghof, wie Haagen a. a. 0. meint

/"

162 J. Hansen

I

eine zweifelhafte wurde. Er selbst betrachtete sich während der ganzen Zeit als den Bevolbnächtigten des Aachener Stifts, konnte sich dafür aber nicht auf eine schriftliche Instruktion, sondern nur darauf berufen, „dass er im September 1795 durch ein von Frankfurt aus von den daselbst sich aufgehaltenen Herren Capitularen des kaiserlich königlichen Krönungsstiftes, namentlich Xavier und Frans Blees, Guaita, du Paix und von Milius (welch letzter sein Votum suspendirt und nach Aachen zu gehen benöthiget worden) erhaltenes Schreiben bevollmächtig-t und constituiret worden, mit den allhier [in Paderborn] befind- lichen, gedachtem Capitul zustehenden Sachen bei Annäherung* der Gallier* sich auf Erfurt zu begeben". Auf diese Erklärung- hin — auf welche er zugleich seinen Anspruch gründete, für die Zeit seines Paderborn er Aufenthalts vom Aachener Kapitel oder aus dessen Besitz unterhalten zu werden wurde er bis zum Jahre 1801 auch von dem Guardian des Paderborner Kapuziner- klosters, unter dessen Aufsicht der Schatz sich befand, als Bevollmächtigter anerkannt^. Im September des Jahres 1802 klagte Blees jedoch: „Ohngeachtet der Pater Guardian der Kapuziner bis 1801 mich als Legitimirten anerkannt und zugegeben hat, das ich 7 Pfd. und 22 Loth Silber verkaufen konnte, hat •mir derselbe nicht mehr das zu meinem Unterhalte Unentbehr- lichste ferner wollen verabfolgen lassen.*'

Unter den Schätzen befand sich, wie schon angedeutet, ein Theil der Reiclisinsignien, und zwar 1) das sog. Schwert Karls des Grossen, 2) eine Kapsel mit Reliquien des h. Stephanus, 3) der zum Krönungsornat gehörige Gürtel, 4) ein kostbares Evangeliar, auf welches der zu krönende König seinen Eid ablegte ^. Diese Kleinodien waren selbstverständlich nicht Eigen- thum des Domstifts, sondern des Reiches, und es ist somit leicht erklärlich, dass der Kaiser Schritte that, lun in den immer un- ruhigem Zeiten diesen Schatz möglichst weit aus dem Bereich des französischen Heeres zu entfernen. Kurze Zeit nachdem der in Nürnberg aufbewahrte andere Theil der Reichsinsignien

') Seit dem Februar 1795 waren Pläne Frankreichs gegen Hannover bekannt geworden.

') Der später zu nennende Hofrath Wichmann behauptet einmal, „hin- gegen ist der Kanonikus Blees, welcher nur zuföllig wie Emigrant in Pader- born war, nicht bevollmächtigt, den Schatz und Insignia zu bewahren*'.

*) Vgl. Bock, Die Kleinodien des h. rOmischen Reichs.

Der Aachener Doraschatz u. seine Schicksale während der Fremdherrschaft. 163

nach Wien überführt worden war (Sommer 1796), erhielt der kaiserliche Minister Reichsgraf von Westphalen-Fürstenberg den Auftrag, die Aachener Krönungskleinodien gleichfalls an den kaiserlichen Hof befördern zu lassen.

Auf Grund dieses Auftrags richtete der Minister nach längerm Zögern, das wir nicht zu erklären vermögen, am 9. November 1797 an das Geheime ßathskollegium, die oberste Eegierungsbehörde des Bisthums Paderborn, zunächst das Er- suchen, dem Guardian des Kapuzinerklosters anzubefehlen, „dass ohne mein Vorwissen von dem in diesem Kloster aufbewahrten Schatze des kaiserlichen Krönungsstifts von Aachen, bei welchem sich zugleich die Reichskleinodien befinden, nichts weggebracht werden könne". Erst am 20. September des folgenden Jahres that er weitere Schritte. Er schrieb derselben Behörde: „Die jetzige Lage der Umstände in Bezug auf das linke Rheinufer, und besonders die von dem französischen Gouvernement in Rück- sicht der geistlichen Korporationen getroffene Administrations- maßregeln, unter welchen die aufgegebene Angabe des sämmt- lichen Immobil- und Mobilarvermögens eine der vorzüglichsten ist, lassen nicht ohne Grund besorgen, dass von dem in Aachen zurückgebliebenen Stifte die Beibringung dieses Kirchenschatzes verlangt werden dürfte, wodurch alsdann in Hinsicht auf eine solche vielleicht von P^rankreich unterstützte Forderung für Euer Hochwtirden, Hochwohl- und Wohlgebornen einige Ver- legenheit entstehen dürfte. Diese Rücksicht sowohl, als auch die mir vom allerhöchsten kaiserlichen Hofe auferlegte Pflicht, für die Sicherheit der Kleinodien zu sorgen, veranlassen mich, dieselbe von dem Kirchenschatze zu trennen und in unmittel- bare Verwahrung zu nehmen, welches auf eine legale Art zu bewirken ich dem Hofrath Wichmann aufgetragen habe.**

Die vom 10. September datirte Instruktion des Hofraths Wichmann ermächtigte denselben insbesondere zu Schritten gegen den „als Aufseher der Kleinodien sich gerirenden Herrn Kano- nikus Blees". Derselbe könne die Herausgabe der Reichsinsignien „um so weniger verweigern, da dieselbe nicht zum Schatze der Kirche gehören, sondern diesem Stifte blos von Reichs wegen in eine Verwahrung gegeben worden sind, welche dasselbe nicht allein nicht UiM^ * *" sondern sogar für die Erhaltung der- selben wirkli« rwecken muss". Sollte Blees sich trotzdem weij ^ »ijin mit Gewalt vorgehen und

11*

164 J. Hansen

im Beisein eines Notars und zweier Zeugen die Reichsinsignien aus den Eisten heraussuchen.

Der Minister Westphalen befand sich bei seinem Vorgehen im Einverständniss mit dem damaligen Bischof von Paderborn *, Franz Egon von Fürstehberg. Er richtete an denselben in dieser Angelegenheit am 29. September 1798 das unten Nr. 1 abgedruckte Promemoria^. Daraufhin befahl der Bischof am 10. Oktober 1798 dem Geheimen Rath, dem Wunsche West- phalens nachzukommen und ^auf des impetrirenden Theils Kosten durch ein Regierungsmitglied ^ und den Hofrath Wichmann mit Beiziehung eines dem kaiserlichen Krönungsstifte zu Achen beyzuordnenden Mandatars * und zweenen Notarien die Eröfnung des bey den Capuzinem in verschiedenen Verschlagen sich befindenden Achner Kirchenschatzes und die Absonderung der Reichsinsignien von selbigem und deren Verabfolgung an des gedachten Herrn Reichsgrafen von Westphalen Bevollmächtigten, Hofrath Wichmann, gegen einen von ihm auszustellenden Schein zu bewirken*'. Schon am 15. Oktober wurde diesem Befehl nachgekommen. Man hatte bereits eine der Kisten vergeblich geöffnet, als einer der Kapuzinerpatres sich des Aeussern der- jenigen Kiste entsann, in welcher sich die Insignien befanden, und so konnte denn noch an demselben Tage Wichmann eine

') nnd Hildesheim.

•) Westphalen schickte diese Note am 30. September mit einem besondern Schreiben an den Bischof, in welchem er demselben noch mittheilt, dass er in den nächsten Tagen den in Hildesheim anwesenden Aachener Dompropst Grafen von Belderbusch sprechen werde, „und werde ihn befragen, ob er sich mit der Sache befangen wiU; ist dieses, so können wir ihn ja zuziehen**. Von dem Eesultat seiner Besprechung mit Belderbusch gab er dem Bischof am 8. Oktober Eenntniss: „Er trägt Bedenken, sich in die Sache zu mischen, theils seiner Verhältnisse wegen als Probst, mehr aber wegen seiner Familie, welche fast das ganze Vermögen unter französischer Botmäßigkeit hat; er glaubt, dass man auch das Kapitel in die gröste Verlegenheit sezzen würde, wenn man sich an selbes wenden solte, da er alle ürsach zu vermuten habe, dass die Franzosen von dem Schatz nichts wüsten, aUes mithin darauf ankomme, die sache geheim zu halten.** Auch sonst tritt die Furcht vor den Franzosen, für den Fall sie von der Angelegenheit erfahren soUten, mehr- fach zu Tage.

*) Das wurde der Paderbomer Hofrath Everken (nicht Everkus, wie Wilmans schreibt).

*) Als solcher fangirte der Assessor des Paderbomer Officialatgerichts Dammers.

Der Aachener Domschatz u. seine Schicksale während der Fremdherrschaft. 165

Quittung über den Empfang des Schwertes, des Evangelienbuchs und der Reliquienkapsel ausstellen. Nicht aufgefunden wurde das Gehänge des Schwerts; an den Gürtel wurde nicht gedacht, er wurde am 28. Oktober 1802 nachträglich nach Wien abgeliefert. Am 22. Oktober 1798 stellte Graf Westphalen den endgültigen, von Wilmans a. a. 0. S. 181 abgedruckten Revers über die an ihn nach Hildesheim abgelieferten Kleinodien aus.

Der Kanonikus Blees hatte gegen die Entnahme der Reichs- insignien protestirt, war aber bei der Eröffnung der Kisten nicht erschienen; der zum Mandatar des Aachener üomstifts bestellte Assessor Dammers gab die Erklärung ab, „dass er zwar dieser auf höchsten Befehl verfugten Absonderung der Keichsinsignien von den Kirchenschätzen und Abliefening der- selben an den Bevollmächtigten Seiner Excellenz des Herrn Reichsgrafen von Westphalen nicht habe im Wege seyn können, jedoch wolle er dem königlichen Kollegiatstift zu Aachen an seinen Gerechtsamen hiedurch nichts vergeben, sondern alle Rechtszuständigkeiten vorbehalten haben*'.

Die Verhandlungen wegen der Rückgabe des in Paderborn gebliebenen, dem Aachener Domstift gehörigen Theils des Kirchenschatzes begannen erst einige Jahre später, im Sommer 1802, nachdem das Bisthum Paderborn seit dem Mai unter preussische Verwaltung gekommen war. Wer den Anstoss gegeben, kann aus den uns vorliegenden Schriftstücken mit Sicherheit nicht geschlossen werden; wahrscheinlich war es aber der Bischof Marc-Antoine Berdolet, der seit dem 30. Mai 1802 den am 29. November 1801 errichteten Aachener Bischofsstuhl einnahm. Mit den erforderlichen Instruktionen versehen* kam im September 1802 der schon genannte frühere Syndikus des jetzt aufgehobenen Krönungsstifts, Nikolaus Joseph Schieffers, nunmehr Syndikus der Stadt Aachen, nach Paderborn, um die Rücklieferungsverhandlungen einzuleiten. Der Kanonikus Blees hielt auch jetzt noch an seiner ablehnenden Haltung fest. Ob er das nunmehrige bischöfliche Domkapitel nicht als Rechts- nachfolger des frühern Domstifts anerkennen wollte, oder ob ein anderer Grund ihn bestimmte, vermögen wir nicht anzugeben; er Hess aber, weil er befürchtete, dass der Guardian des Kapu- zinerklosters „vielleicht wieder ohne mein Vorwissen mehrere

•) Diese InKtniktir '-^ --ht erhalten.

166 J. Hansen

und vielleicht die sämtlichen Stiftssachen werde verabfolgen lassen", durch das von Preussen eingesetzte Interiras-Officialat- gericht zu Paderborn am 27. September 1802 Arrest auf den Kirchenschatz legen. Während dessen wandte sich Schieffers an das preussische Interims-GeheimerathskoUegium zu Paderborn, mit der Bitte, ihm die Kleinodien auszuhändigen. Aber dieses Kollegium hielt sich nicht für kompetent, wandte sich vielmehr am 2. Oktober an die „Kgl. Preussische zur Verwaltung und Organisation des Erbfürstenthums Paderborn verordnete Civil- commission" um Verhaltungsmaßregeln. Auch diese wagte keine Entscheidung, erbat sich vielmehr Spezialbefehl aus Berlin. Schieffers, der das Ergebniss dieser Verhandlungen in Paderborn nicht abwarten konnte, kehrte inzwischen wieder nach Aachen zurück. Am 29. Oktober erhielt die Civilkommission im Auf- trag König Friedrich Wilhelms III. die Mittheilung, die fran- zösische Regierung sei durch den preussischen Gesandten in Paris benachrichtigt worden, dass „wir bereit wären, die der Kathedralkirche in Aachen gehörigen und in dem Kapuziner- kloster zu Paderborn niedergelegten Kostbarkeiten dem Bischof Berdolet verabfolgen zu lassen, wenn die erwähnte Regierung selbst solches verlange und die Requisition des Bischofs bestätige". Auch die preussische Regierung trug also Bedenken, dem Bischof Berdolet ohne ausdrückliche Erklärung der französischen Regierung das Verfügungsrecht über den Kirchenschatz zu- zugestehen.

Von der Verfügung der preussischen Regierung wurde dem „citoyen Scliieffers, homme de loi, ä Aachen" am 3. November 1802 Kenntniss gegeben, gleichzeitig der von Blees erwirkte Arrest aufgehoben und ihm überlassen, seine Ansprüche und Forderungen in Aachen anzumelden.

Die Erkläning der französischen Regiening liess nicht lange auf sich warten; denn schon am 11. Januar 1803 liess Friedrich Wilhelm III. seiner nunmehr den Namen „Special- Organisations-Commission" führenden Paderborner Regieruugs- behörde mittheilen: „Da nunmelir das französische Gouvernement die Reclamation des Bischofs Bertholet .... förmlich bestätiget hat und derselben beigetreten ist", so solle die Kommission die Schätze dem Schieffers oder einem sonst gehörig Legitimirten nunmehr aushändigen. Es meldete sich aber weder Schieffers, noch sonst ' ' "^um Empfang an; Schieffers antwortete auf

I>er Aachener Domschatz u. seine Schicksale während der Fremdherrschaft 167

mehrere Anfragen nicht, und an das Domkapitel in Aachen sich zu wenden, wurde der Kommission untersagt, ihr im Gegen theil am 16. Februar 1803 befohlen, „dass Ihr nihig abzuwarten habt, bis sich jemand wegen Abholung der dort befindlichen Effecten meldet".

Fast ein Jahr ruhten nunmehr die Verhandlungen, ohne dass ein Grund ersichtlich wäre. Von Aachen aus wurden keine Schritte gethan, und auch die Paderborner Behörde führte wohl mit dem Generalvikariat Verhandlungen wegen Translocirung des Schatzes in ein anderes Gebäude ^ weil sie das Kapuzinerkloster nicht für sicher genug hielt, aber auch sie machte keinen weitern Versuch, eine schnellere Erledigung der Rückgabe anzubahnen.

In Fluss gebracht wurde die Angelegenheit wieder durch die französische Regierung. Der französische Gesandte am Berliner Hof, Laforest, erwirkte durch ein am 22. Januar 1 804 an den preussischen Minister Grafen Haugwitz gerichtetes Schreiben, dass der Kriegs- und Domänenkammer zu Münster am 23. Februar der Befehl zu Theil wurde, durch den Pader- bomer Landrath Freiherrn von Elverfeld den Schatz dem sich präsentirenden Bevollmächtigten des Bischofs Berdolet aushän- digen zu lassen. Am 28. Mai ernannte der Bischof den Vice- propst Johann Franz Smets und den nunmehrigen Friedensrichter Nikolaus Joseph Schieffers zu seinen Bevollmächtigten*; diese begaben sich gleich nach Paderborn, wo die Uebergabe-Verhand- lungen am 7. und 8. Juni stattfanden. Die beiden brachten von Aachen ein Inventar' mit, in Gegenwart des Landraths von

*) Die Sachen blieben jedoch an ihrem Orte; nur worden die Kinten besser verschlosnen und beH^<^'rc Aufnirbt verKprocben.

*) Beilagen, Nr. 2.

*) Beilagen, Nr. 3. Der Abdruck f^rfolgt nai^h der Abschrift, welche Smets und Schieffers von dem auH Aacb^n fcfrtig raitgj?brac;bten Inventar mit ihrer Quittung vom 8. Juni in rad«jrborn zurücklieMscn. Das von ibnon wieder nach Aachen mitgenommene Original wurde hier bei der Vcrbandlung vom 23. Juni 1804 benutzt und dem den Hchluss derselben bildenden Verzeichnins zu Grunde gelegt, welches Haagen a. a. 0. 11, S. HH) ff. mitgetbeilt bat. Dabei wurden die lateini-<-lj»'n Po'^ten mit geringen Veränderungen herüber- genommen, die deut-i-hen alle ins Kranzosisebe iibc^rsetzt, aus«erdem trat an die Stell«.* t*ebr eingebender Aufzei<bnung wied(;rholt eine »ebr summa ri^ he. Der letztere rrfHtand und mebrfjiehe Abw«'iebungen in den Kinz'lbeiten dürften den Al>^lrurk de- ursprUnglieh^n Verzei{;hni**«es an dieser St> lle re^'bt- fertigen.

168 J. Hansen

Elverfeld und des Sekretärs Kuhfus wurden die einzelnen Kisten geöffnet, ihr Inhalt mit dem Inventar verglichen, festgestellt, dass keine weitem Krönungsinsignien sich unter den Schätzen befanden, und das Vorhandene gegen Quittung von den Bevoll- mächtigten in Empfang genommen, denen in Betreff der heraus- genommenen Reichsinsignien eine beglaubigte Abschrift der am 15. Oktober 1798 vom Hofrath Wichmann ausgestellten Quittung ertheilt wurde.

Der Schatz wurde dann wieder nach Aachen zurückgebracht; am 23. Juni fand die Eröffnung^ imd am 7. September die bekannte feierliche Besichtigung durch Napoleon I. statt*.

Beilagen. 1.

Promemoria.

An des Herrn Fürstbischoffen zu HUdesheim und Paderborn

Hochfürstliche Gnaden.

Unterzeichneter bat aus der demselben von dem zur üebemabme der Eeicbsinsignien von ihm beauftragten Hofrath Wichmann mitgetheilten Eeso- lution Ihrer Hochfürstlichen Gnaden vom 22. laufenden Monats sowohl Höchst- dero Anstände bei Erfüllung seines Antrages, wie auch das gnädigste Ansinnen, Höchstselbst mit einer Kequisition angegangen zu werden, zu ersehen die Gnade gehabt

Indem Unterzeichneter sich verpflichtet hält, dießem Erwarten auch ohne von dem Geheimen Kaths CoUegio hierüber eine Eröffnung erhalten zu haben, sofort zu entsprechen, schmeichelt derselbe sich zugleich, daß Ihre Hochfürstliche Gnaden sowohl seinen Teils in der Lage der politischen Angelegenheiten, Teils in AUerhöchstkaiserlichen Befeien sich gründenden, ihn zur Forderung der Extradition gedachter Insignien bestimmenden Motiven, als auch dem von ihm eingeschlagenen Wege die verdiente Gerechtigkeit zu leisten geruhen werden.

Seiner Hochfürstlichen Gnaden ist Höchstselbst das Verhältnis, in welchem sich das ka^erliche Erönungsstift in Aachen in Hinsicht auf die demselben zur Verwahrung anvertrauter Reichsinsignien befindet, nicht unbekannt, welches demselben keine Rechte gewähret, sondern nur Pflichten auferlegt, für das ihm anvertraute Gut zu sorgen. Ebenso ist es eine aU- gemein anerkannte und bekannte Sache, daß die Verwahrung der Insignien, als Kennzeichen der Reichsoberhäuptlichen Würde, eigentlich Ihrer kaiser-

*) Haagen a. a. 0. 11, S. 698. «) Vgl Milz a. a. 0. S. 29.

Der AjidMaer Domschatz u. seine Schicksale w&bn^nd der Fromdherr^tohafl . \ «ft

licheB Ifajesuet zustehe, daß blos zur Vermeidung ver*ohii^cner !n<N^«ven?onreh dieselbe la einem dritten Orte hinterlegt sind, und daß dabor bei eint^Monden Umstisden, be^nders solchen, welche die Sicberbeit diese» Reiob-nrnto« kom- promitüreii, Ihre kaiserliche Majestaet in gleichem (^rade benMbti»r< und verpllichtet sind, das erwähnte Stift von seiner ()l>st>rge tu entbebt^n und anderweitige zweckdienliche Maasregeln zu troffen.

Die bei dem ßeichs-Friedeus-Congresse in Hinsicht auf da.n linke Khein- ttfer gepflogene Unterhandlungen sowie auch die auf letzterem von dem französischen Gouvernement besonders in Bctref der goistliciieu (\>nM)nim getroffenen bekannte Maasregelen bestättigen mehr als zu sehr, wie gegen- wärtig dieser Fall eintrette, welcher eine solche SicherheiUs -Verfügung von Seiten Direr kaiserlichen Majestaet notwendig mache, zu welcher Unterr.oich- neter auch bereits seit geraumer Zeit beauftragt und bevollmächtigt ist.

Weit entfernt, der von Uirer Hochflirstlichen Gnaden bezieltcn Absiebt, das erwähnte Stift auf irgend eine Art, wenigstens in der Person dessen Probstes, des Herrn Grafen von Belderbusch, zuzuziehen, die ehrfurchtsvolle Gerechtigkeit zu versagen, würde Unterzeichneter dießes selbst ge wünschet haben, wenn die besondere Umstände und besonders der Aufenthalt des Stifts unter französischer Hoheit hierüber eine Communication mit demselben erlaubt hätten, ohne Gefahr zu laufen, den Zweck - möglichst geheime Sicherung der Insignien zu compromittiren, und ohne das Stift wegen seines dem Feinde vielleicht noch unbekannten Schatzes in Verlegenheit zu sezzen; Rück- sichten, welche auch in mancher Hinsicht in Hezug auf den Probsten selbst eintretten, und welche es Unterzeichnetem überhaupt zur Pflicht gemacht, gerade den von ihm eingeschlagenen W(tg zu wählen, ncmlich das fürstliche Geheime Raths-CoUegium zu ersuchen, dem Kapu/inerkloster anzubefehlen, der DröfTnung der Kisten zu Herausnahme der H«5ic,hsinsigni(in in Gc^genwart eines Notars und zweier Zeugen kein Hindernis in WtM'g zu higen, denen ein Mandatarius ex officio für das Ktift zugcsezt wenhin könnte, um di(;ße Handlung lediglich als die sein ige in seinen Dienstverhältnissen zu isoliren und dadurch Diro Hochfürstlichen Gnaden Höchstselbst sowie auch den Herrn Probsten gegen Verlegt iih«'it jeder Art zu sichern.

Die Lage, in welcher sich der Canoniku« Blees in Paderborn befindet, erlaubt freilich nicht, demselben die Quittung über die abgelieferten Reichs- insignien einzuhaendigen ; es ist Unterzeichneter d(5r Meinung, dieselbe }m dem Pater Guardian des Kapuziner-Klosters zu dt'poniren, welcher sie als- dann, sobald der Kirchenschatz abgeholt werden sollte, mit abliefern könnte.

Unterzeichneter stellt es übrigens Seiner HcMjhfUrstlichen Gnaden Will- kür anheim, auf welche Art Höchstdiesell)e die Ablieferung verfUgen zu lassen und denselben zur Erledigung der ihm gewordenen Alh^rhöehstkaiser- lichen Befeie in Stand zu sezzen geruhen wollen, wobei derselbe sich um «o mehr beruhigen zu können glaubt, da er helfen darf, es werde Seiner Hoch- fürstlichen G"«'''*- ^"llig sein, in dieser das Anstehen und die Würde von Kaiser ud*^" e interessirenden Angelegenheit die Höchstdenen-

170 J. Hansen

selben beiwohnende devoteste Gesinnungen gegen Ihro kaiserliche Majestaet zu bethaetigen.

Unterzeichneter hat indessen die Ehre, Seiner Hochfürstlichen Gnaden die Versicherung der vollkommenster Ehrerbietung zu wiederholen.

Liebenburg am 29. September 1798.

Westphalen zu Filrstenberg. 2.

Marc-Antoine Berdolet, par la misericorde divine et par la grftce du St. Siöge apostolique, Ev^que d'Aix-la-Chapelle, 4 Monsieur Jean Fran^ois Smets, pretro chanoine de notre Egliso Cathedrale, et Monsieur Nicolas Joseph Schieffers, homme de Loi, ancien Syndic du chapitrc, maintenant Juge de paix d'une des Sections de la ville d'Aix-la-Chapelle, Salut.

Vu le Rescrit adress^ du cabinet de Sa Majest6 le Roi de Prasse ä sa Commission Royale s6ante k Paderborn en date du 29. Octobre 1802 et la d^claration de eette ra§me Commission du 3. Novembre suivant faite 4 Tun de Vous, lors de la premiöre dßmarche que nous lui fimes faire pour reclamer les Effets pr6cieux de notre Eglise, qui ä Poccasion de la guerre ont 6t6 transferös et depos6s au couvent des Capucins de Paderborn, lesquels Rescrit et D6claration nous ont donn6 la gracieuse assurance de recouvrer la dis- position des dits Effets, des que le gouvemement fran^ais en approuveroit la Reclamation:

Vu ensuite une lettre du Ministre de Tint^rieur de France adress6e a Monsieur Mechin, Prüfet du Departement de la Rocr, datöe du 25. Nivose dernier pour Tinformer que le Ministre des relations Exterieurs avoit 6t§ ecrit au Ministre P16nipotentiaire de France k Berlin, pourqu'il obtint du Minist^re de Sa Majeste Prussienne Tordre de remettre les Effets par nous r^clamös :

Vu enfin la lettre du Ministre de France prös Sa Majest6 le Roi de Prusse, dat6c de Berlin du 20. Flor^al dernier et adress^e au meme Prüfet du d6partement de la Roer, qui lui mande, que le cabinet vient d'autoriser, du 7. Mai, Ic conseiller Provincial, Monsieur le Baron d^Elverfeld, ä faire la reraise, que nous sollicitons, ä notre Procureur, ou fondö de pouvoirs de notre part, nous ne doutons point que nos vocux ne soicnt reraplis, et que Tautorisation doim6c 4 Monsieur le Baron d'Elverfeld n'opörc de suite la remise de notre d6p6t. Et comrac vous en connoissez parfaitement le contenu, et que vous pouvez reconnaitre les Erapreintes dont il a et6 marqu6, nous vous Chargeons de T^tat d6tailie des caisses et des objets, ainsi que de Tancien Sceau du Chapitrc, dont quelques pieces de cc d6pöt sont munies et qui servira k la confrontation, et nous vous constituons par les presentes nos Procureurs et fond^s de pouvoir 4 Teffet de vous rendrc 4 Paderborn, d'y solliciter et effectuer la delivrance du d6p6t mentionn6 et faire 4 cet 6gard tont ce que vous jugerez necessaire et convenable, pourqu'il seit promptement

Der Aachener Domachatz il ^ine Schicksale wahrend der Fremdherrschaft. 171

renda k notre Egiise cathMrale et aux voeux empresses de toute la ville

d'Aix-la-Chapelie, promettant d'aroir poor ajarreable tout ce que vons ferex

pour raison de ee qne dessus et pour rEflfet de notre pre:?ente procuration

Epiäcopale.

Donn^ & Aix-la-Chapelle, sous le äcean de notre office Pontifical, sous

notre seing et le contreseing de notre S^cretaire, le ringt hnit Mai, mil huit

cent qoatre.

t Marc Antoine Ereque d'Aix-la-Chapelle. (L. S.)

Par le roverendissime Ev§que

Monpoint.

Vu pour la l^galisation de la Signatare de Monsieur Marc Antoine Ber- doiet, Eveque d'Aix-la-Chapelle, et de Monsieur Monpoint, chanoine, son s^retairc.

En notre hötel ä Aix-la-Chapelle le 8. Prairial an 12.

Le Prüfet du d<5partement de la Ro€r (L. S.) AI. M6chin.

3.

luTentarium über die Parcelen des Kirchenschatzes zu Acben, welche in den

Kisten und Verschlagen, so im Jahre 1794 in dem Capuziner-Kloster zu

Paderborn deponirt und dato noch vorfindlich soyn müssen*.

I. 1. Simulacrum beatae Mariae Virginis.

2. Effigies Simeonis justi et beatae Mariae Virginis.

3. Effigies sancti Petri apostoli.

4. Pugio beati Caroli Magni.

5. Agnus Dei hierothecae inclusus.

6. Hierotheca, quam reverendissimus dominus decanus circumfert in festo Ascensionis.

7. Quatuor candelabra argentea formae minimae*.

8. Cistella argentata et deaurata, continens lapillos ' et ostensoriorum fragmenta etc. etc.

9. Oeto laminae et quinqne globuli deaurati. Brustschilder von dem Kohrkappen.

II. 10. Caput divi Caroli Magni.

11. Ampulae maximae cum paropside.

12. Quatuor laminae auratae. Brustschildcr.

') Der Uebersichtlichkeit wegen sind die Kiston mit römischen, die einzelnem Oeppnstllndo in denselben mit fortlaufenden arabischen Zahlen versehen worden. In der Vorlage sind nur die Kisten mit arabischen Zahlen numerirt.

*) maximae, Haageu a. a. O, II, S. 700.

») capillos, Haagon a. a. O. TT. S. 700, sicher unrichtig.

Mutter Gottes Kleider.

Mutter Gottes Kleider.

172 J. Hansen

in. 13. Brachiom Caroli Magni.

14. Statua ex argento deaurata divae Virginis cum Corona.

15. Duo magna candelabra argen tea.

16. Quatuor parva candelabra argentea. rV. 17. Ein roth Sammet mit Gt)ld brodirt

18. Ein weiss mit Gold brodirt

1 9. Ein braun Sammet mit Gold brodirt, vulgo Salm

20. Ein mit Gold, vulgo Schellart

21. Ein braun Sammet mit Gold verbremt

22. Ein goldenes Stück, Mariendahl

23. Ein sammctes, vulgo Guaita^

24. Ein weiss brodirtes, vulgo Brüssel

25. Ein goldenes Stück, vulgo Wispien

26. Ein blau silbernes, vulgo Mars

27. Ein -alt güldenes, vulgo Staubrock

28. Ein alt weisses mit einer diversen Leist

29. Ein weiss silbernes, vulgo Beelen

30. Ein licht blau mit silberne Blumen

31. Ein roth brodirtes, vulgo Joseph*

32. Ein Casul mit Leviten, blau mit silbernen Blumen, samt BehOr.

33. Vier weisse mit goldene und silberne Blumen Casulen samt Zubehör.

34. Zwei spitzenc Hüllen für das Muttergottesbild, samt Zubehör.

35. Zwei Casulen, ein silbernes Stück, der andere Kand . . . , mit Zubehör.

36. Schwartz sammetes Casul mit Leviten, mit Zubehör über die Pult (?).

37. Zwei Casulen, Bierens und Guaita, samt Zubehör.

38. Acht Kugeleu* von die Chorkappen, Joseph und Isabella.

39. Zwei Casulen, von CoUenbach, der andere von Wylre, mit Zubehör.

40. Noch zwei rothe Casulen mit silbernen Blumen, samt Zubehör.

41. Casul und Leviten samt Zubehör, von Joseph.

42. Casul und Leviten samt Zubehör, von Isabella.

43. Casul, Leviten mit Zubehör und über die Pult, von braun Sammet

44. Casul, Leviten und Zubehör, roth, von Collenbach.

45. Gardinen 6, über die Chorpultc, 6 Stück, von Joseph.

46. Drei Tapetten vom Choraltar, roth, weiss und schwartz.

47. Casul, Leviten und Zubehör von Karl V.

48. Noch ein Casul mit grün Kreutz.

«) Es steht da „öuiata".

«) Quindecim vestimenta B. M. V., Haagon a. ». O. IT, 8. 700, tUr Nr. 17—31. *) Kogel ^ Kapiizze, Kragenstück, im Protokoll bei Haagen a. a. O. II, S. 701 mit „boules** (!) Übersetzt.

Der Aachener Domschatz o. seine Schicksale während der Fremdherrschaft. 173

49. Mutter-Gotteskleid von Isabella mit den Kleinen,

y. 50. Monstrantia com cingolo Domini.

51. Monstrantia com cingalo beatae Mariae Virginis.

52. Monstrantia com chorda Domini nostri Jesu Christi.

53. Crox anrea Lotharii imperatoris.

54. Imago beatae Mariae Virginis argentea parva, ante annos oblata.

55. Agnus Dei cum variis reliquiis et pede, totus argcnteus. VI. 56. Ostensorium omatum cum Tariis lapidibus pretiosis.

VII. 57. Duae coronae aoreae in suis thecis.

VHr. 58. Turris argentea deaorata cum brachio sancti Oaroli Magni.

IX. 59. Turris argentea deaurata cum sudario Domini.

60. Comu Caroli cum mensura brachii.

61. Item sex globuli argen tei deaurati.

62. Item den silbernen Stab de cappa Leonis.

63. Item das Geheng vom Hom. X. 64. Cappae quatuor Caroli quinti.

65. Cappae quatuor Isabellae.

66. Cappae quatuor Josephi.

67. Cappae quatuor, rothsammete cum tintinnabulis.

68. Dito quatuor, rothsammete novae.

69. Cappa Leonis papac.

70. Casula sancti Bernardi.

71. Octo velamina beatae Mariae Virginis, vulgo Hüllen, cum suis

necessariis.

72. Item balteus in duplo, novus cum antiquo.

73. Cappa nigra, imago beatae Mariae Virginis acu > picta, thronus cum unionibus.

74. Duae vexillae.

75. Der silberne Vorhang.

76. Weihwassers Kessel.

77. Rauchfass.

78. Die silbernen Ruthen und Buh«.

79. Ein vergoldeter Knopf.

80. Ein Messbuch.

81. Das grosse silberne Kreutz.

82. Zwei silberne Crucifixer.

XI. 83. Cistula argentea cum reliquiis.

84. Cistula ebumea cum reliquiis.

«IT T^ r^ -1 ^v arsrcnto. Item pixis artrontea

85. Duae ampullae cum paropside cx ar*; r *^

hostiarum. ^ . . „, , ...

TV ^ .^ ^X4.^n mit unterschiedlichen Oblat^jn.

86. Duo canones. Item zwei Paquetten vai^

. .„ T. Aixn besten Kelch cum raU;na.

87. Zwei silberne Kronen. Item den oe»i^^

») Die Vorlage hat aut, das Richtige anfl H»«-»«»

174 J. Hansen

88. Eine silberne überguldete Krön vom Kindlein, Zepter, Weltkugel samt Zepter vor. die Mutter Gottes, alles überguldet.

89. Liber reverendissimi domini cantoris; antiquum ciborium in forma turris; noch ein Kelch mit Paten; ein silberner überguldeter Becher; Libellus domini decani; noch ein Kelch mit Paten.

Xn. 90. Antipendia 2 ex choro et altari beatae Mariae Virginis, Josephi, cum passello.

91. Antipendia 2 itidem Isabellae.

92. Den Umlauf vom Traghimmel ex omamento Josephi.

93. Vier Chorkappen von Fürstenberg; item zwei Levitenkleider und ein Casul, dito; Antipendium divae Virginis, dito; die Cor- tinen von Isabella; 13 albae mclioris notae.

94. Zwei grosse Küssen von Sammet; item einige neue seidene Fragmenten von der Sacristie gehörend; noch ein Altarküssen von Sammet.

95. Zwei Josephi Tapeten.

96. Ein Tapet vom Evangelii Stuhl.

Xin. 97. Ist mit Papieren, zum Archiv gehörig, ganzlich angefüllt.

XrV. 98. Desgleichen blos mit alten Rechnungsbüchern und sonstige

Papiere völlig angefüllt. XV. 99. Die Reliquien Kasten aus dem Choraltar.

XVI. 100. Acht silberne grosse Altarlcuchter.

101. Zwei silberne Lavoirs.

102. Zwei kleine silberne Leuchters.

103. Vier silberne Messkännchen.

104. Ein Kelch mit Paten».

105. Acht Lamina vor den grossen Kasten in Nr. 15, mit der Einfassung.

106. Ein grosser silberner Stab für den Chorbischof.

107. Ein Reliquienkast vom Muttergottesaltar; item das Mutter- gottesbild separat.

108. Item noch 15 Stücker, wovon drei mit Steinen gamirt, separat; dabei noch ein silbernes übergoldetes Knöpfchen.

109. Eine silberne Hostiendose, inwendig vergoldet.

XVII. 110. Ist angefült mit ungewaschenen Alben und Leinwand aus der Sakristey.

XVin. 111. Ein Gesangbuch mit helfenbeinem Umschlag, mit Silber eingefasst.

112. Drei silberne vergoldete Kelche mit Patens.

113. Ein silberner vergoldeter Kaste oder Reliquiarium.

114. Ein dito von Helfenbein.

*) Auf diesen Kelch bezieht sich der zum Text des Protokolls vom 2^. Juni lHü4 gehörige, von Haagen a. a. O. II, S. 7Ü2 in die Anmerkung verwiesene Satz: Un calice ne s'y trouve pas, 11 a ^t^ laisse aux moines de Paderborn chez lesquels les reliquos et autres objets precieux out ete depos68 et conserves.

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Der Aaebeaer DuBSchiti o. s^ine S-:hkk>Aie «rÄhrend der Fremdhorrschaft. 175

115. Eiii iiiU-TBtrr Be«4ier.

116- Zwei >ii>ierat: Kr»<nfn-

117. Ein *iIUnj»-4 i ili..riaTi in der Form einer Monstranz.

118. Blin ?ilbemcr Ka>ttn in der Form einer t'apelle.

119. Ein M^b zu den Beliquienka^ten.

XIX- 120. Zwei hr.Iizem^ Altarbilder mit Silber platirt und versnddet.

121. Ein tr>-?<hrieU'nt-> Evanff^'Heiibuch mit einem starken rui>chlÄ$r» ^j mit nne«-bien Steinen einirefa-sst.

122. Einiire Verzierungen zum EvangelienstuhL so ganz von SiU>et and ven^oldet waren.

XX. 123. I>t ein Kä-tcben, worin blo^serdings Reliquien auflKM^nbrt und dtra Patri Guardiauo zur l>e>ondem Asservation zuge^ttelt sind *.

Der sub Nr. 7 besonders verzeiebnete «zum SiMretariaf Ver^'hlag ist jetzt, da die Reiebj^insijxnien bereits im Jabre 179s daraus genommen sind, nocb mit den zum Stvn»tariat gehörigen Brief scbaften und Papieren gSnzIicb angefUUt.

Die sub rubrika »Probstei* gezeichnete Kiste ist blos mit den domprobäteilichen Protokollen angefüllt,

Jean Frau«;ois Smets, ehanoine de la catbedrale (L. S.) d*Aix-la-Ohapello.

Nicolas Joseph Sehieffers, juge de paix.

Samtliche im vorstehenden Inventario bemerkte Parzelen sind unter- zeichneten Bevollmächtigten in den darin beschriebenen uumerirten Ver- schlagen nach vorgängiger im Protokolle bewilrkter Krofuung der Versehb1gt> und geschehener Vergleichung der sämtlichen Pareeleu des Achener Kiri'hen- schatzes mit dem Inventario dato richtig tiberliefert worden, welches bierdun^h vermöge unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedruckten Pettschaften beurkundet wird.

Paderborn, den 8**;^ Juny 1804.

Jean Franfjois Smets, ehanoine de la cath6drale (L. S.) d'Aix-la-ChapeUe.

Nicolas Joseph Schieffers, juge de paix.

') Nach einem ebendort Kisten: 1. K. 150 Pfd.. 2. K. 156 Pf.

fol. öl befindlichen Verzeichniss wogen die J»n«»^J«'^"

.. .^ -. -. -~ Pfd, 3. K. IHO Pfd., 4. K. 466 Pfd., 5. K. IW Ud t. K.

50 Pfd., 7. K. (nach Herausnahme der Reichsiusignien) 192 Pfd., «. ^- ^ " , ,'

205 Pfd., 10. K. 477 Pfd.. 11. K. 2U Pfd., 12. K. 495 Pfd., 13. K. 300 PfiL, U- ,; "' '

15. K. 1100 Pfd., 16. K. 1100 Pfd., 17. K. 85 Pfd., 18. K. 166 Pfd., 19. K. '*^ * «d » «•* »

415 Pid., die Probsteikiste 200 Pfd.

Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds.

Von H. Böckeier.

In einem dem Archiv des Stiftskapitels in Aachen zu- gehörigen Directorium (oder Ordinatio) chori aus der Mitte des 14. Jahrhunderts findet sich zum h. Weihnachtsfest folgende Stelle :

Sacerdos canonicus celebraturus primara missara indutus veste sacerdotali in pulpeto solempni^ cum thuribulo et cero- ferariis leget evangelium „Liber generationis", astantibus sibi subdiacono et diacono. Quo finito cantabunt Nu seit unß willekome hero Kerst. Deinde „Te Deum laudamus** cum organis, quo finito inchoabitur prima missa a domino cantore, quae celebrabitur in altare b. Mariae Virginis.

Dieses Direktorium stammt aus den Jahren zwischen 1339 und 1851, weil es die 1339 von einzelnen Kanonikern duplizirten und triplizirten Feste als solche in ursprünglicher Schrift, die 1351 und später duplizirten und triplizirten Feste als solche in nachträglicher Verbesserung enthält. Auch die obige Stelle befindet sich auf einem nachträglich an Stelle des abgenutzten Pergamentblatts eingefügten und beigeschriebenen Papierblatt. In einer Abschrift desselben Direktorium aus den Jahren 1449 1455^ heisst der Anfang des Lieds: „Sytt willekome hero Kirst", ebenso lautet er in zwei spätem noch vorhandenen Abschriften, Papierhand- schriften, von denen die letzte unzweifelhaft bis ins vorige Jahr- hundert reicht. Somit ist das Weihnachtslied sicher wenigstens 400 Jahre beim Officium der h. Nacht im Aachener Dom gesungen worden. Dass es auch anderswo gesungen wurde, hat W. Bäumker, der verdienstvolle Herausgeber des Werkes „Das katholische deutsche Kirchenlied", nachgewiesen. Im

*) Wahrscheinlich ist hier der Ambo des Kaisers Heinrich 11. gemeint. *) Dieselbe enthält fer. V hebd. sacrae wohl den 1449 geweihten St. Anna- Altar, nicht aber den 1455 consekrirten Altar Simeonis iusti.

Die Melodie des Aachener Weilmach tslieds. 177

^ Kirchenmusikalischen Jahrbuch** von 1887 berichtet er, dass anch in der ehemaligen fürstlichen Abtei Thom an der Maas das Lied seitens der von dem naheliegenden Poll kommenden Schiffer gesungen worden sei. Die Schiffer erhielten dafür von der Äbtissin einen Imbiss und einen Krug Wein.

In einem handschriftlichen Bituale dieser Abtei aus dem 17. Jahrhundert (Kopie eines altern Buchs) heisst es: In vigilia Nativitatis evangelio flnito nautae de Poll tenentur cantare: ^Nu siet willekom herro Kerst etc." ad minimum tres aut quatuor versus ante altare sancti Georgii, quibus abbatissa tenetur dare offam et amphoram vini.

Bäumker glaubt sogar in einem vlämischen Gesangbuch des 17. Jahrhunderts die ganze Melodie gefunden zu haben und theilt sie in dem genannten Jahrbuch S. 65 mit. Der Titel dieses Gesangbuchs lautet: Het Paradys der Geestelijke en Kerkelijke Lof-Sangen, Op de principaelste Feest-Dagen des gheheelen Jaers. Geplant door Salomonem Theodotum, Licentiaet in der H. Godtheyt. Den vijfden Druck, verbetert ende ver- meerdet te Antwerpen, by Hendrick Aertsens 1648. (Das Lied steht S. 16 ff.) Allerdings stimmen der Anfang des Textes und der Melodie, sowie das Versmaß ziemlich überein, auch erinnert der Schluss „Kyrieleis" an eine alte Leise, aber der Verfolg der Melodie und des Textes sind wesentlich verschieden. Zur Ver- gleichung möge es hier folgen:

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1. Nu zyt wel-le-ko-me Je-Bu lie-Ten Heer. Ohykomt van

al-800 hooghe, van al-soo veer. Ka zyt wel-le-ko-me vanden

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hooghen He-mel neer. Hier al in dit Aerdtryk zyt ghy ghesien

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noytmeer. Ky-ri - e-leys.

2. Christe Eyrieleison laet ons singen hly, Daer meed* oock onse Leysen heginnen yry: Jesus is ghehopren op den Heylighen Kersnacht, Van een' Maghet reyne, die hoogh moet zyn geacht. Eyrieleis.

12

178

H. Böck'eler

3. D^ Herders op den Velde hoorden eon nieuw liedt, Dat Jesus was ghebooren, sy wisten't niet:

Gaet aen geender Straten, en ghy sult hem yinden klaer, Bethlem is de stede, daer^t is geschiedt yoorwaer. Eyrieleis.

4. D' Heylige drie Coon^ghen uyt so verren lant Sy sochten onsen Heere met Offerhant:

S* Offerden ootmoedelyck Myrrh' Wierooek ende Gout T^eeren van dat Kinde, dat alle ding behoat Eyrieleis.

Von der Melodie des Aachener Lieds war bisheran nur ein Bruchstück bekannt, welches sich in dem im Münsterschatz aufbewahrten Evangelien-Kodex Ottos m. vorfindet, aber nicht aus der Zeit Ottos stammt. Dieses Bruchstück ist angefügt an das im Anhang vollständig in Noten ausgesetzte Evangelium von der Abstammung Jesu Christi, welches der Kanonikus senior am Weihnachtsfest feierlichst vor Beginn des ersten Hochamts sang, und gehört seiner Schrift nach höchstens dem 14., wenn nicht gar dem 15. Jahrhundert an. In moderne Notenschrift übertragen lautet es:

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Syt wil - le - ko - men heir

rekirst, want du on-ser

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al-re he-re bis.

Schon dass der Text nicht mit „Nu seit unß" u. s. w. anfängt, lässt auf eine spätere Zeit als 1350 schliessen, da im oben erwähnten Direktorium dieser Zeit der Text so beginnt. Dennoch erinnert die Melodie in ihrer Struktur an Gesänge sehr früher Zeit, deren einige ich zum Beweis hier anfüge:

1. In einer Sequentia des berühmten Notker Balbulus (840 912, Dichter und Komponist des bekannten Media vita), betitelt de s. Innocentibus, heisst die zweite und dritte Strophe:

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Quem coe - li - tus ju - bi - lat, su-per a- stra ma-nen-tis ple-bis

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de-cus ar-mo-ni-ae. Quem ag-mi-na in-fan-ti-um so - no-

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Z-.3ZI3— ^

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ri8 ym-nis col-lau-dat etc.

Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds.

179

2. Eine Sequentia, zu singen in Nativitate Domini in primo galli cantu, aus einer Handschrift des 13. Jahrhunderts ^, welche sich im Archiv des Aachener Stiftskapitels befindet, beginnt:

Jes-se vir gam hn-mi da-vit et in firuc-tam fe-cnn-

wih'

^

da - Vit rosmi-se-ri-cor-di

J^J JT^

ae.

3. Ein Weihnachtslied, Uebersetzung der sehr alten Anti- phon am Feste Maria Verkündigung: Haec est dies, quam fecit Dominus, hodie Dominus afflictionem populi sui respexit, welches sich in dem Gesangbuch des Hecyrus (1581 Pastor in Caden) findet*, lautet:

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9="-^^"--^g^55r.^T::^-^--^~ --: ^Ij

Das ist dertagjdenOottgmacht hat auss barmhertzigkeit und ge - nad, Heuthatan-gsehenQott der Herr Bci-ncsvolckstrUbsalund be-schwor,

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-^

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Und hat uns aufT er-den ge-sandt un-sern Er-lö-sor und Iloyland.

Wenn Hoffmann von Fallersleben ^ das fragliclio Lied dem Ende des 11. Jahrhunderts zutheilt, so dürfte er nach ()bi^«»m wohl in soweit Eecht haben, dass seine Melodie wonigHtonH nicht später entstanden ist; auch dürfte die Aohnlichkoit dtn* Textanlage mit den berülimten Leisen „Unsar trolitiii liat lar- salt" (9. Jahrhundert) und „Christ kinado" (973) auf eine nohr frühe Zeit schliessen lassen.

War bisheran, wie oben bemerkt, nur ein Bruclistück der Melodie bekannt, so sind wir nunmehr aber so glücklich, die

') Das Bach, ein Gradaale, ist geschrieben von einem Kanonikus Amoldas, denn oft findet sich die Ueberschrift: Orate pro Arnoldo, und in dem Necrologiom der Stiftskirche ed. Qu ix p. 11, XTIII Kl. Martii hoisst es: Commemoratio magistri Arnold! canonici, qui praeter alia dodit magnum librom in choro sinistro.

*) Vgl. Bäumker, Das kath. deutsche Kirchenlied I, S. 285.

') Geschichte des deutscheu Kirchenliedes, 3. Aufl., S. 29.

12*

180

H. Bdckeler

ganze Melodie zu besitzen, wie sie am Ende des 14. Jahr- hundertsgesungen wurde und durch Herrn Geheimrath Dr. Loersch in einer mehr erwähnten Pergamenthandschrift der Amploniana in Erfurt^ mit Eintragungen etwa aus dem Jahre 1394' wieder aufgefunden worden ist. Ist sie schon an und für sich ein werthYoUer Fund zu nennen, so kommt noch hinzu, dass sie dort in einer dreistimmigen Bearbeitung erscheint, welche für die Geschichte der Entwicklung der Harmonie von aussergewöhnlicher Bedeutung ist. Die einzelnen Stimmen stehen nach Art der damaligen Zeit hintereinander, zunächst die erste, dann die zweite und zuletzt als dritte Stimme (sog. cantos firmus) die alte Melodie des Weihnachtslieds.

In kombinirter modemer Schreibweise hat die Komposition folgende Gestalt:

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>) Vgl. Bd. X, S. 99 und Bd. XI, S. 51 dieser Zeitschrift *) Diese Eintraguigeii sind wahrsekeinlich gesdmebea ron Jokaui BaHHL, Kapellan der Katharinenkapeüe in Aachen.

Die Melodie des Aachener Weihnachtslieds.

181

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Vergleichen wir die Melodie mit dem oben abgedruckten Bruchstück, so fällt uns sofort deren Vereinfachung und theil- weise Umänderung auf, welche sie wahrscheinlich durch die Benutzung als cantus flimus im Interesse des harmonischen Gebilde erfahren hat. Zur Orientirung stelle ich die beiden Melodien hier zusammen:

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1

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Da zweifellos diese Vereinfachung auch auf den zweiten Theil ausgedehnt worden ist, so haben wir leider die Original- melodie nicht mehr vollständig korrekt vor uns und wird diese auch wohl kaum durch Konjekturen herzustellen sein. Denn dass die zweite Melodie die ältere sein könnte, widerspricht der ganzen Tradition ähnlicher Melodien. Es schliesst dies aber nicht aus, dass man an der Hand der neu aufgefundenen eine neue Fassung der Melodie herstellen kann, welche die Wiedereinführung des Lieds ermöglicht, sobald der Text eine entsprechende Umarbeitung durch kundige Hand erfahren hat, was ich hiermit den Berufenen sehr empfehlen möchte.

Die Tonart der Melodie ist die dorische, denn die Tonika ist d und die Dominante a; wenn ein b im Verlauf der Melodie

184 H. Böckeier, Die Melodie des Aachener Weihnaclitslieds.

Zahlen die vollkommenste, weil sie von der höchsten Dreieinig- keit, welche die wahrste und höchste Vollkommenheit ist, ihren Namen angenommen hat^** Johannes de Muris sagt: „Die Musik nimmt ihren Ursprung in der Dreizahl, welche, mit sich selbst multiplicirt, neun erzeugt, in der jede Zahl enthalten ist^* Daher finden sich bis ins 14. Jahrhundert nur höchst selten Beispiele von zweitheiligem Takt, wiewohl es zweitheilige Notenwerthe gab. Ferner finden wir Terzen- und Sextengänge (18., 20., 21., 26. 34. Takt), die Dissonanzen nur im Durch- gang oder als Nebennoten angewandt, die interessantesten Gegenbewegungen, während das Organum noch seine alten Rechte zu behaupten versucht (zumal im ersten Theil des Ton- stücks) und sogar mit rücksichtsloser Freiheit über die ver- minderte Quint wie über die reinen Quinten vei'fugt. Es dürfte wohl kaum ein Aktenstück dieser Art aus damaliger Zeit ihm an die Seite gestellt werden können, welches dem Musik- Archäologen so interessante Partien zum Studium der Entwicklung der Harmonie böte. Wenn beim Beginn die erste Stimme ein c hat, so liegt der Gedanke an einen Schreibfehler nahe ; man glaubt, es müsse d statt c gesungen werden, oder in der dritten Stimme ein c statt d. Erstere Korrektur ist aber darum unstatthaft, weil in damaliger Zeit niemals ein Tonstück mit einem Moll- akkord anfing, und letztere KoiTektur scheint darum nicht statt- haft, weil das Lied nie mit c begonnen hat. Es bleibt uns nichts anders übrig, als anzunehmen, dass die Melodie später mit f anfing, wie auch die von Bäumker oben mitgetheilte holländische Bearbeitung desselben Lieds mit f anfangt.

Mit diesen Bemerkungen, die nur in kurzen Umrissen auf die hervorragende Bedeutung des vorliegenden Tonstücks hin- weisen sollen, möge es seine Wanderung durch die musikalischen Zeitschriften antreten. Ich hoffe, dass berufenere Männer, zumal solche, welche die musikalische Archäologie mit Müsse als Spezial- Studium betreiben können, es nach allen Seiten hin beleuchten werden. Zu dem Ende wäre eine genaue Nachbildung der Handschrift, vielleicht durch Photographie hergestellt, sehr wünschenswerth.

*) Gerbert, Scriptores m, p. 4. >) Gerbert 1. c. m, p. 298.

Die Melodie des Aachener Weihnachtslicds. 188

fahren hatten. Beispiele dieser Gesangweise finden wir mit- getheilt in Bumey, Geschichte der Musik ü, Forkel, Musik- geschichte n, S. 461, Gerbert, De cantu et musica sacra II, p. 109 (nach einer Handschrift des Klosters St. Blasius aus dem Jahre 1374), Revue musicale 1822 (altfranzösischer Chanson für drei Stimmen von Adam de la Haie [f 1287] mitgetheilt durch F. J. Fetis), Monatshefte für Musikgeschichte 1877 (mit- getheilt durch E. Bohn), Cäcilia von Hermesdorff 1878 (eine Reihe zweistimmiger Sätze über deutsche Kirchenlieder aus einer Handschrift der Stadtbibliothek in Trier vom Jahre 1482 ^), Cantiones Bohemicae (Leipzig 1886), Gregoriusblatt 1888, Nr. 6 (mitgetheilt durch P. Dreves). Nach Bellermann* war Franko von Köln (f 1247 als Scholaster am Köhier Dom') der erste, welcher die althergebrachte Lehre Hucbalds über die Quarten, Quinten und Oktaven als einzige Konsonanzen verliess und, nach dem Gehör urtheilend, die Terzen den Konsonanzen zu- zählte. Marchettus von Padua (Ende des 13. Jahrh.) bespricht die Auflösung der Dissonanzen, welche noch nicht vorbereitet und gebunden, nur im Durchgang vorkommen, und Johannes de Muris (t 1370) gibt endlich das Quinten- und Oktavenverbot. In die Mitte dieser Bestrebungen fällt eine vierstimmige Messe, welche von GuiUaume de Machaud (1340) komponirt und bei der Krönung Karls V., Königs von Frankreich, im Jahre 1364 aufgeführt wurde*, sowie unser vorliegendes Tonstück, welch letzteres unzweifelhaft viel klarer in der Fassung ist und Passagen enthält, die anschliessend an sehr alte Traditionen auf einen gewaltigen Fortschritt in der Harmoniebildung schliessen lassen. Auffallend ist, dass, während die Melodie zweizeitig ist, bei der Begleitung das dreitheilige Zeitmaß an- gewandt worden. Die ältesten Mensuralisten hatten fast nur dieses Zeitmaß, da die Zahl drei für sie eine hohe Bedeutung hatte. Franko von Köln sagt: „Die Dreizahl ist unter allen

') Diese Sätze sind auch abgedruckt bei Bäum k er, Das kath. deutsche Kirchenlied I, bei den betreffenden Liedern.

•) Festschrift zur dritten Säcularfeier des BerHn'schen Gymnasium zum grauen Kloster. Berlin 1874.

*) Ueber dessen Lebenszeit und Lebensstellung war man früher im ünUaren. Das Nähere s. Gregoriusblatt I, S. 42.

*) Ein Fragment des Gloria dieser Messe hat Chr. Kalkhie» seiner Histoire de la musique mitgetheUt. '^

186 P. Giemen

ein fester Typus sich gebildet hat. Muthmaßlich gleichzeitig- ist von allen Denkmälern des merowingischen Königshauses nur der Grabstein der Fredegund in St. Denys *, fast gänzlich zer- stört und in der Zeichnung des Kopfes nur in einer Miniatur in der Karl IX. gewidmeten Handschrift der Histoire des rois de France in der Bibliothfeque nationale zu Paris erhalten*. Aber die Darstellungen der Könige : die des Klodwig auf einem Elfen- beindiptychon in Amiens^, in der Kirche St. Geneviöve*, am Portal von Notre Dame du Mans^, von St. Germain-des-Prfes *, von Notre Dame zu Paris ^, am Portal der alten Kathedrale zu Corbeil*, auf der Tapisserie von St. Remi zu Reims ^; die Childeberts im Chor*® und im Refektorium** von St. Germain- des-Prfes, in der Unterkirche von St. M6dard zu Soissons**, im Chor von Notre Dame zu Paris *^, am Portal von St. Denys **, von St. Germain l'Auxerrois *^, am Portal der Kathedrale von

') Eckhart, Commentarii de rebus Franciae orientalis I, p. 159; Alb. Lenoir, Statistiqne monumentale de Paris. Atlas I, pl. V.

') F. de Vigne, Vademecum du peintre. Becueil de costumes du moyen äge pour servir ä Thistoire de Belgique I, pL 44.

") Bigollot, Notice sur une feuiUe de diptyque d'ivoire repr6sentant le bapt§me de Cloyis.

*) Alex. Lenoir, Description historique et chronologique des monu- ments de sculpture au mus6e des monuments fran^ais I, p. 9; Alb. Lenoir, Statistique monumentale de Paris I, pl. n.

^) Launay, Becherches arch^ologiques sur les oeuvres des statuaires du moyen äge dans la viUe du Maus, contenant la description des portiques de la cathMrale et de Notre Dame de la Couture. Dazu Annales arch^olo- giques Xu, p. 405.

') Montfaucon, Monuments de la monarchie fran^aise I, pl. YII.

^) Montfaucon 1. c. I, pl. VIII, p. 56.

*) AI. Lenoir, Description bist, des mon. de sculpture II, p. 70; Lacroix, Les arts au moyen äge p. S42.

®) A. Jubinal et L. Paris, Les tapisseries de Keims. Vgl. Annal. arch^ol. XXIV, p. 350. Lacroix et Ser6, Le moyen äge IL La tapisserie.

*<>) Montfaucon 1. c. I, pl. XI, 1, p. 58; Alb. Lenoir, Stat. monum.

n, pl. m.

") Alb. Lenoir 1. c. n, pl. m. »«) Montfaucon 1. c. I, pl. XI, 3, p. 59.

'^) Chouvet, Album des boisseries sculpt^es du choeur de Notre Dame de Paris, pl. I.

") Montfaucon 1. c. I, pl. XV, 6, p. 192.

1^ Inventaire g6n6ral des richesses d'art de la France. Paris. Monuments r61igieux I, p. 438.

Die PortritdjLrstelhngen K&iiä de« Groc^^n. 187

Boorges^; das Portr&t Dagoberts in der Handschrift der Tita s. Aodomari in der Stadtbibliotbek zu St. Omer^ die drei Darstellungen in St. Denys, die Fignr an der Pforte*, die sitzende Figur im Chor*, das grosse Grabmal ^ die Reiter- statue am Strassburger Munster *, die Darstellung im Tympanon der Florentiuskirche zu Xiederhaslach ^ im Cod. 19 der Hamilton- sammlung': das Bild Pippins in Fulda ^ auf einem Kapital der XJnterkirehe von St. Denys ***, das Basrelief an der Fa^ade von Sainte-Croii zu Bordeaux", das Portrat im Codex aureus des Klosters Echtemach in der herzogl. Bibliothek zu Gotha ", das Ghrabmal in St. Denys", das Bild in der Galerie des rois an

*) Willemin, Monuments fimn^ais in^ts I, pL 61.

*) Trois miniAtores repre^entant saint Vandrille et sa femme, Dagobert et one tronpe dliommeä ann^s^ d'an manoscrit conteoant la vie de saint VandiiUe, de la bibL comm. de Saint-Omer, in den M^moires de la $k>oi^t^ des antiqnaires de Picardie in, p. 325, pl. 8; Hefner, Trachten und Geräthschaftcn des christliehen Mittelalters I», S. 27.

*) Beaunier et Bathier, Becueil des costumes fran^ain. rolKH:tion des plus helles statues et figures firan^aiscs, pl. 16; H. de Viele astel» CoUection des costumes, armes et meubles pour s»ervir 4 Phi»toirt> do Franeo I, p. 22, no. 24; Lacroix, Les arts au moyen A^^ p. H5d.

*) Montfaucon L c. I, pl. XII, 5, p. U»ä; de (hillhormy» Momo- graphie de T^^ise royale de Saint-Deuys. ToralM>awx et li>r«i^j* hinlovi^iioA, Dazu AnnaL areh^ol. VII, p. 297—802.

*) Montfaucon Lei, pl. XIV, p. 164 (vgl. t\ \\ Hook U\ dou Jahrbüchern des Vereins Ton Alterthumsftreundon im Uhoinlaiule S. i;I» Anm. 20 und Piper, Mythologie der christlichen Kuunt l, S. üäH, Anm. Uh ALLenoir, Descr. des mon.de sculpture II, p. 74; lUllardo«-SttUvin'n>\ Essais hlstoriques sur les moeurs des Francis IV, p. 02; de Ouilhermy et Fichot, Monographie de T^glise royale do St. Denis; The arehaeolojjioftl Journal V, p. 245; L'^glise impt^rialo de St. Denis et ses tombeaux.

*) F. X. Kraus, Kunst und Alterthum im üntorelsass S. 860, 4«l).

^) Kraus a. a. 0. S. 147.

•) Auf fol 4^ 18% 23*» mit Radegund. Vgl. Repertor. f. Kunstw. VII, S. 800 und Katalog von K. Trübner, London 1889.

•) F. B. Schlereth, Beliefbildnisse von Karlmann und Pippinin Fulda, in der Zeitschrift des Vereins für hessische Greschichte und Landeskunde III, S. 368.

") AI. Lenoir, Mus^e des monuments fran^ais I, no. 514, p. 217.

") P. Venuti, Dissertations sur les anciens monuments de la ville de Bordeaux p. 111.

") Fr. Wurth-Paquet, Liber aureus de Tabbaye d'Echtemach, in den Publications de la soci6t6 des mon. bist, de Luxembourg XVI, p. 2.

»«) AI. Lenoir, Description bist I, p. 3, 11, p. 99; J. Babel, Les antiquitez et singularitez de Paris (ed. O. Corrozet) p. 36; AI. Lenoir,

188 P. Giemen

Notre Dame zu Paris \ in St. Maria im Kapitol zu Köln *, am Suitbertusschrein zu Kaiserswerth ', in einer Handschrift der Bibliothek zu Wolfenbüttel*; endlich die Menge der Einzel- flguren an den Portalen der französischen Kathedralen, zu Paris, Reims, Chartres, Bourges, Corbeil, St. Denys, von Notre Dame du Maus, St. Vincent zu Tours zeigen beim Längsschnitt innerhalb der einzelnen Gruppen eine solche Verschiedenheit der Porträts, beim Querschnitt in den Darstellungen verschie- dener Personen, aber der gleichen Zeit, doch wieder eine solche Uebereinstimmung dei'selben, die ein und dasselbe Herrscher- ideal bei allen Königen wiederholen, dass von einer Entwick- lung klarer Typen für die Einzelpersonen nicht die Bede sein kann.

Bei der Betrjtchtung des Porträts Karls d. Gr. nimmt die Untersuchung der spätem Darstellungen einen besondern Platz in Anspruch. Bei keinem einzigen nämlich der vom Mittelalter geschaffenen Typen ist der Einfluss der geistigen Eigenschaften auf die Bezeichnung der Körperlichkeit, das greifbar fassliche Gestalten des Helden so stark wie bei Karl d. Gr., bei keinem auch 80 klar und deutlich nachzuweisen. Die Gründe liegen nahe. Die von den Künstlern des Mittelalters vorzugsweise, fast ausschliesslich dargestellten Gestalten gehören der kirch- lichen Kunst, der heiligen Geschichte an. Eine Weiterbildung der in der Bibel gegebenen Schilderung war nur in soweit möglich, als die neugeschaffene Charakteristik nicht in bewussten Gegensatz trat zu den Worten der Bibel, das dort offen Gelassene nur ergänzte und bei dem vorwiegend epischen oder didak- tischen Charakter der jüdischen Literaturdenkmale ist Personal- beschreibungen keine hervorragende Stellung angewiesen eine der Bibel widersprechende Darstellung ward verworfen. Auch bei den Heiligen der Kirche war die freie Ausbildung beschränkt durch das rasche Eintreten einer kanonischen Fixirung

Mas6e des monnments fran^is I, pl. 26, no. 12; de Vielcastel, CoUectioD des costumes I, p. 28.

*) 1793 zerstört. Catli6drales cöUbres. Notre Dame de Paris p. 11.

^ H. Düntzer, Capitol, Marienkirche und alter Dom za Köln, in den Jahrbüchern des Ver. v. Alterthumsfr. im Rheinlande XXXIX, S. 92.

') E. aus*m Weerth, Eunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden II, S. 44, Taf. XXX, 2.

*) von Heinemann, Handschriften der herzogl. Bibliothek zu Wolfen- büttel I, S. 185.

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 189

des legendarischen Stoffes. Anders bei Karl. Die gleichzeitige authentische Schilderung Einhards hatte nicht denselben bin- denden Charakter wie die Worte der Evangelien: wie die Chroniken des Mittelalters von der historischen Kritik der Zeit- genossen im Allgemeinen als gleichwerthig anerkannt wurden, ^ies man der Schilderung Turpins denselben Werth zu wie der Einhards. Und dann: von all den Gestalten, die dadurch, dass sie nicht dem Kreise der heiligen Greschichte angehören, den Vorzug freiester Weiterbildung gemessen, ist die Karls die weitaus am häufigsten dargestellte. Allerdings dankt er dies nicht zum geringsten Theil seiner Erhebung zum Heiligen ; aber schon vor der Kanonisation war die erste grosse Entwicklung abgeschlossen.

Von dem Augenblick an, wo wir den Boden der gleich- zeitigen Schilderung verlassen, ist nicht mehr die Frage zu stellen, in wieweit die erhaltenen Darstellungen der Persönlich- keit Karls entsprechen, sondern in wieweit literarische und künstlerische Charakteristik übereinstimmen, welchen Abwand- lungen beide unterworfen sind, und welche Ursachen diesen Veränderungen zu Grunde liegen. Die Behandlung der Porträt- darstellungen Karls unterliegt von diesem Zeitpunkt an denselben Gesetzen und derselben Methode wie die Monographie irgend eines andern Darstellungsgegenstands mittelalterlicher Kunst.

Die ikonographische Behandlung Karls hat noch den einen besondem Vorzug vor der irgend einer der heiligen und legen- dären Geschichte angehörenden Persönlichkeit, dass hier die Ausbildung des Typus ein Verdienst der spätem Jahrhunderte des Mittelalters ist, einer Zeit, in welche die übrigen Gestalten des mittelalterlichen Darstellungskreises zum grossen Theil in ihren Grundlagen gefestigt und in ihrem Darstellungsschema abgerundet eintreten. So wird die Wandlung des Porträts Karls auch von Wichtigkeit für die Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Typen als Pulsfühler für die schöpferische Kraft der zweiten Hälfte des Mittelalters.

Die Wiedergabe der Züge verändert sich, weil die Vor- stellung von der Persönlichkeit, von der jene nur eine Aus- drucksform bilden, sich verändert, die physische Charakteristik folgt der Entwicklung der psychischen Charakteristik. Einen ganzen Kanon von äussern Eigenheiten als Ausdrucksmittel für innere Eigenschaften hat das Mittelalter aufgestellt. Die

190 P. Clemen

äussere Persönlichkeit erscheint nur als ein Ausfluss innerer Vorzüge und Fehler: einen hochfliegenden, edlen Geist kann man sich nicht anders wohnend denken als in schönem Körper, während der Verräther und Feigling seine Schande auch ausser- lieh sichtbar trägt, dem sittlich Hässlichen entspricht das körperlich Hässliche. So erscheinen im altfranzösischen Bolands- lied die Verräther unter den Heiden von abschreckendem Aeussem, schwarz wie lebendige Teufel, die Wackem schön, mit hellem Antlitz wie die Franken.

Wie ist dies psychologisch zu erklären? Je niedriger die Entwicklungsstufe der Kultur, um so mehr ist das äussere Leben durch die körperlichen Fähigkeiten des Individuums bedingt. In den Jahrhunderten deutschen Stammeslebens war Macht und Ansehen gleichbedeutend mit Muth und Tapferkeit, denn jene waren durch diese bedingt; strebte die Phantasie, von einem Mächtigen im Volke sich ein Bild zu machen, so fand sie dies in der Darstellung der Ursache des Ansehens, in der Stärke und das sichtbare Gefass der Stärke* ist ein Körper von gewaltigen Gliedern. Als dann äussere Macht- stellung nicht mehr identisch zu sein begann mit Tapferkeit, jene sich mit andern Fähigkeiten verband, blieb doch das ein- mal geschaffene Bild mit dem abstrakten Gedanken der Herr- scherwürde unlösbar vereint. Unbewusst ist dem ganzen Mittelalter eine Art umgekehrter Physiognomik eigen. Eine rohe und unbehilfliche Technik beeinträchtigt in erster Linie immer die feinere Durchbildung des künstlerisch die meisten Schwierigkeiten bietenden Körpertheils, des Gesichts, lässt vor Allem die Fähigkeit, Seelenstimmungen und geistige Eigen- schaften im Gesicht zum Ausdruck zu bringen, nicht aufkommen. Damit ist jede anfangende Kunst zunächst verwiesen auf äussere Abzeichen und Beigaben, die den Charakter des gemeinsamen Menschenschemas erst bestimmen, und ging sie einen Schritt weiter: auf das gröbere Ausdrucksmittel des ganzen Körpers und eine Deutlichkeit des Ausdrucks ist hier nicht zu erreichen, ohne dass nicht durch stillschweigende Uebereinkunft gewisse äussere Eigenschaften bezeichnend werden für innere. Und bewusstes Streben nach Deutlichkeit des Ausdrucks führt bei jeder unentwickelten Kunst zur Uebertreibung.

Der erste Schritt zur künstlerischen Gestaltung einer in der Phantasie lebenden Persönlichkeit geschah aber schon durch

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 191

den Dichter, der sich zwang, eine Beschreibung seines Helden zu geben so verdichtete die Dichtung eine Sammlung ver- schiedener Eigenschaften zu einem Menschen von Fleisch und Blut. Nicht die bildenden Künstler, sondern die Dichter der Evangelienharmonien, die Verfasser der Legendarien und die namenlosen Sänger der Volkssagen sind die ersten Schöpfer der plastischen und malerischen Gestaltenwelt des Mittelalters, soweit diese dem Mittelalter selbst angehört. Der zweite Schritt erst geschah durch den bildenden Künstler, der die so erzeugte Figur in die künstlerische Sprache übersetzte. Der Augenblick, in dem ein Bildner zum ersten Mal es unternahm, mit künstlerischen Ausdrucksmitteln sich ein Bild der durch die Dichtung entweder neu- oder umgeschafFenen Persönlichkeit zu machen, bedeutete wiederum eine grosse, eine schöpferische künstlerische That. Denn bereits der nächste Nachfolger, der dasselbe unternahm, hatte doch nicht dieselbe Freiheit mehr. An das bereits Vorhandene ist von nun an die künstlerische Phantaste gebunden. Was ein jeder Künstler bei der Schöpfung seines Werkes anstrebt, ist, dass es kenntlich sei als das, was es vorstellen soll der BegriflF der Kenntlichkeit eines Gegen- stands oder einer Gestalt beruht aber auf Erinnerung an früher Geschautes. Also musste nothwendig der spätere Künstler das bereits geschaffene Bild wiederholen, einfach aus dem Grunde, damit die Betrachtenden sagen konnten: Ja, das ist Petrus, das ist St. Michael, das ist Karl d. Gr. und solche strenge Wiederholung ist um so stärker, je schwächer die Freiheit der künstlerischen Persönlichkeit sich zeigt.

Je mehr bei der Entwicklung und Mischung der Rassen und Stämme einmal, sodann bei der zunehmenden Verschieden- heit der Beschäftigung und der dadurch bedingten Lebensweise, endlich bei den wachsenden Unterschieden der wirthschaftlichen Stellung der Volksklassen und dem Drang, dieser Stellung äusserlich Ausdruck zu geben, die Mannigfaltigkeit der Menschen- typen innerhalb eines Volksganzen wächst, um so grösser muss auch die Verschiedenheit derselben nach Landschaften werden, die erst bei einem hohen Kulturzustand, bei dem die wirth- schaftlichen Kräfte eines natürlich begrenzten Landes nicht mehr eine gemeinsame Basis für die Lebensführung der In- wohnenden abgeben, durch die Uniformität grösserer Gebiete ausgeglichen zu werden pflegt. Würden wir einen stets gleich-

192 P. Giemen

massigen Faktor künstlerischer Kraft, sich dieser Menschentypen darstellend zu bemächtigen, annehmen, so würde schon hieraus eine stetig zunehmende Mannigfaltigkeit der künstlerischen Erscheinungen sich ergeben.

Es kommt hinzu, dass dieser wachsenden Mannigfaltigkeit der Typen parallel läuft die stetig zunehmende Fähigkeit, die Aussenwelt zu beobachten und ihre Erscheinungen künstlerisch darzustellen. Während im Anfang die Kunst zufrieden war, die menschliche Gestalt in ihren rohen Umrissen als Gattungs- wesen zu beherrschen, erlangt sie in organischem Wachsthum zunächst die Fähigkeit, einzelne menschliche Typen zu schildern, weiss Geschlechter und Lebensalter zu unterscheiden, lernt dann die Eigenthümlichkeiten der einzelnen Stämme mit scharfem Auge erfassen und es gelingt ihr endlich die Darstellung des einzelnen Menschen als Individuum. Ausdrücklich sei betont, dass hier nicht von dem Wollen, sondern von dem Gelingen die Rede ist. Auch diese Entwicklung würde bei stets gleichbleibendem Objekt eine schnelle Zunahme i€r Typen ergeben. Stellen wir diese beiden Entwicklungen nebenein- ander und berücksichtigen die Veränderung des Objekts sowohl wie der künstlerischen Kraft, so ergibt sich für das Auge, das die ihm gebotenen Erscheinungen an sich auffasst, ein merklich gesteigertes und beschleunigtes Wachsthum der Typenwelt. Beide Linien zeigen nicht dieselbe Steigung, und damit ist der Unterschied der Endpunkte bei beiden Linien nicht miteinander zu vergleichen. Während die Entwicklungslinie der Typen in der Erscheinungswelt, um in Zahlen zu reden, etwa eine Steigung von zwei Grad besitzt, beträgt die der Entwick- lungslinie der künstlerischen Aufnahmefähigkeit im gleichen Zeit- raum etwa zehn Grad, die Steigung der Entwicklungslinie der Typen in der künstlerischen Erscheinungswelt aber danach etwa zwanzig Grad.

Diese Linie ist nie eine gerade ansteigende, sondern reich an Rückschritten und Abweichungen, ebenso wenig aber wie diese Entwicklung bei irgend einem Volk der Erde in gerader Linie verläuft, ebenso wenig schreitet sie auch in Sprüngen, mit Auslassung dazwischenliegender Leitersprossen vorwärts.

Nun beruht jede dichterische Ausschmückung und Charak- teristik auf Gedankenassoziation. In Kaiser Karl sieht das

4Jie x'oixramarsüeuungeii iLans aes urossen. lya

ganze Mittelalter sein höchstes Herrscherideal demnach stellt jede Zeit den Kaiser dar, wie sie sich ihr Herrscherideal denken 'Würde. Wie aber hier jedes Jahrhundert auf eine oder die andere Seite grössern Nachdruck legt denn Mängel und Noth wechseln und erfordern darum auch einen stets wechselnden Heiland und demnach dieses Herrscherideal in verschiedenen zeitlichen Abschnitten verschieden gebildet sein muss, so ent- steht auch zur gleichen Zeit in den einzelnen Landschaften, je nachdem diese oder jene Seite des Volkscharakters mehr oder weniger ausgeprägt ist, die politischen oder kirchlichen Bedürf- nisse der Landschaft die Betonung einer bestimmten Eigenschaft des Herrscherideals verlangen, ein verschiedenes Bild. Die Züge, mit denen der Dichter eine von ihm gezeichnete Person ausstattet, entnimmt er seiner Erinnerung, die sich naturgemäss zunächst auf die Personen seiner Umgebung bezieht.

Mit der wachsenden Ausdrucksfähigkeit der Kunst für feinere Unterschiede ergibt sich aber auch die wachsende Mannig- faltigkeit der Stammestypen in der Schilderung irgend einer Figur, eben weil der Künstler, der die menschlichen Einzelztige den Personen seiner Umgebung entnimmt, diese jetzt nicht nur als Menschen an sich, sondern als Menschen ganz bestimmter Art, Beschäftigung und danach bestimmten Körperbaus, Gesichts- ausdrucks zu beobachten gelernt hat. Nicht erst das 15. Jahr- hundert ist es, das durch die völlig entwickelte Freiheit der künstlerischen Persönlichkeit die Einheit einer ikonographischen Entwicklung unterbricht, sondern der Augenblick, in dem der Künstler gelernt hat, die Sondereigenthümlichkeiten seiner nächsten Umgebung aufzufassen. Dies ist der Grund, aus dem ich abweichend von der gewöhnlichen ikonographischen Methode dem Versuch einer lokalen Gruppirung den Vorzug gegeben habe vor der zeitlichen Anordnung. Wie der Gesammteindruck zusammengesetzt ist aus einer Reihe von Einzeleindriicken, so ist auch das jedesmalige Gesammtresultat der Ikonographie einer Persönlichkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums nur die Zusammenfassung einer Reihe von einzelnen Ikonographien : jede solche Zusammenfassung bedingt aber eine Abrundung, einen Ausgleich, und damit das Verwischen sämmtlicher lokaler Eigenthümlichkeiten zu Gunsten eines gemeinsamen Resultats. Und wie in einem kleinen Zeitraum, so ist auch eine ganze Entwicklung durch mehrere Jahrhunderte die Zusammenfassung

13

194 P. Giemen

einer Reihe von Einzelentwicklungen, die, mit dem Boden ver- wachsen, sich in engem Bezirk abspinnen.

Will man nicht bereits Äiit dem 13. Jahrhundert, das der Kunst die Ausdrucksfähigkeit für Stamraestypen erwirbt, die Entwicklung abschliessen, so ist kein Grund vorhanden, \^ill- kürlich das Ende des 15. Jahrhunderts auch als Ende dieser Ikonographie hinzustellen. Soweit die mittelalterlichen Typen unverändert fortleben, soweit hat auch die Betrachtung einer Ikonographie zu reichen : haben wir auf der einen Seite Werke des 15. Jahrhunderts als völlig individuelle Schöpfungen aus- zuscheiden, so sind auf der andern Seite noch Arbeiten aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts, die lediglich Wiederholung und Nachbildung der alten Typen sind, unbedingt zur mittelalter- lichen Entwicklung hinzuzurechnen. Denn bei jeder Ikonographie ist der geistige Inhalt das Wesentliche, also auch für die Gliederung der Perioden Maßgebende, während Stil und Form, soweit sie nicht verändernd einwirken auf den Inhalt, erst in zweiter Linie in Betracht kommen.

Der Gang unserer Abhandlung ergibt sich aus dem Gegen- stand selbst. Wir haben zunächst das gleichzeitige literarische und künstlerische Porträt einander gegenüberzustellen und gegen- einander abzuwägen, sodann die Entwicklung der literarischen Schilderung, nach Ländern geordnet, bis zum Ausgang des Mittelalters durchzuführen und dem die Aufzählungen der Dar- stellungen des Kaisers, soweit wie möglich in Gruppen geordnet, anzureihen, worauf der Versuch zu machen ist, eine klare zeit- liche Entwicklung aufzustellen, die bei derselben einwirkenden Faktoren zu untersuchen und in ihrem Zusammenhang klar- zulegen.

I. Das gleichzeitige literarische Porträt

Die älteste, ausführlichste und beste Beschreibung der Person des grossen Kaisers gibt uns Einhard, der immittelbar nach Karls Tod, als dessen Bild noch frisch und unverwispht vor seinem Geiste stand, die Biographie seines väterlichen Freunds niederschrieb ^ :

*) Einhardi vita Karoli cap. 22, Mon. Germ. SS. II, p. 455, 1. 41: Corpore fuit amplo atquc robuste, statura eminenti, quae tarnen iustam non excederet nam Septem snomm pednm proceritatem eins constat haboisse mensuram apice capitis rotundo, oculis praegrandibus ac vegetis, naso

Die Porträtdarstellnngen Karls des Grossen. 195

^Karl war von breitem und kräftigem Körperbau, ausser- ordentlicher Grösse, die jedoch das rechte Verhältniss nicht überschritt denn seine Länge betrug bekanntlich sieben seiner Füsse der obere Theil seines Kopfes war rund, die Augen ^waren sehr gross und lebhaft, die Nase überschritt ein wenig das Mittelmaß; er hatte schöne weisse Haare und ein freund- liches und heiteres Gesicht. Das alles verlieh seiner Gestalt, er mochte stehen oder sitzen, eine hohe und imponirende Würde. Wohl erschien sein Hals dick und zu kurz, sein Bauch etwas herabhängend : aber das Ebenmaß der andern Glieder verdeckte das. Er hatte einen festen Gang, eine durchaus männliche Haltung des Körpers und eine helle Stimme, die jedoch zu der ganzen Gestalt nicht recht passen wollte. Er besass eine gute Gesundheit, nur dass er in den vier Jahren vor seinem Tode häufig von Fiebern heimgesucht wurde und zuletzt auf einem Fuss hinkte.* Obwohl gerade diese Schilderung am bedeutend- sten als Suetonisches FHckwerk sich erweist^, so haben wir

paalnlom mediocritatem excedenti, canitie pulchra, facie laeta et hilari. ' Unde formae auctoritas ac dlgnitas tarn stanti quam sedenti plarima adqaire- batur, qoamquam cervix obesa et brevior, venterque proiectior videretur: tarnen haec ceterorum membromm celabat aequalitas. Incessu firmo, totaque corporis habitndine virili, voce clara quidem, sed quae minas corporis formae conveniret; valetadine prospera, praeter qnod, antequam decederet, per qüattuor annos crebro febribus corripiebatur, ad extremum etiam ono pede clandicaret. Dazu die Beschreibung des Po^ta Saxo, Mon. Germ. SS. I, p. 273, V, 333 :

Corpore robosto foit ipse dccenter et amplo, Incessu firmus, vividus atque agilis, Egregie procerus, et hie moderamine iusto, Septem namque suis longus erat pedibus. Ipse rotundus apex capitis, cervix et obesa, Naris plus paulo quem mediocris erat; Laete fulgentes oculi, facies quoque laeta, Et vox clara satis, pulchraque canities. Usus vestitu patrio, semper peregrinum Bespuerat, quamvis pulcher et ipse foret. *) Sueton, Jul. 45: excelsa statura vegetisque oculis. Aug. 79: Forma eximia, vultu sereno, oculos habuit claros. Tib. 68 : Corpore fuit amplo atque robosto, statura eminenti, quae iustam excederet, ceteris membris aequalis et congruens, facie cum praegrandibus oculis. Calig. 50: Statura fuit eminenti, corpore enormi. Claud. 30: Auctoritas dignitasque formae non defuit Tel stanti Tel sedenti ; nam prolixo corpore erat canitieque pulchra. Nero 51 : Statura iusta, cerTice obesa, Tentre proiecto. Galba 21: Statura fuit iusta. Viteilius 17: Venter obesus. Titus 8: Tentre paulo proiectiore. Domit 18:

13*

196 P. Giemen

bei der Art und Weise, wie der technisch ungeschulte Ostfranke die Ausdrücke des formgewandten römischen Biographen an- wendet, sie verschmilzt oder verändert, doch keinen Grund, an der Ehrlichkeit der Beschreibung zu zweifeln.

Diesem werthvollen Denkmal tritt eine Reihe kurzer Schil- derungen der Zeitgenossen bestätigend, ergänzend, erweiternd, einzelne Züge besonders ausmalend zur Seite; insbesondere sind es die lateinischen Poeten der kaiserlichen Akademie, die nicht müde werden, immer und immer wieder neben der Macht- fülle des Geistes, der Ueberlegenheit des Scharfblicks auch das üeberwältigende seiner äussern Erscheinung hervorzuheben, die ihnen nur der Ausfluss der geistigen Eigenschaften ist. Das lebhafteste Bild des Kaisers, wie es dem Auge des Dichters sich zeigte, gewähren des Theodulf geistreiche und äusserlich vollendete Dichtungen. In dem schwungvollen Triumphgesang, in welchem der eben abwesende ^ Dichter nach dem Avarensieg im Jahre 796 Karls Hof preist, schildert er auch den Kaiser selbst:

„0 Antlitz, klarer denn lauteres Gold; glücklich, der dir immer zugegen sein darf, der sehen darf deine Stirn geziert mit 'dem Diadem, wie es kein zweites auf Erden gibt, das herrliche Haupt, das Kinn, den mächtigen Nacken, die gold- geschmückten Hände, vor denen die Armuth weicht, die Brust, die Schenkel, die Füsse: Alles ist schön und herrlich an dir; und dann zu hören deiner Klugheit einsichtsvolle Eeden, in denen du Alle übertriffst. Deine Weisheit kennt keine Grenzen; breiter ist sie denn der Nil, grösser als die eisbedeckte Donau, mächtiger denn der Euphrat, nicht geringer als der Ganges*."

Statura fuit procera, grandibos ocolis, deformis obesitate yentris. Calig. 33: habitus virilis. Vgl. Fr. Schmidt, De Einhardo Snetonii imitatore, Programm der kgl. Stadienanstalt Bayreuth 1879, S. 4, 16; M. Manitins, Einhards Werke und ihr Stil, im Neuen Archiv der GeseUschaft für Ältere deutsche Geschichtskunde VII, S. 517, XI, S. 43. Dazu Histor. Jahrbuch der Görres- geseUschaft VII, S. 136.

0 Mon. Genn., Poetae latini acvi Carolini, ed. Dümmler I, p. 488, V. 208.

«) Poet. lat. I, 483 (XXV), 13; Sirmond, Theodulphi opp. III, 1, 244. Zu V. 13: Aen. Verg. Vm, 624 auroque recocto. Vita s. Mart. Venant Fort Unat. I, 127 ter cocto ardentior auro.

29 Nomine reddis avurn Salomonem stemmate sensus, Viribus et David, sive Joseph specie.

Das Gedicht wohl im Frühjahr 796 entstanden, als der junge Pippin, der die Avarenringe gestürmt und die Burg des Kakans gebrochen, nach

Die Porträtdarstcllaxigen Karls dos ürousou. 19T

Weitere Gedichte auf Karl und seinen Hof, theilweise in schwülstigen Bildern und gekünstelten Formen schwelgend, zeigen weniger individuelle Züge, sondern geben nur die üblichen höfischen Schmeicheleien wieder ^

Dem Theodulf zur Seite steht Angilbert, am Hofe zu Aachen als Homer gepriesen: in seinem Epos „Carolus Magnus et Leo papa" schildert er das Auftreten des Kaisers in all- gemeinem, theilweise unbestimmten Worten, weniger die äussere Erscheinung selbst scharf zeichnend, als vielmehr den Eindruck der- selben bei den Umstehenden wiedergebend *. Seine Charakteristik ist einförmig, seine Schilderung undurchsichtig und übertrieben, mit antikem Flitterwerk aufgeputzt: übermäßig borgt er die Farben von Vergil und Ovid, die antike Verkleidung deckt seelenlose Körper^.

Die angeführten Stellen geben die allgemeinen Grundzüge der Verherrlichung des Kaisers an, seine einzelnen hervor-

Aachen heimkehrte : Rzehulka, Theodulf von Orleans. Diss. S. 27 ; K. Liersch , Die Gedichte Theodulf». Diss. S. 33, Anm. 8; Pauli in den Forschungen zur deutschen Geschichte XII, S. 162; Kbort, AUj?. (Josch. d. Litt. d. Abendlandes II, S. 70, 79; Wattenbach, DoutHchlunds (Ji'«chicht8queUen, 5. Aufl. I, S. 144.

') Theodulfi c. ad regem XXXII, Poi't. iut. T, p. 523, XXXVI, I, p. 527, I, p. 480 (Liersch a. a. 0. H. 15), I, p. 4m) (Liornch S. 47). Origo et exordium gentis Francorum: PoiH. lat. II, p. 144, I, p. 54, 74, 154, 155.

2) Poet. lat. I, 366. (Für de» AngiMMTÜHrhcMi Ursprung Pertz, SS. n, 391, Archiv d. Gesellschaft f. alt. d«MJtM('h« (U^HcMchtHk, VII, S. 363, Manitius, Neues Archiv VIII, H. i), IX, H. 614. I)ug«'gen Ausfeld in den Forschungen zur deutschon iU^HcUlfhU', XXIII, H. 609.)

22 Pace nitet laeta, parit4;r piotiito rHlundaris Nescit habere pio lapHuruin lunilne caMum. Vultu hilari ore nitct, M«aupor quoque fronte serena Fulget et aeterno pi<'tatis lumine Phoebum Vincit, ab occasu dit<i>erg<*uH nomen in ortum.

30 nie duces magno et coniit<;H inluHtrat amorc;

Blandus adest iusti«, hilan*m ne praebet ad omnes.

66 Pacificus, largus, 8oll(*rH hilarinquc vfuuHtus.

*) Gegen die hohe Schätzung der dicMUrMutn Fertigkeiten ihn Angilbert bei Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter II, S. 529 und Wattenbach a. a. 0. I, S. 168 wendet a'uU li. HiniHou, IJtbir «Iuk (it'di<'ht von der Zusammenkunft Karls d. (ir. und Leos ill. in PiKlcrbont, in den Forschungen zur deutschen Goscbirbte XII, S. 569, Aiigilbi-n und Hibemicus exul, in den Forschungen XIV, S. 623. Günstiger Ebtrt a. u. O. n, S. 58.

198 P. Giemen

ragenden Eigenschaften werden wiederholt einzeln gepriesen : seine Leibeslänge, mit der er Alles überragt, wie die Sonne auf der Höhe ihrer Bahn, rühmen Theodulf ^ und Angilbert *, ebenso Hadrian', die Mächtigkeit seiner Glieder*, die über- strömende Körperkraft, der er sich in jugendstarker Lebenslust erfreute *, weitere Gedichte seine Tapferkeit im Kriege % ebenso

0 Theodulf: Poet. lat. I, 485, v. 67:

Ciicamdet polchrum proles carissima regem, Omnibus emineat, sol ut in arce solet. •) Angilbert: Poet lat. I, 367, v. 170:

Enitet eximio vnltu facieque cornscat; Nobile namque caput pretioso amplectitor auro Bex Carolas; conctos homeris sapereminet altis. (Nach Aen. I, 501 : Fert omero gradiensque deas sapereminet omnes) p. 376, V. 418: eqaitatas vertice toto

Exsuperat comites. (Nach Aen. XI, 683: toto vertice saprast) V. 491: et vertice toto

Altior est sociis, popalam sapereminet omnem. ') Poet. lat. I, 90 (nach Abel, Jahrbücher d. fr&ok. Reichs unter Karl d. Gr. I, S. 137, Anm. 1 im Jahre 774 gedichtet): Altus, nobilis, nitens regit diversa regna.

*) Pauli Di aconi versus de episcopis Mettensis civitatis (Bethmann im Archiv X, S. 294), Poet. lat. I, 61, v. 58:

quo tempore maximus armis Rex Carolus sensu, formaque, animoque decorus Italiae accepit Christi de munere sceptrum. ») Poeta Saxo V, 317, SS. I, p. 272. Vgl v. 369, p. 278. «) Angilbert: Poet. lat. I, 376, v. 417:

Armatas acies inter primosque coruscat Ardaus, arma tenens. Carm. d. exord. gent. Franc. 95, P. 1. n, 144. Poet. lat. I, 380, v. 40:

Hanc Carolus princeps gentem fulgentibas armis Fortiter adcinctus, galeis cristatus acutis Arbitri aeterni mira virtute invatas Per varios casas domoit. (Nach Aen. n, 749 cingor fulgentibas armis.)

Die Verse des Schreibers Dagulf im Wiener Psalter (Theol. 652), Poet. lat. I, 92: Aurea progenies, falvo lacidior auro,

Carle, iubar nostrum, plebis et altus amor, Rex pie, dux sapiens, virtate insignis et armis, Qaem decet omne decens quicquid in orbe placet. Poet. lat. I, 93, v. 13: Salve, rex Carole armipotens vir magnc. Ermoldas Nigellas in honorem glor. Pippini regis II, 159: Poet, lat n, 90. Ebenso II, 13 (P. 1. II, 24).

II

Die Portratdarstellungen Kaiis des Grossen. 199

die milde und leutselige Freundlichkeit, die aus seinem offenen Antlitz strahltet

Schon die Zeitgenossen waren recht wohl fähig, die Grösse meiner Persönlichkeit zu würdigen, die alles Andere in den Sobatten stellte; es ist mehr als bloss höfische Schmeichelei, "w^nn Grodescalk von seinem Lob den Erdkreis erfüllt sein lasst *, ^wronn Nithard von ihm sagt: er hinterliess ganz Europa voll des Segens, der von ihm ausging ^ und: so sehr überragte er a.ls Kriegs- und Friedensfürst alle Zeitgenossen, dass er allen Erdenbewohnem gleich schrecklich, liebenswerth und bewun- derungswürdig erschien*. So hat ihm auch schon die nächste Greneration zuerst den Namen des Weisen, dann den des Grossen zuerkannt ^ Allzu gross, zu schwer fassbar ist seine Persönlich- keit den Historikern, sie gestehen selbst ihr Unvermö^n ein

*) Angilben: Poet lat I, 366, y. 66:

Pacificus, la^os, sollers hikrisqae Tenustus. Theodulf I, 483, v. 13. Poet. lat. I, 293 aus Cod. lat Paris. 5577 BibL nat:

Et princeps Carolas vnltu speculatur aperto. Ermoldi Nig. cann. in hon. Hlud. ü, 3 (Poet lat II, 24):

Namqne senex Carolas Caesar venerabilis orbL •) Poet lat I, 94. (Piper, Karls d. Gr. Ealendariom und Ostertnfel S. 36.) Dazu Ermoldi cann, I, 31, Poet, lat n, 6.

^ Nithardi histor. lib. I, c. 1, L 16, SS. U, 651 : omnem Europam omni bonitate repletam reliquit.

*) Nithard L c: vir quippe omni sapientia et omni virtute humanum genas suo in tempore adeo praecellens, ut omnibus orbem inbabitantibus terri- bilis, amabilis, pariterque et admirabilis videretur; ac per hoc omne Imperium omnibus modis, ut eunctis manifeste claruit, honestum et utile effecit. In der Brüsseler Hs. 9368, foL 173 (Arndt, Reisebericht. Vitae Sanctorum in der Burg. Bibl. zu Brüssel, im Neuen Archiv II, S. 242): De Pippino Karolus Magnus, quo nemo ante eum vel post eum inter Francorum reges fuit maior, de quo dubitari potest, fortior an felicior esset, potentior in republica an religiosior in ecclesiastica disciplina. Carmen de exordio gentis Francorum V. 88, Po6t lat. II, 144:

Hie vir, hie est nobis toto laudabilis aevo. 92 Aecclesiam Christi puro veneratus amore Omavit, coluit semper, provexit et auxit. Finibus a longis sophia te, Francia, compsit. Belliger indomitas devincens undique gentes Transtulit ad formam sanctae pietatis honestam. *) Comment. Smaragdi abb. DI, 21 bei Mabil Ion, Veteraanalecta 1723, p. 358. Aber schon bei Nithard (Eist lib. I, 1, SS. 11, p. 651) der Bei- name des Grossen: Karolus bonae memoriae et merito Magnus Imperator ab

200 P. Giemen

ihr gerecht zu werdend So müssen wir es auch begreiflich finden, wenn die meisten Schilderungen nicht den kühlen, ruhigen Beobachter, sondern den leidenschaftlichen Verehrer verrathen.

Völlig authentische Zeugnisse über die Leibesgestalt Karls d. Gr. gewährt aber noch die Untersuchung seiner im Aachener Münster bewahrten Gebeine. Der kostbare Reliquienschrein, in dem dieselben seit den Tagen Friedrichs n. ruhen, ward zuerst 1481 eröffnet auf Wunsch des Königs Lud- wig XI. von Frankreich*, sodann 1843 unter dem Propst Anton Ciaessen*, zuletzt am 27. Februar 1861*. Bei den beiden letzten Eröffnungen ward ein vollständiges Skelett mit Ausnahme des Schädels, des rechten Oberarms und des untern Theils des Schienbeins gefunden, in zwei seidene Hüllen arabischer Arbeit gewunden. Durch diese Untersuchung ward zur Gewissheit erhoben, dass Karl in der That von ganz unge- wöhnlicher Grösse und Stärke gewesen, die Schlüsselbeine sind auffallend lang, der Brustkorb geräumig, die wiederholt durch die Aerzte Dr. Monheim und Dr. Lauffs vorgenonmiene Ver-

um versis nationibus vocatus. Lambert! ann. Hersf. (0. Holder-Egger, üeber die Vita Lulli und ihren Verfasser, im Neuen Archiv IX, S. 285): Karolum imperatorem, cui ex virtute (et magnitudine rerum gestarum) nomen accessit, ut Earolus Magnus diceretur (Sallnst, lug. 5).

*) Ermoldi Nigelli carm. ad Pipp. reg. IT, 165, Po6t. lat. n, 90: Nostra nequit, fateor, gracilis nunc Musa referre Inclita gesta viri, rus, polus, aequor, habent. Pauli episcop. Mettens. gesta, SS. n, 265, 19: de quo viro nescias, utrum virtutem in eo bellicam, an sapientiae claritatem omniumqne liberalium artium magis admireris pcritiam.

*) F. Haagen, Karls des Grossen letzte Tage und Grab, Programm der Realschule in Aachen S. 27. Die Urkunde abgedruckt bei Arendt, Des recherches faites dans la cath6drale d'Aix-la-ChapeUe pour retrouyer le tombeau de Charlemagne, im BuU. de Pacad. royale de Belgique, 86r. n, tom. Xn, p. 20. Ein Theil des rechten Oberarms damals eingeschlossen in einen silbernen ttbergoldeten Arm. F. Bock, Karls des Grossen PfalzkapeUe in Aachen I, S. 109 ; F. Bock, Der Reliquienschatz S. 31; Kessel, Q^chichti. Nachrichten über d. Heiligthümer d. Stiftskirche zu Aachen S. 59.

*) F. Bock, PfalzkapeUe I, S. 110; Bericht im Aachener Anzeiger vom 15. Febr. 1851; Käntzeler, Der die Gebeine Karls des Grossen enthaltende Behälter S. 1.

*) F. Bock, Die Eröffnung des Karlsschreines, in der Aachener Zeitung

1861, Nr. 64. Dazu Echo der Gegenwart vom 1. und 2. März 1861; Kessel

0. S»52; Quix, Hist. Beschreibung der Münsterkirche in Aachen S. 74.

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 201

messung* ergab die bedeutende Grösse von 1,92 Meter. Der vom Skelett abgesondert in der Schatzkammer aufbewahrte Schädel, in eine vergoldete Büste gefasst, zeigt grossen Um- fang, stark ausgeprägte Stirnhöcker, die Stirn steigt fast senk- recht empor, das os parietale zeigt hinter der sutura frontalis zwei bedeutende Erhöhungen, die nach den squamae zu sich v^erlaufen.

Haben wir aber hier wirklich die sterblichen Ueberreste des grossen Kaisers vor unsP Die geschichtlichen Zeugnisse sprechen dafür. Von Friedrich I. wird berichtet, dass er die Gebeine Karls aus dem Sarkophag, in dem sie 352 Jahre geruht, erhoben*, dass er sie erst in einem hölzernen Behälter inmitten der Kirche, sodann in einem kostbaren goldenen Schrein habe aufstellen lassend Wenn nun die weitverbreitete Sage, dass Karl d. Gr. sitzend im vollen kaiserlichen Ornat begraben sei, und dass Otto HI. das Grabgewölbe erbrochen und seinen grossen Vorgänger aufgesucht, auf historischer Wahrheit beruhte, so mtisste bei der erneuten Oeffnung unter dem Hohenstaufen " derselbe Thatbestand vorgefunden worden sein wie unter Otto in. Ausdrücklich aber berichtet der Chronist von Gebeinen und einem marmornen Sarkophag. Dieser Sarkophag, in welchen man die Leiche vermuthlich sofort nach dem Tode legte, ist noch heute in Aachen aufbewahrt*: es ist der bekannte antike

*) Bericht von Savelsberg in den Jahrbüchern des Vereins von Alter- thumsfreunden im Rheinl. XVI, S. 189; Bock, PfalzkapeUe I, S. 109. Auch die Gebeine des Oger im Schatz von St. Pharon zu Meanx maßen 8 Fnss: Hist. g6n. de Meanx I, p. 77; Carlier, Hist. du duch6 de Valois I, p. 178.

>) Annales Colon, max. ad ann. 1166, SS. XVII, p. 779, 1. 51: 4. Kai.

lan extulit de sarcophago ossa Karoli Magni imperatoris, ubi sepnltus qnie-

verat annis 300 quinqnaginta duobns, et quaedam regalia xenia in vasis aoreis et palliis sericis tam Imperator quam regina eidem contulerunt ecclesiae, additis 10 marcis annuatim. Dasselbe berichtet Monachus Pantal. ad. ann. 1166, SS. XXII, p. 529. Vgl. E. aus'm Weerth, Kunstdenkmäler d. Christi. Mittelalters in den Rheinlanden I, S. 66; Quix, Geschichte der Stadt Aachen I, S. 65; Kessel a. a. 0. S. 59.

•) Sigeberti contin. Aquicinctina ad ann. 1164, SS. VI, p. 411, 12: et corpus domni Karoli magni imperatoris, qul in basilica beate Marie semper virginis quiescebat, de tumulo marmoreo levantes, in loccUo ligneo in medio eiusdem basilice reposuemnt.

*) L. Urlichs, Der Raab d*» P»»»roina, in den Jahrbüchern d. Ver. V. Alterthnmsfreunden imR' Käntzeler, ebendas. XXX,

S. 193—204; R. Forste -kehr der Proserpina

202 P. Giemen

Sarkophag mit der Darstellung des Eaubes der Proserpina. Denn die Bestattung in den kostbaren Denkmälern des Alter- thums war im Mittelalter durchaus nichts Seltenes. So ward im Jahre 804 der Bischof Maurontius von Marseille in dem Sarkophag mit dem Triumphzug des Bacchus und der Ariadne im Museum von Marseille beigesetzt*, so Ludwig der Fromme in dem jetzt im Museum von Metz aufbewahrten Sarkophag mit der Darstellung des Durchgangs der Juden durch das rothe Meer*, so endlich diente der berühmte Phädrasarkophag im Campo Santo zu Pisa im Jahre 1076 zur Bestattung der Gräfin Beatrice ^

Schon die Berichte über die Erhebung unter Friedrich I. stehen in Widerspruch mit der landläufigen Sage im Chronicon NovaUciense * und bei Ademar von Chabannes*. Aber auch

S. 173; Weicker, Annali deU' instit. di corrisp. archeoL V, p. 146; Tübinger Knnstblatt 1844, S. 164; Quix, Hist-topogr. Beschreibung der Stadt Aachen S. 30; AI. Lenoir, Description bist, des monoments de scolpture au mus6e des monuments fran^is I, no. 428, p. 84; F. Bernd t, Der Sarg Karls des Grossen, in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins m, S. 97; Robert, Eine alte Zeichnung des Aachener Persephonesarkophages, in der West- deutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst IV, S. 273 und 403.

>) Miliin, Voyage dans le midi de la France m, p. 158, pl. XXXVn, 2 und A. de Ruffi, Histoire de la viUe de MarseiUe n, p. 129.

*) F. X. Kraus, Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen in, 2, S. 650; Ton Quast im Korrespondenzblatt des GJesammtvereins der deut- schen Geschichte- und Alterthumsyereine XVilL, S. 82; Leblant, Les sarco- phages chr^tiens de la Gaule p. 11, pl. DI.

») Seroux d'Agincourt, Scult. XXXTI, 1.

*) Chron. Novaliciense HI, 32, SS. m, p. 106.

^) Ademar n, 9. Zusatz zu den Annales Einhardi ad ann. 814, SS. I, p. 201. An den Bericht, den der Interpolator des Ademar gibt, knüpft sich eine Reihe weiterer Nachrichten. Eine freie üeberarbeitung, die aber in der Aufzählung der bei den Obsequicn betheiligten Personen viel Eigenes bietet, findet sich zunächst in Vincentius Bellovacensis, Speculum historiale, lib. XXrV, 25 : Sepultus est igitur Aquisgrani in ecclesia rotunda, formosissima toto Romanorum orbe capeUa honorificentissima Carolus, supra cuius tumulum exstructus est arcus deauratus. Interfuerunt ibi Leo papa cum principibus Romanis, duces etiam et comites et abbates et archiepiscopi et episcopi multi aliique innumeri. Corpus dcfuncti induentes vestibus imperialibus quasi festive auream capiti coronam imposuerunt: deinde super auream cathedram quasi iudicem viventem sedere fecerunt. Catenulam quoque auream diademati coniuuxcrunt et cathcdrae, super quam sedebat, ne caput defuncti deciderct, affixerunt. Ac super eins genua textum quatuor evangelistarum aureis literis scriptum coUocaverunt, ita quod manus dextra textum, sinistra Tero

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 208

die zeitgenössischen Historiker denn der Novaleser Mönch

seeptnun tenebat aoreum. Sed et scatnm aareum, qnod ei Romani fecerunt, ante faciem eins statneront, et arcum lapideuni) in qno sepoltus erat, pretiosis replentes aromatibas monnmentom strenae sigillantes clauserunt. Wie sehr diese Schilderung auf die Phantasie des Mittelalters beeinflussend einwirkte, geht daraus hervor, dass sie in eine Beihe späterer Kompilationen aufgenommen ward. Zunächst ist sie verarbeitet im Karl Meinet (cd. Keller, Bibl. d. litt. Vereins zu Stuttgart XLV) S. 587, V. 61 :

euch sd hört ich it düden,

dat de h^ren, got it weit,

Karl den döden hadden gecleit

mit keiserlichen cleidem schdne

ind üf sin hoft en guldin cr6ne

ind satten en üp einen sezzel mede

als ein keiser in sinre mogenthede

ind stricten weder de cröne

eine guldin ketten, de was schöne,

inde weder den sezzel mede,

op dat dat hoft ind de lede

vaste sitzen mochten,

also als it endochte,

ind lachten eme üp sin knien

ein hoch, dar man inne mochte sien

de §wangeljä alle viere

geschreven in güder maniere. Vgl. K. Bartsch, Ueber Karlmeinet. Ein Beitrag zur Karlssage S. 212. Dem Vincenz von Beauvais folgte auch Philippe Mouskes in seiner Chronik (ed. Reiffenberg) I, p. 458, v. 11918:

Bicement des rices conrois

Fu-il atom^s comme rois,

Et s'ot el cief rice couronne,

Si com drois et raisons li donne,

En si ot le sceptre et Tespöe

De rices orfrois envolep6e;

Com empörere et comme rois,

Fu atom^s de tous conrois.

Mais ainc kUI fust si accsm^s,

Fu tous ses cors enbausem6s:

En I rice vasciel de kesne

Le misent et Fran^ois et Sesne,

En si ot fait tel luminaire

Com il convint ä tel afaire. Endlich gehört hierher noch der Bericht der Grandes chroniques de France, Charlemaines, lib. VI, cap. Vni, ed. P. Paris II, p. 285 : A Aix-la-Chapelle fu son Corps po86, en T^glyse Notre-Dame, qu'il avait fond^e; purgiö fu et embasm^, et enoing et im^^J||^urs et de pr^cieuses espices. En un trosne d'or fu assis, TespÄe ^ des 6vangiles entre ses mains. En

204 P. Giemen

im Thal von Susa schrieb erst gegen 1048 \ Ademar zwischen 1028 und 1034* wissen nichts von dem märchenhaften Besuch Ottos \ und Thietmar von Merseburg erzählt ausdrück- lich*: Otto, in Zweifel, wo die kaiserlichen Gebeine ruhten, liess heimlich das Pflaster aufbrechen und so lange graben, bis sie im königlichen Sarg gefunden wurden. Ein goldenes Kreuz,

teUe maniöre, fn assis en son trosne, qa^il a ses espaules, par derri^rc, an petit inclin^es, et la face honnestement dr^ci^ contre mont; dedens sa coaronne, qni ä une chaine d'or est attachJ6 sar son chlef, est nne partie du fast de la sainte croix. Vestu fu de garnemens imp^riaux, et la face couverte d'un snalre par dessools. Son sceptre est un escrin d'or qne Tapostole Lion sacra et nit devant Inj. Si est la s^pnltnre emplie de trfesors et de richesses, et de diverses odeurs et de pr6cieuses espices.

£ine etwas andere Fassnng gibt eine bisher unbeachtete SteUe einer Hs. der kgl. Bibl. zu Stockholm (Nr. 57, saec. XV, Prosachronik Ton Kaiser Karl d. Gr. und seinen Kämpen 1408). Vgl. E. Zoller, Dan. Handschriften auf d. kgL Bibl. v. Stockholm, beschr. v. C. Molbech im Serapeum X, S. 89: Tha keyseren war dötth kam Turpin aercheviskop oc mange clerke meth hannnm, och smorde hans krop meth balsom oc kledde hannom i kostelege kledhe oc satthae hanum i kirken wndher alterit och lade hans swaerd Bosne her hannom, oc satte en kröne pa hannnm, och offraede hannom syden alzwoldig god i wold, som leffoer och styrer for wdhen aendhae.

1) Wattenbach, Geschichtsquellen, 5. Aofl. ü, S. 213. Nach V, 25 schon 1014 Mönch. Falsch Henschen, Acta SS. März U, 338.

•) Wattenbach a. a. 0. n, S. 187. Die Stelle SS. IV, p. 130, L 26: Qoibos diebns . . . rührt Ton einem Interpolator zum Ademar her, der 100 Jahre später schrieb. (Lindner in den Preussischen Jahrbüchern XXXI, S. 437 und Haagen, Karls d. Grossen letzte Tage S. 21 geben üebersetzung.)

*) Annales HildesheinL ad ann. 1000, SS. m, p. 92 : Quo tunc ammira- tionis causa magni imperatoris Karoli ossa contra dlvine reUgionis ecclesiastica effodere precepit; qua tunc in abdito sepolture mirificas rerum varietates invenit. Annales Lambert! ad ann. 1000, SS. m, p. 91: Imperator ossa Karoli magni Aquisgrani, a pluribus eo usque ignorata, invenit.

*) Thietmar. chron. IV, 29, SS. m, p. 781: Karoli cesaris ossa ubi reqoiescerent cum dubitaret, rupto clam pavimento, ubi ea esse putavit, f ödere quousque haec in solio inventa sunt regio, lussit Crucem aoream, quae in coUo eins pependit, cum Tcstimentomm parte adhuc imputribiliom sumens, caetera cum Teneratione magna reposuit. Es bedeutet in dieser Stelle solium schlechthin Sarg, ebenso wie in der S. 201, Anm. 3 angeführten SteUe des Sigebert tumulus. (Vgl Catal. abbat Fuldens., SS. XIIT, p. 272: tumulum statuens auro argentoque pararit et corpus sancti Bonifacii ibi requiescendum transtulit; p. 273 (899): tumulum auro probato et lapidibiu pretiosissimis decenter omavit; Poet lat. II, 209 (I, 2), 239, 1, II, 115, 15; Vita Leobac abbat. Biscofesheim., SS. XV, p. 130, 29; Vita s. Stoiai M^ SS. n, p. 375, 36 : super tumulum ipsius martyris perseverat; AmuiL 9ip bulenses 881, SS. XIII, p. 42.) k

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 205

das an seinem Halse hing, und ein Stück von den noch unver- westen Gewändern nahm er zu sich, das Uebrige Hess er voll Ehrfurcht wieder an seinen Ort legend Nach dem Bericht Thietmars und des Kölner Annalisten sind in der That die Gebeine aus dem Marmorsarkophag unversehrt in den goldenen Keliquienschrein überführt worden, so dass, da über die Eröff- nungen seit den Tagen Friedrichs I. urkundliche Beweise vor- liegen, die Authentizität der Gebeine Karls vollständig beglau- bigt und damit die volle Möglichkeit gewonnen ist, die aus der Untersuchung der Gebeine sich ergebenden Resultate zur Ergänzung des literarischen Porträts des Kaisers zu verwenden.

*) Die ganze Sage in der Fassung des Chron. Noval. jst als ein schlechter Witz aufzufassen, den Graf Otto von Lomello, auf welchen sich der Schreiber beruft, sich den leichtgläubigen Mönchen gegenüber erlaubt. Das Chron. Noval. fasst überhaupt die Geschichte Karls d. Gr. schon ganz sagenhaft auf. (Vgl. n, 4, in, 6, 10, 14, 15, 21, 25, 27.) Auf die Unechtheit der Erzählung machte zuerst aufmerksam : Alfred Keumont, Della chiesa et del sepolcro di Carlomagno in Aquisgrana (letto il 5. marzo 1863 neUa pontifica accademia romana di archeologia) p. 11, dann stellte F. Ha a gen, Karls d. Grossen letzte Tage und Grab a. a. 0., auch in seiner Geschichte Achens I, S. 83 das Material zusammen, end- lich wies sie schlagend nach Th. Lindner, Die Sage von der Bestattung Karls des Grossen, in den Preussischen Jahrbüchern XXXI, S. 431. Replik gegen Watten- bach, Geschichtsquellen n ^, S. 182 und Giesebrecht, Gesch. der deutschen Kaiserzeit I*, S. 864: Lindner, Zur Sage von der Bestattung Karls d. Gr., in den Forschungen zur deutschen Gesch. XIX, S. 181. Abel-Simson, Jahrbücher d. fränk. Reichs unter Karl d. Gr. 11, S. 537. Streng gläubig H. J. Fl OBS, Geschichtliche Nachrichten von den Aachener Heiligthümern S. 24 und Gaston Paris, Histoire po^tique de Charlemagne p. 61. Gegen Th. Lindners Ausführungen, dass kein ähnlicher FaU berichtet sei, wendet sich E. aus*m Weerth in der Wartburg XIH, S. 32, Anm. 2: gerade in Ravenna, das Karl so genau gekannt, sei in S. Nazaro e Celso GaUa Placidia in gleicher Weise sitzend begraben worden (so zuerst Rubenus, Historia Ravennatum; 0. Ricci, Ravenna U, p. 80). Vgl. auch Schaaffhausen in den Jahrbüchern d. Ver. v. Alterthumsfr. XLIV, S. 92. Gegen die Zulässig- keit der Sitte bei den Merowingem vgl. M. L. Charles, S^pultures m6ro- vingiennes, im Bulletin monumental XLI, p. 40.

Ermoldus Nigellus m, 487, Po^t. lat. 11, 55 sagt ausdrücklich:

Corpora Francorum mandantur namque sepulchro

More pio, hymnis munere rite datis,

was sicher nicht auf AufsteUung des einbalsamirten Körpers weist, ebenso

wenig (weil tumulus = Sarg) Candidns de vita Aeigili XXIV, 16, Poöt.

lat. II, 115:

Exin more patrum fratres mox quippe cadaver

Exanimum templi orantes sub tecta ferebant.

Ia interque manus sibimet, quem fecerat ipse,

1 requiem, tumuli sub domate condunt.

206 P. Clemen

n. Das gleichzeitige künstlerische Porträt

A. Literarisch als gleichzeitig beglaubigte

Darstellungen.

1. Siegel und Münzen.

Gleichzeitige künstlerische Porträtdarstellungen bieten erster Linie bei sämmtlichen Kaisern und Königen die Siegel und Münzen. Die Merowinger führten Porträtsiegel, freilicli Porträtsiegel der rohesten Art^: unbärtige Köpfe in Vorder- ansicht mit länglichem Oval und scharfem Kinn, das Haar in der Mitte gescheitelt und auf beiden Seiten in drei langen, wulstigen Locken herabhängend, nur durch die Form des Ovals, das Vorhandensein des Schnurrbarts bei Einzelnen, die Höhe der Stirn sich ein wenig unterscheidend Medaillonbilder von geringem Durchmesser, zum grossen Theil als Siegelsteine mit dem Ring verbunden, wie an dem berühmten Siegelring König Childerichs I., der 1653 in des Königs Grab zu Tournai ent- deckt ward^. Die Amulfinger dagegen bedienten sich antiker Gemmen, theils in der ursprünglichen Form, theils überarbeitet, mit neuer Legende versehen, theils auch roher Kopien nach antiken Siegeln. Nicht nur Pippin, auch Karl d, Gr. und seine Nachkommen hielten an diesem Gebrauch fest. „Wie einst Augustus mit dem Bildnisse Alexanders des Grossen und erst

') Barraud, Des bagues ä toutes les 6poqaes, im BoUetin monumental XXX, p. 501; Bordier, Les archives de Tempirep. 194—201; Douöt d*Arcq, Inventaire de la coUection des sceaux des archives de Pempire p. 267. Abbildungen: Tresor de numismatique et de glyptique: sceaux des rois et reines de France, pl. 1; de Wailly, £l6ments de pal^ographie II, pl. A; \

Montfaucon, Monuments de la monarchie fran^aise I, pl. XY, 1—5, p. 191; Kevue de la numismatique Beige I, pl. n. i

*) Chiflet, Anastasis Childerici; Cochet, Le tombeau de Childeric P' |

p. 347, 644; Hein ecc ins, De veteribus Germanorum sigiUis I, no. 4; Nouveau trait6 de diplomatique IV, p. 101. Von Stumpf, Die Reichskanzler des 10.— 12. Jh. I, S. 90, Anm. 135 mit Unrecht die Echtheit bestritten. Der Siegelring leider 1831 gestohlen. Einen verschiedenen (?) Bing mit dem Bild des Königs, in einen Saphir geschnitten, ohne Legende, erwähnt Mabillon, De re diplomatica p. 135. Einen goldenen Siegelring Klodwigs I. bewahrt die Biblioth^que nationale zu Paris nach Bröquigny, Tables chrono- logiques des diplomes, concemant Thistoire de France, ed. Pardessus et Laboulay I, p. 244. Ueber den Ring der Königin Radegund vgl. Auber^ L^anneau de saintc Radegonde et ses reliques k Poitiers.

■^

Die Porträtdarstellongen Karls des Grossen. 207

später mit dem eigenen von Dioscurides geschnittenen Porträt, dann mit seinem Porträt wieder mehrere Nachfolger gesiegelt hatten, so begnügten sich gleichfalls die ersten Karolinger mit Masken und Büsten auf alten Gemmen, die nur eventuell durch die Beischrift des Namens zu ihren speciellen Siegeln gestempelt wurden***. Und erst allmählich, unter den Nachfolgern Karls, kommen Siegel auf, die sich zwar noch des antiken Vorbilds bedienen, aber nichts weniger als blosse Kopien sind *. Wie der Biograph Karls d. Gr. die einzelnen Bauglieder zu seiner Charakteristik des Kaisers den antiken Schriftstellern entlehnte und dabei doch ein individuelles Porträt zu schaffen verstand, so benutzten die karolingischen Siegelschneider in ihrer tech- nischen Ungeschicklichkeit einzelne Motive der antiken Gemmen, die Profilzeichnung, den Schulteransatz, den Lorbeerkranz, um mit Hülfe dieser fertigen Versatzstücke die erstrebte Porträt- ähnlichkeit um so leichter zu erreichen.

Karls d. Gr. Siegel ^ haben für die Geschichte des karolingischen Porträts nicht den Werth wie die seiner Nachfolger: der Kaiser bediente sich nur antiker Gemmen, eines Intaglios mit der Büste des Kaisers Kommodus, eines bärtigen nach rechts gewendeten Kopfes mit schmucklosem Haupthaar*, früher allgemein für Karls Porträt gehalten^, und eines zweiten mit der Büste des Jupiter Serapis ^ nach der gewöhnlichen Darstellung, eines nach links gewendeten bärtigen Kopfes.

») Th. Sickel, Die Urkunden der Karolinger I, S. 347.

*) Vgl. auch C. Piot, L^adoptation des types des sceaux des souverains et des seigneurs sur leurs monnaies, in der Revue de la numismatique Beige IV, p. 388.

*) Montfaucon 1. c. I, pl. XXI; Tresor de numismatique et de gljrptique: sceaux, pl. IT; Tresor de la couronne de France I, pl. 21, 25, 28, 29; Römer-Büchner, Die Siegel der deutschen Kaiser; G. Demay, Les sceaux de Charlemagne: £claircissement UI zu V^tault, Charlemagne p. 504. In die von Stumpf (Die Reichskanzler I, S. 54, 109), der eine voU- ständige Liste der Abbildungen gibt, durch die Vergleichung von mangel- haften und abweichenden Abbildungen gestiftete Verwirrung brachte volle Klarheit erst Th. Sickel a. a. 0. I, S. 849.

*) Abbildung: Wailly, £l6ments de pal6ographie, pl. A, no. 8. Die Umschrift auf der Einfassung: f Christe protege Carolum regem Francorum. Vgl auch C. Piot in der Revue de la num. Beige IV, p. 390, pl. IV, 1, 2.

*) So noch von Pertz seinen Ausgaben der vita Einhardi als Porträt des Kaisers angefügt.

^ 4libJl^i^^®' Recueil du cabinet du roy II, p. 1; Arneth, Monu-

208

P. Giemen

Von grösserer Wichtigkeit ist eine bei Gelegenheit der Kaiserkrönung Karls geschlagene Bleibulle, die sich im Cabinet

BleiboUe im Cabinet des antiques zu Paris.

des antiques zu Paris befindete Sie zeigt auf der Vorderseite das Brustbild des Kaisers, nach vom gewendet, der Kopf von massig langem Oval und starkem Kinn, mit deutlich erkenn- barem Schnurrbart, die kurzen Haare bedeckt mit einer Helm- haube (?), der Mantel auf der ^-echten Schulter mit einer Spange befestigt, die linke Schulter verdeckt durch den kleinen Bund- schild, über den die Speerspitze aufragt zum ersten Mal finden wir hier dies bei den spätem Karolingern häufig benutzte Motiv. Eine andere, grössere Bleibulle der Pariser National- bibliothek zeigt nur den gewöhnlichen, nach rechts gewendeten bartlosen römischen Profilkopf, den uns die karolingischen Münzen bieten*.

Die merowingische Münzgeschichte zeigt die allmähliche Ent- stellung der antiken Vorbilder, die immer schlechter werdende Wiedergabe der römischen ProfiJköpfe \ Ward im Anfang noch

mente d. k. k. Münzen- und Antikenkabinets zu Wien, Taf. Xm, Nr. 2. Ein drittes Siegel zweifelhaft.

') Abbildung: V^tault, Charlemagne p. 458, fig. 66. Revers mit der DarsteUung eines Tempels und der Unterschrift Borna, die Umschrift: Eeno- yatio Bomanl imperii. Diese Inschrift aUein nicht genügend für die Zurück- führung der Münze auf Karl, da sich derselben z. B. auch die Ottonen bedienen: Dümge, Begesta Badensia, Anh. p. 95.

*) Zum ersten Mafpublizirt bei £. aus'm Weerth in den Jahrbüchern des Ver. v. Alterthumsfreunden im Bheinlande LXXVin, 8. 149.

^) E. Cartier, Monnaics gauloises, in den Annales arch^logiques YI, p. 21—25, 215—228, VII, p. 17—29, 70—79; Monnaies m6rovingiennes de la coUection de feu M. Benault I, 2, 8, 9; C. Bob er t, Notes sur des monnaies austrasiennes in§dites, vgl. die Haarbehandlung in Abb. 4; Bob er t, Consid^rations sur la monnaie & T^poque Bomaine et description de quelques monnaies m^rovingiennes, besonders pl. I, 2, 8, 5; A. Sencklcr, Uebersicht der Münzgeschichte des Bheinlandes bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts, in den Jahrbüchern des Ver. v. Alterthumsfir. i. Bheinlande XV, p. 143 172; Bevue de la numismatique Beige I, pl. n, 1, 2, 3, 4; Ed. Vanderstraeten,

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 209

plarStisclie Wirkung angestrebt, so kommt mit der fortschreitenden Umbildung der Vorlagen in das Barbarische die Zeichnung in dicken, groben Linien auf, die unvermittelt und un verbunden nebeneinander stehen \ Die Behandlung der Haare, des Lorbeer- kranzes wird gänzlich missverstanden. Neben diesen verstüm- melten Kopien zeigen sich aber, wie dies auf den westgothischen Münzen Segel ist, Köpfe in Vorderansicht, wie die Siegel mit ^wallendem Lockenschmuck versehen, ein Zeugniss, dass die Fälligkeit der Porträtbildung nicht mangelte*.

Unter Karl d. Gr. wird die erneute Anlehnung nicht das Streben nach Kopien an gute antike Vorbilder deutlich sichtbar: man beginnt wieder wirklich zu modelliren*. Und wie die spätem karolingischen Siegel zeigen die Münzbilder bei

Nouvelles obsorvations sor. la monnaie m^rovingienne, in der Revue de la nomismatiqne Beige, s6r. in, tom. U, p. 1, pL I mit sehr yerschiedenen Kopf typen ; Ed. Lambert, Essai sor la numismatique gaoloise du nord-onest de la France FV; B. Fillon et A. de Chasteigner, Recherches sur des tiers de 8ol d^or m^roymgiens; Combrouse, Mon6taire des rois m^rovingiens; Csnillemot, Catalogae des legendes des monnaies m^rovingiennes; Fr. Le- normant, Monnaies et m^daüles p. 206—213.

») Vgl. AnnaL arch^ol. VL In Flächen pl. I, 15, 17, 21, ü, 27, 32, in Linien pl. I, 20, 11, 25, 35.

s) Monnaies de la premi^re race, in Annal. arch^ol. Vlil, p. 194, 22, 23, 24 mit langen Locken, während der Kopf des Thuodibertus en face noch den römischen Rundkopf zeigt. Vgl. Lenormant 1. c. fig. 92, p. 206.

*) Le Blanc, Dissertation historique sur quelques monnoyes de Char- lemagne, de Louis le D6bonnaire, de Lothaire et de leurs successeurs, frap^es dans Rome; Le Blanc, Trait6 historique des monnoyes de France p. 93—103; B. Fillon, Consid^rations historiques et artistiques sur les monnaies en France HI; E. Gariel, Les monnaies carolingiennes, in der Revue numis- matique 1883, liyr. 2 und 3; R. Chalon, Attribution d^un denier carolingien k Mens, in der Revue de la numismat Beige, s6r. II, tom. n, p. 1 34, pl. in, l_3j dazu Lelewel, Numismatique du moyen äge I, p. 98; L. de Coster, Restitution de quelques monnaies ä Oharlemagne, in der Revue de la num. Beige, s^r. II, tom. II, p. 369; Lacroix, Moeurs, usages du moyen äge p. 331, fig. 256—259, p. 838, fig. 263—265; A. de Barthölemy, Les mon- naies de Charlemagne: ficlaircissement U zu V6tault, Charlemagne p. 488—501; E. Gariel, Les monnaies royales de France sous la race caro- lingienne I, p. 22, 53—60, 92—161; M. Cerexhe, Les monnaies de Charlemagne; besprochen von G. Carotti im Archivio storico lombardo, sßr. II tom. IV (XrV), p. 377-385, mit neuen Beobachtungen ttber die italienischen Münzen, ohne indessen die Abhandlung von Carlo Morbio über Karls in Italien gesehlagene Mttnzen in der Rivista della numismatica antica e modema n, 1-5 zu kennen. Vgl. A. Marignan, Le moyen ftge I, p. 18.

14

210 P. Cleaeii

Benatznng antiker Motive, insbesondere des römischen Lnpera- torenkostoms, doch leise angedeutete individuelle Züge. Die Porträtbilder sind mit Ausnahme eines in Lucca, der alten Münzstätte der Langobardenkönige, geschlagenen Goldsolidus mit der rohen Büste en face^ sänuntlich Profilköpfe, mit dem durch ein Band zusammengehaltenen Lorbeerkranz in den kurzen Locken, das Profil roh geschnitten, durchgeh^ds einen dicken Kopf auf starkem, kurzem Halse zeigend ^

2. Das Grabmal in Aachen.

Die bestbeglaubigte unter den gleichzeitigen Porträtdar- stellungen Karls befand sich auf dem goldenen Bogen über dem Grab des Kaisers im Aachener Münster. So Einhard ' und mit

1) Cerexhe 1. c. p. 14, 116, no. 230. Kit der Umschrift D. N. Karins rex. Vgl. Beme nnmismatiqae fran^aise 1841.

*) Cerexhe L c. p. 127, no. 242: Rechts gewendeter Profilkopf, Um- schrift: Dn. Karins imp. ang. f. et L Revers: Xristiana religio mit TempeL No. 243: Links gewendeter Profilkopf, Umschrift: Dn. Karins imp. ang. rex f. et L Revers = 242. No. 244: R. gew. Prof. Karins imp. ang. Rev. = 242. Vgl. Lenormant, Monnaies et m^dailles p. 212, fig. 100. No. 245 Variante. No. 246: Silherdenar ans den Minen des Harz. R. gew. Prof. Karins imp. ang. Rev.: metalL german. No. 247, 248: Zwei Denare mit r. gew. Prof., ans Arles. Rev.: Arelato. VgL deCoster, NonveUes consid^rations snr les monnaies restitu^es k Charlemagne, in der Revne de la nnm. Beige, s6r. n, tom. V, p. 1, s^r. in, tom. I, p. 30. No. 249, 250: Zwei Denare ans Dnnrstede. Rev.: Dorestado. Vgl. L. Piot, Recherches snr les ateliers mon^taires des M4rovingiens, Cario- vingiens et emperenrs d'AUemagne en Belgique, in der Revne de la nnm. Beige IV, p. 822, Snppl. VI, p. 366; de Coster, Monnaie in^dite de Char- lemagne, in der Revne de la nnm. Beige, s^r. m, tom.V, p. 125 ; Ders. s6r. IQ, tom. I, p. 30; Colson im Annuaire de la soci6t6 fran^ise de nnmismatique et d*arch6ologie 1867. (Das einzige bekannte Original in der Sammlnng Colson.) No. 251: Denar ans Lyon. No. 252: Denar ans Mailand, Cerexhe p. 131, deLongp^rier im Catalogne Ronssean. No. 253: Ronen. No. 255: Venedig. No. 254: Denar ans Trier. R. gew. Prof. Umschrift: Karins imp. ang. "Bm,: Tempel mit Umschrift Treviris. Abbildnngen: 0. J&ger, Dentsche Geschichte II, S. 84; E. ans'm Weerth in der Wartbnrg XII, S. 169. Znr Vergleichnng der Kopf Grimoalds von Benevent: Le Blanc, Disser- tation p. 71 nnd de Barth61emy 1. c. p. 498, ^, 92.

*) Einhardi vita Karoli c. 31, SS. 11, p. 459, L 23: Corpus more soUemni lotnm et cnratnm, et maximo totins popnli Inctn ecdesiae inlatnm atqne hnmatnm est. L. 28: In hac (basilica s. Virginis) sepnltns est, eadem die, qua defunctns est, arcnsqne snpra tumulnm deanratus cum imagine et titnlo oxstmctns. Titnlns ille hoc modo descriptus est: Snh hoc conditorio sitnm ^^rpns Karoli Magni atque orthodoxi imperatoris, qni regnnm Francomm

PDTtriSiijuatdlmgfa Kuk des Growea. ii

ihm alle andeni Htstoriographen ^ Wir haben uns di^ BiM- siss entwed^ TOfrzostelleii ab ganze Fignr^ die Nische tMeuJL oder als BrnstbOd in Medaillonfonn in der Mitte des Bo^c^^uss nach der Art des segnenden Christus auf dem TriumphW^reu der Basiliken, zur Bechten and zur Linken die Inschrü't^ IHe

nobiliter ami^Tit et per mboos XLVII felidter rexit. Dect^t ae^iM^^ narins anno Domini DCCCXTTn, indkrtione TU, Y. KaL Febr. Vgl «bun Mabillon, De re diploinatiea IV, p. 259.

1) Die einzelnen Angaben sind Ton Wichtigkeit (tut den Ort^ an «km das Grab zu suchen sein wOrde. Chronicon Moissiaoense ad aan. 8ia, i^ U, p. 259, L 40: In illo anno obiit beatae memoriae Karohis imperator, ma^- nos, paeificns, et sepelieront enm in Aqnisgrani palatio, senior« in «iclenu, qnam ipse fiibricare insserat Ancb SS. I, p. Sil, L 66. (Ei'clt<itia Maiur bedeutet nnr matrix ecciesia. YgL Mabillon, Yetera analecta lY, p. Ul . eiosdem senioris eeclesiae saeerdotibos. Actus pontif. Lenomannii» in urbu deg, c. XI, p. 157: in terra tanctae Mariae . . . senioris ecciesia«*. P. 191 : tniitriii et Lenomannis ciTitatis senioris eeclesiae.) Annal. Lanri^s. min. ad aoAr '»U, SS. I, p. 122, L 6. Thegani Tita Hhidowici cap. YII, SS. II p. ^im. Beginonis ehroueon ad asn. 813, SH. I, p. 566: ei Aqnis in butixt^ <iuii:f.i SalTatoris ei saactae Dei genitrids Manae bonoriftce ««poltiu <n»t. «(oimii basilieam ipoe nirüeo opere a fondaaMnio aedlAcare fbcit. Erni'/l'it >.^iiii carm. lib. II, 85—88, SS. IL p, Wk

Ttmyttt wm. anlv» «^tuirr mäUanu «t aoal* Y**l^»« xx'.j^^M iiA^^f*', Tm«*/ »t^«.

Man war rv*rij*'Ii^*' ia. r*^ '^ , ., ..^ /,, ^ *^i .*^^i *^ •*'-; Lar krau-. Yerfttgmn^ iK»?t.r»*flri r'/^i, r >, -i.«^,-* '• ^ /^. ^j^ *vt*,* j*^-^-x ir^^*^ urn

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212 P. Giemen

äussere Zier von Karls Grabmal schwand wohl schon, als 881 die Normannen Palast und Kirche zu Aachen verheerten*.

Seit einem Jahrhundert hat man in Aachen nach dem Grab- gewölbe Karls gesucht. Der Schmuck des Grabmals ward nach dem Bericht des Astronomen in der grössern Vita Hludowici* von Ludwig besorgt, über die genaue Lage der Gruft erhalten wir mit Ausnahme der allgemeinen Angabe „in der Basilika der h. Maria" keine Auskunft^. Sie befand sich wahrscheinlich

^) Annal. Fnldenses ad ann. 881, SS. I, p. 894, L 84: yastavenmt et Aquense palatiam, ubi in capella regia equis suis stabolam fecernnt. Heim. Angiens. chron., SS. V, p. 99: Aqnisgrani in capella regis equos snos staba- lant Lindprand, Antapod. ni, 47: thermas etiam Grani palatii atque palatia combnssernnt. Dümmler, Geschichte des ostfr&nkischen Beiches II, S. 157. Schwerlich ist anzonehmen, dass die Gebeine Karls d. Gr. mit den Aachener BeUquien nach Stablo geflüchtet wurden, dass also bereits 881 eine Eröffiiung des Sarges stattgefunden habe. Es wird ausdrücklich nur berichtet von einer Uebertragung der pignora sanctorum und die Eanonisation Karls fand erst 300 Jahre später statt Vgl. die Urkunde, in der Karl der Dicke 882 auf Bitten des Abts Anton von Stablo den Mönchen daselbst das Reichsgut BlandoTium schenkt zum Dank für die Aufbewahrung der Aachener Schätze. Martene et Durand, CoUectio ampliss. II, p. 81 und Qu ix, Codex diplomaticus Aquensis no. 96: quo quibusdam fratribus sibi commissi s ex monasterio, quod yocatur Stabulaus, qui ob dei amorem nostram- que fidelitatem pignora sanctorum a praedecessorum nostrorum prudentia Aquis recondita cum thesauro eiusdem fideliter reservaTerunt et ad nos abs- que Ulla diminutione detulerunt. Von Stablo, das im selben Jahre zerstört ward (Annal. Stabulenses ad ann. 881, SS. Xm, p. 42; Dümmler a. a. 0. I, S. 158, Anm. 27), wurden die Aachener Schätze wohl mit dem Leib des h. Bemaklus weiter geflüchtet. (Annal. Stabul. L c: Corpus agii BemagU edncitur ex tumulo. Ausführlich in den Mirac. s. BemacU c. I V, Acta SS. Sept. I, 705—706.)

*) In diesem Sinne ist die Stelle Vita Hlud. cap. 22, SS. I, p. 618, 1. 42 zu fassen: Studiosis sepulturae gratias egit patemae, ac propinquis luctus acerbitate confectis consolationis congruae contulit levamen. Sed et quod deerat inferüs genitoris promtissime supplevit. Wir haben anzunehmen, dass am Todestag die Leiche sofort in den antiken Marmorsarkophag gelegt worden, der künstlerische Schmuck des Grabmals aber erst von Ludwig nach seiner Heimkehr in Angriff genommen und ausgeführt worden ist Haagen, Karls des Grossen Grab S. 25 vermuthet, dass der vergoldete Bogen bei der Normannengefahr entfernt ward, um den Feinden das Grab zu verheimlichen. Ueber den Leichenstein Karls in dem Bemhardinerkloster zu Marseille vgL Miliin, Voyage dans le midi de la France m, p. 158; Dippoldt, Karl der Grosse S. 222.

") Nur der Interpolator des Ademar gibt einen unbedeutenden Hinweis, der aber keinen Glauben verdient. (Ademar bei Labbe, Novae bibliothecae manuscriptorum librorum n, p. 169, SS. IV, p. 180: Corpus Caroli condltum

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 218

^der nördlich von der Kreuzkapelle in den im Jahre 1866 entdeckten Substruktionen ^, noch inmitten eines vor der Vorhalle B^x^zunehmenden Paradieses*, wie aus'm Weerth auf Grund der .j^^nalogfie im Grabmal König Pippins zu Verona wollte, sondern \x^ einer der verschwundenen Seitenkapellen, auf deren Ober- ^eschoss die vermauerten Thüren im Umgang des Münsters führten«. Eine Zeichnung auf fol. 236 des Cod. 263 biblioth.

est in dextro membro basilicae ipsius retro altare s. Joannis baptistae, et oTypta aurea super iUud mirifica est fabricata.) Dazu die sagenhaften Angaben l>ei Vincent. Beiloya c. spec. bist. XXIV, 25; Karl Meinet (ed. KeUer) p. 587, V. 60; Philippe Mouskes (ed. Reiffenberg) p. 458, v. 11951.

*) Schon im Oktober 1794 fanden vergebliche Nachgrabungen durch die

^Franzosen statt, wiederholt 1843 unter dem damaligen Stiftspropst Anton

Ciaessen; 1861 in der Zeit vom 2. bis 19. Sept. ward unter dem General-

iLonseirator von Olfers im Osten des Oktogons die innere Mauer des

karolingischen Chors entdeckt (F. Jungbluth, Die Restauration des Aachener

Münsters 8. 58). Anfangs 1860 fand man unter Leitung des Bauraths Cremer

im Norden des Oktogons, nördlich von der im 15. Jh. erbauten Kreuzkapelle

(P. a Beeck, Aquisgranum p. 76) die Ueberreste zweier verschiedener Bau-

theile, die massiven Fundamente eines mächtigen Bauwerks von viereckiger

Anlage. In Uebereinstimmung mit Eäntzeler (Der angebliche Grabstein

Karls, in den Jahrbüchern des Ver. v. Alterthumsfreunden i. Rheinlande XLII,

S. 143) glaubte F. Bock (Die muthmaßlichen Ueberreste des Grabes Karls,

im Echo der Gegenwart 1866, Nr. 70) in den tieferliegenden Substruktionen

die Begräbnissstätte des Kaisers gefunden zu haben. Der am 26. Februar in

einer Kanalanlage östlich der Apsis der quadratischen Gruft entdeckte Bogen-

schlussstein mit flüchtig eingehauener Inschrift: In hoc sepulchro tumulata

ossa Caroli Magni Deo in aeterno gran . . s . . t erwies sich als Fälschung

(von Quast und Crem er in den Jahrbüchern d. Ver. v. Alterthumsfreunden

XLn, S. 157, 166; Echo der Gegenwart vom 10. März 1866; Jahrbücher

XLm, S. 223; Loersch, Das Grab Karls d. Gr., im Köhier Domblatt 1867,

Nr. 264).

*) E. aus*m Weerth, Das Grab König Pippins von Italien zu Verona, m den Jahrbüchern d. Ver. v. Alterthumsfreunden L, S. 129. Der Verfasser denkt sich den aus zwei Etagen bestehenden, Palast und Kirche verbindenden Gang auf drei Seiten um die Vorhalle vor der Kirche herumgeführt. Die scharf- sinnige Vermuthung ward glänzend bestätigt durch die Ausgrabungen des Karlsvereins vom Jahre 1886, bei denen genau in der Axe des Haupteingangs etwa 40 m entfernt alte Treppenreste entdeckt wurden. (Vgl. Korrespon- denzbL d. Westdeutsch. Zeitschr. V, S. 14, 11.) Es beweist dies jedoch durchaus nicht, dass in der Mitte eine Grabanlage sich gefunden habe.

')von Quast, Das Grab Karls des Grossen im Münster zu Aachen, im Eorrespondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Alterthumsvereine XIY, (4) S. 81, (11) S. 82. Die Anbauten müssen danach von Anfang an bestanden haben. Auch in San Vitale zu Eavenna befanden sich neben der Altarnische zwei Seitenkapellen, in der nördlichen war der Erbauer, Bischof

^

214 P. Giemen

regin. Christin, der Vatikana verdankt lediglich der Phantasie des Künstlers ihren Ursprung*.

3. Die Wandgemälde im Eaiserpalast zu Aachen.

An das Bildniss über dem Grabmal im Münster reihen sich die Porträts in den beiden grossen Cyklen profanen Inhalts, welche unsere Quellen der Karolingerzeit zuweisen, in den Wandgemälden der Pfalzen zu Aachen und Ingelheim.

Ausserordentlich beschränkt sind die Nachrichten über den Bilderkreis zu Aachen. Nur in der falschen Chronik des Turpin * und zwar in dem zweiten Theil, den der Mönch von St. Andreas zu Vienne zwischen 1109 und 1119 geschrieben, hier freilich schon in einer der ältesten Textredaktionen, aber nicht in allen

Ecclesios, begraben (yon Quast, Eayenna S. 28). Einen weitem Beweis findet die Qoastsche Annahme dadurch, dass dem kanonisirten Karl gerade die nördliche SeitenkapeUe gewidmet war. Die Annahme einer Beisetzung innerhalb des Oktogons selbst (der unter dem hohenstaufischen Leuchter ruhende Grabstein erst unter Bischof Berdolet 1804 gesetzt: Jahrbücher d. Yer. y. Alterthumsfreunden XXXIX, S. 267) ausgeschlossen durch die gesetz- lichen Bestimmungen Karls, die jederzeit bemüht waren, die Gräber yon den Kirchen fem zu halten. Im Capitulare Aquisgranense ann. 813, Mon. G^rm. LL. I, p. 187, Auszug aus den Canones der sechsten zu Arles gehaltenen Klrchenyersammlung, p. 190, 20: üt mortui in ecolesia non sepeliantur, nisi episcopi aut abbates yel fideles presbiteri (Cod. bibL nat Paris. Suppl. laU 75: fideles et boni presbiteri). Dass auch Ludwig d. Fr. desselben Sinnes, beweist eine SteUe im 2. Buch der Kapitulariensammlung des Ansegis (IIb. n, 46, De sepultura, Mon. Germ. LL. I, p. 299: Ut de sepeliendis in basi- licis mortuis iUa constitutio seryetur, quae ab antiquis patribus constituta est), die sich nach Baluze auf canon VI des concilium Nannetense bezieht, in dem das Begraben innerhalb der Kirchen und in der Nähe des Altars schlechthin untersagt, in der VorhaUe erlaubt war. Candidus, De yita Aeigili XXTV, 16, Po^t. lat. n, p. 115, spricht dem Wortlaut nach dagegen, bezieht sich wohl aber auch nur auf die VorhaUe. VgL auch Hincmari capitula presbyteris data c. 12, in Migne, Patrologia CXXV, p. 775: üt nemo pres- byterorum quemquam in ecclesia sepeliat sine consultu episcopi, excepUs huiusmodi personis, quas singiUatim et priyatim in synodo signayimus.

') Abbildung yon Karls Grab und dem Aachener Münster saec. XIY: Archiy d. Gesellschaft f. ältere deutsche Geschichtsk. XII, S. 272.

') Turpini historia Karoli Magnl c. 31: Beatae Mariae yirginis basiUcam, quam ibi aedificayerat, auro et argento, cunctisque omatibus ecdesiastids decenter adomayit, yeterisque et noyae legis historüs eam depingi iussit, et palatium similiter, quod ipse iuxta eam aedificayerat. BeUa namque, quae ipse in Hispania deyicit, et Septem liberales artes inter caetera miro modo in ea depicta sunt.

Die Porträtdarstellongen Karls des Grossen. 2t 5

SLsLixdschrifteD, wird uns berichtet, dass Earl das Münster mit

Sonnen des alten und neuen Testaments, den Kaiserpalast mit

T>a.x"stellungen der sieben freien Künste und der Kämpfe in

Sps^nien habe ausschmücken lassen. Diese Nachricht, im Karolellus

öir^w^eitert, hat von Turpin der Cisterzienser Helinand aus

St. Maria de Frigido Monte* übernommen, aus dem sie in die

dxronik des Albericus Monachus Trium Fontium * und aus dieser

') Chronicon Helinandi monachi coenob. Cisterc. s. Mariae de Frigido !BfIonte: Tissier, Bibl. Cisterciens. VII, p. 73.

*) Chronica Alberici Monachi, SS. XXIII, p. 718. Eine weitere A^nsschmückiing des kurzen Berichts bei Turpin bietet der nach I. VII, c. 6, V. 92 wohl gleichfalls um 1100 von dem Mönch von St. Andreas in Vienne verfasste Karolellus (ed. Merzdorf; vgl. Michel, Chanson de Boland p. 244; Altes Archiv Vn, S. 77) 1. V, c. 12, v. 297—346, p. 70:

Haud procul ipse domum regalem struxit; in ipsa Hispanum beUum quod tandem yicit: et artes Septem precipuas depingi fecit; easdem Nominibus propriis distinxit et ordine certo: Grammaticam primam posuit: quod previa mater Artes preceUit reliquas; nam prima teneUis Fundamenta iacit pueris, et reddit eosdem Instructos prima lingua formare figuras . . . Die folgende poetische Schilderung, die sich an Marcianus Capeila an- schliesst, findet sich in Prosa in der Wiener Hs. der von einem Aachener Anonymus unter Friedrich I. gefertigten Vita Caroli (Cod. bist. lat. 149), während sie in der Münchener Hs., Cod. lat. 14279, fehlt Vgl. Vossius, De historicis latinis II, 32. Sie fand dann auch Au&ahme in den Prosaturpin im Cod. D. V. 15 der Universitäts-Bibliothek zu Basel. Mit scholastischer Gelehr- samkeit aufgeputzt ward die Beschreibung erweitert in der Chronique de Philippe Mousket (ed. Eeiffenberg I, p. 377) v. 9694:

Et droit en son palais de jouste, Fist li rois paindre mainte jouste, Castiaus, chit^s, viles et bors Poignis, bataiUes et estours. Et quan qu'il ot fait en sa vie. y.

Et les vn ars n'obUa mie. V. 9794: Ces VII ars i fist Karies paindre Et de coulors divierses taindre. Et toutes lor fiUes apri^s. Moult en fu b* mestres engri^s. Si furent paint tot li estour K'il venqui onques i nul jour. Et les ti^res k'U ot conquises Et les lois k^il i ot assises. Tout i fist Karies paindre et metre Celui ki s' en sot entremetre.

216 P. Giemen

wieder in eine Beihe anderer Kompilationen fiberging. Nachdem durch Janitscheks Untersuchungen ^ sowohl die Ausschmfickung des Aachener Mfinsters wie die Ausmalung der Ingelheimer Pfalz auf eine spätere Zeit verlegt worden sind, ist auch die Möglichkeit benommen, diesen Bildercyklus auf Karls Initiative selbst zurfickzuführen. Es liegt kein innerer Grund vor, die Nachricht des Mönches von St. Andreas oder seines Interpolators ohne Weiteres zu den Todten zu werfen. Eine malerische Aus- schmfickung haben die breiten Wandflächen im Festsaal der Aachener Pfalz sicherlich aufzuweisen gehabt und in der Notiz des Turpin ist keinerlei innere ünwahrscheinlichkeit vor- handen wie in der Mittheilung fiber die Ausmalung des Mfinsters. Es liegt am nächsten, die Gemälde in die Zeit Ludwigs d. Fr. zu setzen. Sofort ergibt sich die Parallele zwischen der Dar- stellung der Maurenkriege zu Aachen, der Sachsenkriege zu Ingelheim. Aber auch die Wiedergabe der sieben freien Kfinste gehört schon dem Bilderkreis der frühesten karolingischen Zeit an. Bekannt ist das Gedicht des grossen Kunstfreunds Theodulf von Orleans*, der eine Darstellung der sieben freien Kfinste

>) Janitschek, Studien z. Gesch. derkaroling. Malerei n, S. 22, 24.

*) Theodulfi Carmen de septem liberalibus artibns in qoadam pictora depictis, Poet. lat. I, 544: Discos erat tereti formatos imagine mondi. Vgl. K. Liersch, Die Gedichte Theodolfs S. 64. Am besten wird man sich unter discus eine grosse mnde Metallplatte yorsteUen, in ähnlicher Weise wie die drei grossen silbernen und der eine goldene Tisch im Schatz Karls mit Zeichnungen bedeckt. Der dritte silberne Tisch mit der DarsteUung der Erde, der Planeten, der Fixsterne (Zeitschrift des Aachener Geschichts- yereins m, S. 56), von Einhard, Vita Karoli c. 88 als mensa bezeichnet, heisst an anderer SteUe discus (Prudentii Trecensis annales ad ann. 842, SS. I, p. 438, 39 : disco etiam mirae magnitudinis ac pnlchritudinis argenteo). Es ist nicht unmöglich, dass der Tisch mit der DarsteUung der sieben freien Künste alsdann identisch ist mit dem letzten goldenen, dessen Schmuck merkwürdigerweise yon Einhard nicht angegeben wird, während er den der andern ausführlich schildert Als Tisch schon gefasst Abel-Simson, Jahr- bücher n, S. 457, Anm. 3. Von dem Gedicht Theodulfs an lässt sich eine ununterbrochene Beihe yon DarsteUnngen der sieben freien Künste bis in das späte Mittelalter hinein nachweisen.

Giulio Ferrario, Storia ed analisi degli antichi romanzi di cayalleria I, p. 79, not. behauptet mit Unrecht, die DarsteUung gehöre erst dem' 12. Jahrb. an. Ausgeprägt wurde sie in des Neuplatonikers Marcianus Capeila 9 Büchern de nuptiis Philologiae et Mercurii, wo Phoebus die einzelnen Mägde aus dem Hause seines Bruders Merkur yorführt, eben die sieben freien Künste, yon denen ein kurzes symbolisch-aUegorisches Bild gegeben wird.

Die PoftritdTsteDmigen Kftris des Grossen. 217

auf einer runden Scheibe beschreibt und in der Ausschmflckung seiner Verse wie der Mauern seiner Kirchen bedient sich Theodulf des allegorisch-symbolischen Stils mit Vorliebe des französischen Bischofs geistreiche Verse mttssen zunächst herangezogen werden, um ein Bild der untergegangenen Schöpfung herau&ubeschwören.

Einen zweiten Abriss botCassiodorasSenatorimS. Theil seiner Institnt iones diyinanun et saecnlarinm lectionnm, betitelt : De artibus ac disciplinis liboralium artium (Opp. ed. Garet II, 528). Insbesondere in der Zeit der karolingrischon Knnst mehren sich die Yerarbeitangen : Alcuin führt die freien Künste als die sieben Stufen znr Theologie auf, den sieben Säulen im Hause der Weisheit bei Salomon gleichend (Sprüche Sal. IX, 1 : Die Weisheit baute ihr Haus und hieb sieben Säulen). Babanus Maurus definirt die sieben Künste in „de clerlcorum Institutionen m, c. 18 und in „de uniyerso'* im Anschluss an Isidors Ethy- mologien. Theodulf gibt nicht nur die erwähnte grosse Beschreibung, andere titnli yon ihm behandeln die verschiedenen Künste einzeln (Poöt. lat. I, p. 629), wie er auch in dem Fragment des Kampfes mit den Lastern sieben Laster und sieben Tugenden einander gegenübergestellt (Haur^an, Singularitös historiques et litt^raires p. 48). Vgl. die epistula Gunzonis (Martene et Durand, ColL ampl. 1, 308) und Honorius yon Autun III, 22. Ein titulus von Hibernicus exul weist auf eine zweite grössere bildliche Darstellung hin. Der gelehrte Ermenrich yon Ellwangen spricht die Absicht aus, König Ludwig eine Schrift über die sieben Künste zu widmen (Dümmler, Ermenrich und seine Schriften, in den Forschungen zur deutschen Qesch. XIII, S. 478). In der KapeUe des h. Othmar zu St. GaUen liess Abt Harmotus 884 die Weisheit mit ihren sieben Töchtern abmalen (Migne, Patrologia (^'XXII, p. 989). Die erste bildliche Verkörperung im Cod. 855 saec. IX in der HtiftsblbL zu St. Gallen, enthaltend Cassiodoms de Septem artibus in rohen Federzeichnungen fol. 276, 305, sodann in dem für Karl den Kahlen geschriebenen (UA. H. L lY, 12 zu Bamberg (Leitschnb, Der Bilderkreis der karoling, Malerei S. 82). Dann kommentirte Bemi d*Aaxerre den Marciaons. Sein Werl^ enthalten im Cod« 71 (88) der BibL zu Anxerre (CataL des d^parteneot« VI, 82), iUttstrirt io den Cod. ane. fonds lat. 8f)74 und Sim dfnr BibL tut, zu Paris (J. E. F. Corpet, Portrait^ dm art» liUrraux d'apr^ ie« (rrivaäta au moyen äge, in den AnnaL arch^iL XVII^ p. 89), harrt Doch dfm E4iujn. Ekkehard der Jüngere ron 8t. Gallen wrfaildert wi«^ Alcuin die sieben KülA^t« als Standbilder anf Scalen (Dttmmler in HjäOpt« Z». für d^fat^rh, Ait/frtna XrV, 8. 30), wohl jfc^ii*e ptuXwtrlhfh^. Dar uti^i Jung, wi^ Herrn. Orima. Beiterstandbiid de» Th^^MoryiU will, nt/utU^u uur ein (}t4jUik*^*^yM (C. P. Bock in de« iairt/u^h'-r« d, V*t, r. Ait'.Ttbaiü^freojudes L fc- ^, Anm. 2). Ib OiL L t, l*t, 4^ '^ ^^-*^, X d*f fOfMj, 0'^tJJuj^'WjLli»ni- steinschen BibL zu Jlailjji*^*-«* V* f »*, » ^M »; r/i *,•'« K ^ i**i^ <^i. h^ht^y*^ Pf-CT- d. Würzburger ^tÄdi^^iuoü^* \^>t\ > ^/#«i* f*/)»fM-piiwuw^»-ft,*A»^»»'^>ijt 'X#4- 199 saec. X zm H, OnJV* (*\*wr A/M^/y Xt. * 4^0 K/i^ im y^uÄ-iiiw« as Marcianestotaad^a*^ i^itt^*4ß* i;* ^i*^-^ 4m /m *>« «« 1" ut^A nv* '•'^ OmJU-u *. ^*-««f Arcbir V, H, ^Z7, hiu^i i^r'^nrAj* '//v^i 1*^ tftnr*AiiuuK,m g^k^ju ^»mt ^vb^

218 P. Giemen

4. Der Bilderkreis der Pfalz zu Ingelheim.

Von dem Bildercyklus in Ingelheim berichtet allein Ermoldus Nigellus, der in überschwänglicher Weise den Palast Earls feierte Der Poöta Saxo, der nach ihm die ausführlichste Schilderung der Pfalz hinterlassen*, erwähnt nichts von dem Bilderschmuck, und unter den Spätem erzählen Lambert' und Eagewin* nur in den allgemeinsten Ausdrücken von der uner- hörten Pracht der Ausstattung „oeuvres merveilleuses et cousteuses** heissen die Pfalzen noch in der sagenhaften Ueber- lieferung der Grandes chroniques de France*.

Nachdem Ermoldus ausführlich die Malereien der Remigius- kirche geschildert, zwölf Parallelscenen des alten und neuen

die Ulustrirteii Boethias-Handschriften, Cod. 216 der £cole de mMecine zu Montpellier (Catal. I, 872), Cod. 12 der BibL pubL za Alen^n mit Versen (vgl. Eavaisson, Eapports p. 404, 406), so auch noch in der Hs. des Jan van Erickenborch, Cod. 1 n6erl. Paris, Bibl. nat. Die Beziehungen der sieben Säulen auf die sieben Künste erst wieder im Mariale AlbertiMagni, quaest. 98, Opera, tom. XX, p. n, 77. Vgl. Bock, (Preiburger) Christliche Kunstblätter 1869, S. 92; Anzeiger für Kunde d. deutsch. Vorzeit N. F. IV, S. 273, 808. Die sieben Künste auf einem Mosaikfnssboden zu Ivrea, jetzt im Priester- seminar, ygl. E. aus^m Weerth, Der Mosaikfnssboden zu St Oereon S. 21; Viollet-le-Due, Dictionnaire II, p. 1 0, VTII, p. 96 ; Annal. archöol. XVII, p. 89, dazu sieben Epigramme saec. X bei Angelo Mai, Class. aut lib. V, p. 420.

*) Ermoldi Nigelli Carmen in honorem Hludowici, lib. IV, 181, Po€t. lat n, 63:

Est locos iUe situs rapid! prope flumina Rheni,

Omatus yariis cultibus et dapibus,

Quo domus ampla patet centum perfixa columnis,

Quo reditus yarii tectaque multimoda,

MiUe aditus, reditus, miUenaque claustra domorum,

Acta magistrorum artificumgue manu.

Einhard, Vita Kar. c. 17 sagt nur: opera plurima ad regni deco- rem et commoditatem pertinentia .... inchoayit et palatia operis egregii, unum haud longe a Mogontiaco ciyitate, iuxta yillam cui yocabulum est IngilenheiuL

*) Po6ta Saxo, lib. V, 429, SS. I, p. 274.

') Lamberti annales ad ann. 1046, SS. V, p. 154 berichten beiläufig yon Nymwegen: Neumago domum regiam miri et incomparabiÜB operis incendit.

*) Ragewin, Gesta Friderici imp. IV, 76, SS. XX, p. 490: Palatia siquidem a Karolo Magno quondam pulcherrima fabricata et regias clarissimo opere decoratas apud Noyiomagum, iuxta yillam Inglinheim, opera quidem fortissima, sed iam tam neclectu quam yetustate fessa, decentissime reparayit.

^) Grandes chroniques de France ed. Paulin Paris II, p. 158.

i

Die Portritdantellimgeii Karls des Grossen. 219

Bandes, ein echikarolingisches Darstellongsschema, das uns in einem Traktat des Alcuin * und in den libri Carolini wiederholt entgegentritt ', wendet er sich zu der Beschreibung der Gemälde des grossen Festsaals ^, des Trichorums, das den sfidlichen Abschluss des Saalbaus bildete. Wie in dem kirchlichen Bilder- kreis das alte und neue Testament in das Verhältniss von Verheissung und Erfüllung gebracht worden waren, so versuchte der Maler oder vielmehr der gelehrte geistliche Leiter des Cyklus auch hier, wo es galt, den Lauf der Weltgeschichte von der Gründung des assyrischen Reichs bis zu den Tagen Ludwigs d. Fr. in den grossen Wendepunkten zu schildern, die Ent- wicklungsstufen des heidnischen und christlichen Herrscherthums auf einer gleichen Anzahl von Felderabtheilungen einander gegenüberzustellen. Dass er in der Idee und in der Wahl der Stoffe dem Orosius folgte \ ist durch die Erörterungen C. P. Bocks festgestellte Die Inschriften, mit denen das Werk sicherlich versehen war, hat Ermold nur zum Theil in seine Arbeit auf- genommen und so die Angaben verwirrt. Wir dürfen nach dem ausgesprochenen Parallelismus seine Beschreibung ergänzen. Im letzten Felde standen sich gegenüber die höchste Blüthe

') De comparatione novi et yeteris testamenti a denario nnmero usque ad anam deque mystlco singulomm significatn: Pez, Thesaurus anecdotom n, p. S.

«) Libri Carolini I, 20, U, 4, m, 25, IV, 18. Vgl. L. Lersch, Die geist- lichen Malereien in der HofkapeUe Karls d. Gr. za Ingelheim und die biblischen Parallelbilder des Mittelalters, in Dienngers Katholischer Zeitschrift für Wissenschaft and Kunst II, S. 81 53. Verwandt die Anordnung in St. Gallen (ygL die tituli: Po^. lat. II, 480; Leitschuh, Der Bilderkreis der karol. Malerei S. 65), im 10. Jh. in Petershausen (Gas. mon. Petrishus. I, 22, SS. XX, p. 632) und Mainz (Fr. Schneider, Der h. Bardo S. 187, Anhang 1).

«) Ermoldus Nigellus IV, 187—242.

*) V. 248: His est aula dei picturis arte referta, Pleniter artifici rite polita manu. Begia namque domus late persculpta nitescit, Et canit ingenio maTrima gesta virum.

*) Die genaue GegenübersteUung ergibt : V. 247 Orosius (ed. Haver- camp et Bivarius bei Migne, Patrologia XXXI) I, 4; 250 11, 6; 252 n, 7; 260 I, 20; 262 II, 4; 264 IV, 15; 266 VI, 21; vgl. auch Didron, Iconographie des ch&teaux, in den AnnaL arch^l. XVII, p. 8—12.

«) C. P. Bock, Die Bildwerke in der Ffalz Ludwigs des Frommen zu Ingelheim, in Lerschs Niederrheinischem Jahrbuch ftkr Gesebidi^ ud Kunst n, d. 241, 267.

220 P. Giemen

des Griechen- und Eömerthums und der höchste Triumph des fränkischen Kaiserthums : hier der Sieg Alexanders und der Einzug des Augustus in Born, dort Karls Sachsensieg. Wie in den vorhergehenden vier Felderpaaren auf jedem Felde je zwei Scenen zur Darstellung gekommen waren, so dürfen wir dies Verhältniss auch hier annehmen. Der Sieg Alexanders und der Sieg Earls entsprechen sich bis in die Einzelheiten: dort nach Orosius die Errichtung von Altären im Eiphäischen Gebirge, hier die Umstürzung der heidnischen Altäre und der Irminsul was liegt da näher, als der Aufrichtung des römischen Kaiserthums durch Augustus die Erneuerung desselben durch den grössten Helden des fränkischen Stammes, durch Karl, gegenüberzusetzen und mit der Darstellung von Karls Kaiser- krönung dem Cyklus den würdigsten Abschluss zu verleihen? Bei der unbestimmten Ausdrucksweise des Ermoldus kann man doch aus den Worten :

Et Carolus sapiens vultus praetendit apertos,

Fertque coronatum stemmate rite caput;

Hinc Saxona cohors contra stat, proelia temptat,

nie ferit, domitat, ad sua iura trahit^ in der Schilderung Karls einen gewissen Gegensatz erkennen: das erste Verspaar deutet auf eine ruhige, würdevolle Handlung, das zweite auf eine wild bewegte Kampfesscene ; das erste weist durch das „rite" noch dazu auf das Vorhandensein des feier- lichen Krönungsomats hin und bei keinem Akt in der ganzen Lebensdauer Karls hätte dasselbe eine ähnliche Berechtigung gehabt wie bei der Kaiserkrönung in Rom.

Dass nicht, wie Bock, gestützt auf V. 245, meint, Holz- schnitzereien anzunehmen sind, hat schon Janitschek' gezeigt. Der Bildercyklus bestand aus Wandgemälden oder musivischen Arbeiten, die auf den beiden Obermauern der Säulenstellungen in dem Trichorum angebracht waren, deren Vorhandensein durch die Ausgrabungen, die ich 1888 und 1889 veranstaltet, nach- gewiesen ist'. Die Annahme Bocks, die Bilder seien an der

*) Ermoldus Nigellus IV, 279.

*) Janitschek, Stadien zur Gesch. der karol. Malerei IL Strassborger Festgruss S. 24, Anm. 18.

') Giemen, Der karolingische Kaiaerpalast zu Ingelheim, in der Westdentschen Zeitschr. für Geschichte und Kunst 1890, 1; Ders., Der Palast Karls des Grossen in Ingelheim, in der Allgemeinen Zeitung 1889, Beilage 269;

Die Portrfttdaistellimgen Karls des Grossen. 221

Decke angebracht gewesen, und von Cohausens, der sie auf der westlichen Wandfläche aufgemalt sein Hess, so dass sie von einer gegenfiberliegenden breiten Empore zu betrachten gewesen wären, wird hiermit hinfällig.

Nur die ersten der lebenden Meister, die Zeitgenossen des Maladulphus und Candidus konnten bei der Uebertragung der Aus- führung in Betracht kommen. Der Name des Meisters ist uns nicht genannt, ebenso wenig wie der Name des Architekten, der den Plan zu der grossartigen Palastanlage ersonnen. Entstand der Cyklus auch erst unter Ludwig d. Fr., so wuchs doch der Plan heraus aus dem Gedankenkreis der Gelehrtenakademie Karls. Das byzantinische Eaiserthum bildet das Verbindungsglied zwischen römischem Weltreich und fränkischem Weltreich : ist es doch erst Frechulf von Lisieux, der in seiner Weltchronik die bisher so ängstlich festgehaltene Kontinuität des Römerreichs gänzlich aufgibt. Bezeichnend ist, dass nur das von Karl so hoch geachtete germanische Heidenthum in der Bilderfolge nicht zu Wort kommt: es fügte sich weder als verbindendes Glied dem Rahmen ein, noch entsprach es den Ansichten Ludwigs. Neben der politischen Grundidee, die der Cyklus aussprechen sollte, sie zum Theil unterstützend, tritt eine christliche Tendenz als belehrendes Moment zu Tage : nach dem Worte des Salvianus von Massilien : Dum semper gubernat Dens, semper et iudicat : quia gubematio ipsa iudicium est^ erscheint das heidnische Herrscherthum, dessen schwere Vergehen immer die Strafen im Gefolge haben, in jeder Beziehung iem christlichen Herrscher- thum unterlegen, ist das Ganze dem Gedanken von einer göttlichen Gerechtigkeit und Weltregierung unterstellt.

Es ist das Eigenthttmliche einer jeden wahrhaft grossen Zeit, dass sie kraft der ihr innewohnenden Ruhmesliebe gebie- terisch eine künstlerische Verewigung ihrer Grossthaten fordert, sei es durch Darstellung paralleler Vorgänge in der Welt ihrer Götter und Heroen oder in zeitlich zurückliegenden Epochen der eigenen Geschichte, sei es in der Schilderung der selbst- erlebten, selbstdurchkämpften Zeit. Es ist der höchste Beweis für die Monumentalität der karolingischen Kunst, dass ihr dieser

yon Cohaasen, Zwei Bestaarationsy ersuche d. FesthaUe i. d. Kaiserpfalz zn Ingelheim, in den Jahrhüchem d. Ver. yon Alterthnmsfreunden XX, S. 140. >) Salyiani presbyt. Mass. opera ed. St. Baluzim, 1. III, c. 4; Hist. litt^r. de France II, p. 517.

222 P. Ckmem

Ansdraek der üeberzengimg tod der eigenen Grösse nicht abgeht Der anf Born und Italien gerichtete Blick Karls konnte nicht achtlos vorbeigehen an den anf Schritt nnd Tritt sich aufdrängenden Verherrlichungen der eigenen Thaten in den Werken der antiken Kunst. So findet der monumentale Charakter der Yon der einen grossen Persönlichkeit Karls gewollten und gezeugte Renaissance den bedeutsamsten Ausdruck in dem Herrorrufen einer neuen profanen Wandmalerei. Denn wir dfirfen nicht vergessen: es ist der erste grosse GremUdecyklus, der gleichzeitige historische Vorgänge zum Gegenstand hat, seit den Tagen der Langobardenkönigin Theudelinde, die ihren Palast zu Monza mit Scenen aus der (beschichte des eigenen Volkes ausschmfickte ^, und erst unter Heinrich I. fordert wieder die Ruhmsucht des deutschen Volkes eine Verherrlichung seiner Thaten in den Wandgemälden seines Palatiums zu Merseburg K Und dieser Eindruck des monumentalen Charakters karolingischer Hofkunst wird noch verstärkt durch den Nachweis von Ehren- statuen, von freistehenden Rundbildern.

5. Die Statue im Klosterhof zu Lorsch.

Die Lorscher Annalen berichten, im Hof des Klosters zu Lorsch an der Bergstrasse habe eine Statue gestanden', deren Inschrift „Karolus Imperator iussit cubitum istum fleri iuxta mensuram suam^ in versilberten Buchstaben sie als ein Porträt- bildniss Karls beglaubigt, zugleich als ein Werk, das, der Liitia-

') Paulus Diaconus, Historia Langobardorum IV, c. 22, SS. rer. Langob. p. 124: Ibi etiam praefata regioa (Theudelinda) sibi palatium condidit, in quo aliquit et de Langobardorum gestis depingi fecit In qua pictura manifeste ostenditur, quo modo Longobardi eo tempore comam capitis tondebant, vel qualis illis yestitus qualis habitus erat. YgL Tiraboschi, Storia della lett. itaL DI, n, c. 6, § 3; £m6ric-Dayid, Discours histori- ques sur la peinture moderne p. 108.

*) Liutprandi antapodosis in, c. 31. YgL Springer, Die deutsche Kunst im 10. Jh., in den Bildern a. d. neueren Eunstgesch. I, S. 116; Janitschek, Gesch. d. deutschen Malerei S. 61.

') Kunstannalen des Klosters Lorsch an der Bergstrasse 814; Kirchen- schmuck. Blätter des christlichen Kunstvereins der Diöcese Sekkau XI, Heft 3, S. 14. Die Nachricht stammt aus verlorenen Lorscher Annalen, zuerst bei Hei wich, Antiquitates Laurishaimenses seu chronologia mon. s. Nazarii Laurishaimensis und Joannes, Res Moguntin. m, p. 36. Vgl. A. F. Falk, Geschichte d. ehemaligen Klosters Lorsch S. 161, Anm. 43.

Die PorträtdarsteUnngeii Karls des Grossen. 223

tive des letztern seine Entstehung dankend, mit Gewissheit der frühesten karolingischen Kunst selbst angehört. Die Bezie- hungen des Klosters Lorsch zum Aachener Hof waren eng genug, um eine derartige ausserordentliche Stiftung zu rechtfertigen. Auch steht dieses Werk nicht allein in der Geschichte der karolingischen Plastik, die von Werken in grösserm Maßstab sonst wenig meldet. Es sind uns die Verse eines Zeitgenossen auf die Zerstörung des Klosters Montglonne, des nachmaligen Saint-Florent-le-Vieil, durch die Bretonen erhalten, von Dom Pitra und Dflmmler aus dem Kodex der Bibliothek zu Chelten- ham herausgegeben ^ Als Zeichen des Selbstvertrauens, als Hohn fQr den machtlosen Karl den Kahlen lässt der Bretonen- häuptling Nemenoius sein Bildniss aus weissem Stein* fertigen und im Kloster selbst aufstellen'. Als drittes freistehendes Rundbild der Karolingerzeit Hesse sich höchstens noch die

") Marchegay, Biblioth^ue de T^cole des chartes IV, 127.

•) Versus de eversione monasterii ölonnensis: Po6t. lat. II, 148, v. 26: niias albo lapide scnlpta yisos imagine.

■) Dom Pitra, Archives des missions scientifiques IV, p. 180. Po6t. lat. n, 148, V. 23:

Jnbet snam mox stataam efftgiari splendidam, Quam ponerent pinnaculo ad Orientem patulo, Signum quod esset Karolum se non timere dominunL

Constanünopel mit seinem Wald yon Statuen mochte lebhaft einwirken. Den Hof der Hagia Sophia fiülten aUein 420 Bildsäulen. Vgl. die Auszüge aus Banduri bei Heyne, Serioris artis opp. sub imp. Byzant. I: Comment. societ. reg. sdent Gk)etting. XI, 44 und F. W. Unger, Quellen d. byzantin. Kunstgeschichte. QueUenschriften XII, S. 184, 137, 151, 186. Ein Vertrag des Theodahat beiProcopius, De hello (lothico 1. V, c. 7 setzt den Gebrauch voraus, den gothischen Königen Bildsäulen zu errichten. Vgl. von Bumohr, ItaL Forschungen I, S. 181. Die libri Carolini endlich erwähnen wiederholt Kaiserbildnisse. L. CaroL m, c. 15: Migne, Patrologia XCVlU, p. 1142: Si enim imperiales effigies et imagines emissas in ciyitates et provincias obyiabunt populo . . . Imperatorum imagines in ciyitatibus et in plateis adorantur. Und in der Denkschrift der Pariser Synode an den Papst Eugen (erhalten in dem Entwurf eines officiellen Schreibens des Papstes an die Griechen) ist die Bede Ton den Bildern in Kirchen und Palästen, die pro amorispii memoria aufgestellt worden: Mansi, Collect, concil. XIV, p. 463; He feie, Concillengeschichte IV, S. 45. Von freistehenden Bundbildem auf deutscher Erde in yorkarolingischer Zeit melden Vita s. Sturmi c. 22, SS. II, P. 876; Vita s. Lebuini, SS. II, p. 362; Batperti cas. s. Galli, SS. n, p. 61; Vita 8.GaUi, SS. H, p. 7; Ermoldus Nifllaf Jl hUL Hlud. reg. IV, p. 42, Po€t. lat. n, p. 60.

2S4 P. Ckmen

MzTJewsUtue in Metz anreihen, die Taotilo dort geschaffen ^ ein WeriLr Ton dem es unbestimmt ist, ob es in der That als ToUiges Snndbfld zu denken ist '. Erhalten ist von allen Werken der karoUngischen grossen Plastik nichts mit Ausnahme der dtrftigen Skulpturen im Museum zu Narbonne und Arles, kurzer dickk^ffiger Embryonen in rohgemeisselten Ornamenten', und der Bftseüefe im Chor der Kapelle zu Hubinne bei Ciney.

6. Die Mosaik im Triklinium des Lateran.

In B(Hn hatte Leo m. in den Jahren 796 bis 799 dem Lateranensischen Palast das prächtige, Ton weissen Marmor- säulen getragene tricUnium malus hinzugefiLgt, das drei grosse Tribünen mit musivischen Bildern enthielte Noch Nikolaus V. bewirthete in dem Speisesaal den Kaiser Friedrich, dann ver- fiel der Palast, und Sixtus Y. liess die Mauern des Lateran niederlegen: nur die Tribüne des grossen Festsaals mit der Hauptapsis blieb ^ Als unter Papst Klemens Vn. die Tribüne

') Ekkehardi IV. casus s. GaUi, SS. n, p. 100, 32: Taotilo vero com apnd Metensinm urbem caelatnros satagaret, peregrini dno sanctae Mariae imagmem caelanti asüterant .... imago ipsa sedens, qaasi yiya, adhue hodie est yeneranda.

*) A. Schultz, Taotilo yon St. Gallen: Dohme, Kunst und Künstler I, S. 28 redet nur yon einer ,,Altartafel*.

') Abbildung bei de Caumont, Documents sur P^tat .de Part aux ^poques m^royingienne et carloyingienne, in dem Bulletin monumental XXXIV, p. 117. Das Fragment eines Frieses aus Ingelheim im Mainzer Museum (Abb. bei Fr. Schneider im Korrespondenzbl. d. Qesammtyereins 1876, S. 97), der Thürsturz in der Kirche zu Bierstatt bei Wiesbaden (Lotz, Baudenkmäler d. Begierungsbez. Wiesbaden S. 82) und Beste der Skulp- turen aus La Balme im Museum zu Lausanne, aus Layigny im Museum zu Genf, endlich einige rohe Grabsteine in Wiesbaden, in St. Maria im Kapitol und im Museum zu Köln (yon Quast, Mittelrheinische Sarkophage, in den Jahrbüchern d. Ver. y. Alterthumsfreunden L, S. 108, Taf. V, 1, 11, VH, 23, 26) und in St. Denys (Planchet, Hist. de Bourgogne n, p. 520; VioUet- le-Duc, Dictionnaire de Tarchit. fran^. IX, p. 23) wären hier anzureihen. Die Metzer Madonna wie die Kreuzlinger Figuren im Bosgartenmuseum zu Constanz kann ich nicht für karolingisch halten.

^) Bezeugt im Liber pontificalis. Anastasius bibliothecarius, De yitis Bom. pontif.: Muratori, SS. rer. Italicar. HE, p. 207, no. 242, 844. Triclinium malus super omnia triclinia nomine suae magnitudinis decoratum.

^) Dass schon yor Klemens XII. die Mosaiken zu Grunde gegangen,

Die Poni«d«5telto«ni K«rb des Grossen. Bäö

an eine andere Steüe versttzl werden sollte, gingen die Mosaiken bis auf wemge Reste zu Grunde, und erst seinem NaelifolKor

Xututili im Triklinium dei LaKTU.

Benedikt XIV. gelang c^. iu den Jahr*-n 17-40— 17:><l mit Benutzung der eihalteueü lii-.-U; utid alUr Z'-i'l)ii'ii.L"n die

Rcbeint uimduut^D U uriiti<rj I i. ll| |, y;.y ,,.,- y !■■■' .- d. ,. ...,

Leo bona« meuitiriüi' ti-r'iuy p..!,.. h i, „, ,,i . - ' ■■■ ■■■- - ■■.■-.

226 P. aemen

Lateranensische Tribüne gegenüber ihrem alten Standort bei der Scala Santa in der freistehenden Nische an der Kapelle S. Sanktorum von Neuem zu errichten ^ Wir würden in Bezug auf die frühere Gestalt der Mosaiken auf blosse Vermuthungen angewiesen sein, wenn nicht der kunstliebende Kardinal Fran- zesco Barberini, der Neffe ürbans VIH., der im Jahre 1625 die Mosaiken einer Ausbesserung unterzog *, den gelehrten Nicolaus Alemannus zur Abfassuag einer Abhandlung über die Malereien veranlasst hätte ^. Zu den Abbildungen, die dieser veröffent- lichte, und die nach ihm imd nach den in der Vatikanischen Bibliothek bewahi'ten Zeichnungen seine Nachfolger publizirten, sowie zu den Abbildungen, die unter Klemens Xu. im Jahre 1730 beim Abbruch der Tribüne hergestellt wurden, müssen wir unsere Zuflucht nehmen^.

menta, sive alimenta, quae inde deleta fuerant, noviter reparavit et ad asuin pristiDom magnifice revocavit. Dagegen wendet sich vonBamohr, Italienische Forschungen I, 199.

*) Platner und Bunsen, Beschreibung der Stadt Rom III, 1, S. 552.

•) Garrucci, Storia dell'artc christiana IV, p. 105 setzt auch die üeber- tragung irrthümlicherweise erst in das Jahr 1625.

^) Nicolaus Alemannus, De lateranensibus parietinis. Abgedruckt auch in J. Graevii et Burmänni thesaurus antiquitatum IV, p. IV.

*) Bei der heillosen Verwirrung, die Hennin, Les monuments de Thistoire de France. Catalogue des productions de la sculpture, de la peinture et de la gravure, relatives d, Thistoire de la France et des Frangais II angestiftet, indem er ein und dasselbe Monument mehrere Mal und jedes Mal als ein neues anführt, gebe ich ein voUständiges Verzeichniss der bedeutendsten Abbildungen: Severano, Memorie sacre delle sette chiese di Roma p. 545; Ciarapini, Monumcnta vetera, pl. XI, p. 127; Le Blanc, Dissertation historique sur quelques monnoyes de Charlemagne p. 36; Montfaucon, Monuments de la monarchie fran^aise I, pl. XXII, p. 275; Eckhart, Commen- tarii de rebus Franciae orientalis et episcopatus Wirceburgensis I, p. 786, fig. 1, 2; Daniel, Histoire de France II, p. 115; Beaunier et Rathier, Recueil des costumes fran^ais, pl. 33; Knapp und Gutensohn, Denk- mäler der christlichen Religion, Taf. 43; LuigiBossi, Istoria dltalia Xm, pl. in, p. 63; Giulio Ferrario, Storia ed analisi degli antichi romanzi di cayalleria, pl. III; Didron, Iconographie chr6tienne 59; fl. de Vielcastel, CoUection des costumes, armes et meubles pour servir ä rhistoire de France I, pl. 32, no. 36; du Sommerard, Les arts au moyen äge. Album, s6r. VIII, pl. X, 1; F. de Guilhermy, Monuments fran^ d Rome, in den Annales arch6ologiques VIII, p. 257; L'ünivers. Le Bas, Allemagne, pl. 46; K. F. Becker, Deutsche Geschichte HI, S. 474; Stacke, Deutsche Geschichte; 0. Jäger, Deutsche Geschichte II, S. 74, Taf.; A. Vetault, Charlemagne, pl. I.

Die PorträtdftrsteUimgen Kaiis des Grossen. 22

:iZi

Xur von den Mosaiken der Haupttribone haben wir Kunde. In der Mitte der Apsis war auf einem Berggipfel Christus dar- gestellt, mit erhobener Rechten die um ihn versammelten Jünger l>elehrend, zur Rechten und zur Linken zwei Parallelscenen, ^welche die gemeinsame Regierung der Welt durch die beiden Häupter des Papstthums und des Kaiserthums zum Ausdruck bringen sollten. Zu den Grestalten Leos und Karls auf der linken Seite, denen Petrus Stola und Banner überreicht, ergab sicli von selbst die Parallele in Sylvester und Konstantin^, denen Christus Schlüssel und Labarum übergibt. „Es war*^, sagt Gregorovius, „eine That der damaligen Kunst, dass sie die geschichtlichen Verhaltnisse der Zeit so klar auszusprechen verstand, denn diese rohen Musive sind in Bezug auf den Gedankeninhalt die höchste künstlerische Leistung in einer Reihe von Jahrhunderten*.**

Auf Groldgrund thront in der Mitte erhöht St. Petrus, die

Schlüssel auf dem Schoß, in der Rechten das Pallium gesenkt

haltend, das der zur Linken knifende, nach rechts gewendete

Leo ergreift, der den vollen, rundlichen Kopf mit schwarzem,

kurzgeschorenem Haarkranz nach vorn wendet. Mit der Linken

reicht der Apostelfürst eine Fahne* dem rechts, nach links

gewendet knieenden Karl, der sie mit der Rechten ergreift,

während er die Linke auf die Brust legt. Das rundliche

Gesicht ist nach vom gekehrt und zeigt -ein weiches, breites

*) Unhaltbar ist die Angabe Assemannis (Excerpta de sacris imaginibus, Anhang zur 2. Ausgabe d. Nicolans Alemannua, Rom 1756), dass hier Hadrian und Karl dargesteUt seien.

>) Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter II, S. 447. ») Die Fahne ist dreizipfelig, grün, mit grossem rothen und kleinern weissen Tupfen, und soU das Banner Roms als Zeichen der weltlichen Herr- schaft darsteUen. Ob darin die Oriflamme zu sehen, wie Leon Gautier, Chanson de Roland p. 270, ^. 1 will, ist kaum wahrscheinlich. Ueber das Banner vgl. G. Desjardins, Recherche» sur les drapeaux franc^ais p. 1—8; M. Sepet, Le drapeau de la France p. 19, 21; Revue des questions historiques X, p. 156—163; V6tault, Charleraagne, ficlaircissement VI, p. 543. Zuerst erwähnt Chanson de Roland CH.'LII, 3093 als rorie-flanibe. Erst Ende des 11. Jahrhunderts von den Kapetingem in 8t. Denys wieder- aufgenommen. Du Gange, Dissertation sur Toriflamme beiG6nin, Prefaoe de la chanson de Roland. Vgl. La chanson des Saxons von Jean Bodel, od. Fr. Michel I, p. 81. „L'oriflambe Karion anz ou chief premeraine.** In dou Reali di Francia ist die Oriflamme übrigens im Besitz Fiovos, des S*>bne< Konstantins.

i:»

228 P. Giemen

Kinn, straffen, schwarzen Schnurrbart, lange, gerade Nase, grosse offene Augen und kurzes, schwarzes Haar unter dem Kronreif ^ Dass die Mosaiken in der That noch bei Lebzeiten des Kaisers wie des Papstes gefertigt wurden, bezeugt* die viereckige Form des Nimbus, der nur Lebenden zukamt

7. Die Mosaik in Santa Susanna zu Rom.

Auf dem Quirinal in der Basilika Santa Susanna entstanden zur gleichen Zeit wie die Mosaiken des Lateran Porträtbilder des Kaisers und Papstes in musivischer Arbeit, durch den vier- eckigen Nimbus als bei Lebzeiten der abgebildeten Personen hergestellt bezeugt. Wohl von derselben Künstlergruppe aus- geführt wie die Darstellungen im Triklinium versinnbildlichen sie denselben Gedanken, den Gedanken der zwei die Welt regierenden Herrschergewalten, nur in einfacherer, weniger

0 Die offenbar nach dem alten Vorbild ausgewählten Farben des 1743 hergesteUten Bilds an der Scala Santa sind: Petras in weissem Priestergewand, Leo in gelbem mit purpurfarbenen Linien, Karl in braun- gelbem Mantel mit grünem Saum, auf der rechten Schulter durch eine Spange gehalten, die Beinlinge gelbbraun mit schwarzgrünen Riemen um- wunden. Farbige Abb. bei G. Ferrario 1. c, 0. Jäger a. a. 0., Stacke a. a. 0., A. V^tault 1. c. Nach den gründlichen Untersuchungen von Eugen Müntz, Notes sur les mosaiques chrötiennes de Tltalie: Revue arch6o- logique 1884, VIII, Jan., vgl. Müntz, La legende de Charlemagne. Stades iconographiques et arch^ologiques sur le moyen äge p. 103, dem sich E. aus'm Weerth, Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden LXXVIII, S. 151 anschliesst, unterliegt es keinem Zweifel, dass das jetzige Bild durchaus neu ist. Dagegen nur von Rumohr, Ital. Forschungen I, S. 201, 240; Schnaase, Kunstgeschichte III, S. 573. Vgl. E. aus'm Weerth a. a.*0. S. 151, Anm. 5. Die altern Zeichnungen nebeneinander gcsteUt bei R. Garrucci, Storia delParte christiana IV, pl. 282, 4, 283.

*) A. deCaumont, Le nimbe, im Bulletin monumental XII, p. 19 und Cours d'antiquit^s monumentales IV, p. 207; Didron, Histoire de Dieu p. 41, 59; Grimouard de Saint-Laurent, Manuel de Tart chr^tien p. 105; de Waal in Kraus, Realencyclopädie der christlichen Alterthümer II, S. 498. Nach Crosnier, Iconographie chretienne p. 67 und BuU. monum. XTV, 67 gilt dies indessen nur für Italien, nicht für Deutschland oder Frankreich. Von italienischen DarsteUungen als ParaUelen zu vergleichen das Mosaikbild Gregors IV. in St. Marco zu Rom : D i d r o n, Iconographie chretienne, in den AnnaL archöol. I, 8, fig. 5, die Porträts des rotulus bibl. Casanatens. ad s. Minervam Romae: Mart. Gerbertus, Vetus liturgia alemannica I, 259, pl. VII, 2 and 3 und das Dedikationsbild einer Handschrift der Bibl. zu Montecassino bei Kraus a. a. 0. II, S. 498, Fig. 328.

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 229

prunkhafter Form. Dem Bild des Papstes, der barhäuptig, in Diakonentracht, auf den Armen das Gebäude der Basilika tragend, dargestellt war, entsprach das Bildniss des Kaisers, in bedeutend freierer und ungezwungenerer Haltiuig, nach vom gewendet stehend, in am Gürtel gereffter kurzer Tunika, die Beinlinge von Riemen umwunden, mit auf der rechten Schulter zusammengehaltenem Mantel, die Linke auf die Brust gelegt, die Eechte zur Seite streckend: auf dickem Hals der runde Kopf mit breitem Kinn, langer Nase, schwarzem Schnurrbart, kurzen Lockend Aber die Mosaik ist längst zu Grunde gegangen, und nur die Abbildung bei Alemannus und eine in der Bibliothek des Vatikans bewahrte kolorirte Zeichnung vermögen uns über ihre Gestalt Kunde zu geben*.

B. Stilistisch als gleichzeitig beglaubigte

Darstellungen.

1. Die Eeiterstatuette im Museum Carnavalet zu Paris.

Unter den nicht literarisch oder inschriftlich beglaubigten, nach stilistischen Merkmalen aber als gleichzeitig anzusetzenden Porträtbildern steht obenan die berühmte Reiterfigur aus dem Mus6e Carnavalet in Paris, der Tradition gemäss als einziges Porträt Karls d. Gr. gepriesen. An und für sich freilich spricht noch nichts dafür, dass in der That Karl d. Gr. dargestellt sei. Wir erblicken einen Reiter, der nach seinen Abzeichen als Herrscher zu bezeichnen, und der nach dem allgemeinen Stilcharakter der Zeit karolingischer Kunstübung zuzuschreiben ist. Auf ruhig schreitendem, starkknochigem Ross, das den linken Vorderfuss ausschreitend erhebt, den kleinen Kopf auf dem besonders breiten Hals etwas nach links wendet, sitzt, bequem in den Sattel zurückgelehnt, die Kniee an das Ross angepresst, die Füsse weit abgestreckt, eine starkgebaute Gestalt von mächtigen Gliedern, bedeutender Grösse im Verhältniss zu den

*) Nicolans Alemannas 1. c. p. 12; Montfaucon 1. c. I, pL 22; Beaunier et Rathier, pl. 34; de Vielcastel I, p. 32, no. 87; BuUetin polymatique du musöe dlnstruction publique de Bordeaux XVH, p. 271; G. Ferrario 1. c. pl. III; L'ünivers. Le Bas, Allemagne, pl. 47.

') C. P. Bock, Karls des Grossen Grabmal S. 26 erwähnt eine Ab- bildung in einer Handschrift der Vatikana, die wohl mit dem erwähnten Einzelblatt identisch ist.

230 P. Clemen

Maßen des Pferds, breiten Schultern, hoher Brust. Der auf- fallend kurze Hals trä^ einen dicken rundlichen Kopf, leicht Hufgerichtet, mit überaus stark betontem Unterkinn, nur am

Kopf dur Reiterstatuette im Miuenin Carnavalet zn Puria.

Kinnbuckel fest und energisch modellirt, langer, aber nicht übermäßig vorstehender Nase, gerade aufsteigender Stirn, hoch- gewölbten Augenbrauen, unter denen nahe aneinander stehende weitgeöffnete Augen lierrorblicken, starkem, herabgezogenem Schnurrbart. Auf den kurzen, in omamental-symmetrisch ge- zeichnete Locken gelegten Haaren ruht ein breiter, mit Edel- steinen besetzter Kronreif, in drei dreigetheilte Blattomaraente auslaufend. Die Linke hält den Reichsapfel, die Rechte führte anstatt des schlecht ergänzten Schwerts ein Oberkörper verdeckt ein faltiger Mantel, auf hulter durch eine Spange geheftet, der auf der ie eng anliegende Aermeltunika freilässt, während ten Seite in einfachem, ungesuchtem Faltenwurf herabfällt, der vordere Zipfel ist als Bausch von nterarm über den Sattel gelegt. Die Haltung bedeutend, das stolz-aufrechte und doch unge- ; bequeme Sitzen im Sattel ist wohlgelungen, der eilweise bewunderungswürdig, überraschend die Pferds mit der breiten Brust, dem starken, .ochenbau. Dabei sind freilich die Mängel nicht die Extremitäten sind zu gross und unbehUflich [andgelenk schlecht geformt, der Körper besonders iir mäßig unter dem Gewand angedeutet, dem der trefflichen Cliarakteristik im Grossen, der Haltung, der trotz der Zerstörung erkenntlichen Zeichnung des Profils die richtige Modellirung der

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 231

Wangen, ihr Absatz gegen den Hals, die Betonung der Joch» beine, eine freie Behandlung der Haare.

Die Aufgabe ist, einmal aus der Ueberlieferung, sodann aus der stilistischen und technischen Analyse der Figur heraus die dargestellte Persönlichkeit zu ergründen^.

Die Ueberlieferung bezeichnet unsere Figur direkt als eine Porträtdarstellung des gi'ossen Karl. Die Statue wird nebst einer andern verlorenen Silberstatuette als im Schatz der Kathe- drale zu St. Stephan in Metz befindlich zuerst im Jahre 1634 als Bildniss des kaiserlichen Gründers* erwähnt von dem Lothringer Chronisten Meurisse*, sodann in einem von B6giu veröffentlichten Schatzverzeichniss vom Jahre 1682*. Danach

*) Die grandlegende kritische Untersuchung der Statuette gab, nachdem Tornow bereits das Material zusammengestellt (Vortrag am Winckelmannsfest in Bonn 9. Dez. 1882), E. aus*m Weerth, Die Reiter-Statuette Karls des Grossen aus dem Dome zu Metz, in den Jahrbüchern d. Ver. v. Alterthums- freunden i. Rheinl. LXXVIII, S. 139. Dazu die Besprechungen Revue de Part chr^tien N. S. III, p. 3; Gazette arch6ologique 1887, 1, 2. Die Figur abgebildet bei AI. Lenoir, Monuments des arts lib^raux, raecaniques et industriels en France, pl. IX, p. 13; Le Bas, L^Univers. Dictionnaire ency- clop^dique, pl. 166; Bordier et Charten, Histoire de France; Gazette des beaux-arts XIX, p. 427; Havard, L'art k travers les moeurs; Bulletin et m^moires de la sociöt^ archöologique de la Moselle, s6r. IV, tom. IV, p. 268 ; L'ünivers pittoresque 11, pl. 166; Vötault, Charlemagne, pl. n, p. 26, 544;

0. Jäger, Deutsche Geschichte II, S. 64, 65; Bouteiller, Bulletin et m^moires de la soci6t6 de la Moselle VIII, p. 85, IX, p. 145; Didron, Annales arch^logiques VIII, p. 256; Magasin pittoresque 1859; L.Stacke, Deutsche Geschichte I, S. 192; Henne amRhyn, Kulturgeschichte des deutschen Volkes I, S. 25. Die beste Abb. bei E. aus^m Weerth a. a. 0. Taf. III. Nachbildungen im Aachener Suermondt-Museum und im Dom zu Metz.

•) Meurisse, Eist, des evßques de Metz bei aus'm Weerth a. a. D.S. 140.

') Karl gilt als Neugründer der Kathedrale. Nach K Bögin, Histoire et description pittoresque de la cathödrale de Metz I, p. 83, II, p. 297 hat Karl kostbare Geschenke dem Dom vermacht. Zwei Thürme, les tours de Charle- magne, am Chor schon 1497 und 1504 abgetragen. Vgl. Huguenin, Los chroniques de la ville de Metz p. 621. Diese Nachricht schon bei Meurisse

1. c. p. 162, 348. Gegen eine Bethätigung Karls am Ausbau von St. Stephan vgl. F. X. Kraus, Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen III, 2, S. 458 zum J. 800.

*) Abgedruckt bei E. aus'm Weerth a. a. 0. S. 141; Kraus a. a. 0. S. 564, Nr. 20: Une Statuette 6questre du m6me empereur (Nr. 19 ist die silberne Statuette Karls) en bronze dor6, qu'on exposait ögalement sur le lutrin depuis le 28. janvier, pendant l'office des morts, jusqu*au lendemain, aprös la grande messe c<516br6e pour le repos de son &me. Quatre cierges

232 P. Giemen

befand sich die Bronzestatue bereits im Jahre 1634 als Porträt Karls in Metz und wurde alljährlich am Todestag des Kaisers, umgeben von vier brennenden Lichtem, auf dem Lettner auf- gestellt. Im Jahre 1807 entdeckte sie Alexander Lenoir bei einem Apotheker in Metz und kaufte sie an, nach seinem Tode 1839 wanderte sie durch verschiedene Hände, aber erst als sie durch die Ausstellung der Madame Evans-Lombe auf der Pariser. Weltausstellung ^ in weitern Kreisen bekannt geworden, erwarb sie die Stadtgemeinde von Paris und stellte sie im Hotel de Ville auf im Jahre 1871 ward sie stark beschädigt^ unter den verbrannten Trümmern des Hotel de ViUe entdeckt, seitdem befindet sie sich im Mus6e Camavalet.

Die Hauptmerkmale für die Zuweisung der Statuette an ihr traditionelles Vorbild geben die Eigenthümlichkeiten von Tracht und Bewaffnung ab, die zu diesem Zweck eingehend zu prüfen sind. Bei dem Mangel an genügenden Vorarbeiten' erscheint es geboten, das vorliegende literarische und künst- lerische Material auf die Möglichkeit einer Periodisirung der

brülant 36 heures ^clairaient cette figurine. Vgl. Calmet, Notice de la Lorraine I, p. 834 und Les Bönedictins, Histoire de Metz I, p. 526.

*) Ch. Linas, Histoire du trayail ä Texposition universeUe p. 277; A. Darcel, Histoire du travail et monuments historiques. Catalogue de Texposition universeUe, no. 1670, p. 104.

*) Die Feinheiten sind zum grossen Theil zerstört, die Hände, die Blätter der Krone verletzt, der Daumen der linken Hand zerdrückt, die Nase von der Mitte des Rückens an abgeschliffen, doch so, dass, da die Linie der Nasenwurzel voUständig erhalten, die Form der Nase ohne Weiteres zu rekonstruiren ist. Von der Vergoldung ist nichts mehr erhalten. Erneuert der Pferdeschweif, das Schwert. Es ist zu vermuthen, dass die Figur ursprünglich nicht das Schwert, sondern als Gegenstück zum Apfel das Scepter in der Rechten geführt, obgleich die verschwundene Süberstatuette nach dem Liventar von 1682 das Schwert trug.

') Von H. Weiss, Kostümkunde IL Das Mittelalter S. 503 musste ich in wesentlichen Punkten abweichen. R. Jacquemin, Iconographie m^thodique du costume du IV * au XIX * siöcle; G. Demay, Le costume au moyen äge d'apr^s les sceaux, besprochen im BuUetin monumental XL VI, p. 278; Demay, Le costume militaire, in den M6moires de la soci^t^ des antiquaires de France XXXV, p. 120—171; Ders., Le costume & l'öpoque carolingienne : Eclaircissement IV zu V6tault, Charlemagne p. 505; Viollet-le-Duc, Dictionnaire du mobilier frangais III, p. 115, IV, p. 228; H. de Vielcastel, Modes et costumes bei Lacroix et Ser6, Le moyen äge III; F. von Löher, Die Sitte zur Karolingerzeit: Beil. z. Allgemein. Zeitung 1889, 164, 2.

Die ForträtdarstellDiigeD Karb des OroBsen. SS3

Ent-w-icklungsgieschichte der Tracht hin zu prüfen. Es leuchtet sofort ein: wenn sich die Möglichkeit ergibt, für das Ableben Ller "bei der Metzer Statuette verwandten Tracht einen bestimmten Zeitpunkt festzusetzen, so ist, da die Kunst des Mittelalters mit Ausnahme weniger Typen der heiligen Geschichte niemals und nirgendwo ein anderes Kostüm als das zeitgenössische io -Anwendung gebracht hat, zugleich eine bestimmte Zeit für die Entstehung der Figur und damit eine bestimmte Gruppe von ICaisem für die Namengebung abgegrenzt.

Das Kostüm der Statuette Ist durchaus die altfränkisclie Volkstracht, die sich seit dem 6. Jahrhundert ziemlich unver-

St. Piinl, Klosterbibliothek, Cod. 2.

ändert bis in die karolingische Zeit erlialten hat, das bis zur JÜtte des Oberschenkels reichende Wams mit anliegenden

236 P. Giemen

Schon unter Karl bildete sich eine doppelte königliche Tracht aus. Die eine war die alte Volkstracht, in all ihren

ein Tanfkleid. Vgl. Leidradi episcopi Lugdanensis liber de sacramento

baptismi: Mabillon, Vetera analecta m, 19, cap. 8 de vestimentis :

baptizati albis induuntor vestibns, ut ipso etiam habitu exterioris hominis

demonstrent innovationem et emundationem interioris Ebenso Gregor. Turon.

bist. Franc. III, 29.) Die einzige SteUe, in welcher weisse saga erwähnt

werden, in des Angilbert Klagelied nach der Schlacht bei Fontenai, Po€t.

lat. II, p. 139:

Karoli de parte vero, Hludowici pariter

Albent campi vestimentis mortuorum lineis, Velut solent in antonmo albescere avibus. Vgl. Meyer von Knonaa, Die historischen Volkslieder der Schweizer S. 66. Die Neustrier trugen purpurfarbene kürzere Mäntel, die eine Zeit lang auch in Karls Heer sich der Aufnahme erfreuten, wohl nur von gleicher Länge wie die Tunika ; als aber die Friesen die kurzen Mäntel zu demselben Preise verkaufen woUten, wie vordem die langen, da verbot sie Karl aus- drücklich: „Wozu sind diese Lappen gut? Im Bett kann ich mich nicht mit ihnen zudecken, zu Pferde können sie mich nicht schützen gegen Wind und Regenwetter, und kommt mir ein Bedürfniss an, so verfrieren mir die Beine.** So blieb das fränkische üniversalkleidungsstück noch eine gute Zeit erhalten. (Mon. Sangall. I, c. 34, SS. n, p. 747, 1. 18.) Dieses sagum in der einfachsten Form bei dem Bild Karls im Cod. 2 zu St. Paul, bei dem Scolapius: Bastard III, pl. 106, besonders deutlich auf einem karolingLschen Elfenbein im Louvre: Gazette arch6ologique Vin, pl. 19, Ivoires carolingiennes, bei den Kriegern in der Unterredung Pauli in der Vivianusbibel, bei den Kriegern (Grabeswächtem) auf dem Elfenbeindeckel des Cod. Paris. 9390 (Kraus, Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen III, 2, S. 576), bei sämmtlichen Kriegern der Bibel von St. Paul zu R-om (Westwood, The bible of the monastery of sanct Paul near Rome). In diesem Mantel erscheint noch König Eadgar von England in der 966 geschriebenen Hs. Brit. Mus. Cotton. Vesp. A. VIU (Palaeographical society III, pl. 47). Ebenso Herodes im Cod. suppL lat. 641 d. Bibl. nat. zu Paris (Waagen, Kunstwerke i. Paris S. 276; Labarte pl. 90). Etwas abweichend von der gewöhnlichen Tracht die Abb. eines auf einem Felsen stehenden Kriegers im Cod. 855 saec. IX der Stiftsbibliothek zu St. GaUen p. 350 mit eng anliegenden, bis zum Hand- gelenk reichenden Aermeln und einem zweiten Paar weiter faltiger Aermel bis zu den EUcnbogen. Die Tracht findet sich wieder bei den Bildern Cyri und Salomonis in einer Pariser Hs. (Ms. de St. Germain): Bastard VII, pl. 227. Denn die karolingische Kriegertracht fügte zur gewöhnlichen Volkstracht nur Weniges hinzu. Die niedrigen Schuhe wurden ersetzt durch hohe, bis in die Mitte der Waden reichende Stiefel, im Anfang mit, später (in der Bibel von St. Paul und im Stuttgarter Psalter Bibl. fol. 23) ohne die Schnürbänder, über die Tunika ward ein kurzes Lederkoller angelegt, der Kopf war zumeist unbedeckt, das Hauptstück der Bewaffnung bildete der lange Speer und der runde, gewölbte Schild mit mächtigem Buckel in der Mitte (erhalten in einer Reihe von Exemplaren; ich nenne als besonders

Die Porträtdarstellongen Karls des Grossen. 237

lieilen auf das Kostbarste ausgeschmückt und verziert, die 'xinika golddurchwirkt, der Mantel durch eine goldene Haken- t>ange zusammengehalten. „Die Schuhe waren aussen mit Gold ge- ohmückt und mit Edelsteinen besetzt, und hatten drei Ellen lange ■Schnüre, scharlachene Binden umgaben die Beine. Ueber diese und üe scharlachenen kunstreich gestickten Hosen erstreckten sich in k^reuzweiser Windung, innen und aussen, vorn und hinten, jene langen Schnürbänder ^.^ Die andere Tracht bildete das von Byzanz tibernommene prunkende Kaiserkostüm *, ausgezeichnet durch

obarakteristisch Mainz, Centralmuseum 7474, Frankfurt a. M., Historisches

Maseam 8722, Worms, Paulus-Museum 9359, 60, 402, Speyer, Museum 9884.

Abb. im Sakramentar von GeUone Fonds lat. 163: Bastard II, pl. 55,

in der Bibel von St. Paul, Buch Josua und 2. Buch Samuelis: West wo od

I. c. und auf dem Elfenbein im Louvre : Gazette arch^ol. VIII, pl. 20), gewöhnlich auf dem Rtlcken getragen (Ermoldus Nig. III, 597, Pofet. lat.

II, p. 58: Scuta gerunt dorso, manibusque hastilia portant. IV, 135: Huc

egomet acutum humeris ensemque revinctum). Die auserlesene Truppe der

kaiserlichen Leibgarde war ausgezeichnet durch den langem Panzerrock mit

Lederzaddeln und durch die eherne Helmhaube (Abb. mit Ausnahme der

bereits erwähnten in der Vivianusbibel auf dem Bild des psallirenden David,

in der Bibel von St. Paul: Westwood 1. c. und im Cod. aur. zu München,

Cimel. 55. Ganz entsprechend die braune Federzeichnung im Cod. 186

saec. IX der Stiftsbibl. zu St. Gallen, fol. 1', mit bis zu den Ellenbogen

reichenden Aermeln.) Der spitzen Helmhaube bediente sich auch Karl im

Felde: Angilbert, Poöt. lat. I, p. 380, v. 40:

Hanc Carolus princeps gentem fulgentibus armis Fortiter accinctus, galeis cristatus acutis.

*) Einhardi vita Kar. c. 23, SS. II, p. 455: In festivitatibus veste auro texta et calciamentis gemmatis, et fibula aurca sagum adstringente, diademate quoque ex auro et gemmis ornatus incedebat; aliis autem diebus habitus eins parum a communi et plebeio abhorrebat. Thegani vita Hludo- wici imp. c 6, SS. II, p. 591, l. 34: In proxima die dominica ornavit (Karolus) 86 cultn regio, et coronam capiti suo imposuit; incedebat clare decoratus et ornatus, sicut ei decuerat. Mon. Sangall. I, cap. 34, SS. II, p. 746: calciamenta forinsecos aurata, corrigiis tricubitalibus insignita, fasciolae crurales vermi- colatae, et subtus eas tibialia vel coxalia linea, quamvis ex eodem colore, tarnen opere artificiosissimo variata. Super quae et fasciolas in crucis modum, intrinsecus et extrinsecus, ante et retro, longissimae illae corrigiae tendeban- tur. Deinde camisia clizana, post haec balteus spate colligatus. Quae spata primom vagina, secundo corio qualicumque, tertio linteamine candidissimo cera Incidissima roborato ita cingebatur, ut per medium cruciculis cminen- tibus ad peremptionem gentilium duraretur. Dass der Autor hier die kaiser- liche Tracht vor Augen hat, geht hervor aus p. 747, 1. 13: quo habitu vidi capat Francorum (Ludwig den Deutschen).

*) VgL Weiss a. a. 0. II, S. 90 if. Ganz besonders auffallend erscheint in dcH kleinem Nachbildungen die Ueberladung der Stoffe mit Steinen. Schon

238 P. Giemen

die Überladene Pracht, die steifen, schweren Stoffe, den über- breiten, edelsteinbesetzten Saum, von Karl nur zweimal zu Rom angelegt^. Ihr charakteristisches Abzeichen war im Gegensatz zu der tunicella der Franken die longa tunica, das bis zu den Knöcheln reichende Seidengewand und der gleichlange, gesäumte Mantel. Unter Ludwig d. Fr., der nur bei grossen Festlich- keiten in der Hoftracht von Byzanz erschien, wird das heimische Kostüm reicher und reicher*, Lothar ist der erste, der den

bei den frühesten Kaiserbildern (ein Discns von 894: Annal. arch^olog. XXI, 809) sichtbar, erreicht diese Sitte im 10. Jh. den Höhepunkt. (Besonders Cod. graec. 510 der Bibl. nat. zu Paris, Predigten des Gregor yon Nazianz, geschrieben 867—886, fol. 2, 5, 20, 27, 36, 45; Waagen, Kunstwerke and Künstler in Paris S. 202; H. Bordier, Description des peintures contenues dans lesmss. grecsde la Bibl. nat. p. 62; Cod. graec. 189, Psaltereum, fol. 7 und 8, endlich Johannes Chrysostomus, Cod. graec. 79, geschrieben 1080 für Nice- phorus Botoniata, fol. 1 und 2.) Vgl den Deckel des Evangeliars von Besannen: Gori, Thesaurus veterum diptychorum HI, tab. n, p. 9, die Elfenbeintafel zu Cortina: Gori 1. c. HI, tab. XVIII, p. 134, die Hierothck in St. Michaelis de Muriano: Gori III, tab. XIX, p. 137, die Tafel der BibL nat. zu Paris: Annales arch6oL XVETI, p. 197, pl., das Etui de la vraie croix der Sainte Chapelle zu Paris: Annal. arch^ol. V, pl. 6, p. 326, das Tri- ptychon der Bibl. nat. zu Paris: (Arundel society) Digby Wyatt, Notices of sculptnre in Ivory p. 35, das Reliquiar zu Tongres: Cahier, Nouveaux m^langes I, p. 102, das Siegeskreuz des Constantinus Porphjrrogenitus und Komanus zu Limburg: tou Quast und aus^m Weerth, bcspr. Korrespon- denzbl. d. Gesammtver. d. deutschen Alterthumsver. XV, 2; von Quast, Beiträge zur Geschichte der ältesten Arbeiten in Schnitzwerk in Deutschland, in der Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst n, S. 253; Didron, Annales XVII, p. 337, XVIII, p. 42, 124; Mitth. d. hist-arch. Ver. zu Trier II, S. 94.

*) Einhardi vita Kar. c. 23, SS. n, p. 455: Peregrina vero indnmenta, quamvis pulcherrima, respuebat, nee umquam eis indui patiebatur, excepto quod Bomae semel, Adriano pontifice potente, et iterum Leone successore eins supplicante, longa tunica et clamide amictus, calceis quoque Romano more formatis induebatur. Die in St. Peter zu Bom noch heute aufbewahrte Dalmatika Karls d. Gr. ist spätem Ursprungs (vgl. Sulp. Boisser^e, lieber die Kaiserdalmatika in der St. Peterskirche zu Rom; Didron, La dalmatique imperiale, in den Annal. arch6ol. I, p. 152, pl. V; Kirchenachmuck ni, Heft 12, S. 81; H. Janitschek im Repertorium für Kunstwissenschaft X, S. 510); ebenso die Dalmatika Ton St. Denys (Lacroix, Moeurs, usages du mögen äge p. 157, fig. 887) und der Mantel im Schatz zu Metz (Bulletin monumental XIV, p. 409; F. Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder II, S. 292; Dommanget, Bulletin de la sociöt^ de la Moselle VUI, p. 45; Hefner, Trachten und Geräthschaften I, Taf. XXII).

') Thegan nimmt den Mund etwas voll bei der Schilderung Vita Hlnd. imp. c. 19, 88. II, p. 595: Numquam aurco rcsplenduit vcstimento, nisi

Die Porträtdarstellungen Karls des Grosseu. 239

[ig-en, schleppenden Mantel aufnimmt \ unter Karl dem Kahlen i^winnt die byzantinische Tracht, die jetzt ausdrücklich als raecae gloriae, als griechischer Prunk, bezeichnet wird, die olle Herrschaft*, von jetzt an treten alle deutschen Könige

Li.ntuin in sommis festivitatibus, sicat patres eins solebant agere. Tone nihU vk Ulis diebus se indnit praeter camisiam et femoralia nisi com auro texta, ombo aureo, baltheo aureo praecinctus et ense auro fulgente, ocreas aureas 3t clainidem cum auro textam, et coronam auream in capite gestans, et V>actiluin auream in manu tenens. Walafridi Strabi versus de imagihc Tetrici v. 149, Po6t. lat. IT, p. 374; gemmis auroque decorum. Ermoldus Nigellns IV, 375, Po^t. lat. U, p. 68:

Consertam clamidem gemmis seu murice rubre, Aureus in gyro quam quoque limbus arat. 379 Anrea mox gemlnos constrlngunt vincla lacertos, Foemora gemmatus balteus eins obit; Et Caput insigui donatur rite Corona, Perstringuntque pedes anrea plectra snos; Aurea per dorsum respleudent tegmina latum, Ornanturque manus tegmine candidulo. Bass dies Kostüm, welches Ludwig dem Harald verleiht, das fremd - l{lndische sei, wird ausdrückUch bezeugt durch den Gegensatz v. 897 : Cetera namque cohors Francisco more paratur. Es ist dasselbe Kostüm, welches Karl in seiner Metzer Statuette, welches seine Bildnisse in den römischen Mosaiken führen, das nun auch Ludwig in des Rabanus Maurus Werk De laudibus sanctae crucis (Migne, Patrologia LVII, p. 142) trägt die Tunika bis zu den Knieen reichend, mit Gürtel und breitem Saum, der Mantel auf der Schulter geheftet und bis zur Mitte der Unterschenkel herabfaUend (modemisirt im Cod. Mouacens. c. pict. 7. lat. 8201, fol. 38»»).

*) In dem Widmungsbild seines Evangeliars in Paris (Bibl. nat. lat 266) erscheint er in edler Schmucklosigkeit, der lange Mantel noch ohne Saum und Stickerei, wogegen er auf dem Bild des Londoner Psalters- (Bibl. EUis & White) und auf dem Widmungsbild der Handschrift der carmina Wandal- berti in der Vatikana (Cod. bibl. regln. Christin, lat. 438), auf die mich £. Dümmler aufmerksam machte und die Job. Ficker-Rom für mich ZQ nntersQchen die Güte hatte, in dem altfränkischen kurzem Kriegs- mantel erscheint. Ebenso der psallirende David in der Bibel von St. Paul zu Rom und der fränkische Fürst im Metzer Messkanon (Bibl. nat. lat. 1141), endlich König Nabuchodonosor im Cod. lat. 63 der Bibl. nat. zu Paris (Viollet- le-Duc, Dictionnaire du mobilier fran^ais I, p. 110).

^ Annales Fuldenses ad ann. 876, SS. I, p. 389, 1. 33 : Karolus rex de Italia in Galliam rediens, novos et insolitos habitus assumpsisse perhibetur; n&m talari dalmatica indutus, et baltheo desuper accinctus pendente usque ad pedes, nee non capite involuto serico velamine, ac diademate desuper imposito, dominicis festisque diebus ad ecclesiam procedere « olebat. Omnem enim consuetudinem regum Francorum contcmpnens, Graecas glorias optimas

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in der langen und schleppenden Dalmatika und dem bis auf den Boden reichenden Mantel auf, der aber noch nach fränkischer Sitte auf der rechten Schulter geheftet wird. Erscheint die Krone der frühkarolingischen Zeit als einfacher mit Gk)ld und Edelsteinen geschmückter Reif ^, vielleicht in Anlehnung an die eiserne Krone zu Monza^, so hat sie schon auf der spätem

arbitrabatur, et ut inaiorem snae mentis elationem ostenderet, ablato regis nomine, se imperatorem et angnstnm omnium regnm eis mare eonsistcntimn appeUare praecepit. Von den bildlichen Darstellungen des Kaisers in erster Linie das Dedikationsbild der Vivianusbibel und das Dedikationsbild des Psalters zu Paris (Lab arte, Histoire des arts industriels. Album II, pl. 89), bei beiden der überlange, die Füsse fast verhüllende Mantel deutlich erkennt- lich. Im Codex aureus von St. Emmeram (München, Cimel. 55): Cahier et Martin, Nouveaux m61anges d'arch6ologie. Curiosit6s mystßrieuses I, pl. 6, p. 48, durch ein in der Bibel von St. Paul bei Karl dem Dicken wiederholtes Motiv der Mantel über dem linken Knie kokett in die Höhe gezogen. Bis auf die Füsse faUeud bei den Königsdarstellungen in der Bibel von St. Paul : Pharao, Holofemes, Saul, Herodes, Antiochus (West wo od 1. c).

*) Mit diesem Reif geziert ist die Metzer Statuette, sind die Bildnisse Karls zu Rom (die in den verschiedenen Abbildungen oft bis zur Unkennt- lichkeit entstellten Kopfbedeckungen stellen nach der ältesten Wiedergabe bei Alemaunus einen Reif mit gepolsterter Kopfhaube dar), das Bildniss Karls im Cod. Fuldensis der Volksrechte (s. u.), das Ludwigs im Rabanns Maurus.

*) Karl selbst freilich ist nicht mit ihr gekrönt worden, wie die spätem Annalisten woUen, er ist überhaupt nicht zu Pavia gekrönt (so Muratori, Anecdota ex Ambrosianae bibUothecae codicibus II, p. 267; Mabillon, Annales II, p. 227), da im Gegentheil Paulus Diaconus (Historia Laugobardorum VI, 55, SS. rer. Lang. p. 184) berichtet, dass die Thron- erhebung bei den Langobarden nur durch üeberreichung eines Speers gefeiert ward. Die Krone ist nicht, wie B. Simson, Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl d. Gr. I, S. 193 meint, um Jahrhunderte jünger: vgl. Barbier de Montault, Le tr^sor de Monza, im Bulletin monumental 1883, p. 2; Ders., Inveutaires de la basilique royale de Monza, im Bull. mon. 1880, p. 18, 46, 60; J. Lab arte, Recherchcs sur la peinture en ^mail p. 11. Publicirt Muratori, SS. rer. Ital. I, p. 460; Frisi, Memorie storiche di Monza I, pl. VII; du Sommerard, Les arts au moyen &ge. Album, s^r. X, pl. XIV; G. Fontanini, De Corona ferrea c. IV, p. 34; F. Bock, Kleinodien des h. röm. Reiches deutscher Nation, Taf. XXXIII, S. 49, 157—164; B. Grueber, Das Stift des h. Johannes in Monza, Taf. VII, S. 40. Die zwei unter dem Namen Karls gehenden Kronen zu Aachen und Wien sind bekanntlich später entstanden, die zu Wien unter Konrad II., abgebildet V6tault, Charlemagne, pl. in, p. 50; dazu Longp6rier bei V^tault p. 544; J. Labarte, Recherches p. 33; Pottier bei Villemin, Monuments fran^ais in^dits J, 13, II, pl. XIX. Vgl. A. Essen wein, Die Krönungs- insignien im Mittelalter, im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866,

Die PortrStdarstellangen Karls des Grossen. 241

Darstellung Lothars, sicherlich durch den Einfluss des byzan- tinischen Ceremoniells, die Form eines verzierten Eeifen an- genommen, an welchen sich nach beiden Seiten über den Ohren mit Pflanzenomamenten bedeckte Seitenstücke anschliessen \ eine Nachbildung der in Byzanz heimischen Form der Ohrgehänge, wie sie sich zuerst in der Gestalt von Perlschnüren ^, dann als feste Seitenstücke bis in das späte Mittelalter auf allen Kronen byzantinischer Arbeit findend

Nun zeigt unsere Statuette sowohl die früheste Form der Reifenkrone wie den saumlosen kürzern Kriegsmantel und die bis zur Mitte des Oberschenkels reichende tunicella welch letztere beide wir mit vollständiger Sicherheit vor die Zeit Lothars und Karls des Kahlen versetzen konnten. Dies und die völlige Schmucklosigkeit der Figur auch vor der Zerstörung der Oberfläche durch den Brand im Jahre 1871 gibt uns das Recht, die Zahl der für die Namengebung in Betracht kommenden karolingischen Herrscher auf die ersten drei Karolinger einzu-

S. 113, 161; F. Bock, Die deutsche Kaiserkrone, in den Mittheilungen der Centralcommission XIII; Cahier,' Caract^ristiques des Saints I, p. 266; F. Bock, Kleinodien, Taf. I; Lacroix, Le moyen 4ge et la renaissance III. Vie priv^e 6. Die Aachener Krone auf dem Haupt der Büste Karls im Münsterschatz ist 1262 von Richard von Cornwallis geschenkt: Noppius, Aacher Chronick 1632, Th. I, S. 47; 3Ieyer, Aachensche Geschichten I, S. 288, 290. Die Urkunde bei Quix, Codex dipl. Aquensis no. 192. Vgl. F.Bock, Kleinodien, Taf. IX, Fig. 11; Ders., Die deutsche Königskrone im Schatze der ehemaligen Krönungskirche zu Aachen, in den Mittheilungen der Centralcommission IV, S. 65. Vgl. auch A. di Miranda, Richard von ComwaUis und sein Verhältniss zur Krönungsstadt Aachen, in den Annalen d. hist. Ver. f. d. Niederrhein XXXV, S. 65. Ebenso wenig gehen auf Karl zurück die Kronen im Schatz von St. Denys: F^libien, Histoire de Tabbaye royale de Saint-Denys en France, pl. IV und im Schatz von Notre Dame zu Paris: Beaunier et Rathier, Recueil des costumes frangais, pl. 48.

0 Etwas unverständlich zuerst auf den Bildern Lothars im Pariser Evangeliar und Karls des Kahlen in der Vivianusbibel.

») So zuerst bei Justinian auf der bekannten Mosaik in der Tribuna von San Vitale zu Ravenna: Revue arch6olog. VII, p. 351; G. Knight, Ecclesiastical architectur I, pl. 92. Vgl. die weitere Entwicklung der Krone in den Abbildungen bei Weiss a. a. 0. II, S. 92—95.

8) Zuletzt noch bei der heiligen Krone von Ungarn im Kronschatz im Schloss zu Ofen: E. Bonz, Die belüge Krone von Ungarn, in Müv6szi. Ipar. 2, 1887; F. Bock, ReUquien, Taf. XVI, 23. Die Entwicklung der Formen klar zu beobachten in den Kaiserbildern auf byzantinischen Münzen: Revue de la num. Beige, sör. III, tom. II, pL VH— IX, XHI-XV, tom. lU, pl. X— XI.

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242 P. Giemen

schränken, auf Karl d. Gr., Ludwig d. Fr. und Lothar I. in seiner frühesten Regierungszeit.

Die Metzer Reiterfigur ist ein Gusswerk, aus zwei Theilen zusammengesetzt, das benutzte Metall ist nach dem ürtheil von F. Barbedienne eine Mischung von Kupfer und Zinn in der Zusammensetzung der antiken Bronze ^ Recht wohl war die Kunst unter Karl d. Gr. fähig, den Guss einer kleinen Reiterstatue vorzunehmen. Ausser den erhaltenen Werken, der Artischoke*, den Gittern und Thüren im Aachener Münster ^ werden eine Reihe grösserer und kleinerer Erzgüsse und Goldschmiedearbeiten erwähnt, die goldenen und silbernen, ehernen und eisernen Prunkgefässe im Schatz Karls d. Gr.*, die in seinem Testament erwähnten goldenen und silbernen Tischplatten^, die vergoldeten Erzthüren im Palast zu Ingel- heim ^ Und neben der ersten und bedeutendsten Giesshütte des Reiches zu Aachen, der Einhard und Ansegis vorstanden^, und in der ausdrücklich ein weitberühmter Künstler erwähnt wird®, blühte Kunstguss und Goldschmiedearbeit vor Allem zu

0 Bei E. aus*m Weerth a. a. 0. S. 160.

*) Eäntzeler, Der Pinienapfel neben dem Haapteingange der Aachener Münsterkirche, in den Jahrbüchern d. Ver. v. Alterthomsfreonden XXVll, S. 104, Anm., Taf. I; Barbier de Montault im Bulletin monamental XLm, p. 428, fig. 429. Nach E. ans^m Weerth, Konstdenkmäler des christlichen Mittelalters i. d. Rheinlanden, Taf. VIII, Text n, S. 70, 76 erst unter Otto I. gegossen.

*) Mertens in Försters Wiener Banzeitong V; Gailhabaud, Bau- kunst in hält sie noch fttr römischen Ursprungs; Schnaase, Kunstgeschichte m, S. 626; aus'm Weerth, Kunstdenkmäler, Taf. XXXII, 1, 2, 3, 4, 1% 2% 3% 4*, 6, 6»— *, 7, 7»— ^ Text II, S. 71; Bock, Karls des Grossen PfalzkapeUe S. 18, 20, 21, 22.

*) Einhardi vita Kar. c. 26, SS. II, p. 457, 1. 14: Sacromm vasomm ex auro et argeuto . . . tantam copiam procuravit. C. 33, SS. U, p. 462, 1. 10: Ad hanc tertiam totius sununae portionem, quae similiter ut ceterae ex auro et argento constat, adiungi voluit omnia ex aere et ferro aliisque metallis yasa atque utensilia. Mehr noch erwähnt im Chronicon Moissiacense 814, SS. I, p. 310, 1. 42.

^) Einhard c. 33, SS. 11, 462, 23: ... praecipuae magnitadinis et ponderis.

•)Ermoldi Nigelli carm. IV, 188. Nach einer Vermuthung Tom aus'm Weerth in den Jahrb. d. Ver. v. Alterthumsfr. LXXVni, S. 156.

0 Einhards Beiname Beseleel nach 2. Mos. 81, 2 deutet auf seine Fertigkeit in kunstvoller Metallarbeit.

*) Mon. SangaU. I, c. 29, SS. 11, p. 744, L 31 : Erat ibidem alius opifez, in omni opere aeris et vitri cunctis excellentior. Es ist nicht unaiöglich.

Die Portr&tdarsteUimgeii Karls des Grossen. 243

St. Wandrille, wo schon nnter Abt Wido * kunstvolle Aquama- nilien, unter Abt Gervold * während der Regierung Karls d. Gr. eine ganze Fülle yon G^fassen und Reliquienbehältern erwähnt werden, zu Fulda, wo unter Stunni^, sodann unter Rabanus eine Anzahl reich geschmückter Laden und Antependien ent- stand, wo der gerühmte Isanbertus arbeitete^, zu Tours unter

dass dies jener Cuicmnus war, den ein Gedicht des Aedilmlfas so hoch rühmt : Po€t. lat I, p. 590:

Miriicis fratrem liceat memorare loqnellis, Ferrea qni domitans potnit formare metaUa, Diversisque modis sapiens inende snbactnm MaUens in femun peditat stridente Camino Cnicninns hie fnerat genitoris cnra vocatos.

') Gesta abb. FontanelL, SS. II, p. 290, L 36 : nrceos cum aqaamanilibos.

*) Ibidem 11, p. 292, 1. 5, p. 295, 1. 6: aqnamanile et nrcens mirabili opere. 15 46. Ein Antependinm, mit figürlichem Schmnck bedeckt, erwähnt 1. 7: Altare in honore perpetnae yirginis Mariae decoravit tabola llgnea, quam imaginibos argenteis diversis cooperait. Karls Capitnlare de TÜlis forderte in jeder Pfalz das Vorhandensein tüchtiger nnd geschulter Metall- künstler. Passns 45: üt nnnsqnisque index in sno ministerio bonos habeat artifices. Vgl. von Heister, Das Capitularede villis, in der (Westfälischen) Zeitschrift für vaterländische Gesch. nnd Alterthnmsknnde XVII, S. 323—331; Gnärard, Explication du capitnlaire de villis, in den M^moires de Tacad^mie des inscriptions et belles-lettres XXI, I, p. 165. Viele der hier genannten Künstler finden sich in der Lex Salica ed. Merkel XI, 6, in der Lex Alaman- norum ed. Merkel, LL. m, LXXIX, 7, in den Statuten des Adalard von Corbie c. 20, LL, I, p. 179.

*) Vita 8. Stnrmi c. 20, SS. 11, p. 875, 1. 34: Snper sepnlcmm vero beati martyris Bonifacii auro argentoqne compositam statuit arcam, qnam nos solemns requiem appellare; quam nt tunc mos erat pulcro opere condidit ; qnae usqne hodie snper tnmulom ipsins Christi martyris cum altari aureo perseverat Ueber frtlhere Arbeiten vgl. ep. Bonifac. 16, 68; S. Günthner, Gesch. d. litt. Anstalten in Bayern S. 125.

*) Catalogns abbatum Fuldensium, SS. XIII, p. 273: Rhabanus fecit arcam arcae Mosaicae instar cum circulis et vectibus ex omni parte auratam,

propitiatorium, cherubim gloriae, candelabmm dnctile ex toto auratum

fecit et sacrarium, qnod sacris vasis aureis et argenteis mira arte fabricatis pene replicuit. unter arca entweder zu verstehen altare portatile oder tabulatum pone malus sdtare, eine Art Antependinm, oder endlich wie Po6t. lat. n, p. 226 capsa. Vielleicht bezieht sich auf diese arca Poöt. lat. n, p. 219. Versus in tumulo sancti Sergii:

Hanc thecam tibimet, Sergi, sanctissime martjrr, Hrabanns fecit, servulus ipse dei.

Cherubim gloriae neben propitiatorium stehend auch Catal. abbat. Floriacens. L i. Balnzii misceU.: Cherubim gloriae, olumbrantia propitia-

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244 P. Giemen

Alcuin \ zu Köln, wo Hildebald auf Karls Geheiss einen Altar in getriebener Arbeit hatte anfertigen lassen *. Im Gegensatz zu diesen sich häufenden Nachrichten über die Blüthezeit unter den ersten Karolingern hören wir von der Mitte des 9. bis zum Ausgang des 10. Jahrhunderts nichts mehr von Erzarbeiten, einzig und allein in St. Gallen scheint sich eine Tradition auch über diese Zeit hinaus erhalten zu haben *, und erst Ende des 10. Jahrhunderts

torinin super altare ipsias artificiosissimo magisterio expressom. Vgl. Du Gange, Glossarinm med. et inf. latin. (Paris 1845) V, p. 479, 3.

Vita b. Hrabani archlep., Mabillon, Acta SS. ord. s. Bened. VI, p. 3: ecclesiam ex diverso metaUorom pretiosaramqae yestium genere polcra y&iie- tate decoravit. P. 8: Reliqaorom sanctorum ossa in arca, quam ad instar arcae foederis Dei ex ligno fabricatam atque deaaratam cum cherubim condidit. P. 16: Ligneam tumbam auro paravit et argento. Titulum litteris deauratis in circuitu conscripsit. P. 17: turrem lapideam . . . super quam culmen ligneum columnis quattuor sustentatum erigens, auro omavit et argento: intra quod arcam oblongam qaadrangulo schemate factam posnit, quam etiam auro et argento, atque lapidibus ornans, singulorum sanc- torum imaginibus decenter expressis decoravit, versusque quasi ex persona eiusdem arcae prolatos in circuitu conscripsit. Vgl. Fiorillo, Geschichte der zeichnenden Künste in Deutschland I, S. 48.

Versus Hrabani de capsa, quam Isanbertus monachus fecit: „En arca haec". Poet. lat. II, p. 226.

*) Poöt. lat. I, p. 308, LXXXVIIl. In ecclesia sancti Vedasti in pariete scribendum (von Alcuin nach dem Brief Mon. Alcuin., Jaff6, BibL VI, p. 729). Der V. 8 genannte Eado Abt von St. Martin in Tours. V. 5: Cancellos, aras voluit vestire metallis, Vedasti fabricans sacrofagumqne patris. Ebenso 809, III, 8.

') Du Chesne, Histor. Francor. SS. II, p. 691; von Rumohr, Ital. Forschungen I, S. 222 ; Po6t. lat. I, p. 333. Alcuini versus CVII : Hex Oarolns Cbristi magno devotus amore lusserat hanc aram sacris vestire metallis Ad decus ecclesiae propriam sibimetque salutem. Hoc opus antistes rege mandante peregit Hildibaldus ovans Agrippina praesul in urbe. Ebenso CVIII: lusserat hanc arcam pulchris omare metallis

Hildebaldus ovans. ') Ratperti casus s. Galli 854, SS. 11, p. 70, 1. 4: Praeterea Corona argenteis aliisque diversis luminaribus pariter cum multimodis variorum ornamentorum splendoribus ipsam magnopere studuit insignire basilicam. 864, SS. II, p. 71, 1. 7: Collocatum est autem corpus sancti Otmari in ecclesia sancti Galli iuxta altarium sancti lohannis Baptistae .... tumbaque argento et auro sibi parata . . . tumba videlicet et altari plenius decoratis. Ekke- hardi IV. casus s. Galli 887, SS. n, p. 82, 1. 35: Erat munus iUud capsa solide aurea, gemmis regaliter inclita, reliquiis summis referta, in formam

Die Porträtdarstellongen Karls des Grossen. 245

tauchen wieder grössere Erzgttsse zu Mainz, zu Corvey, end- lich zu Hildesheim auf ^ Die gleiche künstlerische Unfertigkeit herrscht nach dem Absterben der karolingischen Renaissance, wie vor ihrer Geburt so dass auch hier die grösste Wahr- scheinlichkeit dafür spricht, dass unsere Statuette unter den ersten Karolingern entstanden sei. Eine grössere Reiterflgur würde die Anfertigung in einer andern als einer der grossen Giesshtttten der Karolinger ausschliessen und das war auf deutschem Boden einzig Aachen die geringe Höhe unserer Figur lässt eine derartige lokale Fixirung nicht zu. Auch mit keinem erhaltenen Werke können wir sie in Verbindung bringen die einzige erhaltene* Sitzflgur des karolingischen Zeitalters, die der Sainte Foy im Schatze zu Conques', mit

capellae creata, cui simile quidem nihil nnquam vidimas. 84, 8: inter de- licias potationom, com mirarentor artificia vasonun, aori argentique, maxlme autem vitreonim. 917, SS. n, p. 88, 1. 28: üt in cantoro quodam, quo Salo- mon ntebator, gemmato gravissimi ponderis aureo. 88, 43 : sarchophagnm iUad magnificum, quod hodie miramar, ex aoro et gemmis electis compegit. Cracem aetiam iUam honorandam sanctae Mariae, Tuotilone nostro anaglifas parante, ex eodem auro et gemmis mirificavit. Altare vero sanctae Mariae et analogiam enangelicum eiasdem fratris nostri artificio in locis congrnis deaurata, Hattonis sui de scriniis vestivit argento, et dyptivit, nt videre est, ex aoro electo. 89, 33: (Hatto) . . mirator opus tan tum tam brevi peractum, miratar et crucem lapidibus christallinis circnmclusum. Mabillon, Iter Qermanicom p. 52, 54 erwähnt in Begensburg einen Tragaltar Arnulfs: parrum altare mobile aureis laminis opertom, quadratae figurae (jetzt in der Schatzkammer zu München befindlich).

*) Der Ton aus^m Weerth genannte Folkardbrunnen in St. Maximin zu Trier gehört freilich entschieden nicht dem 10. Jh. an, sondern entstand erst unter Folkmar IIL nach 1101. A. Wiltheim setzt ihn in seinen Annales San-Maximianae sogar noch in die Zeit des ersten Abts Folkard 814—822. Vgl. F. X. Kraus, Der Brunnen des Folcardus in S. Maximin bei Trier, in den Jahrbüchern des Yer. von Alterthumsfreunden XLIX, S. 94. ') Das Rezept, das Ludwig dem Herold ertheilt, ward wohl nur allzu gut auch in der folgenden Kriegszeit bei karolingischen Schöpfungen befolgt : Ermoldus IV, 445, Poöt. lat. ü, p. 70:

Ferque fabrita focis auri argentique metalla.

Et tibi sive tuis inde paretur bonos. 453 De love fac oUas nigras furvosque lebetes,

Ignem semper ament, auctor ut ipse suus.

Neptuno fabricetur aquae gerulus tibi iure

Urceus, et laticum semper habebit bonos. ') A. Darcel, Tr6sor de Conques, in den Annal. arch^ol. XXI, p. 89 (XVI, p. 77, 277, XX, p. 215, 264, 827), p. 48, pl., p. 113, pl.: Kopf in natür- licher Griisse «••« ^rnüi Die Höhe der Statuette beträgt 85 cm.

246 P. Ckmm

ihrer steifen Haltong nod erstarrteo Gesichtsbildiing« ist weit geringere Arbeit einzig in der Mtakarolingtsdien Kosst steht die Beiterstatoette des Mos^ Camavalet da.

Durch zwei gewichtige Grande ist die Mö^chkeit einer Datirong der Statuette auf die Begienmgszdt Karls d. Gr. mid Ludwigs d. Fr. eingeengt. Die individuellen Züge derselben und ihre starke Ausprägung lässt die Vermuthung, dass wir es nur mit einem Herrschertypus zu thun haben^ nicht ziu stimmen endlich sammtlich nberein mit der Schilderung, die Einhard von Karl d. Gr. gibt, und selbst für den nüchtemstea und kritischsten Blick auflfiallend genug. Der Kaiser überrag das Boss stehend fast um Kopfeslänge, die wohlbeleibte Gestalt^ der gedrechselte runde Kopf mit dem tief herabhängenden weichen

Kinn, insbesondere der charakteristische kurze Stiemacken

und der um den Hals geschlungene Mantel macht dessen gedrungene Kurze nur noch auffalliger erlautem nur das Bild, das Einhard von seinem Helden gibt: apex capitis rotundus, cervix obesa et brerior, venter proiectior : tamen haec ceterorum membrorum celabat aequalitas.

Mit völliger und unanfechtbarer Sicherheit wird es nie festzustellen möglich sein, ob unsere Beiterfigur Karl d. Gr. vorzustellen habe: es spricht nichts dagegen und sehr viel dafür. Mit Gewissheit ist nur zu sagen, dass wir die Portrat- statue eines der ersten Karolinger hier vor Augen haben *. Der ausserordentliche Werth der Figur für die Grescbichte der karo- lingischen Kunst wird dadurch um nichts gemindert.

Die Haltung entspricht am ehesten der der römischen Equesterstatuen : möglich, dass das Beiterbild des Mark Aurel auf dem Kapitol das Vorbild abgegeben*. Das durch Karl von Bavenna nach Aachen entführte Eeiterstandbild des Theodorich ',

') Nur W. Lfibke, Geschichte der deutschen Ennst 8. 45, Anm. 2 spricht ohne Angabe der Gründe die Statuette der karollngischen Zeit ab.

') Vgl. Der Marc Aurel des Kapitels und die Dioscuren des Monte CavaUo, in der Wissenschaftlichen Beilage zur Leipziger Zeitung 1S86, Nr. 61.

') Dass das Beiterbild wie die Marmorbilder und Mosaiken von 8. Vitale (Einhard, Vita Kar. c. 26, SS. ü, p. 457, 1. 9; vgL auch das Schreiben des Papstes Hadrian I. an Karl: Jaff6, Monnm. CaroL Bibl. rer. Germ. IV, p. 268, no. 89) zur Verschönerung der Aachener Pfalzbanten von Bayeima entführt, bezeugt unzweifelhaft Agnellus im Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis, SS. rer. Langobard« et Ital. p. 338, c. 94 : Desuper autem eqina ^ fulvo perfuHus, ascensorque eins Theodoricus rex scutum siniiM

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T*ferd3 in der Pariser Fiew daraif zaruirafThnii tean.

i.ni G-e^nsatz za der rohizen Gaoeart in Pfe^rb. ^^ -rmeäm

gerebat bmneio, desbv rero bncduo enm> '. Tero eqni p&tnlis et tue ToimoKa enlwnt ia tl- i-^ae -i Quis enim Uletn vide/e potoit. ittaiia uIk i* yrü >.£ iter, eam upicist. 338, IT: Et BitiK; p<>iie uaü !^ ?a £sr- .-^ r:z FmenrsK omnia snbingasset regn* M Biiwiwiriini p^rri^i^'^ m Ln-nr HL im« m^>tr- iam, pQBtquun ad eoipas beati Petri wi i ihm iii ii pr»^=r_ iwgtgte- Fnosikm. BaTenna ingresn«, ndeaa paWrhaaai iiMei»^«. (bix KSMtBaa ■»'•'» ut ip»e testalM est, ridii, fn»dam i'^.nwe fcr.i ».-^tk a ni-. «kk izmmtt palatio qni Äquisgraaü Toeaior. l . P. B . r k 3 .'mj-.d-a^st 4. T*t. »jb AlterthiunsfrenDd«n im Rheinlaed« V. i. 1— )7j »-»-»; mm Vti^-tm aa, dass das BaveimaliKbe Bild Bit 4fa n Aa«^>a äarJi Wkl*frij Stnbm enrihntAD ideatuch aei (Teno! ia Afai^znai palaüd edhi inaeiii« Tetrici ed.Damialer, HanpU Zeit^hrift für dtvuri«! AlUfisB Xn. S. 441, Po», lat. n, p. 370. Zaent bmnlxt bei toi TheB*B. Leba des b(ilig«ti Karoli Hagni S. 57 und Lebenf, B«CD«i] de dirm icnu fiaz senii d'^cUircisiie- menB ä lltistoire de Fraitee n, p. 13(. di« die Sunie ftti ein Bild des Tjraimen Telriku bielt«ai, iboen foi^ntd Kejer. Aacben^be Geschichten I, S. 8S aad LadoDcette. AnliqiiitjH d'Aü-la-Chapelle, in den H£moires de Ia vtcititt rojale des antiqnaires de FnuKC xrt, p. so). U. Orimm, Das R«iteTsiaadbild des Tbeodoricb zu Aachen nnd du ü«dicht des WaUfrid darauf nnd G. Dehio, Die angebliche Theodorich.<»tatue in Aachen, io ZnhtM JahrbQcbeni för KoMtwiasenscIiaft V. S. 17« leugnen saf Gnmd einer Ravni- oatiBcbeii Kompilation (bei Uaratorl, SS. rer. IUI. I, i, p. 576: Per biici' tempora, qnibiu Theodorieiu Bei Gothonun regebat in Italia, ip"e f''<'i< constrai egiegia opera maxime in RaTenni, scilicet Ecciesiam Gutliicum . . . et eqaom cnin eqoite aereo-aaratmiL, quem post«a Carolus HngnuR Riivi'iniii abstniit, nt reren« Franciun deportaret, sed in iünere Caroli pcmleii l'ii|''"" remansit; ebenso p. 577) die Identität nnd bebanpten, die StnUin ni'i In PaTia enrflekgeblieben, wo sie bis an das Ende des vorigen Julirbiiriilnrt« unter dem Namen des Begisol gestanden habe. (0. Flamma linl liliilliil, Memorie di Milano VII, p. 188; Similiter et Idolum RegiBoH, 1|ihmI riinilii- Uagnns Papiam detolit. Bogatti, Memorie storico-crillch« liitDrini n 8. Celso Martire c. XIX, p. 133: hoc simnlacrum fabrinari fwlL Hr« Iliillu Theodoricns »pnd Ravennam. Carolus re* Francorum nt Itutnuiinniiii Aiiuiixliin inde enin snstnlit, nt transferret in Franciam. Qualllor t"tii l'a|iln >lii|iiliiin fueiit, diTeree narratur. Weiteres Orimm a. a. 0.) Ui'Kun «Irliiim ■rbni BoiJk in den Jahrbüchern L, 8. 1—52 in einem «welUm Auf«iit«, endllili W. Schmidt, Das EeitersUndbild des ostgotbUcheu KUulgi Tlm.id..rl.ili In BaTenna und Aachen, in Zahns Jahrböchem VI, H. 1 ab».hli..M..ii,l. Mb gnt beseogte Identität des Aachener und BaTtnnati.chen Ulld. (Iwl Abu..II»i,i gegenüber den apitem schlechtem Nachrichten ui

248 P. Giemen

gelassenen Haltung des Reiters in Paris sass Theodorich im flatternden Pelzmantel, der auszeichnenden Tracht der gothischen Magnaten, am linken Arm den Schild, in der Rechten den kurzen Speer schwingend auf einem schnaubenden Thier mit geschwell- ten Nüstern, das Walafrid Strabus mit dem anstürmenden Boss im Buch Hieb vergleicht ^ zügellos, über Steine und Erz sprengend, von einer zweiten Figur aus dunkler Bronze geleitet. Wohl aber ist das Reiterbild des Theodorich erst jüngst in Zusammenhang gebracht worden mit einem der Elfenbeinreliefs an dem von Heinrich n. gestifteten Ambo im Münster zu Aachen *, so zwar, dass die Ravennatische Reiterstatue als das direkte Vorbild für die am Ambo befindliche Reiterfigur angesprochen worden ist. Diese Vermuthung K. Friedrichs^ bekämpfen E. aus'm Weerth* und Ed. Dobbert^: es widerspricht ihr vor Allem die gesenkte Lanze des Reiters. Wenn wir nach einem Vorbild des Reliefs suchen wollen, so finden wir dies am ehesten in

recht zu erhalten. Ein Holzschnitt des Regisol zu Pavia (in J. Gualla, Papie sanctuarium ; Schmidt a. a. 0. S. 25) stimmt nicht mit der Beschreibung^ des Aguellus überein. Ich halte daran fest, dass das Ravennatische Bild thatsächlich über die Alpen geführt und zu Aachen aufgesteUt worden, wo es vermuthlich schon 881 bei dem Normanneneinfall zu Grunde gegangen ist. Doch lebt es wahrscheinlich noch fort in der Wilkunasage (von der Hagen, Nordische Heldenromane. Wilkuna-Sage HI, S. 161; vgl. auch Müllenhoff in Haupts Zeitschrift XII, S. 319). Zu Walafrid s. Ebert, Die Litt. d. Abendlandes II, S. 146; Ders., Zur Lebensgeschichte Wal. Strab., in den Sitzungsberichten d. kgl. sächs. Akad. d. Wiss. 1878, S. 100. Vgl. Abel-Simson, Jahrbücher d. fränk. Reiches unter Karl d. Gr. II, S. 253, Anm. 4; Simsen, Jahrbücher unter Ludwig d. Fr. I, S. 320, Anm. 8.

*) Hiob 39, V. 21—24. Es strampfet auf den Boden und ist freudig mit Kraft und ziehet aus den Geharnischten entgegen. Es zittert und tobet und scharret die Erde und achtet nicht der Trompeten HaU.

*) Abbildungen: Bock, Karls Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze I, S. 72, 73; aus'm Weerth, Kunstdenkmäler 11, S. 83—89, Taf. XXXU, 3, 3*, 4—9; Bock, Kleinodien des h. röm. Reiches, Anhang S. 42; Rohault de Fleury, La messe III, pl. 188; E. Förster, Denkmale deutscher Kunst I. Bildnerei, Taf. 2. Abgüsse von M. Fischer- Aachen. Gute Nachbildung im Centralmuseum in Mainz.

') K. Friedrich, Die Elfenbeinreliefs an der Kanzel des Domes zu Aachen. Eine Nachbildung der Theodorichsstatue in Ravenna und Aachen.

*) E. aus'm Weerth in den Jahrbüchern d. V. von Alterthumsfreundcn LXXVin, S. 159; Die Elfenbeinreliefs an der Kanzel im Münster zu Aachen, in der Wartburg XII, Nr. 6, 8, 12, XIII, Nr. 3, bespr. Repertorium X, S. 197.

^) Ed. Dobbert, Zur Geschichte der Elfenbeinskulptur, im Repertoriam Vm, S. 162.

Die Porträtdarstellangen Karls des Grossen. 249

altern Elfenbeinarbeiten, wie dem Diptychon des Konstantins im Museo Barbarini K In dem Reiter des Ambe nun sieht aus*m Weerth ^ wie in der das Gegenstück bildenden stehenden Figur eine Darstellung Karls, hier in der friedlichen Beschäftigung als Waidmann, zu Boss, jagend, dort in der kriegerischen als TJeberwinder der Feinde, durch den niedergetretenen Vogel symboUsirt.

Noch ist keine Einheit in der Deutung der sechs Reliefs erzielt. Hatte man zuerst alle Arbeiten als gleichzeitig ange- sehen und sie in die spätrömische ', karolingische oder die Zeit Heinrichs 11.* zu versetzen gesucht, so unterliegt es heute keinem Zweifel mehr, dass die drei technisch und stilistisch vollendetsten Reliefs, die beiden Bacchusfiguren und die Isis*,

*) Gori, Thesaurus veterum diptychorum II, pl. L, p. 163. Bezeichnend besonders die Wendung des Pferdekopfs. So schon aus^m Weerth in der Wartburg XII, S. 166, Auhl 2 und Dobbert a. a. 0. S. 176.

*) E. au3*m Weerth in der Wartburg XII, a. a. 0., nachdem er früher (Kunstdenkmäler II, S. 88) im Reiter Heinrich n., in der stehenden Figur St. Michael zu sehen geglaubt und Jahrbücher LXXVin, S. 159 zunächst nur den Reiter als eine Darstellung Karls angesehen hatte. So auch Weingärtner im Deutschen Museum 1852, Nr. 52. Friedrich a. a. 0. sieht in dem Reiter den Ostgothen Theodorich, in dem stehenden Herrscher Julianus Apostata. Dagegen Wartburg XII, S. 170. Auch nicht als Karl zu fassen, den die Aachener Quellen bewachenden Drachen tödtcnd (Mon. Sangall. II, 14 für Pippin. Die Sage lebt in Aachen fort: 1375 wird das Karlsbad geschlossen, weil ein in ihm weilendes Gespenst zwei Menschen ertränkt: Meyer, Aachensche Geschichten I, S. 344; C. P. Bock in den Jahrbüchern d. Ver. von Alterthumsfreunden L, S. 12, Anm. 8).

*) Labarte, Histoire des arts industriels I, p. 194. Vgl. H. Ott es Besprechung in Zahns Jahrbüchern für Kunstwissenschaft m, S. 294. R. Garrucci, Ivoires A sujets profanes dans T^glise d*Aix-la-Chapelle, in den M61anges d'arch^ologie IV, p. 282, pl. XXXIV, 1, 2.

*) So früher aus*m Weerth, Kunstdenkmäler II, S. 84, die Reliefs als Darstellungen von sechs Hauptsünden fassend (vgl. auch P. St. Käntzeler, Histoire des reliques d'Aix-la-ChapcUe p. 54) K. Friedrich a. a. 0. Für beide war maßgebend die Widmungsinschrift in Iconinischen Versen am obern und untern Rand des Ambo, die jedoch nur auf die Zusammenfügung der alten Stücke weist:

Hoc opus ambonis auro gemmisque micantis Rex pius Henricus, celestis honoris anhelus, Dapsilis ex proprio tibi dat, sanctissima virgo. Quo prece summa tua sibi merces fiat usia.

*) Für Isis zuerst L. L er seh, Isis und ihr heiliges Schiff, in den Jahr- büchern d. Ver. von Alterthumsfreunden IX, 8. 100, X, S. 80, Tat VII; Garrucci 1. c.

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als gute spätrömische Schöpfungen \ der Nereidenzug als wenig- spätere stümperhafte und barbarische Arbeit*, und die beiden letzten als entstanden in der Zeit des 7. und 8. Jahrhunderts anzusehen sind. Auf diese Periode weisen die Kostüme der dargestellten Personen, die ganz sicher nicht karolin^iscli sind*. An eine religiöse Deutung zu denken, wie sie von Förster, Lersch, aus'm Weerth versucht worden, erscheint schwer möglich * und als erster Schritt zu der Annahme einer Portrat- darstellung Karls wäre der Beweis nöthig, dass die beiden Reliefs überhaupt karolingischer Kunstübung den Ursprung verdankten. Dagegen spricht aber nicht niu», wie erwähnt, die Art des Kostüms, sondern auch der Umstand, dass keine einzige der allgemein als karolingisch anerkannten Elfenbeinarbeiten stilistisch irgendwie mit den Kanzelreliefs übereinstimmt.

Auch äussere Gründe sprechen dagegen. Die Reliefs waren wahrscheinlich schon in vorkarolingischer Zeit vereinigt zum Schmuck eines Thronsessels *, derart, dass sie mit den innem, abge-

*) Den spätrömJschen ürsprmig machen besonders einige stilistische Merkmale deutUch, die aUerdings nicht an den schlechten Abbildungen, son- dern nur an den Originalen oder den Nachbildungen in Mainz zu studiren sind. Vor Allem die weiche, glatte Behandlung des Nackten, ohne jede Angabe von Flächen, mit den weiblichen, überquellenden Formen in Hüften und Weichen, dann die Zeichnung der Gesichter, besonders der Augen und des Munds, die wulstige Modefrisur, die durchaus den spätrömischen Schul- typus zeigt (zum Vergleich bes. der Kopf der Daphne in dem Ravennatischen Elfenbeinrelief heranzuziehen: K. Dilthey in den Jahrbüchern d. Ver. v, Alterthumsfreunden L, S. 49, Taf. 11), dann insbesondere das Motiv des übergeschlagenen Beins bei den Bacchusfiguren mit der dadurch stark betonten Hüfte (vgl. das antike Elfenbeinrelief zu Trier in den Jahrbüchern d. Ver. V. Alterthumsfreunden LX, S. 99, Taf. III; Overbeck, Kunst- mythologie. Apollon. Atlas, Taf. XXVI, 15 und das Diptychon Quirinianum: Gori, Thesaurus IV, tab. XVH, Fr. Wieseler, Das Diptychon Quirinianum, Taf. I, n. Vgl. Wiesel er in Schneidewins Philologus VI, 2, S. 383).

") Vgl. auch Jahrbücher d. Ver. v. Alterthumsfreunden XI, Taf. V, Fig. 2.

") Die Panzerung und Zaddeltracht ist auf keinem einzigen karolingischeu Denkmal nachzuweisen. Die DarsteUungen der kaiserlichen Leibgarde (ViviaDUS- bibel, Lotharevangeliar, Bibel von St. Paul) zeigen noch grosse Verschieden- heiten. Vgl. auch Weiss, Kostümkunde II, S. 53.

*) Dagegen auch Ed. Dobbert a. a. 0. S. 175.

») E. aus'm Weerth in der Wartburg XIU, S. 26; Artikel „Elfen- bein** in Kraus, Eealencyclopädie I, S. 401. Weingärtner in den Mit- theilungen der Centralcommission V, S. 122 nahm schon an, die Aushöhlung der Eückseite lasse eine Säule vermuthen.

Die PorträtdarsteUangen Karls des Grossen. 251

rundeten Flächen an dessen Pfosten angeheftet waren, wie dies der Elfenbeinstuhl des Bischofs Maxirain zu Ravenna, die Cathedra Petri in Rom, die Cathedra des h. Markus im Domschatz zu Venedig zeigen. Wie die beiden Bacchusfiguren, die Isis und die sicher dazu gehörige Bacchantin im Museum Clany^ einander entsprachen, so wurden ftir den besondern Zweck noch zwei weitere sich entsprechende Tafeln angefertigt. An einem Sessel Karls d. Gr. des Kaisers Bild anzunehmen^ ist an sich unwahrscheinlich, noch unwahrscheinlicher, es an unter- geordneter Stelle in Gesellschaft von römischen Göttern lu denken.

Ebenso wenig wie auf der Kamee vom Deckel des Adacodex zu Trier* und auf dem Numisma Caroli im Schatz zu Corbie^ ist auf dem Elfenbeinrelief der Heinrichskanzel zu Aachen eine Porträtdarstellung des Kaisers anzunehmen.

2. Die Bildnisse in den Handschriften der Leges Barbarorum.

Eine ganze Reihe von Porträts Karls in Verbindung mit den Bildnissen anderer Herrscher bietet die kunstgeschichtlich bisher noch unbeachtete Gruppe der Handschriften der Volks- rechte, über die unten im Exkurs ausfuhrlich gehandelt werden soll. Nächst dem Bildniss des Kaisers als patricius in einer ver- lorenen und zeitlich nicht näher zu bestimmenden Pariser Hand- schrift, das ihn mit kurzem, doppelspitzigem Bart darstellt, eine Reifenkrone im Haar, das Gewand wie üblich mit einer Spange geheftet ist das älteste das im Cod. 2 der Kloster- bibliothek von St. Paul in Käinthen. Karl erscheint hier in der Volkstracht, in riemenumwundenen Beinlingen, kurzer Tunika

^) Catalogue du mus^e Clany no. 1082, p. 75. Gute Abbiidaug bei Lacroix et Ser6, Le moyen ftge et la renaissance V, pl. II, Bcnlpture; du Sommerard, Les arts au moyen &ge. Albam, chap. XI, pl. 1, Text I, p. 405.

*) So Martene et Durand (Voyage litt6raire de deux b6u6dictins p. 290, Magasin pittoresque 1845, p. 297) and Eckhart (Conunentarii de rebus Franciae orientalis^ I, p. 597). Seit A. Mongez (bei Visconti^ Icono- graphle Bomaine II, p. 217) ist der Irrthum beseitigt. Abbildung: L. Palustre et Barbier de Montault, Le tr6sor de Tröves, pl. XXVI, XXVU, p. 53; Hettner: Die Trierer Ada-Handschrift, Taf. n, S. 116 ff.

•) Riant, Exuviae sacrae Constantinopolitanae I, p. CV, CX, CXI.

und kurzem Mantel, mit dickem, rundein Kopf, kurzen ZTaAreo. grossen Augen, leicht angedeutetem Schnni-rbart, in der Tjinketi einen Stab haltend, mit der Becht«n nach dem zweiten Bogen

Modena, Archiv des Domkapitels, Cod. Ord. 1. 2. hinweisend, unter dem seine Gemahlin erscheint, in laogeni,

Die Porträtdarstellnngen Karls des Grossen. 253

faltenlosem Gewand, mit einem Diadem geschmückt, die Hände mit einer Bewegung des Erstaunens halb erhoben. Die Porträts des Kaisers im Cod. lat. 9654 der Nationalbibliothek zu Paris und im Cod. Add. of Ayscough 5411 des Britischen Museums zeigen wie die zuerst erwähnte Pariser Handschrift schon das spätere Darstellungsschema. In der Pariser Hand- schrift sitzt Karl auf erhöhtem Kissenthron in langer Tunika und langem Mantel, in steifer Haltung, in der Linken das Scepter, die Rechte leicht erhoben, der kleine Kopf unter der dreieckigen Krone mit starkem Schnurrbart geziert. Die Londoner Handschrift setzt dem in der gleichen Haltung thronenden Kaiser noch zwei Waffenträger zur Seite, den einen mit Schild und Lanze, den andern mit dem Schwert.

In den Jahren 829 832 ward in der Schreibstube zu Fulda von den kunstfertigen Händen des Lupus eine grosse Sammlung der Volksrechte mit Bildern verziert. Das Bild Karls ist er- halten in den beiden Kopien, im Cod. Ord. 1. 2 des Domkapitel- Archivs zu Modena und im Cod. 84 der herzoglichen Bibliothek zu Gotha. In der Modeneser Handschrift sitzt Karl nach rechts gewendet auf erhabenem Thron, die Linke auf das hohe Scepter gestützt, in riemenumwundenen Beinlingen und kurzer, eng- anliegender Tunika von der Farbe der reifen Pomeranzen mit schmutzig grünem Saum; das Haupt trägt eine auf beiden Seiten herabfallende Binde, von einem Kronreif umwunden. Zur Rechten sitzt Pippin auf einem niedrigem Thronsessel, die Füsse verschränkt, in der Linken den Stab, die Rechte mit einer achselzuckenden Bewegung, halb geöffnet, seitwärts streckend, während Karl mit der erhobenen Rechten ihm etwas ausein- anderzusetzen scheint ein feines, gutempfundenes Motiv, das sicher auf Lupus zurückgeht. Unter beiden der Schreiber, den Kopf nach oben gewandt, auf das Diktat wartend. Karl hat ein etwas längliches Gesicht, der Schnurrbart ist durch starke Striche angegeben, das Kinn ist dunkel gefärbt, was ebenso wohl den Schatten wie den Bart andeuten kann. Genauer ist die Kopie nach dem Vorbild des Lupus in der Gothaer Handschrift : Karl erscheint hier unbärtig mit rundem, von einer Reifenkrone geschmücktem Kopf. Auf Blatt 2 ^ fügte der Abschreiber noch ein zweites Bild des Kaisers hinzu: Unter einem säulenge- tragenen Bogen thront auf einem Faltestuhl, die Kniee ausein- andergebogen, die Rechte mit dem Gesetzbuch fest auf den

254 P. Giemen

Schenkel gestemmt, in der Linken das lange Scepter haltend, Kaiser Karl d. Gr., in langer Tunika und langem, reich verziertem, auf der rechten Schulter geheftetem Mantel, zur Rechten und zur Linken je ein Geistlicher mit einem Buch in der Linken. Karl trägt eine einfache Reifenkrone, das mit Sorgfalt gezeich- nete Gesicht zeigt einen am Kinn etwas eingezogenen dünnen Vollbart, unter der breiten Nase einen breiten Schnurrbart.

Wir fassen noch einmal zusammen, was sich für die Ikonor graphie Karls aus den Illustrationen der Rechtshandschriften ergibt.

Die ältesten Darstellungen, die zu St. Paul und zu Fulda, wie wenigstens die Kopie zu Gotha mit Sicherheit ausweist, zeigen das authentische Porträt des grossen Kaisers, den runden Kopf mit dem glatten Kinn und dem Schnurrbart. Freilich ist es nichts weiter als die allgemeinste und äusserlichste Vor- stellung, die diese Bilder wiedergeben. Der Zeichner des lango- bardischen Codex in dem Kämthner Kloster wusste wohl, dass zu Karls Eigenthümlichkeiten ein runder, dicker Kopf gehörte, dass seine Oberlippe ein Schnurrbart zierte das getraute er sich auch anzudeuten. Ganze Reihen von Porträts hintereinander reizen aber mehr als jede Einzeldarstellung zum Schematisiren. Unter dem Einfluss der überlieferten Porträts der bärtigen f Langobardenherrscher that man bald auch dem authentischen Bildniss Karls Gewalt an: schon in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts taucht, zuerst in der Pariser Handschrift, der Kaiser mit einem langen Vollbart auf. Der Bilderkreis der Leges Barbarorum hat uns aber bereits in eine Zeit geführt, in der, parallel der Entwicklung der karolingischen Sage, die Vor- stellung von Karl d. Gr. einer durchgreifenden Aenderung unter- zogen ward.

Exkurs. Der Bilderschmuck der Leges Barbarorum.

Schon früh wurden die im ganzen Umfang des karolingischen Reichs geltenden einzelnen Volksrechte in umfangreiche Sammel- bände vereinigt, die bei dem hohen Werth, welche eine solche Handschrift für den Besitzer hatte, auch eine der Vornehmheit des Inhalts angemessene Ausschmückung erhielten. Zu der glänzenden, sorgsamen Schrift traten reicher Initialenschmuck,

i

Die Porträtdarstellimgen Karls des Grossen. 255

endlich grosse Vollbilder, welche die einzelnen Gesetzgeber klarzustellen die Aufgabe hatten. Und nicht nur in steifen, feierlichen Repräsentationsbildem, auf dem Thron sitzend, umgeben ^on den Hofbeamten, sondern auch, was wir bei keinem der Dedikationsbilder in karolingischen Prachthandschriften finden, in lebhafter Handlung, stark bewegt, meist zu einzelnen Gruppen zusammengestellt. So haben wir hier nicht nur eine Reihe authentischer Porträts und Trachtenbilder vor uns, sondern zugleich die Anfänge einer durchaus profanen nationalen Malerei. Bei all ihrer technischen Vollkommenheit hat die deutsche Kunst im ganzen 9. und 10. Jahrhundert keine Bewältigung eines ähnlichen profanen Stoflfs aufzuweisen, und erst Ende des 10. Jahrhunderts zeigt die westgothische Miniaturmalerei in den beiden Prunkstücken des Escurial, im Codex Erailianus^ und Codex Vigilanus*, ein inhaltlich gleiches Werk in den Dar- stellungen der westgothischen Könige und den Schilderungen des Toletanischen Konzils. Profan wie der Stoflf war in den meisten Fällen auch der Ursprung : die Handschriften wurden zum grossen Theil nicht in den Mittelpunkten karolingischer Hofkunst, in den schreibgewandten Klosterschulen Deutschlands und Frank- reichs gefertigt, sondern allenthalben und wohl auch von ungeübten Laienhänden abgeschrieben und kopirt: daher die Rohheit der Wiedergabe, die den Provinzialkünstler verräth. Dem entsprechend herrscht auch die charakteristische Technik der Provinzialkunst, die Federzeichnung.

Nur mit Initialen geschmückt sind Cod. 730 der Stadt- bibliothek von St. Gallen^, der Cod. der Staatsbibliothek zu

^) Ans San MiUas de la Coijolla, geschrieben zwischen 992 und 1080. Neues Archiv VI, S. 225. Jetzt D. I, 1. Vgl. Cotejos hechos en la libreria de Escorial para rectificar la cronologia de Espana, in den Memorias de la real academia de la historia 11, p. 554.

«) Von Vigila mit seinem Genossen Sarracinus und seinem Schüler (>arsea zwischen 976 und 1014 im Kloster sancti Martini zu Albelda geschrieben. Archiv VIII, S. 184; Neues Archiv VI, S. 288. Vgl. Je »6 Amador de los Rios, Las cantigas del rcy Sabio. Ensayo artistico- arqueolögico I. Abbild, bei Jos6 Fernandez Montana, El codico Albel- dense 6 Vigilano in museo espanol de antiguödades III, 4, 18, 509. Mit 2 Tafeln.

«) Archiv IV, S. 371, V, S. 327, VI, S. 481, VII, S. 766. Proben: Baudi a Vesme, Edicta regum Langobardorum (Monum. bist, patr.) p. XVI.

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München^, Cod. 188 des Domkapitel- Archivs zu Vercelli* und Cod. 33 des Domkapitel- Archivs zu Ivrea *. Von den mit Bildern versehenen Handschriften ist an der Spitze zu nennen ein ver- schollener Codex, aus welchem Paulus Petavius und nach ihm Chiflet^, Mabillon^, Freher^, Montfaucon^, Eckhart® eine der Miniaturen veröffentlichten. Sie stellt Karl d. Gr. als patricius dar, sitzend auf lehnenlosem Kissenthron, die Beine gespreizt, die Linke auf den Oberschenkel gestützt, mit der Rechten den Mantel erhebend, umgeben von zwei Beamten, die in lebhafter Gestiku- lation auf den König einreden.

Den Schmuck des Cod. 2 der Klosterbibliothek von St. Paul in Kärnthen ® aus dem Besitz des Raths Kruft in die Stifts- bibliothek von St. Blasien im Schwarzwald, nach der Säkulari- sation nach St. Paul gelangt, geschrieben zwischen 817 und 823 bilden zwei Darstellungen auf Blatt 1*" und 2*, deren Kennt- niss ich Ernst Dümmler verdanke ^^ Unter zwei auf Säulen ruhenden, mit Flechtwerk gefüllten Bogen sind auf dem ersten Blatt zwei Figuren dargestellt, zur Linken ein Mann, auf einen

*) Archiv XI, S. 554. Derselbe, den Cahier, Nouveaux m^langes d^arch^ologie. Biblioth^qaes p. 127 als in Ingolstadt befindlich envähnt, wohin er aus dem Besitz des Archivars Gervold gekommen (1621).

*) Archiv IV, S. 371, V, S. 230; Andres, Lettera sopra alconi codicl deUe biblioteche capitolari di Novara e VerceUi p. 99.

*) Archiv XI, S. 533; A. Peyron, Notizia deU' archivio del rev. capitolo d* Jvrea p. 20; Memorie delle r. acad. della scienze di Torino, 86r. II, tom. Vm, p. 129.

*) J. Chifflet, Anastasis Childerici p. 130.

*) Mab i Hon, Annales II, p. 228; De re diplom. Suppl. p. 40.

") Fr eher, Antiquitates Palatinae.

^ Montfaucon, Monuments de la monarchie frangalse I, pL 21, no. 5.

*) Eckhart, Commentarii de rebus Franciae orientalis I, p. 628. Danach auch H. de Yielcastel 1. c. I, no. 35.

•) Pardessus, Loi Salique LXIY, no. 59; P. de Chigniac, Avis au public p. 20, Okt. 1778; Affiches, annonces et avis divers, 1780, April 5, p. 56; Hamburger Correspondent 1779, März 2, BeiL 35; Tttrk, Forschungen auf dem Gebiete der Geschichte HI, S. 162; Haenel, Lex Komana Visigo- thorum LXXVIII; Mon. Germ. LL. I, XXII, tab. II, no. 1; Archiv UI, S. 77, 174, 623, IV, S. 225, V, S. 219, VII, S. 748, 751, 763, XI, S. 574; P. A. Budik, Die Stiftsbibliothek von St. Paul, im Serapeum Xn, S. 104; Wiener Kirchenzeitung 1857, Nr. 2, 4, 7; A. Boret ins. Die Capitularien im Langobardenreiche S. 29.

*®) Eine farbige Nachbildung von Prof. Scheuchenberger befindet sich im Archiv der Monumenta Germaniae. Vgl. Abbildung S. 233.

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 257

Stab gestützt, mit der Rechten nach dem zweiten Bogen hinüber- ^weisend, unter dem eine etwas kleinere Frauengestalt steht. Das Bild stellt, wie schon Pertz nachgewiesen ^, Karl und seine Gemahlin dar. Die Zeichnung ist grob mit schwarzbrauner Farbe ausgeführt und grell mit gelben und rothen Tönen kolorirt. In der Zeichnung des Faltenwurfs hat der Künstler ziemlich Alles miss verstanden. Bilder und Ornamente weisen auf einen langobardischen Künstler, der, wie das Flechtwerk der Bogen- füUung beweist, stark unter irischem Einfluss stand; die eigen- thümliche Verzierungsweise zumal des 2. Blatts, das unter einem von Flechtwerk geflillten Rundbogen ein grosses orna- mentenüberwuchertes Kreuz zeigt, findet eine Analogie in zwei langobardischen Handschriften zu Paris, Cod. lat. 213 und 216 der Nationalbibliothek*; die Verwendung desselben Motivs findet sich gleichzeitig in Cod. Cotton. Claudius A. HI des Britischen Museums ^ in Cod. lat. Q. 5. 7 der Bibliothek zu Valenciennes * und in Cod. lat. 738 der Nationalbibliothek zu Paris ^ Mit den künstlerischen Merkmalen stimmen überein die paläogra-

») Pertz, Archiv HI, S. 78, 623.

*) Die Fttsse der Säulen zeigen denselben Aufbau, die Fleehtwerkfüllung ist die gleiche in gelben, rothen, grünen Tönen auf schwarzem Grund. Bastard, Peintures et omements II, pl. 6.'), 66, 67. Vgl. auch die langobard. Canonessammlung 3836 anc. fonds lat.: Bastard II, pl. 62—64. Die ganze Klasse dieser langobardischen Handschriften gleicht in der Vorliebe für Flechtwerk und starke gelbe und rothe Töne einer Gruppe gleichzeitiger und älterer merowingisch-karolingiseher Handschriften, vertreten durch den Cod. suppl. lat. 695 Paris, Hieron. chron.; Cod. lat. 2706 Paris, Comment. August. (Bastard I, pl. 14, 15); Cod. lat. 423 Laon, Isidorus de natura rerum (ed. Fleury, Les manuscrits ä miniatures de la bibl. de Laon, pl. 3); Cod. suppl. lat. 626 Paris, Dioscorides (Bastard II, pl. 39, 40—44). Die mit Fiechtwerk überzogenen Rundbogen finden sich übrigens auch schon in der Ende des 7. Jh. entstandenen Hs. der Regula pastoralis Gregorii, die die Anfänge der merowingischen Kursive zeigt, im Domkapitel-Archiv zu Ivrea, ähnlich im Gregor der Bibliothek zu Cambrai und in den beiden aus Petaus Besitz nach Rom gelangten Sakraraentaren, Vaticana, Cod. regln. Christin. 316 und 317. (Vgl. L. Delisle, Memoire sur d'anciens sacramentaires, in M6m. de Tacad. des inscriptions XXXII, p. 66. Proben bei Muratori, Liturgia Romana I, p. 51; Nouveau trait6 de diplomatique III, p. 67, pl. 36.)

^ J. Taliban, Les biblioth^ques espagnoles du haut moyen äge, bei Cahier, Nouveaux m^langes. Biblioth^ues p. 217, 252. Danach bei £. Frantz, Gesch. der christl. Malerei, Taf. zu S. 337.

*) Archiv XI, S. 518.

'^) Bastard 1. c. I, pl. 27—29.

17

258 P. Giemen

phischen Anzeichen und die Zusammensetzung des Textes \ di*^ auf das nördliche Italien weisen.

Dem Anfang des 9. Jahrhunderts entstammt noch Cod. bibl. nat. lat. 4404 zu Paris * mit reichem Schmuck, die Anfange von Bogen umspannt, die nach Art der Canonesbogen mit Löwenköpfen, Blumen, Pfauen und allerlei andern Vögeln ver- ziert sind. Neben einer zwei Seiten füllenden Darstellung des Theodosius und römischer Juristen enthält die Handschrift ein grosses Gruppenbild: Lodhanri rex dux alamannorum, mit einem Bischof, einem Herzog und einem Grafen. Mehr hat der Künstler auf seinem beschränkten Raum nicht untergebracht: „cetere vulgo multitudo magna, hos lege tu, lector", hat er dazuge- schrieben. Ein Bild Karls aus dem Beginn des 10. Jahrhunderte enthält dagegen Cod. lat. 9654 der Nationalbibliothek*, waJir- scheinlich aus der Kirche St. Vincent zu Metz stammend, von wo er in das CoUegium Claromontanum der Jesuiten zu Paris gelangte. Das Bild des thronenden Karl auf Blatt 1** ist nach einer gütigen Mittheilung von Leopold Delisle identisch mit der von Baluze* und Montfaucon* gegebenen Abbildung.

Eine Handsclirift der Leges Langobardorum im Britischen Museum (Add. of Ayscough 5411) gehört bereits dem 11. Jahr- hundert an: eine grosse Zeichnung auf Blatt 116 fährt den thro- nenden Karl vor, das Scepter in der Linken, die Rechte erhoben, ihm zur Seite die königlichen Waifenträger, unbedeckten Hauptes *.

Aus dem 12. Jahrhundert endlich stammt die Handschrift der Lex Alamannorum in Wien (Cod. lat. 288)^; aber der auf Blatt 1 dargestellte König will schwerlich noch als Porträt gelten,

*) Es hat eine Anzahl ansschliesslich ital. Kapitularien Aufnahme gefunden, darunter, wie Baudi a Vesrae p. 444 nachweist, selbst Verord- nungen Liutprands. Boret ins a. a. 0. S. 30, 187.

*) Pertz, Die Handschriften der Lex Salica, im Archiv HI, S. 733.

») Archiv XI, S. 589; Pardessus, Lei Salique XXVI, no. 23; Mon. Germ. LL. I, p. XXXI, 268.

*) Baluze, Capitularia regum Francorum 1677, II, 207.

*) Montfaucon, Monuments I, pl. XXI, &g, 1, p. 273. Beide ohne Angabe, woher entnommen. Danach L*ünivers. Le Bas, Allemagne, pL 38. Keine der Abbildungen gibt aber die geistreich entworfene Umrahmung mit dem flott gezeichneten Vorhang wieder.

«) Archiv VII, S. 799. Identisch mit der Archiv V, S. 295 beschriebenen ehemals Venetianer Handschrift.

0 Archiv III, S. 505.

Die Porträtdarstellnngen Karls des Grossen. 259

sondern nur als Herrschertypus, in gleicher Weise wie die Ein- fassung die Brustbilder der Vertreter der weltlichen und geist- lichen Stände enthält.

Von grösserer Wichtigkeit sind nun zwei Paare von Hand- schriften, um die Wende des ersten Jahrtausends entstanden, die beide in ihrem Bilderschrauck auf die karolingische Zeit theilweise zurückgehen, zugleich die am reichsten illustrirten der ganzen Gruppe.

Das erste Paar wird vertreten durch die Handschrift des Klosters Trinitä della Cava im Fürstenthum Salerno und Cod. D. 117 der königl. Bibliothek zu Madrid. Die zuletztgenannte Handschrift^, deren letzte Quaternionen sich im Cod. F. IV. 75 der Bibliothek Chigi zu Rom ^ finden, enthält 4 grössere Bilder. Zunächst das des Königs Rotharis, das ausführlichste von allen. Unter einem grossen Bogen thront, nach vorn gewendet, der König, mit der Krone geschmückt, neben ihm zwei geflügelte Halbfiguren. Unter ihm zwei Schreiber. Der untere Raum ist durch zwei Rundbogen eingefasst, die zunächst die Brustbilder eines weltlichen und eines geistlichen Grossen einschliessen, unter ihnen die beiden getrennten Scenen gehören offenbar zusammen ist ein gerichtlicher Zweikampf dargestellt, dem der in steifer Haltung folgende Richter beiwohnt; der Umstand ist nur durch eine Reihe symmetrisch gezeichneter Köpfe an- gedeutet. Sodann König Rachis, stehend, mit der erhobenen Rechten dem zur Seite dargestellten kleinern Kläger, der flehend die Hände erhebt. Recht ertheilend, über ihm eine geflügelte Figur. König Aistulf thront unter einem mächtigen Bogen, umgeben von den beiden Engeln, unter ihm die Brustbilder dreier Vertreter geistlicher Würden, zuunterst die zweier Hof- beamten. Endlich Herzog Arechis, auf erhöhtem Thron, umgeben von einem Bischof und einem weltlichen Grossen^. Die Bilder sind in feiner Federzeichnung angelegt. Von einem Verständ- niss der Formen ist keine Rede, der Faltenwurf ist fast tiberall

0 Archiv VH, S. 771 und X, S. 358. Entdeckt von Haenel, Catalogi Ubrorom manuscriptorum p. 971.

*) Beschrieben Archiv V, S. 309. Boretius, Die Capitularien im Langobardenreiche S. 50. Gegen den Zusammenhang mit Cod. Madr. bibl. reg. D. 117 Anschütz, Kritische üeberschau.

') Die Bilder auf fol. 5, 141, 148, 157. Farbige Abbildungen bei Baudi a Vesme, Edicta regum Langobardorum (Monum. bist, patr.), tab. p. 21, 153, 165, 201.

17*

262 P. Giemen

Jahrtausends entstanden. Sie gehen beide zurück auf die Gesetz- sammlung, die Lupus, ohne die chronologische Ordnung zu wahren, für den Grafen Eberhard von Rätien und Friaul anlegte ^ denselben, dem auch Raban sein Werk De laude sanctae crucis *, Hartgarius von Lüttich den Vegetius übersandte. Es ist wahr- scheinlich derselbe Lupus, der unter Raban zu Fulda gebildet war und 842 Abt zu Ferneres wurde. Das in Fulda geschriebene Original, das sein Besitzer durch Testamentsverfügung seinem Sohn Unroch vermachte^ dass der Graf die Handschrift ausdrücklich erwähnt, ist ein Beweis dafür, wie kostbar sie ihm war ist verschollen, doch ist eine genaue Kopie von ihm erhalten im Modeneser Kodex *. Die Handschrift enthält fünf grosse Bilder, die nach der Beschreibung in den Versen des Lupus*, welche der Modeneser Schreiber wiedergibt, bereits in der Fuldaer Handschrift enthalten und mit dieser in den Jahren 829 bis 832

») Ausführlich handelt über ihn E. Dümmler, Fünf Gedichte des Sedulius Scotus an Markgraf Eberhard von Friaul, im Jahrbuch für vater- ländische Geschichte 1861, S. 171.

*) Mon. Genn. LL. III, 4, not 14; Baluze, Epist. Lupi abb. Ferrariensis p. 328, 79.

*) Eberhard vermacht Unroch librura de lege Francorum et Ripuarionun et Langobardorum et Alamannorum et Bajovariorum: Miraeas, Opp. diplomat. I, c. 15, p. 19.

*) Archiv V, S. 262, X, S. 356, 408, XI, S. 600; Zaccaria, Bibl. di storia litter. II, p. 377; Muratori, Anecdota. II, p. 204; Rer. Italic. SS. I, pars II, p. 8, 10; Mon. Germ. LL. III, 4; Baudi a Vesme 1. c. XLII. ') Carmen heroicum de totius speculatione huius praeclarl voluminis. Hunc heros librum legum conscribere fecit, Evrardus prudens prudentibus omnia vexit. Quisquis amat cunctas legum cognoscere causas Arbiter et clarus vult omnibus ipse videri, Hunc avidus cupiens oculis animoque requirat. Depictos Salicos Francos in fronte videbit, Post legem quorum conscriptam cemet et ipsam; Cognoscet libro Ribuenses tamque sequenti Consequitur quorum lex crimina multa perartans Effigies iam Langobardorum tercius ornat, Collectum legem cemes mirabile visu. Post pictos multos Alaraannos ipse videbis Et legem, quorum cemes iam iamque sequeutem^ Ast Baioaria lex quintum tenet ipsa libellum Quam pulchras poteris si velis forte videri Effigies lector Francorum scema per ?vum En Carolus cum Pippino quam fulget in vultu

Die Porträtdarstellongen Karls des Grossen. 263

nach Boretius' genauer Feststellung* entstanden waren. Der haarsträubenden technischen Ungeschicklichkeit des Zeichners gelang es bei aller Unfähigkeit in der Wiedergabe der Formen doch nicht, die treflFlichen Bewegungsmotive der Figuren zu verderben. Auch hier keine steifen Einzelbilder, sondern überaus lebhafte Aktionen. Gleich das erste Bild zeigt die vier „Könige*' Wisegast, Aregast, Salegast, Bedegast, die Autoren der Lex Salica, mit Scepter, Schwert und Lanze, bartlos, auf einer hohen Lehnbank sitzend, paarweise zu eifrigem Gespräch ver- einigt, lebendig gestikulirend, unter ihnen der Schreiber. Zeigt das Bild des Königs Eddanan vor der Lex Ripuaria nur den gewöhnlichen Typus der Repräsentationsbilder, zur Seite des Königsthrons zwei Hofbeamten, darunter den Schreiber, so geht der Lex Langobardorum wiederum ein Gruppenbild voran : Rachis und Aistulf sitzen auf einer erhöhten Thronbank nebeneinander, beide in bunten Gewändern, mit breiten Schwertern umgürtet, mit länglichen, grossen Köpfen, Aistulf jugendlich und mit glatter Wange im Gegensatz zu dem grämlichen und bärtigen Rachis. Die drei Seiten umfassende Zeichnung des cunctus populus zur Lex Alamannorum zeigt eine Darstellung, wie wir sie nur noch im Cod. Madrid, bibl. reg. D. 11 7 gefunden : das Volk ist durch Reihen ganz symmetrischer bartloser Köpfe ohne Körper dargestellt, die in roher Zeichnung ohne alle Unterschiede nebeneinander aufge- stellt sind. Den Schluss bildet das Bildniss Karls d. Gr. mit seinem Sohn Pippin ^ Von dem alten Bilderschmuck des Lupus hat die

En Hludowicus cesar quamque Hlotharius heros Ipsoram quantum et Icges per cancta tonantcs Nunc fulgent fulgebunt quod Deus addat et ultra. Lupns nennt sich in dem cannen eleycum (Merkel, LL. III, 4; Baudi a Vesme 1. c. p. 41):

Hos tibi versiculos prudens Evrarde benivolos Descripsi paucis infimus ecce Lupus. ') Boretius a. a. 0. S. 86. Vgl. Archivio storico, append. HI, p. 784. Vorher von Muratori (Rer. Ital. SS. I, II, p. 9) um 840, von Merkel (Archiv XI, S. 600) zwischen 817 und 840 angesetzt.

*) Die Bilder auf Blatt 11, 81, 43, 112, 166. Die Inschriften auf dem letztgenannten Bild lauten: Isti sunt qui constituerunt capitula congruentia omnium legum. Karolus christianissimus imperator auguHtus. Pipinus gloriosus rex filius eins. Fol. 167 ist ausgeschnitten: es enthielt zweifellos auf der Vorderseite die Bilder Ludwigs d. Fr. und Lothars, auf welche die Verse des Lapus hinweisen, auf der Kehrseite den Anfang der Capitula in legem Salicam. Fol. 156 «» A>»>»;i/inng 3. 252 wicdergngeben.

Gothaer Handschrift > nur eine einzige Darstellung bewahrt, das Bild Karls und Pippins, das in rother Federzeichnung sict

Gotha, Herzogliche Bibliothek, Cod. B4.

auf Blatt 148 befindet*. Während Karl, der hier unbärtig, mit

■) G. Rsthgeber, Beschreibung der herzog). Qemfildegallerie in Gotha S.80; E. 3. Cjprian, C&tal. codic. mscr. bibl. Oothan. p. 13; D. Ritter, Cod. Theodosianos, tom. U, praef.; Eceard, Leges Francomni, praef . 4;Parde33as, Loi Saliguep. XLUI, 321; Türk, Forschungen auf dem Gebiete der Gesebiehte in, S. 149; Haenel, Lex Romaoa Tisigothonun p. XLTl, 7; Fr. Orttoff, VoD den Handschrifteo nod Ausgaben des salischen Gesetzes S. 15; Archir Tl, S. 8!, X, S. 360, SI, S. 604.

') Hitgetbeilt im ChroDiuon Goliriceuse. Annaleä monasterii GotiHe^nsU oidiui« s. Benedict! I, p. 47. Seronx d'AgiDconrt, Histoire de Tart V. pL 47, fig. 3, p. 53 als die Porträts Üttos I. und II. Dies wird widerlcf^ duicb die Uebereinstimmnug mit dem Bild des Modeneser Cod., aber anck achoD durch den Ort, an dem sich daa Bild befindet: toL 14T* schlie^sen die snccessiones impeistoram mit Karl und Ludwig ab, 149^ begionea di« titoli legis Salicae. Hüglich, dass die CuAhnlicbkeit des iweiten Königs nit dem Modeneser Bildniss sich dadurch erklSrt, dass man, entsprechend iem Schlu&s der soccessiones ans der iweitCD Sccne, Ludwig und Lothar nmCasaebd,

Die Porträtdarstellungen Karls des Grotiseu. 265

einer Reifenkrone erscheint, in den Motiven der Bewegung genau kopirt ist, seheint für Pippin ein anderes Vorbild vorgelegen zu haben. Der neben Karl sitzende vollbärtige König hält in der erhobenen Rechten einen Ring, nach dem Karl die Hand ausstreckt ^ Die kunsthistorische Betrachtung kommt hier der Quellenkritik zu Hälfe, indem sie die Bestätigung gibt, dass dem Schreiber der Gothaer Sammlung eine gleiche Handschrift vor- lag wie dem der Modeneser. Wir dürfen schwerlich annehmen, dass der erste Schreiber auch nach dem an Eberhard gesandten Codex Lupi kopirt. Die Gothaer Handschrift stammt aus der Biblio- thek der Martinskirche zu Mainz*, deren Handschriften fast

die in jener Hs. ausgeschnitten die Gestalt Ludwigs genommen und an die Stelle Pippins gesetzt hat. Fol. 224* steht: liber primus de consti- tutionibus principum et edictis. Incipit liber Theodosiani imp. Das Blatt ist tiefer gebrftunt als die andern: es diente frtlher als fol. 1, der Codex gelbst ist demnach wahrscheinlich aus mehrem Lagen erst später zusammen- gefügt. Vgl. Abbildung S. 264.

') Merkel im Archiv XI, S. 604 bezeichnet den Ring in der Hand des zweiten Königs irrthümlich als denarius, den Stab als festuca, d. h. als Traditionssymbol. So schon Lex Salica, tit. 49. Vgl. Du Cange, Glossarium in, p. 247; J. Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer S. 121. Ich sehe in der festuca nur das lange karolingische Scepter, mit dem Karl auch in der Modeneser Hs. erscheint, Lothar im Londoner Psalter und Pariser Evangeliar. Es war dies ein schmuckloser Stab von etwa 1,90 m Länge. Vgl. Monach. SangaU. I, c. 17, SS. II, p. 738, L 4: virga aurea incomparabilis Karoli, quam ad statum suum fieri iussit, diebus feriatis vice baculi ferendum. Im Kap. 19 wiU ein Bischof des Kaisers Stab zum Bischofsstab benutzen auch hieraus folgt die ungewöhnliche Länge. Vgl. A. Martin, Le b&ton pastoral dans ses formes successives, in M61anges d*arch6ologie IV, p. 160, 167. Abb. bei Roch, Church of our fathers II, p. 24. Der im Osnabrticker Domschatz bewahrte EUfenbeinstab von 1,60 m Länge, aus 11 Cy lindern bestehend, dürfte, wenn auch nicht aus Karls Besitz stammend, doch auf die karolingische Zeit zurückgehen. Vgl. Mithoff, Kunstdenkmäler VI, S. 114. Ein Sccpter Karls befand sich früher im Besitz des Doms zu Mainz nach Cod. 172* der Seminar- bibliothek daselbst. Vgl. Fr. Schneider im Korrespondenzbl. d. Gesammt- vereins der deutschen Geschieht«- und Alterthumsvereine XXIII, S. 6. Das Scepter Karls im Louvro (Abb. F61ibien, Histoire de Tabbaye royale de Saint-Denys, pl. IV; Billardon-Sauvigoy, Essais historiqucs sur les moeurs des Fran^ais IV, p. 3) ist ebenso wenig karoli ngischen Ursprungs wie das andere Scepter aus St. Denys (Montfaucon, Monuments I, § V, p. XXXV des Discours pr^liminaire).

*) Bemerkung auf fol. 1 : Iste liber pertinet ad librariam s. Martini ecclesiae Moguntinensis. M. Sindicus imp. anno 1479. VgL Haenel, Cod. Theodos. praef. XXVn, not. 157.

sämmtlich aaf Fulda zurückgehen. Jedenfalls existirte in Fulda eine weitere Handschrift der Leges, vielleicht gleichfalls von der Hand des Lupus, der in dem carmen eleycum eine weitere

Gotba, Herzogliche Bibliothek, Cod. 81.

Arbeit in Aussicht stellt '. In der Schreibschule zu Fulda ward

>) Baadi a Vesmc I. c p. 4t, t. 3:

Si dens aetemuB Tim.' ?u|ipjradderit annoü, Nunc maioro, reor, d.gi.ius pse canam.

3

Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen. 267

dann auch die Gothaer Handschrift kopirt^ Dabei fügte nun der Schreiber, dem für sein Folioformat die Bilder der Quart- liandschrift des Lupus nicht mehr gross genug waren, auf Blatt 2** eine ganzseitige Federzeichnung ein, in braunen Umrissen, zum Theil später schwarz nachgezogen, nur einzelne Ornamente mit der Paeder leicht roth angetuscht, den thronenden Karl mit dem Gesetzbuch darstellend, umgeben von zwei Geistlichen ^ Durch ganz Mitteleuropa verbreitet ist das Motiv des sitzenden Herrschers en face, mit den charakteristisch gespreizten Knieen, den nebeneinander gestellten Füssen, der eine Arm gewöhnlich auf den Schenkel aufgestützt, der andere auf das Scepter, wie es am edelsten ausgeprägt die Dedikationsbilder der karolingi sehen Prachthandschriften zeigen. Aus der oben- stehenden Betrachtung geht hervor, dass diese Porträtbilder schon vor allen bekannten Prachthandschriften üblich gewesen, da zum mindesten die Sammlung des Lupus schon Jahrzehnte vor jenen anzusetzen ist. Aber auch den Illustratoren der Eechtshandschriften gebührt nicht das Verdienst der Erfindung dieses Motivs. Es zeigt sich schon auf den ältesten römischen Konsulardiptychen, schon vollkommen ausgebildet auf dem des Rufus Probianus vom Jahre 322, um dann auf die christlichen Diptychen überzugehen, wo es zuerst auf dem des Konsuls Asturius vom Jahre 449 anzutreffen ist. Und nur wenige Jahre nach dem erstgenannten Diptychon finden wir das Motiv malerisch verwandt und in einer Formvollendung abgerundet und dem vorhandenen Raum angepasst, die bei den besten karolingi sehen Arbeiten nicht überschritten werden konnte, in dem römischen Staatskalender vom Jahre 354*. Eine Variirung zeigt das

') Die Handschrift, nach der B. J. Herold (Originum ac Germanicarum antiquitatnm libri) die Volicsrechte abgedruckt, wird meist ohne Weiteres als die Fuldaische bezeichnet, obwohl Herold in seiner Vorrede (abgedruckt bei Goldast, Imperat. et reg. Rom. imp. rccessus III, prol.) nur sagt, dass er die Handschrift von Ftirstabt Wolfgang von Fulda erhalten. Fr. Ortloff, Von den Handschriften und Ausgaben des salischen Gesetzes S.5; E. Th. Gaupp, Recht und Verfassung der alten Sachsen S. 76. Das Heroldsche Manuskript ist jedoch nicht identisch mit der Vorlage, die der Gothaer Schreiber kopirt, da die Heroldsche Ausgabe eine andere Textredaktion zeigt.

«) Vgl. Abbildung S. 266.

') J. Strzygowski, Die Kalenderbilder des Chronogra^i« Tim Jahre 354: Jahrb. d. kaiserlich deutschen Instituts I. ErgänzuB|g|j||f«iiifcifct 84. Nach der Kopie von Peiresc in der Barberiua zu Rom.

268 P. Clemen

Motiv bereits in den Handschriften der Notitia dignitatnm atriasqae imperii^

Aach die beiden WaflFenträger, die eng an den Thron gedrängt, den Herrscher umgeben, haben ihr Vorbild bereits auf den Eonsulardiptychen in den beiden Schreibern oder Unter- beamten, die hinter dem Stuhl des Konsuls stehen, oft nur mit den Köpfen über die Lehne hinausragend. Sie finden sich

Konstantins II. gleicht sowohl in den Motiven der Bewegung wie in der ornamentalen und architektonischen Umrahmung von Säulen getragener Giebel, zurückgeschlagene Vorhänge auf beiden Seiten so vollständig den karolingischen und ottonischen Dedikationsbildem, dass wir hierin das direkte Vorbild für jene spätem DarsteUungen suchen dürfen. Die Bewegung der rechten Hand brauchte nur um ein Weniges verändert zu werden. Ueber Beziehungen zur Metzer Schule (?) vgl. Janitschek: Die Trierer Ada-Hand- schrift S. 70, Anm. 4. Das Diptychon des Rufus Probianus bei West wo od, Joum. arch. inst. XVI, p. 270. Westwood, Cat of the fictile ivories in the South Kensington Museum p. 13. Als nächste DarsteUung dann der 1847 in Estremadura gefundene Discus des Theodosius im Kabinet d. Akad. zu Madrid. Pnblicirt von A. Delgado. AnnaL arch^oL XXI, p. 311; Nouveaux m^langes d*arch6ol. Curios. myst^r. p. 65, pL VII. Schon Johannes Chrysosto- mus erwähnt als Lieblingsmotiv die Darstellung des sitzenden Kaisers (HomiL de psalm. 50: Pictorcs faciunt et sedem regalem et imperatorem sedentem). Die Pariser Synode unter Ludwig d. Fr. beruft sich ausdrücklich hierauf (Migne, Patrologia XCVIII, p. 1304).

') Die von der kunsthistorischen Forschung bisher noch gar nicht berück- sichtigte Handschriftengruppe der Notitia dignitatum ist an künstlerischem Werth den Handschriften des Chronographen von 354 nicht gleichzustellen, übertrifft diese aber an Wichtigkeit für Kostümgeschichte und Privat- alterthümer. Der älteste Speierer Codex ist leider verschollen. Wir besitzen jedoch eine Reihe von Kopien. In Speier selbst befindet sich eine Abschrift von 1484, Cod. suppl. lat. 671 der Bibl. nat zu Paris (vgl. Göttinger Gelehrte Anzeigen 1835, S. 53) und Cod. lat. 331 (ol. Salisb. 18»») der Hofbibliothek zu Wien (vgl. Endlicher, Catal. cod. philolog. bibl. Palat. V'indobon. p. 231) von 1529 gehen gleichfalls auf ihn zurück. Die für den Bilderschmuck wichtigsten Kopien sind Cod. lat. 794 und 10291 der Staatsbibliothek zu München. Der zweite Codex ist keine Kopie des ersten, wie Boecking (Ueber die notitia dignitatum utriusque imperii S. 11, 26; widerlegt von H. Foeringer in den Bayrischen Annalen für Litteratur 1835, S. 501) annimmt, sondern gleichfalls nach dem Speierer Original kopirt. Im Cod. 10291 die Bilderreihe zweimal gegeben, das zweite Mal ausdrücklich als strenge Kopien wiederholt. Die für unser Motiv in Betracht kommenden Bilder auf Blatt 78, 81, 176 und 177 fehlen in der Ausgabe von Boecking. Vgl. auch Maillot in von Aretins Beiträgen zur Gesch. u. Litt, n, S. 81. Von den übrigen Handschriften heranzuziehen Cod. Barberin. 809 (vgl. Boeckinga.a. 0. S. 18; Blume, Bibl. libr. manuscript. Italiae p. 153) und Cod. lat. 3715 der Vaticana. Ueber die Hs, zu Parma vgl. Blume 1. c. p. 235, über die Hs.

Die PortrStdarstellimgeii Karls des Grossen. 2dd

l^eispielsweise schon auf dem Diptychon Meleretense *, auf dem Diptychon Leodiense*, auf dem Diptychon des Areobindus zu Zürich'. Beide Motive vereint oder das erste allein findet man schon in der Blüthezeit karolingischer Kunst nicht nur für die Dedikationsbilder verwendet, sondern für jede vor- kommende Herrscherdarstellung, so im Cod. lat. 309 der Bib- liothek zu Cambrai*, auf einer Reihe von Blättern der Bibel von St. Paul*, im Stuttgarter Psalter (Bibl. fol. 23)«, im Cod. lat. 16 (ol. 92) der Universitätsbibliothek zu Gent', im Cod. lat. 1298, 7013, 8301, 8307 der Bibl. nat. zu Paris«, im Cod. Cotton Claud. B. IV des Britischen Museums*, im Cod. 302 der Vadianischen Bibliothek zu St. Gallen*®, in der Boethius- handschrift des Stifts Melk", in der Handschrift der Kirche

von St. Marco in Venedig 8. Morelli, Bibl. reg. Venet. mannscr. graec. et lat. I, p. 389. Cod. lat 332 zu Wien ist nur eine Abschrift von Cod. 331. Unter den karolingischen Handschriften zeigt das Motiv des Herrschers ohne Begleiter am besten Cod. Phys. et Hist. Nat. fol. 10 der Landesbibi. zu Cassel, Apuieins saec. IX in., auf dem vorletzten Blatt in der Darstellung des Apollo. Der von Säulen getragene Giebel als Einrahmung findet sich übrigens auch in den illustrirten Terenzhandschriften, vgl. ('od. lat. bibl. nat. 7899 zu Paris.

*) Gori, Thesaurus vetcrura diptjchomm I, p. 203, tab. V, flg. 2.

•) Gori 1. c. I, p. Ö7, tab. III. Jetzt in Darmstadt. Nachbildung Karlsruhe, Alterthtlmersammlung C. 862.

*) S. Voegelin, Das zürchorischo Diptychon, in den Mitth. d. anti- quarischen Gesellschaft zu Zürich XI, Heft 4; Benndorf, Die Antiken von Zürich, in den Mittheilungen XVII, Heft 7, S. 16. Weitere hier in Betracht kommende zusammengestellt bei Cahler et Martin, M61anges d*arch<5ologie I, pl. XXIX. Vgl. noch Lenormant, Tr^^sor numismatiquo, livr. 149, pl. XII; Digby Wyatt, Notices of sculpturc in Ivory p. 85.

*) A. Durieux, Les miniaturcs des manuscrits de la bIbIioth6que de Cambrai, pl. n, 1.

*) Westwood, The bible of tbe raonastery of «anct Paul near Borne.

•) Auf fol. 32^ 66», 129% 184% l.'ift''.

^) Auf foL 138% 168», 207», 23 1^

•) Montfaucon, Monuments de la monun'bl*' ffMK^l^i' I, pl l^% no. 2; Willemin, Mon. fran^ais In^MlItH I, 4.

•) The archaeologirftl Journal T, p. 28, fol. -»''*''

'<•) Fol. 163^

") Bucher, GoHi. d. technischen Künste 1, H 207; ^ v. Haitkm, Jahrbuch d. Centralc<,mmlM.lon II. Kunstdenkmal« d, Mltt«UlUr« Uu Kr/. herzo|;thum Niedoröster reich 8. 18ö.

270

P. Giemen

ZU Polirone beiMantua^, im Cod. Bibl. fol. 57*, Hist. fol. 41^- der königlichen Bibliothek zu Stuttgart, im Cod. lat. 1571^- 15903^ 3900«, 2640^ 13002», 17403» der Staatsbiblioth^. zu München, im Cod. Epternacensis zu Gotha*®, im Cod. B. i der Universitätsbibliothek zu BaseP\ im Cod. 58 der MinisterbJ- bibliothek zu Schaflfhausen *^ im Cod. lat. 3897** und 100^6=* der königlichen Bibliothek zu Brüssel. Daneben in der Mos»^ von St. Gereon zu Köln *^, in St. Maria Maggiore zu Vercelli*. in St. Bertin zu St. Omer", in St. Michele zu Pavia*®, auf d«- Tapisserie zu Bayeux **, auf dem Klosterneuburger Antependium* auf einem Fenster im Dom zu Halberstadt**, auf einem Wand- gemälde in Ditchingham Church, Norfolk ^*, auf dem Reliquiar dfö

*) Carlo d^Arco, DeUa arte e degli artefici di Mantova.

«) Pol. 15*» und 41^

») Fol. 56V

*) Cimel. 179, fol. 40» = Cimel. 58, fol. 23».

») Cod. cum pict. 52, fol. 7% 55», 80V

•) Cod. c. p. 61, fol. 2^ 5^ 6% 6V

0 Cod. c. p. 75, fol. 6».

») Fol. 8»>.

•) Cod. c. p. 7*, fol. 6*. Eine gleiche Darstellung aus einer (nicht mehr vorhandenen) Hs. der Abtei St. Peter zu Salzburg im Chronicon Gotwicense I, p. 52.

»0) Fol. 18V

") Fol. 18V

>«) Fol. 28*».

**) Fol. OS*". Catalogue des man. de la bibL de Bourgogne II, pl. zu p. 85; Annuaire de la bibL royale de Belgique V, p. 99, XII, p. 41.

") Fol. 137* und 144V

")E. aus'mWeerth, Der Mosaikfussboden in St. Gereon zu Köln, Taf. I, n.

^^) Delle antichita della chiesa maggiore di Santa Maria di VercellL E. aus'm Weerth a. a. 0. S. 6; Annales arch^ologiques XX, p. 57, 228.

") Wallet, Description d*une crypte et d*un pav6 mosaique de Pancieune ^glise de St. Omer.

»•) E. aus»m Weerth a. a. 0. Taf. IV.

") J. Comte, La tapisserie de Bayeux I, pl. 10, 27, 30, 31, 86.

*^) Heider, Mittheilungen des Wiener Alterthumsvereins IV, Taf. VT, Nr. XII.

»*) Th. H. King, Study-Book of mediaeval architecture and art 11, p. 1.

•*) The archaeological Journal V, p. 71.

Die Porträtdarstellaugen Karls des Grossen. 271

\,\^'x. Oswald in Hildesheim^ auf dem Schlussstein des Baseler

"^ ^ Münsterchors *.

^r N.V

f. j ;<: 1) xh. H. King L c. ü, p. 8.

>*i .V' } *) ^^^^ Heinrichs ü. Abguss: Mitteialt. Samml. XV, 6. Das Motiv

iBveitergebildet für die Gestalt des Weltenkönigs am Portal der Kathedrale

zu Chartres, an der Kirche zn Til-Chätel, zu ChätiUon-sur-Indre, zu Shobdon

(Herefordshire), zu Reichenbach (Bayern), am Altar zu Avenas, im Mittelfeld.

e z: der Pala d'oro zu Venedig. Weitere Beispiele bei deCaumont, Hist. de

P;j7- ' Parch. röligieuse au moyen ftge p. 183, 188, 193. Vgl. die Elfenbeinarbeiten

, , Kr. 31 und 356 zu Sigmaringen, Nr. 44 zu Darmstadt.

! i

Die römische Wasserleitung von Burtscheid nach

Aachen.

Von R. Pick und G. A. Siedamgrotzky.

I.

Die von Burtscheid nach Aachen führende römische Wasser- leitung trat im Laufe dieses Jahrhunderts mehrfach zu Tage, zuerst im Sommer 1835, wie man aus C. P. Bocks Abhandlung über „die Parkanlagen beim Pallaste Karls d. Gr/ ersieht ^ Im folgenden Jahre (1836) wurde diese Leitung, was bisher un- bekannt geblieben, wiederum aufgedeckt, wenigstens schreibt am 26. Mai dieses Jahres der Stadtbibliothekar Christ. Quix an den Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Herrn Emundts : „Vor einem Paar Tagen wurde ich benachrichtigt von einer vor der Stadt (aufgefundenen) unterirdischen alten Mauer. Ich begab mich dahin und fand, dass diese eine römische Wasser- leitung und die Mauer ist, die mir in Urkunden mehr als einmal vorgekommen, an deren Entdeckung ich aber zweifelte. Es wäre wohl interessant, ein Paar von den kandelähnlichen Ziegeln der Wasserleitung sich zu verschaffen und sie mit den Fragmenten der in der Eselsgasse vor einigen Jahren zu Tage geförderten römischen Sachen zu vereinigen. Wir haben so weniges für das Dasein der Römer hier aufzuweisen." Leider erfilhrt man aus diesen Zeilen ebenso wenig die genaue Fundstelle, wie für das voraufgehende Jahr aus der Angabe des Prof. Bock. Nach anderweitigen Mittheilungen scheint in beiden Fällen das jetzt meist mit Bauten bedeckte Gasthausfeld die Fundstätte gewesen zu sein. Unter dem Quixschen Schreiben vermerkt der Ober- bürgermeister Emundts, dass „ein Stück aus den Wasserleitungen

*) J. J. Kreutzer, Beschreibung und Geschichte der ehemal. Stifts-, jetzigen Pfarrkirche zum h. Adalbert in Aachen S. 77. ') Akten der städtischen Registratur 7/1 S. 24.

Die römisdie Wasserlei tong von Bartscheid nach Aaclh^a. :^T.^

bei den im Rathhaose autbewahrten Antiquitäten asü^ervirf wotxUmi

sei**; es war nach einer beigefügten Notiz des SudtArvhiN-^^r^

J. F. Krämer ^ wie man vermuthen darf, ein Rinnenstoin ma

liegionsstempel, der sich jetzt wohl bei den Resten dos Kcsmor-

bads in dem Badehaus zur Königin von Ungarn boflndo« x^ini.

Von einer weitem Auffindung der Wasserleitung im VVU\<*

jenseits des sog. Verbindungswegs (jetzt Willielmstrasso> in dor

Richtung nach Frankenberg hin berichtet Quix Kum Jahro 1x^:^8

in seiner „Greschichte der Stadt Aachen *" *. Ob freilich hior nicht

die Jahreszahl 1838 statt 1836 verdruckt ist, mler ob in btndon

Jahren der Kanal zum Vorschein kam, dürfte schwer ru sä^vu soiu.

Grössere Stücke der Wasserleitung wunlon im FriUyj^hr

1861 im Hof der damals neu angelegten Burtschoidor iirtsfjvbrik

in der Warmweiherstrasse und 15 Jahre si>üter, im Son\n\or

1876, auf demselben Terrain und im Burtsdioidor Kuvu^^rton

aufgefunden. Kanonikus Kessel hat im letÄtgonanntou Juluv

diese Funde unter Zusammenstellung der bis dahin ttbor diM^

Kanal bekannten Nachrichten ausftthrlicli boschriobon "* und t\lHM^

zeugend, wie mir scheint, dargethan, dass die Loituu^ uUUt

warmes Wasser, wie man mehrfach vermuthot. hntto, sondoru

kaltes aus dem obem Theil von Burtsdieid, wuhiwhoinlirh «us

dem sog. kalten Bach, dem Römorbad in Anohou Ä\U'ttluio.

Nach den von Herrn Kessel beigebrachten /on^ninHOU i\\\\i\\'^

es ausser Zweifel stehen, dass der Kanal, von dor noob^ton

siegreichen Legion in den Jahren 70 120 n. V\\\\ ovlvaul, j*i\h

von Burtscheid her an den westlichen AbhAn^on dos Wurmt hals

in vielfachen Krümmungen hinzog und nngolrthr in dor Mitto

zwischen Viadukt und Adalbertsthor in dorUogond ilor IumuIk^u

Lothringerstrasse nach dem vonnaligon Windmühl(>nthurn\ (Sohlld-

*) Wörtlich: „P. M. Man hatte den Wunsch KoüUMsort, dun »rt^l^uulo««» Exemplar za reinigen, dies wäre aber gefährlich, weil dai« MatoriH) hiori\n viel weicher ist als das in der EsolsgasHo gefundene, Uberdien die rUminche Inschrift an jenem durch Reinigen nicht lesbarer worden kann aU sie int. Vielmehr wäre rathsam, ein Qlasstreifchen darüber zu schieben, damit durch Reiben mit den Fingern nichts verwischt worden könne.*

») I, S. 3.

») Bonner Jahrbücher LX, S. 12—28. Vgl. auch Rhoen in dor Aachener Zeitung 1889, Nr. 167. Ueber die an letzterer Stelle erwähnte Auffindung des Kanab im Jahre 1855 ist meines Wissens bisher nichts bekannt geworden. Einen kurzen Bericht über den Fund auf dem Grundstück der Burtschoider Gasfabrik im Jahre 1861 veröflfentlichte der Regicrungs- und Baurath Kraf f t in den Bonner Jahrbüchern XXXIII. XXXTV, S. 275 flf.

274 R. Pick und G. A. Siedamgrotzky

thurm) in der Eichtung auf das ehemalige Neuthor * (Hochstrasse) hinlief, um von hier aus für das Kanal wasser das zur Erreichung des bei der heutigen Kaiserquelle gelegenen römischen Bads erforderliche GeßlUe zu gewinnen. Von der sechsten Legrion wurde nach aufgefundenen Ziegelstempeln auch zwischen 71 und 91 n. Chr., wie Lersch annimmt^, dieses Bad erbaut.

Seitdem kam die Wasserleitung noch in der Wilhelmstrasse in der Gegend des Hauses Nr. 69, sowie bei einer Kanalanlage im Sommer 1885 vor dem Haus Nr. 11 in der Lothringer- strasse 0,850 m unter der Pflasterkrone zum Vorschein und wurde hier von Ignaz Beissel mit gewohnter Sorgfalt unter- sucht. „Das unten 0,165, oben 0,190 m im Lichten messende, von einem Hohlziegel gebildete Gerinne lag auf einer Schicht Letten mit zerkleinerten Ziegelstücken, zu beiden Seiten ein- gefasst von einer Schicht Kalkmörtel, ebenfalls mit geklopften Ziegelstücken, woran sich eine weitere Schicht Kalkmörtel mit Ki^ und verschiedenartigen Gesteinbrocken (Kalkstein, Grauwacke) im Ganzen, das Gerinne und die es zunächst umfassende Kalk- mörtelschicht eingerechnet, bis zu einem Durchmesser von 1,25 m anschloss. Die Decke des Gerinnes fehlte, während das Innere desselben mit Schlamm und Gesteinbrocken, meist zerschlagenen Ziegeln, ausgefüllt war. Die Seitenwände waren mit Sinter- krusten von 3 5 mm bedeckt, die jedoch nicht sehr fest waren und sich den losen dendritischen Sinterkrusten der Thermalwasser im Kanal des Rosenbads zu Burtscheid näherten. Auch in dem beim Aussieben ausgeschlemmten Material fanden sich Sinter- stückchen, bis 5 und 6 mm dick, lose von Struktur, dendritisch aus aneinanderstossenden Krystallen zusammengefügt, mit kaum angedeuteter Schichtung parallel der Ansatzfläche *.**

Endlich wurde im Dezember 1888 auf der frühern Fund- stätte, dem Hof der Burtscheider Gasfabrik, wiederum ein Stück der Wasserleitung aufgegraben, das genau in der Verlängerung

*) Ob mit der Wasserleitung vielleicht die Menge römischer Ziegelreste zusammenhängt, welche nach Qu ix (Geschichte der Stadt Aachen I, 8. 4) vor 1840 „bei der Anlage der Gärten hinter den in der Neustrasse vor der Stadt links gelegenen Häusern ausgegraben wurde"? Vgl. Lersch, Geschichte des Bades Aachen S. 8.

') Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VII, S. 172.

') Brief J. Beissels an Herrn Dr. Wings zu Aachen vom 3. September 1885,

mit F&rbenzeichnung. Vgl. auch Lersch in der Zeitschrift des Aachener

•eins VII, S. 160 und Echo der Gegenwart 1885, Nr. 202, Bl. L

Die römische Wasserleitung von Burtscheid nach Aachen. 275

des 1876 blossgelegten lag. Ueber diesen letztern Fund gibt genauen Aufschluss der unten folgende, an die Stadtverwaltung zu Aachen gerichtete Bericht des Direktors des städtischen Wasserwerks, Herrn G. A. Siedamgrotzky, den nebst den zu- gehörigen Zeichnungen Herr Oberbürgermeister Pelzer mit an- erkennenswerther Bereitwilligkeit der Redaktion dieser Zeit- schrift zur Verfügung stellte. Ihm sei dafür auch an dieser Stelle nochmals verbindlichster Dank gesagt. Auf die Anregung des Unterzeichneten liess die städtische Verwaltung ein 1,80 m langes Stück der Wasserleitung auf dem Terrain der Burtscheider Gasfabrik ausheben und imHof desSuermondt-Museums aufstellen. Zwar gelang es bei der gewaltigen Last nicht, die Rinnensteine bei der üeberführung unversehrt zu erhalten, immerhin bietet aber doch das so vor dem Untergang geschützte Stück ein anschauliches und interessantes Bild des römischen Kanalbaus in unserer Gegend.

Auch nochmals später, im Sommer 1889, wurde die Wasser- leitung auf dem Terrain des sog. Gasthausfelds in der Nähe des Hauses Nr. 50 der Lothringerstrasse, südöstlich von der Stelle, wo der Kanal im Jahre 1885 blossgelegt worden war (s. oben), bei Erdarbeiten zu einem Neubau aufgedeckt. Der Fund brachte indessen nichts Neues, nur zeigte er, dass die Leitung hier in einer Krümmung oder wenigstens in schräger Linie in die heutige Lothringerstrasse einbogt

Das 1861 in der Warmweiherstrasse aufgefundene Stück Wasserleitung ist in den Rappardschen Plan von Aachen auf- genommen worden. Es bleibt eine dankenswerthe Aufgabe des Geschichtsvereins, demnächst einen Plan der Städte Aachen und Burtscheid, oder, was sich noch mehr empfehlen würde, eine Karte des ehemaligen Aachener Reichs herauszugeben, in welche alle bisher gemachten Alterthumsfunde aus römischer wie vor- römischer Zeit mit möglichster Genauigkeit eingetragen wären.

Pick.

n.

(Mit Tafel.)

Beim Abbruch der Gasanstalt in der Warmweiherstrasse zu Burtscheid im Herbst 1888 ist ein zusammenhängendes Stück Römerkanal von 13,70 m Länge blossgelegt worden. Seine Lage

^) Gef. Mittheilung des Herrn Dr. Wings zu Aachen.

18*

276 E. Pick und G. A. Siedamgrotzky

ist in beiliegendem Plan bezeichnet. Es besteht aus 22 üförmig-en Rinnenstücken von 0,55 bis 0,65 m Länge mit übergreifenden Falzen, deren Abdichtung zwischen den Fugen durch blauen Thon bewirkt ist. In dem 5., 17. und 21. Rinnenstück wurden in der Sohle deutlich die römischen Legionsstempel aufgedrückt gefunden, enthaltend die Buchstaben LEGVIVICPF, wovon ein Faksimile nach dem Abdruck im beiliegenden Plan in halber natürlicher Grösse dargestellt ist. Der Stempel hatte demnach eine Länge von 110 und eine Breite von 26 mm. Sämmtliche Rinnenstücke waren wohl erhalten, nur einzelne enthielten kleine Längsrisse.

Das angestellte Nivellement ergab ein Gefälle von 0,035 m oder 2,5 mm pro Meter auf die angegebene Länge, und zwar von Burtscheid nach Aachen hin, indem der Anfang des Kanals auf 167,315, das Ende auf 167,280 m über dem Amsterdamer Pegel liegend gefunden wurde. Der Kanal führte somit das Wasser ab von Burtscheid nach Aachen. Dies wird noch dadurch be- stätigt, dass nach der gleichzeitig vorgenommenen Ermittlung die Sohle des im Burtscheider Kurgarten 1,6 m von der Futtermauer der Parkstrasse entfernt liegenden früher auf- gefundenen Römerkanals auf 168,035 m über dem Amsterdamer Pegel, also 720 mm höher liegend befunden wurde. Die Ent- fernung zwischen dem dortigen Endpunkt des Römerkanals bis zum obeni Anfangspunkt des Stücks in dem Terrain der Gas- anstalt beträgt, dem Gehänge folgend, 280 m, der Kanal würde daher in diesem fehlenden Zwischenstück ein Gefälle von 2,57 mm pro Meter^ also beinahe übereinstimmend mit dem aufgefundenen Theil in der Gasanstalt gehabt haben. Zum Vergleich für eine etwaige weitere Auffindung einer Fortsetzung des Kanals auf- wärts dienen noch folgende Höhenermittlungen:

Rosenbad, Thoreinfahrt 167,700 m

Dammstrasse, Einmündung der Hauptstrasse . . 169,445 Trinkquelle vor dem Schwertbad- Auslauf . . . . 169,385 Sohle des kalten Bachs, Mitte der Altdorfstrasse . 175,025

Die Rinnen waren völlig glatt und hatten nur an einzelnen Punkten sehr geringfügige Ansätze von etwas Kalksinter, so dass wahrscheinlich nur ein ganz weiches Wasser, also kein Thermal- wasser durch sie geflossen ist.

Im Auftrag der Stadt Aachen ist ein 1,80 m langes (auf dem beiliegenden Plan mit schrägen Strichen bezeichnetes) Stück

Die römische Waaserleilang von Burtschoid nach Aachen. 277

des Kanals, enthaltend die Rinnenstäclce 16, 17 und 18, auf der mittlem Platte der Legionsstempel, ausgehauen und in den Hof des Suermondt-Museums zu Aachen transportirt worden. ' Durch diese Arbeit ist die Art der Herstellung des Kanals, wie ilin die BCmer ausgeführt haben, klargestellt. Die Verhältnisse sind durch das in der Zeichnung befindliche Querprofil erläutert. Das ganze Terrain ist 0,94 bis 1,00 m hoch durch jüngere Aufschüttung überdeckt, in welcher Tiefe der frühere Humus deutlich zu erkennen ist. Unter ihm befinden sich lehmig-thonige Massen, ein Zersetzungsprodukt der Köpfe des Verueuil-Schiefers. In diesen Massen wurde von den Eömern ein 2,25 m breiter und 0,86 m tiefer Graben ausgeworfen und in diesem zwei 0,48 m entfernt parallel laufende Mauern von 0,65 m Höhe und 0,50 m Dicke aus Bruchsteinen, meistens Kalk, angelegt. Zwischen die Mauern wurde 16 cm hoch Thon eingestampft und hierin das ans Thon gebackene Rinnenstück eingedrückt. Dieses 220 nun hohe Rinnenstück hat eine lichte Weite von 210 nun, 55 mm Wandstärke, füllte demnach den 480 mm breiten Raum zwischen den beiden Mauern nicht aus; es wurde deshalb der 80 mm breite Zwischenraum mit Beton ausgefüllt, der 70 mm über den obem Rand des Rinnenstücks hinausgeht, aber 135 mm unter der Oberkante des Seiten mauerwerks zurückbleibt. Deckplatten wurden über dem Kanal nicht gefunden, es ist jedoch anzunehmen, dass solche vorhanden gewesen, da, abgesehen von andern Gründen, sonst die obem Ränder des Mauerwerks, des Betons und des Rinnenstticks Beschädigungen und namentlich Frosteinwirknngen gezeigt haben würden, die nicht zu bemerken waren. Es muss also wohl angenommen werden, dass zwischen den Seitenmauem anf dem Beton auflagernd Platten eingelegt wurden, die demnach nur eine Erdüberdeckung von 360 mm hatten.

Der ausserhalb der Mauern verbleibende Theil des Grabens ist w mit I ähnli wurd

Kleinere Mittheilungen,

1. Römische Münzen aus der Umgebung von Aachen.

Römische Münzen werden in Aachen und seiner nächsten Umgegend verhältnissmäßig selten gefunden. Das mag es rechtfertigen, wenn ich nach- stehend mehrere solche Münzen verzeichne, welche an verschiedenen Orten in der Umgehung Aachens, zwei im Frühjahr 1889, die andern schon vor längerer Zeit, zum Vorschein kamen. Sie hefinden sich sämmtlich in der Alterthümer-Sammlung des Herrn Gutsbesitzers G. Cornely zu Elchenrath (Bürgermeisterei Würselen), der sie mir zum Zwecke der Bekanntmachung freundlichst zur Verfügung stellte.

1. Hadrian (117—138).

Gold. Gew. 10 gr. Vorderseite: Kopf rechtshin, Umschrift: HADRIANVS AVG COS m PP. Rückseite: Stehende weibliche Figur linkshin, in der rechten Hand eine Marke (tessera), im linken Arm ein Füllhorn haltend, Umschrift: LIBERALITAS AVG Vn. Die Münze ist über dem Kopf des Kaisers durchlöchert und wurde so nach der Versicherung des Herrn Cornely aufgefunden. F. Stollwerck (Die celtubisch-römische Niederlassung Gelduba S. 121, Nr. 125) verzeichnet auch aus Gellep eine Silbermünze Hadrians, welche in gleicher Weise durchbohrt ist, so dass es scheint, als habe man bereits im Alterthum wie heute Münzen zur Zierrath oder sonstwie getragen. Die Goldmünze kam im Frühjahr 1859 beim Ziegeln in einer Wiese des Wirths Klinkenberg zu Haaren, 5 Minuten südlich von diesem Dorfe, in der Nähe der sog. Welsche- Mühle, in der Tiefe von 1 m zu Tage. An derselben Stelle fand man damals eine Menge Rund- und Plattenziegel, letztere „von der Breite einer Handlänge und mit einer */4Zölligen Erhöhung an beiden Rändern*, alle ohne Stempel. Vgl. Echo der Gegenwart vom 26. Juni 1859.

2. Galba (68—69).

Silber. Vorderseite: Kopf mit Lorbeer rechtshin, Umschrift: SER GALBA IMP CAESAR AVG PM TR P. Rückseite: Stehende weib- liche Figur, in der rechten Hand einen Zweig, im linken Arm ein FüD- hom haltend, Umschrift: CONCORDLi PROVINCIARVM. Gefunden vor etwa 30 Jahren in der Nähe des zwischen Würselen und Neuhaus auf Scherberg zu gehenden Wegs an der sog. Judenstatt.

Kleinere 3Iittheilangeii. 279

3. Kaligula (37—41).

Grosserz. Durchmesser 34 mm. Vorderseite: Kopf linkshin, Umschrift: C CAESAR DIVI AVG PRON AVG PM TR P III PP. Rückseite: An- sprache des Kaisers an die Leibgarde; oben ADLOCVT, unten COH, seitlich S C. Gefunden im Frühjahr 1889 im Felde zwischen Dobach und St. Jobs, etwa 300 Schritt von dem sog. grünen Weg, der onfern der Fundstelle in der Tiefe vorbeiführt. Grosserz von Kaligula ist selten, der Revers gehört zu den bessern.

4. Faustina die Aeltere (?) (f 141).

Mittelerz. Sehr beschädigt. Vorderseite: Kopf rechtshin, Umschrift nicht mehr erkennbar. Rückseite: Stehende weibliche Figur linkshin, seitlich S C, das Uebrige zerstört. Gefunden im Frühjahr 1889 beim Pflügen in der Flur am Hermannspfad, etwa 3 Minuten von Elchenrath. Von der Fundstelle 20—25 Schritt entfernt befinden sieh, ebenfalls am Hermanns- pfad, in der Erde die Reste einer römischen Ziegelei. Zahlreiche Ziegel- stücke, darunter eines mit dem Abdruck einer Pfote, und vereinzelte Topfscherben kamen früher hier zum Vorschein, manche werden auch noch jetzt daselbst gefunden.

5. Konstantin der Grosse (306—337).

Kleinerz. Vorderseite: Kopf mit Diadem rechtshin, Umschrift: CONSTANTINVS AVG. Rückseite: Prätorianisches Lager mit 4 Thürm- chen, darüber ein Stern. Umschrift: VIRTVS AVGG, unten etwas un- deutlich die Buchstaben: SAwRL (?). Gefunden vor etwa 25 Jahren in der Flur auf der Bissen unweit des Bahnhofs zu Wtlrselen.

6. Valentinian L (364—375).

Kleinerz. Vorderseite: Kopf mit Diadem und Mantel rechtshin, Um- schrift: DN VALENTINIANVS PF AVG. Rückseite: Kaiser in Panzer und Mantel rechtshin, im rechten Arm das Labarum, auf der linken Hand eine Victoria haltend, Umschrift: RESTITVTOR REIP. Die nur zum Theil vorhandenen Buchstaben unten sind unleserlich. Gefunden vor ungefähr 30 Jahren im Klingelbeutel in der Pfarrkirche zu Würselen.

Erwähnt seien noch drei weitere römische Münzen, welche nebst mehrern andern Alterthümem (Schalen, darunter eine mit dem Töpferstempel GIA- MATVS F, Glasgefäss, Thonkrug u. s. w.) im Sommer 1862 bei dem Hof Mittel-Frohnrath unweit Horbach beim Kiesgraben in einer Wiese zum Vorschein kamen. Sie gehörten den Kaisem Hadrian und Mark Aurel (161—180) an. P. St. Käntzeler hat den Fund im Echo der Gegenwart vom 3. Juli 1862 und später etwas abweichend in den Bonner Jahrbüchern XXXIII. XXXIV, S. 277—279 beschrieben, worauf hier verwiesen sein mag.

Aachen, E, Pick,

280 Kleinere Mittheilaiigen.

2. Römischer Fund zu Lucherberg.

Im Mai 1889 wurde zwischen dem Dorf Lucherberg (Kreis Düren) und der nahebei gelegenen Wagemühle, westlich von dem an beiden vorbei nach Langerwehe führenden Wege auf einer zum Lncherberger Hof gehöri^n Ackerparzelle beim Pflügen eine beschädigte römische Ziegelplatte gefunden. Sie misst in der Länge 44 cm, in der Breite einschliesslich der Randleisten oben 86, unten 82 cm und zeigt auf der obern Seite eine Figur ähnlich der Zahl 6. Viele Reste römischer Ziegel kamen ebenfalls auf den mehr nach der Wagemühle hin gelegenen Grundstücken des Ackerwirths Bodden zu Tage. Diese Nachrichten verdanke ich der Güte des Ortsvorstehers Herrn J. J. Butt gen zu Lucherberg, der mir auch die Ziegelplatte zubrachte. Bei Lucherberg wurden schon vor vielen Jahren mannigfache Alterthümer aufgefunden. Bonn, Rumpel und Fischbach berichten darüber in dem ersten 1835 erschienenen Hefte ihrer „Sammlung von Materialien zur Geschichte Dürens und seiner nächsten Umgegend** S. 8 : „Zu Lucherberg fanden Arbeiter bei Grabung einer Braunkohlengrube mehrere steinerne Särge, auf deren einem eine menschliche Figur ganz rauh erhoben gearbeitet war. In den Särgen selbst lagen nur Knochen; femer fanden dieselben Urnen verschiedener Grösse, bald künstlich, bald rauh geformt, mit einigen Münzen. Schade, dass diese Alterthümer zerschlagen und verschleudert sind.** (Vgl. auch Kalten- bach, Der Regierungsbezirk Aachen S. 227.) Alle diese Fundgegenstände, namentlich aber die zahlreichen Ziegelreste machen die Annahme nicht un- wahrscheinlich, dass zu römischer Zeit bei Lucherberg eine Ansiedlung (Villa) bestand, deren Entstehung mit der römischen Verbindungsstrasse in Zusanmienhang zu bringen sein dürfte, die von Pier über Lucherberg nach Langerwehe führte. Eine genauere Untersuchung wäre erwünscht

Aachen. B. Piek,

3. Der Aachener Strassenname Krakau.

Krakau, der bekannte Aachener Strassenname, ist abzutheilen in Krä und Kau, Kou, d. h. Krähenkobel, Krähenheerd, Krähensammelplatz. In Aachen spricht man KrU. Kau ist eine ganz gewöhnliche Benennung für Hühnerkäfig in Honderkau daselbst. Jede andere Ableitung taugt nicht. Was soll Krak und das vorherrschend oberländische Au, Aue seini Ein ^Gau* vollends hereinzubringen ist unmöglich. Kau ist oberdeutsch unbekannt, da gibt es Kobel dafür. Den fränkischen, friesischen Charakter, besonders letztem, bezeugt Dornkaat in seinem Ostfriesischen Wörterbuch. Kau, Kaue und (selten) Kave, Kawe, Kaven, Kawen, bezw. Kafe, Kafen = eingefriedigter, abgeschlossener Raum, und zwar sowohl im Freien als im Hause; daher Pferch, Hürde, Koben, Stall, Geföngniss. Mittelniederd. Koven, Kaven = Ver- schlag, Hülle, Häuschen, namentlich für Kleinvieh. MittelniederL Kauwe, KoiTwe = cavea. Wir haben die Aachener OertUchkeit, von der die Strasse den Namen bekommen hat, wahrscheinlich urkundlich nirgends verzeichnet: es

Kleinere Mitiheilniigeii. 281

i¥ar ja nur Flurname. Wenn er aber einmal in einer Markenbeschreibung künftig betroffen würde, kann er nur Krakauwe, Bjrackouwe, Krackowe lauten. Zwischen Aachen und dem Rhein dürften sicherlich noch viele Beispiele zu treffen sein. Hochdeutsch würden wir einen Platz mit Bäumen, worauf massenhaft viele Krähennester sich fanden und am Niederrhein heute noch sich finden, Krähenhorst heissen. Vgl. die Beiherhorste. Nun aber könnte man einwenden : die mit „Krähe" zusanmiengesetzten Namen haben alle „n" : Creienfeld, Krefeld; Craiunwinkila, Krähwinkel bei Werden. Allein neben diesen sog. schwachen Formen gehen schon sehr frühe die starken her: Creyvelt; in Aachen selbst der Hof Krahbom beim Königsthor, 1423 up gen Kraborn ^ Die Familiennamen Krähus, Krähorst will ich auch dazu stellen. Ich sagte schon, wir hätten keine urkundliche Form für das Aachensche Krakau, wir müssen uns Krakau, den alten Krefelder Burgnamen, zur Er- klärung leihen. In einer Urkunde von 1372 ist der Name vorausgesetzt und heisst es schlechthin „sloss**. In einem Scböffenweisthum von 1406 heisst es: dat dat nuwe huyss zo Kraikouwen gelacht wer ind lege up badem des lantz van Kempen. Hier wird Krakau zuerst genannt. Dieselbe Form bietet ein Dokument von 1417. Im Jahre 1437 kommt ein Derick von Moers gen. Krakaw, Bastard, als Drost zu Moers vor; 1473 heisst es in einer auf den Burgundischen Krieg bezüglichen Schadenrechnung: zo Crackouwen op ter borch, und daneben im gleichen Dokument Crackauen, Craickowe, Craykau; 1480 lautet die Form Kraickauwe, später Crackowe. Vom 16. Jahrhundert an ist die stehende Form Crackau, Krackaw.

Ich habe mit dem Historiker der Stadt Krefeld, mit Dr. Keussen, dem Vater, der mir obige Stellen mittheilte, schon mehrmals in der gegenwärtigen etymologischen Frage mich auseinanderzusetzen Gelegenheit gehabt und glaubte ihn vollkommen überzeugt zu haben. Da plötzlich taucht in seinem schönen Vortrag über Krefeld vom letzten Winter * wieder seine alte Lieblingsannahme auf, es beziehe sich „Krakau** auf Polen. Ein polnischer Edelmann, des Grafen Dietrich von Moers Begleiter in den Kämpfen um Preussen 1370, sei an den Rhein gekommen und habe das Schloss gebaut gerade zu der Zeit, da Krefeld zur Stadt erhoben ward. Das ist eine ge- machte Sage.

Es wäre zu wünschen, dass die Leser dieser Zeitschrift in ihrer Heimath nach dem Flurnamen Krakau sich umsähen und hier MittheUung machten. Ein Hof Krakau liegt auch im Kreise Eupen, offiziell bei Axer „Krakauw** geschrieben. Bitter hat fünf Dörfer dieses Namens. Die zahl- reichen mit „Krähe" gebildeten Flurnamen im Rheinland beweisen für unsere Deutung die Richtigkeit*.

Bonn, A, Birlinger,

<) YgL Haagen, Oeschiohte Aoheni n, S. 61. *) Abgedruckt in der Krefelder

•) Eine andere Ableitung d^ MMriHlhAV Wort Kral, Krähe u. s. w. ent- haltenden Ortsnamen in der Sohwili'j^^HI^HfeBdttetter im Oe8ohioht«£reuncl

282 Kleinere Mittheilungen.

4. Drei Urkunden zur Geschichte der Stadt Eschweiler.

Ungeachtet der fleissigen Forschungen, welche in den letzten Jahren, namentlich von H. H. Koch, über die Geschichte der Stadt Eschweiler ver- öffentlicht worden sind, bleibt noch manche Lücke in Bezug auf die Vergangen- heit dieses Orts auszufüllen. Von diesem Gesichtspunkt aus dürfte die Mittheilung der nachfolgenden drei Urkunden nicht unwillkommen sein. Ich schrieb sie vor mehrem Jahrzehnten im Königlichen Staatsarchiv zu Düsseldorf ab, Herr Geheimrath Dr. Harless daselbst hatte die Güte, die Abschriften neuerdings mit den Vorlagen nochmals vergleichen zu lassen. Die drei Urkunden haben für die Geschichte Eschweilers ein besonderes Interesse. Aus der ersten von ihnen ersieht man, dass die Familie von Birgel (von dem gleichnamigen Rittersitz bei Düren) schon lange vor dem Ausstellungsjabr der Urkunde, 1419, den Jülichschen Besitz im Dingmal und Kirchspiel Esch- weiler, darunter auch den dortigen Kohlberg, pfandweise innehatte. Letzterer war 1394 vom Herzog Wilhelm von Geldern und Jülich seiner Mutter, der Herzogin Maria von Jülich, als Witthum ausgesetzt worden'. Die zweite Urkunde betrifft die Ablösung einer Rente, welche zu Gunsten des Simon von Birgel und seiner Gattin Fritza von Turre auf dem Mai- und Herbstschatz in dem Kirchspiel Eschweiler lastete. Das Datum der Urkunde (1424) erweist die Angabe Fahnes', wonach „Friderica von Thoren 1420 imp. gestorben** sein soll, als unrichtig. Aus der dritten Urkunde endlich erfahren wir, dass am Ende des 15. Jahrhunderts das Kirchspiel Eschweiler sich eine Zeitlang im Pfandbesitz des Landdrosten Wilhelm von Nesselrode, Sohn zum Stein, befand, der auf dem benachbarten Bovenberg seinen Sitz hatte. Ihm war durch Heirath der Elisabeth von Birgel, einer Tochter des Erbmarschalls Engelbrecht Nyt von Birgel, nach des letztem Tode 1480 dieses Ritterg^it, sowie das Pfandrecht an dem Hof Schönforst zu Aachen und der Meyerei daselbst zugefallen^. Mit der Verpfändung Eschweilers, welche schon am 80. April 1478, als Wilhelm von Nesselrode noch im Brautstand war, erfolgte*, weil die der Elisabeth von Birgel als Mitgift bestimmten 11000 rheinischen Gulden dem Herzog Wilhelm von Jülich-Berg zu Darlehn gegeben und auf diese Weise, dem geltenden Rechte gemäß, sicher angelegt worden, war selbstverständlich auch die Strafgerichtsbarkeit daselbst in die Hände des Landdrosten gekommen. Der Herzog Wilhelm gestattete ihm

XLIY, S. 247 ff.; er bringt sie ziemlich zuversichtlich mit dem dialektischen Krai = Schrei, Buf (krayen, identisch mit dem mhd. krsejen = krähen, schreien wie eine Krähe, dialektisch mit der verallgemeinerten Bedentnng von schreien, rufen überhaupt) in Verbindung und erblickt in den betreffenden Orten nPimkte, von wo aus wichtige Nachrichten durch Rufe oder Schreien mit Instrumenten der Nachbarschaft mit^theüt wurden". D. Bed.

*) Lacomblet, Urkundenbuch III, Nr. 1000.

*) Fahne, Geschichte der Kölnischen, JtUichschen und Bergischen Geschlechter I, S. 35.

*) Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter YIU, S. 11 und 77.

*) Strange a, a. 0. Vm, S. 12.

Kleinere Mittheilungen. 288

1 497 durch die vorliegende Urkunde, da es in Eschweiler kein eigenes Gefäng- niss gebe, während der Dauer der Pfandschaft die Untersuchungs- und Straf- gefangenen nach dem Haus Bovenberg abführen und dort einsperren zu lassen.

1. Die Gebfüder Frambach, Simon und Balduin von Birgel reversiren einen mit Johann von Loen, Herrn zu Heinsberg, Löwenberg und Gennep, und dessen drei Söhnen abgeschlossenen Vertrag, wonach diese sie als Dienstmannen annehmen und ihnen für den Fall einer Erwerbung des Herzogthums Jülich oder des Bisthums Lüttich die Aufrechterhaltung aller ihrer Ansprüche und Rechte in dem Dingmal und Kirchspiel Eschweiler, an dem dortigen Kohlberg, in dem Amte Nideggeti und Heimbach sowie zu Dahlen geloben, 1419,

Wir Frambach, Symon ind Baldwin van Birgel, gebroedere, bekennen mit dysme breive, dat wir overdragen sin mit onsem lieven genedigen heren ind juncheren hemae geschreven, so wie dys breyf van worde zu worde hemae geschreven steit. Wir Johan van Loen, here zu Heintzberch, zu Lewenberch ind zu Genpe, ind wir Johan van Loen, eiste son zu Heintzberch, Wilhelm van Loen, greve zu Blanckenheim, ind Johan van Loen, proest zu Achen, gebroedere, elige soene ons lieven heren ind vaders hören Johantz van Loen, heren zu Heintzberch, zu Lewenberch ind zu Genpe vurschreven, bekennen, dat wir angesein hau redelicheit, deinst, truwe ind vruntschaf, die ons Frambach ind Symon ind Baldwin van Birgel, gebroedere, gedaen hant ind dat sy ons dat euch naemacltz truwelichen doen sullen, so wae sy mit eren mugen, ind sin darumb mit yn overdragen, dat wir sy zu onsen dyeneren ontfancgen han ind sullen in nu vortan goede getruwe heirschaf syn ind sy ind ere Sachen truwelich vurderen, wae wir kunnen, ind sullen sy ouch mit ganzen truwen verantwerden ind verdengen, so wes sy gaentz hant of krigen mugen, des sy rechtz ind bescheitz by ons bliven woelden, dae wir dat mit eren doen mugen, gelijch of geinge ons dat selver an, ind sunderlingen dat sy an onsen genedigen heren van Lütge, van Brabant ind van Gulche ind van Gelre synre huysvrauwen onser swegereu ind vrauwen nu is, herworven hant of herwerven mugen, dae sy ere breive of sigel hant of krigen mugen, des en sullen wir in gein wys widder sin, dan wir sullen in truwelich darzu helpen ind raeden dat zu behalden. Ind ouch bekennen wir, of onser einger vurschreven umer zu den lande van Gulche kommen künde nae ons genedigen heren dode nu is, of zu deme buschdum van Lütge, dae disse vurschreven gebroedere ouch truwelich zu helpen ind raeden sullen, dae sy dat mit eren ind bescheide doen mugen, so bekennen wir, dat wir bevondcn ind in alden breiven wale gesein han, dat herzogen ind greven zu Gulche onse alderen selich vurzyden versat ind verpant hatten allet, dat sy in dorne dinkmaele ind kirspel van Eschwylre haven moghten mit den koelbergen, hoe ind nydder, deyf ind dreige, so wie man dat nennen moghte, neit usgescheiden, vur vunfdusent mark Coeltz eintz zu bezalen, ind daeby proeven wir wale, dat Frambachs vurschreven vurwaren van den onsen vurschreven vyl dae

I

284 Kleinere Mitliieilimgen.

rerkortmoys sin, ind daromb geiven wir tut ons ind tut onse erven Fntmbad! ind sinen erren dan widder ons zu gelden ind zu beschadden allet, d&t wir of onser einge in deme yurschreyen dinkmaele ind kirspel van BschTrylre krigen of haven mngen, neyt nsgescheiden, dat man noemen mach, ind tut die Turdchreven snmma van vnnfdnsent Coeltzen marken vurscbxeyen eintz zu bezalen, ind wanne die bezalnnge ons of onser eingene, deme dat ^e- bürde, geboeden wurde, so sullon wir sy neymen ind as vort latterljrcliea yerzyen up Eschwylre mit al syme zubehoir, so wie dat vur genoympt steit, ind erven Frambach of sine erven zu ewigen dagen daran, also as sych dat mit rechte geboeren sali, dat sy des wale verwart sin. Ind were sache dat Frambach mit onsme lieven oemen ind genedigen heren van Qulche na js, overquerae ind yme darumb gelt of goet geive, des me were dan disse vur- schreven vunfdusent mark, wat des were, also vyl sullen wir Frambach dan zu der stunt, als dat gescheit were, widdergeiven ind dat gelt sali bie as vort beieigen of up dat sin zu redelicheit bewysen, also dat wir der jaerrenten gebruchen mugen als lauge, as onse oeme ind here vnrschreTen j leyft ind darachter sali sy an Frambach ind synen erven bliven, sunder alle argelyst of einge inzuge. Ouch sullen wir deme dat gehurt, Frambach vnr- schreven sin leiven lank an deme ampte van Ny decken laessen, gelych dat deme marschalk nu ys up sin lyf verschreven is, ind sullen Symon ouch Henbach in amptz gewijse sin leven verschreven ind laessen mit redelichen amptgelde, als dat gewoenlich is. Ouch so sullen wir of onser ein, die an dat lant van Gulche kumpt, Symon ind sin wyf by sulger heirlicheit, renten ind gülden, as sine vurwaren zu Dalben plagen zu han, laessen, so wie die scheffen zu Dalben sinen vurwaren dae bekant hant ind des einen scheffen- breif gegeven hant, it en were dan sache dat wir bewysen künden, dat Symons vurwaren van der heirlicheit gegulden of mynlich gewyst weren daeby dat Symon ind sin wyf ys billich untbeiren soelden. Ind alle vur- schreven punten ind eyder besunder geloeven wir Johan ind Johan ind Wilhelm ind Johan vurgeschreven, semenklich ind onser eyder besunder, in goeden truwen ind by onser eren vast, stede ind onverbruchlich zu halden, sunder alle argelyst. Ind han ons des zu overzugen onser eiklich sin sigel an disse geinwerdigen breyf doen hangen, die gegeven wart doe man schreyf dusent veirhundert ind nuyntzein jaer. Ind alle vurschreven punten van ons gebroederen vurschreven geschreven geloeven wir semenklich ind eyder beaunder onsen genedigen heren ind juncheren vurschreven by onsen truwen ind eren vast ind stede zu halden, sunder alle argelyst, ind ons dys zu overzugen onser eiklich sin segel an dissen geinwerdigen breif doen hancgen, die ge- geven wart doe man schreyf dusent veirhundert ind nuynzein jaer".

Au3 dem Original im Staatsarchiv zu Düaaddorf, Von den angehängten vier Siegdn ist eins abgerissen, zwei sind sehr beschädigt, das vierte zeigt einen Querbalken mit drei (2,1) Löwen und die Umschrift: s. frambach va. birgel.

*) Durch Urkunde vom 15. Juni (up sent Vitus dach) 1425 verpflichtete sieb Johann von Loen, Herr sa Jülich, Heinsberg und Löwenberg, dem Frambach von Bir^,

Kleinere Mittheilangen. 285

2, Simon van Birgtl und seine Gemahlin Friiza von Turre beurkunden, Johann von Loen, Herr zu JOlich, Heinsberg und Löwenberg, die Jahr-

T^^nte von 60 rheinischen Gulden, wdehe ihnen aus dem Mai- und Herbstschatz cf e8 Kirchspiels Eschtoeiler verschrieben sei, jederzeit mit 600 rheinischen Gulden €eölÖ8en könne, 1424, März SO,

Wir Symon van Birgell ind Fritze van Turre, sin elige huisfrauwe,

lt>ekennen ind zngen overmitz diessen offenen bricf vur uns ind vur unse

erven, also as die hoegeboeren unse lieve genedige here her Johan van

X«oin, here zo Guilghe, zo Heintzberg ind zo Lewenberch, uns bewyst heft

alle jaere zo meye dryssich Rynsche gülden ind zo herwest dryssich Rynsche

g^den zo voeren uys synen renten ind schetzoncgen, die he heeft ind eme

Tallen in den kirsspel van Eschwilre na uyswysoncgen alsulcher briefe, as

wyr darup sprechende han, so bekennen wir, dat die hoegeboeren unse lieve

genedige here vurschreven, syn erven ind nakoemelincge die vurschreven ses-

zich Kynsche gülden all jair ind all zyt, wannen sij willen, van ons ind

van onsen erven of van helder der vurgeroirten briefe mit unsen willen

Widder loesen moigen mit sesshundert gülden swaere overlentscher Rynscher

gülden ind mit verlouffe der seeszich Rynschen gülden na der zyt dat die

loese geschiede, sonder argelyst. Ind zo eynen reichte gezuge der wairheit

han wir Symon ind Fritza van Turre vurschreven vur uns ind unse erven

ind vur helder der briefe as vurschreven is unse siegel an diessen brief ge-

hancgen. Qegeven in den jaeren uns heren, doe man schreif dusent vierhundert

ind vierindzwentzich, des neisten donresdages na uns vrauwen dage annun-

ciacionis.

Aus dem Original im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Die beiden Siegel fehlen,

3, Wilhelm von Nesselrode, Sohn zum Stein, bekennt, dass der Herzog Wilhelm von Jülich-Berg ihm, so lange er das Kirchspiel Eschweiler pfandweise innehabe, wegen Mangels eines Gefängnisses an diesem Orte gestattet habe, die Gefangenen auf dem Hause Bovenberg unterzubringen, 1497, November 22,

Ich Wilhem van Neaselraide, son zom Steyne, lantdroisten des lantz van den Berge, dein kunt, so as ich dat dorp Eschwylre mit syme zobehore van deme durchluchtigen hoegebomen fursten ind heren heren Wilhem her- zougen zo Guyige, zo dem Berge ind greven zo Ravensberg etc., myn gnedigen ahreliefsten heren, innehain luyde synre furstliger gnaiden verschryvonge davan meldende, ind so syne fnrstligen gnaden bynnen Eschwilre geyn ge- fenkniss haven, bekennen ich öffentlich mit desem brieve vur mich ind myne erven, dat der genante myn gnedige here van genaiden mir vergont halt.

Erbmarscball zu Jülich, und G^hard "900. Hoemen, Burggrafen zu OdenkircheUf fUr „alsulch gelt, as ay up des Hersoo^ ^"^^If ^^'^ IQme zubehoere hasnaf, au&ukommen imd speziell den Frambacb von TWm^ ■■" "Rorderung auf seine Beuten und

Gefillle zu Esohweiler anzuweiMo. Itf ^biv zu Düsseldorf.

286 Kleinere Mittheilungen.

dat ich ind myne erven, dewyle wir Eschwylre van synre furstliger gr^^naidoL synre gnaiden erven ind nakomlingen we vurschreven innehain, de g-eüang-ei. so zp Eschwylre oeder in synre gnaiden zobehoere daselfs angegriffen werde», in myn huyss zn Boevcnberg doin foeren ind alda damit doin ind handelet mögen gelich ind in alremaissen of yre furstligen gnaiden gefenkniss hyunec Eschwylre hedden, ind asbalde myn gnedigen alreliefsten here vurschreTec oeder synre furstliger gnaiden erven ind nakomlingen Eschwylre weder zo yre gnaiden henden krygen werden, asdan so en sali dat gefenkniss ind unthalt zo Boevenberg wo vurschreven ouch vurbass nyt me geschien ind sulchen vurschreven unse gnedige zolaiss ind verwilligonge en sali synre gnaiden, synre gnaiden erven ind nakomlingen an yre furstliger g^iades gerechticheit nu noch in zokoemen zyden geyn afbruych brengen noch hinder- lich oeder letzlich syn, sonder alle argelist. In Urkunde der wairheit hain ich Wilhem van Nesselraide, son zom Steyn, lantdroisten etc. vurschreven, myn siege! vur mich ind myne erven an desen brief gehangen. Der gemalte myn gnedige alreliefsten here halt mir nu up deselve maisse vurschreven weder eynen brief, darin syn furstligen gnaiden des gnedigen zolaiss ind verwilligonge we vurschreven bekennen doin, oevergeven. Gegeven in den jairen uns heren dusent vierhundert ind seven ind nuynzich uf sent Cecilien dach der hilligen jonferen.

Au8 dem Original im Staatsarchiv zu Düsseldorf, Das Siegel sehr be- schädigt,

Aachen, R, Pick,

5. Johann von Aachen.

Johann von Aachen (1552 ? 1615) hat seinen Namen von der Stadt Aachen, wo sein Vater geboren ward. Köln war Johanns QeburtsstÄtte. J. SvÄtek in Prag hat kulturgeschichtliche Bilder Böhmens 1879 herausgegeben (Wien, Braunmüller), die grosses allgemeines Interesse haben, wie z. B. die Ab- handlungen „Schiller in Böhmen**, „Die Rudolfsche Kunstkammer in Prag". Im letztern Aufsatz kommt der Verf. auf unsern Johann von Aachen. Während der notorische Betrüger Kelley, von Rudolf II. geadelt, mit Glücksgütem überhäuft ward, hatte Johann von Aachen erst nach vielen Jahren einen monatlichen Gehalt von 25 Gulden, und doch gehörte er neben dem Maler Bartholomäus Spranger zu den Lieblingen Rudolfs, so dass er oft seine Staffelei in der Nähe der kaiserlichen Gemächer aufstellen musste oder in seiner Wohnung vom Kaiser aufgesucht wurde. Diesem Künstler allein ist es zu danken, dass die Sammlungen Rudolfs eine solche Anzahl von echten antiken und modernen Kunstwerken aufzuweisen hatten; denn auf seinen beiden Reisen nach Italien, die er im Auftrag des Kaisers unternommen, erwarb er Meisterwerke, die heute noch die Bewunderung der gebildeten Welt erregen. Unter ihnen befand sich auch die berühmte Statue des Niobiden Ilioneus, die gegenwärtig zn den ersten Zierden der Münchener Glyptothek zählt. Johann von Aachen erspähte

Kleinere Mittheilangen. 287

dieses ausgezeichnete Kunstwerk des Griechen Skopas im Laden eines

Jüdischen Antiquars zu Rom, der dessen hohen Werth jedenfalls zu schätzen

^wTLSste, denn der Agent des Kaisers musste es mit 22000 (nach andern

34000) Dukaten erkaufen. Damals war das Bildwerk noch kein Torso wie

jetzt; wahrscheinlich wurde es in Prag verstümmelt. Durch Johann von

Aachen gelangten die meisten Titians, Rafaels, Correggios auf den Hradschin.

Der Kaiser gewährte ihm unbeschränkten Kredit.

Soviel aus einem Buche, das unsere Leser nicht nach Belieben nach- schlagen können. Ob das Obige auch sonst bekannt ist, weiss ich nicht, ist mir auch gleichgültig. Ich wollte beim Lesen des Schiller-Artikels aus dem folgenden Aufsatz Einiges für weitere Kreise ausztiglich mittheilen.

Bonn. A. Birlinger,

6. Der Grabstein Stephans von Werth, eines Bruders des Feldmarschalls Jan von Werth.

An den Wänden des Kreuzgangs der frühern Abtei, des jetzigen Jagd- schlosses Bebenhausen bei Tübingen, sind die Grabsteine, welche früher den Boden des Kreuzgangs deckten, seit Wiederherstellung der alten Kloster- räume pietätvoll aufgerichtet und dadurch für die Nachwelt gerettet worden. Unter ihnen befindet sich auch der Grabstein des kurbaierischen Rittmeisters Stephan von Werth, Bruders des berühmten Reitergenerals. Stephan hatte am 30. Januar 1643 bei einem Ueberfall in der Nähe von Heppach im Baierischen sein Leben verloren und wurde in Bebenhausen beigesetzt.

Der gut erhaltene Grabstein zeigt oben das Werthsche Stammwappen, nämlich in einem damascirten Schild einen Mühlstein, in den Ecken des Schilds von je einem Mühleisen (Hausanker) begleitet. Der gekrönte Helm trägt eine Mohrenfigur ohne Arme mit abiliegendem Stirnband, zwischen offenem Flug. Letzterer zeigt Mühlstein und Mühleisen wie der Schild. Die Inschrift des Steins lautet: „Anno 1643 den 30. Januarii als der Rom. Kais. Maj. auch churfuerst. Durchleucht in Bayern gen. veltmarschallieutenant Johan Freiherr von Wehrt dem Feindt zu Imdesslbach eingefallen ist . . .* vielgeliebter Herr Bruder, der wohledle und gestrenge Herr Stephan v. Wehrt Rittmeister .... an zween Schüssen .... todt bliben und .... begraben.** Dieser Grabstein ist von grosser Wichtigkeit, weil er das Familien- wappen der von Werth nachweist. Es findet sich auch in Verbindung mit dem Wappen der Familie Römer auf einem Grabstein in der Kirche zu Aldenhoven bei Jülich. Peter von Werth, Johanns und der Sibilla von Qressenich Sohn, kaiserlicher Oberstlieutenant, war nämlich seit 1614 mit Christina Römer, Tochter des Peter Römer, Schultheissen von Aldenhoven, vermählt und hatte zwei Söhne, Peter und Hans Adam von Werth, welcher

') Die punktirten Stellen zeigen onleserliclie Buchstaben.

28B Kleinere Mittheilangen.

letztere kaiserlicher Oberstlieutenant war. Das Werthsche Stammi^appei mit etwas veränderter Helmzier bildet auch im Wappen des Reichsfreihem- Diploms Johanns von Werth das 1. bezw. 4. Feld des gevierteten Schilik jedoch ist aus dem Mühlrad ein Bing geworden. Im Reichsfreihemi-I>iplGE der Eaitz von Frentz wird fölschlich der Herzschild des freiherrlich Werthschen Wappens, welcher einen Löwen zeigt, als Stammwappen de Werth bezeichnet. Durch diesen Irrthum der kaiserlichen Kanzlei ist di» alte Werthsche Stammwappen nicht in das freiherrlich von Frentzsch^ Wappen übergegangen.

Die Familie des Beitergenerals stammte aus dem Jülichscheu Amt Aldenhoven und war in Puffendorf längere Zeit angesessen. Ein Original- verzeichniss der Lehen und Freigüter des Amts Aldenhoven aus dem Ende des 16. Jahrhunderts' enthält folgende Eintragung: „Item Bütger von Wiertfc sambt seinen miterben haben ein frei gut zu Puffendorf, welches ihre vur- alderen mit pferdt und harnisch jederzeit bedient, und seind gemeldter Bütger und seine miterben desselbige uf ersuchen mit pferdt und hämisch zu bedienen gutwillig." Dieser Bütger von Wierth wird der Bruder des Generals gewesen sein, der, wie Ennen nachgewiesen hat', auch Werth von Puffendorf hiess. Vielleicht gehört auch der Johann van Werde, welcher 1449 für seine, seiner Frau und ihrer beiderseitigen Vorfahren Seelenruhe eine Messestiftung in der Kirche zu Dürwiss mit Zustimmung seines Neffen Damian. von Broich und seines Schwagers Gerhard von Gevenich machte ^ der Familie des Generals an, da Dürwiss unweit Aldenhoven und Paffen- dorf liegt.

Ein Buch des 17. Jahrhunderts im Archiv zu Harff enthält auf der Innern Seite des Einbanddeckels das Chroniken: pVer loannes De Werth natVs seXta Mensis aprILIs Vesperl. Ob sich diese das Jahr 1590 ergebende Inschrift auf den berühmten Jan bezieht? Man möchte es fast annehmen.

Coblenz, E, von Oidtman,

7. Zum Leben des Aachener Geschichtschreibers Karl Franz Meyer des Aeltern.

Der früher in der hiesigen Stadtbibliothek, jetzt im städtischen Archiv aufbewahrten Handschrift des 1781 gedruckten ersten Bands der „Aacheoschen Geschichten** von Karl Franz Meyer (dem Aeltern), einem mächtigen Folio- band von 1959 Seiten, hat der Sohn und Amtsnachfolger des Verfassers, der Aachener Stadtarchivar Karl Franz Meyer der Jüngere (t 1821), auf einem Vorsatzblatt eine kurze Biographie seines Vaters beigefügt, welche die bisher

*) Im Archiv eu Harff.

^ Belletristische Beilagen zu den Kölnischen Blättern 1867 und Kölner Nach- riohten, Jahrg. 1872 und 1878.

*) Urkunde abgedruckt in den Beiträgen cur Qesoh. von Eschweiler und Um* gegend I, S. 81 f.

Kleinere Mittheilungen. 289

l>ekaimten Nachrichten über das Leben dieses Mannes (vgl. Fr. Haagen in

der Allgemeinen Deutschen Biognraphie XXI, S. 605 ff.) erheblich vermehrt

und insbesondere auch über seine Jugendjahre interessanten Aufschluss gibt.

A.ls Motto sind diesen Aufzeichnungen die Worte des Justus Lipsius (in vit.

Senec.) ^ Virorum illustrium vitam prodere vetus institutum est* übergeschrieben

ujid zu Ende am Rande die auf den Schreiber der Biographie bezügliche

^otiz „Vi clementissimi diplomatis de 28. Novembris 1817 regia maiestas

Sorussiae praedicatum cousiliarii aulici mihi gratiosissime largirl dlgnata est**

zugesetzt, üeber die literarische Thätigkeit des altem Meyer hat Haagen

a. a. 0. ausführlich, wenn auch nicht in allen Punkten richtig gehandelt.

Hingewiesen sei hier nur noch auf eine Nachricht Ph. W. Gerekens

(Keisen durch Schwaben u. s. w. III, S. 243), der bei seiner Anwesenheit

in Aachen ums Jahr 1780 auch Meyer besuchte und von seinen Arbeiten

[Einsicht nahm. Die erwähnte Biographie lautet:

Carolus Franciscus Meyer natus Aquisgrani vigesima sexta Mail, anno millesimo septingentesimo vigesimo octayo, filius Romano-catholicorum paren- tum ac coniugum Joannis Meyer et Mariae Agnetis Körver. Postquam inferiora et Studium philosophiae in gymnasio Aquisgranensi absolverat, ordlnem reyerendorum patrum de monte Carmelo 1746 Coloniae ingreditur; sed a patre magistro novitiorum istius ordinis sub yelamento obedientiae et quidem monachorum more dure tractatus, currente adhuc novitiatus anno, ad familiam suam Aquisgranum rediit. Deinde se praxi notariatus nee non legibus Bomanis et statutis patriae impendens in notarium caesareum et procuratorem senatus Aquisgranensis promotus ' cum Joanna Maria Faucken, lanae et vini mercatoris Aquisgranensis filia, matrimonium contraxit. Anno 1780 a senatu Aquisgranensi qua archivarius' et 1782 qua secretarius'

*) Seine erste geriohtliohe Thätigkeit in Aachen entfaltete Meyer, wie es scheint, am Lehngerioht des sog- Schleidener Lehns. Das im Stadtarchiv aufbewahrte „MUhlen- register" von 1754 vermerkt nämlich S. 18 : „1755, den 29. Octobris juraverunt magistri Franoisons Pedder et Carolus Franciscus Meyer qua procuratores htgus ouriae feu- dalis ad manus des herm lehenverwalters.**

«) Nach den Eathsprotokollen der Stadt Aachen, Bd. XXXn, Bl. 290 v. wurde Meyer am 10. November 1780 das Prädikat „eines Archivarii dieser Stadt" (Arohivarius titolaris), jedoch ohne Besoldung beigelegt.

>) Das im Stadtarchiv zu Aachen befindliche „Juramentorum oder Aydt protho- collum" vermerkt unter dem „Copysten aydt" fol. 5: „1782 den Sten Decembris juravit herr secretarius Carl Franz Meyer obigen aydt ad manus herren burgermeister Dauven sub dispensatione quoad horam et tempus." Der Eid hatte folgenden Wortlaut: „Ihr solt globen und schweren einen aydt zu godt und seinen lieben heyligen, den herren burgermeisteren und rahtt dießer stadt getreu und gehorsamb zu sein, ihr bestes zu forderen und ärgst zu warnen, den mündlichen verhoers-secretarial-dienst mit proto- colliren, schreiben, ingroßiren und copyren, und was demselben femer obligt mit ganzen fleiB und nach euerem besten vermögen getreulich verwalten, die ahn ihre kayßerliche mayestät, ohurfursten und stände deß heyligen reichß und waß sonsten von einem ehr- baren rahtt einiger weiß tmter der stadt insiegell vor schreiben anßgefertiget werden, forderlich in daß missival oop3rren und ediotal-buch unverändert einschreiben, auch nichts ohne erlaubnuß der herren burgermeisteren oder zum wenigsten mit votmi$eai eines rahts syndici oder seoretcuij mit euch von der canzleyen nach schreiben noch iomandt mittheileu oder mundtlich eröffiaen, und

290 Kleinere Mittheilnngen.

electns. Hie vir eruditns et praesertim in studio diplomatico insignis < anthor Historiae Aqnisgranensis anno 1781 Mulhemii ad Rhenlun in fo])« impressae \ cui immenso labori solus per viginti quinqne annos ex proprio nKrti et vero amore patriae insudavit. Praeterea doetissimas dissertationes tu inris pnblici Aquisgranensis quam locorum adiacentinm confedt. PostioK- studendo et variis morbomm accidentiis valde debilitatns, appropinquante U urbem Aquisgranensem exercitu Gallico, anno 1794 ad periUnstrem et celeberrimam sacri Romani imperii abbatiam Werdinensem ad Raram etii- gravit. Ibidem optime receptas et per septem menses morbo cohübw detentas tandem apoplexia tactns et sacrosanetae ecclesiae sacramentb saepias praemunitus septima Aprilis, anno millesimo septingentesimo nona- gesimo qninto, oxore sua memorata, matre mea dilectissima, et qnatner prolibns relictis, anno aetatis sexagesimo septimo animam creatori sb« reddidit et in ecclesia praelaudatae abbatiae sepultus '. Praesentes pIuriniiiBi venerandi patris sui cineribus dedicavit et posteritati tradidit Aquisgrani hac prima Julii 1803 filius unicns et devotns

Carolus Franciscus Meyer, archivarius urbis Aqnisgranensis.

Attchen, B, Pick,

lierren burgermeistere und rahtt befehlen, alßpaldt inß werk richten, su somxnersBexteii deß moi^ens um 8, im winter zu 9 obren und daß ganze jähr auf den naohmitta^ nmb die 2 nhren euch auf der canzleyen einstellen und waß ihr auf der canzleyen and rabtthauß von geheimen Sachen erfahren und vernehmen möget, daßelbe versch^ireig«t und in geheimb haltet, ohne argelist."*

*) Der Aachener Magistrat scheint die Druckkosten dieses Werks bestritten so haben, da es, worauf Herr Apotheker Pauls zu Bedburg mich gütigst aufmerksam machte, in den 1786 zu Amsterdam erschienenen „Lettres sur la ville et las e«ox d'Aix-la-ChapeUe" p. 6 heisst: „Lliistoire de la ville a 6t6 trait^e en Allemand, en. deox volumes in-folio, par M. Charles-Francois Meyer, conseiller-söcretaire et arohiviste de la ville. Messieurs les magistrats s'6tant charg^ de l'impression, cette faveur atteste la bontö de Touvrage."

s) Yermutblioh wurde Meyer zur Wahl seines Aufenthalts in Werden bewogen, weü hier ein Verwandter, wie es scheint, Franz Karl Ludwig Meyer, Mitglied der Abtei war. Letzterer gab im Jahre 1818 (bei G. D. Bädeker in Essen) einen fast ver> schoUenen Führer durch ^Aachen und seine Umgebungen" (63 SS. kL SP) mit ein«r topographischen Karte und 1836 (zu Düsseldorf gedruckt bei J. Wolf) eine grössere Schrift „Werden und Helmsttttit ehemaligen Kaiserlichen, freien und unmittelbar exempten Abteien" (126 SS. 8P) mit dem Büdniss Karls d. Gr. heraus. Gleichzeitig mit dem letzten Abt von Werden, Beda, oder, wie er mit seinem weltlichen Namen hie«s, Komelius Savels, einem geborenen Aachener, hatte er am 8. Juni 1774 das Ordenskleid angelegt. Ein bis in die letzten Zeiten im Besitz der Abtei Werden befindliches lebens- grosses Bild Karls d. Gr., das. eine alte Sage Titian zuschreibt, steigerte er an und schenkte es nach Aachen, wo es zunächst in dem Kabinet des Hofraths K. F. Meyer Aufstellung fand und später an die Stadt aufs Rathhaus gelangte. (F. K. L. Meyer, Werden und Helmstädt S. 6 und 108; Aachen und seine Umgebungen S. 7.) Ob der Archivar Meyer in der Abteikirche zu Werden ein Grabdenkmal erhielt, war bisher nicht zu ermitteln. Unter den jetzt an den Wänden dieser Kirche angebrachten Leichensteinen befindet sich, wie Herr Pfarrer Gisbertz zu Werden mir firenndlichgt mittheüte, keiner, der seinen Namen trägt

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1888/89.

Die erste Monatsversammlung nach Veröfifentlichung des letzten Berichts über die Vereinsangelegenheiten (vgl. diese Zeitschrift X, S. 270 ff.) fand statt am 21. Dezember 1888 anter der Leitung des Herrn Stadtarchivars Pick, welcher zunächst auf die kurz vorher erfolgte Blosslegung eines Stückes römischer Wasserleitung im Hof der Burtscheider Gasanstalt und auf den Zusammen- hang dieses Fundes mit altem hinwies. Seinem Vorschlag entsprechend, wurde aus den Herren Dr. Kelleter, Kaplan Schnock, Dr. Wieth und Dr. Wings eine Kommission gebildet, um die genauere Untersuchung in die Hand zu nehmen. Herr Pick legte sodann mehrere Abdrücke von Aachener Stadt- siegeln vor, unter andern das sehr schön ausgeführte, welches Napoleon durch Urkunde vom 6. Juni 1811 von St. Cloud aus der zu den „bonnes villes** gehörenden Stadt Aachen verlieh. Zwei in der Komeliusstrasse gefundene Töpfchen des 16. Jahrhunderts wurden gezeigt und besprochen. Anknüpfend an ein von Wackemagel veröffentlichtes, den Kaiser Maximilian zum Kampf gegen die Türken aufforderndes Gedicht, entwickelte Herr Realgymnasiallehrer Dr. Greve das im Anfang des 15. Jahrhunderts aufgekommene Quatemionen- System des heiligen römischen Kelchs deutscher Nation, in welchem Aachen als erste der „vier Städte** figurirt. Herr Kaplan Schnock besprach die Aachener Junkheitsmünzen und eine Schönforstcr Münze, Herr Dr. Kelleter, mit Benutzung eines Schriftstücks von 1608, die Glocken der Burtscheider St. Michaelskirche. Eine dieser Glocken ist durch Gregorius von Trier gegossen. Dieser Umstand veranlasste Herrn Stadtarchivar Pick zu ein- gehenden, meist bisher unbenutzten Archivalien entnommeneu Mittheilungen über die bekannte Giesserfamilie, der auch jener Meister angehört. Herr Kaplan Schnock erörterte noch die Verhält Disse der Burtscheider Pannhäuser und schliesslich machte Herr Pick aufmerksam auf die Aachener Sage, wonach ein gegen das Sanctissimum unehrerbietig handelnder vornehmer Mann mit seiner Kutsche in der Aldegundisstrasse (jetzt Ursulinerstrasse) von dem sich öffnenden Boden verschlungen wurde. Dieselbe Erzählung kommt auch in rheinischen und in holländischen Städten vor.

In der zweiten, unter dem Vorsitz des Herrn Stadtdechanten Planker am 18. Januar 1889 abgehaltenen Versammlung erstattete Herr Gymnasiallehrer Dr. Wieth Bericht über die Thätigkeit der am 21. Dezember eingesetzten Kommission, welche unterdessen Feststellungen über die in der Burtscheider Gasanstalt gefundene römische Wasserleitung, insbesondere die nöthigen

19*

J

292 Chronik des Aachener Greschichtsvereins 1888/89.

Messungen vorgenommen und photographische Aufnahmen veranlasst ham. Herr Stadtarchivar Pick ergänzte diesen Bericht noch durch Mi^theiliiBgea über die im Ganzen glücklich gelungene Aushebung eines fast zwei Meus langen, mit dem zugehörigen Mauerwerk 50—60 Centner wiegenden Tbcsb der Leitung und dessen Ueberführung in das Suermondt-Musenm. Dem vn der Versammlung geäusserten Wunsch, dass die Nachrichten über diese Wasserleitung in die Vereinszeitschrift aufgenommen werden möchten, is durch den Abdruck einer Abhandlung des Herrn Pick und des auf einei Plan gestützten Berichts des Herrn Direktor Siedamgrotzky auf Seite 272 tL dieses Bands entsprochen worden. Herr cand. phil. Kelleter hielt ein» Vortrag über Aachener Dialektforschung, in welchem er, nach Aa&ählnn^ der wichtigsten zur Verfügung stehenden Sammlungen einheimischer Spradi- denkmäler und Hervorhebung der grossen durch eine anscheinend ganz verworrene Schreibweise verursachten Schwierigkeiten, den Vokalismas der Aachener Mundart schilderte, der von der Neigung beherrscht sei, aUe Vokale und Diphthonge zu verdunkeln. Im Verlauf seiner durch reiche Beispiele erläuterten Darlegung machte Herr Kelleter darauf aufmerksam, dass noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts das Aachener Plattdeutsch genau so ausgesprochen wurde, wie im 15. und 16. Jahrhundert, und legte die Gründe dieser Erscheinung dar. Es folgten noch Mittheilungen des Herni Pick über alte Namen von Aachener Häusern, sowie eine lebhafte Verhandlung über die Entstehung des Strassennamens „Karlsgraben** und über die durch wiederholte Auffindung grösserer Knochenmassen anscheinend nahegelegte Benutzung eines Theüs des L5hergrabens als Schindanger.

Die durch den Vorsitzenden des Vereins geleitete Versammlung vom

14. März 1889 eröffnete Herr Pschmadt, Lehrer an der Vorschule des Real- gymnasiums, durch einen eingehenden Vortrag über die Aachener Revolution vom Jahre 1880, welcher unterdessen in dem Aachener St. Josephs-Kalender für 1890 erschienen ist. Herr cand. phil. Kelleter setzte seine Mittheilungen über Aachener Dialektverhältnisse fort und erklärte unter Anführung zahl- reicher Beispiele viele lautliche Erscheinungen, welche sonst meist als Diphthon- girungen angesehen werden, für Vokaldehnungen. Herr GFeheimrath Loerscb gab einige Nachrichten über das nach der Stadt Brüssel benannte Haus, welches seit dem 14. Jahrhundert, vielleicht schon länger, den Aachener Schöffen als Versammlungshaus für gewisse amtliche, mehr aber noch für korporative und gesellige Zwecke diente, über dessen Schicksal seit dem

15. Jahrhundert Nachrichten fehlen und dessen Lage noch völlig un- sicher ist.

Seit dem 1. Dezember 1888 ist die Zahl der Mitglieder des Aachener Geschichtsvereins wiederum gewachsen. Von 636, welche der Verein an jenem Tage zählte, sind bis zum 1. Dezember 1889 4 gestorben und 18 ausgetreten; bis zum letztgedachten Tage sind aber neu beigetreten 88, so dass die Gesammtzahl nunmehr 652 beträgt. Postkarten mit kurzen Angaben über den Zweck des Vereins und Aufforderung zum Beitritt stehen, wie

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bisher, jedem Vereinsmitglied, das sich für die dringend noth wendige Yer- mehmng der Mitgliederzahl bemühen will, beim Vorstand zur Verfügung. Auch die Zahl der Vereine, Gesellschaften, Institute und Bedaktionen, gegen deren Publikationen der Verein die seinigen austauscht, hat sich vergrössert und beträgt nunmehr 160. Seit dem Druck des letzten Jahres- berichts sind diesem Tauschverkehr neu beigetreten:

1. Soci6t6 d'archöologie in Brüssel.

2. Litterarische Gesellschaft in Fellin.

8. Geographische Gesellschaft in Greifswald.

4. Musealverein für Krain in Laibach.

5. Friesch Genootschap van Geschied-, Oudheid- en Taalkunde in Leeuwarden.

6. Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde in Metz.

7. Münchener Alterthumsverein in München.

8. Bedaktion des Polybiblion in Paris.

9. American Philosophical Society in Philadelphia.

10. Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrio in SalzwedeL

11. Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde in Stettin.

12. Nordisches Museum in Stockholm.

18. Smithsonian Institution in Washington.

Den Satzungen entsprechend sind der Stadtbibliothek und der Hand- bibliothek des Stadtarchivs die durch Tausch an den Verein gelangten zahl- reichen und werthvoUen Bücher und Zeitschriften überwiesen worden.

Dem hochverdienten Präsidenten des Vereins von Alterthumsfireunden im Bheinlande, Herrn Geheimen Medizinalrath Professor Dr. Hermann Schaaff- hausen zu Bonn, welcher am 31. August 1889 sein fünfzigjähriges Doktor- jubiiäum feierte, hat der Vorstand an diesem Tage durch ein Schreiben aufrichtige und warme Glückwünsche dargebracht.

Die jährliche Generalversammlung ist am 14. Oktober 1889, Abends 6 Uhr, im städtischen Kurhaus abgehalten worden. Der Vorsitzende, Herr (Geheimer Justizrath Professor Dr. Loersch, rief zunächst die Thatsache in die Erinnerung der Anwesenden zurück, dass am 27. Mai 1879 die Versamm- lung stattgefunden habe, in welcher der Verein sich konstituirte, die ersten Statuten festsetzte und den ersten Vorstand wählte, dass somit der Aachener Geschieh ts verein die ersten zehn Jahre seiner Thätigkeit zurückgelegt und damit den Beweis seiner Lebensfähigkeit wie der Berechtigung seiner Existenz erbracht habe. Der kurze Bückblick auf die Entwicklung und Wirksamkeit des- Vereins, der sich diesem Hinweis anschloss, möge auch hier eine Stelle finden.

Unter den glücklichsten Umständen ist der Verein ins Leben getreten. Er hat Alfred von Beumont Jahre lang als ersten Präsidenten an seiner

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Spitze gesehen, einen Gelehrten von europäischem Buf, der die wissenaehrnft- liehe Haitang der neuen Vereinigung von vornherein bestimmte nnd ihr Ansehen weithin begründete. Die Zahl der Mitglieder war von AnfMig an eine überraschend grosse, und überstieg die der Mehrzahl aller Shnlicha Vereine. Es war vorauszusehen, dass sie zunächst nicht auf gleicher Höhe erhalten bleiben könne, und so ist sie denn auch allmählieh von 782 im Jahre 1879 auf 640 gesunken. Vom Anfang des Jahres 1886 an ist es aber den energischen Bemühungen des Vorstands und mancher eifrigen Mit^eder gelungen, wieder ein stetiges Wachsen, das jetzt noch fortdauert, herbei- zuführen.

Die Erfahrungen der ersten sieben Jahre brachten Belehrung über gewisse Mängel der ursprünglichen Verfassung und Organisation des Vereins, welche seiner Thätigkeit wie der Lösung einzelner in seinen Bereich fallenden Aufgaben mehrfach hemmend entgegentraten. Das veranlasste einen durch Herrn Stadtarchivar Pick in der Generalversammlung vom 18. Oktober 1886 gestellten und von der Versammlung angenommenen Antrag auf Einsetzong einer Kommission zur Prüfung der Statuten (vgl. diese Zeitschrift VUL, S. 322). Die Kommission unterzog, dem ihr gewordenen Auftrag entsprechend, die Statuten einer durchgreifenden Aenderung und Ergänzung; der von ihr ausgearbeitete Entwurf wurde in der Generalversammlung vom 10. November 1887 durch Zuruf angenommen (vgl. diese Zeitschrift IX, S. 232). Die seit dem 1. Oktober 1888 in Kraft getretenen neuen Satzungen, welche in dieser Zeitschrift IX, S. 241 ff. und auf den seit demselben Zeitpunkt eingeführten Mitgliedskarten abgedruckt sind, haben sich bis jetzt vollkommen bewährt.

Mit Dankbarkeit ist anzuerkennen, dass dem Verein von allen Behörden Vertrauen und Unterstützung entgegengebracht werden. Insbesondere haben die staatlichen wie die kommunalen Archiv- und Bibliothekverwaltungen, auf deren Hülfe die wissenschaftliche Forschung vor Allem angewiesen ist, mit grösster Liberalität diese Htllfe geleistet. Der Verein übersendet des- halb auch in dankbarer Anerkennung seine Zeitschrift den Staatsarchiven zu Düsseldorf, Coblenz, Münster und Wetzlar sowie den Stadtarchiven zu Köln und Aachen als Geschenk. Besondem Anlass zum Dank hat der Verein gegenüber den städtischen Behörden von Aachen und Burtscheid. Die Häupter der Verwaltungen dieser Städte haben ihm von Anfang an die Ehre erwiesen, die auf sie gefallene Wahl als Vorstandsmitglieder anzunehmen und der Vorstand des Vereins ist mehrfach da, wo es sich um geschichtliche, archäolo- gische und wissenschaftliche Angelegenheiten handelte, um seine Meinung befragt, diese freundlich gewürdigt worden. Seit mehrem Jahren gewährt die Stadt Aachen dem Verein einen Zuschuss von jährlich 150 Mark.

Eine nicht geringe Summe konnte im Laufe des ersten Jahrzehnts für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Die Geldmittel des Vereins sind während dieses ganzen Zeitraums durch den vortrefflichen Schatzmeister^^ Herrn Dr. Wings, verwaltet worden, dessen umsichtige nnd sorgfältigeCr ^'«(senführung, wenn sie auch hier und da durch ihre Strenge demVors<

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ftüübar wird, aneingeschrftnktes Lob verdient Binnen zehn Jahren hat der Verein weit über 26000 Mark auf die Herstellung seiner Zeitschrift, welche ihren Mitarbeitern ein nicht nnbedentendes Honorar gewährt, verwendet. Er hat in Bezug auf sie seine Pflichten gegen die Mitglieder, die den sehr mäßigen Beitrag von nur 4 Mark entrichten, da der sehnte Band schon im November 1888 erschien, nicht nnr rechtzeitig und aasreichend, sondern geradezu glänzend erfüllt, indem er ihnen während eines zehnjährigen Zeit- raums Aber 225 Bogen Text und 18 Abbildungen, Karten, Pläne u. s. w. lieferte. In diese Bogenzahl einbegriffen ist das von Dr. Keussen verfasste Register, welches den reichen Inhalt der ersten sieben Bände erschliesst. Kein Verein in Deutschland hat so früh und in so ausgezeichneter Weise den Anforderungen der wissenschaftlichen Benutzer seiner Zeitschrift Rech- nung getragen. Der zeitige Vorsitzende des Vereins ist selbstverständlich nicht berufen, den innem Werth der Zeitschrift zu beleuchten. Er würde aber eine Pflicht der Dankbarkeit unerfüllt lassen, wenn er nicht des Mannes gedächte, der nun schon seit einer Reihe von Jahren alle Lasten und Mühen der Redaktion, häufig unter den schwiiBrigsten Verhältnissen, getragen hat. Die Redaktion der ersten Bände hat der unvergessliche erste Präsident selbst besorgt, mit einer Aufopferung von Zeit und Kraft, welche nur zu würdigen vermag, wer sich Reumonts sonstige umfassende literarische Thätigkeit, wie die Schwäche seiner Gesundheit und namentlich seiner Augen vergegenwärtigt. Erst im Jahre 1883 fand er eine ausreichende Unterstützung an Herrn Richard Pick, der zunächst die Drucklegung der Zeitschrift, sehr bald aber auch ihre vollständige Redaktion auf sich genommen und bis jetzt in muster- hafter Weise durchgeführt hat. Der Vorstand hat nur eine durch die neuen Satzungen bestätigte Pflicht der Qerechtigkeit erfüllt, als er im Jahre 1886 den Beschluss fasste, den Namen des unermüdlichen Heransgebers auf das Titelblatt der Zeitschrift zu bringen.

Dem Verein ist es hauptsächlich durch die Bemühungen des Herrn Stadtarchivars Pick gelungen, einen sehr umfassenden Tauschverkehr mit wissenschaftlichen Vereinen, Instituten und Zeitschriften anzubahnen. Er hat auf diesem Wege eine sehr bedeutende und werthvolle Reihe von periodischen Veröffentlichungen und andern Werken erworben. Wenn er diese von Anfang an der Aachener Stadtbibliothek und der Handbibliothek des Archivs überwies, so hat er sich damit um zwei wichtige öffentliche wissen- schaftliche Institute verdient gemacht und zugleich die beste Aufbewahrung und Verwendung der erworbenen Bücher für alle Zeiten gesichert Mit Recht haben die neuen Statuten dieses Vorgehen bestätigt. Es bedarf nicht der Hervorhebung, dass Entleihung und Benutzung den Vereinsmitgliedern dadurch leichter gemacht ist als durch die an der Unmöglichkeit der Beschaffung von sichern Räumen schliesslich fast stets scheiternde Einrichtung einer besondem Vereinsbibliothdt.

Es sei endüflii M^^fK seit einigen Jahren eingerichteten Monatsver- sammlungen geteUft?'^^^^ "^gliedern viele interessante und lehrreiche

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Vorträge und Mittheilnngen, willkommene Gelegenheit zum Austausch ihrer Kenntnisse and Ansichten, Anregungen aller Art geboten haben.

Die Pflicht gewissenhafter Berichterstattung erheischt das offene Ge- ständnisse dass der Verein einerseits noch nicht genug bestrebt war, eine grössere Mitgliederzahl und damit die Mittel zur VerOfifentlichong umfang- reicherer Arbeiten zu gewinnen, und dass er andrerseits eine ihm obliegende ebenso schöne als wichtige Aufgabe noch lange nicht ausreichend gefordert hat, wenn er auch die Nothwendigkeit ihrer Lösung schon vor einer Beihe von Jahren anerkannte und aussprach. Ein den berechtigten Anforderung^ der heutigen Wissenschaft entsprechendes Urkundenbuch der Städte Aachen und Burtscheid und des Aachener Reichs ist, wie jede Untersuchung auf jedem Gebiet stets aufs Neue zeigt, geradezu schreiendes Bedttrfhiss. Die Verhältnisse am Aachener Archiv sind, sobald das stattliche Gebäude, welches die Stadt mit einsichtigem Wohlwollen den Zeugnissen ihrer grossen Ver- gangenheit errichtete, bezogen sein wird, kein Hindemiss mehr, die geeigneten Kräfte sind vorhanden, das zweite Jahrzehnt des Aachener Geschichtsyereins muss der Förderung und Vollendung dieses Werkes als einer Ehrenpflicht gewidmet sein.

Uebergehend zur Berichterstattung über das seit der letzten General- versammlung verflossene Jahr widmete der Vorsitzende zunächst Worte der Erinnerung den vier verstorbenen Mitgliedern Landgerichtsrath Freiherr von Fürth, Arresthauspfarrer Schulz, Oberregierungsrath Jungbluth und Amtsgerichtsrath Moulenbergh, deren Andenken die Versanmilung durch Erheben von den Sitzen ehrte; dann schilderte er Lage und Thätigkeit des Vereins. Hierauf trug der Schatzmeister, Herr Dr. Wings, die Rech- nung des Jahres 1888 vor.

Die Einnahmen umfassten

1. den Kassenbestand aus dem Vorjahr 1202 M. 77 Pf.

2. den Beitrag der Stadt Aachen 150 ^

3. die Beiträge der Mitglieder 2452 ,

4. den Ertrag aus abgesetzten Exemplaren der Zeit- schrift 40 50

5. rückständige Beiträge aus 1887 8

6. ein zurückgegebenes Honorar 4„27

7. die Zinsen der Sparkasse 41 75

zusammen . . 8899 M. 29 Pf. Die Ausgaben betrugen . . 2177 65 ^

Es verblieb ein Kassenbestand von . . 1721 M. 64 Pf.

Das Vereinsvermögen, welches Ende 1888 1202 M. 77 Pf. betrug, hat sich also im Laufe des Jahres 1889 um 518 M. 87 Pf. vermehrt.

Die am 11. Oktober 1888 gewählten Bevisoren haben die Kassenver* waltung für das Jahr 1888 am 8. Oktober 1889 geprüft. Die Versammlung

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1888/89. 297

drttckte ihnen, sowie dem Schatzmeister ihren Dank ans und wählte die Herren Dr. med. Ignaz Beissel und Tnchfabrikant Gustay Kesselkaol Wiedcmm als Revisoren für das Jahr 1889.

Der Vorsitzende gab der Versammlung Kenntniss von folgenden £e-

*

schlüssln, welche der Vorstand in seiner Sitzong vom 11. Oktober, auf Grund von Anträgen des Herrn Stadtarchivars Pick und nach eingehender Begründung seitens des Antragstellers, gefasst hat

1. Der Verein wird mit Rücksicht auf den grossen materiellen WerUi seiner Zuwendungen an städtische Institute und im Hinblick auf die bedeu- tenden Kosten, welche die Vorarbeiten zum ürkundenbuch verursachen, die Stadt Aachen um eine namhafte Erhöhung des ihm bisher gewährten Zu- schusses vom Etatsjahr 1890/91 an bitten.

2. An dem Geburtshaus des 1887 verstorbenen Malers Kaspar Scheuren in der Franzstrasse zu Aachen soll eine Gedenktafel auf Kosten des Vereins angebracht werden.

3. Der Verein wird die Aufrichtung des in der Pfarrkirche zu Nideggen in einer Ecke am Boden liegenden und der 2>erstörung preisgegebenen Grab- steins des Grafen Wilhelm IV. von Jülich und seiner Gemahlin Rikardis und dessen Versetzung an die Kirchenwand von der zuständigen Stelle erbitten, sich auch erforderlichen Falls mit einem Beitrag zu den Kosten betheiligen, um das durch sein Alter und als Grabstein von Vorfahren unseres Königshauses besonders merkwürdige Denkmal vor dem Untergang zu retten.

4. Zur Vorbereitung der Herausgabe eines ürkundenbuchs der Städte Aachen und Burtscheid und des Aachener Reichs wird eine Kommission von drei Mitgliedern ernannt, welche die Vorarbeiten und die Beschaffung der nothwendigen Geldmittel übernimmt. Der Verein bewilligt dem Unternehmen selbst vom 1. Januar 1890 an einen jährlichen Zuschuss von 300 Mark aus der Vereinskasse.

5. Aus einheimischen und auswärtigen Vereinsmitgliedem werden neun Kommissionen mit dem Recht der Zuwahl gebildet, welche sich die Erforschung der einzelnen, der Wirksamkeit des Vereins unterstehenden Gebiete besonders angelegen sein lassen und alljährlich in der Generalversammlung oder in kurzem Zeitabschnitten (in den Monatsversammlungen) über das Ergebniss ihrer Thätigkeit, welche sich auch auf Ertheilung von Auskünften und Beant- wortung von Fragen erstrecken kann, Bericht erstatten.

Die Versanmilung nahm alle diese Beschlüsse beifällig auf.

Nach Abschluss des geschäftlichen Theils hielt Herr Stadtarchivar Pick einen Vortrag über die im Wisperthal, gegenüber der Burg Rheinberg gelegene „Aachener Schanze", welche, wie die Sage erzählt, von Aachener Kaufleuten erbaut sei, um den Transport ihrer Tuchwaaren zur Frankfurter Messe zu sichern. Der Redner glaubt den Bau auf die in Loceh vormals zahlreich wohnenden Tuchweber, welche dem Erzbischol WiBM^M^fHainz 1279 bei der Belagerung der Burg Rheinberg Hülfe

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zu sollen und nimmt an, dass deren Gewerbe von Aachen aus, wo man nrndi- weisbar ächon zu Anfang des 12. Jahrhunderts die Zeogmanufaktor lebhaft betrieb, nach Lorch verbreitet wurde.

Mit Bücksicht auf die Anerkennung, H'elche die Kaiserin Augasta stets dem Wirken des Malers Kaspar Scheuren gezollt hat, wurde durch den Vor- sitzenden nach der GU^neralversammlung Ihrer Majestät angezeigt dass der Geschichtsverein an Scheurens Geburtshaus eine Gedenktafel anzubringen beabsichtige. Diese Mittheilung hat, ohne dass irgend eine Bitte ausge- sprochen worden wäre, zu einer überaus gnädigen Spende der Kaiserin für die Kosten der Tafel Anlass gegeben. Die bezügliche von der Summe von 100 Mark begleitete Zuschrift an den Vorsitzenden, die zugleich den Verein in hohem Maße ehrt, möge hier mitgetheilt werden.

„Coblenz, den 5. November 1889.

Dire Majestät die Kaiserin Königin Augusta haben mit lebhafter An- erkennung die MittheUung entgegen zu nehmen geruht, dass der Aachener Geschichtsverein dem verstorbenen Maler Kaspar Scheuren zu Ehren eine Gedenktafel an seinem Geburtshause anzubringen gedenkt. Bei den lang- jährigen Beziehungen des Aachener Künstlers zu Ihrer Majestät und bei dem ehrenvollen Andenken, welches Allerhöchstdieselbe dem Professor Kaspar Scheuren bewahren, würde es Ihrer Majestät erwünscht sein, Allerhöchst Sich durch beifolgenden Beitrag an den Kosten dieser Gedenktafel betheiligen

zu können.

Im Allerhöchsten Auftrage

der Kabinets-Rath

von dem Knesebeck."

Der ehrfurchtsvolle Dank des Vereins ist Ihrer Majestät durch den Vorsitzenden dargebracht worden.

Der Vorstand hat zu Mitgliedern der Kommission für die Vorbereitung des Urkundenbuchs die Herren Geheimrath Loersch, Landgerichtspräsident Oppenhoff und Stadtarchivar Pick bestimmt.

Die oben erwähnten Kommissionen sind zunächst durch Wahl seitens des Vorstands in folgender Weise gebildet worden:

1. Kommission fttr römische und mittelalterliche Alterthümer: Stadt- archivar Pick, Vorsitzender, Hauptmann a. D. Bemdt, Kaplan Schnock, Gymnasiallehrer Dr. Wieth, Pfarrer Becker-Hallschlag, Deservitor Frantzen- Eller, Professor Dr. Schneider-Düsseldorf.

2. Kommission für Kulturgeschichte, Volksleben (Sagen, Märchen, Lieder, Sprichwörter), Unterrichts- und Bücherwesen: Landgerichtspräsident Oppen- hoflf, Vorsitzender, Stadtbibliothekar Dr. Fromm, Realgymnasiallehrer Dr. Greve. Stadtverordneter Kremer, Realgymnasialdirektor Dr. Neuss, Staatsanwalt- schafts-Sekretär Schollen, Gymnasialdirektor Dr. Schwenger, Gymnasiallehrer Dr. Wacker, Apotheker Eckerts-Randerath, Rektor Lückerath-Heinsberg, Apotheker Pauls-Bedburg.

Chronik des Aachener Geschichtsvereins 1888/89. 299

8. Kommission fttr Bechts- und Verfassungsgeschichte: Geheimrath Professor Dr. Loersch, Vorsitzender, Landrath Dr. Freiherr von Coels, Stadt- archivar Pick, Geheimer Archivrath Dr. Harless-Düsseldorf, Stadtarchivar Professor Dr. Höhlbaum-Köln.

4. »Kommission für ältere Topographie: Stadtarchivar Pick, Vorsitzender, Geheimrath Loersch, Fabrikant Menghius, Stadtdechant Planker, Architekt Bhoen, Gymnasiallehrer Dr. Wieth, Bürgermeister a. D. Zimmermann, Staats- archivar Habets-Maastricht.

5. Kommission für Kunstarchäologie: Professor Frentzen, Vorsitzender, Gymnasiallehrer Dr. Curtius, Professor Dr. Degen, Major Sartorins, Kaplan Schnock, Arzt Dr. Straeter, Rentner Dr. Wings, Architekt von Fisenne- Meerssen, Appellationsgerichtsrath a. D. Dr. Reichensperger-Köln.

6. Kommission für Münz-, Siegel- und Wappenkunde und Genealogie: Stadtarchivar Pick, Vorsitzender, cand. iur. et cam. Heusch, Fabrikant Macco, Rentner von Claer-Bonn, Hauptmann von Oidtman-Coblenz, Apotheker Pauls- Bedburg.

7. Kommission für Wirthschaftsgeschichte, Zunftwesen, Industrie und Handel: Geheimrath Professor Dr. Loersch, Vorsitzender, Stadtverordneter Kuet- gens, Gymnasiallehrer Oppenhoff, Stadtarchivar Pick, Professor Dr. Lamprecht - Bonn, Apotheker Pauls-Bedburg.

8. Kommission für Dialektforschung: Realgymnasial-Oberlehrer Marjan, Vorsitzender, cand. phil. Kelleter, Gymnasiallehrer Oppenhoff, Lehrer Pschmadt, Gymnasialdirektor Dr. Fuss-Strassburg i. E., Arzt Dr. Hecking-St. Vith, Oberpfarrer Dr. Pauly-Montjoie.

9. Kommission für die Sammlung von Flurnamen : Landrath Dr. Freiherr von Coels, Vorsitzender, Realgymnasiallehrer Dr. Greve, Kaufmann Math6e, Bürgermeister Middeldorf, Lehrer Pschmadt, Staatsanwaltschafts-Sekretär Schollen.

Druck von Herrn. Kaatzer in Aachen.

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