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B 08 TON MEDICAL LIBRARY

8 THE FENWAT

i

Zeitschrift für Infektionskrankheiten,

parasitäre Krankheiten und Hygiene

der

Haustiere.

Herausgegeben

Prof. Dr. R. Ostertag,

Cehelmem Regieiungsrat und Direktor der Veterinlr- AbtelluDK des Kaiserlichen OesundhelUamts zu Berlin,

Prof. Dr. E. Joest, und Prof. Dr. K. Wolffhügel,

Medlilnalrat und Dlrektoi des Pathologischen Lindwirtschaftl. und Tierarzll. Hochschule

Instituts der Tler3[ztl. Hochschule zu Dresden. zu Buenos-Alres,

Vierter Band.

Berlin 1908.

Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz. WllhelmslraBe 10.

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Originalarbeiten.

Zur Biologie des Erregers der Wild- und Rinderseuclie.

Zugleich ein Beitrag zu der Frage, ob mildere Maßregeln zur Be- kämpfung der Wild- und Rinderseuche befürwortet werden können.

Von IL Ostertagr*^)

An das Hygienische Institut sind vom 16. September 1905 bis zum 30. November 1906 insgesamt 21 Einsendungen gelangt, die nach der Annahme der Einsender von mit Wild- und Rinderseuche behafteten Tieren herrührten. Durch die diesseits vorgenommene bakteriologische Untersuchung konnte nur bei drei Einsendungen die Diagnose der Wild- und Rinderseuche bestätigt werden. Hier- nach scheint die Wild- und Rinderseuche seltener vorzukommen als angenommen wird. Die Einsendungen, die die Erreger der Wild- und Rinderseuche enthielten, waren dem Institut durch Kreis- tierarzt M. zu Wongrowitz (eine Sendung am 16. September 1905) und durch Kreistierarzt G. zu Pleß i. O.-S. (je eine Sendung am 17. und 22. September 1906) zugegangen. Die aus den Fällen Wongrowitz, Pleß I und Pleß II gewonnenen Kulturen sind einer genauen Prüfung unterworfen worden, die zeigte, daß sie Rinder unter den Erscheinungen der Wild- und Rinderseuche zu töten vermochten und auch in ihrem übrigen Verhalten vollkommene Übereinstimmung zeigten. Sie stimmten auch, wie beiläufig bemerkt werden soll, hinsichtlich der Form, Färbbarkeit, des Wachstums, der chemischen Leistungen und der Pathogenität für kleine Versuchstiere mit den Erregem der Schweineseuche und der Geflügelcholera gänzlich überein.

Die Rinder, die mit den aus den genannten Fällen erhaltenen Kulturen von Wild- und Rinderseuche tödlich infiziert worden sind.

1) Nach einem an den Kgl. Preußischen Minister für Landwirtschaft^ Domänen und Forsten erstatteten Bericht vom 26. August 1907.

Zeitaohrirt fflr lafektionakrankheiten. IV, 1/2. 1

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wurden zu bakteriologischen Untersuchungen über die Resistenz der in den verschiedenen Körperteilen enthaltenen Erreger gegen- über den natürlichen Einflüssen der Austrocknung, Belichtung und Fäulnis, sowie gegenüber den Einwirkungen der Erhitzung, Salzung, Pökelung und von Kalkhydrat (Kalkmilch, Ascher) verwandt. Zur Kontrolle sind auch Versuche mit Reinkulturen angestellt worden.

Die Untersuchungen haben ergeben, daß Austrocknung die Erreger der Wild- und Rinderseuche allmählich sicher abtötet. ^

' Die Häute der gestorbenen Tiere, die zum Trocknen auf dem Bodenraum des Instituts aufgehängt worden waren und hier je nach der Jahreszeit langsamer oder rascher austrockneten, waren nach 23 35 Tagen, in zwei Fällen bereits nach 15 und 18 Tagen, frei von ansteckungsfahigen Keimen. Die Ansteckungsfähigkeit war in sämtlichen Fällen verloren gegangen, sobald die Hautstücke ihre weiche, leicht biegsame Beschaffenheit verloren und eine sohlleder- artige Härte angenommen hatten.

Blut ist bei Eintrocknung in einer Glasschale nach 20 bis 24 Tagen, bei Eintrocknung nach Vermischung mit Gartenerde aber erst nach 29—50 Tagen avirulent geworden.

In Reinkulturen sind die Erreger der Wild- und Rinderseuche durch Austrocknung schon nach sieben Tagen abgetötet worden^ desgleichen durch Besonnung. Schneller als durch den natürlichen Einfluß der Austrocknung konnte die Infektiosität der Häute der an Wild- und Rinderseuche eingegangenen Rinder durch Behand- lung mit Kalkhydrat (Kalkmilch) beseitigt werden. Einlegen von Hautstücken in lOproz. Kalkmilch, die aus einem Teil Atzkalk und zehn Teilen Wasser bereitet worden war, während der Dauer von 24 Stunden genügte, um die Hautstücke ihrer Ansteckungsfähigkeit zu berauben.

Auch das in den Gerbereien zum Kalken der Häute in An- Wendung kommende Kalkhydrat (Ascher) wirkte prompt abtötend. Dagegen waren die Erreger der Wild- und Rinderseuche in bereits einmal gebrauchter Ascherflüssigkeit noch nach 117 Tagen mfek- tionstüchtig.

1) Die Einzelheiten dieser Untersuchungen werden von den Herren Dr. Knuth, Abte ilungs Vorsteher, und L arisch, früherem wissenschaftlichen Hilfsarbeiter atn Hy^enil^chen Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule^ die die Unters.uchungen ausgeführt haben, veröffentlicht werden.

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Belichtetes und vor völliger Austrocknung geschütztes Blut büßte seine Virulenz nach 35 44 Tagen ein.

Gegenüber der Fäulnis zeigten die Erreger der Wild- und Rinderseuche im Blut und Fleisch eine ungewöhnlich große Wider- standskraft. Blut, das in einem Röhrchen der Fäulnis ausgesetzt worden war, enthielt noch nach 100 Tagen infektionsfähige Erreger. Etwas schneller erfolgte die Zerstörung der Infektionskeime im Fleisch, das der Fäulnis ausgesetzt war. In den vorschriftsmäßig 1 m tief vergrabenen Köpfen der durch Wild- und Rinderseuche getöteten Rinder waren die Erreger nach 38—67 Tagen getötet, nachdem sich starke Fäulnis eingestellt hatte. In Fleischstücken, die in einem kühl gehaltenen Raum frei aufgehängt wurden, starben die Erreger mit dem Eintritt stärkerer Fäulnis nach 33—59 Tagen ab.

Nur im Harn der gestorbenen Tiere gingen die Erreger der Wild- und Rinderseuche schon nach kurzer Zeit, nämlich nach fünf bis neun Tagen, zugrunde. Hier wirkte jedenfalls die starke Ammoniakentwicklung als kräftigeres, keimtötendes Mittel.

Das Salzen der Fleischstücke von wild- und rinderseuche- kranken Rindern, das Einlegen in 25proz. Pökellake und das Ein- spritzen von Pökellake solcher Stärke in die Fleischstücke mit Hilfe einer Lakespritze erwiesen sich zur Abtötung der in dem Fleisch enthaltenen Erreger im allgemeinen als wenig wirksam. Agarkulturen der Erreger der W^ild- und Rinderseuche, die mit Kochsalz bestreut wurden, sind zwar bereits nach sieben Tagen abgestorben. Dagegen blieben die Bakterien in Agarkulturen, die mit Pökellake Übergossen wurden, bis zu 26 Tagen am Leben, gleichgültig, ob frische oder gebrauchte Pökellake zur Verwendung gelangte. Einmal wurden auch die Erreger im Fleisch durch Ein- spritzen von Pökellake im Verlauf von sieben Tagen vernichtet. In zwei anderen Fällen aber ist die Abtötung der Wild- und Rinder- seuchekeime im Fleisch durch Salzen, Pökeln und Einspritzen von Pökellake erst nach 38 43 und 45 Tagen erfolgt.

Leicht ließen sich die Erreger der Wild- und Rinderseuche

durch Kochen des Fleisches vernichten. Größere Fleischstücke,

die auf 80^ C erhitzt worden waren (graue Beschaffenheit der

Schnittfläche und graue Farbe des von der Schnittfläche abfließenden

Fleischsaftes) enthielten keine virulenten En-eger mehr. Abgesehen

von einem Fall, erwiesen sich die Erreger auch im Fleisch, das auf

70^ C erhitzt worden war (graue Beschaffenheit der Schnittfläche

1*

und rötliche Farbe des von der Schnittfläche schon abfließenden Fleischsaftes), als abgetötet.

Versuche mit Reinkulturen ergaben in Übereinstimmung hier- mit, daß eine 1 Minute dauernde Erhitzung auf 60" C genügte, um die Erreger der Wild- und Rinderseuche unschädlich zu machen.

Die Wild- und Rinderseuche ist, wie ich bereits in einem Be- richt vom 1. September 1905 dargelegt habe, auf den Menschen nicht übertragbar und unterscheidet sich dadurch vom Milzbrand, dem sie bis jetzt in veterinärpolizeilicher Hinsicht gleichgestellt wurde. Die Wild- und Rinderseuche kann aber wie der Milzbrand durch den Verkehr mit dem Fleisch und den Häuten und den sonstigen Rohstoffen der kranken Tiere verschleppt werden, da sich die Erreger im Blut und somit in sämtlichen Teilen des Tier- körpers befinden.

Durch die im Hygienischen Institut der Berliner Tierärztlichen Hochschule ausgeführten Untersuchungen ist dargetan, daß es mög- lich ist, die in dem Fleische kranker Tiere enthaltenen Erreger durch Kochen oder Dämpfen nach § 39 Nr. 2 und 3 B. B. A und die in den Häuten notgeschlachteter oder gestorbener Tiere vor- handenen Keime durch vollkommene Trocknung oder 24 stündiges Einlegen in lOproz. Kalkmilch unschädlich zu machen. Hiemach würde es wissenschaftlich keinen Bedenken begegnen, das Fleisch der notgeschlachteten Tiere, soweit es nicht entsprecliend den Vor- schriften des § 33, 1 Nr. 9 und 10 B. B. A, die auch auf die Wild- und Rinderseuche Anwendung finden mußten, als untauglich zu be- handeln wäre, für bedingt tauglich zu erklären und durch Kochung oder Dämpfung nach § 39 Nr. 2 und 3 B. B. A. tauglich zu machen, ferner die Häute nach 24 stündigem Einlegen in lOproz. Kalkmilch oder vollständiger Austrocknung freizugeben.

Indessen ist es vom Standpunkt der veterinärpolizeilichen Praxis sehr fraglich, ob es nicht zweckmäßiger ist, die Wild- und Rinderseuche auch in Zukunft durch die nämlichen Maßregeln zu bekämpfen, die zur Bekämpfting des Milzbrandes in Anwendung kommen.

Sporozoen-Dermatosen des Hundes.

Von Dr. G. Marcone^

Professor an der Tierärztlichen Hochtchnle in Pisa (Italien).

(Mit Tafel I-IV.)

Die Dermatosen, für die wir die Anwesenheit von Protozoen verantwortlich machen können, sind die Psorospermosis follicu- laris vegetans oder Morbus Darrieri des Menschen und die Spiroadenitis coccidiosa des Schweines. Die Anwesenheit von Protozoen in Molluscum contagiosum des Menschen und in Epithelioma contagiosum der Hühner, Tauben und Truthühner ist heutzutage lebhaft bestritten.

Ich halte das Vorkommen von Protozoen in der Haut des Hundes für durchaus nicht selten. Ich habe dieselben angetroflFen, wo sie am wenigsten zu erwarten waren, z. B. in den kleinen, von einem Bläschen überragten Knötchen, die man öfters auf der Haut zerstreut findet und deren Lieblingssitz die Stirn und die Umge- bung der Augenhöhle ist. Doch war es mir vorderhand unmöglich, genügende Stützpunkte zu einer sicheren Diagnose dieser Proto- zoen zu gewinnen, dazu sind noch weitere Untersuchungen er- forderlich.

Daß die Erreger solcher Dermatosen des Hundes so lange unbekannt blieben, daran ist wohl die geringe Aufmerksamkeit Schuld, die gewöhnlich die Tierärzte der Ätiologie vieler Haut- krankheiten schenken.

Binnen kurzer Frist bot sich mir in meiner Klinik die Gelegen- heit, zwei solche Dermatosen näher zu studieren; in der gegen- wärtigen Mitteilung beschränke ich mich auf die Beschreibung der dieselben bedingenden Parasiten; die genauere Erörterung der feineren Hautschädigungen und der Beziehungen zwischen den Parasiten und den Hautelementen ist einer weiteren Mitteilung vorbehalten. '

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1. Fall.

Junge Hündin, 5 Monate alt, langhaarig.

Die Haut ist erkrankt an den beiden Tuberositates ischiadicae, an den Articulationes femoro-tibio-rotuleae, am rechten Ellbogen, an der Regio mammaria im Bereich der zweiten Brustwarze links, zwischen den zwei letzten Zehen des linken Fußes, gegen die Mitte des Schwanzes.

Von der Tuberositas ischiadica erstreckt sich die Hautaffektion beinahe symmetrisch auf beide Seiten, besonders gegen den Tro- chanter major femoris; ihre Spuren verlieren sich allmählich gegen die Schwanzwurzel und die Hinterbacken. An der Kniebeuge zeigt die , Ki-ankheit die größte Ausdehnung, sie erstreckt sich auf die ganze ftußere Fläche, den vorderen Rand und einen Teil der inneren Fläche. Der ganze Ellbogen rechts ist mit kranker Haut bedeckt. An der Regio mammaria erstreckt sich die Hautaffektion von der Mittellinie nach außen und zieht, die zweite Brustwarze ein- schließend, nach dem Rippenrand hinauf. Zwischen den Zehen be- schränkt sie sich auf die stark entwickelte Hautfalte.

Erst erkrankte die Haut an der Tuberositas ischiadica und am Ellbogen; nach einigen Wochen griff sie auf die anderen oben angeführten Hautbezirke über; die Haut z\^1schen den Zehen wurde zuletzt befallen.

An den kranken Stellen (Taf. I, Fig. 1) erscheint eine gereizte, feuchte Stelle ohne Haare. Die Haut ist ziemlich verdickt, zyanotisch, mit weichen gelbgrauen Schuppen, zwischen denen einzelne kurze Haarstümpfe hervorragen, bedeckt. Sie ist auf dem darunterliegenden Gewebe, wie im gesunden Zustand, frei beweglich. Am Rande erheben sich kleine, weiche Anschwellungen, aus denen bei leichtem Druck tropfenweise eine eitrige, klebrige Flüssigkeit ausfließt, oft mit etwas Blut untermischt. Dabei ist es gleichgültig, an welchem Ort der Druck ausgeübt wird; man sieht deutlich, daß die Flüssig- keit aus kleinen Ansammlungen herrührt, die in der Haut selbst gelegen sind. Das Sekret fließt immer in geringer Menge, tropfen- weise, bei energischem Dinick folgen einige Tropfen Blut nach. Nach dem Druck sieht man auf der erkrankten Haut kleine, runde Öfliiungen, die sich später mit einer Blutkruste überziehen.

Sucht man bei dieser Affektion nach dem anatomisch Primären, so entdeckt man bald an der Peripherie Pusteln, «nicht größer

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als ein Hanfkorn, die von einem bleifarbigen, glänzenden Hof um- geben . sind, und sich nach der Entleerung mit dünnen, grauen Schüppchen überziehen, die sich zwischen den Haaren anhäufen.

Kein Jucken, jedoch leckt das Tier immerfort an den er- krankten Stellen. Die Erkrankung breitet sich nach allen Seiten •aus; die kranken Hautpartien nehmen damit eine runde Form an und schließen oft noch gesunde Hautinseln ein. Während der Krankheitsprozeß an der Peripherie weiterzieht, erfahrt auch die Haut der mittleren Teile weitere Veränderungen. Sie erscheint verdickt, runzelig, stellenweise verhärtet, wie mit flachen, breiten Schwielen durchsetzt. An anderen Stellen fließen die Öfl&iungen der entleerten Pusteln geschwürartig zu kurzen, tief eingeschnittenen, scharfgerandeten, roten Rinnen zusammen, die sich nach verschiedenen Richtungen hinziehen. Doch kommt es bald zur Ausheilung dieser Geschwüre ; die Haut wird runzelig und überzieht sich mit schwieligen Verdickungen.

Oft bilden sich an der Peripherie, unter der Epidermis, An- sammlungen von größerem Umfang, bis zur Größe von einer Bohne, aus denen bei leichtem Druck eine eitrige Flüssigkeit ausfließt.

Die Haare lassen sich an den erkrankten Stellen sehr leicht ausziehen; die Haarwurzeln sind verdickt, weißglänzend.

Diese Dermatose verläuft also stets unter dem klinischen Bilde der Akne, die auf Bildung von Narben, schwieligen Ver- dickungen und Hautvegetationen hinausläuft. . Vom klinischen Standpunkte aus könnte man sie als Acne vegetans bezeichnen.

Das Hautsekret, das sich oft und in genügender Menge in einem Uhrgläschen auffangen läßt, hat anfanglich ein homogenes Aussehen und ist mehr oder weniger reichlich mit Blut untermischt, ziemlich zähflüssig und klebt an den Händen und dem Glas; bereits nach wenigen Minuten verwandelt es sich in Serum und flockige Ge- rinnsel, die sich am Boden des Gläschens absetzen, wo sie ein dünnes Häutchen bilden, über dem sich das rötliche Serum an- sammelt.

Mikroskopische Untersuchnng des ft*i8eheii Haatsekrets. Die hierzu aus frischem Material verfertigten Präparate wurden entweder ohne vorangehende Färbung untersucht oder erst unter dem Mikroskop gefärbt.

Um eine Verzerrung der Elemente tunlichst zu vermeiden, ließ ich die vier Ecken des Deckgläschens etwas an der Flamme

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einschmelzen; dadurch werden sie etwas dicker, und das Gläschen liegt nicht mehr direkt dem Objektträger auf, sondern es entsteht ein freier Raum, der die Untersuchung nicht stört und doch ver- hindert, daß die zu untersuchenden Formen von der Last des Deckgläschens zerdrückt werden.

Schon auf den ersten Blick wird unsere Aufrierksamkeit an- gezogen durch die eigenartige, inselförmige Gruppierung des Sekret- inhalts. Diese meist rundlichen Inseln bestehen aus einem Aggregat runder, kömiger Zellen, die in ihrer Mitte einen eigentümlichen Körper einschließen, dessen Form sehr mannigfaltig sein kann; bald erscheint er drei- oder viereckig, bald rautenförmig, bald hat er die Gestalt eines Salbeiblattes oder einer Lanzenspitze und dergleichen mehr. Dieser Zentralkörper fehlt niemals; ist er manchmal nicht sichtbar, so hängt dies von der allzugroßen Dichtigkeit der ihn umschließenden Zellmassen ab. Er ist sehr durch- sichtig und bei schwacher Vergrößerung matt-grünlich oder rötlich glänzend; er besteht aus einem äußerst dünnen, oft feinst und unregelmäßig gefältelten Häutchen und enthält nebst kleinen Kömchen in tanzender Bewegung ein bis zwei elliptische, meist zentral liegende Körper mit scharfen Konturen, deren jeder ein bis zwei große, lichtbrechende Körner birgt, deren Lage keine bestimmte ist. (Taf. I, Fig. 2.)

Läßt man durch Kapillarität zwischen Deckgläschen und Objektträger einen Tropfen einer dünnen, wässrigen Lösung von Methylenblau oder noch besser von Gentianaviolett eindringen, so färben sich einigermaßen die lichtbrechende Kugel und die ellip- tischen Formen; in letzteren erscheinen vereinzelte Kömer.

In denjenigen Präparaten, bei denen man auf die äußeren Zellmassen einen leichten Druck ausübt, um auch die übrigen zu den Inseln gehörigen Formelemente zur Beobachtung zu bringen, sieht man Gebilde, die in Gestalt und Sti-uktur verschieden sind, deren feinere Verhältnisse aber erst nach der Auflösung der Inselmassen zur Geltung kommen. Dies ist nun eine schwierige Aufgabe; denn einer- seits schädigt ein zu energischer Eingriff die meisten der ungemein zarten Foimen, während letztere andererseits ziemlich zäh anein- ander kleben und nur schwer aus dem Zellverband herauszulösen sind. Man ist somit genötigt, zahlreiche Präparate zu verfertigen, bevor man zu befriedigenden Resultaten gelangt. Hierbei leistet die von J. Pfeiffer vorgeschlagene Methode Gutes: Man befestigt

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an den vier Ecken des Deckgläschens vier Wachskügelchen ; auf diese kann man dann einen beliebigen Druck ausüben, indem man gleichzeitig durch das Mikroskop die Wirkung des Druckes über- wacht, um die Widerstandsfähigkeit der zu untersuchenden Zellen nicht zu überschreiten. Oft gelingt es auch, durch stoßweises Rücken am Deckgläschen die größeren Zellaggregate zu zerstören. Dieses Verfahren muß ebenfalls im Mikroskop überwacht werden.

In gut gelungenen Präparaten kann man folgende Zellformen unterscheiden, die wir der Reihe nach be- schreiben wollen.

I. Am zahlreichsten triflPb man kleine runde Elemente, die wie lymphoide Zellen aussehen (0,005—0,008 mm).

Sie werden erst bei aufmerksamer Beobachtung an der Peri- pherie der Zellaggregate und in der umgebenden Flüssigkeit sicht- bar. Sie bestehen aus einem äußerst durchsichtigen, hyalinen Plasma und einer meist zentralen, trüberen, undeutlich konturierten Zone. Bei Zimmertemperatur von 20 22 <^ C bewegen sich diese Elemente zwar nur träge, aber doch genug, um dem Gesichtsfeld ein wech- selndes Aussehen zu verleihen. Man sieht ebenfalls, wie von der Peripherie des Zellaggregates, walzenförmige, hyaline Ausläufer in die umgebende Flüssigkeit eindringen. Erwärmt man mit dem witschen Objekttisch das Präparat auf 35 37^0, indem man zugleich zum Schutz vor Austrocknung die Ränder des Deck- gläschens mit Paraffin abdichtet, so steigert sich die Beweglichkeit dieser Formen beträchtlich : Sie wechseln nicht nur Gestalt, sondern auch den Platz. Ihre Gestalt ist die mannigfaltigste, die man sich denken kann, je nach der Art der Ansammlung des Zellplasmas um den Zentralkörper und die Zahl der Ausläufer, die dasselbe bald vereinzelt, bald in Büscheln, oft auch in entgegengesetzten Richtungen aussendet.

Nach einstündigem Verweilen bei Zimmertemperatur sehen diese Zellen ganz anders aus. Sie erscheinen wie ein kugeliges Bläschen mit äußerst dünnem Kontur, das erst bei verdunkeltem Gesichtsfeld sichtbar wird, wenn man den Abb eschen Apparat entfernt und ein ganz enges Diaphragma einstellt. Innerhalb dieses Häutchens liegt, meist am Rande, ein kleiner Körper mit licht- brechenden Körnern; der übrige Raum der Kugel ist vollkommen durchsichtig, anscheinend leer. Oft hat man den Eindruck, als sei das kömige Körperchen in Begriff, die Kugel zu verlassen; es ragt

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über den Rand des Bläschens hinaus. Läßt man im frisch an- gefertigten Präparat zwischen Objektträger und Deckglas eine sehr verdünnte wäßrige Lösung von Methylenblau eindringen, so färben sich diese Zellen, und ihre Strukturverhältnisse werden deut- licher. Sie bestehen aus einem fast gleichmäßigen Plasma, das sich nur an der Peripherie etwas färbt und einem fast immer zentralen Kern, der gewöhnlich aus drei, seltener aus zwei oder vier gut färbbaren Körperchen aufgebaut ist (Taf. I, Fig. 4 und Fig. 8 mrz).

n. Kugelige, stets unbewegliche Elemente, deren mittlerer Durchmesser 0,005 mm beträgt. Frisch untersucht, lassen sie ein homogenes, durchsichtiges Zellplasma erkennen mit scharfem, ein- fachem, feinem hyalinen Umriß, der den Eindruck einer sehr dünnen Membran macht. Mitten im Plasma oder melir an der Peripherie liegt ein runder oder ovaler Körper, mit vielen licht- brechenden, meist kranzförmig aneinandergereihten Körnern. Der Raum zwischen dem zentralen Körper und der Zellkontur ist voll- kommen durchsichtig (Taf I, Fig. 5, (J, 7).

Mit Methylenblau färbt sich im frischen Präparat bloß der Zentralkörper; dieser erscheint alsdann Avie eine körnige Masse ohne besondere Struktur. Die Membran und das Zellplasma nehmen keinen Farbstoff an (Taf I, Fig. 8 trfz und 9).

in. Kugelige Elemente, von denen die mittelgroßen 0,012 mm im Durchmesser messen. Dieselben bestehen aus drei kleineren, annähernd gleich großen Kügelchen, die zusammen den ZellFaum vollständig ausfüllen. Oft zeigen die Kugeln, wenn sie sich vom Strome mitgerissen fortdrehen, drei Höcker, als wären es drei kleinere Kugeln in einer.

Bei der Färbung mit Methylenblau oder Gentiana violett filrben sich im frischen Präparat im Innern dieser Zellen drei Gebilde: Zwei davon gleichen einander vollkommen, sind rund und intensiver gefärbt, das dritte erscheint als ein elliptischer Körper mit feinem Umriß, in dem bald zwei runde, farbige Körperchen, bald ein einziges stäbchenförmiges enthalten ist (Tafel I, Fig., 8 migc).

IV. Kugelige Formen von stark wechselnder Größe (Durch- messer 0,015 0,030 mm). Die kleineren hiervon bestehen aus einem gleichmäßigen Ektoplasma, das den äußeren Teil der Kugel bildet und einer körnigen Masse in der Mitte (Taf I, Fig. 10). Die größeren haben Morula -Gestalt, das heißt, aus der Kugel

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ragen rundliche Höcker hervor, deren Größe sich nach der der Zellen selbst richtet; bei den ganz großen Zellen werden diese Höcker immer beträchtlicher und imponieren fast wie selbständige Oebilde. Ihre Zahl erschien mir bestimmt; jede Kugel besitzt ^eren sechs, die wie kleine, runde, helle Zonen erscheinen, die von einem minder lichtbrechenden, kömigen Ring umgeben sind. Sie sind in einen breiteren oder schmäleren Saum von Ektoplasma ein- gebettet, der sie wie ein gemeinsamer Mantel umhüllt (Taf. II, Fig. 11, 12).

Bei der Färbung am frischen Präparat kommen zum Teil die näheren Strukturverhältnisse zum Vorschein. In den kleineren Formen umgibt ein runder Ektoplasmaring eine große, gleichmäßig kömige Masse ohne besondere Straktur, die sich intensiv färbt. Bei den weiter vorgeschrittenen Zellen sieht man zuerst einen blaß geiarbten elliptischen Kerakörper, der ein oder zwei Körperchen enthält und mehrere intensiv gefärbte Brocken von verschiedener Größe, die ohne Ordnung in dem sonst gleichmäßigen Zellplasma verteilt sind (Taf. I, Fig. 8, schzt 1); in anderen Zellen sieht man, wie diese Chromatinbrocken an Zahl zunehmen und in Gestalt und Größe immer ähnlicher werden (Taf. I, Fig. 8, schzt 2); zuletzt trifll man Zellen, bei denen in der äußeren Ektoplasmaschicht ein elliptisches Gebilde mit ein oder zwei Körperchen und sechs gleichgroße Chromatinkörper eingebettet liegen, um welche sich das Zellplasma zu dilferenzieren beginnt, wie man deutlich aus der achromatischen Zone, die sich um dieselben hemm gebildet hat, und aus den winzig kleinen Kömchen an deren Grenze ersieht (Taf. II, Fig. 21 und Taf. I, Fig. 8, schzt 3).

V. Im frischen Präparat tauchen nach ungefllhr einer halben Stunde neue Formen auf, die anfangs gänzlich fehlen.

Es erscheinen nämlich besonders am Rande der größeren Zell- aggregate und in den Hohlräumen, die sich bei deren Auflösung bilden, lebhaft bewegliche, zarte Fäden; dieselben sind zuerst gar nicht sichtbar, nur eine plötzliche zitternde Erregung der um- liegenden Gebilde läßt ihre Existenz vermuten. Faßt man diese Stellen schärfer ins Auge, so sieht man endlich, nicht ohne Mühe, einen äußerst feinen Faden, der mit dem einen Ende einer Zelle, die einen gewissen Widerstand leistet, aufsitzt, während das andere freie Ende sich geißelartig hin und her bewegt. Ist der Faden ganz frei, so bewegt er sich schlängelnd oder spiralig.

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korkzieherartig oder auch ruckweise, indem sich seine beiden Enden abwechselnd einander nähern und wieder zurückschnellen.

Die Art der Bewegung läßt sich beim ersten Erscheinen dieser Fäden gar nicht feststellen, so lebhaft ist sie. Erst nach einigen Stunden läßt diese Lebhaftigkeit etwas nach und ermög- licht so die Beobachtung der Fäden und die Ermittelung ihrer näheren Strukturverhältnisse. Sie haben einen spiraligen Bau und sind so stark lichtbrechend, daß sie nur bei sehr eng eingestelltem Diaphragma sichtbar werden ; sie sind überall gleichmäßig dick, ohne Anschwellungen und zeigen keinerlei glänzende oder matte Punkte. Die Einzelheiten ihrer Struktur kommen besser zur Darstellung, wenn man das frische Präparat mit Methylenblau oder noch besser mit Gentianaviolett ßlrbt: Die Fäden werden dauernd unbeweglich und förben sich gleichmäßig.

Ihre Gestalt ist stets die eines spiraligen Fadens mit 4 7 Win- dungen. Bald sind sie gerade korkzieherartig gewunden, bald mannig- faltig gekrümmt, zuweilen berühren sich die zwei Enden des Fadens, und es entsteht ein gewundener Ring. In den geraden Spirillen sind die Windungen stets regelmäßig, bei den gekrümmten ist die Spirale längs 1 2 Windungen meist gestört. Bei den geraden, regelmäßigen konnte ich folgende Größen Verhältnisse feststellen: Jede Windung ist ungefähr 0,002 mm lang und 0,001 mm breit; der Faden selbst ist außerordentlich zart und fein, ich schätze seine Dicke unter 0,0004 mm; die beiden Enden sind bis zur Un- sichtbarkeit ausgezogen.

Oft trifft man mehrere solcher Spirillen, die mehr oder weniger dicht zu einem Bündel verschlungen sind.

Während sich die Fäden bew^egen, glaubt man stellenweise an ihnen kleine Knoten zu sehen, es handelt sich jedoch um eine optische Täuschung, die dadurch hervorgerufen ist, daß die Fäden an den Biegungsstellen dicker erscheinen; diese Knoten ver- schwinden im Ruhezustand. Die Spirillen bestehen ausschließlich aus Chromatin.

Da die beschriebenen Elemente im Felde des Mikroskops erst während der Beobachtung erscheinen, und man dieselben in dem frisch entnommenen Hautsekret niemals antrifft, so müssen die- selben notwendigerweise von irgendeiner der im vorigen be- schriebenen Zellfoimen stammen. Ihre Herkunft blieb mir jedoch tagelang ein Rätsel, obgleich ich eine unzählige Reihe von Prä-

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paraten verfertigte und alle möglichen Kunstgriffe in Anwendung brachte, um eine möglichst gleichmäßige Emulsion des ünter- suchungsmaterials und eine zweckmäßige Isolierung der Elemente zu erzielen, ohne dadurch die Übersichtlichkeit des Präparates allzusehr zu beeinträchtigen.

Nach einer sorgfältigen Sichtung der verschiedenen Formen und ihrer event. Bedeutung im Entwicklungszyklus des Parasiten richtete ich mein Augenmerk vorzüglich auf die unter Nr. 3 be- schriebenen dreikugeligen Formen. Meine Vermutung fand in der Tat ihre Bestätigung, indem es mir mehrmals gelang, die Spirillen zu üben*aschen, während sie eben im Begriff waren, aus solchen Zellen auszuschlüpfen.

Der Vorgang dabei ist folgender: In der Zeit zwischen der Verfertigung des Präparates und dem Austritt der Spirillen scheint die Zelle noch etwas an Umfang zuzunehmen, dann erbebt plötzlich irgend ein Teil des Zeilkonturs und gerät alsbald in eine äußerst rasche, intensive Schwingung, wie etwa die Muskelbtindel im Froschschenkel unter der Einwirkung sehr rasch aufeinander- folgender elektrischen Entladungen.

Die Schwingung des Zellkonturs ist nicht kontinuierlich, sondern erfolgt in kurzen Zeiträumen von 2—3 Sekunden. Nach einer ge- wissen Zahl solcher Schwingungsperioden entwindet sich allmählich aus der Zellperipherie, da wo die Erregung am lebhaftesten war, ein Faden, der sich geißelartig hin und her bewegt. Seine Be- wegung ist anfangs ebenfalls intermittent, von kurzen Ruhepausen unterbrochen; doch in dem Maße, wie der Faden länger wird, werden seine Schwingungen immer lebhafter, bis er sich vom Zellkontur ganz losgemacht hat. Hierauf folgt für die Zellwand eine längere Ruhepause. Inzwischen bewegt sich der Faden frei in der um- gebenden Flüssigkeit, in seinem tollen Lauf durch das Feld des Mikroskopes bald dieses, bald jenes der umliegenden Elemente anfahrend. Nach einer Pause von wenigen Sekunden gerät die Zellkontur wiederum in Schwingung, und eine neue Spirille schlüpft aus. Ich konnte diesen interessanten Vorgang längere Zeit hin- durch verfolgen und sah in weniger als 3 Min., bis 12 Spirillen oder Spirillenbündel der Reihe nach aus der Zelle treten. In dem Maße, wie sich die Spirillen-Produktion erschöpft, verlassen sie die Zelle in immer längeren Zeiträumen. Die Zelle selbst zeigt im frischen Präparat, nachdem alle Spirillen oder die meisten ausgetreten sind.

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keine auflEäUigen Veränderungen. Nicht immer verlassen die Spirillen die Zelle einzeln, oft treten sie, zu Bündeln verschlungen^ aus, die sich dann frei, im umgebenden Zellplasma in ihre einzelnen Bestandteile auflösen. Geschieht dies schon früher, während ein Teil des Bündels noch in der Mutterzelle steckt, so sieht man die einzelnen Fäden sich wirr durcheinander bewegen, und das Bündel sieht aus wie ein Pinsel.

Nie treten mehrere Fäden gleichzeitig an verschiedenen Stellen der Zellkontur aus; zu verschiedener Zeit jedoch verlassen die Spirillen die Zelle oft an entfernten oder selbst an entgegen- gesetzten SteUen. (Taf. H, Fig. 14.)

Welcher der zwei Bestandteile der Mutterzelle Sitz der Spi- rillenbildung ist, ist schwer zu entscheiden. Sie nehmen wohl ihren Ursprung von einem oder von beiden der zwei Chromatin- brocken, die man in den beschriebenen Zellen nie vermißt, und die bei nicht zu intensiver Färbung mit Methylenblau oft ihren Aufbau aus vielen mannigfaltig verschlungenen Stäbchen zeigen.

Schon allein die Ergebnisse der Untersuchungen am frischen Präparat beweisen die Anwesenheit einer Sporozoenart im Hautsekret. An der Hand der Beschreibung der höher differenzierten Formen ist eine sichere Deutung und Identifizierung der meisten derselben wohl möglich: Erkennt man in den Spirillen Mikrogameten, so sind ihre Mutterzellen offenbar Mikrogametozyten; die Maulbeerformen sind Schizonten; die Zellen mit amöboider Bewegung Merozoiten; die großen, un- beweglichen, kugeligen Formen kann man als Trophozoiten, im Wachstum begriffene Sporozoen, ansprechen. (Minchin, in Rey Lankester, Treatise on Zoologie 1902.)

Interessant scheint mir vom systematischen Standpunkt die Tatsache, daß der Austritt der Mikrogameten aus der Mutterzelle außerhalb des Gastes vor sich geht, ein Beweis dafür, daß dies auch für die Befruchtung der Fall ist. Diese erfolgt nicht im Be- reiche der Haut, und es erklärt sich somit, warum man im Haut- sekret nie die primitiven Formen der Sporogenesis antrifft, nämlich Oozysten und Sporonten. Wie die Mikrogameten, so sind darin gewiß auch die Makrogameten vorhanden, deren Identifizierung mir jedoch nicht gelungen ist. Vielleicht sind sie identisch mit einem Teil jener Gebilde, die ich als Trophozoiten gedeutet habe.

In Anbetracht besonders der großartigen Form- und Größen-

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unterschiede zwischen den geschlechtlichen Formen (Anisogamie) gehört diese Sporozoenart zu den Kokzidiomorphen (Doflein). Andererseits besitzt unser Parasit auch gewisse Berührungspunkte mit den Hämosporidien, so z. B. darin, daß wir im Hunde nur die Formen der multipUkativen Fortpflanzung (Doflein) antreffen, während wir vergeblich nach denjenigen der propagativen Fort- pflanzung (Doflein) suchen, und darin, daß der Austritt der Mikrogameten aus den Mikrogametozyten außerhalb des Wirtes (Hund) erfolgt.

Ich gebe gern zu, daß es zu einer endgültigen Einreihung unseres Parasiten in das System noch zu früh ist; doch was wir im obigen über denselben ins Klare gebracht haben, rechtfertigt be- reits den Schluß, daß wir es mit einer noch nicht beschriebenen Sporozoenart zu tun haben. Dieselbe läßt sich keiner der beiden Unterordnungen der Kokzidiomorphen zuteilen. Da indes eine Be- nennung des Parasiten schon jetzt notwendig erscheint, so bezeichne ich denselben vorläufig mit dem Namen: Dermosporidium canis.

Untersuchung an fixierten und gefärbten Troekenpräparaten. Das Hautsekret wird in möglichst dünner Schicht auf den Objekt- träger ausgestrichen ; Antrocknung bei Zimmertemperatur, FixieruAg in Alkohol und Äther; Färbung mit Methylenblau, Gentianaviolett^ Methylenblau-Eosin, Unnablau usw.

Mit diesen verschiedenen Färbungsmethoden konnte ich die Ergebnisse der Untersuchung am frischen Präparat kontrollieren und bei den Schizonten folgende Strukturverhältnisse ermitteln.

In den Zellen, die im frischen Präparat wie körnige Gebilde mit einem Ektoplasmasaum erscheinen (Taf. I, Fig. 10), ließ sich bei der Färbung mit Unnablau nachweisen, daß die Kömer aus Chromatin bestehen: Sie färben sich purpurrot und sind so dicht und gedrängt, daß sonst nichts von ihrer feineren Struktur zu er- fahren ist. Die Chromatinkugel setzt sich bald scharf gegen das Ekto- plasma ab, bald diflundieren die Kömer bis hart an die Zell- peripherie (Taf. n, Fig. 15). Die Chromatinkömer diflundieren all-* mählich in das Zellplasma, das sie wie ein breiter, leicht blau ge- färbter Mantel umgibt (Taf. II, Fig. 16). Oft sieht man neben den Körnern größere mndliche ChromatinschoUen (Taf. II, Fig. 15). Diese Schollen erscheinen nicht derb, sondern sie haben ein schwammiges Aussehen; gewöhnlich enthält eine Zelle mehrere derselben, bis sechs (Taf. n, Fig. 17).

le- in anderen Zellen erscheint, während sich das Chromatin wellenartig gegen die Zellperipherie hin ausdehnt, in der Mitte der Zelle ein nicht so intensiv gefärbter, elliptischer, scharf kon- tnrierter Körper, der zwei dunkelgefarbte Körperchen enthält. In manchen Zellen, bei denen die Diffusion des Chromatins bereits begonnen hat, ist ein solcher elliptischer Zentralkörper wegen der zu intensiven Färbung nicht sichtbar (Taf. 11, Fig. 18 und 19). Alle diese Zellen sind mit einem breiten Plasmasaum versehen; bald setzt derselbe an der Peripherie scharf ab, bald erscheint er wellig und verschwommen. Die im vorigen beschriebenen Struktur- verhältnisse sind auch am ungefärbten Präparat erkennbar (Taf. II, Fig. 20), oft erscheinen die Zellen zu Kolonien vereinigt, in denen zwei oder mehr Zellen einander so eng anliegen, daß sie auf den ersten Blick wie ein einziges Individuum imponieren. Bei auf- merksamer Betrachtung und schwacher Beleuchtung läßt sich je- doch der trügerische Zellkomplex jedesmal in seine einzelnen Be- standteile auflösen (Taf. II, Fig. 20).

Zuletzt sei nochmals hervorgehoben, daß in dem von mir be- schriebenen Dermosporidium sämtliche Formen, und besonders die ausgewachsenen (Trophozoiten, Schizonten), immer mit einem reichlichen, hyalinen Ektoplasma versehen sind, das anscheinend keinen Anteil an der Bildung der Merozoiten nimmt. Dieser durch- sichtigen hyalinen Substanz ist w^ohl die stete Agglutination der Formen des Parasiten, und besonders der höher entwickelten, zuzu- schreiben, die, allen Bemühungen zum Trotz, stets miteinander verklebt und gleichsam zu Kolonien vereinigt erscheinen.

2. Fall.

Hund, kurzhaarig, 4 Jahre alt.

An der äußeren Ellenbogenfläche, nahe an dem EUenbogen- •höcker, ist die Haut in einer Ausdehnung von ungefähr einem Zweisousstück fast gänzlich von Haaren entblößt. Der kranke Haut- hezirk ist unregelmäßig konturiert, die blaurote, verfärbte Epidermis überzieht eine höckrige Fläche. Die linsen- bis halberbsengroßen Höcker sind besonders am Rand des erkrankten Hautteils ausge- prägt; die Epidermis dazwischen ist runzelig, über den Höckern ist sie glatt.

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Durch die Lupe betrachtet, erscheint die Epidermis trüb- violett verfärbt und mit dünnen, trocknen, silberglänzenden Schüpp- chen bedeckt; ihre Kontinuität ist nirgends unterbrochen.

Durch die beträchtlich verdickte Haut fühlt man deutlich die Anwesenheit von Knötchen, die den äußerlich sichtbaren Höckern entsprechen. Unter dem Druck der Finger erblaßt die Haut, bei wiederholtem Dinick färbt sie sich trüb-tiefrot.

Über den Höckern ist die Epidermis so dünn und erweicht, daß sie schon bei einem leisen Ziehen oder bei der Berührung mit der Messerspitze reißt.

Zieht man die erkrankte Haut etwas in die Höhe (was die I'ülle des Unterhautbindegewebes leicht gestattet) und quetscht sie zugleich zwischen den Fingern, so bricht aus einer oder mehreren Stellen der Plaque, und am häufigsten aus der Tiefe einer Furche zwischen zwei hervorragenden Höckern, ein heftiger, kurzer aber kontinuierlicher, dünner Flüssigkeitsstrahl hervor, oft so plötzlich, daß das ausgeschleuderte Material ins Gesicht spritzt. Die aus- gespritzte Flüssigkeit ist anfänglich von grauer oder rötlicher Farbe und wird bei anhaltendem Druck entschieden bluthaltig.

Die Menge der ausfließenden Flüssigkeit hängt von der Stelle ab, wo der Druck ausgeübt wird und von dem Zwischenraum, in dem man ihn wiederholt. Oft muß man, um die Flüssigkeit auszu- pressen, die Richtung und den Ort des Druckes wechseln. Läßt man die Hautplaque einige Tage unbelästigt, so ist, bei erneutem Druck, der Ausfluß der Flüssigkeit ein viel ergiebigerer, man erhält oft bis 1 ccm Untersuchungsmaterial; man hat in solchen Fällen den Eindruck, als entleere sich ein dünnwandiger, durch flüssigen Inhalt gespannter Zystensack.

Oft gelingt es selbst mit wiederholten Versuchen nicht, eine einigermaßen erhebliche Flüssigkeitsmenge auszupressen; es sickern bloß an den Höckerspitzen einige Tropfen einer blutig-eitrigen Flüssig- keit hervor. Oft hat man den Eindruck, als fühle man eiaen Schneeballen unter den Fhigem, ein Beweis dafür, daß unter der^ Plaque eine Ansammlung von Gerinnseln existiert, wie im Hämatom, die unter dem Druck der Finger zerfließen.

Oft entsteht eine bleibende Öfl&iung, aus der die Flüssigkeit unter leichtem Druck ausfließt, gleichsam die Mündung eines Fistel- ganges. Diese ist entweder dem unbewaffiieten Auge gar nicht sicht- bar, oder, wenn sie frisch entstanden ist, erscheint sie wie ein

ZeiUebrIft fQr Infektionskrankheiten. IV, 1/2. 2

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brauner Punkt. Aus dieser Öflhung quillt dann die Flüssigkeit, auch wenn der Druck in einiger Entfernung oder selbst am Rand der Plaque ausgeübt wird. Für gewöhnlich befindet sich diese permanente ÖflEhung in der Rinne zwischen zwei Höckern, und die Epidermis ringsherum ist rotbraun verfärbt.

Die hervorspritzende Flüssigkeit gerinnt schnell, und in den Fällen, in denen sie nur tropfenweise hervorsickert, gerinnen die Tropfen, wenn sie kaum gebildet sind. Sie enthält in großer Fülle glänzende, schleimartige Flocken; oft, und besonders bei energischem, anhaltendem Druck, fließt eine entschieden bluthaltige Flüssigkeit aus der Öffnung, die ebenfalls schleimartige, bis hirsekomgroße Bröckel enthält, die man auf dem Deckgläschen mit einer Nadel leicht in kleinste Fetzen auseinanderreißen kann.

Die Hautaffektion erreichte das eben beschriebene Stadium in einem Zeitraum von drei Monaten. Die ersten Symptome waren Haarausfall sowie Verdickung und Runzelung der Haut, wie auf einer Fläche, die durch anhaltende Reibung schwielig wird.

Auf der äußeren Fläche der linken Tibial-Region, in halber Höhe, 2—3 cm von der Tibialvene entfernt, findet sich eine walnuß- große, scharfumschriebene, dunkle, fluktuierende Hautanschwellung, die nicht oder kaum schmerzhaft ist, und über der die Haare ebenfalls ausgefallen sind. Eine in allem der vorigen gleiche Flüssigkeit quillt bei mäßigem Druck mit heftigem Strahl aus dieser Anschwellung hervor; sie entleert sich fast vollständig, und die Haut erscheint wie welk. Nach 10 Tagen ist nur noch ein flacher Knoten da, aus dem selbst bei schmerzhaftem Druck nach allen Richtungen auch nicht ein Tropfen der blutig-eitrigen Flüssigkeit hervorzupressen ist. Die Haut ist jedoch kahl geblieben. Sie war anscheinend vollkommen geheilt, als nach weiteren 15 Tagen der Hautknoten von neuem etwas vergrößert und erweicht erschien. Beim Druck traten an verschiedenen Stellen etliche Tröpfchen einer serösen, rötlichen Flüssigkeit hervor.

An der äußeren Fläche des rechtsseitigen Metatarsus, dicht unter der Fersenspitze, befindet sich eine fast vollständig enthaarte, in die Haut eingebettete Plaque von der Größe einer Lupine, die mit dünnen, bräunlichen Schüppchen bedeckt und nicht schmerzhaft ist. Es ist dies alles, was von einer größeren Geschwulst zurück- bleibt, aus der früher zu wiederholten Malen eine bluthaltige Flüssigkeit hervorspritzte.

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Jetzt fördert der Druck bloß Spuren von Hauttalg zutage.

Eine weitere nußgroße Hautanschwellung befindet sich auf der äußeren Fläche des linksseitigen Metatarsus, dicht vor der Fersenspitze. Sie besteht aus einer beträchtlichen, gleichmäßigen Hautverdickung von trüb-violetter Farbe; eine tiefe schmale Rinne teilt sie in zwei Hälften; in diese Rinne öflFnet sich, durch einen Blutfleck gekennzeichnet, eine kleine Mündung, aus der schon bei leichtem Druck mit plötzlichem, heftigen Strahl, eine blutig- eitrige Flüssigkeit hervorspritzt, die glänzende, schleimartige Flocken enthält. Auch diese Anschwellung ist der Überrest einer größeren, mehrmals ausgepreßten Geschwulst.

An der äußeren Fläche des linken Schenkels, in der unteren Hälfte befindet sich eine weitere derartige Hautverdickung. Sie ist rund, scharf umschrieben, von 1 cm Durchmesser und mit vielen geschichteten Schüppchen wie eine Psoriasis-Plaque bedeckt. Sie stammt von einer erbsengroßen Geschwulst, die ein einziges Mal entleert wurde, nach Ausfluß einer blutig-eitrigen Flüssigkeit ver- welkte und auf den gegenwärtigen Umfang zusammenschrumpfte.

Während der Beobachtungsfrist erschien plötzlich am rechten Hinterfuß, dicht hinter den Zehen, auf der Fußsohle eine An- schwellung, die ganz das Aussehen eines Hämatoms hatte. Sie wurde verschont und lieferte nach zwölf Tagen während der Unter- suchung wie gewöhnlich eine unter dem Druck heftig ausspritzende blutig-eitrige Flüssigkeit. Nach gänzlicher Entleerung blieb in der Folge weiter nichts übrig, als eine schwielige Verdickung der Haut. Sonst erschien die äußere Hautfläche nirgendwo verändert; das Allgemeinbefinden des Hundes ist vorzüglich.

Die Flüssigkeit, die aus den Hautverletzungen ausfließt, ent- hält neben roten und weißen Blutkörperchen verschiedenartige parasitäre Formen, die ich eines eingehenden Studiums für wert erachtete.

Am frischen Präparat läßt sich bloß die Anwesenheit von Zellformen verschiedenen Inhalts in der Flüssigkeit feststellen; die näheren Strukturverhältnisse lassen sich noch nicht erkennen. Bei Anwendung von zweckmäßigen Fixations- und Färbungsmethoden gelüigt es jedoch auch, die feinere Struktur der genannten Zellen zur Darstellung zu bringen.

Von den Färbungsmethoden bewährte sich besonders die zuerst von Dr. Marino für die Färbuug der Syphilis-Spirochaete

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angewandte, bei der man wie folgt verfährt: Das in möglichst dünner Schicht anf einem sorgfältig gereinigten Objektträger ans- gestrichene üntersnchnngsmaterial läßt man bei Zimmertemperatur antrocknen. Hieranf erfolgt die Färbang nach Marino. Auf diese Weise erzielt man vortreffliche Präparate.

Nur mit vieler Mühe gelang es mir, mich in dem wirren Durcheinander der mannigfaltigen Zellformen, von denen das Prä- parat wimmelte, zurechtzufinden. Das Untersuchungsmaterial wurde zu verschiedener Zeit entnommen, die zuerst und die zuletzt aus- fließenden Flüssigkeitsmengen wurden jede für sich besonders unter- sucht; es wurde mit Rücksicht auf das verschiedene Alter der Haut Verletzungen jedesmal das Material der benachbarten erkrankten Hautpartien zum Vergleich herangezogen, und so konnte ich endlich die wesentlichsten Punkte meiner Untersuchung sicherstellen.

Ich habe zu wiederholten Malen das Material frisch unter- sucht, mit und ohne Zusatz von natürlichem oder künstlichem Serum, bei Zimmertemperatur und auf dem witschen Objekt- tisch bei Temperaturen svirischen 15^—37® C, um das Auftauchen der beweglichen Fäden zu beobachten, wie im ersten Fall, aber umsonst. Dagegen sah man Zellen, die auch bei den günstigsten Temperaturverhältnissen (37® C) bloß träge amöboide Bewegungen zeigten. Dieselben senden sehr langsam kurze Ausläufer aus, worauf dann allmählich die Dislokation der ganzen Zelle erfolgt. Diese Trägheit ihrer Bewegungen steht im offenen Gegensatz zu der Lebhaftigkeit, mit der sich die im ersten Falle beschriebenen amöboiden Zellen bewegten. Diese Tatsachen und die Unter- suchung der gefärbten Präparate beweisen, daß der in Frage stehende Parasit von dem im vorigen Fall beschriebenen verschieden ist.

Ich glaube, sämtliche Formen richtig erkannt und den Ent- wicklungszyklus des Parasiten sowohl in den agamischen Schizo- genesis als in den geschlechtlichen Stadien Sporogenesis festgestellt zu haben. Derselbe gehört offenbar zu den Kokzidio- morphen; in Anbetracht des beständigen Fehlens einer Zell- membran, virie aus der unten folgenden Beschreibung zu ersehen ist, schlage ich für denselben den Namen Coccidium nudum vor.

I. Schlzogenesis.

A. Schizonten. Größe und Gestalt der reiferen Schizonten sind abhängig von der Zahl der in ihnen enthaltenen Merozoiten, Diese

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Zahl schwankt bei unserem Coccidium zwischen 7 und 50 und darüber. Ihre Gestalt ist gewöhnlich rundlich oder kaum oval, ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,036 und 0,070 nun.

In den kleinen wie in den großen Schizonten besitzen die Merozoiten eine regelmäßige Anordnung, dieselbe ist jedoch nur in den kleineren deutlich sichtbar; in den größeren Formen läßt sich bloß eine Gruppierung der Elemente um einen gemeinsamen Mittelpunkt erkennen.

Die Form und die Art der Anordnung der Merozoiten ver- leihen den kleineren Schizonten eine täuschende Ähnlichkeit mit einem Gänseblümchen (Taf. IH, Fig. 3 und 4). Diese symmetrisch strahlige Anordnung der Merozoiten bleibt noch in den Schizonten mit zwölf Merozoiten erhalten. Ist aber ihre Zahl größer, so wird eine solche Anordnung unmöglich, und die Merozoiten erscheinen dann im Gesichtsfeld unregelmäßig übereinander gelagert, durch Vertrocknung zusammengezogen oder durch die EingriflFe der Präparationstechnik zertrümmert (Taf. m, Fig. 5). Bleibt ein solcher großer, reifer Schizont zufällig unversehrt, so erscheint er als ein kugeliges Aggregat von zahlreichen, dicht gedrängten Körperchen, die derart übereinander gelagert sind, daß ihre feinere Struktur und ihre regelmäßige Anordnung kaum noch sichtbar bleiben.

Ein kleiner Schizont mit 7 10 vollkommen reifen, noch von dem Mutterplasma eingehüllten Merozoiten, der seine Kugelform beibehalten hat, mißt im Durchmesser 0,036 mm; ein großer Schizont mißt zum mindesten 0,060 0,070 mm und enthält nicht weniger als 50 Merozoiten.

Die Übergangsformen von dem einfachen Merozoiten zum Schizonten sind kaum zu unterscheiden von denjenigen eines männ- lichen Gameten in seinen frühesten Entwicklungsstadien. Erst wenn die Differenzierung, sowohl des ZeUplasmas als des Chromatins, weiter vorgeschritten ist, kann man die Schizonten sicher erkennen. Solche Übergangsformen habe ich höchst selten angetroffen; ich halte dies für einen Beweis, daß die letzten Entwicklungsstadien des Schizonten äußerst rasch, ich möchte fast sagen, flüchtig ver- laufen. Während ihres ganzen Evolutionszyklus bleiben die Schizonten stets nackt.

Wenn ich auf die Mikrogametozyten zu sprechen komme, werde ich gleichzeitig die ersten Umwandlungen des Chromatins im

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Schizonten beschreiben. Sie nehmen in beiden Zellarten ganz den- selben Verlauf.

In einem weiter vorgeschrittenen Stadium erscheint der Schizont als eine Kugel von 0,025—0,035 mm Durchmesser. Bei der Färbung nach Marino zeigt er sich aus folgenden Bestand- teilen aufgebaut: 1. dem scharf begrenzten Zellplasma, das sich schön blau färbt, gegen den Eand hin etwas 'dunkler; 2. dem rot- gefärbten Kern, von elliptischer Form und ebenfalls scharf kon- turiert; er besteht aus einem roten Netzwerk, dessen Maschen keinen FarbstoflF aufnehmen und ist immer mit einem festen, deut- lich sichtbaren, grüngefarbten Kernkörperchen versehen ; 3. acht bis zehn teils runde, teils gelappte randständige Chromatinbrocken, wovon einige von einem helleren Hof umgeben erscheinen (Taf. III, Fig. 1).

Noch später finden wir den Kern mit seinem Kernkörperchen im Mittelpunkt der Zelle, kranzförmig von den meist rundlichen Chromatinbrocken umgeben, um welche sich allmählich das Zell- plasma ansammelt, so daß sich am Ende folgendes Bild ergibt : Ein Kranz von Kugeln, deren jede einen Chromatinkörper enthält, liegen symmetrisch um einen kugeligen Zentralkörper, der aus einem feinen Chromatingerüst besteht, in dem das Kernkörperchen deutlich sichtbar ist; das Ganze ist in ein leicht gefärbtes Zellplasma ein- gebettet. Offenbar geht dieses Stadium dem Gänsebltimchenstadium nur ganz kurz voran (Taf. III, Fig. 2).

Zu dieser 'Zeit ist die Größe der Schizonten eine wechselnde, je nach dem Entwicklungsstadium und der Zahl der in ihnen ent- haltenen Merozoiten. Die von mir beobachteten, sicher als Schizon- ten anzusprechenden Formen, hatten einen Durchmesser von 0,032 bis 0,036 mm (Taf. III, Fig. 1, 2).

Von dem Schizonten bleibt nach dem Ausschwärmen der Mero- zoiten ein Restkörper zurück, dessen Größe mit der Zahl der aus- geschlüpften Merozoiten wechselt. Er besteht aus einem schwammigen Zellplasma, das sich mit Marino-Blau nicht mehr entschieden blau färbt, sondern eher einen diffus-rosigen Ton an- nimmt. Dasselbe enthält immer noch einen schön rotgefärbten elliptischen Körper von körniger und netzartiger Beschaffenheit, dessen Rand öfters etwas verwischt erscheint und der noch ein oder zwei Kernkörperchen einschließt. Ein mittelgroßer Rest- körper hat einen Durchmesser von 0,028 mm; der elliptische, zentrale oder randständige Kern mißt 0,012X0,008 mm.

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B. Merozoiten. Solange sie noch mit dem Eestkörper zu- sammenhängen und in der ersten Zeit nach ihrer Lostrennung von demselben sind die Merozoiten nackte Zellen von der Gestalt eines Kürbissamens (Taf. HI, Fig. 5). Ihre größte Breite beträgt 0,008—0,010 mm, ihre Länge schwankt zwischen 0,014 und 0,016 mm. Nach ihrer Lostrennung vom Restkörper behalten die meisten ihre konische Gestalt bei, andere werden kugelig, wieder andere zeigen alle Übergangsformen zwischen einem Konus und einer Kugel.

Ihre Struktur läßt sich mit Marino-Blau deutlich darstellen. Sie bestehen aus zwei Substanzen; die eine färbt sich schön blau Zellplasma die andere mehr oder weniger intensiv rot bis rotviolett Chromatin.

Das Zellplasma färbt sich immer intensiv blau und verdeckt oft das Chromatin; dieses prangt, wenn das Zellplasma nicht allzu tief gefärbt ist, in schöner, rubinroter Farbe. Das Zellplasma enthält kleinste blaue Granulationen, die so dicht zusammen- gedrängt sind, daß sie demselben ein homogenes Aussehen ver- leihen; es erfüllt in der Mehrzahl der Merozoiten drei Fünftel, in einigen weniger als die Hälfte des Zellumfanges, der übrig- bleibende Raum wird vom Chromatin eingenommen. Dieses erscheint als ein exakt sphärisches Aggregat von kleinsten dichtgedrängten Granulationen, hier und da mit einem größeren Körnchen unter- mischt. In den Merozoiten, die noch mit dem Restkörper zu- sammenhängen, liegt das Chromatin immer an dem dem Restkörper zugewendeten Pol; in den freien Merozoiten, die ihre konische Form noch beibehalten, sitzt das Chromatin wie ein roter Tropfen dem zugespitzteren Ende des blauen Zellplasmas auf;' nur selten ist es von einem ganz schmalen Plasmasaum umgeben. In den Merozoiten, die eine kugelige Form angenommen haben, nimmt das Chromatin gewöhnlich eine exzentrische Stellung ein.

Bei den jungen Merozoiten läßt sich mit der Differential- färbung in der Chromatinkugel kein Kemkörperchen entdecken. Doch wird ein solches deutlich sichtbar in den mit Methylenblau allein gefärbten Präparaten; schöner noch kommt es in den Prä- paraten zur Darstellung, auf die man nach einem raschen Bad in wäßrigem Eosin (1 : 500), während 1—3 Min. das gewöhnliche Me- thylenblau (1 : 100) einwirken läßt. (Taf. III, Fig. 1, 2, 3.)

Frisch untersucht, lassen sich in den Merozoiten bei einer

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Temperatur von 30—38 ® C träge, dunkle, amöboide Bewegungen nachweisen.

Von den Merozoiten nehmen bekanntlich sowohl Schizonten als Makrogameten und Mikrogametozyten ihren Ursprung. Bei vielen Sporozoenarten, auch bei dem so kleinen Malariaplasmodium, ließen sich morphologische Unterschiede zwischen den zum einen oder zum andern Zweck bestimmten Merozoiten nachweisen, und besonders zwischen den zukünftigen geschlechtlichen Elementen. Bei unserem Coccidium schienen mir die Merozoiten immer von gleicher Beschaffenheit, nur das Mengenverhältnis zwischen Zell- plasma und Chromatin schwankte oft; doch hielt ich es nicht für angemessen, hieraus Schlüsse für eine sichere Erkennung der Geschlechter zu ziehen.

Nach der Ablösung von der Mutterzelle und bevor in den Merozoiten die ersten Veränderungen auftreten, die die künftigen Umwandlungen einleiten, nehmen dieselben noch etwas an Umfang zu (0,018—0,020 mm), und ihre Gestalt wird kugelig oder oval. Das Plasma wird dünner, besonders gegen die Mitte der Zelle, auch das Chromatin dehnt sich etwas aus und nimmt allmählich eine elliptische Fonn an, wodurch es das Aussehen des echten Kemkörpers der Metazoenzellen gewinnt, mit Netzwerk, scharfen Konturen und einem gut ausgebildeten, derben, konturierten, zen* tralen Kernkörperchen ausgestattet.

II. Sporogenesis.

A. Makrogameten. Sobald die Schizonten ihre vollkommene Reife erreicht haben, bilden sich die Strukturverhältnisse aus, die flär die zukünftigen Makrogameten kennzeichnend sind. Diese erscheinen als nackte, rundliche oder ovale Zellen die runden messen 0,020, die ovalen 0,018-0,023 mm im Durchmesser mit blaugefärbtem, scharf konturiertem Zellplasma und einem meist exzentrisch verschobenem Kern, der so intensiv rotblau gefärbt ist, daß das Kernkörperchen fast nie sichtbar wird. (Taf. m, Fig. 12.)

Im frischen Präparat erscheinen sie als kleine, unbewegliche Kugeln mit äußerst dünner, einfach konturierter Wand, homogenem, hyalinem Zellplasma und einem meist exzentrischen Körper von elliptischer Gestalt, der aus kleinen Kömchen von verschiedener Größe besteht.

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Eigentlich gleichen die weiblichen Gameten im frischen Prä- parat . gar sehr einem Schizonten, einem Mikrogametozyten mit ruhendem Chromatin, und bloß durch Differentialfärbung lassen sie sich einigermaßen identifizieren.

Mikrogametozyten. Wie gesagt, läßt sich anfänglich ein Mikrogametozyt, bevor sich das Chromatin über die Zelle aus- dehnt, nur schwer von einem Schizonten unterscheiden. Zu dieser Zeit sind beide Formen anscheinend ganz ähnlich.

Im vergrößerten Merozoiten erscheiAen zuerst im Zellplasma kleine Chromatinkömer in geringer Zahl drei bis vier zu einem oder mehreren Häufchen vereinigt, von einem hellen Hof umgeben oder auch nicht (Taf. III, Fig. 6, 7, 8). Diese sekundären Chromatinkörper werden wohl von dem primären Chromatinkörper in das Zellplasma ausgestoßen; in einigen Zellen (Taf. UI, Fig. 9) sieht man in der Tat Chromatinhäufchen von verschiedener Gestalt und Größe; die einen groß, schwammig, unregelmäßig an der Peripherie, die anderen, klein, fest, rundlich, in der Nähe des pri- mitiven elliptischen Chromatinkörpers gelegen; man gewinnt den Eindruck, als wären jene die zuerst ausgetretenen Chromatin- brocken, die von den nachziehenden gegen den ZfeUrand verschoben werden, bis das gesamte zu den bevorstehenden Vermehrungsprozessen (Schizogenesis) oder zur Mikrogametenbildung zu verwendende Chromatin den Kern verlassen hat.

Erst jetzt läßt sich eigentlich von einem wirklichen Mikro- gametozyten sprechen (Taf. III, Fig. 10). Mit dem Austritt des Chromatins wird der Kern immer blasser, er erscheint jetzt als ein weitmaschiges Netz, in dem immer noch das grüngefärbte Kem- körperchen sichtbar bleibt (Taf. HI, Fig. 9). In diesem Stadium mißt ein Mikrogametozyt 0,030 mm, der Kern 0,010 mm in der Länge, 0,006 mm im Querdurchmesser.

Später begegnen wir im Zellplasma ungeheuren, am Zellrand angesammelten Chromatinmassen, die noch vereinzelte Kömer enthalten, aber größtenteils bereits eine eigentümliche Beschaffen- heit besitzen. In der Mitte der Zelle ist noch der primitive Kem- schatten sichtbar, der oft wie gequollen erscheint (Taf. III, Fig. 10). In diesem Stadium mißt ein Mikrogametozyt 0,036 mm im Durchmesser; das Chromatin erscheint schwammig und bildet Knäuel, Ringe und mannigfaltig gewundene dicke Fäden.

Zuletzt im reifen Mikrogameten erscheinen, in der Mutterzelle

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zerstreut und besonders in der Nähe des Zellrandes, zahlreiche Chromatinknäuel, die aus mannigfaltig aufgerollten Chromatinbändern gebildet sind. Es sind dies die zum Ausschwärmen fertigen Mikro- gameten. In diesem Stadium besitzt der Mikrogametozyt eine rund- liche Form und einen beträchtlichen Umfang. Er mißt 0,070 mm im Durchmesser und erzeugt eine auffallend große Zahl mehr als 100 Mikrogameten. Nachdem letztere den Mikrogametozyten verlassen haben, bleibt ein rundlicher, umfangreicher 0,040 bis 0,050 mm Eestkörper zurück, der aus dem blaugefärbten, sehr blassen Zellplasma besteht, in welchem der primäre Chromatin- köi^per noch als ein rotes Netzwerk mit weiten Lakunen und teil- weise verwischten Konturen sichtbar ist. Auch das Kemkörperchen ist immer noch vorhanden (Taf. III, Fig. 11).

G. Mikrogameten. Der Mikrogamet ist eine Zelle mit Plasma und Chromatin.

Das Zellplasma ist gleichmäßig hyalin, vollkommen durch- sichtig, nicht farbbar. Nach Marino färbt es sich entweder gar nicht oder kaum merkbar blau; die anderen Färbemethoden, die keine intensiven Fixierungsmittel erfordern, bleiben erfolglos. Gebraucht man bei der Fixierung Osmiumsäure oder die Hitze, so färben sich die Zellen, werden aber bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Die Verteilung des Chromatins ist eine eigentümliche. Es bildet ein Band mit vielen Einschnürungen, die es in 4—8 vier- eckige, ovale oder elliptische Bruchstücke einteilen, die nur noch durch ganz schmale, kurze Brücken zusammenhalten. Die einzelnen Bruch- stücke zeigen eine schwammige Beschaffenheit.

Der Durchmesser der Plasmakugel ist immer kürzer als das Chromatinband, folglich erscheint letzteres stets mannigfaltig ge- bogen oder aufgerollt, bald zeigt es die Form eines T, eines V, eines W, eines 8, bald gleicht es einer Leier, einem Kreuz, einem Anker, einem Bing oder sonst irgendeinem nicht näher bestimm- baren Gegenstand.

Die runden Mikrogameten sind immer kugelig; ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,012 und 0,014 mm, ihre Kontur ist stets scharf gezeichnet (Taf. III, Fig. 12).

D. Kopulation, Befrachtung. Die Befruchtungsbilder sind zahlreich und lassen sich, wenn einmal erkannt, auch im frischen Präparat leicht unterscheiden; im gefärbten Präparat kommen sie sehr anschaulich zur Darstellung.

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Im frischen Präparat erscheint der befruchtete Makrogamet wie eine kugelige Zelle, in der eine stark lichtbrechende Scheibe sichtbar ist, die einen unregelmäßigen, weniger licht- brechenden Körper enthält. Der übrige Zellraum zeigt eine kömige Struktur und wird größtenteils von dem elliptischen Kern und einigen größeren lichtbrechenden Schollen eingenommen. Der Zell- rand ist scharf gezeichnet und einfach konturiert.

Die näheren Strukturverhältnisse lassen sich durch die Fär- bung mit Marino-Blau vorzüglich darstellen (Taf. III, Fig. 13, 14, 15, 16). Die Gameten zeigen während oder nach der Befruchtung eine ovale oder Kugelform und eine nach dem Entwicklungsstadium verschiedene Struktur.

In jeden Makrogameten dringt meistens nur ein einziger Mikrogamet ein, manchmal auch zwei. Dies geschieht, indem der Mikrogamet das eine freie Ende seines Chromatinfadens oder auch beide zugleich in den Makrogameten einschiebt (Taf. II, Fig. 13). Diesen Vorgang habe ich nur selten beobachten können, ein Beweis dafiir, daß sich die Befruchtung sehr rasch vollzieht. Das Plasma des Mikrogameten paßt sich der neuen Gestalt des männlichen Elementes an, dehnt sich aus und begleitet das Chromatin in das Innere des Makrogameten (Taf. III, Fig. 13 und 14).

Hierauf nimmt der Mikrogamet wieder die ursprüngliche Form an, und man sieht im Innern des weiblichen Plasmas den Chromatin- faden mit seinen schwammigen Anschwellungen von einem achro- matischen Hof umgeben (Taf. III, Fig. 13, 14, 17). Derselbe ist wohl mit dem ursprünglichen Plasma des Mikrogameten identisch und ist, wie gesagt, für Farbstoffe undurchdringlich. Allmählich erfolgt dann die Verschmelzung des männlichen mit dem weiblichen Plasma; denn man sieht befruchtete Gameten, in denen der achromatische Hof immer kleiner wird und endlich ganz ver- schwindet (Taf. III, Fig. 15, 16). Inzwischen quillt das Chromatin des Mikrogameten auf und erscheint zuletzt wie eine große rote Masse von unregelmäßiger Gestalt neben dem Chromatin des Makro- gameten (Taf. m, Fig. 18).

Über das weitere Schicksal des männlichen Chromatins blieb ich im Zweifel; man trifft Zellen an, in denen zwei große, un- regelmäßige Chromatinmassen sichtbar sind und die sich als Ver- schmelzungsbilder deuten lassen (Taf. III, Fig. 18). In anderen Zellen sieht man mehr oder weniger veränderte Chromatinreste,

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die den Eindmck erwecken, als wären sie im Begriff, von der Zelle als wertlose Trümmer ausgestoßen zu werden (Taf. III, Fig. 19, 22).

Während und nach der Befruchtung erßlhrt der weibliche Kern tiefgreifende Veränderungen. Erst fest und intensiv färbbar, wird er allmählich heller; in vielen Zellen sieht man deutlich, daß ein Teil des Kernes in ein helleres Rot gefärbt ist und gleichsam ausgeschwemmt erscheint, während der andere Teil noch dunkel ge- färbt ist (Taf. IQ, Fig. 15); eine wellige, tiefrote Linie markiert die Grenze zwischen den beiden Zellen. Besonders deutlich erscheint diese Struktur bei den befruchteten Gameten, in den die achromatische Zone des Mikrogameten (das Zellplasma) mit dem weiblichen Chromatin in Berührung steht. Der ganze Vorgang er- weckt den Eindruck, als ob die achromatische Substanz bei ihrem Vordringen im Kerne den kömigen Inhalt desselben vor sich hin- treibe. Sobald diese Wellen feiner, braunroter Körner den Kern- rand erreichen, runden sie sich zu größeren Kugeln ab, die sich stets tief braunrot, fast schwarz färben und ausgestoßen werden (Taf. in, Fig. 14, 16) Ausstoßung der Karyosomen.

Der so ausgewaschene Kern erscheint prächtig rubinrot ge- förbt und läßt eine netzartige Struktur erkennen. Ein zentrales Kemkörperchen ist immer deutlich sichtbar (Taf. IH, Fig. 16, 19).

£. Sporonten. Nachdem die Befruchtung stattgefunden hat, erfolgt die Vermehrung der Makrogametenkeme. Von diesem Augenblicke an sind die Makrogameten als Sporonten zu betrachten. Die Trennung des ursprünglichen Kernes in zwei neue Kerne er- folgt durch einfache Teilung (Taf. m, Fig. 20, 21, 22, 23). Von den zwei neugebildeten Kernen, die anfangs verschieden sind, aber später ganz dasselbe Aussehen haben, besitzt jeder ein eigenes Kernkörperchen. Zugleich wächst der Umfang des Zellplasmas. Die Zahl der Kerne vermehrt sich, man triflft drei, vier, sechs der- selben in größeren Zellgebilden. Man begegnet auch Sporonten mit sechs prächtigen, kranzförmig an der Peripherie des Zell- plasmas gelagerten Kernen, letzteres ist dann stark vergrößert und enthält in Menge Kömer von verschiedener Größe, die sich mit Marino-Blau schön grün färbefa. Ein kugeliger, sechskemiger Sporont hat einen Durchmesser von 0,045 mm (Taf. III, Fig. 24).

Die Kerne der Sporonten sind oft in beträchtlicher Zahl vorhan- den, oft sind sie so zahlreich, daß eine genaue Zählung nicht wohl möglich ist, und es gibt Sporonten, die mit Gewißheit mehr als 60Kerne

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enthalten. Dieselben sind immer etwas beschädigt und erscheinen als mit Kernen durchsetzte Gebilde, die wegen der Kontinuität des Zellplasmas offenbar als ein einheitliches Individuum aufzufassen sind; in den ersten untersuchten Präparaten und bevor ich die zugehörigen Übergangsformen auffand, bereitete mir die richtige Deutung dieser Formen oft Schwierigkeiten.

Aus der Art, wie sich die Sporonten mit nicht weniger als sechs Kernen darstellen, läßt sich folgern, daß die Zahl der ge- bildeten Sporoblasten keine bestimmte ist. Das betreffende Cocci- dium würde somit zu denjenigen gehören, die eine unbestimmte Zahl von Sporoblasten erzeugen, (Unterordnung: Polyplastina Labb6 Familie Polysporozystiden von Doflein.)

Ich vermute, daß die Kemvermehrung im Sporonten immer durch Teilung erfolgt. Wenn man erwägt, daß sich der ur- sprüngliche Kern in zwei teilt (Taf. IH, Fig. 20, 21, 22, 23), und daß man in den größeren Sporonten oft zwei Kerne sieht, die einander so eng anliegen, daß sich die Konturen des einzelnen nicht genau unterscheiden lassen, so ist man wohl berechtigt, zu denken, daß die Kemvermehrung durch fortgesetzte Teilung der Chromatinkugeln vor sich geht.

In vielen Sporonten sieht man außer den zahlreichen, durch Marino-Blau rotgefarbten Kernen in dem blauen Zellplasma noch kugelige Gebilde von 0,008 mm Durchmesser, die keinen Farbstoff annehmen und einen ebenfalls blaugefilrbten, gelappten, band- oder ringförmigen Körper enthalten. Oft trifft man solche Gebilde in größerer Zahl (Taf. HI, Fig. 25). Ihre sichere Identifizierung ist mir nicht gelungen. Gestalt und Größe entsprechen denen der Mikrogameten. Bei dem, was wir bis jetzt über die Morphologie und Biologie der Kokzidien kennen, erscheint eine solche Ver- mutung auf den ersten Blick als unzulässig; doch ist zu erwägen, daß bei den übrigen Kokzidien sich um den Makrogameten alsbald eine zweite Membran bildet, die dem weiteren Ein- dringen der Mikrogameten im Wege steht, folglich dürfte es weder unmöglich noch unwahrscheinlich sein, daß in dem unsrigen, wo sämtliche Formen, einschließlicli den Sporonten, nackt sind, die Mikrogameten auch in die Sporonten eindringen könnten, selbst- verständlich ohne irgendwelche Tätigkeit zu entfalten.

Sporoblasten. Bei den ausgewachsenen Sporonten setzt sich um jeden Kern ein hübscher Plasmamantel an, und alsbald

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erfolgt die Abschnürung und Trennung der Sporoblasten vom Kest- köiper (Taf. HI, Fig. 26). An der Peripherie des Sporonten schnüren sich so viele Plasmakugeln ab, als der Sporont Kerne enthielt. Dieselben trennen sich erst voneinander los und verlassen hierauf den Restkörper. Die mehr oder minder rundlichen Sporoblasten messen im Durchmesser 0,022—0,026 mm; sie bestehen aus einem homogenem oder äußerst feinkörnigem, blaugefärbtem Zellplasma und einem runden oder elliptischen, scharf konturierten, mit einem Kemkörperchen versehenen Chromatihkem von netzartigem Aus- sehen. Um die Sporoblasten fehlt jede Spur einer Membran.

So weit entwickeln sich im Hund als Wirt die Stadien der Sporogenesis. Eine systematische Untersuchung über das weitere Schicksal der Sporoblasten, ihre Umwandlung in Sporen und die Bildung der Sporozoiten ist unerläßlich, und ich habe mich bereits an diese Aufgabe gemacht. Ihre Lösung jedoch bereitet große Schwierigkeiten und beansprucht viel Zeit und Mühe. Führt mich mein Studium zu sicheren Ergebnissen, so werde ich dieselben in einer weiteren Arbeit mitteilen.

Vorläufig glaube ich, die verschiedenen Formen richtig ge- deutet und den Entwicklungszyklus des Parasiten in seinen sämt- lichen Stadien, sowohl in den agamischen Schizogenesis als in den sexuellen Sporogenesis klargelegt zu haben. Er gehört unzweifelhaft zur Ordnung der Kokzidiomorphen (Doflein), und auf Grund des Fehlens einer Zellmembran in seinen sämtlichen Entwicklungsphasen schlage ich für denselben die Benennung

CoCCidium nudum vor. (ÜbersiUmig ron Dr. Bruno Flury)

Tafel-Erklänino.

Tafel I und IL

1. Kranke Hautpartie im Bezirk der Kniebeuge.

2. Zelleninseln des Hautsekrets, im frischen Präparat gesehen (Oc. 3-— Ob. D. Zeiß).

3. Merozoite in amöboider Bewegung auf Löwits heizbarem Objekttisch (Oc. 3— Ob. Vis Koritska).

4. Immobilisierte Merozoite, Färbung am frischen Präparat (Oc. 3~0b. Vi» Koritska).

5., 6., 7. Trophozoite im frischen Präparat (Oc. S—Ob. Via Koritßka).

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8. Übersichtsbild. Färbung des frischen Präparats mit wäßerigem Gentiana- violett mge, Mikrogametozyte; trfz, Trophozoite; mrz, Merozoite; schz, Schizonten (Oc. 3— Ob. V12 Koritska).

9. Trophozoit, nach Färbung mit Unnablan (Oc. 3 Ob. V19 Koritska).

10.i 11., 12. Schizonten in verschiedenen Entwicklungsstadien, im frischen Präparat (Oc. 3— Ob. Vi, Koritska).

12. bis, Restkürper nach der Schizogonie (Oc. 3— Ob. '/jg Koritska).

13. Spirillen (Mikrogameten), vereinzelt und zu Bündeln verschlungen (Oc. 3 Komp. Zeiß. Ob. V13 Koritska).

14. Ein Mikrogametozyt Ein Mikrogamet ist eben im Begriff, auszuschlüpfen, während ein Bündel Mikrogameten noch im Zellplasma eingeschlossen liegt. Die Figur ist etwas schematisiert (Oc. 3 Ob. Vis Koritska).

15., 16., 17., 18., 19., 21. Schizonten mit verschiedenartiger Gruppierung der Chromatinsubstanz. 15., 16., 11. Unnablau. 17., 18., 19. Gentiana- violett (Oc. 8 Komp. Zeiß. Ob. Vn Koritska. Verläng. Tub. 16).

20. Schizonten in verschiedenen Entwicklungsstadien und in Kolonien, im frischen Präparat (Oc. 8 Komp. Zeiß Ob. V^ Koritska. Verläng. Tub. 16).

Tafel III.

1., 2., 3., 4., 5. Schizonten. 1., 2., Schizonten in Bildung; 3. kleiner Schizont ; Färbung: Methylenblau; 4. kleiner Schizont; Färbung: Eosin-Methylenblau; 5. reifer Schizont, freie Merozoiten; Färbung: Marinoblau.

6., 7., 8., 9., 10., 11. Mikrogametozyt. 6. 7. 8. 9. Verteilung des Chro- matins im Zellplasma. Diese Formen sind sowohl den Schizonten als den Mikrogametozyten gemein; 10. Mikrogametozyt, der Reifung nah; 11, reifer Mikrogametozyt.

12., 13., 14., 15., 16., 17., 18., 19. Kopula, Befruchtung. 12. rechts ein Mikrogamet, links ein Makrogamet; 13. ein Mikrogamet im Begriff» in einen Makrogameten einzudringen, wo sich bereits ein anderer Mikrogamet be- findet; 14. und 16. befruchtete Makrogameten, Ausstoßung der Karyosomen ; 15. Kern eines Makrogameten mit einem durch Einfluß eines Mikrogameten teilweise ausgeschwemmten Kern.

20., 21., 22., 23., 24., 25., 26. Sporonten. 20—23. Teilung des Makrogameten- kems: in Fig. 22 ist noch ein Rest des Mikrogameten sichtbar; 24, Sporont mit sechs der Reifung nahen Arkesporen mit vielen ChromatinkOmern; 25. ein anderer Sporont mit neun KOmern; daneben Bildungen von zweifelhafter Bedeutung; 26. Teil eines reifen Sporonten, fünf Sporoblast im Begriff, sich von einem umfangreichen RestkOrper abzuschnüren.

27. Makrogameten oder Sporoblasten im frischen Präparat.

28. Mikrogameten im frischen Präparat.

29. Höckrige Hautplaque der linksseitigen Ellenbogenregion des Hundes.

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Tafel IV. Photogramme:

1. Schizont mit wenigstens zehn Merozoiten: Man sieht das Kernkörperchen des Kestkörpers; vereinzelte freie Mikrogameten, vereinzelte rote Blut- körperchen.

2. Schizont: Diflferentialfärbnng (Marinoblau) des Chromatins und des Zell- plasmas; freie Mikrogameten, Blutkörperchen.

3. Kleiner Schizont: GänseblQmchenform. Sieben Merozoite, Restkörper mit zwei Kernkörperchen.

4. Mikrogametozyt oder Schizont in Entwicklung. Große Chromatinhaufen sind im Zellplasma verteilt.

5. Makrogamet während der Befruchtung. Der gleiche wie in Fig. 13, Taf. in. Drei freie Mikrogameten. Zwei entartete Rundzellen.

6. Befruchteter Makrogamet; viele freie Mikrogameten, rote Blutkörperchen.

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ZäüdirißfJuftiaioialiniilüuam tte. da- Batatün, Band IV.

Mareont, Sporozoendermaiottit.

(Aus dem Institut für Seuclienlelire der Kgl. Tierärztlichen Hoch- schule zu Stuttgart.)

Untersuchungen fiber eine Kanarienvogelseuche.

Von Professor Dr. W. Zwick.

(Mit 5 Abbildungen im Text und Tafel V.)

Gelegentliche Ausbräche seuchenhafter Krankheiten bei Ka- narienvögeln waren schon mehrfach Gegenstand bakteriologischer Untersuchungen. Wie eine Durchsicht der einschlägigen Literatur ergibt, können Kanarienbestände von verschiedenen Seuchen heim- gesucht werden,

Rieck^) befaßte sich mit Forschungen über eine im Jahre 1888 in einer größeren Eanarienzüchterei Dresdens ausgebrochene Seuche. Die Krankheit verlief durchschnittlich innerhalb 4—6 Tagen tödlich. Als besonders auffallende Erscheinung trat an den Kadavern eine rußige, grauschwarze Verfärbung der Haut im Bereich des Halses, der Brust und des Bauches hervor. Bei der Sektion war außer einer akuten katarrhalischen Entzündung des Darmes eine eigenartige Veränderung der Leber auffällig. Die braune Farbe derselben war durch viele dicht beieinander stehende, nicht scharf umschriebene, graugelbe, sich nur wenig in das Parenchym hineinsenkende Partien unterbrochen; in einem Falle waren sogar multiple Leberabszesse vorhanden. Sowohl in Ausstrichen aus Herzblut, besonders zahlreich* aber in solchen aus der Leber fand Ri eck Kurz- stäbchen, die nach Tinktion mit Methylenblau oder LöffI er scher Lösung deut- Uche Polförbnng zu erkennen gaben, deshalb den Bakterien der Hühnercholera glichen, sich jedoch von ihnen durch ihre überragende Größe deutlich unter- schieden. Das Stäbchen färbte sich nach Gram und war beweglich. Auf Kartoffeln gedieh dasselbe gut und bildete einen graugelben Belag. Gelatine brachte es nicht zur Verflüssigung, Bouillon wurde gleichmäßig getrübt. Empfänglich für die Impfung, und zwar ebensowohl für die subkutane als intra- muskuläre, erwiesen sich Tauben, Sperlinge und weiße Mäuse. Bei den der Impfung erlegenen Versuchstieren fand sich an der Impfstelle eine schwefel- gelbe, derbsulzige Masse und außerdem multiple Lebernekrose. Die Milz war

') Deutsche Zeitschrift für Tiermedizin und vergleichende Pathologie, 15. Band, 1889, S. 68—80.

Zeitschrift fBr Infekiionnkrankheiten. IV, 1/8. 3

I

J

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BtotB frei von VeränderungeD. Auf Grund verschiedener Unterscheidungsmerk- male lehnt Rieck die Identität des Erregers mit dem der Hühnercholera ab.

Kern^) beschreibt als „Eanariencholera^ eine innerhalb 24 Stunden tödlit-h verlaufende Kanarienseuche, als deren Ursache er einen Bazillus anspricht, der in allen Kulturen einen eigentümlichen durchdringenden Geruch entwickelte. Die Stäbchen waren gleichmäßig gefärbt und größer als die Erreger der Hühner* Cholera. Bei Einsaat in Bouillon wurde diese gleichmäßig getrübt, in Tranben- zuckeragar fand Gasbildung statt. Bei Züchtung auf Kartoffeln nahm der Nährboden eine bläuliche Farbe an. Gelatine wurde nicht verflüssigt Durch Fütterung von Reinkulturen konnten Kanarienvögel und Sperlinge innerhalb 6—7 Tagen getötet werden, ebenso ein Distelfink und ein Hänfling; auch der subkutanen Impfung erlagen solche Tiere; Hühner und Tauben verhielten sich refraktär. Am Kadaver waren die hauptsächlichsten Veränderungen auf den Darm, und zwar besonders auf das Duodenum, beschränkt: die Darm wände waren verdickt, die Schleimhaut geschwollen, von Hämorrhagien durchsetzt die Submnkosa gelblich-sulzig infiltriert.

V. Wasielewski und Hoffmann^ beschäftigten sich mit Übertragung von Malariaparasiten auf Kanarienvögel. Diese Versuche wurden in unliebsamer Weise dadurch gestört, daß durch einen aus Holland bezogenen Vogeltransport, bei dem namentlich Goldammern vertreten waren, eine Seuche eingeschleppt wurde, die rasch um sich griff, und bei deren Verbreitung, wie sich nach- weisen ließ, infizierte Kot- und Futterteile die hauptsächlichste Vermi tierrolle spielten. Im Herzblut wie auch in der Milz und Leber der Vogelleichen waren Kurzstäbchen nachweisbar die in gewissen Grenzen einen Formenwechsel erkennen ließen. Während in den Ausstrichen aus Geweben und bluthaltigen Nährböden vornehmlich längere Stäbchen vertreten waren, boten die Agar- kulturen anfänglich sehr kurze, fast kokkenähnliche Formen, später aber auch längere, ja bis zu Fäden auswachsende. Nicht selten, und besonders in den aus Gewebe hergestellten Ausstrichpräparaten, war an den Stäbchen Polfärbung bemerkbar. Der Erreger ließ sich nicht nach Gram färben und war unbeweglich. Er gedieh gut auf Agar, Bouillon wurde gleichmäßig getrübt, Gelatine ni6ht verflüssigt. Auf Kartoffeln nahm der Kulturrasen mit der Zeit eine leicht gelbliche Färbung an; in Traubenzuckeragar übertragen, kam es nicht zur Gasbildung, Milch wurde nicht zum Gerinnen gebracht, Indolbildnng fehlte. Empfänglich für die Krankheit waren Sperlinge, Finken, Tauben, ganz besonders aber Kanarienvögel, femer weiße Mäuse und Meerschweinchen. Ein geimpftes Kaninchen erlitt keine erkennbaren Schädigungen. Charakteristisch waren gewisse Veränderungen der Organe, besonders der Milz. Dieselbe war meistens erheblich vergrößert, und in das dunkelrot gefHrbte Milzgewebe waren zahl- reiche gelbe Knötchen eingestreut, die auch wieder in der Leber, und zwar namentlich an ihren peripheren Teilen, sich fanden. Auch bei den geimpften Tieren traten an den genannten Organen die nämlichen Veränderungen auf, bei Mäusen waren die genannten Knötchen sogar ausnahmsweise in den Nieren vorhanden.

») Deutsche Zeitschrift für Tiermedizin, 22. Band, 1897, S. 171. 2) Archiv für Hygiene, 47. Band, 1903, S. 44 ff.

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y. Wasielewski und Hoffmann rechnen ihr Stäbchen der Gruppe der hämorrhagischen Septikämie zu, erklären es aber als deutlich verschieden von dem Hühnercholeraerreger. Den Ri eck sehen und Kern sehen Bazillus halten sie für verschieden von dem ihrigen.

Pf äff) teilt mit, dafi in dem Kanarienbestande eines Vogelhändlers eine tödlich verlaufende Krankheit ausgebrochen sei. Die Erscheinungen waren: Aufhören der Frefilust, Durchfall und Schläfrigkeit. Von den pathologisch- anatomischen Veränderungen waren diejenigen an Milz und Leber besonders auffallend. Beide Organe enthielten nämlich zahlreiche gelblich-weifie Herde. Außerdem war noch eine Enteritis zugegen; bei einem der Vögel war die Darmschleimhaut von stecknadelkopfgroßen gelblich-grauen Knötchen durch- setzt. Aus dem Blute der gestorbenen Kanarienvögel züchtete Pf äff ein 0,5^ breites, 1 2 fi langes, keine Verbände bildendes, unbewegliches, gramnegatives Stäbchen. Dasselbe bildete auf Agar durchscheinende, gelblich-graue, scharf Abgegrenzte Kolonien. Bouillon wurde nicht gleichmäßig getrübt, Milch nicht zum Gerinnen gebracht, Traubenzucker nicht vergoren, Indol nicht gebildet, ebensowenig Schwefelwasserstoff. Aus 48 stündigen Kulturen konnte durch ^Erwärmen und Filtrieren Toxin isoliert, und mit 0,25 ccm des Toxins konnte ein Kanarienvogel getötet werden. '^ Der rein gezüchtete Erreger war außer für Kanarienvögel pathogen für Sperlinge, Zeisige, Tauben, weiße Mäuse, Meer- schweinchen und Kaninchen. Auf dem Fütterungswege konnten Zeisige ohne weiteres getötet werden, Kanarienvögel erst nach vorausgegangener Reizung der Darm Schleimhaut unter Benützung von Rizinusöl oder Senfsamen.

Wegen einer gewissen Ähnlichkeit des pathologisch-anatomischen Bildes will ich hier auch die von Morse') beschriebene Krankheit, die unter den Waldhühnern der Vereinigten Staaten aufräumte, anführen. Morse «definiert diese „Quail Disease** (Colibacillosis Tetraonidarum) als eine Infektions- krankheit der Waldhühner, die durch einen Mikroorganismus aus der Oruppe der Kolibazillen verursacht wird und sich durch eine Kongestion der Lungen, herdweise Nekrose der Leber und geschwürige Veränderungen im Darm kennzeichnet. Er stellt die Krankheit in Parallele mit der von Klein eingehend studierten „grouse disease** und betrachtet den von ihm rein gezüchteten Bazillus, wenn auch nicht als identisch mit dem Kl einschen, 80 doch als nahe verwandt mit ihm. Morse konnte den Bazillus aus dem Blute, der Lunge, der Leber rein züchten. Er beschreibt ihn als ein ziemlich beweg- liches Stäbchen mit abgerundeten Enden, das sich fast beständig nur an den Polen färben läßt, bei Anwendung der Gram sehen Methode sich entfärbt und unter anaSroben wie ai^roben Verhältnissen gleich gut gedeiht, Glukose, Laktose und Saccharose vergärt und Milch zum Gerinnen bringt. Seine Reinkultur tötete Meer- schweinchen und Mäuse, war dagegen nicht pathogen für Tauben und Hühner.

Freese^ schildert eine Kanarienseuche, die in Hannover mörderisch auftrat und sich klinisch dadurch kennzeichnete, daß die Tiere an Munterkeit

*) Zentralblatt für Bakteriologie, L Abteilung, Originale, Band 38, S. 275 *) Byron Morse, Quail Disease in the United States. Ü. S. Departe- ment of Agriculture, Bureau of Animal Industry. Circular, 1907. Nr. 109. 3) Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1907. Nr. 36.

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einbüfiten, ihr Gefieder sträubten, trauernd auf der Sitzstange oder in einer Ecke des Käfigs saßen, jedoch bis kurz vor dem Tode Futter zu sich nahmen. Das Inkubationsstadium der Krankheit umfafite nach Maßgabe von Ansteckungs- versuchen 3 bis 4 Tage. Die ausgebrochene Krankheit verlief innerhalb 2 bis 3 Tagen tödlich. Bei der Sektion fand sich eine Entzündung der Dttnndarm- schleimhaut, die Leber war sehr blutreich, brilchig und gelb verfärbt, die Milz ohne makroskopische Veränderungen. Aus dem Herzblut der Kanari enleichen züchtete Freese 1— IVa/w lange und 0,5^ breite, an ihren Enden abgenindete und sich gleichmäßig färbende, zuweilen diplokokkenähnliche Stäbchen. Der Bazillus färbt sich nach Gram und besitzt keine Eigenbewegung. Er gedeiht auf gewöhnlichem, auf Glyzerin- und auf Traubenzuckeragar, bringt Gelatine zur Verflüssigung und ruft in Bouillon eine gleichmäßige Trübung hervor. Auf Kartoffeln wächst er in Form von grauweißen Kolonien; nach Einsaat in Milch tritt Gerinnung derselben ein. Erfolgreiche Anstecknngsversuche wurden mit Kanarienvögeln, Sperlingen und Mäusen angestellt, dagegen gelang es nicht, Hühner, Tauben und Meerschweinchen zu infizieren. Nach Freese handelt es sich bei der von ihm beschriebenen Seuche um eine zuvor unbe- kannte Krankheit der Kanarienvögel, die namentlich von der von Rieck» Kern und Pf äff beschriebenen zu trennen ist.

Joest^) züchtete aus einem Kanarienvogel, der einer Zucht entstammte,, deren Angehörige innerhalb kurzer Zeit zugrunde gingen, einen Mikroorga- nismus, mit dessen Reinkultur sowohl bei subkutaner Verimpfung als auch durch Verfütterung Kanarienvögel getötet werden konnten. Bei den spontan erkrankten sowohl, als auch bei den künstlich infizierten Vögeln fand sich eine Enteritis catarrhalis und Milztumor. Eine mit zwei Ösen Herzblut des der Krankheit erlegenen Kanarienvogels geimpfte Maus starb innerhalb 5 Tagen.

Joe st rechnet den Erreger auf Grund der von ihm festgestellten mor- phologischen und kulturellen Merkmale der Enteritis- und Hogcholeragruppe zu. Die Eigenschaften des Bazillus sind folgende: Kurzstäbchen mit ab- gerundeten Enden, sehr beweglich, ohne Sporenbildung, gramnegativ. Auf Agar üppiges Wachstum in weißgrauen Rasen. Gelatine wird nicht verflüssigt. Auf der Kartoffel entwickelt sich ein grauweißer, feuchtglänzender Rasen. Milch wird nicht koaguliert, sie bleibt in den ersten Tagen unverändert und erhält dann ein durchscheinendes, graugelbliches, wäßriges Aussehen. Lack- musmolke wird erst leicht gerötet, dann gebläut. Traubenzucker wird unter Gasbildung vergoren, Milch- und Rohrzucker werden nicht vergast. Indol (Pepton Witte) wird nicht gebildet, Schwefelwasserstoffproduktion vorhanden.

Eigene Untersuoliungen.

Am 12. Januar 1905 stellte mir der Vorstand der Klinik für kleine Haustiere der hiesigen Hochschule, Herr Prof. Dr. Übele, in dankenswerter Weise die Leichen von drei an einem und dem-

*) Bericht über die Tierärztliche Hochschule zu Dresden für 1906. Dresden 1907. S. 110.

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selben Tage verendeten Kanarienvögeln zu. Der Besitzer der Tiere, ein hiesiger Kanarienztichter H., teilte mir mit, daß in der Zeit vom 6. 8. September 1904 zum erstenmal eine Krankheit seuchenhaften Charakters unter seinen Kanarienvögeln ausgebrochen sei. Innerhalb acht Tagen seien von 28 Hennen alle bis auf eine verendet. Danach habe das Sterben 14 Tage lang aufgehört, als- dann seien auch die Hähne von der Seuche ergriflfen worden, die nunmehr so sehr wütete, daß von 42 Hähnen nach 14 16 Tagen nur noch einer übrig blieb. Nachdem fast sein ganzer Zuchtbestand dahingerafft war, kaufte H. am 16. Dezember sechs Hennen und vier Hähne. Die Käfige, in denen diese Vögel untergebracht wurden, waren zuvor mit heißer Sodalauge gereinigt worden. Nach drei bis vier Tagen wurde die vom alten Bestände übrig gebliebene Henne den neuangekauften beigesellt. Am ersten Tage nach dieser Vereinigung sei jene Henne und am Tag darauf seien auch die letzteren gestorben. Sämtliche Hähne dagegen, deren Käfig sich in einem anderen Zimmer befand, blieben von der Seuche verschont. Wie mir H. des weiteren mitteilte, hatte er seine Kanarien- vögel während kurzer Zeit einem Bekannten zur Pflege tibergeben, der ebenfalls Kanarienvögel besaß, die sämtlich gestorben seien. Auch sonst habe die Seuche unter den Kanarienvögeln Stuttgarts viele Opfer gefordert. Nach einer Schätzung von H. sind ihr un- gefähr 500—600 Stück erlegen.

Krankheitserscheinungen.

Da mir Gelegenheit zur Beobachtung eines natürlichen Krank- heitsfalles leider nicht geboten war,' so bin ich mit der Schilderung des klinischen Bildes auf die Beobachtungen des Besitzers an- gewiesen. Wie aus seiner Darstellung sich entnehmen ließ, fielen die Tiere zuerst durch ihre „gläserne" Augen, ihren stieren Blick auf. Ihr Gefieder war gesträubt, sie blähten sich auf und atmeten sehr angestrengt. Die Freßlust war in der Regel nicht oder nur sehr wenig beeinträchtigt. Mit dem Fortschreiten der Krankheit verloren die Tiere mehr und mehr an Munterkeit, verließen die Sitzstange und setzten sich, den Kopf meistens im Gefieder ver- steckt, in eine Ecke des Käfigs. Plötzlich fielen sie nach durch- schnittlich 24 36 stündiger Krankheitsdauer tot um. Die besser genährten Tiere blieben etwas länger am Leben als die schlechter genährten, die Hähne länger als die Hennen.

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Sektionsbefund.

Der Sektionsbefund bei den drei verendet eingelieferten Hennen war ein übereinstimmender und folgender: Am Gefieder und an der von den Federn befreiten Köi'peroberfläche war nichts Auffälliges zu bemerken. Durch den Leberüberzug schimmerten viele grau- gelbe miliare und größere, die Oberfläche der Leber leicht über- ragende Knötchen. Die erheblich geschwollene Milz enthielt un- zählige solche grieskom- bis stecknadelkopfgroße Knötchen, die eine unverkennbare Ähnlichkeit mit verkästen Tuberkeln besaßen und der Milzoberfläche ein granuliertes Aussehen verliehen. An den übrigen, nicht genannten Organen, waren keine Veränderungen wahrnehmbar (vgl. Abb. 1).

In den von Milz und Leber angefertigten und mittelst Häma- toxylin-Eosin gefärbten, mikroskopischen Schnitten fielen teils rund- liche, teils unregelmäßig geformte, blaßrosarot tingierte Felder

auf, die in scharfer Umrandung gegen das nor- male Gewebe sich abgrenzten. Dieselben ließen bei schwacher Vergrößerung jegliche Struktur Abb. 1. Milz eines vermissen, zeigten vielmehr ein durchaus homo-

nenJanfnUS ^^""^^ Aussehen; mit stärkeren Systemen be- trachtet, erschienen sie fein gekömelt und ge- strichelt und an der Grenze zum normalen Gewebe waren da und dort im Zerfall begriffene Zellen und Kerne zu finden. Ein Leuko- zytenwall war zwischen die Krankheitsherde und das intakte Gewebe nicht eingeschoben.

In den mit Gentianaviolett und nach der Weigertschen Methode zum Zweck des Bakteriennachweises gefilrbten Präparaten war zu erkennen, daß jene strukturlosen Felder eine Unmenge von Bakterien besetzt hatte, die dichtgedrängt bei einander lagen. Es bestehen also die in die Milz und Leber eingelagerten Knöt- chen aus Bakterienknäueln und nekrotischem Gewebe.

Bakteriologischer Befund.

In mit Gentianaviolett gefilrbten Ausstrichen aus Herzblut, Milz und Leber fanden sich durchschnittlich 2 fi lange, 1/2 f^ dicke Stäbchen mit abgerundeten Enden. Ihre Mitte erschien häufig etwas eingeschnürt und an ihren Polen machte sich eine intensivere Färbung geltend.

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Morphologie des Krankheitserregers.

Die Gestalt und die Größenverhältnisse der Bazillen wechseln in gewissen Grenzen. Während sie in den Gewebsausstrichen in der Hauptsache einheitliche Größen und Formverhältnisse dar- bieten, bemerkt man in den aus Bouillonkulturen hergestellten Prä- paraten neben kurzen fast isodiametrischen Formen mittellange und selbst längere Stäbchen. Auch tritt in den speziell aus Bouillonkulturen hergestellten Ausstrichpräparaten Neigung der Stäb- chen zur Aufreihung zu Ketten, die bis zu zehn und noch mehr Glieder besitzen, deutlich hervor. In Ausstrichen aus Agar über- wiegen die zarteren, schlankeren Formen. Die durchschnittliche Länge beträgt hier 1 2 (i bei einer Dicke von ^\^ fi.

Die größten Formen konnte man aus KartoflFelkulturen ge- winnen. Hier kann die Länge bis auf 4 fi sich erstrecken, auch sind die auf diesem Nährboden gewachsenen Stäbchen dadurch auf- fällig, daß hellere, ungefärbte Stellen mit gefärbten abwechseln.

Gegenüber der Gram sehen Färbung verhalten sich die Stäb- chen negativ.

Beweglichkeit. Wie aus mehrfach wiederholten Unter- suchungen im hängenden Tropfen hervorgeht, ist das Stäbchen un- beweglich. Dementsprechend fielen auch die nach der Peppler- schen Methode^) unternommenen Geißelnachweisversuche negativ aus. Bei Kontrollversuchen unter Benutzung von Typhuskulturen gelang nach derselben Methode die Geißelfärbung sehr gut.

Bioiogie des Kranicheitserregers.

Wachstum auf und in Nährböden; Stoffwechsel.

Bouillon wird nicht gleichmäßig getrübt. In der Flüssig- keit schwimmend und der Glaswand anhaftend, bemerkt man kleine Flocken; in der Kuppe des Glases sammelt sich ein grau-weißer Bodensatz an, von dem sich beim Schütteln grob- und feinbröckelige Flocken loslösen. Die Oberfläche der Bouillon bedeckt ein grau- weißes, spinnwebenartiges, leicht irisierendes Häutchen. Im Laufe der Zeit, nach etwa 2—3 Wochen, manchmal auch schon früher, wird die Bouillon getrübt.

>) Zentralblatt f. Bakteriologie. I. Abteilung. 29. Band, 1901, S. 345.

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Auf Agar gehen innerhalb 1 2 Tagen bis stecknadelkopf- große, graugelbliche, glänzende, im ^durchfallenden Lichte bläulich erscheinende, scharf berandete Kolonien auf, die bei schwacher Vergrößerung ein dunkleres Zentrum und eine hellere Außenzone zeigen und fein punktiert sind. Streicht man gleichmäßig auf Agar aus, so wird das Kulturfeld innerhalb 24 Stunden von einem gleich- mäßigen, graugelben bis grauweißen Belag überwuchert. Das Kondenswasser ist nicht getrübt, enthält aber einen grauweißen Bodensatz.

Im Agars tich entwickelt sich entlang dem Impfstich ein zartes Band mit gelapptem Rande. Auf der Oberfläche der Agar- säule bildet sich um die Einstichstelle ein mattgrauer Belag.

Auf Gelatine gehen stecknadelkopfgroße und kleinere, bei schwacher Vergrößerung kömig erscheinende Kolonien auf, deren Zentrum leicht gelb gefärbt ist und sich von der grauweißen Außen- zone deutlich abhebt. In Stichkulturen kommt es entlang dem Stich zu einem bandartigen Wachstum. Die Einstichstelle umgibt ein ziemlich dicker, radiär gestreifter Nagelkopf, dessen Rand fein ge- zähnelt ist. Selbst nach langer Beobachtung ließ sich eine Ver- flüssigung des Nährbodens nicht beobachten.

Auf Kartoffel wächst ein gelblich- weißer, matt glänzender, nicht gerade üppiger Rasen.

Bei Einsaat in Milch ist selbst nach vierwöchiger Beob- achtung Gerinnung nicht zu bemerken.

Indol (Pepton Witte) wird nicht gebildet, ebensowenig Schwefelwasserstoff.

Nach Übertragung in Petruschkysche Lackmusmolke tritt eine Blauviolettfarbung des Nährbodens ein.

Ziemlich gut gedeiht der Bazillus auf Rinderblutserum. Hier entwickelt sich ein trockener, matt glänzender, aus vielen punkt- förmigen Einzelkolonien zusammengesetzter Belag.

Vorzügliches Wachstum läßt sich auf Blutagar erzielen; entlang des Strichfeldes bildet sich ein üppiger, glänzender, grau- gelber, schleimiger Belag. Eine Veränderung des Nährbodens tritt nicht ein.

Die Stichkultur in Rothbergers Neutralrotagar, nach der von Oldekop^) empfohlenen Modifikation hergestellt, zeigt

^) Zcntralblatt für Bakteriologie, Originale, Band 35, Seite 120.

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gates Wachstum. Die Oberfläche des Nährmediums bedeckt ein grauweißes, irisierendes Häutchen. Die Farbe des Nährbodens bleibt unverändert.

Auf Malachitgrünagar übertragen, kommt es zwar zu einem ziemlich guten Wachstum, aber ohne Veränderung des Nähr- bodens.

Auf Drigalskiagar gehen blaue Kolonien auf.

Das Gärungsvermögen des Bazillus wurde unter Heran- ziehung verschiedener Zuckerarten und einiger mehrwertiger Alkohole geprüft. Weitzig, der sich im Institut mit dem Gärungs- vermögen bei einer Reihe von Bakterien beschäftigte, hat die ein- schlägigen Versuche auch mit dem Eanarienstamm durchgefährt. Als Nähi*boden fand die von Jensen empfohlene CibilsbouiUon unter Zusatz von 1^/q der betr. gärungsfähigen Substanz Ver- wendung.

Im einzelnen wurden geprüft

von den Monohexosen: Glukose, Mannose, Galaktose,

Fruktose, Sorbose, von den Pentosen: Arabinose, Xylose und Rhamnose, von den Disacchariden: Maltose, Laktose und Saccharose, von den Trisacchariden: Raffinose, van den polyvalenten Alkoholen: Erythrit, Sorbit, Mannit.

Keine dieser Substanzen wurde vergast.

Säurebildung. Unter Säurebildung wurden zersetzt : Mannose, Galaktose, Fruktose, Sorbose, Arabinose, Xylose, Rhamnose, Mal- tose, Mannit.

Bildung von Giften. Zur Beantwortung der Frage, ob etwa der Bazillus lösliche, in die Nährflüssigkeit übergehende Gifte bilde, wurden fünf- bis sechstägige Bouillonkulturen durch ein Bak- terienfllter filtriert und von dem nachweislich bakterienfreien Filtrat V4» V2' 1 ^^* 2 ccm in die Bauchhöhle von je zwei weißen Mäusen injiziert. Die drei Paare von Mäusen, die V2 2 ccm des Filtrats erhalten hatten, schienen einige Stunden nach der Impfung etwas krank, erholten sich aber bis zum nächsten Tage wieder. Somit scheint der Bazillus keine filtrierbare lösliche Gifte zu bilden.

Zum Zweck des Nachweises etwaiger hitzebeständiger Gifte wurden fünftägige Bouillonkulturen zehn Minuten lang auf 100^ C, 15 Minuten auf 80^ C und eine 24stündige Agarkultur während

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einer Stunde auf 65 <^ C erhitzt. Wie sich durch die kulturelle Prüfung ergab, enthielten die so erhitzten Kulturen keine lebens- fähige Keime mehr. Die Agarkultur wurde mit 5 ccm Bouillon aufgeschwemmt. Sowohl von dieser Aufschwemmung wie von jenen Bouillonkulturen wurden an je zwei weiße Mäuse ^/g und 1 ccm intraperitoneal verimpft. Sämtliche Versuchstiere blieben am Leben. Demnach scheint der Erreger auch „hitzebeständige Gifte" nicht zu bilden.

Ansteokungsversuche.

Impfversuche an Vögeln.

1. Eine Kanarienhenne erhält am 26. Januar 1905 eine Ose einer 48 stündigen Agarkultur subkutan.

Am 30. Januar 1905 sind die ersten Krankheitserscheinungen bemerkbnr, das Tierchen hat an Munterkeit verloren, sitzt mit gesträubtem Gefieder auf der Stange, meistens den Kopf im Federkleide verbergend. AuffaUend ist das stoßweise Atmen. Futter und Wasser werden gänzlich verschmäht Im Lnufe des Tages verläßt das Tier die Sitzstango und versucht wiederholt ver- geblich, dieselbe zu erklettern, bläht sith sehr stark auf, atmet äußerst an- gestrengt, schließlich geradezu pumpend und stirbt im Laufe des Nachmittngs.

Bei der sofort nach dem Tode vorgenommenen Sektion ergibt sich folgendes: Die abdominalen und der klavikuläre Luftsack stark aufgebläht. An der Impfstelle ein gelber nekrotischer Herd, in dessen Umgebung das Ge- webe sulzig infiltriert ist. Die Leber ist durchsetzt von einer Unzahl hirse- korngroßer, graugelber Knötchen, die Milz etwa dreifach so groß als normal und ebenfalls von Knötchen durchsetzt, so sehr, daß nur noch insulare Reste von Milzgewebe zwischen den einzelnen Knötchen bemerkbar sind. Auch in den Lungen findet man innerhalb braunroter, verdichteter Herde dieselben Knötchen bzw. nekrotischen Herde, jedoch nicht so zahlreich wie in Leber und Milz.

In den verschiedenen, aus den veränderten Organen her- gestellten mikroskopischen Präparaten sind die Bakterien in großer Menge nachweisbar, etwas spärlicher sind sie im Herzblut ver- treten. Durch Reinzüchtung wurde die Identität mit den ver- impften bestimmt.

2. Eine Kanarienhenne erhält am 3. März 1905 eine Öse einer Gelatinestichkultur vom 28. Februar 1905 subkutan.

Am zweiten Tage post infectionem trauert der Vogel, sträubt die Federn und bläht sich auf; meistens sitzt er auf dem Boden und versteckt den Kopf im Gefieder. Die Atmung ist auffallend dyspnoiscb. Am Nachmittag des 7. März 1905 stirbt er, nachdem er kurze Zeit vor dem Tode noch Futter und Wasser aufgenommen hatte (vgl. Abb. 2).

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SektioDBbefnnd. An der Impfstelle ein grangelber, nekrotischer Herd; Leber bedeutend geschwollen, enthält vereinielte Knötchen. Milz ebeo- fHlle erheblich vergrOBert nnd von vielen gelb-kftBigeu Knötchen durchsetzt.

In Milz und Leber ist der Erreger reichlich vertreten,

3. Ein Sperling wird am 23. Januar 1905 mit einer Öse

einer am 18. Januar 1905 angelegten Agarknltur (aus Slilz vom

Kaninchen, gest. 17./18. Januar 1905) geimpft.

Am nächstfolgenden Tage war er sichtlich krank, wie an seinem tranernden Blick, dem gesträubten Gefieder und dem angestrengten Atmen deutlich zu erkennen war. Morgens 10 Uhr stirbt er.

Abb. 2. Kanarienhenne, Babkntna geimpft am 3. März 190ü mit 1 Öse einer GetatineBtichkaltnr vom SS. Februar 1905; gesL Ö. März 1905.

Bei der sofort post mort. vorgenommenen Sektion zeigen aicb Leber and Milz eehr blutreich und vergrOflert, die letztere beherbergt viele submiliare, gelbliche KnAtchen. Im Henblnt, in der Leber und Milz sind die charakteristi- schen, bipolar gefärbten, hänfig zu zweien hinter einander liegenden Stäbchen nachweisbar.

Filtterungsversuche bei Vögeln, 1. Ein Sperling, der 6 Tage vor der Versuchsanstellung eingefangen worden und während dieser Zeit stets munter gewesen war, erhält am 12. Februar 1905 1 ccm einer 24 stündigen Bouillon- kultur unter das Körnerfutter gemischt.

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Am daranffolgenden Tage sitzt er mit gesträubtem Gefieder traurig in einer Ecke des Ki^zs. Am nächsten Tage sind die KrankheitserscheinaQgcn verachwimdeD, der Vogel pickt wieder emsig die anf dem Boden des Käfige zerstreut liegenden Ettmchen auf und benimmt sich auch sonst ganz munter. Aid 15. Februar 1905 wird nochmals Brot mit 1 ccm deraolben Bouillonkultur getränkt und dieses dem Sperling vorgesetzt Am Morgen des 18. Februar 19(fö liegt er tot im Käfig.

SehtioDsbefund: Kloakengegend mit Kot beschmutzt; Leber von lehmgelber Farbe und stark geschwollen, Milz nur wenig vergrOSert, die gelben Knötchen fehlen.

Mikroskopischer Befund: In den Ausstrichen aus Leber, Milz und Herzblut die charakteristischen Stäbchen, deren Identität mit den verimpften durch das Ealturverfabren dargetan wird.

2. Drei Sperlinge er- halten am 20. März 1905 BrotsctmitteQ vorgelegt, die mit zwei 24stündigenBoai]lon- kulturen getränkt waren.

Nach 2 Tagen erscheinen sie aufgeblasen; ihr Oefieder ist gesträubt. Am 28. Milrz 1905 stirbt der erste Sperling, vom ^.—26. März 1905 der zweite. Der dritte bleibt am Leben (vgl. Abb. 3).

Am Kadaver des erstver- storbenen konnte zwar eine Ver- gTöBemngnndHyperämie der Leber und Milz, aber keine Knötchen- bildung wahrgenommen werden, dagegen war die Milz des zweiten Sperlings von kleinsten grangelben Enütcben ganz und gar durchsetzt. Ans Herzblut, Leber und Milz der beiden Kadaver wurden Kulturen angelegt, und durch Züchtung anf verschiedenen Nähr- böden wurde die Identität der rein gezüchteten Bakterien mit den zur Infektion benutzten ermittelt.

Impfungen von Tauben (insgesamt 7 Stück) schlugen gänz- lich fehl, gleichwie die mit drei Höhnern angestellten Impf- versache, Das Material za diesen Impfungen war der Leber and Milz sowohl der der natürlichen Krankheit erlegenen Kanarienvögel wie anch von Sperlingen und Mäusen, welche infolge der Impfung eingegangen waren, entnommen worden.

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ÄnstecknngSTersache bei andern Versnchstieren.

Mehrere positiv anagefallene Impfversuche unter Verwendung- von Organmaterial ans Leber und Milz der gestorbenen Kanarien- vögel bestätigten die Pathogenität des Erregers für Mäuse.

Id der Regel trat der Tod bei den sobkatan geimpften Hänaen ucli 3—4 Tagen ein. Bei einzel- Dea der gestorbenen Hanse waren nekrotische Herde in Leber und Uilz zugegen, bei anderen fehlten sie; immer waren beide Organe etark vergrößert In jedem Falle konnten ans Mils, Leber und Herz- blut die charabteristi sehen Stäb- eben rein gezüchtet werden.

Auch für Meerschwein- chen und Kaninchen ist der

Erreger virulent, wie einige *"''■ *■ ^nngen eines Meerschweinchens , " i%, subkutan geimpn am 26. März IWS. Gest.

gelungene Ubertragungsver- n.,15. ^p^i 1905.

suche beweisen.

1. Zwei Meerschweinchen erhielten am 26. März 1905 3 Ösen Lebergewebe des am 2C. März 1905 der Fütterungs- infektion erlegenen Sperlings unter die Haut. Beide Versuchstiere starben, das eine vom 9. 10. April 1905, das andere vom 14. bis 15. April 1905.

Der Sektionsbefund war ein einheitlicher: An der Impfstelle nekrotischer Gewebszerfall, in der Bauchbohle ziem- lich viel wäBrig-rOtliohe Flüssigkeit. Die geschwollenen GekrOsdrUeen ent- halten graugelbe k&fiige Herde. Leber erheblith vergrößert, in ihrem Paren- chym viele gelbe nekrotische bis zn stecknadel- kopfgroße Herde. Milz ebenfalls bedenlend ge- ecbwoUen, von multiplen hirsekom- bis fast erbi großen Knötchen durchsetzt. Die Nieren sind frei von Veränderungen. Die PIcara, namentlich die Pleura pulmonalis, ist von einem fibrinösen Belag Abb 5 Milz desselben bedeckt, der Herzbeutel mit dem Epicard durch Meerschweinchens. fibrinöses Easndat verklebt. Die Spitzenlappen der

Lungen fest, braunrot, in diesen wie auch in den abrigen Abschnitten dieselben nekrotischen Herde wie in Leber und Milz (Tgl. AbbildoDgen 4 und 6).

2. Ein am 12, Januar 1905 mit Ursprungsmaterial ans der Milz des einen der drei Kanarienvögel mit 1 Öse subkutan ge-

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impftes Kaninchen wurde am 18. Mai 1905 tot angetroffen. Milz und Leber boten das Bild einer multiplen Nekrose.

Ein zweites, mit dem gleichen Material und in derselben Weise wie die beiden Meerschweinchen geimpftes Kaninchen blieb gesund und war auch, wie bei der sieben Monate nach der Impfting vorgenommenen Tötung festgestellt wurde, völlig frei von Veränderungen.

Aus den mitgeteilten An steckungs versuchen geht hervor, daß die Krankheit auf Kanarienvögel durch subkutane Verimpfung der Reinkultur übertragen werden kann. Ftitterungsversuche mit Rein- kulturen konnte ich zwar nicht an Kanarienvögeln unternehmen, da solche zur Zeit der Versuchsanstellung nicht erhältlich waren, aber die bei Sperlingen positiv ausgefallenen Versuche lassen an der Möglichkeit einer erfolgreichen Infektion auf diesem Wege nicht zweifeln. Die Krankheitsei-scheinungen traten bei den ge- impften Vögeln schon am ersten oder zweiten Tage nach der Impfting bzw. Fütterung auf. Die Tiere verloren an Munterkeit, saßen teilnahmslos im Käfig, verließen die Sitzstange, konnten sich nur mühsam auf den Beinen halten, blähten sich auf, sträubten das Gefieder und atmeten sehr angestrengt. In der Regel versagten sie auch das Futter, bei einzelnen war Durchfall bemerkbar. Inner- halb drei bis sechs Tagen führte die Krankheit zum Tode.

Der Sektionsbefund spiegelte zwar bei der Mehrzahl der Impflinge das Bild wieder, wie es an den Leichen der drei ein- gelieferten Kanarienvögel aufgenommen w^urde, aber doch kamen Abweichungen vom Typus vor insofern, als die graugelben Knötchen in Leber und Milz bei einigen Tieren fehlten (vgl. Fütterungs- versuche bei Sperlingen), obwohl durch die bakteriologische Unter- suchung auch in diesen Fällen als Todesursache die verimpften Bakterien einwandfrei sichergestellt wurden.

Der Erörterung bleibt noch die Frage vorbehalten, ob etwa die von mir geschilderte Kanarienseuche einer der schon bekannten an die Seite gestellt werden kann. In mehrfacher Hinsicht, sowohl durch den pathologisch-anatomischen Befund als durch die morpho- logischen und biologischen Eigentümlichkeiten ihres Erregers, unter- scheiden sich von ihr die jüngst von Freese und von Joest beschrie- benen Bakterien, die auch unter sich diff'erieren. An den Kadavern

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der jenen Seuchen zum Opfer gefallenen Tiere fehlten die charak- teristischen Nekroseherde in Milz und Leber. Zudem bietet der Freesesche Bazillus hinlänglich diflferentialdiagnostische Merkmale in seinem grampositiven Verhalten sowie in der Fähigkeit, Gelatine zu verflüssigen und Milch zum Gerinnen zu bringen. Der Joestsche Bazillus zeichnet sich gegenüber dem unsrigen aus durch seine Eigenschaft, Traubenzucker zu vergären.

Der von Morse fiir die „Quail disease" verantwortlich ge- machte Erreger weicht in seinem Verhalten gegenüber Milch und verschiedenen Zuckerarten ab.

Beim Vergleich mit der Kern sehen Kaninchencholera treten ebenfalls unverkennbare Verschiedenheiten der beiderlei Krankheits- erreger zutage. Der Kernsche trübt im Gegensatz zu dem unsrigen die Bouillon gleichmäßig, vergärt Traubenzucker und entwickelt einen penetranten Geruch. Zu diesen bakteriologischen Differenzen gesellen sich pathologisch-anatomische: Einerseits das Fehlen des charakteristischen Leber- und Milzbefundes bei den Kanariencholera- leichen und andererseits das Bestehen von hochgradig endzündlichen Darmveränderungen, die bei den von uns untersuchten Vogel- leichen vermißt wurden.

Die von der Ri eckschen Seuche betroffenen Kanarienvögel boten zwar in der Leber gleichfalls nekrotische Herde, die mit den von uns erwähnten in Parallele gestellt werden könnten, jedoch erwähnt Rieck ausdrücklich das Fehlen von gleichartigen Ver- änderungen in der Milz. Diese Abweichung, hierzu noch die ruß- artige, grauschwarze Verfärbung der Haut, ferner die lebhafte Eigenbewegung des Ri eckschen Bazillus, die gleichmäßige Trübung des Nährmediums bei Züchtung in Bouillon sind Anhaltspunkte, maß- gebend und greifbar genug, um die Rieck sehe Seuche und die nnsrige auseinander zu halten.

Während die bisher besprochenen Kanarienseuchen mancherlei Trennungsmerkmale darbieten, weisen die von v. Wasielewski und Hofmann ebenso wie die von Pfaff geschilderten so vielerlei und wesentliche gemeinsame Züge auf, daß meines Erachtens ver- wandtschaftliche Beziehungen för die von jenen Autoren beschriebenen Krankheiten sowohl unter sich, wie zu dem tertium comparationis nicht von der Hand zu weisen sind. In erster Linie ist der Sektionsbefund der nämliche: Nekrotische Herde in Milz und Leber beherrschen hier wie dort das Bild. Allerdings erwähnt Pfaff

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auch noch den Darm als Sitz von verkästen Knötchen bzw. Ge- schwüren, während v. Wasielewski und Hofmann, ebenso wie ich, denselben frei von solchen fanden. Aber selbst wenn man von dem pathologisch-anatomischen Befund ganz absieht, etwa unter dem Eindruck der von Rieck und Morse gegebenen Obduktions- befiinde, in denen ja auch trotz offensichtlicher Verschiedenheit der in Betracht kommenden Bakterien von ähnlichen nekrotischen Herden die Rede ist , so haben die von v. Wasielewski und Hof mann und von Pf äff gefandenen Seuchenerreger so weit- gehende Ähnlichkeit aufzuweisen, daß sich der Gedanke an eine nahe Verwandtschaft oder gar Identität mit dem unsrigen aufdrängt. Einen Unterschied gegenüber dem v. W a siele wski-Hofmann- sehen Bazillus kann ich eigentlich nur im makroskopischen Aus- sehen der Bouillonkultur finden, insofern als ich eine gleichmäßige Trübung der Nährflüssigkeit erst nach einiger Zeit zustande kommen sah. V. Wasielewski und Hof mann begegneten gewissen Zweifeln bei der Bestimmung, ob die Bakterien Eigenbewegung" besitzen. Ich muß gestehen, daß auch ich ganz dieselben Er- fahrungen machte, um schließlich zu demselben Ergebnis wie die beiden Forscher zu gelangen, zu einem Ergebnis, das durch den negativen Ausfall des färberischen Nachweisversuchs der Geißeln bestätigt wurde. Aus dem pathogenen Verhalten könnte vielleicht noch ein Unterschied konstruiert werden; denn v, Wasielewski und Hof mann vermochten mit ihrem Erreger eine Taube zu töten, während meine mehrfach dahin zielenden Versuche fruchtlos blieben. Jedoch ist meines Erachtens ein solcher Unterschied nur ein gradu- eller, nicht ein prinzipieller, zumal ich die Impfung auf subkutanem Wege bewerkstelligte, wogegen v. Wasielewski und Hof mann intramuskulär impften, und zwar mit der verhältnismäßig großen Dosis von 1/2 ccm Bouillonkultur. Unter denselben Gesichtspunkt fällt die von ihnen angestellte Kaninchenimpfung, die negativ ausfiel, während die meinige gelang.

Beim Vergleich mit dem Pf äff sehen Bazillus ergibt sich eine Differenz insofern, als dieser im Gegensatz zu dem unsrigen auf gewöhnlicher und auf Glyzerin-Kartofiel nicht wächst. Ich möchte aber hierauf kein allzugroßes diflferential-diagnostisches Gewicht legen angesichts der Tatsache, daß die von mir gewonnene Kartoffel- kultur nur sehr mäßig sich entwickelte und durch ihren gelblichen Farbenton sich schlecht von dem Nährboden abhob, weshalb man

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sie leicht übersehen konnte. Mehr in die Wagschale fällt die An- gabe von Pfaff, wonach er aus 48-stündigen Kulturen durch „Er- wärmen und Filtrieren Toxin isolieren konnte und mit 0,25 ccm des Toxins einen Kanarienvogel zu töten vermochte". Die von mir angestellten Prüftingen zum Zweck des Nachweises von Toxinen und Endotoxinen geschahen unter Benutzung von Mäusen und verliefen resultatlos. Trotz dieser Verschiedenheit der Pfaffschen Versuchsergebnisse und der meinigen kann ich in ihnen kein grund- sätzliches Unterscheidungsmerkmal ei*licken, sowohl wegen der Verschiedenartigkeit der Versuchsanstellung als auch in Berück- sichtigung des Umstandes, daß ich jene Toxinversuche erst in späterer Zeit, nachdem der Bazillus schon ein längeres Laboratoriums- dasein gefristet hatte, unternahm.

Nach Maßgabe der bis jetzt vorliegenden eingehenderen Ver- öffentlichungen über infektiöse Krankheiten bei Kanarienvögeln hätte man deren fünf zu trennen, nämlich die Riecksche Seuche, die Kern sehe Kanariencholera, die von Freese, femer die von Joe st und endlich die von v. Wasielewski und Hofmann, Pfaff und mir beschriebene. Was die letztere anbetriflPt, so kann zwar nicht mit Bestimmtheit behauptet, jedoch mit großer Wahr- scheinlichkeit angenommen werden, daß sie durch einen einheitlichen Erreger verursacht wird. Will man die Abweichungen, die sich beim Vergleich der Beschreibungen ergeben, nicht übersehen, so wird man doch zugestehen müssen, daß es sich bei den in Frage kommenden Bakterien um nahe Verwandte handelt, v. Wasie- lewski und Hofmann rechnen ihren Bazillus der Gruppe der hämorrhagischen Septikämie zu, also einem Formenkreis von Bak- terien, als deren Hauptmerkmale die bipolare Färbung, das gram- negative Verhalten, die ünbeweglichkeit, der Mangel an Sporen- bildung und das Unvermögen, Gelatine zu verflüssigen, gelten. Alle diese Attribute kennzeichnen auch unser Stäbchen, und ^ir stehen daher nicht an, es jener Gruppe zuzuweisen.

ZelUehrift fQr Infektionakrankheiten. IV, 1/2.

J

Die Grasfluren der Erde, Deutschlands Wiesentypen^ und die Wertbestimmung des Wiesen -Heues.

Von Dr. Arno Naumann,

Dozent der Botanik an der Kgl. Tlerftrztl. HochBchale zu Dresden.*)

(Mit U Abbildungen im Text und Tafel VI u. VII.)

Für den Veterinärmediziner sind diejenigen mit Pflanzen be- standenen Ländereien von besonderer Wichtigkeit, welche znr Ge- winnung von Viehfutter dienen. Dies sind in Mitteleuropa die Wiesen und die mit Futterpflanzen bestandenen Äcker.

Mag auch der feldmäßige Bau der Futtergewächse einen verhältnismäßig hohen Ertrag geben, so bleibt doch das Wiesen- futter in bezug auj^^fe^^rifti gfe^J^we Abwechslung für das Vieh das bekömmlichsfe^x'in^d in bezug aitf-^beitskosten fiir den Land- wirt das billig^^

Er muß (!(emnachPSfee SaupraÄfgabfe des Botanikers an einer Tierärztlichen Hoclischule sein, deiL Studierenden die Kenntnis der wichtigsten Wiesefrpfl^nietBß^^mitteHf und das Auge des späteren Tierarztes zu schärfen fiTr'die verschiedenen Wiesentypen mit ihrem Artenwechsel und dem dadurch bedingten Futterwert des davon geworbenen Heues.

Wenn auch die Wiesenformationen unseres deutschen Vaterlandes in dieser Darstellung vornehmlich berücksichtigt werden, so muß doch, schon um unserer grasreichen afrikanischen Kolonien willen, auch der außereuropäischen Grasfluren gedacht werden; zumal der Tierarzt, dem Rufe des Vaterlandes oder seinem eignen freien Wanderdrange folgend, sich öfter als in früherer Zeit in jene Gebiete begibt.

*) Die Figuren u. Tafeln wurden von Johannes Hartmann gezeichnete

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I. Die Grasflurgebiete der Erde.

Aus eigener Anschauung kenne ich nur die Grasfluren Mittel- und Südost-Europas (Deutschland, Schweiz, Oberitalien, einige Balkanländer, Ungarn und Siebenbürgen). Ich muß mich deshalb bei diesen Ausführungen auf Werke pflanzengeographischen Inhalts stützen. Ich benutze hierzu die prägnante Darstellung in dem „Handbuch der Pflanzengeographie" meines hochverehrten Lehrers Drude und die vorzügliche „Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage** von Schimper, ferner Engler „Die Pflanzenwelt Ost- afrikas und der Nachbargebiete" und „Die Flora der Deutschen Schutzländer in Westafrika (Gartenflora 1885)".

Maßgebend für die Entwicklung von Grasfluren sind bei der seichten Bewurzelung der Gräser besonders die Niederschlags- verhältnisse. Es müssen bei mäßiger Wärme häufige, wenn auch schwache Niederschläge die im Obergrunde enthaltene Feuchtigkeit ersetzen. Dabei darf aber eine Trockenheitsperiode nicht in die Hauptentwicklungszeit der Gräser fallen. Fast überall auf der Erde wogt der Kampf zwischen Baumbedeckung und Gras- bedeckung, zwischen Wald und Grasflur, und nur baumfeindliche Einflüsse können den Gräsern zum Siege verhelfen. Solche sind vornehmlich Mangel an Wasser in den tieferen Bodenschichten (d. h. im Bereich der Saugwurzeln des Baumes), ferner austrock- nende Winde und in höheren Breiten trockene, kalte Winter. Grasfluren sind in allen Breiten unseres Planeten zu finden bis auf das arktische Gebiet, wo Moos- und Flechten-Tundren eine will- kommene Weide für Rentier und Moschusochsen bieten, und arten- arme Moore entfernt an Grasformationen erinnern.

Bei immerfeuchtem oder wechselnd feuchtem Klima ohne sommerliche Trockenperioden, somit besonders im kaltgemäßigten Erdgtirtel, entwickeln sich Grasfluren mit geschlossener Grasnarbe, und zwar

bei mäßig feuchtem Boden: echte Wiesen, vorzugsweise mit

Süßgräsern bestanden; bei dauernd feuchtem Boden: Wiesenmoore, vorwiegend

aus Sauergräsern gebildet.

Mit dem Eintritt einer sommerlichen Trockenperiode, be- sonders in den warmgemäßigten Gürteln und auf den Hochebenen

4*

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der Tropen, finden wir Grasfluren ohne geschlossene Gras- narbe (zusammengesetzt aus Büschelgräsem). Dies sind entweder

die baumlosen Steppen (oft auch mit Winterruhe) oder die

mit Bäumen und ansehnlichen Sträuchern bestandenen Savannen.

In den wärmeren Gebieten, wo das Vieh eines Schutzes gegen winterliche Witterungsunbilden nicht bedarf, sind die Grasfluren meist Weideland. Die in den winterkalten Gebieten auftretenden Grasfluren dienen besonders zur Heuwerbung (Wiesen, Alpenmatten, Wiesenmoore).

In den Tropen treten eigentliche Wiesen nur lokal auf. Die ihnen eigentümliche Grasflurformation ist die an bestimmte Trocken- zeiten gebundene, baumbestandene Savanne. Im tropischen Afrika findet sich auch die baumlose Steppe. Im tropischen Amerika finden wir Savannen als CampTos in Brasilien, als Llanos im Orinoko- gebiet; im tropischen Afrika sind sie westlich und östlich entwickelt.

Weithin dehnen sich auf welligem Gelände über mannshohe Gräser mit dichten, oft starren Blattbüscheln, so daß die nackte, durch Eisenoxyde gelb- oder rotgefärbte Erde hindurchschimmert. Dazwischen finden sich Kräuter- und Holzstauden. In einzelnen weiten Abständen aber heben sich, als für die Savanne charak- teristisch, Zwergbäume (etwa unserm Formobst an Höhe ent- sprechend) über das Grasmeer empor; aber auch gewaltige Baum- gestalten von ansehnlicher Höhe finden sich ein. Die Graswellen erscheinen infolge der abgestorbenen, gebräunten Blätter nicht frischgrün, sondern fahlgelb. Nach der Hochebene zu werden die Gräser niedriger und unseren Wiesengräsem ähnlicher. Hie und da schließen sich die Baumgestalten (wie bei den Llimos) zu Baum- inseln in diesem Grasmeer zusammen und bilden Savannenwälder, oder sie begleiten truppweise die Ufer von Flüssen als Galerie- wälder.

Von Bedeutung filr unsere deutschen Kolonien sind besonders die tropisch-ostafrikanischen Grasfluren, die Engler zerlegt in zwei echte Savannen, nämlich eine Strauchsavanne, von Engler „Buschgrassteppe", und eine Baumsavanne, vom ihm „Baumgras- steppe" genannt. Die von ihm als dritte angeführte Hochgi-assteppe stellt eine echte Steppe dar.

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Die Gräser Ostafrikas sind teils riesige Verwandte unseres Bartgrases (Andropogoneen), teils unserer Hirse (Paniceen). Eine besondere Gruppe bilden die bei uns fehlenden Chlorideen. Femer sind vertreten Verwandte unserer Schwingel (Festuceen), unserer Haferarten (Aveneen) und unseres Straußgrases (Agrostideen). Da- zwischen finden sich zwiebelflihrende Lilienarten (Gloriosa), mit Wurzelstock versehene Schwertliliengewächse und einzelne Erd- orchideen. Häufig erscheinen Schmetterlingsblütler vom Typus des Indigo und unserer Bohnen, sowie blattduftende Lippenblütler. Die bisher genannten Familien finden sich auch in unserm Wiesen- teppich verwebt. Aus anderen Familien, welche an den ostafrika- nischen Grasfluren wesentlichen , Anteil haben, seien Hahnenkamm- nnd Fuchsschwanzarten, eine ganze Anzahl akanthusartiger Gewächse und schönblütige Winden hervorgehoben. Unter den för die afrikar nische Savanne charakteristischen Baumgestalten findet sich der gewaltige Baobab oder Affenbrotbaum, die 25 m hohe Kigelia, so+ wie riesige Wolfsmüchbäume. In reichster Artenzahl aber sind verbreitet die Akazien mit ihren bedornten Stämmen und Zweigen, mit ihren doppelt gefiederten Blättern und duftenden gelben Blüten- köpfen. Hie und da steigt auch eine Dumpalme (Hyphaene) empor, wie in den Campos Brasiliens die Mauritiuspalme weithin sicht- bar wird.

Die Grasfluren des warmtemperierten Gürtels zeigen ähnlichen Habitus.

Geringe Ausdehnung haben sie im nördlichen warm- temperierten Gebiet. Die Savannen von Neumexiko und Texas mit dem Mesquitebaum und den riesigen Säulenkakteen sind wohl die einzigen nennenswerten.

Dagegen finden sich in dem südlichen Gürtel reichliche Weideländereien: in Südamerika die Pampas, eine echte Steppe aus Melica- und Stipagräsern mit struppigen, halbstrauchigen Kom- positen, in Australien bald Steppen, bald Savannen, durchsetzt von Wüsten oder hartlaubigen Gehölzkomplexen (Scrub). In Afrika sind es besonders die mit stachel- und domenbewehrten Akazien durchsetzten Savannen im Britischen Gebiet und in Deutsch-Stidwest- afrika. Von letzteren sei im allgemeinen nur bemerkt, daß die Gräser,, weder die Höhe tropischer Savannengräser, noch die Weich- heit ihrer die Wiesen Mitteleuropas bildenden Verwandten besitzen". Engler hebt in seiner Schilderung der westafrikanischen Savannen-

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formation besonders hervor das Toa-Gras (Arthratherum?) und an Baumgestalten : Anona senegalensis, Euphorbia Tirucalli, femer Ge- büsche von Tamarindus und Gruppen der Ölpalme. An Kräutern erwähnt er die fettblättrigen Aloearten im südlichen Teile, femer Cassiaarten und Veraonien.

In dem kaltgemäßigten Gürtel verschwindet die Savanne und macht echten Steppen und echten Wiesen Platz. Das groß- zügige Bild dieser Formationen wird aber naturgemäß durch allerlei Übergänge verwischt. Auch der Wald greift hier, im Kampf mit der Grasflur, zungenf5rmig in die Grasgebiete ein.

Das Präriegebiet Nordamerikas zeigt alle Übergänge von der Savanne bis zur Wüste. Am Missouri herrscht die Wiesen- formation, nach Westen hin aber nehmen die Trockenheit liebenden Arten (Xerophyten) zu. Wir finden alsdann mit Büffelgras (Buchloe) und Gramagras (Bouteloua) bestandene Steppen, bis sich schließlich am Fuße der Rocky-Mountains die Grasfluren in Wüsten verlieren.

Es sei mir gestattet, schon hier darauf hinzuweisen, daß bei uns im kleinen ganz ähnliche Verhältnisse sich finden.

Die saftiggrünen Wiesen der Flußniederungen ziehen sich empor an hügeligem Gelände. Sonnenwirkung und trocknende Winde, Mangel an Bodenfeuchtigkeit an den geneigten Flächen läßt den Graswuchs dürftiger und artenärmer erscheinen. Nur die gegen Verdunstung geschützten Gräser bleiben; tiefwurzelnde Stauden mischen sich ein, und die Steppenform der Trift hat sich entwickelt. Obenauf wird der Boden durchlässiger und ärmer an Feinerde. Wie die Niederschlagsarraut die Wüsten schafit, so ist es hier das rasche Versickern der Niederschläge, welche ähnliche Verhältnisse im kleinen entstehen läßt. Die graugrünen, einzel- stehenden Pinselrasen des Silbergrases (Corynephoras), behaarte Filzkräuter und Habichtskräuter, die Strohblumenform von Heli- chrysum, die einjährigen Polster- und Rosettenbildner bieten in unseren „Sandgrasfluren" ein lehrreiches Miniaturbild der Wüste. Wie ich hier die Übergänge im „großen" und im „kleinen" ge- schildert habe, so wird ein scharfer Unterschied zwischen „Wiese" und „Steppe" sich nur in den äußersten Extremen dieser For- mationen geltend machen.

Die echten Wiesen mischen sich aus horstbildenden und auslänfertreibenden Grasarten, bilden sonach eine geschlossene (xrasnarbe. Die Blätter sind breit, ohne ausgesprochenen Ver-

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dunstungsschutz. Die eingemischten Kräuter sind meist ober- irdisch ausdauernde, nicht einziehende Rosettenstauden (z. B. Gänseblume Bellis perennis) oder zweijährige Gewächse (z. B. Feste Crepis biennis). Selten nur finden sich Pflanzen von einjähriger Lebensdauer, wie Augentrost, Wachtelweizen und Klappertopf. Echte Wiesen sind Wintergrün.

Die Steppengräser zeigen staiTC Formen mit dicht- büscheligen Horsten. Der Boden blickt dazwischen hindurch. Die Gräser besitzen Verdunstungsschutz durch Einrollungs- mechanismus, blauen Wachsreif, die Kräuter durch luft- haltiges Haarkleid. Zwiebelgewächse und Fettblättler sind häufiger, ebenso einjährige Gewächse. Meist schließen sie mit der hochsommerlichen Trockenperiode ihre Vegetation ab. Echte Steppen sind sommerdürr.

Die Steppengräser der kalttemperierten Gürtel unter- scheiden sich von denjenigen warmer Zonen durch geringere Wuchs- höhe. Das größte kalttemperierte Steppengebiet Europas zeigt sich in Südrußland. Federgrasarten, Reichtum an Schwertlilien und Lilien sowie Tragantsträucher sind für diese südrussischen Steppen charak- terisfcisch. Sie haben das Hauptzentrum am Schwarzen Meer und hilden wesfcirftrts die ungarischen Weidepußten; ihre Vorposten aber haben sie gesandt bis tief in das Herz Deutschlands, in das Muschel- kalk- und Gipsgebiet Thüringens.

Ursprüngliche Wiesen finden wir wohl nur noch in den reizenden Parklandschaften des Amur, in Kamtschatka und auf Sachalin. In Europa sind sie infolge der durch den Kampf ums Dasein notwendigen intensiven Bodenkultur nur noch Seltenheiten. Trockenlegung, Düngung, Abmähen, Abweiden, Zwischensaat klee- artiger Futterpflanzen haben das ursprüngliche Wiesenbild ver- wischt. Nur einzelne weitentlegene Berg- und Waldwiesen mögen in Deutschland den ürcharakter noch am treuesten bewahrt haben. Das wiesenreichste Land Europas, mit 65,8 % der Gesamtbodenfläche, ist das vom Seeklima begünstigte Großbritannien. Es folgt Italien mit 25%. Geringere Waldbedeckung und spärlicher Feldbau machen diese hohe Ziffer verständlich. i) Österreich-Ungarn besitzen etwa

>) Mähewiesen im deutschen Sinne (prati) finden sich nur stellenweise, und zwar in Überschwemmungsgebieten der Flüsse und als mattenähnliche Bergwiesen. Bei den 25 % ist eingerechnet alles Weideland; also neben den Ländereien des Littorale und der römischen Campagna (palude) auch die

56 -

23%, Frankreich nur 15,5, Rußland und Deutschland 16% Wiesen- anteil von der Gesamtbodenfläche.

' II. Deutschlands Wiesentypen.

Wechselnd ist das Bild unserer echten Wiesen je nach Höhenlage, Bodenfeuchtigkeit, Klimafeuchtigkeit und chemischer, besonders aber physikalischer Bodenbeschaflfenheit. Gräser und eingestreute Kräuter bilden in ihrer Bestandmischung bereits äußerlich erkennbare, auffallende Verschiedenheiteui Hierfür sind die lokalgeographischen Begriffe der Formationen eingeführt worden.

Dennoch können zwei Wiesen der gleichen Formation erheb- liche innere Verschiedenheiten im Artenbestand zeigen, die erst dann offenbar werden, wenn wir, bildlich gesprochen, dieser Wiese ins „Antlitz" schauen. Wir bezeichnen deshalb diese mehr zufalli- gen, oft vom Boden und von der Umgebung abhängenden innereu Verschiedenheiten als „Facies".

Besonders benachbarte Formationen greifen ändernd in das Wieseübild ein und setzen durch ihre Änderungen den Futter- wert herab.

Naturgemäß wird immer den größten Putter wert ein reiner Wiesenbestand zeigen, der bei Vorhandensein der zur Wiesen- bildung unbedingt notwendigen mittleren Feuchtigkeit eine möglichst geschlossene Grasnarbe zeigt. Je dichter der Grasbestand ist, um so wertvoller wird alsdann auch das Futter sein.

Die nötige Feuchtigkeit kann der Wiese zugeführt werden:

a) Durch zeitweise Überschwemmung : Flußufer-Wiesen (Niederung).

(Künstlich herbeigeführt durch Überstaunng und Berieselung.)

b) Durch quelliges Terrain ) Sumpfwiesen bis Wiesen -

c) Durch hohen Gmndwasserstand i moor (Niederung und Bergland).

(Künstlich verbessert durch Drainage.)

d) Durch regenfeuchtes Klima: Gebirgswiesen (Bergland).

Außerhalb dieser echten Wiesen tritt Grasbedeckung noch in drei anderen Formationen auf, welche, wie schon bemerkt^ ändernd in das Wiesenbild eingreifen.

felsigen Triften. Ein großer Teil des Heues für die italienische Kavallerie kommt (z. T. in geflochtenem Zustande) von der Sila, einer 1500 m hohen grasreichen Hochebene Kalabriens.

67

Es sind die Trift-, die Sandflur- und Moorformationen.

Wo Bodenneigung die Ansammlung von Wasser verhindert, wo in der Hauptvegetationsperiode die Niederschläge selten sind, wo eine flache Bodenkmme leicht der Austrocknung unterliegt, da wird der Graswuchs dürftiger, und tiefwurzelnde, behaarte, mit ätherischen Ölen versehene oder fettblättrige Kräuter und Halb- sträucher stellen sich ein. Es entsteht die Triftformation (ver- bunden mit lichter Hain- und Geröllformation).

Ist der Boden auf größere Tiefe hin stark durchlässig, so erzeugt die dadurch bedingte Trockenheit die „Sandflur" (oft verbunden mit Heide- und Teichuferformation).

Ist hingegen bei undurchlässigem Untergrund eine fortwäh- rende Staufeuchtigkeit vorhanden, so ist die Grundbedingung ge- geben für das Moor.

Wir müssen unterscheiden:

In kalkarmen, kälteren Gebieten, die an Torftnoosen (Sphagnum)

reichen Moosmoore (Sphagneta), in kalkreicheren, wärmeren Gebieten, die an Riedgräsern

(Carex) reichen Grünmoore (Cariceta).

Erstere sind meist über untergegangenen Wäldern entstanden nnd häufig von Wäldern umgeben.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen möchte ich versuchen, die verschiedenen Wiesentypen zu charakterisieren unter Berück- sichtigung des Futterwertes.

Dabei unterscheide ich drei Haupttypen und von jedem derselben Nebentypen, beeinflußt durch mangelnde oder übergroße Feuchtigkeit und durch angrenzende Formationen.

Von diesen Haupttypen sind zwei ursprüngliche; das sind die bodenfeuchten Niederungswiesen und die klimafeuchten Gebirgswiesen (echte Formationen)^

In unserem durch Kultur umgestalteten Gelände muß ein dritter Haupttypus aufgestellt werden: Die Hügel- oder Über- gangswiese.

Ursprünglich werden im Hügellande die Gebüsch- und Trift- Formationen vorgeherrscht haben, und erst durch Rodung, Bewässe- rung und Düngung wird die Kultur echte Wiesen geschaffen haben. Diese Ubergangswiesen sind von wechselndem Charakter. An den kühleren N.- und O.-Hängen werden sie den Vegetations-

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Charakter der Niederungswiesen mit eingestreuten Gebirgspflanzen tragen, außerdem aber auch echte Trift- und Gebüschpflanzen als Restbestände früherer Formationen einschließen. An den sonnigen, trockenen und an den felsigeren Hängen wird die Trift weiter herrschen.

Den Futterwert der einzelnen Wieseiit,ypen will ich durch die Zahlen I IV charakterisieren, und zwar bedeute:

I vorzüglich, 11 gut, III mäßig, IV wertlos oder schädlich.

Die drei Haupttypen sind mit I oder II bedacht, jedes Ein- greifen anderer Formationen setzt den Wert herab.

Der Haupttypus wird am besten gewahrt bei einer mittleren Feuchtigkeit. Trockenheit oder immerwährende Feuchtig- keit fähren zu Anschlußformationen.

Haupttypen:

L NIedenmgs wiesen I, II, mit vorzüglichen und guten Gräsern, ärmer an Kräutern.

Wiesentypen: i)

Nebentypen:

a) trocken

b) mittelfeucht . .

1. Sandflurwiesen IV, III.

2. Heidewiesen IV, III.

3. Langhalmlge Tal- wiesen, Auenwiesen I, IL

4. Strand- und

MarschwiesenllT, II

Anschlnfi- formationen:

Sandflur, oft mit Teichgebieten (baltischer Cha- rakter);

Kiefemheide (bal- tisch!)

Im Anschluß anÜber- schwemmungs- gebiete der Flüsse, bei blei- bender Feuchtig- keit fibergehend in Brachwiesen.

Im Anschluß an Meeresstrand; Marschwiesen durch Aussfißen der Strandwiesen.

*) Botanisch analytische Beispiele einzelner Typen vergleiche S. 62—64 und Tabelle S. 95-98.

59

c) immerfeucht .

Tl. Hügel wiesen II,

mit guten Gräsern und reicher an Kräutern, a) trocken ....

b) mittelfeucht

c) immerfeucht . .

ni. Gebirgswiesen 11, I,

mit guten bis wert- losen Gräsern, oft sehr kräuterreich (herzynisch). a) trocken ....

b) mittelfeucht

c) immerfeucht .

5. Bruchwie8en^)III.

6. Teichwiesen III, IV.

7. Sumpfwiesen II bis rV (Wiesen- moore).

8. Triftwiesen II,III, bei steiler oder un- zugänglicher Lage zu Hutungen.

9. Cbergangs- wlesen 11, mit ein- gestreuten Berg- und Triftpflanzen.

Vgl. Bruchwiesen.

10. Borstgrasmatten IV, m.

11. Knrzraslge Berg- wiesen 11, I,

meist vertorft.

12. Moorwiesen IVbis III.

Aus Erlenbrüchen hervorgegangen.

Teich- und Graben- systeme, oft Röh- richt (JV),

Grünmoore, oft in Moosmoore über- gehend. (Baltisch u. nordatlantisch).

Trift (öfter mit pan- nonischem Cha- rakter).

Gebüsche und Trift.

Bergheide, meist nahe oder über der Baum- grenze, einschlie- ßend Quellfluren.

Wald. Wenig ausgedehn- te, von Wald um- gebene Bergwie- sen (Waldwiesen) sind meist feuchter und kräuterürmer.

Im Anschluß an Grünmoore oder an Moosmoore des Gebirges und au Quellfiuren.

>) unter Bruchwiesen verstehe ich die immerfeuchten Niederungswiesen, welche nicht den Charakter der Grünmoore tragen. Ich denke mir dieselben an Stelle früherer Erlenbrüche entstanden.

60

Wenn auch der Fleiß des Landwirts alle diese ursprünglichen Formationen zur besseren Nutzung verändert hat, so kann doch die Kultur nicht völlig ausgleichend wirken, und immer werden die Restbestände früherer Formationen, die dem Boden und Klima der Höhenlage und Umgebung angepaßt waren, wieder hervortreten.

Andererseits gibt es auch Grasbestände, die durch Kulturformationen entstanden sind und zu Grün- oder Rauhfiitter dienen:

a) dm'ch Feldknltur (bei der wilden and geregelten Feld- graswirtschaft und bei Aufgabe des Ackerbaues (An- saat von Jungvieh- weiden): . . . . 13. Br ach wiesen II, III liefern: Brachenheu

(besonders reich an Windhalm, Wegerich, Straußgras) .

b) durch Obstkultur . 14. Baum wiesen II liefern: Gartenheu (in-

folge der Beschattung weiche, langhalmige Gräser, wenig blühende Kräuter).

c) durch Forstkultur

bei Waldschlägen . 15. Waldgrasfluren III, IV liefern: Waldhea

und Streu (besonders reich an Beutgras und Schmielen, Hasenried, Weidenröschen, Heide, Disteln usw.).

Diese 15 Wiesentypen werden möglich durch die wechselnde Zusammensetzung aus grasartigen Pflanzen (Süß- und Sauer- gräsem, Simsen und Binsen) und mannigfaltigen Kräutern, welche bald gleichmäßig über die Wiese verteilt sind, bald truppweis auftreten.

30 Pflanzenfamilien mit 170 Arten sind an dem Aufbau der Haupttypen beteiligt, wenn wir gewisse seltener oder lokal auf- tretende Arten ausschalten. Sie verteilen sich, angeordnet nach der Artenzahl, auf folgende Familien:

Familien Artenzahl

1. Süßgräser 33

2. Korbblütler 17

3. Doldenbltitler 17

davon

Zahl der

trocken feucht

Gattungen

24 9

20

11 6

13

11 6

12

61

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12, 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.

Schmetterlingsblütler . Sauergräser .... Braun wurzge wachse Orchisgewächse . . . Hahnenfiißge wachse Rosengewächse . . . Nelkengewächse . . Labkrautgewächse . . KnOterichgewächse Simsengewächse . . . Glockenblumengewächse Erenzblfitler ....

Schlüsselblumengewächse Lippenblütler .... Storch Schnabelgewächse Schachtelhalmgewächse Wegerichgewächse . Steinbrechgewächse Kardengewächse . . Rauhblattgewächse . Johanniskrautgewächse Kreuzblumengewächse Enziangewächse . . Leingewächse . . . Baldriangewächse . Herbstzeitlosengewächse Liliengewächse . . .

14 12 9 7 7 6 5 4 4 3 3 3 3 3 3 3 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1

12 3 5 3 2 2 4 2 2 2 3 2 2 3 2 2 2 1 1

1 1 1 1 1

2 9 4 4 5 4 1 2 2 1

1 1

1 1

1 1 2 1 1

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174 davon 107 Arten trocken

67 in 108

feucht Gattungen.

Berücksichtigen wir auch die Nebentypen und schließen lokale und seltenere Fälle nicht aus, so beteiligen sich am Aufbau der deutschen Wiesen (unter Ausschluß der Alpenmatten, die eine gesonderte Darstellung erfordern):

269 Gattungen mit 611 Arten,

darunter: 61 Süßgräser, 64 Sauergräser, 72 Korbblütler, 44 Dolden- blütler, 35 Schmetterlingsblütler. Von den Mooren und Heiden dringen ein: 6 Halbsträucher und 6 Sträucher. Von Farnen be- merken wir 7. Es finden sich also auf unseren Wiesentypen von den 718 Gattungen deutscher Gefäßpflanzen etwa 1/3, von den 2612 Arten etwa 1/4-

Um die Zusammensetzung natürlicher Wiesenbestände an- schaulich vorzufahren, habe ich in unserer Tierärztlichen Hoch-

62

schule „Formationsherbarien" angelegt. Auf gefällig zusammen- gestellten Kartons finden sich sämtliche Pflanzen einer typischen Grasflur aus der Umgebung, sauber gepreßt und zweckmäßig an- geordnet.

Anbei seien, um die Unterschiede sowohl in Zusammensetzung und Artenreichtum der Wiese, als auch in der gewählten Anordnung zu zeigen, zwei solcher Formationen aufgeführt.

Bergwiesen am Geislni^. Typus 11 (12). (Montane Charakterarten Bind mit ! verseben.)

Torfiger mittclfeuchter Wiesenboden.

1. Hauptglieder.

Holcus lanatus, Honiggras II III. ! Meum atbamanticura, Bärwurz.

Briza media, Zittergras II— HI. ! TroUius eiiropaeus, Trollblume.

Antboxantbum odoratum , Rucbgras ! Arnica montana, Wohlverleih.

II— III. ! Cirsium heteropbyllum, Alantsdistel.

Cynosunis cristatus, Kammgras II. Leucantbemum vulgare» Wncberblume. Luzula multiflora, Hasenbrot.

2. Häufigere Nebenglieder.

a) Auffallendere Pflanzen.

Aira flexuosa, Waldscbmiele IV. Trifolium pratense, Wiesenklee.

Alopecurus pratensis, Fuchsscbwanz- Ranunculus acer, Scharfer Habnenfufi.

gras L Lychnis flos cnculi, Euckucksnelke.

Nardus stricta, Borstgras IV. Geum rivale, Bach-Nelkenwurz.

Listera ovata, Zweiblatt. ! Centaurea phrygiai Flockenblume.

Orcbis maculata, Flecken-Orcbis. ICrepis succisifoliai Abbiß-Feste.

Orohis mascula, Männliche Orcbis. Hieracium pratense, Gyninadenia conopea, Ständling. Wiesen-Habichtskraut.

Orobus montanuB, Berg-Platterbse. Hieracium flagelliforme, Lathyrus pratensis, Wiesen-Platterbse. Peitschen-Habichtskraut.

! Trifolium spadiceum, Braunklee.

b) Unscheinbare oder schon verblühte Kleinstauden.

Thlaspi alpestre, Alpentäscbel. Plantago lanceolata, Spitzwegerich.

Alchemilla vulgaris, Frauenmantel. Linum catbarticum, Purgier-Lein.

Rhinanthus minor, Kleines Klapperkraut. Polygala vulgaris, KreuzblQmchen.

Tormentilla silvatica, Waldfingerkraut. Saxifragagranulata,KömigerSteLnbrech.

63

3. Seltenere Nebenglieder.

a) Eigentliche Wiesenpflanzen.

!0rchi8 globosa, Eugel-Orcbis. Vicia sepium, Zaunwicke.

! CoeloglosBnm viride, Hohlzünglein. ! Gentiana obtusifolia, Sommer-Enzian.

ILuznla sudetica, Sudeten-Hasenbrot. Rhinanthus minor, Großes Klapperkraut. Anthyllis vulneraria, Wundklee.

b) Vom Walde her eingedrungen.

! Polygonatum verticillatum, ! Melampyrum silvaticum,

Quirlige Weißwurz. Wald- Wachtelweizen.

IThalictrum aquilegifolium, Melampyrum nemorosum,

Wiesenraute. Hain-Wachtelweizen.

Helandryum rubrum, Rote Lichtnelke. Astrantia maior, Talstem.

Galinm siivestre, Wald-Labkraut. Equisetum silvaticum,

Wald-Schachtelhalm.

Quellig-Bumpfige Stellen der Bergwiese (Gebirgs-Grttnmoor).

1. Hauptglieder.

Carex vulgariSi Riedgras IV. Cirsium palustre, Sumpfdistel.

Carex panicea, Riedgras II— IIL Polygonum bistorta, Wiesen-Knöterich.

Carex steliulata, Riedgras III— IV. Equisetum palustre, Eriophorum augustifolium, Wollgras IV. Sumpf-Schachtelhalm.f

p Aira caespitosa, Rasenschmiele III— II.

2. Häufigere Nebenglieder.

Carex flava, Gelb-Ried IV. Valeriana dioica, Kleiner Baldrian.

Orchis latifolia, Breitblätter-Orchis. Myosotis palustris,

Ranuncolus anricomusf} Sumpf- Vergißmeinnicht

Sumpfhahnenfuß. Rnmex acetosa, Sauerampfer. Pedicnlaris palustris f,

Sumpf-Läusekraut

3. Seltenere Nebenglieder.

IPetasites albus, Weiße Pestwurz. Drosera rotundifolia, Sonnentau t>

Arabis Halleri, Hallers Gänsekresse. Pinguicula vulgaris, Fettkraut

Ein Vergleich der unter B aufgeführten Pflanzen mit den Gewächsen der Gruppe A gibt ein anschauliches Bild über die Verschlechterung der Wiese bei immerfeuchtem Untergrund. Die Gräser gehören nur zu den mäßig guten bis wertlosen (III u. IV); es finden sich vier Giftgewächse (t) und vier Kräuter mit harten, holzigen Stengeln. Außerdem ist die Artenzahl von B gegen A eine weit geringere (20 : 60).

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65

III. Die Wertbestimmung des Wiesenheues.

A. Die Wertbeftttmniiing doreh die chemische Analyse.

Die f&r den Nährwert des Heues maßgebenden Stoffgruppen sind : Eiweiß, Fett, Kohlehydrate und Asche. i)

Von Bedeutung sind dabei nur die verdaulichen Anteile. Hiemach mußte chemisch ein Wertmaß für die Heusorte angängig sein, und doch hat sich gezeigt, daß Heu, welches nach der chemischen Analyse als „recht gut" bezeichnet werden konnte, durchaus nicht die vorauszusetzende Futterwirkung besaß.

Lehrreich ist in dieser Beziehung ein Beispiel von Dietrich und König.

Von saurem Wiesenheu mußten 26 kg verftittert werden zur Erzeugung einer Milchmenge, für welche bei gutem Wiesenheu etwa 8 kg hingereicht hätten und doch war aus der chemischen Analyse auch nicht annähernd eine derartige Wertverschiedenheit zu erkennen.

Adolph Mayer 2) verglich die chemische Analyse notorisch guter und schlechter Wiesengräser und fand z. B. :

an verdaulichem Eiweiß bei dem guten Wiesenrispen- gras Poa pratensis 6,5 %

bei dem schlechten Sumpfried Carex vulgaris 1 2,2 %

Es enthielt femer ein minderwertiges Blaugrasheu 10,2 Eoh- protein, ein sehr gutes friesisches Heu nur 8,8 Rohprotein.

1) 1. Das Roheiweiß (RohproteYn) besteht aus Reineiweiß (maßgebend !), Amiden, Glykosideni Alkaloiden, Ammoniaksalzen und Nitraten.

2. Das Robfett enthält neben den echten Fetten ätherlösliche Harze (in Doldengewächsen), ätherische öle (in Doldenblütlern, Lippenbltttlem, Korbblütlern und Baldrian), Wachse (in Gräsern), Lezithine (in Leguminosen- samen), Cholestearine, auch Gerbstoffe.

3. Die Kohlehydrate sind zu trennen in Rohfaser (volumenbildend, zum Teil verdaulich, darin Cellulose und Pentosane) und Nfreie Extraktiv- stoffe, darunter Stärke und Zuckerarten (in Süßgräsern und Leguminosen), Pflanzensäuren, besonders Oxalsäure (in Ampferarten), Äpfel- und Weinsäure, Angelikasäure und Baldriansäure, ferner Salizylsäure in Spiraea und Viola tricolor, Kumarsäure usw.

4. Die Asche enthält wichtige anorganische knochenbildende Salze (Kalk- salze und Phosphate).

*) Journal für Landwirtschaft 1884, S. 225.

Zeitschrift für Infektionskrankheiten. IV, 1/8. 5

J

60

Es müssen sonach noch andere chemische Verbindungen Ein- fluß auf den Futterwert des Heues haben. Dies darf uns nicht Wunder nehmen, wenn wir daran denken, daß wir spezifische Ge- ruchs-, Geschmacks- und Reizstoffe von diätetischer Wirkung bei dieser allgemeinen Analyse unberücksichtigt lassen. Eine genaue chemische Analyse würde uns ^^elleicht darüber aufklären können, ist aber zu umständlich. Immerhin sei bemerkt, daß Dietrich und König in dem oben erwähnten sauren Heu weit WT.niger Zucker (überhaupt wasserlösliche Stoffe) als bei gutem Heu fanden, auch war der Säuregehalt desselben erheblich. Mit Wasser destilliert, erhielt man außerdem bei dem sauren Heu ein widerlich riechendes, beim anderen ein aromatisch riechendes, flüchtiges Öl.

Gedenken wir noch all der Stoffgruppen : Alkaloide, Glykoside, Gerbstoffe, ätherische Öle, Bitterstoffe usw., welche dem Geschmack und der Verdauung des Heues förderlich oder hinderlich werden können und in den Analysen unberücksichtigt bleiben, so wird der Wert einer chemischen Analyse nicht zu hoch veranschlagt werden dürfen. Muß doch naturgemäß auch die Analyse mechanische Schädigungen (durch Kieselsäure, durch Stacheln und Domen) ganz außer acht lassen, die sicher die Bekömmlichkeit stark beein* flussen.

Immerhin wird man allgemeine Schlüsse auf die Güte des Heues auch aus der chemischen Analyse ziehen dürfen. In Tafel VI habe ich vergleichsweise einzelne Wiesen-Heusorten und, zum Ver- gleich, ein Rotkleeheu in ihrer chemischen Zusammensetzung charak- terisiert. Es ergeben sich daraus zur Beurteilung der Sorten folgende leicht zu überblickende Tatsachen:

1 . Geringes Heu ist am reichsten an Rohfaser und am ärmsten an Salzen. (Asche.) ^)

2. Vorzügliches Wiesenheu kommt am nächsten vorzüglichem Rotkleeheu, doch ist sein Eiweißgehalt geringer, sein Ge- halt an Kohlehydraten und Salzen (Asche) größer.

3. Vorzügliches Wiesenheu ist das salzreichste.

4. Bergheu ist am reichsten an Fett.

5. Moosheu ist am reichsten an Kohlehydraten, doch ist der verdauliche Anteil geringer als beim vorzüglichen Wiesenheu.

^) Vgl. Klimm er und Schmidt: Znr Entstehung der Halisteresis ossium (Monatshefte für prakt. Tierheilk. XVII. Bd.).

I

67

6. Im * allgemeinen wächst mit der besseren Sorte der Ver- daulichkeitsanteil.

Verdaulichkeitsprozente Eiweiß Fett E.-H. Rohfaser

19

11

WiesenheUi weniger gut mittelgut vorzüglich

Bergheu

Grummet ....

Moosheu

Rotkleehen, vorzüglich^)

45 55 68 68 64 56 64

a8

40 50 60 45 54 66

50 62 74 69 69 64 75

46 59 66 61 60 58 50

Früher wurde auf Grund der durch die chemische Analyse ausgedrückten StoflFgruppen eine Berechnung der Futterwerteinheiten möglich, welche nach dem jeweiligen Stand der Futtermittelpreise schwankte.

Es verhielt sich dabei:

Kohlehydrat : Fett : Eiweiß = 1:3:3

im Mittel «= 1:2:3

Unter Zugrundelegung des mittleren Verhältnisses erhielten wir als Vergleichswerte für geringes und vorzügliches Wiesenheu (vgl. Tafel VI, Nr. 1 u. 3).

Geringes Wiesenheu enthält pro 100 kg

1 X 19,3 = 19,3

2 X 0,5 = 1 3X 3,4 - 10,2

Summe: 30,5 Futterwerteinheiten.

Vorzügliches Wiesenheu enthält pro 100 kg 1 X 30,1 = 30,1 2X 1,5 = 3 3 X 9,2 ^ 27,6

Summe: 60,7 Futterwerteinheiten.

Infolge der grundlegenden Arbeiten Kellners hat man diese für den Praktiker bequeme, wenn auch nicht ganz einwandfreie Berechnung verlassen und nach Kellners Vorgehen den Begriff des „Stärkewertes" aufgenommen.

Auf diese Verhältnisse hier näher einzugehen, würde zu weit fuhren. Nur das Prinzipielle der Kellner sehen Ausführungen sei erwähnt.

Bei der Bewertung der Futtermittel rechnet Kellner nur mit zwei Zahlen, erstens mit dem verdaulichen wirklichen

*) Allein gefüttert, erregt es, trotz aller ehem. VorzUglicbkeit, Ver- danangsstOrungen, ebenso Wickhea. Vgl. Klimm er: Veterinärbygiene, S. 112.

5*

68

Eiweiß und zweitens mit dem Produktions- oder Stärke- wert (durch Fütterungsversuch gewonnen).

Unter Stärkewert versteht er diejenige Stärkemenge, welche im Tiere so viel Fett zu erzeugen vermag, wie 100 kg des be- treffenden Futtermittels (also hier des Wiesenheues). Das Fett wird durch den Tierversuch ermittelt und es hat sich dabei ergeben^ daß zur Erzeugung von 1 kg Fett etwa 4 kg verdauliche Stärke nötig sind. Erzeugen zum Beispiel 100 kg vorzügliches Wiesenheu 10 kg Fett, so ist der Stärkewert desselben 10 X 4 = 40 kg.

Im Jahre 1906 wurde bezahlt für 1 kg Stärkewert 17,25, für 1 kg verdauliches Eiweiß 27,59 Pf., also 11,32 Pf. mehr.

Bei geringem Wiesenheu mit 2,5 <^/q verdaulichem Eiweiß und 18,9 Stärke wert ist somit der berechnete Wert:

2,5 - 11,32 Pf. + 18,9 17,25 Pf. = 3 M. 54 Pf. für 100 kg.

Bei dem obengenannten vorzüglichen Wiesenheu haben wir neben 40,6 kg Stärkewert 6,5 verdauliches Eiweiß, folglich wära die Bewertung für 100 kg:

6,5 11,32 Pf. + 40,6 17,25 Pf. « 7 M. 73 Pf. für 100 kg.

Wir finden in Kellner, „Die Ernährung landwirtschaftlicher Nutztiere", 1907, folgende Werte angeführt:

Verdauliches Stärkewert

£iwei6') auf auf

100 kg 100 kg

Geringes Wiesenheu 2,5 18,9

Wenig g^tes Wiesenheu ... 3,2 23,7

Gutes Wiesenheu 3,8 31,0

Sehr gutes Wiesenheu .... 5,0 36,2

Vorzügliches Wiesenheu .... 6,5 40,6

Grummet von guten Wiesen . . 5.6 35,7

Grummet von feuchten Wiesen . 6,0 37,7

Alpenheu 6,4 38,5

Moorwiesenheu ........ 3,7 34,7

Moorwiesengrummet 5,4 33,8

Waldgrasheu 4,1 33,7

Salzwiesenheu 3,0 30,1

Saures Wiesenheu 3,0 20,9

^) An Stelle des früher üblichen Nährstofifverhältnisses:

Rohprotein : (2,5 X I^'ett -j- N-freie Extraktivstoffe)

stellt Kellner das Eiweißverhältnis. In diesem werden nur die ver- daulichen Stoffe berücksichtigt. Es lautet:

Verdauliches Eiweiß: (2,2 X verdauliches Fett + N-freie Extraktivstoffe).

Man bezeichnet 1 : 5—6 als mittleres, 1 : 2—4 als enges. 1 : 8—12 als weites^ Nährstoffverhältnis. Vgl. Klimmer: Veterinärhygiene, S. 276.

69

Die hier angeführten Stärkewerte, die zwischen 18,9 und 40 schwanken, sind nur durch Tierversuche zu ermitteln. Wollten wir nun ein gegebenes Heu bewerten, so wäre ein Tierversuch an- zustellen (was für die Praxis unangängig ist), oder wir müßten das betreffende Heu mit den oben angegebenen Sorten vergleichen können. Dieser Vergleich wäre aber nur möglich, wenn die obengenannten Heusorten alle nach dem Wiesentypus, dem sie zugehören, be- zeichnet wären. 1)

Es bleibt sonach für den Praktiker das empfehlens- werteste eine botanische Analyse, und es gilt noch heute, was A. Mayer (Journal für Landw. 1884) ausgesprochen hat:

„Für die Wertschätzung des Heues empfehle ich einst- weilen ausschließlich die botanische Analyse, wobei Er- fahrungen über nützliche und schädliche Gräser sorgfältig zu sammeln sind; und als Vorbereitung für eine schöne Zukunft wäre nützlich: die chemische Analyse aller derjenigen Gräser, denen man gar nichts Böses nachsagen kann, natürlich in verschiedenen Perioden der Entwicklung."

B. Die Wertbestimmnng durch die botanische Analyse.

I. Allgemeines:

Voraussetzung ist hierbei eine gute Kenntnis der verbreitetsten Wiesenpflanzen (Gräser und Stauden), die dem Tierarzt auf der Hochschule durch praktische Übungen vermittelt werden muß.

Gleichzeitig soll er aber auch über den Futterwert dieser Pflanzen aufgeklärt werden. Gerade in dieser Beziehung finden sich bei den einzelnen Autoren große Unstimmigkeiten, die meist daraus zu erklären sind, daß der Wiesenwert (d. h. Wert für An- lage einer Wiese) mit dem Futterwert verquickt wird.

Bücher, in denen die Wiesengräser und Kräuter, wenn auch noch so naturgetreu abgebildet sind, nützen wenig; denn im Heu

*) Unsere vier Wertgrade der Wiesenformationen würden sich alsdann folgendennaßen gliedern:

bei 2^0 verdaulichem Eiweiß und unter 18 Stärkewerte IV

bis 3% , , bis 25 III

bis 5% , 35 II

über 50/0 « 7, über 35 I

70

finden sich nnr Bruchstücke der Pflanzen vor, die Blüten sind znm Teil verfärbt, die Blätter zusammengerollt und geschrumpft, einzelne Rispengräser sind teilweise ausgefallen usw. Ich bin deshalb be- strebt gewesen, die Erkennungsmerkmale solcher Bruchstücke in Tabellen zu bringen und hoflfe, dieselben bald unter Beigabe von Abbildungen veröffentlichen zu können.

Ich habe die Gräser zum Teil unter Berücksichtigung be- kannter chemischer Analysen und nach dem durch äußere Eigen- schaften bedingten Eindruck bewertet. Daneben stelle ich die Werturteile anderer Autoren,^) sowie bekannte chemische Zu- sammensetzungen 2) und einige Standortsbemerkungen (vgl. S. 72, 73).

Man wird aus der Tabelle S. 72 u. 73 ersehen, daß sich bestimmte Beziehungen zwischen Futterwert und chemischer Analyse nur bei wenigen Gräsern herausfinden lassen. Sicher ist, daß die chemische Analyse sich mit der Bodenbeschaffenheit, mit der Bewässerungsart, mit der jeweiligen Witterungslage, mit gewissen Kultursorten sehr ändern wird, und daß danach auch die Futter werte einzelner Gräser Schwankungen unterworfen sind.

Die Sauergräser (Cyperaceen) stehen in dem gerechten Ruf, das Heu ungünstig zu beeinflussen, 3) und gelten als wertlos IV, ebenso gewisse Binsenarten (Juncaceen), doch verdienen einige einen besseren Ruf. Von Sauergräsem halte ich für gut bis mäßig gut (11— ni)): Carex canescens, pallescens, panicea, pilulifera.

Von den Juncaceen betrachte ich die Simsen, Luzula-Arten als gut bis mäßig gut, während Juncus bufonius und lamprocarpus mit III, alle anderen mit IV zu bewerten wären.

Auch ftir die Kräuter der Wiesen gibt es eine Gruppierung^ nach ihrem Werte in Potts „Landwirtschaftliche Futtermittel" und in dem vom Preuß. Kriegsministerium herausgegebenen „Handbuch zur Beurteilung des Pferdeheus". Diese halte ich aber für zu wenig durchgearbeitet.

^) £. Langethal: Pflanzenkande und Pflanzenbau. Wittmack: Zur Beurteilung des Pferdeheus. Strecker: Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser.

2) Pott: Landwirtschaftliche Futtermittel. Emmeriing: Unter- suchungen flber die Zusammensetzung der von verschiedenen Wiesen ge- ernteten Grasarten. (Jahresbericht Vers.-Stat Kiel 1898.) Stefansson och SOderbaum: Isländska Foder och Betesväxter.

3) Sie sollen die Milchmenge herabsetzen. Vgl. Biedermanns Zentral- blatt XXVIII p 527.

71

Die bisher von Kräutern bekannten chemischen Analysenresul- tate sind kaum brauchbar zu einer Wertbestimmung. Die persön- liche Meinung der Autoren, vielleicht gestützt auf gewisse Er- fahrungen, scheint hierbei eine große Rolle zu spielen. Gleichzeitig werden abweichende Meinungen über gewisse Kräuter entstehen müssen, je nachdem sie als Pferdefiitter oder als Wiederkäuer- Nahrung betrachtet werden.

Sicher ist, daß Leguminosen (Klee-, Wicken- und Platterbsen- arten) wertvoll sind, daß weichstengelige Kompositen ohne hervor- tretenden Geruch, Taraxacum (Löwenzahn), Tragopogon (Bocksbart), Crepis biennis (Feste), als gnte Kräuter angesehen werden dürfen, daß die Umbelliferenblätter der spätblähenden Arten, Heracleum (Bärenklau), Pimpinella (Bibemell), Pastinaca (Pastinak), eine würzige Zukost gewähren, während die frühblühenden Anthriscus (Kerbel), Carum Carvi (Kümmel), durch ihre harten Blütenstengel an Wert verlieren. Dies letztere gilt von manchen anderen, in jugendlichem Zustande guten Kräutern, z. B. von Medicago (Luzerne), Cirsium palustre (Sumpfdistel) und heterophyllum, Symphytum officinale (Beinwell), Sanguisorba officinalis (Wiesen- knopf), Centaureen (Flockenblume), Polygonum bistorta (Wiesen- knöterich) usw. Auch die dicken Blütenköpfe von Disteln und Flockenblumen sind unbeliebt.

Kräuter mit Bitterstoffen wie Enzian, Bitterklee, halte ich bei nicht zu reichlichem Auftreten fiir diätetisch wertvoll. Stark riechende, mit ätherischen Ölen versehene Kräuter, wie Quendel, Schafgarbe, Salbei, vielleicht auch Wucherblume, sind meist von strittigem Werte. Stachelige Kräuter sind wertlos bis schädlich. Giftkräuter (siehe Seite 88, 89) können Heu völlig unbrauchbar machen. So mußte ein für die Armee geliefertes bayrisches Heu infolge Herbstzeitlose und ein anderes wegen Veratrum (Germer) ungefüttert bleiben.

Was übrigens Jessen („Deutschlands Gräser und Getreide- arten") von den Gräsern sagt, gilt von fast allen Wiesenpflanzen:

„Wer aber Gras fQr die Viehzucht ausnützen will, der be- denke, daß es fast kein Gras gibt, welches nicht, ehe es schoßt, vom Vieh gern gefresssen wird, und umgekehrt, daß es wiederum äußerst wenige gibt, welche überhaupt gern gefressen werden, nachdem sie ausgeblüht haben. . . . Wer eine Weide ausnutzen will, wird so früh das Vieh darauf treiben, daß kein Gras in den

72

Agrostis alba, WeiAes Straußgras

canina, Hunds-StrauAgras .'

vulgaris, Gemeines Straußgras . . . .

Aira caespitosa, Rasen-Schmiele

flexuosa, Wald-Schmiele

Alopecurus geniculatus, Geknieter Fuchsschwanz j, pratensis, Wiesen-Fuchsschwanz . .

Anthoxanthum odoratnm, Ruchgras

Avena (Arrhenatherum) elatior, Glatthafer . . .

flavescens, Goldhafer

,, pubescens, Weichhafer

Briza media, Zittergras

Bromus erectus, Aufrechte Trespe

inermis, Grannenlose Trespe

mollis, Weiche Trespe

Calamagrostis epigeios, Ufer-Reutgras

9 lanceolata, Sumpf-Reutgras . . .

Cynosurus cristatus, Kammgras

Dactylis glomerata, Knäuelgras

Festuca arundinacea, Rohrschwingel

elatior (pratensis), Wiesenschwingel. . .

heterophylla, Waldschwingel

ovina, Schafschwingel

rubra, Rotschwingel

Glyceria distans, Salzschwaden

fluitans, Mannagras

spectabilis, Wasserschwaden

Hierochloa borealis, Mariengras

Holcus lanatus, Honigras

mollis, Sand-Honiggras

Lolium italicum. Italienisches Raigras

perenne. Französisches Raigras . . . .

Molinia coerulea, Blaugras, Besenried

Nardus stricta, Borstgras

Phalaris arundinacea, Rohrglanzgras, HaVelmielitz

Phleum pratense, Lieschgras

Phragmites communis, Schilfrohr

Poa annua. Kleines Rispengras

nemoralis, Hain -Rispen gras

pratensis, Wiesen-Rispengras

,, serotina. Spätblühendes Rispengras . . . .

^ trivialis, Graben-Rispengras

Weingartneria canescens, Silbergras

II

ra-iv

ni m— n

IV

II

I ii-ni i~n

I

n II -in in~ii u—m ni-n

IV

IV

II i-n

u

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II n— in

ni

m ii-ni

iii

I

II

IV IV

m— n ii-i

IV

n-iii n-ni

I

I— n

II

IV

73

="5

II

Nach Strecker

Roh- Proteln

Fett

Kohle- liydrate

Holz- faser

Bemerkungen

1

1

2

6,7

«

35,5

40,5

1

1 "^

4

Sumpfwiesen.

2 3

4

Kalklose Wiesen.

3-4

4

8

1,2

42

44

Feuchte sandig-moorlge Wiesen.

4

4

Sandige Waldwiesen.

2

1

83

8,2

52

29

Marsch- und Rieselwiesen.

1

1

1

8,8

2,3

34,1

346

3

2

3

6,7

2,2

51

35,6

Bitter und meist fiberreif.

1

1

2

10,6

1,9

31,9

34

Bitter und leicht hart.

1

1

1

2

2

6,5

1,9

39

47

Auf trockenen Wiesen geringwertig.

. 2

1

2

2-3

2

2-3

3

Trockene Mergelwlesen.

3

14,9

2,6

33,4

21,6

Meist nur Wiesenrftnder.

2

2

4

8,5

2,3

39,4

30,5

4

4

Sandige Teichufer.

4

4

Feuchte Wiesen.

2

1

7

1,5

43

41

Am besten als Qrummet.

1

1

8,6

2,3

35,7

34,9

Ungeeignet für Sandboden.

1 1

2 1

7,5

40

Feuchte Wiesen.

4

5

2

1-2

3 2

4

10,4

2,9

34,6

33,2

Besonders ffir Schafweiden.

t

3 2

3

6,7

1,9

41

45,8

Für luftfeuchtes Klima.

1

FQr Salzwiesen.

2

1

3

9

1

49,7

34,2

Rieselwiesen.

2

1

4

In Jugendlichem Zustande Wert: 2

3

Bruchwiesen, Moorwiesen.

2

2

4

8,1

1,7

46,3

37,4

Von Strecker wohl unterschfttzt.

2

4

FQr sandige Orte.

1

1

1

9,9

3,1

43,4

22,9

1

2

9,1

2,4

34,8

33,7

Empfehlenswert iQr Weiden.

4

4

4

Nur zu Stren. Auf Moorwiesen.

4

4

4

(

2

2

2

5,5

1,2

36,4

38

Hart, für nasse Wiesen; Streu.

1

1

2

8,3

2,5

43

31,3

4

4

4

Teichwiesen, nur jung alsPferdefatter.

1

3

Nur an Wiesenrändern.

1

4?

Schattengras.

1

1

1

9,1

2,4

36,2

34,2

1

1

2

Feuchte Wiesen, sand. Telohränder.

1

1

2

8,7

3,2

34

34

Nasse Wiesen.

4

Nur auf Sandwiesen, eingesprengt.

74

Halm schießt, ungenießbar wird und verloren geht. Wer eine Wiese ausnützen will, wird mähen, sobald der Haupttrieb voll- endet ist, wer viele nutzlose Masse einfahren und Stroh statt Heu ernten will, wird warten, bis die Gräser abgeblüht haben."

Hier noch einige Worte über das Heu des zweiten Schnittes, das sog. Grummet oder Öhmd.

Dasselbe ist blütenärmer und enthält spätblühende Pflanzen: Storchschnabelarten (Geranium), Wiesenknopf (Sanguisorba), Sumpf- spierstaude (Spiraea Ulmaria), die spätblühenden Doldengewächse (Pastinaca, Heracleum, Daucus), Braunelle (Brunella), Augentrost (Euphrasia), Abbiß (Succisa), Sumpfwurz (Epipactis) und Herbst- zeitlosen-Blüten.

Die Gräser sind darin meist ohne Blüten und können deshalb oft nur mittelst mikroskopischer Querschnittsbilder bestimmt werden (siehe S. 83—85). Ist das Grummet nicht verregnet, so sieht es grün- lich aus und gehört zu den besten Futtermitteln in seiner Zusammen- setzung und leichten Verdaulichkeit (vgl. Taf. VI).

In H. Heine, „Die Heubereitung", finde ich den Vergleich von Heu und gutgeemtetem Grummet derselben Wiese wie folgt:

Heu Grummet

Eiweiß .... 12,08 davon verdaul. 62 % 15,14 davon verdaul. 70 % Fett .... Kohlehydrate Rohfaser . . Asche . . .

4,02 57 0/^ 5,52 , .68%

45,8 67,5% 41,81 74%

30,77 25,73

7,33 11,80

Es mtlßte also gut eingebrachtes Grummet höher bewertet werden, als das Heu derselben Wiese. Leider sind die Vegetations- bedingungen und Witterungsverhältnisse während der Grummet- werbung sehr wechselnde, und feuchtes Grummet fällt infolge der weicheren Konsistenz der Zersetzung viel leichter anheim. Auch das Auslaugen durch Regen verringert den Wert in ähnlicher Weise, wie dies bei Rieselwiesen eintritt.

2. VorbemerkuBgen über das Einsenden von Heuproben durch Landwirte

und Tier&rzte.

a) Soll Heu lediglich zur Bestimmung des Futterwertes eingesandt werden, so ist der Hauptwert zu legen auf eine möglichst genaue Mittelprobe. Bei Wagenladungen ist von der Ladung an mehreren Stellen (besonders, weun sie bei oberflächlicher Betrachtung

75

verschieden ersclieinen), Heu zu entnehmen. Bei Lieferungen in Bündeln sind Proben aus mehreren Bündeln zu mischen. Das ein- gesandte Quantum soll nicht unter 1 kg betragen.

b) Soll Heu, bei dessem Genuß der Viehstand geschädigt wurde, untersucht werden zur Erkennung der Krankheits- ursache, so muß möglichst sofort nach der Erkrankung von demselben Heu, möglichst von der Entnahmestelle, ohne Mittelprobe, etwa 1 kg in einem Sack eingesandt werden.

Im Krankheitsfalle sind selbstverständlich auch etwaige dargereichte Beifutter: Stroh, Häcksel, Kleie usw. einzusenden, und zwar von jedem eine gute Mittelprobe von 100—200 g. Beim Stroh sind auch Ähren zu berücksichtigen!

c) Von Grünfutter, das geschädigt hat, müssen etwa 2 kg in gut durchlüftbarer Verpackung, nicht allzustark zusammengedrückt, eingesandt werden, und zwar mit der Be- merkung: „Sofort zu untersuchen", damit nicht nachträgliche Fäulnis durch Schimmelbildung eintreten kann.

3. Die Ausführung der Heuanalyse. /

a) Allgemeine Analyse.

Sie geschieht durch Auslesen gleicher Arten.

Bei der wechselnden Zusammensetzimg des Wiesenteppichs war es fraglich, ob uns überhaupt die geforderte Menge von 1 kg einen rechten Einblick in die Anteilnahme von Gräsern und Kräutern gewähren kann. Gleichzeitig war es nötig, eine Angabe zu machen über das zur Untersuchung heranzuziehende Quantum.

Ist der Artenbestand ein verhältnismäßig geringer (siehe Nr. 5, Seite 100), so erscheinen 2 X 50 g, entnommen von verschiedenen Teilen, der eingesandten Mittelprobe genügend. Ist jedoch, wie bei Bergwiesen, der Artenbestand ein sehr wechselnder (wie eine vorläufige Durchsicht der Heuprobe leicht ergibt), so würden etwa 4 X 50 g zur Untersuchung heranzuziehen sein.

Es ist tatsächlich erstaunlich, wie gutstimmig sich solche Proben verhalten. Ohne Abwägen des Quantums, einfach „eine Handvoll" als Ausgang der Untersuchung, zeigte die Möglichkeit des Erfolges. Es sei folgendes, nicht etwa „als Vater des Ge- dankens" ausgewählte Beispiel angeführt. Die Zahlen bedeuten

76

die Anzahl deutlicher Artenreste; bei Gräsern meist Blütenstande, bei Kräutern meist Blätter,^) seltener Blüten.

1 Hand-

2 Hände-

2 Hände-

2 Hände-

1 Hand

voll

voll

voll

voll

voll

Holcus . . .

3

6

7

6

3

Poa ....

1

2

2

2

1

BromuB . . .

3

4

1

4

1

Anthoxanthum

8

12

13

13

5

Bei dem Überblicken dieser Resultate erscheint das Mittel völlig gewahii;.

Weitere Beispiele, bei denen anstatt der Raummenge „Hand- voll" die Gewichtsmenge von 50 g angewendet wurde, und zwar bei artenreichem Heu viermal, bei artenarmem Heu zweimal, seien im Anschluß daran mitgeteilt.

3, S. 100

Heu aus Moritzbui vgl. Nr. 4, g (4 Quantitäten AlopecuruB ... 0 Anthoxanthum . . 5

rg (artenreich) ;. 100 äöO g)

0 0 1 14 9 9

üeu aus Schu

vgl. Nr.

Holcus . . . .

Alopecnrus . .

Festuca . . . .

Agrostis . Poa . .

3

6

1

4 7 0

7 9 0

8 7 0

Poa

Cynosurus . . . Anthoxanthum

Molinia

Holcus Festuca .

2 0

5 0

3 1

1 3

Agrostis-Arten Avena flavescens

Aira

0 0

9 3

6 0

1 1

Aira

Nardus

Festuca ovina .

9

9

2

2

25

33

7

6

4

5

13

12

41

18

5

8

1

1

1

1

Die Gesamtheit der ausgezählten Arten gibt ein gutes Bild des früher erwähnten Wiesentypus. Aus den am häufigsten gezählten Arten der Gräser und Kräuter kann der Kundige leicht die Facies der Wiese erkennen (vgl. Tabelle S. 95—98).

Der Futterwert eines Heues hängt selbstverständlich nur von den Gewichtsprozenten der Einzelarten ab.

Es erfolgte deshalb auch ein Wiegen der ausgelesenen Arten- anteile. Dabei hat sich aber gezeigt, daß bei einem Vergleich der Zahlenprozente und Gewichtsprozente nur wenige Arten als „zu leicht", wie Anthoxanthum, und 'als zu schwer, z. B. Phleum und Alopecnrus, eines Korrektur-Koeffizienten bedürfen.

^) Größere zusammengetrocknete Blätter werden durch längeres Ein- legen in kaltes oder kürzeres Einbringen in warmes V^Tasser wieder weich, lassen sich leicht ausbreiten und nach ihrer Form bestimmen. Meist sind es Umbelliferenblätter, die derartige Behandlung erfordern.

77

Ein aus Cunewalde bei Bautzen geliefertes Heu möge dies beweisen :

Heu aas Canewalde bei Bautzen. A Sflß & Zählprozente Gewichtsprozente

Agrostis, Straußgras 7,5 7

Alopecurus pratensis, Wiesenfuchsschwanz 2 11

Anthozanthum odoratum, Ruchgras . . . 18,5 6

Briza media, Zittergras 2 2,5

Bromus, Trespe 0,3 1

Cynosurus cristatus, Kammgras 6 11

Festuca Schwingel 10,5 7

Holcus lanatus, Honiggras 15,5 19

Poa, Rispengras 4 2,5

Luzula, Hasenbrot 7.5 4

Summa ca. 74 ®/o ca- 71 %

B. Leguminosen:

Lathyrus pratensis, Wiesenplatterbse .... 1,8 1,5

Trifolium, Großklee 1,8 2,5

Trifolium, Kleinklee 10,5 6

Vicia, Wicke 1,8 1

Summa ca. 16 % ca. 11 %

C. Andere Kräuter:

Alehemilla vulgaris, Frauenmantel 1,8 2,5

Plantago lanceolata, Spitzwegerich 1,8 6

Rhinanthus, Klappertopf 1,8 3

Ajuga, Günsel 1,1 1

Lychnis flos cuculi, Kuckucksnelke .... 0,5 1

Summa ca. 7 7o ca. 13,5 %

D. Sauergräser:

Juncus, Binsen 1,1 2

Carex, Riedgras 1,8 2^5

Summa ca 3 ^o ca. 4,5 7o

Die etwaigen Unstimmigkeiten einzelner Gruppen sind hierbei bedeutungslos; denn diese geringen Differenzen werden schon durch die wechselnde Zusammensetzung der Heuproben ausgeglichen.

Für die botanische Heu-Analyse wäre demgemäß dem Prak- tiker zu empfehlen, bei artenarmem Heu 2 X 50 g,

bei artenreichem Heu 4 X 50 g nach den Arten auszusortieren.

78

Die ausgelesenen Arten brauchen; um Zeit zu ersparen, weder gezählt, noch gewogen zu werden, sondern sie sind im Unter- suchungsprotokoll zu gruppieren nach

1. wesentlichen Arten (bei der üntereuchung häufig ge- funden),

2. Arten von mittlerer Häufigkeit,

3. unwesentlichen Arten (bei der Untersuchung nur ver- einzelt gefunden).

NB. Um die möglichste Vollständigkeit der Pflanzen dritter Gruppe za erreichen, ist nachträglich die gesamte Heuprobe durchzusehen. Es wird dabei noch so manche vereinzelte Art aufgefunden, die für die Bestimmung des V^iesentypus charakteristisch ist. Daneben zeigen sich oft Nester gleicher Arten (im Wiesenbilde die truppweise auftretenden Glieder). Hier- durch kann sich oft die Überführung einer Art in eine höhere Häufigkeits- gruppe notwendig machen.

Um einen Begriff zu geben, wie lehrreich für Wiesentypen, Artenreichtum, Facies und Futterwert solche Analysen sind, habe ich neun Heuuntersuchungen in möglichster Anschaulichkeit am Schlüsse meiner Ausführungen zusammengestellt (vgl. S. 95—98) und alsdann die einzelnen Heusorten in bezug auf Güte, Wiesen- typus usw. charakterisiert (vgl. S. 99—101).

b) Spex teile Analyse, a) Heublumen.i)

Durch Ausschütteln des Heus auf untergelegtes Papier erhält man eine mit dem Namen: „Heublumen" belegte Bröckelmasse, welche in der Hauptsache Kleeblätter, Grasspelzen und Samen erhält. Gerade die Anzahl der letzteren läßt auf die Schnittzeit des Heus wertvolle Schlüsse zu und kann das Wiesenbild in bezug auf unscheinbare Kleinkräuter ergänzen. Es ist somit in Botanik

0 Über die Zusammensetzung der Heublumen findet sich in der Sachs. Landwirtsch. Zeitschr. 1904, Seite 750, von Moszock folgende Angabe:

In 100 Pfund Heublumen (Heuabfälle beim Abräumen des Heubodens) fanden sich 46 Pfund leere Grasspelzen, 50 Pfund Blumenblätter, 27« Pfund grobe erdige Bestandteile und nur V/^ Pfund Samen, davon waren

2932 Gras- und Leguminosensamen 2805 Pippau (Feste) 3570 Ampfersamen 4718 Wucherblume

2040 Hahnenfußsamen 10710 Wegerich

79

bei dem Veterinärmediziner auf die Kenntnis charakteri- stischer Samen hinzuwirken.

Hieran schließt sich leicht eine mikroskopische Untersuchung des Heustaubes zur Auffindung der Haare von Spinnerraupen und etwaigen Pilzsporen.

ß) Befallungspilze.

Von hoher Wichtigkeit ist es, die ausgelesenen Pflanzenarten (am besten mit einer guten Lupe) darauf zu prüfen, ob an Blättern oder Blüten Befallungspilze auftreten. Dieselben kennzeichnen sich folgendermaßen: i)

1. Weißliche bis grauviolette, verwischbare, schimmelige Über- züge, meist an der Blattunterseite, z. B. am Klee.

Falscher Mehltau.

Beispiel zur mikroskopischen Erkennung der falsclien Meliltau-Arten.

Fig. 1. Peronospora Trifoliomm De By. Falscher Mehltau des Klees. Zweigstück eines Sporenträgers mit den kugeligen Spo- ren Sp (Konidiensporen).

Vergröfioruog: 225.

Fig. 1.

2. Grauweißer dichter Überzug an grünen Teilen bei gleich- zeitigem Auftreten winziger schwarzer Kugeln, z. B. an Doldenblütlem (vgl. auch Kg. 2, S. 80).

Echter Mehltau. 2)

3. Schwarze rußige Krusten an Blättern und Stengeln, z. B. an Wegerich. * Ruß tau.

4. Rostbraune oder schwarze, staubartige Häufchen oder Streifen an Blättern und Stengeln, z. B. an Gräsern (vgl. auch Fig. 3 6). Rost (Sommer- und Wintersporen).

^) Vgl. Naumann: Die Pilzkrankheiten gärtnerischer Kulturgewächse. ^ Vgl. Sachs. Landwirtsch. Zeil Fütterung Mehltau befallenen Krautes.

^ Vgl. Sachs. Landwirtsch. Zeitschrift 1887 p. 670. Verwerfung durch 1

Beispiel xar mlkroikop liehen Erken- nung der echten Mehltau- Arten. Fig. 2. ErjBlpb« Hsrlil lAy. Ecbter Uehltaa dee Kleea. Schlau cbgehinie (PerilheeiDin) gequetscht, so daS va einem Biß der Schlauch S mit vier Sporen hervortritt

(VtrirOftanmc »b.)

(AoiNauinsnn.PIliknnlibeUsiigiTtiiiriiclitr

Xultsrgairlclite.}

5. Auf rötlieh oder gelblich gefärbten Stellen hellere Pnsteln, die sich später krater- oder napfförmig öfihen, z. B. an Hahnenfuß. Becherrost.

Beispiele igr inlkrockopiKbcn ErttcnnanK verschiedener Rost-

gattungcn. Fig. 3. Uromyces Trifolii

LÜT. Eleerost. Blattqnerscbnitt mit Wintergporenlager.

(VorgTlIGaniiiK: 900.) Daneben: Wintersporen (Te- le ato Sporen.) (Vergrailcriing: IM,'

O

^

Flg. 4, Puccinia graminis Pers. GetreidcroBt. Querschnitt durch die RIalfacheide der Quecke (Tritienm repens) mit Wintersporen - Lager. (VtrgTitimnf- IM.)

Fig. fi. Coleoipori- nin CampiBDlae Pen. Glockenblnrnen-

Flg. 6. Winteraporen-Ponneii anderer BoBt- arteo.

a) Uromyces BtrtatnB Schroet auf Horn- klee (elDiellig!).

b) PncciDia BiBtortae Dee. »af Wiewn- knöteriah (iweizelllg!).

c) TriphragiDtam eehinatnm lAv. anf'> Bilrwnrz (Heam athamanticnm) (dreisellig!)

(VHrgrOfidruDgi 160.)

Beispiele zur mlkro- skopUchen Eilieiinnng verachiedcner Brand-

Fig. 7. Entyloma Brefcldi Krieger. Innen brand. Blnllqner- schnitt vom Eobrglanx- gras (Fhalaris arondi- naeea) mit inneren

IVoigrae^n

: no.)

ZoHarhrin Hr ]

, Blasig aufgetriebene, graue mit scliwarzem Pulver erfüllte Stengel- und Blattstriemen, z. B. an Herbstzeitlose und Hahnenfuß. Brand.')

of

#

Fig. 6. Brandsporen-Formen.

a) Ustilago perennana auf Glatt- harer (Aveoa elatior),

b) Ustilago longiesima Uv. auf Hancagra!) <Gljcoria flnitaus),

c) Tilletia striaerormia Weaten dorp.aufHonlggra8(HolcnHlaoatD9),

d) Ustilago TragopogoDis Pen. BlUtenbrand, in den BlUtenkSpfen des WieaenbockBbartea (Trago- pogon priit«DaiH>.

(VargrABoninf: 1000.)

o o o o

Z

Fig, 8.

7. Dunkelbraunes Pulver im Innern nicht geöffneter Blüten

von Korbblütlern, z.B. am Wiesenbocksbart (vgl. Fig. 8d).

Blütenbrand.

Bclapicl zur mlkroskop lachen Er-

kcnnnnK einer Blattlleckenkrankhcit.

Fig.9. PolfthrinciumTTifoliiKze.

aar Kriech-Klee.

C. Gewundene Konidtentrager.

Sp. Zweizeilige KouidieiiBporen.

(VBrgrOfi«n.Bg: 150.)

Fig. 9.

') Vgl. PuBch: Ist Tilletia caries tmataDdo, Erkrankungeit bei unaereii Haustieren hervorzurufen, und verlieren die Sporen durch den Verdanungs- proveß ihre Keimkraft? (Deutsche Zcitschrilt für Tiermedizin). Fnach: Schimmelpilze bei Tieren (Erg. der allg. Pathol. und patholog. Anatomie der

Menschen und der Tiere).

--^ 83

8. Sogenannte Blattflecken von gelber, rötlicher, violetter Färbung, teils scharf umschrieben, teils an den Rändern verwaschen, zuweilen gezont, in der Mitte weiß oder gelb- lich vertrocknend, oft mit kaum sichtbaren schwarzen Pünktchen (Pykniden), z. B. auf Klee (vgl. auch Fig. 9).

Blattfleckeükrankheiten.

9. Homartige dunkle, 1 2 cm lange, schwarze Gebilde an Grasbluten. Mutterkorn.

10. Grashalme von bräunlichem Filz in 1 2 cm Länge muff- artig umgeben. Kolbenschimmel (Epichloe).

Wenn auch über die giftigen Wirkungen einzelner Befallungs- pilze geteilte Meinungen, ja sogar widersprechende i) Erfahrungen vorliegen, so sind doch sicherlich erhebliche Tierschädigungen auf den Genuß verpilzten Futters zurückzuführen. Außerdem aber setzen schon die mit dem Pilzbefall verbundenen Ekelgerüche die diätetische Wirkung des Heues herab. Da die Pilze Schmarotzer sind, muß femer auch das befallene Futter minderwertig werden.

y) Grasquerschnitte.

Besonders bei den nicht blühenden Grasarten, welche das Grummet zusammensetzen, kann zur Bestimmung das mikroskopische Bild eines Blatt- oder Halmquerschnittes nötig werden.

Die Anfertigung und richtige Deutung derselben würde gleichfalls in einem botanischen Praktikum zu üben sein. Die verständnisvoDe Betrachtung einer der auf Tafel VII dargestellten Grasquerschnitte wird gleichzeitig einen ungefähren Schluß auf den Futterwert der Grasblätter zulassen, wenn man den nährstofflosen verholzten Bastanteil gegen das nährstoffreiche grüne Blattgewebe abschätzt. Ferner können mikrochemisch teils wertvolle Stoffe: Stärke, Zucker, Eiweiß, Fette, teils giftige Alkaloide nachgewiesen werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, daß wir durch die Mikrochemie

1) Vgl. Zeitschr. f. Pflzkrkh. 1903 S. 175. In Amerika soll brandiger Mais UDBchädlich und sehr nahrhaft gewirkt haben. Siehe auch Anmkg. S 82.

6*

84

schätzenswerte Anhaltspunkte für den Geschmackswert der Gräser gewinnen^).

Ich habe acht der verschiedensten, so zierlich geformten Blattquerschnitte auf Tafel VU dargestellt und will an diesem Beispiel zeigen, daß mittelst eines analytischen Schlüssels eine Bestimmung nach dem Blattquerschnitt wohl durchführbar ist.

Geachtet muß dabei werden auf die Form der Epidermis und ihrer Anhangsgebilde: Papillen P und Haare (Trichome) T, femer auf die zwischen den Gefäßbündeln gelegenen Gelenk- zellen G, auf Vorsprünge der Blattrippen V, auf das Auf- treten von Lufträumen L, auf die Ausbildung und Anordnung der mechanischen Elemente des Bastes (Stereoms) St und St', und selbst auf die Zellen der Gefäßbündelscheiden. Es ergibt sich alsdann fiir die acht gezeichneten Arten folgender

BestimmuiigsflclilllsseL

Ä. Mit Oelenkxelien O xtoischen den Blattrippen.

I. Nur die Hauptgefäßbflndel mit Bastbrücken St.

Fig. 1. Briza media, Zittergras.

II Alle GefäßbUndel mit Bastbrücken St.

a) Mit Papillen P an der Unterseite.

Fig. 2. Phleum pratense, Lieschgras.

b) Ohne Papillen, mit ausgeprägten Gelenkzellen G.

Fig. 8. Phragmites communis, Schilfrohr.

B. Oelenkxelien nur an der Mittelrippe oder fehlend,

I Mit Lufträumen L

Fig. 4. Eriophorum polystachyum, Wollgras.

IL Ohne Lufträume.

a o "2 'g ^ ^ a) Oberseits mit großzelliger Epidermis OE.

O * I j2 ^ Fig. 5. Luzula multiflora, Simse.

b) Ohne auffallende Epidermiszellen.

1) Interessante Beziehungen zwischen Anatomie und Verdaulichkeit bei Phleum vgl. Knleriem: Versuche zur Wertschätzung des Wiesenhens. (Landw. Jahrb. 1898.)

S

a 'S

85

1. Mit deutlichen Vorsprangen der Oberseite Y.

a) Hit Papillen der Oberseite P.

Fig. 6. Cynosnrns cristatus, Kammgras.

b) Beiderseits mit Haaren T.

Fig. 7. Eoeleria eristata, Schillergras.

2. Mit nndentlichen VorsprüDgen, (BoUblatt!) nnterseits mit Papillen P, oberseits mit Haaren T.

Fig. 8. Aira flezuosa, Waldschmiele.

6) Bakteriologische Untersuchung:

Ob eine solche für die Pathologie wichtige Resultate ergeben würde, ist zurzeit noch nicht abzusehen. Ein Beispiel für die Möglichkeit findet sich in dieser Zeitschrift. (Bd. ü, S. 310.)

Erfreulich würde es sein, wenn die Wiesentypen spezifische Bakterien beherbergten.

4. Darstellung der Analyaen-Reeultate.

Hierbei mußte erstrebt werden, dem Landwirt die Resultate der botanischen Analyse, besondere inbezug auf Futterwert, über- zeugend darzusteUen.

Der erste, der dies in einem sogenannten Punktier- system versuchte, war der Jenenser Landwirtschaftslehrer Lange- thal (Landwirtschaftliche Pflanzenkunde I, S. 134i).

Es beruht auf fiinf Eigenschaften A— E des Heues, die je mit 1—3 zensiert werden.

1) Vgl. auch Birnbaum: Georgika Heft IL 1869.

Klasse I: Nur wenige und nur gute Gräser vorherrschend. Süßes, kleereiches» weiches, feines Gras. Gut in Kräutern; Unkraut fein.

Klasse II: Bestand mehr gemischt oder auch in den vorherrschenden Gräsern ungünstiger; Gras noch kleereich, fein; in Kräutern aber schon gröber.

Klasse III: Vorherrschende Gräser fehlen, der Bestand ist sehr gemischt; das Gras kleehaltig, mastig, zum Teil hart, untermischt mit hartsten- geligen Kräutern und Unkraut; dieses unschädlich. *

Klasse IV: Sehr gemischter Bestand; kleeleer, mastig; harte Gräser und hart- stengelige Kräuter vorherrschender; reicher an Unkraut

Klasse V: Die härteren Gräser und Kräuter überwiegen, die feineren und die Kleearten treten zurück; Unkraut z. T. auch schädlich.

-- 8G

A. 1. Gräser süß, 2. mit Sauergräsern gemischt, 3. meist Sauergräser.

B. 1. Gräser erster Güte herrschend, 2. Gräser zweiter Güte herrschend, 3. meist wertlose Gräser.

C. 1. Leguminosenreich, 2. Leguminosen vorhanden, 3. Legu-

minosenarm.

D. 1. Hartstengelige Kräuter kaum vorhanden, 2. mäßig vor- handen, 3. hartstengelige Kräuter häufig.

E. 1. Schachtelhalm, Schilf und Wollgras fehlen, 2, einige davon vorhanden, 3. viel vorhanden.

Zwei Beispiele mögen die Handhabung erläutern:

Meist Süßgräser . . . . 1 Mit Sauergräsern gemischt . 2

Gräser 2. Güte herrschend . 2 Meist wertlose Gräser . . 3

Leguminosen vorhanden . . 2 Leguminosen vorhanden . . 2

Hartstengelige Kräuter fehlen 1 Hartstengelige Kräuter häufig 3

Schachtelhalm usw. fehlen . 1 Wenig Schilf und Schachtel-

7 halm ... . . . . 2

12

Es ist somit das zweite Heu um fünf Punkte schlechter, als das erste.

Wittmack, der sich mit diesem Gegenstand in einem Vortrag „Die botanische Wertschätzung des Heues" liebevoll be- schäftigt, erkannte die Unzulänglichkeit dieses sich nur in den Zahlen von 5—15 bewegenden Systems und gab ein verbessertes Punktiersystem mit auf 20 erweiterten Zahlen. Er berücksichtigte auch den rechtzeitigen oder späteren Schnitt und die schlechte äußere Beschaffenheit (beregnet! staubig! dumpfig!). Den ganz vorzüglichen Gemch des Alpenheues bewertet er mit 11—20. Das ist nach meiner Ansicht nur ein Aushilfswert, um das schwer zu schätzende Alpenheu in seinen vorzüglichen Eigenschaften würdigen zu wollen.

Außerdem kann die wertmindernde Wirkung giftiger Pflanzen in seinem System nicht entsprechend ausgedrückt werden.

Ist es denn überhaupt notwendig, bei der Schätzung land- wirtschaftlicher und gärtnerischer Werte mit Wertpunkten vor- zugehen? Eine übersichtliche vergleichende Darstellung der ge- wonnenen Resultate müßte genügen.

87

Ich stelle die Ergebnisse der Heuuntersuchnngen zusammen wie folgt (vgl. auch TabeDe auf S. 99):

I. Wertgebende Faktoren:

1. Erhebliches Vorkommen von Gräsern 1. oder 2. Güte.

2. Gehalt an Leguminosen.

3. Artenreichtum (am besten auszudrücken durch eine Ver-« hältniszahl: Gräser: Kräuter).

n. Wertmindernde Faktoren:

1. Allgemeine:

Erhebliches Vorkommen von Gräsern 3. und 4. Güte (incl. Sauergräser).

2. Besondere:

a) Das häufige Auftreten von Giftgewächsen.

b) Epidemisches Auftreten schädlicher Befallungspilze.

c) Verderbnis durch ungünstiges Emtewetter (Auslaugen in Regenperioden), durch zu feuchtes Lagern oder durch zu langes Aufbewahren.

Ersteres wird gow^hnlich durch muffigen Geruch und Auftreten von Schimmelpilzen^) der Gattung Mucor, Aspergillus und Penicillium erkannt.

Letzteres zeigt sich durch Sprödigkeit und Mangel des aromatischen Heugeruches an.

d) Staubigkeit bezüglich Verschlammen. Letzteres wird oft durch sog. Fischgeruch (Schlammgeruch) kenntlich.

e) Das Vorwalten hartstengeliger bzw. stacheliger Kräuter.

f) Verspätetes Ernten.^)

g) Schädlicher Einfluß künstlicher Düngung oder gifthaltiger Rieselwässer.^)

») Vgl. Sachs. Landw. Zeitschr. 1899. S. 277: Aktinomykose. ' '^ Über den Wechsel des Nährstoffgehaltes in verschiedenen Alters- perioden. Vgl. Biedermanns Zentralbl. Bd. XVIII. S. 535.

3) Fleischer und Ostertag: Über ungünstige Beobachtungen beim Verfüttern des Futters von Meliorationswiesen in der Johannisburger Heide (Deutsche landw. Presse 1900). „Kalisalz- und Phosphatdttngung erregte Fre6- unlust und Lecksucht.'' Ciaessen: Einfluß der Düngung mit Kali und Phosphorsäure auf den Geschmack des Heus. 1896. ,3inder verweigerten solches Heu, Pferde nahmen es noch an." Barth-Rufach: Sachs. Landw. Zeitschr. 1893. Wiesenfutter wurde nach mehrmaliger Thomasmehldüngung von den Tieren nicht angenommen. Kl immer: Veterinärhygiene S, 235. „Schädigung durch bleihaltige Überschwemmungs- und Rieselwässer.^

88

Vielleicht wird auf Grund der hier angegebenen Faktoren, unter Anwendung positiver und negativer Zahlen ein befriedigenderes, von entsprechenden Erfahrungen richtig beeinflußtes Punktiersystem möglich.

lY. Verbreitung der Giftgewächse und Befallungspilze In den

Wiesentypen.

Auf die wertmindemden „Giftgewächse" und „Befallungspilze^^ sei noch des näheren eingegangen.

6iftg6¥ftoh86 im Wlesenheu.

In nachfolgendem seien die häufigsten Giftpflanzen der einzelnen Wiesentypen genannt, die, wenn sie in dem Heu nur in einzelnen Exemplaren vorkommen, belanglos sind, bei häufigerem Vor- kommen dessen Gttte beeinträchtigen, als wesentliche Bestandteile aber das Heu schädlich machen.^)

In TjpuB Sandflnrwleseii. Zypressen - Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias>), Johanniskraut (Hypericum perforatum).

In Typus 8. Heidewlesen. Adlerfam (Pteris aquilina), KuhscheUen (Pulsatüla pratensis et patens^ letztere in Ostdeutschland), Johanniskraut (Hypericum perforatum).

In Tjpns 8. Lan^rhalmlir« Talwiesen. Scharfer Hahnenfufi (Ranunculus acer). Auch in anderen Wiesentypen, besonders 9 und 11, verbreitet. Wiesen- schaumkraut (Cardamino pratensis), nur im Grünfutter schädlich.')

In Typus Strand- und MarscliwJeien«

In Typus 6. Bmchwieeen.

In Typus 6. Teich- und Grabenwiesen. Gifthahnenfufi (Ranunculus sceleratus), brennender und kriechender Hahnenfufi (Ranunculus flammula et repens), Sumpfmerk (Sium latifolium), Pferdesaat (Oenanthe fistnlosa), Wasser- schierling (Cicuta yirosa), Teichschachtelhalm (Equisetum limosum), weniger oder nicht giftig (?), Gnadenkraut (Gratiola of&cinalis),0 Froschlöffel (Alisma)?

1) Vgl. 6. Hol 1er: Landwirtschaftl. Giftlehre.

^) Gift soll sich nach dem Trocknen verlieren; siehe dagegen Bericht Kgl. Tierärztl. Hochschule Dresden 1905, flber Fütterungsversuche.

^ Vgl. Biedermanns Zentralbl. Bd. XXV., S. 502. Cardamine als Ur- sache von Pferdeerkrankungen. (Verschlag!)

*) Macht Milch bitter; erwähnt sei auch, daß das auf Typus 6, 7 und 12 vorkommende Fettkraut Pinguicula vulgaris eine Zähflüssigkeit der Milch hervorruft.

89 ~

In Tjpns 7. Snmpf* biw. GrOmnoorwlegeii. Brennender and kriechender Hahnenfafi (Ranuncnlns flammula et repens), SnmpfdoUerblume (Caltba palu- stris), Sonnentau (Drosera), Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris), Läusekraut (Pedicularis palustris et silvatica), Sumpfschachtelhalm (Equisetum palustre), Gnadenkraut (Gratiola officinalis).^ Beinbrech (Narthecium ossifragnm) in Nordwestdeutschland, Sumpfporst (Ledum palustre).

In Tjpns 8. Triftwiesen« Zypressen- Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), Frühlingsteufelsauge (Adonis yemalis), Frühlingskuhschelle (Pulsatilla yemalis), Johanniskraut (Hypericum perforatum), Kronenwicke (Coronilla varia) (?); Vorsicht bei Häufigkeit der Schafgarbe (Achillea Millefolium).

In Typns Cbergangswlesen. Kleines Klapperkraut (Rhinanthus minor), Zeitlose (Colchicum antumnale), Goldgelber Hahoenfufi (Ranuncnlns auricomus) ^?)

In Typns 10« Borstgnuimatten. In der oft eingeschlossenen Quellilur: Germer (Veratrum Lobelianum), Schlesien und bayrische Hochebene.

In Typns 11* KarErasige Bergwiesen* Purgier-Lein (Linum cathar- ticum), Kleines Klapperkraut (Rhinanthus minor), Goldgelber Hahnenfuß (EUnun- culus auricomus) (?), Waldschachtelhalm (Equisetum silvaticum), wohl weniger giftig (?). Ob Trollius giftig wirkt, ist noch zu erweisen.

In Typns 12« Moorwiesen des Gebirges* Sonnentau (Drosera), Lause- kraut (Pedicularis), Sumpf Schachtelhalm (Equisetum palustre). In den oft ein- g'eschlossenen Quellfluren: Germer (Veratrum Lobeliannum) in Bayern und Schlesien, sowie Eisenhut (Aconitum Napellus).

In Typns 18* Bracbenwiesen*') Kleiner Ampfer (Rumex acetosella), Hundspetersilie (Aethusa Cynapium), Knöterich (Polygonum persicaria), Acker- schachtelhalm (Equisetum arvense), Großes Klapperkraut (Rhinanthus hirsutus).

In Typns 14* Banmwiesen* Schierling (Conium maculatum). Schöll- kraut (Chelidonium malus).

In Typns 1& Waldschlagwiesen. Tollkirsche (Atropa Belladonna), Fingerhut (Digitalis purpurea).

Befallungspiize der Wiesenpflanzen.

Nur wenige der zahlreichen Befallnngspilze sind in den tier- ärztlichen Handbüchern anfgeführt. Naturgemäß ist das Haupt- augenmerk auf solche Pilze gerichtet worden, welche nachweislich tierschädigend aufgetreten sind, und welche sich schon dem bloßen Auge auffallend darboten. Da aber noch so manche der genannten Pilzgruppen epidemisch auftreten können, ist auch von pathologischer und hygienischer Seite diesem Kapitel noch eingehenderes Inter-

^) Macht Milch bitter; erwähnt sei auch, daß das auf Typus 6, 7 und 12 Torkommende Fettkraut Pinguicula vulgaris eine Zähflüssigkeit der Milch hervorruft.

. *) .Bei Brachenwiesen ist auch zu achten auf giftige Ackerunkräuter, z. B. Hederich und Ackersenf, vgl. Sachs. Landw. Zeitschr. 1892, S. 839 n. 368.

90

esse zu schenken. Dazu gehören aber 1. eine verständliche, über- sichtliche Darstellung, 2. eine leichte Möglichkeit der Bestimmung und 3. gute und zweckentsprechende Abbildungen. Ich habe in der hiesigen Tierärztlichen Hochschule eine Sammlung von Befallungspilzen angelegt (bisher über 100 Arten), und hoffe in nicht zu femer Zeit dieser Veröffentlichung eine solche über „Befallungspilze" folgen lassen zu können.

Da die Befallungspilze, besonders die wirtswechselnden Rost- pilze, geradezu für die Wiesentypen spezifische Arten besitzen, so erscheint es mir zweckmäßig, auch die Befallungspilze, wie die Giftpflanzen, nach den Wiesentypen anzuordnen. Man wird dabei leicht erkennen, daß natürliche Lebensgemeinschaften zwischen Pflanze und Befallungspilz bestehen, welche an die Wiesentypen und die angrenzenden Formationen geknüpft sind.

Als Beispiele hierfür habe ich die Wiesentypen 6 und 14 ge- wählt und lasse ein Verzeichnis der dort auftretenden Pilze folgen unter Anwendung folgender Abkürzungen:

F. M. = Falscher Mehltau. E. M. = Echter Mehltau. R. = Rost.

So, in Sommersporenform.

Wi, in Wintersporenform.

ße, in Bechersporenform. B. = Brand. S. = Schlauchpilze.

In Typus Teich- und Grabenwiesen«

Süßgräser: a) Blüton und Blütenstände von:

Phalaris arundinacea und Glyceria fluitans mit Claviceps porpurca

Fries. S. Phragmites communis und Alopecurus fnlvus mit Claviceps micro*

cephala Wallr. S.

b) Blätter und Halme von:

Phalaris arundinacea mit Ustilago echinata Scholt B.

y, Entyloma Brefeldi. B. vgl. Fig. 7.

Püccinia coronata Corda. R. So,

{ße. auf Rhamnus.) Phalaris arundinacea mit Sclerotium rhizodes. And. S.

Püccinia sessilis Schneider. R. So. Wu

(Bc. auf AUium ursinum.)

91

Phragmites communis mit Ustilago grandis Fries. B. Pbragmites commnnis mit Paccinia Phragmitos Snm. R. So, Wi\

(£te. auf Runex- Arten.) Phragmites communis mit Puccinia Magnusiana Kömicke. R. «So.

Wi. {Be. auf Ranunculus.) Glyceria fluitans und plicata mit Ustilago longissima Sow.^) B. Alopecurus geniculatus mit Epichlo^ typhina. Pers. S.

Korbblütler:

Bidens-Arten mit Sphaerotbeca Castagnei Uv. E. M.

Achiliea Ptarmica mit Erysiphe Cichoriacearum. D. €. E. M.

Schmetterlingsblfltler:

Lotus nliginosus mit Peronospora Trifoliorum De By. F. M. Uromyces striatus Schroet R. So. Wi.

y, Ovularia spfaaeroidea Sacc.

Doldenblütlor:

Cicuta Tirosa mit Puccinia cicutae Sasch R. So. Wi. yj ,, Erysiphe Umbelliferarum. De By. EM.

Sauergräser: a) Blüten von

ScirpuB- und Heleocharis-Arten mit Claviceps nigricans Tul. S. Carex rostrata, vesicaria, acuta mit Ustilago subinclusa Kömicke. B.

b) Halme und Blätter von: Carex vesicaria, acuta, Pseudocyperus mit Puccinia Caricis Schum.

R. So. Wi. {Be. auf Urtica.)

Braun wurzge wachse:

Veronica Beccabunga und scutellata mit Peronospora grisea Ung.

F. M.

Hahn enfnßge wachse:

Ranunculus flammula und repens mit Peronospora Ficariae Tul. F. M. repens mit ürocystis Anemones Vers. B.

sceleratus und repens mit Entyloma Ranunculi Bon. B.

y, flammula und repens mit Puccinia Magnusiana Körnicke.

R. Be.

Ranunculus repens mit Uromyces Dactylidis Orth. R. Be.

repens und flammula mit Erysiphe communis Fries. E. M.

repens mit Pseudopeziza Ranunculi Fkl. S.

Labkrautgewächse:

Galium palustre mit Peronospora calotheca De By. F. M. n n r Puccinia Galii Pers. R. So. Wi. Be.

uliginosum mit Puccinia Valantiae Pers. R. Wi,

») Vgl. Zeitschr. f. Pflzkrkh. 1900, S. 15. Vergiftungsfälle von Rindvieh; erster Fall in Schweden. Dam mann: Die Gesundheitspflege der landw. Haus- tiere S. 706.

92

KnOterichgew&chse:

Rumex-Arten mit Uromyces Rumicis Schum. R. So, Wi.

» Puccinia Phragmites Scham. R. Be,

Polygonam amphibium mit Puccinia Polygoni ampbibii Pen. R. Wi.

SchlÜB8elblumenge wachse:

Lysimachia vnlgaria und thyreiflora mit Puccinia limosae Magn. R. Be, (So, und Wi, auf Carex limosa).

Lippenblütler:

Mentha silvestriB und aquatica mit Puccinia Menthae Pen. R. So. Wi. Be.

Enziangewächse:

Gentiana Pneumonanthe mit Puccinia Gentianae Straufi. R. So. Wi. Be.

Seh wer tlilienge wachse:

Iris PseudacoruB mit Cladochytrinm Iridis de By. ~ S.

Weidengewächse:

Salix cinerea mit Apiosporium salicinum. S.

In Typus 14« Bawnwleseiit

Süßgräser: (Auf die zahlreichen Sflßgräserkrankheiten der iang- halmigen Talwiesen soll hier nicht eingegangen werden. Nur die Krankheiten an speziellen Baumwiesengräsem seien genannt)

a) Blüten:

Lolium perenne mit Claviceps purpnrea Tul. S. Poa annua mit Claviceps microcephala Walir. S.

b) Blätter und Halme:

Lolium perenne mit »Puccinia graminis Pers. R. So. Wi,

(Be. auf Berberis.) Lolium perenne mit Puccinia coronata Corda. R. So. Wi.

(Be, auf RbamnuB.) Poa annua mit Entyloma irreguläre Job. B. Poa annua und nemoralis mit Puccinia Poarum Nielsen.

R. So. Wi. (Be, auf Petasites und Tussilago.) Poa triviale mit Scolecotrichum graminis Fckl. S.

Korbblütler:

Taraxacum officinale mit Protomyces pacbydermus Thüm. ,/ p Synchytrium Taraxaci de By.

,, Sphaerotheca Castagnei Löv; £. M.

., Puccinia Sil vatica Schroet. —R.B6.(iSS9.a.RV.

auf Carex-Arten») Bellis perennis mit Puccinia obscura Schroet. R. Be. (So. n, Wi. auf Luzula).

93

Schmetterlingsblütler:

Trifolium repens mit Polythrincium Trifolii Kze. S. Paeudopeziza Trifolii Fnckl. S.

Doldenblatler:

Aegopodinm Podagraria und Conium maculatum mit Puccinia Aego-

podii Scham. R. TF«. Aegopodinm Podagraria mit Plasmopara nivea Ung. F. M. Protomyces macrosporus Unger.

Conium maculatum mit Puccinia bullata Pers. R. So. Wi.

Hahn enfufige wachse:

RanunculuB Ficaria mit Uromyces Ficariae Schun^. R.

Peronospora Tul. F. M. y, Entyloma Ranunculi Schroet. F. M.

Lippenblütler:

Lamium album mit Peronospora Lamii A. Br. F. M.

t. fi Erysiphe Galeopsidis D. G. £. H.

Glechoma hederaceum mit Puccinia Glechomatis D. C. R.

Liliengewächse:

Omithogalum umbellatum mit Puccinia Liliacearum Duby. R. B«. Wu

Nesselgewächse:

Urtica urens und dioeca mit Peronospora IJrticae Liebert. F. H. 9 41 ff n 97 Puccinia Caricis Schum. R. Be,

(So, und Wi, auf Carexarten.)

Diese Ausführungen werden gezeigt haben, daß die botanische Wissenschaft för den Veterinärmediziner erheblich wichtiger werden kann, als für den Humanmediziner. Bei fachlichem Ausbau der Botanik wird sie zu einer geschätzten Helferin unserer Tierärzte werden. Vor allem muß darauf zugekommen werden, die Botanik nicht bloß für die naturwissenschaftliche Prüfung in den Lehrplan der tier- ärztlichen Hochschulen einzufügen ; sonst wird sie nicht als Helferin, sondern als unnötiger Ballast betrachtet, der in den klinischen Semestern möglichst bald über Bord zu werfen ist. Nicht so! Geradeden älteren Veterinärstudierenden müßte mindestens die Gelegenheit gegeben werden, sich in einem mikro- skopischen und heuanalytischen Praktikum die wichtigsten Grundlagen zu solchen Untersuchungen zu erwerben. Es wird sicher die Lust an dieser Disziplin wachsen.

94

In einem einmütigen Znsammenarbeiten des Botanikers mit dem Chemiker, Hygieniker und Pathologen erblicke ich tatsächlich eine schöne Zukunft, und ich bin tiberzeugt, daß auch an Tier- ärztlichen Hochschulen die auf das praktische Bedürfnis gerichtete Botanik die gleiche Stelle einnehmen kann, die ihr bereits an einigen Technischen Hochschulen eingeräumt worden ist.

Tabellarische Übersicht der botanischen Analyse von neun Heuproben.

Erklärungen der Abkürzungszeichen zur Tabelle Seite 95—99:

-{- bedeutet, daß die betreffende Pflanze in der Henprobe vorhanden war. X I^er Anteil war nur gering.

D Der Anteil war so erheblich, dafi die betreffende Pflanze zu den wesentlichen Bestandteilen zu rechnen ist.

I vorzüglich, II gut, III mäßig, IV wertlos bzw. schädlich. H Heilpflanzen, f Giftpflanzen. ^ Harte Stengel.

1

(Die in mehr als vier H

proben voricommenden A

sind geeperrt gedruckt;

I I DnterBocfate Heuprobe Nr.

SfllrrSser: . AgrOfltiB . . . t. Aira caespitosa , . I. Aira flexnoui . . L Älopecuras pratei >. Antboxantbnm o

1. Avena

'. Avena tlavescena . I. Avena pubcscons . L Briza media . . . I. Cynosnrus cristat . Dactylis glomerata . I. Festuca ovina (ii. ähnliche) 1. Festuca rubra . . Featuca elatior . '. Glyccria dialans i. HolciiB lanatui . Lolium .... >. Molin ia coeralea I. Nardus Btricta . i. Pbleum pratense . Poa pratensis I. Stenge Istolonen (Agrosti alba)

Simsenge wkch a e :

n. Liizula albida . . .

I Laznla campeetris .

^*[ Luzula multiflora

25. luncas

Sauergrfiger:

26. Carex disHcfaa . . .

27. Carex leporina .' . .

28. Carex palleBcenB . .

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SchlBsBclblimengenftchse ;

69. Primnla ektior . . .

Bankblftttler:

70. HyosotiB

Bnutwnn^e wichse :

71. Pedicnlaris

^2. RhinanthoB

73, Veronica Chamaedrys ,

74. Veronica sentellata . .

ZalUebrih tBr Inleklloiiikrinkbe

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Untersochte Henprobe Nr.

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5. Centaarea pseudopbrygia .

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G. Centanrea nigra ....

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7. Cireium arvense . .

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i». CirBium heterophyllum

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9, Cirsium palustre .

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X

+

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1. Hieraciiim

+

3. Hieraciiim pratenec .

X

1

3. Hieraciiim piioselJa .

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X

X X

X

X

X

1 X

W. Tarasacuüi officinale .

X

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T. Tragopogon pratcnse . .

X

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Sckachtelbalme:

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8. Equiaetum silvaticnm . .

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)it. Equiaetum arvense .

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4

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3

3

3

2

99

Vergleichende Zueanimenetetlung der Analyeenresultate nach den Wertfaktoren.

(Vgl. S. 87.)

L Wertgebende Faktoren.

1. Erhebliches Vorkommen von Gräsern 1. oder 2. Güte = (D wesent- lich, + von mittlerer Häufigkeit).

Heaprobe Nr.: 1

Gräser | ü

I. Güte:) 4- 1

Gräser ) O 2 IL Güte:] + 3

2. Gehalt an Leguminosen D wesentlich, + mittelhäufig, X unwesentlich.

ü— 2— 111 1 + 2 2 88 1 X— 3 3 2 1,

3. Artenreicbtum (je mehr gute Arten desto bekömmlicher).

37 41 24 32 20 430 23 28 14

IL Wertmindernde Faktoren.

1. Erhebliches Vorkommen von Gräsern 3. und 4. Güte (inkl. Sauer- gräser) D wesentlich, -f- von mittlerer Häufigkeit

- 1 1 1 2 1—1 --—2—43 1

Gräser

D

IIL Güte:

( -f-

Gräser

1 D

IV. Güte:

[ +

-—3141 -

2. a— g (vgl. S. 87).

Hienon kommen nur in Betracht: d) Staubigkeit bei Nr. 7, f) verspätete Ernte bei Nr. 4.

Die neun untersuchten Heusorten würden unter Berücksichti- fnung voi*stehender Punkte folgende Charakteristik nach Futterwert und Wiesentypus (vgl. S. 58, 59) erhalten:

Nr. 1. Heu ans Altenberg«

Mittelgutes Bergwiesenbeu. Grasartige zu Kräuter 11:26.

Charakteristische Anteile für die Herkunft (Bergwiesenpflanzen des Erz- gebirges) Tgl. Typus 11:

Woißsimse (Luzula albida) und Waldschachtelhalm (Equisetum silvaticum). Beide nur auf Bergwiesen aus dem Walde in die Wiesen übergehend. Wiesen- knOterich (Polygonum bistorta)) Bärwurz ;Meum athamanticum), Bergdistel ("CMrsium heterophyllum).

^; Wahrscheinlich infolge Mischung zweier Heusorten.

100

i.

Nr. Henirrobe ans einer Heulief ening für den Rassestal! der König 1. Tierärztl. Hochsohnle zn Dresden. Angeblich aus Bärenstein im Müglitztal, dem Befunde nach viel weiter talwärts.

Gutes Wiesenheu (leguminoseureich). Grasartige zn &äuter 12:29.

Charakteristische Anteile für die Herkunft Tgl. Typu 9:

a) Bergwiesenarten: Zittergras H ül (Briza media), Alpentäschel (Thlaspi alpestre), Pechnelke (Viscaria vulgaris, als Triftpflanze in die Obergangswiesen!), Kümmel (Carum Carvi), Gebirgsflockenblnme (Centaurea pseudophrygia).

b) (£lb)-Talwiesenarten: Vogel wicke (Vicia cracca) als wesentlicher An- teil, Zannwicke (Vicia sepium), Wiesenkerbel! (Anthriscus silvestris), Wiesenbocksbart (Tragopogon pratensis).

Nr. 8. Hen von SchnllwltK (b. Pillnitz).

Mittelgutes Heu von wenig reichhaltiger Zusammensetzung. Gras- artige zu Kräuter 10 : 14.

Beachtenswerte Bestandteile, als Brachen- bzw. Jungwiesenheu vgl* Tjpus 18:

Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und kleiner Ampfer (Rumez aceto- sella). Beide als wesentlicher Bestandteil. Goldhafer (Avena flavescens) (als ziemlich häufiger Anteil; dürfte bei seiner Seltenheit in der Lausitz nur auf Ansaat beruhen).

Nr. 4. Heu aus Moritibnrg.

Spätgemähtes (Galluna in Blüte, Holcus und Carexarten im Ausfallen), weniger gutes Heu einer Teich- bzw. Heidewiese.

Relativ wenig Kräuteranteile. (Grasartige zu Kräuter 16 : 16.)

Charakterarten für die Herkunft als Teich- bzw. Heidewiesenheu Tgl. Typus 2 und 6:

Waldschmiele (Aira flexuosa) IV. Blaugras (Molinia coerulea) IV. Borstgras (Nardus stricta) IV. Stengelauslänfer von Straußgras (Agrostis alba) n. Binsen (Juncus)-Arten als wesentlicher Bestandteil. Sauergras- reichtum (Carexarten). Sumpfhomklee (Lotus uliginosus). 6eidekraut (Gal- luna vulgaris). Sumpfehrenpreis (Veronica scutellata). Sumpflabkraut (Galium palustre).

Nr. & Heu aus Gunewalde (zu F^tterungszwecken an die Tierärztliche Hochschule geliefert).

Mittelgutes Heu von wenig reichhaltiger Zusammensetzung. Gras- artige zu Kräuter 9:11.

Brachen- oder Jungwiesenheu (Fehlen weit>'erbreiteter Kräuter wie Korb- blütler, Doldengewächse, Hahnenfuß) TgL Typus 18.

6. Bober^Wlesenheo.

Mittelgutes Heu von so reichhaltiger und widersprechender Zusammen- eetzung, daß der Verdacht einer Mischung zweier Heusorten nicht unbegründet ist. Gräser zu Kräuter: 18:25.

Besonders auffallend ist die innige Mischung trockener Arten, wie Honiggras (Holcus lanatus), Wiesenbraunelle (Brunella vulgaris), Schafgarbe

ieittchriftf. lafekUtmskraniheiUn etc. der Haustiere, Band IV.

imann, Wertbestimmung des Wiesenheues.

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ZdUehriftf. Infektionskrankheiten ete. der Haustiere, Band IV,

Tafel VIL

Naumann, Wertbestimmung des Wiesenheues,

101

(Achillea Millefolium), mit echten Flaßaferarten: Binsen (Juncus), Riedgräsern (z. B. Carex vulgaris), Sampf-Spierstaude (Spiraea Ulmaria), Engelwurz (Angelica silvestris), jgL Tjpns 8 und 7.

7* Holländisches Marschhen (nur infolge Futtermittelteuerung ein- geführt), angeblich minderwertig.

Sehr langhalmiges, seiner Zusammensetzung nach mittelgutes, aber sehr staubiges Heu. Grasartige zu Kräuter: 14:9.

Charakterarten für die Herkunft ygl« TTpus 4:

Salz-Mannagras (Glyceria thalassica), Strandbinse (Juncus Gerardi?), zweireihiges Riet (Carex disticha), Schwarz- Flockenblume (Centaurea nigra).

Brachenhen.

Mittelgutes Heu. Grasartige zu Kräuter: 11:17. Charakteristisch für seine Benennung TgL Tjpns 18: Windhalm (Agrostis), Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und Felddistel (Cirsium arvense).

9* Gartenben (Baumwiesenheu).

Gutes Heu, Spezialheu für zahnarme Pferde und Jungvieh, aber infolge des großen Blattreichtums leicht Kolik erregend. Grasartige zu Kräuter: 6 : 8.

Charakterarten TgL Tjpns 14:

Zaungiersch (Aegopodium Podagraria), Taabnessel (Laminm), Gänse- blume (Bellis perennis) sehr langstenglig, als wesentlicher Bestandteil; Löwen- zahn (Taraxacum officinale), wie vorige langstenglig.

ErkOrana vm Tafel YH.

Querschnitte durch Blätter von Süßgräsern, Sauergräsem (Fig. 4) und Simsen

(Fig. 5).

Abkürzungen:

0 E = Epidermis der Blattoberseite. Sf => Isolierte Bastbündel.

0 ü = r, ^ Blattunterseite. S = Gefößbtindel-Scheide.

G = Gelenkzellen. S' = Gefäßbündel-Scbeide mit P = Papillen. innen verdickten Zellwänden.

T = Haargebilde. V u. V = stärkere und schwächere Vor- L = Luftgewebe und Luftlücken. Sprünge (Blattrippen).

St = Bastbrücken der Gefäßbündel.

Fig. 1 Briza media, Zittergra». Fig. 5 Luzula multiflora, Simse

Fig. 2 Pbleum prastense, Lieschgras. Fig. 6 Cynosnrus cristatus, Kammgras.

Fig. 3 Phragmites communis, Schilfrohr. Fig. 7 Koeleria cristata. Schillergras.

Fig. 4 Eriophorum polystachyum, Woll- Fig. 8 Aira flexuosa, Waldschmiele, gras.

(Aus der pathologisch - anatomischen Abteilung der Königl. Tierärztlichen und Landwirtschaftlichen Hochschule in Kopen- hagen [Direktor: Professor C. 0. Jensen].)

Über lokale Eosinophilie (Gewebseosinophilie)

bei zooparasitären Leiden.

Von A. F. FSlger,

Kopenhasfen.

(Mit Tafel VIII und IX.)

Durch Ehrlichs fundamentale Untersuchungen ist es ans ermöglicht worden, die verschiedenen Formen der farblosen Blut- körperchen voneinander zu unterscheiden. Es hat sich femer erwiesen, daß das gegenseitige Zahlenverhältnis der verschiedenen Gruppen dieser Zellen nicht konstant ist, sondern bei verschiedenen physiologischen Zuständen schwankt. Größere Bedeutung haben indes die bei gewissen Krankheiten eintretenden Schwankungen, die unter ziemlich geregelten JTormen auftreten können. Namentlich bei infektiösen und bei den durch tierische Parasiten verur- sachten Leiden haben die Anzahl und das gegenseitige Mengen- verhältnis der weißen Blutkörperchen in gewissen Fällen teils als diagnostische, teils auch als prognostische Hilfsmittel Wert erlangt.

In den Geweben treten die verschiedenen Arten dieser Zellen bekanntlich in sehr wechselnder Häufigkeit auf, und zwar so, daß sich in einigen Geweben unter normalen Verhältnissen ein gewisses Übergewicht irgendeiner Art der Zellen geltend macht. Dieses Verhalten kann sich bei krankhaften Vorgängen in verschiedener Weise ändern, z. B. dadurch, daß große Massen von Zellen auf- treten, die normalerweise nicht an den betreffenden Orten angetroffen werden. Zu den Änderungen dieser Art gehört eine starke Infil- tration mit eosinophilen Zellen bei der Distomatose der Leber,

- 103 -

bei der Myositis unter starker Infektion mit Sarkosporidien und bei Einwanderung des Cysticercus tenuicoUis in die Leber, Krank- heitszustände, die im folgenden zur Beschreibung kommen. Bevor wir zur Betrachtung der untersuchten Fälle schreiten, möchte ich einige Bemerkungen über die Eosinophilie vorausschicken.

Im normalen Blute kommen die eosinophilen Zellen nur in geringer Menge vor, die beim Menschen nicht ganz dieselbe ist, wie bei den verschiedenen Tiergattungen. Normal schwankt die Anzahl der eosinophilen Zellen im Blute des Menschen zwischen 0,5 und 40/0. Beim Pferde jönden sich 30,0 (P- Meier^) oder nach Wiendieck^) 1,5— 4<^/q. Hinsichtlich des Rindes fand Utendörfer'*) die Anzahl der eosinophilen Zellen höchst schwan- kend, von 2—15%; Gütig*), der das Blut des Schweines unter- suchte, fand in diesem eine geringe Anzahl dieser Zellen, ausnahms- weise aber bis 6^/0. Beim Zählen der eosinophilen Zellen im Blute des Rindes fand ich sehr schwankende Zahlen, bis einige und zwanzig Prozent. Beim Hunde sollen sich nach Hirschfeld^) keine eigentlich eosinophilen Zellen finden, einige der neutrophilen lassen sich aber mittelst Aurantia färben; die Katxe verhält sich ähnlich.

Die im Blute zirkulierenden eosinophilen Zellen haben einen gelappten Kern und gehören zu den polynukleären Leukozyten; sie werden aus Zellen mit einem glatten Kern (Myelozyten) ge- bildet. Ausnahmsweise .können solche im Blute auftreten; finden sie sich in größerer Menge, so deutet das krankhafte Zustände des Knochenmarks an. Die Frage naCh dem Ursprung der eosino- philen Zellen hat indes noch nicht ihre endgültige Lösung gefunden! Die Spezifizität der Granulationen behauptend, läßt Ehrlich die eosinophilen Zellen im Knochenmark entstehen, indem nicht- granulierte Zellen Myeloblasten durch Einlagerung eosinophiler Granula in Myelozyten und diese wieder in polynukleäre eosinophile Zellen umgebildet würden. Nägeli^) stimmt dieser Auffassung bei

*) P. Meier, Beitr. zur vergl. Blutpathologie. I.-D. Jena 1905.

*) Unters, ü. d. Verhalten d. Blutkörperchen bei {gesunden u. mit krup)). Pneumonie behafteten Pferden. I.-D. Berlin 1906.

3) Arch. f. Tierheilk. Bd. 33, S. 329.

*) Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 70, S. 629.

*) H. Hirschfeld, Beitr. z. vergl. Morphologie der Leukozyten. I.-D Berlin 1897.

^) Blutkraokheiten und Blutdiagnostik. Leipzig 1907.

104

^nd gibt an, daß die mononukleären eosinophilen Zellen, die man bei lokaler Eosinophilie beobachtet habe, in der Tat keine mono- nukleären, sondern nur entartete polynukleäre seien, deren Kerne eingeschrumpft seien; wenn eosinophile Zellen in größeren Mengen in den Geweben aufträten, handle es sich ausschließlich um aus- gewanderte Blutkörperchen, die durch chemotaktischen Einfluß herbeigerufen seien.

Von andrer Seite wird zur Geltung gebracht, daß sich eosino- phile Zellen bilden könnten überall, wo Mesenchymzellen rote Blut- körperchen aufiiähmen, die bei Blutungen aus den Gefäßen heraus- getreten seien (Stschastnyii); die Granulationen entstünden hier durch eine vollständige Umarbeitung des aufgenommenen Ery- throzytenmaterials. Unter normalen Verhältnissen erfolge die Produktion dieser Zellen jedoch im Knochenmark, in der Milz und den Lungen. Endlich ist noch angegeben worden, daß eosinophile Zellen durch Umwandlung zirkulierender neutrophiler Zellen ent- stehen könnten (Müller und Rieder, zit. nach Stschastnyi).

In seiner Arbeit über die Morphologie des Blutes des Schweines behauptet Gütig (1. c.) eine Bildung eosinophiler Zellen in den Geweben: „Meine Ansicht geht dahin, daß analog den histiogenen Mastzellen auch histiogene eosinophile Zellen entstehen, die aber ebensowenig wie die ersteren ins kreisende Blut gelangen" (S. 662).

Bei gewissen physiologischen Zuständen vergrößert sich die Anzahl der eosinophilen Zellen; so gibt; Utendörfer (1. c.) an, sie nehme während der Trächtigkeit, namentlich während des letzten Teiles derselben, bei der Kdh zu, und man könne dann bis 15 ^/^ finden. Auch während der Laktationsperiode finde sich eine deut- liche Eosinophilie. Von Klein (zit. nach Utendörfer) wurde ein Ansteigen der Zahl der eosinophilen Zellen bei Frauen während des Säugens nachgewiesen.

Es liegen Beobachtungen vor (Okinschitz^), denen zufolge die eosinophilen Zellen abnehmen, wenn dem Organismus die Nahrung entzogen wird, um bei wieder eintretender Ernährung wieder an Menge zuzunehmen. Eine andere Beobachtung, die viel- leicht ebenfalls mit der Emähiung in Beziehung steht, machte A. Drzewina^); dieselbe zeigte, daß die eosinophilen Zellen bei

') Zieglers Beiträge. Bd. 38, S. 456.

') Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 31, 1893, S. 383.

>) Comptes rend. de la soc. de biol. Bd. 60, 1906, S. 167.

105

Seefischen (Labms bergylta, Crenilabrus melops) verschwinden, wenn das Wasser, in dem diese Tiere leben, nach und nach weniger salzhaltig gemacht wird.

Das lokale Auftreten eosinophiler Zellen in den verschie- denen normalen Geweben wurde mit Bezug auf das Pferd von Zietzschmann^) untersucht; dieser Autor fiihrt an, daß eosinophile Zellen im Darmkanal, besonders im Dickdarm, in geringerer Menge im Magen nachgewiesen worden sind, femer auch in den Mesen- teriallymphdrüsen und im Chylus, überhaupt in den meisten Lymph- drüsen sowie in der Trachea und den Bronchien verschiedener Tiere ; auch in der Milchdrüse und in der Haut hat man sie nachgewiesen. Aus Zietzschmanns eigenen Untersuchungen gebe ich in Kürze folgendes wieder: Beim Pferde fanden sich diese Zellen besonders zahlreich im roten Knochenmark; im Verdauungskanal variierte die Menge in den verschiedenen Abschnitten. In der Maulschleimhaut keine, auch keine in der Schleimhaut der Zunge, im Ösophagus und im weißen Teile des Magens. Der kardiale Teil des Magens war reich an solchen, im Fundus fanden sich fast gar keine und im Pylorus nur einzelne Im Dünndarm trat eine reichlichere Menge auf, doch nicht so viele wie im Zökum, Kolon und Rektum. Die Speicheldrüsen, die Bauchspeicheldrüse und die Leber enthielten nur wenige. In der Trachea und den Bronchien fanden sich nur wenige, dagegen war ihre Menge groß im Lungengewebe, namentlich in den größeren Bindegewebszügen und im peribronchialen Gewebe der kleinen Bronchien; auch das subpleurale Bindegewebe enthielt viele azidophile Zellen. In der Milz» waren diese zahlreich; unter den Lymphdrüsen waren die Mesenterial-, die Milz- und die Bron- chialdrüsen die reichhaltigsten. In den Harn- und Geschlechts- organen waren die Zellen nur spärlich vertreten, in den Muskeln und der Haut traten sie nur selten auf. Von Interesse für meine Untersuchungen ist das spärliche Auftreten dieser Zellen in Leber, Zunge und Muskulatur, femer auch ihr zahlreiches Vorkommen in den Lymphdrüsen, besonders in den zum Darmkanal gehörenden.

Eine periodisch auftretende Eosinophilie hat man im Bindegewebe der Milchdrüsen trächtiger Meerschweinchen festge- stellt; bei Tieren, die einige Tage gesäugt haben, sind die eosino- philen Zellen verschwunden^).

1) Über die azidophilen Leukozyten (Kömerzellen) desPferdes. Leipzig 1904. ^ L. Michaelis, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 51, S. 711.

106

Über Eosinophilie während krankhafter Zustände liegen mit Bezug auf den Menschen eine große Menge Beobachtungen vor; es fehlt jedoch auch nicht an Meinungsverschiedenheiten der einzelnen Autoren. Diese ist gewissermaßen selbstverständlich, wenn man bedenkt, daß die Eosinophilie überhaupt eine nicht wenig launenhafte Erscheinung ist. Sogar die Eosinophilie bei Trichinose wird von einzelnen Autoren mit gewisser Zurückhaltung betrachtet, wenn man gewöhnlich auch angegeben findet, daß sie ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel sei.

Näher auf die Eosinophilie bei allen verschiedenen Leiden der Menschen, bei denen sie konstatiert worden ist, einzugehen, würde hier nicht am Platze sein; ich verweise nur auf die ziemlich zahl- reichen Abhandlungen über diesen Gegenstand^). Doch will ich erwäh- nen, daß universelle Eosinophilie bei gewissen Leukämien an- getroffen wird. Bei der Scarlatina ist Eosinophilie festgestellt worden, während bei den meisten anderen akuten, febrilen Infektions- krankheiten die eosinophilen Zellen an Anzahl abnehmen oder auch verschwinden. Lokal auftretend hat man die Eosinophilie beim Asthma bronchiale gefunden (eosinophile Zellen im Sputum); bei Gonorrhoä fand man in gewissen Fällen das Exsudat reich an eosinophilen Zellen. In Geschwülsten, besonders krebsartigen, namentlich wenn sie vom Pflasterepithel ausgehen, soll sich eine Infiltration mit eosinophilen Zellen geltend machen^). Lokale Eosinophilie ist auch ohne bestimmt nachweisbare Ursache beob- achtet worden 3).

Bevor ich zu der durch tierische Schmarotzer erregten Eosino- philie übergehe, bemerke ich noch, daß Eosinophilie sowohl bei Menschen als bei Tieren durch Exstirpation der Milz hervor- gerufen werden kann*). Auch durch chemische Stoffe läßt sich Eosinophilie heiTvorrufen ; Injektion steriler Aleuronat-Lösung in die Pleurahöhle des Kaninchens bewirkt die Bildung eines Exsudats, in

1) K. Meier, Die klin. Bedent. d. Eosinoph., Berlin 1905. I. Zappert, Zeitschr. f. kl. Med., Bd. 23. Müller u. Kieder, Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 48. A. Wolff, Zieglers Beitr., Bd. 28, 1900 und noch andere.

') Feldbausch, Virchows Arch., Bd. 161, S. 1.

') Sultan, Über lokale Eosinoph. d. Niere. D. Zeitschr. f. Chir. LXXXII, 1906, S. 120.

*) Kurloff, zit. n. Wolff, 1. c. Hartmann u. Vaquez, Comptes rend. de la soc. de biol., 1897, S. 126. Simon u. Spillmann, ebenda, 1905, I., S. 552.

107

welchem man eine überwiegende Anzahl eosinophiler Zellen findet!).

Eine sehr große Gruppe von Eosinophilie-FäUen scheinen die- jenigen Leiden zu bilden, die durch tierische Schmarotzer ver- ursacht werden. So fand Billet^) bei der Amöben-Dysenterie konstant eine Vermehrung der eosinophilen Zellen im Blute, die Anzahl schwankte zwischen 12 und 20 ^/o, erreichte in einem ein- zelnen Falle aber sogar 47%; auch in den Exkrementen von 32 untersuchten Patienten» fanden sich stets eosinophile Zellen. Da- gegen bestand bei bazillärer Dysenterie keine Eosinophilie.

Ganz besonders häufig trifil man Eosinophilie an, wenn Hel- minthen als Schmarotzer im Organismus auftreten*^); unter den diesbezüglichen Beobachtungen sind die die Trichinose be- treffenden wohl die bekanntesten. Nachdem Brown*) gefunden hatte, daß dieses Leiden eine starke Vermehrung (bis auf 68,2^/0) dieser Zellen im Blute bewirkte, und daß sich auch lokal, nach der Einwanderung der Muskeltrichinen, eosinophile Zellen im Binde- gewebe der Muskeln nachweisen ließen, hat eine lange Reihe von Mitteilungen über Trichinosefälle, die von anderen Forschem unter- sucht worden waren, diese Beobachtungen bestätigt. Aus der Lite- ratur führe ich an, daß Schleip^) während einer Trichinoseepidemie in fast allen Fällen eine ausgeprägte Eosinophilie fand, doch bestand kein bestimmtes Verhältnis zwischen der Heftigkeit der Krankheit und dem Grade der Eosinophilie; in einigen dieser Fälle wurde auch nach der Einwanderung der Trichinen in die Muskelfasern eine lokale Eosinophilie in dem intramuskulären Bindegewebe nach- gewiesen. Stäubli^) gibt an, die Eosinophilie trete erst ein, wenn die Trichinose schon seit 8—10 Tagen bestehe, und daß sie in tödlich verlaufenden Fällen unterbleibe; in 7 als Typhus diagnosti- zierten Fällen stellte dieser Forscher mit Hilfe dieses Symptoms die Diagnose Trichinose. Bei Ftttterungsversuchen an Meer- schweinchen trat Eosinophilie am frühesten nach acht Tagen ein. _^_-^— ^_

h H. Coenen, Virchows Arch., Bd. 163, 1901, S. 84.

3) Comptes rend. de la soc. de biol., 1905, S. 874.

') V. Linstow, Intern, tierärztl. Eongr., Badapest 1905. 3. Sekt., 10. Thema.

*) Brown, John Hopkins Hosp. Ball. VIII, S. 79, und Studies on trichinosis w. espec. ref. to the incr. of the cells in the blood und muscle etc. Journ. of exp. med. III, S. 315.

») Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 80, 1904, Heft 1 n. 2.

^ Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 85, 1905, S 287.

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Das Anchylostomnm duodenale, das imstande ist, sehr schwere, ja sogar tödliche Anämiefälle beim Menschen zn erregen, veranlaßt ebenfalls Eosinophilie^); in zwei von Bloch beschrie- benen {"allen erreichten die eosinophilen Zellen 33,1, bzw. 40,1%. Bei verschiedenen Haustieren, dem Rinde, dem Hunde und der Katze, treten Anchylostomumarten auf, die Anämiefälle bewirken. So soll dies ein in gewissen Gegenden AMkas (Senegal) ziemlich häufig vorkommendes Leiden des Hundes sein^). Bisher hat man nur eine bedeutende Anämie zu konstatieren vermocht, es liegen indes keine Untersuchungen vor, die zugleich eine möglicherweise vorhandene Eosinophilie ins Auge faßten.

Der Medinawurm, Dracunculus medinensis, veranlaßt durch sein Schmarotzen im Bindegewebe des Menschen deutliche Eosinophilie^). Diesen Schmarotzer hat man auch bei Haustieren, beim Pferde, Rind, Hund gefunden*); ob bei diesen aber deshalb eine Eosinophilie eintritt, ist meines Wissens nicht untersucht worden.

Die Filaria loa^), die im Bindegewebe zwischen der Tunica conjunctiva und dem Bulbus oculi lebt, und die Filaria Bau- er oft i^), die selber in den Lymphbahnen lebt, während ihre Em- bryonen das Blut erfüllen, können Eosinophilie erzeugen.

Die kleinen Strongyliden, die im Labmagen und Dünn- darm der Rinder schmarotzen, verursachen durch Einwanderung in die Schleimhaut einen örtlichen Zerfall und eine Entzündung derselben; die Umgebung wird mit Zellen infiltriert, unter denen eosinophile in großer Menge auftreten, am zahlreichsten in den- jenigen Fällen, in denen die Zerfallsvorgänge am hervortretendsten sind7).

^) V. Linstow 1. c. £. Bloch, Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 29 u. 30.

*) Thiroux n. Teppaz, Comptes rend. de la soc. de biol. Bd. 61. 1906. S. 265.

3) Balfour, The Lancet 1903, 12. Dez. Billet, Compt. rend. de la soc. de biol. 1906. S. 891.

*) Neven-Lemairei Parasitologie animale, Paris 1904.

*) Würz u. Clerc, Compt rend. de la soc. de biol, 1908. S. 1704. Billet, ebenda, Bd. 60. 1906. S. 1151 u Bd. 61, S. 507. J. Livon o. Fönand, ebenda, Bd. 61, S. 510.

ö) V. Linstow, 1. c.

^ Blanschy, Unters, üb. d. Veränd. d. Scbleimh. bei d. Magendarm- strongylose d. Rindes. I.-D. Zürich 1906.

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Die in den Langen (und der Leber) des Pferdes so hänflg auftretenden kleinen Knötchen sind vor kurzem auf Schütz' An- regung in seinem Laboratorium zum Gegenstand systematischer Untersuchungen an einem größeren Material gemacht worden; wir verdanken Angelo'ff^) diese Arbeit, die namentlich bezweckt, den Unterschied zwischen diesen Knötchen und den Rotzknötchen dar- zulegen. Dieser Autor fand, daß eine Minderzahl dieser Knötchen aus lymphoidem Gewebe besteht, mithin wohl kaum pathologisch ist, die Mehrzahl derselben aber durch Schmarotzer hervorgebracht ist, durch Larven des Sclerostomum bidentatum (Strongylus armatus). Der Wurm läßt sich in den frischen grauen durchscheinenden Knötchen nachweisen, nicht immer dagegen in den älteren, fibrös umgebildeten oder verkalkten Prozessen. Das Knötchen rührt von entzündlicher Neubildung von Bindegewebe her und erweist sich deshalb als zellenreiches Gewebe. Die angetroffenen Zellen waren Lymphozjrten, polymorphkernige eosinophile Leukozyten und spärlich auftretende polymorphkernige Neutrophile ; in älteren Knöt- chen fand sich eine etwas geringere Zelleninfiltration, stets waren aber doch eosinophile Zellen zugegen. In der Mitte der Knötchen, um die Schmarotzer herum, fanden sich die eosinophilen Zellen am reichlichsten. „Wenn der Parasit zugrunde gegangen war, gingen die ihm naheliegenden eosinophilen Zellen gleichfalls zu- grunde, ihre Kerne verschwanden, und aus ihnen bildeten sich rot- gefärbte, schollige Massen, die um den Parasiten lagen." „Oft lagen im Zentrum eines Knötchens Reste des Parasiten, umgeben von eosinophilen Zellen. Es schien, als ob diese Zellen bei der Beseitigung des Parasiten eine Rolle spielten."^) Angel offs Unter- suchungen bestätigen die Ansicht früherer deutscher Autoren von diesen Knötchen (Schütz, 01t). Durch den Nachweis des kon- stanten Vorkommens eosinophiler Zellen in den parasitären Knötchen und deren Fehlen in den Rotzknoten hat Angeloff zugleich die wirkliche Natur der Knötchen bewiesen und hierdurch ein Mittel

>) Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Pferdelungen usw. Arch. f. Tierheilk. XXXIV. 1908. S. 41.

') Ich führe diese Zitate an, weil die darin beschriebenen Verhältnisse 80 ganz mit Bildern übereinstimmen, die ich mehrmals bei der Betrachtung von Präparaten aus Sarkosporidienmyositiden angetroffen habe; ich habe ähn- liche, diffus gefärbte Massen zugrunde gegangene eosinophile Zellen gefunden, nur selten waren aber der Parasit oder Reste desselben als Zentrum des Prozesses nachweisbar.

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zum Unterscheiden in die Hand gegeben, wo ein Zweifel herrschen könnte. Dies wurde bereits von Schütz^) besonders betont.

Nachdem ich Angeloffs Arbeit gelesen »hatte, untersuchte ich zwei Fälle dieser Knötchen ; der eine fand sich in einer Lunge, der andre in einer Leber aus dem Schlachthause.* In beiden Organen fand sich in den Knötchen eine reichliche Menge eosinophiler Zellen, so daß ich in dieser Beziehung Angeloffs Beschreibung bestätigen kann.

Es sind indes nicht allein die Nematoden^ die auf die Menge der eosinophilen Zellen einzuwirken vermögen, sondern auch die Trematoden und Zestoden können diese Fähigkeit besitzen. Es liegen viele Untersuchungen über Fälle von Bilharziose des Menschen vor, in denen eine deutliche, ja sogar starke Eosinophilie nachgewiesen wurde-); die Erscheinung soll bei diesem Leiden pathognomonisch sein.

Über Eosinophilie, durch Echinokokken verursacht, berichten Bloch'^), D6v6*) und Sabrazfes^). Deve wies nach, daß auch beim Rmde und Schafe örtliche Eosinophilie um die Blase gefunden wird; er teilt mit, daß es ihm experimentell gelang, durch Ein- spritzung von Echinokokkeninhalt an Kaninchen eine Eosinophilie zu erregen. In den meisten Fällen von Bandwurm ist beim Menschen eine Eosinophilie zugegen, diese kann aber ausbleiben; so gibt Schumann^) an, daß sie nicht bei Bothriozephalusfallen vorkomme, indes behaupten andere Forscher, daß sie auch bei diesem Leiden auftrete.

Eigene UntersucliungeD.

Eosinophilie bei Myositis sarcosporidica.

In der Muskulatur unsrer Haustiere treten Sarkosporidien nicht selten als Schmarotzer auf. Man hat sie gefunden bei Pferd, Rind, Schaf, Schwein, Hund, Katze, sie treten aber wohl nicht in

0 Siehe Arch. f. Tierhk., Bd. XXXIV.

2) Douglas u. F. V. Hardy, The Lancet. 1903. S. 1009. Andr. ßalfour, ebenda, S. Ifi49 u. a. m.

3) 1. c.

*) Comptes rend. de la soc. de bioL, 1905, II, S. 49. ^) Ebenda, 1906, S. 98. ♦') Zit. nach K. Meier.

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derselben Häufigkeit bei allen auf. Am besten kennt man das Vorkommen von Sarkosporidien in der Muskulatur des Schweines» da die systematischen Trichinenuntersuchungen hier dem Studium ein umfassendes Material darboten. Beim Schwein wurde denn auch nachgewiesen 1), daß die Häufigkeit zu den verschiedenen Jahres- zeiten verschieden ist, und daß sie eine Kurve mit zwei Gipfeln beschreibt, deren einer (29 7o) ^^ den Februar, der andere (47%) in den August fällt.

Wahrscheinlich hat man anzunehmen, daß diese Schmarotzer auch bei den anderen Haustieren in der Tat allgemeiner vorkommen, als man gewöhnlich glaubt; so gab schon Siedamgrotzky^) an, fast alle Pferde hätten Sarkosporidien und diese fanden sich am häufigsten in der Muskulatur des Schlundes. Sanfelice^) fand fast ^konstant Sarkosporidien in der Zungenmuskulatur des Rindes und des Schafes auf Sardinien. Bei Untersuchung der Zungenmus- kulatur von Pferden habe ich bisher Sarkosporidien bei 10 unter 15 untersuchten Pferden angetroflen.

In den allermeisten Fällen scheinen diese Schmarotzer nun keinen Schaden zu verursachen, den ganz örtlichen Prozeß ausgenommen, den sie in denjenigen Muskelfasern erzeugen, in denen sie sitzen; in vielen Fällen veranlaßt nicht einmal ein massenhaftes Auftreten tiefergehende Veränderungen; so kann man Fälle antreffen, die makro- skopisch eine Menge Sarkosporidien zeigen und deshalb bei der Fleisch- beschau als unappetitliche, zu beschlagnahmende Ware zu charak- terisieren sind, die mikroskopisch aber keinen wenigstens keinen verbreiteten Entzündungsvorgang darbieten. In anderen Fällen findet man dagegen weitgehende anatomische Veränderungen unter der Form einer Atrophie der Muskelfasern und zugleich eine starke entzündliche Vergrößerung des Perimysiums. Es scheint sonderbar, daß diese Schmarotzer nur in einzelnen Fällen entzündliche Vor- gänge erregen, wahrscheinlich handelt es sich hier aber um Nebenum- stände, die sich bisher der Beobachtung entzogen haben. Es ist gewiß berechtigt, den hierunter gehörenden Fällen den Namen Myositis sarcosporidica zu geben, und unter dieser Bezeichnung werden sie denn auch z. B. in Kitts Lehrbuch der pathologischen

*) Bergman, Svensk Vetcrinär-Tidsskrift, Bd. 7.

3; Psorospermienschläuche in d. Muskeln des Pferdes, Wochenschr. f. Tierhk., XVI., 1872, S. 97.

3) Zit. nach Baamgartens Jahresber. 1895, S. 514.

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Anatomie beschrieben. Die tierärztliche Literatur umfaßt mehrere Beschreibungen dieses Leidens; ich verweise auf Laulani^^), Rieck^), Torencareno^), Pütz*) und Beel^). Der letztgenannte Autor beschrieb Sarkosporidien bei einem Schwein und gab an, daß sich in diesem Falle Schmarotzer nicht allein in der Knochenmus- kulatur, sondern auch im Myokardium fanden, und zwar hier in solcher Verbreitung, daß das Endokardium mit hineingezogen und daß Klappenfehler entstanden waren. St ick er ^ gibt an, daß er Sarko- sporidien im Myokardium eines Schafes fand und nennt einen älteren, von Heßling gefimdenen Fall.

Klinische Beobachtungen fiber die Sarkosporidiose hat schon Günther^) angestellt, und Ger lach wies in diesen Fällen die „Psorospermien" nach. Pütz gibt eine Beschreibung des kliui- sehen Bildes in dem von ihm genau beschriebenen Falle; vor- herrschend ist die Muskelschwäche, während der Appetit, wie über- haupt das Allgemeinbefinden, gut ist.

Dem Wohlwollen meines Chefs, des Herrn Prof. Jensen, verdanke ich, daß ich hier einige Beobachtungen über Sarko- sporidienfälle bei zwei Pferden mitteilen kann. Aus dem einen derselben wurde Material aufgehoben, das ich auch zu meinen Untersuchungen verwerten konnte. Die Mitteilungen rühren von dem Tierarzt K. Sörensen, Holsted, her.

I, Pferd (Geschlecht?), 8 Jahre alt. Der Besitzer hatte das Tier seit vier Jahren, als es im Frühling 1898 auf einer Spazierfahrt plötzlich erkrankte, schwankte und so unsicher auf den Beinen stand, daß es mit dem Wagen fast in einen Graben gestürzt wäre. W^ährend der folgenden Zeit verschlim- merte sich der Zustand, und es traten Schwierigkeiten bei der Aufnahme des Futters ein. Bei der Untersuchung am 3. August fiel es dem Pferde sehr schwer, das Maul zu öffnen, die Schläfenmuskulatur und die Muskeln an der Vorderseite des Halses waren hart und angeschwollen. Da keine Besserung eintrat, wurde das Pferd im Herbst 1898 getötet.

1) Revue v6t6r. 9 annöe, 1884.

2) Sporozoen als Krankheitserreger bei Haustieren. Deutsche Zeitschr. f. Tiermed., Bd. XIV, 1889, S. 52.

3) Zit. in den Monatsh. f. Tierhlk., Bd. III, und in der Berl. tierärztl. Wochenschr., 1892, S. 619.

*) Virchows Arch., Bd. 109, 1887.

*) Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg., XII, 1902.

«) Arch. f. Tierhk , XII, 1886, S. 373.

7) Zit. nach Pütz.

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IL Wallach, 2 Jahre alt. Es wurde ermittelt, daß das Fohlen sich ein- mal losgerissen und bei dieser Gelegenheit 30 kg (?) Molken getrunken hatte; einige Zeit darnach wnrde es krank and ging steif und unsicher, jedoch schien das Allgemeinbefinden gut zu sein. Der Appetit hatte nicht ab-, sondern viel- mehr zugenommen, dennoch fiel das Tier immer mehr ab. Es war zur Arbeit untauglich; versuchte man, es zu gebrauchen, so geriet es bald in Schweiß, während die Unsicherheit der Bewegungen zunahm. Der Patient wurde von einer Versicherungsgesellschaft übernommen und am Leben gelassen; im folgenden Sommer trat soweit Besserung ein, daß es zum Arbeiten fähig war; jetzt wurde aber die Zunge angegriffen. Der Tierarzt untersuchte das Tier doch nicht sogleich, da sein Rat nur gelegentlich eingeholt wurde; da die Krankheit sich aber immer mehr entwickelte, wurde der Tierarzt gerufen. Um diesen Zeitpunkt fand sich die Zunge vergrößert und deren Schleimhaut nlzeriert, indem die vorderen Backenzähne einen mehr als talergroßen Defekt an beiden Seiten hervorgebracht hatten. Die Zähne wurden behandelt und es begann eine Kur, die jedoch erfolglos blieb; die Zunge nahm fortwährend zu, so daß sie zum Maule heraushing und das Tier verbinderte, Nahrung zu sich zu nehmen. Das Tier wurde deshalb im Frühling 1893 getötet; Stücke der Zunge wurden Herrn Prof. Jensen zur näheren Untersuchung zugestellt (siehe Fall 1).

Die anatomischen Veränderungen, die man bei der Sarkosporidien-Myositis findet, sind chronischer, in durativer Natur; die betreffenden Teile werden vergrößert, sehr fest und hart. Die Farbe wird heller und nimmt oft, wenigstens beim Ochsen, einen deutlich grünen Schimmer an. Es wird auch angegeben, daß das Fleisch übel rieche. Der Prozeß ist gewöhnlich nicht gleichmäßig ausgebreitet, sondern leichter und schwerer angegriffene Partien wechseln miteinander ab. In dem veränderten Gewebe sieht man kleine, etwa stecknadelkopfgroße Partien von weißlicher Farbe und nicht selten verkalkt; es sind die Parasiten, bzw. nekrotische Flecke um dieselben herum, die auf diese Weise hervortreten. Das mikroskopische Bild zeigt eine chronische indurative Entzündung, bei der die Muskelfasern absterben und verschwinden, während das Perimysium der Sitz einer starken Zelleninfiltration ist, die an die Umgebungen der die Sarkosporidien enthaltenden Muskel- fasern gebunden, oft aber auch an anderen Stellen zu finden sein kann. Femer tritt auch eirie entzündliche Vermehrung des Binde- gewebes ein. Wo die obengenannten weißlichen Partien besonders stark hervortreten, findet das seine Erklärung darin, daß fleckweise ein Zerfall des Gewebes stattgefunden hat; in einigen Fällen sind in diesen Gebieten Überreste von Sarkosporidien zu finden, bei weitem jedoch nicht immer. Benutzt man zum Färben Hämatoxylin

ZelUchrift fUr Infektionskrankheiten. IV, 1/2. 8

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nebst Nachfärbung mit einer sauren Anilinfarbe, so wird man, wenn das Auswaschen (die DifiFerenzierung) richtig vorgenommen wurde, gewahr werden, daß eine Menge zuweilen die Mehrzahl der- jenigen Zellen, die das Gewebe infiltrieren, granuliert, azidophil ist, (Alkoholhärtung von Gewebsstückchen eignet sich bekannt- lich minder gut zum Studium eosinophiler Zellen; ein Nachweis solcher Zellen gelingt jedoch in alten Spirituspräparaten, wenn man eine lange Eosinbehandlung anwendet.)

Durch Untersuchung des im Laufe der Jahre angesammelten wie auch des neuen Materials, das es mir glückte zu erwerben, habe ich mich überzeugt, daß die azidophilen Zellen in allen Fällen derartiger Myositis und Glossitis vorhanden sind. Im folgenden werde ich eine Übersicht über die Befunde geben, indem ich noch die Bemerkung vorausschicke, daß mein Material wesentlich vom Pferde und Rinde herrührt ; leider besaß ich nur sehr wenig Material von Schweinen und Schafen.

Pferd. 1. Zunge eines Pferdes. Das Präparat ist vom Tier- arzt K. Sörensen, Holsted, zugesandt. 9 Jahre lang in Alkohol aufbewahrt.

Die Zunge ist stark vergrößert, fest und hart, enthält eine Menge fibrösen Gewebes; sie ist übrigens durch das Liegen in Alkohol so gebleicht worden, daß man nun mit Schwierigkeit die Änderungen makroskopisch studieren kann.

Die mikroskopische Untersuchung ergibt zahlreiche, in den Muskelfasern eingeschlossene Sarkosporidien. Man sieht eine starke Zunahme des Binde- gewebes und zugleich eine Atrophie der Muskelfasern in ausgedehntem Maße. Der normale Bau ist daher verwischt, indem die Muskelbündel auseinander gesprengt lagen. Im Bindegewebe tritt eine starke Zelleninfiltration auf, und an Präparaten, die mit Eosin gefärbt sind, erweist es sich, daß der größte Teil der infiltrierenden Zellen mit großen runden, deutlich rotgefärbten Granula angefüllt sind (Die Färbung der Granulationen ist hier, wie in den anderen Fällen, wo alkoholgehärtetes Material untersucht wurde, weniger gut). Nach Färbung mit Karbol-I^ronin-Methylgrün findet man überall im Gewebe einzeln liegende oder in kleinen Gruppen auftretende Unnasche Plasmazellen. Zerfall- vorgänge scheinen nicht stattgefunden zu haben.

2. Muskulatur eines Anatomie-Pferdes. Altes Alkohol- präparat. Es fanden sich nur kleine zu mikroskopischer Unter- suchung aufgehobene Stückchen.

Mikroskopisch wurden einige Sarkosporidien in den Muskelfasern nach- gewiesen. Wo dio Schnitte die Muskelbündel quer getrofl^en haben, sind die primären Bündel stark voneinander entfernt, indem die Zwischenräume durch eine Bindegewebsmasse ausgefüllt sind, die fast überall stark zelleninfiltriirt

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ist. Aach im Innern der Muskelbttndel, swischen den noch erhaltenen Fasern, findet sich eine vermehrte Menge Bindegewebes. Fast alle Zellen, die das Bindegewebe infiltrieren, enthalten azidophile Granula; oft ist die Infiltration besonders stark in der unmittelbaren' Nähe der Sarkosporidien. Es wurde nach Plasmazellen gesucht, und es scheint auch, daß sich einige solche dififus im Gewebe befanden, zu einer genauen Darstellung dieser Zellen war die Kon- servierung aber nicht gut genug.

3. Zunge eines Pferdes. (Konservierung nach Kais^rling.)

Das Organ ist vergrößert, sehr fest beim Schneiden; das Bindegewebe hat auf Kosten der Muskelelemente stark zugenommen. Diffus in der Zunge finden sich kleine, etwa stecknadelkopfgroße, ovale Partien, die weiß und gänzlich verkalkt sind. An der Oberfläche der Zunge sieht man mehrere Ulzerationen, die, nach ihrer Lage zu urteilen, durch die Zähne erzeugt sind.

Mikroskopische Untersuchung. Zwischen den spärlichen Muskelfasern und zwischen den Muskelbündeln hat das Bindegewebe stark zugenommen, ist jedoch nicht von besonders fester, fibröser Textur; die Zelleninfiltration im Binde- gewebe ist nicht besonders stark, man sieht aber Zellen, von denen die meisten azidophil sind, ziemlich gleichmäßig über das ganze Gewebe verteilt, so zwar,' daß an einzelnen Stellen eine Anhäufung vorkommt. Den makroskopisch beobachteten weißen Partien entsprechend, finden sich Gegenden, in deren Peripherie man dicht angehäufte azidophile Zellen gewahrt, deren Inneres dagegen aus einer gleichmäßigen, körnigen, ziemlich stark eosingefärbten Masse besteht; an der Grenze der letzteren sieht man eine schmale Partie, in welcher die Kerne noch eben erkennbar sind, und außerhalb dieses Gürtels kommen dann die obengenannten eosinophilen Zellen. Nach all diesem handelt es sich in der Mitte um den Zerfall eines Häufchens eosinophiler Zellen; ob aber die Infiltration um eine Sarkosporidie stattgefunden hat, und ob der Zerfall eintrat, weil der Schmarotzer abstarb und zersetzt wurde, ähnlicher- weise wie Angeloff mit Bezug auf die Wurmknötchen nachgewiesen hat (siehe oben), läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, weil keine deutlich nachweisbaren Oberreste von Sarkosporidien zu finden waren. Die Wahr- scheinlichkeit spricht indes hierfür. (Im Falle 5 [siehe unten], ließen sich Sarkosporidien in den Zerfallprozessen nachweisen.) Wohlbehaltene Sarko- sporidien finden sich sonst in ziemlich reichlicher Menge.

4. Mnskelstückchen aus dem Schenkel und der Kruppe eines Pferdes. Formalinkonservierung.

Makroskopisch hat sich das Präparat entfärbt, läßt jedoch eine deut- liche Zunahme des Bindegewebes erkennen, wegen deren das Gewebe fibröser Beschaffenheit geworden ist. Diffus findet man ringsherum kleine, ovale, etwa stecknadelkopfgroße, weiße, zerfallene Flecke.

Mikroskopisch findet man die zum Teil atrophischen Muskelfasern in geringerer Anzahl als normal; dieselben liegen von sehr breiten Zügen fibrösen Bindegewebes umgeben; die normale Anordnung in Bündel ist hierdurch in hohem Grade gestört worden oder sogar völlig verloren gegangen. Das Binde- gewebe ist stark zelleninfiitriert. Die Zellen sind granuliert, färben sich sehr

8*

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haben, so daß ihre Anzahl abgenommen hat, und daß die übriggebliebenen oft kleiner geworden sind; einzelne Mnskelbündel sind völlig zersprengt. Sarko- sporidien treten in ziemlich großer Menge auf. Das vermehrte Bindegewebe ist in ausgedehntem Maße. mit Zellen infiltriert, die vorwiegend azidophil sind.

2. Enochenmnskulatar eines Rindes. Das Präparat kam in frischem Zustande an; leider vermißte ich eine genauere Angabe, nm welche Muskelgruppen es sich handelt, doch ist bekannt, daß der ganze Körper des Rindes stark angegriffen war.

Die vorliegenden Stückchen sind in hohem Grade fibrGs umgebildet, sehr hart, durch Einschnitte schwer zu zerlegen. Überreste des Muskel- gewebes sind an einzelnen Stellen erkennbar. Das ganze Gewebe hat eine eigcntflmliche grünliche Färbung (ich bemerke, daß die Stückchen so frisch waren, daß eine grüne Färbung als Folge der Fäulnis nicht eingetreten sein konnte). Kleine stecknadelkopfgroße zerfallene Partien finden sich in ziemlich großer Menge; einzelne derselben sind ganz verkalkt.

Mikroskopisch sieht man große Vermehrung des Bindegewebes, wäh- rend die Atrophie der Muskelfasern weniger hervortritt. Mäßige Infiltration mit azidophilen Zellen macht sich überall geltend, fleckwoise wird sie äußerst intensiv, so daß man schon bei schwacher Vergrößerung zu erkennen ver- mochte, daß es sich um Zellen handelt, die von der angewandten sauren Anilinfarbe intensiv gefärbt wurden.

Anßer den oben angefahrten Fällen untersuchte ich ein altes Präparat, das, nach der Größe der Granulationen zu schließen, von einem Pferde herrühren mußte. (Die Herkunft des Präparates war nicht angegeben.) Auch hier fand sich starke Eosinophilie. Die Untersuchung alten, von einem Schafe stammenden Materials führte wegen schlechter Konservierung zu keinem Ergebnis, dagegen fand ich in der Bauchmuskulatur eines Schweines viele Sarko- sporidien nebst einer ziemlich bedeutenden Menge eosinophiler Zellen in dem nicht sonderlich vermehrten Bindegewebe.

Unter den in der Speiseröhre auftretenden großen Sarko- sporidienformen, Balbiania gigantea, habe ich nur einen Fall bei einem Schafe untersuchen können. Die Schmarotzer finden sich hier in sehr variierender Größe; die kleinsten, die in den Muskelfasern eingeschlossen liegen, haben die Dimensionen der an mderen Stellen vorkommenden Sarkosporidien, wogegen die größe- ren, frei im Bindegewebe liegenden, um viele Male größer und in der Mitte gänzlich zerfallen sind. Es ist nicht die geringste ^are Entzündungsreaktion zu spüren, und eosinophile Zellen nicht nachweisen.

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Bei Sektionen von Pferden sammelte ich Material aus der Zunge, das ich auf Sarkosporidien untersuchte. Bisher habe ich unter 15 Stücken 10 mit Sarkosporidien behaftet gefunden. In diesen Fällen fand ich weder Entzündung noch Eosinophilie im Gewebe. Es wird angegeben, daß die Schmarotzer in der Schlund- muskulatur des Pferdes äußei^t häufig sind, und hiermit steht es ja sehr gut im Einklang, daß oft auch in der Zunge Sarkosporidien auftreten. Gewöhnlich findet man die Parasiten doch nur in sehr geringer Anzahl, und es ist deshalb sehr wohl möglich, daß auch in denjenigen Zungen, deren untersuchte Proben keine Sarko- sporidien darboten, solche vorhanden waren; sind die Schmarotzer sehr spärlich vertreten, so können sie einem leicht entgehen, selbst wenn man zur Untersuchung zwei oder mehr Scheiben von ^/^ bis 2 cm im Geviert anwendet.

Wie aus den obengenannten Fällen zu ersehen ist, wurden stets, wo es sich um Prozesse von bedeutendem Umfang handelte, eosinophile Zellen in sehr beträchtlicher Aus- dehnung gefunden (Figg. 1 und 2). Es liegt deshalb nahe, sie mit dem Schmarotzer in Beziehung zu setzen. Normal kommen in der Zunge keine eosinophilen Zellen vor, auch nicht in der Skelettmuskulaturi). In der Literatur liegen mehrere Beobach- tungen vor, die dartun, daß die Sarkosporidien Stoffe enthalten, die auf Versuchstiere eine starke Giftwirkung ausüben. Es handelt sich freilich hier nicht um StoflFe, die von den Miescheria-, sondern um solche, die von Balbianiafonhen herrühren. Pfeiffer 2) fand, daß ein wässerigec oder Glyzerin-Auszug von Balbiania aus der Speiseröhre des Schafes bei subkutaner oder intratrachealer Injektion auf Kaninchen sehr giftig wirkt. Laveran u. Mesnil*), die das aus den Balbiania des Schafes stammende Gift als Sarkozystin bezeichnen, geben an, daß Kaninchen für diesen Stoff sehr emp- findlich sind (V2 ^g pro kg Kömergewicht wirkte tödlich nach Injektion), während derselbe auf Ratten und Mäuse keine Wirkung hat. Rievel u. Behrens^) beobachteten, daß der Auszug von den bei einem Lama gefundenen Sarkosporidien auf Kaninchen äußerst giftig, tödlich, wirkte; außerdem vermochte dieser Stoff, der der

^) Zietzschmann, 1. c. Eigene UntersuchuDgen.

3) Zit. nach Kaestner, Die tierpathogenen Protozoen. Berlin 1905.

3) Comptes rend. de la soc. de biol. 1899. S. 311.

*) Zentralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. Bd. 35 (orig). 1904. S. 344.

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Ansicht der Verfasser nach enzymartiger Beschaffenheit ist, Mäuse zu töten. Rieck^) war imstande, mit Auszügen von Sarkosporidien aus dem Ösophagus von Pferden und Schafen, Kaninchen, aber keine Hunde zu töten; Kasparek^) injizierte Meerschweinchen subkutan Auszug der Balbiania, der die Tiere tötete.

Leider war mir beim Sammeln frischen Materials die Eosino- philie der Gewebe nicht bekannt, und ich konnte deshalb keine Extraktion unternehmen, um zu erfahren, ob man durch Ein- spritzung von Extrakt vielleicht eine universielle Eosinophilie her- vorrufen könne; später konnte ich kein Material beschaffen. Da man eine starke Giftwirkung dieser Schmarotzer auf gewisse Tiere (besonders Kaninchen) kennt, scheint es mir von Interesse, zu unter- suchen, ob sich nicht eine besondere Einwirkung auf das Blut (Eosinophilie) geltend macht. Daß die oben beschriebene Gewebs- eosinophilie den Sarkosporidien zu verdanken ist, dürfen wir wohl für ganz unzweifelhaft halten, wenn wir die Fälle mit anderen lokalen EosinophiUefallen vergleichen (in der Muskulatur bei Trichi- nose^), in den durch Larven von Würmern erzeugten kleinen Knöt- chen in den Lungen des Pferdes*), in den durch Strongyliden des Magens erregten Prozessen^) usw.). Die Ursache der Eosinophilie

und der Myositis ist wohl einzig und allein die, daß Schma- rotzer unter gewissen, nicht näher bekannten Voraussetzungen einige der in ihnen enthaltenen Stoffe abgeben, die sonst innerhalb der Kapsel des Schmarotzers bleiben würden. Es wäre denkbar, daß nicht die lebenden Sarkosporidien, sondern die in den toten Exemplaren enthaltenen Stoffe die Änderungen des Gewebes verursachten. Dies würde erklären, daß man Fälle mit zahlreichen

lebenden Schmarotzern sehen kann, ohne daß sich die geringste Reaktion nachweisen ließe.

Es war von gewissem Interesse, zu untersuchen, ob ein schma- rotzendes Protozoon, wie das Coccidium cuniculi, unter den bedeu- tenden Gewebsänderungen, die es durch seine Gegenwart im Epithel der Gallenwege des Kaninchens hervorruft, auch Gewebseosinophilie erregte; ich untersuchte deshalb unter Anwendung der üblichen

1) 1. c.

>) Zentralbl. f. Bakt u. Parasitenk. Bd. 18. 1905. S. 827.

') Brown, 1. c. Schleip, 1. c. u. a. m.

*) Angeloff, l. c.

^) Blnnscby, 1. c.

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Methoden (Hämatoxylin-Eosin-, oder Orange-, oder Aurantia, Giemsa- oder Triazid-Färbung) im ganzen fünf wohlausgesprochene Leber- kokzidiosen, ohne jedoch in einem dieser Fälle Infiltration mit eosinophilen Zellen zu finden.

Eosinophilie bei Dlstomatose In der Leber.

Durch die Einwanderung der Distomen in die Gallengänge und ihren Aufenthalt daselbst entstehen bekanntlich weitgehende anatomische Veränderungen in diesen Kanälen. Bei einigen Tieren hat es hiermit sein Bewenden, beim Rinde beeinflußt der Schma- rotzer aber nicht allein die Gallengänge, sondern auch das Paren- chym der Leber, Gewebe also, mit dem er nicht in Berührung kommt, untersucht man eine von der Distomatose angegriffene Rindsleber, so wird eine ausgesprochene Atrophie der linken und die entsprechende Hypertrophie der rechten Hälfte oft sehr auf- fällig sein; zugleich treten an der Hinterfläche der Leber die ver- dickten Gallengänge stark hervor. Der Inhalt der Gallengänge ist eine mehr oder weniger schleimige Flüssigkeit, von brauner Farbe und oft mit festen braunen, ja schwarzen Kalkkonkrementen ver- mischt; man sieht, daß an die Oberfläche der Schleimhaut ähnliche Kalkmassen festgeheftet sind, die zuweilen förmliche „Kalkröhrchen" bilden. Die in jedem einzelnen Falle in den Gallengängen nach- weisbare Menge von Egeln kann in hohem Grade schwanken, nament- lich gibt es kein konstantes Verhältnis der Anzahl der gefundenen Egel zu den nachweisbaren anatomischen Veränderungen. Beim Schaf, seltener beim Rind, wird man im Verlaufe der Gallengänge Abszesse (Streptokokkeninfektion ^) antreflFen können.

In den atrophischen Gewebsteilen einer mit Distomen be- hafteten Rindsleber erscheint der Prozeß als eine chronische indu- rierende Hepatitis; eine entzündliche Zunahme des interstitiellen Bindegewebes geht Hand in Hand mit einer Atrophie der Leber- läppchen; hierdurch treten diese, die sonst beim Rind nicht makro- skopisch sichtbar sind, hervor, indem sie jetzt durch die vermehrten interlobulären Bindegewebszüge voneinander getrennt sind. Dieser zirrhoseähnliche Zustand ruft zunächst den Eindruck hervor, daß die Wirkung der Egel nicht nur eine lokale, auf die Gallenwege

1) Schaper, Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. XVI, S. 1.

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beschränkte, sondern auch eine mehr allgemeine ist, insofern in den feiTierliegenden Teilen eine Entzündung erzeugt wird.

Schon Schaper^) untersuchte das Leberegelleiden systema- tisch. Er fand auch bedeutende Blutänderungen (Verminderung der Anzahl der roten Blutkörperchen und Abnahme des Hämoglobin- gehalts), so daß man vielleicht auch hierin eine Wirkung (Allge- meinwirkung) der Egel erblicken könnte; zu beachten ist indes, daß man im Falle von Komplikationen (Streptokokkeninfektionen) auch die möglichen Einwirkungen der letzteren auf das Blut be- rücksichtigen muß.

Die mikroskopische Untersuchung der Distomatose des Rindes zeigt folgendes: Die Wände der größeren Gallengänge haben sich infolge einer starken Neubildung von Bindegewebe und gleichzeitiger Hypertrophie der Schleimdrüsen vergrößert; die kleineren Gallen- gänge haben sich in ganz entsprechender Weise verändert. Die Veränderungen im Parenchym der Leber die sich oft nachweisen lassen, wo man nach dem makroskopischen Befunde keine solchen zu finden erwartete bestehen in einer Zunahme des interlobu- lären Bindegewebes, so zwar, daß das Gewebe äußerst reich an Zellen ist. Die Zelleninfiltration ist ein sehr hervortretendes Moment des Bildes.

Unter anderen Vorgängen, die man namentlich in heftig an- gernffienen Lebern gewahrt, sind die großen Veränderungen zu nennen, die die Gefäße in den atrophischen Abschnitten erleiden. Die Gefäßwandungen sind oft sehr stark fibrös umgebildet, so daß das Lumen auf ein Minimum reduziert ist. Gleichzeitig mit diesen Vorgängen treten ringsherum Blutungen auf, die das Gewebe mehr oder minder stark infiltrieren.

Untersucht man eine Reihe von Lebern, die von diesem Leiden befallen sind, indem man zur Färbung der Schnitte Hämatoxylin und Eosin, Aurantia oder Orange, oder Triazid (Pappenheim) oder Romanowskys Methode (z. B. mit Giemsas Farbenlösung) anwendet, so wird man bald entdecken, daß das Gewebe in hohem Grade mit Zellen infiltriert ist, die azidophile Granulationen ent- halten. Die Infiltrationen bestehen indes nicht ausschließlich aus solchen azidophilen Zellen, sondern auch aus anderen (Figg. 3 u. 4), jedoch erleidet es in stark ausgesprochenen Fällen keinen Zweifel,

1) Deutsche Zeitschr. f. Tiermed. XYI, S. 1.

122

Nr.

Veränderungen der

Makroskopische Veränderungen des

Menge der Leber-

Gallengänge

Parenchyms

egel

1

große

geringe

zahlreiche Menge

2

große

geringe

wenige

3

mäßige

geringe

einige

.4

ziemlich große

geringe

einige

5

große

fleckweise große

wenige

6

große

sehr große

?

7

große

geringe

zahlreiche Menge

8

große

große

?

9

große

fleckweise große

keine

10

große

große

zahlreiche Menge

11

große

große

viele

12

große

sehr große im 1. Läpp- chen

zahlreiche Menge

13

große

sehr große im 1. Läpp- chen

keine

14

sehr große

sehr große im 1. Läpp- chen

wenige

15

große. Keine Kon-

anscheinend abgeschlosse-

keine

kretion

ner geringer Prozeß

17

große

sehr große

einige

18

große

große

einige

19

große

große

einige (etwa 70)

20

kleine

kleine

sehr wenige

21

ziemlich große

große

sehr wenige

22

ziemlich große

große

einen einzelnen

23

sehr große

große

sehr wenige

daß die azidophilen in großer Mehrzahl, fast alleinherrschend, auf- treten. Man wird beim Rinde wohl kaum eine Leber antreffen, die Egel enthält oder vor kurzem enthalten hat, und die nicht wenigstens einige eosinophile Infiltration zeigte.

Ich habe eine Reihe von Rindslebem untersucht, die von der Distomatose ergriffen waren, und führe hier die Resultate tabella- risch an (siehe obenstehende Tabelle).

Alles in allem findet man, daß die eosinophilen Zellen das Bild beherrschen. Die Zellen sind rund, haben sich in einigen Fällen indes den Umgebungen in ihrer Form angepaßt. Sie ent-

123

Mikroskopische

Hierunter azidophile

Azidophile in den

•Infiltration mit Zellen

Portaldrüsen

reichliche

vorwiegend

gruppenweise

spärliche

wenige

fleckweise einige

vorwiegend

zahlreiche

geringe

wenige

starke. Fleckweise

fleckweise zahlreiche

reichlich

Eitemng

starke

vorwiegend

spärliche

zahlreiche um die Gallen- gänge

sehr starke

zahlreiche

sehr reichlich

mäßige

einige

reichlich

starke

vorwiegend

einige

starke

vorwiegend

zahlreiche

1 fleckweise starke

vorwiegend

einzelne

spärliche

verhältnismäßig wenige

stnrke

vorwiegend

wenige

fleckweise starke

vorwiegend

mäßige

vorwiegend

einige

starke

bedeutende Anzahl

einige

" starke

zahlreiche

spärliche

zahlreiche

ziemlich reichlich

fleck weise vorwiegend

reichliche

vorwiegend

ziemlich reichliche

einige

halten zahlreiche, meistens kugelrunde, stark glänzende Granula, die sich mit den verschiedenen sauren Anilinfarben intensiv färben. In den mit Giemsas Lösung gefärbten Präparaten sind die Granulationen rot, wird Triazid (Pappenheim) angewandt, so sind sie purpurrot bis grauviolett. Die Kerne dieser Zellen sind wegen der dichtliegenden Granulationen oft nur undeutlich zu gewahren, wo man sie aber beobachten kann, erweisen sie sich als gelappt, sehen sie ebenso aus wie die im Blute auf- tretenden azidophilen Zellen. Es scheinen oft ganz besonders viele eosinophile Zellen um die Gefäße zu liegen (was vielleicht

124

von einer reichlichen Auswanderung dieser Zellen aus dem Blute herrühren könnte).

Vor kurzem fand Jaeger^), daß die vorwiegende Anzahl der Zellen in dem bei der Distomatose neugebildeten Bindegewebe Mastzellen und Plasmazellen sind; er äußert sich, wie folgt:

„Vor allem aber beherrschen das Bild Scharen von Ehrlich- scheu Mastzellen, kenntlich an ihrer mikrochemischen Reaktion, an dem Besitz zahlreicher, ziemlich grober, sich mit basischen Anilin- farben sehr distinkt und metachromatisch färbender Kömchen" und

„Außer den Mastzellen erbringt die Durchsicht der Methylen- blau-Präparate noch Unna sehe Plasmazellen."

In meinen Untersuchungen waren die eosinophilen Zellen so oft in entschiedener Mehrzahl oder wenigstens so zahlreich, daß basophile Zellen nicht die vorherrschenden sein konnten. Die Massenhaftigkeit, mit der die azidophilen Zellen auftreten können, illustriert am besten der Umstand, daß die infiltrierten Partien bei schwacher Vergrößerung oft durch ihre intensive Rotf&rbung von den Umgebungen abstachen, eben wegen der in so äußerst großen Mengen dicht aneinander liegenden eosinophilen Zellen.

Um das Verhältnis zwischen den eosinophilen Zellen und den basophilen zu untersuchen, nahm ich in liinf DistomatosefäUen kleine Stückchen heraus, die ich in zwei Teile teilte, deren einen ich in absolutem Alkohol, den anderen in Formalinlösung (lOproz.) fixierte. Nachdem der alkoholgehärtete Teil in Zelloidin eingebettet und mittelst des Mikrotoms geschnitten worden war, untersuchte ich ihn mit Hilfe der Karbol-Pyronin-Methylengrün- Färbung2) und Färbung mit pylochromem Methylenblau (Differenzie- rung mit Glyzerinäthergemisch 2) auf basophile Zellen^); derformol- fixiei-te Teil wurde in Paraffin eingebettet, die Schnitte färbte ich mit Hämalaun und Eosin (oder einem anderen sauren Anilinfarbstoff). Auf diese Weise konnte ich sehr nahe aneinanderliegende Teile mittelst beider Färbungen untersuchen, und ich glaube, daß ich mir somit Präparate verschaffte, die sich mit einigem Rechte zu Vergleichen gebrauchen ließen.

^) Ober die BindegewebswucheniDg in der Rinderleber bei Distomatose. Arch. f. w. II. pr. Tierheilk. 1906, Bd. 32, S. 456.

^) Die angewandten Farblösungen bezog ich von Grübler & Cp., Leipzig.

3) Unna, Artikel: Plasmazellen, Enzykl. d. mikr. Technik 1903, Bd. II, S. 116.

125 Im folgenden führe ich die Besultate an.

19. Die linke Hälfte der Leber ist in ihrem Volamen vermindert, zeigt abnorme, deutlich gelappte Konturen, ist heller und fester als die rechte Hälfte, die dagegen vergrößert, stumpfger|lndert und normalfarbig ist. Der Spiegeische Lappen bietet ähnliche, jedoch leichtere Änderungen dar, wie die in der linken Hälfte der Leber gefundenen. Die Gallengänge sind stark verdickt, stellen- weise verkalkt (Ealkröhren). Es fanden sich im ganzen etwa 70 Egel.

Bei der mikroskopischen Untersuchung des Gewebes der linken Hälfte erweist es sich, daß hier eine interstitielle Gewebszunahme stattgefunden hatte. Dies ist der Neubildung eines sehr zellenreichen Bindegewebes zu ver- danken, dessen Zellen sich in nicht geringer Anzahl als Un nasche Plasmazellen erwiesen. In dem fast völlig normalen Gewebe der rechten Hälfte der Leber finden sich hie und da Plasmazellen in interazinösen Zügen, die ein wenig vergrößert sind. Die größeren Gallengänge sind verdickt, teils infolge der Bindegewebszunahme, teils wegen einer Hypertrophie der Schlei^idrüsen. Das neugebildete Bindegewebe enthielt namentlich in den dem Lumen zunächst liegenden Teilen zwischen den Schleimdrüsen eine sehr bedeutende Menge Plasmazellen. Des Vergleiches wegen untersuchte ich hämatoxylin eosin- gefärbte Schnitte, in denen ich zahlreiche eosinophile Zellen fand. Auch in diesen Präparaten ließen sich die Plasmazellen sehr wohl beobachten, indem sie dadurch erkennbar sind, daß ihr runder, nicht gelappter Kern in der Regel exzentrisch in dem oft länglichen Zellkörper liegt. Wo die Plasmazellen sehr zahlreich sind, sah man verhältnismäßig nur wenige eosinophile Zellen, die dagegen an vielen Stellen fast allein in großen Infiltrationen auftraten. Hier gewahrte man fast ausschließlich polymorphe Kerne; ganz wenige dieser Kerne entsprachen nichteosinophilen Zellen, und da sich in den zur Darstellung basophiler Bestandteile präparierten Schnitten keine basophil granulierten ZeUen fanden, sind jene Zellen wohl als polymorphkernige, neutrophile zu deuten.

20. In dieser nur sehr wenig veränderten Leber finden sich Plasmazellen, doch nicht in großer Menge. Auch eosinophile Zellen sind nur wenig zahlreich.

21. Die Leber ist rundlich, weil der linke Lappen abgenommen, der rechte zugenommen hatte. Die Gallengänge sind geringgradig verdickt, an einer vereinzelten Stelle ein wenig mit Kalk inkrustiert; es finden sich nur sehr wenige Egel. Der linke Lappen und ein Spigelscher Lappen zeigen etwas Atrophie, von Zunahme des Bindegewebes begleitet.

Im Gewebe der atrophischen Teile und ebenfalls in den Wänden der verdickten Gallengänge finden sich eine Menge Plasmazellen. In den Wan- dungen der Gallengänge, wo die Plasmazellen besonders zahlreich sind, liegen nur wenige eosinophile Zellen diffus; fleckweise bilden diese jedoch nach außen in interazinösen Zügen größere Infiltrationen. Es werden einige poly- morphkernige neutrophile Leukozyten angetroffen.

22. Die makroskopischen Veränderungen ähnlich wie in 21. Es fand sich nur ein einziger Leberegel.

Plasmazellen waren ziemlich reichlich, wenn auch nicht in imponierender

126

Anzahl vorhaDdcn, was dagegen bei den eosinophilen Zellen der Fall war, besonders in dem intrazinösen Gewebe. Einzelne neutrophile Zellen.

23. Die Leber von fast kreisrunder Form, dick und gerundet an den Bändern, ausgenommen nach links, wo die atrophische Hälfte des Organs als eine dünne, lederartige, feste, fibröse, weißliche Partie erschien. Die Gallen- gänge waren stark verdickt, nur an einzelnen Stellen verkalkt; sie enthielten nur sehr wenige Leberegel.

Eosinophile Zellen waren nicht sehr zahlreich, namentlich in den Wan- dungen der größeren Gallengänge waren sie nur spärlich. Plasmazellen lagen in kleinen Gruppen über das ganze Gewebe zerstreut.

Durchweg zeigen diese fünf Fälle doch nicht die überwälti- gende Menge eosinophiler Zellen, die die früher untersuchten Lebern dem Auge dargeboten hatten. Ob das vielleicht daran liegt, daß sich hier so wenige Leberegel fanden, vermag ich nicht zu ent- scheiden. Was die gefundenen Plasmazellen betriflft, so erscheinen diese im Lebergewebe selbst nie so zahlreich wie zuweilen die eosinophilen Zellen. Nur in den Wandungen der größeren Gallen- gänge kann man sie als vorherrschenden Bestandteil antreffen. Es scheint fast, als ob die Plasmazellen sich hauptsächlich um die Gallengänge lagerten; die eosinophilen Zellen sieht man in vielen Fällen dagegen an vielen Stellen in den Umgebungen der Blut- gefäße oder in deren Wandungen. Ob diese Verhältnisse größere Bedeutung haben oder ob sie nur zufällige Befunde sind, läßt sich meiner Ansicht nach dem bisher Beobachteten unmöglich entscheiden.

Vergeblich habe ich in meinen Präparaten Mastzellen nach- gespürt. Obgleich ich mit peinlichster Sorgfalt die Vorschriften flii* die Färbungen befolgte und die Grübl ersehe Lösung benutzte, ließ sich in meinen Präparaten doch kein massenhaftes Auftreten solcher Zellen konstatieren. Ich bin deshalb nicht imstande, Jaegers Angabe hinsichtlich dieses Punktes zu bestätigen; meine Unter- suchungen ließen nur reichliche Mengen von Plasmazellen (Fig. 5) und sehr reichliche, mitunter geradezu imponie- rende Mengen eosinophiler Zellen erkennen (Figg. 3 und 4).

Um die Eosinophilie während krankhafter Zustände besser beurteilen zu können, unternahm ich eine Untersuchung der nor- malen Verhältnisse an elf KontroUebem (s. Tabelle S. 127).

Aus dieser Tabelle geht hervor, daß man allerdings Lebern antreffen kann, die anscheinend normal sind und in denen sich keine Zunahme des Bindegewebes spüren läßt, die aber dennoch eine reichliche Menge eosinophiler Zellen enthalten; es scheint

127

Nr.

Azidophile im Binde-

Azidophile in den

Azidophile

gewebe der Leber

Kapillaren der Leber

in den Portaldrüsen

1. norm.

diffuse

ziemlich zahlreiche

gruppenweise einige

2. norm.

keine

einige

zahlreiche

3. norm.

sehr wenige

sehr wenige

reichlich

4. norm.

änderst wenige

einzelne

reichlich

5. norm.

keine

wenige

zahlreich

6. norm.

keine

einzelne

ziemlich wenige

7. norm.

einzelne

einzelne

sehr wenige

8. norm.

fleckweise reichlich

ziemlich reichlich

reichlich

9. norm.

sehr wenige

sehr wenige

sehr wenige

10. norm.

spärlich, in einzelnen

an einzelnen Stellen

zahlreich

Portalräumen reichlich

ziemlich reichlich

11. norm.

reichlich in den

ziemlich reichlich

zahlreich

Portalräumen

indes die Regel zu sein, daß die Leber unter normalen Verhält- nissen nur sehr wenige dieser Zellen enthält. In denjenigen Fällen, in denen sich eosinophile Zellen finden, gibt es ja immer die Mög- lichkeit, daß ein ganz einzelner Leberegel vorhanden war, der nicht genügte, um schwere anatomische Veränderungen zu erzeugen, wohl aber, um eine Eosinophilie zu veranlassen. Dies ist, wie gesagt, aber nur eine Möglichkeit und könnte vielleicht auch von anderen Umständen herrühren. Im Blute der Leber scheinen sich eosinophile Zellen in reichlicher Menge zu finden, wenigstens sind solche in Schnittpräparaten leicht zu finden.

Femer untersuchte ich einige nicht durch Leberegel erregte Fälle von Leberzirrhose. In solchen Lebern fand sich keine Gewebseosinophilie.

Da ich in denjenigen DistomatoseföUen, in denen die Portal- drüsenmikroskopisch untersucht wurden, in diesen stets azidophile Zellen, mitunter sogar in äußerst großer Menge fand, unternahm ich des Vergleiches wegen eine Untersuchung der normalen Portaldrüsen. Aus obenstehender Übersicht geht hervor, daß sich in diesen Drüsen stets eine reichliche Menge eosinophiler Zellen findet, teils in der fibrösen Kapsel der Lymphdrüsen, teils zwischen den Lj^mphzellen, doch nie im Innern der Keimzentren. Das Vorkommen eosinophiler Zellen in den Lymphdrüsen bei der Distomatose läßt sich mithin nicht auf dieses Leiden zurückführen.

Ist das Distomum imstande, Veränderungen in Geweben zu

128

erregen, mit denen es nicht in direkte Berührung kommt, so liegt die Annahme nahe, daß dies der Wirkung besonderer Stoffe zu ver- danken ist, die vielleicht StoflFwechselprodukte, vielleicht durch den Zerfall des Schmarotzers gebildete StoflFe sind. Es wäre dann auch denkbar, daß diese StoflFe resorbiert würden und hierdurch möglicher- weise eine Eosinophilie im Blute erregten. Um dies zu untersuchen, fertigte ich aus dem Blute einer großen Menge Schlachtochsen Präparate an; durch Numerierung der Präparate ließ es sich später konstatieren, ob derartige Änderungen des Blutes durch die Distomatose verursacht worden waren. Auch wurden Zählungen der Zellen im Blute der normalen Tiere angestellt. Es erwies sich nun erstens, daß sich im Blute des Rindes eosinophile Zellen in großer prozentualer Masse, normal etwa 7^/^, finden, und femer, daß die Menge außerordentlich variabel ist, indem sie zwischen 1% und einigen und 20 ^/o schwankt. Nun ist es klar, daß man bei dieser Sachlage nicht durch eine einmalige Untersuchung des Blutes zu einem endgültigen Resultat gelangen kann; meine Untersuchungen haben dargetan, daß man beim Studium dieses Ver- haltens ein genaueres Verfahren einschlagen muß. Ich führe noch ganz kurz an, daß ich bei Zählungen (es wurden wenigstens 1000 Leukozyten gezählt) von Strichpräparaten aus 14 Fällen, in denen Leberegel in den Gallengängen vorkamien, einen Durchschnitt von 9,56 o/o eosinophiler Zellen fand. 6 Fälle (43 ^/o) zeigten mehr und 8 Fälle (57 o/^) weniger als lO^/o. In 18 Fällen deutlich disto- matöser Veränderungen der Leber fand ich im "Durchschnitt 7,61 ^/o, in 3 FäUen (17%) mehr, in 15 FäUen (830/o) weniger als 10« q. 59 Proben aus nichtdistomatösen Rindern ergaben durchschnittlich 7,450/0, 12 Fälle (20%) mehr, 47 Fälle (SO^/^) weniger als 10%. Vielleicht hat es doch etwas zu bedeuten, daß unter den disto- matösen Tieren gegen die Hälfte, unter den tlbrigen dagegen nur ein Fünftel mehr als 10% eosinophile Zellen hatte, dies kann ja aber auch, da die Anzahl der Fälle so gering ist, von Zufälligkeiten herrühren.

Zu den Untersuchungen über die Eosinophilie bei der Disto- matose des Rindes füge ich noch einige Bemerkungen über die Befunde hinzu, die ich bei der Untersuchung der Leber anderer, an Distomatose leidender Tiere machte.

Die Distomatose des Schafes war in meinem Material leider nur schwach vertreten; ich verfüge nur über zwei Fälle.

129

I. Die Leber ist makroskopisch bedeutend verändert, die Gallengängc sind verdickt und enthalten eine braune dicke Flüssigkeit, in der sich eine reichliche Menge Leberogel findet. Das Parenchym ist in hohem Grade indnriert, wodurch abnorm deutlich gelappte Konturen entstehen.

Mikroskopisch findet man das Bindegewebe zwischen den Leberlappen stark vermehrt, diese selbst aber vermindert; in diesem Bindegewebe und ebenfalls in dem in großem Umfang nengebildeten Bindegewebe in den ver- dickten Wandungen der Gallengänge läfit sich eine bedeutende Zelleninfiltration beobachten; es handelt sich größtenteils um Azidophile Zellen. Auch freiliegend in den Gallengängcn finden sich eosinophile Zellen, in den Gefilfien, sowohl den größeren als den kapillären, ist der Gehalt an eosinophilen Zellen auf- fallend groß; an vielen Stellen infiltrieren die eosinophilen Zellen die Gefäß- wände in großer Ausdehnung.

n. Maseumspräparat. Präparation nach Kaiserling. Makroskopisch trifft man ähnliche Veränderungen an wie im vorhergehenden Falle. Mikroskopisch läßt sich im stark vermehrten interstitiellen Bindegewebe eine sehr bedeutende Zelleninfiltration nachweisen; einige der Zellen sind eosinophil, doch ist die Eosinophilie nicht vorherrschend, obschon an einzelnen Stellen die eosino- philen Zellen in Gruppen auftreten können, in denen andere Zellformen nicht nachweisbar sind.

Pferd. Museumspräparat Präparation nach Kaiserling. Die patho- logisch-anatomischen Veränderungen sind sehr bedeutend, indem teils die größeren Gallengänge sehr stark verdickt sind, teils das Parenchym dür Sitz einer reichlichen entzündlichen Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes ist. Mikroskopisch erweisen sich die Bindegewebsteile als sehr stark mit Zellen infiltriert, an einigen Stellen vorwiegend von eosinophilen, an anderen Stellen hauptsächlich von anderen Formen. In den Wänden der Gallengänge treten die eosinophilen Zellen in großer Anzahl auf und bilden ausgedehnte Infiltrationen, die sich auch bis zwischen die stark angeschwollenen Schleim- drüsen erstrecken; zwischen den Epithelzellen der letzteren bemerkt man zahl- reiche eosinophile Zellen, ebenso in den Lumina dieser Drüsen.

Schwein« Museumspräparat. Präparat nach Kaiserling. In den Gallengängen sind zahlreiche Lebercgcl enthalten ; die Wände der Gallengänge zeigen die bei der Distomatose gewöhnlichen Verdickungen, wie auch das interlobuläre Bindegewebe des Parenchyms ein wenig vermehrt zu sein scheint Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß das Bindegewebe nur sehr wenig mit Zellen infiltriert ist; wo Infiltrationen vorkommen, können an einzelnen Stellen viele eosinophile Zellen auftreten.

Außer den Haustieren habe ich nur einen Fall von Distomatose bei einem Meerschwein (Phoeaena commanis) untersuchen können .

Die Veränderungen sind makroskopisch auf Verdickungen der Gallen- gängo beschränkt Mikroskopisch erweisen sich die Veränderungen dement- sprechend; das neugebildete Bindegewebe ist leicht infiltriert, und die infil- trierenden Zellen sind zum Teil eosinophil. An einigen Stellen findet sich Eiter in den Gallengängen, an diesen Orten und in deren nächsten Umge- bungen lassen sich keine eosinophilen Zellen nachweisen.

Zeitfldhrlft mr In fektlonik rankheiten. IV, 12. ^

130

Eosinophilie infolge der Einwanderung von Zystizerken in die Leber.

Der Cysticercus tenuicollis verursacht bekanntlich ziemlich oft, wenn er in großer Menge in die Leber einwandert, ein sehr heftiges, häufig tödlich verlaufendes Leiden, das besonders beim Schwein wohlbekannt ist*). Die bei diesem Leiden in der Leber vorgefundenen Änderungen sind hauptsächlich auf die durch die Schmarotzer bewirkten traumatischenBeschädigungen zurückzuführen. Bei der Untersuchung einiger Fälle dieser Krankheit fand ich eine übrigens nicht besonders große Vermehrung der eosinophilen Zellen im Gewebe der Leber; ob das Erscheinen dieser Zellen durch das Vorhandensein der Schmarotzer bedingt wird oder eine andere Ur- sache hat (man könnte sich es vielleicht durch Blutungen oder mit dem Zerfall der vielen Leberzellen in Beziehung stehend denken), muß ich dahingestellt lassen. Das von mir untersuchte Material umfaßt 5 Fälle.

1. Man findet ziemUch viele eosinophile Zellen im Bindegewebe der Leber und in den Blutungen, so viele, daß man sagen mufi, es habe eine Zunahme stattgefunden.

2. Ähnlicher Befund.

8. In dieser Leber findet man das interstitielle Bindegewebe in ziem- lich großem Umfange infiltriert, wesentlich mit eosinophilen Zellen, die überhaupt in reichlicher Menge vorhanden sind.

4. In den Gängen, die die Zystizerken durch das Gewebe der Leber gebohrt haben, findet man im ausgetretenen Blute eine große Menge eosino- philer Zellen; im umgebenden Lebergewebe erscheint eine nicht geringe In- filtration mit solchen Zellen.

5. Ähnlicher Befund wie im Falle 4, außerdem findet man in diesem Falle aber auch eine vormehrte Menge eosinophiler Zellen im interazinösen Bindegewebe, namentlich um die Gefäße hemm.

Schließlich erlaube ich mir, meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Professor C. 0. Jensen, für das Interesse und Wohlwollen, das er auf verschiedene Weise meiner Arbeit geschenkt hat, meinen ergebensten Dank abzustatten. Die Herren Obertier- arzt Rasmussen, Kopenhagen, und Veterinärdirektor Bergmann, Malmö (Schweden), bitte ich, meinen besten Dank entgegenzunehmen,

1) Kitt: Lehrbuch d. path. Anatomie. DUrbeck, Monatshefte f. prakt. Tierhlk., Bd. X, 1899.

■hA fii.~ M/rin<:',jivanWi!

Folger, Lohlf Fosimphilie

fi<f. /.

lauilo-i/i Itir Inl'ticaamhwikhfitai. ac ds- Haustitre BJM

Folter. Lokale Eosinophilie

7Jj/.4

- 131

weil sie mir gestatteten, das Material aus den öffentlichen Schlacht häusern der beiden Städte zu benutzen.

Erkllrung der Tafeln VIII und IX.

Die Zeichnungen filhrte ich mit Hilfe von Abbes Zeicbenapparat ans, indem das Zeichenbrett in der Höhe des Fufies des Mikroskops angebracht wnrde. Zu den Figtiren 1 and 3 benutzte ich Zeifi' Apochr. 8 mm und Komp.- Ok. 2, zu den Figuren 2, 4 und 5 hg. Imm.-Apochr. 2 mm und Komp.-Ok. 2.

Fig. 1. Glossitis sarcosporidica, Pferd. Außer zwei Muskelfasern, die Sarkosporidien enthalten, sieht man mehrere atrophische Muskelfasern. Die meisten der das Bindegewebe infiltrierenden Zellen sind eosinophil. J. Mayers Hämatein-Alaun-Eosin.

Fig. 2. Glossitis sarcosporidica. Oben im Bilde sieht man im schrägen Schnitt eine Muskelfaser, die einen Sarkosporidienschlauch enthält Im Zellen reichen Bindegewebe gewahrt man eosinophile Zellen in reichlicher Anzahl; die Granula sind, wie immer beim Pferde, sehr groß. Dieselbe FUrbung.

Fig. 3. Distomatose. Leber. Rind. Im vermehrten Bindegewebe beobachtet man starke Infiltration mit Zellen, von denen die meisten eosinophil sind. J. Mayers Hämatein-Alaun-Eosin.

Fig. 4. Distomatose. Leber. Bind. Eine Bindegewebspartie bei starker Vergrößerung. Man sieht, daß sie eosinophile Zellen, ferner lympho- zytenähnliche und endlich ovale Zellen, Plasmazellen enthält. Außerdem be- merkt man die großen, hellen Kerne der Häntchenzellen. P. Mayers Hä- matein-Alaun-Eosin.

Fig. 5. Ähnliche Gewebspartie, wie die in Fig. 4 abgebildete. Die Plasmazellen treten mit roten ZellkÖrpem und glattem, rundem, exzentrisch gelagertem Kern auf. Außer den großen Kernen der Häutchenzellen sieht man viele polymorphe Kerne, sicherlich die Kerne eosinophiler ZeUen. Färbung mit Karbol-Pyronin-Mctbylgrtin (Unna).

9*

(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule

zu Berlin.)

Über die gangränöse Euterentzfindung bei Scliafen.

Von Dr. WilljT PfeUer,

Assistenten am Hygienischen Institut der Tierärztlicfaen Hochschale zn Berlin.

Auf Veranlassung des Kreistierarztes Ehrhardt zu Stendal wurde dem Hygienischen Institut das Kadaver eines Mutterschafes zur Untersuchung eingesandt. Das Tier entstammte nach dem Vor- bericht einer ungefähr 500 Köpfe zählenden Mutterschafherde, die in zwei durch eine Futterdiele getrennten Ställen untergebracht war. Ungefähr drei Wochen vor der Einsendung des toten Schafes traten bei einigen Tieren, die vor 6—8 Wochen gelammt hatten, entzündliche Schwellungen am Euter auf, die in Brand übergingen und zum größten Teil, auch wenn frühzeitige chirurgische Eingriffe stattfanden, tödlich verliefen. Bei einer geringen Zahl von Tieren nahm die Euterentzündung einen gutartigen Ausgang. In der vierten Woche häuften sich die Todesfälle außerorcfentlich; die Tiere waren oft nur wenige Stunden krank. Milzbrandverdacht wurde durch die tierärztliche Untersuchung ausgeschlossen. Die Entfernung des Dunges und die Desinfektion des Stalles tat der Weiterentwicklung der Krankheit keinen Einhalt.

Dem Bericht war noch die Mitteilung beigefügt, daß 2 Jahre vor dem Auftreten dieser Erkrankung ein ganz ähnliches seuchen- haftes Sterben bei Mutterschafen, die einige Tage zuvor gelammt hatten, aufgetreten wäre. Damals wurde die Herde in anderen Stallungen untergebracht und damit das Übel beseitigt. Eine An- gabe, ob der Stall, in dem in diesem Jahre die Euterentzfindung auftrat, derselbe wie der vor zwei Jahren verseucht gewesene sei. enthielt der Bericht nicht.

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Scktionsbcfund: Nährzustand des Kadavers gut, Totenstarre nicht vorbanden. Der Herzmuskel ist mürbe, brüchig und graurot. Es fällt auf, daß das Euter ungetähr um das Doppelte vergrößert und dunkelrot bis blau- rot verfUrbt ist. Die Haut und das Unterhautbindegewebe in der Umgebung des Euters sind teigig geschwollen. Eine breite ödematöse Anschwellung zieht sich von der Schamgegend bis zum Brustbein hinauf. Durch die Haut fühlt man drei ungefähr hühnereigroße Verdickungen im Euter. Zwischen zwei derselben befindet sich eine erweichte, fluktuierende Stelle. Die Schnittfläche des fluters sieht verschieden ans. Neben unverändertem Eutergewebe findet man dnnkelrote und schwarzblaue, mißfarbige Stellen und bräunliche und graue erweichte Herde sowie mit Eiter angefüllte Hohlräume im Parenchyni. Die Hilchgänge beider Euterhälften enthalten klumpige, fadenziehende Milch. Der linke Strich ist geschwollen und blaurot, der rechte anscheinend un- verändert Sekretion ist auf keinem der beiden Striche durch Druck aus- zulösen.

In mit Löfflers alkalischem Methylenblau gefärbten Aus- strichen aus dem veränderten Eutergewebe waren neben zahl- reichen polynukleären Leukozyten und großen Epithelzellen, deren Kerne sich nicht oder nur schwach gefärbt hatten, zu zweien und vieren oder haufenweise zusammengelagert, äußerst kleine, runde Bakterien vorhanden. Dieselben erwiesen sich bei der Färbung nach Gram als gramfest.

Aus den aus dem Euter angelegten Agarkulturen gelang es mir, durch Isolierung einen Mikrokokkus zu züchten, der gleichfalls die G ramsche Färbung annahm und sich mit dem von Nocard (1) als Erreger der gangränösen Euterentzündung bestimmten Bakterium als identisch erwies. Die anfangs weißlichen, nach einigen Tagen gelblich bis goldgelb werdenden runden Kolonien von V2 ^^^ höchstens 1 mm Durchmesser erheben sich wenig über die Fläche des Agars; sie haben schwachen Glanz und sind am Rande leicht gewellt. Das Bakterium wächst sowohl bei Zimmertemperatur als auch bei Brutwärme, aerob und anaerob. In Fleischwasser, Trauben- zucker- und Milchzuckerbouillon erfolgt Trübung, Gasbildung tritt weder in Traubenzucker noch in Milchzuckerbouillon auf. Nach 48 Stunden ist in flüssigen Nährmedien stets ein reichlicher weiß- licher Bodensatz vorhanden, der sich beim Schütteln gleichmäßig in der Flüssigkeit verteilt. In Lackmusmolke eingeimpft, ist bei Aufenthalt im Brutschrank schon nach einigen Stunden saure Reaktion eingetreten. Die Säuerung ist derart stark, daß es genügt, V2 ccm der sauer gewordenen Lackmusmolke zu 10 ccm alkalischer Molke zuzufügen, um sofort Rötung hervorzurufen. Milch wird

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innerhalb 24 Stunden koaguliert. Im Gelatinestich wächst da^ Bakterium gut. Schon am zweiten Tage zeigt sich an der Ober- fläche in der Umgebung der Einstichstelle eine kleine Verflüssigungs- zone, die sich in der Folge langsam verbreitert und nach unten zu vergrößert. Die von Kitt (2) angegebene vollkommene Ver- flüssigung der Nährgelatine in 8—10 Tagen hat sich in meinen Kulturen nie vor dem 20. Tage eingestellt. Bei der Untersuchung im hängenden Tropfen aus 24 Stunden alter BouiUonkultur erweist sich das Bakterium als unbeweglich. Die Mikrokokken liegen meist zu zweien, selten einzeln, häufig auch in Ketten . von drei und höchstens vier Gliedern. Daneben finden sich kleinere und größere Haufen in Traubenform gelagert.

Um den Beweis der Infektiosität des Bakteriums zu fuhren, injizierte ich einem laktierenden Mutterschaf je ^j^ ccm 24stündiger Bouillonkultur in die linke Euterhälfte und in die rechte Zitze. Nach 24 Stunden war am rechten Euter (Injektion in die Zitze!) eine bedeutende Umfangsvermehrung eingetreten, das ParenchjTn war hart, die Haut über dem Euter gespannt, heiß und schmerzhaft und am dritten Tage bläulich-rot verfärbt. Der Strich war gleich- falls verdickt, blaurot, heiß und schmerzend. In der linken Euter- hälfte war eine etwa walnußgroße Verhärtung im Parenchym zu flihlen, der Strich war welk und kalt. Aus beiden Zitzen entleerten sich bei Druck einige Tropfen einer dicken gelblich-weißen, rahm- artigen Masse, aus der sich der Nocardsche Mikrokokkus in Rein- kultur züchten ließ.

Neben einer geringgradigen ödematösen Schwellung am Bauch in der Umgebung des Euters bestanden die von Lafosse (3) und Nocard (4) beschriebenen klinischen Erscheinungen: Das Tier war wenige Stunden nach der Infektion schon traurig, stand ndt ge- senktem Kopfe und fraß schlecht ; das Wiederkäuen unterblieb, die Atmung erfolgte kurz, schnell und angestrengt. Die sichtbaren Schleimhäute waren injiziert, der Puls klein und rasch aufeinander- folgend; es wurden bis zu 118 Pulse in der Minute gezählt. Die Temperatur betrug während der sechstägigen Krankheitsdauer zwischen 39,7— 40,8 o C.

Die pathologisch-anatomischen Veränderungen am Euter ent- sprechen den bei dem ersten Schaf vorhandenen. Nur fanden sich bei dem Impftier durch das ganze Eutergewebe zerstreut etwa erbsen- bis haselnußgroße Stellen mit gelblich-weißem, weichem und

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eitrigem Inhalt. Die mit Mayers Hämalaun und Orange G ge- färbten Schnittpräparate zeigten folgendes: An einzelnen Stellen war der alveoläre Bau des Eutergewebes noch erhalten; in vielen Alveolen hatten sich jedoch die Kerne der Epithelien nicht mehr •gefärbt (Nekrose), die Epithelien waren abgehoben und lagen frei im Lumen oder füllten zusammen mit den das Parenchym ganz durchsetzenden Eiterzellen die Lichtung der Drüsengänge aus. Das die Alveolen umgebende Bindegewebe enthielt viele Spindel- zellen inmitten einer homogenen oder faserigen Grundsubstanz und war im Vergleich zu den nicht veränderten Euterstellen verbreitert.

Aus dem so veränderten Euter ließ sich das Nocardsche Bakterium wiederum in Reinkultur züchten. Entsprechend der Angabe Kitts (2), daß der Tod der Tiere bei dem Fehlen der Mikrokokken im Blut toxischer Wirkung zuzuschreiben ist, ließen sich die Erreger aus dem Herzblut des Schafes nicht züchten. Wühl aber gelang mir die Reinzüchtung derselben aus der Mi)z; es kann somit, wie es scheint, gelegentlich zu metastatischen Ab- lagerungen der Erreger in anderen Organen kommen.

Die gangränöse Euterentzündung der Schafe ist 1823 zum ei-stenmal von Arboval beschrieben worden und den französischen Tierärzten unter den Namen mammite gangreneuse, mal de pis oder Taraignee wohl bekannt. Die erste vollständige klinische Beschreibung ist von Kotelmann gegeben worden, der die Krank- heit in Preußen beobachtete (5). Auch in Italien ist die Seuche bekannt und dort von Rivolta (6) als mastoite septica nella pecora bezeichnet worden. Um die genaue Untersuchung der gangränösen Euterentzündung hat sichNocard verdient gemacht, der feststellte, daß die Krankheit nicht auf Ziegen, Pferde, Rinder, Schweine, Hunde, Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen (auf letztere wenigstens in der Regel nicht) übertragbar ist (1). Diese Tatsache spricht gegen die von Jensen ausgesprochene Behauptung, der Micrococcus mastitidis gangraenosae ovis sei vielleicht mit den ge- wöhnlichen pyogenen Staphylokokken identisch (7). Die Krankheit ist neuerdings wieder in Deutschland von Esser (8), Sahm (9) und Huth (10) beobachtet worden, ohne daß erneute Unter- suchungen in bakteriologischer Hinsicht vorgenommen worden sind (Jensen).

Gegen die Übertragung der Krankheit von kranken auf gesunde Schafe durch den Melkakt in den Gegenden, wo Schafmilch

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gewonnen wird, spricht der von Nocard (4) mitgeteilte, ohne Erfolg gebliebene Versuch, das Euter längere Zeit mit virulenter Kultur enthaltender Flüssigkeit zu umspülen und so die Krankheit hervor- zurufen. Es muß vielmehr angenommen werden, daß die Erreger in . verseuchten Schäfereien im Boden und Stallmist vorhanden sind. Gelegentlich können dieselben dann durch Verletzungen an der Zitze und die beim Liegen statthabende Berührung mit der in- fizierten Streu in den Strichkanal gelangen.

Die lokale Behandlung durch antiseptische Mittel bleibt erfolglos. Ein wenn auch nur selten von glücklichem Ausgang belohnter Eingriff ist nach Esser die möglichst frühzeitige und vollständige Exstirpation des Euters und Auflegen eines mit Teer oder anderen desinfizierenden Mitteln getränkten Dnickverbandes.

Füi' die Prophylaxe reicht die Desinfektion und Beseitigung der Streu schlechtweg nicht aus. Die einzige zum Ziele fiihrende Maßnahme, die das Weiterumsichgreifen der Seuche verhindert und die auch in unserem Falle angewandt worden ist, ist die sorgfaltige Auslese der kranken Tiere ans den gesunden und die Uberfiihrung der letzteren in einen anderen mit dem ersten in keiner Verbindung stehenden Stall.

Literatur.

1. Nocard, £| Note snr une mammite gangreneuse des brebis laitiöres. Annal. de Tlnstitut Pasteur, tomc I, 1887, p. 417.

2. Kitt, Th., Bakterienkunde und pathologische Mikroskopie, 4. Anfl. Wien, 1903, S. 404-405.

3. Lafosse, Mammite chez les brebis. Journal des vöt^rin. du Midi, 1836,

p. 486.

4. Nocard, £., Mammite gangreneuse de la brebis et de la ch^vre. Les maladies microbiennes des animaux, 3 5^ Mition, Paris 1903, tome II, p. 327-330.

5. Kotelmann, über eine häufig schnell in Brand übergehende Entzündung am Euter säugender Mutterschafe. Zt. f. d. ges. Tierheilk. 1836, S. 423.

6. Mastoite septica nella pecora Giomale di anat, lisiol. e patol. 1875, p. 139.

7. Jensen, CO., Mastitis bei Tieren. Ergebn. d. allgem. Pathol. u. patholog. Anatomie d. Menschen n. d Tiere von Lubarsch u. Ostertag, 4. Jahrg , 1897, S. 848.

8. Esser, Seuchenartiges Auftreten der brandigen Euterentzündnngen bei Schafen. Arch. f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk., 15. Bd., 1889, S. 133.

9. Sahm, Brandige Euterentzündung bei Schafen. Ibid. 27. Bd., 1901,8.310. 10. Uuth, Metritis septica und Mastitis gangränosa. Ibid. 19. Bd., 1898, S. 103.

(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.)

Zum Wachstum der ovoiden Bakterien In Form von längeren Stäbchen und Fäden.

Von B. Broll,

wUienicbaflllcheiii HllharbelKr km lull tut.

Bei Züchtung von Schweineseuchestämmen auf Agarkulturen hat Junack') als zuiSlligen Befund wahrgenommen, daß einzelne Stämme nehen kürzeren Formen lange Fäden bilden. Diese Fadenbildung läßt sich künstlich durch Züchtung der Bakterien auf stark alkalischem Agar hervorrufen.

Nach Zusatz von b bis 8proz. Noimal-Sodalösung zu dem im übrigen in der üblichen Weise hergestellten Nähragar sieht man in Ausstrichen nehen ovoiden Formen län- gere Stäbchen und lange Fäden. Die einzelnen Stämme verhalten sich hierbei ver- schieden. Stämme, bei denen schon auf gewöhnlichem Agar hin und wieder Fäden zu sehen sind, zeigen dieses Aus- wachsen 80 stark, daß die ovoiden Formen fast ganz verschwinden, und nur lange

Ausstrich ans einer Schwdnostiiche- kultiir von gcwühDlichctn Agar.

>) Diese Zeitschrift, Bd. I, 1906, '.

- 13ft

Stäbclieii nnd Fäden oder nur ein Flechtwerk von langen, das g:anze Gesichtsfeld durchkrenzendeu Fäden zu sehen sind. (Fig. 2.) Bei anderen Stämmen gelingt die- ses Answachsenlassen weniger gut. Eine ÄnderuDg der Form ist zwar stets zu bemerken, aber erst bei öfterem Fort- züchten auf Agar von oben

beschriebener Zusammen- setzung kommt es zu stärkerer Fadenbildnng.

Bemerken möchte ich noch, daß, da die Keaktion des Agars von der Art des zur Herstellung benutzten Fleisches abhängig ist, bald

ein größerer, bald ein gerin-

Fig. 2. Ausstrich bub einer ScbweiDeieuche- rr ^ il' i

kultar voD stark albalUchem Agar. S^rer Zusatz VOM ^Onnal-

Sodalösnng (durchschnittlich 5— S^/o) oder auch Natronlauge nötig ist. Diese Fadenbildung konnte außer bei Schweineseuchebakterien auch bei Genügelcholera- und Wild- und Einderseuchebakterien beobachtet werden, so daß die Bakterien dieser Gruppe auch in bezog auf das Merkmal der Fadenbildnng sich konform verhalten.

Referate.

Spirillen und Spirochaeten mit besonderer Berfick- sichtigung der tierpathogenen Spirochaeten.

Sammelreferat.

Von

Regierungsrat Dr. ۥ Titze

in Berlin.

Von großer Bedentang für die Ätiologie vieler Senchen sind die spiralförmigen Mikroorganismen, die man nnter den beiden Namen Spirillnm und Spirochaeta zusammenfaßt.

Noch ist die Frage nicht endgültig entschieden, ob man berechtigt ist, diese beiden Klassen soweit anseinanderznziehen, daß man die erstere den Bakterien, die letztere den Flagellaten unterordnet. Zahlreiche Autoren neigen dieser Klassifikation zu.

Die Spirillen und Spirochaeten treten uns in Form von Spiralen entgegen, doch zeigen sich in dem feineren Aufbau und in biologischer Hinsicht tiefgehende Unterschiede.

Die Spirillen oder Spirobakterien haben eine oder mehrere Windungen und vermehren sich durch Querteilung. Sie besitzen keine undnlierende Membran und lassen sich leicht auf den gebräuchlichen Nähr- böden züchten. Bei vielen Arten sind endogene Sporen festgestellt. Am bekanntesten sind: Vibrio cholerae asiaticae und Metschnikoff (dieser findet sich im Wasser und ist der Erreger einer epidemischen Enteritis bei Hühnern).

Beide Vibrionen zeigen lebhafte Eigenbewegung. Sporulation ist bei ihnen unbekannt.

Die Spirochaeten werden von vielen Autoren, die sich der von Schaudinn aufgestellten Systematik anschließen, zu den Protozoen, und zwar zu der Ordnung der Flagellaten gerechnet. E. Koch hält sie für Bakterien.

Bei den größten Spirochaetenarten läßt sich vermittelst bestimmter Färbeverfahren eine äußere Hüllschicht (Ektoplasma) von dem zentralen Teile unterscheiden. Es ist aber nach Doflein nicht angängig, die zentrale stäbchenförmige Masse mit einem Flagellatenkern zu vergleichen.

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An der Hüllschicht findet sich eine dünne Lamelle^ die spiralig den ganzen Körper umgibt nnd die als nndnlierende Membran gedentet wird. Der Körper der Spirochaeten ist schlank, spiralig, abgeplattet. Keine Geißeln, keine Sporen. Bezüglich der Vermehrung der Spirochaeten ist bisher nur Zweiteilung nachgewiesen worden. Diese geschieht bei den größten Spirochaetenarten mit Gewißheit nur der Länge nach, von einem Ende zum anderen fortschreitend. (Die Bakterien vermehren sich bekanntlich durch Querteilung, die meisten Protozoen durch Längsteilung; es gibt aber auch Protozoen mit Querteilung.) Schaudinn nimmt Längsteilung für alle Spirochaetenarten an, während andere Autoren sich bei den kleinen Arten für Querteilung aussprechen.

Multiple Vermehrung von Spirochaeten ist bisher nicht bekannt; auch von geschlechtlichen Vorgängen hat man nichts beobachtet. Für keine Spirochaetenart ist ein Entwicklungskreis nachgewiesen, deshalb läßt sich auch nicht sagen, daß sie den Trypanosomen nahestehen, wie Schaudinn angibt. Angesichts unserer geringen Kenntnisse von den Spirochaeten können wir sie noch nicht in ein System einreihen.

Der Bau des Zelleibes spricht für Bakterien; nndnlierende Membran, Mangel einer festen Zellmembran und Längsteilung sprechen für ihre Protozoennatur.

Nach Doflein sind die Bakterien Protisten, also Lebewesen, bei denen die Charakteristika der Pflanzen- oder Tiematnr noch nicht in Er- scheinung treten. Von den Bakterien gibt es Verbindungsglieder zu den Pilzen und Algen einerseits und zu den Protozoen andererseits. Die Spi- rochaeten könnten als Proflagellaten bezeichnet werden.

Die Geißelfortsätze und Windungen dienen zur Artunterscheidnng. Die künstliche Züchtung wird gelingen, soweit sie nicht bereits gelungen ist (Kollodiumsäckchen). Eine Züchtung auf den gebräuchlichen Nährböden, wie bei den Spirobakterien, ist nicht möglich.

Die Übertragung der Spirochaeten geschieht durch Flöhe, Läuse, Wanzen und Zecken.

Die Spirobakterien sind von den Spirochaeten streng zu unterscheiden, da sie in wesentlichen morphologischen und biologischen Eigenschaften von- einander abweichen.

Spirochaeten beim Menschen.

a) Spirochaeta buccalis (15—20 ii lang) im Belag der Zähne und im Speichel des Menschen,

b) Spirochaeta Obermeieri (15 40 [jl lang), sehr dünn, an beiden Enden zugespitzt. Erreger der Febris recurrens, findet sich dabei in großer Zahl im Blute. Die Infektion gelingt bei Affen und versagt bei den übrigen Tierarten.

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Große Ähnlichkeit mit ihr hat die Spirochaete des afrikanischen Rückfallfiehers. Erkrankungen von Menschen durch Spirochaeten sind aach in anderen Ländern der Tropen and Subtropen beobachtet worden. Die Spirochaeten der Febris recurrens Enropaea, Africana und Americana sind nicht identisch.

c) Spirochaeta pallida Schaadinn 1905. Sehr dünn und zart, an beiden Enden zugespitzt, 7— 20/u lang. Schaudinn und Hoff- mann sahen in ihr den Erreger der Syphilis. Der endgültige Beweis ist allerdings erst dann als erbracht anzusehen, wenn es gelingt, lediglich mit der Spirochaeta pallida Syphilis zu erregen (bei Affen). Es hat sich jedoch die indirekte Beweisführung immer mehr verdichtet, so daß der ursächliche Zusammenhang der Spirochaeta pallida mit der Syphilis zu großer Wahrschein- lichkeit geworden ist. Eine künstliche Infektion mit Spirochaeten ist, weil man sie bisher nicht züchten kann, unmöglich.

Spirochaeten bei Tieren.

Wenden wir uns jetzt zu den tierpathogenen Spirochaeten und den von ihnen verursachten Krankheiten. Die erste Entdeckung von pathogenen Spirochaeten bei Haustieren wurde von Theiler in Prätoria gemacht. Er wies 1902 im Blute von kranken Rindern und Schafen Spirochaeten nach. Das Vorhandensein von Spirochaeten im Blute von Rindern ist weiterhin beobachtet worden von Ziemann in Kamerun und von R. Koch in Ostafrika.

Theiler konnte die Schaf spirochaeten auf Rinder verimpfen und umgekehrt, weshalb er beide für identisch hält.

Femer fand Theiler Spirochaeten bei Pferden in Transvaal, diese trennt er von den Rinderspirochaeten.

Bei einer Gänseepidemie im Kaukasus (1903) sprach Sacharo ff die Spirochaeta anserina als den Erreger an.

Als Ursache einer Hühnerseuche in Brasilien entdeckten Marchoux und Salimbeni 1903 die Spirochaeta gallinarum.

1906 fand Dodd in Prätoria Spirochaeten bei Schweinen.

Baruchello und Pricolo behaupten, Spirochaeten bei der Brust- seuche des Pferdes entdeckt zu haben. (Joe st fand dies jedoch nicht bestätigt.)

Demnach sind bisher Spirochaeten als Krankheitserreger beschrieben worden bei Pferden, Rindern, Schafen, Schweinen, Gänsen und Hühnern.

Bei Pferden, Rindern und Schafen in Transvaal ist die Spirochaeten- krankheit eine ziemlich leichte. Nach der künstlichen Infektion mit Blut (5—100 ccm) beginnt die Fieberreaktion am 4. Tage. Von dieser Zeit

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an werden Spirochaeten im Blnte gefunden. Es tritt eine leichte Anämie auf: Geringe Abnahme der roten Blutkörperchen und mäßige Poikilozytose. Die Infektion mit Blut gelingt nur bei „grünen Tieren'', die einheimischen sind immun.

Die Rinder- und Schafspirochaeten werden nach Theiler durch Rhipicephalns decoloratus (blaue Zecke) übertragen. Dies wurde be- stätigt durch Laver an und Vallf^e in Paris, denen Theiler Zecken- larven, die er von kranken Tieren abgelesen hatte, schickte.

Bei der Infektion mit Zeckenlarven beginnt das Fieber am 15. Tage. Spirochaeten finden sich vom 17. Tage an in geringer Anzahl im Blute.

Die Spirochaetenkrankheit der Pferde, Rinder und Schafe ist aber nicht auf Südafrika beschränkt, auch scheint die Schwere des Krankheits- verlaufes zu wechseln.

Stordy beschreibt einen mit dem Tode endigenden Krankheitsfall bei einem Pony in Abessinien. Symptome: Stark eingenommenes Be- wußtsein, tiefe Kopfhaltung, erhebliche Schwellung der Augenlider, Ödem am Halse, zwischen den Vorderschen)i:eln und unter der Brust. Mäßiges Fieber. Im Blute wurden Spirochaeten gefunden, die der Spirochaeta Obermeieri ähnelten. Das Pferd starb am 5. Behandlungstage. Der Versuch der Übertragung der Krankheit durch Blutimpfung auf einen Hund war negativ.

Heanly in Hongkong fand Spirochaeten bei zwei chinesischen Büffelkälbern. Hier trat die Seuche als letal verlaufende Septikämie auf (ohne Milztumor); hohes Fieber, Durchfall.

Spirochaetenkrankheit der Schafe wurde von Martpglio und Carpano in Nordafrika festgestellt.

Eine Spirochaetenseuche bei Schweinen wurde, wie bereits erwähnt, von Dodd beobachtet. Nach Prätoria geschickte Ferkel (aus Transvaal stammend) zeigten mehrere Hautverletzungen, von denen man anfangs annahm, daß sie durch gegenseitiges Beißen entstanden wären. Weiterhin nahmen diese Läsionen an Zahl zu, bis schließlich der ganze Körper bedeckt war mit umschriebenen, oberflächlichen ülzerationen, die durch- schnittlich einen Durchmesser von ^4 ^^^^ hatten und die keine Neigung zur weiteren Ausbreitung zeigten. In dem abgekratzten Gewebe der frischen Läsionen fanden sich Spirochaeten. Diese wurden aber niemals im Blutstrom gefunden. Die Seuche konnte auch nicht durch Verimpfnng von Blut auf gesunde Schweine übertragen werden. Durch Skarifikatiou und Einreiben des ulzerierten Gewebes gelang die Infektion bei gesunden Schweinen. Nach verschieden langer Zeit verheilten die Hautläsionen. Estrat aber hiemach keine Gesundung der Schweine ein. Die Tiere magerten langsam bis zu Skeletten ab. Von 13 Kranken überlebten nur zwei. Das eine erholte sich vollständig, das zweite blieb mager und anämisch.

143

Die einzige wahrnehmbare Veränderung war die anämische Beschaffenheit des Blutes. Auch die Sektion ergab kein anderes Resultat. Die durch- schnittliche Länge der Schweinespirochaeten betrug 14—16 a<; die Zahl der Windungen schwankte zwischen 2 und 6.

Die Spirochaetenseuche der Hühner zeigt sich als bösartige Sep- tihttiBie, die mit hohem Fieber und Durchfall beginnt. Die Tiere werden bald schlafsüchtig und sterben bisweilen unter Lähmungen und auch Krämpfen.

Die Untersuchungen über die ätiologische Bedeutung der Spirochaeten für Tierseuchen sind, wie aus den obigen spärlicheUi in der neuesten Literatur enthaltenen Angaben hervorgeht; erst im Anfangstadium. Des- halb sind auch die ätiologischen Schlußfolgerungen^ die die genannten Verff. gezogen haben, mit kritischem Vorbehalt aufzunehmen. Jedenfalls zeigen die bisherigen Veröffentlichungen auch auf diesem Gebiete, ein wie großes neues Arbeitsfeld unsere Kolonien dem tierärztlichen Bakteriologen eröffnen.

Literatur.

1. Blanchard, Revue vötörinaire, 1906, S. 86.

2. Doflein, Referat, gehalten auf dem 14. Internat. Kongreß f. Hygiene u. Demographie. Berlin, Sept 1907.

3. Stordy, A Gase of Spirillosis in the Horse. Journal of comparative Pathology, Vol. XIX, Part 3, 1906.

4. Dodd, A Disease of the Pig, due to a Spirochaeta, ibid.

5. Heanly, A note in the Presence of a Spirochaota in Chinese Buffaloes, ibid., Vol. XIX, Part 4, 1906.

6. Dodd, A Preliminary Note on the Identity of the Spirochaeta found in the Horse, Ox and Sheep, ibid.

7. Neufeld u. v. Prowazek, Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheits- amte, 1907.

8. Prowazek, ibid.

9. Uhlenhuth u. Händel, ibid.

10. M anteuf el, ibid., Zur Kenntnis der Rekurrensspirochaeten.

11. Schellack, ibid., Morph. Beiträge zur Kenntnis der europäischen, ameri- kanischen und afrikanischen Rekurrensspirochaeten.

12. Schaudinn u. Hoffmann, Cber Spirochaeta pallida. Berl. klin. Wochen- schrift, 1905.

13 C. Fraenkel, Münch. med. Wochenschrift, 1907.

14. Baruchello u. Pricolo. La Clinica vetcrinaria, 1906.

15. Joest, Zeitschr. f. Infektionskrankh. usw. der Haustiere, Bd. 2, UK)7, S. 91.

144

Infektionskrankheiten.

Junack, M.» Die ohne regressive Veränderungen (Verkäsnng und Verkalkung) verlaufende Tuberkulose des Schweines.

(Zeitschr. für Fleisch- und Milchhygiene, 17. Jahrjf. 1906'1907, S. 164—171.)

Verf. untersuchte eingehend 6 Fälle von Tuberkulose bei Schweinen, in denen makroskopisch deutlich sichtbare, oft umfangreiche, nicht ver- käste und nicht verkalkte Organ Veränderungen bestanden, die za- gehörigen Lymphdrüsen jedoch gesund oder nur wenig geschwollen er- schienen. Die veränderten Stellen bestanden aus einem granulös-fibrösen Gewebe, das mehr oder weniger reich an Rundzellen oder Fibroblasten war''. Mit Ausnahme eines Lungenfalles fanden sich in den erkrankten Stellen mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Riesenzellen, die säure- feste Stäbchen enthielten. In den zugehörigen Lymphdrüsen, die entweder gar nicht oder nur wenig diffus geschwollen und von normaler Konsistenz waren, fanden sich Riesenzellen und säurefeste Stäbchen. Um festzustellen, ob die Veränderungen auch noch in anderen Lymphdrüsen vorhanden waren, wurden eine submaxilläre, eine Mesenterial- und eine Kniefalten- drüse untersucht, deren zugehörige Körperteile nicht sichtbar erkrankt waren. . In den beiden erstgenannten Drüsen wurden Riesenzellen und säurefeste Stäbchen mikroskopisch nachgewiesen; in der Kniefaltendrüse konnten mikroskopisch weder Riesenzellen noch säurefeste Stäbchen er- mittelt werden, während Impf versuche positiv ausfielen. Verf. fordert für solche Tnberkuloseformen die Sterilisierung des ganzen Tierkörpers vor seiner Zulassung zum menschlichen Genuß.^) SchüUer (Berlin^,

*) Bereits vor der oben referierten Publikation Junacks habe ich Nieren eines Schweines mit Veränderungen demonstriert, die sich in Gestalt multipler, graiiweißlicher, mattglänzender, nicht scharf begrenzter Herde vom Umfang einer Linse bis zu dem eines Zehnpfennigstückes präsentierten. Die Herde ragten ein wenig über die Nierenoberfläche hervor, so daß sie letzterer eine leicht höckerige Beschaffenheit verliehen. Der Durchschnitt zeigte, daß die Herde sich im wesentlichen auf die Rindensnbstanz beschränkten und Keil- form besaßen. Histologisch ließen die Herde den Typus des tuberkulösen Gewebes erkennen. Man sah in der Hauptsache zahlreiche epitheloidc Zollen, untermischt mit leukozytären Elementen (darunter auch vereinzelte eosino- phile Zellen) und Langhansschen Riesenzellen. Verkäsung oder Ver- kalkung konnten nirgends nachgewiesen worden. Subkutan mit Material ans den Herden geimpfte Meerschweinchen zeigten nach etwa vier Wochen eine Vergrößerung der zur Impfstelle gehörigen Lymphdrüsen; dagegen keine Veränderungen innerer Organe. In den vergrößerten Lymphdrüsen fanden sich säurefeste Stäbchen von der Gestalt der TiiberkolbaziJlen.

145 Fursenko, B., Über die Negrischen Körperchen im Virus fixe.

(Zentralbl. f. Rakt. usw., I. Abt., Ong,y Bd. 43, 1906/07, S. 360—362.)

Entgegen den Angaben von Schiffmann nnd von Bongiovanni stellte F. an einem Versachsmaterial von zehn Kaninchen fest, daß im Nervensystem der an Virus fixe eingegangenen Tiere immer die Negri- schen Körperchen nachweisbar sind, wenn eine gute Fixierungs- und Fär- bungsmethode (Henke-Zeller und Mann) angewendet wird.

Orabert (Berlin).

Reischauer, Über die Pocken der Vögel, ihre Beziehungen zu den echten Pocken und ihren Erreger.

(Zentralbl. f. Bakt. usw., I. Abt, Orig., Bd. 40, 1906, S. 474-479, S. 653—683.)

Histologisch ergibt sich folgendes Gesamtbild der bei den Pocken der Vögel auftretenden Veränderungen:

Alle Gewebe, in die der Krankheitserreger, sich Eingang verschafft hat, reagieren zunächst durch eine mehr oder weniger intensive Zellvermehrung, darauf folgt ein Stadium der regressiven Veränderungen und schließlich als dritte Phase folgen Heilungsvorgänge mit Restitutio ad integrum oder mit Defekt und Narbenbildung.

Den Hauptanteil an der Bildung des Exanthems hat das Epithel, das in eine intensive Wucherung gerät; dicke Epithelzapfen dringen in das Binde- gewebe ein, oft baumartige Verzweigungen bildend. Es handelt sich also hier nicht nur um ein vermehrtes Dickenwachstum des Hautepithels, sondern um eine atypische Wucherung von Epithelzapfen unter Verdrängung des normalen Gewebes. Auffällig sind verschiedengeformte Einschlüsse im Protoplasma der Zellen, die teils als Zerfallsprodukte, teils als Parasiten gedeutet worden sind ; sie treten auf als Schollen, Kugeln, Scheiben, Zysten und feinste lichtbrechende Kömchen. Das die Epithelwucherung umgebende Bindegewebe zeigt eine mehr oder weniger starke Infiltration, unter deren Zellen solche auffällig sind, die in ihrem Protoplasma feine, nach Giern sa sich leuchtend rot färbende Körnchen enthalten.

Die Nierenherde wiesen somit histologisch die Merkmale der Tuber- kulose auf, jedoch fehlten regressive Veränderungen (Verkäsung und Ver- kalkung). Ich habe auf Grund des histologischen Bildes die Veränderungen als Tuberkulose aufgefaßt und den Fall seinerzeit als „atypische Tuber- kulose^ demonstriert. Der Tierversuch bestätigte die Diagnose insofern, als in der zur Impfstelle gehörigen vergrößerten Lymphdrüse des Meer- schweinchens tuberkelbazillenähnliche Stäbchen gefunden wurden.

Wie ein Vergleich der Angaben von Junack mit den vorstehenden Notizen zeigt, handelt es sich in beiden Fällen um den gleichen Prozeß, der als durch Tuberkelbazillen von sehr geringer Virulenz erzeugt angesehen * werden kann. Der Name „atypische Tuberkulose*' für diese Erkrankung erscheint mir seiner Kürze wegen zweckmäßiger als die von Junack in der Überschrift seiner Arbeit gebrauchte Bezeichnung. JoesU

ZeitKcbrift fAr Infektionskrankheiten. IV, 1/2. 10

14G

Die in den befiederten Stellen befindlichen größeren Knötchen verhalten sich etwas anders. Sie setzen sich zusammen außen aus einer Schicht ge- wucherten Epithels, innen aus dicken, mehr oder weniger runden Epithel- säulen. Das Epithelgewebe ist als solches kaum noch kenntlich; es ist von ihm nichts weiter erhalten, als ein grobmaschiges Netz der verdickten, fast homogenen Interzellularsubstanz. Die Entstehung der Epithelsäulcn wird von Bollinger aus den Federbälgcn abgeleitet, da er in ihrem Zentrum kleine Federchen sah. Die runden Querschnitte der Epithelzapfen älterer Geschwülste sehen ganz aus wie Haufen von eingekapselten Blastomyzeten, wodurch Sanfelice veranlaßt wurde, sie für Hefetumoren zu halten.

Bei der seltenen diffusen Form der Erkrankung besteht eine gleich- mäßige Wucherung der Epithelschicht; zapfenförmige Wucherungen in das Zellgewebe fehlen. Die Epithelzellen zeigen eine vorgeschrittene Degeneration.

Die Erkrankungen der Mundschleimhaut bieten ein verschiedenes Bild, teilweise zweifellos diphtherische Prozesse, deren Erreger sich vielleicht sapro- phytisch im Rachen aufhalten und erst in die Gewebe des schwerkranken Tieres eindringen, teilweise typische Wucherung von Epithelzellen. Aus der letzteren Form kann infolge von Zerfallsprozessen eine pseudodiphtherische hervorgeben.

Durch das Übergreifen der Geflägelpocken auf die äußeren Schleimhäute, namentlich die des Mundes, des Auges und der Nasenhöhle, die sie unter dem Bilde einer bald serös-eitrig-geschwürigen, bald krnpös-diphtherischen, bald käsig-nekrotischen Entzündung spezifisch verändern, ergibt sich eine Ähnlichkeit mit den echten Pocken, namentlich den Schafpocken. Der Unterschied besteht haupt- sächlich nur darin, daß bei den Pocken der Säugetiere infolge des intensiveren Verlaufs der Infektion die degenerativen Pro- zesse schneller auftreten, während bei dem mehr chronischen Charakter der Geflägelpocken die Knötchen- und Tumorbildung in den Vordergrund tritt.

Auch das Virus der Geflügelpocken zeigt in bezug auf Re- sistenz, Glyzerinbeständigkeit, Filtrierbarkeit, Infektionsmodus, Eingangs- pforten große Übereinstimmung mit den noch unbekannten Er- regern der echten Pocken. Wegen der in klinischer, histologischer und ätiologischer Beziehung bestehenden Ähnlichkeit hält R. es für be- rechtigt, die Pocken der Vögel als Avine der Variola und Ovine als dritte selbständige Form an die Seite zu stellen und die Bezeichnung Epithelioma contagiosum fallen zu lassen.

Am Schlüsse seiner Arbeit beschreibt R. die von ihm beobachteten Zelleinschlüsse und vergleicht sie mit den bei den übrigen akuten Exan- thenien gefundenen unter ausführlicher Anführung der bezüglichen Literatur. Wenn er auch über ihre Natur ein bestimmtes Urteil nicht abgeben kann, so neigt er doch dazu, sie nicht für Degenerationsprodukte, sondern (ur Parasiten zu halten. Orabert (Berlin),

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Oalli-Valerio, B., Recherches experiinentales sar la rage des rats avec observations gnr la rage du sarmnlot et da campagnol.

(Zentralbl. f. Bakt. urw., I. Abt., Orig., Bd. 52, 1906, S. 203 u. S. 297.)

BestätigQDg der früheren Versuche des Verf. auch mit einem Virus aus Olivone und ValenQit. Mus rattus und Mus decumanus ver- wandeln nach 1 6 Passagen das Straßenvirus in Virus fixe. Dies ist äußerst virulent für diese Tiere sowie auch fär Meerschweinchen und Ka- ninchen. Besonders die Ratte neigt zur ToUwut und beißt. Sie dient in der Natur vielleicht zur Auffrischung des Virus. Ausgang der Ratten- tollwut in Paralyse, zuweilen plötzlicher Tod im Stadium der Wut. Empfänglichkeit des Maulwurfs vorhanden, aber keine einheitlichen Re- sultate erzielt. Die Negrischen Körper waren bei der Wut dieser kleinen Nager sehr klein und wenig zahlreich. E, Jacobsthal (Frankfurt a. Mj,

Remlinger, M. P., Un cas de rage cons^cutif k une morsure de

souris.

(Compt rend. hebdom. de la Sog. de Biol., T. 58, 1905, Nr. 24.) R. hat mehrfach die große Empfänglichkeit der Ratten und Mäuse für das Wntgift betont. Er bringt einen neuen Fall beim Menschen, der die Gefährlichkeit von Wntinfektionen durch Mäuse beweist. Sie erfordern unbedingt Impfbehandlung. Pfeiler f Berlin),

Prowazek, S. v.. Morphologische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen über Hühnerspirochäten. (Arbeiten ans d. Kaiserl. Gesundheitsamt, Bd. 23, 1906, S. 554—565.)

Verf. untersuchte die Hühnerspirochäte, Spir. gallinarum Marchaux und Salimbeni, bezüglich ihrer Morphologie und Entwicklung im Huhn.

Bei künstlicher Infektion treten die Spirochäten nach dem 21. Tage im Blut auf und sammeln sich bis zum 6. bis 9. Tage zu dichten Ballen und langen Strängen an, wahrscheinlich durch eine schleimige Zwischen- masse verbunden. Nach dem 9. Tage verschwinden die Spirochäten aus dem Blut, und die genesenden Tiere sind immun gegen weitere Ver- impfungen. Die Spirochäten worden in Milz und Knochenmark der er- krankten Tiere nachgewiesen.

Die Spirochäte ist schmal, bandförmig, an den Enden etwas zu- gespitzt und mit einer undnlierenden Membran versehen. Die Bewegungen erfolgen schraubenförmig durch Rotationen in der Längsachse, können jedoch auch nach den Seiten hin ausgeführt werden. Ein deutlicher Kern war nicht nachweisbar, wohl aber Anhäufungen kömiger, chromatischer Substanzen. Durch Kalilauge wurden die Spirochäten abgetötet, durch 40proz. Glyzerin nur zum Teil und erst nach längerer Einwirkung. Plas- molyse konnte nicht herbeigeführt werden. Gelegentlich wandern die

10*

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Spirochäten in rote Blutkörperchen ein^ die sie zum Absterben bringen. Die Vermehrung erfolgt durch Längsteilung. Hoffmaim (Breslau^.

Carr^ et Vall^e, Recherches cliniques et exp^rimentales sur

Tanemie pernicieuse du cheval (typho-an^mie in-

fectieuse).

(Revue generale de med. v^t, Bd. 8, 1906, S. 593-608 und Bd. 9, 1907,

S. 113-124.)

Verff. ergänzen ihre schon früher über denselben Gegenstand ge- machten Angaben in einer eingehenderen Studie, die auch für uns Interesse hat, da in Deutsch-Lothringen und einigen Teilen der Rheinprovinz an- scheinend dieselbe Krankheit in den letzten Jahren erhöhte Bedeutung ge- wonnen hat.

In Frankreich gehen nach C. und V. jährlich mehrere Tausend Pferde an der „perniziösen Anämie*' zugrunde. Im Maas-Departement allein wird der jährliche durch die Krankheit verursachte Schaden auf über 200 000 Fr. eingeschätzt.

Man beobachtet klinisch drei Formen.

Akute Form. Plötzliches Auftreten der Krankheit, manchmal apoplektische Todesfälle, Futteraufnahme wird verweigert, Konjunktivitis mit Petechien; Temperatur 40,0— 40,5— (42,0) <> C, in dieser Höhe oft bis zum Tode anhaltend; die Temperatur steigt in 2—3 Tagen bis zu dieser Höhe, manchmal auch Remissionen von 1 2 Tagen. Nasenlöcher erweitert, Gesichtsausdruck wie beim Tetanus. Femer zeigen sich typhöse, oft röt- liche Durchfälle und Ödeme an den abhängigen Körperstellen. Fast stets besteht Polyurie und Albuminurie. Stark ausgesprochen ist ein sehr schneller Gewichtsverlust, die Tiere verlieren in einigen Tagen V4 Vs i^^^s Körper- gewichts; dabei sehr starke Muskelschwäche, besonders in der Hinterhand. Zuletzt tritt Incontinentia urinae auf. So sterben die Tiere nach 5 15, im Durchschnitt nach 8 Tage währender Krankheit. Blutanomalien wenig ausgesprochen, das Aderlaßblut gerinnt langsam.

Subakute Form. Diese unterscheidet sich von der vorstehend ge- schilderten durch Remissionen der Symptome, so daß man oft an Heilung der Patienten glaubt. So bleiben die Tiere wochen- und selbst monate- lang fieberfrei. Die geringste Arbeit jedoch ruft Atemnot, Schweiß- ausbruch und totale Erschöpfung der Tiere hervor. Im Gefolge solcher Arbeits versuche oft zum Tode führende Durchfälle.

Chronische Form. Exquisit anämische Erscheinungen treten in den Vordergrund. Die Tiere werden faul, zeigen struppiges Haarkleid und mangelhaften Appetit. Konjunktiva und Backenschleimhaut blaß-gelb. Temperatur meist nicht erhöht, selten intermittierende Fieberanfälle. Die Tiere schwitzen leicht bei der Arbeit, zeigen oft inäquaten Puls und auch Venenpulsation. Manchmal vorübergehende Durchfälle, Ödeme an Schlauch,

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Abdomen und Thorax. Polyurie nnd auch meist Albuminurie. Das Blut gerinnt schlecht, Blutungen sind schwer zu stillen und selbst geringgradige Wanden heilen sehr langsam. Manchmal scheinbare Besserung, jedoch meist Tod nach akutem Anfall oder nach längere Zeit währender Kachexie. Die chronische Form entwickelt sich in 1 4 Monaten.

Die drei Formen vermischen sich oft bei einer Epidemie oder auch in demselben Bestände.

Die anatomischen Veränderungen wechseln je nach der £r- krankungsform.

Das Blut zeigt stets Veränderungen. Plasma gerinnt schwer und ist meist grünlich-gelb gefärbt. Die Zahl der Erythrozyten schwankt von 2 4 Millionen. Kurz vor dem Tode bei der chronischen Form oft nicht mehr wie 1 MilHon roter Blutkörperchen. Mikroskopisch zeigt sich Poikilo- zytose. Im Gegensatz hierzu nur geringgradige Hypoleukozytose von 7—7,5 Tausend pro Kubikzentimeter; bei der akuten Form mehr polymorph- kernige Zellen und bei der chronischen Form beide Leukozytenarten ungefähr in gleicher Menge. In den Lymphknoten findet man Blutreichtum oder selbst Hämorrhagien und bei der chronischen Form mehr ödematöse Er- scheinungen. Regelmäßig sind die Lymphdrüsen der Milz verändert.

Die Milz zeigt fast stets zwei- bis dreifaches Volumen. Bei der akuten Form Ekchymosen unter der Milzkapsel. Bei der chronischen Form ist die Pulpa blasser als normal und scheint konsistenter zu sein. Im Knochenmark sehr ausgesprochene Erscheinungen, besonders im Femur. Das Mark bildet hier eine rote bis schwärzliche, breiige Masse. Herz: Bei der akuten Form viel subseröse, subperikardiale und subendokardiale Blutungen, auch viele zentimetergroße Blutungen im Myokard. Bei der chronischen Form Myokard farblos, mit Residuen von Blutungen ; manchmal leichtes Klappenödem, zuweilen atheromatöse Veränderungen der Aorta. Leber: Typisch ist die sehr geringe Konsistenz. Die Zerreißbarkeit ist oft so groß, daß die Patienten sich bei einem Sturz Leberruptur nnd Verblutung in die Bauchhöhle zuziehen. Nieren: Hämorrhagien bei der akuten und Blässe bei der chronischen Form. Sehr geringe Konsistenz, Kapsel leicht abziehbar. Darmkanal: Scheinbar normal bei der chro- nischen nnd mit zahlreichen subserösen Blutungen versehen bei der akuten Form. Mukosa nnd Muskularis geschwollen, besonders im Dickdarm, weniger im Dünndarm. Die Lungen zeigen außer subserösen Blutungen bei der akuten Form niemals Veränderungen. Die intra vitam beobachteten Ödeme zeigen sich bei der Sektion als solche subkutaner, intramuskulärer und Bubseröser Natur. Fett fehlt meist vollständig, die Muskeln sind atrophisch und schlaff, manchmal aber noch von roter Farbe.

Natur der Krankheit. Überimpfbarkeit. In 5 Fällen wurde durch subkutane oder intravenöse Einspritzung von 5 750 com defibri-

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nierten Blntes kranker Tiere die Krankheit übertragen. Alle lutizierten Tiere erkrankten typisch, starben nnd boten auch typische Sektions- ergebnisse. Mit einem Virns \^'Qrden in vier Passagen Pferde infiziert; dabei steigerte sich die Virulenz derart, daß das virusliefernde Tier nach 5 Monaten und die infizierten Tiere nach 60, 42, 27 und 26 Tagen starben.

Das Inkubationsstadium bis zum ersten Fieberanfall betrug nach den Impf versuchen 5-9 Tage.

Bemerkenswert ist noch, daß mit Blut chronisch kranker Tiere die akute Foim und mit Blut akut kranker Tiere die chronische Form erzengt werden konnte. Das ist für C. und V. ein Beweis, daß die drei vorstehend beschriebenen Erkrankungsarten, die in Lehrbüchern noch vielfach als be- sondere Krankheiten beschrieben werden, einer Krankheit angehören; sie schlagen für dieselbe die Bezeichnung „Typho-an^mie infectieuse'^ vor.

Natur des Virus. Die Menge des subkutan oder intravenös ver- impften Virus war gleichgültig für Form oder Dauer der erzeugten Krank- heit, die bei 12 Pferden zwischen 15 und 90 Tagen schwankte.

Von anderen großen und kleinen Versuchstieren war nur der Esel in einem Falle für das Virus empfänglich, indem bei einer Eselin zwei typische Anfälle auftraten. Später blieb dies Tier dauernd gesund, alle anderen Infektionsversuche beim Esel waren erfolglos.

Das infektionsfähige Blut ist kulturell und mikroskopisch meist steril. In sehr seltenen Fällen wurde aus Blut und Organen ein in Kulturen schnell absterbender Bazillus gezüchtet, der für Pferde jedoch nicht pathogen war. Das Virus ging durch die Filter Berkefeld V und ChamberlandF und B hindurch, es hatte femer folgende Eigenschaften: Es wurde durch eine Stunde währende Erhitzung auf 58^ C abgetötet: Trocknen im Vakuum bei Zimmertemperatur tötete es nicht; Virus, das drei Monate lang dem zerstreuten Tageslicht bei Zimmertemperatur ausgesetzt war, hatte seine Pathogenität verloren; zwei- bis dreimonatelanges Faulen- lassen im Düngerhaufen tötete es nicht ab.

Vom Digestionstraktus aus gelang die Infektion mit defibriniertem Blut und mit Harn, welch letzterer Umstand für die Pathogenese sehr wichtig ist. Auch subkutan gelang es, Tiere mit Harn zu infizieren.

Art der Ansteckung. In verseuchten Stallungen kamen auch nach deren Evakuation frische Ansteckungen vor, so daß eine pein- liche Desinfektion nötig ist, wie es auch schon aus der Infektiosität des Harns und der Resistenz des Virus gegen Fäulnis hervorgeht. Auch die Weiden werden leicht infiziert. Besonders gefährlich ist der Ankauf an- scheinend geheilter Tiere; denn C. und V. sahen wirkliche Heilung nie- mals eintreten. Infektionsversuche mit saugenden und stechenden Hant- parasiten verliefen negativ. Auch infiziertes Wasser und Futter vermag nach Ansicht von C. und V. die Krankheit zu übertragen.

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Die Behaudlung war qaoad vitam stets erfolglos. Bei der chroni- schen Form sind absolute Ruhe, Chinin-, Arsenikpräparate und Collargol zu versuchen.

Immunisierungsversuche mit abgeschwächtem Virus und mit Serum anscheinend geheilter Tiere sind noch nicht abgeschlossen.

Prophylaktisch sind zu empfehlen: Vorsicht bei Ankauf von Tieren in verseuchten Gegenden; die gekauften Tiere sind mindestens einen Monat zu isolieren. Das Herz ist nach der Arbeit zu untersuchen und ebenfalls der Harn auf Eiweiß, weil selbst Tiere ohne gröbere klinische Erscheinungen bei Anstrengungen Herz- und Nierenerscheinungen zeigen. Die infizierten Tiere können unbedenklich in Rinderställe gebracht werden; große Vor« sieht beim Tränken und Futtern sind geboten. Gemeinsame Weiden und Tränken sind zu vermeiden, um nicht auch diese zu infizieren. Die festen und flüssigen Exkremente sind zu desinfizieren, damit nicht Futterstoffe, Brunnen usw. durch dieselben infiziert werden. Junadc (Bentheim),

Qaltier» M. V., La rage peut etre transmise par l'infection des plaies tres superficielles. Efficacite du traitement local.

(Journ. de m6d. vct, 1906, S. 19—21.) Während die unverletzte Haut für das W^utgift undurchdringlich ist, ermöglichen die kleinsten Wunden und Exkoriationen die Infektion, dabei genügt schon Belecken. Es gelang dem Verf., 99 von 104 Meerschweinchen durch Aufbringen des Virus auf die oberflächlich skarifizierte Rfickenhaut oder die rasierte Nase zu infizieren. Eine Kauterisation der Wunden 60 20 10,5 Minuten nach der Impfung war nicht immer erfolgreich. Jodtinktur oder Ipromill. Sublimatlösung fand Verf. wirksam, wenn die Wunden damit 5—10 Minuten nach der Infektion gründlich behandelt wurden, Terpentinöl erwies sich wenig geeignet. Reaouf (Frankfurt a, d, OJ.

Schmidt, A«, Über das Verhalten der Rauschbrandbazillensporen

bei der Erhitzung.

(Inaug.-Diss. [Bern], Straßbarg 1906, 64 Ss.)

1. Sowohl die in natürlichen als in künstlichen Nährböden ent- standenen Sporen des Rauschbrandbazillus haben verschiedene Widerstands- kraft gegen einwirkende Hitzegrade. Der größere Teil wird bald ab- getötet, nur ein kleiner Teil verträgt eine Erhitzung ziemlich lange. Aus dem Umstände, daß der größere Teil der Sporen in ein und demselben Substrat bei Erhitzungsversuchen bald vernichtet wird, ist es verständ- lich, daß man bei Versuchen mit geringen Sporenmengen Fehlresultate erhält.

2. Die Sporen parasitären Ursprungs sind im frischen wie im ge- trockneten Fleisch, in Flüssigkeiten gebracht, von gleicher Widerstands- fähigkeit gegen höhere Wärmegrade.

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3. Die Sporen im frischen Ranschbrandfleisch werden anscheinend etwas schneller durch 'Hitze abgetötet als die im getrockneten Fleisch, nnd zwar deshalb, weil die Erhitznngstemperatnr frisches, feuchtes Fleisch schneller durchdringt als trockenes.

4. Die Widerstandsfähigkeit der Sporen nimmt mit ihrer Zahl zu. Nur bei bekannten Mengen nnd unter Berücksichtigung der Anwärmezeit des jeweiligen Mediums läßt sich eine bestimmte Abtötungsgrenze feststellen.

5. Die saprophytisch kultivierten Sporen sind gegen Hitze weniger resistent als die aus den natürlichen Nährböden stammenden.

6. Die in zuckerhaltigen Nährböden gezüchteten Sporen werden durch Hitze schneller vernichtet als die in Gelatine und Agar entstandenen, sowohl im feuchten wie im trockenen Zustand.

7. Die in Agar und in Gelatine gewachsenen Sporen sind gleich resistent.

8. Die Einwirkung trockener Hitze von 100^ ist gegenüber der- jenigen kochenden Wassers von 100^ ungleich langsamer und ungleich- mäßig, infolgedessen ist erstere zu Erhitzungsversuchen ungeeignet und praktisch bedeutungslos. Liebreckt (Dreien).

Bang, B., Tnfectious Abortion in Cattle.

CThe Jouni. of comp. Pathol. and Therap., Vol. 19, 1906, S. 191—201.)

Das Hauptgewicht bei der Bekämpfung des ansteckenden Verkalbens ist immernoch auf die prophylaktischen Maßnahmen zulegen. Doch beschäftigt sich B. seit mehreren Jahren mit Versuchen, durch mehrmalige intravenöse oder subkutane Injektionen von lebenden Abortuskulturen vor der Begattung aktive Immunität bei Kühen hervorzurufen.

Qrabert {Berlin).

Stordy, R. J., A case of Spirillosis in the Horse.

(The Joum. of comp. Pathol. and Therap., Bd. 19, 1906, S. 226—229.) St. fand in Britisch-Ostafrika in dem Blute eines abessinischen Ponys, das unter Erscheinungen, die zunächst den Verdacht auf Pferde- sterbe hervorriefen. Eingenommenheit des Sensoriums, starke Ab- magerung, Ödeme am Kopf, später an Brust, Bauch und Gliedmaßen , erkrankte und innerhalb fünf Tagen verendete, Spirillen, die der Spiro- chaete Obermeyers ähnelten. Bei der Sektion war außer einem großen Infarkt in der rechten Lunge besonders die enohne Vergrößerung der Nieren bemerkenswert. Grabert (Berlin).

Dodd, S.9 A Disease of the Pig, due to a Spirochaeta.

(The Jonrn. of. comp. Pathol. and Therap., Bd. 19, 1906, S. 216—221.)

D. beobachtete in Transvaal eine ansteckende, meistens unter Anämie zum Tode führende Krankheit unter Schweinen, bei der sich auf

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der Haut Flecken von -74 Zoll Größe bildeten, die sich mit braunroten, aus extravasiertem Blute bestehenden Borken bedeckten. In diesen Hant- läsionen, dagegen nicht im strömenden Blute, wurden Spirochäten nach- gewiesen. Durch kutane Verimpfnng der frischen Hautborken konnte die Krankheit auf gesunde Tiere übertragen werden. Qrabert (Berlin),

Overbeek, A. A«, Het verzamelen von Sputum door middel van tracheotomie voor de diagnostiek von open longtuber- culose. (Das Sammeln von Sputum für die Diagnose

offener Lungentuberkulose durch Tracheotomie.) (TUdschrift voor VeeartscnUt^unde, Deel 34, 1906, S. 371.) 0. teilt mit, daß der EehUöffel von Ostertag sich bei der Tuberkulose- tilgung in den Niederlanden nicht bewährt; es gelingt in der Regel nicht, mit ihm brauchbares Sputum zu sammeln.

Er bringt deswegen die Methode von Pools mittelst Tracheotomie in Erinnerung (beschrieben in der Zeitschrift für Tiermedizin 1886, S. 703. Verf. hat diese Methode etwas modifiziert. Er operiert am stehenden Tiere. An der Vorderfläche des Halses, ungefähr auf der Mitte, wird ein kleiner Hautschnitt gemacht; dann wird ein 15 cm langer und 10 mm breiter Trokar in die Trachea gestochen; es erscheint gleich- gültig, ob man zwischen zwei Ringen einsticht oder einen Ring perforiert. Nach Entfernung des Stiletts führt er einen mit einem Wattepfröpfchen versehenen Eisendraht in die Luftröhre ein, bis zur Bifurkation oder weiter; der Draht mit Pfropf wird event. mit Schleim versehen, zurück- geholt. Die Operation ist sehr bequem auszuführen und gibt schöne Re- sultate. Markus (Utrecht),

Joesty E., Eine durch Bakterien der Enteritisgruppe verursachte

Kanarienvogel Seuche.

(Bericht über die Kgl. Tierärztl. Hochschule zu Dresden 1906.) Verf. isolierte bei Gelegenheit einer Kanarienvogelseuche aus dem Herzblut eines Kanarienvogels Bakterien, die zu den Bakterien der Enteritisgrnppe gehörten. Kanarienvögel, die subkutan und per os mit diesen Bakterien infiziert wurden, starben unter denselben Erscheinungen wie der spontan erkrankte Vogel. Infolgedessen waren die Bakterien als die Ursache der Seuche anzusehen. Liebrecht (Dresden),

van der Burg, W., Een geval von Ostitis malleosa. (Ein Fall

von Ostitis malleosa.)

(Tijdschrift voor Veeartseniikunde, Deel 34, Afl. 2, 1906.) Der Fall betrifft ein siebenjähriges australisches Pferd, das wegen Rotz getötet wurde. Die Sektion ergab neben chronischem Haut- und Lungenrotz und Rotz der Lymphoglandulae mediastinales craniales, sub-

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maxillares, cervicales snperiores, sabparotideales, cubitales and inguinales sinistrae, eine rotzige Afiektion der 7. linken nnd der 10. rechten Rippe. Die aufliegende Pleura war stark verdickt. Markus (ütreehü,

van der Schroeff, H. J., Infectieuse cerebro-spinaalmeningitis.

(Infektiöse Zerebrospinalmeningitis.) (Tüdschrift voor Veeartseny künde, Deel 34, Afl. 4, 1907.)

Verf. sah in Suriname ein enzootisches Auftreten von Meningitis cerebrospinalis beim Pferde. Er beobachtete 15 Fälle, davon 8 mit töd- lichem Ausgange. Die Krankheit trat in drei verschiedenen Formen auf. Schwerere Form mit Zwangsbewegungen und aszendierender Rncken- marksparese; den zweiten Tag folgte Bulbärparalyse und trat der Tod ein. Bei der zweiten Form waren die Patienten sehr soporös und starben in diesem Zustande. Die dritte Form verlief nicht tödlich nnd kennzeiclmete sich nur durch Zwangsbewegnngen und schlendernden Gang. Der Puls war bei allen Patienten schwach und verlangsamt; ein Tier ausgenommen, verlief die Krankheit ohne Fieber.

Verf. konnte nur bei drei Patienten die Sektion vornehmen. Er fand dabei Meningitis basilaris mit wenig Exsudat. An einigen Stellen der Dura war eine fibrinöse Entzündung vorhanden ; einmal fand sich eine serös-hämorrhagische Flüssigkeit vor zwischen Dura und Pia des ver- längerten Markes. Markus (üirechtL

de Biieck, L.» Miltvuur-diagnostiek in de practijk. (Milzbrand- dragnostik in der Praxis.) Vortrag, gehalten am 22. September 1906 in der 47. allgemeinen Versammlung der Gesellschaft zur

Förderung der Tierheilkunde in den Niederlanden. (Tüdschrift voor Veeartseny künde, Deel 34, Afl. 3, 1906, S. 109—161.) In dieser ausführlichen Arbeit bespricht Verf.

1. Die Milzbranddiagnose in der Praxis.

2. Die Difierentialdiagnostik in Hinsicht auf Krankheiten, die bei der Untersuchung des Kadavers Fehler veranlassen können, und in Hin- sicht auf Bakterien, die sekundär im Kadaver auftreten können und morpho- logisch dem Milzbrandbazillus ähnlich sind.

3. Die Einsendung von Material nach dem Laboratorium zur Auf- findung des Milzbrandbazillus und zur Kontrolle der Diagnose.

Ad 1 kommt Verf. zum Schlüsse, daß die Methode von Preuße für die Praxis am meisten zu empfehlen ist, ihrer Einfachheit nnd ihrer Zu- verlässigkeit wegen. (Präparat lufttrocken; Fixation in Formaldehyd eine Minute; Wasserspülung; Färbung in ^/2proz. Gentianaviolettlösung 5 bis 20 Sekunden; Wasserspülung; Einschluß in Wasser oder Balsam.) Mit Fischer nimmt er an, daß die Kapsel des Milzbrandbazillns ein Arte- faktum ist, sei es auch ein sehr charakteristisches Artefaktum.

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Ad 2 ttnd 3 bespricht Verf. die Differeutialdiagnostik gegenüber vielen Septikämien, Stanungsmilz, Piroplasmosis, Septicaemia plariformis, malignem Ödem, Rauschbrand nnd den Einfluß von Kadaver-, Bradsot-, PBeAdomilzbrand-, Subtilis- nnd Proteusbazillen. de Blieek hält es für die zweckmäßigste Untersuchung, an erster Steile Plattenkulturen anzu- fertigen und daneben das Tierexperiment in Anwendung zu bringen; bei der Versendung von Material muß man darauf acht geben, daß es soviel Keime wie möglich enthält, so wenig wie möglich verunreinigt ist oder wird, und daß Sporen gebildet werden können.

Besonders in Hinsicht der Sporenbildung findet er die „Straß- burger Gipsstäbchenmethode^^ (Marzer, Jacobsthal und Pfers- dorff) sehr empfehlenswert. Das Reichsseruminstitut in Rotterdam stellt diese Stäbchen den niederländischen Tierärzten gratis zur Verfügung.

Markus (Utrecht),

Toda» Untersuchung des Blutes der mit Pockenvakzine ge- impften Kälber.

(SaikingaknzasshI, 1907, Nr. 138.)

Das Blut der Kälber, die mit Pockenvakzine geimpft worden sind, nimmt zuerst an Hämoglobiumenge und an Zahl der Eiythrozyten und Leukozyten ab, dann aber folgt wieder ein Zunehmen derselben. Die Mikrozyten sind betreffs ihrer Zahl wechselnd. Eosinophile Zellen nnd Mastzellen treten viel mehr hervor; besonders ist die Vermehrung der neutrophilen- und polynukleoneutrophilen Zellen bemerkenswert, aber die Zahl der letzteren nimmt vom dritten Tage an wieder ab. Die Körpertemperatur der Tiere steigert sich nach der Impfung bis auf 39 ^ C, dann bleibt sie weiter fünf bis sechs Tage zwischen 40^ bis 45 ^ C stehen. Die Steigerung der Temperatur und die Vermehrung der Blutkörperchen stehen nicht im parallelen Zusammenhang. Oahida (Tokio).

Warthin, A. Sc, Tuberculosis of the Placenta.

(The Journ. of Infcctious Diseases, Vol. 4, Nr. 3, 1907, S. 347—368.) Verf. unterscheidet bei der Tuberkulose der Plazenta fünf Gruppen, entsprechend den tuberkulösen Veränderungen, die eintreten 1. an der Dezidua, 2. an dem Zwischenzottengewebe, 3. innerhalb der Zotten, 4. an den Gefäßen des Chorion und 5. am Chorion und Amnion.

Bei der Tuberkulose der Dezidua kommt es zunächst zur Thromben- bildung in Blutgefäßen infolge einer Läsion des Endothels derselben. Im Anschluß an die Thrombose bilden sich in dem umgebenden Gewebe nekrotische Herde aas. Bemerkenswert ist das Fehlen von epitheloiden und Biesenzellen bei diesen Veränderungen.

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Die Tuberkulose des Zwischeiizotteng^ewebes beginnt mit einer Läsion des Syncytium in Form von Degeneration oder Nekrose. An den ver- änderten Stellen entsteht ein hyaliner oder Agglntinationsthrombns. Dieser wird von dem Gewebe der Zotte ans organisiert nnd fällt allmählich* der Yerkäsang anheim. Bei der Tüberkelbildnng in dem Gewebe der Zotten wurde eine Läsion des Syncytiums nicht beobachtet. Der Tuberkelbazillns verursacht zunächst Nekrose, an die sich eine Zellwucherung anschließt, die zur Bildung des Tnberkels führt. Bei der Tuberkulose der Blutgefäße des Chorion kommt es zur Bildung von Thromben, entsprechend den Ver- änderungen in den intervillösen Räumen. Die tuberkulösen Veränderungen des Chorion und Amnion zeigen den gewöhnlichen Bau.

Hoffmann (Breflaui.

Entwicklungshemmung Desinfektion.

Levy, E., Blumenthal, F., u. Marxer, A., Abtötung und Ab- schwächung von Mikroorganismen durch chemisch in- differente Körper. Immunisierung gegen Tuberkulose, Rotz, Typhus.

(Zentralbl. f. Bakt. usw., I. Abt., Orifi^ , Bd. 52, 1906, S. 265—270.)

Es gelingt durch Einwirkung von SOproz. Glyzerin, 25proz. Ga- laktose, 10 25proz. Harnstoff bei 37^ in einem Schüttelapparat bei kurzer Einwirkung Bakterien abzuschwächen und bei längerer abzutöten. Der Vorteil dieses Verfahrens ist die Dosierbarkeit der Abschwächung, da sie eine Funktion der Einwirkungszeit ist. So behandelte Galaktose- und Harnstoff-Bakterien wurden vorsichtig im Vakuum getrocknet. Analog der Jen n ersehen und Pastenr sehen Schutzimpfung wurden nun die Ver- suchstiere 1 3mal erst mit schwachen, dann mit virulenteren Bakterien- pulvern subkutan, intraperitoneal oder auch intravenös injiziert. Es ge- lang so die Immunisierung gegen sonst absolut tödliche Dosen von Tuber- kulose, Typhus, Rotz bei Meerschweinchen, bei Pferden gegen Rotz, bei Kälbern gegen Tuberkelbazillen. E. Jaeobsthal (Frankfurt a, Mj.

Martin» M.» Studien über den Einfluß der Tropensonne auf pa-

thogene Bakterien.

(Mttnch. med. Wochenschr., 53. Jahrg., 1906, S. 2521—2523.)

Verf. gelangt zu folgenden Ergebnissen: „In den tropischen Ländern

herrscht eine gewisse Bakterienarmut hinsichtlich der meisten pathogenen

Arten. Sie ist bedingt durch die bakterientötende Wirkung der Sonne.

Den Hauptfaktor der Sonnenwirkung bildet anscheinend die Sonnenwärme,

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doeh kommt auch dem Sonnenlicht eine erhebliche Bedentang zn. Eine Anzahl nichtpathogener Keime bleibt vom Einflnß der Sonne unberührt/'

J.

Foulerton» A., n. Keüas, A., The action on bacteria of electrical discharges of high potential and rapid freqnencies. (The Lancet, 1906 [Mai]). Verff. haben in einem eigens konstruierten Apparat hochgespannte elektrische Ströme in Form schnell aufeinander folgender Entladungen auf Bakterienemulsionen einwirken lassen (Angaben über Stromstärke und Bakterienarten fehlen) und gefunden, daß diese weder von den Licht- noch Wärmestrahlen des elektrischen Lichtes beeinflußt werden. Das einzig Wirksame dabei seien in der Luft gebildete keimtötende Substanzen (N -Verbindungen, Ozon, H2 02)y die dann in die Flüssigkeit in Lösung übergingen. O3 und H2O2 wurden sofort zerstört und als wirksames Agens blieben Salpetersäure und untersalpetrige Säure übrig, die in der Flüssigkeit zu 0,09 bis 0,25 Proz. nachgewiesen wurden. Die auf solche Weise beeinflußten Bakterien wurden in 15 Minuten getötet. Verff. sind der Ansicht, daß die Wirkung des Oszillationsverfahrens bei Lupus und ähnlichen Krankheiten auf der Bildung der N -Verbindungen beruhe.

Kaiina (Lichtenberg).

Lehrbücher, Jahresberichte.

Graffunder» O.» Anleitung zur amtstierärztlichen Untersuchung des Geflügels. (Berlin 1907, R. Schoetz.)

Die Idee, einen Leitfaden wie den vorliegenden zu schreiben, ist im allgemeinen als eine glückliche zn bezeichnen, handelt es sich doch um ein Spezialgebiet der amtstierärztlichen Tätigkeit, das manche Besonder- heiten bietet und bezüglich dessen eine kritische Zusammenstellung des einschlägigen Materials erwünscht sein muß. Der Verf. zeigt sich in seinem Buche als ein Sachverständiger, der praktische Erfahrung auf dem Gebiete der amtlichen Geflügeluntersuchungen besitzt. Er läßt dies be- sonders in den Abschnitten über die Untersuchung des Transportgeflügels und die Untersuchung der Geflügelmästereien erkennen. Die Schilderung des „allgemeinen Untersuchungsmodus'' und der Geflügelseuchen dagegen läßt manches zu wünschen übrig. So sind die anatomischen und andere Angaben nicht immer einwandfrei. Ferner wäre es beispielsweise bei der

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Geilügelcholera und der Hühnerpest zweckmäßiger gewesen, nicht einzelne Protokolle (nebenbei bemerkt, aus nur je einem Senchenansbruch), sondern eine zusammenfassende, überaichtliche Scbildemng des gesamten klinischen, pathologisch-anatomischen und bakteriologischen Befundes zu geben. Die chronische GeüQgelcholera ist zu wenig berücksichtigt (es wird nur ein kurzes Befundprotokoll von einer Gans mitgeteilt). Auch die Geflügel- tuberkulose ist zu kurz behandelt. Dagegen hat der Verf. eine lange Reihe von Krankheiten (26 an der Zahl) beschrieben, die differential- diagnostisch gegenüber Geflügelcholera und Hühnerpest in Betracht kommen sollen. Die Mehrzahl dieser Krankheiten hat keinerlei praktische Bedeutung, einzelne von ihnen existieren wohl nur noch in der Literatur. Hier wäre mehr Kritik am Platze gewesen. Praktisch ist die dem Büchlein bei- gegebene Zusammenstellung der einschlägigen Gesetze und Bestimmungen. Beim Lesen des Buches stören zahlreiche Druckfehler und sprachliche Unebenheiten. Joest

Edelmann, R., Lehrbuch der Fleischhygiene mit besonderer Be- rücksichtigung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau.

(Mit 2 Farbentafeln und 200 Textabbildangcn, 2. Aufl., Jena 1907, G. Fischer. Preis 10 M.)

Nach der verhältnismäßig kurzen Zeit von vier Jahren ist für dieses Lehrbuch eine Neuauflage notwendig geworden; darin liegt ein deutlich sprechender Beweis für seine Brauchbarkeit. Der £rfolg ist begründet in den Kardinalvorzügen des Buches, als welche die übersichtliche Gruppierung des Stoffes, die knappe, klare Darstellungsweise und die Zuverlässigkeit des Inhalts besonders hervorzuheben sind. Eine Fülle guter Abbildungen, deren Zahl erheblich vermehrt wurde, unterstützt den Text.

Gegenüber der im Jahre 1903 erschienenen ersten Auflage ist die zweite inhaltlich nicht unwesentlich bereichert worden. Der Zuwachs hat sich aus dem Fortschritt der in die Fleischbeschau einschlägigen Forschnngs- zweige, dem der Verf. hinreichend Eechnung trug, ergeben. So haben die Abschnitte über Piroplasmosen, Fäulnis des Fleisches, Fleischvergiftungen, die Methoden zur Unterscheidung des Fleisches der verschiedenen Schlacbt- tiere, die Apparate und Verfahren zum Dämpfen von bedingt tauglichen Fleischsorten eine Neubearbeitung und Ergänzung erfahren. Neu hinzu kamen eine Anweisung für den Untersuchungsgang bei der Fleischbeschan, Tabellen über die Ausnutzungsfähigkeit verschiedener Fieischnahrungs- mittel nach König, Angaben über die Kennzeichnung lebenden Schlacht- viehs usw.

Dem Studierenden wird das Edelmannsche Lehrbuch der Fleiscb- hygiene ein sicherer Führer sein, und auch der praktische Tierarzt wird über einschlägige Fragen gute und rasche Auskunft erhalten. Ob aber

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anch der Fleischbeschaner, an dessen Adresse sich das Titelblatt des Bnches ebenfalls wendet, sich Belehrung wird erholen können, möchte ich angesichts der durchweg festgehaltenen streng wissenschaftlichen Aus- dmcksweise bezweifeln. Unter diesem Gesichtspunkte sowie anch ans anderen naheliegenden Gründen hätten wir es für zweckmäßiger gehalten, wenn von diesem Leserkreis überhaupt abgesehen worden wäre.

Zwick fSlutfgart),

Jacobsen» H.» Viehseuchen und Herdenkrankheiten in Deutsch- Südwest-Afrika und ihre Bekämpfung. Ein Leitfaden für Tierärzte, Offiziere und Farmer.

(Berlin 1907, K. Schoetz. 104 Sa. Preis 2,50 H.)

Der Verf., der als Oberveterinär der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwest-Afrika tätig war, will durch das vorliegende Büchlein, wie er im Vorwort sagt, „erstens den frisch ins Land kommenden Kollegen die Lösung der an sie herantretenden praktischen Fragen erleichtem und ihnen zeigen, was zu tun nützlich und was möglich ist, zweitens die Tier- besitzer und -halter über die Entstehung der Viehseuchen und die Möglich- keit zu deren Verhütung und Bekämpfung unterrichten, und drittens an- regend zur Abfassung einer zeitgemäßen Viehseuchengesetzgebung wirken''.

Im allgemeinen darf über dieses Erstlingswerk J.s wohl gesagt werden, daß es den Erwartungen nicht ganz entspricht, die durch das Vorwort und die Einleitung bei dem Leser erweckt worden sind. Es scheint, als ob der Verf. sich nicht ganz der schweren Aufgabe bewußt war, als er es unternahm, einen Leitfaden für Tierärzte, Offiziere und Farmer zu schreiben.

In stilistischer Beziehung besitzt das Werk an manchen Stellen erhebliche Fehler. So schreibt beispielsweise J. auf Seite 39: „Die Lungen- seuche ist in der ganzen Kolonie unter den Rindviehbeständen der Militär- verwaltung und der Farmer verbreitet und hat für den Wiederaufbau der Viehzocht die größte Bedeutung'^ Auch in sachlicher Beziehung sind dem Autor Unrichtigkeiten unterlaufen. Beispielsweise gilt als Überträger der Pferdemalaria nicht Rhipicephalus decoloratus, sondern Ehipicephalus Evertsi.

Trotz der vielen Mängel, die dem vorliegenden Büchlein anhaften, wird es in den Laienkreisen Deutsch-Südwest-Afrikas als willkommene Gabe begrüßt werden, da es dort außer den verdienstvollen, allgemein verständlichen Abhandlungen Eickmanns in den landwirtschaftlichen Bei- lagen der Tageszeitungen bisher kaum eine andere Quelle der Belehrung über die Tierseuchen des Landes gab. Neuerdings hat übrigens Rickmann auch selbst seine Erfahrungen in einem Buche niedergelegt. (Rickmann,

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Tierzucht nnd Tierkrankheiten in Deutsch -Südwest -Afrika. R. Schoetz, Berlin. Preis geb. 9 M.) Knuth (Berlin/,

Weichardt, W«, Jahresbericht fiber die Ergebnisse der Immani- tätsforschnng. 2. Band: Bericht über das Jahr 1906. (Stuttfi^art 1908, F. Enke. Preis 14 M.)

Die Immnnitätsforschnng umfaßt ein Gebiet, das täglich an Umfang gewinnt und dessen Einzelergebnisse in zahllosen Zeitschriften zerstreat sind. Es wird bei der Fülle von neugefundenen Tatsachen selbst dem Spezialisten oft schwer, sich auf dem Laufenden zu halten. Es ist dies bei dem rastlosen Vorwärtsschreiten der Immunitätsforschung für die Dauer nur durch erschöpfende Jahresberichte möglich. Weichardts Unternehmen hat zur rechten Zeit begonnen. Heute liegt bereits der zweite Jahrgang (Bericht über das Jahr 1906) vor. Der 28 Bogen starke Band bringt in übersichtlicher alphabetischer Anordnung die gesamte Immunitätsliteratnr des genannten Jahres in vortrefflichen Referaten, darunter zahlreiche Autorreferate. Auch die einschlägige veterinärmedizinische Literatur ist, soweit ich bei Stichproben feststellen konnte, vollständig berücksichtigt. Ein besonderer Vorzug des Weichardtschen Jahresberichts ist es, daß der Herausgeber eine zusammenfassende Übersicht über die Leistungen des Berichtsjahres und einen Ausblick auf die voraussichtliche weitere Richtung der Immunitätsforschung gibt. Zugleich sucht der Bericht auch den Grenzgebieten der letzteren gerecht zu werden. In diesem Sinne ist eine Abhandlung von G. Schöne (Frankfurt a. M.) über die Beziehungen der Immunitätsforschung zur Lehre von den Geschwülsten aufzufassen, der sich eine weitere zusammenfassende Arbeit über Opsonine von W. Rosen- thal (Göttingen) anschließt.

Der Weichardtsche Jahresbericht wird von allen, die sich mit wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete der Immunitätslehre be- schäftigen, und auch von denjenigen, die sich über die Fortschritte dieses Spezialgebietes orientieren wollen, sehr begrüßt werden. Joesi.

Originalarbeiten.

(Aus dem Institut für Seuchenlehre der K. Tierärztlichen Hoch- schule zu Stuttgart.)

Vergleichende Untersuchungen über die Tuberltel- bazillen des Menschen und der Haustiere. 0

Von Professor Dr. W. Zwick.

(Mit Tafel X.)

Die Bestrebungen, den Kampf gegen die Tuberkulose des Menschen nach einem einheitlichen und genau umschriebenen Plan auf der ganzen Linie aufzunehmen, verlangten mit der Lösung der Frage nach der Verbreitungs weise der Tuberkulose von Mensch zu Mensch auch eine bestimmte Antwort auf diejenige nach den gegen- seitigen Beziehungen zwischen Rinder- und Menschentuberkulose und nach der Tragweite dieser Beziehungen für die Bekämpfung der Tuber- kulose als Volksseuche. Seitdem der Tuberkelbazillus durch Robert Kochs geniale Entdeckung als Ursache der menschlichen Tuber- kulose und der sogenannten Perlsucht des Rindes erkannt worden ist, hat man auch allgemein mit der Möglichkeit der Ansteckung des Menschen durch den Genuß tuberkelbazillenhaltiger Milch und des Fleisches tuberkulöser Tiere gerechnet. R. Koch selbst hatte ja dieser Auffassung eine kräftige Stütze verliehen; denn er sagte in seiner berühmten grundlegenden Arbeit: „Ahnlich ( wie bei den verschiedenen Formen der Tuberkulose des Menschen ) liegt auch das Verhältnis der Tuberkulose der Tiere, in erster Linie der Perlsucht zur Tuberkulose des Menschen. Auch diese müssen trotz der Verschiedenheit im anatomischen Verhalten und im klinischen Verlauf wegen der Identität des sie bedingenden Para- siten für identisch mit der menschlichen Tuberkulose gehalten werden."

Allerdings schätzte R. Koch die Größe der Gefahr, die

•) Die Arbeit wurde am 1. Februar 1908 abgeschlossen.

Zeitschrift fflr Infektionskraukbeiten. IV, 3/4. 11

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dem Menschen vom Rinde droht, von Anfang an nicht gerade hoch ein. Etwas zurückhaltend sprach er sich über diesen Punkt in derselben Arbeit dahin aus: „Der zweiten Hauptquelle für das Tuberkulosevirus scheint bei weitem nicht die Bedeutung zuzukommen, wie dem phthisischen Sputum." Trotzdem hielt er Maßnahmen gegen diese tierische Infektionsquelle für geboten, wie aus folgen- dem Satze hervorgeht: „Vom hygienischen Standpunkte aus müssen dieselben Maßnahmen dagegen i. e. gegen die Perlsucht ergriffen werden, wie gegen die Infektion durch Tuberkulose, solange nicht bewiesen ist, daß der Mensch ungestraft Hautwunden mit Perlsuchtbazillen in Berührung bringen, daß er dieselben inhalieren oder ihre Sporen in seinen Darmtraktus bringen kann, ohne tuber- kulös zu werden."

Die in diesen Worten niedergelegte Auffassung schien im Laufe der Jahre zum Dogma erstarren zu wollen. Und wenn auch im vorletzten und letzten Dezennium des vorigen Jahrhunderte die Untersuchungen von Baumgarten, Pütz, Siedamgrotzky, Frothingham, Dinwiddie und namentlich von Theobald Smith gewisse Unterschiede im pathogenen und sonstigen Verhalten der menschlichen und Rinder-Tuberkelbazillen hatten erkennen lassen, so waren jene Forschungsergebnisse doch nicht durchschlagend genug, um eine grundsätzliche Änderung der fest eingewurzelten Anschauung herbeizufiihren.

Mit einem Schlage änderte sich aber die Sachlage, als R. Koch selbst auf Grund von Versuchen, die er in Gemeinschaft mit Schütz angestellt hatte, die Verschiedenheit von Menschen- und Rinder- tuberkelbazillen verkündete, die Möglichkeit der künstlichen An- steckung des Rindes mit Tuberkelbazillen vom Menschen in Abrede stellte und sich schließlich zu der Anschauung bekannte, daß, „Avenn eine derartige Empfänglichkeit d. h. des Menschen fiir die Perlsucht bestehen sollte, die Infektion vom Menschen durch Bazillen der Rindertuberkulose nur selten vorkommt. Den Umfang der Infektion durch Milch, Butter, Fleisch von perlsüchtigen Tieren möchte ich kaum größer schätzen, als denjenigen durch Vererbung, und ich halte es deswegen für nicht geboten, irgendwelche Maß- regeln dagegen zu ergreifen."

Begreiflicherweise fand diese neue Lehre nicht bloß Gläubige, sondern es stellte sich ihr vielfacher Zweifel, ja selbst offener V^^ider- spruch gleich bei ihrer Verkündigung entgegen. Eifrig machten

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sich nun auch Forscher aller Länder ans Werk, um die Koch- Schutz sehen Versuche und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen nachzupräfen.

Es li^ nicht in meiner Absicht, hier die ganze einschlägige, innerhalb der wenigen Jahre schon recht erheblich angeschwollene Literatur aufzuroDea; dies würde zu weit fuhren und ist von anderer Seite sehr gründlich geschehen, so daß es sich schon von diesem Gesichtspunkte aus eiübrigt. Vielmehr beschränke ich mich darauf, den gegenwärtigen Stand der Frage kurz darzulegen und daran anschließend meine eigenen Untersuchungen bekannt zu geben.

Als erwiesen kann heute die Möglichkeit der Übertragung der Rindertuberkulose auf den Menschen gelten. In dieser Anschauung vereinigen sich fast alle Forscher. Aber über den Umfang der Gefahr, die dem Menschen vom tuberkulösen Rinde droht, gehen die Ansichten auseinander, weil der Maßstab, mit dem die Größe jener Gefahr gemessen wird, nicht allgemein anerkannt ist. Die Beurteilung, ob im Einzelfall eine TuberkuloseinfektioE tierischen oder menschlichen Ursprungs ist, geschieht nämlich durch eine namhafte Gruppe von Forschem auf der Grundlage gewisser Quali- täten, die dem Rindertuberkelbazillus in spezifischer Weise eigen sein und dem Erreger der menschlichen Tuberkulose abgehen sollen. Koch und Schütz bezeichnen als scharfen und charakte- ristischen Unterschied die krankmachende Energie von Rinder- und Menschen-Tuberkelbazillen gegenüber dem Rind, insofern, als sie dieser Tiergattung wohl eine hohe Empfänglichkeit für die ersteren, nicht aber für die letzteren zusprechen. Kossei, Weber und Heuß, die im Auftrage einer mit der Prüfung dieser Koch-Schützschen Experimentalergebnisse betrauten Kommission im Kaiserlichen Gesundheitsamte auf breiter Basis unter Heran- ziehung eines umfangreichen Tiermaterials Forschungen anstellten, bestätigten nicht nur jene diflferentialdiagnostischen Merkmale, sondern erweiterten sie noch unter Hinzufiigung von solchen morphologischer und kultureller Art, Sie trennen die Säugetier- tuberkelbazillen in einen Typus bovinus und einen Typus h u m a n u s.

Gegen dieses Typenprinzip wurden alsbald nach seiner Be- kanntgabe Einwände laut. Sie fußen auf dem Nachweis von solchen Tuberkelbazillen beim Menschen, die alle Kennzeichen

des Typus bovinus an sich tragen und namentlich auch mit Erfolg

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auf das Rind verimpft werden können. Derartige Funde beseitigen nach der gegnerischen Meinung die zwischen menschlichen und Rindertuberkelbazillen aufgestellte Schranke, zumal von Behring, de Jong, Dammann und Müssemeier über Versuche berichten, die unter Vermittlung des Ziegenkörpers die Umwandlungs- fähigkeit der menschlichen Tuberkelbazillen in solche mit Eigen- schaften der bovinen dartun sollen, und außerdem Lydia Rabino- witsch Tuberkelbazillenstämme aus dem Menschen zu isolieren vermochte, die nach ihrer Ansicht als atypisch weder in der einen noch anderen Gruppe unterzubringen sind. Die letzt- genannten und mit ihnen eine Reihe anderer Autoren, wie Ar- loing, Nocard, Eber, Löffler u. a. sehen denn auch in dem Typus nur eine Varietät, ein wandelbares Produkt der Anpassung an den Organismus des Rindes bzw. des Menschen.

Demgegenüber betonen die Veitreter der Nichtidentität die strenge Konstanz der als typisch bezeichneten Merkmale. Gerade jene Stämme, die, mit Eigenschaften des Rindertuberkelbazillus begabt, aus dem tuberkulösen Menschen gezüchtet werden können, weisen nach ihrer Ansicht auf das Rind als Ansteckungsquelle zurück und legen Zeugnis ab für das treue Festhalten der Typen- attribute. Und jenen Ziegenpassage -Versuchen, die die Um- wandlung der menschlichen Tuberkelbazillen in solche mit Eigen- schaften und Fähigkeiten der bovinen beweisen sollen, werden die- jenigen von Kossei, Weber, Heuß, Gratia, Möller und Lig- nieres gegenübergestellt, in denen menschliche Tuberkelbazillen den Typus humanus nach längerem Verweilen im Ziegenkörper bzw. mehrfacher Durchleitung durch denselben unverfälscht be- wahrt hatten.

Überblickt man alle jene Arbeiten, die sich mit der durch Kochs Londoner Vortrag aktuell gewordenen Frage über die Beziehungen von Menschen- und Tiertuberkulose beschäftigen, und namentlich diejenigen, welche zur Typentheorie Stellung nehmen, so sprfngen zwei auffallende Tatsachen in die Augen. In erster Linie, daß bei der Nacliprüfung in der überwiegenden Mehrzahl die Methoden, die zur Aufstellung der Typen führten, nicht streng eingehalten wurden; und doch betonten Kossei, Weber und Heuß von vorn- herein und Kossei und Weber immer wieder, daß in Anbetracht der relativen Feinheit der morphologischen und kulturellen Unter- schiede und bei der nahen Verwandtschaft der Tuberkelbazillen

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beiderlei Abkunft sich der Vergleich, aber auch die Kritik, nur auf den nämlichen experimentellen Voraussetzungen aufbauen kann. Zum andern fällt auf, daß die meisten Forscher in der Hauptsache mit Stämmen, die vom Menschen gezüchtet wurden, sich beschäftigt haben, weniger mit solchen vom Rinde. Es müßten aber doch, so sollte man meinen, wenn in der Tat die Ansicht der Unitarier, der Verfechter der Identität von Menschen- und Rindertuberkel- bazillen, zu Recht besteht, beim Rinde, wenigstens in vereinzelten Fällen, Tuberkelbazillen sich finden lassen, die mit der Mehr- zahl der aus dem Menschen gewonnenen übereinstimmen, vde man ja auch umgekehrt beim Menschen nicht allzuselten solche Tuberkel- bazillen antrifft, die von den aus dem Rinderkörper gezüchteten nicht zu unterscheiden sind. Die Forschung verlangte unter diesem Gesichtspunkte die Züchtung einer größeren Zahl von Bazillen- stämmen aus dem tuberkulösen Rinde und ihre Prüfung in morpho- logischer, kultureller und pathogener Hinsicht. Wenn auch nicht den Bazillen vom ausgesprochenen Typus humanus, so konnte man vielleicht doch atypischen oder Ubergangs-Formen begegnen. Bis jetzt wurden im Institut 40 Stämme aus dem Rinde rein gezüchtet.

Neben diesem Fahnden beim Rind nach Tuberkelbazillen mit den Merkmalen des Typus humanus wurde der Versuch ausgeführt, solche vom Menschen in den Rinderkörper zum Zweck der Erzielung einer krankmachenden Wirkung künstlich überzuleiten. Es ge- schah dies auf dem bis jetzt wenig betretenen Weg der Euter- infektion durch Injektion des Impfmaterials in den Zitzenkanal. Bekanntlich ist ja die Milchdrüse des Rindes sehr empfänglich für Infektionen und im besonderen auch für die Tuberkulose. Wenn überhaupt, so sollte es daher auf diese Weise gelingen, eine lokale oder eine allgemeine Tuberkulose zu erzeugen. Ein solcher In- fektionsversuch, wenn er, wie geschehen, bei einem hochträchtigen Rinde angestellt wurde, lieferte zugleich die sehr günstige Gelegen- heit, einem Kalb vom ersten Lebenstage ab Tuberkelbazillen vom Menschen zuzuführen und so die Voraussetzung für das Gelingen des Fütterungsversuchs zur maximalen Potenz zu steigern.

Gleichsam als Gegenstück zu diesem Ubertragungsversuch soll über die Untersuchung eines Falles eingehender berichtet werden, bei welchem der Indizienbeweis für die Übertragung der Tuberkulose von einer eutertuberkujösen Kuh auf zwei Geschwister erbracht schien.

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Weitere Untersuchungen beziehen sich auf die Prüfung der von Bonome empfohlenen Präzipitin-Reaktion als Mittel zur Unter- scheidung der Rinder- und Menschentuberkelbazillen.

Femer wurden Rinder- und Menschentuberkelbazillen durch den Körper des Hundes, des Pferdes und der Ziege durchgeleitet, um sie auf ihre Typentreue zu prüfen. Der Ziegenpassageversuch ist allerdings noch nicht ganz abgeschlossen; es wird daher später über sein Ergebnis berichtet werden.

Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der näheren Untersuchung von Tuberkelbazillen, die aus dem Schwein, der Ziege, dem Hund und Pferd gewonnen wurden.

Sodann wird noch über einen Fall von gleichzeitiger intra- venöser Übertragung von Tuberkelbazillen des Menschen und sub- kutaner Verimpfung von Tuberkelbazillen des Typus bovinus auf ein Rind berichtet werden.

Endlich findet noch das Ergebnis eines Versuchs der Über- tragung von Säugetiertuberkelbazillen auf Hühner Erwähnung.

Bei der Ausführung dieser Arbeiten wurde ich durch den früheren Assistenten des Instituts, Herrn Dr. Rothhaar, sowie durch Herrn Tierarzt Zell er unterstützt. Beiden Herren sei für ihre Mithilfe auch an dieser Stelle bestens gedankt.

Über einen Teil der vorliegenden Untersuchungen habe ich in summarischer Weise schon berichtet in einem Vortrag, den ich gelegentlich der 78. Versammlung der deutschen Naturforscher und Arzte in Stuttgart hielt.') Die vorliegende Veröffentlichung bringt für die dort aufgestellten Schlußfolgerungen die damals in Aussicht gestellten Belege.

I. Teil. Untersuchungen über die Rinder- und Menschen- Tuberkelbazillen.

Herkunft des Materials und Gewinnung der Kulturen.

(Hierzu TabeUe I.)

Das Material für die Gewinnung der Kulturen entstammte zum weitaus größten Teile dem hiesigen Schlachthof. Dem Vor- stand der Fleischbeschaukommission, Herrn Stadtdirektions- und

1) Yergl. Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 17. Jahrgang 1906. Heft 3.

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I. Stadttierarzt, Veteiinärrat K Osler, sei für die jederzeit bereit- willige und liebenswürdige Überlassung der Konfiskate auch an dieser Stelle verbindlichster Dank gesagt. Ferner wurden mir durch die Herren Stadttierarzt Dr. Rößle-Ulm, Stadttierarzt Hohl - Heilbronn, Schlachthofdirektor Schönweiler- Pforzheim, Stadttierarzt Dien er-Ravensburg Organe von tuberkulösen Kälbern zugesandt, wofür ich ebenfalls bestens danke.

Der Untersuchung dienten ebensowohl Fälle von Tuberkulose des Kalbes als des erwachsenen Rindes, und zwar beziehen sich 23 auf jenes, 13 auf dieses. Die anhangsweise beigegebene Zu- sammenstellung (Tabelle I) enthält nähere Angaben über den bei den verschiedenen Tieren aufgenommenen Schlachtbefund.^) Ich habe es unterlassen, alle untersuchten Fälle aufzuzählen, bei welchen

^) Aus den Schlachtbefunden der Kälber ist zu ersehen, daß die Tuber- kulose beim Kalbe sich nur selten auf ein Organ beschränkt, vielmehr die Neigung zum Fortschreiten bekundet. Unter den 23 Fällen von Kälber- tuberkulöse, die ich näher untersuchte, waren 21 mal die Leber, 17 mal die Milz, 7 mal die Lungen, 2 mal die Nieren, 23 mal die portalen, 19 mal die bronchialen und mediastinalen, 10 mal die Gekröslymphdrüsen makroskopisch ergrifien. Sofern nicht tuberkulöse Veränderungen leicht aufzufinden waren, wurden das Organ und die zugehörigen Lymphdrüsen in viele dünne Scheiben zerlegt Die Untersuchung des Darmes und seiner Lymphdrüsen geschah in 16 Fällen im Institut, in den übrigen 7 war er samt seinen Lymphdrüsen auf Grund der im Schlachthof vorgenommenen Untersuchungen als tuberkulosefrei bezeichnet worden. Eine Beteiligung der Leber war, wie sich aus der Statistik ergibt, fast in allen Fällen festzustellen ; in den beiden, für welche dieses nicht zutraf, waren die zugehörigen Lymphdrüsen tuberkulös. Bei sämtlichen Kälbern hat demnach das Virus die Leber passiert Dies ist ja an und für sich nicht verwunderlich, da ja dieses Organ von zwei Stromgebieten mit Blut gespeist wird und ihm von zwei Seiten her Tuberkelbazillen zugeführt werden können. Aber der Umstand, daß die Leber unter den 23 Fällen in 11 sicherlich die ältesten (verkalkten) Herde enthielt, ist immerhin beachtenswert; denn er zeigt, daß die Tuberkulose des Kalbes nicht allzu selten kongenitalen Ursprungs ist. Übrigens sage ich ja damit nichts Neues ; dennKlepp fand ja schon bei seinen im Jahre 1897 an nüchternen Kälbern angestellten Erhebungen unter den 847 im Monat Oktober geschlachteten 10 Stück = 1,18 Proz. mit kongenitaler Tuberkulose behaftet. (Vgl. Ostertags Zeitschrift für Fleisch- und Milch- hygiene, 7. Band, 1897, S. 68.) Mielach hat neuerdings (Deutsche Schlacht- und Viehhofzeitung 1907, Nr. 20, S. 288) Beobachtungen über Kälbertuberkulose veröffentlicht, aus denen ebenfalls die weitaus überwiegende Erkrankung der Leber hervorgeht In den sämtlichen 60 Tuberkulosefällen vom Kalbe, auf die sich seine Mitteilung bezieht, war jenes Organ ergriffen, und er hat in seiner Statistik 83,33 Proz. der Tuberkulosefälle auf eine Nabelinfektion zurückgeführt

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die Reinzüchtung versucht wurde, vielmehr nur diejenigen ange- führt, in denen sie gelang. Dies trifft unter den insgesamt 37 Rinder- fällen nur für 20 zu. Die Zahl der Fehlschläge ist also verhältnis- mäßig groß. Es erklärt sich dies ebensowohl aus den Schwierig- keiten, den die Kultivierung von Rindertuberkelbazillen an und für sich begegnet, als auch daraus, daß erst nach Erlangung einer gewissen Übung im Anlegen solcher Kulturen die größere Aussicht auf Elfolg geboten wird. In der Regel dienten tuberkulöse Darm- lymphdiüsen als Ausgangsmaterial. Von einer Reinzüchtung der Tuberkelbazillen direkt aus dem Rinderkörper wui'de gleich von vornherein Abstand genommen, weil das benutzte Material fiir ge- wöhnlich nur wenige Tuberkelbazillen enthielt, außerdem mit Misch- infektionen zu rechnen war, und endlich auch von fast allen auf diesem Gebiete tätigen Forschem die Uberimpfung der im Ursprungsmaterial enthaltenen Tuberkelbazillen zunächst auf Meer- schweinchen vorgenommen wurde, um sie sodann in Reinkultur aus dem Körper dieser Tiere zu gewinnen. Eine Änderung des Charakters der Kulturen bringt, wie ja allgemein angenommen wird, ein solches Verfahren nicht mit sich. Die Impfung der Meerschweinchen geschah teils auf subkutanem Wege, teils als intraperitoneale und intramuskuläre. Soweit mesenteriale Lymph- drüsen tuberkulös waren, wurden diese benützt, andernfalls eine portale, bronchiale oder mediastinale. Ein etwa erbsen- bis bohnen- großes Stück des Lymphknotens wurde mit einigen Kubikzentimeteni Bouillon zu einer Emulsion verrieben, und hiervon wurden ^j^ bis 1 ccm einverleibt.

Die Kulturen vom Menschen, die zum Vergleich dienten, waren in der Zahl von 10 aus verschiedenen Organen von zwei Kindern gewonnen worden. Nähere Angaben über diese Kulturen finden sich weiter unten. Eine weitere Kultur wurde aus dem Sputum eines lungentuberkulösen Patienten des hiesigen Olga- Krankenhauses reingezüchtet. (Tabelle IIa, Nr. 12 u. 13 u. Fußnote.)

Zur Gewinnung der Reinkulturen dienten Kniefalten-, Stenial-, Sakrallymphdrüsen oder die Milz des Meerschweinchens, je nach der Reichhaltigkeit an Tuberkelbazillen. Aus jedem Meerschweinchen wurden durchschnittlich sechs bis acht Kulturen angelegt; als Nähr- boden fär die Reinzüchtung wurde in erster Linie Rinderblutserum benutzt. Das Blut, mit der Hohlnadel aus der Drosselvene des Rindes entnommen, wurde in einem kühlen, dunkeln Raum aufgestellt, das

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Blutkoagulum nach einiger Zeit von der Wand des Glaszylinders mittelst eines sterilen Glasstabes losgelöst und so die Ausscheidung des Serums gefördert. Sofern das ausgeschiedene Serum ganz klar war, füllte man es mit steriler Pipette in sterile Reagenzröhrchen, worauf es entweder sofort in den starren Zustand übergeführt oder bis zum Bedarfsfall im Eisschrank aufbewahrt wurde. Die Erstarrung wurde bei einer Temperatur von 68^ 70^ C im Paraffinschrank herbei- geführt und dabei nach dem Vorgange von Vage des durch Ein- stellen einer mit Wasser gefällten Glasschale auf den Boden des Schrankes dafür gesorgt, daß die Erstarrung sich unter dem Einfluß von Wasserdämpfen vollzog. So ließen sich stets klare, durch- sichtige und genügend feste Serumnährböden gewinnen. Der Ver- schluß der Kulturröhrchen geschah mit Paraffin.

Außer Rinderblutserum benutzte ich auch solches vom Pferd, um vergleichsweise zu prüfen, ob etwaige Unterschiede bei der Züchtung auf dem einen oder anderen Nährboden sich ergeben. Ich möchte schon hier bemerken, daß dies nicht der Fall war. Ferner wurde zu orientierenden und vergleichenden Untersuchungen die Züchtung . auf Glyzerinserum (5% Glyzeringehalt), auf Glyzerin- kartoflFel und Glyzerinagar versucht. Stets dienten nur Rinder- semmkulturen, nicht aber auch von anderen Nährböden gewonnene, zur weiteren Prüfung der Stämme auf ihr kulturelles und pathogenes Verhalten.

Nachdem die Rinderserumkulturen sich gut entwickelt hatten, übernahm ich ihre Übertragung unter Benutzung eines Platinspatels auf zweiprozentige, leicht saure Glyzerinbouillon. Dies konnte manchmal mit der ersten Generation der Serumkulturen schon ge- schehen, meistens aber mußte im Interesse der Gewinnung eines gleichmäßigen und üppigen Kulturrasens eine weitere Übertragung auf neues Rinderserum vorgenommen werden.

Morphologie der Rinder- und Menschentuberkeibaziilen.

Theobald Smith hat zuerst auf morphologiBche Unterschiede zwischen den Tuberkelbazilien des Menschen und denjenigen des Rindes hingewiesen, sie aUerdings nicht als konstant genug erklärt, um sie für die Differential- diagnose verwerten zu können.

Vagedes erwähnt die auffaUende Kürze der Bazillen, die den von ihm geprüften Perlsuchtkultnren entstammten; diese kurze Form erhielt sich auch nach l!^jährigem Wachstum anf Serumnährböden.

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Beck charakterisiert die Rindertuberkelbazillen als kurz, oft dick mit •cfaarf ab^eflcfanittenen Enden, häufig keulenförmig; er hebt ihre Vielgestaltig- keit hervor gegenüber den vom Menschen stammendeni die meist lang und schmal und an ihren Enden zugespitzt seien.

Kossol, Weber und Henfi haben folgende morphologische Unter- scheidungsmerkmale aufgestellt: ,,Die menschlichen Tuberkelbazillen erscheinen in den Ausstrichpräparaten der zur Impfung verwendeten Glyzerinbouillon- kulturen als schlanke, unter sich meist gleichmäfiig gestaltete, den Farbstoff gleichmäßig aufnehmende Stäbchen. Dagegen zeigten die Perlsuchtkulturen dickere, plumpe, unregelmäßig gestaltete, den Farbstoff ungleichmäßig auf- nehmende Stäbchen. Häufig finden sich keulenförmige oder gekOmte, an die Diphtheriebazillen erinnernde Stäbchen; es ließ sich in den Perlsuchtpräparaten ein gewisser Pleomorphismus erkennen.*^

Die englische Tuberkulose-Kommission fand die Bazillen der Gruppe II, die dem Typus humanus an die Seite zu stellen wäre, in morphologischer Hinsicht den Perlsnchtbazillen völlig gleich, vorausgesetzt daß zum Vergleich Ausstriche aus Gewebe und aus Serumkulturen heran- gezogen wurden. Dagegen sollen die Bazillen der menschlichen Tuberkulose, auf anderen Nährböden gezüchtet, länger als die Tuberkelbazillen vom Binde erscheinen, besonders in der Länge mehr differieren, weniger regelmäßig gebogen und weniger einheitlich gefärbt sein. Der Grad dieser Unregelmäßig- keiten nach Länge, Verlauf und Färbung soll ungefähr der Üppigkeit des Wachstums entsprechen. Es würden also nach der Auffassung der englischen Kommission jene Unregelmäßigkeiten den Tuberkelbazillen des Menschen, die ja durch üppiges Wachstum sich auszeichnen, ganz besonders eigentümlich sein. Damit wäre aber auch der Gegensatz gegenüber Kossei, Weber und Heuß zum Ausdruck gebracht.

de Schweinitz und Schröder kamen bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß mit dem Alter der Kultur auch die Gestalt der Bazillen, namentlich was Länge und Dicke anbetrifft, wechsle. Dieser Auffassung steht diejenige von Eastwood gegenüber, der einen wesentlichen Einfluß des Alters der Kultur auf Form und Aussehen der Bazillen nicht festzustellen vermochte.

Möller fand den Perlsuchtbazillus durchweg schlanker als den Tuberkelbazillus vom Menschen.

Dorset, der die Tuberkelbazillen auf Eiernährböden züchtete und die so gezüchteten Tuberkelbazillen in morphologischer Hinsicht prüfte, vermochte scharfe Grenzen zwischen den Tuberkelbazillen vom Menschen und vom Rinde nicht zu ziehen.

Auch Autoren wie Arloing, Preisz, de Jong, Lydia Rabinowitscb, Dammann und Müssemeier, Eber u. a. sehen in der Gestalt und im färberischen Verhalten der Bazillen zu wenig differenzierte und zu inkonstante Merkmale, als daß mit ihrer Hilfe generelle und durchgreifende Unterschiede konstruiert werden könnten.

Es besteht demnach, wie sich aus dieser kurzen Literatur- zusammenstellung ersehen läßt, unter den Forschern dui*chaus keine

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Einheitlichkeit der Auffassung, und vor allem ist die Mehrzahl nicht geneigt, grundsätzliche morphologische Unterschiede anzuerkennen.

Gehe ich nun über zur Besprechung der Ergebnisse, welche die von mir in diesem Zusammenhang angestellten Untersuchungen lieferten, so möchte ich zunächst bemerken, daß die mikroskopische Untersuchung der nach der Ziehischen Methode gefärbten Ausstrich- präparate sich ebensowohl auf die im Ursprungsmaterial und in den tuberkulösen Herden der Impftiere vertretenen Bazillen als auch auf die aus Serum- und Glyzerinbouillon-Reinkultur zur Ansicht gebrachten erstreckte. Form und Aussehen der Bazillen ist ein anderes in den Ausstrichen aus tierischem Gewebe als in denjenigen aus Reinkulturen; in Beziehung auf die letzteren machen sich Ver- schiedenheiten in der Gestalt geltend, je nach dem Nährboden, der sie zur Entwicklung gebracht hat. Es ist also den Tuberkelbazillen eine gewisse Variabilität der Form eigentümlich. In den Ausstrichen aus Organmaterial der Kälber und erwachsenen Rinder fand ich neben verhältnismäßig kurzen, dicken, geraden, gleichmäßig ge- färbten Stäbchen auch längere und schlanke, leicht gekrümmte und unterbrochen geförbte. Im einen Fall (z. B. R. IX. und R. XII.) tiberwiegt die erstere Sorte, im zweiten (z. B. K. XXIII.) die letztere. Häufig, ja in der Mehrzahl der Fälle, fanden sich Bazillen der einen wie der andern Form nebeneinander. Auch bei den vielen Untersuchungen, die ich im Laufe der Jahre durchführte und die den Nachweis der Tuberkelbazillen im Auswurf oder im Eutersekret von Rindern zum Gegenstand hatten, fiel mir das nach Größe, Form und Färbung unregelmäßige Verhalten der Bazillen auf.

In den aus Serumreinkulturen hergestellten mikroskopischen Präparaten macht sich eine ausgesprochenere Einheitlichkeit geltend ; hier beherrschen die kurzen, verhältnismäßig plumpen, geraden und gleichmäßig gefärbten Elemente das Gesichtsfeld. Diese Neigung zur Bildung von kurzen Formen auf Serum, einerlei, ob dasselbe vom Rinde oder Pferd stammte, kam bei allen Stämmen in gleicher Weise zum Ausdruck.

Wesentlich andere Formmerkmale nehmen die Bazillen an, wenn sie von Serum auf Glyzerin-Bouillon verpflanzt werden: Die Gleichförmigkeit des Bildes geht verloren. Die Bazillen, verhältnis- mäßig dick und nicht selten an einem Ende kolbig aufgetrieben, sind sehr verschieden in der Größe; neben ganz kurzen, fastkokken-

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ähnlichen, kann man solche von mittlerer Länge und lange, selbst fadenförmige finden ; häufig sind die Stäbchen mehr oder weniger stark gekrümmt. Der Bazillenleib zeigt eine unterbrochene Färbung; ent- weder nur am einen oder anderen Ende oder in seinem Verlauf sind einzelne punktförmige Stellen gefärbt, so daß er ein strepto- kokkenähnliches Aussehen darbietet. Daneben sind vielfach gänzlich farblose Stäbchen vertreten.

Stelle ich diese mikroskopischen Bilder zur vergleichsweisen Betrachtung neben diejenigen, die mit Ausstrichen aus tuber- kulösem menschlichem Gewebe oder aus Reinkulturen mensch- licher Tuberkelbazillen gewonnen wurden, so springen gewisse unterscheidende Züge in die Augen; dies jedoch nur bei den aus Reinkulturen gewonnenen Präparaten. In Gewebsausstrichen unter- scheiden sich die Bazillen vom tuberkulösen Menschen keineswegs von den Perlsuchtbazillen. Die auf Serum gewachsenen Bazillen vom Menschen erscheinen durchschnittlich schmaler, schlanker und auch ziemlich gleichmäßig, jedoch nicht so satt geförbt wie die vom Rinde. In Ausstrichen aus Glyzerin-Bouillon ist das Bild insofern ein anderes, als die Bazillen in der Größe nicht so sehr auseinander gehen und durchschnittlich gleichmäßiger gefärbt sind.

Sucht man den Eindruck dieser Bilder festzuhalten bei der Entscheidung der Frage, ob der von einer Glyzerinbouillonkultur hergesteUte gefärbte Deckglasausstrich auf Grund der morphologi- schen Verhältnisse zum Typus bovinus oder humanus gehöre, so wird man bei derartigen Versuchen trotz eifrigen Bemühens manchen Fehltreffer zu verzeichnen haben. Die genannten differential- diagnostischen Merkmale sind eben zu wenig hervorstechend und schwerwiegend genug, um ein zuverlässiges und grundlegendes Urteil zu ermöglichen. .

Auf Grund meiner Untersuchungsergebnisse möchte ich daher den morphologischen Verhältnissen bei der Be- stimmung der Typenzugehörigkeit von Tuberkelbazillen kein allzugroßes Gewicht beilegen.

Wachstum auf künstlichen Nährböden.

Vergleichende Untersuchnngen des Wachstums der BoniUcnreinkalturen vom Rinde und vom Menschen haben verschiedene Forscher angestellt, und fast alle haben Unterschiede beobachtet. So erwähnt Th. Smith solche in erster Linie, und auch Beck betont das auffallend langsame Wachstum der Perl- suchtbazillen gegenüber den Tuberkelbazillen vom Menschen.

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Kosscl, Weber und Heaß, sowie neuerdings öhlecker sahen bei frisch gezüchteten Kulturen, soweit sie vom Menschen stammten, auf Glyzerin- Bouillon innerhalb zwei bis drei Wochen eine die ganze Oberfläche bedeckende und an der Kölbchenwand eroporklettemde, gleichmäßig dicke, faltige Haut sich bilden, wogegen die Perlsuchtbazillen spärlicher, langsamer und unzu- verlässig wuchsen und ihre Kultur auf Glyzerinbouillon als ein ganz feines, netz- oder scbleierartiges Häutchen die Nährbodenoberfläche überzog.

Lydia Rabinowitsch gibt im allgemeinen die schwierigere Züchtung und das langsame Wachstum der Rindertuberkelbazillen gegenüber denjenigen vom Menschen zu, beobachtete zuweilen aber auch das umgekehrte Verhältnis.

Auch Dammann und Müssemeier, Eber, de Jong gestehen solche Wachstumsunterschiede zu, halten sie aber mit Lydia Rabinowitsch nicht für konstant und durchgreifend genug, um typische Merkmale in ihnen zu erblicken.

Die englische Tuberkulosekommission konnte in kultureller Hin- sicht Gemeinsamkeiten finden für die Rindertuberkelbazillen und die Gruppe I der aus dem Menschen gezüchteten. Die ersteren wie die letzteren wuchsen nämlich übereinstimmend „dysgonisch", d. h. nur schwer auf künstlichen Nährböden. Jedoch verhielten sich die einzelnen Stämme nicht ganz gleich- mäßig; die einen gediehen nämlich rascher und reichlicher als die anderen. Extreme waren nach der einen und anderen Richtung zu beobachten, die allerdings durch Übergänge vermittelt werden. Der Klasse der dysgonischen Stämme stellen sie eine zweite gegenüber, deren Wachstum auf künstlichen Nährböden sie als „eugonisch'* bezeichnen und der sie die Gruppe 11 der menschlichen Tuberkelbazillen zurechnen. Die Grenze zwischen diesen beiden Klassen ist jedoch nach Ansicht der Kommission keine scharfe; nicht alle Angehörige der ersten Klasse sind gleichmäßig dysgonisch, es bestehen vielmehr Abstufungen, „so wide in each class that the least dysgonic of the former diifers slightly if at all from the least eugonic of the latter class"^. Die Unterschiede im Wachstum der Bazillen beider Klassen wären also nach der englischen Kommission nur graduelle, nicht prinzipielle.

Wenn ich im folgenden kurz meine Erfahrungen über die Wachstumsverhältnisse der Tuberkelbazillen vom Rinde und vom Menschen schildere, so möchte ich in erster Linie ganz allgemein hervorheben, daß es eine viel größere Mühe verursacht, Tuberkel- bazillen atfs dem Rinde zu züchten als aus dem Menschen. Des öfteren bleibt in einer Reihe von Serum-Röhrchen, auf denen man Reinkulturen des Rindertuberkelbazillenstammes zu erlangen hofft, eine größere Zahl ganz steril, während vieUeicht die Minderheit vereinzeltes Kolonienwachstum darbietet; ja nicht selten sieht man sich vor ein vollständiges Fehlergebnis gestellt. Bei positivem Ausfall bemerkt man auf dem erstarrten Rinderserum kleinste, miliare und submiliare, grauweiße, trockene Knötchen-Kolonien, die innerhalb 14 Tagen bis 3 Wochen sich entwickelt haben, bald

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irnr vereinzelt, bald in größerer Menge, je nach dem Gehalt des Aussaatmaterials an keimfähigen Elementen. Manchmal und namentlich dann, wenn die Kulturen von vornherein in Form eines Häutchens auf Serum gewachsen waren oder ein Häutchen auf dem Kondenswasser schwamm wurde schon die erste Serumgeneration auf 2 prozentige Glyzerinbouillon übertragen, meistens jedoch erst die zweite oder dritte.

Das Wachstum auf diesem flüssigen Nährm^dium ließ nun i. R. nicht zu verkennende Abweichungen zwischen den Tuberkel- bazillen vom Menschen und denjenigen des Rindes hervortreten. Die letzteren bleiben, was die Üppigkeit und Schnelligkeit des Wachstums anbetrifft, fast ausnahmslos hinter den ersteren zurück. Niemals sieht man jene borkig-faltigen, runzligen, trockenen, grau- gelben bis grauweißen Kulturbeläge, die innerhalb drei Wochen als zusammenhängende Rasen die Nährbodenoberfläche übei-wuchem und an der Glaswand emporklettem, nach Verpflanzung von Rinder- Serumkulturen auf der Glyzerinbouillon sich ausbreiten. So ge- wachsene Kulturen verraten vielmehr ihre Zugehörigkeit zum Typus humanus auf den ersten Blick und strafen die günstige Prognose, die man dem Leben des Impfkaninchens nach sub- kutaner Übertragung einer Menge von 1 cg Kultur von vornherein stellt, niemals Lügen.

Für die auf Glyzerinbouillon gezüchteten Rindertuberkel- bazillen ist die Langsamkeit und Dürftigkeit des Wachstums bezeichnend. Als zartes, schleierartig durchbrochenes Häutchen sieht man die eine Kultur, eine andere als seidenpapierdünne, zusammenhängende, durchsichtige Membran, die entweder, was seltener zutrifft, ganz glatt ist, oder meistens höckerige Erhebungen auf ihrer oberen und unteren Fläche trägt. Die Kohärenz des Häutchens scheint eine geringe zu sein, es genügen schon leichte Schüttelbewegungen, um es in Bruchstücke zerfallen zu lassen. Nicht selten wächst auch von vornherein an Stelle eines einzigen zusammenhängenden Häutchens eine Anzahl dünner Plättchen. In manchen Kulturen fällt die zentrale Partie des sonst dünnen Häutcheus durch ihr überwiegendes Dickenwachstum auf, das durch höckerig-leistenartige Streifen bedingt wird. Ein solches Wachstum tritt dann ein, wenn das als Saatgut benutzte Serumhäutchen beim Abheben von der Nährbodenunterlage zu einem Streifen, vergleich- bar einem geschlossenen Fächer, zusammengeschoben wurde.

Wenn nun auch ein zart und langsam sich entwickelndes Häutchen auf der einen, ein faltig-runzliges auf der andern Seite Zweifel über die Typenzugehörigkeit nicht werden aufkommen lassen, so können sie sich doch erheben angesichts von Kulturen, die sich von der einen oder anderen Wachstumsnorm entfernen. So hatte ich zu gleicher Zeit eine Kultur vom Rinde (K. 8) und eine andere vom Menschen gezüchtet (üterustuberkulose) im Brutschrank, für welche die Zuteilung zu dem einen oder anderen Typus dem subjektiven Ermessen preisgegeben war. Und doch gab der Kaninchenversuch sicheren Aufschluß dahin, daß die letztere Kultur dem Typus humanus zuzuzählen sei. Auch Gaffky erwähnt einen Fall von Meningitis tuberculosa bei einem Knaben, bei dem eine Infektion durch Rindertuberkelbazillen vermutet wurde und eine aus dem Meerschweinchenkörper gezüchtete Kultur den Ein- druck erweckte, als handle es sich um Bazillen des Typus bovinus; denn „der Bouillonbelag war auffallend dünn und zeigte keine Knötchen". Nach dem völlig negativen Ausfall des Kaninchen- versuchs mußte aber die Kultur doch dem Typus humanus zu- gerechnet werden; beide Kaninchen blieben vier Monate hin- durch völlig munter und nahmen bedeutend an Gewicht zu, auch zeigten die regionären Lymphdrüsen keine Spur von einer An- schwellung.

Allerdings hat man, um solche Aberrationen auf ihren wahren Wert zurückzuführen, den Einfluß des Nährbodens zu berück- sichtigen; denn es eignet sich, wie ja auch Kossei, Weber und Heuß hervorheben, nicht jeder Nährboden in gleicher Weise zur Kulturzüchtung. Aber auf der anderen Seite liegt der Ein- wand nahe, daß Unterschiede, die durch Modifikationen des Nähr- bodens verwischbarer und daher sehr labiler Natur sind, zur strengen systematischen Gruppierung sich nicht eignen. Man wird daher w^ohl, so möchte ich meine Erfahrungen über das kulturelle Verhalten der Tuberkelbazillen ab- schließend beurteilen, in den meisten Fällen imstande sein, auf Grund der Beobachtung des Wachstums der Glyzerinbouillonkultur, sofern sie aus dem Meerschwein- chenkörper gezüchtet und über Rinderblutserum geleitet wurde. Bestimmtes über die Typenzugehörigkeit auszu- sagen, in einzelnen Fällen w'ird dies aber nur unter Zu- hilfenahme des Kaninchenversuchs möglich sein.

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Virulenz der Rinder- und Meneohen-TuberkeJbazIllensttmme fQr Kaninchen

Bei der Betonung der Unterschiede zwischen Menschen- und Rindertuberkelbazillen wird von den Vertretern der Typentheorie der Hauptakzent auf die Divergenz in der krankmachenden Energie der beiderlei Bazillentypen gegenüber dem Kaninchen ge- legt. Wirft man einen Rückblick auf die einschlägige Literatur, so stößt man in der Tat auf viele, eine solche Auffassung stützende Versuchsergebnisse, und zwar schon in Experimenten aus jener Zeit, wo von wesentlichen und grundsätzlichen Differenzen zwischen den Tuberkelbazillen des Menschen und denen des Rindes noch nicht die Rede, ja, wo das Virus tuberculosum überhaupt noch kein morphologisch umschriebener Begriff war.

Schon Villemin hat bei seinen im Jahre 1865 ausgeführten Übertragung^s- versuchen tuberkulösen Materials von Menschen und von Rindern die über- legene und zuverlässig tötende Wirkung des letzteren gegenüber derjenigen des ersteren erfahren. £r kam durch seine und anderer Beobachtimgen zu der Annahme, „que le tubercule de Tespöce bovine inoculö anx lapins jouit d'une activit^ plus grande que celui de Thomme inoculö aux m§mes animaux'^

Langhaus verimpfte im Jahre 1867 tuberkulöses Material vom Menschen in die Conjunctiva von Kaninchen. Er konnte zwar bei der Mehrzahl der Impf- tiere lokale Knötchen und Infiltrationen beobachten, außerdem auch Knötchen in den Lungen, die er jedoch fast ausnahmslos als parasitäre anspricht. Von den sämtlichen Kaninchen starb während der ungefähr 80— 90tägigen Beo- bachtungszeit nicht ein einziges.

An den von Lebert und Wyß angestellten subkutanen Kaninchen- impfungen, soweit sie mit tuberkulösem Material vom Menschen geschahen, läßt sich deutlich die Erfolglosigkeit der Bemühungen, Tuberkulose bei den Versuchstieren zu erzeugen, erkennen.

Harms nahm im Jahre 1869 subkutane Impfungen mit tuberkulösem Material von Rindern bei 6 Kaninchen vor. Alle Kaninchen ohne Ausnahme erkrankten an allgemeiner Impftuberkulose.

Siedamgrotzky fütterte im Jahre 1870 Kaninchen mit tuberkulösem Material vom Rinde. Aus den genau aufgenommenen Sektionsbefunden geht der positive Erfolg in jedem der drei Einzelfälle überzeugend hervor.

Auch die von Leise ring und Zürn angestellten Fütterungs versuche mit Material vom Rind führten zu tuberkulöser Erkrankung der Versuchstiere.

Orth fütterte Kaninchen mit tuberkulösem Material vom Rinde und vom Menschen und war durch das Versuchsergebnis insofern überrascht, als die mit perlsüchtigem Material gefütterten Kaninchen fast ausschließlich er- krankten, sämtliche andere dagegen am Leben blieben.

Baumgartens im Jahre 1882 unternommenen Bemühungen, mit tuber- kulösen Substanzen von inenschlichcu Leichen durch subkutane oder intra- peritoneale oder intraokuläre Impfung Tuberkulose zu erzeugen, waren immer und immer wieder vergebliche, so daß er schon „dem ketzerischen Gedanken''

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Raam geben wollte, „daß am Ende die ganze Impftaberkulofie eine Ülasion sei^. Jedoch belehrten ihn Impfversnche, die er als intraokulare mit Material vom tuberkulösen Rind anstellte, bald eines andern. Ausnahmslos kam es bei diesen Versuchen nicht nur zur Augentuberkulose, sondern die Tiere erlagen alle nach drei, höchstens vier Monaten, einer generalisierten Tuberkulose, die „durch den Reichtum ihrer Eruptionen und die Konstanz ihres Gesamtbildes geradezu imponierte^.

Schuchardt impfte 14 Kaninchen in die vordere Augenkammer mit gleichem Material vom Menschen. Nur bei drei der Versuchstiere war eine allgemeine Wirkung, ein Übergreifen der Tuberkulose auf verschiedene Organe zu beobachten, während bei den übrigen lediglich ein lokaler Effekt erzielt wurde. Schuchardt betont noch ausdrQcklich, dafi die drei Kaninchen erst nach vertiältnismäßig sehr langer Zeit (117, 412, 496 Tagen) der allgemeinen Impftuberkulose erlagen, außerdem, daß die Tiere sich bis kurze Zeit vor dem Tode scheinbar wohl befanden und sich gut nährten. Schuchardt gibt seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Kaninchen sich der Prozeß auf das Auge beschränkte, trotzdem er im Ver- lauf der Versuche ungünstige äußere Bedingungen schuf, um damit die Empfäng- lichkeit der Tiere für die Infektion zu erhöhen.

Unter den neuerdings aufgenommenen vergleichsweisen Impf- versuchen zur Prüfung der Wirkung von Rinder- und Menschen- tuberkelbazillen seien nur einige angeflihrt.

Th. Smith, der als erster gewisse durchgreifende Verschiedenheiten morphologischer, kultureller und pathogener Art der menschlichen und Rinder- Tuberkelbazillen betonte, fand die Rindertuberkelbazillen für Kaninchen und Rinder viel virulenter als die vom Menschen.

Dinwiddie impfte tuberkulöses Material vom Rinde und vom Menschen auf Rinder, Schafe, Ziegen und Kaninchen; dabei zeigte sich das Rinder- material für diese Tiergattnngen virulenter als das andere.

Beck fand bei seinen Versuchen, daß nur selten nach subkutaner Ver- impfung menschlicher Tuberkelbazillen Veränderungen in den inneren Organen auftraten und dann hauptsächlich in den Nieren und Lungen; dagegen starben fast alle Kaninchen nach subkutaner Injektion von Perlsuchtkultur an einer Miliar- tuberkulose in Nieren, Milz, Leber, Lungen. Auch bei intraperitonealer, intra- okulärer und intravenöser Verimpfung konnte Beck eine entschieden höhere krankmachende Wirkung durch Rindertuberkelbazillen hervorrufen.

Unter den 30 Tnberkulosestämmen, 28 vom Menschen und 2 vom Rinde, die Vagedes untersuchte, zeichneten sich, wie aus den verschiedenen Impf- versuchen, besonders den subkutanen, am Kaninchen hervorgeht, die Rinder- stämrae durch ihre weit höhere Virulenz aus.

Auch Lydia Rabin owitsch, sowie D a m m a n n und Müsse- m e i e r bestätigen auf Grund einer verhältnismäßig großen Zahl von Kaninchen- Impfungen die weit höhere Virulenz der Rindertuborkelbazillen.

Dorset prüfte die Virulenz von zehn menschlichen und zwei Rinder- stämmen durch intravenöse Verimpfung an Kaninchen, wobei sich eine ent- schieden höhere Virulenz der letzteren feststellen ließ.

Zeltschrift für Infektionskrankheiten. IV, 3/4. 12

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Link hat mit genau abgewogenen and abgestuften Kulturmengen, fiteigend von 0|0001 bis 0,002 g, intraokuläre Impfungen an Kaninchen vor- genommen; neun Tiere wurden mit einer Kultur vom tuberkulösen Menschen, neun andere mit einer solchen vom Rinde geimpft. Als Ergebnis dieser Ver- suche machte sich ein unverkennbarer Unterschied in der Wirkung der beiden Kulturen bemerkbar insofern, als die mit Perlsuchtbazillen behandelten Ka- ninchen durchweg die schwersten Veränderungen darboten, gleichgültig, ob kleine oder große Dosen verwendet wurden.

Die von H eisler und von Fischer unternommenen Virulenzprüfungen ergaben, dafi die aus dem Kinde gezüchteten Tuberkelbazillen erheblich größere Schädigungen im Kaninchenkörper anrichten, als die vom Menschen stammenden.

Kossei, Weber und Heufi fanden konstante und prinzipielle Unter- schiede im Verhalten des Kaninchens gegenüber humanen und bovinen Tuberkel- bazillenstämmen. Sie sehen in dem Ausfall des Kaninchenversuchs bei Ver- wendung frisch gezüchteter Reinkulturen sowie bei Einhaltung einer be- stimmten Impfmethode und einer geeigneten Dosierung geradezu ein Gruppierungsmerkmal für die Znerkennung eines Stammes zum Typus bovinus oder humanus. Nur für besondere Fälle wollen sie ein überlegenes Reagens in dem Ausfall des Impfversuchs beim Rinde erblicken. Ihre Untersuchungs- ergebnisse, soweit sie sich auf das Kaninchen beziehen, legen sie nieder in folgenden Sätzen: „Die Bazillen des Typus bovinus, in einer Menge von 0,001 g intravenös injiziert, töten Kaninchen innerhalb drei Wochen; die Bazillen des Typus humanus, in derselben Menge injiziert, rufen zunächst keine auffallenden Krankheitserscheinungen hervor, erst nach Monaten zeigen sich Zeichen einer chronischen Tuberkulose, die am häufigsten in den Ge- lenken, Nieren, Lungen, Hoden lokalisiert ist. Die Bazillen des Typus bovinus, in der Menge von 0,01 g subkutan unter die Bauchhaut geimpft, rufen eine allgemeine, in verhältnismäßig kurzer Zeit zum Tode fuhrende Tuberkulose hervor, die der Bazillen des Typus humanus dagegen nicht.^

Über die Wirkung des Rindertuberkelbazillus beim Kaninchen spricht sich die englische Tuberkulose-Kommission im „Second Interim Report" zusammenfassend dahin aus: n'I'he bacillus of bovine tuberculosis, in the form either of culture or emulsion, when injected subcutan eously, intra- peritoneally or intravenously always produced a generalized progressive tuberculosis and that even, when given in a very small dose.^ Andererseits geht das Forschungsergebnis dieser Kommission über die „Gruppe II" der menschlichen Tuberkelbazillen, die dem Typus humanus entspricht, dahin: „It will se sufücient to say, that all the cases of Group II agreo in that, with certain exceptions the injection of the bacillus into the body of the rabbit gives rise to a limited retrogressive tuberculosis only, and not to a fatal generalized progressive tuberculosis such as is produced by the like injec- tion of the same dose, or even a much smaller dose, of the bacillus of bovine tuberculosis or of Group I.'' Es sei erwähnt, dafi jene Ausnahmen, von denen die Rede ist, sich auf Ergebnisse der intraperitonealen Impfung beziehen. Eine schon von verschiedenen Seiten vermerkte Tatsache ist es aber, dafi die Virulenzunterschiede gerade bei der intraperitonealen Impf-

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methode am wenigsten deutlich hervortreten, und vollends nicht, wenn eine Emulsion von tuberkulösem Organmaterial oder größeren Eni turmengen zur Impfung benutzt werden.

Im zweiten Teile des Kommissionsberichtes bestätigt Eastwood die in obigen Sätzen vertretene Anschauung, wenn er sagt: „Cultures, which are highly virulent for the bovine are also highly virulent for the rabbit", und femer: „Those bacilli of human origin, which are of low virulence for the bovine are also of relatively low virulence for the rabbit.^'

Tatewossianz, ein Schüler v. Baumgartens, prüfte 24 Stämme vom Menschen und 5 Perlsuchtstämme am Kaninchen. Die Impfung wurde vorwiegend intraokulär, und zwar absichtlich nicht mit Reinkulturen, sondern mit minimalsten Mengen tuberkulöser Produkte vorgenommen. In den Ver- suchen tritt die überlegene pathogene Wirkung der Perlsuchtstämme gegenüber denjenigen vom Menschen deutlich hervor, obwohl auch einige Stämme vom Menschen sich kaninchenvirulent verhielten. Tatewossianz ist jedoch nicht geneigt, den Ursprung der letzteren auf das Rind zurückzuleiten.

Öh lecker hat im Kaiserlichen Gesundheitsamt 50 Tuberkelbazillen- stämme, gewonnen aus ebenso vielen chirurgischen Tnberkulosefällen des Menschen, auf ihre Zugehörigkeit zum Typus humanus oder bovinus sehr ein- gehend geprüft und bei diesem Unternehmen ganz besonders den Kaninchen- versuch zur Entscheidung herangezogen. Zum Vergleich benutzte er zwei echte, ebenfalls . frisch gezüchtete Rinderstämme. Unter jenen bO aus dem Menschen gezüchteten Stämmen waren 45 Angehörige des Typus humanus, 5 des Typus bovinus. öblecker kommt zu folgendem Schlußergebnis, und zwar zunächst unter der Voraussetzung der subkutanen Impfmethode:

„Typus humanus: Das Allgemeinbefinden der Tiere wird durch die Impfung nicht gestört. An Tuberkulose stirbt kein Tier. Es tritt keine makroskopische Erkrankung der regionären Drüsen auf. Bei einem Teil der Tiere entwickelt sich nur ein Impfabszeß, bei einem anderen Teile entstehen noch Lungenherde von geringer Zahl und relativer Gutartigkeit. (Ein ver- einzelter Nierentuberkel mag als größte Seltenheit einmal vorkommen.)"

„Typus bovinus: Die Tiere nehmen nach der Impfung gewöhnlich an Gewicht ab; in der vierten bis fünften Woche läßt sich gewöhnlich eine Ver- größerung der regionären Drüsen, besonders der Achseldrüsen, durch Palpation feststellen. Die Kaninchen gehen meistens innerhalb 3—4 Monaten an gene- ralisierter Tuberkulose zugrunde. Bei der Sektion fanden sich außer dem Impfabszesse eine Verkäsung der regionären Drüsen, eine Erkrankung anderer Drüsen, eine mehr oder minder schwere Tuberkulose der Lungen und Nieren. Dazu kommen noch oft tuberkulöse Erkrankungen anderer Organe."

Für die intravenöse Impfung hat öblecker als Regel erkannt: „Werden Tuberkelbazillenkulturen in einer Dosis von Vioo ^S (Glyzerinbouillonkultur) intravenös auf Kaninchen verimpft und leben die Tiere über die fünfte oder sechste Woche hinaus, so handelt es sich um einen Typus humanus. Stirbt ein Tier in der fünften Woche und zeigt es bei der Sektion den angegebenen pathologisch-anatomischen Befund an Lungen, Nieren, Milz, Leber (und Herz), so handelt es sich um einen Typus bovinus."

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Gaffky hat 73 bzw. 74 Bouillonkultaren von aus dem Menschen ge- züchteten Taberkulosestämmen auf je zwei Kaninchen subkutan verimpft. In keinem einzigen Falle ist ein Kaninchen an Tuberkulose gestorben, zwei mit einem Perlsnchtstamme geimpfte Kaninchen gingen aber im Verlauf von vier Monaten zugrunde.

Aus der hier zusammengestellten Literaturübersicht, die übrigens keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, ist zu entnehmen, daß alle Forscher, die Kaninchen mit tuberkelbazillen- haltigem Material vom Rinde und Menschen bzw. mit Reinkulturen impften, Unterschiede in der Pathogenität feststellen konnten. Gleichviel, ob die künstliche Infektion auf diesem oder jenem Wege geschah, ob größere oder kleinere Mengen Impfmaterials benutzt wurden, stets war die Virulenz der Rindertuberkelbazillen vom Rind derjenigen vom Menschen gezüchteter überlegen. So mußte es denn von besonderem Interesse sein, der Frage näher zu treten, ob etwa aus dem tuberkulösen Rinde für das Kaninchen avirulente Stämme gezüchtet werden können. Das einwandfreie Gelingen eines solchen Nachweises müßte die Bedeutung des Kriteriums der Kaninchenpathogenität für die Typentrennung wesentlich erschüttern.

Eigene impfversuche mit Kaninchen.

(Hierzu Tabelle IL)

Bei der Auswahl der Kaninchen wurde mit peinlichster Vor- gicht vorgegangen, um die Störenfriede eines glatten Versuchs Ver- laufs, als welche namentlich die Kaninchenseptikämie und die Kokzidiose gelten, fernzuhalten. In der Hauptsache wurden Kaninchen aus eigenen Zuchten benutzt oder aus einwandfreien Bezugsquellen. Die etwa angekauften Tiere wurden jeweils vor der Impfung längere Zeit sorgfältig beobachtet und nur, wenn ganz gesund befunden, als Versuchstiere benützt. Der Fütterung wandte ich stets ganz besonderes Augenmerk zu. Die Grünfiitterung hielt ich fern, die Tiiere bekamen vielmehr nur Dürrfutter, femer Rüben und Hafer. Wie sehr gerade die Fütterung imstande ist, das Versuchsergebnis zu beeinflussen, haben einige Erfahrungen, die Rothhaar^) machen mußte, zur Genüge bewiesen.

Zur Impfling fanden in der überwiegenden Mehrzahl Glyzerin- Bouillonkulturen Anwendung; nur in einigen wenigen Fällen wurden

^) Die in meinem Institut angefertigte Arbeit von Rothhaar wird im Anschlufi an vorliegende Arbeit ebenfalls in dieser Zeitschrift erscheinen.

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Sertimkultaren benutzt. Keinem Zweifel kann es unterliegen, daß die ersteren als Impfinaterial vorzuziehen sind, schon deshalb, weil sie eine genauere Dosierung ermöglichen. Die Benützung von Serumkulturen war denn auch nur ein Notbehelf, entsprungen der Absicht, aus besonderen Gründen rascher über die Kaninchen- virulenz der Stämme orientiert zu werden. Stets wurde aber auch die Züchtung der so zur Impfung benützten Stämme auf Glyzerin- bouillon ausgeführt.

Nicht unterlassen will ich, hier zu bemerken, daß die Ver- wendung von Serumkulturen die Fehlerquelle einer Mischinfektion bei den damit geimpften Versuchstieren nicht vollständig aus- schaltet. Scheinbar üppig und ganz typisch gewachsene Serum- kulturen, in denen ein trockener, gleichmäßiger Belag die Nähr- bodenoberfläche überzieht oder die als graue, trockene, pünktchen- fbrmige Kolonien sich darstellen, können durch Kokken verunreinigt sein. Bei einer Färbung zum Zwecke der Veranschaulichung der Tuberkelbazillen förben sich in den Ausstrichen wohl diese, nicht aber die Kokken, welche, da es sich außerdem nicht selten um kleine Formen handelt, unbemerkt bleiben können. Um nur ein Beispiel anzuführen, so hatte ich in einem Falle aus einem Meerschweinchen verschiedene Serumröhrchen geimpft. Mehrere Kulturen waren durchaus rein; denn eine nachträgliche Übertragung auf Glyzerin- bouillon zeigte typisches Oberflächenwachstum auf der sonst klar gebliebenen Bouillon. Ein anderes Röhrchen schien ebenfalls eine Reinkultur zu enthalten, da eine trockene, gleichmäßige Haut das untere Drittel des Kulturfeldes überzog und das Kondenswasser völlig klar war. Die zwei daraus angelegten Glyzerinbouillon- kulturen waren aber schon am nächsten Tage getrübt und eine nähere Untersuchung der Stammkultur lieferte den sicheren Beweis, daß es sich um eine Mischkultur, bei der sehr kleine Streptokokken im Spiele waren, handelte. Wer das Wachstum der verschiedenen Kokken und besonders von gewissen Diplo- und kurzkettigen Streptokokken auf Serum kennt, wird sich erinnern, daß sie auf diesem Nährboden als kleinste, winzige, pünktchenförmige Kolonien wachsen können, die das Auge übersieht, oder die es trügen und zur Deutung als Tuberkelbazillenkolonien verführen.

Das Alter der verimpften Kulturen schwankte innerhalb ver- hältnismäßig weiter Grenzen zwischen 16 und 88 Tagen. Die Mehrzahl der Kulturen wurde im Alter von 4—8 Wochen verimpft.

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Im Einzelfall hing die Verwendung von der Wachstumsschnelligkeit der Kultur ab; die eine, rascher wachsende, lieferte früher, die andere später die nötige Impfmenge. Ein wesentlicher Einfluß des Alters der Kultur innerhalb der von mir beobachteten Grenzen war nicht zu konstatieren. Man findet dies bestätigt, wenn man z. B, das Ergebnis der Impfung von Kaninchen 21 in Betracht zieht, das mit einer 85tägigen Kultur subkutan geimpft wurde und nach 81 Tagen der Infektion erlag, während andererseits die nur 29 Tage alte Kultur vom gleichen Stamm, mit der Kaninchen 20 geimpft wurde, den Tod dieses Kaninchens erst nach 114 Tagen herbeiführte. Auch wenn ich die sonstigen Wirkungen verschieden- altriger Kulturen miteinander vergleiche, kann ich merkliche Unter- schiede in gedachter Richtung nicht finden.

Bei dem dürftigen Wachstum mancher Kulturen war es notwendig, den Ertrag mehrerer Erlenmeyerkölbchen abzuernten, um genügend Material zu erlangen. Die Trocknung der mit dem Spatel von der Nährflüssigkeit abge- hobenen Kultur wurde auf sterilem Fließpapier vorgenommen und solange fortgesetzt, bis die Kulturmasse keine feuchten Spuren mehr hinterliefi. Als- dann wurde die erforderliche Gewichtsmenge der Kultur, 1 cg. zur subkutanen, 1. mg zur intravenösen Impfung, auf einem tarierten Uhrschälchen abgewogen. Im Achatmörser geschah die Verreibung sehr sorgfältig; sofort nach ge- schehener Verreibung wurde die milchig getrübte Kulturemulsion mit der Spritze aufgesaugt, die etwa zurückgebliebenen Reste wurden aufgeschwemmt, verrieben und alsdann in die Spritze nachgesaugt. Diese Prozedur wurde mehrmals wiederholt, um sicherlich alles am Mörser und am Pistill noch haftende Kulturmaterial zur Verimpfung zu bringen. Das Gewicht der Mehr- zahl der geimpften Kaninchen betrug über 1500 g; nur in einigen Fällen war ich gezwungen, leichtere Tiere zum Versuche zu benützen.

Bei den Impfungen zog ich die subkutane Methode vor, deshalb, weil sie das pathogene Vermögen einer Kultur, ihre Fähigkeit, eine progrediente Tuberkulose zu erzeugen und auch etwaige Schwankungen in der Virulenz viel besser hervortreten -läfit, als die intravenöse oder intraperitoneale. Streng wurde in jedem Einzelfall die Vorsicht beobachtet, daß die Impfung in der Tat eine subkutane war, das Impfmaterial nicht etwa in die tiefen Schichten der Bauchwand gelangte und dadurch die Möglichkeit zum Durchbruch in die Bauchhöhle geboten wurde. Außer der subkutanen Impfung fand auch die intravenöse statt, jedoch wurde dann jeweils mit demselben Stamme stets auch ein zweites Kaninchen subkutan geimpft.

Um in erster Linie die subkutan geimpften Tiere zu berück- sichtigen, so erlagen alle, mit Ausnahme eines einzigen, auf das ich später noch zurückkommen werde, der Infektion. Die Dauer der Impfkrankheit war eine recht verschiedene, sie schwankte zwischen 29 und 138 Tagen und betrug durchschnittlich 75 Tage. Diese

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durchschnittliche Krankheitsdauer äbertriflFt die von Lydia Rabino- witsch angegebene bedeutend, ist etwa dreimal so groß als die von ihr auf 20 28 -Tage berechnete. Es müssen bei ihren Ver- suchen besondere Umstände die Verkürzung der Krankheitsfrist bedingt haben. Öhlecker berechnet die durchschnittliche Krank- heitsdauer für di^ von ihm mit Typus bovinus subkutan geimpften Kaninchen auf 70 Tage, eine Angabe, die mit der meinigen etwa übereinstimmt.

Ein Einfluß des Gewichts der Kaninchen auf die Dauer der Impfkrankheit, etwa in dem Sinne, daß die kräftigeren, schwereren Tiere länger am Leben geblieben wären als die leichteren, trat keineswegs hervor. So starb z. B. das 2930 g schwere Kaninchen 24 etwa nach derselben Zeit wie Kaninchen 2 mit einem Gewicht von 1360 g; Kaninchen 33, nur 1260 g schwer, starb erst nach 94 Tagen, während andererseits Kaninchen 17 mit einem Gewicht von 2830 g schon nach 38 Tagen der Impftuberkulose erlag.

Fast bei sämtlichen Versuchstieren war eine Gewichtsabnahme festzustellen und zwar meistens eine recht erhebliche, so daß sie schon bei der Besichtigung der Tiere als Abmagerung deutlich in die Augen sprang. Einige Kaninchen magerten geradezu bis zum Skelett ab; es gilt dies z. B. für Kaninchen 10, das, vor der Impfung 2590 g schwer, im Laufe der 138 Tage umfassenden Impf- krankheit 1340 g, also mehr als die Hälfte, 51,7 ^/q, seines Körper- gewichts verlor. Bei zwei Kaninchen (Kaninchen 33 und 35) war sogar eine Gewichtszunahme zu verzeichnen. Sie betrug bei ersterem 88 g, bei letzterem sogar 760 g. Als interessant wäre noch das Ergebnis der Impfung von Kaninchen 21 und 22 anzuführen, die, gleich schwer an Gewicht und unter denselben Voraussetzungen geimpft, etwa zu gleicher Zeit starben, auch ungefähr denselben Gewichtsverlust erlitten hatten. Daß dies aber keineswegs der Regel entspricht, lehrt schon ein Blick auf den Versuch mit Kaninchen 11 und 12, wo die Voraussetzungen in Beziehung auf Gewicht der Tiere und Impfung ebenfalls die nämlichen sind, der Tod beider Tiere am nämlichen Tage eintrat, jedoch der Gewichts- verlust erheblich differierte, bei dem einen Tiere 675 g, beim anderen 960 g betrug.

Fassen wir nun die Schädigungen ins Auge, die die Rinder- tuberkelbazillen im Kaninchenkörper anrichteten, so konnte bei sämtlichen Tieren eine generalisierte Impftuberkulose beob-

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achtet werden. An der Impfstelle bildete sich stets ein mehr oder weniger großer Abszeß, der zuweilen durchbrach und in ein Geschwür sich umwandelte. Stets waren die regionären Lymphdrüsen, in deren Quellgebiet die Impfstelle sich befand, ergriffen. Nach Öhlecker erkrankten bei der Impfung in der Regio pubis gleichzeitig mit den Kniefalten- auch die Achsellymphdrttsen. Für die drei Fälle, in denen die Kaninchen vorzeitig, innerhalb 12 bis 20 Tagen starben, kann ich dies bestätigen. Eine deutliche Verkäsung dieser Lymph- drüsen konnte erst bei den nach Verfluß von 20 Tagen verstorbenen Kaninchen beobachtet werden. Verhältnismäßig spät scheint der Prozeß auf die inneren Organe, in erster Linie auf die Lungen, überzugreifen. Bei den vier Kaninchen (Kaninchen 25, 5, 13 und 26), die nach 9, 20, 12 und 14 Tagen starben, waren die Innen- organe noch frei von spezifischen Veränderungen. Schon Villemin hat auf diesen langsamen Entwicklungsprozeß der subkutanen Impftuberkulose bei Kaninchen hingewiesen: „Lorsque les animaux sont sacrifi6s avant le quinzieme jour, il es rare qu'on constante des tubercules dans les organes; il s'ecoule donc entre le moment de rinoculation et celui de l'^ruption tuberculeuse un certain temps, qui nous a paru varier entre dix et vingt jours environ."

Ausnahmslos und stets am stärksten ergriffen waren die Lungen. Miliare bis stecknadelkopfgroße, zum Teil verkäste Knötchen, die mehr oder weniger dicht gedrängt in dem intakten Lungengewebe saßen, hielten sie besetzt. Nicht selten waren größere Partien oder gar die ganzen Lungen tuberkulös infiltriert, so daß sie einer starren, speckig-käsigen Masse glichen, an der nur noch die Form das Organ erkennen ließ, während man vergeblich nach Lungen- gewebe suchte. Zuweilen hatte der Prozeß auch auf das Lungenfell übergegriffen, und es war zu einer Verwachsung mit der Brustwand gekommen. In allen Fällen waren auch die bronchialen Lymph- drüsen mehr oder weniger weitgehend verkäst.

Nächst den Lungen folgten, der Häufigkeit der Erkrankung nach, die Nieren, deren Rindenschicht miliare, submiliare und bis zu erben- große tuberkulöse Knötchen beherbergte. Nicht selten war ferner die Milz betroffen, die eine melir oder weniger große Zahl von grauweißen Knötchen enthielt. Wie schon von Beck vermerkt w^rde, besteht ein gewisses wechselseitiges Verhältnis zwischen der Tuberkulose der Leber und Niere beim Kaninchen einer- und beim Mee^ schweinchen andererseits. Während man bei ersterem die Niereu

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fast stets ergriffen und die Leber frei findet, gilt für das Meer- schweinchen das umgekehrte Verhältnis als Regel.

Auch in den Darm waren nicht selten Knötchen eingelagert, die in der Submukosa ihren Sitz hatten; vor allem waren sie in dem blinden Ende des Coecum, im sogenannten Processus vermi- formis, vertreten, der ja eine einzige sehr große, flächenhaft aus- gebreitete Lymphdrüse darstellt. Ferner findet man sie im Sacculus rotundus, jenem mit weiter Mündung sich in das Coecum eröffnenden Endstück des Dünndarms, das, gleichfalls dick bewandet, durch einen reichen Lymphfollikelgehalt sich auszeichnet. Außer an jenen Darmabschnitten begegnete ich solchen Knötchen zuweilen auch im Dünndarm, im Grimm- und Mastdarm. Während ich diese Knötchen anfänglich kurzweg als tuberkulöse ansprach, zögerte ich später, aufinerksam gemacht durch Ö hie ck er s eingehende Untersuchungen, mit der Diagnose und erkannte ihnen tuberkulösen Charakter erst nach geführtem Bazillennachweis zu. Ich muß gestehen, daß dieser häufig gelang; auch Roth haar, dessen Augenmerk ich bei seinen späteren Untersuchungen besonders auf diesen Punkt hinlenkte, machte dieselben Erfahrungen.

Während alle Kaninchen in der Regel früher oder später abmagerten oder wenigstens mit fortschreitendem Alter keine Ge- wichtszunahme erfuhren, machte Kaninchen 35 eine Ausnahme, es blieb in gutem Nährzustande, und drei Monate nach der Impfung war es sogar um 760 g schwerer geworden. Dennoch war bei der nach dieser Zeit erfolgten Tötung auch im Körper dieses Kaninchens der Krankheitsprozeß schon ziemlich weit vorgeschritten: Die regionären Lymphdrüsen waren ergriffen, und die Lungen enthielten zahlreiche tuberkulöse Herde. Ohne Zweifel hätte auch bei diesem Tier die Tuberkulose einen tödlichen Verlauf genommen.

Zu besprechen sind noch die intravenösen Impflingen, wobei Reinkulturen in der Menge von 0,001 g benutzt wurden. Insgesamt kommen 11 Tiere in Betracht. Der Tod trat durchschnittlich inner- halb 22 Tagen ein, die längste Krankheitsfrist betrug 35, die kürzeste 13 Tage.

0hl eck er zieht aus seinen Versuchen den Schluß, daß die mit 1 mg einer Perlsuchtkultur geimpften Kaninchen mit .,tödlicher'' Sicherheit innerhalb drei Wochen zugrunde gehen. In dieser apo- diktischen Weise lassen sich aber nach Maßgabe der vorliegenden Versuche diese Aussagen nicht aufrecht erhalten; denn 3 unter

186

jenen 11 intravenös geimpften Kaninchen gingen erst nach 30 Tagen ein. Je länger die Tiere nach der Impfung am Leben blieben, um so mehr hatte die Tuberkulose um sich gegriffen. Am Kadaver der nach ungefähr 14 Tagen eingegangenen Tiere bestand nur eine Miliartuberkulose der Lungen, außerdem war die Milz mehr oder weniger erheblich geschwollen. Bei denjenigen Kaninchen dagegen, die vom 24. Tage ab starben, waren neben den Tuberkeln in den Lungen, die an Größe zugenommen hatten und teilweise konfluierten, auch in Milz und Nieren Knötchen vorhanden, ja sogar in der Leber; femer waren die portalen, die mesenterialen, die Kniefalten- und Ellenbogenlymphdrüsen geschwollen und mehr oder weniger verkäst. Ebenso gleichmäßig, aber wesentlich anders als bei der Ver- impfiing von Rindertuberkelbazillen war das Impfergebnis bei den- jenigen Kaninchen, die vom Menschen gezüchtete Kul- turen erhalten hatten. Ein Blick auf die Tabelle IIa, in der eine übersichtliche Zusammenstellung von 13 Kaninchenversuchen gegeben ist, läßt erkennen, daß nicht ein einziges der Impfung erlag. Sämtliche Tiere blieben nicht nur am Leben, sondern voll- ständig frei von Tuberkulose. Fast alle hatten bei der jeweils drei Monate nach der Impfung vorgenommenen Tötung an Gewicht zugenommen, einige sogar recht beträchtlich. Bei mehreren Ka- ninchen war die Impfstelle in einen bis hühnereigroßen Abszeß mit verhältnismäßig dicker Kapsel umgewandelt. Die Tuberkel- bazillen hatten also in loco nach Art eines Fremdkörpers einen Reaktionsprozeß des Gewebes ausgelöst, der ihr weiteres Vordringen verhinderte. In den Abszessen konnten in der Regel noch Tuberkel- bazillen nachgewiesen werden, die allerdings meistens im Zerfall begriffen waren. Bei verschiedenen Kaninchen war eine Reaktion an der Impfstelle ausgeblieben, oder wenigstens bei der späteren Tötung des Tieres von einer solchen nichts zu bemerken. Schon in meiner früheren Mitteilung habe ich ausdrücklich das gänzliche Freisein der regionären Lymphdrüsen bei sämtlichen mit Kulturen vom Menschen geimpften Kaninchen hervorgehoben und zwar für alle Fälle, gleichgültig, ob an der Impfstelle ein Abszeß zugegen war oder nicht. Öh leck er hat diesem Punkte bei seinen umfang- reichen Impfversuchen an Kaninchen mit Stämmen des Tj^pus humanus ein Hauptaugenmerk zugewandt, und er sieht in diesem Verhalten der regionären Lymphdrüsen geradezu ein differential- diagnostisches Unterscheidungsmerkmal des Typus humanus und

187

Typus bovinus. Meine üntersuchungsergebnisse bestärken eine solche Auffassung. Der Verlauf des Impfversuchs bei Kaninchen 1 , das mit tuberkulöser Gehirnhaut eines Knaben geimpft worden war, scheint ihr zu widersprechen, wie auch in diesem Falle der übrige Sektionsbefund sich wesentlich anders ausnimmt. Bei jenem Kaninchen waren die regionären Lymphdrüsen, die Achsel- und Ellenbogenlymphdrüsen, vergrößert und verkäst, die Lungen ent- hielten innerhalb einer entlang den scharfen Rändern verlaufenden, graui'oten bis braunschwarzen Zone eine größere Zahl von Knötchen ; die mediastinalen und Lungen-Lymphdrüsen waren geschwollen und partiell verkäst. Es hat also die Tuberkulose die Impfstelle über- schritten und auch die koiTespondierenden Lymphdrüsen in Mit- leidenschaft gezogen. Die sorgfältige Untersuchung ergab aber später einwandfrei, daß es sich nicht um eine reine Impftuberkulose handelte, sondern um eine Mischinfektion, unterhalten durch Kokken. In sämtlichen Kulturen, die aus dem Kaninchen wie auch in der Mehrzahl derjenigen Meerschweinchen, welche mit Ur- sprungsmaterial (Gehirnhaut) geimpft worden waren, gingen Kokkenkolonien auf. Durch wiederholte Meerschweinchenimpfung gelang es in der Folgezeit, den Tuberkulosestamm in Reinkultur zu gewinnen. Die beiden aus einer Glyzerin-Bouillonreinkultur mit einer Menge von 0,01 g subkutan geimpften Kaninchen (Kaninchen 1 und 2, Tab. Ha) waren bei der drei Monate nach der Impfung erfolgten Tötung und Sektion völlig frei von Tuberkulose. Dieses Beispiel lehrt, wie irreführend ein Impfergebnis bei aus- schließlicher Verwendung von Gewebsmaterial zur Impfung von Kaninchen sein kann, gleichzeitig auch, daß bei Mischinfektion durch Kokken diese für die Tuberkelbazillen die Wege ebnen, ihnen das Eindringen in die regionären Lymphdrüsen und das weitere Vordringen in das Innere des Körpers ermöglichen können. Kossei und Weber haben mederholt und neuerdings auch Öhlecker ihre Stimme erhoben gegen die Gleichstellung der Ver- suche, die mit Gewebsmaterial einerseits, mit Reinkulturen andererseits angestellt wurden. Bei ersterer Versuchsanstellung ist immer mit der Möglichkeit einer Mischinfektion zu rechnen, und der Verdacht einer solchen wird insbesondere dann aufkommen müssen, wenn tuberkulöses Gewebsmaterial vom Menschen nach subkutaner Einverleibung bei Kaninchen eine progrediente Tuberkulose hervor- rief, er wird solange bestehen bleiben, als nicht auch die subkutane

188

Verimpfang der aus dem betreffenden Gewebsmaterial gezüchteten Reinkultur in der Menge von 0,01 g dieselbe Wirkung erzielt hat •Öhlecker führt an, er habe von 28 unter den von ihm unter- suchten 45 Stämmen des Typus humanus bei den subkutan ge- impften Kaninchen Lungenherde gefunden, die sowohl durch ihren Sitz als auch ihre Beschaffenheit und ihre Armut an Bazillen bei völliger Unversehrtheit der Lymphdrüse sich deutlich von den typischen Tuberkeln unterschieden. Während ich derartige Herde bei den Kaninchen, die mit Stämmen aus einem Menschen ge- impft worden waren, stets vermißte, lernte ich sie bei zwei Kaninchen kennen, welche zur Prüfung eines aus dem Hunde ge- züchteten, sich ganz dem Typus humanus anschmiegenden Stammes gedient hatten. In den Lungen dieser Kaninchen (vgl. Kaninchen Nr. 267 und 278, Tab. Hd) fielen linsen- bis erbsengroße, grau- rote, die Oberfläche der Lungen überragende, gegen das gesunde Lungengewebe scharf abgesetzte, knotenförmige Einlagerungen auf, in die feinste, weiße Pünktchen eingestreut sich fanden. Auf dem Durchschnitt waren sie von gleichmäßig graurotem Aus- sehen, ihre Konsistenz war eine speckige, Zeichen von Verkäsung und Verkalkung fehlten. Sie fanden sich bei dem einen Kaninchen in der Zahl von 6, 1 am Vorderrand des Vorderlappens, diesen überragend, 1 im Mittellappen, 4 entlang dem stumpfen Rande des Hauptlappens der rechten Lunge. In der linken Lunge war nur je ein Knoten im Bereich des stumpfen Randes des Hauptlappens und ein solcher am Vorderrand des linken Spitzenlappens zu bemerken. Bei dem zweiten Kaninchen fand sich wiederum in der rechten Lunge ein Knoten am Vorderrand des Vorderlappens, einer am Vorderrand des Mittellappens, während die Partie im Bereich des stumpfen Randes frei war; in der linken Lunge war nur ein Knoten, der gerade über der Eintrittsstelle des linken Hauptbronchus in die linke Lunge seinen Sitz hatte, vertreten. Die zu den Lungen gehörigen Lymphdrüsen waren in beiden Fällen zwar leicht geschwollen, aber im übrigen intakt. Eine größere Anzahl von Ausstrichen sowohl aus den Knoten wie aus den Lymphdrüsen enthielt keine Tuberkel- bazillen. Es weichen also diese Knoten sehr wesentlich ab von den typischen Tuberkeln, und man könnte versucht sein, ihren Zusammenhang mit Tuberkulose zu bezweifeln, wenn nicht Öhlecker in derartigen Büdungen durch Meerschweinchenimpfungen den Nachweis von Tuberkelbazillen erbracht hätte.

189

Fasse ich die am Kaninchen gewonnenen Impfergeb- nisse kurz zusammen, so ergibt sich aus denselben, daß sämtliche aus dem Rinde gezüchteten Stämme bei sub- kutaner Verimpfung in der Menge von 1 cg eine fort- schreitende und tödliche Tuberkulose erzeugen, die vom Menschen stammenden dagegen nicht. Die Wirkung der letzteren geht nicht über die Impfstelle hinaus, ja es wird sogar auch hier eine Wirkung ganz vermißt. Die intravenöse Verimpfung von 1 mg einer Reinkultur von Rindertuberkelbazillen hat eine Tuberkulose progre- dienten Charakters zur Folge, die nach 2 5 Wochen zum Tode des Versuchstiers führt.

Übertragung von Tuberkelbazilien des Rindes auf zwei Pferde.

Abgesehen davon, den Grad der Empfänglichkeit des Pferdes für Rindertuberkulose festzustellen, wurde der Impfversuch beson- ders auch unternommen, um zu prüfen, ob etwa die Tuberkelbazillen im Körper des Pferdes, das ja verhältnismäßig selten von Tuber- kulose heimgesucht wird, eine Änderung ihres Charakters erfahren. Herr Direktor Dr. von Sußdorf stellte mir in liebenswürdiger Weise die Pferde zur Verfügung, wofür ich auch hier meinen ver- bindlichsten Dank zum Ausdruck bringe.

Ein 456 kg schweres, kräftiges Pferd von mittelmäfiigem Nährzustand erhielt am 20. Juli 1906: 0,002 g TuberkelbaziUen (aus Bouillonknltur R II vom 23. Juni 1906, also 28 Tage alt) in die linke Jugularvene eingespritzt.

Krankheitsverlauf: Die Temperatur, die vor der Impfung durch- schnittlich 38,7^ C betrug, bewegte sich 5 Tage nach der Impfung zwischen 40,1—40,3 ^ C, ging dann auf 39,8 » C und später auf durchschnittlich 38,6 » C zurück, um am vorletzten Tage vor dem Tode auf 40,1° C wieder anzusteigen. Während der ersten vierzehn Tage bis drei Wochen machten sich keine auffälligen Krankheitserscheinungen bei dem Pferde bemerkbar. Sein Gewicht betrug am 31. Juli 1906 458 kg, am 9. August 1906 fiel es auf 423 kg, am 16. August auf 418 kg (vgl. Tafel X, Kurve IV). Das Tier wurde zusehends hinfälliger, frafi schlecht, nahm auch wenig Getränk auf, die Atmung wurde immer angestrengter, Husten wurde aber nie gehört. Am Abend des 1. September, also 42 Tage nach der Impfung, verendete es.

Sektionsbefund: Kadaver sehr stark abgemagert, Dekubitus am linken Hilfthöcker. Beide Lungen in allen ihren Teilen dicht besetzt von snbmiliaren bis miliaren stecknadelkopfgroßen Knötchen, die so dicht bei- einander sitzen, daß von normalem Lungengewebe fast nichts mehr zu sehen ist. Die Lymphdrüsen, und zwar ebenso die bronchialen als mediastinalen, erheblich geschwollen. Lymphdrilsengewebe stellenweise von weicher Be-

- 190

schaffenheit, jedoch tuberkulöse Herde nirgends nachweisbar. Aufier an den Lungen sind nirgends Veränderungen sinnfällig.

Bakteriologische Untersuchung: In Ausstrichen aus Lunge un- zählige, fast ausschliefilich kurze, gleichmäßig gefärbte, an manchen Stellen in Haufen beisammen liegende Tuberkelbazillen. In den bronchialen Lymph- knoten, vorwiegend in denen mit erweichtem Gewebe, sind ebenfalls viele Tuberkelbazillen vertreten.

Mit einem etwa walnufigrofien LungenstUckchen wird durch Zusatz von etwa 10 ccm Bouillon eine Emulsion hergestellt und hiervon geimpft:

1. Ein Pferd subkutan mit 3 ccm,

2. drei Kaninchen subcutan mit je 2 ccm,

3. drei Meerschweinchen, das erste subkutan, das zweite intra-

peritonal und das dritte intramuskulär, mit je 1 ccm. Aus den nachfolgenden Tabellen ist das Nähere ersichtlich.

Impf tier

Impf- material

B a

0 kl p

am 5 ©'S

Co»« O

a Q H

-^ OB O

2 » c8

Sektionsbefund.

Pferd, IVj Jahr alt, Eisen- schimmel.

3 ccm Lungen- emulsion V. Pferd

sc.

an der

linken

Hals-

seite

2.9.06.

ge- lötet am 4.2.07.

An der Impfstelle^ ^st eine flache, hUhnereigrofie, im Unterhantbindegewebe sitzende, derbe, grauweiße Geschwulst. Dieselbe zeigt auf dem Durchschnitt bindegewebig-speckige Be- schaffenheit und gelbweiße verkäste Einsprengangen. In Ausstrichen aus diesen Herden nicht gerade viele, in der Hauptsache unter- brochen gefärbte Tuberkei- bazillen, zumeist kürzere Formen.

Die Lymphdrüsen des Halses, ebenso wie alle anderen, durchaus normal, auch sonst treten an dem Kadaver nirgends Krank- heitserscheinungen hervor.

1) Während der ganzen Zeit nach der Impfung trat nie eine Temperatur- steigerung auf, das Allgemeinbefinden des Tieres blieb ungestört. An der Impfstelle kam es bis zum 4. 9. 06. zu einer etwa handtellergroßen, teigigen Anschwellung, die am 27. 9. 06. etwa Faustdicke erreichte. In der Folgezeit bildete sie sich mehr und mehr zurück und wurde derber.

Mit einem bohnengroßen Stück Gewebsmaterials von der Impfstelle werden zwei Meerschweinchen (Nr. 222 und 230) intraperitoneal geimpft. Bei ihrer Tötung am 3. 9. 07. sind beide Meerschweinchen völlig frei von Tuberkulose.

191

Impf- tier

d CO

5 »'S

rt'O O

2 a>

Q H

^ pCO

Sektionsbefund

Kaninchen Nr. 145 Gewicht 1500 g

Kaninchen Nr. 96 Gewicht 1310 g

Kaninchen Nr. 117 Gewicht 1490 g

Mw.

Nr. 105

Gewicht

390 g

Mw.

Nr. 108

Gewicht

450 g

Mw.

Nr. 97.

2 ccm Lungen- emulsion V. Pferd

2 ccm Lungen- emulsion V. Pferd

2 ccm Lungen- emulsion V. Pferd

Emul- sion mit hasel- nuß- großem Stück aus Lunge V. Pferd 1 ccm

sc.

sc.

sc.

sc.

2.9.06.

t24.9. 06.

2.9.06.

3. 10.

06.

Ge- wicht 1000 g

2.9.07.

3. 12.

06.

Ge- wicht 1120 g

2.9.06.

ip.

im.

2.9.06.

2.9.06.

t 16. 10.

06. Ge- wicht 325 g

t 13. 11.

06. Ge- wicht 390 g

t 28./29.

9. 06. Ge- wicht

203 g

22 Tage

31 Tage

92 Tage

44 Tage

72 Tage

26 Tage

Abszeß an der Impf- stelle, subkutane Lymph- drüsen (Kniefalten-, Ellen- bogen,Sakrallymphdrüsen ) geschwollen, verkäst. Netz und das ganze Bauchfell sowie der Überzug der Baucheingeweide tuber- kulös; im Blinddarm sehr zahlreiche verkäste Knöt- chen. Tuberkulose der Nieren und der Lunge.

Abszeß an der Impf- stelle, subkutane Lymph- drüsen geschwollen und partiell verkäst. Im Blind- darm ein stecknadelkopf- großes Knötchen. Tuber- kulose der Lungen, Leber, Milz und rechten Niere.

Abszeß an der Impf- stelle, subkutane Lymph- drüsen geschwollen und verkäst. Tuberkulose der Lungen, Milz, Nieren, mesenterialen Lymph- drüsen und des Dünn- darms.

Bei sämtlichen Tieren generalisierte Impftuber- kulose.

192

Ergebnis der Impfversuche an Pferden. Die intra- venöse Verimpfiing einer verhältnismäßig geringen Menge von 0,002 g Tuberkelbazillen des Rindes war imstande, eine akute inner- halb kurzer Zeit tödlich verlaufende Miliartuberkulose hervorzurufen. Eine Abschwächung der Tuberkelbazillen des Rindes trat nach 42tägigem Verweilen in den Lungen des Pferdes nicht ein.

Bei subkutaner Verimpfung von Rindertuberkelbazillen hat sich der Pferdeorganismus refraktär verhalten: Der Prozeß blieb auf die Impfstelle beschränkt, und die Tuberkelbazillen wurden in loco langsam abgetötet bzw. bis zur Avirulenz geschwächt.

Übertragung von Rindertuberkelbazillen auf den Hund.

Hund, männlich, V4 J^r ^l^i Gewicht 3745 g.

Impfung am 2. Juli 1906 subkutan mit 0,005 g Glyzerin - Bouillonknltur R 2 vom 23. Mai 1906.

Verlauf der Impfkrankheit: Der Hund ist am Tage nach der Impfung traurig und magert weiterhin zusehends ab. An der Impfstelle bildet sich ein hühnereigroßer Abszeß, der am 16. Juli 1906 sich entleert. Alsdann bessert sich das Befinden des Tieres. Während der Monate Oktober und November erkrankte das Tier aufs neue, wurde matt und hinfällig; häufig stellten sich Hustenanfälle ein. Gegen Ende November besserte sich das Befinden des Tieres, der Husten wurde seltener und hörte schliefilich ganz auf; auch nahm das Tier an Gewicht wieder zu. Tötung am 27. Dezember 1906.

Sektionsbefund: Impfstelle bindegewebig verdickt. Obere Hals- lymphdrüsen und Achsellympdrüsen etwa bohnengroß, aber ohne spezifische Veränderungen. In den Lungen zerstreute, grauschwärzliche, meistens mit einem gelben Zentrum versehene, etwa hirsekom- bis stecknadelkopfgroße Knötchen, bronchiale und media8tinaleL3anphdrüsen geschwollen, aber ohne makroskopische spezifische Veränderungen. In sämtlichen übrigen Organen nichts Krankhaftes wahrnehmbar.

Bakteriologische Untersuchung: Weder in Ausstrichen ans Lungen- knötchen noch in den aus Lungenlymphdrüsen angefertigten Tuberkelbazillen nachweisbar. Mehrere Lungenknötchen werden mit steriler Bouillon verrieben und hiervon 1 ccm intramuskulär an ein Meerschweinchen (Nr. 251) verimpfL Ein zweites Meerschweinchen (Nr. 276) erhält 1 ccm einer Emulsion, hergestellt mit Gewebe aus Lungenlympbdrüse. Dieses starb am 23. Januar 1907, das erstere am 9. März 1907. Bei Meerschweinchen 276 waren tuberkulöse Ver- änderungen nur in geringer Zahl vorhanden, so daß die Vermutung nahe liegt, daß das Tier einer Mischinfektion erlag, bevor die Tuberkulose sich aus- breiten konnte. Die linke Kniefaltenlymphdrüse war vergrößert und verkäst, die linke Sakrallymphdrüse geschwollen, in der Milz ein Knötchen. Im mikro- skopischen Präparate aus linker Kniefaltenlymphdrüse zahlreiche kurze, dicke,

Zeitschrift f. Infekii

1

13

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X

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Kurve II.

Temperatur- ( - ) ^^^ Gewichts- ( ) Knr< der galaktoplior m

Tb. Typ. hnn»' «^ impften Knb. ;

i

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193

gut gefärbte Taberkelbazillen. Das zweite Meerschweinchen (Nr. 251) bot das Bild einer generalisierten, von der Impfstelle ansgebenden Tuberkulose. Von aus Meerschweinchen 251 (Sakrallymphdrüse) angelegten Rinderserumkulturen zeigten zwei Wachstum in Form eines dünnen, grauweißen, leicht granulierten, bäutchenartigen Belags. Von diesem wird am 11. April 1907 auf 2 % Glyzerin- bouillon übertragen. Am 10. Juni 1907 bedeckt den Nährboden ein seiden- papierdünnes, mattgraues Häutchen, das auf seiner Ober- und Unterfläche warzenartige Exkreszenzen trägt. In Ausstrichen aus dieser Kultur bietet sich ein formenreiches Bild: kurze Stäbchen wechseln ab mit langen, fast faden- fbrmigen, meist kommaähnlich gebogenen; nie findet man ein gleichmäßig satt gefärbtes Exemplar.

Impfung von Kaninchen: Am 15. Juli 1907 werden zwei Kaninchen mit je 0,01 g aus Glyzerinbouillonkultur vom 11. April 1907 subkutan geimpft Beide Kaninchen starben an einer generalisierten Impftuberkulose. Näheres siehe Tabelle Seite 194.

Ergebnis des Versuchs: Die Tuberkelbazillen vom Rind, in der Dosis von 0,005 g subkutan an einen Hund verimpft, ver- mochten bei diesem nur eine geringgradige Tuberkulose hervorzu- rufen. Durch einen 178tägigen Aufenthalt der Tuberkelbazillen im Körper des Hundes wurden die Merkmale des Typus hums^nus nicht im geringsten verändert.

6alaktophore Infektion eines Rindes mit Tuberkelbazillen des Menschen.

Impftier: Rind, hochträchtig, 27) Jahre alt, Gewicht vor der Impf nng 407 kg.

Impfmaterial: Eine innerhalb vier Wochen auf zweiprozentiger Gly- zerinbonillön gewachsene Kultur des Typus humanus. Dieselbe war mir von Herrn Regierungsrat Dr. Weber vom Kaiserlichen Gesundheitsamt in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt worden. (Die Kultur trug die Bezeichnung: Kultur Wagner vom 6. Oktober 1904.) Die gesamte Kultur, die etwa einer Menge von 0,02 g entsprach, wurde zur Impfung benutzt

Technik der Impfung: Am 6. November 1904 wird die Kultur in sterilem MOrser mit 10 ccm Bouillon verrieben und die Emulsion unter sterilen Kautelen durch den Zitzenkanal des linken hinteren Euterviertels injiziert Nach der Infusion wird das Euter kräftig massiert, um die' Impfflüssigkeit im Euter möglichst gleichmäßig zu verteilen.

Wirkung der Impfung: Am Tage nach der Impfung zeigt das Tier gesträubtes Haarkleid, seine Temperatur steigt auf 40,8^ C. Das geimpfte Enterviertel ist beträchtlich geschwollen, hart, heifi und schmerzhaft. Das AUgemeinbefinden des Tieres bleibt aber ungestört Am 19. November 1904 Geburt eines Kalbes, dem schon vom ersten Tage sämtliche Zitzen des mütter- lichen Euters zur Verfügung gestellt werden. Unter dem Einfluß des Saugen« des Kalbes geht die Schwellung des geimpften Viertels rasch zurück und es

Zeitschrift für Infektionskrankheiten. IV, 3/4. 13

194

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1 j R. IL 66

Nr.

SC.

0,01 15.

16. 155

An der Impfstelle ein

fPassaire- , Taire

265

g Juni

Nov. ! Tage

haselnußgrofier Abszeß mit

Hund)

Gew.

Tb. ; 1907

1907

dickkäsigem Inhalt. Knie- falten-. Ellenbogen- und

;

1200

Achsellympbdrüsen sowie die übrigen oberflächlichen

1

Lymphdrüsen vergrößert

1 1

und verkäst. Im Sacculus

1

rotundus und Blinddann-

fortsatz stecknadelkopf-

1

bis hanfkorngroße, grau- weiße Knötchen. Beide

1 1

,

(

Nieren enthalten innerhalb

1

der Binden- und Grenz-

1

schicht vereinzelte hinie-

, 1

l

komgroße, grauweiße

' 1

Knötchen. Lungen von

gelben, käsigen Herden

(

1

1

ganz und gar durchsetzt,

; 1

intaktes Lungengewebe

kaum noch vorhanden. Im

-

1

Ausstrich aus verschie-

1

denen Lymphdrüsen und

1

1 '

Organen kurze, gleich-

1 1 , 1

mäßig rot gefärbte Stäb-

1 1

chen.

2 -

66

Nr.

sc.

O.Ol

15.

30. > 169 '

1 i

Derselbe Befund wie bei

Tage

357

g

Juni

Nov. ; Tage

Kaninchen 265.

;

Gew.

Tb.

1907

1907'

1050 8

1 (

1

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1

fühlt sich nur noch an einigen Stellen knotig an. Die Lymphdrüsen haben ungefähr die Größe eines Hühnereies erreicht. Die Milchsekretion nimmt mehr und mehr ab, am 28. Dezember 1904 können nur noch etwa 2 ccm gelb- wäßrigen, von grobflockigen Gerinnseln durchsetzten Sekrets ausgemolken werden. In der Folgezelt schrumpft das Euterviertel, so daß sein Umfang unter den des entsprechenden anderseitigen nicht unerheblich zurückgeht. Das Allgemeinbefinden des Tieres hat während der ganzen Beobachtnngszeit keine nennenswerten Störungen erfahren. Sein Gewicht nahm fortwährend zu, erfahr nur eine physiologische Abnahme nach der Geburt, in der Folgezeit stieg aber die Gewichtsstufe wieder stetig an (vgl. Tafel X, Kurve II). Am 29. März 1905, also 143 Tage nach der Impfung, wird die Kalbin geschlachtet

195

Sektioasbefuiid (vgl. Fig. 1): Das geimpfte hintere linke Exttr-: viertel kleiner ala das rechte, auf dem Durchschnitt iticht die weifle Farbe dea erateren von der bräunlich gelben dea letsteren deutlich ab. SchnittflILtbe des geimpften Viertels hOckerig-kCrnig; hiraekorn- bia linaengrofie Knötchen, aus denen beim Ginechneiden ein gelblich - achmieriger Inhalt sich entleert, überragen die Schnittfläche. Stellenweise trifft man kleine verkalkte Herde.

V. y.

Fig. 1. Sagittalscbnitt durch die Mitte der Unken Euterhälfte des t bazlllen des Menschen infizierten Rindes. H. ■'. leimptt«, ipilsr alroplilicli gewordeDsi kaodiloi DrOienvIerl

Das Drttsengewebe ist zum grSBten Teile durch breite Bindegewebszflge ver- drängt; die linke retromammäre Lymphdrüse über Vjmal so groQ als die rechte, gl eichmä&ig geschwollen, aber ohne makroskopische spcziflBche Veränderung; an den inneren Organen keinerlei Zeichen von Tuberkulose.

Bakteriologische Untersuchung: Je zwei Meerschweinchen werden aus dem geimpften Euterviertel and der zugehSrigen Lymphdrüse geimpft. Sämtliche Tiere starben an Tuberkulose. Es haben sich also die Ba-

196

Zilien in dem Organ and seiner Lymphdrüse lebensfähig nnd virulent erhalten, obwohl die letztere ibakroskopisch nicht tuber- kulös ergriffen war.

Das zu der Kuh gehörige Kalb war am 5. Januar 1905, also 48 Tage alt, geschlachtet worden. (Temperatur- und Gewichtstabelle vgl. Tafel X, Kurve III).

Sektionsbefund: In der rechten, retropharyngealen Lymphdrüse mehrere opake, etwas über grieskomgrofie gelbliche Herde (die bakterio- skopische Untersuchung und der Meerschweinchenimpfversuch lieferten keinen Anhaltspunkt ftlr Tuberkulose). Die oberen, mittleren und unteren Hals- lymphdrüsen, femer die bronchialen und mediastinalen ohne Veränderungen. Die mesenterialen Lymphdrüsen, namentlich diejenigen des Anfangsdarmes, enthalten ohne Ausnahme verkäste Herde, teils in Strich-, teils in Punktform; einigesind schon in Verkalkung begriffen. Im Anfangsteil des Dünndarmes, etwa am Übergang vom Zwölffingerdarm zum Leerdarm ca. zehn Stecknadelkopf- bis linsengrofie, gelbe, verkäste Knötchen.

Mikroskopische Untersuchung: In Ausstrichen aus den Mesen- teriallymphdrüsen nnd Darmknötchen sind Tuberkelbazillen nachweisbar. Die beiden aus mesenterialer Lymphdrüse geimpften Meerschweinchen starben aa generalisierter Tuberkulose. Die aus den mesenterialen Lymphdrüsen ange- legten Serumkulturen gediehen üppig und wurden am 8. März 1905 auf Glyzerinbouillon übertragen, woselbst ein rasch und üppig wachsendes Häutchen schnell die Nährbodenoberfläche tiberwucherte. In den zur histologischen Untersuchung hergestellten Schnittpräparaten durch die mesenterialen L3rmph- drüsen waren neben Tuberkelbazillen auch Riesen- und Epitheloidzellen in reicher Zahl vertreten.

Ein am 7. April 1905 mit 0,01 g der Glyzerinbouillonkultur geimpftes Kaninchen war bei seiner Tötung am 27. Juli 1905 völlig frei von Tuberkulose.

Krltisehe Besprechang des laktiferen Infektionsyersnehs.

Die in das Euter der Versuchskalbin in großer Menge ein- gespritzten Tuberkelbazillen vom Menschen vermochten weder eine progrediente Tuberkulose noch eine typische Eutertuberkulose hervorzurufen. Dieses Ergebnis stellt sich demnach als gleichlautend demjenigen an die Seite, das Meyer bei seinen früheren, in meinem Institut angestellten Euterinfektionen erlangt hat, und es veranschaulicht einen sehr auflf&lligen und beweiskräftigen Gegensatz zu demjenigen, welches ein mit Tuberkel- bazillen vom Rinde unternommener Versuch lieferte. Die galak- tophore Verimpfung der letzteren führte innerhalb einer verhältnis- mäßig kui-zen Zeit zu einer sehr ausgedehnten Eutertuberkulose (vgl. Fig. 2) und zum Tode des Tieres infolge Intoxikation. Aus

den vei-schiedenen ira Institut angestellten laktiferen Infektions- versuchen habe ich den Schluß gezogen, daß die Rindertuberkel-

Fig. 2. Sagittalschoitt darch die Hitte der reehteo Enterhällle einer mit Tb. Typ.

hoT. JD das liandale DrUaenviertet (n.i'.) galaktophor geimpften Knb. Die dunkel-

gehalteBe Partie kenozeichnet das tLii>erknläs veränderte DrUsengewebe.

bazillen für das Rind viel virulenter sind als die menschlichen und daß die galaktophore Infßktion eine sehr geeignete Methode ist zur Demonstration der verschiedenen Wirkungen von Rinder-

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und Menschentuberkelbazillen. Mit dieser Schlußfolgerung scheinen sich die von der englischen Tuberkulosekommission erlangten Resultate in Widerspruch zu befinden. Diese Kommission hat ebenfalls „intramammary infections" (vermutlich nicht durch Ein- stechen in das Euter, sondern, wie sich aus dem übrigen Zusammen- hang ergibt, auf dem natürlichen Wege des Zitzenkanals) vorge- nommen. Im ersten Berichte, Seite 74, kleidet die Kommission das Ergebnis in die Worte: „Although only three experiments were performed, they are quite sufficient in number to show the similarity of the action of these virulent strains of human origin with the bovine strains in experimental tuberculosis of the udder.'* Bei näherer Prüfling der Versuchsanstellung und besonders des Impfmaterials ergibt sich folgendes: Benutzt wurden von der Kommission drei Kulturen, die eine bezeichnet als Hj^ „B. S.", die zweite als H,^ „F. S." und die dritte als Hgg „C- L." Von der ersteren wurden 994 000, von der zweiten 19 000 000 und von der dritten 20 000 000 Tuberkelbazillen in je zwei Euterviertel einer Kuh eingespritzt. Diese drei Kulturen waren menschlicher Ab- kunft und zwar stammte Kjo „B- S." von einem Fall von primärer abdominaler Tuberkulose, ebenso wie „H^^ „F. S.", Rjg „C. L.'* von einer Halsdrüsentuberkulose. Alle diese drei Stämme gehören zu denjenigen, welche erwiesenermaßen für Rinder und Kaninchen virulent waren. Sie tragen also unverkennbar den Typus bovinus zur Schau und mit Rücksicht auf ihre Abkunft ist dies auch er- klärlich. Was war nun der Erfolg der Euterinfektion? Virus Hio „B. S." erzeugte nur eine lokale, verhältnismäßig geringfügige Tuberkulose. Im zweiten Teil des „Second Interim Report" heißt es in bezug auf die mit diesem Stamm geimpfte Kuh: „In each of the inoculated quarters a few isolated tubercles, in an advanced stage of caseation, have been found", und weiter: ,,The cow died suddenly after parturition, 179 days after being inoculated,*' Also trotzdem nur eine geringe Eutertuberkulose erzeugt \^Tirde. fiel die Kuh, die eine geringere Virusmenge erhalten hatte als die beiden andern, der Infektion zum Opfer. In diesem Versuchs- ergebnis liegt wiederum eine Bestätigung für die giftige Wirkung gewisser (der Rinder-) Tuberkelbazillen vom Euter aus. Die beiden andern Stämme H^^ „F. S." und H28 ,X\ L." riefen eine stürmisch verlaufende Impftuberkulose hervor, beide Kühe wurden, dem Verenden nahe, getötet, und bei der Sektion fand man eine

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akute Tuberkulose des Euters und seiner zugehörigen sowie dei* Darmbein-Lymphdrüsen. Diese beiden Kühe erlagen also nicht etwa einer generalisierten Tuberkulose, sondern ebenso wie die von uns und auch von Nocard mit Rindertuberkelbazillen geimpften einer Tuberkuloseintoxikation. Man sieht aus dieser Darstellung der Versuchsverhältnisse, daß die oben wiedergegebene Schluß- folgerung, die die Kommission aus ihrem Versuch gezogen, in der Tat berechtigt zu sein scheint. Die drei vom Menschen gezüchteten Stämme verhielten sich wie Rinderstämme, und zwar deshalb, weil sie bovine Stämme waren.

Zur intramammären Infektion mit Stämmen vom Typus bovinus benutzte die Kommission 10 Kühe, die in 2 Euterviertel mit Virus B 1, 2, 3 und 4 geimpft wurden. Von diesen 8 Kühen wurden 6 „in a dying condition" getötet. Sämtliche intramammäre Infektionen er- zeugten Tuberkulose des Euters und der zugehörigen Lymphdrüsen, und in 7 Fällen war die Krankheit generalisiert.

Aus allen diesen Versuchen ergibt sich die hohe Virulenz der Stämme des Typus bovinus bei der galakto-

phoren Übertragung auf Rinder, auch derjenigen vom Typus bovinus, die vom menschlichen Körper rein- gezüchtet wurden. Das Ergebnis der englischen Tuber- kulosekommission bestätigt somit völlig das von uns erlangte.

Der bei dem Kalbe aufgenommene Schlachtbefund hat einwandfrei ergeben, daß die Tuberkelbazillen vom Typus humanus auf dem Fütterungswege künstlich auf das Rind übertragen werden können. Aber aus diesem Versuchs- ergebnis praktische Konsequenzen zu ziehen, geht m. E. nicht an. Man beachte: Dem Kalbe wurden vom ersten Lebenstage ab und während seiner 48tägigen Lebenszeit Tuberkelbazillen vom Menschen in großen Mengen zugeführt, ein solches Ereignis wird sich unter natürlichen Verhältnissen doch wohl kaum ab- spielen. Zudem hatten in einem anderen Falle, in dem ein Kalb in gleicher Weise mit Tuberkelbazillen vom Rinde gefüttert worden war (vgl. Meyer 1. c. Versuch III), die tuberkulösen Veränderungen einen höheren Grad erreicht, und der Prozeß war von einem nicht zu verkennenden fortschreitenden Charakter. Auch bei einem zweiten Kalbe, das unter natürlichen Verhältnissen von der eutertuberkulösen

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Mutter infiziert wurde (vgl. Kalb 8, Tab. I), beschränkte sich die Tuberkulose nicht nur auf den Darm und seine zugehörigen Lymph- drüsen, sondeiTi es waren auch die Lungen, die Leber und die Milz Sitz tuberkulöser Veränderungen. Wenn man dies und dazu noch die Tatsache berücksichtigt, daß bis jetzt Tuberkelbazillen vom Typus humanus beim Rinde noch nicht gefunden wurden, so kann man nach meinem Dafürhalten eine Infektion des Rindes durch Tuberkelbazillen vom Menschen wohl theoretisch, nicht aber praktisch vertreten.

Schluß im nächsten Heft,

(Aus dem Pathologischen Institut der Kgl. Tierärztlichen

Hochschule zu Dresden.)

Zur pathologischen Anatomie der Lungen wurm- krankheit (Lungenstrongylose) des Rindes.

Von Prof. E. Joest.

(Mit Tafel XI und XII.)

über die pathologische Anatomie der durch Strongylus micrurus bedingten Erkrankungen der Respirationsorgane des Rindes finden sich in der Literatur nur spärliche Angaben. . Die vorliegenden Arbeiten, zum Teil älteren Datums, beschäftigen sich hauptsächlich mit der Ätiologie, den Symptomen und der Therapie der Krank- heit, während die anatomischen Veränderungen meist nur kurz gestreift werden. Auch die Lehr- und Handbücher der Pathologie, pathologischen Anatomie usw., in denen die Strongylosen der Säuge- tiere gewöhnlich nicht getrennt, sondern zusammengefaßt abgehandelt werden, lassen nähere Angaben pathologisch-anatomischer Art ver- missen.

Dieser Umstand veranlaßt mich, die Ergebnisse einiger Untersuchungen über die pathologische Anatomie der sogenannten Lungenwurmseuche des Rindes hier mitzuteilen.^)

Im Jahre 1907, das sich durch einen ziemlich nassen Sommer auszeichnete, machte sich die Lungenwurmseuche des Rindes vieler- orts unangenehm bemerkbar. Im Königreich Sachsen, wo diese

*) Ich habe kurz bereits auf der am 17. November 1907 in Dresden ab- gehaltenen Herbstversammlung des Vereins sächsischer Bezirkstierärzte Mit- teilung über die von mir erhobenen Befunde gemacht. In dem in der Deutschen tierärztl. Wochenschrift 1908, Nr. 9, veröffentlichten Bericht über diese Versammlung sind meine Ausführungen in einzelnen Punkten nicht ganz zutreffend wiedergegeben.

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Krankheit bisher so gut wie unbekannt war, trat sie im Herbst in mehreren Bezirken unter dem auf der Weide gehaltenen Jungvieh auf. Auch in Thüringen wurde sie beobachtet.

Ich hatte Gelegenheit, sieben Fälle von Lungenstrongylose bei Jungrindem aus drei verschiedenen Beständen zu untersuchen, und zwar aus zwei Beständen (von zwei Jungviehweiden) im König- reich Sachsen und aus einem Bestände im Herzogtum Sachsen«Kobui^- Gotha. In allen Fällen wurde in den Bronchen Strongylus micrurus nachgewiesen. Der Parasit fand sich in der Mehrzahl der Fälle in so großer Zahl vor, daß die Bronchen fast vollkommen mit Wurmmassen ausgestopft erschienen. Vergleichsweise untersuchte ich femer einen Fall von Lungenstrongylose beim Reh, ebenfalls bedingt durch Strongylus micrurus, sowie Lungen vom Schwein mit Strongylus paradoxus in den Bronchen.

Im folgenden gebe ich zusammenfassend die Resultate meiner Untersuchungen beim Rinde.

Veränderungen an den größeren und nutüeren Bronchen.

Makroskopisch bemerkt man an den aufgeschnittenen Luft- wegen folgendes:

Die Trachea enthält meist nur einzelne ausgewachsene Exemplare des Parasiten, die in eine mäßige Menge schleimiger oder mehr schaumiger Flüssigkeit eingebettet sind. Die Schleim- haut der Luftröhre weist in der Regel makroskopisch erkennbare Läsionen nicht auf. Nur in einzelnen Fällen erschien die Schleim- haut leicht gerötet und etwas aufgelockert.

In den Hauptbronchen ist die Zahl der Würmer größer als in der Trachea, im übrigen bieten auch sie nichts Wesentliches.

Die mittleren Bronchen beherbergen die meisten Parasiten. Meist findet man hier dichte Massen geschlechtsreifer Strongyliden, die, wie vorstehend bereits bemerkt, das Lumen dieser Teile der Luftwege zum großen Teil oder vollkommen ausfüllen. Die Würmer liegen nicht eigentlich zusammengeknäuelt, wie mehrfach angegeben wird, sondern ausgestreckt, parallel dicht aneinander und sind von einer schleimigen oder schaumigen, leicht getrübten Flüssigkeit um- geben. Die Bronchialschleimhaut erscheint etwas aufgelockert, geschwollen und leicht gerötet; stellenweise zeigt sie auch Blut-

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punkte. Bronchiektasien, die von verschiedenen Autoren, als häufig bei der Lungenstrongylose der Haustiere vorkommend, erwähnt werden, habe ich in keinem der sieben Fälle beobachtet.

Auch in den kleineren Bronchen finden sich geschlechtsreife Würmer. In den kleinsten Bronchen dagegen habe ich niemals ausgewachsene Strongyliden, sondern nur Embryonen angetroffen.

Histologisch bieten die mit Strongyliden vollgepfropften mittleren und kleineren Bronchen folgendes Bild:

Das Lumen der Bronchen erscheint von zahlreichen, im Schnitt quer getroffenen geschlechtsreifen Strongyliden zum größten Teil ausgefällt Zwischen ihnen bemerkt man eine teils schleimige, teils feingranulierte, strukturlose Masse, die nur wenig Zellen (ab- gestoßene Bronchialepithelien und Leukozyten) einschließt.

Das Epithel der Bronchen ist. in seinem Zusammenhang ge- lockert und streckenweise von seiner Unterlage abgehoben. Einzelne Epithelien und ganze Büschel von solchen haben sich aus dem Zellverband gelöst, so daß an einzelnen kleineren Stellen das Epithel gänzlich fehlt. Wenn die Epitheldecke derart auch manche Defekte aufweist, so ist sie im allgemeinen doch noch erhalten. Form und Färbbarkeit der Epithelzellen, soweit sie sich noch in situ befinden, sind im allgemeinen leidlich gut. Einzelne Epithelien allerdings erscheinen etwas gequollen und lassen vakuolenartige Lücken in ihrem Protoplasma erkennen. Das Stratum epitheliale beherbergt zwischen seinen Zellen mäßig zahlreiche Leukozyten, in der Hauptsache eosinophile. Die Propria mucosae, besonders aber die Submukosa, erscheint stark zellig infiltriert. Massen von Rund- zellen, darunter zahlreiche Eosinophile beherrschen hier das Feld. Auch innerhalb der Muskularis, zwischen Längs- und Eingmuskel- schicht, treten Eundzellen auf. Die Muskulatur der Bronchen habe ich nie hypertrophisch gefunden; eher ei-schien sie mir verdünnt, atrophisch, zu sein. (Übrigens habe ich auch in dem Falle vom Reh eine Hypertrophie der Bronchialmuskulatur nicht feststellen können. Ich möchte auf diese letzterwähnte Tatsache aber weniger Wert legen, da es sich nur um einen einzelnen Fall handelt.) Die Knorpel der von den Strongyliden besetzten Bronchen sind un- verändert; das peribronchiale Gewebe erscheint zellig infiltriert. Die vorstehend beschriebenen Veränderungen traf ich in allen Fällen in etwa derselben Form, gleichviel welche von den im folgenden beschriebenen Veränderungen das Lungenparenchym aufwies.

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Nach dem Vorstehenden weisen somit bei der Lungen- strongylose des Rindes die mittleren und kleineren Bronchen eine Bronchitis catarrhalis auf. Im allgemeinen sind jedoch die entzündlichen Erscheinungen nicht sehr ausgeprägt; sie sind jedenfalls nicht so hochgradig, wie man von vornherein angesichts der starken Besetzung des Bron- chiallumens mit Würmern anzunehmen geneigt ist.

Veränderungen am Lnngengewebe.

Die Veränderungen die das Lungengewebe in den sieben untersuchten Fällen von Strongylose des Rindes darbot, waren ver- schieden. In der Hauptsache ließen sich makroskopisch drei Formen der Läsionen feststellen, die, so scharf sie sich in ihren Hauptmerkmalen unterschieden, doch bei näherer Untersuchung zum Teil Übergangsstadien erkennen ließen. Diese di-ei Formen präsentierten sich unter dem Bilde eines akuten alveolären Emphysems, eines interstitiellen Emphysems, vergesellschaftet mit beginnender Pneumonie und einer ausgebildeten Pneumonie.

Akutes alveolires Emphysem.

Makroskopiseher Beftind. Die Pleura ist ohne Sonderheiten. Die Lunge erscheint lobulär oder im Bereich größerer Teile einzelner Lappen oder selbst, wie in einem Falle, im Bereich eines ganzen Lappens (vorwiegend sind die Zwerchfellappen betroffen) mangelhaft retrahiert, also voluminöser als normal. Ihre scharfen Ränder sind abgestumpft, ihre Farbe ist nicht rosarot, sondern blaß-grauweißlich und etwas perlmutterglänzend. Die Konsistenz dieser Partien ist pufftg-elastisch, dabei mäßig prall, sie sind stark knisternd. Die Schnittfläche zeigt die gleiche blasse Beschaffenheit wie die Oberfläche. Das interstitielle Gewebe ist nicht verändert (kein sub- pleurales und interstitielles Emphysem), Das eigentliche Lungen- parenchym macht, da Alveolengänge und Alveolen in Gestalt kleiner Bläschen deutlich sichtbar sind, einen ausgeprägt schwammigen Ein- druck. Die Schnittfläche ist blutarm. Das Lumen sämtlicher auf der Schnittfläche sichtbaren Bronchen ist mit Strongyliden voll- ständig ausgefüllt.

Histologischer Befand. Die Alveolengänge und Alveolen sind

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erweitert, im übrigen leer (also Infthaltig). Die rundliche oder poly- gonale Form der Alveolen ist im allgemeinen erhalten, ihre Er- weitening ist ziemlich gleichmäßig. Die Alveolarsepten zeigen keine starke Verdünnung und keine Defekte, wie wir es beim eigent- lichen, chronischen Emphysem sehen. Exsudat ist in den Alveolen nirgends enthalten^).

Wir haben es hier mit einem Zustand zu tun, bei dem die Alveolen durch Luft über die Norm erweitert und ausgedehnt sind, bei dem aber ein Schwund der Alveolarwände und -septen nicht vorliegt. Gleichzeitig besteht infolge des Druckes der in vermehrter Menge in den Alveolen vorhandenen Luft auf die Gefäße der Alveolarwände und des interalveolären Gewebes Anämie. Man bezeichnet einen Zustand, wie er hier vorliegt, bekanntlich als akute Dilatation der Alveolen oder als akutes alveoläres Emphysem.

Interstitielles Emphysem und beginnende Pneumonie.

Makroskopischer Befand. Die Pleura ist auch hier un- verändert, jedoch weist sie, oft über ganze Lungenlappen aus- gebreitet, zahlreiche hirsekorn- bis linsengroße Luftbläschen im subpleuralen Gewebe auf. Das Volumen der Lunge ist geringgradig vermehrt; ihre Farbe ist im allgemeinen graurosa; sie ist teils stark knisternd, teils etwas derber als normal.

Die Schnittfläche zeigt als auffälligste Erscheinung im Bereich ganzer Lappen (in einem Falle im Umfang der ganzen Lunge) zahlreiche Luftbläschen von Hirsekorn- bis Erbsengröße im interlobulären Bindegewebe, die sich, entsprechend den Zügen des Literstitiums reihenweise (perlschnurartig) anordnen. Die Lungen- läppchen sind durch die Luftblasen etwas auseinandergedrängt. Die Bronchen sind mit Strongyliden vollgepfropft.

Während die meisten Läppchen gleichmäßig lufthaltig sind, weisen einzelne Lobuli oder Lobuligruppen auf der Schnittfläche in ihrem Innern multiple, sehr kleine, submiliare oder miliare, unscharf begrenzte, hellgraue, dichtere Stellen auf, die knötchenförmig etwas

') Genau das gleiche makroskopische und histologische Bild bieten auch die geblähten, weißlichen, perlmutterglänzenden Partien am scharfen Rande der Lunge des Schweines bei der Anwesenheit des Strongylus paradoxus in den Bronchen. Auch hier haben wir lediglich ein akutes alveoläres Emphysem (eine akute Dilatation der Alveolen) vor uns.

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über die Schnittfläche hervorspringen. Die Natur dieser Stellen läßt sich makroskopisch nicht näher bestimmen.

Histologlseher Befand. Im subpleuralen und interlobulären Bindegewebe finden sich zahlreiche, den Luftbläschen entsprechende leere Räume von verschiedener Größe. Diese Räume haben keine besondere Auskleidung; sie sind erweiterte Bindegewebslücken, Femer weist das interstitielle Bindegewebe in der Nähe der Luft- blasen, besonders der umfangreicheren von ihnen, nicht selten er- weiterte, mit Lymphe gefüllte Lymphräume auf. Diese finden sich zwischen den Gasblasen da, wo durch sie eine starke Dehnung der übrig gebliebenen Teile des Literstitiums herbeigeführt wurde.

Infolge des Druckes, den die größeren Luftblasen auf das benachbarte Lungenparenchym ausüben, erscheinen die den mit Luft stark gefüllten Teilen der interlobulären Bindegewebszüge zunächst liegenden Alveolen (also die in der Peripherie der Lobuli gelegenen Alveolen) komprimiert, so daß sie nur noch enge, spalt- förmige Räume darstellen oder ihr Lumen gänzlich eingebüßt haben (Kompressionsatelektase).

Innerhalb der Läppchen bemerkt man, den bereits makro- skopisch erkennbaren, kleinen hellgrauen Stellen entsprechend, ver- dichtete Partien im Lungenparenchym. Im Zentrum dieser Verdichtungsherde liegt stets ein Bronchiolus. Das Lumen des- selben erscheint mit Exsudat angefüllt, das in der Hauptsache aus polynukleären Leukozyten besteht, denen sich abgestoßene Epi- thelien und eine feingranulierte, mit Eosin blaßrötlich gefärbte Masse (Serum) beimischen. Neben diesem Exsudat treflfen wir in den Bronchiolen außerdem gewöhnlich noch zusammengerollte oder gebogene Strongylidenembryonen an. Das einschichtige kubische Epithel der Bronchiolen ist oft noch erhalten, oft dagegen ist es abgestoßen oder in Abstoßung begriffen. An den Stellen, an denen das Epithel verloren gegangen ist, bemerkt man bisweilen eine ungleichmäßige Wucherung der Bindegewebs- und Muskelschicht in das Lumen des Bronchiolus hinein (Taf. XI, Fig. 2). Eine konzentrische Hypertrophie der Muskularis der Bronchiolen habe ich nicht beobachtet.

Von besonderem Interesse ist der Befund, den ich in den Präparaten eines Falles (mit besonders hochgradigem interstitiellem Emphysem) machen konnte. In diesem Falle erschienen an zahlreichen mit Exsudat und Wurmembryonen angefüllten

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Bronchiolen Bindegewebs- und Muskelschicht an einer Stelle (anscheinend da, wo schon vorher das Epithel sich ab- gestoßen hatte) durchbrochen, derart, daß hier das Exsudat des Bronchiolus samt den in ihm enthaltenen Wurm- embryonen in die benachbarten Alveolen und das inter- alveoläre Gewebe sich ergossen hatte. (Taf. XI, Fig. 1 u. 2.) Da an solchen Durchbruchsstellen regelmäßig Wurmembryonen in der Ein- oder Mehrzahl in dem aus dem Bronchiolus ausgetretenen Exsudat anzutreffen waren, so gewann ich die Überzeugung, daß die Strongylidenembryonen selbst die Perforation der Bronchioli herbeigeführt haben mußten.

Bei den Bronchiolen, bei denen der Durchbruch der Embryonen in das Lungenparenchym soeben erst erfolgt sein mußte (Taf. XI, Fig. 1 u. 2), bemerkte man, abgesehen von den gerade durch den Ein- bruch der Exsudatmassen betroffenen Alveolen, noch keine weiteren Veränderungen. In anderen Fällen aber, in denen seit dem Ein- bruch schon eine kurze Zeit verflossen war, erschien eine Anzahl von Alveolen rings um den Bronchiolus mit Exsudat angefüllt, das im allgemeinen die gleiche Zusammensetzung besaß, wie das Exsudat der Bronchiolen, d. h. es bestand in der Hauptsache aus Leukozyten sowie spärlichen Epithelien und einer feingranülierten. strukturlosen Masse (Serum). Die Leukozyten waren größtenteils polynukleäre Neutrophile, zum Teil aber auch Eosinophile. Außer- dem bemerkte man in einzelnen Alveolen auch Wurmembryonen. Diese rings um di^ veränderten Bronchiolen gelegene, mit Exsudat aogefüllte Gruppe von Alveolen entspricht den schon makroskopisch wahrnehmbaren kleinen hellgrauen, verdichteten Stellen innerhalb der Lobuli.

Es handelt sich hier um zweierlei: Einerseits um ein aus- geprägtes, über größere Abschnitte der Lunge sich erstreckendes interstitielles (und subpleurales) Emphysem, andererseits um eine beginnende Pneumonie, die von den im Zustande katarrhalischer Entzündung befindlichen Bronchiolen aus- geht und die deshalb als Bronchopneumonie aufzufassen ist. Diese Pneumonie kommt in der Hauptsache dadurch zu- stande, daß die Wand der erkrankten Bronchiolen (wahr- scheinlich von den in ihrem Lumen anwesenden Strongy- lidenembryonen) durchbrochen wird, und daß so das Exsudat samt den Parasiten in das benachbarte Lungen-

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parenchym eindringt*) (Taf. XI, Fig. 1 u. 2). Vielleicht spielen bei der Entwicklung der Pneumonie auch Bakterien eine Rolle. Ihrem Charakter nach ist die Pneumonie als eine katarrhalisch- eitrige zu bezeichnen. Die Pneumonie tritt lobulär auf; denn sie macht sich an einzelnen Lobuli bemerkbar, während das Paren- chym benachbarter Läppchen, abgesehen von der oft in ihrer Peri- pherie bestehenden Kompressionsatelektase, sich noch normal verhält.

Ausgebildete Wurmpneumonie.

Makroskopischer Befand. Die Pleura ist, abgesehen von einem in den meisten Fällen vorhandenen subpleuralen Emphysem, ohne Sonderheiten. Pleuritis habe ich auch bei ausgebildeter Wurm- pneumonie nicht beobachtet. Das Volumen der Lunge ist etwas vermehrt; ihre Farbe ist graurot bis grau. Sie fühlt sich derb an, jedoch in der Regel nicht gleichmäßig derb. Im Anfang be- sitzen nur einzelne Läppchen und Läppchengruppen vermehrte Konsistenz; in vorgeschritteneren Stadien dagegen zeigen größere Partien derbe Beschaflfenheit. Auch hier pflegen indessen noch immer einzelne Lobuli oder Gruppen von solchen elastisch zu bleiben. Eine diffuse Hepatisation der ganzen Lunge oder ganzer Lappen derselben habe ich in den von mir untersuchten Fällen nicht beobachtet.

Die Schnittfläche zeigt meist subpleurales und interstitielles Emphysem in derselben Form, wie oben beschrieben. Die einzelnen Läppchen weisen entweder multiple kleinere oder größere, vielfach zusammenfliessende, graue, knötchenartig geringgradig über die Schnittfläche prominierende verdichtete, derbe Stellen auf, wie ich sie in ihrem Anfangsstadium oben bereits beschrieb, oder er- scheinen in toto gleichmäßig grau verdichtet und derb. Diese Partien der Lunge sinken in Wasser unter. Die Bronchen er- scheinen mit Strongyliden vollgepfropft. In dem von der Schnitt- fläche mit dem Messer abgestreiften Saft finden sich stets neben zahlreichen Zellen vereinzelte Strongylidenembryonen.

^) Ich wUl nicht gesagt haben, daß die Pneumonie ausschließlich auf den Dorchbruch der Wand der Bronchiolen zurückzuführen ist Es ist natürlich auch möglich, daß sie zum Teil die Folge des kontinuierlichen Fortkriechens der Entzündung der feineren Luftwege bis in die Alveolen dar- stellt; denn die Embryonen können ja (aktiv oder passiv) schließlich vielleicht auch bis in die Alveolen eindringen.

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Histologischer Befand. Die histologische Untersuchung der verdichteten Lungenpartien zeigt allgemein die kleinsten Bronchen und Bronchiolen mit einem in der Hauptsache aus polynukleären Leukozyten, abgestoßenen Epithelien und Strongj'^lidenembryonen bestehenden Exsudat ganz oder großenteils angefüllt. Das Lungen- gewebe läßt seine typische Struktur nur noch andeutungsweise er- kennen. In den Alveolen finden sich stets neben dem Exsudat, das ich gleich näher besprechen werde, mäßig zahlreiche Strongy- lidenembryonen (Taf. XII, Fig. 3 u. 4). Ich will ausdrücklich betonen, daß ich im Lungenparenchym des Rindes niemals so viele Embryonen angetroffen habe, wie bei der eben- falls durch Strongylu micrurus bedingten Wurmpneumonie des Rehes. In Furchung befindliche Eier, die man beim Reh in so großer Zahl in den Alveolen sieht, habe ich in den von mir untersuchten Fällen von Lungenstrongylose des Rindes in den Alveolen nicht gefunden.

Das Exsudat, das sich neben den Wurmembryonen in den Alveolen findet, kann nicht nur in den einzelnen Fällen, sondern auch an differenten Stellen ein und derselben Lunge verschieden sein. Betrachten wir zunächst einen Fall, für den das Letztangefuhrte zutrifft (Taf. XII, Fig. 3 u. 4).

Einzelne Alveolengruppen sind in der Hauptsache mit polynukleären Leukozyten neben einzelnen abgestoßenen Epithelien angefüllt. Die Alveolarsepten sind hier noch leidlich gut erkennbar. Im Zentrum dieser Alveolargruppen sieht man mit Exsudat und Wurmembryonen angefüllte Bronchiolen. In diesen pneumonischen Herden trifft man anscheinend die meisten Stron- gylidenembryonen (Taf. XII, Fig. 3).

Andere Partien des Lungengewebes weisen ein vorwiegend fibrinöses Exsudat auf. Wie sich besonders bei Fibrinfilrbung nachweisen läßt, findet sich das fibrinöse Exsudat innerhalb der im übrigen gut erhaltenen Alveolen, die gruppenweise derart ver- ändert erscheinen. Neben dem Fibrin beherbergen die Alveolen noch leukozytäre Elemente und vereinzelte Epithelien; Wurm- embryonen habe ich hier nicht gesehen.

Wieder andere Partien des Lungenparenchyms (Taf. XII, Fig. 4) zeigen ein Exsudat, das mehr Epithelien neben spär- licheren Leukozyten aufweist; auch treten hier zahlreiche Fibroblasten in den Alveolen auf. Vereinzelt bemerkt man

Zflitoebrift fllr Infektionskrankheiten. IV, S/4. 14

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auch Riesenzellen. Diese besitzen meist wandständig oder angehäuft in der Peripherie der Zelle liegende, nicht sonderlich zahlreiche Kerne. Die Struktur des Lungengewebes ist innerhalb dieser Partien stärker, wenn auch nicht vollkommen, verwischt. Die Alveolarsepten, so weit sie noch erkennbar sind, erscheinen verbreitert und kemreicher als normal. Von ihnen rühren die Fibroblasten, die dem die Alveolen erflillenden Exsudat beigemischt sind, her. Strongylidenembryonen sind auch in diesen Partien, jedoch anscheinend nicht so zahlreich, wie in den oben erwähnten Teilen, anzutreffen (Taf. XII, Fig. 4).

In anderen Fällen bemerken wir kein derartiges herdförmig verschiedenes Verhalten des Exsudates im entzündeten Lungen« gewebe, sondern treffen in den Alveolen entweder ein mehr leuko- zytenhaltiges Exsudat (das ist dann der Fall, wenn die Pneumonie noch nicht diffus auftritt, sondern wenn sich noch zahlreiche lufthaltige Läppchen zwischen den verdichteten Lobuli befinden) oder ein Exsudat, das mehr Epithelien, Fibroblasten und Riesenzellen (neben gleichzeitiger Wucherung der Alveolarsepten) aufweist.

Es handelt sich somit hier um eine Pneumonie, die teils als katarrhalisch-eitrige, teils als fibrinöse, teils endlich als zellige, granulierende anzusprechen ist. Es fragt sich, wie die Verschiedenartigkeit des histologischen Bildes des infolge der Strongylideninvasion entzündeten Lungengewebes zu erklären ist. Es scheint mir, als ob diese differenten Bilder verschiedenen Stadien der Wurmpneumonie entsprechen, und zw^ar fasse ich die katarrhalisch-eitrige und die kruppöse Entzündung als die akute Form, die zellige, granulierende Entzündung als die chronische Form der Wurmpneumonie auf. Für die Richtigkeit dieser Anschauung spricht bezüglich der katarrhalisch-eitrigen Entzündung die Tatsache, daß wir diese, wie oben bereits dargelegt, besonders da antreffen, wo es sich un- zweifelhaft um das Anfangsstadium pneumonischer Veränderungen, ausgehend von den Bronchiolen, handelt. Auch die gute Konser- vierung der Alveolenwände, also der Struktur des Lungen- parenchyms innerhalb der katarrhalisch-eitrig veränderten Partien läßt auf eine frische Entstehung dieser Form der Entzündung schließen. Der letztangeführte Gesichtspunkt scheint mir auch fiir die frische Entstehung der kruppös pneumonischen Partien zu sprechen, ganz abgesehen davon, daß auch die allgemeine Erfahrung lehrt.

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daß eine kruppöse Pneumonie mit einem so gut erhaltenen fibrinösen P^xsudat, wie wir es hier sehen, frisch entstanden sein muß. Für die Chronizität der zelligen, granulierenden Pneumonie, die zu einer Karnifikation des Lungengewebes führt, spricht ohne weiteres die Mitbeteiligung des interalveolären Gewebes an der Kntzündung und das Auftreten von Fibroblasten im Exsudat der Alveolen. Derartige Veränderungen pflegen sich nur nach längerem Bestände pneumonischer Prozesse auszubilden. i)

^) Die ebenfalls durch Strongyliis micrarus bedingte Wanupnennioiiie des liebes (ich habe einen FaU näher zu untersuchen Gelegenheit gehabt} sah ich unter etwas anderem Bilde als die Wurmpneumonie des Rindes auf- treten. Sie präsentierte sich ausgeprägt herdförmig, in Gestalt haselnuß- großer, derber Knoten im Lungenparenchym, die die intakte Pleura hervor- wölbten. Interstitielles Emphysem w^urde hier nicht beobachtet.

Histologisch zeigten die knotigen pneumonischen Herde folgendes: Die kleineren Bronchen und Bronchiolen sind im Bereich der Herde voll- ;;estopft mit V^urmembr^'onen, polynukleäreu Leukozyten und Detritusmassen. Ihr Epithel ist gänzlich zugrunde gegangen, ihre Muskularis ist nicht verdickt, eher sogar verdünnt und an einzelnen Stellen zerstört. Das peribrouchiale Gewebe ist, wie auch die Muskularis, stark kleinzellig infiltriert Die Struktur des Lungengewebes ist innerhalb der Herde nur noch mit Mühe zu erkennen. Die Alveolen beherbergen einen verschiedenen Inhalt. Am meisten machen .«lieh zahlreiche eingerollte Strongylidenembryonen und Strongyliden- Ol er in verschiedenen Furchungsstadien bemerkbar. Neben den Embryonen lind Eiern trifft man nur wenig Zellen (abgestoßene Epithelien, Leukozyten und Fibroblasten) in den von den Parasiten eingenommenen Alveolen an. Viele andere Alveolen enthalten Riesenzellen verschiedener Größe mit mehr oder weniger zahlreichen Kernen, die meist gehäuft an einer Stelle der Zell- peripherie gelegen sind. Bisweilen finden sich mehrere Riescnzellen in einer Alveole, neben einigen abgestoßenen Epithelien, Fibroblasten und spärlichen Leukozyten. Wieder andere Alveolen weisen als Intialt lediglich die letzt- genannten Zellformen auf. Eine besondere Beziehung der Kiesenzellen zu den Wurmembryonen und -eiern vermochte ich nicht festzustellen ; denn die Alveolen, die Kiesenzellen beherbergen, enthalten in der Mehr/ahl keine Würmer oder Eier. Nur in einigen wenigen Alveolen ist dies der Fall. Die Alveolarsepten sind verbreitert und kernreicb. Eosinophile Zellen wurden in den Wnrm- knoten, die übrigens von normalem Lungengewebe umgeben sind, sehr spärlich beobachtet.

Hier haben wir es mit einer ausgesprochen chronischen, herd- förmigen Wurmpneumonie zu tun, die, Avie die chronische Form der Wurmpneumonie beim Rinde, zur Karnifikation des Lungengewebes führte. Ihr besonderes Gepräge erhielt die chronische Wurmpneumonie des Kehes in diesem Falle durch ihr herdförmiges Auftreten und histologisch durch die zahlreichen Strongylidenembryonen und -eier, sowie die vielen Riesenzellen.

14*

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Die bronchialen L5naphknoten erscheinen bei derLungen- strongylose des Rindes geringgradig vergrößert. Histologisch ergibt sich lediglich Hyperplasie des lymphatischen Gewebes. Eosinophilie ist nicht nachweisbar.

Versuchen wir jetzt, nachdem wir die einzelnen Ver- änderungen, die sich, bei der Lungenstrongylose des Rindes beob- achten lassen, kennen gelernt haben, ihren Zusammenhang zu erklären.

Die Strongyliden gelangen in die Bronchen,^) wachsen hier heran und erreichen ihre Geschlechtsreife. Die Läsionen der Bronchialschleimhaut sind das erste Stadium der Veränderungen bei der Lungenstrongylose. Sie erklären sich ohne weiteres aus der Anwesenheit der Parasiten.

Wie die beobachteten Fälle zeigen, ist die Zahl geschlechts- reifer Strongyliden in den Bronchen oft sehr groß, so groß, daß deren Lumen durch die Parasiten, in Verbindung mit dem durch die Bronchitis erzeugten Exsudat, fast vollkommen verstopft wird.

Bekanntlich wird die Inspiration durch Muskelaktion bewerk- stelligt, während die Exspiration unter gewöhnlichen Verhältnissen einfach dadurch sich vollzieht, daß die Atmungsmuskeln, die den Thorax bei der Inspiration erweiterten, erschlaffen, wobei der Thorax dann von selbst zusammensinkt. Aufdiese Weise wird, unter Mitwirkung der Elastizität der bei der Inspiration gedehnten Lunge, die bei der Einatmung aufgenommene Luft wieder ausgetrieben. Da die Inspiration durch Muskelwirkung, die Exspiration aber ohne eine solche geschieht. so ist es klar, daß der Druck des Inspirationsluftstromes stärker sein muß als der des Exspirationsluftstromes. Ein Hindernis in

1) Anf welchem V^ege die Strong^'liden in die Bronchen hineinge langen, ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Gewöhnlich nimmt man an, daO sie direkt oder vom Pharynx aus in die Luftwege eindringen. Es scheint mir indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Parasiten vom Darme aus auf dem Blutwege in die Lunge transportiert werden, wo sie dann sekundär, um ihre Geschlechtsreife zu erlangen, in die Bronchen ein- wandern. Die von mir in mehreren FäUen von Lungenstrong^iose des Rindes gleichzeitig gefundenen zahlreichen Wurmknötchen der Darmwand zeigen, daß die per os aufgenommenen jungen Strong}iiden in die Darmwand ein- zudringen vermögen. Sind sie aber hierzu befähigt, so ist auch die Möglichkeit für sie, mit dem Blutstrom verschleppt zu werden, gegeben.

213

den Luftwegen, insbesondere wenn es zum Teil aus einer nach- gfiebigen schleimigen Masse bestellt, wird vom kräftigeren In- spirationsluftstrom noch überwunden werden können, während dies dem Exspirationsluftstrom nicht mehr möglich ist. In einem solchen Falle wird nicht nur die eingeatmete Luft in den Lungen- alveolen zurückgehalten, sondern bei jedem neuen Atemzug wird eine weitere Luftmenge in die Alveolen gepreßt, so lange, bis der intraalveoläre Druck der Luft gleich dem Druck des Inspirations- Inftstromes ist. Durch die Luftmenge, die derart in die Alveolen hineingepumpt wird, werden diese über die Norm erweitert und gedehnt, ohne zunächst substanzielle Veränderungen zu erleiden (akutes alveoläres Emphysem, akute Dilatation der Alveolen). Diesen Zustand treflFen wir bei der Lungenstrongylose des Rindes (und Schweines) an. Er umfaßt größere oder kleinere Lungenpartien, je nach dem Kaliber der durch Parasiten und Exsudat verlegten Bronchen, und stellt eine unmittelbar und ledigliche Folge der Bronchitis verminosa dar. Wir können das akute alveoläre Emphysem, bei dem weitere Läsionen des Lungenparenchyms noch vollkommen fehlen, somit als das zweite Stadium der Veränderungen bei der Lungenstrongylose ansehen.

Die in den Bronchen inzwischen geschlechtsreif gewordenen Strongyliden produzieren Eier bzw. Embryonen, die, wie aus dem histologischen Bilde, das die kleineren Bronchen und Bronchiolen bieten, hervorgeht, aufwärts bis in die feinsten Zweige des Bronchial- baumes wandern oder was mir nicht unwahrscheinlich erscheint aspiriert werden (denn die Inspiration erfolgt ja, wie ich vor- stehend gezeigt habe, auch dann noch, wenn die exspiratorische Entfernung der Luft aus dem zu dem verstopften Bronchus ge- hörigen Lungengewebe nicht mehr möglich ist). Infolge der Be- siedelung auch der feineren Bronchen und Bronchiolen mit Wurm- brut geraten auch diese in Entzündung, in deren Gefolge ihre Wand derart alteriert wird, daß die jungen Strongyliden (sie tun dies, wie oben bereits gesagt, anscheinend aktiv) sie zu durch- brechen vermögen. Es ist dies eine Tatsache, die unzweifelhaft aus meinen Präparaten hervorgeht (vgl. Taf. XI, Fig. 1 u. 2) und die, soweit ich die einschlägige Literatur kenne, bisher unbe- kannt war.

Der Durchbruch der Wand der feineren Bronchen

214

muß der Luft den Eintritt in das interstitielle Gewebe gestatten. (Es ist gleichgültig, ob es die Luft, die noch inspira- torisch in die feineren Bronchen gelangte, ist, die in das Intei^stitium eindringt, oder ob dies [bei völliger Unwegsamkeit der Bronchen] die Luft, die in dem akut emphysematös geblähten Lungengewebe vorhanden ist, tut.) Wesentlich begünstigt wird der Übertritt der Luft in das Interstitium durch den Husten, der ja bei der Lungen- strongylose des Rindes nie fehlt. Die in das gerade beim Rinde reichlich entwickelte, lockere interstitielle Bindegewebe eingetretene Luft verbreitet sich, dank der respiratorischen Bewegung der Lunge und dank den Hustenstößen, anscheinend sehr rasch. So entsteht das oben beschriebene, meist sehr ausgebreitete interstitielle Emphysem. Ich fand es, mit Ausnahme zweier Fälle, bei denen noch keine weiteren Veränderungen als akutes alveoläres Emphysem bestanden, regelmäßig bei den von mir untersuchten Fällen. Li der Literatur habe ich einen Hinweis auf diese, anscheinend für die Lungenstrongylose charakteristische Erscheinung nicht gefunden. Einige Autoren sprechen schlechthin von einem Emphysem, es wird jedoch nicht gesagt, ob damit ein alveoläres oder interstitielle^i gemeint ist.

Das Auftreten des interstitiellen Emphysems zeigt ims an. daß der Durchbruch der Strongylidenembryonen durch die Wand der kleinen Bronchen und Bronchiolen begonnen hat.

Da mit der Durchbrechung der Wand der kleinen Bronchen und insbesondere der Bronchiolen Strongyliden- embryonen und Exsudat aus den Luftwegen in die benachbarten Alveolen gelangen, so muß gleichzeitig mit dem Auftreten des interstitiellen Emphysem auch eine Pneumonie beginnen. Das ist, wie aus meiner oben ge- gebenen Darstellung hervorgeht, auch tatsächlich der Fall. Es treten die oben beschriebenen multiplen pneumonischen Ver- dichtungsherd chen, die einer rings um einen durchbrochenen Bronchiolus gelegenen, mit Exsudat angefüllten Gruppe von Alveolen entsprechen, auf, und diese Herdchen bilden die Ausgangspunkte des weiteren Umsichgreifens der Pneumonie.

Das interstitielle Emphysem mit der gleichzeitig beginnenden Pneumonie stellt das dritte Stadium der Lungenstrongylose des Rindes dar.

Von Interesse scheint mir hier die Angabe von Friedberger

Ztätchrifl f. InftkUonsliranliheilen eU. der Haagtiere, Band 1 Y. Tafil XI.

Joett, Lungenwarmkrankheit.

ZäUehrißf. Infehfwnshrankhdten ele. der Hauslierr, Band IV. Tafd XII.

Joesl, Lungenwurmbraniheil.

r

215

und Fröhner sowie von Hutj-ra und Marek, daß Michels^) in den niederländischen Sumpfgegenden bei Weiderindem ein seuchenhaft (enzootisch) auftretendes interstitielles Lungenemphysem beobachtete, das er „Pneuraatosis boMim" nannte, und das er auf einen Erkältungsbronchialkatarrh zurückführte. Das enzootische Auftreten eines solchen interstitiellen Emphysems, das auch in Belgien beobachtet \iiirde, ist au^llig. Ich vermute, daß es sich hier um das von mir oben beschriebene interstitielle Emphysem bei Lungenstrongjiose handelte.

Mit dem Auftreten der multiplen intralobulären ent- zündlichen Verdichtungsherdchen beginnt das vierte Stadium der Erkrankung, die eigentliche Wurmpneumonie. die sich nun (vielleicht unter Mitwirkung von Bakterien) rasch ausbreitet.

Es handelt sich hier, wie bereits oben dargelegt, um eine lobuläre Bronchopneumonie. Zunächst wei-den einzelne Lobuli von der Pneumonie ergriffen; es sind diejenigen, deren Bronchen vorwiegend von der Strongylideninvasion betroffen sind oder auch vielleicht diejenigen (es würde das, entsprechend dem oben Gesagten, die andere zulässige Erklärung sein), deren Bronchen noch nicht so stark verstopft sind, daß noch eine Aspiration der Wurmbrut in die intralobulären Bronchiolen möglich ist. Ihrem Charakter nach ist diese Pneumonie, wie oben bereits gesagt, teil« eine katarrhalisch-eitrige und fibrinöse, teils eine zellige, granulierende. Die ersteren beiden Formen repräsen- tieren, wie oben des näheren dargelegt, das akute Stadium, die letztangeführte Form das chronische Stadium der Wurmpneumonie.

^) Ich habe mich bemüht, an der Hand der Literatnrangaben Fried berger und Fröhners die Originalarbeit des genannten Antors (es bandelt sich um eine ältere Arbeit) anfznsnchen, habe sie jedoch an der von Friedbergcr und Frohner angegebenen Stelle nicht finden können.

(Aus der Ijehrkanzel für Seuchenlehre der k. u. k. Tierärztlichen Hochschule in Wien [Vorst.: Prof. Dr. Hugo Schindelka].}

Allergie bei Rotz.

Von Prof. Dr. J. Scbnürer.

Wenige Wochen, nachdem v. Pirquet in konsequenter Ver- folgung seiner Anschauungen von der Vakzination und vak- zinalen Allergie die Aufmerksamkeit auf die diagnostische Be- deutung der Allergie bei Tuberkulose gelenkt hatte, trat auch schon H. Vallee mit Untersuchungen hervor, die die Anwendbarkeit des Phänomens auch bei Rotz der Pferde zu erweisen schienen. Bei drei rotzigen Pferden erzeugte die Applikation von Eohmallein und sterilem Wasser (zu gleichen Teilen) auf die skarifizierte Haut des Halses, von der 9. Stunde angefangen, eine lokale, ödematöse, schmerzhafte, scharf umschriebene Anschwellung. Im Gegensatz zur entsprechenden Keaktion bei der Tuberkulose verschw^and jedoch die Erscheinung sehr rasch.

In Nummer 3 der Berl. tierärztl. Wochenschrift d. J. zitiert Wladimoroff Untersuchungen Choromanskys, der bei 15 rotzigen und 37 rotzfreien Pferden die von Wolff-Eisner (und nicht von Oalmette, wie Wladimiroff angibt zuerst i) zum Nachweise der Allergie angegebene Ophthalmoreaktion, d. h. Einträufeln von Mallein in den Bindehautsack daher auch besser Konjunktivai- reaktion genannt anstellte, worauf rotzige Tiere mit einer eitrigen Konjunkti\itis reagierten. Choromansky konnte den überein- stimmenden Ausfall der Konjunktival- und subkutanen Malleinprobe konstatieren. Wladimiroff vei-fügt über 39 Pferde, die der Augen- probe unterworfen worden waren. Von diesen 39 waren 10 Pferde, die auf subkutane Malleineinspritzung typisch reagiert hatten; diese

^) MUnchener med. Wochonschr. 1908, Nr. 2.

217

gaben auch die Augenreaktion, * die 7 Tage nach der Malleinprobe vorgenommen worden war. 25 gesunde Pferde reagierten auf die Augenprobe negativ. Sektion wurde jedoch bei keinem der Pferde vorgenommen.

Von großem Interesse ist die Mitteilung Wladimiroffs, der an der Epizootologischen Abteilung zwei Pferde seit 2V2 ^^^ 6 Jahren zu beobachten Gelegenheit hatte, welche Tiere bei ihrer Einstellung typische Malleinreaktion (örtlich und allgemein) ge- geben hatten, während die ein jedes Jahr neuerlich vorgenommene Malleinisierung immer geringere febrile Reaktionen bei erhaltenen örtlichen ergab, bis zuletzt die febrile Temperatursteigerung ganz ausblieb; Wladimiroff bezeichnet diese Tiere als wahrscheinlich ausgeheilt ; trotzdem aber gaben sie positive Augenreaktion und die örtliche Malleinreaktion (Stichprobe).

Wenn nun Wladimir off diese Beobachtung zum Anlaß nimmt, vor der Überschätzung der Augenprobe aus dem Grunde zu warnen, weil sie ebenso wie bei der menschlichen Tuberkulose eventuell auch ausgeheilten Rotz anzeigt, so wäre dem gegenüber zu stellen, daß gerade im Gegenteil diese Eigenschaft der Augen- und Stichprobe eine unschätzbare Überlegenheit über die subkutane Malleinprobe und die Agglutinationsreaktion bedeuten würde. Wladimiroff selbst erwähnt zur Erklärung dieser mangelnden Übereinstimmung der Augen- und thermalen Malleinreaktion, daß man nur von einer wahrscheinlichen Ausheilung sprechen kann, da man sich ganz gut vorstellen könne, daß derbe Narbengewebs- massen oder Kalkablagerungen noch Reste von lebensfähigen und virulenten Keimen enthalten, die aber auf diese Weise gleichsam wie durch eine Mauer vom übrigen Organismus isoliert und nicht mehr imstande sind, mit ihren Toxinen irgendwelchen Einfluß auf ihn auszuüben, d. h. auf eingespritztes Mallein mit Temperatur- steigerung zu reagieren, während die unter dem bakteriellen Prozesse zustande gekommenen „spezifischen biochemischen Funktionsände- rungen" der Zellen den bakteriellen Prozeß überdaueni, und so örtliche Reaktionen auftreten, wenn die Infektion schon abge- laufen ist.

Nach dieser Richtung hin kann aber eine Probe bei Rotz niemals überschätzt werden, da die Pferde, bei denen Rotzprozesse sicher ausgeheilt sind, unvergleichlich seltener angetroffen werden, als dies bei Tuberkulose des Menschen statthat, obwohl auch hier

218

die nicht seltenen Vorkommnisse, daß ein Individuum in der Jugend an einer tuberkulösen Hilftgelenksentzündung leidet, dann jahrzehnte- lang anscheinend ,, geheilt" ist und dann plötzlich einer tuberku- lösen Meningitis unterliegt, namentlich, wenn forcierte Redresse- mentversuche unternommen wurden, zur Vorsicht bezüglich des Urteils „ausgeheilt" mahnen. Es würde daher kaum bedauert werden, wenn ein Pferd auf Grund der Augenreaktion getötet würde und bei der Sektion mit Veränderungen behaftet gefunden würde, die vielleicht auf ausgeheilte Rotzinfektion hindeuten.

Femer ist noch auf einen Punkt hinzuweisen. Systematische Untersuchungen, die Schütz und Mießner an künstlich mit Rotz infizierten Pferden bezüglich des Agglutinationstiters des Serums anstellten, ergaben, daß der Agglutinationswert nach einer anfäng- lichen ganz bedeutenden Steigerung, von der 4. 6. Woche an- gefangen, langsam absinkt und bei chronischen Fällen sogar den Wert gesunder Tiere erreichen kann; ferner, daß Superinfektionen den Agglutinationswert nicht erhöhen. Auch ich verfüge über Be- obachtungen, die ein solches Verhalten wahrscheinlich erscheinen lassen: Ein chronisch rotzkrankes Pferd (ausgedehnte Narben- bildung) erleidet einen akuten Nachschub der Erkrankung (frische Geschwüre und Knötchen an der Nasenscheidewand und in der Lunge); trotzdem ist der Agglutinationswert des Serums von dem eines gesunden Pferdes nicht verschieden. Übrigens berichtet auch Bonome über ganz ähnliche Verhältnisse, er bezieht das Absinken des Agglutinationstiters trotz fortbestehender Rotzkrankheit auf die Bildung von Antiagglutininen.

Weiter ist die Tatsache wohlbekannt, daß sowohl die Tuber- kulin- als auch die Malleinprobe um so charakteristischer ausfallt, je jünger die Erkrankung ist, und daß die Resultate gerade bei chronischen Fällen wiederholt ungenügend waren.

Alle diese Beobachtungen ergeben nun, daß die frischeren Fälle unseren diagnostischen Hilfsmitteln weitaus leichter zugäng- lich sind, als die länger dauernden, chronischen Fälle, und daß es geradezu als Glücksfall zu bezeichnen wäre, wenn bei Rotz eine Reaktion eben jene chronischen, der Ausheilung nahen oder selbst schon ausgeheilte Erkrankungsformen anzeigen würde.

Gegen diese Annahme sprechen aber schwerwiegende Be- denken. Nach allem, was wir bis jetzt über die sog. Allergie- reaktionen (Haut- und Konjunktivalproben) und die subkutane

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Applikation der entsprechenden Bazillenextfakte (Mallein und Tuberkulin) wissen, scheint es sich um prinzipiell identische Reaktionen zu handeln, d. h. Reaktionen, die der durch die Infektion überempfindliche Organismus auf das betreffende Bakterien- gift gibt, und die nur verschieden ausfallen, je nach Menge und Anwenduügsort des betreffenden Extraktes. Wird das Mallein z.B. in gewöhnlicher Dosis subkutan injiziert, so reagiert der über- empfindliche Organismus als Ganzes: Fieber, schweres Krankheits- bild, sog. organische Reaktion. Neben diesen allgemeinen findet sich aber auch bei der subkutanen Applikation die lokale Reaktion in Form einer schmerzhaften ödematösen Anschwellung. Und gerade diese letztere Reaktion ergibt der überempfindliche Organismus, wenn nur oberflächlich auf einer Hautstelle die Wechselwirkung zwischen dem Bakterienextrakt und den Gegensubstanzen („Er- ginen") stattfindet.

Nach einer mündlichen Mitteilung hat von Pirquet aus einer großen Anzahl von Tuberkulinreaktionen eine Skala berechnet, nach welcher, die Dosis Tuberkulin, die bei kutaner Anwendung deutliche Reaktion bewirkt, gleich 1 gesetzt, die zur Erzeugung einer örtlichen Reaktion bei subkutaner Applikation notwendige Dosis nur Viooo» ^^^ konjunktivaler '/ao ^^^ kutanen beträgt. Rechnet man nun mit Bezug auf diese Beobachtung dazu, daß gerade im Gegenteil bei subkutaner Applikation von Mallein und Tuberkulin eine Dosis zur Verwendung kommt, die die kutan oder kon- junktival applizierte um ein Vielfaches übertrifit, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß gerade die subkutane Applikation noch Reaktionen geben muß, wenn die kutane und konjunktivale als die weniger empfindlicheren Methoden versagen werden.

In guter Übereinstimmung mit dieser Anschauung steht die längst bekannte Tatsache, daß auch gesunde Tiere in einem nicht geringen Prozentsatze auf die Injektion von Mallein mit örtlichen Erscheinungen reagieren; es wird eben der ganze Organismus mit Gift überschwemmt, und da ja bekanntermaßen allüberall im Tier- reich individuelle Schwankungen im Gehalt des Blutes an Gegensub- stanzen (Normalagglutininen, -Hämolysinen usw.) vorkommen, so wird es nicht ^wundernehmen, wenn sich auch bei gesunden Pferden solche Gegensubstanzen finden, die auf eine so massige Ein- verleibung von Gift mit örtlicher Reaktion, eventuell sogar auch mit einer allgemeinen (Fieber), antworten. Die nächste Konsequenz

220

dieser Anschauung wäre nun, quantitativ zu arbeiten, d. h. die subkutan zu applizierenden Dosen immer mehr zu verkleinern, bis zuerst die Allgemeinreaktion, dann die nicht spezifische ört- liche Reaktion bei gesunden Tieren ausbleibt, und nur noch die örtliche bei rotzigen Tieren übrigbleibt. Eine derartige Prüfuug mit zunehmender Verdünnung des Bakterienextraktes wäre ein Vor- gang, der bei der Differenzierung der obengenannten Normalanti- körper von den spezifisch durch Infektion oder Immunisiening erzeugten überall Anwendung findet. Es würde dann diese Reaktion als Analogon der von Epstein, Escherich, Schick bei Tuber- kulose beschriebenen Stichreaktion zu gelten haben. Nach alledem scheint es mir nun nicht zweifelhaft, daß die Beobachtung Wladi- miroffs, daß chronische, eventuell sogar abgeheilte Rotzprozesse bei fehlender subkutaner Reaktion die konjunktivale Reaktion geben, eine andere Deutung erfahren muß, wenn sie im weiteren Verlauf der Untersuchungen bestätigt werden sollte. Möglicherweise be- wirkten die wiederholten Malleinisierungen diesen Ausfall der Reaktionen.

Daß übrigens die Reaktionsfähigkeit nach ausgeheiltem Rotz beim Menschen wenigstens sehr lange erhalten bleiben kann, beweist der Selbstversuch Martels, der sich vor 14 Jahren mit Rotz infiziert hatte (Bazillen im Eiter eines Abszesses von Nocard nachgewiesen). Auftropfen zehnfach verdünnten Malleins auf Skarifikationen der Haut des- Vorarmes löste eine mächtige Reaktion aus (Schwellung, Rötung, Schmerzhaftigkeit); die Haut schuppte sich vom dritten Tage angefangen ab, blieb aber noch wochenlang gerötet. Allgemeinbefinden und Körpertemperatur änderten sich während des Versuches nicht. Sechs gesunde Personen wiesen bei Applikation von Mallein 1 : 10 und vier Personen bei der Verdün- nung 1:4 keine Reaktionen auf. Martel versuchte auch die Kuti- reaktion bei Pferden (Verdünnung 1 : 3), ohne jedoch verläßliche Resultate zu erhalten; höheren Wert scheint ihm die Augenreaktion zu besitzen.

Da Martel an sich nicht die subkutane Malleinreaktion vor- nahm, bleibt die Frage vorläufig offfen, ob es Organismen gibt, die nach ausgeheiltem Rotz die Hautreaktion, nicht aber die thermale Allgemeinreaktion geben.

Meine Untersuchungen erstrecken sich derzeit auf 374 Pferde, von denen fünf durch Sektion und Tierversuch als rotzig erkannt

221

\\Tirden. Von den bleibenden 369 litten !(> an Krankheiten nicht rotziger Natur: 7 an Pleuropneumonie (hochflebemd), 2 an Druse (rekonvaleszent), 1 an Dannkrebs, 1 an Druse und Petechialfieber, 1 an chronischem Lungenemphysem, 1 an Stomatitis pustulosa, 1 an Petechialfieber, 1 an Lungenbrand, 1 an Phlegmone. Diese letzten drei waren als rotzverdächtig in die Klinik eingestellt ge- wesen. Im weiteren Verlauf konnte aber der Verdacht, abgesehen von den Reaktionen, klinisch und bei einem Pferde auch durch die Sektion (Gangraena pulmonum) behoben werden. Das an Phleg- mone erkrankte Pferd verließ nach Inzision und Entleerung des Eiters geheilt die Klinik, Auch das an Petechialfieber erkrankte Tier wurde geheilt entlassen. Von den restlichen 353 Pferden waren 13 sicher rotzfrei, da sie seit Jahresfrist bei uns an der Hochschule zur Rotlaufserum-Erzeugung dienen, und vordem als ehemalige Militärpferde seit Jahren in steter tierärztlicher Beob- achtung standen. Übrigens konnte ich mich bei dreien, die wegen Rotlauf-Endokarditis ausgeblutet worden waren, von der Rotzfreiheit bei der Sektion überzeugen.

Die restlichen 340 Pferde waren infektionsverdächtig, d. h. sie waren zur Zeit der Untersuchung kontumaziert, da sie mit rotzigen Tieren in Berührung gekommen waren. Da nun aber seither bei der Mehrzahl der Tiere Monate vergangen sind, ohne daß trotz fortwährender tierärztlicher Überwachung (Militärpferde!) irgend- ein für Rotz sprechendes Symptom aufgetreten wäre, so ist wohl die Vermutung gerechtfertigt, daß die Tiere gleichfalls gesund waren.

Diese 374 Pferde sind nun zum Teil wiederholt den Reaktionen unterworfen worden, worüber die Tabelle I näheren Aufschluß gibt.

Technik: An der linken Halsfläche wurde eine 10 cm lange und 5 cm breite Hautstelle rasiert, und mittelst einer Impflanzette wurden an drei Stellen

1. 2 3.

oberflächliche Skarifikationen angelegt von der Form 4|: 4t= #•

Hierauf wurde auf die erste und dritte Stelle mittelst eines Haarpinsels Mallein bnite aus dem Institut Pasteur gepinselt. Die mittlere Skarifikation dient als Kontrolle des traumatischen Effektes. Ebenso wurde mittelst Pinsels das Hallein in den Bindehautsack eingestrichen.

In einigen Fällen wurde auch diese rasierte Hautstelle mit einem rauhen Tuch kräftig abgerieben und mit Mallein bepinselt; ein Vorgang, den Ligniöres bei Rindern und Moro modifiziert beim Menschen anwendet. (Ein- reiben einer Tuberkulinsalbe in die unverletzte Haut.) Ein Fixieren des Malleins durch Watte, Kollodium usw. ist überflüssig.

222

Sechs Stunden nach der Applikation beginnt bereits die Reaktion in Form heißer fideinatöser Anschwellung, die in den nächsten 24 Stunden an Ausdehnung in Breite nnd Höhe zunimmt, und von den zweiten 24 Stunden an unter Verflachung verschwindet (vgl.

Fig. 1. Kntanreaktion bei einem ToUigea Pferde nach 28 Stunden.

I u S: Sk&Hflkuionsn mit ElnplDaeUine von Milluln.

1: SHitrlflkiitiaii gbne Uiill«ln (Kantmlle;.

Fig. 1, 4 n. jj). Beispiel: Reaktion, angestellt am 4, März lüOX 11 Ulir vmm.:

am 4.3.08 5 Uhr nachm. 5.8. 8Cbr früh 6. 4. 8 L"hr früh 1. Mallein: 30 X 20 mm 40 X 30 mm 50 X 55 rtach

3, Kontrolle: negativ negativ negativ

a Malloin; 15X20 mm 35X30uim 40 X « sehr «ach

Namentlich in den ersten 24 Standen ist die Reaktions- schwellung sehr deutlich und schai-f umschrieben. Die Dicke der Schwellung beträgt auf dem Höhepunkt 1 bis 2 cm. Auf dem Durchschnitt erweist sich die Schwellung als ein bisweilen von Blutungen durchsetztes Odem. In einem Falle hatte die Exsudation finen solchen Grad erreicht, dalt die Oberhaut in Form mehrerer Bläschen abgehoben erschien.

Die von Lignieres vorgeschlagene Modifikation der Appli- kation des Extraktes auf die durch Reiben mit einem rauhen Tuch ftwas wundgescheuerte Haut (Dernioreaktion) ergab gleichfalls bei drei rotzigen Pferden sichere Resultate, obwohl natnrgemäü die

- 223

Scliwellung weniger scharf umsclirieben ist. AnÖeroi-dentlich dent- lich war bei dieser Methode der Temperaturunterschied der malleini- sierten und der nichtmalleinisierten, nur einfach wundgeschenerten Kontrollstelle {vgl. Fig. 2).

Geradezu überraschend war das Resultat der konjunktivalen Einträufelung: Eine schon von weitem sichtbare Pyorrhoe, wodurch die Umgebung des Auges mit Eiter be.schmiert wurde, hochgradige Schwellung der Lider bis zum Verschluß der Lidspalte, Schwellung und düstere Rötung der Oonjunctiva tarsi et bulbi kenuzeichneten die Reaktion. Die tieferen (Gebilde, Kornea, Iris waren intakt. Die Reaktion trat - gleichfalls schon in den ersten 12 Stunden auf, erreichte nach 24 Stunden den Höhepunkt und ging in den nächsten zwei- bis dreimal 24 Stunden zurück. Die Reaktion ist im wahren Sinne des Wortes eine Distanzreaktion (vgl. Fig. Jt u, 4),

Was nun die Agglutinationsprobe bei diesen fünf Pferden betrifft, so ergab diese bei allen Tieren derart hohe Werte, daß

allein schon daraus die Natur der Erkrankung hätte geschlossen werden können; sie reagierten sämtlich zwischen 1 : liOOO H()00. Sehr lehrreich gestaltete sich bei diesen Pferden der Ver- gleich mit der subkutanen Malleinreaktion. Vier von den fünf

224

rotzigen Pferden wurden mit 0,02 Mallein. sicc. (Foth) in 5 ccni

Phenolkochsalzlösung malleinisiert, trotzdem zwei von ihnen fieberten: 39** und 40,2"; die beiden an- deren hatten hochnormale Tem- peratur (38,5").

Das eine Pferd, das 39" als Ausgangstemperatur hatte, zeigte einen Anstieg auf 40,5* in der 9. Stunde und von da ab fortschreitendes Absinken der Temperatur auf 39" in der 25. Stunde und auf 38,7» in der 38. Stunde.

Bemerkenswert ist femer in diesem Falle, daß die intra- peritoneale Infektion bei Meer- schweinchen mit dem Eiter einer erweichten Kehlgangslymphdrüse sowie mit der Aufschwemmung des Sekrets des primären In- fektionsherdes an der Haut der

rechten Boggegend erfolglos blieb. Die beiden Meerschwein- chen leben seither (neun Wochen) und sind gesund. Ebenso war die Plattenkultur negativ, und ein Deckglaspräparat ließ Bak- terien vollständig vermissen. Der Eiter war demnach steril. Bei der Sektion fanden sich typische Rotzgeschwiire auf der Nasen-

Fig. 3. KonjunktivaireaktioD bei einem Schleimhaut; die mit dem Sekret rotzigeo Pferde am linken Ange. dieser Geschwürc geimpften

Po.111»« RumkiioD tuf i«ei iiiiiiii*tioi»ii Ton Meerschweluchen gingen in zehn

Hallaln ilnnfirbilb M ßlundenl nuh M Stunden. ° °^

(Nec*ti>« Rukiian >ui iDiiiiitiion von Tuber- Tagen EU Rotz ein. lu diesem

kmia im nebten Aage n>ch Ü Slonden.) F&üe hätten alSO ZWCl Wichtige

Proben im Stich gelassen, bzw. die Malleiüprobe hätte wegen des Fiebers nicht angewendet werden sollen; sie wurde jedoch trotzdem herangezogen, um eine eventuelle

225

Beeinflussung der übrigen Reaktionen kennen zu lernen, was jedoch nicht der Kall war.

In ganz analoger Weise verlief die Malleinisierung bei dem zweiten Pferde, das 40,2" als Ausgangstemperatur hatte. Die Temperatur zeigte überhaupt keinen Anstieg, sondern kontinuierliches Absinken bis 39,3" in der 20. Stunde und bis 39" in der 35. Stunde.

Die beiden anderen Pferde reagierten typisch: a) 38,5 bis

:«■ tntillltiloa. A FMiliva Kawuriiiktlon n 5 ceiD PhanolkoctatalilGians nach 38 81

40,7», 13 Stunden über 40", nach 45 Stunden noch 40", and b) 38,5 bis 40,(> ".

Die örtliche Reaktion betrug beim ersten Pferde in der 23. Stunde 10 X 5 cm, bei dem zweiten in der 30. Stunde 18 X 14 cm, und bei dem Pferde, das schon vor der Injektion 40,2" aufwies, 13 X 17 cm in der 33. Stunde (vgl. Fig. 4).

Die Sektion ergab bei allen tllnf Pferden ziemlich frischen

Zalliglirin mr InrcktloniknokbaKan. IV, 9.4. 15

22(>

Rotz in den Lungen, in der Lnftröhre und im Kehlkopf: ein Pferd hatte ancli in der Nasenschleimhaut rotzige Geschwüre. Narben- bildung war bei keinem nachzuweisen, nur die Sterilität des Eiters bei dem einen Tier spricht für längeren Bestand der Erkrankung. Von den übrigen 3(33 Pferden zeigte auch nicht eines irgend-

Kntniircakriun bei einem roUixoii ITcrdu (ilasst^lbc ITerd wie [ii Fig. 4) nach IT Sliinden, anitgeriilirt äi Stumleii nauli <iur erslcn Probe.

re Kuliiiraiklloa tat HilJalD nach 17 Stundon. h AdarliBitfil*. r N*(kliTa KoDJunkllii].

eine der Reaktionen, die bei den rotzigen Tieren zu beobachten ge- wesen waren. Dazu ist noch zu bemerken, dalt die einzelnen Proben bei demselben Tier wiederholt zur Anwendung kamen: Die Angen- probe wurde bei 15 Pferden einmal, bei 307 Pferden zweimal innerhalb vier Wochen, und hei 18 Tieren dreimal im Abstände von sechs Monaten und je einem Monat ansgetiihit; die Kutireaktion war bei iJ;{-s Pferden zweimal in vier Wochen, hei zwtilf Pferden

227

dreimal in sechs Wochen bzw. je einem Monat zur Anwendung ge- kommen, und die subkutane Malleinprobe bei 244 Pferden zweimal (in vier Wochen), bei 18 dreimal in sechs Monaten bzw. je einem Monat.

Noch häufiger wurde die Agglutinationsprobe angestellt, bei einzelnen Pferden bis zu sechsmal innerhalb eines Jahres.

Mit einef einzigen Ausnahme fielen sämtliche Proben über- einstimmend, und wie bereits bemerkt, negativ aus. Nur ein Pferd zeigte typische Malleinreaktion (0.02 Mall. sicc. Foth s. c): 37,9 bis 40,3 0, 12 Stunden über 40 <> und 39 <> in der 40. Stunde sowie eine außerordentlich schwere organische Reaktion; dagegen war die örtliche („Stichreaktion"), die Haut- und Augenreaktion kaum in Spuren nachzuweisen, und der Agglutinationswert betrug 1 : 200, war also normal. Bei der Sektion, die ich selbst mit großer Genauigkeit vornahm, fanden sich in der Lunge nur vereinzelte hanf- kom- bis haselnußgroße, ganz weiße, verkalkte, in Schwielengewebe eingebettete Knoten, die sich beim Aufschneiden der Kapsel spontan aus ihrem Lager loslösten. Irgendwelche andere auf Kotz zu be^ ziehenden Veränderungen fehlten vollständig, die Kehlgangslymph- drüsen, die mediastinalen und Gekrösdrüsen klein, zum Teil anthrakotisch. Also, wenn man will, das Gegenstück zu den Be- funden Wladimiroffs: Ausgeheilter Eotz bei erhaltener thermaler und erloschener örtlicher Reaktion. Allerdings spricht die Ver- kalkung gegen die rotzige Natur der Veränderungen.

Dagegen fand sich öfter allerdings eine Disharmonie zwischen den Resultaten der Mallein- und Agglutinationspröbe, wobei die Sektion einmal zugunsten jener, ein andermal zugunsten dieser sprach. Die diesbezüglichen Einzelheiten werden an anderer Stelle zur Veröffentlichung gelangen.

Der Ausfall der Proben wurde als negativ bezeichnet, wenn 24 Stunden nach der Insertion bei der Hautprobe sich keine oder eine kaum sichtbare, jedenfalls nicht tastbare, häufig der Kontrolle gleichende Schwellung und bei der Augenprobe höchstens eine leichte Rötung im Vergleich zum anderen Auge vorfand. Beide Er- scheinungen, also leichte Anschwellung der geimpften Hautstelle und leichte Rötung der Konjunktiva findet sich nicht gar zu selten und ist offenbar auf den Gehalt des Malleins an Glyzerin und Salzen zu beziehen. Keinesfalls aber war jemals ein Zweifel be- züglich eines positiven oder negativen Ausfalls vorhanden.

Die Agglutination gilt unter 1 : 1000, die subkutane Mallein-

15*

228

probe dann negativ, wenn bei mittlerer Ausgangstemperatur (38^) die Differenz zur höchsterreichten Temperatur weniger als 1,5^ beträgt.

Die gleichzeitige Anwendung der kutanen und subkutanen Malleinprobe bei rotzigen Tieren, derart, daß z. B. die Hautreaktion nachmittags 5 Uhr und die Malleininjektion abends 9 Uhr erfolgte, brachte keinerlei Störung im Ablauf der beiden Reaktionen mit sich; auch dann nicht, wenn die Hautreaktion 28 Stunden vor der subkutanen angestellt wurde. Ebenso war eine zweimalige innerhalb 24 Stunden vorgenommene Haut- und Augenreaktion jedesmal von Erfolg begleitet.

Andererseits aber erhöht die einmalige Augen- und Haut- reaktion die Empfindlichkeit bei gesunden Tieren für eine zweite Erprobung nicht, auch nicht fiir die subkutane Applikation des Malleins, eine praktisch bedeutsame Tatsache, da zum Ausschluß der Diagnose Rotz alle Untersuchungen zweimal angestellt werden müssen. Es ist ja von vornherein klar, daß der Organismus nicht sofort nach der Infektion mit der Produktion einer zum Nachweis hinreichenden Menge von Antikörpern antworten wird, sondern daß eine gewisse Zeit vergehen muß, bis die Antikörper nach- weisbar werden. Dieser der Inkubation zu vergleichende Zeitraum scheint nun bei den verschiedenen Infektionen verschieden zu sein. Bei künstlichen Immunisierungen fand sich, daß z. B. am vierten bis sechsten Tage die Agglutinine, Präzipitine usw. auftreten. Speziell bei Rotz weiß man aus den Untersuchungen von Bonome, Schütz und Mießner, daß z. B. die Vermehrung der Agglutinine am fünften bis sechsten Tage beginnt, wenn das Pferd künstlich infiziert wird. Ob die Verhältnisse jedoch bei natürlicher Infektion immer analog liegen, ist natürlich noch zu beweisen. Im allgemeinen scheint dies bei Rotz allerdings der Fall zu sein, je- doch verfüge ich über eine Beobachtung, die zur Vorsicht mahnt, wenn sie auch keinen zwingenden Beweis darstellt. Am 27. und 29. Juli 1907 wurden in einem größeren Pferdebestand zwei Pferde wegen Rotz getötet, von denen das eine bereits faustgroße Schwielen in den Lungen aufwies. Es wurden nun zwei Pferde, die seit längerer Zeit mit den beiden rotzigen im Stalle in enger Berührung gestanden hatten, streng kontumaziert und das eine am 30. Juli der subkutanen Malleinprobe mit gänzlich negativem Resultat unterworfen (Differenz 0,10^). Im weiteren Verlauf wurde nun das Serum der beiden Tiere zweimal, und zwar am 31. Juli

229

und am 10. September 1907 der Agglutinationsprobe, gleichfalls mit negativem Eesultat, unterworfen. Vier Monate später (22. Januar 1908) wurden beide Pferde wegen Rotz getötet; das unmittelbar vor der Tötung entnommene Serum zeigt Werte weit über 1000. Bei der Unsicherheit, der die exakte Beurteilung des Alters rotziger Veränderungen im Kadaver unterworfen ist, war es nicht möglich, zu entscheiden, ob die Infektion nach dem 10. Sep- tember (zweite Blutuntersuchung) oder schon im Juli erfolgt war. Da trotz aller Bemühungen eine Quelle des zweiten Rotzausbruches nicht ermittelt werden konnte, der Stall aufs sorgfältigste desinfiziert, die Gebrauchsgegenstände verbrannt worden waren, liegt noch immer die Vermutung am nächsten, daß die Infektion doch schon im Juli von den zwei erstgetöteten Pferden herrührte, und die Pferde dem- nach die Infektion „latent" mit sich getragen hätten. Die von Bonome zuerst beschriebene Tatsache der latenten Drüseninfektion bei Rotz, wofür ich gleichfalls ein sicheres Beispiel zu beobachten Gelegenheit hatte, femer das von Bartel, Joest, Noack, Lieb- recht u. a. beobachtete Latenzstadium der Tuberkulose scheint einen Fingerzeig in der Richtung zu geben.

Wie dem auch sei, jedenfalls ist das einmalige negative Resultat irgendeiner Probe zum Ausschluß der Diagnose Rotz nicht hinreichend, und es ist daher jede Probe nach vier bis sechs Wochen zu wiederholen ; deshalb ist eben die Beobachtung wichtig, daß die Allergiereaktionen bei einmaliger Anstellung keine Über- empfindlichkeit hinterlassen. Im Gegenteil hatte oftmals in kurzen Zeiträumen wiederholte Applikation von Tuberkulin zum Zwecke der Augen- und Hautprobe bei einem tuberkulösen Rind zur Folge, daß die Reaktionen immer schwächer wurden und schließlich gänz- lich aufhörten (v. Pirquet und Schnürer). Andererseits ist aber in Analogie von bereits bekannten Tatsachen bei menschlicher Tuber- kulose die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß eine ein- malige Applikation von Mallein bei rotzigen Tieren die Empfindlichkeit erhöht, so daß also bei solchen Tieren die zweite Haut und Augen- probe positive Resultate liefert, während sie das erstemal versagte.

Bei gesunden Tieren findet, wie bereits erwähnt, eine der- artige Steigerung der Empfindlichkeit durch eine einmalige sub- kutane, intrakutane und konjunktivale Malleinapplikation nicht statt. 279 gesunde Pferde waren innerhalb vier Wochen zweimal sämtlichen Reaktionen mit vollständig negativem Resultat unter-

230

worfen worden; ja 12 Pferde hatten bei dreimaliger Anwendung- aller Proben innerhalb Jahresfrist keine Änderung ihrer Reaktion aufzuweisen. Nur nebenbei will ich erwähnen, daß die Ver- hältnisse bezüglich der wiederholten Malleininjektion und der zweiten Agglutinationsprobe nach vorausgegangener subkutaner Malleinapplikation anders zu liegen scheinen. Da die diesbezüg- lichen Erfahrungen im Zusammenhang demnächst zur Veröffent- lichung gelangen, will ich hier nur anführen, daß die innerhalb vier Wochen zum zweiten Male mit demselben Mallein und in derselben Dosierung angestellte Malleinprobe in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wesentlich geringere Temperatursteigerungen auslöste, während der Agglutinationstiter vier Wochen nach der Maileinisierung ganz merkbar zugenommen hatte und bei einigen Tieren sicher rotzige Werte erreichte. Die diesbezüglichen Be- obachtungen sind noch nicht abgeschlossen. Ich will auch er- wähnen, daß Bonome zuerst auf die Erscheinung der Erhöhung des Agglutinationstiters durch die Maileinisierung hingewiesen hat. sie besonders bei rotzigen Pferden ausgesprochen fand und daher ihre diagnostische Verwertbarkeit behauptet.

Da nun die Vermutung bestehen könnte, daß es sich bei den Allergiereaktionen um nichtspezifische Vorgänge handeln könnte, d. h. daß rotzige oder auch gesunde Pferde unter Umständen über- empfindlich für Bakteriengifte überhaupt seien, wurden sowohl bei rotzigen als auch bei gesunden Tieren analoge Reaktionen mit Tuber- culinum brüte und mit Diphtherietoxin angestellt. Letzteres auf Anraten von Professor Dr. Kraus am staatlichen Serotherapeutischen Institut in Wien, da die Empfindlichkeit der Pferde bekanntlich für Tuberkulose sehr gering, dagegen für Diphtherietoxin sehr beträcht- lich ist. Das Toxin wurde von Professor Dr. Kraus in dankens- werter Weise zum Versuch überlassen.

Es wurden nun der Hautreaktion mit Tuberkulin drei rotzige und sieben gesunde, d. h. klinisch und auf Malleininjektion und Agglutinationsprobe negativ reagierende Pferde unterworfen. Der Erfolg war absolut negativ.

Die Konjunktivaireaktion mit Tuberkulin wurde gleichfalls mit absolut negativem Resultat bei vier rotzigen, bei zwölf gesunden und sieben rotzinfektionsverdächtigen Pferden angestellt (vgl. Fig. 3 u. 4).

Ebenso negativ verlief die Hautprobe mit Diphtherietoxin bei drei rotzigen und 12 gesunden, und die Augenprobe bei zwei rotzigen

231

und zehn infektionsverdächtigen Pferden. Allerdings ist zu be- merken, daß die Hautprobe mit Diphtherietoxin bei den drei rotzigen Pferden zweimal eine eben sichtbare, aber nicht tastbare Anschwellung bewirkte, die jedoch in keinem Vergleich zur gleich- zeitig angestellten Mallein - Hautprobe gestellt werden konnte. Ein Resultat, das mit Bezug auf Schicks Kutanreaktion bei Impfung mit Diphtherietoxin interessant zu nennen ist.

Es ist demnach die Allergieprobe mit Mallein bei Rotz als eine spezifische aufzufassen.

Bei einem rotzigen Tier wurde auch die Verdünnung des Malleins bestimmt, die bei der Hautreaktion noch deutliche An- schwellung erzeugte: Es war dies die Verdünnung 1:4 (Phenol- kochsalzlösung), die nach 24 Stunden eine Beule von 35 X 30 mm erzielte; 1:10 bewirkte nur eine nicht charakteristische spurweise

Schwellung.

*

Wenn es mir nun gestattet ist, aus diesen Erfahrungen Schlüsse für unser künftiges Handeln bei der Rotzdiagnose zu ziehen, so möchte ich vor allem betonen, daß natürlich die Zahl der zur Untersuchung gelangten rotzigen Tiere viel zu gering ist, um bindende Schlüsse ziehen zu können; auch fehlen uns bisher ver- gleichende Untersuchungen bei altem Rotz; nichtsdestoweniger glaube ich aber, bereits die Richtung andeuten zu können, in der sich unsere künftigen Untersuchungen bewegen müssen. Die Bestätigung unserer bisherigen Erfahrungen durch gleichzeitige Anwendung aller vier Proben (Agglutinations-, Mallein-, Augen- und Hautprobe) vorausgesetzt, würde die Augenprobe als die am leichtesten auszuführende als erste Reaktion in Frage kommen; erst die auf die Augenprobe negativ antwortenden Tiere werden der subkutanen Probe oder Stichreaktion untem^orfen. Die auf eine Augenprobe positiv reagierenden Tiere werden als rotzig getötet.

Die kutane Probe mit oder ohne Skarifikation dürfte erst in letzter Linie in Betracht kommen, da sie möglicherweise weniger empfindlich und umständlicher ist als die beiden vorgenannten.

Die Agglutinationsprobe dürfte ihren Wert als eine von den Allergieproben unabhängige Reaktion beibehalten; der Umstand, daß sie wiegen ihrer Kompliziertheit nur in wohleingerichteten Laboratorien zur Ausführung gelangen kann, wird reichlich auf- gewogen durch die außerordentlichen Erfahrungen, die eine solche

232

Tabellarische Ob

ersieht

Prüfung durch

Anzahl Herde

Davon

gesund

rotzinf.- verdächtig

anders erkrankte

rotzver- dächtige

I.

Mallein.i)

1. OW) ....

68

13

55 2 mal

16

2. TR )

CR 1

OR 1 * ' ' ' Aggl. J

244

15 1

207 2

18 3

240

4

3. CR

DR 1

OR j ' ' " *

2

2

w

Aggl. 4. TR )

CR

. .

3

1

DR

. « . .

>—

2

OR

Aggl.

II.

Tuberkulin.»)

1. OR

9

7

1

1

2. CR

20

12

7

1

3. OR \

....

CR 1

2

2

III.

Diphtherietoxin.

1. CR .

2. OR ] CR 1

7 14

12

6

1

....

2

8. OR 1

\ . .

DR )

1

1

4. DR

4

"

2

2

Summe

374

1) Mallein (Tuberculin) brüte veterin. Institut Pasteur.

2) OR = ophthalmo-konjunktivale Reaktion, TR = thermale Reaktion,

233

der Untersuchungen.

Bemerkungen

Negativ

Negativ Positiv

Negativ

Negativ

Negativ Negativ

3 gesund: rotzfrei.

Negativ Infektionsverdächtig: 3 neg.

Rotzverdächtig: 4 pos. Positiv

Negativ : 1 Pferd „Lungenbrand".

Beide subakuten Lungenrotz.

Negativ ; 1 gesundes: rotzfrei; 1 inf.- verd.: rotzfrei; 1 rotziges: subakuten Lungenrotz.

Negativ 1 gesundes: rotzfrei; ein inf.- verd.: rotzfrei; trotziges: subakuten Lungenrotz.

Negativ Sektion: Lungen-, Nasen- Drüsenrotz.

1 rotzverdächtiges: Lungen-

Drüsenrotz.

2 rotzverdächtige: Lungen-

Drüsenrotz. Lungen-Nasenrotz.

2 rotzverdächtige: beide Lungenrotz.

Gesund: 13 Serumpferde (Schweine- rotlaufsernm). Anders erkrankt: T an Pneumonie (faochfiebemd)) 2 an Druse, 1 mit Carcinoma instestini, 1 an Druse u. Petechialfieber, 1 an chron. Lungenemphysem, 1 an Stoinatitis pustulosa, 1 an Pe- techialfieber, 1 an Lungenbrand, 1 an Phlegmone.

Beide rotzverdächtig, das eine hatte Lungenbrand, das zweite eine Phlegmone, die nach Inzision abheilte.

Das „anders erkrankte" litt an Pe- techialfieber, war wegen Rotz- verdacht eingestellt. Geheilt ab- gegangen.

Gesund: 7 Serumpferde.

Gesund: 12 Serumpferde.

2 inf.-verd.: Druse und Petechial- fieber.

CR = Kutireaktion mit Skarifikation, DR == Dermoreaktion = Hautreaktion mit Reiben. Aggl. = Agglutination.

234

Zentralstelle durch den Zusammenfloß aller Rotzfälle zu sammeln Gelegenheit findet. Auch würde sie eine von einer zweiten Person angestellte Kontrollprobe zu den Allergiereaktionen darstellen.

Literatur.

1. von Pirquet, Klinische Studien über Vakzination und vakzinale Allergie. Wien, Deutike, April 1907.

2. Tuberkulindiagnose durch kutane Impfung. Berl. klin. Woch. 1907, Nr.20. 22.

3. " Die Allergieprobe zur Diagnose der Tuberkulose des Kindesalters. Wiener klin. Woch. 1907, Nr. 28.

4. Der diagnostische Wert der kutanen Tuberkulinreaktion auf Grund von 100 Sektionen. Wiener klin. Woch. 1907, Nr. 38.

ö. Wladimiroff, Ophthalmoreaktion bei Rotz. Berliner tierärztl. Woch.

1908, Nr. 8. G. Choromansky, zit. bei Wladimiroff.

7. Vallöe, Sur un nouveau proc^d^ de diagnostic experimental de la tub. et de la morve. Acad. des sciences 3. 6. 07.

8. Wolff-Eisner, Berl. klin. Woch. 1907, Nr. 20.

9. Schütz u. Mießner, Zur Serodiagnostik der Ilotzkrankheit. Arch. f wiss. u. prakt. Tierheilkunde 1905, Bd. 31.

10. Bonome, Ober die Schwankungen des Agglutinin- u. Präzipitingchaltes des Blutes während der Kotzinfektion. Zentralbl. f. Bakteriologie, Ori^., Bd. 38, S. 601.

11. Epstein, Über die Anwendung Kochschcr Injektionen im Säuglings- und ersten Kindesaltcr. Prager med. Woch. 1891.

12. Eschcrich, Die Resultate der Kochschen Injektionen bei Skrofulöse u. Tuberkulose des Kindesalters. Jahrb. f. Kinderheilk. 1892, Bd. 33.

l'*''. Bartel, Die Bedeutung der Lymphdrüsen als Schntzorgane gegen die Tuberkuloseinfektion. Wien. klin. Woch. 05, Nr. 41.

14. Schick, Die diagnostische Tuberkulinreaktion im Kindesalter. Jahrb. für Kinderheilk. 1905.

15. Ligniöres, Die Tuberkulosediagnose bei den Tieren (Rindern) durch Ophthalmo- und Kutireaktion. Recueil d'Alfort 10. 11. 07.

IG. Moro, Über eine diagnostisch verwertbare Reaktion der Haut auf Ein- reibung mit Tuberkulinsalbe. Münchener med. Woch. 1908, Nr. 5.

17. Schick, Kutanreaktion bei Impfung mit Dipfatherietoxin. Müncbener med. Woch. 1908, S. 504.

18. Eine erschöpfende Darstellung der Allergiefrage samt Literatur findet sich in „v. Pirquet, Allergie'^ Sammelrefcrat in „Ergebnisse der inneren Medizin und Kinderheilkunde'', Berlin, 1908.

19. Joest, Noack, Liebrocht, Untersuchungen zur Frage des Vorkommens latenter Tuberkelbazillen in den Lymphdrüsen des Rindes u. Schweines. Zeitschrift für Infekt, etc. der Haustiere, Bd. 3, 1907.

20. Martel, Application de la metfaode de v. Pirquet au diagn. de la morve chcz rhomme et chez le cheval. Soc. de m6d. v6t., S^ance 4. Juli 1907.

Zur Pathogenese der Lymphdrfisentuberkulose.

Von Prof. £• Joest und Amtstierarzt €. Noack.

Die Frage nach dem Zustandekommen der Lymphdrüsen- tuberkulose, die man mit der selbstverständlich erscheinenden Annahme einer lymphogenen Infektion als erledigt angesehen hatte, ist in neuerer Zeit durch v. Baumgarten ^), der mit besonderem Nachdruck auf den hämatogenen Infektionsmodus hinwies, von neuem aufgerollt worden.

v. Baumgarten glaubt, daß der lymphogene Infektionsweg bei der Lymphdrüsentuberkulose zum Nachteil des hämatogenen Infektionsmodus überschätzt worden ist. Er injizierte (in Gemein- schaft mit Campiche) Kaninchen ziemlich große Dosen menschlicher Tuberkelbazillen und Perlsuchtbazillen intravenös und intraarteriell und beobachtete, daß bei allen derart infizierten Versuchstieren in erster Linie sämtliche Lymphdrüsen tuberkulös erkrankten. ,,Je früher die Tiere gestorben waren, um so mehr prävalierte die Lymphdrüsentuberkulose über die tuberkulöse Erkrankung der übrigen Organe, einschließlich der Lunge; je später die Tiere gestorben waren, um so mehr trat die Lungentuberkulose, besonders bei den Tieren mit intravenöser Injektion, in den Vordergrund." v. Baumgarten erklärt diese Beobachtung mit der Annahme, daß sich die ins Blut gelangten Tuberkelbazillen mit einer ge- wissen Vorliebe und besonders reichlich in den Lymphdrüsen niederlassen, und daß so „sehr frühzeitig eine generalisierte Lymph- drüsentuberkulose" entsteht. Er hält durch seine Experimente ..die Tatsache der großen Geneigtheit des Lymphdrüsenapparates, auf hämatogenem Wege tuberkulös zu erkranken", fiir festgestellt.

^) P. y. Baumgarten, Experimente Qber hämatogene Lymphdrüsen- tuberkulose. Berliner klin. Wochenschr., 43. Jahrg., 1906, Nr. 41, und Ver- handlungen der Deutschen Patbolog. Gesellschaft, 10. Tagung, 1906.

236

Im Sinne v. Baumgartens muß somit angenommen werden, daß die Lymphdrüsen eine besondere Prädilektion für die im Blute kreisenden Tuberkelbazillen besitzen, oder umgekehrt, daß den Tuberkelbazillen eine besondere Prädilektion für das Lymphdrüsen- gewebe innewohnt.

Die Frage, ob die Lymphdrüsen vorwiegend hämatogen oder vorwiegend lymphogen an Tuberkulose erkranken, ist für die Fleischbeschau von großer Bedeutung. Stützt sich die sanitäts- polizeiliche Beurteilung tuberkulöser Schlachttiere ja wesentlich auf das Verhalten der Lymphdrüsen. Findet die Fleischbeschau eine Lymphdrüse mit tuberkulösen Veränderungen behaftet, so schließt sie daraus, daß das Wurzelgebiet dieser Lymphdrüse ebenfalls tuberkulöse Veränderungen oder, wenn auch nicht solche, so doch Tuberkelbazillen beherbergt, und dementsprechend wird mit den Teilen, die als das Wurzelgebiet der tuberkulös erkrankten Lymphdrüse zu betrachten sind, verfahren. Es hat also in der Fleischbeschau der Grundsatz Geltung, daß die Lymphdrüsen- tuberkulose lediglich auf dem Lymphwege (also von den Quell- gebieten der Lymphdrüsen aus) zustande kommt. Im Gegensatz hierzu betont v. Baumgarten den hämatogenen Infektionsmodus. Die Darlegungen dieses ausgezeichneten Forschers sollen zwar den vorstehend erwähnten Grundsatz nicht ohne weiteres um- stoßen, immerhin sind sie geeignet, Zweifel an der Richtigkeit desselben entstehen zu lassen. Es erscheint deshalb von Interesse, die Frage der Pathogenese der Lymphdrüsentuberkulose mit be- sonderer Berücksichtigung der Schlachttiere näher zu erörtern.

Es fragt sich zunächst, ob die pathologisch-anatomische Untersuchung tuberkulöser Lymphdrüsen erkennen läßt, auf welchem Wege die Krankheitserreger in die Drüse hineingelangten. Vorgeschrittene tuberkulöse Erkrankung eines Lymphknotens schließt natürlich von vornherein die Möglichkeit einer derartigen Feststellung aus. Von den Anfangsstadien der Erkrankung indessen könnte man Aufschlüsse der gedachten Art erwarten. Nach unseren Untersuchungen i) beginnt die Tuberkel- entwicklung bei Rind und Schwein vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich in der Rinde der Lymphdrüsen. Diese Tatsache deutet auf eine lymphogene Infektion hin; denn mit dem Lymph-

1) Vgl. diese Zeitschrift, Bd. 3, 1907, S. 257.

237

Strom den Lymphknoten zugefiihrte Tuberkelbazillen müssen, dem Eintritt der Vasa aflFerentia entsprechend, in erster Linie in den Rindensinus zurückgehalten werden und hier zur Entstehung spezifischer Veränderungen Veranlassung geben. Eine hämatogene Infektion läßt sich jedoch, zumal auch in der Marksubstanz der Lymphdrüsen, wenn auch nicht so häufig wie in deren Rinde junge Tuberkel beobachtet werden können, durch die pathologisch- anatomische Untersuchung nicht vollkommen ausschließen.

Die hämatogene Lifektion der Lymphdrüsen mit Tuberkulose setzt voraus, daß sich Tuberkelbazillen in der arteriellen Blutbahn befinden, daß also die Bedingungen für eine Generalisation der Tuberkulose im Organismus erfüllt sind. Nach v. Baum- garten muß angenommen werden, daß die Lymphdrüsen unter dieser Voraussetzung mit einer gewissen Vorliebe erkranken, (Jaß ihr Gewebe somit vor anderen Geweben eine Prädisposition zur Aufnahme von Tuberkelbazillen aus dem Blutstrom und zur tuberkulösen Erkrankung voraus hat. Dies würde zur Folge haben müssen, daß bei generalisierter Tuberkulose vor allen Dingen sämtliche Lymphdrüsen des Körpers erkranken, wie es V. Baumgarten bei seinen Tierversuchen beobachtete.

Unsere bei zalüreichen generalisiert tuberkulösen Schweinen und Rindern durchgeflihrten Untersuchungen von Lymphdrüsen sowohl auf Tuberkelbazillen als auch auf tuberkulöse Veränderungen^) haben indessen (besonders auffällig trat dies beim Schwein hervor) ergeben, daß bei generalisierter Tuberkulose die Lymph- drüsen keineswegs gleichmäßig erkranken, daß vielmehr ver- schiedene Lymphdrüsen in vielen Fällen frei von spezifischen Ver- änderungen und auch von Tuberkelbazillen sind. Man könnte im Sinne der Ausflihrungen v. Baumgartens einwenden, daß hier vielleicht die Zahl der in die arterielle Blutbahn gelangten Tuberkelbazillen nicht ausreichte, um alle Lymphknoten zu in- fizieren. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, daß in einer Anzahl der von uns untersuchten Fälle, in denen Lymph- drüsen frei von spezifischen Läsionen und Tuberkelbazillen ge- funden wurden, ein Einbruch zahlreicher Tuberkelbazillen in den Blutstrom stattgefunden hatte, wie aus der Zahl der tuberkulösen Herde in verschiedenen Organen ersichtlich war. Unsere Unter-

») L. c.

238

suchungen haben somit eine besondere Prädisposition des Lymphdrüsengewebes für die tuberkulöse Infektion vom Blutstrom aus nicht erkennen lassen.

Zur Erklärung der von v. Baumgarten bei seinen Versuchs- tieren festgestellten Tatsache, daß nach intravenöser und intra- arterieller Einverleibung großer Dosen von Tuberkelbazillen sämtliche Ls'mphdrüsen des Körpers tuberkulös erkrankten, bedarf es unseres Erachtens nicht der Annahme einer besonderen Prädis- position des IjTnphatischen Gewebes zur Aufnahme der im Blute kreisenden Tuberkelbazillen, also die Annahme einer hämatogenen Infektion. Unter den Bedingungen der v. Baumgartenschen Versuche wurden sämtliche Gewebe des Körpers, also die Wurzelgebiete sämtlicher Lymphdrüsen, mit Tuberkelbazillen über- schwemmt. Vom Wurzelgebiet bis zur zugehörigen Lymphdrüse ist aber nur ein sehr kurzer Weg, so daß die Tuberkelbazillen bald nach ihrer Ankunft im Wurzelgebiet auch mit dessen Lymphe in die zugehörigen Lymphdrüsen gelangen können. Uns erscheint deshalb die Annahme einer lymphogenen Infektion der Lymph- knoten vom Wurzelgebiet aus sowohl in den Versuchen v. Bauni- gartens als auch bei si)ontanen Fällen generalisierter Tuberkulose näher zu liegen, als die Annahme einer hämatogenen Infektion der Drüsen. Der Einwand, daß die Organe (also die Wurzelgebiete) nicht erkennbar erkrankt waren, während die zugehörigen Lymph- drüsen bereits tuberkulöse Veränderungen aufwiesen, kann unseres Erachtens als stichhaltig nicht betrachtet werden; denn gerade die Erfahrungen der Fleischbeschau lehren, daß TuberkelbaziUeu (Tcwebe, ohne in diesen Veränderungen zu setzen, passieren können; sie gelangen dann in die korrespondierenden Lymph- drüsen, in denen die spezifischen Läsionen entstehen, während das Wurzelgebiet frei bleibt. Aber auch dann, wenn im Wurzelgebiet tuberkulöse Läsionen sich entwickeln, kann die fast gleichzeitig entstandene Tuberkulose der zugehörigen Ls'mphdrüsen sich frülier bemerkbar machen, als die Organveränderungen, und zwar deshalb, weil die Erkrankung der Lymphdrüse sich schon durch die früh- zeitig eintretende Hyperplasie des lymphatischen Gewebes ven'ät. Jedenfalls müssen wir daran festhalten, daß in allen Fällen, in denen die Möglichkeit einer hämatogenen tuberkulösen Infektion der Lymphdrüsen gegeben ist, gleichzeitig auch die Möglichkeit ihrer lymphogenen Infektion vorliegt.

239

Welche dieser beiden Möglichkeiten ist nun die größere? Die Lymphdrüsen sind kleine Gewebskomplexe, deren Blutgefäße so unbedeutend sind, daß sie anatomisch ohne be- sondere Präparation meist kaum wahrgenommen werden können. Die Wurzelgebiete der Lymphdrüsen dagegen stellen große Gewebsmassen dar, die, wie an der Stärke ihrer Blutgeföße zu sehen ist, ein ungleich größeres Blutquantum zu ihrer Ernährung bedürfen als die zugehörigen Lymphdrüsen. Wenn das arterielle Blut nun tuberkelbazillenhaltig ist, so werden (eine gleich- mäßige Verteilung der Krankheitserreger in diesem Blute voraus- gesetzt) alle Organe und Gewebe eine der in sie einströmenden Blutmenge proportionale Zahl von Tuberkelbazillen zugeführt er- halten, also die Lymphdrüsen mit ihren kleinen Gefäßen weniger, ihre Wurzelgebiete mit den weit größeren Gefäßen mehr. Schon aus dieser einfachen Überlegung ergibt sich, daß die Mögliclikeit der hämatogenen Infektion der Lymphdrüsen eine geringere ist als die Möglichkeit der hämatogenen Infektion ihrer Wurzel- gebiete.

Man kann die Größe der Gefahr der hämatogenen Infektion der Lymphdrüsen im Vergleich zu derjenigen ihrer Wurzelgebiete zahlenmäßig feststellen. Die arterielle Blutmenge, die den Organen zugeführt wird, ist im allgemeinen deren Volumen proportional. Aus einem Vergleich der Volumina bestimmter Lymphdrüsen und der Volumina der zu ihnen gehörigen Wurzelgebiete läßt sich daher schließen, wie groß die Menge arteriellen Blutes ist, die beide in der gleichen Zeit erhalten. Wir wählten zu dieser Be- stimmung solche Lymphdrüsen, deren Wurzelgebiet genau bekannt nnd scharf umschrieben ist und stellten durch möglichst genaue Wägungen fest, wie schwer jeweils die Lymphdrüse und ihr zu- gehöriges Wurzelgebiet war. Die Feststellungen wurden einerseits an Bronchiallymphdrüsen und Lunge, andererseits an Portallymph- drüsen und Leber bei nicht tuberkulösen Rindern und Schweinen vorgenommen. Die Tabellen 1—5 zeigen die Ergebnisse. Aus ihnen geht (wenn wir Tabelle 2 und 3 aus den in der Fußnote auf S. 241 angeführten Gründen unberücksichtigt lassen) hervor, daß das Gewicht der Bronchiallymphknoten des Kindes' durch- schnittlich 0,38% (rund 0,4 ^/q) des Gewehtes der zugehörigen Lunge ausmacht. Das Gewicht der Portallymphknoten des Rindes »beträgt durchschnittlich ebenfalls 0,4% ihres Wurzelgebietes (der

240

Tabelle 1.

Gewicht der Lunge und der Bronchiallymphknoten

beim Rind.

1

Nr.

Geschlecht

Gewicht

der Lunge 1

Gewicht der '

zugehörigen

Bronchial- '

lymph- ,

knoten |

Somit beträgt das Gewicht | der Lymph- ' knoten vom ' Gewicht der Lunge

,

in g

in g

7o

1

Bulle

1 4O0O

17

0,42

2

Ochs

4000

16

0,40

3

Ochs

4200

11

0,26

4

Bulle

3750

14

0,87

0

Bulle

3900

10

0,30

6

Ochs

3850

9

0,23

7

Bulle

3300

26

0,78

8

Ochs

3740

17

0,45

9

Kuh

3500

14

0,40

10

Bulle (Jungrind)

3550

18

0,51

11

Bulle

4700

23

0,50

12

Bulle

4100

15

0,37

13

Bulle (Jnngrind)

3800

1 20

0,53

14

Ochs

5600

10

0,18

15

Ochs

5000

15

0,30

Durchschnitt:

4066

15,6

; 0,38

Leber), während beim Schwein diese Prozentzahl um ein geringes höher ist (0,62%). Somit sind die Wurzelgebiete der Bronchial- und Portallymphdrüsen beim Rinde 250 mal größer als diese Lymphknoten selbst, während beim Schwein das Wurzelgebiet der Portallymphdrüsen rund 160 mal größer ist, als diese Lymph- knoten. Dementsprechend müssen auch, wie wir annehmen können, Lunge und Leber beim Rind in der Zeiteinheit eine 250 mal größere Blutmenge durch ihre Emährungsgeßlße (von den funktio- nellen Gefäßen sehen wir natürlich hier ab) zugeführt erhalten als die zugehörigen Lymphknoten. Enthält das arterielle Blut Tuberkelbazillen, so müssen bei gleichmäßiger Verteilung derselben die Wurzelgebiete der genannten Lymphknoten somit auch 250 mal oder sagen wir (mit Rücksicht auf die Zahl bei den Portallymphdrüsen des Schweines) rund 200 mal mehr durch eine Infektion mit diesen Krankheitserregern

241

Tabelle 2.»)

Gewicht der Lunge und der

Bronchiallymphknoten beim

Schwein.

Nr.

Gewicht

der Lunge

Gewicht der

sugehOrigen

Bronchial*

lymph-

knoten

Somit beträgt das Gewicht der Lymph- knoten vom Gewicht der Lunge

in g

in g

%

1

610

8

1,31

2

617

13

2,11

3

590

10

1,69

4

590

9

1,51

5

965

10

1,04

6

595

9

1,51

7

560

7

1,25

8

782

13

1,66

9

940

10

1,10

10

876

13

1,41

11

680

11

1,75

12

642

8

1,24

Dorch- •chnitt:

610

10

1,64

Tabelle 3.

Gewicht der Lunge und der

Bronchial- sowie Mediastinal-

lymphknoten beim Rind.

(Ala Ergänzung zu Tabelle S.)

Nr.

00

Gewicht

der Lunge

Gewicht der zugehörigen Lymph- knoten

Somit beträgt dM Gewicht der Lymph- knoten Yom Gewicht der Lunge

in g

in g

%

1

Ochs

4000

46

1,15

2

Ochs

3375

63

1,87

3

Ochs

3750

30

0,80

4

Bulle

4500

75

1,67

5

Bulle

4500

45

1,00

6. Ochs

3500

35

1,00

7

Bulle

3500

31

0,88

8

Ochs

5500

70

1,22

9

Ochs

3500

67

1,91

10

Bulle

4500

50

1,11

11

Kuh

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47

1,67

Durc

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3966

50

1,26

gefährdet sein als diese Lymphknoten selbst. Wir sind uns wohl bewußt, daß diese Erwägungen gerade bei Lunge und Leber, bei denen der Import von Tuberkelbazillen fast ausschließlich (Lunge) oder sehr häufig (Leber) von dem ftinktionellen Gefäß (Arteria pulmonalis und Pfortader) aus sich vollzieht, lediglich theoretischen Wert haben. Es kam uns hier nur darauf an, an zwei Organen

1) Das Schwein hat keine eigentlichen von den Bronchiallymphknoten getrennt liegenden Mediastinanymphknoten. In Tabelle 2 ist die an der Lungenwurzel gelegene, schlechthin als Bronchial lymphknoten bezeichnete Oruppe gewogen worden. Das Durchschnittsergebnis dieser Tabelle, ver- glichen mit dem der Tabelle 1, zeigt, daß das Gewicht der sog. Bronchial- lymphknoten beim Schwein im Verhältnis zur Lunge ein höheres ist als beim Rinde. Tabelle 3, die das Gewicht der Bronchial- und Mediastinallymph- knoten des Rindes, berücksichtigt, klärt indessen diese Inkongruenz voll- kommen auf. Wiegen wir die Mediastinallymphknotcn beim Rinde mit, so erhalten wir fast die gleichen Zahlen wie beim Schwein. Streng genommen können nach vorstehendem, wenn wir das Gewichtsverhältnis von Lunge und zugehörigen Lymphknoten feststellen wollen, Tabelle 2 und 3 nicht berück- sichtigt werden.

Zeitschrift für Infektiontkrankheiten. IV, 3 4. 16

242

Tabelle 4.

Gewicht der Leber und der Portallymphknoten beim Rind.

Tabelle 5.

Gewicht der Leber and der Por- tallymphknoten beim Schwein.

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ZU zeigen, um wie viel geringer die Gefahr der hämatogenen Infektion von der arteriellen Bahn aus bei den Lymphdrüsen ist als bei ihren Wurzelgebieten. Ähnlich wie die Volumverhältnisse von Lunge und Leber und ihren zugehörigen Lymphknoten werden sieh auch die Volumverhältnisse von anderen Wurzelgebieten und ihren Lymphknoten und damit die Möglichkeiten einer hämatogenen Infektion verhalten.

Wenn die Zahl der in den arteriellen Blutstrom eingebrochenen Tuberkelbazillen eine sehr große ist, so werden natürlich Wnrzel- gebiete und Lymphknoten gleichzeitig von einer hämatogenen Infektion bedroht sein. Anders aber liegen die Verhältnisse, wenn die Zahl der Tuberkelbazillen im arteriellen Blut, wie es sehr häufig vorkommt, nicht groß ist, wenn vielleicht nur einzelne Bazillen in Frage kommen. In solchen Fällen ist die Möglichkeit der Infektion überhaupt hinsichtlich des Wurzelgebietes im all- gemeinen rund 200 mal größer als diejenige der entsprechenden Lymphdrüsen. Ja, es müßte, falls es sich nur um einzelne

243

Tuberkelbazillen im arteriellen Blutstrom handelt, ein großer Zufall walten, wenn von den einzelnen Bazillen einer in die kleine Arterie des Lymphknotens geschwemmt werden soll, da ihm doch ein etwa 200 mal breiterer Weg in das Wurzelgebiet offen steht.

Man könnte immer noch einwenden, die Lymphdrüsen be- säßen, wie auch v. Baumgarten annimmt, eine besondere Prädis- position zur tuberkulösen Infektion auf dem Blutwege, derart, daß sich die Tuberkelbazillen mit einer gewissen Vorliebe im Lymph- drüsengewebe niederlassen. Wir wissen nicht, wie wir uns das denken sollen. Die Tuberkelbazillen schwimmen ' als kleine Körperchen im Blute, werden, vollkommen passiv, mit dem Strom fortgetragen und lagern sich schließlich irgendwo im Körper, in irgend einem Gewebe ab. Von einer Wahlanziehung zwischen Tuberkelbazill(in und Gewebe kann dabei keine Rede sein. Es wäre doch absurd, anzunehmen, daß eine Lymphdrüse auf die in einer größeren Arterie angetrieben kommenden Tuberkelbazillen eine solche Anziehungskraft auszuüben vermag, daß sie nicht im breiten Strome weiter schwimmen, sondern in die kleine Arterie der Lymphdrüse abschwenken.

Sprechen alle diese Erwägungen auch entschieden gegen die besondere Häufigkeit einer hämatogenen tuberkulösen Infektion der Lymphknoten, so war durch sie doch noch nichts näheres be- wiesen. Es kam uns darauf an, nicht theoretisch, sondern an der Hand von Tuberkulosefallen, wenn möglich zahlenmäßig, die Häufig- keit der lymphogenen Infektion der Lymphdrüsen einerseits und ihrer hämatogenen Infektion andererseits festzustellen. Wirkliche Aufschlüsse in dieser Richtung ließen sich weniger von Tier- versuchen erwarten, als durch Verwertung der zahlreichen spontanen Tuberkulosen, die die Fleischbeschau erschließt. Wir sammelten deshalb geeignetes Material auf dem Schlachthof.

Die hämatogene Infektion einer Lymphdrüse muß (generalisierte Tuberkulose natürlich vorausgesetzt) da in Betracht gezogen werden, wo die Lymphdrüse tuberkulös erkrankt ist, während ihr Wurzelgebiet frei von Tuberkulose erscheint.

Wie oft kommt das vor? Zur Beantwortung dieser

Frage gingen wir von einem Organ aus, dessen Lymphknoten ihr

Wurzelgebiet ausschließlicli in diesem Organ besitzen, und bei

dem tuberkulöse Veränderungen leicht nachgewiesen werden können,

von der Leber, zumal dieselbe, wie wir sehen werden, auch noch

16*

244

einen andern, sehr wesentlichen Vorteil bietet. Wir unterzogen die Leber von mit generalisierter Tuberkulose behafteten Tieren, bei denen die Portallymptiknoten tuberkulös erkrankt erschienen, und bei denen die Fleischbeschau keine tuberkulösen Herde im Parenchym des Organs selbst hatte erkennen lassen, einer ge- nauen Untersuchung, indem wir die gesamte Leber in sehr zahl- reiche, nur einige Millimeter dicke Scheiben zerlegten. Fanden sich dabei Herdchen, die mit bloßem Auge oder mit der Lupe nicht mit Sicherheit als Tuberkulose identifiziert werden konnten, so wurden sie histologisch näher geprüft.

Die Ergebnisse , zeigen Tabelle 6 und 7. Es wurden in der Zeit vom Anfang Oktober 1907 bis Ende Februar 1908 anf dem Dresdner Schlachthofe 18.'> Rinder und 493 Schweine als mit genereller Tuberkulose behaftet beschlagnahmt. Von diesen Tieren erschien die Leber bei der Fleischbeschau in 8 Fällen beim Rind und in 5 Fällen beim Schwein lediglich mit tuberkulöser Erkrankung ihrer Lymphdrüsen behaftet. Die nähere Untersuchung des Leber- parenchyms ließ jedoch in zweien von diesen Fällen beim Rind

Tabelle 6.

F&lle von ;eiier&]lBlert«r TuberkaloBe beim Bind mit ETkrankang der

Portallymphknoten, jedoch ohne Erkrankung der Leber.

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822

35,4

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3 1 2

7,41

35,0

Novemb.

2248

642

28,5

27

6

1 1 -

1

3,70

16.7

Dezbr.

2443

710

29,0

46

17

-

-

-

Januar

2893

654

27.3

46

12

1

1

2,17

8,8

Fcbmar

2305

707

30,6

89

11

3

1

2

5,18

18.2

' 2 I 6 I 3,24 ,

Tabelle 7.

Fälle von generalisierter Tnberkalose beim Schwein mit Erkraßknng

der Portallymphknoteu, jedoch ohne Erkrankang der Leber.

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Oktober

15002

727

4,84

120

117

3

1

2

1,67

1,71

Novemb.

18604

570

4,18

86

66

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-

_

Dozbr.

14148

548

8,87

96

94

2

-

2

2.08

2,13

Jaonar

14100

578

4,10

80

80

_

Februar

; 18377

483

8.61

111

111

-

' 70331 1 2906 1 4,14 I 493 1

und in einem Falle beim Schwein noch ein oder zwei minimale kleine tuberkulöse Herdchen aui^nden. Somit blieben für das Rind sechs, für das Schwein vier Fälle übrig, bei denen das Leber- parenchym als fi-ei von tuberkulösen Veränderungen anzusehen war. Wir wollen diese Fälle zunächst einmal sämtlich als hämatogene Tuberkulosen der portalen Lymphdrüsen betrachten. Aus einem Vergleich mit der Gesamtzahl der generellen Tuberkulosen (siehe Tabelle 6 und 7) ergibt sich ohne weiteres, daß die hämatogene Tuberkulose der portalen Lymphdrüsen sehr selten ist, sie findet sich in 3,24 **/(, der generellen Tuberkulosen beim Rind und in nur 0,81 "/o der generellen Tuberkulosen beim Schwein. Fälle von Portaldrüsentuberknlose mit gleichzeitiger Tuberkulose des Leberparenchyms kOnnen natürlich nicht als hämatogene Infektionen der Poitaldrüsen reklamiert werden; denn hier müssen diese als lymphogen infiziert gelten. Kin Vergleich der Zahl dieser, wie wir annehmen müssen, lymphogenen Tuberkulosen der Portaldriisen mit der Zahl der Fälle, in denen wir sie als häma- togen infiziert betrachtet haben, ergibt (Tabelle 6 und 7), daß die

246

hämatogenen Tuberkulosen der Portaldrüsen rund 1 1 ^/q beim Rind und nur 0,8% beim Schwein der lymphogenen ausmachen. Schon aus diesen Verhältniszahlen läßt sich schließen, daß die hämatogene tuberkulöse Infektion der Portaldrüsen gegen- über der lymphogenen (besonders beim Schwein) eine sehr geringe Bedeutung besitzen muß. Hätte die erstere eine ebensogroße Bedeutung wie die letztere, so müßte die Zahl der Fälle, in denen bei Erkrankung der Lymphdrüsen das Wurzelgebiet frei befunden wird, ebensogroß sein, wie die Zahl der Fälle, in denen Lymphdrüsen und Wurzelgebiet gleichzeitig tuberkulöse Veränderungen aufweisen.

Wir haben zunächst angenommen, daß in allen jenen Fällen, in denen die Portallymphknoten tuberkulös erkrankt erschienen, ohne daß spezifische Veränderungen im Leberparenchym aufzufinden waren, eine hämatogene Infektion der genannten Lymphdrüsen vorlag. Gegen diese Annahme lassen sich jedoch Bedenken geltend machen :

1. Es könnten auch bei genauester Untersuchung des Leber- parenchyms kleinste tuberkulöse Herdchen verborgen geblieben sein; in solchen Fällen würde von einer hämatogenen Infektion der Portallymphknoten keine Rede mehr sein können.

2. Die Erfahrung und das Experiment haben gelehrt, daß die Tuberkelbazillen das Parenchym der Organe zu passieren ver- mögen, ohne notwendigerweise jedesmal tuberkulöse Veränderungen zu bedingen. So könnten auch bei der Infektion der Leber von der Pfortader aus Tuberkelbazillen deren Parenchym spurlos durchwandert haben, um erst in den Portaldrüsen Veränderungen hervorzurufen. Auch diese Fälle würden von der Zahl der häma- togenen Infektionen der portalen Lymphknoten in Abzug zu bringen sei.

Bei der Würdigung dieser Fehlerquellen bedingenden Um- stände schien die Zahl der wirklichen hämatogenen Tuberkulosen der Portallymphdrüsen fast auf Null zusammenzuschrumpfen. Die vorstehend dargelegten Bedenken, die sich gegen die Auffassung jener oben angeführten sechs Fälle beim Rind und vier Fälle beim Schwein als hämatogene Infektionen der Portallymphdrüsen geltend machen lassen, ließen sich zahlenmäßig nicht ohne weiteres zum Ausdruck bringen. Unser Bestreben war aber gerade darauf ge- richtet, rechnerisch einige Anhaltspunkte für die Häufigkeit der

247

liämatogenen tuberkulösen Infektion zu gewinnen. Es erschien uns deshalb erforderlich, neben den Fällen von genereller Tuberkulose, auch Leber und Portaltymphdrüsen von nicht mit genereller Tuberkulose behafteten Tieren zu untersuchea, also solche Fälle, bei denen eine häma- togene Infektion der Portallymphknoten von vornherein ausgeschlossen erschien. Diese Untersuchungen sollten ge- wissermaßen dazu dienen, die Bedeutung, wir möchten sagen den Umfang jener vorstehend angeführten Fehlerquellen bei der Fest- stellung einer hämatogenen Lymphdrüsentuberkulose kennen zu lernen.

Wir untersuchten daher in Fällen von nicht generalisierter Tuberkulose mit tuberkulöser Erkrankung der Portallymphknoten die Leber in derselben Weise, wie oben erwähnt. In diesen Fällen hätte das Leberparenchym, da die Portallymphknoten nnr auf lymphogenem Wege erkrankt sein konnten, somit die diese Er- krankung bedingenden Tuberkelbazillen die Leber passiert haben mußten, wenn wir die oben erwähnten beiden Fehler- «[uellen (S. 246) zunächst als nicht gegeben ansahen, stets tuber- kulöse Herde aufweisen müssen. Das war aber, wie sich voraus- sehen ließ, nicht der Fall. Es konnten unter den nicht generalisierten Tuberkulosen, bei denen die Portallymphdrttsen er- krankt waren, wie Tabelle 8 und 9 zeigen, beim Rind in 0,5 ".'o,

Tabelle 8.

Fälle TOD nlchtgeneraltBlerter Taberkalose beim Bind mit Erkranknng

der PoTtallymphknoten, jedoch ohne Erkrankung der Leber.

Jahr 1907/8 Monat

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1-'?

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-1

0,90

0.76

0,50

248

Tabelle 9.

F ä 1 1 e V o n nlehtf^eneralisierter Taberknlose beim Schwein mitErkrankun^ der Portallymphknoten, jedoch ohne Erkrankung der Leber.

1

Jahr 1907/8 Monat

Zahl aller anderen in Tab. 7 Spalte 6 nicht berQcksichtig- ten Tuberkulose- ** fftlie (vorwiegend ausgebreiteter Form)

1

Bei den in Spalte 2

aufgeführten Tieren

wurde die Leber nur

mit tuberkulöser Er-

kranknog ihrer

Lymphdrüsen

behaftet befunden

Bei Zerlegung dieser Lebern wurden noch tuberkulöse Herde i^ im Parenchym nach- gewiesen

Demnach (\berhaupt Lebern frei nnd nur deren Portally mph- drflsen erkrankt be- funden

Das sind ? Prozent der in Spalte 2 aufgerührten °^ Tiere

16.— 31. Dezember Januar Februar

266 498 372

3 6

1

3

2 3

0,78 0,62

Zusammen

1126

9

4

5

0,44

beim Schwein in 0,44 ^/^ keine tuberkulösen Herde in der Leber nachgewiesen werden. Diese Prozentsätze bezeichnen, da, wie gesagt, eine hämatogene Infektion der Portallymphdrüsen hier ausgeschlossen war, gewissermaßen zahlenmäßig den Umfang jener oben (S. 246) erwähnten Fehlerquellen. Wie ohne weiteres ersichtlich, ist der Umfang der Fehlerquellen bei Rind und Schwein so gut wie gleich, eine Tatsache, die übrigens mit für die Richtigkeit der Zahlen spricht.

Nachdem wir so zahlenmäßig den Umfang der bei der Fest- stellung der hämatogenen Lymphdrüsentuberkulose möglichen Fehl- diagnosen kennen gelernt hatten, war es nunmehr auch möglich rechnerisch die ungefähre Häufigkeit der hämatogenen Portal- lymphdrüsentuberkulose zu ermitteln. Ziehen wir die die Fehl- diagnosen bezeichnenden Zahlen von den oben für die hämatogene Infektion der Portallymphknoten angegebenen Prozentsätzen ab, so müssen wir die Zahl des wirklichen Vorkommens der häma- togenen Portallymphdrüsentuberkulose, (berechnet auf die Zahl der generellen Tuberkulosen) erhalten. Beim Rind kommt die hämatogene tuberkulöse Infektion der Portallymphdrüsen demnach in 2,74%, beim Schwein dagegen nur in 0,37% aller generellen Tuberkulosen vor. Für das Rind ist also die Möglichkeit der hämatogenen Infektion der Portal-

249

lymphknoten im Vergleich zur lymphogen^n Infektion sehr klein, für das Schwein aber fast gleich Null.

Es liegt uns natürlich fem, aus diesen sich lediglich auf ein Organ beziehenden Zahlen allgemeine Schlüsse ziehen zu wollen; immerhin dürften aber doch die hier mitgeteilten Ergebnisse einen Begriff von der Art des Zustandekommens der Lymphdrüsen- tuberkulose geben.

Für die praktische Fleischbeschau ergibt sich aus vor- stehenden Darlegungen, daß im Hinblick auf die große Seltenheit des Vorkommens der hämatogenen tuberkulösen Infektion der Lymphdrüsen kein Anlaß zur Rücksichtnahme auf diese Infektions- möglichkeit gegeben ist.

('Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule

zu Berlin.)

Ober Infektionsversuche mit dem Diplococcus pleuro- pneumoniae Sclifitz und der Pasteurella equina Lignieres

an Pferden.

Zugleich ein Beitrag zur Frage der Komplementbindung, der Agglu- tination und des Pfeifferschen Phänomens bei diesen Bakterien.

Von Dr. Willjr Pfeiler,

Assistenten am Institut.

Im November 1907 wurde dem Hygienischen Institut die Lunge eines an Lungenentzündung eingegangenen Pferdes von dem Tier- arzt Richter aus Guttstadt eingesandt. Aus derselben ließen sich Diplo-Streptokokkeli züchten, die morphologisch und biologisch nicht von den durch Schütz bei der Brustseuche der Pferde gefundenen Bakterien zu unterscheiden waren. Ende November erhielt das Institut die Lunge eines zweiten von demselben Gute stammenden, gleichfalls an Lungenentzündung gestorbenen Pferdes. Der an der Lunge erhobene bakteriologische Befund glich dem ersten; es schien sich mithin im vorliegenden Falle um die ansteckende Lungen- brustfellentzündung der Pferde (Brustseuche) zu handeln.

Das eingesandte Material diente als Ausgangspunkt ftir eine Reihe von Untersuchungen, in denen ich zunächst beabsichtigte, mittelst der Methoden der Agglutination, Komplementbindung und Bestimmung des opsonischen Index bei brustseuchekranken Pferden, sowie durch das Studium des Pfeifferschen Phänomens darzutun, daß der Diplococcus pleuropneumoniae equi Schütz nicht der Er- reger der Brustseuche sei.

Gleichzeitig nahm ich, als Nachprüfung der Arbeiten von Schütz, Fiedler, Delamotte und Chantemesse, Hell und

251

Foth sowie zur Kritik der aus den Immunisierungsversucheii Heils mit Brustsenchestreptokokken gewonnenen Anschauungen, Impfungen an Pferden mit den von mir gezüchteten Kokken vor. Für diese Versuche konnte meist nur ein an Jahren altes, an die Großstadt mit ihrer für Brustseuche so hohen Ansteckungsmöglichkeit akkli- matisiertes Pferdematerial verwandt werden. Trotzdem haben sie das Ergebnis gehabt, daß in einem Teil der Fälle die intravenöse Injektion von Bouillonkulturen der Schütz sehen Diplo-Streptokokken (35 bis 120 ccm) schwere und, entgegen den von Ostertag, Bongert und Grabert (vgl. Bongert, Bakteriologische Diagnostik) gemachten FeststeUungen, andauernde, meist über eine Woche an- haltende fieberhafte Erkrankungen auslöste. Die Pferde zeigten nach der Infektion ein Ansteigen der Temperatur über 39 oder 40 ® C für einen Tag. Darauf trat eine fieberfreie Pause von zwei bis fiinf Tagen ein, während der die Tiere Krankheitserscheinungen, außer bisweilen herabgesetztem Appetit und verringerter Munterkeit, nicht bekundeten. Dann setzte ein hohes, gewöhnlich fiinf bis sieben Tage, unter besonderen Umständen länger anhaltendes Fieber ein. Die Tiere bekamen in den ersten Tagen serös-schleimige Nasenausflüsse, zuweilen wurden sie von einem matten Husten be- fallen; dazu gesellten sich Schwellung und schmutzigrote, gelbrote oder blaßrote Verfärbung der Lidbindehäute, oft hochgradig ver- mehrte Atmungs und Pulszahl, in allen Fällen Schmerzhaftigkeit der Brustwand, seröse oder fibrinöse Entzündungen des Brustfells und vereinzelt (in vier von zehn Fällen einer Streptokokkeninfektion) Lungenentzündungen. Das überstehen der Streptokokkeninfektion hinterließ bei einem Tier absolute Immunität. Auffallig war, daß ein Teil der Versuchspferde gegenüber der künstlichen Infektion eine gewisse natürliche Resistenz besaß.

Die subkutane Injektion von 20 ccm des Bodensatzes aus den Lungen brustseuchekranker Pferde gezüchteter, 24 stündiger Diplo- kokken-Bouillonkulturen erzeugte bei drei Pferden kleine, etwa zwei bis drei Finger breite, umschriebene, schmerzhafte Phlegmonen, die sich nach Ablauf von ungefilhr fünf bis sieben Tagen zurückbildeten. Bei einem vierten Pferde trat nach Ablauf dieser Zeit eitrige Ein- schmelzung des entzündlich veränderten Gewebes ein. Einige Pferde fieberten bis zu sieben Tagen nach der Injektion der Streptokokken unter die Haut.

Die Einspritzung von 2 ccm des Bodensatzes der Diplokokken-

252

Bouillonkultur unter die Haut von Kaninchen erzeugte eitrige Einschmelzung oder entzündliche Erscheinungen nicht. Die sub- kutane Einspritzung von 1 ccm der Schütz sehen Diplokokken aus Bouillonkultur am Ohrgrunde des Kaninchens machte eine ent- zündliche, mehrere Tage anhaltende Schwellung des ganzen Ohres. Zur Abszedierung oder Erysipelbildung kam es nicht. In vielen Pfeifferschen Versuchen zeigte sich, daß die Schützschen Diplo- kokken, in die Bauchhöhle von Meerschweinchen in größerer Menge (2 mg) eingespritzt, eine eitrige Entzündung des Bauclifells nicht zu verursachen vermögen.

Somit ergibt sich, daß die von mir aus den Lungen von an Lungenentzündung eingegangenen Pferden herausgezüchteten Diplo- Streptokokken im aUgemeinen nicht imstande sind, Abszedierung und Erysipelbildung zu erzeugen, wie Hell dies 1890 behauptet hat, der auf Grund vergleichender Untersuchungen und des tink- toriellen Verhaltens der Brustseuchekokken, des Streptococcus pyogenes und des Streptococcus erysipelatos zu der Auffassung kam, daß sich wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen diesen Bakterienarten unter Anwendung der in der Bakteriologie üblichen Methoden nicht aufstellen lassen. Im wesentlichen mit diesem Beobachter stimmt Foth überein, der die Brustseuchekokken, die Streptokokken der Eiterung und der Druse für Subspezies einer Art der pyogenen Streptokokken hält.

Soweit mir das Material dies gestattete, sind neben diesen Infektionsversuchen Untersuchungen über den Erreger der Brust- seuche unter Anwendung möglichst aller in der bakteriologischen Technik üblichen Methoden auf weiterer Grundlage vorgenommen worden. Zu diesem Zweck habe ich Versuche, die etwaige Fütrier- barkeit des Erregers festzustellen, femer eine Vorbehandlung der Versuchspferde mit sterilen Organextrakten und nachfolgende In- jektion der als Erreger von Schütz angesprochenen Diplo-Strepto- kokken, Filtrierversuche nach dem vonNocard und Roux für die Peripneumonie des Rindes empfohlenen Verfahren, intravenöse Injektionen mit Diplo-Streptokokken besäter, mehrere Tage alter und keimfrei gemachter Bouillonkulturen ausgeführt.

Keimfreie oder durch Filtration nach besonderem Verfahren (Nocard und Roux) gewonnene, nur wenige Bakterien enthaltende Extrakte aus Blut, Serum oder Lungenparenchym brustseuche- kranker Pferde lösten, intravenös eingespritzt, bei Tieren, von

253

denen nicht bekannt war, ob sie frfiher durchgeseucht hatten, eine Infektion nicht aus.

Die Vorbehandlung der Pferde mit Lungenextrakten von Bmstseuchepferden und die nachfolgende Injektion größerer Mengen der Schütz sehen Diplokokken erzeugte eine Krankheit, die sich durch ihre Intensität nicht von dem durch einfache Injektion der Bouillonkultur oder Agarabschwemmung der Schützschen Diplo- kokken verursachten Krankheitsbild unterschied.

Die Injektion von 100 ccm filtrierter, keimfreier, mit den Sekretionsprodukten der Schützschen Diplokokken beladener Bouillonkultur in die Vene von Pferden, die mit Streptokokken noch nicht oder bereits vorbehandelt waren, rief eine fieberhafte, gewöhnlich einen Tag anhaltende starke Temperatursteigening hervor.

Femer sind aus den beiden eingesandten, sowie aus der Lunge eines dritten an Brustseuche eingegangenen Pferdes, sowie aus Blut brustseuchekranker Pferde Ausstriche angefertigt worden, die nach Giemsa, Leishman, Heidenhain sowie Löffler nach Beizung mit Azoblau und Malachitgrün-Chlorzinkdoppelsalz-Kristallen gefärbt wurden. Intrazelluläre oder in der Blutflüssigkeit befindliche Gebilde konnten mittelst dieser Färbeverfahren nicht ermittelt werden. Einmal wurde im frischen Kochsalzpräparat, das einem nekrotischen Herde aus Lunge entnommen war, unter Anwendung der Dunkelfeldbeleuchtung ein Spirillen- oder spirochätenähnliches, sich träge windendes Gebilde beobachtet.

Komplementbindungsversuche wurden in Gemeinschaft mit Dr. Hempel von mir unter verschiedenster Versuchsanstellung mit 5-, 8- und 14tägigen Schüttelextrakten des Diplokokkus Schütz und mit 5 Stägigen Schüttelextrakten der Pasteurella Lignieres vorgenommen. Als Ambozeptor diente Serum von Pferden, die zur Zeit der Blutentnahme entweder noch im Fieber oder seit mehreren, bis zu 14 Tagen fieberfrei waren. Zui* Kontrolle wurden die Versuche in der gleichen Anordnung auch mit Serum von gesunden Tieren oder mit Serum solcher Pferde vorgenommen, die künstlich von mir mit Streptokokken infiziert waren und hohe, fieberhafte Reaktionen gezeigt hatten. Eine Komplementfixation erfolgte mit Ausnahme von wenigen Fällen, in denen eine Spur Hemmung beobachtet wui-de, nicht. Es gelang also bei der von uns gewählten Versuchsanordnung nicht, einen Unterschied im Ver- halten zwischen Antigen, Ambozeptor und Komplement zu erzielen,

254

wenn Serum von brustseuchekranken oder von mir künstlich mit Streptokokken infizierten Pferden als Ambozeptor benutzt wurde.

Das Senim der gleichen Tiere, das für die Komplement- bindung benutzt wurde, diente ferner für Agglutinationsprüfungen und für Versuche, durch das Studium des Pfeifferschen Phänomens die auflösende und spezifische Wirkung des Serums brustseuche- kranker Tiere gegenüber den Schütz sehen Streptokokken und der Lignieresschen Pasteurella zu beobachten. Hierbei zeigte sich, daß das Serum gesunder, nicht fiebernder Pferde bei bestimmter Versuchsanordnung einen Agglutinationswert von höchstens 500 gegenüber den Schützschen Diplokokken in der Regel nicht über- schritt. Wurden Versuchspferde mit den Schützschen Strepto- kokken infiziert und erkrankten sie fiir längere Zeit fieberhaft, so bekam das Serum Agglutinationswerte, die bis zu 10 000 reichten. Ganz gleich verhielt sich das Serum von Pferden aus einem Ber- liner Bestände, in dem die Brustseuche herrschte. Geprüft wurden aus diesem Bestände ungefähr 30 Pferde. Mit Ausnahme des Serums eines Pferdes, das fünf Tage gefiebert hatte, ergab das Serum der geprüften Pferde Agglutinationswerte gegenüber den Schützschen Diplokokken zwischen 1000 und 10 000. Der Wert 10 000 wurde nur ausnahmsweise überschritten. Interessant war dabei, daß die Pferde in den ersten zwei bis drei Tagen des Fiebers Agglutinine in ihrem Blut noch nicht hatten, daß die Stoffe sich also erst im Verlaufe der Krankheit bildeten. Das Serum derselben Tiere zeigte gegenüber der Lignieresschen Pasteurella keine hohen Agglutinationswerte.

Das Serum brustseuchekranker Pferde aus der Berliner medizinischen Klinik agglutinierte meist die Schützschen Strepto- kokken noch bei hoher Verdünnung. Auffällig war, daß das frische Senim von zwei Patienten, das eine Agglutination gegen Strepto- kokken nicht zeigte, die Pasteurella in einer Verdünnung von 1 : 10000 noch spezifisch beeinflußte. Das gleiche Verhalten konnte am frischen Serum von zwei Pferden aus einem andern Bestände festgestellt werden, die nachweislich vor mehreren Jahren an Brustseuche gelitten hatten. Die Serumprobe eines dritten Pferdes, das seit 1901 nicht an Brustseuche erkrankt war, ergab dieselben Agglutinationswerte gegen die Pasteurella, das Serum eines vierten, vor acht Jahren an Brustseuche erkrankten Pferdes zeigte einen hohen Agglutinationswert nur gegen Streptokokken.

255

das eines in demselben Seuchengange erkrankten fünften Pferdes ergab weder gegen die Pasteurella- noch gegen Streptokokken- verreibung besondere Agglutinationswerte.

In den Fällen, in denen seitens der Berliner medizinischen Klinik die Diagnose Brustseuche nicht mit Sicherheit gestellt worden war, ergaben sich höhere Agglutinationswerte weder der Pasteurella noch den Streptokokken gegenüber. Ich möchte jedoch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die beim Arbeiten mit der Ligniferesschen Pasteurella erhaltenen Resultate keine eindeutigen sind, da bei der großen technischen Schwierigkeit, für dieses Bakterium überhaupt ein einwandfreies Agglutinationsverfahren zu erhalten, die Methodik der Emulsionierung der Pasteurella mehr- fach gewechselt werden mußte, ftir die Ausführung des Verfahrens also nicht wie bei der Streptokokkenagglutination eine gleichmäßige und bewährte Methode zur Anwendung kam.

Die Sera brustseuchekranker Tiere zeigten femer gegen die Erreger der infektiösen Vaginitis der Rinder und des seuchenhaften Abortus der Stuten niedrige Agglutinationswerte, eine Tatsache, die dafür spricht, daß die Brustseuchekokken verschieden von diesen Bakterien sind. Eiterstreptokokken wurden gleichfalls in geringerem Maße wie aus den Lungen infizierter Pferde herausgezüchtete Diplo- Streptokokken agglutiniert. Von den Höchster Farbwerken her- gestelltes Antistreptokokkenserum agglutinierte die Schütz sehen Diplokokken jedoch noch in einer Verdünnung von 1 : 20 000 ; es vermochte aber in einer Verdünnung von 1 : 100 nicht gegen die sicher tödlich wirkende Dosis von Viooo Öse zu schützen. Ein zwei Jahre im Hygienischen Institut auf Agar-Agar gezüchteter, aus einer abszedierenden Kehlganglymphdrüse von mir gezüchteter Drusestreptokokkenstamm ließ sich bei derselben Versuchsanordnung, in der emulsionierte Brustseuchekokken agglutiniert wurden, auch in den KontroUröhrchen mit physiologischer Kochsalzlösung nicht zur gleichmäßigen Verreibung bringen. Die Kontrollen aggluti- nierten stets momentan. Beim Brustseuchekokkus wurde etwas Ähnliches nur dann beobachtet, wenn Sera mit hohem Agglutinations- titer in starker Konzentration (1 : 10 bis 1 : 100) mit den zur Emulsion verriebenen Diplo-Streptokokken in Berührung kamen. Das Serum von drei influenzakranken Pferden beeinflußte die Ver- reibung der Schützschen Bakterien nicht anders, als es das Serum gesunder Tiere tat. Die Versuche, das obenbeschriebene Verhalten

256

von Streptokokken verschiedener Herkunft (Abortus, Vaginitis, Eiterkokken) im Agglutinationsversuch gegenüber den Seris brust- seuchekranker Pferde zu beobachten, sind jedoch nur im kleinen Umfange als Orientierungsversuche gemacht worden. Die weitere Präftmg dieser Fragen wird die Möglichkeit geben, Schlußfolge- rungen über das Verwandtschafts- oder Virulenzverhältnis der pyo- genen Streptokokken zu den Diplokokken der Brustseuche, viel- leicht auch zu denen der Druse, aufzustellen.

Bei Prüfung des bakteriziden und bakteriolytischen Vermögens des Serums brustseuchekranker Pferde gegenüber den Schütz sehen Diplokokken im Pfeifferschen Versuch zeigte sich, daß eine spezifische Beeinflussung statthatte. Spritzte man zwei Kubikzenti- meter einer Serumverdünnung von 1 : 10, 1 : 100 oder 1 : 500, be- schickt mit einer Normalöse (2 mg) fein verriebener Streptokokken einem Meerschweinchen in die Bauchhöhle, so war nach i/g 1 Stunde im Ausstrichpräparat eine Änderung des farberischen Verhaltens der Streptokokken zu konstatieren. Die Diplokokken zeigten dann in vielen Präparaten eine geringere Affinität gegenüber Farbstoffen oder eine Vergrößerung, mit der zuweilen ein Aufquellen der Kapsel einherging, während in den Kochsalzkontrollen und bei Verwendung von Serumverdünnungen gesunder Pferde eine derartige Lysis der Schützschen Streptokokken im Meerschweinchenkörper nicht be- obachtet wurde. Das gleiche Verhalten zeigte sich jedoch auch, wenn als Immunserum Höchster Antistreptokokkenserum verwandt wurde. . Die zu den Versuchen benutzten Meerschweinchen starben in der Regel nicht, auch nicht die Kontrolltiere. Als Ursache hierfür ist die geringe und verschiedene Empfänglichkeit des Meer- schweinchens für den Schützschen Diplokokkus anzusehen. Aus diesem Grunde eignet sich das Meerschweinchen für das Studium der zweiten Phase des Pfeifferschen Phänomens nicht, in der gezeigt werden soll, daß das mit spezifischem Serum behandelte Tier leben bleibt, während das Kontrolltier sterben muß. Serum von brustseuchekranken Pferden, das einen hohen Agglutinations- wert gegenüber den Schützschen Diplokokken gezeigt hatte, zeigte meist auch einen gewissen bakteriolytischen Wert (bis 1 : 500).

Wurde das Serum brustseuchekranker Pferde auf das Ver- halten gegenüber der Pasteurella im Pfeifferschen Versuch geprüft, so trat eine Beeinflussung mit einiger Deutlichkeit nur in Ver- dünnungen bis 1 : 100 auf, öOOfach verdünntes Serum zeigte diese

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bakteriolytische Wirkung nicht mehr. Es ist anzunehmen, daß eine derartige Beeinflussung auch bei Verwendung des Serums gesunder Tiere stattfindet. Sämtliche Meerschweinchen, auch die mit Serum- yerdflnnungen 1 : 10 gespritzten, starben. Ganz gleiche Resultate zeigten Versuche, in denen das bakteriolytische Vermögen der Sera von drei an Influenza leidenden Pferden geprüft wurde. Quellung und schwächere Färbbarkeit ließen sich nur in Ver- dünnungen des Serums 1 : 10 oder 1 r 100 erkennen. Aus diesen Gründen bietet das Studium des Pfeifferschen Phänomens in der von mir gewählten Versuchsanordnung keine Aussichten, Klarheit über das Verhältnis der Pasteurella equina Lign. zu der als Brust- seuche der Pferde bezeichneten Krankheit zu schaffen.

Auf Grund der von Babes, Starcovici, Calinescou, vor allem aber der von Ligniöres und Hutyra mitgeteilten Tatsachen, betreffend die ätiologische Bedeutung der Pasteurella equina flir die Entstehung der Brustseuche und der von mir in einigen Fällen erhaltenen Agglutinationsergebnisse nahm ich mit mir dui'ch die Liebenswürdigkeit des Herrn Vall6e aus Alf ort überlassenen Kulturen der Past. equina Infektionsversuche an acht Pferden vor. Bei den beiden ersten Versuchspferden trat nach intravenöser In- jektion von 50 und 100 ccm der 24 stündigen Bouillonkultur nur ein eintägiges hohes Fieber auf. Ein drittes, jüngeres, in guter Kondition befindliches, scheinbar nach Atoxylbehandlung von der ansteckenden Anämie genesenes Pferd, das sich bei den Infektions- versuchen mit den Schützschen Diplokokken als immun diesen gegenüber erwiesen hatte, starb nach Injektion von 150 ccm der Pasteurella unter schweren septikämischen Erscheinungen nach 24 Stunden. Nach den Angaben Lignieres' durch den Kaninchen- körper geschickte Kulturen der Pasteurella erwiesen sich als für Pferde hochpathogen. Die intravenöse Injektion von 20 ccm der 18 stündigen Bouillonkultur fährte nach vier Tagen den Tod eines zweijährigen Fohlens herbei. Das Tier zeigte während der Krankheitsdauer hohes Fieber, eine sehr hohe Atem- und Pulszahl, entzündliche, sehr schmerzhafte Schwellungen an der Brust und den Vordei-flißen, Empfindlichkeit der Wand des Brustkorbes, in den ersten beiden Tagen reichlich schleimigen Nasenausfluß, glasige Schwellung und wechselnde Färbung der Lidhindehäute zwischen schmutzigrot, gelbrot und ziegelrot. Die Obduktion ergab das Bild der Sepsis. Es war nicht möglich, aus dem Herzblut oder den

Zeitochrift far Infektionskrankheiten. lY, 3/1. 17

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Lungen des Fohlens durch das Kulturverfahren die eingespritzten Erreger zu züchten. Die Impfmäuse gingen nach zwei und drei Tagen ein, die Pasteurella equina ließ sich weder durch Ausstriche noch durch Kulturen im Mäusekörper nachweisen. Insofern treflFen die von Ligniferes gemachten Angaben des schweren Nachweises der ovoiden Bakterien im Körper der mit Pasteurella infizierten Pferde zu. Diplo-Streptokokken ließen sich, entgegen den gleich- falls von Ligni^res gemachten Mitteilungen über das sporadische, sekundäre Auftreten derselben, in den übrigens entzündlich nicht ver- änderten Lungen oder dem Pleuraexsudat des Tieres nicht nachweisen. Aus der Besprechung des folgenden Falles ergibt sich jedoch, daß die Möglichkeit der von Ligniferes beschriebenen Wechsel- beziehungen zwischen Pasteurellainfektion und sekundärem Auf- treten von Diplo-Streptokokken zugegeben werden muß.

Ein vierjähriges, mit fünf Kubikzentimetern der durch Kaninchenpassage virulent gemachten BouiUonkultur intravenös infiziertes Tier erkrankte hoch- fieberhaft unter ähnlichen, jedoch nicht' so hervortretenden Symptomen wie das zweijährige Fohlen. Am vierten und fünften Tage liefien sich außerdem im mittleren Drittel der linken Lunge bei der Inspiration starke Heibe- geräusche hören. Das Pferd wurde nach sechstägiger Krankheitsdauer getötet Es zeigte sich im Bereiche des linken Herzlappens und vom am scharfen Rande der Lunge eine Verdichtung des Lungengewebes infolge chronischer Entzündung. Die Pleura pulmonalis über den veränderten Partien war gleich- falls verdickt. Dieser Zustand war aber nicht als eine Folge der vor sechs Tagen erfolgten Infektion anzusehen, es handelte sich um eine alte Ver- änderung. In den Pleurasäcken befand sich ungefähr Vs Liter gelber, klarer Flüssigkeit, im Herzbeutel etwa 30 ccm dunkelgelbcn, leicht getrübten Exsu- dates. In Ausstrichpräparaten waren Bakterien nicht nachzuweisen. Ich legte deshalb aus Herzblut, Lungen und Milz eine größere Reihe von Kulturen an. Die meisten blieben steril, auf einer Herzblut- und zwei Lungenkulturen gingen Streptokokken an, die nach ihrem Wachstum und färberischen Ver- halten für identisch mit den Schützschen Diplokokken gehalten werden mußten. Zwei mit Lungenstücken geimpfte Mäuse gingen ein, in ihren Organen fanden sich in großer Menge schwach gramfeste Diplokokken, die Herzblnt- aussaaten ergaben Reinkulturen von Diplokokken. Da ich die Schwierigkeit des Nachweises der dem Pferde eingeimpften Pasteurella bereits kannte, injizierte ich zwei Meerschweinchen, deren große Empfänglichkeit für die Pasteurella equina bekannt ist, je V2 ^^^ des Herzbeutel- oder Pleuraexsudate» in die Bauchhöhle. Beide Tiere starben; in ihren Organen ließ sich durch Ausstrich sowie im Herzblut durch das Kultnrvcrfahren die Anwesenheit der L i gn i e r e s sehen Pasteurella .feststellen.

Die Lignie res sehen Angaben über Beziehungen zwischen Pasteurellainfektion und sekundärem Auftreten von Diplo-Strepto-

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kokkeu finden sich also bestätigt, zugleich damit auch die Schwierig- keit des Nachweises der Pasteurella im Körper von an Pasteurella- Septikämie eingegangenen Pferden.

Ein anderes, mit vier Kubikzentimetern intravenös infiziertes neun- jähriges Pferd ist nach eintägiger Fieberdauer wieder genesen, nachdem die Eingabe von 150 ccm eines Gemisches von Bonillonkulturen der Pasteurella und der Streptokokken mit der Flasche gleichfalls einen eintägigen Fieber- anstieg bewirkt hatte. Ein drittes, gleichaltriges Pferd ertrug die wiederholte intravenöse Injektion von 15 ccm derselben Kultur, der lo ccm Streptokokken- knltnren hinzugefügt waren, ohne für länger als einen Tag ein Ansteigen der Körpertemperatur zu zeigen. Ein anderthalbjähriges Kalb, dem zwei Kubik- zentimeter der für das vierjährige Pferd bei intravenöser Einverleibung hoch- pathogenen Bouillonkultnr subkutan injiziert wurden, erkrankte bis jetzt nicht

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß wir in der durch Kaninchenpassage virulent gemachten Kultur der Pasteurella equina ein für Pferde bei intravenöser Einverleibung geringer Mengen hochpathogenes Bakterium aus der Gruppe der Erreger hämor- rhagischer Septikämien vor uns haben, das eine krankmachende Wirkung auf das Rind nicht auszuüben vermag. Zwei der von mir mit der hochvirulenten Kultur geimpften Pferde haben sich als immun erwiesen für die Infektion mit diesem Bakterium, das eine der Tiere sogar gegenüber der Infektion der Pasteurella equina im Gemisch mit den Schützschen Streptokokken. Auch gegen die Infektion mit dem Schützschen Diplokokkus haben sich mehrere Pferde bis zu einem gewissen Grade resistent erwiesen, erst durch Injektion größerer Mengen der Streptokokken ist diese Immunität aufgehoben worden. Es läßt sich daraus mit Rücksicht auf die bei der Infektion meiner Versuchspferde gemachten Be- obachtungen folgern, daß diese Pferde einmal eine Krankheit über- standen haben, die mit der durch die Pasteurella oder die Schützschen Diplokokken erzeugten in ursächlichem Zusammen- hang steht. Da ich, wie eingangs betont, für meine Untersuchungen nur älteres Pferdematerial zur Verfügung hatte, so kann ich bei dem unklaren Verlauf einzelner meiner Krankheitsfälle nicht folgern, daß die durch die intravenöse Injektion des Diplokokkus Schütz ausgelöste Impfkrankheit identisch ist mit der als Brustseuche der Pferde bezeichneten Krankheit. Dieser Schluß wäre erst dann zulässig, wenn es gelänge, gesunde Pferde, neben die künstlich infizierten gestellt, durch einfaches Zusammenstehen mit diesen

natürlich krank zu machen. Dieser Versuch hat eine große

17*

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Schwierigkeit: Für ihn müßten für die Infektion mit Brnstsenche empfängliche Pferde, d. h. junges, sicher noch nicht durchgesenchtes Material verwandt werden. Erfahrungsgemäß erkranken auch der- artige Pferde nicht immer gleichmäßig. Die Lösung dieser Frage wäre demnach nur möglich, wenn viele und geeignete Pferde für die Untersuchungen zur Verfügung ständen, und sie setzt, bei der bekannten Schwierigkeit, die Brustseucheerkrankung auf natürliche Weise zu übertragen, bestimmte günstige Verhältnisse voraus.

Da nun durch namhafte Forscher wie Ligniferes und Hutyra als das eigentliche ursächliche Agens für die Entstehung der Brust- seuche der Pferde die Pasteurella equina bezeichnet worden ist, da femer für das Auftreten der Lungen- und Lungenbrustfell- entzündung nach voraufgegangener Infektion mit der Pasteurella sowohl von Ligniires und Hutyra, als auch von solchen Forschem, die die ätiologische Bedeutung der Pasteurella nicht anerkennen, der Schütz sehe Diplokokkus verantwortlich gemacht wird, so muß versucht werden, die Frage nach der ätiologischen Bedeutung beider Bakterienarten unter anderem auf dem Wege der Immunisierung zu entscheiden. Junge Pferde, die künstlich mit der Pasteurella infiziert werden, müssen einem systematischen Immuni- sierangsverfahren durch Impfung steigender Dosen des Bazillus equisepticus unterworfen werden. Diese Pferde dürfen, wenn die Pasteurella equina, wie angegeben wird, die Ursache der Influenza der Pferde einschließlich der Bmstseuche ist, der natürlichen An- steckung ausgesetzt, nicht erkranken. Unter der Voraussetzung der Bestätigung der Ligniferes sehen Angaben über die Rolle der Kokkobazillen darf, da allgemein vorausgesetzt wird, daß das

mm

überstehen der Brustseuche Immunität hinterläßt, die Möglichkeit einer passiven Immunisierung mit dem Serum hochgetriebener Pferde angenommen werden. Führt dieser Weg nicht zum Ziele, so muß, in Analogie des Verfahrens der Immunisierang gegen Milz- brand nach Sobernheim oder gegen Rotlauf nach Lorenz, durch die Methode der Simultanimpfung die Bekämpfung der Bmstseuche versucht werden. Auf diesem oder einem andern Wege der Immunisierang (Gewinnung eines multipartialen Semms, Schüttel- extrakte etc.) wird es gelingen, die Bedeutung des Ligniöresschen Kokkobazillus für die Entstehung der Bmstseuche festzustellen. Ferner sollte zur Klärung dieser Frage versucht werden, durch- geseuchte Pferde kurze Zeit (etwa 14 Tage) nach Überstehen der

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Brustseuche auf Empfänglichkeit oder Immunität gegen pathogene Pasteurella-equina-Kulturen zu prüfen.

Nachdem festgestellt ist, daß es gelingt, durch intravenöse Injektion der Schütz sehen Diplokokken Pferde hochfieberhaft unter Erscheinungen der Lungenbrustfellentzündung krank zu machen, muß, zumal Forscher wieLigniöres und Hutyra denSchützschen Diplokokken eine große Bedeutung fttr die Entstehung sekundärer Komplikationen an den Atmungsorganen der Pferde zusprechen, femer versucht werden, ein Serum zu gewinnen, das Pferde gegen die Primär- oder Sekundärinfektion mit Streptokokken im Verlaufe der Brustseuche schützt. Derartige Versuche sind bereits vielfach, namentlich in der deutschen Armee, gemacht worden. Diese Versuche haben ein negatives Resultat gehabt. Die Krankheitserscheinungen an der Lunge und am Brustfell treten im Verlaufe der Brustseuche meist in den Vordergrund. Trotzdem darf aus dieser Beobachtung nicht gefolgert werden, daß die Eintrittspforte fiir die Erreger der Brustseuche der Respirationstraktus ist. Hiergegen sprechen viele pathogenetische Beobachtungen.

Nun sind die hauptsächlich von Hell ausgeführten Infektions- versuche mit den Schützschen Streptokokken, die zugleich als Versuche zur Herstellung einer aktiven Immunität gegen Brust- seuche betrachtet wurden, gerade in Form intratrachealer Injektionen der Diplokokken in größeren Mengen und zu wiederholten Malen ausgeführt worden.

Wir wissen aber, daß intratracheal injizierte Flüssigkeiten in der Regel nur in die größeren, bisweilen in die kleineren Bronchial- äste, aber nur selten in die Alveolen gelangen. Größere Teile der Lungen oder tiefer gelegene Partien derselben werden erst bei Injektion reichlicher Flüssigkeitsmengen betroffen. Dazu kommt, daß infolge der physiologischen Einrichtung der Lungen (Flimmer- epithel in den Bronchialästen bis hinein in die Bronchioli, rückläufige Bewegung des Flimmerstromes) in die Trachea injizierte Flüssig- keiten mit größter Energie wieder nach außen befördert werden. Selbst die Einverleibung größerer Mengen Bouillonkultur, wie Hell dies tat, wird unter diesen Umständen belanglos sein, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die Gesamtoberfläche der Alveolen der Lungen des Menschen beispielsweise auf 90 qm berechnet wird. Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse müssen die Hellsehen Untersuchungen anders, wie dies friUier geschehen ist, beurteilt

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werden. Wohl lösten die von ihm ausgeführten intratrachealen In- jektionen von Bouillonknlturen des Schützschen Streptokokkus eine anfangs zweitägige, dann bei Wiederholung der Einspritzung kürzer währende fieberhafte Reaktion aus, die sehr wohl nur auf die in der Bouillon enthaltenen Ausscheidungsprodukte der Streptokokken zurückgeführt werden könnte ; eine eigentliche allgemeine Erkrankung der Pferde, wie sie in meinen Versuchen beobachtet worden ist, trat aber nicht ein. Ich werde versuchen, festzustellen, ob die intratracheale Injektion einer großen, mit den Sekretionsprodukten der Schützschen Kokken beladenen, durch Filtrieren keimfrei ge- machten Bouillonkultur Fieber bei Pferden auslöst. In meinen Versuchen hat sich tatsächlich gezeigt, daß die Einspritzung der Streptokokken in die Trachea die Infektion nicht auszulösen vermag; denselben Mißerfolg hat auch Ostertag bei seinen weitgehenden Infektionsversuchen gehabt. Eines meiner Versuchspferde, das bei wiederholter intratrachealer Injektion nur durch kurzes ein- oder zweitägiges Fieber und Auftreten eines matten Hustens reagierte, erkrankte nach intravenöser Injektion der Schützschen Diplokokken. Es fieberte längere Zeit, bekam eine schmerzhafte Brustfellentzündung und wurde so hinfällig, daß' es getötet werden mußte. Bei der Sektion befanden sich die Lungen im Zustande der beginnenden Entzündung. Wie durch mikroskopische Untersuchung festgestellt wurde, waren die Alveolen mit Fibrin und zelligen Massen ausgefüllt.

Die Bildung von Immunkörpern in so reichlichem Maße, daß dauernde natürliche Immunität bestehen bleibt, kann nach dem Stande der heutigen Forschung bei durch Bakterien verursachten Krankheiten in der Kegel nur dann eintreten, wenn eine länger währende, allgemeine fieberhafte Erkrankung des Organismus be- standen hat. Deshalb ist es nichts Auffälliges, wenn die Hellsehen Versuchspferde, später der natürlichen Ansteckung ausgesetzt, zu einem Teil doch an Brustseuche erkrankten.

Ostertag hat tatsächlich in zwei Seuchengängen durch Be- handlung mit Immunserum hochgetriebener Streptokokkenpferde den Erfolg erzielt, daß Todesfalle nach Anwendung des Serums nicht niehr eintraten. Er hat von einer Veröffentlichung dieser Fälle wohl Abstand genommen, weil er bei zwei Seuchenausbrüchen ge- machte Beobachtungen nicht für weitgehend genug hielt, um daraus Schlüsse zu ziehen oder weil, wie es sich namentlich bei den von Toepper, Troester und anderen Veterinären der Armee

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mit Serum durchgeseuchter Pferde ausgeföhrten Impfungen gezeigt hat, die Seuche spontan nach Ausführung der Impfung zu erlöschen schien. Er hat in seinem Bericht an den Minister flir Landwirtschaft betont, daß die Möglichkeit einer günstigen Beeinflussung der Brust- seuche durch passive Immunisierung mit Streptokokkenserum be- sonders in schweren Seuchengängen bei Verwendung geeigneter Versuchstiere nicht ausgeschlossen sei.

Versuche, Sera zu gewinnen, die gegen die Infektion mit der Pasteurella und mit den Schützschen Streptokoken schützen, sind im Hygienischen Institut im Gange. Die nach der Verimpfung dieser Sera zu machenden Beobachtungen über den Schutzwert sind als letztes Glied zu betrachten in der Kette der Beweisführung, ob die Pasteurella equina oder der Diplokokkus Schütz in ätiologischer Beziehung zur Brustseuche steht oder nicht.

Sollte das letztere der Fall sein, so muß trotzdem, in ähn- licher Weise, wie es bei der Schweinepest, der Rinderpest und bei der Lungenseuche (also bei Kränkelten mit filtrierbaren Erregem) sich als durchführbar erwiesen hat, der Versuch gemacht werden, einen Schutzstoff gegen die Ansteckung mit Brustseuche zu schaffen. Die von Toepper ausgesprochene Ansicht, daß wir einen solchen Schutzstoff im Serum durchgeseuchter Pferde haben, ist vielfach angegriffen worden. In der Tat haben die im Auftrage des Kriegs- ministeriums ausgeführten Versuche einen recht verschiedenen Aus- gang gehabt. Im allgemeinen ist ein über vier Wochen währender Impfschutz nicht erzielt worden, in vielen Fällen ist der Impfung jeder Einfluß abgesprochen worden. Eine Erklärung hierfür bietet die einfache Erwägung, daß es in der Regel nicht möglich ist, durch Übertragung selbst größerer Mengen Serums eines Indivi- duums, das eine Krankheit einfach überstanden hat, einem zweiten eine so große Menge von Antikörpern einzuverleiben, daß dieses für die Zeit seines Lebens einen hohen Immunitätsgrad erwirbt. Das natürlich oder infolge künstlicher Infektion durchgeseuchte Individuum hat in seinem Organismus Bildungsstätten für die Produktion von Immunsubstanzen. Nur diese Produkte können dem zweiten Individuum einverleibt werden, nicht aber die Fähigkeit, das Reizmittel, selbst solche Antikörper zu bilden. Da die mit dem Serum einverleibten Immunstoffe bald im Organismus des zweiten Individuums verbraucht werden, erlischt auch sehr bald der Schutz gegen die erneute Ansteckung. Deshalb injiziert man bei einigen

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Krankheiten, bei denen durch die passive Immunisierung ein genügend hoher Schutz nicht erzielt wird, zugleich oder nachträglich die Krankheitserreger, um durch diesen Anreiz die Bildung von schützen- der Substanz möglichst anzuregen. Nur hochwertige Sera sind deshalb imstande, einen stärkeren und andauernden Schutz gegen Krankheitserreger zu verleihen. Immunisierungsversuche unter Be- rücksichtigung der von mir an dieser Stelle ausgeführten Momente werden gleichfalls im Hygienischen Institut eingeleitet.

Desgleichen werden die Versuche, unsere . Kenntnis des Er- regers der Brustseuche in Anlehnung an die von mir ausgeführten Untersuchungen auf eine sichere wissenschaftliche Basis zu stellen, an anderen Orten fortgesetzt. Die Mitteilung der Einzelheiten meiner Arbeit und die kritische Besprechung früherer Arbeiten über Brustseuche sowie meiner eigenen Versuchsergebnisse behalte ich mir vor.

Weitere Versuche, das Ostkfistenfieber durch Zecken

zu fibertragen.

Von Dr. A. Theiler^

Direktor de» Tierftrztllohen Bakteriologlachen Laboratoriums Transvaals.

In meinem Jahresbericht vom Jahre 1903/04 habe ich Mit- teilung gemacht über Experimente zum Zwecke der Ermittlung, welche Zecken das Ostküstenfleber übertragen. Das Resultat dieser Versuche war:

1. Die gemeine blaue Zecke von Südafrika (Rhipicephalus decoloratus) kann nicht als Wirt des Piroplasma parvum betrachtet werden;

2. die rote Zecke (Rhipicephalus Evertsi) kommt ebenfalls nicht als Träger der Krankheit in Betracht;

3. es war möglich, mittelst der getüpfelten schwarzen Zecke (Rhipicephalus simus) die Krankheit zu übertragen, und zwar mit Zecken im Nymphenstadium, nachdem sie im Larven- stadium am kranken Tier Blut gesogen hatten;

4. diebunteZecke (Amblyomma hebraeum) kommt möglicher- weise, weil sie in ihrem Lebenszyklus einen dreimaligen Wirts- wechsel vornimmt, als Krankheitsträger in Betracht, und

5. die braune Zecke (Rhipicephalus appendiculatus, ist als der hauptsächlichste Wirt des Piroplasma parvum zu betrachten. Diese Zecken übertragen die Krankheit sowohl als Nymphe, wie auch als Imago, nachdem sie als Larve oder als Nymphe bei einem kranken Tier Blut gesogen haben. In keinem Falle über- tragen sie die Krankheit als Larven, die von Mutterzecken stammen, die an kranken Tieren Blut gesogen haben mit anderen Worten das Piroplasma parvum geht nicht von der weiblichen Imago in das Ei über und von diesem in die LaiTe, wie das beim Texasfieber und auch bei dem von mir beschriebenen Spirillum der Fall ist.

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Diese Versuche wurden fast gleichzeitig von Lounsbur}^ in Kapstadt bestätigt. Als feststehendes Resultat wurde angenommen, daß die blaue Zecke unter keinen Umständen als Wirt für das Piroplasma parvum fungiert, daß aber die dreiwirtige braune Zecke der hauptsächlichste Krankheitsträger ist. Im Jahre 1906 veröffentlichte Lounsburj^ eine weitere Reihe von Experimenten, die bewiesen, daß noch andere Zecken, nämlich Rhipicephalus nitens, Rh. Evertsi und Rh. capensis ebenfalls als Wirte für Piroplasma parvum betrachtet werden müssen. Es gelang ihm nämlich in einer Reihe von Experimenten, das Ostküstenfieber zu übertragen.

In Menses „Handbuch der Tropenkrankheiten" erschien im Jahre 1906 die Arbeit von Luhe über die im Blute schmarotzenden Protozoen, in der er bezüglich meiner Mitteilung, „daß die Infektion mit Piroplasma parvum von den Zecken nicht vererbt wird", den Einwand erhebt, daß die bei den Versuchen benutzten Larven vielleicht noch zu jung waren, und daß demgegenüber Robert Koch durch Aussetzen von im Laboratorium gezüchteten Zeckenlarven auf einer Weide einen neuen Infektionsherd habe schaffen können.

In seiner Arbeit über die Piroplasmosen im „Handbuch der pathogenen Mikroorganismen" von Kolle u. Wassermann, zitiert Schilling aus Kochs Veröffentlichungen wie folgt:

„Gray und Robertson nahmen von vornherein an, daß Rbipicephahis decoloratus als Überträger anzusehen sei. Koch verfügte schon von früheren Versuchen her über die Erfahning, daß das deutsch-ostafrikanische Küsten- lieber, das sich jetzt als identisch mit Beira-Küstenfieber erweist, durch Zecken übertragen wird. Nun nahm Koch weibliche Zecken, die sich an kranken Rindern voHgesogen hatten, ließ sie in warmer und feuchter Atmosphäre ihre Eier ablegen und setzte die sich entwickelnden Larven auf eine Weido, auf der sich bisher nur wenige Tiere mit Küstenfieber infiziert hatten. Die jungen Zecken verließen merkwürdigerweise diese Weide nicht, sondern warteten an Ort und Stelle, auf den Spitzen der Grashalme sitzend, bis Vieh vorbei streifte, um sich an dieses anzuheften. Gerade auf dieser Weide traten von nun an schwere Fälle von Küstenfieber auf, und es gelang jedesmal mit Sicherheit, empfängliche Tiere dadurch zu infizieren, daß man sie auf diese mit Zecken besäte Weide trieb."

Wie aus obigen Angaben geschlossen werden kann, stehen Lounsburys und meinen Erfahrungen, wonach die blaue Zecke nicht als Träger des Ansteckungsstoifes zu betrachten ist, die Ansichten Kochs gegenüber, nach denen die blaue Zecke als Träger be- trachtet wird. Koch spricht in dem von Schilling zitierten

k

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Bericht von Zecken im allgemeinen. Auf dem interkolonialen Kongreß zu Bloemfontein spricht Koch nur von blauen Zecken, so daß oifenbar auch diese ausschließlich gemeint sind, wie Schilling ebenfalls folgert. Nur muß ich erwähnen, daß das Experiment, wie es Koch ausgeführt hat, eine strenge Kritik nicht bestehen kann. Dieses wurde nämlich so ausgeführt, daß junge Larven auf eine Weide ausgestreut wurden, auf der sich bisher nur wenige Tiere infiziert hatten, also auf eine Weide, die bereits verseucht war. Demgemäß ist das Auftreten der Krankheit selbst- verständlich, und sie würde sich auch gezeigt haben, wenn keine Zeckenlarven ausgestreut worden wären, da anzunehmen ist, daß zwischen der Zeit des ersten und zweiten Aussetzens von Vieh die bereits vorhandenen, infizierten Larven und Nymphen sich ge- häutet hatten, und fiir die beobachtete zugenommene Krankheit verantwortlich zu machen waren.

Des weiteren beanstandet Schilling das Resultat meiner Versuche, die bewiesen haben sollen, wie er sagt, daß „gesalzene" Rinder den Krankheitsstofi" nicht mehr auf Zecken (weiblicher Art?) übertragen können. Das widerspricht nun direkt der Entstehungs- geschichte der Seuche in Rhodesia. Denn, von welchen Rindern sollen jene, aus Neu-Süd- Wales eingeführten Tiere den Krankheits- stofi" bezogen haben, wenn nicht (durch Vermittlung von Zecken; von den in der Nähe von Beira weidenden Herden? Und unter diesen sind, wie Koch nachwies, Parasiten träger stets vorhanden.

Die Resultate der Versuche, die beweisen sollen, daß „ge- salzene" Rinder den KrankheitsstofF nicht mehr auf Zecken über- tragen können, wurden in meinem „Annual Report" vom Jahre 1904/05 und auch in „The Journal of comparative Pathology and Therapeutics vom Jahre 1905 veröffentlicht, und zwar unter dem Titel: „Do salted cattle contain the Piroplasma parvum in the blood?" In diesem Artikel wurde nachgewiesen, daß die braune Zecke, RWpicephalus appendiculatus, weder als Nymphe, noch als Imago das Küstenfieber überträgt, nachdem sie als Larve oder Nymphe an immunen Tieren Blut gesogen hat. Diese Befunde bestätigt Lounsbury in seinen Untersuchungen, veröff'entlicht im Jahre 1906 unter dem Titel: „Ticks and African Coastfever". Lounsbury experimentierte auf 9 verschiedenen Tieren in 16 Ver- suchen mit Zecken, von denen er sicher war, daß sie als Wirt für das Piroplasma parvum iungieren (nämlich mit Rhipicephalus

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appendiculatus im Nymphen- und Imagostadium und mit Rh. nitens und Rh. Evertsi im Imagostadium), in keinem Falle konnte er die Krankheit vom immunen auf das empfängliche Tier übertragen.

überzeugende Beweise können aus der Praxis gebracht werden. Es ist eine tägliche Beobachtung, daß immune und empfängliche Tiere jahrelang auf derselben Farm zusammen weiden, ohne daß je ein Krankheitsausbruch beobachtet wird. Wir sind im Besitze von 10 immunen Ochsen, die im Jahre 1902 von einer Herde von 500 Stück in Komatipoort überlebten. Diese Ochsen wurden wiederholt in infizierten Farmen auf ihre Immunität geprüft. Seit etwa 4 Jahren laufen sie beständig mit einer empfänglichen Viehherde, deren Durchschnittsbestand 50 Stück be- trägt, auf Weiden, wo braune und rote Zecken anwesend sind, ohne daß je ein Krankheitsausbruch notiert worden wäre. Dieses Experiment wurde absichtlich jahrelang fortgesetzt, um jede Zu- fälligkeit auszuschließen.

Die Beobachtung in Beira muß und kann auf eine andere Weise erklärt werden. Aus Grays Bericht folgt deutlich, daß in Beira das importierte australische Vieh ausschließlich an „Redwater** (Texasfieber) verendete, und deshalb wurde es nach dem höher ge- legenen ümtali versetzt, wo nun die außerordentlichen Erschei- nungen des Küstenfiebers sich einstellten. Das Weidevieh in Beira hatte aber mit der Infektion in Umtali nichts zu tun. Es ist tat- sächlich anzunehmen, daß Beira mit Ostküstenfieber mindestens zu jener Zeit nicht infiziert war, und als Beweis muß erwähnt werden, daß Madagaskar-Ochsen, die fast zu gleicher Zeit mit dem austra- lischen Vieh eingeführt worden waren, niemals erkrankten, auch dann nicht, als das australische Vieh nach Umtali gebracht worden war. Madagaskar-Ochsen sind ebenso empfänglich für Küstenfieber, wie afrikanische Ochsen, aber sie sind immun gegen „Redwater', was eben das australische Vieh nicht war. Aus der angeführten Beobachtung darf also nur gefolgert werden, daß Beira mit „Red- water" infiziert ist.

Später stellte sich dann auch heraus, daß über die infizierte Ostküste von Deutsch-Ostafiika Schlachtochsen nach Umtali und Salisbury gebracht worden waren, und von diesen beiden Stellen aus verbreitete sich die Seuche.

Die folgenden Experimente \^Tirden zu dem Zwecke unter- nommen, meine früheren Mitteilungen zu kontrollieren, sowie die

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neueren Experimente Lounsburys zu wiederholen, wobei die Ein- würfe Luhes als vollberechtigt anerkannt und berücksichtigt wurden.

Die Zecken zu den vorliegenden Versuchen wurden an der Küste von Durban (Natal) von Tieren gesammelt, die alle sichtbar an Ostküstenfieber litten, und bei denen die Diagnose durch Sektion od6r durch den Nachweis* des Piroplasma parvum im Blute be- stätigt wurde.

Es mag hier die Mitteilung von Interesse sein, daß die größte Zahl von Zecken in Gegenwart von Herrn Dr. Knuth aus Berlin, der sich auf seiner Studienreise auch bei mir aufhielt, und ebenso in Gegenwart von Mr. Wollatt, Cheftierarzt von Natal, und Mr. Amos, Distriktstierarzt von Durban, gesammelt wurden.

Experimente, die beweisen sollen, daß Zecken, an der Küste Natals von kranken Rindern gesammelt, das Ost-

küstenfleber übertragen.

I. Experimente mit braunen Zecken (Imago).

Nr. 858« 2 Jahre alter Ochs, aus der Eapkolonie stammend. Die braunen Nymphen waren am 16. Dezember 1906 in Durban gesammelt worden und häuteten sich im Laboratorium. Zwölf braune erwachsene Zecken wurden am 17. Januar 1907 auf dieses Tier gesetzt. Am 28. Januar begann die Fieber- reaktion, und bereits am folgenden Tage war auch Piroplasma parvum vor- handen, das sich täglich vermehrte, bis zum 10. Februar, an welchem Tage das Tier dem Ktistenfieber erlag.

Nr. 887. Einjähriger Ochs von Kapstadt. Dieses Tier wurde am 1. März 1907 ausschließlich mit Männchen der braunen Zecke, derselben Ab- kunft wie vorige, und zwar mit 9 Scilck beschickt. Die Fieberreaktion begann am 11. März, und Piroplasma parvum wurde vom 17. März an beobachtet; es vermehrte sich nachher rasch bis zum Todestage, am 26. März.

Nr. 416« Dieses Rind war auf der Station geboren, am 19. März 1907 wurden männliche nnd weibliche braune Zecken auf dasselbe gesetzt. Nach einer Inkubationszeit von 10 Tagen begann die Temperatur zu steigen; die Krankheit dauerte bis zum 13. April, an welchem Tage das Tier verendete. Piroplasma parvum wurde vom 3. Tage der Reaktion an täglich beobachtet.

Nr« 327* Einjähriges Rind, stammend von Potchefstroom, wo bis zur Zeit noch kein Ostküstenfieber aufgetreten ist. Am 4. April 1907 wurde das Tier mit ausgewachsenen braunen Zecken beschickt, und am Morgen des 15. April begann die Körpertemperatur zu steigen; am 29. April erlag es dem Küstenfieber. Piropl. parvum wurde vom 19. April ab gesehen und am Todes- tage auch Piroplasma bigeminum.

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Nr. 891. Ein Ochs, aus der Kapkolonie stammend, war am 23« April 1907 mit erwachsenen Zecken, derselben Herkunft wie bei den vorigen Yeraachen, beschickt worden. Ansteigen der Körpertemperatur begann nach einer Inkubationszeit von 11 Tagen; die Krankheit dauerte 8 Tage, und das Tier verendete. Piropl. parvum war vom 3. Fiebertage an zu beobachten.

II. Experimente mit Larven von blauen Zecken,

die zu gleicher Zeit und von denselben Tieren, wie die Zecken in den obigen Experimenten, gesammelt worden waren. In den Ex- perimenten mit Imagines von Rliipicephalus appendiculatus \\iirde der Beweis geliefert, daß diese, von kranken Natal-Ochsen stammenden Zecken das Küstenfieber übertragen. Wenn also die blaue Zecke ein Wirt ftir Piroplasma parvum wäre, so ist an- zunehmen, daß blaue Zecken, von denselben Tieren stammend, wie die obigen braunen Zecken, ebenfalls die Krankheit übertragen können oder selbst müssen, wenn in großer Zahl verwendet.

Rind 421. 2 Jahre alt, aus der Gegend von Aliwal North (Rapkolonie) stammend. Am 28. März begannen die Larven der blauen Zecken aus den Eiern auszukriechen, und am 4. April wurde Rind 421 damit beschickt, und zwar äußerst zahlreich, so daß vom 29. April an die sich ablösenden Weibchen in großer Anzahl gesammelt werden konnten. Das Rind erkrankte nicht und ist noch am Leben.

Bind 426« 2 jährig und auch von Aliwal North. Behandelt wie voriges Tier; es wurden die gleichen Zecken verwandt, und es gelten dieselben Mit- teilungen. Auch dieses Tier ist am Leben geblieben.

Rind 400« Stammt aus der gleichen Herde. Dieses Tier wurde mit der- selben Brut blauer Zecken infiziert wie obige zwei, und zwar am 24. Mai 1907, also 2 volle Monate nach dem Auskriechen der Larven. Die befruchteten Weibchen fielen vom 19. Juni an in reichlicher Zahl ab. Es trat keine Er- krankung ein, und das Rind ist zur Stunde noch in unserer Herde.

Rind 440« Auf der Station geboren. An demselben Datum und mit der gleichen Brut Zeckenlarven wie Nr. 400 beschickt, er^ab es dasselbe Resultat. Das Tier wurde am 1. August 1907 zu einem Experiment mit Lungenseuche benutzt und verendete an der Impfkrankheit am 26. August.

Experimente mit blauen Zecken, die von einem gegen Ogtkttstenfleber

immunen Tiere stammen.

Ochs 877. Stammt von Sjambokskraal, Distrikt Pretoria, und ist eines der wenigen überlebenden Tiere aus einer Herde von über 200 Stück Vieh, mit der das Ostküstenfieber aufräumte. Die Diagnose bei diesem Tier wurde während der Krankheit durch den Nachweis des Piroplasma parvum im Blute bestätigt. Im März 1906 wurde dieser Ochs angekauft und nach der Station gebracht, wo er heute noch ist. Um zu prüfen, ob dieses Tier gegen Ost-

271

küstenfieber immun sei, wurde es mit infizierten,, braunen Imagines beschickt, und zwar am 4. April 1907. £s waren Angehörige derselben Kollektion, die auf die Rinder 416, 327 und Ochs 391 das Eüstenfieber übertragen hatten. Damit ist der Beweis geliefert für die Immunität des Ochsen 377.

Zu wiederholten Malen ist dieser Ochs mit blauen Zecken beschickt worden, und die Brut der zuletzt gesammelten Zecken wurde zu dem nachfolgenden Experiment verwendet,

Rind 418y 2 Jahre alt, aus einer Herde Pretorias, wurde am 5. Dezember 1906 mit Larven der blauen Zecke beschickt, die am 5. November 1906 aus den Eiern gekrochen, also 1 Monat alt waren. Das Resultat war allerdings, dafi sich schon vom 7. Tage an eine Temperaturerhöhung einstellte, die 1 Woche anhielt; eine zweite, längere Pieberreaktion folgte, während der Spi- rillum an mehreren Tagen nachgewiesen wurde. Vollgesogene Weibchen ver- ließen das Tier am 23. Dezember und wurden in großer Zahl gesammelt.

Um zu sehen, ob die Reaktion vielleicht doch mit Ostküsten- fieber im Zusammenhang stehe, wurde beschlossen, dieses Tier auf seine Immunität zu prüfen.

So wurde Rind 413 am 16. April 1907 mit Nymphen der braunen Zecke beschickt, die während der Krankheit des Tieres 387 auf diesem sich als Larven vollgesogen hatten. Vom 22. April ab wurden die abfallenden geftiUten Nymphen wieder gesammelt. Am 28. April stellte sich Fieber ein; Piroplasma parvum wurde vom 2. bis 9. Mai, von welchem Datum an auch Piroplasma bigeminum auftrat, beobachtet, und das Tier verendete am 11. Mai.

Ochs 858^ 2 Jahre alt, von Aliwal North stammend, wurde am 5. De- zember 1906 mit denselben blauen Zecken wie 413 beschickt. Auch bei diesem Tier wurde eine Reaktion beobachtet, deren Natur jedoch erkannt wurde. Nr. 359 war nämlich in einem früheren Experiment (24. August 1906) mit Piroplasma mutans, durch Blutein spritzung, infiziert worden und zeigte seit dem 25. September 1906 zu wiederholten Malen recht häufig Piroplasma mutans im Blute, so daß das Auftreten dieses Parasiten während der Reaktion als etwas zufälliges zu betrachten ist.

Aber gerade die Tatsache, daß von Koch kleine ringförmige Parasiten mit Piroplasma parvum identifiziert worden waren, ver- anlaßte mich, auch dieses Tier auf seine Immunität zu prüfen.

Vier braune Weibchen, auch von Durban stammend, wurden am 13. Februar 1907 aufgesetzt, und am 23. Februar trat eine Fieberreaktion ein. Vom 2. März an wurde Piroplasma parvum beobachtet; es vermehrte sich außerordentlich schnell, und am 9. März erlag das Tier dem Ostküstenfieber.

III. Übertragungsversuche mit roten Zecken.

Wie bereits in der Einleitung mitgeteilt ist, waren meine früheren Versuche mit roten Zecken alle negativ, d. h. zahlreiche

272

Zecken wurden damals auf ein und dasselbe Tier gesetzt, ohne daß sich bei diesem eine Krankheit einstellte. Da nur ein einziges Tier benutzt worden war, konnte der Einwand erhoben werden, daß dieses zufälligerweise Immunität besessen hätte.

Ochs 857« 2 jährig, von Aliwal North stammend, wurde am 23. April 1906 mit roten erwachsenen Zecken beschickt, die als Nymphen anf kranken Tieren in Sjambokskraal gesammelt worden waren. Eine abermalige Beschickang fand am 26. und 30. April statt, und vom 5. Mai an wurden die vollgesogenen abfallenden Weibchen gesammelt. Ein Steigen der Körpertemperatur fing am 10. Mai an, und am 15. Mai sah man Piroplasma parvum zum ersten Male; diese» vermehrte sich täglich bis zum 29. Mai, an welchem Tage der Ochs verendete.

Kuh 4&5* Aus einer Herde Pretorias. Dieses Tier war am 23. Mai 1907 mit roten Imagines beschickt worden, die im Larven- und Nymphenstadiam während der Krankheit von Ochs 358 Blut gesogen und die sich am ,17. März gehäutet hatten. Nach einer Inkubationszeit von 14 Tagen stellte sich Fieber ein; die Reaktion dauerte 13 Tage, und die Kuh verendete am 19. Juni 1907. Piroplasma parvum vom 4. Tage der Reaktion an, täglich zunehmend, beobachtet.

Von derselben Brut Zecken, wie die im Experiment mit Ochs 357 gebrauchten, wurden eine Anzahl an den Cheftierarzt Stockman nach London geschickt, nach vorheriger Verständigung behufs Nach- prüfung des Krankheitsbildes außerhalb Afrikas, speziell zu dem Zwecke, um zu sehen, ob Pii'oplasma parvum sich auch in Tieren, die mit afrikanischem Boden nie in Berührung gekommen, entwickle.

Am 25. Juni 1906 wurden die Zecken in London auf Rind 45 (Stock- man s Nummer) gesetzt. Vom 8. Juli ab begann das Tier Reaktion zu zeigen und verendete am 20. Juli, an welchem Tage Piroplasma parvum in so großer Zahl im Blute anwesend war, daß beinahe jedes Blutkörperchen damit beladen erschien. Stockman schickte mir Blutpräparate zur Durchsicht; die Korrektheit der Diagnose war über jeden Zweifel.

IV. Experimente mit bunten Zecken. (Ambiyomma hebraeum.)

Diese Zecken stammen ebenfalls von den Tieren an der Küste Natals. Es ist bekannt, daß diese Spezies eine dreiwirtige Zecke ist. Bis jetzt haben wir gefunden, daß

a) die dreiwirtigen Zecken die Krankheit übertragen können als Nymphen, nachdem sie als Larven auf kranken Tieren Blut gesogen haben,

b) als Imagines, nachdem sie sich als Nymphen an infizierten Tieren vollgesogen haben, und wäre

c) auch zu erwarten, daß die Infektion durch das Ei geht.

273

Experimente mit Imasrines Ton bnnten Zecken.

Nr. 891« Erwachsener Ochs von Elipplaats (Kapkolonie). Am 4. März 1907 wurde dieses Tier mit Imagines beschickt, die am 16. Dezember 1906 von kranken Tieren in Durban gesammelt worden waren; am 5. März wurde die Beschickung wiederholt, und am 6. März fand man 10 Männchen und 2 Weibchen fest Die bunten vollgesogenen Weibchen fielen am 20. März ab.

Es wurde keine Reaktion beobachtet.

Ochs 391 wurde später auf seine Immunität gegen Ostküstenfieber ge- prüft. (Siehe Experimente mit braunen Zecken.)

Nr. 888« Dieser ausgewachsene Ochs stammte ebenfalls von Klipplaats und war am 26. März 1907 mit bunten Imagines derselben Kollektion wie obiger beschickt worden. Vom 7. April an konnten die bunten vollgesogenen Weibchen wieder gesammelt werden.

Es fand keine Reaktion statt.

Auch dieser Ochs wurde auf seine Immunität geprüft, und zwar am 6. Mai 1907 mit braunen Nymphen, die als Larven während der Krankheit von Ochs 387 sich vollgesogen hatten. Ein Steigen der Temperatur stellte sich am 18. Mai ein, und es entwickelte sich eine typische Fieberreaktion. Piro- plasma parvum wurde am 21. Mai gesehen und war am 30. Mai sehr zahlreich. Zum Zwecke der Gewinnung von Blut für Hyperimmunisation tötete man das Tier durch Verblutenlassen.

Experimente mit Larven der bunten Zecke«

Diese stammen von Müttern, die am 18. Dezember 1906 auf ostküstenfiebenkranken Tieren in Durban gesammelt worden waren. Das Eierlegen begann am 27. Dezember 1906, und am 18. April 1907 waren die ersten Larven ausgekrochen.

Rind 418, 2 Jahre alt und von Aliwal North stammend, wurde am 24. und 27. Mai 1907 mit obigen, also 36 Tage alten Larven beschickt, die vom 5. Juni an vollgesogen abfielen und in großer Zahl gesammelt wurden.

Das Tier zeigte keine Reaktion und lebt noch.

Rind 419^ 2 jährig, ebenfalls aus Aliwal North, war unter gleichen Daten und mit denselben Brutlarven infiziert worden.

Auch hier beobachtete man keine Reaktion; das Rind zählt heute noch zu unserer Herde.

V. Experimente mit Rliipicepliaius capensis.

Wie bereits erwähnt, wies Lounsbury nacli, daß diese Zecke, die besonders am südöstlichen Küstenstrich des Kaplandes häufig ist, auch das Ostküstenfieber überträgt. Sie ist ebenfalls eine dreiwirtige Zecke. Lonnsbury übersandte mir infizierte Imkgines zum Zwecke der Nachprüfung seiner Experimente.

Rind 879, aus Kapstadt stammend, wurde am 15. Juni 1906 mit oben erwähnten Imagines beschickt Erst nach einer Inkubationszeit von 30 Tagen

Zeitachrift PBlt Infektionskrankheiten. IV, 3/4. 18

274

entwickelte sich bei dieaem Tier das Ostküstenfieber. Es verendete am 43. Tage, am 28. Juli 1906. Piroplasma parvum wurde am 20. Jnli zum ersten Male gesehen, es vermehrte sich tUglich. Am Tage vor dem Tode des Rindes war auch Piroplasma bigeminnm angetroffen worden.

Rind 888« Dieses Tier kam ebenfalls von Kapstadt. Es wurde in dem- selben Stalle gehalten^ wie das vorhergehende, jedoch nicht mit Imagines be- schickt. Nichtsdestoweniger entwickelte sich aber Ostktlstenfieber, und es verendete am 80. Juli an dieser Krankheit. Letztere kann nur von Kapzecken übertragen worden sein, da zu jener Zeit keine Experimente mit anderen Zecken gemacht worden waren.

Dieses ist übrigens die einzige akzidentelle Infektion, die auf unserer Station vorgekommen ist.

VI. Obertragungsversuche mit den Nachkommen von infizierten braunen Zecken, die als Imagines auf kranken Tieren an der Küste Natals bei

Durban gesammelt worden waren.

Wir haben bereits nachgewiesen und durch Experimente wiederholt gezeigt, daß Rhipicephalus appendiculatus der haupt- sächlichste Wirt von Piroplasma parvum ist, daß aber die Über- tragung in keinem Falle durch das Ei geht, sondern daß das Piro- plasma mit Nj^mphe oder Imago übertragen wird. Sollte aber eine Übertragung dui'ch die LaiTe dennoch möglich sein, so ist anzunehmen, daß es hauptsächlich diese Spezies sein würde, von der man die Über- tragung erwarten könnte. Folgende Experimente geben darüber Aufklärung :

Rind S8A« Von Kapstadt stammend, 2 Jahre alt. Dasselbe wurde am 12. Februar 1907 mit braunen Larven beschickt, deren Mütter am 16. Dezember 1906 in Durban gesammelt worden waren; am 20. Dezember beobachtete man das Eierablegen, und am 23. Januar 1907 krochen die jungen Larven aus^ waren also am Tage des Ansetzens 21 Tage alt. Am 15. Febraar wurden sie recht zahlreich festsitzend angetroffen, begannen am folgenden Tage sich an- zufüllen, und am 22. Febroar konnten die ersten abfallenden vollgesogenen Larven gesammelt werden.

Es fanden in der Folge noch mehr Beschickungen mit der- selben Larvenbrut statt, so am 20. Februar mit 28 tägigen Larven. Diese wurden bis zum 10. März als vollgesogene Larven in großer Zahl gesammelt. Von einer Reaktion nie etwas beobachtet. Das Rind starb später an Darmentzündung.

Rind 895« 2Ys Jahre alt, von Aliwal North. Zu derselben Zeit und mit denselben Zeckenlarven wie voriges infiziert.

Keine Reaktion beobachtet. Das Tier lebt noch.

275

Rind 898. Gleicher Herkunft, 2 Jahre alt. Dieses ist eio Parallel- eiperiment zu obigen; auch hier keine Reaktion, das Tier lebt noch.

Bind 408* 2 jährig und auch von Aliwal North. Dieselbe Behandlung wie oben. Keine Krankheitserscheinungen, das Rind ist heute noch auf der Station.

Rind 408« Gleichen Alters und derselben Herkunft wie obiges. Dieses Tier wurde am 12. März 1907 infiziert mit Zecken, wie sie in den vorher- gehenden Experimenten benutzt worden waren, d. h. die am 23. Januar ausge- krochen, also 48 Tage alt waren. Am 15. März begannen die braunen, voll- gesogenen Larven sich abzulösen. Unter gleichem Datum beschickte ich das Tier mit einer frischen Brut brauner Larven, deren Mütter am 18. Dezember 1906 in Durban gesammelt worden waren und die seit dem 25. Januar 1907 ausge- schlüpft waren, somit 49 Tage zählten. Zahlreiche vollgesogene Larven wurden von Rind 408 gesammelt. Keine Reaktion; Tier lebt noch.

Rind 409. Nachdem dieses 27, jährige Rind unter dem 12. März 1907 mit derselben Brut Zecken, wie die obigen Tiere beschickt worden war, wurde es am 22. März wieder mit braunen Larven infiziert, , die seit dem 25. Januar 1907 aus den Eiern gekrochen, somit 56 Tage alt waren. Die Yollgesogenen Larven konnten vom 26. März ab gesammelt werden. Es war wiederum keine Reaktion beobachtet worden.

Das Tier verunglückte am 8. Juni 1907 in Onderste Poorst und mufite getötet werden.

Nr. 412. 2 jähriges Rind von Aliwal North. Eine erste Beschickung fand am 12. März mit braunen Larven vom 28. Januar statt; die vollgesogenen Larven wurden vom 16. März ab gesammelt. Wieder beschickt unter gleichem Datum mit Larven, die am 25. Januar ausgekrochen waren ; vollgesogene Larven konnten vom 19. März ab gesammelt werden. Eine dritte Infektion mit Larven derselben Herkunft am 22. März gestattete ein Einsammeln von vollgesogenen Larven vom 26. März an.

Auch dieses Tier zeigte keine Reaktion, es lebt zur Stunde noch.

Rind 420, von Aliwal North, 2 Jahre alt. Dieses Tier wurde am 12. März 1907 mit braunen Larven vom 23. Januar infiziert. Am 16. März fand eine zweite Beschickung mit Lar^^en vom 25. Januar statt, und mit Larven derselben Herkunft noch eine dritte am 22. März.

Es traten keine Krankheitserscheinungen auf, das Rind zählt jetzt noch zu der Herde.

Rind 4S2, von Aliwal North, 2 Jahre alt. Wurde am 12. März mit braunen Larven beschickt, die von Müttern stammten, die am 16. Dezember 1906 in Durban gesammelt worden waren. Die Larv^en krochen am 23. Januar aus den Eiern, waren also beim Aufsetzen 48 Tage alt.

Am 16. März wurden Larven verwandt, die am 25. Januar ausgekrochen waren, desgl. auch am 22. März. Keine Reaktion, das Tier ist noch am Leben.

Rind 401^ von Aliwal North, 2 Jahre alt. Dieses Tier wurde am 13-, 16, und 19. März 1907 mit Larven infiziert, deren Mütter am 18. Dezember 1906 in Durban gesammelt, und die seit dem 25. Januar 1907 ans den Eiern ge- schlüpft waren.

18*

276

Keine Reaktion; das Tier lebt noch,

Rind 4Mf von Aliwal North, 2 Jahre alt. War am 13., 19. und 22. März mit Larven derselben Herkunft wie oben beschickt worden. Lebt auch noch, es zeigte nie eine Reaktion.

Rind 407, von Aliwal North, 2 Jahre alt. Am 19. und 22. März mit der gleichen Larvenbrut wie voriges Rind infiziert. Keine Reaktion; Tier ist noch am Leben.

Rind 462« Stammt von Klipplaats. Dieses Tier wurde am 10. April 1907 mit braunen Zeckenlarven beschickt, deren Mütter am 23. Januar 1907 in Durban gesammelt worden waren und am 23. Januar begonnen hatten, Eier zu legen. Die Larven krochen am 24. Februar aus und waren somit am Infektionstage 45 Tage alt. Mit Larv^cn derselben Brut fand am 19. April eine weitere Beschickung statt.

Das Rind zeigte keine Reaktion und lebt noch.

Bind 458. Auch von Klipplaats stammend. Ebenso am 10. April mit braunen Larven infiziert; die Mütter dieser Larven wurden am 14. Februar in Durban gesammelt; ausgekrochen waren sie am 26. März.

Auch hier keine Krankheitserscheinung, das Tier lebt noch.

Rind 454, gleicher Herkunft. Zur Beschickung dieses Tieres wurden am 19. April braune Zeckenlarven verwandt, deren Mütter am 23. Januar 1907 in Durban gesammelt worden, und die am 24. Februar ausgekrochen, also 54 Tage alt waren.

Es wurde keine Reaktion gesehen.

Später impfte man dieses Rind mit Blut eines Tieres, das immun gegen „Redwater" war. Es entwickelte sich „Redwater^* beim Impfling, und er verendete am 20. Juli 1907.

Rinder 419 und 449 wurden mit derselben Bnit brauner Zeckenlarven am 30. April beschickt, somit mit 65tägigen Larven, desgleichen Rinder 418 und 445, doch erst am 6. Mai; das Alter der Larven in dem letzten Ex- periment betrug 71 Tage.

Alle 4 Tiere zeigten keine Reaktion und sind heute noch auf der Station.

Experimente mit Nymphen der braunen Zecke, deren Mütter von kranken Tieren in Durban stammen nnd die als Larven in den vorigen Experimenten

benatzt worden sind«

Die Herkunft der Tiere, die zu diesem Experiment verwandt wurden, ist wie folgt: Die Rinder 435 und 439 stammen von Ayrshire in Schottland; 440 ymrAe auf der Station geboren; 449, 450 und 451 kamen von Klipplaats und die übrigen von Aliwal North.

Am 25. März 1907 wurden mit braunen Nymphen die folgenden Binder infiziert; 408, 409 und 422; am 27. März wurde 409 wieder beschickt; am 28. März ebenfalls 422, sowie neu infiziert 404, 407, 412 und 420.

277

Am 30. März fielen die vollgesogenen Nymphen ab von 408, 409 und 422, und am 2. April die von 404, 407, 412 und 420.

Am 4. April wurden die Rinder 450 und 451 mit braunen Nymphen in- fiziert und zum 2. Male am 6. April^ an welchem Tage des weiteren auch 440 beschickt wurde; letzteres dann wieder am 9. April.

Am 10. April wurden 394, 398 und 435 beschickt und mit denselben Nymphen am 12. April 439. Wieder beschickt am 13. April: 450, 451, 894, 898 und 435 und neu: 895, 402 und 405. Zum 3. Male am 15. April: 440.

Wieder infiziert wurden am 17. April: 435 und 439; 18. April: 450; 20. April : 451 und 22. April: 440. Dann wurden wieder beschickt: 435, 439, 450 und 451 am 23. April und am 26. April 435 und 439. 418, 419 und 449 wurden am 16. Mai mit braunen Nymphen infiziert.

Bei keinem dieser Tiere entvnckelte sich eine Reaktion im Anschluß an die Beschickung mit braunen Nymphen, und mit Aus- nahme von 409 (siehe Experimente mit Larven der braunen Zecke) und 440 (siehe Experimente mit Larven von blauen Zecken) sind noch alle am Leben.

Experimente mit Imaglnes von braunen Zecken^ die $1» Larren und Nymphen anf gresnndeB Tieren Blut gesogren haben, deren Mütter aber tob kranken

Tieren stammen.

Die Mütter wurden am 16. Dezember 1906 in Durban von ostküsten- fieberkranken Tieren gesammelt Die Larven saßen auf den Tieren 386, 395, 398, 402, 408, 409, 412, 420, 422, 401, 404 und 407 und die Nymphen auf den Rindern 394, 395, 398, 402, 404, 405, 407, 408, 409, 412, 420 und 422 und worden vom 81. März bis 22. April von diesen Tieren wieder gesammelt.

Die vollgesogenen Nymphen häuteten sich zu Imagines vom 5. bis SO. Mal 1907, imd diese wurden am 27. Mai auf folgende Tiere gesetzt: 446, 447, 450, 451, 452 und 454.

Am 3. Juni wurden diese Rinder mit den gleichen Imagines nochmals beschickt

Rind 446« Bei diesem Tier stellte sich eine unregelmäßige Temperatur ein, und am 17. Juni wurde Piroplasma bigeminum gefunden. Das Rind lebt noch.

Rind 447. Diese Beschickung ergab keine Krankheitserscheinungen.

Am 8. Juli wurde das Tier infiziert mit braunen Nymphen, die als Larven von dem kranken Ochs 387 Blut gesogen hatten; vom 25. Juli ab stellte sich Fieber ein, und am 10. August erlag das Rind dem Ostküstenfieber.

Rind 460. Auch hier wurde nichts besonderes beobachtet, und das Tier lebt noch.

Rind 451« Unregelmäßige Reaktion, am 6. Juli wurde Piroplasma bige- minum gesehen. Tier lebt

Rind 452« Nichts besonderes gesehen. Das Rind ist noch in unserer Herde.

Rind 454« Keine Reaktion beobachtet.

~ 278

Zusammenfassung.

1. Die Larven der blauen Zecke (Rhipicephalus decoloratus), die von Weibchen stammten, die

a) an ostküstenfieberkranken und

b) an immunen Tieren Blut gesogen hatten, übertrugen das Ostküstenfieber nicht.

2. Ebenfalls nicht übertragen haben die Krankheit die Larven und die Imagines der bunten Zecke (Amblyomma hebraeum).

3. Alle Versuche, die Krankheit mittelst der Nachkommen (Larven, Nymphen und Imagines) von braunen Zecken, die als Weibchen auf kranken Tieren Blut sogen, zu übertragen, blieben erfolglos. Die Larven wurden eine beträchtliche Zeit aufbewahrt, bevor sie für das Experiment verwertet worden waren.

4. übertragen wurde die Krankheit von

a) Nymphen von Rhipicephalus appendiculatus, die als Larven sich infiziert hatten, und

b) Imagines von Rhipicephalus appendiculatus, Evertsi und capensis, die als Nymphen sich infiziert hatten.

SchluBfolgerungen.

Rhipicephalus decoloratus und Amblyomma hebraeum können nicht als Wirte des Piroplasma parvum betrachtet werden; die- selben sind: Rhipicephalus appendiculatus, Rhipicephalus Evertsi. Rhipicephalus capensis, Rhipicephalus simus und nach Lounsbury auch Rhipicephalus nitens.

Es darf wohl auch geschlossen werden, das Piroplasma parvum in seinem Entwicklungszyklus nicht durch das Ei der Zecken geht.

Des weiteren folgt aus meinen Mitteilungen, daß immune Tiere nicht als Träger für das Piroplasma parvum fungieren.

(Aus dem Hygienischen Institut der Kgl. Tierärztlichen Hochschule

zu Berlin.)

Versuche fiber aktive Immunisierung gegen die Erreger der Wild- und Rinderseuche, Geflfigelcholera

und Schweineseuche.

Ein Beitrag zur Kenntnis der tiämorrtiagisctien Septilcämien.

Von Dr. €(• Grosso,

YoIontArastilsteoten am Institut.

Die drei in der Überschrift genannten Krankheiten, deren Erreger zur Gruppe der hämorrhagischen Septikämie gehören, be- sitzen in ihrer Ätiologie soviel Ähnlichkeit, daß es nicht ganz leicht ist, zu sagen, ob sie durch verschiedene oder durch denselben Erreger verursacht werden. Bisher ist noch kein Mittel gefunden, die hier in Frage stehenden Bakterien zu unterscheiden; auch bei der biologischen Prüfung reagieren alle auf gleiche Weise.

Wenn die Erreger der genannten Krankheiten identisch sind, würden die gegen eine dieser Septikämien immunisierten Tiere auch gegen andere hämorrhagische Septikämien immun sein müssen.

Mit dieser Frage haben sich schon viele Forscher beschäftigt. So gelang es Gaffky, mit Kulturen der Kaninchenseptikämie Hühner gegen Geflügelcholera in gleicher Weise zu immunisieren, wie mit abgeschwächten Kulturen des Bacillus avisepticus.

C. 0. Jensen erhielt dasselbe Resultat mit Bazillen der Kälberpneumonie. Kitt und J. Mayr konnten mit ein und dem- selben Serum Kaninchen gegen Schweineseuche und Geflügelcholera immunisieren.

Aber noch mehr: Es scheint, daß die Erreger einer der an- geführten Septikämien imstande sind, das Krankheitsbild der anderen hervorzurufen; denn es gelang Perroncito, mit den Erregem der

280

Schweineseuche eine sehr . schwere Pneumonie bei Kälbern zu erzeugen.

Wird der Bacillus suisepticus an Hühner verfuttert, so kann man nach der Angabe von Vo g e s bei diesen eine der Geflügelcholera sehr ähnliche Krankheit hervorrufen. Ligniferes' zahlreiche Unter- suchungen ergaben, daß die Erreger der hämorrhagischen Septi- kämien bei den Hausieren die verschiedensten Krankheitsformen zu verursachen vermögen.

Klepzoff äußerte sich in einem über das polyvalente Schweine- seucheserum auf dem Kongreß russischer Tierärzte 1905 gehaltenen Vortrage dahin, daß das Serum gegen Geflügelcholera immunisierter Tiere auch gegen Schweineseuche und Wild- und Rinderseuche schütze. Der gleichen Meinung ist auch Chamberland (Ann, de rinstitut Pasteur, 1906).

Im Auftrage des Herrn Prof. Dr. R. Ostertag nahm ich Ver- suche über aktive Immunisierung gegen die hämorrhagischen Septikämien vor, um festzustellen, ob und in welchem Grade die mit einem Ovoidbakterium immunisierten Versuchstiere gegen eine spä- tere Infektion mit anderen ovoiden Septikämieerregem resistent sind.

BestiüMiung der zur Abtötung der Erreger der Geflflgelcholera, Schweine- seuche und Wild- und Rinderseuche erforderlichen Temperatur.

Da ich zur Immunisierung der von mir als Versuchstiere ge- wählten Meerschweinchen zuerst abgetötete, dann abgeschwächte und schließlich virulente Kulturen anwenden wollte, so war es zu- nächst nötig, zu wissen, wie die hier in Frage stehenden Krank- heitserreger sich bei höheren Temperaturen verhalten.

Ich bediente mich kleiner KapillarrOhrchen von l^lVa mm Durch- messer. Nachdem sie im Trockenschrank sterilisiert worden waren, wurden sie in der Weise mit Bouillonkultur gefüllt, daß ich sie mit Hilfe einer sterilen Pinzette in das schräg gehaltene Reagenzröhrchen mit der Kultur hineintauchte. (Die Bouillon steigt sehr leicht, wenn die KapillarrOhrchen vor der Sterilisierung gut gereinigt und entfettet worden sind.) Bevor die Flüssigkeit das obere Ende des Röhrchens erreicht hatte, schloß ich es an der Flamme, ohne es aus dem Reagenzröhrchen herauszuziehen. Jetzt konnte ich das KapillarrOhrchen herausnehmen und auch das andere Ende vorsichtig schließen, weil etwas Flüssigkeit infolge der Hitze hervorspritzte. Nach der Füllung wurden die KapillarrOhrchen im Dimkeln aufbewahrt und dann in einem vorher regulierten Wasserbade auf verschiedene Temperaturen erhitzt

281

Auf diese Weise konnte ich bei wiederholten Prüftingen fest- stellen, daß die Erreger der Geflügelcholera, der Schweine- seuche und der Wild- und Rinderseuche gegen Hitze sich genau gleich verhalten, wie aus folgender Tabelle hervorgeht.

Dauer und Höhe der Temperatur

Erreger der

600 C 1' 2'

550C 1' 5'

50^ 15'

»C 25'

Geflügelcholera

abgetötet

abgetötet

vinilent abgetötet

virulent

virulent

Schweineseuche

n

11

11

11

11

M

Wild- u. Rinder- Beuche

»}

11

11

11

11

11

Die von mir in der Tabelle aufgeführten Resultate nähern sich, insoweit sie sich auf die Geflügelcholera beziehen, den von Kitt erhaltenen; denn Kitt ermittelte, daß die halbstündige Ein- wirkung einer Temperatur von Ao^ 46^ C zur Sterilisierung von Fleischstückchen genügt.

Zum Zwecke der Prüfung der erhitzten Bakterien habe ich sie auf Agar- und Bouillonnährböden übertragen und Mäuse mit ihnen subkutan geimpft. Auf Grund des Resultats dieser Unter- suchungen wurde die vorstehend angegebene Tabelle zusammen- gestellt.

Immunisierungsversuche.

Bei den Versuchen mit aktiver Immunisierung von Meer- schweinchen gegen die hämorrhagischen Septikämien verwendete ich zunächst auf 55 <^ C fünf Minuten lang erhitzte Kulturen und fuhr dann mit abgeschwächten (auf 55^ C eine Minute lang erhitzten) Kulturen fort; zuletzt gebrauchte ich ganz virulente Kulturen.

Fünf Ösen voll einer 248tandigen 6.-, S.- und W.- und R.-Kulturi) wurden mit 5 com steriler Kochsalzlösung gut verrieben. Die so hergestellte Aufschwemmung brachte ich in einem Reagenzglas mit einem in die Flüssig- keit eintauchenden sterilisierten Thermometer in ein Wasserbad und erhitzte sie auf die angegebenen Temperaturgrade.

Versuche mit abgetöteten Kulturen. Die flir die Ver- suche bestimmten Meerschweinchen waren 260 300 g schwer; fär

0 Im folgenden bedeuten G. Geflügel cholera, S. Schweineseuche, W.- und R. Wild- und Rinderseuche.

282

je einen Septikämieerreger wurden fünf Meerschweinchen vor- gesehen. Die Injektion der verdünnten Kultur geschah an der Innenfläche des Hinterschenkels. Da das Meerschweinchen gegen subkutane Injektionen von ovoiden Bakterien sehr widerstandsfähig ist, so habe ich nur mit Kulturen, die sehr virulent für Meer- schweinchen waren (sie töteten Meerschweinchen in der Menge von Vio Öse^) geimpft.

Die pathogene Wirkung der Bakterien der hämorrhagischen Septikämien ist eine sehr verschiedene; außerdem aber ist auch die Empfindlichkeit der Meerschweinchen nicht konstant; manche sind, wie ich im Laufe der Untersuchungen beobachten konnte, weniger, manche mehr empfänglich.

Am 5. Februar 1906 werden je fünf Meerschweinchen mit Vio ^^^ ^'' und R.- und S.-bakterien geimpft; am 11. Februar steUte ich die gleichen Versuche mit G.-bakterien an.

11. Februar: Die S.- und die W.- und R.-Meer8ch weinchen werden mit Vio ^^^ Kultur geimpft, die G.-Meerschweinchen mit Vio ^^^

17. Februar: Zweite Impfung der erstangeführten 10 Meerschweinchen mit Vio Ös® der entsprechenden Kultur, während die 6.-Meerschweinchen Vio Öse Kultur erhalten.

24. Februar: Sämtliche Meerschweinchen bekommen V, Öse Kaltur.

Am 27. Februar ist ein G.-Meerschweinchen gestorben. Die Sektion, Ausstriche aus dem Herzblut und die kulturelle Untersnchung ergeben ein negatives Resultat in bezug auf ovoide Bakterien.

Die übrigen Meerschweinchen bleiben gesund, sie bekommen am 1. März noch eine halbe Öse Kultur.

Versuche mit abgeschwächten Kulturen. Bei diesem Versuch wurden die Meerschweinchen am 6. März mit Vio Öse, am 11. März mit V4 Öse und am 16. März mit V2 Öse mit gutem Er- folge geimpft (s. Tabelle I).

Versuche mit virulenten Kulturen. Wie aus den in Tabelle 11 angegebenen Gewichten hervorgeht, haben alle Versuchs- tiere an Gewicht zugenommen.

20. März : Erste Impfung mit Vio ^^^ virulenter Kultur. Die erste In- jektion wird so gut vertragen, daß man an eine Erhöbung der Impfdosis denken kann. «

24. März. Alle Meerschweinchen bekommen ^^e Kultur.

Die Einspritzung dieser großen Dosis geschah allerdings zu frühzeitig. In der Zwischenzeit, zwischen dem 20. und dem 24. März, waren noch nicht genug spezifische Antikörper gebildet, um die Wirkung der ovoiden Stäbchen

1) Das Gewicht einer mittleren Öse Kultur betrug 0,00125 g.

- 283 Tabelle I.

Versuc

he mit

abgetöteten Kulturen

V. mit abgeschwächt. K.

6 «'S

Fortlaufende Nummer der Meer-

■ehw«incben

Gewicht der

Meerschw. am

Anfang dee

Verfuchea

Dosis der eingespritzten Kultur

Dosis der Kultur

Datum: 5. 2. 06 11. 2. 17. 2. 24. 2. ! 27. 2. ! 1. 8.

6.8.

Datum: 11.8. 16.3.

I.

265g

Vioöse

Vioöse V»Ö8e

V, Öse

Vioöse

V* Öse

V, Öse

1 T? rt

IL

300g

»

» »

»

»

n

r

III.

270 g

»

« »

n

»

n

n

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9 -p

IV.

270 g

n

» »

»

»

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ö ^

V.

260g

tot: Ergebnia der

V

77 77

bakt. Unter-

»

7>

77

suobnng negatir

1

I.

800g

Vioöse

Vioöse

Vioöse Vj Öse

V, Öse

Vioöse

V* Öse

V, Öse

IL

260g

n

n

»

»

D

»

ff

2 ^

IIL

275 g

»

n

1

n

7)

»

IV.

265g

n

»

, . n

»

7)

y)

»

CO

V.

250 g

n

yy

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»

n

7>

»

und enche

L IL

300g 280g

Vioöse

Vioöse

Vioöse V, Öse

V, Öse

Vioöse

Vi Öse

V, Öse

V

m.

260g

»

n

» n

" 1

n

J>

IV.

260g

»

n

« «

n

fl

»

7)

V.

250 g

n

n

1

fl

»

ff

aufzuheben. Daher verendeten drei G.-Meerschweinchen 2 bis 5 Tage nach der Impfung, während das Kontrolltier schon nach 24 Stunden gestorben war.

In gleicher Weise starb nach vier Tagen ein W.- und R.-Meerschweinchen, dessen Kontrolltier schon nach 48 Stunden verendet war.

Dagegen blieben die S.-Meerschweinchen sowie auch die Kontrolltiere am Leben. Da nun die für diese Meerschweinchen gebrauchte Kultur sich als sehr virulent erwies, so ist das negative Resultat auf die besondere Wider- standsfähigkeit des Kontrolltieres zu schieben, das sehr schwer erkrankte, aber nicht starb. Aus der Impfstelle, an der sich ein Abszeß gebildet hatte, war es noch nach mehreren Tagen möglich, ovoide Stäbchen zu isolieren, die ihre Virulenz nicht eingebüßt hatten. Einige Tage darauf bemerkte ich nämlich, dafi die Milchdrüse der Seite, auf der das weibliche Tier geimpft worden war, eine Schwellung zeigte, und daß sie beim Pressen eine milch- artige Substanz absonderte. Die aus dieser Flüssigkeit angelegten Kulturen zeigten S.-bakterien in Reinkultur, die als Ursache der hervorgerufenen Sekre- tion zu betrachten sind.

Außerdem möchte ich noch darauf hinweisen, daß Mißerfolge der Impfung, wie auch Kitt und Joe st bemerkt haben, hauptsächlich bei der 8. nicht allzu selten vorkommen.

J

284

30. März: Nur die S.-Meersch weineben werden mit ^/^q Ose einer 48 Btündlgen Kultur geimpft. Dieselben bekommen am 3. April, mit Rücksicht auf ihren guten Nährzustand, noch Vio^''®) ebenso erhält das Kontrolltier die gleiche Quantität. Gleichzeitig werden auch die W.- und R.-Meer- schweinchen mit 7io ^^^ ^^^ ^^^ einzige G.-Meerschweinchen mit Vio ^^^ geimpft.

6. April: Das Kontrolltier der S.-Meerschweinchen ist gestorben. Die HerzblutauBstriche und die Kulturen ergeben S.-Bakterien.

7. April: Ein S.-Meerschweinchen ist ebenfalls gestorben; der bakterio- logische und kulturelle Befund spricht nicht für S.

13. April: Ein W.- und R. -Meerschweinchen ist gestorben; die bak- teriologische Untersuchung ergibt ein negatives Resultat.

Das Resultat der letzten Prüflingen ist, auch wenn nur ein einziges G.-Meerschweinchen zurückblieb, nicht als ungünstig zu bezeichnen; denn dieses einzige zeigte eine sehr gute Immunität gegen eine erhebliche Dosis virulenter Kultur.

Tabelle U.

Versuch

e mit

; viril

ilente

n Kulturen

H

Gewicht der Meerschweinchen

Dosis der eingespr. Kultur

H.

gl

c B «

IIa

Tod

9 JM

20.3. 24.8.

Datum: 30. 3. 3. 4. ! 10. 4. 1 20. 3.

24.8.

30.3.

3.4.

I.

330g

330g

1

V.oöse

Vi Öse

26.3.

+

o

n.

380g

880 g

390 g

390 g

845g

)}

II

in.

350g

350g

1 II

29.3.

+

tu

SS

IV.

350g

350g

n

II

27.3,

+

Kon- trolltier

350 g

I

25.3.

+

o

I.

405g

405 g

440 g

400 g

370 g

Vioöse

Vi Öse

Vioöse

Vioöse

IL

335g

340g

336g

380g

380g

))

II

II

II

0

111.

355 g

340 g

360 g

360 g

370 g

V

»1

»1

IV.

325 g

295 g

310 g

820 g

270 g

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11

II

V.

395 g

280g

280g

310 g

»

II

n

II

7.4.

Kon- 1 troll- _ tierel2

320 g

II

II

6.4.

+

i. o

I.

385g

885g

375 g

390 g

360g

Vioöse

Vi Öse

Vioöse

a

II.

345g 350g

345g

355g

845g

II

»

n

»s

111.

325 g

330g

350g

360g

340 g

II

II

99

9

IV.

325 g 310 g

310 g

320 g

315 g

11

II

»1

13.4.

2*

V.

305g 290g

II

p

28.3.

+

1

Kon- trollller

320 g

II

26.3.

+

285

Was die anderen S.- und W.- und R.-Meerschweinchen an- belangt, so kann man sagen, daß das Ergebnis der Versuche sehr befriedigend ist.

Die Tabelle n gibt über die Prüfungen vom 20. März bis zum 10. April Aufschluß,

Versuche mit verschiedenen Kulturen. Bei diesen Versuchen bekamen die bereits immunisierten Meer- schweinchen andere Kulturen als die, die vorher zur Vor- behandlung angewandt worden waren (Tabelle III).

13. April: Zwei S.- Meerschweinchen werden infiziert, das eine mit Viü Öse W.- u. R.-bakterien, das andere mit demselben Quantum G.-bakterien.

Zwei W.- u. R.-Meerschweinchen werden je mit Vio Öse G.- u. S.-Kultnr geimpft. Als Eontrolltiere dienen drei andere Meerschweinchen.

Das G.-Meerschweinchen allein wird nicht infisciert, weil es noch zu abgemagert ist

Die Kontrölltiere f Ur W.- u. R. und S. sterben zwei Tage nach der Impfung. Das andere wird schwer krank und erliegt der Infektion durch ovoide Stäb- chen der G. nach 9 Tagen.

Die zweite Prüfung fand am 18. April statt: Ein S. -Meerschweinchen bekommt Vio Öse W.- u. R.-Eultur, gleichzeitig mit einem Eontrolltier; femer werden in derselben Weise ein W.- u. R.-Meerschweinchen und ein Eontrolltier mit Vio Öse S.-Eultur infiziert. Das erste Eontrolltier ist schon nach zwei Tagen tot, das zweite nach vier Tagen.

Auch bei dieser zweiten Prüfung zeigten sich die gegen S. und W.- und E. immunisierten Meerschweinchen als vollkommen resistent gegen die W.- und E. und G., die S. und G.

In der Tabelle DI sind die Gewichte der Meerschweinchen, die Dosis und die Ergebnisse eingetragen, die einen Vergleich er- möglichen.

Um auch mit dem G.-Meerschweinchen, das seit längerer Zeit nicht mehr geimpft worden war, eine Prüfung durchzuführen, habe ich nochmals eine Impfung vorgenommen:

23. April: Ein S.- und das G.-Meerschweinchen und zwei Eontrolltiere bekommen '/jg Öse W.- u. R.-Eultur. Ebenfalls wird mit einem Eontrolltier noch ein S.-Meerschweinchen mit Vio Öse G.-Eultur geimpft.

Zwei Eontrolltiere sterben nach 24 Stunden an der G.- n. W.- u. R.- Infektion, das dritte erst nach 48 Stunden, auch an der W.- u. R.-Infektion. Bemerkenswert ist, daß die zwei Eontrolltiere, die mit W.- n. R. infiziert worden waren, nicht zur gleichen Zeit gestorben sind und außerdem, daß das stärkste und schwerste Tier am ehesten der Infektion erlag.

286

Tabelle III.

Versuche

mit versch

iedenen Eult

ur en

VerzeichnuDr

der mit hämorrn.

Septikämien

immunisierten

Meerschw.

Gewicht der Heerachw.

Dosis n. Art der angewandten Eulturen

Tod

13.4.

17.4.

23.4.

Datui 1.5.

n: 13.4.

18.4.

23.4.

G.

Meerschw. Nr. I

845g

855g

875 g

VioÖse

W..U.R.

Kontrolltier

295 g

24.4.

+

S. Meerschw. Nr. I

380g

890 g

VioÖse

W.-u.R.

26.4.

Eontrolltier

270 g

25.4,

+

Nr. II

330g

880g

395 g

400 g

V,o Ose

W..U.R.

Vio Öse

G.

17.5.

1. Eontrolltier

430g

»1

15.4.

+

2. Eontrolltier

470 g

24.4.

+

Nr.IU

370 g

880g

860g

875 g

Vin Öse

11.8.

Nr. IV

806 g

800g

325 g

*'io Öse

W..U.R.

13.8.

Eontrolltier

310 g

V

20.4.

+

W- u. R. Meerschw. Nr. I

860g

820 g

355 g

315 g

1

Vio Öse

G.

7.5.

Eontrolltier

890g

»

22.4.

+

Nr. II

345g

360g

850g

855g

VioOse s.

22.6.

Eontrolltier

340g

^' 1

15.4.

-i-

Nr. III

370 g

300 g

295 g

IV.oÖ«e

3.5.

Eontrolltier

290g

22.4.

+

Dies spricht deutlich für die verschiedene Empfänglichkeit der Meerschweinchen für die hämorrhagischen Septikämien.

Nach Beendigung dieser drei Prüfungen blieben drei S.-Meer- schweinchen, drei W.- und R.- und ein G.-Meerschweinchen am Leben.

Wie aus den in der Tabelle III angegebenen Gewichten hervor- geht, war der Gesundheitszustand der Tiere am 1. Mai ein sehr günstiger.

Durch verschiedene Ursachen wurde mir die Fortführung der Untersuchungen unmöglich; ich konnte sie erst am 27. August wieder aufnehmen.

287

Inzwischen aber waren die Meerschweinchen gi'ößtenteils zu- grunde gegangen. Als Todesursache habe ich in zwei Fällen Magenruptur festgestellt. Bei den anderen Meerschweinchen wurde auf Grund der mikroskopischen und kulturellen Untersuchung eine Infektion durch die ovoiden Stäbchen der hämorrhagischen Septi- kämien völlig ausgeschlossen.

Am 27. August habe ich mit dem gegen 6. immunisierten Meerschweinchen und mit einem etwa zwei Monate alten Meer- schweinchen, dessen Muttertier schon gegen 8. immun war, noch eine Prüfung vorgenommen. Es interessiertemich, zu sehen, ob das behandelte Tier noch immun war und hauptsächlich, ob das junge Meerschweinchen etwa eine Immunität ererbt habe.

In der Tabelle IV sind der Verlauf und das Ergebnis des Versuches angegeben.

Tabelle IV.

Versuche mit gewechselt-en Kulturen

lim

Gewicht der Meerschweinchen

Dosis u. Art der angewandten Kulturen

Tod

'S » M

JSa§

Datum:

Datum:

>|«aä

27.8.

23.9.

22. 10. 26. 10.

27. 8 J

8.9.

23.9. 22.10. 26.10.

«*

G.

1 1

Meerschw.

Nr. 1

580g

580g

650g

610 g

VioÖse

VioÖse

ViüÖse , ViüOse 1 V'ioÖse

I. Kontroll-

o.

G.

8. 'W.-U.R. W.-U.R.

tier

500g

560 g

n

n

»

5.9.

II. Kontroll-

tier

495 g

1

28.10.

+

S. Meerschw.

1

Nr. 1

200g

250 g

350 g

335g

VioOse

VioÖse VioÖBe

I. Kontroll-

s.

ö. W.-U.R. ;

1

tier

180g

1

1

10.9.

+

II. Kontroll-

1

tier

390 g

415 g

400g

7>

» r

III. Kontroll-

tier

350 g

1

25.10.

+

IV. Kontroll-

tier

430 g

1 1

t

t

r

28.10

+

288

Während dieses Versuches erwies sich die G.-Kultnr. obwohl sie biologisch geprüft und rein befanden worden war. als nicht so vimlent, wie die für die anderen Versuche angewandte. Die sonst tödliche Dosi^ von ^^^ Öse ließ die Versuchstiere am Leben; bei einem Meerschweinchen erzeugte sie sogar Immunität gegen W.- und R.-Bakterien.

Die zwei anderen Kulturen hatten sich nicht verändert, dui*ch Weiterimpfung wui'den sie so virulent, daß ^loOse ein 350 495 g schweres Meerschweinchen zu töten imstande war.

Das einzige G.-Meerschweinchen zeigte sich nach drei Monaten noch immun gegen 6., eine Reaktion nach der Impfung trat nicht ein, während letztere bei den Kontrolltieren sehr stark war. Außerdem gelang es nicht, dasselbe Tier mit virulenten Kulturen der S. und W.- und R. krank zu machen.

Von ganz besonderem Interesse war das Verhalten des zwei Monate alten Meerschweinchens, dessen Mutter vor der Geburt gegen S. immunisiert worden war. Es erwies sich als resistent gegen S. und sodann ganz ausgezeichnet resistent auch gegen G. und W.- und R. Der Tatsache, daß das Muttertier schon einmal mit G.-Kultur ge- impft worden war, muß man selbstverständlich eine gewisse Be- deutung zuschreiben. Eine Kontrolle bezüglich der Möglichkeit einer hereditären Immunität wäre nötig gewesen. Leider habe ich an den anderen, während des Versuches geborenen Meerschweinchen, da sie starben, weitere Beobachtungen nicht machen können; ich glaube aber, daß das eine junge S.-Versuchstier auch allein einen gewissen Schluß gestattet, besondei^s im Hinblick auf die drei an S. und W.- und R. gestorbenen Kontrolltiere (vgl. Tabelle IV).

Da die drei Versuchstiere ganz gesund geblieben waren und keinen erheblichen Verlust an Gewicht erlitten hatten, so konnte ich am 30. Oktober die Prüfungen als abgeschlossen betrachten.

Zusammenfassung der Ergebnisse.

1. Die Erreger der Schweineseuche, Gefltigelcholera und Wild- und Rinderseuche werden bei der gleichen Temperatur (55^ C) und in derselben Zeit (fünf Minuten) vernichtet.

2. Es gelingt die Immunisierung von Meerschweinchen mit Kulturen, die durch verschiedene Temperatui-en beeinflußt (ab- geschwächt) worden sind.

289

3. Eine gewisse Immunität tritt schon nach 4—8 Tagen ein; ausgeprägter ist sie aber 15 Tage nach der letzten Impfung mit abgeschwächten Kulturen.

4. Nach drei Monaten sind die auf diese Weise immunisierten Meerschweinchen noch gegen hochvirulente Kulturen resistent.

5. Dieselben Versuchstiere sind sow^ohl gegen die bei der Immunisierung angewandten Kulturen geschützt, als auch gegen die anderer hämorrhagischen Septikämien.

6. Die Immunität kann vererbt werden. Die Natur der ver- erbten Immunität ist derjenigen, die auf künstlichem Wege erzeugt wird, ähnlich.

7. Die angestellten Immunisierungsversuche und die Untersuchungen über die Resistenz der Erreger der hämor- rhagischen Septikämien gegen Hitze, sprechen für die Identität dieser Bakterien.

Literatur.

Kitt, Sitznngsber. Ges. f. Morphol. u. Physiol., München 1885.

Jahresbericht d. Münchener Tierarzneischule 1885 - 88.

Beiträge zur Kenntnis der Geflügelcholera. Deutsche Zeitschr. f. Tier- medizin, Bd. 13, 1887.

Bakterienkunde f. Tierärzte, 3. Aufl., Wien 1899.

Kitt u. Mayr, Über Kesistenzcrscheinungen und Scrumwirkungen bei Geflügel- cholera und Schweineseuche. Monatsh. f. prakt. Tierheilkunde, 8. Bd., 1898.

Ligniöres, Contribution k T^tude et ä la Classification des Septicömies h6- morrhagiques. Buenos-Aires 1900.

Marchiafava u. Celli, Una epizootia di colera dei polli nella campagna di Roma. Bull, della comiss. d'Igiene, Koma 1883.

Perroncito, Über das epizootische Typhoid der Hühner. Arch. f. Tierheil- kunde 1879, S. 22.

Zeltschrift flir Infektionskrankheiten. IV, S/4. 19

(Aus dem Laboratorium des Schlachthofes Tsingtau [China].)

Über ein Pirosoma bei Schafen der Provinz Schantung.

Von Eirgebrectat,

Ooayemementa-Tientrzt.

Zu den in der Literatur verzeichneten Beobachtungen über das Vorkommen von Pirosomen in den roten Blutkörperchen von Schafen, die im Jahre 1888 von Babes am Donaudelta, 1895 von Bonome in Italien, 1899 von Laveran und NicoUe in der Türkei, 1902 von Hutcheon in Südafrika und von Ziemann auf St. Thomas, West-Indien, gemacht wurden, bin ich in der Lage, einen Beitrag auf Ginind meiner Untersuchungen bei Schafen in der Provinz Schantung, die ich während des Monats September 1907 anstellen konnte, zu liefern.

Von allen zur Schlachtung angetriebenen Schafen wurden Blutpräparate angefertigt und nach Giemsa gefärbt.

Bei einer großen Anzahl der untersuchten Schafe, die zu Lebzeiten und nach der Schlachtung an den Organen keine krank- haften Veränderungen zeigten, stellte ich in den roten Blut- körperchen ringförmige, ovale und birnförmige, leuchtend rot ge- färbtes ('hromatin enthaltende Körperchen fest.

Im Blutplasma waren sie dagegen nicht nachzuweisen.

Diese Gebilde entsprechen den von Schilling im ersten Er- gänzungsband des Handbuches der pathogenen Mikroorganismen beschriebenen Pirosomen bei Schafen.

Die auffallende Erscheinung, daß trotz der Anwesenheit der Pirosomen im Blut das Allgemeinbefinden der Schafe ungetrübt er- schien und wesentliche Veränderungen in den Organen nicht nachzu- weisen waren, steht im Einklang mit den Beobachtungen bei Kälbern im Frühjahi' dieses Jahres, bei denen Pirosomen (Piroplasma parvum

291

und Piroplasma bigeminum) durch Professor Dr. Martini gefunden wurden, ohne das klinisch oder durch die Sektion Merkmale einer Blutinfektion festzustellen waren. Allem Anschein nach handelt es sich um Infektionen mit chroniscKem Verlauf, wie ich sie auch bei einer Anzahl von Hunden, die mit hundepirosomenhaltigem Blut künstlich infiziert wurden, zu beobachten Gelegenheit hatte.

Weitere Untersuchungen über das biologische Verhalten der Pirosomen, über den Verlauf der künstlichen Infektion junger Schafe und deren Verhalten nach der Infektion sind im Gange, Jiier- uber wird nach Beendigung derselben eingehend berichtet werden.

Mit der Veröffentlichung dieser Zeilen war nur die vorläufige Feststellung des Vorkommens von Pirosomen bei Schafen der Pro- vinz Schantung beabsichtigt worden.

Zu erwähnen habe ich endlich noch, daß Zecken, die die Infektion mit Piroplasma ovis verursachen können, in der Provinz Schantung und in dem deutschen Schutzgebiet Kiautschou vor- handen sind.

19*

Referate.

Uhlenhuth, Hfibener, Xylander und Bohtz, Unter- suchungen fiber das Wesen und die Bekämpfung der

Schweinepest^)

Kritisches Referat.

Von

Prof. £• Joest.

Die Ergebnisse ihrer nmfangreichen, wertvollen Untersachongen fassen die Autoren in folgenden Schlußsätzen zusammen:

,,1. Die deutsche Schweinepest ist wie die amerikanische Hogcholera ätiologisch auf ein filtrierbares, ultravisibles Agens zurtickzufiihren. Ein- spritzungen von Material (Serum, Blut, Organextrakt) schweinepestkranker Tiere, das durch Berkefeld-, Pukall- oder Heimsche Filter filtriert und bakterienfrei ist, verursachen bei gesunden Ferkeln eine der Schweinepest in klinischer und pathologisch-anatomischer Beziehung völlig gleichende, oft tödlich endende Krankheit. Subkutane, intramuskuläre, intraperitoneale, intravenöse, intrathorakale Einspritzungen haben dabei keinen erkenn- baren unterschiedlichen Einfluß auf die Dauer der Inkubation und Schwere der Erkrankung.

Die so hervorgerufene Krankheit beruht auf der Anwesenheit eines spezifischen, belebten Virus.

2. Die durch filtriertes bakterienfreies Material erzeugte Krankheit ist kontagiös. Gesunde Tiere, zu künstlich mit Filtrat geimpften Tieren gesetzt, erkranken unter dem Bilde der Schweinepest.

3. Filtriertes Material von ktinstlich infizierten und erkrankten Tieren, durch Generationen (vier) von einem Schwein auf ein anderes in immer gleicher Weise übertragen, ruft die Krankheit hervor.

4. Ferkel, welche die künstliche Infektion überstanden haben, sind immun sowohl gegen eine natüi'liche Ansteckung wie künstliche Infektion.

5. Ferkel, welche die natürliche Ansteckung überstanden, sind gegen künstliche und natürliche Ansteckiing immun.

1) Arbeiten aus dem Kaiser!. Gesundheitsamt, Bd. 27, Heft 3, 1908.

293

6. In fünf verschiedenen Fällen von Senchenansbrüchen konnte stets das filtrierbare Virus nachgewiesen werden.

7. Die Schweinepest konnte auch hervorgerufen werden durch Ver- inipfung filtrierten Materials aus verseuchten Beständen stammender Tiere, die bis auf allgemeine Kachexie bei der Sektion keine Veränderungen an den Organen zeigten (Kümmerer).

8. Das Kümmern der Schweine kann ein Folgezustand der Schweine- pest sein.

9. Andererseits ist es nicht geglückt, bei Verfütterung von unfiltriertem Material eines aus einem mit Schweinepest verseuchten Bestände stammenden Ferkels, das pathologisch-anatomisch scheinbar nur geringe Folgezustände einer stattgehabten Schweinepesterkranknng, aber klinisch das aus- gesprochene Bild des Kümmerers zeigte, wieder Schweinepest zu erzeugen.

10. Durch Einspritzung von Kulturfiltraten des B. suipestifer oder des Filtrats von Serum oder Organextrakt gesunder Schweine konnte eine Krankheit nicht erzeugt werden.

11. Die Verimpf ung filtrierten Materials von zwei anderwärts mit Kulturen des Bacillus enteritidis Gaertner künstlich infizierten Ferkeln, von denen eins für Schweinepest charakteristische Darmläsionen aufwies, erzeugte keine Krankheit. Ein mit Kulturen des B. enteritidis Gaertner infiziertes Ferkel erkrankte nicht.

12. Der B. suipestifer ist ein im Darm gesunder Schweine vor- kommender Saprophyt und ist nicht der eigentliche Erreger der Schweine- pest. Er wurde von uns bei 600 gesunden Schweinen 51 mal im Darm- inhalt bei einmaliger Untersuchung gefunden.

13. Er wird sehr häufig in den Organen schweinepestkranker Tiere angetroifen, von uns wurde er 76mal in 171 Fällen = 44,4% isoliert.

14. Durch subkutane und stomachale Einverleibungen von Suipestifer- kulturen gelang es in den allerdings nur in geringer Anzahl angestellten Versuchen nicht, Ferkel krank zu machen, wohl aber durch intravenöse Injektion großer Kulturmengen.

15. Die mit dem B. suipestifer vorbehandelten Ferkel waren gegen künstliche Infektion mit Schweinepestvirus nicht immun.

16. In den Organen künstlich mit keimfreiem Filtrat infizierter Ferkel fanden sich häufig auch andere Bakterien, besonders Bakterien der Koligruppen und sogenannte Varietäten des B. suipestifer, der B. pyocya- neus und Paratyphus-A-ähnliche, außerdem Kokkenarten.

17. Der B, suipestifer läßt sich bis jetzt vom Paratyphus B und be- stimmten Fleischvergiftern sowie vom Mäusetyphus- und Psittakosis-Bazillus nicht unterscheiden.

294

18. Die ans Organen Bchweinepestkranker Ferkel heransgezüchteten Schweinepeststämme wnrden, soweit sie geprüft wnrden, weder von dem Semm ihrer Träger noch anderer pestkranker Schweine agglntiniert.

19. Der B. snipestifer bildet in vierzehntägigen Bonillonknltoren ein hitzebeständiges, für Mäuse bei subkutaner und intraperitonealer Ein- verleibung von 0,5 ccm der sterilen Kulturfiüssigkeit schnell tödlich wirkendes Toxin.

20. Die Infektion der Schweinepest erfolgt unter natürlichen Ver- hältnissen höchst wahrscheinlich am häufigsten per os. Bei der Aus- breitung der Seuche spielt die Eontaktinfektion eine ausschlaggebende Rolle. Durch Verfütterung virushaltigen Materials gelingt sicher eine Infektion. Direkt in die Speiseröhre auf nüchternen Magen eingeführte virushaltige Flüssigkeiten, die bei subkutaner Injektion und Verfütterung sicher krankmachend wirkten, riefen in drei Fällen unter sechs keine Erkrankung hervor.

21. Das Virus findet sich innerhalb des Körpers im Blut und in allen vom Blut durchströmten Organen, in der Galle und im Harn.

22. Das Virus wird durch die Nieren mit dem Harn ausgeschieden. Der Harn pestkranker Schweine ist höchst infektiös.

23. Im Gegensatz zu den Nieren scheint eine regelmäßige Aus- scheidung durch den Darm, selbst bei dem Bestehen schwerer Ver- änderungen der Darmwand nicht immer stattzufinden, oder falls sie statt- findet, scheint eine schnelle Vernichtung des Virus vor sich zu gehen. Filtrierter Darminhalt, der von schweinepestkranken, mit schweren diph- therischen Darmläsionen behafteten Ferkeln stammte, war in vier von uns untersuchten Fällen nicht infektiös.

24. Das Virus wurde durch 23 Tage langes Aufbewahren im Eis- schrank und 10 Wochen langes Aufbewahren bei Zimmertemperatur nicht abgetötet.

25. Es vertrug einige Male in flüssigen Medien (Serum und Organ- salt eine zweistündige Erhitzung auf 58^, nicht dagegen eine einstündige Erhitzung auf 78^, 24 stündiges Einfrieren vimshaltigen Blutes bei 18® tötete nicht ab.

26. 24 stündiges Antrocknen von virushaltigem Blut und Serum bei 37 0 vernichtete den Ansteckungsstoff nicht. So vorbehandeltes Material verträgt 1 stündiges Erhitzen auf 150», 100«, 76,5« und 72« nicht. Die Grenze scheint bei ca. 60« zu liegen.

27. Chemischen Agentien gegenüber scheint das Virus widerstands- fähig zu sein. Sublimat in einer 1«/oq Lösung in einem Verhältnis von 1:2 und 5% Karbolglyzerin-Lösung in einem Verhältnis von 2:5 zu virushaltigem defibriniertem Blut gesetzt, tötete innerhalb 8 Tagen nicht

- 295

ab, doch kann hier dnrch die Gerinnnng des Blutes das Virus der des- infizierenden Einwirkung entgangen sein.

28. Das Virus wurde in Organen, welche durch Vergraben in die Erde der Fäulnis und Verwesung ausgesetzt wurden, innerhalb 4, 2 und 1 Woche vernichtet.

29. Pferde, Rinder, Esel, Ziegen, Hunde, Katzen, Hühner, Tauben, Kaninchen, Meerschweinchen, wilde und zahme Ratten, graue und weiße Mäuse sind für das Schweinepestvirus nicht empfänglich.

30. Subkutane Einspritzungen von 24 Stunden lang bei 37 ^ an- getrocknetem und in Kochsalzlösung wieder aufgelöstem Blut, das vor der Antrocknung sehr virulent war, erzeugten in einigen Fällen keine sicht- baren Krankheitserscheinungen, aber Immunität; in anderen Fällen wirkte solches Material krankmachend.

31. Durch dreimalige Einspritzungen von angetrocknetem und im trockenen Zustande auf 72^, 76,5^, 100^ und 150^ erhitztem und dann in Kochsalzlösung aufgelösten virushaltigen Blut gelang es nicht, Ferkel zu immunisieren.

32. Das Serum von Eseln und Pferden, welche mit wiederholten intravenösen Einspritzungen virushaltiger Flüssigkeiten vorbehandelt waren, hatte weder eine schützende noch heilende Wirkung. Ob bei Höher- treibung der Tiere eine Steigerung der Antikörperproduktion sich wird er- zielen lassen, muß abgewartet werden.

33. Das Serum von Schweinen, welche die Schweinepest überstanden und darnach in bestimmten Zwischenräumen große Mengen virushaltigen Materials eingespritzt bekommen hatten, zeigte eine starke Schutzkraft.

34. Es gelang, Ferkel durch subkutane Einspritzungen solchen Serums vor einer sichtbaren Erkrankung an Schweinepest, der die Kontrolltiere erlagen, zu schützen.

35. Lungenveränderungen gehören zu den Begleit- erscheinungen der Schweinepest und- somit zu den charak- teristischen Merkmalen derselben. Besonders gilt das von der Bronchitis und den im engsten Zusammenhang mit ihr stehenden Lobulärpneumonien.

36. Filtriertes Material (Lungensaft und Serum) von Ferkeln aus einem mit Schweinepest verseuchtem Bestände, die bei der Obduktion nur Lungenverändemngen zeigten, erzeugte klinisch und pathologisch-anatomisch das typische Bild der Schweinepest.

37. Die in Pestausbrüchen häufig beobachteten Pneumonien sind in den meisten Fällen Folgewirkungen der Infektion mit Schweinepest und nicht Folgen einer gleichzeitig stattgehabten Infektion mit einer zweiten, ansteckenden seuchenhaften Krankheit, der Schweineseuche.

296

38. Die sogenannten Spntnmbakterien lassen sich von dem Erreger der Schweineseuche, dem B. suisepticus, weder morphologisch, noch knltnreU, noch biologisch unterscheiden. Sie sind unter 116 Fällen 58 mal, also in 50%, in dem Nasenschleim gesunder Schweine von uns gefunden worden.

39. Die Möglichkeit, daß es eine primäre reine Sdiweinesenche im Löffler-Schützschen Sinne gibt, soll nicht in Abrede gestellt werden. Die bisher als Mischinfektion bei Schweinepest bezeichnete, in Gestalt von Pneumonien auftretende Schweineseuche ist wohl ausnahmslos primär auf Schweinepest zurückzuführen."

« %

4:

Die Verff. bestätigen somit durch ihre Versuche die bereits vor ihnen von amerikanischen Forschem (de Scbweinitz, Dorset, Bolton undMcBryde sowie Clintock, Boxmeyer und Siffer), von Ostertag in Deutschland sowie von Hutyra in Ungarn festgestellte Tatsache, daß die Schweinepest nicht durch den Bacillus suip'estifer, sondern durch ein filtrierbares, ultravisibles Virus erzeugt wird.

Eingehende, interessante Untersuchungen haben die Verff. über die bei schweinepestkranken und gesunden Schweinen anzu- treffenden Bakterien angcBtellt. Bekanntlich hat ja das häufige Vor- kommen des B. suipestifer bei mit Schweinepest behafteten Tieren wesentlich die frühere Annahme verschuldet, daß dieser Mikroorganismus der Erreger der Krankheit sei. Er findet sich auch, wie zuerst von den Amerikanern, sowie Ostertag und Hutyra hervorgehoben worden ist, in vielen durch keimfreies Material künstlich erzeugten Schweinepestföllen. Diese auffällige Erscheinung, für die ein Analogen in der Pathologie fehlt, war schwer zu erklären. Ostertag hat m. W. zuerst darauf hin- gewiesen, daß es sich hier um eine elektive Symbiose zwischen dem filtrierbaren Schweinepestvirus und dem B. suipestifer handeln müsse. Wie Grabert und die Verif. vorliegender Arbeit gezeigt haben, trifft man den B. suipestifer auch im Darme gesunder Schweine. Uhlenhuth und seine Mitarbeiter haben zuerst das Verhältnis des Vorkommens des B. suipestifer bei gesunden und bei pestkranken Schweinen festgestellt : Dieser Bazillus findet sich bei gesunden Schweinen in 8,4%, bei pest- kranken Schweinen jedoch in 45,4^ q. Diese Zahlen weisen darauf hin, daß der B. suipestifer bei der Schweinepest eine „Anreicherung^ erfährt, während dies bei anderen Bakterien nicht der Fall ist. Dieses Verhalten des B. suipestifer kann nur durch eine elektive Symbiose zwischen dem filtrierbaren Virus und dem B. suipestifer erklärt werden. Die vor- erwähnte Oster tagsche Auffassung der Sachlage wird durch die Beftinde Uhlenhuths und seiner Mitarbeiter somit vollinhaltlich bestätigt. Wir wissen jetzt: Der 6. suipestifer ist ein nicht seltener Bewohner

297

des normalen Schweinedarmes, nnd er ist jedenfalls weit ver- breitet. Tritt eine Infektion mit dem Virus der Schweinepest ein, so vermehrt er sich und unterstützt die patho^ene Wirkung des filtrierbaren Virus. Da der B. suipestifer sich im Körper schweine- pestkranker Sehweine vermehrt, und wohl unzweifelhaft auch in ver- mehrtem Umfang von den kranken Tieren ausgeschieden wird, so hat er in mit Schweinepest verseuchten Beständen Gelegenheit, auch in den Körper der bisher noch nicht mit ihm behafteten Schweine, sobald sie mit dem tiltrierbaren Virus infiziert worden sind, einzudringen.

Die Untersuchungen der Verff. über die Natur des filtrierbaren Schweinepestvirus, seine Wirkung auf verschiedene Tiere, die Art der Infektion, seine Ausbreitung im Tierkörper, seine Ausscheidung aus demselben sowie seine Haltbarkeit innerhalb und außerhalb des Körpers und über die Verbreitungsweise der Schweinepest er weitem unsere Kenntnis des InfektionsstofFes in wünschenswerter Weise. Wichtig ist die Feststellung, daß das Virus auch per 08 infiziert, und daß es durch die Nieren mit dem Harn ausge- schieden wird.

Die mitgeteilten klinischen und pathologischen Befunde ent- halten nichts Neues.

Die von den Verff. angestellten Immunisierungsversuche bieten manches Wertvolle. Im wesentlichen machten die Verff. dieselben Fest- stellungen wie die Amerikaner Boxmeyer, Dorset, Mc Bryde und Niles. Zu praktisch brauchbaren Ergebnissen haben die Immunisierungs- versuche bis jetzt noch nicht geführt.

Von besonderem Interesse ist das Kapitel von den Beziehungen der Schweinepest zur Schweineseuche. Auf dieses Kapitel möchte ich deshalb etwas näher eingehen.

Zunächst wird darauf hingewiesen^ daß in mit Schweinepest ver- seuchten Beständen in der Regel auch Lungen Veränderungen beob- achtet werden. Femer betonen die Verff., daß die Verimpfung filtrierten Materials von Ferkeln mit anatomisch reiner Schweinepest (Darm- erkrankung) bei Versuchsschweinen neben Darmläsionen häufig auch Lungenveränderungen bedingt, nnd daß umgekehrt die Verimpfung fil- trierten Lungensaftes von zwei Ferkeln, die aus einem mit Schweine- pest verseuchten Bestände stammten, die aber selbst ausschließlich Lungenverändemngen (kmppöse mortifizierende Pneumonie) aufwiesen, bei einem Versuchsschwein lediglich für Schweinepest typische Ver- ändemngen im Darm, bei einem andern sowohl Darmläsionen als auch Lungenverändemngen (letztere ohne Anwesenheit des B. suisepticus) er- zeugte. Ferner stellte es sich bei den Versuchen im allgemeinen heraus, „daß die geimpften Ferkel die verschiedenen anatomischen Formen der

298

Schweinepest reine Darmläsionen, nor Longenverändernngen, Lnngen- nnd Darmverändernngen, septikämische Erscheinungen in gleicher Weise, ganz unabhängig davon aufwiesen, ob das Ausgangsmaterial ein Schwein lieferte mit der anatomisch reinen intestinalen Schweinepest oder nur mit Schweineseuche ähnlichen Lungenerkrankungen oder mit der sog. Misch- form (Lungen- und Darmerkrankungen) oder septikämischen Form, wenn es nur mit dem Pestvirus infiziert gewesen war.^ Die Lungenveränderungen, die bei den mit Schweinepest infizierten Ferkeln festgestellt wurden, waren sehr verschieden. „Es wurden akute katarrhalische und chronische Bronchitiden mit Atelektasen einzelner Lungenläppchen, katarrhalische Pneumonien bzw. Bronchopneumonien, zum Teil mit beginnenden indura- tiven Prozessen, akute fibrinöse mortifizierende Pneumonien mit und ohne Beteiligung der serösen Häute, des Perikards und der Pleura, sowie gangränöse Lungenentzündungen beobachtet.^ Besonders häufig sahen die VerfT. bei den mit filtriertem Material geimpften Versuchsschweinen die katarrhalisch-chronische Form der Pneumonie. Die Verff. schließen daraus, daß die Schweinepest sich in verschiedenen Formen äußern kann, zu denen auch Lungenaffektionen gehören. In allen Fällen suchten die Verff. in den veränderten Lungenteilen nach dem B. suisepticus; er konnte jedoch nur in einem Teil der Fälle nachgewiesen werden. Bei den katarrhalischen Pneumonien gelang dies nur in 15,2 %, bei den fibri- nösen Pneumonien in 61,1 % und bei den brandigen Pneumonien in 38,8% der Fälle. Aus all diesen Ergebnissen folgern die Verff., daß die bei schweinepestkranken Schweinen vorkommenden Lungen- erkrankungen nicht als Mischinfektion mit Schweineseuche aufgefaßt werden dürfen, sondern der Schweinepest zugehören. Ein Versuch mit spezifischem Schweinepestserum zeigte dementsprechend, daß die mit diesem Serum behandelten Schweine auch gegen die Misch- infektion mit dem B. suisepticus geschützt waren. Daß die reine Schweineseuche durch den B. suisepticus verursacht wird, wird von den Verff, nicht bestritten.

Angesichts der vorstehend kurz mitgeteilten Untersuchungsergebnisse muß erwogen werden, ob sich unsere bisherigen Anschauungen von der Mischinfektion mit Schweinepest und Schweineseuche aufrecht erhalten lassen.

Dabei fragt es sich zunächst, ob die Versuche der Verff. als ein- wandfrei anzusehen sind. Das ist nach den Angaben der VerfT. auf S. 68 (des Separatabdruckes) der Fall.i)

^) Freilich ist nicht angegeben, ob Kontrolltiere, d. h ungeimpfte Ferkel, aus dem gleichen Bestand und möglichst von demselben Wurf wie die eigentlichen Versuchstiere, zum Zwecke des Nachweises des Freiseins der letzteren von Schweineseuche in jedem Falle seziert wurden.

299

Ans den Ergebnissen der Uhlenhnthschen Untersuchungen, die mit den Resultaten anderer neuerer Forschungen auf dem Gebiete der Schweine- pest im allgemeinen nicht im Widerspruch stehen, scheint mir vor allem die Tatsache hervorzugehen; daß Schweinepestpneumonien häufiger vorkommen, als bisher angenommen worden ist. Dem Pestvirus muß eine ursächliche Beziehung zu den in Schweinepestbeständen auf- tretenden Lungenentzündungen zugeschrieben werden. Dies schließe ich weniger aus der Tatsache, daß bei den in Schweinepestbeständen nicht selten beobachteten Pneumonien das filtrierbare Virus in den veränderten Lungen nachweisbar ist^), als vielmehr daraus, daß sich durch Verimpf ung filtrierten Pestvirus Pneumonien sehr häufig erzeugen lassen. Das filtrierbare Virus der Schweinepest scheint Lungenentzündungen ohne Zutun anderer Mikroorganismen erzeugen zu können; in einem Teil der Fälle jedoch läßt sich ein in seinen Eigenschaften dem B. suisepticus entsprechender Mikro- organismus neben dem filtrierbaren Virus in den veränderten Lungen nach- weisen. Da solche dem B. suisepticus ähnelnden Bakterien häufig in den oberen Luftwegen gesunder Schweine gefunden werden, und da bei experimentellen Infektionen mit dem filtrierbaren Schweinepestvirus Pneu- monien mit ebendenselben Bakterien auftreten, so muß mit den Verff. gefolgert werden, daß hier Schweineseuche, also eine Mischinfektion von Schweineseuche und Schweinepest, auszuschließen ist, daß die in den „Pest- pneumonien'^ goldenen, dem B. suisepticus ähnelnden Bakterien vielmehr Sputumbakterien sind, die in das durch das filtrierbare Virus primär geschädigte Lungengewebe eindrangen und eine Sekundärinfektion ver- anlaßten. Auf Grund dieser Erkenntnis würden wir fortan Schweine- pestfälle, die mit Pneumonie einhergehen, und bei denen dem

^) Uhlcnhuth und seine Mitarbeiter scheinen dagegen gerade diesem Umstand eine besondere Wichtigkeit beizumessen (vgl. S. 68 des Sonderab- druckes). Zu Unrecht! Daß die Verimpfung filtrierten Lungensaftes von schweinepestkranken Tieren, die gleichzeitig eine Pneumonie (mit oder ohne Anwesenheit des B. suisepticus) aufweisen, wieder Schweinepest erzeugt, und daß man ebenso imstande ist, mit filtriertem Lungensaft ausschließlich mit Lungen Veränderungen behafteter Schweine aus einem mit Schweine- pest verseuchten Bestände Schweinepest experimentell hervorzurufen, kann nicht überraschen. Denn die Schweinepest ist eine Septikämie, und das filtrierbare Virus findet sich im Blute. Da auch die Lungen Blut enthalten, so erzeugt die Verimpfung filtrierten Lungensaftes von Schweinen, die das Schweinepestvirus in ihrem Körper beherbergen, selbstverständlich wieder Schweinepest, gleichgültig ob die Lungen normal oder verändert erscheinen, und gleichgtlltig ob sich Bakterien gewöhnlicher Art in ihnen finden oder nicht. Auch filtriertes Material von Schweinen, die z. B. mit dem sog. Schrot- ausschlag behaftet sind, würde, wenn die Tiere gleichzeitig das Schweine- pestvirus in sich tragen, Schweinepest hervorrufen, und man würde doch daraus nicht schließen wollen, daß das Schweinepestvirus die Ursache des Schrotausschlages ist.

300

B. snisepticns entsprechende Bakterien im veränderten Langen- gewebe gefunden werden, nicht mehr, wie es bisher geschah, kurzer- hand als Mischinfektionen von Schweinepest und Schweine- seuche erklären können. Die Verff. tun nun noch einen Schritt weiter und sagen: „Die bisher als Mischinfektion bei Schweinepest bezeichnete, in Gestalt von Pneumonien auftretende Schweineseuche ist wohl ausnahmslos primär auf Schweinepest zurückzuführen '^ Das soll doch wohl heißen: Eine solche Mischinfektion kommt überhaupt nicht vor. Das ist zu weit gegangen. Meines Erachtens muß der Begriff der genannten Mischinfektion auf Grund der vorliegenden Forschungsergebnisse eine Einschränkung erfahren, aber als möglich und auch als tatsächlich vorkommend muß die Mischinfektion von Schweinepest und Schweinesenche nach wie vor an- gesehen werden. Ich bin hiervon besonders deshalb überzeugt, weil die reine Schweineseuche (ohne Schweinepest) in Deutschland sehr stark ver- breitet ist, während die Schweinepest nur in bestimmten Bezirken vor- kommt. Unter diesen Umständen kann es sich ereignen, daß neben der Schweinepest auch die Schweineseuche in einen Bestand eingeschleppt wird.

Diese Erörterungen sind aufs engste verknüpft mit der Frage nach dem Verhältnis der dem B. suisepticus in ihren morphologischen und biologischen Eigenschaften entsprechenden Sputum hakt er ien zu dem eigentlichen Schweineseucheerreger, dem B. suisepticus. Uhlenhuth und seine Mitarbeiter nehmen auf Grund der Tatsache, daß es ihnen nicht gelang, zwischen den aus gesunden Schweinen heraus- gezüchteten Sputumbakterien und den aus „den veränderten Lungenteilen kranker Tiere'^ gewonnenen Bakterien morphologische, kulturelle und Virulenzunterschiede festzustellen, an, daß die Sputumbakterien mit dem Erreger der Schweineseuche identisch sind. Das ist meines Erachtens noch nicht erwiesen. Soweit sich aus der vorliegenden Arbeit ersehen läßt, verglichen die Verff. mit den Sputumbakterien nicht den B. suisepticus aus reinen Schweineseuchef allen, sondern die aus den veränderten Lungen der zugleich schweinepestkranken Schweine gewonnenen Stämme. Letztere waren aber doch nach dem Vorhergehenden selbst weiter nichts als in die Lunge eingedrungene Sputumbakterien. Ferner ist, ebensowenig wie bisher von anderen Forschem, auch von den VerfE. nicht festgestellt worden, ob sich der Schweineseucheerreger und die Sputumbakterien nicht doch durch spezifische biologische Eeaktionen unterscheiden lassen. Solange derartige Untersuchungen nicht vorliegen, kann (darauf habe ich in meiner Schweine- seuche-Schweinepest-Monographie schon hingewiesen) die Identität der Sputumbakterien und des echten B. suisepticus nicht als er- wiesen gelten.

Die ätiologische Bedeutung des B. suisepticus für die reine Schweineseuche wird von den Verff. nicht bestritten.

301

Sie läßt sich auch nicht bestreiten; denn man kann mit Reinkulturen des B. snisepticus, wie besonders Ostertag gezeigt hat, alle Formen der Schweinesenche experimentell erzeugen, und femer ist nach Ostertag bei der reinen Schweineseuche ein filtrierbai*es Virus nicht nachweisbar. Daß es eine reine Schweineseuche (ohne Schweinepest) gibt, lehrt die Epidemio- logie in Deutschland. Die Schweineseuche ist hier, wie oben bereits bemerkt, sehr stark verbreitet, und ihr Ansteckungsstoff besitzt deshalb eine weit größere Bedeutung als derjenige der Schweinepest, die mehr auf einzelne Gebiete beschränkt auftritt.

Mit den vorstehenden Feststellungen entfällt die Uöglich- keit, aus der vorliegenden Arbeit etwa herauslesen zu können, die ätiologische Bedeutung des B. suisepticns für die Schweine- seuche hätte durch sie einen Stoß erlitten. Lediglich bezüglich der bisher als Mischinfektion von Schweineseuche und Schweinepest auf- gefaßten Pneumonien bei Schweinepest haben wir auf Grund vorliegender Arbeit unsere Anschauung dahin zu modifizieren, daß sie sehr häufig als durch das Schweinepestvirus, vielfach unter Mitwirkung der dem B. suisepticns ähnlichen Sputumbakterien, und nicht als durch den Schweine- seucheerreger erzeugt anzusehen sind.^)

Infektionskrankheiten.

Vallte und Ligniires» Die Verwendbarkeit der Kuti- und Ophthal- moreaktion zur Diagnostik der Tuberkulose der Binder. (Zusammeugestellt ans den Veröffentlichnngen im 84. Bande des Recucil de medecine veterinaire 1907.) Sofort nach den Mitteilungen v. Pirquets und Wolff-Eisners prüften die Verff. die angegebenen Methoden an tuberkulösen Rindern.

Sie kamen zu folgenden Ergebnissen: Bringt man Tuberkulin auf die Oberfläche der intakten Haut tuberkulöser Binder, so entsteht keine Reaktion. Es zeigt sich aber eine konstante Reaktion, wenn auf der frisch rasierten Hautoberfläche ohne jede Skariflkation abgetötete Tuberkel- bazillen oder namentlich 4 6 Tropfen unverdünnten Tuberkulins 1/2 Minute lang verrieben werden. Die Hautstelle rötet sich in der Regel nach

^) Die Erkenntnis, daß die suisepticusähnlichen Sputumbakterien bei schweinepestkranken Schweinen eine Sekundärinfektion veranlassen können, kann niemand überraschen, der mit den hier in Frage stehenden Seuchen und ihrer Literatur vertraut ist. Schon Karlinski hat diesen Gedanken gehabt, und ich habe in meiner Schweineseuche-Schweinepest-Monographie ausgesprochen: „Die Möglichkeit der Entstehung einer Soknndärinfektion beim Bestehen der Schweinepest durch die Spiitumbakterien ist zuzugeben'S

S02

etwa 24 Stunden, wird heiß, druckempfindlich und mehr oder weniger ödematös, mitunter tritt Verhärtung auf, so daß es zur Bildung von Plaques kommt. Diese Veränderungen können einige Tage bestehen und verschwinden dann.

Am häufigsten erscheinen 20—30 Stunden nach dem Auftreten der entzündlichen Infiltration in wechselnder Zahl weiße, punktförmige, zu- weilen konfluierende Bläschen, die mit aus polynukleären Leukozyten sich zusammensetzendem, tuberkelbazillenfreiem Eiter gefüllt sind. Sie platzen, ihr Inhalt trocknet zu einem krustösen Belag ein. Die ent- zfindlichen Erscheinungen weichen meistens langsam, mitunter aber auch ziemlich schnell. Verhärtungen (Plaques) halten mehrere Tage an. Zur Lösung und Abstoßung der Krusten sind einige Wochen erforderlich.

Ligni^res unterscheidet zwischen der Eutireaktion (ohne Skari- fikation) und der Dermoreaktion (mit Skarifikation).

Stellen, an denen die Haut gespannt ist, eignen sich zur Ausführung der genannten diagnostischen Methoden nicht.

Niemals zeigt sich eine aUgemeine Reaktion, niemals Steigerung der Körperwärme. Tuberkulosefreie Rinder lassen die Veränderungen an den vorbehandelten Hautstellen vermissen, während solche bei tuberkulösen Rindern auch nach wiederholter Anwendung der Methode immer wieder auftreten; eine vorausgehende oder gleichzeitige subkutane Injektion von Tuberkulin ist auf das Ergebnis ohne Einfluß, auch beeinträchtigen Kuti-, Dermo- und Ophthalmoreaktion bei gleichzeitiger Applikation einander nicht. Lignieres hält den Beweis für die diagnostische Nützlichkeit jeder einzelnen der drei Methoden für erbracht, verspricht sich aber den größten Nutzen von der simultanen Anwendung aller drei Methoden.

Bei der Ophthalmoreaktion wird ein Tropfen des unverdünnten Tuberkulins von möglichst hohem Titer (ohne Glyzerinzusatz) auf die Mitte des oberen Augenlides (nicht in den inneren Augenwinkel) geflößt, das Auge wird sofort geschlossen, und der Tropfen durch leichte Massage verteilt. Nach 2 3 Stunden zeigen sich bei tuberkulösen Rindern Tränen- fluß, Hyperämie der Konjunktiva und namentlich kleine weiße Bläschen. Dauer der Reaktion gegen zwölf Stunden, bisweilen länger.

Calmette empfiehlt zu den Versuchen eine wässerige, sterile und sorgfältig titrierte Lösung seines mit Alkohol ausgefällten Tuberkulins.

Die äußerst günstigen Ergebnisse der Verft. bezüglich des dia- gnostischen Wertes für die Tuberkulose der Rinder konnten durch die Versuche von Arloing nicht bestätigt werden. Ebenso hatte Vander- heyden (Annales de medecine vet. 1907, Nr. 11) nur negative Resultate; demnach ist der diagnostische Wert obiger Methoden bei der Tuberkulose der Rinder noch sehr fraglich. Taxe (Berlin),

303

Parasiten und parasitäre Kranlctieiten.

Theiler, A., Transmission of eqnine Piroplasmosis by Ticks in

Sonth Africa.

(The Jonrn. of. comp. Patholo^ and Therap., Yol. 19, 1906, S. 283^292.

Drei verschiedene Arten von Zecken mußten als Überträger der Pf erde- piroplasmose (Biliary fever) in Betracht gezogen werden:

^ 1. Rhipicephalns decoloratns Koch = die gewöhnliche blaue Zecke.

2. Bhipicephalus evertsi Neumann » die Rotbeinzecke.

3. Hyalomma aegyptium Koch.

Aus den angeführten Infektionsversuchen geht hervor, daß nur Bhipicephalus evertsi für die Übertragung in Betracht kommt.

TUxe (Berlin^,

Ransom, B. H.» Some unusual host relations of the texas

fever tick.

(Unit. 8tat. Departm. of Agricnlt, Bar. of Anim. Indust, Circ. No. 98, 1906, - 8 Ss.) . R.S Untersuchungen vermögen vielleicht manchen bisher unver« standenen FaU des Auftretens von Texasfieber zu erklären. Das wesent- lichste aus seiner Mitteilung ist; daß die Entwicklung der Zecken keine Störung erleidet, wenn sie nach der ersten oder zweiten Häutung von ihren Wirten entfernt und auf andere Rinder übertragen werden. Sie können sogar, wenn man sie nach der zweiten Häutung entfernt, auf eine Zeit von zwei Wochen und mehr frei leben. Nach R.s Beobachtungen vermag der gehäutete Boophilus annulatus im Nymphenzustande nach Ab- lauf dieser Zeit auf Menschen und Kaninchen überzugehen und Blut zu saugen. Neu ist, daß die Larven von B. annulatus nicht allein auf Rin- der, Pferde, Maulesel und Esel, sondern auch auf Katzen übergehen.

Pfeiler (Berlin),

Koch, R.9 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Piro- plasmen. (Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh., Bd. 54, 1906, 8. 1—9.)

Zur Zeit der Eireife saugen die an den Tieren haftenden weiblichen Zecken eine große Menge Blut und nehmen dadurch Kugelgestalt an. Im Magen dieser Zecken konnten nur die Entwicklungsstadien der Piroplasmen verfolgt werden.

I. Parasiten des Texasfiebers. Die Piroplasmen verlassen im Magen der Zecken nach 12 20 Stunden die roten Blutkörper, bilden kleine Haufen und senden einseitig mehrere spießartige Fortsätze aus. Der Parasitenleib wird keulenartig, am dicken Ende liegt ein großer, in einiger Entfernung ein kleiner Chromatinkem. Der Körper wird kom- pakter, die Fortsätze, die nicht den Geißeln entsprechen, nehmen ab, und

- 304

die Gestalt wird schließlich kugelig. Am dritten Tage wird das Chro- matin wandständig. Am dritten Tage sind plötzlich große Haufen un- regelmäßiger Parasiten mit großem Kern vorhanden. Die Einzelgebilde lösen sich und werden wieder keulenförmig. In dieser Grestalt werden die Parasiten in den Eiern der Zecken zwischen den Zellen angetroffen. Ob die Parasiten am ersten Tage eine Kopulation eingehen und schließlich bestimmte Organe des Zeckenembryos bevorzugen^ konnte nicht ermittelt werden.

n. Parasiten des Eüstenfiebers. Hierbei nimmt die Entwick- lung einen sehr ähnlichen Verlauf, der jedoch nur bis zur Eugelbildung genau verfolgt werden konnte. Die Parasiten sind kleiner.

Bugge (KitU.

Kleine, F. K«, Kultivierungsversuch der Hundepiroplasmen. (Zeitschr. f. Hygiene n. Infektionskrankb., Bd. 54, 1906, S. 10—15.) Auf Grund von Kochs Feststellung der Entwicklung der Texas- und Küstenfiberparasiten prüfte K. die Kultivierung der Hundepiroplasmen auf künstlichen Nährmedien. Als beste Kulturflüssigkeit erwies sich unver- ändertes oder verdünntes Blut. Infizierte junge Hunde wurden kurz vor dem Tode entblutet, das Blut defibriniert, mit gleichen Mengen Kochsalz- lösung verdünnt und bei 20— 27^ C aufbewahrt. Nach 18 Stunden sind zwischen den abgesetzten Blutkörperchen keulenförmige Gebilde, wie sie von Koch beschrieben sind, mit zahlreichen, vom stumpfen Ende abgehenden spießartigen Strahlen vorhanden. Am zweiten Tage sind die Gebilde größer, verlieren ihre Fortsätze und scheinen nunmehr der Degeneration anheim zu fallen. Die Gebilde zeigen ganz geringe amöboide Bewegung. Eine Vermehrung der Piroplasmen konnte nicht beobachtet werden.

Bugge (KieJ).

Miyajima; M., u. Shibayama, G., Über das in Japan beobachtete Einderpiroplasma.

(Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionekrankh., Bd. 54, 1904, S. 188—200.) Im Blute gesunder japanischer Binder wurden Piroplasmen be- obachtet, die, wie schon Autoren für andere Piroplasmen ermittelt haben, auf eingeführte gesunde Binder durch Blnteinspritzuugen direkt nicht übertragen werden konnten, desgleichen nicht auf Affen, Hunde, Ziegen, Kaninchen, Meerschweinchen, Batten und Mäuse; durch Texasfieberzecken konnte nur leichtes Fieber ausgelöst werden. Bugge (Kielt.

Angeloff, Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Pferde- lungen und ihre Beziehung zu der Botzkrankheit. (Archiv f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilkunde, Bd. 34, 1907. Verf. hat auf Anregung von Schütz die für die Veterinärpolizei

wichtige Frage nach der Natur dieser Knötchen erneut aufgenommen und

- 305

ist auf Grund eingehender histologischer Untersachnngen za Ergebnissen gekommen, die sich mit der bisher von Schütz vertretenen Anschauung Tollkommen decken.

A. untersuchte 86 Pferde, von diesen fand er 15 mit den in Frage stehenden Knötchen behaftet = 17,3 %. In der Roßschlächterei unter- suchte er femer 50 Pferdelungen und fand in 4 Fällen Knötchen.

Aus seinen Befunden zieht Verf. folgende Schlußfolgerungen:

1. In den Pferdelungen kommen graue durchscheinende, fibröse, kalkige und Rotzknötchen vor.

2. Die grauen durchscheinenden Knötchen sind nicht rotziger Natur In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle sind es parasitäre Knötchen, in denen die Larve eines Nematoden (wahrscheinlich des Sclerostomum bi- dentatum) nachzuweisen ist. Selten sind es solitäre Lymphknötchen.

3. Die Knötchen, die lebende oder abgestorbene und degenerierte Parasiten enthalten, sind durch die Anwesenheit von eosinophilen Leuko- zyten ausgezeichnet. Hierdurch sind sie mit Leichtigkeit von anderen Knötchen, hauptsächlich von Rotzknötchen zu unterscheiden, in denen keine eosinophilen Zellen nachzuweisen sind.

4. Die fibrösen Knötchen können aus den grauen durchscheinenden Knötchen hervorgehen. Femer können sie das Produkt einer Bronchitis chronica catarrhalis oder proliferans oder dasjenige der Embolie der Blut- gefäße sein.

5. Die kalkigen Knötchen entstehen durch Ablagemng von Kalk- salzen in den grauen durchscheinenden oder fibrösen Knötchen.

6. Die Rotzknötchen sind spezifische Produkte der Rotzkrankheit und als kleine Hepatisationsknötchen zu betrachten, die sich von den vorigen dadurch unterscheiden, daß die Zellen, welche die Knötchen zu- sammensetzen, infolge der Einwirkung der Toxine der Rotzbazillen einen Kemzerfall zeigen, und daß die Zerfallsmasse der Knötchen ihre Färb- barkeit behält.

7. Die Rotzknötchen sind von den anderen in den Pferdelungen vor- kommenden Knötchen auch dadurch zu unterscheiden, daß sie keine eos- inophilen Leukozyten aufweisen und nicht verkalken. Titxe (Berlin).

Adie, J. Rm Note on a leucocytozoon found in mus rattus in the Punjaub. (The Journ. of tropica] Med., Vol. 9, 1906.)

Verf. beschreibt einen Blutparasiten (leucocytozoon ratti), gefunden in moDonukleären Blutzellen und Übergangsformen bei der Hausratte in Indien. Kaesttur (Bcrlütl,

Zeitschrift tWr Infektionskrankheiten. IV. 3/4. 20

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Vassaly J. J.» Trypanosomiase des chevaux de TAnnam. (Ann. de llnstitut Pasteur, Bd. 20, 1906, S. 256.)

In Indochina kommt endemisch eine durch Trypanosomen hervor- gerufene, in 1 2 Monaten stets tödlich verlaufende, der Surra sehr Ähn- liche Pferdekrankheit vor. Hauptsjmptome: Anämie, Ahmagemng, Fiekei^ Schwäche und Lähmung der hinteren Extremitäten, Ödeme der Haat, Ergüsse in Pleura, Perikard, Peritoneum, terminale Dy^Mioe, Hilztumor und rote Färbung des Knochenmarkes. Virulenz des Erregers für zahl- reiche Versuchstiere (z. B. die üblichen Laboratoriumstiere, Hirsche, Katzen, Hunde, Affen, Dachse). Wichtig (wohl auch für die Epidemiologie} ist, daß Rinder, ohne Krankheitssymptome zu zeigen, das Trypanosoma beherbergen können. Der natürliche Überträger der Krankheit wurde nicht gefunden; die Kultur des Erregers gelang nicht.

E. Jacobsthal (Frankfurt a. Mj,

Laveran, A^ et Mesnil, F., R^cherches exp^rimentales sur la

trypanosomiase des chevaux de TAnnam. (Ann. de Tlnstit. Pastenr, Bd. 20, 1906, S. 296.)

Fortsetzung der Versuche Vassals.^) Untersuchungen über die Morphologie des Trypanosomas. Die Frage, ob die Infektion mit der echten Snrrakrankheit identisch sei, wurde dadurch geprüft, daß Tiere, die die Surrainfektion überstanden hatten, mit dem Virus ans Annam ge- impft wurden. Die Versuche fielen nicht einheitlich aus. Aus diesen und den morphologischen Untersuchungen schließen die Verff. auf eine nahe Verwandtschaft, aber nicht völlige Identität beider Erkrankungen.

K Jacobsthal (Frankfurt a. A/.y,

Mason, E., Filariae in the Blood of Cameis in Egypt.

(Joiirn. of comp. Pathology and Therap., Vol. 19, 1906, S. 118—120.)

Befunde von Filarien im Blut, die vielleicht die Larven der in den Hoden bei Kamelen gefundenen Würmer (Ähnlichkeit mit Filaria pa- pulosa) sind. Orabert (Berlin).

Schlegel, Die Sklerostomenseuche (Sklerostomiasis) des Pferdes.

(Berl. tierärztl. Wochenschr., 1907, 8. 49 u. 67.)

Verf. bearbeitete eine Fohlenseuche, die in den Jahren 1899 1905 in einem wertvollen Bestände herrschte und stets mehrere Wochen nach Beginn des Weidebetriebes ausbrach. Als Ursache ermittelte er das Sclerostomum bidentatum und besonders das Sclerostomum edentatum. Im ganzen verendeten von 298 Fohlen 24, darunter 14 notorisch an Sklerosto- miasis, 10 an anderweitigen Krankheiten.

Nach nicht erschöpfender Schilderung der Literatur gibt der Verf. eine Beschreibung der zoologischen Merkmale der von Loos und Sticker

') Vgl. vorhergehendes Referat.

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nnterschiedenen drei Pferdesklerostomen, die dnrch eig^ene nene Fest- stellungen nicht erweitert wird. Sodann beschreibt Verf. eingehender die klinischen und anatomischen Erscheinungen bei den Tieren. Da nur zwei Füllen obduziert wurden, sind in erster Linie die Darlegungen über die klinischen Symptome beachtenswert. Die Krankheit kann akut und chronisch verlaufen«

Bei akutem Verlauf werden die Pferde unvermittelt von einer hoch fieberhaften Krankheit befallen. Schon nach einem halben bis einem Tage mißt man Temperaturen von 40,0—41,9^ C. Die Herztätigkeit ist durch große Benschwäche beeinträchtigt, der Herzschlag pochend Puls erregt, draht- llteM% und 75- bis über 100 mal in der Minute zu fühlen. Atmung frequent, angestraigt» 40 bis über 75 Atemzüge in der Minute. Futteraufnahme unter- drückt. SekMnhäute blaß, anämisch oder gelblich bis braunrot Große Ab- geschlagenbett md Teilnahmlosigkeit. Eingenommenheit des Sensoriums. Die Pferde magern x«|»id ab. Leichte KolikaniUlle. Darmgeräusche vermindert oder später unterdrüekt» bisweilen laut kollernd. Ausgeprägt ist die Kolik indessen niemals. Ausgang durchweg tödlich in einem bis wenigen Tagen.

Bei chronischem Verlauf inftem die Pferde wochenlang ein weniger lebhaftes Benehmen als gesunde» magern dabei ab und besitzen anämische oder ikterische Schleimhäute. Die Kiankheit kann in die akute Form über- gehen und tödlich enden, indem die Pferde infolge hochgradiger Schwäche umfallen, wobei die fieberhaften Temperaturen zurückgehen, und unter Er- scheinungen allgemeiner Anämie und Kachexie, von Atemnot und Herzschwäche tritt der Tod ein. Andere Pferde erleiden nur Naobteil in ihrer Leistungs- fähigkeit und in ihrem Ernährungszustand, werden indessen nicht schwer krank.

Das eine Füllen, im Alter von IV4 Jahren, wies bei der Obduktion ausgedehnte Thrombosierungen in der vorderen Gekröswurzelarterie und Embolie der beiden Grimmdarmarterien, bedingt durch Scler. bident. aneurysmat, auf, ferner zeigten sich hämorrhagische Infarzierung des Grimmdarmes, zystoide Knoten unter der Mukosa des Dickdarmes infolge der Einwirkung von Sclerostomum bidentatum cysticum, hämorrhagische Peritonitis, bedingt durch Larven des Sclerostomum edentatnm.

Bei dem zweiten Füllen, das ebenso 17« Jahr alt war, zeigten sich aus- gebreitete Thrombosierungen in zahlreichen Arterien beider Gekröswurzeln, hervorgerufen durch Sclerostomum bidentatum aneurysm., zystoide Knoten in der Dickdarmschleimhaut (Sclerostomum bidentatum cyst), hämorrhagische Peritonitis (Scler edent).

Aus der Beschreibung des Bauchhöhleninhaltes geht nicht sicher hervor, ob eine starke exsudative tödliche Peritonitis vorlag oder einfache Blutungen in das subperitoneale Fettgewebe und den Peritonealsack, teils vermischt mit kadaveröser Flüssigkeit. Jedenfalls wird die Annahme des Verf., daß besonders Sclerostomum edentatnm die Ursache der Füllen- krankheit gewesen sei, durch die Obduktionsbefunde nicht begründet; denn die ausgedehnten Embolien, veranlaßt durch Sclerostomum bidentatum,

20*

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sind zweifellos als nächste Todesursache anzusprechen. Auch aus dem klinischen Befund, aus den fast durchweg nur wenige Tage dauernden fieber- haften Erkrankungen, wobei die Merkmale einer Peritonitis nicht in der Weise geschildert werden, daß man dieselben als hervorstechend im Erajikheitsbilde bezeichnen könnte, läßt sich nicht auf Sclerostomum edentatum schließen. Richtig ist zwar, daß Sclerostomum edentatum bei den Füllen zugegen gewesen sein muß; denn sein Aufenthalt im snbperi- tonealen Fettgewebe in Blutlachen ist deutlich genug geschildert, indessen könnten höchstens die Fälle von Anämie und Kachexie von längerer Daner auf Sclerostomum edentatum zurückzuführen sein. Daß dieser Parasit der- artig häufig hämorrhagische akute Peritonitiden erzeugt, wie der Verf. es anzunehmen scheint, halte ich für ausgeschlossen und durch die Arbeit für nicht erwiesen. Ich habe mich in meiner Arbeit über die Pallisadenwurm- krankheiten in dieser Zeitschrift i) darüber genügend ausgesprochen. Die Arbeit Sch.s ist zwar ein weiterer Beweis, daß Sclerostomum edentatum unter dem Bauchfell bei Füllen oft angetroffen werden kann und dort beträchtliche Verletzungen erzeugt, aber nicht dafür, daß die beschriebene Krankheit in Baden in erster Linie durch diesen Schmarotzer erzeugt wurde. Die Befunde an den Schlachtfüllen ermöglichen viel besser, die pathogene Tätigkeit beider Parasiten abzugrenzen als die klinische, durch nicht genügend zahlreiche Obduktionen kontrollierte Betrachtung.

Die Vorschläge zur Bekämpfung der Sklerostomiasis endlich, die Seh. macht, sind nicht neu.

Im Anschluß an das vorstehende Keferat möchte ich kurz erwähnen, daß ich neuerdings das Sclerostomum edentatum auch bei einem Zebrafüllen angetroffen habe. Das betreffende Füllen war im hiesigen Zoologischen Garten im Herbst geboren worden und starb im Alter von 5 Monaten.

Klinisch bekundete es außer Abmagerung Symptome einer schleichend verlaufenden Lungenentzündung. Der Tod erfolgte durch Erschöpfung. Die Sektion ergab eine katarrhalische Pneumonie der Vorderlappen der Longe, eine eitrig-katarrhalische Bronchitis, wobei Drusestreptokokken ich dachte bei der klinischen Behandlung an Druse fehlten, und die Anwesenheit zahl- reicher Parasiten. Zunächst zeigte sieh der Zwölffingerdarm von so zahlreichen Spulwürmern (Ascaris megalocephala) besetzt, daß er vollgepfropft mit Würmern war, ferner besaß das jugendliche Tier bereits ein halbhühnereigrofies Aneurysma der vorderen Gekrösarterie mit etwa 15 Larven von Sclerostomum bidentatnm. Unter dem Bauchfell im retroperitonealen Fettgewebe in Blutlachen befanden sich 7 Exemplare von Sclerostomum edentatum, ebenso wie ich es für die Pferdefüllen beschrieben habe. Besonders bemerkenswert war, daß diese Sklerostomen geschlängelt verlaufende Gänge am Bauchfell hinterlassen

1) Bd. I, S. 341.

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hatten, die einen grünlichen, käsigen Strang darstellten und ohne Zweifel Spuren aktiver Wanderung bildeten.

Die Angabe Sch.s, daß Sclerostomum edentatum yorwiegend in der Nähe der Blutgefäße aufzufinden sei, habe ich weder bei den Pferdefüllen, noch bei dem Zebrafüllen bestätigen können. Bei letzterem waren geschlechts- reif e Darmsklerostomen, sowohl Sclerostomum bidentatum als auch Sclero- stomum edentatum, nicht vorhanden, trotzdem ich die Dickdarm- schleimhaut daraufhin genauer inspizierte, ein Beweis, daß die Entwicklung der Sklerostomen im Pferdekörper mit dem Larvenstadium einsetzt, in der Art, daß die Brut, ohne im Darm lange zu verweilen, sich sofort in dem Körper verbreitet.

Daß bei dem Zebra das Sclerostomum edentatum krankheitserregend gewirkt hat, kann bei der geringen Zahl der Exemplare als ausgeschlossen gelten. Olage (Hamburg).

Salto, S., Beitrag zur Kenntnis der geographischen Verbreitung des Distomum hepaticum. (Zentralbl. f. Bakt. nsw., I. Abt., Orig., Bd. 41, 1906, S. 822.)

Verf. fand in Okayama, dem bedeutendsten Zuchtplatz Japans für Binder, von wo aus diese auch in andere Provinzen verschickt werden, mindestens 16^3 Proz. der Rinder (bei nur 36 Gesamtuntersuchungen) mit 1 10 Parasiten behaftet. Die Tiere erschienen vorher gesund. Bisher war über das Vorkommen des Distomum hepaticum in Japan nichts be- kannt. E, JacobstkcU (Frankfurt a. MJ.

Jordan, K.» u. Rothschild, N. Gh., A revision of the Sarcopsyllidae a family of Siphonaptera.

(The Thompson Yates and Johnston Laboratories Report, Vol. YII (New Series), Part 1, 1906, p. 15-74.)

Kevision der Sarkopsylliden, einer Familie aus der Ordnung der Aphanipteren. J. und E. stellen die Genera Echidnophaga, Hectopsylla und Dermatophilus auf und beschreiben fünf neue Echidnophaga- und zwei neue. Hectopsyllaspezies. Pfeiler {Berlin).

Katsurada u. Salto, Über eine Distomaart im Pankreas der Rinder. (Zieglers Beiträge zur pathol. Anatomie, Bd. 39, 1906, S. 501—506.)

Das von den Verff als „Distomum pancreaticum" bezeichnete Tier ist mit dem Distomum lanceolatum morphologisch verwandt; im Original werden die Unterscheidungsmerkmale des Parasiten genauer angegeben. Er fand sich nur im Ausführungsgang des Pankreas, und zwar bei 10 von 40 untersuchten Tieren; die Zahl schwankte von 10 137 in einem Pankreas. Die Wirkung des Parasiten zeigt sich öfter in einer Er-

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Dährnngsstörnng, immer in Erweiterung, Verdickung und Grannlierung der Innenfläche des Pankreasausführungsganges, in schweren Fällen in einer „bandförmigen Wucherung" des Ganges. Auch Veränderungen der Pankreasdrüsenzellen wurden geladen, in einem Falle auch ein Pankreas- steiU; von dem es aber nicht sicher ist, ob er durch die Distomenerkrankung hervorgerufen wurde. E. Jacobsthal (Frankfurt a. M,J.

Villemoes, N., Ausrottung der Binderbiesfliege unter Mitwirkung der Meiereigenossenschaften. (Zeitschr. f. Fleisch- und Müchhygiene, 15. Jahrg., 1906, S. 226-228.)

Seit 1900 wird in der Handelsmeierei zu Skaerum in Dänemark zur Ausrottung der Binderbiesfliege folgendes Verfahren angewandt:

Die Rindviehbestände der Meierei werden im Laufe jedes Sommers 4 6mal auf das Vorhandensein von Biesfliegenlarven untersucht, das erstemal 14 Tage vor dem Austrieb, dann in Intervallen von 2 3 Wochen, solange sich Larven zeigen. Die reifen Larven werden mit Stahlfeder- klemmen aus der Haut herausgeholt und vernichtet. Seit Befolgung dieses Verfahrens seien die Biesfliegen fast verschwunden, wodurch eine Steige- rung der Milchergiebigkeit erzielt und die Wertverminderung der Häute eingeschränkt werde. Schüller fSteititi}.

Immunität Schutzimpfung.

Bertarelll, E«, Über den Durchgang der hämolytischen Ambo-

zeptoren und der 'Präzipitine in die Milch der aktiv

immunisierten Tiere.

(Zentralbl. f. Bakt. usw., I. Abt., Orig., Bd. 41, 1906, Heft 7, S. 767.)

Verf. führte an gegen Hühnerblut immunisierten Schafen den Nach- weis des Übergangs der hämolytischen Ambozeptoren und Präzipitine in die Milch. Diese Antikörper gehen aber was nach des Verf. Meinung für die Frage der passiven Immunisation der Säuglinge durch die Milch aktiv immunisierter Tiere wichtig ist nur in geringer Menge in die Milch über. Der Nachweis im Körper der saugenden Tiere gelang nicht sicher. ' E. Jaeobsthal {Frankfurt a. Af.J,

Hamburger, F., Über Antitoxin und Eiweiß.

(Münch. med. WochenBchr., 54. Jahrg., 1907, S. 254—257.) Verf. prüfte die Versuche von Römer und Much^) in der Haupt- sache an Kaninchen nach. Die Ergebnisse waren folgende: „Die Milch

0 Vgl. das Referat, Bd. I, S. 501.

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von Ziegen und Kaninchen, denen Pferdesermn snbkatan injiziert wird, enthält Antitoxin and Pferdeeiweiß. Dabei ist das Antitoxin noch immer an das Pferdeeiweiß gebunden. Das in der Milch solcher Kaninchen ent- haltene Pferdeantitoxin wird in einzelnen Fällen von den Nengeborenen entweder gar nicht oder nur zum geringsten Teil resorbiert, in welch letzterem Falle das Antitoxin noch immer als an Pferdeeiweiß gebunden nachgewiesen werden konnte.'^ J.

Rosenau, M. J», u. Anderson, J. F., A new toxic action of horse serum. (The Journ. of infectious Diseases, Vol. 15, 1906, 8. 179—208.)

Nach Injektion mit von Pferden gewonnenem Diphtherieserum sind bei Menschen schwere Krankheitserscheinungen beobachtet worden. Pirquet und Schick haben diese „Serumkrankheit^^ genauer erforscht. Verff. haben als deren Ursache ein im normalen Pferdeserum enthaltenes spe- zifisches Toxin gefunden. Sie fanden, daß Pferdeserum für Meer- schweinchen, die hiermit bereits vorbehandelt waren, toxisch wirkt. Die Inkubation beträgt ca. 10 Tage. Die toxische Wirkung stellt sich sowohl bei subkutaner, wie intraperitonealer Einverleibung ein. Die erstmalige Injektion von Pferdeserum macht Meerschweinchen „suszeptibel". Die Giftwirkung äußert sich auf das respiratorische Zentrum. Das Toxin ist spezifisch und hat die Eigenschaft eines Fermentes Kleinere Mengen haben stärker ausgesprochene toxische Wirkung wie große, wahrscheinlich, weil letztere gleichzeitig immunisierende Wirkung entfalten.

Verff. kntipfen an das Ergebnis ihrer Versuche weitergehende Schluß- folgerungen. Sie nehmen an, daß sich z. B. die Idiosynkrasie gewissen Stoffen gegenüber durch eine erworbene „Uberempfindlichkeit'^ erklären läßt.

Mit Rücksicht darauf, daß sich die dem Pferdeserum gegenüber ex- perimentell erzeugte Überempflndlichkeit als vererbbar erwiesen hat, könnte ungezwungen eine Erklärung für das Zustandekommen der hereditären Tuberkulose gefunden werden. Kaesiner (Berlin).

Oniber, M«, u. Futaki, K.t Über die Resistenz gegen Milzbrand

und über die Herkunft der milzbrandfeindlichen Stoffe. (Münch. med. Wochenschr., 54. Jahrg., 1907. S. 249—254.)

Verff. beschäftigten sich mit der Frage, warum das Huhn und der Hund eine so hohe Resistenz gegen Milzbrand besitzen. Sie gelangten dabei im wesentlichen zu folgenden Schlüssen:

Eine sehr wichtige Rolle bei der Widerstandsfähigkeit des Huhnes und des Hundes gegenüber der Milzbrandinfektion spielen die Phago- zyten dieser Tiere. Die Milzbrandbazillen schützen sich im allgemeinen gegen die Phagozytose dadurch, daß sie im Tierkörper Kapseln bilden. (Sie wirken, eingekapselt, nicht mehr chemotaktisch.) Je schneller sie

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dies zu tun yermögen, d. h. je schneller sie sich an den betreffenden Organismus anzupassen vermögen, desto sicherer kommt es zur tödlichen Allgemeininfektion. Beim Huhn und beim Hunde werden die Milzbrand« bazillen im subkutanen Gewebe durch anthrakozide Substanzen der Lymphe schwer geschädigt; noch bevor sie Kapseln bilden können. Die Quelle der milzbrandfeindlichen Stoffe in der Lymphe sind die einwandernden Leukozyten. J,

Murillo, F., Über Immunisierung gegen Milzbrand.

(Zeitschr. f. Hygiene n. Infektionskrankh., Bd. 54, 1906, S. 178—188.) Durch längere, abwechselnde Züchtung in Diphtherietoxin und -Bouillon hat Verf. einen Milzbrandstamm erhalten, mit dem er ohne Gefahr durch einmalige Impfung einen Schutz erzielen konnte. In stark verseuchten Gebieten empfiehlt er in Abständen von zehn Tagen zwei Einspritzungen. Sein Streben geht dahin, ein hochwertiges Serum zu erzielen und dieses in Gemeinschaft mit seinen Kulturen zur Schutzimpfung zu verwenden.

Bugge (Rieh.

Ascoll, A«, Sul dosaggio del siero anticarbonchioso (Über die Dosierung von Milzbrandimmunserum). (Annali dlgiene aperimentalc. Vol. 16 (Nuoya Serie), 1906, S. 452—492.)

A. benutzte zu seinen Immunisierungsversuchen gegen Milzbrand Sera, die von Eseln und einer Ziege stammten, einige Male auch ein Serum, das er aus dem Institut Jenner- Pasteur in Budapest erhalten hatte, und das vom Pferd gewonnen war. Die Resultate seiner Unter- suchungen faßt A. ungefähr dahin zusammen, daß die intravenöse Injektion des Milzbrandimmunserums Kaninchen eine mehr oder weniger große Im- munität verleiht, die von der Virulenz der Stämme abhängt, gegen die das Serum schätzen soll. Ähnliche Resultate erhielt A. bei der Behand- lung von Meerschweinchen. Hier konnte er feststellen, daß passive Im- munität nach Injektion des Serums schon nach 24 Stunden auftritt, wenn man das Material in die Bauchhöhle injiziert. Bei subkutaner Injektion vergehen drei Tage bis zum Eintreten der Immunität.

Für die praktische Verwertung ist nach A.s eigner Ansicht der Ausfall der Serumbehandlung ein zu wenig konstanter. Pfeiler (Berlin),

Robertson, W., Serum inoculation in canine Piroplasmosis.

(Journ. of. comp. Pathology and Therap., Vol. 19, 1906, 8. 110— lia) Serum von „gesalzenen^' und durch mehrfache Injektionen vimlenten Blutes hochimmunisierten Hunden besitzt keine immunisierenden Eigen- schaften. Qrabert (Berlin).

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Hygiene im engeren Sinne.

Scheunert, A., Beiträge zur Kenntnis der Zelluloseverdauang im Blinddarm nnd des Enzymgehaltes der Zaekalsekrete.

(Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 48, 1906, 8. 9— 26 )

Auf Grand von Versuchen, die unter den im Tierkörper herrschenden möglichst ähnlichen Bedingungen mit den Zaekalinhalten von Pferd, Schwein und Kaninchen vorgenommen wurden, stellte Verf. fest, daß die aus den alkalischen Inhalten zu gewinnende Flüssigkeit Zellulose in nicht unerheblicher Menge löst. Beim Kochen büßt sie diese Fähigkeit ein, doch ist durch Fällen mit Alkohol aus ihr ein Zellulose lösender Niederschlag nicht zu gewinnen. Die Menge der gelösten Zellu- lose ist abhängig vom Reichtum an Mikroorganismen, von der Dauer der Einwirkung und von der Quantität der zu den Digestionsversuchen be- nutzten Zaekalflüssigkeit, sowie von der Art und der Herstellung der Zellulose. Die an Mikroorganismen reiche (kollerte) Zaekalflüssigkeit löst mehr Zellulose als die an Mikroorganismen arme (durch Papier filtrierte), aber auch bei völliger Abwesenheit der Mikroorganismen (Berkefeld- Filtrat) werden noch gewisse Mengen von Zellulose gelöst.

In den in Frage kommenden Nahrungsmitteln ist ein Zellulose lösen- des Enzym nicht vorhanden. In den Extrakten und Sekreten der Zaekal- Schleimhaut und der Zaekaldrüsen ist ebenfalls ein Zellulose lösendes Enzym nicht zugegen. Die Blinddarmflüssigkeit enthält ein proteo- lytisches, ein amylolytisches, ein Milchsäure- und ein invertierendes, aber kein lipolytisches Enzym. Im Sekret oder Extrakt oder Preßsaft der Zaekalschleimhaut ist dagegen kein proteolytisches Enzym vor- handen, wohl aber ein schwach wirkendes, saccharifizierendes Enzym. Erepsin und Enterokinase sind darin nicht enthalten. Ref. des Autors,

Zaltschek, A«, Über den Nährwert des Buchrindenmehls.

(Tangr» Beiträge zur Futtermittellebre nnd Stoffwechselphysiologie der landw. Niitztiere, H. 2, 1906, S. 81—86. [Landwirtschaft!. Jahrbücher, 1906]).

Die an Schafen und Schweinen ausgeführten Untersuchungen zeigten, daß dem Buchrindenmehl jede Bedeutung für die praktische Ernährung der landwirtschaftlichen Nutztiere abgesprochen werden muß.

Scheuner t (Dresden),

Honcamp, T^ Zusammensetzung und Verdaulichkeit der Zucker- schnitzel und ihr Wert als Futtermittel. (Die landwirtschaftl. Versuchsstationen, Bd. 65, 1906, S. 381—403.) Nach H.s Meinung dürften die Zuckerschnitzel bei gleichzeitiger

Veiabreichung eines stickstoffreichen Futtermittels mit Erfolg in den

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meisten Zweigen der landwirtschaftlichen Tierproduktion anzuwenden sein. Infolge ihres hohen Zuckergehaltes sind sie als schmackhaftes, appetit- anregendes Futtermittel zu betrachten, infolge ihres geringeren Salzgehaltes müssen sie auch für bekömmlicher als die Melasse gelten. Trotzdem dürften sie nicht mit den proteYn-, fett- und stärkereichen Kraftfntter- mitteln (Baumwollsaatmehl, Leinmehl, Kartoffel) in Konkurrenz treten können. Scheunert fDresdeni,

Tangly F., u. Weiser, St., Zur Kenntnis des Nährwertes einiger

Heuarten.

(Tan gl 8 Beiträge zur Futtermittellehre und Stoffwechselphysiologie der

landw. Nutztiere, H. 2, 1906, S. 1—65 [Landwirtschaft!. Jahrb. 1906)).

VeriT. berichten über die Ausnutzung 21 verschiedener in den Jahren 1897 1904 in verschiedenen Gegenden Ungarns produzierter Heusorten durch Pferde und Wiederkäuer. Die in zahlreichen Tabellen geordneten Resultate zeigen unter anderem, daß die Bewertung des Heues durch den Botaniker sehr gut mit den aus Tierversuchen gewonnenen Werten für den physiologischen Nutzeffekt übereinstimmt. Sie bestätigen die bekannte Tatsache, daß Pferde Heu schlechter als Wiederkäuer ausnutzen. Der Unterschied im Nährwert von gutem und schlechtem Heu wird da- durch bedingt, daß beim schlechteren Heu infolge der schlechteren Aus- nutzung im Darmkanal ein größerer Teil der in der ursprünglichen Sub- stanz des Heues enthaltenen chemischen Energie im Kot verloren geht. Näheres siehe Original. Scheunert (Dreadeni,

Weiser, St, Über den Nährwert getrockneter Weintrester.

(Tan gl 8 Beiträge zur Fnttermittellehre und StofiWechselphysiologie der landw. Nutztiere, H. 2, 1906, S. 66—80 [Landwirtschaft!. Jahrb. 1906]).

Versuche an Pferden und Ochsen ergaben, daß die untersuchten, getrockneten Weintrester ein sehr schwer verdauliches Futtermittel sind, dessen Nährwert bedeutend geringer als der eines mittelguten Wiesen- heues ist. Scheunert (DresdenJ.

Köhler, A«, Honcamp, F., u. Eisenkolbe, P», Weitere Untersuchungen über die Assimilation der Phosphorsäure und des Kalkes

aus Kalkphosphaten durch wachsende Tiere. (Die landwirtschaftl. Versuchsstationen, Bd. 65, 1906, S. 349—380.)

Die an Lämmern ausgeführten Untersuchungen lassen den Schluß zu, daß das gefällte Trikalzinmphosphat in seiner Wirkung im Tierkörper wachsender Tiere dem Dikalziumphosphat gegenüber annähernd als gleich- wertig zu betrachten ist. Scheunert (DresdenJ.

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Lehrbücher Monographien.

Wolff-Eisner, A., Die Ophthalmo- nnd Eatan-Diagnose der Tuber- kulose (kutane und konjunktivale Tuberkulin-Eeaktion nach V. Pirquet und Wolff-Eisner) nebst Besprechung der klinischen Methoden zur Frühdiagnose der Lungen- tuberkulose.

(Würzburg, C. Kabitzsch (A. Stubers Verlag) 1908. 197 Ss. mit 11 Kurven- tafeln und 2 litb. Tafeln. Preis 6 M.)

Seit der Einführung der Ophthalmoreaktion und der Kutanreaktion ist jetzt etwa ein Jahr verflossen, und schon jetzt liegt eine Literatur über das Gebiet vor, die in ihrem Umfang an die Zeit der ersten Ein- führung des Tuberkulins durch R. Koch gemahnt. Ein Überblick über die Ergebnisse der zahlreichen Publikationen zeigt, daß die Entdeckungen V. Pirquets und Wolff-Eisners (sowie Calmettes) die Diagnostik der Tuberkulose um eine wertvolle Methode bereichert haben. Insbesondere beim Menschen spielt die frühzeitige Erkennung der tuberkulösen Er- krankung eine Hauptrolle; denn der Erfolg der Therapie ist um so ge- sicherter, je früher die Behandlung der Krankheit beginnt. Gegenüber dem bisherigen alten Koch sehen Verfahren der Tuberkulinisierung des Menschen zum Zwecke der Frühdiagnose der Tuberkulose (von den anderen diagnostischen Methoden sehe ich hier ab) haben die neuen lokalen Beaktionen den Vorzug der Einfachheit (sie erfordern keine um- ständlichen Temperaturmessungen), der Deutlichkeit und der Gefahrlosig- keit für den Patienten. Sie scheinen dabei beim Menschen eine ähnliche Zuverlässigkeit zu besitzen, wie die alte Tuberkulinreaktion.

Die Ophthalmo- und die Kutanreaktion sind bereits auch bei der Tuberkulose der Tiere versucht worden, und zwar zum Teil mit ähnlichem Ergebnis wie beim Menschen, zum Teil mit unsicherem Besultat. Die neuen Reaktionen haben es ist gut, sich dies von vornherein klar zu machen für die Diagnose der Rindertuberkulose (und auch der Tuberkulose anderer Haustiere) keineswegs die Bedeutung wie für die Feststellung der Tuberkulose des Menschen. Ebensowenig wie die alte Tuberkulinreaktion praktisch brauchbare Ergebnisse im Hinblick auf die Bekämpfung der Rindertuberkulose lieferte, ebensowenig werden wir in dieser Beziehung auch von den neuen Lokalreaktionen etwas erwarten dürfen. Nicht den meist belanglosen „Reaktionstuberkulosen' S sondern den offenen Tuberkuloseformen des Rindes gilt der Kampf, und diese sind (unter Zuhilfenahme des Tuberkelbazillennachweises) klinisch erkenn- bar. Daher glaube ich nicht, daß die praktische Bekämpfung der Tuberkulose der Tiere von den neuen Lokalreaktionen,

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auch wenn weitere Untersnchnngen über dieselben günstigere Ergebnisse zeitigen sollten, einen Gewinn haben wird.

Anders würden die Verhältnisse beim Hotz liegen; denn hier handelt es sich ja, im Gegensatz znr Tuberkulose, lediglich darum, festzustellen, ob Rotz vorliegt oder nicht. Die Frage, welche Form und Ausbreitung die Krankheit besitzt, tritt demgegenüber in den Hintergrund. Würden die neuen Reaktionen sich bei Rotz als zuverlässig erweisen, so würden sie einen wesentlichen diagnostischen Fortschritt bedeuten. Leider scheinen sie indessen auch hier bisweilen ungleichmäßige Ergebnisse zu liefern. Auf Grund der bisher vorliegenden Untersuchungen läßt sich ein end- gültiges Urteil über ihre praktische Brauchbarkeit beim Rotz zurzeit noch nicht abgeben.

Übrigens möchte ich hier noch auf eines hinweisen. Da die bis- herige Form der Malleinisation vielfach die nötige diagnostische Sicher- heit vermissen ließ (die Temperatursteigerung und der Verlauf der Temperaturkurve gestattet häufig keine bestimmten diagnostischen Schlüsse), empfahlen einzelne Forscher bereits vor mehreren Jahren, neben der Temperaturkurve, die Beachtung auch der an der Injektionsstelle auftretenden ^Erscheinungen (entzündliches Ödem). Diese Lokalerscheinungen an der Injektionsstelle scheinen mir auf die lokale Wirkung des Halleins, das in die durch die Spritzenkanüle gesetzte Stichwunde gelangte, zurückzuführen zu sein. Die Lokalerscheinungen bei der bisherigen MaUeinisation würden somit im Prinzip der heutigen Entanreaktion an die Seite zu steUen sein, so daß die Kutanreaktion bei Rotz also von den Tierärzten schon früher diagnostisch verwertet worden wäre.

Allen denjenigen, die Ophthalmo- und Kutanreaktion näher kennen lernen wollen, ist das vorliegende Buch zur Einführung und als vortreff- licher Wegweiser auf dem neuen Gebiet sehr zu empfehlen. Der Entdecker der Ophthalmoreaktion gibt hier nicht nur die Resultate umfassender eigener Untersuchungen, sondern auch die bis Anfang des Jahres 1908 publizierte Literatur in übersichtlicher kritischer Darstellung wieder. Be- rücksichtigt ist dabei in der Hauptsache die Tuberkulose des Menschen. Es sind indessen auch bereits die ersten Versuche an Tieren erwähnt.

Joest.

Ostertag, Die Milchwirtschaft und die Bekämpfung der Rinder- tuberkulose. Vortrag, gehalten auf dem 3. Intern. Milchwirt- schaft!. Kongreß im Haag am 16. Sept. 1907. (Berlin [R. Schoetz] 1907, 12 Ss. Preis 80 Pf.)

Eine ausgezeichnete, kurze, kritische Darstellung des gegenwärtigen Standes der Tuberkulosebekämpfung beim Rind. Joe^L

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Klimmer» M«, Veterinärhygiene. Grundriß der Gesundheits- pflege der landwirtschaftL Hanstiere mit besonderer

Berücksichtigung der Fütternngslehre. (Berlin [Paul Parey], 1908, 439 Ss. Preis 12 M.)

Bücher, die in kurzer, übersichtlicher Weise größere Forschungs- und Lehrgebiete zusammenfassend behandeln und die deren Lehren den Lernenden und auch den in der Praxis stehenden Interessenten näher bringen, sind stets freudig zu begrüßen.

Ein solches Werk ist Klimmers Veterinärhygiene. Ihm kommt aber noch der große Vorzug möglichster Vollständigkeit zu, die, soweit es im Eahmen eines ^Grundrisses" wie des vorliegenden geschehen kann, in jeder Bichtung angestrebt ist. Zweifellos ist K. infolge seiner viel- seitigen Kenntnisse in den der Hygiene als Grundlagen und Hilfswissen- schaften dienenden Wissenschaften, Chemie, Physiologie usw., besonders geeignet, ein Werk wie das vorliegende zu verfassen. Man merkt auch an der sicheren Behandlung z. B. rein chemischer und physiologischer Fragen, daß hier die Hand eines Forschers die Feder geführt hat, der selbst auf diesen Gebieten wissenschaftlich tätig gewesen ist.

In den sich an die einen geschichtlichen Abriß, sowie allgemeine Betrachtungen über die Hygiene, ihre Entwicklung und ihre Erfolge ent- haltende Einleitung anschließenden ersten drei Abschnitten werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften und die Zusammensetzung der Atmosphäre, des Wassers und des Bodens behandelt und die hygienische Bedeutung ihrer Bestandteile, Verunreinigungen usw. gewürdigt. Die trefflich geschilderten erprobten Methoden ermöglichen, an der Hand des Buches die Ausführung der wichtigsten chemischen, physikalischen, mikro- skopischen und bakteriologischen Untersuchungen vorzunehmen. Der vierte Abschnitt, die Futtermittelkunde, enthält einen Überblick über die Bestand- teile und die zweckmäßige Verwendung der Futtermittel bei der Fütterung. Den wichtigen Futtermittelschädlichkeiten ist ein besonderes Kapitel ge- widmet, in dem eine tabellarische Übersicht die Orientierung über die wichtigsten Giftpflanzen, die Schädigungen, die sie hervorrufen, und die Empfänglichkeit der Haustiere für dieselben wesentlich erleichtert. Der 6. Abschnitt gibt einen kurzen Abriß der Fütterungslehre, der sich auf die allgemein anerkannten Anschauungen 0. Kellners stützt. Drei Ab- schnitte über die Haltung und Nutzung der Tiere, Weide, Tummelplätze und Stall beschließen das Werk, dessen Ausführungen durch 81 Text- figuren erläutert und durch die Beigabe der Kel In ersehen Tabellen über Zusammensetzung, Verdaulichkeit, Stärkewert usw. der Futtermittel ver- vollständigt werden. Eine Fortsetzung des Werkes, die die Ätiologie und Prophylaxe der parasitären Krankheiten, speziell Immunitätslehre, Desinfektion usw. enthalten soll, wird in Aussicht gestellt.

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Der reiche Inhalt des Weikea^ dsr im vorstehenden nnr kurz skizziert werden konnte, and die Klarfaeit der Dtntdliing führen zu der Überzeugung, daß keiner, der in dem Werke Beikknm^ oättt Bat sucht, dasselbe unbefriedigt aus der Hand legen wird. SsktuntH ^IINhImI.

Rickmann» W., Tierzucht und Tierkrankheiten in Deutscheste-- westafrika. Berlin (R. Schoetz) 1908. Preis geb. 9 M.

In diesem Buche hat der Kaiserliche Veterinärrat Bickmann, der von 1894 bis 1906 den Veterinärdienst Deutsch-Südwestafrikas in ganz vortreiTlicher Weise geleitet hat, seine reichen Erfahrungen in gemein- faßlicher Weise niedergelegt. Obwohl der Verf. im Vorwort sagt, daß er sein Buch vornehmlich für die Farmer des Landes geschrieben habe, ist es nicht minder wertvoll für die Tierärzte und alle diejenigen, denen das wirtschaftliche Gedeihen der Kolonie am Herzen liegt. Jeder Satz beweist, daß der Verf. einen ausgezeichneten Überblick über alles das besitzt, was der Kolonie nottut. Wenn er an einigen Stellen durchblicken läßt, daß er nicht alles erreicht hat, was er zum Nutzen des Landes erstrebte, so werden alle Kenner der schwierigen Verhältnisse in Deutsch- Südwestafrika ihm auch für dieses Zugeständnis Dank wissen und mit ihm hoffen und bestrebt sein, es in Zukunft zu erreichen. Auf dem Gebiete der Tierzucht und der Bekämpfung der Tierseuchen sind noch große Aufgaben zu bewältigen. Den Anfang hat R. mit großem Geschick gemacht. In vorliegendem Lehrbuch hat er seinen Nachfolgern wertvolle Fingerzeige für die Zukunft gegeben.

Das Buch zerfällt in zwei Teile, in einen tierzüchterischen und einen veterin^-technischen.

Im ersten Teil werden Auswahl und Beschaffenheit einer Farm sowie Zucht und Ausnützung der Haustiere besprochen. Nachdem in diesen Kapiteln im allgemeinen die Zuchtgmndsätze, die Einrichtung von Tränken und Elraalen, Farmeinzäunung, Raubtiervertilgung, Feldbrände, Vernichtung der Heuschrecken, Zucht- und Körvereine, Import von Zuchteieren erörtert worden sind, be- spricht Verf. speziell die Zucht der einzelnen Hanstiere, einschließlieh der Kamelzucht und der Gcifögelzucht. Auch Zahnalter-, Trächtigkeits- und Schlacht- gewichtstabellen siird beigefügt.

Der zweite Teil ist den Tierseuchen und Krankheiten gewidmet. Voraus- geschickt sind Kapitel über die Organisation des Veterinärwesens, die Seuchen- tilgung, die Gewährleistung im Tierhandel und die Fleischbeschau. In der speziellen Besprechung folgen dann: A. Die in Deutsch-Süd westafrika bekannten Seuchen und seuchenartig verlaufenden Krankheiten der Haustiere. B. Die in Deutsch- Südwestafrika bisher nicht bekannten Tierseuchen. C. Zufalls- krankheiten. D. Operationen. £. Instrumente und Medikamente.

Das Buch füllt eine große Lücke aus, da es bisher in der deutschen Literatur kein Werk gab, das über Tierzucht und Tierseuchenbekämpfnng

ai9

in doi SMoHieii in gemeinverständlicher nnd übersichtlicher Weise Aas- kanft hätte geben können. Die Lektüre des Werkes kann nicht nur den Eolonialtierärzten, sondern allen Tierärzten angelegentlichst empfohlen werden. Knuth (Berlin).

Braun, M., Die tierischen Parasiten des Menschen. Ein Hand- buch für Studierende nnd Ärzte.

(4. vermehrte Auflage mit einem klinisch-therapentischen Anhang, bearbeitet von Prof. Dr. Otto Seifert. 623 Ss. Würzburg [C. Kabitzach] 1908.)

Auf breiter zoologisch- wissenschaftlicher Grundlage aufgebaut, bietet dieses ausgezeichnete Werk eine kurze, klare, treffende Darstellung bei größter Übersichtlichkeit und Erwähnung alles Wissenswerten, unterstützt durch gute Abbildungen und ausführliche Literaturangaben. Da auch, wie zurzeit in keinem Lehrbuch der Parasitologie, die neuesten Forschungs- ergebnisse, namentlich der Protozoenkunde, verarbeitet sind, kann das Werk auch dem Tierarzt und dem Studenten der Tierheilkunde bestens empfohlen werden. Von ebenfalls großem Interesse für die Tierärzte ist der klinisch-therapeutische Anhang^ der durch Zusammenfassung alles Be- kannten vorzüglich orientiert.

Das Kapitel über Aphaniptera dürfte durch Berücksichtigung der den Menschen auch nur gelegentlich stechenden Arten sicher eine nicht überflüssige Bereicherung erfahren, im Hinblick auf die jetzt viel dis- kutierte Frage der Übertragun'g der Bubonenpest durch Flöhe. Der Passus, daß Östriden auch häufig von ihren Waffen Gebrauch machen, um eine frische Wunde zu schlagen [S. 603], dürfte wohl in Hinsicht auf die Anatomie dieser Fliegen für die nächste Auflage gestrichen werden müssen. K. Wolffkügel

Pomayer, C, Das Zurückhalten der Nachgeburt beim Rind.

(Mit 9 Abbild. Berlin [R. Schoetz] 1908, 64 Ss. Preis 2,50 M.) In seiner auf umfangreichen eigenen Beobachtungen ruhenden, vier Bogen umfassenden Studie hat der Verf. seine Anschauungen über das Warum und Wie des Entstehens der Eetentio secundinamm beim Rind niedergelegt, die bisher gepflogenen therapeutischen Maßnahmen kritischen Betrachtungen unterzogen und untersucht, in welcher Weise diese wohl auf Grund neuerer Erkenntnisse zu korrigieren wären. Der Ätiologie des Zurückhaltens der Nachgeburt hat der Autor besondere Aufmerksamkeit geschenkt; über diesen wichtigen Punkt äußei*t er sich gedrängt wiedergegeben so: Verbleibt die Nachgeburt länger als 6 12 Stunden in der schlaffen Uterushöhle, so entsteht in der Metrawandung und somit in den Kotyledonen allmählich eine Senkungshyperämie. Ein er- höhter Tnrgor in den Kotyledonen mit Infektion hat inzwischen schon begonnen. „Das Septennetz der Kotyledonen schwillt auf, ihr Bindegewebe

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bildet sich mit Hilfe von Streptokokken und Bazillen sehr früh weiter ans und ist als ein starres Maschenwerk wenige Zeit nach der Gebnrt voll entwickelt. Es klammert sich fest nm die Zotten, an deren Basis nnd um alle feinsten Endäste herum. Die Zotten werden unelastisch, derb, wenn das nachgiebige Gallertgewebe ihres Stromas sich umändert, und dann sind die Eihäute mit ihren Zotten fest in der matemen Kotyledone verankert."

Auch der Abhandlung der Therapie ist breiter Baum gewährt; P. bespricht die bisherige Literatur, die bis jetzt üblichen Methoden der Behandlung der Betentio, um dann in anziehender Weise seine durch reiche praktische Erfahrung gewonnenen Ansichten zu entwickeln, wobei Punkte wie Massage des Uterus vom Bektum aus, Ausführung der Spülungen usw. sicher jeden Tierarzt in hohem Maße interessieren werden.

Zwei kürzere Kapitel über Prognose und Prophylaxe beschließen das beachtenswerte kleine Werk, dem aus voller Überzeugung die weiteste Verbreitung gewünscht wird. Richter {Dresden).

Wall, S., Die Kolik des Pferdes.

(179 Ss. Stockholm 1906.)

Die in deutscher Sprache geschriebene Abhandlung, bietet dem Leser ein vollständiges Bild der verschiedensten Formen der Kolik beim Pferde. Der Verf. stellt bei seiner Schilderung Ätiologie und pathologische Anatomie in den Vordergrund, verbreitet sich aber auch kurz über Aus- gang, Verlauf, Diagnose, Prognose und Behandlung der unter dem Namen Kolik zusammengefaßten Krankheiten. Er läßt auch die Beurteilung des Leidens vom Gesichtspunkte der Fleischbeschau und des Versicherungs- wesens nicht unberücksichtigt. Als Anhang bringt er einige Protokolle typischer Koliksektionen. Wer sich mit der pathologischen Anatomie der Kolik, deren Schilderung den größten Teil dieser Arbeit ausmacht, näher befassen will, findet hier eine gute, übersichtliche Darstellung der ein- schlägigen Veränderungen. Aber auch der Kliniker wird, obwohl sich der Verf. in den übrigen Kapiteln manchmal sehr kurz gefaßt hat, manches finden, was für ihn von Interesse ist. Sustniann (Dresden/.

j

Originalarbeiten.

(Aus dem Institut für Seuchenlehre der K. Tierärztlichen Hoch- schule zu Stuttgart.)

Vergleichende Untersuchungen über die Tuberlcel- bazillen des Menschen und der Haustiere.

Von Professor Dr. W. Zwick.

(Schluß^

Ober einen Fall von vermeintlicher Übertragung der Tuberkulose durch die Milch einer eutertuberkulösen Kuh auf zwei Kinder einer Familie.

(Hierzu Tabelle IIa.)

Dieser Fall, über den ich schon früher kurz berichtet habe^), soll hier ausfuhrlicher behandelt werden unter Beigabe der wesent- lichen Auszüge aus den Versuchsprotokollen. EobertKoch hat im Jahre 1902 in seinem Vortragt), gehalten auf der Internationalen Tuberkulosekonferenz zu Berlin, die Anregung gegeben zur Er- mittlung und wissenschaftlichen Erforschung der „Fälle von angeblicher Infektion nach Genuß von Perlsuchtmilch". In ver- schiedenen deutschen Staaten wurden durch Erlasse der Behörden die Arzte, Tierärzte und Fleischbeschauer zur Erstattung der Anzeige derai-tiger Fälle aufgefordert. Noch bevor dieser Erlaß in Württemberg bekannt gegeben war, erhielt ich durch freund- liche Mitteilung des Herrn Stadttierarztes Lam parter im Ein- verständnis mit dem die beiden in Frage kommenden Kinder be- handelnden Arzt, Herrn Dr. Binder, Kenntnis davon, daß bei zwei an Tuberkulose erkrankten Geschwistern der Verdacht der An- steckung durch die Milch einer eutertuberkulösen Kuh nahe

») „Zeitschrift för Fleisch- und Milchhygiene" 1906, Heft 8. ') „Deutsche med. Wochenschrift" 1902, S. 857.

ZeitBchrift für Infektionskrankheiten. lY, 5/0. 21

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liege, da diese Kinder während längerer Zeit die ungekochte Milch der Kuh getrunken haben. Das Kgl. Vürtt. Medizinalkollegium leitete eine nähere Untei-suchung des Falles ein, an der auch Herr Regierungsrat Dr. Weber vom Kaiserlichen Gesundheitsamt teilnahm. Herr Präsident von Nestle, Vorstand des kgl. Medizinal- kollegiums, gestattete mir in dankenswerter Weise Einblick in die Akten, und Herrn Medizinalrat Dr. Walz verdanke ich die Über- lassung von Material aus den Leichen der beiden Kinder.

Krankheitsgesehichte des Knaben (Medizinalrat Dr. Kohl- haas, Stuttgart), aufgenommen am 9. April 1905:

E. L., vier Jahre alt. Eltern und Großeltern gesand. Die Familie ist hereditär nicht belastet. Von den übrigen sieben Kindern sind sechs gesnnd, ein 18 jähriger Sohn klagte vorübergehend über Bauchschmerzen, nach einer späteren Mitteilang waren diese nur vorübergehender Art, und ist auch der Sohn gesund.

Der Knabe hat sehr viel kuhwarme Milch von der etwa gleichzeitig mit seiner Geburt eingestellten Kuh, die seit letztem Herbst hustete und im Februar von Stadttierarzt Lamparter als eutertuberkulös bezeichnet wurde, getrunken. Vor etwa einem Jahre habe der Knabe einen krummen Rücken be- kommen, seit Februar sei er krank. Die Krankheit setzte mit Bauchschmerzen ein, später traten Gehirnerscheinungen in den Vordergrund. Exitus am 10. April 1905.

Pathologisch-anatomische Diagnose (Sektion am 12. April 1906 durch Herrn Medizinalrat Dr. Walz): Tuberkulose der Wirbelsäule, allgemeine Miliartuberkulose, Basilarmeningitis.

Bakteriologische Untersuchung: Am 13. April 1905 werden mit Material aus tuberkulöser Gehirnhaut, Lungen- und Wirbelabszeß je zwei Meer- schweinchen geimpft. Sämtliche Meerschweinchen starben an Tuberkulose. Aus allen wurden Kulturen auf Rinderserum angelegt, gleichzeitig auch solche auf Pferdeserum. Außer auf Meerschweinchen wurde vom Ursprungsmaterial auch auf Kaninchen subkutan verimpft. Von diesen Kaninchen waren die aus Lungen- und Wirbelsäule geimpften, bei der später nach drei Monaten vorgenommenen Tötung voUstilndig frei von Tuberkulose, während das dritte bei seiner Tötung mit geringgradiger Tuberkulose sich behaftet zeigte (vgl. Tab. IIa). Wie die weitere Untersuchung ergab, starb dieses Kaninchen an einer Mischinfektion, herbeigeführt durch Kokken. Denn die aus der rechten Aehsellymphdrüse dieses Kaninchens angelegten Serumkulturen waren durch Kokken verunreinigt, und dasselbe war der Fall bei einem Züchtungs versuch aus einem Meerschweinchen, zu dessen Impfung die Lungen des Kaninchens das Material geliefert hatten.

Kultur-Züchtung.

a) aus Gehirnhaut. Die am 13. April 1905 geimpften zwei Meer- schweinchen erlagen ebenfalls, wie das Kaninchen, einer Mischinfektion.

323

Sämtliche aus dem Meerschweinchen angelegten Kultaren waren durch Kokken verunreinigt In einem Röhrchen waren neben Kokken auch Tuberkelbazillen- kolonien aufgegangen. Von den letzteren wurde am 4. September 1905 ein Meerschweinchen (Mw. 15) subkutan geimpft und dieses am 27. Dezember 1905 getötet. Aus den Sakrallymphdrfisen dieses Meerschweinchens wurden auf Rinderserum Kulturen angelegt. In der Mehrzahl der Röhrchen waren bei der am 27. Januar 1906 vorgenommenen Besichtigung etwa hirsekorngroße, matte, trockene Kolonien aufgegangen. Von diesen wurde am 27. Januar 1906 auf Glyzerin-Bouillon übertragen. Schon am 14. Februar 1906 waren die meisten Kulturen in etwa Zweimarkstttckgrööe gewachsen in Form eines dicken, borki- gen, faltigen Häutchens, das sich in der Folgezeit sehr rasch ausdehnte und an der Glaswand emporwucherte.

Im Ausstrich verhältnismäßig schlanke, gleichmäßig und ungleichmäßig gefärbte Stäbchen.

Kaninchenimpfung: Am 14. Februar 1906 Impfung von Kaninchen Nr. 18 mit 0,01 g der Glyzerin-Bouillonkultur vom 27. Januar 1906. Bei seiner nach drei Monaten erfolgten Tötung war das Kaninchen tuberkulosefrei (vgl. Tab. IIa).

Femer wurden Kulturen gewonnen aus Stemallymphdrüsen von Mw. 13 (geimpft aus rechter Ellenbogenlymphdrüse von Kaninchen 8, geimpft aus Gehirnhaut). Die üppig gewachsenen Serumkulturen werden am 15. Januar 1906 auf zweiprozentige Glyzerin-Bouillon übertragen. Schon am 14. Februar 1906 bedeckte ein dickes, undurchsichtiges Häutchen die ganze Nährbodenoberfläche. Am 14. Februar 1906 wird mit der Kultur ein Kaninchen (Kaninchen Nr. 19) ge- impft, das bei seiner Tötung nach drei Monaten nicht eine Spur von Tuber- kulose aufwies.

b) aus Lunge. Von den am 14. April 1905 aus Lunge geimpften und am 13./14. August 1905 bzw. 29. Juni 1905 gestorbenen Meerschweinchen lieferte nur das eine (Mw. Nr. 5) Rinderserumkulturen. Sie waren aus der Milz angelegt worden und boten am 20. Juli 1905 gutes Wachstum in Form von zahlreichen, weißen, etwa hirsekomgroßen Kolonien. An diesem Tage werden sie auf neues Serum verpflanzt, wo sich schon am 1. August 1905 ein gleichmäßiger, ziemlich dicker, borkiger Belag entwickelt hat. Am 1. August 1905 erfolgt die Über- tragung auf ^prozentige Glyzerin-Bouillon. Hier außerordentlich rasches Wachs- tum, so daß schon am 9. August 1905 ein borkig- faltiges Häutchen die ganze Nährbodenoberfläche bedeckte.

Im Ausstrich: Bazillen wie in Glyzerinbouillonkultur aus Gehirnhaut.

Ursprünglich war die Impfung eines Kaninchens mit Reinkultur nicht vorgesehen mit Rücksicht auf den negativen Ausfall der mit Organmaterial unternommen; später entschloß ich mich aber doch noch dazu. Die Kultur war unterdessen wiederholt (am 19. Dezember 1905, 29. Januar 1906) aut frisches Serum übertragen worden; am 9. Februar 1906 geschah die Übertragung auf Glyzerin-Bouillon. Aus der in gleicherweise wie die oben beschriebenen gewachsenen Glyzerinbouillonkultur wurde am 1. März 1906 ein Kaninchen (Kan. Nr. 3) subkutan geimpft Dieses blieb, wie die am 1. Juni 1906 nach der Tötung vorgenommene Sektion ergab, frei von Tuberkulose (s. Tab. IIa).

21*

324

c) ausWirbelabszeß. Aus der Sakrallymphdrfise des aus dem Wirbel- abszeß am 12. April 1905 sabkutan geimpften und am 17. Mai 1905 getöteten Meerschweinchens werden drei Rinder- und drei Pferdesenim-Kulturen angelegt. Am 31. Mai 1905 waren auf sämtlichen Nährböden trockene, punktförmige Kolonien aufgegangen. Am 8. Juni 1905 aus diesen Kulturen Übertragung auf Pferde- und Rinderserum. Am 12. Juni 1905 wurden Teile des gleichmäßig trockenen Belags auf 2prozentige Glyzerin-Bouillon verpflanzt. Am 26. Juni war die ganze Ober- fläche der Nährflüssigkeit von einem dünnen Häutchen, das da und dort knotige Verdickungen aufweist, Überzogen. Das Häutchen wird in der Folgezeit dicker, borkig-faltig. Ausdrücklich sei bemerkt, daß ein Unterschied zwischen den aus Rinderserum und den aus Pferdeserum gewonnenen Glyzerinbouillonkultaren nicht festzustellen war.

Im Ausstrich: Stäbchen verhältnismäßig lang und schlank, ziemlich gleich- mäßig gefärbt und gleichmäßig nach Form und Größe.

Von der Impfung eines Kaninchens mit Reinkulturen war zunächst im Hinblick auf die mit Ursprungsmaterial ausgeführte und negativ ausgefallene abgesehen worden. Aus der unterdessen im Laboratorium auf Rindersemm weitergezüchteten Kultur wurde am 19. April 1907 auf 2prozentige Glyzerin- bouillon übertragen, wo sie rasch und üppig als faltiges, dickes Häutchen wächst, von dem je 0,01 g an zwei Kaninchen unter die Haut verimpft wurden (Kaninchen Nr. 385 und Kaninchen Nr. S50). Die Kaninchen blieben frei von Tuberkulose (vgl. Tab. IIa).

Krankheitsgesehichte des Mädchens (Medizinalrat Dr. Kohl- haas, aufgenommen am 9. April 1903):

Kath. L., 16 Jahre alt Das Mädchen war bis zu seiner Erkrankung an typischem Gelenkrheumatismus vor einem Jahre stets gesund gewesen. Dieser hat 16 Wochen gedauert Das Mädchen sei hernach blQhend gewesen. Es hat, seitdem die Kuh im Hause war, regelmäßig viel kuhwarme Milch ge- trunken und täglich zum Vesperbrot in die Fabrik ungekochte Milch mit- genommen. Auch direkt nach dem Melken hat sie noch im Januar 1905 Milch getrunken. Das Mädchen erkrankte am 16. Februar 1905 unter heftigen Bauchschmerzen. Die Berührung des Bauches ist äußerst schmerzhaft Im Bauche fühlt man eine ziemlich feste, unebene Anschwellung, welche sich mit ihrer oberen Grenze vom linken Darmbeinkamm schräg unter dem Nabel ab- wärts bis zur Mitte des rechten Poupartschen Bandes erstreckt und den unteren Teil des Bauches ziemlich ausfüllt.

Es ist kein Zweifel, daß die Anschwellung im Bauche, bei sicherem Ausschluß einer Genitalaffektion, aus durch Bauchfellentzündung entstandener Verklebung zahlreicher Darmschlingen besteht Eine solche ist mit Recht in den meisten Fällen als eine tuberkulöse anzusprechen. Dies wird man auch in diesem Falle mit Sicherheit tun dürfen.

Das Mädchen starb am 4. Juli 1905.

Obduktionsbefund (Medizinalrat Dr. Walz): Primäre Tuberkulose der Tuben und des Uterus. Adhäsive tuberkulöse Peritonitis. Lokalisierte tuberkulöse Herde in beiden Lungen. Perforation des Dünndarms, abgesackte frische Perforationsperiton itis.

325

Bakteriologische Untersachung: Als Untersuchungsmaterial dienten tuberkulös veränderte Teile aus Mesocolon (Colon transversum), aus Netz, aus Mesenteriallymphdrüse, Lunge und Uterus.

Von dem Ursprungsmaterial wurden je zwei Meerschweinchen unter die Haut geimpft, die sämtlich an Tuberkulose starben. Auf Kaninchen wurde in diesem Falle nur aus Reinkulturen verimpft.

Kulturzüchtung.

a) aus Mesokolon. Aus Kniefaltenlymphdrüsen von Mw. 2 werden am 12. September 1905 sieben Rinderserumkulturen angelegt. In drei Röhrchen gingen zahlreiche, nicht ganz stecknadelkopfgroße, trockene Schüppchen- kolonien auf. Von diesen wird am 31. Oktober 1905 auf neues Rinderserum übertragen und am 14. November 1905 auf 2prozentige Glyzerinbouillon. Am 19. Dezember 1905 hat die Kultur, welche als dickbork ig -faltiger Rasen die Bouillonoberfläche bedeckt, die Wand des Erlenmeyerkölbchens erreicht.

Im Ausstrich schlanke, gleichmäßig und unterbrochen gefUrbte Stäbchen ; neben kürzeren auch längere Formen.

Kaninchenimpfung: Am 12. Januar 1906 und am 19. Januar 1906 wird aus zwei Bouillonkulturen vom 14. November 1905 je ein Kaninchen (Kaninchen Nr. 46 und Nr. 44) mit 0,01 g Tb subkutan geimpft. Beide Kaninchen werden drei Monate lang beobachtet und alsdann getötet; sie er- wiesen sich frei von Tuberkulose (vgl. Tab. IIa).

b) ans Netz. Von den beiden am 6. Juli 1905 subkutan geimpften Meer- schweinchen, von denen das eine (Mw. Nr. 4) am 18. September 1905 getötet wurde, während das andere am 14. November 1905 starb, lieferte nur das erstere Kulturen und zwar waren nur in einem der sechs Röhrchen gelbe, schuppenförmige Kolonien aufgegangen. Von diesen wird am 3. November 1905 auf frisches Rinderserum übertragen, worauf in den besäten Röhrchen gutes Wachstum eintrat. Am 17. November 1905 und am 10. Dezember 1905 werden vier Glyzerin-BouiUonkulturen angelegt, die alle durch ihr rasches, üppig- faltiges Wachstum den Typus humanus verraten.

Im Ausstrich wie bei a.

Kaninchen: Am 19. Januar 1906 wird ein Kaninchen (Kaninchen Nr. 43) subkutan geimpft, das frei von Tuberkulose blieb (vgl. Tab. IIa).

c)au8Lunge. Mw. 9, am 6. Juli 1905 geimpft aus Lungenkavemen, wurde am 14. September 1905 getötet. Aus der rechten Kniefaltenlymphdrüse werden sechs Rinderserumkulturen angelegt. Am 31. Oktober 1905 wurden in der Mehr- zahl derselben punkt- und schüppchenförmige Kolonien beobachtet. Am 3. No- vember 1905 werden zwei neue Serumkulturen angelegt; die inzwischen in Gestalt eines gleichmäßigen, trockenen Belags gut gewachsene Kultur wird am 6. Dezember 1905 auf 2prozentige Glyzerinbouillon übertragen. Die eine der beiden Kulturen wächst als dicker, borkiger, faltiger Rasen, die andere hat mehr das Bestreben, sich in die Fläche auszudehnen, sie wächst noch rascher als die erste, zeigt da und dort brotkrümelartige Verdickungen, über-

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zieht am 6. Januar 1906 schon die ganze Oberfläche des Nährmediums und schickt sich an» an der Glaswand emporzuklettern.

Im Ausstrich wie bei a und b.

Kaninchenimpfung: Kan. Nr. 42 wird am 20. Januar 1906 mit 0,01 g der am 6. Dezember 1905 angelegten Bouillonkultur geimpft und erweist sich nach der am 10. April 1906 vorgenommenen Tötung frei von Tuberkulose (vgl. Tab. IIa).

d) aus Mesenteriallymphdrüse. Das am 6. Juli 05. intramuskulär geimpfte Meerschweinchen (Mw. Nr. 12) wird am 15. September 1905 getötet Auf den mit Material aus Sakrallympbdrttsen beschickten Nährböden gehen hirsekomgroße, graue, trockene, schüppchenfOrmige Kolonien auf, von denen am 3. November 1905 auf neues Serum verpflanzt wird. Kulturblättcfaen werden am 6. Dezember 1905 von diesen abgehoben und auf zweiprozentige Glyzerin- bouillon übertragen. Dieselbe wächst rasch in Form eines Kahmhäutchens, das an einigen Stellen borkige Auflagerungen darbietet.

Im Ausstrich Befund wie bei den übrigen Kulturen.

Kaninchenimpfung: Kaninchen Nr. 45, am 20. Januar 1906 subkutan geimpft mit 0,01 g der Glyzerinbouillonkultnr vom 6. Dezember 1905, wird am 20. April 1906 getötet und ist nicht tuberkulös. (Tab. IIa.)

e) aus Uterus. Das am 6. Juli 1905 aus dem käsigen Inhalt des Uterus subkutan geimpfte Meerschweinchen (Mw. No. 7) wird am 9. Dezember 1905 getötet. Aus dessen rechter KniefaltenlymphdrUse werden sechs Kulturen auf Rindersernm angelegt; am 31. Dezember 1905 sind viele kleine, gelbe, punkt- förmige Kolonien aufgegangen, von denen ein Teil an diesem Tage auf neues Serum verpflanzt wird, wo in kurzer Zeit viele feinste, graugelbe Pünktchen das bestrichene Feld einnehmen. Am 18. Januar 1906 wird von Serum auf zwei- prozentige Glyzerinbouillon übertragen. Die Kultur wächst ziemlich rasch und am 14. Februar 1906 bedeckt die gesamte Nährbodenoberfläche ein verhältnis- mäßig zartes, durchsichtiges, zusammenhängendes Häutchen, das an der Glas- wand emporzuklettern beginnt.

Im Ausstrich wie bei den übrigen Kulturen.

Kaninchenimpfung: Am 15. Februar 1906 wird mit 0,01 g Tb. ans Glyzerinbouillonkultur vom 18. Januar 1906 ein Kaninchen (Nr. 17) subkutan geimpft. Tötung am 14. Mai 1906. Befund : Nicht die geringsten tuberkulösen Veränderungen. (Vgl. Tab. IIa.)

Sehlaehtbefünd bei der Kuh (aufgenommen von Herrn Stadt- tierarzt Lamparter):

Kuh, 7 Jahre alt, Nährzustand mittelmäßig.

Lungenparenchym von verkästen und verkalkten Herden, sowie vod kleinen Kavernen gänzlich durchsetzt. Auf der Pleura pulmonalis und costalis kleinflngerdicke diffuse Auflagerungen. Bronchial- und Hediastinallympb- drüsen sind in Knoten von der Größe eines Gänse- bis Straußeneies umge- wandelt. Diese Knoten beherbergen in ihrem Innern dünnflüssigen, gelben Inhalt.

Die Veränderungen in der Bauchhöhle sind im Vergleich zu denjenigen in der Brusthöhle ganz gering. Da und dort finden sich sammetartige Aof*

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lagerungea anf dem Bauchfell, sowie auf dem serOBen Überzog des Magens und Dannes, der Leber und Mit». In den portalen Lymphdrüsen kleine ver- kalkte Herde. Die Hehrzahl der mesenterialen Lymphdrüsen ist von normaler Beschaffenheit. Einige, in NuBgrOße, sind von kleinen verkästen Herden dnrchsetit, anderesind gänseeigrofl, mehr od er weniger verkäst. Innere Dannbein- lymphdrüsen vergrOBert, in ihrem Innern verkalkte Herde. Linke retro- pbaryngeale Lymphdrtlse partiell verkäst.

An dem Eater, das in toto dem Institut zugesandt wurde, konnte ich folgendes Feststellen (Vgl. Fig. S): Rechtes Vorderviertel vergrößert, oberen Viertel sind nur vereinzelte, etwa stecknadelkopfgroße, verkäste

Fig. 3. Sagittal schnitt diirch die Mitte der rechten Eaterhaifle der Knh, deren Hiich die beiden tnberknlfis erkrankten Kinder längere Zeit hindurch geuosaen hatten.

V. V. = mberkulSi erkrankui Vordsrrlfncl. H. I'. = geiund«i HlninrviBrtsl.

nihlt sich sehr hart an. Nach Anlegen eines Sagittal Schnittes durch die rechte EaterbSlfte ergibt sich folgendes : Kchnittfläche des rechten Vorder\iertels prominiert bedeutend Aber die des zugehörigen hinteren. Entlang dem Vorder- rand des erstgenannten Viertels sind fast sämtliche DrDscnläppchen mit nur geringen Auenahmen in schwefelgelbe trockene Eäseherde umgewandelt. Kings um die Zisterne, namentlich aber in dem rUckn-arts von ihr an das gesunde Viertel anstoBeuden Drllsen abschnitt, werden die einzelnen verkästen Drüeen- läppchen von '/i bis 1 cm breiten, grauwelBen, glänzenden BindcgewebszUgen umgürtet. Gegen den bauchwärtigen Abschnitt des Drüsen vierteis nehmen die tuberkulösen Herde eowohl nach Umfang als nach Zahl ab, und in dem hinteren

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Knötchen in das sonst normale Drttsengewebe eingesprengt Das ans dem erkrankten Viertel stammende Sekret ist molkeähnlich, wässerig, von weißen FlOckcfaen darchsetzt.

Die rechte supramammäre Lymphdrüse vergrößert, dem Vorderrand folgend eine etwa mittelfingerbreite, gelbkäsige Zone.

Bakteriologische Untersuchung: Im Ausstrich aus dem ver- änderten Drüsengewebe sind Tuberkelbazillen in großer Zahl, zu mehreren beisammenliegend, nachzuweisen.

Die Züchtung von Reinkulturen wird direkt aus der Euterlymphdrüse auf Rinderserum versucht. In einem Röhrchen sind am 21. Mai 1905 viele feinste Pünktchen aufgegangen. Von dieser Kultur wird am 21. Mai 1905 auf zweiprozentige Glyzerinbouillon übertragen, auf welcher sich ein äußerst zartes, schleierartiges Oberfiächenhäutchen entwickelt.

Aus dem Sekret des tuberkulösen Euterviertels wurde ein Meer- schweinchen intraperitoneal, das zweite subkutan geimpft, jenes starb am 3. April 1905, dieses am 13. Mai 1905 an allgemeiner Impf tuberkulöse. Aus Milz des ersten und aus Netzknoten des zweiten Meerschweinchens wurden Rinderserumkulturen gewonnen.. Nach Übertragung auf neues Serum und so- dann auf zweiprozentige Glyzerinbouillon sieht man in den verschiedenen Erlenmeyerkölbchen übereinstimmend ein sehr zartes Häutchen, das an ver- schiedenen Stellen knotige Wucherungen trägt und nur langsam wächst, sich entwickeln.

Kaninchenimpfnng: Zwei Kaninchen wurden am 6. April 1905 mit 1 ccm Sekret des tuberkulösen Viertels subkutan geimpft und starben am 26. Mai 1905 bzw. 28. Juni 1905. Dieselben sind in Tabelle II unter Nr. 40 und Nr. 41 verzeichnet.

Ergebnis der Untersuehnng. So sehr die äußeren Umstände dazu angetan waren, mit großer Wahrscheinlichkeit die Quelle der Tuberkulose der beiden Kinder im Euter der Kuh zu suchen, so ist doch auf Grund des Ergebnisses der bakteriologischen Untersuchung ein solcher Zusammenhang abzulehnen; denn alle aus den beiden Kindern gezüchteten Stämme tragen den unverkennbaren Stempel des Typus humanus an sich. R. Koch hat in dem schon erwähnten Vortrag die angeblich gut verbürgten Fälle von Übertragung der Eindertuberkulose durch Fleisch und Milch auf den Menschen einer strengen Kritik unterzogen und nachgewiesen, daß nicht ein einziger jener Fälle vor dem Forum einer scharfen und objektiven Prüfung bestehen könne; er hat auch davor ge- warnt, unzulänglichen Indizienbeweisen zu viel Recht einzuräumen. Wie sehr diese Warnung am Platze war, dafür liefert gerade das hier näher ausgeführte Beispiel den besten Beleg. Verfehlt wäre es aber, und bei dem heutigen Stande der Frage der Tuber- kuloseinfektion kann ja auch davon nicht mehr die Rede sein ,

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ins andere Extrem zu verfallen und die gefahrliche Bedeutung der Eutertuberkulose einschränken oder sie gar verneinen zu wollen.

Für das eigenartige, ablehnende Verhalten des Organismus der beiden Kinder gegenüber den Rindertuberkelbazillen, trotzdem sie in großen Mengen aufgenommen wurden, können verschiedene Erklärungen herangezogen werden. Ich habe schon in der früheren vorläufigen Veröffentlichung angedeutet, daß möglicherweise die Rindertuberkelbazillen an dem Körper der beiden Kinder deshalb abgeprallt sind, weil er schon unter dem Einfluß der Bazillen des Typus humanus stand. Andererseits ist es aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen, daß sie doch in die Gewebe und Organe des Or- ganismus eingedrungen sind und ihr Nachweis nur nicht gelungen ist. Eine solche Deutung wird sehr in die Nähe gerückt durch die Ergebnisse der interessanten Versuche, welche Öhlecker mit künstlichen Mischkulturen anstellte. Er fand, daß bei Übertragung einer Mischung von Bazillen des Typus humanus und bovinus auf Meerschweinchen die ersteren keineswegs unterdrückt werden, selbst wenn sie in bedeutend geringerer Menge in der Mischung sich be- fanden. Und auch auf künstlichen Nährböden kann der Bazillus des Typus humanus den Rindertuberkelbazillus unterdrücken, wie aus folgenden Sätzen hervorgeht: „Auf künstlichen Nährböden, be- sonders auf der Glyzerinbouillon, kann der Typus humanus ganz oder teilweise den Typus bovinus überwuchern, selbst wenn in der ursprünglichen Mischung die Bazillen des Typus humanus an Zahl viel geringer waren, als die Bazillen des Typus bovinus. Wenn aber perlsüchtiges Impfmaterial mit wenigen Bazillen des Typus humanus verunreinigt war, so kann die herausgezüchtete Kultur sowohl nach dem Wachstum auf Glyzerinbouillon wie nach dem Kaninchenversuch entweder ganz oder teilweise das Bild eines Typus humanus geben."

Allerdings widersprechen auf der anderen Seite gewichtige Gründe der Annahme einer Mischinfektion bei den beiden Kindern und namentlich, soweit der Knabe in Betracht kommt. Es fehlten nämlich bei diesem Zeichen von Tuberkulose im Darm und den zu diesem gehörigen Lymphdrüsen; außerdem waren die aus der Lunge und dem Wirbelabszeß geimpften Kaninchen völlig gesund geblieben, nicht einmal die der Impfstelle benachbarten Lymph- drüsen waren ergriffen, was doch wohl zugetroffen hätte, wenn Perlsuchtbazillen im Impfmaterial vertreten gewesen wären.

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PrOfung der von Bonome empfohlenen Methode der Prazipitin-Reaktion als diagnostisohea Mittel der Tuberkuloae und als difTerenzial-diagnostisches zur Unterscheidung der Tuberkelbazillen dea Typus bovinus und Typus humanus.

Bonome gab neuerdings eine beachtenswerte biologische Prä- zipitationsmethode bekannt, mit deren Hilfe es gelingen soll, sowohl die Tuberknlosediagnose beim Menschen nnd Bind, als auch die Typenzngehörigkeit einer Tuberkelbazillenreinknltnr zn sichern. Der Methode liegt folgende Versachsanordnnng zugrunde :

Als präzipitierendes Serum wird Blutserum vom tuberkulösen Menschen und Rinde sowie von solchen Meerschweinchen und Kaninchen benutzt, die mit Tuberkelbazillen vom Menschen oder Rinde bzw. von Material, das solches Virus enthielt, geimpft worden waren. Als präzipitable Substanz fanden „Plasmen'* Verwendung, die durch sehr feines Verreiben von frischen Menschen- und Rindertuberkeln mit 5 proz. Glyzerinwasser (12—14 ccm auf 3—3 ccm Brei) unter Zugabe von Glassand hergestellt wurden. Die Emulsion wurde zentrifugiert und durch Berkefeldfilter filtriert. Daneben wurden Reinkulturen von Tuberkelbazillen des Menschen und des Rindes als präzipitogene Substanzen benützt, nachdem die Kulturen 14 Tage lang bei 35^ C im Brutschrank getrocknet, im Mörser mit feinstem, gut sterilisiertem Glassande stundenlang verrieben, mit Ö proz. Glyzerinwasser extrahiert und alsdann zentrifugiert worden waren Nur ganz klare, staub- und bakterien- freie Flüssigkeiten dienten zu den Versuchen. Der Zusatz des Serums zum Plasma geschah in dem Verhältnis von 0,250 und 0,115 ccm zu 2 ccm Plasma. Genauere Angaben über die Mengen des benutzten Gewebsmaterials bzw. der Reinkultur macht Bonome nicht, so daß es nicht möglich ist, ganz streng dieselben Versuchsvoraussetzungen zn treffen. Das Ergebnis der von Bonome angestellten Versuche ging dahin, daß das Serum von tuberkulösen Rindern und Menschen im homologen Plasma, gleichgültig, ob zu seiner Herstellung tuberkulöses Gewebe oder Reinkultur diente, innerhalb 5-10—30 Minuten oder nach Stunden im Brutschrank eine Trübung oder gar einen Niederschlag hervorrief. Bonome bemerkt noch, daß vom Serum tuberkulöser Menschen geringe Mengen (Vto his \'^ Tropfen) zur Erzielung eines kräftigen Nieder- schlages erforderlich seien.

Die von mir angestellten Versuche wurden nach der von Bonome angegebenen Methode ontemommen. Znr Herstellung des Plasmas dienten ausschließlich Reinkulturen; mangels genauerer Anhaltspunkte in der Bonom eschen Mitteilung wurde die Kultur- menge nach Belieben gewählt.

Versuch I, angestellt am 9. August 1907.

Präzipitierende Sera: 1. Serum einer hochgradig abgemagerten, nachgewiesenermafien (durch Sputumuntersuchung und späteren Schlacht- befiind) lungentuberknlösen Kuh.

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2. Serum eines tuberkulösen Kaninchens, subkutan geimpft am 14. Mai 1907 mit Tnberkelbazillen vom Rinde.

3. Serum eines tuberkuloseverdäcbtigen Rindes.

4. Serum eines nicht tuberkulösen Kaninchens.

Als Plasma wurde benützt eine gut gewachsene Glyzerinbonillon- Reinkultur vom Typus bovinus. Dieselbe war 14 Tage lang bei einer Tem- peratur von 85^ C getrocknet worden, sie wurde eine Stunde lang im Porzellanmörser mit sterilen Glassplittem zerrieben, mit 10 ccm ftinfprozentigen Glyzerin Wassers emulgiert und alsdann durch Berkefeldfilter filtriert. Die Flüssigkeit war danach völlig klar. Der Zusatz des Serums zum Plasma ge- schah in allen Fällen im Verhältnis von 0,125 : 2.

Ergebnis des Versuchs: durchaus negativ. Die Beobachtung der in den Thermostaten gestellten Röhrchen geschah während 24 Stunden.

IT. Versuch: 10. August 1907. Die Art und Weise der Versuchs- anstellung ist die gleiche wie bei Versuch I. Benützt wurde eine andere Glyzerinbouillonkultur Typ. bov. Die Menge der benützten Kultur betrug nach 14tägiger Trocknung 0,03525 g. Die Verreibung geschah IV» Stunden lang. Zur Emulsion wurden 10 ccm 5prozentigen Glyzerin wassers verwendet. Die Sera waren die nämlichen wie bei Versuch I.

Ergebnis negativ.

III. Versuch: 13. August 1907. Zu diesem Versuch wurde eine Ge- samtmenge von 0,025 g 14tägiger, getrockneter Tuberkelbazillen vom Rinde benützt. Versuchsanordnung, Sera dieselben wie bei Versuch I und IL

Ergebnis negativ.

Es konnten somit die hoffnungsvollen Anssichten welche die Bonomesche Mitteilung für die Diagnose der Rindertuberkulose und die Typendifferenzierung zu er- öffnen schien, durch die mitgeteilten Versuche nicht be- stätigt werden.

II. TeU. Tuberkulose des Schweines.

(Hierzu Tabelle la und Tabelle IIb.)

Es liegt nahe, auf Grund der praktischen Erfahrungen den Ursprung der Tuberkulose des Schweines auf diejenige des Rindes zurückzuführen. Bekanntlich spielen ja der Zentrifugenschlamm und die Magermilch die hauptsächlichste Vermittlerrolle; daher war beim tuberkulösen Schwein von vornherein mit dem Funde des Typus bovinus zu rechnen. Eine Frage war nur die, ob etwa der Schweine- körper die Merkmale dieses Tj^)us zu variieren imstande ist. Die bis jetzt vorliegenden Untersuchungen geben allerdings für eine solche Vermutung keinen Raum, denn Kossei, Weber und Heuß züchteten

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in sieben Tuberkulosefällen des Schweines Bazillen vom ausge- sprochenen Typus bovinus. Es stand feiner noch die Möglichkeit offen, daß etwa neben Tuberkelbazillen des Rindes solche vom Menschen oder Hühnertuberkelbazillen angetroffen werden; denn die genannten Forscher haben durch Verfuttening größerer Mengen von Bazillen des Typus humanus Schweine infiziert, und außerdem gelang es ihnen, in den verkästen Mesenteriallymphdrüsen eines drei Monate alten Schweines Hühnertuberkelbazillen nachzuweisen.

Meine Untersuchungen erstrecken sich auf 11 Fälle von Schweinetuberkulose, aber nur in vier ist die Reinzüchtung der Bazillen gelungen. Preis z spricht davon, daß die Züchtung der Tuberkelbazillen direkt aus dem Körper des Schweines oder nach Passage desjenigen vom Meerschweinchen weniger leicht gelinge. Dieser Erfahrung möchte ich beistimmen. Es scheint mir die Schwierigkeit der Züchtung damit zusammen zu hängen, daß die Schweinetuberkulose zur raschen Verkäsung und Verkalkung neigt und Hand in Hand damit zur Abnahme der Menge der in den tuberkulösen Herden enthaltenen Bazillen fuhrt. In Ausstrichen aus Tuberkuloseherden des Schweinekörpers gelang der Nachweis der Keime immer nur sehr schwer, des öfteren überhaupt nicht; auch in denjenigen aus Meerschweinchen, wobei Material aus ver- schiedenen Organen und Lymphdrüsen zum Anfertigen der Aus- striche Verwendung fand, waren sie nur in mäßiger Zahl, ja meistens recht spärlich vertreten. Gerade wegen der häufigen Fehl- resultate habe ich außer Serum zur Züchtung der Kulturen noch Glyzerinkai-toffel als Nährboden zu Hilfe genommen, da bekanntlich, und wie namentlich auch Beck hervorhebt, die Züchtung auf diesem Nährboden wachstumsfördernd wirkt. Unter den vier Fällen, in denen die Reinzüchtung gelang, war dies denn auch in drei (S. 3, S. 4, S. 6) nur über die letztgenannten Nährböden zu erreichen; die auf Rinderserum angelegten Kulturen waren steril geblieben. Sämtliche aus den vier Schweinen gewonnenen Stämme verhielten sich in kultureller und pathogener Hinsicht ausgesprochenermaßen wie Angehörige des Typus bovinus.

Tuberkulose der Ziege.

(Hierzu Tabellen Ib und II c).

Herr Stadttierarzt Dr. Braun in Cannstatt hat dem Institut drei Fälle von Ziegentuberkulose freundlichst zur Verfugung gestellt.

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wofür ich meinen verbindlichsten Dank auch an dieser Stelle zum Ausdruck bringe.

In sämtlichen drei Fällen ^\^lrden Stämme gewonnen, die, wie aus der Zusammenstellung sich ersehen läßt, in kultureller und pathogener Hinsicht die Kennmale des Typus bovinus an sich tragen. Es ist demnach die Ziegentuberkulose in ätio- logische Beziehung zur Tuberkulose des Rindes zu bringen.

Tuberkulose des Hundes.

(Hierzu TabeUe II d.)

Von den beiden untersuchten Fällen verdanke ich den einen dem Vorstande des Pathologischen Instituts der Tierärztlichen Hoch- schule, HeiTU Professor Lüpke, den andern dem Vorstande der Klinik fiir kleinere Haustiere, Herrn Professor Dr. Übele. Den beiden Herren sei für die Überlassung des wertvollen Materials auch an dieser Stelle verbindlichster Dank gesagt. Die Ausfährung der im folgenden beschriebenen Untersuchungen lag zum größten Teil in den Händen des Institutsassistenten Herrn Dr. Rothhaar.

Fall I.

Hund, grauschwarzer, langhaariger Schnauzer, männlich, 9 Jahre alt

Sektionsbefund (aufgenommen im Pathologischen Institut; hier aus- zugsweise wiedergegeben):

Lungen: Im linken Spitzen- und rechten Hauptlappen nadelstich- bis stecknadelkopfgroße, graugelbe bis weifie Herdchen. Linke Bronchiallymph- drüse tuberkulös. Im Ausstrich aus ihr viele schlanke, gerade und leicht ge- bogene, manchmal unterbrochen gefärbte, säurefeste Stäbchen. An der Pleura nichts Auffälliges.

Leber: Stark vergrößert; auf blauschwarzrotem Grunde heben sich gelb- graue, kleine Flocken ab. In diesen viele Tubcrkelbazillen nachweisbar.

Herz: Herzbeutelflüssigkeit von Flöckchen durchsetzt, im Aussirich aus ihr viele Tuberkelbazillen. Epikard glanzlos, grauweiß, undurchsichtig, feinste Fibringerinnsel hängen der Oberfläche an.

Milz: Fast doppelt so groß als normal, enthält hirsekorn- bis linsen- große gelbe Herde. Im Ausstrich aus diesen nicht viele Tuberkelbazillen.

Gekröslymphdrüsen und Netz: Frei von Veränderungen.

Nieren: In der Rinden-, Grenz- und Markschicht Stecknadelkopf- bis haselnußgroße, auf dem Durchschnitt saftig-markige Herde in großer Znlil. In den Ausstrichen zahllose Tuberkelbazillen.

Prostata: In der linken Prostatahälf^e ein erbsengroßer Herd mit weißem bis graugelbem, schmierigem Inhalt; in Ausstrichen aus diesem Horde sehr viele Tuberkelbazillen.

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BakteriologiBche Untersachung: Das aus dem Hnnde geimpfte Meerschweinchen« am 17. April 1907 getötet, war mit einer von der Impfstelle ausgehenden generalisierten Tuberkulose behaftet, ebenso auch zwei weitere aus der Kniefaltenlymphdrüse dieses Meerschweinchens geimpfte Meer- schweinchen Nr. 323 und 264. Die aus Lunge des ersteren angelegten Kulturen zeigten ein üppiges Wachstum ; linsen grofie, schuppenf Ormige, krümelig trockene Kolonien fanden sich zerstreut über die Strichfläche. Im Ausstrich aus diesen schlanke, gleichmäßig gefärbte und gestaltete Stäbchen von der Länge der Rotlaufbazillen, andere nur halb so lang. Am 15. August 1907 wurde ant 2 proz. Glyzerinbouillon übertragen. Hier sehr üppiges Wachstum der Kultur, in Gestalt eines dicken, borkig- runzligen, faltigen, undurchsichtigen Häutchens, das am 10. September 1907 die gesamte Nährbodenoberfläche überdeckt; Fetzen davon sind zu Boden gesunken.

In Ausstrichen aus dieser Kultur überwiegen die längeren Stäbchen, dieselben sind nicht gleichmäßig gefärbt, weisen oft Lücken auf und sind leicht gebogen, daneben auch kürzere, gedrungene Formen.

Die beiden am 30. September 1907 aus dieser Glyzerinbouillonkultur geimpften Kaninchen Nr. 267 und Nr. 278 sind bei der am 31. Januar 1908 erfolgten Tötung frei von Tuberkulose (s. Tab. II d).

Ergebnis der Untersuchung: Der aus dem Hund ge- züchtete Stamm zeigt die Eigenschaften des Typus humanus. Bemerkenswert ist, daß der Besitzer mitteilte, der Hund sei ein Jahr vor seiner Tötung innerhalb vier Wochen rapid abgemagert, habe sich aber später wieder erholt; vier Wochen vor seinem Tode sei die Abmagerung wieder hervorgetreten. Außerdem berichtete der Besitzer, ein hiesiger Restaurateur, daß in der Wirt- schaft häufig ein Gast verkehrt habe, welcher viel hustete und aus- spuckte, auch schon schwer krank und dem Tode nahe gewesen sei.

Fall II.

Dem Institut wurde am 81. Oktober 1906 zur Verfügung gestellt die linke Brustwand eines Hundes. Die Innenfläche der Bmstwandung bedeckt ein schwartig-knotiger, unregelmäßig höckeriger Belag von rötlich-brauner Farbe und auf dem Durchschnitt von gleichmäßiger, bindegewebiger Struktur.

Bakteriologische Untersuchung: Im Ausstrich aus dem Rippen- belag, der zur Impfung eines Meerschweinchens benutzt wurde, waren Tuberkel- bazillen nicht zu finden. Das am 31. Oktober 1906 geimpfte Meerschweinchen, am 14. Januar 1907 getötet, zeigte Tuberkulose der subkutanen Lymphdrüsen, der Lungen, Leber und Milz. Kulturen aus diesem Meerschweinchen angelegt, gingen nicht auf. Der Zu chtungs versuch gelang vielmehr erst aus Meer- schweinchen Nr. 326, dem Material aus Kniefaltenlymphdrüse des erstgeimpften einverleibt worden war. Die am 11. April 1907 auf zweiprozentige Glyzerin- bouillon übertragene Kultur wuchs hier in Gestalt eines sehr dünnen, glänzenden Häutchens, das am 15. Mai 1907 die ganze Nährbodenoberfläche bedeckte und

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dessen Randpartie grauweiße, warzenförmige Erhabenheiten auflagen. Im Ausstrich aus der Semmkultur kurze, gleichmäßig gefärbte Stäbchen, in solchen aus Glyzerinbouillonkultur machte sich eine Unregelmäßigkeit nach Form, Größe und Färbung der Stäbchen geltend. Am 13. Juni 1907 wurden aus der Glyzerinbouillonkultur zwei Kaninchen subkutan geimpft, welche an Impf- tuberkulose eingehen.

Ergebnis der Untersuchung: Der aus dem Hunde rein- .gezüchtete Stamm zeigt die Merkmale des Typus bovinus.

de Jong hat in seinem Referat für den 8. Internationalen tierärztlichen Kongreß in Budapest die Hundetuberkulose einer eingehenden Besprechung gewürdigt und seine Untersuchungen, die sich auf einen Fall von Hundetuberkulose stützten, dahin zusammen- gefaßt: „Le bacille de la tuberculose du chien est aussi identique ä celui de Thomme et des autres mammifferes." Wie sich aus den vorliegenden Untersuchungen einwandfrei ergibt, können aus dem Hunde ebensowohl Tuberkelbazillen des Typus humanus wie des Typus bovinus gezüchtet werden, m. a. W. der Hund kann durch Sputum vom Menschen und auch vom Kinde aus infiziert werden; beide Typen bewahren auch nach längerem Verweilen im Hundekörper ihre besonderen Merkmale. Cadiot sieht auch diese zweifache Möglichkeit vor, erblickt aber im tuberkulösen Menschen die größere Gefahr für den Hund. Dies mag wohl auch zu- treffen, schon deshalb, weil sich ihm die Gelegenheit zur Aufnahme von Sputum häufiger als zum Genuß tuberkulös veränderter Organe bietet. Die englische Kommission hat (Part II, S. 139) bewiesen, daß sowohl Reinkulturen vom Rinde als vom Menschen auf dem Wege der Fütterung Tuberkulose beim Hunde hervorzurufen im- stande sind.

Tuberkulose des Pferdes.

Die Tuberkulose des Pferdes ist bis jetzt in bakteriologischer Hinsicht noch recht ungenügend erforscht. Durch die Liebens- würdigkeit der Herren Veterinärrat Kösler und Stadttierarzt Schneider würde mir Gelegenheit geboten, mich mit einem Fall von Pferdetuberkulose befassen zu können. -Am 17. Mai 1906 er- hielt das Institut von den genannten Herren Lungen, Leber und Milz sowie einen Abschnitt des Darmgekröses samt Lymphdrüsen, an welchen Teilen folgender Befund erhoben werden konnte:

Lungen: Oberfläche derselben höckerig, besonders entlang des stumpfen Randes, aber auch in den übrigen Teilen der Lungen sind größere und kleinere

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Knoten zu fühlen, die auf dem Durchschnitt eine grauweiße Farbe und eine derbe, speckige Beschaffenheit zu erkennen geben. Innerhalb der Spitzen- lappen sind unzählige grauweiße miliare Knötchen in hochrotes Lungengewebe eingebettet. Die Lungenlymphdrüsen erheblich geschwollen, derb, ihre Ober- fläche unregelmäßig, höckerig, einzelne faustgroß, auf dem Durchschnitt gran- weiß, gleichmäßig speckig.

Leber: In diesem Organe vereinzelte grauweiße, stecknadelkopfgroße, derbe Knötchen.

Milz: Oberfläche ungleichmäßig höckerig, im Innern Knoten bis zur Größe einer Kastanie, deren Beschaffenheit mit denen in den Lungen über- einstimmt.

Die Gekröslymphdrüsen stellen knotige, derbe Stränge dar, die im Innern auf dem Durchschnitt gelbe, über erbsengroße, erweichte, käse- ähnliche Herde führen.

Im Ausstrich aus Gekrös- und Lungenlymphdrüsen unzählige gut ge- färbte, meist lange und schlanke, daneben auch kürzere Tuberkelbazillen.

Bakteriologische Untersuchung: Am 17. Mai 1906 werden zwei Meerschweinchen (Nr. 140, 550 g schwer und Nr. 87, Gewicht 640 g) mit 1 ccm Gewebsemulsion, hergestellt durch Verreiben eines bohnengroßen Stückes einer mesenterialen Lymphdrüse mit einigen Kubikzentimetern Bouillon, ge- impft Am 10. August 1906, also nach ungefähr sieben Wochen, wurden diese beiden Meerschweinchen getötet, das Gewicht des ersten betnig 550 g, das des zweiten 598 g. Keines der beiden Impftiere wies, wie die sehr sorgfältige Untersuchung ergab, auch nur die geringste Spur von Tuberkulose auf. Bei dem intraperitoneal geimpften war das Bauchfell überall glatt und glänzend, bei dem zweiten, intramuskulär geimpften, war auch an der Impfstelle jegliche Reaktion ausgeblieben. In den aus Milz, Leber, Lunge, Niere, Lymphdrüsen beider Tiere angefertigten Ausstrich- präparaten suchte man vergeblich nach Tuberkelbazillen.

Zunächst erstaunt über dieses negative Impfergebnis trotz reichen Bazillenfunds in dem Ursprungsmaterial, stieß ich später bei Durchsicht der einschlägigen Literatur auf eine Mitteilung No- cards, wonach die abdominale Form der Pferdetuberkulose durch Hühnertuberkulosebazillen venirsacht werden soll. Nocard konnte nämlich aus zwei Pferden, die mit der genannten Form der Tuber- kulose behaftet waren, Stäbchen reinzüchten, die in kultureller und pathogener Hinsicht »mit dem Hühnertuberkulosebazillus überein- stimmten, dick und üppig auf allen Nährböden gediehen, für das Kaninchen und Huhn pathogen waren, bei Meerschweinchen aber nur ein Impfgeschwür zu erzeugen vermochten.

Mit einer solchen Erklärung wie der Nocardschen wäre allerdings auch der Schlüssel zum Verständnis des refraktären Ver-

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haltens der beiden Meerschweinchen in vorliegendem Fall erbracht. Leider wurde versäumt, mit Ursprungsmaterial auch Kaninchen und Hühner zu impfen, und es wurde daher die weitere bakteriologische Ausnützung dieses Falles illusorisch.

Titze ist der Frage der Übertragbarkeit der Hühnertuberkel- bazillen auf das Pferd und im besonderen derjenigen, ob die Ab- dominaltuberkulose dieser Tiergattung durch jene Bazillen er- zeugt wird, im Experiment nachgegangen. Er verfutterte an ein Fohlen etwa drei Monate lang insgesamt 44 Reinkulturen von Hühnertuberkelbazillen, aber ohne jeden Erfolg. Dieses negative Versuchsergebnis ist, wie Titze selbst bemerkt, noch keineswegs dazu angetan, den Nocard sehen Standpunkt zu erschüttern, es beweist vielmehr zunächst nur, daß, wenn auch die Hühnertuberkel- bazillen beim Pferd aggressiv werden können, dies doch nicht so leicht geschieht.

Daß neben dem Hühnertuberkelbazillus der Säugetier tuberkel- baziUus Tuberkulose beim Pferde hervorruft, ist hinreichend erwiesen. M'Fadyean nahm in einem Fall von Tuberkulose bei einem Pony eine subkutane Überimpfung auf ein Meerschweinchen vor, dasselbe starb nach etwa drei Monaten und bot das Bild der generalisierten Tuberkulose mit Veränderungen in Milz, Lunge und Leber sowie in den verschiedenen Lymphdrüsen. Nocard ist geneigt, für die Lungenform der Pferdetuberkulose den Tuberkelbazillus des Menschen verantwortlich zu machen, da ihm eine erfolgreiche Übertragung aus den Lungenknoten auf das Meerschweinchen und Kaninchen gelang. Ein Zweifel über die Virulenz des Säugetiertuberkelbazillus fär das Pferd besteht also nicht, nur darüber sind die Akten noch nicht geschlossen, ob dies für die Mehrzahl der Fälle zutrifft, und ob der Typus humanus oder der Typus bovinus i. R. beteiligt ist. Das letztere kann als das wahrscheinlichere gelten, da die Gelegenheit zur Infektion des Pferdes vom Rinde aus sich entschieden häufiger bietet. Das Kaiserliche Gesundheitsamt hat denn auch in seinen „praktischen Ergebnissen der neueren Forschungen über die Be- ziehungen zwischen der Menschen- und Tiertuberkulose" den Satz niedergelegt: „Die Tuberkulose der übrigen Haustiere leitet sich in den meisten Fällen von der Tuberkulose des Rindes ab." Damit wäre, wie sich aus dem übrigen Zusammenhang ergibt, die genetische Beziehung zwischen der Pferde- und Rindertuberkulose ausge- sprochen.

Zeitschrift fttr Infektionskrankheiten. IV, 5/6. 22

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Man konnte noch daran denken, jene Tuberkelbazillenform, die Nocard als Hühnertuberkulosebazillus deutet, sei ein im Pferdekörper umgewandelter Säugetier-, sagen wir, Rindertuberkel- bazillus, der seine Virulenz für Meerschweinchen eingebüßt hat. Ein solcher Deutungsversuch könnte sich auf jenes Impfergebnis dieser Arbeit stützen, wobei Rindertuberkelbazillen, auf das Pferd subkutan verimpft, später ihre Virulenz fiir das Meerschweinchen verloren hatten. Jedoch möchte ich mich einer solchen Auffassung nicht anschließen, da sie übersieht, daß in jenem Impfv^ersuch die Tuberkelbazillen sich einzig und allein auf die Impfstelle be- schränkten und an dieser einem Absterbeprozeß verfielen, während in jenen natürlichen Fällen von Pferdetuberkulose, in denen Bazillen vom Charakter der Hühnertuberkelbazillen gefunden wurden, diese in sehr reicher Zahl sich fanden und die Neigung zum Fortschreiten der Tuberkulose unverkennbar war.

Alles in allem: Es ist zweifellos, daß die Pferdetuberkulose nicht allzu selten durch säurefeste Bazillen erzeugt werden kami, die nicht unerheblich vom Säugetiertuberkelbazillus abweichen und sich dem Hühnertuberkulosebazillus nähern. Dringend geboten ist daher zur weiteren Aufklärung ein sorgfältiges bakteriologisches Studium der Pferdetuberkulose.

Gleichzeitige intravenöse Übertragung von Bazillen des Typus humanus und subkutane Übertragung von Bazillen des Typus bovinus auf ein Rind.

(Hierzu Tafel X, Kurve I.

Dieser Versuch wurde angestellt, um die gegenseitige Be- einflussung der Menschen- und Rindertuberkelbazillen unter der Wechselwirkung der vitalen Kräfte des Rinderorganismus kennen zu lernen. Nicht ausgeschlossen war von vornherein, daß die intra- venös injizierten Menschentuberkelbazillen einen Reaktionsprozeß im Tierkörper auslösen, der zu einer Partiaümmunisierung führte und die langsamer in den Körper vordringenden Rindertuberkel- bazillen nicht zur pathogenen Wirkung kommen ließ, sie vielmehr zum Bundesgenossen der menschlichen machte und dadurch eine Steigerung der immunisierenden Wirkung zur Folge hatte.

Herkunftder benütztenEultur: DieKultnr vom Typus humanus (Sputumkultur) war am 23. August 1906 aus dem Meerschweinchen auf Rinder- serum angelegt, am 7. November 1906 auf neues Serum und am 26 November 1906 auf zweiprozentige Glyzerinbouillon übertragen worden. Zwei am

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21. Janaar 1907 mit dieser Kultur geimpfte Kaninchen waren bei der nach etwa vier Monaten vorgenommenen Tötung frei von Tuberkulose.

Die Perlsuchtkultur (R. 18) war am 17. Juli 1906 aus dem Meer- schweinchenkörper auf Serum reingezüchtet, am 23. Oktober 1906 auf neues Serum und am 13. November 1906 auf zweiprozentige Glyzerinbouillon über- tragen worden. Zwei am 7. Dezember 1906 mit der Kultur geimpfte Kaninchen gingen an Tuberkulose ein.

Versuchsanordnung: Ein Rind, ftinfviertel Jahre alt, 201 Kilogramm schwer, das auf Tuberkulin nicht reagiert hat, erhält am 28. Januar 1907 0,005 Gramm Tuberkelbazillen des Typus humanus intravenös in die linke Jugularvene. Gleichzeitig wird das Bind mit 0,05 Gramm des Typus bovinus subkutan an der linken Brustwand geimpft

Verlauf: An der Impfstelle entwickelt sich innerhalb der nächsten sechs Wochen eine bis faustgroße, höckerige, weder heiße noch schmerzhafte Geschwulst Dieselbe war Mitte Mai nur noch etwa hühnereigroß, ging in der Folgezeit mehr und mehr zurück und verschwand später für das Auge voll- ständig. Nur beim Betasten konnte man an der Impfstelle eine flache, in der Haut sitzende Geschwulst fühlen. Das Allgemeinbefinden des Tieres war nie gestört; auch hat seine Körpertemperatur keine fieberhafte Steigerung erfahren.

Während der Zeit vom 16. November 1907 bis 14. Februar 1908 wurde das Rind neben eine mit sehr vorgeschrittener Lungen- tuberkulose behaftete Kuh, in deren Sputum reichlich Tuberkel- bazillen nachweisbar waren, gestellt.

Schlachtbefund: Die Schlachtung wurde am 14. Februar 1908 vor- genommen. Im Bereich der Impfstelle findet sich ein erbsengroßer Knoten in der Unterhaut. Zwei weitere haselnußgroße sitzen unter dem Brusthautmuskel und sind mit ihm verwachsen. Alle drei Knoten sind völlig verkalkt und von einer ziemlich dicken Bindegewebskapsel umgeben. Die korrespondierenden Lymphdrüsen, linke Achsel- und linke Buglymphdrüse, sind gänzlich frei von tuberkulösen Veränderungen, die letztere erscheint etwas blutreicher als die anderseitige, in der Größe sind aber beide gleich. Bei genauester Durch- suchung des ganzen Tierkörpers, wobei sämtliche Lymphdrüsen in viele dünne Scheiben zerlegt werden, können nur in zwei Darmlymphdrüsen etwa hanfkorngroße, völlig verkalkte Herde entdeckt werden.

In Ausstrichpräparaten, welche von den verkalkten Herden an der Impf- stelle angefertigt werden, sind kurze, sehr schlanke, gleichmäßig gefärbte Stäbchen neben zerfallenen (Bakteriensplittem) zu sehen. Die letzteren liegen oft haufenweise beisammen. In den beiden Kalkherden aus mesenterialen Lymphdrüsen sind Tuberkelbazillen mikroskopisch nicht nachweisbar.

Aus den verkalkten Herden in den Darmlymphdrüsen werden Emulsionen hergestellt und mit 1 ccm derselben je zwei Meerschweinchen, das eine subkutan, das andere intramuskulär geimpft Das erstere starb am 10. März 1908, war in geringem Grade (Impfstelle, Kniefalten- und Sakrallymphdrüsen) tuberkulös, das zweite am 11. April 1908 getötet, hat an Gewicht zugenommen, auch bei ihm war, abgesehen von der Impfstelle, eine nicht sehr weit vor- geschrittene Tuberkulose der Milz, Leber und Lungen vorhanden.

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Von den mit verkalktem Material von der Impfstelle geimpften Meer- schweinchen starb das intramuskulärgeimpfte nach vier Wochen ; außer Schwel- lung der Kniefalten- und Sakrallymphdrttsen war an ihm nichts Auffälliges zu finden. Das zweite, welches 1 ccm der Emulsion subkutan erhalten hatte, starb fünf Wochen post inf. An der Impfstelle war ein Geschwür, die korre- spondierenden (Kniefalten-) Lymphdrüsen waren verkäst, ebenso die Sakral- und Stemallymphdrüsen. In der Milz einige Knötchen, sonst aber nirgends Zeichen von Tuberkulose. Bei den verendeten Meerschweinchen scheint es sich mehr um eine toxische als infektiöse Wirkung gehandelt zu haben.

Ergebnis des Versuchs: Durch die gleichzeitige Einver- leibung von Menschen- und Rindertuberkelbazillen, wobei die ersteren auf intravenösem, die letzteren auf subkutanem Wege dem Rinder- körper zugeführt worden sind, wurde die Wirkung einer sonst tödlichen Menge von RindertuberkelbaziUen paralysiert. Daß der Rinderstamm virulent war, dafür spricht, abgesehen von seiner Herkunft, der Umstand, daß zwei Kaninchen, die kurze Zeit vor der Impfung des Rindes mit ihm geimpft worden waren (Kaninchen 37 und 38, [Tab. II]), an Impftuberkulose zugrunde gingen. Der Beweis für die todbringende Wirkung dieses Stammes wäre aller- dings noch mehr gesichert worden, wenn der Stamm allein in der Dosis von 0,05 g einem gleichaltrigen Rinde subkutan einver- leibt worden wäre; leider stand mir ein solches Kontrollrind nicht zur Verfugung.

Bis jetzt wurde die Schutzimpfung bei Rindern gegen Tuber- kulose einerseits als intravenöse, unter Verwendung menschlicher oder abgeschwächter Perlsuchtbazillen (v. Behring-Koch-Schütz- Neufeld-Mießner), andererseits als subkutane mit menschlichen Tuberkelbazillen vorgenommen (v. Baumgarten, Ligniferes), noch nicht aber durch Kombination beider Applikations weisen unter gleichzeitiger Verwendung von menschlichen und Rinder-Tuberkel- bazillen. Obwohl der eine von mir hier mitgeteilte Versuch durch- aus noch nicht dazu angetan ist, einen bestimmten Ausblick zu geben, so scheint mir diese Versuchsanstellung doch der weiteren Verfolgung wert zu sein. Vielleicht ließe sie sich durch zweck- entsprechende Dosierung und auch durch Wahl einer andern Impf- stelle für die subkutane Impfung zu Immunisierungszwecken aus- beuten.

Der Umstand, daß sich die Tuberkelbazillen an der Impfstelle längere Zeit lebensfähig erhalten, dürfte im Sinne der Immuni-

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sierung günstig sein, auch scheint es, als ob die Neigung zur Abszeßbildung, die nach Weber und Titze wegen der Gefahr des Durchbrechens des Abszesses und der Ausscheidung von leben- den Tuberkelbazillen nicht gering zu veranschlagen ist, unter der Wirkung der menschlichen Tuberkelbazillen sich wesentlich ver- ringerte, denn der an der Impfstelle vorhandene Knoten, der ur- sprünglich zum Durchbruch geneigt schien, ging später zusehends und ganz bedeutend zurück. Ob die geringgradige Tuberkulose der Darmlymphdrüsen des Rindes auf die Kohabitation mit der tuber- kulösen Kuh zurückzufuhren ist oder auf eine frühere Zeit, läßt sich nicht mit aller Sicherheit entscheiden. Jedenfalls aber ist bemerkenswert, daß die Tuberkulose keine Neigung zum Fort- schreiten bekundete; denn die kleinen, in den Darmlymphdrüsen vorgefundenen Herde waren völlig verkalkt und bazillenarm.

Ffitterungsversuche mit tuberkulAsen Organen vom Rind bei Hfilinern.

Schon von verschiedenen Seiten (Cadiot, Gilbert und Roger, Fischel, Courmont und Dor, Pansini, Römer^) wurde die Möglichkeit der Übertragung der Säugetiertuberkelbazillen auf Hühner behauptet, von anderer dagegen entschieden in Abrede gestellt. Weber und Bofinger lieferten durch umfaugreiche und sorgfältige Untersuchungen den schlagenden Beweis, daß eine Übertragung von Säugetiertuberkelbazillen auf das Huhn nicht möglich ist, und daß es selbst durch Verflitterung großer Mengen von Perlsuchtkulturen und von Kulturen menschlicher Tuberkel- bazillen sowie von Organen perlsüchtiger Rinder nicht gelingt, Tuberkulose bei Hühnern zu erzeugen. Die von mir ange- stellten Fütterungsversuche bestätigen dieses Ergebnis. An drei Hühner verfütterte ich wöchentlich an drei Tagen während der Zeit vom 20. Mai 1906 bis 22. Mai 1907 reichliche Mengen von tuberkulösen Lungen, Lebern und andern Organen, besonders tuberkulösen Lymphdi-üsen. Bei der Schlachtung am letzterwähnten Tag waren die drei Hühner sehr fett, geradezu gemästet, in ihrem Körper war aber nicht die geringste Spur von Tuberkulose zu ent- decken.

0 Zit. nach Weber und Bofinger. Die Hühnertuberkulose. Tuber- kulosearbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt. 1. Heft. 1904.

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Oesamtergebnis der Untenucliungen.

i. Auf Orund der im Institut durchgeführten vergleichenden Untersuchungen von Tuberkelbaxillen des Rindes und des Menschen halte ich die Aufstellung eines Typus bovinus und Jk/pus hwnanus für berechtigt. Die Typenunterschiede treten, wenn die Tuberkel- baxillen frisch aus dem Körper des Rindes und des Menschen auf Meerschiveinche?i übertragen und von diesen auf Rindersenjim und 2prox, Olyxerinbouillon gexüchtet werden, i. R. schon im Wachstum hervor, ganx besonders aber bei subkutaner Yerimpfung von 1 cg der Olyxerinbouillonkultur auf Kaninclien, Die mit Stäynmen des Typus bovinus geimpften Kaninchen erkranken ausnahmslos an gene- ralisierter Tuberkulose, der sie in der Regel innerhalb 1 4 Monaten erliegen. Die mit Stämmen des Typus humanus in derselben Weise geimpften Kanifichen bleiben frei von Tuberkulose; an der Impfstelle entunckelt sich getvöhnlich ein Absxess, die regionären Lymphdrüsen iverden jedoch sticht ergriffe^i.

2, Bei natiirliehen Fällen von Rindertuberkulose finden sich nur Stämme des Typus bovinus; Stämme vmn Typus humanus oder sogenannte atypische konnten nicht gefunden werden. Daraus folgt, dass wenn auch die Tuberkelbaxillen vom Typus humanus künstlich auf das Rind übertragen tverden können, sie für die fuitär liehe In- fektion des Rindes keine Rolle spielen. Die Tuberkulose des Rindes wird vielmehr einxig und allein durch Baxillen des Typus bot^nus erxeugt,

3, Der Indixienbeweis ist im Einxelfall für die Behauptung der Übertragung der Tuberkulose vom Rinde auf den Menschen selbst dann nicht hinreichend, wenn von eifietn Menschen die un- gekochte Milch einer eutertuberkulösen Kuh genossen umrde. Auch unter einer solchen Voraussetzung muss die tuberkulöse Erkrankung des Menschen nicht die notwendige Folge der Aufrmhme von Perl- suchtbaxillen sein. Zur Klarstellung derartiger Vorkommnisse ist eine sorgfältige bakteriologische Untersuchung erforderlich,

4, Die von Bonome angegebene Präxipitinreaktion als Mittel xur Diagnostik der Tubericulose und zur Differenxierung von Rinder- und Mensclientuberkelbaxillenstämmen hat sich bei. den vorgenommenen Xackprüfungen ?iicht bewährt.

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5. In vier Fällen von Tuberkulose des Schweines und in drei Fällen von Tuberkulose der Ziege fanden sich Tuberkelbaxillen des Typus botrinus. Die Rindertuberkelbaxillen erfahren im Körper dieser Tiergattungen keine Änderung ihrer Typenmerkmale,

6. In einem Fall von Pferdetuberkulose waren Tuberkelbaxillen nachweisbar^ die sich durch Avirulenx gegenüber dem Meerschwein- chen wesentlich von den Säugetiertuberkelbaxillen unterschieden und sich ebenso verhielten toie Hühnertuberkelhaxillen. Die Pferdetuber- kulose bedarf mit Rücksicht auf diesen Fall und auf die Nocard- sehe Auffassung, wormch die Abdominaltuberkulose des Pfades durch Hiihnerticberkelbaxillen verursacht werden soll, dringend der näheren bakteriologischen Aufklärung,

7. Unter xwei Fällen von Tuberkulose des Hundes vmrde der eifie durch Baxillen des Typus fmmanus und der andere durch Ba- xillen des Typus bovinus verursacht. De?^ Hund kann sich daher Tuberkulose sowohl durch Aufnahme von Sputum des Menschen als durch den Oenuss des Fleiscfies und der Milch tuberkulöser Tiere xuxiehen.

8. Bei gleichzeitiger intravenöser Verimpfung von Tuberkel- baxillen des Menschen und subkutaner Verimpfung von Tuberkel- baxillen des Rindes auf ein Versuchsrind blieb die schädliche Wirkung einer sonst letalen Dosis der letxteren auf den Rinderorganismus aus.

9. Die Tuberkelbaxillen des Rindes lassen sich selbst durch lange Zeit fortgesetxte Verfütterung tuberkuloser Organe des Rindes nicht auf Hühner übertragen.

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(Aus dem Veterinär-Institut der Universität Leipzig.)

Experimentelle Übertragung der Tuberkulose vom

Menschen auf das Rind.

(Dritte Mitteilung.) Von Professor Dr. A. Eber«

Zur Klärung der durch Robert Kochs denkwürdigen Londoner Vortrag wieder in den Brennpunkt des Interesses gerückten Frage der Beziehung zwischen Menschen- und Rindertuberkulose sind im Veterinär-Institut der Universität Leipzig seit Frühjahr 1903 Uber- tragungsversuche mit vom Menschen stammendem tuberkulösen Material an Rindern zur Durchführung gelangt. Über einen Teil dieser Versuche hat Verf. erstmalig^) im Frühjahr 1905 und weiter- hin^) im Frühjahr 190G Bericht erstattet.

Zu diesen Versuchen hatten Leichenteile von insgesamt 8 Kindern im Alter von 3 Monaten bis 8V9 Jahren gedient, bei denen die Sektion frische tuberkulöse Veränderungen im Bereiche dos Darmkanals und der Mesenterial- drUsen ergeben hatte. In einem Falle erwies sich das vom Menschen stam- mende Material filr Meerschweinchen avirulent. In den sieben übrigen FäUen konnte die Rindervirulenz experimentell geprüft werden. Hierbei gelang es in fünf Fällen, eine von der Impfstelle (Subkutis oder Peritoneum) ausgehende, mehr oder weniger schwere, typische Tuberkulose bei den Versuchsrindem zu erzeugen. In zwei Fällen kam es lediglich zur Ausbildung eines lokalen Infektionsherdes an der Impfstelle, der in einem Falle 112 Tage nach der Impfung völlig abgeheilt war, im zweiten Falle 106 Tage nach der Impfung noch virulente Tuberkelbazillen enthielt.

Im Jahre 1906 mußten' die Übertragungsversuche leider infolge anderweiter starker Inanspruchnahme der Institutsmittel und ünter-

1) Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. III, H, 4 und Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 15. Jahrg. (1905) Nr. 7.

2) Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. V, H. 3 und Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene, 16. Jahrg. (1906) Nr. 7.

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kunftsräume zeitweilig unterbrochen werden, so daß es erst in diesem Frühjahr möglich war, die Prüfung von 8 weiteren Fällen menschlicher Tuberkulose auf Rindervirulenz zu Ende zu führen.

Von diesen acht neuen Fällen betreffen nur drei tuberkulöses Material von Kindern im Alter von V2 ^72 Jahren, während das Material der übrigen fünf Fälle von erwachsenen Personen im Alter von 17 50 Jahren stammt. Das Material verdanke ich der Liebenswürdigkeit der Herren Geheimen Medizinalräte Professor Dr. Marchand, Direktors des Pathologischen Instituts, und Professor Dr. Soltmann, Direktors der Universitäts- Kinderklinik. Nicht minder bin ich den Herren Prosektoren Privatdozent Dr. Verse und Privatdozent Dr. Hohlfeld für die sorgfaltige Gewinnung und Übermittlung des Materials zu aufrichtigem Danke verpflichtet.

Für die Versuchsanordnung und die Auswahl der Versuchs- tiere waren dieselben Gesichtspunkte wie bei den früheren Versuchen ^ maßgebend. Die Nummerierung schließt an Fall VIII der zweiten Mitteilung an und umfaßt somit die Fälle IX— XVI. Die Fälle XI und XII sind z. T. bereits im Frühjahr 1907, soweit sie damals abgeschlossen vorlagen, veröffentlicht, i) Fall XI ist durch die Kulturversuche sowie durch die weiteren Versuche zur Prüfung der Virulenz des vom Rind 50 gewonnenen tuberkulösen Materials und Fall XII durch die Kulturversuche erweitert.

In vier Fällen (IX, X, XI, XII) wurden die Reinkulturen gezüchtet und nach dem von Kossei, Weber und Heuß (Tuber- kulose-Arbeiten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, Heft 1 u. 3) angegebenen Gesichtspunkten auf ihre Zugehörigkeit zu dem einen oder dem andern der von den genannten Autoren aufgestellten Typen (Typus humanus und Typus bovinus) geprüft. Diese Unter- suchungen hat der IL Instituts-Assistent, Herr Karl Fischer, der mich auch sonst bei Durchführung der Versuche wirksam unter- stützt hat, selbständig ausgeführt und als Dissertation veröffentlicht.*-^)

^) A. Eber, Zwei Fälle von erfolgreicher Übertragung tuberkulösem Materials von an Lungenphthise gestorbenen erwachsenen Menschen auf das Kind. Deutsche medizinische Wochenschrift 1907, Nr. 10; Berliner tierärzt- liche Wochenschrift 1907, Nr. 11.

^ Karl Fischer, Beiträge zur Lehre von der Identität der vom Menschen und vom Rinde stammenden Tuberkclbazillen. Inaugural-Dissertation, Leipzig 1907.

376

Die Untersucliungsergebnisse sind, soweit sie flir die Beurteilung der Sachlage von Wichtigkeit sind, den einzelnen Fällen angefügt.

Auch von den vier übrigen Fällen (XIII, XIV, XV, XVI) wurden Reinkulturen gezüchtet, doch mußte die Virulenzprüfdng im Kaninchenversuch leider unterbleiben, da infolge eines Brüt- schrankdefektes sämtliche Kulturen vor ihrer weiteren Verwendung eine längere Erhitzung auf 45 ^ C erlitten hatten.

Ich ' teile zunächst die einzelnen Fälle in der Reihen- folge, in der sie zur Untersuchung gelangten, mit und lasse eine zusammenfassende Besprechung der Ergebnisse folgen.

Fall IX.

Infektionsmaterial: Milz und Mesenterium eines Tags zuvor im Kinderkrankenhause an akuter Miliartuberkulose (tuberkulöse Hirnhautentzündung) gestorbenen 2^/2 jährigen Kindes (H. W.; . J.-Nr. 1452), am 11. 12. 1905 dem Veterinär-Institut überbracht. In der Milz zahlreiche submiliare Knötchen, am Mesenterium eine erbsengroße, käsig erweichte Lymphdrüse; im Ausstrich der Milz- knötchen und des käsigen Inhalts der Mesenterialljrmphdruse Tuberkelbazillen in spärlicher Zahl durch Färbung (Karbol- fuchsin) nachweisbar.

Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Meningitis basil. tuberculosa; Tuberculosis glandul. bronchial, et mesenteric; Tuberculosis miliaris lienis, hepatis, renum.

Eine Schwester des Verstorbenen befand sich wegen Phthisis noch in Behandlung des Kinderkrankenhauses.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden zwei Meerschweinchen (M. 696 u. 697) mit je einem iinsengroßen Stück des erweichten Inhalts der Mesenteriallymphdrüse und zwei Meerschweinchen (M. 698 u. 699) mit je einem linsengroßen Stück der Milz subkutan am Rücken infiziert. M. 696 u. 697 starben gleichzeitig 41 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

M. 699, infiziert mit Milzknötchen, wurde am 19. 2. 06 (70 Tage nach der Impfung), nachdem es 60 g an Körpergewicht verloren hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle aus- gehende Tuberkulose. Die fast auf das Dreifache vergrößerte und mit zahlreichen stecknadelkopfgroßen, graugelben Knötchen durchsetzte Milz, die über erbsengroße, zentral verkäste Portal- drüse, die bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrüse und die beiderseitigen bohnengroßen, total verkästen Kniefaltenlymph- drüscn dienen als Infektionsmaterial für das Rind.

377

M. 698 starb 145 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

Tersnchstler: ca. vier Monate altes, 135 kg schweres, weib- liches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die # Bezeichnung Rd. 44 fuhrt.

Intraperitoneale nnd snbkntane Infektion Ton Bd. 44: Am 19. 2. 06,

unmittelbar nach Tötung von M. 699, wurden zunächst Milz und Portal drüse nach gründlicher Zerkleinerung mit der Schere mit 10 ccm sterilisierter Glyzerin- bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchsrinde von der rechten Bauch- seite aus intraperitoneal eingespritzt. Sodann wurden die beiderseitigen Kniefaltenlymphdrüsen in gleicher Weise zu einer Emulsion verrieben und subkutan in der Mitte der linken Halsseite eingespritzt, während die ebenfalls wie oben zu einer Emulsion verriebene bronchiale Lymphdrüse subkutan an der rechten Halsseite injiziert wurde.

Terhalten des Tersnchsrindes nach der Infektion: Impfstellen zunächst reaktionslos. Allmählich entwickelte sich an beiden Halsseiten eine flache, handtellergroße, derbe Anschwellung, die vier Wochen nach der Impfung die größte Ausdehnung erlangt hatte und zwölf Wochen nach der Impfung fast völlig wieder verschwunden war. Auch die Anfangs deutlich vergrößerten Buglymphdrüsen waren später nicht mehr fühlbar. Freßlust und Allgemein- befinden stets gut; Gewichtszunahme entsprechend der Fütterung. Körper- temperatur dauernd normal (Mitte März, Mitte Mai und Mitte Juli wurden einige Tage hindurch Temperaturen zwischen 39,5 und 39,8^ C gemessen, sonst stets unter 39,5 bzw. 39,0° C). Tuberkulinproben (0,5 ccm) am 2. 8. und 23. 11. 06 positiv.

Sektion des Tersnchsrindes; Am 30. 11. 06 (9V9 Monate nach der Impfung) wurde Rd. 44 im Polizeischlachthause des Leipziger Schlachthofes geschlachtet; Gewicht 230 kg.

Befund: An den Impfstellen keinerlei pathologische Veränderungen nachweisbar; sämtliche Körperlymphdrüsen, insbesondere Bug- und Achsel- drilsen intakt In der sonst normal lufthaltigen Lunge sind beim Durchtasten drei kleine, erbsengroße, derbe Knoten nachweisbar, die auf dem Durch- schnitt eine grauweiße Kapsel und einen käsigen Inhalt erkennen lassen. In den Mediastinaldrüsen vereinzelte bis linsengroße verkalkte Herde. Brust- und Bauchfell überall ^latt und glänzend, ohne krankhafte Veränderungen; Impfstelle an den Bauchdecken und am Bauchfell nicht mehr erkennbar. Weitere krankhafte Veränderungen nicht nachzuweisen.

Im käsigen Inhalt der Lungenknötchen konnten Tuberkelbazillen durch Färbung (Karbolfuchsin) nicht nachgewiesen werden, doch starb ein subkutan geimpftes Meerschweinchen (M. 918) 50 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Ein zweites mit einem linsengroßen Stück der Mediastinaldrüse subkutan geimpftes Meerschweinchen (M. 917) starb 59 Tage nach der Impfung ebenfalls an generalisierter Tuberkulose.

Wenn somit auch der tuberkulöse Charakter der bei dem V^rsuchsrinde gefundenen Lungenknötchen nicht bezweifelt werden kann, so ist es doch im

378

hohen Grade zweifelhaft, ob die Lungenknötchen im ursächlichen Zusammen- hang mit der subkutanen bzw. intraperitonealen Infektion des YersachsriDdes stehen. Wir sind vielmehr der Meinung, daß diese Lungenknötchen der Aus- druck einer spontanten Infektion sind, die sich das fragliche Rind durch das Zusammenleben mit Rd. 48 (Fall X) während der Monate Juni und Juli 1906 zugezogen hat.

Diagnose: Frei von tuberkulösen Veränderungen, die auf die sub- kutane bzw. intraperitoneale Infektion zu beziehen sind.

Zusammenfassung: Im vorliegenden Falle ist es somit nicht gelungen, durch intraperitoneale Injektion der mit Bouülon verriebenen Milz und portalen Lymphdrüse eines mit tuber- kulösem Material (Milzknötchen) vom Menschen infizierten Meerschweinchens und gleichzeitige subkutane Injektion der ebenfalls mit Bouillon verriebenen Bronchial- und Knie- faltenlymphdrüsen desselben Meerschweinchens bei einem ca. vier Monate alten, auf Tuberkulin nicht reagierenden Rinde eine von der Impfstelle ausgehende tuberkulöse Infektion zu erzeugen. Eine anfangs vorhandene geringradige Infiltration an den Impf- stellen des Halses und mäßige Schwellung der Buglymphdrüsen bildeten sich innerhalb dreier Monate völlig wieder zurück, so daß bei der 9^/^ Monate nach der Impfung vorgenommenen Schlachtung sichere Zeichen der stattgehabten Infektion nicht mehr nachweis- bar waren.

KnltuFTersnch: Heinkulturen wurden aus der Portaldrüse von M. 69S (Msch. Tb. IX) und aus der Milz von M. 696 a (infiziert subkutan mit Milz tod M. 696) (Msch. Tb. IX a) gezüchtet. Beide Stämme verhielten sich gleichartig. In den Kulturen überwogen die schmalen, dünnen, mehr oder weniger ge- krümmten Stäbchen. Das Wachstum auf künstlichen Nährböden (4'Vo Glyzerin- Rinderserum und A^/q Glyzcrin-Rinderbouillon) war relativ üppig. Von 4 mit 1 bzw. 2 mg Reinkultur intravenös infizierten Kaninchen starb eins (1 mg} 97 Tage nach der Impfung und zeigte vereinzelte linsengroße, stark tuberkel- bazillenhaltige Knötchen in der Lunge. Die übrigen wurden 100 Tage nach der Impfung getötet und zeigten bis auf eins, das sich völlig gesund erwies, einzelne stecknadelkopfgroße Tuberkel in der Lunge. Von 2 mit je 10 mg Rein- kultur subkutan infizierten Kaninchen, die ebenfalls 100 Tage nach der Impfung getötet wurden, zeigte das eine einen erbsengroßen Abszeß an der Impfstelle und das andere außer einem bohnengroßen Impfabszeß vereinzelte stecknadel- kopfgroße, tuberkulöse Knötchen in der Lunge.

Hiernach sind die aus obigem Material gezüchteten Tuberkel- bazillen dem Typus humanus nach Kossei, Weber und Heuß zuzuzählen. Hiermit steht das negative Ergebnis des Einder- versuchs im Einklang.

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Fall X.

Infektionsmaterial: Lunge und Mesenteriallymphdrüse eines Tages ^uvor im Kinderkrankenhause an Tuberkulose gestor- benen V2 jährigen Kindes (E. G.; J.-Nr. 242), am 22. 3. 06 dem Veterinär-Institut überbracht. Lunge durchsetzt von Gruppen kleiner gelblicher Knötchen, die bis Erbsen- und Kirschkerngröße erreichen ; Mesenterialdrüse erbsengroß, verkäst; im Ausstrich der Lungen- knötchen zahlreiche Tuberkelbazillen durch Färbung (Karbol- fiichsin) nachweisbar.

Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Tuberculosis pulmonum, lienis, hepatis, glandul. bronchial, et mesaraic; Ulcera tubercul. intestini.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden zwei Meerschweinchen (M. 818 und 819) mit je einem llnsengroßen Stück der Bronchialdrüse, zwei Meerschweinchen (AI. 820 und 821) mit je einem linsengroßen Stück der Mesenterialdrüse und zwei Meerschweinchen (M. 822 und 823) mit je einem linsengroßen Stück der Lunge subkutan am Rücken infiziert. M. %19 starb fünf Tage nach der Infektion an Darmentzündung, M. 818 und 821 starben 23 Tage nach der Impfung, M. 820 40 Tage nach der Impfung und M. 828 61 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

M. 822, infiziert mit LungenknOtchen, wurde am 1.6.06 (71 Tage nach der Impfung), nachdem es sich schon mehrere Tage krank gezeigt und an Körpergewicht erheblich (100 g) abgenommen hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Dreifache vergrößerte und mit zahlreichen graugelben miliaren Knötchen durchsetzte Milz, die Über erbsen- große, zentral verkäste Portaldrüse, die von zahlreichen miliaren grauen Knötchen durchsetzte Lunge und die bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrüse dienen als Infektionsmaterial für das Kind.

Tersüclistier: ca. 4 Monate altes, 120 kg schweres, weibliches Rind, welches auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Rd. 48 führt.

Intraperttoneale nnd subkutane Infektion von Rd* 48: Am 1. 6. 06, unmittelbar nach Tötung von M. 822, wurde zunächst die Milz nach gründlicher Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon verrieben und dem Versuchsrinde von der rechten Bauchwand aus intraperitoneal ein- gespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Halsseite) diente eine ebenfalls mit 15 ccm Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und die Portaldrüse verwendet wurden.

Yerhalten des Yersnchsrindes nach der Infektion : Impfstellen zunächst reaktionslos. Innerhalb drei Wochen entwickelte sich in der Mitte der linken

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Halsseite (Injektionsstelle) eine handtellergroße, flache, derbe ÄDSchwellang, die in der Folgezeit noch etwas an Umfang zunahm, aber nicht abszedierte. Freßlust und Allgemeinbefinden in den ersten drei Wochen nach der Impfang unverändert gut. Seit 23. 6. ließ die Freßlust nach. Die Zahl der Atemzüge nahm zu, und die Körpertemperatur, die sich bis dahin dauernd unter 39,5 bzw. 39,0° C gehalten hatte, stieg in der Folgezeit zunächst nur Abends, dann aber beständig über 39,5 bzw. 39,9° C. Ende Juni trat häufiger Husten auf und unter zunehmender Atemnot und Herzschwäche verendete das Rind am 12. 7. 06 (42 Tage nach der Impfung). Das Körpergewicht war auf 77 kg zurückgegangen.

Sektion des Tersnchsrindes: Die Sektion wurde am 12. 7. 06 unmittelbar nach Eintritt des Todes im Veterinär-Institut ausgeführt.

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (Inj ektionss teile) befindet sich eine handtellergroße, ca. 5 ccm dicke, derbe Anschwellung, in deren Bereiche die Subkutis und die oberflächliche Muskulatur diffus sulzig infiltriert und z. T. in ein gelbweißes, opakes Gewebe umgewandelt ist. Die Haut ist in fünfmarkstückgroßer Ausdehnung mit der Subkutis und Muskulatur innig verwachsen. Die linke Buglymphdrüse ist kinderfaustgroß, stark durch- feuchtet und. namentlich in der Peripherie von zahlreichen gelbweißen, opaken Herden durchsetzt; desgleichen sind sämtliche Halslymphdrüsen vergrößert und in gleicher Weise von gelbweißen, opaken Einsprengungen durchsetzt

Beide Lungen nur wenig zusammengefallen und mit Ausnahme der hinteren Hälfte beider Hinterlappen von braunroter Farbe und derber Konsistenz. Stücke aus diesen Partien lassen einen schwachen, klebrigen Safe abstreichen und sinken im Wasser unter. Die hinteren Abschnitte beider Hinterlappen sind von hellroter Farbe, lufthaltig, hier und da puffig aufgetrieben. Beim Betasten sowie auch beim Durchschneiden erkennt man, daß die gesamte Lunge sowohl in den hepatisierten als auch in den lufthaltigen Teilen ziemlich gleichmäßig von zahlreichen, nicht über hirsekomgroßen, grauen Knötchen durchsetzt ist. Bronchiale und mediastinale Lymphdrüsen stark vergrößert, mit zahlreichen gelb weißen, opaken Einlagerungen. Pleura überall stark injiziert und übersät mit kleinen flachen bis linsengroßen, grauweißen Knötchen mit gelblichem Zentrum. Stellenweise sind auch feine, fächerartig ausgebreitete, filzige Beläge auf der Pleura nachweisbar, nach deren Entfernung die Ober- fläche der Pleura rauh und glanzlos erscheint Am Herzbeutel, dessen pleu- raler Cberzug ebenfalls stark injiziert ist, erreichen diese Auflagerungen im Bereiche der Herzbasis eine Stärke von 4—5 mm. Der Herzmuskel ist graurot verfärbt, stark durchfeuchtet und abnorm brüchig.

In der Bauchhöhle ca. IVj 1 einer rötlichen, leicht getrübten Flüssig- keit. Parietales Blatt des Bauchfells, namentlich im Bereiche der linken Bauchwand (Injektionsstelle), förmlich übersät von kleinsten bis erbsengroßen, flachen, grauen bis graurötlichen Knötchen, die z. T. ein gelbliches Zentrum deutlich erkennen lassen und durch ein graurötliches, saftreiches Zwischen- gewebe gruppenweise miteinander verbunden sind. Im Bereiche der Injektions- stelle ist das große Netz in handtellergroßer Ausdehnung mit der Bauchdecke verwachsen und in eine ziemlich derbe, vielfach mit Knötchen durchsetzte,

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5 10 mm starke, schwartige Haut umgewandelt. Im übrigen ist das große Netz ebenso wie der peritoneale Überzug des Magens und Darmes, namentlich an den der linken Bauchwand anliegenden Flächen, ebenfalls übersät mit kleinsten grauen Knötchen, zwischen denen das im übrigen glatte Bauchfell stark injiziert erscheint. Auch der peritoneale Überzug der Leber und Milz zeigt die gleichen Veränderungen. Die Mesenterialdrüsen sowie die Lymph- drüsen am Pansen und an der Wirbelsäule sind stark durchfeuchtet und in der Peripherie von graugelben opaken Einlagerungen durchsetzt In der Leber vereinzelte graue Knötchen, namentlich in den oberflächlichen Partien; Paren- chym trüb, auffallend brüchig. Milz stark durchsetzt von hirsekorngroßen, graugelben Knötchen. Nieren sehr blutreich, brüchig; in der Rindensubstanz vereinzelte graue Knötchen.

In den Knötchen der Lunge und des Bauchfells wurden Tuberkel- bazillen in reicher Zahl durch Färbung (Karbolfuchsin) nachgewiesen.

Zwei mit je einem linsengroßen Stück der Lunge subkutan infizierte Meerschweinchen (M. 867 und 868) starben zwei bzw. zehn Tage nach der Infektion an Darmentzündung. In den Kniefaltenlymphdrüsen von M. 868 wurden Tuberkelbazillen durch Färbung nachgewiesen. Von zwei mit je einem linsengroßen Stück der Bauch fellknötchen infizierten Meer- schweinchen (M. 869 und 870) starb eins (M. 870) neun Tage nach der Impfung an Darmentzündung (Tuberkelbazillen in den Kniefaltenlymphdrüsen nachgewiesen), während das andere (M. 869) 58 Tage nach der Impfung getötet und mit generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet befunden wurde.

Diagnose: Diffuse tuberkulöse Infiltration an der Impfstelle am Halse, tuberkulöse Hyperplasie der linken Bug- sowie sämtlicher Halslymphdrüsen; akute Miliartuberkulose der Lunge, Leber, Milz und Nieren ; lobäre Pneumonie ; disseminierte Tuberkulose des Peritoneums, der Pleura und des Perikards CPerlsucht); parenchymatöse Degeneration der Leber, Nieren und des Herz- muskels.

Zusammenfassung: Im vorliegenden Falle ist es somit ge- lungen, durch intraperitoneale Injektion der mit Bouillon ver- riebenen Milz eines mit tuberkulösem Material (Lungen- knötchen) vom Menschen infizierten Meerschweinchens und gleichzeitige subkutane Injektion der ebenfalls mit Bouillon verriebenen halben Lunge, sowie der Bronchial- und Portal- lymphdrtise desselben Meerschweinchens bei einem ca. 4 Monate alten, auf Tuberkulin nicht reagierenden, gesunden Rinde eine von den Impfstellen ausgehende, in 42 Tagen zu Tode führende^ akute Miliartuberkulose nebst Tuberkulose des Bauch- und Brustfells (Perlsucht) zu erzeugen.

Die erfolgreiche Infektion gab sich klinisch durch eine 23 Tage nach der Impfung akut einsetzende und in 11 Tagen

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unter zunehmender Atemnot und Herzschwäche zu Tode führende schwere fieberhafte Allgemeinerkrankung zu erkennen.

Knltnry ersuch: Roinkulturen worden aus der Portaldrüso von M. 823 (Ausgangsmaterial) gezüchtet (Msch. Tb. X). In den Kulturen überwogen kurze, plumpe Stäbchen. Das Wachstum auf künstlichen Nährböden (4^o Olyzerin-Rinderserum und 4% Glyzerin-Rinderbouillon) spärlich, später üppiger: zwei intravenös mit 1 bzw. 2 mg Reinkultur infizierte Kaninchen starben 32 bzw. 28 Tage nach der Impfung an Miliartuberkulose der Lunge und Mils, bzw. der Lunge und Nieren; ein subkutan mit 10 mg infiziertes Kaninchen «tarb 76 Tage nach der Impfung an Miliartuberkulose der Lunge.

Hiernach sind die aus obigem Material gezüchteten Tuberkel- bazillen dem Typus bovinus nach Kossei, Weber und Heuß zuzuzählen. Hiermit steht das positive Ergebnis des Rinder- versuchs im Einklang.

Fall XI.

Infektionsmaterial: Ein Stück von der Lunge eines Tages zuvor im Stadtkrankenhause an Lungenphthise gestorbenen 17 jährigen Mannes (Glasmaler A. R.; J.->>. 330), am 22. 3. 06 dem Veterinär-Institut überbracht. Im Kaverneninhalt zahlreiche Tuberkelbazillen durch Färbung (Karbolfuchsin) nachweisbar.

Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Phthisis tubercul. pulmonis sinistri recens; vomicae recentes lobi super, et pneumonia caseosa tubercul. praecipue lobi infer. pulmon. sinistri ; pneumonia caseosa tubercul. circumscripta lobi inier. pulmon. dextri; tuberculosis partim caseosa recens folliculornm intestini ilei; Peritonitis chronica fibrosa adhaesiva multiplex.

Sofort nach (Eintreffen des Materials wurden drei Meerschweinchen (M. 824, 825 und 826) mit je einer linsengroßen Menge Kaverneninhalt subkutan am Rücken infiziert. M. 824 starb 32 Tage, M. 825 49 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Die auf das Fünffache vergrößerte, von nekrotischen Herden und miliaren Knötchen durchsetzte Milz, sowie die erbsengroße Portal- drüse von M. 825 dienen als Infektionsmaterial für Ziege I. M. 826 wurde am 1. 6. 06 (71 Tage nach der Impfung), nachdem es sich schon mehrere Tage krank gezeigt und am Körpergewicht erheblich (von 620 g auf 490 g) ab- genommen hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generali- sierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das zweieinhalb- fache vergrößerte und von zahlreichen graugelben miliaren Knöt- chen durchsetzte Milz, die über erbsengroße, zentral verkäste Portaldrttse, die von zahlreichen hirsekorngroßen grauen Knöt- chen durchsetzte Lunge und die bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrüse dienen als Infektionsmaterial für Rind 50.

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yersüchstlere: 1. ca. 2I/2 Jahre alte, 32 kg schwere, weib- liche Ziege, die auf Tuberkulin (0,25 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Ziege I führt.

2. 4 Wochen altes, 51 kg schweres, weibliches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Kind 50 flihrt.

a) Snbkniane Infektion Ton Zieg^e I: Am 10. 5. 06 wurden Milz und Porta Idrüse von M. 825 nach gründlicher Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon verrieben und der Versuchsziege subkutan in der Mitte der linken Halsscite eingespritzt.

Terhalten der Yersnchsziege nach der Infektion: Impfstelle zunächst reaktionslos. Allmählich entwickelte sich in der Mitte der linken Halsseite «in über faustgroßer Abszeß, der sich am 5. 7. 06 freiwillig öffnete und einen dicklichen Eiter eotleerte. Die linke Bugdrüse war etwas geschwollen, das Allgemeinbefinden in der letzten Zeit etwas getrübt. Die Körpertemperatur hielt sich Abends zwischen 39,8—40,0® C. Anfang August war der Abszeß völlig abgeheilt; Allgemeinbefinden und Körpertemperatur dauernd normal. Zwei Tuberkulinproben (0,25 und 0,5 ccm), am 2. 8. 06 und 23. 11. 06, fielen positiv aus.

Sektion der Yersnchsziege: Am 30. 11. 06 (67a Monate nach der Impfung) wurde Ziege I im Polizeischlachthause des Leipziger Schlachthofes geschlachtet. Gewicht 51 kg.

Befund: In der linken Lunge 5, in der rechten Lunge 8 haselnufi- bis walnußgroße, abgekapselte, mit käsigem Eiter gefüllte Abszesse; in den Mediastinaldrüsen einige linsengroße Erweichungsherde, Bronchialdrüsen unverändert; in der linken Euterhälfte ein haselnußgroßer, abgekapselter, mit dickem Eiter gefüllter Abszeß; Euterlympbdrüsen unverändert.

Drei mit linsengroßer Menge des Abszeßinhalts aus der Lunge bzw. aus dem Euter subkutan geimpfte Meerschweinchen (M. 920, M. 921 und M. 922) wurden 61 Tage nach der Impfung getötet und völlig gesund befunden.

Diagnose: Abszeßbildiing in der Lunge und im Euter, wahrscheinlich entstanden im Anschluß an die Phlegmone der Impfstelle.

b) Intraperitoneale und subkutane Infektion von Rd. 50: Am 1. 6. 06,

unmittelbar nach Tötung von M. 826, wurde zunächst die Milz nach gründ- licher Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon verrieben und dem Versuchsrinde von der rechten Bauch wand aus intraperitoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Halsseite) diente eine ebenfalls mit 15 ccm Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und die Portaldrtisc verwendet wurde.

Verhalten des Versuchsrindes nach der Infektion: In der ersten Zeit nach der Infektion zeigte das Versuchskalb in seinem Verhalten keinerlei Be- sonderheiten. Die Körpertemperatur hielt sich dauernd unter 39,5 ^ C; die Futteraufnahme war normal. Am 20. 6. stieg die Körpertemperatur erstmalig auf 39,8" C und hielt sich in der Folgezeit bis zum 8. 8. dauernd zwischen 39,40 C und 40,0® C. Auch in den nächsten acht Tagen wurden noch einige

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Male über 39,5° C liegende Abendtemperaturen gemessen, während vom 17. 8. ab die Temperaturkurve wieder das gleiche Bild wie vor der Infektion darbot Während beide Injektionsstellen anfangs keinerlei Veränderungen zeigten, ent- wickelte sich an derjenigen der linken Halsseite im Laufe des Juni eine anfangs derbe, später fluktuierende, faustgroße Anschwellung, welche am 5. 7. von selbst aufbrach und einen dicklichen, leicht übelriechenden, tuberkel- bazillenhaltigen Eiter entleerte. Aus der Abszefih6hle, die nicht besonders behandelt, sondern nur sauber gehalten wurde, entleerten sich noch längere Zeit hindurch kleine Mengen einer klebrigen, tuberkelbazillenhaltigen Flüssigkeit Erst Mitte September verheilte das tuberkulöse Geschwür. Die Infektionsstelle an der rechten Bauch wand blieb dauernd rcaktionslos. Das Allgemeinbefinden des Versuchskalbes war gegen Ende Juni offensichtig getrübt, die Freßlust hatte nachgelassen. Nach Entleerung des kalten Abszesses hob sich die Freßlust wieder und das Allgemeinbefinden wurde wieder normal. In der Folgezeit wurden Störungen des Allgemeinbefindens und der Freßlust nicht wieder beob- achtet. Das Körpergewicht hob sich im Laufe des Juni von 51 kg auf 63 kg. Am 1. 8. wog das Versuchskalb 68 kg und behielt dieses Gewicht mit geringen Schwankungen bis zu der am 30, 11. erfolgten Schlachtung, obwohl ent- sprechend der stets guten Futteraufnahme in der Zeit von August bis Novem- ber eine weitere Gewichtszunahme unbedingt erwartet werden konnte. Am 2.7. und 23.11. wurde das Versuchskalb diner diagnostischen Tuberkulin- probe (0,5 Tuberkulin) unterworfen. Beide Male reagierte es typisch.

Sektion des Yersnchsiindes: Am 30. 11. 06 (6 Monate nach der Impfung) wurde Rind 50 im Polizeischlachthause des Leipziger Schlachthofes geschlachtet: Gewicht: 70 kg.

Befund: Impfstellen am Halse und am Bauche völlig abgeheilt; in der linken Buglymphdrüse, in der linken AchseldrUse, in den untern Halslymphdrüsen sowie den Lymphdrüsen am Brusteingange vereinzelte bis erbsengroße gelbweiße, opake Herde, die z. T. Kalkeinlage- rungen aufweisen.

Bauchfell, namentlich im Bereiche der rechten Bauchwand mit zahl- reichen Stecknadelkopf- bis linsengroßen graugelben saftigen Knötchen über- sät. An der Injektionsstelle weist das Bauchfell eine bohnengroße, ziemlich derbe, frei in die Bauchhöhle hineinragende Neubildung (Perlknoten) auf. Das große Netz ist an der der rechten Bauchdecke (Impfstelle) zugewandten Fläche ebenfalls mit zahlreichen, in der Hauptsache nur hirsekomgroßen grau- weißen bis graugelblichen Knötchen bedeckt, welche z. T. iu ein zartes, das Netz wie einen Schleier überziehendes Grundgewebe eingelagert sind. Die gleichen Veränderungen zeigt der peritoneale Überzug der Milz und des Zwerchfells in den peripheren Teilen, während der peritoneale Überzug der übrigen Bauchorgane und das Gekröse nur vereinzelte hirsekom- bis linsen- große Knötchen erkennen lassen. In den Mesenterialdrüsen einige linsen- bis erbsengroße fast völlig verkalkte gelbe Einlagerungen.

Das Brustfell zeigt im Bereiche der rechten unteren Rippen wand nahe dem Zwerchfell eine handtellergroße, schwielige Verdickung, die sich beim Einschneiden aus einem graugelben, saftigen Grundgewebe mit spärlichen

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gelbweißen opaken Einsprengungen zusammengesetzt erweist. Der Brustfell- überzug der Lunge ist namentlich an den dem Zwerchfell zugewandten Flächen mit zarten, spinnegewebsartigen Belägen bedeckt. Auch finden sich hier ver- einzelte bis erbsengroße pendelnde Neubildungen (Perlknoten). Lungen- gewebe überall lufthaltig ohne Verdichtungsherde. Bronchiale uud mediastinale Lymphdrüsen etwas vergrößert mit vereinzelten bis bohnen- großen gelben, z. T. verkalkten Einlagerungen.

In Quetschpräparaten der Brust- und Bauchfellknötchen wurden Tuberkel - bazillen in mäßiger Anzahl durch Färbung nachgewiesen.

Von vier Meerschweinchen (M. 908, 909, 910 und 911), die mit je einem linsengroßen Stück des tuberkulös veränderten Bauchfells subkutan infiziert wurden, starben zwei (M. 910 und 908) 33 bzw. 34 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Die anderen beiden (M.909 und 911) wurden 46 Tage nach der Impfung durch Verblutung getötet und ebenfalls mit generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet gefunden. Von zwei Meerschweinchen (M. 912 und 913), welche mit einem linsengroßen Stück tuberkulösen Materials vom Brustfell subkutan infiziert wurden, starb eins (M. 913) 46 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose, das andere (M. 912) wurde an dem- selben Tage getötet und zeigte die gleichen Veränderungen. Von drei Meer- schweinchen (M. 914, 915 und 916) endlich, welche mit je einem linsen- großen Stücke der tuberkulösen Lymphdrüsen subkutan infiziert wurden, starb das mit der Mesenterialdrüse infizierte (M. 916) bereits 28 Tage nach der Impfung, das mit der Mediastinaldrüse infizierte (M. 915) 35 Tage nach der Impfung und das mit der Bugdrüse infizierte (M. 914) 46 Tage nach der Impfung. Die Sektion ergab bei sämtlichen Tieren als Todesursache von der Impfstelle ausgehende, generalisierte Tuberkulose.

Diagnose: Tuberkulöse Hyperplasie der unteren Halslymphdrüsen, der Lymphdrüsen des Brusteingangs, der linken Bug- und Achsellymphdrüsen; chronische Tuberkulose des Bauchfells (Perlsucht) namentlich im Bereiche der rechten Bauchwand (Injektionsstelle), des großen Netzes und des Zwerchfells; beginnende Tuberkulose des Brustfells (Perlsucht) besonders im Bereiche der rechten unteren Kippen wand nahe dem Zwerchfell und an den Zwerchfells- flächen der Lunge; tuberkulöse Hyperplasie der bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen, sowie vereinzelter Meseuterialdrüsen.

Znsammenfassniig: Im vorliegenden Falle ist es somit ge- lungen, durch intraperitoneale Einverleibung der mit Bouillon verriebenen Milz eines Meerschweinchens, das mit Kavemen- inhalt von einem an Lungenphthise verstorbenen, 17jährigen Manne infiziert war, bei einem auf Tuberkulin nicht reagierenden, ca. vier Wochen alten, gesunden Einde eine chronische Bauch- und Brust- felltuberkulose (Perlsucht) zu erzeugen, während die durch die gleichzeitige subkutane Einverleibung der ebenfalls mit Bouillon verriebenen halben Lunge sowie der Bronchial- und Portallymph-

Zeltachrift fttr Infektionskrankheiten. IV, 6/6. 25

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drtise desselben Meerschweinchens am Halse verursachte tuber- kulöse Infiltration der Subkutis sich nach Ablauf von sechs Monaten nur noch an den tuberkulös erkrankten regionären Lymphdrüsen erkennen ließ. Daß die tuberkulöse Infektion fiir das Versuchstier keineswegs unerheblich war, geht vor allem aus dem Umstände hervor, daß sich das Körpergewicht während der sechsmonatigen Beobachtungszeit trotz entsprechender Nahrungsaufnahme nicht wesentlich gehoben hat. Die Tuberkelbazillen hatten selbst in den schon deutliche Verkalkung aufweisenden Körperljmphdrüsen nichts von ihrer Virulenz für Meerschweinchen eingebüßt. Dagegen gelang es nicht, durch subkutane Einverleibung von Organteilen eines andern, in der gleichen Weise infizierten Meer- schweinchens bei einer 2^2 Jahre alten, gesunden, auf Tuber- kulin nicht reagierenden Ziege eine tuberkulöse Erkrankung zu erzeugen. Zwar war auch bei diesem Versuchstier außer der posi- tiven Tuberkulinreaktion eine gewisse Zeit hindurch eine leichte Störung des Allgemeinbefindens zu konstatieren, die jedoch wieder verschwand, sobald die spontane Öffnung des Impfabszesses und Entleerung seines Inhalts erfolgt war. Die bei der Sektion er- mittelten Veränderungen an den Organen (Lungen- und Euter- abszesse) waren nicht tuberkulöser Art.

Weitere Versuche zur Prflfung der Virulenz des von Rd. 50 gewannene»

tubericulösen Materials.

Infektionsmaterial: Bauchfell mit Perlknoten von Rd. 50, übertragen auf vier Meerschweinchen (M. 908, 909, 910 und 911^ vgl. S. 385). Zwei von diesen Meerschweinchen (M. 909 und 911) werden 46 Tage nach der Impfung durch Verblutung getötet. Die Sektion ergibt in beiden Fällen generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Vierfache vergrößerte, von nekrotischen Herden und miliaren Knötchen durch- setzte Milz von M. 909 dient als Infektionsmaterial für Ziege III.

Die ebenfalls auf das Vierfache vergrößerte, von ne- krotischen Herden und miliaren Knötchen durchsetzte Milz, die bohnengroße, zentral verkäste Kniefaltenlymph- drttse, die erbsengroße, zentral verkäste Portallymph- drüse und die etwa bohnengroße, zentral verkäste Bron-

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chialdrüse von M. 911 dienen als Infektionsmaterial für Rd. 54.

y ersüchstiere : 1. ca. 2 Jahre alte, 39 kg schwere, weibliche Ziege, die auf Tuberkulin (0,25 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Ziege IH führt.

2. 5 Monate altes, 120 kg schweres, weibliches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht .reagiert und die Bezeichnung Rd. 54 führt.

c) Subkutane Infektion Ton Ziege III: Am 15. 1. 07 wurde die Milz von M. 909 nach Zerkleinerung mit der Schere mit 20 ccm Glyzerin-Bouillon verrieben und der Versuchsziege subkutan in der Mitte der linken Hals- seite eingespritzt.

Verhalten der Yersnclisziege nach der Infektion: Impfstellen zunächst reaktionslos. Allmählich entwickelte sich in der Mitte der linken Halsseite eine anfangs derbe, später fluktuierende Anschwellung, die Ende Febmar Faustgröße erreichte. Auch die Körpertemperatur, welche bis 15. Februar dauernd unter 39,0" C geblieben war, stieg von diesem Zeitpunkt ab allmählich an und erreichte unter kurzen unerheblichen Remissionen am 6. März mit 40,7" C ihren höchsten Stand, um bereits am 9. März ganz plötzlich wieder auf 39,6" C abzusinken. Gleichzeitig mit der Erhöhung der Körperwärme ließ die Freßlust nach. Ende Februar trat Husten auf. Nachdem die Körpertemperatur am 13. März mit 39,3" C ihren tiefsten Stand erreicht hatte, stieg sie am 14. März bzw. 15. März wieder auf 40,2" bzw. 40,3" C an. Unter zunehmender Atemnot und Herzschwäche trat der Tod am 16. März (60 Tage nach der Impfung) ein. (Gewicht 33 kg.

Sektion der Yersnchsziege: Die Sektion wurde unmittelbar nach Eintritt des Todes im Veterinärinstitute ausgeführt.

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (Impfstelle) faustgroße fluktuierende Geschwulst, welche nach dem Einschneiden eine große Menge graugelben, dünnflüssigen Eiters entleert. In der Umgebung der ca. 2—3 mm starken Abszeßwand ist die Halsmuskulatur durch ein grangelbliches, nur spärliche Muskelreste einschließendes Granulationsgewebe ersetzt, welches ohne scharfe Grenze in die Abszeßwand übergeht. Linke Bugdrüse hühnerei- groß, von zahlreichen hirsekorn- bis erbengroßen, gelben opaken Herden durch- setzt. Auch in den vergrößerten beiderseitigen unteren Halslymphdrüsen sind vereinzelte linsengroße gelbe opake Herde nachweisbar.

Beide Lungen wenig zusammengefallen, von dunkelroter Farbe und derber Konsistenz, nur in den hinteren Abschnitten einige lufthaltige Partien aufweisend. Auf dem Querschnitt erkennt man, daß das gesamte Lungen* gewebe ziemlich gleichmäßig von zahllosen hirsekorn- bis kleinlinsengroßen, graugelben Knötchen durchsetzt ist, von denen namentlich die größeren ein deutliches trübes Zentrum erkennen lassen. Die Bronchi aldrüsen bilden ein fast hühneroigroßes Konglomerat verkäster Lymphdrüsen. In den Medi- astinaldrüsen zahlreiche bis erbsengroße, gelbe opake Herde nachweisbar.

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Herz, Leber und Nieren in mäßigem Grade parenchymatös degeneriert. Sonstige pathologische, insbesondere tuberkulöse Veränderungen fehlen.

Im Abstrich der Lungenknötchen zahlreiche Tuberkelbazillen durch Färbung nachweisbar.

Zwei mit Lungenknötchen subkutan infizierte Meerschweinchen (M. 1 und M. 2) wurden 14 bzw. 39 Tage nach der Impfung getötet und mit generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet befunden.

Diagnose: Faustgroßer tuberkulöser Abszeß an der Impfstelle am Halse; tuberkulöse Hyperplasie der unteren Halslymphdrüsen sowie der linken Duglymphdrüse ; disseminierte Lungentuberkulose, lobäre Pneumonie; tuber- kulöse Hyperplasie der bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen; paren- chymatöse Degeneration der Leber, der Nieren und des Herzmuskels.

d) Intraperitoneale und subkutane Infektion Tor Bd. 54: Am 15. 1. 07 wurde zunächst die Milz von M. 911 nach Zerkleinerung mit der Schere mit 20 ccm Glyzerin-Bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchsrinde von der rechten Bauchwand aus intraperitoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Halsseite) dient eine ebenfalls mit 20 ccm Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die EniefaltenlymphdrUsen, die Portal- drüse und die bronchiale Lymphdrüse verwendet wurden.

Verhalten des Versnchsiindes nach der Infektion: Impfstellen zunächst reaktionslos. An der linken Halsseite entwickelte sich allmählich eine flache derbe Anschwellung, die Mitte März Handtellergröße erreichte. Linke Bugdrüse deutlich vergrößert Während sich die Körpertemperatur während der ersten drei Wochen nach der Infektion noch im wesentlichen unter 39^ C hielt und nur in den Abendstunden einige Male diese Grenze um 2—3 Zehntel- grade überschritt, wurden in der Folgezeit fast durchweg Temperaturen zwischen 39,3 und 39,9^ C gemessen. Zugleich ließ die Freßlust nach. Ende März trat Husten auf. Das Körpergewicht, welches am 8. Februar 131 kg betrug, ging dauernd zurück. Am 1. April setzte eine weitere Steigerung der Körper- temperatur (auf 40,3 bzw. 40,5° C) ein und unter zunehmender Atemnot und Herz- schwäche verendete das Rind am 8. April 07 (83 Tage nach der Impfung). Gewicht 97 kg.

Sektion des Tersnclisrindes : Die Sektion wurde kurze Zeit nach Ein- tritt des Todes im Veterinär-Institut ausgeführt.

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (Impfstelle) befindet sich eine flache derbe Anschwellung von der Ausdehnung einer Kinderhand. Die Halsmuskulatur ist im Bereich dieser Partie von einem granweißen, saftigen Gewebe verdrängt; größere Erweichungsherde fehlen. Linke Bugdrüse hühnercigroß, von zahlreichen linsen- bis erbsengroßen, graugelben käsigen Herden durchsetzt.

Beide Lungen wenig zusammengefallen, bis auf das hintere Drittel der Zwerchfellslappen dunkelrot, luftleer und völlig durchsetzt von Stecknadel- kopf- bis linsengroßen graugelben, zentral verkästen Knötchen, welche sich in den hepatisierten Lungentcilen besonders deutlich von dem dunkelroten Lungenparenchym abheben; Bronchialdrüsen hühnereigroß, Mediastinal- drüsen apfelgroß von zahlreichen erbsengroßen käsigen Herden durchsetzt Herzmuskel brüchig.

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Das Bauchfell läfit an der Impfstelle mehrere linsen- bis bohnengroße dunkelrote pendelnde Anhänge erkennen, welche ein verkästes Zentrum auf- weisen, und ist namentlich im Bereiche der rechten Bauchwand und des Zwerch- fells von zahlreichen flachen höchstens linsengroßen graurötlichen Knötchen übersät. In gleicher Weise ist auch das große Netz an seiner der rechten Bauchwand zugekehrten Fläche mit linsengroßen, flachen, mehr gelblichen Knötchen übersäet, welche in ein äußerst feines graurötliches, das Netz schleier- artig überziehendes Gewebe eingelagert sind. Vereinzelte Knötchen und zottige Anhänge finden sich auch am Bauchfellüberzuge der Leber und der Milz. Die Lymphdrüsen des Pansens sind geschwollen und enthalten vereinzelte hirsekorn- bis linsengroße opake Herde. Die Mesenterialdrüsen geschwollen, stark durchfeuchtet, doch ohne makroskopisch erkennbare tuberkulöse Ver- änderungen. Leber und Nieren frei von tuberkulösen Veränderungen, parenchy- matös entartet.

Im Abstrich der Lunge und der Bauchfellknötchen Tuberkelbazillen durch Färbung zahlreich nachweisbar.

Zwei mit Lungenknötchen subkutan infizierte Meerschweinchen (M. 3 und M. 4) starben 22 bzw. 39 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Von zwei mit Netzknötchen infizierten Meerschweinchen (M. 5 und M. 6) starb eins (M. 5) 45 Tage nach der Infektion, das andere wurde an dem gleichen Tage getötet. Bei beiden fand sich generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose,

Diagnose: Tuberkulöse Infiltration an der Impfstelle am H^lse, tuber- kulöse Hyperplasie der linken Bugdrüse; disseminierte Lungentuberkulose, lobäre Pneumonie, tuberkulöse Hyperplasie der bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen ; disseminierte Bauchfelltuberkulose ; parenchymatöse Degeneration der Leber, der Nieren und des Herzmuskels.

Znsammenfassnng : In der vorstehenden Versuchsreihe ist es somit gelungen, einerseits durch subkutane Einverleibung von Organteilen (Milz) eines mit künstlich erzeugten Perlknoten von Rd. 50 infizierten Meerschweinchens bei einer gesunden, auf Tuberkulin nicht reagierenden, ca. 2 Jahre alten Ziege eine 60 Tage nach der Impfiing tödlich endigende disseminierte Lungentuberkulose und andererseits durch gleichzeitige subkutane und intraperitoneale Einverleibung von Organ- teilen (Milz intraperitoneal, Kniefaltenlymphdrüsen, portale und bronchiale Lymphdrüse subkutan) eines andern, in der gleichen Weise infizierten Meerschweinchens bei einem ge- sunden, auf Tuberkulin nicht reagierenden, 5 Monate alten Rinde eine 83 Tage nach der Impfung tötlich endigende disseminierte Lungen- und Bauchfelltuberkulose zu erzeugen.

Im ersteren Falle gab sich die erfolgreiche Infektion klinisch durch eine 35 Tage nach der Infektion akut einsetzende fieber-

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hafte Allgemeinerkrankung zu erkennen, die nach weitern 25 Tagen zu Tode führte, während im zweiten Falle bereits 25 Tage nach der Infektion eine zunächst leichte, fieberhafte Allgemeinerkrankung einsetzte, die sich erst nach 50 Tagen plötzlich verschlimmerte und binnen 8 Tagen den Tod herbeiführte.

Knlturrersnch: Reinkulturen wurden aus der Milz von M. 824 (Ans- gangsmaterial) gezüchtet (Mach. Tb. XI). In den Eultaren überwogen die schlanken, langen, leicht gekrümmten Stäbchen; daneben auch zahlreiche kurze, dicke Bazillen; das Wachstum auf künstlichen Nährböden war üppig; von zwei intravenös mit 1 bzw. 2 mg Reinkultur infizierten Kaninchen, die 100 Tage nach der Impfung getötet wurden, zeigte das eine vereinzelte steck- nadelkopfgroße tuberkulöse Knötchen in der Lunge und das andere birsekom- große tuberkulöse Knötchen in Lunge und Nieren; ein subkutan mit 10 mg infiziertes Kaninchen, das ebenfalls 100 Tage nach der Impfung getötet wurde, zeigte lediglich einen bohnengroßen Abszeß an der Impfstelle.

Hiemach sind die aus obigem Materiale gezüchteten Tuberkel- bazillen zwar mit Rücksicht auf den Ausfall der Kaninchenversuche dem Typus humanus nach Kossei, Weber und Heuß zuzuzählen, dochsteht das Ergebnis dervorstehendmitgeteiltenRinder- bzw. Ziegenversuche hiermit nicht völlig im Einklang. Auch das inkonstante morphologische Verhalten der auf Bouillon gezüchteten Bazillen erschwert die Zuteilung zu einem bestimmten Typus und rechtfertigt es, von einer Ubergangsform bzw. von einem atypischen Stamme (Rabinowitsch) zu sprechen.

Die Züchtung von Reinkulturen aus Rd. 54 und Ziege III mißlang.

Fall XII.

Infektionsmaterial: Hirnhaut eines Tages zuvor im Stadt- krankenhause an Lungenphthise gestorbenen 50 jährigen Mannes (K. K. ; J.-Nr. 514), am 5. 5. 06 dem Veterinär-Institut überbracht. In Quetschpräparaten von der erkrankten Hirnhaut wurden zahl- reiche Tuberkelbazillen durch Färbung nachgemesen.

Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Phthisis pulmonum ulcerosa tuberculosa; vomicae lobi sup. pulm. utriusque; pleuritis chronica flbrosa adhaesiva bilateralis; ulcera tub. larjoigis et intestini; Leptomeningitis tuberculosa praecipue baseos cerebri recens; oedema cerebri.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden vier Meerschweinchen (M. 837, 838, 839, 840) mit je einem linsengroßen Stücke der tuberkulösen Hirnhaut subkutan am Rücken infiziert M. 839 starb bereits 8 Tage nach

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der Impfung ohne nachweisbare Todesursache. M. 837 starb 17 Tage nach der Impiung an Lungenentzündung. Die Sektion ergab außerdem: tuberkulöses Geschwür an der Impfstelle, tuberkulöse Hyperplasie der Kniefaltenlymphdrüsen, Miliartuberkulose der Milz. M. 838 starb 45 Tage nach der Impfung an typischer, von der Impfstelle ausgehender generalisierter Tuberkulose.

M. 840 wurde am 1. 6. 06 (27 Tage nach der Impfung), als es deutlichen Kückgang im Ernährungszustände und Symptome allgemeiner Erkrankung zeigte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Dreifache vergrößerte und von zahlreichen miliaren Knötchen durchsetzte Milz, die fast bohnengrofie, zentral verkäste Portaldrüse, die von zahlreichen bis hirsekorngroßen, grauen Knötchen durchsetzte Lunge und die bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrüse dienen als Infek- tionsmaterial für das Rind.

Yersnchstler: ca. 4 Wochen altes, 41 kg schweres, weibliches Rind, welches auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Be- zeichnung Rd. 49 führt.

Intraperitoneale und snbkntane Infektion von Bd. 49: Am 1. 6. 06 wurde zunächst die Milz von M. 840 nach Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon gut verrieben und dem Yersuchsrinde von der rechten Bauchwand aus intraperitoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Halsseite) diente eine ebenfalls mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und die Portaldrüse verwendet wurde.

Yerhalten des Yersnchsrindes nach der Infektion: In der ersten Zeit nach der Infektion zeigte das Kalb in seinen Verhalten nichts Besonderes. Die Körpertemperatur hielt sich zwischen 38,5 und 39,6 ^ C, die Futteraufnahme war normal und das Körpergewicht hob sich von 41 kg am 6. 6. auf 49 kg am 20. 6. Nur an der linken Halsseite entwickelte sich an der anfangs reak- tionslosen Injektionsstelle eine derbe, später fluktuierende Geschwulst, welche am 19. 6. bereits Faustgröße erreicht hatte. An diesem Tage stieg die Körper- temperatur am Abend erstmalig auf 39,8" C, am 20. 6. auf 40,0® C und hielt sich in der Folgezeit ständig zwischen 40,0® C und 40,5» C. Am 20. 6. brach auch der kalte Abszefi an der linken Halsseite von selbst auf und entleerte eine kleine Menge dicklichen, leicht übelriechenden Eiters, in welchem Tuberkel- bazillen durch Färbung nachzuweisen waren. Die Injektionsstelle an der rechten Bauchseite blieb dauernd reaktionslos. In der Folgezeit ließ die Freßlust des Kalbes sehr nach. Vom 26. 6. ab trat häufiger, schmerzhafter Husten auf. Patient lag viel und zeigte zunehmende Atemnot. Am 4. 7. (84 Tage nach der Impfung) verendete das Kalb, nachdem sein Körpergewicht auf 33 Va kg gesunken war.

Sektion des Yersachsrindes : Die Sektion wurde unmittelbar nach Eintritt des Todes im Veterinär-Institut ausgeführt.

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (Impfstelle) befindet sich ein über faustgroßer offener Abszeß, der noch eine größere Menge dickflüssigen, graugelben, übelriechenden Eiters enthält. In der unmittelbaren Umgebung

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der Abszeßwand ist die Haut mit der Abszeßwanid verwachsen und die ober- flächliche Halsmaskulatur in ein gelbweißes, opakes Gewebe umgewandelt, welches nur noch spärliche Muskelreste erkennen läßt. Sämtliche Halslymph- d'rüsen geschwollen, stark durchfeuchtet; in den unteren Halslymphdrüsen sowie in der ebenfalls erheblich geschwollenen linken Buglymphdrüse zahl- reiche hirsekom- bis linsengroße, graugelbe trübe Einsprengungen.

Lunge mit Ausnahme des hinteren Drittels vom Zwerchfellslappen braunrot, derb, zeigt eine saftige Schnittfläche. Abgeschnittene Stückchen sinken in Wasser unter. Die hinteren Abschnitte der Zwerchfellslappen sind puffig aufgetrieben (interstitielles Emphysem) und von rosaroter Farbe. Im übrigen erweist sich die gesamte Lunge durchsetzt von überaus zahlreichen, dicht bei- einander liegenden, höchstens hirsekomgrofien, graugelblichen Knötchen, von denen nur die größeren ein deutliches trübes Zentrum erkennen lassen. Die Bronchialdrüsen sind zu einem über gänseeigroßen, stark durchfeuchteten knotigen Pakete verschmolzen, welches auf dem Durchschnitt zahlreiche bis bohnengroße gelbweiße, opake Einlagerungen erkennen läßt. Mediastinal- drüsen sowie zahlreiche Lymphdrüsen am Bnisteingang ebenfalls vergrößert und in der gleichen Weise verändert. Pleura überall stark injiziert, leicht getrübt.

In der Bauchhöhle ca. Vs 1 gelbrötlicher, leicht getrübter Flüssigkeit Am parietalen Blatte des Bauchfells, namentlich im Bereiche der rechten Bauchwand, finden sich zahlreiche bis linsengroße granrötliche Knötchen mit gelblichem trüben Zentrum. Auch das große Netz ist an der der rechten Bauchdecke zugewandten Fläche förmlich übersät mit kleinsten gelbrötlichen Knötchen, die zum Teil konfluieren und flache beetartige Erhabenheiten dar- stellen. In fünfmarkstückgroßer Ausdehnung ist das große Netz mit dem parietalen Blatt des Bauchfells der rechten Bauchwand (Injektionsstelle) ver- wachsen. In der Umgebung dieser Partie ist die Knötchenbildnng aof dem Bauchfell am stärksten ausgeprägt. Auch ist das Bauchfell zwischen den Knötchen stark injiziert und leicht getrübt. In mäßigem Grade erweist sieb auch der Bauchfell überzag des Magens und Darmkanals sowie der Leber und Milz mit Knötchen bedeckt. In der Schleimhaut des Darm kau als sind makro- skopisch tuberkulöse Veränderungen nicht nachweisbar, doch finden sich im Milzgewebe vereinzelte stecknadelkopfgroße gelbe und in der Rinden Substanz der Nieren zahlreiche äußerst feine graugelbe Knötchen. Die Lymphdrüsen am Pansen, die Nieren-, Leber- und Mesenteriallymphdrüsen stark geschwollen und mit feinen gelben, opaken Einsprengungen durchsetzt Leber- und Nieren- parenchym trüb und auffallend mürbe.

In den Ausstrichpräparaten der Bauchfellknötchen und der Lungen- knötchen wurden zahlreicheTuberkelbazillen durch Färbung nachgewiesen.

Von zwei mit Lungenknötchen subkutan geimpften Meerschwein- chen (M. 863 und 864) starb eins 30 Tage nach der Infektion an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose; das andere wurde 24 Tage nach der Infektion getötet und ergab den gleichen Befund. Von zwei mit Bauch- fellknoten subkutan infizierten Meerschweinchen (M. 865 und 866) starb eins 24 Tage nach der Impfung, das andere 40 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

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Diagnose; Tuberkulöser Abszeß an der Impfstelle am Halse nebst tuberkulöser Hyperplasie der unteren Halslymphdrfisen, der vorderen Brust- lymphdrüsen und der linken Bugl3anphdrüsen; akute Miliartuberkulose der Lunge nebst tuberkulöser Hyperplasie der bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen; akute lobäre Pneumonie; disseminierte Banchfelltuberkulose nebst tuberkulöser Hyperplasie der Pansen, Leber-, Nieren« und Mesenterial* lymphdrüsen; Miliartuberkulose der Milz und Nieren; akute parenchymatöse Degeneration der Leber, der Nieren und des Herzmuskels.

Znsammenfassnng : Im yorliegendeii Falle ist es somit gelungen, durch gleichzeitige subkutane und intraperitoneale Einver- leibung von mit Bouillon verriebenen tuberkulösen Organteilen (Milz intraperitoneal, halbe Lunge, Bronchial- und Portal- drüse subkutan) eines Meerschweinchens, das mit einem Stück Hirnhaut eines an Lungenphthise verstorbenen 50jährigen Mannes infiziert war, bei einem auf Tuberkulin nicht reagierenden, ca. 4 Wochen alten, gesunden Rinde eine akute Miliartuberkulose der Lungen, Milz und Nieren und eine disseminierte Bauchfelltuberkulose zu erzeugen, die innerhalb 34 Tagen unter schweren Fiebererscheinungen zum Tode führte.

Die erfolgreiche Infektion gab sich klinisch durch eine 19 Tage nach der Impfang einsetzende und in 14 Tagen unter zu- nehmender Atemnot und Herzschwäche zu Tode fuhrende, schwere fieberhafte Allgemeinerkrankung zu erkennen.

Kulturrersnch : Reinkulturen wurden aus der Milz von M. 837 (Ausgangsmaterial) (Msch. Tb. XII) gezüchtet. In den Kulturen waren kurze plumpe und längere gekrümmte Stäbchen in etwa gleichgroßer Anzahl vertreten. Wachstum auf künstlichen Nährböden anfangs spärlich, später üppiger. Zwei mit je 1 bzw. 2 mg Heinkultur intravenös infizierte Kaninchen starben 23 bzw. 29 Tage nach der Impfung an Miliartuberkulose der Lunge. Ein mit 10 mg Reinkultur subkutan infiziertes Kaninchen starb 92 Tage nach der Impfung an Lungen- und Lebertuberkulose.

Hiemach sind die aus obigem Materiale gezüchteten Tuberkel- bazillen dem Typus bovinus nach Kossei, Weber und Heuß zuzuzählen. Hiermit steht das positive Ergebnis des Rinder- versuchs in Einklang.

Fall XIII.

Infektlonsmateiial : Milz und Leber eines Tags zuvor im Stadtkrankenhause an Miliartuberkulose gestorbenen 31jährigen Mannes (J.-Nr. 70), am 19. 1. 1907 dem Veterinär-Institut über- bracht. Milz und Leber mit zahreichen kleinen Knötchen durch-

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setzt, in deren Anstrich Tuberkelbazillen durch Färbung Teichlich nachzuweisen sind.

Die pathologisch -anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Tuberculosis caseosa circumscripta lobi super, pulmon. dextri; Tuberculosis miliaris pulmon. utriusque, lienis, hepatis, renum; Ulcus epiglottidis.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden drei Meerschweinchen (M. 942, 943, 944) mit je einem linsengrofien Stück der tuberkulösen Milz und drei Meerschweinchen (M. 945, 946, ^47) mit je einem linsengroßen Stück der tuberkulösen Leber subkutan am Bücken infiziert. M. 942 und 946 wurden 27 Tage nach der Impfung getötet und mit generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet gefunden. M. 944 starb 44 Tage nach der Impfung, M. 945 83 Tage nach der Impfung und M. 947 105 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuber- kulose. M. 943, infiziert mit Milzknötcben, wurde am 24. 4. 07 (95 Tage nach der Impfung), nachdem es 50 g an Körpergewicht abgenommen hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Doppelte vergrößerte und mit zahlreichen miliaren Knötchen durchsetzte Milz, die erbsengroße, zentral verkäste Portaldrüse, die bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrfiseund die von zahlreichen, zentral verkästen miliaren Knötchen durchsetzte Lunge dienen als Infektionsmaterial far das Kind.

Versnchstier : ca. S^/g Monate altes, 94 kg schweres, weib- liches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Rd. 55 fuhrt.

Intraperitoneale nnd subkutane Infektion von Bd. 55: Am 24. 4. 07.

unmittelbar nach Tötung von M. 943, wurde zunächst die Milz nach gründ- licher Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchstiere von der rechten Bauchseite aus intra- peritoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Hals- seite) diente eine ebenfalls mit 15 ccm Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und die Portaldrüse verwendet wurden.

Yerhalten des Yersncbsrindes nach der Infektion: In der Mitte der linken Halsseite (Impfstelle) entwickte sich allmählich eine flache, nach 8 Wochen etwa handtellergroße Anschwellung, die ohne eine merkliche Ver- änderung zu hinterlassen, in den nächsten Wochen allmählich wieder ver- schwand. Impfstelle am Bauch dauernd reaktionslos. Allgemeinbefinden dauernd normal; Gewichtszunahme entsprechend der Fütterung. Die Temperatur- kurve, welche vor der Infektion und während der ersten 14 Tage nach der- selben fast durchweg Temperaturen unter 39,0*^ C aufwies, erfuhr später in- sofern eine kleine Abänderung, als vom 11. Mai ab fast 4 Wochen lang dauernd Temperaturen zwischen 39,0® C und 39,6® C festgestellt wurden. Eine ähnliche Periode nicht fieberhafter, aber doch im ganzen schon an der Grenze

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des Normalen liegender Temperaturen war noch einmal von Mitte Juli bis gegen Ende August zu konstatieren. Am 20. 7. 07, 3L 8. 07 und 5. 12. 07 wurden Tuberkulinproben (0,5 com) ausgeführt, die jedesmal eine positive Reaktion hervorriefen.

Sektion des Yersnchsrindes: Am 10. 12. 07 (7V9 Monate nach der Impfung) wurde Rd. 55 getötet und im Veterinär-Institut seziert. Gewicht: 220 kg.

Befund: Nach Entfernung der Haut ist weder die Impfstelle am Halse noch am Bauche als solche erkennbar. Hals-, Bug- und Achsel- lymphdrfisen und sonstige Körperlymphdrüsen intakt.

Bei Öffnung der Bauchhöhle erweist sich das große Netz im unteren Teile nahe der Linea alba durch feinfaseriges Bindegewebe mit der Bauch- wand verwachsen. Bauchfell im ganzen etwas verdickt und stellenweise mit einem dünnen graurötlichen, leicht sulzig infiltrierten Gewebe überzogen, welches zahlreiche feine, zottige Anhänge aufweist und in den peripheren Teilen des Zwerchfells mehrere fast handtellergroße, 2—3 mm starke Auf- lagerungen bildet. Im Bereiche der linken Bauchwand finden sich am Bauchfell außerdem noch etwa 16 zwei bis drei Zentimeter lange, pendelnde Anhänge, deren abgeplattete, erbsen- bis pfenniggroße Endstücke auf dem Querschnitt zahlreiche gelbe käsige Einsprengungen in einem graurötlichen Grundgewebe erkennen lassen. Vereinzelte gestielte Anhängsel dieser Art (Perlknoten) finden sich auch in der Nierengegend und ein besonders großes, zwei je pfenniggroße hintereinander liegende platte Endstücke aufweisendes Gebilde an der linken Pansenfläche. Einige dieser Gebilde sind sehr blutreich und von braunroter Farbe. Auch das große Netz ist an seiner der linken Bauch- wand zugekehrten Fläche mit demselben graugelben feinfaserigen Überzuge versehen und mit vereinzelten linsen- bis erbsengroßen, flach aufsitzenden oder gestielten Knötchen besetzt. Die gleichen Veränderungen zeigt der peritoneale Überzug der Milz. Mesenteriall3'mphdrÜ8en ebenso wie die übrigen Lymph- drüsen der Bauchhöhle ohne makroskopisch nachweisbare Veränderungen.

Der Brustfellüberzug des Zwerchfells, des Brustbeins und der falschen Rippen läßt ebenfalls Auflagerungen eines graugelblichen safligen Gewebes er- kennen, die sich an verschiedenen Stellen, so namentlich in den peripheren Teilen des Zwerchfells, in markstückgroßer Ausdehnung mehrere Millimeter hoch beetartig emporheben. Zarte Andeutungen von Auflagerungen des gleichen feinfaserigen Gewebes finden sich noch auf der Serosa, an den Ursprungs- stellen der Aorta und der Lungenarterien innerhalb des Herzbeutels und auf dem pleuralen Überzuge der Lunge an den Zwerchfells- bzw. Rippenflächen beider Hintorlappen. Die Lunge ist überall lufthaltig, ohne krankhafte Ver- änderungen. Bronchial- und Mediastinaldrüse und sonstige Lymph- drüsen der Brusthöhle ohne makroskopisch nachweisbare Veränderungen.

In Quetschpräparaten aus den platten Anhängen des Bauchfells konnten durch Färbung vereinzelte Tuberkelbazillen nachgewiesen werden.

Drei mit je einem linsengroßen Stückder Bauchfei Iknötch en subkutan infizierte Meerschweinchen (M. 205, 206, 207) wurden 91 Tage nach der Impfung getötet und frei von tuberkulösen Veränderungen befunden. In gleicher Weise negativ verlief die Impfung von 4 Meerschweinchen

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(M. 209,^210, 211, 212), denen je ein linsengrofies Stfick der linken bxw. rechten BuglymphdruBe, der Bronchial- nnd der Mediastinaldrfise snbknUn eingeimpft war. Ein Kanineben i'K. 206;, das mbkntan mit einem linsengrofien Ba neb fellknoten infiziert war, starb 2 Tage nach der Impfimg an Darmentzfindnng.

Diagnose: Chronische Banchfelltiiberkiilose (PerisuchtX beginnende Brustfell- und Herzbeuteltuberknlose.

ZuMunmeiifMSiiJig: Im vorliegenden Falle ist es somit durch gleichzeitige subkutane und intraperitoneale Einverleibung von mit Bouillon verriebenen tuberkulösen Organteilen (Milz intraperitoneal halbe Lunge, Bronchial- nnd Portaldrüse subkutan) eines Meerschweinchens, das mit tuberkulösem Material (Milzknötchen) eines an Miliartuberkulose ge- storbenen, 31jährigen Mannes infiziert war, gelungen, bei einem auf Tuberkulin nicht reagierenden, ca. S^i2 Monate alten, gesunden Rinde eine chronische BauchfeUtuberkulose, sowie begin- nende Brustfell- und Herzbeuteltuberkulose zu erzeugen.

Eine anfangs vorhandene geringgradige Schwellung der Impf- stelle am Halse bUdete sich innerhalb weniger Wochen völlig wieder zurück, sodaß sich die erfolgreiche Infektion während der 7*2 Monate dauernden Beobachtungszeit klinisch einzig und allein durch die positive Tuberkulinprobe zu erkennen gab. Der negative Ausfall der mit den Bauchfellknötchen ausgeführten Übertragungsversuche berechtigt zu der Annahme, daß auch der tuberkulöse Prozeß an den serösen Häuten bereits in der Rückbildung begriffen war.

Knltnrrersnch: Reinknltnren wurden ans der Milz von M. 842 (Ans- gangsmaterial) (Msch. Tb. XlII) gezüchtet In den Kulturen überwogen die zarten, langen, leicht gekrümmten Stäbchen Das Wachstum auf künstlichen Nährböden war verhältnismäßig spärlich. Infolge unbeabsichtigter Erhitzung der Kultur (Brfitschrankdefekt) mufite von der Ausführung des Kaninchenver- suchs Abstand genommen werden.

Nach Ausfall des Rinderversuchs dürfte es sich um Bazillen des Typus humanus nach Kossei, Weber und Heuß gehandelt haben.

Fall XIV. Infektionsmaterial: Lunge eines am Tage zuvor im Stadt-

krankenhause an Lungenphthise gestorbenen 45 jährigen Mannes (J.-Nr. 146), am 31. 1. 07 dem Veterinär-Institut überbracht. Im Kavemeninhalt Tuberkelbazillen durch Färbung reichlich nach- weisbar.

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Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Phthisis pulmonum tuberculosa chronica et ulcerosa; peri- bronchitis tuberculosa caseosa pulmom utriusque; vomicae et indu- ratio nigra lobi sup. pulm. utriusque; ulcera tuberculosa intestini; hepar adiposum.

Sofort nach Eintreffen des Materials wnrden vier Meerschweinchen (M. 951, 952, 953, 954) mit je einem linsengroßen Stück von der Wand einer Lnngenkaveme subkutan am Rücken infiziert. M. 952 wurde 23 Tage nach der Impfung getötet und mit generalisierter, von der Impfstelle aus- gehender Tuberkulose behaftet gefunden. M. 953 und 951 starben 86 bzw. 103 Tage nach der Impfung ebenfalls an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

M. 954 wurde am 16. 5. 07 (105 Tage nach der Impfung), nachdem es 140 g an Körpergewicht verloren hatte, durch Verblutung getötet Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Dreifache vergrößerte, mit nekrotischen Herden und miliaren Knötchen durchsetzte Milz und die bohnengroße, zentral verkäste Portaldrüse dienen als Infektionsmaterial für das Rind.

Versuchstier: ca 4 Monate altes, 103 kg schweres, weibliches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Be- zeichnung Rd. 58 führt.

Subkutane Infektion von Rd. 58: Am 16. 5. 07, unmittelbar nach Tötung von M. 954, wurden die Milz und Portaldrüse nach Zerkleinerung mit der Scbere mit 20 ccm Glyzerin-Bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchs- rinde in der Mitte der linken Halsseite subkutan eingespritzt.

Yerbalien des Yersnehsrindes nach der Infektion: ImpfsteUe dauernd reaktionslos. Allgemeinbefinden nicht offensichtig getrübt, obwohl die Tempe- raturkurve in der Zeit vom 1.— 16. Juni leichtes Fieber (39,5 40,3° C) an- zeigte. In der Zeit vom 4.— 12. Juli war erneut ein Ansteigen der Temperatur- kurve wahrzunehmen (39,5—40,1*^ C), worauf die Temperatur dauernd zur Norm zurückkehrte. Die Gewichtszunahme war während der Fieberperiode herab- gesetzt, von Mitte Juli ab der Fütterung entsprechend. Zwei Tuberkulin- proben (20. 7. und 31. 8. 07 je 0,5 ccm) fielen positiv aus.

Sektion des Yersnchsrindes: Am 5.9.07 (112 Tage nach der Impfung) wurde Rd. 58 getötet und im Veterinär-Institut seziert Gewicht 123 kg.

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (Impfstelle) sind dicht unter der Haut, aber nicht mit dieser verwachsen, zwei erbsengroße gelbe käsige Knötchen mit deutlichen Ealkeinlagerungen nachweisbar, in deren un- mittelbarer Umgebung das Unterhautzellgewebe in etwa markstückgroßer Aus- dehnung graurötlich verfärbt und leicht sulzig infiltriert erscheint. Weitere krankhafte Veränderungen wurden nicht ermittelt, insbesondere erwiesen sich die Hals- und Buglymphdrüsen wie überhaupt sämtliche Körper- und Organlymphdrüsen frei von makroskopisch erkennbaren tuberkulösen Ver- änderungen.

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In den käsig-kalkigen Knötchen an der Impfstelle wurden spärliche Tuberkelbazillen durch Färbung nachgewiesen.

Von zwei mit je einem linsengroßen Stück der käsig-kalkigen Knötchen subkutan infizierten Meerschweinchen (M. 27 und 28) starb eins 2 Tage nach der Impfung an Darmentzündung, das andere 40 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Von zwei mit je einem linsengroßen Stück der linken Buglymphdrüse sub- kutan infizierten Meerschweinchen (M. 25 und 26) starb eins 2 Tage nach der Impfung an Darmentzündung, das andere wurde 215 Tage nach der In- fektion getötet und frei von tuberkulösen Veränderungen befunden.

Diagnose: Umschriebene tuberkulöse Infiltration an der Impfstelle.

Znsammenfassnng : Die subkutane Überimpfung der mit Bouillon verriebenen Milz- und Portaldrüse eines mit tuber- kulösem Materiale (Lungenkavernen) von eirfem erwachse- nen Menschen infizierten Meerschweinchens auf ein ca. 4 Monate altes, auf Tuberkulin nicht reagierendes, gesundes Rind hatte im vorliegenden Fall lediglich die Ausbildung zweier erbsen- großer käsig-kalkiger Knötchen an der Impfstelle zur Folge.

Die rein lokale Infektion gab sich klinisch außer durch die positive Tuberkulinreaktion nur durch eine zweimalige, 15 bzw. 8 Tage anhaltende, leichte fieberhafte Temperatursteigerung zu erkennen, die das Allgemeinbefinden des Versuchstieres nur un- wesentlich beeinflußte. Bei der 112 Tage nach der Impfung vor- genommenen Schlachtung wurden nur in den käsig-kalkigen Massen der Impfstelle virulente Tuberkelbazillen durch den Tierversuch nachgewiesen.

Knltarrenuch: Reinkulturen wurden aus der Milz von M. 952 (Aus- gangsmaterial) (Msch. Tb. XIV) gezüchtet. In den Kulturen fast ausschließlich zarte schlanke gebogene Stäbchen. Das W^achstum auf künstlichen Nährboden war ziemlich kräftig. Der Kaninchen versuch mußte infolge unbeabsichtigter Erhitzung der Kultur (Brütschrankdefekt) unterbleiben.

Nach Ausfall des Rinderversuchs dürfte es sich um Bazillen des Typus humanus nach Kossei, Weber und Heuß gehandelt haben.

Fall XV.

Infektionsmaterial: Lunge eines am Tage vorher im Stadt- krankenhause an Lungenphthise gestorbenen, 39 jährigen Mannes (J.-Nr. 157); am 2. 2. 07 dem Veterinär-Institut überbracht. Ini Kaverneninhalt Tuberkelbazillen durch Färbung reichlich nach- weisbar.

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Die pathologisch-anatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Phthisis pulmonum tuberculosa ulcerosa; vomicae permultae lobi sup. utriusque pulm.; peribronchitis tuberculosa; pleuritis ad- haesiva bilateralis; ulcera tuberculosa laryngis et intestini; tuber- culosis renum, cicatrix lienis, hepar adiposum.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden drei Meerschweinchen (M. 955, 956, 957) mit je einem linsengrofien Stück von der Wand einer Lungen- kaverne subkutan am Rücken infiziert. M. 955 und 957 starben 41 bzw. 75 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose.

M. 956 wurde am 24. 4. 07 (81 Tage nach der Impfung), nachdem es 90 g an Gewicht verloren hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impfstelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Dreifache vergrößerte, von miliaren Knötchen durchsetzte Milz und die erbsengroße, zentral verkäste Portaldrüse dienen als Infektionsmaterial für das Kind.

Yersnchstier: ca. 3^/2 Monate altes, 83 kg schweres, weib- liches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und

die Bezeichnung Rd. 56 fuhrt.

Subkutane Infektion TOn Bd. 66: Am 24. 4. 07, unmittelbar nach Tötung von M. 956, wurden die Milz und Portal drüse nach Zerkleinerung mit der Schere mit 20 ccm Glyzerin-Bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchsrinde subkutan in der Mitte der linken Halsseite eingespritzt.

Yerhalten des YersachsrlndesT nach der Infektion: ImpfsteUe dauernd reaktionslos. Körpertemperatur und AUgemeinbefinden dauernd normal. Gewichtszunahme entsprechend der Fütterung. Drei Tuberkulinproben (^20. 7.; 31. 8. und 5. 12. 07 je 0,5 ccm) positiv.

Sektion des Yersnchsrindes: Am 10. 12. 07 (77» Monate nach der Impfung) wurde Rd. 56 im Polizeischlachthause des Leipziger Schlachthofes geschlachtet. Gewicht: 178 kg.

Befund: Impfstelle am Halse vöUig abgeheilt. Weder in den Organen noch in den Lymphdrüsen waren tuberkulöse Veränderungen aufzufinden.

Von zwei mit je einem linsengroßen Stück der linken Bug- und Achseldrüse infizierten Meerschweinchen (M. 213 und 214) starb eins 65 Tage nach der Impfung an Pneumonie, das andere wurde 89 Tage nach der Impfung getötet. Bei keinem wurden durch die Sektion tuberkulöse Ver- änderungen festgestellt.

Diagnose: Keine makroskopisch wahrnehmbaren tuberkulösen Ver- änderungen.

Zusammenfassung: Die subkutane Uberimpfung der mit Bouillon verriebenen Milz und Portaldrtise eines mit tuber- kulösem Materiale (Lungenkaverne) von einem erwach- senen Menschen infizierten Meerschweinchens auf ein ca. 3V2 Monate altes, auf Tuberkulin nicht reagierendes, gesundes

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Rind hatte im vorliegenden Falle weder eine tuberkulöse Infiltration an der Impfstelle noch eine tuberkulöse Erkrankung der zugehörigen Lymphdrüsen zur Folge. Die noch kurz vor der Schlachtung fest- gestellte positive Tuberkulinreaktion ist daher lediglich als Zeichen der durch die Einverleibung virulenten tuberkulösen Materials er- zeugten Tuberkulinüberempfindlichkeit aufzufassen.

KoltuTTersiich: Reinkulturen wurden aus der Milz von M. 955 (Aus- gangsmaterial) gezüchtet (Msch. Tb. XV). In den Eultaren fast ausschließlich zarte schlanke, schwach gebogene Stäbchen. Wachstum auf künstlichen Nähr- böden ziemlich kräftig. Infolge unbeabsichtigter Erhitzung der Kultur (Brnt- schrankdefekt) mufite der Kaninchenversuch unterbleiben.

Nach Ausfall dös Rinderversuchs dürfte es sich um Bazillen des Typus humanus nach Kossei, Weber und Heuß gehandelt haben.

Fall XVI.

Infektionsmaterial: Hirnhaut, Milz und Lunge von einem Tags zuvor im Kinderkrankenhause an Miliartuberkulose gestorbenen, 4-^/4 Jahre alten Kinde (J.-Nr. 111), am 4. 2. 07 dem Veterinär- Institute überbracht. Ln Abstrich der Lunge zahlreiche Tuberkel- bazillen durch Färbung nachweisbar, weniger reichlich im Ab- strich der Hirnhaut und aus den Milzknötchen.

Die pathologisch-antatomischen Hauptdiagnosen lau- teten: Meningitis tuberculosa, Tuberculosis miliaris pulmonum, lienis hepatis, renum.

Ein Onkel und eine Tante des Kindes sind an Tuberkulose gestorben.

Sofort nach Eintreffen des Materials wurden zwei Meerschweinchen (M. 958, 959) mit je einem linsengrofien Stück der tuberkulösen Lunge, zwei Meerschweinchen (M. 960, 961) mit je einem linsengroßen Stflck der tuber- kulösen Hirnhaut und zwei Meerschweinchen (M. 962, 963) mit Je einem linsengrofien Stück der tuberkulösen Milz subkutan am Rücken infiziert M. 962, M. %3, M. 961 und M. 958 starben 31, 36, 54 und 87 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. M. 959 wurde 87 Tage nach der Impfung getötet und ebenfalls mit gene< ralisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet gefunden.

M. 960, infiziert mit tuberkulöser Hirnhaut, wurde am 24. 4. 07 (79 Tage nach der Impfung), nachdem es 80 g an Gewicht verloren hatte, durch Verblutung getötet. Die Sektion ergab generalisierte, von der Impf- stelle ausgehende Tuberkulose. Die auf das Sechsfache vergrößerte, umfangreiche nekrotische Partien und miliare Knötchen auf- weisende Milz, die über erbsengroße, zentral verkäste Portal- drüse, die von zahlreichen Knötchen durchsetzte Lunge und die

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bohnengroße, zentral verkäste Bronchialdrtise dienen als Infek- tionsmaterial für das Rind.

Versuchstier: ca. 3^2 Monate altes, 83 kg schweres, weib- liches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Bezeichnung Ed. 57 fuhrt.

Intraperitoneale und subkutane Infektion Ton Rind 57: Am 24 4.07, unmittelbar nach Tötung von M. 960, wurde zunächst die Milz nach vor- heriger Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Bouillon sorgfältig verrieben und dem Versuchstier von der rechten Bauchseite aus intra- peritoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der linken Halsseite) diente eine ebenfalls mit 15 ccm Bouillon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und Portaldrtlse verwendet wurde.

Yerhalten des Yersnchsrindes nach der Infektion: An der anfangs reaktionslosen Impfstelle am Halse entwickelte sich allmählich eine etwas über handtellergroße, flache, anfangs derbe, später fluktuierende Anschwellung, die sich gegen Ende der Beobachtnngszeit wieder etwas verkleinerte, im übrigen aber unverändert blieb. Impfstelle am Bauche ohne erkennbare Ver- änderungen. Allgemeinbefinden und Futteraufnahme daueiiid normal; Gewichts- zunahme entsprechend der Fütterung. Die Körpertemperatur, welche sich in den ersten 14 Tagen nach der Impfung dauernd unter 39,0^ C gehalten hatte, hielt sich vom 10. Mai ab dauernd über 39,0^ C, ohne im allgemeinen 39,6 ^ C zu überschreiten. Nur in der Zeit vom 1.— 14. August wurde eine kleine weitere Erhebung der Temperaturkurve (mit abendlichen Temperaturen bis zu 39,90 c) beobachtet. Zwei Tuberkulinprüfungen (am 20. 7. und 31. 8. 07 je 0,5 ccm) fielen positiv aus.

Sektion des Yersnchsrindes: Am 5. 9. 07 (4Vs Monate nach der Impfung) wurde Rd. 57 getötet und im Veterinärinstitut seziert. Gewicht: 126,4 kg.

Befund: Nach Entfernung der Haut wird an der Impfstelle am Halse ein gut abgekapselter, nicht mit der Haut verwachsener, etwa hühnereigroßer Abszeß mit einem grünlichen, dickflüssigen, eitrigen Inhalte und einer 3 mm starken, bindegewebigen Kapsel sichtbar. Die linke Buglymphdrüse zeigt ebensowenig wie die übrigen Körperlymphdrüsen makroskopisch erkenn- bare tuberkulöse Veränderungen.

Bei Eröffnung der Bauchhöhle erweisen sich das Bauchfell, nament- lich im Bereiche der rechten Bauch wand, und das große Netz an der der rechten Bauchwand zugekehrten Fläche mit einem feinen graurötlichen Gewebe schleier- artig überzogen, in welches vereinzelte linsen- bis erbsengroße, z. T. dunkelrot gefärbte Knötchen eingelagert sind, die auf dem Durchschnitt kleinste, gelbe Käseherde erkennen lassen. Einige Knötchen namentlich am großen Netz, am Pansen und am peripheren Teile des Zwerchfells sind deutlich gestielt und hängen frei in die Bauchhöhle hinein. Am Bauchfellüberzuge der Leber finden sich nur ganz vereinzelte, am Bauchfellüberzuge der Milz in erheblicher Menge fein faserige Auflagerungen und flache Knötchen. Leber, Milz und Nieren- parenchym frei von irgend welchen tuberkulösen Veränderungen. Auch werden weder in den übrigen Organen, insbesondere in der Lunge, noch in

Zeitschrift fUr Infeküonskrankbeiten. IV, 6/6. 26

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den Lymphdrüsen des Versuchsrindes makroskopisch erkennbare Verände- rungen gefunden.

In Quetschpräparaten von den Banchfellknötchen wurden Tuberkel- bazillen in großer Zahl durch Färbung nachgewiesen, im Abszeßeiter der Impfstelle jedoch nur in spärlicher Menge.

Von zwei Meerschweinchen (M. 31, 32), die mit je einer etwa linsengroßen Menge des Abszeßeiters subkutan infiziert waren, starb eins 3 Tage und das andere 5 Tage nach der Impfung an Septikämie. Von zwei Meerschweinchen (M. 29, 30), die mit je einem linsengroßen Stuck der linken Bugdrüse subkutan infiziert waren, starb eins 79 Tage, das andere 128 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Von zwei Meerschweinchen (M. 33, 34), die mit je einem iinsengroßen Stück der Banchfellknötchen subkutan infiziert waren, starb eins (M. 33) 51 Tage nach der Impfung an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. Das andere (M. 34) wurde 128 Tage nach der Impfung getötet und ebenfalls mit generalisierter, von der Impfstelle aus- gehender Tuberkulose behaftet gefunden.

Diagnose: Abgekapselter tuberkulöser Abszeß am Halse (Impfstelle : chronische Bauchfelltuberkulose (Perlsuchtj.

Znsammenfassnng : Im vorliegenden Falle ist es somit ge- lungen, durch gleichzeitige subkutane und intraperitoneale Einverleibung von mit Bouillon verriebenen tuberkulösen Or- ganteilen (Milz intraperitoneal, halbe Lunge, Bronchial- und Portaldrüse subkutan) eines Meerschweinchens, das mit einem Stück Hirnhaut eines an Miliartuberkulose verstor- benen Kindes infiziert war, bei einem auf Tuberkulin nicht reagierenden, ca. S^/g Monate alten, gesunden Rinde einen abge- kapselten tuberkulösen Abszeß an der Impfstelle am Halse und eine chronische Bauchfelltuberkulose (Perlsucht) zu erzeugen.

Die erfolgreiche tuberkulöse Infektion gab sich klinisch nur durch die positive Tuberkulinreaktion zu erkennen. Eine Beein- trächtigung des Gesundheitszustandes war, abgesehen von der etwa 14 Tage nach der Impfung einsetzenden und bis zuletzt anhaltenden, an sich zwar unerheblichen Erhöhung der Körpertemperatur, während der 4^2 monatigen Beobachtungszeit nicht festzustellen. Von Inter- esse ist es weiterhin, daß trotz der anatomisch nachweisbaren Abkapselung des tuberkulösen Abszesses an der Impfstelle am Halse und trotz Fehlens makroskopischer tuberkulöser Veränderungen in der zugehörigen Lymphdrüse durch den Tierversuch virulente Tuberkelbazillen in der letzteren 41/2 Monate nach der Impfung noch nachzuweisen waren.

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Weitere Versuche zur Prüfung der Virulenz des von Rd. 57 gewonnenen

tttbericuiösen IMaterlals.

Infektlonsmateiial : Bauchfell mit Perlknoten von Ed. 57, übertragen auf zwei Meerschweinchen (M. 33 und 34, vgl. S. 402). M. 33 stirbt 51 Tage nach der Infektion an generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose. M. 34 wird 128 Tage nach der Impfung durch Verblutung getötet und ebenfalls mit gene- ralisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuberkulose behaftet gefunden. Die auf das Fünffache vergrößerte, von zahl- reichen miliaren Knötchen durchsetzte Milz, die bohnen- große, zentral verkäste Portaldrüse, die von zahlreichen miliaren Knötchen durchsetzte Lunge und die bohnen- große, zentral verkäste Bronchialdrüse von M. 34 dienen als Infektionsmaterial für das Rind.

Yersnchstier: ca. 2 Monate altes, 64 kg schweres, weibliches Rind, das auf Tuberkulin (0,5 ccm) nicht reagiert und die Be- zeichnung Rd. 61 führt.

Intraperitoneale und snbkiitane Infektion ron Rd. 61: Am 11. 1. 08, unmittelbar nach Tötung von M. 34, wurde zunächst die Milz nach vorheriger Zerkleinerung mit der Schere mit 15 ccm Glyzerin-Boullion sorgfältig verrieben und dem Yersnchstiere von der rechten Bauchseite aus intraperitoneal eingespritzt. Zur subkutanen Infektion (Mitte der Unken Halsseitej diente eine ebenfaHs mit 15 ccm BouiUon hergestellte Emulsion, zu der die halbe Lunge, die Bronchial- und die Portaldrüse verwendet wurden.

Yerhalten des Yersachsrindes nach der Infektion: Das Verhalten des Versuchsrindes bot zunächst nichts Besonderes dar. Allmählich entwickelte sich an der linken Halsseite eine fünfmarkstückgroße, flache, derbe Anschwellung. Am 20. 1. stieg die Körpertemperatur, welche sich bis dahin stets unter 39,5" C gehalten hatte, erstmalig auf 39,7. Gleichzeitig ließ der Appetit merklich nach und es trat Husten auf. Auch zeigte sich das Tier von diesen Zeitpunkt »b auffallend schreckhaft. Am 25. 1. stieg die Körpertemperatur auf 40,1^ C und erreichte am 3. 11. nach vorübergehendem Absinken den Höchststand von 41,0" C. Zugleich verschlimmerte sich der Husten, und es trat völliger Appetit- mangel ein. Das Körpergewicht, das sich während der ersten 10 Tage nach der Impfung noch um 7 kg gehoben hatte, ging ständig zurück. Die Anschwellung an der Impfstelle am Halse veränderte sich zwar nicht weiter, aber es trat bereits 14 Tage nach der Impfung eine deutliche derbe An- schwellung der linksseitigen Buglymphdrüse hinzu. Auch an der Impfstelle am Bauch wurde in der Tiefe eine derbe Infiltration fühlbar. Unter Zunahme der Atemnot und Herzschwäche verendete das Versuchstier am 10. 2. 08 (30 Tage nach der Impfung); Körpergewicht 60 kg.

Sektion des Yersnchsrlndes: Die Sektion wurde wenige Stunden nach Eintritt des Todes im Veterinär-Institut ausgeführt.

26*

404

Befund: In der Mitte der linken Halsseite (InjektionsBtelle) erweist sich das Unterhautzellgewebe im Bereiche der schon von aufien erkennbaren, etwa fünfmarkstückgroßen, flachen, derben Erhabenheit leicht sulzig infiltriert. Die Halsmuskulatur im Bereiche dieser Partie erscheint verdickt und teilweise in ein graugelbes, opakes Gewebe umgewandelt, welches noch Reste der normalen, etwas stärker durchfeuchteten Muskulatur nmschliefit. Im Zentrum ist ein erbsengroßer Verkäsungsherd nachweisbar. Ganz ähnliche Verände- rungen befinden sich in etwa handtellergroßer Ausdehnung an der Injektions- stelle am Bauche ; doch fehlt die Yerkäsung. Die fingerlange, ca. 2 fingerstarke linke Buglymphdrüse ist sehr blutreich, stark durchfeuchtet und von zahl- reichen erbsen- bis bohnengroßen, graugelben, opaken Herden durchsetzt, die sich am vorderen und hinteren Ende zu größeren Konglomeraten vereinigen. Auch die mittleren und unteren Halslymphdrüsen sind sehr blutreich, stark durchfeuchtet und von einzelnen bis erbsengroßen, opaken Herden durch- setzt Die übrigen Lymphdrüsen des Kopfes und Halses sowie die rechtsseitigen Buglymphdrüsen sind ebenfalls sehr blutreich und stark durchfeuchtet, aber ohne makroskopisch erkennbare tuberkulöse Herde.

Lunge wenig zusammengefallen. Rechter Spitzenlappen und vorderes Drittel des rechten Hauptlappens braunrot, luftleer, von fester Konsistenz (Hepatisation); die gesamte übrige Lunge von rosaroter Farbe lufthaltig. Beim Darüberstreichen mit der Hand und beim Einschneiden erkennt man, daß die gesamte Lunge von unzähligen kleinen, mit bloßem Auge eben noch er- kennbaren grauweißen Knötchen durchsetzt ist. Besonders dicht gesät finden sich diese Knötchen in den ventralen Abschnitten und an den Zwerchfells- flächen der Hinterlappen. Die Pleura ist im allgemeinen glatt und durch- sichtig, läßt aber im Bereiche des Zwerchfells und der letzten Rippen feine spinnegewebige Auflagerungen und vereinzelte sandkomgroße Knötchen er- kennen. Die gleichen Veränderungen zeigt der pleurale Überzug des Herz- beutels. Die bronchialen Lymphdrüsen sind etwas vergrößert, stark durchfeuchtet und lassen auf der Schnittfläche einige hirsekomgrofie, gelbe Erweichungsherde erkennen. In den ebenfalls vergrößerten und stärker durch- feuchteten media st inalen Lymphdrüsen sind tuberkulöse Herde nicht er- kennbar. Herzmuskel trüb, von brüchiger Konsistenz.

Beim Öffnen der Bauchhöhle erweist sich das große Netz, welches auffallend fettarm ist, an der der rechten Bauchwand zugekehrten Fläche mit zahl- reichen länglichen und rundlichen, blaßroten Wucherungen bedeckt, an denen man bei näherer Prüfung ein graurötliches, saftiges Grundgewebe und zahl- reiche bis hirsekomgroße, graugelbliche Knötchen unterscheiden kann. Die Mehrzahl dieser Gebilde erreicht etwa die Größe einer Erbse oder Bohne und erhebt sich höchstens 2—3 mm über die Oberfläche des Netzes. Durch Verschmelzung benachbarter Wucherungen sind einzelne größere flache, beet- artige Erhabenheiten entstanden, deren größte etwa 5 cm lang, 2 cm breit und 0,3—0,5 cm hoch sind. Zwischen den einzelnen Wucherungen ist das Netz vielfach mit feinen spinnegewebsartigen Auflagerungen bedeckt und teilweise injiziert. In der gleichen Weise verändert ist der peritoneale Überzug des Zwerchfells und der Milz, während der übrige Teil des Bauchfells frei von krankhaften Veränderungen ist. Mesenterialdrüsen etwas geschwollen, stark durch-

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feuchtet und von vereinzelten hirsekorngrofien, gelben Knötchen durchsetzt. Leber von lehmgelber Farbe; Bänder leicht abgerundet; Parenchym von brüchiger Konsistenz, durchsetzt mit zahlreichen sandkomgroßen, grauweißen Knötchen, die besonders an der Außenfläche deutlich hervortreten. Milz etwas vergrößert; unter der Kapsel sind zahlreiche sandkomgroße Knötchen zu erkennen, die im eigentlichen Parenchym nicht mehr deutlich zu unter- scheiden sind. Nieren stark durchfeuchtet; Bindensubstanz trübe, von hell- grauer Farbe und mflrber Konsistenz. In der ganzen Niere verstreut finden sich spärliche mohnsamengroße, gelblich-weiße ELnötchen.

Bei der Herausnahme des Gehirns erweist sich die weiche Hirnhaut an der Basis im Bereiche der Großhimschenkel, der Brücke und des ver- längertem Marks stärker gerötet und sulzig infiltriert Knötchen sind makro- skopisch nicht nachweisbar.

In den Ausstrichpräparaten aus den Knötchen der Lunge und des Netzes wurden Tuberkelbazillen in mäßiger Zahl durch Färbung nachgewiesen.

Von zwei mit je einem linsengroßen Lungen stück subkutan infizierten Meerschweinchen (M. 821 und 322) starb eins bereits 22 Tage nach der Impfung an Tuberkulose. Das andere wurde 53 Tage nach der Impfung ge- tötet und ebenfalls mit generalisierter, von der Impfstelle ausgehender Tuber- kulose behaftet gefunden. Ein drittesMeerschw ei neben (M. 320), welches mit einem linsengroßen Stück vom Netz subkutan infiziert war, wurde 84 Tage nach der Impfung getötet und ebenfalls mit typischer Impftuberkulose be- haftet gefunden. Von 2 Kaninchen (K. 328 und 324), welche mit je einem linsengroßen Stück des Netzes bzw. der Lunge subkutan infiziert waren, starb eins (K. 324) 50 Tage nach der Impfung an Lungenentzündung, das andere (K. 328) wurde 129 Tage nach der Impfung getötet. Beide erwiesen sich bei der Sektion frei von tuberkulösen Veränderungen.

Diagnose: Umschriebene tuberkulöse Infiltration beider Impfstellen (an der linken Halsseite und an der rechten Bauchwand), tuberkulöse Hyper- plasie der linksseitigen mittleren und unteren Halslymphdrüsen sowie der linken Buglymphdrüse; ausgedehnte Bauchfell- und beginnende Brustfelltuber- kulose; akute Miliartuberkulose der Lunge, Leber, Milz und Nieren; tuberkulöse Meningitis; lobäre Pneumonie; parenchymatöse Degeneration der Leber, der Nieren und des Herzmuskels.

Zusammenfassung: In der vorstehenden Versuchsreihe ist es somit gelungen, durch subkutane und intraperitoneale Ein- verleibung der mit Bouillon verriebenen Organteile (Milz intra- peritoneal, halbe Lunge, portale und bronchiale Lymphdrüse subkutan) eines mit künstlich erzeugten Perlknoten von Rd. 61 infizierten Meerschweinchens bei einem gesunden, auf Tuberkulin nicht reagierenden, 2 Monate alten Kinde eine 30 Tage nach der Impfung tödlich endigende akute Miliartuberkulose der Lunge, Leber, Milz und Nieren, sowie eine disseiminierte Bauch- und Brustfelltuberkulose zu erzeugen.

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Die erfolgreiche Infektion gab sich klinisch durch eine 9 Tage nach der Impfung akut einsetzende und in 21 Tagen unter zunehmender Atemnot und Herzschwäche zu Tode führende, schwere fieberhafte Allgemeinerkrankung zu erkennen.

Knlinrrersiich : Reinkulturen wurden aus der PortaldrOse von M. 960 f Ansgangsmaterial) gezüchtet. In den Kulturen Überwogen die zarten, schlanken gebogenen Stäbchen. WachBtura auf künstlichen Nährböden mäßig kräftig. Der Kaninchenversuch mufite infolge unbeabsichtigter Erhitzung der Kultur (Brütschrankdefekt) unterbleiben.

Das Ergebnis der vorstehend mitgeteilten Rinderversuche würde fär Typus bovinus sprechen, doch steht hiermit der an der Reinkultur erhobene Befund sowie der Ausfall der mit dem Perlsuchtmaterial von Rd. 61 ausgeführten Kaninchenversuche nicht im Einklang. Wir halten uns daher auch in diesem Falle fiir berechtigt, von einer Übergangsform bzw. von einem atypischen Stamm (Rabinowitsch) zu sprechen. Die Züchtung von Reinkulturen aus Rd. 61 mißlang.

Was lehren nun diese Versuche?

Wie schon erwähnt, entstammt das Versuchsmaterial 8 Fällen von menschlicher Tuberkulose mit tödlichem Ausgange, von denen drei dem Kindesalter (Va ^^U Ja^re) und fünf dem späteren Lebensalter (17—50 Jahre) angehören. In allen Fällen wurde das Material zunächst durch subkutane Einimpfung auf Meerschweinchen übertragen.

Hierzu wurde verwendet im:

Fall IX ein Stück Milz von einem an akuter Miliartuberkulose

gestorbenen 2*/9iähr. Kinde, Fall X ein Stück Lunge von einem an allgemeiner Tuberkulose

gestorbenen ^/^jähr. Kinde, Fall XI ein Stück Lunge von einem an Phthise gestorbenen

17 jähr. Manne, Fall Xn ein Stück Hirnhaut von einem an Phthisis gestorbenen

50 jähr. Manne, Fall XIII ein Stück Milz von einem an Miliailuberkulose

gestorbenen 31 jähr. Manne, Fall XIV ein Stück Lunge von einem an Phthise gestorbenen

45 jähr. Manne,

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Fall XV ein Stück Lunge von einem an Phthise gestorbenen

39 jähr. Manne, Fall XVI ein Stück Hirnhaut von einem an Miliartuberkulose

gestorbenen 4'V4 jährigen Kinde.

Die Organe der offensichtig erkrankten, durch Ver- blutung getöteten Meerschweinchen dienten zur Infektion von 10 Rindern im Alter von 1— 5 Monaten^) und 2 Ziegen im Alter von 2 und 2V2 Jahren. In 4 Fällen wurde das tuberkulöse Ma- terial nach sorgfältiger Zerkleinerung und Verreibung mit Bouillon nur subkutan infiziert, und zwar:

Müz und Portaldrüse bei Ziege I (FaU XIa), Milz bei Ziege HI (Fall XI c), Milz und Portaldrüse bei Rd. 58 (Fall XIV), Milz und Portaldrüse bei Rd. 56 (Fall XV).

In 8 Fällen wurde das tuberkulöse Material gleichzeitig intra- peritoneal und subkutan verimpft, und zwar:

Milz und Portaldrüse intraperitoneal, Kniefaltenlymph- drüsen subkutan links, Bronchialdrüse subkutan rechts bei Rd. 44 (Fall IX);

Milz intraperitoneal, halbe Lunge, Bronchial- und Portal- drüse subkutan bei Rd. 48 (Fall X), Rd. 50 (Fall Xlb), Rd. 49 (FaU XII), Rd. 55 (Fall Xm), Rd. 57 und 61 (Fall XVI);

Milz intraperitoneal, Kniefaltendrüsen, Bronchial- und Portaldrüse subkutan bei Rd. 54 (Fall Xld).

Bei dieser Art der Übertragung erwies sich das verwendete tuberkulöse Material von vornherein stark virulent für Rinder

in 2 Fällen:

Fall X: Im Anschluß an die subkutane und intraperitoneale Verimpfung des Materials entwickelte sich ein schweres fieberhaftes Allgemeinleiden ; Tod des Versuchsrindes 42 Tage nach der Infektion an akuter Miliartuberkulose.

Fall XII: Im Anschluß an die subkutane und intraperitoneale Verimpfung des Materials entwickelte sich ein schweres fieberhaftes

1) 2 Rinder standen im Alter von 1 Monat, 1 Rind im Alter von 2 Mo- naten, d Rinder im Alter von S'/a Monaten, 8 Rinder im Alter von 4 Monaten, 1 Rind im Alter von 5 Monaten.

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Allgemeinleiden; Tod des Versuchsrindes 34 Tage nach der Infektion

an akuter Miliartuberkulose.

Das verwendete Material erwies sich zunächst mittelgradig

virulent für Rinder und erst bei Weiterimpfung des von diesen

Tieren gewonnenen Materials (Perlknoten) stark virulent für

Rinder

in 2 Fällen:

Fall XI: Im Anschluß an die subkutane Infektion entwickelte sich ein tuberkulöser Abszeß- an der Impfstelle am Halse, der nach 6 Monaten völlig abgeheilt war und nur vorübergehend das Allgemeinbefinden des Versuchsrindes störte. Im Anschluß an die intraperitoneale Infektion entwickelte sich eine ausgebreitete Bauch- fell- und beginnende Brustfelltuberkulose (Perlsucht). Bei Weiter- impfiing des von diesem Versuchsrinde stammenden Materials (Perl- knoten) auf Meerschweinchen und Übertragung auf ein neues Rind entwickelte sich bei diesem ein schweres Allgemeinleiden; Tod des Versuchsrindes 83 Tage nach der Infektion an disseminierter Lungen- und Bauchfelltuberkulose.

Fall XVI: Im Anschluß an die subkutane Infektion entwickelte sich ein abgekapselter tuberkulöser Abszeß an der Impfstelle, der das Allgemeinbefinden des Versuchsrindes nur unerheblich beein- flußte, und im Anschluß an die intraperitoneale Infektion eine aus- gebreitete Bauchfelltuberkulose (Perlsucht). Bei Weiterimpfimg des von diesem Versuchsrinde stammenden Materials (Perlknoten) auf Meerschweinchen und Übertragung auf ein neues Rind ent- wickelte sich bei diesem ein schweres fieberhaftes Allgemeinleiden; Tod des Versuchsrindes 30 Tage nach der Infektion an akuter Miliartuberkulose.

Das verwendete Material erwies sich geringgradig virulent

für Rinder

in 2 Fällen:

Fall Xni: Im Anschluß an die subkutane Infektion entwickelte sich eine tuberkulöse Infiltration an der Impfstelle, die jedoch nach einigen Wochen völlig wieder verschwand, und im Anschluß an die intraperitoneale Infektion eine chronische Bauchfell- und begin- nende Brustfelltuberkulose, die jedoch das Allgemeinbefinden des Versuchsrindes unerheblich beeinflußte. Bei Weiterimpfung auf Meerschweinchen erwies sich das von diesem Rinde stammende Material (Perlknoten) avirulent.

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Fall XrV: Im Anschluß an die subkutane Infektion ent- wickelte sich eine umschriebene tuberkulöse Infiltration an der Impf- stelle ohne Mitbeteiligung der zugehörigen Lymphdriisen, die das Allgemeinbefinden nur unerheblich beeinflußte.

Das verwendete Material erwies sich a virulent für Kinder

. in zwei Fällen:

Fall IX: Im Anschluß an die subkutane und intraperitoneale Infektion entwickelte sich anfänglich eine flache, handtellergroße tuberkulöse Infiltration an den Impfstellen am Halse, von der bei der 9^2 Monate nach der Infektion ausgeführten Sektion nichts mehr wahrzunehmen war. Eine Beeinträchtigung des Gesundheits- zustandes wurde niemals beobachtet.

Fall XV: Im Anschluß an die subkutane Infektion ist es weder zu einer vorübergehenden' tuberkulösen Infiltration an der Impfstelle noch zu einer Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes gekommen.

Es bestätigen somit auch die vorstehend mitgeteilten Ver- suche, die schon bei den früheren Versuchen ermittelte Tatsache, daß eine strenge Scheidung der beim Menschen vor- kommenden Tuberkulosefälle in rindervirulente und nicht rindervirulente Fälle auf Schwierigkeiten stößt, indem zwischen den beiden Extremen der hochgradigen Rindervirulenz (Tod des Versuchstieres an allgemeiner Miliartuberkulose) auf der einen und der völligen Avirulenz (Fehlen jeglicher Reaktions- erscheinungen an der Impfstelle) Übergänge zu konstatieren sind. Der allmähliche Übergang zwischen den einzelnen Stufen wird be- sonders deutlich durch die Fälle XI und XVI illustriert, in denen sich das verwendete Material (Kavemeninhalt eines an Lnngen- phthise gestorbenen, 17 jährigen Mannes und Hirnhaut eines an Miliartuberkulose gestorbenen Kindes) zunächst mittelgradig virulent und erst bei Weiterimpfung auf neue Versuchstiere hochgradig virulent fiir Rinder erwies.

Daß die von uns wiederholt angewendete Methode der kom- binierten subkutanen und intraperitonealen Infektion allein nicht fiir die Versuchsergebnisse verantwortlich zu machen ist, dürfte vor allem Fall IX lehren, bei dem selbst eine dreifache Infektion (Milz und Portaldrüse intraperitoneal, Kniefaltendrüse subkutan rechts, Bronchialdiüse subkutan links) negativ verlaufen

410

ist. Auch im Falle XIII hat dieselbe Methode der gleichzeitigen subkutanen und intraperitonealen Infektion, die in den Fällen X und XII eine tödliche Infektion verursachte, nur geringgradige lokale Veränderungen an der Impfstelle bewirkt.

Es ist daher nicht zutreffend, daß, wie Weber in einer Be- sprechung unserer Übertragungsversuche (Deutsche medizinische Wochenschrift 1907, Nr. 10) bemerkt, es bei Anwendung einer solchen Impfinethode (kombinierte subkutane und intraperitoneale Infektion) gelänge, „mit jedem tuberkulösen Material bei Kälbern V^eränderungen hervorzurufen, die unter Umständen eine gelungene Infektion vortäuschen können". Ich bemerke hierzu noch aus- drücklich, daß es sich bei unseren Todesfällen, wie aus den Befunden zu ersehen ist, stets um echte Infektionen und nicht um In- toxikationen gehandelt hat, und daß die bei den Impfkälbern als Todesursache ermittelte akute Miliartuberkulose sich makroskopisch und mikroskopisch in keiner Weise von der bei unseren Immuni- sierungsversuchen oft untersuchten, durch Rindertuberkelbazillen erzeugten akuten Miliartuberkulose der Versuchsrinder unterschied.

Der unmittelbare Anlaß zur häufigeren Anwendung der kom- binierten subkutanen und intraperitonealen Infektion war die in einem konkreten Falle (Fall VI der früheren Zusammenstellung) von uns gemachte Erfahrung, daß tuberkulöses Material vom Menschen, das bei subkutaner Verimpftmg auf Rinder nur eine auf die Impfstelle und die benachbarten Lymphdrüsen be- schränkte lokale Tuberkulose hervorruft, bei intraperitonealer Verimpftmg unter Umständen am Bauchfell der Versuchsrinder Veränderungen erzeugt, die sich bei der subkutanen Weiter- impfting auf Rinder fiir diese hochgradig virulent erweisen. Die von uns geübte Methode gewährt somit den großen Vorteil, neben den hochgradig virulenten Fällen auch solche mittelgradig virulente Fälle, deren Virulenz noch einer Steigerung fähig ist, mit Hilfe eines einzigen Versuchs- tieres sicher zu ermitteln.

Wir haben nun auch versucht, durch Prüfung der aus dem Ursprungsmaterial gewonnenen Reinkulturen nach den von Kossei, Weber und Heuß angegebenen Gesichtspunkten ein Urteil dariiber zu gewinnen, welchem der von den genannten Autoren aufgestellten Typen (Typus humanus oder Typus bovinus) die aus dem Ursprungsmaterial gezüchteten Reinkulturen zuzurechnen sind.

411

Das Ergebnis dieser Untersuchungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß es uns nicht möglich war, die unter- suchten Stämme sämtlich ohne Zwischenformen entweder dem Typus humanus oder dem Typus bovinus zuzuzählen, ebensowenig wie es uns bei Prüfung der Rindervirulenz gelungen war, das untersuchte, vom Menschen stammende Material ohne Ein- schaltung von Übergangsformen in solches mit und ohne Rinder- virulenz zu unterscheiden, und daß es wiederum die in der Mitte zwischen den beiden Extremen (ausgesprochene Rindervirulenz und fehlende Rindervirulenz) stehenden Fälle XI und XVI sind, die auch bei der Typenbestimmung Schwierigkeiten bereiteten.

Betrachten wir zunächst die vier Fälle von Menschen- tuberkulose, bei denen die aus dem Ausgangsmaterial gezüchteten Reinkulturen nicht nur in ihrem morphologischen und biologischen Verhalten in der Kultur, sondern auch im Kaninchenversuch ein- gehend geprüft wurden, so lassen sich zwei Fälle als sicher durch Bazillen des Typus bovinus verursacht bestimmen. Es sind die Fälle X und Xu, die sich in dem mit dem Ausgangs- material ausgeführten Rinderversuch von vornherein als stark rindervirulent erwiesen hatten. In einem Falle wurden Bazillen des Typus humanus gefunden, nämlich im Fall IX, dessen Ausgangsmaterial sich im Rinderversuch als avirulent für das Rind erwiesen hatte. In einem Falle (XI) aber wurde ein Stamm gezüchtet, dessen Bazillen morphologisch alle Übergänge von den schmalen schlanken Stäbchen des Typus humanus bis zu den kurzen dicken Stäbchen des Typus bovinus darboten und sich im Kaninchenversuch im großen und ganzen wie Bazillen des Typus humanus verhielten, während sich das Ausgangsmaterial zunächst mittelgradig virulent für Rinder, bei Weiterimpftmg auf ein neues Rind aber stark virulent erwiesen hatte.

Auch bei der Prüfung der aus den übrigen vier Fällen (XIII, XIV, XV, XVI) gezüchteten Reinkulturen, die leider nur in ihrem morphologischen und biologischen Verhalten in der Kultur geprüft werden konnten, wurde neben drei Stämmen (gezüchtet aus den Fällen XIII, XIV, XV), die aller Wahrscheinlichkeit nach dem Typus humanus zuzurechnen sind, ebenfalls ein Stamm (gezüchtet aus Fall XVI) gefunden, dessen Einreihung dadurch Schwierig- keiten bereitete, daß nach dem morphologischen und biologischen Verhalten in der Kultur und nach dem Ausfall des mit dem Aus-

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gangsmaterial ausgeführten Kaninchenversucli Typus humanus ver- mutet werden mußte, während sich das Ausgangsmaterial im Rinder- versuch zunächst mittelgradig \ärulent, bei Weiterimpftmg auf em neues Rind aber hochgradig virulent erwies.

Es ist gewiß kein bloßer Zufall, daß die beiden Fälle mit „atypischen Bazillenstämmen" dieselben sind, in denen auch die Rindervirulenz eine gewisse Inkonstanz zeigte. Es liegt daher nahe, diese Stämme als Übergangsformen anzusprechen, die die Kluft zwischen den beiden Extremen (hohe Rinder\drulenz [Typus bovinus] und fehlende Rindervirulenz [Tjt)US humanus]) überbrücken und den allmählichen Übergang der einen Bazillenform in die andere möglich erscheinen lassen.

Leider war es uns in den beiden obigen Fällen nicht möglich zu entscheiden, ob eine Änderung des Bazillentypus mit der Viru- lenzsteigerung tatsächlich eingetreten war. Bei den gegenwärtig im Veterinär-Institut zur Ausführung kommenden Übertragungs- versuchen soll gerade dieser Punkt besondere Beachtung finden.

(Aus dem Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule

zu Dresden.)

Über lokale Eosinophilie in der Leber der Haustiere.

Zugleich ein Beitrag zur pathologisclien Anatomie der zooparasitären

Lebererlirankungen.

Von Prof. Dr. E. Joest und Dr. W. Felber.

Bis ZU den letzten Dezennien des verflossenen Jahrhunderts herrschte Unklarheit über die Formen und die Bedeutung der Leukozyten. Erst Ehrlich, der sich mit eingehenden Studien über diese Zellen beschäftigte, begründete die nähere wissenschaft- liche Kenntnis derselben, und Ehrlich war es auch, der, die Fortschritte der Farbenchemie in geschickter Weise verwertend, die heute maßgebende Klassifikation der weißen Blutelemente schuf. Während man früher die Leukozyten nur nach ihrer Form, ihrer Größe und ihrem Kern beurteilte, basiert die Ehrlich sehe Ein- teilung (8) auf dem Verhalten des Zelleibes Anilinfarbstolfen gegen- über. Vor allem war es ein Punkt, auf den Ehrlich (10) die Aufmerksamkeit hinlenkte. Es war die Tatsache, daß im Zell- protoplasma der Leukozyten kömige Einlagerungen, Granulationen, vorhanden sind, die sich nicht nur durch ihre Zahl und Größe, sondern auch durch ihr Verhalten Anilinfarben gegenüber unter- scheiden. Diese Unterscheidung durch „die dilferentielle Simultan- färbung*' gründet sich auf die Tatsache, daß sich die Färbung der Zellbestandteile nicht auf Grund einer bloßen mechanischen Ad- häsion der FarbstoflFmoleküle, sondern durch eine direkte chemische Bindung derselben vollzieht. Auch bei der Färbung der Granula des Leukozytenleibes kommt dieses chemische Prinzip in Frage. Die Granula ziehen aus einem Farbengemisch denjenigen Farbstoff

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heraus, zu dem sie die größte chemische Affinität besitzen. Wenn z. B. ein neutrales Farbengemisch, das dadurch entsteht, daß eine Farbbase mit einer Farbsäure zusammentritt, die sich zu einer neutralen Farbe ergänzen, bei der Färbung der Leukozj'ten zur Verwendung kommt, so nehmen die Granula der einen Zellart nur den sauren Anteil des Farbstoffes auf; sie werden daher azidophile oder nach dem Hauptvertreter der sauren Farbstoffe eosinophile genannt. Die Granula anderer Leukozj'ten haben nur zu dem basischen Anteil des Farbengemisches Affinität; sie nannte Ehrlich basophile. Eine dritte Art von Leukozyten besitzt Granula, die aus dem erwähnten Farbengemisch den neutralen Anteil entnehmen; es sind dies die neutrophilen Granulationen. Auf diese Weise läßt sich eine differente Färbung der Leukozji-engranula erreichen, und so gelingt es, die einzelnen Formen voneinander zu unter- scheiden.

Bevor wir auf die Ehrlichsche Einteilung näher eingehen, möchten wir einiges über die Kernverhältnisse der Leukozjten vorausschicken.

Bekanntlich unterscheiden wir Leukozyten mit einem und solche mit mehreren Kernen (mono- und polynukleäre Leukozyten). Die mo- nonukleären Leukozyten stellen kleine, runde Zellen dar, die um den chromatinreichen Kern nur einen schmalen Protoplasmasaum erkennen lassen. Entsprechend ihrem Vorkommen in den IjTupha- tischen Geweben, bezeichnen wir sie als Lymphozyten. Die poly- nukleären Formen sind etwas größer und beherbergen einen ebenfalls chromatinreichen Kern, der vielgestaltig, teils gelappt, teils in mehrere Stücke geteilt, erscheint. Sie weisen ein etwas reichlicheres Zellprotoplasma als die Lymphozyten auf. Während die mononu- kleären Leukozyten sich scharf von den übrigen Leukozyten unter- scheiden lassen, ist dies bei den polynukleären oder gelapptker- nigen Fonnen ohne weiteres nicht möglich.

Hier setzen die oben erwähnten Forschungen Ehrlichs (10) ein. Er teilt die Leukozyten nach dem farberischen Verhalten ihrer Granulationen ein und unterscheidet folgende Granulationen:

1. Die «-Granulationen, die in Form ziemlich massiver Kugeln im Protoplasma auftreten und nur mit sauren Farbstoffen färbbar sind; daher werden sie von Ehrlich oxyphil, azidophil oder auch neuerdings eosinophil genannt.

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2. Die /9- Granulationen, die sowohl saure als auch basi- sche Farbstoffe aufnehmen und daher als amphophile bezeichnet werden.

3. Die /-Granulationen, die nur mit basischen Farbstoffen tingierbar sind. Ehrlich nennt sie daher basophile. Diese ziemlich groben Granula finden sich bei Zellen, deren Herkunft sich mit vollster Bestimmtheit nicht immer nachweisen läßt, die wahr- scheinlich nicht allein dem Blute, sondern mehr noch dem Binde- gewebe entstammen. Die Zellen mit basophiler Kömelung faßt Ehrlich als übermäßig ernährte Bindegewebszellen auf, die er deshalb mit dem Namen Mastzellen belegt.

4. Die (J-Granulationen sind ebenfalls basophil, unterscheiden sich aber von den Mastzellengranulationen durch die Feinheit ihres Kornes.

5. Die £-Granulationen, die sich mit einem neutralen Farben- ton färben und daher neutrophile genannt werden.

Im vorliegenden Falle interessieren uns in erster Linie die azidophilen oder eosinophilen Zellen. Wie aus der oben angege- benen Einteilung hervorgeht, werden als eosinophile Zellen solche leukozytäre Elemente bezeichnet, deren ziemlich grobe Granula- tionen nur saure Anilinfarbstoffe aufnehmen. Wegen dieser Affi- nität zu sauren Farbstoffen wurden sie Mher von Ehrlich (7) oxyphil oder azidophil genannt, eine Bezeichnung, die später in eosinophil umgewandelt wurde. Diese Zellen heben sich, mit einem dunklen Kemfarbstoff und Eosin gefärbt, mit ihren leuchtend roten Granulationen überaus deutlich von anderen Zellen ab. Sie bilden da, wo sie zahlreich vorhanden sind, eine auffallige und markante Erscheinung im Blut- und Gewebspräparat. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn die Forschung sich gerade dieser Leuko- zytenform besonders bemächtigte. Dementsprechend ist auch die Literatur über die eosinophilen Zellen eine sehr reiche. Sie be- zieht sich zum größten Teil auf die Vermehrung eosinophiler Zellen im Blut bei verschiedenen Krankheiten, zum kleineren Teil auf das gehäufte Vorkommen dieser Zellart im Gewebe unter patho- logischen Bedingungen.

Bevor wir auf unsere eigenen Untersuchungen eingehen, möchten wir einiges aus der Literatur erwähnen über die eosino- philen Zellen.

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Vorkommen eosinophiler Zellen im Blut und in Geweben unter normalen

VerhUtniesen.

Durch zahlreiche Untersuchungen ist festgestellt, daß sich eosinophile Zellen normalerweise im Blut und in verschiedenen Organen in mehr oder minder großer Anzahl vorfinden. Nur beim Hunde sollen nach Hirschfeld (19) die eosinophilen Zellen fehlen.

Der Prozentgehalt des Blutes an eosinophilen Zellen im Verhältnis zu der Gesamtleukozytenmenge ist nach den Literaturangaben ein ge- ringer. Nach den Untersuchungen Ehrlich s (8) schwankt das Mengenverhältnis der Eosinophilen im menschlichen Blut zwischen 2 und 4^0- Zappert (56) beobachtete 0,67—11%. Gtttig (16) gibt ftlr das Schweineblut einen Gehalt an Eosinophilen von 1,5—6% an. Meyer (31) fand im Pferdeblut durch- schnittiich 3% Wiendieck (54) gibt 1,5—4% »n. ütendörfer (52) stellte beim Rind Mengenverhältnisse der Eosinophilen bis zu 15 % fest. Die höchsten Werte ermittelte er besonders bei der Trächtigkeit und der nachfolgenden Laktationsperiode. Nach Fölger (12) ist die Menge der Eosinophilen im Blute des Rindes sehr verschieden, „indem sie zwischen 1 % und einigen und 20% schwankt''. Okintschitz (37) stellte fest, daß im Kaninchenblut die eosinophilen Zellen unter normalen Verhältnissen die Hälfte der weißen Blut- körperchen ausmachen.

Das Blut ist jedoch, wie oben kurz bemerkt, nicht die einzige Fund- stätte der eosinophilen Zellen. Sie sind vereinzelt in verschiedenen normalen Geweben nachgewiesen worden. In manchen Organen treten sie aber schon normalerweise in stärkerer Anhäufung auf, ohne daß sich pathologische Ver- hältnisse als Ursache nachweisen lassen. Hier sind besonders das Knochen- mark, die Milz, die Darmschleimhaut, speziell die Dilnndarmschleimhaut, die Lunge, sowie einzelne Lymphdrüsen (Lymphdrüsen von Milz, Magen und Darm, Lunge) zu nennen.

Von besonderem Interesse mit Bezug auf unsere eigenen Untersuchungen sind die Angaben von Zietzschmann (57) und Gütig (16) über das Vor- kommen eosinophiler Zellen in der Leber.

So sagt Zietzschmann (57), daß in der Leber des Pferdes nur spärliche eosinophile Zellen vorhanden sind. In 50 Gesichtsfeldern fand er deren nur vier. „Diese liegen hier in der Hauptsache zwischen den Leber- zellen, seltener sieht man sie im interlobulären Bindegewebe.*'

Nach der Angabe von Gütig (16) sind die eosinophilen Zellen in der Leber des Schweines sehr selten.

Vermehrung und Verminderung eosinophiler Zeilen im Blut und in den

Geweben.

Die Zahl der eosinophilen Zellen im Blute kann unter pathologischen Bedingungen vermehrt sein. Eine Reihe von Krankheiten bedingt eine Stei- gerung der allgemeinen Eosinophilie (Bluteosinophilie). Wir begnügen uns,

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ohne auf die Frage der allgemeinen Eosinophilie näher einzugehen, mit einer Aufzählung derjenigen Zustände, bei denen eine Vermehrung eosinophiler Zellen im menschlichen Blute festgestellt wurde.

Eine Zunahme eosinophiler Zellen im Blut des Menschen hat Ehrlich (8) bei Leukämie beobachtet, Meyer (32) bei Leberzirrhose und Leberechinokokkus, Wagner (53) bei Echinokokkus der Lunge, Limas set (30) bei Helminthiasis (Tänien, Oxyuren, Echinokokken), Schleip (44) und Stäubli (49) bei Trichinosis, Bettmann (3), Wolff (55) bei Psoriasis, Pem- phigus, Klein (27) bei hämorrhagischer Pleuritis, Zappert (56) und 6ra- witz (15) im Anschluß an Tuberkulininjektionen.

Beim Rinde sah Utendörfer (52) allgemeine Eosinophilie nach Yer- impfung von Tuberkulin.

Eine Yermindernng eosinophiler Zellen im menschlichen Blute wurde bei Typhus, Pneumonie, Sepsis, Erysipel gefunden.

Meier (31) konstatierte eine Abnahme der Eosinophilen im Blut bei einer Reihe von Erkrankungen des Pferdes, eo bei Muskelrheumatismus, Rehe, Tetanus, bei Druse in einigen Fällen sogar das gänzliche Fehlen dieser Zellart.

Über die lokale Zunahme der eosinophilen Zellen (Gewebseosinophilie) sind, wie schon oben bemerkt. Literaturangaben nur in beschränktem Umfang vorhanden.

Hierher ist zunächst die Anhäufung eosinophiler Zellen in gewissen Ex- sudaten, wie im gonorrhoischen Eiter der Urethra (Wolff [55], Bettmann [3], Janowski [23]) und im Sputum bei Asthma bronchiale des Menschen (Zappert [56]) zu rechnen.

Was hier jedoch mehr interessiert, ist die pathologische Ansamm- lung eosinophiler Zellen in Geweben. Hierüber liegen in der Literatur, soweit wir sie übersehen können, nur ganz vereinzelte Beobach- tungen vor.

Als Ort der lokalen Anhäufung eosinophiler Zellen sind in der Literatur in erster Linie Geschwülste beim Menschen erwähnt. So bat Feld- bau seh (11) eosinophile Zellen bei gewissen Entwicklungsstadien von Tumoren (Mammakarzinomen, Schleimhautepitheliomen) beobachtet, Przewoski (40) bei Karzinom der Portio vaginalis uteri, Hemm rieh (18) in Nasen- und Rachen- schleimpolypen, Goldmann (14) in einem Falle von malignem Lymphom der Körperlymphdrüsen, Kanter (25) in der PrurigodrUse. Noesske (36) notiert das zahlreiche Vorkommen von Eosinophilen bei adenoiden Wuche- rungen im Nasenrachenraum, Nasenpolypen, Polypen der Mastdarmschleim- haut, Kehlkopf Papillom. In Kavernomen und Angiomen in der Leber des Menschen, ebenso bei Leberzirrhose und Stauungsleber des Menschen sind diese Zellen nicht oder nur spärlich . vorhanden. Sultan (51) hat lokale Eosinophilie der Niere in einem Falle von einseitiger Nephritis interstitialis festgestellt.

Besonderes Interesse besitzen die folgenden Angaben über Gewebs- eosinophilie, die bei parasitären Krankheiten festgestellt wurde.

Zeitachrift für Infektionakrankheiten. IV, 5/6. 27

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Blunschy (4), der Untersuchungen über die SchleimhautverändeningeD bei der Magen- und Darmstrongylose des Rindes angestellt hat, schreibt in dem Kapitel über die Veränderungen der Labmagenschleimhaut: ^In der Umgebung der Wurmhöhle macht sich in späteren Stadien allmählich eine mäfiige Ansammlung von Leukozyten, darunter viele eosinophile Zellen, be- merkbar.^ Bei den Veränderungen der Darmschleimhaut erwähnt er gleich- falls die große Zahl von Eosinophilen in der Umgebung der Eintrittsstelle des Wurmes.

Ebenso hat An gel off (2) „in den grauen, durchscheinenden Knötchen" parasitären Ursprungs in der Lunge des Pferdes diese Zellgattung festgestellt Die Knötchen beherbergen seiner Ansicht nach Nematoden. Das diese Wilrmer einschliefiende, besonders aus Rundzellen bestehende Gewebe wies stets eosinophile Zellen in größerer Anzahl auf. Im Gegensatz hierzn fand Angeloff bei den Rotzknötchen in der Lunge des Pferdes weder in dem verkäsenden Zentrum noch in der das Zentrum einschließenden Bindegewebskapsel eosinophile Zellen. Diese Befunde sucht Angel off difFerentialdiagnostisch zu verwerten, wovon weiter unten noch die Rede sein w^ird.

Femer hat Dövö (5) diese Zellen in der Bindegewebskapsel von Echinokokken in der Leber des Menschen in 12 von 17 untersuchten Fällen beobachtet; ebenso hat er sie „dans plusieurs kystes du boeuf et da monton (foie, poumon)'* gefunden. Nähere Angaben über seine diesbezügfichen Befunde hat Dövö nicht gemacht.

Weiterhin konnte Schütz (45) „um die in der Entwicklung begriffenen Kapseln der Trichinen'*' sehr viele eosinophile Zellen nachweisen. Nach Schleip (44) hingegen „liegen in dem Wall von Zellen, der die Trichine umgibt, keine eosinophilen Zellen, und auch am Rande desselben finden sie sich nur sehr selten und vereinzelt'^ In einiger Entfernung vom Sitz der Trichine „und zwar überall, wo die interstitielle Entzündung in verschiedener Stärke ausgeprägt ist", sind sie vorhanden. Im Gegensatz hierzu fehlen sie bei Myositis typhosa und bei Myositis in der Nachbarschaft von Gangrän.

Gütig (16) hat in der Leber eines Schweines, die parasitäre Invasion (Cysticercus tenuicollis) aufwies, zahlreiche eosinophile Zellen beobachtet. Nähere Angaben fehlen jedoch.

Femer ist erst in jüngster Zeit eine Arbeit von Fölger (12) erschienen, die sich ebenfalls mit der lokalen Eosinophilie bei parasitären Erkrankungen beschäftigt. So hat Fölger lokale Eosinophilie bei Myositis sarcosporidica des Pferdes und Rindes in Zunge und Skelettmuskulatur festgestellt. Die Sarko- sporidien haben ihren Sitz in der Muskulatur. Im histologischen Bilde be- obachtet man nach Fölger bei diesem Prozeß „eine chronische indurative Entzündung, bei der die Muskelfasern absterben und verschwinden, während das Perimysium der Sitz einer starken Zellinfiltration ist, die an die Umge- bungen der die Sarkosporidien enthaltenden Muskelfasern gebunden, oft aber auch an anderen Stellen zu finden sein kann. Ferner tritt auch eine ent- zündliche Vermehnihg des Bindegewebes ein'^ Die oben erwähnte zellige Infiltration, die oft in besonders hohem Maße in der unmittelbaren Nähe der

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SarkoBporidien auftritt, besteht nach dem Ergebnis der Untersuchungen des genannten Autors zum größten Teil aus eosinophilen Zellen.

Ferner berichtet Fölger über das Vorkommen zahlreicher eosinophiler Zellen in der Leber bei Distomatose. Da wir weiter unten auf diese Er- krankung näher eingehen werden, so können wir uns hier kurz fassen. Die Veränderungen, die die Distomatose im Leberparenchym bedingt, bestehen nach den Angaben Fölgers in Gallengangsentzündung und in einer Zu- nahme des interlobulären Bindegewebes, „so zwar, daß das Gewebe äußerst reich an Zellen ist'S Diese zellige Infiltration besteht größtenteils aus Eosinophilen.

In normalen Lebern fand Fölger keine oder nur spärliche eosinophile Zellen. In einigen Fällen jedoch, in denen die Lebern keine Veränderungen aufwiesen und auch jede Spur einer Bindegewebszubildung fehlte, waren zahlreiche eosinophile Zellen zugegen. Zur Erklärung dieser Tatsache nimmt Fölger die Möglichkeit an, „daß ein ganz einzelner Leberegel vorhanden war, der nicht genügte, um grobe anatomische Veränderungen zu erzeugen, wohl aber, um eine Eosinophilie zu veranlassen 'S Fölger hat femer, um einen sicheren Beweis für das Auftreten eosinophiler Zellen bei parasitären Erkran- kungen zu liefern, auch einige nicht durch Distomen bedingte Fälle von Hepatitis interstitialis untersucht Hier fehlen nach dem Ergebnis seiner Unter* Buchungen im Gegensatz zu den durch Distomen verursachten Erkrankungen die Eosinophilen vollständig.

Als weiteren parasitären Prozeß, der zu einer lokalen Eosinophilie der Leber führt, gibt Fölger die Invasion von Cysticercus tenuicollis in die Leber des Schweines an. Die eosinophilen Zellen, die hier jedoch nicht in besonders großer Anzahl auftreten, liegen im interstitiellen Bindegewebe und um die Gefäße herum. Ferner „findet man in den Gängen, welche die Zystizerken durch das Gewebe der Leber gebohrt haben, im ausgetretenen Blute eine große Menge eosinophiler Zellen; im umgebenden Lebergewebe erscheint eine nicht geringe Infiltration mit solchen Zellen'*.

Von Wichtigkeit ist femer auch die Tatsache, daß Eosinophilie, und zwar sowohl lokale als auch allgemeine, nicht nur auf Grund pathologischer Verhältnisse entsteht, sondern daß sie auch auf experimentellem Wege erzeugt werden kann.

So beobachtete Michaelis (33) bei säugenden Meerschweinchen, bei denen plötzlich das Säugegeschäft eine Unterbrechung erfuhr, eine be- deutende Ansammlung eosinophiler Zellen im interstitiellen Bindegewebe der Milchdrüse, während sie. zur Zeit des normalen Säugegeschäftes nicht vor- handen waren.

Ebenso gelang es Stschastnyi (50) allgemeine und lokale Eosinophilie durch Einspritzung andersartiger roter Blutkörperchen und Blutkörperchen der gleichen Tierspezies in die Peritonealhöhle von Meerschweinchen hervor- zumfen.

Stäubli (49) erzeugte künstliche Bluteosinophilie durch Verfütterung trichinösen Fleisches an Meerschweinchen.

21*

420

Ferner hat Okintschitz (37) bei vollständiger Inanition von Kaninchen eine Vermehrung der eosinophilen Zellen im Blute, bei nachträglicher Auf- fütterung dagegen eine Abnahme derselben beobachtet.

Ureachen der allgemeinen und lokalen Eoeinophilie.

Die Erscheinung der Eosinophilie hat natürlich zahlreiche Erklärungs- versuche gezeitigt, von denen die von Ehrlich (10) aufgestellte chemotaktische Theorie am meisten Anklang gefunden hat.

Nach der Anschauung Ehrlichs kann durch chemische Reize eine Aus- wanderung der eosinophilen Zellen aus dem Blut in die Gewebe bedingt werden, oder, falls diese chemisch wirksamen Stoffe im Blute selbst zugegen sind, können sie eine erhöhte Ausfuhr der Eosinophilen aus dem Knochenmark selbst veranlassen. Beobachten wir bei einem Prozeß eine Vermehrung dieser Zellen im Blut oder im Gewebe, so ist also nach Ehrlich die Gegenwart eines chemisch wirksamen (positiv chemotaktisch im'rkenden) Stoffes die Ursache hiervon. Diese Erklärung genügt jedoch nur für die Verhältnisse, bei denen entweder nur Bluteosinophilie oder nur Gewebseosinophilie gegeben ist. Zur Klarlegung der Erscheinung, daß Blut- und Gewebseosinophilie nebeneinander vorkommen, dient die Annahme, daß der chemotaktisch wirksame Stoff eine größere Verbreitung im Organismus erfahren haben muß, so daß er für die eosinophilen Zellen des Knochenmarks einen positiven Reiz abgibt, der die Zellen veranlaßt, in großer Zahl aus dem Knochenmark ins Blut überzutreten. Das Ver- schwinden der Eosinophilen aus dem Blut oder aus dem Gewebe wird auf ein Schwächerwerden des chemotaktisch wirkenden Reizes zurückgeführt. Als die hauptsächlichste chemotaktische Ursache betrachtet Ehrlich „die Zerfalls- produkte epithelialer und epitheloider Zellen^.

Noesske (36) gibt als Hauptursache der lokalen Eosinophilie „den bak- teriellen Reiz^ an.

Nach Klein (27) dagegen ist die lokale Eosinophilie „die Folge von Blutextravasaten oder von Imbibition der Gewebe mit mehr oder weniger modifiziertem Hämoglobin''.

Eigene Untersucliungen.

Wir untersuchten die bei den Schlachttieren häufiger vor- kommenden chronischen Lebererkrankungen, insbesondere dieje- nigen parasitärer Natur, auf das Vorkommen lokaler Eosinophilie. Gleichzeitig war es uns darum zu tun, die pathologische Histologie dieser Erkrankungen, soweit sie noch nicht näher festgestellt war,

zu studieren.

Die Untersuchungen wurden in der Zeit von Anfang Oktober .1907 bis Mitte Februar 1908 vorgenommen.

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Material und Untersuchungsmethoden.

Das Material zu unseren Untersuchungen stammte vom hie- sigen Schlachthof. Insgesamt haben wir 84 Lebern verschiedener Tiere untersucht. Zum Zwecke histologischer Verarbeitung des Materials wurden von den ganz frischen Organen kleine Stückchen in 4proz. Formalinlösung fixiert, in üblicher Weise in Paraffin eingebettet und hierauf in 8 (i dicke Schnitte zerlegt.

Um die eosinophilen Zellen nachzuweisen, wandten wir die Hämatoxylin-Eosinfärbung an. Bei dieser Färbung treten die eosinophilen Zellen mit ihren rot tingierten Granulationen deutlich hervor. Wenn die Darstellung der azidophilen Körnung der Zellen bei Formalinfixierung auch in allen Fällen ohne weiteres gelingt, so lassen die Farbenkontraste bei mangelnder Sorgfalt doch oft zu wünschen übrig. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Präparate einen verwaschen rotvioletten Ton besitzen. Um die eosinophilen Zellen im Kontrast zu dem Gewebe scharf hervor- treten zu lassen, verfahren wir wie folgt:

Färbung der auf den Objektträger aufgeklebten Paraffinschnitte in Friedländerschem Hämatoxylinf kurzes Auswaschen in Leitungswasser, Differenzierung in salzsaurem Alkohol ungefähr 1 Minute lang, dann längeres Auswaschen in Leitungswasser (etwa 25—30 Minuten), bis die Schnitte eine reine tiefblaue Farbe angenommen haben. Hierauf kommen die Schnitte 1 Minute lang in eine VaP^oz. wässerige Eosinlösung und werden dann wiederum etwa eine halbe Stunde lang mit Leitungswasser behandelt. Hierauf bringt man sie die Alkoholreihe aufwärts in Xylol, hernach Einschluß in Eanadabalsam.

Auf diese Weise wurde das Eosin fast vollständig aus dem Präparat im allgemeinen entfernt, während die azidophilen Granula den roten Farbstoff festhielten. So erreichten wir stets eine zart sattblaue Färbung des Gewebes, in dem die eosinophilen Zellen leuchtend rot und scharf hervortraten. Zugleich lieferte das Ver- fahren bei guter Formalinfixierung geradezu ideale Bilder fär das Studium der Zellelemente überhaupt.

Zu unseren histologischen Untersuchungen benutzten wir ferner noch die van Gieson-Färbung, die Elastinfärbung, die Fettfärbung und zur Darstellung der Plasma- und Mastzeilen die Färbung mit polychromem Methylenblau nach Unna.

Hepatitis interstitialis chronica multiplex.

Von der beim Schwein ziemlich häufig zu beobachtenden Hepatitis interstitialis chronica multiplex (wie wir den Prozeß benennen wollen) wurden 16 Fälle untersucht.

~ 422

In der Literatur findet sich von diesem pathologischen Prozeß keine klare und erschöpfende Darstellung. Lediglich zwei Autoren erwähnen kurz die Erkrankung.

Kitt (26) führt bei Schilderung der chronischen difiiisen interstitiellen Hepatitis an, daß diese Veränderung bei Schweine- lebem häufig multipel zu beobachten ist, „so daß nicht das normal gebliebene Lebergewebe, sondern die von Bindegewebswucherung okkupierten Herde als derb weißliche Hügel vortreten; münzen- groß, etwa im umfang eines Markstückes, unscharf begrenzt, sind diese weißen Flecke die Residue multipler Entzündung, welche wahrscheinlich von einer Durchwanderung von Zestoden (Cj^sticercus tenuicollis) herrührt; die weißen Stellen zeigen mehr oder weniger netzartige Zeichnung, entsprechend dem polygonalen Bindegewebs- gerüst".

Dürbeck (6) erwähnt in seiner Arbeit über die Hepatitis cysticercosa des Schweines gelegentlich auch „Fälle chronischer Hepatitis der Schweineleber, bei welcher unscharf begrenzte, weiß- schwielige Flecken an Stelle des verödeten Lebergewebes vor- liegen" und gibt als deren wahrscheinliche Ursache Parasiten- invasion an.

Diese Angaben sind so knapp gehalten, daß sich die hier in Rede stehende pathologische Veränderung gerade noch erkennen läßt. Eine nähere Beschreibung fehlt jedoch.

Makroskopischer Befund.

Die Lebern mit Hepatitis interstitialis chronica multiplex be- hafteter geschlachteter Schweine zeigen in der Regel normale Größe, die Farbe ist im allgemeinen blaßbraunrot, die Konsistenz mäßig derb.

An der Oberfläche der Leber, und zwar sowohl an der Zwerch- fell- wie Eingeweidefläche, treten multiple, grauweiße Herde, die durchschnittlich die Größe eines Pfennig- bis Markstückes und eine rundliche Form besitzen, hervor (Fig. 1). Die Anzahl derselben ist in den einzelnen Fällen verschieden. Gewöhnlich sind 40 50 solche Stellen zu beobachten, in einzelnen Fällen nur 8 10. Das Organ kann aber auch so dicht mit diesen Herden übersät sein, daß nur mehr kleine Inseln von Leberparenchym übrig bleiben. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es natürlich zahlreiche Übergänge. Diese Herde liegen entweder im Niveau der Leberoberfläche oder scheinen

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gegenüber der Oberfläche geringgradig vertieft und grenzen sich vom umgebenden Lebergewebe unscharf ab. Sie fließen, wenn sie sehr zahl- reich vorhanden sind, gewissermaßen zusammen und bilden dann größere, weißgraue Plaques, bei denen man indessen in der Regel die Zusammensetzung aus zahlreichen Einzelherden noch nach- weisen kann. Bei näherem Zusehen bemerkt man, daß die Farbe der Herde nicht gleichmäßig ist, sondern daß die grauweiß er- scheinenden Partien eine netzartige Anordnung zeigen. Letztere entspricht dem interstitiellen Bindegewebe, das hier stark ver- breitert erscheint, und zwar ist die Volumzunahme des Inter- stitiums am stärksten im Zentrum der Herde ausgeprägt, sie nimmt nach der Peripherie zu allmählich ab (Fig. 1). So verliert sich das Netzwerk in der normalen Läppchenzeichnung der Leber. Sind die Herde sehr stark ausgebildet, so lassen sie in ihrem Zentrum Lebergewebe nicht mehr erkennen; gewöhnlich aber weisen sie noch deutliche Leberläppchen auf, die infolge der Ver- breiterung des Interstitiums indessen etwas kleiner als normal sind. Selbst die zentrale Partie der Herde läßt so noch kleine Acini hervortreten. Entsprechend dem Verhalten des Interstitiums nehmen die Acini nach der Peripherie der Herde an Größe zu. Die im Zentrum gelegenen Acini zeigen oft nicht die normale, braunrote Farbe des gesunden Leberparenchyms, sondern erscheinen schwarzrot, als ob sie nur Blut enthielten. Bisweilen sind nur ein oder zwei Acini eines Herdes derart verändert, während die übrigen eine normale Farbe aufweisen. Die Konsistenz der ganzen Herde ist derb. Der peritoneale Überzug der Leber über den Herden ist im allgemeinen glatt und glänzend, die Serosa erscheint jedoch etwas verdickt. In manchen Fällen bemerkt man, daß das Peritoneum über dem Zentrum der Herde im Umfange etwa einer Linse bis zu dem einer Erbse ein rauhes, rötliches Aussehen auf- weist. Sie ist hier mit einer flachen, jungen Bindegewebswucherung versehen.

Auf der Schnittfläche beobachtet man, daß die Herde sich halbkugelig, bisweilen auch kugelig in die Tiefe des Parenchyms zu fortsetzen und in ihrem Innern manchmal einen kaum steck- nadelkopfgroßen, mit Detritus angefüllten Hohlraum enthalten. Die Schnittfläche weist im übrigen dieselbe netzförmige Zeichnung, das- selbe Verhalten des Interstitiums und der Acini wie die Ober- fläche auf.

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Da diese pathologische Veränderung herdförmig und stets in der Mehrzahl, also multipel, die Leber betrifit, so nennen wir sie Hepatitis interstitialis chronica multiplex.

Histologischer Befund.

Entsprechend dem makroskopischen Verhalten zeigen die Herde im histologischen Bilde als hervorstechendstes Merkmal eine beträcht- liche Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes. Besonders auf- fallig tritt dies in ihren zentralen Partien hervor, während peripher ein allmählicher Übergang der Bindegewebswucherung in das nor- male Interstitium stattfindet. Das Bindegewebe schließt in Form von breiten Strängen die einzelnen Läppchen vollständig ein und drängt sie auseinander (Fig. 2a). Besonders massig tritt die Binde- gewebswucherung an den Winkelstellen des Interstitiums, also dort, wo mehrere Läppchen zusammenstoßen, hervor. Die derart vom neugebüdeten Bindegewebe umgebenen Acini sind in ihrer Form im allgemeinen kaum verändert, nur erscheinen sie weniger poly- gonal, sondern mehr abgerundet. Dabei sind sie verkleinert, im Zentrum der Herde mehr, in der Peripherie weniger. Die Ab- grenzung des gewucherten Interstitiums gegenüber den Acini ist im allgemeinen ziemlich scharf; man sieht jedoch einzelne schmale Züge von Bindegewebe auch z\>ischen den Leberzellenbalken. Prächtige Ubersichtsbilder des histologischen Verhaltens der Herde liefert besonders die van Gieson-Färbung.

Betrachten wir jetzt die histologischen Bilder näher.

Das verbreiterte Interstitium besteht, wie sich besonders an van Gieson-Präparaten nachweisen läßt, aus mäßig kernreichem, fibrillärem Bindegewebe, dessen Bündel vielfach eine wellige Form aufweisen. Auch Fibroblasten sind in mäßiger Menge vorhanden. Der Versuch, elastische Fasern in dem Bindegewebe nachzuweisen, fiel negativ aus. Es enthält besonders an seinen Winkel- und Kreuzungsstellen zahlreiche kleine, gewucherte Gallengänge (Fig. 2d), die sich durch ihre Form und das Verhalten ihrer Zellen und Kerne vom Bindegewebe scharf abheben. Sie besitzen, je nachdem sie vom Schnitt getroffen sind, eine rundliche oder längliche Grestalt und lassen meist ein Lumen erkennen.

Das charakteristischste Bild bieten die Hämatoxylin-Eosin- Präparate. Das gesamte, verbreiterte Interstitium weist eine dichte

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zellige Infiltration auf. Die zelligen Elemente bestehen znm weitaus größten Teil aus Eosinophilen (Fig. 2 c).

Die bei diesem Prozeß auftretenden eosinophilen Zellen stellen^ bei schwacher Vergrößerung gesehen, lebhaft rotgefarbte Zellen dar. Mit der Immersion kann man beobachten, daß sie die übrigen leuko- zytären Elemente an Größe um ein Geringes übertrefifen. Sie be- sitzen meist eine rundliche oder ovale Gestalt und enthalten einen sehr chromatinreichen Kern, der stets exzentrisch gelegen ist. Ihr Protoplasma scheint an sich schwach rosarot gefärbt und ist auf das dichteste mit massiven, rundlichen, hochrot gefärbten Granula, etwa 40 50 an der Zahl, erfüllt.

Diese Zellen sind besonders an den Rändern der Bindegewebs- Züge, also an der Grenze der Acini, stark angehäuft, während sie in den mittleren Partien der Züge nicht ganz so dicht liegen. Ver- einzelte eosinophile Zellen liegen auch zwischen den Leberzellen- balken, und zwar meistens in der Nähe des interstitiellen Binde- gewebes, so daß man den Eindruck hat, als seien sie von diesem aus in die Acini eingewandert. Die Zahl dieser intraacinösen Eosinophilen ist in einzelnen Fällen etwas größer.

In einem Falle sahen wir eine Gruppe von Leberzellen, die durch die Bindegewebs Wucherung von dem Zellenverband eines Acinus abgetrennt war, mitten im gewucherten interstitiellen Binde- gewebe liegen.

Das Leberparenchym der von der Bindegewebswucherung ein- geschlossenen Acini läßt wesentliche Veränderungen nicht erkennen. In einzelnen Fällen jedoch scheint die Tinktionsfahigkeit der Kerne etwas nachgelassen zu haben. Auch hatten wir den Eindruck, als ob in den peripheren Teilen der Läppchen die Leberzellenbalken etwas verkleinert, anscheinend komprimiert seien. In den Leber- läppchen lassen sich durch Färbung mit Sudan III kleine Fett- tröpfchen nachweisen. Die Zahl derselben ist jedoch nicht so groß, daß man von einer über die Norm hinausgehenden Erscheinung sprechen könnte. In der makroskopischen Beschreibung des hier in Rede stehenden Prozesses wurde bereits darauf hingewiesen, daß einzelne Acini in manchen Herden eine schwarzrote Beschaffenheit besitzen. Diese Acini lassen bei der histologischen Untersuchung Leberparenchym oft gar nicht mehr erkennen, vielmehr bestehen sie lediglich aus dicht zusammengehäuften, in ihren Konturen oft undeutlichen Erythrozyten, zwischen denen, besonders in der Peri-

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pherie des derart veränderten Läppchens, zahlreiche eosinophile Zellen liegen. In anderen Fällen bemerkt man, daß die dnnkelrot er- scheinenden Läppchen noch nicht in toto derart zerstört sind, viel- mehr sehen wir an den verschiedenen Präparaten, wie der Zer- störungsprozeß vom Zentrum der Acini aus beginnt und peripherie- wärts fortschreitet.

In der Mehrzahl der Fälle bemerkt man meist in einem der im übrigen normal aussehenden Acini in geringer Entfernung vom Interstitium, zwischen Zentralvene und Rand des Läppchens, eine rundliche Stelle, etwa vom Durchmesser des halben Radius eines Läppchens, eine Stelle, die feinkörnigen Detritus, zerfallene Erythro- zyten und leukozytäre Elemente enthält (Fig. 26). Letztere setzen sich zum Teil aus Eosinophilen zusammen, die besonders die Rand- zone der Stelle einnehmen. Außerdem treten auch mäßig zahlreiche Fibroblasten auf. Von Leberparenchym ist im Bereich dieser Stellen gewöhnlich nichts mehr zu erkennen. Begrenzt werden sie von Leber- zellen, die in ihrer Form und Färbbarkeit keine Veränderung aufweisen.

Es handelt sich somit bei dem hier in Rede stehenden pathologischen Prozeß um eine herdförmige, chronische entzündliche Veränderung, die zu einer mächtigen Binde- gewebsneubildung im Interstitium geführt hat. Das ent- zündlich verbreiterte Bindegewebe zeichnet sich durch eine stark ausgeprägte kleinzellige Infiltration aus; unter den leukozytären Elementen tiberwiegen die eosino- philen Zellen. Die massige Entwicklung von Bindegewebe im Interstitium im Bereiche dieser Herde konnte nur auf Kosten der Acini erfolgen. Die Acini mußten sich hier infolge des Druckes, den das neugebildete Bindegewebe ausübte, verkleinem, wie dies deutlich schon makroskopisch hervortritt. Die Umwandlung ein- zelner Läppchen in mit Blut gefüllte Hohlräume entspricht voll- kommen dem Verhalten der Acini bei hochgradiger Stauungsleber. Wie aus der vorstehenden Beschreibung hervorgeht, beginnt diese Umwandlung vom Zentrum der Acini aus, wie dies bei der Stauungs- leber der Fall ist. Wir glauben die erwähnte Umwandlung einzelner Läppchen auf eine Stauung beziehen zu müssen, wobei das von den Zentralvenen aus in die Leberkapillaren zurückgestaute Blut eine Atrophie des Leberparenchyms erzeugte und wobei schließlich an Stelle desselben die stark erweiterten, in ihren Grenzen nicht mehr erkennbaren, mit Blut prall gefüllten Kapillaren traten. Für diese

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lokale Stauung dürfte die Bindegewebsneubildung verantwortlich zu machen sein, die einzelne Venae sublobulares komprimierte oder zum vollständigen Verschluß brachte.

Suchen wir uns jetzt die Ursache der herdförmigen Bindegewebswucherung in der Leber bei der Hepatitis interstitialis chronica multiplex zu erklären, so ist zunächst festzustellen, daß die disseminierte Anordnung der Herde in der Leber auf eine hämatogene Entstehung dieses Prozesses hin- deutet, und zwar muß das ursächliche Agens bei dem Freisein der übrigen Organe von ähnlichen Herden mit dem Pfortader- blut der Leber zugeftthrt worden sein. Als hämatogene Ursache kann nur eine bakterielle Infektion oder eine parasitäre Invasion in Frage kommen. Eine bakterielle Noxe kann ausgeschlossen werden, da die Herde, wie die kulturelle Untersuchung einiger Fälle ergeben hat, Bakterien nicht enthalten. Andererseits aber weisen die zirkum- skript zerstörten Stellen in einzelnen Acini im Bereich der Herde unzweifelhaft auf eine parasitäre Schädlichkeit hin. Welcher Art der Parasit ist, der hier als ursächliches Moment in Frage kommt, können wir freilich nicht mit Bestimmtheit angeben; denn es ist uns nicht gelungen, in den betreffenden Herden etwas von einem Parasiten selbst nachzuweisen. In Betracht kämen Tänienembryonen oder aber Embryonen von Strongylus paradoxus, der in den Lungen des Schweines bekanntlich ein häufiger Parasit ist. Bezüglich des letzt- genannten Parasiten ist eine Beobachtung des Herrn Amtstierarzt Noack in Dresden von Interesse. Herr Kollege Noack nahm, wie er uns mündlich mitteilte, wahr, daß Schweine, die mit Hepatitis interstitialis chronica multiplex behaftet waren, in der Regel auch in den Lungen Strongylus paradoxus beherbergten. Es liegt daher nahe, anzunehmen, daß zwischen der Hepatitis interstitialis chronica multiplex und den Strongyliden in der Lunge ein Zusammenhang besteht, und zwar derart, daß die Herde in der Leber durch mit dem Pfortaderblute vom Darm aus in die Leber verschleppte Embryonen dieses Parasiten entstanden zu denken sind.

Echinokokken.

Über den Bau der die Echinokokkenblase umgebenden Kapsel liegen nur wenige Angaben in der Literatur vor, und zwar be- ziehen sich diese hauptsächlich auf den Echinococcus multilocularis. Es

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sind dies die Angaben von Leuckart, Guillebean und Ostertag. Die Veränderungen bei der Invasion des Echinococcus unilocularis sind kurz von Lichtenheld (29a) beschrieben worden. Die ünter- suchungsergebnisse der erstgenannten Forscher werden wir bei der Schilderung der histologischen Verhältnisse des Echinococcus multi- locularis erwähnen.

Der letztgenannte Forscher macht über den histologischen Bau der Kapsel der unilokulären Echinokokken folgende Angaben: „Die Zyste des fertilen Echinokokkus besteht aus fibrillärem Bindegewebe; ihre innere Zone ist stets zellenlos, nach außen lagern sich dann Zellen mit spindelförmigem Kern, erst seltener, dann häufiger zwischen die Fibrillen. Die äußerste Zone ist sehr zellenreich. In ihr befinden sich zahlreiche Blutgefäße und bei Echinokokken der Leber auch GaUengänge". In Bezug auf den Dickendurchmesser der inneren und äußeren Zone erwähnt Lichten- held, daß bei jüngeren Echinokokken „die innere, zellenlose Schicht gering, die äußere relativ stark entwickelt ist; bei älteren ist das Verhältnis umgekehrt".

Die sterilen Echinokokken teilt derselbe Autor ein „in solche mit und ohne Riesenzellen". Da er letztere Zellgattung nur bei sterilen Formen, niemals bei fertilen vorfand, so bezeichnet er die Kapseln mit Riesenzellen als „typisch", die Kapseln ohne diese als „atypisch" für den sterilen Echinokokkus. Über die Schichten Verhältnisse der Kapsel des sterilen Echinokokkus gibt Lichtenheld an, daß sie aus drei ZeUagen bestehe. Die innerste Schicht setze sich „aus Riesenzellen und sternförmigen oder spindel- förmigen Bindegewebszellen mit ovalen Kernen" zusammen. Auf diese Partie folge die „mittlere, aus runden Zellen bestehende Schicht. Die fibrilläre Substanz zwischen diesen Zellen ist nur mangelhaft ausgebildet. An diese Rundzellenschicht schließt sich nach außen mehr oder weniger zellenreiches, aber nie zeUenloses, fibrilläres Bindegewebe an".

Eine gesonderte Beschreibung liefert Lichtenheld von Echino- kokken unter Walnußgröße. Die Kapsel dieser jüngeren Echino- kokken (es wird nicht angegeben, ob fertile oder sterile gemeint sind) zeigt nach dem Autor zwei von einander abweichende Aus- bildungen. „Bei der einen sind drei Schichten nachzuweisen, eine innere aus Spindelzellen, eine mittlere aus jungen Bindegewebs- zellen mit runden Kernen und eine äußere, aus fibrillärem Binde-

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gewebe bestehende. Von der inneren Schicht ist hervorzuheben, daß die Spindelzellen in ihi-er Längsrichtung ungefähr senkrecht zu der Echinokokkus-Membran verlaufen. Die äußere Schicht ist sehr gering."

„Die anderen Zysten bestehen aus meist parallel verlaufendem Bindegewebe mit ovalen Kernen. Zwischen diesen finden sich Rundzellen eingelagert. An diesem Bindegewebe liegt nach innen eine verschieden starke Detritusmasse, die aus zu Grunde ge- gangenen Bindegewebs- und Blutzellen besteht".

Über das Vorkommen von eosinophilen Zellen in der Echino- kokkenkapsel macht Lichtenheld keine Angaben.

Unsere eigenen Untersuchungen über den Bau der Echino- kokkenkapsel haben wir besonders an unilokulären Echinokokken, meist von etwa Erbsen- bis Haselnußgröße, in der Leber des Schweines angestellt; wir haben jedoch auch Lebern vom Schaf und Rind mit unilokulären Echinokokken geprüft, um uns zu überzeugen, ob bei den genannten Tierspezies der Bau der Kapsel des Parasiten übereinstimmt. Diese vergleichenden Unter- suchungen erschienen uns deshalb erforderlich, weil in der Leber des Schweines insofern besondere Verhältnisse vorliegen, als bei diesem Tier das interacinöse Bindegewebe der Leber besonders stark ausgeprägt ist. Unter diesen Umständen konnte es möglich sein, daß die Kapsel der Leberechinokokken beim Schwein gewisse Besonderheiten darbot. Wir wollen hier indessen gleich bemerken, daß dies nicht der Fall ist. Wenn sich die nachfolgende Schil- derung der unilokulären Echinokokken auch hauptsächlich auf Prä- parate vom Schwein stützt, so bezieht sie sich nach dem Vor- stehenden selbstverständlich auch auf Schaf und Rind. Untersucht wurden sowohl sterile als auch fertile Blasen. Insgesamt haben wir 21 Fälle von unilokulären Leberechinokokken geprüft.

Unsere Studien über die Kapsel des Echinococcus multilocu- laris beziehen sich lediglich auf die Leber des Rindes. Bei der relativen Seltenheit dieser Form des Parasiten gelang es uns in der den Untersuchungen gewidmeten Zeit nicht, mehr als vier Fälle zur Untersuchung zu bekommen.

Das makroskopische Bild sow^ohl der mit unilokulären als auch der mit multilokularen Echinokokken behafteten Leber bei den Schlachttieren ist so allgemein bekannt, daß es sich erübrigt, auf die grobanatomischen Verhältnisse einzugehen.

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Wir schildern zunächst den histologischen Bau der Kapsel der uni- und der multilokularen Echinokokken und das Verhalten des benachbarten Lebergewebes im allgemeinen und sodann die Eosino- philie.

Echinococcus unllocularlo.

Die die Blase des sterilen Echinokokkus umgebende Kapsel läßt drei Schichten erkennen:

1. Die innerste, an die Kutikula des Parasiten angrenzende Schicht besteht aus mäßig langgestreckten, spindelförmigen Zellen, die senkrecht oder fast senkrecht auf der kugeligen Echinokokken- blase stehen und somit radiär zu ihr orientiert sind. Dieser charak- teristischen Anordnung wegen nennen wir diese Schicht Radiär- schicht (Fig. 3b). Die Zellen derselben besitzen einen länglichen, ovalen, ziemlich chromatinarmen, scharf konturierten Kern. Sie ordnen sich so zueinander an, daß sich jeweils zwischen zwei Spindelzellen von beiden Seiten her zwei weitere hineinschieben, so daß keine eigentlichen Lücken zwischen den Zellen bleiben. Es besteht also eine Anordnung, etwa wie sie die Elemente eines Spindelzellen- sarkoms erkennen lassen. Auf diese Weise sind mehrere Lagen von Spindelzellen auf der Kutikula des Echinokokkus aufgebaut. Zwischen die äußeren Lagen dieser Schicht sind leukozytäre, meist nichteosinophile Elemente in mäßiger Anzahl eingestreut, so daß keine scharfe Grenze zwischen der Eadiärschicht und der sich außen ihr anschließenden Schicht der Kapsel vorhanden ist. Riesen- zellen haben wir bei sterilen Leberechinokokken der oben erwähnten Größe niemals gesehen. Die Spindelzellen müssen als Abkönmi- linge von Bindegewebszellen angesehen werden; sie sind als Fibroblasten aufzufassen. Ihre eigentümliche radiäre Anordnung scheint auf Einwirkungen chemotaktischer Art seitens des Echino- kokkus, die einen richtenden Einfluß auf die Zellelemente ausüben, zurückzuführen zu sein. In der Radiärschicht ist Fett in mäßiger Menge in Tröpfchenform vorhanden. Anscheinend liegen die Fett- tröpfchen teils in, teils zwischen den Zellen.

2. Peripher von den Spindelelementen folgt eine meist dünnere Schicht Intermediärschicht, wie wir sie nennen möchten (Fig. 3 c) die aus Rundzellen und Fibroblasten besteht. Diese Zellelemente lassen keine bestimmte Anordnung erkennen; sie liegen anscheinend regellos durcheinander, und zwar so dicht, daß die

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einzelnen Zellen selbst bei dünnen Schnitten schwer zn unterscheiden sind. Die Rundzellen besitzen einen chromatinreichen, dunklen, runden Kern und weisen keine Affinität zum Eosin auf. Die Fibro- blasten, die in der Mehrzahl eine rundliche oder längliche Form er- kennen lassen, zeichnen sich durch runde oder ovale, etwas chromatinärmere Kerne aus. Bindegewebsflbrillen weist diese Schicht der Kapsel in der Regel nicht auf. Nur ihre periphere Zone, die nicht scharf von der äußersten Schicht der Kapsel (Fibrillärschicht) abgesetzt ist, läßt einzelne Fibrillenbündel erkennen.

3. An die Intermediärschicht schließt sich peripheriewärts eine Zone, die in der Hauptsache aus fibrillärem Bindegewebe be- steht, wie dies besonders an nach van Gieson gefärbten Schnitten hervortritt, und die wir daher Fibrillärschicht (Fig. 3rf) nennen. Das Gewebe dieser Schicht ist ziemlich kemarm; die Kerne erscheinen klein, länglich oval oder gestreckt und sind chro- matinreich. Die Fibrillenbündel, die konzentrisch, also parallel zur Blasenwand angeordnet sind, liegen fast geschlossen aneinander und zeigen meist einen leicht welligen Verlauf. Elastische Fasern sind durch Elastinfarbung nicht nachzuweisen. Zwischen den Fibrillenbündeln bemerkt man vereinzelt und herdweise auftretende kleine Rundzellen ohne besondere färberische Eigentümlichkeiten. Außerdem treten in dieser Schicht vereinzelte Blutgefäße und spär- liche kleine Gallengänge auf. Die Schicht zeigt nach dem benach- barten Lebergewebe (Fig. 3e) zu gewöhnlich keine scharfe Ab- grenzung. Man beobachtet vielmehr in ihrer peripheren Zone zwischen den Fibrillenbündeln liegende abgesprengte Gruppen von Leberzellen (Fig. 3/). An den Stellen, wo das Bindegewebe der äußeren Kapselschicht mit dem interacinösen Gewebe zusammen- stößt, sieht man, daß es kontinuierlich in das interstitielle Binde- gewebe übergeht, indem an den genannten Stellen die Fibrillen- bündel der äußersten Zone der Kapsel nach dem interlobulären Bindegewebe zu abschwenken. Auf diese Weise wird eine innige Verbindung der Echinokokkenkapsel mit dem Interstitium der Leber hergestellt.

Die Kapsel der fertilen unilokulären Echinokokken zeigt im allgemeinen den gleichen Bau; die einzelnen Schichten pflegen jedoch oft nicht so scharf ausgeprägt zu sein. Die an die Kutikula des Parasiten anstoßende innerste Schicht läßt ebenfalls spindel- förmige Fibroblasten erkennen. Diese weisen indessen meist keine

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deutliche radiäre Anordnung auf, sondern erscheinen mehr regellos durcheinandergeworfen, und sind mit Rundzellen untermischt. Auch , vereinzelte Riesenzellen wurden in einigen Präparaten dieser Schicht bemerkt. Die Fibrillärschicht pflegt etwas stärker zu sein als bei den sterilen Blasen.

Eosinophile Zellen konnten wir in allen Fällen von Echino- kokkeninvasion in der Kapsel des Parasiten, und zwar sowohl bei fertilen als auch bei sterilen Blasen, nachweisen. Sie sind in allen drei Schichten anzutreffen, stets jedoch nur in verhältnis- mäßig geringer Zahl (Fig. 3), und zwar finden sie sich sowohl bei guterhaltenen als auch bei abgestorbenen Exemplaren. Bei fertilen Formen scheint ihre Zahl etwas größer zu sein, wie bei sterilen. Ein deutlicher Unterschied in dieser Beziehung tritt jedoch nicht hervor.

In der Radiärschicht liegen die Eosinophilen teils vereinzelt, teils erscheinen sie an manchen Stellen, besonders in der Nähe der Kutikula des Parasiten, in kleinere, unregelmäßige Haufen zusammen- gelagert. Ob diese letztere Erscheinung, vne man vermuten könnte, bei den fertilen Blasen mit der Lage der Skolezes zusammenhängt, ließ sich nicht erkennen.

In der Intermediärschicht finden sich die eosinophilen Zellen oft in etwas größerer Anzahl, vereinzelt und regellos zwischen den Leukozyten und Fibroblasten liegend.

In der Fibrillärschicht beobachtet man sie in geringerer Zahl vereinzelt in den Maschen der Fibrillenbtindel neben den erwähnten kleinen RundzeUen.

In dem dem Echinokokkus benachbarten Lebergewebe haben wir eosinophile Zellen nicht geflinden.

Bei schwacher Vergrößerung erscheinen die Eosinophilen als rundliche Gebilde, die sich von den übrigen leukozytären Elementen durcli ihre auffallend rote Färbung unterscheiden. Bei Anwendung der Immersion sieht man, daß sie etwas größer als die anderen Leukozyten sind. Jede Zelle enthält einen kleinen, chromatin- reichen Kern von rundlicher, ovaler oder länglicher Gestalt, der meist gegen den Rand der Zelle zu, also exzentrisch gelagert ist. Das Protoplasma erscheint als eine blaßrosarot gefärbte Masse, und in dieser treten die Granula als relativ große, .massive, hochrot gefärbte Kugeln hervor. Die Granula liegen im Protoplasma dicht beieinander; ihre Anzahl schätzen wir auf 40 50 Stück.

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Echinococcus multilocularis.

Wie bekannt, besteht der Echinococcus multilocularis aus einem Konglomerat von einzelnen Blasen, das derart entstand, daß von einer zentralen Mutterblase, die aus dem mit dem Blut- strom verschleppten Tänienembryo sich entwickelte, zahlreiche Tochterblasen sich abschnürten, die ihrerseits wiederum Tochter- blasen produzierten. Jede einzelne Blase besitzt ihre eigene, vom Organ gebildete Kapsel, und jedes neue Bläschen erhält, wenn es sich abgeschnürt hat, eine selbständige Umhüllung, die als Produkt einer reaktiven Entzündung des den Parasitenblasen benachbarten Gewebes aufzufassen ist. Auf diese Weise entsteht eine Art Ge- schwulst, die aus zahlreichen Hohlräumen, die den einzelnen Blasen entsprechen, und aus den zu den Blasen gehörigen Kapseln besteht.

Die histologische Struktur der Kapseln des multilokularen Echinokokkus ist Gegenstand von Untersuchungen Leuckarts (28), Guiliebeaus (17) und Ostertags (38) gewesen. Nach der Dar- stellung, die diese drei Autoren geben, läßt die Kapsel drei Schichten erkennen, die sich durch charakteristische Merkmale voneinander unterscheiden.

Über die innerste, d. h. die an die Echinokokkenmembran an- grenzende Schicht macht Leuckart (28) die Angabe, daß „die Zellen, welche dem jungen Echinokokkus aufliegen, eine dichte Umhüllung bilden, deren einzelne Elemente so wenig scharf be- grenzt sind, daß man statt ihrer auf den ersten Blick eine zu- sammenhängende, kömige Masse vor sich zu haben glaubte". An Stelle dieser kömigen Masse hat Leuckart auch „einen dichten Besatz von kömigen Spindelzellen, die dem Echinokokkus auf- stoßen", beobachtet. Die Angaben Ostertags (38) stimmen mit denjenigen Leuckarts ziemlich überein; nur konstatiert Ostertag an Stelle der von Leuckart erwähnten zusammenhängenden kör- nigen Masse, „unmittelbar dem Echinokokkusbläschen anliegend, eine Zone zum Teil nekrotischen Gewebes". Im übrigen setzt sich dieses aus Riesenzellen zusammen und „dort, wo diese fehlten, aus in reizender Anordnung radiär zu den Bläschen gestellten, großen Spindel- zellen". Die Angaben Guiliebeaus weichen von den vorhergehen- den nicht ab. Auch er erwähnt „große, auf den Echinokokkus stets senkrecht gestellte Spindelzellen". An Stelle der Spindelzellen hat auch er Riesenzellen beobachtet. In älteren Teilen des Para-

ZeltBcbrift für Infektionskrankheiten. IV, 5/6. 28

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sitentumors können die genannten Zellgattungen in nekrotische Schollen verwandelt sein.

Auf diese Schicht folgt peiipheriewärts eine Zellenlage, die nach den Untersuchungen der genannten Forscher aus Rundzellen besteht. Während Leuckart (28) einen Unterschied zwischen kleinen und großen Rundzellen macht, von denen die ersteren mehr peripher, die letzteren mehr zentralwärts in dieser Schicht liegen, teilen Ostertag (38) und Guillebeau (17) die Zellen dieser Partie in epitheloide und Rundzellen ein. Guillebeau nähert sich mit seiner Angabe der Leuckartschen Beschreibung, indem er die von ihm epitheloid genannten Zellen als größer bezeichnet gegenüber den peripher gelegenen kleineren Rundzellen. Als Dickenduixh- messer dieser Schicht gibt Guillebeau 80 fi an.

Nun folgt weiter peripher eine Zone, bezüglich derer die An- gaben ebenfalls ziemlich übereinstimmen.

Leuckart (28) schreibt, daß eine Bindegewebszyste den Echinokokkus mitsamt der Umhüllungsmasse einschließt, die eine unbedeutende Dicke besitzt und die mit dem die Leber durchziehenden Bindegewebsgerüst allseitig in kontinuierlichem Zusammenhang steht Diese Bindegewebsschicht besitzt eigene Arterien und Venen, die von benachbarten Gefäßen sich abzweigen und mit ihnen durch ein reiches Kapillarnetz in Verbindung stehen.

Nach Guillebeau (17) grenzt die mittlere Zellenlage an eine fibröse Umhüllung. Dieses fibröse Gewebe tritt auf der Schnitt- fläche des Tumors dem unbewaffneten Auge als Gerüst in Form von 80 (i bis 2 mm dicken Strängen entgegen. Seine Elemente bestehen aus Bindegewebsfibrillen mit einer mäßigen Zahl von spindelförmigen Zellen und oft großen Blutgefäßen.

Auch Ostertag (38) gibt an, daß die äußerste Schicht der Kapsel aus flbrillärem Bindegewebe mit spärlichen elastischen Fasern besteht. „Das makroskopisch schon so stark in die Augen fallende Bindegewebe verliert sich nicht zwischen den einzelnen Bläschen, sondern vereinigt je mehrere derselben zu einem Konglomerat."

Wie aus diesen Angaben hervorgeht, besteht nach den drei genannten Forschem die Kapsel des multilokularen Echino- kokkus aus drei, durch ihre zelligen Elemente scharf voneinander abgegrenzten Schichten: Einer an die Kutikula der Parasitenblase anstoßenden, aus Riesen- oder Spindelzellen bestehenden Zellage,

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hierauf folgt eine Rundzellenschicht und daran schließt sich peripher die bindegewebige Umhüllung an.

Bei der Schilderung unserer eigenen Befunde stellen wir diejenigen Fälle von Echinococcus multilocularis voran, deren Bau uns typisch erscheint (die Echinokokkusblasen erschienen hier lebensfrisch und ohne sekundäre Veränderungen). Untersucht wurden Teile des Parasiten mit erbsen- bis kleinhaselnußgroßen Blasen.

Im allgemeinen herrscht bezüglich der histologischen Verhält- nisse der Kapsel zwischen uni- und multilokularen Echinokokken Übereinstimmung. Wie beim Echinococcus unilocularis können wir auch hier drei Schichten unterscheiden ; das histologische Gesamtbild jedoch, das der Echinococcus multilocularis dem Auge darbietet, wird dadurch etwas modifiziert, daß hier mehrere Blasen aneinanderstoßen und deren Begrenzung durch Lebergewebe damit ganz oder zum Teil in Wegfall kommt. Leberzellen finden sich, abgesehen von den an der Peripherie des Parasitenkonglomerates gelegenen Partien, zwi- schen den Blasen, wenn überhaupt, gewöhnlich nur an den Winkel- stellen der letzteren, d. h. wo die Kapseln dreier Blasen zusammen- stoßen. Sie treten hier oft, umgeben von Bindegewebe, in einzelnen kleinen Gruppen auf und erscheinen etwas komprimiert. Auch in bezug auf die Abgrenzung der Kapsel der peripheren Blasen vom Lebergewebe lassen sich kleine Unterschiede zwischen den beiden Echinokokkenformen erkennen: Beim unilokulären Echinokokkus ist die Abgrenzung im allgemeinen eine ziemlich scharfe, wenn auch an der Übergangsstelle von der Fibrillärschicht zum Leber- gewebe einzelne Leberzelleninseln vom normalen Zellenverband abgetrennt erscheinen und zwischen den Bindegewebsbündeln liegen. Beim multilokularen Echinokokkus dagegen ist ein Unterschied in- sofern gegeben, als sich das Bindegewebe der peripheren Kapsel- schicht deutlich zwischen die Balken des benachbarten Leber- gewebes hineinerstreckt, und als dadurch größere und kleinere Inseln und Streifen von Lebergewebe aus dem normalen Zellen- verband losgelöst und von Bindegewebszügen eingeschlossen werden.

Nach diesen, die allgemeinen histologischen Unterschiede zwi- schen uni- und multilokularen Echinokokken betreffenden Angaben kommen wir zu der Beschreibung der Kapselschichten der einzelnen Blase des Echinococcus multilocularis.

Die innerste, d. h. die der Parasitenblase direkt an-

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liegende Schicht weist auch hier radiären Bau auf, Wir finden, wie beim unilokulären Echinokokkus, senkrecht auf die Blasenoberfläche gestellte, mäßig langgestreckte Zellen, deren Enden sich verjüngen, die also Spindelform besitzen. Diese liegen dicht zusammen und lassen Zwischenräume nicht erkennen. Der Kern dieser Zellen besitzt eine meist ovale Gestalt und ist ziemlich chromatinarm. Es besteht also zwischen den beiden Echinokokken- formen bezüglich des Baues der Radiärschicht im allgemeinen Über- einstimmung; nur schien es uns, als ob diese Schicht hier bisweilen keine so geordneten Verhältnisse aufweist und keinen so großen Dickendurchmesser besitzt als die entsprechende Kapselschicht der unilokulären Echinokokken. Ein* für den Echinococcus multilocu- laris charakteristisches Merkmal der Kapsel ist darin gegeben, daß die Radiärschicht stellenweise durch eine Schicht, die sich in der Hauptsache aus sehr großen Zellen mit zahlreichen Kernen, Riesenzellen (Fig. 46), aufbaut, ersetzt erscheint. Diese Zellen besitzen oft eine annähernd kegelförmige Gestalt und sind dann in der Regel mit ihrer Basis nach der Blasenwand zu gerichtet, während die abgestumpfte Spitze gegen das Lebergewebe zu sieht. Die ziemlich chromatinarmen Kerne liegen dicht beieinander; ihre Zahl beträgt nach unserer Schätzung z\vischen 20 und 100. Sie finden sich in dem von dem Echinokokkus abgewandten Ende der Zelle, während der dem Echinokokkus zugewandte Teil kem- frei erscheint. Diese Zellpartie zeigt sich bei Hämatoxylin- Eosinfärbung in Form einer blaßrötlichen, homogenen Protoplasma- masse. Diese Riesenzellen, die den Fremdkörperriesenzelleu an die Seite zu stellen sind, finden sich, um dies gleich hier zu erwähnen, bisweilen auch in den übrigen Schichten der Kapsel, jedoch bei weitem nicht so zahlreich wie in der Innenschicht, die man hier als Riesenzellenschicht bezeichnen könnte (Fig. 4ft). Auch er- scheinen die einzeln in dem übrigen Kapselgewebe liegenden Riesen- zellen etwas kleiner; ihre Kerne sind ebenfalls sehr zahlreich.

Die an die Radiär- oder Riesenzellenschicht angrenzende Zone der Kapsel (Intermediärschicht) besteht in der Hauptsache ans kleinen Rundzellen mit chromatinreichen , runden Kernen (Fig. 4r). Auffällig erschien es uns, daß die Zellen dieser Schicht, die ihrem einfachen, runden Kern nach als Lymphozyten zu bezeichnen wären, stellenweise sich anhäufen, und zwar derart, daß sie kleine, scharf abgegrenzte Zellhaufen von rundlicher oder ovaler Gestalt dar-

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stellen. Zwischen den Rundzellen kommen vereinzelte Fibroblasten vor. Die Intermediärschiclit besitzt beim multilokularen Echino- kokkus nicht die gleichmäßige Dicke wie bei der unilokulären Form. Sie tritt an manchen Stellen kaum merkbar hervor, an anderen dagegen erreicht sie einen weit beträchtlicheren Dicken- durchmesser als beim Echinococcus unilocularis (Fig. 4).

Die äußerste Schicht der Kapsel setzt sich aus fibrillärem Bindegewebe zusammen (Fibrillärschicht), dessen Fasern zwar im allgemeinen konzentrisch, also parallel der Blasenwand, an- geordnet sind, jedoch sich häufig kreuzen und verschlingen, wie dies in deutlicher Weise besonders an van Gieson-Präparaten hervor- tritt (Fig. 4rf). Die Kerne, die in geringer Zahl zwischen den Fibrillen liegen, sind klein, länglich und chromatinreich. Im Binde- gewebe, das sich in der Peripherie des ganzen Parasiten konti- nuierlich in .das interlobuläre Bindegewebe der Leber fortsetzt, beobachtet man, wie gesagt, abgesprengte Leberzelleninseln in wechselnder, aber stets in größerer Menge als beim Echinococcus unilocularis, femer Blutgefäße und kleine gewucherte Gallengänge, sowie auch, wie schon Ostertag (38) angegeben hat, elastische Fasern in spärlicher Menge.

Die beim Echinococcus multilocularis beobachteten eosino- philen Zellen kommen in allen Kapselschichten vor. Sie sind in der Radiär- oder Riesenzellenschicht ganz vereinzelt, in der Fibrillär- schicht in mäßiger Zahl vorhanden; in der Intermediärschicht treten sie in etwas größerer Anzahl auf (Fig. 4). In ihrem Bau und Aussehen gleichen sie den bei den unilokulären Echinokokken gefundenen Eosinophilen.

Außer den soeben beschriebenen Fällen haben wir noch zwei Fälle untersucht, bei denen die histologischen Verhältnisse der Kapsel wesentlich andere waren. In diesen Fällen waren die Parasitenblasen der Nekrose anheimgefallen, wie es bei älteren multilokularen Echinokokken, besonders in deren zentralen Partien ja immer der Fall ist. Sie bestehen aus einer struktur- losen, homogenen Masse, die hier und da Lücken aufweist und in ihrem Zentrum beginnende Verkalkung erkennen läßt. In solchen Fällen ist der Dickendurchmesser der Kapsel im Verhältnis zu den vorher beschriebenen Fällen verringert. Hier kann von einer ausge- sprochenen Trennung des Kapselgewebes in drei Schichten meist nicht

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mehr gesprochen werden; denn die Radiärschicht tritt niemals deut- lich zutage, und wenn sie vorhanden ist, beobachtet man gewöhnlich nur eine einzige Reihe von Spindelzellen; Riesenzellen fehlen meist. Mau gewinnt hier den Eindruck, als ob der größte Teil der Radiär- schicht der Kapsel mit der Echinokokkenblase zugrunde gegangen sei, wobei sich die nekrotischen Überreste der Kapsel mit dem nekrotischen Parasiten verschmolzen haben. Für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht insbesondere der Umstand, daß man an einigen Stellen des Präparates an Stelle der Radiärschicht Massen, die zahlreiche Kemtrümmer enthalten, wahrnimmt.

Der übrige Teil der Kapsel setzt sich wie folgt zusammen: Wir beobachten, direkt den nekrotischen Partien anliegend, wie gesagt, eine Schicht von Spindelzellen, und wo diese, wie es stellen- weise der Fall ist, fehlen, schließt sich gleich fibrilläres Binde- gewebe, das mit zahlreichen Rundzellen durchsetzt ist, an. Eine ausgeprägte Differenzierung des Kapselgewebes in eine Intermediär- und Fibrillärschicht ist hier nicht zu erkennen. Die Kerne dieser Zone sind teils oval und chromatinarm (Fibroblasten), teils kleiner und chromatinreich (Lymphozyten). Die leukozytären Elemente sind in der Peripherie der Kapsel meist in größerer Anzahl vor- handen und manchmal in kleineren Haufen angeordnet, die dann direkt an das Lebergewebe angrenzen. Die Fasern des Binde- gewebes verlaufen, wie an van Gieson-Präparaten zu sehen ist, un- regelmäßiger als bei den oben beschriebenen Fällen.

Auffällig war bei diesen beiden Fällen von Echino- coccus multilocularis, daß eosinophile Zellen in der Kapsel so gut wie gar nicht vorhanden waren. Lediglich in der Um- gebung kleiner Gallengänge, die auch hier in den peripheren Kapsel- scliichten anzutreffen sind, traten sie in geringer Zahl hervor.

Wir erklären uns das fast vollständige Fehlen eosinophiler Zellen in den Fällen, in denen die Parasiten abgestorben sind, in der Weise, daß hier die chemotaktische Wirkung auf die Eosinophilen im Blute infolge Verminderung der wirksamen Stoffe reduziert ist.

Cysticercus tenuicollis in der Leber des Schafes.

Über die durch wandernde Embryonen der Taenia marginata verursachten Veränderungen liegen in der Literatur nur wenige

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Angaben vor, die sich auf die Beschreibung dieses Prozesses in der Leber des Schweines beschränken.

Dürbeck (6) gibt als pathologisch-anatomisches Hauptmerkmal der mit diesem Prozeß behafteten Lebern an, „daß die einzelnen Läppchen kunterbunt gefärbt sind". Diese Veränderung erstreckt sich über die ganze Leberoberfläche. Infolge dieser Farben- kontraste treten die beim Schwein ohnehin schon durch breite Bindegewebszüge gut markierten Läppchen sowohl in ihren Kon- turen als auch durch die Farbenunterschiede deutlich hervor. Die Konsistenz solcher Lebern ist etwas brüchig. „Gelegentlich kommen noch andere Stadien zu Gesicht, nämlich typische, mit Blut gefüllte Bohrgänge, die später zu gelbgrauen Striemen ver- schrumpfen.*'

Im histologischen Bilde beobachtet man verschieden große und gestaltete Blutungsherde; auch konnte Dürbeck in einem Falle juvenile Blasenwürmer, meist in der Mitte der Blutungsherde ge- legen, beobachten. Die Leberläppchen sind im allgemeinen nicht verändert; doch finden sich „zwischen diesen normalen Läppchen auch solche, deren Zentralvenen kolossal erweitert und von einem Blutpfropf besetzt sind, daß die Leberzellbalken vollständig ver- schoben und verflacht erscheinen". Das interlobuläre Bindegewebe ist in der Umgebung der Blutungsherde leicht verbreitert und mit Leukozyten infiltriert, die „stellenweise, besonders in der Umgebung der Blutgefäße, in dichten Herden beisammen liegen". An den Gallengängen hat Dürbeck keine Veränderungen beobachtet.

Seiler (47), der sich ebenfalls mit Studien über die Hepatitis cysticercosa des Schweines beschäftigte, schildert das pathologisch- anatomische Bild dieser Veränderung wie folgt:

Die Leberoberfläche weist zahlreiche Unebenheiten auf und ist besonders auf der Zwerchfellfläche „mit zahlreichen subkapsulär gelegenen Erhabenheiten von verschiedener Größe" durchsetzt. „Diese heben sich als ca. 1 mm große, gerötete Stellen deutlich vom nachbarlichen Gewebe ab und sind oft gruppenweise zusammen- gelagert." Infolge dieser veränderten Beschaffenheit der Leber- oberfläche gewinnt auch die Leber ein anderes Aussehen. Im all- gemeinen besitzt zwar die Leber das normale rotbraune Kolorit, „welches jedoch durch starke Blutanhäufung einzelner Läppchen- gruppen an verschiedenen Stellen entweder einen bläulichen Schimmer oder einen rötlichen Farbenton beigemischt erhält". Die

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Konsistenz ist brächig. Auf der Schnittfläche beobachtete dieser Autor bis 1 cm lange und 1 mm breite Gänge mit einem leicht ge- ronnenen, blutigen Inhalt, denen teilweise noch kleinere Seitenzweige aufsaßen. Das histologische Bild läßt im allgemeinen noch den charakteristischen Bau der Leber erkennen. Die Leberzellen weisen zumeist noch normale Größe und Form auf, „nur die Zentral venen sind teilweise ganz exzentrisch verschoben oder treten gar nicht zu Gesicht". Im Lebergewebe beobachtete Seiler auch Blutungs- herde, die die noch erhaltenen Teile der Leberzellen an die Peripherie gedrängt hatten. Das interstitielle- Bindegewebe ist be- sonders an den Winkelstellen stark verbreitert und Sitz einer aus Spindelzellen und Rundzellen bestehenden Zellinfiltration. Man sieht hier unter den Rundzellen größere, protoplasmareichere Zellen, die „in ihrem Innern zahlreiche Kömchen, die sich mit Eosin lebhaft rot gefärbt haben, enthalten". Seiler nennt diese Zellen „Plasmazellen". Es handelt sich nach der Beschreibung jedoch offenbar um eosinophile Zellen. Ferner beobachtete Seiler im Bindegewebe eine lebhafte Gallengangswucherung.

Fölger (12) hat ebenfalls über die Veränderungen bei der Invasion des Cysticercus tenuicoUis in die Leber des Schweines kurz Mitteilung gemacht. Dieser Autor beobachtete bei der hier in Frage stehenden Erkrankung eine zellige Infiltration, die be- sonders aus eosinophilen Zellen besteht. Die Eosinophilen, die in nicht allzugroßer Menge bei diesem Prozeß auftreten, liegen be- sonders im interacinösen Bindegewebe und um die Gefäße herum. „In den Gängen, die die Zystizerken durch das Gewebe der Leber gebohrt haben, findet man im ausgetretenen Blute eine große Menge eosinophiler Zellen; im umgebenden Lebergewebe erscheint eine nicht geringe Infiltration mit diesen Zellen."

Wir haben 10 Fälle von Invasion von Embryonen der Taenia marginata in die Leber des Schafes untersucht.

Makroskopischer Befund.

Die Leber zeigt im allgemeinen normale Größe, braunrote Farbe und eine mäßig derbe Konsistenz.

Auf ihrer Oberfläche, und zwar sowohl auf der Zwerchfell- wie der Eingeweidefläche beobachtet man herdförmig auftretende Ver- änderungen, die sich durch ihre graue Farbe vom umgebenden

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Lebergewebe deutlich abheben. Diese Herde besitzen eine unregel- mäßige Gestalt, ihr Rand erscheint gewöhnlich zackig, ihre Größe schwankt in der Regel zwischen dem umfang eines Hirsekornes und dem eines Markstückes. Die Zahl der Herde ist gewöhnlich eine ziemlich beschränkte; wir beobachteten 5 bis 20 Herde in einer Leber. Bei näherer Betrachtung erscheinen die Herde nicht ho- mogen, sie lassen vielmehr charakteristische, durch ihre hellere Farbe deutlich hervortretende Gänge von 2—3 mm Länge und V4 V2 ™™ Breite erkennen, die in der Mehrzahl der Fälle bogen- förmig, in Form eines Winkels oder in einer Schlangenlinie ver- laufen, seltener eine annähernd gerade Richtung zeigen. Diese Gänge, die meist etwas über das Niveau der Leberoberfläche her- vorragen, scheinen bei makroskopischer Besichtigung aus einer mörtelähnlichen Masse zu bestehen und fohlen sich rauh und uneben an. Nicht selten treten derartige Gänge auch, ohne herdförmig zusammen zu liegen, einzeln im Leberparenchym auf. Die Kon- sistenz der Gänge ist etwas derber als die des umgebenden Leber- parenchyms. Dieses ist in der Regel unverändert; ab und zu be- obachtet man jedoch eine mehr oder weniger gut ausgeprägte, mit verschiedenen Nuancen ins Braune spielende, rötliche Färbung unmittelbar benachbarter Läppchen, zwischen denen dann auch das interlobuläre Bindegewebe deutlicher als normal hervortritt. Der seröse Überzug der Leber ist im allgemeinen glatt, glänzend und durchscheinend, jedoch scheint die Serosa über den beschriebenen Herden geringgradig getrübt und verdickt. Die portalen Lymph- drüsen besitzen ein normales Aussehen.

Die Schnittfläche durch die oben beschriebenen Veränderungen zeigt, daß es sich tatsächlich um Gänge im Leberparenchym han- delt, die im allgemeinen in geringer Tiefe (höchstens bis ^/g cm) fast parallel zur Leberoberfläche verlaufen und sich bisweilen ver- zweigen. Wie die Schnittfläche weiter zeigt, sind diese Gänge angefüllt mit einer teils krümeligen, teils schmierigen, graubraunen oder schwärzlichen Masse, die sich nicht selten etwas sandig an- fühlt und ziemlich fest der Wandung anhaftet. Auch auf dem Durchschnitt beobachtet man in der Umgebung dieser Gänge gewöhn- lich eine dunkelrote Färbung einzelner Läppchen. Das interlobuläre Bindegew^ebe tritt auf der Schnittfläche als feines, weißes Geäder hervor, das die einzelnen Läppchen einschließt. Eine auffällige Verbreiterung desselben ist nicht bemerkbar.

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Mikroskopischer Befund.

An Schnitten durch die oben beschriebenen herdförmigen Ver- änderungen können wir je nach dem Alter der letzteren drei Stadien unterscheiden:

Die jüngsten Stadien sind durch hämorrhagische Infiltration des zerstörten Lebergewebes ausgezeichnet. Bei näherer Betrach- tung dieses Stadiums ergibt sich folgendes:

Wir erblicken, je nachdem der Schnitt die oben erwähnten Gänge quer oder mehr längs getroffen hat, rundliche oder ge- streckte Herde im Lebergewebe, in deren Bereich das Parench3Tn vollständig zerstört ist. An seiner Stelle sieht man dichte Massen von Zell- und Kerntrümmem, teils noch erhaltenen, teils zerfallenen Erythrozyten und zahlreichen leukozytären Elementen, unter denen sich eosinophile Zellen in großer Zahl finden (Fig. 5 a). Stellen- weise scheinen sich die Detritusmassen mehr zu konzentrieren und sind hier besonders reich an Kerntrümmem. Die Parasiten oder Teile von ihnen haben wir in unseren Präparaten nie aufzufinden vermocht. Die nächste Nachbarschaft der Herde zeigt, wenn sie frisch entstanden sind, lediglich eine mäßige Infiltration mit Rund- zellen (Fig. 5), zwischen die eosinophile Zellen in größerer Anzahl eingestreut sind. Die Eosinophilie erstreckt sich jedoch nicht allein auf die Umgebung dieser Herde, sondern reicht, allmählich abklingend bis ins benachbarte Lebergewebe hinein (Fig. 56). Bald treten jedoch rings um die Zerfallsmassen neben den Rund- zellen Fibroblasten auf (Fig. 6). In den Fällen, in denen durch den Schnitt Verzweigungen der Gänge getroffen wurden oder in denen im mikroskopischen Bilde mehrere mit Detritus angefüllte Herde nahe zusammen liegen, erscheint das Lebergewebe auf etwas größere Strecken rings um die Zerfallsmassen verödet; nur vereinzelte erhalten gebliebene Leberzellen lassen noch er- kennen, daß hier früher Lebergewebe vorhanden war. Die Eosino- philie erstreckt sich in solchen Fällen über die ganze zugrunde gegangene Leberpartie und deren nächste Nachbarschaft.

Das zweite Stadium dieses Prozesses bietet ein etwas an- deres Bild. Hier sehen wir die hämorrhagische Beschaffenheit der Zerfallsmassen stets in den Hintergrund treten; es sind nur noch bräunliche, strukturlose Reste von zerfallenen roten Blutkörperchen zu bemerken. Bisweilen sieht man, daß die leukozytäre Infiltration

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sowohl in den Herden selbst als auch in der nächsten Nachbar- schaft zugenommen hat, während ihr Inhalt mehr zurücktritt. In vielen Fällen jedoch behält der Inhalt der Herde seine Detritus- form bei, nur scheinen sich die Zerfallsmassen hierbei zu verdichten (Fig. 6a). Auch hier umgibt den Herd ein dichter Leukozyten- und Fibroblastenwall (reaktive Entzündung) . Stetszeichnetsichdiese entzündliche Zone durch außerordentlich zahlreiche eosi- nophile Zellen aus (Fig. 6f). In diesem Stadium machen sich gewucherte kleine GaUengänge und bisweilen noch Reste von Leberzellenbalken im entzündlichen Gewebe rings um die Herde bemerkbar. (Fig. 6, b und d). Die zellige Infiltration nimmt weiter peripheriewärts allmählich ab. Die Gallengänge und Gefäße der Nachbarschaft der Herde weisen einen verhältnismäßig umfang- reichen Wall von Leukozyten auf, unter denen auch hier wieder die Eosinophilen in den Vordergrund treten.

In den Fällen, in denen frühzeitig in den Herden selbst eine dichte Leukozyteninflltration sich bemerkbar macht, scheint der In- halt schnell resorbiert zu werden. An seine Stelle tritt ein von zahlreichen eosinophilen Zellen und anderen leukozytären Elementen durchsetztes Fibroblastengewebe.

In den meisten Fällen dagegen, in denen (Jie Detritusmassen länger erhalten bleiben, treten in ihrer unmittelbaren Nähe ziemlich zahlreiche Riesenzellen von mäßigen Dimensionen (Fremdkörperriesen- zellen) auf. Ihre Kerne liegen meist dicht zusammen gehäuft; die Zahl derselben schwankt zwischen 10 und 50.

Welche Umstände es bedingen, daß in einem Teil der Fälle im zweiten Stadium die Detritusmasse so leicht, gewissermaßen unmerklich von leukozytären Elementen und Fibroblasten ersetzt wird, während sie sich in anderen Fällen konsolidiert und erst unter Mitwirkung von Riesenzellen beseitigt werden kann, darüber lassen sich nur Vermutungen anstellen. Es ist uns nicht gelungen, auf diese Frage eine befriedigende Antwort zu finden.

Das dritte Stadium (Fig. 7) präsentiert sich, entsprechend den verschiedenen Bildern, die uns das zw^eite Stadium zeigte, etwas verschieden.

Da, wo die Detritusmassen frühzeitig (schon im zweiten Sta- dium) verschwinden und an ihre Stelle Leukozyten und Fibroblasten treten, sehen wir im dritten Stadium bald ein fibrilläres Bindegewebe sich entwickeln, das zunächst noch reich an Rundzellen ist. Eosino-

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phile Zellen sind in diesem Gewebe, das als Narbengewebe aufzu- fassen ist, zwar vorhanden, ihre Zahl ist jedoch gegenüber dem zweiten Stadium wesentlich verringert (Fig. 7 c).

In den Fällen, in denen die Detritusmassen bis ins dritte Stadium hinein erhalten bleiben, sehen wir die resorptionsfördemde Tätigkeit der Fremdkörperriesenzellen sehr schön hervortreten. Es bilden sich in der konsolidierten Detritusmasse lakunäre Einbuch- tungen, die mit Fibroblasten und Riesenzellen erfüllt sind (Fig. 7 a). Die Riesenzellen liegen unmittelbar an der Detritusmasse (Fig. 7 h). Die von ihnen in der Masse geschaffenen Lakunen werden von Fibroblasten, die bald fibrilläre Zwischensubstanz erzeugen, erfüllt. So wächst Fibroblastengewebe und fibrilläres Bindegewebe, mit den Riesenzellen an der Spitze, gewissermaßen in den festen Detritus hinein (Fig. 7). Die Detritusmassen, an deren Beseitigung in erster Linie die Riesenzellen beteiligt zu sein scheinen, werden also durch junges Bindegewebe ersetzt, das sich verhältnismäßig schnell in fibrilläres Bindegewebe umwandelt, mit anderen Worten: Es tritt auch hier Vemarbung ein. Die Riesenzellen und auch ein Teil der Fibroblasten weisen in diesem Stadium eine ausgeprägte gelbbraune Färbung ihres Protoplasmas auf. Sie haben offenbar Pigment aufgenommen, dessen Herkunft sich mit voUster Sicherheit nicht feststellen ließ. Es scheint sich um aufgenommene Reste von Blutfarbstoff zu handeln. In dem allmählich an die Stelle der Detritusmassen tretenden Bindegewebe bemerkt man zahlreiche ge- wucherte kleine Gallengänge (Fig. 7d).

Die eosinophilen Zellen treten auch hier in den Hintergrund; sie sind nur noch in mäßiger Zahl vorhanden (Fig. 7). Dafar sind Lymphozyten, die sowohl in der nächsten Nachbarschaft der in Resorption begriffenen Detritusmassen als auch um die benachbarten Gallengänge angeordnet auftreten, in etwas größerer Anzahl nach- zuweisen. Zum Teil erhalten sich jedoch auch in diesem Stadium perivaskulär und um die benachbarten Gallengänge herum die eosinophilen Zellen in etwas größerer Anzahl.

Seltener sehen wir im dritten Stadium Fälle, bei denen keine Riesenzellen hervortreten. Hier entwickelt sich als Produkt der reak- tiven Entzündung ein mit Rundzellen durchsetztes Fibroblastengewebe rings um die fast intakt bleibenden Detritusmassen, wie wir es bei größeren nekrotischen Gewebspartien zu sehen gewohnt sind. Das Fibroblastengewebe beginnt sich in seinen peripheren Schichten in

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Bindegewebe, dessen Fibrillen zirkulär angeordnet sind, umzu- wandeln. So werden die Detritusmassen hier von einer Kapsel, die sich vom umgebenden Lebergewebe ziemlich scharf abgrenzt, und deren Dickendurchmesser 7* V3 ^^s Gesamtdurchmessers der Detritusmassen beträgt, eingeschlossen. Die Eosinophilie tritt in diesen Fällen weniger hervor; sie macht sich nur in der Umgebung der benachbarten Gefäße und Gallengänge bemerkbar.

Die bei dem vorstehend beschriebenen Prozeß auftretenden eosinophilen Zellen stellen bei schwacher Vergrößerung kleine, lebhaft rot gefärbte Zellen dar. Mit der Immersion kann man be- merken, daß sie etwas größer als die übrigen leukozytären Elemente sind. Jede Zelle enthält einen runden oder ovalen, sehr chromatin- reichen Kern, der stets exzentrisch gelagert ist. Das Protoplasma der Eosinophilen erscheint als eine mattrosa gefärbte Masse, die in ihrem Innern zahlreiche, nach unserer Schätzung etwa 40—50 große, massive, hochrot gefärbte Granula enthält.

Distomatose der Leber bei den Wiederkäuern.

Über die Distomatose der Leber bei den Wiederkäuern liegen in der Literatur mehrere Angaben vor, die sowohl das grob- anatomische als auch das histologische Bild dieser Veränderung berücksichtigen. Es sind dies besonders die Arbeiten von Schaper(43), Jaeger (21) und Fölger (12). Ohne auf die Angaben dieser Autoren gesondert einzugehen, wollen wir gleich die Ergebnisse unserer eigenen histologischen Untersuchungen schildern.

Diese Untersuchungen erstreckten sich auf insgesamt 1 1 Fälle. Zum Zwecke der histologischen Verarbeitung haben wir stets Stücke aus verschiedenen Partien des erkrankten Organes ent- nommen. •

Die Distomatose der Wiederkäuerleber, die durch Fasciola hepatica (Distomum hepaticum) bedingt wird, entsteht dadurch, daß die Parasiten sich in den Gallengängen ansiedeln.

Makroskopisch wird bei der Distomeninvasion eine Verdickung der größeren Gallengänge und in vorgeschritteneren Stadien eine Neubildung von Bindegewebe, die zu einer vollkommenen Cirrhosis hepatis fuhren kann, beobachtet. Von Interesse ist hierbei, worauf auch bereits Schaper (43) und Fölger (12) hingewiesen haben, daß sehr häufig der linke Teil der Leber stärker betroffen

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ist als die übrigen Partien des Organs, und daß der linke Lappen infolge der Zirrhose eine ausgesprochene Schrumpfung zeigt. Da sich die Distomen hauptsächlich in den größeren und mittleren Gallen- gängen befinden, deren Wand sie mit ihrem Stachelkleid reizen, so würde man a priori annehmen können, daß die Veränderungen, die die Parasiten erzeugen, in der Hauptsache an diesen Gallen- gängen ablaufen, und daß Veränderungen des Lebergewebes selbst von ihnen aus ihren Ausgang nehmen. Dies ist zum Teil, wie die histo- logische Untersuchung lehrte, auch der Fall; zum anderen Teil in- dessen gewannen wir schon bei dem Studium der ersten Fälle den Eindruck, daß die Veränderungen im interacinösen Bindegewebe «ich auch von den kleineren Gallengängen aus, in die Fasciola hepatica ihrer Größe wegen nicht hineingelangen kann, entwickeln. Veränderungen, die in vorgeschrittenen Stadien zur Zirrhose mit Atro- phie des Leberparenchyms fuhren. Die Erkrankung der kleineren Gallengänge und des um sie und um die Gefäße herum liegenden, in der normalen Wiederkäuerleber spärlich vorhandenen Binde- gewebes kann, da die Parasiten selbst bis in die kleineren Gallengänge nicht vorzudringen vermögen, nicht auf eine mechanische Wirkung der Distomen zurückgeführt werden ; es müssen somit die chronischen Prozesse in den kleineren Gallengängen und im inter- acinösen Bindegewebe, die wir gleich beschreiben wollen, auf andere Weise zustande kommen. Es bleibt weiter nichts übrig, als hiei eine Fernwirkung seitens der Parasiten anzunehmen, die so zu er- klären wäre, daß die Parasiten bestimmte Stoflfe produzieren, die bis zu den kleinen Gallengängen aufwärts dringen und zuerst diese und von ihnen aus dann das benachbarte Interstitium reizen. Mit dieser Ansicht befinden wir uns in Übereinstimmung mit Jaeger (21), der die Ursache der Bindegewebswucherung auf „die reizenden giftigen Stoffcvechselprodukte" der Distomen zurückfuhrt.

Betrachten wir zunächst die Veränderungen an den größeren Gallengängen, d. h. an denjenigen, deren Schleimhaut Drüsen aufweist.

Die ersten Stadien der Erkrankung nach der Einwanderung der Parasiten konnten wir nie beobachten. Wir trafen vielmehr in allen unseren Präparaten stets die Veränderungen an den Gallen- gangen schon weiter vorgeschritten. Die größeren von Fasciola hepatica bewohnten Gallengänge zeigen folgendes: Ihr Epithel ist stets mehr oder weniger zerstört. In manchen Fällen finden sich

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nur noch spärliche Reste von Epithelzellen, in anderen sind sie vollständig verschwunden. Das Zugrundegehen des Epithels scheint teils auf einer direkten Nekrose, teils auf einem degenerativen Prozeß zu beruhen. Die Färbbarkeit auch der noch in ihrer Lage befindlichen Epithelzellen hat im allgemeinen nachgelassen, der Kern ist nicht mehr deutlich erkennbar, die Zellen scheinen zu einer an Chromatintrümmem mäßig reichen Detritusmasse zerfallen. Letztere sammelt sich im Lumen der größeren Gallen- gänge an und mischt sich mit der stagnierenden Galle und den Exkreten der Parasiten. Während das Epithel der Gallengänge zugrunde geht, sehen wir in ihrer Tunica propria eine mächtige Bindegewebsneubildung eintreten, die zu der schon makroskopisch erkennbaren Verdickung ihrer Wand führt. Histologisch tritt uns die verdickte Tunica propria als ein kemarmes Bindegewebe entgegen, dessen Fibrillenbtindel im allgemeinen zwar konzentrisch verlaufen, im übrigen jedoch eine ziemlich unregelmäßige An- ordnung erkennen lassen. Zwischen den Fibrillenbündeln bemerkt man Gruppen von länglichen Zellen mit mäßig chromatinreichen Kernen, Gruppen deren Zentrum gewöhnlich ein kleines Lumen erkennen läßt. Es scheint, daß es sich hier um gewucherte Gefäßendothelien handelt.

Der Zerstörungsprozeß, der das Epithel der größeren Gallen- gänge vernichtet, greift auch bald auf die Drüsen der Schleimhaut über, und auch ihre Zellen, die sich noch längere Zeit durch gute Aufnahmefähigkeit von Kemfarben auszeichnen, gehen allmählich zugrunde. Da diese Drüsen schlauchförmige Gebilde darstellen, so bleiben, wenn sie zugrunde gegangen sind, die zwischen ihnen liegenden Teile der Tunica propria übrig, die nunmehr in Gestalt papillenförmiger, bindegewebiger, mit Rundzellen infiltrierter Fort- sätze in das Lumen hineinragen. Diese papilliformen Gebilde scheinen uns mit den von Schaper (43) erwähnten „Zotten" über- einzustimmen. Seh aper drückt sich etwas unklar aus, wenn er sagt: „Die mechanischen Verletzungen seitens der Leberegel pflegen in den oberen Schichten der Gallengangsmukosa eine direkte Ne- krose hervorzurufen, während die eigentlichen regressiven Ernährungs- störungen sich als schleimige Degeneration äußern, welche sich bei fast allen hochgradigen Fällen in Form hyaliner, ins Lumen vor- springender Zotten unseren Augen präsentiert." Eine ähnliche zellige Infiltration, wie sie die papilliformen B'ortsätze der Schleim-

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haut aufweisen, zeigt der das Lumen begrenzende Teil der Tunica propria überhaupt. Von der bindegewebig verdickten Tunica propria der Gallengänge gehen verbreiterte Bindegewebszüge in das benach- barte Interstitium aus. Im allgemeinen jedoch ist die von den größeren Gallengängen aus beginnende Wucherung des interstitiellen Binde- gewebes nicht so beträchtlich, als man vielleicht annehmen könnte. Es geht, worauf wir schon oben hingewiesen haben, die zirrhotische Bindegewebswncherung auch von den kleineren Gallengängen ans.

An den mittleren Oallengängen (Fig. 8 ä) scheint der Zer- störungsprozeß an der Schleimhaut weniger ausgeprägt. Ihre Epithel- bekleidung geht in manchen Fällen zugrunde, während sie in anderen erhalten bleibt. (Fig. 8). Die Drüsen bleiben stets verschont und beginnen zu wuchern. Diese Wucherung der Drüsenschläuche in das verdickte Gewebe der Tunica propria hinein tritt oft in dem Maße hervor, daß Bilder erzeugt werden, wie sie ein Adenom bietet (Fig. 8). Es erscheinen im Schnitt, besonders in der Tiefe der Tunica propria, teils rundliche, teils längliche Epithelkomplexe mit Lumen abgeschnürt, die von dem wuchernden Gewebe der Tunica propria eingeschlossen sind. Die Tunica propria zeigt sich be- trächtlich verdickt, im Bereiche der Drüsenwucherungen zellig infiltriert; sie geht ohne scharfe Grenze in das Bindegewebe des benachbarten gewucherten Insterstitiums (Fig. 8fe) über, das ge- wucherte Gallengänge (Fig. 8 c) sowie spärliche eosinophile Zellen einschließt.

Die zwischen den Acini gelegenen kleineren Gallengange, die in ihrer Wand Drüsen nicht besitzen und die ihrer Klein- heit wegen auch keine Leberegel beherbergen, bieten ein etwas anderes Aussehen dar. Ihr Epithel bleibt gewöhnlich längere Zeit erhalten, und lediglich die Tunica propria zeigt Veränderungen, die ebenfalls zu einer beträchtlichen Verdickung derselben fuhren (Fig. 9a). Auch bei den kleineren Gallengängen baut sich die verdickte Wand aus kernarmem, zirkulär angeordnetem fibiillärem Bindegew^ebe auf, das jedoch die bei den größeren Gallengängen erwähnten Zelleinlagerungen nicht besitzt. Auch die in der Nähe der kleinen Gallengänge verlaufenden, interacinösen Gefäße zeigen eine ähnliche Verdickung ihrer Wand (Fig. 9 b). Peripher von der derart gewiicherten Tunica propria bemerkt man ein sehr kern- reiches Gewebe, das aus Fibroblasten und leukozytären Elementen, die zum großen Teil eosinophiler Art sind, besteht (Fig. 9c). Als

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auffällige Erscheinung ist jedoch zu notieren, daß an der Basis der kubischen Epithelzellen der kleinen Gallengänge sich zwischen die Epithelien große eosinophile Elemente einschieben (Fig. 9 a), die an diesen Gallengängen oft einen leuchtend roten, fast kontinuier- lichen Saum peripher von dem blaugefllrbten Ring von Epithel- zellen entstehen lassen. Gerade dieser umstand scheint uns darauf hinzudeuten, daß hier, wie bereits oben erwähnt, reizende, chemo- taktisch wirkende Stoffe vom Lumen der kleineren Gallengänge aus wirken. Denn, anders würde sich die Anhäufung von eosinophilen Zellen gerade an der Grenze zwischen Epithel und Tunica propria nicht genügend erklären lassen.

In einzelnen Schnitten bemerkt man femer in der nächsten Umgebung mancher kleiner Gallengänge statt der Fibroblasten und eosinophilen Elemente eine dichte, meist einseitige Anhäufung von Lymphozyten. Diese treten bei Hämatoxylinfärbung als tief dunkel- blau gefärbte, lymphknötchenähnliche Gebilde hervor. Es dürfte sich hier um eine Hyperplasie kleinster Herdchen lymphatischen Gewebes handeln.

In van Gieson-Präparaten bemerkt man in den peripher von der verdickten Tunica propria gelegenen Massen von Fibroblasten und leukozytären Elementen bereits Bindegewebsfibrillen, die zwar spärlich sind, immerhin aber doch erkennen lassen, daß hier eine Neubildung von fibrillärem Bindegewebe im Gange ist. In etwas weiter vorgeschrittenen Stadien erkennt man den bindegewebigen Charakter des Gewebes rings um die kleinen Gallengänge, das auch die interacinösen Gefäße einschließt, immer deutlicher. Stets jedoch behält es seine ziemlich kemreiche Beschaffenheit bei. Diese Gewebsmassen vermehren sich nun, wie man an Präparaten verschiedener Stadien und aus verschiedenen Partien ein und der- selben Leber beobachten kann, und bilden so immer größer werdende Herde an den Winkelstellen der Acini, Herde, in deren Zentrum sich stets die hier gelegenen, kleinen Gallengänge und Gefäße eingeschlossen finden. Ist hier die Vermehrung des Binde- gewebes bis zu einem gewissen Grade fortgeschritten, so schiebt es sich, an den Grenzen der Acini fortwuchernd, zwischen letztere, und schließlich werden die einzelnen Acini vom interstitiellen Ge- webe vollkommen eingeschlossen. In vorgeschritteneren Stadien bemerkt man, daß auch in den Läppchen selbst, und zwar ringv«i um die Zentralvene, eine Neubildung von Bindegewebe einsetzt.

Zeltschrift fUr Infektionskrankheiten. IV, 6 6. 29

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Die Acini selbst verkleinern sich infolgedessen; stellenweise sehen wir auch, wie das wuchernde Interstitium Teile eines Acinus insel- förmig abgesprengt hat, so daß Gruppen von Leberzellen in das gewnicherte Bindegewebe hinein verlagert erscheinen. Diese Ein- engung und Verkleinerung der Läppchen ist gleichbedeutend mit einer Atrophie, wobei an Stelle des Leberparenchynis ge^iichertes interstitielles Bindegewebe tritt, das, oft herdförmig angeordnet, große leukozytäre Elemente, deren Zelleib mit amorphem, gelblichem Pigment vollgepfropft ist und deren verschieden gestaltete Kerne meist exzentrisch gelegen sind, enthält. Welcher Art die Pigment- massen sind, läßt sich bei einfacher histologischer Besichtigung nicht feststellen; es scheint jedoch, als ob es sich um Gallenpig- ment handle. Unsere Ansicht stimmt in dieser Beziehung im allge- meinen mit der von Schap er (43) überein, der sagt: „Unaufhaltsam dringt das selbst in die Lobuli hineinwuchernde Bindegewebe vor, eine Zelle nach der anderen föUt der Auflösung anheim, und schließlich zeugt nur noch ein Häufchen Gallenpigment von dem einstmaligen Vorhandensein eines Leberläppchens." Elastische Fasern konnten wir in dem neugebildeten interacinösen Binde- gewebe nicht nachweisen.

Als charakteristisches Merkmal des gewucherten interacinösen Bindegewebes ist noch das Auftreten zahlreicher, regellos ange- ordneter kleiner gewucherter Gallengänge zu erw^ähnen, die meist kein erkennbares Lumen aufweisen. Sie sind im Schnitt teils längs, teils quer getroffen und zeigen stets ein w^ohlerhaltenes kubisches Epithel. Oft ist ihre Zahl so groß, daß man stellenweise mehr Gallen- gangsepithelien als Fibroblasten und leukozytäre Elemente sieht.

Wir müssen hier noch auf die Zellen, die wir bisher schlecht- hin als leukozytäre Elemente bezeichnet haben und die sich in reich- licher Menge im gewucherten interacinösen Bindegewebe vorfinden, näher eingehen. Wir haben bereits erwähnt, daß ein großer Teil von ihnen aus eosinophilen Zellen besteht. Auch der herdförmigen Lymphozytenanhäufungen haben wir bereits gedacht. Außerdem aber kommen in dem gewucherten jungen Bindegewebe noch Zellen vor, über deren Natur die Ansichten der Forscher, die sich mit der Distomatose histologisch beschäftigt haben, auseinandergehen.

Nach Jaeger (21) finden sich im Bindegewebe „zahlreiche Rundzellen, bald in diffuser, bald in herdförmiger Anordnung. Der Artenreichtum der Rundzellen ist ein ganz außerordentlicher. Zu-

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nächst fallen allenthalben scharf konturierte Wanderzellen auf, die sich in ihrem Kern bald als Lymphozyten, bald als polymorph- kernige Leukozyten ei-weisen. Vor allem aber beherrschen das Bild Scharen Ehrlichscher Mastzellen, kenntlich an dem Besitz grober, mit basischen Anilinfarben sich färbender Kömchen. Femer beobachtet man Unna sehe Plasmazellen; diese finden sich anfangs um die Blutgefäße herum, um dann mit der Ausbildung des Pro- zesses sich durch das ganze wuchemde Bindegewebe zu zerstreuen".

Im Gegensatz hierzu erklärt Fölger (12) „reichliche Mengen von Plasmazellen und sehr reichliche, mitunter geradezu imponierende Mengen von eosinophilen Zellen" gefunden zu haben, und zwar liegen an den Stellen, „wo die Plasmazellen in reichlicherer Anzahl auftreten, verhältnismäßig nur wenig eosinophile Zellen, die dagegen an vielen Stellen fast allein in großen Infiltrationen auftreten". Im Lebergewebe beobachtete Fölger die Plasmazellen nie in so großer Menge als bisweilen die eosinophilen Zellen; „nur In den Wandungen der größeren Gallengänge kann man sie als vor- herrschenden Bestandteil antreflen. Es scheint, als ob die Plasma- zellen sich hauptsächlich um die Gallengänge lagerten; die eosino- philen Zellen sieht man an vielen Stellen in den Umgebungen der Gefäße oder in deren Wandungen". Um seine Ansicht gegenüber dem Ergebnis von Jaeger zum Ausdruck zu bringen, schreibt Fölger: „Alles in allem findet man, daß die eosinophilen Zellen das Bild beherrschen." Mastzellen konnte Fölger in seinen Präpa- raten überhaupt nicht auffinden.

Um uns über diesen strittigen Punkt Klarheit zu verschaffen, haben .wir bei einer Eeihe von Präparaten, abgesehen von der Färbung mit Hämatoxylin-Eosin, eine solche mit polychromem Methylenblau und nachfolgender Differenzierung mit Glyzerin- Äthermischung zum Zwecke der Darstellung der Plasmazellen vor- genommen. Um die Granula etwa vorhandener Ehrlichscher Mast- zellen distinkt zur Anschauung zu bringen, behandelten wir andere mit polychromem Methylenblau gefärbte Präparate mit schwach an- gesäuertem Wasser. Auf Grund des Ergebnisses unserer dies- bezüglichen Untersuchung können wir rückhaltlos wieder Jaeger noch Fölger zustimmen. Im allgemeinen möchten wir in Hinsicht auf die das ge wucherte Bindegewebe durchsetzenden Zellen folgendes fest- stellen: \Veitaus die größte Zahl dieserZellelemente besteht aus Eosinophilen. Daneben finden sich, aber in bedeutend

29*

452 -

geringerer Anzahl als die eosinophilen Zellen, Ehrlichsche Mastzellen, und zwar liegen sie zum größten Teil in der ver- dickten Wand der Gallengänge. Jedenfalls aber machen sie nicht den Hauptanteil der zelligen Infiltration des Bindegewebes aus. Plasmazellen fanden wir nur vereinzelt, und zwar zer- streut im gewucherten Bindegewebe.

Die bei dem in Rede stehenden Prozeß im interacinösen Bindegewebe beobachteten eosinophilen Zellen erscheinen bei schwacher Vergrößerung leuchtend rot geförbt. Mit der Immersion sieht man, daß sie etwas größer als die übrigen zelligen Elemente sind. Die Eosinophilen weisen eine rundliche Gestalt auf und be- sitzen einen sehr chromatinreichen, exzentrisch gelegenen Kern. Das Protoplasma, das mattrosa gefärbt ist, ist auf das dichteste mit groben, lebhaft rot gefärbten Granula, etwa 40—50 an der Zahl, erfiillt. Die Eosinophilen, die an der Basis der Epithelien der kleinen Gallengänge gelegen sind, erscheinen etwas größer. Ihr ebenfalls leuchtend rot erscheinendes Protoplasma läßt einzelne Granula nicht deutlich unterscheiden.

Andere pafhologische Prozesse der Leber.

Außer den im Vorstehenden beschriebenen vier Krankheiten, denen wir, da sie, abgesehen von den Echinokokken und der Disto- matose, histologisch noch nicht näher untersucht waren, eine etwas eingehendere Darstellung widmeten, haben wir noch eine Reihe von Veränderungen in der Leber der Schlachttiere untersucht, bezüglich deren wir uns kürzer fassen können, einesteils, weil die^e Ver- änderungen ihrem makroskopischen und mikroskopischen Verhalten nach genauer bekannt sind, andernteils, weil nach unseren Unter- suchungen lokale Eosinophilie bei ihnen vermißt wird.

Tuberkulose der Leber bei Kalb und Schwein.

Wir untersuchten fxinf Fälle von Lebertuberkulose, von denen sich drei auf das Kalb und zwei auf das Schwein bezogen.

Die Fälle vom Kalb es handelte sich hier um kongenitale Tuberkulose zeigten zahlreiche, hirsekorn- bis haselnußgroße, in der Mitte deutliche Verkäsung aufweisende Tuberkel. Die portalen Lymphdrüsen waren vergrößert und zeigten ebenfalls die für die Tuberkulose charakteristischen Verkäsungen.

453

Die beiden Fälle vom Schwein zeigten makroskopisch mäßig zahlreiche, ungefähr stecknadelkopfgroße Herde, deren Zentrum deutliche Verkäsung erkennen ließ.

Im histologischen Bilde, das in allen Fällen den bekannten Bau des Tuberkels und dessen regressive Metamorphosen zeigte, haben wir weder in dem verkästen Zentrum, noch im spezifischen Tuberkelgewebe, noch auch im Lebergewebe der Nachbarschaft eosinophile Zellen beobachtet.

Nekroseherde und Abszesse In der Leber des Kalbes.

Über diese in der Leber des Kalbes häufig zu beobachtenden Veränderungen haben wir eingehendere histologische Untersuchungen von neuem nicht angestellt, da erst vor kurzem im Pathologischen Institut der Dresdner Tierärztlichen Hochschule Dr. Schunaann (46) diesen Gegenstand bearbeitet hat, und wir uns daher im wesentlichen auf dessen Präparate und Befunde beziehen können.

Wie aus den Sehn mann sehen Präparaten hervorgeht, und wie er auch ausdrücklich in seiner Arbeit hervorgehoben hat, wurden eosinophile Zellen in der Kapsel der durch den Bacillus necrophorus erzeugten Herde sowie der echten Abszesse niemals beobachtet.

Auch bei einigen erneuten Untersuchungen sahen wir keine eosinophilen Zellen.

Leukämische Inflitration der Leber des Schweines.

Von dieser Veränderung haben wir mehrere Fälle speziell auf Eosinophilie untersucht.

Im histologischen Bild beobachtet man eine dichte Infiltration des verbreiterten Interstitiums mit Lymphozyten. Vom eigentlichen interstitiellen Bindegewebe ist infolge der starken Zellanhäufung fast nichts mehr zu sehen. Die zellige Infiltration beschränkt sich jedoch nicht allein auf das Interstitium, sondern die Lymphozyten dringen auch zwischen die Leberzellbalken der Läppchen ein.

Eosinophile Zellen sind unter diesen Mengen von Leukozyten nicht zugegen.

Kapiliarektasien In der Leber des Rindes.

Von dieser pathologischen Yerändening haben wir drei Fälle auf Eosinophilie geprüft.

454

Diese ihrem makroskopisclieii und mikroskopischen Verhalten nach allgemein bekannte Veränderung ist nach Jaeger (22) die Folge einer herdlförmigen fettigen Degeneration.

Eosinophile Zellen sind weder innerhalb der ekta- tischen Kapillaren, noch in den Bindegewebssepten, noch auch im benachbarten Leberparenchym zu beobachten.

Hepatitis interstitialis chronica dilTusa (Leberzirrliose) beim Scliwein.

Von dieser Veränderung haben wir iiinf Fälle auf Eosinophilie untersucht.

Das makroskopische Bild dieser Veränderung zeigte in drei Fällen eine unebene Beschaffenheit der Oberfläche. Größere flache Erhebungen, aus Leberparenchym bestehend, und Vertiefungen, neugebildetem Bindegewebe entsprechend, wechselten miteinander ab. In den beiden anderen Fällen erschien die Leberoberfläche granuliert. Die einzelnen Acini traten hier deutlich über die Ober- fläche hen'or, während das interacinöse Bindegewebe vertieft erschien. Die Konsistenz der Leber war in allen Fällen derber als normal. Die Schnittfläche ließ eine mehr oder weniger starke Vermehrung des interacinösen Bindegewebes des ganzen Organes erkennen. Eine Invasion von Distomen oder anderen Parasiten lag nicht vor.

Das histologische Bild dieses Prozesses zeigte eine mehr oder minder hochgradig ausgeprägte Wucherung des interstitiellen Binde- gewebes, das spärliche Rundzellen und kleine gewucherte Gallen- gänge einschloß. Drei Fälle zeigten keine eosinophilen Zellen. In zwei Fällen konnten w^ir jedoch unter den Rundzellen auch ver- einzelte Eosinophile beobachten. Von einer so auffalligen An- häufung eosinophiler Zellen wie bei der Hepatitis interstitialis chronica multiplex kann jedoch keine Rede sein.

Dieser Befund deckt sich mit den Angaben Fölgers (12), der in den nicht durch Distomen bedingten Fällen von Leberzirrhose Gewebseosinophilie nicht beobachtete.

Sonstige auf Eosinopliilie untersuclite Veränderungen.

Es \vurden ferner auf das Vorkommen von lokaler Eosino- philie untersucht: Fälle von Melanosis hepatis beim Kalbe, Icterus hepatis und Rotlauf beim Schwein und ein Fall von Gallengangs- adenom beim Kalbe. In keinem dieser Fälle wurden eosino- phile Zellen in der Leber gefunden.

455

SchlußbetrachtuDgen.

Wie aus der vorstehenden Darstellung ersichtlich ist, haben wir 14 verschiedene pathologische Prozesse in der Leber unter- sucht. Unter diesen fand sich bei Hepatitis interstitialis chronica multiplex, bei Echinokokken, bei Invasion^ von Cj^sticercus tenuicollis und bei Distomatose regelmäßig eine ausgeprägte lokale Eosinophilie, während bei Tuber- kulose, Nekroseherden, Leberabszessen, leukämischer In- filtration, Kapillarektasien, Melanosis, Rotlauf, Hepatitis interstitialis chronica diffusa, Ikterus und Gallengangs- adenom lokale Eosinophilie niemals beobachtet wurde oder aber, wie in zwei Fällen von Hepatitis interstitialis chronica diffusa, eosinophile Zellen ganz vereinzelt an- getroffen wurden. (Die übrigen Fälle ließen auch hier lokale Eosinophilie vermissen.) Da eosinophile Zellen, wie aus den Ar- beiten von Zietzschmann (57) und Gütig (16) hervorgeht, in der Leber auch unter normalen Verhältnissen vereinzelt vorkommen, so kann das Vorhandensein vereinzelter eosinophiler Zellen in den ge- nannten beiden Fällen nicht als über das normale Maß hinausgehend betrachtet werden.

Auf Grund dieser Tatsachen lassen sich die vorstehend er- wähnten pathologischen Prozesse in der Leber in zwei scharf von einander geschiedene Gruppen einteilen, nämlich

1. in solche, die regelmäßig mit ausgeprägter lokaler Eosinophilie einhergehen,

und 2. in solche, bei denen keine eosinophile Zellen oder jedenfalls keine eosinophile Zellen in größerer An- zahl als unter normalen Verhältnissen angetroffen werden.

Betrachten wir zunächst die erstgenannte Gruppe von Er- krankungen. Zu ihr gehören drei pathologische Prozesse, die unzweifelhaft auf eine zooparasitäre Invasion zuräckzuführen sind, nämlich die Echinokokkeninvasion, die Invasion von Cysticercus tenuicollis und die Distomatose. Bei dem vierten hierher gehörigen Prozeß, bei der Hepatitis interstitialis chronica multiplex der Schweineleber, ließ sich eine parasitäre Ursache nicht unmittelbar nachw^eisen. Wie wir bereits oben auseinander gesetzt haben, läßt aber die Tatsache des multiplen Auftretens und vor allem die Er- scheinung, daß im Zentrum der Herde bei der Mehrzahl von ihnen

456

eine scharf begrenzte zerstörte Stelle im Leberparenchym vorkommt, die nur auf traumatischem Wege durch einen Parasiten entstanden sein kann, auf eine zooparasitäre Invasion auf dem Wege des Pfortaderblutstromes schließen, wenn es auch nicht gelang, den Parasiten selbst nachzuweisen.

Die Krankheiten der zweiten Gruppe, bei denen lokale Eosino- philie überhaupt nicht, oder jedenfalls nicht über das normale Maß hinausgehend, konstatiert wurde, sind dagegen sämtlich, wie un- zweifelhaft feststeht, nicht zooparasitären Ursprungs.

Mithin haben wir ausgesprochene lokale Eosinophilie in der Leber nur bei zooparasitären Erkrankungen fest- gestellt, während die untersuchten nichtzooparasitären Prozesse der Leber sich stets ohne lokale Eosinophilie präsentierten.

Man könnte daran denken, diese Tatsache diagnostisch prak- tisch zu verwerten. Die meisten der bei der Leber in Frage kommenden Veränderungen zooparasitären Ursprungs bieten aber in der Regel kaum diagnostische Schwierigkeiten, so die Echino- kokken, die TenuikoUeninvasion, die Distomatose. Auch die Hepatitis interstitialis chronica multiplex kann, da sie schon makroskopisch in so markanter Weise zutage tritt, zu Irrtümern wohl kaam Anlaß geben. Etwas schwieriger kann indessen unter Umständen die Diagnose werden, wenn die Parasiten, z. B. Echinokokken, zu- grunde gegangen sind.

Wenn somit auch der lokalen Eosinophilie bei der patho- logisch-anatomischen Feststellung der gewöhnlich vorkommenden Erkrankungen der Leber der Schlachttiere eine praktische Be- deutung kaum beizumessen ist, so scheint uns die Tatsache, daß zooparasitäre Erkrankungen sich durch eine ausgeprägte lokale Eosinophilie auszeichnen, doch eine gewisse grundsätzliche Bedeutung in wissenschaftlicher Hinsicht zu besitzen. In Einklang mit den Arbeiten von Schleip (44), D6v6 (5), Blunschy (4), Angeloff (2), Schütz (45), Fölger (12) zeigen nämlich die von uns erhobenen Beftinde, daß lokale Eosinophilie eine regelmäßige Begleit- erscheinung zooparasitärer Invasion bei Tieren^) ist. Es scheint allerdings bei Tieren (wie beim Menschen auch einzelne Pro-

0 Vielleicht mit AusDahme des Hundes. Wir haben neuerdings durch Spiroptera BanguiDoIenta im Ösophagus des Hundes erzeugte Knoten sehr genau auf eosinophile Zellen untersucht, ohne jedoch solche gefunden zu haben.

i

457

zesse anderer Ätiologie zu geben, die mit bemerkenswerter lokaler Eosinophilie einhergehen können. Unter welchen Umständen lokale Eosinophilie auch bei nichtzooparasitären Erkrankungen auftritt, ist eine Frage, die zurzeit noch nicht endgültig zu beantworten ist, da erst eine verhältnismäßig geringe Anzahl pathologischer Prozesse speziell im Hinblick auf lokale Eosinophilie bei Tieren geprüft worden ist. Es sind dies in der Hauptsache die von uns oben er- wähnten Erkrankungen der Leber, die in der Lunge vorkommenden Rotzknötchen, die An gel off (2) untersuchte, die von Schleip (44) beschriebenen Fälle von Myositis typhosa und Myositis in der Nachbarschaft von Gangrän, sowie die schon oben erwähnten Fälle von nicht durch Distomen bedingten, chronischen interstitiellen Leberentzündungen, die Fölger (12) untersuchte.

Wie das Zustandekommen der lokalen Eosinophilie bei zoo- parasitären Erki'ankungen zu erklären ist, darüber läßt sich zunächst nur theoretisieren. Jedenfalls scheint uns die Erklärung, die Ehrlich (10) gegeben hat, die meiste Beachtung zu verdienen. Mit Ehrlich möchten wir annehmen, daß gewisse Stoffe, die eine besondere chemotaktische Wirkung gerade auf die eosinophilen Zellen des Blutes besitzen, diese (und zwar in der Hauptsache nur diese) aus den Gefäßen herauslocken, derart, daß sie sich im Gewebe in größerer Zahl anhäufen und so das Bild der lokalen Eosinophilie entstehen lassen. Ehrlich sucht die chemotaktische Wirkung in „Zerfallsprodukten epithelialer und epitheloider Zellen". Uns scheint indessen diese Annahme zur Erkläning der lokalen Eosinophilie bei zooparasitären Erkrankungen nicht ganz ausreichend zu sein. Denn Zerfallsprodukte von Gewebszellen kommen bei einer ganzen Reihe von Krankheiten, z. B. allen mit Nekrose und Degene- ration einhergehenden Prozessen in Betracht, ohne daß wir hier immer lokale Eosinophilie antreffen. Vielmehr tritt diese auffällige Erscheinung in erster Linie bei Veränderungen zooparasitären Ur- Sprungs auf, während viele Prozesse anderer Ätiologie ohne lokale Eosinophilie einhergehen. Daraus kann gefolgert w^erden, daß es bei den zooparasitären Erkrankungen nicht lediglich Zerfallsprodukte von Gewebszellen sind, die die Ursache der Anhäufung eosinophiler Zellen darstellen, daß hier vielmehr Stoffe in Frage kommen, die von den ins Gewebe eingedrungenen Parasiten her- rühren, Stoffe, die auf die eosinophilen Zellen des Blutes chemo- taktisch, anlockend wirken. Welcher Art diese Stoffe sind, ob sie

458

identisch sind mit den Giften, die von verschiedenen Forschern in der Leibessubstanz tierischer Parasiten nachgewiesen wurden, muß zunächst dahingestellt bleiben. Man braucht diese speziell auf die Eosinophilen chemotaktisch wirkende Substanzen ja nicht notwendigerweise zu den Giften im gewöhnlichen Sinne zu rechnen, hat ja beispielsweise Joest (24) bezüglich der Echinokokken, bei denen wir eine ausgesprochene lokale Eosinophilie fanden, konstatiert, daß in der Blasenflüssigkeit Gifte nicht vorhanden sind. Jedenfalls können wir im allgemeinen sagen, daß es wahr- scheinlich Produkte des Stoffwechsels der Parasiten sein werden, die hier bei dem Zustandekommen der lokalen Eosinophilie als Ursache in Betracht zu ziehen sind.

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Erkllnrag der Tafeln.

Fig. 1.

a

Makroskopisches Bild der Hepatitis interstitialis chronica

multiplex.

Fig. 2. Histologisches Bild der Hepatitis interstitialis chronica multiplex.

a Vom gewucherten Interstitium eingeschlossener Acinus. b Herdförmige Zerstörung des Acinus.

c Verbreitertcs Interstitium mit zahlreichen eosinophilen Zellen. d Ge wucherte Gallengänge im veränderten Interstitium.

Fig. 3.

Histologisches Bild des Echinococcus unilocularis.

a Kutikula.

b Radiärschicht.

e Intermediärschicht.

d Fibrillärschicht.

e Benachbartes Lebergewebe.

f Abgesprengte Leberzellen.

Fig. 4.

Histologisches Bild einer Blase des Echinococcus multilocularis.

a Kutikula. b Riesenzellenschicht. c Intermediärschicht. d Fibrillärschicht.

462

Fig. 5. Invasion von Cysticercus tenuicollis in die Leber.

Ziemlich frisch entstandene gangförmige Zerstörung des Lebergewebes. a Gang, angefüllt mit Resten einer Blutung (in der Figur nicht deutlich i

siebtbar), Kerntrümmern, leukozytären Elementen, daninter zahlreiche 1

eosinophile Zellen. b Erhalten gebliebene Teile des benachbarten Lebergewebes.

Fig. 6. I

Invasion von Cysticercus tenuicollis in die Leber. a Alterer Gang, angefüllt mit Detritusmassen. b Riesenzellen, an den Detritusmassen gelegen. c Wall von Leukozyten und Fibroblasten. d Gewucherte Gallengänge. e Reste von Leberzellbalken.

f Periphere Leukozyten- und Fibroblastenschicht mit zahlreichen eosino- philen Zellen.

Fig. 7.

Invasion von Cysticercus tenuicollis in die Leber.

Alter, in Resorption und Vemarbung begriffener Gang. a Reste der den Gang ausfüllenden Detritusmasse. b Riesenzellen, an der Detritusmasse gelegen, c Zellreiches neugebildetes Bindegewebe (junges Narbengewebe), das

weniger zahlreiche eosinophile Zellen und d gewucherte Gallengänge einschließt. e Benachbartes Lebergewebe.

Fig. 8. Distomatose der Leber. Veränderung eines mittleren Gallenganges. |

a Gallengaug mit verdickter, zellig infiltrierter Wand, die zahlreiche !

gewucherte Drüsen aufweist b Gewuchertes Bindegewebe der Wand des Gallenganges und der Um- gebung. c Gewucherte kleine Gallengänge im Bindegewebe. d Benachbartes Lebergewebe.

Fig. 9. Distomatose der Leber.

Beginn der Wucherung des Interstitiums. a Kleiner Gallengang mit verdickter Wand, zwischen dessen Epithelien

und an deren Basis sich eosinophile Zellen befinden. b Kleines Blutgefäß mit verdickter Wand. c Zellig infiltriertes, neugebildetes junges Bindegewebe mit zahlreichen

eosinophilen Zellen und d gewucherten kleinsten Gallengängen. e Benachbartes Lebergewebe.

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Joest u. Felber, Lokale Eoiinophüie.

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Isrhriß f. InfekUonskrankMicn Hc. der Haustiere, Band I V. Tafel XVII.

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Ein neues Verfahren zur prophylaktischen Behandlung

der Kälberruhr.

Von Bezirkst ierärzt K. Frers

in Waren (Mecklenburg).

Es dürfte wohl kaum einen Tierarzt geben, der in seiner Praxis nicht mit Kälberruhr zu tun hat und der nicht gehofft hätte, mit der Serumtherapie ein wirksames Heil- und Vorbeugungsmittel gegen diese Krankheit in die Hand zu bekommen. So lange wie es Kälber- ruhrsera gibt, habe ich diese angewandt. Ich habe Sera aus den verschiedensten Instituten bezogen und habe letzteren, um die Her- stellung eines möglichst polyvalenten Serums (wie es nach den Forschungen von Jensen und Joest zur Bekäüipfung der Krank- heit erforderlich ist) zu fördern, eine große Anzahl Ruhrkadaver eingesandt. Das Endresultat meiner Versuche, die Kälberruhr mit Serum einzudämmen, ist indessen kein sehr günstiges gewesen. Bisweilen glaubte ich, günstige, ja sogar sehr günstige Erfolge ver- zeichnen zu können; wenn aber dann wieder die gefährliche Zeit (Dezember bis Februar) herankam, zeigte in den meisten Beständen kein Serum einen Erfolg. Die nicht geringen Kosten der Impfung waren in der Regel umsonst aufgewendet.

Vom praktischen Standpunkt aus glaube ich die Frage, aus welchem Grunde die Serumtherapie vielfach versagt, dahin beant- worten zu müssen, daß die Kälberruhrbakterien dermaßen ver- scliieden sind, daß ein für alle Fälle passendes Serum sich nidit herstellen läßt. Ferner glaube ich aber auch, daß die Virulenz des Infektionsstoflfes bei längerem Herrschen der Seuche so groß wird, daß die Kraft des Serums nicht ausreicht, um das in dem Körper des Kalbes eingedrungene und stets von neuem wieder eindringende Virus unschädlich zu machen.

Auch die Nabelbehandlung nach Prof. Pfeiffer habe ich in sehr großem Umfang versucht und auch in einzelnen Ställen schein-

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bare Erfolge erzielt. Mißerfolge waren sehr häufig. Letztere sind hier meiner Ansicht nach auf die unrichtige Voraussetzung, daß die Infektion bei der Kälberruhr nur vom Nabel aus zustande kommt, zurückzuführen. Schon Joest (diese Zeitschr. Bd. 1, S. 410) hat darauf hingewiesen, daß eine solche Voraussetzung nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, und auch nach meiner Er- fahrung kann eine Infektion per os in fast genau der gleichen Zeit eine Ruhrerkrankung bei Kälbern herbeiführen, wie eine In- fektion vom Nabel aus.

Die Serumtherapie sowohl wie die Nabelbehandlung haben ohne Frage manches geleistet, aber ich glaube, man verlangt von beiden zu viel, und daher versagen diese Behandlungsmethoden in der. Praxis, besonders während der gefährlichen Zeit, mehr oder weniger vollständig. Wenn kein Mittel der modernen Therapie helfen wollte, dann griflfen die Landleute bei mir vielfach wieder zu dem alten Mittel, das Kalb bei der Mutter zu lassen und hatten, wie ich mich oft überzeugen konnte, vielfach recht gute Erfolge. Ja, ich habe eine günstige Wirkung bisweilen auch schon da gesehen, wo die jungen Kälber, ohne das Euter der Mutter erreichen zu können, lediglich an die Krippe mit der Mutter zusammen angebunden und aus dem Eimer getränkt wurden. Als sehr wesentlich erschien mir dabei, daß die neugeborenen Kälber nicht in die für sie be- stimmte Kälberbucht verbracht wurden.

Gerade die Tatsache, daß unter diesen umständen häufig die Ruhr nicht auftritt, gab mir Veranlassung, eine prophylaktische Be- handlung der neugeborenen Tiere einzuleiten, die mich in diesem Jahre über Erwarten befriedigt hat.

Meine Behandlung besteht einzig und allein darin, das Kalb nach Möglichkeit vor der Ansteckung zu bewahren. Diese Behandlung haben vor mir zwar schon viele Tierärzte und Landwirte versucht, sie haben damit aber, soweit meine Kenntnis reicht, niemals nennenswerte Erfolge erzielt. In fast allen Lehr- büchern findet man bezüglich der Prophylaxis die Vorschrift der „Reinigung und Desinfektion der Stallungen, besonders der Kälber- buchten". Die wiederholte wirkliche Reinigung und Desinfektion mit Kälbernihr infizierter Kälberbuchten halte ich während der Zeit, in der Kälber angesetzt werden, für eine Unmöglichkeit.

Meine einfache Behandlung der Kälberruhr (nicht der infektiösen Pneumonie) besteht seit einem Jahre lediglich

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darin, daß ich die Kälber möglichst bald nach der Geburt in einen leicht zn reinigenden Kasten bringe und in diesem Kasten4— 5 Tage belasse. Durchaus notwendig ist es, daß die Kälber während dieser Zeit mit Muttermilch ernährt werden, und daß die Person, die die Tiere tränkt, saubere Hände hat.

Die Aufzucht der Kälber in einem Kasten ist vielfach ver- sucht worden ; sie wird in Holstein und Dänemark in vielen Ställen in der Weise ausgeführt, daß man kleine Kästen oder Buchten

Kaaten zur proiihylaktischen Behandlung der Kälbemihr.

herstellt, in denen nur ein Kalb Platz hat und bequem stehen kann. Diese Buchten sind nach hinten meistens nicht geschlossen; sie besitzen nach vome eine rimde Öffnung, durch die das Tier ge- tränkt wird. Natürlich werden die Tiere in der Bucht mit einem Strick angebunden.

Diese mit dem Fußboden des Stalles fest verbundenen Kästen oder Buchten haben sich in meiner Praxis nicht bewährt, Sie ver- mochten besonders auch der Kälberruhr keinen merklichen Abbruch zu tun. Die von mir eingeführten Kästen (vgl. die Textfigur) sind dagegen beweglich und können an jedem beliebigen Platz des

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Stalles aufgestellt werden. Im Viehstall werden die Kästen auf ein Rostgestell oder zwei Böcke (E, F) gestellt.

Jeder Kasten ist 1 m hoch, 40 cm breit und IVa ni lang. Der Fuß- boden und die Wände bestehen aus gut gehobelten Brettern, die mit einer bleifreien Ölfarbe gestrichen sind. Die Wände und besonders der Boden dürfen keine Risse zeigen. Während die hintere Wand (A) nur aus einem etwa 1—2 cm von der Bodenfläche entfernt endenden Schieber besteht, wird die vordere Wand aus zwei je 50 cm hohen Schiebern {B u. C) gebildet, von denen der untere bis auf den Boden reicht. Die Schieber laufen nicht in einem Falz, sondern werden hinten durch vier, vorn durch 8 eiserne Winkel {D) gehalten.

Der Kasten muß hinten etwas niedriger gestellt werden, damit der Harn durch Vermittlung einer Rinne (6^) leicht in das am hinteren, unteren £nde an- gebrachte Geiäß fließen kann. Beide Seitenwände werden am oberen Rande durch zwei Eisenstäbe fest miteinander verbunden. Am oberen Schieber be- findet sich ein tiandgriff {H)y vermittelst dessen er leicht hoch gehoben werden kann, ohne die innere Wandfläche mit vielleicht unreinen Händen berühren zu müssen. Der Boden des Kastens wird am besten mit Torf mehl bestreut, doch können auch trockene Sägespäne, Spreu usw. verwendet werden. Zur Desinfektion des infektiösen Harns wird in dem am hinteren Ende des Kastens angebrachten Gefäß dauernd eine stark desinfizierende Flüssigkeit gehalten. Zum Zwecke des leichten Transportes des Kastens sind an seinen beiden Außenwänden je zwei Ringe oder Winkel {K\ durch die geeignete Stangen zum Tragen ge- schoben werden können, angebracht.

Die Vorzüge dieser Kästen sind folgende:

1. Der Kasten kann jederzeit leicht und gründlich gereinigt und desinfiziert werden.

2. Der Harn fließt, soweit er nicht vom Streumaterial auf- gesaugt wird, in ein Gefiiß und wird hier unschädlich gemacht. So gelangt der Harn nicht in den Stall. Die geringe Kotmenge kann im Kasten verbleiben, sie wird bei täglicher frischer Einstreu das Tier nicht belästigen.

3. Das Kalb kann, wenn es sich nicht schon bei der Geburt infiziert hat, nicht mehr mit Kälberruhr angesteckt werden. Wenn aber das Kalb etwa schon infiziert in den Kasten kommt, dann kann wenigstens der Ansteckungsstoif nicht in den Stall gelangen oder auf andere neugeborene Kälber übertragen werden. Beim etwaigen Tode eines im Kasten befindlichen Kalbes wird der Kasten mit dem Kalbe aus dem Stall gebracht, der Kasten besonders gut gereinigt und desinfiziert und der Kadaver unschädlich beseitigt

4. Das Kalb braucht nicht mit einem undesinfizierbaren Strick im Stalle angebunden zu werden.

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Wenn die Kästen (auf einem größeren Gute müssen immer 4 bis 6 Kästen vorhanden sein) nicht im Gebrauch sind, werden sie zweck- mäßig im Freien aufgestellt, damit Licht, Luft, Frost usw. ihre des- infizierenden Wirkungen ausüben können. In jedem Jahre werden die Kästen, wenn ihr Anstrich durch wiederholte Reinigung oder durch Witterimgseinflüsse gelitten hat, neu angestrichen, wobei etwa entstandene Risse zu verkitten sind.

Die prophylaktische Behandlung der Kälberruhr mit Hilfe der von mir konstruierten Kästen habe ich im Winter 1907/08 auf elf großen Gütern durchgeführt, und ich habe in allen Ställen einen ausgezeichneten Erfolg gehabt. Ich möchte bemerken, daß auf den Versuchsgütern früher Serum- und Nabelbehandlung in Anwendung gekommen waren, aber in der kritischen Zeit versagt hatten. Sobald die Kastenbehandlung der Kälber begann, wurde natürlich kein Serum oder Nabelverband angewendet, sondern der Nabel nur einmal mit 15 proz. Bazillolglyzerin, und zwar möglichst bald nach der Geburt, bepinselt.

Im folgenden berichte ich kurz über die einzelnen Versuchsgüter.

Rittergut M. Bis zum 15. Januar waren achtzehn Kälber an der Ruhr gestorben. Am 15. Januar wurden 2 Kästen, am 1. Februar weitere zwei Kästen in Benutzung genommen. Von 18 in die Kästen eingestellten Kälbern stai'b nicht ein einziges an Ruhr, während von acht in der gewöhnlichen Kälberbucht gehaltenen Tieren alle eingingen.

Pachtgut C. Bis zum 4. Januar waren 12 Kälber an Ruhr gestorben. Serum- und Nabelbchandlung waren seit Jahren mit sehr geringem Erfolge angewendet worden.

Am 4. Januar wurde ein Kalb unmittelbar nach der Geburt in den Kasten gelegt, es blieb am Leben.

Ein am 6. Januar geborenes Kalb wurde in die gewöhnliche Kälberbucht gelegt, es starb am 8. Januar an Ruhr.

Am 9. Januar war der Kasten nach seiner Reinigung wieder benutzbar, er konnte sofort wieder mit einem Kalbe besetzt werden, das am Leben blieb.

Am 10. Januar wurde ein zweiter Kasten eingestellt und mit einem in der voraufgegangenen Xacht geborenen Kalbe besetzt. Das Kalb war etwa sechs Stunden alt, als es den Kasten bezog und hatte vorher etwa IVj Stunde in der gewöhnlichen Kälberbucht zugebracht; es starb am dritten Lebonstage. Seit acht Wochen dienen nunmehr drei Kästen zur Aufnahme der neugeborenen Kälber. Innerhalb dieses Zeitraumes sind 24 Kälber, ohne an Ruhr zu er- kranken, in den Kästen aufgezogen worden.

Pachthof S. Vom 15.— 28. Januar waren sechs Kälber an Ruhr ge- storben, trotz Nabel- und Serumbehandlung, die auch im vorigen Jahr in der

kritischen Zeit versagt hatten.

30*

468

Am 29. Januar wurde ein Kasten eingestellt, der bis zum 26. März zwölf Kälber beherbergte. Es starb kein Kalb mehr an Ruhr. Von vier während des gleichen Zeitraumes geborenen und in der gewöhnlichen Kälberbucht gehaltenen Kälbern starben drei an Ruhr.

Pachthof R. Serum- und Nabelbehandlung versagten vollständig. In der Zeit vom 15. Dezember bis 15. Februar waren 18 Kälber geboren worden; von ihnen starben zwölf an Ruhr.

Am 15. Februar wurden zwei Kästen in Benutzung genommen. Bis zum 24. März konnten damit acht Kälber ohne Verlust aufgezogen werden, während fünf in der gewöhnlichen Kälberbucht befindliche Tiere an Ruhr erkrankten und starben.

Genau die gleichen Resultate erreichte ich auf den übrigen Gütern. Es blieben auf diesen Gütern, auf denen je ein bis vier Kästen in Benutzung standen, 85 im Kasten gehaltene Kälber am Leben, während vier Kasteu- und 36 Kälberbuchtkälber an Ruhr starben.

Wenn man an der Hand dieses Tatsachenmaterials piüft, wodurch sich die günstigen Resultate erklären lassen, dann kann man nur zu dem Schluß kommen, daß diese lediglich durch die Anwendung des leicht und zuverlässig zu reinigenden und zu des- infizierenden Kastens erreicht wurden. Die erzielten Ergebnisse scheinen mir aber andererseits dafür zu sprechen, daß die haupt- sächliche Infektionsquelle bei der Kälberruhr in der infizierten gemein- samen Kälberbucht zu suchen ist. Würde die Infektionsgefahr im Stalle im allgemeinen ebenso groß sein, dann könnten bei der Auf- zucht im Kasten keine so guten Erfolge erreicht werden.

Die Aufzucht im Kasten verhindert aber auch, daß Kälber- ruhrbakterien bei dem Mangel von neuen Kälberpassagen so virulent zu werden vermögen, daß sie eine eigentliche Stallseuche hervor- zurufen imstande sind. Bei fortgesetzter Aufzucht der Kälber im Kasten kann somit nach einiger Zeit kaum noch stark virulenter Ansteckungsstolf im Stalle vorhanden sein.

Ich glaube, die vorbeschriebene Art der Bekämpfung der Kälberruhr sehr empfehlen zu können; denn sie ist billig und liefert sichere Resultate.

(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule

in Berlin.)

Untersuchungen über die phagozytosef ordernde Wirkung verseil iedener Sera auf einige Balcterien der liämorrlia-

gisclien Septikämie.

, Von Dr. R. Broll, und Dr. St. Angeloff,

wissenscbftftl. Hilfsarbeiter SUfttatierftrst aua Sofia,

am Institut.

Die in der neuesten Zeit erschienenen Arbeiten über Opsonine und deren Bedeutung für die Serumtherapie veranlaßten uns, das opsonische Verhalten verschiedener Sera zu den Schweineseuche- bakterien und zu anderen zur Gruppe der hämorrhagischen Septi- kämie gehörigen Bakterien zu prüfen. Es gelangten zur Unter- suchung die Schweineseuchebakterien, die Geflügelcholera-, die Wild- und Einderseuchebakterien und die Bakterien der septischen Pneumonie der Kälber.

Bevor wir an die Ausführung dieser Versuche gingen, schien es uns von großer Wichtigkeit zu sein, zunächst festzustellen, in welcher Weise die Schweineseuchebakterien durch das Schweine- seucheserum in vivo beeinflußt werden, ob die Bakterien durch Bakteriolyse beseitigt werden oder der Phagozytose anheimfallen. Zu diesem . Versuch benutzten wir das polyvalente Schweineseuche- serum von Gans (Frankfurt a. M.). Das Serum war frisch vom Pferde entnommen, hatte ein Titer von 0,005 und enthielt keine Konservierungsmittel. Der Schweineseuchestamm war durch mehr- malige Tierpassagen virulent gemacht worden. Die tödliche Dosis betrug für Meerschweinchen bei intraperitonealer Injektion 0,01 Öse. Die zu diesem Versuch benutzten Meerschweinchen wogen etwa 250 g.

Meerschw. I erhielt 1 ccm normales Pferdeserum und gleich-

470

zeitig i/io Öse einer 24 stündigen Schweineseuchekultur intra- peritoneal eingespritzt.

Meerschw. II in derselben Weise 1 ccm polyvalentes Seinim und Vio Öse Kultur.

Nach 20 Minuten wurde mittelst Kapillarröhrchen Exsudat aus der Bauchhöhle entnommen und im hängenden Tropfen unter- sucht. Während im Exsudat vom Meerschw. I eine große Anzahl freier Bakterien zu sehen war, konnten in dem vom Meerschw. II im Gesichtsfelde nur etwa 3—4 extrazelluläre Bakterien beob- achtet werden; die übrigen befanden sich in den Leukozyten, die mit Bakterien vollgepfropft waren. Die Untersuchung des Ex- sudats, das nach weiteren 20 Minuten entnommen worden war, ergab, daß die Anzahl der freien Bakterien bei Meerschw. I noch zu- genommen hatte, während bei Meerschw. II solche nicht mehr zu sehen waren. Meerschw. I starb nach 20 Stunden an Schweineseuche, Meerschw. II blieb am Leben. Gleichzeitig wurde das Exsudat auf Deckgläschen ausgestrichen und nach 15 Minuten langer Fixie- rung in Methylalkohol getarbt. Zur Färbung wurde eine alte Methylenblaulösung fiir die Eomanowski-Färbung benutzt. In dem nach 20 Minuten aus Meerschw. II hergestellten Exsudatausstrich waren in jedem Gesichtsfelde etwa 3 4 freie Bakterien zu sehen; eine Veränderung derselben im Aussehen konnte weder im hängen- den Tropfen noch im gefärbten Präparat festgestellt werden. In dem nach 40 Minuten entnommenen Exsudat waren freie Bakterien nicht mehr vorhanden. Die Leukozyten aber waren in beiden Fällen mit Bakterien vollgepfropft. Dagegen waren in den au.s Meerschw. I angefertigten Exsudatausstrichen freie Bakterien in großer Anzahl vorhanden, in den Leukozyten aber konnten keine nachgewiesen werden. Dieser Versuch ist noch dreimal wiederholt worden und führte jedesmal zu demselben Ergebnis.

Aus diesen Versuchen ist zu schließen, daß das poly- valente Schweineseucheserum nicht eine bakterizide oder bakteriolytische, sondern nur eine opsonische Wirkung besitzt.

Diese Versuche über Phagozytose in vitro wurden nach der von Neufeld und Rimpau^) angegebenen Methode angestellt. Die Gewinnung der Leukozyten geschah in folgender Weise:

1) Deutsche mediz. Wochenschrift, 1904, S. 1458 und Arbeiten aus dem Kaiser], Gesundheitsamt, 1907 (Neufeld und Hüne).

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Etwa 250 g schweren Meerschweinchen wurden 6 ccm Bonillon, der eine Messerspitze Aleuronat zugesetzt war, intraperitoneal eingespritzt. Nach 20 Stunden wurden die Tiere getötet, und aus der eröffneten Bauchhöhle wurde das Exsudat mittelst Pipetten aufgesogen, in physiologischer Koch- salzlösung aufgeschwemmt und kurze Zeit zentrifugiert. Nach dem Abgießen der überstehenden Flüssigkeit wurden die Röhrchen mit derselben Menge Koch- salzlösung angefüllt, leicht geschüttelt und wieder zentrifugiert. Dieses Ver- fahren wurde drei- bis viermal wiederholt, bis die überstehende Flüssigkeit klar war. Zuletzt wurden die Leukozyten in einigen Kubikzentimetern Koch- salzlösung aufgeschwemmt und auf Beweglichkeit unter dem Mikroskop im Thermostaten geprüft. Stets zeigten sie eine lebhafte Eigenbewegung, die sich durch Ausstrecken und Einziehen von dornähnlichen Fortsätzen kundgab. Die Aufschwemmung der Bakterien wurde in der Weise hergestellt, daß wir zwei Ösen einer 24 stündigen Agarkultur in 1 ccm Bouillon durch Verreiben, Schütteln und Filtrieren gleichmäßig verteilten. In Reagenzröhrchen von 1 ccm Weite wurden zunächst zwei Tropfen von der %^eukozyten- Aufschwemmung, dann ein Tropfen des zu prüfenden frischen Serums, das kein Konservierungs- mittel enthielt, gebracht; zuletzt wurde ein Tropfen der Bakterienaufschwemmung hinzugesetzt, und das Genze geschüttelt Um gleich große Tropfen zu be- kommen, benutzten wir KapiilarrÖhrchen von gleicher Weite. Die so be- schickten Röhrchen blieben zwei Stunden im Brutschrank bei 37^ C. Zur Her- Stellung der Ausstrichpräparate verwandten wir den Bodensatz. Die Fixierung und Färbung geschah in der schon oben angegebenen Weise und auch nach der Pap penh ei m sehen Methode mit Methylgrün und Pyronin. Die Stärke der Phagozytose drückten wir durch Angabe des phagozytären Index aus, eine Zahl, die wir dadurch erhielten, daß wir die Bakterien in 25 Leukozyten zusammenzählten und dann durch 25 dividierten. Zu bemerken ist noch, daß trotz gleicher Bedingungen die phagozytäre Kraft der Leukozyten von ver- schiedenen Meerschweinchen oft wechselte. Für einen gleichmäßigen Ausfall der Versuche ist die Anzahl der Bakterien von großer Wichtigkeit. Wir ver- wendeten bei allen unseren Versuchen, die mehrere Male wiederholt wurden, stets die Aufschwemmung einer Normaluse in 2 ccm Bouillon.

Versuch I. (Schweineseuchebakterien).

1 Serum

Phagoz. Index

0,3

0,4 1 4,3 1,5

1 !

0,8

0,5

Serum

Nomialea > Serum von einem an Dasselbe Dasselbe Kontrolle Schweine- Schweineseucho Verdünnung VerdQnnung mit Koch-

serum ericrankten Sctiwein i' 1:10 i 1:50 Salzlösung

1

Phagoz. Index.

0,5

0,2

0,3

0,2

0,1

472

Aus diesem Versuch geht hervor, daß die Schweineseuche- bakterien schon durch normale Sera, Einderserum, Pferdeserum und Schweineserum, opsonisch beeinflußt werden, allerdings nur in ge- ringem Grade. Das polyvalente Schweineseucheserum dagegen hat eine starke opsonische Wirkung, die noch bei einer Verdünnung von 1 : 50 hervortritt. Das Serum von einem mit akuter Schweine- seuche behafteten Schwein wirkt schwächer opsonisch als das normale Schweineserum. Dieser Umstand ist übereinstimmend mit den von Wright und anderen gemachten Beobachtungen, daß im Anfang der Erkrankung die Menge der Opsonine im Blute abnimmt. Es wird dies bekanntlich als negative Phase bezeichnet. Die zur Kontrolle an Stelle des Serums verwendete phj^siologische Koch- salzlösung war für die Phagozytose ohne Einfluß.

Im folgenden Versuch wurde die Einwirkung des normalen Pferdeserums und des polyvalenten Schweineseucheserums auf andere zur Gruppe der hämorrhagischen Septikämie gehörige Bakterien geprüft.

Versuch II.

(Schweineseuche-, Geflügelcholera-, Wild- und Rinderseuchebakterien und

Bakterien der infektiösen Pneumonie.)

a) Polyvalentes Schweineseucheimmunserum.

Bakterien

1

Sehweine- •eache

GefiQgel- Cholera

Wild- und Rinderseuche

Infektiöse 1 Pneumonie

Kontrolle mit NaCl-LOsuBg

Index

3,9

b) Nf

2,8 )rmales Pfer

0,9 deserum.

0,2

0,1

Bakterien

Schweine- Seuche

Geflügel- Cholera

Wild- und Rinderseuche

Infektiöse Pneumonie

Kontrolle mit NaCl-LOsung

Index

0,6

0,3

0,5

0,2

0,0

Äuflfallend ist in diesem Versuch die Tatsache, daß außer den Schweineseuchebakterien auch die Geflügelcholerabakterien, wenn auch in etwas geringerem Grade, von dem Schweineseucheimmun- serum deutlich beeinflußt werden. Die opsonische Wirkung des polj'- valenten Serums auf die Wild- und Rinderseuchebakterien ist ganz gering, während die Kälberpneumoniebakterien sich in diesem Ver- such ebenso wie beim Normalserum verhalten.

473

Im Versuch in wurden noch vier weitere Schweineseuche- stämme, die wir aus eingesandten Schwelneseuchelungen gezüchtet hatten, geprüft. Die kleinen Unterschiede des opsonischen Ver- haltens der Sera zu denselben könnte vielleicht ihre Erklärung in der verschiedenen Virulenz oder der Polyvalenz der Stämme finden.

Versuch III. (Schweineseuchestamm 1; 2; 7 und 10).

a) Polyvalentes Schweineseacheserum.

1

1

Stämme | 1

1

2

7

10

Phagozyt. Index

4.0

4,4

5,0

3,7

b) Normales Pferdeserum.

Stämme

1

2

7

10

Phagozyt. Index

0,9

0,5

1,2

1,0

Im folgenden Versuch wurde Serum von Meerschweinchen be- nutzt, die gegen Schweineseuche aktiv immunisiert worden waren. In dem einen Falle waren die Meerschweinchen mit Schweine- seuchebakterien vorbehandelt, die durch 20 Stunden langes Er- hitzen auf 52 0 C abgetötet worden waren, im zweiten Falle waren den Meerschweinchen Schüttelextrakte zur Immunisierung ein- gespritzt worden.

Versu ch IV. a) (Serum von mit abgetöteten Bakterien immun. Meerschweinchen).

Bakterien

Schweine- seuche

Geflügel- Cholera

Wild- und Rinderseuche

Infektiöse Pneumonie

Index

3,2

3,4

2,2

1.4

b) (Serum von mit Schüttelextrakten immun. Meerschweinchen).

Bakterien

Schweine- seuche

Geflügel- Cholera

Wild- und Rinderseuche

Infektiöse Pneumonie

Index

2,0

2,2

1,7

1,6

474 c) Normales Meerschweincbenserum.

Bakterien

Schweine- seuche

Geflügel- cholera

Wild- und Rinderseuche

Infektiöse Pneumonie

Index

0,6

1,1

0,9

0,9

d) Kontrolle mit NaCl-Lösung.

Bakterien

Schweine- Geflügel- seuche Cholera

Wild- und ßinderseuche

Infektiöse Pneumonie

Index

0,1

0,0

0,2

0,0

Abgesehen davon, daß das Serum von Meerschweinchen, die mit abgetöteten Bakterien vorbehandelt waren, stärkere opsonische Wirkung besaß als das von mit Schüttelextrakten vorbehandelten, haben auch diese Sera die Wild- und Rinderseuche-Bakterien und die Bakterien der infektiösen Pneumonie stärker beeinflußt als das polyvalente Schweineseucheserum dieselben Bakterien im Versuch IL Bei Prüfung des normalen Meerschweinchenserums erhielten wir höhere Zahlen als bei Verwendung anderer normaler Sera, wie Pferde-, Rinder- und Schweineserum. Homologes Serum scheint also auf die Leukozyten stärker einzuwirken als fremdartiges Serum.

Versuch V. (Leukozyten von nicht vorbehandelten Meerschweinchen.)

Serum

Schweine- souchestamm 2

Schweine- seuchestamm 7

NaCl-Kontrolle

Polyv. Schweineseucheserum

4,5

5,0

0,1

Dasselbe inaktiviert

1,2

1,0

0,0

Normales Rinderserum ....

0,3

0,2

0,0

Normales Pferdeserum ....

0,4

0,5

0,1

Serum von Meerschweinchen,

die mit Schüttelextrak-

ten vorbehandelt waren .

1,7

1,8

0,1

Im Versuch V sind Leukozyten von nicht vorbehandelten Meerschweinchen und im Versuch VI solche von Meerschweinchen, die durch Impfung mit polyvalentem Senim und durch eine spätere Nachimpfung mit virulenten Kulturen gegen Schweineseuche im-

475

Versuch VI. (Leukozyten von gegen Schweineseuche immunisierten Meerschweinchen.)

Serum

Stamm 2

Stamm 7

NaCl- Kontrolle

Polyv. Schweinesencheserum

5,6

6,0

0,0

Dasselbe inaktiviert

1,5

1,8

0,1

Nonnales Rinderscrum ....

0,2

0,3

0,1

Normales Pferdeserum ....

0,5

0,3

0,0

Serum von Meerschweinchen,

die mit Schüttelextrak-

ten vorbehandelt waren .

2,0

2,5

0,0

niiinisiert worden waren, zur Verwendung gekommen. Die von vor- behandelten Meerschweinchen stammenden Leukozyten haben liier eine stärkere Phagozytose gezeigt, sowohl bei Verwendung des polyvalenten Serums, des inaktivierten polyvalenten Serums, als auch des Serums, das von Meerschweinchen stammte, die mit Schüttelextrakten immunisiert worden waren. Von vier von uns angestellten, diese Frage behandelnden Versuchen sind drei über- einstimmend mit obigem Versuch ausgefallen, nur in einem Falle war ein Unterschied zwischen Leukozyten von normalen und gegen Schweineseuche immunisierten Meerschweinchen nicht zu erkennen. Diese Versuche beweisen ferner, daß die Opsonine nicht hitzebeständig sind. Denn das ^2 stündige Erwärmen des polj-- valenten Serums auf (50^ C (inaktiviertes Serum) hat genügt, die opsonische Wirkung, wenn auch nicht vollständig aufzuheben, so doch sehr stark herabzusetzen.

Referate.

Infektionskrankheiten.

Loeb, Ot n. Michaud, L., Über die Verteilung des Jods bei tnberkalösen Tieren.

(Biochem. Zeitschr., Bd. 3, 1907, S. 307-314.)

Die an Kaninchen and Meerschweinchen ausgeführten Versuche zeigen, daß das tuberkulöse Gewebe Jodverbindungen in ver- stärktem Maß absorbiert. Hiermit ist eine weitere Stutze für die Jakobysche Hypothese (Ablenkung von Arzneistoffen in das erkrankte Ge> webe) gefunden worden. Die erkrankten tuberkulösen Gewebe enthalten dieses Jod nicht in einer in Alkohol unlöslichen organischen Verbindung (Eiweißverbindung). Sckeunert {Dresden).

Fraenkel, C, über die Wirkung der Tuberkelbazillen von der un- verletzten Haut aus.

(Hygien. Randschan, Bd. 17, Nr. 15.)

Verf. versuchte dadurch Meerschweinchen mit Tuberkulose zu in- fizieren, daß er denselben etwa den 50. Teil einer Tuberkelbazillenkultur (auf Glyzerinblntserum) auf die rasierte Bauchhaut aufrieb. Von 22 Ver- suchstieren gingen 21 nach 2V2 his 10 Monaten an Tuberkulose zugrunde; an der Eintrittsstelle der Tnberkelbazillen ließ sich keine Ver- änderung nachweisen. Bei dem negativ ausgefallenen Versuch war eine abgeschwächte Kultur verwendet worden. KrauUtrunk (Bonn),

King, Walther, E., Houghton, M., A., and E., M., A simplified method

of diagnosing glanders by agglutination.

(Americ. Veterinary Review, 1907. Nr. 2, S. 178—191.)

Da das Blutserum normaler Pferde in einer Verdünnung bis zu

1 : 200, in seltenen Fällen noch bis 1 : 500 agglutiniert, so haben die Verff.

die Agglutinationsprobe in der Weise zu vereinfachen versucht, daß sie

nur Präfungen in Verdünnungen von 1 : 200, 1 : 500, 1 : 800, und 1 : 1200

vornahmen. Eine weitere Vereinfachung glaubten sie in der Sammlung

und Aufbewahrung des Serums in sterilen Scheibchen von Filtrierpapier

(nach Carrol) zu finden. Sie nahmen hierzu runde, gleich starke

Scheibchen von Filtrierpapier von verschiedenen Durchmessern (7,4 mm,

477

4,6 mm, 3,7 mm and 3 mm) und tränkten diese vollkommen mit dem Serum der zu nntersnchenden Blutprobe. Dem Flächeninhalt entsprechend enthielten die einzelnen Scheibchen verschiedene Mengen Serum (^/2ooi ^Iboot ^^00 und ^1200 ccm). Nachdem sie 4 Eeagenzgläschen mit je 3 ccm Testflüssigkeit (hergestellt nach der Methode Schütz und Mießner) gefüllt hatten, brachten sie in jedes Eöhrchen eins von den mit den verschiedenen Mengen Serum getränkten Scheiben und ließen sie einige Minuten untertauchen. Nachdem sich das Serum in der Testflüssigkeit verteilt hat, werden die Scheiben durch leichtes Kippen der Böhrchen, indem sie dann etwas höher der Seitenwand des Glases anhaften, wieder aus der Testflüssigkeit entfernt. Des weiteren haben die Verff. zu Kontrollzwecken noch zwei Röhrchen, eins mit vollständig agglutiniertem, das andere mit nicht agglutiniertem Serum den Proben beigegeben. Alle diese Vorzüge haben sie dann in einen Agglutinationsapparat (Glanders Agglutometer) vereinigt. Dieser besteht aus Beagenzröhrchen für mehrere Proben, 4 kleinen Glastuben, für die entsprechenden Papierscheibchen und aus einer größeren Flasche zur Aufnahme von Testflüssigkeit. Der Eintritt der Reaktion soll nach 24 Stunden beginnen, das Ende mit 48 Stunden erreicht sein. Tabellarisch geben die Verfl^. zum Schluß die Verhältnisse der Reaktionen mittelst Pipettierens und bei Anwendung der Serumscheiben, nebst gleichzeitiger Angabe der Malleinreaktionen wieder. Während die Agglutinationsproben sich fast decken, gibt die Mallein- reaktion ein vollständig anderes Bild ab. Was die Beurteilung der Proben betrifit, so fällt diese ziemlich mit der von Schütz und Mießner emp- fohlenen zusammen. StMtmann (Dresden),

Toddf C, Some Experiments on the Filtration of Cattle Plague Blood.

(The Journal of Hygiene, Vol. 7, 1907, S. 570—680.)

Die in der Literatur vorhandenen, sich widersprechenden Angaben über die Filtrierbarkeit des Erregers der Rinderpest veranlaßten den Verf., bei einem Ausbruch der Seuche in Ägypten hierüber Untersuchungen anzustellen. Das für die Versuche verwandte virulente Blut wurde defibriniert und mit dem 5 fachen Volumen 0,8proz. Kochsalzlösung ver- dünnt und mit Kulturen des EiTegers vermischt. Ein Teil der Flüssigkeit wurde durch ein engporiges Berkefeld-Filter langsam filtriert, der andere Teil durch ein weitporiges Filter schnell. In beiden Fällen passierten die Bazillen das Filter nicht, wie nachfolgende Verimpfungen des Filtrates ergaben. Dasselbe Ergebnis wurde bei Gebrauch eines Chamberland- Filters erzielt. In letzterem Falle wurde das mit virulentem Blut ge- füllte Filter in die Bauchhöhle eines Rindes gebracht.

Hoffmann (Breslaii).

478

Parasitäre Krankheiten.

Bouffard, 0., Sur r^tiologie de la Sonma, trypanosomiase da Sndan fran^ais. (Compt. rend. c'e la Soc. de Biologie, Bd. 62, 1907, S. 71.)

Der Eireger der Souma^), das Trj'panosoma Cazalboui (Laveran 1906) ist dadurcli charakteristisch, daß er für verschiedene Wiederkäuer sehr pathogen ist, während Affen, Hände nnd Nager refraktär sind. Der Verf. glaubt, daß von den beiden Stechfliegen Tabanns and Stomoxjs letztere der Übertragang za beschaldigen ist, da sie im Sudan ungemein verbreitet ist.

Aus dem Versachsprotokoll ist nicht zu ersehen, ob eine Ent- wicklung im Insekt stattfindet oder ob eine rein mechanische Übertragung hervorgerufen wurde. Sieber f Hamburg J.

Nuttall, 0. H. F. and Graham-Smith, Canine Piroplasmosis VI.

(The Journal of Hygiene, Vol. 7, 1007, Nr. 2, S. 232-272.)

Die Entwicklung des Piroplasma canis im Blut ist folgende: Der freie, bimförmige Parasit, der am zugespitzten Ende eine dichte, am ab- gerundeten Ende eine lose Chromatinmasse besitzt, tritt in ein Blut- körperchen ein und nimmt in demselben eine rundliche Form an. Darauf wird er größer und zeigt aktive, amöboide Beweglichkeit. Nach einem kurzen Ruhezustand entsendet er zwei Fortsätze. In letztere werden von dem Chromatin, deren Teile sich bis zum Übergang in die amöboide Form - vereint hatten, zwei dünne Stränge entsandt. Die beiden Fortsätze wachsen zu bimförmigen Parasiten aus, wobei der ursprüngliche Teil des Parasiten allmählich abnimmt und schließlich ganz verschwindet. Die größte Masse des Chromatins teilt sich beim Auswachsen der beiden Fortsätze in zwei Teile, die in den letzteren übergehen. Sie bilden die am spitzen Ende der neu- gebildeten Parasiten liegenden kompakten Massen, während die vorher entsandten Chromatinstränge zu den am abgerundeten Ende gelegenen loseren Massen werden. Durch Ruptur des Blutkörperchens werden die beiden neugebildeten Parasiten frei und suchen nun in neue Blutkörperchen einzudringen. Gelingt ihnen dies nicht, so gehen sie zugrunde. Geringe Abweichungen kommen vor, doch wurde niemals die Bildung von Gameten beobachtet. Hoffmann (Breslau),

Jowett, W., Note on the occurrence of flagellated organism in

the liver of the pigeon.

(The Journ. of comp, rathol. and Therap., Vol. 20, 1907.)

Verf. fand in der Leber zweier junger Tauben eine Anzahl fester, runder, gelb gefärbter Knötchen von der Größe einer Erbse oder ein

1} Vgl. auch Bd. 2, S. 273 dieser Zeitschrift: Cazalbou, L., La Souma.

479

wenig größer. Die Mehrzahl war scharf umschrieben, nur wenige kon- fluierten mit der Nachbarschaft. Bei der Untersuchung derselben fanden sich in den Knoten bewegliche Organismen, die wahrscheinlich zur Spezies Monocercomonas hepatica Eivolta gehören. Die Leber mit den Knötchen und die Protozoen sind durch Photogramme anschaulich gemacht.

Knuth (Barlini,

Penning, CA., Piroplasmosen in Nederlandsch Indie. (Piroplas- mosen in Niederländisch-Indien.)

(VeeartseiiiJ kundige Bladcn voor Ned. Indie, Deel 18, Afl. 1 und 2, 1906, 8. 102. Vorläufige Mitteilung.)

Verf. sah eine neue Form von Piroplasmose beim Kinde. Die Krank- heit verläuft sehr akut; ohne Behandlung erfolgt der Tod innerhalb 36 bis 48 Stunden. Anämie^ Hämoglobinämie und Hämoglobinurie kommen nicht vor; die roten Blutkörperchen bleiben ziemlich intakt. In den Ery- throzjten sieht man im ungefärbten Präparat mit Olimmersion kleine helle punktförmige Körperchen, die den Pirosomen von Dschunkowsky und Luhs sehr ähnlich sind. In Giemsapräparaten sind sie karminrot und zeigen sich in 80 bis 90 % der roten Blutzellen. Die importierten austra- lischen Kinder sind sehr empfänglich, auch die Büffel; die Schafe weniger. Es scheint, daß die Krankheit durch Zecken übertragen werden kann; unbedingt nötig sind diese jedoch nicht, da man bei Büffeln niemals Zecken findet.

In zwei Fällen gab frühzeitige intravenöse Injektion mit Argentum colloidale gute Kesultate; die Zahl der infizierten roten Blutzellen nahm stark ab, und es folgte Genesung. Markus (Utrecht j.

Immunität Schutzimpfung.

Smith, J. H., On the Absorption of Antibodies from the Sub- cutaneous Tissues and Peritoneal Cavity. (The Journal of Hygiene, Vol. 7, 1907, S. 205—215.)

Verf. stellte Untersuchungen über die Absorption von Antikörpern bei intravenöser, subkutaner und intraperitonealer Einverleibung an. Bei der intravenösen Einspritzung treten die Antikörper sofort im ganzen Blut auf und in einem hohen Betrage. Bei der intraperitonealen und subkutanen Verimpfung ist der Anstieg und der Abfall ein langsamer, auch die Menge von Antikörpern ist eine geringerere. Bis zur vollständigen Absorption vergehen in den letzteren Fällen 2 3 Tage. In Fällen dringender Gefahr würde daher stets die intravenöse Einverleibung vor- zuziehen sein. Hoffmann (Breslau).

480

Bericht der von der argfentinischen Hegierang eingesetzten EommisBion zur Prüfung der von Professor Jose Ligni^res in Buenos Aires hergestellten Impfstoffe gegen Milzbrand, Pasteurellose und Tristeza (Texas- fieber) auf ihre Wirksamkeit. (Buenos Aires, 1906. 520 S.) Die Mitglieder der Kommission, zu der die Professoren der medi- zinischen Fakultät T. Snsini, E. Cantön, C. Malbrän, M. Vifias und der Professor der Landwirtschaftlichen nnd Tierärztlichen Hochschule S. Baldazarre gehörten, kamen zu folgenden Resultaten:

1. Die Impfstoffe gegen Milzbrand, sowohl die doppelten als die ein- fachen, die Ligniöres herstellt, verleihen Immunität, und ihr Gebrauch kann den Viehzüchtern der Republik empfohlen werden.

2. Die ebenfalls von Ligniöres gegen die Pasteurellose der Schafe, Rinder und Pferde hergestellten Impfstoffe haben eine relative Immunität ver- liehen gegen die Einimpfung des virulenten Erregers, dessen pathogene Be- ziehung zu der „Lombriz'', „Enteque^ usw. zurzeit noch nicht sicher erwiesen ist. Die Kommission stellt fest, daß diese Impfstoffe nicht gesundheitsschädlich sind, und daß es zweckmäßig wäre, die Untersuchungen darüber fortzusetzen.

3. Der von Ligniöres gegen die Tristeza hergestellte Impfstoff ver- leiht Immunität gegen die Krankheit, sowohl wenn sie durch experimentelle Verimpfung von virulentem Blut als auch durch Besetzen mit infizierten Zecken bedingt war. Infolgedessen möge man den Grebrauch desselben den Viehbesitzem, die ihn benötigen und anzuwenden wünschen, erleichtem.

Der sehr umfangreiche und mit einer Anzahl meist nicht besonders gut gelungener Abbildungen versehene Bericht bestätigt in der Haupt- sache die Behauptungen des Professors Ligni^res, die er in zahl- reichen Publikationen niedergelegt hat. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Anwendung in der großen Praxis zu denselben günstigen Resultaten fährt. Es darf hierbei wohl daran erinnert werden, daß Lignieres' Impfstoff gegen Tristeza bereits im März 1900 in Buenos Aires von einer Kommission geprüft und für sehr gut befunden worden war, trotzdem aber nachher in der Praxis völlig versagte. Knuth {Berlin),

Shibayama, Experimenteller Versuch der Immunisierung gegen die Rinderpest.

(Saikingraknzasshi, 1906, Nr. 128.)

Nachdem der Verf. die Geschichte der Immunisierungsmethode gegen die Rinderpest auseinandergesetzt hat, schildert er den Versuch der aktiven Immunisierung mit dem Gallensaft der erkrankten Rinder; da ihm dieser indes nicht so glücklich gelang, konnte er diese Methode nicht als sicher wirkungsfähig bei Epidemien dieser Krankheit empfehlen. Um nun sichere Immunisierung zu erlangen, stellte er alsdann ein Immunsemm

481

dadarch her, daß ein Eind zaerst mit Rinderpestgallensaft nnd dann mit Rinderpestblnt injiziert wurde. Mit dem Mischimmunsernm dieses Tieres, zusammen mit Rinderpestblnt spritzte er alsdann die Rinder, die immunisiert werden sollten, ein. Diese Methode erwies sich als sicher wirksam und anwendbar. Auch kann schon allein die Einführung des Immunserums den Tieren sichere Immunität verleihen. Viele ^ Rinder wurden dem vorher angeführten Versuch unterzogen, der sich auf etwa ein Jahr hinaus erstreckte. Femer untersuchte Verf. die Empfänglichkeit der Ziegen, Schafe und japanischen Rinder gegen den Rinderpesterreger; der Erankheitsverlauf bei den ersten beiden Tierarten war je nach dem Indi- viduum ein wechselnder. Die Lebensdauer des Rinderpesterregers im Eis- schrank ist nach dem Verf. nicht so kurz wie man bisher annahm.

Oshida (Tokio).

Lewis, P. A., Hemorrhagic Hepatitis in Antitoxin Horses. (The Journ. of medical Research, Vol. 15, Nr. 3, 1906, S. 449—468.)

Bei Pferden, die zur Gewinnung von Diphtherieserum verwandt werden, tritt allmählich infolge der Einverleibung des Diphtherietoxins und der häufigen Aderlässe amyloide Degeneration der Leber, zuweilen auch der Milz ein. Die amyloid degenerierte Leber neigt zu Hämorrhagien und Rupturen. Hoffmann (Breslau!,

Hygiene im engeren Sinne.

Kellner u. Lepoutre, Über die Verdaulichkeit eines fettreichen Reisfuttermehles.

Kellner, Just, Honcamp, Popp u. Lepoutre, Über die Verdaulich- keit des Roggenfuttermehles. (Landwirtschaft!. Versuchsstat, Bd. 65, 190<i, S. 463-470.)

Verff. stellten an Schafen die Verdauungskoeffizienten für Reismelil und Roggenfuttermehl fest. (Näheres s. Original.) Scheunert (Dresden).

Kellner, O. u. Honcamp, F., Fütterungsversuche an Schafen. Über

die Verdaulichkeit von Maizenafutter.

(Die Landwirtschaft!. Versuchsstat, Bd. 66, 1907, S. 253-255.)

Maizenafutter, auch Maisolin genannt, ist ein Abfall, der bei der Verarbeitung des Maises auf Stärke und Glukose gewonnen und seit einigen Jahren in erheblichen Mengen zur Fütterung verwendet wird. Durch Fütterungsversuche stellten Verff. fest, daß Maizena in der Trocken- substanz an verdaulichen Nährstoffen enthielt: 23,3 % Rohprotein, 19,9% Eiweiß, 46,5% stickstofffreie Extraktivstoffe, 2,8% Fett und 2,7% Rohfaser. Scfieunerl (Dresden).

Zeitschrift ftlr Infektionskrankheiten. III, 5/6 31

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Perriiiy Vergiftnngen dnrcb verschimmeltes Brot. (Repertoire de Police sanitaire vet6rinaire, 1906.)

Bei manchen Pferden vermögen schon einige Bissen verschimmelten Brotes Vergiftung zn erzengen, die sich äußert in Kolik, allmählich ver- ringerter Defäkation, Injektion der Schleimhäute, Vermehrung der Puls- zahl, später in Schwindelanfällen, Schweißausbruch und Koma. Die Sektion zeigte Rötung und Ekchymosierung der Darmschleimhaut, Gehimhyperämie und multiple Verfärbung der Leber. Megnin sah auf verschimmeltem Brot Anophora mucedo und Oidium aurantiacum. Resote (Frankfurt a. 0.)

MoussUf Vergiftung von Schafen durch Geißraute (Galega offi- cinalis L.)

(Bull, de la Soc. des Ajfricnlt. de France 1907. Ref. Dentsche Landwirt- schaft!. Presse, U. Jahrg., 1907, S. 72Ö.)

In einer Dishley - Merino - Herde starben binnen 2 Tagen etwa 50 Schafe nach Aufnahme von Gras einer stark mit Geißraute bewachsenen Wiese. Verf. fütterte daraufhin 2 Lämmer mit Geißraute, die sehr bald starben, während Meerschweinchen und Kaninchen leben blieben.

Liebrecht (Dresden).

Widen, J., Über die Ursachen der Verweigerung von Erdnuß- kuchen bei Kühen. (Deutsche landwirtsch. Presse, 33. Jahrg., 1906, Nr. 20, S. 171.)

Busisque-Erdnußkuchen, die einen etwas abweichenden, an Fisch- guano oder Heringslake erinnernden Geruch hatten, wurden als Beigabe zur Weide und zum Grünfutter anstandslos verwendet. Bei Trocken- fütterung — zu Beginn des Winters verweigerten aber manche Kühe diese Kuchen gänzlich, andere Kühe fraßen sie anfangs noch, lehnten sie aber allmählich ab, andere wiederum fraßen sie nach wie vor gierig; ernst- liche Erkrankungen wurden nicht beobachtet, lediglich Appetitlosigkeit.

Die Kuchen hatten einen für Rnsisquekuchen außergewöhnlich hohen Ranzigkeitsgrad, doch sind hin und wieder Coromandel-Erdnußkuchen vor- gekommen, die auch denselben hohen Ranzigkeitsgrad zeigten, von den Tieren aber gut gefressen wurden.

Rizinussamen enthielten die Kuchen nicht; nach den leicht erkenn- baren Schalen dieser Samen und nach dem Endosperm derselben mit seinen eigentümlichen Eiweißkristalloiden wurde vergeblich gesucht; auch die niedrige Azetylzahl der Fettsäuren schloß den Verdacht auf Bei- mengung von Rizinussamen aus. Zusatz von Fleischabfällen war gleich- falls nicht nachweisbar. Die Kuchen hatten aber wie schon gesagt einen von gewöhnlichen Rusisquekuchen etwas abweichenden Geruch, und es wurde aus ihnen eine nicht unbedeutende Menge von Trimethylamin gewonnen.

- 483 -

Ein Versuch mit guten Rusisque- und Coromandel-Erdnußkuchen, die anfangs unverändert gefüttert, später aber zuvor mit einer schwachen Trimethylaminlösung oder mit gepulvertem, salzsaurem Trimethylamin ein- gerieben wurden, bewies, daß manche Kähe die Kuchen lediglich wegen des Geruches nach Trimethylamin nicht fraßen; die mit Trimethylamin be- handelten Kuchen wurden aber genommen von solchen Kühen, die auch sonst . trimethylaminhaltige Abfälle, wie Fleischfutter, Heringslake usw., fraßen. Der Gehalt der Rusisquekuchen an Trimethylamin ist zurückzu- führen auf eine teilweise Zersetzung der Eiweißsubstanzen.

Erfahrungsgemäß lassen sich solche Erdnußkuchen mit Grünfutter zusammen verfüttern, auch werden sie gierig genommen, wenn man sie, mit feingeschnittenen Wracken vermischt, einige Stunden stehen läßt; der strenge Wrackengerach verdeckt dann den Gerach nach Trimethylamin.

Schmitt (Stettin),

Luchs, R.f Eine neue Milbenart in Futtermitteln.

(Deutsche landwirtsch. Presse, 33. Jahrg., 1906, S. 524.)

L. berichtet über eine bisher unbekannte Milbe in Futtermitteln, die er zu der Familie der Cheyletiden gestellt und Cheyletus eruditus ge- oannt hat. Sie läßt sich von den beiden anderen in verdorbenen Futter- mitteln lebenden Milben, der Heumilbe, Acarus foenarius, und der Mehl- milbe, A. siro, leicht unterscheiden, da sie von schlankerem Bau und größerer Beweglichkeit ist. Die Eigenschaften ebenso wie die kräftige Entwicklung der Taster, die zu Angriffswaffen umgewandelt sind, weisen darauf hin, daß es sich um eine sogenannte Raubmilbe, gewissermaßen um eine nützliche Milbe handelt. Sie kommt nach B erlese in Ställen und auf Heuböden vor und macht auf die in den Futtermitteln bereits vorhandenen Milben Jagd. Da ^Cheyletus eraditus nur in bereits hoch- gradig mit anderen Milben infizierten Futtermitteln auftritt, läßt sich für die praktische Futtermitteluntersuchung aus dem Auftreten von Cheyletus eraditus schließen, daß Futterstoffe, die den neuen Parasiten beherbergen, als verdorben zu betrachten sind. Pfeiler (Berlin),

Untersuchungsmethoden.

Orszäg, 0., Ein einfaches Verfahren zur Färbung der Sporen.

(Zontralbl. f. Bakt. usw., I. Abt., Orig., Bd. 41, 1906, S. 397—400.)

Der Gang des von 0. empfohlenen Verfahrens ist folgender:

1. Verteilung' der zu färbenden Bakterien auf dem gut gereinigten Deckglas in einem Tropfen essigsaurer Natriumsalizyllösung (4 Teile 1/2 proz. Natrium salicylicum -f 1 Teil 5 proz. Essigsäure).

31*

- 484

2. Lufttrocknen, Fixieren.

3. Bedecken mit Ziehlschem Earbolfnchsin, mehrmaliges Erwärmen über der Flamme bis znm Aufsteigen von Dämpfen.

4. Entfärben mit Iproz. Schwefelsäure, bis das Präparat eine schwache Rosafarbe aufweist.

5. Gründliches Abspülen mit Wasser, Nachfärbung mit 1 proz. wässe- rigem Methylenblau oder Malachitgrün während zwei Minuten.

Grabert (SteitinJ,

Hilgermann, R., Über die Verwendung des Bacillus prodigiosus als Indikator bei Wasseruntersuchungen. (Arch. f. Hygiene, Bd. Ö9, 1906, S. 150—159.) Für den genannten Zweck ist deswegen Vorsicht nötig, weil Symbiose mit normalen Wasserbakterien die Farbstoffbildung des Prodi- giosus schädigt und so eine Identifizierung erschwert. Aussaat auf Ear- toffelnährböden läßt diesen Fehler umgehen.

E. Jaeobsthal (Frankfurt a. Mj.

Sachs-Mficke, Ein Sedimentierungsverfahren des Auswurfs mit Wasserstoffsuperoxyd.

(MUnch. med. Wochenschr., 53. Jahrg., 1906, S. 1660.) Verf. verwendet zur Sedimentierung und zur gleidizeitigen Des- infektion des Auswurfs Tuberkulöser eine Mischung zu gleichen Teilen von Wasserstoffsuperoxyd und Sublimatlösung. ./.

Kuhn, B.t Über den Nachweis und die Bestimmung kleinster Mengen Blei im Wasser.

(Arbeiten ans d. Kaiser!. Gesundheitsamt, Bd. 23, 1906, S. 389—420.) Verf. gibt einen Überblick über die verschiedenen Methoden zum Nachweis und zur Bestimmung des Bleies im Wasser und empfiehlt auf Grund seiner eigenen Versuche zur maßanalytischen Bestimmung die jodometrische Methode und zur Abscheidnng des Bleies aus dem Wasser das Asbest-Schüttel- und Filtrierverfahren. Durch diese Methoden gelang es, ohne Eindampfnng des Wassers das in ihm gelöste Blei bis auf weniger als 0,1 mg im Liter nachzuweisen. Hoff mann (Breslaui.

Entwicklungshemmung Desinfektion.

Bechhold, H., Zur inneren Antisepsis.

(Zeitschr. f. pbysiol. Chemie, \\i\. 52, 1907, .S. 177.)

B. kommt zu dem Schlüsse, daß in erster Linie chemische Ursachen, d. h. die Bindung des Desinfiziens durch das Blutserum, die Herabsetzung der Desinfektionswirkung im Organismus bedingen, daß rein biologische

485

Begünstigung des Bakterienwachstums durch bessere Lebensbedingungen, wenn überhaupt vorhanden, nur eine nebensächliche Rolle spielt.

Scfteunert (Dresden).

Xylander, Beiträge zur Desinfektion von milzbrandhaltigen

Häuten.

(Arb. a. d. Kais. Gosundheitsamte, 25. Bd., 1907, S. 457—477. X. stellte fest, daß das Esmarchsche Desinfektionsverfahren, Ver- wendung strömenden Formaldehyd wasserdampf s von 70 ö, zwar freien und im Gewebe enthaltenen Milzbrandsporen gegenüber eine intensive Wirkung entfaltet, daß aber dabei die zu einer sicheren Desinfektion trocken zu- sammengerollter Fellstücke erforderliche Tiefenwirkung nicht zu erzielen ist. Die Desinfektionsmethode erfüllt demnach nicht die für' eine brauch- bare Anwendung in der Praxis zu stellenden Anforderungen. Ebensowenig haben die Versuche, durch Zusatz eines Desinfektionsmittels zum Weich- j^asser eine Desinfektion von Häuten zu erreichen, ein für die Praxis brauchbares Resultat ergeben, da die Desinfektionsmittel in den zur voll- ständigen und sicheren Abtötung der Milzbrandsporen erforderlichen Kon- zentrationen einen stark schädigenden Einfluß auf die Felle ausüben.

Qraheri (Stettin).

Lehrbücher Monographien.

Ellenberger, W,, und Günther, G,, Grundriß der vergleichenden

Histologie der Haussäugetiere.

(3. Aufl., X u. 485 Ss. mit 572 Textabbildungen. Berlin (P. Parey) 1908.

Preis 13 M.) Die Verff. haben in der vorliegenden Neuauflage ihres Grundrisses der vergleichenden Histologie ein Werk geschaffen, auf das wir stolz sein können. Die überaus klace, nichts Wesentliches unberücksichtigt lassende Darstellung wird durch eine Fülle von schönen und sehr instruktiven Abbildungen ergänzt, wie sie wohl kein zweites Lehrbuch dieser Art auf- weist. — Gute Abbildungen sind die Seele jeder histologischen Darstellung; durch Abbildungen gewinnen die Worte erst Leben. Das ist vor allen Dingen für den Studierenden, der an der Hand eines Lehrbuches das, was er in den histologischen Kursen kennen gelernt hat, sich einprägen will, von Bedeutung. Indessen das vorliegende Buch gestattet, eben wegen seines Reichtums an Abbildungen, eine Benutzung weit über seinen didak- tischen Hauptzweck hinaus: Es ist zu einem Orientierungs- und Nach- schlagebuch geworden für alle, die sich mit histologischen Arbeiten be- fassen, mögen es nun normalhistologiscbe oder pathologisch-histologische Arbeiten sein. Das Buch wird nicht nur von den Studierenden, sondern auch von den Tierärzten freudigst begiüßt werden. Joest,

48G

Apparate und Transportwagen zur Verwertung und Beseiti- gung von Tierkadavern und Schlachthofkonfiskaten. Prüfungsbericht, erstattet von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Fränkel- HaUe a. S., Prof. Dr. Fischer-Berlin, Prof. Dr. Stutzer-Königs- berg, Dr. H. Thiesing-Berlin, Ökonomierat Vibrans- Wendhausen; mit einer Einleitung von Dr. M. Hoffmann-Berlin.

(Mit 35 Abbildungen. Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellflchaft. Heft 139. Berlin (P. Parey) 1908. Preis 3 M.)

Das vorliegende 159 Seiten umfassende Heft enthält die Ergebnisse einer Prtifung von zehn Verfahren zur Verwertung und Beseitigung von Tierkadavern und Schlachthofkonfiskaten, die auf Grund eines Preis- ausschreibens der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft im Jahre 1907 veranstaltet wurde. Die Beschreibung der Apparate ist durch Dr. Hoff- mann ausgeführt, daa maschinentechnische Gutachten erstattet Prof. Dr. Fischer, dasjenige über die Abwässerbeseitigung Prof. Dr. Thiesing«. Prof. Dr. Stutzer untersuchte den Wert der Erzeugnisse zu Futter- und Dungzwecken, während Ökonomierat Vibrans und Geheimrat Prof. Fränkel den Prtifungsverlauf beschreiben und den Schlußbericht erstatten. Als Anhang ist die Polizeiverordnung über die Kreisabdeckerei Dieburg beigegeben.

Bei der Prüfung waren die Apparate und Verfahren nach vier Klassen geordnet. Klasse 1 umfaßte die Apparate und Systeme für größere Anlagen, Klasse 2 diejenigen für kleinere Betriebe, in Klasse 3 wurden die Transportwagen zur Fortschaffung von Kadavern beurteilt, und Klasse 4 betraf die Verwertung der aus den Vernichtungsapparaten sich ergebenden Erzeugnisse. An Preisen erhielten je einen ersten Preis in Klasse 1 und 2 die Aktien -Maschinenbauanstalt vorm. Venuleth & Ellen- berger in Darmstadt und die Podewils-Fabriken Ges. m. b. H. in Augsburg, in Klasse 2 die Firma „Boni** Fabrikshof u. landw. Akt.-Ges. in Nyirbator (Ungarn), in Klasse 3 Jean Kunz in Cronberg ». T. und in Klasse 4 die in Klasse 1 genannten beiden Filmen.

Daß die Arbeit des Prüfungsausschusses eine gründliche gewesen ist und alle Anerkennung verdient, wird jeder Sachverständige beim Durch- lesen des vorliegenden empfehlenswerten Berichts gern zugeben. Aber eben deshalb muß man es bedauern, daß dem Ausschuß nicht auch ein geeigneter Tierarzt angehört hat, der hinsichtlich der praktischen Seite der Kadaverbeseitigung gewiß manche wertvolle Winke bei der BeurteUung der verschiedenen Apparate und Systeme hätte geben können. Inwieweit hierdurch das Schlußgutachten beeinflußt worden wäre, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls aber dürfte der Vorschlag des letzteren, die Ver- nichtung aller Kadaver usw. an Ort und Stelle durch Verbrennen in einem fahrbaren Ofen auszuführen, die ungeteilte Zustimmung der erfahrenen Praktiker kaum finden. So ideal diese Verbrennung an Ort und SteUe

487

vom Standpunkt der theoretischen Bygiene erscheint^ so lassen sich gegen sie doch so gewichtige Einwände auf Grund praktischer und national- ökonomischer Erwägungen erheben, daß man kaum dazu kommen dürfte, das mit der Zeit immer mehr verbesserte und noch verbesserungs^hige System der Zentralisierung der Kadaverbeseitigung zugunsten einer Dezentralisierung aufzugeben. Edelmann (Dresden).

Bongert, J., Bakteriologische Diagnostik mit besonderer Berück- sichtigung der Immunitätslehre, der Serodiagnostik und

der Schutzimpfungen.

(2. Aufl., X u. 403 Ss. mit 20 Lichtdnicktateln. Leipzig (0. Nemnich) 1908.

Preis 12 M.)

Das Buch soll, wie das Vorwort der ersten Auflage besagt, „dem Studierenden als Leitfaden in den bakteriologischen Kursen dienen, vor allen Dingen aber dem praktischen Tierarzt, dem Sanitätstierarzt und dem mit der Feststellung der Tierseuchen betrauten beamteten Tierarzt die Ausführung selbständiger Untersuchungen ermöglichen".

Bereits vier Jahre nach dem ersten Erscheinen des Buches ist eine zweite Auflage notwendig geworden. Wie die Durchsicht der Neu- bearbeitung, die selbstverständlich den Forschungsergebnissen der letzten Jahre Rechnung trägt, zeigt, hat es der Verf. vortrefflich verstanden, aus den im Titel des Werkes bezeichneten Gebieten das Wesentliche und praktisch Wichtige zusammenzufassen und so eine übersichtliche Darstellung alles dessen zu geben, was der praktische Tierarzt und der Studierende von der bakteriologischen Diagnostik zu wissen benötigen. Die Dar- stellung des Verf. ist geschickt und klar. Gefallen hat es mir besonders, daß der Autor zu den wichtigeren aktuellen Fragen aus der Lehre von den tierischen Infektionskrankheiten stets kritisch Stellung nimmt.

Die Zweckmäßigkeit pathologisch-anatomischer Ausführungen in einer „Bakteriologischen Diagnostik", wie sie B. an vielen Stellen seines Buches gibt, erscheint mir zweifelhaft. 'Die pathologisch-anatomische Diagnostik ist ein Gebiet und zwar ein sehr großes Gebiet für sich, das nicht nebenbei in einem kurzgefaßten Buch über Bakteriologie abgehandelt werden kann. Der Verf. sollte deshalb die pathologisch-anatomischen Dar- legungen in späteren Auflagen fortlassen und sich nur auf eine kurze pathologisch-anatomische Definition der einzelnen Infektionskrankheiten beschränken.

Die dem Werke beigegebenen Lichtdrucktafeln, die 111 vom Verf. selbst hergestellte Photogramme bringen, sind sehr klar und instruktiv.

Das Buch kann Tierärzten und Studierenden aufs beste empfohlen werden. Joest.

Sachregister.')

Seite

Abortas, infektiöser beim Rinde 152

Absorption von Antikörpern vom subkutanen Gewebe nnd der Peritoneal- höhle aus 479

Allergie bei Rotz 216

Anämie, perniziöse des Pferdes 148

Antikörper, Absorption derselben vom subkutanen Gewebe und von der

Peritonealhöhle aus 479

Antisepsis, innere 484

Antitoxin und Eiweiß 310

Atypische Tuberkulose 144

Auswurf, Sedimentierungsverfahren 484

Bakterien, Abtötung und Abschwächung 156

Bakterien, Beeinflussung derselben durch die Tropensonne 156

Bakterien, Beeinflussung derselben durch elektrische Entladungen . . . 157 Bakterien der hämorrhagischen Septikämie, Phagozytose-

fördernde Wirkung einiger Sera auf dieselben 469

Bakterien, ovoide, Wachstum derselben in Form von längeren

Stäbchen und Fäden 137

Bakteriologische Diagnostik 487

Biesfliege, Ausrottung derselben 310

Biologie des Erregers der Wild- und Rinderseuche 1

Bleibestimmung im Wasser 484

Brot, verschimmeltes, Vergiftung durch dasselbe 482

Brustseuche der Pferde 250

Buchrindenmehl 313

Gerebrospinalmeningitis, infektiöse 154

Dermatosen des Hundes, bedingt durch Sporozoen 5

Diagnostik, bakteriologische 487

Diplococcus pleuropneumoniae Schütz 250

Distomen im Pankreas des Rindes 309

Distomum hepaticum (geographische Verbreitung) 309

Elektrische Entladungen, Wirkung derselben auf Bakterien 157

Eosinophilie, lokale, bei zooparasitären Erkrankungen . 102, 413

Erdnußkuchen 482

Euterentzündung, gangränöse, bei Schafen 132

^) Die gesperrt gedruckten Stichworte beziehen sich auf Originalarbeiten.

490

$«!te

Fadenbildung bei ovoiden Bakterien 137

Filarien im Blute von Kamelen 306

Flagellaten in der Leber der Taube 478

Fleiscbbescbau 158

Fleiscbhygiene 158

Gangränöse Euterentzündung bei Schafen 182

Geflügel, amtstierärztlicbo Untersuchung desselben 157

Geflügelcholera (aktive Immunisierung) 279

Geißraute (Galega officinalis), Vergiftung durch dieselbe 482

Grasfluren der Erde 50

Hepatitis bei Serum-Pferden 481

Heu, Nährwert 314

Heu, Wertbestimmung desselben 50

Histologie, Grundrifi der 485

Hühnerspirochäten 147

Hundepiroplasmen 304, 478

Hygiene 317

Immunisierung, aktive, gegen die Erreger der Wild- und

Kinderseuche, der Geflügelcholera und Schweineseuchc . 279

Immunitätsforschung, Jahresbericht über die 160

Jod, Verteilung desselben bei tuberkulösen Tieren 476

Kadaverbeseitigung 486

Kälberruhr, prophylaktische Behandlung 463

Kalk, Assimilation desselben aus Ealkpfaosphaten 314

Kanarienvogelseuche 33

Kanarienvogelseuche, verursacht durch Bakterien der Enteritisgruppe . 153

Knötchen, graue, durchscheinende in der Pferdelunge 304

Kolik des Pferdes 320

Konjunktivaireaktion 315

Kutanreaktion bei Tuberkulose 301, 315

Leukozytozoen 305

Lungentuberkulose, Diagnose derselben 153

Lungenwurmkrankheit (Lungcnstrongylose) des Rindes . . . 201

Lymphdrüsentuberkulose 235

Maizenafutter 481

Mikroorganismen, Abtötung und Abschwächung 156

Milben in Futtermitteln 483

Milch, Übergang der hämolytischen Ambozeptoren und der Präzipitine in

dieselbe 310

Milchwirtschaft und Kindertuberkuloso 316

Milzbrand, Immunisierung gegen denselben 312

Milzbrand, Impfstoff gegen 480

Milzbrand, Resistenz gegen denselben 311

Milzbranddiagnostik in der Praxis 154

Milzbrandhaltige Häute, Desinfektion derselben 485

Milzbrandimmunserum 312

491

Seite

Nachgeburt, Zurückhalten derselben 319

Negrische Körperchen im Virus ^xe 145

Ophthalmoreaktion bei Tuberkulose 301, 315

Ostitis malleosa 153

Ostküstenfieber 265

Ovoide Bakterien, Wachstum derselben in Form von längeren

Stäbchen und Fäden 137

Parasitäre Erkrankungen, lokale Eoiäinophilie bei denselben 102,413

Parasiten, tierische, des Menschen 319

Pasteurella equina Ligni6res 250

Pasteurellose, Impfstoff gegen ; 480

Pathogenese der Lymphdrüsentuberkuloso 235

Pferdeserum, toxische Wirkung 311

Phagozytosefördernde Wirkung verschiedener Sera auf einige

Bakterien der hämorrhagischen Septikämie 469

Phosphorsäure, Assimilation derselben aus Kalkphosphatcn 314

Piroplasmen des Hundes 304, 478

Piroplasma des Rindes 304

Piroplasmen, Entwicklungsgeschichte 303

Piroplasmose der Pferde, Übertragung durch Zecken 303

Piroplasmose des Hundes, Serumbehandlung 312

Piroplasmosen in Niederländisch-Indien 479

Pirosomen bei Schafen 290

Plazenta, Tuberkulose derselben 155

Pocken der Vögel 145

Pockenvakzine 155

Kauschbrandbazillensporen, Verhalten derselben bei der Erhitzung . . . 151

Reisfuttermehl 481

Resistenz ^egen Milzbrand 311

Rinderbiesfliege, Ausrottung derselben 810

Rinderpest, Filtration s versuche bei 477

Rinderpest, Immunisierung gegen 480

Rinderpiroplasma 304

Roggenfuttermehl 481

Rotz, Allergie bei demselben 216

Rotz, Diagnose durch Agglutination 476

Rotz, Immunisierung 156

Rotzerkrankung der Knochen 153

Rotzkrankheit, Beziehung derselben zu den grauen, durchscheinenden

Knötchen der Pferdelunge 304

Sarkopsylliden 309

Schimmelpilzvergiftung durch Brot 482

Schlachthofkonfiskate, Beseitigung derselben 486

Schweinepest (Wesen und Bekämpfung) 292

Schweineseuche (aktive Immunisierung) 279

Schweineseuche, Beziehungen zur Schweinepest 297

- 492

Seite

Scierostomum edentatum beim Zebra 308

Sklerostomenseuche des Pferdes 306

Sonne der Tropen, Einfluß derselben auf pathogene Bakterien .... 156

Sonma 478

Spirillen 139

Spirillose beim Pferde 152

Spirochäten 139

Spirochäten ^Is Krankheitserreger beim Schwein 152

Spirochäten bei UUbnern 147

SporenfärbuDg 483

Sporozoen-Dermatosen des Hundes 5

Sputum, Sammeln desselben für die Diagnose der offenen Lungentuberkulose 153

Sputum, Sedimentierungsverfahren 484

Strongylose der Lunge beim Kinde 201

Texasfieber, Impfstoff gegen 480

Texasfieberzecke ... 303

Tierkadaver, Beseitigung derselben 486

Tierzucht und Tierkrankheiten in Deutsch-Südwest-Afrika 318

Tollwut der Ratten 147

Tollwut nach einem Biß der Maus 147

Tollwut, Negrische Körporchen im Virus fixe 145

Tollwut, Übertragung derselben 151

Toxische Wirkung des Pferdeserums 311

Tristeza, Impfstoff gegen . 480

Tropensonne, Einfluß derselben auf pathogene Bakterien ... 156

Trypanosomiasis der Pferde 806

Trypanosomiasis des französischen Sudan (Souma) 478

Tuberkelbazillen des Menschen und der Haustiere . . . 161, 321

Tuberkolbazillen, Wirkung derselben von der unverletzten Haut aus . . 476

Tuberkulose, atypische 144

Tuberkulose der Lymphdrüsen 235

Tuberkulose der Plazenta .155

Tuberkulose des Rindes, Bekämpfung derselben 316

Tuberkulose des Schweines ohne regressive Veränderungen (Verkäsung

und Verkalkung) 144

Tuberkulose, Diagnose derselben durch Kutan- und Ophthalmoreaktion 301, 315 Tuberkulose, experimentelle Übertragung derselben vom

Menschen auf das Rind 374

Tuberkulose, Immunisierung 156

Tuberkulose, offene, der Lunge (Diagnose derselben) 153

Tuberkulöse Tiere, Verteilung des Jods bei denselben 476

Typhus, Immunisierung 156

Untersuchung, amtstierärztliche, des Geflügels 157

Veterinärhygiene 317

Viehseuchen und Herdenkrankheiten in Deutsch-Südwest-Afrika , . . . 159

Virus fixe, Negrische Körperchen in demselben 145

493

Seite

Vogelpocken 145

Wasseruntersuchung 484

Weintrester 314

WertbestimmuDg des Wiesenheues 50

Wiesenheu, Wertbestimmung desselben 50

Wiesentypen 50

Wild- und Rinderseuche (aktive Immunisierung) 279

Wild- und Rinderseuche, Biologie des Erregers 1

Wut der Ratten 147

Wut nach einem Biß der Maus 147

Wut, Übertragung derselben 151

Zecke des Texasfiebers 303

Zecken als Überträger des Ostküstenfiebers 265

Zelluloseverdauung im Blinddarm 313

Zerebrospinalmeningitis, infektiöse 154

Zooparasitäre Erkrankungen, lokale Eosinophilie bei den- selben 102,413

Zuckerschnitze] 313

Autorenregister.

Seite

Adie . . . .

. 305

Anderson . . .

. . 311

Angeloif . .

304, 469

Ascoli . . . ,

. 312

Bang . . . .

. 152

Bcchhold . , ,

. 484

Bertarelli . . .

. . 310

Blieck, de . .

. 154

Blumenthal . .

. 156

Bohtz . . . .

. . 292

Bongert . . .

. 4ö7

Bouffard . . .

. 478

Braun . .

. . 319

Broll . . .

137, 4fi9

Burg, van der

. . 153

Carre . . .

. . 148

Dodd . . . .

. . 152

Eber . . .

. . 374

Edelmann . .

. . 158

Seite

Eggebrecht ... 290

Eisenkolbe . . . 314

Ellenberger . . . 485

Evers 463

Felber 413

Fischer .... 486

Fölger 102

Foulertoii .... 157

Fränkel . . 476, 486

Fursenko .... 145

Futaki 311

Galli-Valerio . . 147

Galtier 151

Glage 308

Graffunder . . . 157

Graham-Smith . . 478

Grosso 279

Gruber 311

Günther .... 485

Seite

Hamburger . . . 310

Hilgermann . . . 484

Hoffmann .... 486

Honcamp . 313, 314, 481

Houghton .... 476

Hübener .... 292

Jacobson .... 159

Joest 153, 201, 235, 292, 413

Jordan 309

Jowett 478

Junack 144

Just 481

Kassal 306

Eatsurada . . . 309

Kellas 157

Kellner 481

King 476

Kleine 304

- 404 -

Seit«

Klimmer .... 317

Ostertag .

Koch, R.

. 303

Overbeek .

Köhler .

. 314

Penning .

Kuhn

. 484

Perrin . .

Laveraii

. 306

Pfeiler . .

Lepoutre

. 481

Pomayer .

Lcvy .

. 156

Popp . .

Lewis .

481

Prowazek, v.

Ligniöres

30

1, 480

Kansom

Loeb .

. 476

Reischauer

Luchs . .

483

Remlinger

Marcone

ö

Rickmann .

Martin . .

156

Robertson

Marxer . .

156

Rosenau .

Mason . .

306

Rothschild

Mesnil . ,

1 .

306

Sachs-Mücke

Micfaaud .

476

Saito . .

Miyajima .

304

Schennert .

Moussu .

482

Schlegel .

Murillo . .

312

Schmidt, A.

Naumann .

50

Schntirer .

Noack . .

235

Schroeff, van

Nuttall . ,

478

Shibayama

Orszäg . .

483

Smith . . .

Seite

1, 316

. 153

. 479

. 482

132, 250

. 319

. 481

. 147

. 303

. 145

. 147

. 818

. 312

. 811

. 809

. 484

. 809

. 313

. 306

. 151

. 216

der . 154

804, 480

. . 479

Seite

Stordy .

. . . 152

Stutzer . .

. . . 486

Tanfirl . .

. . . 314

Theiler . .

. 265, 30S

Tbiesing .

. . . 486

Titze . .

. . . 139

Toda . .

. . . 155

Todd . .

. . . 477

Uhlenhuth

. . . 292

Vall^e . .

. 148, 301

Vibrans . .

. . 486

Villemoes . .

. . 310

Wall . . .

. . 320

W V OTBa

Walther . .

. . 476

Warthin , .

. . 155

Weichardt .

. . 160

Weiser .

. . 314

V * ^^SB^V/A BVV

Widen .

. . 482

Wolff-Eisner .

. . 315

Xylander . .

292, 485

Zaitschek . .

. . 313

Zwick . . 33, 161, 321

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